ee nee Bar ET EN nern ae ‘ ee en Penzzı a due ee ARTE DT Rn uns (vr ei ande ern we RITTAL TE TRETEN EN in © nahe han pe Enz 7 FOR THE PEOPLE FOR EDVCATION FOR SCIENCE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY D DE GEGENBAURS BERTHOLUGISCHES JAHRBUCH. BT OSLHS IL EINE ZEITSCHRIFT FÜR ANATOMIE UND ENTWICKLUNGSGESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON GEORG RUGE PROFESSOR IN ZÜRICH SIEBENUNDVIERZIGSTER BAND MIT 418 FIGUREN IM TEXT UND 3 TAFELN LEIPZIG uno BERLIN VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1913 Inhalt des siebenundvierzigsten Bandes Erstes und Zweites Heft Ausgegeben am 14. Oktober 1913 Seite Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. Von Hedwig Frey. (Mat SAcRTeurOI DIE ADEXU)I HG Se seen. ne N ara. mie ea 1 Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. Von W. Fr. Lan#or: „Mit. 150 Ficuren im, Text). 2. er. 2. 2 Eee ns 193. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. Vergleichend-anatomische Studien. Von AdolfPira. I. Das Extremitätenmuskelsystem. (Mit 1 Figur im Text) 309 Drittes und Viertes Heft Ausgegeben am 4. November 1913 Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 1. Die Gruppe: Sterno-cleido- mastoideus, Trapezius, Omo-cerviealis. 2. Die Gruppe: Levator sca- pulae, Rhomboides, Serratus anticus. Von Adalbert Schück. (Mit ART EREN IN TORE en 0 NT ET IRRE 355 Experimentelle Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion (Kiemenfäden und Kiemenspalten) einiger anuren Amphibien. Von Kunnsar Ekman. =(Mit 85 Figuren im Text) 2... 2 2 ur2.:2 002.4 419 Über die Entstehung von Kiemenfäden und Kiemenspalten aus transplan- tiertem, ortsfremdem Ecetoderm bei Bombinator. Nachtrag zu vor- BionenRders Arbeit - Von Gunnar Ekman te 576 Die Entwicklung der Gonadenanlage und Entstehung der Gonocyten bei Triton taeniatus (Schneid... Von Helene Abramowiez. (Mit 27 Fi- BUTOREURODERTE N. © a een a a ae ie. 008 Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. II. Das Primordialeranium eines Embryo von Phocaena communis von 92 mm. Von H.M.de Burlet. (Mit 25 Figuren im Text und Tafel I-IM). ........ 645 Abnorme Muskeln der Achselgrubenwandungen des Menschen Von Georg EEE N ar DR Rn On ne Than ae 677 [3 4 N: 17 v j sr z 821 ED + N ’ 7 ur (Aus dem anatomischen und anthropologischen Laboratorium Zürich.) Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe, Von Dr. phil. Hedwig Frey, Assistentin am anatomischen Institut der Universität Zürich. Mit 84 Figuren im Text. In den letzten Jahren sind eine Reihe von Arbeiten erschienen, welchen eine systematische Untersuchung bestimmter Gebiete der hintern Extremität zugrunde lag. Ich erinnere an die wertvollen Untersuchungen über das Hautleistensystem der Primatenplanta (SCHLAGINHAUFEN ’05), an die Arbeit von LorH ’08 »Die Aponeu- rosis plantaris« und diejenige von M. SAwALISCHIN über den »M. flexor communis brevis digitorum pedis«. Es lag nahe, das in An- griff genommene Gebiet weiter auszudehnen und zwar auf die ober- flächliche Lage der hintern Gruppe des Unterschenkels. Der Triceps surae der Primatenreihe muß ein ganz besonderes Interesse wachrufen, da er nicht hat unberührt bleiben können von der großen funktionellen Veränderung, die in dieser Gruppe allmäh- lich vor sich gegangen ist, bis zur Ausbildung des aufrechten Ganges des Menschen. Die Lokomotionsart der verschiedenen Arten wird von wesentlichem Einfluß sein auf die Verhältnisse des Triceps surae. Um Wiederholungen zu vermeiden, unterlasse ich es, die Lebens- weise und die Art und Weise der Fortbewegung bei den verschiede- nen Primaten zu schildern. Ich beziehe mich auf das in den zitierten Arbeiten Gesagte, zum Teil auch auf die Arbeit von MouLıson ’10. Auch die Verhältnisse, welche wir bei niederen Säugetieren an- treffen, werden für die mannigfachen Zustände in der Primatenreihe bestimmend sein. Man muß sogar bis zu den Amphibien und Rep- tilien heruntergreifen, um im Verein mit Befunden aus frühen em- bryonalen Entwicklungsperioden des Menschen den Kreis der Beob- achtungen möglichst weit zu ziehen. Nur auf diese Weise wird es Morpholog. Jahrbuch. 47. 1 24 Hedwig Frey gelingen, ein klares Bild über den Triceps surae zu gewinnen und ihn in seiner Entwicklung, seinem wechselnden Bau und seinen Funktionen zu verstehen. Nicht überall ist er ein »Triceps surae«, d.i. ein dreiköpfiger Wadenmuskel. Ein dreiköpfiger Muskel ist er erst ‘bei einigen Ver- tretern der niedern Säugetiere, ein eigentlicher Wadenmuskel wird er erst beim Menschen, da sämtliche Tiere einer Wade entbehren. Die Benennung »Triceps surae« trifft nur für die betreffende Muskel- gruppe des Menschen zu. Gleiches gilt für die einzelnen Glieder derselben, den zweiköpfigen Gastroenemius und den Soleus. Der Name »Gastrocenemius«, der hinter dem Schienbein gelegene Bauch, gibt Lage und Form des Muskels an. »Soleus> wurde gebildet von »Solea«, Seezunge, aus Gründen der Formähnlichkeit. Der Name »Schollenmuskel« drückt die Ähnlichkeit mit dem Platt- fisch dieses Namens aus. Beide Muskeln zeigen die durch die Be- nennung ausgedrückte Form erst beim Menschen. Die Namen wurden nachträglich auf homologe Muskeln anderer Säugetiere übertragen. In erster Linie werden Ursprungs- und Insertionsverhältnisse dieser Muskeln uns beschäftigen, die ersteren wegen der Verschie- bungen, welchen die Muskeln während der pbylogenetischen Ent- wieklung unterworfen sind, die letzteren in Anbetracht der Frage, ob bei den höchsten Säugetieren noch Anklänge an die Plantarinser- tion der Fußstreeker bestehen, wie sie bei niederen Wirbeltieren in der Regel vorkommt. Ein Rückblick auf die Zustände der niedern Säuger zwingt dazu, den Soleus als Neuerwerbung anzusehen, aber nicht im Sinn der GLAESMERschen Hypothese als Abkömmling des medialen Gastroenemius. Dieser stellt sich bei noch weiterem Zurück- greifen auf niedere Wirbeltiere und. embryonale Entwicklungsstadien des Menschen als ein von der lateralen Seite stammender Muskel dar, welcher durchaus nicht einen soleh konstanten Charakter be- sitzt, wie allgemein angenommen wird. Auch der Soleus muß eine andere Beurteilung erfahren, die in der Tatsache, daß er sich aus dem zweigelenkigen Gastrocnemius lateralis als eingelenkiger Muskel abgespalten hat, schon einen Hinweis darauf erhält, daß die Umwand- lung des Soleus zwecks vermehrter Kraftleistung erfolgt sei. Der ursprüngliche Zusammenhang dieser Muskeln weist uns die Wege, die wir nach Feststellung ihrer Ursprungsverhältnisse bei den ein- zelnen Primaten einzuschlagen haben. Wir werden feststellen müssen, ob nicht in der Struktur der Muskelbäuche, in der Ausdehnung der Ursprungs- und Insertionssehnen, in der daraus resultierenden Muskel- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 3 bündellänge und ihrer Mächtigkeitsentwicklung ein innerer Zusammen- hang bestehe zwischen dem medialen und lateralen Gastroenemius, ob mit ihrer weiteren Differenzierung diejenige des Soleus in Be- ziehung gebracht werden könne. Der ungemein variable Bau des menschlichen Soleus soll näher geprüft und von ursprünglich ein- fachen Zuständen abgeleitet werden. Hieran soll eine Untersuchung der äußern Beziehungen, die zwischen den einzelnen Muskeln be- stehen, sich anschließen, so diejenige der Verbindungsart beider Gastroenemii mit ihrer gemeinsamen Endsehne, deren struktureller Bau schon oft Anlaß zu Erörterungen gegeben hat. Durch die Her- beiziehung aller in Betracht kommenden Umstände kann nach meiner - Ansicht eine endgültige Deutung gegeben werden. Auch die Be- ziehungen des lateralen Gastroenemius zum Plantaris müssen in ge- bührender Weise berücksichtigt werden; sie sind nicht nur für den Reduktionsprozeß des Plantaris maßgebend, sondern haben auf den strukturellen Bau des lateralen Gastroenemius einen nicht zu unter- schätzenden Einfluß und somit indirekt auf die von ihm erzeugte Kraftwirkung. Mit einer Betrachtung der Insertionsverhältnisse des Soleus am Caleaneus gehen wir zur Tricepsendsehne über, welche die von den muskulösen Elementen geleistete Kraft auf den Fuß übermittelt. Dieser kann als ein Hebelapparat aufgefaßt werden, welcher je nach der bei der verschiedenen Lokomotion erforderlichen Kraft und Ex- kursionsbreite innerhalb der einzelnen Species entsprechende Ver- änderungen in der Länge seiner Hebelarme aufweist. Die ungleiche Ausbildung der einzelnen Tricepsmuskeln muß bei den verschiedenen Primaten mit den an sie gestellten Anforderungen, also mit dem Lokomotionstypus, im Zusammenhang stehen. Wir werden deshalb auch auf das physiologische Gebiet übergreifen müssen, um den ur- sächlichen Zusammenhang der verschiedenen Ausbildung und die Arbeit der einzelnen Triecepsmuskeln richtig würdigen zu können. Etwa vorkommende Muskelvarietäten des Triceps surae lassen sich auf Grund eines derartigen Eindringens in das Wesen desselben eher deuten. Darin werden wir durch Herbeiziehung anthropologi- scher Beobachtungen gefördert; sie befähigen uns, bestimmte Ge- biete als besonders der Vererbung unterworfen anzusehen, während andere mehr eine Anpassung an die physiologischen Forderungen bekunden. Trotzdem die phylogenetischen und ontogenetischen Tatsachen uns zwingen, den medialen Gastroenemius als den sekundären, den 1* 4 Hedwig Frey lateralen als den primären anzusehen, so habe ich doch die Betrach- tung über den medialen vorausgenommen, weil er ursprünglich der eraniale Muskel gegenüber dem weiter caudal gelegenen lateralen ist. Untersuchungsmethode, Sie mußte, wenn es sich auch in der Hauptsache um Weich- teile handelt, vielfach zu Messungen greifen, weil wir nur durch sie ein objektives Urteil über die zu vergleichenden Merkmale erhalten. Ich habe die beschreibende Methode auf diejenigen Gebiete beschränkt, wo ein Vergleich mit Zahlen ausgeschlossen ist. Der Grundgedanke der ganzen Arbeit bestimmte die Wahl der zu messenden Merkmale. Die Kenntnis der morphologischen Verhältnisse entscheidet über die Grenzen des Meßbaren. Die verschiedene Größe der Individuen erfordert einen bestimmten Modus, nach dem wir das Maß der ein- zelnen Merkmale auch wirklich ausdrücken können. Ein Außeracht- lassen dieser Forderung zeitigt unbrauchbare Resultate. Als Ver- gleichsmaß schien mir die Länge der Tibia (= Unterschenkellänge) das zweckmäßigste. Die meisten genommenen Maße sind Längen- maße; sie lassen sich ohne Bedenken auf die Unterschenkellänge beziehen. Für Breiten- bezw. Diekenmaße war ich gezwungen, die vordere Rumpflänge zum Vergleich zu wählen, da die Unterschenkel- länge als Längenmaß bei den verschiedenen Species nach der Loko- motionsart eine Verlängerung oder Verkürzung erfahren kann (MOLLISON ’10). Ich habe die betreffenden Fälle bei der Betrachtung erwähnt. Die Meßpunkte wurden, um mögliehste Genauigkeit zu er- zielen, mit Nadeln bezeichnet und die Maße vermittelst des Stangen- zirkels bezw. des Gleitzirkels abgelesen. Als Maße kamen die fol- genden in Betracht: 1. Tibia-(Unterschenkel-‚Länge: Gelenkfuge über dem Con- dylus medialis tibiae — Unterrand des Malleolus medialis tibiae; Richtung parallel der Tibia-Achse. 2. Vordere Rumpflänge: Oberrand der Ineisura jugularis sterni — ÖOberrand der Symphysis ossis pubis (Suprasternale — Symphysion). 3. Höhe der Insertion des Pes anserinus und des Biceps femo- ris: Plantarfläche — distalster Punkt ihrer Insertion. 4. Länge der beiden Gastrocnemii: Plantarfläche — Ursprung der proximalsten Elemente genannter Muskeln, bei gestreektem Knie. 5. Übergang der Gastroenemiusbäuche in die Endsehne: es kamen für den proximalen Meßpunkt mehrere Punkte der Begrenzungslinie Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 5 in Anwendung; der distale ist in der Plantarfläche gegeben, d.h. an dem Punkt des Calcaneus, wo dessen Dorsalseite in die Plantarfläche übergeht. Vom phylogenetischen Standpunkt aus scheint mir diese Wahl für Maß 4 und 5 gerechtfertigt; für andere Maße, wo es gleich- gültig war, ob dieser oder z. B. der proximalste Punkt des Tuber ealeanei verwendet würde, blieb ich der Einheitlichkeit halber bei dem vorher genannten. Für alle Fälle, wo die Entfernung von der Plantarfläche in Betracht kam, wurde der Unterschenkel senkrecht zur Bodenfläche gestellt. Es war oftmals wegen der Steifheit des Fußgelenkes mit Schwierigkeiten verbunden. 6. Höhe der Verwachsung beider Gastroenemii: Plantarfläche — Stelle, wo die beiden Muskeln durch Präparation nicht weiter ge- trennt werden konnten. 7. Höhe der Verwachsung von Gastroenemius und Soleus: ana- log dem vorigen Maß. 8. Verwachsung des Gastroenemius lateralis mit Plantaris: Plan- tarfläche — distaler Endpunkt ihrer Verwachsung. 9. Länge des Plantarisbauches: negativ ausgedrückt durch das Maß der Plantarisendsehne: Plantarfläche — Insertion der distalsten Muskelbündel. 10. Die Breite und Dieke der Tricepsbäuche, sowie 11. die Länge ihrer Muskelbündel wurde an der Stelle der größten Breite oder Dieke genommen. 12. Wadenumfang (Bandmaß) und 13. Höhenlage des größten Wadenumfanges. Die für die Hebelarme verwendeten Meßpunkte sind in dem betr. Kapitel erwähnt. Einzelheiten, z. B. die Ausdehnung des fibu- laren Ursprungs des Soleus und die dazugehörigen Messungen an der Fibula, sollen an Ort und Stelle Erwähnung finden. Aus den Messungsresultaten zog ich jeweils den Mittelwert. Wenn die Abweichungen bei einer Species bedeutende waren, wurde es immer ausdrücklich bemerkt. Von der Berechnung der stetigen Abweichung (Standard deviation) sah ich ab, da einzelne Gruppen eine zu geringe Individuenzahl aufwiesen. Die Mühe, die mit einem solchen Vorgehen verbunden ist, schien mir nicht im Einklang mit dem zu erzielenden Erfolg zu stehen. Material. Es besteht aus 49 Extremitäten verschiedener Affen und 120 des Menschen (fast ausschließlich Zürcher Kanton). An 79 menschlichen 6 Hedwig Frey Extremitäten wurden sämtliche Messungen vorgenommen, bei den übrigen 41 wurde nur ein Teil aufgenommen, um sie zur Statistik derjenigen Merkmale mit zu verwenden, bei denen eine möglichst große Zahl von Beobachtungen erforderlich war. Das Affenmaterial wurde mir von den Leitern des anatomischen und anthropologischen Institutes in Zürich zur Verfügung gestellt. Ich bin ihnen dafür, sowie für vielfache Anregungen und das Interesse, das sie der Arbeit stets entgegengebracht haben, zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Die Untersuchungen am Menschen wurden im Zürcher Präpariersaal ausgeführt. Was die Systematik der Affen und Halbaffen anbelangt, so habe ich mich an die erwähnten Arbeiten von SCHLAGINHAUFEN ’05, LOTH ’08 und SAWALISCHIN ’10 angeschlossen. - Die untersuchten Indivi- duen verteilen sich folgendermaßen auf die Speeies: I. Prosimiae. Fam. Lemures Subfam. Lorisinae: Nycticebus tardigradus, Individuen: Fischer 4 - Galaginae: Galago garnetti 2 - Lemurinae: Lemur macaco 4 - rufus 1 - catta 1 Il. Simiae. 1. Platyrrhinae, Fam. Hapalidae: Hapale jacchus 3 - penicillata 3 Fam. Cebidae: Subfam. Cebinae: Cebus flavus 2 - apella 2 Ateles ater 3 2. Catarrhinae. Fam. Cercopithecidae a) Subfam. Cercopithecinae Papio (Cynocephalus) babwin 2 - hamadryas 2 - maimon 1 Der Museulus trieeps surae in der Primatenreihe. 7 re Cercocebus fuliginosus 1 Macacus cynomolgus u Cercopithecus sabaeus 2 - callithrichus 1 b) Subfam. Semnopithecinae Semnopithecus entellus 1 - melanophus 1 - maurus 1 - Kelaartı 1 Fam. Simidae Subfam. Hylobatidae: Hylobates symdactylus 2 - leuciscus (Mülleri) 2 Subfam. Anthropomorphae: Sımia satyrus (Orang utan) 1 Anthropopithecus troglodytes (Schimpanse) 1 Gorilla gorilla 1 Homo sapiens 120 Überblick über den M. triceps surae in der Wirbeltierreihe. »M. triceps surae« ist der bei den höhern Säugetieren gemein- schaftliche Name für eine Muskelgruppe, die bei den niedern Wirbel- tieren wohl schon vorhanden ist, aber nicht in derselben Art der Anordnung und Ausbildung. Bei den höhern Säugern versteht man unter ihm die beiden Mm. gastroenemii und den Soleus, welche sich in einer gemeinsamen Endsehne vereinigen oder unter Verwachsung ihrer distalen Partien gemeinsame Insertion am Calcaneus haben. Zu ihnen, als der oberflächlichen Muskelgruppe auf der Hinterseite des Unterschenkels, gesellt sich der Lage nach der M. plantaris, der sich ihnen im Laufe der Phylogenie auch durch Funktionswechsel nähert. Da sich meine Untersuchungen auf die Vertreter der Primaten beschränken, so benützte ich die Literatur, um ein möglichst voll- ständiges Bild der Muskelgruppe aus den ermittelten Befunden zu- sammenzustellen. Die spärlichen Angaben ergänzte ich noch durch eigene Untersuchung an Caviiden. In der Einteilung und Benennung der Tierklassen und ihrer Vertreter richtete ich mich nach Schmidt ’12. Amphibien: Die Muskelgruppe zeigt sich bei den Amphibien in anderer 8 Hedwig Frey Anordnung, und die Namensbezeichnung gestaltet sich schwierig, wenn man die homologen Muskeln feststellen möchte. Richtet man sich nach deren Funktion, so werden leicht falsche Schlüsse gezogen. Horr- MANN ’78. 89 wählt deshalb als Bezeichnung den Ursprung und die In- sertion des Muskels. Die dem Triceps surae der höhern Tiere homologe Gruppe wird hier gebildet durch die Verbindung des »Caudopedal« mit der »Pronato-flexor-mass« (HumpHrY ’72, S. 340 u. 358). Erstere, ein Abkömnling der ventralen Körpermuskulatur, wird im Abschnitt des Unterschenkels dargestellt durch oberflächliche Lagen der ober- flächlichen Muskeln und deren Sehnen (S. 359), am Fuß durch die Plantarfascie. Die Pronato-flexor-Masse wird gebildet durch die in der Gegend der Insertion der Unterschenkelbeuger entspringende, z. T. mit ihr verwachsene Muskelplatte, die vom Femur bezw. von der Fibula zu den Zehen verläuft (Humpary ’72, S. 360 u. ’72. 24). Horr- MANN (’78, S. 155) nennt die Gruppe bei den Urodelen: M, femoro- fibulae-digiti I—V. Nach ihm ist der Muskel einköpfig und entspringt vom Epieondylus lat. fem. und von der ganzen Länge der Fibula, geht direkt in die Planta über und inseriert dort an den Metatarsal- knochen, bezw. an den Phalangen. Bei den Anuren nennt er ihn Bi-femoro-plantaris; er entspringt (S. 168) mit 2 Köpfen. Der erste und bei weitem stärkere geht vom Femur und vom Os eruris, der andere aus der Insertionssehne des Ileo-femoro-cruralis hervor. Beide vereinigen sich zu einem kräftigen Muskelbauch, der distalwärts in eine starke Sehne übergeht. Die äußere Fläche des Muskels wird von einer starken Fascie bekleidet, wohl das Homologon zu dem von HunrHry beschriebenen »Caudo-pedal«e. Von einem differenzierten Soleus ist noch nichts vorhanden. Wir können vielleicht den fibularen Ursprung des Muskels als den Anfang eines solchen ansehen. Ziem- lich deutlich geht aus der Beschreibung hervor, daß der Hauptteil des Muskels von der lateralen Seite entspringt, bei den Urodelen sogar ausschließlich. Reptilien: Nach FÜRBRINGER (zitiert von HorFFMANnN '84, S. 648) »sind es 2 selbständige Muskeln. Der eine M. epitrochleo-tibio-metatarsalis ventralis (= Gemellus int.) bildet einen breiten dünnen Muskel, der ganz oberflächlich auf der Beugeseite des Unterschenkels liegt. Er entspringt vom Condylus int. fem. und vom obern Teil der Tibia und geht in eine Endsehne über, die sich mit der des Epitrochleo- tibio-metatarsalis-ventralis-fibularis (s. Gemellus ext.) verbindet und zum Metatarsus geht, wo sie sich in eine Aponeurose verbreitert und Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 9 an den Metatarsalknochen I. II. V. inseriert. Der M. epitrochleo-meta- tarsalis-ventralis-fibularis entspringt tiefer vom Condylus ext. fem. und steht mit einer vom Subeaudalis kommenden Sehne in Verbindung«. - Tab. 1 soll in Kürze die Resultate verschiedener Autoren über die Befunde bei den Reptilien zusammenfassen. Wir sehen, daß der Muskel fast durchweg zweiköpfig ist. Der mediale Kopf entspringt häufig von der Tibia, der laterale konstant oberhalb der Gelenkspalte, einzig bei Chamaeleon von der Cartilago interarticularis. Er scheint also auf phylogenetisch tiefer Stufe schon vom Femur seinen Ursprung zu nehmen. Beide Köpfe vereinigen sich in der Regel distalwärts, Tabellel. Reptilien: die dem Trie. surae entsprechende Muskelgruppe. Autor Urspr. des med. Kopfes Urspr. des lat. Kopfes Reptilien i. allgem. |FÜRBRINGER| Cond. int. fem. + ob. | Cond. ext. fem.—+ Ins.- Teil der Tibia | sehne des Subeaud. Hatteria HOFFMANN | Rück- + Fibularfläche | Endsehne des Caudi- der Tibia fem. Iguana MIVART Cond. int. fem. Femur oberh. Cond. Chamaeleon - Hint. Fläche d. Tibia | Cartilago interartie. + Lig. internum Krokodile HOFFMANN | Hinterfläche des Kopfes| Laterale u. hintere +-prox. Drittel der Tibia | Fläche des Cond. ext. und die gemeinsame Endsehne geht in die Fascia plantaris über, bezw. in die Metatarsalia. Von einer dem Soleus homologen Bildung besteht noch keine Spur. Nach Testur ’84, S. 653 (Zitat von HumPHRrY) soll sogar der mediale Gastrocnemius bei einigen Reptilien fehlen. Vögel: Was diese Muskelgruppe bei den Vögeln anbelangt, so liegen in der Literatur nur spärliche Angaben vor. In dem klassischen Werke von FÜRBRINGER (’88, S. 1066) »Über die Morphologie und Systematik der Vögel« hat die Muskulatur der hintern Extremität wenig Beach- tung erfahren. Nach Testur (84, S. 651) entspringt der mediale Kopf nicht nur vom Condylus internus fem., sondern man sieht seinen Ursprung sich erstrecken »sur tout l’espace qui separe les deux Condyles et atteindre le Condyle externe«.. Nach dem gleichen Autor (Zitat von ALIX) soll der Schwan überhaupt keinen medialen Gastroenemius besitzen. 10 Hedwig Frey HunmpHry (72, S. 360) betont, daß die Hauptbestandteile der Muskel- gruppe von der fibularen Seite kommen; die Ausdehnung nach der tibialen sei verbunden mit der Verwachsung seines Ursprungs mit der: Insertion des M. semimembranosus. Also einerseits besteht eine nicht zu leugnende Annäherung des medialen an den lateralen Ur- sprung, anderseits läßt sich eine Hervorhebung des lateralen über den medialen Ursprung, ja zuweilen das gänzliche Fehlen des letztern, erkennen. Mammalier: Bei den Monotremen findet LEcHe (’98, S. 895) nach WESTLING nur einen medialen Kopf, der am Condylus med. fem. entspringt und in der Mitte des Unterschenkels in die Endsehne übergeht. Deren laterale Hälfte verbindet sich mit dem von der Fibula entspringen- den Soleus. Die gemeinsame Endsehne inseriert am Tuber caleanei. Diese Verhältnisse bestehen bei Eehidna und Ornithorhynchus. MECKEL ’28, 5.630 und GLAESMER ’08, S.39 machen übereinstimmende Angaben über das Caput mediale, dagegen sind sie der Ansicht, daß der von der Fibula, bezw. von deren schaufelförmigem Fortsatz entspringende Muskel, der nach WESTLInG und Mıvarr ein Homologon des Soleus der höhern Tiere ist, der Gastrocnemius lat. sei. E. GLAESMER ’08, S. 48 und ’10, S. 158 läßt sich dabei von der Ansicht leiten, daß der Ga- stroenemius lateralis im Laufe der Phylogenie von der Fibula auf das Femur emporgestiegen sei. Ich zweifle nicht daran, daß ein Vergleich der Struktur der betreffenden Muskeln unzweideutige Re- sultate zeitigen werde. Die Untersuchung des Triceps surae der Primaten und dessen Struktur lassen mich eher vermuten, daß der ursprünglich am Femur entspringende Gastroenemius lat. durch Über- greifen seines Ursprungs auf die Fibula die erste Ausbildung eines Soleus eingeleitet hat. Er kann dann, wie bei den Monotremen, bei einer distalwärts erfolgten Ausdehnung seinen alten Standort ver- lassen haben, während er ihn bei den meisten höheren Formen be- hauptet als ein von den niedersten Wirbeltieren übernommenes Erb- stück. Die Entwicklung eines eingelenkigen Muskels aus dem von der niedersten Stufe an zweigelenkigen Gastroenemius lat. liegt eher im Sinne einer progressiven Entwicklung. Durch einen solchen wird eine größere Spezialisierung der Bewegung und eine vermehrte Kraft- leistung ermöglicht. Durch diese und andere Gründe, die sich aus meinen Untersuchungen ergeben, glaube ich derartige Rückschlüsse auf die Verhältnisse bei niedern Säugern ziehen zu dürfen. Tab. 2 faßt die Resultate der Autoren zusammen. Wir ersehen Der Musculus trieeps surae in der Primatenreihe. 11 aus ihr, daß die eine Richtung (LEcHE ’98 nach WestLine ’89 und Mıvarr ’66) die Muskelgruppe vertreten sieht durch den Gastrocne- mius med. und den Soleus, die andere (E. GLAESMER und MECKEL) Tabelle 2. Triceps surae der Monotremen: Ursprung Ursprung Soleus- Eg med. Gastr. lat. Gastr. Ursprung Ornithorhynehus LECHE '98 | Cond. med. fehlt Fortsatz des Capit. fibulae Echidna - - - - Fortsatz des Capit. fibulae Ornithorhynchus| MECKEL ’28 - - Fibula fehlt - GLAESMER ’08 |Epieond.med.| Schaufel d. fehlt Fibula Eehidna - - - Schaufel d. - | Fibula durch beide Gastroenemii, während ein Soleus fehlt. Die gemein- same Insertion am Tuber calcanei ist von allen festgestellt. Die Marsupialier nehmen in bezug auf diese Muskelgruppe eine eigentümliche Stellung ein. Das Cap. med. gastrocnemii ist kon- stant und entspringt (LECHE ’98, S. 895, Parson ’98, S. 750, PLAYFAIR und MurrichH ’04, S.50, GLAESMER ’08 und ’10, S. 206) vom Condylus bezw. Epicondylus med. femoris. Das Caput laterale hat einen ausge- dehnten Ursprung von der Rückfläche des Femur über den Condylus lat., das Lig. collat. fib. bis auf die Fibula herunter, ja z. T. vom lat. Rand der Patella. Parson ’98, S. 750 bemerkt, daß ein solcher Ursprung besonders Tieren mit hüpfender Fortbewegung zukomme. Die beiden Muskeln können früh verwachsen (Perameles, Phasco- lomys, Macroscelides), oder die Verwachsung betrifft nur den proxi- malsten Teil, die Endsehne (Didelphys marsupvalis). Sie können aber auch getrennt am Tuber calcanei inserieren (Känguruh, VROLIK ’41l, 8. 36). Ein Soleus feblt nach Angabe sämtlicher Autoren. E. GLAES- MER ’10, S. 207 bemerkt jedoch, daß die ersten Anfänge eines solchen wahrscheinlich durch diejenigen Fasern des Caput lat., welche am Capitulum fibulae und an der Streckseite der Unterschenkelfascie ‚Ihren Ursprung nehmen, repräsentiert werden. Ich gebe in Tab. 3 ‘die Resultate der verschiedenen Autoren und glaube, es sei aus ihr 12 Hedwig Frey ersichtlich, daß der laterale Gastroenemius einen konstanten Ursprung am Condylus, bezw. Epicondylus fem. hat. Seine distale Ausdehnung führt dann zu einem fibularen Ursprung, welcher den Anfang eines Tabelle 3. Trieeps surae bei den Marsupialiern: Autor | ne | Urspr. d. lat. Gastr. | Urspr. d. Soleus Känguruh * Parson ’98 | Faciesdors.+ Facieslat. Condyl. fehlt med. Condyl. | lat. + Fae. lat. pa- med. tellae Dasyuridae ı LEcHE ’98 | Cond. fem. +| wie gewöhnl. Fac. poplit. Cuscus - wie gewöhnl. | wie gewöhnl. + | intim. verb. prox.?2/3d.Fibula, | mit Gastr. lat. Fae. lat. Opossum PLAYFAIR u. | Cond. med. | Cond. lat. + fac. fehlt (Didelph. virgi- | MURRICH '04 med. + lat des niana) Sesamb. + Face. | post fibulae Dasyuridae GLAESMER ’08 | Epieond. med.| 1) Epie. lat. + fehlt (mögl. Notoryeidae 2) Lig. genu lat. daß in Urspr. Phalangeridae 3) + Meniseus + | 4+5 ein Sol.- 4) Cap. fib. +5) Anfang) Fascie d. Peron.- muskeln Phascolomys _|GLAESMER’lO| - - | Epieond. + Lig. | fehlt (Urspr.- coll. fib. + Capit. | Anfang in Ur- fib. + Fasc. d. | spr. Cap.fib.?) Streckseite Didelphys mar- - - - | Epieond. + Lig. | fehlt (Urspr.- supialis coll. fib. + Capit. | Anfang in Ur- fib. + Fase. d. |spr. Cap. fib.?) Streckseite Didelphys erassi- - a - | Epieond. + Lig. | fehlt (Urspr.- caudata ‚ coll. fib. + Capit. | Anfang in Ur- fib. + Fasce. d. | spr. Cap.fib.?) Streckseite Perameles obe- - | oberhalb Femur oberh. Con- | fehlt (Urspr.- sula. Cond. med. |dyl. + Lig.collat. | Anfang in Ur- ; fib. + Patella lat. | spr. Cap. fib.?)° | Rand + Cap. fib. Der Musculus trieceps surae in der Primatenreihe. 13 Soleus darstellt. Die Verhältnisse bei den Marsupialiern nähern sich also denen der höhern Säugetiere, bei welchen das Vorkommen des dritten Muskels die Regel ist, während bei den Monotremen nach der Ansicht von E. GLAESMER der later. Gastroenemius noch auf der Fibula beharrt, nach meiner Ansicht aber die bei den Marsupialiern ausgesprochene Tendenz einer Ausdehnung auf die Fibula so weit fortgeschritten ist, daß sich ein Soleus herausbildete auf Kosten des Gastrocnemius lateralis, dessen Ursprung am Femur durch die distale Wanderung verloren ging. Monodelphier: Die Insecetivoren zeigen einen konstanten Ursprung der beiden Gastroenemii vom Epicondylus med. bezw. lat. femoris (GLAESMER ’10, S. 229, A. Ärngäck ’07, 8. 484). Für die Sorieiden erwähnt A. Ärygäck zudem ein Übergreifen des lateralen Gastroenemius-Ursprungs auf die Fibula. Der Soleus fehlt verein- zelt; wenn er vorhanden ist, entspringt er vom Capitulum fibulae, z. T. noch von der lateralen Seite der Fibula. Tab. 4 legt die durch beide Autoren konstatierten Ursprungs- verhältnisse dar. In der Mitte des Unterschenkels verbinden sich nach Angabe beider Autoren die Muskeln und inserieren mit gemein- Tabelle 4. Trieceps surae der Insectivoren: Autor een Urspr. Gastr. lat. | Urspr, Soleus Soriiden | Ärssäck ’07| Cond. med. | Cond. lat. + |prox. Ende Fibula | prox. Ende Fibula Erinaceus E - - I Cond.lat. | - prox. Ende | Fibula Erinae. europ. |GLAESMER ’10| Epiecond.med., Epieond.lat. ‚Cap.fib. + ob.lat. Viertel der Fibula Talpa europaea - - - - - fehlt Sorez arameus - - - - - - Maeroscelides - - - - - Capit. fib. Talpa PArson ’98 zu gewöhnl. Ur- |spr. eine Andeut. | , eines tib. Urspr. 14 Hedwig Frey samer Sehne am Tuber calcanei. Bei Macroscelides fand E. GLAESMER '10, S. 226 die am Caleaneus inserierte Sehne sich auf die Planta fort- setzen und sich an den Mittelphalangen V IV III Il inserieren. Der Soleus scheint noch nicht ganz konstant zu sein. Selbst in der Familie der Sorieiden kann er vorkommen (ÄrnBÄck) oder fehlen (GLAESMER). Über die Dermoptera (= Galeopitheeiden) und Chiropteren finde ich nur einige Angaben bei LEcHE ’98, S. 895. Nach denselben sind die Gastroenemii bei den Galeopitheeidae wenig stärker als die sehr schwachen der Chiroptera. Unter den letztern ist bei Piero- pus das Caput mediale nur durch Bindegewebe vertreten; bei Mega- derma fehlt ein lateraler Kopf gänzlich. Der Soleus fehlt bei beiden Ordnungen. Es sind also ganz eigenartige Verhältnisse, die in der abweichenden Bewegungsart ihre Erklärung finden können. Bei den verschiedenen Vertretern der Edentaten variieren die Zustände bedeutend. Tab. 5 gibt übersichtlich die durch HumPpHrY 68 und ’70 und GLAEsmErR ’10 gewonnenen Resultate. Danach sitzt der Ursprung des medialen Gastroenemius meist auf dem Con- dylus med. fem., von hier aus seltener etwas tiefer ansetzend, in vielen Fällen oberhalb desselben. Nach VroLık ’41 soll er sogar bei Bradypus von der Linea aspera fem. entspringen. Der laterale Kopf kommt vom Epicondylus, vom Condylus oder oberhalb des letztern von der Facies dorsalis femoris. HunmpHnry ’68 erwähnt noch einen fibularen Ursprung. Ob dieser nicht ein Soleus-Ursprung oder wenigstens ein aus dem Caput lat. sich differenzierender Soleus sei, kann vermutet werden; denn es ist dies der einzige Fall, wo ein Soleus fehlt. Die Verwachsung beider Köpfe bezw. ihrer Sehnen erfolgt in der Mitte des Unter- schenkels (Myrmecophaga) oder tiefer (Bradypus, Dasypus).. Es kommen aber auch Fälle vor, wo sie nicht (Chlamydophorus, Bradypus nach LECcHE), oder der mediale Kopf mit nur einem Teil des lateralen (Oryeteropus aethiopicus) sich vereinigen. Der Soleus entspringt in der Regel vom obern Teil der Fibula; er kann sich aber weit distalwärts an derselben befestigen oder mit der Fascie der Streckseite in Beziehung treten. Bei Myrmecophaga jubata ist sogar ein tibialer Ursprung beobachtet worden. In der Regel inse- rieren beide Gastroenemii einerseits und der Soleus anderseits ge- trennt am Calcaneus; in den Fällen aber, wo sich die ersteren nicht verbinden, verwächst der Gastrocnemius lat. mit dem Soleus über dem Tuber zu gemeinsamer Insertion. Myrmecophaga weist eine Verbindung eines Teils der Gastroenemiussehne mit dem M. flexor 15 in der Primatenreihe. riceps surae in Der Museulus t "UBOR) U Ye] 9) "u "MIO A "UB9]BD JOAN LT, Han IJO.UIp "MIO A "UBIE) ATeyıago 1884) "U "MIOA '],'Z ‘fe 1 484[08 \L, "2 Sıpunysqjos nouRo]R) sop pueg 'ngg "84798 "148BH) I0A "I84[98 "uwdIel) we 'I8qJ08 SN9URITL) 'p Pag "pour u® 'I8q[08 "UROIR) "B 'I89[08 ‘BL LT WMIOA "UROLE,) 8 'I8q[08 ” Su9]08 Sep uorpesuf Dan uolJ19suT :Zunddsın | pısa "suoemdoA : Aumıdsın | snDIUun.Mg rngrg Iop are He 'Je] 'puoy 'powm 'puon 80. snıoyd TOLL SOJBWIXONT | gru maoa | "puggsgpos | TOqN IqoIp "MIOA JyjoIu aan Iypıp YANSAVIH) -ophumy) GIIGLBPEAUTSERG)I) 80: sn.“ OSB -+'qy de) ENIUBIIRI) ...- "[sp "pow 'DıdT MAnsavısd sajnadhjo], SPS pP OSB + | Yuzpdoseg 7, 'z smoursw) (VOL LT 'A) po 80. SNYIUNIRIS "gu "des 'yep De] | "uBdwa qu]L "L 'Z ..- qleyıago "puo,) 'WI9g0 | Aansavın sndhsp SE a Be RER 80. vpogn! oboyd ‘go + oengy NIE) | sop oyrosaogun n oyım | IR] oıda z z pow oıdg | vansavıg -O99U Ah (dog (opwaguy =) (OyI®H 91990) 'p 'quwsog =) »boydoo ornqy '480d "OR - - - "puoordf ug om - - - - -9ULhy (ELIA Z 91090) ıy = sıwwbpna deinqy 'I80d 'oe,] | 'urofe) puey 'pou | ef 'puoj "MI9A JyoIU 'powu 'puo) ,02,ANHANNH|, sndhpn.ıig 9YUENEIALL 'P PLA 80. snzhinonpu z'q0 +'qy 'ndey sn9uRde‘g ‘yer Ida 9UOYU9JOOIIBIN "pow dıdaq YAnsavıg sndhpn.4gg (dog 'p uroq -uB8ag) "Ye Dıdy SNOIUFITEI wo} 'Is0d "9% snyhonpıp + Id 'P TIL 'qO | Prey 'pow | pueyy.'ger | + Ye] 'puog "MI9OA JyoIu | puon) doqn up | - - sndhpv4g :BIyJjIeu ax’ (o3ur] 'zuRd JsrJ '1) (Ppvy 'w 'Mı0A) deıngqg 'Is0d serve, T 'IB[ 'puog 'pau 'puo)) (02, AXHanaH - SOSYI9LIg Op "yuogosıoguj] pou 80: OSB + 'gy deg KNOURIILI ‘yep oıdy 'p ON sıdq mn 'puoy | yansavıg s2unD sung Nie) |TSmLT, 0,| Ua IR BIO A gig [joa uas st] 80, snaadorı00 sop ZIES}IOA = mL ER gu vd !g "LI u pow 'n + 'pow'puooıdy|, uansavıg | sndo.4aah.iy 'qy ndeg + 89, sısuadnd 1149 ‘BL 'puo,) Ss "paw ‘'puoy) ANHAWAH | sndoswphug :Bıyyıvu | -oN ® sneJog sap Zunudsın | 201.0 | ‚2a .D u 3203 an Ba eeD aomıy 16 Hedwig Frey brevis auf, Dasypus mit der .Faseia plantaris, die. bedeckt ist von der Plantarissehne. Beide Gastrocnemii entspringen also in beträchtlicher Höhe, der Soleus hat seinen Ursprung ziemlich stark distalwärts verlegt und zeigt auch gegenüber den Gastrocnemii eine große Selbständigkeit. Diese haben sich dureh weitgehende Trennung z. T. stark differen- ziert. Andeutungen an ihre frühere Verbindung mit der Planta sind noch vorhanden. Rodentier. Ich finde über sie nur spärliche Angaben. LECHE ’98, S. 896 hebt hervor, daß der Soleus bei Erethixon sehr stark sei und bei Cawia und Hydromis einen fibularen Ursprung aufweist. PLAYFAIR und MurRIcH ’04, S. 50 u. 52 bemerken über die Muriden, daß die beiden Gastroenemii von den Condylen entspringen, der lat. Kopf, dessen Ursprungssehne ein Sesambein einschließt, durch eine aponeurotische Ausbreitung mit der Patella in Verbindung steht. Beide Köpfe verbinden sich hoch oben, ihre Endsehne auch mit dem am obern Teil der Fibula entspringenden Soleus. Um diese An- gaben zu ergänzen, habe ich Cavia cobaya untersucht. Der mediale Gastroenemius entspringt ohne Sesambein vom Condylus medialis und oberhalb davon vom Femur, als breiter, kräftiger Muskel, der laterale Gastroenemius vom Condylus lat. und Epicondylus mit ein- gelagertem Sesambein, ebenfalls als kräftiger Muskel. Im obern Drittel verbinden sie sich durch eine feine Sehne. Die fleischigen Bäuche gelangen aber nicht zur Verschmelzung, so daß beide Köpfe eigentlich bis zum Übergang in die Endsehne getrennt bleiben. Der laterale Kopf reicht bis zur Mitte des Unterschenkels; der stärkere mediale ist etwas länger. Die medialen Sehnenfasern der gemein- samen Endsehne ziehen dorsal von den lateralen zum lateralen Rande des Calcaneus, die letztern an den medialen Rand desselben; sie schieben sich also fächerartig hinter- bezw. voreinander. Die Sehne dreht sich gewissermaßen um sich selbst. Der Soleus, ein schwacher Muskel, der am Capitulum fibulae entspringt, geht selbständig zum Tuber calecanei; nur seine dorsalen Partien verwachsen ein wenig mit der Endsehne der Gastrocnemii. Die Beziehungen des Gastro- cnemius lat. zum Plantaris sind im proximalen Abschnitt noch innige, dagegen geht die Plantarissehne im distalen Teil unmittelbar in die Aponeurosis plantaris über. Es bestehen also drei wohldifferenzierte Muskeln mit den typischen Ursprüngen, ohne Andeutungen an Zwischenstadien. Über die Carnivoren habe ich die Resultate verschiedener Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 17 Autoren auf Tab. 6 zusammengestellt. Es sind nur dürftige An- gaben, die kaum über die Bestimmung hinausgehen, ob der eine oder andere Muskel vorhanden ist oder nicht. Nach neuern Angaben (ELLENBERGER und MÜLLER ’96, Marrın ’04) liegen beide Gastroenemius-Ursprünge bei den Fissipediern ziemlich hoch am Femur, oberhalb der Condylen, stets ein Sesambein einschließend, nach ältern Angaben (Humpary ’68, GRUBER ’78, LECHE ’98) etwas tiefer. PLAyFAırR und MurricH ’04 stellten eine aponeurot. Ver- Tabelle 6. M. triceps surae bei den Carnivoren: | Verw. Autor Urspr. G. med. Urspr. G..lat. | beider | Urspr.d.Soleus | Ausbild. Solei. | Gastr. 1. Fissipe- | dier Canis Humpary ’72 |S; verw. mit | S; verw. mit Add. magn. | Caudo- femoro - ELLENBERGER $; dist. Ende | S; dist. Ende | Verw. fehlt u. MÜLLER ’9%6,) Femur Femur - MARTIN ’04 S; Fossa plantaris - = oberhalb Condylen; S Felis dome- | ELLENBERGER S;dist. Ende |S;dist.Ende|l - |prox. Hälfte | gut entw.; stica u. MÜLLER ’96 Femur Femur Fibula Triceps Bild. Felis dome- MARTIN ’04 S; Fossa plantaris - prox. Teil | gut entw.; stica oberhalb Condylen; S Fibula Triceps + Fase. erur. Felis dome- | Prayraır u. | Cond. med. | Cond. lat. | hohe | ob. Teil | Verw. über stiea MURRICH ’04 +Lig. |Verw.; Fibula Cale. patellae; S 2.Pinnipe- dier Phoca HunmpHry ’68 | Cond. med. | Cond.lat. + Innenrand Tibia - LecHae '98 | Cond. med. | Cond. lat. fehlt + ob. Ende | + Cap. fib. Tibia (fib. Fl.) Maerorhinus - gewöhnl. gewöhnl. | +- Fib. Urspr. S— Sesambein Morpholog. Jahrbuch. 47. 2 18 Hedwig Frey bindung des Gastrocnemius lat. mit der Patella fest. Ein Soleus kommt nur bei den Feliden vor; sein Ursprung greift distalwärts ziemlich weit über das Capitulum fibulae herab. Was den fibularen Ur- sprung des Gastrocnemius lateralis bei. Phoca und Macrorhinus (LECHE), sowie den dritten Kopf des Gastroenemius bei Phoca (HumPHrY ’68) betrifft, so bin ich geneigt, diese Bildungen als Anfänge eines Soleus anzusehen. Es bestehen also wohlentwickelte Gastroenemii. Da außer bei den Feliden ein Soleus fehlt, so kommt es nur bei letztern zu einer Triceps-Bildung. Tabelle 7. Trieeps surae der Ungulaten: Urspr. | Urspr. | Verw. Ausbild. u. ug: G.med.| G. lat. | Gastr. Urspr. Soleus Soleus; Insertion | 1. Perisso- dactylen Pferd MECKEL ’28 fast Mitte Femur - ELLENBERGER üb. Condylen Mitte | Capit. fib. |schwach.Muskel; u. MÜLLER ’36, (an rauh.Stll.) de Verwachsg. mit ey lang. Sehne über Calcan. - MARTIN ’04 - - - - - - dsgl. Tapirus | MurıE ’72 | wiegewöhnl. | - Cond. fem. | sehniger Bauch; indicus | (Fae. post. lat.) z. T. Ins. in Gastr. 2.T. - - Cale. 2.Artio- | dactylen | Nonrumi- |ELLENBERGER wie | wie | Verw. Cond.lat. fem. |Verw. zu Triceps nantien |u. MÜLLER ’96 Pferd | Pferd u. prox. Teil (Sus) Fibula u.Lig.patellae - | Marrrın ’04 - - = dsgl. u een Ruminantien |ELLENBERGER _ WE Fibula schwach. M. u. MÜLLER - | MARTIN se | 5 | E = Die Perissodactylen unter den Ungulaten (Tab. 7) weisen einen sehr hohen Ursprung beider Gastroenemii auf. Nach übereinstimmen- den Angaben der Autoren handelt es sich um kräftige Muskeln, die in beträchtlicher Höhe miteinander verwachsen. Der Soleus ist ent- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 19 sprechend der fortgeschrittenen Reduktion der Fibula ein äußerst schwacher Muskel, der mit langer Sehne über dem Calcaneus in die Gastroenemiussehne übergeht. Nach Marrın liegt er außerhalb der gemeinsamen Muskelscheide. Der Soleus ist bei Tapirus indieus (Murıe ’72, S. 162) durch Verharren seines Ursprungs auf dem Con- dylus fem. und durch die Ausbildung eines sehnigen Bauches eigen- artig. Artiodaetylen verhalten sich wie das Pferd; auch bei ihnen geht mit der Reduktion der Fibula eine schwache Soleusausbildung Hand in Hand. Der ansehnliche Soleus von Sus hat neben dem Ursprung von der wohlausgebildeten Fibula den ursprünglichen Zu- sammenhang mit dem Femur bewahrt. Aus der bisherigen Betrachtung geht vor allem die Tatsache hervor, daß beide Gastroenemii schon in ihren ersten Anfängen vom Femur entspringen, bei den Amphibien vorzugsweise von dessen lateraler Seite. Die Festsetzung des Gastroenemius med. auf dem medialen Condylus fem. vollzieht sich sehr früh; die nicht selten ge- ringen Ausdehnungen proximal- oder distalwärts mögen in funktio- neller Anpassung erfolgen. Die bei den niedersten Klassen zuweilen auftretende Ausdehnung des lateralen Kopfes auf die Fibula hat ihre Ursache in der Tendenz, einen eingelenkigen Muskel, den Soleus, hervorgehen zu lassen, weleher also als ein Abkömmling des late- ralen Gastrocnemius aufzufassen ist. Die spezialisierten Befunde bei den Edentaten liegen durchaus im Verlaufe einer natürlichen Ent- ' wieklungsreihe; sie sind jedoch so hochgradig differenziert, daß sie diejenigen höherer Formen überholt haben. I. Ausbildung der Wade und ihre Profilierung. _ Wir verstehen unter der am menschlichen Unterschenkel auf- tretenden Wade die mehr oder weniger starke Wölbung, welche der hintern Fläche des Unterschenkels die typische Profilierung verleiht und hervorgerufen wird durch die mächtige Entfaltung der Gastro- enemiusbäuche. Daß noch andere Faktoren zur Bildung der Wade wesentlich beitragen, soll die folgende Untersuchung lehren. Es ist bekannt, daß die Wade bei allen Tieren fehlt und bei niedern Rassen nicht stark entwiekelt ist (Hamy ’82, S. 700, RotH- SCHUH ’88, S. 19, Cnunzınskı’94, S. 494, Broc# ’09). Ich versuchte, ein erstes Bild von der Entwieklung der Wadenmuskeln durch Mes- sungen des größten Umfanges des Unterschenkels zu erhalten, ob- schon zu vermuten war, daß derselbe durch andere Faktoren, wie 2*+ 20 Hedwig Frey die Mm. peronei beeinflußt werden könnte, und es feststand, daß eine Formveränderung durch Abmagerung eintritt. Ich habe auch Untersuchungen am Lebenden angestellt, um zu sehen, ob Abmage- rung und längerer Nichtgebrauch auf das Profil der Wade von Ein- fluß seien. Die Befunde wurden zugleich mit den an der Leiche er- zielten verglichen. Fig. 1 gibt ein übersichtliches Bild vom größten Umfang des Unterschenkels im Verhältnis zur Länge des letzteren und von der Höhenlage des größten Umfanges. Was letztere betrifft, so variiert sie in der Primatenreihe nicht stark. Immerhin kann fest- Rıie; 1. 170 m Wadenumfang 700 5 H» ---.-- Wadenhöhe 90 80 F4 F Be .” 70 2 60 50 %Yo derTibia -Länge links lebend Homo rechts Nycticebus Galago lemur Hapale Cebus Ateles Papıo Cercocebus Macacus Cercopithecus Semnopithecus Hylobates Chimpanse Orang utan Gorilla Größter Umfang des Unterschenkels und Entfernung desselben vom Calcaneus; beides in 0/y der Tibialänge. gestellt werden, daß der größte Umfang bei Homo am weitesten proximalwärtsgerücktist. Überraschen muß aber die Tatsache, daß der Wadenumfang beim Menschen im Verhältnis zur Tibialänge gar nicht am größten ist. Schimpanse und Orang überholen den Menschen weitaus. Auch Gorilla zeigt einen größeren als den bei Leichen erhaltenen Index. Es stimmt dies z. T. überein mit der Beobach- tung von RorHscHun ’88, S. 19, der betreffs der Ausbildung der Wade einen größern Unterschied zwischen niedern Affen und An- thropoiden als zwischen diesen und dem Menschen gefunden hat. Dieser erhebt sich bezüglich des Index auch kaum über viele niedere Affen, was den tatsächlichen Verhältnissen der Wadenentfaltung Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 21 nicht entspricht. Das mag hauptsächlich darin seine Ursache haben, daß der Umfang in Beziehung zur Tibialänge gebracht worden ist. Letztere ist nach Moruısox ’10 sehr verschieden: durch funktionelle Anpassung u. a. Ursachen ist der Unterschenkel bei der einen Species (z. B. Nyeticebus) relativ sehr kurz, während er beim Menschen weit- aus am größten ist. Dies hat auf die Beziehungen zwischen Um- fang und Länge einen Einfluß, der einen Vergleich in dieser Art verunmöglicht. Ich habe deshalb den größten Umfang des Unter- schenkels in Prozenten der Rumpflänge auszudrücken versucht. Die Verkürzung des Rumpfes (Ruge ’92, MouLıson ’10, S. 124) mag einen Fig. 2. Flänge ki S % zur Rum ” lebend Nycticebus Hylobates Chimpanse Orang utan Gorilla Homo r+/ Macacus Semnopithceus % SI u © ES I 5 © S Cercocebus Galago lemur Hapale Cedus Ateler Papio Wadenumfang im Verhältnis zur Rumpflänge. geringen Einfluß auf den Index ausüben, ist aber nicht so groß, daß sie einen wesentlichen Fehler in den Vergleich brächte. Niedere Affen zeigen hier eine ziemliche Übereinstimmung; der Umfang ist ein relativ geringer, ausgenommen bei Ateles. Dieser stellt sich mit den Anthropoiden zwischen die niederen Affen und den Menschen, der mit seinem größern Umfang alle übertrifft. Immerhin ist der Unterschied nicht so groß, daß er die einzige Ursache für die Bil- dung der typisch menschlichen Wade sein kann. Die meisten Autoren (VroLıX ’41, GRATIOLET und Auıx ’66, Auıx ’69, BıscHorr ’70, Huumpary ’72, BARNARD ’75, HEPBURN ’92, SomMER ’06) bemerken nur, daß eine Wade bei den Affen fehle. GüntHeEr ’09 (I. 117) 22 Hedwig Frey geht zu weit, wenn er schreibt, »die den Menschen auszeiehnenden Wadenmuskeln finden sich in ihren Anfängen bereits beim Affen«, oder S. 84: die Wadenmuskeln seien spezifisch menschlich. LANGER ’79, S. 188, macht darauf aufmerksam, daß die Abplattung des Knies bei allen Affen und Quadrupeden durch die tiefe Insertion der Unter- schenkelbeuger bedingt sei. Da das Knie bei sämtlichen Affen während der Fortbewegung in mehr oder weniger gebeugter Stellung verharrt, so ist eine tiefere Fig. 3. Ins.d. Biceps Seiseee „ d. Pes.anser Sn LI} \ > RE x sn - 7 . . . . . N N ER Ennel ‘ ’ ’ ‘ in % zur Tibia -Länge links Homo rechts Nycticebus Hylobates Chimpans e Orang utan Gorilla Macacus Semnopithecus Cercocebus Cercopithecus Galago lemur Hapale Cedbus — Ateles Papio Insertion der Unterschenkelbeuger a) Biceps femoris, b) Pes anserinus. Entfernung vom Calcaneus zum distalsten Punkt ihrer Insertion. Insertion der Flexoren vorteilhaft. Fig. 3 gibt ein Bild von der Höhe derselben bei den verschiedenen Species in Prozenten der Tibialänge. Auf der medialen Seite sind die Unterschiede nicht so bedeutend: die distalen Elemente der Pes anserinus reichen beim Menschen und Schimpanse am wenigsten tief. Gorilla und Papvo, die sich viel auf dem Boden bewegen, zeigen eine Annäherung an sie. Orang und Hylobates verhalten sich wie die meisten niederen Affen mit einer ziemlich gleichmäßig niederen Insertion. Größere Unterschiede sind lateral bei der Insertion des M. biceps femoris zu beobachten. Daß hier das Caput breve, bei den niederen Platyr- rhinen der M. tenuissimus (nach KraArschH ’00) in Betracht kommt, Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 23 ergibt sich aus der vergleichenden Anatomie und der Ontogenie des Menschen. Nach KuAaArtscH (S. 241) zeigt der Biceps brevis des menschlichen Embryo und »vielleicht auch von Hylobates syndacty- lus« noch Anklänge an die ursprüngliche Insertion an der Faseia eruris, die erst sekundär beim Menschen derjenigen am Capitulum fihulae gewichen ist. Übereinstimmend mit dieser Tatsache steigt die Insertion des Muskels an der Fascia ceruris bei den Anthropo- morphen bedeutend proximalwärts. Orang, der allein unter diesen noch einen mächtigen Biceps brevis (KLAATscH) mit selbständiger Insertion besitzt, zeigt auch eine bedeutend tiefere Insertion. Nach Fick ’95, S. 41 hat der Biceps brevis doppelten Ansatz; es soll »in der Mitte der Wade ein schwächeres mediales Bündel in den late- ralen Gastroenemiuskopf übergehen, das dickere laterale verliert sich in der Fascia eruris und in den M. flexor hallueis long.< Bei Hy- lobates und besonders bei Homo erreicht die Muskelinsertion die größte Höhe und ermöglicht letzterem das Gehen mit gestrecktem Knie. Daß eine distale Insertion der medialen und lateralen Muskeln das Relief der Wade bedeutend ändern muß, ist klar. Beim Menschen erfolgt über der Stelle des größten Umfanges eine allmähliche Ein- ziehung der hintern Fläche des Unterschenkels bis in die Kniekehle; sie ist wegen der höhern Insertion der Flexoren auch von der medialen und lateralen Seite sichtbar. Bei den Affen ist an Stelle dieser Einziehung wegen der schwächer entwickelten Muskeln nur eine leichte Wölbung nach Entfernung der Unterschenkelbeuger er- kennbar; sie ist durch diese mehr oder weniger verdeckt, da sie distal inserieren. Dazu kommt, daß die Faseia surae des Menschen auch proximalwärts bis in die Kniekehle eine kräftige Hülle bildet, welche an die vor ihr liegenden Elemente sich fest heftet. Bei Affen und niedern Säugetieren mit winklig gestelltem Knie überspannt die ungleich schwächere Faseie dasselbe recht locker. Gefäße und Nerven durchziehen die Kniekehle auf kürzestem Wege. Eine völlige Streckung des Knies ist bei vielen Tieren unmöglich, wird bei andern nur als eine extreme Bewegung ausgeführt, während sie beim Menschen durch den angegebenen Bau zur natürlichen Stellung geworden ist. Dadurch wäre auch erklärt, wodurch die menschliche Wade in ihrem obern Teil die eigenartige Profilierung erhielt. Unterhalb des größten Umfanges zeichnet sich der Unterschenkel des Menschen distalwärts durch eine starke Verjüngung aus, welche über den Malleolen den höchsten Grad erreicht. Hierüber fehlt mir ein stati- stisches Material, doch der bloße Vergleich dieser Gegend bei den 24 Hedwig Frey Affen und dem Menschen zeigt sofort, daß der Umfang bei letzterem verhältnismäßig viel geringer ist. Die muskulösen Elemente konzen- trieren sich hier auf den proximalen Teil des Unterschenkels, während sie bei allen Affen bedeutend weiter distalwärts sich erstrecken und da- durch den Bau des Unterschenkels als einen gedrungenen erscheinen lassen. Bei den Negern soll die Schlankheit der Wade auf ähn- licher Ursache beruhen. Marey (zitiert von BLoch# ’00, S. 94) sagt, »que leurs museles gastro-enemiens sont longs et minces, se pro- longeant en bas aux depens du tendon d’Achille, au lieu de former, comme chez le blanc, une masse volumineuse en haut de la jambe«. Die verschiedenen Faktoren für die bekannte Profilierung der menschlichen Wade wären hiernach: 1. Die mächtigere Entwicklung der beiden Gastroenemiusbäuche, 2. die hohe Insertion derselben in ihrer Endsehne, 3. das Hinaufrücken der Insertion der medialen und besonders der lateralen Unterschenkelbeuger, 4. die kräftige Ausbildung der Fasecia surae und ihre starke Be- festigung in der Kniekehle, 5. die große Schlankheit der distalen Partie des Unterschenkel». Il. M. Gastrocnemius medialis. l. Ursprung. a) Prosimier. Nycticebus. Bei ihm entspringt der med. Kopf des Gastro- cnemius hoch oben von der Rückfläche des Femur über dem Con- dylus med. fem. Die distalen Ursprungspartien sind z. T. noch mit sehnigen Elementen der Kniekapsel in Verbindung, aber ohne Ein- lage eines Sesambeins. Ein ganz abweichendes Verhalten besteht vor allen andern Primaten in der außerordentlich starken Ver- wachsung des Muskelursprungs mit dem M. flexor tibialis. Diese reicht gewöhnlich 1 cm weit distalwärts, bei einem Exemplar sogar bis zur Mitte des Muskelbauches. Galago zeigt einen sehr tiefen Ursprung ausschließlich von der Kapsel des Condylus med. fem. Bei einem Exemplar kommen noch einige Ursprungsfasern von der Ansatzsehne des M. semimembranosus hinzu, welche, vom Lig. collat. med. bedeckt, an der Tibia inseriert. Die Kapsel ist an der Ursprungsstelle des Muskels außergewöhnlich stark und schließt ein mächtiges Sesambein ein. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 25 Fig. 5. Fi g. 4, M.fiextibialis med.Gastr. Cap. lat. Gastr. Planteris M. Flex. fibularis M.flexorfibulars Muskelbündel d.Soleus Endsehne der sastrocnemii a ö Nycticebus tardigradus. Nycticebus tardigradus. a) Die beiden Gastrocnemii von hinten; Triceps surae von hinten. b) von der Ventralseite. Die Endsehne besteht fast nur aus Ele- menten des later. Gastroenemius. Man beachte die starken Ver- wachsungen mit den benachbarten Muskeln. Gr. 1/1. Plantaris (abgeschnitten) | Verwachs. mit Soleus Plantaris- 3 ;: c Galago garnetti. a) Dorsalseite des Triceps surae; b) Ventralseite desselben mit Plantaris; c) die beiden Gastrocnemii von vorn; der Soleus ist entfernt, der Plantaris abgeschnitten. Die Verwachsung des Soleus betrifft fast nur den lat. Gastrocnemius; der Plantaris ist frei, ein oberflächl. Muskel des lat. Gastr. fehlt. Gr. 1/3. 26 Hedwig Frey Lemur. Der Gastroenemius medialis entspringt ebenfalls vom Condylus med. fem. mit einer Sesambeineinlage. Bei L. catta be- schränkt sich die Anheftung auf die Kapsel; bei den andern Formen greift sie noch auf die Rückfläche des Femur über, besonders stark bei L. macaco; zwischen ihnen steht L. rufus. Fig. 7. Verwachs._ mit Plantaris Oberfl.Musk. ')] d.lat. Gastr. Soleus WTA) med. 6Gastr. Soleus Insertion E) ’) c Lemur macaco. a) Triceps surae von hinten; b) von vorn; c) medialer und lateraler Gastrocnemius von vorn, Soleus und Plantaris entfernt. Gr. 3/4. Die drei Species weisen also ziemlich differente Verhältnisse auf: Nycticebus besitzt einen hohen Ursprung von der Facies post. fem., Galago einen tiefen nur von der Kapsel und die Tendenz zur Verwachsung mit dem M. semimembranosus; die Lemurinae stehen zwischen beiden mit einem Hauptursprung von der Kapsel und eine kleine Strecke weit von der Hinterfläche des Femar. Bei allen Formen ist der Ursprung ein rein dorsaler. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 27 b) Platyrrhinen. Hapale. Das Cap. med. gastroenemii entspringt am Condylus med. fem. von der Kapsel des Kniegelenkes mit eingelagertem Sesam- bein. Der Ursprung ist bei allen Exemplaren mit der Insertions- sehne des M. adductor magnus mehr oder weniger stark ver- wachsen, z. T. von derselben bedeckt. Bei den Cebinae entspringt der Muskel hauptsächlich von der Kapsel des Condylus med. fem. mit eingelagertem Sesambein, zum kleinen Teil proximal davon an der Facies posterior femoris. In Fig. 8. Fig. 9. Plantaris ; Verwachs. Sesambeindes _; ; ER ee ee mit Plantaris \ Plantaris Jat.6astr. Soleus Insertion Hapale penicillata. Die beiden Gastroenemii von vorn, Soleus entfernt, Plantaris umgeklappt; a 6 c seine Verwachsung geht nicht über den Ursprung heraus. Man beachte den oberflächlichen Mus- Hapale jacchus. a) Gastroenemius von hinten; b) von vorn mit kel und seine Ursprungssehne (s). Plantaris, Soleus entfernt; c) ebenso, auch Plantaris entfernt. Gr. 1/1. einem Fall ist eine besonders kräftige Verbindung mit dem distalen Kapselteil zu beobachten, so daß der Muskel noch Ursprungsfasern vom Hinterrand des Meniscus med. bezieht. Bei zwei Exemplaren ist der Ursprung von der Insertion des M. adductor magnus etwas bedeckt, einmal mit ihr sogar ziemlich verwachsen. Der Ursprung ist dennoch ein rein dorsaler, ein Übergreifen auf den Epicondylus ist nicht zu beobachten. Ateles ater. Der mediale Gastroenemius entspringt mit einem Sesambein in der Ursprungssehne von der Kapsel des Condylus med. fem. und mit fleischigen Bündeln von der Rückfläche des Femur. 28 Hedwig Frey Der Ursprung ist mit der Insertion des M. adduct. magn. verschieden stark verwachsen und etwas bedeckt von ihr. Bei den Platyrrhinen macht sich also ähnlich wie bei den Prosimiern eine verschieden starke Ausdehnung des Ursprungs geltend. Die Hapaliden zeigen nur eine Anheftung an der Knie- Fig. 10. Fig. 11. med. 6astr. Jat.Gastr. Verwschs. Fr Vak. Gastr. Verwachs. mit Plantaris ee Ze mit Plantaris Plantaris med.Gastr. ) Oberfl.Muske! Verwachs. mit Soleus Verwachs. mit Soleus Plantarıs Plant. Sehne [7 Cebus flavus. a) Dorsalansicht des Triceps surae. Cebus apella. a) Dorsalansicht des Triceps surae. b) Gastroenemii von vorn, Soleus und Plantaris b) Gastroenemii von vorn, Soleus und Plantaris entfernt. Gr. 5/8. entfernt. Gr. 5/6. Man beachte die verschiedene Länge des Muskelbauches und der Endsehne, die verschiedene Aus- dehnung des oberflächlichen Muskels des lat. Gastroenemius, die Bildung einer Zwischensehne (2). kapsel, die Cebinae außerdem eine geringe Ausdehnung auf die Rückfläche des Femur; in einem Fall rückt der Ursprung distal- wärts bis zur Verbindung mit dem Meniseus. Bei Ateles liegt der Ursprung am höchsten mit ansehnlichen Ursprungsbündeln von der Facies post. fem. Bei allen Platyrrhinen ist der Ursprung noch ein rein dorsaler wie bei den Prosimiern; doch tritt an ihm häufig die Neigung hervor, mit der Insertion des M. adductor magnus in Be- ziehung zu treten. Der Musculus trieeps surae in der Primatenreihe. 29 c) Niedere Catarrhinae. Genus Papio. Der med. Gastroenemius entspringt mit einge- schlossenem Sesambein von der Kapsel des Kniegelenkes, soweit sich dieselbe über den Condylus med. fem. ausspannt, und zwar bis zu der Stelle, wo sie die Gelenkspalte überschreitet; er entspringt ferner direkt vom Epicondylus med., wo er etwas verwachsen ist mit der Insertion des M. semimembranosus, und schließlich mit an- med.635tr. JSoleus-Insertion Soleus Gasır.Endsehne e) 6 c Ateles ater. a) Triceps surae von hinten, b) von vorn; c) Ventralseite der Gastroenemii, Soleus ent- fernt, man beachte die Randsehne (s). Der Soleus inseriert fleischig bis zum Calcaneus. Gr. 5/8. sehnlichen Bündeln von der Facies post. fem., ziemlich hoch über dem Condylus med. Die letztere Ursprungspartie ist muskulös, die erstere, bedeutend mächtigere, sehnig. Macacus cynomolgus. Der Gastroenemius entspringt sehnig von der Kapsel des Kniegelenkes hinter dem Condylus med. fem., muskulös von der Rückfläche des Femur und mit wenigen Sehnen- zügen vom Epicondylus med. femoris. Bei einem Exemplar reichte der Ursprung tiefer auf den Hinterrand des Meniscus med. und der 30 Fig. 14. Fig. 13. Plantaris Verwachs. med.6astr- C Verwachs.d. Plant. ypryachs.d Plant Jat.Gasir. N dPlant _ put med.bastr. Jat Gastr. mit d. med bastr. SRaRITSLE : ö . ß h z Ursprung d.bastr.med. ve Muskelschicht Soleus—\: Endsehne des \\\ Plantaris Ns) Endsehnedes EP Gastrocn. 3 b e Fig. 13. Cynocephalus babuin. a) Dorsalansicht des Triceps surae, b) Ventralansicht der Gastro- enemii mit Plantaris; ein Sehnenbündel verbindet den med. Gastrocn. mit dem Plantaris, ce) beide Gastroenemii ohne Plantaris; man beachte die weit distalwärts reichende Verwachsung beider Mus- keln und den oberflächl. Muskel des lat. Gastr. br} -B Gastroenemius von vorn. Die Verschmelzung mit dem Plantaris ist weniger groß. Gr. 1/2. Fig. 16. Gastr.lat. Gastr.n. Fig. 14. Papio hamadryas. Fig. 15. Gastr. Iat. Verwachs. Sesambein des mit Plantarıs Gastr.mec, Gastr. med. Plantaris Oberfl. Muskel Fig.15. Macacus cynomolgus. a) Triceps surae von der Dorsalseite, b) von vorn, Soleus umgeklappt, Plantaris entfernt. E Fig. 16. Macacus cynomolgus. Gastroenemii und Plantaris von vorn; der med. Kopf zeigt ein Uber- greifen der Ursprungssehne auf die Ventralseite und die Bildung einer oberflächl. Muskelschicht. Gr. 3/4. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 31 Tibia herab. Alle Ursprungsbündel zeigen eine verschieden starke Verfilzung mit der Insertionssehne des M. adductor magn., einmal außerdem mit Sehnenzügen des M. semimembranosus. Das einge- lagerte Sesambein ist an den medialen Rand gerückt. Die lateralen Ursprungspartien entspringen ohne dessen Vermittlung direkt von der Rückfläche des Femur. Cercocebus collaris weist einen ziemlich ausgedehnten Ursprung Fig. 17. med. Gastr. lat. Gastr. F Verwachs.des Plantaris Plantaris \ 8 b ec Cercocebus collaris. a) Dorsalansicht des Triceps surae, b) die beiden Gastroenemii von vorn, e) Ventralansicht des Triceps surae samt Plantaris. Gr. 1/2. seines medialen Gastroenemiuskopfes auf. Er greift von der Kapsel des Condylus med. fem. distal auf den Tibialrand, proximalwärts auf die Rückfläche des Femur über. Die mediale Ursprungsportion schließt ein mächtiges Sesambein ein. Genus Cercopithecus. Der Hauptursprung liegt ebenfalls an der Kapsel, welche, den Condylus med. fem. überspannend, ein Sesam- bein einschließt. Lateralwärts reiht sich eine unbedeutende Portion an, die mit einigen Muskelbündeln von der Dorsalfläche des Femur entspringt. Einmal fehlte dieser Ursprung; dafür dehnte sich der 32 Hedwig Frey Kapselursprung mehr medial aus und reichte sehnig auf den Epi- condylus med. über. Stets war der Ursprung mehr oder weniger stark mit der Insertionssehne des M. semimembranosus verwachsen, einmal auch mit derjenigen des M. adductor magnus. Genus Semnopithecus. Der mediale Gastroenemiuskopf ent- springt mit eingeschlossenem Sesambein bei allen Formen sehnig Fig. 18. Verwachs. mit Plantaris | med.bastr. (N I fat.Gastr. ly l | | | I \I MI | IR | IN! Al al) m ART In, r 1] Iurpdp lag \ er, Hlind } lt] ir] Oberfl,Musk. 1 Ada lan] d.lat. Gastr, \ Null mh TE Im N | hal Mi Thun NN Mun Nil, AHA SIAIHIE N Ni I \ N — Soleus Plantaris ( Endsehne) Oercopithecus callithrichus. a) Die beiden Gastrocnemii von hinten, b) von vorn; der oberflächl. Muskel des lat. Gastrocn. greift auf den medialen Kopf über. Gr. 5/8. 1—3 geben die Meßpunkte an zur Ermittelung der Länge von Muskelbauch und Sehne. von der Kapsel des Kniegelenkes rings um den Condylus med. fem., medianwärts auch noch ein wenig vom Epicondylus med. Zarte Muskelbündel heften sich an der Dorsalfläche des Femur unmittelbar über dem Condylus fest. Der Gastroenemius medialis entspringt bei den niedern Catarrhinen in wechselnder Höhe. Bei den Papionen reicht der Ursprung beträchtlich über dem Condylus auf die Dorsalfläche des Femur hinauf; bei den Macacen greift er etwas weniger proximalwärts. Cercocebus nimmt eine vermittelnde Stellung zwischen ihnen und Cercopithecus ein, bei welchem außer dem Kapselursprung nur un- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 33 bedeutende Bündel oberhalb desselben entspringen. Die Semnopithe- ciden schließen sich in diesem Merkmal eng an das Genus (er- copithecus an. Bei einem Macacus cynomolgus und bei Üercocebus collaris ist auch eine Anheftung am Tibiarand vorhanden. Alle Formen zeigen ein verschieden starkes Übergreifen des Ursprungs Fig. 19. Fig. 20. Verwachs.mit B Ursprun Jat.68s\r kirine RER ‚Plantaris Planfaris m) Gastr.med. f N ah HR Soleus N Plantaris hi Wi % Endsehne (Endsehne) Na N d. Plantaris MR a 5 a d Semnopithecus entellus. a) Dorsalansicht Semnopithecus maurus. a) Dorsalansicht des Triceps des Triceps surae; b) Gastrocnemii von surae, b) Ventralansicht der Gastrocnemii, Plantaris bis vorn, Plantaris entfernt. zum Ursprung frei, umgeklappt. Gr. 1/2. Man beachte: die große Variationsbreite in der Verwachsung beider Gastrocnemii von weitgehender Trennung bis hoher Verwachsung, mit Bildung einer leichten Zwischensehne (z). Die Gastrocnemius- Endsehne senkt sich zwischen die seitlichen Wulstbildungen des Soleus ein, auf den Epicondylus und infolgedessen oft eine Verfilzung mit der Insertionssehne des M. adductor magnus oder des M. semimembra- nosus. Letzterer wurde von LoTH ’08, S. 265 u. ’09 S. 199 als M. semitendinosus bezeichnet. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Verwechslung beider Muskeln, die, um Mißverständnissen vorzu- beugen, richtiggestellt werden muß. Morpholog. Jahrbuch, 47. 3 34 R Hedwig Frey d) Anthropoide. Die Literaturangaben über die Ursprungsverhältnisse bei niederen Affen blieben unberücksichtigt. Es heißt in allen Arbeiten, auch in der ausführlichen von E. GLAESMER ’10, stets: Ursprung vom Con- dylus bezw. Epicondylus med. fem., ohne Berücksichtigung der sehr Fig. 21. 6sstr. med, Plantaris Plantaris Sesambeindes _ .Öberfl. Muskelschicht Gastr.med. > des Gastr. lat. /] f} N N) Oberfl. Muskel (UN Asehicht des Gastr. med. f ‘ Tue STAUNEN oh AHSTTHNIENN Ali ln LAIEN HUN IN IN j „ TEN / un Andeutun, | TerZwischensehne Soleus m j au / N Ab s i gespall. Teil ei ) des Kal Bastr. eR MN M 7 / | ___ Abgespalt-Partie Ve Eh Muskelbündel r Soleus Insertion des Soleus \ Hylobates syndactylus. a) Triceps surae von hinten, b) von vorn, c) die beiden Gastroenemii von der Ventralseite; Soleus entfernt. Cap. med. Gastr. zeigt die oberflächl. Muskelschicht. Vom lat. Gastro- enemius hat sich ein besonderes Muskelbündel abgespalten und erreicht den Calcaneus. Aus der Ver- wachsung mit dem Plantaris geht eine oberflächl. Muskellage hervor, welche die Ventralfläche des lat. Gastr. zum Teil bedeckt. Die Plantarissehne läuft frei zwischen Gastroen. und Soleus aus, Gr. 1/2. wichtigen Verschiebungen, die sich bei den meisten Familien nach dieser oder jener Richtung hin geltend machen. Über die Verhält- nisse bei den Anthropoiden finden sich genauere Angaben vor (GRATIOLET und Auıx ’66, S. 200; Cuampneys ’72, S. 198; KonL- BRÜGGE ’90, S. 300; Hesspurn ’92, 8.337; R. Fick ’95, 8.41; KoHLBrRuGGE ’97, S. 194; Parson ’98, Prımrose ’99, S. 566). Da es sich aber immer nur um Anführung der betreffenden Tatsachen Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 35 handelt, ohne Angabe, wie diese oder jene Abweichung zu deuten sei, so kann ich mich auf die Nennung der betreffenden Autoren beschränken, um so eher, als keine Befunde verzeichnet sind, die sich nicht mit den meinigen decken. Fig. 22. Gastr. lat. A Andeufung eines Br Planleris /7 - 6astr. med. \ N Oberfl.Musk. d.lat. Gastr. , distale Trenn \ Soleus a 6 ce. Hylobates syndactylus. a) Triceps surae von hinten, b) von vorn, c) die beiden Gastroenemii ohne Soleus; ihre Verwachsung ist nicht vollständig. Eine abgespaltene Muskelpartie des lat. Gastro- enemius deutet eine Plantaris-Bildung an. Der oberflächl. Muskel ist gut entwickelt. Gr. 1/1. Hylobatiden. Das Caput mediale entspringt von dem Teil der Kapsel, der sich über die proximale Hälfte des Condylus med. fem. spannt. Bei 7. syndactylus greift die Ursprungssehne ziemlich hoch auf die Dorsalfläche des Femur, bei H. leueiscus in Überein- stimmung mit dem Verhalten bei niedern Catarrhinen mehr auf den Epicondylus med. fem. hinauf. Bei je einem Exemplar von H. leuciscus und H. syndactylus ist ein unregelmäßig geformtes, beim andern H. leueiscus ein wohlausgebildetes Sesambein in die Ur- sprungssehne eingelagert. Das vierte Exemplar ermangelte jeder Spur eines solchen. 3*+ 36 Hedwig Frey Scehimpanse. Der mediale Kopf entspringt mit zwei deutlich zu unterscheidenden Partien: a) einem medialen Teil, welcher mit starker Sehne vom Tubereulum adduetorium ausgeht, verwachsen mit der Insertionssehne des M. adductor magnus, und welcher von Fig. 23. Plantaris med.6Gasltr. med.6astr. femoraler Ursprung Verwachs. des Soleus mit Plantaris AU RN An EN Ne A N = / Y Fibul. Urspr: \- \ a. Soleus a Il Null MunT f di 1 I MM AH Soleus [v) c Hylobates leuciscus Mülleri. a) Triceps surae mit Plantaris von hinten, b) von vorn, c) die beiden Gastroenemii von vorn; Plantaris und Soleus entfernt. Die Ursprungssehne des Soleus zeigt die anf das Femur greifende Verlängerung. Gr. 5/8. hier über den medialen Teil des Condylus zieht, mit der darunter- liegenden Gelenkkapsel verwachsen. Unmittelbar an ihn an- schließend greift b) der laterale Ursprungsteil mit fleischigen Bündeln auf die Rückfläche des Femur hinauf. Es erstreckt sich nicht wie bei Orang lateralwärts, sondern proximalwärts in der Fortsetzung der am Condylus med. entstehenden Portion. Ein Sesambein fehlt. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 37 Orang-utan: Die Ursprungsfläche ist sehr ausgedehnt. Der Muskel heftet sich mit kräftigen Sehnenzügen an der Kapsel des Kniegelenkes fest, da, wo dieselbe über die laterale Condylusfläche gespannt ist, ohne Einlagerung eines Sesambeines. Er greift proxi- malwärts weit auf die Rückfläche des Femur hinauf, mit fleischigen lateralen Bündeln bis zur Mitte des Planum popliteum und bedeutend Fig. 24. Gastr. med, Gastr.lat. 6Gastr. med. Gastr.lat. hyı NN / ANL N u Erenzlinie \\ ANIIRIIENN 1 / d.lsk.6asir. 7 NL Mi N / BERN \ \\ \ j \ Soleus Insertian \ ' ie“ a 7) e Hylobates leuciscus. a) Gastrocnemii von hinten, b) Triceps surae von vorn, c) Gastroenemii von vorn, Die Struktur des lat. Gastrocn. erinnert an eine Plantarisbildung. Die Grenzlinie ist deutlich bis zum med. Rande des Gastrocnemius med, erkennbar. Gr. 1/1. über die Fossa intercondyloidea hinaus. Wenige mediale Sehnen- züge sind mit der Insertion des M. adductor magnus verschmolzen. Gorilla zeigt eine außerordentlich hohe Anheftung des me- dialen Gastroenemiuskopfes. Der medio-distale Ursprungsteil geht da von der Gelenkkapsel aus, wo sie die dorso-mediale Fläche des Condylus medialis deckt. Eine Einlagerung eines Sesambeines fehlt. Die medio-proximale Ursprungspartie befestigt sich am Tubereulum 38 Hedwig Frey adduetorium. Von hier zieht die breite Ursprungssehne in schräg aufsteigender Linie hoch über den Condylus zur Dorsalfläche des Femur hinauf, an welchem sie mit starken Zügen festgeheftet ist. Das Ursprungsgebiet dehnt sich wie bei Schimpanse nicht lateralwärts aus; eine Senkrechte, auf die Mitte des Condylus ge- fällt, würde dasselbe begrenzen. Der Ursprungsteil des Muskels Fig. 25. Plantarıs Gasin med Verwachs mit Plantaris Basır. lat: \VANV RN \ Zwischensehne In Dim \\r IN \ l \ - N Endsehne des Plantaris ıW/] N \ { / N a here a erde Soleus Soleus a Schimpanse. a) Triceps surae von der Dorsalseite, b) und c) Ventralseite der beiden Gastrocnemii. Gr. 5/8. ist vom Adductor magnus fast ganz bedeckt, welcher seine Insertion distalwärts bis auf das Lig. genu collat. med. ausdehnt. Eine be- trächtliche Verfilzung der Ursprungs- bezw. Insertionssehnen beider Muskeln ist zu bemerken. Der Ursprung des Cap. mediale gastroenemii ist bei den An- thropoiden beträchtlich höher gerückt. Schon die Hylobatiden weisen einen bedeutenden Ursprung an der Rückfläche des Femur auf, allerdings nicht in dem Maße wie die übrigen Anthropoiden. Bei diesen ist die mediale Ursprungspartie stets mit der Gelenk- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 39 kapsel in Beziehung, die laterale greift bei Schimpanse, Orang und Gorilla stufenweise höher auf das Femur hinauf, so daß die Ur- sprungslinie bei letzterem über dem Condylus steil ansteigt. Bei Schimpanse und Gorilla ist die Breitenausdehnung des Ursprungs lateralwärts eine geringe und reicht, auf den Condylus med. proji- ziert, nicht über dessen Mitte hinauf. Bei Orang dagegen ist das Fig. 26. Soleus Verwachs mit Flex: N halluc longus | Gastr.lat. Gastr. med. Randsehne I, Orang utan. a) Triceps surae von hinten; b) die beiden Mm. gastrocnemii von vorn; man beachte die Randsehne des lat. Gastroenemius. Gr. 3/4. Ursprungsgebiet bis auf die Mitte des Femur ausgedehnt. Ent- sprechend dieser Anordnung hält sich die Ursprungssehne bei Orang an die laterale Condylusfläche, bei Schimpanse und Gorilla mehr an die mediale, bezw. dorso-mediale. Fig. 28 gibt ein Bild von der proximalen Ausdehnung des Ursprungs in der ganzen Primatenreihe. Die Ergebnisse erhalten wir durch Messung der totalen Muskellänge vom proximalsten Ursprungspunkte bis zu der Stelle des Caleaneus, wo dessen Dorsal- in die Plantarfläche übergeht. Die Gründe, die 40 Hedwig Frey mich für die Wahl des letzteren Punktes bewogen haben, sind in der Einleitung angegeben. Das betreffende Maß drückte ich in °/, zur Unterschenkellänge (Tibialänge) aus. Neben dem Mittel, das sich für eine Species ergab, fügte ich die minimale und maximale Ausdehnung für solehe Gruppen bei, wo mir mehrere Exemplare zur Verfügung standen, es ergab sich dadurch zugleich ein Bild von der Variationsbreite des Merkmals bei der betr. Species. Fig. 27. Ursprung RN 6astr. lat. Zwischensehne Gorilla. a) Dorsalansicht des Triceps surae; b) die beiden Gastroenemii von vorn, Soleus abgeschnitten und umgeklappt. Gr. 5/8. e) Homo. «) Ontogenetische Befunde. Es liegen in der Literatur einige Mitteilungen über die Entwick- lungsvorgänge der Wadenmuskeln vor. SCHOMBURG ’0O0 untersuchte eine Reihe menschlicher Embryonen vom Ende der 6. Woche bis zur Geburt und fertigte an Hand von Serienschnitten Modelle an, welche Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 41 ein genaues Bild der Tatsachen gaben. Er gibt an (S. 47): »Der Gastroenemius entspringt am Ende der 6. Woche nach den ersten Differenzierungsprozessen mit zwei Köpfen, die noch nicht scharf voneinander gesondert sind, nahe dem Epicondylus lat. Der mediale Kopf springt ventralwärts vor, vom Epicondylus med. ist er eine — . Fig. 28. Nycticebus Homo rechts [7} S [21 © S SI S I © o Cercocebus Macacus Hylobates Chimpanse Orang utan en sy Maximum Mittel ... Minimum Totale Länge des medialen Gastrocnemius in /, zur Tibia-Länge. weite Strecke entfernt. Der Muskel :verläuft auf der Fibula, die er lateralwärts wenig überragt, deren medialen Rand er aber nicht er- reicht, zum Fuß hinab. Seine Endsehne ist bis zum Tuber Calcanei ausgebildet. Der Muskel ist auf dieser Stufe von relativ geringer Größe. In der folgenden Zeit entwickelt sich der Gastroenemius unter schneller Vermehrung seiner Muskelelemente medianwärts über die Flexoren und N. tibialis hinweg. Diese embryonale Wanderung des Gastroenemius bleibt im Verlauf des Nerven angedeutet, indem der N. tibialis später im Innern der Muskulatur liegt und die Äste 42 Hedwig Frey für die Gastroenemii mehr an der Innenfläche des Muskels eindringen.« Auch K. Ranke ’97, 154 nimmt an, daß der M. gemellus surae durch Wanderung zur bleibenden Lage gelangt sein müsse, was sich noch in der Eintrittsriehtung seiner versorgenden Nerven gegenüber denen des M. plantaris ausdrücke. Nach ScHomBure ist also der Gastro- cnemius medialis ein ursprünglich fibularer Muskel von geringer Größe, der früh im Laufe der Entwicklung auf die mediale Seite gewandert ist. Diese Tatsache ist wenig bekannt. Innerhalb der Säugetierreihe gilt der mediale Gastrocnemius mit seinem Ursprung am Condylus oder Epicondylus medialis als einer der konstantesten Muskeln (GLAESMER '10, 153). Jene Tatsache deckt sich aber voll- ständig mit den Befunden bei den niederen Wirbeltieren. Ich habe an Hand sicherer Quellen nachzuweisen versucht, daß der fibulare Gastroenemiusanteil bei den Amphibien und Reptilien der größere, ja in vielen Fällen der allein vorhandene ist, daß bei den Vögeln ein Überwiegen des äußeren Kopfes ebenso sicher wie die Neigung zur Verschmelzung beider Gastrocnemius-Ursprünge bekannt geworden ist. Es würde sich in Anbetracht dieser eindeutigen Befunde bezüg- lich der genannten Merkmale eine Bestätigung des biogenetischen Grundgesetzes ergeben. Im Anschluß hieran sei noch des Gastrocnemius tertius Erwäh- nung getan, den ich als abgespaltenen Rest des auf den medialen Condylus gewanderten Muskels ansehe. Ich werde später auf diese Erscheinung näher eingehen, wenn ich über die Varietäten des Gastro- cnemius einiges ausführe. . ß) Ursprungsverhältnisse beim Erwachsenen. Sie sind individuell sehr verschieden. Es liegt zuweilen eine mehr laterale, zuweilen eine mehr mediale oder proximale Ausdeh- nung vor. Für den Ursprung des Caput mediale erwähnen POIRIER ’86 und Beruını ’92 eine dreieckige Grube oberhalb des Condylus. Ich habe diese bei einem Teil der Femora auch gefunden; bei anderen war sie kaum oder nicht ausgeprägt. Sie liegt direkt über dem Condylus, am Übergang desselben in die Facies dorsalis femoris. In ihrem Grunde ist regelmäßig ein Schleimbeutel anzutreffen. Vom Rande der Grube und dem daran sich anschließenden Teile der Ge- lenkkapsel entspringt der Hauptteil des Muskels mit starker Sehne. Muskulöse Ursprungsbündel greifen median- und proximalwärts hinauf, befestigen sichan der Facies post. fem. und in vielen Fällen an Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 43 einer verschieden stark ausgeprägten Leiste, welche die Fortsetzung des Labium mediale der Linea aspera ist und zum Condylus medialis zieht. Die Leiste grenzt mit einer zweiten, welche als Fortsetzung des Labium later. der Linea aspera zum Condylus lat. zieht, ein flaches dreieckiges Feld ab, das Planum popliteum. Nicht immer Fig. 29. Fig. 30. Plantaris Gastr. med. Gastr. lat. —— u ee S I 5 VAT r 1! x Homo. Trieeps surae in der Dorsalansicht. Man beachte die Bildung einer leichten Homo. Triceps surae von hinten; der Bau des Zwischensehne (z) und die fächerartige An- lat. Gastroen. läßt einen verschmo®&enen Plantaris ordnung der Sehnenfasern in der Endsehne. vermuten, die Ventralseite (Fig. 33) zeigt keine Die Verwachsung mit dem Soleus ist eine Andeutung daran. Die Zwischensehne (2) ist gut tiefe-(v), die Gastr.-Endsehne wird dadurch entwickelt. Die Verwachsung mit dem Soleus (v) in die eigentliche »Achillessehne« (AS) und fällt in den fleischigen Teil der Gastroenemii. in ein »selbständiges Stück der Gastroenemius- Gr. 3/10. Sehne« (G-S) geteilt. erreichen die fleischigen Ursprungsbündel des medialen Kopfes jene Leiste; sie entspringen dann vom Planum popliteum. Der mediale Ursprungsteil des Muskels entsteht am Tubereulum adductorium oder unmittelbar oberhalb desselben. Die Sehnenfasern verfilzen sich dabei nieht selten mit denen des Adduetor magnus. Der Muskelursprung tritt beim Menschen nie in Beziehung zum Epicondylus, da er sich 44 Hedwig Frey oberhalb desselben anheftet (RAUBER-KorscH '06 u. a. Lehrbücher er- wähnen zwar den Epicondylus med. als Ursprungsgebiet des med. Gastroenemius). Die Sehne zieht vom Tubereulum adductorium im Bogen um den Condylus und deckt dabei dessen proximale und late- rale Fläche; indessen die mediale bleibt frei. Hier ziehen die End- sehnen der Mm. semitendinosus und semimembranosus vorbei und gleiten auf dem medialen Rande der Gastroenemiussehne wie auf einer Rolle. An den verschiedenen Ursprungsportionen des medialen Gastro- cnemius kann man, wie wir es bei POoIRIER ’86, 347 in ähnlicher Fig. 31. Fig. 32. Fig. 33. Gastr. Iat. Gastr. med, \ alla N \\ Ar AN N Homo. Ventralseite der Gastro- Homo. Ventralseite der Ga- Homo. Ventralseite von enemii; dereoberflächliche Muskel stroenemii ; der oberflächliche Fig. 30; Plantaris sowie des lat. Kopfes (m) ist nur an- Muskel (m) des later. Kopfes oberflächlicher Muskel gedeutet; der med. Gastrocn. zeigt ist stark entwickelt, derjenige des lat. Gastroenemius eine oberflächl. Muskelschichte, des medialen (m’) nur schwach. fehlen. Gr. 3/10. welche (m’) aus der Ursprungs- sehne hervorgeht. Weise finden, eine Anordnung von drei Hauptpartien leicht erkennen: a) einen medialen Abschnitt am Tubereulum adduct. mit parallelen Fasern; b) einen mittleren Abschnitt, den stärksten, welcher mit kon- vergierenden Bündeln von der Kapsel über dem Condylus und am Übergang in die Faeies post. fem. (auch von einer dort befindlichen Grube) entsteht; ce) einen lateralen Abschnitt am Planum popliteum oder an den dasselbe begrenzenden Leisten. Diese drei Portionen vereinigen sich zum Caput mediale unter anfänglicher Konvergenz ihrer sehnigen oder muskulösen Elemente. Durch verschieden starke Ausbildung der Ursprungsteile kommen die individuellen Verschiedenheiten zustande. Zusammenfassung über den Ursprung des med. Gastroenemius in der Primatenreihe. Ich lasse hier einen kurzen Überblick über Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 45 die beschriebenen Verhältnisse folgen und werde versuchen, die Be- funde in der Reihe der Primaten zu deuten. Fig. 28 soll die ver- schiedenen Zustände der an Ausdehnung des Ursprungsge- bietes beleuchten. Nach den vorliegenden Tatsachen ist der Ursprung nicht so regelmäßig, wie es in der Literatur ausgesprochen ist. In der Wan- derung vom Condylus lat. fem. auf den Condylus med. werden vom Ur- sprungskopfe bei den Primaten etwas divergente Richtungen einge- schlagen. 1. Bei den niedern Affen, Nyeticebus ausgenommen, heftet sich der Muskel auf der Höhe der Kapsel an, welche den ganzen Condylus med. fem. umzieht. Der Muskel neigt dazu, auf den Tibiarand her- unterzusteigen und sich auch an ihm festzuheften (Cebus und fast alle niedern Catarrhinen).. Bei den niedern Catarrhinen besteht die Tendenz, auf den Epicondylus med. fem. überzugreifen. Prosimier und Platyrrhine allein zeigen einen rein dorsalen Ursprung. Letztere lassen zwar durch öftere Verwachsung des Ursprungs mit der Inser- tionssehne des Adductor magnus die Tendenz zu einer medialen Aus- breitung erkennen. Mit dem Kapselursprung ist bei den niedern Affen noch eine kleine Ursprungspartie von der Facies post. fem. verbunden, die aber nur von geringem Umfang ist. Nyeticebus zeigt ein abweichendes Verhalten; er besitzt keinen Kapselursprung des Muskels, welcher nur von der Rückfläche des Femur entspringt. Ob er einen solchen Kapselursprung nie besessen oder denselben sekundär verloren habe, war nicht zu ermitteln. 2. Bei den Anthropoiden und dem Menschen hat die Wanderung mehr proximalwärts stattgefunden, ist auch weiter medianwärts er- folgt. Als Grenze für die mediale Wanderung ist das Tubereulum adductorium anzusehen, das in vielen Fällen von den medialen Ursprungspartien erreicht wird; es ist mit dem Ursprungsorte am Epicondylus der niedern Catarrhinen zu vergleichen. Die mediale Grenze des Gastroenemiusursprunges ist also für Anthropomorphe und Homo dieselbe. Für die Hylobatiden ist eine weniger weitgehende Ausdehnung charakteristisch. Zylobates leueiscus scheint sich (wie auch in anderem) durch das Übergreifen auf den Epieondylus eher den niedern Catarrhinen anzuschließen. Der Hauptteil des Ur- sprungs zeigt bei den Anthropomorphen .ein etwas abweichendes Ver- halten gegenüber demjenigen bei Zomo und den Hylobatiden. Bei ersteren umfaßt er den Kapselursprung in der ganzen Höhe ‘des Condylus, beim Menschen und Aylobates nur in dessen proximaler 46 Hedwig Frey Hälfte, beim Menschen außerdem in Verbindung mit einer Anhef- tung an der oben beschriebenen Grube. Die lateralen Partien des Muskelursprunges haben bei Anthropoiden und Homo eine be- deutende proximale Ausdehnung erfahren; sie sind bei Orang und Gorilla noch weiter als beim Menschen verlagert. Während Gorilla und Schimpanse das Ursprungsgebiet nach oben und medianwärts sehr weit ausgedehnt zeigen, beziehen Orang und der Mensch noch beträchtliche muskulöse Elemente vom Planum popliteum. Beim Menschen können sie zur Bildung einer Crista führen. Entsprechend der mehr proximal — oder medianwärts erfolgten Ausdehnung des Ursprungsgebietes treffen wir auf gewisse Verwach- sungen mit angrenzenden Muskeln. Die Insertionssehne des M. ad- ductor magnus steht bei den Anthropomorphen in der Regel, beim Menschen sehr häufig, in Verbindung mit Ursprungsbündeln des Gastro- enemius. Bei den Macacen, Cercopitheken und Hapaliden ist eben- falls eine solche Verfilzung in geringem Grade ausgeprägt. Für sämtliche niedere Catarrhinen, deren Ursprung stets auf den Epicon- dylus übergreift, ist eine Verwachsung mit der Insertionssehne des M. semimembranosus bemerkenswert. Hand in Hand mit der Machtentfaltung des Gastroenemius med. haben sich beim Menschen bessere Anheftungsverhältnisse entwickelt: die Leiste, welche das Planum popliteum begrenzt, die genannte Grube und in vielen Fällen die Beanspruchung des Tubereulum adduct. für einen Teil der Ursprungsfasern. Letzterer Umstand ist auch bei den Anthropomorphen mehr oder weniger ausgeprägt. Die anderen Merkmale sind typisch menschliche, die keinem Affen zukommen. 2. Sesambein. In der Ursprungssehne des medialen Kopfes kann ein Sesambein eingeschlossen sein. Es ist dies auch, wie wir später sehen werden, im lateralen Kopf häufig der Fall. Das Wesen eines solchen Gebildes ist schwer zu ergründen. Die Deutung des Namens hat bereits zu Meinungsdifferenzen Anlali gegeben: SrrepA ’02 führt ihn auf Sesamum, eine im Orient sehr verbreitete Pflanze zurück, deren Samenkörner mit dem Knochen verglichen worden sind. Auch TRıEPEL ’08 leitet ihn von der Sesam- pflanze ab. Pritzxer ’92, S. 520 stellte sich in Gegensatz zu diesen Ansichten und behauptete, daß diese kleinen Knochenstücke nach einer alten unbekannten Pflanze benannt wurden, zu der heute als Sesam bezeichneten Pflanze aber nicht die geringste Beziehung hätten. Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. "47 Der Streit um diese Frage ist von geringer Bedeutung im Gegensatz zu den Meinungsverschiedenheiten, die über die Herkunft der Sesam- knochen und über deren Wesenseigenschaften herrschen. Ich werde auf diese Fragen eingehen, nachdem die Verhältnisse an beiden Tabelle 8. Sesambein | Auser medial. lateral. Monotremen | Ornithorhynchus MECKEL '28 fehlt | fehlt Marsupialier Didelphys, Dasyurus, Phalangista ee 7B - 1 Insectivoren | Sorex, Erinaceus £ i fehlt Tal, a = Br Leone ’98 1 Dermoptera | Galeopithecus REHTE - | fehlt Chiropteren | Pieropus - - - - Edentaten Bradypus, Dasypus, Myrmecophaga Rn - - Oryeteropus - - - 1 Rodentier Lepus, Cavia GRUBER '75 1 1 Cavia Autor fehlt 1 MECKEL '28 Murinen PLAYFAIR u. - 1 MURRICH ’04 Carnivoren a) Fissipedier: Ursus actor GRUBER - 1 Canis lupus, ©. vulpes - 1 1 Canis familiaris, Felis domestica - 1: 1 MARTIN '04 Felis domestica ELLENBERGER u. 1 1 MÜLLFR ’96 E x 440), i (41 1 E S 560) PFITZNER ’92 \ fehlt 1 MECKEL ' F 7 PLAYFAIR u. - 1 MURRICH b) Pinnipedier: Phoca GRUBER - | fehlt Ungulaten a) Perissodactylen: Pferd g = - rn MECKEL b) Artiodaetylen: Sus scropha GRUBER - - Cervus tarandus - - - Ruminantier im allgemeinen MECKEL ’28 - 5 Cer B - 1 ie LE DousgLe ’97 48 Hedwig Frey: Gastrocnemiusköpfen der Primaten geschildert sind. Ich bespreche zuerst das Vorkommen eines Sesambeines im medialen Gastrocnemius und werde im Anschluß an die Beschreibung der Zustände im late- ralen Kopf die verschiedenen. Ansichten über das fragliche Gebilde zu beleuchten versuchen. | Tabelle 8 gibt einen Überblick über das Vorkommen eines Se- sambeines bei den niederen Säugetieren. Im medialen Kopf scheint der Knochen fast ganz auf die Bodentiere und Carnivoren beschränkt zu sein, und auch hier noch mit Ausnahmen, wie aus den verschiedenen Angaben der Autoren für dieselbe Species ersichtlich wird. PArson ’98 geht fraglos zu weit, wenn er behauptet, daß bei den meisten niedern Säugern, ausgenommen die Ungulaten, ein Sesam- bein vorhanden sei. In der Primatenreihe ist der Knochen konstanter. 1. Prosimier. Bei Nycticebus tardigradus fehlt ein Sesambein vollständig. Das hängt wohl damit zusammen, daß der Muskelur- sprung proximalwärts heraufgerückt ist und seine Beziehungen zur Gelenkkapsel fast ganz aufgegeben hat, denn das Sesambein ist stets, wie wir sehen werden, mit dieser in Verbindung. Galago garnetti weist ein verhältnismäßig mächtiges Sesambein auf. Es liegt, wie bei allen Formen, z. T. in der Kniekapsel und ist in die Ursprungs- sehne eingelassen, welche teilweise von ihm, teilweise von der um- sebenden Kniekapsel entspringt. Größe und Form des Sesambeins können variieren. Bei Galago ist es kugelig und rollt miteiner kleinen abgeflachten Fläche auf dem Condylus medialis femoris. Sämtliche Lemuriden weisen ebenfalls ein wohlausgebildetes Sesambein auf; es ist noch ziemlich groß, aber stark abgeflacht. Unter den Prosimiern scheinen also recht differente Zustände zu herrschen: Nycticebus und Stenops (nach GRUBER 76) ermangeln eines Sesambeines, Galago weist ein sehr großes auf, und die Lemuriden besitzen ein mehr abgeflachtes. 2. Platyrrhinen. Cebus besitzt in der medialen Ursprungs- sehne ein kugeliges, großes Sesambein, das mit einer geringen Ab- flachung auf dem Condylus femoris rollt. Bei Hapale variieren die Zustände; stark abgeflachte oder kugelige Sesambeine kommen vor. Sie können aber auch weniger ausgesprochen abgerundet sein und dann zu unbestimmt eckiger Form hinneigen. Nach PritzxEr ’92 würde dies Zustände darstellen, die zu Abortivformen überleiten. Das bei Ateles ebenfalls regelmäßig zu treffende Sesambein ist außer- ordentlich mächtig und hat die Form einer Halbkugel, deren Basis als wohlausgebildete Gelenkfläche auf dem Condylus fem. sich be-- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 49 wegt. Unter den Platyrrhinen ist der Knochen also stets anzutreffen: in verschieden guter Ausbildung bei Hapale, bei Cebus und Ateles in wohlausgebildeter Form. 3. Die niedern Catarrhinen haben durchschnittlich ein gut entwickeltes Sesambein, das meist etwas höher ist als breit. Bei den .Papionen ist es kugelig und ziemlich groß, bei den Macacen bedeu- tend kleiner und abgeflacht; es ist hier ganz an den med. Rand der Sehne gerückt, so daß die lateralen Ursprungspartien des Muskels nicht mit ihm in Verbindung stehen. Cercocebus besitzt ein außeror- dentlich kräftiges, halbkugeliges Sesambein, ebenso Semnopithecus; bei beiden ist die Fläche entsprechend der Wölbung der Condylus- fläche, auf der es sich bewegt, ein wenig vertieft. Cercopithecus hat ähnlich wie die Papionen ein kugeliges, ziemlich großes Sesambein. Es ist also bei den niedern Catarrhinen durchschnittlich recht bedeu- tend entwickelt, am schwächsten bei den Macacen, immerhin auch hier zu einer wohlausgebildeten Form. Abortivformen oder Andeu- tungen an solche kommen nicht vor. 4. Die Anthropoiden nehmen eine besondere Stelle in der Primatenreihe ein. Nach LEcHe '98 fehlt ein solches bei allen höhern Affen in beiden Köpfen. Bei den Hylobatiden vermißte KOHLBRUGGE ’97 ein solches bei drei Individuen (vgl. auch KoHLBRÜGGE ’%). Her- BURN ’92 fand bei seinem Exemplar einen Knochen (zitiert von KoHL- BRUGGE). Vier von mir untersuchte Tiere wiesen an rechten Extre- mitäten sehr verschiedene Zustände auf: a) Hylobates syndactylus: bei einem Exemplar fehlte jede Spur eines Sesambeines; bei einem andern war ein solches als dieke, unregelmäßig geformte Einlagerung in die Ursprungssehne vorhanden. Es war nicht rund abgegrenzt, wie es bei gut ausgebildeten Sesamknochen der Fall ist, konnte also nach Pritzwer zu den Abortivformen gerechnet werden. b) Hylo- bates leueiscus: ein Tier besaß ein stark reduziertes Sesambein als ungeformtes, sehr kleines Knochenstück; ein anderes Tier, dessen Triceps surae sonst noch in verschiedenen Merkmalen viel Anklänge an Verhältnisse bei niedern Affen zeigte, besaß ein wohlausgebildetes Sesambein, das wie bei den Macacen stark auf die mediale Seite der Ursprungspartie gerückt war. Wir können also für die Hyloba- tiden über Vorkommen und Ausbildung eines Sesambeines im medialen Gastroenemius folgendes aussagen: gut ausgebildet in 25 %, reduziert - 50%, fehlt - 25 0, Morpholog. Jahrbuch. 47. 4 50 Hedwig Frey Bei Schimpanse fehlt nach CHAmPxEys ’72 ein Sesambein. KOHLBRUGGE bestätigt, daß in der Regel keines vorhanden sei; doch soll nach ihm GRATIOLET im medialen Kopf eines gefunden haben. Auch bei dem von mir untersuchten Exemplar fehlt jede Spur eines solehen. Dasselbe gilt für Orang und Gorilla, die mir zur Ver- fügung standen. SOMMER ’06, KOHLBRUGGE ’97, letzterer auch an der. Hand von Zitaten (SANDIFORT, OWEN, HEPBURN), stellten fest, daß ein Sesambein bei diesen Tieren im medialen Gastroenemius voll- ständig fehlte. Die Anthropoiden weichen demnach vollständig von den niedern Affen ab. Hylobates besitzt noch am häufigsten ein Sesambein, aller- dings in der Mehrzahl der Fälle als sehr reduzierte Form. Bei Schim- panse kommt es sehr selten vor; bei Orang und Gorilla scheint es vollständig zu fehlen. 5. Über die Verhältnisse bei Homo gehen die Ansichten ausein- ander. Ältere Autoren wie HEISTER, MORGAGNI, HYRTL, MACALISTER bejahen das Vorkommen eines Sesambeines im medialen Gastroene- mius, abgesehen von solchen Forschern, die es im medialen sowie im lateralen Gastroenemius gefunden haben wollen. BOURGERY ’31, S. 103 willes sogar häufiger im medialen Kopf, besonders bei Greisen, als ein Produkt oft wiederholter Reizungen, bemerkt haben. Zweifel- haft scheint mir die Angabe von Parsonx ’98, S. 750 zu sein, in welcher er aus dem »Collective Investigation Report of the Ana- tomical Society for 1897« die Tatsache zitiert, daß das laterale Sesam- bein in 28 °/,, das mediale in 13 °/, auftrete. »They are occasio- nally ossified in the outer head, but very rarely in the inner.« Ich bin geneigt, den größten Teil der Fälle, besonders diejenigen, die nicht ossifiziert sind, zu den Erscheinungen zu rechnen, welche PFITZNER als Sesamoide bezeichnet. Jedenfalls stellen die Untersuchungen der jüngeren Autoren fest, daß ein Sesambein im medialen Kopf äußerst selten sei. GILLETTE "72 und GRUBER ’76 sprechen sich ganz gegen dessen Existenz aus. Letzterer untersuchte darauf 2340 Extre- mitäten. Ost ’77 fand bei 30, Testut ’84 bei 40, PFITZNER ’92 bei 385 Extremitäten nie ein solches Gebilde vor. Auch meine Unter- suchungen an 120 Gastrocnemii hatten ein gleiches Ergebnis. Da- gegen meldet LE DougLe ’97, S.360, daß er 1893 an einer rechten Extremität je ein Sesambein im lateralen und medialen Gastroenemius gefunden habe. Srıepa ’02 wies in den Verhandlungen der Anato- mischen Gesellschaft zu Pavia 1902 »ein äußerst seltenes Präparat vor: ein mediales Sesambein im medialen Kopf des M. gastroenemius«. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 51 Das Präparat stammte aus dem Königsberger Präpariersaal von einem männlichen Individuum unbekannter Herkunft her. Das Sesambein artieulierte mit dem medialen Condylus, war in die Kapselwand des Kniegelenks eingeschlossen und 1cm im Durchmesser. Das Vor- kommen eines Sesambeines im medialen Gastroenemius ist also auch neuerdings als sichere Tatsache festgestellt, nur ist es äußerst selten. Tabelle 9. : Individ. mediales | laterales Spregies Zahl Sesamb. | Sesamb. Prosimier Nyeticebus tard. | 4 fehlt fehlt ı Galago garn. 2 1 1 ‚ Lemurinae 7 1; 1 Platyrrhinen Hapalidae 6 1 1 ı Cebidae 4 | 1 1 ı Ateles ater 3 1 1 Catarrhinen, a) niedere | Papio 5 1 2 | Cercocebus coll. 1 1 1 Macacus eynom. 3 * 1 Cercopitheceus 3 x 1 ı Semmnopithecus 4 Y 2 | 25 %/o ne gut entwick. fehlt b) Anthropoiden | Hylobates 4 50%, reduz. | 250/, fehlend | Schimpanse 1 fehlt z Orang utan 1 - R Gorilla # - 7 | ‚vorhanden in Homo | 120 : 12,5% Einen Überblick über die ganze Primatenreihe verschafft uns die Tab. 9. Sie bringt die Befunde meiner Untersuchungen deut- licher zur Anschauung. Nyeticebus entbehrt eines Sesambeines, ebenso Stenops (GRUBER) unter den Lorisinae. Bei den übrigen Pro- simiern, den Platyrrhinen und niedern Catarrhinen ist es gut ent- wickelt. Nur Galago zeigt neben wohlausgebildeten Formen eine Annäherung zu Abortivformen. Unter den Anthropoiden weist Hylo- bates einen geringen Prozentsatz eines typischen Sesambeines auf, häufiger aber reduzierte Formen; in vielen Fällen fehlt es überhaupt. Schimpanse, Orang und Gorilla entbehren gänzlich eines solchen. Nach GRATIOLET ist allerdings die Möglichkeit des Vorkommens beim Schimpansen nicht ausgeschlossen. Bei Homo ist ein Sesambein äußerst selten. Bringt man die unendlich zahlreichen Beobachtungen 4* 52 Hedwig Frey der Anatomen in Rechnung, die statistisch nieht verwertet wurden, und dabei nur die zwei Fälle, welche die neuere Literatur aufweist, so kann man erst ermessen, wie selten ein Sesambein im medialen Gastrocnemius des Menschen ist. 3. Muskelbauch. Der morphologische Bau des medialen Gastroenemius zeigt bei den verschiedenen Vertretern der Primaten keine großen Diffe- renzen. Der Bündelverlauf vollzieht sich durchweg von der Dorsal- Dorsalfläshe Ventrelfläche a [7) c zZ a—c: Sehnendeckung, schematisch. Durch die zunehmende Ausdehnung der Ursprungs- (d) und In- sertions- (v) Sehne nimmt die Muskelbündellänge ab. z: Eine oberflächliche Muskelschicht (m) deckt zum Teil die Facies ventralis des medialen Gastroenemius (Homo) bezw. des lat. Gastrocn. (nied. Affen); sehematisch. seite distalwärts nach vorn. Dies hängt mit der Bildung der Ur- sprungssehne zusammen, welche den Muskel vom Ursprung an auf seiner Dorsalseite mehr oder weniger tief herunter bedeckt. Von ihr nehmen unterhalb der Befestigung am Femur mächtige Muskel- massen ihren Ursprung, welche ebenfalls ventro-distalwärts zur Endsehne ziehen. Diese erstreckt sich mehr oder weniger weit proximalwärts als oberflächliche Sehne. Von ihrer proximalen Aus- dehnung und derjenigen der Ursprungssehne distalwärts hängt die Länge der Muskelfaserbündel ab (Fig. 34). Die Grenzen dieser Sehnen, welche den Muskel teilweise bedecken, sind schwierig zu bestimmen. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 53 Der Glanz derselben ist bei der makroskopischen Untersuchung das einzige Merkmal, sie von der Muskeloberfläche zu unterscheiden. Da sie sich ganz allmählich verlieren, so spielen verschiedene Um- stände mit, die genaue Bestimmung der Grenzen zu erschweren. Diekere Muskeln zeigen durchweg eine dichtere Anordnung der sehnigen Elemente als schwach entwickelte Muskeln, bei denen die wenig deutlichen Sehnen streckenweise leicht übersehen werden. Die oberflächliche Sehne verläuft bei der einen Species als schmaler langgezogener Streifen tief auf den Muskelbauch herab, bei einer anderen bedeckt sie die ganze Muskelbreite und ist dann kürzer, und oft scheinen individuelle Verschiedenheiten innerhalb einer Species eine verschieden starke Ausbildung zu bedingen. Der Wechsel der Beleuchtung erschwert die Beurteilung des Befundes, welche trotz der größten Sorgfalt des Untersuchenden oft beeinflußt wird. Diese Umstände veranlaßten mich, die Verhältnisse der Sehnendeckung nicht zu berücksichtigen und statt ihrer die genau zu bestimmende Länge der Muskelfaserbündel aufzunehmen, welche in Correlation zu ihnen steht. Der morphologische Bau des medialen Gastroenemius ist in der ganzen Primatenreihe ein gleichartiger. Die Anthropomorphen, unter den Hylobatiden ZH. syndactylus, in gewissem Grade auch Ateles zeigen auf den ersten Blick eine andere Struktur als andere Affen. Dies ist aber in Wirklichkeit nicht der Fall. Eine Verlängerung des Muskelbauches auf Kosten der Endsehne kann zu dieser Täuschung Veranlassung geben. Bemerkenswert ist, daß unter den Hylobatiden nur Syndactylus den Anthropomorphen sich ähnlich erweist. Aylob. leueiscus zeigt den Charakter der niedern Affen. Beim Menschen weicht der Bau durch einige an und für sich unscheinbare Diffe- renzen ab, die aber in ihrer Gesamtheit das Bild etwas verändern und darauf hinwirken, den Muskel zu einem ungleich kräftigeren als bei den Affen zu gestalten. Schon der Ursprung ist beim Men- schen mächtiger als bei diesen. Nur die Anthropomorphen haben noch eine ähnliche Ursprungsbreite, wie sie der menschliche Gastro- enemius zeigt. Die besonders medial kräftige Ursprungssehne des Menschen erreicht einen Grad der Ausbildung wie bei keinem Affen, mit Ausnahme vielleicht von Gorilla; ihre Form hat sich ganz der Umgebung angepaßt, so daß die Insertionssehnen der Unterschenkel- beuger auf dem medialen Rande der Sehne wie auf einer Rolle gleiten. Die Ursprungssehne dehnt sich dabei meist um den medialen Rand und verschieden weit auf die Vorderseite des Muskels aus 54 Hedwig Frey (Fig. 31 u. 32). Von diesem Teil der Sehne entspringen dann Muskel- bündel, welche als dünne Lagen auf der Facies ventr. der ventralen Dieser oberflächliche Muskel verstärkt bei Homo und in etwas geringerem Maße beim Gorilla den medialen Oberflächensehne inserieren. Gastroenemius. Ich fand ihn bei den Affen nur noch zweimal: bei Macacus eynomolgus (Fig. 16) in schwacher Ausbildung und an einem Hylobates, dereinen ganz menschenähnlichen Plantaris aufwies (Fig. 21). Der proximale Teil der Endsehne liegt also in diesen Fällen nicht Fig. 35. RN IS —.—. — ._Moskel-Dicke --- ---Muskel-Breite Muskelfsserbühdel- Jönge _S.8J &_._ £ *zurTibia-lönge & & %zur Rumpflänge =) a "Pe BS.AMP_N_.R NS Bee > ES OL el ER aa 9 S SS [S) Ö K & IS N I S & De I ERSTE In} n . > RR S Q SG ST Papio = 9 SR Mn S een... 97... 8, 0 PS DS. 7, RS Soc Be DEEEEEE a a Se ES. en S g3 & Sg Mächtigkeitsausbildung des medialen Gastroenemius. Homo Gorilla mehr in ganzer Ausdehnung an der Oberfläche, sondern ist teilweise von diesem flachen Muskel bedeckt. Die schematische Fig. 34 soll zeigen, wie die Endsehne, proximalwärts verlängert, auf ihrer Dorsal- und Ventralfläche der Insertion von Muskelbündeln dienen kann. Von außen gesehen bieten die Präparate kaum merkliche Unterschiede. Um bei einem Organ, z. B. einem Knochen, den Grad seiner Mächtigkeit zu bestimmen, nehmen wir die verschiedenen Längen- und Breitenmaße. Sie geben uns ein Bild davon, wie sich das be- treffende Organ bei bestimmten Species verhält. Anders ist dies bei den Muskeln. Breite und Dieke eines Muskels allein sind für seine Kraftleistung nieht maßgebend. Man denke an den langen M. sar- torius, der trotz seiner relativ beträchtlichen Menge muskulöser Ele- Der Musculus trieceps surae in der Primatenreihe. 55 mente keine großen Leistungen ausüben kann, oder an den M. mas- seter, der trotz seiner geringen Ausdehnung ein äußerst kräftig wir- kender Muskel ist. Vor allem sind für die Beurteilung der Kraft eines Muskels die Länge und die Zahl der ihn bildenden Faser- bündel maßgebend, denn sie stehen in direkter Beziehung zur Größe des Muskelquerschnittes. Außer der Länge der Faserbündel berück- siehtigte ich die Breite und Dicke der Muskein; sie sind in Kom- bination mit der Bündellänge immerhin von Bedeutung für die Muskelleistung. Bei gleicher Bündellänge kann letztere große Ver- änderungen durch Zu- oder Abnahme der Breite oder Dicke er- fahren, da durch eine solche eine Vermehrung bzw. Verminderung der Muskelbündel gegeben wird. Um die Mächtigkeitsentwicklung der einzelnen Glieder des Trieeps surae festzustellen, habe ich sie also auf drei Momente unter- sucht: auf Länge der Muskelfaserbündel, auf größte Dicke und auf größte Breite des Bauches. Die beiden letzten Maße drückte ich in ihrem Verhältnis zur Rumpflänge aus. Da sie keine Längen- maße darstellen, ist für sie ein Vergleich mit der Tibialänge nicht angebracht, denn diese ist der Verkürzung bzw. Verlängerung im Laufe der Phylogenie wie Ontogenie unterworfen. Aus der Kom- bination der drei Faktoren (Figg. 35, 39, 71 bringen sie in übersicht- licher Weise zur Darstellung) ist ein annähernd richtiges Bild vom Verhalten dieser Muskeln in der Primatenreihe zu erhalten. Dicke und Breite der Muskeln können allerdings durch längere Untätig- keit beeinflußt sein; doch muß ich diesen Punkt, wie die Verhält- nisse einmal liegen, unberücksichtigt lassen und annehmen, daß der größte Teil der untersuchten Individuen einer kleinen Veränderung mehr oder weniger unterlegen gewesen ist, wodurch ein Ausgleich zustande kommt. Die Befunde sind folgende (Fig. 35 diene der anschaulichen Darstellung): 1. Prosimiae: BarnarD (75 S. 126), Mıvarr und MuriıE (65 S. 250) sagen übereinstimmend aus, daß die Waden- muskeln bei Nycticebus tardigradus sehr schwach entwickelt seien. LorH (’08 S. 205) und M. SawarıscHIn (10 S. 569) betonen die ge- ringe Ausbildung der Plantaraponeurose und des Flexor digitorum brevis. Der Gastroenemius med. ist schwach, schmal und dünn. Insertions- und Ursprungssehne bedecken den Bauch nur unbedeu- tend und kommen nicht im entferntesten zur gegenseitigen Deckung. Die Faserbündel sind infolgedessen sehr lang und ziehen parallel zur Endsehne. Galago, der für seine außerordentliche Aktivität 56 Hedwig Frey (Forges, ’94 S. 41) leistungsfähigere Wadenmuskeln braucht, zeigt einen ziemlich kräftigen inneren Kopf. Die Sehnendeckung ist ent- sprechend den auffallend kurzen Muskelbündeln sehr ausgedehnt. Die Muskelbreite hingegen und hauptsächlich die Dicke sind unbedeutend. Die Lemurinae sind als ausgezeichnete Springer, besonders L. catta (Morısox, ’10 8. 177), ebenfalls mit kräftigen Gastroenemii ausge- stattet. Die Bündellänge ist bei ZL. macaco, wenn auch etwas länger als bei Galago, sehr kurz, besonders aber bei L. rufus und L. catta. Dies entspricht einer beidseitig ausgedehnten Sehnendeekung bei diesen Tieren. Breite und Dicke des Muskels sind gering. Die Prosimier schlagen also betreffs der Mächtigkeit des me- dialen Gastroenemius zwei Richtungen ein: bei Nycticebus besteht ein in jeder Hinsicht schwacher Muskel, während Galago und Lemur wohl dünne und schmale Muskeln besitzen, deren Faserbündel aber, besonders bei Galago, sehr kurz und dadurch sehr zahlreich und wirksam sind. 2. Platyrrhine. Hapale hat im ganzen schwach entwickelte Wadenmuskeln; der mediale Kopf ist bei 7. jacchus und H. peni- cillata dünn und schmal. Bei beiden Arten wird aber die Muskel- wirkung durch eine ziemlich geringe Bündellänge etwas verstärkt. Bei Cebus nimmt der Muskel in dem Maße an Breite zu, wie er an Dicke gegenüber den vorigen Formen verloren hat. Die Bündel sind entsprechend der unbedeutenden Sehnendeckung ziemlich lang; der Muskel ist daher eher schwach zu nennen. Einen anscheinend kräftig entwickelten Gastroenemius hat Afeles; der Muskel ist ziem- lich breit und 'diek; doch ist der Bauch nur wenig von der Ur- sprungs- und Insertionssehne bedeckt. Die Faserbündel sind infolge- dessen sehr lang. Die Platyrrhinen haben also sämtlich einen schwachen Gastro- cnemius medialis.. Bei einigen (Hapale) ist die Bündellänge kurz, Breite und Dicke des Muskels sind gering; bei andern sind Dicke und Breite (Ateles) oder wenigstens die Breite (Cebus) bedeutend und die Bündellänge eine beträchtliche, so daß die Mächtigkeit des Muskels bei allen Formen keine hervorragende ist. 3. Bei den niederen Catarrhinen finden wir keine großen Unterschiede. Breite und Dicke des Muskels sind mäßig stark, die Bündellänge ist meist eine ansehnliche, so daß der mediale Gastro- cnemius wenig kräftig ist. Die Papionen zeichnen sich durch be- sonders lange, die Semnopitheeiden durch kürzere Muskelbündel aus. Bei letztern sind dagegen Breite und Dicke des Muskels ge- Der Musculus trieeps surae in der Primatenreihe. 57 ringer, so daß der Gastroenemius auch nicht kräftiger erscheint als bei den andern Arten. 4. Bei den Anthropoiden sind die Verhältnisse recht ver- schieden: Aylobates leuceiscus schließt sich mit einem eher schmalen und dünnen Muskelbauch den niedern Catarrhinen an. Bei A. syn- dactylus ist der Muskel etwas mächtiger, die Bündellänge wenig kürzer. Schimpanse besitzt einen außerordentlich breiten, mäßig dicken Gastroenemius medialis; die Faserbündel sind trotz ausge- dehnter Sehnendeckung lang und beeinträchtigen die Kraftleistung des Muskels, der durch seine große Breite sehr mächtig erscheint. Orang besitzt einen bedeutend schmäleren, ziemlich dieken Mäskel. Die Sehnendeckung ist sehr gering. Infolgedessen ist die Bündel- länge eine ungewöhnlich lange. Bei Gorilla zeigt der Muskel eine mäßig starke Entwicklung; Breite und Dicke sind ähnlich der bei den niedern Catarrhiuen, ebenso wie die Bündellänge. Die Anthro- poiden zeigen demnach größtenteils gleiche Verhältnisse wie die niedern Affen. Der Unterschied, der zwischen den Anthropoiden und dem Menschen besteht, muß um so mehr auffallen. 5. Homo überragt durch die kräftige Ausbildung des Gastro- cnemius sämtliche Primaten. Er wird in der Breite des Muskels von Schimpanse ein wenig übertroffen, in der Kürze der Faserbündel von Galago. In beiden Fällen sind aber die übrigen Faktoren bei Homo derart gut entwickelt, daß der Gastroenemius medialis bei ihm. weitaus der mächtigste ist. Ein Vergleich bezüglich der Mächtigkeit des Muskels bei den Primaten führt zu folgendem Ergebnisse: Die höchste Rangstufe nimmt Homo mit einem außerordentlich breiten, dicken Muskelbauch ein, dessen Bündel sehr kurz sind. Einen sehr schwachen Muskel besitzt Nycticebus. Zwischen beiden Graden liegen die wechselnden Verhältnisse der übrigen Arten, d. i. der sämtlichen Prosimier und Platyrrhinen mit schwachem Muskelbauche, wobei Galago die ver- hältnismäßig günstigsten Faktoren aufzuweisen hat. Bei den niedern Catarrhinen ist die Ausbildung der drei entscheidenden Merkmale eine gleichförmige; sprunghafte Entwicklung des einen oder andern kommt nicht vor. Die Anthropoiden bewegen sich nach verschie- denen Richtungen: Schimpanse überholt die niedern Affen durch srößere Muskelbreite, Orang durch beträchtlichere Dicke und ein sprunghaftes Längerwerden der Muskelbündel; Hylobates und Gorilla weichen kaum vom Mittel ab. Zu der mächtigen Entwieklung der muskulösen Elemente tritt 58 Hedwig Frey bei Homo als weiterer Faktor die eingangs erwähnte Neubildung in der Struktur des Muskels hinzu, welche nur ausnahmsweise bei den Affen angetroffen wird und ebenfalls der Verstärkung des Muskels dient. 4. Übergang des medialen Gastrocnemius in die Endsehne. Der Übergang erfolgt in der Primatenreihe verschieden hoch. Durch die Feststellung der Ubergangsstelle erhalten wir ein getreues Fig. 36. ge % zur Tibia - Län Macacus o S Ü SZ S IN % 2 S N u g Rn S S \ a a a S oQ S Q [9 SZ Q Cerescebus Cercopithecus Semnopilhecus Aylopetes Orang Schimpanse Gorilla Homo Höhe des Überganges des medialen Muskelbauches in seine Endsehne. d.+ lat. Rand - ar Entfernung vom Calcaneus — rn der Übergangslinie. --..-.-- Entfernung vom Caleaneus — distalster Punkt des Muskelbauches. Bild von der Länge des Bauches und der Endsehne. Daß beide Größen für die Beurteilung der Muskelarbeit von wesentlicher Be- deutung sind, ist ohne weiteres klar, da ein langer Muskelbauch eine größere Exkursionsbreite als ein kurzer zur Folge hat. Die Sehne leistet bei der Kontraktion. keine aktive Arbeit; sie ist, wie sich MArey (zitiert von LE DoußLe, ’97 S. 477) ausdrückt, »qu’un organe de transmission du travail) G L 2 z S 17) © & Q Se Q S HB: o © {7 CIRETS 2 Be Sn NE as 275 5 © © mn QZ Ü vo © ® BJ RU = DIABETES SA ° ® Ss 20.8 SRESAZ = Ri g Q — S © © o >) g S Ä IN = N ae AP a a Se A SSEHSR SB SITEE REN RAT SU ar SE SS IE (end Ri Maximum Mittel ee Nele un Totale Länge des lateralen Gastrocnemius in °/, zur Tibia-Länge, panse, der ebenfalls eines Plantaris entbehrt. Nach Fick (’95, S. 41) soll dieses fragliche Bündel nur eine schmächtige Sehne dar- stellen. Wie bei Schimpanse, so fehlt auch bei Orang ein Se- sambein. Gorilla. Der lat. Gastroenemiuskopf hat einen breiten, sehnigen Ursprung am Epieondylus later. fem. und oberhalb desselben am Morpholog. Jahrbuch. 47. 5 66 Hedwig Frey Femur. Der medio-distale Teil heftet sich mit starken Sehnenzügen an der Kapsel fest, wo sie die dorso-laterale Condylusfläche über- zieht. Weder ein Sesambein noch ein Plantaris sind vorhanden. Der Ursprung des Gastroenemius later. der Anthropoiden yer- hält sich ziemlich einheitlich. Als laterale Ursprungsfläche kommt der Epicondylus lateralis in Betracht. An ihn schließen sich pro- ximalwärts kleine Flächen des Femur, bedeutendere an der Kapsel des Condylus an. Letztere können sich distalwärts weiter ausdehnen (bei einigen Hylobatiden) oder auf den dorso-lateralen Teil der Öon- dyluskapsel sich beschränken. Die proximale Ausdehnung ist bei allen Formen bedeutend geringfügiger als am medialen Kopf, zeigt auch keine so erheblichen Schwankungen. Gorilla nimmt durch einen hohen Ursprung eine Sonderstellung ein (Fig. 37). Ein Sesam- bein war nirgends zu finden. Schimpanse allein wies einen Plan- tarıs auf. Eine Verwachsuug mit Nachbarmuskeln zeigte sich bei Orang. e) Homo. Die Ausführungen ScHomgurRss (’00, S. 47) haben klargelegt, daß der lat. Gastroenemius in frühesten Stadien der Ontogenie in der Gegend des Epicondylus lat. fem. entspringt. Durch die Unter- suchungen von HumPHrRy, HOFFMANN, TESTUT, FÜRBRINGER ist er- wiesen, daß bei niederen Wirbeltieren derjenige Teil der oberfläch- lichen Muskelschichte der Hinterfläche des Unterschenkels, welcher ein Homologon des lateralen Gastroenemius darstellt, konstanter und früher auftritt als der tibiale, welcher ein Abkömmling des fibularen Muskels ist. Durch die Untersuchungen in der Primatenreihe hat sich fernerhin ergeben, daß der mediale Ursprung viel variabler als der laterale ist, was ebenfalls zugunsten eines sekundären Ursprungs für den Gastroenemius medialis und eines ursprünglichen für den Gastroenemius lateralis spricht. Demgegenüber besteht die Annahme von E. GLAESMER, daß der laterale Gastroenemjus als ein Abkömm- ling des medialen zuerst auf der Fibula sich festgeheftet habe und von hier zum Femur heraufgestiegen sei. Die Autorin schreibt ihm keine ursprüngliche Bedeutung zu. Ich glaube jedoch, es seien der Gründe genug, welche die Kenntnis der Ontogenie und Phylogenie uns bietet, die es deutlich erkennen lassen, daß der Gastrocnemius lateralis seinen Ursprung auf altererbtem Boden nimmt, wenn er vom Condylus oder Epicondylus lat. fem. entspringt. Der laterale Gastroenemius greift auch beim Menschen etwas Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 67 weniger hoch hinauf als der mediale. Dabei befestigt er sich, was auch für die Anthropoiden charakteristisch ist, mehr an der Seiten- fläche des Femur oder des Condylus lateralis. Dieser Befund stimmt nicht mit dem von LAnGer ’79, S. 188, angegebenen überein, der einen Ursprung auf der medialen Condylusfläche annimmt gegen- über dem seitlichen bei den Anthropoiden. Die von PoIRIER ’86 und BELLıI ’92 beschriebene Grube, die allerdings recht flach ist, fand ich ebenfalls bei einer Reihe von Femora, und zwar unmittel- bar hinter dem Epicondylus lat., im proximalen Teile der lateralen Condylusfläche. Von dieser Grube und von der sich hier festsetzen- den Gelenkkapsel entspringt der Hauptteil des lateralen Gastroene- mius mit sehr starker Sehne. An ihn schließen sich meistens weitere sehnige Ursprungsbündel vom Epicondylus later. an. Zuweilen greift der Ursprung etwas auf die Dorsalfläche des Condylus über, wo er mehr oder weniger innig mit dem M, plantaris verwachsen ist. Dieser schließt unmittelbar an den Gastroenemius lat. an und be- festigt sich an der Kapsel. Meistens reicht der Gastroenemius-Ursprung kaum’über den Con- dylus hinauf, erreicht nur in wenigen Fällen die Facies lateralis oder Facies dorso-later. femoris und bedeckt bei einigen Individuen sogar nur die untere Hälfte des Condylus, wobei er aber stark auf den Epicondylus übergreift. Die starke seitliche Ausdehnung des Ursprungs hat zur Folge, daß eine Verschmelzung mit der Insertions- sehne des Vastus lateralis zuweilen zustande kommt. An einer Varietät der anatom. Sammlung in Zürich entspringt der Gastroenemius lat. z. T. noch vom Lig. popliteum arcuatum. Nach der Ansicht von PoIRIER ’86 können die verschiedenen Ursprungspartien des lateralen Kopfes aus drei Hauptteilen zusammen- gesetzt dargestellt werden; ich möchte sie auf zwei Ursprungsgebiete beschränken: auf a) die lat. Ursprungspartie am Epicondylus lat. und '. b) den medial sich anschließenden stärkeren Teil, der von der Kapsel des Condylus und der über ihm gelegenen Grube, also am Übergang der lateralen in die dorsale Condylusfläche seinen Ur- sprung nimmt. Der nach PoIRIErR ’86 als medial bezeichnete Ur- sprungsteil ist nach meiner Ansicht vom Ursprung des Plantaris ver- drängt. Ich habe wenigstens nie gesehen, daß der laterale Gastro- enemius am medialen Teile des Condylus oder über ihm am Planum popliteum sich befestigte. 5* 68 Hedwig Frey In 90°/, steht der Ursprung des lateralen Kopfes in verschieden enger Beziehung mit demjenigen des Plantaris. Das Vorkommen einer Favella in der Ursprungssehne des Ga- strocnemius lat. soll in einer eigenen Ausführung besprochen werden. Hier möchte ich nur anführen, daß ich sie in 12,7°/, der Fälle ge- funden habe. Das kleine Knochenstück ist wohl zu unterscheiden von einer verhärteten Partie desjenigen Kapselstückes, das auf dem Condylus ruht und öfters angetroffen wird. Zusammenfassung über den Ursprung des lateralen Gastro- enemius in der Primatenreihe: Der Ursprung des lateralen Kopfes ist durchweg konstanter als der des medialen. Der Hauptteil des Muskels entspringt an der Kapsel des Condylus lat. femoris. Bei niedern Affen und einigen Hylobatiden befestigt sich der Muskel am Kapselstück, welches den ganzen Condylus überzieht, beim Menschen und bei den Anthropo- morphen in der Regel nur am dorso-lateralen Teil, beim Menschen außerdem an der im proximalen Teil der lat. Condylusfläche be- findliehen Grube. Bei den Affen ist ein Übergreifen auf den Epi- condylus nicht selten, beim Menschen und bei allen Anthropoiden die Regel. Die Prosimier und Cebus unter den Platyrrhinen zeigen einen rein dorsalen Ursprung. Über die proximale Ausdehnung des- selben gibt Fig. 37 eine Übersicht. Eine geringe Anheftung ober- halb des Condylus macht sich beim Menschen, bei den niedern Affen und den Anthropoiden geltend; bei den letztern beschränkt sie sich auf die Gegend über dem Condylus, beim ersteren neigt sie "zum Übergreifen auf die laterale Seite des Femur. Der Ursprung des lateralen Kopfes reicht weniger hoch hinauf als der des medialen. Hapale und Cebus machen hiervon eine Aus- nahme. Bei Aieles, Hapale, niedern Catarrhinen, Hylobates und be- sonders stark beim Menschen und bei den Anthromorphen greift der Ursprung seitlich bedeutend aus. Nycticebus tardigradus weicht auch hierin von den übrigen Primaten ab. Nur in 250%, der Fälle steht der Gastroenemius lateralis mit der Kapsel in Beziehung; in 750/, heftet er sich ausschließlich an der Rückfläche des Femur fest. Eine Verwachsung der Ursprungssehne mit andern Muskeln ist verhältnismäßig selten. Bei Zomo ist sie einmal mit der Inser- tionssehne des M. vastus lat., bei einem Aieles mit derjenigen des M. biceps femoris, bei Orang mit einem am Femur entspringenden Kopf des M. flexor fibularis (?) wahrgenommen worden. Fig. 28 u. 37 geben ein Bild von der proximalen Ausdehnung en nn Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 69 der Ursprungsgebiete des medialen und des lateralen Ga- stroenemius. Fig. 38 soll zeigen, wie sich dieselben zueinander verhalten. Ich habe bei jeder Species die durchsehnittliche totale Länge beider Muskeln einander gegenübergestellt. Man sieht aus dem: Verlauf der Kurve, daß der mediale Gastroenemius bei den Anthropoiden und dem Menschen im Verhältnis zum lateralen be- Fig. 38. Semnopithecus Homo rechts o 3 & Oo S n Ö Kr7 o Nycticebus Cercocebus Macacus Hylobates Chimpanse Orang utan bastrocnemius medialis BEER ” " " laferalis Totale Länge beider Gastroenemii in %/o zur Tibia-Länge. deutend länger ist als bei den niedern Affen. Dies könnte auf zwei Ursachen beruhen: 1. auf einer proximalwärts erfolgenden Aus- dehnung des medialen Ursprungsgebietes, oder 2. auf einer tiefern Anheftung des lateralen Kopfes. Tatsächlich hat der erste Faktor Geltung. Der Ursprung des Gastroenemius med. hat sich bei. den Anthropoiden und dem Menschen (s. S. 45) proximalwärts verscho- ben, während der Muskel bei den niedern Affen bei seiner Ver- 70 Hedwig Frey lagerung von der fibularen Seite aus auf gleicher Höhe geblieben ist, zuweilen sogar die Tendenz zu medio-distaler Verschiebung zeigt. Letztere führt zu dem Zustand, welchen wir bei den meisten Platyrrhinen antreffen, wo der mediale Kopf sich tiefer unten an- setzt und z. T. auf die Tibia übergreift, indessen der Ursprung des lateralen Muskels mehr auf gleicher Höhe verharrt. Was die zweite Frage anbelangt, ob eine tiefer gelegene Anheftung des lateralen Kopfes bei den Anthropomorphen und dem Menschen vorliege, so ist sie zu verneinen. Das Gegenteil ist der Fall (S. 68). Der Mus- kel entspringt bei ihnen in der Regel von der proximalen Condylus- hälfte, bei den niedern Affen in dessen ganzer Ausdehnung; er steigt also in der Reihe der Anthropomorphen auch proximalwärts, aller- dings nicht so stark wie der mediale Kopf. Da die ziemlich große Differenz zwischen medialem und lateralem Ursprungsgebiet bei den höhern Affen vorhanden ist, so muß die in medio-proximaler Rich- tung erfolgte Wanderung des innern Kopfes für die größere Länge des medialen Gastrocnemius ausschlaggebend gewesen sein. Daß Nycticebus in diesem Merkmal sich den höhern Affen nähert, ist be- merkenswert. 2. Sesambein. Bei niedern Säugetieren kommt im lateralen Gastro- cnemiuskopf ein Sesambein häufiger vor als im medialen. Fälle”von Sesambeinen nur im medialen Kopfe sind in der Literatur nicht er- wähnt. Tab. 8 mag über das Vorkommen eines solchen orientieren. Bei Marsupialiern, Nagetieren und Carnivoren ist es regelmäßig vor- handen. Die Angaben der Autoren decken sich hier vollständig, während sie über das Vorkommen des medialen Sesambeines ver- schieden lauten. Das laterale Sesambein ist nicht nur bei einer größeren Zahl von Species anzutreffen, sondern ist auch bei den ein- zelnen derselben viel konstanter. In der Primatenreihe sind die Befunde folgende: 1. Prosimier. Nycticebus entbehrt jeder Spur eines Sesambeines im lateralen, sowieim medialen Gastrocnemius; Loris (Stenops) soll sich nach GRUBER ’76 ebenso verhalten. Galago hat ein relativ großes, kugeliges Sesambein. Bei den Lemuriden ist es entsprechend dem medialen stark abgeflacht. f 2. Platyrrhine. COebus weist ein großes, kugeliges Sesambein auf. Die Hapaliden besitzen zuweilen ein schwaches, von unregel- mäßiger Form, zuweilen aber ein ziemlich großes, wohlausgebildetes. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 71 Ateles enthält im lateralen Kopfe ein bedeutend kleineres Sesambein als im medialen. 3. Bei den niedern Catarrhinen ist das laterale Sesambein von ähnlicher Form wie das mediale, durchschnittlich aber ein wenig stärker. Papio und Cercopithecus besitzen ein kugeliges, ziemlich großes, Cercocebus, Semnopithecus und Macacus ein Sesambein mit stark abgeflachter Gleitfläche. Es ist bei Macacus ziemlich klein. Bei den niedern Affen, mit Ausnahme der Lorisinae, ist also das Vorkommen eines wohlausgebildeten Sesambeines im lateralen Kopfe die Regel. In der Form ist es meist dem medialen Knochen ähnlich; die Größe variiert. So ist das mediale Sesambein bei den Prosimiern dem lateralen ungefähr gleich, ebenso verhält es sich bei den Hapaliden. Ateles allein zeigt eine bedeutend schwächere Ausbildung des lateralen Sesambeines gegenüber dem medialen, während bei Cebus und den niedern Catarrhinen das laterale durch- weg etwas stärker entwickelt ist. 4. Bei den Anthropoiden fand ich nirgends ein Sesambein. Die Hylobatiden verhielten sich durchaus wie die Anthropomorphen. Dieser negative Befund stimmt mit demjenigen von CHAMPNEYS "72, KOHLBRÜGGE ’90, KOHLBRUGGE ’97, LECHE ’98 überein. Doch zitiert KOHLBRUGGE ’97 einen Fall CnAamPpneys’ bei einem Schimpansen, welcher ein laterales Sesambein besessen hat. Die Möglichkeit, daß ein solches bei den Anthropoiden vorkomme, ist also nicht ausge- geschlossen; dieser Umstand deutet darauf hin, daß es früher ent- wickelt gewesen ist. 5. Bei Homo fand ich das laterale Sesambein, welches auch Fabella (Fürsr ’03, S. 119) oder Favella (GEGENBAUR, RuGE ’08, I, S. 108) genannt wird, in 12,50, bei einem Material von 120 Ex- tremitäten. Es lag in der Regel in der Gelenkkapsel an der Grenze zwischen Gastroenemius und Plantaris eingeschlossen, so daß beide Muskelursprünge mit ihm in Verbindung standen. Nur in einem Fall war es weiter lateral gerückt und allein mit dem Gastrocne- mius in Beziehung. Es ist stets oval, wenig breiter (”—8 mm) als hoch (6—7 mm), etwa 5-6 mm dick mit einer mehr oder weniger deutlichen grubenartigen Facette, welche der dorso-lateralen Condy- lusfläche fest aufliegt. Die Längsachse ist stets quer zum Muskel- verlauf gestellt. Die Lage ist durchaus verschieden von derjenigen bei den Affen, bei welchen das Sesambein auf der Dorsalfläche des Condylus gleitet. Bei Homo liegt es indessen stets am lateralen Rande desselben, so daß eine Rollung wie bei den Affen ausge- 22 Hedwig Frey schlossen ist; es ist nur eine Druckwirkung möglich. Auch die Mög- lichkeit einer Verschiebung, wie sie PorTAL 1804, S. 476, schildert, ist nicht anzunehmen. Was sein Vorkommen anbelangt, so tritt es unabhängig vom Plantaris auf. Bei zwei männlichen Individuen fand ich linksseitig ein wohlentwickeltes Sesambein, indessen die Plantares fehlten. Rechts waren letztere vorhanden, bei einem be- stand auch rechts ein Sesambein, während es beim andern fehlte. Wenn ein Plantaris fehlt, so ist die Favella ganz in die Gastroenemius- sehne eingeschlossen. Ihr Auftreten hängt auch nieht von der Muskel- stärke ab. Individuen mit kräftigen oder schwachen Muskeln können ein solches aufweisen. In der älteren Literatur findet man die Be- hauptung, daß es vorzugsweise alten Leuten eigen sei. Demgegen- über ist zu bemerken, daß es gar nicht selten bei jungen Leuten zu finden ist, was GRUBER ’76, S. 22 bereits zeigte. Tab. 10 gibt ein Bild vom Vorkommen in den verschiedenen Altersstufen. Es Tabelle 10. T I =— Autor unter 30. J.| 31-40 7. | 41-507. | 51-60 J. | 61—70 J. | über 70 7. I | | PFITZNER ’92 1 I 4 RB 4 | 6 | : | | FREY ee a | 4 1. Se könnte hiernach den Anschein erwecken, als ob in höhern Jahren ein Sesambein öfter aufträte. Das ist aber nur scheinbar der Fall, da die größte Zahl der untersuchten Individuen über 50 Jahre ist. Dies gilt für das Material von PFITZNER und für das meinige. In den meisten Fällen war das Sesambein beidseitig vorhanden, wenn aber einseitig, dann etwas häufiger rechts, was mit den Angaben von GRUBER übereinstimmt. Tab. 11 stellt in übersichtlicher Weise Tabelle 11. Ai Extremi- |Vorkom. = air | nur | nur | rechts | links en täten-Zahl | absolut BenBEh N 2 REIHE rechts links | links | rechts unbest. | unbest. GRUBER ’75,8.25 | 0 | 165 | 17,5 /69mal—13881 18 | 9 | — Osr 77, 8.309 30 5 166 PFITZNER 92, 385 50 | 78 I1- Zoos oO ae, S. 613—683 - 8.580 es | 26 | 93 | | Frey 1290: I. 186|6- 108)» ab, 5 Der Museulus trieceps surae in der Primatenreihe. 73 das ein- oder beidseitige Vorkommen desselben dar. Wir sehen ferner aus der Tabelle, daß rassiale Differenzen bestehen, indem zwischen den Elsässern von PFITZxER (wenig untermischt mit Loth- ringern und Badensern) und den Russen von GRUBER ein bedeutender Unterschied konstatiert werden kann. Jene zeigen ein Vorkommen von 7,8°/,, diese von 17,5°/,. Zwischen beiden stehen meine Er- gebnisse an Zürchern (Kanton), welche ein Sesambein in 12,5%, aufweisen. Einen auffallend hohen Prozentsatz gibt RAUBER-KOPSCH '06, S. 685 an, nämlich 21%, Woher das Material stammt, ist mir nicht bekannt. Tabelle 12. | 16) | ® | überhaupt Autor - Rasse \Extrem.- Zahl der Vorkom.|Extrem.-|Zahl der| Vorkom. Extrem.- Zahl der Vorkom. | | Zahl |Sesamb.| in % | Zahl |Sesamb.| in % | Zahl |Sesamb.| in % GRUBER "75 Russen 840 | 143 17 100 | ‚2 22 940 | 165 | 17,5 Osr ’77 a a] 0 gr ion |...) 20,0 37: 22 ae PFITZnER’92| Elsässer | 247 | 25 | 1 118 | B 4 365 30 8,2 FrEY Kt.Zürich 8600 | 14|7|83 | 1 3 | 118 | 15 | 23 Neben diesen Unterschieden bestehen auch bedeutende sexuelle Differenzen. Tab. 12 führt uns die Befunde übersichtlich vor. Zur Bereehnung sind hier nur diejenigen Fälle gelangt, deren Geschlecht bestimmt war; darin liegt die Ursache einer geringen Verschiebung der Häufigkeitsziffer für die Untersuchungen von PFITZNER und mir in Tab. 11 u. 12. Für das männliche Geschlecht scheint durchweg eine größere Übereinstimmung bei den verschiedenen Rassen zu herrschen: bei den Russen und Zürchern tritt das Sesambein in gleicher Häufigkeit auf, bei PFITZwErs Elsässern ein wenig häufiger. Zürcher und Elsässer stimmen aber in einem bedeutenden Über- wiegen desselben beim männlichen Geschlecht überein, während Russen und das Material von Ost, dessen Herkunft mir leider unbe- kannt ist, den Knochen beim weiblichen Geschlecht in größerer Zahl aufweisen. An der sprunghaften Abweichung bei Ost mag die geringe Zahl der untersuchten Fälle mitbeteiligt sein. Auffallend ist, wie Elsässerinnen und Zürcherinnen mit einem seltenen Auftreten des Sesambeins sich einander nähern. Auch Hyrrı 1838, S. 31 fand das Sesambein häufiger bei Männern als bei Frauen. Daß wir es mit einem Rassenmerkmal zu tun haben, wird durch das häufige Vorkommen einer Favella bei den Negern (Ckup- « 74 Hedwig Frey ZINsKı ’94) bestätigt. Daß es jedoch dort immer anzutreffen sei (S. 487), scheint mir zweifelhaft zu sein. TURNER ’79, ’80 und '97 erwähnte z. B. bei seinen Untersuchungen an Negern nichts davon. Ebenso fand Bryce ’97 nur linksseitig ein solches. Um noch einzu- fügen, was an Rassenuntersuchungen zu erhalten mir möglich war, so sei erwähnt, daß Testur ’84, S. 305 bei einem Buschmann keine Favella vorfand, Forster ’04 bei einem Papua-Neugeborenen eine solche nur rechtsseitig. Letztere Tatsache würde zugleich eine mehr- fach geäußerte Meinung widerlegen (GRUBER ’75, S. 24), wonach bei Kindern in den ersten Lebensjahren kein Sesambein auftritt. PFITZNER bringt das Vorkommen der Sesambeine beim Menschen zu einigen anthropologischen Merkmalen, wie Körpergröße, Längen- breitenindex u. a. in Beziehung. Ich werde, um Wiederholungen zu vermeiden, im Kapitel, das den anthropologischen Ergebnissen speziell gewidmet ist, seine Resultate kurz zusammenfassen. Nachdem wir über die Ausbildung der Sesambeine beider Gastroenemiusköpfe in der Primatenreihe orientiert sind, möchte ich auf der Tab.9 8.51 einen Überblick über das Vorkommen derselben bei den von mir untersuchten Species geben, dann zu den Fragen über Herkommen und Wesen dieser Knochenstücke mich wenden. Ziehen wir die Verhältnisse bei niedern Säugern in Betracht (Tab. 8), so zeigt sich überall darin eine Übereinstimmung, daß das laterale Sesambein häufiger als das mediale ist. Eine Ausnahme hiervon macht Hylobates; bei ihm ist das mediale mehr oder weniger gut entwickelt, während das laterale immer fehlt. Man möchte geneigt sein, Aylobates zwischen Nycticebus und Ateles in eine besondere Entwicklungsreihe zu stellen: Ateles zeigt ein wohlausgebildetes laterales Sesambein, das aber bedeutend kleiner ist als das mediale. Bei Hylobates ist das laterale völlig verschwunden, und das mediale kommt. in Abortivformen vor. Nycticebus entbehrt beider Sesam- beine. Sämtliche übrigen Formen bewegen sich hingegen in der bei den niedern Säugetieren angedeuteten Weise: das mediale Sesambein tritt an Mächtigkeit und Häufigkeit hinter das laterale zurück und legt bei Homo durch ein seltenes Vorkommen Zeugnis seines früheren Daseins ab. Die Favella wird beim Menschen noch verhältnismäßig häufig gefunden, bei niedern Rassen häufiger als bei höhern. Diese Tatsachen geben für die vielumstrittene Frage nach dem Wesen der Sesambeine nicht zu unterschätzende Finger- zeige. Über das Wesen des Sesambeines schrieb Sönnerıne 1791: Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 65) »Sehnen verknöchern sehr selten. Sesambeine sind keine Verknöche- rungen einer Sehne, sondern ächte, aus einem Knorpel entstehende Knochen.« HENLE ’72 S. 309 beantwortet die Frage dahin: »es sind pathologische Verknöcherungen, wie sie auch sonst in Muskeln vor- kommen, die einer bedeutenden Reibung ausgesetzt sind.« GILLETTE 1872 glaubt ebenfalls, daß die Entwicklung des lateralen Sesam- beines abhängig sei von der physiologischen Reizung. Er rechnet es zu den intratendinösen Sesambeinen, obschon es mehr in der Ge- lenkkapsel liege als in der Ursprungssehne und deshalb den peri- articulären Sesambeinen sehr nahe komme. Letztere rechnet er zu den echten Skeletstücken, die knorpelig präformiert sind und enchon- dral ossifizieren. Die intratendinösen, wie die Favella, waren nach GILLETTE »infolge Reibung in Faserknorpel umgewandelte Sehnen- partien, die eventuell verknöchern können«. GRUBER ’75 bemerkt, daß alle beim Menschen und bei Säugetieren vorkommenden -Sesam- beine hyalin-knorpelig präformierte Gebilde sind, welche enchon- dral verknöchern. Er weist alle andern Erklärungen entschieden zurück. PFITZNER ’92 S. 524 stellt den Satz auf: »Sesambeine sind solche Knochen, die wir in keine andere anerkannte Kategorie von Skelettstücken unterbringen können.« Er erwähnt die sog. Abgliede- rungstheorie (5.546), wonach die Sesambeine sekundäre Abzweigungen der primären Skeletanlage seien; er verwirft sie jedoch vollständig, so anziehend sie auch auf den ersten Bliek scheinen möchte, »da weder in der Entwicklungsgeschichte, noch in den Varietäten Spuren dieses Vorganges auftreten; im Gegenteil zeigen die Embryonalstadien noch einen weniger innigen Verband«. PFITZNEr stellt eine Hypo- these auf, nach welcher er die periarticulären Sesambeine, zu diesen zählt er auch diejenigen des Kniegelenks (S. 528), zur Flossentheorie (S. 538) in Beziehung bringt. Er denkt sich, daß diese Sesambeine mit den übrigen Skeletstücken in einer Ebene gelegen hätten, und durch irgendeine Ursache rudimentär geblieben wären. Dafür würde ihr Entwieklungsgang sprechen, der demjenigen der echten Skelet- stücke entspricht. Beide Arten der Sesambeine wären sich also ur- sprünglich gleichwertig, und die Abweichungen wären erst aus quan- titativen Verschiedenheiten der Entwicklung hervorgegangen. PFITZNER gelangt durch seine Untersuchungen zu dem Schluß (S. 562): »Sie sind echte, knorpelig praeformierte, enchondral ossifizierende Skelett- stücke«; auf Seite 572 betont er noch ihren rudimentären Charakter, d. h. »sie seien in ihrer Entwicklung gegenüber andern Skelettstücken zurückgebliebene.. GEGENBAUR ’03 S. 330 schreibt: »Manche Sehnen 76 Hedwig Frey erfahren in ihrem Verlaufe eine gewebliche Veränderung. An Sehnen, die im Winkel über Knochen hinwegtreten, erscheint die betreffende Sehnenstrecke nicht nur etwas verbreitert, sondern auch faserknor- pelig modifiziert. Solche Stellen verknöchern zuweilen, es entsteht ein sog. Sesambein (Os sesamoideum). Auch unter andern Verhält- nissen bilden sich Sesambeine in den Sehnen von Muskeln, und so bestehen mancherlei außerhalb des Skelettes befindliche Knochen- gebilde, von denen manche Bedeutung erlangen können.« Fürst ’03, S. 121 sieht im lateralen Sesambein ebenfalls einen echten Knochen, welcher von der Fibula herstamme und während der Reduktion dieses Knochens im Zusammenhang mit den sich an ihn anhaftenden Muskeln erhalten geblieben sei. Nach Fürst S. 119 entspricht die Fabella der obern Spitze des Processus capituli fibulae der Monotremen, eben- so wie ein allfällig vorkommendes Sesambein des Popliteus. Über die Herkunft des medialen Sesambeines erwähnt er nichts. Die Literatur bietet noch eine Reihe ähnlicher Erklärungen. Viele sind nur die Wiedergabe der von frühern Forschern geäußerten Ansichten. Manche sind mit GALENus der Ansicht: »auf die sog. Sesambeine ist es nicht nötig einzutreten«e. Vielfach werden die verschiedenen Sesambeine ohne weitere Prüfung aufgezählt; deshalb ist auch die Behauptung so verbreitet, daß das mediale Sesambein beim Menschen neben einem lateralen vorkomme, wobei allerdings die Einschränkung geübt wird, daß es weniger häufig als das late- rale auftrete. Aus dem Wirrwarr der Meinungen scheinen die An- sichten maßgebender Autoren nach zwei Richtungen auseinander zu gehen. Nach der einen Ansicht sind die Sesambeine die Produkte einer physiologischen Reizung. Hierfür soll ihre Lage auf dem Con- dylus fem. sprechen, wo sie einem beständigen Druck oder einer Reibung ausgesetzt seien. Demgegenüber ist hervorzuheben, daß ein Sesambein nur bei einem kleinen Teil der niedern Säugetiere und der Affen sich entwickelt hat, dasselbe aber bei andern Tieren fehlt. Wenn jene Ansicht richtig wäre, so müßte gerade beim Menschen mit aufreehtem Gange der Druck der Sehne auf den Condylus be- sonders stark sein, wodurch die gewünschten Bedingungen für die Bildung einer Favella gegeben wären. Ferner bliebe es unverständ- lich, warum bei einem Tiere beide, bei einem andern nur ein late- rales oder nur ein mediales Sesambein zur Ausbildung gelangte. Nach der andern Ansicht gehören die Sesambeine zu den echten Skeletstücken, was durch ihre ontogenetische Entwicklung bestätigt wird. Alle weitern Deutungen über Herkunft oder Zweck beruhen Der Musculus trieceps surae in der Primatenreihe. 77 auf unbewiesenen Annahmen. Nach Fürst ’03 S. 119 u. 121 stammt das laterale Sesambein aus dem Capitulum fibulae. Die Ausführungen des Autors mögen für die Herkunft des lateralen Knochens sehr glaub- würdig klingen; aber woher stammt dann das mediale Sesambein, das doch eine ähnliche Herkunft wie das laterale aufweisen sollte? Über den Zweck der Sesambeine ist die Ansicht ausgesprochen, daß sie durch Vergrößerung des Winkels, welchen die Sehne des Mus- kels mit dem Ursprungsgebiet bildet, eine stärkere Muskelwirkung veranlassen können. Das ist möglich, aber kein stichhaltiger Grund für die Berechtigung der Existenz der Sesambeine. Ich glaube, daß die Hypothese PFITZNERSs, so kühn sie auch sein mag, nicht ganz zu verwerfen sei. Wir haben es bei den Sesambeinen mit einer höchst interessanten Erscheinung zu tun, die leider noch einige Fragen offen läßt. Daß sie keine Neuerwerbungen, hervorgerufen durch funktionelle An- passung, sind, dafür sprechen vor allem der histologische Bau und die Ontogenie. Sie sind zweifellos alt ererbte und echte Knochen- 'stücke, welche einerseits durch das unregelmäßige Auftreten, ander- seits durch die häufigen Abortivformen ihren rudimentären Charakter dartun. Die Bezeichnung »Abortivform« (PFITZNER) ist gut gewählt, weil sie ausdrückt, daß diese Elemente der Reduktion und dem allmäh- lichen Verschwinden anheimfallen. Nach PFrrzxer (S. 541)sind Sesam- beine dann Abortivformen, wenn sie ihre ursprüngliche Gestalt ver- loren haben, wenn bei ihnen an Stelle einer Gelenkfläche nur eine Gleitfläche getreten ist. Durch weitere Reduktionen werden Abortiv- formen zu formlosen kleinen Knochenstückchen, welche alle morpho- logischen Eigenschaften allmählich einbüßen. Gerade bei denjenigen Species, bei denen das Sesambein nur noch vereinzelt auftritt, sind solehe Formen häufig. Bei Homo wechselt deren Gestalt (GRUBER ’75, Tafel IV); es treten typische und stark reduzierte Formen auf. Hylobates zeigt in großem Prozentsatz deutliche Abortivformen; auch bei Hapale machte ich auf das Vorkommen solcher Formen auf- merksam. Daß nicht beide Sesambeine gleichzeitig sich rückbilden und ver- schwinden müssen, geht aus dem Gesagten hervor. Das laterale Sesambein, welches fast in der ganzen Primatenreihe mächtiger als das mediale ist, ist auch das konstantere. Nach W. GRUBER soll auch seine Verknöcherung bei Canis und Lepus früher eintreten und beendigt sein als die des medialen. Nur die Hylobatiden und Ateles scheinen eine umgekehrte Folge der Reduktion eingeschlagen zu haben. 78 Hedwig Frey In vielen Fällen ist die Ursprungssehne der beiden Gastroenemii auf der dem Condylus femoris aufliegenden Fläche verdickt (vgl. S. 50 u. 68). Diese gewebliche Modifikation stellt, wie ich glaube, das dar, was PFITZnEr ’92 S. 563 Sesamoide nennt. Die verdiekten Partien lagen stets an derjenigen Stelle des Condylus, welche dem größten Druck ausgesetzt ist, und ich möchte die Verdickungen daher, ent- gegen der Ansicht Pritzwers (S. 568), als eine Anpassung an mecha- nische Momente deuten. PFITZNER tritt für die Ansicht ein: »daßb wir es bei den Sesambeinen und Sesamoiden mit einem krassen Fall von Mimiery zu tun haben«. Auf jeden Fall sind beide Formen ganz verschiedene Bildungen. Ich fasse die Ergebnisse über die Sesambeine zusammen und hebe dabei diejenigen Tatsachen hervor, welche durch meine Unter- suchung als sichere sich erwiesen haben. Die Sesambeine kommen fast bei allen Primaten in den Ur- sprungssehnen beider Mm. gastroenemii vor. Eine Ausnahme machen Nyeticebus und die Anthropomorphen; bei ihnen fehlen sie. Bei Hylobates kommt ein mediales Sesambein vor, bei Homo ein late- rales. In beiden Fällen tritt es in geringem Prozentsatz auf und oftmals nur in Abortivformen. Ausnahmen sind äußerst selten (zi- tierte Literatur). Sesambeine sind echte Skeletstücke mit rudimentärem Charak- ter. Sie sind nicht durch mechanische Ursache entstanden, sondern sind alte Erbstücke, wofür die Entwieklung, der histologische Bau und das Vorkommen bei den verschiedenen Species sprechen. Bei den Affen liegen sie auf der Dorsalseite der Condylen und gleiten auf denselben. Beim Menschen befinden sie sich am seitlichen Rande des Condylus lat., wodurch eine Rollung ausgeschlossen und nur eine Druckwirkung möglich ist. Ihr Vorkommen beim Menschen läßt erkennen, daß wir es mit einem Rassenmerkmal zu tun haben. Rassen- und Geschlechtsdiffe- renzen sind bekannt, und in geringem Maße besteht ein verschiede- nes beiderseitiges Auftreten. Das Alter hat aber keinen Einfluß auf das Vorkommen. Der M. plantaris und die Volumsentfaltung der Muskulatur sind ebenfalls ohne Bedeutung. 3. Muskelbauch. Um den Muskelbauch des lateralen Gastroenemius in der Pri- matenreihe einem Vergleich zu unterziehen, schlage ich denselben Weg wie beim medialen Kopf ein. Ich werde zuerst die struktu- a Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 79 rellen Besonderheiten und dann die verschiedene Mächtigkeitsent- wieklung bei den einzelnen Species vorführen. a) Der morphologische Bau zeigt in der Hauptsache die gleiche Anordnung wie der mediale Bauch. Die Ursprungssehne dehnt sich auf der Dorsalseite verschieden weit proximalwärts aus. Von ihr entspringt ein großer Teil der Muskelmassen und geht in ventro- distaler Richtung in die einheitliche Endsehne oder in deren proxi- male Verlängerung über. Letztere bedeckt den Muskel als ein ver- schieden weit, proximalwärts ausgedehntes, oberflächliches Sehnenblatt. Aus dem Grade der Ausdehnung von Ursprungs- und Endsehne er- gibt sich die Sehnendeckung und die Länge der Muskelbündel. So entsteht ein bei allen Formen gleichartiger Grundtypus des Muskels. In der weiteren Spezialisierung wird ein beträchtlicher Unterschied zwischen Affen und Menschen beobachtet. Fast bei sämtlichen Affen ist auf der Ventralseite des Muskels eine oberflächliche Muskelschicht anzutreffen, die ihn oft erheblich verstärkt. Man kann diese Schichte einem accessorischen Muskel vergleichen, der als oberflächliches Ge- bilde mit dem Stammuskel innig verbunden ist. Die Bündel dieses Muskels entspringen an einer den Gastroenemius vom Plantaris trennenden Sehne; sie können aber auch ohne eine solche aus der Verwachsung beider Muskeln hervorgehen. Sie ziehen auf der Ven- tralfläche des lat. Gastroenemius verschieden weit distalwärts, unter konvergierendem Verlauf ihrer Elemente. Bei den niedern Catarr- hinen ist dieser Muskel stark entwickelt und bildet oft eine dieke Lage, deren Bündel von vorn in die proximalwärts verlängerte End- sehne inserieren und sie manchmal bis auf einen schmalen Streifen ver- deeken. Mit den weitest medial gelegenen Bündeln kann der Muskel auf den medialen Bauch beträchtlich übergreifen und an dessen Ven- tralseite inserieren (z. B. Fig. 18). Der Muskel ist nur bei Formen anzutreffen, welche einen Plantaris aufweisen. Er fehlt bei Nyetice- bus, Ateles, Orang und Gorilla. Er ist außer bei den niedern Catarr- hinen bei Lemur und bei den Platyrrhinen, Aieles ausgenommen, sehr gut entfaltet. Bei Galago ist er reduziert und fehlt bei dem Exemplar, dessen Plantaris bis zum Ursprung vom Gastrocnemius getrennt ist. Beim Schimpansen ist er ein schwaches Gebilde. Bei den Hylobatiden mit wohl ausgebildetem Plantaris (Fig. 21, 23) ist er gut entwickelt; bei zwei Exemplaren, bei denen ich Andeutungen an eine Plantarisbildung vermute, deutet auch die Anordnung der muskulösen Elemente auf Reste eines solchen oberflächlichen Muskels hin. Es hat bei beiden Tieren den Anschein, als ob der laterale 80 Hedwig Frey Gastroenemius mit dem Plantaris sowie dem oberflächlichen Muskel verschmolzen sei. Eine besondere Stellung nimmt Homo ein. Bei ihm ist der Plantaris nur in 190/, mit dem Gastroenemius verwachsen; in diesen Fällen findet man auch meistens einen wohl entwickelten oberflächlichen Muskel aus der Verwachsungsstelle hervorgehen. Der oberflächliche Muskel kann sich weit distalwärts erstrecken, in ex- tremen Fällen (Fig. 32) sogar auf den medialen Bauch übergreifen und dadurch dem der niedern Catarrhinen recht ähnlich werden; er stellt einen niedern Zustand dar. Bei den 81°/,, wo der Plantaris bis zum Ursprung hinauf vom Gastroenemius getrennt werden kann, findet man zum Teil noch in der Struktur eine Andeutung an diesen alten Verstärkungsmuskel der Affen (Fig. 31); in andern Fällen fehlt jede Spur des Muskels, ebenso wie bei den Objekten ohne einen Plan- taris (Fig. 33). Eine besondere Erwähnung verdient das strukturelle Verhalten des later. Gastroenemius bei einem Hylobates syndactylus (Fig. 21). Die Ursprungssehne, welche bis an den Rand gerückt ist, greift auch ein wenig auf die Ventralfläche des Muskels als schmale Randsehne über. Über dem distalen Drittel der gesamten Muskellänge ver- breitert sich diese Randsehne und bedeckt die Ventralfläche eines eigenen Muskels, welcher vom Gastroenemius und Soleus leicht zu trennen und nur durch eine Fascie mit ihnen verbunden ist. Dieser kräftige Muskel inseriert fleischig am Caleaneus; seine dorsalen Muskelbündel gelangen oberhalb desselben zu einer kurzen Sehne, welche den dorso-medialen Teil bedeckt. Bestimmtes über die Be- deutung dieser Bildung läßt sich nicht aussagen, da in der ganzen Primatenreihe nichts Ähnliches vorkommt. b) Mächtigkeitsentwicklung. Sie zeigt bei sämtlichen Species eine größere Gleichmäßigkeit, als der mediale Kopf sie erkennen läßt. Die Muskeldicke schwankt nur unbedeutend in der Primatenreihe; die Breite zeigt ähnliche Schwankungen wie die am medialen Kopf. Die Bündellänge entbehrt der sprung- haften Erscheinungen, welche der mediale Kopf aufweist. Diese größere Gleichmäßigkeit spricht ebenso wie das regelmäßigere Verhalten im Ursprung des äußeren Gastroenemiuskopfes für dessen altes Bestehen. Wäre er jüngeren Alters und hätte sich (Ansicht von E. GLAESMER '10) erst bei höhern Säugetieren vom medialen Gastroenemius in dieser Art differenziert, so müßte sich dies wohl auch irgendwie in seinem Bau zeigen. Statt dessen weist er weniger Verschiedenheiten auf als der mediale Kopf, welcher viel Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 81 lebhafter in Anpassung an die Funktionsart in seinen einzelnen Merkmalen wechselt. Nyeticebus besitzt einen schwachen Muskel; die kürzere Bündel- länge bringt ihn aber dem Muskel anderer Affen erheblich näher. Galago und Lemur unterscheiden sich nicht wesentlich von den niedern Catarrhinen. Der Muskel ist kräftig durch seine ansehn- liche Dieke und Breite sowie durch die ziemlich kurzen Muskel- bündel. Sind Breite und Dicke wie bei den Semnopitheeiden gering, so ist eine allfällige Differenz durch kürzere Bündel aufgehoben, oder umgekehrt. Die Cercopitheeiden haben einen dickern und Fig. 39. KJ © | Sl - -— -Muskel-Dicke 8; R ---—---- Muskel-Breite Sı Ss Muskelfaserbündel- gN länge EN &: 30 SE S: N; en 2 0: 1, Be 4 &2 ln ı 2 ER & 2 # I: 2 IE® 12 ie: DE ä % % 8% S © % N % iR T Q S Ss S & R SS [S} N Oo [7 7 o N Ss R Ss & & IS N I S Ö S S S Do SQ N a N areas ones N Ban en ren ur Mächtigkeitsausbildung des lateralen Gastrocnemius. breitern Muskel; dafür sind dessen Faserbündel aber beträchtlich länger. Papio tritt allein aus der Reihe heraus. Bei ihm ist die Sehnendeckung teilweise sehr gering, infolgedessen die Bündellänge ansehnlich. Papio nähert sich hierin Ateles. Hapale und Oebus weichen von ihnen insofern etwas ab, als ihr Muskel schwächer ist, aber nieht hinter den medialen an Stärke zurücktritt. Der Gastro- enemius lateralis ist bei Aylobates sehr kräftig; die Muskelbündel sind kurz. Die übrigen Anthropoiden zeigen in der Muskelbreite beträchtliche Differenzen. Der Muskel des Schimpansen ist kräftig, der des Orang in jeder Beziehung schwach. Auch der des Gorilla kann sehr kräftig genannt werden. Homo nimmt keine Sonder- stellung gegenüber den anderen Primaten ein. Der Muskel ist bei Morpholog. Jahrbuch, 47. 6 82 Hedwig Frey ihm allerdings von bedeutender Breite, hat aber in dieser, sowie in den beiden anderen Faktoren vor einigen Species kaum etwas voraus. Fig. 39 gibt ein übersichtliches Kurvenbild von diesen Verhältnissen. Wir sehen aus ihr, daß eine ziemlich gleichmäßige Dieke in der ganzen Reihe herrscht, daß größte Breite und Bündellänge zu ihr bei den niedern Affen und Aylobates in dem Verhältnis stehen, wonach der Muskel im ganzen kräftig genannt werden kann. Bei Orang und Gorilla macht sich eine verhältnismäßig geringe Macht- entfaltung, bei Schimpanse und Homo eine wenig ansehnlichere geltend. Ein Vergleich mit den Verhältnissen am medialen Kopfe soll angestellt werden, nachdem die Mächtigkeitsentwicklung des Soleus in der Primatenreihe und die Verschiebungen der Kraftentfaltung innerhalb der einzelnen Glieder des Triceps surae besprochen wor- den sind. Hier sei noch hervorgehoben, daß, während der Gastro- enemius lateralis in der ganzen Reihe ziemlich gleichmäßig ent- wickelt ist, der mediale Kopf bei den niederen Primaten bedeutend schwächer ist, und daß er bei den Anthropomorphen, sowie ganz he- sonders beim Menschen, eine viel stärkere Ausbildung erfahren hat. Einen nieht unwesentlichen Machtzuwachs erfährt der äußere Kopf bei niedern Affen durch die oberflächliche accessorische Muskel- schicht. Da diese bei den höhern Affen und beim Menschen nicht oder nur selten und dann schwach entwickelt auftritt, so geht den letzteren dieser Zuwachs an muskulösen Elementen ab, was eben- falls zu einer gleichmäßig kräftigeren Ausbildung des lateralen Gastroenemius in der Reihe der Primaten beiträgt. 4. Übergang des Gastrocnemius lateralis in die Endsehne. Die Muskelbauchlänge zeigt in der Primatenreihe erhebliche Schwankungen, doch sind diese im allgemeinen weniger groß als die des medialen Kopfes.- Diese Tatsache entspricht der wiederholt geäußerten Annahme, daß der laterale Gastrocnemius einen alten Platz im Muskelsystem einnimmt, während der mediale erst im Laufe der Onto- wie Phylogenie seine jetzige Stellung erworben hat und deshalb Spuren der Anpassung an die physiologischen Auf- gaben deutlicher erkennen läßt. Innerhalb der einzelnen Arten liegen aber auch hier bedeutende Schwankungen vor. Bei der Fest- stellung der Länge des Muskelbauches und der Endsehne verfuhr ich wie beim medialen Kopfe. Fig. 40 (S. 87) bringt die Befunde zur Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 83 Darstellung, zugleich mit einem Hinweis auf die Verhältnisse am medialen Gastrocnemius. Wir nehmen auch hier als Ausgangsform den Zustand der nie- dern Catarrhinen, d. i. einen beträchtlich langen Muskelbauch, welcher sich besonders bei den Papionen innerhalb einer großen Variations- breite bewegt. Daß die Semnopitheciden (KOLHBRUGGE ’97, S. 195) eine besonders lange Endsehne und kurze Muskelbäuche besitzen und sich darin dem Menschen nähern, bestätigen meine Befunde nicht. Lemur und Hapale bieten nichts Bemerkenswertes dar; ihr Muskelbauch ist etwas kürzer, als er durchschnittlich bei den niedern Catarrhinen ist. Galago schließt sich im Verhalten des lateralen Kopfes den Catarrhinen ebenfalls an. Nyeticebus zeigt aber durch Reduction der Muskellänge eine Annäherung an den Zu- stand beim Menschen. Bei Cebus ist wiederum ein Unterschied zwischen ©. flavus und C. apella zu beobachten. Jener hat einen langen, dieser einen kürzeren Bauch. Der Unterschied tritt am lateralen Gastroenemius schärfer als am medialen Kopfe hervor; denn er ist in der Regel der längere und der stärkere Muskel der niedern Affen. Betreffs des Vergleiches der Verhältnisse beider Köpfe mitein- ander bilden Zemur und Ateles einen Übergang zu den Anthropoiden: bei beiden Species sind der mediale und laterale Muskelbauch von gleicher Länge, während bei den Anthropoiden und dem Menschen eine größere Längenentwicklung des medialen sich geltend macht. Zylobates und Orang weisen einen kürzeren Muskelbauch als die niedern Affen auf. Bei Schimpanse und Gorilla ist der Bauch länger als bei letztern, aber wie bei allen Anthropoiden erheblich kürzer als der mediale Kopf. Beim Menschen ist der letztere Zustand die Regel; immerhin erreichte in 20°, der Fälle der laterale Bauch die Länge des medialen und übertraf ihn sogar in seltenen Fällen um 1—5°/, der Tibialänge. Größere Unterschiede nach dieser Richtung hin bestanden nicht; sie würden gegebenenfalls als Reminiszenzen an niedere Zustände in das Bereich der Varietäten gehören. Ich schließe hier die Ergebnisse einiger rassialer Untersuchungen an. Cnupzmskı (94, S. 486-499) stellte Untersuchungen an Weißen, Gelben und Negern an; nähere Bezeichnungen in bezug auf Rasse und Anzahl der untersuchten Individuen fehlen. Leider hat der Autor seine Feststellungen nur mit absoluten Zahlen belegt, so daß sie für einen Vergleich aus diesem Grunde, besonders aber auch deshalb nicht verwertbar sind, weil er die Meßpunkte für den Über- gang des Bauches in die Sehne und denjenigen am Calcaneus nicht 6* 84 Hedwig Frey näher bezeichnet hat. Cuunzıwskı kam zu den folgenden Ergeb- nissen: 1) Die Länge der fleischigen Partie der beiden Gastroenemü ergibt folgende Reihenfolge für das Caput mediale: Weiße < Schwarze 1 < Schwarze @ = Gelbe; für das Caput laterale: Gelbe < Weiße < Schwarze g’ < Schwarze ©, 2) Die Entfernung des distalen Endes des Muskelbauches vom Calcaneus vollzieht sich in folgender Stufenfolge: Weiße < Gelbe << Schwarze Q < Schwarze g', für das Caput laterale ist sie dieselbe. | Aus der ersten Feststellung ersehen wir, daß bei den Gelben die Ausbildung eines längern medialen und eines kürzern lateralen Kopfes am weitesten vorgeschritten ist. Dies deckt sich mit einer Bemerkung von Lorz (11), welcher sagt, daß die Mongolen im Ver- halten ihrer untern Extremität die weitest progressive Stellung ein- nehmen. Wenn wir das unter 2) aufgeführte Resultat mit dem ersten gemeinsam benützen wollen, empfinden wir sofort den Mangel der Untersuchungen in dem Fehlen von relativen Zahlen. Wäre z.B. die Tibialänge als vergleichendes Maß gewählt worden, so hätten die Untersuchungen wertvolle anthropologische Ergebnisse zeitigen können. Daß die Differenzen in der Reihenfolge bei beiden Erhebungen z. T. auf der verschiedenen Tibialänge der einzelnen Rassen beruhen, ist einleuchtend. Auch CHupzınskI deutet dies an (5. 494). Es bleibt daher unverständlich, warum CH, ohne weiteres das Verhalten beim Weißen, dessen Endsehne nach ihm absolut am kürzesten ist, als eine Annäherung an den Zustand der Affen an- sieht (5. 492). Völlig unzutreffend ist die Angabe, »que la partie charnue des jumeaux est tres peu &loignee du talon ehez tous les Singes sans exception«. Ein Blick auf die verschiedenen Figuren zeigt die Unhaltbarkeit dieser Behauptung. Was die erste Ansicht anbelangt, so habe ich leider Untersuchungen weder an Negern, noch an Gelben vorgenommen, die mir erlauben, zur Frage Stellung zu nehmen. Die Möglichkeit, daß der Muskelbauch beim Weißen distalwärts weiter reicht als bei den Farbigen, ist nicht ausge- schlossen. Es scheint mir aber gewagt, bloß auf gewöhnliche Beobachtungen hin und ohne Verwendung von relativen Maßen solches auszusprechen. Gegen CnHupzınskıs Ansicht sprechen die Untersuchungen von Lorz (11, S. 470 I und ’11 I), der bei Negern eine größere Entfernung zwischen dem Meßpunkt am Cal- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 85 caneus und dem distalsten Punkt des lateralen Bauches als beim Weißen gefunden hat. LorH kam auf einen Index von 59,2 für den Neger, 68,7 für den Europäer. Man darf auf die Veröffentlichung weiterer Untersuchungen, die LoTH angekündigt hat, gespannt sein, da es von Interesse ist, zu vernehmen, wie groß das untersuchte Material und die etwaige Variationsbreite gewesen sind. Letztere ist; wie oben bemerkt, für den medialen Kopf sehr beträchtlich: 20°/, der Tibialänge rechts, 11°), links, für den lateralen Gastroenemius 14°/,, bezw. 11/,. Wenn ich den Index für das Zürcher Material berechne (nach der Methode von LorH), so erhalte ich im Mittel folgende Indices: rechts: 62, mit einer Variationsbreite von 58—72 links: 63, mit einer Variationsbreite von 58—69. Meine Untersuchungen weisen also durchschnittlich einen erheblich längeren Muskelbauch auf, als ihn LorH festgestellt hat; der von ihm für den Neger bereehnete Index fällt durchaus in die Variations- breite der Weißen meines Untersuchungsmaterials. Fasse ich die Resultate der Untersuchung über die Länge der beiden Gastroenemiusbäuche oder deren Endsehnen zusammen, so komme ich zu folgenden Schlüssen: Der mediale Kopf zeigt in der Primatenreihe bedeutende Schwankungen. Eine Entwicklungsreihe zeigt uns einen mäßig langen Muskelbauch bei niedern Catarrhinen, Platyr- rhinen und bei Lemur, einen verkürzten bei Nycticebus und Galago und beim Menschen. Die andere Reihe nimmt ihren Ausgangs- punkt von Hylobates, dessen Muskelbauch die Tendenz zur Ver- längerung zeigt, sie führt zu Orang, Schimpanse und Gorilla, bei denen der fleischige Teil sich außerordentlich verlängert hat. Der laterale Köpf zeigt weniger große Schwankungen, bei fast sämtlichen niedern Affen eine ungefähr gleiche Länge, die aber eher auf die Verlänge- rung seines muskulösen Teiles hinweist. Nycticebus hat wie der Mensch einen kurzen Muskelbauch. Die Anthropoiden halten sich enger an den Typus der niedern Affen; Hylobates und Orang zeigen sogar eine Reduction der Länge. Infolge der beträchtlichen Ver- größerung des medialen Bauches ist der laterale Bauch bei sämt- lichen Anthropoiden kürzer: Das bedeutet eine Annäherung an den Menschen und eine Entfernung von den niedern Affen, welche, mit Ausnahme von Nycticebus, einen längern lateralen Bauch aufweisen. Lemur und Ateles nehmen hierin eine nicht bestimmbare Stellung S6 Hedwig Frey ein. Die z. T. beträchtliche Variationsbreite innerhalb der einzelnen Species sehe ich vorläufig als Resultat einer individuellen Anpassung an die physiologischen Aufgaben an; das Material ist zu klein, um darüber Bestimmteres aussagen zu können. Iv. Der mediale Gastrocnemius in seinen Beziehungen zum lateralen Kopfe. l. Ursprungsbeziehungen. Sesambein. Struktur. Mächtigkeits- ausbildung. In den vorhergehenden Abschnitten mußten wiederholt zur bessern Beleuchtung der Verhältnisse an einem Gastroenemius auch die Befunde an dem andern herangezogen werden. So wurde bereits über die gegenseitigen Ursprungsbeziehungen beider Gastroenemii ausführlich berichtet. Ich wiederhole die wichtige Tat- sache, daß beide Muskeln auf phylogenetisch und ontogenetisch tiefster Stufe in sehr nahen Ursprungsbeziehungen zueinander stehen, und daß die weitere Differenzierung hauptsächlich den Ursprung des medialen Kopfes betrifft. Was das Auftreten eines Sesambeines anbelangt, so haben die diesbezüglichen Untersuchungen dargetan, daß ein solches je- weilen unabhängig im medialen oder lateralen Muskel oder aber in beiden Muskeln vorkommen kann. Nähere Beziehungen zwischen dem Vorkommen oder der verschiedenen Ausbildung des einen oder andern Sesambeines liegen nicht vor. Das häüfigere Auftreten eines lateralen Sesambeines würde den konservativen Charakter des Gastroenemius lat. bestätigen. Die Untersuchungen über die Struktur des Muskelbauches zeigten, daß der mediale Gastroenemius bis zum Menschen hin eine bedeutende Umgestaltung aufweist, die auf einer Vermehrung der muskulösen Elemente beruht, während der Gastroenemius lateralis am meisten bei den niederen Affen spezialisiert ist. Der erstere erfährt daher innerhalb der Primatenreihe eine bedeutende Steige- rung in der Mächtigkeitsausbildung, indessen der laterale Kopf ein ziemlich gleichmäßiges Bild darbietet. Ausführlicheres hierüber soll nach der Besprechung der Verhältnisse am Soleus für den ganzen Triceps surae folgen. Eine Abhängigkeit in der Ausbildung der beiden Muskelbäuche voneinander ist nicht zu beobachten; die Machtverschiebung erfolgt wohl in funktioneller Anpassung. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 87 2. Die Verwachsung beider Gastrocnemii. Durch diese treten beide Muskeln in innigste Beziehung zu- einander. Sie ist ein primärer Zustand, da die Muskeln auf früher embryonaler Stufe (SCHOMBURG ’00) sich noch wenig differenziert haben, ebenso wie bei den niederen Wirbeltieren, bei den Amphibien (HoFFMAnN ’78) und Vögeln (Humpary ’72,; Testur '84). Über die Verwachsung beider Köpfe bei den niedern Säugetieren und speziell bei den Primaten liegen in der Literatur viele, z. T. widerspreehende Angaben vor (DUvERNoY ’56; MACALISTER ’69 und ’73; MıvART und Fig. 40. ge h | | | I Arne jateraler bastracn. 70 medialer % der Tibıs -Lan Aylopates Orang Schimpanse |__ Gorilla Homo Nyeticebus 68/890 lemur Hapale Cebus Ateles Papio Cereocebus Macacus Cercopithecus Semnopithecus Höhe des Überganges der beiden Gastroenemiusbäuche in ihre Endsehne. _MurıE ’72; BARNARD ”75; DENIKER ’85; KoHLBRUGGE ’90; Hep- BURN ’92; Lazarus ’96; KOHLBRUGGE ’97; PLAYFAIR und MURRICH ’04; GLAESMER ’08 und ’10); sie beschränken sich aber meist auf die Bemerkung, ob eine Verwachsung bestehe oder nicht. Die Bestim- mungen betreffs der Höhe der Verwachsung gehen nicht über die Bezeichnung »über dem Calcaneus, in Mitte des Unterschenkels, ober- oder unterhalb desselben« usw. hinaus. Besonders beachtens- wert sind diejenigen Fälle, welche eine vollständige Trennung beider Gastroenemii melden. HunmpHry (70, 8. 58) berichtet über einen solchen Zustand bei Bradypus didactylus und Bradypus vulgarıs; GLAESMER ’08 bestätigt dies für Chlamydophorus truncatus. Nach 88 Hedwig Frey LecnHeE ’08 und E. GLAESMER sollen auch bei einigen Marsupialiern, nach Parsox (’94 und ’98) bei Castor canadensis, die beiden Gastro- enemii mit getrennten Sehnen am Calcaneus inserieren. Es handelt sich um Fälle, die sich vom primären Zustand stark entfernt haben. Betreffs der Höhe, in welcher die Verbindung beider Muskeln erfolgt, kann man in der Primatenreihe leicht zwei Richtungen konstatieren (Fig. 41 gibt die betreffenden Verhältnisse wieder). 1) Die niedern Affen mit verhältnismäßig tiefer Verwachsung schließen sich an Orang an. 2) Die übrigen Anthropoiden und Homo zeigen eine viel geringere Trennung beider Bäuche. Wenn ge Fe % der Tıbia-Län & Hylobates Orang Schimpanse Gorilla Homo Macacus Semnopithecus % > {27 x N & S o ‚ Proximalster Punkt der Endsehne --- - - Nycticebus Galago lemur Hapale Cebus Ateles Papio Cereocebus Höhe der Verwachsung der beiden Gastroenemiüi Testur ('84, S. 650) schreibt, daß die Verwachsung beider Gastro- enemii, (er schließt dabei unzweifelhaft die Befünde von Homo ein), in vielen Fällen nur eine augenscheinliche sei und durch Präparation getrennt werden könne, so ist dies nicht zutreffend. Ich bestimmte als Grenze der Verwachsung stets diejenige Stelle, wo eine Trennung der Gastroenemii ohne Verletzung der muskulösen, bezw. sehnigen Elemente nieht mehr möglich war. Bei einigen Formen, besonders bei den niedern Catarrhinen (vergl. z. B. Fig. 19 u. 20), ist die Variationsbreite beträchtlich. Die Literaturangaben lauten auch über die Verhältnisse bei den Anthropomorphen verschieden. Bei Schim- panse und Gorilla soll die Verwachsung erst im unteren Drittel stattfinden (KoHLBRUGGE ’97, S. 194), bei Gorilla nach DENIKER ’85 Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 89 im zweiten Drittel, und nach MACALISTER '73 seien die beiden Köpfe überhaupt nicht trennbar. Auch über Orang teilen sich die An- sichten, doch lauten die meisten dahin, daß eine tiefe Verwachsung vorliege, was eine Übereinstimmung mit dem Zustand an dem von mir untersuchten Orang bedeutet. Daß bei diesem eine tiefe Ver- wachsung erst sekundär erfolgt ist, läßt sich aus dem Auftreten einer Randsehne schließen, welche die durch die weitergehende Spaltung verloren gegangene Insertionsgelegenheit ersetzt. Im me- dialen Rand des lateralen Kopfes (Fig. 26) ist nämlich eine Sehnen- bildung zu bemerken, welche proximalwärts über die Verwachsung beider Gastroenemii als schmale Randsehne verfolgbar ist. An ihr inseriert ein Teil der Muskelbündel. Eine merkwürdige Erscheinung zeigte ein Hylobates syndactylus (Fig. 22): beide Bäuche verwachsen hoch oben; in der Mitte des Unterschenkels ist aber ihre Verbin- dung eine so schwache, daß nach Ablösen des den Soleus über- ziehenden Fasciengewebes die beiden Gastroenemii getrennt sind. In diesem Falle ist eine Trennung im distalen Gebiete der primären Trennung der proximalen Partien vorausgeeilt. Am stärksten ist die Verwachsung bei Homo ausgeprägt; aber auch dieses Merkmal zeigt eine beträchtliche Variationsbreite. Die tiefste Verwachsung erreicht jedoch weder das Mittel, das ich für Aylobates festgestellt habe, noch eines der Maxima bei niedern Affen. Eine in dieser Hinsicht anormale Ausbildung beider Muskeln fand ich nicht. Ich glaube feststellen zu können, daß eine hohe Verwachsung hauptsächlich bei denjenigen Species sich findet, deren Lokomotion in aufrechter oder halbaufrechter Stellung vor sich geht. Die An- näherung der vorzüglichen Springer Lemur (speziell L. catta) und Papio an die Anthropoiden wird dadurch verständlich. Die Frage, ob eine hohe Verwachsung einer niedern Stufe in der Entwicklung entspreche, muß genauer erörtert werden. Im allge- meinen läßt sich ja annehmen, daß Muskeln, die aus einem Verband selb- ständig geworden sind, das Resultat einer progressiven Entwicklung darstellen. Wir gehen auf die Art der Verwachsung über. Bei allen Primaten ist auf der Ventralfläche und unterhalb der Verwach- sung beider Bäuche eine Durchkreuzung sehniger Elemente der proxi- malwärts verlängerten Endsehnen zu beobachten, wobei die lateralen Sehnenfasern vorzugsweise vor die vom medialen Kopf herkommenden sich lagern. Diese Erscheinung ist bis zum Menschen hinauf deut- lich wahrzunehmen, besonders dann, wenn eine tiefe Insertion des Soleus vorliegt. Zu dieser ursprünglichen Art der Verschmelzung, 90 Hedwig Frey die bei einigen Species die einzige Verbindung zwischen beiden Köpfen darstellt, können sich weitere Zustände gesellen. Bei den Anthropoiden, bei Orang in geringem Maße, bei Homo in deutlicher Weise, verbinden sich die beiden Bäuche außerdem vermittelst einer verschieden stark ausgebildeten Zwischensehne (s. Fig. 30). Sie ist der Ausdruck einer in andrer Richtung erfolgten Sonderung. Sie bietet den bei diesen Species besonders kurzen Muskelbündeln eine treffliche Insertionsgelegenheit und ist daher als ein weiteres Mittel zu vermehrter Mächtigkeitsausbildung dieser Muskeln aufzufassen. Bei den meisten niedern Affen fehlt eine solche Bildung. Die Muskel- massen des Caput mediale lagern sich bei ihnen neben und zum kleinen Teil etwas dorsalwärts hinter die des lateralen Kopfes; die Verwachsung beider Köpfe ist eine lockere und meistens nur durch die Durchflechtung von sehnigen Elementen der ventralen Ober- flächensehne gegeben. Sie kann in denjenigen Fällen, wo der ober- flächliche Muskel des Caput laterale mit seinen distalsten Bündeln auf den medialen Kopf zwecks Insertion übergreift, etwas verstärkt werden (Fig. 18). In einigen Fällen ist eine Art Zwischensehnen- bildung vorhanden. Bei Semnopitheeus maurus, Papio maimon und Cercopithecus wird durch den lateralen Rand der ventralen Ober- flächensehne, welche durch die Hintereinanderschiebung beider Köpfe auf der Dorsalseite sichtbar wird, eine Zwischensehne vorgetäuscht. Dadurch ist zugleich eine vermehrte Insertionsgelegenheit erreicht. Eine eigentliche Zwischensehne, wie sie bei den meisten Anthropoiden und bei Homo vorkommt, und welche eine dorsalwärts erfolgte Ver- diekung der ventralen Oberflächensehne darstellt, ist nur noch bei den Lemuren und Cebiden in mäßiger Ausbildung zu treffen. Die überaus hohe Verwachsung beider Gastroenemii bei den Anthropoiden (ausgenommen Orang) und dem Menschen hat sich also in einer Weise modifiziert, daß der Zustand als ein sekundärer bezeichnet werden muß. Anthropoide und vereinzelte Fälle bei Homo zeigen eine Zwischenstufe durch die schwache Ausbildung der Zwischensehne, welche aber in der Regel beim Menschen sehr stark ausgebildet ist. Während also in der Primatenreihe nach der einen Richtung hin eine hohe Verwachsung besteht und die Ausbildung der Muskeln auf die Vermehrung der zu leistenden Energie berechnet ist, so läßt sich nach einer andern Entwicklungsrichtung hin eine verschieden weit sehende Teilung der Köpfe nachweisen, welche diese selbständiger macht. Ob dieser Vorgang auch in Anpassung an die physiologischen Aufgaben erfolgt, bleibt, weil eine gemeinschaftliche Arbeit durch nn Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 91 die Gastroenemii geleistet wird, eine offene Frage. Die Differenzierung ist bei Galago am weitesten fortgeschritten, wo nur noch die End- sehnen zur Verschmelzung kommen. Dieser Befund klingt an Zu- stände bei niedern Säugetieren an, bei denen die Trennung beider Muskeln bis zu deren Insertion am Calcaneus sich vollzogen hat. Fig. 41 zeigt, wie weit die fleischigen Partien an der Verwachsung beider Gastrocnemii beteiligt sind, oder wie nahe die Verwachsung dem proximalsten Punkt der Endsehne entgegengerückt ist. Ich fasse zusammen, was wir über die Verwachsung beider Gastro- cnemii erfahren haben. Die Höhe der Verwachsung variiert innerhalb der einzelnen Species. Die niedern Affen und Orang weisen eine relativ tiefe, die übrigen Anthropoiden und Homo durchweg eine hohe Verwachsung auf. Bei den letzteren ist die Verwachsung durch Bildung einer Zwischensehne modifiziert. Niedere Affen erreichen die Verwachsung fast ausschließlich durch die Verschmelzung der Inser- tionssehnen. 3. Endsehne der beiden Gastrocnemii. Sie ist entsprechend der verschiedenen Länge der Muskelbäuche bei den Primaten ungleich lang und setzt sich entsprechend der un- gleichen Stärke der Muskeln mehr aus medialen oder mehr aus late- ralen Sehnenbündeln zusammen. Auch die Verwachsung mit der Endsehne des Soleus oder mit ihm selbst führt zu einer verschiedenen Ausbildung der Achillessehne, wie wir die Vereinigung der drei Sehnen nach allgemeinem Brauche nennen. In der strukturellen An- ordnung ihrer Bündel zeigt sich die Endsehne in der ganzen Prima- tenreihe einheitlich. In der Literatur ist nur vereinzelt hiervon die Rede, so bei den niedern Säugetieren (Parsox ’94) und beim Men- schen (HExte ’71). Und doch muß der eigenartige Bau der Sehne, welcher dem der Insertionssehne des M. peetoralis major ähnlich ist, auffallen. Ich werde zunächst über die Verhältnisse der Gastrocne- miusendsehne berichten, über deren Vereinigung mit dem Soleus zur Achillessehne werde ich später anläßlich der Insertion des Soleus das Nötige mitteilen. Nyeticebus zeigt bei verschiedenen Exemplaren ein etwas ab- weichendes Verhalten im Bau der Endsehne; bei zwei Exemplaren (Fig. 4) verlaufen die Sehnenfasern des medialen Kopfes, welche in allen Fällen denen des Caput laterale an Mächtigkeit bedeutend nachstehen (sie betragen nur 1/;—!/, derselb.), lateral-distalwärts unter Verdrängung der letzteren, was bei Säugetieren die Regel ist. Bei 92 Hedwig Frey zwei andern Exemplaren (Fig. 5) ist diese Neigung der medialen Bündel zu lateralem Verlaufe schwächer ausgedrückt; die an Breite mächtigeren Partien des lateralen Kopfes nehmen distalwärts nur langsam ab und erreichen z. T. noch den äußeren Rand des Calea- neus. Die medialen Elemente schließen sich ihnen unter leicht lateralem Verlaufe auf ihrer medialen Seite an. Bei den übrigen Prosimiern, bei Platyrrhinen mit Ausnahme von Ateles, bei sämtlichen niedern Catarrhinen und Aylobates leuciscus schlagen die Sehnen- fasern der gemeinsamen Gastroenemiussehne einen typischen Verlauf ein. Die vom medialen Kopf stammenden Elemente ziehen lateral- distalwärts und zwar so, daß die vom medialen Rande kommenden sich dorsalwärts hinter die nachfolgenden lateralen schieben, woraus ein fächerartiges Hintereinanderlegen der sehnigen Bestandteile sich herleitet. Die Sehnenfasern des lateralen Kopfes zeigen einen aus- gesprochen medialen Verlauf und legen sich dabei ebenfalls flächen- artig voreinander, sowie ventral vor die vom Caput med. stammenden Sehnenbündel. Selten sind auf der Dorsalseite über dem lateralen Rande des Calcaneus noch sehnige Elemente des lateralen Gastro- enemius zu sehen, immer dagegen am medialen Rande, wo sie in- serieren. Bei Lemur ist diese Verlaufsart gut ausgeprägt, vorzüg- lich aber bei allen niedern Catarrhinen, wo die Verhältnisse wegen der sehr tiefen Insertion des Soleus, welcher in vielen Fällen unmittel- bar am Calecaneus inseriert, besonders klar liegen. Bei allen Tieren (z. B. Fig. 13) verschwinden die Sehnenfasern des lateralen Kopfes ziemlich hoch über dem Calcanus auf der Dorsalfläche, sogar die lateralen Elemente der medialen Sehnenpartie. Auf der Ventral- fläche ist der mediale Verlauf der lateralen Sehnenbündel leicht erkennbar. Bei Ateles, Hylobates syndactylus und den Anthropo- morphen besteht die Gastroenemiusendsehne, von der Dorsalseite aus betrachtet, fast nur aus Elementen des medialen Kopfes. In den Fällen, wo der Soleus weit distal inseriert, ist der mediale Verlauf der lateralen Sehnenbündel auf der Ventralfläche ebenfalls erkenn- bar. Es herrscht also noch der gleiche Typus wie bei den niedern Affen, nur weniger deutlich infolge der veränderten Insertion des Soleus an der Endsehne. Auch bezüglich dieses Merkmales schließt Hylobates leuciscus eher an die niedern Affen an. Hylobates syn- dactylus hingegen weist volle Übereinstimmung mit den Anthropo- morphen auf. Bei Homo ist derselbe Bau vorhanden, ein fächer- artiges Vor- oder Hintereinanderschieben der einzelnen Sehnenbündel, wodurch die medialen Elemente der medialen Sehne den lateralen Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 03 Rand des Calcaneus erreichen und die Elemente der lateralen Sehne weit proximal vom Calcaneus auf der Dorsalfläche verschwinden. Diese überall herrschende Anordnung findetin der Literatur kaum Beachtung; eine Deutung der Erscheinung ist nicht gefunden. PAR- son ’94, S. 417 versuchte für sie eine Erklärung zu geben und führte die Erscheinung einmal auf die Rotation des fötalen Beines, ein anderes Mal auf die fötale Fußstellung im Uterus zurück. Beide Deutungen haben aber den Autor selbst nicht befriedigen können (’98, S. 759). Ich werde versuchen, durch Heranziehen der Verhältnisse bei den niedern Wirbeltieren ein einigermaßen befriedigendesBild zu entwerfen von dem Wesen dieses wichtigen Merkmals. Leider sind einschlä- gige Angaben in der Literatur spärlich. An Hand dieser Quellen und der Kenntnisse, welche wir über die Ontogenie dieser Muskeln besitzen, lassen sich einige wertvolle Schlüsse ziehen. Parsox ’94, S. 415 fand die beiden Gastroenemii bei Eidechsen getrennt, den medialen, welcher den lateralen kreuzt, am lateralen Rande des Cal- caneus inserieren. . Er konnte bei den Vögeln eine Kreuzung nicht beobachten. Bei Ornithorhynchus (GLAESMER ’08) und einigen Marsu- pialiern (PLAYFAIR und MURrRIcH ’04) inseriert der mediale Gastro- cnemius ebenfalls auf der lateralen Seite. Die beiden Sehnen sollen, wie Testur ’84 genau ausführt, sich überkreuzen. Beide Gastro- enemii, welche bei Oastor canadensis (Parsox ’94, S. 414) getrennt zum Calcaneus verlaufen, sind umeinandergedreht wie die Bänder eines Seils, »in a rope-like manner« (Parsox ’98, S. 750), wobei die Sehne des Plantaris mit der des lateralen Gastroenemius zum me- dialen Rande zieht. Diese Kreuzung fand ich bei Cav:a sehr deut- lich ausgesprochen trotz der Verwachsung beider Endsehnen. Nach Durchschneiden des Fußgelenks und Drehung des Fußes um 150 0 war der Verlauf der Sehnenbündel ein paralleler oder doch nur ein leicht convergierender. Ähnliches fand Parson bei Canis. Die Untersuchungen dieses Autors am menschlichen Embryo ergaben, daß der Soleus diese Kreuzung mitmacht, und zwar in derselben Richtung wie der Gastrocnemius lat., d. i. zur medialen Seite der Gastroenemiusendsehne. PArson will sogar bei einem Smonatigen Embryo eine Verbindung» des Soleus mit dem M. flexor digitorum brevis gefunden haben, welcher erst sekundär mit dem Plantaris in Verbindung getreten sei. Letzterer Punkt kann nur durch ein- gehende neue Untersuchungen klargestellt werden. Für uns ist die Tatsache wichtig, daß durch die Autoren auf den verschiedenen 94 Hedwig Frey Stufen der Tierreihe Zustände gefunden worden sind, welche eine Übereinstimmung des ursprünglichen Baues sicherstellen. Überall schlagen die Elemente des medialen Gastroenemius einen lateralen Verlauf ein und wenden sich dorsal von denen des lateralen Kopfes, und letztere inserieren ausnahmslos ventral vor den medialen Ele- menten am Calcaneus. Eine Kreuzung beider Sehnen ist demnach nachgewiesen, sei es, daß sie deutlich ausgeprägt ist bei Sehnen, welche in ihrer Differenzierung sich vollständig voneinander getrennt haben, sei es, daß diese Kreuzung wegen stattgehabter Verwach- sungen weniger scharf zutage tritt, sei es, daß sie wegen einer schwachen Beteiligung des medialen Kopfes an der Bildung der End- sehne nur noch andeutungsweise zu sehen ist (Nycticebus). Was mag die Ursache dieser Anordnung sein? Dab sie auf mechanischer Grundlage beruhe, was eine der Erklärungen PARsONs ausspricht, bezweifle ich. Der Zustand ist hierfür in der Tierreihe allzu regel- mäßig vorhanden. Auch die Ansicht, dab gekreuzte Sehnen die physiologische Aufgabe dieser Muskeln besser erfüllen, scheint mir nicht stiehhaltig zu sein, denn bei Tieren mit allen möglichen Be- wegungsarten ist ein solches Verhalten anzutreffen. Die Erscheinung kann mit dem Ursprungswechsel des medialen Gastroenemius, wieich ihn anläßlich der Ursprungsverhältnisse beider Gastrocnemii klargelegt habe, in Einklang gebracht werden. Wenn der mediale Kopf ursprünglich ein an der fibularen Seite entsprin- sender Muskel ist, so ist seine Insertion am dorso-lateralen Rande des Calcaneus verständlich. Mit der medianwärts erfolgten Wanderung des einen Kopfes gelangen dessen Elemente der Endsehne allmäh- lich in eine andere Stellung. Diese, im Sinne der Bewegung aus- gedrückt, wird proximalwärts eine mehr mediale sein. Wir gehen dabei von der Voraussetzung aus, daß die Anheftung am Calcaneus die ursprüngliche bleibe, was dem allgemein stabilen Charakter des Insertionsverhaltens nicht widerspricht. Durch die mediale Verschie- bung des Ursprungs und die damit gepaarte Änderung in der Ver- laufsrichtung des Muskelbauches können in Fällen einer frühen Trennung beider Muskeln die Sehnen unter Kreuzung den Calcaneus erreichen. In den meisten Fällen aber, wo eine verschieden starke Verwachsung derselben bestehen bleibt, muß der Vorgang in einer veränderten Struktur sich wiederspiegeln, welche in der fächerar- tigen Anordnung der Sehnenfasern unschwer zu erkennen ist. Nach dieser Auffassung, gestützt zugleich auf die ausnahmslos dorsale In- sertion der medialen Sehnenportion, darf angenommen werden, daß | | | | Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 05 der laterale Gastroenemius aus den ventralen Elementen der gesamten Muskelanlage sich aufgebaut hat, während die dorso-medialen Ele- mente an der Bildung des medialen Kopfes sich beteiligt haben. Pırsons Wahrnehmung (’94, S. 415), daß eine Kreuzung der Sehnen bei den Vögeln nicht bestehe, bestätigt die obigen Ausführungen, wenn wir uns daran erinnern, daß der mediale Gastroenemius der Vögel den Condylus med. femoris noch nicht erreicht hat, sondern hauptsächlich vom Planum popliteum entspringt. Eine Kreuzung der Sehnen wäre einem solehen Verhalten gegenüber nicht möglich. Ich möchte gemäß dieser Ausführungen den eigenartigen struk- turellen Bau der Endsehne als die Folge des ursprünglich fibularen Ursprungs des Gastroenemius medialis ansehen. Durch die Wande- rung tibialwärts und durch Beharren der ursprünglichen Anheftungs- weise am Calcaneus hat der gegenwärtige Zustand sich herausge- bildet. V. Der laterale Gastroenemius in seinen Beziehungen zum Plantaris. Bei den Ausführungen über den Ursprung des later. Gastroene- mius bemerkte ich, daß er bei einer Anzahl von Tieren mit dem M. plantaris in Beziehung stehe. Es soll nunmehr ermittelt werden, wie weit diese Beziehungen bei den verschiedenen Species sich er- strecken. Die Beziehungen lassen sich in zwei Gruppen teilen: 1. in diejenigen des proximalen Teiles des Plantaris mit dem Bauche des lateralen Gastroenemiuskopfes und 2. in die Beziehungen seiner Endsehne mit derjenigen des Gastroenemius. Auf Einzelheiten gehe ich nur soweit ein, als sie für die Verhältnisse des Triceps surae in Betracht fallen. Was die Verwachsung des proximalen Teiles des Plantaris mit dem Gastroenemius lat. betrifft, so variieren die Zustände selbst innerhalb einzelner Arten. Immerhin läßt sich eine gewisse Einheit- lichkeit durch die ganze Affenreihe erkennen. Auf den Zusammen- hang der Endsehnen des Plantaris und des Gastrocnemius mit dem Fasciengewebe am Calcaneus und auf den Übergang in die Plan- taraponeurose gehe ich nur kurz ein, da LotH ’08 diese Punkte aus- führlich behandelt hat. Ich beschränke mich dabei auf das Wesent- liche und werde die übereinstimmenden und voneinander abweichen- den Resultate zur Geltung bringen. 1. Prosimier. Nyeticebus tardigradus: Nach MıvArT und Murie (65, S. 250 und ’72, S. 79) fehlt ein Plantaris. Wenn er vor- 96 Hedwig Frey handen ist (BArNARD ’75, S. 126), so ist er mit dem M. gastroen. lat. verwachsen. Lor# (’08, S. 205) beschreibt ihn als ein schwaches Bündel, das gemeinsam mit dem lat. Gastroenemius entspringt und in der distalen Hälfte des Unterschenkels mit Gastroenemius und Soleus sich vereinigt. Bei dreien meiner Exemplare war der Plan- taris bis zum Ursprung vom Gastrocnemius zu trennen; bei einem vierten Tiere reichte die Verwachsung verhältnismäßig weit distal- wärts. Entsprechend dieser Tendenz zur Trennung ist auch beim lat. Gastroenemius keine Spur jener oberflächlichen Muskelschicht wahrzunehmen, welche in der Regel aus der Verwachsung beider Muskeln hervorgeht. Auch das vierte Fxemplar zeigt in dieser Be- ziehung einen übereinstimmenden Bau. Die Verwachsung des Plan- taris scheint demnach eher ein individueller Rückschlag zu frühern Zuständen zu sein. Die Ansicht, daß der Plantaris entweder fehle oder mit dem Gastrocnemius lat. verwachsen sei, mag davon her- rühren, daß beide Muskeln durch Fasciengewebe innig verbunden sind. Nur eine sorgfältige Präparation ermöglichte mir eine Trennung derselben. Bei den drei ersten Exemplaren zeigte sich distal eine Verschmelzung des Plantaris mit den Gastroenemii. Bevor der (entgegen dem Befunde Lorns ’08, S. 205) relativ kräftige Muskel- bauch in seine Endsehne übergeht, verwächst er mit dem Caput mediale gastroenemii etwa in der Mitte des Unterschenkels. Bei jenem Exemplar mit der stärkeren proximalen Verwachsung nimmt der Muskel den bei allen Primaten üblichen medio-distalen Verlauf. Wenige Muskelfasern heften sich unmittelbar über der Verwachsungs- stelle beider Gastroenemii am Caput later. fest; der Hauptteil des Muskels endigt in einer überaus feinen Endsehne, welche anfangs zwischen Soleus und Gastrocnemius fest eingeschlossen ist, weiter distal zum medialen Rande der Gastroenemiussehne zieht und von da aus, durch eine Fascie an diese geheftet, den Calcaneus erreicht. Ein Zusammenhang mit der Plantaraponeurose läßt sich sogar in diesem Falle, der den erst beobachteten, wohlausgebildeten Plantaris darstellt, in einigen Sehnenbündeln, die über den Caleaneus hinziehen, erkennen. Galago garnetti. Unmittelbar unterhalb des gemeinsamen Ur- sprunges sind Gastrocnemius lat. und Plantaris frei. Der lat. Gastro- enemiuskopf zeigt einmal keine, das andere Mal nur eine leise An- deutung an eine oberflächliche Muskelschicht, was mit der Trennung der Muskeln übereinstimmt. Der Plantaris bewahrt in ganzer Aus- dehnung seine Unabhängigkeit, er geht am Calcaneus in die Apo- neurosis plantaris über. Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 97 Lemuren. Die Beziehungen beider Muskeln sind innige. Die medio-ventrale Hälfte des lateralen Gastroenemiuskopfes gehört proximal dem Plantaris an. Eine wohlausgebildete Zwischensehne trennt beide Muskeln; von ihr aus gelangen muskulöse Elemente medianwärts zum Plantaris, latero-distalwärts zum lateralen Gastro- enemius. Letztere bauen als kräftige oberflächliche Muskelschicht jenen accessorischen Muskel auf, über welchen beim Bau des lat. Gastroen. ausführlich berichtet worden ist. Die Verwachsung reicht außerordentlich tief bei Lemur catta herab, ist bei L. »ufus und L. macaco geringer, aber immerhin bedeutend gegenüber andern Species. Das distale Ende des Plantaris hat seine Unabhängigkeit durch starke Verfilzung seiner Endsehne mit dem umliegenden Ge- webe (LorH ’08, S. 207) beträchtlich verloren, wodurch die ursprüng- liche Funktion sich änderte. Der Muskel wird die Gastroenemiü in ihrer Tätigkeit als Fußstrecker unterstützen. Die Beziehungen beider Muskeln zueinander gestalten sich bei den Prosimiern sehr verschieden. Der Plantaris ist am Ursprunge bei Nycticebus und Galago frei, er neigt bei Nyeticebus zur Ver- wachsung hin. Die Lemuren zeigen innige Verschmelzungen beider Muskeln auf beträchtliche Strecke hin. Die Plantarisendsehne ist auch bei Galago vollständig unabhängig; sie verliert bei Lemur durch die Verfilzung am Calcaneus an Selbständigkeit und reicht bei Nyeticebus nur noch bis zur Verwachsung beider Gastroenemius- köpfe und ganz selten bis zum Calcaneus herab. Im letzteren Falle reicht die Verwachsung des Ursprungsteiles zudem weiter distalwärts herab, woraus eine Annäherung an die Verhältnisse bei Lemur sich ergibt. 2. Platyrrhine. Bei den Hapaliden entspringen Gastro- enemius lat. und Plantaris gemeinsam; bei Hapale jacchus sind sie weit distalwärts verwachsen, ebenso bei einem Exemplar von Hapale penccillata; bei zwei andern Tieren konnten die Muskeln bis zum Ursprung getrennt werden. Überall, wo eine Verwachsung statt- findet, trennt eine Zwischensehne die beiden Muskeln; an ihr ent- springt ein Teil der oberflächlichen Muskelschichte des lat. Kopfes. Bei beiden Exemplaren von Hapale penicillata, deren Plantaris bis zum Ursprung frei ist, konnte ebenfalls eine den lat. Gastrocnemius verstärkende Muskellage beobachtet werden; die Bündel derselben entspringen von einer feinen Oberflächensehne, welche unterhalb des Ursprungs die Ventralfläche teilweise bedeckt (Fig. 9s) und an Stelle der hier durch die Trennung verloren gegangenen Zwischensehne Morpholog. Jahrbuch. 47. 7 98 Hedwig Frey als Neubildung auftritt. Die Endsehne des Plantaris geht in die Plantaraponeurose über; jedoch macht sich eine ziemlich starke Ver- schmelzung mit dem Calcaneus geltend, was auch LorH (’08, S. 225) angibt. Bei sämtlichen Cebinae ist der Plantaris im Ursprung mit dem lat. Gastroenemius innig verbunden. Nach Sommer (06, S. 105, wo der Autor CHURCH und CHAMPNEY bezw. SIRENA zitiert), besitzt Cebus keinen Plantaris. Bei Cebus flavus reicht die Verwachsung weiter distal als bei Oebus apella. Eine Zwischensehne dient auch hier für muskulöse Elemente des oberflächlichen Muskels des lat. Gastro- cnemius sowie für den Plantaris zum Ursprung. Unter starker Ver- wachsung mit der Gastrocnemiusendsehne und dem Soleus durch eine Fascie erreicht die Plantarissehne den Calcaneus, auf dessen medialer Hälfte sie befestigt ist; von hier setzt sie sich in die Plan- taraponeurose fort. Bei Ateles ater fällt das Fehlen eines M. plantaris auf. LorH (08, S. 215) will auf der medialen Seite der Achillessehne und mit ihr verwachsen eine Sehne gefunden haben, die einer Plantarissehne entspreche; er schreibt, »wenn wir sie aber proximalwärts verfolgen, so sehen wir, daß sie keinen besonderen Muskel besitzt, nur mit dem medialen (nicht lateralen wie man vermuten könnte) Kopf des M. gastroenemius verschmilzt. Am Tuber calcanei ist diese Sehne festgewachsen und steht nicht mehr mit der Plantaraponeurose in Verbindung«e. LorH rechnet (S. 223) der Species Aieles ater dem- gemäß einen Plantaris zu. Zwei von mir untersuchte Tiere zeigten auch nicht die geringste Andeutung eines solchen; ein drittes Exemplar ließ am medio-ventralen Rande des lateralen Gastroenemius- kopfes weit proximalwärts eine oberflächliche Sehne erkennen, welche sich alsbald verdichtete, im Aussehen durchaus an eine Plantaris- sehne erinnerte und auch deren Platz einnahm (Fig. 12,s). Sie ver- blieb aber am medialen Rande des Gastrocnemius lat. und ver- schwand bei dessen Verwachsung mit dem Soleus. Verfolgt man sie distal in die Tiefe der verwachsenen Muskeln, so sah man sie mit der Endsehne des later. Kopfes vollständig verschmelzen. Ich möchte hiernach für Aieles nur die Andeutung an eine Plantaris- bildung zugeben; die gefundenen Spuren sind zu gering, um vom Vorhandensein eines Plantaris sprechen zu können. Die Platyrrhinen zeichnen sich durchweg durch eine innige Be- ziehung des lateralen Gastroenemius mit dem Plantaris aus. Die Verschmelzung ist proximal bei den Cebinae beträchtlich und geht Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 99 noch weiter bei den meisten Hapaliden; bei zwei Hapale hat sich dureh die Trennung der beiden Bäuche ein abweichendes Verhalten eingestellt. Bei den beiden Species sind mit der starken Ver- wachsung eine Reduction des Muskelbauches und eine Anheftung am Caleaneus gepaart. Bei fast sämtlichen Tieren besteht die Neigung zur Verschmelzung des Plantaris mit dem lat. Gastro- enemius oder der Tricepsendsehne. Bei Ateles erreicht sie ihren Höhepunkt. Eine eigenartige seltene Sehnenbildung am lat. Gastro- enemius und eine solche am medialen Rande der Gastrocnemius- endsehne können als letzte Spuren eines verschmolzenen Plantaris angesehen werden. 3. Die. verschiedenen Vertreter der niedern Catarrhinen zeigen ziemlich übereinstimmende Zustände. Der Plantaris nimmt die mediale Hälfte des Ursprunges am lat. Gastrocnemius für sich in Anspruch, bedeckt bei Cercopithecus callithrichus (Fig. 18, b) sogar den größten Teil von dessen Vorderfläche und übernimmt fast aus- ‚schließlich die Beziehungen zum Sesambein. Distal vom Ursprunge sind die Muskeln eine beträchtliche Strecke weit verwachsen. Semnopithecus maurus macht allein eine Ausnahme hiervon. Die aus der Verwachsung beider Muskeln hervorgehende oberflächliche Muskelschicht ist denn auch bei allen übrigen Tieren kräftig; sie fehlt bei Semnopithecus maurus. Innerhalb der einzelnen Arten machen sich Verschiebungen der Verwachsungsgrenze wie bei den Papionen (Fig. 13, 14) und den Semnopitheeinen geltend; doch zeigt das Mittel keine nennenswerten Schwankungen. Bei einem Cynocephalus babuin (Fig. 13) fand ich ein anormales, 2 mm breites Sehnenbündel, das von der Insertionssehne des Gastro- enemius medialis auf diejenige des Plantaris ausstrahlte. Ich konnte diese Erscheinung nicht sicher deuten. Es ist möglich, daß es sich um die Tendenz zur Verschmelzung des Plantaris mit dem Gastro- enemius handle. i Die Beziehungen beider Muskeln im distalen Gebiete zeigen bei den einzelnen Formen bedeutende Unterschiede. Bei den Papionen inseriert nach LorH (’08, S. 225) »die Sehne des M. plantaris so stark, daß der Muskel auf die Plantaraponeurose fast keinen Einfluß mehr ausübt«. An zwei Exemplaren von Oynocephalus babuin fand ich dagegen ein fast freies Übergleiten der Sehne über den Calcaneus. Bei Papio maimon war die Verwachsung mit letzterem bedeutsam, bei Cynocephalus hamadryas aber besonders innig. Bei anderen niedern Catarrhinen beobachtete ich ebenfalls eine starke Verbin- 7* 100 Hedwig Frey dung mit dem den Calecaneus umgebenden Gewebe, bei den Cer- copithecinen in Übereinstimmung mit den Befunden von Lork in schwächerem Maße. Lorus Angaben über die Semnopitheeinen decken sich mit meinen Beobachtungen. Es besteht ein freies Über- gleiten bei S. entellus, eine geringe Verwachsung bei S. melanolophus, eine bedeutendere bei S. maurus. Nach KOHLBRUGGE (’97, S. 196) soll die Verschmelzung bei Semmoprthecus nasicus so weit vorge- schritten sein, daß die Plantarissehne in der Mitte des Unterschenkels mit dem medialen Kopf des Gastrocnemius vereinigt ist. Für die niedern Catarrhinen ist also festgestellt worden, daß der lat. Gastroenemius in inniger Beziehung zum Plantaris steht, proximal durch eine nur selten fehlende Verwachsung, an welche das Auftreten eines oberflächlichen Muskels des lateralen Kopfes geknüpft ist, und distal durch die meistens bedeutsame Verfilzung der Endsehnen beider Muskeln miteinander oder mit dem Caleaneus. 4. Anthropoide. Ein Plantaris wird bei den Hylobatiden von den Autoren vermißt. LorH (08, S. 221) stellte die Resultate von 20 Untersuchungen (zum Teil nach KoHLBRUGGE ’97 und SOMMER ’06) zusammen: stets fehlte ein Plantaris. GEGENBAUR ’03 äußerte sich im gleichen Sinne, ALıx ’69 indessen gibt an, daß, obgleich ein Plantaris bei allen Anthropoiden fehle, bei sorgfältiger Prä- paration Spuren eines solchen gefunden werden können. Es ist bemerkenswert, daß ich bei Hylobatiden Zustände antraf, die von den beschriebenen völlig abwichen. Ein Exemplar von A. leueiscus Mülleri (Fig. 23) zeigte einen Plantaris, der ganz demjenigen der niedern Catarrhinen glich; der Muskel war am Ursprung mit dem lat. Gastrocnemius stark verwachsen, und ein ansehnlicher Teil der Muskelmasse gehörte ihm zu. Der flache, breite Muskelbauch ging früh in eine feine Endsehne üher, welche in einer Rinne zwischen beiden Gastroenemiusbäuchen distal von deren Verwachsung ge- lagert war. Die Sehne war distalwärts vom Soleus bedeckt und erreichte, fest an diese Muskeln geheftet, den medialen Rand der Gastrocnemiussehne, welche sie bis zum Caleaneus begleitete. Sie konnte in ihrem Verlauf nur bei großer Sorgfalt freigelegt werden. Sehnenzüge über den Calcaneus hinaus waren nicht vorhanden. Bei einem Hylobates syndactylus (Fig. 21) herrschten ganz andere Zustände vor. Ein Plantaris entsprang gemeinsam mit dem later. Gastroenemius. Seine Form entsprach der des menschliehen Muskels. Distal vom Ursprunge wird er frei. Eine eigenartige Struktur des lat. Gastroenemius deutete auf eine oberflächliche Muskelschichte Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 101 ‘ und auf einen früher innigeren Zusammenhang beider Muskeln hin. Zur Verschmelzung im distalen Gebiete kam es nicht. Der mächtige, breite Bauch ging nach kurzem Verlauf in eine breite, aber dünne Endsehne über; sie lagerte, durch eine Fascie fest an die Ventral- fläche des Gastrocnemius med. geheftet, zwischen diesem und dem Soleus. In der Mitte des Unterschenkels hörte sie unvermittelt auf, und es ließ sich weiterhin eine Spur von ihr weder zwischen dem in dieser Höhe verwachsenen Gastroenemius und Soleus, noch in dem umhüllenden Fasciengewebe nachweisen. Diesem Plantaris ging außer dem gemeinsamen Ursprung jede nähere Beziehung mit dem Gastroenemius ab. An zwei andern Hylobatiden fehlte ein Plan- taris; doch zeigte die Struktur des lat. Gastroenemius in beiden Fällen starke Anklänge an eine Plantarisbildung, besonders bei einem H. leuciscus (Fig. 24). Bei diesem bedeckte eine Oberflächensehne an der Stelle, wo sonst eine Zwischensehne die beiden Muskeln trennt, einen Teil der Ventralfläche des lateralen Gastroenemius. Von ihr entspringen Muskelbündel, welche medianwärts verliefen und als oberflächliche Muskelschichte den lat. Gastroenemius be- deckten, ferner solche Bündel, welche den typischen Verlauf von Plantarisbündeln hatten, also latero-distalwärts verliefen. An der Verwachsungsstelle beider Bäuche bildeten letztere eine wulstartige Erhöhung auf der Ventralseite der Gastroenemii. Die Grenze ließ sich bis an den medialen Rand des Gastrocnemius med. verfolgen. Eine weniger ausgesprochene Bildung zeigte ein zweites Exemplar von H. syndactylus (Fig. 22); aber auch hier ließ die Struktur des Gastroenemius lat. auf eine Verschmelzung mit dem Plantaris schließen. Eine leicht zu trennende Muskelpartie schlug den für einen Plantaris typischen Verlauf ein. Die Andeutung an einen oberflächlichen Muskel des Gastroenemius lat. sprach für die Ver- wachsung mit einem Plantaris. Die kleine Zahl von Untersuchungen an Hylobatiden liefert bezüglich des Plantaris eine geschlossene Entwicklungsreihe. Erstens ist ein Muskel beobachtet worden, wie er typisch den niedern Catarrhinen zukommt, welcher im proximalen und distalen Teile mit dem Gastroenemius lat. innig verbunden ist. Hieran schließt sich der Fall mit einem verschmolzenen Plantaris an, welcher im Relief der Gastroenemii noch deutlich abgrenzbar ist. Als Endglied dieser Reihe nenne ich die letzte Andeutung an eine Plantarisbildung, die als solche nur noch beim Vergleiche des Baues des lat. Gastro- enemius bei den verschiedenen Primaten sich erkennen läßt. Diese 102 Hedwig Frey Fälle legen Zeugnis für einen Entwicklungsgang ab, welcher auf dem Wege der Verschmelzung zum völligen Schwinden des Plan- taris führt. H. syndactylus mit dem menschenähnlichen Plantaris zeigt diesen in großer Selbständigkeit. Der Muskel hat bis auf den gemeinsamen Ursprung jede Beziehung mit dem Gastroenemius aufgegeben. Es liegt deshalb nahe, anzunehmen, daß er einer Entwicklungsreihe angehört, welche nicht durch Verschmelzung, sondern durch eine distal beginnende, einfache Reduction zu einem allmählichen Ver- schwinden des Plantaris führt. Bei Besprechung der Verhältnisse beim Menschen wollen wir den Spuren nachgehen, welche auf beide Arten einer Reduction des Plantaris schließen lassen. Orang besitzt nach LorH (08, S. 291) nur in wenigen Fällen (3,7%/,) einen Plantaris. Der Muskel fehlte auch an dem von mir untersuchten Objekte. Ich wies bei dem Ursprunge des lateralen Gastroenemius auf eine Verwachsung mit dem Flexor fibularis hin; die strukturellen Verhältnisse lassen Anklänge an eine Plantaris- bildung vermuten. E. GLAESMER (’10, S. 245) vermutete ein Gleiches bei Bradypus tridaetylus. Der laterale Gastroenemius von Gorilla zeigt weder in seinem proximalen noch distalen Teile irgendwelche Spuren einer Ver- schmelzung mit einem Plantaris. Schimpanse besitzt nach Lora (S. 291) in 54,3%, einen Plan- taris. Bei meinem Exemplar nahm der Plantaris die medio-ventrale Hälfte des Gastroenemiusursprungs in Anspruch. Die Verwachsung beider Muskeln reichte nieht weit unter den gemeinsamen Ursprung herab (Fig. 25). Die sehr feine Endsehne schlug den gewöhnlichen Verlauf am medialen Rande der Gastrocnemius-Endsehne ein und war an diese durch eine Fascie geheftet. Die Anheftung erfolgte an der medialen Seite des Calcaneus. Nach KOHLBRUGGE (’97, S. 197) zieht die Plantarissehne meist frei zum medialen Rande des Calcaneus; zuweilen ist aber ihr distaler Teil mit dem medialen Rande der Gastroenemiussehne vereinigt. Die Anthropoiden unterscheiden sich also in diesem Merkmal sehr erheblich von den niedern Affen. In der Mehrzahl der Fälle fehlt jede Beziehung der Gastroenemii mit einem Plantaris, da er völlig vermißt wird. Bei einigen Hylobatiden und beim Schimpanse treffen wir auf ähnliche Verhältnisse wie bei den niedern Affen, indem eine verschiedengradige Verschmelzung beider Muskeln proxi- mal und besonders distal erfolgt ist, wobei der distale Abschnitt Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 103 sogar gänzlich verschwinden kann. Eine weitgehende Trennung beider Muskeln, verbunden mit Reduction der Plantarisendsehne, scheint auf einem andern Wege das Verschwinden des Plantaris einzuleiten. 5. Homo. Der Ursprung des lat. Gastroenemius steht in 90°), der Fälle in verschieden enger Beziehung mit demjenigen des Plan- taris; d. h., daß in 90°, nach meinen Erhebungen ein Plantaris vor- handen ist. Wenn wir diese Fälle in Betracht ziehen, so läßt der größte Teil (81°/,) einen geringen Zusammenhang beider Muskeln erkennen, welcher sich auf den gemeinsamen Ursprung beschränkt (Fig. 31, 32). Die übrigen 19°), zeigen eine Verwachsung, wobei eine geringe Verschiedenheit zwischen beiden Extremitäten beob- achtet wird. Rechts wird die Verwachsung in 22°/,, links in nur 15°/, angetroffen, während die Muskeln in 78 bezw. 85°/, bis zum Ursprung getrennt sind. Auf die Verbindung beider Muskeln und das Auftreten einer Zwischensehne sowie einer oberflächlichen Muskelschichte an der Ventralfläche des lat. Gastroenemius ist bereits bei den Ausführungen über den Bau des letztern hingewiesen worden. Die Ausführungen sind dabin zu ergänzen, daß diese 81°/, ganz jenem Verhalten bei Hylobates syndaet. entsprechen, welches eine ausgesprochene Neigung zur Trennung beider Muskeln bekundet. Alle übrigen Fälle scheinen sich durch die verschieden 'weit reichende Verwachsung an die Zu- stände der niedern Affen anzulehnen. In 10°/, fehlt der Plantaris beim Menschen. Es fielen mir zwei Exemplare auf, bei denen der lat. Gastrocnemius am medialen Rande eine eigentümliche Sehnen- bildung zeigte; sie hatte große Ähnlichkeit mit derjenigen bei Ateles, in welcher ich einen verschmolzenen Plantaris vermutete. Auch bei diesen menschlichen Gastroenemii dürfte diese Randsehne (Fig. 30) einer Plantarisendsehne entsprechen, da die an ihr inserierenden Muskelbündel ganz die Stelle eines Plantarisbauches einnehmen, den Verlauf eines solehen zeigen und sich leicht vom Gastrocnemius trennen lassen. Wenn die Annahme richtig ist, so stehen die be- treffenden Fälle auf der letzten Stufe einer Entwicklungsreihe, welche zum Verschwinden des Plantaris durch Verschmel- zung führt. Im distalen Teile sind die Beziehungen beider Muskeln zu- einander ebenfalls verschieden. In 42°/, verschmilzt die Sehne des Plantaris mit der Achillessehne; sie heftet sich an der Ventral- fläche oder am medialen Rande der letztern fest. In 11°, erreicht 104 Hedwig Frey die Plantarissehne den Calcaneus. In allen übrigen Fällen treten - beide Muskeln nicht mehr miteinander in Beziehung. In 3°), war der Plantaris unmittelbar nach seinem Übergang in die Endsehne mit dem Soleus verschmolzen. Dieser Zustand war einmal beiderseits, einmal nur einseitig ausgeprägt. Die Plantarissehne trat dabei stets an den medialen Rand des Soleus da heran, wo dieser an der Linea poplitea tibiae angeheftet war. Die Beziehungen des Plantaris zum Gastrocnemius lateralis lassen einerseits ein starkes Bestreben des Plantaris zur Unabhängig- keit erkennen, welches verbunden ist mit der Neigung zu einer vom distalen Teile ausgehenden Rückbildung, sie lassen anderseits eine seltener auftretende, verschieden stark ausgesprochene Verwachsung beider Muskeln vom Ursprung an erkennen. Die Beziehungen sind distal in der Hälfte der Fälle aufrechterhalten; doch befreit sich der Plantaris auch hier mehr und mehr von der Tricepssehne. Die Be- ziehungen des Plantaris zur Achillessehne beim Menschen sind nur als ein Übergangsstadium einer ursprünglichen Insertion an der Plantaraponeurose zum gänzlichen Verschwinden des Plantaris zu beurteilen. Mit dem Verluste der Angriffspunkte auf die Plantar- fascie betritt der Plantaris den Weg der Rückbildung, welcher er entweder durch Verschmelzung mit dem lateralen Gastroenemius oder durch proximales Hinaufrücken seiner Endsehne unterliegt. Vergleichen wir die Befunde bei den Primaten miteinander, so fällt vor allem auf, daß sämtliche Affen ein verhältnismäßig einheit- liches Verhalten zeigen, das von dem des Menschen sich abhebt. Die Beziehungen beider Muskeln im proximalen Gebiete bekunden sich bei fast allen Affen in einer verschiedengradigen Verwachsung und einer aus ihr hervorgehenden strukturellen Veränderung des lat. Gastroenemius. Das bedeutet eine große Übereinstimmung der Affen untereinander. Bei Nyeticebus und Galago tritt der Zusammenhang der Muskeln mehr zurück, bei Lemur und Hapale ist er in der Regel am besten ausgeprägt. Da eine völlige Trennung beider Muskein auch bei Hapale auf- treten kann, so lassen sich die verschiedenen Befunde dahin erklären, daß zwei Entwicklungsriehtungen sich bereits bei Prosimiern und Platyrrhinen geltend machen, welche mit der Reduction des Plan- taris zusammenhängen. Sämtliche niedern Catarrhinen zeigen ein übereinstimmendes Verhalten; ihnen schließen sich Schimpanse und ein Hylobates leuciscus an, bei welchen beide Muskeln im proximalen und distalen Gebiete vorschmolzen sind. Ateles und zwei Exemplare Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 105 von Hylobates lassen im lateralen Gastrocnemius einen verschmol- zenen Plantaris vermuten. Bei ihnen, vor allem bei Orang und Go- rilla ist die Reduction am weitesten gediehen. Beim Menschen und beim Gibbon liegt ein Zwischenstadium vor, welches beide Rich- tungen des Reduetionsvorganges erkennen läßt. Letzterer spielt sich beim Menschen fast aus- schließlich im Zustande Fig. 42. einer völligen Trennung von dist. Punkt derVerwachs . Lönge des Plantarisbalch» Gastroenemius und Plantaris ab, während erim Zustande der Verschmelzung nur an- deutungsweise zu erkennen ist. Bei den Hylobatiden herrscht die letztere Ent- wieklungsrichtung vor. Um die verschiedene Ausdehnung der proximalen Verwachsung zu veranschau- lichen, gebe ich auf Fig. 42 die Mittelwerte bei den ver- schiedenen Species an. Es werden z. T. beträchtliche Variationsbreiten, besonders bei Hapale angetroffen, welcher neben sehr weit Beziehungen des Gastroen, lat. zum Plantaris. 4. Distal. reicehender Verwachsung ster Punkt der Verwachsung von Gastr. lat. und Plan- taris; 2. Länge des Plantarisbauches,. (Gemessen vom zweimal einen freien Plan- cCalcaneus zum distalsten Punkt der Verwachsung beider taris besitzt. Im übrigen Muskeln bezw. a zeigt die Kurve nur unbe- deutende Schwankungen innerhalb der verschiedenen Zustände. Ich habe mit dem Merkmal der proximalen Verwachsung zugleich die Länge des Plantarisbauches in Beziehung zu setzen versucht, um die Ansicht zurückzuweisen, daß eine starke Verwachsung mit einem langen Muskelbauche des Plantaris zugleich auftreten müsse. Beide Faktoren können zuweilen zusammenfallen (Zemur); sie können aber auch gerade im entgegengesetzten Sinne zur Geltung kommen (Cebus). Nycticebus Hylobates Macacus Semnopithecus Galago lemur Hapale Cedus Cercocedus Cercopithecus Papıo Chimpanse Homo 106 Hedwig Frey VI. Soleus. 1. Ursprung. Über den Soleus der niederen Wirbeltiere berichtete ich an Hand der vorhandenen Literaturangaben. Ich komme hier kurz auf die Verhältnisse zurück. Nach E. GLAEsMER ’08 u. ’10 tritt bei den Marsupialiern zum ersten Male eine Bildung auf, in der sie An- fänge eines Soleus vermutet. Ich sehe indessen schon das als late- raler Gastroenemius bezeichnete Muskelbündel der Monotremen, wel- ches von der Fibula entspringt, als erste Differenzierung eines Soleus an. Bei einigen Insectivoren kommt zuerst ein deutlicher Soleus zur Ausbildung. Dermoptera und Chiropteren ermangeln eines sol- chen vollständig. Die Edentaten, ausgezeichnet durch eine weit- gehende Spezialisierung der beiden Gastroenemii, haben immer einen wohlausgebildeten Soleus, dessen Ursprung eine distale Ausdehnung an der Fibula, zuweilen auch ein Übergreifen auf die Faseie der Streckseite zeigt. Für Myrmecophaga jubata wird sogar ein tibialer Ursprung gemeldet (GLAESMER ’08). Bei den Rodentiern ist das Vorhandensein eines Soleus die Regel. Unter den Carnivoren fehlt er bei Canis und Phoca; Felis dagegen besitzt einen solchen mit einem auf die proximale Hälfte der Fibula sich erstreckenden Ur- sprunge. Bei Ungulaten ist ein Soleus vorhanden; er kann zuweilen allerdings rudimentär genannt werden. Wir nehmen also bei niederen Wirbeltieren ein Fehlen und erst bei den niedersten Säugetieren den Beginn der Anlage eines Soleus wahr. Letztere kann jedoch unterbleiben oder eine verschieden- gradige Ausbildung erfahren. Der Muskel darf zu den progressiven Bildungen gerechnet werden, was auch durch die folgende Unter- suchung bei den Primaten festgestellt werden soll. 1. Prosimier: Der Soleus von Nycticebus hat seinen Ursprung am Capitulum fibulae gemeinsam mit dem M. flexor fibularis, mit dem er verwachsen ist. Bei einem Exemplar findet sich ein accesso- rischer Ursprung vom Condylus lat. fem., bzw. vom Sesambein des M. popliteus, welches auf dem Condylus gleitet. Bei zwei Tieren reicht die Verwachsung bis zur Höhe der Verwachsung beider Gastro- cnemii herunter; sie ist bei zwei andern Tieren weniger bedeutend (Fig. 43 au. b). Der Soleus entspringt bei Galago (Fig. 44) an der Facies dorsalis des Capitulum fibulae mit flacher und schwacher Sehne, ebenso wie bei den Lemuriden (Fig. 45). Bei einem Z. macaco erhält er noch einige Sehnenfasern vom Lig. tibio-fibulare. Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 107 Der Muskel entsteht also bei allen Prosimiern am Capitulum fibulae; er deutet den Zusammenhang mit dem Gastroenemius late- ralis bei einigen Lemuriden durch schwaches Übergreifen sehniger Elemente auf das Lig. tibio-fibulare an. Dieser Zusammenhang ist bei Nyeticebus einmal durch einen accessorischen Ursprung vom Condylus lat. fem. besonders gut ausgeprägt. Bei Loris gracilis soll der Soleus nach MECKEL (zitiert von MivArT und MurıE ’72, S. 79) an der ganzen Fibula, nach BArRNARD (’75, S. 126) am größern Teile derselben befestigt sein. Fig. 45. Fig. 43. Fig. 44, Gas! laf. Soleus Urspr. Sastr. med - Pr | Verwachs Verwachs. f 7 —TrmilGasir. Nyeticebus tardigradus. a) Soleus von vor» und etwas medial; die Verwachsung mit dem Flexor fibularis reicht weit distal- wärts. b) Soleus von vorn; die Verwach- sung ist nur gering. Gr.1/1. Galago garnetti. von hinten, Gr. 1/1. Soleus Lemur mäcaco. a) Ventralseite des Soleus; man beachte die Einlagerung einer Zwischensehne (2); b) Soleus von hinten. Gr. 5/8. Die punktierten Linien geben die Lage der Gastro- enemii an. 2. Platyrrhinen: Bei allen Hapaliden entspringt der Muskel mit feiner, platter und langer Sehne von der Rückseite des Capitu- lum fibulae. Bei H. jacchus greifen einige feine Sehnenzüge zum Tibiarande hinauf. Der Soleus der Cebiden kommt in der Hauptsache von der Rückfläche, zum kleinen Teil von der Facies med. capituli fibulae. Bei ©. flavus ist der Ursprung schmal, aber kräftig und besitzt eine wohl ausgebildete Ursprungssehne (Fig. 47), Bei ©. apella entspringt der Muskel mit kurzen, kräftigen Sehnen- bündeln, die alsbald in fleischige übergehen, so daß der Muskel, von der Dorsalseite gesehen, eher fleischig erscheint. Zu diesem Ursprung 108 Hedwig Frey von der Fibula kommen noch ein solcher vom Hinterrande des Con- dylus tibiae und eine sehuige Verbindung mit dem Lig. tibio-fibulare. Bei einem Exemplar (Fig. 46) war sogar die Andeutung eines kleinen Sehnenbogens wahrzunehmen, der von der Tibia ausging und über die tiefen Nerven und Gefäße sich ausspannte. Bei Ateles ent- springt der Soleus mit breiter, kräftiger Sehne an der Dorsalfläche Fig. 46. Fig. 47. Gastr. lat. Gastr. med. (angedeutet) | tibialer Ursprung Verwachs. mil6astr. Verwachs. mit Gastr. g b 3 Cebus apella. Soleus a) von der Ventral-, b) von Cebus flavus. Soleus a) von vorn, b) von hinten. der Dorsalseite,;, man beachte die Andeutung Gr.5/8, Der Soleus entspringt mit wohlausgebil- eines tibialen Ursprungs. Gr. 5/6. deter Ursprungssehne, des Capitulum fibulae und ist hier mit dem Ursprung des M. flexor fibularis verwachsen, bei einem Exemplar in der Ausdehnung von 15mm. Ein nicht unbedeutender Ursprungsteil reicht bei diesem und einem zweiten Exemplar mit kräftigen Faserzügen bis zur Kapsel des Tibio-fibular-Gelenkes und bis zum Hinterrande des Condylus lat. tibiae hinauf. Der Soleus der Platyrrhinen greift ebenfalls vom Capitulum fibulae häufig auf die Kapsel der Articulatio tibio-fibularis oder sogar Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 109 Fig. 49. Fig. 48. \ Verwachs. x mitbastr: Y L ‘ Verwachs.__\ mit Gastr. = \ \ \ \ \ N Ve ee E) [) Hapale penicillata. Soleus a) von der Ven- Atales ater. Soleus von hinten; tral-, b) von der Dorsalseite. Gr. 1/1. eine Zwischensehne (z) ist ein- gelagert. Gr. 1/2. Fig. 51. a N) = 6 Cynocephalus babwin. Soleus a) von der Hacacus cynomolgus .Soleus a) von der Ventral-, b) von Ventral-, b) von der Dorsalseite. Gr. 1/2. der Dorsalseite. Gr. 3/4. 110 Hedwig Frey auf den Hinterrand des Condylus tibiae über. Diese Erscheinung deutet auf den früheren Zusammenhang mit dem lateralen Gastro- enemius hin. Als eine Neubildung muß der Befund bei Cebus apella angesehen werden, bei dem eine Anheftung an die Tibia in medio- distaler Richtung erfolgt ist. 3. Niedere Catarrhine: Bei allen Papionen (Fig. 50) ent- springt der Soleus mit starker Sehne von der Facies med. et. post. des Capitulum fibulae. Bei einem Exemplar von Cynocephalus babuin Fig. 53. Cercocebus colla- Cercopithecus callithrichus. Soleus a) von Semnopithecus maurus. Soleus a) von der ris. Soleus von derVentral-, b)vonderDorsalseite. Gr. 5/8. Ventral-, b) von der Dorsalseite. Gr. 5/12. hinten. Gr. 5/12. greifen starke Sehnenzüge an die Tibia hinauf, an welcher sie unter dem Rande des Condylus lateralis befestigt sind. Bei einem andern Tiere umgreift die Ursprungssehne teilweise diejenige des Flexor hallueis longus. Oynoc. hamadryas zeigt keine Anheftung an der Tibia, Papio maimon aber in geringem Maße; letztere Form nimmt dadurch eine Zwischenstellung zwischen C. babuin und CO. hama- dryas ein. Cercocebus. Der Soleus besitzt einen nur schwachen Ursprungs- kopf am Capitulum fibulae; er besteht aus wenigen Sehnenzügen. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 111 Mittels starker, breiter Sehne entspringt er an der Facies dorsalis tibiae, distal vom Condylusrande und bedeckt vom M. popliteus. Außerdem ist der Soleus durch nicht unbeträchtliche Sehnenzüge am Lig. collaterale fibulare befestigt. Bei den Macacen kommt der Muskel mit breiter Sehne vom Capitulum fibulae, indem er das- selbe von hinten her umfaßt und z. T. vom M. popliteus bedeckt ist. Ein Exemplar besitzt einen bedeutend schmäleren Ursprungs- kopf des Soleus, außerdem aber einen tibialen Ursprung, indem ziemlich starke Sehnenzüge vom Hinterrande des Condylus tibiae ausgehen. Cercopithecus. Es besteht nur ein rein fibularer Ursprung; eine lange, dünne Sehne umfaßt das Capitulum fibulae von hinten und etwas medianwärts. Der Soleus der Semnopithecinen entspringt mit breiter, starker Sehne vom Capitulum fibulae. Außerdem greifen sehnige Elemente auf das Lig.tibio-fibulare, einmal bis an den Hinterrand des Condylus tibiae hinauf. Ein ähnliches Übergreifen auf die hintere Fläche des Condylus lat. tibiae meldet KoHuLBruGGE (’97, S. 195) für die Semnopitheeiden, besonders für S. nasieus; er spricht von »einem tibialen Kopfe«, In der Literatur ist ganz im allgemeinen von einem fibularen Ursprung des Soleus der niedern Affen die Rede. Bei Prosimiern und Platyrrhinen lassen sich aber bei genauer Betrachtung merkliche Verschiedenheiten erkennen. Auch die Befunde bei niedern Catar- rhinen zeigen beträchtliche Schwankungen. Neben einem ausschließ- lich fibularen Ursprung tritt bei Cercopithecus noch häufig eine Ver- bindung mit dem Hinterrand des Condylus tibiae, mit dem Lig. tibio- fibulare oder dem Lig. collaterale fib. auf. Der fibulare Ursprung kann sogar fast ganz durch einen tibialen wie bei Oercocebus ersetzt sein. Ein soleher Ursprung ist aber dem in der Literatur oft erwähnten tibialen Ursprung des Soleus nicht homolog. Letzterer bezeichnet einen Ursprung von der Rückfläche der Tibia distal von der Linea poplitea zuweilen mit einer weiten distalen Ausdehnung. Der tibiale Ursprung der niedern Affen stellt hingegen eine vom Capitulum fib. proximalwärts gelegene Befestigung der Ursprungssehne des Soleus dar. Während der erstere fast ausschließlich einen Neuerwerb des menschlichen Soleus darstellt, so ist dieser tibiale Ursprung der Affen anders zu bewerten. Wahrscheinlich ist er ein Überrest der ursprüng- lichen Verbindung zwischen Gastroenemius lat. und Soleus. Die Mögliehkeit ist aber nicht ausgeschlossen, daß er eine sekundäre Ausdehnung des fibularen Ursprungs in proximaler oder medio-proxi- 112 Hedwig Frey maler Richtung ist. Ich möchte mich für erstere Annahme ent- scheiden. 4. Anthropoide. Hylobatiden: Bei H. syndactylus und einem A. leueiscus (Fig. 55, 56,58) entspringt der Soleus mit außer- gewöhnlich langer, schlanker Sehne am Capitulum fibulae, etwas vom Ursprung des Flexor fibularis überwachsen. Auch DENIKER ’85, S. 169 und KoHLBRUGGE ’90, S. 300 beobachteten nur einen fibularen Fig. 56. Fig.57. Fig. 58. femoraler Ursprung — 2. - . ai mi N N } mil Gastr. I | ı N \ n nr er | | \ \ \ \ ) ) ) " rd Fig. 55. Hylobates syndactylus. Soleus von hinten. Gr.1/2. Fig. 56. Hylobates syndactylus. Soleus von hinten. Gr. 1/l. Fig. 57. Hylobates leuciscus Mülleri. Soleus von hinten; die Ursprungssehne zeigt die aufs Femur übergreifende Verlängerung. Gr. 1/2. Fig. 58. Hylobates leuciscus. Soleus von hinten. Gr. 1/1. Soleus-Ursprung bei den Hylobatiden. Ein zweites Exemplar von H. leueiseus (Fig. 57), das in verschiedenen andern Merkmalen von den übrigen Hylobatiden abweicht, zeigte einen abnormen Ursprung des Soleus, wie er in der Primatenreihe sonst nirgends vorkam. Eine breite, lange Ursprungssehne heftete sich mit einem medialen Abschnitte am Capitulum fibulae fest, griff von ihm auf die Kapsel der Artieulatio tibio-fibulare und auf den Meniscus lat. über; von hier übersprang sie den Ursprung des M. popliteus und erreichte mit sehr kräftiger Sehne den Epieondylus lat. femoris. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 113 Orang utan. Der Soleus entspringt mit kurzer, ziemlich breiter Sehne an der dorsalen und besonders der ganzen medialen Fläche des Capitulum fibulae. Die Sehne greift mit starken Zügen auf die Kapsel des Tibio-fibular-Gelenks über, bedeckt vom M. popliteus. Ein tibialer Ursprung fehlt. BArRNarD ’75, S. 126, Langer ’79, S. 188, CHAPMAN ’80, S. 164, Fıck I ’95, S. 41 und II ’9, S. 303 beobach- Fig. 59. tar N | 4 Nullıy a b a Schimpanse, a) Soleus von der Ventral-, b) von der Dor- Orang utan. a) Soleus von der Ventral-, b) von salseite. Der Muskel fällt auf durch seine ungewöhnliche der Dorsalseite. Ursprungs- und Insertions- Breite und den fleischigen, breiten Ursprung; man be- sehne lassen durch ihre relativ geringe Sehnen- achte die Einlagerung einer Zwischensehne. deckung sehr lange Muskelfaserbündel er- kennen. Gr. 3/4. teten ebenfalls einen rein fibularen Ursprung. Nach KoHLBRUGGE ’97, Ss. 195 wurde bei 12 Orangs nie ein tibialer Kopf gefunden. Prın- ROSE ’99, S. 566 ist der einzige, welcher ein accessorisches Bündel, das mit fadenförmiger Sehne von der Facies post.-lat. tibiae entsprang, wahrnahm. Sehimpanse. Der Soleus kommt fleischig und breit vom Capi- tulum fibulae her, dasselbe von hinten umfassend. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß der Muskel distal vom Capitulum fib. in der Morpholog. Jahrbuch. 47. 8 114 Hedwig Frey Ausdehnung von 11mm (= 9,4 %, der Fibulalänge) an der Fibula’ angeheftet ist. Surronx (84, 5.79) sah den Soleus am proximalen Drittel der Fibula festgeheftet. Nach KoHLBRUGGE (97, S. 195) soll dies zuweilen der Fall sein. Fig. 62 zeigt uns dieses Merkmal in Beziehung zu den Verhältnissen am menschlichen Soleus. Andere Autoren (GRATIOLET und Auıx ’66, .S. 200, WıLDer ’61, S. 374, Hum- PHRY ’67, CHAMPNEYS ’72, S. 198, Chapman ’79, S. 56, Fıck ’9, S.41I und ’95, S. 303 II) beobachteten nur einen Ursprung vom Ca- pitulum fibulae. MAcCALISTER ’69 (zitiert von PRIMROsE ’99) fand die Spur eines tibialen Kopfes. Nach KoHLBRUGGE (’97, S. 195) kam bei 14 Fällen dreimal ein tibialer Ursprung vor. Auffallend ist der Be- fund von VRoLIk (’41, S. 23), der folgenden Ursprung beschreibt: »qui part de la surface post. des tuberosites tibiae et par consequent n’a pas l’insertion oblique du soleaire humain«. Gorilla. Sehr bemerkenswert ist das Verhalten bei ihm. Mit ziemlich breiter Sehne heftet sich der Soleus an der dorso-medialen Fläche des Capitulum fib. an; proximale Elemente der Ursprungs- sehne greifen über die Artic. tibio-fibulare bis auf den Hinterrand des Condylus tibiae über. Diesem tibialen Ursprung der Affen ge- sellt sich beim Gorilla noch ein solcher hinzu, der dem tibialen Ur- sprung des menschlichen Soleus durchaus homolog ist. Der mediale Teil des Muskels, welcher mit dem fibularen Bauche durch eine Art Sehnenbogen verbunden ist, stellt eine 1 cm breite Sehnenplatte dar, welche sich bis zur Mitte des Unterschenkels am medialen Rande der Tibia anheftet. Distalwärts geht sie in eine dünne Muskelschicht über, die den Anschluß an den fibularen Bauch vermittelt. Ihre Sehnenfasern strahlen proximalwärts auf der Fascie des M. popliteus aus, die lateralen mit divergierenden Fasern bis zum hintern Con- dylusrand, die medial sich anschließenden mit parallelen Fasern an den medialen Tibiarand. Sie erreichen z. T. den Ursprung des M. tibialis ant., mit dessen Sehnenbündeln sie verwachsen sind. Eine direkte Anheftung an der Tibia, wie sie beim Menschen distal von der Linea poplitea besteht, fehlt. Die mediale Ausdehnung des Ur- sprungs hat sich also verhältnismäßig oberflächlich über Nerven und Gefäße hinweg vollzogen. Nur am medialen Rande der Tibia hat sich eine direkte Anheftung ausgebildet. Der tibiale Ursprung bei Gorilla bietet eine Übergangsstufe zu dem beim Menschen dar, bei welchem der überaus mächtige tibiale Kopf in großer Ausdehnung einen Skeletursprung sich erwarb. Fig. 61 gibt ein Bild dieses zweiköpfigen Soleus; der tibiale Ursprungsteil ist vom eigentlichen Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 115 Muskel abgelöst worden, da ersterer in enger Beziehung zum M. po- pliteus steht. Die Literaturangaben lassen sich in zwei Gruppen ordnen: Einige Autoren (BiscHoFr ’70, 8.228 und ’79,S.22, CHAPmAan’78, S. 385) beobachteten nur einen fibularen Ursprung, andere (MACALISTER ’75, Fie. 61. M.popliteus Fiöul-Ursprung : angedeutet) \ Il Fibuiarer EN N) Kopf \ a IN N mu! TibialerKopft —I\ ı" N | N N (abgeschnitten) N ı'\ | Zwischen NN N 5 sehne N | INN N UN , > Inu IL NY > HnhnN \ RN) ZUnm, I ihm I NM HIN u IM Akl/ YEL I An f Verwachs. mit Gastr. Gorilla. a) Soleus von der Ventralseite; der tibiale Kopf ist teilweise abgeschnitten; man beachte die Durchkreuzung der tibialen und fibularen Elemente der Ursprungssehne, b) Dorsalansicht: der tibiale Kopf stellt eine dünne Sehnenplatte dar, deren Ursprungsbündel in zwei divergierenden Par- tien verlaufen. Gr. 5/8. S. 505, DENIKER ’85, S. 161) eine mehr oder weniger große tibiale Anheftung. Nach KoHLBRUGGE (’97, S. 195) soll unter sieben Gorilla dreimal ein tibialer Kopf wahrgenommen worden sein. Die Anthropoiden bieten, wenn wir die Ergebnisse zusammen- fassen, ohne die in der Literatur verzeichneten Fälle heranzuziehen, ein buntes Bild bezüglich der Ursprungsverhältnisse des Soleus dar. Bei Hylobatiden besteht in der Regel ein rein fibylarer Ursprung, 8*+ 116 Hedwig Frey bei Orang ein solcher mit geringem Übergreifen auf die Artie, tibio- fibularis. Bei Schimpanse erfolgt eine Anheftung in distaler Rich- tung, bei Gorilla eine solche medio-distalwärts. Ein Hylobates leu- ciscus zeigt einen starken Ursprung vom Epicondylus lat. femoris. Dieser Befund darf als eine von niedern Zuständen ererbte Varietät angesehen werden, welche für den ursprünglichen Zusammenhang zwischen Gastroenemius lat. und Soleus Zeugnis ablegt. Er ist im gleichen Sinne wie die verschiedenen tibialen Anheftungen bei den niedern Affen zu deuten. Der tibiale Ursprung von Gorilla ist im Gegensatz hierzu eine progressive Erscheinung; er bildet einen Über- gang zu der beim Menschen regelmäßig erfolgten Anheftung an der Tibia. Ebenfalls in der Richtung zum Menschen führt uns der Ur- sprung des Soleus beim Schimpanse; er ist durch die distalwärts erfolgte Verbindung mit der Fibula gekennzeichnet. Aus den Angaben der Autoren lassen sich folgende Ergebnisse ableiten: Hylobatiden und Orang bewahren den Typus der niedern Affen durch den fibularen Ursprung und das verschiedengradige Über- greifen auf die Tibia im Sinne des Zustandes bei niedern Affen. Bei Schimpanse und Gorilla erfolgt eine Umwandlung, welche zu den menschlichen Einrichtungen hindeutet. Sie kommt entweder durch eine distale Anheftung an der Tibia (Schimpanse) oder durch die Ausbildung eines tibialen Kopfes (Gorilla) zum Ausdruck. Letz- terer Zustand kann in selteneren Fällen auch beim Schimpanse be- stehen. Die Behauptung einiger Autoren (DuvErnxoy ’56, S. 92, RoTHscHuH ’88, S. 19, Parson ’98, S.751, SOMMER ’06, S. 104), daß allen Anthropoiden jeglicher tibiale Ursprung abgehe, widerspricht dem tatsächlichen Verhalten. 5. Homo. Ontogenie des menschlichen Soleus: SCHOMBURG ’00, S. 47 schreibt über die Befunde am Ende der 6. Woche: »Median- wärts schließt sich in der Flexorenplatte der Soleus an, der etwas nach innen vorspringt und so mit einem Teil seiner Fasern unter den Gastroenemius zu liegen kommt. Er entspringt am obern Ende der Fibula, medianwärts reicht er nicht über den Rand der Fibula hinaus. Sein distales Ende bildet von der ersten Differenzierung an mit dem Gastroenemius eine gemeinsame Anlage. Er ist auf frühen Stufen von gleich geringer Größe wie der Gastrocnemius. In der weiteru Entwicklung entfaltet sich der Soleus wie der Gastro- enemius mächtig nach der medialen Seite über die hier liegenden Muskeln und den N. tibialis hinweg; dabei greifen seine Ursprungs- fasern auf die Tibia über.« Hiernach ist also der embryonale Soleus Der Musculus trieceps surae in der Primatenreihe. 11% ebenfalls ein rein fibularer Muskel, der erst im Laufe der Ontogenie auf die Tibia übergreift. Wir können daher den Zustand, wie ich ihn beim Schimpanse angetroffen habe, als Ausgangspunkt für die Verhältnisse bei Homo ansehen, wo der Ursprung sich noch auf das obere Ende der Fibula beschränkt. Der Befund bei Gorilla zeigt bezüglich der medialen Ausdehnung des Ursprungsgebietes einen bedeutenden Fortschritt, der einer spätern Stufe der menschlichen Ontogenie entspricht. FORSTER ’04, S. 122 fand bei einem Papua- Neugeborenen einen schwachen tibialen Ursprung, der nur einige Millimeter distal vom M. popliteus herabreichte. Der betreffende Ursprung soll bedeutend geringer entwickelt gewesen sein, als es für Weiße die Regel ist. Als regressive Varietäten sind alle jene Zustände zu deuten, welche ein Fehlen oder eine Reduction des tibialen Kopfes erkennen lassen (Testur ’84, S. 656, Le DousgLe ’97, S. 312); sie finden bei Besprechung der Varietäten gebührende Be- achtung. Das Ursprungsgebiet des menschlichen Soleus ist entsprechend der enormen Machtentfaltung desselben ein sehr ausgedehntes. Onto- genie wie Phylogenie sprechen für die Doppelwertigkeit desselben, . wobei der fibulare Ursprung im Verhältnis zum neuerworbenen stär- keren tibialen eine geringere Rolle spielt. Letzterer hat durch die erhöhte physiologische Aufgabe des menschlichen Fußes die mächtige Entfaltung erfahren. Die beiden Abschnitte des Muskels werden als »fibularer und tibialer Kopf« unterschieden, obgleich sie durch eine Sehnenbrücke derart verbunden: sind, daß die von ihr und von den beiden Unterschenkelknochen entspringenden Muskel- bündel eine ungeteilte Fleischmasse darstellen. Derfibulare Ursprung umfaßt das Capitulum fibulae stets von hinten her und dehnt sich auf dessen mediale oder laterale Fläche verschieden weit aus. In der Regel steht auch die Kapsel der Artie. tibio-fibularis mit den proximalen Elementen des Soleus in Beziehung. Ausnahmsweise befestigt sich der Muskel ausschließlich am distalen Teile des Capi- tulum fibulae (in 1,8 °/, der Fälle). Eine sehnige Ausbreitung findet nicht selten auf den Ursprung des M. peroneus longus statt, was auch GEGENBAUR ’03, S. 465 angibt. Ich traf in vereinzelten Fällen den fibularen Kopf in einer Länge von 2 cm mit dem Peroneus long. verwachsen. In wechselnder Ausdehnung befestigen sich die Mus- kelmassen an der lateralen Seite der Fibula vermittelst verschieden kräftiger Sehnenzüge. Berumnı ’92 bestreitet zwar, daß die Facies ext. fibulae dem Soleus als Ursprung diene: »cette face de fibula est 118 Hedwig Frey libre de toutes insertions musculaires; il n’y a que du tissu cellu- laire plus ou moins läche qui sert d’intermediaire entre l’os et le musele«. Demgegenüber läßt sich feststellen, daß die Sehnenzüge von ihrem Ursprung am Knochen auf den Muskel sich fortsetzen, daß sie auf dessen Ventralfläche ausstrahlen, in einigen Fällen sich sogar in die Tiefe des Muskelbauches einsenken und eine Art Zwi- schensehne bilden (Fig. 67 f).. Über den Ausdehnungsgrad des fibu- laren Ursprungsgebietes im Verhältnis zur Fibula-Länge orientiert die folgende Tabelle: .. N Länge d. fib. Anheftung | | | | E | in % der Fibulalänge 19 | 31—40 | 41—50 | 51—60 | 61—70 | 71—80 | 831—% Vorkommen in %, 3 18: J. 10%] ao ee Für diese Bestimmungen verfüge ich nur über die Befunde von 30 Exemplaren. Fig. 62 stellt das Verhältnis anschaulicher dar. Auf der Abseisse ist die ganze Länge der Fibula in Abschnitte von je 10 0, eingeteilt. Die Länge der Ordinaten entspricht jeweilen der Anzahl der Individuen, die innerhalb von 10 °/, auf die bezeichnete Längenausdehnung fallen. Die Abseisse gibt somit das Maß der distalen Anheftung, die Ordinate die Häufigkeitsziffer in °/, an. Wir erkennen daraus, daß der Ursprung in den meisten Fällen über die Mitte der Fibula herunterreicht und nur selten den größten Teil derselben bedeckt. Bei oberflächlicher Betrachtung wird gewöhnlich eine viel geringere Haftfläche wahrgenommen, von der die Angaben in den Lehrbüchern beriehten. Erst genaue Messungen stellen den genannten Tatbestand fest. Ich füge noch hinzu, daß ich als Maß für die Fibulalänge die Entfernung des distalsten Punktes des Mal- leolus later. vom proximalen Endpunkte des Capitulum fib. genommen habe. Der fibulare Ursprung des Soleus von Schimpanse ist mit den Befunden beim Menschen verglichen worden; die geringe distale Ausdehnung des Muskels beim Schimpanse läßt sich als Übergangs- stadium von den übrigen Affen zum Menschen erkennen. Vom Ursprung am Capitulum fibulae aus divergieren die Sehnen- bündel zur Facies ventralis solei distalwärts. Die medialen Bündel ziehen dabei fast horizontal medianwärts und geben weiteren Muskel- massen Ursprung. Sie überbrücken Gefäße und Nerven der Knie- kehle als Sehnenbogen und treten dann in innige Beziehung zu den von der Tibia entspringenden Sehnenfasern, mit denen sie sich durch- flechten (Fig. 63—69). GRUBER ’78, S. 474 betont, daß der Sehnen- Der Museulus trieeps surae in der Primatenreihe. 119 bogen des Soleus kein besonders fibröser Strang, sondern nur ein Teil des vorderen Sehnenblattes des Soleus sei. Nach ihm reprä- sentiert der Sehnenbogen ein Teilstück eines elliptischen Ringes, der aus den Sehnenbündeln des fibularen und tibialen Ursprunges des Soleus gebildet sei, verstärkt durch Züge der Fascia poplitea. In der Hälfte der Fälle will GRUBER sogar das aus diesen faserigen Elementen gebildete Segment zum geschlossenen, elliptischen Ringe vereinigt gesehen haben, der das Foramen superius canalis eruro- poplitei scharf begrenze. Ich habe eine derartige strukturelle An- Fig. 62. ne der nd in Yo der Fibu/a -. Me derfälle ren 121-3037-40 41-5057-60,61-70\77-80 -80,81-90.97100 90\97-700 a mn | | il il it == 2 SE Bere -—- en wa Bern Re Schimpanse NT) #0mo Ausdehnung des Soleus-Ursprungs an der Fibula. SISIS IN SSSOESN ordnung weder als Ring noch als Teil eines solchen, sondern nur als wohldifferenzierten Sehnenbogen ansprechen können. Medial von dessen Anheftung entspringen noch mächtige Muskelmassen von der Linea poplitea tibiae und dehnen sich meist bis unter das zweite Viertel der Tibia aus. Es sei nicht unerwähnt, daß die Faseia eruris besonders im proximalen Teile des Soleus mit dessen Rändern eine innige Beziehung eingeht. Der Vergleich der Ursprungsverhältnisse des Soleus der Affen mit dem des Menschen zeigt deren außerordentliche Verschiedenheit. Bei den Affen ist das Capitulum fibulae das Hauptanheftungsgebiet, welches sich in verschiedener Weise ausdehnen kann: 1. Sehr häufig (in 50—65°/, bei den Platyrrhinen, in 30—35/, 120 Hedwig Frey bei den niedern Catarrhinen, ausgenommen Cercopithecus) proximal- wärts auf die Tibia oder die Artie. tibio-fibulare, das Lig. collat. fib. bis an den Hinterrand des Condylus lat. tibiae; in seltenen Fällen greift der Ursprung auf den Condylus oder Epicondylus lat. fem. (je bei 1 Exemplar von Nyetic. tardigradus und Hiylobates leueiscus) über. Diese Fälle erinnern an den frühern Zusammen- hang von Soleus und Gastrocnemius lat., und unzweifelhaft in dem Sinn, daß der Soleus sich aus dem letztern entwickelt hat, indem ein abgespaltenes Stück vom Femur auf die Fibula gerückt ist. In der weitern Entwicklung hat sich dann aus diesem ein verschieden selbständiger Soleus gebildet, der bis zum Menschen herauf noch Spuren seiner distalen Wanderung bewahrt hat. 2. In seltenen Fällen (einige Prosimier und Schimpanse) befestigt sich der Soleus distalwärts vom Köpfchen der Fibula an deren lateraler Seite. 3. macht sich zuweilen (Gorilla häufig, Cebus apella einmal als Varietät) eine medio-distale Ausdehnung geltend. Während das erste Merkmal einen regressiven Zustand dar- stellt, sind die beiden letztern als progressive und als Übergangs- stadien zum Menschen zu deuten. Bei Homo macht sich das Bestreben immer mehr geltend, von der alten Ursprungsstelle aus, dem Capitulum fib., die bedeutendsten Portionen distalwärts und besonders medio-distalwärts auf die Tibia zu verlagern, so daß der proximale Teil des Köpfchens in besonders hochgradig differenzierten Fällen sogar vom Soleus frei bleibt, während die distale Ausdehnung erheblich zunimmt. Dadurch wird der Soleus als eingelenkiger Muskel von seinen ursprünglichen Be- ziehungen mehr und mehr entfernt. Gerade diese Erscheinung be- stärkt mich in der oben geäußerten Annahme, daß der Soleus aus einem zweigelenkigen Muskel zu einem eingelenkigen sich umge- wandelt hat. Wenn wir die Ursprungsgebiete der drei Muskeln des Triceps surae überblicken, so ergibt sich der laterale Gastroenemius als derjenige Muskel, welcher seinen alten Platz behauptet, der mediale Kopf als derjenige, welcher in frühen Stadien der Ontogenie neben ihm besteht, bei den niedern Wirbeltieren noch nicht regelmäßig vorkommt und bei den höhern mit seinem Ursprung eine Wande- rung medianwärts vollzogen hat. Der jüngste Muskel ist nach den vergleichend anatomischen Befunden der Soleus; er ist in der onto- genetischen Entwieklung des Menschen früh vorhanden, aber noch Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 121 in einer Ausdehnung und Entwicklung, welche dem phylogenetisch späten Auftreten entspricht. 2. Muskelbauch. a) Struktur. Über den Bau des Soleus der Affen liegen in der Literatur eine Reihe von Angaben vor, sie beschränken sich aber meist auf die Aussage, daß der Muskel flach, schmal oder schwach sei. Für die Anthropoiden fehlt selten der Nachsatz, daß er bis zum Calcaneus fleischig sei. LANGER (’79, S. 188) meldet über den Soleus des Orang, daß er »ein spulrunder Muskel ist, nach Ab- tragung des Gastroenemiusteiles der Achillessehne eine solche An- ordnung des Fleisches zeigt wie der Semimembranosus des Menschen; es sind nämlich seine Fleischfasern schief zwischen eine vom Waden- bein kommende und eine am Fersenhöcker haftende Sehne ausge- spannt«e. Verschiedene Autoren betonen den großen Unterschied zwischen dem Soleus der: Affen und dem des Menschen. Über die eigentlichen strukturellen Verhältnisse finden sich keine Angaben; auch über den sehr eigenartigen Bau des menschlichen Soleus liegen nur wenige eingehende Untersuchungen vor. Da der Bau des Soleus der Affen von dem des Menschen sehr verschieden ist, so werde ich zuerst den einfach gebauten Muskel der Affen einer Betrachtung unterziehen und nachher den komplizierten Soleus des Menschen aus diesem abzuleiten versuchen. Kurz kann die Beschreibung des Soleus der Affen sein, weil er in der ganzen Reihe der Primaten bis zum Gorilla hinauf kaum wesentliche Ver- schiedenheiten zeigt. Der Muskel ist durch das obige Zitat (LANGER 79) zum Teil gekennzeichnet. Seine Muskelbündel sind schief zwischen eine vom Capitulum fibulae entspringende und eine am Caleaneus inserierende Sehne ausgespannt. Von der Ursprungs- sehne, welche die Ventralfläche des Muskelbauches verschieden weit distalwärts bedeckt, verlaufen die Muskelbündel dorsalwärts nach unten zur proximalwärts ausgedehnten Endsehne, welche die Dorsal- fläche des Muskels bedeckt. Die Muskelbündel des Soleus schlagen also einen entgegengesetzten Verlauf als diejenigen der Gastro- enemii ein. Ihre Länge wechselt bei den verschiedenen Species je nach der Ausdehnung der Sehnendeckung in der bei den Gastro- enemii (Fig. 34) geschilderten Weise. Wenn der oben erwähnte Soleus des Orang (LANGER) spulrund genannt wird, so mag eine individuelle Abweichung vorliegen. In der Regel ist der Muskel bei allen Affen flach und schmal. . Entsprechend der verschieden i23 Hedwig Frey ausgedehnten Befestigung am Capitulum fibulae ist die Ursprungs- sehne bei einigen Species schmäler als bei andern. Sämtliche Prosimier, HZapale und Cebus flavus zeigen eine schlanke Ursprungs- sehne; sie ist bei Afeles, Cebus apella, den niedern Catarrhinen und Anthropomorphen bedeutend breiter. Sämtliche Hylobatiden ver- halten sich wie die erstgenannten Arten. Die schmale, schlanke Ursprungssehne ist meistens ziemlich lang, während die breiten Sehnen unterhalb des Ursprungs unmittelbar in den fleischigen Bauch übergehen. Beim Schimpanse entspringt der Muskel gewissermaßen fleischig, so gering ist die sehnige Befestigung am Capitulum fibulae. Es ist bemerkenswert, daß bei den Cebiden auch in diesem Merk- mal ein Unterschied besteht zwischen ©. flavus, welcher zum Ver- halten der Prosimier und Hapaliden hinneigt, und (©. apella, dessen Ursprungssehne nach Art derjenigen der Catarrhinen entwickelt ist. Ateles hält sich an den letztern Typus. Die Fig. 44—60 führen uns die Verhältnisse deutlich vor Augen. Ebenso wie die Ursprungs- sehne zeigt die Endsehne einige geringfügige Unterschiede. Bei allen Affen, ausgenommen Galago und Lemur, reichen die muskulösen Elemente bis zur Anheftung am Caleaneus; sie heften sich bei niedern Species nur an der Ventralseite der Endsehne des Soleus fest, bei Ateles und sämtlichen Anthropoiden auch zu beiden Seiten derselben oder an der vereinigten Trieepssehne, was den Soleus bis zum Calcaneus recht breit erscheinen läßt. Nur Galago und Lemur besitzen eine eigentliche Soleus-Endsehne; sie verbindet sich mit derjenigen der Gastroenemii. Eine noch hervorzuhebende Erscheinung spricht auf den ersten Blick für eine strukturelle Veränderung des Soleus der Sem- nopitheeinen und in geringem Maße auch der übrigen niedern Catarrhinen. Es handelt sich um eine Wulstbildung entweder zu beiden Seiten der Gastroenemius-Endsehne (Fig. 13 u. 20) oder nur auf deren medialer Seite (Fig. 15); sie ist durch fleischige Elemente des Soleus hervorgerufen. Diese seitlichen wulstförmigen Erhebungen sind die Folge einer starken Einsenkung der Soleus-Endsehne in den Muskel selbst. Die Gastroenemius-Endsehne paßt sich in die ent- standene Vertiefung ein, wodurch die seitlichen Muskelpartien als Erhebungen hervortreten. Eine Veränderung der Struktur liegt also nicht vor. Wenn schon der Soleus der Affen einen ‘einfachen Bau zeigt, so sind einige geringe Abweichungen hiervon zu verzeichnen. Es treten zuweilen Andeutungen einer verstärkten Sehnenbildung auf. Bei Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 123 Ateles, Schimpanse, Gorilla und einem HAylobates leueiscus (Figg. 49, 58, 59, 61) findet man auf der Dorsalfläche oberhalb der proximal- wärts verlängerten Endsehne eine in die Tiefe dringende feine Zwi- schensehne eingeschaltet. Bei zwei Exemplaren von Lemur macaco (Fig. 45) senkte sich eine solche von der Ventralfläche aus im di- stalen Drittel des Muskels in die Tiefe des Bauches ein. Diese scheinbar unbedeutende Bildung findet ihr Homologon in der sagittal gestellten Zwischensehne des menschlichen Soleus. Andere Fälle einer Zwischensehnenbildung sind erste Anzeichen einer Vergröße- rung der Anheftungsflächen für die vermehrten Muskelbündel; sie sind bescheidene Anfänge einer hochgradigen Spezialisierung, welche dem Soleus des Menschen zu eigen ist. Ich fasse die Ergebnisse über den Bau des Soleus der Affen zusammen. Der Muskel ist einfach, sein Bauch schlank. Die Ur- sprungssehne ist bei den meisten Prosimiern, einigen Platyrrhinen und sämtlichen Hylobatiden lang und dünn, bei den übrigen Formen kurz. Der Muskel kann auch fleischig entspringen. Die Endsehne ist nur bei Lemur und Galago deutlich ausgeprägt. Der Soleus erreicht bei allen übrigen Affen mit fleischigen Partien den Calcaneus Eine Neubildung in der Struktur liegt bei einigen Lemuren, bei Ateles und einigen Anthropoiden vor; sie ist durch die Einlagerung einer unscheinbaren Zwischensehne gekennzeichnet, welche eine erste An- deutung an die Verhältnisse des menschlichen Soleus ist. Im Soleus des Menschen ist der Bau des eben beschriebenen Muskels der Affen kaum wiederzuerkennen. Der zweiköpfige Ur- sprung läßt ihn durchaus verändert erscheinen, und die Struktur des menschlichen Soleus weist eine erstaunliche Mannigfaltigkeit und Kompliziertheit auf. HENLE ’71 und GEGENBAUR ’03 machten nur kurz auf den Aufbau des Muskels aufmerksam. Ich versuchte an Querschnitten, an verschiedenen Stellen angelegt, den Bauplan des Soleus näher kennen zu lernen. Fig. 65—70 mögen zur Erläute- rung der folgenden Ausführungen dienen. Die Dorsalfläche des Muskels (Fig. 70) weicht nur wenig ab von derjenigen der Affen. Die Endsehne jedoch ist proximalwärts nahe bis zum Ursprung ver- längert und bedeckt fast die ganze dorsale Muskelfläche mit ihren kräftigen Bündeln. Die Ventralfläche bietet aber ein recht ver- schiedenartiges Aussehen dar. Ich versuchte, die häufigsten Formen im Bilde wiederzugeben. Zahllose Variationen stellen sich als Über- gänge von einem Typus in den andern dar. Sehen wir einstweilen von den dem Soleus aufgelagerten Muskelpartien ab, so können 124 Hedwig Frey wir die vom Köpfehen und Schaft der Fibula entspringende, glän- zende Sehne weit distalwärts verfolgen (Fig. 63); die Elemente der Sehne divergieren besonders stark im proximalen Teil. Ziemlich regelmäßig angeordnete Sehnenzüge laufen dem fibularen Rande des Soleus entlang; ihnen schließen sich tibialwärts breite Sehnenfasern Fig. 63. Fig. 64. Albwlar-Ursprung Sehnenbogen Ursprungssehne Nbialer Urspr. Ventralseite d. Muskels Ursprungssehne #ib. Urspr. N —S m = QIIZ& EN Dorsalseite d. Muskels 6 sagittales Sehnenblatt "Ss \ (wenıg umgelegt) | Fig. 63. Homo. Soleus von der Ventralseite; der oberflächliche, gefiederte Muskel ist wegpräpariert; . der vorliegende Hauptteil des Soleus entspricht dem Soleus de Affen; das sagittale Sehnenblatt (s) ist in seinem distalen Teil erhalten. Gr. 5/18. Fig. 64. Homo. a) Solgus von der Ventralseite, häufig- ster Typus; der doppelt gefiederte Muskel ist stark entwickelt. b) Querschnitte durch denselben Muskel; die fett gezeichneten Linien deuten Sehnen an. Gr. 5/16. an, die im obern Teil kräftig, distal von der Mitte des Muskel- bauches schwächer werden, um sich allmählich zu verlieren. Der tibiale Teil dieser ausgebreiteten Sehne gehört fast ganz dem tibialen Ursprunge des Muskels an und reiht sich unmittelbar an diejenigen Sehnenbündel an, welche bogenförmig vom fibularen Ursprunge median- und distalwärts als Sehnenbogen verlaufen und dabei sich zum Teil durehkreuzen. Diese ansehnlich ausgebreitete Sehne gibt 125 Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. der Hauptmasse des Soleus den Ursprung: von ihr gehen kurze Muskelbündel unter einem Winkel von 25° (Variationsbreite 16—33°) in die Dorsalsehne über. Der Muskel gleicht soweit, abgesehen von Fig. 66. Fig. 65. Fib. Ursprung Ventralfläche des Muskels \ Fib. Ursprung hi Fib. Ursprung Am: A , £ Y PZ % MR R N E h Inn \ N nn . ER u 2\ \ 2 . tt ! Ä = - ) N ji en L er I \ÄNN F; / a \ AN NN Ursprungssehne im N \ 4 PHIRTHR RN 4 fand Setup, 77 / l hl “ N ’ TI NN N - EIGE I c N \ In fe Er = nn N ı\ Dan RER GE Ban Ha ERILTI a MT VFRTA aa 1,1 Ba IN \ mil BIER REN BEINEN MM ——— - ß jitı il ‚ | Hu E d DRKLZE CI d li ATUNRN li EICARE 7 AL hlı \ f \ Ursprungs- yıl In! BERN en f | ä \ \\ \ Dorsalseite des Muskels / | \ j EIN I [| \ \ N b EN a | @: M\ FR \) at \ \ \ IN hi ul, NEN Fig, 65. Homo. Soleus von der Ventralseite; der aufgelagerte Muskel ist doppelt gefiedert, aber schwach. Fig. 66. Homo. a) Soleus von vorn, b) Querschnitte desselben. Die Ursprungssehne tritt in Bezie- hung zum sagittalen Sehnenblatt der Insertionssehne. Übergangsform vom Soleus der Affen zu den vorigen Typen. Die fetten Linien bezeichnen Sehnen, Gr. 1/3. seiner beträchtlichen Breite und Dicke, ganz demjenigen des Gorilla, und abgesehen vom tibialen Ursprung auch dem der übrigen Affen. Nun kommt aber beim Menschen stets ein verschieden breiter. und kräftiger, doppelt gefiederter Abschnitt noch hinzu, welcher einen 126 Hedwig Frey großen Teil der Ventralfläche bedeckt. Fig. 64 zeigt eine sehr häufig vorkommende Form. Der gefiederte Abschnitt beginnt meistens direkt unterhalb des fibularen Ursprungs, entspringt an der Ventral- fläche der beschriebenen Oberflächensehne, an welcher beiderseits Fib: [7 u rsprung Ventralseite des Muskels EEE Be er EU CRIIENT Ausbreitung des sagıll.Sehnen- blattes Ursprungssehne Dorsalseite des Muskel ö Homo. Soleus a) Ventralseite, b) Querschnitte. Vom fibularen Ursprung dringt ein Sehnenblatt' in die Tiefe (f); das sagittale Sehnenblatt (s) tritt mit der Endsehne in Beziehung, auf der Ventralseite läuft es in eine oberflächl. Sehne aus; dieser Typus stellt einen weit differenzierten Zustand dar, Gr, 1/3. Die fetten Linien bedeuten Sehnen. eine mehr oder weniger breite Randpartie frei bleibt. Die Muskel- bündel verlaufen auf jeder Seite je unter sich parallel und inserieren an einer sagittal gestellten Sehne. Diese tritt in der Mitte des Bauches oder etwas höher auf, liegt anfangs oberflächlich und senkt sich distalwärts in die Tiefe des Bauches ein, um im untern Teil Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 127 in Beziehung zur dorsalen Endsehne zu treten. Sie erscheint im weitern Verlauf distalwärts als sagittale Ausbreitung der letzteren und geht ungefähr in der Mitte des queren Durchmessers aus dieser hervor; doch kann sie sich auch dem lateralen oder medialen Rande mehr nähern. Eine Gesetzmäßigkeit ließ sich hierin nicht fest- stellen. Fig. 69 zeigt den nicht seltenen Fall, wo die sagittale Sehne Fig. 69. Fig. 70. fi 2) Did . %3 Ursprung % 1 Ursprung t 4! UNO TIE AU IT NRFRARESUTRMINR? NDR Insertions- sehne Sagitl. Sehnen blatt (ausgebreitet) „ Jat.Gastr. Verwachs. { mit \ med. Gastr. Fig, 68. Homo. Soleus in der Ventralansicht. Das sagittale Sehnenblatt hat sich zu einer Ober- flächensehne ausgebreitet. Fig. 69. Homo. Soleus von vorn. Das sagittale Sehnenblatt tritt auf der fibularen Seite auf. - Fig. 70. Homo. Soleus in der Dorsalansicht. Die Insertionssehne bedeckt fast den ganzen Muskel. Gr. 3/10. stark fibularwärts verlagert ist; die übrigen Verhältnisse sind die gleichen wie die zuvor beschriebenen. Der freie Rand der sagittalen Sehne ist meistens verdickt; er stellt zuweilen einen dieken Strang dar, der auf der Ventralseite des Soleus als breite, runde Sehne sichtbar ist. Daneben sind auch Fälle anzutreffen, bei welchen die Sehne über der Vorderfläche des Muskels sich noch ausbreitet 128 Hedwig Frey (Fig. 68), ohne scharf begrenzt zu sein. In einem extremen Falle (Fig. 67) bedeckte sie die distale Hälfte des Muskels bis zum me- dialen Rand und hörte in der Mitte des Bauches als sehnige Aus- breitung plötzlich auf. HexLe ’71 und GEGENBAUR ’03 erwähnen diese Zwischensehne; letzterer läßt (S. 465) den Soleus durch die in ihn eingesenkte Sehne in zwei Portionen geteilt sein, d.i. in eine mediale und eine laterale Portion. Nach sorgfältiger Ablösung dieses gefiederten Muskelabschnittes bleibt der zuerst beschriebene Teil, der dem Soleus der Affen gleich gebaut ist, bis auf seinen distalen Teil vollständig unversehrt zurück. Derselbe ist beim Menschen nur dadurch etwas verändert, daß seine Endsehne mit der Sehne des gefiederten Abschnittes in Beziehung tritt. Die aus der tibialen und fibularen Randpartie der ventralen Ursprungssehne hervorgehenden Muskelbündel greifen unabhängig von dieser sekundären Bildung verschieden weit distalwärts herab bis zur Anheftung an der End- sehne. Zweimal erreichten die Muskelfasern den Caleaneus, blieben einmal bis auf 1 cm von ihm entfernt. Diese Fälle stellen eine An- näherung an die Anthropoiden dar, deren Soleus bis zum Calcaneus fleischig bleibt. Da der Soleus distal die Gastroenemii an Breite bedeutend übertrifft, so überragt er diese oder deren Endsehne zu beiden Seiten und inseriert mit einem Teile seiner Muskelbündel an deren medialem und lateralem Rande. Man findet die geschilderte Struktur des Soleus am häufigsten. Erwähnenswert sind einige, ebenfalls nicht seltene Befunde. Der gefiederte Muskel kann bedeutend schwächer sein; die sagittale Sehne ist dann nur gering entwickelt. Fig. 65 gibt einen solchen Soleus wieder. Er weicht in seinem Bauplane durchaus nicht von dem vorher beschriebenen ab. Einen einfacheren Bau bieten diejenigen Muskeln dar (Fig. 66), deren ventrale Oberflächen- sehne, welche wir von den Affen her kennen, sich ein wenig in die Tiefe senkt und distalwärts unter allmählicher sagittaler Ausbreitung mit der Endsehne in Beziehung tritt. Der aufgelagerte Muskel- abschnitt ist hier ziemlich dünn und nur einfach gefiedert. Dieser Typus sollte dem zuerst beschriebenen eigentlich vorangestellt wer- den; denn er kann als Übergangsform zum Soleus der Affen be- trachtet werden. Eine Andeutung an diesen Zustand fanden wir bei zwei Lemuren, bei denen die Ursprungssehne distal eine Einsenkung in die Tiefe aufwies. Beim Menschen ist die Einsenkung im be- treffenden Falle so weit gediehen, daß sie mit der dorsalen Sehne in Beziehung getreten ist, und daß auf ihrer Ventralseite andere Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 129 Muskelbündel Anheftung gefunden haben. Dieser Typus ist eine Reminiszenz an den Entwicklungsgang, welchen der menschliche Soleus zurückgelegt hat. Eine andere Form des Soleus beim Men- schen läßt eine hochgradige Spezialisierung erkennen (Fig. 67). Dieser Typus verrät die Neigung des menschlichen Soleus zu einer weiteren distalen Ausdehnung längs der Fibula und führt zu pro- gressiven Bildungen. Bei ihnen verbreiten sich die fibularen Ur- sprungssehnenbündel nicht nur wie gewöhnlich auf der Oberfläche des Muskels als Ursprungssehne weiter distalwärts, sondern dringen zugleich noch in die Tiefe des Muskelbauches als sagittal gestelltes Sehnenblatt (f) ein. Dieser progressive Typus ist nicht häufig. Ich fasse die Ergebnisse zusammen. Wir sind imstande, den Soleus des Menschen von dem der Affen abzuleiten. Die Einlage- rung einer Zwischensehne, die vermehrte Anheftung von Muskel- bündeln auf der Ventralseite der Ursprungssehne sowie die Sehnen- bildung vom fibularen Ursprunge aus lassen den menschlichen Soleus in weitgehender Weise spezialisiert erkennen. Der tibiale Ursprung verändert die Struktur des Muskels nicht erheblich; die Bildung eines Sehnenbogens ist eine Folge. Im Soleus des Gorilla ist eine Zwischenform gegeben, welche die durch den tibialen Ursprung hervor- gerufenen Veränderungen, ohne die andern strukturellen Neuer- werbungen des menschlichen Soleus, zeigt. Daß schwerwiegende Ursachen einer so gewaltigen Umgestaltung im Bau eines Muskels zugrunde liegen müssen, ist ohne weiteres verständlich. Sämtliche beim Menschen hinzugetretenen Verände- rungen streben einem Ziele zu: der Vermehrung der muskulösen Elemente. Es tritt durchweg das Bestreben zutage, kurze Muskel- bündel am Aufbau des Soleus sich beteiligen zu lassen. Neben der zunehmenden Mächtigkeit des Muskels macht sich damit die Ent- wicklung zu einer extremen Kraftentfaltung geltend. Wir dürfen für die eigenartige strukturelle Ausbildung des Soleus den aufrechten Gang des Menschen zum großen Teil verantwortlich machen. b) Mächtigkeitsentwieklung. Ebenso groß wie die Unter- schiede des Soleus der Affen und des Menschen in den Ursprungs- verhältnissen und der Struktur sind, ebenso auffällig unterscheidet sich der menschliche Soleus vom Muskel der Affen hinsichtlich dreier Merkmale, welche seine Machtentwicklung betreffen. Fig. 71 möge unsere Ausführungen veranschaulichen. Die größte Dicke des Muskels schwankt bei den Affen nicht erheblich; sie ist ziemlich gering, mit Ausnahme vielleicht von Galago, bei welchem eine unbedeutende Morpholog. Jahrbuch. 47. 9 130 Hedwig Frey Breite und eine beträchtliche Bündellänge der mächtigen Ausbildung _ gegenüberstehen. Bei Homo besteht eine sprunghafte Zunahme der _ Dieke und der größten Breite des Muskels. Diese kann, geringe individuelle Abweichungen bei niedern Affen und Hylobates abge- rechnet, gleichfalls als dürftig bezeichnet werden. Ateles scheint durch einen sehr breiten Soleus gemeinsam mit Schimpanse und Go- rilla sich den Verhältnissen bei Homo zu nähern. Die größten Un- terschiede bieten die Befunde der Bündellänge dar. Sie ist im allge- Fig. 71. +1 7 18! 2 |_._.-._ Muskel-Dicke | 7 | 122... Muskel-Breife | er] — Muskelfaserbündellönge 76, &; l |, . -&'3]| zZ IF I . I RJ SS ER - Ti NN IR Ze Ei N na z | 6 gl er E 5 I . .- Ä ; 2 2 SENDE a; zelsz. Pe Ca 0 vB IR: R | a er ER \ Ee 2 Mealltise yore aınar 1 | B‘; | ı - | % S S 2} S S 7 8 S SZ Q & & © Ss S N Q 4 > Ss S S SS © % R S S : 8 SQ SS En a. S 8 Do © < U) 9 S I "I S NS o X S, Ss S 8 ES I SS S & Q 3 Eee Mächtigkeitsausbildung des Soleus. meinen bei den Affen ziemlich groß, nur bei Hapale außerordentlich kurz. Bei ihm muß die geringe Zahl der Bündel die Kürze der- selben ausgleichen; denn der Muskel ist außerordentlich schmal und. dünn. Dasselbe gilt wohl in geringerem Maße für Semmopithecus und Hylobates, welche durch verhältnismäßig kurze Muskelbündel gün- stigere Bedingungen für die Springfunktion erhalten. Schimpanse und Gorilla leiten durch eine erhebliche Zunahme der Breite des Muskels und durch Verkürzung der Faserbündel zum Zustand des menschlichen Soleus über, welcher in allen drei Faktoren sich sehr erheblich von dem der Affen unterscheidet. Die gewaltige Macht- zunahme, der strukturelle Ausbau uud die vermehrten Ursprungs- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. | 131 gelegenheiten weisen dem menschlichen Muskel eine ganz besondere Stellung zu. Ich sehe von einer eingehenden Schilderung der drei die Stärke des Soleus bedingenden Faktoren bei den einzelnen Species ab und werde nur an der Hand einiger graphischer Darstellungen mehr zu- sammenfassend darstellen, wie jedes einzelne dieser drei Merkmaleinder Primatenreihe sich an den beiden Gastroenemii sowie an diesen in Be- ziehung zum Soleussich verhält. Wir erhalten dadurch ein einheitliches Bild von der Mächtigkeitsausbildung des Triceps surae der Primaten. 3. Mächtigkeitsentwicklung der beiden Gastrocnemii unter sich und zum Soleus. Fig. 72 veranschaulicht die Breitenentwicklung der einzel- nen Muskeln bei den verschiedenen Species. Jede einzelne Figur Fig. 72. Semnopithecus Aylobates Schimpanse Orang Gorilla Homo @ SI © S “ [< N DS] o ENTE EP © P x S BENDER ET El ie Set 3 . RC NS Q OÖ SZ Q CS nn Ste Muskelbreite. Jeder Winkel bezeichnet das Breitenverhältnis der drei Muskeln bei einer Species. Der Endpunkt des linken Schenkels gibt, auf einer Ordinate errichtet, das Maß des medialen, der Scheitelpunkt des Winkels dasjenige des lateralen Gastrocnemius, der Endpunkt des rechten Schen- kels das des Soleus an. bezeichnet durch drei Punkte die größte Breite des medialen und des lateralen Gastroenemius und des Soleus. Die drei Maße wurden je in Prozenten zur Rumpflänge auf den Ordinaten abgetragen. ' Bei fast allen niedern. Affen zeigt die Linie, welche die beiden Punkte 9* 132 Hedwig Frey der beiden Gastrocnemii verbindet, durch ihr verschieden starkes Ansteigen, daß der laterale Gastroenemius den medialen an Breite übertrifft. Ateles, Ovang und Gorilla nähern sich darin dem Men- schen, der ein umgekehrtes Verhalten aufweist. Letztere zeigen auch bezüglich der Ausbildung des Soleus gegenüber den Gastrocnemii ein ganz abweichendes Verhalten.in der Kraftentfaltung. Homo steht mit seinem in jeder Beziehung mächtigen Soleus an erster Stelle. Gorilla und Ateles bekunden ebenfalls deutlich ein Überwiegen des Soleus. Nyeticebus scheint teilweise eine gleiche Entwicklung ein- geschlagen zu haben, obschon die äußerst schwachen Muskeln bei Fig. 73. % der Rumpflänge Galago Lemur Hapale Cebus Ateles Papio Cercocebus Mecacus Cercopithecus Somnopithecus Aylobates Schimpanse Orang Gorilla Homo o Ss R S > Muskeldicke. Jeder Winkel gibt ein Bild über das Diekenverhältnis der drei Muskeln bei einer Species. Bezeichnungen wie bei Fig. 72. ihm sonst nur wenig Übereinstimmendes mit jenen Formen zeigen. Hylobates und Schimpanse besitzen noch ganz den Charakter niederer Affen. Der laterale Gastroenemius erfährt bei ihnen die stärkste, der Soleus die schwächste Ausbildung. Mit der Breitenentwicklung fast Hand in Hand geht diejenige der größten Dicke (Fig. 73). Der laterale Gastroenemius der niederen Affen ist meistens dieker als der mediale. Nyeticebus und Ateles einerseits, Orang und Gorilla andererseits schließen sich wieder den Entwicklungsverhältnissen von Homo an. Bei allen überwiegt der mediale Kopf an Dicke, bei Homo allerdings in erheblich verstärktem Maße. Es zeigt sich zuweilen aber auch bei den niederen Affen eine verschieden große Annähe- Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 133 rung des lateralen Kopfes an den medialen bezüglich der Entwick- lungsstärke; in einigen Fällen kommen sie einander gleich, so bei Cebus und Papio. Solchen kleinen Differenzen liegen vielleicht in- dividuelle Verschiedenheiten zugrunde. Ich gehe nicht näher auf dieselben ein. Die beiden andern Faktoren, Breite und Bündel- länge, müssen zur Dieke der Muskeln in Beziehung gebracht werden; denn nur aus der Kombination dieser drei maßgebenden Merkmale läßt sich ein bestimmtes Urteil über die Mächtigkeit der einzelnen Muskeln abgeben. Die Bündellänge hat vor allem einen großen Fig. 74. % zur Tibia-Lönge $_ — \ en -ö: ) . E > .....med.Gaslr. ...Jat.Gastr. .... So/eus % Sees [) S > © S Sa ech wit 78 © IE I EL FE Ser. 8 BIST LTE TER DU ep SE TE Se a Re er ee OT ee SET iR REITER ENT EN ET il SAsR = Se ge Länge der Muskelfaserbündel. Jeder Winkel gibt ein Bild vom Verhalten dieses Merkmals bei den drei Muskeln einer Species, Bezeichnungen wie bei Fig. 72. Einfluß auf die zu leistende Muskelkraft. Nycticebus läßt deutlich eine Prävalenz der Bündellängen am lateralen Kopfe erkennen. Lemur und Ateles zeigen diesen Zustand in schwächerem Maße. Bei den übrigen Affen verhalten sich beide Gastroenemii oft gleich. Der laterale Kopf kann, z. B. bei Hapale, längere Bündel aufweisen; er führt aber in der Regel die kürzeren. Wenn dies nicht der Fall ist, so wird eine allfällig vermehrte Leistung der kürzeren medialen Bündel durch größere Breite oder Dicke des lateralen Kopfes kom- pensiert. Nur Gorilla zeigt in jeder Beziehung eine vollständige Verschiebung größter Stärkeentwicklung vom lateralen auf den me- 134 Hedwig Frey dialen Gastrocnemius, wie sie beim Menschen vollendet ist. Sie geht bei diesem Hand in Hand mit der erworbenen Prävalenz des tibialen Fußgebietes und der Reduktion oder der Entlastung des fibularen Gebietes (WIEDERSHEIM ’08, S. 146). Daß der laterale Kopf des Menschen längere Bündel als der mediale besitzt, deckt sich mit einer Beobachtung von CHUDzZInsKı 94, S. 498, weleher die distale Ausdehnung der Ursprungssehne am Gastroenemius lat. geringer als am medialen gefunden hat. Der Autor hat die Befunde nur durch absolute Zahlen belegt, so daß sie hier für einen Vergleich unbrauchbar sind. Fig. 74 bringt die verschiedene Bündellänge der einzelnen Mus- keln bei den untersuchten Species zur Anschauung. Was die Aus- bildung beider Gastroenemii gegenüber dem Soleus anbelangt, so fällt die große Ähnlichkeit des Zustandes von Hapale mit dem des Menschen auf. Was aber für beide Gastroenemii erwähnt worden ist, gilt auch hier: die geringe Volumsentfaltung bringt den Soleus trotz der kurzen Muskelbündel in weiten Abstand gegenüber dem menschlichen Soleus. Schimpanse steht bezüglich der Breiten- und Diekenentwicklung des Soleus hinter dem des Menschen weit zurück; bei ihm ist der Soleus durch außerordentlich kurze Muskelbündel zu kraftvoller Leistung befähigt. Schimpanse schließt sich hierin an Gorilla und an den Menschen an. Orang nimmt eine besondere Stellung unter den Anthropomorphen ein. Außerordentlich lange Faserbündel sind bei ihm dem ganzen Trieceps surae, besonders dem medialen Gastroenemius eigen; sie befähigen zu keinen großen Kraft- leistungen, was sich auch in der schwachen Breitenentwicklung aus- drückt. Bei den niederen Catarrhinen herrschen ziemlich überein- stimmende Verhältnisse der Bündellängen des Soleus und der Gastro- - enemii. Aylobates schließt sich ihnen in allen Merkmalen an. Andere Einzelheiten können aus den Fig. 72—74 entnommen werden. Über die Verhältnisse der Ausbildung der Gastroenemii und des Soleus läßt uns die Literatur im Stiche. Alle darauf bezüglichen Bemerkungen sind unmethodisch und erläutern nichts. So schreiben z. B. Mivart und Murıe ’72, S. 78, daß beide Gastroenemiusköpfe bei den Lemuroidea ziemlich gleich stark seien und WILDER ’61, 8. 374 be- richtet nur: Gastroenemius und Soleus des Schimpansen seien dünner als die des Menschen. Ähnliches beriehtet Duverxor ’56, $. 92 über die Anthropomorphen, BARNARD ’75, S. 126 über Orang. CHAM- PNEYS ’72, S. 198 meldet das Gegenteil: der Gastroenemius von Schim- panse sei ebenso ausgebildet wie beim Menschen. ROTHSCHUH ’88, Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 135 S. 20 behauptet, daß der laterale Kopf aller Affen schwächer sei als der mediale, indessen ich für die niederen Affen das Gegenteil habe nachweisen können. Für RoruscHuns Behauptung liegt allerdings nur das Untersuchungsmaterial von fünf Affen zugrunde, wovon zwei auf die niederen entfallen. Es liegt noch eine große Reihe anderer Angaben vor (MEckEL ’28, MıvAarT und Murıe '65, S. 250, GRATIOLET und Arıx ’66, S. 200, BıscHorr 70, S. 228, BiscHorFr ’79, S. 22, KoHL- BRUGGE ’90, S. 300, HEPBURN ’92, S. 337, Cuupzinskı ’94, S. 497, KOHLBRUGGE ’97, S. 194, GLAESMER ’10). Überall fehlt das Eingehen auf einen Vergleich der Volumsentfaltung mit den Verhältnissen der Struktur. Eine Mitteilung von MACALISTER "73, S. 505 verdient noch erwähnt zu werden. Sie beruht vermutlich auf Wägungsversuchen. Nach ihm ist der Soleus a) bei Gorilla stärker als die Gastroenemii, im Verhältnis von 31:29, b) bei Schimpanse schwächer als die Gastroenemii, im Verhält- nis von 14 : 17. Da ich keine Wägungen der einzelnen Muskeln vorgenommen habe, so kann ich dies Ergebnis nur locker an die meinigen anreihen. Immerhin scheint dasselbe mit den von mir festgestellten Befunden _ sich im Einklange zu befinden. Muskelgewicht: Für die Bestimmung der Stärkeentwicklung der einzelnen Muskeln wären Wägungen derselben gewiß ange- bracht gewesen. Allerdings hätten die absoluten Zahlen nicht miteinander verglichen werden können. Das hätte bei den ver- schiedenen Konservierungsmethoden keinen großen Wert gehabt. Alter, vorausgegangene Krankheiten, sowie wechselnder Wasserge- halt der Präparate würden ebenfalls die Resultate beeinflußt haben. Aber das Gewichtsverhältnis der einzelnen Muskeln an ein und dem- selben Individuum unter sich und das Totalgewicht, in Beziehung zum Körpergewicht gebracht, könnten wertvolle Ergänzungen zur Be- urteilung der Entwicklungsstärke geben. Da mir solche Feststel- lungen nicht zur Verfügung stehen, so begnüge ich mich damit, auf einige in der Literatur erwähnten Tatsachen hinzuweisen. WEBER ’5l, S. 68 stellte zuerst das hohe Gewicht des Triceps surae fest; auf WEBER stützten sich in ihren Untersuchungen LAnGer ’79und Fıck '95(l). LANGeEr ’79, S. 200 vergleicht das Gewicht beider Gastroenemii und des Soleus bei einem kräftigen und einem mageren Mann, ferner bei Kindern verschiedenen Alters und beim Orang. Fıck ’95, S. 59 gibt in etwas anderer Zusammenstellung diese aufgenommenen Be- 136 Hedwig Frey funde wieder. Beide Autoren stellten fest, daß der Triceps surae des Menschen mit den übrigen Streckern des Fußes eine ungleich mächtigere Ausbildung besaß als der Muskel beim Orang. Während bei einem kräftigen Manne mit dem Körpergewicht von 64 kg der Triceps surae 675 g wog, d.i. 1,05 %/, des Körpergewichtes, betrug beim erwachsenen Orang mit einem Körpergewicht von 76,5 kg das Gewicht von Soleus und Gastroenemius nur 125 g, d.i. 0,16 %/, des Körpergewichtes. Ein Irrtum Raxkes ’l11, 5. 510 sei bei dieser Ge- legenheit berichtigt. Er hat der Tabelle von Fıck obige Gewichts- bestimmungen entnommen. Da RAnkE das Gewicht der Wadenmus- kulatur von 675 g beim Menschen und 125 g beim Orang in 6,75 kg und 1,25 kg umgesetzt hat, so kommt er zu dem erstaunlichen Re- sultat, daß die Tricepsmuskeln beim Menschen 10,5 °/,, beim Orang 1,6 °/, des Körpergewichts ausmachen. Das Gewichtsverhältnis des Triceps surae beim Menschen und Orang, welches sich in diesem Fall wie 1,05: 0,16 verhält, gibt einen schlagenden Beweis für die enorme Entwicklung desselben beim Menschen. Nach meinen Unter- suchungen über die Mächtigkeit des Triceps surae in der Primaten- reihe darf man annehmen, daß in der Mehrzahl der Fälle ähnliche Verhältnisse vorliegen werden, wie sie für Orang festgestellt sind. Schimpanse und Gorilla werden den Orang durch ein höheres Gewicht übertreffen. Ranke ’87, S. 459 führt nach Argy Ähnliches an, was das Gesagte nur bestätigen kann. Die Wadenmuskeln, in Beziehung zur Gesamtmuskulatur des Unterschenkels gebracht, ergeben nach RANKE: beim Menschen 57%, - Schimpansen 36 %%,, - Orang 28 9/,. Von Interesse für die Funktion der Muskeln ist die von Fıck '9, S. 59 ermittelte Tatsache, daß der Soleus bei Abmagerung des Indi- viduums viel weniger an derselben Anteil nimmt, als der Gastro- cnemius, welcher in erster Linie an Gewicht verliert. Ich verweise auf die Tabellen von LAnGEr ’79 und Fick. Auf Ähnliches deutete Broc# ’09, S.91 durch die Aussage hin, daß der größte Umfang der Wade bei Abmagerung sich proximalwärts verschiebe. Meine Messungen (Fig. 1) stimmen damit überein. Ich fasse die Hauptergebnisse zusammen, welche die Mächtig- keitsausbildung des Triceps surae in der Primatenreihe betreffen: 1. Der laterale Gastroenemius ist in der ganzen Primatenreihe geringen Schwankungen unterworfen. Er ist bei den Affen verhältnis- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 137 mäßig’ mächtiger entwickelt als beim Menschen. Ein accessorischer Muskel bringt ihm bei den Affen meistens eine erhebliche Verstärkung. 2. Der mediale Gastroenemius erfährt eine verschiedene Aus- bildung. Bei den niederen Affen ist er meistens schwächer als der laterale Kopf. Seltener sind beide gleich. Die Anthropomorphen zeigen eine etwas kräftigere Ausbildung des medialen Muskels. Beim Menschen ist daraus ein bedeutendes Übergewicht des medialen über den lateralen Gastroenemius hervorgegangen; ersterer ist in jeder Beziehung der stärker entwickelte Muskel. 3. Der Soleus des Affen unterscheidet sich erheblich von dem des Menschen durch seine einfache Struktur und die bedeutend schwächere Entwicklung. Der Soleus des Menschen hat eine sehr hochgradige Spezialisierung erfahren, welche sich nur aus einer stattgehabten, weitgehenden Funktionssteigerung verstehen läßt. 4. Der Triceps surae und an ihm insbesondere der Soleus zeigen daher bezüglich der Entfaltung ihrer Muskelmassen im ganzen eine ziemlich große Übereinstimmung bei den niederen Affen. Diese sind durch eine weite Kluft vom Menschen getrennt. Die An- thropoiden nähern sich den Verhältnissen bei Homo. 4, Insertion des Soleus; Beziehungen zu den Gastrocnemii. Nach den Ausführungen über die Ursprungsbeziehungen zwischen Soleus und den Gastroenemi ist der Zustand der Vereinigung des Soleus mit dem Gastroenemius ein ursprünglicher. Wenn bei einigen niederen Säugetieren, z. B. bei Edentaten (GLAESMER ’10), eine Trennung besteht, so handelt es sich um einen weitgediehenen Zu- stand der Differenzierung, der sich auch bei einigen Primaten voll- zogen hat. Über die Befunde bei letzteren liegen in der Literatur zahlreiche, nicht immer genaue Angaben über die Höhe der Ver- wachsungsstelle der Muskeln vor. Für die Anthropoiden gilt fast immer die Bemerkung, daß die fleischige Insertion des Soleus sich zum Calcaneus ausdehne (DUvERNOY ’56, GRATIOLET und ALIx ’66, WILDER ’6l, CHAMPNEYS ’72, BARNARD ’75, BiscHorr ”79, RorHscHuUH ’88, KOHLBRUGGE ’90, Fick ’95, KOHLBRUGGE ’97, SOMMER ’06, GLAESMER ’08 und ’10). Angaben über die menschlichen Verhältnisse stammen von Testur ’84, Cuupzinskı ’94, LE DOUBLE '97, Boch ’09 her. Bezüglich der Verwachsung des Soleus mit den beiden Gastro- enemii bei den Primaten möchte ich vor allem auf zwei Punkte näher eingehen: 1. darauf, ob sie gleichzeitig erfolge, oder ob sie 138 Hedwig Frey vorzugsweise zuerst mit dem lateralen oder dem medialen, oder ob sie mit dem einen oder anderen in vermehrtem Maße erfolge; 2. in welcher Höhe die Verwachsung bei den einzelnen Species stattfindet. Was den ersten Punkt anbelangt, so verhält sich die ganze Primatenreihe ziemlich einheitlich, Ateles und die Hylobatiden aus- genommen. Bei denjenigen Formen, bei denen überhaupt von einer eigentlichen Verwachsung gesprochen werden kann, tritt der Soleus zuerst mit dem lateralen Kopf in Verbindung; diese geht ver- schieden steil auf den medialen Kopf oder die mediale Sehne über. Bei Nycticebus beschränkt sich die Verwachsung auf den lateralen Bauch; bei Galago und Cebus, besonders Cebus apella, treten neben dem äußeren Kopfe nur die lateralen Elemente der medialen Sehne mit dem Soleus in Beziehung. Lemur und Hapale zeigen ein ähn- liches Verhalten. Die niederen Catarrhinen, welche bezüglich der Höhe der Insertion eine Sonderstellung einnehmen, zeigen nur in geringem Maße eine Verfilzung mit Elementen der lateralen Gastro- enemiussehne, welche auf der Ventralseite inseriert. Anthropomorphe und Homo nähern sich in ihrem Verhalten den Prosimiern und Platyrrhinen: die Verwachsung beginnt am lateralen Gastroenemius- bauch, beim Menschen zuweilen auch mit dessen Sehne, und geht medio-distalwärts auf den medialen Bauch oder auf dessen :-End- sehne über. BARNARD (’75, S. 126) schreibt zwar, daß bei Orang »the internal head of gastroenemius and soleus unite as in man by the distal third of their external edges«. Ich möchte die Richtigkeit dieser Angabe besonders darin bezweifeln, daß die Verwachsung den äußeren Rand des Soleus betreffe, da ein solches Ver- halten durchaus der gewöhnlichen Lage desselben widerspricht. Nur bei Ateles und einem Hylobates syndactylus beginnt die Insertion ausschließlich am medialen Kopf; sie greift hier allmählich auf die laterale Seite über und in geringem Maße auch distal vom Über- gange des Bauches auf die Endsehne. Eine Erklärung für dieses Verhalten vermag ich. nicht zu geben; es ist um so eigenartiger, als die beiden Exemplare von Hylobates syndact. (Fig. 55 u. 56) ent- gegengesetzte Zustände aufweisen. Was den zweiten Punkt, die Höhenlage der Verwachsung be- trifft, so gliedern sich die verschiedenen Primaten in zwei scharf getrennte Gruppen: einerseits in die Prosimier, Platyrrhinen, Anthro- poiden und Mensch, andererseits in die niederen Catarrhinen. Bei diesen sind die Befunde kurz folgende: der Soleus kommt z. T. gar nicht zur Verschmelzung mit der Gastrocnemiussehne, z. T. nur in Der Musculus trieeps surae in der Primatenreihe. 139 geringer Ausdehnung, was bei den Papionen und Macacen der Fall ist, bei denen ein wenig über dem Calcaneus eine schwache Durch- flechtung zwischen Sehnenbündeln des Soleus und Gastrocnemius (lat.) festgestellt werden kann, und eine völlige Trennung beider ohne Verletzung des Sehnengewebes nicht möglich gewesen ist. Die niederen Catarrhinen lassen hiernach eine weitgediehene Differen- zierung erkennen, die teilweise zum Abschluß gelangt ist. Ihnen gegenüber stehen die übrigen Primaten, bei denen die Teilung in Fig. 75. 80 70 % zurTibis Länge [e8) Ss 20 | I | ) STR 3 R u” S S EEE ® DIN er =) a DON ee SW 2) ee ee er Se: ra ae Z en ' oO Zn Blnam ET all Beben NEW Ba SB > oO a a re Si I EN Re a U nakSrrr ‚er rc ES Höhe der Verwachsung der Gastroenemii mit dem Soleus ; distalster Punkt der Gastro- enemiusbäuche -- - - - - : einen gesonderten Soleus mehr oder weniger weit fortgeschritten ist. Fig. 75 gibt ein Bild von der Höhenlage der Verwachsung, welche von der Umbiegestelle des Calecaneus zur Planta gemessen, in Pro- zenten zur Tibialänge ausgedrückt ist. Um zugleich festzustellen, ob die Verschmelzung den Gastroenemiusbauch oder dessen Sehne betrifft, ist durch eine weitere Kurve der distalste Punkt des Muskel- bauches bezeichnet worden. Ein einigermaßen bedeutendes Aus- einanderweichen beider Kurven wird also angeben, daß die Ver- wachsung noch den fleischigen Teil des Gastroenemius betroffen hat, und umgekehrt. Die Prosimier zeigen eine hohe Verwachsung, Hapale 140 Hedwig Frey und Cebus eine etwas geringere. Ateles hat den ursprünglichen Zustand, d. i. eine weitgehende Verschmelzung bewahrt und weist auch in diesem Merkmal eine Übereinstimmung mit den Hylobatiden auf. Die Anthropomorphen scheinen durch eine bedeutende Selbständigkeit des Soleus dem hohen Differenzierungs- zustande der niederen Catarrhinen sich anzuschließen. Angaben in der Literatur (Duvernoy ’56, Surron ’84, KOHLBRUGGE ’97) be- stätigen dies. Bei sämtlichen bisher besprochenen Primaten sind die Zustände sehr gleichartig. Bei Homo aber liegen die Verhältnisse, bedingt durch eine außerordentlich große Variationsbreite, anders. Im Mittel weichen sie von dem Befunde bei Prosimiern und Platyrrhinen nicht ab. Die stärkste Verwachsung übertrifft jedoch bei weitem die höchste Vereinigung der Muskeln bei Ateles, die tiefste erreicht das durch Orang gegebene Minimum. Neben den Fällen dieser enormen Variationsbreite mögen folgende noch Erwähnung finden: Testur (’84 S. 65) meldete von einem Neger eine getrennte Insertion des Soleus (zitiert nach BANKART, PyE, SmitH and PhıLıps); er fand ferner in einem Fall die Verwachsung des Soleus erst 2 cm über dem Calcaneus. LE DougLE (97 S. 305) »a constate le m&me conformation a droite et a gauche, sur une Angolaise«. In 57°), geschieht die Verwachsung noch im fleischigen Teil der Gastroenemii. und liegt in 8°/, an der distalen Grenze des lateralen Muskelbauches. Diese Fälle lassen sich in die Entwicklungsrichtung, welche die Platyrrhinen, Prosimier und z. T. die Anthropoiden eingeschlagen haben, einordnen. Bei vielen Individuen ist die Teilung des Soleus von den Gastroenemii so weit fortgeschritten, daß die Verwachsung nur noch auf die Gastrocnemiussehne trifft; 35°/, der Fälle nähern sich somit in ihrem Verhalten demjenigen der niederen Catarrhinen. In dieser Erscheinung spricht sich die erworbene, größere Frei- heit des Gastroenemius aus, welcher als zweigelenkiger Muskel selbständiger auf die Beugung im Kniegelenke zu wirken vermag. Der Vollständigkeit halber sind auf Fig. 76 die Höhen der Ver- wachsung der beiden Gastroenemii und des Soleus mit diesen zu- sammengestellt. Man erkennt, daß die beiden Zustände durchaus nicht zusammenfallen. Mit Ausnahme von Nyeticebus und Ateles ist die Neigung zu weitgehender Trennung zwischen Gastroenemii und Soleus deutlich ausgesprochen ; die Gastrocnemii jedoch bewahren den Zustand einer ausgesprochenen Verschmelzung. Unsere Darstellung hat gezeigt, daß der Soleus in erster Linie Der Musculus trieceps surae in der Primatenreihe. 141 mit dem lateralen Gastroenemius verwächst, und daß die Ver- schmelzung medio-distalwärts weiterschreitet. In der distalen Fortsetzung der Sehne liegt nun ein großer Unter- schied zwischen den Anthropoiden einerseits und den niederen Affen anderseits; Homo hat sich auf besondere Weise spezialisiert. Bei niederen Affen und bei Aylobates leuciscus inserieren die distalen Muskelpartien des Soleus ausschließlich an der Ventralseite der Gastrocnemius-Endsehne, bei den Anthropoiden, ausgenommen Fig. 76. T 2 T 7 1 ——T_ T 90 | \ } Dt | | | | 7 | 80 k 4 \ | Ar | \ | Ss > | I Da | F ; | 1} s ‘ 1} 70 | H en Ä f rd | 2 > Berk - / ls | N | I „ale | \- ae“ + N | I 264 sb | | 1 N 3 | "yr | | | | A | ) | 1 S50 | | E | | I ] N | | N \ 3 | \ | | “40 | | | DS | ] | | Sg | | | 30 | | N | | | | | \ | ee et 20 a BR 1 A EIER a tr >21 | | | \ I I I 1 70 | et | | 1} 1 | | \ | \ j | I | | {7} o =: > S R ..8 U Ö Se. Sun 2 Oo © ra © o o ® S a = BR S ® ee EEE ER a NE A SER tar ee a ee SEI RETTET SE SA IE Se Höhe der Verwachsung der beiden Gastroenemii unter sich - ---- -; Höhe der Verwachsung der Gastroenemii mit dem Soleus Hylobates leueiscus, und bei Ateles außerdem zu beiden Seiten der- selben bis zur Anheftung am Calcaneus. Es ist bemerkenswert, daß Hylob. syndactylus ein gleiches Verhalten wie die Anthropomorpheu aufweist, während Aylob. leueiscus den niederen Affen sich ähnlich zeigt. Vermöge der verschiedenen Insertionsverhältnisse ist die ge- meinsame Endsehne aller drei Muskeln bei Prosimiern und Platyr- rhinen schlank gebaut und hat bei den Anthropoiden das Aussehen einer in die Muskelmasse eingesenkten Sehne erhalten. Bei Homo inserieren zu beiden Seiten der Gastroenemius-Endsehne immer noch bedeutende Muskelmassen mehr oder weniger weit distalwärts; die 142 Hedwig Frey Bündel der vereinigten Sehne convergieren aber so stark distalwärts und greifen dabei mehr in die Tiefe als in die Breite über, daß die Trieepssehne sehr schlank genannt werden kann. Die schmalste Stelle liegt ca. 3 cm über dem Tuber calcanei; sie differiert individuell nicht stark, nach Chuupziınskı ’94 auch nicht bei den verschiedenen Rassen. Von der schmalsten Stelle verbreitert sich die Sehne gegen den Calcaneus hin, wo sie an der ganzen Breite des Tuber inseriert. Eine ähnliche Verjüngung der Sehne und nach- herige distale Verbreiterung finden sich nirgends bei den Affen. Der allgemein übliche Begriff »Achillessehne« kann nur auf die Verhältnisse der menschlichen Tricepssehne Anwendung finden. Es bedarf aber auch hier einer genaueren Bestimmung, welches Stück dazu gerechnet werden darf. Die Verwachsung des Soleus mit den Gastroenemii beginnt in 35°/,, wie wir gesehen haben, erst unterhalb der Muskelbäuche. Diese Fälle lassen uns die »Achilles- sehne« genauer präzisieren. Sie fällt auf »den Teil der Gastro- cnemiussehne, welcher mit dem Soleus verschmolzen ist«e.. Der proximale Abschnitt derselben, welcher bis zum distalen Ende der Muskelbäuche reicht, ist als »selbständiges Stück der Gastrocnemius- sehne« von einer Achillessehne auszuschließen (s. Fig. 29). Aus den Insertionsverhältnissen des Soleus ergibt sich, daß die Bezeichnung Achillessehne für die Affen nicht gut anwendbar ist, am ehesten noch für Galago und Lemur. Wegen der geringen oder fehlenden Ver- wachsung des Soleus mit dem Gastrocnemius kann für niedere Catarrhinen von einer Achillessehne keine Rede sein. Der eigen- artige Bau der Soleusinsertion bei Anthropoiden und bei Ateles läßt für sie die Anwendung dieses Namens ebenfalls unangebracht erscheinen. Man kann der allgemein üblichen Auffassung sich anschließen, daß der Soleus in die Endsehne der Gastrocnemii übergehe. Immer- hin ist es nicht ganz unberechtigt, von einer Anheftung der Gastro- cnemii an der Endsehne des Soleus zu sprechen. Die Verhältnisse an menschlichen Präparaten berechtigen dazu. BELLINI ’92 hat nicht ganz unrecht, wenn er schreibt: »Le tendon d’Achille n’est pas du tout forme par la fusion des aponevroses des jumeaux, mais il ap- partient exclusivement au m. soleaire; de sorte que le tendon d’Achille est le tendon terminal du soleaire, et sert comme point d’appui aux aponevroses bien qu’aux fibres des m. jumeaux. Cela est evident chez le foetus.« Die tiefen Insertionen des Soleus, jene oben angegebenen 35°/,, könnten hierfür angeführt werden. Auch Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 143 bei Affen, bei Zemur und besonders deutlich bei Gorilla, lagen die Verhältnisse ebenfalls so, daß man eigentlich von einer Anheftung der Gastroenemii an den Soleus sprechen mußte. 5. Insertion des Triceps surae. Die Insertion der gemeinsamen Endsehne des Triceps surae, d.i. der Gastroenemii und des Soleus (nied. Catarrhinen), am Calea- neus erfolgt ohne Ausnahme in der Weise, daß die Sehnenfasern des medialen Gastroenemius dorso-lateral von denen des lateralen inserieren. Unmittelbar vor denen des lateralen Kopfes, ebenfalls bis an den medialen Rand des Calcaneus reichend, inserieren die Elemente des Soleus, mehr oder weniger innig mit der Endsehne der Gastroenemii verbunden. Fett und lockeres Bindegewebe füllen den Raum zwischen der gemeinsamen Sehne und den tiefer ge- legenen Muskeln aus, beim Menschen reichlicher als bei den Affen, da beim ersteren das Tuber calcanei relativ und absolut weiter dorsalwärts vorragt. Der Schleimbeutel (Bursa tendinis calcanei, Achillis) ist bei allen Primaten zwischen Sehne und Tuber calcanei zu finden. Bei niederen Wirbeltieren ist wohl noch ein direkter Über- gang der Gastroenemiussehne in die Planta zu konstatieren; er geht aber mit der starken Ausbildung des Caleaneus früh verloren. PArsoN (94 S. 415) will bei einem 5 monatigen Embryo noch eine Verbindung des Soleus mit dem M. flexor brevis beobachtet haben. In wenigen Fällen ist selbst noch bei den Primaten, besonders bei niederen Catarrhinen, in der Struktur der den Caleaneus dorsal deekenden Sehne eine Anordnung der Elemente zu erkennen, welche auf eine früher weitergehende Ausdehnung hindeutet. In der Regel gehen aber die sehnigen Bestandteile am Calcaneus in eine für die makro- skopische Betrachtung scheinbar homogene Masse über, und eine besondere Anordnung läßt sich nicht mehr erkennen. Die erwähnten, vereinzelten Fälle, sowie die entwicklungsgeschichtlichen Tatsachen haben mich bewogen, den Meßpunkt für das distale Ende der Sehnen auf die Stelle am Calcaneus zu verlegen, welche den Übergang der dorsalen in die plantare Fläche bezeichnet. Sie entspricht nach meiner Ansicht eher als das proximale Ende des Tuber calcanei der wirklichen Insertionsstelle des Triceps surae. Bei sämtlichen niederen Affen ist die Dorsalfläche des Caleaneus überhaupt nicht mit der Insertionssehne verwachsen; diese setzt sich vielmehr erst am Unter- rande des Knochens fest. Eine dorsale Verwachsung findet sich erst bei den Anthropoiden und deutlicher beim Menschen, reicht 144 Hedwig Frey aber auch hier nieht über die distalen zwei Drittel der dorsalen Caleaneusfläche herauf. Nach Lazarus (968.61) »läßt sich oft an der Rückfläche der Hacke ein stumpfer, annähernd querer First nachweisen, der eine obere von einer unteren Fläche scheidet; diese ist die eigentliche Insertionsfläche«. Hiernach wäre auch an der distalen Anheftung des beim Menschen in allen Teilen mächtigen Trieeps surae eine Differenzierung geschaffen, ähnlich den früher erwähnten Cristae am Ursprung beider Gastroenemii. RıcHEr (zitiert von LE DOUBLE ’97 p. 306) meint, daß die Achillessehne bei Negern und anderen niederen Rassen weniger stark verwachsen als beim Weißen sei: »ce qui tient au prolongement plus considerable du musele en arriere«. Dieses Merkmal ist vielleicht als eine Annäherung an die Befunde bei anderen Primaten anzusehen. Ich fasse die Ergebnisse über die Verwachsung des Soleus mit den Gastroenemii und deren gemeinsamer Insertion am Calcaneus im Folgenden zusammen. 1. Der Soleus verwächst bei fast allen Primaten, wenn über- haupt eine Verwachsung stattfindet, zuerst mit dem lateralen Gastro- enemius. Die Verwachsung greift von hier aus verschieden weit auf den medialen Kopf über. Nur Aieles und zuweilen Hylobates syn- dactylus zeigen ein umgekehrtes Verhalten. 2. Die Höhenlage der Verwachsung variiert sehr erheblich. Während die Verwachsung bei den höchstgradig differenzierten niederen Catarrhinen entweder unterbleibt oder nur distale Partien betrifft, so ist sie bei den Prosimiern, Platyrrhinen und Hylobatiden eine beträchtliche. Bei Anthropomorphen liegt eine etwas größere Trennung der Muskeln vor. Homo scheint sich in der Mehrzahl der Fälle an den ursprünglichen Zustand, an eine weitgehende Ver- schmelzung der Bäuche zu halten. Daneben findet man aber häufig eine stark ausgeprägte Tendenz zur Trennung des Soleus von den Gastroenemii. 3. Die Verwachsung beider Gastroenemiusköpfe unter sich ist mit unbedeutenden Ausnahmen viel stärker entwickelt als diejenige mit dem Soleus. 4. Die Tricepssehne ist bei den verschiedenen Species in der Form verschieden. Bei den niederen Affen ist sie schlank, bei den Anthropoiden fleischig, und nur bei Homo erreicht sie jene typische Form, welche durch eine außergewöhnliche Stärke, verbunden mit Schlankheit, sich auszeichnet. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 145 5. Die Bezeichnung »Achillessehne« ist für die menschliche Tri- cepssehne geschaffen und kann mit Fug und Recht auch nur für sie Verwendung finden. 6. Die Tricepssehne inseriert am Tuber calcanei, und zwar bei den niederen Affen etwas weiter distal als beim Menschen. Ein Übergang der Sehne in die Plantarfläche ist selten und dann nur in ganz schwachen Andeutungen erhalten. VIl. Innervation des Triceps surae. Sie ist für alle drei Muskeln in der Primatenreihe dieselbe; sie geschieht durch Rami musculares des Nervus tibialis. Über den Segmentbezug der versorgenden Nerven vermag ich Näheres nicht zu melden. Es muß Aufgabe spezieller Untersuchungen sein, die einzelnen Tibialisäste auf ihre Herkunft zu prüfen und den Plexus sacralis der Primatenreihe einem Vergleiche zu unterziehen. Unter- suchungen über die segmentale Innervation des Muskels würden den Rahmen dieser Arbeit weit überschritten haben, und ich muß mich diesbezüglich auf einige Literaturangaben beschränken. Nach PATER- son (94, S. 183) versorgen bei Macacus rhesus der 6, 7., 8. Lumbal- nerv (bei 7 Lumbalwirbeln) die beiden Gastroenemii und den Soleus; ein Vergleich mit anderen Affen ist mir mangels weiterer Angaben nicht möglich. Dieser Befund zeigt, daß andere segmentale Nerven, den Trieceps surae der Affen wie den des Menschen versorgen; er deutet auch darauf hin, daß die verschiedene Wirbelzahl als ursäch- liches Moment hierbei in Betracht kommt. Die segmentale Inner- vation ist für Zomo nach verschiedenen Autoren die folgende: Gastroenemius Soleus Renz (n. WICHMANN ’00, S. 122) 2,9 7.18. 4, 9:1. 11. PATERSON (n. WICHMAnN ’00, S. 125) TIL a WICHMANN ’00, S. 184 (4.)5. LH. (&)b: LU. RAUBER-KoPscH ’06 (4)5.1.0. (4)5. IIL(?) VILLIGER ’08 (4.1.0, 1.11. - (2:5: 117 Es wiederholt sich für alle Tiere die Art, wie der Nerv in den medialen Gastrocnemius eintritt. Der Nerv ist ohne Ausnahme einerseits zwischen denjenigen Muskelpartien anzutreffen, welche von der Dorsalseite entspringen und um den lateralen Rand nach vorn ziehen, und andererseits zwischen denen, welche die eigentlich dorsale Muskelmasse ausmachen; beide Partien können oft bis in die Tiefe getrennt werden. Diese regelmäßige Art des Nervenein- Morpholog. Jahrbuch. 47. 10 146 Hedwig Frey trittes muß mit dem Aufbau und der Entwicklung des Muskels in Beziehung stehen. Parsox (’94, S. 418) betonte die Unzuverlässigkeit der Nerven- versorgung zur Bestimmung der Homologien der Muskeln und führte als Beweis dafür an, daß die Gastroenemii als Homologa der Mm. flexores carpi radialis et ulnaris eine den Nn. medianus et ulnaris entsprechende Innervation aufweisen sollten. Da letzteres nicht der Fall wäre, so bestritt er die Zuverlässigkeit der Nervenversorgung zur Bestimmung der Homelogien der Muskeln. Die Voraussetzung nun, welche PArson seinem Beweise zugrunde legt, ist unzutreffend; denn unsere Ausführungen haben es erwiesen, daß der mediale und der laterale Gastroenemius ursprünglich ein fibularer Muskel ist, wo- durch eine strenge Homologie mit den genannten Muskeln ausge- schlossen ist. Auf andere grundsätzliche Einwendungen gehe ich nicht ein. VIll. Funktion des Triceps surae. 1. Feststellung des Begriffes: Beuger oder Strecker. Anatomische Lehrbücher und Abhandlungen über die Waden- muskeln melden über die Wirkung des Triceps surae etwa in der Hälfte der Fälle (BıscHhorr '7O u. 71, HumpHry ’72, MıvART und _Murıe’72, RoOTHSCHUH’88, BARDELEBEN’9O, LECHE’98, SCHOMBURG’00, PLAYFAIR und MURRICH ’04, RAUBER-KoPscH ’06, LorH ’08), daß der Trieeps surae zu den Flexoren gehöre, während er sonst zu den Streckern des Fußes gezählt wird. (MEckEL ’28, DUVvERNOY ’56, WILDER ’61, LANGER ’79, BoEGLE ’85, Fıck ’95, LAzARUs ’96, GEGEN- BAUR ’03). E. GLAESMER (’10, S. 161) rechnet den Triceps surae zu den Beugemuskeln des Unterschenkels, schreibt ihm bei der Fest- stellung der Funktion jedoch auch allgemein eine Streekung des Fußes zu. MACALISTER ’69 will im medialen Gastroenemius auch einen Pronator erkennen. Obschon die Benennung der Bewegung sehr verschieden ist, so herrscht doch kein Zweifel über die Richtung, in welcher sie erfolgt. Unter Flexion verstehen wir allgemein die Annäherung der aufeinanderfolgenden Skeletstücke .(Dorsoflexion, Ventroflexion), unter Extension die Entfernung derselben bis zum gestreckten Zustand (FÜRBRINGER-GEGENBAUR '09, S. 625). Ein Blick auf die Stellung des Fußes zu den Unterschenkelknochen lehrt, daß diese Skeletstücke keiner ventralen oder plantaren Flexion fähig sind, da sie sich im Zustand der Dorsoflexion (d. i. in der Beugung nach der Dorsalseite) befinden. Eine Bewegung, welche die Längs- Der Musculus trieeps surae in der Primatenreihe. 147 achsen von Unterschenkel und Fuß in die gleiche Richtung zu bringen sucht, muß also eine Streekung genannt werden. Danach ist auch die von SPALTEHOLZ '07 beschriebene Art der Triceps- wirkung »beugt den Fuß plantarwärts« ebenfalls nicht zutreffend. Um jeglichem Mißverständnis vorzubeugen, ist es ratsam, für die ventrale Muskelgruppe die Bezeichnung »hintere Gruppe des Unter- schenkels« zu gebrauchen und betreffs Wirkung des Triceps surae ihn als »Strecker des Fußes« zu kennzeichnen (RugE ’08, S. 72). 2. Funktion der einzelnen Glieder des Triceps surae. Der Trieceps surae ist ein Strecker des Fußes. Dies gilt für alle Primaten. Beim Menschen und bei den Anthropomorphen kommt für den medialen Gastroenemius noch eine Nebenwirkung hinzu, und zwar eine Beugung des Unterschenkels. Für den lateralen Gastroenemius und den Soleus ist die Einleitung einer Beuge- wirkung nahezu oder ganz ausgeschlossen, da der Ursprung beider proximal nicht über die Drehungsachse hinaufreicht. Erst nach einge- leiteter Beugung kann der laterale Gastroenemius sie weiter fördern. BOEGLE (’85, S. 58ff.), welcher ausgedehnte Untersuchungen über den Mechanismus des menschlichen Ganges angestellt hat, bestreitet für den ganzen Wadenmuskel eine Anteilnahme an der Kniebeuge. Nach ihm kontrahieren sich der mediale und laterale Gastrocnemius ab- wechselnd beim Ausschreiten und beim Abstoßen des Beines, er schreibt: »Wenn nach Überschreitung der vertikalen Stellung des Unterschenkels durch Neigung desselben nach vorn die Waden- muskeln ausgedehnt werden, so fällt der Grad dieser Ausdehnung für beide Capita gastroenemii nicht gleich aus, da gleichzeitig mit Vorneigung der Tibia das Femur nach innen rotiert. Der Ursprung des Caput laterale wird dadurch nach vorn, der des medialen nach hinten gedreht; der erstere wird auf seinen Condylus aufgewickelt und erfährt dadurch Zuwachs seiner Spannung, letzterer wird abge- wickelt und entspannt. An dieser Entspannung nehmen noch die über der Drehungsachse entspringenden (Facies post. femoris) Muskel- fasern teil infolge der Kniebeugung, wobei das obere und untere Ende einander genähert werden, während der Ursprung des lat. Gastroenemius nicht über die Drehungsachse hinaufreicht, diesen Faktor nicht aufweist. Demgemäß sieht man im abstoßenden Bein während der Hebung der Ferse das Caput laterale zu starkem Wulst verdickt, der sich nach unten ziemlich scharf in einer schief nach innen aufsteigenden queren Linie gegen die Achillessehne absetzt, 10* 148 Hedwig Frey während die Fleischmasse des Caput mediale noch mehr gleich- mäßig ins Niveau der Sehne übergeht.« Nach BoEGLE wird, ebenso wie der Gastroenemius lateralis durch Rotation des Femur, auch die äußere Partie des Soleus durch nachfolgende Rotation der Tibia in einen höheren Grad der Spannung versetzt, und beide Muskeln kontrahieren sich gleichzeitig. »Da Gastroenemius lateralis und Soleus nicht über die Drehungsachse hinaufreichen, dieselben aber beim abstoßenden, im Knie sich beugenden Bein allein in Tätigkeit sind, so beteiligt sich der gemeinschaftliche Wadenmuskel nicht bei der Kniebeugung und diese bleibt eine Funktion der Mm. semi- membranosus et semitendinosus, später der Mm. sartorius et gracilis. Sobald diese die Fußspitze vom Boden abgelöst haben, der Fuß- rücken damit am stärksten gegen den Unterschenkel gestreckt und der Gipfel des Tuber calcanei den Condylen des Femur am nächsten gerückt ist, so ist das Caput laterale gastroenemii entspannt, während Jetzt durch die nun erfolgende Rotation des Femur nach außen beim Vorschwingen desselben der Epicondylus med. sich nach vorn kehrt und den an ihm entspringenden Teil des Caput mediale durch Auf- wickeln in Drehung versetzt. Der übrige, über die Drehungsachse des Gelenks hinaufreiehende Ursprungsteil wird durch die gleich- zeitig stattfindende Streckung des Knies gedehnt.« BOEGLE bestätigt seine Aussage durch folgende Beobachtung: »In Wirklichkeit sieht man auch den Wadenwulst beim ausschreitenden Bein auf der inneren Seite, während er auf der äußeren wieder ausgeglichen ist,« Während sich BoEGLE sehr eingehend mit der Funktion der beiden Gastroenemii beschäftigt, berührt er diejenige des Soleus nur kurz. Dennoch kommt dem Soleus des Menschen eine Tätigkeit zu, die ihn einer ganz besonderen Würdigung wert macht. Seine außer- ordentlich mächtige Breiten- und Diekenentwicklung, die Verstär- kung durch die Auflagerung einer besonderen Muskelschichte und die Zusammensetzung seiner Fleischteile aus lauter kurzen Muskel- bündeln, welche im Winkel von 25° (im Mittel) von der Ursprungs- sehne dorso-distalwärts verlaufen, wurden oben genau beschrieben. Es ist noch hinzuzufügen, daß die Verlaufsart der Bündel einer maximalen Anhäufung derselben entspricht und gleichzeitig die denk- bar ausgiebigste Kontraktionsmöglichkeit erzeugt. Infolge dieser in jeder Beziehung auf eine maximale Kraftleistung eingerichteten Organisation trägt der Soleus beim Menschen zur Fähigkeit des aufrechten Ganges bei. Langer (79, S. 210ff.) hat bereits auf die Wichtigkeit dieses eingelenkigen Muskels hingewiesen, der bei den Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 149 niederen Säugetieren oft fehlt und, wenn er vorhanden ist, nur in schwacher Ausbildung oder in Abhängigkeit vom lateralen Gastro- enemius sich befindet (LANGER begeht dabei nur den Fehler, daß er den Soleus der höheren Säuger sich in der Tierreihe abwärts rück- bilden oder verschmelzen läßt). Nach LAnGEr bildet der vom lat. Gastroenemius oft abhängige Soleus, den er zu den eingelenkigen Muskeln zählt, eine scharfe Grenze zwischen Affen und eigentlichen Quadrupeden. Wiederum sieht LANGER >»in seiner (Soleus) kraft- vollen Ausbildung beim Menschen ein Charakteristikon menschlicher Organisation« und führt dafür Versuche an, daß bei der Aufrichtung aus der Hockstellung die Hauptleistung dem Soleus zukommt. Die von Fick (’95, I S. 59) ermittelte Tatsache, daß bei Abmagerung des Körpers die beiden Gastrocnemii mehr als der Soleus betroffen werden, beleuchtet ebenfalls die Wichtigkeit des Soleus für den auf- rechten Gang. Ich habe nach der Tabelle von Fıck die Gewichte der Gastroenemii und des Soleus miteinander verglichen und dabei gefunden, daß das Gewicht der Gastroenemii 102°/, desjenigen des Soleus bei einem kräftigen, dagegen nur noch 76°/, bei einem abge- magerten Manne beträgt. Wenn wir der Wirkungsweise des Triceps surae bei den Primaten nachgehen, so ergibt sich etwa das Folgende. Der Muskel zielt bei den Affen in der Regel nur auf eine Streckung des Fußes hin. Beim Gorilla erfährt der Soleus eine weitere Ausbildung durch das Hinzu- treteneines tibialen Kopfes und durch eine kräftigere Volumsentfaltung. Diese neuen Eigenschaften des Muskels stellen Gorilla über die anderen Affen und fügen ihn enger an den Menschen an. Wir können daher aus dem Baue des Soleus beim Gorilla auch auf eine ähnliche, dem Menschen zueigene Wirkung des Muskels und Bewegungsart des Körpers zurückschließen. Danach wäre Gorilla der aufrechten Körperhaltung und des aufrechten Ganges fähig. Beim Menschen wird der Soleus dank seines inneren Baues der an den aufrechten Gang gestellten Aufgabe vollends gerecht. Der Muskel übernimmt die Aufgabe, den Unterschenkel bei aufrechter Körper- haltung fest einzustellen, und überläßt die Streckung des Fußes haupt- sächlich den Mm. gastroenemii. Diese letztere Aussage läßt sich noch durch ‚andere Momente stützen. Über die verschiedene Arbeitsleistung der Gastroenemii und des Soleus beim Menschen würde die Untersuchung von ATHABEGIAN (03: Über die Lage der Achillessehne bei verschiedenen Fußstellungen) noch wertvollere Aufschlüsse geben, wenn der Autor sich nieht nur 150 Hedwig Frey absoluter Zahlen bedient hätte. Er stellte die Lage der einzelnen Punkte der Achillessehne und des »selbständigen Stückes der Gastro- enemius-Endsehne« ! zu der sog. Abseissenlinie fest, d. h. einer geraden, welche den inneren Rand des Lig. collaterale tibiale mit dem pro- minentesten Punkte des Malleolus medialis verbindet. Als Meß- punkte der Sehne wählte‘ der Autor eine Reihe von Punkten, die in einer Serie vom untersten Ende des Tuber caleanei aus je in Ab- ständen von 3,5 cm, bei einer zweiten Serie in solchen von 6 em sich befanden. ATHABEGIAN ließ dabei völlig unberücksichtigt, wie sich die Tibialängen der verschiedenen Individuen zueinander und zur Sehnenlänge verhielten, und nahm außerdem die einzelnen Ab- stände gleich groß an, unbekümmert darum, ob es sich um er- wachsene Männer oder um Mädchen von 7—8 Jahren handelte. Bei einem solehen Verfahren werden aber Sehnenabschnitte bei ver- schiedenen Individuen miteinander verglichen, welche einander nicht homolog zu sein brauchen. Es ist daher einleuchtend, daß die Ent- fernungen des obersten Meßpunktes bis zum distalen Ende des Muskelbauches (welcher der beiden Bäuche bei der Untersuchung gewählt wurde, gab der Autor nicht an) infolge der sehr verschie- denen Sehnenlängen große Differenzen aufweisen müssen. Aller- dings ließ ATHABEGIAN sich von der Ansicht leiten (S. 7), daß das Verhältnis der Tibia- und Sehnenlänge ein konstantes wäre, daß diese 60,8—64°/, der ersteren betrüge. Dieser Ansicht aber wider- sprechen erstens meine Untersuchungen, welche eine viel größere Variationsbreite aufweisen, zweitens die aus den von ATHABEGIAN beigefügten Tabellen sich ergebenden Messungen selbst (S. 27 u. 28). Ich habe den Tabellen die Maße für Tibia- und Sehnenlänge ent- nommen und die letzteren in Prozenten der ersteren berechnet. Danach beträgt z. B. (S. 28) bei No. 13 die Sehnenlänge 55°, der Tibialänge, bei No. 1 derselben Messungsserie aber 80°/,. Von einem konstanten Verhältnis beider Größen spricht ATHABEGIAN da- her mit Unrecht (S. 25). Sehen wir von den genannten Mängeln ab und untersuchen, ob es nicht dennoch möglich sei, aus den gewonnenen Resultaten brauch- bare Schlüsse über die Funktion der einzelnen Muskeln zu ziehen. Wenn auch die Fehlerquellen beträchtliche sind, so kann das Ge- samtresultat, aus dem Mittel der Befunde entnommen, nahe an die ! Siehe Kap. VI, 4: nur in 350), kommt es zur Bildung einer Achillessehne und eines selbständigen Stückes der Gastrocnemiussehne; s. auch Fig. 75, 29 u. 30. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 151 Wirklichkeit grenzende Zustände ergeben. Der Autor sagt im Schluß- satz f (S. 25): »Wenn man sich bei gestrecktem Knie auf die Zehen erhebt, so rückt die Achillessehne von der Tibia ab, und zwar in den höher liegenden Punkten mehr (durchschnittlich 12 mm) als in den dem Talus näher liegenden Punkten (durchschnittlich 6 mm).« Dies läßt sich nun folgendermaßen erklären: bei der genannten Stellung sind beide Muskeln, Gastroenemius und Soleus, in Tätig- keit; 1. für die Hebung des Calcaneus im engeren Sinne, 2. für die Aufriehtung und Fixierung des Unterschenkels. Letztere Funktion kommt speziell dem Soleus zu. Der proximale Abschnitt der Achilles- sehne wird nun durch die Verdiekung beider Muskeln (Gastroenemius und Soleus) weiter von der Abseissenlinie abgehoben werden müssen als der distale Abschnitt, an welchem außer der Lageverschiebung des Tuber caleanei (ATHABEGIAN 98.13) nur die Kontraktionsan- schwellung des Soleus sich geltend macht. Auf S. 18 führt der Autor einige Fälle an, bei denen die höher liegenden Punkte der Achilles- sehne sich weniger von der Abseissenlinie entfernt haben als tiefere. In Fig. 7a (S. 16) ist ein solcher Fall zu erkennen. An Hand der beigefügten Figurenerklärung war es möglich, die dazugehörigen Maße in der Tabelle zu bestimmen. Es zeigte sich, daß es sich um einen außergewöhnlich kurzen Muskelbauch handelte, und daß die Entfernung vom obersten Meßpunkt bis zum distalsten Punkte des Muskelbauches eine viel größere als bei den anderen Individuen sein mußte, und zwar um so mehr, als es sich außerdem um einen ziemlich langen Unterschenkel handelte. Bei der Kontraktion des Gastrocnemius wird dessen erfolgende Verdiekung also kaum mehr imstande gewesen sein, auf eine so große Entfernung hin die Sehne stark dorsalwärts abzuheben, zumal in der betreffenden Höhe (80°/, der Tibialänge) der Soleus noch nicht seine größte Dicke erreicht hat. Dieser Umstand bedingt, daß die maximale Entfernung der Achillessehne von der Abseissenlinie weiter distalwärts auftreten muß. Ob bei anderen Ausnahmefällen eine ähnliche Ursache zu- grunde liege, vermag ich nicht zu sagen. Der Satz g lautet bei ATHABEGIAN: »Wenn man beim Sohlenstande des Fußes das Knie nach vorn beugt, so rückt die Achillessehne unten an die Tibia- achse heran, oben entfernt sie sich von derselben.«e ATHABEGIAN sucht (S. 22), die erste Erscheinung allein aus der Lageverschiebung des Tuber calcanei bei der Dorsalflexion zu erklären, wobei die Achillessehne mit dem Tuber calcanei an die Tibiaachse heranrücke. Die Abhebung der proximalen Partie der Sehne wird auf die Ent- 152 Hedwig Frey fernung des »selbständigen Stückes der Gastroenemiussehne« und diese auf die Beugung des Unterschenkels zurückgeführt. Dieser Erklärung kann ich nur teilweise zustimmen, denn 1. entspricht sie nicht ganz den anatomischen Verhältnissen, da die Verwachsung von Gastroenemius und Soleus nur in 35°/, distal von den Gastroenemius- bäuchen stattfindet, und eine derartige Trennung beider Muskeln, wie ATHABEGIAN sie (Fig. 19) annimmt, nur in sehr wenigen Fällen beim Menschen anzutreffen ist; 2. hat das Beugen des Unterschenkels höchstens für den medialen Kopf eine geringe Abhebung von der Abseissenlinie zur Folge, da der Ursprung nicht im entferntesten so weit proximalwärts reicht, wie die schematische Fig. 19 angibt. Nach meiner Ansicht ist die aus der Kontraktion in dieser Stellung resultierende Verdickung allein die Ursache einer Entfernung von der Abseissenlinie; und das Heranrücken des unteren Teiles der Achillessehne wird durch die Lageverschiebung des Tuber calcanei nach vorn (S. 13) sowie durch die andersartige Inanspruchnahme des Soleusbedingt. Diein Satzg ausgesprochene Erscheinung bestätigt viel- mehr die Ansicht, daß der menschliche Soleus die Feststellung des Unter- schenkels bei aufrechter Haltung des Körpers ermöglicht. Die Kontrak- tion des Soleus muß infolge dessen morphologischen Baues in einer Verdickung der distalen Partie der muskulösen Trieepsmasse, also in einer Abhebung des unteren Teiles der Achillessehne sich äußern. In der genannten Stellung nimmt aber der Unterschenkel eine Lage zur Längsachse des Fußes ein, wie sie bei den Affen die Regel ist. Der Soleus wird für die bei der aufrechten Haltung nötige Arbeit nicht in Anspruch genommen; er unterstützt höchstens die Gastro- enemii, welche nicht die Streckung des Fußes, sondern die Fi- xierung des Fußgelenkes bewirken. Demnach wird die Achilles- sehne distal der Abscissenlinie sich nähern, 1. infolge der Lage- verschiebung des Tuber calcanei nach vorn und 2. weil der vorher für die Aufrechthaltung des Unierschenkels kontrahierte Soleus sich nun entspannt, und eine Abhebung der Sehne nur proximal infolge der Verdiekung der Gastroenemii erfolgt. Im Satz h lautet es: »Wenn man sich bei nach vorne gebeugtem Knie auf die Zehen erhebt, so entfernt sich die Achillessehne von der Tibia.« Diese Beobachtung läßt sich folgendermaßen erklären. In der genannten Stellung, welche eine große Kraftleistung erfordert, wird wohl der ganze Triceps surae in Anspruch genommen, und die Annahme einer Ausschaltung des Gastroenemius dabei (ATHABEGIAn, $. 24) ist nicht berechtigt. Der Soleus wird in diesem Falle nicht zur Aufrecht- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 153 haltung des Unterschenkels, sondern zur Unterstützung beider Gastroenemii bei der Streekung des Fußes und dessen Fixierung beansprucht, welche bei gebeugtem Knie einer Zwangslage gleich- kommt. Die Lageverschiebung des Tuber calcanei mag für die in den distalen Partien zuweilen stärker erfolgende Abhebung mit- verantwortlich sein. Aus dem Gesagten leite ich ab, daß die Gastrocnemii beim Menschen für die Streckung des Fußes, der Soleus für die Aufrecht- haltung des Unterschenkels aufzukommen haben. Wenn letztere nicht in Betracht kommt, so kann der Soleus die Gastrocnemii in ihrer Tätigkeit unterstützen, auch die Fixierung des Fußgelenkes übernehmen. Beide Muskeln zeigen in ihrem morphologischen Bau die Anpassung an,ihre Aufgaben: die Gastroenemii sind maßgebend für die verschieden hohen Grade der auszuführenden Bewegungen, und der Soleus ist dabei für eine extreme Kraftleistung eingerichtet. 3. Hebelarme und Muskelleistung bei den verschiedenen Bewegungsarten. Nach Besprechung der Wirkung der einzelnen Glieder des Tri- ceps surae soll nunmehr von einem anderen Standpunkte aus die gemeinsame Arbeitsleistung des Muskels beleuchtet werden. Dies ist um so mehr erforderlich, als bei den Affen von einer Arbeitsteilung noch nicht gesprochen werden kann. Die drei Muskeln arbeiten gewissermaßen an einem Hebelapparat mit ungleichen Hebelarmen. Der Drehpunkt (d) dieses Apparates fällt, wie aus Fig. 77 ersichtlich ist, mit der Achse der Artieulatio talo-cruralis zusammen. Der hin- tere kurze Hebelarm (r) entspricht der Entfernung vom Drehpunkte bis zu dem am weitesten dorsalwärts vorragenden Punkt des Tuber calcanei (c), d. i. bis zum Angriffspunkt der Muskeln am Fuße. Der vordere lange Hebelarm () wird durch den Abstand des Drehpunktes vom Metacarpo-Phalangdalgelenk (a) bestimmt. Als Drehpunkt wählte ich auf Grund besonderer Untersuchungen den Unterrand des Mal- . leolus medialis. Diese Wahl erlaubt es, meine Befunde mit denen von ATHABEGIAN 03, S. 10 zu vergleichen; sie verträgt sich mit den von den Autoren getroffenen Bestimmungen des Drehpunktes. ATHA- BEGIAN Schreibt hierüber: »es bleibt uns nun die Annahme übrig, daß die Achse des oberen Sprunggelenkes unterhalb der Prominenz in der Nähe des unteren Randes des Malleolus medialis austrete«. Die Länge der Hebelarme wurde in Maßen durch Projektion auf die Plantarfläche bestimmt (physiologischer Hebelarm), und um sie 154 Hedwig Frey nun mit denen bei den verschiedenen Species vergleichen zu können, in Prozenten zur Tibialänge ausgedrückt. Dieser Methode entspre- chend nahm ich als Endpunkt des vorderen Hebelarmes nicht das Metacarpo-Phalangealgelenk selbst, sondern den prominentesten Punkt des am weitesten distal gelegenen Metacarpo-Phalangealballens (b), welcher beim Akte des Auftretens des Fußes in Frage kommt. Der Abstand (m’) vom Drehpunkt bis zur Spitze der längsten Zehe (x) ist ebenfalls einem Vergleich mit dem hinteren Hebelarm unterzogen worden; doch da die Zehen nur als Anhangsglieder bei den ver- schiedenen Lokomotionstypen ver- schiedensich betätigen, so sollen die diesbezüglichen Ergebnisse erst in zweiter Linie Erwähnung finden. Bei der Kontraktion des Tri- ceps surae wird der hintere Hebel- arm gehoben, und die Bewegung - wird auf den vorderen übertragen. Diese Arbeitsleistung ist von zwei Faktoren abhängig: a) von der Kraft der bewirkten Kontraktion und b) von der Länge der Hebel- arme. Die Kraftleistung des Tri- ceps surae ergibt sich aus der Mächtigkeitsentwicklung der ein- zelnen Muskeln, bezw. aus der Fig. 77. Triceps surae und der Hebelapparat. n hinterer, m vorderer Hebelarm; m‘ verlängerter Hebelarm der Affen; d Drehpunkt des Hebels; p und g die Summe der Quersehnitte aller Muskelbündel. Die Wichtigkeit der Hebelarmlänge entspricht dem einfachen Hebelgesetz, wonach die beiden auf den Hebel wirkenden Kräfte in umgekehrtem Verhältnis ihrer Entfernung vom Drehpunkt stehen. Ist also der hintere Hebelarm verlängert, so erfolgt bei gleicher Arbeitsleistung (p) eine vermehrte Kraftwirkung (g), welche sich im Überwinden des Widerstandes bei der Abwicklung des Fußes vom Boden geltend macht, und umgekehrt. Entsprechend diesem Verhalten hat eine Verlängerung des vorderen Hebelarmes bei gleicher Kraftleistung und gleicher Länge des hinteren entgegengesetzt wirkenden Kräfte. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 155 Hebelarmes eine geringere Kraftwirkung zur Folge, wobei der Punkt (b’) einen größeren Bogen beschreibt. Die Wirkung einer Veränderung am hinteren Hebelarme wurde experimentell durch MArErY (zitiert von LE DougLe ’97, S. 477) klar- gelegt. MArey verkürzte den Calcaneus bei Kaninchen ungefähr um die Hälfte der Länge des hinteren Hebelarmes und stellte als Folge hiervon eine Verkürzung des Muskelbauches zugunsten der Endsehne fest. Es betragen, wenn ich MArEys absolute Maße prozentualisch wiedergebe, beim normalen Kaninchen die Sehnenlänge 49 9), - - - - Muskelbauchlänge 51 %%,, - operierten 5 - Sehnenlänge 35 9%, - - - - Muskelbauchlänge 65 °/, der totalen Muskellänge. Dieser Befund beweist zunächst nur, daß ein Muskel bei Änderung seiner funktionellen Bedingungen auch das Volumen seiner muskulösen Teile verändert, daß er in diesem Fall auf die Verkürzung des hinteren Hebelarmes hin mit einer Verkürzung des Muskelbauches reagiert. Inwiefern durch diese Er- scheinung eine stärkere Kraftleistung ausgeübt werden könne, bleibt zunächst unerklärt. Diesbezüglich ist der gleiche, von JOACHIMS- THAL ’96 (zitiert von MArEy) an Katzen ausgeführte Versuch um so wertvoller, als durch ihn nachgewiesen ist, daß mit der Verkürzung der Muskelbäuche auch eine Vermehrung ihrer Faserbündel statt- gefunden, wobei die Sehne sogar um ein Drittel an Dicke zugenom- men hat. Das Ausschlaggebende an diesen Versuchen ist die Zu- nahme der muskulösen Elemente oder die Verkürzung der Muskelbündel, welche das Erfordernis für eine vermehrte Kraftleistung ist. Wurde der Hebelarm durch den operativen Eingriff verkürzt, so mußte für eine gleiche Arbeitsleistung eine größere Kraft entwickelt werden. Das Längenmaß der Kontraktion durfte dann ein geringeres sein, was zugleich mit der erfolgten Verkürzung des Muskelbauches in günstigem Verhältnis sich befand. Der Versuch zeigte demnach, daß nicht die Länge des Muskelbauches für die Kraftleistung, son- dern die Kürze der Muskelbündel oder die Summe ihres Querschnittes maßgebend war. Vergleichen wir nun bei den verschiedenen Primaten die in Frage kommenden Faktoren. Fig. 72—74 gaben hierfür ein Bild von der verschiedenen Mächtigkeitsentwieklung des Triceps surae. ‚Ich kann mich z. T. auf die damals gewonnenen Ergebnisse beziehen. Fig. 78 gibt die verschiedene Länge der beiden Hebelarme an. Diese 156 Hedwig Frey sind bei allen Species auf eine Gerade orientiert, welche der Ver- bindung sämtlicher Drehpunkte entspricht. Um die Differenzen in der Länge des hinteren Hebelarmes deutlicher zum Ausdruck zu bringen, habe ich die ihn betreffende Kurve in vergrößertem Maß- stabe angelegt. Wenn wir die Ausbildung des hinteren Hebelarmes ins Auge fassen, so fällt der Unterschied auf, welcher zwischen Fig. 78. | 720 770| | ! x =. hal. ’ ı ’ S Drehungsachse SERIE > 7) 3 u 2 g Be R Fe o & >>] u ES U ES DS Rn DIE © 2 a SUR UrEEr I SI g Se I I S Q NS BJ g RS = en: 1 Sy IR AD ES EEE QS Su IS RE PR, LEHE, SR TEREEE £ S or ER TER 3 S Sa jur T Hinterer (rn) und vorderer (m) Hebelarm; verlängerter vorderer Hebelarm der Affen (m‘), in %/% der Tibialänge ausgedrückt und auf die Drehungsachse orientiert. Bezeichnungen wie in Fig. 77. Anthropomorphen und Menschen einerseits, den niederen Affen und Hylobates anderseits besteht. Letztere zeigen einen bedeutend kür- zeren Hebelarm als erstere. Galago, Papio, Macacus, auch Semno- pithecus entfernen sich durch den Besitz eines etwas größeren Hebel- armes von der Reihe der übrigen niederen Affen. Zwischen der Loko- motionsart dieser Tiere und den Merkmalen, welche für die Mäch- . tigkeitsentwicklung maßgebend sind, läßt sich nun eine gewisse Kor- , relation herausfinden. Galago, der ausgezeichnete Springer, weist Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 157 neben kürzeren Muskelfaserbündeln einen größeren Hebelarm auf; die Kraftäußerung wird also eine relativ große sein. Papio hat einen mäßig kräftigen Triceps surae, welcher aber bei einem beden- tenden Hebelarm eine gleiche Wirkung erzielen kann. Bei den Semnopitheeinen, welche ebenfalls als gute Springer bekannt sind, ' muß eine geringe Bündellänge sämtlicher Glieder des Triceps surae _ die weniger starke Ausbildung des hinteren Hebelarmes ausgleichen. Die übrigen niedrigen Affen zeigen gleichmäßig einen kurzen Hebel- arm. Eine ansehnliche Länge der Muskelbündel läßt bei ihnen eine große Exkursionsbreite erwarten, während die Mächtigkeit der Mus- keln keine bedeutende ist. Die Arbeitsleistung wird sich also weniger in großer Kraftentfaltung als in ausgedehnten Bewegungen äußern, und dieser Umstand ist dem Klettervermögen dieser Tiere angepaßt. Hapale allein ist durch kurze Muskelbündel des Trieceps surae zu einer kraftvolleren Muskeltätigkeit befähigt. Während die Länge des hinteren Hebelarmes im allgemeinen innerhalb der einzelnen Species nicht erheblich variiert, trifft dies für Zemur und die Pa- pionen zu. Die Variation ist wohl eine Folge der Anpassung an eine Lokomotionsweise. So nähert sich Lemur catta als Vertreter eines guten Springers (MoLuısox ’10) den bei Galago herrschenden Zuständen, während L. rufus einen viel kürzeren Hebelarm besitzt. Zwischen beiden steht Lemur macaco. Die Hylobatiden verhalten sich als gute Kletterer teilweise wie diejenigen unter den niederen Affen. Eine kurze Bündellänge des Triceps surae läßt sie zugleich den Springern nahe treten, was besonders für die beiden H. syndac- tylus zutrifft, welche durch eine größere Hebelarmlänge und kürzere Muskelbündel sich auszeichnen. Beide Exemplare von Syndactylus stehen in diesen Merkmalen über Aylobates leuciscus, welcher mit den niederen Affen sich gleichartig verhält. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den Anthropomorphen und dem Menschen. Jene besitzen einen außerordentlich langen, hinteren Hebelarm; auch bei diesem ist derselbe noch sehr bedeutend. Die Anthropomorphen vermögen durch lange Bündel und durch weit distalwärts reichende Muskelbäuche eine große Exkursionsbreite bei verhältnismäßig ge- ringer Kraftwirkung zu erzielen. Beim Menschen arbeiten alle in Betracht kommenden Faktoren auf das gemeinsame Ziel hin, eine sroße Kraftentwicklung bei geringer Exkursionsbreite zu entfalten. Kurze, energisch wirkende Muskelbündel vergesellen sich mit einem langen Hebelarm, der die große Kraftleistung der Muskulatur hoch- gradig begünstigt. 158 Hedwig Frey Bringen wir auch die Länge des vorderen Hebelarmes () mit in Rechnung, so finden wir bei sämtlichen niederen Affen und bei Hylobates denselben ziemlich lang, wodurch die vorwiegend herr- schende Kletterfunktion begünstigt ist. Bei den Formen mit gutem Springvermögen macht sich keine Besonderheit geltend, so daß die erforderte vermehrte Kraftleistung durch die Ausbildung des hinteren _ Hebelarmes und den Bau des Triceps surae geliefert werden muß. Nyeticebus und die Lemurinen kompensieren durch eine Ver- kürzung des vorderen Hebelarmes entweder die geringe Kraftent- wicklung der schwachen Muskeln (Nyeticebus) oder den bei der Springbewegung nötigen Kraftzuwachs (Lemurinen). Die Anthropo- morphen lassen durch einen außerordentlich langen vorderen Hebel- arm erkennen, daß die Fußstrecker noch im strengen Dienste des Kletterns sich befinden, und zwar besonders bei Orang, bei welchem die Kraftleistung der Fußstrecker durch die enorme Länge des Hebel- armes stark beeinträchtigt ist, dafür aber eine große Exkursions- breite der distalen Fußpartien erlaubt. Beim Menschen macht sich diesbezüglich die Erzielung eines größtmöglichen Kraftgewinnes durch Verkürzung des vorderen Hebelarmes geltend. Auf Diffe- renzen zwischen rechter und linker Seite werde ich im anthropolo- gischen Teile kurz eingehen. Wenn wir die Betrachtung auf die Verlängerung des Hebels, d. h. auf die Strecke (m’) der Figur, ausdehnen, bei welcher die Wir- kung des Triceps surae nicht durchweg in Betracht kommt, so fällt die Übereinstimmung der Verhältnisse mit dem Hebelarm m auf. Bei der vorwiegenden Kletterweise der Affen kann die ganze Strecke m’ als ein vorderer Hebelarm angesehen werden, welcher einen erheb- lichen Längenzuwachs desselben darstellt und eine Verminderung des Krafteffektes zur Folge hat. Beim Menschen, wo die Zehen, unter Streekung des Fußes, vom Boden abgewickelt werden, nur als Anhangsglieder funktionieren, stellen letztere auch keine Verlänge- rung des Hebelarmes dar. Dieser ist also tatsächlich viel kürzer als der der Affen, welcher eine funktionelle Verlängerung erfährt. Papio zeigt allein die Tendenz zur Verkürzung des vorderen Hebel- armes, wahrscheinlich in Anpassung an eine gehende oder springende Bewegungsart. Am deutlichsten wird uns der Unterschied des Verhältnisses zwischen beiden Hebelarmen vor Augen geführt, wenn wir den hin- teren Hebelarm (r) in Prozenten des vorderen (m) ausdrücken. Fig. 79 gibt die erhaltenen Indices wieder. Eine große Kluft trennt sämt- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 159 liche Affen vom Menschen. Für eine maximale Kraftentfaltung sind die Hebelverhältnisse beim Menschen eingerichtet. Bringt man die übrigen Merkmale, Bündellänge und Mächtigkeit der Muskeln, damit in Zusammenhang, so ergibt sich der Krafteffekt noch vergrößert. Die Bäuche der menschlichen Gastroenemii sind wohl relativ am kürzesten, wirken aber durch vorteilhafte Ausbildung der anderen Index aus Hebelarm 22100 22300 m? Nycticebus Galago Lemur Hapale Cebus Areles Papio Macacus Cereocebus Cercopithecus Semnopithecus Hylobates Orang Schimpanse Gorilla Index der Hebelarme: der hintere Hebelarm in seinem Verhältnis zum vorderen. Bezeichnungen wie in Fig. 77. Merkmale kräftiger als die’ längeren der Affen. Zudem ist ihr Wir- kungskreis auf die eigentliche Streekung des Fußes beschränkt; während die große Kraftleistung für die Aufrechthaltung des Unter- schenkels dem Soleus zugewiesen ist. Daß dieser seiner Aufgabe gerecht werden kann, dafür sorgen sein morphologischer Bau, sowie die äußerst günstigen Hebelverhältnisse. Bei den Affen finden wir im ganzen eine Bestätigung des oben Gesagten. Für die vorwie- gende Kletterfunktion ist eine weniger große Kraftäußerung erfor- 160 Hedwig Frey derlich, dagegen eine größere Exkursionsbreite der distalen Fuß- partien. Die verschiedenen Lokomotionsarten treten in den erhaltenen Indices besonders deutlich hervor. Die Springer, unter ihnen die Macacen, heben sich durch einen hohen Index von den übrigen Affen ab, besonders von Schimpanse und von Gorilla, welche durch ihre erworbene Gangart eine Annäherung an den Menschen andeuten. Bringen wir schließlich noch den hinteren Hebelarm (r) zu dem bei den Affen physiologisch verlängerten m’ in Beziehung, so bleiben die Resultate dieselben. Macacus stellt sich mehr in die Reihe der Kletterer, was ihm auch eigentlich zukommt. Für den Menschen ist eine Verlängerung des Hebelarmes » physiologisch ausgeschlossen, und ich habe den anatomischen Index nur der Vollständigkeit halber angedeutet. Die Untersuchung über die Funktion des Triceps surae ergab folgende Resultate: 1. Beide Gastroenemii wirken als Strecker des Fußes; eine Beu- gung des Unterschenkels dureh sie ist so gut wie ausgeschlossen. Die Streckung des Fußes wird abwechselnd von den beiden Gastro- enemii übernommen, beim Ausschreiten vom medialen, beim Abheben des Fußes vom lateralen Kopfe. 2. Der Soleus ist bei den Affen nur ein Streeker des Fußes, besitzt beim Menschen seine Haupttätigkeit in der Aufrechthaltung des Unterschenkels und unterstützt außerdem die Gastroenemii im Streeken oder im Fixieren des Fußes. 3. Der Triceps surae arbeitet an einem ungleicharmigen Hebel- apparate. Der hintere kurze Hebelarm ist bei den Anthropomorpben und dem Menschen am längsten, bei den Kletterern am kürzesten. Die Springer unter den niederen Affen nehmen eine vermittelnde Stellung ein. Der vordere lange Hebelarm verhält sich bei den’ niederen Affen und Aylobates dem Menschen gegenüber umgekehrt, ist bei den ersteren lang, beim letzteren kurz. Er ermöglicht ge- . meinsam mit dem hinteren Hebelarm beim Menschen eine extreme Kraftentwicklung, bei den niederen Affen und Aylobates eine gerin- gere, hingegen eine ausgedehnte Exkursionsbreite. Bei den Anthro- pomorphen ist ein langer hinterer Hebelarm mit einem sehr langen vorderen kombiniert: die vermehrte Kraftleistung wird zum Teil auf- gehoben durch den langen vorderen Hebelarm, aber eine größere Exkursionsbreite der distalen Fußpartien wird dadurch gewonnen. 4. Ein Index, gebildet aus hinterem und vorderem Hebelarm, läßt die Korrelation zwischen Länge der Hebelarme und Lokomo- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 161 tionsart erkennen. Der höchste Index wird beim ausschließlichen Gänger, beim Menschen, angetroffen. In weitem Abstand voneinander folgen Gorilla und Schimpanse, die sich nur zuweilen als Gänger betätigen. Die Springer überragen mit einem höheren Index die Kletterer (und Hangeler), deren Hebelarme den niedrigsten Index aufweisen, also auf eine möglichst große Exkursionsbreite einge- richtet sind. IX. Ausbildung des Tuber calcanei. Bei der Untersuchung der Insertionsverhältnisse des Triceps surae ist mir aufgefallen, daß die Ausbildung des Tuber calcanei Fig. 80. EN © Breite des Tuber calcaneı S ES Ö 12 n 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 .) % Sostei er S SE un IS Ta ® PFERD 8 RI ee en ER EN > a a ae) as ee en RE I er AR. OR a ER Breite und Höhe des Tuber calcanei in % zur Tibialänge. beim Menschen absolut und relativ eine sehr starke, viel ansehnlichere als bei den Affen ist. Da ich annahm, daß dies in Zusammenhang stehen könnte mit dem Bau des Triceps oder mit dessen Kraftleistung, so zog ich die Breiten- und Höhenentwicklung des Tuber caleanei in den Kreis der Betrachtung. Als Höhe bestimmte ich die projek- tivische Entfernung vom Processus medialis tuberis ealecanei zum proximalsten Punkt desselben. Beide Maße wurden in Prozenten der Tibialänge ausgedrückt. Fig. 80 bringt die Befunde zur ‘An- schauung. Morpholog. Jahrbuch. 47, 3 162 Hedwig Frey Was die Breite des Tuber calcanei anbelangt, so ist es einleuchtend, daß eine Zunahme derselben für den Trieeps surae eine verbesserte Insertionsmöglichkeit bietet. Eine solche wird also überall da zu erwarten sein, wo sich bei der Kraftübertragung auf den hinteren Hebelarm ein größeres Maß von Kraftleistung geltend macht. Diese Fälle werden sich zugleich mit einer Zunahme des hinteren Hebelarmes decken müssen, die auch stets zu beobachten ist, wenn eine möglichst große Kraftwirkung ausgelöst werden soll. Die Untersuchung zeigt demnach eine Übereinstimmung der genannten Merkmale und eine Abhängigkeit der Breite des Tuber calcanei von der Art derLokomotion: Das schmalste Tuber weisen die Kletterer auf; über ihnen stehen mit einer bedeutenderen Breite die Springer wie Galago, Papio und z. T. die Semnopithecinen. Hylobates verhält sich wiederum wie die Kletterer unter den niederen Affen. Der von mir untersuchte Orang nähert sich den Gängern, während Orang nach Untersuchungen von Lazarus ’96, S. 56 den Hylobatiden, somit den Kletterern, gleichgestellt werden kann. Schimpanse und Gorilla weisen gleiche Zustände wie der Mensch auf. Der von mir untersuchte Gorilla überholt letzteren noch. Nach Lazarus steht der Mensch mit dem breitesten Tuber calecanei durchaus an erster Stelle. Das ganze Verhalten zeigt somit eine große Übereinstimmung mit der Ausbildung des hinteren Hebelarmes; ein Vergleich der Kurven (Fig. 78 u. 80) läßt die Korrelation deutlich erkennen. Die Höhe des Tuber calcanei scheint in ähnlichen Beziehungen zu stehen, wenn wir von einer Abweichung bei Ateles absehen. Wie- derum überholen die Springer Galago, Papio und die Semnopithe- einen die Kletterer unter den niederen Affen und Hylobates, wäh- rend die Anthropomorphen zum Zustand des Menschen mit sehr hohem Tuber überleiten. Ich kann die Bedeutung dieser Verhält- nisse nicht erklären; doch darf man wohl annehmen, daß sie eben- falls mit der Anpassung an die verschiedene Arbeitsleistung in irgend- welcher Beziehung sich befinden. In dieser kurzen Betrachtung findet sich eine Ergänzung zu den Ausführungen über die Funktion des Triceps surae. Selbst scheinbar abseits liegende Merkmale können an der verschiedenen Arbeitsleistung beteiligt sein. Wenigstens ist für die Breitenent- wicklung des Tuber calcanei eine sichere Korrelation mit der Arbeits- leistung nachweisbar. Für die Höhenausbildung ist diese Wechsel- beziehung nicht bekannt, aber immerhin ist sie annehmbar. Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 163 X. Varietäten des Triceps surae. 1. Varietäten des Gastrocnemius. Der Gastroenemius ist ein sehr konstanter Muskel und ist nur selten Variationen unterworfen. Am häufigsten ist das Auftreten eines dritten Kopfes. Zunächst seien einige in der Literatur aufge- gebene Varietäten vorgeführt, welche ich selbst nicht beobachtet habe. 1. Fehlen des Gastroenemius lateralis (SHEFFERD ’80 zitiert von LE DougLe ’97, S. 305) oder Reduction desselben zu einer Sehnenplatte (Le DouBLE und MACALISTER zitiert von LE DOUBLE). Beide Fälle können in der Tatsache eine Erklärung finden, daß der laterale Gastrocnemius bei den Affen noch sehr mächtig, beim Men- schen aber verhältnismäßig viel schwächer ist als der mediale. Dieser hat eine Zunahme, jener eine Abnahme erfahren, was mit der Ver- schiebung des Schwerpunktes der statischen Verhältnisse des Fußes auf die tibiale Seite zusammenhängt. Eine sehr weitgehende Ab- nahme des Umfanges scheint nun den lat. Gastroenemius zu einer Sehnenplatte umwandeln zu können. Ob dem Zustande des »Fehlens« dieses Muskels ein gleicher Reductionsvorgang vorausge- gangen sei, ist schwer zu entscheiden, da die Entstehungsweise des Soleus aus dem lateralen Gastrocnemius hier noch in Frage kommt. Es ist daran zu erinnern, daß das Fehlen eines lateralen Kopfes bei den Monotremen durch das Herabsteigen des Muskels auf die Fibula zwecks Bildung eines eingelenkigen Muskels hat erklärt werden können. 2. Vollständiges Fehlen beider Gastroenemii: SHEFFERD (zitiert von Tesrur ’84, S. 655) beobachtete ein solches bei einem weiblichen Individuum, CHupzisskı ’94, S. 487) deutete es als einen pathologischen Zustand. Ich möchte in ihm eine Entwicklungshem- mung sehen. 3. Verdoppelung der Gastroenemii fand Le Dousue '97, S. 303 bei einer Frau, deren Gastroenemii in ganzer Ausdehnung aus zwei Lagen gebildet wurden. Auch MAcALISTER ’73, 8. 118 er- wähnt einen solchen Fall. Für die Entstehungsweise ist eine Längs- spaltung nicht ausgeschlossen. 4. Die Fleischmasse des Caput laterale ist stärker und reicht tiefer als die des medialen herab. Dieser Fall (CuyEr ’9, S. 468) wurde rechtsseitig bei einem Weißen beobachtet, an dessen linkem Bein beide Muskelbäuche gleich lang waren. Am gleichen Individuum fehlte der Plantarisund bestanden im ganzen 14 Muskel- 13% 164 Hedwig Frey anomalien. CHunzissk1 (nach LE Dougre ’97, S. 304) fand bei einem Neger den Bauch des lateralen Gastroenemius um 5 cm länger als den medialen. Hier liegen allem Anscheine nach Rückschläge vor, welche auf Zustände bei den niederen Affen hinweisen, bei welchen der laterale Gastrocnemius der stärkere ist, und sein Bauch tiefer herabreieht als der mediale (Fig. 40). Ich fand den medialen Gastro- cnemins ohne Ausnahme kräftiger als den lateralen; aber in 20), der Fälle gingen die Bäuche in der gleichen Höhe in die Sehne über. Der laterale Kopf konnte sogar um 1—5 mm tiefer reichen, während der mediale in der Regel nicht unbedeutend länger ist. 5. Trennung beider Gastrocnemii bis unmittelbar zur In- sertion am Caleaneus. Diese Varietät wurde durch LE DougLe S. 305 an einem Mann und einer Frau gefunden. Nach Testvyr wäre eine Trennung durch feine Präparation in einer großen Zahl der Fälle möglich, was ich aber oben auf das bestimmteste zurückweisen mußte. Die Verwachsung beider Köpfe durch sich kreuzende Ele- mente der Insertionssehnen ist regelmäßig eine recht innige. Eine Trennung läßt sich nur durch eine weitgehende Differenzierung beider Muskeln erklären, wie sie bei einigen Vertretern der niederen Wirbel- tiere in der Regel vorkommt und bei verschiedenen Primaten in ver- schiedenem Grade sich vollzogen hat. 6. Der Gastroenemius verbindet sieh nieht mit dem Soleus und dieser inseriert unabhängig, fleischig am Calcaneus. LE Dousre ’97, S. 305 fand diesen Zustand beidseitig bei einer Frau und erwähnte einen solchen von einem Neger (nach BANKART, PyE SmitH und PhıLıps). Testur ’84, S. 657 erwähnt einen Fall, wo die Verwachsung erst 2 cm über dem Calcaneus stattgefundeu hat. MACALISTER ’73, S. 118 führt Ähnliches an. Alle diese Befunde sind wie die vorhin genannten Fälle mit weitgehender Trennung hoch- gradig spezialisiert und schließen sich an diejenigen niederen Catar- rhinen an, bei denen die Trennung z. T. ganz erreicht ist. Beim Menschen ist im allgemeinen eine hohe Verwachsung die Regel. Ein großer Prozentsatz der menschlichen Solei neigt aber zu größerer Selbständigkeit gegenüber dem Gastrocnemius hin. 7. Einen dritten Kopf des Gastrocnemius (=G. accessorii) traf ich in 1,7 %,. Testur ’84, S. 651 nahm an, daß die überzäh- ligen Bündel für die Tendenz beider Gastroenemii zeugen, sich zu einer untrennbaren Masse zu verbinden und deshalb den zwischen ihnen liegenden Raum auszufüllen suchen. Bei der Schilderung des ontogenetischen Verhaltens beider Gastroenemii versuchte ich bereits, Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 165 eine Deutung des Auftretens eines dritten Kopfes zu geben, und ich habe hier nur zu wiederholen, daß in diesen verschieden kräftigen, accessorischen Bündeln ein abgespaltener Rest des vom lateralen Condylus fem. medianwärts gewanderten Gastrocnemius medialis erblickt werden müsse. Eine Bestätigung dieser Annahme dürfte jene von HeExte "71, S.288 erwähnte Varietät darstellen; er schreibt: »ich sah den medialen Kopf an einem Sehnenbogen entspringen, der vom Epicondylus über die Vasa poplitea hinweg zur Mitte des Pla- num popliteum gespannt war«. Dieser Fall läßt zugleich die Art und Weise erkennen, wie die Wanderung des medialen Ursprungs- teiles über Gefäße und Nerven hinweg geschieht, und erklärt das Vorkommen von accessorischen Bündeln, welche von der fas- cialen Nervengefäßscheide entspringen (HıyTERstoIssEr erwähnt die Möglichkeit eines solchen Vorkommens). Der Gastroenemius tertius, wie er auch genannt wird, hat vielfach seinen alten Ursprung neben dem Condylus lat. femoris am Planum popliteum oder die Beziehungen zur hintern Kapselwand sich bewahrt, oder ist, was noch häufiger. vorkommt, auf das distale Ende der Linea aspera femoris lateralis gerückt. Er kann aber auch die Wanderung des Gastroenemius medialis teilweise mitgemacht haben und dann am Planum popliteum zwischen beiden Condylen oder an der Linea aspera medialis femoris entspringen. Die Beziehungen zum Femur sind ausnahmsweise keine so innigen geblieben, so daß er dann nur von der Fascia poplitea, in seltenen Fällen sogar (HINTERSTOISSER ’87, S. 417) noch von der fas- cialen Nervengefäßscheide entspringt. Le DousLe ’97, S. 309 führt eine größere Zahl von überzähligen Gastrocnemii an, welche aber alle die obigen Ursprungsgebiete aufweisen. Mit HINTERSTOISSER ist zu betonen, daß ausschließlich nur die so gekennzeichneten Muskelbündel als dritter Kopf des Gastroenemius ausgegeben werden dürfen; denn nur sie haben mit dem Gastrocnemius gemeinsame Herkunft. Es kommen nämlich als Varietäten auch accessorische Bündel vor, welche von den Unterschenkelbeugern entspringen und in der Tat deren Abkömmlinge sind, keine selbständige Bedeutung besitzen und erst sekundär mit dem Gastroenemius in Beziehung gelangt sind. MacA- LISTER ’73, S. 118, HALLIBURTON ’81 und Testur ’84 führen solche Beispiele fälschlicherweise als accessorische Gastroenemii an. Ich werde auf diese unechten Gastroenemii tertii zurückkommen und vor- her über Vorkommen, Verlauf und Insertion des eigentlichen dritten Kopfes des Gastrocnemius einiges mitteilen. Über die Häufigkeit des Vorkommens liegen keine An 166 Hedwig Frey vor. Meine Untersuchungen ergeben den niedrigen Prozentsatz von 1,7; es kamen auf 120 Individuen zwei Fälle. Ich fand auf dem Präpariersaale zwar noch einige Fälle; doch gehörten sie nicht zur streng gewählten Untersuchungsreihe und würden, hier mit berück- sichtigt, als Auslese unter vielen Objekten, die Frequenzziffer der Wirklichkeit nicht entsprechend verändern; sie wurden bei der Berech- nung ausgeschaltet. Die in der Literatur verzeichneten Fälle sind eben- falls als Beispiele für diese Varietät nur herausgegriffen, so daß die von MACALISTER (’75, S. 118), Testur (/84, S.650) und GLAESMER ’10 ge- botenen Übersichten wohl ein Bild von den in diesem Gebiet mög- lichen Mannigfaltigkeiten geben, aber keinen Schluß auf die Häufig- keit des Auftretens erlauben. Über den Verlauf des Gastroenemius III. machte Hiyrer- STOISSER (87, S. 415) wertvolle Angaben. Außer ihm berichteten fol- sende Autoren über den Verlauf. Woon (’68, S. 516) fand bei zwei Individuen, das eine Mal (©) beidseitig, das andere Mal (G!) nur links, 2 getrennte Köpfe, welche, fleischig am Planum popliteum entspringend, zu beträchtlichem Muskelbündel sich vereinigten und über der Verwachsung beider Gastroenemiusköpfe in den medialen Kopf sich einsenkten. Woop’s als »Plantaris mit doppeltem Bauche« aufgeführte Varietäten gehören wohl auch zu den Gastrocnemii accessorii, da deren Ursprung und Insertion durchaus den ihnen zu- kommenden Verhältnissen entsprechen. CHUDZINSKI ’94 beobachtete bei zwei Negern accessorische Muskelköpfe von 17 und 9 mm, bei einem Weißen einen Muskel von 23 mm Breite und mit dem Ursprung von der Facies poplitea; er gab die Insertion nicht an. LE DougLe (’97, S. 309) berichtete u. a. von einer Varietät bei einem Mädchen, an der das accessorische Bündel im Bindegewebe zwischen Soleus und Gastroenemius sich verlor. Einen ähnlichen Fall zitiert er nach MAcALISTER. FORSTER '04 beobachtete bei einem Papua-Neugeborenen beidseitig und direkt neben dem Ursprung des Gastrocnemius later. einen acces- sorischen Gastrocnemius. Dieser zeigte aber durch seinen Übergang in den medialen Gastroenemius beiderseits die Zugehörigkeit zu diesem. Die Literatur enthält noch eine Reihe anderer Beschreibungen dieser Varietätenform (vgl. Bankarr 69, S. 442, Pre SmirH HowsE and Davies CoLLey (71, S. 154), Bryce (’97, S. 613), TURNER (’97, S. 625). Ich beschränke mich jedoch darauf, die angeführten Befunde heranzu- ziehen, da sie Eigentümlichkeiten besitzen, welche als Ergänzungen meiner eigenen Beobachtungen für diese Darstellung wertvoll sind. Der Musculus trieceps surae in der Primatenreihe. 167 Eigene Beobachtungen: 1. Fall: links ©. Ein 12 mm breiter, 12 em langer Muskelbauch entspringt an der Facies posterior femoris über dem Condylus lateralis und ist zum Teil mit der Kapsel verwachsen. Die lateralen Ursprungs- fasern sind mit dem Plantarisursprung verbunden. Auf der Ventral- Fig. 81. Fig. 832. Art tibialis l / 11 | R N ni \ 7; Ari)! I 4 < Y oleus 1 N entfernt N D Li ( N \ \ -_. en Fig. Si. Homo. Linker Gastroenemius mit 3. Kopf; Insertion desselben fleischig am med. Gastro- enemius; die Art. tibialis geht zwischen beiden in die Tiefe. Fig. 82. Homo. Ein 3. Gastroenemius- Kopf inseriert mit kurzer Endsehne an der Verwachsung beider Gastrocnemii. a) Dorsalansicht, b) Ventralseite; man beachte die starke Zwischensehnenbildung (z), den Verlauf der med. und lat. Insertionssehne und die Grenze der Verwachsung mit dem Soleus. Die Lage des Soleus ist punktiert angedeutet. Gr. 1/4. seite des distalen Endes des Muskels tritt eine Sehne auf, welche in die Endsehne des medialen Gastroenemius nahe an deren lateralem Rande sich einsenkt. Rechts sind nur wenige schwache Muskelbündel wahrzunehmen. 168 Hedwig Frey 2. Fall, Fig. 81, links © (ob rechts eine ähnliche Bildung vor- handen gewesen ist, ist unbekannt): Der Muskel entspringt auf der medialen Seite des Planum popliteum über dem Condylus; er inse- riert fleischig am lateralen Rande des Caput mediale, 2 cm proximal von der Verwachsung beider Gastroenemii. Die Vasa poplitea dringen zwischen 3. Kopf und medialem Gastroenemius in die Tiefe und durchbohren den letzteren ge- wissermaßen. Diesem ähnlich ist der 3. Fall (aus der anatom. Sammlung Zürich), links: Nach gleichem Verlauf wie am vorigen Falle inseriert der Muskel ebenfalls am lat. Rande der Endsehne des medialen Gastroenemius, die Inser- tion erfolgt ganz allmählich nnd dehnt sich bis auf das 2. und 3. Viertel des Muskelrandes. Die Gefäße treten wie im vorigen Fall zwischen Gastroenemius med. und 3. Kopf in die Tiefe. 4. Fall, Fig. 83, g' nur rechtsseitig vorhanden: Der kräftige, 2 cm breite und 5 mm dieke Muskelbauch entspringt in der Mitte des Planum popliteum und geht in der Höhe der Verwachsung beider Gastrocnemii in eine schlanke Sehne über, welche derjenigen eines Plantaris ähnlich ist. Sie lagert in einer Rinne zwischen den Gastrocnemiusbäuchen, durch eine Fascie locker mit deren Boden verbunden, N und inseriert am Anfangsteile der End- Pan sehne des Gastroenemius, wobei sie in Be ee diese derartig sich einfügt, daß sie als die des Gastrocnemius über. Gr.14. ein integrierender Bestandteil einer ge- meinsamen Sehne erscheint. 5. Fall, Fig. 82a u. b, rechts (links unbestimmt), Q': Ein kurzer Muskel entspringt an der Kniegelenkkapsel in der Fossa intereondy- loidea und inseriert kurzsehnig am Caput laterale gastroenemii, nahe der Verwachsung beider Köpfe. An der Insertionsstelle ist eine eigentümliche Sehnenbildung, ähnlich einer Zwischensehne, wahrzu- nehmen. 6. Fall (Präparat der anatom. Sammlung Zürich) rechts: Der Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 169 Ursprung ist etwas höher gelegen als am vorigen Objekte; der Ver- lauf ist ein gleicher, und die Anheftung erfolgt ebenfalls am late- ralen Gastroenemius. Alle von den Autoren und von mir mitgeteilten Fälle zeigen das Gemeinsame des Ursprunges an der Facies post. femoris oder am Planum popliteum, wobei nur eine verschieden große Abweichung in der Ausdehnung proximo-, distal-, median- oder lateralwärts be- steht. Es handelt sich aber immer um Ursprungsgebiete, welche der mediale Gastroenemius bei seiner Wanderung vom lateralen Kopfe aus durchlaufen haben muß. Der distale Teil des accessorischen Kopfes kann entweder, was für die Fälle 1—3 zutrifft, mit dem Caput mediale in Beziehung gelangen oder kann, was nach HINTERSTOISSER selten ist, bei meinen Fällen immerhin zweimal vorkommt, mit dem Caput laterale verbunden bleiben. Die Trennung des accessorischen Kopfes von letzterem ist also nicht vollständig durchgeführt. Der accessorische Muskel kann wie ein normaler in Bauch und Sehne differenziert sein und geht dann mit letzterer, was ich nirgends be- schrieben finde, in die gemeinsame Endsehne über. Besondere Be- achtung verdienen der von WooD beschriebene Zustand mit doppelten accessorischen Bündeln und diejenigen Fälle, bei denen der 3. Kopf seinen Zusammenhang mit den Gastroenemiusbäuchen verloren hat. Alle überzähligen Muskeln sind kaum als Verstärkungen der überaus kräftigen Gastroenemii anzusehen, wie CHUDZINSKI 94 und LE DOUBLE (’97, S. 452) annehmen. Der Kraftzuwachs wäre ein überaus geringer. Die Ergebnisse der vergleichenden Ontogenie und der Unter- suchungen der Ursprungsverhältnisse dieser Muskeln im besonderen berechtigen dazu, bei der früher geäußerten Ansicht zu beharren, daß die verschiedenen Formen dieser accessorischen Muskelformen aufeinen ursprünglichen Zusammenhang mit den Gastroenemiusköpfen hinweisen. Diese echten Gastrocnemii tertii unterscheiden sich gerade durch ihre Herkunft von jenen Muskelbündeln, welche aus den Unter- schenkelbeugern (M. biceps femoris caput longum oder M. semi- tendinosus) hervorgehen, um an den Gastrocnemii oder deren End- sehne zu inserieren. Ich bin bei meinen Untersuchungen keinen der- artigen Bildungen begegnet; hingegen erwähnen die Autoren ihr gelegentliches Vorkommen. Nach HivrErstoisser (87, S. 416) sind diese anormalen Muskeln »Reste einer einstmals ausgedehnten und kräftigen Sprungmuskulatur«e. Sie sind von den Gastrocnemii un- abhängige Gebilde und nur sekundär mit ihnen in Beziehung getreten. 170 Hedwig Frey Ob bei den Affen auch ein 3. Kopf des Gastroenemius vor- kommen könne, vermag ich nach meinem kleinen Materiale nicht zu entscheiden. Eine Zusammenfassung der geschilderten Verhältnisse läßt Folgendes hervortreten: Die Gastroenemius-Varietäten sind nach den Literaturangaben und nach meinen Untersuchungen bei beiden Ge- schlechtern nicht ungleich vertreten und treten auch an den beiden Körperseiten nicht verschieden häufig auf. Als seltene Varietäten anzusehen sind: 1. Das Fehlen des lateralen Gastroenemius oder dessen Reduction; 2. Verdoppelung der Gastroenemii; 3. stärkere Entwicklung des Caput laterale; 4. Trennung beider Köpfe bis zur Insertion oder bis in deren Nähe; 5. Gastrocnemius und Soleus ge- langen getrennt zum Caleaneus; 6. ein 3. Kopf des Gastrocnemius ist verhältnismäßig häufig anzutreffen; er stellt einen Überrest des auf den Condylus medialis gewanderten Muskels dar. Sein Ur- sprung am Planum popliteum variiert infolge seiner Herkunft nur wenig und ist verschieden weit proximal- oder distalwärts ver- schoben. Die Insertion erfolgt meistens am medialen Gastrocnemius, zuweilen an die Zwischensehne beider Muskeln, seltener am late- ralen Kopf oder an die Gastrocnemius-Endsehne. Dieser echte Gastroenemius tertius ist verschieden von accessorischen Muskel- bündeln, welche an den Unterschenkelbeugern entspringen und an den Gastroenemii endigen. 2. Varietäten des Soleus. Die Varietäten des menschlichen Soleus sind seltener als die des Gastroenemius. Ich bin keinen begegnet und gebe, indem ich mich auf die in der Literatur verzeichneten Fälle beschränke, eine Zusammenstellung derselben. 1. Fehlen des Soleus wurde ein einziges Mal durch DansEux (zitiert von LE DougLe '97, S. 310) wahrgenommen. RAUBER-KOPSCH ’06 erwähnt, ohne genauere Angaben zu machen, den Mangel des Muskels. Le DOUBLE nimmt an, daß es sich sich bei dem DAnsEux- schen Falle eher um eine Verschmelzung des Soleus mit den außer- gewöhnlich starken Gastroenemii handle als um ein völliges Fehlen des Soleus. 2. Fehlen des tibialen Kopfes. Obschon der tibiale Ur- sprung bei den Affen mit nur wenigen Ausnahmen fehlt, so ist sein Auftreten beim Menschen doch die Regel. Dieser Umstand spricht für seine große physiologische Bedeutung. Das Fehlen des tibialen Der Museulus trieeps surae in der Primatenreihe. 1741. Kopfes wird als ein seltener Fall von Testur ’84, S. 656 und Le Dougre ’97, S. 312 bezeichnet. Eine aponeurotische Lamelle, welche in der distalen Hälfte fleischig wird, ist an den betreffenden Be- funden immer noch beobachtet worden, so daß von einem vollstän- digen Fehlen des tibialen Kopfes eigentlich nicht gesprochen werden kann. Bemerkenswert bleibt der oben erwähnte Fall (FORSTER ’04, S. 122) bei einem Papua-Neugeborenen mit einem nur sehr schwachen tibialen Ursprung. 3. Der Soleus heftet sich selbständig am Calcaneus fest: Diese Erscheinung wurde bei Besprechung der Gastrocnemius- Varietäten erwähnt und als Anklang an die Einrichtungen bei nie- deren Catarrhinen gedeutet. 4. Ein Soleus accessorius wurde in verschiedener Form von einigen Forschern beobachtet. Tesrtur ’84, S. 655 beschrieb nach eigener Anschauung sowie an der Hand verschiedener Zitate solche accessorische Muskelbündel. LE Doug ’97, S. 311 gibt dieselben Befunde wieder und nennt sie Verdoppelung des Soleus. Faßt man diese Fälle mit einigen Angaben von MACALISTER 73, S. 118 zu- sammen, so fällt das Gemeinsame des Ursprungs auf. Derselbe ist immer an die tibiale Seite gebunden, sei es, daß die Bündel von der Linea poplitea tibiae oder von der Fascie zwischen Soleus und den tiefen Muskeln, sei es, daß sie öfter von der Ventralseite des Soleus selbst ausgehen. Der Ursprung kann dabei weit distalwärts rücken (BANKART ’69, S. 442); aber immer behält er seinen tibialen Charakter bei. Aus einem verschieden kräftigen Muskelbauche geht eine wohl- ausgebildete Sehne hervor, welche am medialen Rande der Achilles- sehne oder an der medialen Seite des Calcaneus inseriert. Nach einem von LE DoußLE zitierten Fall erstreckte sich die Endsehne lateralwärts auf die Extremitas distalis der Fibula. Eine Deutung dieser Zustände findet sich bei Testur, welcher der Ansicht ist, daß die konstanten Beziehungen zum medialen Rande der Achillessehne und die regelmäßige Insertion am medialen Rande des Caleaneus ihn als Varietät des Plantaris anzusehen erlauben, abgesehen davon, daß ein solcher gleichzeitig vorhanden ist. Ich kann diese Ansicht nicht teilen, da die ontogenetischen Verhältnisse am Plantaris dagegen sprechen. Die fast ausschließlich medial erfolgende Anheftung und der tibiale Ursprung weisen eher auf eine Verstärkung des Soleus hin, die aus der ganzen Entwieklungsweise dieses Muskels sich wohl verstehen ließe; das nach BankArr doppeltgefiederte accessorische Bündel würde eine solche Ansicht rechtfertigen. 172 Hedwig Frey Eine gänzlich abweichende Anomalie wurde von HixTEr- STOISSER ’87, S. 411 beobachtet: »Aus der Muskelmasse des fibularen Kopfes (links g') entspringt ein 5 cm langer, 1!/, cm breiter Muskel- bauch, die Faserung entspricht der Bündelrichtung des Stammuskels; sich allmählich verschmälernd, läuft er in eine 1/, cm breite platte, dünne Sehne aus, welche durch einen halbmondförmigen Schlitz der Gastroenemiussehne tritt, im weiteren Verlauf aber an deren äußerem Rand nach abwärts zieht.« Diese Varietät unterscheidet sich wesent- lich durch Ursprung und Verlauf von den vorhergenannten, aber auch durch die abweichende Insertion an der tiefen Unterschenkel- fascie und der lateralen Seite der Extremitas distalis der Tibia. Eine Deutung für sie kann vorderhand nicht gegeben werden. 5. Einen Tensor des Sehnenbogens beschreibt GRUBER I[’78, 5. 477. Es betrifft einen Fall, an welchem ein 2 cm langes, kaum l cm breites Bündel von der medialen Seite des Capitulum fibulae zum Sehnenbogen des Soleus zieht. Die Varietäten des Soleus bei den Affen sind denen des mensch- lichen Soleus nicht vergleichbar. Ein Fehlen des tibialen Kopfes, beim Menschen nie vollständig ausgeprägt, soweit ich aus der mir zugänglichen Literatur beurteilen kann, ist bei den Affen die Regel. Das Auftreten eines solchen Kopfes muß bei ihnen als eine pro- gressive Bildung gedeutet werden. Als atavistische Zustände sind diejenigen Fälle bei Affen zu betrachten, welche einen Zusam- menhang mit dem lateralen Gastroenemius oder mit dem Condylus lat. femoris bewahrt haben. Als Übergangsstufe haben die relativ zahlreichen Fälle zu gelten, bei welchen ein accessorischer Ursprung von der Rückfläche des Condylus lat. tibiae herkommt. Außer diesen und den früher erwähnten Fällen von Sehneneinlagerungen, welche einen Neuerwerb im strukturellen Bau bedeuten, sind mir weitere Varietäten des Soleus der Affen nicht bekannt geworden. Ein Überblick über die Varietäten am menschlichen Soleus lehrt ihre große Seltenheit. Ein einwandfreies Fehlen des ganzen Soleus oder seines tibialen Ursprungs ist nie beobachtet worden. Als Endglied einer besonderen Entwicklungsrichtung muß die selbständige Inser- tion des Soleus am Caleaneus aufgefaßt werden. Einen progres- siven Charakter möchte ich den accessorischen Muskelbündeln zuer- kennen, welche auf der tibialen Seite ihren Ursprung nehmen. Für den überzähligen Fibularkopf des Soleus mit dem eigentümlichen Sehnenverlaufe sowie für das Vorkommen eines Spanners des Sehnen- bogens ist eine Deutung nicht möglich. Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 173 Xl. Anthropologische Ergebnisse. Es ist mehrmals in dieser Arbeit auf Merkmale und Anschau- ungen über das Gebiet des Triceps surae hingewiesen worden, welche bei anthropologischen Forschungen mit Vorteil benützt werden können. Es kommen hier hauptsächlich drei Dinge in Betracht: 1. die ras- sialen Differenzen, bei denen ich ausschließlich auf Angaben anderer Autoren angewiesen bin, 2. die Unterschiede nach dem Geschleehte, und 3. Unterschiede im Auftreten verschiedener Zustände zwischen rechts und links. Für die Besprechung kom- men die folgenden, einzeln zu behandelnden Merkmale in Betracht: 1, Ausbildung der Wade: Durch verschiedene Autoren wird die Schlankheit der Wade bei niederen Rassen betont. So sagte Boca ’09, S. 87, daß die Waden der Neger und Australier dünn und hoch seien. Dasselbe meldet LETOURNEAU von den Nubiern, und Hamy (zitiert von BLocH) schreibt über die Somalis: »ils ont les jambes fusiformes qui dans bon nombre de cas, faisant avec le tors si bien developpe, un contraste qui choque l’oeil.«e Derselbe Autor fügt noch Aussagen von FRITSCH und WEISBACH an, und sämtliche sprechen übereinstimmend von einer schlanken, dünnen Wade bei farbigen Rassen. Über die Ursache dieser Erscheinung sind die Meinungen verschieden. Es herrschen hierüber hauptsächlich drei Ansichten: MArEY (zitiert von BLocH ’09), dessen experimentelle Ver- suche bei der Funktion des Triceps surae erwähnt worden sind, glaubt, daß die besondere Form der Gastroenemii des Negers, nämlich längere Muskelbäuche, an der Schlankheit der Wade Schuld haben. CHupzınskı ’94, S. 494 bezweifelt dies; nach seiner Ansicht soll eine geringere Breiten- und Dickenentwicklung des Soleus und der Gastrocnemii die Wade des Negers in jener Form erscheinen lassen. BrocH kommt zu dem Schluß, daß die dünne Wade der verschiedenen Farbigen ein vorzügliches anthropologisches Merkmal sei und für eine ursprünglich einheitliche Negerrasse Zeugnis ablege. Da ich keine Untersuchungen an Negern habe anstellen können, so enthalte ich mich einer Beurteilung dieser Ansichten. Was die Ausbildung der Wade bei den verschiedenen Geschlech- tern anbelangt, so finde ich sie bei Frauen stärker entwickelt als bei Männern; sie beträgt 86 °/, der Tibialänge bei Frauen gegen 79 0, bei Männern. Ich möchte für diese Differenz die ungleiche Ausbildung des subeutanen Fettgewebes verantwortlich machen, aber hinzufügen, daß diese Zahlen, an der Leiche entnommen, nicht ganz 174 Hedwig Frey zutreffend zu sein brauchen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen rechter und linker Wade war nicht zu bemerken (s. Fig. 1). 2. Über Abweichungen im Ursprung der beiden Gastro- cnemii fand ich keine Angaben. Ein gleich proximalwärts ausge- dehnter Ursprung des medialen Kopfes, wie ihn Bryce ’97, S. 613 von einem Neger meldet, ist auch beim Weißen sehr häufig. Ein geringer Unterschied ergab sich bei meinen Untersuchungen in derHöhe des Ursprungs des lateralen Gastroenemius zwischen rechter und linker Seite. Die totale Muskellänge vom Caleaneus bis zum proxi- malsten Punkte der Ursprungsfasern war rechts um 1,9 %/, kürzer als links. Am medialen Gastroenemius bestand keine Differenz. Einer Deutung dieser Erscheinung muß ich mich enthalten. Die bilaterale Asymmetrie kann vielleicht in Verbindung mit ihr gebracht werden. Auch kann die Abspaltung des Soleus vom lateralen Gastroenemius vielleicht in Beziehung mit ihr stehen. 3. Im Sesambein des lateralen Gastroenemius des Men- schen lernten wir ein Rassenmerkmal kennen. Ich habe oben aus- führlich über das ungleiche Vorkommen bei verschiedenen Rassen berichtet und hebe noch hervor, daß einerseits Differenzen bei ein- zeinen weißen Rassen bestehen, daß andererseits die Neger durch ein viel häufigeres Auftreten des Sesambeines bei ihnen sich von der Gesamtheit der Weißen deutlich unterscheiden. Daß das Alter nicht von Einfluß sei, darf als bewiesen gelten (S. 72). Dagegen sind die sexuellen Differenzen beträchtlich; Unterschiede zwischen rechts und links sind etwas geringer. Betreffs dieser Punkte ver- weise ich auf das früher Gesagte und die Tabellen 11—13. Ich mußte diese anthropologischen Details bereits der vergleichend-ana- tomischen Betrachtung einverleiben, um das Wesen der Sesambeine mögliehst genau wiederzugeben. Fördernd ist der Beitrag PFITZNERS ’92 über die Sesambeine des Menschen. Er teilt sie in zwei Gruppen, die der Hand und die des Fußes, und bringt sie in Beziehung zu Momenten der indivi- duellen Entwicklung, der Profilierung des Skeletes, des Knochen- baues, der mechanischen Einwirkung durch vermehrte Arbeit und des Alters. Da aus diesen Merkmalen keine Erklärung für das verschiedene Auftreten derselben beim Menschen sich ergibt, so glaubte PFITznEr, die Vererbung allein verantwortlich machen zu dürfen, und zog diese Gebilde in den Kreis anthropologischer Beob- achtungen, nach Korrelationen mit verschiedenen Merkmalen suchend. PFITzxers Resultate sind kurz folgende: 1. Die Körpergröße weist Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 175 insofern eine Beziehung auf, als das Maximum von Sesambeinen bei mittlerer Körpergröße vorkommt. 2. Der Längen- und Breiten-Index des Schädels steht in Korrelation, indem die mittleren Indices für den Fuß das Maximum (für die Hand das Minimum) von Sesam- beinen erreichen. 3. Was die Haarfarbe betrifft, so sind die Sesambeine häufiger bei Dunkelhaarigen als bei Blonden. 4. Die Augenfarbe steht mit den Sesambeinen am Fuße in keiner Beziehung, während die der Hand häufiger mit dunklen Augen zusammentreffen. Man mag über den Wert dieser Ergebnisse denken wie man will, immerhin scheinen sie Beziehungen zwischen Vorkommen der Sesam- beine und anthropologischben Merkmalen anzudeuten. 4. Die beiden Gastroenemiusbäuche weisen weder zwi- schen rechts und links noch bei beiden Geschlechtern Differenzen auf. Die durch Cuupzinskı ’94 gemachten Angaben, daß die beiden Köpfe beim Weißen breiter und dicker seien und daß die Ursprungs- sehne weiter distalwärts reiche als beim Neger, lassen keinen Ver- gleich zu, da der Autor seine Aussagen nur durch absolute Zahlen belegt hat. 5. Die Höhe des Überganges vom Muskelbauch in die Endsehne scheint Unterschiede bei den verschiedenen Rassen zu bieten. Lor# ’l11, Iu. II, gibt solche an; aber der Index, den er für die Neger erhalten hat, liegt innerhalb der Variationsbreite bei Zürchern (Kanton). Sollte das Material dem meinen an Zahl gleich- gekommen sein, so wäre allerdings für das Mittel ein Unterschied erwiesen. Zwischen rechts und links besteht ein sehr geringer Unterschied am lateralen Gastroenemius, dessen Muskelbauch rechts im Mittel um 1%, der Tibialänge tiefer herunterreicht als links. Erachtete man einen derartigen Unterschied schon für genügend, so könnte man der linken Extremität einen progressiveren Charakter zusprechen als der reehten. Andere Merkmale weisen deutlicher darauf hin. Der mediale Bauch zeigt im Mittel keine Differenzen zwischen rechts und links; doch ist die Variationsbreite, wie früher erwähnt worden ist, rechts bedeutend größer als links. Unterziehen wir die Länge der Gastroenemiussehne vom Calea- neus bis zum distalsten Punkte des medialen und lateralen Bauches einem Vergleich mit großen und kleinen Tibiae, so ergibt sich, daß große Tibiae von verhältnismäßig kürzeren Sehnen und längeren Bäuchen, kleine Tibiae hingegen von längeren Sehnen und kürzeren Bäuchen begleitet werden. Als kleine Tibiae bezeichnete 176 Hedwig Frey ich solche von unter 335 mm, als lange solche von über 400 mm Länge; die Differenz ist folgende: bei Tibiae unter 335 mm beträgt die med. Sehne 62 ®/, - - - 335 - - - lat. n der - - über 400 - - - med. - 56 °, [Tibialänge. - - - 400 - - lat, - 60% Diese Resultate stehen in direktem Gegensatz zu denen von ATHABEGIAN ’03, der seine Schlußfolgerungen aus einem Vergleich der absoluten Größen zog, wodurch sie beinahe wertlos sind. 6. Über die Höhe der Verwachsung beider Gastroenemii ist an vergleichendem Rassenmaterial sozusagen nichts bekannt. Testur ’84, S. 305 II beobachtete an einem Buschmann eine etwas tiefere Verwachsung als gewöhnlich. Cuupzınski gibt für sein reiches Material nur absolute Zahlen an; dasselbe gilt über die Höhe der Verwachsung mit dem Soleus. Beide Merkmale lassen nach meinen Untersuchungen keine sexuellen Differenzen erkennen, und zwischen rechts und links ist kaum ein Unterschied vorhanden. Rechts findet die Verwachsung durchschnittlich um 1 °/, tiefer statt (bezogen auf die Tibialänge) als links. 7. Die Beziehungen zwischen Gastroenemius lateralis und Plantaris sind aufder rechten Seite deutlicher als auf der linken ausgeprägt. Beide Muskeln sind rechts in 22 %, verschieden stark verwachsen, links nur in 15 %,. Links hat sich also eine größere Unabhängigkeit herausgebildet. Diese Tatsache geht unzweifelhaft mit einem häufigeren Fehlen des linken Plantaris Hand in Hand. Bei 63 linken Extremitäten fehlte er 9mal(= 14,3 %,), während unter 54 rechten Extremitäten ein Fehlen nur 3mal bemerkt wurde (= 5,5 %,). Auch beide Geschlechter zeigen eine geringe Differenz: Frauen verhalten sich mit einem Fehlen von 13,3 %/, etwas progressiver als die Männer, bei denen der Plantaris in 9,4 %, fehlt. Die Beziehungen des late- ralen Gastrocnemius zum Plantaris und letzterer Muskel selbst bieten in anthropologischer Hinsicht interessante Verhältnisse. 8. Der Soleus hat, wie es scheint, fast keine eingehenden Untersuchungen erfahren. CHupzinskı hält ihn bei den Farbigen für schmäler und dünner als bei den Weißen, bringt aber keinen Nachweis dafür. Es wäre lehrreich, festzustellen, wie die dem menschlichen Soleus aufgelagerten Muskelbündel zu dem Stamm- muskel bei anderen Rassen sich verhalten, ob der fibulare Ursprung ebensoweit distalwärts gerückt ist wie beim Weißen, und ob sein tibialer Ursprung Differenzen zeigt. FORSTER (’04), beobachtete Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 177 - wohl beim Papua-Neugeborenen einen schwachen tibialen Ursprung, schwächer als beim neugeborenen Weißen. Ob dieses Verhalten für die Papua im allgemeinen gültig oder ein besonderes Merkmal der Papua-Neugeborenen wäre, blieb unbekannt. 9. Funktion des Trieceps surae. Nach verschiedenen Au- toren (CHUDZInskKI ’94, RıcHET nach LE DouvgLe ’97, LE DouBLE selbst, Rover nach BrocH ’09) soll der hintere Hebelarm am Fuße des Negers größer sein als der des Weißen. VoLKkow (04) hat über dieses Merkmal Untersuchungen angestellt und gefunden, daß die physiologische Länge, (d.i. die Projektion der Hebelarme) des hinteren sowie des vorderen, beim Neger länger sei als beim Weißen. Anatomisch sei das Verhältnis umgekehrt. VoLKkow erklärt die letztere Tatsache mit der ungleichen Wölbung des Fußes bei den verschiedenen Rassen, welche beim Weißen am größten ist. Es sei nicht unerwähnt, daß ein Unterschied in der Länge beider Hebelarme zwischen rechts und links bemerkbar ist, der sich besonders im Index ausprägt. Die linke Seite zeigt eine für die Kraftleistung günstigere Ausbildung durch einen längeren hin- teren und einen etwas kürzeren vorderen Hebelarm. Ob dies mit Zuständen der bilateralen Asymmetrie zusammenhängt, vermag ich nicht zu bestimmen. Fig. 78 u. 79 veranschaulichen diese Befunde. 10. Die Ausbildung des Caleaneus bekundet die Neigung zur größeren Breitenentwicklung des Tuber: das linke weist eine etwas beträchtlichere Breite auf als das rechte (Fig. 80). 11. Varietäten des Triceps surae. Über ihr Vorkommen bei verschiedenen Rassen fehlt das Material. Ein dritter Kopf des Gastroenemius wurde nach meinen Untersuchungen rechts ebenso - häufig wie links angetroffen; auch scheint kein Geschlecht davon bevorzugt zu sein. Eine Zusammenfassung dieser anthropologischen Ergebnisse läßt das Folgende hervortreten: Der Triceps surae zeigt bei ver- schiedenen Rassen Abweichungen in einzelnen Merkmalen. Un- gleiche Wadenentwicklung, wechselndes Verhalten der Sesambeine und eine etwas verschiedene Ausbildung der Hebelarme bei ver- schiedenen Rassen sind erwiesen. Eine Differenz im Verhältnis von Gastroenemiusbauch und -Sehne scheint zu bestehen, Weitere Merk- male bedürfen einer methodisch durchgeführten Prüfung. Sexuelle Differenzen liegen im Vorkommen der Sesambeine und im Fehlen des Plantaris zutage. Jene sind bei Zürchern männlichen Ge- schlechtes häufiger; der Plantaris fehlt seltener als beim weiblichen Morpholog. Jahrbuch. 47, 12 178 Hedwig Frey Geschlecht, welches seltener ein Sesambein besitzt, aber häufiger eines Plantaris entbehrt. Die Elsässer verhalten sich betreffs des Sesambeines wie die Zürcher; beiden Russen herrscht ein gegenteiliges Verhalten vor. Unterschiede zwischen beiden Extremitäten sind die folgenden: rechts ist ein Sesambein häufiger anzutreffen als links; auch ist der Plantaris regelmäßiger auf der rechten Seite vorhanden und zeigt hier innigere Beziehungen zum lateralen Gastrocnemius als links. Beide Tatsachen sprechen für ein progressiveres Ver- halten an der linken Extremität, was sich auch in der Ausbildung der Hebelarme, in einer etwas höheren Verwachsung der Gastro- enemii unter sich und mit dem Soleus sowie in einer ganz geringen Verkürzung des lateralen Gastroenemiusbauches der linken Seite kund tut. Auf welche Ursachen diese ungleiche Entwicklung beider Extremitäten zurückzuführen sei, bleibt eine offene Frage. Hiervon unabhängig ist die Tatsache, daß große und kleine Tibiae ein ver- schiedenes Verhältnis von Gastroenemius-Bauch und -Sehne auf- weisen: die großen Tibiae sind von längeren Bäuchen und kürzeren Sehnen, kleine Tibiae von kürzeren Bäuchen und langen Sehnen begleitet. Xll. Schlußzusammenfassung. Wenn ich die Hauptergebnisse dieser Untersuchungen zusammen- fasse, so kann dies in aller Kürze geschehen, da am Ende jedes Abschnittes bereits eine Übersicht der Resultate gebracht ist. Im Profil der Hinterfläche des Unterschenkels prägen sich einige Merkmale aus, welche den menschlichen Triceps surae bereits bei äußerer Betrachtung von dem sämtlicher Primaten und niederen Säugetiere scharf unterscheiden. Starke Ausbildung und hohes Hinaufreichen der Bäuche des Gastroenemius bilden die Grundlage der typisch menschlichen Wade. Die Profilierung derselben wird erst durch die proximalwärts gerückte Insertion der Unterschenkel- beuger vollkommen, ebenso durch die besonders starke Ausbildung der Faseia cruris und durch die Schlankheit der distalen Unter- schenkelhälfte. Die morphologischen Verhältnisse des Triceps surae. Ursprung. Die Ausbildung der einzelnen Glieder des Triceps surae ist in der Wirbeltierreihe eine sehr verschiedene. Ein lateraler Gastrocnemius mit einem an der lateralen Fläche des Femur liegen- den Ursprung ist bis zu den Amphibien hinunter zu verfolgen. Er zeigt bis zum Menschen herauf selten Abweichungen in seinem alt- Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 179 ererbten Ursprungsgebiete. Er fehlt nur in dieser Eigenschaft bei den Monotremen und ist ganz auf die Fibula übergetreten, was im Zusammenhang mit der Bildung eines Soleus zu stehen scheint. Der mediale Gastroenemius, der immer als ein konstanter Muskel in der Wirbeltierreihe gegolten hat, erwirbt erst im Laufe der Phylogenie und Ontogenie seine bekannte Stellung im Gebiete des Trieeps surae. Er fehlt bei den niederen Wirbeltieren und sondert sich erst all- mählich in der Tierreihe sowie in frühembryonalen Stadien des Menschen vom lateralen Gastroenemius ab. Er breitet sich, einmal angelegt, verhältnismäßig schnell vom lateralen zum medialen Con- dylus femoris aus. Spuren seiner Wanderung hinterläßt er im sog. dritten Kopf des Gastroenemius. Bei niederen Säugetieren erfolgt seine Anheftung auf der tibialen Seite in sehr verschiedener Höhe; auch bei den Primaten variiert die Höhe des Ursprungs noch be- deutend. Der Muskel greift mit dem Ursprunge bei niederen Affen zuweilen weit auf die Tibia distalwärts herunter und behält dabei eine rein dorsale Lage. Er ist bei den Anthropomorphen und dem Menschen stark median- und proximalwärts verschoben, nimmt aber zu- gleich in sehr verschiedenem Grade die bei der Wanderung be- rührten Gebiete des Planum popliteum mit Ursprungsportionen in Anspruch. Der Soleus ist der phylogenetisch am spätesten auf- tretende Muskel. Er ist erst bei den Inseetivoren wohlausgebildet anzutreffen. Tiefer stehende Abteilungen zeigen den Soleus höch- stens als Bündel, welehe vom lateralen Gastrocnemius sich abge- trennt haben. Seine Ausbildung bei den höheren Abteilungen wechselt zwischen stark reduzierten und wohldifferenzierten Formen. Der Soleus tritt bei den Primaten ganz regelmäßig und gut ent- wickelt auf. Er besitzt nur in wenigen Fällen bei ihnen einen Ur- sprung am Condylus later. femoris und läßt dann den ursprünglichen Zusammenhang mit dem lateralen Gastroenemius noch erkennen. Von diesem hat er sieh im Laufe der Entwicklung abgespalten, um sich dann als eingelenkiger Muskel zu bekunden. Accessorische Sehnenbündel erinnern bei den niederen Affen noch oft an jenen Zusammenhang; sie entspringen an der Rückfläche des Condylus later. tibiae. Der Soleusursprung hat beim Menschen schon in der ersten Anlage sich vom Ursprunge des Gastroenemius losgelöst. Die Ontogenie hat in diesem Falle die phylogenetischen Verhältnisse übersprungen, was sich aus der Bedeutung des Soleus für den auf- rechten Gang erklärt, weleher tiefgreifende Umänderungen in der Muskulatur voraussetzt. In Anpassung an neu erwachsene Aufgaben 12* 180 Hedwig Frey breitet sich der Ursprung des Soleus beim Menschen distalwärts auf die Fibula und medio-distalwärts auf die Tibia aus. Eine tibiale Anheftung ist bereits bei Gorilla, eine vergrößerte fibulare bei Schimpanse zu finden. Wie im Ursprung so zeigen die drei Glieder des Triceps surae auch im Bau einen inneren Zusammenhang. Der laterale Gastro- enemius als eigentlicher Stammuskel, von welchem die beiden an- deren Muskeln sich herleiten, zeigtin der Primatenreihe ein einheit- liches Verhalten. Er ist bei den Affen relativ kräftig und mit einem ihm aufgelagerten Verstärkungsmuskel ausgestattet, welcher aus der Verwachsung mit dem Plantaris hervorgeht. Er ist beim Menschen ebenfalls stark, steht aber dem medialen Kopfe gegenüber an Mächtig- keit bedeutend zurück und entbehrt in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle einer aufgelagerten Muskelschichte. Der laterale Gastro- cnemius wechselt seine Mächtigkeit nur wenig von den niedersten Affen an bis zum Menschen hinauf. Der mediale Gastroenemius ist bei niederen Affen immer schwächer und durchweg einfacher gebaut als der laterale. Er ist beim Menschen bedeutend kräftiger als der laterale, und außerdem meistens mit einer verstärkenden Muskel- schichte auf seiner ventralen Fläche ausgestattet. Er übertrifft da- durch den medialen Kopf der Affen hochgradig an Mächtigkeit. Die Anthropomorphen neigen zu einer gleichmäßigen Ausbildung beider Köpfe hin und sind die Vermittler zwischen den niederen Affen, bei denen das fibulare, und dem Menschen, bei dem das tibiale Gebiet prävaliert. Eine ähnliche Machtverschiebung äußert sich am Soleus. Er ist bei den Affen ausschließlich ein fibularer Muskel. Er verschiebt sich beim Menschen während der Ontogenie auf die tibiale Seite, zugleich unter ansehnlicher Veränderung seines Baues. So treffen wir auf der einen Seite einen einfach gebauten Soleus bei den Affen, auf der anderen Seite einen äußerst kompliziert gebauten Soleus beim Menschen an. Letzterer läßt sich in seinen Grundzügen vom ersteren ableiten. Durch sehr ver- schiedenartig eingelagerte Zwischensehnen empfängt der Muskel beim Menschen Zuwachs auch an muskulösen Elementen, die zu erhöhter Kraftleistung befähigen. Die bei einigen Affen auftretenden Sehnen- einlagerungen sind als erste unbedeutende Anfänge einer gleich- sinnigen Differenzierung zu deuten. Das ganze Verhalten des Soleus berechtigt dazu, ihn zur Reihe der progressiven Muskeln zu zählen. Was die Begünstigung der fibularen und tibialen Seite durch die Muskulatur betrifft, so ist bei den niederen Affen der laterale ° Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 181 Muskelbauch, beim Menschen der mediale der längere. Die Anthro- poiden verhalten sich in diesem Fall wie der Mensch. Die Muskelbauchlänge weist bei den Arten große. Ver- schiedenheiten am medialen, geringere am lateralen Gastrocnemius auf. Die Anthropomorphen mit außerordentlich langen Bäuchen ent- fernen sich von den übrigen Primaten. Die Bäuche treten beim Menschen hoch oben in die Endsehne über. Die niederen Affen und Hylobates halten diesbezüglich die Mitte. Die Mächtigkeit der Muskelbäuche ist nicht von deren Länge, sondern von der Dicke und Breite derselben und von der Länge der Muskelbündel abhängig. Aus der Kombination dieser Merkmale läßt sich unter Berücksichti- gung der Hebelarmlängen des Fußes, auf welche die Muskeln ein- wirken, ein Urteil über die Kraftleistung der einzelnen Muskeln sowie deren Gesamtheit abgeben. Die Verwachsung beider Gastroenemii muß nach zwei Gesichtspunkten beurteilt werden: 1. nach der Art der Verwachsung und 2. nach ihrer Höhe. Die Art der Verwachsung kann entweder durch die einfache Durchkreuzung einzelner Elemente der Insertions- sehnen oder durch Bildung einer Zwischensehne gegeben sein, welche von diesen ausgeht. Mit dem ersten Typus ist meistens eine tiefe Ver- wachsung vergesellt; er ist für die Mehrzahl der Affen typisch. Die Verwachsung vermittelst Zwischensehne setzt weit proximalwärts ein und ist für den Menschen bemerkenswert. Übergänge von der einen zur. anderen Differenzierungsrichtung sind häufig. Die gemeinsame Gastrocnemius-Endsehne zeigt in der Primatenreihe einen ganz charakteristischen Bau, der sich bis zu den niederen Säugetieren zurückverfolgen und durch die Befunde der vergleichenden Anatomie und ÖOntogenie sich erklären läßt. Die Sehnenfasern des medialen Bauches gelangen lateral-distalwärts zur dorso-lateralen Seite des Calcaneus, diejenigen des lateralen Kopfes ziehen ventral von diesen zum medialen Rand und zur Vorder- seite des Tuber caleanei. Dabei schieben sich die einzelnen Ele- mente fächerartig vor- bzw. hintereinander. Die fertig ausgebildete Anheftungsweise der Sehnenbündel entspricht derjenigen einer frühen Anlage. Durch die medianwärts erfolgte Wanderung des medialen Gastroenemiuskopfes und das Verharren der distalen Sehnenteile an der ursprünglichen Insertionsstelle hat der für die Gastroenemius- sehne charakteristische Bau sich ausgebildet. Die Verwachsung des Soleus mit den Gastroenemii ist der ursprüngliche Zustand. Er hat sich am meisten beim Menschen 182 Hedwig Frey erhalten; die Mehrzahl der Fälle bewahrte eine sehr ausgedehnte Verwachsung. An den Menschen schließen sich mit einer ebenfalls hohen Verwachsung die Prosimier, Platyrrhinen und Hylobatiden an. Die Anthropomorphen neigen zu einer größeren Trennung beider Muskeln hin und lehnen sieh an die Zustände bei den niederen Catarrhinen an, bei welchen die Trennung sich ganz oder bis un- mittelbar über den Calcaneus hin vollzogen hat. Bei den Primaten, mit Ausnahme der niederen Catarrhinen und der besonders stark differenzierten Fälle beim Menschen, erstreckt sich die Verwachsung des Soleus noch bis auf den fleischigen Teil der Gastroenemii hinauf. Die erwähnte hochgradige Differenzierung des menschlichen Soleus führt zur Bildung der sog. »Achillessehne« und der »selbständigen Gastroenemiussehne«. Die Bezeichnung Achillessehne ist nur auf die menschliche Tricepsendsehne anwendbar. Da diese bei den meisten Affen einen anderen Bau und eine andere Form als die menschliche Sehne be- sitzt, so ist es zweckmäßig, als gemeinsame Benennung »Endsehne des Triceps surae« zu wählen. Die Insertion derselben erfolgt immer am Tuber calcanei, bei den niederen Affen etwas tiefer als beim Menschen. Ein Zusammenhang mit der Plantarfascie wird nur noch bei den Affen und zwar sehr selten durch faserige Ele- mente angedeutet. Der Triceps surae gelangt durch den lateralen Gastroenemius in verschieden innige Beziehungen zum Plantaris: 1. proximal im Anschluß an den Ursprung beider Muskeln und 2. distal ver- mittelst ihrer Endsehnen. Die proximale Verwachsung gibt zur Bil- dung einer oberflächlichen Muskelschicht Anlaß, welehe den Gastro- cnemius lateralis bei den meisten Affen nicht unerheblich verstärkt. Die Reductionserscheinungen am Plantaris, welche bei den Anthro- poiden zu einem fast völligen Verschwinden des Muskels geführt haben und beim Weibe besonders häufig sind, lassen zwei Entwick- lungsriehtungen erkennen: 1. eine vollständige Trennung beider Muskeln im proximalen Teil, welehe mit einer allmählichen Reduc- tion im distalen Gebiete gepaart ist, 2. eine Verschmelzung der Muskeln von den Endsehnen aus, welche in weiter fortgeschrittenen Fällen auf die proximalen muskulösen Abschnitte übergreift. Der ersten Entwicklungsreihe gehört vorzüglich der Mensch an. Bei ihm ist der Plantaris in der Regel bis zum Ursprung hin getrennt; und die Endsehne verrät durch eine wechselnde, häufig abnorme Insertion die Neigung zu proximalem Hinaufrücken. Wenige niedere Affen Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 183 und Hylobatiden lassen eine gleiche Art der Reduction erkennen. Die Mehrzahl der Affen, die Hylobatiden inbegriffen, und seltene Fälle beim Menschen besitzen einen auf dem Wege der Verschmel- zung rückgebildeten Plantaris. Der Plantaris wird bei den Hylo- batiden sowohl in einer wohlentwickelten Form als auch in allen . Stadien der Reduction bis zur völligen Verschmelzung angetroffen. In den Fällen völliger Rückbildung läßt die Struktur des lateralen Gastrocnemius den verschmolzenen Plantaris immer noch erkennen. Derartige Andeutungen fehlen bei Orang und Gorilla. Es ist deshalb fraglich, ob der Plantaris bei ihnen auf dem Wege der Verschmelzung oder auf eine andere Art der Reduction anheimgefallen ist. Bei den meisten Primaten tritt in den Ursprungsteilen der Gastro- cnemii ein Sesambein auf. Es ist ein echtes Skeletstück mit rudimentärem Charakter. Seine Entstehung ist von mechanischen Momenten nicht abhängig. Hiergegen spricht die verschiedene Lage des Knochens bei den Affen und beim Menschen. Ein Sesambein tritt bei den niederen Affen, ausgenommen Nycticebus, in beiden Köpfen auf. Es fehlt bei den Anthropomorphen regelmäßig und ist beim Menschen nur im lateralen Gastroenemius zu finden. Als sehr seltene Varietät ist es auch im medialen Kopfe gefunden worden. Die bevorzugte Ausbildung des lateralen Sesambeines bei den Affen, die zuweilen auftretenden Abortivformen des medialen, sowie die Ver- hältnisse beim Menschen berechtigen zur Annahme, daß das laterale Sesambein gemäß dem stabileren Wesen des lateralen Gastroenemius sich häufiger als das mediale erhält. Ateles und Hylobates liegen in entgegengesetzter Entwicklungsrichtung. Das mediale Sesambein ist bei ihnen besser ausgebildet. Es kann abortiver Natur sein und auch fehlen, indessen das laterale Sesambein stets vermißt wird. Das Vorkommen des lateralen Sesambeines beim Menschen läßt es in anthropologischer Hinsicht bedeutsam erscheinen: es sind Rassen- und Geschlechtsdifferenzen vorhanden. Die Innervation des Triceps surae erfolgt in der ganzen Pri- matenreihe durch Äste des N. tibialis. Die Funktion des Muskels beruht bei allen Primaten in einer Streckung des Fußes. Beim Gorilla beginnt mit der Veränderung des morphologischen Baues des Soleus eine Arbeitsteilung sich ein- zuleiten. Diese ist beim Menschen sehr deutlich durchgeführt. Die Streekung des menschlichen Fußes ist hauptsächlich den Gastroenemii überlassen, während der Soleus vornehmlich die Aufrechthaltung und Fixierung des Unterschenkels übernimmt. Der Soleus unter- 184 Hedwig Frey stützt in Fällen, wo er zur Ausübung seiner Funktion nicht bean- sprucht wird, die Gastroenemii in der Tätigkeit. Die verschiedene Ausbildung der Hebelarme am Fuße tritt mit der ungleichen Mäch- tigkeitsentwicklung des Triceps surae bei den einzelnen Species in Wechselbeziehung, wodurch das für ‘die betreffende Lokomotionsart erforderte Maß von Energie je erreicht wird. Das Verhältnis des hinteren Hebelarmes zum vorderen Arme steht in ae mit der Bewegungsart des Individuums. Breite und Höhe des Tuber calcanei weisen eine gleiche Korre- lation auf. Varietäten im Bereich des Triceps surae des Menschen fallen meistens den Gastroenemii zu. Die einen lassen sich durch die ver- gleichend anatomischen Befunde und durch die Ontogenie erklären. Dazu gehören das Fehlen oder die Reduction des lateralen Gastro- cnemius, die stärkere Entwicklung desselben und das Auftreten eines dritten Kopfes. Die anderen Varietäten finden eine Deutung in beson- deren Differenzierungsbestrebungen gewisser Primatengruppen. Zu ihnen gehören die Trennung beider Gastroenemiusköpfe bis zum Calea- neus und die getrennte Insertion von Gastroenemius und Soleus. Der phylogenetisch spät auftretende M. soleus läßt regressive Varietäten nieht erkennen. Die selten an ihm auftretenden accessorischen Muskelbündel müssen als progressive Erscheinungen aufgefaßt werden. Über rassiale Versehiedenheiten des Triceps surae kann mangels methodisch durchgeführter Untersuchungen an fremden Menschenrassen ein definitives Urteil nicht abgegeben werden. Über einige Merkmale, wie Wadenentwicklung, Sesambein des lateralen Gastroenemius und Hebelarmlänge, liegen Anzeichen von Rassenunter- schieden vor. Andere Merkmale bedürfen noch einer genauen Un- tersuchung. Geschlechtsdifferenzen finden sich im Vorkommen eines Sesambeines und in den Beziehungen des lateralen Gastroene- mius zum Plantaris. Das weibliche Geschlecht verhält sich in beiden Merkmalen progressiver als das männliche. Zwischen rechts und links kann ein deutlicher Unterschied wahrgenommen werden. Die linke Extremität zeigt gegenüber der rechten in einer großen Zahl von Merkmalen ein progressiveres Verhalten. Bemerkenswert ist, daß große Tibiae von verhältnismäßig längeren Bäuchen und kürzeren Sehnen der Gastrocnemii, kurze Tibiae von kürzeren Bäuchen und längeren Sehnen begleitet werden. Die Ursachen für die Veränderungen der einzelnen Merkmale Der Museulus triceps surae in der Primatenreihe. 185 am Triceps surae lassen die drei Glieder des Muskels ungleichwertig erscheinen: Der laterale Gastroenemius als Überbleibsel eines ursprünglich einheitlichen Muskels ist wenigen Veränderungen ausgesetzt, da er die alte, dem ursprünglichen Muskel anvertraute Funktion bewahrt. Er überträgt die ihm innewohnenden Eigenschaften weiter und weiter und bewahrt einen stabilen Charakter, welchen wir oft an ihm haben bemerken können. Der mediale Gastroenemius als der phylogenetisch und ontoge- netisch später auftretende Muskel ist von funktionellen Einflüssen viel abhängiger. Sie lassen starr vererbte Eigenschaften an ihm mehr zurücktreten auf Kosten neu erworbener Merkmale. Der Soleus, welcher infolge hochgradig gesteigerter Kraftan- forderungen an Unterschenkel und Fuß allmählich von dem lateralen Gastroenemius sich völlig loslöst und zu einem sehr selbständigen Muskel wird, erreicht seine höchste Entwicklungsform beim Menschen. Angepaßt an die Bewegungsart und die Körperhaltung, ist sein Bau im Groben und Feinen stets als das Produkt der von ihm verlangten Kraftleistung zu erkennen. Er trägt eine Reihe von Merkmalen an sich, welche auf dem Wege progressiver Entwicklung sich eingestellt haben. Literaturverzeichnis. Auıx ’69. Diseussion sur le transformisme (Suite). Bull. de la Soc. d’Anthrop. 1. Ser. IV.. 4. p. 559. ÄRNBÄCK-CHRISTIE-LINDE, A., ’07. 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Übergang des medialen Gastroenemius in die Endsehne .... . 58 III. Lateraler Gastroenemius . . - ».. .. Kiel. SuEsiEs Te EEE 61 1. Disprane > sr Yo ent staen ort - 61 2..Sesambein. -.. Ay.“ It ET le un A 70 3. Muskelbaueh -; .. == 2 2 1umwne solssımaane men > 78 2), Stzukins - #202: #rretaselk- Bir ar IE Pe 79 b) Mächtigkeitsentwicklung. '. .I. tu „Eau 2 BEE 80 4. Übergang in die Endsehme. : -.- ix =. u win + El 82 IV. Der mediale Gastrocnemius in seinen Beziehungen zum lateralen Kopfe 86 1. Ursprungsbeziehungen. Sesambein. Struktur. Mächtigkeitsaus- billdıng . ...» .». - . u lüf .u> SSRE VE 86 2. Die Verwachsung der beiden Gastroenemii. Höhe und Art der Verwschsusg = 1. 2% zn etw: Macs ee er 87 3. Die Endsehne der beiden Gastroenemü -. -... ..» 2. 2... 91 V. Der laterale Gastroenemius in seinen Beziehungen zum Plantaris .. 9 VL Der Söleus ... 2... . 02. Wu. 2 2 106 1. Dreprsag: 1 ne ee 2 106 2. Muckeölbauch . „ti: will 5 ur a u 121 a) Struktur: Ursprungs- und Insertionssehne, Bündelverlauf, Zwi- schensehnen . .- .. 2... 0000 eu Se a 121 b) Mächtigkeitsausbildung: Breite und Dicke des Muskels, Muskel- bündellinge. ;. 2 » „umiarand anlı sol aui] Bo 129 3. Mächtigkeitsentwicklung der beiden Gastroenemii unter sich und zum Soleus: Breite, Dieke, Bündellänge, Gewicht ........ 131 4. Insertion des Soleus, Beziehungen zu den Gastroenemiüi ... . - 137 8. Inserlion des Trieeps surse : - .. 1... Koma SE 143 VI. Inneryation des Tricepe surae . . ... ..%, ‚om ame 145 VIL Funktion des Triceps surae: . . . . . @Wt. SEE SE En 146 1. Feststellung des Begriffes: Beuger oder Strecker .....:».. 146 2. Funktion der einzelnen Glieder des Triceps surae ....... 147 Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. 191 Seite 3. Hebelarme und Muskelleistung bei den verschiedenen Bewegungs- ee ee ea TEE FE a a ed ar 153 IX. Ausbildung des Tuber calcanei. Breite und Höhe desselben. . . . 161 RER res dan DERBHEBUBBE 2. ee ce 163 1. des Gastrocenemius i 163 & en Solens h Un ımG Heubung:.-... ; =. um are 170 XI. Anthropologische Ergebnisse. 1. Rassendifferenzen. 2. Sexuelle Differenzen. 3. Ugterschiede zwischen rechts und links... ... 173 BERNER SE RIGDZRERIEWIERTSEBUND A EA 178 Et ne 185 N a ee ar 190 mE 23 abe Ru Ba y { e We / a - h ’ ER ZEN: a ni, > LEE din { $ a nee; } . RAN TT i RB?) edit HIT 2: as an * SRIEN ET en E - E u er a .. \ 4 » . # . 0 . ‚ - * u [rw PR, - R AL Din, Rn En a 7 AR & - fi F ” Wr: 7 er Era Bach g n u F ® Fr € VE 5 2 ee ee Ne YEmbR: K. = SER } (Aus dem Zoologischen Institut der Umiversität Leipzig.) Beiträge zur Morphologie der viviparen Oyprinodontiden. Von W. Fr. Langer. Mit 150 Figuren im Text. Einleitung. Da ErıcH PHıLıppı durch einen tödlichen Unfall daran verhin- dert wurde, noch andere Cyprinodontiden als Glaridichthys Januarius und »Glaridichthys« decem-maculatus in den Kreis seiner Unter- suchungen! zu ziehen, veranlaßte mich Herr Geh.-Rat CHun, die unterbrochene Arbeit Prıuipris im Zoologischen Institut der Uni- versität Leipzig fortzusetzen. In vorliegender Abhandlung habe ich versucht, dieser Aufgabe serecht zu werden. Dabei erfreute ich mich der liebenswürdigen Unterstützung der Herren Geh.-Rat Prof. Dr. Cuun, Prof. Dr. WOLTERECK, Dr. STECHE und Dr. HEMPELMAnNn. Eine wesentliche Erleichterung brachte mir die Erlaubnis des Herrn Prof. Dr. SPALTE- HOLz, seine Methode »Das Durchsichtigmachen von menschlichen und tierischen Präparaten [Leipzig, Verl. HırzeL 1911]« schon vor ihrer Veröffentlichung zu benutzen. Ihnen allen sage ich auch an dieser Stelle meinen aufrichtigsten Dank. Mit Material wurde ich in dankenswerter Weise versehen von Frau BErRTHA Kunnt, Conradshöhe bei Tegel-Berlin, den Herren BERTHOLD KRÜGER, Leipzig, Redakteur MARRE, Leipzig, Zierfisch- händler SAnDEr, Leipzig, und Dr. WOLTERSTORFF, Magdeburg. ı Fortpflanzungsgeschichte der viviparen Teleostier Glaridicehthys januarius und Glarödiehthys decem-maeulatus in ihrem Einflusse auf Lebensweise, macro- und mieroscopische Anatomie (Zool. Jahrbuch, Abteilung für Morphologie. 27 1903). Morpholog. Jahrbuch. 47. 13 194 W. Fr. Langer I. Begattungsorgane. a) Das Spermatopodium. Hand in Hand mit der Erwerbung der Viviparität hat sich in der Familie der Cyprinodontiden, die bekanntlich ovi- und vivipare Formen enthält, eine Umbildung der After- flosse des Männchens zu einem Begattungsorgane voll- zogen. Bei den Genera! Zoogoneticus, Characodon, Goodea ist eine wenig auffällige Modifikation der ersten fünf bis sechs Anal- strahlen eingetreten. Die Strahlen sind kürzer, schwächer und starrer als die übrigen und von ihnen durch eine Naht getrennt (8. MEER. 1904. Field Col. Mus. Publ. 93, No. 3023), so daß die Umbildung - der Afterflosse in einer Verkürzung der Flossenstrahlen besteht. Zum Unterschiede von dem durch Verlängerung modifizierten Anale der übrigen viviparen Zahnkarpfen schlagen wir für diese umge- bildete Afterflosse den Namen »Spermatopodium« vor. b) Das Gonopodium. Eine weitere Entwicklung zeigen die ersten fünf, bezw. der dritte bis fünfte Strahl bei den viviparen Genera Akropoecilia, Belo- nesox, COnesterodon, Gambusia, Giardinus, Glaridichthys, Lebistes, Paragambusia, Petalosoma, Poeecilia, Phalloptychus, Platypoeerlus, Pseudoxiphophorus, Toxus. Ihre Aftertlosse ist zu einem Copulations- organe, das PnıtLıepı (1908) Gonopodium genannt hat, umgebildet. Im Gegensatz zu den eigebärenden (Haplochrlus) und viviparen Arten mit Spermatopodium, die vielfach mehr als 12 Strahlen in der Afterflosse aufweisen (Zoogoneticus 18, Characodon 19, Girardi- nichthys innominatus 25 g' (9 22), zählt man bei der eben ange- führten Gruppe nur 6—9, jedenfalls weniger als 12 Aubßenradien, von denen die ersten zwei? Strahlen ungespalten und auffällig kurz sind. Der nächste, der sich schon beim Weibchen besonders ge- kräftigt hat, übertrifft alle anderen an Stärke, hat mit den zwei folgenden Strahlen eine in die Augen springende Verlängerung er- fahren und die Bildung des Gonopodiums im engeren Sinne ber- nommen (Fig. 1 usw.). Der übrige Flossenteil weist den normalen Bau von gegliederten, diehotomisch verzweigten Strahlen auf, die ı Nähere Untersuchungen über diese Formen werden wir in einer späteren Arbeit veröffentlichen. 2 Es wird stets caudalwärts gezählt. i i ö Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 195 völlig die Form der weiblichen Flosse gewahrt haben, und die ich in ihrer Gesamtheit mit »Normalflosse« bezeichnen will. Ihre Kom- Fig. 1. Gonopodium mit ansitzenden Flossenträgern von Xiphophorus strigatus (Regan). D. dor- saler, V. ventraler Ast des 4. Afterflossenstrahles; An. Knorpelstab des Trägers; N. Normalflosse; R. Rinne fürs Sperma; Sch. Schaftglied; $lı knöcherne Verbreiterung des Flossenträgers in der Längsachse des Tieres; Sl. seitliche Verbreiterung des Flossenträgers. ponenten sind nur insofern modifiziert, als sie eaudalwärts an Größe schneller als beim Weibehen abnehmen, so daß oft der letzte Strahl rudimentär erscheint, wenn er nicht ganz ver-' schwunden ist. Beim Weibchen fehlen meist rudimentäre Strahlen. Diese Ausbildung beruht auf der Funktionslosigkeit oder wenigstens der verminderten Bedeutung der letzten Strahlen, da bei der Befruchtung die Strahlen, drei bis fünf, allein die Aufgabe des eigentlichen Copulations- organs erfüllen. Nur Delonesox belixanus und Peta- losoma cultratum weichen von dieser Norm ab. Bei diesen Arten nehmen die Strahlen vom fünf- ten wieder von neuem an Länge zu, und bei dem zuerst genannten Fisch trennt noch eine Einkerbung den 9. bis 11. Strahl von den übrigen (Fig. 7, 19). An dem eigentlichen Gonopodium zeigt der dritte Strahl bei Glaridichthys janu- arius (PHILıPpr) im Querschnitt die in Figur 2 dar- gestellte, scherenartige Form. Bei den anderen untersuchten Arten dagegen haben sich seine Außenränder (R.\ nach dem vierten Strahle zu auf- und zugleich umgebogen und bilden so jeder- Fig. 2. Rinne Fürs_\ 6.) Q Querschnitt durch dasGonopodiumvon Glaridichthys januarius. D. dorsaler Ast des 4. Strahles; YV.' ventraler Ast des 5. Strahles. seits eine Rinne am Gonopodium. Auch am fünften Strahle, der sich bei allen Formen senkrecht zur Flossenebene gestellt hat, 13* 196 W. Fr. Langer haben sieh die Ränder umgebogen und vielfach vom Strahle abge- gliedert, so daß der Flossenstrahl in vier (zwei rechte und zwei linke) Äste ausstrahlt (Fig. 3—6). Durch die Lagerung der Außen- radien erhält das Gonopodium vielfach eine Keilform, die sich bei Pseudoxiphophorus am schärfsten ausgeprägt zeigt. Dies ist der allgemein gültige, äußerlich sichtbare Bauplan des Gonopodiums, dessen spezielle Ausbildung bei den einzelnen Arten nunmehr zu beschreiben ist. Die Systematik der Cyprinodontiden gründete sich bisher in der Hauptsache auf die Form der Zähne, die jedoch infolge deren Klein- Fig. 3—6. Serie von Querschnitten durch das Gonopodium von Poecilia reticulata. Ad Ader; D.(D.) dorsaler Ast des 4.(5.) Strahles; L. Löffel, Me Membran; Str, Flossenstrahl; V. (V.') ventraler Ast des 4. (5.) Strahles. heit und Lage ein äußerst unbrauchbares Erkennungsmerkmal ab- gibt. Zu einem weiteren Kriterium hat man das Gonopodium er- hoben, dessen Bedeutung bei der Bestimmung der Männchen aber noch nicht voll gewürdigt worden ist, obwohl es ein äußerst kon- stantes, leicht erkennbares Merkmal bietet. Daher halte ich REGANs Versuch (1907), die viviparen Cyprinodontiden in Arten mit Sper- matopodium und Gonopodium einzuteilen, für berechtigt. Jedoch sind nach meinem Dafürhalten von seiner letzten Gruppe Jenynsia und Anableps abzutrennen!, da ihr Copulationsorgan durchaus von dem der übrigen Cyprinodontiden abweicht. Eine sorgfältig durch- geführte Einteilung innerhalb dieser Gruppen auf Grund der Gono- ı Damit steht im Einklange, daß Resan 1911 auf Grund anderer Kriterien die viviparen Zahnkarpfen in Jenynsiinae, Anablepinae und Poeciliinae einteilt. Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 197 Zunächst fällt an einer Anzahl von Gonopodien auf, daß sich die Flossenhaut an den umgeschlagenen Rändern des dritten Strahles verdickt hat, um dann als deren Fortsetzung eine löffelartige Haut (in den Figuren mit L gekennzeichnet) zu bilden, die von den Au- toren mit »prepuce« bezeichnet wird (Fig. 53—6). Hier sind Peta- losoma, Poeecilia, » Akanthophacelus« und »Mollienisia« zu nennen. Fig. 7. Goropodium von Petalosoma cultratum (Regan).. @ Geschlechtsöffnung; D. dorsaler Ast des 4, Strahles; Z Löffel; N. Normalflosse; R. Rinne fürs Sperma; Sir. Strahl. Das Copulationsorgan bei Petalosoma cultratam (Fig. 7) weist die einfachste Struktur auf. Von den zehn Strahlen sind der dritte bis fünfte mehr als doppelt so lang als die folgenden und am Ende ein wenig ventralwärts gebogen. Dem Gonopodium von Poeeilia kommen drei wichtige Unterschiede gegenüber dem von Petalosoma zu. Es ist kaum doppelt so lang Fig. 8. 5.S5/r #Str AR. 3.Str. Gonopodium von Poeecilia amazonica (Garm.). Löffel ist weggelassen worden. R. Rinne fürs Sperma; Str. Flossenstrahl. als die Normalflosse. Der vierte Ast gabelt sich, und kurz vor dem Ende weisen die drei Strahlen Zahnbildungen auf. An der neunstrahligen Afterflosse von Poeeilia amazonica (Fig. 8), deren mächtig entwickelter Löffel auf der Zeichnung weggelassen ist, haben sich die Endglieder des dritten und vierten Strahles ver- längert und das vierte bis achte Glied am dritten Strahle —- dabei ist stets von der Spitze des Gonopodiums aus gerechnet — in fünf breite Zähne umgebildet. Der dorsale Ast des vierten Strahles, der kurz mit D bezeichnet sei, weist auf seinem sechsten bis siebenten Gliede zwei scharf ausgeprägte Zähne auf. Natürlich sind, wenn nicht ausdrücklich angegeben ist, alle diese Vorsprünge paarig, da 198 W. Fr. Langer sich jeder Flossenstrahl aus einem rechten und linken zusammen- setzt. Bei Poecihia vivipara (BLocH und SCHNEIDER) (Fig. 9) ist der Löffel kürzer und gedrungener. Der umgeschlagene Rand des Fig. 9. 5. Str 4.Str R ER uSzaermer GE 00 u aan u u en SrritE Se Fi BE, ET L Gonopodium von Poecilia vivipara (Bl. u. Schn.). 2. Löffel; N. Normalflosse; R. Rinne fürs Sperma; Str. Flossenstrahl. dritten Strahles setzt sich vom zweiten zum zehnten Gliede in neun Zähnen fort, von denen das zehnte auch nach der Innenseite einen Vorsprung entsendet. Der dorsale Ast des vierten Strahles trägt auf dem sechsten bis elften Seg- ment fünf gleich große und einen kleineren sechsten Zahn, welche durch eine Haut verbunden sind. Der ventrale Zweig des vierten Strahles — er sei mit 7 bezeichnet — besitzt im fünften bis sechsten Gliede Fig. 10. Gonopodium von Poecilia caucana (Garm.). D. dorsaler Ast des 4. (Str.) Strahles; L. Löffel. sprünge. Beim fünften Strahle laufen an derInnen- seite das siebente bis vierzehnte Segment in mehr oder weniger große Zacken aus. Die Anzahl der Außenradien betrug beim Männ- chen 9, beim Weibchen 8. Poecilia caucana (GARMANn) (Fig. 10) schließt sich in der Gestalt x der Zähne Poecilia vivipara an. Das Gonopodium ist nur 1%/,mal so lang als die Normalflosse. Auf dem siebenten bis achtzehnten BF Segment weist D zwölf Zähne auf, von denen die ersten sechs eme r zwei zahnähnliche Vor 7 u Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 199 dichtgedrängte Gruppe für sich bilden. Der fünfte Strahl endet in einem kleinen Haken und erreicht nicht mehr die Länge des vierten und dritten, dessen Löffel herzförmig ist. An diese Species reiht sich Poecilia sphenops (VALENCIENNES, in Gonopodium von Poecilia sphenops (Cuv. u. Val... D. dorsaler Ast des 4. (Str.) Strahles; N. Normalflosse; R. Rinne fürs Sperma. Liebhaberkreisen als mexicana bezeichnet), (Fig. 11) an, bei der acht schlanke, gleich große Zähne dem neunten bis sechzehnten Gliede von D aufsitzen. Die Zähne des dritten Strahles erscheinen be- deutend schlanker und größer, zumal sie auch nach innen ver- längert sind. Die Länge des Gonopodiums, dessen Löffel dem von Poeeilia amazonica ähnelt, beträgt das Doppelte der Normalflosse. en IE = et —— ut en Se Seo se Ze EFFrIFFe Fe LI R KWWRAEA ALYS EI / #Spr.: SUR ) / ds a AS LHh- II / N /\ ! L. NOS — SIT Gonopodium von Poecilia latipinna. D. dorsaler Ast des 4. (Str.) Strahles; 2. Löftel. Von der Afterflosse dieser letzten Form unterscheidet sich das Gonopodium von Mollienisia (LESUEUR) so wenig, daß eine Trennung der beiden Gattungen nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, eine Feststellung, die mit dem Bau der Wirbelsäule im Ein- klang steht. Bei Poecilia latipinna (Fig. 12) schließt dorsal der fünfte Strahl mit einem unpaaren Haken ab, und ventral zeigt sich an der Spitze eine Einbuchtung. Das Copulationsorgan im engeren Sinne, das 1'/,mal so lang als die Normalflosse ist und wie das Anale des 200 W. Fr. Langer Weibehens aus 10 Strahlen besteht, hat am 11. bis 18. Segment von D acht Zähne ausgebildet und trägt ebenfalls deren acht am 6. bis 13. Segment des dritten Strahles, dessen 13. bis 16. Glied nach der Innenseite zu eine Zahnform annimmt. Poecilia formosa (Fig. 15) weist einen viel breiteren Löffel auf. An D sind 10 Zähne vom 8. bis 17. Glied vorhanden, und der fünfte Fig. 13. Gonopodium von Poecilia formosa. D. dorsaler Ast des 4. (Str.) Strahles; Z. Löffel. Strahl ist ähnlich dem von Poecihia vivipara gezackt. Die ventrale Einbuchtung am distalen Ende fehlt noch, und so vermittelt Poeeslia formosa zwischen latipinna und caucana. Zu der Frage, ob latı- pinna mit formosa identisch sei, möchte ich keine entscheidende Stellung nehmen, da mir nur ein einziges Exemplar zur Verfügung gestellt wurde. Fig. 14. 4.Str D. V g.SIr er 775 GHZ u RER we: IUUNE N, Gonopodium von Poecilia reticulata. D. dorsaler Ast des 4. (Str.) Strahles; Z. Löffel; N. Normalflosse; V. ventraler Ast des 4. Strahles. Die weitgekendste Modifikation in dieser Gruppe ist von Akan- thophacelus retieulatus (EIGENMANN) (Fig. 14) erreicht worden. Man hat sich gestritten, ob unter dem Namen dieses Fisehehens drei selbständige Arten Gürardinus Guppyi, FPoecilia poeciloides und Poeeilia reticulata PETERS zu verstehen seien. Ein Blick auf das Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 201 Gonopodium lehrt, daß man es auf keinen Fall mit zwei Gattungen zu tun hat. Ein Girardınus ist es nicht, wohl aber eine Poecilia, deren fünfter Strahl mit einem besonders entwickelten paarigen Haken abschließt. Ihr »Löffel« ist bedeutend länger, und die Zähne sind kräftiger als bei jeder bisher betrachteten Art. Es bestehen demnach Abweichungen von den anderen Poeciliae im Bau des Gono- podiums, aber doch nur derart geringfügiger Natur, daß eine Auf- stellung eines besonderen Genus »Akanthophacelus« von EIGENMANN ungerechtfertigt erscheint. Bei allen Tieren, die ich getötet habe, zeigte der Löffel die normale Gestalt, während an einigen Exemplaren, die durch Kälte eingegangen waren, der Löffel in ein einschlag- bares, hakenförmiges Ende auslief. Das Gonopodium besteht aus zehn Strahlen und ist um die Hälfte der Normalflosse verlängert. Ob man nicht doch in der eingeführten Poecilia reticulata mehr als eine Art zu erblicken hat, muß unentschieden gelassen werden, da stets eine Kreuzung zwischen den Fischen, die mir unter irgend- einem der drei Namen übergeben worden sind, von Erfolg begleitet war, und daher eine Bastardierung der Individuen aus den ver- schiedenen Fundgebieten (Trinidad, Venezuela und Barbados) bei unserem Händlermaterial sicher anzunehmen ist. Andererseits habe ich Schwankungen in der Zahl und Form der Zähne gefunden, die über das normale Maß bei einer reinen Art hinausgingen. Am dritten Strahle habe ich 11 bis 17, an D drei bis sechs und an V gar keine oder zwei und vier bis fünf Zähne gezählt. Gambusia, Platypoecilus und Xiphophorus sind Gattungen, deren Gonopodien zwar in der Länge den vorherbeschriebenen gleichen, Fig. 15. 3.SIr R Gonopodium von Gambusia Holbrookii. D dorsaler Ast des 4. Strahles; R. Rinne fürs Sperma; Str. Flossenstrahl; V. ventraler Ast des 4. Strahles. aber keinen Löffel mehr haben. An seine Stelle ist bei der ersten Art eine scharf ausgeprägte Spitze (Ähnlichkeit mit Poeeilia ama- zonica) getreten. Bei den beiden letzten Genera dagegen hat sich am Ende des dritten Strahles ein unpaarer Haken gebildet, vor dem eine Ausbuchtung liegt. 202 W. Fr. Langer Gambusia Holbrookiü (BLEEKER), (Fig. 15) findet bei GARMAN folgende Erwähnung: »The second, third and fourth anal rays ferm elongate styliform process«, eine Angabe, die falsch ist, da dem dritten bis fünften von elf Strahlen diese Aufgabe zukommt. Figur 16 stellt das Größenverhältnis zwischen dem Gonopodium und der Normal- flosse dar. Der dritte Strahl weist etwa vom 4. bis 21. Glied auf Fig. 16. Gonopodium und die Bauchflossen Vl. von Gambusia Holbrookü. U. Urogenitalpapille; Vl. Bauchflosse. der Außenseite und nach innen vom 13. bis 26. Zackenbildung auf.- An D sitzen vier bis sieben Zähne. Dieser Dorsalast des vierten Strahles endet in ein /-förmiges Knochenstück, an das sich zwischen ihm und YV eine weitere Knochenplatte einschiebt, die aus mehreren Stücken entstanden ist. Noch zwei ähnliche Knochen lehnen sich an das 6. bis 9. oder 4. bis 8. Segment von V an. Der fünfte Strahl endet in einen Doppelhaken vor der Spitze des Gono- podiums. Gonopodium von Plaiypoecilus maculatus (Gthr.). D. dorsaler Ast des 4. Strahles; R. Rinne fürs Sperma; V. ventr. Ast des 4. (Str.) Flossenstrahles. Platypoecilus und Xiphophorus schließen sich in der Bildung von Knochenplatten an Gambusia, im übrigen Poecilia latipinna eng an, so daß man anf eine nalıe Verwandtschaft der drei Formen schließen kann. Ihr Gonopodium von 10 Strahlen (Fig. 1) ist nur um die Hälfte der Normalflosse verlängert. Bei beiden läuft der Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 203 dritte Strahl, dessen stark entwickelte Zähne einen flachgewölbten Vorsprung bilden, in einen kräftigen Haken aus. D zeigt eine Ver- breiterung ungefähr des 17. bis 20. (Platypoecilus maculatus) (Fig. 17), oder des 21. bis 24. Segments (Xephophorus Helleri, Fig. 1). Dazu kommen zwei getrennte Zahnreihen. Ferner legt sich V, das keine Zähne aufweist, um den Endhaken des dritten Strahles.. Zwei ‚Einbuchtungen vor dem Ende, eine dorsale und eine ventrale, sind beiden gemeinsam. X?phophorus strigatus (REGAN), dessen unpaarer Endhaken dureh Verschmelzung mehrerer Knochenplatten, wie sie Gambusia Holbrookii (BLEEKER) aufweist, seine auffällige Stärke er- reicht, weist 7 bis 9 Zähne am dritten Strahle auf, und V erstreckt sich weiter über den Endhaken als bei Platypoeeilus maculatus (GÜNTHER). D trägt vom 10. bis 18. Glied neun Zähne, bisweilen sieben und acht, und vom 2. bis 4. wieder drei, die bei Platy- poecilus maculatus kräftiger am 1. bis 5. oder 2. bis 5. Segment ausgebildet sind. Bei ihm entwickeln das 10. bis 14. Glied von D sechs plumpere Widerhaken, deren Zahl aber auch bis neun ge- steigert sein kann. Der Hauptunterschied zwischen beiden Arten besteht darin, daß es bei Xzphophorus Helleri zu einer Hakenbildung seitens des fünften Strahles gekommen ist, die bei Platypoeeilus maculatus erst angedeutet wird. Auch Azphophorus und Platy- poecilus wären nach der Struktur des Gonopodiums und der Wirbel- säule als ein Genus zu betrachten. {6 I} Gonopodium von (Cnesterodon? denticulatus. D. dorsaler Ast des 4. Strahles; A. Rinne fürs Sperma; Str. Flossenstrahl. Alle folgenden Gonopodien sind mehr als doppelt so lang als die Normalflosse (Fig. 19, 25). Zum Ersatz für den Löffel und den Haken am Ende hat sich bei jenen Formen, welche sich am ehesten den Gambusiae und Poeeilia amazonica anschließen, die Spitze umgebogen. »Girardinus« dentieulatus (GARMAN), (Fig. 18) zeigt den einfachsten Bau in seinem Copulationsorgane, das die Normalflosse um mehr als das Dreifache 204 W. Fr. Langer an Länge übertrifft. Bei ihm ist der vierte Strahl zwar gegabelt, aber seine Äste divergieren nicht. D trägt 8 (7) Zähne, ungetähr auf dem 9. bis 16. Gliede. Das Ende des Gonopodiums war an den untersuchten Exemplaren ein wenig links und ventralwärts gebogen und in einer dicken Flossenhaut eingehüllt. Die Zahl der . Strahlen betrug in beiden Geschlechtern zehn. Nach GARMAN be- finden sich bei Gerardinus »hooks or claspers at the ende. Da dies nicht bei Gerardinus denticulatus zutrifft, so ist er vielleicht (!) in das Genus Unesterodon einzureihen, von dem MEER (1907) schreibt: »Intromittant organ ‘blade like’ without hooks«. Die zunächst stehende Gattung bildet Belonesow belizanus, (Kxer), (Fig. 19) mit seinem Gonopodium, dessen Spitze ventral um- Fig. 19. Gonopodium von Belonesox belizanus (Kner). D. dorsaler Ast des 4. (Str.) Flossenstrahls; N. Normalflosse. biegt. Die Länge des elfstrahligen Copulationsorgans — die Analis des Weibehens besteht auch aus 11 Außenradien — beträgt 21/, der Normalflosse. Am dritten Strahle sind die Zähne noch nicht völlig ausgebildet. Nur D hat auf dem 16. bis 21. Segment Widerhaken. Der fünfte Strahl divergiert ebenfalls am Ende und läuft in ein Glied aus, das eine Hakenform andeutet. D ist wie bei X2pho- phorus strigatus und Platypoecilus maculatus nach hinten ” ’r- Strecke verbreitert. Ein weiter entwickeltes Stadium, das vielleicht mit dem von © _steroaon denticulatus Beziehungen aufweist, läßt das Gonopodium von Pseudoxiphophorus bimaculatus (Fig. 20, 21) erkennen, das neben dem von Cnesterodon denticulatus das Extrem in der Länge dar- stellt. Es übertrifft die Normalflosse um mehr als das Dreifache und besteht hier aus elf Strahlen, während die Analis des Weib- chens zehn besitzt. Die eingeschlagenen Ränder des dritten Strahles hören schon bei dem 13. Segment auf, werden aber noch einmal von einer Membran auf dem 2. bis 8. Gliede fortgesetzt. V endet in u A EEE NEUEN LERNEN SEUE URL. Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 205 einem kräftigen, langen, unpaaren Haken, der ventral liegt und die übrigen Strahlenspitzen weit hinter sich läßt, so daß das Gonopodium sehr schlank erscheint. Der fünfte Strahl geht an seinem Ende in D über, das vom 14. bis 27. Segment mit 13 Zähnen versehen ist, zwischen denen sich eine Haut ausspannt. Eine weitere einheitlichere Gruppe bilden die Formen mit paarigen Fortsätzen am dritten Strahle, denen eine unpaare Ver- längerung des vierten Strahles entspricht. Hierher gehören Toxus, Girardinus und Glaridichthys. | Fig. 20. Gonopodium von Pseudoxiphophorus bimaculatus. D (V') dorsaler (ventraler) As des 5. (Str.) Flossenstrahles. Von Toxus liegen keine näheren Angaben vor. Bei Girardinus (Fig. 22, 23) beteiligen sich an der Bildung des unpaaren Processus der vierte und der dritte Strahl. D und der fünfte Strahl sind mit scharfen Zähnen versehen, und letzterer ist deutlich in zwei Äste D’ und V’ gespalten. Es liegen nur zwei Zeichnungen von EiIGENMAnN vor (1907). Danach ist es nicht fest- zustellen, inwieweit die Ränder des dritten Strahles umgeschlagen sind, und ob die paarigen Klammern von Knochen gestützt werden. Girardinus metallicus (PoEy) (Fig. 22) trägt an dem 11. bis 13. Segment von D winzige Zähne und an D vom 4. bis 10. Glied Widerhaken, zwischen denen sich eine Membran ausspannt., Die zweite Abbildung (Fig. 23) stellt » Glaridiehthys« uninotatus vor. 206 | W. Fr. Langer Sein Gonopodium gleicht mit geringen Abweichungen dem von Girardinus, so daß wir hier nicht einen Glaridichthys, sondern Girardinus vor uns haben. Das Copulationsorgan ist etwas ge- Fig. 22. Gonopodium von Girardinus metallicus (Poey) nach Eıgexmann (1907). D(V)[D' (V')] dorsaler (ventraler) Ast des 4. (5.) Strahles. Gonopodium von Girardinus wuninotatus nach Eısenmans (1907). D (V) [D' (V')] dorsaler (ven- traler) Ast des 4. [5.] Strahles. drungener, der unpaare Processus größer und mit einem kleinen Haken am dritten Strahle versehen. Am 5. bis 11. Segment be- finden sieh ebenso sieben Widerhaken und drei am 11. bis 12. Glied von D. Gonopodium von Glaridichthys januarius (Phil.). D. dorsaler Ast des 4. (Str.) Strahles. Bei Glaridichthys {Fig. 24) verliert sich nur V in den unpaaren Fortsatz, und der fünfte Strahl, der an seinem Ende umbiegt, er- reicht nicht mehr die Spitze. Die paarigen Fortsätze, die dem Löffel der Poeeiliae homolog sind, rücken gegenüber denen von Girardınus noch mehr dem Ende zu. Von dieser Gattung stand für eine Untersuchung Glaridiehthys januarius (HENSEL) zur Verfügung, dessen Gonopodium aus acht Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 207 bis neun Strahlen besteht, von denen der neunte infolge seiner Klein- heit kaum sichtbar ist, ein typisches Beispiel für die Reduetion der letzten Strahlen. Von dieser Art gab v. Iuerıng (1883) eine ausge- zeichnete Beschreibung. EIGENMANN, nach dem der vierte Strahl die paarigen Fortsätze bildet, bringt ebenfalls eine Zeichnung, gliedert die Art auf Grund dieser Meinung von Glaridichthys ab und nennt sie Phalloceros januarius. Dieser Genusname ist zu streichen. Der Fisch gehört der Gattung Glaridiehthys an, da die paarigen Klammern als Fortsätze des dritten Strahles anzusehen sind, und ihre geweihartigen Knochen und hufeisenförmigen Basalknochen "unabhängig von den Einzelstrahlen entstehen. Vox Inerıngs An- gabe, sie seien von knorpeliger Beschaffenheit, trifft nicht zu. GARMAN und mit ihm PhıLıppr hielten Görardinus caudomaculatus (HEnsEL) für identisch mit Glaridiehthys jJanuarius, was indessen nach EIGENMANNs Angabe und Zeichnung des Copulationsorgans nicht der Fall ist. Anderseits muß der unter den Namen Poecilia reti- eulata und Girardinus reticulatus in den Liebhaberkreisen bekannte - Fisch nur als eine Farbenvarietät von Glaridichthys januarius ange- - sprochen werden, da sein Gonopodium völlig dem seiner Stammform ‚gleicht. Dazu kommt, daß der Fisch bei der Geburt den typischen >Januariusfleck« aufweist, während die schwarze Tüpfelung erst - später eintritt. Das Gonopodium, das die Normalflosse um das Drei- fache an Länge übertrifft, wurde auch von PuıLıppi gezeichnet und ‚sorgfältig beschrieben, ebenso wie das der folgenden Gattung, aber er beging dabei ebenfalls den Fehler, von Knorpelstücken in der Flosse zu sprechen, während doch in der Teleostierflosse stets die Verknöcherungen ohne eine Knorpelbildung vor sich geht, was sich ee bei den Cyprinodontiden bestätigt. — An D sind 9 bis 13 Zähne entwickelt, die nach der Basis zu sich vergrößern. Werden zwar die paarigen Fortsätze von geweihähnlichen Knochen gestützt, so ; ee dagegen in dem unpaaren Fortsatz keine Knochenbildung zu er- R kennen. »Glaridichthys« decem-maculatus (Prıuippr), (Fig. 25, 26) hat die paarigen Auswüchse durch einen unpaaren ersetzt, dem V allein a verleiht. Der fünfte Strahl endet in einem kleinen Haken, und an D sind drei bis sechs kleine, gleichgroße Zähnchen vor- handen. Nach diesen Abweichungen muß die Art einer anderen Penn; Gulapinnus gen. nov., zugewiesen werden. Eine äußerst _ komplizierte Gestalt besitzt der erstgenannte Fortsatz. Er ist be- denen verlängert und nur von einem Knochen gestützt, der an dem 208 W. Fr. Langer dritten Strahle ansetzt. Es ist also keine Aufteilung in zwei fing förmige Processus durchgeführt worden. Die eigentümliche staltung (s. Fig. 25, 26) der Verlängerung ist auch Pnitippi Fig. 25. GG . TIERE Be Ba Se nn nn ul Sn en Senne mn ee > IN erben S "ie ad ad nF — Bm = = R Er en sr. Gonopodium von Gulapinnus decem-maculatus. R. Rinne fürs Sperma; Str. Flossenstra Fig. 26. Gonopodiumende von Gulapinnus decem-maculatus. Seitlich von oben gesehen. gangen. In der Länge und in der Strahlenzahl schließt sich Gonopodium an das von Glaridichthys an. Uber das Copulationsorgan von Paragambusia, Glaridodoi Akropoeeilia, Lebisthes fehlt mir jede Angabe. Fig. 27. SITE Gonopodium von Phalloptychus januarius nach EIGEnManN (1907). Die Ausbildung der männlichen Afterflosse von Phalloptych januarius (Fig. 27 und Eisenmann 1907), der mit Glaridie I von GARMAN ua) ans wurde, führt insofer die »anal rays are rolled up to form a ven Das Gonopodi hält annähernd die Gestalt einer Röhre durch das Aufrichten. Umklappen des gesamten fünften Strahles, der im Zusam damit einseitig ausgebildete Zähne trägt. H Das kurze »Gonopodium< von Anableps weicht dadurch allen anderen ab, daß es von dem Integument des Körpe seinen Schuppen überzogen wird. Bloß die Enden der Normalflı & v . Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 209 bleiben unbedeckt, ebenso eine kolbenförmig angeschwollene Ver- längerung des siebenten Strahles, die wie eine Zunge über das Ende des Gonopodiums herausragt (s. GArMAN 1895, T. 7, Fig. 10). Sie ist vielleicht der Teil des Copulationsorgans, der bei diesen Formen allein in die Geschlechtsöffnung des Weibcehens eingeführt wird. Leider stand mir nur ein Männchen zur Verfügung, das aber infolge seines Alters (1832 gefangen) nur für die Morphologie der Hart- gebilde eine befriedigende Auskunft geben konnte. Das Copulations- organ von Anableps zeigt entweder eine Biegung nach rechts oder links. Auf der konvexen Seite befindet sich eine Verdiekung, ein »fleshy tuberele«, dem vielleicht eine sekretorische Funktion zu- kommt, analog den Drüsen am Mixipterygium. Dafür sprechen Seras (1761) Angabe und Zeichnungen von »Massulae aceumbentes, quasi bullulae materie lutea repleta«, die am proximalen Ende liegen sollen. Den Angaben früherer Autoren zufolge (s. Home 1828, GAR- MAN 1895, S. 73) besitzt Anableps in seiner Jugend eine normale Y "Afterflosse, an deren Vorderrand und Seiten postembryonal das In- & ‚tegument entlang wächst. Zugleich mit dieser Umbildung verlängert & ‘sich auch das mit den Ureteren vereinigte Vas deferens bis an die - Spitze des Copulationsorgans. Denselben Verlauf nimmt dieser Aus- führgang bei Jenynsia, an dessen Gonopodiumspitze ebenfalls eine zungenförmige Verlängerung sich befindet. Es kommt also unter den Teleostiern bei diesen beiden Species allein zu einer» Penisbildung«. Vor den Trägern der Analis liegt bei Anableps die Harnblase, in die dorsal die paarigen Ureteren, ventral die Vasa deferentia ein- _ münden. Die Harnblase ist durch eine Wand in eine eigentliche Harnblase und in eine Samenblase, Receptaculum seminis, geteilt. % Erst bei dem Muskel, der den Austritt der Geschlechtsprodukte und des Harnes reguliert (s. GARMAN, T. 7, Fg. 12) kommt es zu einer einigung der Ausführgänge zum Urogenitalgang, der nach CuVIER An 1818, S. 366) den ersten Strahl durehbohrt. Auf Schnitten ; ch die BRBN Hälfte des Gonopodiums war noch folgendes zu erkennen. Die Umhüllung des Copulationsorgans besteht aus einer #aßerst breiten Lage von Bindegewebe, das, wie schon bekannt, gezähnte Schuppen! trägt. Sie sind nur auf der konvexen Seite an Be +. 1 Kner 1860: »Anableps hat am Vorderleib keine Schuppen mit Zähnchen. 2; ‚dies ein Attribut des Männchens oder bloß ein Zeichen der Laichzeit und vielleicht ein Analogon der Knochenwarzen bei Cyprinoiden?« Gezähnte Schuppen kommen auch dem Weibchen zu. Die Schuppen von Belonesox belizanus: sind ebenfalls schwach gezähnt. FE Morpholog. Jahrbuch. 47. 14 | - $ 210 W. Fr. Langer der Spitze des ersten und über dem zweiten und dritten Strahle entwickelt, und distal verschwinden sie von dem Vorderrande und dehnen sich dafür auf den vierten bis fünften Strahl aus. Noch weiter am Ende werden die Schuppen nicht mehr entwickelt. Das Bindegewebe überzieht auch den vierten bis elften Strahl, sondert aber in dem proximalen Teile die ersten drei von den übrigen ab, indem es diese ringförmig umschließt. Distalwärts gesellt sich zu- nächst der dritte, dann der zweite Außenradius zu den übrigen außerhalb des Ringes befindlichen Strahlen, wobei die ersten drei Hauptstrahlen ihre Lage zueinander wechseln. Ob diese drei Radien den Hauptstrahlen der übrigen Cyprinodontiden entsprechen und die ersten zwei in der Entwicklung verloren gehen, bleibt noch ungewiß. Aber nicht nur die ersten drei, sondern sieben Strahlen sind ver- längert. Diese legen sich distalwärts ringförmig dem Copulations- organe im engeren Sinne an. Aus ihrem Verbande löst sich dem Ende zu der letzte Strahl, um in jene zungenartige Verlängerung auszulaufen. Zu der Einführung dieses Penis ist natürlich eine besondere Beweglichkeit nötig. Interessant war die Beobachtung GArMANs, daß 3/; der Männchen den Penis nur nach der rechten Seite bewegen und so eine Copulation herbeiführen konnten. Di 3 übrigen 2/, waren Linkser. Dieses Verhalten wird durch die Krüms mung und den Bau des »Penis« bedingt. 3 entsprechenden Einrichtungen zu suchen. Er fand die Genitalöffnung durch eine größere Schuppe, »forieular scale«, einseitig verdeckt 5 nach deren Lage sich die Weibchen ebenfalls in Rechtser und Linkser scheiden. Es stand die Anzahl der festgestellten Linkse zu den Rechtsern bei den Weibchen im umgedrehten Verhältnis zu der bei den Männchen, eine Tatsache, die ihre Erklärung findet, wenn man sich vergegenwärtigt, daß nur je ein rechtsseitiges Mä ın chen mit einem linksseitigen Weibchen in Copulation zu treten vermag. Obwohl man erwarten müßte, daß dadurch von einemlinksseitigen Wei chen nur rechtsseitige Männchen und weibliche Linkser abstamm könnten, hat sich eine derartige Vererbung nach GARMAN nicht gezei Die von mir beobachtete Copulation eines Jenynsia linedi Männchens erfolgte stets nach rechts, wobei der »Penis« zur Lä h achse des Körpers um 90° gedreht und dabei fast senkrecht empe gerichtet wurde, eine Bewegung, die ich bei keinem anderen ( prinodontiden wieder sah. Ebenso war die Dauer der Copulafi eine ziemlich lange.” u Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 1 Diesen beiden Gattungen, Anableps und Jenynsia, die mit einem eigentlichen »Penis« ausgerüstet sind, stehen alle anderen bekannten viviparen Poeciliden ! gegenüber. Bei einer mikroskopischen Betrachtung fällt die starke Ent- wicklung der Cutis an dem Gonopodium auf, die sich besonders im Bereiche des fünften Strahles ausgeprägt zeigt (Figuren 3—6). An der Vorderkante des dritten Strahles verdickt sich die Oberhaut ebenfalls und kann sich dann von ihm abgliedern, um an der Bildung eines Löffels Anteil zu nehmen. Bisweilen schiebt sie sich zwischen die Strahlen ein, so am Gonopodium von ÜUnesterodon denticulatus (auch Anableps anableps), an dem sie sich vielmehr als bei Poeeilia reticulata, Glaridiehthys januarius und Belonesox belixanus entwickelt hat. Sie besteht aus einem weitmaschigen Netz von Bindegewebe mit wenigen Zellkernen. Dagegen führt die Cutis (?) des Löffels be- sonders großkernige Zellen. Die Epidermis, deren Zellen in einer dicht zusammengedrängten, vielkernigen Schicht die Flosse über- ziehen, wird zunächst in ungefähr vier Zellschichten angelegt, aber während der Entwicklung mehr und mehr in den Hintergrund ge- drängt. An die Cutis schließen sich nach innen starke elastische Fasern oder eine homogene Lamelle (Me) an, die nach der Knochen- bildung auftreten und zur Stütze des Gonopodiums dienen. Die Lamelle ist im Löffel besonders kräftig, da ihr allein die Versteifung dieses Fortsatzes obliegt. Über den Blutkreislauf in der Analis schlage man die Beschreibung v. JHERINGsS (1883, S. 480) nach. Das Innere der Flosse nimmt neben den Adern weiterhin das Mesenehym mit den von ihm abgeschiedenen Lepidotrichen ein, deren Entwick- lung sich ganz analog den Befunden Bronrs (1909) und anderer vollzieht. Zunächst treten als Hartsubstanzen ungleich große, mesenchymatische, von den Pterygoblasten (Ryper) abstammende Elastoidinfäden auf. Hier zeigt sich insofern eine Abweichung, als diese nicht in einer ununterbrochenen Reihe, sondern nur in der Ausdehnung der späteren drei Strahlen sich hinziehen. Die Ver- teilung wird dadurch bedingt, daß die Analflosse lange Zeit die weibliche Form beibehält und erst postembryonal, gleich einem Folgemeristem, in das Wachstum eintritt, und sich dabei die Ela- stoidinfäden an die schon ausgebildeten Hartsubstanzen anschließen 1 An die äußere Morphologie des Gonopodiums erinnernde Einrichtungen finden sich nur noch bei Fundulus taeniopygus (GARMAN). HILGENDORF (1888) gibt an, daß dieser Fisch durch Bedornung der Analflosse einen Sexualdimor- phismus bekunde. 14* 212 W. Fr. Langer können. Die Elastoidinfäden werden später von dem vordringenden Mesenchym, das hier noch eine dichtere vielkernige Substanz dar- stellt, nach innen gedrängt. Sodann wird nach außen an der Grenze der Cutis vom Mesenehym Knochensubstanz abgeschieden. Bald um- wandern diese die Mesenchymzellen und legen sich als Osteoblasten auch an die Außenseite. Der dritte Strahl wird einheitlich ange- legt, der vierte und fünfte gleich in zwei getrennten Asten. Es gabelt sich also auch der letzte Außenradius stets in D’ und V’, was makroskopisch nicht immer zu erkennen war. Die Elastoidin- fäden werden in die Mitte gedrängt, nie aber von den sich bilden- den Lepidotrichen eingeschlossen. YV stellt sich allein senkrecht zur Flossenebene. D’ setzt sich im spitzen Winkel, der nach der Medianebene zu offen ist, an. Diese Lageänderung des fünften Außenradius zeigt sich von da ab, wo das Gonopodium im engeren Sinne aus dem Verband mit der Normalflosse heraustritt. Bei Onesterodon denticulatus hatte sich der gesamte fünfte Strahl nach der einen Seite umgeklappt, wobei D’ auf der anderen Seite in der Entwicklung zurückgeblieben war. Der dritte und vierte Strahl waren dieser Lagerung des fünften angepaßt worden und hatten mit ihm eine Rinne gebildet und so eine Einseitigkeit des Gonopodiums bewirkt. (Leider konnte ich aber diesen Befund, der sich nur auf ein »geschnittenes« Gonopodium bezieht, nicht wieder nachprüfen). Die Funktion des Gonopodiums, die Liebesspiele und die sekundären äußeren Geschlecehtscharaktere, die damit im Zusammenhang stehen. Eine Verlängerung des Vas deferens auf das Gonopodium ließ sich nie nachweisen. | Damit erhebt sich die Frage: »Wie kann eine Übertragung des Spermas erfolgen ?« Nachdem verschiedene, oft recht phantastische Erklärungen gegeben worden waren, haben GARMAN und PHILIıppi ganz richtig behauptet, es stelle das Gonopodium eine äußerst bewegliche Gleit- schiene dar. Unmittelbar vor der Afterflosse liegt die Geschlechtsöffnung, die den ersten bis zweiten Strahl des Anale klammerförmig umgreift. Zugleich mit der Ejakulation des Spermas tritt eine seitliche, nach vorn gerichtete Bewegung ein und dabei wird der Zweck der Senkrechtstellung des fünften Strahles offenbar, indem an ihm das | Wasser und das Sperma entlang geleitet wird. Bei der Vorwärts- Beiträge zur Morphologie der viviparen Öyprinodontiden. 213 bewegung des Gonopodiums wird das Sperma vom fünften Außen- radius reflektiert, von der Umbiegung des dritten Strahles mit seiner Flossenhaut wieder aufgehalten und in ihr und eventuell an dem Löffel entlang geleitet, der es bei der Copulation in die Uro- genitalpapille des Weibehens abgibt. Diese ist ein wenig verlängert und kommt so der Übertragung des Spermas entgegen. Beim Ein- tritt des Samens in den Oviduct wirken jedenfalls auch chemische Reize mit, da das Sperma nach PnrıLıpp1 in physiologischer Kochsalz- lösung erst aktive Bewegung zeigte, als er ein Stück vom Ovar in die Flüssigkeit brachte. Um eine Verteilung des Spermas ins freie Wasser zu verhüten, sind die Unebenheiten der Flosse, insbesondere die Zähne des vierten Strahles entwickelt, die also die abspülende Kraft der Strömung brechen. Eine Erklärung, die die verschiedenen Zahngruppen schlechtweg als Klammerapparate bezeichnet, erscheint mir nach der Lage und Anzahl der Zähne verfehlt. Diese Deutung paßt nur für die End- apparate von Glarediehthys, Girardinus, Toxus, Gulapinnus, durch die tatsächlich ein Ansetzen an die weibliche Genitalpapille ermög- lieht wird und bisweilen auch erfolgt. Auch Pseudoxiphophorus gehört mit seinem »Ankerhaken« unter diese Arten. Dieselbe Funktion versieht der Löffel bei Poecilia und Petalosoma. Eine Über- tragung kann nicht nur durch einen anschmiegbaren Klammer- apparat, sondern auch durch eine ventrale, womöglich noch laterale Umbiegung des Flossenendes, die das Ansetzen an die Papille des Weibchens erleichtert, ersetzt sein oder vervollkommnet werden. Hier sind Pseudoxiphophorus, Petalosoma, Cnesterodon und Belonesox zu nennen. AÄzphophorus und Platypoecılus weisen für das Anschmiegen an die weibliche Urogenitalpapille vor der Endigung des umge- schlagenen Randes am dritten Strahle eine Zahngruppe und vor ihr einen unpaaren Haken auf, die die Funktion des Löffels ersetzen. Eine ähnliche Aufgabe kommt wahrscheinlich den Zähnen des dritten Strahles bei Poeeilia und Gambusia (?) zu. Da bei allen Uyprino- dontiden mit Gonopodium keine Einführung des modifizierten Anales stattfindet, eine Tatsache, die sich auch aus der eben geschilderten Morphologie des Copulationsorgans verstehen läßt, so dient also das Gonopodium nur als Gleitschiene und höchstens als Stützorgan für das Männchen bei der Begattung. Ob das Gonopodium für eine Überleitung des Spermas unbedingt 914 - W. Fr. Langer nötig ist, suchte ich durch Abschneiden der modifizierten Afterflosse bei einem erwachsenen Männchen, das ich mit einem unbefruchteten Weibehen zusammenbrachte, festzustellen. Eine Geburt fand inner- halb der Beobachtungsdauer von zehn Wochen nicht statt, während der das Gonopodium, wie auch das Caudale völlig regeneriert worden waren. Von Wichtigkeit bei der Übertragung des Spermas ist nicht nur die Gestalt des Gonopodiums, sondern auch seine erstaunliche Be- weglichkeit. Pnutıppi stellte analog der einseitigen Beweglichkeit bei Anableps und Jenynsia zwar eine solche vorwiegend nach rechts auch für Glaridichthys januarius! und nach links für Gulapinnus decem-maculatus fest, aber eine entsprechende Einrichtung beim Weibchen fand er nicht. Der anatomische Bau des Gonopodiums bei Unesterodon denticulatus und Phalloptychus januarius läßt eben- falls eine Einseitigkeit in der Bewegungsfähigkeit vermuten, welche erst die Entwicklung einer geschlossenen Röhre und die Verlänge- rung des Vas deferens in diese, wie sie Jenynsia und Anableps zu- kommt, ermöglicht hat. Alle anderen Arten können den Copulations- stachel nach links und rechts bewegen. Über die Copulation selbst und das vorausgehende Liebesspiel fand ich in der Literatur einige wenige Notizen und eine ausführliche Schilderung PHriLippis für Glaridichthys januarius. Wenn auch seine Beschreibung nicht bis ins einzelne auf jede Art paßt, so gibt sie doch ein allgemeines Bild von der Copulation der Cyprinodontiden. JHERINGS Angabe, die PuıLıppı für geschlechtsreife Tiere bestreitet, daß das Anale aufgerichtet werden kann, wobei es dann senkrecht nach unten hin absteht, trifft für junge und geschlechtsreife Männchen zu. Es ist dies freilich die erste Bewegungsart des sich ausbildenden Gono- podiums. Diese Bewegung geht beim erwachsenen Individuum bis- weilen so weit, daß das Gonopodium sich wagerecht nach vorm richtet, eine Lagerung, die durch ein Gleiten der Flosse seitlich im Winkel von ungefähr 30° zur Längsachse nach vorn ersetzt werden kann. Alle diese Bewegungen führen nicht zu einer Copulation, sondern sollen nur einem Dehnen und Strecken des Gonopodiums dienen. Je länger das Gonopodium ist, desto kürzere Zeit währt im allgemeinen die Copulation, vor der Xiphophorus strigatus noch e i Die Varietät retzieulatus unterscheidet sich von der Stammform Glaridich- thysjanuarius darin, daß sie die Copulation nach rechts und links ausführenkann. ul a Sn na a u ln. 0 : Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 215 Liebesspiele aufführt. Er bleibt seitlich vor seinem Weibehen stehen, krümmt unter lebhaftem Zittern seinen Körper halbkreisförmig nach ihm zu, schnellt ein Stück rückwärts -und stößt dabei mit seiner Schwanzspitze nach der Urogenitalpapille des Weibehens. Sodann schnellt er wieder die zurückgelegte Strecke vorwärts, um das Spiel von neuem zu beginnen. Genau so paradiert Poecilia retieulata vor seiner Gefährtin, nur daß dieser Fisch nicht das Caudale derartig bewegt, sondern dabei seine öfters modifizierte Schwanz- und Rücken- flosse ausbreitet, die er vorher teilweise zusammengefaltet trägt. Weitere Eigenheiten sind an Delonesox belixanus wahrzunehmen. Das Männchen beobachtet unausgesetzt das Weibchen, wobei es die für die Zahnkarpfen charakteristischen Stellungen einnimmt. Dann ändert es plötzlich sein Verhalten und bleibt etwas seitlich unter- halb des Weibehens stehen, und zwar so, daß es mit seiner Schwanz- flosse dem Caudale oder dem Kopfe des Weibchens zugekehrt ist. Dabei wird der Schwanz schwach nach der Gefährtin gebogen, dessen Caudale Wellenbewegungen ausführt. Die Brustflossen wer- den heftig vor- und rückwärts geschlagen und das Dorsale, dessen Strahlen sich in der Längsachse des Tieres bewegen, auffällig nach der Seite des Weibchens gebogen. Die Bauchflossen und das Gono- podium, das nur ganz wenig seitlich nach dem Weibchen zu ge- halten wird, führen heftige, rotierende Bewegungen aus, so dab die ganze Muskulatur in Vibration gerät. Dabei werden die abge- sonderten und verlängerten Strahlen, neun bis elf, welche wieder selbständige Bewegungen ausführen können, noch mehr seitwärts nach dem Weibchen gerichtet. Ja, es kann der Fall eintreten, daß das Gonopodium in der Ruhelage bleibt, und nur dieser Teil zitternd nach dem Weibchen visiert. Die orangeroten Adern ziehen längs der Strahlen und als Sammelgefäß am Grunde der Flosse hin und treten viel mehr als beim Weibchen hervor. In diesen, von dem übrigen Anale abgesonderten Teil führt ein besonders dickes!Gefäß, und dadurch erhält der neunte bis elfte Strahl eine auffällige Fär- bung, so daß ich, als der Vorgang zum ersten Male zu beobachten war, den Eindruck von roten, nach dem Weibchen visierenden Fäden hatte. Darnach erklärt sich nun die besonders kräftige Ausbildung der letzten Analstrahlen und -träger im Gegensatz zu den anderen Zahnkarpfen. Nunmehr wird auch die Verlängerung der letzten Analstrahlen von ‚Petalosoma cultratum! zu einem ähnlich wirkenden Reizorgan verständlich. 1 Nur bei Petalosoma ceultratum, Glaridiehthys januarius, Gulapinnus decem- 216 W. Fr. Langer Petalosoma cultratum hat hinter dem Gonopodium ein zweites einzigartiges Anale (sichtbar in der Photographie von Tomeurus gracilis — Petalosoma eultratum, Stanscn 1911, $8.47). Es ist ein Flossensaum, der, wie es den Anschein hat, weder von Lepi- dotrichen, noch Aktinotrichen gestützt wird. Er besteht aus 15 dachziegelartigen Vorsprüngen der Cutis!, die auf beiden Seiten je von einer Schuppe überdeckt werden. Die vor der Analis gelegene sechsstrahlige Bauchflosse wird von der Ausbildung des Gonopodiums beeinflußt. Es sind zwei Richtungen in ihrer Entwieklung zu unterscheiden, die einer Re- duetion und die einer Modifikation. Bei den Gambusen (Fig. 16, V.), Glaridichthys und Gulapinni erscheint die Ventralis gegenüber den anderen Flossen überaus klein. Es sind alles Formen, bei denen die Bauchflosse sehr weit nach vorn gelegen und das Gonopodium ansehnlich lang ist. Bei Platypoecilus, Xiphophorus, Heterandria, Poeeilia und Petalosoma, alles Arten mit kleinerem Gonopodium, tritt das Ventrale in den Dienst der Copulation, um die durch die Kürze des Gonopodiums schwierigere Befruchtung zu sichern. Der erste Strahl bleibt sehr kurz, während der zweite bedeutend verlängert wird. Bei Petalosoma haben alle ersten drei Strahlen an Aus- dehnung gewonnen. Beide, bezw. alle drei, sind stärker als die übrigen Strahlen, die nach innen zu an Länge abnehmen. Dazu kommt noch eine auffällige Verdiekung der Cutis am zweiten Außer- radius. Durch diese erst postembryonal mit der Ausbildung des Gonopodiums zugleich beim Männchen entstehende Verlängerung vermag das Ventrale in der Ruhelage mehr oder weniger das Gono- podium zu decken. Die weitere Funktion besteht darin, bei der Copulation das Anale in seiner extremsten Stellung zu stützen. Bei Poeeilia latipinna (Fig. 28) waren die ersten beiden Strahlen außer- dem noch mit kleinen Zähnchen versehen. Die Brustflossen? weisen keine Änderungen auf. Dagegen sind wieder im Bau der Rückenflosse?, die bei maculatus, Haplochilus latipes und sexfasciatus zählte ich 5, bei Poeeika latipinna einmal 7 Strahlen. ! Die über die Natur dieses zweiten Anale (Fettflosse [?]) Aufschluß geben- den Präparate waren zur Untersuchung noch nicht fertig. 2 Poecilia reticulata 12—13 Strahlen, Poeeilia vivipara 13, Gambusia Hol- brookii 11—12, Platypoeeilus maculatus 10, Belonesox belizanus 13—14, Pseudo- wiphophorus bimaculatus 12—14, Gulapinnus decem-maculatus 8, Haplochilus latipes 13, Hapl. sexfaseiatus 18, Anableps anableps 24. 3 Poecilia amazonmica 6 Strahlen, Poeeilia latipinna 7, 10 und 13, Gambu- u - a a ua az lud De Zu ae Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 217 den Liebesspielen aufgerichtet wird, bei den Männchen von Poecilia amazonica (STAnSCH 1910, S. 29), heteristia (ReGAn, StanscH 1911, R. 20), reticulata, latipinna und Xiphophorus strigatus sekundäre Geschlechtsmerkmale zu beobachten. Bei den drei zuerst angeführten Arten werden die hinteren Strahlen bedeutend verlängert und in eine caudalwärts gerichtete Spitze ausgezogen. Außerdem prangt die Flosse in besonderem Farbenschmuck. Männchen von Poeezlia latıpinna und Xiphophorus haben ein bedeutend höheres und breiteres Dorsale als die Weibchen, aber die Breite ist nicht durch eine Differenz in der Strahlenzahl bedingt. Am schönsten ist die Modifikation an Poecilia latipinna entwickelt (Garman, Tafel XII, 1895), deren Name auf diese Eigenheit Bezug nimmt. Nach Garman wandert die Rückenflosse vom Poeeilia latipinna-Männchen postembryonal nach Ventrale von Poecilia latipinna . vorn (GARMAN 1895, Tafel XII). Interessant ist dann die Mitteilung bei SrtanscnH (1910), daß sich bei den Männchen der Nachzucht teils hohe, teils normale Rückenflossen bilden. Eine ähnliche Umbildung vermag das Caudale aufzuweisen, dessen Strahlenzahl! bei einzelnen Formen stark wechselt. Beim Poeeilia reticulata-Männchen können die oberen Strahlen verlängert sein. Umgekehrt bilden die untersten Strahlen des Xrphophorus- Männchens ein langes Schwert (MEEX 1902), nach dem die Art ihren Namen »Zipog g£owv« erhalten hat. Beide Verlängerungen der sia Holbrookii 8, Gulapinnus decem-maculatus 8, Anableps anableps, Belonesox belixanus, Platypoeeilus maculatus, Poecilia vivipara, Petalosoma eultratum 8—), Jenynsia lineata, Haplochilus Chaperi 9, Fundulus heteroclitus 9-11, Onesterodon dentieulatus 10—11, Haplochilus latipes, Poecilia retieulata 11—13, Lebias so- phiae 12, Xiphophorus strigatus 13, Pseudoxiphophorus bimaculatus 14, 16—17, Fundulus gularts 15. 1 Poecilia amazomica 22—25 Strahlen, Poee. retieulata 23—25, Haplochilus sexfasciatus 23, 29, Glaridiehthys januarius 24—25, Gambusia Holbrookii 24—27, 918 W. Fr. Langer Schwanzflosse sind als sekundäre Geschlechtsmerkmale mit präch- tigen Farben ausgestattet. Das Schwert wird ungefähr vom 21. bis 23. Strahle gebildet. Die Außenradien, 18 bis 20, beteiligen sich insofern, als sie sich, wenn auch nur wenig, verlängern, wobei ihre in normaler Weise gespaltenen Enden ungleich lang werden. Das Ende des Schwertes weist bei vielen älteren Männchen einen Kniek nach unten auf. Diese Modifikationen der Schwanz- und Rückenflosse treten erst bei der Geschlechtsreife, die des Caudale und Dorsale bei Poeciha reticulata oft noch nach ihr ein. Es sind insbesondere keine sicheren Schlüsse aus der Länge des Schwertes auf die Entwicklungsstufe des Gonopodiums zu ziehen, da hier die verschiedensten Stadien nebeneinander zu finden waren. Nur so viel ließ sich feststellen, daß das Anale des Männchens gebildet war, wenn das Schwert die Hälfte seiner endgültigen Länge er- reicht hatte. Die Vermutung, daß die Umbildung der Schwanzflosse bei Xiphophorus von Einfluß auf das Knochengerüst sei, welches das Caudale stützt, bestätigte sich nicht. RypeEr hat diesen Skeletteil von Gambusia patruelis in einer skizzierenden Zeichnung wieder- gegeben und eine Gephyrocerkie festgestellt. In den Bereich der Schwanzflosse sind die letzten drei bis sieben Wirbel einbezogen, deren Processus spinosi sich zu Hypuraldornen entwickelt haben. Bei einem Weibchen von Poeeilia latipinna kamen, namentlich im Bereich des Caudale, einem Wirbel mehrere Apophysen (7) zu, ein Verhalten, das durch Synostose zustande gekommen war. Hyrrı (1860) gibt an, daß nur in der Flossenregion, und da als Höchstzahl fünf, Wirbel verschmolzen gefunden worden seien. Beistehende Tabelle veranschaulicht die Synostose bei diesem Fische. Poecihia latipinna, heteristia, Onesterodon denticulatus, Fundulus gularis, Gulapinmus decem-maculatus, Haplochilus latipes hatten die letzten vier Wirbel, Petalosoma cultratum, Pseudoxiphophorus bi- maculatus, Haplochilus sexfasciatus, Xiphophorus strigatus fünf und Anableps anableps sechs Wirbel in den Bereich der Flosse gezogen. Bei Poecilia amazonica, reticulata, Gambusia Holbrookü, Platypoecilus maculatus konnte der fünfte Wirbel einen ventralen Hypuraldorn ent- 31, Petalosoma ceultratum, Fundulus gularis 25, Platypoeeilus maculatus 26, 28, 30—32, Gulapinnus decem-maculatus 27, Haplochilus latipes 27—32, Onesterodon denticulatus 283—31, Poec. vivipara 29, Fund. heterochtus 29—30, Poee. latipinna 29, 32, Xiphophorus strigatus 30—32, Belonesox belixzanus 34, 36—37, Pseudoxipho- phorus bimaculatus 32, 34—35, Anableps anableps 35, 37, Jenynsia lineata 32. Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 219 - | Wirbel Hämapophyse Neurapophyse | 1 Hypurale und ein freier | Hypurale und ein freier | Hypuraldorn Hypuraldorn | daR 2 1 (so breit wied. Wirbel) | 1 (so breit wie d. Wirbel) Schwanz : ' 1 > 5 2 u. unvollständig ein 3. 2 6 is 3: Anale |7 3 3, eine 4. mit der vom 6. nnd verschmolzen Dorsale R 9 D) | 3 1 t | 10 1 1 a Dei Ri Rumpf 12 1 1 13 2 2 | 14 bis 17 | jel jel | Pectorale 18 if 1 wickelt haben, während ihm ein dorsaler fehlte. Dasselbe gilt für den achten Wirbel von Belonesox (Fig. 29). _ Hierin, sowie in ihrer Eingeschaltete - Änochenplättchen / Frleckstück. f Aypuralknochen-- Wirbelsäulenende von Belonesox belizanus (Kner) 9. größeren Länge und Breite bekundete sich die allgemein bekannte stärkere Entwicklung der caudalen ventralen Flossenstrahlen und Processus spinosi, die zu einer Heterocerkie geführt haben soll. m.) 220 W. Fr. Langer Je mehr aber die Schwanzflosse sich rostralwärts ausdehnt, desto mehr wird wieder (nach BürscHLı 1910) die innere Heterocerkie zurückgedrängt. Da auch bei den Poeciliden sich eine größere An- zahl von Wirbeln am Stützen der Schwanzflosse beteiligt, die Flosse sich also nach vorn verschoben hat, so läuft der letzte Wirbel nur in ein kurzes gedrungenes Urostyl aus, dessen dorsale Biegung bis- weilen nur noch angedeutet ist. Die Chorda verläuft bis in die Spitze des Urostyls. Herrwıs (1906) schreibt: »Solche Fälle, wo das ganze heterocerk veränderte Schwanzwirbelsäulenende beim ausgebildeten Tier fehlt, z. B. Hippocampus, Gambusia, Anguilla, und dadurch eine sekundäre Diphycerkie, sogenannte Gephyrocerkie, zustande gekommen ist, sind embryologisch noch nicht untersucht, und es ist deshalb noch nicht bekannt, ob auch die einzelnen Etappen erhalten sind.« Gerade bei Gambusia haben wir freilich noch eine — wie bei der Mehrzahl der Cyprinodontiden — deut- liche innere Heterocerkie, die von RYDER übersehen wurde. Nach Mazza (1902) durchläuft Lebias calari- tanus tatsächlich noch ein heterocerkes Stadium. Er gibt als Erklärung für eine Abbildung auf Tafel III, die aber dem Buche fehlte, an: »Stadio in eui la coda si presento eterocerea«. Das Uro- styl verläuft in den obe- ren Teil des Hypurale, as auf das zugleich ein Kno- Hypurale und Urostyl von Anableps anableps S. chen übergreift (Fig. 29, 30), welcher wahrschein- lich auf die sogenannten Deckstücke (bei Salmo salar) zurück- zuführen sein wird. Zwischen diesen Knochen und mit ihm ver- schmolzen lagert das Hypurale, das am dorsalen und ventralen Rand des letzten Wirbels sich entlang zieht. Es hat die Form eines Fächers, der durch die Tendenz, eine kräftige Knochenplatte zur Stütze des Caudale zu schaffen, entstanden ist. X%@phophorus, Pseudoxiphophorus, Glaridiehthys, Platypoeeilus, Poeeilia weisen je nach dem Alter des Tieres ein mehr oder weniger großes Foramen auf, Fig. 30. Aypurale Deckstück Aypural- Anochen. an Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 221 das auf eine Doppelnatur des Fächers schließen läßt und sich stets am Grunde des Hypurale unterhalb des Urostyls befand. Bei Belonesox (Fig. 29) bildete der Fächer zwar eine einheitliche Platte, aber in der Richtung des Foramens durchzog ihn eine tiefe Längs- rinne, neben der sich noch zwei Nähte erkennen ließen. Poeeilia latipinna, Anableps anableps (Fig. 30) und Haplochilus rubrostigma (Day) standen auf einer tieferen Entwicklungsstufe insofern, als eine Zweiteilung des Fächers vorlag. Bei zuletzt genanntem Tiere hatte sich außerdem die dorsale Hälfte analog den Nähten bei Delonesox gespalten, was zum mindesten auf eine Entstehung des Hypurale aus vier ventralen Processus spinosi schließen läßt. Der Fächer von Anableps, an dem man merkwürdige Knochenskulpturen sah, bestand deutlich aus einer linken und rechten Platte, während nach GörrE (1879) die Hypuraldornen schon als unpaare Stäbe angelegt werden. Dorsal und ventral vor dem Fächer liegt stets ein freier Hypuraldorn, der noch dem ersten Wirbel angehört. Der obere hat die Form eines Keiles, der untere umfaßt an seinem proximalen Ende klammerförmig das Hypurale. An ihrem Vorderrande verbreitern sich beide in eine sekundäre Knochenlamelle, die auch die anderen Hypuraldornen aufweisen können, und die kein Knorpelstadium durch- läuft. Rostralwärts treten sie natürlich mehr und mehr zurück; so besitzt sie Delonesor noch am Hypuraldorn des vierten Wirbels, während sie sich für gewöhnlich nur bis zum zweiten Wirbel er- strecken. In dieses Knochengerüst schieben sich an und zwischen die distalen Enden der äußersten Hypuraldornen noch unregelmäßig geformte Knochenplättchen, die den Rand des Skelets in seiner Wirkung zu einer Einheit erheben, was noch durch Zusammen- wachsen der knorpelig bleibenden Außenränder der Hypuraldornen verstärkt wird. Diese können lange als Knorpel, selbst beim er- wachsenen Tiere, noch erhalten bleiben und werden erst später von einer Knochenhaut umschlossen. Eine festere Verankerung der Strahlen wird durch ein knopfartiges Anschwellen der mittleren Außenradien an der Stelle, wo sie am Fächer angreifen, erreicht. Dasselbe bezweckt eine Biegung der proximalen Enden der äußeren Strahlen nach der Medianlinie der Flosse zu. Ein sexueller Dimorphismus prägt sich weiter — abgesehen von der Lebhaftigkeit und Größe — inder Färbung aus. Die Weibchen sind im allgemeinen unscheinbarer als die Männchen, da ihnen meist eine graue Schutzfärbung eigen ist. Nur eine Pigmentanhäufung über dem Ovar, der sogenannte Trächtigkeitsfleek fällt bei Poeeilia, 222 W. Fr. Langer Platypoecilus und Atphophorus auf. Nach den Abbildungen von StanscHh kommt er noch Petalosoma und Gambusia zu. Noch nicht geschlechtsreife Weibchen zeigen keine derartige Pigmentanhäufung, da der Fleck bei der ersten Trächtigkeit auftritt, um dann zeitlebens erhalten zu bleiben. Bei Jenynsia lineata stellte Tuumm fest (?), daß diese Form nach erstmaliger Befruchtung einen orangeroten Fleck aufweist, der nach der Geburt der Jungen verschwindet, um nie wieder zum Vorschein zu kommen. Durch Zuchtwahl ist vielfach auch bei dem Männchen ein be- sonderes Farbenkleid entstanden, auf dessen Variabilität kurz hin- gewiesen sei. Zunächst kann sie innerhalb der Art zu einer ganz verschiedenen konstanten Färbung, oft sogar der Einzeltiere des- selben Wurfes, sei es durch innere oder äußere Faktoren, führen. Für Platypoecilus stellt MEEX diese Variation auf Tafel VI, 1902 fest. In den Kreis dieser Abänderung gehört die Varietät reticeulatus von Glaridichthys januarius und die wechselvolle Färbung beim Poecilia amazonica und reticulata-Männchen, die bei letzterem oft so weit geht, daß in einem gut besetzten Aquarium kein Männchen dem anderen gleicht. Sodann kann eine Wanderung von Pigment und damit eine ver- schiedene, vorübergehende Färbung bei dem Einzeltiere durch Licht- einflüsse oder Reizzustände, z. B. geschlechtliche Erregung, herbei- geführt werden. Über den Einfluß des ersten Faktors bei Glari- dichthys Jjanuarius und Gulapinnus decem-maculatus berichtet PHILIPPI. Einen bisher unbekannten Farbenwechsel, der hier anzuführen ist, kann man bei Dbelonesox beobachten. Am Schwanzstiel sitzt ein schwarzer Fleck. Wird das Aquarium verdunkelt, so breitet sich dessen Pigment über das ganze Caudale aus, und die einzelnen Körnchen legen sich in je einer Reihe an die Ränder der Flossen- strahlen. Nur die ventrale Kante hebt sich bei schwacher Be- leuchtung silberweiß ab. Dazu wird das Tier, namentlich ventral, viel dunkler, Längs der Medianlinie tritt ein schwarzer Streifen auf, dessen dichtes Pigment aus dem dort liegenden Myosept herauf- gewandert ist. Die Verfärbung erfolgt auch am Tage bei Ver- dunklung in etwa einer halben Stunde, verliert sich aber bei Be- leuchtung innerhalb kurzer Zeit wieder. Die Körperfarbe älterer Tiere, die ständig im Laufe des Tages wechselt, zeigt in der Dunkel- heit eine Ähnlichkeit mit dem Jugendkleide. Eigentümlich war, daß das einzige erwachsene Weibchen, das ich besaß, keine der- artige Schwarzfärbung mitmachte, während auf die Jungtiere und Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 223 das Männchen obige Beschreibung zutrifft. Vielleicht unterscheiden sich darin die erwachsenen Geschlechter. Eine ähnliche, aber auf geschlechtlicher Erregung beruhende Wanderung des Pigments fand ich bei Poecilia reticulata ausgebildet. Auch bei ihr ist der Schwanzstiel mit Farbtupfen geschmückt, von denen ein schwarzer sich bis an die distalen Enden der dorsalen, bisweilen verlängerten Flossenstrahlen ausziehen kann. PHıLıppi beobachtete eine ähnliche Erscheinung an der Dorsalis bei Glar:- dichthys januarius und Gulapinnus decem-maculatus. Die Färbung entwickelt sich erst postembryonal. Die jungen Tiere sind meist mit einer grauen, eintönigen Schutzfarbe, höchstens mit einer einfachen, unauffälligen, aber wichtigen Zeichnung ver- sehen, z.B. mit dem »Januariusfleck« bei Glaridichthys januarius oder dem »Schwanzstielfleck« bei Pseudoxiphophorus bimaculatus. Das für das Männchen charakteristische Farbkleid zeigt sich nie vor der Verlängerung der Analis, sondern entwickelt sich erst mit beginnender, oft sogar nach vollendeter Umbildung der Afterflosse. BR Die Entwicklung des Gonopodiums. Ei - Nach Phırıppı kann man bisweilen bei der Aufzucht der Tiere eine Arrhenoidie beobachten, d. h. Fische zugleich mit männlichen und weiblichen Charakteren. Von den Liebhabern ist mit Ar- rhenoidie die Tatsache verwechselt worden, daß sich plötzlich ein- 'zelne Exemplare aus einem Wurfe noch als Männchen entpuppen, nachdem sich die übrigen Männchen zu normaler Zeit schon lange vorher entwickelt ‚hatten. Bei Xöphophorus strigatus zeigte sich die sexuelle Differenzierung nach ungefähr 8 bis 9 Wochen, bei Belonesozx nach 30 Wochen, Pseudoxiphophorus bimaculatus 50 Tagen, "Platypoecilus maculatus 76 Tagen, Glaridichthys januarius, Gula- Pinmus decem-maculatus 40 Tagen und Poecilia reticulata 99 Tagen, bei Poecilia latipinna nach 16 Wochen (SrauscH) und bei Poecilia vivipara nach 40 Tagen (Sransch). Natürlich lassen alle diese An- ‚gaben die verschiedenen, überaus das Wachstum beeinflussenden 1 Daß die Belichtung von Einfluß sein mag, zeigt sich darin, daß sich von nem Wurf Pseudoxiphophori bimaculati am 19. Juli nach 51 Tagen ein Männ- on entwickelt hatte, nach ungefähr gleicher Zeit ebenso zwei von einem Satz am 31. August. Als ich daraufhin die Aquarien an einen ungenügend belich- t « er Ort brachte, erfolgten keine weiteren Umbildungen. In der letzten Januar- woche wurden die Aquarien wieder ans Fenster gestellt, und jetzt entpuppten ‚sich fast zu gleicher Zeit, ungefähr am 15. Februar, beinahe alle Tiere aus bei- _ den Würfen als Männchen. 224 W. Fr. Langer daß bei einem Wurfe einzelne Individuen nur die halbe Größe ihreı Geschwister erreichen. Zudem traf es meist zu, daß die zur normalen Zeit sich entwiekelnden Männchen den Weibehen im Wachstum zu- nächst vorauseilten. Daher habe ich bei meinen Untersuchungen von jeder Messung abgesehen und, da auch die Entwicklung der Geschleehtsmerkmale ganz unregelmäßig eintritt, schließlich auf eine Angabe des Alters verzichtet. Zum Vergleiche ist dann die Ent- wieklungsstufe des Gonopodiums benutzt worden. Das erste Stadium in der Ausbildung eines Copubrtiensereiiiee bei Xiphophorus strigatus zeigt Fig. 31 von einem 164 Tage alten PP 2 sed caih un, Fig. 31-33. e ce E Bac= ee er i Man m un 5 0m 2 nn " ee » na zu mm me Zu 2 R B u nn — Se Zn = e“ 2 = — op = fr, N 3 Sr: sm en 35m 4Sr 5,5tr Entwicklungsstadien des Gonopodiums von Xiphophorus strigatus. V ventraler Ast & 4. Strahles; D dorsaler Ast des 4. Strahles; & Rinne fürs Sperma; Str Flossenstrahl. “ Tiere. Man sieht, daß der dritte Strahl sich noch mehr, als es d or weiblichen Flosse zukommt, verbreitert hat, die drei Strahlen etw: > verlängert sind, und der umgebogene Rand des dritten Strahl angelegt wird. Der vierte und fünfte Strahl gleichen noch d anderen. Die Enden sämtlicher Außenradien zerfallen scheinbar p äußerst feine Strahlen, die Elastoidinfasern, die aber in Wirklieh- keit innerhalb der paarigen Knochenstrahlen ansetzen. Br Auf dem zweiten Stadium (bei einem 211 Tage alten Tier) h at das Gonopodium ungefähr seine Länge erreicht. Die $-förmige Biegung des dritten sowie die Kräftigung des vierten und fünf Strahles sind vollendet worden. Ferner haben die dorsal gelegei und die ersten zwei Außenradien ihre endgültige Form erhalten Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 225 Figur 32 (Stadium III) von einem 128 Tage alten Exemplar weist die diehotomische Verzweigung des vierten Strahles mit fünf Zähnen an D und sieben noch sehr kurzen am dritten Strahle auf. Die Senkrechtstellung des fünften Strahles ist makroskopisch jetzt gut erkennbar. Die scheinbare Zerfaserung der Strahlen tritt bei beginnender Zahnbildung zurück. Auf einem Stadium IV wurde neben einer Weiterentwicklung der Zähne der Endhaken vom dritten Außenradius als unverkalktes Ende sichtbar und die dorsale und ventrale Einbuchtung vor dem Endhaken angelegt. Später (Stadium V) wird der dorsale Endhaken präformiert. Endlich weist Abbildung 33 von einem 107 Tage alten Tiere (Stadium VI) acht Zähne am dritten Strahle und acht an D auf. - V und D sind mehr verlängert worden und nur die abschließenden Knochen an den noch unverkalkten Enden fehlen. Bei Poecilia reticulata wird der Löffel vor den Zähnen angelegt. - Eigentümlich ist allen Stadien, daß die Flossenhaut so diek ist, daß sie noch die Zähne und Haken vollkommen umhüllt, was für das fertige Gonopodium nicht in dem Maße zutrifft. Bei der Entwicklung des Gonopodiums schreitet die Ausbildung vom proximalen zum distalen Ende vorwärts. Wichtig ist ferner die Tatsache, daß der anfangs besonders kräftige erste und zweite Strahl in der Ent- wieklung bei eintretender Umbildung zurückbleiben, und der letzte oder die zwei abschließenden Strahlen reduziert oder gar völlig _ rudimentär werden. Eine Strahlenanlagerung aber findet nie statt. Il. Anatomische Veränderungen, die durch die Entwicklung eines Gonopodiums bedingt sind. a) Flossenträger. | Das Gonopodium der Cyprinodontiden sitzt Flossenträgern auf, - die durch Ausbildung von Processus für die Muskulatur und von Ge- - lenken die Beweglichkeit vermitteln und die Analis im Körper ver- _ ankern. In der Jugend besitzt die Afterflosse nicht nur die normale, ir dem Weibchen zukommende Form, sondern weist auch deren geringe R _ Beweglichkeit auf. Infolgedessen gleicht sie in ihrem Stützskelet EL dem des Weibchens, dessen Flossenträger zuerst skizziert seien, um die Besonderheiten des Männchens beurteilen zu können. Die dem Endoskelet angehörigen Träger, auch Innenradien ge- nam, bestehen aus drei Teilen, dem proximalen (pc), dem mittleren 4 Morpholog. Jahrbuch. 47. 15 Harr % u er 226 W. Fr. Langer (me) und dem distalen (d.e.) Tragstück, an dem die zu einem langen, kräftigen »Schaftglied« (Sch) umgeänderten Strahlenenden (Fig. 1) artikulieren. (Fig. 34, 35, 36.) Nur an der After- und Rückenflosse stützen sich die ra wie bei allen Teleostiern, auf Innen- radien, von denen die der Dorsalis (Fig. 34) jene Gestalt u. die allgemein in der Literatur wiedergegeben wird. Das pro- ximale Tragstück stellt einen einfachen Stab dar, der größten- teils, wenigstens im Innern, knor- pelig bleibt und sich zwischen die Processus spinosi einschiebt. Er ist ein wenig bei der Dorsalis verbreitert und von innen nach außen schräg orientiert. An ihm setzt sich ein bei der Rücken- flosse wirbelähnliches, mittleres, im Innern teilweise oder ganz verknöchertes Tragstück an, das hier mit dem proximalen Ende Fig. 35 u. 36. ‚Fig. 34. IH, Trägervom@onopodium des Belonesox belizanus (Kner). Seitenansicht Fig. 35. Vorder- seite Fig. 36. dc distales Tragstück; mc mittleres Tragstück; pc proximales Tragst.; pca Processus caudalis; pf Pr frontalis; pl Pr. lateralis; pv Pr. ventralis; Sch Schaftglied; SI1c (STlr) knöcherne caudale (rostrale Verbreiterung der Flossenträger. Träger der Dorsalis von Poe- cilia latipinna Ö. verwachsen ist und, gaudalwärts abbiegend, zum nächsten Träge zieht. Hier schließt es mit einer von Knorpel ausgekleideten Ge lenkpfanne (Ge) ab, in die sich das distale Tragstück einfügt. Ein solche Gliederung des Trägers in drei Teile (proximal, median und distal eartilago) hat GooprıcH (1909) angegeben, sich aber nich weiter auf die Morphologie der Innenradien eingelassen, sonde Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 227 mehr die Entwicklung der Muskulatur, Nervatur und der Träger der unpaaren Flossen behandelt. Die Bezeichnung »Tragstück« ist von Fig. 37 und 38. Articulation zwischen den Analstrahlen und ihren Trägern bei dem Weibchen von Belonesox belizanns (Kner). de distales Tragstück; F Fuß; @e Gelenkpfanne; An Knorpel; me mitt- leres Tragst.; pc proximales Tragst.; pd Processus digitalis; p£ Processus tegens; SIcl caudal gerichtete Verbreiterung des proxim, Tragst. SI? seitliche Verbreiterung des proxim, Tragst. mir eingeführt worden, dadie Übersetzung »Knor- pel« zudem Mißverständ- nis führen könnte, daß die Innenradien stets knorpelig sein müßten. Indessen scheint die Mor- phologie dieser Skelet- teile noch wenig bekannt zu sein, denn noch bei Bürscaui (1910) fehlt im Text (bei Gadus morhua) _ und im Bild das distale Tragstück, das aus drei Abschnitten besteht, ei- nem runden, schildför- _ migen, mehr senkrecht gestellten Teile und zwei eaudalwärts gerichteten, nach außen divergieren- den, fingerförmigen Fort- sätzen (Fig. 37—39). Sie seien als »Processus di- gitales« (pd) bezeichnet. Tragstück bei Salmo salar eine Kugelform zu, was jedenfalls Fig. 39. Vorderseite des II. Trägers von Glaridichthys janu arius (Phil) 5. de distales Tragstück; pd Processus di- gitalis; pf Pr. frontalis; pl Pr. lateralis; pv. Pr. ventralis; Sch. Schaftglied; S12 Seitenlamelle; Zr, Träger. Harrıson (1895) schreibt dem distalen 15* 298 W. Fr. Langer auf einer Täuschung beruht. Die Processus digitales gleiten in einer Rinne der umklammernden Schaftglieder, die mittels eines fuß- förmigen Fortsatzes — er sei mit »Processus tegens« (p£) bezeiehnet — an dem Gelenkkopfe des folgenden Trägers Halt suchen (Fig. 37 usw.). Dureh das Kugelgelenk zwischen dem distalen und mittleren Trag- stück wird eine Bewegung nach allen Seiten, dureh das Gelenk zwischen den Schaftgliedern und dem distalen Tragstück eine solche in der Längsriehtung gewährleistet. Die proximalen Tragstücke der Afterflosse sind wie die der Dorsalis in der Längsachse des Tieres verbreitert (Fig. 34). Dadurch wirken die einzelnen Innenradien in ihrer Gesamtheit als eine ein- heitliche Platte und wird die Muskulatur der beiden Seiten vonein- ander getrennt. Diese Lamellen — ferner kurz mit Sl, bezeichnet — sindam ersten bis dritten Träger namentlich auf der caudalen Seite, beim vierten bis neunten auf der rostralen ausgeprägt und werden nach dem Körperinnern zu schmäler. Oft reicht die Lamelle des zweiten Trägers bis zum dritten, gemäß der Tatsache, daß dieser den Hauptstrahl, den dritten Außenradius, trägt. Neben diesen Ver- breiterungen gehen an der Afterflosse noch wenig entwickelte La- mellen nach der rechten und linken Seite (Fig. 38), für die Abkür- zung Sl, eingeführt sei. Auch sie verlieren sieh nach dem Körper- innern zu und werden ebenso wie S/, nicht erst knorpelig angelegt. Dem ersten gedrungenen Träger fehlen die zuerst genannten Seiten- lamellen. Er weicht auch insofern von allen anderen ab, als er zwei Strahlen, den ersten und zweiten, trägt, während sonst je einem Träger nur ein Außenradius zukommt. Daher ist in der Ge- lenkfläche für die beiden Tragstücke eine Querleiste ausgebildet (Fig. 40), so daß der erste Träger zwei Gelenkpfannen aufweist. Demgemäß sind auch die Schaftglieder und die distalen Tragstücke etwas anders geformt. Von der Grenze eines mittleren Tragstückes ist an ihm nichts zu sehen, während die anderen wenigstens eine Naht aufweisen. Bei Platypoeecilus maculatus zeigen der erste Innen- radius etwas nach vorn, der zweite bis sechste nach hinten und der siebente bis "neunte wieder etwas rostralwärts, ähnlich Glaridichthys Januarius. Wichtig ist, daß alle Strahlen (Belonesox belizanus Fig. 50, Poe- cilia latipinna Fig. 49, reticulata) eine — von außen nach innen ge- rechnet — rostrale Richtung innehalten (auch unerwachsenes Xrpho- phorus strigatus-Männchen Fig. 60). Je einem Träger kommt, wie oben erwähnt, ein Strahl zu außer 2 a a A a 2 sn “ RR Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 229 dem ersten Innenradius. Nur der letzte Träger kann rudimentär sein und keinen Strahl haben. Danach entspricht entweder die Zahl den Trägern (Glaridichthys jJanuaris 9:9, Poecilia reticulata 10: 10, Platypoecilus maculatus 10:10) oder ist um eins höher. [Belonesox belixanus, Anableps anableps 10:11, Onesterodon dentieulatus, Xipho- phorus strigatus, Poecila latipinna 9:10). Haplochilus latipes und Chaperi besitzen äußerst kleine Träger, die ungefähr den Raum zwischen der zweiten Rippe bis achten Hämapophyse einnehmen. (Es werden die Rippen rostralwärts, die Hämapophysen caudalwärts gezählt.) Eine ähnliche Lage von der ersten bis sechsten, bez. ersten bis vierten Hämapophyse haben sie bei Fundulus gularis und sexfasciatus, wo sie eine normale Größe aufweisen und caudalwärts immer kleiner werden. Lebias sophiae führt zu den Weibchen der viviparen Cyprinodontiden über, da die Innen- radien nach dem Schwanze zu an Größe gewinnen und die After- flosse weiter nach vorn gerückt ist. Der fünfte Träger liegt vor der ersten Hämapophyse in der Region des Rumpfes und je zwei zwi- schen der zweiten und dritten Hämapophyse. Bei den lebendge- bärenden Zahnkarpfen schieben sich die letzten Träger zwischen die erste und zweite Hämapophyse ein, oder es lehnt sich auch der letzte Innenradius schon an den ersten, die Leibeshöhle abschließenden unteren Bogen mit Processus spinosus an. Nach vorn reichen sie ungefähr bis zur dritten und fünften Rippe (Fig. 49). An Länge nehmen sie bis zum vorletzten paarweise zu, oder es ist der vierte bis neunte gleichlang. Bei Poecilia vivipara besitzen sie alle die- selbe Größe. Mit den mittleren Tragstücken bilden die Innenradien eine rostral sich senkende Linie. Bei dem Männchen ist der Trägerapparat ! noch weiter kopf- wärts gewandert, und zwar erst während der Gonopodienausbildung. Nur bei Anableps anableps und Jenynsia lineata behält die modifizierte Afterflosse ihre Lage. Bei Platypoecilus maculatus tritt eine kaum festzustellende Verschiebnng ein. Dann folgt Xiphophorus strigatus. Die größte Verlagerung der Flosse erleiden die Arten mit langem Gonopodium, unter denen Glaridodon latidens = Glaridichthys latidens (GARMAN) und Gulapinnus decem-maculatus das Extrem bilden. 1 GARMAN (1895, S. 10) schreibt iiber den Trägerkomplex: »The basal spi- _ nes, which the anterior analrays are artieulated, ... much broadened.«e Diese Beobachtung führt PnıLıppı an und weist auf die starke Muskulatur nochmals hin, aber verwechselt den I. Analträger mit dem II. YT-4g ex (68 SI) osAydodruog a—"y'g X "MO "M& HIT HET HE MDF Tel SNOINIYUSP WOPOAFSAU) "Mı6r "M'T@ (a8 "SL = ala -ıx | Mhz "Me (noyagsun) "M '9I—08 | — es = "UI "ır VAAUOXDUM DIT MELTTBErUTTL "Men = CL (22 SE) LE MOSE IT ME RE (royaısun) "M 08-78 | "'"M a1 = "U T—8 243700197077 Pısnquumg (78 ST u MI "M& MELTISeHTT UT) MIT 3976 smı.ınnunl SKagyonpa.nı © g (88 FL) a MI "Mr NR ah 2 Eh 3 ma 3 EB a 01) Era Ka ı Se ka n.ındıara DY0907 Fi "MS 81 = H3—- = WEnM EI—ST PO (26 ‘6r SM) "M 0-8 MS |6T= HT -UEP07 | ME-R= ur wunadıp) 010904 "M 2197 "M 'T8 85 19PO (TS—08 SL) 877 —78 = Hhe- LE x "MO—I "ME-F "M2TT08= HE-UNT |73 = IE —"Y'q 10po '9 | -mpmowung sn.ıoydoydıxopnas-] Mir Bere (es "Sıa) "MUT UT LK 'M& MG (aayaısun) "M '08—'9T | "M '88—"93 = "UL 6 | Smmmonw-wosop smunndopyg soyerwddwIeseLt] | 4ST PIONAOS LIOA od urq O ureq OD usussppearsun wog sep errexg ypru “uy erp yıy op omeN ojway sop ode] ur zuerogftet "Mm Teraern un ossopIejJy A9p ode] 230 231 Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. (PqUIM = 'M ‘uoyduurN Koussgoramun = x ‘addıy = 'y ‘sunıpodouox) sap umıpeIg = xapuf ‘oskydodeurg = 'H 'ojsuy = uy) „MI-0 'M& NSG ZBT aA TT 02 vwoun mısuhuaf (28 S17) WMDAMI DWOSODIaAT (19-99 "S17) "MO "Mo "MR '6Z sdajgwun sdorgnuy HS-UTRX (6.82 SID) HE-UT&X "MO "MT=0 IM ’ET="8T= HT "MEIST = HUT | e Smmpnonu snpaoodhrnjg "M 08'198 = (79 ‘og SID asAydodeuog 'E— "I 'g !X "ME MI IM'I-Tr=He-UrE| MER = Te 8 SMUDKIOG TOSOUopogT "M 'ET—'8I DE 19po 56T = H'E-U'E "H'3-U'E "M/ıpT "M rg (96 "S17) you x 104 "Mr MET) 308 = Hehe Ur 08 =. 01919 DDMOR}a4 D119904 "M '2I—'6T 10po (89 ‘09 17) "M6Zer | MT MET ste HT >U0) 08 > ET 90 7 snyobi.gs snioydoydıx O uouosypemaun mag SEES EIER EN EETE Ö reg © ureq orwuy sop oder] ; sap oyreıq yaru 'uy orp gıy 10p oweN ut ZuoIoyLg "M TPrAoım un ossoyIeg7y Top oder] 939 W. Fr. Langer Außerden Figuren möge vorstehende Tabelle darüber eine Übersicht und einen Vergleich zwischen den einzelnen Arten und Genera geben‘. Durch die Wanderung kommen die mittleren Tragstücke in un- Fig. 40. --$c Träger des Gonopodiums und Skeletstab von Glaridichthys jannarius (Phil.). de distales Tragstück; Ge Gelenkpfanne; pca Processus caudalis; pf. Proc. frontalis; pl. Proc. lateralis; Rsi. rudimentärer Träger; Sc Skeletstab der Schwimmblase; $lı knöcherne Verbrei- terung des Flossenträgers in der Längsrichtung des Tieres; Slz seitliche Verbreiterung. i Der Wert der Tabelle wird insofern etwas beeinträchtigt, als noch di . Schwankungen in der Wirbelzahl in Rechnung gefähr wagerechter Reihe zu liegen. Ferner werden da- bei die einzelnen Träger einander mehr und mehr genähert, so daß die Flosse des Männchens sich mit ihrem Innenskelet im all- gemeinen über weniger Wir- bel erstreckt als beim Weib- chen. Das Maximum wird hier von der Poeciliae er- reicht. Im Zusammenhang damit kommt es zur Ver- schmelzung oder zu einer ihr in der Wirkung gleich- kommenden Annäherung der Innenradien. Der II. Trä- ger (Fig. 39, 1, 40, 74, 75, 41, 42) stellt nicht mehr einen einzelnen Innenradius dar, sondern ist ein Kom- plex des 2. bis 4. Trägers, an dem die Strahlen des Gonopodiums im engeren Sinne eingelenkt sind. Da- er. für sprechen nicht nur die » h Processus, Suturen, der Nachweis von drei Knorpe- streifen im Träger, sondern es gelang auch, in der Entwicklung die Anlage | aus drei selbständigen Trä- gern nachzuweisen (bei X%- Fo zu setzen sind. Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 233 dem I. und II. Stadium des Gonopodiums. Es wird so eine Stärkung der Bewegbarkeit des Copulationsorgans erreicht, da der Träger in seiner Kompaktheit eine bessere Stütze für die Hauptstrahlen abgibt. Diese Verschmelzung beruht auf einem Zusammenwachsen einerseits von den mittleren Tragstücken, anderseits von den Seitenlamellen Sl, und Sl,. Sl, ist nur an dem II. Träger kräftig entwickelt. — Zum Unterschied von den Trägern der Weibehen oder der jungen Männchen seien diejenigen der entwickelten Männchen mit römischen Ziffern bezeichnet. — An den folgenden ist Sl, nach dem Körper- innern zu stärker als nach außen, verliert aber um so mehr an Bedeu- tung, je weiter es nach hinten liegt. Im Zusammenhang damit kann, wie bei Acipenser sturio, eine Trennung des mittleren und proximalen Tragstückes vom IV. Träger an erfolgen. Sie sind dann nur durch die Seitenlamellen S/, verbunden, zwischen denen an dieser Stelle ein schmales Dreieck frei bleibt (Fig. 35, 41). Letztere, die bei einer Untersuchung infolge ihrer starken Ausbildung zuerst das Augenmerk auf sich lenken, dienen namentlich zur Stütze für die Muskulatur der Flosse. Umgekehrt wie S!, verbreitern sie sich nach außen zu und verleihen so dem proximalen Tragstück Keil- form. Außerdem stehen sie im caudalen Winkel vom Träger ab und geben dem Ganzen eine dachähnliche Gestaltung. Die »Dächer« decken einander und werden von vorn nach hinten zu immer kleiner. Das Extrem hat wieder der Hauptträger erreicht, dessen Seitenla- melle die doch auch stark entwickelte des folgenden Innenradius völlig verbirgt und an der 3. Komponente des II. Innenradius ansetzt. An ihrem nach dem Körperinnern gerichteten Ende haben der Il. und III. Träger eine besonders angepaßte Gleitfläche und eine Halt verleihende Zangenbildung für das dort an den Trägerkomplex her- antretende Skelet geschaffen, auf deren speziellere Ausbildung später noch eingegangen wird (Fig. 74, 75). Die geringere Bedeutung der Normalflosse spricht sich nicht nur in den Lamellen der proximalen Tragstücke, sondern auch in deren Stärke und Länge mehr als beim Weibchen aus. Der I. Träger ist ‚halb so lang als der II., der III. ist der längste und wird höchstens _ von den Seitenlamellen des II. Trägers überragt. Die übrigen ver- kürzen sich paarweise. Während beim Weibehen die Zahl der Träger und Strahlen ' harmoniert oder nur um eins differiert, tragen beim Männchen oft die letzten Träger keine Strahlen und sind rudimentär geworden. ' Beim jungen Tiere ist die Zahl der Innenradien größer oder wenig- 234 W. Fr. Langer stens die Entwicklung der eaudalwärts abschließenden eine relativ stärkere. Beistehende Tabelle gibt darüber einen Einblick. (Lebias sophiae 9:11), Gambusia Holbrookii VIL;11 oder (Fundulus heterochtus 13:11), VIN:33, Poecihia amazonica VIIL: 9, Glaridichthys januarius (und var. retic.) - vivipara V11:9, % 10. - reticulata VIL:9 oder VIII:10, Gulapinnus decem-maculatus VIII: 9, x3 IX: 10, | x 119} - latipinna 1X : 10, Platypoeeilus maculatus IX :10 oder x3 VII: 10, | &%:10: Xiphophorus strigatus X : 10, | x IX: x noch vor 1. 10:10, ' Pseudoxiphophorus bimaculatus VIIL: 11, Onesterodon denticulatus VIL:10, VII: 9, 90 xı 12:10, Belonesox belixanus VIIL: 11, Petalosoma cultratum VII: 10, | x 12218 I i Natürlich nimmt auch die Ausbildung der mittleren Tragstücke von vorn nach hinten zu ab. Sie schließen sich in den »Processus laterales« (p.l) tlügelartig verbreitert (Fig. 35, 36, 40) an die Seitenlamellen S/, an, deren äußeres Ende stets in einen umgeschlagenen Rand ausläuft. Diese kräftigen Fortsätze, die also die Seitenlamellen S/, weiterführen, sind meistens beim II. und III. Träger caudalwärts, bei den übrigen rostralwärts gerichtet. Dazu kommt ein einfacher oder paariger, scharf ausgeprägter, frontaler (pf) und caudaler (p.ca.) Fortsatz, die beide ein Ineinandergleiten der Trägerköpfe vermitteln (Fig. 35, 36). Ventral zieht sich das mittlere Tragstück ebenfalls in zwei Pro- cessus (p.v) aus, um die Gelenkpfanne für das distale Tragstück zu bilden, wobei der caudale stets länger als der rostrale wird. Der I. Träger gleicht im allgemeinen dem des Weibehens, nur daß bisweilen die erste Gelenkpfanne auf die Vorderseite des mitt- leren Tragstückes hinabgerutscht ist (Fig. 41). Die distalen Tragstücke werden ebenfalls von dem Zusammen- drängen in Mitleidenschaft gezogen, indem sie ihre Lage und Form den neuen Bedingungen anpassen müssen. Daher gehört z. B. das fünfte distale Tragstück nicht mehr dem II. Träger an, sondern dieses und die folgenden sind oft um einen Träger nach hinten gedrängt worden, und so erklärt sich auch die intensive Ausbildung des III. Innenradius und die Mehranlage von Strahlen gegenüber dem, Weibchen. vr: Was endlich die Strahlenenden anbetrifft, so ist die fußförmige Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 235 Gestalt noch stärker ausgeprägt und nach Gebrauch verschiedenartig umgeformt worden. Dazu haben sich die unmittelbar an den Schaft des dritten Strahles sich anschließenden Glieder bedeutend gegen- über den übrigen verkürzt (Fig. 1). Nunmehr will ich auf einzelne Abweichungen bei den Arten eingehen. Die Träger zwei bis vier von Gulapinnus decem-macu- latus sind nur am Kopfe verschmolzen und zwar so, daß sie deut- lich noch eine Naht erkennen lassen. Die Processus laterales des 2. mittleren Tragstückes sind nach vorn gerichtet und die caudal- wärts schauenden des 4. und des III. mittleren Tragstückes beson- ders auffällig entwickelt. Die vordere Gelenkpfanne des I. Trägers von Glar jdiehthny ys Ja- nuarius (Fig. 40) ist nicht herabgerutscht. Die rostrale Lamelle des 2. Trägers verbreitert sich wie auch bei Xiphophorus strigatus (Fig. 1), Platypoecilus maculatus, Poecilia vivipara, reticulata und latipinna ganz beträchtlich. An ihrem Innenende ist sie durch eine große Einbuehtung vom 3. Träger, der 3. eventuell durch eine kleinere vom 4. getrennt, ein Einschnitt, der bei allen ebengenannten Formen sich wiederholt. Die Seitenlamelle des II. Trägers wird am dorsalen Ende durch eine Einbuchtung selbständig und bildet eine Gabel. Fig. 39 zeigt die Ausbildung des II. Trägers mit seinem starken distalen Tragstücke und den Strahlenenden. Regelmäßig schließt die Flosse mit einem rudimentären Innenradius ab. Xiphophorus strigatus (Fig. 1) ist dadurch gekennzeichnet, daß der I. Träger nach vorn abbiegt, sich am rostralen Ende nach allen vier Richtungen verbreitert und daß ferner, wie bei G@ulapinnus decem-maculatus, dem II. Träger ein besonderer Processus am mitt- leren Tragstück des 2. Innenradius zukommt. Dieser Art schließt sich auch im Bau der Träger Platı ypoecilus maculatus an. Gambusia Holbrookii wich wesentlich von der Norm ab, da bei ihr der I. Träger am Kopfe mit dem II., und zwar auf dessen linker Seite verschmolzen war. Außerdem hatten die ersten fünf distalen Tragstücke ihren Platz auf dem verschmolzenen Kopf des I. und II. Innenradius behauptet. An dem Trägerkomplex von Poecıla latipinna ist der Processus lateralis des III. Trägers auffallend entwickelt und das proximale Ende des III. Innenradius hat eine besondere Ausgestaltung erreicht. Über Belonesox belixianus orientieren die Figuren 41, 74, 75, 35, 36. Wesentlich ist hier, daß alle drei Strahlen des Gonopodiums am 236 W.’ Er. Langer II. Träger eingelenkt sind und nicht nur das proximale Ende des IIL., sondern auch das des IV. Trägers sich verdickt und durch Lamellen modiziert haben. Deutlich läßt sich hier die gelenkige Absetzung des Processus frontalis erkennen, während der Processus caudalis eine Pantoffelform für den vorderen Auswuchs des nächsten Trägers Fig. 41. Träger des Gonopodiums von Belonesox belisanus (Kner). de distales Tragstück; pca Pro- cessus caudalis; pf. Pr. frontalis; pl. Pr. lateralis; pi. Pr. tegens; S$lı knöcherne Verbreiterung des Trägers in der Längsrichtung; S/z seitliche knöcherne Verbreiterung des Trägers. | R aufweist. Das mittlere Tragstück kann durch Nähte in drei Teile zerfallen. Onesterodon denticulatus hat die längsten Innenradien, von denen der I. in seiner Stärke und Länge ungefähr einem sechsten gleicht. Hier sind nicht nur die Träger 2 bis 4, sondern auch der 5. zu den II. verschmolzen. r Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 237 Bei Pseudoxiphophorus bimaculatus bleiben die Innenradien VI. bis VIII. gleichlang und die Seitenlamellen sind nicht so stark entwickelt. - Anableps anableps (Fig. 42) zeigt die größten Abweichungen. Die beiden ersten Strahlen haben sich in gleiche Front gestellt, wobei der 2. den davorliegen- den nach oben gedrückt hat. Diese und der 3. Strahl sind am I. Innenradius eingelenkt, der in sich den 1., 2. und 3. Träger enthält. Vom 1. Trä- ger ist nur noch der Kopf nachweisbar. Processus late- rales fehlen dem Weibchen, sind aber beim Männchen stark entwickelt. Bei dem unter- suchten Exemplar kam noch eine bedeutend kräftigere Aus- bildung der rechten Seiten- processus gegenüber den lin- ken hinzu, ein Befund, der mit der einseitigen Bewe- gungsfähigkeit (bei diesem Tier nach rechts) im Einklang steht. Am I. Träger fehlte sogar auf der linken Seite der Processus, obschon er auf der anderen Seite gerade am stärksten von allen entwickelt war. Die Seitenlamellen des proximalen Tragstückes fehlten völlig, nur der I. Träger des Männchens wies eine auf, und zwar hatte sie sich umgeklappt und den Fig. 42. de 2.Tr. Träger des@onopodiums von Anableps anableps de; distales Tragstück; Slı Verbreiterung des Trägers in der Längsrichtung des Tieres; S7z seit- liche Verbreiterung der (7r.) Träger. folgenden zwei Innenradien angelehnt. Auf der linken Seite war sie größer als auf der rechten. Die Träger des Männchens verbreitern sich in der Längsachse, und dies hat zur Verschmelzung des I. bis VI. Innenradius geführt, von denen der I. der längste ist, die übrigen caudalwärts an Ausdehnung paarweise abnehmen. 238 W. Fr. Langer Bei Poecilia reticulata sind die Seitenlamellen sehr stark aus- gebildet, sogar der I. Träger weist eine solche auf. Der II. Träger behält das dritte distale Tragstück. . Im Gegensatz zu dieser Art hat Petalosoma cultratum nur am distalen Ende sich abhebende Seitenlamellen. Bloß der II. Träger weist proximal eine schwache, gabelförmige Lamelle auf, die sich dannso stark bei den übrigen viviparenCyprinodontiden entwickelt hat. Der lebendgebärende Hemirhamphus flwviatilis (Fig. 43) ähnelt den Zahnkarpfen insofern, als beim Männchen die vierzehn Träger rostralwärts bedeutend an Länge zunehmen und sich an die Häma- pophysen anlegen, die ihrerseits immer kleiner werden. Daraus kann man schließen, daß sich auch bei ihm die Afterflosse in den Dienst der Copulation stellt, da sich die Männchen der viviparen Cyprinodontiden gleichfalls durch die Länge der Innenradien des Haemapopkyse \ Träger. a Fe 7 Fr >> Geschlechtsöffnung Träger des Anale von Hemirhamphus flwialilis. 5. i Gonopodiums vor den Weibchen auszeichnen. Je länger der Träger, um so größer ist der Halt im Körper, der noch durch das Anlos j an die Hämapophysen erhöht wird. 4 Welchen Zweck die abweichende Bauart des gesamten Anale 3 hat, läßt sich somit erkennen. Wie verhält es sich aber mit der nieanisen Wanderung des Gonopodiums? 4 Sie hat jedenfalls denselben Zweck wie die Verlängerung des“ Anale, nämlich dem Tiere eine Copulation zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern. Vielleicht rief auch die Veränderung der Flosse und ihre Bewegungsfähigkeit eine Gegenwirkung in den um- gebenden Körperteilen hervor. Diese Hypothese scheint vieles für sich zu haben, wenn man untersucht, wie die Wanderung zustande kommt. | Die Meinung, daß die Wanderung des Gonopodiums durch / legen von Trägern sich vollzieht, ist zurückzuweisen, da ich nie ein & Anlagerung von Innenradien an der Vorderseite beobachten konnte. Demgemäß bedarf bei GooDrIcH folgende Stelle einer Korrektur: Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 239 »In the ontogeny there is little or no migration of the whole fin. The limb, as a whole, retains its position throughout ontogeny. But ‚if reduction takes place in front and growth takes place behind or vice versa, if in other words, certain segments cease to contribute one end, and certain other segments begin to contribute at the other then apparent motion takes place backwards or forwards. Migration is apparent, not real.« 3 Fassen wir einmal die Richtung der Träger, die diese im Körper _ des Tieres einnehmen, ins Auge! Beim Weibchen sind die Träger alle etwas dorsal rostral ge- neigt, aber nur so, daß sie die Richtung der benachbarten Rippen innehalten, und daß ihre auf die Wirbelsäule projizierte Länge nie ‚die Größe ihres zugehörigen Wirbels überragt. Dasselbe gilt für das Männchen von Cnesterodon denticulatus und Poecilia reticulata. Noch schiefer nach vorn gelagert sind die Träger — die an- ‚gegebene Reihenfolge innehaltend — bei Poecilia amazonica (!/, Wir- bellänge), Pseudoxiphophorus bimaculatus (1/, W.), Platypoecilus macu- latı s (1 W.), Gambusia Holbrookii (1 W.), Belonesox (1 W.), Anableps amableps. Freilich weist auch das Anableps-Weibehen diese Richtung der Innenradien auf. Eine dritte Gruppe bilden dann — ebenfalls in der angegebenen Aufzählung — Xiphophorus strigatus (1/, W.), Poeeilia vivipara (1 W.), Petalosoma cultratum (1 W.), Glaridichthys januarius (L—2 W.) und Gulapinnus decem-maculatus (5 W.), bei denen dieTräger sich eaudal- wärts in den Körper einschieben. = b) Die Wirbelsäule. - 1. Im Körperinnern lehnen sich die Träger beim Männchen an lie Processus spinosi der Hämapophysen an, während beim Weib- hen im allgemeinen nur die letzten Träger eben noch die erste nd zweite Hämapophyse erreichen!. Diese weisen den Bau von pischen Hämapophysen mit Processus spinosi auf, die rostral an ße abnehmen, um dann in der Region des Rumpfes den Para- ) hysen mit Rippen Platz zu machen, die ihrerseits wieder kopfwärts j er werden. Hierbei rücken ihre Basalstiimpfe bis auf die Neura- physen, so daß die Poeeiliden hierin noch die Cyprinoiden über- 7 Nur in der Übergangsregion zwischen Rumpf und Schwanz den sich bei beiden Geschlechtern Abweichungen. ii 1 Ich zähle die Hämapophysen caudal-, die Rippen rostralwärts. BT, 3 Bu a 240 W. Fr. Langer Beim Weibehen ist die erste Hämapophyse schalenförmig ver- breitert sowie verlängert (Fig. 45) und weicht von der normalen Richtung ab (Fig. 48), indem sie sich beim trächtigen Weibchen rückwärts beugt und an die zweite Hämapophyse anlehnt. Diese richtet sich ihrerseits steil zu der Wirbelsäule, oft sogar bis zu einer Fig. 44. Fig. 45. Fig. 46 u. 47. \ Fig. 44. Zweite »Gonapophyse« von Platypoecilus maculatus (Gthr.) ©. Vorderseite. R : Fig. 45. Erste »Gonapophyse« von Platypoecilus maculatus (Gthr) ©. Vorderseite. a Fig. 46. Erster Brustwirbel von Platypoecilus maculatus (Gthr.) Q. Vorderseite. Fig. 47. Zweiter Brustwirbel von Platypoecilus maculatus (Gthr.) ©. Vorderseite. rostralen Neigung auf und ist so in der Lage, die erste Häma physe zu stützen, in deren Verbreiterung die Schwimmblase trächtigen Weibehen ihren Rückhalt findet. Außerdem weisen beid Hämapophysen, an denen also die Träger der Afterflosse Halt suchen und die ich schon jetzt als »Parapophysen« bezeichnen will, Pi cessus an den Seiten etwas oberhalb des Hämalkanals (Fig. 44, 4£ 48—50) auf. Sie sind am ersten Schwanzwirbel bedeutend stärt als beim zweiten entwickelt und tragen hier Rippen, ein Verhalte Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 241 das unter den Teleostiern bisher kein Homologon hat. PHrLıppI der diese modifizierten UÜbergangswirbel des Weibehens bei Glari- Fig. 48. Poecilia latipinna Q. Gon. Gonapophyse; Par. Parapophyse; Pr.sp. Processus spinosus. Fig. 49. ’ “u... We aden ne Schwimmblaäse \ er \ Ader. I Träger nn R 7 irbel aus der Übergangsregion zwischen Rumpf und Schwanz von Xiphophorus strigatus Q. Pr. Processus spinosus. hys januarius abbildet und beschreibt, sind diese Costae an Parapophysen, die erst nach den Processus spinosi entstehen, rpholog. Jahrbuch. 47. 16 242 W. Fr. Langer entgangen. Im Rumpfe erhalten sich an den zwei folgenden Wir- beln noch Anklänge an die Doppelnatur von Processus spinosus und Rippe (Fig. 46, 47). Ihre Basalstümpfe entsenden nach innen seitlich je einen Processus, die bei dem ersten Rumpfwirbel zur Bildung eines geschlossenen Hämalkanals führen!. Danach können wir bei dem Weibchen erstens normale Schwanzwirbel, zweitens Sehwanzwirbel mit hinaufgerückten Parapophysen mit oder ohne Rippen, drittens Rumpfwirbel mit Hämalkanal und viertens normale Rumpfwirbel unterscheiden. Für die Hämapophysen mit Parapo- physen und Rippen sei schon jetzt gestattet, die Bezeiehnung »weib- liche Gonapophysen« anzuwenden. An ihnen wie den entsprechen- den Neurapophysen waren meist ein oder mehrere Foramina, bisweilen auch Nähte zu beobachten, die auf eine Doppelnatur der Processus spinosi hinweisen. Auf diesen allgemeinen Bauplan hin seien kurz die einzelnen Formen der vivi- paren Cyprinodontiden ge- prüft. Platypoeecilus maculatus (Fig. 44—47) trägt eine kräftige Rippe, die an den starken Parapophysen der ersten Gona- pophyse sitzt; aber am zweiten Brustwirbel ist es zu keiner ange- deuteten Bildung des Hämalkanals gekommen. Xzphophorus strigatus (Fig. 49) hatte bisweilen eine winzige, bisweilen eine kräftige Rippe entwickelt. Poecilia retieulata und latipinna (Fig. 48) schließen sich ganz an das Schema an. Die Rippe ist wieder kräftig ausgebildet. — Bei einer Nachprüfung zweier weiterer Exemplare kam die interessante Belonesox belizanus (Kner) ©. Tatsache zutage, daß die Leibeshöhle noch bestrebt ist, sich weiter nach hinten auszudehnen, denn es war bei dem einen Individuum zur Ausbildung einer rudimentären, bei dem anderen zur Entwicklung einer vollkommen normalen Rippe an der zweiten Hämapophyse gekommen, und im Einklange damit hatte eine Verkürzung des ersten Processus spinosus stattgefunden. Die längsten Costae weist } Gambusia Holbrooküi auf, die auch an der zweiten Gonapophyse wer” i Wirbel dieser Art finden sich in der »Übergangsregion< der Cyprinoiden 2 er in ur ae ı tn A ur ee u ee a En rn 2 u 2 El) dran Alan na A u mn Ed m m Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 243 wohl ausgebildete Parapophysen trägt. Ihre Processus spinosi sind zwar auffällig lang, aber dafür schwach. Wirbel der dritten Art fehlten. Belonesox belixanus (Fig. 50) besaß keine Rippe an der ersten Gona- pophyse, aber einen besonders großen Hämalkanal. Wirbel der dritten Art fehlten wieder. Von Glaridichthys januarius hat schon PhHıLıppı Abbildungen gebracht. COnesterodon denticulatus fehlte eben- falls diese Rippe, und am ersten Rumpfwirbel war es noch nicht zur völligen Schließung des Hämalkanals gekommen. Poecilia he- teristia wies Ansätze zu einem Kanal an den ersten beiden Brust- Fig. 51. BES Fig. 52—55. £ Schwimm- f = (9 32 2" base \ \ U ha 7W mit erweit. Hk 3.W.m.e.Hk. 4„WmeHk. 1.Wm. norm.Hk. Wirbelvon Pseudoxiphophorus bimaculatusQ aus der Ubergangsregion von Rumpf und Schwanz, Hk. Hämalkänal; R. Rippe; W. Wirbel. Pseudoziphophorus bimaculatus (Gthr.) ©. wirbeln auf und wich insofern von der Norm ab, als bei dem unter- suchten Weibehen auch noch die folgende dritte und vierte Häma- pophyse modifiziert war. Poecilia amaxonica und Gulapinnus decem- maculatus fehlten die Wirbel der dritten Art, zuletztgenannter Species auch noch die Rippen an der ersten Hämapophyse. Von allen unter- suchten viviparen Cyprinodontiden unterscheiden sich Pseudo- ziphophorus bimaculatus und Anableps anableps in dem Aufbau des Knochengerüstes. Bei ersterem (Fig. 51—55) vergrößert sich vom 16. Wirbel ab der Hämalkanal zur Leibeshöhle und drängt die Hämapophysen mit Processus spinosi auseinander, was zu ihrer völligen Trennung am 19. Wirbel führt. Am 20. folgen dann normale Rumpfwirbel. Auf der rechten Seite des 19. Wirbels war ein winziges Knochenstück von der Spange abgetrennt, einem Rippenelement nicht unähnlich. 2. In seinem Wirbelbau weicht Anableps anableps bei beiden 16* 244 Fig. 56. Be F Br? Mer Ne x N Conapophyse Anableps anableps 5 (rechte Seite). Die mit >< bezeichneten Wirbel wiederholen sich in Fig. Pr.sp. Processus spinosus. Geschlechtern von dem der sämtlichen anderen Cyprinodontic ab, weshalb hier zugleich Männchen und Weibchen behandelt seien. Eine Abbildung des Knochengerüstes (vom Weibchen) bringt THAL (1839) auf Tafel X, Fig. 9, wobei er den 1. bis 16. wir Fig. 58. Dorsalseite der Parapophyse von Anableps anableps ö. als Rückenwirbel mit langen Fleischgräten, den 17. bis 23. als Rückenwirbel mit kurzen Muskelgräten und den 24. bis 25. 3 Schwanzwirbel bezeichnet. GArmAan (1895) schreibt: »The ribs Pr short(!); the broadness of the back ist due to the elongation of the parapophyses, which are wide and concave or a n chambered on the upper side.« (Fig. 58.) AR Am Skelet des »Hochschauers« (Fig. 56—57) zählt man einen] Ta Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 245 wirbel, dann vierzehn mit starken Rippen, an denen besonders große Epipleuraldornen ansetzen, die allen Zahnkarpfen eigen sind. Beim Weibchen folgen dann vier Wirbel ohne Rippen, aber mit Epi- pleuraldornen. Am ersten dieser vier Wirbel liegen in der Kör- perwand auf der einen Seite zwei Rudimente einer Rippe. Daran schließen sich fünf Basalstümpfe ohne Rippen und Fleischgräten. Diesen neun Wirbeln entsprechen beim Männchen fünf Wirbel mit rudimentären Costae, an deren Stelle überaus entwickelte Epipleural- dornen treten und weitere vier ohne jede Rippe. Beim Weibchen folgen dann in der Schwanzregion sechs Wirbel mit Hämalkanal und jederseits einem Processus spinosus (Fig. 59), denen sich 28 normal gebaute Schwanzwirbel anreihen. Beim Männchen ist der nächste Wirbel mit einem Hämalkanal versehen, die folgenden drei mit caudal abnehmenden, kräftigen, aber eigenartigen Processus spinosi. Zwischen die vier Hämapophysen schieben sich je zwei stark verlängerte Träger ein, von denen die vordersten beinahe die Wirbelsäule erreichen und die Ausbildung eines Processus spinosus unterdrückt haben. Dieselbe Modifikation ist am nächsten, dem fünften Wirbel eingetreten. Je nach der Bedeutung der Träger nimmt der Processus spinosus an den drei Wirbeln Gestalt des®.—. Wir- an Länge ab. Ich möchte den Namen: Gona- "°'® ae 2 pophyse, den PHıLıppI »für die starken rostral- | und ventralwärts zu den Flossenträgern des Gonopodiums ziehen- den Subvertebralfortsätze« geprägt hat, weiter fassen und die Be- zeichnung auch für diese im Dienste des Gonopodiums modifi- zierten fünf Hämapophysen anwenden, wie ich schon beim Weib- chen die entsprechend gelegenen und umgebildeten Hämapophysen ebenso als weibliche Gonapophysen bezeichnet habe, da sie in ihrem Bauplan und ihrer Funktion als im Dienste der Fortpflanzung und Stützung der Afterflosse umgebildete Hämapophysen den Gonapo- physen des Männchens entsprechen. An die Gonapophysen des Männchens von Anableps anableps schließen sich noch vier anormale Wirbel an, deren Processus caudalwärts sich verlängern, um schließ- lich in die 19 normalen Schwanzwirbel! überzugehen. Interessant ist noch die starke Entwicklung der vorderen und hinteren neuralen Fig. 59. 1 Wie das Organsystem vor den Schwanzwirbeln beschaffen ist, war nicht festzustellen, da alle vegetativen Organe zerstört waren. 246 W. Fr. Langer Zygapophysen, die auch alle übrigen Zahnkarpfen, wenn auch nicht so ausgeprägt, besitzen. Nicht nur in der Ausbildung der ver- schiedenen Wirbel, sondern auch der Zahl nach besteht ein sexu- eller Dimorphismus, da das Weibchen 58, das Männchen 52 Wir- bel hat. Welche Beziehungen bestehen zwischen den Wirbeln mit ihren Fortsätzen und den Trägern bei den Männchen der übrigen Arten? Fig. 60 und 61. a ec A Xiphophorus strigatus (Regan) 5 vor der Gonopodiumausbildung und der Trägerum- bildung. Gon. Gonapophyse; R. Rippe; Sc. Skeletstab; 7. Träger. Fig. 62. Ga P; v2 | “Rippe Con ... \16onapaphyse \ Jr S -3 Gonapophyse Xiphophorus strigatus, 107 Tage alt. Pa. Parapophyse; Sc. Skeletstab der Schwimmblase. Ein junges Männchen von Xiphophorus strigatus, noch ohne jede äußere Andeutung eines Gonopodiums (Fig. 60), wies noch zwei normale schwache Hämapophysen im Bereich des Rumpfes am 15. bis 16. Wirbel auf, die regelrechte Parapophysen mit Rippen trugen. . Zwischen die ersten drei Himapophysen schoben sich je zwei Träger 2 ein. Fünf lagen noch rostral, alle unverschmolzen und ohne de Seitenlamellen. a Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 247 Ein älteres Tier gibt Fig. 61 wieder, an das sich ein Exemplar (Fig. 62) anschließt, bei dem das Gonopodium auf dem Stadium II steht und die Rippen sich verlängert haben. Die Parapophyse ist an der Hämapophyse hinaufgerückt, die sich gekräftigt hat und eine schwache Durchbiegung zeigt. Der erste Subvertebralfortsatz besitzt ein knopfförmiges Ende. Fig. 63. .„Dorsale Merapferygium ! Gonopodium. Prcarınalis -- Ventrale Xiphophorus strigatus (Regan) 5 erwachsen. Gon. Gonapophysen; Pr,sp. Processus spinosus; Sc. Skeletstab der (Schw.) Schwimmblase. Bei einem erwachsenen Männchen (Fig. 63) hat sich auch noch die nächste normale Hämapophyse modifiziert. Sie sind alle drei bedeutend stärker und nach vorn zu immer kürzer als die übrigen Hämapophysen geworden. Die dritte Hämapophyse hat ebenfalls eine Rippen tragende Parapophyse erhalten. Alle drei zeigen eine .moeh ausgesprochenere rostrale Durchbiegung. 248 W. Fr. Langer Aıppe- - 3.Gonapophysef- Di a ns Belonesoz belizanus (Kner) &. Die rostral gelegenen Adern ziehen über die caudalen hin und alle Gefäße legen sich über die Muskulatur. md Musculi depressores; me M. erectores. - Fig. 65—68, Zygapophyse- 1normaler Schwanzwirdel. Seitenansicht der Wirbel (Gonapophysen) von Belonesox belizanus (Kner) &. Par. Er } Pr.sp. Processus spinosus; Pr.unc. Pr. uneinatoideus, k 1” ” Buhl a merT Der ae) A Er BEER Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 249 Ein Vergleich zwischen dem Ausgangs- und Endstadium lehrt, daß das rostrale Wachstum der Hämapophysen ein Zusammen- schieben und damit ein Verschmelzen der vorliegenden Träger und eine Wanderung des Gonopodiums bedingt, vielleicht als Gegen- wirkung zu dem von den Trägern ausgeübten Druck. PuıLıppr hat — wie schon erwähnt — diese rostral durch- gebogenen, modifizierten Hämapophysen Gonapophysen genannt ünd _ ihrer Umbildung bei Glaridichthys januarius Erwähnung getan. Er Fig. 6973. e- Keim | Pr sp \ iS Sagasıg Schwanzwirbel, J.Con. 2.Con 1.6 = 1normaler Brustwirbel. _ Vorderansicht der Wirbel (Gonapophysen) von Beloncssox belizanus (Kner) 5. Par. Parapophyse; Pr.sp. Processus spinosus; Pr.unc. Pr. uncinatoideus. schreibt ganz riehtig über ihre Funktion: »Sie dienen zur Veranke- _ rung der mächtigen, um die Flossenträger des Gonopodiums herum- Bi sitzenden, seine Bewegungen regierenden Muskulatur.< Wenn das _ Gonopodium nach vorn bewegt wird, so drücken die Träger caudal nach innen, und diese Bewegung pflanzt sich wieder auf die Gona- _ pophysen fort, die dabei caudalwärts aufgerichtet werden. Eine eitere, besonders wichtige Bedeutung kommt ihnen auf entwick- ingsgeschichtlichem Gebiete zu, wie das obige Beispiel erkennen Bt, da auf ihre Ausbildung die Verschiebung des Gonopodiums Ir ckgeht. Je nach dem Grade der Durchbiegung der Genapo- ıysen wird dadurch eine Wanderung der Flosse bedingt sein, wo- 250 W. Fr. Langer bei der proximale Teil der Träger ais der benachbarte dem distalen gegenüber mehr rostral zu liegen kommen muß. Diese Hypothese stützen die Befunde an den der zweiten Gruppe angehörigen Formen: Belonesox belixanus, Gambusia Holbrookii, Platypoecilus maculatus, Pseudoxiphophorus bimaculatus und Poecilia amazonica. Ob die Lagerung der Innenradien bei der ersten und zweiten Gruppe noch auf andere Faktoren zurückgeht, wird bei der Besprechung ihres Skeletes zu erörtern sein. Anableps anableps, der zweiten Gruppe angehörig, kann über- sangen werden, da keine Wanderung des Gonopodiums statthat. Belonesox belixanus (Fig. 64—13) verfügt über drei Gonapo- physen, die rostralwärts länger werden und in einem Winkel von .45° zur Wirbelsäule kopfwärts ziehen. Sie sind, wie bei allen viviparen Cyprinodontiden, nach der Wirbelsäule das stärkste Skelet- stück des Rumpfes. An ihren distalen Enden sind sie schwach rückwärts gebogen und schaffen so eine Gleitfläche für die Träger, die ihrerseits wieder an die Gonapophysen ausgezeichnet angepaßt sind. Der II. Träger nimmt mit seiner caudalwärts umbiegenden, verbreiterten und verlängerten Seitenlamelle S/, die Gonapophyse scherenartig zwischen sich und verhindert so ein seitliches Aus- gleiten des II. und III. Innenradius. Dieser läuft in eine caudal und dorsal verlängerte Zunge aus, die von den Seitenlamellen Sl, gebildet wird. In ihrer Mitte springt auf der Vorderseite das proximale Tragstück kielartig hervor (auf der Figur mit pe und pl bezeichnet). Diese Zunge gleitet in der schalen- oder rinnenförmigen Vertiefung der Rückseite des ersten Gonapophysenendes (Fig. 74, 75, 35). Von den übrigen Zahnkarpfen besitzen dieselbe eigenartige Ein- gelenkung des Trägerkomplexes an den Gonapophysen Poeeikia vivi- para, Gambusia Holbrookü, Unesterodon denticulatus, Pseudoxipho- phorus bimaculatus und Poeciha latipinna. Zwischen dem IV. Träger und der zweiten Hämapophyse ist eine ähnliche Articulation angebahnt. Weiter proximal weisen die Gonapophysen je zwei paarige Processus auf, die caudal-ventralwärts verstreichen und nach dem Schwanzende zu an den Hämapophysen hinaufrücken. Beide verlieren in der genannten Reihenfolge an Mächtigkeit. Die distalen setzen sich bis auf die vierte Hämapophyse fort, die damit und in ihrem umgebogenen Ende des Processus spinosus einen Übergang zwischen den normalen Schwanzhämapophysen und den Gonapophysen schafft. Die distalen Processus übertreffen an Länge und Stärke die proxi- Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 251 malen. Erstere umklammern die folgenden Gonapophysen, also der erste Processus die beiden folgenden Subvertebralfortsätze, der zweite die dritte Gonapophyse, und der dritte endet frei. PriıLıpet nennt die Auswüchse Processus uneinatoidei und schreibt: »Sind diese eigenartigen Subvertebralfortsätze (die umge- wandelten Hämapophysen) an sich schon stark und kräftig ausge- bildet, so wird ihre Druck- und Zugfestigkeit noch bedeutend ver- mehrt durch eine Einrichtung, die funktionell stark an die Processus uneinati der Vögel erinnert, welche bekanntlich den auf die Rippen Fig. 74 und 75. Vorderseite. Rückseite, Proximales Ende des II. und III. Trägers von Belonesox belizanus 5. Fig. 74 Vorderseite. Fig. 75. Rückseite. pl. Vorsprung, der in der ausgehöhlten Gonapophyse gleitet; Zr. Träger; SI? seit- liche knöcherne Verbreiterung des Trägers. ausgeübten Druck auf alle folgenden verteilen: Es treten nämlich dicht vor der Vereinigung der beiden Bogenhälften miteinander die von GARMAN erwähnten lateral process auf.« Indessen weiß PHILıPpPpı noch nicht, daß zwei Arten von lateral process an den Gonapophysen _ auftreten können, und, da er dem Seitenfortsatz bei Glaridiehthys jJanuarius eine ganz falsche Lage gibt, die gerade der anderen Art, den distalen Auswüchsen, zukommt, so hat er für die proximalen einen durchaus unzutreffenden Namen geprägt. Ich möchte aber diese Bezeichnung für die distalen Fortsätze erhalten wissen, da sie hier ihre Berechtigung hat. Diesen Processus kommt freilich noch die viel wichtigere und ursprünglichere Funktion der Rippen zu, nämlich der Schutz der Schwimmblase, die sich über die Gonapo- 252 W. Fr. Langer physen hinzieht. Dies zeigt sich darin, daß auch die dritte Gona- pophyse divergierende Processus uncinatoidei hat, die sich an kein Skeletstück anlehnen, was doch sonst keinen Sinn hätte. Ebenso lassen sich dann bisweilen schalenförmige Verbreiterungen der Aus- wüchse leicht erklären. Processus uneinatoidei finden sich noch bei folgenden Formen: Pseudoxiphophorus bimaculatus, Onesterodon dentieulatus und bisweilen bei Gambusia Holbrooku. Die proximalen Processus sind, nach ihrer Lage zu urteilen, weiter ventral rückende Parapophysen. Sie bestehen an der dritten Gonapophyse auf der linken Seite aus zwei Auswüchsen und zeigen so, wie eine Teilung stattfinden kann, die bei lokaler Trennung vielleicht zu der Entstehung der Processus uneinatoidei geführt hat, Fig. 76. Gonapophysen eines Belonesoz belizanus 5, zur Zeit, da das Gonopodium das Sta- dium I erreicht hatte. : zumal diese oft mit Parapophysen im Zusamenhang stehen und in ihrer caudalen Richtung und ihrer Funktion den Parapophysen gleichen. Nur die erste Parapophyse trägt eine Rippe. Somit um- faßt sie im Gegensatz zu den Processus uncinatoidei und spinosi die Schwimmblase von außen. PnıLıppı hat zwar homologe Fortsätze bei Glaridichthys beschrieben, aber seine Schilderung! muß als un- zutreffend bezeichnet werden. Vor den Gonapophysen sind im all- gemeinen bei den Männchen keine Wirbel mit Hämalfortsätzen zu finden. Bei einem Exemplar (Fig. 76), dessen Gonopodiumausbildung 1 »Es treten paarige Fortsätze auf, die caudal- und ein wenig lateral- und ‘ ventralwärts. ziehen, mindestens so weit, daß sie mit ihren Spitzen der Ur- sprungsstelle der entsprechenden Gebilde des nächstfolgenden Wirbels auf- . liegen.« Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 253 eben erst begonnen hatte, waren die Gonapophysen noch nicht schief gelagert und eine rostrale Durchbiegung und Verlängerung hatte eben erst begonnen. Von den Processus uneinatoidei erreichte der erste die zweite Gonapophyse, der zweite nur die reichliche Hälfte ‚des Zwischenraums und am dritten Wirbel hatte seine Ausbildung eben erst eingesetzt. Die proximalen Processus waren überhaupt noch nicht ausgebildet. Es kommt also den Processus uneinatoidei jenen gegenüber in der Entwicklung des Einzeltieres die Priori- tät zu. Solehe proximalen Processus treten bei folgenden Cyprinodon- tiden auf: Petalosoma cultratum, Poecilia amazonica, heteristia, lati- pinna, reticulata, vivipara, Gambusia Holbrooküi, Platypoecilus macu- latus, Xiphophorus strigatus, Onesterodon denticulatus, Pseudoxipho- phorus bimaculatus und Glaridichthys januarius. Zur Orientierung über die Gonapophysen und über die davor liegenden Rumpfwirbel wurde beistehende Tabelle einge- * fügt, die eine Übersicht gibt und feststellt, daß nicht immer der- selbe Wirbel, z. B. der 14. bis 16., sondern auch der 15. bis 17. | oder 16. bis 18. bei Xöphophorus Helleri, modifiziert sein kann. Ob _ diese Erscheinung auf einer Reduction von Wirbeln am Wirbel- säulenende oder tatsächlich auf einer Verschiebung der Gonapo- physen beruht, wurde nicht nachgeprüft. (Siehe Tabelle S. 254.) Gambusia Holbrookiüi hat auch drei Gonapophysen, die sich in der Richtung zur Wirbelsäule Belonesox belizanus anschließen und Bi 5 "Schwimmbl Parapophyse Trägerkomplex. Knöchelchen. B4, Gambusia Holbrookiü 5. (Links.) a, der Figur 77 noch nicht völlig durchgebogen sind. (Die punk- tierte Linie gibt den endgültigen Verlauf bei der dritten Gonapo- 254 "W. Fr. Langer Name Zahl der regulären Hämapophysen zu den Übergangshämapophysen, zu den | Zahl derregulären Hämapophysen Gonapophysen ohne Rippe, zu denen | zu den Gonapophysen ohne und mit Rippe, zu den Rumpfwirbeln nur | mit Rippe, zu den Rumpfwirbeln mit Hämalkanal, zu den typischen | mit Hämalkanal und ohne solchen Rumpfwirbeln des 5 Q Belonesox belizamus 18:1: 1:2:0:20=35 20:1:0:0:13= 34 xı 19:0:111:0:0:11 =33 - Gambusia Holbrookii agal :T: 2:0:11=31 18:1:1:0:12 = 32 Platypoecilus maculatus Pseudoxiphophorus bima- ceulatus Poecilia amazoniea Gulapinnus decem-macu- latus Glaridichthys januarius Petalosoma eultratum Xiphophorus strigatus Onesterodon denticulatus Poeeilia reticulata u Poectlia latipinna Jenynsia lineata physe an.) Bei einem Tier nahm die erste Gonapophyse den HL Träger gabelartig zwischen sich. Die Innenradien IV und V setzten 10:0: 111:1:0:12= 26(2mal) 13:0:1:1:12=27 11:0:11:1:0:14= 89 (1mal EEE 15:0:11:1:0:11=30 15 und 4:0:0:0:13=32 x1- 2 16: 0:11:0:0:122 = 31 14:0:1I:1:11= 28 16:?:7:0: RB =28 17:92:22 0 229 16:0:0:1:14=31 15:1:0:0:14=30 x 11 :0:0:1 947 =232 13:2 :20:3:12=80 171:1:1 2 pH 16:1:1:1:11=30 16:1: 2331 15:0:1:6:0:9=31 113:0:0:3:2 = 28 12:1:1 12:33 =28 xı 14:0:0:2:0:122 =28 16:1:0:3:390 28 x(vorx4)14:0:0:3:?:11=28 | 13:7:0:7:35 =29 x(vorx1)15:0:0:3:0:10=28 x(vorx1)13:0:1:2:?:12=28 x(vorx4)14:0:1:2:?:13=30 x(vorx1)15:0:1:2:?:12=30 1320: 1127.20r912E 28 15:1:0:0:13=29 I 14:0:0:2:1:11=28 114:1:1:0: RP = 8 5 12:0°0E 1:0: 11 = 115:1:1 1a 14:0:1:1:0:12=28 114:1:1:1:11= 238 14:0:0:2:0:12 = 28 113:1:1:0:13=28 15° 0:11: 120-412 = 30 11:1:1:0:14= 27 u 15:0: 1:41:02 =28 0:2 20:0:0:0:0:11=31 18:0:0:0:12=30 Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 255 um deren Spitze herum. Die erste Gonapophyse weist nur einen typischen Basalstumpf auf, der nicht hinaufgerückt ist und eine Rippe trägt. Bei der zweiten sind die Parapophysen weiter hinauf verschoben und haben ebenfalls Rippen abgegliedert. Bei einem Männchen war sie nur auf der linken Seite entwickelt. Noch mehr distal entspringt die Parapophyse an der dritten Gonapophyse, wo es zu keiner Rippenausbildung kommt. Freilich könnte man diese auch wieder als Processus uneinatoideus auffassen, da bei anderen . Exemplaren die zweite Gonapophyse einen starken Processus un- einatoideus aufwies, der in einem Falle zu einem unpaaren Fort- satz verschmolzen war. Auf der zweiten Gonapophyse lag bei einem Fig. 78. 5 Schwimmblase - Se -/- - Träger. A, Blatypoecilus maculatus (Gthr). Gonapophysen und Träger zur Zeit, da das Gono- podium fast völlig ausgebildet war. _ Tier ein kleines freies Knöchelchen. Auf die dritte Gonapophyse - folgte noch eine modifizierte Hämapophyse. “ Während bei einem Männchen, dessen Gonopodium auf dem Stadium I stand, die Modifikation der zweiten und dritten Gonapo- _ physe begonnen hatte, ähnelte noch die erste! einer normalen - Hämapophyse. Den Trägern fehlte die Seitenlamelle und die Ge- _lenkfläche für die Gonapophysen. & Platypoeeilus maculatus weist vier Gonapophysen auf, die nur _ wenig nach vorn gebogen erscheinen, also auf einem phylogenetisch älteren Zustande stehen geblieben sind. Rostralwärts nimmt die Größe ab. Figur 78 stammt von einem noch nicht völlig entwickelten Tier (Gonopodium Stadium III. Daher haben die Gonapophysen, 956 i W. Er. Langer die später denen von Xrphophorus Helleri gleichen, noch nicht die endgültige Stärke erreicht. Ihre ersten beiden Subvertebralfortsätze sind an ihrem distalen Ende knopfförmig angeschwollen und weisen Parapophysen auf, von denen die erste allein Rippen trägt. Diese Tatsache und das Hinaufrücken der Parapophysen wird leicht aus der Gestalt der nach hinten sich erstreckenden Sechwimmblase er- klärlich. Soweit die Schwimmblase reicht, sind stets Parapophysen oder Processus uncinatoidei oder beide zusammen entwickelt, und infolge der Kegelform der Schwimmblase müssen diese Fortsätze immer höher an den Hämapophysen und Processus spinosi empor- steigen. An der letzten Parapophyse kommt es nicht mehr zur Abelietzenng einer Rippe, da sie allein das kurze Ende der Schwimmblase völlig zu decken vermag. he Außerdem erklärt sich so, daß niemals an er Fi der letzten Gonapophyse Processus un- If cinatoidei und Parapopbysen zugleich er- scheinen, da sie einander ersetzen. Sind y / /W- / y ne beide bei einer Form vorhanden, so reichen die Processus uneinatoidei am weitesten 2 En nach hinten, weil sie sowieso distaler lie- h F Gonapophysen und Träger f Ä zur Zeit, als das Gonopo- gem als die Parapophysen. Umgedreht Gum Stadium Toerzeieht findet sich eher ein Schwinden der Pro- = cessus uncinatoidei als der Parapophy an der ersten Gonapophyse. Formen allein mit Processus uneinatoidei fehlen, da die Parapophysen jedenfalls das phylogenetisch ältere x Stadium darstellen. Dagegen weist die Mehrzahl der Arten nur Parapophysen auf. Von den Gonapophysen zeigte bei Platypoecilus maculatus der nächste Wirbel noch einen Hämalkanal. a Die Seitenlamelle des II. Trägers nimmt die erste Gonapophyse zwischen sich, und der III. Träger ist noch mehr verlängert. Dennoch kommt es nicht zu einer so ausgesprochen gelenkartigen Umbildung wie bei Belonesox. An Platypoecilus schließen sich hier- in Xiphophorus strigatus, Glaridichthys januarius und Poeclia reti- culata an (Fig. 1, 40). Sodann ist bei Platypoecilus maculatus wie bei Xzphophorus Helleri für die Träger auf dem knopfförmigen Ende eine Rinne vorgesehen. Figur 79 bringt eine Skizze von einem jungen Tier, dessen Gonopodium auf dem Stadium II stand. Die Gonapophysen gleiche noch völlig den Hämapophysen, nur daß die zweite Gonapophyse ein Parapophyse entwickelt hat, und die erste eine mit Rippen aufweist . Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 257 Pseudoxiphophorus bimaculatus (Fig. 80) besitzt vier typische « Gonapophysen, die in ihrer Riehtung zur Wirbelsäule die Mitte W © SCH oo. 3.Gonapophyse i Schwimmblase. | Sl2d. Pseudoziphophorus bimaculatus (Gthr.) $. Slz seitliche Verbreiterung. Träger 2 E zwischen Platypoecilus und Belonesox halten. Zunächst stellen sich 2 ihre Hämalbögen, wie immer, senkrecht zur Längsachse und erst _ weit distalwärts biegt der Pro- - eessus spinosus rostralwärts ab. Daher fehlt der vierten Gona- pophyse, die sich auch nicht mehr an der Unterstützung des Gonopodiums beteiligt, der Pro- _ eessus spinosus, und das ganze Gebilde ist nur noch ein ver- a rößerter Hämalkanal, dessen Bögen sich distalwärts verbrei- Fig. 81. SS Schwimmblase 2.Gonapophyse ’ 5 . . .. [ -Träi er Jie Processus uneinatoidei neh- 7 men an Länge von hinten nach om zu, werden aber steiler, Pseudoxiphophorus bimaculatus 5. (51 Tagealt, das Gonopodium zwischen Stadium 5 daß nicht mehr wie bisher Tund Il) folgenden, sondern nur die Morpholog. Jahrbuch. 47. 17 258 W. Fr. Langer nächste Gonapophyse überdeckt wird. Der erste Processus cinatoideus stellt einen schmalen Stab dar, während die folgend in normaler Weise durch eine breite Knochenwand den mit Gonapophyse gebildet ge Winkelmehroder weni Übergangswirbel zu denen mif ausfüll en. An d en ersten normalen Haemapopk) sen Parapophyse H Sonapapkyae b el d en Ir SQ ®, vorderste eine Rippe a SA Selfiges weist. u N Figur 81 gibt ä Skelet der Übergang N Teig region zwischen Rum und Schwanz eines Tage alten Tieres Poecilia amazonica (Garman) 5. Slz seitliche Ver- B en beginnender Gono diumentwicklung wied Die Differenzierung der Gonapophysen erfolgt mit wenigen Aus nahmen in caudaler Richtung. Zu einem deutlichen Processus ur einatoideus hat es nur die erste Gonapophyse gebracht, während &ı !ın Fig. 83. If Bas metzpt me Gulapinnus decem-maculatus 5. fy d Imtercostalmuskulatur; G@on. Gonapophyse; m.c.a. (p) Mus- eulus carinalis anterior (posterior); we. Muse. ereetor; 7 Gewebeband für Sc. oder Gon.; o Muskul der Urogenitalöffnung; R. Rippe; Sc. Skeletstab; SI seitliche Verbreiterung; z Muskulatur längs verlängerten Rippe; z. Muskulatur zwischen Afteröffnung und Trägerkomplex. der dritten noch völlig fehlt. Eine Parapophyse konnte ich nic erkennen. Ferner gleicht die vierte Gonapophyse durchaus no einer normalen Hämapophyse. . Poeeilia amaxomica (Fig. 82) hat drei Gonapophysen. Nur ( erste Gonapophyse besitzt an ihrem Ende ein großes Foramen Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 259 eine Rippe an der hier schon sehr hochgerückten Parapophyse, die den nächsten Subvertebralfortsatz nicht mehr erreicht. An der zweiten Gonapophyse bleiben die Parapophysen durch eine Knochenwand in ununterbrochenem Zusammenhang mit der Gonapophyse. Am nächsten Subvertebralfortsatz sind die Parapophysen an dem Pro- cessus spinosus, der sich wagerecht nach hinten umbiegt, nur eben angedeutet. Bei Gulapinnus decem-maculatus (Fig. 85) sucht man vergebens nach Gonapophysen, worauf schon GArMAN und PHıLıppI hingewiesen haben. PhırLıreı fand in den Rippen dann die Elemente wieder, welche den Dienst der Gonapophysen übernommen haben. Im all- gemeinen halten diese eine caudale Richtung ein; bei Gulapinnus decem-maculatus aber weisen alle Rippen außer den zwei ersten eine rostrale Biegung auf, die auf der rechten Seite! (einseitige Beweg- lichkeit des Gonopodiums) zu einer Verlängerung der 8. bis 10., auf der linken der 8. bis 11. Rippe nach vorn geführt hat. Dabei legen sich diese Verlängerungen so nahe aneinander, daß sie von der Seite als ein einziger starker Stab erscheinen. Die achte bis neunte Rippe bilden in der Hauptsache diesen, einem Sternum in Lage und Bau nicht unähnlichen Fortsatz. Die zehnte und even- tuell elfte sind nur mit ihm verschmolzen. Eine größere Wider- standsfähigkeit wird erreicht, indem die Rippen noch nach innen verbreitert sind. Die Verlängerung endet an der Ventrale vor der letzten Rippe. Ein unerwachsenes Männchen gleicht dem Weibchen in seinem Skelet. Erst postembryonal mit beginnender Gonopodium- ausbildung erfolgt eine auffallende Kräftigung der zweiten bis sechs- ten Rippe, die Verbreiterung nach innen an der achten bis zehnten und die rostrale Verlängerung. Damit ist zugleich die Beziehung zwischen Gonapophyse und Rippe gegeben, sowie die Lage der Träger im Körper erklärlich. Dadurch, daß die Rippen die distalen Enden der Träger und damit das Gonopodium kopfwärts zogen, wurde die Lage der Innen- radien bedingt. Zu gleicher Zeit wird verständlich, daß hier die Wanderung des Gonopodiums eine noch größere als bei den übrigen Formen sein konnte, da dem durch die Gonapophysen bedingten _ Vorrücken des Anale schneller ein Ziel gesetzt ist als der Wande- fR ung, die durch die Rippen verursacht wird. Wie konnte eine solche Art in derselben Familie entstehen, bei - das Vorwärtsgleiten des Copulationsorgans durch einen ganz eren Faktor erreicht ist? Ich nehme an, dab Gulapinnus decem-maculatus gleichfalls 17* 2360 W. Fr. Langer einst Gonapophysen besessen hat, und daß bei ihrer Durchbiegung nicht nur eine Wanderung des Gonopodiums eintrat, sondern auch die Rippen von der Bewegung ergriffen wurden, die ja ihrer Lage nach in den Dienst der Afterflosse treten müssen. Schließlich über- nahmen sie völlig die Funktion der Gonapophysen, die dann zurück- gebildet wurden. An einem Tiere, dessen Gonopodium sich eben verlängerte, fanden sich zwar keine Gonapophysen, aber zwischen Schwanz- und Rumpfregion lag ein Wirbel nur mit Hämalkanal, den ich als ein Rudiment einer ehemaligen Gonapophyse deuten möchte. Auch PuıLippr gibt diesen Übergangswirbel an. Dazu kommt, daß dieser Autor 2 (3) Fälle beschreibt, wo am hinteren, präcaudalen Wirbel ebenfalls ein Hämalkanal bestand, an dem ein rostral gebogener Knochenstrahl ansetzte. Bei dem von mir untersuchten erwachsenen Tier fand sich in der Region und Lage, wo man die Hämapophysen zu suchen hätte, ein breites Gewebeband, in dem ein Knöchelehen eingebettet war, das völlig einer Gonapophysenspitze entsprach. Auch eine Deutung als Skeletstab der Schwimmblase, über den später zu sprechen sein wird, schließt in sich das phylogenetische Auftreten von Gonapophysen ein. Ein Indizienbeweis für diese Hypothese ist, daß sich Formen finden, die zugleich Gonapophyse und Rippe im Dienste des Gonopodiums in der geforderten Weise mehr oder weniger umgebildet haben. Natürlich äußert sich dieses Verhalten auch im Bau der Träger. So erklärt es sich, daß deutlich trennende Nähte an dem II. Träger vorhanden sind, und daß die proximalen Enden ebenso wie bei Ana- bleps anableps nicht in einen Klammerapparat auslaufen. Glaridiehthys Januarius (Fig. 84, 85) steht als vermittelnde Form Gulapinnus decem-maculatus am nächsten. Bei ihm finden sich drei typische Gonapophysen und zwei modifizierte Hämapophysen, bis- weilen auch vier typische Subvertebralfortsätze und eine modifizierte Hämapophyse. Die Gonapophysen liegen zunächst im Winkel von 90° zur Längsachse wie bei Pseudoxiphophorus bimaculatus. Dann biegen sie scharf mit ihren Processus spinosi nach vorn ab. Mit ihrem distalen Ende legt die erste Gonapophyse sich fußförmig an die Träger, so eine Art von Gleitfläche für den III. Innenradius schaffend. Parapophysen, die caudalwärts an Länge zunehmen, be- sitzen alle drei oder vier Gonapopbysen, deren Aufsteigen an den A Gonapophysen durch die Figuren 84—85, die zugleich die Varia- bilität der Subvertebralfortsätze wiedergeben sollen, veranschaulie Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 261 wird. Die Parapophysen der ersten drei Gonapophysen tragen allein Rippen!. Sie können auch an der dritten nur auf einer Seite aus- gebildet sein oder ganz fehlen. Dann vermögen die Parapophysen die Schwimmblase schalenförmig zu umhüllen. Dieselbe schalen- förmige Gestalt haben die modifizierten Hämapophysen, die nur dem Schutze der Schwimmblase dienen und keine Beziehung mehr zum Trägerkomplex haben. Sie lassen deutlich die Doppelnatur der caudal gebogenen Processus spinosi erkennen. Die Rippen, außer der letzten, werden wie bei Gulapinnus decem-maculatus kräftiger. Die sechste und siebente ist am Ende ein wenig vorgebogen. Eine stärkere rostrale Verlängerung und Umbiegung ist wieder an der Fig. 84 und 55. verlängerte Rippe Fig. 84. Glaridichthys januarius var. veticulatus 3. Fig. 85. Glaridichthys Januarius (Phil.) [6) R. Rippe; Sc. Skeletstab der (Sch) Schwimmblase; Tr. Träger. siebenten bis neunten Rippe (Fig. 84), der achten bis zehnten (Fig. 85), der achten bis elften oder der achten bis zwölften zu finden. Den Hauptteil an der Umbildung tragen wieder die achte und neunte Rippe. Danach wird die Wanderung des Gonopodiums durch das Vorrücken der Gonapophysen und dann durch das Weiterwachsen namentlich der normalen achten und neunten Rippe veranlaßt. Je nach dem Grade der Durchbiegung von Rippen und Gona- pophysen wird die Lage der Träger zum Körper bei der dritten und ersten Gruppe bedingt sein. Bei Glaridichthys januarius erfolgt sie tatsächlich postembryonal nach der schon begonnenen Durchbiegung der Hämapophysen. Hier. läßt sieh die Frage über die Priorität der Rippen und Gonapophysen leicht entscheiden. Bei einem sich eben entwickelnden Männchen sind erst die Hämapophysen da, und später treten an ihnen die 1 Pnınıpp] läßt in seiner Skizze fälschlicherweise die Rippen über die Pro- cessus uneinatoidei (Parapophysen) hinwegziehen und an der Wirbelsäule an- . setzen (1908, S. 59). 262 W. Fr. Langer ad Parapophysen auf und damit natürlich auch ihre Rippen. Vielleicht kann man daraus schließen, daß der Schwanzwirbel das Primäre ist, und dann die Rumpfwirbel entstanden sind; denn hier haben wir ein Ausdehnen der Leibeshöhle caudalwärts vor uns. Es ist dies eine Frage, von der Bürscauı (1910, S. 200) schreibt: »Es dürfte vorerst noch nieht genügend aufgeklärt erscheinen, welcher Zustand des Achsenskelettes, der der Schwanz- oder der Rumpfregion, eigent- lich als der ursprünglichere anzusehen ist.< So ließe sich auch das Auftreten der Gonapophysen der Weibchen und namentlich die Bildung des Hämalkanals! im Rumpfe bei ihnen als Anklänge an den ursprünglichen Zustand erklären. Andere haben die gegen- teilige Ansicht, eine Ableitung der Schwanzwirbel aus den Rumpf- wirbeln, vertreten, die jedenfalls für die Cyprinodontiden nicht zu- trifft. Danach würden dann die Männchen der viviparen Zahnkarpfen in dem Besitz von Gonapophysen den ursprünglicheren Zustand ge- 44 wahrt haben, da mit dem Auf- 4 4 3 treten der Viviparität die Träger u SELL nm” des Gonopodiums an ihnen einen Halt fanden und so deren Rück- @Glaridichthys Januarius var. reticulatus (Phil.)Q. bildung entgegenwirkten. Bloß bei Gulapinnus decem-maculatus kam sekundär der Schwund der Gonapophysen zustande. Als ich zur Nachprüfung die Präparate durchsah, fiel mir ein ausgewachsenes Weibehen von Glaridichthys januarius var. retieulatus in die Hände, das für die Richtigkeit meiner Schlußfolgerungen den Beweis lie- ferte. Es befanden sich vor dem achten, sechsten und fünften Träger- ende untrügliche Reste ehemaliger Subvertebralfortsätze (Fig. 86). Bei Glaridichthys jJanuarius zählte ich beim Weibchen dreimal 15 normale Schwanzwirbel zu 13 Wirbeln mit Rippen, zweimal 17 zu 13 und einmal 17 zu 14. Damit komme ich auf die weitere Eigentümlichkeit zu sprechen, daß die Zahl der Wirbel nieht wie bei Anableps anableps zwischen Männchen und Weibehen verschieden sein kann, sondern daß sie überhaupt ohne Rücksicht aufs Geschlecht schwankt. Folgende Tabelle gibt die Anzahl der bei den einzelnen Arten gefundenen Schwanzwirbel ohne Rippen und Wirbel mit Rippen wieder. Die Halswirbel sind nicht mitgezählt, da es nach REGAN Fig. 1 Dieselbe Erklärung würde auch für die Hämalfortsätze von Alosa alosa usw. passen. a Sa En a a Le nn a Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. (Erste Zabl = Wirbel ohne R D. = Differenz.) 263 ippen, zweite Zahl = Wirbel mit Rippen, [6) Q Haplochilus Chaperi 13:11 = 24 14:11=25 1.0 15:11= 86 15:12:27 Lebias Sophiae 16-0826 D2 16:11 =27 (2mal) 3 16:12 = 28 (2mal) 17:11=28 Fundulus heteroclitus 15:11=26 19:11.=30 Haplochilus sexfasciatus 1a, IR —a7 Onesterodon dentieulatus 43:13— 28 1921328 Poeeilia heteristia 16:12 —28 - amazxonica 16:12 = 28 16:12 = 28 DI ori ag lo - vivipara 13:14 = 27 10:10 — 27 -ı reticulata 14:12 = 26 15:13 = 28 | Di D.2 14:14 = 28 15:13 =29, 75 ; 15:13 28 15:15 >28 - latipinna 15:13 = 28(Norm) 15:13 —= 28 D-21612 =28 14:14=28},D.2 [17:13—30 15:15—30) Xiphophorus strigatus 13:15 =28 14:14 —=28 14:14 = 28 15:160= 29.1.1 D.2 15:13 =28 13:15—28 | R 15.3530 18:11 = 29 16:13 = 29 16:14 = 30 Platypoecilus maculatus 14:15 = 29 13:14 = 27 Di 0.3) 18:19 0 13:5 =28 177 15:79—28 Glaridiehthys januarius Di 15:15:30 18.13 — 31 ; 15:14 = 29 11830 D.1 14.1431 Pseudoxiphophorus bima- Di 18.12 —=:,30,; 9 19:13 =32 “eulatus KR 19.12 31 Gambusia Holbrookii Di 1a 19: Bo D.4 7 119:13=32 13313 = 28.1.5 264 W. Fr. Langer 6) Q Petalosoma cultratum 16:15 54 Gulapinmus decem-macu- Di 16 1938 16:14 — 30 | | latus "ul Belonesox belixanus f 20:13=33 21:13 = 34 y2:11=33 | Anableps anableps 28:23!=5l 34 :23! = 57 | Jenynsia lineata 20:11 31 13:2 —=30 | (1911) bei den Cyprinodontiden stets zwei sind, was sich auch für Xiphophorus strigatus bestätigte. Nach dieser Tabelle kommt bei den viviparen Formen im Ver- gleich zu den oviparen eine deutliche Zunahme des Rumpfes auf Kosten des Schwanzes zum Ausdruck. Auffällig ist die geringe Wirbelzahl gegenüber anderen Fischen. In dem Skeletbau gleicht Glaridiehthys januarius var. retieula- lus seiner Stammform. Wie schon in seiner Gonopodiumausbildung, so weist Petalo- a a u 6. Gonspophyse. Uragenitzlöffng. Alten Petalosoma cultratum (Regan) 5. Par. Parapophyse; R. Rippe. er soma cultratum (Fig. 87) auch im Bau seiner Gonapophysen das phylogenetisch älteste Stadium auf. Diese Art hat sieben Gonap- physen, von denen die letzte völlig einer regelrechten Hämapophyse n gleicht, nur daß sie eine Parapophyse aufweist. Die vorhergehenden Subvertebralfortsätze sind’ 'mehr rostral durchgebogen und werden cn a, a un Beiträge zur Morpholögie der viviparen Cyprinodontiden. 265 tragen. Von den auffällig langen Gonapophysen, die an ihreriSpitze flachgedrückt sind und weit über die Schwimmblase hinausragen, treten nur die ersten drei mit dem Trägerkomplex in Verbindung. Die allererste, auf die nochmals bei Besprechung des Skeletstabes der Schwimmblase zurückzukommen sein wird, ist bedeutend schmäler als die vorhergehenden, und an sie schmiegen sich die Nierengänge an. Die Rippen haben sich wieder verlängert, wenn auch nicht in dem Maße wie bei Glaridichthys januarius. Poecilia vivipara (Fig. 88) besitzt zwei typische Gonapophysen, die stark rostral gebogen sind und ein intensives Zusammendrängen der Träger bedingen. An ihren Parapophysen befin- Fig. 88. den sich winzige Rippen, ein Zeichen, daß eine ro- strale Verlängerung der Rippe nicht oder nur in geringem Maße stattgefun- den hat. Rippen sieben £. N und acht zeigten daher allein \Ns 3; = ne i eine geringe Biegung nach / f ’ I Ei dem Kopfe zu. Die erste Mi Gonapophyse ist auffallend En Er Br se I ea e Be en Io breit, lang und schalen- (Sl) vom UI. Innenradius. förmig an ihrem distalen Ende für den typischen III. Träger ausgebildet und wird von den Seitenlamellen des II. Innenradius umklammert (Sperrgelenk!). Xiphophorus strigatus (Fig. 63) schließt sich also eng an Pla- typoecilus maculatus an. Er hat stets drei wenig rostral gebogene und kopfwärts kleiner werdende Gonapophysen mit ziemlich proxi- mal gelegenen Parapophysen, die stets Rippen tragen. Die distalen Enden der Gonapophysen gleichen denen von Platypoecilus macula- tus. Die achte und neunte Rippe zeigen am Ende eine kurze, nach dem Kopfe zu gerichtete Umbiegung und Verbreiterung, den ersten Ansatz zu den umgebildeten Rippen, wie sie Gulapinnus decem-ma- _ eulatus im ausgebildetsten Maße eigen sind. Die vierte und fünfte Rippe dagegen sind an ihrer Spitze schwach caudal gebogen. GAR- MAN ist schon die geringe Durehbiegung der Gonapophysen bei X?- phophorus Helleri aufgefallen (1895, S. 67): »The pecular subverte- bral process of the male is the character, on which is based the separation of this genus from Mollienisia and Poeecilia.« 266 Warkr: Langer Onesterodon denticulatus hat drei Gonapophysen, deren eigen- tümliche Gestaltung und Entwicklung Fig. 89 bis 95 veranschau- lichen. Sie besitzen zwei Processus "Proc.unc Rıppe \ | \ }- Träger Onesterodon denticulatus 5. Schw. Schwimmblase. vierte bis sechste sind mit ihrem Ende vierten und fünften für die ansetzende uncinatoidei an den letzten beiden Gonapophysen. Der erste Subvertebralfortsatz, an dem eine Parapophyse mit Rippe vorhanden ist, hat das Extrem in der ro- stralen Durchbiegung er- reicht. ist ebenso wie bei Gları- dichthys jJanuarvius in einen Gleitfuß umgebildet. Die letzten sechs Rippen be- schreiben einen dem Kopfe zu offenen Bogen. Die etwas verlagert und an der Muskulatur verdickt. Poeerha reticulata (Fig. 96) besitzt zwei typische gleichgroße Fig. 90—95. \ Parapo- physe FParapo, physe Par3p0- 7 physe / I aa Prune. Mi 7. Gon. Prune.-- 2.6on. Frunc 3.60n. 3.Gon. Entwicklungsstadien der (Gon.) Gonapophysen von Cnesterodon (?) denticulatus &. Pr.unc. Processus uncinatoideus. Sein distales Ende Gonapophysen, deren Parapophysen caudalwärts an Stärke gewinnen und Rippen tragen. An den ersteren kommt die Doppelnatur der Processus spinosi deutlich zum Ausdruck. Auch die folgende Häma- pophyse ist modifiziert und gleicht einem verlängerten Hämalkanal. Eigentümlicherweise fand ich auch beim Männchen an dem Wirbel vor der ersten Gonapophyse einen Hämalkanal ausgebildet. Die . Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 267 Fig. 96. Dorsale Grenze zw. Leibeshöhle v.- Schwimmblase {rechte Korpegh.) ‚u.Schwimmblase. - nd ann 1e5 Ken Leib® "Jasdeferens modifizierte Ventrale 1. Haemapophyse. Leibesh- & Schwimmblase . Poecilia latipinna S. 268 W. Fr. Langer untersuchten Entwicklungsstadien von Gonapophysen ließen wieder deutlich die Priorität der Hämapophysen erkennen. Poecilia latipinna (Fig. 97) hat zwei oder drei Gonapophysen, von denen die erste immer eine größere, die zweite meist eine winzige Rippe an ihrer Parapophyse trägt. Die erste Gonapophyse kann an ihrem distalen Ende den III. Träger gabelförmig umfassen oder ist am Vorderrande verdickt und läuft am Hinterrande in eine schwache Knochenlamelle aus. In die von ihr und der Verbreite- rung gebildete .Furche legen sich die Trägerenden. Sind nur zwei Gonapophysen da, so zeigt die folgende Hämapophyse die in der Fig. 98—107. A B e C C2 B A D B Die Wirbel aus der Übergangsregion von Rumpf und Schwanz. Schematisch. Fig. 98 u.99. Haplochilus Chaperi, Fundulus heteroclitus, Jenynsia lineata und die Mehrzahl der Teleostier.. Fig. 100—104. Haplochilus sexfasciatus mit Cı statt C, calliurus, latipes, Pseudoxipho- phorus bimaculatus Q Cz statt C, Blennius. Fig. 105—107. Fundulus gularis, Clupea, Serra salmo, Argyrelosus. Mit Rippen an D (Stör) und Alosa alosa usw. Figur angegebene Ausbildung. Auch die nächste Hämapophyse be- sitzt dann einen Ansatz zu einer Parapophyse und wird durch ihre Kürze auffällig. Die Rippen weisen bis zur 10. eine schwache ro- strale Durchbiegung auf. Nach diesem Skeletbau! könnte man folgende Formen zuein- 1 In der Literatur gehen nur GARMANn, der Entdecker der Gonapophysen, und PnıLıppı auf dieses Skelet näher ein. Ersterer schreibt (1895, p. 9): »A peculiar modification of several of the vertebrae is to be noticed on males of some species, in which the anal finis modified and carried forward; an inferior process from the centra of two ore more of the vertebrae over the hinder por- tion of the body cavity is sent down to furnish support for the base of the transformed fin. In Poecilia there are two of these stays. In Gambusia there are two in one species, and three, with more or less modifieation, in other; and in Heterandria, Glaridodon (= Glaridiehthys) and Girardinus there are three. In addition lateral processes are prominent in some, while in other the inferior stay alone is to be discovered (?).. On Xzphophorus there are four or five of the stays.< Daneben bringt er auf Taf. VIII einige Skizzen, die folgende in meiner Untersuchung noch fehlende Arten berücksichtigen. Danach weist Gambusin | punctata (PoEy) drei steilere Gonapophysen mit »lateral process« auf, Gambusü a punctieulata (Pory) deren 2. u er eis : Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 269 ander in Beziehung bringen: Petalosoma führt zu Platypoecilus und Xiphophorus über. Ihnen stehen am nächsten Poeeilia (und Heter- andria), denen sich Glaridichthys anschließt, der sich seinerseits zu Gulapinnus weiter entwickelt hat. Mit Poecilia steht noch Gambu- sia in Beziehung, die dadurch, daß sie bisweilen Processus uneina- toidei hat, zu den Arten mit regelmäßig auftretenden Processus un- cinatoidei, Delonesox, Onesterodon und Pseudoxiphophorus überleitet. 3. Zum Vergleich mit den viviparen Cyprinodontiden wurden einige ovipare herangezogen. Haplochilus Chaperi (1), Fundulus heterochtus ( (Q und g'), Le- Fig. 108-117. lan 02 B. B. Die Wirbel aus der Übergangsregion von Rumpf und Schwanz. Schematisch. Fig. 108-111. Haplochilus rubrostigma 5. Fig. 112—117. Anableps anableps &. bias Sophiae (G') haben typische Schwanzwirbel, die in normale Rumpfwirbel übergehen, deren letzte sieben Rippen bei Lebias So- phiae (G') die übrigen um das Doppelte an Breite übertreffen. Wie in der Lage der Afterflosse, so bildet diese Species auch dadurch, daß sie Rippen an der ersten Hämapophyse besitzt, einen Übergang zu den lebendgebärenden Zahnkarpfen. Bei ihr sitzen eigenartiger- weise sehr starke Epipleuraldornen auch noch an den ersten Häma- pophysen. Fundulus gularis schließt sich diesen Formen an, schiebt aber einen Wirbel mit Hämalkanal ohne Processus spinosus und Rippen ein. Dieser Art gliedert sich Haplochilus rubrostigma (G') an, bei dem auf diesen Wirbel 12 folgen, wo sich zwischen die An den drei Gonapophysen von Heterandria formosa (AGAssız) erscheinen die »lateral process« besonders groß. Poeeilia vittata (GUICHENOT) besitzt 2 und 1 umgebildete Hämapophyse, 5 Glaridodon (Glaridiehthys) metallieus (PoEY)3, ebenso Girardinus metallieus (PoEY). Jenynsia lineata (JENYNS, GÜNTHER) scheint nach der Figur nur etwas steilere Hämapophysen zu besitzen, schließt sich aber jedenfalls an die Bher pn £ Cyprinodontiden an (s. Nachtrag). Über das Knochengerüst von Toxus und Phalloptychus habe ich nichts an- be ‚gegeben gefunden. 270 W. Fr. Langer Bögen die Schwimmblase eingeschoben hat. Daher werden die Bögen so weit auseinandergedrückt, daß sie eben nur noch am ersten Wirbel schließen, von einem Processus spinosus aber nicht zu reden ist. Die- selben bauchförmig erweiterten und verlängerten Hämalbögen weisen Haplochilus latipes, calliurus und sexfasciatus auf, nur daß ihnen der Übergangswirbel fehlt!. Bei Haplochilus sexfasciatus war es einmal auf der einen Seite zur Abtrennung der Rippe gekommen, auf der anderen noch nicht. Fig. 118—127. Die Wirbel aus der Übergangsregion von Rumpfund Schwanz. Schematisch. Fig. 118— 121. Amableps umableps ©. Fig. 122—127. Weibchen der viviparen Cyprinodontiden (außer Anableps, Jenynsia und Pseudoxiphophorus bimaculatus) und Lebias, wo 123, 125, 126 fehlen. Die durch Punkte angedeuteten Rippen fanden sich bei Poecilia latipinna. Aus diesen Befunden erklärt sich nunmehr der von den übrigen Cyprinodontiden abweichende Skeletbau vom Pseudoxiphophorus bi- maculatus-W eibchen. 4. Zum Schlusse gebe ich einen Überblick vom Bau der Wirbel- säule durch die Schemata 98—137, die die Übergangsformen zwi- schen Schwanz- und Rumpfwirbeln bei den einzelnen Arten und überhaupt bei den Teleostiern wiedergeben. Wie lassen sich diese Schemata mit der Annahme, Rippen plus Parapophysen seien auseinandergerückte Hämapophysen plus Pro- cessus spinosi, in Einklang bringen?? Über die Natur der Rippen stehen sich zwei Ansichten gegen- über. Die eine sieht in ihnen selbständig entstandene Skeletgebilde, die erst sekundär mit den aus den Hämalbögen der Schwanzregion _ abzuleitenden Parapophysen in Verbindung treten. Die andere läßt die Rippen durch Abgliederung aus den divergierend geöffneten und verlängerten Hälften der Hämalbögen der Rumpfregion hervorgehen, ı Arten mit Reduction der unteren Bögen sind unberücksichtigt geblieben, da sie für einen Vergleich unbrauchbar sind. 2 Ich folge hier teilweise wörtlich BürscaLı (1906). Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. za während die basalen Bogenteile als deren Körperteile an der Chorda verbleiben, bezw. in die Bildung des Wirbels eingingen. Die Bögen werden im Dienste der Muskulatur verlängert und sind in der Schwanzregion also teilweise verwachsen. Dieser Teil wird als Pro- cessus spinosus bezeichnet und stellt nur bei den Knorpelganoiden einen selbständigen unpaaren Stab dar. Was die Cyprinodontiden anbetrifft, so wird aus den Figuren seine Doppelnatur als teilweise oder ganz verschmolzenes Ende der verlängerten Bögen ersichtlich. u . ';, Fig. 128—137. DieWirbelausderÜbergangsregion vonRumpfundSchwanz. Schematisch. Fig. 123—135. Männchen der viyiparen Cyprinodontiden außer Anableps anableps und Jenynsia. Nur Poeciliu reticulata besaß den Wirbel in Figur 133 und Platypoecilus maculatus den in Figur 1. WirbelvonderForminFigur I3l kommen den ArtenmitProcessus Burinakozgel zu Fig. 136 u, 137. Einige Pleuronectiden. Nach vorn zu divergieren die Bogenhälften, so daß es oft gar nicht mehr zu unpaaren Endstücken der Hämalbögen kommt. Erst im Rumpfe gliedern diese die Rippen ab. Danach wären die Figuren 98 bis 104, 112 bis 117, 136 bis 137 verständlich. Wie ordnen sich aber Schemata 122 bis 135 dieser Hypothese unter, da Rippen und Processus spinosi zugleich auftreten? Selbst wenn man die Rippen in keine Beziehung zu den Processus spinosi bringen oder diese als sekundär entstanden, nicht den normalen Rippen gleich- ‚setzen wollte, so bliebe doch bestehen, daß die Parapophysen mit den Hämapophysen identisch seien, und wie können dann Hämapo- physen und Parapophysen zugleich auftreten? Zunächst gilt es, die 3ezeichnung Parapophyse für die Processus zu rechtfertigen. Dafür oximal-Processus sich in Gestalt und Lage an die vorhergehenden rmalen Parapophysen anschließen. Der zweite ausschlaggebende Grund ist, daß sich beim Weibehen an entsprechenden Rumpfwirbeln 4 272 W. Fr. Langer regelrechte Parapophysen mit Rippen vorfinden und zu gleicher Zeit auch die Rudimente ehemaliger Hämalbögen mit Processus spinosi in den Hämalfortsätzen und in den Überresten von distalen Hämapo- physenenden bei jenem Glaridichthys januarius-Weibchen (Fig. 86). Die Selachier besitzen obere Rippen, die Crossopterygier obere und untere Rippen, von denen die unteren in die Schwanzbögen über- gehen, die Teleostier nur untere. Die oberen Rippen sind aus den unteren entstanden zu denken. Bisher homologisierte man die Rippen der Teleostier mit den unteren Rippen der Ürossopterygier. Könnten aber nicht diese ursprünglicher sein und die noch nicht abgegliederten oberen Rippen oder die unteren Parapophysen die oberen Parapophysen in sich enthalten? Es wäre dann in einzelnen Fällen eine Teilung dieses »Basalstumpfes« möglich gewesen. In diesem Sinne wird von BürschLı das Schema 105 bis 107 erklärt. Er schreibt: »Die beiden Bogenhälften trennen sich in der Ventral- linie voneinander und liegen dann divergierend dicht unter dem Peritoneum des Cöloms, da, wo die Myosepten an diese herantreten. Dagegen erhält sich die die Aorta umgreifende knorpelige Scheide- wand an allen Hämalbögen des Rumpfes mit Ausnahme der vorder- sten. Das distal von dieser Scheidewand gelegene Stück jeder Bogenhälfte gliedert sich embryonal frühzeitig von dem basalen Teil durch bindegewebige Einschaltung ab und stellt nun eine Rippe dar, während die basalen an der Chorda anliegenden Teile jedes Bogenpaares ebenfalls miteinander unter der Chorda zusammen- stoßen und an seitlichen Vorsprüngen (Processus transversi, Par- apophysen) die Rippen tragen. Demnach könnte man hier eine Zweiteilung verteidigen. Es sind die Rippen obere Rippen. Die Hämalfortsätze — so werden die den Kanal schließenden Processus genannt — untere Hämalbögen«, die sich bei gewissen Pleuronectiden (Fig. 136—137) dann allein erhalten hätten. Daß der Hämalfortsatz nicht als eine Bildung sui generis, sondern den Processus spinosi und Schwanzbögen gleich zu erachten sei, ergibt sich aus den Schemata 118 bis 137. Bei Betrachtung der Figuren 105—107 und 122—137 kam man also mit der ersten Erklärung nicht aus. h löst sich aber die Schwierigkeit, wenn wir hier wie beim Stör ei Zweiteilung annehmen und damit die vorhandenen Rippen und Par- apophysen, wenigstens die letzten, als obere bezeichnen. Die | # Figur 131 dargestellten Processus uneinatoidei können hier tiber gangen werden, da sie als durchaus sekundär entstandene Gebi nicht von Bedeutung für diese Fragen sind. Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 273 Das nachträgliche Entstehen von Parapophysen und das Auftreten von Hämalfortsätzen in dem Rumpfe ließe auch den Schluß zu, die Schwanzbögen seien zum Schutze für die Aorta und für die Mus- kulatur angelegt worden und gingen ursprünglich weiter nach vorn. Völlig unabhängig von diesen wurde eine neue Bogenreihe für den Rumpf geschaffen. Dann wäre im Schema 100 bis 104 und 108 bis 111 zu untersuchen, ob die Trennung der Hämalbögen durch die distale Ausdehnung der Leibeshöhle erst eine sekundäre ist, und ob überhaupt nur in einzelnen Fällen Rippen von Hämapophysen abgegliedert werden. Es stellen die Rippen Bildungen sui generis dar. Diese Ansicht bekräftigt der Befund an jenem Glaridichthys januarius var. reticulatus-Weibchen (Fig. 86). Offen blieben die Fragen: Hat sich diese Bogenreihe des Rumpfes dann wieder in eine obere und untere (Urossopterygier) gespalten, oder entspricht der unteren die Hämapophyse und der Hämalkanal? Am sichersten ist jedenfalls der Schluß, daß mit dem caudalen Ausdehnen auch ein schützendes äußeres Spangensystem (Rippe. plus Basalstumpf) bei allen Fischen, bei den viviparen Cyprinodontiden bisweilen noch ein inneres (Processus uneinatoidei plus Hämapophyse) geschaffen wer- den mußte, das aber je nach der Lage mit den verschiedenen Skeletteilen der Wirbelsäule in Verbindung trat. Dann können in einzelnen Fällen wohl die letzten Rippen (Processus uneinat.) onto- genetisch aus dem unteren Bogensystem entstehen, aber allgemein das Rippensystem aus dem unteren Bogensystem abzuleiten, wäre falsch. c) Die Schwimmblase. 1. Wie schon bei der Besprechung der Gonapophysen erwähnt wurde, kommt die Schwimmblase in der Region dieser Skeletteile und des Trägerkomplexes oberhalb der hinteren Leibeshöhle zu liegen. Zwischen ihr und dem Vorderrande der Träger ziehen die paarigen Nierengänge hin, die auf die dorsale Seite der Schwimm- blase übergehen, um dann rostral unterhalb der Wirbelsäule hinzu- ziehen und in die Nieren einzumünden. Den normalen Bau der Sehwimmblase beschreibt Prıtıper 1908, S.47, aber er irrt sich, wenn er meint, sie sei ungeteilt und habe die Gestalt eines Rota- tionsellipsoides. Sie hat vielmehr unmittelbar vor den Trägern die F: größte Breite und Höhe und verläuft caudalwärts in einem mehr oder weniger breiten Kegel (Fig. 49, 50). Da die Ureteren vor der After- flosse ausmünden, müssen sie die über die Afterflosse hin sich er- Morpholog. Jahrbuch. 47. 18 - F | Ei 5 Er 974 W. Fr. Langer streckende Schwimmblase durchschneiden und so ihrem hinteren Ende eine klammerähnliche Gestalt verleihen. Mit den Zipfeln schmiegt sie sich in die erste Hämapophyse ein; aber häufig ragt sie noch über diese hinaus (Fig. 49). Die Gabelung der Schwimm- blase wird noch deutlicher beim Weibchen von Belonesox (Fig. 50), da hier die Träger verlängert sind und daher nicht nur dorsal, son- dern auch seitlich von der Schwimmblase gedeckt werden. Von dem roten Organ aus zieht nach PnıLıppıs Entdeckung an Glars- dichthys januarius und Gulapinnus decem-maculatus ein solider Binde- gewebsstrang bis nahe an die Cardia, eine Angabe, die sich auch für Xiphophorus strigatus bestätigte. Von diesem Bindegewebsstrange wies PuıtLıppı nach, daß er bei der Geburt noch ein mit ein- schichtigem Epithel versehener Ductus pneumatieus sei, der schon beim 24 Stunden alten Tiere zu obliterieren beginne. Da man bisher den soliden Strang als offene Röhre angesehen hatte, so mußte er die Cyprinodontiden aus der Gruppe der Physostomen entfernen und sie den Physoklisten einreihen. 2. Noch im höheren Maße ist eine Gabelung der Schwimmblase bei den Männchen der viviparen Cyprinodontiden bedingt. Freilich wird auch hier Anableps anableps, nach der Ausbildung seines Skelets zu urteilen, abweichen. Pnıtıppi teilt über den Befund an Glaridichthys (1908, S. 56) folgendes mit: »Die Gonapophysen durch- ziehen einen Raum, den beim Weibehen wie beim neugeborenen Männchen die Schwimmblase einnimmt. Demgemäß wird auch sie affıziert!, was schon GARMAN bekannt war, wie aus folgendem Satz hervorgeht: »In males of those species in which the anal fin is much carried forward the stays from the vertebrae and the supports 1 Ebenso wie die Schwimmblase werden die segmental angeordneten Blut- gefäße, die sich in der Region der Afterflosse in eine linke und rechte Ader gabeln, von der Wanderung des Gonopodiums in Mitleidenschaft gezogen (Fig. 50, 64). Jenachdem, von welchem Wirbel aus das Anale bei den Geschlech- tern versorgt wird, ließe sich vielleicht ein Schluß auf die Homologie der Wirbel in der Übergangsregion beim Weibchen und Männchen ziehen. Bei Xiphophorus ee strigatus übernimmt namentlich die Ader der ersten Gonapophyse, beim Poeeilia latipinna-Weibchen die der ersten und zweiten Hämapophyse die Versorgung des Anale. Die Afterflosse von Belonesox wird gleichmäßig von drei Adern versorgt. Bei Haplochilus rubrostigma waren die Adern des 8. bis 16. Wirbels, bei Pseudoxiphophorus vier daran beteiligt. Auffällig ist die von PHILIPPI für Glaridichthys jamuarius und Gulapinnus decem-maculatus festgestellte reie schwarze Pigmentierung der Blutgefäßwände, die sich bei allen untersu N Formen wiederfand. € aan Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 275 of the anal divide the air-bladder into separate chamber«. Das aber entspricht keineswegs den Tatsachen. Die Umformung erfolgt viel- mehr in der Weise, daß die Schwimmblase von ihrem Caudalende her mehr und mehr durch die vorrückenden Flossenträger des Gono- podiums und die sich durchbiegenden Gonapophysen in der Median- ebene eingeschnürt wird, so daß ihre ursprünglich ellipsoide (?) Gestalt mehr und mehr einer solchen weicht, die sich am besten mit der einer Wäscheklammer vergleichen läßt, indem von einem vorderen unpaaren Teil dicht beieinander in symmetrischer Ausbildung zwei Fortsätze schwanzwärts ziehen. Das Lumen des ganzen Gebildes bleibt aber einheitlich; eine Kammerbildung findet in keiner Weise statt. Die Wand der Schwimmblase, mit Ausnahme des vordersten die Gasdrüse beherbergenden Teiles, ist hauchdünn. Wie die Wäscheklammer auf dem Stricke, so sitzt die Schwimmblase mit ihrer Kimme auf einem Skeletstab, dessen Existenz bisher unbekannt geblieben ist, da er, ohne Zusammenhang mit dem übrigen Knochen- gerüst, beim Präparieren regelmäßig verloren geht, wenn ihm nicht ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Sehnenknochen; er hat kein Homologon beim Weibehen.« Zu dieser durch das Vorbeugen der Gonapophysen und der Wanderung der Träger erfolgenden Einschränkung (Fig. 63, 77, 78, 80, 84, 85, 87—89, 96) gesellt sich auch noch ein aktives, caudal gerichtetes Wachstum der Schwimmblase, das in Figur 78 und 79, noch deutlicher in Figur 80, 81 zutage tritt. Die Schwimm- blase weicht den andringenden Gonapophysen und Trägern seitlich aus. Ihre Zipfel sind bisweilen, so bei Xiphophorus strigatus (Fig. 65) und bei Poecilia reticulata ungleich lang. Mit der sich ausdehnenden Schwimmblase entstehen die sie schützenden, ebenfalls knorpelig angelegten letzten Rippen. Hinter der Einschnürung lagert also jener Skeletstab, der jedenfalls ein Vordringen der Schwimmblase nach hinten bis an die Gonapophysen verhindern soll, um eine Quetschung dieses Organs und namentlich der Ureteren bei der Be- wegung zu vermeiden. Der Knochen findet sich außer bei Glar:- dichthys januarius (Fig. 40, 85) noch bei Pseudoxiphophorus bima- culatus (Fig. 80-81), Platypoecilus maculatus (Fig. 79), Xöphophorus strigatus (Fig. 63), Gambusia Holbrookü (Fig. 77), Poeeilia reticulata (Fig. 96), Cnesterodon denticulatus, Belonesox belixanus (Fig. 64). Er ist je nach der Art verschieden lang und stark. Glaridichthys januarius, Xiphophorus strigatus und Platypoecilus maculatus haben ihn am kräftigsten ausgebildet. Schwächer ist der von Belonesox, 18* 276 W. Fr. Langer von Pseudoxiphophorus, winzig klein der von Poeczlia retieulata und von Gambusia Holbrookü, bei welcher Form freilich auch ein langer dünner Stab den kurzen gedrungenen vertreten konnte. Er schiebt sich bei vollständiger Ausbildung zwischen die gabelförmigen Seiten- lamellen des II. Trägers ein und verhindert dadurch das Einknicken der Harnleiter bei plötzlicher Bewegung. Bei Ünesterodon denti- culatus hat er eine schildförmige Gestalt angenommen. Sonst liegt er den Trägern genähert, frei in dem Gewebeband, das die Ureteren birgt und von den Trägern aus nach der Wirbelsäule hin verläuft. In der Lage des Skeletstabes (Sc) spiegelt sich ebenfalls die Wande- rung des Gonopodiums wider. Bei Arphophorus strigatus, Poecihia retieulata, Glaridichthys januarıus weist er nach dem Vorderrande des vierten Wirbels vor den Gonapophysen hin und hält eine nach innen rostrale Richtung ein. Bei belonesox, Platypoeeılus und Pseu- doxiphophorus wendet er sich dem dritten Wirbel zu. Der Stab liegt hier in der Jugend schiefer (Fig. 79) und wird nachträglich aufge- richtet. Eine dritte Stellung weist er bei Gambusia Holbrookü auf, wo er dem zweiten Wirbel angehört und eine nach außen rostrale Richtung einschlägt. Indessen habe ich auch Exemplare mit dem Skeletstab am vierten Wirbel vor den Gonapophysen gefunden. Dieser Knochen tritt ziemlich früh, meist, doch nicht immer, vor beginnen- der Gonopodienausbildung auf. Hatte PnıLıprı ihn als Sehnen- knochen angesprochen, so hatte ich mich seiner Ansicht, wenn auch zögernd, schon angeschlossen, da er kein Knorpelstadium durchzu- machen schien und bei jungen Exemplaren auffindbar war. Erst bei einer Nachprüfung der Präparate gelang es mir, seine Natur als ehemalige Rumpfhämapophyse festzustellen. Bei einem Xöphophorus- Männchen z.B. (Fig. 61), dessen Gonopodium sich noch nieht ent- wickelt hatte, war er deutlich noch als Bogen mit Processus spi- nosus ausgebildet, der sich von den ausbildenden Gonapophysen durch seine Lage und Richtung unterschied. Seine Ablösung von der Wirbelsäule war schon durch eine Verdünnung der Knochen- substanz eingeleitet. Petalosoma ceultratum endlich hat auch hier den Charakter der Urform gewahrt, denn seine erste Gonapophyse ist ihrer Lage und Ausbildung nach als der spätere Skeletstab der übrigen viviparen Zahnkarpfen anzusehen (Fig. 87). Wie schon PhıLıppr nachwies, fehlt bei Gulapinnus ein Skeletstab. Ebenso ist er bei Anableps anableps, Poecilia heteristia und vivipara verschwun- den. Für Poeciha vivipara bedarf es noch einer Kontrolle, da die Möglichkeit besteht, daß ich ihn bei dem einen untersuchten Exem- Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 317 plar übersehen habe. Bei Poecilia amazonica finden sich an Stelle des Skeletstabes, mehr der Wirbelsäule zu, vier unregelmäßige Knochenstückchen in das Band eingelagert (Fig. 138). Leider stand mir auch hier nur ein Exemplar zur Verfügung. 3. Das Extrem in der caudalen Verlängerung der Schwimm- blase haben die Formen mit er- weitertem Hämalkanal, also Ha- plochilus (elegans, latipes, sex- > fasciatus [Fig. 139), rubrostigma) und das Weibchen von Pseudo- me xiphophorus bimaculatus (Fig. 140) PR erreicht. Ob freilich hier beide EIER Zipfel der Schwimmblase sich Skeletstab von Poecilia amazonica (Garm.) d. verlängern oder wieder ver- (Das vierte Knochenstüekchen ist durch das dem y > Trägerkomplex am nächsten liegende verdeckt.) schmelzen, ist nicht festgestellt worden. Im Gegensatz zu der starken Entwicklung der Schwimm- blase bei diesen Arten soll sie den Rivuli überhaupt fehlen‘. Fig. 138. Wirbelsäule > Gonapophyse Fig. 139 u. 140. --rostrah Fig. 139. Schwimmblase von Haplochilus rubrostigma &. Fig. 140. Schwimmblase von Pseudoxiphophorus bimaculatus ©. d) Die Geschlechtsorgane. Was die innerhalb des Peritoneum liegenden vegetativen Organe anbetrifft, so sei auf PuıLıprıs Abhandlung (1906) und seine Zeich- nungen auf Tafel V verwiesen. Bemerkenswert ist hier, daß auch sie in ihrer Lage von der Wanderung des Gonopodiums beeinflußt werden. In dieser Arbeit schlage man auch die höchst interessanten Angaben über den Bau der weiblichen Geschlechtsorgane nach. - Wiehtig war unter anderem der Befund, daß »der Oviduet auf seiner FEB. 1 Ob noch ein Rudiment da ist, ob sie völlig oder nur den erwachsenen Tieren fehlt, darüber findet sich keine Angabe. 278 W. Fr. Langer Innenfläche zahlreiche hohe Längsfalten bildet. Zwischen diesen bleibt ein großer Teil der bei der Begattung eingeführten Sper- mien zu gelegentlicher Verwendung zurück, welche so die hier (zum 2. Male in der wissenschaftlichen Literatur festgestellten) mehrfachen Geburten isolierter Weibchen ermöglichen, während die übrigen Sper- mienin das Ovar einwandern«. Dieses mehrfache Werfen nach ein- maliger Begattung war bisher von PoEyY für Gambusia punctata, puncticulata, Girardinus metallicus, Poecilia vittata, von PHILIPPI und ZOLOTNISKY für Glaridichthys januarius, für Gulapınnus von PHI- LıppIallein angegeben worden. Ihnen schließen sich noch an Xrpho- phorus strigatus, bei dem ich ebenfalls Ovarialfalten fand, Belonesox und Pseudoxiphophorus. Psıtıpri schreibt »mit Außerachtlassung dieser Tatsache (mehr- faches Werfen nach einmaliger Begattung) sind alle bisherigen Nach- richten über gelungene Bastardierungen bei den Cyprinodontiden gegeben und daher vollkommen wertlos«. Diese Notiz gab Veran- lassung, Männchen und Weibchen getrennt aufzuziehen und Vorver- suche mit der Kreuzung verschiedener Arten anzustellen, da diese, wenn sie gelangen, interessante Ergebnisse in mehrfacher Hinsicht versprachen. Mit einem AX7phophorus strigatus-Weibehen und Platy- poecilus maculatus-Männchen gelang der Versuch. Die drei noch lebenden Jungen — die anderen wurden wahrscheinlich aufgefressen — trugen den Habitus des Männchens und schienen alle Weibchen zu werden. Erst nach einem reichlichen Jahre entpuppte sich das eine Tier als ein Männchen, an dem auch etwas über einen Monat später das Schwert des Xiphophorus sich zu entwickeln begann. Das Xiphophorus-Weibchen war indessen wieder trächtig geworden. Zwei Kreuzungen zwischen Poecilia reticulata-Weibchen und Jenynsia line- ata-Männchen hatten den Erfolg (?), daß das Weibchen trächtig und von Tag zu Tag unförmlicher wurde. Zuletzt konnte es kaum das Gleichgewicht erhalten. Schließlich starb es, wurde aber leider nicht aufbewahrt. Es waren verschiedene Versuche angestellt wor- den, die teilweise mißglückten, obschon die Männchen mit den Weib- chen der anderen Arten kopulierten, teilweise nicht vollendet wurden. Jedenfalls ist vorerst als sicheres Ergebnis die Kreuzungsmöglichkeit zwischen Platypoecilus maculatus-Männchen und Xiphophorus strigatus- Weibchen festgestellt und damit ein weiterer Beitrag zur Vorwand schaft der beiden Formen geliefert. 5; Die Trächtigkeitsdauer beträgt vier bis fünf Wochen, kann sich aber über mehrere Monate hinziehen und scheint sich bei den iso- fi RIVER DE Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 279 liert gehaltenen (und gekreuzten |?]) Weibehen zu steigern; denn es ist für Gulapinnus zwischen dem ersten und zweiten Wurfe ein Zwischenraum von 32 Tagen bei PHıLıppı angegeben, zwischen dem. zweitenunddritten einer von 46 Tagen. Pseudoxiphophorus bimaeulatus brauchte 39 Tage, dann 42. Leider starb das Tier dann, das zur Beantwortung der Fragen nach der Zahl der möglichen Würfe nach einer Befruchtung, der Stückzahl in den Einzelwürfen und des Ver- hältnisses der beiden Geschlechter zueinander in den einzelnen Würfen ausersehen war. Ein Glaridichthys januarius-Weibehen ver- längerte die Zeit auf 93 Tage. Ein Belonesox belixanus-Weibcehen warf erst nach 40 Tagen zum zweiten Male. Dann starb das Männ- chen. Der dritte Wurf erfolgte nach 34 Tagen, der vierte nach 57 Tagen, der fünfte nach 61. Dann starb das Tier am ersten April, nach 140 Tagen. Die Eier in seinem Ovar zeigten keine Entwick- lung. Ja selbst über 160 Tage hin erhielt sich das Sperma (nach PHıLıppr) bei Glaridiehthys januarius lebenskräftig. Die höchste Zahl der beobachteten Würfe nach einmaliger Befruchtung ist sieben (nach Tuumm und WOLTEREcK). Sollen nach PhıLıppı die eingeführten Zahnkarpfen eine Ruheperiode im Winter durchmachen, so konnte ich nur eine verringerte Geburtenzahl feststellen, die jedenfalls an der ungenügenden Beleuchtung und Fütterung lag. Im Dezember, Januar und Februar wurde Nachzucht erzielt. Die Zahl der einzelnen Individuen in einem Wurfe hängt, wie bekannt, von dem Alter des Weibchens ab. Sie begann z.B. bei Glaridiehthys januarius mit acht und steigerte sich auf 27, 28, 34, 51, 55, 65, 95 (PrıLıppr). Aber nicht nur innerhalb der einzelnen Geburten bei demselben Weibchen sind große Schwankungen in der Anzahl der Jungtiere zu beobachten, sondern auch innerhalb der einzelnen Arten. Während Poeeilia amazonica nur 4—5 Junge gebären soll (STANSCH), findet sich für Grrardinichthys innominatus bei MEER (1902) die bisher höchste Zahl 240 angegeben. Natürlich nimmtauch dieZahl der Tiere bei mehrmaligem Werfen ohne Männchen ab!. Sie betrug für Delonesox bei den vorher angegebenen Würfen 25, 49, 77, 43, 22. Die Jungfische hatten bei diesem Fisch die erstaunliche Größe von 1,5—1,7 cm. Sie wurden im dritten Wurfe von 3/,8" früh bis 1/,8® abends, im vierten von 7" 56"in pis 10% früh geboren und zwar, wie schon WEYENBERGH und PHILIPPI im Gegensatz zu RyDErs Gewährsmann "Dury angeben, jedes einzeln. Das Weibehen wand sich krampfhaft “ 1 Esscheint(?) bei den Würfen ohne erneute Befruchtung eine Steigerung in ‚der Zahl der Männchen gegenüber den Weibchen stattzufinden. 280 W. Fr. Langer und die Bauchmuskulatur fibrierte heftig. Dann war es längere Zeit ruhig. Plötzlich trat das junge Tier hervor, ohne daß dabei das Weibehen sichtbare Anstrengungen gemacht hätte. Der Vorgang verlief blitzschnell, und das Neugeborene schwamm sofort an die Oberfläche des Wassers in das schützende Pflanzendickicht und war nach einer Stunde fähig, auf die Jagd von Daphnien zu gehen. Ein Gebären nur bei Nacht oder in früher Morgenstunde, wie es manch- mal behauptet wurde, ist jedenfalls nicht unbedingte Regel. Über den Bau des Hodens bei Glaridichthys januarius schlage man die Arbeit von IHErRING »Zur Kenntnis der Gattung Girardinus« nach. Die Samenballen, die nicht von PnıLıppı, sondern in dem Artikel von IHERING zuerst erwähnt werden, sind bei Glaridichthys jan. und Gulapinnus dee. von PHıLıppı, der sie Spermozeugmen ‚nennt, näher untersucht worden. ‘Seine Ergebnisse sind folgende: »Die Ejaculation des Spermas erfolgt in Form von Spermozeugmen, die die Gestalt eines hohlen Rotationsellipsoids haben, dessen Wand aus radiär angeordneten Spermienköpfen besteht, während im Innern die Schwänze spiralig zusammengerollt liegen. Das ganze keiner aktiven Bewegung fähige Gebilde wird von einer klebrigen Kitt- masse zusammengehalten und klebt am ersten erreichten Gegenstand, normaliter der weiblichen Genitalpapille, fest. Die Kittmasse des in physiologischer Kochsalzlösung mehrere Tage unverändert blei- benden Spermozeugmas löst sich unter dem Einflusse der Ovarial- flüssigkeit binnen weniger Minuten auf, worauf die Spermien in lebhafter Bewegung auseinander schwirren«. Dieses Zusammenballen des Spermas gibt den Geschlechtsprodukten eine größere Festigkeit und erleichtert so die Übertragung an der Gleitschiene. Zugleich wird durch die Übertragung vieler Samenelemente die Befruchtung einer großen Menge von Eiern gesichert. Den zwei Formen mit diesen im Dienste der Viviparität umgebildeten Geschlechtsprodukten schließen sich nach meinen bisherigen Befunden Petalosoma eultra- tum, FPoecilia reticulata, Xiphophorus strigatus, Belonesox belixanus, Cnesterodon denticulatus, Platypoecilus maculatus an. Bei einer Poe- ‚eiha reticulata, deren Afterflosse sich eben zu verlängern begann, waren noch keine Spermozeugmen entwickelt. Das kurze, außerhalb des Hodens unpaare, trichterförmige Vas deferens durchbricht ein wenig oberhalb des Reetums das Perito- neum, um sich kurz vor der Ausmündung mit den zur Harnblase af erweiterten Ureteren zu vereinen. Es senkt sich rostral von oben ei mitten zwischen die paarigen Hoden ein und teilt sich dann zunächst >r R 0: 2 ee A a wech | d 3" . u Dr R ne . Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 281 in zwei Hauptäste. Dieses Vas deferens scheint als Aufbewahrungs- ort für das Sperma zu dienen; denn es war mehrfach mit den Ge- sehleehtsprodukten angefüllt und fällt dann durch seine Größe auf. Sein Lumen ist mit einem stark entwickelten Drüsenepithel ausge- kleidet, das, je weiter dem Ende zu, immer mehr zottenförmig her- vorragt (Fig. 141) und jedenfalls(?) zur Ausscheidung jener Kitt- masse dient. Die Ureteren münden an der Rückseite der Harnblase ein, die sich aber vor dem Eintritt des Vas deferens verschmälert. Der Uro- Fig. 141. GEWERTET Togo = > Mr, a r IR: > - 6 ei “ En r: er % ‘ ı 3 r r E = 7 es % & 4 “ ® » E F [4 on E 0 < ; [2 2 n 2 &, J Fe N £& r 2 Rn [5 a #7 % \ “ Pint';/0 p af x \ 7 4 2 z fi I ’ TE \ 4 { DENN CAT; = N eRrahh, Wi I TH RS & ARRANIE / AR / Eu % Drüsen des Vas deferens von Belonesos belizanus (Kner). Ungef. 1200 f. Vergr. genitalgang wird wieder weiter, um sich am Vorderrande des Gono- podiums zu öffnen und dabei noch die ersten drei klammerförmig zu umfassen, so daß der Porus urogenitalis eine hufeisenförmige Ge- stalt erhält. Wie bei Anableps anableps reguliert hier ein ringför- miger Muskel den letzten Abschnitt des Reetums, des Vas deferens und der Uretra (Fig. 83 x). Ein zweiter dient nur zur Schließung der Urogenitalöffnung (e). e) Das Basale metapterygii. Über jene beiden Muskeln legt sich der Musculus carinalis an- terior (m. c. a.), der am ersten Strahl ansetzt, um sich dann rostral an die Bauchflosse anzuheften. Er bedingt ein Vorwärtsgleiten der Flosse. Durch seine besonders kräftige Ausbildung beim Männchen hat - er eine weitere, durch die Ausbildung eines Gonopodiums entstehende "Modifikation am Basale metapterygii, dem Becken der Teleostier, ‚hervorgerufen. Diese paarigen Knochenstücke — es sei als Beispiel 282 W. Fr. Langer Xiphophorus strigatus (Fig. 142) genommen — stellen zwei spitz- winklige Dreiecke dar, die nach dem Kopfe zu zeigen. An ihrer Basis tragen sie die Flossenstrahlen und laufen ventralmedial in zwei sich deekende, breite Processus aus, ohne daß es jedoch zu einer Verwachsung käme. Dadurch wird ein Auseinanderrücken der Basalia zu jeder Zeit bei Zunahme des Leibvolumens ermöglicht. Diese beiden Knochen besitzen ihrer Lage gemäß die Form eines Fig. 142. \ Processus “carinalis. Processus -A \ carinalıs N N Basale metapterygii von Xiphophorus strigatus (Regan) 5. Z Lamellen. Daches, dessen First von einem knorpelig vorgebildeten Knochen- stab gebildet wird, der caudalwärts knopfförmig endet. An dem Firste setzen noch zwei weitere zur Längsachse des Tieres ungefähr senkrechte Knochenlamellen an, von denen die eine am rostralen Ende nach außen sich erstreckt und eaudalwärts von der zweiten, die am Innenrande verläuft, abgelöst wird. Diese beiden Lamellen (Z) können bei anderen Arten durch eine Lamelle ersetzt sein, die ein wenig lateral von der Sagittalebene abweicht. Die nach außen gelegene caudale Ecke des Basale metapterygii ist beim Männchen Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 283 für den Musculus carinalis anterior in einen kräftigen Fortsatz ver- längert, der, wie alle diese Modifikationen, sich erst postembryonal bei beginnender Gonopodiumausbildung entwickelt. Er sei »Proces- sus carinalis« genannt. Dieser eben geschilderte Bau stimmt auch für Poecilia retieulata, Petalosoma, Belonesox, Gulapinnus, Glaridich- thys januarius. Bei Platypoecilus maculatus sah ich keine Lamellen. Am stärksten sind die Fortsätze von Onesterodon denticulatus, Gam- busia Holbrookü, ja bei Pseudoxiphophorus bimaculatus (Fig. 143) sind sie geradezu monströs gegenüber dem Basale zu nennen. Anableps amableps besitzt ebenfalls einen ähnlichen, mehr seitlich als caudal gerichteten Auswuchs, aberin beiden Geschlechtern. Ferner hat dieser Fisch nur eine nach der Median- linie gerichtete Lamelle am rostralen Ende des Basale metapterygii. Von der normalen Form weicht auch das Becken von Poecilia latipinna ab, an dem die Gelenkpfanne für den ersten Strahl noch nicht einen so auffallenden Processus abgegliedert hat. Poecilia amazxonica hat weder Processus noch Lamellen und fällt durch die Kleinheit der Basalia im Gegensatz zu dem ver- Basalemetapterygii längerten Ventrale auf. Natürlich entspricht bei rer eg den Arten mit rudimentärer äußerer Bauchflosse dieser Eigenschaft auch die Größe der Basalia metapterygii. Der Einfluß der Gonopodiumentwicklung auf das Innenskelet des Ventrale kommt noch insofern zum Ausdruck, als es von der mehr oder weniger starken Wanderung des Anale ergriffen und dementsprechend nach vorn verlagert wird. Das Extrem hat hier wieder Gulapinnus decem-maculatus erreichen müssen, dessen Name schon darauf hindeuten soll. Die verlängerte 8. und 9. Rippe schieben die Bauchflossen bei dieser Art noch bis vor die letzte Rippe. Bei “ Glaridichthys januarius liegt das Ventrale bei beginnender Umbil- dung mit dem caudalen Rande an der späteren 11., beim erwach- senen Tier an der 14. und 15. Rippe. Fig. 143. --Pr. carinalis. f) Die Muskulatur. Weiterhin zieht längs der verlängerten Rippen bei Glaridiehthys jan. und Gulapinnus Muskulatur (Fig. 83 k) hin, die diese am Basale metapterygii und anderseits an den Seitenlamellen der Träger be- festigt. Zwischen den Rippen liegt eine Muskelschicht, die eine ventral-caudale Richtung ($) innehält, unter ihr eine, die ventral- 284 W. Fr. Langer rostral gerichtet ist (y). Am distalen Ende aber sind die Rippen durch mehr bogenförmige Muskeln verbunden (d). Unter diesen Muskeln hinweg zieht der Antagonist des Musculus carinalis anterior, der Museulus carinalis posterior (m.c.p.), der an der zweiten Häma- pophyse und dem von den Myosepten des Schwanzes gebildeten dritten Winkel ansetzt und entlang der Schwimmblase läuft — daher länger als beim Weibehen —, um sich im Bereich der Träger in drei Äste zu verzweigen. Der erste, der eigentliche Museulus cari- nalis posterior, geht an die zwei letzten Träger. Der zweite Ast verliert sich in die Region des III. und der folgenden Träger. Die dritte Abzweigung, am gewaltigsten entwickelt, dehnt sich bis zu den Seitenlamellen des II. Trägers aus. Sein weiterer Verlauf ist noch nicht geklärt, da er nach den Zeichnungen und Notizen das eine Mal nur bis an die Seitenlamelle geht und dann rostral durch einen kürzeren Antagonisten, der zu der Ventralis hin verläuft, fort- gesetzt wird, das andere Mal über die Seitenlamelle hinweg nach den Strahlenenden zieht. Über alle diese Muskulatur lagern sich noch die Museuli inelinatores, die von der Körperwand entspringen, eine rostral-ventrale Richtung innehalten und an den Strahlen an- setzen, um so eine Seitwärtsbewegung zu ermöglichen. Die auffäl- ligste Muskulatur stellen die Musculi erectores (m.e.) und depressores (m.d.) dar, die gegenüber dem Weibchen bedeutend än Mächtigkeit gewonnen haben und von denen die des II. Trägers alle anderen überragen. Ihre gewaltige Entfaltung wird durch die Seitenlamellen Si; ermöglicht, die die Fläche zum Anheften hergeben. Sie sind mitsamt dem ganzen Trägerkomplex in ein Perimysium externum eingehüllt, das von den Gonapophysen ausgeht und sich auch zwi- schen jeden Träger wieder als Perimysium internum einschaltet. Der Musculus erector verläuft von den Seitenlamellen des Trägers an die vordere Kante des dazu gehörigen Strahles und richtet ihn empor, der schwächere Musculus depressor desselben Trägers setzt an dem Processus tegens des vorhergehenden Strahles an und wird von den Processus laterales vor einem caudalen Ausgleiten bewahrt und von dem folgenden Muskel abgesondert. Die Schaftglieder selbst sind untereinander sowie mit den distalen Tragstücken, ebenso die Träger untereinander und mit den Gonapophysen und dem Skelet- stab durch Bandmasse verbunden. Die Bandmasse, die von Gona- pophyse zu Gonapophyse und Träger zu Träger zieht, setzt sich auch caudal-distalwärt fort, gewinnt durch Einlagerung von Fettan E Breite und drängt dadurch die Schwimmblase dorsal ab. Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 285 III. Kurzer Beitrag zur Kenntnis der Seitenorgane. Die größeren Abhandlungen über die Systematik der Poeciliden geben an, daß diesen Fischen das Seitenorgansystem fehle oder bei ihnen nur wenig entwickelt sei. Im Gegensatz dazu stehen ver- streute Notizen in den Einzelartikeln, die aber keine allgemeine und genaue Beschreibung bringen. SOLGER (1880) teilt die Seitenorgane in drei Gruppen ein: Die Nervenendhügel liegen entweder frei oder befinden sich in offenen Fig. 144146. Seitenorgane am Kopfe von Pseudoxiphophorus bimaculatus (Gthr.) 5. H Hyomandibular- kanal; J Infraorbitalkanal; X Commissur zwischen dem Supraorbitalkanal; 0 Occipitalkanal; P Kanal zum Pectorale Fig. 145. Seitenorgane am Kopfe von Petalosoma cultratum (Reg.) ©, D und D’ Durchbohrungen; O Ocecipitalkanal; S Supraorbitalkanal; W Epidermiswulst zum Schutze der Sinnesorgane. Fig. 146. Seitenorgane am Kopfe von Haplochilus Chaperi 5. D und D' Durchbohrungen; X Commissur zwischen den ($) Supraorbitalkanälen. oder in geschlossenen Kanälen, von denen erstere phylogenetisch die älteren sind. Die Teleostier besitzen Sinnesknospen in geschlossenen Kanälen, durchlaufen aber in ihrer Ontogenie alle drei Stadien. Von einzelnen Formen ist indessen bekannt, daß sie zeitlebens auf einem phylogenetisch älteren Entwicklungsstadium stehen bleiben können. Diesen abweichenden Arten reihen sich nach meinen Unter- suchungen die Zahnkarpfen an, da alle drei Stadien in dem Seiten- organsystem des erwachsenen Tieres vertreten sind. Eine weitere . Bescnderheit bietet die auffällige Größe einzelner Sinnesknospen (Fig. 144—146), die bei den meisten Exemplaren sogar mit bloßem 286 W. Fr. Langer Auge sichtbar sind. In anderen Fällen freilich, oft bei derselben Art, lassen sie sich auch mit der Lupe nicht wahrnehmen. Im Gegensatz zu diesen am Kopfe befindlichen Sinnesknospen sind die des Rumpfes äußerst klein. Merkwürdig war ferner eine deutlich erkennbare Furche in der Mitte jedes Nervenendhügels, wodurch dieser das Ansehen einer Kaffeebohne erhielt. Sodann entsprachen den in offenen Kanälen oder vielmehr Gruben gelegenen Sinnes- organen lappenförmig vorspringende Epidermiswülste, die in der Entwicklung, in dem Überwachsen der Seitenkanäle, stehen geblieben Schnitt durch den Infraorbitalkanal, die Nase und den Supraorbitalkanal von Xiphophorus strigatus (Regan) 5. C Sinnesepithel der Nase; D Divertikel der Nase; E Epithel; J Infraorbitalkanal; S Supraorbitalkanal. sind, sich nunmehr wie eine Art Deckel vor den Rändern der Ein- senkung erheben und dem Schutze der Seitenhügel dienen (Fig. 145 bis 146). An diese allgemeinen Angaben seien gelegentliche Notizen über die Lage und Ausbildung des Seitenorgansystems bei den einzelnen Formen angefügt. Bei allen untersuchten Arten ist ein sich mehr oder weniger schließender Hyomandibularkanal (7) vorhanden, der am Unterkieferende mit dem der anderen Seite in Verbindung steht. In ihm zählte ich bei Belonesor 12 Sinnesorgane im horizontalen Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 287 Ast, nämlich dem Mandibularkanal, 5 im aufsteigenden, dem Oper- eularkanal. Rostralwärts mündet der Mandibularkanal in freie Sinnes- organe, deren ich bei Belonesox noch drei, bei Xrphophorus und Platypoecilus zwei, bei Unesterodon und Pseudoxiphophorus eins fand. Neben dem vorderen Ende des Mandibularkanals scheint nach außen noch eine kurze Einsenkung (Ne) zu liegen, die Nervenendknospen trägt. Der aufsteigende Ast des Hyomandibularkanals gabelt sich in zwei Äste. Der erstere (P) führt geschlossen oder offen entlang des dorsalen Randes des Kiemendeckels bis zu der Brustflosse (Fig. 144), in deren Region er ein großes, freies Sinnesorgan auf- weist. Bei Petalosoma eultratum ist der Kanal längs des Kiemen- deckels geschlossen und läßt vier Sinneshügel durchschimmern; dann folgen noch zwei freie Nervenendhügel. Weiter eaudalwärts geht diese Verzweigung in die Linea lateralis über. Eine zweite Verbindung (D) führt mittels einer Durchbohrung zu dem Supra- orbitalkanal. Eine gleichartige Verbindung zwischen Infra- und Supraorbitalkanal (Haplochilus!) besteht vor dem Auge (D') (Fig. 145, 146). Diese Commissuren können auch teilweise oder ganz offene Kanäle darstellen. Was den Infraorbitalkanal (J) anbetrifft, so ist der aufsteigende Ast vor dem Auge vorhanden (Fig. 144, 147), in dem ich bei Delonesox vier Sinnesknospen, bei Pseudoxiphophorus drei zählte. In dem übrigen Teile des Kanals fanden sich bei einem Xiphophorus und einem Poecilia retieulata-Männchen auf Schnitten keine Seitenorgane. Danach scheint ein vollständiger Infraorbital- ‚kanal den viviparen Zahnkarpfen zu fehlen (?). Von allen diesen Rinnen zeigt nur der Supraorbitalkanal (S), der allein bei Haplochrlus sexfasciatus und Poecilia latipinna von Schuppen überdeckt ist, stets das Bild zweier typischer offener Gruben. Die eine liegt am Hinter- rande des Auges in der Form eines nach der Mitte und dem Schwanze zu offenen Hufeisens. Es weist stets drei Sinnesorgane in bestimmter Lagerung auf (Fig. 145—146). Die zweite Einsenkung beginnt in der Höhe der Augenmitte und erstreckt sich weit nach vorn. Auch sie enthält drei Nervenendhügel in ganz regelmäßiger Anordnung, von denen einer in Figur 1471 (von einem Xephophorus strigatus-Männchen, dessen Seitenorgane makroskopisch nicht sicht- 1 Auf diesem Schnitte wird neben einem weiteren Nervenendhügel aus dem Infraorbitalkanal das Sinnesepithel der Nase sichtbar, deren Öffnung im vorderen Winkel des Oberkiefers liegt und in einen Hohlraum führt, der sich am oberen Augenrande öffnet. Die dorsale Wand der Höhlung erscheint scharf abge- 288 W. Fr. Langer bar waren) quer getroffen ist. Auf dem Oberkiefer besteht eine Commissur zwischen den beiden Supraorbitalkanälen (X), die auf Abbildung 144, 146 durch freie Sinnesorgane angedeutet ist. Auf dem oceipitalen Abschnitte ist eine zweite Verbindung (0) zwischen den Supraorbitalkanälen und vielleicht auch mit der Linea lateralis durch freie Seitenorgane vorhanden, deren ich bei Belonesox, Platy- poecilus und Xiphophorus je drei, bei Pseudoxiphophorus je drei oder Fig. 148. Seitenorgansystem des Cyprinodontidenkopfes. (Punktiert ist der normale Verlauf nach Merkel, mit Strichen sind unsichere, aber wahrscheinliche Verzweigungen angedeutet.) H Hyomandibularkanal; J. Infraorbitalkanal; X Commissur zwischen den $ Supraorbitalkanälen; O0 und 0' Oceipitalkanäle; P Kanal zur Brustflosse. zwei, bei Petalosoma, COnesterodon je zwei zählte. Der dorsale Teil des Kopfes wird von wenigen großen Schuppen bedeckt, die von denen am übrigen Körper abweichen, und die bei Haplochilus rubrostigma (Day) eine Menge größerer und kleinerer Poren besitzen. Hier liegt auch jener Oceipitalfleck, dessen Reaktion auf Lieht und Dunkelheit MıEne (1911) feststellte, und der systematisch verwertbat zur Erkennung der Haplochilus-Arten ist. Abschließend sei noch einmal eine Übersicht der Lage und Veh zweigung der Kopfkanäle und ein Vergleich mit anderen Knochen BL” 2a j schnitten. Unter ihr liegt eine Leiste mit besonders hohem Sinnesepithel, das im Querschnitt etwa 10 dicht gedrängt stehenden Seitenorganen gleicht. Ob diese Gestalt tatsächlich auf eine Lokalisierung von Nervenhügeln zurückgeht oder durch Zusammendrängen der Falten des Nasenepithels entsteht, bleibt da & hingestellt. Von dieser eigentlichen Nasenhöhle gliedert sich ein Blindsack (Z ab, der sich an der Außenseite ventralwärts erstreckt. > anal a a u ah u E5 ah v * | 2 Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 289 j E fischen dadurch gegeben, daß in Merkers Schema (Fig. 148) neben dem punktierten normalen Verlauf der schematisierte Verlauf der Kanäle bei den Cyprinodontiden eingetragen ist. Am Rumpfe (Xrpkophorus sirigatus) lagern die segmental ange- ordneten Nervenendhügel in drei Reihen, einer mittleren, dorsalen und ventralen. Ob indessen die Seitenorgane immer diese Anord- nung innehalten oder überhaupt vorhanden sind, ist fraglich. Bei . Haplochilus rubrostigma z. B. sah ich makroskopisch von ihnen keine Spur. IV. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. 1. Während das vielgestaltige Gonopodium, das stets von dem 3.—5. Analstrahle gebildet wird, nur eine Gleitschiene darstellt, ist es nach GARMAN bei Jenynsia und Anableps zur Bildung einer Röhre und zur Verlängerung des Urogenitalganges in diese, also zur Ent- wicklung eines »Penis< gekommen. Das einfachste, gewissermaßen das Urgonopodium, hat Petalosoma cultratum, das komplizierteste Phalloptychus januarius, das durch Ausbildung einer halbge- schlossenen Röhre für das Sperma zwischen dem »Penis« von Je- nynsia oder Anableps und den übrigen Gonopodien vermittelt. 2. Die Gattungen Mollienisia und Akanthophacelus sind zu streichen und die Arten der Gattung Poecilia unterzuordnen. Ebenso muß das Genus Phalloceros mit der Species jJanuarius, wie schon PrunıppI fordert, fallen. Die Art gehört zu der Gattung Glaridichthys. Platypoecihıs und Xiphophorus stehen sich auf Grund ihrer Anatomie und ihrer Fähigkeit, sich zu kreuzen, so nahe, daß sie als einer Gattung zugehörig zu betrachten sind. Girardinus denticeulatus wird der Gattung Cnesterodon (?) zugezählt. Glaridichthys uninotatus (Eıg.) ist ein Görardinus. Für Glaridichthys decem-maculatus (PriL.) wird ein neuer Genusname » Gulapinnus« eingeführt. Glaridichthys ‚(Girardinus) reticulatus ist eine Farbenvarietät von Glaridiehthys Januarius. 3. Die postembryonal einsetzende, mehr oder weniger ausge- sprochene Wanderung des Gonopodiums wird durch die Ausbildung der Gonapophysen und durch die Verlängerung der Rippen ver- ursacht. Die Schwanzbögen, Hämapophysen plus Processus spinosi, dehnten sich ursprünglich weiter nach vorn in die Region des $° Rumpfes aus, und es erfolgte eine caudal fortschreitende Reduction der Schwanzwirbel und ein caudal gerichtetes Ausdehnen des Rumpfes durch Ausbildung von Parapophysen plus Rippen, ein Vor- Morpholog. Jahrbuch. 47. 19 290 W. Fr. Langer { gang, der sich noch bei den Öyprinodontiden postembryonal abspielt. Durch die Ausbildung des weit rostral gelegenen Gonopodiums wer- x den die Träger verlängert und noch besonders modifiziert, suchen an den später im Rumpfe gelegenen Hämapophysen plus Processus spinosi Halt und wirken so deren Rückbildung entgegen. Diese werden noch stärker als sonst durch die Träger in Anspruch ge- nommen und dadurch aus den normalen Hämapophysen plus Pro- cessus spinosi zu den Gonapophysen verwandelt, die, dem auf sie ausgeübten Drucke entgegenwirkend, sich nach vorn durchbiegen und dabei die Träger zusammen- und vorwärtsschieben. Dieser ontogenetisch sich rekapitulierende Vorgang, der bei den einzelnen Arten in verschiedenem Grade durchgeführt wird, greift auf die in der Region der Analis gelegenen Rippen über, die ihrerseits sich nach vorn verlängern und so eine dem Sternum homologe Bildung anbahnen. Sie bedingen ein noch weiteres Vorrücken des Gono- podiums und auch der von der Wanderung ergriffenen reduzierten oder für das Copulationsorgan verlängerten Bauchflossen, an deren Basale metapterygii sich beim Männchen ein Processus carinalis für den Musculus carinalis anterior ausbildet. Nach PnaıLıppi werden Eingeweide, Blutgefäße und Nerven ebenfalls verlagert. Im Gegen- satz zu dieser Vorwärtsbewegung tritt ein caudal gerichtetes Wachs- tum der in der Region der Gonapophysen gelegenen Schwimmblase ein und damit eine Neubildung von Parapophysen plus Rippen und von Processus uncinatoidei zum Schutze der Schwimmblase. Die erst sekundär entstandene Verlängerung der Rippen verursacht eine ausgiebigere Wanderung des Gonopodiums, als die Hämapophysen durch ihr Vorwärtsbeugen zu bewirken vermögen. Dadurch wird die Afterflosse aus dem Bereiche der Gonapophysen gerückt, und nun kann eine sekundäre Reduction der Gonapophysen stattfinden, die känogenetisch vor der Wanderung nnd Verlängerung der Rippen auftritt. Einzelne Rudimente von Gonapophysen bei solehen Formen A N sind als atavistische Bildungen aufzufassen. So findet das Gesetz | von Wirkung und Gegenwirkung an dem anatomischen Bau der. viviparen Oyprinodontiden eine anschauliche Illustration. 4. (Nach den Befunden an den Cyprinodontiden ist für die Teleostier eine Doppelnaturder Basalstümpfe anzunehmen, die eine- seits zur Ausbildung von Hämapophysen mit ihren verlängerten und verwachsenen Enden, den Processus spinosi, und den Hämal- fortsätzen (= untere Rippen), anderseits zu der Entwieklung von Parapophysen plus Rippen (obere Rippen) führen kann). Noch F E Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 291 scheinlicher ist, daß Hämapophyse und Parapophyse der Teleostier Bildungen sui generis sind, die nur infolge ihrer Lage Beziehungen zueinander vortäuschen. 5. Die Weibehen der viviparen Cyprinodontiden schließen den Rumpf mit einer modifizierten Hämapophyse ab, die Parapophysen mit Rippen trägt und beim trächtigen Weibchen dem Ovar nachzu- geben vermag. Auch die folgende Hämapophyse ist im Zusammen- hang damit modifiziert, und im Rumpfe sind durchgängig die letzten Wirbel mit Hämalfortsätzen, den Rudimenten der Hämapophysen, versehen. Der einzigartig erscheinende Bau der Wirbelsäule des Pseudoxiphophorus bimaculatus-Weibehens erweist sich bei einem Vergleich mit dem Knochengerüste der oviparen Formen als nahe verwandt mit dem der Haplochilen. Außerdem weicht nur noch Anableps anableps im Bau seiner Wirbelsäule völlig von den vivi- paren Zahnkarpfen ab. 6. Die von Puurtıprı als Processus uncinatoidei bezeichneten Auswüchse der Gonapophysen tragen Rippen und sind ihrer Lage und Funktion nach mit den Parapophysen identisch. Der Name ist demnach unzutreffend und wird auf eine zweite Art von Aus- wüchsen der Gonapophysen übertragen, die die Innenwand der Scehwimmblasenzipfel schützen, den von den Trägern ausgeübten Druck auf die Gesamtheit der Gonapophysen verteilen und phylo- genetisch jünger, aber ontogenetisch älter als die letzten Parapo- physen sind. Formen, die lediglich Processus uneinatoidei aufweisen, sind bei den Untersuchungen nicht gefunden worden. Nach dem Bau des Knochengerüstes repräsentiert Petalosoma ceultratum wieder die ursprünglichste Form, Gulapinnus decem-maculatus die ab- weichendste. Anableps anableps besitzt zwar auch Gonapophysen, entfernt sich aber im übrigen weit von allen anderen Cyprino- dontiden. 7, Die Wirbelzahl bei den einzelnen Species der Cyprinodontiden schwankt. 8. Vor den Gonapophysen hat sich noch eine Hämapophyse als gogenannter Skeletstab der Schwimmblase (bisher bei Glaridiehthys januarius nachgewiesen) erhalten, ist aber in Rückbildung begriffen. Steht er bei Petalosoma cultratum noch in Verbindung mit der Wirbelsäule, so gibt er bei den anderen Formen postembryonal die Verbindung mit ihr auf. Bei Poecilia retieulata ist er kaum noch nachweisbar. Gulapinnus decem-maculatus, Anableps anableps und den übrigen Poeciliae fehlt er. Poeciha amazonica scheint ihn durch 5 19* 292 W. Fr. Langer vier Knochenstückchen ersetzt zu haben. Der Skeletstab kann nicht nur rückgebildet, sondern noch in seiner Form verändert sein (Cnesterodon denticulatus). | 9. Die Schwimmblase der viviparen Cyprinodontiden ist auch beim Weibehen klammerförmig gestaltet, wird beim Männchen nur noch weiter, wie schon bekannt, in diesem Sinne ausgebildet und erreicht ihr Extrem bei dem Pseudoxiphophorus bimaculatus-Weibehen und den Haplochilı. | 10. In der Lage und Ausbildung der Träger des Anale unter- scheiden sich die oviparen Cyprinodontiden untereinander und von der oviparen Gattung Lebias und den viviparen Zahnkarpfen. Weiter- hin muß sich der Trägerkomplex der Afterflosse bei den männ- lichen viviparen Zahnkarpfen, wie schon vorher erwähnt wurde, den veränderten Ansprüchen anpassen, und da Amableps anableps und Gulapinnus decem-maculatus eine anders gestaltete Wirbelsäule "haben, so erklärt es sich auch, daß hier die freien Enden der proxi- malen Tragestücke nicht mödifiziert sind. Bei Petalosoma cultratum ist diese Artikulation zwischen Träger und Gonapophyse angebahnt, bei Belonesox belixanus am weitesten fortgeschritten. Anableps ana- bleps fällt auch im speziellen Bau und der Lage des Trägerkom- plexes aus dem Rahmen der übrigen Cyprinodontiden heraus. Der Arbeit seien einige Ergebnisse einer Nachuntersuchung von Jenynsia lineata (Gthr.) angeschlossen, die mir in den Rahmen dieser Abhandlung noch hineinzugehören scheinen, da weder der Bau des Copulationsorganes von Anableps, noch Jenynsia bisher eine ge- nügende Beschreibung gefunden hat. Das Pärchen, das mir zur Verfügung stand, und das ich der Liebenswürdigkeit des Herrm C. T. Resan verdanke, stammt aus dem Rio Grande do Sul. In beiden Geschlechtern setzen sich die Afterflossen aus 10 Strablen zusammen, von denen beim Weibchen die ersten zwei überaus klein sind. Die Flosse des Männchens (Fig. 149) ist am Ende ein wenig nach links gebogen und vollkommen von einem Gewebe umhüllt, das auf den Löffel von Poecilia zurückzuführen, sein wird. Aus diesem »Mantel« der männlichen Afterflosse ragt am distalen Ende eine »Zunge« heraus, die sich der linken Innen- seite des »Mantels« eng angeschmiegt hat, und die auf ihrer rechten Seite eine napfartige Hohlfläche trägt, in die das »Vas deferens« aus- Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 293 mündet. Die Form der männlichen Afterflosse und die Lage der Ausflußstelle des Spermas erklären, warum Jenynsia lineata nur Fig. 149. Disk Trai A ich Er 4 des Afterpapille- Kontur d.Leibes Jenynsia lineata 5 (rechte Seite). nach rechts seine Copulation auszuführen vermag. Diese einseitige Beweglichkeit hat noch zur Folge gehabt, daß das Vas deferens, das sich bis ans Ende des Copu- lationsorganes verlängert, im »Mantel« des Gonopodiums links neben dem 1.—4. Strahle verläuft und die Ver- kümmerung des 1., 2. und 5. Strahles verursacht hat. Die Strahlen, sechs bis acht, haben sich stark verdickt, teilweise ihre Gliederung verloren und wie der 3. bis 5. des Gonopodiums der übrigen viviparen Cyprinodontiden die Festigung und mit ihren Trägern die Bewegung der Flosse übernommen. Durch die Form der ersten fünf Strahlen bei Jenynsia wird der Gedanke nahe- gelegt, daß wirin dem 1. und 2. Strahle des Gonopodiums den 3. und 4. von Jenynsia lineata und in den ersten sechs des Spermatopodiums die ersten fünf von Jenynsia vor uns haben. Fig. 150. 4 "In des 7.Str In des 3.Str-- +1. Haem, -ı-Haemalkanal o AN "Weurap links. rechts Vorderseite der mit den Afterflossen- trägern zusammengewachsenen 1. Häma- pophyse von Jenynsia lineata S. Die Gelenke und Muskulatur der Afterflosse sind natürlich eben- falls der Bewegung der Afterflosse entsprechend verändert. Etwas 294 W. Fr. Langer Besonderes haben wir darin zu sehen, daß die proximalen Trag- stücke der Träger vollkommen zusammengewachsen sind und so eine einheitliche Platte bilden. die sich in einem Bogen über die linke Seite der Hämapophysen, an denen sie Halt sucht, hinweg- legt (Fig. 149). Die Träger nehmen also nicht die Mitte des Körpers ein, eine Lage, die unter dem Gesichtspunkte der einseitigen Be- wegbarkeit des Gonopodiums verständlich wird. Die Träger des 3., 4, 6. und 7. Strahles haben die erste Hämapophyse geradezu umklammert (Fig. 150) und sind mit ihr völlig verwachsen. Gona- pcphysen von normaler Gestalt fehlen, da keine Wanderung der _Afterflosse stattfindet. Die ersten drei Hämapophysen haben viel- mehr ihre gewöhnliche Gestalt behalten und sind nur etwas kräf- tiger und länger geworden. Ferner ist die erste Hämapophyse, wie schon gesagt, mit dem Trägerkomplex verwachsen, hat den Hämal- kanal etwas verengt und trägt ungleich starke Ansätze zu einer Parapophyse. Die Rippen sind natürlich nicht modifiziert worden, und die Schwimmblase hat, dem Bau der Wirbelsäule entsprechend, nicht die Form einer Wäscheklammer angenommen. Ebenso sind die Processus carinales des Basale metapterygii weggefallen. Von der Wirbelsäule des Weibcehens ist erwähnenswert, daß zwischen den Rippen und den normalen Hämapophysen eine Hämapophyse sich einschiebt, die einen stark erweiterten Hämalkanal und einen überaus kurzen Dornfortsatz besitzt. Allgemeine Literatur. 1902. ALBRECHT, A., Zur Entwicklung des Achsenskelettes der Teleostier. Diss. Straßburg 1902. ‘1835. v. BAER, K. E., Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Fische. 1889. BAUR, G., On the morphology of ribs and the fate of the actinosts of the median fins in Fishes. Journ. of Morphol. Vol. III. 1904. BOULENGER, G. A., Fishes (Systematic account of Teleostei) in HARMER, HERDMAN, BRIDGE, BOULENGER, Fishes, Ascidians ete. 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Fig. 30, 42, 56—59, 112—121. Belonesox belisamus (Kner) Fig. 19, 29, 35—38, 41, 50, 64—76, 141. Onesterodon? dentieulatus (Garm.) Fig. 18, 89— 3. Fundulus heteroclitus Fig. 98 u. 99. gularis Fig. 105—107. Gambusia Holbrookii (Girard) Fig. 15 u. 16, 77. Girardinus metallieus (Poey) Fig. 22. uninotatus (Eig.) Fig. 23. Glaridiehthys januarius (Phil.) Fig. 2, 24, 39, 40, 84—86. Gulapinnus decem-maculatus Fig. 25, 26, 83. Haplochilus calliurus (Reg.) Fig. 100—104. Chaperi (Sauv.) Fig. 98 u. 99, 146. latipes (Blkr.) Fig. 100—104. rubrostigma (Jerd.) Fig. 108—111, 139. sexfasciatus (Gthr.) Fig. 100—104. Hemirhamphus flwviatilis (Blkr.) Fig. 43. Jenynsia lineata Fig. 149, 150. Petalosoma ceultratum (Reg.) Fig. 7, 87, 145. Phalloptychus januarius (Eig.) Fig. 27. Platypoeeilus maculatus (Gthr.) Fig. 17, 44—47, 78, 79. Poecilia amazonica (Garm.) Fig.8, 82, 138. Poeeilia caucana (Garm.) Fig. 10. formosa Fig. 13. Poeeilia latipinna Fig. 12, 28, 34, 48, 97. reticulata Fig. 3—6, 14, 96. sphenops (Val.) Fig. 11. vivipara (Bl. u. Schn.) Fig. 9, 88, Pseudoxiphophorus bimaculatus (Gthr.) Fig. 20, 21, 51—55, 80—81, 100—104, 140, 143, 144. Xiphophorus strigatus (Reg.) Fig. 1, 31—33. 49, 60-63, 142. Beiträge zur Morphologie der viviparen Cyprinodontiden. 307 Inhalt: . =——— Seite DE a ee a een 193 ON ERR N EEE NE RR 1 ME Meer FR Er u En 194 —225 BIER SSTSEESSEREFERRIÄ TEEN: 0 Sc en ae en in ee ae 194 NEST ET T KENT A ERSTER NEE HEN Re 194—225 1. Morphologie des Gonopodiums . . .. 2222 20a 195—212 2. Funktion des Gonopodiums, die Liebesspiele und die se- kundären äußeren Geschlechtscharaktere, die mit diesen im Zusammenhkane'stehens 2. WE 1 Mt anne 212—223 3. Entwicklung des Gonopodiums . . »... 2.2.2200. 223—225 II. Anatomische Veränderungen, die durch die Entwicklung eines Gennpalluns. bedinet smder. ne she ee eek 225—284 BIC HIOBDEIRERDON ER er a oa Re ee 225—239 1. Ihr normaler Bau, speziell beim Weibchen der viviparen Zahnkarpfen und bei den oviparen Cyprinodontiden , . 225—229 2. Ihr Bau beim Männchen der viviparen Zahnkarpfen . . 229—239 BietWirhelsanle: 2 N ee ee RN 239—273 1. Ihr Bau beim Weibchen der viviparen Zahnkarpfen . . 239—243 2. Ihr Bau beim Männchen der viviparen Zahnkarpfen . . 243—269 3. Ihr Bau bei den oviparen Zahnkarpfen . «r . ..... 269— 270 4. Allgemeine Betrachtungen über die Homologie der Para- pophyse plus Rippe und der Hämapophyse, des Hämal- fortsatzes und des Processus spinosus an der Hand der Onpremodeontidenwirbel' Sr. 2.0 Sie ae 270— 273 EA SCHWITUINDIABETER Sr har A ee DI DR 1. Schwimmblase bei Lebias und bei den Weibchen der yıyınaren; Zahnkarpfen o- 41h 0 2.0 5 ya aha 273—274 2. Schwimmblase bei den Männchen der viviparen Zahn- ANDERE nee re aa Ar I ee ar EN 274— 277 3. Schwimmblase bei den oviparen Zahnkarpfen .... . 277 d) Bemerkungen zu den Geschlechtsorganen . . : ...... 277—281 BR Pasale melanteryeil. u 12 ee ae az 281—283 f) Bemerkungen zu der Muskulatur . ..... 222220. 283— 284 EEE ER re ee ee 285—289 IV. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. ......... 289— 292 BEeBIFRD James NER RE N ee es 232 —294 NEN N TE ER REREEE VEOELIRR THEORIE 294—306 IETEODVErZEIChIlis, 28. us rc ae en ee Fee 306 eh win 20* ern -? Fr Be HR, (Aus dem Zootomischen Institut der Universität Stockholm.) Beiträge zur Anatomie des Gorilla. Vergleichend-anatomische Studien Von Dr. Adolf Pira. I. Das Extremitätenmuskelsystem, Mit 1 Figur im Text. Einleitung. Obgleich die menschenähnlichen Affen mehrmals Gegenstand der Untersuchungen hervorragender Forscher gewesen sind, so kann man doch nicht sagen, daß wir eine vollständige Kenntnis über den ana- tomischen Bau der Anthropomorphen besitzen. Dieser Mangel scheint von vielen Umständen abzuhängen; ein Umstand ist der, daß noch keine genügend große Anzahl von Individuen der verschiedenen An- thropomorphen den Forschern zur Verfügung gestanden hat, um die große Variationsbreite bei diesen Tieren zu bestimmen, um zu be- stimmen, ob die etwaigen Befunde als Regel oder als Ausnahme zu gelten haben. Fernerhin war auch oft das verfügbare Material allzu schlecht konserviert, um genauere Studien der Weichteile zuzulassen. Deshalb blieben einige Gebiete der Anatomie der Anthropomorphen fast unbearbeitet. GEORG Rue (1906) spricht sich in dieser Zeit- schrift in der Anthropomorphenfrage folgendermaßen aus: »Sehen wir vom Skelete, vom Gehirn und einigen anderen Gebieten ab, so sind wir mit guten, zielbewußten Darstellungen der Organe von Anthropoiden schlecht bestellt. Es bietet sich daher noch ein großes Arbeitsfeld dar, welches nicht zu lange mehr brach liegen sollte, um nieht gar zu viel kostbares Material verloren gehen zu lassen.« Das Bewußtsein, daß dieser Ausspruch ohne Zweifel noch heute zu Recht besteht und insbesondere auch für den Gorilla gültig ist, bewog mich, im Herbst des Jahres 1907 das gütige Anerbieten des 310 : Adolf Pira Herrn Professor LECHE mit Dank anzunehmen, einen dem Zooto- mischen Institut der Universität zu Stockholm zugehörigen Gorilla zu bearbeiten. Andere Beschäftigungen haben meine Gorillastudien seither leider in hohem Grade verzögert. Der von mir untersuchte Gorilla ist ein junges Weibchen mit Milchgebiß und dem vollständig entwickelten ersten Molaris.. Es stammt aus Französisch-Kongo, Ogowe, lebte einige Zeit in Hagen- becks Tierpark in Hamburg, starb aber daselbst ohne nachweisbare Krankheit und wurde sofort nach dem Tode nach der Gefriermethode behandelt. Im gefrorenen Zustande wurde es nach Stockholm ge- schickt, dort in 2 °/, Formalinlösung aufgetaut und danach mit einer nn 4 %/, Formalinlösung injiziert. Durch diese Behandlung und nach Aufbewahrung in Formalin während etwa eines Jahres war das Tier sehr gut konserviert; die Eingeweide waren in situ gut fixiert, so daß nach dem Öffnen der Bauch- und Brusthöhle durch Gipsabgüsse der Situs viscerum hat hergestellt werden können. Ich gebe hier einige Dimensionen des Tieres an: Körnerlänge ee 2 re Scheitel-Anus . ... nr 6 Ineisura jug. sterni bis zum abilätı Fand det ERS. 35.04 Proc. spin. vertebrae cervie. 7. bis zum oberen Rande des 1. Steißwirbels ©... Sp DER Länge des Armes (Schulterkuppe—Fingerspitze) . . . . 62,0 - - - : Humerus. .\ „3 .208»/% nl All. Se - - ‚Radius . 1.2.2 a4 Sail ee a lerne: ae . 20,5 - - - Hand (Kadioeampserjen Snitze da Fingers) 16,5 -, Länge des Beines (Damm—-Ferse) . . . a | N - - Femur (Troch. maj. Spitre— Kniecoieni 7 0 =; der Tibia '; .0 7.0.20 0.0.2, 30 2) 200 - -,Pıbular „one, AB - des Fußes (Tub. ee Askre der 3. Zei) te Schulterbreite . . . } a en 50: Breite zwischen den Epinge Haha Ku Super. . 2 Ss Ich beginne die Darstellung mit dem Extremitätenmuskelsystem. Ich hoffe, in nicht allzu langer Zeit die Untersuchungen über die Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. BIBI Baucheingeweide mitteilen zu können, über ein Gebiet, das am Go- rilla sehr unvollständig bearbeitet worden ist. Ich beabsichtige, später auch Studien über einige andere Organsysteme des Tieres, Brusteingeweide, Geschlechtsorgane u. a. auszuführen. I. Das Extremitätenmuskelsystem. Dasselbe ist am Gorilla vorher von folgenden Verfassern mehr oder weniger vollständig bearbeitet worden: Duvernoy, der 1853 und 1855 seine anatomischen Untersuchungen über zwei Gorillas, ein erwachsenes Männchen und ein junges Weib- chen (?) publizierte; MACALISTER, der die Myologie eines jungen weiblichen Gorilla untersuchte und die Ergebnisse 1873 veröffentlichte; CHAPMAN, der einige anatomische Beobachtungen über ein junges Gorillamännehen mit einer Scheitel-Fersenlänge von etwa 52 cm 1878 publizierte. Der Konservierungszustand des Tieres war jedoch derart, daß eingehende Studien über einige Muskeln nicht durch- führbar waren; BıscHorr, der als Untersuchungsmaterial einen jungen weib- liehen Gorilla zur Verfügung hatte, der alle zwanzig Milchzähne besaß, aber keine Spur durchgebrochener bleibender Zähne zeigte. Es maß vom Scheitel bis zur Ferse bei möglichst gestreckten Knien 60 em. »Leider befand sich, wie gewöhnlich, der Kadaver des Tieres in einem Zustande, welcher eine genaue und umfassende anatomische Bearbeitung und Untersuchung unmöglich machte.« Die Arbeit BıscHorrs erschien im Jahre 1880; DENIKER, der über einen weiblichen Gorillafötus von 20 cm Scheitel-Fersenlänge verfügte. Als Vergleichungsmaterial scheint DENIKER auch einen jungen weiblichen Gorilla von 62 cm Scheitel- Fersenlänge und ein erwachsenes männliches Exemplar von einer Länge von 120 em zur Verfügung gestanden zu haben. Die Arbeit DENIKERsS wurde 1885 publiziert; SYMINGToN publizierte im Jahre 1890 kurze Beobachtungen über einige Extremitätenmuskeln eines männlichen Gorilla und HEPBURN behandelte 1892 die Extremitätenmuskulatur eines jungen Gorillamännchens zusammen mit derjenigen anderer Anthro- pomorphen. SOMMER gab 1906 die bisher vollständigste Beschreibung vom 312 Adolf Pira Muskelsysteme des Gorilla. Das Tier SoMMERS war ein erwachsenes weibliches Tier mit einer Körperlänge von 103 (?) em. In Arbeiten von HuxLey, HARTMANN, Testur, KEITH, Duck- WORTH u.a. finden sich ebenfalls Beobachtungen an den Extremi- tätenmuskeln des Gorilla wiedergegeben. Diese Beobachtungen be- ziehen sich bisweilen auf eigene Studien an Gorillakadavern, bis- weilen aber nur auf Literaturangaben. Trotzdem diese verschiedenen Forscher die Aufmerkeie den Extremitätenmuskeln des Gorilla gewidmet haben, so ist unsere Kenntnis derselben doch unvollständig, und zwar wegen der oben erwähnten großen Variationsfähigkeit der Organsysteme des Gorilla. Um eine Übersicht über das, was wir heute über die Variationen der Extremitätenmuskulatur des Gorilla kennen, zu erhalten, habe ich in den Beschreibungen der einzelnen Muskeln auch die Beob- achtungen anderer Verfasser betreffs Ursprungs, Ansatzes und an- derer Verhältnisse der Muskeln so vollständig wie möglich einzuglie- dern versucht. Dies war durchaus nicht eine so leichte Arbeit, wie es anfangs scheinen möchte; denn teils sind die Darstellungen der ver- schiedenen Verfasser keineswegs immer miteinander vergleichbar, da sie verschiedene Seiten eines und desselben Gegenstandes be- leuchten, teils sind die Beschreibungen oftmals nicht deutlich und gründlich genug. Eine oft wiederkehrende Art der Darstellung, die Schwierigkeit der Deutung bietet, ist die Ausdrucksart: »gleich wie beim Menschen«. Sie kehrt bei deutschen und französischen, bei englischen und amerikanischen Verfassern wieder. Bezieht sich eine derartige Darstellung auf das Allgemeine eines Muskels, so ist sie begreiflich ; betrifft sie die Details, so ist das nicht der Fall, da selbst die verschiedenen Handbücher der Anatomie des Menschen in der detaillierten Beschreibung nicht immer übereinstimmen, auch selbst in solchen Fällen nicht, wo die Beschreibungen sich nur auf normale Verhältnisse beziehen. Meinerseits habe ich für die Kenntnis des normalen Baues der Extremitätenmuskeln des Menschen haupt- sächlich die berühmte Quaıns Anatomy zu Rate gezogen. Um die Extremitätenmuskeln des Gorilla zu verstehen, muß man sie mit denjenigen anderer niederer und höherer Säugetiere und selbst mit denjenigen niederer Wirbeltiere vergleichen. Dies ist meiner Meinung nach nicht genügend von früheren Verfassern be- achtet worden. Im allgemeinen hat man nämlich die vergleichenden Darstellungen darauf beschränkt, den Gorilla zu den übrigen Anthro- pomorphen und dem Menschen in Beziehung zu setzen; man wirft Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 313 auch hier und da einen Blick auf die niederen Affen. Selbst SOMMER zieht in seiner sonst sehr vollständigen Arbeit nur die vergleichenden Beobachtungen aus dem Gebiete der Affen heran. Die Unvollstän- digkeit einer solchen Methode einsehend, habe ich mich der schwie- rigen Aufgabe unterzogen, den Bau der Extremitätenmuskeln des Gorilla im Lichte der Verhältnisse auch der niederen Säugetiere, bisweilen selbst der niederen Wirbeltiere zu behandeln. Von be- sonderem Interesse sind dabei die Monotremata, Marsupialia, Insec- tivora und die Prosimiae, hier und da auch andere Ordnungen oder einzelne Formen der Mammalia. Für die Kenntnis über den Bau der Muskulatur der verschiedenen Säugetiere habe ich teils die Spezialliteratur benutzt, hauptsächlieh aber die vorzügliche Behand- lung der Säugetiermuskulatur, welche W. LEcHE in Bronn: Klassen und Ordnungen des Tierreiches uns gegeben hat, zu Rate gezogen. Auch die von Rızgıne kürzlich veröffentlichten interessanten Unter- suchungen über die distalen Extremitätenmuskeln der Tetrapoden haben mir gute Dienste geleistet. Der Leser mag sich darüber wundern, daß ich der Innervation der Muskeln nur so wenig Aufmerksamkeit gewidmet habe. Dieser Mangel ist aber nur scheinbar. Daß der Muskel und sein Nerv ein Ganzes bilden, und daß eine Muskelbeschreibung ohne Berücksichtigung der Innervation fast wertlos ist, erkenne ich an, wenn man auch über die Bedeutung der Innervation für das Homologisieren der Muskeln noch nicht völlig ins klare gekommen ist. Bei der Präparation habe ich daher die Innervation jedes einzelnen Muskels so genau ıe möglich festgestellt. In den Fällen aber, in welchen die Inner- vationsweise nichts Abweichendes von der beim Menschen zeigte, hielt ich es nicht für notwendig, die Darstellung mit überflüssigen Beschreibungen zu belasten. Überall, wo die Innervation des Mus- kels etwas Besonderes zeigte, wurde auch darüber berichtet. Muskeln der vorderen Extremität. 1. Muskeln zwischen der Dorsalseite des Rumpfes und der vorderen Extremität. M.trapezius. Er entspringt bei meinem Gorilla von der Linea nuchae suprema, lateralwärts bis zum Ansatz des Sterno-cleido-ma- stoideus ausgedehnt, von den Proe. spinosi aller Halswirbel und den- Jenigen des 1.—11. Brustwirbels, ganz wie beim Gorilla SOMMERS. Der Ursprung kann variieren. So kann der Oceipitalursprung des 314 Adolf Pira Muskels sich auf die Partie der Linea nuchae suprema, die ganz nahe der Mittellinie liegt (DUvERNOY, MACALISTER), beschränken. Der Wirbelsäulenursprung erstreckt sich bisweilen caudalwärts über alle 13 Brustwirbel (DuUvERNOY, DENIKER); bisweilen macht er beim 11. (Sommer, Pıra) oder schon beim 10. (MAcALISTER) Brustwirbel Halt. Der Ursprung umfaßt also häufig nicht alle Brustwirbel, was für Sehimpanse und den Menschen als Regel gilt. Beim Menschen kann er bisweilen mit nur acht, ja selbst mit noch wenigeren Brust- wirbeln vereinigt sein. Beim Macacus erstreckte sich der Muskel caudal nur bis zum 10. Brustwirbel. Der Muskel inseriert bei meinem Gorilla sehnig an der Spina scapulae und am Aeromion, fleischig dagegen an der lateralen Hälfte der Clavicula. Nach Duvernoy nimmt die Clavieularinsertion das laterale Viertel, nach MAcALISTER und DENIKER das laterale Drittel des Knochens ein. Die Pars clavieularis bedeckt ventral- wärts teilweise den Clavicularursprung des M. omo-cervicalis, ein Verhältnis, das auch DENIKER und SOMMER gefunden haben. Der Trapezius ist bei meinem Gorilla ein einheitlicher Muskel; er zeigt keine Sonderung in eine cervicale und eine dorsale Portion, was bisweilen beim Menschen der Fall sein kann und Regel bei einigen Säugern, z. B. bei den Inseetivoren ist. Der cervicale Abschnitt ist jedoch, gleich wie es SOMMER für Gorilla gefunden hat, viel kräftiger als der auffallend schwach entwickelte dorsale Teil. Ein Sehnenjoch, d. h. die Aponeurose in der Umgebung der Vertebra prominens colli, fehlt dem Muskel. Dadurch wird mög- licherweise das Schulterblatt beim Gorilla in noch höherem Grade als beim Menschen gegen die Medianlinie des Körpers hin beweg- lich, ein Verhältnis, auf welches Fick für den Orang aufmerksam gemacht hat. In Zusammenhang mit dem M. trapezius erwähnen Fıck für den Orang, DENIKER für den Gorillafötus und SomMER für den Gorilla, daß das Ligamentum nuchae fehlt. Dies Verhalten bringt Fıck mit dem Vorhandensein sehr langer Processus spinosi der Halswirbel in Zusammenhang. An den Orangskeleten im Zootom. Institut zu Stoekholm habe ich auch die große Länge der Dornfortsätze der sechs caudalen Vertebrae colli feststellen können. An einem Skelet eines erwachsenen Gorillamännchens ist dies auch der Fall bei den vier caudalen Halswirbeln, während die drei eranialen Halswirbel sehr kurze Dornfortsätze tragen. Dadurch ist hier eine ziemlich große Lücke zwischen dem Oeeiput und dem Proc. spinosus verte- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. . 315 brae eolli 4. vorhanden. Diese Lücke, die auch bei meinem Gorilla besteht, ist von einem Intermuskularseptum ausgefüllt, welches aber viel zu schwach ist, um Ligamentum nuchae benannt werden zu können. Da man weiß, daß das Nackenband hauptsächlich bei Säu- sern mit langem Hals eine überaus mächtige Ausbildung zeigt, mit der Verkürzung des Halses aber schwächer wird, so ist es ver- ständlich, daß das Lig. nuchae beim Gorilla sehr schwach ist, ja selbst fehlen kann; denn beim Gorilla wie bei den Anthropomorphen überhaupt ist eine starke Verkürzung des Halses eingetreten. M. latissimusdorsi. Betreffs des Ursprunges dieses kräftigen Muskels stimmt mein Gorilla mit demjenigen SOMMERS überein. Cranialwärts erstreckte sich der Wirbelsäulenursprung bis zur Vertebra dorsalis 9. Die laterale Begrenzung des Ursprunges an der Orista iliaca liegt nur 2,5 cm hinter der Spina ant. sup. Der Muskel ent- springt fleischig auch von den 5 letzten Rippen, besitzt aber keinen vom caudalen Winkel der Seapula ausgehenden accessorischen Kopf. Der Rippenursprung kann die 6 (HEPBURN), 5 (BISCHOFF, SOMMER, Pıra), 4 (DuvErnoY, DENIKER) oder 3 (MACALISTER) letzten Rippen in Anspruch nehmen. Der fleischige oder aponeurotische Ursprung an der Crista iliaca kann bisweilen den ganzen Rand des Darmbein- kammes einnehmen (DUVERNOY, DENIKER); er erreicht bisweilen aber seine laterale Begrenzung schon einige em dorsalwärts von der Spina iliaca ant. sup. (SOMMER, PırA). Einen Ursprung an der Crista iliaca haben nur der Mensch und die Anthropomorphen, nicht aber der Gibbon und die niederen Affen (ScHück). Beim Schimpanse kann dieser Ursprung sich selbst ein Stück des Lig. inguinale entlang erstrecken (DUCKworTH). Beim Menschen liegt er nur am dorsalen Teil der Crista oder kann selbst fehlen. Der Muskel endet bei meinem Gorilla in eine etwa 3,5 cm breite Sehne, die sich an Crista tuberculi minoris humeri, ventralwärts vom M. coraco-brachialis bedeckt, befestigt. Die Endsehne ist oft (DUVER- NOY, DENIKER, HEPBURN, SOMMER) mit der des M. teres major ver- schmolzen. Bei meinem Exemplare sind beide Sehnen vonein- ander gänzlich getrennt, ein Verhältnis, das man nach LEcHE auch bei Prosimiae, Ateles und den meisten Primaten wiederfindet. Beim Gibbon sind nach HErBurn die beiden Sehnen untrennbar verwach- sen und GEGENBAUR gibt für den Menschen an, daß die Endsehne des M. lat. dorsi mit der des Teres major zuweilen verschmelzen könne. In den Handbüchern der Anatomie des Menschen findet man oft den M. latissimo-condyloideus s. dorso-epitrochlearis mit dem M. 316 Adolf Pira lat. dorsi zusammengestellt. Da erstgenannter Muskel aber der Innervation nach (N. radialis) der Tricepsgruppe angehört, so ist er dort von mir behandelt worden (S. 328). M. rhomboides. Er ist bei meinem Gorilla ein sehr kräftiger Muskel, dessen Wirbelsäulenursprung sich vom 4. Hals- bis zum 7. Brustwirbel erstreckt. Der Cerviealteil des Muskels kann von den Dornfortsätzen der 3 (MAcCALISTER), 4(PırA) oder 6 (Sommer) letzten Hals- wirbel entspringen, der Brustteil von denjenigen der 2 (DENIKER: Go- rilla juv.), 3 (Sommer), 4 (MACALISTER, DENIKER: Gorillafötus), 6 (HEPBURN) oder 7 (Pıra) ersten Brustwirbel. Bei mehreren Säugern erstreekt sich der Ursprung des M. rhomboides bis auf den hinteren Teil des Schädels (Crista oceipitalis) hinauf. Dies ist nach LECHE z.B. bei den Halbaffen und unter den Affen bei Cercopiüthecus, Inuwus, Macacus und Ateles der Fall. Ein solcher Rhomboides capitis fehlt meistens dem Menschen und den Anthropomorphen. BISCHOFF und HEPBURN haben ihn aber beim Orang gefunden und QuAIn spricht von einem Rhomboides oceipitalis als Anomalie beim Men- schen. Beim Gorilla ist bisher eine Ausdehnung des Muskels bis hinauf ans Hinterhaupt niemals gefunden worden. Bei meinem Gorilla inseriert der M. rhomboides am Margo verte- bralis scapulae, der eine Länge von etwa 11 cm besitzt, in einer Ausdehnung von etwa 9cm vom caudalen Winkel des Scehulterblattes aus eranialwärts gerechnet. Die Insertion des Muskels am Margo vertebralis scapulae erstreckt sich beim Gorilla im allgemeinen vom Angulus inferior eranialwärts bis etwas über die Basis spinae sca- pulae, kann aber auch bei dieser Halt machen (HEPBURN). Weder eine Aufteilung der Ansatzpartie des Rhomboides durch die Insertionspartie des Levator scapulae (vergl. unten M. lev. scap.), noch eine Zweiteilung des Muskels durch einen Ast der Arteria dorsalis scapulae in Abschnitte, welche als Rhomboides major und Rh. minor gedeutet werden können, sind bei meinem Gorilla vor- handen. Nur einmal (SomMmER) ist eine Teilung in einen Rhomb. maj. und Rh. minor gefunden worden. M. levator scapulae. Er entspringt bei meinem Gorilla mit 4 fleischigen Zipfeln von den Querfortsätzen des 1.—4. Halswirbels. Der Muskel kann auch von den ersten 5 (DUVERNOY, SOMMER) oder 4 Wirbeln (DENIKER, HEPBURN, PırA), oder aber vom 4.—6. Hals- wirbel (MACALISTER) entspringen. Beim Orang erstreckte sich der Ursprung nach DuvErnoY und HEPBURN bis ans Hinterhaupt (Os Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 317 oeeipitis, Proc. mastoides) hinauf. Dieser Zustand scheint beim Go- rilla nicht vorzukommen. Der Muskel inseriert an der Scapula in einer Ausdehnung von etwa 4,5 cm, vom cranialen Winkel des Knochens aus caudalwärts gerech- net, und schiebt sich zwischen den Mm. serratus anterior et rhomboides ein, ohne eine Teilung an letzterem hervorzurufen. Beim Gorilla Som- MERS tritt hingegen die Insertionsportion des Levator scapulae in den ceranialen Abschnitt des Ansatzes des M. rhomboides in einer Ausdehnung von l cm ein und teilt dadurch den Muskel in 2 Blätter, ein ventrales diekeres und ein dorsales dünneres Blatt. An meinem Gorilla ist Levator scapulae im Ursprung vom Ser- ratus anterior durch eine deutliche Lücke getrennt, was die Regel unter den Anthropomorphen und beim Menschen zu sein scheint, wenn auch Ausnahmen bekannt sind. So waren beim Gorilla MACALISTERS beide Muskel verwachsen, was übrigens Regel bei manchen Säugern ist. Unter den niederen Primaten scheint das Verhältnis ziemlich wechselnd zu sein. So sind die beiden Muskel bei Lemur, Cht- romys, Tarsius und nach MECKEL bei den niederen Affen getrennt. Nach BıscHorr sind beide vereinigt bei CUynocephalus maimon, Cer- copithecus sabaeus und callitrichus, Macacus eynomolgus und Hapale penicillata, was auch der Fall bei. Galago sein soll. Für /nuus und Ateles gibt LECHE an, daß Levator scapulae vom 1.—3., daß er bei Macacus eynomolgus vom 1. Halswirbel entspringt. Bei diesen Tieren stellt sich daher eine deutliche Lücke zwischen Levator scapulae und Serratus anterior ein. 2. Muskeln zwischen der Ventralseite des Rumpfes und der vorderen Extremität. M. omo-cervicalis (omo-cleido-transversarius, eleido- atlantieus). Er entspringt fleischig in einer Ausdehnung von etwa 2 cm von der Mittelpartie der Clavicula und steigt von hier steil am Halse hinauf bis zum Querfortsatze des Atlas. Der Ursprung des Muskels ist ventral teilweise vom Trapezius bedeckt. Am Atlas kann der Muskel teils am Processus transversus (DUVERNOY, SOM- MER, PIRA), teils am Tubereulum anterius (DENIKER) inserieren. Der Ursprung kann an der Mitte der Clavicula (Pıra) oder am acromialen Ende des Knochens (DUVERNOY, DENIKER, SOMMER) liegen; er geht jedoch niemals auf das Acromion hinüber, was aber der Fall beim Orang sein kann (DUvERNOY). Der M. omo-cervicalis ist unter den Säugern eine allgemeine 318 Adolf Pira Erscheinung. Duverxoy stellt sein Vorhandensein mit dem Gehen - auf allen vier Extremitäten zusammen. Bisweilen ist der Muskel doppelt, in welchen Fällen er aus einer Pars ventralis und einer P. dorsalis besteht. So ist er beim Gorillafötus DENIKERS im cau- dalen Teile geteilt; der ventrale und dorsale Abschnitt kommen von der vorderen und von der hinteren Fläche des lateralen Viertels der Clavieula her. Die dorsale Portion erstreckte sich etwas weiter lateralwärts als die ventrale. Bei Cercopithecus mit doppeltem M, omo-cerviealis entspringt eine Pars ventralis vom Acromion, eine Pars dorsalis vom vorderen Drittel der Spina scapulae. Der Muskel scheint aber bei den Primaten in der Regel einfach zu sein und nur eine Pars ventralis zu besitzen, welche vom Acromion oder vom Schlüsselbein ausgeht. Beim Menschen, wo der Muskel eine ziem- lich seltene Erscheinung ist (er kommt nach Testur nur bei 2,8 9/,, bisweilen nur einseitig vor), liegt sein Ursprung am Schlüsselbein und kann in seltenen Fällen medianwärts bisin die Nähe des Sterno- cleido-mastoideus verlagert sein. Im Gegensatz zu dieser extremen, medialen-ventralen Lage des caudalen Muskelendes steht dessen extrem-mediale-dorsale Lage beim Omo-cervicalis einiger Marsu- pialia, bei welchen die Pars dorsalis des Muskels vom dorsalen Drittel der Spina seapulae ausgeht. Der eaudale Abschnitt des Omo- cervicalis wandert also bei den Säugern rings um den Schultergürtel herum und zwar von der extremen dorsalen Lage bei Marsupialiern längs der Spina scapulae bis zum lateralen Ende derselben (Cerco- pithecus), um von hier auf das Acromion (Üercopithecus, Orang) und das Schlüsselbein, zuerst auf das laterale Ende dieses Knochens (Orang, Gorilla), dann auf dessen Mittelteil (Gorilla) und endlich auf dessen medialen Abschnitt (Mensch) überzutreten. M. pectoralis major. Er besteht bei meinem Gorilla aus drei Hauptteilen: 1. aus einer Pars elavieularis, welche vom medialen Teil des Schlüsselbeines in einer Ausdehnung von 3 cm entspringt; 2. einer Pars sterno-costalis, die vom Sternum und vom 2.—4. Rippenknorpel entsteht und 3. aus einer Pars abdominalis, welche von der Faseia des M. obliquus abdom. extern. in der Höhe der 5.—6. Rippe aus- geht. Die Pars sterno-costalis ist durch den Recessus infraclaviceu- laris des Kehlsackes, der hier in der Tiefe eindringt, in eine kleine craniale und eine größere, caudale Portion geteilt. Der Peetoralis major ist dadurch eigentlich aus vier Teilen zusammengesetzt. Der Muskel ist beim Gorilla niemals eine ganz einheitliche Bil- dung, sondern immer mehr oder weniger aufgeteilt, wenn auch die Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 319 Aufteilung in der Regel nieht so weit wie bei meinem Exemplar vor sich gegangen ist. Meistens ist er aus zwei Teilen zusammen- gesetzt, entweder aus einer Sterno-clavicular- und einer Sternal- portion (DUVERNOY) oder aus einer Clavieular- und einer Sterno- costalportion (MACALISTER, BISCHOFF, HEPBURN, SOMMER). Dreigeteilt ist der Muskel beim Gorillafötus gefunden worden, bei welchem die Pars sterno-costalis geteilt war (DENIKER). Der Muskel scheint beim Gorillaimmer einen Ursprung von der Clavicula zu besitzen, welcher beim Orang (BISCHOFF, HEPBURN, ZUCKERKANDL) gleich wie, obgleich selten, beim Menschen (QuAım) fehlen kann. Caudalwärts erstreckt sich der Ursprung des Muskels allgemein wie bei meinem Gorilla bis zur 6. Rippe (DUvERNOY, DENIKER:! Go- rilla juv., Sommer), kann aber bis zur 7. (DENIKER: Gorillafötus) oder selbst bis zur 8. Rippe (BıscHoFrrF) herabreichen. Die Ansatzsehne befestigt sich bei meinem Gorilla an der Crista tubereuli majoris humeri in einer Ausdehnung von etwa 5,5 em und ist wie beim Menschen gebaut, d. h. sie besteht aus zwei Schichten, einer ventralen und einer dorsalen, welche am distalen Rande der Sehne ineinander übergehen und dadurch eine cranialwärts offene Tasche bilden. Eine ebenso umgerollte Ansatzsehne beschreiben DENIKER und SOMMER. Beim jungen Gorilla fand DENIKER eine überzählige Portion des M. pectoralis maj., diesich an der Ursprungssehne des kurzen Kopfes des Biceps inserierte; beim Gorilla SoMMmERS vereinigte sich ein Teil der Ansatzsehne des Pect. major mit der Ursprungssehne des Caput breve m. bieipitis und fand dadurch seinen eigentlichen Ansatz am Processus eoracoides. Etwas Entsprechendes kommt meinem Go- rilla nicht zu; bei ihm besteht ein Abstand von 3,5 cm zwischen eranialem Ansatzpunkte der Endsehne am Humerus und dem Raben- schnabelfortsatz. SOMMER benützte das bei dem von ihm unter- suchten Gorilla vorhandene Verhalten, durch welches der Pect. major unter Vermittlung der Sehne des Caput breve bieipitis sich bis zum Processus coracoides erstreckte, um den Unterschied zu erklären, welcher bezüglich der caudalen Ausdehnung beider Peetoralmuskeln zwischen den niederen Affen einerseits und den Anthropomorphen nebst dem Menschen anderseits besteht. Bei niederen Affen erstreckt sich der Ursprung des M. pect. minor auf der Thoraxwand etwas mehr caudalwärts als derjenige desM. peet. major; während bei den höchsten Primaten das entgegengesetzte Verhalten die Regel ist, indem der Pect. maj.-Ursprung weiter caudalwärts herabreicht. Die 320 Adolf Pira Erklärung für diese Tatsache sieht SommErR darin, daß der caudale Abschnitt des Peet. minor der niederen Affen sich vom Muskel ab- gelöst hat, um bei den höheren Primaten dem Peet. major sich an- zuschließen und mit ihm zu verwachsen. Der Pectoralis minor-Ab- schnitt des Pectoralis major soll noch beim Gorilla die Beziehung zum Processus coracoides behalten. Diese Annahme SOMMERS scheint für die Verhältnisse bei meinem Gorilla nicht zutreffend zu sein. Bei ihm erstreckt sich der Pectoralis major beim Ursprung ein Segment weiter caudalwärts als der M. pectoralis minor, der nur bis zur 5. Rippe hinabreicht (s. unten); die Ansatzsehne des Pect. major tritt trotzdem in keine, weder direkte noch indirekte Beziehung zum Processus coracoides. Der M. pect. minor steht indessen mit seiner Endsehne (s. unten) sowohl mit dem Rabenschnabelfortsatz, als auch mit der Ursprungssehne des Caput breve bieipitis in Verbindung. Der Recessus infraclavieularis des Kehlsackes dringt durch den M. pectoralis major in der Tiefe entweder zwischen dessen Pars sterno-celavieularis und dessen Pars sternalis (DUVERNOY) oder zwi- schen der Pars elavieularis und der Pars sterno-costalis (DENIKER, SOMMER) oder durch eine Spalte in der Pars sterno-costalis (PırA) ein. M. peetoralis minor. Er entspringt einheitlich von der 3.—. Rippe und der Fascia der Intereostalräume, teilt sich aber sofort in zwei Portionen, in eine größere eraniale, die mit einer eylindri- schen Sehne an der Spitze des Processus coracoides inseriert, und in eine kleinere caudale, deren Endsehne in den medialen Teil der Ursprungssehne des Caput breve bieipitis übergeht. Der Ursprung liegt in der Regel wie bei meinem Exemplar an der 3.—5. Rippe (MACALISTER, BISCHOFF, DENIKER, SOMMER), kann sich aber bis über die 3.—7. Rippe (Hepgurn), bisweilen nur über 5.—7. Rippe (DuvEr- noy) erstrecken. Der Muskel scheint in der Regel am Processus coracoides zu inserieren, zuweilen (DUVERNOY, PIRA) mit einem accessorischen An- satz an der Ursprungssehne des Caput breve bieipitis. Die Insertion am Coracoid ist als eine sekundäre Erscheinung zu erachten, da die Endsehne des Muskels bei den Affen oft über den Rabenschnabel- fortsatz bis zum Tubereulum majus humeri sich ausdehnt. Die letz- tere Insertionsweise soll beim Schimpanse Regel sein; sie kommt bisweilen auch beim Menschen vor (Quaıs). Der M. pectoralis minor ist beim Gorilla meistens eine einheitliche Bildung (MACALISTER, BISCHOFF, HEPBURN, SOMMER), kann aber auch in zwei Portionen geteilt sein (DUVERNOY, PIRA). Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1. 321 'M. subelavius. Er ist bei meinem Gorilla wohl entwickelt, entspringt von der vorderen Fläche des 1. Rippenknorpels und findet seinen Ansatz teils mit lateralwärts und nach oben ziehenden Fasern an der unteren Fläche der Mitte des Schlüsselbeines, teils mit rein lateralwärts ziehenden Fasern am Processus coracoides. Eine ähnliche Befestigungsweisekommt bisweilen auch beim Menschen vor(QuAın). Es scheint mir, daß wir es in diesen Fällen mit einer zusammengesetzten Bildung zu tun haben, d. h. daß der Subelavius aus zwei Elementen besteht, aus einem M. subelavius im Sinne der menschlichen Ana- tomie, demjenigen Teil, deran der Clavicula inserierte, und aus einem M. sterno-scapularis, demjenigen Teil, der am Processus coracoides seinen Ansatz findet. Für manche Säuger ist nämlich unter dem Namen M. sterno-scapularis ein Muskel beschrieben worden, der vom Sternum oder von der 1. Rippe entspringt und am Coracoid oder in dessen Nähe am Schulterblatte inseriert. Dieser Muskel ist bei einigen Marsupialien, Edentaten, Insectivoren, Nagern, Carnivoren und Ungulaten vorhanden, erreicht sogar bei den letzteren, denen eine Clavieula fehlt, eine hochgradige Entwicklung. Ein M. sterno- scapularis soll auch bei Afeles vorhanden sein. Für Galeopithecus und COhiromys ist ein Muskel von demselben Aussehen wie der M. subelavius bei meinem Gorilla beschrieben worden, d.h. ein M. sub- clavius + Sterno-seapularis. Der Subelavius ist beim Gorilla großen Variationen unterworfen. Bisweilen ist er kräftig entwickelt (Sommer, Pıra), bisweilen fehlt er (DuUvErnoY), bisweilen kommt er nur als eine schwache Bildung vor (MACALISTER, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN). Der Muskel scheint durch einen ligamentösen Apparat ersetzt werden zu können. Da, wo der Muskel fehlt, liegt ein sehr starkes Ligamentum costo-elavio- coracoideum vor (DUVERNoY); wo er mäßig entwickelt ist, liegt er unter einer kräftigen Ligamentbildung (MACALISTER, BISCHOFF, DE- NIKER), und da, wo ein kräftiger M. subelavius vorliegt, fehlt der Ligamentapparat (PırA). Bei meinem Gorilla war in der Artieulatio sterno-clavieularis nur auf der linken Seite ein Zwischenknorpel (Diseus articularis) vorhanden. . Auf der rechten Seite fehlte jede Spur einer solehen Bildung. Beim Orang können die erwähnten Menisei gänzlich rück- gebildet sein (WESTLING). M. serratus anterior. Er entspringt mit 13 Zacken von der 1.—13. Rippe. Einen gleichen Ursprung haben DENIKER und HEr- BURN gefunden. Beim Gorilla Sommers erstreckte sich das Ursprungs- Morpholog. Jahrbuch. 47. 21 322 Adolf Pira gebiet des Muskels caudalwärts auch bis zur 13. Rippe; die am meisten eranialwärts liegende Ursprungszacke ging aber von der 2, Rippe aus, so daß der Muskel nur 12 Zacken besaß. Bisweilen reicht der Muskel nur bis zur 11. (DUvERNOY, BiscHoFrF), ja selbst nur bis zur 10. Rippe (MAcALısTER) herab. Dieses Verhalten, daß der Ursprung sich beim Gorilla oft über den ganzen Brustkasten bis zur letzten (13.) Rippe ausdehnt, ist bemerkenswert. Das Ursprungsgebiet ist außerordentlich groß und übertrifft dasjenige nicht nur beim Men- schen, wo der M. serratus anterior höchstens bis zur 10. Rippe, im allgemeinen nur bis zur 8.—9. Rippe herabreicht, sondern auch das Ursprungsgebiet bei den meisten Säugetieren, bei welchen nach den Zusammenstellungen LECHES (s. BRONN) die Ursprungszacken nur bei einem Säugetier die 10. Rippe caudalwärts überschreiten, näm- lich bei Hyrax. Der Ursprung des Muskels reicht hier bis zur 14. Rippe hinab. Die Insertion des Muskels am Margo vertebralis scapulae findet bei meinem Gorilla folgendermaßen statt. Die Muskelbündel von der 1. und 2. Rippe sind kräftig und ziehen divergierend zum cra- nialen Drittel des medialen Randes der Scapula; diejenigen von 3.—6. Rippe sind sehr schwach und ziehen zum mittleren Drittel des Margo vertebralis, und diejenigen von 7.—13. Rippe sind stark und setzen sich konvergierend am caudalen Drittel des Randes der Scapula fest. In der Insertionsweise des Serratus anterior stimmt mein Gorilla nicht mit demjenigen SOMMERS überein, da der Muskel beim Tiere SOMMERS sich folgenderweise inseriert: »Die Muskelbündel der äußerst kräftigen 1. Zacke divergieren und beanspruchen für ihre Insertion drei Viertel des medialen Randes der Scapula, während an dem caudalen Viertel desselben sich die 2.—4. Zacke befestigen; die Muskelbündel der übrigen 8 Zacken konvergieren stark und heften sich an den caudalen Winkel der Scapula.« Weder bei meinem noch bei SOMMERS Exemplare stimmt die Insertionsweise mit der- jJenigen beim Menschen überein. Besonders groß ist der Unterschied am eranialen Muskelabschnitte, der beim Menschen seine Bündel von den zwei ersten Rippen bezieht und konvergierend oder höchstens parallel zum oberen Winkel der Basis scapulae gelangt. Beim Go- rila divergieren die Bündel, welche am Sceapularande einen dem- entsprechend ausgebreiteten Ansatz finden. Die Beziehung des Serratus anterior zum Levator scapulae ist oben (S. 317) besprochen worden. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 323 3. Muskeln der Schultergegend. M. deltoides. Er ist kräftig und rundet die Schulter ab; er entspringt fleischig von etwas mehr als der lateralen Hälfte der Cla- vieula, vom Acromion und von der lateralen Hälfte der Spina sca- pulae und inseriert etwa an der Mitte des Oberarmknochens. Der Muskel ist wie in der Regel bei den niederen und höheren Affen einheitlich, d. h. er zeigt keine Aufteilung in eine Pars clavieularis, Pars acromialis und Pars scapularis, was z. B. beider Mehrheit der Pro- simiae der Fall sein kann. Der Deltoides ist beim Gorilla von seinen Nachbarn gut abgesetzt, so daß er weder mit dem Trapezius noch mit dem Pectoralis major, was z. B. bei den Chiroptera und Prosimiae der Fall ist, sich vereinigt zeigt. Beim Schimpanse kann der Mus- kel mit dem Peectoralis major wenigstens teilweise verschmelzen (HEPBURN). Im allgemeinen wird der M. deltoideus des Gorilla von den Au- toren (MACALISTER, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER) als ein - im großen und ganzen menschenähnlicher beschrieben. Im Ursprungs- gebiet scheint mir aber ein Unterschied zwischen den Muskeln des Gorilla und Menschen vorzuliegen. Als Ursprungsgebiet beim letz- teren werden das laterale Drittel der Clavicula, Acromion und die ganze Länge der Spina scapulae oder wenigstens bis zur triangu- laren Fläche an dem medialen Teil derselben angegeben. Danach scheint wenigstens bei meinem Gorilla. und, wie es scheint, auch bei demjenigen Duvernoys der Clavieularursprung etwas größer, der Scapularursprung etwas kleiner als beim Menschen zu sein. Mm. supraspinatus et infraspinatus. Sie verhalten sich in Ursprung und Insertion wie beim Menschen, was auch DUVERNOY, BIsSCHOFF, DENIKER, HEPBURN und SOMMER gefunden haben. Ein bemerkenswerter Unterschied zwischen Gorilla und Mensch besteht aber darin, daß die Muskeln infolge der Lage der Spina scapulae beim Gorilla einander mehr in der Größe gleichkommen als beim Menschen, dessen Infraspinatus erheblich größer ist als der Supra- spinatus. Dieses Verhalten ist von Dexıker und SOMMER für den Gorilla und von Hepsurn für den Schimpanse festgestellt worden. MACALISTER gibt an, daß der Supraspinatus beim Gorilla sich in der Größe zum Infraspinatus wie 1:2 verhält, während das Größen- verhältnis beim Sehimpanse wie 10:15 oder 11:16 sein solle. Weiter ist zu erwähnen, daß, da die Spina scapulae im medialen Teil beim Gorilla nicht so hoch und so gut abgesetzt ist wie beim Menschen, 21* 394 Adolf Pira beide Muskeln beim Gorilla medianwärts teilweise miteinander in Berührung kommen. M.teres major. Er dehnt seinen Ursprung über den ganzen Margo axillaris scapulae aus, wie es DUVERNOY und SOMMER eben- falls gefunden haben. Der Ursprung kann nur drei Viertel des axillaren Randes des Schulterblattes (DENIKER), ja selbst nur das caudale Drittel desselben (HEPBURN) umfassen. Der Muskel inseriert mittelst einer 4 cm breiten Endsehne an der Crista tubereuli minoris humeri. Der Teres major kann beim Gorilla nach DuUVERNOY durch flei- schige Züge mit den Mm. infraspinatus et subscapularis vereinigt sein. Betreffs der Beziehung der Endsehne des M. teres major zu derjenigen des M. latissimus dorsi siehe oben (S. 315). ; M.teres minor. Er entspringt entweder von der cranialen Hälfte (DuvEernoy, SOMMER, PırA) oder nur vom mittleren Drittel (Hzpgurn) des axillaren Randes der Scapula. Er ist wie der M. teres major relativ stark entwickelt, indessen er bei den Säugern meistens schwach und ziemlich inkonstant ist, so daß er selbst fehlen kann. Letzteres ist der Fall z. B. bei einigen Marsupialia, einigen Insectivora und bei Chiroptera. Bei Halbaffen und Affen ist er in der Regel vorhanden. M. subscapularis. Er verhält sich beim Gorilla in Ursprung und Insertion wie beim Menschen, was auch DUVERNOY, MACALISTER, BiscHoFF, DENIKER, HEPBURN und SOMMER gefunden haben. Die kräftige Endsehne heftet sich hauptsächlich am Tubereulum minus fest, erstreckt sich aber etwas auf die Crista tubereulis minoris hin- ab. Ein abgespaltener Teil, der etwa als ein M. subscapularis acces- sorius s. minor hätte gedeutet werden können, war nicht vorhanden. MACALISTER bemerkt auch, daß beim Gorilla kein Subscapulo-hume- ralis bestehe. Bei einigen Affen, besonders bei Macacus nmemestri- nus, ist dieser Muskel nachgewiesen worden (Testur) und bei Hylo- bates läßt nach KoHLBRUGGE der Teil des M. subscapularis, der an der Crista tubereuli minoris sich inseriert, vom übrigen Muskel sich trennen. 4, Muskeln des Oberarmes. A. Vordere Gruppe. M. biceps brachii. Er ist zweiköpfig. Das Caput longum entspringt an der Tuberositas supraglenoidalis scapulae, das Caput Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 325 breve am Processus coracoides. Etwas distal von der Mitte des Oberarmes vereinigen sich beide Köpfe zu einem spindelförmigen Muskelbauch, aus welchem allmählich am oberen Rande der Fossa cubiti eine 1,5 cm breite, platte, sagittal gestellte Endsehne hervor- geht, diean der Tuberositas radii inseyiert. Beiderseits ist bei meinem Gorilla ein durchaus aponeurotischer Lacertus fibrosus, der sich in die Fascia antebrachii verliert, vorhanden. Von allen Forschern, die sich mit der Extremitätenmuskulatur des Gorilla beschäftigt haben, ist SOMMER der einzige, der einen Lacertus fibrosus beob- achtet hat. Bei dem von ihm untersuchten Gorilla war diese Bildung links fleischig, rechts in der lateralen Hälfte fleischig, in der medialen dagegen sehnig. Die Ursprungssehne des langen Kopfes verläuft, wie beim Menschen, bei meinem Gorilla, wie DuVERNoYy es auch für den seinigen bemerkt, durch die Höhle des Schultergelenkes. Dieser Verlauf ist nach Untersuchungen WELCKERS als ein sekundärer Zustand zu er- achten und ist durch eine Einwanderung der Sehne entstanden. Diese Einwanderung ist direkt während der Ontogenese des Menschen nachweisbar; sie ist auch durch Studien des Verlaufes der Sehne bei verschiedenen Säugetiergattungen nachgewiesen worden. Außerhalb der Kapsel befindet sich die Sehne bei Monotremata, Didelphys und Talpa, sie liegt in einem Recessus der Gelenkkapsel z. B. bei Cerco- pithecus und Ateles, sie zieht frei durch das Gelenk unter anderem bei Hapale. Die Sehne kann sich bei Cebus wie bei Hapale oder wie bei Ateles verhalten. Der M. biceps brachii hat bei allen bisher untersuchten Gorillas keine Variationen gezeigt, da er von allen Autoren (DUVERNOY, MACALISTER, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, Pıra) von gleichem Bau wie beim Menschen gefunden worden ist. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß, wenn eine größere Anzahl von Gorillas untersucht wird, man auch variierenden Bauverhältnissen des Muskels begegnen werde, da dieser z. B. bei Hylobatiden und dem Menschen bedeutenden Variationen unterworfen ist. Bei Aylo- bates kann das Caput breve von der Sehne des Pectoralis major, vom Tubereulum minus humeri oder vom proximalen Teile des Suleus intertubereularis humeri entspringen, und beim Menschen ist Biceps brachii nach Quaın »one of the most variable museles in the body«. Der größten Variation scheint die Anzahl der Ursprungsköpfe unter- worfen. zu sein. In 10°, kommt beim Menschen ein dritter Kopf vor. Die Anzahl der Köpfe kann, wenn auch selten, sich auf vier, 326 Adolf Pira ja selbst bis auf fünf vermehren. Andererseits ist auch ein gänz- liches Fehlen des Caput longum beobachtet worden (QuAıs). Diese große Variabilitä tdes Muskels hängt wohl davon ab, daß der Biceps brachii der Säugetiere nach FÜRBRINGER wahrscheinlich als ein Ver- schmelzungs- und zugleich Reductionsprodukt mehrerer (bis drei) bei niederen Wirbeltieren getrennter Muskeln aufzufassen ist. Dies Verhalten gibt auch eine Erklärung für die Tatsache ab, daß der Muskel bei verschiedenen Säugetiergattungen verschiedene Insertion zeigen kann. Bei einigen Formen inseriert er am Radius, bei anderen an der Ulna, ja bei einigen Formen kann er selbst an beiden Knochen des Vorderarmes sich befestigen (LECHE). M. eoraco-braechialis. Er entspringt mit einer kurzen Sehne am Processus coracoides, mit der Ursprungssehne des Caput breve bieipitis verwachsen. Der nicht besonders kräftige Muskel hat eine Länge von 12,5 cm und befestigt sich an dem 25 cm langen Humerus in einer Ausdehnung von etwa ”cm. An der linken Extremität beginnt das Ansatzgebiet proximal am unteren Drittel der Endsehne des M. latissimus dorsi, an der rechten Extremität ist der Beginn des Ansatzes etwas distalwärts, bis zum distalen Rande der Latis- simus-dorsi-Sehne, verschoben. Der Muskel ist nicht vom Nervus museulo-cutaneus durchgesetzt. Der Muskel meines Gorilla ist dem beim Menschen normal vorhandenen M. coraco-brachialis medius (Woop) homolog. Weder ein Coraco-brachialis longus vom Coracoid zum distalen Humerus- ende ausgedehnt, der bei Prosimiae vorkommt, noch ein Coraco- brachialis brevis, vom Coracoid zum Humerus zwischen Tuberculum minus und Ansatz des Teres major ziehend, wie er z. B. bei Prosi- miae, Ateles, Oercopithecus, Cynocephalus, Macacus, Troglodytes vor- liegt, sind bei meinem Gorilla vorhanden. In der Regel ist der M. coraco-brachialis beim Gorilla den Beschreibungen nach ein Coraco-brachialis medius WooDs (DUVERNOY, MACALISTER, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, SOMMER). HEPBURN beschreibt aber, daß bei einem Gorilla rechtsseitig zusammen mit dem gewöhnlichen Coraco- brachialis medius noch ein rudimentärer Cor.-brach. longus, und daß an der linken Extremität desselben Tieres außerdem ein Rudi- ment eines Coraco-brachialis brevis bestanden haben. M. brachialis. Er entspringt fleischig an der Facies anterior humeri, vom Ansatz des M. deltoides aus distalwärts, und an den Septa intermuseularia. Er inseriert am proximalen Teile der Ulna vom Processus eoronoides aus einige Zentimeter distalwärts bis zur Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1. Seh Tuberositas ulnae. DuvernoY fand den Muskel aus zwei Teilen zusammengesetzt, einem lateralen dickeren und einem medialen, breiteren, aber dünneren Teile. Proximalwärts umgreift der Muskel bei meinem und bei SOMMERS Gorilla nieht den Ansatz des M. deltoides, was ja der Fall beim Menschen ist. Bei den Säugetieren ist der M. brachialis oft länger als beim Menschen, da er sich bis an den Humeruskopf erstrecken kann, z.B. bei Maulwurf, Schaf, Schwein, Hund, Wolf, Fuchs, Katze usw. Beim Gorilla, Gibbon und bei Prosimiae ist der Muskel durch den breiten Deltoidesansatz noch weiter distalwärts als beim Menschen verschoben worden, da er sich bei diesen Formen nur bis zur Deltoidesinsertion, ohne diese zu umfassen, erstreckt. Beim Hylobates agilis scheint der M. brachialis von etwa derselben rela- tiven Länge wie beim Menschen zu sein, da die Mm. brachialis et deltoides bei dieser Form ineinander greifen. Hier umfaßt aber die Insertion des M. deltoides den proximalen Teil des M. brachialis, m. a. W., ein Teil des M. brachialis schiebt sich in den distalen Teil des Deltamuskels hinein (LecHe). Der M. brachialis geht beim Gorilla oft fleischige oder sehnige Verbindungen mit seinen Nachbarn ein: mit dem Deltoides (DUvERNOY, DENIKER), dem Brachio-radialis (DUVERNOY, DENIKER, SOMMER, PıRA), dem Triceps (DENIKER) und dem Pronator teres (BISCHOFF, SOMMER, PIRA). B. Hintere Gruppe. M. triceps brachii. Er verhält sich bei meinem Gorilla, wie Quaın den Muskel für den Menschen beschreibt. Der Ursprung des Caput longum am axillaren Rande des Schulterblattes ist sehr schwach; er nimmt eine Strecke von nur 2cm des 12,5 cm langen Margo axillaris, von der Cavitas glenoidalis aus caudalwärts ge- rechnet, in Anspruch. Dies ist bemerkenswert, da bei den Anthropo- morphen im allgemeinen ein weiter ausgedehnter Ursprung des Caput longum trieipitis vom axillaren Rande der Scapula herkommt; ja bisweilen kann der Ursprung sich über den ganzen Rand erstrecken. Bei den von HEPBURN und SOMMER untersuchten Gorillas war der Ursprung des Caput longum trieipitis am Margo axillaris scapulae in der Tat sehr weit ausgedehnt. In der Regel soll der Ursprung des langen Trieepskopfes bei den Primaten sowie bei Chiroptera auf den dem Gelenkende zunächst liegenden Abschnitt der Scapula beschränkt sein. Das Caput laterale trieipitis kann beim Gorilla außer seinem 328 Adolf Pira - gewöhnlichen Humerusursprung auch einen Scapularursprung am Margo axillaris besitzen (DUVERNOY, DENIKER). M. anconaeus. Er ist beiderseits vorhanden, relativ kräftig und vom M. triceps sowie vom M. extensor carpi ulnaris gut abge- setzt. Er entspringt am Epicondylus lateralis humeri und findet seinen Ansatz am proximalen Teile der Facies dorsalis ulnae, rechts in einer Ausdehnung von etwa 6cm, links in einer solchen von etwa 4,5 cm. Der Muskel des Gorilla ist von DUVERNOY, MACALISTER, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN und SOMMER beschrieben worden. ÜHAPMAN und SyMminGTon erwähnen ihn nicht, was aber nicht notwendig bedeuten muß, daß der Muskel an den untersuchten Gorillas fehlte. Die Stärke des Muskels variiert; nach DuvErnoY und mir ist er kräftig, nach MACALISTER, HEPBURN und SOMMER schwach. Der Muskel ist nach MACALISTER und HEPBURN eine distinkte Bildung. Beim Menschen und Gibbon ist der M. anconaeus bisweilen mit dem M. extensor carpi ulnaris, beim Orang und Gibbon mit dem M. triceps verwachsen. M. latissimo-condyloideus s. dorso-epitrochlearis. Er ist als selbständiger, aber schwacher Muskel beiderseits vorhanden. Er entspringt fleischig in einer Breite von 2cm an der Ventral- fläche des Anfangsteiles der Endsehne des M. latissimus dorsi, 3,5 cm von der Insertion des letzteren an der Crista tubereuli minoris hu- meri entfernt. Einige Muskelbündel ziehen direkt vom Latissimus dorsi zum M. lat. condyloideus. Der Muskel ist 16 cm lang, wovon die Hälfte einer platten Endsehne zukommt, die am Septum inter- musculare mediale und durch dieses vermittelt am Epieondylus medialis humeri sich anheftet. Der Latissimo-condyloideus scheint beim Gorilla immer vor- handen zu sein; er ist wenigstens von allen Forschern, die sich mit dem Gegenstande beschäftigt haben (DUvERNOY, MACALISTER, CHAP- MAN, BISCHOFF, DENIKER, SYMINGTON, HEPBURN, SOMMER, PIRA) be- schrieben worden. Im allgemeinen wird er als eine relativ schwache Bildung geschildert. Der Ursprung liegt immer, sehnig oder fleischig, an der Endsehne des M. lat. dorsi, einige Zentimeter vom Ansatz derselben am Humerus entfernt. Die Insertion findet statt an der Fascia brachii (DENIKER), am Septum intermuseulare mediale (HEr- BURN, SOMMER, PırA), am Epicondylus medialis humeri (DUvERNOY, CHAPMAn) oder an der Faseia antebrachii (MAcALISTER). Der Muskel erhält einen Zweig des N. radialis (HEPBURN, SOMMER, PIRA). Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. . 329 CHAPMAN gibt an, daß der N. ulnaris im M, lat. condyl. einge- bettet sei. Der Latissimo-eondyloideus kommt den meisten Säugetieren zu und ist bei den Prosimiae und den Simiae eine konstante Erscheinung, scheint aber bei den Anthropomorphen nur schwach zu sein. Beim Schimpanse soll er nach Symıngron und KeıtH, beim Gibbon nach DENIKER verhältnismäßig kräftiger als beim Gorilla entwickelt sein. Beim Orang ist er vorhanden (Fıck). Beim Menschen ist der Mus- kel selten, ist aber nach Quaın ziemlich allgemein durch ein Band, das vom unteren Rande der Sehne des M. lat. dorsi zur Fasecia des Armes und zum langen Kopf des M. triceps zieht, vertreten. Die Insertion des Muskels kann beim Schimpanse außer am Epicondylus medialis auch am Olecranon stattfinden. Der Muskel des Orang hat eine aponeurotische Verbindung mit dem Biceps Duvernoy). Bei den niederen Säugetieren erstreckt er sich bis- weilen sehr weit distalwärts; so endet er bei Ornithorhynchus und Didelphys in der Fascia des Unterarmes und reicht bei einigen Eden- taten (Pholidotus, Cyelothurus) bis zur Palmarfaseie hinab. 5. Muskeln des Vorderarmes. A. Muskeln der Beugeseite. «. Oberflächliche Schichte. M. pronator teres. Er entspringt mit einem Caput humerale am Epicondylus medialis und einem Caput ulnare vom Processus coronoides. Bei allen untersuchten Gorillas ist ein humeraler Ur- sprungskopf immer vorhanden; zu ihm gesellt sich ein ulnarer Kopf bei den von MACALISTER, DENIKER (Gorilla juv.), SYMINGTON, SOMMER und PırA untersuchten Tieren. An der linken Extremität meines Gorilla ist der ulnare Ursprungskopf sehr schwach. Ebenso wie bei den von DUVERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER (Gorillafötus) und HEPBURN untersuchten Gorillas kann ein Caput ulnare auch dem Schimpanse, wennschon seltener als beim Gorilla, fehlen (Keırh), und es ist beim Menschen keine konstante Erscheinung. Nach Mac- ALISTER gehört das, was man Caput ulnare des M. pronator teres nennt, eigentlich nicht ihm, sondern einer tieferen Muskelschicht zu, welche weiter distalwärts durch den M. pronator quadratus vertreten wird und bei einigen Säugetieren wie Perameles, einigen Halmaturus-Arten, Canıis und Hyaena längs des ganzen Vorderarmes ausgebreitet ist. 330 Adolf Pira Der Ansatz am Radius beginnt bei meinem Gorilla proximal- wärts in der Mitte des Knochens und erstreckt sich von hier in einer Ausdehnung von 7,5 em distalwärts, nähert sich erheblich mehr dem Carpus, als es in der Regel beim Gorilla der Fall ist. Die Insertion liegt nämlich an der Mitte des Radius (DuvErnoY, DENIKER: Gorilla- fötus, SOMMER) oder gar an der oberen Hälfte des Knochens (DE- NIKER: Gorilla juv.). Auch im Vergleich mit dem Verhalten des M. pronator teres beim Menschen erstreckt sich der Muskel bei meinem Gorilla sehr weit distalwärts, da das Ansatzgebiet beim Menschen in der Mitte des Radius sich befindet. Bei Schimpanse und Orang befestigt sich der Pronator teres auch etwas weiter distal als beim Menschen (HEPBURN). Am weitesten distalwärts dehnt sich der Muskel bei einigen niederen Säugetieren wie z. B. bei Echidna und Bradypus aus, wo er den Carpus erreicht, und bei Gymnura, bei welchem er mit der Faseia palmaris in Verbindung tritt. M. flexor carpi radialis. Er entspringt aus der für ihn, die Mm. pronator teres, flexor carpi ulnaris et flexor digitorum sublimis gemeinsamen Muskelmasse am Epieondylus medialis humeri, ferner an den intermuskulären Septen, welche ihn vom Pronator teres und Flex. dig. sublimis trennen. Zu diesen gewöhnlichen Ursprüngen können sich noch fleischige oder aponeurotische vom Radius gesellen (DUVERNOY, SYMINGTON, HEPBURN, SOMMER). Ein Radiusursprung kommt bisweilen auch bei Schimpanse, Orang und Gibbon vor (HEPBURN, KEITH). Der Muskel geht erst am distalen Drittel des Vorderarmes all- mählich in seine Endsehne über und inseriert an der Basis des Metacarpale 2. Diese Insertionsweise ist beim Gorilla die Regel. Zuweilen kommt aber noch eine Insertion am Metacarpale 3 vor (HEPBURN). Dies Verhalten ist auch bei Schimpanse, Orang und Gibbon gefunden worden (HepBurn). Bei Simiae und Prosimiae liegt die Anheftung in der Regel am Metacarpale 2. Die Insertions- weise variiert bei den Säugetieren erheblich. Der Ansatz kann am 1., 2. oder 3. und selbst, wie bisweilen beim Menschen, am 4. Metacarpale erfolgen. Bisweilen erstreckt sich die Endsehne nur bis zum Carpus oder selbst nur bis zum distalen Ende des Radius (Gymnura);, sie kann aber distalwärts bis zur Grund- phalange des zweiten Fingers (Dasyprocta) verlängert sein. M. flexor digitorum sublimis. Er entspringt aus der ge- meinsamen Muskelmasse am Epicondylus medialis humeri und läßt am distalen Ende des proximalen Drittels des Vorderarmes vier Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1. 331 voneinander gut abgesetzte Bäuche hervorgehen, von denen 3 volar gelegene die Sehnen für 3., 4. und 5. Finger abgeben, während die Sehne zum 2. Finger von einem dorsal gelegenen Bauche hervor- geht. Der Bauch für den 3. Finger erhält fleischige und ausge- dehnte Ursprungsbündel vom aponeurotischen Septum, welches ihn vom M. flexor carpi radialis scheidet. Der Bauch für den 4. Finger hat keinen radialen Ursprung, der für den 5. Finger ist bis zur Mitte des Vorderarmes mit dem M. flexor carpi ulnaris verwachsen. Der Muskel des Gorilla scheint in der Regel einen Radialursprung zu haben (DuUvErnoY, MACALISTER, SYMINGTON, HEPBURN, SOMMER). Die gegenseitige dorso-volare Lage der verschiedenen Bäuche und Endsehnen des M. flexor dig. sublimis ist bei anderen Gorillas nicht immer dieselbe wie bei meinem Gorilla, ist vielmehr ziem- lich großen Variationen unterworfen. Betreffs der diesbezüglichen Details ist es aber nicht leicht, ins klare zu kommen, da die Dar- Fig. 1. dorssal—>volar [ 250 or os U) on [ 55 ® n® on ®r s® en s® I 25 [ 179 n® stellungen einiger Autoren ziemlich undeutlich sind. Es scheinen folgende Lagebeziehungen der Sehnen des M. flexor digitorum sublimis bisher beobachtet worden zu sein (siehe Fig. 1). 1) Die Sehnen der Finger 3, 4 und 5 liegen in einer volaren Schicht, die Sehne des Fingers 2 befindet sich dorsalwärts davon, Fig. 1a (BıscHorr, DENIKER: rechte Extremität des Gorillafötus, HEPBURN, PırA); 2) die Sehnen der Finger 4 und 5 liegen volarwärts, die- jenigen der Finger 2 und 3 dorsalwärts, Fig. 1b (SommER); 3) die Sehnen der Finger 2, 4 und 5 liegen volarwärts, die Sehne des Fingers 3 befindet sich dorsalwärts, Fig. 1c (DENIKER: linke Extremität des Gorillafötus); 4) die Sehnen der Finger 3 und 4 lie- gen volarwärts, diejenigen der Finger 2 und 5 dorsalwärts, diese Lage wird auch beim Menschen angetroffen, Fig. 1d (DuvernxoyY?, CHAPMAN?). An den Fingern verhalten sich die Sehnen beim Gorilla wie beim Menschen und vielen Säugetieren, d. h. sie inserieren,‘ von 332 Adolf Pira den Sehnen des M. flexor digitorum profundus durchbohrt, an der Basis der zweiten Phalange des 2.—5. Fingers. Wenn der Gorilla auch bisweilen in der Lage der Endsehnen des M. flex. dig. sublimis unter dem Ligamentum carpi transversum den niederen Affen ähneln kann, was z. B. bei der Sehnenlage «a der Fig. 1 der Fall ist, welche man auch bei Mwycetes fuscus ge- funden hat (eit, SOMMER), so steht er doch durch die weit proximal- wärts beginnende deutliche Sonderung der verschiedenen Muskel- bäuche für jeden Finger auf einer höheren Entwieklungsstufe. Ur- sprünglich ist nämlich die Flexorgruppe eine einheitliche Muskel- masse, die sich erst allmählich in dorsale und volare, radiale und ulnare Teile auflöst (siehe beim M. flex. dig. profundus). Ein gut gegliederter M. flex. dig. sublimis stellt ein höher diffe- renziertes Stadium als ein einheitliches Gebilde dar. Bei Mwycetes ist die Muskelmasse für 3., 4. und 5. Finger einheitlich, ebenso wie die Sehne, die sich erst unter dem Ligamentum carpi volare in ihre einzelnen Glieder spaltet. Ein noch primitiverer M. flex. dig. sublimis ist von BiscHorr (eit. SOMMER) bei Hapale und Pithecia gefunden worden; hier gehen alle vier Sehnen aus einer Muskel- masse hervor. M. flexor earpi ulnaris. Er verhält sich in Ursprung und Ansatz, wie es Quaın für den Menschen beschreibt. Der humerale und der ulnare Ursprungskopf sind voneinander durch den Nervus ulnaris, der zwischen denselben zur volaren Fläche der Vorderarmes zieht, getrennt. Beide Ursprungsköpfe vereinigen sich weit proxi- mal und verlaufen als einheitliche Bildung zur Insertion, ein Ver- halten, welches man bei der Mehrzahl der Säugetiere wiederfindet. Ausnahmen gibt es allerdings, So ist der Muskel bei Canis und Procyon doppelt, da Caput humerale und Caput ulnare völlig getrennt zur Insertion verlaufen. Beim Gorilla scheint der Muskel keinen Variationen unterworfen zu sein; nach den Beschreibungen zeigt er dieselbe Anordnung wie beim Menschen. — DuvErnoy sagt, daß er vom Epieondylus medialis humeri zum Os pisiforme geht, erwähnt aber nichts von einem Ulnar- ursprung des Muskels. M.palmaris longus. Er fehlt beiderseits bei meinem Gorilla, was die Regel zu sein scheint, da er auch bei den von CHAPMAN, BiscHOFF, DENIKER (Gorillafötus et juv.), SYminGToN, HEPBURN und SOMMER untersuchten Tieren fehlte. Duverxoy konnte den Bauch sowie die Sehne des Muskels nachweisen; doch waren sie mit dem Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 333 M. flexor carpi ulnaris verwachsen. Nur einmal ist ein wohl ausge- bildeter Palmaris longus gefunden worden. Er entsprang mit einer platten Sehne; es folgte ein Muskelbauch, dann eine runde Inser- tionssehne (MACALISTER)!. Im Gegensatz zu diesem regelmäßigen Fehlen des Palmaris longus beim Gorilla steht dessen normales Auftreten beim Schim- panse und Menschen. Beim Schimpanse fehlte er nur bei 25 %/, (3:12 nach KeıraH), beim Menschen nur bei 10 °/, (Quaın). Der Palmaris longus ist der am meisten variationsfähige Muskel des menschlichen Körpers (Quaım). Beim -Orang ist der Muskel von DuvErnoy, HEPBURN und Fıck, beim Gibbon, wo DENIKER ihn vermißt hat, von HEPBURN gefunden worden. Da der Muskel schon bei niederen Säugetierformen (Marsupialia, Insectivora) aus der ursprünglich gemeinsamen . Flexormasse geson- dert vorliegt, so ist seine Abwesenheit beim Gorilla wohl als eine sekundäre Erscheinung zu erachten. Sie fällt zusammen mit der fast regelmäßig unselbständigen Ausbildung des M. flexor pollieis lon- gus, welche ja selbst zum vollständigen Fehlen des Muskels führen kann (s. unten). Beide Erscheinungen sprechen für die Tendenz, daß die Flexoren beim Gorilla sich reduzieren. In den Fällen des Fehlens des Palmaris longus beim Menschen fehlt niemals die Aponeurosis palmaris. Bei meinem Gorilla kommt auch eine Palmarfaseie mit oberflächlichen Längsfasern vor, die wohl als ein Rest der Palmarissehne zu deuten sind. Eine Palmarfascie ist für den Gorilla nur von DENIKER und HEPBURN erwähnt worden, was aber dahin nicht verwertet werden kann, daß diese Bildung sonst dem Tier fehlte. 3. Tiefe Schichte. M.flexor pollieis longus. Er fehlt beiderseits meinem Go- rilla. Er ist nur einmal in voller Ausbildung gefunden worden, und zwar nur an einem Arm. Der Muskel zeigt folgende Variationsverhältnisse: 1. Ein vollständiger M. flex. poll. long. im Sinne der Anatomie des Menschen ist vorhanden (SomMER: linke Extremität); 2. Die Sehne für den Daumen geht gemeinsam mit derjenigen zum 2. Finger aus dem radialen Teile des M. flexor digitorum pro- fundus hervor (DUVERNOY, DENIKER: Gorillafötus); 3. Ein Muskelbauch kann vom M. flex. dig. profund. leicht ge- 1 KeıtH gibt an, daß M. palmaris longus bei 4 von 11 Gorillas gefunden worden ist. 334 Adolf Pira trennt werden. Eine Sehne verläuft an der Radialseite vom Carpus bis zu den Basen der beiden Phalangen des Daumens. Muskelbauch und Sehne hängen aber nicht miteinander zusammen (MACALISTER); 4. Eine Sehne ohne zugehörigen Muskelbauch zieht vom Carpus zum Daumen (HuxLey, DENIKER: Gorilla juv., SYMIinGTon, HEp- BURN, SOMMER: rechte Extremität des untersuchten Tieres); 5. Muskelbauch und Sehne fehlen (CHAPMAN, BISCHOFF, PIRA). Nach KeıtH ist die Reduction des M. flex. poll. longus beim Go- rilla vollständiger als beim Schimpanse durchgeführt. Beim Orang zeigen die Elemente des tiefen Beugers des Daumens folgende Varia- tionen: 1. aus dem radialen Teile des M. flexor digitorum profundus zieht eine Sehne zum 2. Finger, aus welcher eine zarte Sehne zum Daumen sich abspaltet; die Anheftung der Daumensehne an der In- dexsehne ist aber locker (HEPBURN); 2. eine Daumensehne besteht ohne Muskelbauch (BRocA, BRooKS); 3. die Endsehne fehlt gänzlich (HuxLey, BisCHOFF, GRATIOLET und ALIX, CHAPMAN, LANGER, Fick, TeEsTur). Bei Prosimiae ist ein kräftiger M. flexor pollieis longus vorhan- den, dessen Muskelbauch und Sehne teilweise mit dem tiefen Beuger verbunden sind. Dies Verhalten ist ein primitives. M. flexor digitorum profundus. Er besteht aus zwei von- einander ganz getrennten, etwa gleich starken Teilen, einem radialen und einem ulnaren. Der radiale Teil entspringt von den mittleren zwei Vierteln des Radius und von angrenzenden Flächen der Mem- brana interossea; er gibt nur zum 2. Finger eine Sehne ab. Der ulnare Teil entspringt von etwas mehr als der proximalen Hälfte der Ulna und von der angrenzenden Membrana interossea; er entsendet Sehnen zum 3., 4. und 5. Finger. Der Muskelbauch für den 5. Finger sondert sich bald von der ulnaren Muskelmasse ab, etwa 11,5 em vom proximalen Rande des Ligamentum carpi transversum entfernt. Die Bäuche für den 3. und 4. Finger hängen weiter distal mitein- ander zusammen und trennen sich erst 3,5 em proximal vom Ligam. carpi transv. voneinander. Beim Gorilla Sommers entwickelten sich die Endsehnen für den 3. und 4. Finger erst unter dem carpalen Bandapparate. Bei den von DUVERNOY, BISCHOFF, DENIKER und HEPBURN un- tersuchten Gorillas gab der ulnare Teil des Muskels ebenso wie bei meinem Gorilla Sehnen zum 3., 4. und 5. Finger, bei den von ÜHAPMAN und SOMMER Onteredohlen Tieren aber solche zum 2., 3., 4. und 5. Finger ab. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 335 Die Insertionen liegen an den Basis der Endphalangen. Um Bau und Variationen der tiefen Muskelschichte bei den An- thropomorphen zu verstehen, müssen wir einen Blick auf das Ver- halten der Flexoren der niederen Säugetierformen werfen. Die Flexorgruppe des Vorderarmes ist ursprünglich eine ein- heitliche Muskelmasse, aus welcher sich drei übereinander liegende Schichten, und zwar der Palmaris longus, der Flexor digitorum sub- limis und der Flexor digitorum profundus, allmählich sondern. Diese Sonderung vollzieht sich bei den niederen Säugetieren nach den Arbeiten LECHES und RızgınGs folgendermaßen. Bei Monotremata ist nurein Flex. dig. vorhanden; bei Thylacinus, Phascologale und Perameles ist die Flexormasse im fleischigen Teile noch einheitlich, indessen die aus dieser Flexormasse hervorgehenden Sehnen in zwei Schichten ge- spalten sind, welche sich deutlich als Repräsentanten des Flexor sublimis und des Flexor profundus zeigen. Beianderen Marsupialia (Cuseus, Myrmecobius, Chironectes, Macropus, Aepyprymnus, Tricho- surus, Phascolarctos) hat die Sonderung sich noch weiter vollzogen; sie erstreckt sich hier auch auf die distale Partie der fleischigen Teile, obne jedoch zu vollständiger Trennung derselben zu führen. Eine solche ist bei den meisten Inseetivora durchgeführt, so daß wir bei ihnen den Sublimis und Profundus gut voneinander abgespalten finden. Der Sonderungsvorgang erfolgt also in proximaler Richtung. Bei niederen und höheren Primaten hat die Sonderung der Beu- germassen zur vollständigen Trennung des Sublimis und Profundus geführt. Zeichen des einstmaligen Zusammenhanges beider erhalten sich bisweilen selbst bei höheren Formen. So beschreibt DENIKER, daß am linken Arme seines Gorillafötus ein kleines Muskelbündel von der tiefen Fläche des Flexor sublimis zum Flexor profundus zog, und BiscHorr beobachtete beim Gorilla, HEPBURN beim Gibbon, daß der Flexor profundus außer den gewöhnlichen Ursprüngen auch am Epicondylus medialis humeri entsprang. Ein kleines, regel- mäßiges Ursprungsbündel des menschlichen M. flex. pollieis longus am Epieondylus medialis humeri ist mit dem Flexor sublimis ver- bunden und ist wohl auch hierher zu rechnen; ebenso sind die beim Menschen bisweilen vorhandenen Muskelbündel, welche vom M. flexor pollieis longus zum Flexor sublimis, Flexor profundus oder zum Pro- nator teres ziehen, zu beurteilen. Bei den niederen Affen ist der tiefe Beuger eine einheitliche Bildung, die in eine einheitliche Sehne übergeht. Aus dieser gehen die Sehnen für die Endphalangen aller fünf Finger hervor. Bei den 336 Adolf Pira höheren Primaten löst sich dieser einheitliche Muskel auf. Diese Auflösung erfolgt derart, daß der tiefe Beuger in einen radialen und einen ulnaren Abschnitt zerfällt. Die Trennungslinie zwischen beiden Abschnittennimmtbei den verschiedenen Formen der höheren Primaten eine ungleiche Lage ein. Sie scheint beim Gibbon in der Regel zwi- schen die Sehnen für 3. und 4. Finger (HEr&urn), bei den Anthropomor- phen zwischen diejenigen für 2. und 3. Finger und beim Menschen normalerweise zwischen die Sehnen für den 1. und 2. Finger zu fallen. Hiernach liefert der radiale Abschnitt des tiefen Beugers beim Hylobates Sehnen für den 1., 2. und 3. Finger, der ulnare für den 4. und 5. Finger. Bei den Anthropomorphen enthält der radiale Abschnitt die Sehnen für den 1. und 2., der ulnare für den 3., 4. und 5. Finger. Beim Menschen gibt der radiale Abschnitt nur die Sehne zum Dau- men, der ulnare aber die Sehnen für 2., 3., 4. und 5. Finger ab. Die Aufteilung der Muskelmasse beim Gibbon ist der Innerva- tion nach die natürlichste; denn beim Gibbon, Orang, Schimpanse, Gorilla und Menschen werden diejenigen Fleischmassen, welche die Sehnen für 1., 2. und 3. Finger liefern, vom N. medianus, diejenigen, welche Sehnen zum 4. und 5. Finger abgeben, vom N. ulnaris ver- sorgt. Beim Gibbon kann aber ebenfalls, wie wir es oben (S. 333, 334) für den Gorilla angeführt haben, die tiefe Muskelmasse bisweilen variieren. So fand DENIKER beim Gibbonfötus, daß die Aufteilung des tiefen Beugers ebenso wie bei den Anthropomorphen stattgefun- den hatte, d. h. daß die Trennungslinie zwischen den Sehnen für den 2. und 3. Finger verlief. Die Sehnen für 1. und 2. Finger kamen in diesem Falle von der Radialportion, diejenigen für 3., 4. und 5. Finger von der Ulnarportion des Muskels, welche ihrerseits wie- der in zwei Teile geteilt war. Im Gegensatze zu dieser von DENIKER gefundenen, hohen Differenzierungsweise der tiefen Beuger bei einem Gibbon steht das von BıscHorr für Hylobates leuciscus beschriebene primitive Verhalten, in welchem ein gänzlich ungeteilter tiefer Muskel mit Sehnen zu allen Fingern besteht. Gehen wir zu den schwankenden Verhältnissen am tiefen Bönftr des Daumens beim Gorilla zurück, so scheinen mir die oben ($. 333) auf- geführten Tatsachen folgende Erklärung zu bekommen. Als Ausgangs- stadium muß man den Zustand annehmen, in welehem der radiale Teil des tiefen Muskels Sehnen zum 1. und 2. Finger abgibt, was mit dem Falle 2. auf Seite 333 zusammentrifft. Es betrifft das von DuvErnoy und DENIKER gefundene Verhalten. In die allmähliche Verkümmerung des Daumens wird dessen Sehne hineingezogen; sie Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 337 wird schwächer und verliert allmählich ihren Zusammenhang mit dem Muskelbauch (Fall 3. und 4. auf S. 333, 334). Sie kann schließ- lieh vollständig reduziert werden (Fall 5. auf S. 334). Ob auch diejenige Muskelpartie des radialen Teiles des tiefen Beugers, die zur Daumensehne gehört, in die Reduction hineingezogen wird oder nicht, darüber sind die Meinungen geteilt. SOMMER ist der Meinung, daß die Muskelpartie den Zusammenhang mit der Sehne zwar ver- loren hat, aber in der Muskelmasse, aus welcher die Sehne zum 2. Finger herausgeht, zu finden ist. Für diese Ansicht spricht das bei meinem Gorilla vorhandene Verhalten, daß der radiale Teil des tiefen Beugers, der nur den 2. Finger versorgt, sehr kräftig, ja, wie auf S. 334 erwähnt, von etwa derselben Stärke ist wie der ulnare Teil der Muskelmasse, der die Sehnen für die drei ulnaren Finger abgibt. — Die Tatsache, daß ein M. flexor pollieis longus an der linken Extremität des Gorilla SOMMERS im Sinne der Anatomie des Menschen vorhanden ist (Fall 1. auf S. 333), läßt sich so mit unserer Darstellung in Einklang bringen, daß die Daumensehne in die Reduction des Dau- mensnicht mit hineingezogen worden ist. Die Aufteilung des tiefen Beugers in einen medialen und einen ulnaren Abschnitt findet zudem wie beim Menschen zwischen den Sehnen für den 1. und 2. Finger statt, während sie sonst beim Gorilla zwischen dem 2. und 3. Finger zu finden ist. Mm. lumbricales. Sie bestehen beim Gorilla immer zu vieren; sie zeigen im Ursprung folgende Variationen: Der erste, d.h. derjenige zum 2. Finger, besitzt immer nur einen radialen Ursprungskopf (DUVERNOY, BISCHOFF, DENIKER, HEP- BURN, SOMMER, PIRA); Der zweite besitzt bisweilen nur einen radialen (DUVERNoY, DENIKER), zuweilen aber einen radialen und ulnaren Ursprung (Bı- SCHOFF, SOMMER, PIRA); Der dritte entspringt entweder nur radialwärts (DUVERNOY, DE- NIKER)oder gleichzeitigradial-und ulnarwärts (HEPBURN, SOMMER, PIRA); Der vierte kann mit nur einem ulnaren (DUVERNOY, DENIKER) oder nur mit einem radialen (SOMMER) oder gleichzeitig mit einem ulnaren und einem radialen Ursprungskopf (PırA) entspringen. Die Muskeln ziehen zur radialen Seite der vier ulnaren Finger, wo die Sehnen wie beim Menschen in die Dorsalaponeurose übergehen. Mm. lumbricales scheinen bei den meisten Säugetieren vorhan- den zu sein, wenn die Anzahl und die Insertion auch etwas wechseln. M. pronator quadratus. Er erstreckt sich bei meinem Gorilla Morpholog. Jahrbuch. 47. 22 338 Adolf Pira iiber das distaleFünftel des Vorderarmes, ist also wie bei Prosimiae und der Mehrzahl der Primaten in der Größe reduziert, während der Muskel bei den Säugetieren, wenn er vollständig entwickelt ist, die ganze Länge des Vorderarmes einnimmt (siehe M. pronator teres $. 329), Beim Menschen erstreckt sich der Muskel etwa über das distale Viertel des Vorderarmes; er kann auch weiter proximalwärts, in seltenen Fällen selbst bis zur Mitte des Vorderarmes sich ausdehnen. Der Muskel scheint bei den Anthropomorphen hochgradiger als beim Menschen reduziert zu sein. CHAapmAn beschreibt ihn beim Gorilla als sehr schwach. Er nahm nach DeEnIkEr beim Gorillafötus ein Sechstel, beim jungen Tier sogar nur ein Siebentel des Radius ein. Beim Gorilla MACALISTERS erstreckte sich der Muskel zwar über ein Viertel des Radius, war aber sehr schwach. Beim Orang ist der Muskel nach HErBURN ebenfalls sehr stark verkümmert. B. Muskeln der Streckseite. «. Oberflächliche Schichte, M. brachio-radialis. Er entspringt bei meinem Gorilla in einer Ausdehnung von 10 cm am Margo lateralis humeri. Der Ur- sprung erstreckt sich proximalwärts bis zur Deltoidesinsertion, ja selbst etwas darüber hinaus; er endigt distalwärts etwa 2,5 cm proximal vom Epieondylus lateralis humeri. Der Ursprung ist dem- nach ziemlich ausgedehnt. Er ist beim Gorilla SOMMERS noch größer, da er sich von der Deltoidesinsertion bis zum Epieondylus erstreckt. Sonst kann der Muskel am oberen (DuvErnoY) oder mittleren (DE- NIKER) Drittel des Margo lateralis humeri entspringen. Der Gorilla CHAPMANS zeigte ein Verhalten wie beim Menschen. Daß der Brachio-radialis des Gorilla proximal bis zum M. del- toides sich erstreckt, ist beachtenswert. Ich konnte eine Grenze zwischen beiden Muskeln nicht feststellen; sie gingen wenigstens teilweise ineinander über. Ganz dasselbe Verhalten, wodurch ein Muskelband vom Schulterblatt bis zum Carpus zustande kommt, ist einmal von MACALISTER (zit. Testur) beim Menschen beobachtet worden. In der Regel erstreckt sich der Brachio-radialis beim Men- schen nicht so weit proximal, daß er in Kontakt mit dem M. deltoides kommt. Verschmelzung mit diesem ist auch bei einigen niederen Säugetieren, z. B. bei Manis, beobachtet worden. Bei der Katze, Lutra und bei Trechechus erstreckt sich der Muskel proximal sehr hoch am Humerus, bei Phascolomys bis zum Caput humeri empor. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1. 339 Der Brachio-radialis ist beim Gorilla proximal oft mit seinen Nachbarn innig verbunden, mit dem Deltoides (DENIKER, PırA), dem Brachialis (DUVERNOY, DENIKER, SOMMER, PıRA), dem Trieeps (Dv- VERNOY, DENIKER) oder dem Biceps (DENIKER). Der linke Muskel inseriert bei meinem Gorilla an der Basis des Processus styloides radii, also wie normalerweise beim Menschen und bei den meisten Säugetieren. An der rechten Extremität konnte ich dagegen keine Radiusinsertion feststellen; die Endsehne strahlte hier in die Fascie der Carpalregion aus (s. weiter S. 340). In der Regel inseriert Brachio-radialis beim Gorilla am Processus styloides radii (DUVERNOY, MACALISTER, CHAPMAN, BISCHOFF?, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PırA: linke Extremität). Teilweise Ausstrahlungen in die Fascia antebrachii sind von BiscHorr gefunden worden. Beim Orang beobachtete LANGER (zit. BISCHOFF) ein sich abzweigendes Bündel, dessen Sehne in die Faseia antebrachii überging. Beim Menschen ist wenigstens zweimal (zit. Testur) eine Verbindung zwischen Bra- chio-radialis und Fascia antebrachii nachgewiesen worden. Bei Bra- dypodidae besteht der Muskel aus zwei Teilen, von denen der eine wie gewöhnlich am Radius inseriert, der andere dagegen, welcher übrigens weiter proximal als der erste entspringt, in eine zur Pal- marfläche des Carpus gehende Aponeurose sich ausbreitet. Die Insertion erreicht beim Gibbon den Processus styloides nicht, son- dern findet am Radius, etwa 6 cm proximal von diesem (HEPBURN) oder an der Mitte des Radius (DENIKER) statt. Der menschliche Muskel inseriert bisweilen auch an der Mitte der Speiche (Quam). M. extensor carpi radialis longus. Er entspringt in einer Ausdehnung von etwa 2,5 cm am Margo lateralis humeri zwischen Brachio-radialis proximal und M. extensor carpi radialis brevis distal- wärts. Der Ursprung findet sich in der Regel beim Gorilla am Margo lateralis humeri (DUVERNOY, ÜHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, PırA); beim Gorilla-SomMERS hingegen, wo der M. brachio- radialis distal bis zum Epicondylus lat. humeri sich ausdehnt, ist das Ursprungsgebiet auf den Epicondylus beschränkt. Der linke Muskel meines Gorilla zeigte nichts Bemerkenswertes; er inserierte am radialen Randeder Dorsalfläche der Basis des Metacar- pale 2, was Regel beim Gorilla ist. Diese Insertionsweise ist von DUVERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN und SOMMER beschrieben worden. Der rechtsseitige Muskel verhielt sich etwas abweichend. In der Nähe des Ursprunges teilte er sich in, zwei Portionen, in eine oberflächliche und eine tiefe. Die tiefe Portion 22* 340 Adolf Pira besteht aus einem dieken, etwa 5 em langen Muskelbauche, der in eine lange, wohl ausgebildete Sehne ausläuft. Sie zieht zum radialen Rande der Dorsalfläche der Basis des Metacarpale 2. Diese Portion verhält sich also wie der M. extensor carpi radialis longus der linken Extremität. Die oberflächliche Portion besteht aus einem platten Muskelbauche, dessen platte Sehne an der Volarfläche des Radius, etwa 3,5 em von dessen Distalende entfernt, sich befestigt. Entsprechendes für das letztgenannte Verhalten ist in der Lite- ratur nicht zu finden. Zwar ist eine Aufteilung der ursprünglich einheitlichen Muskel- und Sehnenmasse, die beim Menschen in den langen und kurzen Muskel erfolgt ist, in noch mehrere Teile eine nicht allzu seltene Erscheinung. Die Insertion am Radius bleibt aber bemerkenswert. Beim Menschen kommt bisweilen ein M. ex- tensor carpi radialis accessorius vor; er heftet sich aber am Metacar- pale 1., am M. abduetor pollieis u.a. 0. fest, aber nicht an der Speiche. Ich halte es für wahrscheinlich, daß die erwähnte Portion ein Teil des Brachio-radialis ist, der sich ja übrigens auch an der rechten Extremität meines Gorilla eigentümlich verhielt (s. S. 339). Dieser Meinung widerstreitet die ziemlich weit (3,5 em, vgl. oben) vom distalen Ende des Radius liegende Insertion der fraglichen Mus- kelpartie keineswegs, da ähnliche Insertionsweisen des Brachio- radialis beim Gibbon und Menschen (vgl. S. 339) bekannt geworden sind. Auch das: Verhalten am rechten Brachio-radialis meines Go- rilla, welcher zweigeteilt sein sollte, bietet nichts Neues dar, da dies in seltenen Fällen auch beim Menschen, nach Quam, vorkommt. Das einzige Eigenartige ist, daß ein Teil des Brachio-radialis mit dem Extensor carpi radialis longus verwachsen ist. Diese Tatsache läßt sich folgendermaßen erklären. Nach den Untersuchungen Rız- BINGS sind die Mm. supinator brevis, brachio-radialis, extensor carpi radialis longus et extensor carpi radialis brevis der Säugetiere durch Spaltung aus einem den Urodelen zukommenden, einheitlichen M. extensor antebrachii et carpi radialis, welcher vom Epicondylus late- ralis humeri und vom distalen Ende des Humerus entspringt und am größten Teile des Radius und am Radiale inseriert, entstanden. In Fällen mit einem doppelten Brachio-radialis ist der Urodelen- muskel in fünf anstatt in vier Teile zerlegt. Ein Teil des doppelten Brachio-radialis ist aber bei meinem Gorilla nicht vollständig vom M. extensor cearpi radialis longus losgetrennt. M. extensor carpi radialis brevis. Er entspringt wie beim Menschen (QuAın). Der Ursprung hat eine Ausdehnung von 8 cm Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1. 341 am Intermuskularseptum, das ihn proximal vom Extensor digitorum communis trennt. Nach DUVERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, HEPBURN und SOMMER entspringt der Muskel beim Gorilla wie beim Menschen, also vom Epieondylus lateralis humeri. Nach DENIkER hat er zwei Ursprungs- köpfe, den gewöhnlichen am Epiecondylus und einen an der vorderen Fläche des Condylus; zwischen beiden Köpfen zieht der Nervus museulo- eutaneus hindurch und gibt dabei Zweige an den Muskel ab. Eine eylindrische Sehne gelangt zur dorsalen Fläche der Basis ossis metacarpalis 3 wie beim Menschen (DuUvERNOY, CHAPMAN, BI- SCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Der Muskel ist bei meinem Gorilla von derselben Stärke wie der E. ce. r. longus, bei den von MACALISTER und SOMMER unter- suchten Tieren ist er doppelt so stark wie der letztere. Bei Gibbon fand DENIKER ein primitives (s. oben) Verhalten, indem beide Extensores carpi radiales verwachsen waren. Erst die End- sehne spaltete sieh und erreichte am Carpus die Metacarpalia 2 und 3. M. extensor digitorum communis. Er entspringt am Epi- condylus lateralis humeri, an der Fascia antebrachii und von den aponeurotischen Septen, die ihn einerseits vom Extensor carpi ra- dialis brevis, anderseits vom Extensor carpi ulnaris trennen. Bei den übrigen untersuchten Gorillas scheint der Ursprung sich ebenso verhalten zu haben. Die Beschreibungen sind jedoch nicht immer deutlich genug, um Genaues aus ihnen zu erschließen. Der Muskel gibt Sehnen zu den 4 ulnaren Fingern ab, was Regel beim Gorilla zu sein scheint, denn eine gleiche Sehnenverteilung wird von DUVERNOY, MACALISTER, ÜHAPMAN, BISCHOFF, HEPBURN und SOMMER beschrieben. DENIKER fand jedoch, daß der Muskel Sehnen nur zum 2., 3. und 4. Finger sendete, daß also die Sehne zum 5. Finger fehlte. Dieses Verhalten ist bei meinem Gorilla insoweit angebahnt als die Sehne zum 5. Finger sehr schwach ist, was auch DUVERNOY, MACALISTER und SOMMER ihrerseits beobachtet haben. Ein Fehlen der Extensorsehne für den 5. Finger wurde auch bei nie- deren Affen beobachtet, z. B. bei Afeles und Cercopithecus. Im Gegen- satz zur Reduction der Sehnenanzahl steht das beim Menschen bis- weilen vorkommende Verhalten, daß der Muskel Sehnen zu allen fünf Fingern abgibt. Zuweilen ist die Sehnenanzahl auch beim Menschen reduziert. Die Sehnenausbreitung des Muskels ist bei den Säugetieren ziemlich großen Variationen unterworfen. Bei Erinaceus und Vesperugo gelangen Sehnen zu allen fünf Fingern, bei Echrdna bisweilen zu allen, mitunter nur zu den drei mittleren Fingern. Der 342 Adolf Pira Muskel entsendet bei O'yclothurus nur eine Sehne zum dritten Finger; dieser Zustand steht natürlich zu der Rückbildung der anderen Finger in Beziehung. Die Sehnen trennen sich bei meinem Gorilla unter dem Liga- mentum carpi dorsale voneinander; Juncturae tendinum bestehen nicht. Solehe sind bei den von DUVERNOY und SOMMER untersuchten Gorillas vorhanden gewesen; denn DuvErxoy gibt eine Verbindung zwischen den Sehnen für den 3. und 4. Finger, SOMMER zwischen denjenigen für 4. und 5. Finger an. Andere Forscher erwähnen nichts von Junceturae tendinum. Daß diese im Auftreten und in ihrer Entwicklung Variationen unterworfen sind, kann nicht auffallen, da die Juneturae ja nur Reste einer einheitlichen Sehnenausbreitung des Streckers am Dorsum manus sind. Ein einheitliches Sehnenblatt kommt bei Echidna, auch bei einigen Primaten, z. B. Mycetes und Cercopithecus vor. Als Anomalie tritt es bei Gibbon, Schimpanse und selbst beim Menschen auf. M. extensor digiti quinti proprius. Er entspringt mit einem von seinen Nachbarn gut abgesetzten Muskelbauche am apo- neurotischen Septum, das ihn vom Extensor carpi ulnaris trennt. Unter dem Ligamentum carpi dorsale geht der Muskel in eine lange dünne Sehne über, die ohne einen Zusammenhang mit der Sehne des Extensor digitorum communis für den 4. Finger zur Dor- salaponeurose des 5. Fingers zieht. Bei den von DUVERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN und SOMMER untersuchten Exemplaren gab der Muskel ebenfalls nur zum 5. Finger eine Sehne ab. MACALISTER fand außer der Sehne zum 5. Finger noch eine schwache zum 4. Finger. Dieses Verhalten ist von DUVERNOY und HEPBURN beim Orang beobachtet worden. Es kommt beim Menschen zuweilen (6 ®/,) vor und ist als eine primitive Erscheinung aus den folgenden Grün- den zu deuten. Der Muskel, welcher in der Anatomie des Menschen den Namen Extensor digiti quinti proprius führt und wenigstens ab und zu bei niederen Affen und oft bei den Anthropomorphen, besonders beim Gorilla, vorhanden ist, ist als ein Rest eines hier und da bei den Säugetieren vorhandenen Muskels mit größerem Arbeitsgebiet anzu- sehen, eines Muskels, der Extensor digitorum lateralis oder Extensor digitorum secundus oder Extensor prop. dig. externorum benannt wor- den ist. Er gibt bei Säugetieren eine verschiedene Anzahl Sehnen ab, höchstens jedoch vier, und zwar zu den vier ulnaren Fingern. Dieser Zustand findet sich z. B. bei der Katze vor. Bei den höheren Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 343 Formen ist der Muskel reduziert und ist dann schließlich auf den 5. Finger beschränkt. In den Fällen, wo er noch den 4. Finger ver- sieht, liegt ein primitives Verhalten vor. Nach einigen Autoren (LECHE, SOMMER) gehört der Extensor digiti quinti proprius genetisch der Schiehte dertiefen Fingerstrecker zu. Bei dem von DENIKER untersuchten Gibbonfötus lag er auch in dieser Schichte. Beim Gorilla nimmt er aber wie beim Menschen in der Regel eine oberflächliche Lage ein. Rısgıng ist der Meinung, daß der Muskel ein Teil des M. extensor digitorum communis sei. M. extensor carpi ulnaris. Er entspringt, mit seinen Nach- barn verwachsen, vom Epicondylus lateralis humeri, von der Faseia antebrachii und von der Facies dorsalis ulnae bis zur Mitte des Knochens. Er inseriert immer an der Basis ossis metacarpalis 5 (DUVERNOY, MACALISTER, ÜHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Durch diese Insertionsweise nimmt der Gorilla eine Zwischen- stellung zwischen denjenigen Formen ein, bei welchen der Muskel nur bis zum Carpus reicht (Phascologale, Chironectes, Chrysochloris) und denjenigen, bei welchen er sich distal vom Metacarpus erstreckt (Echidna, Choloepus, Manis). Beim Menschen inseriert der Muskel in der Regel am Metacarpale 5; oft kann aber ein Teil der Inser- tionssehne bis zur Grundphalanx des 5. Fingers herabreichen. ß. Tiefe Schichte. Mm. extensores digitorum profundi. Sie bilden bei mei- nem Gorilla proximal eine einheitliche Muskelmasse, die vom mitt- leren Drittel des Radius, von der Membrana interossea und von den mittleren zwei Vierteln der Ulna ausgeht. Etwa 5 cm proximal vom - Ligamentum carpi dorsale sondern sich aus dieser Muskelmasse vier Gebilde. Der am meisten radialwärts liegende Muskel ist schwach, geht durch das erste Fach des dorsalen Bandapparates. Die Sehne in- seriert sich am Carpale 1. Nach Lage und Insertion entspricht der Muskel demjenigen, welchen SommER als Abduetor pollieis longus beschrieben hat. Es scheint mir aber nicht angemessen zu sein, diesen aus der Anatomie des Menschen entnommenen Namen auf den fraglichen Gorillamuskel anzuwenden. Der Muskel kann als ein Abductor pollieis nicht wirksam gedacht werden, denn er setzt sich überhaupt nicht am Daumen fest, sondern am Carpus. Er ist, wie es mir scheint, nur einem Teile des menschlichen Abductor pol- 344 Adolf Pira lieis longus gleichwertig, nämlich demjenigen, der nach QuAın am Carpale 1 inseriert. Der nächste aus der gemeinsamen Muskelmasse sich absondernde Bauch endigt in einer Sehne, die ebenfalls durch das erste Fach des Dorsalbandes zur Hand gelangt. Sie teilt sich hier in zwei Portionen, eine kräftige, die am radialen Teile der Basis des Meta- carpale 1. inseriert, und in eine schwächere Portion, die in die Dorsal- aponeurose des Daumens ausstrahlt. Dieser Muskel entspricht dem- jenigen, welchen SoumEr als M. extensor pollicis brevis beschrieben hat. Er faßt aber in sich etwas mehr als das in der Anatomie des Menschen mit diesem Namen bezeichnete Gebilde. Der fragliche Gorillamuskel enthält nämlich in sich nicht nur einen Extensor pollieis brevis des Menschen, sondern auch denjenigen Teil des Ab- duetor pollieis longus, der seinen Ansatz am Metacarpale 1 findet und funktionell als Abductor besteht. | Die Muskeln an meinem und an SomMERS Gorilla, welche zu- sammen durch das erste Fach des Ligamentum carpi dorsale ziehen und also zusammen das radiale Segment der Extensormasse reprä- sentieren, entsprechen den Mm. abductor pollieis longus—+ ex- tensor pollieis brevis des Menschen. Dieses radiale Segment der tiefen Extensormasse zeigt bei verschiedenen Gorillas in der Aufteilung so variable Verhältnisse (s. S. 345), daß es unstatthaft wird, die Namen aus der Anatomie des Menschen als Regel auf die Teilungsprodukte desselben anzuwenden. Auf den dritten Muskelbauch, der sich aus der einheitlichen Muskelmasse bei meinem Gorilla loslöst, ist der Name M. extensor pollieis longus im Sinne der Anatomie des Menschen anwendbar, da die Endsehne durch das dritte Fach des Dorsalbandes zur Basis der Nagelphalanx des Daumens zieht. Ebenso entspricht der am meisten ulnarwärts frei werdende Muskel einem menschlichen M. extensor indieis proprius, da die Sehne durch das 4. Fach des Bandapparates gemeinsam mit dem M. extensor digitorum communis durchläuft und an der Dorsalapo- neurose des Zeigefingers endigt. Bei allen bisher beschriebenen Gorillas ist, wie bei dem mei- nigen, die tiefe Extensormasse distalwärts in drei Hauptsegmente, ein ulnares, ein mittleres und ein radiales, geteilt. Das ulnare Seg- ment, dessen Sehne durch das vierte Fach des Bandes zieht, gelangt immer nur zum 2. Finger, wo die Sehne bisweilen innigst mit der- Jenigen des M. extensor digitorum eommunis verbunden ist (DuvEr- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 345 NOY, MACALISTER, CHAPMAN, DENIKER, SYMINGTON, HEPBURN, SOM- MER, PIRA). Dieser Muskel ist also mit dem. Extensor indieis pro- prius des Menschen homolog; er ist beim Gorilla oft sehr schwach entwickelt (DUVERNOY, BISCHOFF, DENIKER, SOMMER), so daß er, wie BISCHOFF sagt: »schwerlich die charakteristische indicatorische Be- deutung desselben wie bei dem Menschen besitzt«, oder, wie DUVER- noy schon im Jahre 1853 sich ausdrückte: »il a perdu l’usage spe- cial d’etendre de doigt indicateur. ÜO’est une des plus interessantes demonstrations des modifications fonctionelles, que des differentes parties d’un m&me plan £prouvent selon les besoins de la vie«. Nach KeırH fehlte der Muskel bei einem Gorilla gänzlich. Das mittlere Segment der tiefen Extensormasse endigt bei Go- rilla mittelst einer Sehne, die durch das dritte Fach des Dorsal- bandes zur Hand zieht. Hier endigt die Sehne stets an der Basis der Nagelphalanx des Daumens (DUVERNOY, MACALISTER, CHAPMAN, BiscHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Der Muskel ist also dem Extensor pollieis longus des Menschen gleichwertig. In einem Fall, beim Gorilla HEPBURNS, sandte der Muskel auch einen Sehnen- zweig zum 2. Finger ab. Das radiale Segment der tiefen Extensormasse, welches durch das erste Fach zur radialen Seite der Hand gelangt, weist beim Gorilla große Variationen auf. Es kann als ein einfacher Muskel, als zwei, ja selbst als drei Muskeln auftreten und seine Insertion am Carpus, Metacarpus oder am Daumen finden, was aus folgender von mir nach der Literatur gemachten Zusammenstellung hervorgeht. Das radiale Segment der tiefen Extensormasse des Vorderarmes, welches durch das erste Fach des Ligamentum carpi dorsale zur Hand zieht, zeigt beim Gorilla folgende Modifikationen: 1. Ein einfacher Muskel mit Insertion: a) am Öarpale 1. und an der Basis ossis metacarpalis 1., also — Abductor pollieis longus des Menschen (MACALISTER, BI- SCHOFF, DENIKER); b) an der Basis ossis metacarpalis 1. und Phalanx 1. digitil. (SYMINGTON). 2. Zwei Muskeln mit Insertion: a) der radiale am Carpale 1. und an der Basis oss. metacar- palis 1., also — Abductor pollicis longus des Menschen; _ der ulnare an der Basis der Phalanx 1. digiti 1., also —= Extensor pollieis brevis des Menschen (ÜHAPmaAn) 1; 1 CHapman beschreibt zwar die beiden Muskeln nicht, sagt aber, daß 346 Adolf Pira b) der radiale an der Basis ossis metacarp. 1.; der ulnare an der Basis ossis metacarpalis 1. und der Basis der Pha- lanx 1. digiti 1. (HEPBURN]; c) der radiale am Carpale 1.; der ulnare an der Basis ossis metacarpalis 1. und an der Dorsalaponeurose des Daumens (SOMMER, PIRA). 3. Drei Muskeln mit Insertion: a) der radiale am Carpus, der mittlere an der Basis der Pha- lanx 1. digiti 1. und der ulnare an der Palanx 1. digitil. (DUVERNOY). Für die Elemente des radialen Segmentes des Gorilla sind also nur ausnahmsweise Namen aus der Anatomie des Menschen ver- wendbar; dessenungeachtet sind doch von den meisten Forschern die erwähnten Elemente als Abductor pollieis longus, beziehentlich als Extensor pollieis brevis beschrieben worden. Das Auftreten einer einheitlichen Muskelmasse am proximalen Teile des Vorderarmes, aus welcher sich distal die tiefen Strecker erst sondern, stellt für Gorilla einen primitiven Zustand dar. Nach BISCHOFF, GEGENBAUR u. a. kommen nämlich ursprünglich die tiefen Streekersehnen der Finger aus nur einem Muskel hervor, der übrigens oft eine größere Vollständigkeit in der Versorgung der Finger zeigt, als das beim Gorilla und Menschen Regel ist. Beiihnen werden nur der 1. und 2., vielleicht auch der 5. Finger versorgt, wenn man den M. extensor digiti quinti proprius zur tiefen Schichte rechnet (vgl. S. 343). Eine primitive Anordnung fand DENIKER beim Gibbonfötus, da hier ein gemeinsamer Extensor digitorum profundus mit den Sehnen für den 2., 3., 4. und 5. Finger vorhanden war. Bei den meisten Halbaffen gehen Extensorsehnen aus der tiefen Schicht zum 1., 2. und 3. Finger ab, was auch bei den meisten Platyrrhina und Catarrhina der Fall sein soll. Bei einigen Affen (Aieles, manchmal Cebus, Cercopithecus, Hylobates) kann noch eine Sehne zum 4. Finger hin- zukommen. In diesen Fällen ist es der hoch differenzierte M. extensor indieis proprius oder, besser ausgedrückt, das ulnare Segment der tiefen Extensormasse, welches Sehnen nicht nur zum 2. Finger, son- dern auch zum 3., beziehentlich zum 3. und 4. Finger abgibt. Aus dem Extensor indieis proprius kann der 3. Finger auch beim Orang und beim Schimpanse eine Sehne erhalten. Also auch bei den An- Extensor ossis metacarpalis pollieis und Extensor primi internodii pollieis bei dem von ihm untersuchten Gorilla >in no wise different from man« waren. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 347 thropomorphen kommt bisweilen ein Rückschlag zu primitiveren Ver- hältnissen vor. »Von diesem Gesichtspunkt sind auch die Fälle zu beurteilen, in welchen beim Menschen Abzweigungen der End- sehnen bestehen (GEGENBAUR). Bisweilen kann die Reduction der tiefen Extensorsehnen, die ja bei den Anthropomorphen in der Regel zum gänzlichen Fehlen der Sehnen zum 3. und 4. Finger führt, eine andere Richtung nehmen. So fand DuvErnoy bei zwei Orangen, daß der M. extensor indieis proprius fehlte, bei beiden Tieren hingegen ein M. extensor medius proprius vorhanden war. Die Verhältnisse der tiefen Extensoren beim Gorilla, insbeson- dere des oben erwähnten sehr variablen Baues der Streckermusku- latur des Daumens, scheinen mir obiger Anschauung nach folgen- der Weise ihre entwicklungsgeschichtliche Erklärung zu bekom- men. Ursprünglich lag an der Rückseite des Vorderarmes eine tiefe Muskelschichte vor, welche Sehnen zu allen 5 Fingern abgab. Die Portion dieser Muskelschichte, welche die Sehne für den 5. Finger lieferte, trennte sich schon früh von der übrigen Muskelmasse, eman- zipierte sich als ein selbständiger Muskel und verlagerte sich zur oberflächlichen Schichte als M. extensor digiti quinti proprius. Die restierende Muskelmasse, die in Verbindung mit den 4 radialen Fingern stand, sonderte sich in zwei Portionen, eine ulnare mit Be- ziehung zu dem 2,, 3. und 4. Finger und eine radiale mit Beziehung zum Daumen. Die ulnare Portion wurde danach wenigstens be- züglich des Sehnenteils, wahrscheinlich aber auch betreffs des Mus- kelteils rückgebildet, so daß sie nur ihre Beziehung zum 2. Finger beibehielt, d. h. zu einem M. extensor indieis proprius wurde. Die radiale Portion wurde zweigeteilt, in ein ulnares und ein radiales Segment. Das ulnare von diesen behielt seine Beziehung zum ganzen Daumen bis zur Nagelphalanx desselben bei und trat als M. extensor pollieis longus auf. Das radiale Segment behielt ebenfalls seine Beziehung zum Daumen, aber nur zum proximalen Teile desselben, zum Metacarpalknochen und zur Basalphalanx, be- ziehentlich auch zum Carpus: Carpale 1. Der Aufteilungstrieb der ganzen Muskelmasse ist aber auf dieses, nur selten einheitliche, radiale Segment fortgepflanzt, die Aufteilungsweise aber beim Go- rilla in hohem Grade undezidiert (s. S. 345). Beim Menschen ist die Aufteilungsweise eine konstante; der eine Teil bezieht sich auf Basalphalange des Daumens, wirkt also als ein Strecker des Dau- mens in dem Metacarpo-phalangeal-Gelenk; er ist ein Extensor pol- lieis brevis. Der andere Teil erhält Beziehung zum basalen Ende 348 Adolf Pira des Metacarpale 1., wirkt also auf das Carpo-metacarpal-Gelenk des 1. Fingers und abduziert den Daumen. Er ist ein M. abductor pol- lieis longus. Die wenig scharfe Aufteilungsweise des radialen Muskelsegmentes und die damit zusammenhängende, nur wenig be- stimmte Wirkungsweise desselben auf den Daumen hängt ohne Zweifel mit der Reduetion des Gorilladaumens zusammen. Diese Re- duction gibt sich "auch, wie wir vorher gesehen haben, im Bau des langen Beugers des Daumens kund. M. supinator. Der kräftige Muskel entspringt und inseriert bei meinem Gorilla im großen und ganzen wie beim Menschen. Er erstreckt sich bei meinemGorilla vielleicht etwas weiter distalwärts am Radius als beim Menschen. Das Insertionsgebiet des Muskelsreichtbeim Gorilla bis zur Mitte des Knochens, nimmt beim Menschen dagegen nur das proximale Drittel des Knochens ein. Beim Gorilla DuvEr- noys nahm die Insertion des M. supinator ein Drittel des Radius ein; bei den Exemplaren von CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEP- BURN und SOMMER zeigte der Muskel keinen Unterschied von dem- jenigen des Menschen. Bis zur Mitte des Radius ebenso wie bei meinem Gorilla er- streckt sich der Muskel bei einigen niederen Formen, z. B. bei Erı- naceus. Bei Manis und Cyelothurus kann die Insertion den ganzen oder fast den ganzen Radius einnehmen. Oft fehlt bei den Säuge- tieren dem Muskel ein Ulnarursprung, z. B. bei Monotremata, Eri- naceus und einigen Prosimiae. Der Muskel entspringt bei den Affen im allgemeinen vom Epicondylus lateralis humeri, vom Ligamentum annulare radii und vom proximalen Teile der Ulna, also ebenso wie beim Gorilla und Menschen. 6. Muskeln der Hand. A. Muskeln des Daumenballens. Der Daumenballen oder Thenar wird beim Gorilla von denselben Muskeln wie beim Menschen gebildet, d. h. von Abductor pollieis brevis, Opponens pollieis, Flexor pollieis brevis und vom Adductor pollieis. M. abductor pollieis brevis. Er kann beim Gorilla sowohl vom Carpus und vom Ligamentum carpi transversum (DUVERNOY, MACALISTER?, CHAPMAN, BISCHOFF?, DENIKER) als vom Lig. earpi transv. allein, ohne Beziehung zum Carpus (HEPBURN, SOMMER, PIRA), entspringen. — Die Insertion findet am radialen Rande der Basis Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1. 349 der ersten Phalange des Daumens statt (DUVERNOY, MACALISTER, CHAPMAN, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). M. opponens pollieis. Er entspringt bei meinem Gorilla vom Ligamentum carpi transversum und vom Carpale 1.; er inseriert an Corpus und Capitulum des Metacarpale 1., verhält sich also wie beim Menschen, was auch von MACALISTER, ÜHAPMAN, BISCHOFF, HEPr- BURN und SOMMER gefunden worden ist. Bisweilen ist er innigst mit dem M. flexor pollieis brevis verbunden (SOMMER, PIRA). Unter den Namen »l’opposant du pouce, carpo-metacarpien« beschreibt DuvErnoY einen zweigeteilten Muskel, der vom »Ligament palmaire« entspringt und teils sehnig, teils fleischig am radialen Rande der Basis der 1. Phalange des Daumens sich festheftet. Diese Beschreibung scheint mir besser auf einen Flexor oder selbst auf einen Abductor als auf einen Opponens beziehbar zu sein. M. flexor pollieis brevis. Er besteht bei meinem Gorilla nur aus einem Kopfe, welcher dem oberflächlichen, radialen beim Menschen entspricht. Ein einköpfiger Flexor pollieis brevis war auch bei den von BiscHorF?, HEPBURN und SOMMER untersuchten Gorillas vorhanden. MACALISTER und CHAPMAN? beschreiben aber den Muskelals einen zweiköpfigen. Unter dem Namen »Court flechisseur du pouce« führt DuvErnoy für den Gorilla einen Muskel auf, der von der Facies palmaris des Metacarpale 3. entspringt und sich »a la pha- lange du pouce« inseriert. Dieser Muskel scheint mir mehr einem Teil des Adductor pollieis als einem Flexor pollieis brevis zu entsprechen. Nach HErpBurn scheint es unter den höheren Primaten eigent- lich nur der Gibbon zu sein, der einen echten zweiköpfigen Flexor pollieis brevis besitzt, da beide Köpfe hier vom N. medianus ver- sorgt werden. Beim Menschen wird ja der radiale, oberflächliche Kopf von dem N. medianus, der ulnare tiefe Kopf hingegen vom N. ulnaris versorgt, weleher auch den Adductor pollieis innerviert. Der tiefe Kopf des M. flexor pollieis brevis des Gibbon ist also nicht dem Muskel des Menschen gleichwertig. Dieses Verhalten soll fol- genderweise zustande gekommen sein. Durch eine kräftige Ausbil- dung der proximalen Teile des Adductor pollieis, insbesondere des Caput obliquum desselben, eines Muskels, der übrigens dem Gibbon fehlt, wird der ulnare, tiefe Kopf des Flexor pollicis brevis mehr und mehr verdrängt, so daß er zuerst rudimentär, wie z. B. beim Schimpanse, erscheint, dann zur vollständigen Rückbildung, wie oft- mals beim Gorilla, gebracht worden ist. Endlich wird er, wie beim Menschen, von einem Teile des Adductor pollieis mit der Innervation 350 Adolf Pira dieses Muskels ersetzt. Leider hat MACALISTER, welcher den M. flexor pollieis brevis beim Gorilla als zweiköpfig beschreibt, nichts über die Innervationsverhältnisse der beiden Köpfe erwähnt. M. adductor pollieis. Er besteht beim Gorilla nach BıscHorr, DENIKER, HEPBURN, SOMMER und mir aus zwei Köpfen, einem Ca- put transversum und einem Caput obligquum. Der Ursprung des Muskels kann das distale Drittel (Hrrgurv) oder die distale Hälfte (Sommer, PırA) des Metacarpale 2., das ganze Metacarpale 3. (DuvEr- NOY, MACALISTER?, ÜHAPMAN?, BISCHOFF?, SOMMER, PIRA) oder nur die proximale Hälfte desselben, sowie die proximale Hälfte des Metacarpale 4. (SOMMER) in Anspruch nehmen. Dazu kann auch ein Ursprung vom Carpus in der Nähe des Carpale 3. kommen (HEr- BURN). — Die Insertion findet an der ulnaren Seite der Basis der 1. Phalange des Daumens statt (DUVERNOY, MACALISTER, UHAPMAN, BISCHOFF, HEPBURN, SOMMER, PIRA). B. Muskeln des Kleinfingerballens. Die Muskulatur des Hypothenars ist bei meinem Gorilla deut- lich in drei Muskeln gesondert, welche im Ursprung und in der In- sertion ebenso wie die normalen Abductor digiti quinti, Flexor brevis digiti quinti und OÖpponens digiti quinti des Menschen sich verhalten. Ganz gleiche Verhältnisse scheinen nach den An- gaben der Autoren auch die meisten untersuchten Gorillas aufge- wiesen zu haben mit Ausnahme desjenigen, welchen DuvErnoyY be- schreibt. Bei ihm ist der M. opponens digiti quinti untrennbar mit dem Flexor brevis digiti quinti verwachsen. Bei den Gorillas Her- BURNS und SOMMERS sind beide Muskeln im Ursprung innig mitein- ander verwachsen. Jegliche Andeutungen eines M. palmaris brevis fehlen bei meinem Gorilla. Der Muskel fehlte auch dem Gorillafötus DENIKERS und den von BIscHoFrF und HEPBURN untersuchten Exemplaren. Er war indessen bei den von DuvErNOY, DENIKER (Gorilla juv.) und SOMMER untersuchten Tieren verschieden gut entfaltet. C. Die mittleren Handmuskeln. Mm. lumbriecales. Sie sind vorher (S. 337) zusammen mit dem Flexor digitorum profundus behandelt worden. Mm. interossei. Sie zeigen bei meinem Gorilla ebenso wie bei den von SymInGToN, HEPBURN und SOMMER untersuchten Tieren Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1. 351 die gleiche Anzahl und Anordnung wie normalerweise beim Menschen. Beim Gorilla sind also drei einköpfige volare und vier zweiköpfige dorsale Interossei vorhanden. Die volaren wirken als Adduetoren des 2., 4. und 5. Fingers, die dorsalen als Abductoren des 2., 3, und 4. Fingers. Die Achse der Ad- und Abduetionsbewegungen liegt in der distalen Verlängerung des 3. Mittelhandknochens, d. h. in der Mittellinie der Hand, was die Regel bei Säugetieren zu sein scheint, wennschon Ausnahmen bekannt sind. So ist z.B. bei Lemur die erwähnte Achse durch den 4. Finger gelegt zu denken, d. h. die Interossei dorsales sind gegen den 4. anstatt gegen den 3. Finger gerichtet. Außer den oben geschilderten Interossei war bei den von MAcAL- ISTER und BISCHOFF untersuchten Gorillas volarwärts ein überzäh- liger Muskel vorhanden, welcher im 3. Interstitium gelegen zu sein schien und zum 3. Finger zog. BıscHoFrF beschreibt ihn als eine Abspaltung des Interosseus dorsalis3. Nach HEPBURN kommen beim Schimpanse solche überzählige Muskeln volarwärts nicht nur im 3., sondern auch im 2. und 4. metacarpalen Interstitium vor. Diese über- zähligen Muskeln muß man entweder als Abspaltungen der Interossei dorsales oder als Interossei volares betrachten. Wenn sie echte In- terossei volares sind, so ist also deren Anzahl erheblich groß, was in- teressant ist, da der Bau der Hand dadurch primitive Verhält- nisse zeigt. Die normalerweise nur in der Dreizahl auftretenden Interossei volares der höheren Säugetiere sind Reste der Mm. flexores breves profundi der niederen Säuge- und Wirbeliiere. Diese Mus- keln ziehen zu der Grundphalanx aller fünf Finger. Waren also die Gorillas MAcALISTERS und BISCHOFFS mit vier echten Interossei volares versehen, so zeigten die Hände dieser Tiere einen ursprüng- licheren Bau, als er in der Regel beim Gorilla sich nachweisen läßt. Bei Hylobates agılis ziehen 4 Interossei accessorii von der Palma manus zu den Fingern (FITZwILLIams). Mm. contrahentes. Sie fehlen meinem Gorilla gänzlich. Über diese Muskeln äußern sich nur BIsCHoOFF, HEPBURN, KEITH und SoM- M®R. BISCHOFF und SOMMER vermißten sie. HEPBURN ist geneigt, den Adductor pollieis obliquus als einen Contrahens zu betrachten, und KerrH gibt an, daß die Mm. contrahentes des 4. und 5. Fingers beim,Gorilla, obgleich selten, vorhanden sein können. Die Mm, contrahentes, die bei den Säugetieren hier und da, wenn verschieden stark reduziert, vorkommen, sind oft als Adduc- toren bezeichnet worden. Sie entspringen nach LECHE in der Gegend 352 Adolf Pira der Handwurzel von der die Mm. interossei bedeckenden Faseie. Ein jeder dieser Muskeln inseriert an der Basis der Grundphalanx desjenigen Fingers, auf welchen er wirkt. Bei den Formen, bei welchen sie nicht gänzlich verschwunden sind, wechselt ihre Anzahl, was auf eine verschieden weit gehende Reduction zurückzuführen ist. Unter den Primaten kommen die Mm. contrahentes in’ihrer ur- sprünglichen Anzahl beim Tarsius vor, welcher einen Contrahens für jeden Finger besitzt. Ateles hat für jeden funktionsfähigen Finger, d.i. für den 2.—5., einen Contrahens aufzuweisen. Bei ihm sind also vier Contrahentes erhalten geblieben. Drei Mm. contrahentes sind beim Hylobates nachgewiesen worden, nämlich diejenigen für den 2., 4. und 5. Finger. Zwei Contrahentes, diejenigen für den 4. und 5. Finger, sind bei Hapale, COynocephalus und Schimpanse vorhanden. Bei Macacus, ÜOercopithecus und Orang ist nur ein M. contrahens, derjenige für den 5. Finger, nachweisbar. Beim Orang kann auch dieser Muskel fehlen (BisCHOFF, LANGER). Beim Menschen scheinen die Mm. eontrahentes ebenso wie beim Gorilla fast ausnahms- los vollständig reduziert zu sein; bei ersterem ist dies vielleicht nicht so vollständig wie bei letzterem der Fall, falls man den tiefen Kopf des Flexor pollieis brevis des Menschen, d. h. einen Teil des Ad- duetor obliquus pollieis (s. S. 349) mit Recht für einen M. contrahens ansehen darf. Dieser Kopf kommt in der Regel dem Menschen zu, scheint aber dem Gorilla zu fehlen. Der komplizierte Bewegungsapparat der Hand des Gorilla ist nicht durch neu hinzugekommene Muskeln zustande gekommen, son- dern durch die Sonderung und Ausbildung von schon bei niederen Formen vorhandenen Muskeln. Geltung gewannen außerdem die Re- duetionen an einzelnen Muskel-, beziehentlich Sehnenpartien, ja selbst an ganzen Muskeln. Wiez. B. die oberflächlichen und tiefen, langen Beuger und Strecker der Finger aus ursprünglich einheitlichen Muskel- massen sich gesondert haben, und wie das Fehlen einer Sehne oder eines der Muskelbäuche an den verschiedenen Fingern als Rück- bildungserscheinung zu deuten sei, ist vorher hervorgehoben worden. Die oberflächlichen Muskeln des Thenars und des Hypothenars, das sind die Mm. abductor pollieis brevis, Flexor pollieis brevis (ober- flächlieher Kopf), opponens pollieis, palmaris brevis, flexor digiti quinti brevis und opponens digiti quinti, sind nach RızBIng Reste der Mm. flexores breves superficiales, wie sie bei Ornöthorkynchus noch vorhanden sind. | Die Interdigitalmembranen sind bei meinem Gorilla in den Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 353 verschiedenen Interdigitalspatien verschieden stark entwickelt. Am kräftigsten ist die Hautfalte zwischen 4. und 5. Finger, wo sie sich über die ganzen Grundphalangen ausdehnt. HARTMANN fand bei einem Gorilla zwischen dem 1.—5. Finger Bindehäute, welche mit ihrem dicken, faltigen Hautbelag bis in die Nähe der Ge- lenke zwischen 1. und 2. Fingergliede heranreichten. HARTMANN fügte aber hinzu: »dies Verhalten variiert indessen und habe ich die Finger an den Häuten gewisser alter und junger männlicher wie weiblicher Gorillas freier gesehen als an denen anderer Exem- plare«. Beim Gorilla Sommers erstreckten sich die Interdigitalmem- branen bis zur Grenze des proximalen und mittleren Drittels der Grundphalanx der Finger. Inhalt. | Seite EI N Se a a ET a re ee ER Sr 309—313 I. Muskeln der vorderen Extremität. 1. Muskeln zwischen der Dorsalseite des Rumpfes und der vorderen Extremität: EB ee se RR Fa re 313 IE EIHSHERER TOTRE. er Me a 2 een aa ee 315 MERTIINODDIBERT or. Se re ET en ra er pre) . 316 BI TSWAtE RCADBIRGSE.- Eee ent -. 316 2. Muskeln zwischen der Ventralseite des Rumpfes und der vorderen Extremität: MELOEBO-CELNICANE de nn AB vater vorteil eh se ge ri 317 MM. peetprahn.major nr ee Be 318 M. poctoralis! minor“ 2 Er. Ai eier a a MS BUDelsSInN. > 2, she ART ee N ee | ME SOrFFAENANLETIORN. +2 0 Van were Tepe ae en ae %e 321 3. Muskeln der Schultergegend: ; Mi Hdallaies.. a We. Al EREAERN Ar Bi 323 M. supraspinatus und M. infraspinatus. . : ». . 222 .2.. 323 ER ENERGIE ea are ee ran INA er Re 324 BE ERS IUNOL I Se ea TAT RE er 324 NV SUDSEalarER ns ed ee er an een 324 4. Muskeln des Oberarmes: A. Vordere Gruppe M: .bICopss Rache a DR ee 324 M: coraco-brachaalist. un a rt VE N brachialia. fo N a te Ei 0 ae 326 B. Hintere Gruppe Miitieape brachii, sms ze a ne .. 8321 MEHRCONABUR: ;; 5 en Ne Eee er Mn ee M. latissimo- condyloideus . . . » ». .. 2... er Morpholog. Jahrbuch. 47. 23 354 Adolf Pira, Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1. 5. Muskeln des Vorderarmes: A. Muskeln der Beugeseite «. Oberflächliche Schichte M.' pronator..teres?.- 7... „Ian. M.-Sexor carpi radialis.: . . : . : M. flexor digitorum sublimis . . . MirHexorvearpı ulnars man... M. palmaris longus . ... - . 8. Tiefe Schichte M. flexor pollieis longus . . . . . M. flexor digitorum profundus Mm. Inmbrirales. „er 013.1 en ae M. pronator quadratus . .. .. . B. Muskeln der Streckseite «@. Oberflächliche Schichte .brachio-radialis”. 2 una 2: . extensor carpi radialis longus . . extensor carpi radialis brevis . . extensor digiti quinti proprius. . extensor carpi ulnaris. ... . ß. Tiefe Schichte Ir gle Mm. extensores digitorum profundi.. . . MSBupinator Sr RER 6. Muskeln der Hand: A. Muskeln des Daumenballens B. C. M. abduetor pollieis brevis.. . . . M. opponens pollieis. . . .... M. flexor pollieis brevis . . - . . M: :adduetor pollieis». 2%. 2...” Muskeln des Kleinfingerballens M. abduetor digiti quinti. .... M. flexor brevis digiti quinti. . . M. opponens digiti quinti .. .. M.’palmaris brevin,.. 2. net Die mittleren Handmuskeln Mm. interossei.. Er SrrlkArn. 2. Mm. contrahentes Die Interdigitalmembranen . ... .. . extensor digitorum communis . - . hehe ee A ee N “wu um er Set te Een ee “or, m „ku ea Ce VE an nn a “ee. ee Je u a te Kfel er De ee Der er ar ae a en tee a le ee ee ee De m He are al A Ze Aal ale Finn e Seite Aus dem Anatomischen Institut der Universität Zürich. Beiträge zur Myologie der Primaten. IE 1. Die Gruppe: Sterno-cleido-mastoideus, Trapezius, Omo-cervicalis. 2. Die Gruppe: Levator scapulae, Rhomboides, Serratus anticus. Von Dr. Adalbert Schück, Prag. Mit 46 Figuren im Text, Im Anschluß an meine erste Mitteilung über die Mm. latissimus dorsi und latissimo-trieipitalis (Morphol. Jahrb. XLV. Bd.) bringe ich hier den zweiten Beitrag, zu dem ich die nötigen Untersuchungen seinerzeit im anatomischen Institut der Universität Zürich ausgeführt habe. Dem Direktor des Instituts, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. GEORG RuGE, auf dessen Anregung ich auch diese Arbeit unternommen habe, möchte ich für den mir stets freundlichst gewährten Rat meinen allerbesten Dank aussprechen. — Vorerst will ich, nach den einzelnen Muskeln geordnet, die ana- tomischen Tatsachen beschreiben, um in den letzten Kapiteln die Übersicht der Innervation und die Morphologie der untersuchten Muskeln zu geben. I. Die Gruppe Sterno-cleido-mastoideus, Trapezius, Omo-cervicalis. 1. M. sterno-cleido-mastoideus. Vorbemerkung. Ich habe bei diesem Muskel die zwei Bezeich- nungen »Ursprung« und »Ansatz« in der üblichen Weise gebraucht, obzwar es nicht immer ganz folgerichtig ist; wie aus der Fig. 1 er- sichtlich ist, ist der M. st.-el.-m. in der Ocecipitalregion mit dem M. trapezius zu einer einheitlichen Muskelmasse vereinigt, deren An- Morpholog. Jahrbuch. 47, 24 356 Adalbert Schück heftungslinie von dem Porus acusticus der einen Seite bis zum Porus acustieus der anderen Seite kontinuierlich verläuft und nur in der Medianebene durch das Septum nuchae leicht getrennt wird. Auch die Befestigungen an der Claviceula finden so dieht nebenein- ander statt, daß ohne Frage an eine gleichsinnige, koordinierte Wirkung der beiden Muskeln gedacht werden muß; d. h. bei fixiertem Schultergürtel bewegen sie gemeinsam den Kopf, und bei fixiertem Kopf wirken sie zusam- Fig. 1. men auf den Schulter- % gürtel und indirekt auf Nasa NNG EIG den Thorax als Heber W REITEN W auricul.magn. bei der Inspiration. Es ist daher bei Beschrei- bung des Trapezius die Bezeichnung oceipitaler M. Rast. = Se: u on \ N N Trapezius V Ursprung und bei Be- schreibung des St.-el.- mast. die Bezeichnung oceipitaler Ansatz nur mit diesem Vorbehalt ge- braucht worden. — Beim Nycticebus tar- digradus ist der Muskel zweiköpfig; die Clavicu- larportion ist deutlich bis zum Oceipitale getrennt; erst dieht vor dem An- satz verbindet sich der orale Rand mit der darüber liegenden Sternalportion, der aborale Rand inseriert dagegen selbständig am Oceipitale, wo er vom M. splenius capitis bedeckt wird. Die Clavieularportion entspringt als breiter, flacher und dünner Muskel direkt von der Pars sternalis clavieulae; der Ursprung reicht bis zum Ansatz des Trapezius. Unter der Sternalportion schließen sich die Fasern ein wenig zusammen, so daß der Muskel etwas dieker wird. Der aborale Rand ist durch eine bindegewebige Membran mit dem Rande des Trapezius verbun- den. — Die Sternalportion entspringt mit einer dicken, starken Sehne von dem cranialen Rande des Manubrium sterni, mit wenigen dünnen Fasern auch von dem Sternoelavicular-Gelenk. Dieser Kopf, der anfangs spindelrund ist, wird allmählich breit und flach und ver- M.omo-cerv. N a h: sSupraclavicula- = res Der M. trapezius und M. Nycticebus tardigradus. st.-cl.-m. einheitlich. !/a n. Gr. Der M. omo-cervicalis inseriert am Acromion, dem Trapezius aufgelagert. Nn. supraclaviculares, eutanei colli, auricularis magnus, oceipit. minor. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 357 bindet sich, zum Oeceipitale hinaufsteigend, mit dem benachbarten M. trapezius so fest, daß am Oceipitale überhaupt nur noch eine einheitliche Muskelmasse vorhanden ist, die gar nicht in die zwei Muskeln getrennt werden kann. So reicht diese einheitliche Muskel- platte vom Gehörgang bis zum Septum nuchae!; sie ist am Ocei- pitale, linea oceipitalis, mit dünner Sehne angeheftet. Durch den verhältnismäßig schmalen Spalt, der am Halse zwischen dem M. trapezius und dem M. st.-el.-m. übrig bleibt, tritt der M. omo- cervicalis aus der Tiefe hervor; außerdem kommen hier noch meh- rere Nerven zum Vorschein: N. oceipitalis minor, N. auricularis magnus, Nn. eut. colli, Nn. supraclavieulares. — Innervation: beide Köpfe durch N. XI. und (2. Lemur macaco. Die Sternalportion ist zweigeteilt; die beiden Teile entspringen sehnig vom Manubrium sterni und zwar der obere, stärkere Teil vom Außenrande der Ineisura jugularis des Sternums, der darunter liegende schwächere Teil vom oberen Rande der In- eisur; die beiden Teile sind zwar deutlich voneinander getrennt, doch ganz dicht aneinander gelagert, und es wurden auch in einem Falle schmale Muskelbrücken vorgefunden, die die beiden Teile der Sternalportion miteinander verbanden. Diese zwei Sternalköpfe laufen getrennt zum Oceipitale; erst in der Nähe des Ansatzes verbinden sie sieh zu einem einheitlichen Muskelbauch, der vom Porus acusti- cus bis nahe an die Medianlinie des Nackens an der Crista oceipi- ‚talis sehnig inseriert. Da der M..trapezius mit einem sehr schmalen Zipfel ebenfalls bis zur Crista oceipitalis reicht, so sind die beiden Muskeln hier einander so stark genähert, daß zwischen ihnen nur ein ganz enger Zwischenraum übrig bleibt. Die Clavieularportion war in den beiden untersuchten Fällen als ein selbständiger M. eleido-mastoideus von dem übrigen Muskel getrennt. Dieser M. cleido-mastoideus entspringt mit einem platten, dünnen, fleischigen Ursprung von der Pars stermalis clavieulae; der Ursprung ist so breit, daß er in einem Falle beinahe die Hälfte der Clavicula einnimmt. Der Muskel wird gegen den Ansatz etwas dieker, indem die Muskelfasern ein wenig zusammentreten, so dab er auf dem Querschnitte eine nahezu ellipsoide Form bekommt. Mit 1 Ich gebrauche stets die Bezeichnung Septum nuchae (wie es H. VırcHow vorgeschlagen hat), weil ich in der Tat bei allen untersuchten Exemplaren in der Medianebene in den obersten Muskelschichten nur ein bindegewebiges Muskelseptum, jedoch nicht ein Ligament, vorgefunden habe (siehe auch H. Vır cHow 1909, 8. 142). 24* 358 Adalbert Schück kurzer platter Sehne inseriert der Muskel, von der Sternalportion gänzlichverdeckt, caudal vom Porus acustieus. Diese Befunde stimmen mit der Beschreibung von Murız und Mivarr (1872, S. 16) in der Hauptsache überein. Nach BURMEISTER (zit. bei MURIE und MIvART 1872, p. 37) ist dieser Muskel auch bei Tarsius ganz in zwei selb- ständige Portionen getrennt und zwar in einen M. cleido-mastoideus und in einen M. sterno-mastoideus. — Zwischen dem M. eleido-mastoideus und dem ihn zum größten Teil bedeekenden M. sterno-mastoideus verlaufen zwei Aste vom N. aeccessorius für die beiden Bäuche der Ster- nalportion, dieClavieular- portion erhält dagegen WE in beiden Fällen bloß WON. -H-see momöoides Äste von Cervicalnerven und zwar einmal C, und C;, einmal nur (3. Auf der Fig. 2 konnte die Zweiteilung der Sternal- portion nicht zur Dar- stellung kommen, weil die beiden Portionen dicht Omo-cervicalis. - Trapezius Lemur macaco. 1% n. Gr. Mm. sterno-mastoideus, cleido- mastoideus, Omo-cervicalis, trapezius und die Oceipitalportion des M. rhomboides. Die Nn. supraclaviculares laufen unter der Clavicula. übereinander lagen. Cebus apella. Ganz. andere Zustände als bei den Halbaffen wurden bei den Westaffen vorgefunden. Bei Cebus apella entspringt der zweiköpfige Muskel mit einer kurzen starken Sehne von der Ventralfläche des Manubrium sterni und muskulös von der Articu- latio sterno-clavicularis sowie der Pars sternalis elaviculae. Die beiden Köpfe liegen so dicht aneinander gelagert, daß sie auf den ersten Blick den Eindruck eines einheitlichen Muskels machen; tat- sächlich besteht ein durchgehender Spalt zwischen den zwei Köpfen nur bis zur Hälfte der ganzen Länge, denn nachher vereinigen sich die beiden Bäuche zu einem Muskel, der caudal und lateral vom Porus acustieus inseriert; der Ansatz am Oceipitale erfolgt mit einer kurzen starken Sehne. Der Ursprung der Clavicularportion ist sehr ausgedehnt, er nimmt mehr als die Hälfte der Schlüsselbeinlänge ein; trotzdem ist er vom Ansatz des M. trapezius sehr weit entfernt, da dieser gar Beiträge zur Myologie der Primaten. I. 359 nicht auf die Clavieula hinübergreift, sondern nur bis zur Artieulatio acromio-clavieularis reicht. Die Innervation (XI. —+ C,) erfolgt in den gemeinsamen, noch nicht getrennten Muskel, in dem sich sofort ein Nervenplexus bildet. — Beim Cebus flavus entspringt die Sternalportion mit einer starken Sehne von der Ventralfläche des Manubrium sterni und von der Ge- lenkkapsel der Sterno-elavieular-Verbindung; die beiderseitigen Ster- nalköpfe treffenin der Medianebene zusammen. Diehtneben der Sternal- portion liegt der Clavieularkopf, der fleischig am Oberrande der Clavieula befestigt ist. Die beiden Muskelköpfe sind bis zum An- satz selbständig und nur durch dünne Muskelbrücken miteinander verbunden. Der Ansatz am Oceipitale — vom Porus acusticus an der Crista oceipitalis bis nahe zur Median- Fig. 3. linie des Nackens hart an den Ursprung des M. trapezius reichend — erfolgt ebenfalls getrennt. In ‘einem Falle wurde ein dünner, je- doch ganz selbstän- N UL rapezius diger M. cleido-oeci- NS pitalis beobachtet, der nur als eine abge- trennte Portion des Clavieularkopfes be- Ateles ater. Yan. Gr. M. st.-cl.-m., M. omo-cervicalis, M. trape- trachtet werden konn- zius und die Oceipitalportion des M. rhomboides. te; die Muskelfasern verliefen genau parallel zu denen der Clavieularportion und auch der Ursprung sowie der Ansatz waren vollständig gleichartig, ebenso die Innervation. Dieser selbständige M. eleido-oceipitalis erhielt, wie der übrige Muskel in beiden Fällen, seine Nerven aus dem N. XI. und dem mit ihm verbundenen (;. Beim Ateles ater sind die beiden Köpfe vom Ursprung bis zum Ansatz getrennt; die Sternalportion entspringt sehnig vom Manu- brium sterni, die Clavieularportion fleischig vom sternalen Drittel der Clavieula. Die beiden Muskeln, ein M. sterno-mastoideus und ein M. cleido-mastoideus, liegen zuerst nebeneinander; gegen die eraniale Hälfte hin schiebt sich der M. sterno-mastoideus über den Y\ Occipitalportion \\ \ desM.rAomboides. 360 Adalbert Sehück M. eleido-mastoideus, so daß sie an der Insertion, die an der Linea oceipitalis erfolgt, zum Teil übereinander gelagert erscheinen. Die beiden Köpfe erhalten je einen Ast aus dem N. XI., dem sich zuvor ein Zweig des C, zugesellt hat. Cymocephalus hamadryas. Die Sternalportion entspringt in diesem Falle nieht allein vom Manubrium sterni, sondern auch noch von der dorsalen Fläche der Clavieula und dem Sternoclavieulargelenk; dieht R daneben, nur durch eine dünne m ven Sehicht von lockerem Bindegewebe mast getrennt, entspringt von der Clavi- cula die zweite Portion. Die beiden Köpfe vereinigen sich erst nahe an der Insertion, die caudal vom E Porus acusticus an der Crista ocei- Ares pitalis bis nahe zum M. trapezius \ reicht. Die beiderseitigen sternalen Teile treten am Manubrium an- einander. Der Muskel erhielt seine Ner- venversorgung aus dem N.XI.; ein Zuschuß von Cervicalnerven konnte in diesem Falle nicht nachgewiesen werden. Beim Cynocephalus babun kann man kaum noch von zwei Köpfen sprechen. Hart am Ursprung läßt sich zwar eine kurze Strecke hin- durch eine Zweiteilung nachweisen, weiter jedoch verläuft der ganze Muskel als ein einheitliches Gebilde. Der M. st.-el.-m. entspringt bei diesem Cynocephaliden vom Manubrium sterni, vom Sterno-elavi- cular-Gelenk und vom äußersten Rande der Extremitas sternalis elavi- culae. Die Insertion erfolgt fleischig am Oceipitale; nur eine kleine Partie, lateral vom Porus acustieus, ist sehnig. Auch in diesem Falle konnte ich nur Äste vom Aeccessorius nachweisen. PAGENSTECHER (1865, S. 129) beschreibt den Muskel bei einem Mandrill und sagt, daß die Clavieularportion gut entwickelt war. Papio anubis. Bei dem untersuchten Exemplar wurde ein drei- köpfiger St.-el.-m. vorgefunden. Der Sternalkopf entspringt mit Fig. 4. Cynocephalus hamadryas. Ja n. Gr. M. tra- pezius und Sterno-cleido-mastoideus. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 361 starker Sehne direkt vom Oberrande der Ineisura jugularis des Manubrium, ohne die Clavicula zu berühren. Die beiderseitigen Sternalköpfe stoßen in der Medianebene zusammen. Der Clavieular- kopf ist zweiteilig; die äußere — ventrale — Portion entspringt von der ventralen Fläche der Pars sternalis elavieulae, die innere (dor- sale) Portion dagegen von der hinteren, inneren Fläche der Qlavi- eula. Alle drei Köpfe lagen so dicht aneinander und nebeneinander gelagert, daß sie beim ersten Betrachten als ein einheitlicher Mus- kel erschienen sind; doch waren sie trotzdem deutlich selbständig, denn sie konnten bis nahe an den Ansatz mit dem Skalpellheft ge- trennt werden. Erst hier verbinden sich diese drei Köpfe zu einem Muskel, der an der Crista oceipitalis sehnig befestigt ist. MICHAELIS (1903, S. 213) hat bei einem Oynocephalus anubis einen zweigeteilten Cleido-mastoideus vorgefunden. Innervation: N. XI. und (;. Macacus cynomolgus. Der Muskel ist nur am Ursprung zwei- köpfig; der Sternalkopf entspringt sehnig vom Manubrium sterni, der Clavieularkopf von der Außenseite der Pars sternalis claviculae. Kurz nach dem Ursprung verbinden sich die beiden Bäuche zu einem einheitlichen Muskel, der mit einer kurzen starken Sehne an der Crista oceipitalis (bis zum Porus acusticus) inseriert. Der Muskel erhält nur Zweige vom N. accessorius. — Im Gegensatz zu den eben beschriebenen Befunden ist bei einem Macacus maurus ein deutlich in zwei Köpfe getrennter Muskel vor- gefunden worden. Die Sternalportion hatte ihren Ursprung am Manubrium sterni, an der Gelenkverbindung und an der Clavicula, die Clavieularportion entsprang von der oberen und inneren Fläche der Clavieula; daneben bestand noch ein selbständiger M. cleido- oceipitalis, der die Lücke zwischen dem M. trapezius und dem M. sterno-eleido-mastoideus ausfüllte.e Dieser Muskel hatte seinen Ur- sprung an der äußeren Fläche der Pars sternalis clavieulae, so daß er hier die Sternalportion verdeckte. Am Ansatz — an der Linea oceipitalis, dorsal vom Porus acustieus — waren die zwei Haupt- köpfe beinahe gänzlich verbunden, der M. cleido-oceipitalis hatte dagegen eine selbständige Insertion, zwischen dem M. st.-cl.-m. und dem M. trapezius. Die drei Muskelindividuen bezogen Äste aus dem N. XI. und dem mit ihm verbundenen (;. Cercopithecus sabaeus. Der M. st.-el.-m. ist dreiköpfig. : Die Sternalportion entspringt vom Manubrium sterni und von der Ge- 362 Adalbert Schück lenkkapsel, dann folgt eine kleine Lücke, wie dies ähnlich beim Menschen der Fall ist, und hierauf erst der Ursprung der zwei- köpfigen Clavieularportion, deren beide Köpfe übereinander liegen und von der ventralen und cranialen Fläche der Clavicula ent- springen. Wie in allen, hier bereits dargestellten Fällen hat der Sternalkopf einen sehnigen, der Clavicularkopf einen muskulösen Ursprung. Kurz nach dem Ursprung nähern sich die drei Köpfe und lagern sich fest aneinander, werden platter und inserieren ge- meinsam am Öeceipitale; der Be, orale Rand des Muskels reicht bis. zum Porus acustieus. Alle drei Köpfe werden vom N. accessorius versorgt. Cercopithecus patas. Die Verhältnisse am Ursprung und T>f Wn.cukeolli. am Ansatz waren in zwei Fällen genau dieselben wie bei dem vorerwähnten Cerco- mast pithecus sabaeus, in einem Fall war der Muskel nur zwei- köpfig, sonst aber ebenfalls genau so gebildet, wie die übrigen. In zwei Fällen er- .... hielt der Muskel bloß Äste Cercopithecus patas. M. trapezius, M. omo-cervicalis, M. stetno-cleido-mastoideus (3 köpfig). Ein zu dm Vom Accessorius, in einem Traezin veinntenden Derenert Aueibist den Malle. auch, noch ARE ya C, für den Olavieularkopf. Hylobates syndactylus. In allen vier untersuchten Fällen war der Muskel zweiköpfig. Die sehr starke spindelrunde Sternalportion nahm mit ihrem sehnigen Ursprung die ganze Ventralfläche des Manubrium sterni ein und stieß in der Medianebene mit der gegenseitigen zusammen. Die Clavieularportion entsprang muskulös von der Pars sternalis clavieulae, und zwar von der ventralen und der eranialen Fläche. Zwischen beiden Portionen bestand eine Lücke, die manchmal durch dünne accessorische Köpfe überbrückt wurde (Fig. 7). Die. Clavi- eularportion wird in ihrem Verlaufe bald von der anderen Portion gänzlich verdeckt. Gegen das Oeceipitale sind die beiden Bäuche dicht aneinander gelagert; die tiefe Clavieularportion inseriert occi- pital vom Porus acustieus in der Regio mastoidea, dieht über ihr SEID III In. supraclavie. Beiträge zur Myologie der Primaten. I. 363 strahlt als dünner platter Muskel die Sternalportion aus. Die In- sertion war manchmal so breit, daß sie in der Medianebene des Nackens mit den gegenüberliegenden zusammenstieß; in einem Falle lief sie gegen das Septum nuchae als ein feines sehniges Band aus, das mit der Ursprungssehne des Trapezius in inniger Verbindung stand (siehe auch Fig. 14). Innervation:XI+C;, XI+(0,C;,, XI+G;, XI-+C,. BiıscHhorr __ (1870, S. 205) erwähnt, daß bei seinem Hylobates leuciscus der Muskel voll- ständig in zwei Portionen getrennt war. Konr- BRUGGE (1890, S. 217) sagt, der Muskel sei bei allen drei Species gleich; auch er fand die Sternal- portion sehr stark, so daß sie das ganze Manubrium eingenommen hat. Als Innervation erwähnt er den N. XI, C?-? dagegen für den Trapezius. DENIKER (1885,5.429) nennt auch den (, für den M. st.-el.-m., was .eine große Ausnahme zu sein scheint und auch beim Menschen nur in wenigen Fällen beobachtet wurde (s. Eıster 1912, S. 239). NT Pars ee des terno-cl-mas# Hylobates syndactylus. M. sterno-cleido-mastoideus, M, omo- cervicalis, M. trapezius. Der M.trapezius reicht nicht zum Hinterhaupt; die ganze craniale Nackenpartie wird.von den beidseitigen Mm. sterno-mastoidei bedeckt. 1/ n. Gr. Fig. 7. A| \\ Fi Hylobates syndactylus. \/an.Gr. M. st.-el.-mast. mit access. Köpfen; M. omo-cervicalis, M. trapezius. \ zwei accessor. - Köpfe des Sterno-chmask Simia satyrus. Die beiden Köpfe waren vollständig getrennt. Die Sternalportion, die sehnig vom Manubrium sterni ihren Ursprung nahm, inserierte am Oceipitale, in der Regio mastoidea, die Clavi- 364 Adalbert Schück eularportion, die muskulös von der Clavicula entsprang, inserierte dieht unter dem oberen Kopfe, dorsal vom Porus acusticus. PRIMROSE beschreibt den Muskel folgendermaßen: The sterno mastoid had an extensive origin from the mastoid process on the oceipital bone, and was inserted by two heads, one into the manubrium sterni on its anterior aspect, and the other into the inner fourth of the elaviele. CuVIEr figures the sterno mastoid in the Orang as two very distinet muscles, the elavicular portion arising from the skull below the ster- nal portion and proceeding to its insertion into the elaviele. Fıck (1895, S. 14): »Den St.-el.-m. fand ich oben in seine beiden Portionen getrennt, unten aber verwachsen und den Clavieularkopf ziemlich verbreitet. BıscHoFF gibt an, beim Orang seien die beiden Köpfe ganz getrennt, VROLIK gar sagt, der Clavicularkopf sei mit seinem oberen Ansatz von der Stelle des Warzenfortsatzes auf den Querfortsatz des Epistropheus herab und mit seinem unteren Ansatz zum Acromion lateralwärts gewandert.«e — Bei dem von mir untersuchten Exemplar wurden die beiden Köpfe vom N. XI innerviert. Anthropopithecus troglodytes. Beim Schimpansen ist der Muskel zweiköpfig. Der Sternalkopf entspringt sehnig vom Oberrande des Manubrium sterni, der Clavieularkopf von der Pars sternalis elavi- culae, wobei einige Fasern noch auf die Kapsel des Sterno- elavieular-Gelenkes und einige auch auf den Sternalkopf über- greifen. Die Fasern des Clavieularkopfes sind auf der eranialen und auf der dorsalen Fläche der Clavieula befestigt. Die Insertion erfolgt am Oceipitale, vom Porus acusticus bis zur Hälfte der Länge der Crista oceipitalis, nahe an dem Ursprung des M. trapezius, von dem der Muskel nur durch einen schmalen Zwischenraum getrennt ist. Der Teil des Ansatzes, der gegen den Nacken reicht, ist sehr dünn. In einem Falle wurden die beiden Köpfe vom N. XIund von dem mit ihm verbundenen C, versorgt, wobei der N. trapezius (d. h. der kombinierte Nerv: XI—+C) in seinem weiteren Verlaufe das Caput elavieulare durchbohrte, um zum M. trapezius zu gelangen; in dem zweiten untersuchten Falle erhielt der Muskel nur Äste vom Acces- sorius, der Sternalkopf zwei, der Clavieularkopf einen Zweig; der Hauptstamm des N. XI verlief zum größten Teile zwischen den zwei Köpfen, erst caudal durchbohrte er einige Bündel der Sternalportion; auch Surrox (1884, S. 75) fand ähnliche Lageverhältnisse, ebenso CHAPMAN (1879, S. 53). Dagegen behauptet Sutton, die Clavieular- portion hätte ihren Ansatz an der Massa lat. atl. gehabt, was eine FOR. Beiträge zur Myologie der Primaten. I. 365 seltene Ausnahme zu sein scheint. VroLık (1841, S. 25) fand ganz menschenähnliche Verhältnisse. Cuapman (1879, p. 53) und MICHAELIS (1903, S. 212) sahen ihn vollständig in zwei Portionen getrennt. CHAamPpnEys (1872, p. 177) beschreibt wiederum etwas anderee Ver- hältnisse, nämlich einen doppelten Ursprung vom Sternum. Fig. 8. Fig. 9. N.occip. may. < (ey N. occip.min Nauric.magn Pars claricul. |} des Sferno- -# cl.-mast. x v Nn.supraclavi.- ? Sterno-cl-masl. x cularespcxter. Omo-cervicalis Nn.suypracl.ant. Anthropopithecus troglodytes. ja n. Gr. Anthropopithecus troglodytes. !/z n. Gr. Mm. st.-c].- Mm, st.-c].-mast., omo-cervicalis, trape- mast., omo-cervicalis, trapezius. Nn. occipit. major, zius. N. oceipit. major tritt dureh die oceipitalis minor, auric. mgn., cut. colli, supraclavi- [ Ursprungssehne des Trapezius. eulares. Die Nn. supraclavie, post. treten durch eine Lücke im Trapezius, der N. oceipital. major durch die Ursprungssehne des Trapezius, der N, oceipit. min. durch eine Lücke am Ansatze des Sternalkopfes des M, st.-cl.-m. 2. M. trapezius. Nyeticebus tardıgradus. Der Muskel hat einen sehr starken Ur- sprung am Occipitale, der in Gemeinschaft mit dem M. st.-cel.-m. von einem Porus acusticus zum anderen reicht. Die Sehne ist so dünn, daß sie kaum wahrnehmbar ist. Weiters entspringt er vom Septum intermusculare nuchae, das hier sehr stark ist, von den Processus spinosi des VII. H.W.—XII.B.W. (Nach Murıe und Mıvarr (1872, p. 94] reicht der Muskel bei Nyeticebus bloß zum V. Dorsalwirbel!) Die Muskelfasern entspringen direkt, so daß in der Medianebene nur eine dünne Raphe entsteht; nur zwischen dem Il.—IV. B.W. er- weitert sich die Ursprungssehne zu einem länglichen, schmalen Nackenspiegel (speculum nuchae).. Am XI. und XII. B.W. ist der Ursprung ebenfalls sehnig. Am Halse ist der Muskel bis zur Hälfte der Länge mit dem M. st.-el.-m. verbunden; dann jedoch trennen sich die beiden Muskeln und zwischen ihnen treten der M. omo-cervi- calis sowie die verschiedenen Hautnerven hervor. Insertion. An der ganzen Spina scapulae erfolgt die Insertion sehnig; am Acromion und an der Clavicula ist dagegen die .An- heftung muskulös. Die Befestigung an der Clavicula ist so breit, 366 Adalbert Schück daß sie bis zum M. st.-el.-m. reicht; der länglich ovale Raum (siehe Fig. 1), der noch zwischen diesen beiden Muskeln übrig bleibt, ist durch eine ziemlich starke, deutlich wahrnehmbare Fascie über- brückt, die diese Muskeln zu einem einheitlichen Gebilde vereinigt. In der Gegend des Acromion liegt dem Muskel der M. omo-cervicalis auf, der hier inseriert. Dort wo die Spina sca- en pulae am Margo vertebralis ausläuft, befindet de sich ein kleiner Schleimbeutel. ], Innervation: N. accessorius, C, und C,. Ansatz des Oma DT D, Lemur macaco. Der Ursprung am Ocei- diromien pitale war, im Gegensatz zum Nyeticebus, äußerst schmal, in einem Falle fehlte er über- haupt und der Muskel entsprang erst in der Höhe des II. H.W. In beiden Fällen reichte der Muskel bis zum X. B.W., an dem er sehnig befestigt war. Die Fasern, die vom Kopfe und vom Halse kommen, laufen zum cranialen Rande der Spina scapulae und zum Aeromion, jedoch nicht weiter; daneben befindet sich der Ansatz des M. omo-cervicalis, der in einem Falle das Nycticebus tardigradus. 1/2 n. Gr. M. trapezius; am Ocei- pitale ist er mit dem M. st- sanze Acromion eingenommen hat (siehe Fig. 2). cl.-mast. zu einem Muskel A 2 vereinigt. Die caudalen Fasern, vom X. B.W. bis zum II. B.W. eranial, laufen zum caudalen Rande der Spina, wo sie sehnig inserieren, so daß an der Spina scapulae ein deutliches sehniges Dreieck entsteht. Auch bei Lemur catta reicht nach MurIE und MiıvArr (1872, p. 54) der M. omo-cervicalis über den Muskelansatz (etwa wie es vorher bei Nycticebus abgebildet wurde): This musele is erossed and covered at the anterior part of its insertion by the levator elaviculae (mit dieser Benennung wird auch der M. omo-cervicalis gekenn- zeichnet). Innervation: 1) N. XI, C,, 2) N RE. 0,0, Cebus apella. Der Ursprung am Oceipitale ist sehr schmal und entfernt vom M. st.-el.-m.; weiters entspringt der Muskel vom Septum nuchae und erst vom II.—XI. B.W. von den Processus spinosi und ihren Ligg. interspinalia. Vom Oceipitale laufen die Fasern nach vorn und lateral zum Acromion, reichen jedoch nur bis zu der Artieulatio acromio-clavieularis, greifen also nicht auf die Clavicula hinüber; ferner inserieren sie am eranialen Rande der Spina scapulae. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 367 Die Fasern, die von den caudalen Ursprüngen kommen (vom XI. B.W. cranial) laufen zum caudalen Rande der Spina scapulae, an der sie sehnig inserieren. Die Sehne breitet sich hier zu einer Aponeurose aus. Zwischen dem M, latissimus dorsi und dem M. trapezius be- findet sich an der Scapula eine Fascie, die die beiden Muskeln mit- einander verbindet und in der man zum Teil die Faserzüge der Aponeurose des M. trapezius auslaufen sieht; der ganze infraspinale Teil der Seapula ist von dieser Faseie bedeckt, die somit als ein oberflächliches Blatt der Fasecia infraspinata angesehen werden kann. Am XI. B.W. ist der Ur- sprung sehnig; die Sehne ist in Verbindung mit der Aponeurosis lumbodorsalis.. Zwischen dem VI. H.W.—II. B.W. breitet sich die Ursprungssehne zu einem deutlichen Nackensehnenblatte aus. Oebus flavus. M. trapezius entspringt am Hinterhaupte dicht unter der Crista oceipitalis. Sein Ursprung reicht hier bis zum M, st.-cl.-m. und besitzt eine ganz schmale Sehne. Von da ab geht der Ursprung am Halse von dem bindegewebigen Septum, das in Geb Aa an ar der Medianebene die beidseitige Muskulatur trennt, und caudalwärts dann vom VI. und VII. H.W. und I—XI. B.W. Der Ursprung ist am Halse und am Rücken fleischig, nur die Bündel, die vom XI. und X. B.W. kommen, haben einen sehnigen Anfang. Der Nackenspiegel liegt zwischen VI. H.W. bis %::B.W, Die Fasern vom Oceipitale und vom Halse gehen zur Scapula und zum cranialen Rande der Spina, zum Acromion und zur Pars acromialis elavieulae. Die von den caudalen Brustwirbeln kommen- den Fasern inserieren am caudalen Rande der Spina scapulae, sehnig, wobei diese Sehne mit der die Fossa infraspinata bedeckenden Faseie verschmolzen ist, so daß dieselbe auch hier künstlich in der Ver- laufsrichtung der caudalen Fasern des Trapezius getrennt werden mußte, M. trapezius, 368 Adalbert Schück Innervation: 1) N. XI und C,, 2) N. XI und C.. Der Teil des Muskels, der von den caudalen Brustwirbeln zum caudalen Rande der Spina scapulae reicht, ist sehr schmal und viel schwächer, dünner, als der am eranialen Rande der Spina inserierende Teil. Die Spina scapulae ist auch hier im Verhältnis zur Median- ebene des Körpers (also zur Wirbelsäule) viel schiefer gestellt, als z. B. bei Macacen, der schmale untere Teil des Muskels hat infolge- dessen eine kurze Insertion an der Spina und mithin im Verhältnis zu den oberen Partien des M. trapezius einen nur kurzen Hebelarm zur Verfügung (Fig. 11). Bezüglich des Verhältnisses der Insertion des M. trapezius und der Stellung der Spina scapulae verweise ich noch auf meine Mit- teilung über das Schulterblatt des Menschen und der Anthropoiden (Anthrop. Mitteilgn. Wien 1910). Ateles ater. Der Oceipitalursprung ist sehr schmal, doch immer- hin deutlich; bis zum VII. H.W. entspringt der Muskel lediglich vom Septum nuchae, vom VII. H.W. bis IX. B.W., von den Processus spinosi und den betreffenden Ligg. inter- spinalia. Zwischen dem II. und III. B.W. breitet sich die Ursprungs- sehne ein wenig aus. — Die Insertion erfolgt an der Pars acrominalis elaviculae, am Acro- mion und cranialen Rande der Spina scapulae. Innervation: N. XI und Ö und (,. Oynocephalus hamadryas.. M. trapecius entspringt vom ÖOceipi- tale mit einer dünnen Sehne, fer- ner vom Septum nuchae und von den Processus spinosi des I. bis XI B.W. und ihrer Ligg. inter- Bar? el Er Heken spinalia. Die Aponeurosis Jumbo- dorsalis ist am XI. B.W. mit der Sehne des M. trapezius verbunden, so daß sie nur künstlich ge- trennt werden konnten. Insertion: Vom Hinterhaupte laufen die Fasern zur Pars aero- __ -Nackenspiegel XIII Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 369 mialis claviculae, zum Acromion und zum cranialen Rande der Spina scapulae. Die caudalen Muskelfasern vom XL.—VI. B.W. laufen zum caudalen Rande der Spina scapulae, an dem sie mittels eines breiten, starken sehnigen Blattes inserieren, das ohne Grenze in das oberflächliche Blatt der Fascia infraspinata übergeht; bei einer Kontraktion des Muskels üben daher die Fasern auf die ganze Fascie (besser wohl Aponeurose) ihre Wirkung aus, wodurch diese verstärkt wird. Über die weitere Aufgabe dieser Verbindungsfascie habe ich in meiner ersten Mitteilung berichtet (Morph. Jahrb. 45. Bd. S. 267). — Das Nackensehnenblatt beginnt in der Höhe des IV. H.W. und reicht bis zum Ill. B.W. Die Fasern der Sehne laufen in derselben Richtung wie die Muskelfasern, d.h. zum größten Teil transversal (medio-lateral). Die Muskelfasern der Nackenpartie des M. subeu- taneus colli entspringen zum Teil von diesem Sehnenblatt, mit dem sie fest verbunden sind. Innervation: N. XI und C,. — Cynocephalus babuin. Im allgemeinen wurden dieselben Ver- hältnisse vorgefunden. Der Ursprung am Oceipitale ist fleischig, breit; ferner entspringt der Muskel vom Septum nuchae, von den Processus spinosi des VII. H.W.— VII. B.W. und den betreffenden Ligg. interspinalia. Zwischen dem I. und II. B. W. befindet sich ein kleiner Nackenspiegel. Die Anheftung findet statt: an dem gan- zen cranialen Rande der Spina scapulae, am Acromion und an der Pars acromialis elaviculae. — Innervation: N. XI und C;. Cynocephalus anubis. Der Oceipitalursprung ist sehr stark; der Muskel entspringt vom Torus oceipitalis, in der Medianebene von der Protuberantia oceipitalis externa, am Halse vom Septum nuchae und von den Processus spinosi des I.—X. B.W. und ihrer Ligg. interspinalia. Ansatz: Vom Hinterhaupte laufen die Muskelfasern zur Pars acromialis elaviculae, zum Acromion und der ganzen Länge der Spina scapulae (cranialer Rand). Dort wo die Spina scapulae den Margo vertebralis schneidet, laufen die Muskelfasern horizontal; die Fasern, die vom X.—IV. B.W. kommen, konvergieren gegen den caudalen Rand der Spina scapulae, den sie jedoch nicht erreichen, da sich hier eine Aponeurose entwickelt, die die Insertion dieser Fasern übernimmt. Das Nackensehnenblatt liegt zwischen dem III. H.W.— 370 Adalbert Schück I. B.W., seine Fasern laufen ebenfalls in der Richtung der von ihnen entspringenden Muskelfasern. Auch hier verbindet die den M. infraspinatus bedeckende Apo- neurose den Trapezius mit dem M. latissimus dorsi; die Aponeurose ist stark, besonders aber diejenige Partie, die die Fortsetzung der Trapezius-Muskelfasern bildet. Innervation: N. XI und (G;. PAGENSTECHER (1867, S. 129) erwähnt, daß ;bei dem von ihm untersuchten Mandrill der Cucullaris kaum die Clavieula berührt hat, Macacus cynomolgus. Ursprung: von der Crista oceipitalis, mus- kulös, ferner direkt von dem Septum nuchae, und erst vom I.—X. B.W, mit ganz schmaler, dünner Sehne von den Processus spinosi und ihren Ligg. interspinalia. Insertion: vom Oceipitale verlaufen die Muskelfasern zur Pars acromialis elaviculae, zum Acromion und zur Spina scapulae; dort wo die Spina den Margo vertebralis sca- pulae schneidet, sind die Muskelfasern zwischen der Wirbelsäule und dem Schulterblatte sehr kurz und horizontal ausgespannt. Diejenigen Muskelfasern, die caudal vom X. B.W. bis eranial zum IV. B.W. von der Wirbelsäule kommen, ziehen zum caudalen Rande der Spina scapulae, wo sich wiederum ein starkes Sehnenblatt bildet. Der Nackenspiegel ist sehr schwach ausgeprägt. Innervation: N. XI. und C,. Macacus maurus. Die Ursprungs- und Ansatzverhältnisse sind fast dieselben wie in dem vorher beschriebenen Falle, nur reicht der M. trapezius bloß zum IX. B.W. Innervation: N. XI. und C.. Cercopitheeus sabaeus. Der Ursprung am Öeceipitale ist sehr schmal, so daß der Muskel vom M.-st.-el.-m. eirca 2 em entfernt ist. Am Halse entspringt er von dem Septum nuchae, von den Processus spinosi und den Ligg. interspinalia des I—XI. B.W. Zwischen dem VI. H.W.—IV. B.W. (in einem anderen Falle zwischen dem VII. H.W.— III. B.W.) ist ein sehr ansehnliches und starkes Nackensehnenblatt ausgebildet. Auch am X. und XI. B.W. entspringt der Muskel sehnig, im übrigen jedoch muskulös. — Vom Hinterhaupte verlaufen die Fasern zur Pars acromialis elaviculae, zum Acromion und zur Spina scapulae. Die vom XI. B.W.—V.B.W. kommenden Fasern inserieren am caudalen Rande der Spina scapulae mit einem breiten Sehnenblatte, das mit der die Fossa infraspinata bedeckenden Fascie vereinigt ist, wodurch auch hier der M.tr. mit dem M. latissimus dorsi verbunden wird. Der Teil des Muskels, der sich eranial von Beiträge zur Myologie der Primaten. I. 371 dem Nackensehnenblatte befindet, ist beweglicher als der übrige Teil des Trapezius, der caudal von diesem Sehnenblatt liegt und am caudalen Rande der Spina scapulae inseriert; dieser Teil des Mus- kels ist deshalb unbeweglicher, weil seine ganze Insertionspartie, die auf der Scapula gelegen ist, durch ihre Verbindung mit dem M. latissimus dorsi einen festeren Halt erhält. Innervation: N. XI. und C;. Cercopithecus patas. Am Oceipitale ist der sehnige Ursprung schmal; am Halse entspringt der Muskel vom Septum nuchae, von den Processus spinosi des I.—X. B.W. (in einem Falle nur bis zum IX. B.W.) und von den Ligg. interspinalia. Ansatz: vom Hinter- haupte verlaufen die Fasern zur Pars acromialis claviculae, zum Aeromion und der ganzen Länge der Spina scapulae (eranialer Rand). An der Stelle, wo die Spina scapulae gegen den vertebralen Rand des Schulterblattes ausläuft, bildet sich ein sehniges Dreieck, in das von allen Seiten die Muskelfasern einstrahlen; dort laufen auch die von der Wirbelsäule kommenden Fasern horizontal. Die vom X. B.W. eranial laufenden Fasern konvergieren ebenfalls gegen dieses Sehnen- dreieck; die am meisten caudal liegenden Fasern gehen bereits beim Erreichen der Scapula in eine Aponeurose über, die einheitlich die ganze Fossa infraspinata bedeckt und die hier zusammentreffenden Muskeln Trapezius und Latissimus verbindet. Das Nackensehnen- blatt ist schwach entwickelt: I.—I.B.W. (in einem anderen Falle: VII. H.W.—1. B.W. ; Innervation: 1) N. XI. und C,, 2) N. XI und C, und C;. Hylobates syndactylus. Der Ursprung des M.tr. am Oceipitale ist verschieden. Bei drei Exemplaren erreichte er das Hinterhaupt nicht, sondern nahm seinen Ursprung von dem die Nackenmusku- latur in der Medianebene trennenden Septum nuchae. Bei einem Exemplar erreichte dagegen der Muskel als ein schmaler, gegen die Ursprungsstelle sehnig werdender Muskelstreifen das Oceipitale. An den drei Exemplaren, bei denen der M. tr. das Hinterhaupt nicht erreicht, ist die ganze Ausdehnung der Linea oceipitalis vom M. st.-el.-m. beansprucht, so daß sich hier die beidseitigen Mm. st.-el.-m. in der Medianebene treffen; der M. trapezius beginnt erst in der Höhe des III.—IV. Halswirbels, doch zieht sich auch hier in der Medianebene ein schmales, aber starkes sehniges Band bis zum Hinterhauptswulste, an dem es mit dem sternalen Kopfe des M. st.-el.-m. zusammenfließt. Morpholog. Jahrbuch. 47. 25 a, mas 312 Adalbert Schück KoHLBRUGGE (1897, S. 45) sagt, daß der Ursprung an der Hin- terhauptsschuppe den meisten Hylobatiden fehle, doch sei er bei Hylo- bates syndactylus vorhanden, was bei drei von mir untersuchten Tieren nicht der Fall gewesen ist; es scheint also hier eine ziem- liche Variation vorzuherrschen. Auch DEnıkEr (1885, S. 140), der einen Hylobates-Fetus untersuchte, fand keinen Hinterhauptsursprung, sondern erst vom I. H.W. Fig. 13. Fig. 14. _ Lafissimo - l Sterno -cl-masf N VL Qi /rieipifalis WG >> E -- Nackenspiegel _\_Zatissimus orsi, - Trapezius N - Latissimus dorss Hylobates syndactylus. \/a n. Gr. Der M. trapezius reicht Hylobates syndactylus,. !/a n. Gr. M. trape- nicht bis zum Hinterhaupte; am eranialen Rande ist ein zius reicht nicht bis zum Oceipitale; die ganze- kleines Bündel abgetrennt. M. latissimus dorsi mit dem Oceipitallinie wird vom Ansatze der Sternal- M, latissimo-trieipitalis. portion des M. st.-cel.-mast. eingenommen. Der Ursprung reicht an der Wirbelsäule bis zum X., XI., XI. B.W. und ist am letzten Wirbel sehnig. KOHLBRUGGE fand den Ur- sprung auch nur bis zum IX. B.W. reichend, während DENIKER den X. B.W. angibt. Hierbei bedeckt der Trapezius die am meisten eranial gelegenen Bündel des Latissimus. Auch der sehnige Ursprung an den Pro- cessus spinosi der Hals- und Brustwirbel variiert beträchtlich; manchmal ist er kaum wahrnehmbar, manchmal bildet er einen Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 373 deutlichen Nackenspiegel, ein sehniges Blatt, dessen Faserzüge in der Verlaufsrichtung der Muskelbündel gehen. Der Nackenspiegel reicht von dem VII. H.W. bis zum VI. B.W., doch ist seine Ausdeh- nung ebenfalls sehr verschieden. Der Teil des Muskels, der vom Halse bis zu den ersten Brust- wirbeln reicht, ist stärker als die caudalen Partien, die von den letzten Brustwirbeln zur Spina scapulae ziehen. Die Insertion erfolgt an der eranialen Kante der Spina scapulae, zum Teil sehnig, dann am Acromion und an dem acromialen Teile der Clavieula. Einige Muskelfasern greifen auf den M. deltoides über, was auch KoHLBRUGGE (1897, S. 47) erwähnt (s. Fig. 6). Die Muskel- bündel, die von den letzten Brustwirbeln kommen, inserieren nicht, wie bei niederen Affen, am Unterrande der Spina scapulae, sondern sind wegen der Schiefstellung der Spina am Öberrande derselben sehnig angeheftet. Innervation: Der Muskel erhält die Nervenversorgung aus dem N. access. und einigen Spinalnerven, gewöhnlich 3. u. 4., jedoch auch 2.u.3. In einem Falle war der M. omo-cervicalis nahe an seinem Ursprunge gespalten und durch diese Lücke traten die Nervenäste aus dem 3. Halssegment in den Hauptsamm des N. trapezii. Auch KonuLgrusge (1890, S. 217) fand dieselbe Innervation, be- merkt jedoch, daß er bei Hylobates leuc. keinen Ast vom 2.N. cerv. gefunden hat. Bei den vier untersuchten Gibbons bedeckte der Trapezius stets den caudalen Ansatz des M. omo-cervicalis, ohne jedoch mit ihm verbunden zu sein, wie dies nach GRATIOLET beim Schimpansen der Fall sein soll. Simia satyrus. Der sehnige Ursprung am Oceipitale reicht bis zum St.-el.-m., mit dessen Sehne er verbunden ist; weiter entspringt er vom Septum nuchae, von den Processus spinosi des VII. H.W.— IX. B.W, und den Ligg. interspinalia. Zwischen dem VII. H.W.— II.B.W. erweitert sich die Ursprungssehne zu einem ungleichmäßigen Nackenspiegel. Am IX. B.W. ist die Ursprungssehne des Trapezius mit der Ursprungssehne des Latissimus fest verbunden. — Der An- satz erfolgt nur an dem cranialen Rande der Spina scapulae und am Acromion; weiter, auf die Clavicula, reichen die Fasern nicht. Innervation: N. XI. und G;. PrımxoseE (1899, p. 525) fand den Ursprung von der Wirbelsäule bis zum XI. B.W. erweitert; auch der Ansatz an der Clavicula war weiter, da er die ganze Extremitas elavieulae einnahm.- Etwas an- 25* 374 Adalbert Schück ders ist die Beschreibung von Fıck (189, S. 18): Der » Trapezius ist sehr kräftig und entschieden fleischiger als beim Menschen; das Simia satyrus. Y2n. Gr. M. trapezius und M. st.-cl.-mast. Fig. 16. Sk-cl-mast.-- (| Trapezius Lahiss-fricip- Lat.dorsi - Authropopithecus troglodytes. \/z nat. Gr. M. trapezius, sus spinosi des VII. H.W. Sehnenjoch in der Umgebung der Vertebra prominens fehlt. Daraus geht hervor, daß die Scapula beim Orang in querer Rich- tung verschieblicher ist als beim Men- schen. Dagegen sind die vom Oceiput und den obersten Wirbeln absteigenden Bündel des Trapezius auffallend kurz; infolgedessen steht die Scapula und da- mit die ganze Schulter sehr hoch und da- durch erscheint der Hals so kurz, dadurch »steckt der Kopf so häßlich zwischen den Schultern«, worauf schon LANGER aufmerksam gemacht hat. Nach abwärts reicht der Trapezius nicht wie beim Men- schen bis an bzw. über den Rand des Latissimus dorsi hinunter, sondern es bleibt zwischen beiden Muskeln eine Lücke.« MicHaeruıs (1903, S. 218) hat ebenfalls gefunden, daß dem Orang der Nackenspiegel fehle, sagt jedoch im Gegensatz zu Fıck, daß der Trapezius caudal bis zum Latissimus reiche. — Anthropopithecus troglodytes. Am Ocei- pitale ist der Ursprung sehr breit und sehnig. In einem Falle bildete die Ur- sprungssehne der beiderseitigen Muskeln, die eranial bis etwa zum II. H.W. reichte, ein sehr ansehnliches Dreieck, dessen Basis die Linea oceipitalis bildete. Dieses sehnige Dreieck wurde sowohl rechts als links von dem N. oceipitalis maior durch- brochen (s. Fig. 8 u. 9). Die Lücke zwi- schen dem Trapezius und dem St.-el.-m. ist schmal. Weiters entspringt der Muskel vom Nackenseptum und von den Proces- und des I—XI. B.W. Am XI., in einem Falle erst am XI. B.W. ist der Ursprung sehnig und mit dem ober- flächlichen Blatte der Aponeurosis lumbodorsalis verwachsen. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 375 Ein Nackenspiegel war nicht vorhanden. Insertion: die caudalen Fasern laufen zur Spina scapulae, wo sie mittels des sehnigen Dreiecks inserieren (Fig. 16). Die eranialen Fasern laufen zum Teil zum cranialen Rande der Spina scapulae, zum Teil zum Acromion und zur Extremitas acromialis elaviculae. An der Fossa infraspinata wurde, wie bei allen Affen, eine derbe aponeurotische Fascie vorgefunden, die die zwei hier nahe aneinander liegenden Muskeln Latissimus und Trapezius verband, so daß hier nur eine künstliche Trennungslinie in der Verlaufsrich- tung der ecaudalen Trapeziusfasern geschaffen werden konnte. Innervation: 1) N, XI. und C;, 2) N. XI. und C,, C, und C.. Vırcnow (1909, S. 143) beschreibt bei dem von ihm untersuchten Schimpansen den Trapezius wie folgt: »Der Trapezius ist sehr dick (bis zu 14 mm) am Kopf, Ansatz breit, unten wird er in einer Aus- dehnung von 66 mm vom Latissimus bedeckt. Ein bestimmter Dorn- fortsatz als unterer Endpunkt des Ursprunges läßt sich nicht angeben, da das sehnige Ende des Muskels, welches in der Höhe des X. B.W. beginnt, in der Höhe des XI. B.W. untrennbar verwachsen ist mit der Aponeurosis lumbodorsalis, bez. dem Ursprunge des Latissimus und Serratus postieus inferior. « VroLık (1841, p. 27 u. p. 18) und Cnampners (1872, p. 178) sagen, der Muskel sei so wie beim Menschen. 3. M. omo-cervicalis. (Cleido-atlantieus, SOMMER, VırcHow; Levator elaviculae, Tyson; Clavio-trachelien, DuvErnoyY; Cleido-omo-transversaire, TESTUT; Acromio--trachelien, CUVIER — usw.) Die Bezeichnung Omo-cervicalis, die von BISCHOFF vorgeschlagen wurde, paßt, weilsie allgemein gehalten ist, am besten für die dif- ferenten Befunde; in allen untersuchten Fällen lag der Ursprung stets am Processus transversus des Atlas, und zwar an der Ventral- seite desselben, der Ansatz variierte jedoch sehr stark — an der Clavieula, am Acromion oder an der Spina scapulae. Auch die Gestalt des Muskels war stets gleich: am Ursprung drehrund, am Ansatz platt. Aus diesen Gründen wurde in der nachfolgenden Dar- stellung der Kürze wegen nur der Ansatz beschrieben. Nyeticebus tardigradus. (Siehe Fig. 1 u. 10). In der Lücke zwischen dem M. st.-el.-m. und dem M. trapezius kommt der :Omo- 376 Adalbert Schück cerviealis zum Vorschein; er liegt dem Trapezius dicht auf und in- seriert am Acromion, wo er mit den Fasern des Trapezius fest ver- bunden ist. Der Muskel erhält seinen Nervenzweig aus dem C;; er wird von keinem Nervenast durchbohrt, wie dies sehr oft der Fall ist. Der N. XI. und der zu ihm ziehende C, laufen auf dem Muskel zum M. trapezius. Lemur macaco. Die Insertion erfolgt am Acromion und reicht bis zur Artie. acr. elav. Der Muskel bedeckt den Trapezius, der in diesem Falle ebenfalls nicht weiter als bis zur Clavieula reicht (s. Fig. 2). In einem Falle wurde der Muskel in seinem proximalen Drittel von dem N. XI. durchbohrt, in einem anderen Falle von dem C;; dieser Halsnerv trat etwa in der Mitte des Muskels an der Ven- tralfläche zum Vorschein, um sich hier mit einem Zweig des C, zu verbinden und hierauf gemeinsam zum N. XI. zu verlaufen. Der Muskel selbst erhielt besondere Äste aus Fig. 17. dem C, und C,, einmal bloß aus dem C.. j ee Cebus apella. Der. M. omo-cervicalis inseriert unter dem Trapezius am Acro- N mion bis zur Artieulatio acromio-clavi- /, Al z@pore eularis. Er liegt dem M. supraspin. WIN dicht auf. Der N. XI. läuft über die I; zum Trapezius ziehenden Nervenäste aus C; und Ö, unter ihm, so daß er von \ den den Trapezius versorgenden Ner- ven sowohl von der dorsalen als auch „ > von der ventralen Seite umschlossen wird. Hi / m N Der Muskel erhält selbständige Äste aus ') = Omo-cervicalis. dem zweiten und dritten Segment. IV} | Cebus flavus. Die Insertion des ganz 1 1 VOL 2 flach gewordenen Muskels findet an der Nerv rapezi Spina scapulae, medial vom Aecromion, Cebus flavus. M. omo-cervicalis und statt. Am Ansatz ist er durch die Fascia die Lagebeziehungen zu den den M. trapezius, M, levator scap. und die Suprasp. von dem M. suprasp. getrennt. Pars oranialis des Serratus anf, ver Bemerkenswert sind die Lagebeziehungen sorgenden Nerven C 3, C4u.C;. Sche- 2 matisch. zu den Nerven (Fig. 17). Ventral von dem Muskel läuft der N. XI, mit dem sich ein Zweig aus C, verbindet, ferner zwei Aste aus C, für den Leva- tor, sowie drei den Muskel selbst versorgende Nerven und zwar ein Ast aus C,, eine Anastomose aus C, und C, und ein Ast aus (C,; dorsal von dem Muskel verläuft ein Nerv aus C, für die Pars cranialis Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 877 5 des Serratus ant.; somit liegt der M. omo-cervicalis zwischen den zum £ Trapezius, zum Levator und zu der Pars cranialis des Serratus zie- henden Nerven eingeschlossen. Ateles ater. In distaler Hälfte trennt sich der Muskel in zwei Köpfe, die gesondert inserieren; der eine Kopf inseriert an der Extremitas acromialis elavieulae, der andere am Acromion, wobei sie über den Trapezius greifen, d. h. ventral von ihm zu liegen kommen (Fig. 3). Noch vor der Teilung erhält der Muskel von der dorsalen Seite zwei selbständige Äste aus dem (;. Cynocephalus babwn. Der Muskel ist ganz ungewönlich stark; nur am Ursprung ist er drehrund, kurz nachher wird er jedoch flach und sehr breit, so daß er das ganze Acromion und fast ein Viertel der eigentlichen Spina scapulae einnimmt, wobei er dicht vom Trapezius überlagert wird. Ähnlich beschreibt PAGENSTECHER (1867, S. 129/30) den Ansatz des Muskels bei einem Mandrill. Die Innervation erfolgt von der dorsalen Seite her durch einen Ast aus C.. Macacus maurus. Insertion: am Innenrande des Acromion und des lateralen Endes der Spina scapulae. Der Muskel wird von einem Ast des C, durchbohrt, der zum N. XI. zieht (für den M. trapezius). Die Innervation erfolgt aus C; und C.. Cercopithecus patas. Der M. omo-cervicalis inseriert am lateralen Drittel der Spina scapulae und am Acromion. Der Muskel ist wie- derum zwischen die den Trapezius versorgenden Cervicalnerven ge- lagert, denn die zwei aus C, kommenden Äste laufen dorsal vom Muskel zum N. accessorius, der über dem M. omo-cervicalis gelagert ist; außerdem gelangt zum N. XI. ein Ast aus C,;, der vorerst dorsal vom M. omo-cervicalis verläuft, um nachher in einer Schleife an die Ventralseite des Muskels zu gelangen und in den N. XI. einzutreten. Der Muskel selbst erhält einen Zweig des C, und C;. Hylobates syndactylus. Der Ansatz variiert. Bei zwei Exem- plaren war die Insertion an der Clavicula neben der Artieul. acro- mio-clavieularis, wobei einige Fasern bis auf die Kapsel, wenige auch auf den Processus coracoides reichten. Die oberflächlichen Fasern waren an der Insertionsstelle mit den überliegenden Fasern des M. trapezius verwachsen. In zwei Fällen inserierte der Muskel an einem sehnigen Bande, das zwischen der Extremitas acromialis claviculae und dem Angul. cran. scapulae ausgebreitet war. Das Band war sehr fest, beinahe drehrund, und hatte etwa die Stärke des Lig. transversum scapulae superius. Man könnte dieses ‚Band 378 Adalbert Schück vielleicht ein Lig. eleido-angulare nennen. In diesen Fällen hat der Muskel bei seiner|Funktion die Wirkung desM. lev. scapulae verstärkt, mit dem Unterschiede jedoch, daß hierbei auch die Clavieula an ihrem acromialen Ende gehoben wurde. Er war also in der Tat auch ein Levator clavieulae, wie ihn bereits Tyson genannt hat. Wie aus der Fig. 19 ersichtlich ist, erfolgte in einem Falle die In- sertion nicht nur an dem Lig. celeido-angulare, sondern nebstdem an der Clavieula und an der Spitze des Acromion. Die Innervation erfolgte aus C, und C,, oder bloß aus C, bzw. C,. In einem Falle wurde der Muskel von zwei zum N. XI. ziehen- Fig. 18. 0, cal: S >> mo at. N Hylobates syndactylus. Ligamen- tum cleido-angulare mit dem An- satz des M. omo-cervicalis. !/an. Gr. Hylobates syndactylus. Ligamen- tum cleido-angulare; der Ansatz des M. omo-cerv. an diesem Band, an der Pars acrom. celav. und an der Spitze des Acromion. Y»n. Gr. den Ästen aus Cs; durchbohrt, in einem anderen erhielt der Muskel sowohl von der dorsalen als auch von der ventralen Seite Nervenäste und zwar aus demselben Segment (C,), indem der eine Ast im Bogen von der dorsalen Seite auf die ventrale verlief und erst da in den Muskel gelangte. Auch KoHLBruGGE (1890, S. 219) fand bei Aylobates leuc. und ag. C, als Innervation des Omo-cervicalis. Simia satyrus. Der Muskel inserierte an der Pars acromialis elavieulae; er erhielt einen Ast des C,; und zwar von der dorsalen Seite. Auch Prımrose (p. 527) beschreibt den Ansatz ähnlich und sagt ebenfalls, daß die Befestigung am Atlas ziemlich konstant ist, während der Ansatz am Schultergürtel verschieden ist. Beiträge zur Myologie der Primaten. I. 379 Anthropopitheeus troglodytes. Die Insertion erfolgt an der Ven- tralfläche der Clavieula; sie ist so breit, daß sie einerseits nahe an den Clavicularkopf des M. st.-el.-m., andererseits bis zum Acromion reicht, wo sie vom M. trapezius bedeckt wird (s. auch Fig. 8). Inter- essant sind wiederum die Lagebeziehungen der Nerven zum Muskel. 1. Fall (Fig. 20): Aus dem C,; kommen drei Muskeläste; der eine Ast gelangt direkt zum M. omo-cervicalis, der zweite läuft ventral vom Muskel, gibt noch über dem Muskel einen Ast ab, der durch den Muskel zieht, um sich mit dem dritten aus C; kommenden Aste, der dorsal vom Muskel verläuft, zu verbinden. 2. Fall (Fig. 21): Aus C; kommen zwei Muskeläste für den Trapezius; der eine, ventral Fig. 21. C2 Omo- cervicalis. : nv Nn.m.trapezit. Anthropopithecus troglodytes: Der M. omo-cervicalis und die ‚ Lagebeziehungen zu den den Tra- pezius versorgenden Nerven XI Anthropopithecus troglodytes. M. omo-cervicalis n. Die Lage- beziehungen zu den den Trapezius versorgenden Nerven XI, Cz und und (>. C,. Schematisch. vom Muskel verlaufende, gibt von der ventralen Seite her einen Ast für den M. omo-cervicalis ab; der zweite liegt vorerst dorsal vom Muskel, tritt dann durch eine deutliche Öffnung im Muskel an die Ventralseite, um sich nachher mit dem erstgenannten zu verbinden. AusC, kommen ebenfalls zwei Äste: der eine tritt auf die ventrale Seite des M. omo-cervicalis und innerviert von da den Muskel, der andere jedoch verläuft dorsal vom Muskel, spaltet sich nachher in zwei Äste, von denen der eine zu den vorhergenannten, bereits ver- bundenen Ästen aus C, gelangt, der andere selbständig in den M. trapezius eintritt. Somit liegt der M. omo-cervicalis in dem den M. trapezius versorgenden Nervenplexus. — VROLIk (1842, p. 28) sagt, daß er den M. omo-cervicalis beim Schimpansen nicht vorgefunden 380 Adalbert Schück hat, während H. VırcHow (1909, S. 144), Cuapman (1879, p. 54) u.a. ihn gefunden haben. Auch Vırcnow beschreibt die Insertion als sehr breit, nämlich 40 mm. Il. Die Gruppe Levator-Rhomboides-Serratus anticus. ‘4. M. levator scapulae. Nycticebus tardigradus. Der Muskel besitzt vier deutlich ausge- bildete Zacken, die von der caudalen Fläche der Querfortsätze der vier ersten Halswirbel entspringen. Die zwei ersten Zacken sind lang und schmal, die dritte und vierte kurz und stark; diese zwei letzteren verbinden sich vorerst zu einem einzigen Muskelbauch, der mit den zwei cranialen Zipfeln zu einem Muskel zusammenfließt. Dieser einheitliche Muskel inseriert an der dorsalen Fläche der Fossa supraspinata in der Gegend des Angulus cranialis scapulae und am Angulus selbst. Die Insertion erfolgt dicht an der Anhef- tungsstelle des M. rhomboides und des M. serratus anticus. Innervation: C, und Ö,. Lemur macaco. Er entspringt mit zwei gesonderten Zacken von der dorsalen Fläche des zweiten und dritten Querfortsatzes. Die erste Zacke zeigt eine An- Fig. 22. deutung einer Trennung in Aeste aus (Cyu C. . . . $ Ck_füieden Ahonrbordks zwei Teile, die durch den hindurchtretenden Nerven- aeronbades zweig (C4) verursacht wird. Dieser Cervicalnerv: gibt außerdem noch Äste an die \ N tor Hauptportion des M. rhom- boides (die Oceipitalportion u: des Rhomboides erhält einen 2 = besonderen Zweig ebenfalls Dee = A Pars eaudalıs aus dem C,, der jedoch über, d. h. eranial von dem M. Lemur macaco. Schematische Darstellung des Nervenverlaufs levator verläuft.) Zwischen zum M. levator scapulae, M. serratus anticus (Pars cranialis)B dem M. levator und dem und Rhomboides (Oceipital- und Hauptportion). Ca, Cs, Th j ; Cs. Ansicht von der Dorsalseite. Schematisch. cranialen Rande der Pars cranialis des M. serratus ant. verläuft ein Nervenzweig aus dem C,, der sowohl dem M. levator, als auch dem M. rhomboides und der Pars cranialis des Serratus N Basıs scapulae Beiträge zur Myologie der Primaten. 11. 381 Äste gibt. In der Pars eranialis selbst befindet sich außerdem ein Ast des C,, der diesen Muskelteil innerviert und daneben noch einen Ast für die Hauptportion des Rhomboides liefert, so daß dieser Muskel insgesamt durch drei Nerven versorgt wird. Am caudalen Rande der Pars cranialis des Serratus kommt endlich ein Zweig des ©, zum Vorschein, der einen Ast für die caudalen Teile der Pars ceranialis und einen Ast für die cranialen Teile der Pars cau- dalis abgibt. — Sehrähnlich lagen die Verhältnisse in einem anderen Falle, der beim M.rhomboides (S. 385) genauer beschrieben und auf der Fig. 33 darge- stellt ist. Siehe auch S. 391 über die Innervation des Serratus anticus. Der gemeinsame Muskelbauch inseriert am cranialen Teile der Basis scapulae, wo er mit der Pars cranialis des Serratus verwachsen ist. In dem zweiten Falle reichte die Lücke bis an die Basis sca- pulae. Am Angulus cranialis scapulae reicht die Insertion der Oc- eipitalportion des M. rhomboides an den M. levator heran. MurıeE u. Mıvartr (1872, S. 57) beschreiben den Levator der Lemuroidea. Danach ist er so eng mit dem M. serratus- ant. ver- bunden, daß er bloß als eine Halsportion betrachtet werden kann; er entspringt von den Querfortsätzen sämtlicher Halswirbel und in- seriert neben der Oceipitalportion des Rhomboides. Cebus apella. Von einem selbständigen Levator scapulae kann hier nicht mehr gesprochen werden, denn der M. serratus ant. nimmt Ursprung von allen Querfortsätzen der Halswirbel. Nur die eraniale Zacke, die vom Processus transv. des Atlas kommt, zeigt eine ge- wisse Selbständigkeit, indem sie eine Strecke weit getrennt verläuft und auch einen eigenen Ast aus dem C, erhält, während der übrige Teil — d.h. die Pars cranialis des M. serratus — aus dem C, und der Serratus im engeren Sinne aus dem C, und C, (Thoracicus longus) innerviert wird (s. Fig. 35). Cebus flavus. Bei den zwei untersuchten Exemplaren wurden differente Zustände angetroffen. In dem ersten Falle konnte ein gesonderter M. levator scapulae kaum nachgewiesen werden, denn die Gesamtheit des Muskels war mit der Masse des Serratus ver- einigt und nur am Ursprung — an den Querfortsätzen des II. u. III. H.W. — ein wenig selbständig, was auch durch einen beson- deren Zweig aus dem C, zum Ausdrucke kam. Diese am weitesten eranial liegenden Bündel inserierten am dorsalen Rande des Angulus eran. scapulae, neben den übrigen Partien des Serratus, die die ganze Basis scapulae einnahmen. 382 Adalbert Schück Der Muskel kann bei dem zweiten Tiere vom Serratus ant. ge- trennt werden. Erist beinahe im ganzen Verlaufe ein einheitlicher Muskel, der nur an seinem Ursprunge, an den Processus transv. des II. und III. HW., in zwei Bündel gesondert werden kann. Die Festheftung findet am Angulus ceranialis scapulae statt, reicht ganz wenig an die Basis scapulae, wo der Muskel einerseits mit den Bündeln des Serratus ant. und andererseits mit denen des M. rhom- boides zusammenstößt. Die Nervenversorgung findet aus dem C, statt. Zwischen dem M. levator scapulae und dem Oberrande des M. serratus ant. verläuft der aus dem C, kommende Nervenzweig für die Portio eranialis des Serratus ant. Ateles ater. Der Levator ist vollständig in zwei Teile getrennt ‘(s. Fig. 36). Die erste Partie, ein schmales Muskelband, kommt vom Processus transv. des Atlas und inseriert selbständig am Angulus eran. scapulae; die zweite Partie hat zwei Zacken, die an den Quer- fortsätzen des III. u. IV. H.W. entspringen und sowohl am Angulus eran. scap. als auch an der Basis seapulae — hier dieht neben dem Ansatze der Pars cranialis des Serratus ant. — inserieren. Der Muskel erhält seine Innervation aus dem C,. Cynocephalus. babwin. Der Muskel hat drei gut ausgebildete Zacken, die von der Dorsalfläche der Processus transversi des I., II. u. III. H.W. entstammen. Die Atlasportion ist sehr mächtig. Die drei Zacken vereinigen sich nahe am Ansatz zu einem Muskel, der am Angulus cran. scap. inseriert. Der Muskel wird aus dem C, versorgt. PAGENSTECHER (1867, S. 129) sagt: der Levator des Mandrill nimmt von allen Halswirbeln Ursprung; seine oberen vier Bündel sind gut voneinander geschieden, die drei unteren flach und zusam- mengeschoben. Sie gehen in den Serratus magn. über, der von den zehn vorderen Rippen seinen Ursprung nimmt. Auch BrocA (1869, p. 314) spricht von einem einheitlichen Levator-Serratus, der von allen Halswirbeln und von den zehn ersten Rippen entspringt und einheitlich am Margo vertebralis scapulae inseriert. Macacus maurus. Auch bei diesem Affen waren die beiden Muskeln verbunden und auch hier zeigte die I. und II. Zacke einen gewissen Grad von Selbständigkeit. Die erste Zacke hatte ihren Ursprung an der Dorsalfläche des Processus transversus des Atlas, die zweite am Epistropheus. Weiter caudal folgt der geschlossene Muskelbauch des Serratus. Zwischen der ersten und zweiten Zacke Beiträge zur Myologie der Primaten. 1. 383 tritt ein Ast des C; und zwischen der zweiten Zacke und dem cra- nialen Rande des Serratus ein Ast des C, hervor. Von diesen zwei Cervicalästen, die weiter zum M. rhomboides verlaufen, wird je ein Zweig für die erste (C;) und zweite Zacke (C,) abgegeben. Die zwei etwas selbständigen Zacken inserieren gemeinsam mit dem übrigen Teil des M. serratus ant. am Margo vertebralis scapulae. Cercopithecus patas. Der M. levator entspringt mit drei starken Zacken von den Querfortsätzen der ersten drei Halswirbel; die Atlas- zacke ist die stärkste. Etwa in der Hälfte der Länge vereinigen sich die drei Zacken zu einem einheitlichen, etwas rund werdenden Muskelbauch, der am Angulus cran. scapulae inseriert. Cranial ist ihm am Ansatz die Oceipitalportion des Rhomboides, caudal die Pars eranialis des Serratus dicht angelagert. Der Muskel wird aus dem C, und C, versorgt. Siehe auch Fig. 37 und S. 395, wo der Verlauf der Nerven genau beschrieben und dargestellt ist. Hylobates syndactylus. Der Levator hat drei Zacken, die von den Processus transv. des L.—III. H.W. entspringen. Die Zacke vom Atlas ist deutlich getrennt, die übrigen jedoch zusammengeschmolzen; alle drei vereinigen sich bald zu einem einheitlichen Muskelindivi- duum, das am Angulus cran. scapulae, neben dem M. rhomboides, inseriert. Der Muskel ist an der Insertion durch eine Lücke vom Serratus getrennt. Die Innervation erfolgt aus dem, und C,, oder nur aus dem (C.,. Nach KonkLBrusGE (1890, S. 218) ist bei Aylobates leuc. die In- sertion von der des Serratus schwer zu trennen; beim Hylobates synd. vereinigen sich die drei Portionen schon am distalen Drittel ihrer Länge. Die Insertion ist hier nicht am Angulus scapulae, sondern etwas distal von demselben am proximalen Teile des medialen Randes der Scapula. Simia satyrus. Die vier Zacken des Muskels entspringen von dem Processus transversus des I.—IV. H.W. und inserieren gemein- sam am Angulus cran. scapulae, überall vom M. serrat. ant. ge- trennt. Innervation: C; und C,. Bei dem von PrımroseE (1899, p. 526) beobachteten Fall hatte der Muskel nur drei Portionen und war an der Insertion mit dem Serratus verbunden, und Fıck beschreibt einen Ursprung bis zum VII. H.W. (siehe auch Fig. 41). 384 Adalbert Schück Anthropopithecus troglodytes. Der Muskel entspringt mit drei Portionen von den Querfortsätzen der ersten drei Halswirbel. Die erste Zacke ist die selbständigste und stärkste, die zwei übrigen verbinden sich bald, die Atlasportion erst knapp vor dem Ansatz, zu einem gemeinsamen Muskelbauch, der entweder am Angulus cran. scapulae oder auch etwas distal am Margo vertebralis inseriert. In einem Falle war der ganze Schulterblattwirbel frei und der Muskel inserierte distal bis zu der Stelle, an der die Spina scapulae den Margo vertebralis erreicht. In einem anderen Falle war wiederum die dritte Zacke, die vom III. H.W. entsprang, zweigeteilt, so daß der Muskel eigentlich vier Portionen hatte. Die Nerven stammten aus dem C, und C,, einmal nur aus dem (,. VırcHnow (1909, S. 144) liefert eine ähnliche Beschreibung des Muskels bei einem Schimpanse: er entspringt mit vier getrennten Zacken von den Querfortsätzen der vier ersten Halswirbel; er läßt den oberen Winkel der Scapula frei und befestigt sich unterhalb derselben am medialen Rande derselben. In einem Falle von Surrox (1884, p. 76) hatte der Muskel fünf Portionen, die von den fünf ersten Halswirbeln entsprangen; HEPr- BURN (1892, p. 152) beschreibt einen mit drei, GRATIOLET et ALıx (1866, p. 139) einen mit nur zwei Zacken. — 5. M. rhomboides. Nyeticebus tardigradus. Entspringt muskulös von den Processus spinosi des VII. H.W.—V,B.W., nur am VII. H,W. ist der Ursprung Fig. 23—27. 7. Nyckie. lemur Cebus Ateles Cynoceph. Schematische Darstellung des M. rhomboides. Fig. 22. Nyeticebus tardigradus. Fig. 24. Lemur mar. Fig. 25, Cebus ap. Fig. 26. Ateles at. Fig. 27. Cynoceph. bab. *) Eine verbindende Fascie. Röm. Ziffern =Halswirbel. Arab. Ziffern =[Brustwirbel. ; Beiträge zur Myologie der Primaten. 1. 3855 ein wenig sehnig und eine schmale Aponeurose reicht eranial bis zum IV.H.W. Der Ansatz erfolgt am Dorsalrande der Basis sca- pulae vom Angulus ceran. bis zum Angulus caud., wo er mit dem Lev. scap. bezw. mit dem Serrat. ant. zusammentrifft. Der Muskel ist einheitlich, zeigt also gar keine Trennung in Rhomb. maior und Rhomb. minor (Fig. 23). Innervation: C, und (,. Fig. 28—32. — Macae. Cercopith. Aylob. Orang Chimpanse Schematische Darstellung des M. rhomboides, Fig. 28. Macucus maurus. Fig. 29. Cercopithecus pat. Fig. 30. Hylobates synd. Fig. 31. Simia sat. Fig. 32. Anthropopithecus troglodytes. *) Eine verbindende Fascie. Röm. Ziffern =Halswirbel. Arab, Ziffern = Brustwirbel. Lemur macaco. Der Muskel hat zweierlei Ursprünge: mit einem ganz schmalen dünnen Muskelstreifen entspringt er von der Crista oceipitalis, wobei die Ursprungspartie von den äußersten Fasern des M. st.-el.-m. bedeckt wird. Der Hauptteil des Muskels entspringt vom III. (in einem Falle vom VI.) H.W. und reicht caudal bis zum V. B.W.; der Ursprung an der Wirbelsäule — an der Seitenwand der Processus spinosi — ist durchweg muskulös. Die Insertion nimmt die ganze Basis scapulae ein; am Angulus caud. ist der Muskel mit dem M. serrat. ant. fest verwachsen, am Angulus ceran. inseriert sehnig die Oceipitalportion, die hier mit dem M. lev. scap. fest verbunden ist. So nehmen diese drei Muskel die ganze vertebrale Seite der Scapula ein, an der sie zu einer einzigen Insertion verwachsen sind (Fig. 24). Die Nerven treten zwischen den Zacken des Levator und des Serrat. ant. hervor (Fig. 33); aus C, erhält die Oceipitalportion einen Zweig, aus C, und C, gelangen Äste zur Hauptportion. C, verläuft 386 Adalbert Schück zwischen der ersten und zweiten Zacke des Levator und gibt an jede Zacke je einen Ast ab. C, verläuft zwischen der zweiten Zacke des Levator und der Pars eranialis des Serratus (s.a.b. der Fig. 33) und gibt jederseits einen Ast ab. C, endlich kommt zwischen dem caudalen Rande der Pars eranialis des Serratus und dem eranialen Rande der Pars caudalis des Serrat. Fig. 33. ant. zum Vorschein. — Das Verhalten der den Rhomboides versorgenden Nerven in einem anderen Falle wurde bereits bei Besprechung der Inner- vation des Levator S. 381 dargestellt B% IN gesissezum (Siehe auch Fig. 22), MurıEe und ve i Mivarr (1872, S. 56) beschreiben die Oceipitalportion unter dem Namen Rhomboideus capitis; dieser Rhomb. ZZ. Jun), ne cap. ist ebenfalls an der Insertion mit a dem Levator ang. seap. verbunden. — I. mm Der Hauptteil des Muskels ist so (} einheitlich, daß von einer Trennung Z me” in maior und minor nieht gesprochen . werden kann. en ARTE Re Cebus apella. Ursprung: a) Vom Darstellung des Nervenverlaufs zumM. le- Öeeipitale und zwar von der Linea vator scapulae (Z2.sc.), M. serratus an- tieus (Sa. S.a.b.=Pars eranialis des OCeipitalis; diese Ursprüngesind äußerst Serratus) und M. rhomboides. Nerven dünn. b) In der Medianebene vom aus dem Ca, Cs, Cs. Ansicht von der Dorsalseite. 1=abgeschnittener Zweig Deptum intermuseulare nuchae und vom RS er VI. H.W.—VI. B.W. von den Processus Hauptteil des Rhomboides. spinosi. Die Ursprünge vom Oceipitale (a) und vom Halse (b) sind nicht ge- trennt (Fig. 25). Die Teile, die von den Processus spinosi kommen und beinahe horizontal verlaufen, sind sehr stark und repräsentieren somit die sog. Hauptportion bei getrennten Occipital- und Cervicalur- sprüngen. Ansatz: Vom Oceipitale und von der Wirbelsäule laufen alle Fasern gemeinsam konvergierend zur Basis scapulae, doch nehmen sie nicht die ganze Basis ein, denn cranial inserieren sie erst an der Stelle, wo die Spina scapulae den Margo vertebralis erreicht, so daß also der vertebrale Rand der Fossa supraspinata vom Rhom- boides nicht eingenommen wird. — Keine Trennung in maior und minor. Beiträge zur Myologie der Primaten. I. 387 Der den Rhomboides innervierende C, tritt caudal von der dritten Zacke des Serrat. ant. hervor, gibt Äste an die eranialen Teile dieses Muskels ab, teilt sich dann in zwei Äste, die intramuskulär verlaufen und hen einzeln in den Rhomboides eintreten (siehe Fig. 35 und Beschreibung S. 39). Ateles ater. Ursprung: Die Oceipitalportion kommt als ein ganz schmales und dünnes Muskelbündel vom lateralen Teile der Linea oceipitalis; sie verläuft ganz selbständig und inseriert auch getrennt vom Hauptteile an der Basis scapulae, dicht caudal vom Angulus cran. scap. (Fig. 26). Die Hauptportion entspringt von der Seite der Processus spinosi des VI. H.W.— VI. B.W. und inseriert als einheitlicher Muskel, ohne Trennung in maior und minor, an der Basis scapulae, so daß der Angulus eran. und der Angulus caud. frei bleiben. Der den Muskel versorgende C, verläuft innerhalb der Pars cranialis des Serratus, so daß er nur künstlich dargestellt werden kann, denn er bildet noch im Muskel selbst ein Geflecht, aus dem zwei Äste für die Pars eranialis selbst entspringen. Nahe an der Basis scapulae kommen drei selbständige Äste des C, zum Vorschein, um getrennt zum Rhomboides zu verlaufen (Fig. 36 und S. 394). Oynocephalus babuwin. Der Rhomboides entspringt einheitlich von der Linea oceipitalis, vom Septum intermuseulare nuchae und von den Processus spinosi des VII. H.W.—IV.B.W. Die am Oceipitale entspringende Portion ist äußerst dünn, während die von den Pro- cessus spinosi der Wirbel kommenden Bündel sehr stark sind (Fig. 27). Die Insertion findet an der Basis scapulae statt; nur der Angu- lus eran. wird von dem Levator eingenommen. Die Innervation erfolgt aus dem (C,. Keine Trennung in maior und minor. BrocA (1869, p. 312) nennt den Teil des Muskels, der bei seinem Oynocephalus von der Linea oceipitalis entsprang, einen Rhomboide du cou, PAGENSTECHER dagegen Rhomb. minor: »er empfängt hier eine Partie, die von der linea semieircularis sup. unter dem Cucul- laris herkommt« (1867, S. 129). Macacus maurus. Die Oceipitalportion besteht aus zwei Teilen, nämlich zwei schmalen dünnen Muskelbündeln, die von der Linea oceipitalis entspringen. Zwischen beiden besteht eine Lücke (Fig. 28), die durch eine verbindende Fascie überbrückt ist. Das lateral liegende Muskelbündel liegt zum Teil unter den äußersten Fasern des Sterno-el.-m. Morpholog. Jahrbuch. 47. 26 388 Adalbert Schück Die Hauptportion entspringt mit ganz schmalem Zipfel in der Medianebene vom Oceipitale, vom Septum nuchae und von den Pro- cessus spinosi des VII. H.W.— VII. B.W. Die gesamten Fasern, sowohl vom Oceipitale als auch von der Wirbelsäule, konvergieren gegen die Basis scapulae, die sie ganz einnehmen. Am Angulus caud. scap. ist der Rhomboides fest mit dem Serrat. ant. verwachsen, so daß er nur mit dem Messer ge- sondert werden konnte. Eine Trennung in Rhomb. maior und Rhomb. minor ist nicht vorhanden. HausHTon (1867, p. 284) beschreibt bei einem Macacus memestri- nus den M. rhomboides genau so, wie er oben beim Macacus mau- rus vorgefunden wurde. Er sagt auch, daß diese accessorischen Ocei- pitalbündel bei den meisten Macacen, Cercopithecen und Cynocepha- liden vorkommen und beim Cebus fehlen sollen. Die Innervyation erfolgt aus drei Segmenten: Cs, C, und C,. Der Nervenverlauf ist beim Serratus (S. 394) beschrieben. Cercopithecus patas. Ursprung. Die Oceipitalportion entspringt von dem lateralen Teil der Linea oceipitalis als dünnes, selbständiges Muskelbündel. Die Hauptportion entspringt von der Wirbelsäule und zwar vom III.—VIl.H.W. vom Nackenseptum und vom VII. H.W.— V.B.W. vom Seitenrande der Processus spinosi. Ansatz. Mit Ausnahme des Angulus cran. wird die ganze Basis scapulae von der Insertion eingenommen; der Angulus cran. selbst wird vom Lavator in Anspruch genommen (Fig. 29). Die Innervation erfolgt aus drei Segmenten, nämlich C,, C,, G;. Aus (, gelangt ein Zweig zur Oceipitalportion; er verläuft ventral von der ersten Serratuszacke (vom Processus transv. der V. H.W.), dringt dann in dieselbe hinein und kommt an der Dorsalseite zum Vorschein (Fig. 37, S. 395), hier gibt er zwei Äste ab und zwar einen für die erste und einen für die zweite Zacke des Serratus und teilt sich dann in zwei Äste, von denen einer zur Oceipitalportion und einer zur Hauptportion des Rhomboides zieht. Der Ast aus (, ver- läuft vorerst ebenfalls an der Ventralseite der Pars eranialis des Serratus und durchbohrt hierauf diesen Muskelteil an der Stelle, wo sich die Zacke vom VI. und VII. H.W. vereinigt; an dieser Stelle gibt er einen stärkeren Nebenast ab, der durch die dritte und vierte Zacke (also vom VII. H.W. und I. Rippe) zieht und sich am eaudalen vande der Pars eranialis mit dem C, verbindet. Aus diesem Neben- ast entspringt zwischen der zweiten und dritten und zwischen der Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 389 dritten und vierten Zacke je ein Ast, die Zweige für diese Teile der Pars eranialis abgeben und sich hierauf zu einem Nerv verbinden, der wiederum mit dem Ast aus C, eine Anastomose bildet; der so kombinierte Nerv verläuft an der dorsalen Oberfläche des Serratus und gelangt zum Rhomboides, den er innerviert. — Hylobates syndactylus. Der Muskel hat keine Oceipitalursprünge und zeigt auch keine Trennung in Rhomb. maior und Rhomb. minor. Nur in einem einzigen Falle konnte in der Höhe zwischen dem II. und III. B.W. eine Andeutung einer solehen Trennung konstatiert werden. DEnxıkEer (1885, S. 140) konnte an seinem Aylobates am proximalen Rande ein Bündel abtrennen, das er als M. rhomboides minor beschreibt. KOHLBRUGGE (1890, S. 222) sagt, daß er ähnliche Zustände vorgefunden hat, doch eine wirkliche Trennung sei nirgends vorhanden gewesen. Ursprung: Vom VII. H.W. oder I. B.W. bis zum VII. oder VIII. B.W. von den Processus spinosi und zwar fleischig, nur der eraniale Teil des Ursprunges — am VII. H.W. oder I. B.W. — ist sehnig. Ansatz: Die ganze Basis scapulae, mit Ausnahme der Gegend um den Angulus eran. scap. Am Angulus eaud. ist der Muskel mit dem Serratus fest verwachsen, da dieser Muskel hier an die Dorsal- seite hinübergreift (Fig. 30). Die Innervation erfolgt aus dem C, oder C, oder C, und C,; ebenso berichtet KoHuLBRUGGE (1890, S. 222). Simia satyrus. Der Muskel entspringt vom Öceipitale mittels einer besonderen Portion, die beinahe bis zum Angulus cran. scapulae selbständig ist. Die Hauptportion entspringt ebenfalls vom Oceipitale mit äußerst dünnen, schwachen Muskelfasern, weiters vom Septum intermusculare nuchae und vom I.—VII. B.W. von den Processus spinosi (Fig. 31). Der Teil, der etwa dem Rhomboides des Menschen entsprechen würde und vom I.—VI.B.W. entspringt, ist sehr stark, während die übrigen Teile äußerst dünn sind. Ansatz: Basis scapulae, der Angulus eran. wird vom Levator, der Angulus caud. vom Serratus eingenommen. Die Innervation erfolgt aus dem C, und C,. Auch PrıurosSE, BARNARD, BIsCHOFF u. a, haben beim Orang eine Oceipitalportion vorgefunden. Anthropopithecus troglodytes. Ursprung: Der Muskel entspringt direkt von den. Processus transv. des VII. H.W.— VII. oder auch 26* 390 Adalbert Schück VII. B.W. (in einem Falle reichte er cranial bis zum Ill. H.W.), ohne irgendwo eine Trennung in maior und minor aufzuweisen. Ansatz: Die caudalen zwei Drittel der Basis scapulae. Das craniale Drittel wird von dem breiten Ansatz des Levator einge- nommen, der mit seinen caudalen Fasern an den Ansatz des Rhom- boides reicht. Am Angulus eaud. ist der Muskel mit dem Serratus untrennbar verwachsen, der auch auf die Dorsalseite der Scapula hinübergreift (Fig. 32). Innervation: C; und C;; C, und C,. GRATIOLET et Arıx (1866, p. 139) beschreiben bei einem Troglo- dytes Aubryi einen Rhomboides mit Oceipitalportion, doch bemerken sie, daß diese Oeeipitalportion ganz aponeurotisch war. Surrox (1884, p. 76) bemerkt, daß der Rhomboides nicht ge- trennt war, ebenso VroLık (1841, p. 18). Vırcmow (1909, S. 144) gibt folgende Beschreibung: »Trotz der geringen Größe des Tieres ist der Muskel absolut so stark wie beim Menschen. Er entspringt vom Nackenseptum in der Höhe der Dornen der drei oberen Hals- wirbel und von den folgenden Dornen bis zu dem des V.B.W. Der Ansatz ist wie beim Menschen. Der Muskel ist daher am Ursprung erheblich breiter wie am Ansatz und seine beiden Ränder sind nicht parallel. Der obere Rand ist stärker geneigt wie beim Menschen, der untere verläuft horizontal.« 6. M. serratus anticus. Manche Autoren unterscheiden bei diesem Muskel drei Portionen, einige dagegen nur zwei; in den hier vorliegendeu Fällen kamen bei einer Teilung des Muskels stets nur zwei Portionen zur Beobach- tung, es konnte jedoch einigemal annähernd an der Stelle, wo die sog. mittlere Abteilung (Poıtio media) liegt, eine Lücke nachgewiesen werden, die event. auch durch eine Faseie überbrückt sein konnte. In der nachfolgenden Beschreibung wird die obere Abteilung als Pars eranialis (craniale Abteilung, EısLer 1912, S. 498) und die zweite als Pars caudalis (Portio media —+ Portio inferior oder Ser- ratus anticus maior im Gegensatze zum Serratus minor, nach LivInI 1907 — Eıster 1912, S. 499) bezeichnet. Nyceticebus tardigradus. Der Serratus ist deutlich in eine Pars eranialis und eine Pars caudalis getrennt. Die Pars eranialis ent- springt als ein massiver, starker Muskel ohne Zackenbildung von der I.—III. Rippe; die Pars caudalis hat folgenden Ursprung: Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 391 von der III. Rippe 1 Zacke - > IV. + lahtr en V. a Nds Vils u. 22 Se ONE NINE - . -. IR +X. ERER | Ansatz: Die Pars ceranialis verläuft als eine flache, dicke Mus- kelplatte fast horizontal zur Basis scapulae, die sie beinahe in ihrer ganzen Länge einnimmt. Nur am Angulus caudalis bleibt eine kleine Fig. 34. Strecke frei, die der Pars caudalis BE als Anheftungsstelle dient. ehr „£ars eranialis FF —— scapulae = Die Pars caudalis bildet einen fächerförmig ausgebreiteten Muskel, der sich gegen den Ansatz hin zu ” einer dieken, sehr festen Spindel ee verjüngt, die zum Teil sehnig wird. Dieser runde Muskelbauch setzt sich an der noch freien Strecke der Basis scapulae, am Angulus’caudalis und an der Dorsalfläche der Scapula an. Die Pars eranialis erhält gemein- sam mit dem Rhomboides ihre Ner- Nyeticebus tardigradus. M. serratus antieus . deutlich getrennt in eine Pars cranialis und ven aus C; me G; die Pars cau- eine Pars caudalis. Ansicht von der Ven- dalis wird durch den N. thoraeieus tralseite. longus versorgt, der dem 6., 7. und 8. Segment entstammt. Der Zweig aus C, war äußerst dünn. Lemur macaco. Der Serratus ist deutlich in eine Pars cranialis und eine Pars caudalis getrennt. Die Pars cranialis entspringt von den Processus transversi des V. u. VLH.W. und zieht als ein platter, starker und einheitlicher (d.h. ohne Zackenbildung) Muskel zum eranialen Drittel der Basis scapulae, an dem er direkt ansetzt; an der Ansatzstelle ist ihm der Levator dicht angelagert, zum Teil mit ihm verwachsen. Zwischen der Pars eranialis und der Pars caudalis besteht eine breite Lücke. Die Pars caudalis entspringt mit 8—10 Zacken von der L—IX. oder X. Rippe. Die Fasern dieses Teiles konvergieren zur Scapula, von der sie die caudalen zwei Drittel einnehmen; hier stoßen die beiden Teile aneinander. > N Serratus - _ [HN anterior | 392 Adalbert Schück An der ventralen Seite wird der Muskel zum Teil vom Scalenus anticus bedeckt, der caudal bis zur 5. oder 6. Rippe reicht. In einem Falle war er in der Höhe der 4. und 5. Rippe mit dem caudalen Ende des Scalenus ant. derart verflochten, daß er nur künstlich getrennt werden konnte. Die Pars cranialis erhält gemeinsam mit der zweiten Zacke des Levator und der Hauptportion des Rhomboides einen Ast aus C, und gemeinsam mit dem cranialen Teil der Pars caudalis und der Hauptportion des Rhomboides einen Ast aus C,. Das Verhalten der Nerven ist in einem Falle bereits bei Beschreibung der Innervation des Rhomboides (S. 386 und Fig. 33), in einem anderen Falle bei Be- schreibung der Innervation des Levator (S. 380, Fig. 22) genau ge- schildert worden. Die Pars caudalis wird in ihrer Gesamtheit von der ventralen Seite durch den N. thoraeieus longus innervirt, der seine Fasern aus dem ©, und ©, bezieht. — Auch MurıEe und MiıvArr (1882, p. 56) haben bei verschiedenen Vertretern der Lemuroidea Verbin- dungen des Serratus mit dem Sealenus nachweisen können. Cebus apella. Wie bereits beim Levator erwähnt wurde, nimmt der Serratus von allen Halswirbeln Ursprung. Nur die erste Zacke — (die Levatorzacke — zeigt eine gewisse Selbständigkeit, indem sie weiter distal als die übrigen Zacken getrennt ist und auch einen eigenen Nerv aus Ü, erhält. Alle Zacken, die von den Processus transversi der Halswirbelsäule kommen, sind deutlich ausgeprägt, jedoch viel kleiner als die Rippen- zacken, die von der I.—XII. Rippe kommen. Zwischen der letzten Wirbelzacke und der ersten Rip- penzacke ist die Lücke etwas größer, was man als eine An- deutung der Grenze zwischen der Pars eranialis und der Pars cau- dalis ansehen könnte. Im übrigen a lee — jedoch ist der Muskel ganz ein- M. scalenus ant. (abgeschn.) reicht caudalbis zur heitlich, wie dies dienachstehende u _ Fig.35 zeigt, und nur in der Inner- Levator scapulae Pallanfica- -- ce N Nerven aus (4 zum Ze Ahombeides“ E NN N N N IN ID N DEN N N Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 393 vation liegen die Beweise für eine gesonderte Stellung der eranialen Abteilung. Wie aus der obigen Figur zu ersehen ist, wird der Muskel an seinen Rippenursprüngen zum Teil von dem M. scalenus antieus be- deckt, der an der VI. Rippe von den Muskelfasern des Serratus überlagert wird. Ansatz: Der ganze einheitliche Muskel inseriert an der Basis scapulae, die er in ihrer ganzen Länge einnimmt. Am Angulus caud. scap. reicht er auch auf die Dorsalseite hinüber, an der er sehnig sehr fest angeheftet ist. Innervation: Die erste Wirbelzacke erhält einen Ast des C;, der zwischen der zweiten und dritten Zacke zum Vorschein kommt und diese oberste Zacke von der Ventralseite innerviert. Die übrige Halsportion erhält ihren Ast aus C,, der zwischen der dritten und vierten Zacke hervorkommt und an der Ventralfläche des Muskels verläuft, wobei er ihm Äste abgibt; dann teilt sich dieser Nerv und tritt in den Mus- Serratusanferior: „ Fig. 36. „_fars ahlantıca _ _Lerator Sscap kel hinein, in dem er weiter Pars TEE, Gr: bis zum Rhomboides ver- fascie--— — _ SR läuft, den er innerviert. Die ABS = } u ganze Rippenportion des Z um. Re Yen Serratus wird durch den. Burg N. thoracieus longus ver- z m sorgt, der dem 5 und G Parscaudalis-- -- - - N entstammt und eine kurze F _ Basıs. Scapulae Strecke auch intramuskulär z m verläuft. Ateles ater. Ursprung: ra Die Pars cranialis entspringt ZU zu, von dem Querfortsatze des zZ 6. u. 7. Halswirbels und von dem cranialen Rande der Ateles ater. Schemat. Figur. Ansicht von der Dorsalseite. ersten Rippe (Fig. 56). Cra- M. lev. scap., M. serratus ant. Die den M. rhomboides nial liegt ihr der caudale und die Pars cranialis des Serratus ant. versorgenden Nerven kommen aus Cs, die innerhalb dieser Pars cran. Rand des Levator scap. EEE dicht an; von der Pars cau- 394 Adalbert Schück dalis ist sie getrennt, nur an der Insertion stoßen diese zwei Teile aneinander. Die Lücke zwischen den beiden wird durch eine Fascie überbrückt. Die Pars caudalis entspringt mit 10 Zacken von der I.—X. Rippe. Die Insertion der beiden Teile erfolgt selbständig; die Pars eranialis nimmt das ceraniale Drittel, die Pars caudalis die zwei caudalen Drittel der Basis scapulae ein. Die beiden Muskelteile werden gesondert innerviert, der eraniale Teil duch C,, der eaudale durch den Thoracieus longus, der aus C, und C, entspringt. Der den eranialen Teil versorgende Ast des C, gelangt zu dem Muskel von der ventralen Seite her, tritt in ihn hinein, bildet dann in ihm ein einfaches Geflecht, aus dem mehrere Innervationsästehen entspringen; weiter distal entstehen aus diesem intramuskulären Nervengeflecht drei selbständige Nerven, die knapp vor der Basis scapulae an die dorsale Oberfläche gelangen, um zum Rhomboides zu verlaufen. Der Verlauf des Nervus thoracieus weist nichts Besonderes auf. COynocephalus babwin. Die Pars ceranialis entspringt von den Processus transversi des V., VI. und VII. H.W. und der I. Rippe, die Pars eaudalis von der .—X. Rippe mit sieben breiten Zacken. Zwi- schen den beiden Teilen besteht eine schmale Lücke, die jedoch nicht ganz bis zur Insertion reicht. Ansatz: Die beiden Teile nehmen mit ihrer Insertion die ganze Basis scapulae ein. Innervation: Pars eranialis durch C, und C,, Pars caudalis durch .den N. thoraeieus longus aus Ö,, C, und G;. Macacus maurus. Wie bereits S. 383 erwähnt wurde, bildet der Levator hier keinen selbständigen Muskel, sondern wird nur durch zwei vom Atlas und Epistropheus kommende, etwas mehr ausge- sprochene Zacken repräsentiert. Auf diese zwei Levator-Zacken folgt die geschlossene Muskelplatte.e Somit kann in diesem Falle eine gesonderte Pars eranialis nicht unterschieden werden und man kann sagen, der Serratus anticus entspringt bei diesem Macacus von sämtlichen Halswirbeln und von den ersten neun Rippen. Nur inso- weit ist ein Unterschied zwischen der Halspartie und der Rippen- partie wahrzunehmen, als die Rippenzacken viel größer und bei weitem deutlicher ausgeprägt sind, als die Halszacken. Innervation: Der ganze Muskelbauch konvergiert zum Margo verte- bralisscapulae,den erinseinerganzen Längeeinnimmt. Am Anguluscran. scap. ist der Ansatz mit dem Ansatz des Rhomboides fest verwachsen. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 395 Der gesamte Muskel bezieht aus 5 Segmenten seine Nerven: G;—C;. Der erste Nerv — aus C; — tritt zwischen der Atlas- und Epistropheuszacke zum Muskel und innerviert ihn von der dorsalen Seite, indem er je einen Ast an die erste und zweite Zacke al- gibt; ein dritter Ast zieht intramuskulär weiter, gelangt vor der Basis scapulae an die dorsale Oberfläche und verläuft zum Rhom- boides; der zweite und dritte Nerv, aus C, und C,, versorgen den übrigen Teil der Halsportion des Serratus, wobei aus dem C, noch ein dünner Ast für die zweite Zacke abgeht, verlaufen weiter eine Strecke intramuskulär, um in der Nähe der Basis scapulae .an die Oberfläche und dann zum Rhomboides zu treten. Die ganze Rippenportion wird durch den N. thoracieus versorgt, der seine Fasern aus dem C, und C- bezieht. — Auch Hauscnaron (1812, p. 284) beschreibt bei einem Macacus nemestrinus einen einheitlichen Levator-Serratus. Oercopithecus patas. Die Pars cranialis entspringt von den Querfortsätzen des V.—VI. H.W. und von der ersten Rippe; zwi- schen der ersten und zweiten Rippe besteht ein starker Fig. 37. Einschnitt, der für die Pars eranialis die caudale Grenze bildet, die durch den Ver- lauf eines Nerven,noch deut- £ 3 . 5 Rhomboıdes : & }-Cy licher angegeben wird. Poceipik” ” R Die Pars eaudalis ent- springt mit starken, breiten Zacken von der IL..— VII. ge _Serratus ank: Pars cranialıs Rippe. Keradar 7 7 Die beiden Teile inse- rkmieise SE rieren gemeinsam als ein EG 0% einziger Muskel an der gan- au 50.77 zen Basis scapulae. Der ge- . RR I ER naue Verlauf der die Pars INS eayaalıs eranialis versorgenden Ner- Cercopithecus patas. Schematische Figur zur Darstelluug ven &5 OR und 0 wurde des Nervenverlaufes zum Rhomboides, Levator und zur ? Pars cranialis des Serratus. Dorsalansicht. Cz, Cy, Cs. bereits S. 388 dargestellt. 1—7 Querfortsätze der Halswirbel. I, II Rippen. Der übrige Teil des Muskels erhält durch den N. thoracieus longus Fasern aus C,; (5 und C.. 396 Adalbert Schück Hylobates syndactylus. Bei den drei untersuchten Tieren wurden verschiedene Zustände gefunden. Die beiden Teile, die Pars cra- nialis und die Pars caudalis, konnten stets sehr gut unterschieden werden, allein die gegenseitige Abgrenzung, d.h. die Ausbreitung des einen oder des anderen Teiles wechselten. 1. Fall. Die Pars eranialis entspringt von der I.—V. Rippe mit fünf Zacken, die zu einem kurzen, konischen und sehr starken Bauche konvergieren, der am Anguluscran. scap. neben dem Levator inseriert. Die Pars caudalis entspringt mit 7 starken Zacken von der V.—XI. Rippe; der aus diesen 7 Ursprungszacken gebildete, Fig. 39. Fig. 40. S Angulus cranıalıs“ Argulus = he u Ze Hyl«bates syndactylus. Drei verschiedene Formen des Serratus antieus. Ansicht von der Ventralseite. Schematisch. 1—11 Ursprünge an den Rippen. VII. Ursprung vom Querfortsatz des VI. H. W. Ansatz an der Basis scapulae, am Angulus cranialis und am Angulus caudalis. platte Muskelbauch verjüngt sich derart, daß aus ihm ein dicker, Jedoch ganz runder Muskelbauch wird, der am Angulus caudalis scap. inseriert; zwischen beiden Muskelbäuchen besteht also an der In- sertion eine Lücke von der ganzen Länge des Margo vertebralis scapulae. 2. Fall. Die Parscranialis entspringt mit einer dünnen, schmalen Zacke vom Querfortsatze des VII. H.W. und mit drei stärkeren Zacken von der I.—III. Rippe. Aus dem anfänglich platten Muskel entwickelt sieh ein starker, drehrunder Bauch, der am Angulus cran. Scap. inseriert. Die Pars caudalis entspringt mit 8 starken Zaeken von der IIL.—X. Rippe; der platte Muskel, der gegen den Ansatz dieker und Beiträge zur Myologie der Primaten. I. 397 schmäler wird, nimmt mit seinem Ansatz etwa die caudale Hälfte der Basis scapulae ein, so daß zwischen beiden Muskelpartien eine große dreieckige Lücke übrig bleibt. 3. Fall. Die Pars cranialis entspringt, ohne ausgesprochene Zacken zu bilden, als platter Muskel von der I. und II. Rippe. Die Fasern laufen parallel zur Basis scapulae, an der sie in derselben Breite wie der Ursprung direkt ansetzen und etwa ein Drittel der Basis scapulae einnehmen. Die Pars caudälis nimmt ihren Ursprung von der II.—X. Rippe; die Fasern des ursprünglich platten Muskels konvergieren gegen das caudale Drittel der Basis scapulae, die sie zur Anheftung benutzen. Am Ansatz ist der Muskel infolge der starken Verjüngung zu einem kurzen, dieken und runden Bauche geworden. Auch KoHLBRUGGE (1890, S. 228) hat bei Aylobates leuc. und Hwylobates ag. den Muskel in zwei Portionen getrennt vorgefunden, ebenso DENIKER (1885, S. 139). — Innervation. 1. Fall: die Pars cranialis durch C, und C,, die Pars caudalis durch N. thoracicus longus aus C.. 2. u. 3. Fall: die Pars eranialis durch C,, die Pars caudalis durch C, und C.. KOHLBRUGGE (]. e.) erwähnt ebenfalls für den Thoraeieus longus C, und C, als Quellen; weiter sagt er: »bei Hylobates syndactylus erhält der Zweig des N. thoraecicus posterior, welcher die proximale (also die Pars cranialis) innerviert, eine Verstärkung vom N. thora- eicus longus, so daß bei diesem Affen also beide Portionen Zweige vom N. thorac. long. erhalten«. In den drei beschriebenen Fällen konnte eine solche Verbin- dung nicht nachgewiesen werden, da die beiden Portionen stets ge- sondert innerviert werden, d. h. nicht nur durch eigene Nerven, sondern auch aus verschiedenen Segmenten. Simia satyrus. Der Serratus ant. ist ungeteilt; er entspringt mit zehn wohlausgebildeten und starken Zacken von den zehn cra- nialen Rippen; nur die erste Zacke von der I. Rippe ist stärker als die übrigen und nimmt auch der Länge nach von der Rippe Ursprung. Der Serratus ant. war daher in diesem Falle von dem von den ersten vier Halswirbeln entspringenden Levator durch eine sehr breite Lücke getrennt. Bei dem von Fick beschriebenen Orang hatte jedoch der Levator sieben Zacken von allen Halswirbeln, so daß natürlich die beiden Muskeln in ihrem Ursprung eine einheit- liche Muskelplatte bildeten. Ebenso HEPBURN (1892) und PRIMROSE 398 Adalbert Schück (1899) haben beim Serratus des Orang auch Wirbelzacken nachge- wiesen. Der geschlossene Muskelbauch inserierte an der ganzen Basis scapulae. Wenn auch nach den Ursprüngen der Muskel ganz einheitlich erschien, so konnte man doch Fig. 41. nach dem Verhalten der Nerven der cranialen Partie eine gewisse Selbständigkeit nicht absprechen, denn dieser Teil wurde durch Levator scap.- einen besonderen aus C,; und C, entspringenden Nerv versorgt, während der übrige, größere Teil in der gewöhnlichen Weise durch den Bertschen Nerv Fasern aus C- und (C, erhielt. Anthropopithecus troglodytes. Der Muskel zeigt einige indivi- \ duelle Variationen. N N 1. Fall. Es besteht eine deut- N\ \ Aa 9 liche Pars eranialis, die von der IN 9 I. und II. Rippe ohne Zacken ent- 77 . . Symia satyrus. M.levator scapulae und M. serratus springt und als ein sehr starker, ant. Ansicht von der Ventralseite. Schematisch. platter, jedoch kurzer Muskel am Angulus eranialis inseriert. Die Pars caudalis entspringt mit neun Zacken von der III. — XI. Rippe und inseriert an der ganzen Basis scapulae (s. Fig. 42). Die Innervation konnte in diesem Falle wegen der vorherge- gangenen Section nicht mehr festgestellt werden. 2. Fall. Der Serratus ant. entspringt mit 11 Zacken von der 1.—X. Rippe. Die 1. und 2. Zacke sind undeutlich und ver- schmelzen bald, auch sind sie stärker, kürzer und verlaufen hori- zontal; die übrigen neun Zacken sind länger und schwächer. Der ganze Muskel ist einheitlich, so daß eine Pars cranialis und eine Pars eaudalis nicht unterschieden werden können. Der Ansatz nimmt die ganze Basis scapulae ein. Am Angulus eaud. ist der Serratus mit dem Rhomboides verwachsen. Die eraniale Partie, etwa die 1. und 2. Zacke, erhält einen be- sonderen, dem C, entstammenden Nerv; den übrigen Teil versorgt der Thoracieus longus aus dem CO, und C.. Serrafus __ anterior. 399 Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 3. Fall. Eine Trennung in Pars eranialis und Pars caudalis ist angedeutet; die erstere entspringt mit kurzen, starken Zacken von der I.—III. Rippe, die zweite von der IIL—XII. Von der III. Rippe entspringen also zwei Zacken, die durch eine schmale, aber deut- liche Lücke getrennt sind, die jedoch nicht bis zum Ansatze reicht. Die Insertion er- folgt an der ganzen Basis scapulae. Die Zacke von der I.—IIl. Rippe erhält ihren Nerv aus (,, die übrigen Zacken werden durch den Thoracieus versorgt, der seine Fasern aus C, und C, bezieht. VırcHnow (1909, S. 144) hat sehr ähn- liche Zustände vorgefunden: » Betrachtet man den Muskel von der vorderen Fläche, so sieht man, daß eine obere Portion des Muskels, welcher an den oberen Winkel der Scapula geht, an den drei ersten Rippen entspringt. Dieselbe hat eine steilere Verlaufsrichtung Fig. 42. Peranialis 2 \ Pcaudalis des Serratus anf. Anthropopithecus troglodytes. wie der übrige Muskel, ist aber von diesem nicht getrennt, sondern bildet mit ihm eine Tasche, in welche man von unten hinein M. serratus in eine Pars eranialis und eine Pars caudalis getrennt. Ansicht von der Ventralseite. Schematisch. kann.< VROLIK fand ihn genau so wie beim Menschen (1841, S. 18. CHampxeys hat wiederum auch eine Cervicalportion gefunden, was bei HEPBURN nicht der Fall war (1892, p. 156). Ill. Übersicht der Innervation. 1. M. sterno-cleido-mastoideus, Dieser zusammengesetzte Muskel diploneurer Natur zeigt bei den untersuchten Primaten Zustände, die an manche Variationen beim Menschen erinnern. Es ist vor allem bemerkenswert, daß die Sternalportion in einigen Fällen bloß vom N. XI. versorgt wurde und daß, umgekehrt die Clavieularportion nur Cervicaläste erhielt. So erwähnt z. B. auch Bork als Innervation der Sternalportion N. XI., der Clavieularportion O5. Beim Lemur macaco wurde in den beiden untersuchten Fällen der Sternalkopf bloß vom N. XL, der Clavieular- kopf nur von Cervicalästen innerviert, und zwar in einem Falle durch C, und in einem durch ©, und C;. Beim Oynocephalus ham., 400 Adalbert Schück Cynocephalus babwin, Macacus cymomolgus, Cercopitheeus sabaeus, Cercopithecus patas und Simia satyrus wurde der gesamte Muskel nur durch den N. accessorius versorgt. Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht der gefundenen Tatsachen. gefunden wurde. Tabelle 1. Anzahl Sterno-eleido-mastoideus der Innervation Köpfe r Nyeticebus tardigradus. . - . - 2 XI, 2 NOBLUTINOEOO ER 2 XI, 2, 3 - RR EL SER hohe 2 XI, 2 Gebuszapella 0° se ee ER 2 XI, 2 ZI AUDERBS ie. a ee ee 2 XL 3 - Se REN RIO ER 2 XI, 3 DEN u EA : 2 XI, 2 Oynocephalus hamadryas. . » .... 2 XI - bobuin isn el ner 2 XI - U : 3 XL 2 Macacus eynomolgus. -..: 2... 2 XI - PUDUNDEB ES N are fe 2 xI,2 Cercopitheceus sabaeus . ..... 3 XI - POOSSA m SE 3 XI - SE aan De Fa 3 XI - le ER 2 XI, 2 Hylobates syndacdylus . .»...... 2 x1:3 - ET re er 2 XI, 2 - - A 2 XI, 2 = Se ee ee 2 XI, 2, 3 SUMME SOhyUrUs SE 2 es 2 XI Anthropopithecus troglodytes ...... 2 XI, 2 - a A 2 XI Als Cervicalzuschuß wird beim Menschen angegeben: Cz | Ruse, 1908 C5, Cz C;, C (ebenso HENLE, SAPPEY u. a. BARDELEBEN (nach EISLER) C, für den M. sterno-cleido-mastoideus scheint eine seltene Aus- nahme zu sein, die auch bei den untersuchten Primaten nicht vor- Am häufigsten kommt der Cz in Betracht. In zwei Fällen, bei einem Cebus flavus und einem Macacus maurus wurde ein selbständiger M. cleido-oceipitalis gefunden, der in beiden Fällen durch dieselben Nerven wie der M. st.-el.-m. ver- sorgt wurde, nämlich N. XI. und C;. In mehreren Fällen wurde der Muskel in seinem proximalen Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 401 Teile von dem N. accessorius durehbohrt; auch verlief dieser Nerv manchmal zwischen den beiden Köpfen, um sie von der ventralen und dorsalen Fläche zu innervieren. Beim Gorilla wurde durch Eıster (S. 355) auch der N. XII. und C, nachgewiesen, beim Menschen N. XII. durch ManBraAc u. a. 2. M. trapezius. Tabelle 2. Der Trapezius a Innervation zum B.W. | Nyeticebus tardigradus. .. ..... 12 1" KT, 4 our Macdche a ae es 10 x], 4 - RE AR A ee 10 I 9,4 Venus" apellan a en ne re | an: N 3 TB TNEN RER ıK! KORERS - - RN EEE rn ra Ir | XI 4 Ateles alter 23. „2. ea 9 1 X 94 Oynocephalus hamadryas. » ».... | IE XI, 3 - 1 a er 8 NR - anubisi. BAG: en 10 XI 3 Moaeacus ceynomolgus. » 2 2.2.2... | 10 xL3 - LEN ER N ee DELL E | b) XI, 4 Cereopüheeus sabaeus . .» . 2.0... | en! XI, 3 - RENT Et WERTEN 10 XL 3 - a RE BAUT N I xL,2,3 Hylobates syndactylus . . » : 2... 10 I. KT,3,4 £ ER TEE RR UNE Sn EL} - - BAR SENRDRUN,, 11 XI, 3, 4 - - ER NE 12 XI, 3, 4 EL RUE RER: 9 XI, 3 Anthropopithecus troglodytes . ... - | 12 XI, 3 - EIER |; 12 x1,2,3,4 Für den M. trapezius der Primaten kommen drei Segmente in Betracht: C3, C; und C,; für den Menschen wird angegeben | ‘ RUGE Ca, 4 } cz N Do | EISLER Us, 4 MERKEL C; und , ohne XI. wird von Curnow beschrieben (nach EısLEr S. 353); ebenso berichtet KonLsrusge (1897, 8.50). Cervicaläste verbinden sich stets mit dem N. accessorius, doch laufen sie in einigen Fällen noch außerdem selbständig zum M. trapezius. Bei einem 402 Adalbert Schück Cebus apella wurde der Trapezius durch N. XI. und die mit ihm verbundenen C, und C, innerviert; daneben erhielt der Muskel noch einen besonderen Ast des C3. Auch bei Hylobates (2 Fälle) gab der C, einen Ast an den Accessorius und einen sehr starken direkt an den Muskel. Ähnlich berichtet Merken f. d. Menschen (1905, S. 11). 3. M. omo-cervicalis. Tabelle 3. | Innervation Omo-cervicalis | | Ansatz Nyebieebus tarchgradus: .... .» 2... 3 ı Acromion Dem INCH Ne 4 - - ae En AR re ee 3, 4 - Gehussagelg he een 2,3 - SE NBUS TEN seen TE 3,4 Spina scap. + Acrom. DEN ANNE ee er SE | 3 'a) Pars aerom. elavieulae | b) Acromion Oynocephalus babuin. . . 2:2... 4 Spina scap. + Acrom. Macaeus Maus reed 3, 4 - re - Oercopithecus patas .. .. . - Se - 0. - Hylobates syndactylus . » » . 2... b) ı Pars acrom. elavieulae - a a En NE ru 3,4 | %r - - - RE Ar ' 3,4 |Ligam. eleido-angulare! - ERTL RAREER TER. | 4 - - - -+ Acrom. + Pars acrom. cl. N RN a N 3 Pars acrom. elaviculae Anthropopithecus troglodytes . .».. . 3 - - - - ER en 3,4 - - - Der M. omo-cervicalis, der allen Primaten eigen ist und beim Menschen etwa in 2°/, der Fälle als Varietät vorkommt, bezieht in den meisten Fällen Äste aus dem C, und dem C,;; in zwei Fällen, bei einem Cebus apella und einem COercopithecus wurde neben dem C, auch noch der C, vorgefunden. BOLK und KOHLBRUGGE geben C; und Ü, an. Bemerkenswert sind die Lagebeziehungen des Muskels zu den den M. trapezius und den M. levator scapulae versorgenden Nerven. Er wird entweder von den Nerven durchbohrt oder sie laufen ven- tral und dorsal von ihm und schließen ihn so in ihre Bahn ein, soz. B.: Nycticebus tardigr.:. N.XI. und C, ventral vom Muskel Lemur macaco: N. 1. durchbohrt ihn 2 3 0, = rn 1 Siehe 8. 378 Fig. 18 u. 19. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. Cebus apella: | br Cebus flavus: N. XI. Cz u. C, und C, 403 ventral vom Muskel dorsal - - ventral - - C,f.d.Levatordorsal - - C,-- Serratus - - - Ateles ater: N. XI. u.C,, C, Macacus maurus: C, Cercopithecus patas: 0; N. XI u.C; Hylobates syndaect.: 0; Anthropopithee.trogl.: | a N. XI. S S 6 0; er dorsal - - durchbohrt ihn dorsal von ihm ventral vom Muskel durehbohrt ihn ventral vom Muskel durehbohrt den Muskel dorsal vom Muskel Der M. omo-cerviealis ist also in den meisten Fällen von den zum Trapezius ziehenden Nervenästen umschlossen; in einem Falle (Oebus flavus) liefen zwei Äste des C, für den Levator ventral vom Omo-cervicalis und ein Ast des C, für die eraniale Portion des Ser- ratus dorsal. 4. M. levator scapulae. Tabelle 4. | ; Mit Ursprung Levator | ge Serrat. ant. in ae verbunden | Halswirbel Nyeticebus tardigradus. . . ....» - 4,5 _ | 1—4 4 Br TREEERCO Se et Re 4,5 En 2—3 2 z EEE eh 4,5 E= 2-3 2 STE EN RO RO Ir 3 Em 1 1 RE RRELSER EE een 4 + 2—3 2 - SR A N 4 _ 2—3 2 JATPICH, GBR a ee 4 En 1,34 3 Cynocephalus babun . .... 2... 4 e 1—3 3 DdCHENS MAUTUS = .0 0 een ame ene 3, 4 + 1—2 2 Öereöpätheeus Dalüs - . .- ..... 3,4 — 1—3 3 Hylobates syndaetylus -. ...::.. 4 —_ 1—3 3 - She ne Sea ae or 3,4 _ 1—3 B = ER ER REREE de rd 3, 4 _ 1—3 3 Sumia satyrus . » : 2. >... 3, 4 _ 1—4 4 Anthropopithecus troglodytes . » . . - 4 — 1—3 3 - EB 3,4 _ 1-3 3. - Et ze —_ — 1—3 3 Morpholog. Jahrbuch. 47. 404 Adalbert Schück 5. M. rhomboides. Tabelle 5. Innervation ek | Bent iu Rhomboides N, er caudal bis | Rh. Baur | Oceipitale | zum B.W. | und minor Nyeticebus tardigradus: : . ..:..- 5,6 — #3) _ LEMUrIMHERCH en Serie ee | ;4, 5, 6 4 5 | — - RE Eee 4,5 zu 5 _ Gebus:wpele- > - u... 4 + 6 = Atelesı tere. Sy RN yes B) + 7 —_ Oynocephalus babuin. . » » 2... | 4 + 4 - IVLCEUSYOTLIRUS A ee 3,45 | En TE _ Cercopitheeus palas .» : =... 3,4.5.) 2 5 _ Hylobates syndactylus -. ». .».... 5) u 8 — - a 4,5 _ 8 — . rlkhlalı. a 7 + - he fer FR 4 I 8 _ SZ ’SCHTUB Sp ee ee An — | 7 — Anthropopithecus troglodytes u: — | 8 —_ Z 5 04,5 Mn 7 — z = | aA | Pa 7. gt 6. Serratus anticus. Tabelle 6. Cervical- Cervical- Serratus anticus N: ar FR ia ER re Pars Thoracicus eranialis | longus Nyeticebus tardigradus . — 1—10 5, 6 78 Lemur macaco 5, 6 1-9 5, 6 | - I RE TRIEBE NE 5, 6 1—10 5, 6 057 Oebus. apela ». a... . : 1—7 1—12 3, 4 5, 6 Ateles:0ren: En on ee 1—10 6, 7 Oynocephalus babuin. . . 2.2... 5—7 1-10 | 45 62,8 Mäcaeus mr NE RE 1—7 1—9 3,4,5 BRT Cercopitheeus patas 5—7 1-8 3,4,5.1:8.6,.7 Hylobates syndactylus -.. .: 2... u 1—11 5, 6 Ir. - EI A 7 1—10 5 6,7 ° z E 1—10 5 6, 7 DUMESHUTUET NE ee ee _ 1—10 6,7 48 Anthropopitheeus troglodytes ...... . — 1—10 5 6,7 - 0. 7 0 _ 1—12 5 6, 7 Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 405 Aus diesen drei Tabellen 4, 5 und 6 ist die bei den einzelnen Individuen vorgefundene Innervation der drei Muskeln zu ersehen. Wie aus der Nervenversorgung hervorgeht, gehört diese Muskelgruppe in ihrer Gesamtheit denselben Halsmyomeren zu, wobei nur die Ver- teilung des Materials der Myomeren an die einzelnen Individuen dieser Muskelgruppe gewissen Schwankungen unterworfen ist, indem 1. der Levator und der Rhomboides oder 2. der Rhomboides und der Serratus oder 3. alle drei Muskeln zusammen aus ein und demselben Segment Nerven beziehen können. Besonders hervorzuheben ist hierbei das Verhalten der den Rhomboides und die Pars eranialis des Serratus innervierenden Äste der Cervicalnerven (s. Fig. 22, 33, 35, 36, 37). Über das Verhalten der aufeinander folgenden Halsnerven bei der Versorgung dieser Muskelgruppe gibt die nachfolgende Tabelle 7 Aufschluß. Zu der Tabelle 7 ist zu bemerken: Der beim Serratus ant. an- geführte C; wurde nur in den Fällen konstatiert, in denen der Ser- ratus sehr weit eranial reichte oder überhaupt die ganze Halswirbel- säule in Anspruch nahm, wie es beim Cebus apella und Macacus maurus vorgefunden wurde; es sei hier auf die weiter unten folgende schematische Darstellung des Ursprunges des Levator und des Ser- ratus ant. (Fig. 46) verwiesen. Bei dem genannten Oebus und Macacus versorgte dieser Halsnerv die erste, vom Atlas kommende Zacke, bei dem Macacen kam noch der C, für die zweite Zacke hinzu; es wurden daher in der ersten Reihe (Levator) diese Segmentbezüge ebenfalls angeführt (siehe S. 381 und S. 382). In zwei Fällen bezogen alle drei Muskeln Nerven aus (,, in drei Fällen aus C, und in drei aus C,. Der fünfte Halsnerv gehört auch beim Menschen manchmal allen drei Muskeln, wie es der Fall 7—9 bei Ruce (1908, S. 136) darstellen. — Bezüglich der Innervation der einzelnen Muskeln dieser Gruppe wäre noch hinzuzufügen: 1. Levator scapulae. Einen einzigen Fall ausgenommen — Üebus apella — war stets das vierte Halssegment beteiligt, während C, fehlte. Sehr ähnlich sind die in der Literatur befindlichen Angaben, die hier nach der Zusammenstellung von Eıs- LER 1912, S. 373) folgen: Prosimier 4, 5 oder 4-6 BoLK Semnopithecus 3, 4 KOHLBRUGGE Hwylobates 4 - 27*+ Adalbert Schück 406 1'9‘q #10 nn =# ger land, 20.6 9'G 9 g‘q 29290) .g5g 5 ga 9‘q ° ° guB RLIag q q ey F q q Pe re 9% ' sOPIOEqWOUy DB, ER. ame se 7E se FE E73 v8 “0° 10BAor] 6 ‘Ss ZU 9 °G 2 “g 7 =: :IICd ‘(806 WA yaRu) uogosuop wIog Sny4eLIag pun soproqwogyy ‘10FeA9TT sap ZSundıosıaA PfeJu9msas dıq gs aogeL -uOyosuopy ag OsstuggegioA op doqn (8O6T) Aay U0A offoqe], Op 1oLy 4307 oyorojFroy wnz 1960| 8'.‘9 re 9% »|»ve 1'9'‘q = en > Ss Ve > e#|c%H an Ne) er Da a A eye re a a Pe F re = T | | | | | | | g’e'r'e q 2 F g 19‘ Gy GH nal sıy' 90H ep | | 9‘q "YuB RLIOS sopIoqwoyy " 1048A9[ Anthropopithecus troglodytes Anthropopithecus troglodytes Stnia satyrus Hylobates syndactylıs Hylobates syndactylus Hylobates syndactylus || Cercopithecus patus Macacus maurus Cynocephalus babuin Cebus apella Alelıs ater Lemur macaco Lemur macaco Nyeticebus tardigradus "u94BWLIT uop ıoq SNFLIIOS pun s9pIoquogy ‘10JBA9TT 2 SIq&L sop FUnZL1osIo‘ 9fe}uowsos 9Lq Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 407 Orang 4,5 BoLk Schimpanse 4,5 _ | CHAPMAN # ! HErBURN Gorilla 3, 4 EisLER Mensch 2—5 (GEGENBAUR, RUGE - 55 QUAIN - 4—5 MERKEL 2. Rhomboides: Bei den untersuchten Primaten erhielt der Mus- kel aus vier Segmenten Nerven, nämlich C,—C,. P. EısLer (S. 379) erwähnt, daß im Dorsalis scapulae ständig Nerven des C, enthalten seien, daneben auch 4, 6 (Bork). In einigen Fällen fehlte der C,, soweit ein Dorsalis scapulae überhaupt vorhanden war und der Mus- kel nicht direkt serial aus dem Plexus cervico-brachialis versorgt wurde. Auf die nahen Beziehungen der Pars eranialis wurde bereits hingewiesen; diese Fälle wurden oben S. 381, 385, 393, 394 ge- nauer beschrieben. — Für die Primaten werden folgende Segmente angegeben: Prosimier Q, BoLK Cynocephalus 4 - - 3 CHAPMAN Macacus 5,6 _ DBROooRS Semnopithecus 5 KOHLBRUGGE Hrylobates 4,5 - A 5 2 Orang 5 HEPBURN - 4,5 WESTLING Schimpanse 4 HEPBURN - ) CHAPMAN Gorilla 4 HEPBURN - 4—5 4 EiSLER (3, 4) Mensch 3—5 RUuGE 3. Serratus ant. Soweit bei den untersuchten Primaten eine selbständige Pars cranialis nachgewiesen werden konnte, wurde auch stets eine gesonderte Innervation dieses Muskelteiles vorgefunden. Auch in den Fällen, in denen diese Pars cranialis als eine vom Hauptmuskel getrennte Portion nicht vorhanden gewesen ist, wurden 408 Adalbert Schück j doch die eranialen Teile des Gesamtmuskels durch besondere Cer- viealnerven, also ohne Vermittlung des Thoracicus longus, versorgt. Ein von KOHLBRUGGE erwähnter Fall (siehe S. 397) einer Verbindung des Thoraeieus longus mit dem Thoracieus posterior wurde nicht be- obachtet. Entsprechend der großen Ausdehnung dieses Muskels von den ersten Halswirbeln bis zu den letzten Rippen ist die Ver- sorgung aus mehreren Segmenten sehr häufig gewesen: G;—;, G—C; 0,—G 0,—C, G;—0; Us—Gs Nachfolgende Angaben finden sich in der Literatur (zum Teil nach KOHLBRUGGE): Prosimier N Bar Gem . Cynocephalus Ug—ÜU; BOLK (s—C5 CHAPMAN Macacus C.—Cr7 BROOKS Semnopithecus U,—Ü; C,—C, | KOHLBRUGGE 0,0; Hrylobates U;—C, KOHLBRUGGE Orang C;—0, WESTLING C,—C, HEPBURN Schimpanse (;,—Ü, ÜCHAPMAN C,—-C, HEPBURN Gorilla (,—C, EISLER (,—C, HEPBURN Mensch Q,, g, 8 WICHMANN C,, 697 BOLK Ü,, 6,7, 8 SCHUMACHER (,—(, Rue! Die nebenstehende Tabelle 9 bringt eine Übersicht der gesamten an der Versorgung der beschriebenen Muskeln beteiligten Halsnerven nach den bei den einzelnen untersuchten Individuen beobachteten ı Siehe Tabelle 8. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 409 Zuständen. Wo in der ersten Reihe — M. st.-el-m. — eine Angabe fehlt, wurde der Muskel bloß durch den N. aecessorius innerviert. Tabelle 9. Die bei der Innervation des St.-cel.-m., trapezius, omo-cervicalis, Levator seapulae, Rhomboides, Serratus ant. beteiligten Halsnerven. Cervicaläste für den: % Species M. M. M. M. M. M. serrat. ant. st.-el.- | trape- |omo-cer- levator | rhom- | Pars | Pars m. , zius | viealis scapulae) boideus eranialis| caudalis Nycticebus tardigradus ....| 2 | 34 | 3\1114,5\\5,6\ | 5,6 167,8 DIEr IMOCHED. >> > . . ch. 2,3 4 | 4 45 [a5 5,6 6,7 - IHRE „MM 2 3.4 | 3,1085 | ZEN56 | 6,7 Gebus apelaıc.ı, 1. aunüıl. 2 a 3 4.1 3,4 | 58 Aldlesiwierst . Sir miali- Hr in 2,4 a4 DH 6.7 Cynocephalus babuin ......|ı — , 3 4 1.4 ANNE 6, 7.8 Macacus maurus. - . .. . - a Le 3,4 | 34 13451345 6,7 Cereopitheeus patas . . . » . 2 |2a39| 2353| 34 |3,5518,4,515,6,7 Hylobates syndaetylus. . . - . 3 | 4 DET. 1 Ole - - ak sin (ad 2,3... 442, 5, Bull. 6,7 Me 5 |" 7 34 | 34 134° 45 5 6,7 Simia satyrus - 2 22... — 3 gun age ETW 8 Anthropopithecus troglodytes. . ee BI 4ER Tork 526,7 = - ‚Biinse 12,3,4| 34 | 3,4 145 5 6,7 IV. Morphologie. a) Die Gruppe Sterno-gleido-mastoideus, Trapezius und QOmo-cervicalis. Der M. st.-el.-m. und der M. trapezius gehören genetisch zu- sammen; sie sind die Abkömmlinge einer gemeinsamen Anlage, in der sowohl Material des Kopfmesoderms als auch einiger Hals- myotome ([1], 2—4) enthalten sind. Der Zusammenhang kann ein tatsächlicher sein, wie z. B. beim Nycticebus, oder nur ein erschlossener, d. h. durch den Hinweis der gleichsinnigen Innervation. Zwischen diesen beiden Zuständen können die verschiedensten Übergänge auf die genetische Einheitlichkeit hinweisen. So kann der distale Teil des Trapezius dem des St.-el.-m. sehr stark genähert sein, oder um- gekehrt es kann der proximale Anheftungsort bloß vom St.-el.-m. eingenommen werden. Darin ist die große Variabilität der celavi- eularen und oceipitalen Grenzen des Trapezius beim Menschen zu suchen. In den Fällen, in denen der Trapezius und der St.-el.-m. 410 Adalbert Schück sehr nahe aneinander befestigt sind, finden die supraclavieularen Nerven ihren Weg durch besondere Lücken oder Spalten in dem be- nachbarten M. trapezius selbst, wie es z. B. in der Fig. 43 dargestellt ist; der mittlere Zweig der Supraclavieularnerven lief in einem be- sonderen Kanal durch das Fig. 43. Schlüsselbein. Bemerkenswert ist der Verlauf dieser Nerven bei einem Lemur macaco, bei dem die gesamten Nn. supra- clavieulares unter der Olavieula zogen (Fig. 2); bei einem An- thropopithecus trogl. benutzte der N. supraclavieularis post. eine Lücke im Trapezius zum Durcehtritt (Fig. 9). Wenn der claviculare Ansatz des Trape- zT zius dem St.-el.-m. sehr stark es een genähert ist, so besteht manch- Lücke im M. trapezius und Loch im Schlüsselbein für mal für naan supraclavien- den Durchtritt der Nn. supraclavieulares. Präparier- lares eine besondere Sehnen- Be Auch brücke im Ansatzteile des Tra- pezius (siehe Fig. 44). Wenn die beiden Muskelgenossen am Oceipitale und an der Clavieula ganz voneinander getrennt sind, so kann ein selbständiger M. eleido-oeeipitalis die Lücke ausfüllen und die Verbindung her- stellen (Fig. 45). Dieser Muskel gehört anscheinend in eine Schicht mit dem aus cervicalen Elementen aufgebauten Teile des Trapezius und der Clavicularportion des St.-el-m. Nach dem Verlaufe des Aeccessorius zwischen den zwei Muskelköpfen, dem häufigen Fehlen der Cervicaläste bei der Innervation des Sternalkopfes und der nicht seltenen selbständigen Insertion des Clavicularkopfes kann ange- nommen werden, daß zwischen der Sternalportion des St.-el.-m. und dem Trapezius ein engerer genetischer Zusammenhang besteht, während die Clavieularportion des St.-el.-m., der Cleido-oceipitalis und der Omo-cervicalis die genetisch erst sekundär zu dem Kopf- mesodermmaterial hinzugetretenen Elemente der Cervicalmyomeren repräsentieren. Hierbei wäre die Clavieularportion und mit ihr der Cleido-oceipitalis als der Abkömmling der obersten und der Omo- cervicalis als der Abkömmling der tiefsten Schicht der diesen Muskeln gemeinsam zufallenden Anteile der Cervicalmyotome zu betrachten. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 411 Der Omo-cervicalis, der enge Lagebeziehungen zum Trapezius aufweist und dem 2.—4. Cervicalsegment gehört, kommt beim Menschen als selbständiger Muskel in der Regel nicht vor. Nach dem Verhalten der den Trapezius und Levator versorgenden Nerven zu dem M. omo-cervicalis ist anzunehmen, daß er beim Menschen dem Bestande cerviecaler Elemente des Trapezius einverleibt wurde. Die in der Tabelle 9 enthaltenen Angaben weisen auf die nahen segmen- talen Beziehungen dieses Muskels zu dem Levator, zum Rhomboides und zu der cranialen Partie des Serratus anticus. _M.cleido - occipıkalıs. Ansatz des M. trapezius an der Clavieula. DerM.tra- M. cleido-oceipitalis b. Menschen, Präpariersaal pezius bildet einen Sehnenbogen, unter dem die Zürich. Nn. supraclaviculares hindurchtreten. Präpariersaal Zürich. Nach dem in den vorhergehenden Zeilen Gesagten kann wohl gefolgert werden, daß diese ganze Gruppe truncozonaler Muskeln: St.-el.-m., Cleido-oeceipitalis, Trapezius und Omo-cervicalis, die das 2.—4. Halsmyotom in Anspruch nehmen, einen doppelten, jedoch ge- meinschaftlichen Ursprung haben, wie dies BoLK bereits in seinen Studien zur segmentalen Differenzierung des menschlichen Rumpfes dargetan hat (1897, S. 522). Der M. st.-el.-m. und der Trapezius hängen durch ihre Anteilnahme an Kopfmyomeren genetisch zu- sammen und sind durch die Einschließung cervicaler Rumpfmyomeren wiederum mit dem ÖOmo-cervicalis in Verbindung. Durch diesen 412 Adalbert Schück Muskel wird es möglich, was bereits oben angedeutet wurde, den Trapezius und damit auch den St.-el.-m. morphologisch in dieselbe Schicht mit dem Levator, Rhomboides und der Pars cranialis des Serratus zu bringen (siehe P. EısLer 1912, S. 247). b) Die Gruppe Levator-Rhomboides-Serratus ant. Diese drei truneozonalen Muskeln sind aus dem Material des [2.] 3.—7. [8.] cervicalen Myomers aufgebaut und zwar gehört vor- wiegend | der M. levator scapulae dem IV. Myotom der M. rhomboides dem VW. - die Pars cranialis serrati dem V. - die Pars caudalis serrati dem VI. u. VII. - Wie die nachfolgende schematische Darstellung zeigt (Fig. 46), ist der einheitliche Muskel Levator-Serratus bei den niederen Affen und Halbaffen vom Halse über den Thorax ausgebreitet. Erst bei den Hylobatiden, den Anthropoiden und dem Menschen tritt eine vollständige Trennung dieser zwei Partien einer ursprünglich zu- sammengehörenden Muskelplatte ein und die verschiedenen Varie- täten des Levators und des Serratus beim Menschen geben die An- deutungen für diesen früheren Zustand (Ruce 1908, I. Bd. S. 204). Die Serratuspartie selbst, d. h. die Partie des Muskels mit ihren Ursprüngen von Wirbeln und von Rippen mit Anschluß der Levator- partie — das sind die ersten drei bis vier Zacken — ist jedoch nicht ganz einheitlich, wie der oft kontinuierliche Ursprung (z. B. Oebus apella, Macacus maurus) anzeigen würde. Während für den Menschen anatomisch zumeist drei Partien angegeben werden, kann nach dem Verhalten der den Muskel versorgenden Nerven des Plexus cervico-brachialis und nach den Segmentbezügen des N. thoraeieus longus morphologisch nur eine Zweiteilung angegeben werden, die den Muskel in eine der Hauptsache nach von den Wir- beln entspringende Pars cranialis und in eine vorwiegend von den Rippen entspringende Pars caudalis trennt. Diese Zweiteilung wir;l nicht nur durch die Nervenversorgung, sondern in den meisten Fällen auch durch anatomische Tatsachen, wie gesonderten Ursprung von Wirbeln und von Rippen und geteilten Ansatz an der Scapula be- zeugt. Solche Befunde wurden bereits oben (Kapitel Serratus) genau beschrieben und auf den Fig. 33—42 zur Darstellung gebracht. In dem Schema Fig. 46 wurde die Grenze der zwei Partien des Serratus durch ein besonderes Zeichen angegeben. Beiträge zur Myologie der Primaten. II. 413 Fig. 46. Bere EEE San a ee ! REN, _, Nycticebus H tardıgradus m I [Eh [ lemur macaco | Cebus apella " Afeles afer f ‚ Cynocephalus babuin | | | TE EEE, Macacus maurus nn Cercopithecus | patas Bm Hylobates syndactylus | een eg ei ee Arlobafen f syndactylus ar ER my AR Hylobates syndactylus tn I A— Oran 79 NEIN EEE ENGEREN BER, Hi I 000.0 m Chimpanse Te Io m Chimpanse m — — — | | | 1 —— Chimpanse CE ATEZLEREEIARFESFEERSEEND Da CHE ga Sams en Ba ge SEEN Gorilla ee a ee er nd er Med Schematische Darstellung des Ursprunges des M. levator scapulae und des M. serratus antieus von den Halswirbeln und Rippen. @ Grenze zwischen der Pars cranialis und der Pars caudalis des Serratus, 414 Adalbert Schück In den Fällen, in denen der ganze Serratus einheitlich war, wie z. B. beim Orang (Fig. 41) ist man natürlich nicht imstande, die Grenzen dieser zwei Teile genau anzugeben, wenn sie auch durch die besondere Innervation der cranialen Randpartien angedeutet werden. In einem anatomisch einheitlichen Muskel ist es jedoch überhaupt nicht möglich, die Gebiete der einzelnen Segmente streng voneinanderzuhalten, worauf besonders VON ' SCHUMACHER (1908, S. 24) hingewiesen hat. Es können eben die Grenzen der einzelnen Myotome nicht gezogen werden, weil die Grenzgebiete der einzelnen Myotome den beiden angrenzenden Segmenten zufallen. Somit kann gesagt werden, daß die Pars eranialis serrati in der Hauptsache aus dem Material des V. Myotoms gebildet ist und die Pars caudalis vor- nehmlich dem VI. und VII. Myotom entstammt. Für den Serratus des Menschen hat BoLK nachgewiesen, daß »die Elemente des V. Myotoms sich nur bis zur Ursprungszacke von der III. Rippe caudal erstrecken« (1898, S. 99). BoLk gibt weiters an (1895, 8. 375): die proximalen Zacken des Serrat. ant. entstammen dem V. Myomer - mittleren - - - - - - VI. - - distalen - - - - - - VO. 5 Die proximalen Zacken würden unserer Pars cranialis, die mitt- leren und distalen unserer Pars caudalis entsprechen (Serratus anti- cus minor und Serratus anticus maior nach Livisı, s. EısLer 1912, S. 496). Auch v. SCHUMACHER (1908, S. 36) sagt: »Die 5-Fasern beteiligen sich nur an der Versorgung der oberen Zacken und sind am reich- liehsten in der ersten und zweiten Zacke vertreten. Die 6-Fasern breiten sich über den ganzen Muskel aus, es muß demnach auch in der ganzen Höhe des Muskels Material des VI. Myotoms zu finden sein. Allerdings beziehen die obersten Zacken weniger 6-Fasern als die unteren. Etwa oberhalb der Mitte des Muskels beginnt die Bei- mengung von 7-Fasern, die weiter nach abwärts an Menge zunehmen, und schließlich finden wir in dem einen der Endäste auch 8-Fasern.« Die Pars cranialis serrati, die also vorwiegend dem V. Myotom entstammt (daneben kommen noch das Ill, IV. und VI. Myotom in Betracht) ist durch den Verlauf der sie und den Rhomboides ver- sorgenden Nerven eng an diesen Muskel geknüpft, wobei sich außer- dem Verbindungen zu dem Levator ergeben. Aus den Fig. 33, 35, 36 und 37 ist der intramuskuläre Verlauf dieser Nerven zu ersehen, die einerseits die Pars cranialis serrati und andererseits den Rhom- 415 Beiträge zur Myologie der Primaten. I. r 99% IT SITSqeL ‘Ju ENIBLIOS “00 8oplogquogygy ° 10}8A9T "snızodeı], :MIOg UOA USNOAIYy UP YaL AmyauFu9 uaTasuUapy uap ıny Zunjjfpgsusuwesnz auf 18.1198 TJU.LI9S 1YELIOS sIBpneD Sıag | SITEpnED Sıuıg | SIepne> Sıud 1B11I9S TYE.LIOS 1481108 1e11as SIIEIUBID SIE, SIEIUBID SIed Seluwıd sızq | Sıperueıd Sag SIPIOqWOUN | sopIoquoyy saproqwoyy soproqwoyy 108 A9] TOBAIT 107BA9] SITLITAIII-OM() | SITLITATII-OWIG | SITEOTAIID-OMG snızodet]L, snızodvız snızadvıJ, ‚u-19-48 "w-T9-I8 8 L 9 q ü & 7 yuomsag "OT OIISAEL 416 Adalbert Schück boides innervieren. Von Wichtigkeit ist hier eine Bemerkung von Eıster (S. 379): »Als Variation beobachtete ich den Durchtritt eines Rhomboid-Nervenzweiges aus C,;, der sich dem N. thoraeicus longus eine Strecke weit angeschlossen hatte, durch das scapulare Ende der eranialen Portion des Serratus ant.« Der M. rhomboides, der bei den meisten Affen und Halbaffen auch oeeipitale Ursprünge aufweist, entbehrt beim Menschen in der Regel dieser Kopfursprünge, die nur als Variation (M. oceipito-sca- pularis) diesen ursprünglichen Zustand andeuten. Er zeigt nahe sesmentale Beziehungen einerseits zum Levator und zur Pars cranialis serrati und andererseits zum Omo-cervicalis und Trapezius. Für diese letztere Annahme sprechen nicht nur die segmentalen Bezüge, sondern auch die topographischen Verhältnisse, der gemeinsame Ursprung an der Wirbelsäule und der gemeinsame Ansatz an der Scapula (siehe auch BorLk 1897, S. 524). Die Pars eranialis serrati enthält nach dem Gesagten Elemente, die auch dem Rhomboides zukommen, während die Pars caudalis einen selbständigen Teil bildet und vorwiegend dem VI. und VII. Hals- myotom entstammt. Dadurch erklärt sich auch der lange Verlauf des N. thoracieus longus, der von seinem Ursprung zu der Pars caudalis einen weiten Weg nehmen muß, während die Pars cranialis serrati und der Rhomboides zumeist direkt aus den einzelnen Seg- menten ihre Nerven beziehen. — Nach den auf den vorhergehenden Seiten gegebenen Tafeln und dem Gesagten ergibt sich zum Schluß für die untersuchten Primaten die folgende Verteilung der Segmente: Die Gegenüberstellung vorstehender Tabellen 10 und 11 ergibt sofort den starken Ausfall der oberen Halssegmente bei der Versorgung ‚des Rhomboides und des Serratus beim Menschen. Diese durch die Innervation ausgedrückte Tatsache wird durch die Betrachtung der Ausbildung des Levator und des Serratus bei den Primaten und beim Menschen, wie sie auf der Fig. 46 schematisch zur Darstellung gelangte, verständlich. Beiträge zur Myologie der Primaten. I. 417 Literatur. BARNARD, W.S$., Observations on the Membra-Museulation of Simia Saty- rus and the Comparative Myology of Man and Apes. Proc. Amer. Assoe. Aug. 1875. p. 112—144. BiscHoFrr, Beitrag zur Anatomie des Hylobates leue. Abh. d. k. bayr. Akad. d. Wiss. Bd.X. Abt. III. —— Beiträge zur Anatomie des Gorilla. Abh.d.k. bayr. Akad. d. Wiss. Bd. XII. BoLK, Rekonstruktion der Segmentierung der Gliedmaßen - Muskulatur usw. Morph. Jahrb. Bd. XXI. —— Die Sklerozonie des Humerus. Morph. Jahrb. Bd. XXIII. —— Die Segmentaldifferenzierung des menschlichen Rumpfes und seiner Extremitäten. Morph. Jahrb. Bd. XXV. —— Die Segmentaldifferenzierung usw. Morph. Jahrb. Bd. XXVI. Broca, P., L’ordre des primates. Bull. 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SCHUMACHER, S. v., Zur Kenntnis der segmentalen Innervation der oberen Extremität des Menschen. Sitzungsber. d. Kais. Ak. d. Wiss., Wien. Bd. CXVII. Abt. III, math. nat. Kl. April 1908. 1884. Surron, On some points in the Anatomy of the chimpanzee. J. of Anat. and Phys. 1884. p. 66. 1909. VırcHow, H., Über die Rückenmuskeln eines Schimpanse. Arch. f. Anat. u. Phys. Anat. Abt. IIL/IV. Heft. 1841. VROoLIK, Recherches d’anatomie comp. sur le chimpanze. 1841. 1900. WıcHmann, Die Rückenmarksnerven u. ihre Segmentbezüge. Berlin 1900. Inhalt. I. Die Gruppe Sterno-cleido-mastoideus, Trapezius, Omo-cerviecalis. Seite 1..M, sterno-eleido-mastoidens-“: \..» .% 2. 5 iss 355 % M:. trapezius .ı. =. wine ia answin ml elle mel ae VE 365 3. M. omo-cerviealis .. .... :»- „il . 4: 1a A Aal Be 375 II. Die Gruppe Levator, Rhomboides, Serratus. 4. M. levator seapulae . . 1... „. .„ m ul 21 BrE 380 5: M. rhomboides „0... 8 sc a 20 eine 2 a 384 6. M. serratus anticus . - . . „u lu > 390 II. Übersicht. der Innervation :. .. 0.2... . 20. on SE 399 IV. Morphologie a. die Gruppe Sterno-cleido-mastoideus, Trapezius, Omo-cervicalis . 409 b. die Gruppe Levator scapulae, Rhomboides, Serratus antieus . . . 412 V. Literatur... 2,0000 00.0. 00 en ae ee 417 Experimentelle Untersuchungen über die Entwick- lung der Kiemenregion (Kiemenfäden und Kiemen- spalten) einiger anuren Amphibien. Von Gunnar Ekman, Helsingfors. Mit 85 Figuren im Text. I. Einleitung. Die zurzeit vorliegenden Untersuchungen über die Kiemen- - ontogenese der Anamnier enthalten große prinzipielle Kontroversen. Es:ist durch die bis jetzt gebrauchte Methode, die deskriptive histo- logische Analyse, nicht gelungen, klar zu entscheiden, welchen An- teil die verschiedenen Keimblätter, das Eeto-, Ento- und Mesoderm, am Aufbau der Kiemen nehmen. Ganz besonders fehlt uns noch in entwiecklungsmechanischem Sinne Auskunft über die wirkliche Be- deutung der verschiedenen Komponenten, die im typischen Entwick- lungsgang bei der Kiemenbildung mitbeteiligt zu sein scheinen. Es bestehen auch hier, wie bei der Entwicklung anderer Organe, Pro- bleme, die sicher nur experimentell zu lösen sind. Andererseits dürfen wir erwarten, daß gerade durch die experimentelle Methode neue Fragen entstehen, auf die wir sonst nicht gekommen wären. Durch die Anregung von Professor H. BrAus habe ich die Kie- menbildungsfrage experimentell in Angriff genommen. Als Unter- suchungsobjekte wurden Larven von verschiedenen anuren Amphi- bien benutzt, die bekanntlich zu Transplantationsversuchen sehr geeignet sind. Andere Anamnier, mit Ausnahme von Urodelen, lassen sich wohl nur mit größter Mühe, wenn überhaupt, zu ähnlichen Ver- suchen verwenden. Ich war in der Lage, im Juni—August 1911, März—Juli 1912 und März—April 1913 mit außerordentlich reiehhaltigem, lebendigem Morpholog. Jahrbuch. 47 28 420 Gunnar Ekman Material arbeiten zu können. Dadurch habe ich meine Experimente, die nach der Spemannschen Technik ausgeführt sind, oft wieder- holen und kontrollieren können. Es ist dies für einen Anfänger auf diesem technisch schwierigen Gebiet ein sehr großer Vorteil, denn der Erfolg ist zum größten Teil von der Geschicklichkeit des Expe- rimentators abhängig. Um meine technische Fertigkeit selbst zu kontrollieren, habe ich noch versucht, einige von SPEMANNs Linsen- experimenten nachzumachen. Es ist mir dies in sehr vielen Fällen mit positivem Erfolge gelungen, wie ich noch später näher berichten werde. Meine sämtlichen Untersuchungen sind im Anatomischen Institut zu Heidelberg ausgeführt. Es ist mir eine besondere Pflicht, an dieser Stelle dem Direktor des Instituts, Herrn Professor H. BRAus, meinen herzlichsten Dank auszusprechen, nicht nur für die Anre- gung zu diesen Untersuchungen, sondern auch für seine allzeit durch Rat und Tat gewährte große und freundliche Unterstützung meiner Arbeit! Il. Geschichtliches. Die folgende kurze Darstellung behandelt hauptsächlich nur die Geschichte der Untersuchungen über die Ontogenie der Anamnier- kiemen mit besonderer Berücksichtigung der Frage nach der Her- kunft des Kiemenepithels. Dagegen wird das ganze Problem über die Phylogenie und Homologie der Kiemen nicht eingehender erör- tert, da es auch in der folgenden Untersuchung nur kurz behandelt ist. RATHKE hat 1832 in seiner klassischen Untersuchung über den Kiemenapparat der Wirbeltiere auch beiläufig Angaben über die Her- kunft des Kiemenepithels gegeben. In der späteren Literatur wird seine Arbeit in dieser Frage als maßgebend oft angeführt. Es han- delt sich aber bei ihm nur um Behauptungen, die genauerer histolo- gischer und embryologischer Begründungen entbehren. Wenn man die Zeit der Entstehung seiner Arbeit berücksichtigt, so wird dies auch leicht verständlich. Für Teleostier (S. 48), Selachier (S. 58) und Cyelostomen (S. 69) gibt er an, daß die Kiemenblätter von einem Gewebe bedeckt sind, das als eine direkte Fortsetzung des Darmkanals angesehen werden kann. Weiter finden sich bei ihm Angaben darüber, daß die anuren Batrachier erst drei Reihen einfach verzweigte Kiemen bekommen, welche sich von der Oberfläche des Körpers bilden, ehe noch die Kiemenspalten angelegt sind (S. 69— 70). Später gehen diese zugrunde Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 421 und es entstehen neue, reich verzweigte Kiemen. Die Herkunft des Epithels derselben wird nicht erwähnt. Von grundlegender Bedeutung für die Frage nach der Herkunft des Epithels der Amphibienkiemen ist die große Monographie über die Entwicklung der Unke von GOETTE aus dem Jahre 1875. In dieser Arbeit unterscheidet er bei Bombinator-Larven (S. 738) zwei Generationen, »äußere Kiemen«, von denen die erste früh zugrunde geht, die zweite sich bis zur Metamorphose erhält. Diese Kiemen stammen aus dem Ectoderm. Nachträglich entstehen noch »innere Kiemen«, die rein entodermal sind. Weiter behauptet GoETTE in dieser Arbeit, ohne es jedoch näher zu begründen, daß die Fisch- kiemen auch ectodermale Bildungen sind, und daß nur bei den Cyelo- stomen entodermale Kiemen bestehen. Daraus schließt er, daß die »inneren« Kiemen der Anuren mit den Kiemen der Cyelostomen homolog sind, die »äußeren« dagegen mit den übrigen Fischkiemen. Später behandelt GoETTE die Entwicklung der Fischkiemen in Ar- beiten von (1888, S. 162) und (1901, S. 573), worin er seine schon 1875 geäußerte Auffassung über ihre Herkunft näher begründet. Die Behauptung GoETTES, daß bei den Anuren außer den ecto- dermalen noch rein entodermale »innere« Kiemen bestehen, wurde von Boas (1882, S. 546) als unrichtig nachgewiesen. Die als innere Kiemen bezeichneten Bildungen sind keine Respirationsorgane, son- dern Siebvorrichtungen, die ganz wenig mit Blut versorgt werden. Diese Auffassung von BoAs ist später von anderen Autoren bestätigt worden. Von Dourn wurde (1884, S. 140) die Ansicht vertreten, daß die Kiemen hauptsächlich von den Blutgefäßen, also vom Mesoderm, gebildet werden; es sei ziemlich belanglos, ob dabei Eetoderm oder Entoderm als epithelialer Belag in Betracht kommt. Ähnliche Ge- danken äußern später auch Bıerrix (1895) (nach OrrzL 1905, S. 32) und Mororr (1904, S. 210). Die Ansichten GoETTEs über die Kiemenontogenese der Anuren, wenn wir von der bereits von BoAs (1882) widerlegten Auffassung der Kiemennatur der entodermalen Siebfortsätze absehen, werden von MAURER (1888a, S. 330— 332) in einer eingehenden Untersuchung im wesentlichen bestätigt. Nach ihm entstehen bei den Anuren erst »äußere« Kiemen und dann »innere« Kiemen, entsprechend den zwei Formen »äußerer« Kiemen bei GOETTE. Die ersten atrophieren schnell, die letzteren bleiben das ganze Larvenleben hindurch erhalten. Beide sind ectodermaler Herkunft; doch ist der Sachverhalt bei den inneren 28* 422 Gunnar Ekman Kiemen schwer mit Sicherheit festzustellen. Von MAURER stammt noch eine verdienstvolle Arbeit (1888b) über die erste Entwicklung der Kiemengefäße der Amphibien. Darin hebt er u. a. hervor, daß die äußeren Kiemen der Anuren homolog mit den Urodelenkiemen sind, wogegen die inneren Anurenkiemen sekundär entstanden sind (S. 204). Die Fischkiemen hält Maurer (S. 207) im Gegensatz zu GoETTE (1875) für entodermal, sich dabei der alten Auffassung von RATHKE anschließend. Die Arbeit von NaueE (1890) über die Kiemenentwicklung bei Rana erwähnt nur beiläufig, daß die Kiemen als einfache Ausbuch- tungen sich anlegen, an denen die Haut von dem darunter liegenden Gewebe vorgedrängt wird. Genauere Angaben über das Verhalten des Eeto- und Entoderms fehlen. Dasselbe gilt auch für die um- fassende Untersuehung über die inneren Kiemen bei Pelobates fuscus von F. E. Scauzze (1891). Über die äußeren Kiemen der Anamnier ist von Gumiine (1894), hauptsächlich nach Literaturangaben, eine Arbeit erschienen. Der Verfasser geht auch auf die Frage nach der Herkunft des Kiemen- epithels ein, obgleich ihm durchweg genauere eigene Untersuchungen hierüber fehlen. Nach ihm (S. 143/144) sind alle »äußeren« Kiemen ectodermal und die »inneren« im großen und ganzen entodermal. Doch wird der Unterschied zwischen beiden Arten von Kiemen sehr kurz besprochen. Als Hauptargument dafür, daß die »äußeren« Kiemen ectoder- mal sind, führt der Verfasser an (S. 136), daß sie schon vor dem Durchbruch der Kiemenspalten entwickelt sind. GEGENBAUR baut in seiner vergleichenden Anatomie (1901) seine Darstellung über die Kiemenentwicklung hauptsächlich auf den Angaben von MAURER und BoaAs auf. Nach ihm (S. 239) haben die Anuren erst rein ectodermale »äußere« Kiemen und diesen folgen »innere« Kiemen, welche — »nur das Produkt einer Fortsetzung des- selben Vorganges darstellen, durch welchen die äußeren Kiemen sich bildeten«. Weiter nimmt er an: »wahrscheinlich besteht auch bei den sog. inneren Kiemen keine entodermale Beteiligung«. Auf Grund dieser Annahmen stellt GEGENBAUR (S. 242) die Theorie auf, daß die Amphibienkiemen mit den Fischkiemen nicht homolog seien, weil diese entodermaler Herkunft sind (nach RATHkKE) und daß jene des- halb sekundäre Bildungen darstellen. Die Ansicht GoerrEs (1875) über die ectodermale Herkunft der Fischkiemen wird nicht berück- Bichtigt. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 423 Von Mororr (1902, 1904) ist die Ontogenese der Fischkiemen gründlich untersucht worden. Er neigt (1904, S. 190) mit GOETTE zu der Ansicht, daß wir es bei den Selachiern und Teleostiern mit ectodermalen, bei den Cyelostomen mit entodermalen Bildungen zu tun haben. Nach seinen Untersuchungen sind bei den Teleostiern die entodermalen Kiementaschen sehr schwach ausgebildet. An der Auskleidung der Kiemenspalten beteiligt sich hauptsächlich das Ee- toderm. Auch bei den Selachiern (1904, S. 204), die gut ausgebil- dete Schlundtaschen haben, dringt das Eetoderm in diese tief hinein. Mororr (1904, S. 210) diskutiert noch die Frage, welche Gewebe des Kiemenbogens am Wachstum der Kiemenfäden sich am meisten aktiv beteiligen. Mit GoETTE will er dem Eetoderm der Selachier eine ebenso große Rolle wie dem Mesoderm mit seinen Gefäßen zu- schreiben. Bei den Teleostiern glaubt er dagegen die Hauptrolle bei den Blutgefäßen suchen zu müssen. Er meint, diese treiben das Ectoderm warzenförmig hervor. MoRoFF (1904, S. 210) bemerkt über die Kiemenbildung im allgemeinen u.a. folgendes: »Daher ist die Möglichkeit, daß einmal das Eetoderm, ein anderes Mal das Ento- derm für die Ausbildung der Kiemenblättchen zur Verwendung kom- men, eine bereits von DoHRN geäußerte Ansicht, nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, und ich glaube, daß eine unansehnliche Ver- änderung in Form von Wachstumsverschiebungen doch vor sich geht und wahrscheinlich bei den Kiemen der Urfische, bei denen der Atmungsapparat viel einfacher gebaut gewesen ist, in stärkerem Maße«. J. GRAHAM Kerr (1905, S. 196) findet, daß die äußeren Kiemen der Dipnoer, und dasselbe betrifft nach ihm auch die Urodelen, eetodermale Bildungen sind. Sie werden am dorsalen Ende der Kiemenbogen angelegt, bevor die Kiemenspalten noch durchgebrochen sind. Über die Beziehung dieser Kiemen zum Entoderm berichtet er: »The hypoblastie walls of the gill outgrowths of the pharyngeal wall are sharply distinguishable from tbe eetoderm by their cells being packed with large yolk granules. There can be no possibility of hypoblast entering in any way into the formation of the external gills, which are purely dermal outgrowths covered with ectoderm.« Eine durchaus neue Auffassung über die Kiemenontogenese ver- tritt GreiL (1905b, 1906a). Er will in der ganzen Anamnierreihe die große Beteiligung des Entoderms an der Kiemenbildung festge- stellthaben und wendet sich besonders (1906a, S. 269) gegen GEGEN- BAURS Theorie von der sekundären Beschaffenheit der Amphibien- 424 Gunnar Ekman kiemen im Vergleich mit den Fischkiemen. Grein findet sowohl bei Fischen wie Amphibien, daß die entodermalen Schlundfalten Zellen unter das Eetoderm vorschieben, gerade da, wo die Kiemen- anlagen als kleine Vorwölbungen der Haut entstehen. Diese entodermalen Zellen bilden eine feste Schicht, die die Sinnesschicht des Eetoderms verdrängt. Deshalb, sagt GreıL (1906a, S. 268), »nimmt das Ecetoderm am Aufbau der Kiemen einen ganz geringen Anteil; die an sich entodermalen Kiemen werden von einer ectoder- malen Deckschicht überkleidet und das Eetoderm spielt bei der Kie- menbildung eine mehr passive Rolle«. Später hat GREIL (1908) in seiner Ceratodus-Monographie Tafeln über die Kiemenontogenese bei Ceratodus und Treton veröffentlicht. Leider fehlt noch der Text zum zweiten Teil dieser Arbeit, wo diese Frage näher behandelt werden soll. Ich glaube doch annehmen zu können, daß er auch hier seine bereits 1905 und 1906 geäußerte Auffassung über den großen Anteil des Entoderms am Aufbau der Kiemen weiter begründen will. Dafür spricht auch eine kurze An- deutung (1912, S. 364) in einer anderen jüngst erschienenen Arbeit!. Marcus (1908) hat sich mit der Frage nach der Herkunft des Kiemenepithels gründlich auseinandergesetzt. Seine Untersuchungen, welche die Gymnophionen (Hypogeophis) betreffen, erstrecken sich aber auch auf solehe Anuren, welche GrEIL als Material benutzte. Marcus (S. 706) erkennt die Ansicht GREILS über die Beteiligung des Entoderms an der Kiemenbildung der Amphibien nicht als richtig an. Er ist vor allem anderer Ansicht als GrREIL über die Möglich- keit, Ecto- und Entoderm unterscheiden zu können. Obgleieh die beiden Forscher sogar dieselben Präparate untersuchten, haben sie sich über die Deutung derselben nicht einigen können. In seinen eigenen Untersuchungen an Hypogeophis sieht Marcus den Beweis dafür, daß die Kiemen rein ectodermal sind (S. 760). In einer kurzen Mitteilung (Exman, 1909, S. 5) über einen Fall von Rückbildung der letzten Schlundspalte bei Squalus acan- thias habe ich darauf hingedeutet, daß dieser Fall gleich einem Naturexperiment über die Kiemenbildung betrachtet werden kann. Aus dem Umstand, daß die eetodermale Anlage der 5. Kiemenspalte höchstwahrscheinlich in einem frühen ontogenetischen Stadium unter- ! WIEDERSHEIM ist in der letzten Auflage (1909, S. 531) seiner vergleichenden Anatomie geneigt, die Greıusche Auffassung, betreffend die Anurenkiemen, für zutreffend zu halten. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 425 drückt war und die blind endigende, tiefe, entodermale Schlund- tasche keine Kiemen enthielte, bin ich für die eetodermale Natur der Kiemen in meinem Fall eingetreten. Aus der obigen kurzen historischen Darstellung [Ausführlicheres über die Kiemenontogenese findet sich bei OppEL (1905, S. 1—55)] geht hervor, daß die ganze Frage über die Beteiligung und Bedeu- tung der einzelnen Keimblätter bei der Kiemenbildung schwierig und durchaus nicht gelöst ist. Noch heute fehlt eine endgültige Entscheidung. Es scheint auch wenig Hoffnung zu bestehen, daß man durch die bisher gebrauchten Methoden eine solche erreichen kann. Wenn ich die Hoffnung hege, durch die vorliegende Arbeit die Frage ihrer Lösung ein Stück näher gebracht zu haben, so geschieht es hauptsächlich deshalb, weil ich ein experimentelles Verfahren eingeschlagen habe. Dadurch glaube ich, kommt man über viele Schwierigkeiten hinweg, die sonst nicht zu überwinden sind. Vor allem gewinnen wir erst durch die experimentelle Methode die Mög- lichkeit, die Erscheinungen bei der Entwicklung in ihrem causalen Zusammenhang mit Sicherheit zu analysieren. Ich möchte schon hier betonen, daß es sich in der vorliegenden Arbeit nur um Experimente an einigen anuren Amphibien handelt. Erst wenn die anderen Anamnier in ähnlicher Weise untersucht sind, können wir auf eine endgültige Lösung der ganzen Frage hoffen. ill. Material und Methode, Zu meinen experimentellen Untersuchungen, die im Juni— August 1911, März—Juli 1912 und März—April 1913 ausgeführt sind, habe ich folgende Amphibien verwenden können: Rana fusca (= temporaria), Rana esculenta, Bombinator pachypus, Hyla arborea, Bufo vulgaris und Triton alpestris. Besonders ausgedehnte Experimente habe ich bei Bombinator angestellt. Am einfachsten war der Laich von Bombinator zu haben. Die Laichzeit dauerte (1911—12) vom Anfang Mai bis Mitte August, und die Tiere laichten regelmäßig im Aquarium. Nur mußten immer nach einiger Zeit neue Pärchen geholt werden, Auch Triton laichte (1912) im Aquarium fortwährend im April und Mai. Der Laieh von den übrigen Arten wurde hauptsächlich jedesmal aus Teichen besorgt. Von Rana fusca hatte ich Laieh 1912 etwa 21/5, Wochen 'im März, 1913 wieder vom Anfang März bis Anfang April. Diese Art 496 Gunnar Ekman ist die einzige, die ich noch 1913 für die vorliegende Arbeit ver- wenden konnte. Von Rana esculenta ‚bekam ich (1912) Laich vom Anfang Mai bis Anfang Juli, desgleichen von er Bufo laichte (1912) von Ende März bis Anfang Juni. Die Entwicklung des Laiches vollzog sich verschieden schnell bei den verschiedenen Arten, war aber auch bei derselben Art von der Temperatur stark abhängig. So z. B. entwickelten sich die Eier von Bombinator in den heißen Sommertagen 1911, Zimmer- temperatur + 28°C, so schnell, daß sie frisch abgelegt, schon etwa nach 36 Stunden das Stadium erreichten, in welchem das Medullar- rohr geschlossen wird. Bei kühlerer Witterung erfolgte die Entwick- lung entschieden langsamer. Die Frage, inwieweit man durch künstliche Abkühlung eine Verlangsamung der ersten Entwicklung des Eies, ohne Beschädi- gung desselben, herbeiführen kann, besitzt einen großen praktischen Wert für den Experimentator. Man weiß durch Untersuchungen von O. ScHuLtzE (1894), OÖ. Herrwıc (1894), Born (1896), daß Eier von Rana fusca Kälte gut ertragen, die von Rana esculenta nicht. SPE- MANN (1912a, S. 8) hebt hervor, daß dieses biologisch dureh die verschiedene Laichzeit der beiden Froscharten zu erklären ist. Wie bombinator sich gegen Kälte verhält, ist noch nicht festgestellt. Ich habe nur nebenbei 2 Tage alte Bombinator-Keime über Nacht im Eiswasser im Kälteschrank ‚gehalten und gefunden, daß die dadurch in ihrer Entwicklung zurückgehaltenen Embryonen eine nachfolgende Operation mehrere Tage lang gut ertragen haben. Systematisch be- triebene Untersuchungen sind jedoch nötig, um die Frage endgültig zu lösen. Ich habe bei meinen experimentellen Untersuchungen die Me- thoden von SPEMANN (1906, S. 195/97, 1912a, S. 4-9) befolgt. Da diese von ihm vor kurzem ausführlich beschrieben sind, will ich auf sie hier nur kurz eingehen. Die Operationen wurden in einem Zimmermanschälchen, das mit Wachs oder Paraffin ausgegossen war, unternommen. Mit einer heißen Nadel wurden am Boden kleine Gruben, entsprechend der Form und Größe der Keime, gemacht, um sie in diesen bei der Operation festzuhalten. Gewöhnlich operierte ich in 0,6 0%, NaCl- Lösung. Dann kamen die Tiere direkt in reines Wasser. Sogar in Wasserleitungswasser habe ich mit Erfolg operiert. Von einem streng aseptischen Verfahren kann nicht die Rede sein. | Das Befreien der Keime von den Hüllen und dem Dotterhäut- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 427 chen ist, wie Spzmann (1912a, S. 5) erwähnt, bei den verschiedenen Arten verschieden leicht auszuführen. Man muß sich hierbei eigene Methoden ausbilden, die einem anderen durch bloße Beschreibung nicht ohne. weiteres beizubringen sind. Ich habe hauptsächlich mit zwei spitzen Metallnadeln mani- puliert. Leicht sind die Eier von Rana esculenta herauszuschälen. Dagegen bietet es schon große Schwierigkeiten, Neurulastadien von Bombinator unverletzt aus den Schalen zu erhalten. Ganz besonders schwer gelingt das Befreien der jungen T’riton- Keime aus ihren Hüllen. Alle meine Operationen wurden unter dem BRAUS-DRÜNERSschen Präpariermikroskop gemacht, und zwar versuchte ich möglichst starke Vergrößerung und direkt auffallendes Sonnenlicht zu brauchen. Nach SPEMANN habe ich mit Glasnadel und Haarschlinge operiert und kann hier bestätigen, daß diese Instrumente ausgezeichnet sind. Metallinstrumente habe ich nicht gebraucht, da sie viel leichter als Glas kleben. Bei meinen Operationen handelt es sich meistens um Transplantationen von Eetodermstückchen. Um diese gut ankleben zu können, habe ich auch nach SpEmAnn kleine, aus Deckgläschen geschnittene und verschieden gebogene Glasstreifen zum Drücken gebraucht. Meiner Erfahrung nach bietet das richtige Anbringen des Glasstreifens auf das operierte Tier eine der größten Schwierig- keiten bei der ganzen Operation. Bis das transplantierte Stück fest genug angeklebt war, um den Glasstreifen ohne Schaden für die Operation wegnehmen zu dürfen, dauerte es bei verschiedenen Arten der Operation verschieden lange, etwa von 10 bis 60 Minuten. Wie in der Literatur oft hervorgehoben ist (BORN, BRAUS, SPE- MANN U. a.), sind die verschiedenen Amphibienembryonen zu expe- rimentellen Zwecken sehr verschieden geeignet; ja, es ist eigentlich erstaunlich, wie ausgeprägte Differenzen in physiologischer Hinsicht schon bei dem frühesten Stadium vorhanden sind. Es handelt sich natürlich erstens um die Fähigkeit, operative Eingriffe überhaupt er- tragen zu können. In dieser Beziehung kann ich die bekannte Tat- sache, daß Rana esculenta und Bombinator sehr widerstandsfähig sind, bestätigen. Auch Ayla arborea, welches Tier, soviel ich ‚weiß, früher zu ähnlichen Zwecken nicht gebraucht ist, erwies sich als ein sehr günstiges Objekt. Empfindlicher fand ich Rana fusca und Bufo. Mit Triton alpestris habe ich nur Mißerfolg gehabt, denn die Tiere starben regelmäßig kurz nach der Operation; doch habe ich nicht andauernd genug experimentiert, um ein definitives Urteil abgeben zu können. 498 Gunnar Ekman Eine besonders wichtige Rolle spielt die Beschaffenheit des Ec- toderms, welches bekanntlich bei allen Arten aus zwei Zellschichten besteht. Auch hier kann ich die alten Erfahrungen bestätigen, daß zum Operieren Rana esculenta und bombinator günstiger sind als Rana fusca. Hryla verhält sich etwa wie die zwei ersten Arten. Weniger günstig ist auch Dufo, bei dem, wie bei Rama fusca, die jungen Gewebe von klebriger und schmieriger Beschaffenheit sind. Ganz junge Bufo-Embryonen haben, wie schon BORN (S. 394) be- richtet, so starke Wimperbewegung, daß man sie kaum an einer Stelle solange festhalten kann, bis die Anheftung des transplantierten Stückes stattgefunden hat. Nicht nur die verschiedenen Arten erwiesen sich verschieden widerstandsfähig gegen die Folgen einer Operation, sondern auch bei derselben Art war die Sterblichkeit der Versuchstiere während der monatelang dauernden Versuchszeit sehr wechselnd. Es kam vor, daß einmal von mehreren auf ganz ähnliche Weise operierten Tieren binnen ein paar Tagen fast alle starben, ein anderes Mal von derselben Anzahl fast keines. Dieser Umstand ist wohl haupt- sächlich auf die Beschaffenheit des Laiches zurückzuführen, denn dieser ist nicht immer gleich lebenskräftig. Besonders schlimme Erfahrungen machte ich jedesmal, wenn ich versuchte, durch Aus- setzen des Laiches in direktes Sonnenlicht die Entwieklung zu be- schleunigen. Larven, die schon so weit entwickelt waren, daß sie sich be- wegten, wurden immer vor der Operation mit Chloreton betäubt. Auch später bei der Untersuchung von älteren operierten Larven wurden diese fast immer betäubt, um eine genaue Untersuchung derselben zu ermöglichen. Ich habe die Erfahrung gewonnen, daß die Embryonen ohne Schaden eine ziemlich beliebig lange dauernde Betäubung durch Chloreton ertragen. Alle operierten Tiere wurden, jedes für sich, in einer Zimmer- manschale in Wasserleitungswasser gezüchtet. Jedes Tier hatte im Operationsprotokoll seine Nummer, welche noch auf den Objektgläsern beibehalten und auch im Text angegeben ist, um eine eventuelle spätere Kontrolle zu erleichtern. Gleich nach der Operation wurde das betreffende Tier mit Hilfe des Zeichenprismas so abgezeichnet, daß das operierte Gebiet möglichst genau abgebildet ist. Gleich- zeitig wurde das Entwicklungsstadium des Versuchstieres und die Art der Operation notiert. Wenigstens einmal täglich wurde jedes Tier mit dem Präparationsmikroskop genau untersucht und wahr- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 429 nehmbare Veränderungen notiert. Waren diese von Bedeutung, wurde das Tier betäubt und mit dem Zeichenprisma genau abgebildet. Im ganzen umfassen meine Experimente etwa 500 protokollierte Ver- suchstiere. Von diesen sind jedoch ein Teil auch für andere, hier nicht in Betracht kommende Versuche gebraucht. Die Fixierung des Materials erfolgte in ZENKERscher Flüssigkeit, mit Nachbehandlung in Pereny. Die jüngsten dotterreichen Stadien kamen durch Nelkenöl-Kollodium in Chloroform und davon direkt in Paraffin. Sehnittfärbung mit Hämatoxylin-Eosin. Serien von 7,5 und 10, vereinzelte auch. 15 u Dieke, teilweise mit Richtungslinien geschnitten. IV. Deskriptiver Teil. A. Vorbemerkungen. Die deskriptive Literatur über die Ontogenese der Amphibien- kiemen ist ziemlich umfassend. Von grundlegender Bedeutung ist die Arbeit von GoETTE (1875). Dann folgen die Untersuchungen von BoaAs (1882), MAURER (1888), Naue (1890), ScHuLze (1891), CL£- MENSs (1894), GreiL (1905b, 1906a, 1908) und Marcus (1908). Viel Neues auf dem rein deskriptiven Wege ist in dieser Frage schwer zu finden. Eine kurze Orientierung über die normale Ent- wicklung muß jedoch hier vorausgeschiekt werden. Erst wenn wir diese kennen, können wir über die durch die Operationen gewon- nenen Fälle urteilen. | Ich will erst insofern Stellung zu den Streitfragen nehmen, als die deskriptive Methode es ermöglicht, und dann die dureh die Ex- perimente gewonnenen Tatsachen mit in Betracht ziehen. Es handelt sich hier nicht nur um die Frage nach der Betei- ligung des Ecto-, Meso- und Entoderms am Aufbau der Kiemen, son- dern auch um einige Nebenfragen, die nicht ganz klar sind. Von diesen seien erwähnt: »Was verstehen wir unter ‚äußeren‘ und ‚in- neren‘ Kiemen? Wie entsteht die sog. 4. ‚innere‘ Kiemenreihe? Ist die 2. Schlundspalte immer vorhanden?« Die normale Entwicklung wurde hauptsächlich bei Bombinator untersucht und danach richtet sich auch die folgende Beschreibung. Doch muß ich schon hier hervorheben, daß ich bei anderen Anuren erhebliche Unterschiede gefunden habe, welche besonders erwähnt werden müssen. Mir scheint, daß man bis jetzt in dieser Frage zu wenig darauf geachtet hat, daß Unterschiede bei Arten, die syste- 430 Gunnar Ekman matisch nahverwandt sind, vorkommen können, und man ohne wei- teres jeden Befund auf sämtliche Species hat ausdehnen wollen. Zuerst gebe ich eine Darstellung vom Bau derjenigen Entwick - lungsstadien der Versuchstiere, in welchen die Operationen gemacht wurden. Bei diesen bestehen noch keine Kiemen und auch das An- lagematerial für dieselben, die Keimblätter, sind noch voneinander isoliert oder berühren sich nur, ohne inniger zu verschmelzen. Diese Stadien bezeichne ich als meine Ausgangsstadien. Aus prakti- schen Gründen werden sie in drei Gruppen I, II und III eingeteilt. Es ist verständlich, daß diese Einteilung eine etwas willkürliche sein muß, aber ich glaube, daß sie für meine Zwecke hinreichend genau ist. Bei der Besprechung der Ausgangsstadien wird auch die Frage erörtert, mit welcher Wahrscheinlichkeit bei der Operation eine glatte Trennung der Keimblätter voneinander gelingen kann; denn darauf kommt es hier an. Für diejenigen Stadien, welche schon Kiemenanlagen oder fer- tige Kiemen besitzen und für meine Operationen nieht benutzt wurden, brauche ich keine genauere Einteilung, sondern bezeichne sie kurz als ältere Stadien. B. Ausgangsstadien (ohne Kiemen). 1. Ausgangsstadium 1. Fig. 1 stellt ein Habitusbild einer Bombinator-Larve von dem jüngsten Stadium dar, dasich zu meinen Kiemenoperationen gebraucht habe. Die Länge des Tieres beträgt 2,4 mm. Die Medullarwülste sind deutlich zu sehen, liegen aber noch weit voneinander. Jüngere Embryonen, bei denen die Medullarwülste noch undeutlich sind, habe ich wegen technischer Schwierigkeiten nicht benützen können. Sie sind erstens sehr schwer unverletzt aus den Eihüllen herauszu- schälen und zweitens ist das Eetoderm sehr weich, so daß ein los- geschnittenes Stück leicht verletzt wird. Auch durch den Druck der bei der Operation gebrauchten Glasstreifen werden die dünnwandigen, mit einer großen Urdarmhöhle versehenen jüngsten Stadien stark deformiert. Bei meinen Versuchen war die Sterblichkeit bei den Jüngsten Stadien die größte. Der Bau des I. Ausgangsstadiums (solange das Medullarrohr offen ist) ist sehr einfach (Fig. 2—4). Das Eetoderm ist nur im Ge- biet der Anlage des Zentralnervensystems verdickt (Fig. 3) und sonst ganz undifferenziert. Die große Mundhöhle hängt weit offen mit der Darmhöhle zusammen und ihre Wände sind dünn und einfach. Das Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 431 Mesoderm bildet eine dünne Schicht zwischen dem Entoderm und Eetoderm. Die Ursegmentplatte ist noch unsegmentiert und die Chor- da-Anlage nur oral voll- ständig von der dorsalen Urdarmwand _abgespalten. Untersuchen wir näher das für uns wichtige Kie- mengebiet, so ergibt sich aus Fig. 2 und 3, daß das Eeto- und Entoderm hier noch nicht in Berührung ge- treten sind. Das Mesoderm liegt zwischen beiden als eine trennende Schicht. Nur im Bereiche der Mundan- lage sind die Verhältnisse anders, weil hier das Me- soderm fehlt. Dadurch be- rühren sich das Eeto- und Entoderm, wie Fig. 2 zeigt. Die vom Entoderm ge- bildeten Schlundfaltenfehlen noch. Eine undeutliche Vor- wölbung (Fig. 2, Sf!) deutet jedoch an, wo die erste derselben, die Tubaanlage, besteht. Sonst laufen die drei Schichten parallel nebeneinander. Die Zellen sind groß und sehr dotter- reich (Fig. 4) und in allen Schichten fast gleich. Das Eetoderm zeichnetsich durch seinen Pigmentgehalt und Etwa 40 Std. alte Bombinator-Larve; Ausgangsstadium I. Die Medullarwülste sind deutlich. Vergr. >< 20. Fig. 2. Horizontalschnitt durch eine Bombinator-Larve etwa wie Fig. 1. Die Mundhöhle in der Mitte getroffen. Ek Ecto- derm; En Entoderm; Me Mesoderm; Mh Mundhöhle; SfI I. Schlundfalte. Vergr.>< 38. etwas kleinere Dotterkörnchen aus. Es gibt zwei Arten von Dotter- körnchen, große und ganz kleine. Die letzteren sind nur bei sehr starker Vergrößerung zu sehen. Besonders zahlreich sind sie im Entoderm. ‘Später scheinen sie zuerst zu verschwinden und die größeren Dotterkörnchen bleiben allein einige Zeit übrig. Das Operieren, wenn es sich um Verlagerungen des Eetoderms 432 Gunnar Ekman Bombinator, Querschnitt durch dasselbe Stadium wie Fig. 2. Die Mundhöhle etwa in der Mitte getroffen. Ch Chorda; Ek Eetoderm; En Entoderm; Me Mesoderm; Mh Mundhöhle; Mp Medullarplatte; Usp Ursegmentplatte. Vergr.><38. 05 Ehe ut o u Mi e “ar er 2 23 ER f Ein Stück der lateralen linken Mundhöhlenwand von Fig. 2 bei stärkerer Vergrößerung. Vergr. >< 192. handelt, gelingt in dem oben beschriebenen Sta- dium der Embryonen miteiniger Vorsicht recht gut. Das Ectoderm be- sitzt die nötige Festig- keit und löst sich auch als ein großes zusam- menhängendes Stück glatt ab. Immerhin zieht es sich noch ziem- lich stark zusammen, Einige Mesodermzellen können wohl an_dem lospräparierten Eeto- dermstück hängen blei- ben, lassen sich aber nachträglich entfernen. Dagegen glaube ich bestimmt behaupten zu können, daß bei einiger Vorsicht das Entoderm ganz intakt bleibt. Da- für spricht schon der Bau des ganzen Kiemen- gebietes. Bei starker Vergrößerung und guter Beleuchtung ist auch nachträglich das Ge- lingen der glatten Ab- trennung des Ectoderms einigermaßen leicht zu kontrollieren. Die entsprechenden Stadien der anderen von mir untersuchten Anuren ° unterscheiden sich nicht morphologisch erheblich von Bombe- nator. Die Bufo-Larven, Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 433 und dasselbe gilt auch von Rana fusca, haben doch eine verhältnis- mäßig größere Darm- und Mundhöhle. Die Wand der Mundhöhle ist sehr dünn und bietet dadurch bei den Operationen Schwierigkeiten dar. Der einfache Bau der Kiemenregion erhält sich etwa so lange, als das Medullarrohr offen bleibt. Unter dem Präpariermikroskop ist schon zu sehen, wenn die erste Schlundfalte das Eetoderm er- reicht. Alle Versuchstiere, die bei der Operation dieses Entwick- lungsstadium nicht überschritten haben, bezeichne ich als zum I. Aus- gangsstadium gehörend. 2. Ausgangsstadium II. Nachdem das Medullarrohr sich schließt, wird der einfache Bau der Kiemengegend allmählich komplizierter und wir gelangen zu einem Stadium, welches ich als Aus- gangsstadium II bezeichne. Habi- tuell ist der Embryo noch sehr einfach, Fig. 5, die Länge beträgt 2,5 mm. Ein ähnliches Tier, wie Fig. 5 darstellt, zeigte bei der mikroskopischen Untersuchung fol- sende Merkmale: Die Zahl der Ur- e segmente war 5. In der Mund- seiullarohr II Ausvangsstadium. Vergr ><15 gegend war das Ecto- und Entoderm Fig. 6. noch .deutlich getrennt. Zwei Schlundfalten waren vorhanden. Die erste war deutlich entwickelt und berührte das Eetoderm in ihrer ganzen Höhe, die zweite gelangte nur in ihrem dorsalen Teile mit einer Spitze bis zu diesem. Fig. 6 stellt einen Horizon- talschnitt durch die Kiemengegend einer etwas älteren Larve als der bereits erwähnten dar. Sie besitzt schon 9 Ursegmente. Vorn in der Mundgegend ist das Eetoderm mit dem Entoderm so verschmolzen, daß man die Grenze zwischen den etwas alter als Kig. 5: 9 Ureermonte sind vor . D handen. Me Mesoderm; Mb Mundbucht, 71 I—III beiden Schichten kaum feststellen 1.—3. Taschenleiste (Anlage der ectodermalen kann. Kiementasche) ; SFI—III 1.—3. Schlundfalte, Vergr. 72. 434 Gunnar Ekman Die erste Schlundfalte ist, wie bereits bei dem etwas jüngeren Stadium, mit dem Eetoderm verbunden. Die zweite kommt auch ihrer ganzen Höhe nach bis zum Eetoderm. Es findet nur eine Be- rührung statt und von einer Verschmelzung kann noch nicht die Rede sein. Auch die dritte Schlundfalte ist vorhanden, wenn auch noch ganz wenig entwickelt und durch eine Mesodermschieht vom Eeto- derm vollständig isoliert. Der Hyoidbogen ist durch die zwei ersten Schlundfalten vollständig abgegrenzt, der hinter ihm folgende erste Kiemenbogen dagegen durch die halbfertige dritte Schlundfalte caudal noch unvollständig begrenzt. Auch das Eetoderm ist schon etwas differenziert. Die Berüh- rungsstelle mit den zwei ersten Schlundfalten ist als eine Leiste nach innen gewachsen. Diese Leiste, die ich hier kurz Taschen- leiste bezeiehne, entspricht der Stelle, wo später die äußere Kiemen- tasche oder Furche entsteht. Merkwürdigerweise ist im Eetoderm sogar eine dritte Leiste vorhanden, da, wo die Berührung mit der dritten Schlundfalte später zu erwarten ist. Dieser Befund spricht dafür, daß im Eetoderm die Kiementaschen unabhängig von der Be- rührung durch das Eutoderm angelegt werden. Der histologische Bau der drei Schichten ist noch ziemlich gleich- mäßig. Die Zellen sind sehr dotterreich. Am wenigsten Dotter enthält das Ectoderm. Das Operieren gelingt in diesem Stadium sehr gut. Das Ecto- derm zieht sich weniger zusammen als früher und ist fester. Man hat bei einiger Vorsicht große Möglichkeiten, das Eetoderm ablösen zu können, ohne das Entoderm allzuviel zu beschädigen. Die dritte Schlundfalte erreicht noch nicht das Ecetoderm und die zweite kommt nur mit einer spitzen Kante an dasselbe heran. Am schwierigsten ist natürlich die Trennung der ersten Schlundfalte vom Eetoderm. Es ist kaum zu vermeiden, daß hier bei dem Abpräparieren der Haut auch einige Entodermzellen mitgenommen werden; doch kann man sie nachträglich entfernen. Sollten auch ab und zu mit dem auspräparierten Ecetodermstück Zellen aus dem distalen Ende der Tubaanlage mitfolgen, so spielen sie schließlich bei der Kiemenbildung direkt keine Rolle, wie wir aus dem Bericht über die weitere Ent- wicklung der Tubaanlage sehen werden. Hier sei nur darauf hinge- wiesen, daß bei unseren Tieren die erste Schlundfalte keine Bezieh- ungen zu den Kiemen hat. Um zu konstatieren, mit welchem Erfolg man das Eetoderm aus der Kiemengegend in diesem Stadium entfernen kann, ohne das Eperiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 435 Entoderm zu beschädigen, habe ich Larven kurz nach der Operation fixiert und auf Schnittserien untersucht. Es zeigte sich, daß das Entoderm, das distale Ende der ersten Schlundfalte ausgenommen, unbeschädigt war. Zum II. Ausgangsstadium werden meine Versuchstiere so lange gerechnet, als die 3. Schlundfalte noch nicht das Eetoderm erreicht. Dies unter dem Präpariermikroskop genau festzustellen, ist nicht immer leicht, läßt sich jedoch in den meisten Fällen durchführen. 3. Ausgangsstadium III. Die ältesten zu meinen Kiemenoperationen gebrauchten Larven bezeichne ich als zu Ausgangsstadium III gehörend. Fig. 7 stellt eine Larve kaum noch im Anfang dieses Stadiums dar. Fig. 7. Die Länge des Tieres beträgt 3,4 mm. Bei günstiger Tempe- ratur wird dieses Stadium er- reicht schon etwa nach 8 bis 12 Stunden, nachdem das Me- dullarrohr sich geschlossen hat. In Fig. 7 ist schon die Mund- bucht angedeutet, ebenfalls die Ha Augenanlagen und das Hör- Bombinator-Larve im Anfang des III. Ausgangs- bläschen. In der Kiemengegend ns #4 a es sieht man kaum merkbar die An- deutungen der zwei ersten Kiemenwülste. Etwa 10 Ursegmente sind vorhanden. Die ältesten zum III. Ausgangsstadium gerechneten Larven, also die ältesten operierten, fingen an sich zu bewegen. Die zwei ersten Kiemenwülste waren deutlich zu sehen. Die Zahl der Ursegmente betrug etwa 14. Ein wichtiges Merkmal ist, daß auch bei diesen Larven die 4. und 5. Schlundfalte das Eetoderm nicht erreichen. Einen Einblick in den Bau der Kiemengegend des III. Stadiums gewinnt man durch Fig. 8-10. Fig. 8 stellt ein nach Horizontal- und Vertikalschnitten graphisch etwas schematisch rekonstruiertes Bild des Kopfes einer Larve mit 11 Ursegmenten dar. Das Zentral- nervensystem, das Auge, das Hörbläschen, die Chorda und der Kopf- darm sind von der linken Seite gesehen dargestellt. Das Eetoderm und Mesoderm sind weggelassen, ebenfalls die Kopfnerven. Nur im Bereich des Mundes ist ein Stück Eetoderm abgebildet. Drei Schlund- Morpholog. Jahrbuch. 47. 29 436 Gunnar Ekman falten sind deutlich vorhanden. Diese sind sehr tief und hoch und hängen distal mit dem Ectoderm. zusammen. In diesem Bilde sind sie in ihrem distalen Ende vom Eetoderm getrennt dargestellt. Von der 4. Schlundfalte ist nur die erste Anlage vorhanden, die 5. ist gar nicht angedeutet. In Fig. 9, welche einen Horizontalschnitt durch dasselbe Stadium wie Fig. 8 darstellt, ist die Verbindung zwischen der 2. Schlundfalte und dem Ectoderm näher zu sehen. Die 3. Falte berührt nur mit ihrer Spitze das Eetoderm. Verfolgt man aber die Schnittserie in dorsaler Richtung, so findet auch zwi- Fig. 8. Etwas schematisiertes, graphisch rekonstruiertes Modell des Munddarmes und Gehirns einer Bombi- nator-Larve im III. Ausgangsstadium. Die Nervenanlagen sind nicht dargestellt; die distalen Enden der 3 ersten Schlundfalten sind vom Ectoderm getrennt. Au Auge; Ch Chorda; Ek Ectodermstück, in welchem die Mundöffnung entsteht. Gh Gehirn; Hb Hörbläschen; Zb Leberbucht; SfI—IV 1. bis 4. Schlundfalte. Vergr. etwa << 50. schen dieser Falte und dem Eetoderm eine Verschmelzung statt. Die Vereinigungsstelle des Eetoderms mit dem distalen Ende der 2. Schlundfalte ist noch sehr deutlich zu sehen in Fig. 9. Beide Schichten heben sich scharf gegeneinander ab. Die eetodermale Leiste ist deutlich differenziert, sonst ist das Eetoderm überall gleich dick und besteht aus zwei Zellschichten. Von den übrigen von mir untersuchten Anuren unterscheidet sich ganz besonders Rana fusca von Bombinator in diesem Stadium dadurch, daß die ganze Kiemenregion etwas mehr vorgewölbt und die Kiemenwülste deutlicher sind. Die Operationen werden in dem III. Stadium vom Versuchstier leicht ertragen. Schwierig sind sie aber insofern ganz einwandfrei Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 437 zu machen, als die glatte Tren- nung des Eetoderms vom Ento- derm nur schwer gelingt. Das Eetoderm läßt sich wohl los- trennen, aber es ist kaum zu vermeiden, daß man Entoderm- zellen mit erhält, denn die drei ersten Schlundfalten sind, wie bereits erwähnt, in ihrem di- stalen Ende mit dem Ecto- derm verwachsen. Bei sfar- ker Vergrößerung und guter Beleuchtung kann man die Ento- dermzellen vom Eetoderm noch mit einiger Mühe nachträglich entfernen; ob ganz vollständig, bleibt immerhin fraglich. Wir müssen deshalb darauf gefaßt sein, daß bei Operationen im III. Ausgangsstadium an dem herauspräparierten Kiemenecto- derm entodermale Zellen aus den distalen Enden der drei ersten Schlundfalten hängen bleiben. Dagegen ist sicher, daß die 4. und 5. Schlundfalte ganz intakt bleiben. C. Ältere Stadien (mit Kiemen). 1. Verschmelzung der Schlundfalten mit dem Eetoderm bei Bombinator. Sobald die Larve anfängt sich zu bewegen, wird das Ill. Ausgangsstadium schnell überschritten, und von nun ab habe ich die Tiere für meine Operationen nicht mehr verwen- det. Das Operieren wird auch Fig. 9. +. ° ö #a24asane5z ®R BR ESSEN, se2, Run: TI ya Horizontalschnitt durch die Mundhöhlenwand des- selben Stadiums wie in Fig. 8. Der Schnitt geht so ventral, daß hier die 3. Schlundfalte nicht mit dem Ectoderm zusammenschmilzt. Me Mesoderm; TIII—III 2.—3. Taschenleiste; Sf I—III2. bis 3. Schlundfalte. Vergr. x 232. Querschnitt durch dasselbe Stadium wie in Fig. 8, etwa in der Gegend der 2. Schlundfalte. Gh Ge- hirn; 4b Hörbläschenanlage; Me Mesoderm; Mh Mundhöhle; S/II 2. Schlundfalte. Vergr. = 52. 29* 438 Gunnar Ekman schwer dadurch, daß die entodermalen Schlundfalten mit dem Eeto- derm fester verwachsen und ihre Zahl sich vermehrt, indem die 4. und 5. noch hinzukommen. Außerdem verliert das Eetoderm seine Dotterkörnehen, wird dünn und zäh und löst sich auch vom Meso- derm schwer ab. Fig. 11. 4 Tage alte Bombinator-Larve. Au Auge; Hb Hörbläschen; Hd Haftdrüse; Aw Kiemenwulst; N Nase; VN Vorniere. Vergr. 13. Fig. 12. Mb | % ER N \ 4 N 2 GR IR Ne, N „N 2 > we Horizontalschnitt durch die Kiemengegend einer Bombinotor-Larve mit deutlichen Kiemenwülsten, Hy Hyoidbogen; KI—II 1.—2. Kiemenwülste; Mb Mundbucht; S/I—IV 1.—5. Schlundfalte. Ver- größerung x 60. Im Aussehen der Larve treten große Veränderungen ein (Fig. 11). Vor allem wächst der Schwanz sehr schnell. Die Anlagen der Nase, des Auges und des Ohres werden äußerlich sichtbar, ebenso sind die zwei dicht hinter der Mundbucht gelegenen Haftdrüsen deutlich entwickelt. Die Kiemengegend wölbt sich etwas hervor (Fig. 12), besonders . 7 Ma Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 439 dadurch, daß zwischen ihr und dem Vornierenknäuel eine laterale Einschnürung des Körpers stattfindet. Allmählich treten auch die wellenförmigen Anlagen der zwei ersten Kiemenreihen deutlicher hervor. Über den Bau der Kiemengegend wollen wir uns zuerst durch einen Horizontalschnitt orientieren. Einen solchen stellt Fig. 12 dar, und zwar von einer etwas älteren Larve als Fig. 11. Im Vergleich mit dem III. Ausgangsstadium haben wir hier sehr große Unterschiede zu verzeichnen. Vor allem sind jetzt fünf entodermale Schlundfalten entwickelt und in Berührung mit dem Eetoderm. Die Entwicklung der 4. und 5. Schlundfalte erfolgt ziemlich schnell und geschieht in der Hauptsache in ähnlicher Weise wie die der vorderen. Jedoch wird ihre Lage zur Körperachse eine etwas verschiedene. Während die drei ersten ziemlich senkrecht dazu stehen, sind die 4. und 5. schief gestellt. Dieses wird bedingt durch die früher erwähnte Ein- schnürung des Körpers in diesem Gebiet. Besonders auffallend ist bei Bombinator in diesem Stadium die Beziehung der entodermalen Sehlundfalten zum Eetoderm. Wie wir früher (Fig. 9) gesehen haben, berührt die Schlundfalte das Eetoderm, wenn wir einen Horizontal- schnitt betrachten, anfangs nur an einer Stelle. Die ectodermale Kiemenleiste und die Falte haben nur eine schmale gemeinsame Berührungsfläche. Bald tritt aber bei Bombinator eine sehr wichtige Veränderung ein, die zuerst mit aller Deutlichkeit von Greır (1905b, S. 408, 1906a, S. 59—60) hervorgehoben ist. Bombinator ist in dieser Beziehung ein sehr günstiges Objekt. Ich will aber schon hier be- tonen, daß die Befunde bei Bombinator nicht ohne weiteres bei allen Amphibien stimmen, wie wir später sehen werden. Ausgenommen die 1. Schlundfalte, die zur Tuba wird und sich bald vom Zusam- menhang mit dem Eetoderm ablöst, schieben sich die distalen Enden der übrigen Falten unter das Eetoderm so weit, bis sie sich gegen- seitig berühren. Auf dem Horizontalschnitt sehen wir davon folgendes: Von dem distalen Ende der 2. Schlundfalte gehen Zellen dicht unter dem Eetoderm nach hinten und vereinigen sich mit Zellen, die ebenfalls von dem distalen Ende der 3. Falte nach vorn verschoben sind. In ähnlicher Weise vereinigen sich das distale Ende der 3. und 4. und der 4. und 5. Schlundfalte miteinander. Dagegen schiebt die 2. Falte keine Zellen nach vorn und die 5. keine nach hinten. Untersucht man verschieden alte Entwicklungsstadien, so ist zu finden, daß diese Verschiebung der distalen Teile der Schlund- falten etwa in der Mitte des Kiemenbogens anfängt und davon sich 440 Gunnar Ekman kaum dorsal, aber mehr ventral fortsetzt. Um den durch diese Ver- schiebung entstandenen Bau der Kiemengegend zu veranschaulichen, habe ich folgendes schematische Bild des Munddarmes entworfen (Fig. 13). Das Eetoderm und Mesoderm sind weggelassen, nur das Entoderm ist dargestellt. Am meisten oral liegt die Tubaanlage als eine einfache Falte, die distal mit einem schmalen Rande das Ecto- derm berührt. Zwischen der ersten und zweiten Falte ist eine tiefe und breite Furche, wo der Piel Hyoidbogen liegt. Durch SET SFR HOrSFwSEEw sp die Vereinigung der distalen j Enden der folgenden Falten entstehen drei dorsal und ventral offene Rohre, deren Wände vom Entoderm ge- bildet sind. Die Wand des vordersten Rohres ist late- / ral sehr dünn. Diese Rohre Lb | ; Eine schematische Rekonstruktion des Munddarmes einer entsprechen den drei ersten Bonbinator-Larve aus demselben Stadium wie Fig. 12. Kiemenbogen und werden Nur das Entoderm ist wiedergegeben. Die 3 ersten vom Mesoderm ausgefüllt. Branchialbogen (Mesoderm und Blutgefäße) sind vom Entoderm röhrenförmig umschlossen. ZLb Leberbucht; Wie der Querschnitt zeigt, KbI 1. Branchialbogen; S/I—V 1.—5. Schlundfalte; VI x 2 A Verwachsungslinie der distalen Schlundfaltenränder. liegt ın jedem Rohr das be- treffende Kiemenbogengefäß (Fig. 16). Wenn wir von außen nach innen gehen, haben wir also in dem Gebiet, wo die erste Kiemenanlage entsteht, erst das Eeto- derm, dann das Entoderm und schließlich das Mesoderm mit dem Blutgefäß. 2. Verschiedene Ansichten über die Verschmelzung der Scehlundfalten mit dem Ectoderm bei den Amphibien. Die zuerst von GREIL, angeblich bei allen Amphibien, ge- fundene Verschiebung der distalen Enden der Schlundfalten unter das Ectoderm macht die ganze Frage nach der Herkunft der Kiemen so außerordentlich kompliziert. Da in diesem entscheidenden Punkte die Angaben der Autoren verschieden lauten, ist es nötig, zuerst die Frage historisch zu erläutern. GOETTE gibt in seiner großen Monographie der Bombinator-Ent- wicklung (1875) keine ganz genauen Angaben darüber, wie er sich die Vereinigung der Schlundfalten mit dem Eetoderm denkt. Auch seine Abbildungen sind in dieser Hinsicht nicht zuverlässig. Nach Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 441 seinen Fig. 254 und 308 zu urteilen, könnte man glauben, er sei derselben Auffassung wie GREIL. Immerhin geht aus dem Text (S. 673) deutlich hervor, daß nach seiner Ansicht unter dem Eecto- derm der ersten Kiemenanlagen nur das Mesoderm mit dem Blut- gefäß liegt. Genauere Angaben finden sich bei Maurer (1888a). Über die Vereinigung der beiden Schichten bei Rana esculenta sagt er folgendes ($S. 331): »Die Öffnung der Kiemenspalten kommt derart zustande, daß die beiden Blätter der dritten bis fünften Schlund- falten, nachdem sie das Eetoderm erreicht haben, auseinanderweichen und eine Einsenkung des letzteren, die von außen erkennbare Kiemen- furche, zwischen sich fassen. Die Entodermblätter schieben sich unter das Eetoderm ein und verwachsen mit demselben.e MAURER nimmt aber nicht an, daß das Entoderm bei Rana sich so weit ver- schiebt, daß es unter dem ganzen Ectoderm der Kiemenbogen liegt, sondern sagt, daß die Außenfläche des Kiemenbogens rein ectoder- mal ist (S. 331). Gerade hier entstehen die ersten »äußeren« Kiemen, welche MAURER auch ohne weiteres als ectodermale Bildungen be- zeichnet (S. 330). In einem späteren Zusammenhang haben wir uns noch zu beschäftigen mit MAurErRs Angaben über die Entwicklung der sog. inneren Kiemen, welche erst nachträglich entstehen. Wie schon erwähnt, vertritt GREIL eine ganz andere Auffassung über die Kiemenontogenese der Anamnier. Seine ersten Untersuch- ungen (1905b, 1906a) umfassen verschiedene Amphibien, Triton alpestris, Siredon, Salamandra atra, Rana esculenta und fusca, Bufo und Bombinator. In seiner später erschienenen großen Monographie über die Ceratodus-Entwicklung (1908) sind von der Kiemenonto- genese nur die Tafeln und etwas an Figurenerklärungen vorhanden, der betreffende Text ist zurzeit (Mai 1913) noch nicht erschienen. In dieser Arbeit wird die Kiemenentwickelung sowohl bei Ceratodus wie bei Triton alpestris genau dargestellt. Über seine Beobachtungen, mit denen sich die von mir bei Bombinator bereits angeführten teilweise decken, berichtet GREIL (1906a S. 260) nach Untersuchungen an Triton u. a. folgendes: »Bei etwas älteren Larven beginnen sich nun die Entodermzellen der 2. und 3. Schlundtasche im Bereiche des 1. bzw. 2. Branchial- bogens an der Innenseite des Eetoderms vorzuschieben, wobei sie dessen Sinnesschicht verdrängen. Diese Entodermzellen kommen so unmittelbar unter die Deckschichte des Eetoderms zu liegen. Als- bald schieben sich auch von den Vorderseiten der Schlundtaschen 442 Gunnar Ekman entodermale Zellen an der Innenseite des Eetoderms, gleichfalls unter Verdrängung seiner Sinnesschiehte, vor. Schließlich stoßen die von den einander zugekehrten Seiten der 2., 3., 4. und 5. Schlund- taschen abstammenden Entodermzellen an der Innenseite des Ecto- derms der 3 vorderen Bronchialbögen zusammen und bilden hier eine einheitliche, unmittelbar unter der Deekschichte befindliche Zellage.« GRrEIL behauptet den Unterschied zwischen den beiden Schichten sehen zu können dadurch, daß das Entoderm viel dotterreicher ist, als das Ectoderm und seine Dotterkörnchen auch viel länger bei- behält als dieses. Die Kernteilungsfiguren, das Pigment und die ganze Anordnung der Zellen liefern noch gute Anhaltspunkte für die Unterscheidung. Nach GREIL ist diese Auffassung für alle von ihm untersuchten Amphibien gültig. 2 Gegen die GreEirsche Auffassung (1905b, 1906a) des Ver- haltens der Keimblätter tritt Marcus (1908) ganz entschieden auf. Seine Untersuchungen umfassen den Gymnophionen Hypogeophis (S. 696). Wenn er hierbei zu anderen Resultaten gekommen ist, braucht uns dies noch nicht zu wundern, da dieses Tier ziemlich fern verwandt ist mit den von GREIL untersuchten Amphibien. Wichtiger ist aber die Tatsache, daß Marcus auch die von GREIL benutzten Formen (S. 708) untersucht, ja sogar GREILs Präparate gesehen hat, ohne sich mit ihm über die Deutung derselben einigen zu können. Marcus’ Hauptargument ist, daß GrREIL den Unterschied zwischen Eetoderm und Entoderm nicht feststellen kann und sich folglich in diesem Punkt irrt. Daß seine Befunde, wie er sie deskriptiv aus- einandersetzt, richtig sind, gibt er zu (S. 708). Marcus erwähnt, daß er bei seinem speziellen Objekt (S. 718) in den Kuppen der wachsenden Kiemenfäden eine Anhäufung von Zellen findet, die er als »Wachstumskuppe« bezeichnet. Durch diesen Namen will er den aktiven Anteil dieser Stelle bei der weiteren Kiemenbildung be- tonen. Zu GreıLs Befunden bemerkt er (S. 718): »Als Wachstums- kuppe deute ich auch die dotterhaltigen Zellen am äußeren Rande des Kiemenbogens der Anuren, die GREIL als Entodermzellen an- spricht. Wenn diese Zellen tatsächlich das Wachstum der Kieme zu leisten haben, so ist eine Nahrungsaufnahme in Gestalt von Dotter leicht einzusehen. Während also im übrigen Eetoderm das Dottermaterial verbraucht ist, nehmen nur diejenigen Eetodermzellen neuen Dotter in sich auf, die zur Wachstumskuppe gehören.« Durch diese Annahme glaubt Marcus die dotterhaltigen Zellen, Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 443 die GREIL wegen ihres Dottergehaltes für entodermal hält, in der Tat für Eetodermzellen erklären zu können und folglich von der ganzen GrEILschen Auffassung von der Rolle des Entoderms Abstand nehmen zu müssen. Marcus’ Auffassung über das Verhalten der Keimblätter bei der Kiemenentwieklung, gewonnen aus seiner Hypogeophrs-Untersuchung, wollen wir hier noch kurz erwähnen. Nach seiner Behauptung ge- lingt die Unterscheidung der beiden Schichten bei seinem Material wegen des Fig. 14. geringeren Dottergehaltes viel besser als bei den Anuren und Urodelen (S. 708). Marcus wichtigsten Befund in dieser Frage glaube ich am besten durch eine etwas schematisierte und kombinierte Wiedergabe seiner Fig. 17 und 18, Tafel XLVII, er- läutern zu können, Fig. 14. Dieses Bild, welches einen Horizontalsebnitt durch die linke Kiemengegend von Hypogeophis dar- stellt, zeigt am meisten caudal die Anlage der 6. Schlundfalte, dann nach vorn die 5. Schlundfalte, die das Eetoderm berührt. An der Berührungsstelle sind die beiden Schichten noch deutlich getrennt. Dann aber im Bereiche der folgenden Schlund- sure Schlunakulten bei Hyvo- falte, der 4, die eben durchgebrochen geophis. Nach Marcus (1908) zu- ist, geht das Entoderm ohne jede Grenze jutonemaeıfe Mecoderm SITE VI in das Ecetoderm über. Dasselbe Bild 4.6. Schlundfalte. zeigen die folgenden Schlundfalten. Durch diese Befunde glaubt Marcus annehmen zu müssen, daß das Eetoderm sich mit dem Entoderm vereinigt, so wie es Fig. 14 halbschematisch zeigt. Eine Verschiebung des Entoderms im Sinne GREILS leugnet er vollständig. Demnach hätten wir auf der äußeren Seite des Kiemenbogens nur Eetoderm. Da die Kiemen hier ent- stehen, müssen sie folglich auch rein ectodermale Bildungen sein. Wie schon erwähnt, findet Marcus keinen Beweis für die Rich- tigkeit der GrEILschen Auffassung, nicht nur bei Hypogeophis, son- dern auch bei den übrigen Amphibien. Über seine eigenen Unter- suchungen an Rana esculenta bemerkt er (S. 708): »daß ich dort dasselbe fand wie bei Hypogeophis, freilich war es dort viel undeutlicher«. 444 Gunnar Ekman Nachdem jetzt der abweichenden Auffassung MArcus’ über die Greitschen Kiemenuntersuchungen von 1905 und 1906 gedacht ist, will ich noch GREILS spätere Untersuchungen (1908) über dieselbe Frage etwas näher besprechen. Obgleich, wie gesagt, zurzeit der Text über die Kiemenentwick- lung bei Ceratodus und Triton noch nicht vorliegt, lassen doch die sehr sorgfältig ausgeführten Figuren und kurze Andeutungen in einer anderen Arbeit (1912, S. 364) erkennen, daß er auch hier dieselben Ansichten wie früher (1906) vertritt. Von der Entwicklung des Oeratodus zeigen uns Fig. 8und 4 Tafel LXXVI —LXXVIL daß auch bei diesem Tier die Sinnesschicht des Eetoderms von entodermalen Zellen total verdrängt wird. Den Unterschied der beiden Schichten sieht man aus dem verschiedenen Dottergehalt derselben. Nebst Ceratodus wird noch Triton alpestris in bezug auf die Kiemen- entwicklung genau dargestellt. Da ich auch selbst ein wenig dieselbe Art unter- sucht habe, will ich näher auf Greits Abbildungen eingehen und schon jetzt meine abweichende Meinung betreffend diese Art hervorheben. Fig. 1 (Tafel LXXVIII—-LXXIX) ist ein frontaler Längsschnitt, durch den Kiemendarm eines Embryos aus dem Stadium 13 (nach BAMBEKE) quer durch die Visceralbögen geführt. Fünf Schlundfalten sind vorhanden und diese be-. rühren das Ectoderm. Nur die 2. und 3. Schlundfalte haben ihre distalen Zellen etwas unter das Ectoderm vorgeschoben, sonst sind noch alle Kiemenbogen lateral nur vom Eetoderm begrenzt. Es handelt sich hier um ein junges Stadium, welches noch keine sichtbaren Kiemen hat. Ich habe ein ähnliches untersucht und finde etwa dasselbe, was GREIL abbildet. Nur ist die Feststellung der Grenzen der verschiedenen Schichten außerordentlich schwer wegen des großen Dotterreichtums, was auch aus GREILs Abbildung hervorgeht. Bombinator ist in dieser Hinsicht günstiger. . Wichtiger für unsere Frage ist schon Fig. 2, ein Querschnitt durch den ventrolateralen Abschnitt des Hyoid- und ersten Branchialbogens eines Embryos aus Stadium 14 (BAMmBERE). Hier sieht man, wie die 2. Schlundfalte nur caudal, die 3. aber sowohl caudal wie oral Zellen unter das Eetoderm vorgeschoben hst. Deshalb ist der Hyoidbogen lateral von einem zweischichtigen Eetoderm begrenzt, der erste Kiemenbogen dagegen von einem einschichtigen Eetoderm (Deckschicht) und von den vorgeschobenen Entodermzellen, die die Sinnes- schicht des Eetoderms verdrängt haben. Das Bild ist als solches ganz klar. Es fragt sich aber nur, ob auch alle Schnitte durch die betreffende Kiemen- anlage dasselbe Verhältnis der beiden Schichten zeigen. Diese Frage ist ent- scheidend. Unbeantwortet bleibt aber auch die Frage, ob die Deckschicht sich wirklich nur passiv verhält, oder ob sie eine aktive Rolle spielt. Fig. 4 zeigt einen frontalen Längsschnitt durch den Kiemendarm, quer durch die Visceralbögen eines Embryos mit bereits deutlich hervortretenden Kiemenanlagen (Stadium 14). Hier besteht das Ectoderm in allen drei Kiemen- anlagen nur aus der Deckschicht und unter dieser liegen vorgeschobene Ento- dermzellen, die sehr dotterreich sind. Ich habe auch ein gleiches Stadium von Triton alpestris untersucht und finde etwa ähnliche Bilder wie Fig. 4 bei GrEIL. Doch muß ich hervorheben, daß ich ebensowenig bei GrREILs Fig. 4 wie bei Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 445 meinen entsprechenden Präparaten überzeugt bin, daß die Sinnesschicht des Eetoderms wirklich total verdrängt wird. Entodermale Zellen dringen wohl in die Kiemenanlagen hinein, die genaue Feststellung der Grenzen der Schichten ist aber sehr schwer, was aus GrREILs Abbildung auch deutlich hervorgeht. Da- bei braucht diese gar nicht tendenziös zu sein. Mehr überzeugend wirken schon Fig. 5 und 6. Die erste ist ein Längsschnitt durch ein Kiemenstämmcehen des zweiten Branchialbogens eines Embryos aus dem Stadium 17 (BAMBERE), die zweite durch den Kieferbogenfortsatz eines ähnlichen Embryos. Der Kicfer- bogenfortsatz sieht aus wie ein Kiemenfaden, ist aber sonst sicher eine rein ectodermale Bildung, weil er unabhängig von den Schlundfalten entsteht. So- wohl der Kieferbogenfortsatz, wie die Kieme haben ein Epithel, bestehend aus zwei Zellschichten. Nach den Abbildungen sind diese beiden Zellschichten in den beiden Organen verschieden, was dadurch bedingt ist, daß in der Kieme die innere Schicht entodermal, in dem Kieferbogenfortsatz dagegen ectodermal ist. Die entodermalen Zellen enthalten noch Dotterkörnchen, die eetodermalen keine. Ich habe keine ähnlichen Stadien untersucht und kann folglich über die Richtigkeit der Abbildungen nichts sagen. Auch hier möchte ich hervorheben, daß die Sache erst dann klar ist, wenn alle Schnitte durch die betreffende Kiemenanlage dasselbe Verhältnis zwischen Ecto- und Entoderm zeigen. Die übrigen Bilder, Fig. ”—11, in welchen GREIL den Unterschied zwischen Eetoderm und Entoderm, hauptsächlich durch das Verhalten der Dotterkörnchen in anderen Gebieten des Kopfes zeigt, mögen richtig sein. Sie sprechen auch dafür, daß man die beiden Schichten wenigstens stellenweise auseinanderhalten kann. Die Kiemenfrage ist aber allein damit noch nicht gelöst. Wenn ich auch die Auffassung GREILs über die Bedeutung des Entoderms für den Aufbau der Kiemen bei 7'rzton nicht für vollkommen richtig halten kann (ich setze voraus, daß er seine bereits 1906 auf- gestellte Ansicht aufrecht halten will), so muß ich ihm darin recht geben, daß entodermale Zellen in die Kiemenanlagen vorgeschoben werden. Man darf also nicht ohne weiteres die Urodelenkiemen für rein eetodermal halten. Der Umstand, daß die Kiemen sich ent- wickeln, bevor die Kiemenspalten geöffnet sind, beweist nichts gegen einen Anteil des Entoderms am Aufbau der Kiemen. Leider habe ich die Kiemenfrage bei Triton experimentell gar nicht weiter bringen können, da ich nur Mißerfolge mit meinen Ope- rationen hatte. 3. Entwicklung des Epithels der ersten Kiemen bei Bombinator. Nachdem wir die verschiedenen Ansichten der Autoren über die Vereinigung der Schlundfalten mit dem Eetoderm kennen gelernt haben, wollen wir uns mit der Differenzierung des Kiemenepithels der zuerst angelegten Kiemenfäden bei Bombinator beschäftigen. Ich gebe gern zu, daß die Grenze zwischen dem Eetoderm und Gunnar Ekman 446 Entoderm an allen Präparaten nicht leicht zu sehen ist. Doch habe ich von Bombinator mehrere Serien von verschiedenen Entwicklungs- stadien, welche eine sichere Deutung ermöglichen. . Wie schon erwähnt, schiebt sich auch meiner Ansicht nach bei Bombinator das Entoderm unter das Eetoderm, wie Fig. 12 es daı- stellt. Wie die entscheidenden Stellen bei starker Vergrößerung aus- sehen, darüber geben uns Fig. 15 und 16 Auskunft. Das erste Bild zeigt die Verschmelzung der 2. Schlundfalte mit dem Eetoderm. Beide Schichten enthalten noch Dotterkörnehen, aber das Entoderm viel reichlicher und größere. Das Meso- derm ist in der Umgebung des 1. Kiemenbogengefäßes ganz locker und enthält wenig Dotter. Das Endo- thel ist nicht deutlich entwickelt. Wie man aus dem Bilde sieht, ist das Fig. 15. Bombinator. Horizontalschnitt durch die Berührungsstelle der 2. Schlund- falte mit dem Ectoderm. Dasselbe Sta- dium wie Fig. 11. Man sieht, wie die sehr dotterreichen Entodermzellen sich caudal unter das Ectoderm verschoben haben. En Entoderm; Znd Endothel- anlage; Ek Ecetoderm; DS Deckschicht, Entoderm caudal unter dem Ectoderm vorgeschoben. Das Eetoderm besteht noch aus den beiden Zellschichten. In Fig. 16 sehen wir ein etwas älteres Stadium. Hier ist das Eeto- SS Sinnesschicht; SfII 2. Schlundfalte; Tı II 2. Taschenleiste. Vergr. 290. derm überall vollkommen dotterfrei, dagegen enthält das Entoderm reich- lich große Dotterkörnchen. Die distalen Enden der 5. und 4. Schlundfalte erreichen einander nicht in diesem Schnitt, sind aber deutlich gegeneinander verschoben. Dagegen hat eine Vereini- gung der 4. und 3. Falte stattgefunden, und das Entoderm liegt als eine dünne einreihige Zellschicht unter dem Ectoderm, welches auch hier noch die beiden Schichten zeigt. Die Sinnesschicht ist doch stellenweise verdrängt. In der Höhe, wo der abgebildete Schnitt geht, besitzt der 1. Kiemenbogen keine entodermalen Zellen unter dem Eetoderm. Nur in mehr ventral liegenden Schnitten sind solche zu finden. Wie aus dem oben Erwähnten hervorgeht, finde ich mit GREIL bei Bombinator entodermale Zellen unter dem Eetoderm. Daß solche bei Hypogeophis nicht vorhanden sind, wie MArcus behaup- tet, mag zutreffen. Marcus hat aber auch, wie sehon erwähnt, ver- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 447 sucht, die bei den Anuren und Urodelen in den Kiemenanlagen auf- tretenden dotterhaltigen Zellen, die von GrREIL als entodermale auf- gefaßt wurden, anders zu deuten, indem er sie für eine ectodermale Waehstumskuppe erklärt. Sie wären nichts anderes, als ectoder- male Zellen, die, um besser wachsen zu können, neuen Dotter in Form von Dotterkörnchen aufgenommen hätten. Fig. 16. Horizontalschnitt etwa durch die Mitte des 2. rechten Kiemenbogens einer Bombinator-Larve mit bereits deutlich hervortretenden Kiemenwülsten. Das Entoderm enthält noch sehr reichlich Dotter, das Eetoderm gar keinen. En Entoderm; End Endothel; Ek Ectoderm; KwII 2. Kiemenwulst; Sf II—V 3.—5. Schlundfalte; 77111 3. Taschenleiste. Vergr. x 330. .. Ich kann diese Auffassung nicht für zutreffend halten, ganz be- sonders nicht bei Bombinator. Erstens finde ich mit GREIL solche dotterhaltige Zellen überall in der ersten Kiemenanlage, nicht nur in einer Wachstumskuppe. Zweitens zeigen diese Zellen einen ganz deutlichen Zusammenhang mit dem übrigen Entoderm, eine Erschei- nung, die auch nach Marcus (S. 708) für die Feststellung der Schichten sehr wichtig ist. Ferner habe ich gegen eine solche Deu- tung Bedenken physiologischer Natur. Wenn in diesen fertigen Zellen neue Dotterkörnchen auftreten, so müssen sie als eine Art Vorratsnahrung angehäuft werden. Eine analoge Erscheinung wäre 448 Gu@nar Ekman dann z. B. das Ansammeln von Fett in tierischen Zellen oder von Stärke in- pflanzlichen. Eine solehe Anhäufung von Dotterkörnchen kann natürlich nur durch eine Auflösung und dann folgende Kon- densation des Materials stattfinden und ist folglich mit großem Energieverlust verbunden. Solehe Vorgänge kommen vor bei Or- ganen, die lange in Ruhe bleiben. Ich kann nicht einsehen, daß die Natur hier so verschwenderisch mit Energie wäre, daß sie in den außergewöhnlich schnell wachsenden Kiemen auf einem Um- wege einen großen Vorrat von Dotterkörnchen anhäufte, um ihn wieder schleunigst aufzulösen, denn in der Tat verschwinden ja diese Körnchen wieder sehr schnell. Auch ist nirgends zu sehen, daß die Zellen erst dotterarm sind und dann wieder dotterreick wer- den. — Deshalb halte ich das Argument GrEILs, daß man in den Kiemen die Entodermzellen durch ihren Dottergehalt einige Zeit von den Eetodermzellen unterscheiden kann, für einleuchtend. Ich werde auch später bei der Besprechung des experimentellen Teiles viele unzweideutige Beweise dafür anführen. Wenn ich auch insofern mit _ GrREIL einverstanden bin, daß ich einen Anteil des Entoderms an der ersten Kiemenbildung bei Bombinator (und Triton) zugebe, bin ich doch über die Bedeutung desselben anderer Ansicht. Wie schon erwähnt, will GreıL dem Entoderm die Hauptrolle zuschreiben, das Ectoderm soll nur als eine dünne Schicht passiv mitgeschleppt wer- den (1905b, S. 459, 1906a, S. 268). Meine hiervon abweichende Auf- fassung habe ich hauptsächlich durch Experimente gewonnen und glaube, daß bei Bombinator diese allein ganz bindend sind. Doch möchte ich schon jetzt, ehe ich auf diese eingehe, hier auf einige Sachen hinweisen, die ich anders als GREIL auffasse. Untersuchen wir die erste Entwicklung der Kiemenfäden, so ist zu finden, daß die Blutgefäße anfangs (Fig. 12 und 16) vom Meso- derm, einer einzelligen Entodermschicht und einem zweischichtigen Ecetoderm umgrenzt sind. Bei der fertigen Kieme aber haben wir es nur mit dem Endo- thel und einer einzelligen Eetodermschicht (Fig. 19) zu tun. Folglich müssen normalerweise wenigstens drei Zellschichten verdrängt wer- den. Das lockere Mesoderm verschwindet zuerst, und das Endothel legt sich dieht an das Entoderm (Fig. 16). Dann aber kommt die schwierige Frage. Nach GreIL wird die Sinnesschicht vollständig verdrängt und hat für die Kiemenbildung keine besondere Bedeu- tung. Ich sehe bei Bombinator Anfangsstadien, wo das Entoderm und die beiden Eectodermschichten nebeneinander liegen (Fig. 15). Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 449 Dann scheint die Sinnesschicht des Eetoderms wirklich zuerst zu verschwinden, denn man sieht nur zwei Zellreihen, von denen die innere Dotterkörnehen enthält. Eine ganz einwandfreie Feststel- lung der Tatsachen gelingt hier schwer. Die Zellen der Sinnes- schicht sind schon vorher so klein, daß nur der Kern deutlich her- vortritt. Werden nun gegen diese Eetodermzellen die großen dotter- reichen Entodermzellen gepreßt, so wird es schwer, die beiden Sehichten auseinanderzuhalten. Man kann leicht Kerne der Sinnes- schicht für Entodermkerne halten. Ich glaube, daß sich überall die Sinnesschicht ziemlich lange erhält. Wenn auch GREIL darin recht hätte, daß die Sinnesschieht im allgemeinen früh verschwindet, so trifft dies sicher nicht überall gleichzeitig ein. Ich finde ganz be- sonders in der Spitze der Kiemenanlagen die beiden Ecetoderm- schiehten deutlich vorhanden, auch in Stadien, in welchen mehr proximal die Sinnesschicht anscheinend verdrängt ist. Daß eine in der Kiemenspitze zurückgebliebene Sinnesschicht für das Wachstum der Kieme nicht belanglos ist, liegt auf der Hand. 4. Entwicklung des Epithels der ersten (äußeren) Kie- men bei Rana fusca, R. esculenta, Bufo vulgaris und Hyla arborea. Bei Bombinator liegen die Verhältnisse sv kompliziert, daß man nicht ohne. weiteres die GREILsche Auffassung als ganz unrichtig feststellen kann. Das gelingt erst experimentell, wie wir später sehen werden. Dagegen bieten die anderen, von mir untersuchten Anuren schon ein viel einfacheres Bild, obgleich auch hier das Ex- periment erst die völlige Entscheidung bringt. Daß GREIL zu seiner Auffassung über die große Bedeutung des Entoderms in der Kiemen- ontogenese durch Untersuchungen bei Trrton wie auch Bombinator gekommen ist, ist mir noch sehr verständlich. Solange ich nur histologisch Bombinator allein untersuchte, war ich anfangs fast be- reit, ihm vollständig recht zu geben. Dagegen ist mir nieht mehr ganz verständlich, daß er nach Untersuchungen über die Entwick- lung der sog. äußeren Kiemen bei Rana esculenta, und ganz beson- ders bei Rana fusca, an der hauptsächlich entodermalen Natur dieser Kiemen ausdrücklich festhält (1905b, S. 459). Diese beiden Arten unterscheiden sich, soviel ich sie untersucht habe, eben in dieser Hinsicht recht erheblich von Bombinator. So finde ich, daß bei Rana fusca die dorsal gelegenen sich zuerst ent- 450 Gunnar Ekman wickelnden sog. äußeren Kiemen in allen drei Reihen fast rein eetodermal sind. Die Schlundfalten erreichen das Eetoderm erst ventral von diesen Kiemen, so daß nur in ihren proximalen und ven- tralen Teilen etwas Entoderm vorhanden ist. Sehr deutlich sieht man, wie das Eetoderm in den Kiemen zwei- schiehtig, aber viel dünner als sonst am Kopfe ist. Daß es sich wirklich nur um Eetoderm handelt, sieht man ohne weiteres, indem der allmähliche Übergang des gewöhnlichen Kopfeetoderms ins Kie- meneetoderm auf demselben Schnitt zu verfolgen ist. Sobald ento- dermale Zellen hinzustoßen, wird das Bild ganz anders. Komplizierter und etwas anders wird die Sache, wenn wir die Anlagen der mehr ventral liegenden sog. inneren Kiemen eines Kiemenbogens untersuchen. Hier berührt das Entoderm das Ecto- derm. Die Entwicklungsvorgänge hier werden wir in einem späteren Zusammenhang näher besprechen. Bei Rana esculenta liegen die Verhältnisse annähernd ähnlich wie bei Rana fusca. Die erst angelegten Kiemen (äußeren) auf den zwei ersten Kiemenbogen sind ectodermal. Auch hier berühren die Schlundfalten das Eetoderm erst ventral von diesen Kiemen. Da- gegen enthalten die Anlagen der später entstehenden ventralen (in- neren) Kiemen entodermale Zellen. Bei Hyla arborea ist die Unterscheidung zwischen Ecto- und Entoderm anfangs sehr schwer. Später gelingt es besser, weil das Ecetoderm früh vollkommen dotterfrei wird, das Entoderm dagegen seine Dotterkörnchen länger behält. Schon in den zuerst sichtbaren Kiemenanlagen der zwei ersten Kiemenbogen liegen unter dem Eetoderm einige Entodermzellen. Eine so feste Entodermschicht wie bei Bombi- nator ist hier nicht vorhanden. Am Aufbau der später entstehenden ventralen (inneren) Kiemen wird entodermales Material gebraucht. Bufo vulgarıs, den ich vorläufig weniger eingehend untersucht habe, verhält sich etwa wie die beiden Rana-Arten. Das Unter- scheiden zwischen Eeto- und Entoderm ist verhältnismäßig schwer. 5. Entwieklung der hintersten (6.—8.) Schlundtaschen. Über die erste Entwieklung der Schlundfalten haben wir noch kurz fol- gendes zu bemerken. Es ist von verschiedenen Forschern, GREIL (1904, 1905 a, 1906b), Marcus (1908), MARUSCHok (1911, 1912), festgestellt, daß sich bei den Amphibien noch eine 6. und sogar eine 7. Schlundfalte bildet. Die 6. scheint bei allen untersuchten Arten vorhanden zu sein, die 7. nur bei den Gymnophi- onen. Nach Marcus’ Angaben (S. 703) soll bei Hypogeophis sogar vorübergehend eine 6. Schlundspalte sich öffnen, während die 7. Schlundfalte das Eetoderm nicht Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 451 erreicht und sich bald zum ultimobranchialen Körper umwandelt. Bei den Uro- delen (Triton, Salamandra, Siredon, Necturus) ist die 6. Schlundtasche deutlich entwickelt und erreicht vorübergehend das Eetoderm (GREIL, MAKUSCHOR). Eine Spalte entsteht nicht wie bei Hypogeophis. Auch bei den Anuren (Rana fusca, escul., Bufo vulg., variabilis, Bombinator, Pelobates) kommt eine 6. Schlundtasche zum Vorschein. Diese ist sehr rudimentär. Die Falte ist ganz klein und bleibt vom Eetoderm weit entfernt. Sie ist nur ganz kurze Zeit vorhanden und wan- delt sich nach GrEıL (1905b, S. 484) zum ultimobranchialen Körper um. An meinen Präparaten habe ich bei Triton alpestris die 6. Schlundtasche deutlich gesehen, bei Bombinator weniger deutlich. Da ich von den anderen Arten keine ganz vollständigen Entwicklungsserien habe, kann ich nichts Be- stimmtes über das Vorhandensein einer 6. Falte sagen. Wegen ihrer rudimen- tären Beschaffenheit kann man sie wohl leicht übersehen. Im Zusammenhang mit dem Schicksal der rudimentären hinteren Schlund- falten steht noch die Frage nach dem Ursprung der Lungen. Es ist von GOETTE (1875) die Hypothese aufgestellt, daß die Lungen bei Bombenator aus dem letzten Schlundtaschenpaar, seiner Vermutung nach aus dem 6., hervorgegangen sind. Später (1904) begründet er seine Ansichten in dieser Frage noch weiter. Für eine Ableitung der Lungen aus den caudalsten Schlundspalten oder wenigstens aus dem Kiemengebiet des Entoderms sind auch SpENGEL (1904, S. 745) und Oppeu (1904, S. 147) eingetreten. Dagegen vertritt GREIL (1905, 1906) eine ab- weichende Ansicht. Er sieht bei den Anuren (1905a, S. 628, 1905b, S. 487) die Lungenanlagen an als von den hintersten Schlundfalten vollkommen unabhängige Bildungen. — Für die GoETTEsche Lungentheorie tritt wiederum Marcus (S. 728) ein. Bei Hypogeophis komme danach erst die 8. Schlundfalte in Betracht, da man über das Schicksal der 7 vordersten unterrichtet ist. Neuerdings (1911, 1912) hat wiederum MATuscHoX die Frage in Angriff genommen und vertritt nach minutiösen Untersuchungen an Triton und Pelobates die GorTTEsche Än- sicht gegen GREIL. Soviel ich an meinen Präparaten die Entstehung der Lungenanlagen ver- folgt habe, gewinne ich den Eindruck, daß eine gewisse Ähnlichkeit zwischen diesen und den Schlundfalten anfangs vorhanden ist. Doch möchte ich als meine Auffassung hervorheben, daß die Lösung der Frage sicher nicht aus der Amphibienontogenese zu gewinnen ist. Wir haben es hier mit cänogenetischen Erscheinungen zu tun, auf welche kein allzu großer Wert zu legen ist. Wenn die Lungen auch nichts mit den Schlundfalten zu tun hätten, so geht ja schon aus ihrer Lage hervor, daß sie sich als paarige, schlundfaltenähnliche Ausstül- pungen des Darmes hinter den letzten Schlundfalten entwickeln können. Die Entscheidung in dieser Frage hat in erster Linie die vergleichende Anatomie, wohl unter Berücksichtigung der Ontogenie, zu liefern. 6. Äußere Entwieklung der verschiedenen Kiemen- formen. a) Vorbemerkungen. Nachdem wir die erste Entwicklung der Schlundfalten und ihre Vereinigung mit dem Eetoderm sowie die Entstehung der ersten Kiemen verfolgt haben, wird es jetzt notwendig, zuerst die äußere Entwicklung sämtlicher Kiemen zu untersuchen, da hierin noch vieles Morpholog. Jahrbuch. 47. 30 452 Gunnar Ekman unaufgeklärt ist. Dann erst werden wir uns mit der histologischen Differenzierung der später auftretenden Kiemen beschäftigen. Es werden allgemein von den Autoren [GoETTE (1875), BoAs (1882), MAURER (1888), NauE (1890), CLEMENS (1894) und GEGEN- BAUR (1901)] bei den Anuren zwei Formen von Kiemen unterschie- den, sog. äußere und innere. Aus praktischen Gründen muß ich hier diese in der Literatur eingebürgerten Namen »äußere« und »inneres Kiemen gebrauchen, Daß sie nieht besonders zutreffend sind, ist schon von GEGENBAUR (1901) und GreıL (1906a) hervorgehoben. Die Schwierigkeit, diese Namen recht gebrauchen zu können, wird um so größer, als es sich herausstellt, daß die beiden Arten von Kiemen in einigen Fällen nach der alten Auffassung nicht zu unterscheiden sind. Ich werde in zweifelhaften Fällen zu dem Namen »äußere Kiemen« noch das Wort »hinfällige« hinzufügen, damit betonend, daß es sich um Kiemen handelt, die schon lange vor der Metamorphose atrophisch werden. Den Ausdruck »innere Kiemen« werde ich mit demWort »bleibende« ergänzen, um hervorzuheben, daß diese Kiemen durch das ganze Larvenleben erhalten bleiben und erst bei der Metamor- phose zugrunde gehen. Die äußeren Kiemen entstehen nach den Autoren an den drei ersten Kiemenbogen direkt aus den Kiemenwülsten, verzweigen sich und bleiben einige Zeit sichtbar. Bald werden sie aber von der Opereularfalte, die von vorn nach hinten wächst, bedeckt und ge- raten beiderseits in einen Peribranchialraum. Dort werden sie all- mählich atrophisch. Gleichzeitig entstehen aber an jedem von den drei ersten Bogen, ventral von den ersten sog. äußeren Kiemen, zwei Reihen von neuen Kiemen, die sog. inneren. Solche Kiemen ent- wickeln sich noch auf dem 4. Kiemenbogen, der keine äußeren Kiemen besitzt. Die sog. inneren Kiemen werden mächtig entfaltet und halten sich das ganze Larvenleben durch. Sie gehen erst bei der Metamorphose zugrunde. b) Rana fusca. Am allergünstigsten ist bei den von mir untersuchten Arten die äußere Kiemenentwicklung von Rana fusca zu verfolgen. bombi- nator wollen wir aus verschiedenen Gründen erst nachher berück- sichtigen. Wie alle Autoren berichten, kommen bei Rana fusca drei Reihen sog. äußerer Kiemen zum Vorschein. Die 3. Reihe, Fig. 17, die be- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 453 deutend kleiner ist als die zwei ersten, entsteht etwas später als diese. Im Vergleich mit den anderen von mir untersuchten Anuren hat Rana fusca die entschieden größten äußeren Kiemen. Diese stehen anfangs ziemlich senkrecht zur Körperachse. Sie bestehen bei den zwei ersten Bogen aus einem kräftigen Hauptstamm mit einer Reihe Nebenäste. Die Opereularfalte entsteht verhältnismäßig spät und entwickelt sich langsam weiter. Schon zu der Zeit, wo die erste Andeutung der Opereularfalte vorhanden ist, kann man auch die Anlagen der inneren Kiemen Fig. 17, sehen. Wie Fig. 17 zeigt, entstehen sie als kleine Höcker auf dem Kiemenbogen ventral von den äußeren Kiemen. Solange diese noch unbedeckt sind, entwickeln sich die Anlagen der inneren Kiemen langsam. Öffnet man den Peribranchialraum kurz nach- dem er sich geschlossen hat, so sieht man unschwer unter dem binoeularen Präparationsmikro- skop, daß die äußeren Kiemen in Rückbildung begriffen sind. Larve von Rana fusca mit fast fertigen äußeren £ es F £ R Kiemen. Ventral von diesen sieht man die ersten Gleichzeitig sind die inneren Anlagen der inneren Kiemen. Hd Haftdrüse, M Kiemen gewachsen und stellen ABI age = ge neu . Innere 1emenreine; p percularanlage, jetzt zwei Reihen fingerförmige Vergr. = 2. Fortsätze auf den drei ersten Kiemenbogen dar, Sie haben eine lebhafte Cireulation. An Schnitt- serien aus denselben Stadien kann man diese Erscheinungen auch gut wahrnehmen, besonders wie die äußeren Kiemenfäden stark zu- sammenschrumpfen und wie ihre Blutgefäße atrophieren. c) Rana esculenta, Bufo, Hyla. Nach meinen Beobachtungen. vollzieht sich die Kiemenentwick- lung bei Rana esculenta, Bufo vulgaris und Ayla arborea nicht ganz ähnlich wie bei Rana fusca. Soviel ich sehen kann, entstehen bei Rana esculenta keine, bei Bufo ganz kleine äußere Kiemen auf dem 3. Kiemenbogen. Auch auf den zwei ersten Bogen sind sie kleiner als bei Rana fusca. Nach der literarischen Zusammenstellung von 30* 454 Gunnar Ekman CLEMENS (S. 126) scheint auch von älteren Autoren bei Rana escu- lenta die 3. äußere Kiemenreihe nicht bemerkt zu sein. MAURER dagegen (1888b, S. 180) findet drei Kiemenreihen, die 3. nur als einen einfachen fingerförmigen Faden. Es ist in der Tat schwer festzustellen, ob ein solcher Faden wirklich hinfällig ist oder sich weiter entwickelt. Bei Bufo besteht die 3. Kiemenreihe nach CLE- MENS (S. 128) nur aus einem unverzweigten Faden. Diesen Befund kann ich bestätigen. Kurz nach der Bildung des Peribranchialraumes finde ich, wie bei Rana esculenta und Bufo, eine Atrophie der äußeren Kiemen. Die inneren stehen noch als unverzweigte fingerförmige Fortsätze in zwei Reihen. Bei Ayla sind die ersten Kiemen klein. Doch scheint die Größe mit der Temperatur des Wassers zu variieren (s. KAMMERER, 1906). Nach CLEMENS’ Angaben (S. 129) ist in der Literatur über die Form der Hyla-Kiemen wenig Sicheres bekannt. Nach meinen Beobachtungen bildet sich zuerst auf den zwei ersten Kiemenbogen ein kurzer Kiemenfaden, der 3. Bogen ist an- fangs ohne sichtbare Kiemen. Sehr bald werden die ersten Kiemen von der Opereularfalte bedeckt. Auch später sind die pigmentlosen, sehr kleinen Kiemen unter dem Präpariermikroskop nicht leicht zu unterscheiden. Zu den zuerst angelegten Kiemenfäden auf den zwei ersten Kiemenbogen gesellen sich bald auf allen drei Bogen mehr ventral kleine Anlagen, die sich nur langsam weiter ent- wickeln. Ein durch die Form bedingter scharfer Unterschied zwischen »äußeren« und »inneren« Kiemen, wie z. B. bei Rana fusca, ist nicht zu sehen. Nur der Umstand, daß nach meinen Beobachtungen an Schnittserien die auf den zwei ersten Kiemenbogen am weitesten dorsal gelegenen Kiemenfäden bald atrophieren, sprieht dafür, daß wir es hier mit äußeren, hinfälligen, Kiemen zu tun haben. Auf dem 3. Bogen scheinen nur innere, bleibende, Kiemen zu entstehen. Aus den anfangs wenig hervortretenden Anlagen entwickeln sich später große, innere Kiemen. Bei Larven, die kurz vor der Metamorphose standen, fand ich sie ähnlich angeordnet wie bei den übrigen Arten. d) Bombinator. Bombinator verhält sich in bezug auf die Kiemenentwieklung etwas anders als die oben beschriebenen Arten. Der Unterschied Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 455 wird besonders auffallend bei einem direkten Vergleich mit Rana fusca. Ich habe anfangs nur Bombinator untersucht und muß ge- stehen, daß ich damals den Unterschied zwischen sog. äußeren und inneren Kiemen nach den Angaben der Autoren und nach den Be- funden bei meinem Objekt nicht verstehen konnte. Erst die Unter- suchung von Rana fusca gab mir eine Erklärung dafür. Die Entwicklung der Bombinator-Kiemen ist von GOETTE 1875 eingehend beschrieben. Da ich ihm aber in einem wichtigen Punkt nicht beipflichten kann, will ich erst authentisch seine Beschreibung der Vorgänge wiedergeben und dann meine abweichende Auffassung darstellen. Über die erste Entwicklung der Bombinator-Kiemen schreibt GoETTE (8. 675 — 17): »Sobald die Kiemenbögen nach außen vorgewölbt und ihre un- teren, die äußeren Spaltmündungen enthaltenden Abschnitte ventral umgelegt sind, beginnen an ihrer von der Überhaut überzogenen pig- mentierten Außenfläche fingerförmige Fortsätze auszuwachsen, welche unter der Haut Bildungsgewebe mit je einer Gefäßschlinge des den ganzen Bogen durchziehenden Hauptgefäßes (Aortenbogen) enthalten. Diese ersten äußeren Kiemenfransen sind auf das laterale Ende der ventralen Kiemenbogenabschnitte beschränkt, was man aber erst bei einer gewissen Ausdehnung der letzteren und der von ihnen einge- faßten Kiemenspalten deutlich erkennt, sie stehen büschelweise, sind am ersten Kiemenbogen am längsten und nehmen bis zum dritten an Länge ab. Der vierte Kiemenbogen entwickelt solche Kiemen nicht. Nachdem die Kiemendeckel vollendet sind, beginnen die in dem engen Kiemensacke eingeschlössenen Kiemenfransen zu atrophieren; dafür wachsen aber an den bis dahin freien medialen Abschnitten der Kiemenspaltränder neue und zwar verzweigte Kiemenfransen — bei den Fröschen sind auch die ersten verzweigt — nach außen hervor, welche kürzer als die ersten sind, aber dichter und nach der Ausdehnung der ganzen Spalten in längeren Reihen stehen. Da jeder Rand eine Kiemenreihe trägt, so besitzen der 1. und 4. Kiemenbogen je eine, der 2. und 3. zwei Reihen. Ich bezeichne diese neuen Kiemen zum Unterschiede von den ersten, am la- teralen oder oberen Ende jedes Kiemenbogens entspringenden als die medialen; die beiden Gruppen sind aber nach ihrem Ursprunge an der von der Oberhaut überzogenen Außenseite der Kiemenbögen durchaus gleichwertige Bildungen und können daher ohne Rücksicht 456 Gunnar Ekman darauf, ob sie vom Kiemendeckel stets verdeckt werden oder nicht, um so mehr gleicherweise Außenkiemen genannt werden, als die Anurenlarven noch eine ganz andere Art von Kiemen besitzen, welche weder an der Außenseite des Körpers entstehen, noch an dieselbe hervortreten.« Aus diesen Angaben GOETTES geht hervor, wie schon MAURER (1888a, S. 330) hervorhebt, daß, was er mediale Außenkiemen nennt, nichts anderes sein kann, als sog. innere Kiemen der Autoren. Denn was er wieder unter inneren Kiemen bei Bombinator versteht, ist zuerst von Boas (S. 546) und später von anderen Autoren (NAUE, F. ScHuLze) als Siebapparat, eine Bildung ohne respiratorische Funktion, bezeichnet worden. CLEMENS (S. 125) macht MAURER den Vorwurf, daß er sich irrt, wenn er behauptet, daß die inneren Anurenkiemen auch nach GOETTE ectodermal sind. Dabei scheint er aber zu vergessen, daß MAURER (1888a, S. 330) mit BoAs die inneren entodermalen Kiemen GOETTES gar nicht für Kiemen, sondern für Siebvorrichtungen hält. Über die beiden Arten von Außenkiemen GOETTEsS bei Bombinator be- richtet CLEMEns: »Auch mir ist es trotz mehrfacher, lebhafter Bemühungen nicht gelungen, diese Gebildemakroskopisch oder mikro- skopisch zur Anschauung zu bringen — vielleicht existieren sie eben- falls nur kurze Zeit und ich habe nicht die richtigen Entwicklungs- stadien benutzt.« Die Angaben GoETTES über die Entwicklung der zwei Arten Außenkiemen bei Dombinator, welche Kiemen in der Tat den sog. äußeren und inneren der Autoren entsprechen, kann ich in einem Punkt nicht für richtig halten. Ich finde nämlich nicht, daß die erste Art (die »äuberen«) dieser Kiemen, wie GOETTE behauptet, früh atrophieren. Hierin gerade unterscheidet sich Bombinator von den anderen untersuchten Anuren. Über die erste Entwicklung der Kiemen bei Bombinator sei fol- gendes erwähnt: Anfangs treten nur die zwei ersten Kiemenwülste als niedrige Erhebungen hervor, der dritte ist noch undeutlich. Durch die schon jetzt auftretende Einschnürung des Körpers im Gebiet zwischen den Kiemen und den Vornierenknäueln kommt der später entstehende dritte Kiemenwulst nicht nur caudal, sondern auch mehr median von dem zweiten zu liegen und wird, von außen gesehen, von diesem teilweise bedeckt. Der erste Wulst liegt mehr ventral als der zweite. — Allmählich sprossen von dorsal nach ventral kleine Zapfen aus den Kiemenwülsten hervor. Erst sieht man zwei, dann Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 457 allmählich fünf auf dem ersten Bogen. Fig. 18 zeigt uns ein solches Entwicklungsstadium. Die Kiemenwülste, besonders der erste, sind etwas nach außen zu in die Länge gezogen und bilden eine Platte, von deren Außenwand die Kiemenanlagen hervorsprossen. Eine Cireulation ist wahrnehmbar. Von jetzt an fängt sich auch die Oper- eularfalte an als eine kleine Hauterhebung oral von der ersten Kiemenreihe zu bilden. Bei einem etwas älteren Stadium als Fig. 18 darstellt, bei wel- chem die Opereularfalte die Kiemen halb bedeckt hat, ist auch schon die dritte Kiemenreihe etwas ent- wickelt. Die erste Reihe besteht jetzt aus etwa 7—9 Kiemenfäden, von welchen die paar ventralsten noch kleiner sind als die übrigen. Ventral von diesen können noch 1 oder 2neue Anlagen entstehen. Auch die 2. Reihe ist ähnlich beschaffen, hier sind noch 3—4 von den ven- tralen Fäden klein. Die Kiemen- fiden sind in der Längsrichtung Zerfinterlun wit si Beh Kıman des Bogens etwas plattgedrückt KII. Kiemenreihe. Vergr. x 15. (Fig. 19) und stehen in einer Reihe wie die Zähne eines Kammes. Einzelne Fäden können noch ihrer- seits einfach verzweigt sein. Die Cireulation ist sehr lebhaft. Die ersten Kiemenfäden werden beträchtlich lang und treten, solange die Opercularfalte nicht ganz fertig ist, beiderseits durch die Atemöffnungen hervor. Ich finde sonst bei verschiedenen Exemplaren eine ganz erheb- liche Variation in der Größe dieser Kiemen. Hier ist allerdings in Betracht zu ziehen, daß es sich bei mir meistens um Tiere handelt, die auf der einen Seite durch ein- greifende Operationen stark verändert waren. Über den histologischen Bau eines solchen ersten Kiemenfadens gibt uns Fig. 19 Auskunft. Wir haben es hier mit einer Blutgefäßschlinge, die von einschich- tigem Epithel umgeben ist, zu tun. In der "mitt dureh einen. voll entwickelten ersten Kiemenfaden Mitte, zwischen den beiden Schenkeln der bei Bombinator. End Endothel; Ep Epithel; Me Mesoderm. Ver- Schlinge, ist etwas lockeres Bindegewebe größerung><430. Fig. 19. 458 Gunnar Ekman vorhanden. Die plattgedrückte Form des Kiemenfadens hängt von den parallel laufenden Schenkeln der Blutgefäßschlinge ab. Die ersten Kiemen behalten aber ihre Form ganz kurze Zeit unverändert, denn sie unterliegen sehr bald großen Veränderungen. Ihr Lumen verengt sich allmählich, die Wände werden dicker und man gewinnt fast den Eindruck, als würden sie sich in ein früheres Stadium zurückverwandeln. Daß es sich um keine Atrophie handelt, geht u. a. aus der Tatsache hervor, daß Kernteilungsfiguren sehr reichlich vorhanden sind. Bald entstehen auch überall kleine Knos- pen an den Fäden, wodurch diese sich zu verzweigen anfangen. Weder an Schnittserien, noch beim Untersuchen von Exemplaren in toto unter dem binokularen Mikroskop habe ich eine direkte Atrophie der ersten Kiemen wahrnehmen können, sondern ich konstatierte überall eine allmähliche Umwandlung derselben in die zweite Kiemenform, die durch ihre Büschelform charakterisiert ist. In meinen zahlreichen Serien von den verschiedensten Stadien habe ich nie das charakte- ristische Bild eines in Atrophie begriffenen Kiemenfadens, welches ich bei den übrigen Anuren sehe, bei Bombinator wiederfinden können. Im fertigen Zustande sieht die zweite Kiemenform ganz anders aus als die einfache erstgebildete. Ich glaube deshalb, daß die Auffassung GOETTES so zustande gekommen ist, daß er auf die Zwischenstadien nicht genau geachtet hat. Er konnte sich folglich die komplizierte zweite Kiemenform aus der einfachen ersten Form schwer direkt herleiten. Deshalb nahm er an, daß diese total zugrunde ging, während jene sich aus ganz neuen Anlagen entwickelte. Die letzte Annahme ist, wie wir bald sehen werden, in der Tat teilweise richtig, weil später auf jedem Bogen zwei Kiemenreihen vorhanden sind. Daß aber die erstgebildete Reihe von Kiemenfäden, deren Zahl etwa 7—10 ist, durch keine neuen Fäden ersetzt werden kann, geht daraus hervor, daß der letzte von diesen ersten Kiemenfäden so weit ventral entsteht, wie die Kiemenplatte sich erstreckt. In derselben Reihe ist folglich kein Raum für neue Kiemenfäden übrig. Die direkte Verwandlung des unverzweigten ersten Kiemenfadens in die komplizierte zweite Kiemenform gibt uns einen Beweis für die morphologische Bedeutung des Eetoderms. Wie schon erwähnt, besteht der erste Kiemenfaden später aus einem einschichtigen Epithel und einer einfachen Capillarschlinge nebst etwas lockerem Bindegewebe. Wenn wir nieht dem Blutgefäß bei der Umwandlung die führende Rolle zuschreiben wollen, bleibt nichts anderes übrig, Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 459 als das Epithel als das aktive Element zu bezeichnen. Nach dem, was wir über die Entwicklung dieser ersten Kiemen wissen, scheint es sich hier nur um die Deckschicht des Eetoderms zu handeln, weil die Sinnesschicht und das Entoderm anscheinend verdrängt sind. Doch muß dieses Epithel der Kiemenfäden im Vergleich mit der Deckschicht des Ectoderms der früheren Stadien als stark metamor- phosiert bezeichnet werden. Ich brauche hier nicht näher auf den äußeren Bau der sog. in- neren Kiemen einzugehen. Diese sind bei Pelobates fuscus besonders eingehend von F. E. Schurze (1891) beschrieben worden. Bei Bombinator finde ich bei älteren Larven, nachdem die Um- wandlung der ersten Kiemen sich vollzogen hat, auf den dreiersten Kiemenbogen zwei Reihen, auf dem 4. eine Reihe baumartig ver- zweigte Kiemenbüschel. Ihre Zahl beträgt etwa 7—10, stimmt also mit der Zahl der erst angelegten Kiemenfäden überein. Auch ist die Lage der ersten und zweiten Kiemenform dieselbe, wenn man von kleinen, durch das Wachstum verursachten Verschiebungen ab- sieht. Der Umstand, daß wir es anfangs auf den drei ersten Kiemenbogen nur mit einer Kiemenreihe zu tun haben, später aber mit zwei, er- klärt sich daraus, daß schon sehr früh Fig. 20 neben den erst hervortretenden Kiemen- = : 3 E er anlagen, caudal von diesen, eine zweite FERN Reihe von Kiemen sich bildet. Diese Kie- N Ba» men treten anfangs äußerlich ganz zurück, 3 Y Kn werden aber dann allmählieh größer. Ihre RE D D . ER ” . pn : Entwieklung vollzieht sich etwa ähnlich wie ER . . ’ . a! . Rn — diejenige der »innerene Kiemen z. B. bei KR ce N Rana fusca. Am besten verfolgt man den Er \ ser . L L up Ei Vorgang an Totalpräparaten bei starkeı rs ah Vergrößerung; an Schnittserien ist es wegen % der zahlreichen Kiemenfäden schwer, die en = Ba 2 $ Pr ogen eıner olnbınator- Larve verschiedenen Bildungen auseinanderzu- mit halbbedeckten Kiemen. Man halten. | Bene Schon bei einer Bombinator-Larve mit In der oralen Reihe ist der . . schon fertige Kiemenfaden nur halbbedeckten Kiemen kann man die An- ,oximal getrofien, In der cau- lagen der caudalen Parallelreihen sehen. dalenReihe ist nur die Kiemen- . ö . anlage als eine epitheliale Knospe Auf dem 1. und 3. Kiemenbogen sind sie an- „, sehen. End Endothel: cK fangs kleiner, auf dem Di dagegen deut- caudale Kiemenreihe; oK orale Kiemenreihe; An Knorpel. Ver- licher, in Form von kleinen Zapfen, Fig. 20. größerung > 93. 460 Gunnar Ekman In diesem Stadium sind auch die ventralsten Kiemenfäden der erst sich entwickelnden oralen Reihe noch sehr klein. Bei Larven, die seit 3—4 Tagen bedeckte Kiemen haben, sind die caudalen Kiemenreihen deutlich hervortretend und etwas verzweigt, wie auch schon die oralen, anfangs unverzweigten Kiemen. Am kleinsten ist zurzeit die caudale Reihe auf dem 1. Kiemenbogen. Später bestehen auf den drei ersten Kiemenbogen die beiden Kiemenreihen aus baum- förmig verzweigten Stämmen, die miteinander alternierend, proxi- mal ganz dicht zusammenhängen. e) Vergleich der Bombinatorkiemen mit den anderen Anurenkiemen Im Vergleich mit den anderen Anuren vollzieht sich nach der obigen Darlegung die Kiemenentwicklung bei bombinator etwas eigenartig. Es fragt sich vor allem, welche sind hier sog. innere und welche äußere Kiemen? Es ist von mehreren Autoren, GOETTE (für seine beiden Formen Außenkiemen) (1875), BoAs (1882), MAURER (1888), GEGENBAUR (1901) und Grein (1906), erklärt, daß die äußeren und inneren Kiemen homologe Bildungen sind. CLEMENS (S. 143) hat eine abweichende Auffassung. GEGENBAUR2. B. sagt (5.239): » Diese inneren Kiemen stehen nichts weniger als in einem Gegensatz zu den äußeren. Wie ja die letzteren einfach durch das Umschlossenwerden von der Deckelmembran zu inneren wurden, so sind die gleich als innere Kiemen entstehenden nur das Produkt einer Fortsetzung desselben Vorganges, durch welchen die äußeren Kiemen sich bildeten.»... nachdem die im Bereiche der dorsalen Drittel der Branchialbögen aufgetretenen Einzelkiemen be- reits ihre volle Entfaltung erlangt haben, erfolgt ein Nachschub von Kiemen, indem an den frei gebliebenen ventralen Abschnitten der Kiemenbögen zwei alternierende Reihen von baumförmig sich ver- ästigenden Kiemen entstehen, welche sich binsichtlich der Genese ihres Epithels von den ersteren nicht unterscheiden und diesen un- berechtigterweise als Innenkiemen gegenübergestellt wurden. Nur ist hier zu bemerken, daß, während GEGENBAUR die Kiemen für ecto- dermal hält, sie nach GREIL entodermal sind. | Wie schon erwähnt, entstehen z. B. bei Rana fusca die inneren Kiemen als eine Doppelreihe, die äußeren als eine einfache Reihe. Ein Unterschied besteht noch darin, daß diese sehr früh total zu- grunde gehen, während jene sich weiter entwickeln und bis zur Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 461 Metamorphose erhalten. Bei Bombinator dagegen treffen wir keine Kiemen, die vor der Metamorphose atrophiert werden. Halten wir an diesem Merkmal fest, dann besitzt Bombinator keine äußeren hinfälligen Kiemen. Die bei der älteren Larve auf drei Bogen befindlichen zwei Reihen büschelförmiger Kiemen sind ihrer Form nach ganz ähnlich wie die inneren, bleibenden Kiemen der anderen Anuren. Nur in ihrer Ontogenese unterscheiden sie sich von diesen dadurch, daß die orale Reihe auf jedem Bogen anfangs eine sehr große Ähnlichkeit mit sog. äußeren Kiemen hat und früher gebildet wird als die caudale Reihe. Diese Ähnlichkeit wird aber immer geringer, je mehr ventral in der Reihe liegende Kiemenfäden zum Vergleich genommen werden. Der zwischen Rana fusca und Bombinator bestehende scharfe Unterschied in der Kiemenontogenese wird durch die anderen unter- suchten Anuren etwas ausgeglichen. Schon bei Rana esculenta, Rana agilis (CLEMENS) und Bufo treten die äußeren Kiemen weniger deutlich hervor, als bei Rana fusca. Der 3. Kiemenbogen besitzt bei den zwei erstgenannten sogar keine äußeren, hinfälligen Kiemen. Noch mehr verlieren diese Kiemen an Bedeutung bei Ayla arborea, wo sie ihrer Form nach kaum zu unterscheiden sind von den inneren, bleibenden Kiemen. Bei Bombinator kommen die äußeren, hinfälligen, Kiemen als solche nicht zur Entwicklung. Sie werden aber dadurch ersetzt, daß die dorsalen Kiemenfäden der oralen Reihe der inneren bleiben- den Kiemen anfangs ihre Form und Funktion übernehmen. 7. Entwicklung des Epithels der späteren (inneren) Kiemen. Nachdem wir jetzt über die äußere Entwicklung der verschie- denen Kiemenformen orientiert sind, wollen wir zurück zu der Frage nach der Herkunft des Kiemenepithels, um dabei besonders die später sich entwickelnden Kiemen zu berücksichtigen. Wie schon erwähnt, werden von den Autoren, mit Ausnahme von CLEMENS, die sog, äußeren und inneren Amphibienkiemen für homologe Bildungen gehalten. In der Literatur gibt es aber fast keine genaueren Angaben über die Entwicklung der inneren, bleiben- den Kiemen. GreEIL z. B. (1906a, S. 271) erwähnt nur vorüber- gehend, daß sie sich hinsichtlich der Genese ihres Epithels von den äußeren nicht unterscheiden. Nur MAURER geht etwas näher auf die Frage ein. Er berichtet, 462 Gunnar Ekman nachdem die Kiemenspalten durchbrochen sind, über den Bau der Kiemenbogen bei Rana esculenta folgendes (1888a, S. 331): »Sie besitzen an ihrer äußeren Oberfläche einen schmalen ecto- dermalen Überzug, während die vordere und hintere Fläche der Bogen, welche die eigentlichen Spalten begrenzen, von Entoderm überzogen sind. Nun bilden sich die inneren Kiemenbüschel gerade in den Linien, in welchen Eeto- und Entoderm zusammenstoßen, resp. da, wo das Entoderm sieh eine Strecke weit unter das Ecto- derm eingeschoben hat. Da, wie gesagt, gerade an diesen Kanten, wo Eetoderm und Entoderm zusammenstoßen, die Kiemenbüschel (S. 332) auswachsen, so ist nicht zu entscheiden, ob bei ihrer Bildung, abgesehen von dem unterliegenden, die Gefäßschlingen tragenden Bindegewebe das eetodermale oder das entodermale Epithel die Haupt- rolle spielt. Für die Kiemen ist die Bildung aus dem Ectoderm deshalb wahrscheinlicher, weil sich die ersten Zapfen, als Anlage der späteren Büschel, nicht genau an die beschriebenen Kanten halten, son- dern häufig gegeneinander vorrücken, so daß sie sich auf der Mitte der konvexen Oberfläche des Bogens, die vom Ectoderm überzogen ist, treffen. Man müßte, um ihre entodermale Bildung zu begründen, die Rückbildung des oberflächlichen eetodermalen Epithels nachweisen können, was hier nicht gelungen ist.« Ich kann dieser MAurERschen Auffassung in einem Punkte nieht zustimmen, denn nach meinen Beobachtungen entstehen die ersten Anlagen der inneren Kiemen, die 4. Reihe ausgenommen (Fig. 17), genau in der Mitte der lateralen Wand der Kiemenbogen. Diese Stelle ist anfangs als der ventrale Teil der Kiemenwülste gekenn- zeichnet. Die Anlagen, die in Form von einer Reihe kleiner Zapfen zuerst hervortreten, teilen sich aber sehr bald, und es entstehen zwei Reihen solcher Zapfen. Sie liegen aber ganz dicht nebenein- ander. Bombinator verhält sich, wie schon erwähnt, in dieser Be- ziehung etwas abweichend. Daß die Anlagen der sog. inneren Kiemen vom Eetoderm bekleidet sind, wird von allen Autoren (CLEMENS ausgenommen) zu- gegeben. Unsicher bleibt jedoch immer, wie MAURER hervorhebt, und was auch GEGENBAUR (S.239) betont, ob nicht auch das Ento- derm mitbeteiligt sein kann. GREIL sieht überhaupt keinen Unter- schied in der Bildung der sog. äußeren und inneren Kiemen und gibt folglich dem Entoderm auch hier die führende Rolle. Wir müssen also eine totale Verdrängung der Sinnesschicht des Ecto- Experiment. Untersuchungen über die Entwieklung der Kiemenregion usw. 463 derms durch das Entoderm wahrnehmen können. Wie verhält es sich aber in der Tat? Nehmen wir z.B. Rana fusca. Ich habe früher hervorgehoben, dass die äußeren Kiemen fast ohne jede Be- teiligung des Entoderms entstehen, daß aber dagegen in den ventralen Teil der Kiemenwülste, von welchem die sog. inneren Kiemen ent- stehen, entodermale Zellen eindringen. Der ventrale Teil jedes Kiemenwulstes ist aber anfangs in seiner Entwicklung weniger fort- geschritten, als der dorsale. Aus diesem entstehen die dorsalen äußeren Kiemen als eine direkte Ausbuchtung, wie Fig. 12, 13, 16 und 18 zeigen. Hier kann man also die Vorgänge, vor allem das Verhalten des Ento- und Eetoderms, durch die histologische Analyse einige Zeit verfolgen. Die Anlagen der mehr ventral ent- stehenden sog. inneren Kiemen sind aber anfangs wie kleine, mehr oder weniger solide Epithelzapfen, die sehr langsam sich entwickeln. _ Das Mesoderm ist anfangs am Aufbau dieser Kiemenanlagen nur mit wenigen Zellen beteiligt. Daß diese Zapfen vom Eetoderm be- kleidet sind, steht fest. Ebenso zweifle ich nieht daran, daß auch entodermale Zellen in diese eingedrungen sind. Mit GREIL aber festzustellen, daß das Entoderm hier die Sinnesschicht des Ecto- derms verdrängt, wie es mehr dorsal anscheinend bei BDombinator geschieht, halte ich nicht für möglich. Meiner Ansicht nach spricht alles dafür, daß es so nicht geschieht. Bei den anderen Anuren liegen die Verhältnisse etwa ähnlich wie bei Rana fusca. Beson- ders gut sieht man bei Ayla längere Zeit vereinzelte Entoderm- zellen in den Anlagen der inneren Kiemen. Bei bombinator ent- wickelt sich auf jedem Bogen die caudale Kiemenreihe nach dem Typus der inneren, bleibenden Kiemen. Die erst hervortreten- den Fäden der oralen Reihe, die anfangs allein dominieren, entstehen dagegen wie die äußeren Kiemen. Doch wird auch hier der Unter- schied nur ein gradueller, indem die mehr ventral entstehenden Fäden jeder Reihe sich in ihrer Ontogenese stark annähern. 8. Die 4. Kiemenreihe. Etwas eingehender haben wir uns hier noch mit der Entwicklung der 4. inneren Kiemenreihe zu beschäftigen, die ganz abweichend von denjenigen auf den drei ersten Kiemenbogen entsteht. Sie wird spät angelegt und ist z. B. in Fig. 17 noch nicht sichtbar. Untersucht man Horizontalschnitte (Fig. 21) von Stadien, bei welchen die Opercularfalte gerade angedeutet ist, so erkennt man schon genau die Stelle, wo die erste Anlage später sichtbar wird. 464 Gunnar Ekman Horizontalschnitt durch die linke Kiemen- gegend einer Bombinator-Larve mit bereits anfangender Circulation in den Kiemen. Bg Blutgefäß; Chb Choanenbucht; X I—IV 1. bis 4. Kiemenreihe; Sf I—II 1.—2. Schlundfalte. Vergr. x 56. Es ist dies die Gegend caudal von der DBerührungsstelle der 5. Schlundfalte mit dem Eetoderm, In diesem Gebiet entsteht eine kleine solide Epithelknospe. Durch das Wachstum der oral liegen- den 3. Kiemenreihe kommt sie bald in eine tiefe Einsenkung zu liegen, Fig. 22. Nachdem die 5. Kiemen- spalte durchgebrochen ist, liegt diese Knospe weit median an der caudalen Wand dieser Spalte, Aus dieser anfangs kleinen knospenförmigen Anlage geht später die 4, Kiemen- reihe, die aus einigen baumförmigen Fäden besteht, hervor. Durch die histologische Unter- suchung ist zu erkennen, daß am Aufbau dieser Kiemenanlage das Eetoderm hauptsächlich beteiligt Horizontalschnitt dureh die Anlage der rechten 4. Kiemenreihe bei einer Bombinator-Larve mit halb- bedeckten Kiemen. Ek Ecetoderm; End Endothel; KIV 4. Kiemenreihe; Ks IV—YV 4.5, Kiemen- spalte; SfIV—V 4.—5. Schlundfalte. Vergr. < 322. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 465 ist, aber auch Entodermzellen von der 5, Schlundfalte sind vorhanden, Fig. 22. Welche Rolle aber die beiden Elemente bei der späteren Entfaltung der Anlage spielen, ist nicht direkt zu sehen. Daß sich die Entwicklung der 4. Kiemenreihe ganz abweichend von den drei vordersten vollzieht, steht im Zusammenhang mit dem Fehlen einer 6. Schlundspalte. Das ganze Anlagematerial liegt nicht mehr wie sonst symmetrisch zwischen zwei Spalten, sondern befindet sich auf der caudalen Wand der 5. Spalte, wo es anfangs sehr wenig freien Raum zur Entfaltung hat. Merkwürdigerweise kommt die 4. Kiemenreihe bei den Amphibien nur bei den Anuren zum Vorschein, obgleich bei den Urodelen und Gymnophionen der betreffende Kiemenbogen ontogenetisch viel deutlicher angelegt wird. Daß diese Formen überhaupt keine inneren Kiemen besitzen, erklärt noch nicht diesen Mangel der 4. Kiemen- reihe. Dagegen besitzen die Dipnoerlarven nach Kerr (S. 196) vier Reihen äußerer Kiemen. Die hinterste Reihe gehört zum 4, Branchialbogen. 9. Bemerkungen über die Kiemengefäße, Im innigsten Zusammenhang mit den Epithelien der Kiemen- fäden entwickeln sich auch ihre Blutgefäße. Physiologisch betrachtet, bilden sie den wichtigsten Teil eines Kiemenfadens. Nach einigen Autoren (DOHRN, MOROFF) sind sie sogar bei der ÖOntogenese von srößter morphologischer Bedeutung. Ich habe in dieser Arbeit der Entwicklung der Blutgefäße keine eingehende Beschreibung gewid- met, da darüber schon vieles bekannt ist. In dem experimentellen Teil werde ich auf ihre Bedeutung für die Kiemenentwicklung etwas näher eingehen. Nur in einem Punkt möchte ich hier eine Er- klärung geben. Es ist von MAurErR (1888b, S. 180—188) nach- gewiesen, daß bei den Anuren, entsprechend den zwei Kiemenformen, auch zweierlei Kiemengefäße vorkommen, und zwar sollen die Ge- fäße der sog. äußeren Kiemen gleichzeitig mit diesen atrophieren und durch die Gefäße der sog. inneren Kiemen ersetzt werden. Dieses trifft für die drei ersten Kiemenbogen zu bei Formen, die wirkliche äußere, hinfällige Kiemen auf allen diesen Bogen haben, z. B. Rana fusca. Bei Rama esculenta dagegen wird wohl kaum auf dem 3. Kiemenbogen ein sog. äußeres Kiemengefäß angelegt. Bei Bombinator existieren überhaupt nur innere, bleibende Kiemen- gefäße. Von diesen haben die erstangelegten große Ähnlichkeit mit den äußeren, hinfälligen Kiemengefäßen der anderen Anuren, 466 Gunnar Ekman Sie unterliegen aber dann gleiehzeitig mit den Kiemenfäden großen Veränderungen. Wie für die Kiemen, so gilt auch für ihre Gefäße, daß der Unterschied zwischen sog. äußeren und inneren nur ein gradueller ist. 10. Bildung der Kiemenspalten. Von der normalen Entwicklung der Kiemen ist noch zu berichten, wie der Durchbruch der Kiemenspalten stattfindet. Nach den An- gaben der Autoren kommen bei den verschiedenen Amphibien ver- schieden viele offene Kiemenspalten zum Vorschein. Nur bei den Gymnophionen besteht das primitive Verhältnis, daß bei der Larve die 1. Spalte sich öffnet, denn nach Angaben von Marcus (S. 703) besitzt HZypogeophis ein wirkliches Spritzloch. Bei den Urodelen und Anuren unterliegt die erste Schlundfalte großen Veränderungen und es besteht während des Larvenlebens kein Spiraculum. Die 1. Falte löst sich sehr bald vom Zusammenhang mit dem Eetoderm ab und wird stark verdrängt, so daß nur dorsal ein etwas gebogener Strang als Tubaanlage übrig bleibt. Auf die Entwicklung dieser näher ein- zugehen brauche ich hier nicht, um so mehr, als eine vortreffliche Untersuchung von SPEMANN (1898) über die Tubaentwicklung bei Rana temporaria vorliegt. Die 1. Schlundspalte ausgenommen, öffnen sich bei den Anuren allgemein die vier folgenden. Über das Verhalten der 2. Schlund- spalte finden sich bei den Autoren einige Kontroversen. Wie schon GAurp (S. 11) hervorhebt, spricht F. E. ScHuLze (S. 14) bei Pelobates fuscus und NAUE (S. 163) bei Rana fusca und esculenta nur von drei offenen Kiemenspalten. Die 2. Spalte bleibt unerwähnt. Mit Boas (1882), MAurER (1888a) und GAaupp (1904) konstatiere ich bei den beiden Rana-Arten vier Schlundspalten. Dasselbe betrifft auch BDufo vulgaris und Hyla arborea. Immerhin ist die 2. Schlundspalte, wenigstens bei den von mir untersuchten jüngeren Stadien, sehr eng, so daß sie keine große Bedeutung als Weg für das Atemwasser haben kann. Dies zeigt u. a. auch der Umstand, daß die Wände dieser Spalte keine Siebvorrichtungen, wie die der übrigen, be- sitzen. Schon GoETTE gibt an (1875, S. 677), daß bei Bombinator die 2. Schlundspalte nicht zum Durchbruch kommt, indem die betreffende Schlundfalte sich vom Zusammenhang mit dem Eetoderm früh ablöst. Diesen Befund kann ich bestätigen. Anfangs ist die 2. Schlundfalte am kräftigsten entwickelt, aber schon zur Zeit, wo sich die 1. Kiemen- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 467 anlagen bilden, wird sie distal immer dünner. Bei Larven mit halb- bedeckten Kiemen ist der distale Teil nur als eine dünne Zellreihe erhalten und etwas später atrophiert sie vollständig. Die relativ tiefe 2. Schlundtasche endigt blind. Die anfangs deutliche 2. ecto- dermale Taschenleiste verschwindet. Von den Schlundspalten öffnet sich zuerst die 3. und dann folgen die 4 und 5. Für die 2. Spalte ist es, bei den Arten, wo sie vor- kommt, schwer, die Zeit des Durchbruches genau zu bestimmen, da das Lumen anfangs kaum sichtbar ist. Immerhin erfolgt dies später als bei der 3. Spalte. Anfangs sind die Schlundfalten ganz solid, und es besteht nur eine wenig tiefe Schlundtasche oder -furche, Fig. 9. Diese vertieft sich all- mählich bis zum Eetoderm. Dies geschieht dadurch, daß die zwei Zellreihen (Fig. 16), aus welchen die Falte besteht, von innen nach außen zu, auseinander- gehen. Wie schon erwähnt, bildet das Eetoderm an der Be- rührungsstelle mit der Schlund- falte eine dorsoventral gehende Leiste. Diese spaltet das di- stale Ende der Schlundfalte in einen oralen und einen caudalen Teil ab. Durch die Hervor- wölbung der parallelen Kiemen- wülste entstehen zwischen ihnen Vertiefungen wie kleine Täler, an deren Boden in der Längs- richtung ‘genau in der Mitte die Kiemenleisten liegen. Diese Täler sind die Sog. äußeren, Horizontalschnitt etwa durch die Mitte der rechten eetodermalen Kimeta nen anal BIETE oder Furchen. Je mehr die 3. Kiemenreihe; KsIII 3. Kiemenspalte; Op Oper- Kiemenwülste sich nach außen "te; re he ziehen, um so tiefer und schmä- ler werden diese äußeren Kiementaschen. Dabei findet aber kein aktives Eindringen des Eetoderms in die Tiefe statt. In dem Stadium, in welchem die ersten Kiemenfäden deutlich her- vortreten, beginnt der Durchbruch der 3. Spalte. Sobald die zwei Zell- Morpholog. Jahrbuch. 47. 31 Fie. 23. 468 Gunnar Ekman reihen der Schlundfalte auseinander gerückt sind und die innere Furche sich bis zum Eetoderm erstreckt hat, besteht nur eine dünne ectodermale Verschlußmembran, welche von der ursprünglichen Taschenleiste gebildet ist. Diese bricht dann bald durch, indem in der Mitte derselben die Zellen auseinandergehen. Die offene Spalte ist anfangs klein und entsteht etwa in der Mitte der Falte, breitet sich aber dann weiter dorsal und ventral aus. Über das Verhalten des Ecto- und Entoderms zueinander in dem Stadium des Durchbruchs der Kiemenspalten gibt uns Fig. 23 Aus- kunft. In diesem Stadium kann man noch die beiden Schichten auseinanderhalten. Die Grenzen des Eetoderms in den offenen Schlundfalten sind durch den Pigmentgehalt deutlich zu erkennen. In unserem abgebildeten Schnitt ist die 1. Kiemenreihe nicht zu sehen. Sie liegt erst mehr ventral. Die 3. Spalte ist offen und weit nach innen mit Eetoderm bekleidet. Dasselbe betrifft auch die 4. Spalte, wenn auch davon in unserem Bilde wenig zu sehen ist. Die 5. Spalte ist noch geschlossen. 11. Bemerkungen über die spätere Differenzierung der Kiemenregion. Nachdem die Kiemenspalten geöffnet sind, wird es bald unmög- lich, die Grenzen zwischen dem Eetoderm und Entoderm zu be- stimmen, denn beide gehen unmerkbar ineinander über. Wir haben es hier mit einer gleichartigen Verschmelzung des Eeto- und Ento- derms zu tun, wie es sonst nur bei der Bildung des Mundes, des Afters und der Nasenöffnungen vorkommt. Die ganze Kiemengegend wird nach der Öffnung der Kiemen- spalten sehr stark verändert und außerordentlich kompliziert. Ganz besonders trägt dazu die Entwicklung der Siebvorrichtungen bei, die sowohl auf der oralen, wie caudalen Wand der 3.—5. Kiemen- spalten entstehen. Sie sind ausschließlich entodermale Bildungen. — Da die spätere Entwicklung der Kiemenregion für unsere Frage nicht direkt in Betracht kommt, will ich darauf nicht näher eingehen, sondern verweise diesbezüglich auf die ausführliche Arbeit von F. E. SCHULZE. Über die Entstehung der Opereularfalte sei hier noch folgendes bemerkt. Durch die sehr früh auftretende Opercularfalte, die von vorn nach hinten fortschreitend die Kiemen allmählich bedeckt, wird beiderseits ein Peribranchialraum gebildet. Dieser kommuniziert nach innen mit der Mundhöhle, bei Bombinator durch drei, bei den übrigen Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 469 untersuchten Arten durch vier Kiemenspalten. Nach außen führt beiderseits ein Atemgang. Diese vereinigen sich und endigen durch eine gemeinsame Öffnung, Spiraculum. Diese Öffnung liegt bei Bombinator median, bei Rana, Bufo und Hyla asymmetrisch auf der linken Seite. Über die Entwicklung des Peribranchialraumes bei Bombinator habe ich schon früher (Exuan, 1912, S. 586) kurz be- richtet und nachgewiesen, daß er nicht nur durch eine am Hyoid- bogen ansetzende Hautfalte, wie früher angenommen wurde, son- dern auch durch Differenzierung der Haut der ganzen betreffenden Region gebildet wird. V. Experimenteller Teil. 1. Vorbemerkungen. Durch die experimentellen Eingriffe wird beabsichtigt, die beiden Keimblätter, das Ectoderm und das Entoderm, welche zu- sammen bei der normalen Entwicklung das Epithel der Kiemen zu bilden scheinen, entweder vollständig getrennt voneinander zu züchten, oder wenigstens eine Verlagerung derselben zustande zu bringen, wodurch typisch nicht zusammengehörende Teile in Berührung kommen. Der einfache Bau des Versuchstieres im Ausgangsstadium ermöglicht die Trennung der Keimblätter, und das ans Wunderbare srenzende Wundheilungsvermögen der embryonalen Gewebe gestattet nach der Operation eine ungestörte Entwicklung. Durch die voll- ständig getrennte Züchtung der Keimblätter ist zu erfahren, ob in jedem von denselben spezifiziertes Anlagematerial für die Kiemen- bildung vorhanden ist, und inwiefern dieses zur Selbstdifferenzierung fähig ist. Die Verlagerungsversuche sind besonders geeignet, Aus- kunft über correlative Entwicklungsvorgänge zu geben. Da durch meine Experimente hauptsächlich die Differenzierungen des Eetoderms verfolgt werden, sei hier einer Äußerung von SPE- MANN (1907, S. 33) gedacht, in welcher Untersuchungen wie die meinigen, vorausgesehen werden. Sie lautet: »Noch überraschender nun als die gegenseitige Unabhängigkeit zwischen Nerv und Muskel, Nerv und Sinnesorgan, Muskel und Skelet während ihrer ersten Entwicklung wäre es, wenn auch die Haut nicht immer einfach der mitwachsende Überzug wäre, wenn vielmehr auch ihr in manchen Fällen genau abgewogene Wachstums- tendenzen innewohnten, vermöge deren sie unter Umständen auch 31* 470 Gunnar Ekman ohne ihren Inhalt eine normale Ausgestaltung erreichen könnte. Es wird nicht schwer sein, mittels der entwickelten Technik der embryo- nalen Transplantation -diese Frage in zahlreichen Fällen zu lösen.« Die Besprechung meiner experimentellen Untersuchungen erfolgt in mehreren Abteilungen. Ich schicke zuerst einige Kapitel voraus, die zwar nicht die Hauptergebnisse bringen, aber doch bestimmte Voraussetzungen schaffen, deren Kenntnis für das wichtigste Kapitel, Drehung des Kiemenectoderms, nötig erscheint. Das erste, hier zu behandelnde Kapitel, steht eigentlich nur indirekt in Beziehung zu unserem Hauptproblem und stellt auch deshalb nur eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse dar. 2. Über die erste Entwieklung der Kopfnerven und des Labyrinths. Die Entstehung der Kopfnerven und des Hörbläschens verdient hier zuerst einige Aufmerksamkeit, obgleich diese Organe in keinem direkten Zusammenhang mit der Kiemenentwicklung stehen. Sie sind aber insofern von Interesse, als ihre Anlagen in der Nähe der Kiemen, vom Eetoderm sich bilden. Dadurch werden sie bei Trans- plantationen des Kiemenectoderms oft mitgenommen und entwickeln sich weiter in ihren normalen Lagebeziehungen zu den Kiemen. Man kann folglich die Nerven und das Hörbläschen einigermaßen als Kriterien für die Abgrenzung des verlagerten Eetoderms und für die Lage aller seiner Derivate benützen. Auch als ein experi- menteller Beitrag zum Problem der ersten Entstehung der Kopfnerven und des Hörbläschens mögen folgende kurze Mitteilungen, so frag- mentarisch sie auch sind, nicht ohne Interesse sein. a) Entwicklung der Kopfnerven. Die außerordentlich umfassende Literatur über die Nerven- entstehung einzeln zu berücksichtigen, kann nicht in den Rahmen dieser kurzen Erwähnungen fallen. Ich verweise diesbezüglich auf die zusammenfassende Arbeit von NEUMAYER (1906) in ©. HERTwIGs Handbuch der Entwieklungsgeschichte. Dieser Autor faßt die da- maligen Kenntnisse von der Entstehung der Kopfnerven in folgenden Worten kurz zusammen (S. 570): »So viel läßt sich aber aus der Ge- samtheit der Arbeiten über die Entwicklung der Kopfnerven bei allen Vertebraten mit Sicherheit entnehmen, daß dem Eetoderm in dem Gebiete des Kopfes durch Bildung von Placoden, die mit den Kopfnerven in Verbindung treten, eine bedeutend größere Rolle an Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 471 dem Aufbau der Ganglien wie Nerven zufällt als in der Region des Rückenmarks, wenn auch eine ausschließliche Bildung gewisser Kopfnerven (BEARD) aus placodenartigen Bildungen nicht als sicher- gestellt betrachtet werden kann.« Was speziell die Anuren anbe- trifft, so geht aus CorRNINGs Untersuchungen (1899, Fig. 13—15) hervor, daß die Nervenplacoden von Anfang an in Verbindung mit der Medullarplatte stehen. Sie bilden eine direkte Fortsetzung Fig. 24. Fig. 25. Querschnitt durch die Trigeminusanlage einer Horizontalschnitt durch den Kopf einer Bombi- Rana esculenta-Larve mit offenem Medullarrohr nator-Larve in der Höhe der Hörbläschenanlage (nach Corsısses Fig. 13). Zn Entoderm; Grm kurz nach der Schließung des Medullarrohres. Grenze der Medullarplatte;, Me Mesoderm; V Tri- En Entoderm; @h Gehirn; Hb Hörbläschenanlage; geminusanlage. Vergr. >62. Me Mesoderm; YV Trigeminusplacode; VII-+ VIII Facialis-Acusticusplacode; IX Glossopharyngeus- placode; X Vagusplacode. Vergr.>x<63. derselben. Ich gebe hier Corxmss Fig. 13 etwas vereinfacht wieder, Fig. 24. Aus dieser geht hervor, daß. die Nervenplacode V (dasselbe be- trifft auch die Nerven VII—X) unmittelbar mit der offenen Medullar- platte zusammenhängt und aus der Sinnesschicht der Haut entsteht. Ich habe über die erste normale Entwicklung der Nerven wenig Beobachtungen gemacht, da meine, für andere Zwecke angefertigten Präparate hauptsächlich Larven umfassen, die dazu zu alt sind. Einige horizontalgeschnittene Serien von Bombinator aus dem Stadium, in welchem das Medullarrohr sich schließt, zeigen deutlich die Nervenplacoden teilweise noch in Verbindung mit dem Eetoderm. 472 Gunnar Ekman In Fig. 25 gebe ich einen Horizontalschnitt durch ein solches Stadium in der Höhe der Hörbläschenanlage wieder. (Vergleiche damit CornınGs Fig. 7.) Oral liegt die Trigeminusplacode, caudal von dieser die Faeialis-Acustieus-, die Glossopharyngeus- und die Vagusplacode Die VII —-VIII-Placode bleibt dauernd mit der Hörbläschenanlage in Verbindung. Verfolgt man an der horizontal geschnittenen Serie die Placoden in dorsaler Richtung, so wird es schwer, ihr dorsales Ende genau festzustellen. Bei der Trigeminus- placode sehe ich deutlich eine direkte Verbindung mit dem Gehirn, Fig. 26. RosV ( Zah ie K /K | | | / Be Etwas schematisierte Rekonstruktion des Gehirns, der Kopfnerven und des Munddarmes einer Bombinator-Larve mit bereits sichtbaren Kiemen. Au Auge; Ch Chorda; Hb Hörbläschen; S/I—V 1.—5. Schlundfalte; Ros. V Ramus ophthalmieus sup. V; V Trigeminus; VZZ + VIII Facialis-Acustieu:; IX Glossopharyngeus; X Vagus. bei den übrigen ist sie undeutlicher, aber auch sehr wahr- scheinlich. Noch schwieriger ist die genaue Feststellung des ventralen Endes jeder Plaeode. Querschnitte von passenden Stadien, die hier am besten geeignet wären sichere Auskunft zu geben, besitze ich vor- läufig nicht in genügender Menge. In meinen Horizontalschnitten entsteht der Anschein, als ob jede ectodermale Placode ventral direkt in das Mesoderm, aus welchem der betreffende Kiemenbogen entsteht, überginge. Die Frage, wie es sich damit in der Tat verhält, will ich jedoch damit nicht beantworten. Manche Autoren — ich nenne NEUMAYER (1906), GrEIL (1912) — sprechenim Anschluß an A. DoHRNs Selachierarbeiten von einer Art Meso-Eetoderm, damit die Schwierig- keit hervorhebend, die beiden Schichten auseinanderhalten zu können. CORNING dagegen unterscheidet in seinen Abbildungen immer Eeto- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 473 und Mesoderm voneinander und grenzt die Nervenanlagen ventral deutlich ab. Dasselbe ergibt sich aus meinen Experimenten. Die weitere Differenzierung der Nervenanlagen läßt sich einige Zeit verhältnismäßig leicht verfolgen. In Fig. 26 gebe ich eine etwas schematisierte Rekonstruktion der Nerven einer Bombinator-Larve im Stadium, in welchem die ersten Kiemen bereits angelegt sind. Diese Form der Nerven scheint sich wenigstens anfangs (3 —10 Tage) nur ganz langsam zu verändern. Sie hängen mit dem Gehirn deutlich zusammen nnd sind verhältnismäßig dick und kurz. Ihr ventrales Ende wird plötzlich sehr dünn und die weitere Verfolgung desselben in den Schnitten wird sehr schwer. Der Nervus facialis und N. acusticus sind ganz im Zusammenhang miteinander und liegen dicht an der oralen Wand des Hörbläschens. Auch Nervus glossopharyngeus und Vagus sind proximal vereinigt. Über die erste Entwicklung der genannten Kopfnerven habe ich durch meine Experimente folgendes feststellen können. In vielen von den Fällen, in welchen das Kiemeneetoderm verlagert wurde, erfolgten auch Verlagerungen der Nerven. So habe ich bei den Drehungsversuchen (s. Kap. 6) sehr oft eine Teilung der Kopfnerven erzeugt. Entweder sind alle Nerven (V—X) oder nur vereinzelte von ihnen geteilt. Öfters betrifft dies Nervus VII + VIII, die dann mit dem Hörbläschen zusammenhängen. Nach einer Teilung der Anlage liegt dorsal in der normalen Lage nur der proximale Teil der betreffenden Nerven im Zusammen- hang mit dem Gehirn, ventral findet sich, und zwar um 180° ge- dreht, der distale Teil. Beide zusammen entsprechen etwa der Größe des normalen Nerven. Es ist, als hätte man den fertigen normalen Nerv scharf abgeschnitten und die fertigen Teile verlagert. In Wirklichkeit wurde jedoch der Eingriff vorgenommen, ehe irgendetwas von distinkten Nerven sichtbar war. In den verschie- denen Fällen kann das proximale Stück lang und das distale kurz oder umgekehrt das proximale kurz und das distale lang sein. Es variiert dies ganz beliebig, je nach der Durchschneidungsstelle der ectodermalen Anlage. Bei Versuchstieren, welche kurz nach der Drehung des Eeto- derms fixiert wurden, liegen die gedrehten Nerven noch ganz dicht an diesem oder stehen sogar als Placode mit demselben in Verbin- dung. Später rücken sie in die Tiefe und werden weit verdrängt von ihrer Entstehungsstelle. Verlagerungen der Nerven oder von Teilen derselben bekomme 474 Gunnar Ekman ich schon nach Operationen, die im I. Stadium ausgeführt sind. Auch später, im II. und III. Stadium vorgenommene Verlagerungen des Eetoderms geben etwa dasselbe Resultat. Mit dem, was bis jetzt über die Entstehung der Nerven aus Ecetodermplacoden bekannt ist, lassen sich auch meine Ergebnisse in Einklang bringen. Die Drehung der Nerven erfolgt einfach dadurch, daß mit dem Eetoderm die Anlagen derselben, die Placoden, gedreht werden. Wenn die Operation im I. Stadium ausgeführt wird, so werden mit dem Ectoderm die Nervenplaeoden verlagert, ehe man sie noch mikroskopisch erkennen kann. Da aus dieser Placode oder aus Teilen derselben ein Nerv oder dessen Teile entstehen nach Aus- schaltung und also ohne Mitwirkung des Gehirns, so können wir daraus so viel schließen, daß in den zur Zeit der Operation vorge- bildeten Placoden die Anlage des Nerven (was seine erste Diffe- renzierung betrifft) virtuell enthalten und zur Selbstdifferenzierung fähig ist. Bindend gilt dies bei meinen Experimenten nur für den distalen Teil der Placoden, der abgetrennt vom Gehirn sich weiter entwickelt, also von dort keinen Nachschub von Zellen erhalten kann. Der proximale, mit dem Gehirn typisch zusammenhängende Teil dagegen könnte wohl von diesem beeinflußt werden oder sogar durch Wanderung von Zellen später Baumaterial erhalten. Für die Selbstdifferenzierungsfähigkeit jeder Zelle der Nervenplacode im Operationsstadium spricht der Umstand, daß die Teilstücke derselben, welche vom Gehirn abgetrennt, sich von selbst weiter entwickeln können, ganz beliebig groß sind. In den gedrehten Nerven, welche nur aus dem Eetoderm des Ausgangsstadiums stammen, ist auch das typische ventrale Ende an- scheinend regelmäßig, woraus zu schließen ist, daß auch dessen Entwicklung vom Eetoderm allein bestimmt wird. Vom Gehirn aus erfolgt, wenigstensin den von mir beobachteten ersten Entwicklungsstadien (bis etwa 14 Tage), keine Regeneration eines als Anlage (Stadium I) weggenommenen Nerven. Erfolgt die Operation erst im II. oder III. Ausgangsstadium, so sind die Nervenanlagen schon mikroskopisch zu erkennen, wenn auch die histologische Differenzierung sehr gering ist. Jedenfalls geht auch aus diesen Operationen hervor, daB jeder Teil der Nerven- placode sich anfangs unabhängig vom Gehirn in typischer Weise differenziert. Meine Beobachtungen über die erste Entwicklung des ectoder- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 475 malen Anlagematerials der Nerven V—X durch Selbstdifferenzierung stehen in Einklang mit den Ergebnissen von Harrısons (1908, S. 843) Explantationsversuchen. Nach diesen sind die Zellen der Nerven- placoden spezifiziert, schon bevor eine sichtbare Differenzierung der- selben stattgefunden hat; sie können durch Selbstdifferenzierung Nervenfasern erzeugen. Auch für die Zellen der Anlage des Zen- tralnervensystems ist von Harrıson (1908) und Braus (1911) die- selbe Fähigkeit nachgewiesen. Die Drehungen der Nerven stehen auch in Übereinstimmung mit den Befunden SpEemanns (1912b, S. 42) über die Entwicklung gedrehter Hirnteile.. Nach ihnen ist auch hier das Anlagematerial schon sehr früh spezifiziert. Wird in Stadien, in welchen das Me- dullarrohr offen ist, ein Teil der Hirnanlage gedreht, so entwickelt sich dieser durch Selbstdifferenzierung normal weiter, unabhängig von seiner Umgebung. Man könnte aus der oben erwähnten Tatsache, daß die Nerven aus ihrem Anlagematerial anfangs in loco entstehen, zu der Ansicht gelangen, daß ein Auswachsen dieser überhaupt nicht stattfindet. Es handelt sich aber bei diesen Versuchen nur um die erste Anlage des fertigen Nerven. Die Verbindung mit den Endorganen fehlt noch vollständig. Wie diese zustande kommt, darüber sagen die obigen Experimente noch nichts. Daß in späteren Stadien ein er- hebliches Auswachsen und eine Transformation von Nerven statt- findet, ist experimentell von Harrısox (1904, S.141) für den Nervus lateralis Vagi und von Braus (1905, S. 474, 1906b, S. 525) für ver- schiedene in transplantierte Extremitäten einwachsende Nerven nach- gewiesen. b) Entwicklung des Labyrinths. Über die erste Entwicklung des Hörbläschens seien hier kurz einige experimentell erzeugte Befunde erwähnt. Die rein deskrip- tive Literatur ist bekanntlich sehr umfassend. Auch experimentell ist die Ontogenie des Labyrinthes untersucht von STREETER, OÖ. LEVY und SpEmAann (1910). Näheres über Literatur und Kontroversen findet sich bei SPEmAnn. Ich möchte hier nur Stellung zu der Frage nehmen: Ist das Anlagematerial, das offene Hörgrübchen, ein har- monisch -äquipotentielles System (nach Drıesch 1909, S. 84) oder nicht? Das Anlagematerial des Hörbläschens liegt bekanntlich bei den Anuren in der Sinnesschicht des Eetoderms. Eine bestimmte Stelle 476 Gunnar Ekman derselben verdickt sich, trennt sich von der Deckschieht ab und verwandelt sich allmählich in ein geschlossenes Hörbläschen, welches sich von der Haut lostrennt. Im I. Stadium meiner Versuchstiere sieht man kaum Andeutungen dieser Differenzierung, im III. Stadium wird das Bläschen eben ge- schlossen und vom Ectoderm abgetrennt. Bei der Ablösung des Kiemenectoderms wurde (oft ohne näher darauf zu achten) in sehr vielen Fällen die ganze Anlage des Hör- bläschens oder Teile desselben mitgenommen und an einen fremden Ort verpflanzt. Gewöhnlich wurde das abgetrennte Ectoderm in der Gegend der Hörbläschenanlage durchschnitten (s. Fig. 35). Alle Verpflanzungen und Teilungen des Anlagematerials, vom I. Stadium an, gaben etwa dasselbe Resultat. Ohne näher auf spezielle Fälle einzugehen, will ich hier nur kurz eine Zusammenfassung meiner Beobachtungen geben. Ein total entferntes Hörbläschen wird nicht durch Regeneration ersetzt, auch nicht in den Fällen, in welchen auf der betreffenden Seite kein verpflanztes sich befindet. Wenn das Anlagematerial in zwei Teile geteilt ist und diese an verschiedene Stellen verpflanzt sind, so entstehen zwei Hörbläschen. Die Größe dieser zusammengenommen entspricht der Größe des normalen Hör- bläschens. Im Vergleich miteinander können sie dagegen ganz be- liebig wechseln, je nach der Verschiedenheit der Teile, in welche das Anlagematerial getrennt ist. Auch drei isolierte Hörbläschen, aus derselben Anlage entwickelt, habe ich in einigen Fällen beob- achtet. Sie waren dann alle entsprechend kleiner. Die weitere Differenzierung solcher geteilten Hörbläschen vollzieht sich insofern atypisch, als sie später große Defekte aufweisen. Was aber in einem Bläschen fehlt, istin dem anderen vorhanden. Das betrifft so- wohl die Canales semieirculares, das Sinnesepithel, als auch in be- sonders auffallendem Maß den Ductus endolymphaticus. In sehr vielen Fällen ist die Hörbläschenanlage so getrennt worden, daß an der normalen Stelle nur der Ductus endolymphatieus übrig geblieben ist, während der übrige Teil anderswohin verpflanzt worden ist. Daß gerade eine solche Trennung oft eintrifft, erklärt sich daraus, daß die Schnitte horizontal durch das Eetoderm geführt sind. Die- jJenigen Zellen, welche den Ductus endolymphatieus bilden, liegen in der Anlage am meisten dorsal. Das Eetoderm dorsal von der Sehnittlinie bleibt unberührt, dasjenige ventral davon wird abgelöst. Alle meine Beobachtungen bestätigen, für das von mir benutzte Material, vollständig die von SPEmANN (1910, 8.456) aufgestellte Be- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 477 hauptung, daß im Hörgrübchen die Anlagen für die Hauptteile des häutigen Labyrinthes, die aus ihm hervorgehen, virtuell enthalten und der Selbstdifferenzierung fähig sind. Das Anlagematerial ist kein harmonisch-äquipotentielles System (nach DRriEsch). SPEMANN hat seine Versuche mit Rana esculenta gemacht. Meine Untersuchungen dagegen umfassen außer Rana esculenta mehrere Fälle von Bombinator, wie auch vereinzelte von Hyla, Rana fusca und Bbufo vulgaris. 3. Ersatz von Kiemenectoderm durch Rumpfeetoderm. Um zu prüfen, welche Veränderungen in dem typischen Ent- wicklungsgang eintreten, wenn das ursprüngliche Kiemenectoderm durch beliebiges ersetzt wird, habe ich folgenden Versuch gemacht. Das gesamte Kiemeneetoderm wurde bei einem Tier vorsichtig als ein viereckiges Stück aufgehoben. Von einem anderen Tier (Sper- der), möglichst ähnlichen Entwicklungsgrades, wurde ein entspre- chend großes Stück Eetoderm von der caudalen Rumpfgegend los- geschnitten, von etwa daran anhaftenden Mesodermzellen sorgfältig gereinigt und als Ersatz für das weggenommene Kiemeneetoderm des ersten Tieres (Empfänger) eingeheilt. Bei Bombinator habe ich insgesamt 36 homoplastische Trans- plantationen mit Rumpfecetoderm vorgenommen, davon 17 im L., 13 im II. und 7 im III. Stadium. Bei Rana fusca ist die Zahl der Versuche 21, davon 9 im I., 10 ım II. und 2 im III. Stadium. Auch bei Rana esculenta und Hyla habe ich vereinzelte Versuche ge- macht. Alle diese Experimente ergaben dasselbe Resultat. Es entstanden nie Kiemen. Ich habe bei Bombinator in ein paar Fällen das transplantierte Eetodermstück sogar von Keimen, bei denen die Medullarplatte kaum angedeutet war, genommen, als Ersatz für das Kiemenectoderm bei älteren Larven (im I. Stadium) gebraucht und doch das negative Resultat erhalten. Das gleiche geschah in einem anderen Fall, in welchem das Kiemeneetoderm im III. Stadium durch Baucheetoderm aus dem I. Stadium ersetzt wurde. Das transplantierte Stück heilt sehr schnell ein; äußerlich sieht das Versuchstier anfangs wenig verändert aus. Aber je weiter die Entwicklung fortschreitet, um so deutlicher wird der Unterschied zwischen der operierten und der nichtoperierten Seite des Kopfes. 478 Gunnar Ekman Fig. 27 zeigt ein Versuchstier 2 Tage nach der Operation, welches rechts durch das Opereulum halbbedeckte Kiemen hat, während links weder von Kiemen noch vom Operceulum etwas vorhanden ist; die Haut der ganzen Kiemengegend ist vielmehr fast glatt. Bei Versuchstieren, welche einige Stunden nach der Operation an Schnittserien untersucht wurden, ist der Unterschied zwischen der operierten und der nichtoperierten Seite kein allzu großer. Die Schlundfaltenanlagen sind fast normal und für ihre spätere Entwick- lung scheinen keine hemmenden Fig. 27. Ursachen vorzuliegen. Auch einige 2 Tage nach der Operation unter- suchte Exemplare haben auf der operierten Seite noch annähernd regel- mäßige Schlundfalten, obgleich keine direkte Berührung mit dem Eetoderm stattfindet, wie auf der normalen Seite. Bei allen älteren Versuchs- tieren sind aber die Schlundfalten Nr. 17(11). Bombinator-Larve 2 Tage nacı zZurückgebildet; keine von ihnen be- aa ek rührt das Eetoderm. Folglich ent- reits halbbedeckte Kiemen. Vergr.> 14. stehen auch keine Schlundspalten. Auch die Arterienbogen sind oft zu- rückgebildet. Das ganze Kiemengebiet wird später überhaupt sehr stark deformiert. Die totale Unterdrückung der Bildung der Kiemenspalten und der Kiemenfäden bei den erwähnten Versuchen muß in erster Linie auf das indifferente Verhalten des transplantierten Eetoderms zurück- geführt werden. Man könnte auch als Ursache annehmen, daß bei der Operation die Schlundfalten beschädigt werden oder daß irgend- welche andere durch den operativen Eingriff geschaffenen Umstände die normale Entwicklung verhindern. Dies kann gewiß in verein- zelten Fällen zutreffen. Aus meinem verhältnismäßig umfassenden Material glaube ich aber den Schluß ziehen zu können, daß dies unmöglich immer der Fall war. Denn technisch ganz ähnlich aus- geführte Ersetzungen des Kiemenectoderms zeigen, daß das opera- tive Eingreifen nicht allein für sich eine Kiemenbildung verhindert. Die Kiemenentwicklung vollzieht sich ganz typisch, wenn das normale Kiemenectoderm vollständig lospräpariert und dann wieder in der ursprünglichen Lage eingeheilt oder wenn dasselbe durch ein entsprechendes Stück Kiemenectoderm eines anderen Tieres ersetztwird. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 479 Aus den obigen Versuchen geht also hervor, daß das caudale Rumpfectoderm aus dem I. Stadium und allen älteren außerstande ist, Kiemen zu bilden oder überhaupt an der typischen Entwicklung der Kiemenregion direkt teilzunehmen, wenn es in die dafür typische Lage gebracht wird. Über die Rolle des Entoderms bei der Kiemenbildung sagen diese Versuche nichts Positives aus. So viel geht nur aus ihnen hervor, daß die Schlundfalten in diesen speziellen Versuchen (Rumpf- ectoderm) nicht imstande sind, das fremde Eetoderm zu beeinflussen. Wenn das Entoderm bei der Kiemenbildung wirklich eine solche Rolle spielt, wie GrEıL (1905b, 1906a) annimmt, so wäre doch hier zu erwarten, daß es auch in Verbindung mit dem fremden Ecto- derm Kiemen bilden könnte. Aus meinen negativen Befunden dürfen wir aber nicht jede formative Reizwirkung der Schlundfalten auf das Ectoderm bei der Kiemenbildung in Abrede stellen. Dasselbe, was hier über die Unfähigkeit des Entoderms, das fremde Eetoderm zur Kiemenbildung anregen zu können, gesagt ist, betrifft auch das Mesoderm oder am nächsten die Kiemengefäße. Ist man nämlich mit DoHrn (1884) und MoroFF (1904) geneigt, in . den Gefäßen den Hauptgestaltungfaktor bei der Kiemenbildung zu erblicken, so wäre doch zu erwarten, daß sich in meinen Fällen Kiemen bilden sollten. Die Anlagen der Blutgefäße sind anfangs ganz typisch. Sie können aber hier gegen das indifferente Verhalten des transplantierten Eetoderms nichts ausrichten; ihre typische Ent- wicklung unterbleibt. (Zusatz während derKorrektur. Die hier erwähnten ne- gativen Befunde wurden durch später gemachte positive Be- funde, bei welchen aus fremdem Eetoderm Kiemen entstanden, er- gänzt. Siehe hierüber den Nachtrag am Schluß dieser Arbeit.) 4. Über die Entwicklung der Kiemenregion nach Ent- fernung der Schlundfaltenanlagen. Um die Selbstdifferenzierungsfähigkeit des Eetoderms zu stu- dieren, habe ich Versuche gemacht, bei welchen beabsichtigt war, dieses unverletzt in seiner ursprünglichen Lage zu lassen, das Ento- derm dagegen zu entfernen. Um das zu erreichen, habe ich zwei Methoden angewendet. I. Methode. Es wurde bei einer jungen Larve (Fig. 28) auf der rechten Seite die Mundhöhlenwand durch drei Schnitte zertrennt 480 Gunnar Ekman und der so begrenzte Lappen zurückgeklappt. Durch die entstan- dene Öffnung wurde das Entoderm von der linken Seite der Kiemen- region mit der Glasnadel herauspräpariert. Dabei versuchte ich, die Anlagen sämtlicher Schlundfalten möglichst genau zu entfernen. Es gelang nur, das Entoderm in kleinen Portionen wegzukratzen; da- bei wurde auch das zwischen Ecto- und Entoderm liegende Meso- derm beschädigt und größtenteils auch entfernt. Das entfernte Entoderm wurde dann durch ein entsprechend großes Stück Eetoderm ersetzt. Dies geschah, um zu verhindern, daß durch Regeneration oder Verschiebungen später das Entoderm das kiemenbildende Eetoderm hätte berühren können. Das Ecto- dermstück wurde, mit der Außen- fläche nach der Mundhöhle zu, ein- gelegt und einige Minuten durch ge- eignete Glasinstrumente in seiner rich- tigen Lage angepreßt, damit es wirk- lich festklebte. (Dieser sehr schwie- rige Versuch gelang in vielen Fällen wirklich gut.) Fig. 28. Bombinator-Larve im Il. Stadium. Die s u: Mundhöhle durch drei Schnitte geöffnet. Dann wurde die auf der rechten Hd Haftdrüse; Kl Klappe, die aufgehoben Körperseite angebrachte Klappe ge- wird, um Zugang zur Mundhöhle zu ge- E . a VER schlossen und durch Druck mit Glas- streifen wieder eingeheilt. II. Methode. In anderen Fällen wurde die Operation ähnlich begonnen, wie oben beschrieben (Fig. 28), nur wurde links in der Kiemengegend operiert, und zwar bloß ein großes Eetodermstück durch drei Schnitte getrennt, dann von der Unterfläche lospräpariert und nach unten zurückgeklappt. Das unterliegende Meso- und Ento- derm wurde dann auf allen vier Seiten durchschnitten und völlig entfernt. Auf die innere Seite des zurückgeklappten Eetodermstückes wurde ein etwas kleineres Stück Baucheetoderm einer anderen Larve- festgeklebt und schließlich die ganze Klappe wieder zugeheilt. Es ist klar, daß so gewaltige Eingriffe, wie die oben beschrie- benen, nicht immer ohne Schaden für das Versuchstier verlaufen. Von 48 auf diese Weise operierten Bombinator-Larven starben binnen einem Tage 30. Von den 18 überlebenden konnte ich einige mehr als 10 Tage am Leben halten. Doch wurden die meisten schon 2—4 Tage nach der Operation fixiert, weil sie sonst allem Anschein nach bald zugrunde gegangen wären. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 481 Von den 18 in Betracht kommenden Operationen wurden 3 aus- geführt im Stadium I, 8 im Stadium II und 7 im Stadium II. Nicht alle sind einwandfrei gelungen, indem das Entoderm in einigen Fällen unvollständig entfernt wurde. Folgende Fälle seien hier kurz erwähnt: Versuchstier Nr. 143 (1911). Operation im Stadium I, Methode I, fixiert nach 3 Tagen. Es bildeten sich beiderseits Kiemen. Auf der linken Seite waren sie kleiner. Bei der Fixierung waren zwei getrennte Atemöffnungen vorhanden. Die histologische Untersuchung zeigt, daß links alle Schlundfalten voll- Fig. 29. Nr. 143(11). Horizontalschnitt durch die Kiemengegend einer Bombinator-Larve 3 Tage nach der Entfernung der entodermalen Mundhöhlenwand im I. Stadium. By Blutgefäß; KI—III 1.—3. Kiemen- . reihe; Op Operculum. Vergr. > 218. ständig unterdrückt sind. Das Eetoderm der Kiemengegend ist überall durch lockeres Mesoderm von der sehr unregelmäßigen Mundhöhlenwand getrennt. Die Kiemen sind (Fig. 29) zurückgebildet und haben keine Circulation, weil die betreffenden Blutgefäße unterdrückt sind. = Anfangs waren die Kiemen, die in drei Reihen stehen, etwas größer. Durch die Opereularfalte ist ein unregelmäßiger Peribranchialraum gebildet worden. Sowohl die Opercularfalte, wie die sich zurückbildenden Kiemen- anlagen, haben keine Beziehungen zum Entoderm. Versuchstier Nr. 142 (11). Operiert im Stadium I, Methode I, fixiert nach 10 Tagen. Nach 2 Tagen entstand eine deutliche Kiemenreihe, die aber bald zurück- gebildet wurde. Bei der Fixierung war ein etwas unregelmäßiges, medianes Spiraculum vorhanden. Die Schlundfalten sind zurückgebildet. Nur der hin- terste Teil des Peribranchialraumes, welcher Beziehungen zur Extremitäten- anlage hat, ist links vorhanden. Die Kiemenanlagen sind rein ectodermal. 482 Gunnar Ekman Versuchstier Nr. 80 (1911). Operiert im Stadium II, Methode], fixiert nach 5 Tagen. Nach 2 Tagen kamen links ganz kleine kiemenartige Bildungen zum Vor- schein, am 3. Tage waren sie am deutlichsten, am 4. schon stark zurückgebildet. Gleichzeitig entstand ein etwas unregelmäßiger Peribranchialraum, welcher noch am 5. Tage eine große laterale Öffnung besaß. Wie Fig. 30 zeigt, sind die Schlundfalten vollständig unterdrückt. Die linke Wand der Mundhöhle ist durch das transplantierte Ecetodermstück gebildet. Die anfangs deutlichen Kiemenan- jagen sind also ohne jede spätere Beziehung zum Entoderm entstanden. Versuchstier Nr. 133 (1911). Operiert im Stadium II, Methode II, fixiert nach 4 Tagen. Es entstand beiderseits eine typische Opercularfalte; am 4. Tage war schon ein normales Spiraculum gebildet. Links wurden nur kleine Kiemenanlagen an- gelegt. Die Untersuchung der quer zur Körperachse geschnittenen Serie (Fig. 31) Fig. 30. .80(11). Horizontalschnitt durch die Kiemengegend einer Bombinator-Larve 5 Tage nach der Entfernung der entodermalen Mundhöhlenwand und deren Ersatz durch Ectoderm im I. Stadium Methode I. Ek Das eintransplantierte Eetoderm; Ex Extremititenanlage; X Kiemenrudiment; Mb Mundbucht; Pr linker Peribranchialraum; S/II—IV 2.—4. Schlundfalte. Vergr.>< 40, zeigt, daß es gelungen ist, die Verbindung zwischen Ento- und: Eetoderm links vollständig zu unterdrücken. Zwischen beiden Schichten liegt lockeres Binde- gewebe. Der linke Peribranchialraum ist fast normal, nur ist sein Lumen sehr eng. Von den ursprünglichen Kiemenanlagen sind nur kleine Reste übrig. Die linksseitigen Kiemengefäße sind unterdrückt. Auch in diesem Falle sind er Peribranchialraum und die ersten Kiemenanlagen ohne entodermale Beteiligung entstanden. j Versuchstier Nr. 146 (1911). Öperiert im Stadium II, Methode I, fixiert nach 4 Tagen. 2 Tage nach der Operation waren links deutliche kleine Kiemenanlagen und eine Opercularfalte, rechts Kiemen mit Circulation vorhanden. Nach 3 Tagen waren die linken Kiemenanlagen schon kleiner. An den Schnittserien sieht man, daß das Eetoderm vom Entoderm voll- kommen isoliert liegt, und daß die Schlundfalten ganz unterdrückt sind. Der anfangs fast normal entwickelte Peribranchialraum ist sehr eingeengt worden Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 483 - und beinahe ohne Lumen. Seine Beziehung zur Extremitätenanlage ist normal. Von den anfangs hervortretenden Kiemenanlagen ist fast keine Spur übrig. Auch die Kiemengefäße fehlen. Versuchstier Nr. 64 (1911). Operiert im Stadium II, Methode I, fixiert nach 14 Tagen. 2 Tage nach der Operation entwickelten sich auf der operierten Seite zwei Reihen kleiner Kiemenanlagen, die aber nach weiteren 2 Tagen zugrunde gingen. Zur Zeit der Fixierung war das Tier etwas schief und das Spiraculum nicht Nr.133 (11). Querschnitt durch die Kiemengegend einer Bombinator-Larve 4 Tage nach Entfernung der linken entodermalen Munddarmwand im II. Stadium (nach Methode II). Bg Blutgefäß; Ch Chorda; Ex Extremität (punktiert eingezeichnet, weil sie erst in den mehr caudal liegenden Schnitten liegt); Gh Gehirn; Hb Hörbläschen; He Herz mit Peribranchialraum; Mh Mundhöhle; KI—III 1.—3. Kiemen- reihe; Pr linker Peribranchialraum; Vg Verbindungsgang zwischen den beiden Peribranchialräumen (in mehr caudal liegenden Schnitten). Vergr.x< 31. ganz normal, indem die linke Opereularfalte unregelmäßig ausgebildet war. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, daß die rechte Seite ganz normal ist, auf der linken aber alle Schlundfalten fehlen. Die linke Wand der Mundhöhle be- steht zum Teil aus dem transplantierten Eetoderm. Vom Peribranchialraum ist der hinterste Teil, der mit der Extremitätenanlage zusammenhängt, vorhanden. Die anfangs entwickelten Kiemenanlagen sind total atrophiert. Daß es mir in den mitgeteilten Fällen wirklich gelang, das Ento- derm ganz zu entfernen, ließ sich unmittelbar beobachten; denn in anderen, ähnlich operierten Fällen war mit Sicherheit histologisch festzustellen, daß entodermale Zellen in den entwickelten Kiemen- anlagen vorhanden waren. Es gelang dies dadurch, daß das Ento- derm noch reichlich Dotterkörnchen enthielt, während dagegen, das Eetoderm vollständig dotterfrei war. Morpholog. Jahrbuch. 47. 323 . 484 Gunnar Ekman Aus den oben erwähnten Versuchen geht hervor, daß bei Bom- binator aus dem Eetoderm allein deutliche Kiemenanlagen entstehen können. Es handelt sich hier um die erst sichtbaren Kiemenfäden der drei ersten Reihen. Das Entoderm ist als Baumaterial nicht notwendig. Die weitere Entwicklung dieser Kiemenanlagen unter- bleibt aber; sie gehen dann verhältnismäßig früh total zugrunde. Dies hängt, wie wir aus den folgenden Versuchen sehen werden, von dem totalen Fehlen der Blutgefäße ab. Das Fehlen des Ento- derms hat hier keinen direkten Einfluß. Es fragt sich aber, ob bei diesen Versuchen die Kiemenbildung auch insofern vom Entoderm unabhängig ist, daß dieses nicht ein- mal als ein beeinflussender Faktor vor der Operation in Betracht kommt. Es könnte möglich sein, daß das Eetoderm wohl imstande sei, eine sichtbare Kiemenanlage zu bilden, aber erst, nachdem es durch das Entoderm einen formativen Reiz, einen Impuls, empfangen hat. Die Überführung einer solchen Reizwirkung könnte hier ledig- lich durch eine direkte Berührung stattfinden. In meinen Fällen ist eine solche Beeinflussung nicht nötig ge- wesen, um die Differenzierung des Eetoderms in Gang zu setzen. Es geht dies aus denjenigen Fällen hervor, in welchen die Opera- tion im I. Ausgangsstadium vorgenommen wurde (Versuchstier Nr. 142, 143). Aus der normalen Entwicklung wissen wir, daß in diesem Sta- dium die Schlundfalten unentwickelt und ohne Kontakt mit dem Ectoderm sind. Sie können folglich zurzeit keinen direkten Einfluß auf dieses ausüben. Trotzdem entwickeln sich aus diesem Eetoderm nach Ausschaltung des Entoderms typische Kiemenanlagen. Bei den später vorgenommenen Operationen ist eine Beeinflussung durch die ersten Schlundfalten, die zurzeit (im II. Stadium die zwei ersten, im III. Stadium die drei ersten) das Eetoderm berühren, nicht ausge- schlossen, wenn auch nicht unbedingt nötig. 5. Über Transplantationen von Kiemenectoderm auf eine andere Körperstelle (Bauch). Im Anschluß an die im vorigen Kapitel beschriebenen Versuche über die Selbstdifferenzierungsfähigkeit des Kiemenectoderms habe ich noch andere technisch verschieden ausgeführte Experimente mit demselben Zweck angestellt. Als Versuchsmaterial wurde teils Bombinator, teils Rana fusca verwendet. Es wurde das ganze Kiemenectoderm vorsichtig als ein Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 485 viereckiges Stück von einem Tier (Spender) abpräpariert und auf ein anderes Tier (Empfänger) als Ersatz für ein gleichgroßes Bauch- eetodermstück, transplantiert. Besonders wurde darauf geachtet, daß keine Entoderm- oder Mesodermzellen mit dem Eetoderm mitver- pflanzt wurden. Das Entnahme- und Empfangstier waren immer etwa gleich groß. £ Bombinator. Bei Bombinator habe ich wenige Solche Versuche gemacht und will diese hier nur kurz erwähnen. Das Kiemeneetoderm wurde vom Entnahmetier sowohl im I. wie II. Stadium entnommen. In beiden Fällen entstanden aus diesem Eetoderm kleine, aber typische Kiemenanlagen. Diese gingen jedoch bald zugrunde. Es stellte sich also bei diesen Versuchen heraus, daß bei Bombinator, wie schon im vorigen Kapitel durch andere Experimente gezeigt würde, das Kiemenectoderm eine Selbstdifferenzierungsfähigkeit besitzt. Eine Auslösung durch das Entoderm ist bei der Bildung der ersten Kiemen- anlagen nicht notwendig. Rana fusca. 1. Reihe. Das Entnahmetier im III. Stadium; 3 Exemplare operiert. Von diesen gaben 2 ein positives Resultat. Schon nach einem Tag ent- standen kleine Kiemenanlagen. Am 3. Tage waren sie am größten, Fig. 32a und b. In beiden Fällen entwickelte sich allerdings nur eine Kiemenreihe, die anderen waren unterdrückt. Das Eetoderm in den Kiemen war ganz typisch, hell und pigmentlos. Eine Cireu- lation fehlte. Am 6. Tage nach der Operation waren diese ver- pflanzten Kiemen total atrophiert. 2. Reihe. Das Entnahmetier im II. Stadium, 3 Exemplare operiert. Diese . gaben alle ein positives Resultat. Fig. 33 stellt eines von den Ver- suchstieren, 4 Tage nach der Operation, dar. Es sind aus dem trans- plantierten Eetoderm zwei Kiemenreihen gebildet. Die hintere Reihe, die auch im Entnahmetier die hintere ist, ist allerdings viel kleiner als die vordere. Höchstwahrscheinlich handelt es sich hier um die zwei ersten typischen Reihen des Entnahmetieres, die 3. Reihe wäre also nicht zur Entwicklung gekommen. Auch hier trat keine Cireulation ein. Am 5. Tage waren die Kiemen schon stark zurückgebildet. Bei den 32* 486 Gunnar Ekman zwei anderen Versuchstieren entstand nur eine Kiemenreihe, Fig. 32c und d. 3. Reihe. Das Entnahmetier im I. Stadium, 6 Exemplare operiert. Von diesen gaben 5 ein positives Resultat, Fig. 32e, f,g,h,i. Aller- dings bildete sich in jedem Falle nur eine Kiemenreihe; es ist des- halb nicht zu ermitteln, um welche Reihe es sich hier handelt. Es sei hier noch besonders betont, daß alle Entnahmetiere so jung Fig. 33. Rana fusca. Kiemen, gebildet aus Kiemen- Versuchstier Nr. 51a (13). Rana fusca; die linke ectoderm, welches auf den Bauch des Versuchs- Seite des Kopfes in dorsaler Ansicht 4 Tage tieres verpflanzt wurde; dieselbe Vergrößerung nachdem im DI. Stadium Kiemenectoderm eines wie in Fig. 33; a, b operiert im III. Stadium; anderen Tieres hinter der Kiemengegend trans- c, d operiert im II. Stadium; e, f, g, h, i operiert plantiert wurde. Es sind aus dem Transplantat im I. Stadium. a,b, h,i am 3. Tage nach der zwei Kiemenreihen, v.K, gebildet. K normale Operation, c, d, e, f, g am 4. Tage. Vergr.>< 22. äußere Kiemen; Op Opercularfalte. Vergr. X 22. waren, daß jede Berührung zwischen dem Eetoderm und Entoderm im Kiemengebiet zur Zeit der Operation ausgeschlossen war. Die verpflanzten Kiemen erreichten etwa am 4. Tage nach der Operation ihre größte Entfaltung, bildeten sich aber dann schnell zurück, ohne Circulation bekommen zu haben. Der Fall Fig. 32% ist mikrosko- pisch untersucht, gerade als die Kieme den Höhepunkt ihrer Ent- wicklung erreicht hatte. Es zeigt sich, daß das Kiemenepithel histo- logisch rein ectodermal ist. Im Inneren der verzweigten Kieme liegt nur etwas lockereres Mesenchym ohne alle Blutgefäße. In allen diesen Transplantationsversuchen von Kiemenectoderm Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 487 auf den Bauch von Rana fusca sind die aus diesem Eetoderm ge- bildeten Kiemen sog. äußere Kiemen. Die inneren haben sich in keinem Falle gebildet, obgleich das ectodermale Anlagematerial vom Entnahmetier vorhanden war und das Empfangstier an der normalen Stelle solehe Kiemen schon besaß. In Übereinstimmung mit meinen Versuchen bei Bombinator zeigen auch die bei Rana fusca, daß das Kiemeneetoderm ohne jede Beteiligung des Entoderms die ersten Kiemenanlagen bilden kann. Bei Rana fusca werden diese Anlagen unter Umständen sogar sehr typisch und groß. Dies hängt wohl lediglich mit der außerordentlichen Größe der (äußeren) Kiemen bei dieser Art zu- sammen. Bei Bombinator, bei welcher Art diese Anlagen in meinen Versuchen kleiner waren, sind auch die ersten Kiemen kleiner als bei Rana fusca. In allen meinen Versuchen überschritten die verpflanzten rein ecto- dermalen Kiemen nicht ein ziemlich junges Stadium der typischen Entwicklung; sie gingen auch bald total zugrunde Dies kann von zwei Faktoren abhängig sein, entweder von Mangel an Ento- derm, oder von Mangel an Blutgefäßen. Um hier Klarheit zu bekommen, habe ich u. a. folgenden Versuch gemacht. Es wurde bei Bombinator im I., II. und IU. Stadium die ganze Kiemendarmwand, also Ento-, Meso- und Eetoderm, als ein viereckiges Stück herausgeschnitten und dann in die Bauchwand eines anderen Tieres transplantiert. Die iypische Entwicklung der Kiemen setzte hier ein. Es bildeten sich anfangs Kiemenanlagen, aber diese blieben bald in ihrer Entwicklung zurück. , Sie bekamen keine Circulation und atrophierten schnell. Eine solche Operation in sich beschädigt noch nicht die Kiemenanlagen. Wird z. B. die ganze Kiemendarmwand auf der einen Seite ausgeschnitten, um 180° gedreht und wieder eingeteilt, so entwickeln sich die Kiemen, weil sie Cireulation be- kommen können, ungestört. Nur sind sie im Vergleich zu der typischen Seite um 180° gedreht. Aus den oben erwähnten Fällen geht also deutlich hervor, daß ohne ausreichende Cireulation keine größeren Kiemen entstehen können. Schon deshalb ist es auch nicht möglich, daß die rein ectodermalen verpflanzten Kiemenanlagen ohne Cireulation über eine bestimmte Grenze hinaus wachsen können. Es wendet sich deshalb unser Hauptinteresse solehen Experi- menten zu, bei welchen die Beziehungen des Eeto- und Entoderms 488 Gunnar Ekman zum Mesoderm der Kiemenregion nicht so fundamental verändert wurden wie bei den bisher beschriebenen Verpflanzungs- und Zer- störungsversuchen, sondern welehe nur dazu dienten, die Eeto- und Entodermderivate gegeneinander zu verlagern und aus ihren typi- schen Lagebeziehungen zu lösen, ohne sie aus dem Bereiche des Kiemenmesoderms zu entfernen. Hierzu wurde die Drehungsmethode verwendet, deren Resultate im nächsten Abschnitt mitgeteilt werden. 6. Über Drehungen des Kiemenectoderms. a) Methode, Bezeichnungen. Die besten Resultate über die Kiemenbildung habe ich durch Drehungsversuche mit Kiemeneetoderm gewonnen. Diese Experi- mente bezwecken, die ento- Fig. 34. dermalen Schlundfalten un- verletzt sich weiter entwickeln zu lassen, aber in Beziehung zu verlagerten ectodermalen Kiemenanlagen zu bringen. In ihrer technischen Aus- führung unterscheiden sich diese Experimente gar nicht von den Transplantationen Larte von Rana esculenta im IL Siedium. Das mit Baucheeioderm cette sin a is Pre Durch die Zusammenziehung der Haut entsteht eine von Mana esculenta im II. Sta- oene Zune un das Wenplatierte Stck Kram dium kurz nach der Operation. Vergr. x 21. Wie das Bild darlegt, bietet hierbei die Spannung der Haut des Keimes einen gewissen Nachteil. Dadurch schrumpft erstens das herauspräparierte Eetodermstück zusammen, und zweitens dehnt sich die viereckige “offene Wunde aus und wird größer. Wenn man nun das Eetodermstück zurück an seinen ursprünglichen Platz bringt und festklebt, so berühren die Wundränder nicht mehr einander, sondern es bleibt auf allen 4 Seiten eine Zone offen. Je nach dem Entwicklungsstadium, in welchem sich die Larve zur Zeit der Operation befindet, und je nach der Größe des heraus- präparierten Stückes wechselt die Breite dieser offenen Zone. Bei den jüngsten Stadien kann sie manchmal ganz erheblich sein. Sie verschwindet aber sehr bald wieder, indem die Wundränder rasch gegeneinander wachsen. Hierdurch bekommen wir in der Kiemen- Hd’ SS nx ER a SR url Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 489 region zweierlei Ectoderm, einmal das ursprüngliche und zweitens das neugebildete. Das letztere spielt in meinen Fällen nur ausnahmsweise eine direkte Rolle bei der Kiemenbildung und ist dabei auch sicher zu erkennen. Gewöhnlich lagen bei Bombinator, auch in den extremsten Fällen, schon nach etwa einer Stunde die Wundränder dicht an- einander. Lästig bei den Operationen ist manchmal, daß beim Offenbleiben von großen Wunden viele Mesodermzellen ausgestoßen werden, und daß dadurch das betreffende Gebiet stark deformiert wird. Auch ist es, wenn das lospräparierte Stück stark zusammengezogen ist, schwer, es genau in der gewünschten Lage einzukleben. Alle diese Nachteile lassen sich einigermaßen vermeiden, indem man zu einem solehen Experiment zwei ähnliche Larven verwendet. Bei der einen wird erst das betreffende Eetodermstück abpräpariert. Von der anderen (Spender) nimmt man sofort auch das entsprechende Stück, schneidet es aber nach allen Seiten etwas größer aus. Durch die Zusammenziehung bekommt es die rechte Größe und paßt genau in die Wunde des ersten Tieres (Empfänger) hinein. Solche homo- plastische Transplantationen bieten noch den Vorteil, daß man Teile von verschieden alten Embryonen zusammenpassen kann. Bei den Drehungsversuchen ist es sehr wichtig, daß man das betreffende Stück genau in die gewünschte Lage bringen kann. Weil es viereckig geschnitten werden muß, um möglichst gut nach der Drehung wieder hineinzupassen, ist es oft schwer, das losgeschnittene Stück, wenn man es einen Moment aus den Augen verliert, wieder richtig zu orientieren. Bei älteren Larven bietet die Haftdrüse, von welcher man einen kleinen Teil mit herausschneidet, ein gutes Merk- mal. Bei jüngeren Stadien muß man sehr genau aufpassen, daß keine Verwechslung stattfindet, weil das Eetoderm noch überall gleich- mäßig ist. Doch bietet auch hier später die Untersuchung der Schnitt- serien von dem betreffenden Tier eine Kontrolle, denn an der Situation der Organe ist mit Sicherheit zu erkennen, ob eine Drehung statt- gefunden hat oder nicht. Fig. 34 zeigt, wie die Operation durchschnittlich ausgeführt wurde. Natürlich ist es wegen der Kleinheit der Objekte sehr schwer, zwei Operationen ganz gleich zu machen. Daß jedes operierte Tier für sich analysiert werden muß, wird später die Beschreibung der älteren Stadien ergeben. Wie das Experiment, wenn es gut aus- 490 Gunnar Ekman geführt ist, verlaufen soll, veranschaulicht uns das Schema in Fig. 35. Hier sei zuerst eine Bezeiehnungsart, die ich in der folgenden Darstellung brauche, begründet. Wenn ein Stück, z. B. Eetoderm, Fig. 35A. 35B. ZZ \ > JIKFK j } | \ % | y Hd TI NEL KFX Hb a N 7 Schema über den Verlauf einer Drehung des Kiemenectoderms. A. Bombinator-Larve in seitlicher Ansicht vor der Operation, B nach der Operation. Die verschiedenen, aus dem Ectoderm entstan- denen Organe sind so dargestellt, wie sie etwa beim Sichtbarwerden der Kiemen entwickelt sind. C. Dieselbe Larve im Horizontalschnitt im Stadium, ‚wo die Kiemen schon angelegt sind. Au Auge; Ex Extremität; Hd Haftdrüse; Hd' gedrehte Haftdrüse; 4b Hörbläschen; Hb' gedrehte Hörbläschen; KI—IV 1.—4. Kiemenreihe; X'I-IV 1.—4. gedrehte Kiemenreihe; Op Opercularfalte; Op! gedrehte Opereularfalte; ZU 7-V 1.—5. ectodermale Kiementaschenleiste; K£I—V 1.,—5. ectodermale Kiemen- tasche; SfI—V 1.—5. Schlundfalte; V, VIZ-VIII, IX—X die gleichbezeichneten Nerven; * Grenze des gedrehten Ectoderms. von einem Tier auf ein anderes transplantiert wird, so ist das erste Tier als Spender (Entnahmetier), das zweite als Empfänger (Empfangstier) zu bezeichnen. Diese in der Homoplastik gebrauchten Namen verwende ich hier auch für meine autoplastischen Fälle, wenn es sich um Drehungen des Kiemenectoderms handelt. Es ist das allerdings willkürlich, aber notwendig, um die Schilderung ver- ständlicher zu machen. Das transplantierte Eetodermstück gehört Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 491 vor der Operation dem Spender, wird dann durch die Operation auf den Empfänger, als Ersatz für ein entsprechendes Stück, wenn auch in atypischer Lage, festgeklebt. Bei der autoplastischen Trans- plantation sind Empfänger und Spender dasselbe Individuum, bei der homoplastischen zwei verschiedene. In beiden Fällen sind aber die Versuchsbedingungen dieselben; es ist theoretisch gleich- gültig, woher das Transplantat stammt, also wer der Spender ist, ob dasselbe Individuum, oder ein ähnliehes artgleiches und gleich- alteriges. In den folgenden Protokollen ist jedoch jedesmal erwähnt, ob eine Auto- oder Homoplastik vorliegt. In Fig. 35A ist das betreffende Eetodermstück als ein Viereck gezeichnet. Die Lage und Form der fünf ectodermalen Taschen- leisten, des Hörbläschens, der Kopfnerven, des Auges, der Haftdrüse und der Extremität sind so dargestellt, wie sie etwa beim Beginn der Kiemenbildung sind. Im I. Ausgangsstadium sieht man von allen diesen Organen überhaupt noch nichts. Das Eetoderm ist, wie früher erwähnt, optisch fast vollkommen undifferenziert. Im II. Ausgangs- stadium treten die Anlagen des Hörbläschens und der Kopfnerven etwas hervor, sind aber noch vom Eetoderm nicht losgetrennt. Man sieht ebenfalls die drei ersten eetodermalen Taschenleisten und die Haftdrüse.. Noch deutlicher werden alle diese Organanlagen im III. Ausgangsstadium, obgleich auch dann das Hörbläschen und die Nerven noch im Zusammenhang mit dem Eetoderm stehen und die 4. und 5. Taschenleiste kaum angedeutet sind. Fig. 35B zeigt das Versuchstier nach der Operation. Die Lage der eetodermalen Taschenleisten im Transplantat ist jetzt um 180° gedreht. Die Anlagen des Hörbläschens und der Kopfnerven sind durchschnitten. In der normalen Lage, also im Empfänger, bleibt nur der dorsale, proximale Teil der Nerven und die eine Hälfte des Hörbläschens. Ventral im gedrehten Eetodermstück des Spenders befinden sich, auch um 180° gedreht, der distale, ventrale Teil der Nerven und die untere Hälfte des Hörbläschens. Dorsal liegt ein kleines Stück der Haftdrüse. Das Auge und die Extremitätenanlage sind nicht berührt. Dasselbe Schema im Horizontalschnitt bei einer operierten Bombinator-Larve mit bereits angelegten Kiemen zeigt Fig. 35C. Hier ist das Eetoderm so dargestellt, wie es sich typisch entwickelt als epitheliale Bekleidung der Kiemen und der Opereular- falte. Der Anteil des Entoderms ist nur in der Bildung der Schlund- spalten, nicht in der der Kiemen dargestellt. Beiderseits sind 5 Schlundfalten entwickelt, die rudimentäre 6. spielt für uns keine 492 Gunnar Ekman Rolle. Die 1. Schlundfalte der typischen Seite, die vorübergehend das Eetoderm berührt, wandelt sich in die Tubaanlage um. Die entsprechende ectodermale Leiste verschwindet. Die 2. Schlundfalte bildet sich bei Bombinator, nachdem sie einige Zeit mit dem Eeto- derm zusammenhängt, distal zurück. Dasselbe gilt für die 2. ecto- dermale Leiste. Bei den anderen Anuren entsteht dagegen hier eine offene Schlundspalte. Die 3., 4. und 5. Schlundfalte bleiben dauernd mit dem Eetoderm in Berührung, und hier entstehen offene Spalten. Folglich besteht sowohl bei den betreffenden Schlundfalten wie bei den ectodermalen Leisten die Fähigkeit, durchzubrechen. Die 1. Kiemenreihe, die auf dem 1. Kiemenbogen sitzt, entsteht zwischen der 2. und 3., die 2. Reihe zwischen der 3. und 4. und die 3. Reihe zwischen der 4. und 5. ectodermalen Taschenleiste. Die 4. Kiemen- reihe entwickelt sich ecaudal von der 5. Taschenleiste!. Betrachten wir einmal rein theoretisch, wie der typischen Ent- wicklung zufolge in dem Schema Fig. 35C die ento- und ectoder- malen Anlagen der Kiemen zueinander nach der Drehung sich ver- halten müssen, sei es, daß ältere Stadien gewählt werden mit sicht- baren Anlagen (wie dort gezeichnet), oder jüngere, in denen diese zwar noch nicht sichtbar, aber doch der Lage nach genau so vor- gebildet sind wie in den späteren Stadien. Die 1. ectodermale Taschenleiste des Spenders muß mit der 5. Schlundfalte des Empfängers zusammenkommen. Hier dürfen wir keine Spalte erwarten, denn dem Eetoderm der 1. Taschenleiste fehlt in der normalen Entwicklung die Fähigkeit, durchzubrechen. Oral von dieser Stelle müßte eine nach vorn gerichtete Opercularfalte entstehen. Die 4. Schlundfalte müßte die 2. ectodermale Taschen- leiste berühren. Auch hier sollte bei Bombinator keine Spalte ent- stehen, denn normal bricht das Eetoderm der 2. Leiste bei dieser Art nieht durch. Die 3. Sehlundfalte konnte sich dann mit der 3., die 2. mit der 4. und die 1. mit der 5. ectodermalen Taschenleiste vereinigen. In diesen drei Fällen wäre nur die 3. Schlundspalte imstande, durch- 1 Es sei schon hier ein für allemal gesagt, daß es mir nie gelungen ist, bei den Drehungsversuchen wirklich die 4. Kiemenreihe zur Entwicklung zu bringen. Daß es so ist, braucht nicht ein Beweis gegen die Beteiligung des Eetoderms am Aufbau dieser Kiemenreihe zu sein. Es handelt sich hier viel- mehr um eine Hemmung der Entwicklung, die durch mehrere Umstände bedingt ist. Wir brauchen uns nur zu erinnern, daß die erste Anlage dieser Kiemen- reihe verhältnismäßig spät entsteht und anfangs sehr klein ist. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 493 zubrechen, denn hier besitzen sowohl das Ento- wie Eetoderm die Fähigkeit dazu. Dagegen ist wegen der Unfähigkeit der 1. und 2. Schlundfalte, eine Kiemenspalte zu bilden, weiter oral keine Öff- nung zu erwarten, obgleich hier das Eetoderm dazu geeignet wäre. Die normale 1., vom Ectoderm des Spenders gebildete Kiemenreihe würde auf dem 2. Kiemenbogen, die 2. Reihe auf dem 1. Kiemen- bogen und die 3. Reihe auf dem Hyoidbogen des Empfängers sitzen. Alle drei Kiemenreihen wären etwas oral gerichtet. In Wirklichkeit gelingt es fast nie, eine Operation genau so zu machen, wie sie uns das Schema zeigt. Dies hängt mit vielen Ur- sachen zusammen. Erstens sind die Entfernungen zwischen den ver- schiedenen Schlundfalten unter sich und ebenfalls zwischen den ecto- dermalen Taschenleisten unter sich nicht gleich groß. Nach einer Drehung, mag sie auch genau 180° betragen, passen dann alle Schlundfalten und Leisten nicht mehr zusammen. Auch ist zu be- merken, daß während der Drehungen gewöhnlich die hintersten Schlundfalten und Leisten noch nicht entwickelt waren. Wegen technischer Schwierigkeiten kann man dieselbe Operation selten ganz gleich wiederholen. Es kommen gewöhnlich mehr oder weniger er- hebliche Verschiebungen des transplantierten Eetodermstücks zu- stande. In den günstigsten Fällen unter meinen Experimenten nähert sich der Tatbestand aber fast genau dem oben erwähnten Schema, in anderen wieder stimmt er nur in einem oder in wenigen Punkten mit demselben überein. Immerhin sind die Fälle zahlreich genug, in welehen wir prüfen können, ob sich wirklich die Anlagen so ver- halten, wie das Schema sie fordert, und aus welchen sich Schlüsse für unser Problem ziehen lassen. In der folgenden Darstellung der wirklichen Resultate meiner Drehungsversuche bezeichne ich die entodermalen Schlundfalten des Empfängers von oral nach caudal kurz mit 1—5, die ectodermalen Taschenleisten des Spenders in derselben Reihenfolge mit 1’—5’. Nach der Drehung aber liegt die 1. Taschenleiste des Spenders am meisten caudal und die 5. Leiste am meisten oral. In unserem Schema werden die Beziehungen zwischen Eeto- und Entoderm aus- gedrückt durch: 1’—5, 2'—4, 3—3, &#—2, 5’—1. Wird z. B. ein Fall 4—2’, 3—3’ bezeichnet, so heißt dies, daß nach meinen Fest- stellungen nur die 4. und 3. Schlundfalte des Empfängers mit der 2. und 3. eetodermalen Taschenleiste des Spenders in direkte Be- rührung getreten, die übrigen aber isoliert geblieben sind. Die 494 Gunnar Ekman ectodermalen Taschen des Spenders werden mit der ihnen zukom- menden Nummer bezeichnet, auch in Fällen, in welchen diese fest- zustellen ist, ohne daß die Taschen eine Schlundfalte berühren. Die- jenige Schlundfalte des Empfängers, mit welcher sie in der typischen Reihenfolge in Berührung hätten treten sollen, wird in Klammer an- gegeben. So bedeutet z. B. (4)—2’, 3-3’, (2)—4’, daß sowohl die 2. wie 4. ectodermale Tasche des Spenders zu erkennen sind und der Reihe nach sich mit der 4. und 2. Schlundfalte des Empfängers hätten berühren sollen, aber nicht berührt haben, daß also in Wirk- lichkeit nur die 3. Tasche mit der 3. Schlundfalte in Kontakt ist. b) Zahl der Fälle. Meine Experimente umfassen (1911 und 1912) bei Bombinator 58 Fälle, in welchen nach der Drehung des Kiemenectoderms um 180° das Versuchstier sich ohne Infektion weiter entwickelt hat. Von diesen Versuchstieren sind 28 im I., 20 im II. und 10 im III. Ausgangsstadium operiert. In 37 Fällen entwickelten sich mehr oder weniger deutliche gedrehte Kiemen, in 21 Fällen dagegen keine. Doch ist zu bemerken, daß viele von diesen 21 Versuchstieren schon früher, als die Kiemen überhaupt entstehen konnten, fixiert wurden. Bei Bombinator vollzieht sich die Kiemenentwicklung sehr rasch, ge- wöhnlich kamen die Kiemenanlagen schon am 2. Tage nach der Operation im I. Stadium zum Vorschein. In 23 Fällen bei Rana esculenta (11 im I, 10 im II. und 2 im III. Stadium operiert) entwickelten sich bei 15 mehr oder weniger große gedrehte Kiemen. Von Rana fusca habe ich (1912 und 1915) 6 im II. und 3 im I. Stadium operierte Tiere genügend lange am Leben halten können. Alle diese Fälle gaben einen positiven Erfolg. Bei Ayla arborea sind nur in 3 von 15 Fällen Kiemen gebildet. Es wurden operiert im I. Stadium 3, im II. 11 und im III. 1 Ex- emplar. Die wenigen Drehungen des Eetoderms, die ich bei Bufo vul- garis unternehmen konnte, sind nicht einwandfrei geeignet, unsere Frage zu beleuchten. c) Versuche an Bombinator (kiemenlose Stadien). Die Besprechung meiner Drehungsexperimente will ich mit einigen kurz nach der Operation fixierten Versuchstieren (Bom- binator) beginnen. Bei diesen ist zu sehen, welche direkten Ver- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 495 änderungen im Kiemengebiet durch die Operation entstehen. Dar- aus ist zu entnehmen, welche Beweiskraft dieser Methode für unser Problem innewohnt, und welche Schlüsse wir aus der späteren Ent- wicklung ähnlicher Fälle ziehen können. Natürlich darf man hier- bei nicht vergessen, daß jeder Fall für sich analysiert werden muß, weil die Operationen fast niemals ganz ähnlich ausfallen. Versuchstier Nr. 236 (1912). Operiert links im II. Stadium, Autoplastik, fixiert 3 Stunden nach der Ope- ration, Fig. 36. Das umgedrehte Stück ist gut eingeheilt; die Grenzen desselben lassen sich noch an der Schnittserie erkennen. Rechts, auf der nieht operierten Seite, ist die 3. Schlundfalte bereits mit ihrer Spitze in Berührung mit dem Ectoderm, die 4. und 5. sind noch nicht entwickelt. Links auf der operierten Seite berühren die 1. und 2. Falte direkt das verlagerte Eetoderm, die 3. nicht, obgleich sie ihm sehr nahe kommt. Sonst sind die Schlund- falten fast normal. Jedenfalls wurde in diesem Fall die 4. und 5. nicht beschädigt, weil sie noch nicht entwickelt waren. Es sei noch bemerkt, daß links die ganze Anlage des Hörbläschens ventral ver- lagert ist. Die Nervenanlagen sind auf der operierten Seite schwer zu verfolgen, auf der nicht operierten sieht man sie ange- deutet. Diedreiersten ectodermalen Taschen- leisten sind rechts sehr deutlich; auch links ar dem gedrehten Eetodermstück kann man 3 Stunden nach der Drehung des Kiemen- sie einigermaßen verfolgen. Die 2. Schlund- vetoderms. Die Wundränder sind voll- falte berührt die 3. Leiste, die übrigen Lei- ständig geschlossen. Hd’ gedrehte Haft- sten sind nicht direkt in Kontakt mit Schlund- drüse. Vergr. X 22. falten. Versuchstier Nr. 154 (1911). Operiert links im I. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 24 Stunden. Äußerlich sieht das Tier links fast normal aus. Ein Stück der Haftdrüse ist mit gedreht und liegt in der Gegend, wo das Hörbläschen typisch gelegen ist. Rechts wölbt sich das Kiemengebiet etwas hervor. Die Kiemenwülste sind kaum angedeutet. Bei der Operation wurde die Hörbläschenanlage durchge- schnitten, denn dorsal in der normalen Lage liegt ein Hörbläschen mit Ductus endolymphaticus etwa von 2/3 Größe, ventral eines von etwa 1/3 Größe. Die Nerven VII und VIII sind ebenfalls geteilt. Rechts sind 4 Schlundfalten entwickelt, die 5. ist nur angedeutet (Fig. 37). Die distalen Zellen der 2.—4. Falte haben sich unter das Eetoderm vorgeschoben. Auch links sind 4 Schlundfalten vorhanden, die 5. ist kaum zu sehen. Von diesen berühren die 3 ersten das Eetoderm, die 4. nicht. Es ist sehr wahr- scheinlich, daß auch hier später eine Berührung hätte entstehen können, denn zwischen dem distalen Ende der sonst normalen Falte und dem Eetoderm liegen nur einige lockere Mesodermzellen. Eine Verschiebung entodermaler Zellen Bombinator-Larve aus dem II. Stadium, 496 Gunnar Ekman unter das Eetoderm hat links nicht stattgefunden. Die Schlundspalten 2 und 3 berühren nur mit ihrer Spitze die Haut. Diese beiden kurz nach der Operation fixierten Embryonen sind wichtig, weil bei ihnen eine genaue Feststellung der Lage des ge- drehten Eetodermstücks möglich ist, und weil sich übersehen läßt, inwiefern man in diesem Differenzierungen finden kann, welche vom Entoderm unabhängig sind. Die Heilung nach der Transplantation ist in dem zweiten Fall schon so vollständig, daß man die Wundränder in der Serie nicht mehr er- kennt. Dagegen bieten das gedrehte Hörbläschen, die Nerven, die Haftdrüse und die ectodermalen Taschen- leisten für die Orientie- rung einige Anhaltspunkte dar. Schon äußerlich ist durch die Lage der ge- drehten Haftdrüse (siehe Fig. 36) festzustellen, wie etwa die Drehung statt- Nr. 154(11). Horizontalschnitt durch die Kiemenregion einer gefunden hat. Eine ge- Bombinator-Larve 24 Std. nach der Drehung des linken nauere Orientierung aber Kiemenectoderms. Die Zellkerne sind eingetragen. Ek . . Brenn Ectoderm; En Entoderm; Z1II 2. Taschenleiste; sp y 186 dadurch nicht möglich. 1.—5. Schlundfälte, * orale Grenze dos gedrehten Ectoderms. Günstiger sind zu diesem Med Zweck dasHörbläschen und die Kopfnerven. Im zweiten Fall ist, wie schon erwähnt, etwa 1/, des Hörbläschens und der distale Teil der Nerven VII+VIII mitgedreht. Vom Eetoderm sind sie eben getrennt, besitzen aber sonst noch genau ihre ursprüngliche Lage zu diesem. Dadurch kann man auch die Lage des Eetoderms feststellen. Nur ist zu bedenken, daß die Kiemen ziemlich weit von diesen Organen ent- fernt entstehen. Untersucht man ältere Stadien, so verlieren das Hörbläschen und die Nerven, mögen sie auch noch so vollständig mitgedreht sein, zum größten Teil ihre Bedeutung für die Orientierung des ectoder- malen Operationsfeldes. Dies kommt daher, daß sie, vom Eetoderm einmal abgelöst, vom Mesoderm, welches sich dazwischen legt, weit nach innen verschoben werden. Durch Wachstumsveränderungen Fig. 37. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 497 dehnt sich außerdem das Eetoderm, so daß die ursprüngliche Lage eines jeden Punktes innerhalb desselben nicht beibehalten wird. Den besten Anhaltspunkt, um die Lage der ectodermalen Kiemen- anlagen zu bestimmen, bieten in diesem Stadium die ectodermalen Taschenleisten. In dem zweiten Falle wurde das Eetoderm gedreht, ehe überhaupt eine Berührung mit dem Entoderm stattgefunden hatte. Trotzdem sind sehr deutlich die zwei ersten Leisten ausge- bildet, die 3. ist undeutlich. Ihre Lage ist aber infolge der Drehung eine mehr dorsale als auf der normalen Seite. Sie sind verhältnis- mäßig kurz, so daß sie in Fig. 37, welche einen mehr ventral ge- führten Schnitt darstellt, nicht zu sehen sind. Es berühren sich, wenn auch nur mit einer Spitze, 3—1l und 2’—2, ein Beweis da- für, daß das transplantierte Stück gegenüber dem Schema Fig. 350 etwas nach vorn verschoben ist. Wenn auch in diesem und ähnlichen Fällen durch das Vor- handensein einfacher ectodermaler Taschenleisten die Lage des ge- drehten Eetodermstücks einigermaßen genau festzustellen ist, so liegt die Sache etwas anders bei älteren Stadien. Die Leisten als solche sind verschwunden. Wenn sie nicht in Berührung mit einer geeig- neten Schlundfalte kommen, so bilden sie sich total zurück. Findet dagegen eine Berührung statt, dann entwickelt sich die Leiste weiter, indem sie sich an der Bildung einer offenen Kiemenspalte beteiligt. An dieser haben wir dann einen guten Anhaltspunkt für die Fest- stellung der Lage der übrigen Teile des gedrehten Ectoderms. d) Versuche an Rana fusca. Obgleich meine meisten Experimente an Bombinator gemacht sind und ich von dieser Art die vollständigste Entwicklungsserie be- sitze, will ich doch hier erst meine Fälle von Rana fusca vorführen. Diese sind nämlich geeignet, am anschaulichsten die Rolle des Eeto- derms bei der Bildung der Kiemen zu zeigen. Versuchstier Nr. 14 (1912). Operiert links im U. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 3 Tagen. Die Operationswunde heilte gut. Es entwickelte sich am 2. Tage eine knospenförmige Kiemenanlage, die bei der Fixierung am 3. Tage aussah wie in Fig. 35. Es handelt sich um eine typische äußere Kieme, die aber oraler und dorsaler liegt als die normalen Kiemen, von welchen rechts drei Reihen vor- handen sind, die hinterste allerdings noch wenig entwickelt. Die mikrosko- pische Untersuchung ergibt, daß die gedrehte Kieme ganz unabhängig vom Ento- derm entstanden ist und somit eine rein eetodermale Bildung sein muß. Aus dem Operationsprotokoll, wie auch später aus der Schnittserie, geht hervor, daß das gedrehte Eetodermstück mehr oral als gewöhnlich (siehe das Schema Fig. 35) 498 Gunnar Ekman ausgeschnitten wurde. Die orale Grenze dieses Stücks liegt etwa im Gebiet des Auges und die caudale etwa zwischen der 4. und 5. Taschenleiste. Daraus er- klärt sich, daß die gedrehte Kieme so weit oral liegt. Um die 3. Reihe des Spenders kann es sich hier nicht handeln. Dagegen spricht die Größe und Form der gedrehten Kieme im Vergleich zu derjenigen der anderen Körperseite. Höchstwahrscheinlich wurde, wie schon angedeutet, die ectodermale Anlage dieser Kiemenreihe bei der Operation durchschnitten und dabei zerstört, denn die 5. Schlundfalte berührt später das Eetoderm, ohne daß es zur Kiemenbildung kommt. Auch kann es sich kaum um die 1. Reihe des Spenders handeln, denn deren Lage müßte im gedrehten Stück eine et- was mehr caudale sein. Deshalb ist es fast sicher, daß wir es hier mit der 2. (mittleren) Kiemen- reihe des Spenders zu tun haben. Es wäre die 1. Reihe wider Erwarten unter- drückt; es hängt dies wahrscheinlich mit einer Beschädigung ihres Anlagemate- rials bei der Operation zusammen. Die- selbe Ursache bedingt wohl die etwas unregelmäßige Form der gedrehten Kie- menreihe. Die verlagerte Kiemenreibe ist Nr. 14(12). Larve von Rana fasca in ven- L - traler Ansicht 3 Tage nach der Drehung des hier aus rein ectodermalem Ma- Kiemenectoderms im II. Stadium. Kl-—III terial gebildet. Sie lieot etwas 1.—3. normale (äußere) Kiemenreihe; K' Kie- 2 menreihe entstanden aus dem gedrehten caudal und ventral vom Auge und Ectoderm; Hd’ Ber Haftdrüse. Ver- kommt folglich gar nieht in Be- größerung > 20. ; A ziehung zu den mehr caudal liegen- den Schlundfalten des Empfängers. Auch bei der stärksten Ver- größerung lassen sich keine bei der Operation mitgedrehten Ento- dermzellen, welche an ihrem Dotterreichtum leicht erkennbar sein müßten, entdecken. Das Eetoderm ist zweischichtig und etwas dünner als sonst im Kopfgebiet. Keine Blutgefäße sind in der Kiemenreihe vorhanden, was schon daraus erklärlich ist, daß in dieser Gegend größere fehlen. Ein lockeres Mesenchym allein füllt das Innere. Fig. 38. Diese Kiemenfäden sind aber nicht nur ihrem Material nach rein eetodermal, sondern es ist auch mit großer Wahrscheinlichkeit jede Art von formativem Reiz seitens des Entoderms auszuschließen. Denn wenn es sich hier um die 2. Reihe des Spenders, was fast sicher ist, handelt, so war zur Zeit der Operation eine Berührung mit den Schlundfalten (der 3. und 4.) nicht vorhanden. Daß ein formativer Reiz seitens des Entoderms für die erste Entfaltung der ectodermalen Kiemen nicht unbedingt nötig ist, zeigen die früher erwähnten Bauchtransplantationen bei Rana fusca. Des- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 499 ‚halb ist die Annahme nicht unwahrscheinlich, daß wir es auch in diesem Fall mit einer vollständigen Selbstdifferenzierung des ecto- dermalen Anlagematerials zu tun haben. Versuchstier Nr. 13 (1912). Operiert links im Anfang des II. Stadiums (Medullarrohr eben geschlossen); Autoplastik, fixiert nach 3 Tagen. Die Operation gelang besonders gut und die Wunde heilte glatt. Das losgeschnittene Eetodermstück zog sich nur wenig zusammen. Am 2. Tage nach der Operation entwickelten sich Kiemenanlagen beiderseits. Bei der Fixierung waren auf der normalen Seite 3 Reihen äußere Kiemen mit Circulation vor- handen. Die Anlagen der inneren Kiemen waren kaum angedeutet. Fig. 39. Auf der operierten Seite waren eben- falls drei Kiemenreihen, aber diese standen etwas weiter oral als nor- mal: und in umgedrehter Lage. Dieses erkennt man leicht an der verschiedenen Form und Größe der Kiemenreihen (Fig. 39). Am wenig- sten entwickelt ist die normale 3. Reihe, die nur einfach verzweigt ist. Die oralste Reihe auf der ope- rierten Seite besitzt auch diese Form, sie ist nur etwas dünner und länger. Die mittlere Reihe ist bei- derseits ziemlich gleich, rechts et- was kräftiger als links. Die caudale Reihe auf der operierten Seite ist wohl viel kleiner als die 1. rechte Reihe, hat aber sonst durch ihre NrL12Un, Lan nun nn ee 1 mehrfache Verzweigung etwa die- ‚etoderms im II. Stadinm. K' I-III1.-3. mit dem selbe Form. Ectoderm gedrehte äußere Kiemenreihe; KI—Ill Beidiesem Versuchstierkönnen 1.—3. normale. äußere Kiemenreihe. Vergr. X 22. wir also schon ohne eine mikrosko- pische Untersuchung die Reihenfolge der gedrehten Kiemen bestimmen. Daß dies bei Rana fusca gelingt, hängt von den großen und durch ihre Form deutlich cha- rakterisierten ersten Kiemen ab. Bei den anderen Arten ist eine solche Fest- stellung schwieriger, weil die 3. Kiemenreihe, wenn überhaupt, sich viel später als die zwei ersten entwickelt. Die mikroskopische Untersuchung der horizontal geschnittenen Serie er- gibt folgende Befunde: Auf der normalen Seite sind 5 Schlundfalten entwickelt. Sie erreichen mit Ausnahme der 1. das Ecetoderm, beteiligen sich aber, wie schon bei der Besprechung der normalen Entwicklung erwähnt wurde, kaum an der Bildung der äußeren Kiemen. Die 3. Schlundspalte ist nur durch eine dünne ectodermale Verschlußmembran geschlossen, die übrigen sind wenig entwickelt. Auf der operierten Seite sind alle 5 Schlundfalten vorhanden. Die 5. ist kurz und endet blind, die 4. erreicht mit ihrer Spitze das Eetoderm, ohne doch fester damit zu verschmelzen. Die 3. Schlundfalte ist fast normal, die in- nere Tasche ist sehr tief. An der Berührungsstelle dringt das Eetoderm, welches Morpholog. Jahrbuch. 47. 33 500 Gunnar Ekman hier eine tiefe Kiementasche bildet (Fig. 40), in das distale Ende der Falte und spaltet es in einen oralen und einen caudalen Teil, so wie es bei der typischen Entwicklung geschieht. Die Verschlußmembran der Spalte besteht sowohl aus Ecto- wie Entoderm. Auch die 2. Schlundfalte verschmilzt distal mit einer typisch ausgebildeten ecetodermalen Kiementasche. Die vorderste von den drei gedrehten Kiemenreihen liegt im Empfänger oral von der Berührungsstelle der 2. Schlundfalte mit dem Eetoderm. Sie wird noch oral von einer typischen Kiementasche, die blind im Mesoderm endet, be- grenzt. Zwischen der 2. und 3. Schlundfalte des Empfängers liegt die mittlere Kiemenreihe des Transplantates und zwischen der 3. und 4. die, hinterste. Im Fig. 49. Nr. 13(12). Horizontalschnitt durch die Kiemenregion derselben Larve wie Fig. 39. Ecto- und Ento- derm hier nicht unterschieden. X I—III1.—3. Kiemenreihe; K'I—III1.—3. gedrehte, aus dem Trans- plantat entstandene Kiemenreihe; Re Riechepithel; SfI—V 1.—5. Schlundfalte. Besonders zu be- achten ist, daß die 3. gedrehte Kiemenreihe oral von der 2. Schlundfalte liegt! Vergr. x 47. ganzen sind vier typische eetodermale Kiementaschen vorhanden: die erste oral von der 1. Kiemenreihe, die zweite zwischen der 1. und 2. in Verbindung mit der 2. Schlundfalte, die dritte zwischen der 2. und 3. in Verbindung mit der 3. Schlundfalte und die vierte schließlich caudal von der 3. Kiemenreihe in Ver- bindung mit der 4. Schlundfalte. Das Entoderm des Empfängers hat sich in diesem Falle am Aufbau der gedrehten Kiemen beteiligt, allerdings nur in sehr ge- ringem Maße. Durch den größeren Dottergehalt des Entoderms und die starke Pigmentierung des Eetoderms kann man die beiden Sehiehten noch unterscheiden. Die orale Kiemenreihe ist fast rein eetodermal. Nur vereinzelte Entodermzellen von dem distalen Ende der zweiten Schlundfalte liegen proximal unter dem Eetoderm. Die Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 501 mittlere Kiemenreihe besitzt etwas mehr Entodermzellen, indem hier am Aufbau derselben, wie bei der normalen Entwicklung, sowohl die 2. wie besonders die 3. Schlundfalte etwas mitbeteiligt sind. Doch reichen die Entodermzellen nur ein kurzes Stück in die Kieme hinein; diese ist sonst aus rein ectodermalem Material gebildet. Die dritte Reihe schließlich besitzt nur einige Entodermzellen, welche von der 3. Schlundfalte des Empfängers herstammen; von der 4. erhält sie gar keine. Wir können folglich behaupten, daß in diesem Fall die gedrehten, sowie auch die normalen Kiemenfäden fast rein ectodermal sind. Doch sind diese Kiemen nicht so beweisend wie die früher erwähnten Bauchtransplantationen und die im vorigen Fall beschriebenen ge- drehten Kiemen, da bei allen jenen jegliche Betätigung des Ento- derms als Material am Aufbau der Kiemen sicher ausgeschlossen ist. Dagegen ist bei diesen Drehungen eine frühe formative Reiz- wirkung des Entoderms des Spenders auf viele dieser Kiemenbil- dungen sicher unmöglich gewesen. Schon bei der Bespreehung der äußeren Form der Kiemen habe ich darauf hingewiesen, daß es sich hier um die typischen drei vordersten (sog. äußeren) Kiemen- reihen handelt. Sie sind nur in umgedrehter Lage. Die Annahme wird vollständig gesichert durch die Tatsache, daß die am meisten oralwärts gelegene fremde Kiemenreihe oral von der 2. Schlundfalte des Empfängers entsteht. Hier bilden sich normal keine Kiemen (siehe Fig. 35C, rechte Seite). Daß dies jetzt geschieht, kann nur dadurch erklärt werden, daß bei der Transplantation mit dem ver- lagerten Eetoderm an diese Stelle eine der Kiemenanlage entspre- chende Stelle des fremden Eetoderms gekommen ist. Diese hat sich dann gemäß der dem betreffenden Eetoderm innewohnenden pro- spektiven Potenz weiter entwickelt. Weilim ganzen drei Kiemenreihen vorhanden sind und das Eetoderm gedreht ist, kann es sich nur um die 3. typische Kiemenreihe des Spenders handeln. Die beiden im Emp- fänger caudalwärts folgenden sind also die 2. und 1. Reihe des Spenders. Die Verbindung zwischen den ecto- und entodermalen Anlagen der Kiemen ist, wie aus dem Früheren hervorgeht, folgen- dermaßen erfolgt: (1)—5’, 2—4, 3—3', 4—2', d. h. fast genau so, wie in dem Schema (Fig. 35C) angenommen wurde. In dem obigen Falle wissen wir, daß der Entstehungsort der 3. (ectodermalen) Kiemenreihe zur Zeit der Operation weit ab vom Entoderm liegt und durch eine dieke Mesodermschicht von ihm ge- trennt ist. Sie bildet sich nämlich zwischen der 4. und 5. Schlund- 33* 502 Gunnar Ekman tasche, die zur Zeit der Operation noch gar nicht ausgestülpt waren. Auch für die 2. Kiemenreihe kommt eine formative Reizwirkung des Entoderms aus ähnlichen Gründen kaum in Betracht. Diese ist aber gerade die am besten entwickelte von den 3 erzielten Kiemen- reihen. Es läge nahe, anzunehmen, daß zwar bei der Bildung der 2. und 3. Kiemenreihe das Entoderm des Spenders, die 3.—D. Schlundfalte, ausgeschaltet war, daß aber vicariierend dafür das Entoderm des Empfängers, die 2. und 3. Schlundfalte, hätte eintreten können, weil bei diesen Taschen wirklich eine Berührung mit dem Ecetoderm des Transplantates und sogar eine Beteiligung einzelner vorgewanderter entodermaler Zellen am Aufbau der Kieme nachzuweisen ist. Bei der 3. Schlundtaseche würde es sich sogar um die gleiche eetodermale Tasche handeln, nur wäre diese in umgedrehter Lage. Dabei bliebe aber die Tatsache unerklärt, daß zwischen 1. und 2. Schlundtasche des Empfängers Kiemenfäden entstanden sind. Das dort befindliche typische Eetoderm bildet keine solchen. Es bliebe noch der Ausweg übrig, eine Mitwirkung des Ento- derms anzunehmen, in folgender Überlegung: wenn im typischen Geschehen diese Stelle des Entoderms die Fähigkeit besäße, die Kiemenbildung durch einen morphogenen Reiz in die Wege zu leiten, so müßte doch diese Potenz latent bleiben, wenn das zugehörige Eetoderm nicht imstande wäre, auf jenen Reiz zu antworten (etwa so wenig wie Baucheetoderm, das in die Kiemengegend verpflanzt wird, im Sinne der Entoderm-Hypothese Kiemenfäden bildet); die Potenz könnte sich aber äußern, sobald reaktionsfähiges Eetoderm — und das ist ja das dorthin verpflanzte Eetoderm des 2.—5. Bogens — Kontakt mit ihm gewinnt. Dieser Einwand ist aber durch die Bauch- transplantationen bei Rana fusca zu widerlegen. Denn bei diesen sahen wir, daß aus Ectoderm des Spenders, welches nie mit Schlund- falten in Berührung war, Kiemen entstehen können ohne Mitwirkung der Sehlundfalten des Empfängers. Dieselbe Erscheinung kommt auch bei dem zuerst beschriebenen Fall von Drehung zum Vorschein. Es ist also eine Einwirkung des Entoderms für die Bildung von Kiemenfäden (äußere Kiemen) bei Rana fusca bis zu dem Stadium der Entwicklung, das in diesen Fällen erreicht wurde, bestimmt nicht nötig. In den beiden jetzt beschriebenen Fällen von Kiemenbildung aus gedrehtem Eetoderm handelt es sich um Kiemenfäden, die ohne Cireulation waren. Als eine wichtige Ergänzung zu diesen Fällen Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 503 seien die zwei folgenden erwähnt, bei welchen die Kiemen wirklich ihre Funktion ausübten. Bei diesen sind wir in der Lage, die Be- deutung der Blutgefäße näher zu analysieren. Versuchstier Nr. 54a (1913). Operiert links, früh im II. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 5 Tagen. Am 2. Tage nach der Operation entstanden links Kiemen. In Fig. 41 sind diese am 4. Tage, als sie den Höhepunkt ihrer Entfaltung erreicht hatten, ab- gebildet. Die ‚rechtsseitigen Kiemen waren zu dieser Zeit kaum größer. Man sieht hier sehr deutlich, daß die orale von den zwei Kiemenreihen vollständig der Form der typischen 3. Reihe entspricht. Sie ist hier nur etwas größer als die entsprechende Kieme auf der rechten Seite. Die hintere Reihe ist wieder eine ganz typische 2. Kiemenreihe, nur ist sie umgedreht, indem die dorsale und ven- trale Seite ihren Platz gewechselt haben. Die typische 1. Reihe, die hier caudal von Fig. 41. der 2. zu erwarten wäre, ist nicht ent- N wickelt. Dies erfolgt höchstwahrsche in- lich durch eine Beschädigung des An- lagematerials bei der Operation. Die Cireulation dieser Kiemen war sehr lebhaft. Am 5. Tage fingen sie schon an, stark zu atrophieren. Gleich- zeitig bildete sich eine Ringfalte — schon in Fig. 41 angedeutet —, welche sie proximal etwas zusammenschnürte. Es kann sich hier nur um eine Entwicklung Nr. 54a (13). Rana fusca. Die linken Kiemen # in dorsaler Ansicht 4 Tage nach der Drehung der Opereularfaltenanlage ım gedrehten des Kiemeneetoderms im II. Stadium. Es sind Eetoderm handeln. die typische 2. und 3. Kiemenreihe, X II—III, Bei der Fixierung, 5 Tage nach gebildet; Op Opercularfaltenanlage. Vergr. X 30. der Operation, waren die rechtsseitigen Kiemen fast vollständig bedeckt, die linken proximal durch eine Ringfalte zu- geschnürt und stark zurückgebildet. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, daß u.a. ein kleines Stück des Hörbläschens mitgedreht ist. Links bricht die 3. Schlundspalte durch, die 2. und 4. Schlundfalte berühren das Eetoderm, ohne daß es zur Spaltenbildung gekom- men ist, die 5. Schlundfalte endet blind. Die beiden linken Kiemenreihen liegen etwas mehr ventral als die ent- sprechenden auf der normalen Seite. Die orale Reihe sitzt auf dem 1. und die caudale auf dem 2. Kiemenbogen des Empfängers. Die Verbindung zwischen dem gedrehten Kiemenectoderm und den Schlundfalten erfolgt nach unserer Be- zeichnung folgendermaßen: 2—5’, 3—4’, 4—3. \ Auf der rechten Seite sind die zuerst angelegten sog. äußeren Kiemen auch fast vollständig atrophiert und schon durch ziemlich große sog. innere ersetzt. Dagegen sind auf der operierten Seite nur die zwei Reihen (die 2. und 3.) äußere Kiemen, aber keine inneren entwickelt. Weil hier das ganze Kiemenecto- derm gedreht wurde, wäre zu erwarten, daß die inneren Kiemen, wenn sie aus Eetoderm entstanden wären, dorsal von den äußeren Kiemen zum Vorschein gekommen wären. ; Da die Fixierung des Versuchstieres verhältnismäßig spät er- 504 Gunnar Ekman folgte, ist nicht mehr mit Sicherheit zu entscheiden, inwiefern am Aufbau der linksseitigen Kiemen das Entoderm mitbeteiligt ist. Mit aller Wahrscheinlichkeit sind höchstens von der 3. Schlundfalte des Empfängers nach der Operation entodermale Zellen in die Kiemen- anlagen eingedrungen, von der 2. und 4. keine. Deshalb können diese Kiemen, was ihr Epithel anbetrifft, als eetodermal bezeichnet werden. Als eine Ergänzung zu dem obigen Fall sei hier noch der fol- gende angeführt: Versuchstier Nr. 54b (1913). Operiert links früh im I. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 6 Tagen. Zwei Tage nach der Operation entstanden links Kiemen. In Fig. 42 sind diese am 3. Tage abgebildet. Es han- Fig. 42. delt sich hier um eine typische 1. und 2. Kiemenreihe des Spenders, die 3. fehlt vollständig. Am 4. Tage waren diese Kiemen noch größer und ihre Form mehr typisch, als in unserer Abbildung. Be- sonders deutlich war zu sehen, daß die zweite Reihe, die hier oral von der ersten Reihe liegt, die dorsale und ventrale Seite vertauscht hatte. Die typische erste Reihe war die ganze Zeit etwas unregelmäßig und verhältnismäßig klein. Die Circula- tion in diesen Kiemen war sehr lebhaft. Nr. 54b (13). Rana fusca. Die linken Kie- Bei der Fixierung waren die rechts- men in dorsaler Ansicht 3 Tage nach der seitisen Kiemen bedeekt, die linken da- Drehung des Kiemenectoderms im II. Sta- & dium. Es sind die 1. und 2. Kiemenreihe, gegen unbedeckt und fast total atrophiert. KI-II, gebildet. Vergr. X 30. Die Atrophie begann am 5. Tage. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, daß nur die 2. und 3. Schlundfalte das Eetoderm berühren, die 4. und 5. endigen blind. Offene Spalten sind nicht gebildet. Die orale Kiemenreihe sitzt auf dem ersten und die caudale auf dem zweiten Kiemenbogen des Emp- pfängers. Die Verbindung zwischen dem gedrehten Kiemenectoderm und den Schlundfalten erfolgt nach unserer Bezeichnung: 2—4’, 3—3’, (4)—2’. Auch in diesem Falle sind auf der operierten Seite keine in- neren Kiemen gebildet, sondern nur die äußeren der 1. und 2. Reihe. Den direkten Anteil des Entoderms am Aufbau der gedrehten Kiemen kann man nicht mehr sicher feststellen. Aller Wahrscheinlichkeit- nach sind diese aus fast rein ecetodermalem Material gebildet. Durch die Bauchtransplantationen und teilweise auch durch die Drehungsversuche ist früher festgestellt, daß bei Rana fusca das Eetoderm allein ohne irgendwelchen formativen Reiz von der Seite » anderer Gewebe zur Kiemenbildung fähig ist. Dabei stellt sich aber, eben bei den Bauchtransplantationen, heraus, daß die weitere Ent- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 505 wieklung solcher Kiemen, die ohne Blutgefäße sind, eine sehr be- schränkte ist. Sie gehen bald zugrunde, ohne die typische Größe zu erreichen. Wir können hier von einer Inaktivitätsatrophie (Roux) sprechen. Bei den zwei zuerst besprochenen Drehungsversuchen wird die Bedeutung der Blutgefäße noch kaum erklärt. Im ersten Falle besitzt die verlagerte Kieme kein Blutgefäß, im zweiten, wo alle drei Reihen vorhanden sind, sind die Gefäße kaum noch in Funktion getreten und fehlen sogar in der oralen Reihe. Dagegen sind die zwei zuletzt angeführten Fälle für die Lösung der Frage nach der Bedeutung der Blutgefäße bei der Kiemenbildung besonders gut geeignet. Es zeigt sich, daß, trotzdem die Kiemenfäden auf Kiemenbogen entstanden sind, zu welchen sie im typischen Geschehen nicht ge- hören, die fremden Kiemengefäße, und mit diesen Mesoderm, doch in die vom Ectoderm gebildeten Fäden hineinwachsen können und Cireulation aufweisen. Die Kiemenfäden sind besonders groß und vollständig ausgebildet, ein deutlicher Beweis dafür, daß die Gefäße für die Ausgestaltung der Fäden notwendige Faktoren sind. ‘Aber andererseits geht ebenso deutlich hervor, daß die charakte- ristische Form jeder Kiemenreihe nicht im geringsten von den Blut- ‚gefäßen bestimmt wird, sondern schon in der ectodermalen Anlage determiniert ist. So z. B. wird die in Fig. 41 abgebildete typische 3. Kiemenreihe durch das 1. Kiemenbogengefäß besorgt. Könnte dieses Gefäß wirk- lich einen formativen Reiz ausüben, dann müßte man erwarten, hier eine typische 1. Kiemenreihe zu finden. Der Umstand, daß hier die Kiemenreihe etwas größer ist als auf der normalen Seite, erklärt sich wahrscheinlich daraus, daß hier die Cireulation früher ansetzt und lebhafter ist als auf dem 3. Kiemenbogen, zu welchem die Kieme im typischen Falle gehören sollte. Es wäre also eine Aktivitäts- hypertrophie. Die in Fig. 42 abgebildete typische 1. Kiemenreihe des Spenders wird durch das 2., und die 2. typische Kiemenreihe durch das 1. Kiemenbogengefäß des Empfängers besorgt. Auch hier übt das Gefäß also keinen formativen Reiz aus. Dass die typische 1. Kiemen- reihe hier etwas zu klein ist, könnte man darauf zurückführen, daß die Cireulation weniger lebhaft ist als in einem typischen Fall auf dem 1. Kiemenbogen. Ob hier wirklich die Ausgestaltung dieser Kiemenreihe durch eine verminderte Blutzufuhr oder durch andere 506 Gunnar Ekman Ursachen (z. B. Beschädigung bei der Operation) gehemmt wird, kann nicht sicher entschieden werden. Auffallend ist noch, daß die 2. typische Kiemenreihe in Fig. 41 deutlich gedreht ist, obgleich sie hier durch ihr typisches Gefäß be- sorgt wird. Auch hier ist also das Ectoderm allein formbestimmend. In Übereinstimmung mit allen typischen sog. äußeren Kiemen bei Rana fusca gehen auch diese verlagerten Kiemen, obgleich sie eine normale Circulation aufweisen, verhältnismäßig bald zugrunde. Es handelt sich also um einen typischen Vorgang. e) Versuche an Bombinator (Stadien mit Kiemen). Nachdem wir die eindeutigen experimentellen Belege für die Bedeutung des Eetoderms bei der Kiemenbildung von Rana fusca kennen gelernt haben, kehren wir zu Bombinator zurück, bei welchem verwickeltere Zustände bestehen, und beschäftigen uns mit den- jenigen Fällen, bei denen schon sichtbare Kiemen gebildet sind. Hierbei kann von meinem Material nicht jeder Fall einzeln be- schrieben werden; ich habe nur die charakteristischsten ausgewählt. Ich will schon hier, um später eine ständige Wiederholung zu ver- meiden, betonen, daß wenn nichts anderes gesagt wird, es sich bei den gedrehten Kiemen nur um die erst auftretende, also um die orale Reihe auf jedem Bogen, handelt. Versuchstier Nr. 199 (1911). Operiertim III. Stadium links, homoplastische Transplantation, fixiert nach 24 St. Äußerlich waren bei der Fixierung auf der normalen Seite zwei Kiemen- reihen mit Circulation zu sehen, die 3. war noch sehr klein. Auf der operierten Seite sah man drei kleine Vorwölbungen, von denen die mittlere ventral ge- spalten war (Fig. 43). Wie die Schnittserie zeigt, sind diese drei Vorwölbungen wirkliche Kiemenanlagen. Mit dem transplantierten Ectodermstück sind fast das ganze Hörbläschen und die Nerven VII+ VIII mitgedreht. Auf der operierten Seite sind alle fünf Schlundfalten des Empfängers gut entwickelt und berühren das Ectoderm, aber die 4. und 5. nur mit ihrer Spitze. Die drei sichtbaren Kiemenanlagen alter- nieren mit typisch entwickelten äußeren ectodermalen Kiementaschen. Be- sonders tief (Fig. 44) ist diejenige zwischen der 2. und 3. Kiemenreihe. Wie der Horizontalschnitt zeigt, dringt sie in das distale Ende der 3. Schlundfalte hinein und spaltet es in fast normaler Weise. Die 2. Schlundfalte berührt die zwischen der 1. und 2. Kiemenreihe liegende Tasche. Sogar oral von der 1. Kiemen- anlage ist eine Tasche angedeutet, die das distale Ende der 1. Schlundfalte berührt. In dem Schnitt, welchen Fig. 44 darstellt, ist dies nicht deutlich zu sehen. Weniger ausgeprägt wird caudal die hinterste Kiemenreihe durch eine Tasche begrenzt. Von den erwähnten Anlagen der drei Kiemenreihen liegt die orale zwischen der 1. und 2. Schlundfalte des Empfängers, also auf dessen Hyoid- bogen. Normalerweise entsteht hier nie eine Kieme. In diesem Falle fehlen alle Entodermzellen, die Anlage ist rein eetodermal; sie muß bei der Transplantation Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 507 an diese Stelle gebracht worden sein. Die mittlere Reihe, die am besten ent- wiekelt ist, sitzt auf dem 1. Kiemenbogen des Empfängers. Von der 2. und besonders von der 3. Schlundfalte dringen einige entodermale Zellen in dieselbe hinein, etwa wie bei der normalen Entwicklung. Den Unterschied zwischen Eeto- und Entoderm sieht man gut. Doch muß auch diese Kiemenanlage als eine hauptsächlich eetodermale Bildung aufgefaßt werden. Dasselbe gilt auch für die hinterste Kiemenanlage. Daß es sich in diesem Fall um die drei ectodermalen Kiemen- reihen des Spenders handelt, ist sicher. Ganz besonders spricht da- für der Umstand, daß oral von der 2. Schlundfalte des Empfängers, Fig. 44. Fig. 43. ya Nr. 199(11). Bombinator-Larve 1 Tag nach der Nr. 199 (11). Horizontalschnitt durch die Kiemen- Drehung des Kiemenectoderms im III. Stadium. gegend derselben Larve wie Fig. 43. Ecto- und DieKiemen eben angedeutet. Hd’ gedrehte Haft- Entoderm unterschieden. Kt III—V 3.—5. äußere drüse; X’ I/ gedrehte Kiemenreihe des Spenders. (ectodermale) Kiementasche; K’II 2. gedrehte Vergr. X 13. Kiemenreihe des Spenders; Sf V 5. Schlundfalte. Vergr. X 56. also auf seinem Hyoidbogen, eine Kiemenanlage sitzt, die nichts anderes als die 3. typische Reihe des Transplantates sein kann. Ziehen wir die typisch entwickelten ectodermalen Kiemenfurchen in Betracht, so ergibt sich folgender Befund für die Beziehungen zwischen Ento- und Eetoderm: 4—2’, 3—3’, 2—4', 1—5’; es ent- spricht dieser Befund dem Schema in Fig. 35C. Dieser Fall ist ein Beweis dafür, daß auch bei Bombinator die Kiemenentwicklung an die im Ectoderm schon bei der Operation vor- handenen Anlagen gebunden ist. Weil die Operation erst im III. Stadium gemacht. wurde, waren die Taschenleisten 1—3 des Spenders schon in Berührung mit dem Entoderm, die 4. und 5. aber nieht. Möglicherweise sind bei ersteren sogar vereinzelte Entoderm- zellen mitgedreht. Bei denen ist also nicht ausgeschlossen, daß die 508 Gunnar Ekman Berührung mit dem Entoderm bereits eine gewisse Rolle für die Differenzierung des Eetoderms vor der Operation gespielt haben konnte, oder daß nach der Operation vicariierend das Entoderm des Empfängers die Rolle übernommen hat. Für die vom Entoderm unabhängige Differenzierung des Eetoderms spricht doch hier das Vorhandensein einer Kiemenanlage oral von der 2. Schlundfalte des Empfängers. Typischerweise wird hier nur das Operculum und keine Kiemenfäden gebildet. In diesem Falle hat diese Anlage, die 3. Reihe des Spenders, vor der Operation keine Beziehungen zum Entoderm des Spenders gehabt, da sie zwischen 4. und 5. Schlundfalten entsteht, welche beide noch nicht zur Zeit der Operation das Ectoderm berühren. Auch nachträglich auf dem Empfänger ist diese Kiemenanlage rein eetodermal, sie wird nur proximal von der 1. und 2. Sehlundfalte berührt. Nun kann man gewiß den Einwand machen, daß der Anstoß zur Entwicklung der eetodermalen Kiemenanlage durch die beiden Schlundfalten ge- geben wird. Diese Annahme ist wohl nicht direkt als unrichtig zu beweisen, ist aber sehr unwahrscheinlich, da in der typischen Ent- wicklung die Schlundfalten an der betreffenden Stelle keine, für die Kiemenbildung ausschlaggebende, Reizwirkung ausüben. Durch die Bauchtransplantationen ist übrigens schon nachgewiesen, daß das Kiemeneetoderm ohne Anregung des Entoderms die Kiemenbildung anfangen kann. Nach meinen Erfahrungen bei anderen ähnlichen Fällen zu ur- teilen, wären in diesem Fall, falls die Entwicklung des Versuchs- tieres nicht durch die Fixierung abgebrochen worden wäre, die Kiemenanlagen weiter differenziert. Die 3. Schlundspalte wäre sicher durehgebrochen, möglicherweise auch die 2. und 4. Die zwei hinteren Kiemenreihen hätten Cireulation bekommen; in der oralen von ihnen sind schon jetzt deutliche Gefäßanlagen vorhanden. Versuchstier Nr. 206 (1911). Operiert linksimII. Stadium, fixiertnach 2 Tagen, Autoplastik. Bei der Fixierung waren rechts drei Reihen Kiemenfäden mit Cireulation vorhanden, eine Opereularfalte angedeutet, links kleinere unregelmäßige, etwas nach vorn gerichtete Kiemenanlagen ohne Circulation. Ein kleines Stück des Hörbläschens ist mitgedreht und liegt ventral von den Kiemen. Die Schlund- falten sind gut ausgebildet, die 2. und 3. erreichen das Ectoderm, die 1., 4. und 5. endigen blind. Im gedrehten Eetoderm sind vier Kiementaschen zu sehen, oral und caudal von jeder Kiemenreihe. Die vorderste ist nicht besonders deutlich. Auf der normalen Seite ist die 3. und 4. Schlundspalte offen, auf der ope- rierten die 3. (Fig. 45). Die etwas unregelmäßigen, gedrehten Kiemen des Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 509 Spenders lassen sich in drei Reihen anordnen. Die vorderste liegt oral von der 2. Schlundfalte, die mittlere zwischen der 2. und 3. und die hinterste caudal von der 3. Die zwei hinteren: haben deutliche Blutgefäße. Das Entoderm beteiligt sich nur wenig am Aufbau der gedrehten Kiemen. In Fig. 45 sieht man diese nieht deutlich, weil sie mehr ventral liegen als der Schnitt geführt ist. In diesem, wie im vorigen Fall steht fest, daß es sich um die drei vordersten typischen ectodermalen Kiemenreihen des Spenders handelt. Die Vereinigung des Eeto- und Entoderms erfolgt wieder: Nr. 206(11). Horizontalschnitt durch die Kiemenregion einer Bombinator-Larve 2 Tage nach der Drehung des Kiemenectoderms im II. Stadium. Z Eeto-Entoderm; K' 7, III1., 3. gedrehte Kiemen- reihe des Spenders. Sf II--V 2.—5. Schlundfalte. Vergr. X 45. (4—2', 3—3', 2—4', (1)—5’, also dem Schema in Fig. 35C ent- sprechend. Dieser Fall stellt einen noch deutlicheren Beweis als der vorige dafür dar, daß die Kiemenentwieklung von den schon bei der Ope- ration vorhandenen, ectodermalen Anlagen des Spenders abhängig ist. Da die Operation im II. Stadium ausgeführt wurde, hätten nur die 1. und 2. Taschenleiste vom Eetoderm beeinflußt sein können. Bereits für die 2. Kiemenreihe, die zwischen 3. und 4. Taschenleiste zu erwarten ist, ist dies ausgeschlossen, noch mehr für die 3. Später hätte allerdings in diesem Falle vieariierend eine Beeinflussung durch die neuangeknüpfte Verbindung mit den Schlundfalten des Emp- fängers erfolgen können. Nach dieser Richtung ist also dieser Fall nieht ganz eindeutig. Versuchstier Nr. 135 (1911). Operiert links im III. Stadium, fixiert nach 3 Tagen, Autoplastik. Es entwickelten sich auf der operierten Seite am 2. Tage nach vorn ge- richtete kleine Kiemenanlagen. Bei der Fixierung waren rechts die Kiemen von 510 Gunnar Ekman der Opercularfalte vollständig bedeckt. Links ist (Fig. 46) eine ganz besonders typische, von caudal und dorsal nach ventral und oral sich entwickelnde Oper- eularfalte vorhanden. Oral von dieser liegen, teilweise von ihr bedeckt, stark nach vorn gerichtete Kiemenfäden. Diese besaßen bei der Fixierung Cireulation. Nach Erfahrungen bei ähnlichen Fällen zu urteilen, wären diese Kiemen binnen 2 Tagen von der Opereularfalte vollständig bedeckt und in einen Peribranchial- raum eingeschlossen worden. Caudal und ein wenig ventral von der gedrehten Opereularfalte sieht man eine tiefe Einbuchtung der Haut. Am Boden dieser liegt die Extremitäten- anlage. Es handelt sich hier um die Anlage des caudalen Teiles des normalen Peribran- chialraumes. Bei der Operation ist also der caudale Schnitt durch das Ectoderm so ge- führt, wie das Schema, Fig. 35 A, veranschau- licht. . Die Schlundfalten des Empfängers sind auf der operierten Seite alle gut ausgebildet. Mit dem Eetoderm in Berührung kommen aber nur die 3. und 4. Dabei brechen die betreffenden Spalten durch. Die sehr typisch ausgebildete Opercular- falte bietet uns einen sicheren Anhaltspunkt Nr. 135 (11). Bombinator-Larve 3 Tage für die Beurteilung der Lage des gedrehten nach der Drehung des Kiemenectoderms Eetoderms im Verhältnis zu den Schlund- a rer a er en falten. Oral von der Opereularfalte, [Fig. 50], Arehte Haftdrüse: Op’ gedrehte Oper- liegt die offene 4. Schlundspalte, dann kom- cularfalte, Vergr. > 15. men weiter oralwärts zwei Reihen Kiemen, welche auf dem 2. und 1. Kiemenbogen des Empfängers sitzen. Es sind die 1. und 2. Kiemenreihe des Spenders, welche typischerweise zum 2. und 3. Bogen gehören. Eine dritte mehr orale Reihe ist kaum angedeutet. Die 2. Schlundfalte berührt, wahrscheinlich infolge einer Be- schädigung bei der Operation nicht das Eetoderm, wie dies auf der normalen Seite der Fall ist. Die Verbindung zwischen Eeto- und Entoderm erfolgt in diesem Falle nach unserer Bezeichnung: 4—2’, 3-3’, 2)—4'. Eine neue interessante Tatsache tritt bei diesem Fall zutage. Durch die Kombination 4—2’ ist wider Erwarten eine offene Spalte entstanden. Bei Bombinator bricht, wie bei der typischen Entwick- lung geschildert wurde, die 2. Schlundspalte nicht nach außen durch. Folglich wird man im Eetoderm an der entsprechenden Stelle keine Disposition für einen Durchbruch erwarten. Daß er trotzdem erfolgt, ist erklärlich, wenn man bedenkt, daß die beteiligte 4. Schlundfalte regelmäßig durchbricht. Das Entoderm hat also hier die Ent- scheidung. Die nähere Besprechung dieser und ähnlicher Fälle folgt später. Neu ist auch in diesem Fall für Bombinator, daß zwei etwas Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 511 unregelmäßige, aber deutlich mit Circulation versehene Kiemen- reihen entstehen. Verfolgt man die Schnittserie von dorsal nach ventral, so ist deutlich zu sehen, daß in der caudalen Kiemenreihe, schon dorsal von der Vereinigungsstelle des Ecetoderms mit dem Entoderm, zwei Kiemenfäden mit Blutgefäßen vorhanden sind. Wie Fig. 47 zeigt, sind diese rein ectodermale Bildungen. Das Epithel besteht aus einer einschichtigen Eetodermschicht, welche eine direkte Fortsetzung des zweischichtigen Kopfectoderms bildet. Nur in der Spitze des Kiemenfadens sind zwei Reihen Eetodermzellen vor- handen. Dicht am Epithel liegt das Endothel des Ge- Fig. 47. fäßes.. Die Kieme ist also ganz normal gebaut. Verfolgt man die Schnitte in ventraler Richtung, so ist deutlich zu sehen, wie die folgenden Kiemenfäden von der das Ecto- derm berührenden Schlund- falte entodermale Zellen be- kommen. Diese Zellen dringen aber nicht tief hinein. Folglich müssen auch diese Fäden als ectodermal bestimmte Bildun- gen bezeichnet werden, um SO Nr. 135(11). Horizontalschnitt durch einen dorsalen mehr, als auch ihre orale Rich- linken Kiemenfaden derselben Larve wie Fig. 46. Bk Blutkörperchen; D Dotterkörnchen; DS Deck- tung ein Beweis für die form- schicht; End Endothel; X’ 1—-II 1—2. gedrehte bestimmende Rolle des Eoto- """rite, 5 Sinnesschicht: Verg.>e2 derms gegenüber dem Ento- derm, ist. Den Unterschied zwischen Eeto- und Entoderm sieht man in diesem Falle histologisch sehr deutlich, weil jenes vollkommen dotterfrei ist, dieses dagegen große Dotterkörnchen besitzt. In Fig. 47 ist eine von diesen Entodermzellen sichtbar (D); einige Schnitte tiefer reicht die ganze Schlundfalte bis an das Eetoderm heran. Der vorliegende Fall ist insofern interessant, als die Cireulation, die schon erwähnt wurde, auch in rein eetodermalen Kiemen- fäden beobachtet wurde. Rein ectodermale Kiemen einigermaßen weit zu züchten, ist mir oft gelungen. Dagegen ist es schwer, gleich- zeitig auch Circulation zu bekommen. Wie die normale Entwicklung lehrt, werden die Kiemengefäße bei Bombinator früh vom Entoderm eingeschlossen. Deshalb gelingt es schwer, in ihrem Gebiet eine 512 Gunnar Ekman rein ectodermale Kieme zu erzeugen. Doch liegt dorsal von der Stelle, an welcher die Schlundfalten das Eetoderm berühren (siehe Fig. 13), eine hierfür günstige Stelle; in der Tat haben sich auch in diesem Falle die eetodermalen Kie- Fig. 48. men an jener Stelle gebildet. So- viel meine Experimente zeigen, bil- den nur die Schlundbogengefäße Kiemencapillaren; von anderen Kopf- gefäßen habe ich nie Kiemengefäße erhalten. Versuchstier Nr. 198 (11). Operiert links im Anfang des III Stadiums, fixiert nach 2 Tagen, Autoplastik. Auf der operierten Seite entstand fast gleichzeitig eine etwa um 180° ge- der Drehung des Kiemenectoderms im III. Sta- drehte Opereularfalte und oral von dieser dium. Die gedrehten Kiemen von der Oper- Kiemenanlagen. Bei der Fixierung waren eularfalte fast bedeckt. Hd’ gedrehte Haft- ‘ diese äußerlich kaum zu sehen (Fig. 48), drüse; Op’ gedrehte er Ver- weil sie klein und von der Falte bedeckt BrOBEERnp ee waren. Die normale Seite hatte halb be- deckte Kiemen. Ein Stück des Hörbläschens ist mitgedreht und liegt ventral von den Kiemen. Die 2. und 5. Schlundfalte endigen blind, die 3. und 4. berühren das Eetoderm und die betreffenden Spalten brechen durch. Die außerordentlich Nr. 198(11). Bobinator-Larve 2 Tage nach Fig. 49. Nr. 198 (11). Horizontalschnitt durch die Kiemenregion derselben Larve wie Fig. 48. Ex Extremi- tät; X'I—III1.—83. gedrehte Kiemenreihe des Spenders; Op’ gedrehts Opereularfalte; SfIV 4. Schlund- falte; P Pericardialhöhle; Rh Rachenhaut; * hinterer Rand des gedrehten Ectodermstückes, Veı- größerung X 32. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 513 typische, wenn auch noch wenig entwickelte Opercularfalte gestattet in diesem Fall mit größter Wahrscheinlichkeit die Lage des gedrehten Eetodermstücks festzustellen. Die oral von dieser liegenden Kiemenfäden lassen sich in drei Reihen anordnen, Fig. 49, 50. Die hinterste sitzt auf dem 2. Kiemenbogen des Empfängers, die mittlere auf dem 1. Kiemenbogen und die wenig entwickelte vorderste auf dem Hyoidbogen. Die Vereinigung zwischen Eeto- und Entoderm hat hier folgendermaßen stattgefunden: 4—2’, 3-3, (2)—4’, (1)—5’. Hervorgehoben sei, daß auch in diesem Fall ein Durchbruch deı Spalte bei der Kombination 4—2’ stattfindet. In diesem, wie im vorigen Falle kommt das gedrehte Eetoderm wohl in Berührung mit den Schlundfalten. Dagegen beteiligt sich das Entoderm des Emp- Fig. 50. Fig. 51. Hd’ Schematischer Horizontalschnitt durch die Kie- Nr. 99 (11). Bombinator-Larvein seitlicher An- menregion derselben Larve wie Fig.49. Ex Ex- sicht 3 Tage nach der Drehung des Kiemenecto- tremität; X’ I—1I/ 1.—3. gedrehte Kiemenreihe derms im 1I. Stadium. X’ gedrehte Kiemen des des Spenders; Op' gedrehte Opercularfalte. Spenders; K regenerierte Kiemen des Empfängers; N Nase; Op' gedrehte Opercularfalte. Vergr. X 15 fängers histologisch kaum direkt am Aufbau der gedrehten Kiemen. Folglich sind sie, wie in den früheren Fällen, ein Beweis für die formbildende Bedeutung des Ecetoderms. Versuchstier Nr. 99 (1911). Operiert im II. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 3 Tagen. Das Operationsprotokoll gibt an, daß das gedrehte Stück weit oral ver- schoben wurde, wobei caudal von diesem eine breite offene Lücke durch regene- riertes Ectoderm bedeckt werden mußte. Am 2. Tage entwickelten sich weit oral kleine nach vorn gerichtete Kiemenanlagen. Das Aussehen des Versuchs- tieres am 3. Tage zeigt Fig. 51. Dicht caudal und ventral vom Auge liegen fünf nach vorn gerichtete Kiemenfäden. Diese sind caudal von einer kleinen Opereularfalte begrenzt. Eine Circulation wurde in diesen Fäden nicht wahr- genommen. Caudal von der 1. Kiemengruppe folgt noch eine 2., bestehend aus etwa vier ganz kleinen Anlagen. Zwischen diesen liegt mitten drin, als eine tiefe Einsenkung, die Öffnung einer offenen Schlundspalte, hier die 3. des Empfängers. Auf der normalen Seite sind die Kiemen von der Öpercularfalte etwa halb bedeckt. 514 Gunnar Ekman Das Hörbläschen und die Nerven VII-+-VII sind mitgedreht und liegen weit ventral von den Kiemen. Infolge einer Beschädigung bei der Operation ist ventral von der Hörbläschenanlage ein kleines Stück losgesprengt; es hat sich zu einem kleinen Nebenhörbläschen entwickelt. Das Kiemengebiet dieses Tieres habe ich als Wachsmodell plastisch rekon- struiert, um ein genaues Bild davon zu gewinnen (Fig. 52). Merkwürdigerweise sind nur die 2. und 3. Schlund- falte entwickelt, die übrigen sind stark rückgebildet. Für die 4. und 5. Falte war nicht zu erwarten, obgleich sie auch keine Beziehung zum Eeto- derm haben, daß sie schon so früh fast total zugrunde gehen. Die einzige mögliche Ursache dafür sehe ich darin, daß nach der Transplantation bei der Heilung der Haut- wunde, die im Gebiet dieser U zwei Schlundfalten lag, diese : 5 durch Abstoßung von Zellen NT < beschädigt und zusammen- gepreßt wurden und folglich in ihrer Entwicklung zurück- blieben. Die 2. Schlundfalte steht in Beziehung zu der vorderen Kiemengruppe und ist distal stark nach vorn ge- Fig. 52. Photographie eines Wachsplattenmodells, welches die linke bogen, sonst kräftiger als Kiemenregion desselben Tieres wie Fig. 51 darstellt; ven- A trale Ansicht. Nur das Eceto- und Entoderm sind berück- die entsprechende auf der siehtigt. Die Grenzen zwischen den beiden Schichten sind normalen Seite (Fig. 53), die nicht im Bild zu sehen. Ek Ectoderm(Haut); K regenerierte distal schon ganz dünn ist. Kiemen des Empfängers; KI Kiemen aus dem gedrehten Die gedrehten vorderen Eetoderm des Spenders entstanden; Mb Mundbucht; SfI—V e n 5 1.5. Schlundfalte. Vergr. X 61. Kiemen stehen in zwei Reihen dicht oral von der Operecular- falte; von dieser durch eine tiefe äußere Kiementasche begrenzt, liegt ein großer Kiemenfaden mit Blutgefäßen. Weiter oral von diesem, wieder durch eine sehr typische, mit der 2. Schlundfalte in Berührung tretende Kiemen- tasche begrenzt, folgen die übrigen Fäden. Die Kiemenreihen absolut sicher zu identifizieren, gelingt in diesem Falle nicht, weil die Kiemen unregelmäßig ge- stellt sind. Nach der Stellung zur typischen, wenn auch noch unentwickelten Opercularfalte zu urteilen, hätten wir Angehörige der 1. und 2. Reihe des Emp- fängers vor uns, die 3. Reihe ist nicht entwickelt. Da die Kiemenfäden neben der Opereularfalte sitzen, nehme ich an, daß in dem gedrehten Stück zwischen Operculum und den nebensitzenden Kiemen eine Kiementasche (die zweite) nicht eutlich entwickelt ist. Die Verbindung zwischen Eeto- und Entoderm erfolgt nach unserer Bezeichnung: (3])—2’), 2—3’, (1)—4’, also in etwas anderer. Weise als im Schema Fig. 35C. Das Besondere dieses Falles ist die orale Lage der gedrehten Ur ya (rl + Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 515 Kiemen und die Biegung der 2. Schlundfalte oralwärts. Erklärt wird dieses dadurch, daß mit dem gedrehten Stück die Kiemenanlagen weit oral verschoben sind. Die Biegung der Schlundfalte ist wahr- Fig. 53. Nr. 99(11). Horizontalschnitt durch den ventralen Teil der Kiemenregion derselben Larve wie in der vorigen Figur. Der Durchbruch der 3. linken Schlundfalte erfolgt etwas mehr ventral als dieser Schnitt liegt. K' I-II 1.—2. gedrehte Kiemenreihe des Spenders; Op' gedrehte Opereularfalte; Rh Rachenhaut. Vergr. >< 36. scheinlich in folgender Weise auf rein mechanische Ursachen zurück- zuführen. Es hat wahrscheinlich früh eine Verbindung 2—3’ statt- gefunden. Durch das Wachstum der Opereularfalte wurde das oral von dieser liegende Gebiet etwas nach vorn gedrängt, und dabei auch die dritte äußere Tasche und das mit dieser verbundene di- stale Ende der Schlundfalte in dieser Rich- tung ausgezogen. Eine offene Spalte hat sich hier nicht gebildet. Ich denke mir, daß die 1. Taschenleiste des Transplantats nicht rechtzeitig mit der 3. Schlundfalte in Verbindung trat und deshalb von dieser immer weiter wegrückte. Die 3. Schlund- tasche des Empfängers hat infolgedessen die Verschiebung nach vorn nicht mitgemacht, sondern ist in typischer Weise nach hinten a ne gewachsen, um dort Verbindung mit dem Re- Larve wie Fig. 53. K' III 1. bis generat (3. ectodermale Kiementssche das mr one Spenders; K regenerierte Kiemen Empfängers) zu finden. Die 3. ectoder- des Empfängers; 0p' gedrehte = : 3 Opereularfalte; SFI-V 1—5. male Kiementasche ist also 2mal gebildet, Schlundfalte. Morpholog. Jahrbuch. 47. 34 516 Gunnar Ekman einmal vorn vom Spender und einmal weiter hinten vom Empfänger. Bei starker Vergrößerung ist der histologische Unterschied zwi- schen Eeto- und Entoderm sehr deutlich im Gebiet der Kiemen zu sehen; man kann. daraus erkennen, daß in die vorderen Kiemen- fäden nur einige Entodermzellen eingedrungen sind. Die zwei dor- salen Fäden der oralen Reihe sind sogar rein ectodermal. Die Entwicklung der 3. Sehlundfalte, welche mit dem Eetoderm in Berührung kommt, und das Durchbrechen der betreffenden Spalte bieten einen einzig dastehenden Fall unter meinen Drehungsversuchen. Die kleinen Kiemenanlagen liegen oral und caudal von der Spalte und enthalten alle einige entodermale Zellen. Wie sind nun diese Kiemenanlagen zustande gekommen? Nach meiner Erfahrung können bei Drehungen Kiemen da entstehen, wo im Eetoderm des Spenders Anlagen von solchen vorgebildet sind. Hier kann es sich aber nicht um solche handeln, denn es ist zweifellos, daß alle diese im ge- drehten Stück oral von der Opereularfalte liegen, Fig. 54. Auch ist nicht anzunehmen, daß es sich um ursprüngliches, an der typischen Stelle zurückgelassenes Kiemenectoderm des Empfängers handelt, denn in diesem Falle müßten die 4. und 5. Schlundfalte unbeschädigt sein und die 3. Kiemenreihe hätte sich normal entwickeln müssen. Es muß sich deshalb um ein Regenerat von Kiemen handeln. Da der hintere Rand des gedrehten Stückes oral von der 3. Schlund- falte liegt, so ist das Gebiet caudal von dieser durch regeneriertes Eetoderm gebildet. Charakteristisch ist, daß es da, wo die 3. Schlundfalte das neu entstehende Eetoderm be- rührt, zur Kiemenbildung gekommen ist. Das gleiche werde ich später an besonderen hRegenerationsver- suchen noch beschreiben. Versuchstier Nr. 187 (1911). Operiert links im I. Stadium, Autoplastik; fixiert nach 3 Tagen. Ein verhältnismäßig großes Eeto- dermstück wurde umgedreht und gleich- zeitig etwas nach vorn verschoben. \ Am 2. Tage bildeten sich weit oral Nr.187 (11). Bombinator-Larve 3 Tage nach deutliche Kiemenanlagen und caudal von der Drehung des Kiemenectoderms im I.Sta- diesen eine Opereularfalte. Fig. 55 zeigt dium, Ex Lage der Extremität; X’ gedrehte das Tier bei der Fixierung am 3. Tage. Kiemen des Spenders ; Op’ gedrehte Opercular- 2 5 R falte; *Grenze zwischen dem gedrehten und Durch die Drehung des Eetoderms ist in unberührten Ectoderm. Vergr. X 13. diesem Fall eine sehr typische Drehung Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 517 der Opereularfalte und der Kiemen erfolgt. Auffallend ist ihre orale Lage. Die Kiemenfäden, in welchen bei der Fixierung eine schwache Cireulation zu sehen war, sind größtenteils von der Opercularfalte bedeckt. Bei der Operation ist etwa ?/; des Hörbläschens nebst dem distalen Teil der Nerven V, VIL+ VII und IX +X mitgedreht, und diese liegen jetzt ven- tral von den Kiemen, ein Stück der linken Haftdrüse dagegen dorsal von diesen. Den Munddarm der operierten Seite habe ich nach der horizontalen Schnitt- serie graphisch rekonstruiert. Fig. 56A zeigt denselben in dorsaler und Fig. 56B Fig. 56 A. Fig.56 B. Nr. 157 (11). Eine graphische Rekonstruktion der linken Seite des Kiemendarmes derselben Larve wie Fig.55. A in dorsaler, B in ventraler Ansicht. In A ist nur im untersten Schnitt das Ecto- derm dargestellt, in B Teile desjenigen Ecetoderms, welches mit dem Entoderm in Berührung tritt. Ek Ectoderm; K’ gedrehte Kiemen des Spenders ; Op' gedrehte Opercularfalte; Sf I—V 1.—5. Schlund- falte; Z Einstülpungen des Ectoderms des Spenders in Kontakt mit der 3. Schlundfalte. Vergr. X 70. in ventraler Ansicht. Alle Schlundfalten, auch die 1., sind gut ausgebildet, aber nur die 2. und 3, berühren das Eetoderm, die übrigen enden blind. Von der 3. Schlundfalte geht, etwa in ihrer Mitte, eine ganz dünne Spitze bis in die Nähe der Haut. Diese sendet ihr einen schmalen Faden entgegen, so daß das Ento- und Ectoderm sich berühren. Mehr ventral geht ein zweiter langer ectodermaler Faden bis zum Entoderm. Diese beiden ectodermalen Einstülpungen sind äußer- jich auf der Haut nicht zu sehen; sie haben auch gar nicht die Form einer ectodermalen Kiementasche. Eine solche wäre in dem Eetoderm des Spenders an dieser Stelle nicht zu erwarten, da die Lage des Operculums im gedrehten Stück dies ausschließt. Die Entstehung dieser Hauteinstülpungen kann ich mir nur schwer erklären, Ähnliche Fadenbildungen kommen in anderen Fällen ab und zu vor, aber immer an ganz beliebigen Stellen und ohne irgendwelchen Zusammenhang mit dem 34* 518 Gunnar Ekman Entoderm. Möglicherweise werden sie durch eine Beschädigung des Ectoderms bei der Operation verursacht. In diesem Fall könnte man aber daran denken, daß unter dem Einfluß des Entoderms die Bildung von ectodermalen Kiemen- taschen möglich sei, auch da, wo im transplantierten Eetoderm keine vorgebildet sind. Ich glaube, daß dies nicht zutrifft, denn sonst hätte ich sicher häufiger solche Fälle zu Gesicht bekommen. Ich bin deshalb geneigt, den Zusammen- hang dieser Eetodermbildungen mit dem Entoderm für einen Zufall zu halten. Eine ganz eigenartige Form besitzt die 2. Schlundfalte, die in Berührung mit den weit oral liegenden Kiemen steht. Dorsal ist sie ganz normal, aber ventral und distal sehr stark nach vorn gebogen, Fig. 56. Ventral zwischen dem Hyoid- und dem 1. Kiemenbogenknorpel schnürt sich das Ende der Falte stark zusammen, breitet sich dann wieder aus und berührt auf einer ziemlich großen Fläche das Ectoderm, welches hier eine tiefe Einsenkung bildet. Auf der normalen rechten Seite ist das distale Ende der entsprechenden Falte in 3 typischer Weise fast atrophiert; man sieht nur Fig. 57. noch ventral eine ganz dünne Reihe dotterhaltiger Re Zellen, die bis zur Haut hinreichen. In der Umgebung der Berührungsstelle der 2. Schlundfalte mit dem Ectoderm sind 5 ziem- lich lange Kiemenfäden im Transplantat entstan- den. Durch das Vorhandensein der sehr typischen Öpereularfalte gelingt es mit einiger Wahrschein- lichkeit, die Lage des gedrehten Eetoderms fest- zustellen. Daß die Operecularfalte nur aus der ur- ser sprünglichen eetodermalen Anlage entstanden sein kann, ist klar. Sonst könnte man unmöglich er- klären, wie sie überhaupt zustande gekommen wäre. Die gedrehten Kiemen lassen sich in zwei, wenn auch nicht ganz typische, Reihen anordnen, Schematischer Horizontalschnitt eine dritte fehlt, Fig. 57. Die eine liest oral, durch die linke Kiemenregion der- die andere caudal von der Berührungsstelle der selben Larve wie Fig. 56. A'I-II 2, Schlundfalte mit dem Eetoderm. Drei ecto- 1.—2. gedrehte Kiemenreihe des dermale Kiementaschen sind vorhanden, die mitt- Spenders; Z ectodermale Einstül- E R a e N a lere zwischen den beiden Kiemenreihen ist be- sonders tief und in Berührung mit der 2. Schlund- falte. Ein Durchbruch der 2. Kiemenspalte findet nicht statt. Die Verbindung zwischen Ecto- und Entoderm hat danach in diesem Fall in folgender Weise statt- gefunden: (3)—2’, 2-3’, 1)—4. In diesem Fall ist eine Ähnlichkeit mit dem vorhergehenden darin zu erkennen, daß die Opercularfalte und die Kiemen weit oral liegen; es hängt dies anscheinend mit verschiedenen Ursachen zusammen. Bei der Transplantation ist erstens das gedrehte Stück etwas nach vorn geschoben, so daß die Verbindung zwischen Ecto- und Entoderm nach dem Schema: 4—1’, 3—2’, 2—3’, 1—4' hätte stattfinden können. In der Tat erfolgt nur die Verbindung 2—3'. Die Biegung der 2. Schlundfalte nach vorn kann erst nach der Transplantation erfolgt sein, und zwar durch den Druck der nach vorn wachsenden Öpercularfalte.e Die 2., 3. und 4. ectodermale 9p sp! se Experiment. Untersuchungen über die Entwieklung der Kiemenregion usw. 519 Kiementasche des Transplantates lagen anfangs mehr caudal, wurden aber dann nach vorn verschoben und gleichzeitig mit ihnen das distale Ende der 2. Schlundfalte des Empfängers, das mit der 3. Tasche des Spenders verbunden ist. Daß der Druck der nach vorn wachsenden ÖOpercularfalte auf die betreffenden Eetoderm- partien derart einwirken kann, hängt mit der geringen Befestigung des sanzen Ectoderms mit dem Entoderm in diesem Gebiet zusammen. Hervorzuheben ist, daß trotz der passiven Verschiebung nach vorn das distale Ende der 2. Schlundfalte weniger atrophiert ist als das entsprechende auf der normalen Seite. Im typischen Geschehen, wenn 2—2’ sich vereinigen, tritt bald Atrophie ein; hier ist in dieser Kombination der ectodermale Komponent geändert, da statt 2’ in unserem Fall3’ gesetzt ist. Es läßt dies auf eine besondere Rolle des Eetoderms schließen. Darauf werde ich später näher eingehen. Die Beteiligung von Entoderm des Empfängers am Aufbau der Kiemen des Transplantates ist in diesem Fall mikroskopisch sehr deutlich zu erkennen, weil das Entoderm noch viel und das Ectoderm gar keinen Dotter enthält. Bei starker Vergrößerung bemerkt man, daß der dorsalste Kiemenfaden in beiden Reihen vollkommen dotterfrei ist, die übrigen aber innen proximal teilweise mit dotterhaltigen Zellen bekleidet sind. Die verhältnismäßig wenigen, mit dem Eetoderm in Berührung kommenden Entodermzellen sind für die Form und Größe der gedrehten Kiemenfäden belanglos. Dagegen ist hier vollkommen die Beteiligung oder Beeinflussung seitens des Entoderms des Spenders auszuschließen, weil das Transplantat vom I. Stadium ent- nommen wurde. In diesem findet an keiner Stelle im Kiemengebiet eine Berührung des Entoderms mit dem Eetoderm statt. Es sind also sämtliche gebildete Kiemenfäden ohne direkte Berührung durch das Entoderm des Spenders aus dessen Eetoderm entstanden. In den verlagerten Kiemen am lebendigen Tiere war eine schwache Cireulation erkennbar. Die Blutgefäße lassen sich durch die mikroskopische Untersuchung wohl feststellen; doch ist die genauere Verfolgung derselben wegen ihrer Unregelmäßigkeit schwierig. So viel habeich ermitteln können, daß sich die Kiemen- gefäße von dem Arcus Aortae des 1. Kiemenbogens abzweigen. Ihre Lage und Form zeigt, daß sie gleichzeitig mit den Kiemen nach vorn mitgewandert sind. Versuchstier Nr. 219 (1911). Operiert links im Anfang des II. Stadiums, homoplastische Transplantation. Das fremde Eetoderm von einem sehr jungen Tier im I. Stadium genommen. 520 Gunnar Ekman Es bildeten sich links etwas unregelmäßige Kiemenanlagen, die am 3. Tage Cireulation besaßen. Sie liegen zu dieser Zeit noch offen, Fig. 58, während die Kiemen auf der rechten Seite vom Operculum fast bedeckt sind. Caudal und ventral von den Kiemenfäden erhebt sich auf der operierten Seite eine kleine Falte, die als eine verspätete Opercularfalte gedeutet werden muß. Erfahrungen aus vielen ähnlichen Fällen machen es wahrscheinlich, daß auch hier diese ring- förmige Hauterhebung um die Kiemen herum einen später geschlossenen Peri- branchialraum gebildet hätte. Links liegt ventral von den Kiemen ein fast normal großes Hörbläschen. Die Haftdrüse des Transplantates befindet sich caudal und dorsal von diesen. Hieraus geht hervor, daß das transplantierte Stück wirklich gedreht ist. Seine Lage nur durch diese Merkmale genau zu bestimmen, gelingt nicht. Fig. 58. Fig. 59. Nr. 219(11). Bombinator-Larve 3 Tage nach der Schematischer Horizontalschnitt durch die linke Drehung des Kiemenectoderms im I. Stadium, Kiemengegend derselben Larve wie Fig. 58. K'I— homoplastische Transplantation. X’ gedrehte III 1.—3. Kiemenreihe des Spenders; SfI—V Kiemen des Spenders; Op’ gedrehte Opercular- 1.—5, Schlundfalte; Op’ Opercularfalte des Spen- falte. Vergr.X 13. ders, Von den Schlundfalten erreichen die 3., 4. und 5. das Eetoderm. Die 3. und 4. Spalte brechen durch, die 5. nicht, weil die Falte nur mit ihrer Spitze das Eetoderm berührt. Distal ist die 2. Schlundfalte zurückgebildet. Sie ist wahr- scheinlich von Anfang an mit dem Ectoderm nicht in Kontakt gewesen. Fig. 59 stellt ein Schema eines Horizontalschnittes durch die Kiemenregion dieses Tieres dar. Die Kiemen stehen deutlich in drei Reihen; sie sind die typischen Reihen der drei ersten Kiemenbogen des Spenders. Alle besitzen Blutgefäße. In diesem Falle muß die Vereinigung zwischen Eeto- und Entoderm folgen- derweise stattgefunden haben: 5—2’, 4—3’, 2—4’, (1)—5’, also nach einem anderen Modus als dem des Schemas der Fig. 35C. Das ganze Kiemengebiet (die Opereularfalte ausgenommen) ist bei diesem Tier auffallend regelmäßig und reich entwickelt. Es Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 521 handelt sich um Eetoderm, welches von einem viel jüngeren Tier (Spender) stammt als das Versuchstier selbst (Empfänger) zur Zeit der Operation war, und welches bis zur Transplantation keinerlei Beziehungen zum Entoderm gehabt haben kann. Wenn eine Ein- wirkung nachzuweisen wäre, so könnte diese nur vom Entoderm des Empfängers ausgehen. Dieses, als das entwickeltere, hätte hier eine günstige Gelegenheit gehabt, einen bestimmenden Einfluß aus- zuüben, falls es einen solchen besitzt. Untersuchen wir aber die Verhältnisse näher, so ergibt sich das eine, daß im Eetoderm die Zahl und Wachstumstendenz der Kiemen- fädenanlagen und Kiementaschen bereits vor der Operation spezifi- ziert waren, und daß sie durch das Entoderm nicht umgestimmt wurden. Die im Empfänger zuhinterst liegende (3.) Kiemenreihe wird caudal von einer sehr tiefen Tasche begrenzt, die von dem gedrehten Eetoderm gebildet ist. Sie ist nach meiner Analyse die 2. ectoder- male Tasche, die hier infolge der unregelmäßigen Opereularfalten- bildung etwas atypisch ist. Zur Bildung einer offenen Spalte ist es hier nicht gekommen. Die 3., hinterste Kiemenreihe (von der 4. ist keine Spur vorhanden) ist etwas kräftiger entwickelt als die ent- sprechende auf der normalen Seite. Wäre das Entoderm der ent- sprechenden Schlundfalten als Faktor für die Größenentwieklung der Kiemenfäden bestimmend, so müsste man erwarten, daß diese auf der operierten und nicht operierten Seite gleich stark wären. Da aber die betreffenden Kiemenfäden sich etwa so verhalten, wie die Fäden des 1. Kiemenbogens, welche in der Entwicklung schneller fortschreiten als die des 3. Bogens, so kann die Bestimmung über ihr Wachstum nur vom ectodermalen Teile der ursprünglichen 1. Kiemenreihe ausgehen, aus dem sie der Situation nach auch wirk- lich entstanden sind. Die im Empfänger zuvorderst liegende Kiemen- reihe verhält sich der Größe nach umgekehrt wie die hinterste, indem sie viel kleiner ist, als auf der rechten normalen Seite. Eine Ursache dafür könnte, wenn man von sonstigen Beschädigungen bei der Operation absieht, darin gesucht werden, daß die 2. Schlundfalte nicht das Eetoderm erreicht und folglich bei der Bildung dieser Kiemenreihe keinen Anteil nehmen könnte. Gänzlich zurückweisen läßt sich diese Annahme nicht. Viel näher liegend, und im Einklang mit dem Befund an den vorhin besprochenen Kiemen ist es anzu- nehmen, daß die geringe Entwicklung der vordersten Kiemenreihe vielmehr darauf zurückzuführen ist, daß auch hier das Eetoderm 522 Gunnar Ekman maßgebend ist, denn die ectodermale Anlage der typischen 3. Kiemen- reihe, um welche es sich handelt, ist immer weniger weit entwickelt als die 1. und 2. Reihe und auch auf der normalen Seite des Empfängers noch verhältnismäßig klein. Am besten entfaltet ist die mittlere Kiemenreihe, wenn sie auch Unregelmäßigkeiten darbietet. Am Aufbau der Kiemenfäden beteiligt sich das Entoderm des Empfängers (ausgenommen das der 5. und 2. Schlundfalte) mit einer dünnen Schicht von Zellen. Den Unterschied zwischen Eeto- und Entoderm sieht man proximal in den Kiemenfäden noch einiger- maßen gut. In diesem Falle läßt sich darüber nichts aussagen, ob das Entoderm des Empfängers als Material bei der Kiemenfäden- bildung entbehrt werden kann wie in früheren Fällen. Versuchstier Nr. 100 (1911). Operiert links im II. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 5 Tagen. Am 2. Tage waren etwas unregelmäßige und weiter oral als sonst gelegene Kiemenanlagen sichtbar. Am 3. Tage entstand Cireulation und eine Opereular- faltenanlage caudal und dorsal von den Kiemen. Am 4. Tage hatte die Oper- ceularfalte die Kiemen ringförmig umschlossen und am 5. Tage war nur noch ein kleines Loch offen, durch welches einige Kiemenfäden hervortraten. Vom Hörbläschen liegt dorsal nur der Duetus endolymphatieus als eine längliche Blase, der übrige Teil nebst den Nerven VII + VII ist gedreht und befindet sich ventral von den Kiemen. Die Schlundfalten sind alle gut ausgebildet und mit deutlichen Siebvor- richtungen versehen. Durch die ringföürmige Opercularfalte ist ein großer Peri- branchialraum gebildet worden. In diesem öffnet sich nur die distal etwas nach vorn gebogene 3. Kiemenspalte, die anderen brechen nicht durch. Die Kiemen- zäden des gedrehten Transplantates sind gut entwickelt und stehen in 3 Reihen. Sie fangen an sich zu verzweigen. Auf der normalen Seite sind die ersten Kiemen ebenfalls in Umwandlung begriffen. Caudal von der durchbrechenden Falte befindet sich die zuhinterst liegende Kiemenreihe, die ihre Blutgefäße von dem 2. Kiemenbogengeräß des Empfängers bezieht. Die mittlere Reihe sitzt auf dem 1. Kiemenbogen des Empfängers. Sie ist die 2. Reihe des Spenders. Oral von dieser liegt noch in einer Ausbuchtung des Peribranchialraumes eine Gruppe von etwas zurückgebildeten, blutgefüßlosen Kiemenfäden. Es sind also in diesem Fall alle drei eetodermalen Kiemenreihen entwickelt. Die Verbindung zwischen Eeto- und Entoderm hat in folgender Weise stattgefunden: (4\—2’, 3—3’, (2)—4’, (1)—5’. Es entspricht also dem Schema in Fig. 35. In diesem Falle hat eine Vereinigung 4—2’ anfangs wahrschein- lich nicht stattgefunden und sicher keine zwischen 2—4’. Später ist mit der Opercularfalte die eetodermale 2. Tasche weit nach vorn geschoben worden. Da histologisch die Grenzen zwischen Ecto- und Entoderm in diesem Stadium nieht mehr auseinanderzuhalten sind, kann mit dem Mikroskop nicht direkt nachgewiesen werden, welchen Anteil das Entoderm am Aufbau der Kiemenfäden hat. Doch kommt Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 523 die 1. und 2. Kiemenreihe des Spenders in diesem Falle nur auf der einen Seite in Berührung mit dem Entoderm des Empfängers; die 3. Kiemenreihe wird überhaupt nicht von ihm erreicht. Da aber die Anlage für die 2. und 3. Kiemenreihe zur Zeit der Operation (II. Stadium) keine Beziehungen zum Entoderm des Spenders be- sitzen konnten, denn die angrenzenden Entodermtaschen (3, 4 und 5) waren noch nicht entwickelt, so ist in diesem Falle die 2. Kiemen- fädenreihe sehr wahrscheinlich und die 3. Reihe sicher ohne Mitwirkung des Entoderms ent- standen. Versuchstier Nr. 200 (1912). Operiert links im II. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 5 Tagen. Am 2. Tage entwickelten sich Kiemenanlagen, dieam 3. Tage schon Cireulation besaßen. Gleichzeitig ent- stand auch caudal von diesen eine Hauterhebung, die sich bald in eine Ringfalte um die Kiemen herum um- bildete. Am 4. Tage waren nur noch die distalen Enden der Kiemen äußer- lich zu sehen. Fig. 60 zeigt das Ver- suchstier am 5. Tage. Das kleine Loch, welches zum Peribranchialraum führt, hätte sich nach meinen Erfahrungen bei Nr. 200 (12). Bombinator-Larve 5 Tage nach der ähnlichen Fällen zu urteilen in ein paar Drehung des Kiemenectoderms im I], Stadium. Taren vollkommen: zeschlosse Hd‘ gedrehte Haftdrüse; K ' gedrehte Kieme des 5 5 Ben. Spenders, die durch ein Loch aus dem linken Mit dem Eetoderm sind fast das gedrehten Peribranchialraum hervortritt ;,$ Spira- ganzeHörbläschenunddieNerven VII+ culum; * caudale Grenze des gedrehten Eeto- VIII wie auch ein Teil der Nerven IX + derms. Vergr. X 17. X mitgedreht. Dorsal sind noch der Ductus endolymphaticus und ein losgesprengtes kleines Bläschen von der unbe- rührten Labyrinthanlage entwickelt. Von den Schlundfalten berühren nur die 2. und 3. das Eetoderm, die übrigen enden blind. Die 3. Schlundfalte bricht durch und öffnet sich in den von der Ringfalte um die Kiemen herum gebildeten Peri- branchialraum. Die Kiemen des Spenders gruppieren sich in zwei deutlichen Reihen. Oral von diesen sieht man noch Andeutungen einer, wahrscheinlich schon zurückgebildeten 3. Reihe. Die caudale Reihe, die besonders lange Kie- menfäden mit deutlichen Blutgefäßen hat, sitzt auf dem 1. Kiemenbogen des Empfängers. Zwischen dieser und der oralen Reihe liegt eine tiefe und typische äußere Kiementasche, die mit der 2. Schlundfalte in Berührung steht. Der distale Teil dieser Falte ist schon stark atrophiert, so daß nur ein schmaler, dorsaler und ventraler Strang bis zum Eetoderm hinreicht. Auf der normalen Seite ist das entsprechende distale Ende vollkommen verschwunden. Oral wird die 2. Kiemenreihe, die ohne Blutgefäße und etwas in Zurückbildung begriffen ist, von einer blind endigenden ectodermalen Tasche begrenzt. Oral von dieser sind Gunnar Ekman 524 noch kleine Andeutungen einer 3. Reihe zu sehen. Da die Opercularfalte caudal von den Kiemen entstanden ist, dürfen wir annehmen, daß es sich hier um die drei ectodermalen Kiemenreihen des Spenders handelt. Die Verbindung zwischen Ecto- und Entoderm hat in folgerder Weise stattgefunden: 3—2’, 2-3’, (1)—4’, also abweichend vom Schema in Fig. 35C. In diesem Fall entsteht bei der Kombination 3—2’ eine offene Spalte. Es ist dies ein Parallelfall und eine Ergänzung zu früher mitgeteilten Befunden. Interessant ist noch, daß die Atrophie der 2. Schlundfalte des Fig. 61. Nr. 200 (11). Bombinator-Larve 2 Tage nach der Schematischer Horizontalschnitt durch die Kie- Drehung des Kiemenectoderms im III. Stadium. Später wurden bei derselben Larve die Kiemen vollständig eingeschlossen und die Öffnung des Peribranchialraumes wuchs zu. Hd’ gedrehte Haftdrüse; K’ gedrehte Kiemen des Spenders. Vergr. = 13. menregion derselben Larve wie in der vorigen Figur, 4 Tage nach der Operation. Links ist der gedrehte Peribranchialraum geschlossen. Rechts sind die beiden Kiemenreihen auf den 3 ersten Kiemenbogen entwickelt; die Fäden der oralen Reihe sind schon etwas verzweigt. Ex Extremi- tät; okII, ckII orale und caudale Kiemenreihe auf dem 2. Kiemenbogen; K'’I—-III 1.—3. ge- drehte Kiemenreihe des Spenders. Empfängers aufgehalten ist. Es handelt sich hier offenbar um eine Einwirkung der 3. eetodermalen Kiementasche des Spenders, die mit der betreffenden Schlundfalte sich verbindet. Versuchstier Nr. 200 (1911). Operiert links im III. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 4 Tagen. Die schon nach einem Tag entstandenen Kiemenanlagen lagen etwas weiter oral als sonst und hatten nach 2 Tagen Cireulation. Eine ringförmige Oper- cularfalte war vorhanden (Fig. 61). Nach 3 Tagen war diese weiter entwickelt, so daß ein fast geschlossener Peribranehialraum gebildet war. Am 4. Tage wurde die äußere Öffnung dieses Raumes vollkommen geschlossen. Das Hörbläschen ist in zwei etwa gleichgroße Teile gespalten. Nur die 3. Schlundspalte ist offen. Die2. Schlundfalte steht mit dem Eetoderm in Ver- bindung. Das distale Ende dieser Falte ist noch nicht vollkommen atrophiert Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 525 wie auf der normalen Seite. Das Eetoderm ist an der Berührungsstelle als eine typische äußere Kiementasche nach innen eingebuchtet. Ein offener Durchgang besteht hier nicht. Die Kiemenfäden des Transplantates sind etwas klein und fangen an sich zu verzweigen. Denselben Vorgang kann man auch bei den normalen Kiemen beobachten. Die Kiemenfäden des Transplantates stehen in drei Gruppen, wenn auch diese nicht ganz typisch sind, Fig. 62. Der Umstand, daß die hinterste Reihe caudal von der 3. Schlundspalte und die vorderste oral von der Berührungs- stelle der 2. Schlundfalte mit dem Eetoderm liegen, berechtigt zur Annahme, daß die Vereinigung zwischen Ecto- und Entoderm in folgender Weise statt- fand: (4—2’, 3—3’, 2—4', (1)—5’; also analog der Fig. 35C. Dieser Fall besitzt Parallelen zu früher beschriebenen Befunden. Es haben sich auf dem Hyoidbogen Kiemenfäden gebildet zum Un- terschied vom typischen Entwieklungs- gang, in welchem sie fehlen. Weiter Fig. 63. besteht noch die Verbindung der ; 2. Schlundfalte mit dem Eetoderm. Die Atrophie ist hier aufgehalten. Es sind dies Anzeichen für die Aktivität des Eetoderms bei den betreffenden Entwicklungsprozessen. Versuchstier Nr. 179 (1911). Operiert links im I. Stadium, Auto- plastik, fixiert nach 3 Tagen. Das Operationsprotokoll* gibt an, daß das umgedrehte Eetodermstück verhältnis- mäßig groß war. Die Wunde heilte glatt, einen Tag nach 1A. 2 RR RT Da LBES » = nach der Drehung des Kiemenectoderms der Operation sah das Tier fast normal aus. ;m I. Stadium. X' I-III 1.—3. Kiemen- Am 2. Tage entstanden deutlich gedrehte reihe des Spenders; Op’ gedrehte Oper- Kiemenanlagen. Das Aussehen des Ver- eularfalte. Vergr. X 15. suchstieres bei der Fixierung stellt Fig. 63 dar. Aufder normalen Seite sind die Kiemen von der Opereularfalte beinahe voll- ständig bedeckt. Links sind eine nach vorn gedrehte sehr typische Opereularfalte und oral von dieser drei Reihen etwas unregelmäßige, stark nach vorn gerichtete Kiemenfäden vorhanden. Die zwei hinteren Reihen besaßen bei der Fixierung eine deutliche Cireulation. Die vorderste Reihe ist sehr klein. Im Vergleich mit der normalen Seite liegen diese Kiemen etwas zu weit dorsal. Wenn ich nach Erfahrungen aus zahlreichen ähnlichen Fällen urteilen darf, so wäre auch in diesem die Opereularfalte weiter gewachsen und hätte in ein paar Tagen einen geschlossenen Peribranchialraum um die Kiemen herum gebildet. Vom Hörbläschen ist nur der Duetus endolymphaticus zurückgeblieben. Mitgedreht sind das übrige Labyrinth, die Nerven VII + VIII und der distale Teil vom Nervus V. Diese liegen ventral und etwas caudal von den Schlund- falten. Sie sind durch Wachstumsveränderungen von ihrer ursprünglichen Lage zum Ectoderm verschoben, eine Erscheinung, die oft in älteren Stadien bei meinen Drehungsversuchen vorkommt. Ein Stück von der Haftdrüse liegt dorsal 526 Gunnar Ekman von den Kiemen. Für die Beurteilung der Lage und Entwicklung des gedrehten Eetodermstückes bieten die typische Operecularfalte und die drei Kiemenreihen Fig. 64. Nr. 179 (11). Horizontalschnitt durch die linke Hälfte der Kiemenregion derselben Larve wie Fig. 63. Die 2.und 4. Schlundspalte öffnen sich an der Körper- oberfläche etwas mehr ventral als der abgebildete Schnitt geht. Mh Mundhöhlenwand; Op’ gedrehte Opercularfalte des Spenders; Sf [I V2.—5.Schlund- falte; V, VII + VIII gedrehte Teile der gleich- ’ bezeichneten Nerven. Vergr. X 34. Fig. 65. Schematischer Horizontalschnitt durch die Kiemen- region derselben Larve wie Fig. 63, K' I-III 1. bis 3. Kienrenreihe des Spenders; Op’ gedrehte Oper- eularfalte. einen sicheren Anhaltspunkt. Aus- genommen die 1. Schlundfalte, die wahrscheinlich bei der Operation et- was beschädigt wurde, sind die übrigen gut entwickelt. Die 5. en- digt blind, die anderen berühren das Eetoderm und die betreffenden Spal- ten brechen durch. Oral von der Operecularfalte liegt die 4. Schlund- falte, die ventral durchbricht (Fig. 64, 65). Die zuhinterst liegende Kiemen- reihe sitzt auf dem 2. Kiemenbogen des Empfängers, liegt also zwischen seiner 4. und 3. Schlundfalte, die mittlere sitzt auf dem 1. Kiemen- bogen und wird oral durch die cha- rakteristischerweise durchbrechende 2. Schlundspalte des Empfängers be- grenzt. Diese ist sehr deutlich, wenn auch nicht groß. Sie dringt durch den ventralen Teil der Falte durch. Diese ist hier nicht zurückgebildet, auf der normalen Seite dagegen di- stal schon ganz atrophiert. Oral von dieser Spalte sieht man noch kleine Anlagen einer zuvorderst liegenden 3. Kiemenreihe. Nach diesen Befun- den haben also in diesem Falle zwi- schen Eeto- und Entoderm folgende Verbindungen stattgefunden: 4—2’, 3—3’, 2—4’, (1)—5’; also entsprechend dem Schema in Fig. 35C. Man kann sich hier wieauch in anderen Fällen fragen, ob nicht möglicherweise die so schön entwickelten Kiemen- spalten dadurch zustande ge- kommen sind, daß das betref- fende Eetoderm durch Rege- neration, also vom Empfänger allein, neugebildet ist, indem bei der Operation diese Stellen nicht vom transplantierten Eeto- derm bedeckt wurden. Es ist deshalb wichtig, sich hier zu überzeugen, daß ein solcher Irrtum ausgeschlossen ist. Für die 4. Spalte kann es Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 527 nicht zutreffen, dafür bürgt die Lage zu der gedrehten Opereularfalte. Daß die 2. Schlundspalte hier wirklich durchgebrochen ist, würde auch nicht durch eine solche Annahme erklärt. Die Lage der 3. Kiemenreihe des Spenders kann ebenfalls nicht damit in Über- einstimmung gebracht werden. Es ist also sicher, daß sowohl an der Kiemenbildung wie an der Spaltenbildung das gedrehte Eeto- derm des Spenders beteiligt ist. Das Interessante in diesem Falle liegt darin, daß es zum Durchbruch sowohl bei der Verbindung 2—4’ wie auch 4—2’ kommt. Schon früher haben wir einige Fälle gehabt (Versuchstier Nr. 135 (1911), 198 (1911), 200 (1912), 187 1911), in welchen bei der Ver- bindung 4—2’ (3—2’) eine Spalte entstand. Dieser Fall ist der einzige, in welchem auch bei der Kombination 2—4’ ein Durchbruch erfolgt. Aus unserem Schema Fig. 35C ergibt sich, daß eigentlich in beiden Fällen keine offene Spalte entstehen sollte, denn normaler- weise brechen bei Bombinator weder 2 noch 2’ durch. Daß es in diesem Falle geschieht, kann nur durch die Beeinflussung einer der beiden Komponenten durch die andere, in unseren Fällen von 2 durch 4° und von 2’ durch 4und 3 erklärt werden. Bei der Kom- bination 4—2’ ist die Schlundfalte, also das Entoderm, bei der Kom- bination 2—4’ wieder die äußere Tasche, also. das Ectoderm, der beeinflussende Faktor. In welcher Weise die 4. entodermale Schlund- falte die 2. ectodermale Tasche oder die 4. ectodermale Tasche die 2. entodermale Schlundfalte zum Durchbruch bringt, ist bei späterer Gelegenheit zu erörtern. Von meinen Drehungsversuchen mit Bombenator seien im An- schluß an diesen Fall noch einige Fälle erwähnt, bei welchen die Operation insofern mißlungen war, als teilweise ursprüngliches, kie- menbildendes Eetoderm unberührt blieb und typische Kiemen bildete. Diese Fälle sind deshalb bemerkenswert, weil sie deutlich zeigen, daß man später eine mißlungene Operation wirklich erkennen kann. Weil diese Fälle sich nur wenig voneinander unterscheiden, können sie hier zusammen behandelt werden. Versuchstier Nr. 162 (1911), 181 (1911) und 217 (1911). Operiert im I. Stadium, fixiert nach 2 und 3 Tagen, Autoplastik. Das Operationsprotokoll gibt schon an, daß die ventrale Grenze des aus- geschnittenen Stücks weiter dorsal liegt als gewöhnlich. Es entstanden in allen drei Fällen Kiemenanlagen an der normalen Stelle. Sie traten aber etwas verspätet und mehr ventral als die ersten Anlagen der rechten Seite hervor. Ihre weitere Entwicklung vollzog sich normal. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, 528 Gunnar Ekman daß in allen drei Fällen wenigstens ein Teil des Hörbläschens mitgedreht ist, aber dieser liegt dorsal von den Kiemen, nicht wie sonst bei den Drehungsver- suchen, ventral von diesen. Die Schlundfalten sind in ihrem dorsalen Teil etwas zurückgedrängt, aber ventral, ganz normal und verschmelzen dort mit dem Eeto- derm in gewöhnlicher Weise. Von den Kiemenfäden fehlen gleichfalls die mehr dorsal liegenden, die ventralen dagegen sind vorhanden. Kiemen aus dem Transplantat sind in diesen Fällen nicht entwickelt. Es kann kein Zweifel darüber sein, daß in diesen Fällen der ventrale Teil des kiemenbildenden Eetoderms nicht mitgedreht war. Die vorhandenen Kiemen haben sich ganz so entwickelt, wie im typischen Geschehen. Es stimmt dies damit überein, daß ihr ursprüngliches ectodermales Anlagematerial unberührt war. Fig. 66. Ser Nr. 101 (11). Horizontalschnitt durch die linke Kiemenregion einer Bombinator-Larve 4 Tage nach der Drehung des Kiemenectoderms im II. Stadium, K'I—III 1.—3. Kiemenreihe des Spenders; S/II—-V 2.—5. Schlundfalte, Vergr. X 40. Ich schließe hier noch sechs Fälle von charakteristischen Dreh- ungen an, welehe zwar keine neuen Resultate, wohl aber deutliche Parallelen zu den früher beschriebenen Befunden ergeben haben. Versuchstier Nr. 101 (1911). Operiert links im II. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 4 Tagen. Es entstanden am 2. Tage gedrehte Kiemen, die allmählich von einer Ring- falte umschlossen wurden. Bei der Fixierung war noch ein kleines Loch als Durchgang nach außen offen. Etwa ?/3 des Hörbläschens nebst Teilen der Nerven VII+ VIII undIX+X sind mitgedreht. Nur die 3. Schlundspalte bricht durch, die übrigen Falten ° endigen, obgleich sonst gut entwickelt, blind. Caudal von der durchbrechenden Spalte (Fig. 66) liegt eine Reihe langer Kiemenfäden und ebenfalls oral von der- selben. Etwas unsicher bleibt, ob noch einige weiter oral im Peribranchial- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 529 vaum liegende kleine Hauterhebungen Als eine dritte Kiemenreihe gedeutet wer- den können. Jedenfalls spricht alles dafür, daß auch in diesem Falle die Ver- bindung zwischen Ecto- und Entoderm: (4)—2’, 3—3’, (2)—4’ stattgefunden hat, also analog der Fig. 35C. Versuchstier Nr. 197 (1911). Öperiert links im III. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 4 Tagen. Es entwickeiten sich nach einem Tag Kiemenanlagen mehr oral und dorsal als normal. Nach 2 Tagen hatten sie Circulation. Gleichzeitig entstand eine Ringfalte, die allmählich einen Peribranchialraum um die Kiemen herum bildete. Die äußere Öffnung dieses Raumes wurde immer kleiner und war am 4. Tage vollkommen geschlossen. Vom Hörbläschen liegt die eine Hälfte typisch dorsal, dieandere gedreht ventral. Die Untersuchung der Schlundfalten und Kiemen ist insofern schwer, als diese schon sehr differenziert sind. Deutliche Siebfortsätze sind vorhanden. Die normalen ersten Kiemenfäden sind schon etwas verzweigt und nähern sich der späteren Form der inneren Kiemen. In den gedrehten Peribranchialraum (Fig. 67) öffnen sich die 3. und 4. Kie- menspalte, die 2. und 5. Schlundfalte enden dagegen blind. Die Kiemen des Spenders lassen sich in 3 Gruppen einteilen. Siesind sehr zahlreich vorhanden und fast alle Fäden haben Blutgefäße. Sie fangen auch, wie die Kiemen auf der normalen Seite, an Fig, 67. sich zu verzweigen. Dadurch haben sie schon eine gewisse Ähnlichkeit mit den büschelförmigen sog. inneren Kiemen. Durch die Unregelmäßigkeit und Kompliziertheit der verlagerten Kiemen ist es fast unmöglich, sicher zu entscheiden, ob hier vielleicht auch Anlagen der normalen caudalen Parallelreihe entwickelt sind oder nicht. Die hinterste Reihe liegt caudal von der 4. Schlundfalte, die mittlere zwischen der 4. und 3. und die vorderste oral von der 3. Spalte. Diese liegen somit auf den drei ersten Kiemenbogen des Empfängers. Ihre Lage ist eine mehr dorsale als auf der normalen Seite. Die Entstehung dieser 3 Kiemenreihen erklärt sich durch folgende Ver- bindung des Eeto- und Entoderms: (d)—2’, 4—3’, X1.197(11). Schematischer Hori- 3—4’, (2)—5’, also in anderer Weise als im Schema zontalschnitt durch die linke Fig 35C Kiemenregion einer Bombinator- ‚ ; Larve 4 Tage nach der Drehung Die außergewöhnlich gute Entwicklung des Kiemenectoderms im II. Sta- der "nfl t Ki teht in di Fall dium. Ex Extremität; X’ I—III er verpflanzten Kiemen steht in diesem Falle |._3. Kiemenreihe des Spenders: wohl im Zusammenhang damit, daß die OÖpe- S Spiraculum, zugewachsen; 2 x , Sy I—V 1.—5. Schlundfalte, ration erst im III. Stadium vorgenommen wurde. Dadurch waren die ectodermalen Kiemenanlagen schon vor der Drehung etwas differenziert und haben die Operation gut er- tragen können. Auch die Verbindung zwischen den eetodermalen Kiemenanlagen des Spenders und den Kiemengefäßen des Empfängers ist hier günstig ausgefallen. Spt SF 530 Gunnar Ekman Versuchstier Nr. 182 (1911). Operiert links im II. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 3 Tagen. Anfangs entwickelten sich einige unregelmäßig angehäufte Kiemenanlagen. Diese wurden dann von einer von oben und hinten her wachsenden ÖOpercular- falte bedeckt und in einen ganz engen Peribranchialraum, welcher am 3. Tage nur eine kleine äußere Öffnung besaß, eingeschlossen. Mitgedreht sind das Hörbläschen (ohne Ductus endolymphaticus) und die Nerven VII und VIII. Obgleich die Schlundfalten sonst sehr regelmäßig ent- wickelt sind, kommen nur die 2. und 3. in Berührung mit dem Eetoderm. Die 3. Schlundspalte bricht durch (analog Fig. 62). Die 2. Schlundfalte ist distal nur ein dünner, solider Strang ohne Lumen; rechts ist der entsprechende Teil schon vollständig atrophiert. In dem engen Peribranchialraum sind die Kiemen des Spenders sehr stark zusammengepreßt und wenig entfaltet. Man kann auch hier drei Reihen unterscheiden. Die hinterste liegt caudal von der durchbrechenden Spalte, die mittlere zwischen dieser und der Berührungsstelle der 2. Schlundfalte mit dem Eetoderm, welches hier eine typische Kiementasche bildet. Die vor- derste Reihe, die allerdings sehr wenig entwickelt ist, liegt oral von dieser Tasche. Wir haben folgende Verbindung zwischen Eeto- und Entoderm: (4—2’, 3—3’9)—4', (1)—5’, also entsprechend dem Schema in Fig. 35C. Versuchstier Nr. 149 (1911). Operiert links im II. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 3 Tagen. Am 2. Tage waren zwei etwas unregelmäßige Kiemenreihen sichtbar. Diese wurden bald von einer Ringfalte bedeckt und in einen engen Peribranchialraum eingeschlossen, welcher bei der Fixierung nur durch einen schmalen Kanal nach außen kommunizierte. Vom Hörbläschen liegt dorsal nur der Ductus endolymphaticus, ventral liegt der ganze gedrehte übrige Teil nebst den Nerven VII + VII und dem distalen Teil der Nerven IX +X. Von den Schlundfalten kommt nur die 3. in Berührung mit dem Eetoderm; die betreffende Spalte bricht durch, die üb- rigen endigen blind. Die Kiemenfäden im Peribranchialraum haben zwar Blut- gefäße, sind aber sonst wenig entwickelt. Die meisten Fäden liegen dorsal von der Berührungsstelle der Schlundfalte mit dem Eetoderm. Man sieht im Mikro- skop sehr deutlich, daß diese rein eetodermal sind. An manchen Stellen sind noch die beiden Zellschichten zu sehen, an anderen wird das Endothel des Blutgefäßes nur von der Deckschicht bedeckt, die Sinnesschicht scheint verdrängt zu sein. Die Kiemen des Spenders liegen in zwei Reihen, die eine oral und die andere caudal von der durchbrechenden Spalte. Von einer 3. Reihe sind keine Spuren zu sehen. Nach dem Aussehen der Kiemen und nach der Lage der Opercularfalte (dieht caudal von diesen) zu urteilen, handelt es sich hier um die zwei ersten ectodermalen Reihen des Spenders. Die Verbindung zwischen Ecto- und Entoderm hat sich folgendermaßen vollzogen: (4)—2’, 3—3’(2)—4’, also ent- sprechend dem Schema in Fig. 35C. Versuchstier Nr. 185 (1911). Operiert links beim Übergang vom I. in das II. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 2 Tagen. Das transplantierte Stück wurde nicht ganz genau um 180° gedreht. Am 2. Tage waren links, wie Fig. 68 zeigt, nach vorn gerichtete, zu einer Gruppe gehörende, lange Kiemenfäden gebildet. Rechts war eine Opereularfalte deut- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 531 lich angelegt. Dorsal ist nur 1/3 des Hörbläschens, ventral ?/3 nebst den Nerven VII + VIII (Fig. 69) vorhanden. Alle fünf Schlundfalten sind auf der operierten Seite entwickelt, aber nur die 2. und 3. berühren das Eetoderm. Die 3. Spalte bricht fast durch, nur eine dünne Verschlußmembran ist übrig. Die Kiemenfäden des Transplantates sitzen alle auf dem 1. Kiemenbogen des Empfängers und werden sowohl oral wie cau- dal durch typische eetodermale Kiementaschen begrenzt. Mit absoluter Sicher- heit läßt sich in diesem Falle nieht entscheiden, um welche ursprüngliche Reihe des Spenders es sich handelt, weil eine Opereularfalte kaum angedeutet ist und die zwei anderen Reihen unterdrückt sind. Wahrscheinlich liegt aber die 1. Reihe Fig. 68. Fig. 69. Nr. 185 (11). Bombinator-Larve in Nr.185(11). Horizontalschnitt durch die Kiemengegend der- lateraler Ansicht 2 Tage nach der selben Larve wie in der vorigen Figur. Hb Hörbläschen, ge- Drehung des Kiemenectoderms im dreht; K’ gedrehte Kieme des Spenders; XII 2. Kiemenreihe; I. Stadium. Hd' Haftdrüse; K' ge- SfII 2. Schlundfalte; VII +VIII Nervus VII + VIII, gedreht. drehte Kiemen des Spenders. Ver- Vergr. x 31. größerung 13. vor. Dafür spricht u. a. ihre Form und Größe. Dann wäre die Verbindung zwischen dem Ecto- und Entoderm in folgender Weise erfolgt: 3—2’, 2—3’ also abweichend vom Schema in Fig. 35C. Die gedrehten Kiemenfäden, welche Blutgefäße besitzen, können in diesem Falle nicht als rein eetodermal bezeichnet werden. Von den Schlundfalten des Empfängers sind einige Entodermzellen in sie hineingedrungen. Einen ganz eigenartigen Fall stellt Versuchstier Nr. 204 (1911) dar. Operiert links im II. Stadium, fixiert nach 3 Tagen, Autoplastik. Es bildeten sich am 2. Tage, sehr weit dorsal und etwas oral, einige Kiemenanlagen. Diese wurden durch eine Ringfalte umwachsen und in einen Peribranchialraum eingeschlossen. Von diesem führte am 3. Tage nur ein ganz enger Kanal nach außen. Etwa 2/3 des Hörbläschens nebst einem Teil der Nerven VII + VII und IX +X sind mitgedreht. Die Schlundfalten sind alle einigermaßen gut ent- wickelt, aber nur die 2. erreicht das Eetoderm (Fig. 70). Ihr dorsaler Teil geht als ein solider dünner Strang bis zu dem in Form einer ectodermalen Tasche, nach innen eingebuchteten Boden des Peribranchialraumes. Eine offene Spalte existiert hier nicht. Wie Fig. 70 zeigt, berührt das Entoderm nur mit einer Morpholog. Jahrbuch. 47. 35 532 Gunnar Ekman Spitze das Eetoderm. Die Kiemenfäden im Peribranchialraum sind verhältnis- mäßig klein und unregelmäßig und sind schwer in Reihen einzuordnen. Blut- geräße beziehen sie vom 1. Kiemenbogengefäß des Empfängers. Dieser Fall ist insofern bemerkenswert, als nur an der Berüh- rungsstelle des Eetoderms mit dem Entoderm Kiemen entstanden sind. Diese sind histologisch aller Wahrscheinlichkeit nach rein ectodermale Bildungen. Die gleich- zeitige Entstehung und Lage des Peribranchialraumes beweist, daß es sich hier um die ectodermalen Kiemenanlagen des Spenders han- delt, die durch die Drehung an die jetzige Stelle gekommen sind. Sie sind sonst dürftig ent- wickelt. Daß eine Berührung des Entoderms die Entwieklung dieser Anlagen hat beeinflussen können, wäre deshalb zu vermuten, weil Nr. 204 (11). Horizontalschnitt durch die alle anderen Fäden fehlen. Doch linke Kiemenregion einer Bombinator-Larve “ 3 Tage nach der Drehung desKiemenectoderms können letztere auch aus Gründen I ee I allgemeiner Atrophie in Fortfll ge- muniziert;ectodermal, S/II 2. Schlundfalte, kommen sein. Bemerkenswert ist a auch in diesem Fall eine verzö- gerte Atrophie der 2. Schlundfalte; rechts ist der distale Teil der entsprechenden Falte schon vollkommen verschwunden. Fig. 70, f) Versuche an Rana esculenta. Meine Drehungsversuche bei Rana esculenta haben nicht ganz denselben Erfolg wie bei Kana fusca und Bombinator gehabt. Das mag einmal von der Beschaffenheit des Versuchstieres selbst direkt abhängen, einigermaßen aber auch von der technischen Ausführung der Operationen. SpEMmAnN hat (1912a, S. 42) darauf aufmerksam gemacht, daß eine glatte Ablösung des Eetoderms bei Kana escu- lenta im Gegensatz zu anderen Anuren sehr schwer gelingt. Die Deckschicht trennt sich äußerst leicht von der tieferen Sinnesschicht ab. Man kann in dem guten Glauben bleiben, daß das ganze Ecto- derm glatt abgetrennt ist, während in der Tat die Sinnesschicht un- berührt bleibt. Diese unverletzt als ein größeres zusammenhängen- des Stück zu entfernen, gelingt sehr schwer. Ich wurde eben zu Beginn meiner Experimente mit Rana escu- lenta (Frühjahr 1912) mit der erwähnten Arbeit von SPEMANN be- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 533 kannt. In sehr vielen Fällen glaube ich das ganze Eetoderm un- verletzt abgelöst zu haben. Daß es mir wirklich in bestimmten Fällen sehr gut gelungen ist, beweisen u. a. auch einige Kontroll- tiere, die gleich nach der Operation histologisch untersucht wurden. Bei starker Vergrößerung und guter Beleuchtung kann man direkt kontrollieren, ob Zellen der Sinnesschicht zurückgeblieben sind. Ist dies der Fall, so sind sie nachträglich zu entfernen. Gleichzeitig aber weiß man, daß das abgelöste Stück verletzt ist. Die große Schwierigkeit, das Eetoderm unverletzt ablösen zu können, ist, glaube ich, teilweise eine Ursache davon, daß bei Rana esculenta bei ‚Drehungsversuchen Kiemen selten entwickelt werden, oder daß, wenn auch zuerst kleine Anlagen zum Vorschein kommen, diese doch bald zugrunde gehen. Auch die Schlundfalten sind nach meiner Erfah- rung viel weniger entwicklungskräftig als z. B. bei Bombinator. Ich habe sowohl auto- wie auch homoplastische Transplanta- tionen gemacht, teilweise habe ich auch versucht, nur die Deck- schicht zu drehen oder neu zu ersetzen. Zuerst werden hier die- jenigen Fälle besprochen, in welchen dasganze Ectoderm umgedreht wurde. ae) Das ganze Ectoderm gedreht. Versuchstier Nr. 62 (1912). Operiert links im Anfang des II. Stadiums, Fig. 34, Autoplastik, fixiert nach 4 Tagen. Die Entwicklung vollzog sich schneller als gewöhnlich bei Rana eseulenta, Nach 2 Tagen entstanden Kiemenanlagen, die am 4. Tage Circulation besaßen. Fig. 71. Fig. 71 zeigt das Tier bei der Fixierung. Tr Rechts sind diezwei erstenäußeren Kiemen- : reihen deutlich entwickelt und sogar teil- weise von einer Opercularfalte bedeckt. Eine 3. Kiemenreihe ist nur angedeutet und von den übrigen bedeckt. Auf der operierten Seite stehen zwei stark nach vorn gedrehte Kiemenreihen, sonst etwa wie die rechtsseitigen gebaut. Nach dem Aussehen zu urteilen, kann es sich nur um die 1. und 2. äußere Kiemenreihe des Spenders handeln. Die letztere ist kleiner als normal, was offenbar mit einer Be- schädigung bei der Operation im Zusam- ER menhang steht. Eine 3. Reihe ist gar Nr. 62(12). Larve von Rana esculenta 4 Tage nicht zu erwarten, weil eine solche (als nach der Drehung des Kiemenectoderms im “ . FT £ II. Stadium. Hd’ gedrehte Haftdrüse; KI—II äußere Kiemenreihe, denn um solche han 1.—2. Kiemenreihe; K'I—II 1.—2. gedrehte delt es sich hier) auch nicht auf der nicht xiemenreihe des Spenders; Op Opereular- operierten Seite besteht. Eine Opercular- falte. Vergr.<20. I falte ist noch nicht vorhanden. 35* 534 Gunnar Ekman Mit dem Eetoderm ist ein kleines Stück des Hörbläschens mitgedreht und liegt ventral von den Kiemen. Dorsal von diesen befindet sich ein Teil der ge- drehten Haftdrüse. Die 2., 3. und 4. Schlundfalte berühren das Ecetoderm, die 5. endigt blind. Beiderseits ist nur die 3. Schlundspalte offen, die übrigen sind noch geschlossen. Die gedrehten Kiemen sind so angeordnet, daß die hintere auf dem 2. und die vordere auf dem 1. Kiemenbogen des Empfängers sitzt (Fig. 72). Drei ectodermale Kiementaschen sind deutlich zu sehen, und zwar treffen sie mit den drei bis zum Ectoderm reiehenden Schlundfalten zusammen. Die Verbindung zwischen Eeto- und Entoderm ist in folgender Weise erfolgt: 4—2’/, 3—3’, 2--4’, also entsprechend dem Schema in Fig. 35C. Am Aufbau der gedrehten Kiemen kann in diesem Falle das Entoderm des Empfängers nur wenig direkten Anteil genommen haben. Fig. 72. Nr.62(12). Horizontalschnitt durch die Kiemenregion derselben Larve wie Fig. 71. K'I-II1.—2. gedrehte Kiemenreihe des Spenders; Sf I—-IV 1.—5. Schlundfalte. Vergr. < 47. Die 4. Schlundfalte berührt bloß mit ihrer Spitze das Eetoderm, und dasselbe ist auch mit der 2. der Fall. Entodermale Zellen werden hier nicht unter das Eetoderm verschoben. Daher kommt für eine fragliche Einwirkung des Entoderms nur die 3. Schlundfalte in Be- tracht. Diese sendet nur ganz proximal einige wenige Zellen in die Kiemenfäden, deren Oberfläche sonst histologisch rein eetodermal ge- baut ist. Im Inneren sind sie mit lockerem Mesenchym und mit Blutgefäßen gefüllt. Das Kiemenepithel ist noch wenig differenziert, und man sieht deutlich die beiden Eetodermschichten. Nur wo das Blutgefäß direkt in Berührung mit diesen tritt, ist die Sinnesschicht fast verschwunden. Inwiefern das Entoderm in diesem Falle bei der Kiemenbildung durch die bloße Berührung formativ mitgewirkt haben könnte, ist schwer bestimmt zu sagen. Sicher ist die vorderste Kiemenreihe, die 2. des Spenders, ohne Einwirkung des Entoderms des Spenders entstanden. Doch könnte das Entoderm des Emp- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 535 fängers vieariierend eingetreten sein. Daß aber bei Rana esculenta auch ohne jede Beteiligung des Entoderms des Empfängers Kiemen entstehen können, zeigt der folgende Fall. Versuchstier Nr. 153 (1912). Operiert links im II. Stadium, fixiert nach 7 Tagen, Autoplastik. Das ge- drehte Stück mehr oral als gewöhnlich ausgeschnitten. 3 Tage nach der Operation entstand links weit oral und dorsal eine Kiemen- anlage. Diese wuchs in den folgen- den Tagen weiter und war bei der Fixierung etwa so groß wie die 1. normale Kiemenreihe in Fig. 71. Die Form war etwas einfacher, indem nur eine einfache Verzweigung vor- lag. Auf der normalen Seite waren die Kiemen etwa halb bedeckt. Es zeigt sich bei der mikro- skopischen Untersuchung, daß die gedrehte Kieme vollständig unab- hängig vom Entoderm des Emp- fängers entstanden ist. Ob es sich hier um die 1. oder 2. ectodermale Kiemenreihe des Spenders handelt, ist schwer zu sagen, ebenso warum nur die eine entwickelt und die an- dere unterdrückt ist. Die gedrehte Kieme liegt dorsal von den Schlund- falten, welche sonst in diesem Falle nieht das Eetoderm berühren. Auch mit der stärksten Vergrößernug sind keine Spuren von etwaigen am Ecto- derm anklebenden Entodermzellen zu entdecken. Der Innenraum der Kie- Nr. 153(12). Horizontalschnitt durch eine ver- me ist von lockerem Mesenchym lagerte, rein ectodermale Kieme von Rana esculenta (Fig. 73) gefüllt, Blutgefäße fehlen 7 Tage nach der Operation im II. Stadium. Die EIER FR R Kieme steht in keiner Beziehung zum Entoderm. vollständig. Charakteristisch ist die D Dotterkörnchen; DS Deckschicht; Me Mesoderm ; Beschaffenheit des Eetoderms. In der SS Sinnesschieht. Vergr. >< 205. Kieme selbstsind die Kerne der Sinnes- schicht plattgedrückt, und die Dicke des Kiemenectoderms beträgt nur etwa die Hälfte des naheliegenden Kopfectoderms. Es sieht also gerade so aus wie bei einer Anlage der nicht operierten Kiemen. Die Differenzierung des Eetoderms ist in diesem Fall interes- sant, weil es sich um eine vollkommen funktionslose Kieme handelt. Die Verdrängung der Sinnesschicht wird weder durch das Entoderm noch durch Blutgefäße verursacht. Ob die Sinnesschieht später noch total zugrunde ginge wie im typischen Geschehen, ist deshalb nicht zu entscheiden, weil eine Kieme ohne Blutgefäße bald ganz atro- pbiert. 536 Gunnar Ekman Dieses Versuchstier, das große Ähnlichkeit mit Rana fusca Nr. 14 (1912) hat, ist ein Beweis dafür, daß dem Kiemenectoderm bei Rana esculenta eine sehr große Selbstdifferenzierungsfähigkeit zukommt, und daß es überhaupt ohne Entoderm und Blutgefäße eine erste äußere Kieme bilden kann. Es wäre nur möglich, daß das Entoderm der 2. Schlundspalte des Spenders vor der Operation die Anlage der 1. Kiemenreihe beeinflußt hätte, falls es sich wirklich hier um diese handelt. Ist es dagegen die 2. Kiemenreihe des Spen- ders, so ist auch das ausgeschlossen. Klarer ist in dieser Beziehung der folgende Fall. Versuchstier Nr. 70 (1912). Homoplastische Transplantation. Der Empfänger war bei der Operation im II. Stadium, der Spender, von welchem das transplantierte Eetoderm entnommen wurde, war im I. Stadium. Auch in diesem Fall entwickelte sich am 4. Tage hoch dorsal eine Kiemen- anlage, die in den folgenden Tagen zu einer fast normalen äußeren Kieme sich ausbildete.e Da nur die eine Kiemenreihe vorhanden ist, läßt sich nicht fest- stellen, um welche Reihe es sich handelt. Der Bau dieser Kieme zeigt eine sehr große Ähnlichkeit mit derjenigen in Fig. 73. Eine Berührung mit dem Entoderm des Emp- fängers findet nicht statt, ebenfalls fehlen die Blutgefäße. Da die Operation im I. Stadium vorgenommen wurde, ist jede direkte Be- einflussung des kiemenbildenden Eetoderms durch das Entoderm des Spenders ausgeschlossen. Als Parallele zum letzterwähnten Falle teile ich noch folgen- den mit: Versuchstier Nr. 137 (1912). Öperiert im I. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 13 Tagen. Es entwickelte sich erst am 5. Tage eine Kiemenanlage, und zwar mehr dorsal als die normalen Kiemen. Diese wuchs langsam in den folgenden Tagen und bekam etwa die Form einer normalen äußeren Kieme. Cireulation wurde nicht beobachtet. Etwa am 10. Tage fing sie an zu atrophieren und sah bei der Fixierung wie ein ganz dünner Faden aus. Bei der mikroskopischen Untersuchung kann mit Sicherheit festgestellt werden, daß diese Kieme gar keine Beziehungen zum Entoderm des Empfängers hat, auch ein Blutgefäß fehlt. Da die Operation schon im I. Stadium ausgeführt ist, können wir auch hier bei der Kiemenbildung jede Beeinflussung durch das Entoderm des Spenders in Abrede stellen. Auf andere Fälle bei Rana esculenta, in welchen aus dem ge- drehten Eetoderm des Spenders Kiemen gebildet sind, aber bei denen eine sichere Analyse nicht möglich ist, gehe ich hier nicht näher ein. Auch in diesen Fällen ist jedoch mit Sicherheit zu erkennen, daß das Entoderm als Baumaterial bei der Kiemenbildung keine Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 537 größere Rolle spielt; nur seine formative Reizwirkung kann in die- sen Fällen nicht sicher ausgeschlossen werden. Es ist wichtig, daß man sich auch bei Rana esculenta vor Ver- wechslungen schützen kann, denn es läßt sich später an Schnitt- serien noch der Tatbestand erkennen, falls ein Teil des ursprüng- liehen Kiemenectoderms nicht entfernt ist, sondern sich weiter ent- wickelt hat. Es zeigt dies der folgende Fall. Versuchstier Nr. 70 (1912). Operiert links sehr früh im I. Stadium, fixiert nach 7 Tagen. Im Operationsprotokoll ist bemerkt, daß dorsal am caudalen Rande des abgelösten Stücks Mesodermzellen hängen geblieben sind. Das Stück ist weiter dorsal und oral als in den anderen Fällen ausgeschnitten. Es entwickelte sich links eine fast ganz normale 2. Kiemenreihe, nur dorsal war sie etwas unterdrückt. Die 1. dagegen fehlte vollständig, die 3. war äußer- lich nicht zu sehen. Im Anfang konnte man an dem Farbenunterschiede sehen, daß der ventrale Rand des gedrehten Stücks schräg oral und dorsal von der Anlage der 2. Kiemenreihe lag. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, daß die Schlundfalten in ihrem dorsalen Teil unterdrückt sind, am meisten die zweite, die überhaupt nicht mehr das Eetoderm erreicht. Dagegen ist der ventrale Teil der 3., 4. und 5. Schlundfalte fast normal entwickelt. Außer dem ventralen Teil der 2. Kiemenreihe ist noch die wenig entfaltete 3. Reihe vorhanden. Das gedrehte Hörbläschen liegt dorsal von den Kiemen. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß in diesem Fall ein Teil von dem ursprünglichen Kiemeneetoderm unberührt geblieben ist und die Entwicklung der mehr ventral und caudal liegenden Kiemen ermöglicht hat. (Die mitgedrehten Mesodermzellen erwiesen sich, wenigstens zum Teil, als Anlagen der Vornierenkanäle, denn solche liegen ganz normal entwickelt, weit oral dicht neben dem Auge. Ab und zu habe ich auch in anderen Fällen ähn- liche gedrehte Fragmente der Nierenkanäle gesehen, ein Umstand, der beweist, daß auch hier das Anlagematerial selbstdifferenzierungsfähig ist.) 8) Deekschicht gedreht. Zu erwähnen sind noch diejenigen Versuche, in welchen nur die Deckschicht des Eetoderms gedreht oder durch ein ähnliches Stück ersetzt wurde. Solche Experimente sind bei Rana escwlenta leicht möglich, bei anderen Anuren dagegen nicht. Es ist bekannt, daß bei Ampbibien die beiden Eetodermschichten eine ungleich wichtige Rolle spielen. So z. B. entsteht sowohl das Hörbläschen wie die Linse nur aus der Sinnesschicht. Dagegen geht bei der Entwick- lung der Kiemen die Sinnesschicht anscheinend zugrunde, und die Deckschicht bleibt allein als Epithel übrig. Eine experimentell er- zeugte Trennung dieser beiden Schichten ist also nicht ohne Inter- esse, weil sie Auskunft über ihre wirkliche Bedeutung geben kann. Spemann (1912a, 8. 85) hat dieselbe Frage bei der Linsenbildung experimentell beleuchtet. 538 Gunnar Ekman Um zu prüfen, mit welchem Erfolg man die Deekschicht allein ablösen: kann, habe ich einige Versuchstiere kurz nach der Operation fixiert. Von diesen sei hier nur folgender Fall näher erwähnt. Versuchstier Nr. 117 (1912). Operiert links (Drehung) früh im I. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 8 St.; die Medullarplatte noch offen. Die Heilung war äußerlich vollständig, aber durch die Farbe konnte man die Grenzen des gedrehten Stückes deutlich erkennen. Beim Untersuchen der Schnittserie ist keine Spur von der Operation zu sehen. Die Anlage des Hörbläschens und der Kopfnerven sind noch nicht diffe- renziert. Durch die Fixierung und Einbettung hat sich die äußerste Schicht des Eetoderms als eine dünne feste Cuticula von der Unterlage getrennt. Es handelt sich hier nicht um die ganze Deckschicht, sondern nur um die etwas verdiekten Außenwände der Zellen, die, miteinander im Zusammenhang, künstlich vom Proto- plasma und den übrigen Wänden abgelöst sind. Wahrscheinlich trägt bei Rana esculenta diese feste Beschaffenheit der äußeren Zellschicht dazu bei, daß die Deckschicht sich als Ganzes leicht ablöst. Von den Fällen, in welchen nach der Drehung der Deck- schicht Kiemen gebildet wurden, seien hier nur folgende beiden er- wähnt. Versuchstier Nr. 101 (1912). Öperiert links sehr früh im I. Stadium, fixiert nach 4 Tagen, Autoplastik. Am 3. Tage nach der Operation entstanden beiderseits normale Kiemen- anlagen. Am 4. Tage waren die zwei ersten Reihen deutlich differenziert, eine Cireulation war noch kaum zu entdecken. Durch den Farbenunterschied konnte man noch ganz genau die Grenzen des gedrehten Eetodermstücks verfolgen. Die linksseitigen Kiemen waren von diesem vollständig bedeckt. Dorsal und caudal von diesen lag ein Stück der gedrehten Haftdrüse. Bei der Untersuchung der Schnittserie finde ich fast keinen Unterschied zwischen der linken und rechten Seite, nur sind die Kiemen links etwas kleiner als rechts. Das Hörbläschen und die Kopfnerven sind nicht gedreht und sonst normal. Wäre nicht die gedrehte Haftdrüse da, so könnte man überhaupt nicht sehen, daß eine Drehung stattgefunden hat. Versuchstier Nr. 123 (1912). Operiert links im I. Stadium, fixiert nach 14. Tagen, Autoplastik. Etwas später als rechts entstanden links annähernd normale Kiemen- anlagen. Diese wuchsen regelmäßig und wurden bald in üblicher Weise von der Opereularfalte bedeckt. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, daß die 1. Kiemenreihe wohl unterdrückt ist, die übrigen dagegen fast normal entwickelt sind. In der 2. Reihe liegen dorsal kleine Überreste der äußeren, hinfälligen Kiemen, sonst handelt es sich um innere, bleibende Kiemen. Sogar die 4. Kiemenreihe ist angelegt. Das Hörbläschen und die Kopfnerven sind von der Operation unberührt. Außer den hier erwähnten Fällen besitze ich noch mehrere andere, in welchen nach der Drehung der Deekschieht mehr oder weniger normale Kiemen entstanden. Alle diese Fälle ergeben das übereinstimmende Resultat, daß bei Rana esculenta in den ersten Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 539 Stadien die Decksehicht für die Determination der Kiemenbildung belanglos ist, der Anstoß zur Differenzierung geht vielmehr lediglich von der Sinnesschicht aus. Dasselbe gilt auch für die Bildung der Opereularfalte, worüber ich an anderer Stelle Näheres im Zusammen- hang berichten werde. Aus den Drehungen geht noch hervor, dab die Nervenanlagen und das Hörbläschen unabhängig von der Deck- schicht entstehen, die Haftdrüse aber nur aus dieser stammt. Der Umstand, daß nach einer Drehung der Deckschicht nicht alle Kiemen ganz normal, oder einige sogar total unterdrückt werden, hängt von der technischen Ausführung der Operation ab. Es gelingt trotz der leichten Lösbarkeit der Deckschicht selten, das ganze Deckschicht- stück so geschickt abzulösen, daß die Sinnesschicht nirgends be- schädigt wird. Ganz besonders leicht kommt man beim Durch- schneiden der Deckschicht in die darunterliegende Sinnesschicht. Wird diese beschädigt, so geht nach meinen Erfahrungen an den betreffenden Stellen ihre Entwicklungsfähigkeit sehr leicht verloren. Die Tatsache, daß die Deckschicht bei der Kiemenbildung an- fangs ganz passiv ist, ist besonders auffallend, nach allem, was wir über die spätere normale Entwicklung der Kiemen kennen gelernt haben. Denn in ihr bleibt anscheinend nur die Deckschicht als Kiemenepithel übrig; sie allein besitzt also die Fähigkeit, sich weiter zu differenzieren. Die Sinnesschicht dagegen wird früh verdrängt. Es ist dies nur scheinbar ein Gegensatz. Denn wir dürfen nicht vergessen, daß das Kiemenepithel erst durch weitgehende Ver- änderungen der Deckschicht entsteht und daß diese mittlerweile ganz neue Eigenschaften hat bekommen können. Ohne Experi- mente würde man von dieser Bedeutung der Sinnesschicht für die Frühentwicklung der Kiemenfäden keine Kenntnis bekommen können. g) Versuche an Hyla arborea. Meine Drehungsversuche bei Hyla arborea haben keine besonders sicheren Erfolge gehabt. Zwar läßt sich trotz der geringen Größe des Keimes die Operation technisch gut ausführen. Das Eetoderm löst sich als Ganzes leicht ab, was ich auch mikroskopisch, an 1 Wie es wirklich mit dem Verschwinden der Sinnesschicht zugeht, ist eine Frage, die nicht ganz klar ist. Aus den Präparaten gewinnt man wohl den Eindruck, daß sie atropbiert. Doch besteht auch die Möglichkeit, daß sie nur mit der Deckschicht so innig verschmilzt, daß man die beiden Schichten nicht mehr auseinanderhalten kann. In dem Falle wäre also das Kiemenepithel aus dem ganzen Ectoderm direkt hergeleitet. 540 Gunnar Ekman kurz nach der Operation fixierten Versuchstieren, kontrollieren konnte. Die Heilung des transplantierten Ectoderms erfolgte glatt und die Versuchstiere sahen sonst nach der Operation normal aus. In den meisten Fällen unterblieb aber auf der operierten Seite jede Kiemen- bildung, oder es entstanden nur ganz kleine, bald wieder ver- schwindende Anlagen. Auch die normalseitigen Kiemen waren an- fangs sehr unansehnlich. Da noch dazu der Laich selten zu haben war und der größte Teil davon von mir zu anderen, besseren Er- folg versprechenden Versuchen verwendet wurde, sind meine Experi- mente über die Kiemenbildung bei Ayla nicht besonders umfassend. Wovon es abhängt, daß das Kiemeneetoderm der Transplantate bei Hyla so wenig entwicklungsfähig ist, ist schwer bestimmt zu sagen. Es steht wahrscheinlich im Zusammenhang damit, daß auch normal die Kiemen anfangs so außerordentlich klein und wenig entwickelt sind. Auch die Schlundfalten besitzen nach der Operation nicht dieselbe Entwicklungsfähigkeit wie z. B. bei Dombenator. Folgende Fälle, in welchen gedrehte Kiemen entstanden, seien hier erwähnt. Versuchstier Nr. 226 (1912). Operiert links im I. Stadium, fixiert nach 3 Tagen, Autoplastik. Am 3. Tage waren beiderseits zwei kleine Kiemenanlagen ohne Cireulation vorhanden. Die linksseitigen lagen etwas mehr oral als die rechtsseitigen. Sie hatten ihrer Größe und Form nach gewisse Ähnlichkeit mit den Kiemen- anlagen in Fig. 43. Mit dem Eetoderm ist etwa 1/3 des Hörbläschens und ein Stück der Haft- drüse gedreht, und diese liegen, das erstere ventral, die letztere dorsal von den Kiemen. Die zwei gedrehten Kiemenanlagen sind sowohl voneinander, wie nach außen, durch typische ectodermale Kiementaschen begrenzt. Die zwei hinteren von diesen kommen in Berührung mit der 3. bzw. 2. Schlundfalte. Diese er- reichen nur mit ihrer Spitze das Eetoderm. Soviel ich sehen kann, sind die Kiemen mikroskopisch rein eetodermale Bildungen. Es kann sich hier wohl nur um die zwei ersten normalen Kiemenreihen des Spenders handeln, da die 3. auch rechts noch gar nicht entwickelt ist. Die Verbindung zwischen Ecto- und Entoderm hat in diesem Fall in folgender Weise stattgefunden: 3—2’, 2-3’, (d)—4’, also abweichend vom Schema in Fig. 35C. Obgleich die gedrehten Kiemen nicht besonders weit entwickelt sind, können wir schon aus diesem Falle sehen, daß auch bei Hyla im Eetoderm die Kiemenanlagen schon bei der Operation determiniert waren. Ganz besonders spricht dafür der Umstand, daß eine ecto- dermale Kiemenreihe, hier die zweite, welche vor der Operation keinen Impuls vom Entoderm des Spenders empfangen haben kann, oral von der 2. Schlundfalte entsteht, also an einer Stelle, an welcher im typischen Entwicklungsgang keine Kiemenfäden auftreten. Deshalb Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 541 ist auch eine Einwirkung des Entoderms des Empfängers sehr un- wahrscheinlich. Versuchstier Nr. 47 (1912). Operiert ganz im Anfang des II. Stadiums, Autoplastik, fixiert nach 6 Tagen. 2 Tage nach der Operation entstanden links deutlich nach vorn ge- drehte Kiemenanlagen, in Form von zwei, teilweise proximal zusammenhängen- den, kurzen Zapfen. In den folgenden Tagen wuchsen diese weiter und bildeten eine ziemlich unregelmäßige Anhäufung von Kiemenfäden mit Circulation. Nach 4 Tagen entstand eine Ringfalte, welche die Kiemen allmählich zu umfassen begann. Es handelte sich hier um die gedrehte Opercularfalte des Spenders. Fig. 74. Fig. 75. Nr. 47 (12). Hyla-Larve 6 Tage nach der Drehung Nr.160(12). Hyla-Larve 6 Tage nach der Dreh- des linken Kiemenectoderms im II. Stadium. Die ung des Kiemenectoderms im III. Stadium. Das anfangs größeren gedrehten Kiemen des Spen- Eetoderm wurde oral vor dem Riechepithel durch- ders sind durch eine Ringfalte stark zusammen- schnitten. K’ gedrehte Kiemen des Spenders; geschnürt. Hd' gedrehte Haftdrüse; X’ gedrehte Op' gedrehte Opercularfalte. Vergr. 15. Kiemen; $ Spiraculum. Vergr.>< 20. Fig. 74 zeigt das Tier bei der Fixierung. Durch die enge Ringfalte sind die Kiemen proximal stark zusammengeschnürt. Die Cireulation hatte aufgehört. Das Spiraculum ist fast normal; von ihm geht ein sehr enger, stellenweise ganz zu- gewachsener Gang in die rechte Peribranchialhöhle. Mit dem Ectoderm ist ein Teil des Hörbläschens und der Haftdrüse gedreht, wodurch man sicher fest- stellen kann, daß die Kiemen aus dem gedrehten Ectoderm entstanden sind. Die 5. Schlundfalte endigt blind, die übrigen erreichen das Eetoderm. Die 3. und 4. Schlundtasche sind sehr tief, wahrscheinlich war sogar die 3. Spalte zuerst ganz offen und wurde wieder später durch den Druck der Ring- falte distal zugeschnürt. Durch die höchst unregelmäßige Form der Kiemen, welche durch die starke Zusammenschnürung seitens der Ringfalte erhöht ist, wird es schwer, ein sicheres Urteil über die Kiemenbildung zu sewinnen. Höchstwahrscheinlich handelt es sich hier um die 1. und 542 Gunnar Ekman 2. eetodermale Kiemenreihe des Spenders, die teilweise proximal zusammenhängen. Unter dem Mikroskop ist in diesem Stadium nicht mehr zu entscheiden, ob das Entoderm sich direkt an der Kiemen- bildung beteiligt. Versuchstier Nr. 160 (1912). Operiert im IlI. Stadium, Autoplastik, fixiert nach 6 Tagen. Bei der Operation wurde laut Protokoll der orale verticale Schnitt in der Nasengegend geführt, der größte Teil der Augenanlage blieb am transplantierten Eetoderm hängen und ebenfalls entodermale Zellen von den Schlundfalten. Erst 4 Tage nach der Operation kamen auf der operierten Seite kleine Kiemenanlagen zum Vorschein und bald darauf eine Opercularfalte, die um 180° gedreht war. Vom Aussehen des Tieres am 6. Tage gibt Fig.75 ein Bild. Die Opereularfalte, die sehr weit oral liegt, ist ganz typisch. Oral von dieser liegen zwei Kiemenreihen, die zu atrophieren anfangen. Von der Nase ist vorn links nichts zu sehen. Auf der nicht operierten Seite sind die Kiemen längst von der Opercularfalte bedeckt. Das etwas unregelmäßige Spiraculum liegt hier etwa median. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, daß das Riechepithel und das Auge mit der Linse und das Hörbläschen mit dem Eetoderm gedreht sind. Vom Auge liegt auf der normalen Stelle kaum eine Spur, ebensowenig vom Riech- epithel, die Hörbläschenanlage ist dagegen gespalten, denn dorsal ist ein kleines und ventral ein großes Hörbläschen vorhanden. Die von der Opereularfalte halbbedeckten Kiemen stehen in keiner Beziehung zu den sehr stark unter- drückten Schlundfalten. Sie besitzen keine Blutgefäße und zeigen deutlich Spuren einer anfangenden Atrophie. Sie liegen in zwei Reihen und entsprechen, nach der Lage der Opereularfalte zu urteilen, den zwei ersten normalen Kiemen- reihen des Spenders. Wie schon erwähnt, wurde im Operationsprotokoll bemerkt, daß entoder- male Zellen mitgedreht sind. Man findet sie noch 6 Tage nach der Operation sehr deutlich wieder und zwar im Zusammenhang mit den gedrehten Kiemen. Die Unterscheidung der beiden Schichten ist hier absolut sicher. Das ganze fast pigmentlose Eetoderm ist sonst vollkommen ohne Dotter, aber in diesem Gebiet liegen dicht an demselben dotterhaltige Zellen, ganz ähnlich wie die übrigen Entodermzellen. Weil die Operation in diesem Falle sehr spät vorgenommen wurde und Entodermzellen mitgedreht sind, eo ist nicht ausgeschlossen, daß das Entoderm bei der Kiemenbildung indirekt eine gewisse Rolle hat spielen können. Immerhin muß das Ectoderm für die Form und Lage der Opereularfalte, wie auch der Kiemenreihen maßgebend gewesen sein. Die von ihrem ursprünglichen Zusammen- hang mit den Schlundfalten losgerissenen, an den Kiemenfäden hängenden Entodermzellen des Spenders treten hier nicht so zahl- reich auf, daß sie als Baumaterial bei der Kiemenbildung wesent- lich in Betracht kommen können. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 543 7. Über Transplantation von Kiemeneetoderm von Rana esculenta auf Bombinator.! Hier seien noch kurz einige Versuche angeführt, bei welchen Eetoderm von Rana esculenta auf Bombinator transplantiert wurde. Es ist durch eine Reihe von Untersuchungen, vor allem von BoRN (1896) und Harrıson (1904) ‚bekannt, daß zusammengefügte Teile von zwei verschiedenen Anurenarten sich miteinander organisch ver- einigen und als ein Ganzes weiter entwickeln. Dieses gelingt aller- dings nicht bei jeder beliebigen Kombination von zwei Arten. Des- halb ist es für den Experimentator aus praktischen Gründen wichtig zu wissen, welche Species er zusammenfügen soll, um Erfolg zu haben. Da ich gleichzeitig geeigneten Laich von Dombinator und Rana esculenta hatte, unternahm ich einige Versuche, um zu prüfen, wie weit eine Übertragung von Eetoderm von der einen Art auf die andere gelingt. Es wurde bei Bombinator im I. Stadium bei sechs Exemplaren das Kiemenectoderm in üblicher Weise entfernt und durch ein entsprechendes Stück von Rana esculenta gleichfalls aus dem I. Stadium ersetzt. Alle Operationen wurden mit größter Sorg- falt unternommen. Das transplantierte Stück heilte gut ein und das Eetoderm war anfangs ganz glatt. Durch den Farbenunterschied konnte man noch 2 Tage nach der Operation die Grenzen des fremden Eetoderms deutlich sehen. Zu einer weiteren Differenzierung dieses Eetoderms kam es aber in keinem von meinen 6 Fällen. Das fremde Eetoderm fing allmählich an zugrunde zu gehen und wurde in kleinen Flocken abgestoßen. Nach diesen Versuchen zu urteilen, wäre also eine Übertragung von Eetoderm von Rana esculenta auf Bombinator nicht günstig. Weitere Versuche sind noch nötig, um die Frage definitiv zu lösen. Durch Untersuchungen von Born (1897, S. 461) und Spemann (1912b, S. 10) ist festgestellt, daß größere zusammengeheilte Teilstücke (Eeto-+ Ento-—+Mesoderm) dieser beiden Arten einige Zeit lebensfähig sind. Braus (1906e, S. 577) hat Extremitätenanlagen von Rana esculenta auf Bombinator und umgekehrt inoculiert und gefunden, daß diese sich nur eine verhältnismäßig kurze Zeit entwickeln können. ; 8. Über Regeneration von Kiemeneetoderm. Um zu prüfen, inwiefern das Kiemenectoderm neugebildet werden kann, habe ich folgenden Versuch gemacht. Ein viereckiges Stück, 544 Gunnar Ekman das gesamte ectodermale Anlagematerial der Kiemen umfassend (s. Fig. 34), wurde ausgeschnitten. Dadurch entstand eine große offene Hautwunde. Diese heilte aber in verhältnismäßig kurzer Zeit, in- dem von allen Seiten durch energisches Wachstum die Wundränder gegen die Mitte rückten. Dadurch wurde das weggenommene Ecto- dermstück durch neugebildetes rasch ersetzt. Immerhin vollzog sich in vielen Fällen der ganze Wundheilungsprozeß nicht ohne erheb- liche Verletzung des unbedeckten Meso- und Entoderms des Kiemen- gebietes. Solange die große Wunde offen war, wurden Meso- und Entodermzellen abgestoßen. Gewöhnlich hatte sich bei meinen Versuchen nach 6—12 Stunden ein neues Ectoderm gebildet, und die Wunde war vollständig geheilt. In mehreren Fällen sah man anfangs an einem eben geheilten Versuchstier (Bombinator) äußerlich kaum eine Spur von der Ope- ration, in anderen Fällen dagegen war die Kopfregion mehr oder weniger schief. Die Entwicklung der Kiemen bei derart operierten Larven voll- zog sich sehr verschieden, wie aus folgendem Bericht hervorgeht. Es hängt dies wohl damit zusammen, daß die Heilung der sehr großen Wunde in den verschiedenen Fällen einen etwas verschie- denen Verlauf nahm. Durch kleinere Eingriffe, wobei nur ein Teil des Kiemenectoderms entfernt wird, könnte man wohl diesem lästigen Umstand entgehen, aber gleichzeitig wird es nachher schwerer zu wissen, wo die Grenze zwischen dem ursprünglichen und dem neu- gebildeten Kiemeneetoderm liegt. Ich habe deshalb immer ein mög- liehst großes Stück entfernt, um sicher zu sein, daß kein ur- sprüngliches ectodermales Anlagematerial für die Kiemenbildung übrig blieb. Versuche an Bombinator. Ich teile hier zuerst meine Versuche bei Dombinator mit und lasse dann diejenigen bei Rana fusca folgen; bei den übrigen Arten habe ich nur vereinzelte Versuche gemacht. Bei Bombinator wurden im ganzen 16 solche Operationen vor- genommen. I. Stadium, 4 Versuchstiere, davon 2 histologisch untersucht. Bei 3 Versuchstieren entstanden Kiemen, bei einem keine. Versuchstier Nr. 159 (1911). Fixiert nach 3 Tagen, links operiert, während das Medullarrohr ganz offen war. Nach 24 Stunden fast normal, keine Kiemen, nach 48 Stunden rechts große Kiemenanlagen, links ganz kleine. Nach drei Tagen bei der Fixierung beider- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 545 seits eine Opercularfalte, zwei noch getrennte Atemöffnungen, die linke viel kleiner als die rechte. Die histologische Untersuchung ergibt, daß links drei Kiemenreihen vorhanden sind, wenn auch kleiner als auf der rechten Seite. Besonders klein ist die 1. Reihe. Die 3. und 4. Schlundspalte sind offen. Die 5. Schlundfalte erreicht nicht das Eetoderm. Der Peribranchialraum ist links kleiner als rechts. Versuchstier Nr. 66 (1911). Fixiert nach 4 Tagen, Operation links. Bei der Operation war das Medullarrohr vorn offen. Kiemenanlagen ent- standen rechts nach 2 Tagen, links nach 3 Tagen. Am 4. Tage waren die Kiemen rechts noch etwas größer als links. Versuchstier Nr. 166 (1911). Fixiert nach 2 Tagen, Operation links. Bei der Operation war das Medullarrohr ganz offen. Nach 24 Stunden war das Tier von außen normal, nach 48 Stunden waren Kiemen mit Circulation beiderseits vorhanden, links etwas kleiner als rechts. Versuchstier Nr. 74 (1911). Fixiert nach 4 Tagen, Operation links. Bei der Operation war das Medullarrohr ganz offen. Nach 24 Stunden war der Kopf schief, nach 48 Stunden waren rechts Kiemenanlagen vorhanden, links keine. Nach 4 Tagen waren rechts halbbedeckte Kiemen, links nur eine Grube, dorsal von einer opereularfaltenartigen Bildung begrenzt. Die histologische Untersuchung zeigt, daß links keine Kiemen vorbanden sind. Die entodermale Mundhöhlenwand ist stark nach innen gedrückt, so daß die Schlundfalten unregelmäßig und teilweise zurückgebildet sind. Stadium II, 7 Regenerationsversuche, davon 6 histologisch untersucht; bei 2 Versuchstieren waren Kiemen gebildet, bei 5 keine. Versuchstier Nr. 38 (1911). Fixiert nach 10 Tagen, Operation links. Das weggenommene Eetodermstück war größer als gewöhnlich. Nach 24 Stunden war der Kopf schief, nach 48 Stunden waren rechts große Kiemen- anlagen, links keine vorhanden; der Kopf weniger schief. Nach 5 Tagen war eine Operecularfalte links, aber äußerlich keine Kiemen zu sehen. 10 Tage nach der Ope- ration sah das Tier äußerlich normal aus, ein medianes Spiraculum war vorhanden. An Schnittserien kann man feststellen, daß links die 2. und 3. Kiemen- reihe entwickelt sind, und dazu noch die Anlage der 4. Die 1. Reihe dagegen fehlt. Die 2. und 3. Schlundtasche endigen blind, die 4. und 5. Schlundspalte sind dagegen offen. Das Fehlen der ersten Kiemenreihe steht offenbar im Zu- sammenhang mit der Zurückbildung der 2. und 3. Schlundfalte. Versuchstier Nr. 65 (1911). Fixiert nach 4 Tagen, Operation links. 1 Tag nach der Operation war der Kopf wenig schief, nach 3 Tagen waren rechts Kiemen, links keine vorhanden. Nach 4 Tagen waren auch links Kiemen und eine kleine Opercularfalte entwickelt. Versuchstier Nr. 155a (1911). Fixiert nach 1 Tage, Operation links. 24 Stunden nach der Operation waren rechts deutliche Anlagen der zwei ersten Kiemenreihen, links dagegen war die Kiemengegend äußerlich ganz eben, 546 Gunnar Ekman der Kopf etwas schief. Die Untersuchung der Schnittserien ergibt, daß die linken Schlundfalten sehr regelmäßig sind. Sie berühren kaum das Eetoderm. Auch die Blutgefäßanlagen sind normal. Das Versuchstier ist noch so jung, daß sich später hätten Kiemen entwickeln können. Versuchstier 155b (1911). Fixiert nach 2 Tagen, Operation links. Der Kopf war 24 Std. nach der Operation schief, nach 48 Std. waren rechts große Kiemen, links keine vorhanden. Fig. 76 zeigt den Bau der Kiemengegend. Der Schnitt geht genau horizontal. Die durch die Heilung der Operationswunde verursachte Biegung des Kopfes hat die Wand der Mund- höhle nach innen gedrückt. Deshalb wird die ganze Kiemengegend unregel- Nr.155b (11). Horizontalschnitt durch die Kiemenregion einer Bombinator-Larve 2 Tage nach Ent- fernung des Kiemenectoderms im II. Stadium. S/II, V 2., 5. Schlundfalte. Vergr. >40. mäßig. Die Schlundfalten 2—5 sind deutlich vorhanden, erreichen aber nicht das Ectoderm. Man kann mit größter Sicherheit annehmen, daß in diesem Fall sich später keine Kiemen entwickelt hätten. III. Stadium, 5 Regenerationsversuche. Bei 2 entwickelten sich Kiemen, bei 3 keine; alle histologisch untersucht. 4 Versuchstiere gleichzeitig links operiert; nach 1 Tage waren alle äußer- lich gleich. Versuchstier Nr. 201a (1911). Fixiert nach 1 Tage. Auf der rechten Seite waren deutliche Kiemen, links aber keine. Alle 5 Schlundfalten sind regelmäßig und sogar in Berührung mit dem Eetoderm, auch die Blutgefäße sind regelmäßig. Eine spätere Kiemenentwicklung ist in diesem Falle wahrscheinlich. Versuchstier Nr. 201b (1911). Fixiert nach 2 Tagen, links operiert. Rechts waren große Kiemen und eine kleine Opereularfalte vorhanden, links keine Kiemen, aber wohl eine Opereularfalte. Die Schlundfalten sind Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 547 regelmäßig mit tiefen Schlundtaschen. Nur die 4. und 5. sind in Berührung mit dem Eetoderm. Die Blutgefäße sind deutlich vorhanden. Versuchstier Nr. 201e (1911). Fixiert nach 2 Tagen, operiert links. Die 2., 3. und 5. Schlundfalte erreichen das Eetoderm, die 4. Falte ist distal nach hinten verschoben und endigt blind (Fig. 77). Die 3. Schlundspalte ist offen. Die 1. Kiemenreihe ist vorhanden und besteht aus drei kleinen Kiemen- fäden, die übrigen fehlen. Eine Opereularfalte ist angelegt. Versuchstier Nr. 201d (1911). Fixiert nach 3 Tagen; operiert links. Das Aussehen des Tieres bei der Fixierung zeigt Fig. 78. Ein medianes Fig. 77. r Fig. 78. Nr. 201 c (11). Horizontalschnitt durch die Kie- Nr.201d (11). Bombinator-Larve 3 Tage nach der me.gegend einer Bombinator-Larve 2 Tage nach der Entfernung des Kiemenectoderms im III. Sta- dium Zg Blutgefäß; Ex Extremität; KI rege- Entfernung des Kiemenectoderms im III. Stadium, Ex Extremität und ihre Beziehungen zum Peri- branchialraum (durch eine punktierte Linie be- nerierte 1. Kiemenreihe; SfII—V 2.—5. Schlund- zeichnet). Ä regenerierte Kieme; $ Spiraculum. falte. Vergr. x 52. Vergr. >13. Spiraculum ist vorhanden. Links geht von diesem ein schmaler Gang bis zur Extremitätenanlage. Es handelt sich hier um den hinteren Teil des Peri- branchialraumes. Die Schlundfalten sind alle vorhanden und die Schlundtaschen sind tief. Nur die 3. Schlundfalte geht distal als ein schmaler Strang bis zum Eetoderm, wo eben eine kleine kiemenartige Bildung entsteht (Fig. 78). Diese hat keine Beziehungen zu den Blutgefäßen. Versuche mit Rana fusca. Bei dieser Art habe ich im ganzen 11 Versuche gemacht. Von den Versuchstieren waren 6 im I. Stadium und 5 im II. operiert. Bei der Heilung der Wunde wurden ziemlich viele Mesodermzellen ausgestoßen und auch das Entoderm anscheinend etwas beschädigt. Morpholog. Jahrbuch, 47. 36 548 Gunnar Ekman In keinem von meinen Fällen entstanden sog. äußere Kiemen, wohl aber in drei Fällen sog. innere Kiemen. Diese Versuchstiere waren im J. Stadium operiert. Ich will hier nicht näher auf die einzelnen Fälle eingehen. In den drei Fällen, in welchen die inneren Kiemen sich bildeten, waren auch die Schlundspalten vorhanden. Über die Regeneration der Kiemen bei Rana fusca hat Braus (1906b, 5. 592—554) früher Versuche gemacht. Er zerstörte mit einem heißen Messerchen sowohl bei Stadien, welche noch ohne sichtbare Kiemen waren (etwas älter als mein Stadium III, wie auch bei solchen, bei welchen die äußeren Kiemen gerade zum Vorschein kamen, die ganze Kiemendarmwand, also Ento-, Meso- und Eetoderm. Bei derart operierten Larven regenerierten sowohl die äußeren (lateralen) wie inneren Kiemen. Von diesen Versuchen weichen die meinigen insofern ab, als bei diesen keine Regeneration der äußeren Kiemen stattfand. Die Öperationsmethode und das Entwicklungsstadium des Versuchstieres scheinen hier also eine große Rolle zu spielen. Vielleicht wurde bei meinen Versuchen die Kiemenregion stärker beschädigt als bei denjenigen von BRAUS. Resultat der Regenerationsversuche. Bei den anderen Arten habe ich nur vereinzelte Regenerations- versuche gemacht und kann vorläufig nichts Bestimmtes aus diesen schließen. In der Literatur finden sich sonst auch wenig Angaben über Regeneration der Kiemenanlagen. Nach BArFUrRTH (1906, S. 63) regenerieren leicht fertig ausgebildete Kiemenfäden der Amphibien. Dies bezieht sich wohl hauptsächlich auf die Urodelen. CLEMENS (1895, S. 143) erwähnt auch Fälle, in welchen verschiedene Amphibien- arten mit ganz verstümmelten Kiemen längere Zeit gelebt haben, ohne daß Regeneration eingetreten ist. Aus meinen Regenerationsversuchen bei bombinator geht her- vor, daß sämtliche Kiemen aus dem neugebildeten Eetodern ent- stehen können. Der sehr wechselnde Bau der Kiemenregion der operierten Tiere hängt lediglich mit der Art und Weise der Operation und der Heilung der Wunde zusammen. Im allgemeinen scheint eine möglichst frühe Operation (I. Stadium) die geringsten Unregel- mäßigkeiten in der späteren Entwicklung hervorzurufen. In meinen Fällen unterbleibt manchmal jede Kiemenbildung, manchmal erfolgt sie sehr atypisch, indem nur einige Kiemenreihen gebildet werden, und zwar nur diejenigen, welche mit den Schlund- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 549 falten in Kontakt sind. Ob die Bildung der Kiemenfäden in Abhängig- keit von der typischen Entwicklung der Schlundfalten steht oder nicht, ist aus meinen Fällen nicht mit Sicherheit zu schließen. Man könnte hier wohl annehmen, daß erst eine Auslösung durch die Schlundfalten nötig ist, ehe die Bildung der Kiemenfäden erfolgt. Eine solehe Annahme findet aber keine Bestätigung durch meine Versuche über die Differenzierung des ursprünglichen Kiemenecto- derms. Als Baumaterial ist das Entoderm in diesen Fällen nicht unbedingt nötig, denn mehrere durch Regeneration gebildete Kiemen- fäden sind rein eetodermal, in anderen nimmt das Entoderm histo- logisch nur wenig Anteil. (Vergl. hierzu auch den Nachtrag.) Die Regenerationsfähigkeit des Anlagematerials anderer ecto- dermaler Organe ist nach den Angaben in der Literatur verschieden. Nach Spemanns Angaben (1910, S. 456) werden weder Teile, noch das ganze Anlagematerial des Labyrinths (Rana esculenta) durch Regeneration neu ersetzt. Dasselbe habe ich bei allen von mir unter- suchten Arten auch beobachtet (siehe S. 476). Für das Riechepi- thel wird dagegen von Ber (1907, S. 475) angegeben, daß bei Rana esculenta nach Entfernung des Anlagematerials eine Regeneration eintritt, ohne daß irgendeine Beeinflussung durch die Riechnerven stattfindet. Da mir vorläufig systematisch ausgeführte Versuche über dieses Problem fehlen, kann ich kein endgültiges Urteil über die Versuche BEurs geben. So viel habe ich beobachtet, daß manchmal Teile der Riechplacode, welche in der normalen Lage geblieben waren, nicht durch Regeneration die ursprüngliche Größe der ge- samten Plaeode erreichen (Rana esculenta, Hyla arborea). Übrigens spielt sicher bei derartigen Regenerationsversuchen die Methode eine große Rolle. Je nachdem, wie groß das entfernte Eetodermstück ist, welches das typische Anlagematerial der Riechplacode enthält, kann das Resultat ein verschiedenes werden. VI. Allgemeiner Teil. 1. Ergebnisse der histologischen Analyse der typischen Entwicklung. Durch die mikroskopische Untersuchung der normalen Entwick- lung ist nachgewiesen, daß das Entoderm bei der Kiemenbildung in umfangreicherem Maße beteiligt ist, als man früher glaubte. GREIL (1905b, 1906a), der diese Entdeckung zuerst gemacht hat, will so- gar sämtliche Anurenkiemen für hauptsächlich entodermale Bildungen 36* 550 Gunnar Ekman halten. Die Beweise dafür findet er in dem histologischen Bau der Kiemenanlagen während ihrer ersten Entwicklung. Wie ich bei der Besprechung der normalen Entwicklung darge- legt habe, vollzieht sich aber die Ontogenese der Kiemenfäden bei den verschiedenen Arten sehr verschieden. Eine histologische Ana- lyse, durch welche die genaue Feststellung des Anteils der verschie- denen Keimblätter als Baumaterial bei der typischen Kiemenbildung immer möglich wäre, ist nicht durchzuführen. Bei den Anuren werden zweierlei Kiemen unterschieden, die sog. äußeren und inneren. Die ersteren bestehen nur ganz kurze Zeit und können deshalb »hinfällige« Kiemen genannt werden. Die letzteren existieren dagegen das ganze Larvenleben, sind also im Vergleich mit den ersteren »bleibende« Kiemen. Alle Arten haben gut entwickelte »bleibende« Kiemen. Die »hinfälligen« Kiemen sind am besten entwickelt bei Rana fusca, noch sehr deutlich bei Rana esculenta und Bufo, klein bei Ayla. Bei Bbombinator kommen sie nicht vor. Es kommt bei unserer Frage weniger darauf an, welches Schick- sal die Kiemen später haben, als darauf, wie sie anfangs entstehen. Wenn auch keine scharfen Grenzen zu finden sind, so kann man hierbei doch zwei Entwieklungstypen unterscheiden. Die zuerst an- gelegten Kiemenfäden entstehen als eine direkte Ausbuchtung des dorsalen Teiles der Kiemenwülste, die späteren, mehr ventral liegen- den, entwickeln sich dagegen aus kleinen, anfangs mehr oder we- niger soliden Epithelknospen. Bei der ersten Art der Entwicklung gelingt histologisch die Verfolgung des Schicksals der einzelnen Keimblätter in der Kiemenanlage bei der typischen ÖOntogenese einigermaßen gut, bei der anderen Art aber fast gar nicht. Nach der zweiten Art, also als epitheliale Knospen, werden die Anlagen sämtlicher sog. inneren, bleibenden Kiemen bei Rana, Bufo und Hyla angelegt, bei Bombinator die caudale Kiemenreihe auf sämtlichen Bogen. Am Aufbau dieser Kiemenanlagen ist eine Be- teiligung sowohl des Ento- wie Eetoderms sicher. Welche Rolle aber diese beiden Keimblätter bei der Entfaltung der Anlage spielen, kann man nicht direkt beobachten. So viel ist sicher, daß eine Ver- drängung der Sinnesschicht des Ectoderms (im Sinne GREILs) durch das Entoderm nicht vorkommt und infolge der ganzen Entwiecklungs- weise dieser Kiemenanlagen nicht vorkommen kann. Auch durch meine Experimente ist es mir nicht gelungen, die verschiedenen Faktoren, welche die Entwicklung dieser Art von Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 551 Kiemen bedingen, näher zu analysieren. Eine Züchtung des ecto- dermalen Anlagematerials getrennt vom Meso- und Entoderm gab immer einen negativen Erfolg. Weder das Meso-Entoderm für sich noch das Eetoderm allein haben Kiemen gebildet. Hieraus ist nur zu schließen, daß ein Hemmungsfaktor vorliegt. Über seine Natur sagen die negativen Resultate hier nichts Näheres. Bei denjenigen Kiemenanlagen, welche als direkte Ausbuch- tungen der Kiemenwülste entstehen, ist die histologische Analyse leichter durchzuführen. Auch meine Experimente gaben hier sichere positive Erfolge. Zu dieser Gruppe von Kiemenanlagen gehören sämtliche sog. äußere, hinfällige Kiemen bei Rana, Bufo und Hyla samt der oralen Reihe der Bombinator-Kiemen auf den drei ersten Kiemenbogen. Am auffallendsten liegen die Verhältnisse bei Rana fusca, bei welcher Art diese Kiemen außerordentlich groß sind. Die histolo- gische Analyse ergibt, daß hier fast rein eetodermale Bildungen vor- liegen. Das Entoderm der Schlundfalten kommt nur ganz proximal in den Kiemenfäden mit dem Eetoderm in Berührung. Es kann also im Sinne Greizs (1906a, S. 260) von einer passiven Vortreibung des Eetoderms durch das Entoderm keine Rede sein. Auch bei Rana esculenta und Bufo vulgarıs ergibt die histolo- gische Untersuchung, daß die sog. äußeren Kiemen aus fast rein ectodermalem Material gebildet werden. Bei Hyla arborea, welche Art anfangs außergewöhnlich kleine Kiemen hat, sind diese nicht mehr als rein ectodermal zu bezeichnen, denn vereinzelte entodermale Zellen aus den Schlundfalten dringen unter das Ecetoderm der Kiemenwülste. Noch auffallender ist dies bei Dombinator pachypus der Fall. Daß es sich hier um »bleibende« Kiemen handelt, hat keine Bedeu- tung, weil diese sonst ähnlich entstehen wie die »hinfälligen« der anderen Arten. Die Richtigkeit der GreEıtschen Entdeckung, daß dei Bombinator das Entoderm sogar am Aufbau der ersten Kiemen beteiligt ist, habe ich bestätigen können. Seine Auffassung über die Bedeutung desselben muß ich aber für unzutreffend halten. Was speziell Bombinator anbetrifft, so habe ich hervorgehoben, daß eine Verdrängung der Sinnesschicht durch das Entoderm bei der normalen Entwicklung der zuerst angelegten Kiemen anscheinend wohl stattfindet (Fig. 16), aber nicht sogleich eine totale, da besonders in den Spitzen der Kiemen diese Schicht lange Zeit übrig bleibt. Auch die 'ento- dermalen Zellen gehen sehr rasch zugrunde, und nur das Endothel 552 h Gunnar Ekman und das aus der Deckschicht hervorgegangene Epithel der Kiemen bleiben : übrig. Dieses Epithel differenziert sich aber später sehr stark, und dadurch entsteht die reiche Verzweigung der anfangs ein- fachen Kiemenfäden. 2. Ergebnisse der Experimente. A. Terminologisches. Wenn auch durch die histologische Analyse der typischen Ent- wicklung festgestellt ist, daß das Entoderm bei der Kiemenbildung beteiligt ist, so ist dadurch noch nichts Sicheres über seine Bedeu- tung gewonnen. Denn selbst in den Fällen, in welchen nur Eecto- derm am Aufbau beteiligt ist, könnte doch das Entoderm als mit- bestimmender Faktor für die Entwicklung nötig sein, z. B. in der Weise, daß eine Schlundtasche das Eetoderm berühren mußte, ehe das Eetoderm beginnen kann, Kiemenfäden zu entwickeln. Es wäre dies ein Vorgang etwa analog der Linsenbildung in Fällen, in welchen eine Berührung des Eetoderms durch den sekundären Augenbecher nötig ist, aber die Bildung selbst dann lediglich aus Material des Eätserine erfolgt (Spemann, 1912a, S. 88). So ist die Frage nach dem Baumaterial nicht schlechthin identisch mit der Frage nach den Bildungsfaktoren. Das Ento- derm könnte in sehr hohem Grad als Baumaterial für die Kiemen- fäden und andere Kiemenbestandteile benutzt werden und trotzdem als determinierender Faktor für die Kiemenbildung unwirk- sam, ja auch bloß als Baumaterial entbehrlich oder ersetzbar sein. Als determinierender Faktor wird hier im Sinne Roux’ (1905, S. 140, 1912, S. 96, 175) ein Keimblatt (oder dessen Teile) benannt, welches die Art des Geschehens, hier z. B. Form und Lagebe- ziehungen der Kiemen, bestimmt. Weiter ist noch zu unterschei- den, ob Ausführungs- oder Realisationsfaktoren (Roux, 1905, 8. 140, 1912, S. 96, 176, 330) vorkommen, also solehe, »die zur Andfuhrung den durch die Determinhtionel in seiner Art ‚Bestimmten‘ nötig sind, selber die Art des Geschehens und seiner Produkte nicht beeinflussen«. Was über diese Fragen durch meine Experimente und die mor- phologische und histologische Analyse der gezüchteten Tiere und den Vergleich dieser Befunde mit dem typischen Entwicklungsgang ermittelt wurde, sei hier zusammengefaßt. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 553 B. Entwicklung der Kiemenfäden. 1. Über die experimentelle Methode. Um die Bedeutung des Eetoderms bei der Kiemenbildung zu prüfen, wurde das ectodermale Anlagematerial aus einem Keim ent- nommen, ehe noch sichtbare Kiemenanlagen vorhanden waren. Ich gehe hier von solchen Fällen aus, in welchen das betreffende Eeto- dermstück noch nicht in Berührung mit dem Entoderm war und folglich von diesem in keiner Art direkt beeinflußt worden ist. Es ist dies in meinem I. Ausgangsstadium der Fall, in welchem keine der entodermalen Schlundfalten entwickelt ist. Hier sei noch be- merkt, daß dies schon unter dem Präpariermikroskop zu kontrol- lieren ist. In meinen älteren Stadien sind allerdings die vorderen Schlundtaschen in Berührung mit Eetoderm. Bei diesen sind also für die unabhängige Differenzierung des Eetoderms als beweisend nur diejenigen Reihen von Kiemenfäden zu betrachten, deren Anlagen trotzdem noch nicht in Berührung mit Entoderm gewesen sein konnten. Es ist dies bei Stadium II die Anlage der 2. und der folgenden Kiemenreihen, bei Stadium III die Anlage der 3. und folgenden. Die Beeinflussung durch die bloße Berührung des Entoderms könnte für die Entwieklung des Eetoderms von zweierlei Art sein, Man könnte hier im Sinne Hergsts (1901) eine formative Reiz- wirkung annehmen. Dadurch wäre das Entoderm für die Art der Differenzierung des Ectoderms bestimmend. Hier käme z.B. in erster Reihe die Determination der Lage der Kiemenanlagen im Eeto- derm in Betracht. Stellt man eine formative Reizwirkung in Ab- rede, so könnte das Entoderm noch als ein Auslösungsfaktor im Sinne Roux’ (1912, S. 32) wirksam sein, also die Kiemenentwick- lung im Eetoderm in Gang setzen, ohne dabei für die Art derselben bestimmend zu sein. In denjenigen Fällen, in welchen das Entoderm das Eetoderm auch nur oral berührt, könnte der Einwand gemacht werden, daß schon diese Berührung genügt, um den ganzen Cyclus der Kiemen- fadenentwicklung im Ectoderm auszulösen. Man könnte voraussetzen, daß hier ein analoger Auslösungsvorgang stattfindet, wie derjenige in der Entwicklung von Selachierflossen, welcher von BrAus experimentell nachgewiesen ist. Es zeigte sich (1906a, S. 289), daß bei Seylkum- Embryonen die Differenzierung der Radien der Brustflosse vonein- ander in bestimmter Reihenfolge ausgelöst wird. »Das Material für die Bildung der Radien des Meso- und Propterygium ist in loco vor- 554 Gunnar Ekman handen. Der Anstoß für die Verdichtung des Blastems zu Skelet- centren als dem Initialstadium der Radienbildung muß jedoch vom Metapterygium und zwar von den cranial gelegenen Radien seines Ba- sale ausgehen.« Streng genommen sind hier also für die vom Entoderm unab- hängige Differenzierung des Ecetoderms nur diejenigen von meinen Fällen beweisend, in welchen Kiemenectoderm, welches überhaupt nicht mit Kiemenentoderm in Berührung war, zu den Versuchen ver- wendet wurde. Dies ist in einer genügenden Anzahl von Fällen mit positivem Erfolg geschehen. Infolgedessen ist der oben genannte Einwand widerlegt und folglich auch das Resultat aus dem von Sta- dium II und III entnommenen Ectoderm mit der nötigen Kritik zu verwerten. Für die Beweisführung über die Bedeutung der verschiedenen Keimblätter bei der Kiemenbildung kommen hier in Betracht: 1) Transplantation von Kiemeneetoderm des Spenders?! auf den Bauch des Empfängers. 2) Transplantation von Bauchectoderm des Spenders an die Stelle des vollständig entfernten Kiemenentoderms des Empfängers. 3) Transplantation von Kiemenectoderm des Spenders an die Stelle des Kiemenectoderms des Empfängers mit einer Drehung um 180° (siehe Fig. 35, S. 490). 4) Transplantation von Baucheetoderm des Spenders an die Stelle des Kiemeneetoderms des Empfängers. 2. Determination und Auslösung der ersten Entwicklung der Kiemenfäden. Die Experimente der Reihe 1 ergaben bei Rana fusca die klar- sten Resultate. Hier bilden sich ohne Einwirkung des Entoderms des Empfängers normale Anlagen der Kiemenfäden. Da auch jeg- liche Einwirkung des Entoderms des Spenders auszuschließen ist, so ist bei R. fusca mit Sicherheit das Anlagematerial im Eetoderm de- terminiert und auch ein auslösender Faktor in diesem gelegen. Es handelt sich um eine vollkommene Selbstdifferenzierung im Sinne Roux’ (1912, S. 367). Bei Bombinator bilden sich bei den Experimenten dieser Art nur kleine Stummelehen. Es ist daraus nur zu schließen, daß die 1 Bezüglich der Bedeutung der Namen Spender und Empfänger verweise ich hier auf die auf Seite 490 gegebene Erklärung. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 555 Entwicklung infolge des Experimentes stärker gehemmt ist als bei R. fusca. Auch bei R. fusca bilden sich die Kiemenfäden zurück, wenn sie eine Zeitlang bestanden haben. In Übereinstimmung mit den Experimenten der Reihe 1 stehen auch diejenigen der Reihe 2, die nur bei Bombinator ausgeführt wurden. Auch hier bildeten sich aus dem Ectoderm Kiemenanlagen, nachdem das Kiemenento- und Mesoderm schon im I. Stadium voll- ständig entfernt war. Daraus ist zu schließen, daß weder eine for- mative Reizwirkung noch eine bloße Auslösung durch das Entoderm nötig ist, um das Eetoderm zur Kiemenbildung zu veranlassen. Über die Fähigkeit des Eetoderms, ohne Mitwirkung des Ento- derms Kiemen zu bilden, gibt noch die 3. Reihe der Experimente Aufschluß. Bei den Drehungen von Transplantaten wird manchmal beobachtet, daß aus diesen Kiemenfäden entstehen, die gar keine direkten Beziehungen zu den Schlundfalten haben. Dies hängt ent- weder davon ab, daß die betreffende Schlundfalte aus irgendeinem Grunde in ihrer Ausbildung gehemmt ist, oder davon, daß die be- treffende Stelle des Transplantats an einem Platze liegt, wo typisch keine Schlundfalte vorhanden ist. Bei Bombinator ist z. B. bei Versuchstier Nr. 100 (1911) und 198 (1911) die Anlage der typischen 3. Kiemenreihe des Spenders entwickelt oral von der unterdrückten 2. Schlundfalte des Empfängers (Fig. 50, S. 513). Diese rein eetodermale Kiemenanlage hat weder im Spender noch im Empfänger direkte Beziehungen zum Entoderm gehabt. Auch bei Rana esculenta gibt ein Fall von meinen Drehungs- versuchen sichere Auskunft über diese Fragen. Beim Versuchstier Nr. 70 (1912) S. 118 ist aus dem Ecetoderm des Spenders eine typische Kiemenanlage ohne jede Beziehung zu den Schlundfalten des Emp- fängers entstanden. Da es sich hier um Kiemenectoderm aus dem Stadium I handelt, ist klar, daß das Anlagematerial im Eetoderm determiniert war und zur Entwicklung keinen vom Entoderm kom- menden Reiz nötig hatte. Es gibt in der typischen Entwicklung keine Kiemenfäden auf dem Hyoidbogen der Anuren. Nun bilden sich in meinen Fällen bei Bombinator, Rana fusca, R. esculenta und Hyla arborea über- einstimmend trotzdem Kiemenfäden auf dem Hyoidbogen des Emp- fängers aus, wenn das Eetoderm desselben durch Kiemeneetoderm eines weiter caudal gelegenen Bogens des Spenders (z. B. des 2. oder 3. Kiemenbogens) ersetzt wird. Es istin diesem Falle klar, daß der 556 Gunnar Ekman Impuls vom Eetoderm allein ausgehen muß, da dieses auf den be- treffenden Bögen stets Kiemenfäden bildet. Es wäre wenigstens ohne komplizierte Hilfshypothesen nicht einzusehen, wie das Ento- derm der Schlundtaschen eine Kiemenbildung auf dem Hyoidbogen anregen sollte, da es im typischen Entwicklungsgang nicht geschieht. Bei Rana esculenta habe ich experimentell ermitteln können, daß von den beiden Schichten des Eetoderms nur die basale Sinnes- schicht die Kiemenbildung determiniert und Sitz des Auslösungs- faktors ist. Dies ist um so auffallender, als später bei der typischen Entwicklung der Kiemenfäden nur die Deekschieht übrig bleibt und die Sinnesschicht anscheinend verschwindet. Durch diese Befunde ist festgestellt, daß das übliche Kiemen- ectoderm alle Faktoren enthalten kann, welche zum Beginn der Bildung von Kiemenfäden nötig sind. Eine andere Frage ist aber die, ob das Kiemenectoderm die einzige Stelle im Körper ist, welche diese Faktoren enthält oder ob nicht die Kiemenbildung auch von anderen Punkten aus induciert werden kann? Diese Frage ist so zu lösen, daß fremdes Eetoderm an die Stelle des typischen Kiemen- ectoderms gepflanzt wird. Der negative Befund bei den Experimenten der Reihe 4 könnte damit im Einklang sein, daß nur das ursprüngliche Kiemenectoderm die kiemenbildende Potenz enthält. Baucheetoderm, wenn es nur weit genug von der Kiemenregion stammt, an die Stelle des Kiemen- ectoderms gepflanzt, bildet nie Kiemenfäden, obgleich doch hier die Einwirkung des Entoderms und aller sonstwo lokalisierten Fak- toren auf dasselbe sich geltend machen könnte. Es geht vom Entoderm u. ä. keine formative Reizwirkung aus, die imstande wäre, dieses Eetoderm zur Kiemenbildung zu ver- anlassen. Dasselbe kann man hier auch von den Kiemengefäßen 1 Anmerkung (während der Korrektur). So weit reichen meine Befunde in dieser Arbeit. Sie sagen nur so viel aus, daß das betreffende fremde Kiemenectoderm keine Kiemenfäden bildet. Ob dies unterbleibt, weil von der Umgebung keine formativen Einwirkungen auf das ihr einverleibte Ectoderm ausgeübt werden oder weil letzteres solchen Einwirkungen nicht zu folgen ver- mag, bleibt eine offene Frage. — In einem Nachtrag zu dieser Arbeit werde ich die positive Lösung dieser Frage im letzteren Sinne geben, da es gelang, von anderen, der Kiemengegend benachbarten Stellen des Eetoderms, wenn sie an die Stelle des Kiemeneetoderms gepflanzt wurden, Kiemenfäden u. a. zu er- zielen. Auch in den Regenerationsversuchen in dieser Arbeit lieferte solches benachbartes Eetoderm Kiemen (S. 549). Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 557 3. Determination und Ausführung der späteren Entwicklung der Kiemenfäden. Oben ist gezeigt, daß die Entwicklung der Kiemenfäden nur bis zu einem gewissen Stadium vom Ectoderm allein determiniert und ausgeführt wird. Es fragt sich noch, welehe Faktoren für die spätere Ausführung des Entwicklungsvorganges nötig und ob mit dem Eetoderm noch andere Determinationsfaktoren tätig sind. Die Richtung der Kiemenfäden, ihre Lage in Reihen und ihre Lage zu den ectodermalen Kiementaschen, ihre Beziehung zum Opereulum und die Entstehung des Operceulums selbst, auch die Wachstumsgeschwindigkeit, welche der vordersten Reihe den Vor- sprung vor der zweiten, dieser vor der dritten usw. zuteilt, sind Erscheinungen, welche den dem Einfluß des typischen Entoderms entzogenen Kiemen genau so zukommen, wie den typischen; alles dies kann also vom Ectoderm aus reguliert werden. Auch das- jenige Mesoderm, welches typisch zu den Kiemenfäden gehört, ist hier durch atypisches ersetzt und übt folglich keinen formbildenden Einfluß aus. Tatsache ist, daß die transplantierten Kiemenfäden, die ohne Cireulation bleiben, früher als die typischen der Rückbildung ver- fallen. Dies geschieht bei Bombinator etwas früher als bei Rana fusca und R. esculenta. Selbst bei Rana fusca werden solche ver- pflanzte Kiemenfäden nicht voll entwickelt. Wir haben es mit Organen zu tun, die sehr bald in Funktion treten; deshalb liegt der Gedanke nahe, daß die Rückbildung aus Mangel an Funktion oder ungenügender Funktion eingeleitet werden könnte. Es wäre also eine Inaktivitätsatrophie !. Bei Rana fusca und Bombinator wurden in der Tat die schönsten Resultate, also vollentwickelte Kiemenfäden, erzielt bei Transplanta- tionen von gedrehtem Kiemeneetoderm auf die Kiemengegend, wenn Cireulation von den Kiemengefäßen aus, wenn auch von anderen als den zugehörigen, erzielt wurde. Die Gegenprobe, nämlich Ver- pflanzung eines ganzen Stückes des Kiemendarmes (Eetoderm + Meso- derm + Entoderm) in die Bauchwand von Bombinator ergab keine Cireulation und frühe Rückbildung der Kiemenfäden. Daraus geht hervor, daß der Anstoß zur weiteren Differenzierung der schon ı Nach Roux’ (1912, S. 297, 298) Einteilung der Entwicklungsperioden handelt es sich hier um seine 1. Periode, welche die Periode des afunktionellen Gestaltens genannt wird. Die blutgefäßlosen Kiemenanlagen können diese Pe- riode der Entwicklung nicht überschreiten. 558 Gunnar Ekman deutlichen Kiemenanlagen von den Blutgefäßen ausgeht. Denn das Entoderin ist in beiden Fällen typisches Kiemenentoderm, auch die Potenzen des Ectoderms sind die gleichen. Auch in der Kiemen- gegend selbst gehen bei den Drehungsversuchen Kiemenanlagen, die ohne Beziehungen zu den Blutgefäßen bleiben, bald zugrunde, wäh- rend diejenigen mit Cireulation gut gedeihen. Aus meinen Experimenten geht also deutlich hervor, daß die Blutgefäße bei der Kiemenbildung einen unbedingt notwendigen Aus- führungsfaktor bilden, aber es ergibt sich aus diesen ebenso klar, daß !sie keinen |Einfluß auf die Form der Kiemenfäden ausüben. In dieser Beziehung sind die Versuche bei Rana fusca, welche Art charakteristische große Kiemenfäden hat, einleuchtend (Fig. 41, 42, S. 503, 504). Obgleich’hier die ectodermalen Kiemenanlagen des Spen- ders mit atypischen Kiemengefäßen des Empfängers zusammenkom- men, wird die Form der Kiemenfäden nur vom Eetoderm aus bestimmt. Das einzige durch die Blutgefäße bedingte Atypische in der Ent- wicklung dieser Kiemen ist vielleicht das Wachstumstempo und die Größe der Kiemenfäden. In Fig. 41 ist nämlich die 3. Kiemenreihe des Spenders, die von dem 1. Kiemengefäß des Empfängers besorgt wird, ein wenig größer als die entsprechende Reihe auf der normalen Seite. Weil sie hier reichlicher und früher als in der typischen Entwicklung mit Blut versorgt wird, ist sie etwas größer geworden als sonst. Man kann hier von Aktivitätshypertrophie reden. Durch eine entgegengesetzte Erscheinung ist vielleicht das gehemmte Wachs- tum der 1. Kiemenreihe des Spenders in denselben Versuchen (Fig. 39, 42) zu erklären. Diese Reihe kommt in Verbindung mit mehr caudal liegenden Gefäßen (2. und 3.), die weniger kräftig sind als das erste, von dem sie in dem typischen Entwicklungsgang be- sorgt wird. Doch sind meine Fälle für eine sichere Lösung dieser Frage nicht zahlreich und klar genug. Wie schon dargelegt, zeigen meine Experimente, daß das Ento- derm bei der Kiemenbildung für ‘das ectodermale Anlagematerial weder als determinierender noch auslösender Faktor nötig ist. In dem typischen Entwieklungsgange wird wohl beobachtet, daß Entodermzellen unter das Kiemenectoderm vorgeschoben werden. Um diesen Vorgang zu erklären, hat GrEıL (1912, S. 364) kurz an- gedeutet, daß die Bildung der Schlundfalten und die spätere Ver- ‘schiebung ihrer distalen Enden unter das Eetoderm hauptsächlich auf rein mechanische Ursachen zurückzuführen sei. Er nimmt an, daß der Munddarm so stark in die Länge wächst, daß der Raum, Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 559 ‘der ihm zu Verfügung steht, zu kurz und er folglich gezwungen wird, durch seitliche Ausbuchtungen (die Schlundfalten) sich zu ver- kürzen. Es wäre dies eine Erscheinung zu vergleichen mit der Zu- sammenpressung eines Rohres in seiner Längsrichtung von den beiden Enden aus. Die Zusammenpressung wäre nach GREIL so stark, daß noch die seitlichen Ausbuchtungen, die Schlundfalten, ihrerseits weit distalwärts in ihre Längsrichtung gepreßt werden. Dadurch werden sie gegen das laterale Eetoderm gepreßt und ihre distalen Enden schief unter dieses in oraler und caudaler Richtung verschoben. Das Entoderm würde das Eetoderm vor sich schieben und dadurch das Auswachsen der Kiemenfäden bedingen. So einfach wie es GREIL annimmt, liegen hier die Verhältnisse nicht. Dies zeigen meine Experimente ganz deutlich. Würden wirklich die Schlundfalten durch eine mechanische Zusammenpres- sung des Munddarmes gebildet, dann könnte man nicht erklären, warum z. B. ein im J. Stadium gut ausgeführter operativer Ersatz des Kiemenectoderms durch indifferentes Eetoderm eine so starke Unterdrückung der Schlundfaltenbildung zur Folge hat. Raum zur Entfaltung der Seitenbuchten des Munddarmes fehlt in diesem Falle nicht. Andererseits beweisen wieder Versuche, wobei früh die ganze Mundhöhlenwand auf den Bauch transplantiert ist, daß die Schlund- falten ohne jeden seitlichen Druck sich ganz normal entfalten können. Die Bildung jeder Schlundfalte ist ein Selbstdifferenzierungsprozeß, der von jedem grobmechanischen Druck unabhängig erfolgt. Die Bedeutung der unter das Kiemenectoderm vorgeschobenen Entodermzellen für die spätere Ausgestaltung der Kiemen exakt zu ermitteln, ist sehr schwer. Durch die histologische Analyse kann man einige Zeit lang die entodermalen Zellen an ihrem Dotterreichtum gut erkennen und von den ectodermalen unterscheiden. Bei den Drehungsversuchen war oft zu sehen, daß entodermale Zellen am Aufbau der verpflanzten Kiemenfäden teilgenommen haben. Es handelte sich um Zellen, die von den Schlundfalten des Empfängers in die Kiemen des Spenders eingedrungen waren. Daß diese Entodermzellen aber für die Aus- gestaltung der Kiemenfäden nicht unbedingt notwendig sind, ergibt sich daraus, daß bei Bombinator Kiemenfäden in Transplantaten, welche keine entodermalen Zellen enthalten, sich nicht von solchen mit Entodermzellen unterscheiden. Auch erstere haben gelegentlich Blutgefäße und Cireulation. Es bildeten sich bei Experimenten der Reihe 2 S. 554 bei Bom- 560 Gunnar Ekman binator manchmal größere Kiemen, wenn die Entodermzellen nicht ganz entfernt wurden. Dochist daraus nicht zu entnehmen, daß das Entoderm einen differenzierenden Einfluß hat. Es kann das Resultat darin begründet sein, daß der Eingriff schonender ist, falls nicht alles Entoderm weggenommen wurde. Ich meine damit nicht, daß die Isolierung des Eetoderms gegen das Entoderm einen schädigen- den Einfluß derart bedeutet, denn wir wissen aus den Drehungen, daB dieser Eingriff ertragen wird. Bei den Drehungen kommt aber das Eetoderm in ein ihm adäquateres Milieu als bei Auskratzungen des ganzen Kiemenento- und Mesoderms und ähnlichen schweren Eingriffen. Wir können uns bei den Ergebnissen des Experimentes mit Sicherheit nur an die positiven Befunde halten. Das Ausbleiben von Bildungen wird meistens vieldeutig bleiben. Bei den Regenerationsversuchen gilt auch dasselbe, was oben von der Bedeutung des Entoderms gesagt ist. Es ist zweifellos das regenerierte Kiemenecetoderm nicht in dem Maß imstande Kiemen- fäden zu bilden wie das ursprüngliche. Es bildet aber genügend, um seine Potenz zu erkennen. Diese hängt von der Lage zum Ganzen ab. Eine spezifische Wirkung des Entoderms könnte hier wohl vermutet werden, weil die Kiemenfäden sich nach der Lage der Sehlundspalten und ihren Verbindungen mit dem Eetoderm richten. Doch könnte dies auch durch die Situation vom Ganzen aus gut reguliert sein. (Siehe S. 566 Anm. ! und Nachtrag.) C. Bildung offener Kiemenspalten. 1. Determination des Anlagematerials. Für die Umgestaltungen des ganzen Kiemengebietes und somit indirekt auch für die Bildung der Kiemenfäden ist die Entstehung der Schlundspalten von der allergrößten Bedeutung. Wir haben es hier mit einem Vorgang zu tun, bei welchem eine Zusammen- wirkung vom Eeto- und Entoderm stattfindet. Wie sich dieser Pro- zeß typisch abspielt, ist leicht direkt zu beobachten. Dadurch er- fahren wir aber noch nicht, welche Rolle jedes Keimblatt für sich hat und unter welchen Bedingungen eine Spalte entstehen kann. In dieser Beziehung hat das Experiment manches aufgeklärt. Es ist festgestellt, daß eine Schlundfalte, die nicht in Berührung mit dem Eetoderm kommt, wohl eine sehr tiefe und sogar mit Sieb- vorriehtungen versehene innere Kiementasche bildet, diese aber distal blind endet; ein Durehbruch findet an einer atypischen Stelle nie statt. Es werden im Kiemeneetoderm, welches künstlich vom Entoderm ge- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 561 trennt ist, äußere Kiementaschen angelegt; diese aber gehen dann sehr schnell zugrunde, ohne daß es zum Durchbruch des Eetoderms in den Darm kommt. Es ist also ohne weiteres klar, daß zur Bildung einer vollständigen Schlundspalte sowohl die ento- wie ectoder- malen Anlagen immer notwendig sind. (Uber Ausnahmen vergl. S. 556 Anm. und Nachtrag). Wie meine Untersuchungen lehren, werden diejenigen Stellen des Ectoderms, an welchen später der Durchbruch stattfindet, sehr früh, wenigstens vom I. Stadium an, determiniert. Charakteristischer- weise findet dies ohne Mitwirkung des Entoderms statt. Schon bei der Untersuchung der normalen Entwicklung ist zu sehen, daß im Eetoderm eine nach innen gerichtete Leiste entsteht, bevor noch eine Berührung mit der Schlundfalte stattgefunden hat. Experi- mentell läßt sich diese Art Selbstdifferenzierung des Eetoderms auch gut feststellen. Ich habe in mehreren Fällen, wo das Kiemen- eetoderm im I. Stadium abgelöst war, in diesem, ohne daß es später zu einer Verbindung mit dem Entoderm gekommen ist, normale Taschenleisten gesehen. Kommen diese Leisten (die 1. ausgenom- men) in Berührung mit irgendeiner beliebigen Schlundfalte (die 1. ausgenommen), dann ist die Möglichkeit vorhanden, daß eine offene Spalte entsteht. Alle meine Drehungsversuche sprechen dafür, daß nur die vor der Operation im Eetoderm prädestinierten Taschenleisten bei der Bildung einer Schlundspalte in Betracht kommen können. Eine direkte dauernde Verbindung zwischen Ectoderm und einer Schlundfalte ist bier nur möglich, wenn diese auf eine prädestinierte Taschenleiste stößt. 2. Gegenseitige Beeinflussung des Ecto- und Entoderms. Da weder die entodermale noch die eetodermale Tasche, wenn sie isoliert bleiben, durchbrechen können, dagegen offene Schlund- spalten bilden, wenn sie in Berührung miteinander geraten, so fragt es sich, wo in diesem Falle der primäre Auslösungsfaktor für den Durchbruch sitzt. Es könnte der Anstoß vom Ectoderm ausgehen oder vom Entoderm oder von beiden. Durch die Experimente läßt sich ermitteln, daß sowohl das Eeto- wie Entoderm als auslösender Faktor wirksam sein kann. Es ist dies am schönsten zu demonstrieren an den Drehungen bei Bombinator. Die 2. Visceralspalte bricht im typischen Entwicklungsgang nieht dureh, sondern sowohl die ecto- wie entodermale Anlage bilden sich 562 Gunnar Ekman zurück. Bei der experimentell erzielten Kombination 2—4’, bei welcher die normale zweite entodermale Schlundtasche des Emp- fängers mit der gedrehten vierten eetodermalen Kiementasche des Spenders zusammentrifft, öffnet sich jedoch diese Spalte in einem Falle, Versuchstier Nr. 179 (1911). In anderen Fällen, Versuchstiere Nr. 99 (1911), 182 (1911), 187 (1911), 200 (1911), -204 (1911), 200 (1912), in welchen ebenfalls eine Verbindung 2—4’ erzielt ist, wird die typische Reduction der entodermalen Schlundtasche beträchtlich verzögert, wenn auch keine offene Spalte entsteht. In allen diesen Fällen, besonders aber beim Versuchstier Nr. 179 (1911) muß es sich um eine Tätigkeit des Eetoderms han- deln, welches sich nicht nur selbst, wie zu erwarten ist, zu einer Spalte öffnet, sondern auch das Entoderm veranlaßt, eine solche zu bilden. Denn im Entoderm bildet sich in der typischen Entwicklung keine Spalte. Umgekehrt ist eine Einwirkung des Entoderms auf das Eetoderm bei der Kombination 4—2’ (3—2'’) zu konstatieren, Versuchstiere Nr. 135 (1911), 198 (1911), 200 192) 77374911), d.h. wenn die 4. oder 3. entodermale Schlundtasche des Emp- fängers mit der 2. eetodermalen Kiemenleiste des Spenders in Be- rührung tritt. Auch dann bildet sich eine offene Spalte. Hier kann deshalb der Anstoß nur vom Entoderm ausgehen, weil die 2. ectodermale Leiste sich nie zu einer Spalte öffnet, während dies die 4. entodermale Tasche regelmäßig tut. Man könnte den Einwand machen, daß in diesen Fällen keine auslösende Wirkung vorliegt, die von der einen der beiden Kompo- nenten ausgeht, um die andere zu aktivem Bildungsgeschehen an- zuregen, sondern daß die Öffnungsvorgänge in einer Komponente lediglich passiv die andere mitgestalten helfen. Man denke z.B. an Spannungen, welche durch das Anseinanderweichen der Zellen der einen Komponente entstehen; diese könnten sich auf die Zellen der anderen Komponente fortsetzen und auch sie so verlagern, daß in ihr eine Spalte entsteht. Es ist jedoch das Aussehen der Spalten in beiden Komponenten gar nicht dementsprechend. Bei grobmecha- nischen Einflüssen müßte man Risse von wechselnder Form erwarten. Statt dessen ist eine ganz regelmäßige Spalte zu beobachten, wie wenn es sich um eine typische Spalte handelte. Es kommen zwar Deformationen vor; diese betreffen aber mehr die Lage und Richtung der Spalte, der Kanal selbst hat nicht das Aussehen eines Risses, sondern ist typisch begrenzt. Es stimmt damit überein, daß auch bei der Kombination 2’—4 die Lage der Kiemenfäden zu der ecto- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 563 - dermalen Kiementasche typisch geordnet und nicht, wie durch einen zufälligen Riß, verändert ist. Es ist also kein Anzeichen einer gsrobmechanischen Einwirkung zu bemerken. Deshalb ist der Schluß gerechtfertigt, daß die ectodermale Komponente sowohl wie die ento- dermale bei sich selbst und bei ihrem Partner die Bildung der Spalte veranlassen kann, beide sind auslösende Faktoren. 3. Über experimentell erzeugten Atavismus bei der Kiemen- spaltenbildung. Es bleibt uns noch übrig zu erklären, wovon es abhängt, daß die beiden Komponenten der 2. Schlundspalte, die in der typischen Entwicklung nur angelegt werden, sich aber nicht öffnen, durch den Einfluß von anderen Komponenten, mit denen sie experimentell kom- biniert werden, doch zur Bildung einer offenen Spalte veranlaßt werden können. Es ist wohl kaum daran zu zweifeln, daß auch die Vorfahren von Bombinator, Tebenso wie es noch heute bei anderen Anuren der Fall ist, diese 2. Spalte besaßen. Sie ist also sekundär zurückgebildet, was ja auch aus der normalen Ontogenese deutlich hervorgeht. Auch z. B. bei Rana, Bufo und Hyla, wo diese Spalte existiert, ist sie im’ Vergleich mit den übrigen sehr eng und allem Anschein nach ziemlich bedeutungslos, ihre Wände besitzen ja keine Siebvorrichtungen. Eine Ursache für diese, wahrscheinlich bei allen Anuren be- stehende Tendenz, die 2. Schlundfalte zurückzubilden, liegt meines Erachtens in der Entwicklung der Opercularfalte. Da diese oral von der Mündung der Spalte entsteht und sich in caudaler Richtung ver- schiebt, wird sie einen Druck ausüben, welcher den distalen Teil dieser Spalte zusammenpreßt. Dadurch kann kein Wasserstrom durch diese Spalte gehen; sie wird für die Respiration bedeutungs- los. Eine andere Ursache besteht vielleicht darin, daß der Raum zwischen dem Hyoid- und dem 1. Kiemenbogenknorpel, wo die Spalte liegt, durch die Entfaltung und Bewegung dieser Knorpel eingeengt wird. Daß aber diese rein mechanischen Ursachen bei Bombinator schon während der früh stattfindenden Atrophie des distalen Teiles der 2. Schlundfalte stärker als bei anderen Anuren wirkten, davon ist niehts zu sehen. Deshalb können 'sie kaum die direkte Ur- sache davon sein, daß bei Bombinator die 2. Schlundfalte nicht durchbricht, wie es bei anderen nahe verwandten Arten geschieht. Die Ursachen dafür sind sicher mehr indirekter und komplizierter Morpholog. Jahrbuch. 47. 37 564 Gunnar Ekman Art. Man kann sich die Sache so denken, daß die Spalte während - der Phylogenie, erst wenn sie ausgebildet war, verklebt worden ist und dadurch ihre Bedeutung verloren hat. Die Ursache dafür kann ja ein mechanischer Druck gewesen sein. Dann aber kommt diese Erscheinung schon in der früheren Entwicklung (ontogenetisch) zum Vorschein. Die betreffende Spalte bricht überhaupt nicht mehr durch; ihre erste Anlage wird zurückgebildet, ohne daß es sich hier um die primären, von außen auf die Zellen wirkenden Ursachen handelt. In diesem Falle müssen wir also voraussetzen, daß der Faktor in den betreffenden Zellen selbst liegt. Über die Natur der Kräfte, die hier die Spaltenbildung verhindern, geben meine Experimente etwas Auskunft. Es zeigt sich nämlich, daß die alte Fähigkeit, die prospektive Potenz, eine Spalte zu bilden, anfänglich nicht ganz ver- loren ist. Warum sie aber in dem typischen Entwicklungsgang ohne jede Leistung früh verloren geht — dafür spricht ja die Atrophie der Schlundfalte — kann man so erklären, daß entweder ein Hemmungsfaktor vorliegt oder ein Auslösungsfaktor fehlt, oder schließlich, daß beide vorhanden sind, aber daß der eine nicht stark genug ist, um den anderen zu überwinden. Wirkt nun aber früh genug, unter günstigen Bedingungen, ein (künstlich zugeführter) starker auslösender Faktor auf diese Anlagen, dann werden sie ent- wicklungsfähig. Eine Entwicklungspotenz, die zwar in der typischen Ontogenie nicht zum Vorschein kommen kann, die aber während der Phylogenie wirksam gewesen ist, macht sich wieder geltend. Es handelt sich hier um einen Fall von experimentell erzeugtem Atavismus. Daß die beiden Komponenten, die 2. ecto- und entodermale Tasche, in sich selbst wirklich eine prospektive Potenz besitzen müssen, geht aus dem vorigen Abschnitt (C 2.) hervor. 3. Vergleich meiner Resultate mit früheren experimen- tellen Untersuchungen an anderen Organen. Die Art und Weise wie die Entwicklung des Kiemeneetoderms nach meinen experimentellen Untersuchungen stattfindet, hat manche Analogie mit Erfahrungen, welche an anderen Teilen des Kopf- eetoderms gewonnen wurden. Es handelt sich um die Frage, inwiefern hier eine Selbstdifferenzierung eines Keimblattes vorliegt und inwiefern wieder eine Entwicklung desselben in Correlation zu anderen Geweben und den Entwieklungsvorgängen im ganzen Organismus vor sich geht. Daß die Frage nicht scharf auf ein aut- Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 565 aut gestellt werden darf, glaube ich, ist schon von früheren Experi- mentatoren klar genug gezeigt worden. Wie meine Versuche lehren, kann die erste Entwicklung der Kiemen ausschließlich durch eine Selbstdifferenzierung des Eetoderms erfolgen. Später wird aber als Ausführungsfaktor das Kiemengefäß nötig, um fortgeschrittenere Entwicklungsstufen zu erreichen. Dieses ist bedingt durch die außerordentlich früh einsetzende Funktion der Kiemenfäden. Die Blutgefäße sind hierbei nicht zu entbehren. In dieser Beziehung sind die Kiemen nicht direkt zu vergleichen mit anderen Eetodermderivaten, bei welchen die Funktion ganz anderer Art ist. Hierzu gehören z. B. die Linse, das Hörbläschen, das Riech- epithel und die Haftdrüse. Diese Organe entwickeln sich in typischer Weise sehr weit durch Selbstdifferenzierung des ectodermalen An- lagematerials. Es ist dies für das Riechepithel nachgewiesen u. a von BEL (1907, S. 475) und Spemann (1912a, S. 95), für das Hör- bläschen von SPEMAnN (1910, S. 456), für die Haftdrüse von Spe- MANN (1912a, S. 70). Für die Linse betrifft dies für die jetzt unter- suchten Arten allerdings nur Rana esculenta, wie SPEMANN! 11912a, S. 50) nachgewiesen hat. Bei allen anderen untersuchten Amphibien vollzieht sich die Linsenentwieklung etwas anders, indem hier ein correlativer Vorgang stattfindet. Eine Beeinflussung durch den sekundären Augenbecher ist nötig, um das typische eetodermale Anlagematerial zur Entwick- lung zu bringen. Von SpEmann (1912a, S. 72) ist nachgewiesen, und ich kann es aus mehreren eigenen Fällen vollständig bestätigen, daß bei Bombinator schon wenige Augenbecherzellen auf die Linsenbildung einen großen Einfluß ausüben. Wird das Eetoderm mit der unent- wickelten Linsenanlage von der Augenblase getrennt, so entsteht daraus nie eine Linse, höchstens eine Andeutung derselben, mag man die Trennung auch erst, nachdem eine längere Berührung zwischen den beiden Teilen stattgefunden hat, unternehmen. Bleiben da- gegen auch nur vereinzelte Augenbecherzellen in Berührung mit dieser Anlage, so entwickelt sich eine Linse, die unter Umständen fast normal werden kann. Hier ist also nicht nur eine Auslösung, sondern auch eine dauernde Beeinflussung nötig, um das Anlage- material zur Entwicklung zu bringen. Auch bei Rana palustris und sylvatica ist nach Untersuchungen von LEwıs (siehe SPEMANN S. 49) 1 Ich begnüge mich, hier die außerordentlich umfassende Literatur über die Linsenfrage nur nach SpEMmAnN (1912a) zu zitieren. 37* 566 Gunnar Ekman und bei Amblystoma punetatum nach Le Crox die Entwicklung der Linsenanlage total vom Augenbecher oder wenigstens von Teilen desselben abhängig. Zu den eetodermalen Organen, die durch Selbstdifferenzierung entstehen, gehört nach HArrıson (1904, S. 139) der Seitenlinienkanal der Amphibien. Auch die Opercularfalte entsteht, wie ich schon früher (1912, S. 586) mitgeteilt habe, durch Selbstdifferenzierung des Eetoderms. Über die Entstehung des Spiraculums ist durch Spemann (1906, S. 200) und PressLer (1911, S. 11) eine theoretisch sehr interessante Tatsache festgestellt. Bei Rana esculenta ist zusammen mit situs inversus viscerum auch eine inverse Lage des Spiraculums erzielt. Wie diese durch die Umstimmung des Anlagematerials bedingte Bildung zustande kommt, darüber sind wir noch völlig unaufgeklärt. Soviel ich die Ergebnisse meiner Experimente deuten kann, ent- wickeln sich sowohl die Kiemenfäden, wie die äußeren Kiemen- taschen immer nur aus Anlagematerial, welches schon vor der Ope- ration "genau spezifiziert war. Nirgends finde ich hier für diese Organe einen sicheren Beweis dafür, daß fertiges, indifferentes Eeto- derm, künstlich in eine veränderte Umgebung versetzt, von dieser beträchtlich beeinflußt wäre und dadurch neue positive Eigenschaften bekommen hätte!. Eine wichtige Beschränkung müssen wir hier zuerst ins Auge fassen. Es handelt sich bei allen meinen Versuchen um Embryonen, die wenigstens in mein I. Stadium eingetreten waren, also Keime mit deutlichen Medullarwülsten. Wie Operationen an noch jüngeren Stadien, wenn dies technisch möglich wäre, ausfallen werden, darüber wissen wir mit Sicherheit nichts. So viele Kontroversen auch noch bestehen, so geht döch aus zahlreichen analogen Versuchen hervor, daß je frühere Stadien wir untersuchen, um so größere Aussichten vorhanden sind, jede Zelle durch veränderte Lebensbedingungen zu beeinflussen. In diesem Falle müssen wir uns damit begnügen, festzustellen, daß von meinem I. Ausgangsstadium an eine Beeinflussung in- differenter Zellen nicht stattfindet. Daß es so ist, wirkt eigentlich überraschend. Man hätte wohl nach analogen Fällen, z. B. der Linsenentwicklung, erwarten müssen, daß auch Kiemen aus indiffe- rentem Ecetoderm durch Beeinflussung der anderen mitbeteiligten 1 Vergl. jedoch S. 556 Anm. ! und den Nachtrag. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 567 Komponenten entstehen können. Betrachtet man die Sache morpho- logisch, so sind diese Organe im Vergleich mit der Linse sehr ein- fache Bildungen. Für das Tier selbst haben sie auch anfangs physio- logisch eine viel größere Bedeutung als die Linse. Es ist von Sremann (1912a, S. 88) für Bombinator und von Lewis und Kıng für Rana palustris und sylvatica nachgewiesen, daß unter dem Einfluß der Augenblase bei Entwicklungsstadien, die nicht jünger sind als meine Versuchstiere, aus indifferentem Eetoderm eine normale Linse entstehen kann. Aus eigenen noch nicht ver- öffentliehten Untersuchungen kann ich dasselbe auch bei Ayla arborea bestätigen. Bei anderen Anuren haben ähnliche Versuche keinen positiven Erfolg gehabt. Eine Beschränkung kommt hier in Betracht, indem nicht jeder beliebige Teil des Eetoderms unter dem Einfluß der Augenblase eine Linse bildet. Bei Bombinator ge- schieht dies nur beim Kopfeetoderm, bei den beiden amerikanischen Rana-Arten und Hyla dagegen scheint die Haut in größerer Aus- dehnung zur Linsenbildung unter dem Einfluß des Augenbechers be- fähigt zu sein. Ein der Linsenbildung aus indifferentem Eetoderm analoger Vorgang spielt sich ab, wie meine noch unveröffentlichten Unter- suchungen zeigen, wenn über die Extremitätenanlage bei Bombinator indifferentes Eetoderm transplantiert wird. Auch hier wird das fremde Eetoderm durch die veränderte Umgebung stark beeinflußt. 4. Zur Homologie der Anamnierkiemen. Zur Frage nach der Homologie der Anamnierkiemen möchte ich hier noch ganz kurz Stellung nehmen. Diese Frage haben u. a. GoETTE (1875, 1901), BoAs (1882), Dourn (1884), MAurErR (1888b), CLEMENS (1895), GEGENBAUR (1901), MoRoFF (1904), KErR (1905), GreiL (1905b, 1906a) und Marcus (1908) eingehend diskutiert und sind dabei teilweise zu verschiedenen Anschauungen gelangt. Den Begriff homolog faßt O. Herrwıc (1906, S. 151) folgender- maben kurz zusammen: »Organe, die in Bau und Zusammensetzung, in der Lage und Anordnung und Beziehung zu anderen Nachbar- schaftorganen bis zu einem bestimmten Grade übereinstimmen, da- her gewöhnlich auch die gleiche Furktion und Verwendung im Organismus darbieten, bezeichnet der vergleichende Anatom als ein- ander homolog. Als wichtiges Merkmal für die genauere Fest- 1 Vergl. jedoch S. 556 Anm. ! und Nachtrag. 568 Gunnar Ekman stellung des Begriffes hat später der Embryolog. noch eine Über- einstimmung in ihrer Entwieklungsweise hinzugefügt. « Hier wird nur die embryologische Beweisführung in Betracht gezogen. Es handelt sich zuerst um die Frage nach der Herkunft des Kiemenepithels. In großen Zügen gehen hier die Ansichten in drei Richtungen auseinander (vorläufig wird von den Cyelostomen abge- sehen). Nach der einen Richtung (u. a. BoAs, MAURER, GEGENBAUR) bestehen bei den Fischen entodermale (Darm-)Kiemen, bei den Amphibien eetodermale, also mit den ersteren nicht homologe (Haut-) Kiemen, nach der zweiten Richtung (GrEIıL) bei allen Anamniern homo- loge entodermale (nur durch eine belanglose Eetodermschicht be- deckte) Kiemen und nach der dritten Richtung (u. a. Marcus) bei allen homologe ectodermale Kiemen. So viel steht nach den neueren Untersuchungen (GOETTE, 1901, Mororr 1904, GreEıL 1906a, Marcus 1908) fest, daß bei allen Formen das Eetoderm wirklieh mitbeteiligt ist. Es frägt sieh nur, inwiefern die anderen mitbeteiligten Keimblätter, das Mesoderm und Entoderm (GrEıt), hierbei eine Rolle spielen. Der Anteil des Mesoderms als Baumaterial bei der Kiemen- bildung ist ohne weiteres klar. Jede typische Kieme ist in ihrem Inneren durch ein Blutgefäß gefüllt. Hierzu kann sieh noch etwas lockeres Mesenchym gesellen. Dagegen ist der Anteil des Ento- und Eetoderms als Baumaterial bei der Bildung des Kiemenepithels nicht ohne weiteres klar. Daß das Epithel nicht in allen Fällen schlecht- hin aus rein ectodermalem. Material gebildet ist, hat zuerst GREIL nachgewiesen. Es bleibt uns deshalb übrig zu prüfen, ob das Ento- derm und Eetoderm immer, wie GrEIL es meint, in gleichem Maß als Baumaterial beteiligt sind. Ist dies der Fall, dann sind in dieser Beziehung alle Kiemen als einander homolog zu bezeichnen. Da- durch ist noch nicht gesagt, ob die Kiemen als ectodermal oder entodermal oder ecto-entodermal zu bezeichnen sind. Ist aber festgestellt, daß das Entoderm und das Eetoderm in verschiedenem Maße bei verschiedenen Formen als Baumaterial ver- wendet werden, dann kann natürlich in dieser Beziehung eine strenge Homologie nicht aufrecht erhalten werden. Es ist sicher festgestellt, z. B. durch Kerr (1905) bei Dipnoer- larven, durch Marcus (1908) bei Gymnophionen und durch meine Untersuchungen bei Rana fusca, daß rein (oder fast rein) ectoder- male Kiemen wirklich vorkommen, aber ebenso sicher nimmt in Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 569 anderen Fällen auch das Entoderm einen Anteil an der Kiemenbil- dung. Deshalb kann man nicht aus der histologischen Analyse der typischen Entwicklung der bisher untersuchten Formen den Schluß ziehen, daß das Baumaterial bei allen Arten dasselbe ist, und alle Kiemen als homolog bezeichnen. Um aber hier weiter zu kommen, müssen wir die Aufgabe der Keimblätter bei der Kiemenbildung auch nach anderer Richtung hin untersuchen. Es fragt sich, ob die beiden Komponenten, das Eeto- und Entoderm, welche bei der Kiemenbildung als Baumaterial beteiligt sind, wirklich auch dieselbe Bedeutung haben. Wir müssen hier Gewebe nicht nur ihrer Quantität, sondern auch ..ihrer Qualität nach miteinander vergleichen. Für einen nicht experimentell arbei- tenden Morphologen ist dies eine Aufgabe, die er schwer, wenn über- haupt, exakt lösen kann. Es werden trotzdem diesbezügliche Fragen aufgestellt und ohne Experimente beantwortet. So hat gerade GREIL (1906a, S. 260) aus seinen Untersuchungen den Schluß gezogen, daß das Eetoderm, obgleich wohl bei der Kiemenbildung beteiligt, doch morphologisch bedeutungslos ist. Zu dieser Anschauung gelangt er durch die Beobachtung, daß das Ectoderm allmählich quantitativ (durch die Verdrängung der Sinnesschieht) abnimmt, während das Entoderm kurze Zeit anscheinend dominiert. Das Entoderm allein ist nach GREIL der determinierende, formbestimmende Faktor und die Kiemen somit entodermale Bildungen. | Nach GREIL ist nicht nur der determinierende Faktor gleich, sondern auch das Baumaterial bei der Kiemenbildung immer das- selbe; folglich wären alle Kiemen homolog. Nun fragt sich aber, können auch Kiemen, welche zum Teil aus verschiedenem Material entstehen,. aber sonst durch denselben Faktor determiniert sind, des- halb als homolog bezeichnet werden? Eine solche Frage liegt nahe, wenn man an die — allerdings unbegründete — Annahme DoHrns (1884) und Mororrs (1904) denkt, daß möglicherweise das Blutgefäß allein bei der Kiemenbildung der determinierende Faktor sei, unab- hängig davon, ob Ecto- oder Entoderm als epithelialer Belag für die Kiemenfäden in Betracht kommen. Verneinen wir die obige Frage, dann besteht nur der Ausweg, aus der Beteiligung der Keimblätter als Baumaterial die ontogenetischen Beweise für die Homologiefrage zu suchen. Die bis jetzt bekannten Befunde sprechen in diesem Falle für keine strenge Homologie; es gibt Kiemen, die nur aus Ecto- derm gebildet sind, und solehe, die sowohl aus Eeto- wie Entoderm zusammen entstehen. Hier muß jeder Fall für sich analysiert werden. 570 Gunnar Ekman Bejahen wir aber die obige Frage, dann haben wir zu unter- suchen, ob der determinierende Faktor wirklich immer derselbe ist. Eine solche Untersuchung ist nur experimentell durchzuführen. Soweit ich nach meinen Untersuchungen urteilen darf, kann bei den Anuren das Eetoderm bei der Kiemenbildung der einzige deter- minierende Faktor sein. Die Kiemen könnten deshalb in diesem Sinne als eectodermal und homolog bezeichnet werden. Das Blutgefäß ist dabei nur ein Ausführungsfaktor. Ob allerdings das Eetoderm immer der einzige determinierende Faktor ist, ist un- sewiß (vgl. S.556 Anm. und Nachtrag). Wie die Cyelostomenkiemen, die angeblich rein entodermal sind, mit den ectodermalen Kiemen der übrigen Anamnier zu homo- logisieren sind, ist eine Frage, die wohl noch nieht endgültig gelöst ist. Da mir hier eigene Untersuchungen fehlen, will ich darauf nicht näher eingehen, sondern verweise auf die ausführlichen dies- bezüglichen Diskussionen von MororF (1904, S. 209) und Marcus (1908,. 8. 761). VII. Zusammenfassung der Ergebnisse. Zum Schluß möchte ich eine kurze Zusammenfassung der Re- sultate meiner Untersuchungen geben: > A. Aus dem deskriptiven Teil: 1. Rana fusca und Bufo vulgaris besitzen auf den drei ersten Kiemenbogen sog. äußere, »hinfällige« Kiemen, Rana esculenta und Hyla arborea nur auf den zwei ersten. Bombinator hat nur 80g. innere, »bleibende« Kiemen. Von diesen entwickelt sich die orale Reihe auf den drei ersten Bogen anfangs wie die äußeren Kiemen der anderen Arten. Die älteren Larven aller untersuchten Arten haben auf den drei ersten Bogen zwei Reiben, auf dem vierten Bogen eine Reihe reichverzweigte, innere, »bleibende« Kiemen. 2. Die Kiemenentwieklung vollzieht sich, soweit man sie durch histologische Analyse verfolgen kann, nach zwei Typen, die jedoch durch jZwischenformen verbunden sind. Bei dem einen wachsen die Kiemenfäden direkt aus dem hohlen Kiemenwulst heraus, bei dem anderen stellt die Kiemenanlage anfangs eine mehr oder weniger solide Epithelknospe dar. Nach dem ersten Typus bilden sich alle äußeren »hinfälligen« Kiemen und bei Bombinator die oralen Reihen der inneren Kiemen, nach dem zweiten Typus entstehen alle übrigen inneren »bleibenden« Kiemen. Den extremsten Fall des zweiten Typus bildet die 4. Kiemenreihe. Experiment. Untersuchungen über die Entwieklung der Kiemenregion usw. 571 3. Alle Kiemenanlagen sind von’ Eetoderm bekleidet. Bei der 2.—5. Schlundfalte schieben sich entodermale Zellen unter dieses Eetoderm, welches dadurch auf seiner Innenseite durch eine sehr wechselnde Entodermschicht ausgekleidet wird. In den äußeren Kie- men bei Rana und Bbufo kommt diese Entodermschicht nur ganz proximal zum Vorschein, bei Ayla dringt sie schon etwas tiefer in die Kiemenfäden hinein. Bei Bombinator liegt sie überall unter dem Eetoderm in den zuerst angelegten Kiemen (orale Reihe) und bleibt in diesen, die Kiemenspitzen ausgenommen, länger erhalten als die eetodermale Sinnesschicht. Sehr bald verschwindet auch die Ento- dermschicht und es bleibt anscheinend nur die Deckschicht als Epi- thel übrig. Diese differenziert sich durch lebhafte Zellteilungen weiter, so daß die anfangs unverzweigten Kiemenfäden (Typus »äußere Kieme«) büschelförmig werden (Typus »innere Kieme«). 4. Alle diejenigen Kiemenanlagen, welche anfangs mehr oder weniger solide Epithelknospen darstellen, enthalten auch entodermale Zellen. Eine genauere Verfolgung des Schicksals dieser Zellen in den sehr langsam wachsenden Anlagen ist nicht möglich, da sie bald von den ectodermalen Zellen nicht mehr zu unterscheiden sind. 5. Bei Triton alpestris liegt in den Kiemenanlagen unter dem Eetoderm eine dünne Entodermschicht, die von den distalen Zellen der Schlundfalten gebildet wird. B. Aus dem experimentellen Teil. 1. Wird das gesamte Kiemeneetoderm abpräpariert im Stadium I—IIl, so ist das regenerierte Eetoderm bei Bombinator imstande, sämtliche Kiemenfäden zu bilden, bei Rana fusca nur die sog. in- neren, nicht aber die äußeren Kiemenfäden. 2. Wird vom Stadium I an das Kiemeneetoderm durch ent- fernt liegendes ortsfremdes Eetoderm ersetzt, so unterbleibt jede Kiemenbildung !. 3. Das Anlagematerial der ersten Kiemen und der äußeren Kie- mentaschen ist schon im Stadium I im Eetoderm genau spezifiziert. Das Entoderm spielt keine Rolle bei der Bestimmung darüber, an welchen Stellen in diesem Eetoderm Kiemenanlagen sich bilden. 4. Das ectodermale Anlagematerial der Kiemen besitzt vom I. Stadium an eine gewisse Selbstdifferenzierungsfähigkeit. Diese ist ı Vergl. jedoch 8.556 Anm. und Nachtrag. 572 Gunnar Ekman am größten bei Rana fusca, dann folgen Kana esculenta (Bufo?), Bombinator und Hyla. Es können rein eetodermale Kiemen gebildet werden. Der Auslösungsfaktor für die Kiemenbildung kann allein im Eetoderm liegen. Dies ist allerdings nur für die zuerst angelegten _ Kiemenfäden nachgewiese 5. Die Deekschieht des Eetoderms ist bei Baia esculenta an- fangs für die Kiemenbildung insofern belanglos, als die Sinnesschicht allein die typische Kiemenbildung determiniert. 6. Kiemen, die aus verlagertem Ectoderm zusammen mit atypi- sehem Entoderm entstehen, richten sich betreffs ihrer Lage, Form und Größe vollständig nach dem Eetoderm. Das Entoderm wird hier nur als passives Baumaterial benutzt. 7. Aus dem Anlagematerial der äußeren Kiementaschen entsteht durch Selbstdifferenzierung eine nach innen gerichtete Leiste, die aber bald zugrunde geht, falls das Eetoderm aus der typischen Be- ziehung zu seinem Milieu gelöst ist. 8. Die Entwicklung der Schlundfalten vollzieht sich unabhängig vom Eetoderm so weit, daß eine tiefe innere Kiementasche entsteht, an deren Wänden sich die Siebfortsätze differenzieren. 9. Eine offene Kiemenspalte entsteht dann, wenn eine Schlund- tasche und eine ectodermale Tasche sich berühren. Mit Aus- nahme der ersten Tasche kann die Kombination beliebig sein (Dom- binator). 10. Bei Bombinator kann sowohl die 2. Schlundtasche, wie auch die 2. eetodermale Kiementasche, die in dem typischen Entwick- lungsgang nicht durchbrechen, wenn sie mit anderen durehbrechenden Taschen vereinigt werden, durch diese zum Durchbruch veranlaßt werden. 11. Sowohl die ecto- wie entodermale Tasche kommen bei der Bildung einer Schlundspalte als auslösender Faktor in Betracht. 12. Das Kiemengefäß ist für die spätere Entwieklung der Kie- men ein unentbehrlicher Ausführungsfaktor. Experiment. Untersuchungen über die Entwicklung der Kiemenregion usw. 573 . 1906. 1907. 189. 1882. 1896. 1905. Literaturverzeichnis. BARFURTH, D. Die Erscheinungen der Regeneration bei Wirbeltierem- bryonen, in: O0. HErTwıIGs Handbuch “ar Entwickelungslehre. Bd. III. Teil III. 1906. BELL, E.T. 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J. bei Experimenten an Bom- binator, die anders ausgeführt wurden und andere Zwecke verfolgten als die früheren, eine Entdeckung machte, die für die Kiemenbil- dungsfrage ganz neue Gesichtspunkte lieferte. Es war nicht mög- . lich, diese Entdeckung ohne jede Erörterung in jener Arbeit zu lassen, da sie sehr eng mit den dort besprochenen Untersuchungen in Berührung steht und sie in mancher Hinsicht ergänzt. Gleichzeitig stellte sich heraus, daß eine von mir früher aus nega- tiven Befunden gemachte theoretische Schlußfolgerung unrichtig ist. Da aber eine größere Umarbeitung der abgeschlossenen Arbeit nicht mehr möglich war, sah ich mich genötigt, die neuen Tatsachen in Form eines kurzen Nachtrags erscheinen zu lassen. Bei der Kor- rektur der Hauptarbeit war ich bemüht, so viel es noch möglich war, auf die Ergebnisse in diesem Nachtrag Rücksicht zu nehmen. Bei meinen Lesern möchte ich mich entschuldigen, daß die einheitliche Disposition meiner Arbeit durch diesen Nachtrag etwas gestört wird. Es ist mir aber in diesem Fall gegangen wie vielen vor mir; ich habe nicht voraussetzen können, daß die Natur so mannigfache Auswege hat. Meine früher erwähnten Experimente, wenn wir von den schwer zu deutenden Regenerationsversuchen absehen, haben mir überall den Beweis geliefert, daß die Kiemenbildung ausschließlich vom Eetoderm determiniert werden kann. Deshalb habe ich auch in meiner Hauptarbeit hauptsächlich die Potenzen des Eetoderms zu analysieren Üb. d. Entst. v. Kiemenfäd. u. Kiemensp. aus transplant. ortsfremd. Eetod. usw. 577 versucht. In allen den zahlreichen Fällen, wo an die Stelle des ur- sprünglichen kiemenbildenden Eetoderms ortsfremdes Eetoderm, sei es vom Kopf oder vom Rumpf, transplantiert wurde, entstanden bei meinen früheren Versuchen nie Kiemenfäden oder Kiemenspalten. Daraus hatte ieh vorläufig den Schluß gezogen, daß fremdes Ecto- derm weder durch direkte Beeinflussung seitens des Entoderms noch der Blutgefiße — an diese Organe müssen wir wohl hier an erster Stelle denken — zur Kiemenbildung veranlaßt werden könne. Bei den Versuchsanordnungen in den früheren Fällen hatte ich in dieser Beziehung jedoch nicht alle Teile des Eetoderms geprüft. Ununter- sucht blieb nämlich gerade das dicht caudal und ventral von den Kiemen liegende Gebiet. Bei meinen Drehungsversuchen wurde wohl in verschiedenen Fällen ein Teil dieses Eetoderms mitgenommen. Dieser geriet aber dann bei der Drehung (s. Fig. 35, S. 490) an eine Stelle oral von der 2. Schlundfalte, also in ein Gebiet, wo auch typisch keine Kiemen entstehen. Bei meinen früheren Versuchen mit Rumpfecto- derm habe ich immer das betreffende Stück mehr caudal genommen, aber meines Wissens nie das in Fig. 79 bezeichnete, oder das über der Vorniere liegende Stück (Fig. 85) gebraucht. Ich war nach Abschluß meiner Kiemenarbeit bemüht, die Be- ziehungen zwischen der Extremitätenanlage und ortsfremdem Eeto- “derm zu untersuchen. Um dabei sicher zu sein, daß die Extremität, die man zur Zeit der Operation nicht sieht, wirklich von dem Transplantat bedeckt wird, habe ich dieses möglichst groß genommen. Dabei wurde auch das Kiemeneetoderm des Empfängers entfernt und durch das Transplantat vom Spender ersetzt. Es ist nicht in allen Fällen später möglich, die Grenzen des Transplantats sicher zu erkennen, wenn es, wie es bei meinen früheren Versuchen immer der Fall war, vom Rumpf des Spenders stammt; denn es verschmilzt mit dem Eetoderm des Empfängers vollständig, so daß keine Grenzen sichtbar sind. Um deshalb einen absolut sicheren Anhaltspunkt zu finden, bin ich in diesem Sommer auf den sehr einfachen Gedanken gekommen, die schon bei den Drehungsversuchen gebrauchten Haftdrüsen als Marken zu benutzen. Zuerst versuchte ich, weil ich immer die linke Seite des Empfängers benutzte, das rechtsseitige Kopfeetoderm zu verwenden, und zwar schnitt ich es so zu, daß ein Teil der Haftdrüse mitgenommen wurde. Ich fand es aber für meine Zwecke weniger günstig infolge der ausgeprägten Selbstdifferenzierungspotenz des- selben. Deshalb bin ich zuletzt dazu gekommen, dasjenige Eeto- 578 Gunnar Ekman dermstück, welches caudal von den Haftdrüsen, also in der Herz- gegend liegt, zu verwenden. Ich nenne es kurz »Herzectoderm«, weil es auf der Herzanlage liegt. Diese Stelle ist in Fig. 79 um- renzt. Schon meine ersten Versuche mit diesem Eetoderm — es waren 5 Fig. 79. GrP Bombinator-Larve (Spender) im I. Stadium in ventraler Ansicht. Hd Anlage der Haftdrüse; GrP schematische Grenze des späteren Peri- branchialraumes und der späteren Atemgänge; Grl Grenze des zur Transplantation verwen- deten Ectodermstückes; Kl, Kr Lage der linken und rechten ectodermalen Kiemenanlagen sche- matisch eingetragen. Vergrößerung 19. Bombinator-Larve [Nr. 151 (1913)] im I. Stadium. Das Kiemenectoderm ist durch das »Herzecto- derm« eines ähnlichen Tieres (s. Fig. 79) ersetzt, Ha Haftdrüse des Empfängers; Hdi', Hdr' linke und rechte Haftdrüse des Spenders. Vergr.><17. deren drei — gaben sämtlich ein eindeutiges Resultat. Es ent- standen, wenn auch anfangs in etwas atypischer Weise, aus diesem Ectoderm für den Empfänger typisch angeord- nete Kiemen und ein typi- scher Peribranchialraum. Soviel ich wegen der Kürze der Zeit konnte, habe ich diese Versuche weiter verfolgt und sicher gestellt. Auch bin ich zu allerletzt dazu gekommen, das caudal von den Kiemen, also über den Vornieren liegende Ecto- derm näher zu prüfen. Im Folgen- den will ich meine Ergebnisse kurz auseinandersetzen, um das prinzipiell Neue klar zu machen. ' In einer späteren Publikation werde ich noch auf verschiedene Fälle näher eingehen und dabei auch die hier nur vorübergehend erwähnte Opereularfaltenbildung ausführlicher behandeln. 2. Versuche mit»Herzectoderm«. a) Material und Methode. Vom Spender wurde bei diesen Versuchen das in Fig. 79 als Viereck bezeichnete Stück aus- geschnitten. Dabei wurde wenig- stens ein Teil der beiden Haftdrüsenanlagen, die im Stadium I nur durch ihre dunkle Pigmentierung gekennzeichnet sind, mitgenommen. Wie Fig. 79 zeigt, liegt in dem betreffenden Gebiet ein Teil des ur- Üb.d. Entst. v. Kiemenfäd. u. Kiemensp. aus transplant. ortsfremd. Eetod. usw. 579 sprünglichen Kiemenectoderms, sowohl von der linken, wie von der rechten Seite (Al und Kr). Natürlich gelang es nicbt immer, das betreffende Stück ganz gleich zu schneiden, was auch deutlich beim Untersuchen des Empfängers in späteren Stadien zu sehen war. Jedenfalls ist durch die Mitnahme eines Teils der Haft- drüsen immer eine sehr genaue Orientierung des Transplantats in späteren Stadien der Ent- wicklung möglich gewesen. Fig. SO zeigt uns, wie die Transplantation durchschnitt- lich gemacht wurde. Das trans- RER plantierte Stück ist meistens Per ae erheblich größer als bei meinen Dasselbe Tier wie Fig. 80. 4 Tage nach der Opera- früheren Versuchen. Die Orien- Hier. Auf der rechten Seite große, von der Oper- eularfalte halbbedeckte Kiemen. @r/' Grenze des tierung des Transplantats Wal Transplantats; Hd Haftdrüse des Empfängers; Hal, EABESAESBE mie in. ig), 30; Eule un ek Teac er Euedea £ aber auch in einigen Fällen von diesem induziert; X’ Kiemen an atypischer so, daß es zu dieser Lage um Stelle des a En induziert. Ver- 90° oder 180° gedreht war. Ich habe im ganzen 21 solche Transplantationen bei Bombinator gemacht, davon 7 im I. Stadium, 11 im II. Stadium und 3 im III. Sta- dium. Von diesen gaben 16 insofern ein positives Resultat, als von dem transplantierten Ecetoderm Kiemen gebildet wurden. In den 5 anderen Fällen unterblieb die Kiemenentwicklung, wohl aber entstand ein atypischer Peribranchialraum. b) Besprechung der Experimente. Meine Ergebnisse hoffe ich hier am besten kurz darlegen zu können, indem ich einen typischen Fall näher beschreibe und die übrigen Fälle im Anschluß daran zusammenfasse. Versuchstier Nr. 151 (1913), operiert im I. Stadium, fixiert nach 4 Tagen (Fig. 80—83). Die Entwicklung vollzog sich infolge des kühlen Wetters sehr langsam. Fig. 81 zeigt das Tier bei der Fixierung. Auf der nor- malen Seite sind schon große Kiemen vorhanden, die von der Oper- cularfalte etwa halb bedeckt sind. Auf der operierten Seite sind die Grenzen des Transplantats noch zu erkennen. Ein absolut sicheres Morpholog. Jahrbuch. 47. 33 580 Gunnar Ekman Merkmal für die Orientierung bieten die beiden im Transplantat vor- handenen Haftdrüsen (dl und Har’). Schon äußerlich ist deutlich zu sehen, daß eine Kiemenbildung an zwei verschiedenen Stellen stattfindet. Die orale Gruppe von kleinen Kiemenfäden hat eine für den Empfänger ganz atypische Lage, die caudale Gruppe aber, die noch sehr wenig entwickelt ist, liegt gerade da, wo die typischen Kiemen des Empfängers ent- stehen sollen. Die histologische Untersuchung ergibt, daß die orale Gruppe von Kiemenfäden oral von der zweiten Schlundfalte liegt, die caudalen ‚ Kiemen gehören typisch zum 3. und 4. Kiemenbogen des Fig. 82. Fig. 83. Fig. $2. Horizontalschnitt durch die Kiemenregion derselben Larve wie Fig. 81. Sf II—-V 2.—5. Schlund- falte; X I—-III 1.—3. Kiemenreihe des Empfängers (auf der operierten Seite sehr klein); X' Kiemen des Spenders; die mit der punktierten Linie bezeichneten Kiemenfäden liegen mehr ventral als der abgebildete Schnitt. Vergr.>< 36. Fig. 82. Schematischer Horizontalschnitt durch die linke Kiemenregion derselben Larve wie Fig. 82; Sf I—V 1.—5. Schlundfalte; KII—IlI 2.—3. Kiemenreihe des Empfängers; K’ Kiemen des Spenders. Empfängers (Fig. 83). Auffallend ist, daß das distale Ende der zweiten Schlundfalte, das mit den hinteren Kiemenfäden der oralen Gruppe zusammenhängt, stark nach vorn gebogen ist. Die oralen Kiemen- fäden enthalten Blutgefäße, die, wie es scheint, von dem 1. Kiemen- bogengefäß herkommen. Von der 2. Schlundfalte sind einige Ento- dermzellen in die ecaudalen Fäden hineingedrungen, sonst sind diese rein ectodermale Bildungen. Die caudalen Kiemen sind noch sehr wenig entwickelt (Fig. 82). Die typische 1. und 4. Reihe fehlen noch total. Wahrscheinlich wären diese noch später gebildet worden. Es liegt hier eine Kiemenbildung vor, die sich von der typi- schen u. a. darin unterscheidet, daß sie stark verspätet auftritt. Es ist etwa dieselbe Erscheinung, wie bei den in der Hauptarbeit er- wähnten Regenerationsversuchen. Die hier in Betracht kommenden Üb.d. Entst. v. Kiemenfäd. u. Kiemensp. aus transplant. ortsfremd. Eetod. usw. 581 Schlundfalten 3—5 schieben, etwa wie bei der typischen Entwick- lung, ihr distales Ende unter das Eetoderm vor da, wo die Kiemen- fäden entstehen. Von einer Verdrängung des Eetoderms durch das Entoderm im Sinne GrREILS kann aber hier, wie in einem anderen ähnlichen Fall, den ich untersuchte, keine Rede sein. Im Eetoderm sind sonst die typischen äußeren Kiementaschen gebildet, wenn auch etwas unregelmäßig. Die sehr kleinen Kiemenfäden selbst, die in einer Reihe auf der Außenseite des 3. und 4. Bogens aus dem fremden Eetoderm entstanden sind, haben zur Zeit der Fixierung noch keine deutliche Cireulation. Es fragt sich nun, wie sind in diesem Fall die beiden Kiemen- gruppen entstanden? Beide sind aus dem transplantierten Ecto- derm gebildet, aber offenbar auf ganz verschiedene Weise. Die orale Gruppe entsteht durch Selbstdifferenzierung aus den ursprüng- lichen ecetodermalen Kiemenanlagen des Spenders. Daß solche An- lagen in dem transplantierten Stück vorhanden sind, und daß sie gerade an der Stelle der oralen Kiemengruppe liegen, geht aus dem Operationsprotokoll deutlich hervor. Wohl könnte man an die Möglichkeit denken, daß diese Kiemen erst durch die Beeinflussung seitens der 2. Schlundfalte des Empfängers, welche die caudalen Fäden von diesen Kiemen berührt (Fig. 82), aus indifferentem Eeto- derm des Spenders entstanden sind. Gegen eine solche Annahme spricht aber die für den Empfänger ganz atypische Richtung dieser Kiemenfäden. Alles stimmt dagegen mit der Lage dieser Teile im Spender; auch ist die führende Rolle des transplantierten Eetoderms daran zu erkennen, daß eine Biegung der Schlundfalte nach vorn in die Richtung auf die fremden Kiemenfäden hin erfolgt ist. Wahr- scheinlich ist diese Verlagerung nachträglich durch Verschiebung der Kiemenfiden zustande gekommen, nachdem Eetoderm und Ento- derm bereits verlötet waren. Es besteht also meiner Ansicht nach kein Zweifel darüber, daß hier eine . Selbstdifferenzierung des Kiemenectoderms vorliegt, so wie wir diese Erscheinung bei meinen früheren Experimenten kennen gelernt haben. Es fragt -sich noch, warum in diesem Fall nicht die rechts- seitigen Kiemenanlagen des Spenders, die etwa in der Vornieren- gegend des Empfängers zu suchen wären, zur Entwicklung gekommen sind? Dies hängt wohl damit zusammen, daß das ectodermale An- lagematerial hier einen sehr ungünstigen Platz hat. Es wird infolge des sehr starken Längenwachstums des Körpers in dieser Region schon rein mechanisch stark verhindert, Ausstülpungen zu bilden. 38* 582 Gunnar Ekman Doch habe ich in anderen Fällen, obgleich selten, auch hier Kiemen- fäden bekommen, die allerdings sehr klein blieben. Ganz anders als bei der vorderen liegen dagegen die Verhält- nisse bei der hinteren Kiemengruppe in diesem Fall. Hier haben wir es mit Eetoderm zu tun, welches nie an der typischen Entwick- lung bei der Kiemenbildung mitbeteiligt ist. Sehen wir von dem wenigen ento- und mesodermalen Baumaterial ab, so sind diese Kiemen rein eetodermale Bildungen. Ihre Form und Lage kann aber hier nicht, wie in den früheren experimentell erzeugten Fällen, durch das transplantierte Eetoderm selbst de- terminiert sein, da dieses ein ortsfremdes ist. Die übrigen 15 Fälle mit positivem Er- folg bestätigen teils dasselbe, was der be- sprochene Fall zeigt, teils erweitern sie H auch die bei ihm ermittelten Tatsachen in #7” mancher Hinsicht. In 12 Fällen sind mit dem Transplantat ectodermale Kiemenanlagen des Spenders (sowohl von der rechten wie Versuchstier Nr. 140(1913). Sch- yon der linken Seite) mit verpflanzt und matischer Horizontalschnitt durch A = 3 h die Kiemenregion einer Bombi- haben sich in typischer Weise, so wie wir ae aa N „= esin früheren Fällen gesehen haben, durch tremität; K Kiemenfäden; Ivy Selbstdifferenzierung weiter entwickelt. Auch 4 Sehlundfaite; 7Pesibranedlal" die in dem Transplantant vorhandene Oper- eularfaltenanlage hat sich in verschiedenen, wenn auch nicht in allen Fällen, durch Selbstdifferenzierung zum Teil weiter entwickelt. In anderen Fällen ist dagegen die Oper- eularfaltenbildung im Transplantat merkwürdigerweise vollständig vom Empfänger determiniert. Darüber werde ich in einer späteren Publikation näher berichten. Die mikroskopische Untersuchung von Versuchstieren, die weiter entwickelt sind als Fig. 81, zeigt, daß unter Umständen aus dem trans- plantierten Eetoderm, wenn auch anfangs in etwas atypischer Weise, Kiemen gebildet werden, die den typischen Empfängerkiemen fast vollkommen gleichen. Das atypische Eetoderm ist also ein Bau- material, welches vollständig das ursprüngliche typische Kiemen- ectoderm in dieser Beziehung ersetzen kann. Es werden gelegent- lich alle 4 Kiemenreihen, also auch die anfangs ganz kleine 4. Reihe entwickelt; ebenfalls brechen die Kiemenspalten typisch durch. Na- türlich kommen dabei Unregelmäßigkeiten vor. Mein Material um- faßt vorläufig nur jüngere Larven, so daß ich über die defini- Fig. 84. Ex —i Üb. d. Entst. v. Kiemenfäd. u. Kiemensp. aus transplant. ortsfremd. Eetod. usw. 583 tive spätere Form der Kiemen nichts Sicheres aussagen kann. Höchstwahrscheinlich werden die betreffenden Kiemen auch später ganz typisch. Auch der Peribranchialraum kann typisch gebil- det sein. Von besonderem Interesse für die Kiemenbildungsfrage sind 4 Fälle, in welchen keine offenen Schlundspalten gebildet sind, und bloß eine Berührung einer Schlundfalte (3. oder 4.), mit dem Eeto- derm stattfindet (Fig. 84). Trotzdem sind an der Berührungsstelle der Schlundfalte mit dem Eetoderm aus diesem Kiemenfäden, wenn auch kleine und unregelmäßige, gebildet. Ihre weitere Entwicklung ist gehemmt, besonders dadurch, daß der betreffende Peribranchial- raum äußerst eng und zusammengepreßt ist. In anderen 5 Fällen besteht wohl ein ähnlicher enger Peribranchialraum um die Extre- mität herum, aber die entodermalen Schlundfalten berühren nicht die (ectodermale) Wand desselben. Es fehlen in diesen Fällen die Kiemenfäden. 3. Versuche mit »Nierenectoderm.«. Es ist mir erst während der Bearbeitung dieses Nachtrags klar geworden, daß von dem gesamten Eetoderm noch dasjenige dicht caudal von den Kiemen, also über dem Vornierenknäuel liegende, in bezug auf seine Fähigkeit Kiemen zu bilden, nicht früher untersucht worden ist. Deshalb habe ich noch zu allerletzt (Ende Juli) einige diesbezügliche Versuche unternommen. Diese können hier nur ganz kurz besprochen werden. Fig. 85 zeigt die Versuchs- Bombinator-Larve [Nr. 181(1913)] im I, Stadium anordnung. Es handelt sich um nach Drehung des in der Kiemen- und Vornieren- region liegenden Ectoderms. Hd’ Stück der eine Drehung eines Ecetoderm- Haftdrüse im gedrehten Eetoderm; schematisch FA eingetragen sind: Ek Typische Lage der drei er- stückes, welches etwa doppelt sten Kiemenreihen; Sk Lage der verlagerten, so lane ist als in meinen früheren wsprünglichen ectodermalen Kiemenanlagen; Ex = 27 Lage der Extremität in beiden Fällen. Vergr. x 17. Drehungsversuchen (s. Fig. 34, S. 488). Die Extremität liegt etwa in der Lage des Drehungspunktes. Das über dem Vornierenknäuel liegende Eetoderm (ich nenne es hier kurz »Nierenectoderm«) tauscht den Platz mit dem »Kiemenectoderm«. Ich habe 8 solche Drehungen gemacht, 4 im J. und 4im II. Stadium. Diese gaben dasselbe Resultat, wie meine früher erwähnten Versuche 584 Gunnar Ekman mit dem »Herzectoderm«. Es entstanden auch aus diesem Ec- toderm, wenn auch anfangs in etwas atypischer Weise, für den Empfänger typisch angeordnete Kiemen und ein typi- scher Peribranchialraum. Die Entwicklungsweise dieser Kiemen bietet prinzipiell nichts Neues im Vergleich mit den in diesem Nachtrag früher besprochenen Fällen. Auch hier kommen gelegentlich Unregelmäßigkeiten vor. Die in dem gedrehten Eetodermstück vorhandenen ursprünglichen ectodermalen Kiemenanlagen (Fig. 85 Sk) kommen infolge ihrer un- günstigen Lage kaum zur Entwicklung. Die Besprechung der ein- zelnen Fälle verschiebe ich auf die spätere Publikation über das Öperculum, weil sie für dasselbe von Wichtigkeit sind. 4. Zusammenfassung der neuen Ergebnisse. Es ist durch die obigen Untersuchungen bei Bombinator nach- ' gewiesen, daß es im Gegensatz zu meinen früheren Vermutungen ein Eetodermgebiet gibt, welches, obgleich nicht bei der typischen Kiemenbildung mitbeteiligt, doch an die Stelle des ursprünglichen Kiemenectoderms gebracht, dieses als Baumaterial vollständig er- setzen kann. Es ist dies bei Versuchstieren nachgewiesen, welche sich in meinen I. und II. Ausgangsstadien befinden. Nach meinen bisherigen Feststellungen hat dieses Gebiet eine schr enge Um- ' grenzung. Es handelt sich erstens um die in Fig. 79 als ein Viereck bezeichnete Region, also um dasjenige Eetoderm, welches ventral zwischen den beiderseitigen Kiemen liegt. Auch von diesem Eeto- derm ist vorläufig etwa nur die zwischen den gestrichelten Linien (GrP) gelegene Partie, also das Material, welehes später die Wand des Peribranchialraumes und der Atemgänge aufbaut, als sicher ge- eignet nachgewiesen. Zweitens ist noch sichergestellt, daß auch das dicht eaudal von den Kiemen, also über dem Vornierenknäuel lie- gende Ectoderm, die betreffende Fähigkeit besitzt. Ich habe hier ‚ der Kürze halber die betreffenden Gebiete als »Herzeetoderm« und »Nierenectoderm« bezeichnet. Dagegen ist nach meinen bisherigen Untersuchungen das oral und dorsal von den Kiemen liegende, so- wie das mehr entfernte Rumpfeetoderm zur Kiemenbildung sicher nicht geeignet. Die jetzt vorliegenden Befunde sind nur bei Bombinator pachy- pus gemacht. Ich habe bisher leider keine Zeit und Gelegenheit gehabt, auch andere Arten nach dieser Richtung hin zu untersuchen. Üb. d. Entst. v. Kiemenfäd. u. Kiemensp. aus transplant. ortsfremd. Eetod. usw. 585 5. Nachprüfungen zu früheren Experimenten, Infolge der nachträglichen Befunde habe ich meine früheren Experimente nochmals eingehend nachgeprüft. Diese scheinen beim ersten Anblick mit den hier beschriebenen Tatsachen nicht in Übereinstimmung zu sein. Was aber erstens die Selbstdifferen- zierungsfähigkeit des ursprünglichen Kiemenectoderms anbetrifft, so steht sie bei Bombenator außer Zweifel. Auch in den neuen Fällen tritt diese Entwieklungsart deutlich hervor, sogar parallel mit der bei fremdem Eetoderm induzierten Kiemenbildung. In 12 Fällen habe ich noch eine direkte Nachprüfung meiner früheren Drehungs- versuche bei Bombinator an neuem Material unternommen und da- bei meine alten Befunde regelmäßig bestätigen können. Auch meine früheren negativen Befunde mit Ectoderm von anderen Stellen des Rumpfes habe ich in 11 neuen Fällen bestätigen können. Diese Experimente sind mit ganz besonderer Sorgfalt und gleichzeitig mit den positiv ausfallenden Versuchen mit »Herzeetoderm« gemacht worden. 6. Diskussion der Ergebnisse. Aus den oben besprochenen Experimenten geht die überraschende Tatsache hervor, daß die Kiemenbildung auf zweierlei Weise statt- | finden kann. Einerseits ist das ursprüngliche Kiemenectoderm im- | stande, durch Selbstdifferenzierung Kiemen zu bilden, N kann fremdes Eetoderm durch Beeinflussung dazu gebracht wer- || den, das gleiche zu tun. Es ist dies eine Erscheinung, die eine große Ähnlichkeit mit der Linsenbildung hat. Auch hier haben wir bekanntlich einerseits Selbstdifferenzierung der Linsenanlage, andererseits eine durch den Augenbecher induzierte Linsenbildung aus fremdem Eetoderm. Im Vergleich mit der Linsenbildung ist bei der Kiemenentwicklung die exakte Analyse der verschiedenen Faktoren, welche die Bildung der Kiemen induzieren könnten, in mancher Beziehung äußerst schwer. Ich muß mich vorläufig darauf beschränken, nur Möglichkeiten zu besprechen, ohne eine bestimmte Entscheidung geben zu können. Ein merkwürdiger Tatbestand bei diesen neuen Befunden ist, der, daß nach meinen Untersuchungen nur ein begrenztes Gebiet fremden Ectoderms, nämlich dasjenige dicht caudal und ventral von, den jetzigen Kiemen, die Fähigkeit besitzt, durch Induktion von) außen veranlaßt, Kiemen zu bilden, alles übrige fremde Eetoderm dagegen nicht. Es ist dies ein analoger Fall zur Feststellung Spr- 586 Gunnar Ekman MANNS (1912a, S. 88) über die Linsenbildung bei Bombinator. Nur das Kopfectoderm bildet dort auf Reiz des Augenbechers eine Linse, das Rumpfeetoderm dagegen nicht. In meinen Fällen sind zwei Möglichkeiten denkbar. Entweder könnte das transplantierte Eetodermstück nur scheinbar ein indiffe- rentes Eetoderm sein, in Wirklichkeit aber in sich Potenzen zur Kiemenbildung enthalten. Oder aber es ist von außen beeinflußt; dann wären die drei Keimblätter der Umgebung gesondert auf den beeinflussenden Faktor hin zu untersuchen. Was die erste Möglichkeit betrifft, so ist daran zu denken, daß das Eetoderm eaudal und ventral von den jetzigen Kiemen in der Phylo- genie einmal Kiemen gebildet haben könnte. (Man denke an primi- tive Selachier, etwa Chlamydoselachus). Die alte, verlorengegangene Fähigkeit würde innerhalb der neuen Konstellation von selbst oder durch einen formativen Reiz, etwa wie es beim Durchbrechen der 2. eeto- und entodermalen Kiementasche bei Bombinator geschieht, wieder ins Leben gerufen. Doch ist diese Annahme sehr unwahr- scheinlich, denn nach meinen Erfahrungen bildet das oral von der 2. ectodermalen Kiementasche liegende Eetoderm unter keinen Um- ständen Kiemen, obgleich hier gerade ein altes Kiemengebiet vor- liegt. Hat doch z. B. Hypogeophis nach Marcus (1908, S. 759) noch Rudimente einer Spritzlochkieme. Außerdem müßten die Kiemen, falls sie Fortsetzungen der jetzigen Kiemen im Ectoderm darstellen, bei Drehungen ganz anders liegen, als wie sie es tun. Es ist also meiner Ansicht nach diese erste Möglichkeit abzu- lehnen. Dann bleibt nur die andere, daß das transplantierte Stück durch seine neue Umgebung dazu veranlaßt wird, etwas zu tun, was ihm an sich völlig fremd ist. Es fragt sich nun, wo sitzt dann der veranlassende Faktor und in welcher Weise kommt seine Wir- kung auf das transplantierte Eetoderm zustande? Für die Entstehung der ectodermalen Kiementaschen ist es nicht unwahrscheinlich anzunehmen, daß das Entoderm der maßgebende Faktor ist. Wir haben schon früher (S. 562) einen in dieser Be- ziehung wirkenden Reiz der Schlundfalten feststellen können. Doch ist diese Annahme durch diese Analogie noch nicht bewiesen. | Komplizierter liegen die Verhältnisse bei den Kiemenfäden. ‘ Bekanntlich hat GrEmL die Annahme vertreten, daß das Entoderm in die Anlagen der Kiemenfäden hineinwächst und den eigentlichen Bildungsfaktor darstellt. Das Eetoderm solle nur passiv den form. Üb. d. Entst. v. Kiemenfid. u. Kiemensp. aus transplant. ortsfremd. Ectod. usw. 587 gebenden entodermalen Prozessen folgen. Diese Annahme wurde von mir in der Hauptarbeit für das Eetoderm, welches an der Kiemen- bildungsstätte sitzt, widerlegt, wenigstens in der Form, daß das Eetoderm auch ohne das Entoderm Kiemen bilden kann. Es könnte aber trotzdem Geltung haben für unseren jetzigen Fall. Man müßte dann annebmen, daß zwar im gewöhnlichen Gang der Dinge die Potenz des Entoderms infolge der Fähigkeit des Eetoderms latent bliebe. In gewissen Fällen aber träte die Potenz des Entoderms zutage; es würde in diesen unter seiner Leitung gleiches zustande kommen können, wie im gewöhnlichen Gang der Dinge durch die Tätigkeit des Eetoderms allein. Dazu würde unser Fall gehören. Die Rollen zwischen Eetoderm und Entoderm sind dann vertauscht. In einem Fall ist das Eetoderm der aktive Faktor und das Ento- derm der passive, im anderen umgekehrt. Das Schulbeispiel dafür ist das Loch im Opereulum (Braus, 1906, S. 582). Die Extremität (aktives Element) vermag durch Druck auf die Haut (passives Ele- ment) ein Loch zu bilden. Trotzdem geschieht die Entstehung des Opereularloches so, daß die Haut aus sich ein Loch bildet (aktives Element) und die Extremität hindurchschlupfen läßt (passives Ele- ment). Nun ist aber auszuschließen, daß das Entoderm eine solche Rolle in einer Weise zu spielen vermag, wie sie sich speziell GREIL vorgestellt-hat. Denn dazu würde gehören, daß wirklich alle Kiemen- fäden vom Entoderm gebildet würden, und daß auch das ortsfremde Eetoderm nur einen Überzug auf dem Entoderm zu bilden brauchte. Wo das formgebende Entoderm fehlte, da müßte auch das (passive) Eetoderm unfähig sein Kiemen zu bilden. Daß es aber nicht so ist, zeigen deutlich diejenigen Fälle, wo nur eine bloße Berührung des Entoderms mit dem Eetoderm erfolgt ist, und dieses trotzdem mehrere Kiemenfäden gebildet hat (Fig. 84). Auch diejenigen Fälle, wo größere Mißbildungen in der Kiemenregion vorliegen, zeigen deutlich, daß das Entoderm unmöglich im Sinne Greırs alle Kiemen- fäden hat bilden können. a Falls also das Entoderm die ihm hier hypothetisch zugedachte Rolle zu spielen vermag, so muß seine Einwirkung die eines for- mativen Reizes sein. Es müßte die Berührung genügen, um das Ectoderm zu veranlassen, Bildungsprozesse aus sich heraus vorzu- nehmen, die ihm an der Stelle, von welcher es stammt, völlig fremd sind. Ein analoges Beispiel kennen wir von der Linse. Denn dort ist, wie früher bekannt, bei Rana palustris und sylvatica sogar Bauch- ectoderm imstande, auf den Berührungsreiz des Augenbechers hin 588 Gunnar Ekman ein so kompliziertes Organ wie eine Linse zu erzeugen. Ich kann dasselbe aus eigenen Versuchen für Hyla arborea bestätigen. Es wäre aber sicher unrichtig, damit die Angelegenheit für er- ledigt zu halten. Denn ebensogut wie das Entoderm könnte das Mesoderm (etwa die Blutgefäße) den auslösenden Anstoß geben. Ich werde in einer folgenden Arbeit für die Bildung des Opereulums nach- weisen, daß auch dieses aus ortsfremdem Eetoderm gebildet werden kann. Dort ist in gewissen Fällen jede Beziehung zum Entoderm ausgeschlossen. Bei den Kiemenfäden könnte ebenso — trotz Anwesenheit und unmittelbarer Beteiligung des Entoderms als Baumaterial — der aus- lösende Faktor doch anderwärts sitzen. Ich habe bisher keinen gangbaren Weg finden können, um diese Frage zu lüsen. Das Ento- derm an der operierten Stelle vollständig zu entfernen, so wie ich es in der Hauptarbeit beschrieben habe, verspricht deshalb keinen Er- folg, weil der doppelte Eingriff zu schwer vertragen wird. So stehen wir hier zurzeit vor einem non liquet. Es ist aber noch die Möglichkeit ins Auge zu fassen, daß weder das Entoderm noch das Mesoderm den bestimmenden Faktor ent- halten, sondern das Ectoderm selbst. Hier ist nicht wie früher das transplantierte Eetoderm (Spender), sondern das Ectoderm, in welches es hineingepflanzt wird (Empfänger) gemeint. Wenn von den Wund- rändern oder durch Vermittlung derselben ein Reiz ausginge, welcher das fremde implantierte Eetodermstück veranlassen könnte, sich ge- rade so zu verhalten wie das excidierte, so wäre das Eetoderm der einzige Sitz der Kiemenbildungsprozesse. Wir können zurzeit diese _ Annahme weder ablehnen noch beweisen. Es ist jedoch von Re- generationen nach Verletzungen bekannt, daß von der Wundstelle aus jeder Teil so weit fortzuwachsen vermag, bis das fehlende Stück ersetzt ist (Extremitäten). Auch ganze Extremitätenanlagen, z. B. die hintere Extremität bei Dombinator, können sich neu bilden, wenn nur das Nachbarmaterial an die Stelle der exeidierten Knospe vor- dringt (Braus 1906b, S. 540). Im Fall der Kiemenbildung aus rege- nerierendem Ectoderm nach Entfernung des gewöhnlichen könnte es sich um einen ähnlichen Vorgang handeln; bei transplantiertem Eetoderm müßte dieses eine Umstimmung durch seine neue ecto- dermale Nachbarschaft erfahren. Welche von diesen Möglichkeiten auch zutreffen mag, immer erhebt sich noch die Frage, warum ist das ortsfremde Eetoderm, welches in die Kiemenregion gebracht wird, nur dann zur Kiemen- Üb. d. Entst. v. Kiemenfäd. u. Kiemensp. aus transplant. ortsfremd. Eetod. usw. 589 bildung fähig, wenn es aus der Herzregion und der Vornierenregion stammt, von anderwärts her aber nicht? Ich möchte hier nur auf einige Tatsachen hindeuten, welche vielleicht im Zusammenhang mit diesem Problem stehen können. Das betreffende Eetoderm ist, wenigstens teilweise, lange Zeit durch das Wachstum der Opereularfalten in Umbildung begriffen, also vielleicht ganz allgemein in einem labileren Zustand als anderes Ecetoderm. Es verrät aber seine Aktivität auch durch eine besondere histo- logische Umwandlung. Die Wände des Peribranchialraumes und der Atemgänge, welche hier entstehen, haben statt zwei, wie anfangs alles Eetoderm, später nur eine Schicht aufzuweisen (BrAus 1906b, S. 512). Es ist von SPEMANN (1906, S. 200), PressLer (1911, S. 17) und Meyer (1913, S. 94) direkt nachgewiesen, daß das Ectoderm in der Herzregion eine besondere Reizbarkeit besitzt, denn bei Rana escu- lenta und Dufo entsteht bei künstlichem Situs inversus viscerum ein rechts gelegenes Spiraculum statt des gewöhnlich links liegenden Loches. Ich habe bei Bombinator gefunden, daß die betreffende Stelle eine große Umwandlungsfähigkeit bei der Opereularfaltenbildung be- sitzt. Die Richtung der Opereularfalte kann bei Drehungen noch nachträglich umgestimmt werden. Näheres werde ich in einer be- sonderen Publikation mitteilen. Es ist nieht unmöglich, daß künftige Untersuchungen das zur Kiemenbildung geeignete ortsfremde Eetodermgebiet als größer fest- stellen, als ich es vorläufig gefunden habe. Daß verschiedene Arten sich hierbei verschieden verhalten, ist sehr wohl möglich. Wir wissen z. B. bei der Linse, daß das Rumpfectoderm wohl bei Rana palustris und sylvatica (was ich auch für Hyla arborea bestätigen kann), nicht aber bei Dombinator auf den Reiz des Augenbechers hin eine Linse erzeugen kann. Es wäre noch übrig zu untersuchen, ob wir aus dem pbhylo- genetischen Entwieklungsgang der Kiemen irgendwelche Erklärungen finden können für die doppelte Art der Kiemenbildung während der Ontogenese. Leider können wir hier, wie bei allen phylogene- tischen Spekulationen, nur Vermutungen aufstellen, die sicheren Be- weise fehlen uns. Es fragt sich, sind die jetzigen Anuren-Kiemen phylogenetisch zuerst durch eeto-, ento- oder mesodermale Bildungen veranlaßt 590 Gunnar Ekman worden ? Wenn die erste Annahme zutrifft, dann ist die Selbstdiffe- renzierungsfähigkeit des jetzigen Kiemenectoderms leicht zu verstehen. Dagegen bleibt die etwaige Fähigkeit eines der beiden anderen Keim- blätter, fremdes Eetoderm zur Kiemenbildung zu veranlassen, schwer zu erklären. Sind die Kiemen aber schon früher durch Ento- oder Mesoderm determiniert, dann wäre die Fähigkeit dieser Keimblätter, entweder eines jeden für sich, oder beider gleichzeitig, einen Einfluß ‚auf fremdes Ectoderm immer noch ausüben zu können, erklärlich. ‚Die jetzige Fähigkeit des Eetoderms müßte man sich in dem Falle ;so zustande gekommen vorstellen, daß dieses allmählich durch Ver- / erbung der Reizwirkungen der Nachbarschaft (Ento- oder Mesoderm) sich so eingepaßt hat, daß es schließlich allein seine typische Ent- wicklung durchzumachen weiß. Es wäre dies eine ähnliche An- nahme wie die, durch welche Spemann (1912a, S. 91) die Selbst- differenzierungsfähigkeit der Linsenanlage zu erklären versucht hat. Heidelberg, den 28. Juli 1913. Literatur. (Siehe die Hauptarbeit.) 1913. MEYER, Ruporr. Die ursächlichen Beziehungen zwischen Situs viscerum und Situs cordis, in: Arch. f. Entwicklungsmechanik d. Organismen. Bd. XXXVIL Heft 1. Üb. d. Entst. v. Kiemenfäd. u. Kiemensp. aus transplant. ortsfremd. Eetod. usw. 591 Inhaltsverzeichnis. as Seite a a ee REN GBA] ARE ER RE REP SOREER 419 ee Pre a ee N Ka Te a re 420 EIE Malone ne Melodie Shen ann ee 425 TEN SEE er Pe Se a dr ESEL 429 N ae EEE ERREGER GE SCERERREURFTE FRE 429 B- Aussanpnptadıen (älne Kıemen)... .... 2 2.4 Zus a. 430 BR ER BE Be Et ie ae nie 430 ee ni N Be RE 433 a AURERDEI IE N 5 ac. 0 no ee 435 > Ältere: Stadiän mu Buömen) 2. Eee 0, 437 1. Verschmelzung der Schlundfalten mit dem Eetoderm bei Bom- Dinar FEIERTEN BR Te 437 2. Verschiedene Ansichten über die Verschmelzung der Schlund- falten mit dem Eetoderm bei den Amphibien. ....... 440 3. Entwieklung des Epithels der ersten Kiemen bei Bombinator 445 4. Entwicklung des Epithels der ersten (äußeren) Kiemen bei Rana fusca, R. esculenta, Bufo vulgaris’und Hyla arborea . 449 5. Entwicklung der hintersten (6.—8.) Schlundtaschen.. . .. . 450 6. Äußere Entwicklung der verschiedenen Kiemenformen . . . 451 BRNOERBIeFRUN BER IA N ET ET a 451 DISRana mies ne N RE eh Re 1 452 ce) Rana esculenta, Bufo vulgaris und Hyla. ....... 453 3" BOHIDMALORr rt -; 2 ar TER REIT 454 e) Vergleich der Bombinatorkiemen mit anderen Anuren- KRSMEIE, vu; 2. jhera.ıa, 20 A a TREE 460 7. Entwicklung des Epithels der späteren (inneren) Kiemen . . 461 u ENG ANKIEMBRTOANE.. > Aid Ten ar Br tr Al, 463 9. Bemerkungen über die Kiemengefäße . . ..: . 2.222... 465 I Brduns der Kieisnepälten 2. Han aa da 466 11. Bemerkungen über die spätere Differenzierung der Kiemen- HORNIS 2 een ATERTET SEEN SEhR 468 NER SERERERLELRE - Teih: 2,2272 RN NEE Dee BE WTA Da re 469 EREHERIEBEIEHERGEENT PORT 30. 2 00 | ee Te EL RR 469 2. Über die erste Entwicklung der Kopfnerven und des Labyrinths 470 3) Eiizwreklung' der Kopfnerven‘.' I. en ee a 470 Bj. Entwiekkunigr des Tabyrnihe SINE Zr a 475 3. Über Ersatz von Kiemeneetoderm durch Rumpfeetoderm . . . . 477 4. Über die Entwicklung der Kiemenregion nach Entfernung der Beblundfaltenaufasen sn es Er ne 479 5. Über Transplantation von Kiemenectoderm auf eine andere Kör- perstelle. (Bauch: a N a er 2 484 6. Über Drehungen des. Kiemeneetoderms. : . . 2 2 222.2... 488 3). Methode; - Bözuiehnunpenn., Sr ar le 488 b) Zahl der-Pller 1... EFT R 494 c) Versuche an Bombinator, Kiemenlose Stadien . . ..... 494 lv Vorsuehe an: Bana- uses. Ent en re 497 592 Gunnar Ekman, Üb. d. Entst. v. Kiemenfid. u. Kiemensp. usw. Seite e) Versuche an Bombinator, Stadien mit Kiemen . ...... 506 f) Versuche an "Rana 'eseulenta.”. . . .. . 2 2 532 «) Das ganze Betoderm gedreht. .. ... . mer 533 B) Die Deeksehicht gedreht... 2.7. ZN Fiir 537 g) Versuche an Hyla :arborea «.. 7 „2. 2.0... „ie 539 7. Über Transplantation von Kiemenectoderm von Rana eseulenta auf: Bombinator ...- . „u. 2.2 2 2ue une mn 543 8. Über Regeneration von Kiemeneetoderm. . » 2» 2» 2: 2.2.2.2 .. 543 VI "Allgemeiner. Teil... 0. 2.2020. Se Ba 549 1. Ergebnisse der histologischen Analyse der typischen Entwicklung 549 2. Ergebnisse der Experimente. ....0.7 . 2.0 pe pre 552 A. Terminologisches: ....- -.. + 4... mL. 552 B. Entwieklung; der. Kiemenfäden. ..... „222 2 EErpa 553 1. Über die experimentelle Methode. . - ». 222.2... 553 2. Determination und Auslösung der ersten Entwicklung der Kiemenfäden. ...s . „2 “2. Wuer le 554 3. Determination und Ausführung der späteren Entwicklung der -Kiemenfäden...\. - 2.1.6. 222 alu Da C. Bildung offener. Kiemenspalten:)....0 2. 1 SE Er 560 1. Determination des Anlagematerials .. «e .. . .. 2... 560 2. Gegenseitige Beeinflussung des Eeto- und Entoderms . . 561 3. Über experimentell erzeugten Atavismus bei der Kiemen- spaltenbildung.. - .. - >... „2 Seit We . 563 3. Vergleich meiner Resultate mit früheren experimentellen er suchungen an anderen Organen . . : 2.1 nn Dee 564 4, Zur Homologie.der Anamnierkiemen..... . nl ee 567 VIL Zusammenfassung. der. Ergebnisse... .. :......, .. 2 assai EEE 570 A.-Aus dem deskriptiven Teil‘. =... 2.227 Serie 570 B. Aus dem experimentellen Teil... .... Wiese 571 “ VIII Literaturverzeichnis. „na... 21.2)... 212 2o. Bo 573 Nachtrag: Über die Entstehung von Kiemenfiden und Kiemenspalten aus transplantiertem, ortsfremdem Ectoderm bei Bombinator ER SAT 576 1. Vorbemerkungen ;... : ..'.. 20.00. . vo 576 2. Versuche mit »Herzeetoderm« ... „Er Ber 578 3. Versuche mit >Niereneetoderm« . 7... Ze Er 583 4. Zusammenfassung der neuen Ergebnisse . ....... 584 5. Nachprüfungen zu früheren Experimenten. ....... 585 6.. Diskussion der Ergebnisse .. > .. »/ „ See rer 585 Literatur... = 202 20a... wel ot ee E 590 (Aus dem anatomischen Laboratorium der Umiversität Zürich.) Die Entwicklung der Gonadenanlage und Entsteh- ung der Gonocyten bei Triton taeniatus (Schneid.). Von Helene Abramowiez aus Petrokow. Mit 27 Figuren im Text. Das durch Langs Bearbeitung der Gonoceoltheorie wieder in lebhafteren Fluß geratene Cölomproblem erweckte unter den Zoologen steigendes Interesse für die Frage, ob die Gonocyten entodermaler oder mesodermaler Herkunft sind oder endlich, ob sie als solche unabhängig von den Keimblättern determiniert sind. Obgleich nun seitdem zahlreiche sorgfältige Untersuchungen an verschiedensten Vertretern des Tierreiches vorgenommen wurden, darf dieses für das Verständnis der gesamten Organisation des Metazoenkörpers cardinale Problem noch immer nicht als zu einem befriedigenden Abschluß gelangt bezeichnet werden, wie auch die neueren Zu- sammenstellungen von KORSCHELT und HEIDER (1910) und ZIEGLER (in »Leibeshöhle« Handwörterbuch d. Naturw. 1912) es zeigen. Seit der berühmten Arbeit von Boverı (1892) über Ascar:s megalocephala mehren sich die Fälle, in denen die Gonocyten von ersten Blastomeren abgeleitet werden. Mit Ausnahme von Cymato- gaster aggregatus (EIGENMANN [1897]) konnten bisher solche Blasto- meren nur bei Wirbellosen konstatiert werden, wogegen für Wirbel- tiere die Gonocyten erst auf Stadien mit Mesodermanlage einwands- frei nachgewiesen wurden. In letzterem Falle würden sie somit von Keimblättern abzuleiten sein. Für das Studium dieser Frage erfreuten sich unter den Wirbel- tieren die Amphibien aus leicht ersichtlichen Gründen seit langem besonderer Bevorzugung. Aber selbst in dieser eng umschriebenen Gruppe widersprechen die Ergebnisse einander noch immer, insofern die einen Forscher an einer mesodermalen, andere wieder an einer entodermalen Herkunft der Gonocyten festhalten. 594 Helene Abramowiez Ich wählte für meine Studien Triton taeniatus, da ich mir günstiges Material leicht beschaffen konnte. In erster Linie inter- essierte auch mich der erste Ursprung der Gonocyten, doch suchte ich mir auch über die Beziehungen der Gonocyten zu der Gonadenanlage Klarheit zu verschaffen. Die meisten Forscher haben die Gonocyten der Wirbeltiere von Mesodermelementen abgeleitet. Im letzten Dezennium hat jedoch die Zahl der Fälle, in denen ein entodermaler Gonoeytenursprung kon- statiert wurde, beträchtlich zugenommen. Einen solchen fanden Woops (1902) bei Acanthias, FEporow (1907) bei Salmo fario, Bear (1900) bei Raja batis, Auen (1907) bei Rana pipiens, (1911) bei Amia und Lepidosteus, Kına (1908) bei Bufo lentiginosus, KuSCHAREWITSCH (1910) bei Rana esculenta, Casparo (1908) bei Gongylus ocellatus, DusTın (1910) bei Chrysemys, TscHAscHın (1910) beim Huhn, RuBASCHKIN (1909) beim Meerschweinchen. Selbst beim Menschen ist ein solcher Ursprung möglich (FeLıx [1911]. Einige der obengenannten For- scher haben für spätere Entwicklungsstadien der Gonaden, deren me- sodermale Natur allgemein anerkannt wird, noch eine Bildung von sekundären Gonocyten nachgewiesen, die ebenfalls mesodermaler Herkunft sind, da sie dem Bildungsgewebe der Gonaden entstammen. KUSCHAKEWITSCH, der bei Rana esculenta die gleichen Verhältnisse fand, sucht die Tatsache dieses auffallenden »Dualismus« der Gono- eytenherkunft durch die Annahme zu erklären, es handle sich bei der Bildung primärer Gonocyten um eine Rekapitulation der für die Wirbellosen geltenden Gesetzmäßigkeit, derzufolge die Gonoeyten direkt aus den Blastomeren sich entwickelten, während das Auftreten sekundärer, mesodermaler Gonoeyten den Beginn "der für die Am- nioten geltenden Entstehungsweise darstellen würde. Der Umstand, daß beim Männchen von Rana esculenta die primären Gonoceyten im Laufe der Ontogenese vollständig durch sekundäre ersetzt wer- den, beim Weibehen dagegen neben den sekundären noch reife Eier bilden, erscheint KUSCHAKEWITSCH als eine Stütze für seine Hypo- these einer im Laufe der Phylogenese auftretenden Verdrängung einer primären Bildungsweise durch eine sekundäre. Der auf den ersten Blick ansprechenden Hypothese KuscHAKEWITSCHSs stehen die Befunde TscuAascains und RUBASCHKINS gegenüber. Ersterer kon- statierte für das Huhn, letzterer für das Meerschweinchen zweifellos eineentodermale Entstehung der Gonoeyten, die nach KuSCHAREWITSCH ihrer Herkunft nach ja primäre Gonoeyten sein müssen. Mithin bleibt der »Dualismus« im Entwicklungsmodus der Gono- Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 595 cyten als vor der Hand unerklärbar bestehen und muß es weiteren, sich über ein möglichst ausgedehntes Formenmaterial erstreckenden Untersuchungen vorbehalten bleiben, über diese widerspruchsvollen Verhältnisse Licht zu verbreiten. Es kann nicht die Aufgabe meiner Untersuchungen sein, die erwähnten Probleme in ihrem vollen Umfange zu entwickeln, ge- schweige denn zu lösen. Vielmehr leitete mich bei der Übernahme der Aufgabe, die Entstehung der Gonocyten und erste Entwicklung der Gonaden zu verfolgen, einzig und allein der Wunsch, auch meinerseits einen Beitrag für das Verständnis der Genese des Genital- systems der Anamnier zu liefern. Indem ich mich nun der Darlegung meiner Ergebnisse zuwende, will ich nicht versäumen, meinen hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. W. Ferıx auch an dieser Stelle für die Anregung zu dieser Arbeit, sowie für die vielfache Unterstützung, die er mir während der Ausführung derselben angedeihen ließ, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Material und Technik. Die geschlechtsreifen Eier von Triton taeniatus erhielt ich teils von den in Gefangenschaft gehaltenen geschlechtsreifen Tieren, teils sammelte ich sie im Freien und zwar alle in demselben Teich. Die ganz jungen Embryonen präparierte ich frisch aus der Ei- hülle heraus und fixierte sie in Sublimatpikrinsäure, ZENKERscher Flüssigkeit, 10%, Formol oder Formolalkohol. Für ältere Larven wandte ich dagegen nur Sublimatpikrinsäure oder ZEnkersche Flüssigkeit an. Außerdem mußte den älteren Stadien Luft entzogen werden, die ältesten bedurften noch einer Entkalkung. Ein Teil der Objekte wurde in toto mit Parakarmin gefärbt und über Chloroform in Paraffin eingebettet. Die besten Resultate für die dotterreichen Embryonen ergaben als Fixationsmittel 10°, Formol, als Einbettungsmittel überhitztes Paraffin. Für die älteren Larven leisteten Sublimatpikrinsäure und ZENKERsche Flüssigkeit gleich gute Dienste. Die Schnitte der mit Parakarmin gefärbten Objekte wurden mit Pikroindigokarmin nachgefärbt. Ungefärbte Objekte wurden mit Hämatoxylin-Eosin, Hämatoxylin WeEIGErT oder Eosin-Azur II gefärbt. Morpholog. Jahrbuch. 47. 39 596 Helene Abramowiez Bei dotterreiehen Embryonen hat die Hämatoxylin-Eosin-Färbung die besten Resultate ergeben. Eosin-Azur II eignete sich für Färbung älterer Embryonen weniger. Alle Objekte wurden in Serien von 7,5 u, seltener 10 « Dicke geschnitten. Die Größe der Stadien habe ich durch einen Quotienten aus- gedrückt, dessen Zähler den Abstand von Schnauzenspitze zu Schwanz- spitze, dessen Nenner denjenigen von Schnauzenspitze zu After bedeutet. Den Zahlenwert für die Größe der Objekte gewann ich durch Multiplikation der Schnittdieke mit der Anzahl der Schnitte. Maßgebend für das Alter der Stadien waren einmal die Größe der Objekte, ferner die Anzahl der Spinalganglionpaare. Nicht immer konnte jedoch das Alter der Stadien auf diesem Wege er- mittelt werden, da in einigen Fällen die Größe der Larve der Ent- wicklungshöhe der inneren Organisation nicht entspricht. In solchen Fällen benutzte ich zur Altersbestimmung die Entwieklungshöhe der wichtigsten Organsysteme. Literatur. In der Literatur über die Entwieklung des Genitalsystems der Amphibien findet man bis zum Jahre 1900 über das erste Auftreten der Gonoeyten und die Ausbildung der primären Genitalanlage nur wenige Angaben. Die wichtigsten dieser Arbeiten sind von KUSCHARE- wırscH (1910) besprochen worden; ich verweise daher auf seine Zu- sammenstellung. Im folgenden will ich mich mit einer kurzen Wiedergabe des Inhaltes derjenigen Arbeiten begnügen, deren Kenntnis für das Verständnis der von mir bei Triton taemiatus gefundenen Verhältnisse notwendig ist. Die erwähnten Arbeiten sollen ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge entsprechend besprochen werden. Boum (1900) verfolgte die Entwicklung der weiblichen Genital- anlage bei Rana esculenta. Die frühesten Stadien hat er, wie er selbst bemerkt, nicht untersucht. Bei dem jüngsten, von ihm unter- suchten Stadium waren bereits die Seitenplatten über dem Darm zusammengetreten. Auf diesem Stadium sah er die Gonoeyten, die sroß und dotterreich waren, dicht aneinander gedrängt, im hinteren Drittel des Rumpfes unter der Aorta zwischen den beiden Venae cardinales und den beiden primären Harnleitern einen Strang bilden. Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 597 Die Gonoeyten waren den Entodermzellen sehr ähnlich. Diese Ähn- lichkeit läßt den Autor vermuten, daß Zellen aus dem Entoderm in den Raum zwischen Aorta und Darm auswanderten. Er hält es aber auch für möglich, daß die Peritoneal- und Mesenchymzellen dieser Gegend sich frühzeitig mit Dotter beladen und zu den Gono- cyten werden. Botvın schwankt anfangs zwischen diesen beiden Möglichkeiten, entscheidet sich aber auf Grund von Beobachtungen an späteren Entwicklungsstadien schließlich für die zweite Mög- lichkeit. Zu den primären Gonocyten, die die von Bouın als Genitalzell- strang bezeichnete unpaare mediane Anlage bildeten, gesellen sich später andere Peritoneal- und Mesenchymzellen, die »petites cellules germinatives«, die sich entweder ebenfalls in Gonocyten umwandeln oder dann Follikelzellen bilden. Die genannte unpaare Genitalanlage plattet sich in dorso- ventraler Richtung ab und spaltet sich in zwei Wülste, die zu beiden Seiten des Mesenteriums in die Leibeshöhle hineinragen. Während der Bildung dieser beiden Anlagen erfolgte in den Gonocyten die Resorption der Dotterplättchen. Die durch die auf diesem Stadium begonnene mitotische Teilung entstandenen Tochterzellen umgeben sich mit Follikelzellen und bilden mit den Peritonealepithelzellen zusammen ein einschichtiges Keimepithel. Die Mitte der Genitalanlage war von immigrierten, von Bouin als »cellules du m&senchyme periwolffien« bezeichneten Mesenchymelementen erfüllt, die sich in das bindegewebige Stroma der Genitalanlage und in die Genitalstränge umwandeln, nie Gono- cyten bilden, Das Keimepithel war von diesen Zellen durch eine Membran abgetrennt. Durch die Teilungen erfährt die Zahl der Gonoeyten zunächst eine Vermehrung, die aber bald einer auf dem Wege der Hyper- trophie und späteren Zerfalles der Gonocyten erfolgenden Degene- ration und Abstoßung Platz machte, wodurch eine Verminderung der Zahl der Gonoeyten bedingt wurde. Gleichzeitig erfolgte eine Neubildung von Gonoceyten durch Umwandlung von Peritoneal- zellen. Der Unterschied der Geschlechter machte sich bald nach der »ponte d’ovules primordiaux« geltend, indem sich in den zu Ovarien werdenden Genitalanlagen die Gonocyten teilten und die Genital- zellnester bildeten, während die zu Hoden werdenden sich dadurch charakterisierten, daß in ihnen die »ponte d’ovules primordiaux« 39* 598 Helene Abramowiez stärker war, ja nach Bouis vielleicht überhaupt nur ihnen zukommt. In den Genitalsträngen, die nicht so stark entwickelt waren, wie bei den Männchen, traten Hohlräume auf, von denen einige bei geschlechtsreifen Weibchen miteinander verschmolzen. Soweit BovIn über die hier in Frage kommenden Stadien. Der übrige Teil der Arbeit Bouıns behandelt die Oogenese. Dustin (1907) untersuchte Triton alpestris, Rana fusca und Bufo vulgaris. Nach ihm sind alle Gonocyten gleichen Ursprungs. Er sagt: »les cellules sexuelles ont une origine unique: le gonotome mesoblastique«. Dessenungeachtet findet er primäre und sekundäre Gonoeyten. Die primären entstehen in den dorsalen Teilen der Seitenplatten der hinteren Körperregion. Auf diesem Stadium waren sie den Entodermzellen sehr ähnlich und enthielten, obwohl kleiner als die letzteren, doch zahlreiche Dotterplättchen. Die Differenzierung der Gonoeyten aus den Mesodermzellen erfolgt nach Dustin bei Rana in folgender Weise. Auf den jüngsten Stadien lassen sich die Gonoeyten von den Mesodermzellen nicht unterscheiden. Erst nach ihrer Abtrennung von den Seitenplatten, während ihres Zu- sammenrückens in der Medianlinie lassen sie gegenüber den Meso- dermzellen Unterschiede erkennen, die sich in der Größe, der An- zahl der Dotterplättchen und Färbung äußern. Die Größe und Zahl der Dotterblättchen nimmt zu und die Färbbarkeit des Kernes wird eine intensivere. Die Gonoeyten nähern sich jetzt in ihrem Aus- sehen den Entodermzellen. Hand in Hand mit der gegenseitigen Annäherung der Seiten- platten geht ein Zusammenrücken der Gonoeyten der primären paarigen Genitalanlage einher, so daß eine unpaare mediane über dem dorsalen Mesenterium liegende Genitalanlage resultiert. Diese wird durch Spaltung zu einer sekundär-paarigen, die sich zu beiden Seiten der Radix Mesenterii in die Leibeshöhle vorstülpt. Ein Teil der Gonocyten degeneriert später durch eine »atrophie pigmentaire« und verschwindet. Hierauf folgt eine Neubildung von Gonoeyten, die durch Umwandlung aus Peritonealepithelzellen entstehen. Die Gonoeyten und die Peritonealepithelzellen bilden zusammen das Keimepithel. Die Gonoeyten bilden nun beim Weibchen auf dem Wege rasch aufeinander folgender Teilungen Genitalzellnester, deren Zellen bald in die Wachstumsperiode eintreten. Beim Männchen beginnen die Teilungen viel später; die Anlage bleibt längere Zeit von Gonoeyten und anderen »kleinen Zellen« (Peritonealzellen) erfüllt. ALLEN (1907) läßt bei Rana pipiens die Genitalanlage von An- Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 599 fang an unpaar entstehen. Ihr Zellenmaterial stammt von einer medianen dorsalen Leiste des Entoderms. Durch das Zusammen- rücken der Seitenplatten zur Bildung des dorsalen Mesenteriums wird diese Leiste vom Entoderm abgetrennt. Die Zellen dieser un- paaren Genitalanlage liefern allein die Gonocyten. Der Verfasser konnte eine Umbildung von Mesodermzellen in Gonoeyten nicht konstatieren. Dieselben Verhältnisse fand Kına (1908) bei Dufo lentiginosus. Die Ausbildung der paarigen Genitalanlage folgt dem von Dusrın beschriebenen Modus. Bezüglich der geschlechtlichen Differenzierung der Gonaden nimmt Kıng an, daß die Genitalanlagen, deren Gono- cyten gegen die Mitte zu vermischt mit eingewanderten Mesenchym- zellen liegen, Hoden ergeben, während diejenigen, deren Gonoeyten sich an der Peripherie anordnen und deren Mesenchymzellen im Innern liegen, zu Ovarien werden. KuscHAKEWITScH (1910) untersuchte die Genitalanlage von Rana esculenta. Die erste Andeutung einer Genitalanlage fand er bei einem 6,5—7 mm langen Embryo in Form einer unpaaren Leiste des dorsalen Entoderms; diese Leiste besteht aus großen mit Dotter- plättehen stark beladenen Zellen, die sich durch einen blassen runden Kern von den Entodermzellen, die einen polyedrischen Kern besitzen, unterscheiden. Durch die medianwärts wachsenden Seitenplatten wird diese Leiste vom Entoderm abgetrennt. Beim gleichen Embryo rücken, weiter eranialwärts, die Zellen (primäre Gonocyten) dieser »Dotterleiste« da, wo das Mesenterium bereits ausgebildet ist, aus- einander und ordnen sich in zwei Längsreihen an, die in den Winkeln liegen, die jederseits vom Peritonealepithel und der unteren Wand der Vena cardinalis gebildet werden. Auf dem folgenden Stadium dringen zwischen die Gonocyten die sie umgebenden Mesen- chym-, vielleicht auch Peritonealzellen ein. Weiterhin stülpen sich die Längsreihen der Gonoeyten leistenförmig in das erweiterte Cölom vor und bilden so die Genitalfalte.e Schon, auf diesem Stadium konnte KUSCHAKEWITSCH die Umbildung der zwischen den Gono- cyten eingelagerten Mesenchym- und Peritonealzellen, die er Para- gonien nennt, in die Gonoeyten verfolgen (sekundäre Gonocyten). Die Gonoeyten haben ihre Dotterplättchen inzwischen vollständig resorbiert. Später ordnen sich in der vergrößerten Genitalfalte die Gonoeyten und die Paragonien an der Peripherie an. Auch dringen jetzt Stränge nephrogenen Gewebes der Urniere — die Genital- stränge, drei jederseits, in die Genitalfalte ein. Auf diesem Stadium 600 Helene Abramowiez werden auch die früher degenerierten Gonocyten in das Cölom aus- gestoßen. Die nun folgenden Stadien werden von KUSCHAKEWITSCH unter Hoden- und Ovariumentwicklung behandelt. In die kompakte Hodenanlage wachsen jederseits zwei Genital- stränge ein, die zwischen die Gonocyten und Paragonien vordringen. Ein Teil der letzteren zeigt die Umwandlung in sekundäre Gono- cyten. In der Ovariumanlage bildet sich ein Hohlraum, der die Geni- talstränge von den Keimelementen trennt — primärer Genitalraum. Dieser wird bald durch den sich innerhalb des Genitalstranges aus- bildenden sekundären Genitalraum verdrängt. Die Genitalstrang- zellen wandeln sich hier nieht in sekundäre Gonoeyten um. In der Umbildung der Genitalstrangzellen in die Gonoeyten glaubt nun KUSCHAKEWITSCH ein viel sichereres Moment zur Bestimmung einer Genitalanlage als Hodenanlage gefunden zu haben, als die von anderen Autoren hierfür herangezogenen Merkmale. Der dia- gnostische Wert dieses Momentes zeigte sich nach KUSCHAREWITSCH auch in den Fällen, in denen eine Genitalanlage als zu einem Ovarium führend charakterisiert werden mußte, wie z. B. in seiner Normalreihe II, in der das Auftreten eines primären Genitalraumes in der Genitalanlage ein späteres Ovarium vortäuschte, oder in Normalreihe III, in der die Genitalanlage bereits die Merkmale eines typischen Ovariums zeigte. In beiden Fällen begann aber nichts- destoweniger eine Hodenentwicklung, die durch Umwandlung der Genitalstrangzellen in Gonoeyten inauguriert wurde. Auch im Falle der Spätbefruchtungsreihe!, die lauter Männchen (100°/,) ergab und bei der anfangs die Genitalanlage überhaupt keine Gonocyten ent- hielt, setzte die Hodendifferenzierung stets mit der typischen Geni- talstrangzellenumwandlung ein. Scnarirz (1912) läßt bei Amblystoma die Gonocyten aus den Zellen des Ursegmentstieles entstehen. ScHarırz bezeichnet den durch eine vertikale Teilung des Ursegmentstieles entstehenden, dem Entoderm zugekehrten Abschnitt des Ursegmentstieles als Gonotom. Die Zellen des Gonotoms (eventuell nur einige derselben) sollen den Urgeschlechtsmutterzellen (HAEcKER [1911]) entsprechen. Diese Zellen differenzieren sich zu Gonoceyten und unterscheiden sich von den übrigen Zellen durch folgende Merkmale: sie sind größer, ihr Kern 1 Die Eier wurden 84 Stunden nach der Brunstperiode künstlich befruchtet. Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 601 ist blasig aufgetrieben, hantelförmig, lappig oder wurstförmig; das Karyoplasma enthält in regelmäßiger Verteilung charakteristische Körnchen oder Fädchen, daneben deutliche Nucleolen, das Cyto- plasma viele Dotterplättchen und zahlreiche braun bis schwarz ge- färbte Pigmentkörnchen. Diese Gonocyten bilden die Genitalanlage, die nach SCHAPrITZ paarig, symmetrisch und metamer angelegt wird. Durch das Zu- sammenrücken der Seitenplatten über dem Darm werden die Gono- tom-Genitalanlagen medianwärts verschoben. Inzwischen trennen sie sich von den Seitenplatten los. Eine Annäherung der beiden Genitalanlagen in der Mittellinie, die zu einer unpaaren Anlage führte, konnte ScHArırTz nicht beobachten. Die Genitalleisten entstehen mit der Ausbildung des dorsalen Mesenteriums. Sie stülpen sich in die Leibeshöhle vor und werden vom Peritonealepithel umwachsen. Die Peritonealzellen dringen auch zwischen die Gonocyten ein und umgeben eine oder mehrere der- selben mit einer Art von Follikelepithel. Die so entstandenen Follikel können ihrerseits wiederum von einem Hüllepithel umgeben sein. Einige der Zellen dieses Hüllepithels zeigen Merkmale sekun- därer Gonocyten, was sie nach ScHArIrz jedoch nicht sind. SPEHL und Porus (1912). Nach diesen Autoren ist beim Axo- lotl die primäre Genitalanlage paarig und symmetrisch. Sie stellt eine dorsale Verlängerung der Seitenplatten in der hinteren Rumpf- region dar. An diesen Stellen differenzieren sich die Mesoderm- zellen zu Gonoeyten, die sekundär den Entodermzellen sehr ähn- lich werden. Die Ausbildung einer zuerst unpaaren, später paarigen defini- tiven Genitalanlage erfolgt in derselben Weise, wie es BouIn für Rana angibt. Auch konnten SpeuL und Porus die Degeneration von Gonocyten konstatieren. Da trotz der Degeneration die Zahl der Gonocyten die gleiche bleibt, nehmen die Autoren eine Neu- bildung von Gonocyten an, ohne sich indessen über diesen Punkt weiter zu verbreiten. Eigene Untersuchungen. Entwicklung der Genitalzellen. Ich beginne meine Darstellung über die Entwicklung der Geni- talzellen mit der Beschreibung desjenigen Stadiums, bei dem zuerst die Genitalzellen deutlich nachweisbar waren. Helene Abramowiez 602 Fig. 1. % = \ NWeuralrohr / 3 —Z Chorda n ER _ %- Myorom Aorta —Z u SG, 5 ) 2 onocyfe r Harn - Der / De / Splanchnopl. —— Querschnitt durch Embryo von Triton taen. von 6,06 mm Länge, in der Höhe des 5. Spinalganglions zur Demonstration der Lage der Gonocyten. Vergr, 45. NWeuralrohr Gonocyfe Darmzelle £ es in AR pr Harnleiter 27 Querschnitt durch Embryo von Triton taen. von 6,06 mm Länge, in der Höhe des 13. Spinalganglions, Die Gonocyte liegt rechts neben dem primären Harnleiter zwischen den Darmzellen, Vergr. ca. 169. a Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 603 Triton taeniatus 4,718/4,3 mm lang, 7 Spinalganglionpaare. Der Embryo wurde aus der Eihülle herauspräpariert. Er war noch gekrümmt. Die Kiemen- und vordere Extremitätenanlage sind als kleine Knospen sichtbar. Auf dem Querschnitt (Fig. 1) sehen wir folgende Verhältnisse: Unter dem geschlossenen Neuralrohr liegt die Chorda, unter ihr die Aorta, welche mit ihrer ventralen Peripherie an die dorsale Darm- wand angrenzt. Die primären Harnleiter liegen lateral und ventral vor den Myotomen, dem Körperepithel genähert. Die Seitenplatten umgeben den Darm und reichen nur bis zum lateralen Rande der primären Harnleiter; ihre Blätter schließen dicht aneinander. An der ventralen Seite des Darmes sieht man zwischen Ento- derm und dem inneren Blatt der Seitenplatten Blutlakunen. Die primären Harnleiter enden blind, bevor sie den Enddarm erreichen. Alle Gewebszellen sind dotterhaltig. Die Gonocyten liegen in der dor- Fig. 2b. Myotom N ws = ur Br] o® & prHarn' 3 u rg: > bs def Gonocyte — n eu dan °© ter re ee a + a 9 > “ .. IT HAPE IT TE - ® I “ ROH ® t j “7, a>* fr .. Darmzelle u p = 6. 4 u ee Sr # Er vw Teil des Querschnittes der Fig.1. Die Gonocyte ist durch ihren Kern und die zwischen den Dotterplättchen verstreuten Körnchen von den Darmzellen zu unterscheiden. Vergr. 275. salen Darmwand des letzteren Körperdrittels. Sie finden sich in Form von Zellen ohne deutliche Zellgrenzen zwischen den anderen eben- falls undeutlich begrenzten Darmzellen und sind daran zu erkennen, daß sie sich von letzteren nach außen zu abheben (Fig. 2a u. b). Sie unterscheiden sich von den anderen Darmzellen durch folgende Merkmale: ihr Kern ist rund und etwas blasser gefärbt, während der der Darmzellen gewöhnlich poly&drisch ist und stärkere Tinktion zeigt. Zwischen den in den Gonoeyten reichlich vorhandenen Dot- terplättehen liegen unregelmäßig verstreut kleine Körnchen, die nur 604 Helene Abramowiez wenigen Darmzellen zukommen. Diese Körnchen, die sich in ihrer Färbbarkeit von dem Kern und den Dotterplättchen unterscheiden (s. unten S. 611), waren auch in den Zellen der primären Harnleiter und den Muskelzellen zu sehen. Daß die durch die eben aufgezählten Merkmale von den übrigen Darmzellen sich unterscheidenden Zellen in der Tat Gonocyten sind, ergab die Verfolgung der Entwicklung dieser Zellen auf Schnitt- serien weiterer Stadien. Ich zählte 33 solcher Gonoeyten. Ihre lineare Verbreitung entspricht einer Länge von 1380 u, sie beginnen hinter dem 5. Spinalganglionpaar und hören in einer Entfernung von 600 u vom After auf. Triton taeniatus 6,068/4,425 mm lang, 13 Spinalganglionpaare. Im Bereich der Vorniere hat sich die Leibeshöhle ziemlich er- Fig. 3. ACEeN eh nr > +22 BRONX, Ke2 “= I ; Pe ®% ‚ er > a ? ——— Myotom hart — Ey GenBay ler >, - Er > 77 en Y = er > = a a N ainalis E Pi 3 < 2% BEN Pe ». 3% = LE u En A leiter N - ER De: Ag ee ° > ‘ , be‘ 3-7 nr nö Eon un vr n ee . 4) ‚* f BR er 2 40 1 7 Aid E S- . & Querschnitt durch hintere Gonocytenregion der Larve von Triton taen. von 6,85 mm Länge, in der Höhe des 9. Spinalganglions. Die Gonocyten liegen über dem Darm. Vergr. ca. 259. weitert, sonst zeigt das Stadium die gleichen Verhältnisse, wie das vorhergehende. In der hinteren Region des Körpers bilden die Gonoeyten die im I. Stadium beschriebenen Erhebungen über die dorsale Darm- peripherie. Dagegen verändert sich das Bild cranialwärts insofern, als sieh die Gonoeyten immer mehr von der Darmwand abheben, um schließlich am eranialen Ende der Genitalzone, deutlich von den Darmzellen abgegrenzt, diesen nur noch aufzuliegen. In bezug auf ihren Kern und Inhalt zeigen die losgetrennten Gonocyten gegenüber dem I. Stadium keine Veränderung (Fig. 3). Die Bildung und Abschnürung der Gonocyten erfolgt an den- Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 605 jenigen Stellen der Darmwand, die rechts und links zwischen Aorta und primären Harnleitern liegen (Fig. #). dieses Stadiums, sowie bei Embryonen späterer Stadien beteiligt sich an der Gono- eytenbildung auch die me- diane Partie der Darmwand, da jetzt zwischen ihr und Aorta einZwischenraum vor- handen ist. Ich zählte bei diesem Embryo 50 Gonoeyten. Ihre lineare Verbreitung ent- spricht hier einer Länge von 1700 «u und beginnt hinter dem 6. Spinalganglionpaar, um 250 u vom After entfernt aufzuhören. Triton taeniatus 6,85/4,6mm lang, 13 Spinalganglion- paare. Der Dotterreichtum der Nerven-, Muskel- und Chor- dazellen hat stark abgenom- men; unter der Aorta haben sich die beiden Venae car- dinales ausgebildet; die pri- mären Harnleiter liegen mehr median und münden in den Enddarm. Die Gonocyten zeigen dieselben Verhältnisse wie beim vorhergehenden Em- bryo, d. h. sie sind von der dorsalen Darmwand abge- trennt und liegen dicht über Bei einigen Embryonen =. 21 Yeuralrohr \ =; n Chorda / & 1 nn © ER te / 7 N 34 =) \ pr. Harnleitfer F Somatop!. Sp/anchnop!. 7 Myotom Querschnitt durch Larve von Triton taen. von 6,85 mm Länge in der Höhe des 13. Spinalganglions, zur Demon- stration der Lage der Gonocyten. Vergr. 45. Fig. 5. Be —n- Neuralrohr Myotom — —— 3 Chords —-4orfa Veardinalis — nn ZA Ze N 6ono- ‚pr.Harnleiter 7— = Sn =. cyte Somatopl. — — —= | Splanchnopl.5 | | / N / \ / YA JH er, Querschnitt durch Larve von Triton taen. von 7,123 mm Länge in der Höhe des 9. Spinalganglions, zur Demon- stration der Lage der Gonocyten. Vergr, 45. derselben; weiter caudalwärts kommen wir in das Gebiet, wo sie erst in der Lostrennung von der Darmwand begriffen sind. Ihre lineare Verbreitung ist von 1990 u Länge, beginnt hinter 606 Helene Abramowiez dem 5. Spinalganglionpaar und endet in einer Entfernung von 500 u vor dem After. Die Zahl der Gonocyten beträgt 40. Triton taeniatus 7,123/4,875 mm lang, 21 Spinalganglionpaare. Dieses Stadium ist durch das Auftreten der äußeren Kiemen charakterisiert. Auf dem Querschnitt sehen wir, daß die Seitenplatten zwischen den primären Harnleitern und den Venae cardinales einerseits und der Darmwand andererseits medianwärts vorwachsen. Die Muskel- Fig. 6. 2 ® Veardinales ————T | - BR. | ® — pr. Harnleiter — PR : 2% > Ei, un . _ en s X & * G ? b wie # aA Somaropı. * N BET »@>; = > Splanchnopl Querschnitt durch Triton taen. von 7,123 mm Länge. Die medianwärts wachsenden Seitenplatten trennen die Gonocyten von der Darmwand ab. Vergr. etwa 259. und Nervenzellen haben fast vollständig ihre Dotterplättehen resor- biert (Fig. 5). Da die medianwärts vorwachsenden Seitenplatten sich eng der Darmwand anschmiegen, werden die Gonocyten von dieser abge- drängt und kommen auf die Somatopleura zu liegen (Fig. 6). Auch hier finden wir wieder caudalwärts Verhältnisse früherer Stadien, d.h. die Seitenplatten reichen hier nicht so weit median- wärts und die Gonocyten weisen die aus den ersten Stadien be- kannten Lage- und Strukturverhältnisse auf. Die vorliegenden Gonoeyten zeigen jetzt in ihrem Kern Nuc- leolen, die Tinktionsfähigkeit des Kernes nimmt ab. Der Gehalt an Dotterplättchen ist geringer. Die bei der Beschreibung der Gono- eyten des I. Stadiums erwähnten, zwischen den Dotterplättchen ge- Die Entwickl. der Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoceyt. bei Triton taeniatus. 607 legenen Körnchen zeigen die gleiche Größe, sind jetzt aber deutlicher geworden und treten in größerer Anzahl auf. Die lineare Verbreitung der Gonocyten entspricht 1695 u Länge, sie beginnen hinter dem 6. und enden in der Höhe des 14. Spinal- . ganglionpaares. Zahl der Gonoeyten W. Triton taeniatus 8,138/5,92 mm lang, 25 Spinalganglionpaare. Aufdiesem Stadium sind die vorderen Extremitäten schon frei. In der vorderen Hälfte des Embryo besitzt der Darm ein geräumiges Lumen, obschon die Darmwand noch sehr dotterreich ist. Auch ist in dieser Region das Cölom wohl ausgebildet. Weiter caudalwärts in der Region der Gonoeyten sind die Verhältnisse im Vergleich zu früheren Stadien insofern verändert, als die Seitenplatten median sich noch mehr einander genähert haben. Die beiden Blätter der Seitenplatten liegen in dieser Region einander noch dicht an. Die Gonoeyten liegen über der Somatopleura, ganz hinten einige noch über dem Darme. Ihre Kerne zeigen deutlich 1—2 Nucleolen; die Dotterplättehen sind resorbiert, die Körnchen waren bei diesem mit HEIDENHAInschem Hämatoxylin gefärbten Embryo nicht zu sehen. Die lineare Verbreitung reicht vom 8. bis zum 16. Spinalganglion- paar und hat eine Länge von 1935 u. Die Zahl der Gonocyten beträgt 88. Triton taeniatus 8,275/4,85 mm lang, 24 Spinalganglionpaare. Fig. 7. Die Seitenplatten haben sich Fe ? in der Mittellinie getroffen. Im HL übrigen wiederholen sich die / Verhältnisse des vorhergehenden : f 5 Myotom Stadiums. Auch hier sind noch einige Gonocytenüber der Darm- | ı wand vorhanden (Fig. 7. Es 1 ——0© | EoRor le Eu ‚pr, Harnleiter N OIZ—— 4 Neuratrohr = \Chorda sind 68 Gonoeyten auf einer simahı 7 fMesenrenium Strecke von 1490 u Länge, die fi N / om 8. bis 15. Spinal- IN ’y vom . is zum pina \ Nun), ganglionpaar reicht. I 777 Triton taemiatus 8,88/5,825 mm \ pri Pr un lang, al Spinalganglionpaare. Querschnitt durch Larve von Triton taen. von Das Stadium ist durch die 960 mm Länge in der Höhe des 9. Spinalganglions, zur Demonstration der Lage der Gonocyten. Ver- Urnierenanlage charakterisiert. größerung %. 608 Helene Abramowiez Die Darmwand stellt ein eylindrisches Darmepithel dar. Die Seiten- platten enthalten nun auch in der Gonoeytenregion ein deutliches Cölom. Das dorsale Mesenterium ist E: % ziemlich kurz. Die Ausbildung des | dorsalen Mesenteriums wird von einer Verlagerung der Gonocyten begleitet. Die Gonocyten, die über der Somato- , pleura, zwischen den primären Harn- [ = — Neuralrohr leitern lagen, gehen nunmehr über ne 2 1 Chorda der Radix Mesenterii lateralwärts aus- „fort | Sr Nurhemieirer @mander. Sie befinden sich jetzt, z \ (SF öplenehnept der Somatopleura dicht en], | N jederseits zwischen dem primären \ # Harnleiter und der Radix Mesenterii ” 14 . N Caudalwärts treffen wir die Querschnitt durch Larve von Zriton taen. - Kr > . BR von 12,17 mm Länge in der Höhe des gleichen Verhältnisse wıe auf frü- 14. Spinalganglions, zur Demonstratin dr heren Stadien an: so liegen 6 Gono- Lage der Gonocyten. Vergr. 25. w . .. cyten über der Radix Mesenterii, 2 noch über der Darmwand, weitere 6 zwischen den Blättern des dorsalen Mesenteriums (Fig. 9). Diese sukzessive Aufeinanderfolge der Stadien bei einem Em- Fig. 9. ‚pr Harnleiter i ' > Mesenterium ” Du e- x ze > v- £ = Querschnitt durch hintere Gonadenregion der Larve von Triton taen. von 9,60 mm Länge in der Höhe des 11. Spinalganglions. Die Gonocyten bilden die paarige Genitalleiste, Vergr. 276. bryo in der Lage der Gonoeyten erscheint mir im Hinblick auf die Feststellung ihrer Herkunft insofern wertvoll, als wir sehen, daß sich Gonocyten auch dann noch über dem Darm befinden, wenn die Seitenplatten bereits (weiter vorn) zur Bildung des Mesenteriums Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 609 zusammengetreten sind, so daß die Gonocyten das Mesenterium pas- sieren müssen, um an die Stellen der späteren Genitalanlagen zu gelangen. Die Gonocyten unterscheiden sich jetzt scharf von allen anderen Zellen, auch von den jetzt hocheylindrischen dotterarmen Darmzellen. Ihr großer, blasser Kern zeigt 1—2 Nucleolen; im Protoplasma findet man zuweilen noch Dotterplättchen; die jetzt im Protoplasma liegen- den Körnchen zeigen das gleiche Aussehen wie früher. Die lineare Verbreitung der Gonocyten beträgt 1830 u, beginnt in der Höhe des 9., endet hinter dem 16, Spinalganglionpaar. Zahl der Gonoeyten 88. Ich resümiere kurz die Ergebnisse obiger Beobachtungen, Die ersten Gonoeyten, dieich als solche erkennen konnte, lagen zwischen den Zellen der dorsalen Darmwand, hoben sich etwas ab und besaßen einen runden Kern, waren sehr dotterhaltig und ent- hielten zwischen den Dotterplättehen zerstreut kleine Körnchen. Dann trennten sich die Gonocyten von der Darmwand und kamen dorsal über ihr zu liegen. Inzwischen schoben sich die linke und rechte Seitenplatte, die bis dahin nur bis zum lateralen Rande der primären Harnleiter reichten, sich dem Darme dicht anschmiegend, gegen die Mittellinie vor, wodurch die dem Darm aufruhenden Gonocyten von letzterem getrennt wurden und über der Somatopleura zu liegen kamen. Die Gonocyten sammelten sich weiterhin rechts und links von der Radix Mesenterii an der Somatopleura zur Bildung der beiden Genitalanlagen an. Die Gonocyten haben inzwischen ihre definitive Ausgestaltung erreicht, m. a. W.: ihr Kern ist groß, ent- hält 1—2 deutliche Nucleolen, das Protoplasma entbehrt der Dotter- plättchen. Diesen ganzen Entwicklungsprozeß konnte ich nicht nur an auf- einanderfolgenden Stadien verschiedenaltriger Embryonen, sondern auch in verschiedenen Regionen eines und desselben Embryos ver- folgen. Die vorgerückten Stadien waren die immer weiter cranial- wärts gelegenen, während diejenigen der hinteren Region stets we- niger fortgeschrittene Verhältnisse aufwiesen. Die Ausgestaltung der Gonoeyten vom Stadium ihrer Ankunft an den Stellen der späteren Genitalanlagen an soll in dem Abschnitte über die Entwicklung der Genitalleiste und Genitalfalte besprochen werden. Es sei jedoch erwähnt, daß auch auf diesen später zu be- handelnden Stadien die Wanderung der Gonocyten durch das Me- 610 Helene Abramowiez senterium noch zu verfolgen ist. Ob die letzterwähnten Gonoeyten auch wirklich sämtlich an der Bildung der Genitalanlage teilnehmen bzw. an die Bildungsstätten der Genitalanlage gelangen, konnte ich nicht entscheiden. ‚Im Folgenden sollen meine Befunde über die erste Entstehung der Gonoeyten mit denjenigen anderer Forscher verglichen werden. Wie ALLEN für Rana pipiens, Kına für Bufo lentiginosus und Kuv- SCHAKEWITSCH für Rana esculenta konstatierte auch ich einen ento- dermalen Ursprung der Gonocyten. Eine Abtrennung der Gonocyten von der dorsalen Darmwand in Form einer medianen Leiste, wie dies genannte Forscher schildern, konnte ich jedoch nicht beobachten. Ich sah die Gonoeyten sich immer nur einzeln loslösen. Da die Loslösung der Gonoeyten von ihrem Mutterboden bei dem gleichen Tiere verschieden auftreten kann, muß in der Art der Loslösung ein unwesentlicher Vorgang gesehen werden. Von den Autoren, die über einen mesodermalen Ursprung der Gonoeyten berichten, leiten Dustıy, ScHaritz und SPEHL und Po- Lus die Gonoeyten von dem Mesodermstiel bzw. vom Gonotom (nach Dustin und ScHarıtz) ab. Bouvmm sieht, wie bereits oben erwähnt, zwei Möglichkeiten der Gonoeytenabstammung: entweder sind sie entodermalen Ursprungs, wobei die Entodermzellen in die der Ge- nitalanlage entsprechende Region einwandern, oder sie sind meso- dermaler Herkunft. Über diese Herkunft äußert er sich, wie folgt: »Il se peut &galement que les cellules m&senchymateuses et les cel- lules peritoneales de la region consideree se sont chargees de pla- quettes vittelines d’une maniere tres precoce.« Bourm entscheidet sich nun für diese zweite Möglichkeit, obschon er keine Gründe an- führt, die für eine sekundäre Beladung der Mesenchym- und Peri- tonealzellen mit Dotterplättehen sprechen würden. j Bezüglich der Merkmale der Gonocyten stimmen Bouıs, Dusris, ScHaritz, SPEHL und PoLvs mit ALLEN, Kıng, KUSCHAKEWITSCH und mir insofern überein, als sie die Ähnlichkeit der Gonoeyten mit den Entodermzellen konstatieren. Unverständlich bleibt mir die nach Bovıs und Dusrıw starke Beladung der Mesodermzellen, die zu Gonoeyten werden, mit Dotterplättchen (plaquettes vitellines), die wieder resorbiert werden sollen. Soviel ich den Zeichnungen Duv- srıss entnehme, entsprechen die in ihnen dargestellten Verhältnisse in jeder Hinsicht denjenigen, die ich bei Triton taeniatus feststellen konnte. Auf den von ihm abgebildeten jüngsten Stadien von Tri- ton alpestris zeigt sich ein erheblicher Unterschied zwischen den Go- Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 611 nocyten und den Seitenplattenzellen. Nun fand ich bei Triton tae- nvatus auf Stadien, auf denen noch keine Gonoeyten zu unterschei- den waren, also noch jüngeren, ebenfalls einen großen Unterschied ‚zwischen den Entodermzellen und den Zellen der Seitenplatten. Da nun die Stadien, die Dusrtiv untersuchte, mit den von mir unter- suchten, dem Alter nach entsprechenden, vollständig parallel gehen, so darf ich annehmen, daß Dustin auch in bezug auf die von ihm vernachlässigten früheren Stadien den meinigen parallele Resultate erhalten hätte. Ich hebe diesen Umstand hervor, da Dusrıy auf Grund seiner Ansicht von einer sekundären Beladung der Gonocyten mit Dotterplättehen für die Gonoeyten auf früheren Stadien einen ge- ringeren Unterschied zwischen Gonocyten und Seitenplattenzellen postulieren muß. Damit wird seine und die Boumssche Dotterbeladungshypothese hinfällig. Wenn Bovın zugunsten einer mesodermalen Gonocyten- abstammung die Tatsache ins Feld führt, daß später die Peritoneal- epithelzellen sich in Gonocyten umwandeln, so ist dem m. E. kein Gewicht beizulegen, da wir es hier zweifellos mit einem sekundären Bildungsmodus zu tun haben. Auch KuscHAREWITSCH und ich selbst fanden diese spätere Entstehung der Gonocyten aus den Peritoneal- zellen. Ferner werden von Dustin, ScHAPITZ und KUSCHAKEWITSCH noch besondere »Pigmentkörnehen« zwischen den Dotterplättchen, als distinkte Bestandteile der Gonocyten, angegeben. Auch ich fand äbnliche Körnchen. Um mir über die Natur dieser Körnchen Klar- heit zu verschaffen, wandte ich noch die BexpAsche Fixierungs- und Färbungsmethode an, da ich in ihnen den Mitochondrien verwandte Gebilde vermutete. Ich fixierte mit ZENKERscher Flüssigkeit und Sublimatpikrinsäure, färbte hierauf mit Parakarmin und Indigopikro- karmin. Die so behandelten Körnchen wiesen eine gelblich-braune Farbe auf. Mit Hämatoxylin-Eosin behandelt, erschienen sie etwas heller. Osmiumpräparate zeigten: mit Alizarin-Kristallviolett ge- färbt, eine blaue (die Dotterplättehen bräunliche), mit einer Dreifach- färbung (nach Sröur) eine gelb-braune (die Kerne der Gonoeyten rötlich-blau, Nucleolen hellbraun und Dotterplättchen wasserhell), mit HEIDENHAINschem Hämatoxylin-Eosin eine blauschwarze (wie auch die Kerne der Gonoceyten und die Dotterplättehen) und endlich un- gefärbt eine bräunliche Farbe (der Dotter war blau-schwarz, Kerne der Gonoeyten hellgelb, Nucleolen etwas dunkler). Diese Reaktion auf die verschiedenen Farbstoffgemische entspricht nun nicht der- Morpholog. Jahrbuch. 47. 40 612 Helene Abramowiez jenigen typischer Mitochondrien. Somit können diese Gebilde nicht als Mitochondrien angesehen werden und bleibt ihre Natur für mich problematisch. Es sei noch erwähnt, daß die Körnchen bei jungen Embryonen nicht nur in den Gonocyten vorkommen. Ich habe sie auch in Muskelzellen, Nervenzellen und Zellen der primären Harnleiter ge- sehen; doch verschwinden sie in allen diesen Zellen ziemlich früh, relativ am spätesten in den Zellen der primären Harnleiter, während sie in den Gonoeyten auch später noch wahrzunehmen sind. Da die Körnchen in den Muskelzellen zweifellos Mitochondrien sind, was aus dem Umstand erschlossen werden kann, daß sie später verschwinden (was bekanntlich mit ihrer Umwandlung in Myofibrillen in Zusammenhang gebracht wird), so ist es wohl nicht ausgeschlossen, daß, da die Körnchen in den Gonocyten eine mit denjenigen der Muskelzellen vollständig übereinstimmende Tinktion zeigen, sie eben- falls Mitochondrien darstellen. Entwicklung der Genitalleiste und Genitalfalte. Triton taeniatus 8,245/4,85 mm lang, 24 Spinalganglionpaare. Auf diesem Stadium erhalten die Muskel-, Nerven- und Chorda- zellen keine Dotterplättchen. Die Seitenplatten haben den Darm vollständig umwachsen und berühren sich in der Mittellinie. Die Somato- und Splanchnopleura liegen dicht beieinander. Sehon im Stadium von 7,163/4,875 mm Länge waren die Gono- cyten infolge Umwachsung des Darmes durch die Seitenplatten weiter dorsalwärts vom Darme zu liegen gekommen, und zwar unter die Vena cava inferior. Bei diesem Embryo bilden die Gonocyten unter der Vena cava inferior, zwischen den beiden primären Harnleitern eine breite, dünne Platte (Fig. 10). | Die unpaare Genitalanlage von 1490 u Länge beginnt hinter dem 8., endet hinter dem 15. Spinalganglionpaar und enthält 68 Gono- eyten. Hinter dem 12. Spinalganglionpaar sind die Verhältnisse inso- fern andere, als die Seitenplatten nicht so weit dorsalwärts reichen und die Gonoeyten noch näher der Darmwand liegen. Die Gonocyten sind noch mit Dotterplättchen beladen; ihr Proto- plasma enthält viele Körnchen. Sie unterscheiden sich wenig von denen des 7,163/4,875 mm langen Stadiums. Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 613 Fig. 10. nt ’ ; zeox:- es ; x SR a Po ren Ss s RZ ade Sa, « 8 a7) ACH BER 7A ce z IR RR ‘en Deer ; en Querschnitt durch Larve von Triton taen. von 8,245 mm Länge in der Höhe des 10. Spinalganglions, Die Gonoeyten bilden über den Seitenplatten den sog. Genitalzellenstrang. Vergr. 275. Triton taeniatus 8,88/5,825 mm lang, 31 Spinalganglionpaare. Auf diesem Stadium sehen wir den Beginn der Entstehung des dorsalen Mesenteriums. Zwischen den Blättern der Seitenplatten zritt das Cölom auf. Der Darm zeigt ein geräumiges Lumen. Die ausgezogenen ceylindrischen Darmepithelzellen enthalten viele Dotter- plättchen. In den Muskel- und Nervenzellen, sowie in den Zellen der primären Harnleiter sind einige Körnchen zu sehen, die denen der Gonoeyten ähnlich sind. Auch läßt sich die erste Urnierenan- lage als eine Ansammlung von Zellen über den primären Harnleitern erkennen. Durch die Ausbildung des dorsalen Mesenteriums verliert die Genitalanlage ihren unpaaren Charakter, ohne jedoch schon ausge- sprochen paarig zu sein. In Fig. 9 sehen wir einen Teil der Gono- cyten sich zu beiden Seiten der Radix Mesenterii der Leibeswand anlegen, während andere Gonoeyten ihre frühere mediane Lage nun- mehr über der Radix Mesenterii beibehalten. Dieses Bild entspricht den Verhältnissen der vorderen Region der Genitalanlage, die sich in eranio-caudaler Richtung entwickelt. Deshalb sehen wir in der hinteren Region dieselben Verhältnisse wie auf dem Stadium 8,245/4,83 mm Länge. Auch sind Gonoeyten innerhalb des dorsalen Mesenteriums zu sehen. Die Gonoeyten enthalten keine Dotterplättchen, dagegen viele 40* 614 Helene Abramowiez Körnchen. Im Kern sind manchmal 1—2 Nucleolen sichtbar; er ist nicht immer von ovaler Form, sondern zuweilen nierenförmig. Die Genitalanlage ist 1840 u lang, sie beginnt in der Höhe des 9., endet hinter dem 16. Spinalganglionpaar und enthält 88 .Gono- eyten. Triton taeniatus 9,60/5,40 mm lang, 26 Spinalganglionpaare. Dieses Stadium entspricht im allgemeinen dem vorhergehenden, nur ist das Cölom etwas geräumiger geworden. Die Gonocyten, die auf dem vorhergehenden Stadium zu beiden Fig. 11. Eu u Er fe rrerenannge en RS = = a URETTE Ne Harnleiter RB ER, 10) Genitalleiste EAN N Bde n > = „Es IA 1 5 SL Pe ex a, 2 @ BD TNZ_ R FE a, ® Q / Ki Querschnitt durch Larve von Triton taen. von 9,60 mm Länge in der Höhe des 8. Spinalganglions. Die paarige Genitalleiste. Vergr. 276. Seiten der Radix Mesenterii lagen, stülpen das Peritonealepithel vor und bilden im Winkel zwischen Somatopleura und Radix Mesenterii jederseits einen kleinen Vorsprung — die paarige Genitalleiste (Fig. 11). Die Gonoeyten, die über der Radix Mesenterii lagen, haben sich den Gonoeyten der beiden Genitalleisten genähert. Weiter hinten liegen diese Gonoeyten noch über der Radix Me- senterii. Die die Gonoeyten umgebenden Peritonealepithelzellen sind in dieser Region höher. Die Gonoceyten zeigen den gleichen Habitus wie bei dem 8,88/5,825 mm langen Stadium. Die Genitalleiste, beginnt rechts hinter dem 6., endet hinter dem 12. Spinalganglion, ist 1550 « lang und enthält 35 Gonocyten. Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 615 Links beginnt sie in der Höhe des 7., endet hinter dem 12. Spi- nalganglion, ist 1450 « lang und enthält 31 Gonoeyten. 10 Gonoeyten liegen median über der Radix Mesenterii. Triton taeniatus 9,61/5,6 mm lang, 32 Spinalganglionpaare. Dieses Stadium zeigt die gleiche Entwieklungshöhe wie das vor- hergehende. Das dorsale Mesenterium streckt sich in die Länge (Fig. 12). Die paarige Genitalleiste stülpt sich mehr in die Leibeshöhle Fig. 12. A Querschnitt durch Larve von Triton taen. von. 9,01 mm Länge in der Höhe des 9. Spinalganglions. Die Leibeshöhle wird auch in der Gonadenregion geräumiger. Vergr. 276. vor. Sie beginnt jederseits in der Höhe des 7. und zieht konti- nuierlich bis zum 13. Spinalganglion, woselbst sie verschwindet. Die Genitalleiste rechts ist 1537,5 « lang und enthält 49 Gono- eyten, links 1357,5 u lang und 36 Gonoeyten. | | Es sind außer den Gonoeyten in der Genitalleiste noch 16 extra- regionäre Gonocyten vorhanden. Caudalwärts von der Genitalleiste liegen letztere bis zur Anus- gegend zerstreut. 6derselben liegen im dorsalen Mesenterium, lan der Splanchnopleura, 5an der Stelle des früheren Genitalzellstranges und 4 am Peritonealepithel neben der Radix Mesenterii. Die Gonoeyten zeigen 1-2 Nucleolen; im Protoplasma sieht man die Körnchen, die in einzelnen Gonocyten zu kleinen Klümp- chen vereinigt sind. Das Peritonealepithel der Genitalleiste ist da, 616 Helene Abramowiez wo es die Gonoeyten umgibt, abgeflacht, im übrigen aber cylindrisch. Manche Peritonealepithelzellen zeigen um ihren dunklen Kern herum Körnchen, die den im Protoplasma der Gonocyten gefundenen äußerst ähnlich sind. Triton taeniatus 12,24/7,073 mm lang, 34 Spinalganglionpaare. Auf diesem Stadium zeigt die Urnierenanlage den Beginn der rasch fortschreitenden Gliederung in die Urnierenkanälchen. Letz- tere liegen unter der Aorta und verdrängen die primären Harnleiter lateralwärts. Die Genitalleiste hat sich jetzt in die Leibeshöhle weit Fig. 13. Er a ge ®_ d RR NSS N Br. I ZRRFREN Urniere ® ® e) AR VÖ . OB & ©. ®&) A > & ® a) SR on D DER nchy 5 =? 0 (ir v Fra Mesenc un Er 2 . ä 83 2 { @ een Genifalfalte Net & > S— I er —— Querschnitt durch Larve von Zriton taen. von 12,86 mm Länge in der Höhe des 9. Spinalganglions. Die paarige Genitalfalte. Links sieht man eine Ansammlung von Peritonealzellen in die Genitalfalte einwandern (s. r.). Vergr. c. 259. vorgestülpt. Das sie umgebende Peritonealepithel bildet ein Auf- hängeband. An dieser von nun an als Genitalfalte zu bezeichnenden Geni- talleiste kann man 2 Teile unterscheiden: einen angeschwollenen distalen, in dem die Gonoeyten liegen, und einen verlängerten proxi- malen, den Stiel der Genitalfalte, der eine Duplicatur des Perito- neums darstellt. Die Peritonealepithelzellen des Stiels sind eylindrisch, diejenigen des angeschwollenen distalen Teiles abgeflacht. An der Stelle, an der das Peritonealepithel in das des Stiels der Genitalfalte übergeht, teilen sich seine Zellen und dringen durch den Stiel in die Genitalfalte ein. Zuweilen bilden die so entstan- denen Zellen vor ihrer Einwanderung in die Genitalfalte größere Ansammlungen (Fig. 13). Die Eutwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 617 Auf einigen Schnitten finden wir in dem Stiel der Genitalfalte, zwischen den beiden Peritonealepithellamellen eine mittlere Reihe von lose aneinander gefügten Peritonealzellen. Diese repräsentieren die erste Anlage der Genitalstränge (Fig. 14). Soleher Anlagen waren in eranio-caudaler Richtung 3 vorhanden. Fig. 14. Bowman sche +———e Kapsel. Gentalstranganlag® Mesenterium Querschnitt durch hintere Gonadenregion von Triton taen. von 12,24mm Länge. Die Längsreihe der Peritonealzellen in dem Stiel der Genitalfalte als erste Genitalstranganlage. Vergr. 276. Querschnitt durch Larve von Triton taen. von 12,24 mm Länge in der Höhe des 11. Spinalgangl;ons. Die Gonocyten sind voneinander durch Peritonealzellen getrennt, Vergr. 180. Auf dem Querschnitte der Genitalfalte sieht man 2—3 Gono- cyten, die durch Peritonealzellen voneinander getrennt sind (Fig. 15). Die Existenz der Nucleolen läßt sich nicht bei allen Gonocyten nachweisen; das Chromatin der Gonocytenkerne ist in gröbere Körn- chen zerfallen. Bei einigen Gonocyten ist der Kern gelappt. Die Körnchen im Protoplasma der Gonocyten beginnen aus den Zellen ausgestoßen zu werden; sie sind zu Klümpchen vereinigt und liegen oft an der Peripherie der Gonocyten. Das weitere Schicksal dieser 618 Helene Abramowiez Körnchen konnte ich nicht verfolgen. Ich vermute, daß sie einer Resorption anheimfallen. | Die Genitalfalte ist rechts 2362,5 « lang, sie beginnt in der Höhe des 7., zieht kontinuierlich bis zum 13. Spinalganglion und enthält 110 omaeylen: Die linke Genitalfalte von 2875,5 u Länge beginnt hinter dem 6,, endet in der gleichen Höhe wie die rechte und enthält 110 Gonoeyten. 4 Gonoeyten sind in mitotischer Teilung begriffen. 42 extraregionäre Gonocyten kommen zerstreut hinter der Geni- Fig. 16. a =) > = PR N) N Na a ; \evrraregionäre Be >” N) @ Gondeyfe D® - = } Genitalstranganlage 2 | * degenerierende FE DEN | Sa, 9 Gonocyte &) {> E As ı TÜREN. BE u SS BE y N ix NS leere Stelle nachdem Ir Ni $ Ausstoßen der Q | deg.Gonocyfe Querschnitt durch Larve von Triton taen. von 11,68 mm Länge in der Höhe des 10. Spinalganglions. Zahlreiche Gonocyten im Degenerationszustande., Medianwärts an den Genitalfalten Fettkörper- anlagen. Vergr. etwa 169. Bei einigen Gonoeyten wird das Chromatin in Form feiner Körn- chen im Kerne regelmäßig verteilt, die Nucleolen verschwinden all- mählich; bei anderen sehen wir, daß der Kern sich stark einzu- buchten beginnt und immer blasser wird, während die Nucleolen noch längere Zeit. zu sehen sind. Die Kernkonturen werden immer undeutlicher, bis schließlich nur noch eine blasse verquollene Masse im Protoplasma konstatierbar ist. Die erstgenannten Gonocyten schicken sich nun zur Teilung an, dieanderen dagegen degenerieren und werden später aus der Geni- talfalte ausgestoßen. Einige leere Stellen in der Genitalfalte deuten noch auf ihre frühere Lage hin (Fig. 18). 622 Helene Abramowiez Triton taeniatus 11,63/6,68 mm lang, 31 Spinalganglionpaare. Die hinteren Extremitäten sind frei. Im gonalen Abschnitte tritt medianwärts an dem Stiel der Genitalfalte ein Höcker auf, der aus einer Ansammlung von Peritonealzellen besteht. Dieser Höcker repräsentiert die Anlage des Fettkörpers (Fig. 18). Der Fettkörper erscheint nicht kontinuierlich. Aufeinigen Schnitten ist er zu sehen, auf anderen nicht. Die Unterbrechungen sind nieht regelmäßig. Viele Gonoeyten zeigen Degenerationserscheinungen. Einzelne freie Stellen innerhalb der Genitalfalte deuten auf die obenerwähnte Absonderung der degenerierenden Zellen hin. Die Entwicklung der Genitalstränge ist weiter vorgeschritten. Die Anlage der Genitalstränge, die wir beim 12,24/7,073 mm langen Embryo in Form einer Peritonealzellenreihe zwischen den beiden Peritonealepithellamellen des Genitalstiels konstatierten, zeigt auf weiteren Stadien eine Größenzunahme infolge Anlagerung neuer Pe- ritonealzellen, so daß sie nicht mehr auf den Genitalstiel allein be- schränkt ist, sondern auch einerseits zur Genitalfalte, andererseits in der Riehtung der Bowmanschen Kapsel hinzieht. Auf diesem Sta- dium reichen die Genitalstränge (3 rechts, 4 links) von der BowMAn- schen Kapsel bis zur Mitte der Genitalfalte, wo sie zwischen den Gonocyten verschwinden. Die Genitalfalte ist rechts 1660 « lang, beginnt in der Mitte des 6., zieht bis zum 12. Spinalganglion und enthält 145 Gono- cyten. Links beginnt sie in der Höhe des ”7., endet hinter dem 11. Spinal- ganglion, ist 1530 u lang und enthält 151 Gonoeyten. 10 extraregionäre Gonocyten im Fettkörper, alle mit gelapptem Kern. Progonaler Abschnitt SO ulangr, 80 ul, gonaler - 1120 u -- - 1280 u- epigonaler - 460 u - - 250u- Trotz der Zunahme der Zahl der degenerierenden Zellen hat die Gesamtzahl der Gonocyten doch zugenommen. Diese auffällige Erscheinung findet ihre Erklärung nicht etwa in einem schnelleren Teilungstempo der restierenden Gonocyten, sondern in dem Hinzu- treten einer neuen Bildungsquelle, der die sog. sekundären Gono- eyten entstammen. Der typische Habitus der Gonoeyten ließ mich hierfür längere Zeit keine andere Quelle vermuten als die, die ich anfangs in der Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 623 dorsalen Darmwand fand. Die Wanderung dieser primären Gono- eyten in die Genitalleiste steht außer Zweifel, ebenso, daß die Gono- eyten, die in der jungen Genitalfalte vorkommen, der gleichen Her- kunft sind. Nun hat aber die Zahl der Gonocyten stark zugenommen, während die Teilungen damit nicht Schritt hielten. Letztere können somit für die Zunahme der Zahl der Gonocyten nicht verantwortlich gemacht werden. Das Verhältnis von Zahl der Gonocyten zur Zunahme ihrer Teilungen illustriert folgende Tabelle. Länge Zahl der Gono- | art > 2 Extraregionäre Tags des BaIIRS eyten in mitot. > regionären Gono- des Embryo cyten ß Gonoeyten J 1 Teilung eyten | 1 1. | 9,60/5,4mm |, 35 31 keine 10 Hinter der Genital- leiste, über der Radix Mesenterii 9,61/5,9 mm | 49 36) keine 16 dito 12,86/6,18mm | 51 44 3 3 Hinter dem epigo- | nalen Abschnitt, über der R, Mesen- | terii | 4. | 11,5 /6,2mm, 56 73| 5 keine —_ 5. |11,63/6,68mm | 145 151 5 10 Im Fettkörper Zum besseren Verständnis der vorstehenden Tabelle sei voraus- geschickt, daß als Anfangsstadium für den Vergleich ein Stadium mit relativ hoher Gonocytenzahl deswegen gewählt wurde, weil erst in diesem Stadium eine Genitalleiste, die eine einwandsfreie Zählung der Gonoeyten ermöglichte, vorhanden ist. Auch habe ich das Stadium von 12,24/7,073 mm Länge vernachlässigt, weil es in bezug auf die Zahl der Gonocyten eine zu starke individuelle Abweichung zeigte. Die Zunahme der Gonocyten in den in der Tabelle ange- führten Stadien erklärt sich wie folgt: 2. Stadium. Zunahme von 19 Gonoeyten. Durch Hinzutreten extraregionärer Gonoeyten des 1. Stadiums, die hinter den Genital- leisten, über der Radix Mesenterii, an der Stelle lagen, die für die Jüngeren Embryonen charakteristisch war, und in die Genitalfalte in derselben Weise gelangten, wie es für die jüngeren Embryonen an- gegeben wurde. 3. Stadium. Die Zunahme von 10 Gonoeyten in diesem Stadium 624 Helene Abramowiez ist durch die gleichen Verhältnisse bedingt, wie diejenige des 2, Stadiums. 4, Stadium, Für die Zunahme der 34 Gonocyten in diesem Stadium könnten auf den ersten Blick extraregionäre und in mito- tischer Teilung sich befindende regionäre Gonocyten verantwortlich semacht werden, doch ist zu berücksichtigen, daß die 3 extraregio- nären Gonoeyten, die hierbei in Betracht kämen, hinter dem epigo- nalen Abschnitte der Genitalfalte liegen und somit denselben pas- sieren müßten, um zu den regionären Gonocyten zu gelangen, was jedoch der Tatsache widerspricht, da sich nie irgendwelche Gono- eyten im epigonalen Abschnitte nachweisen ließen. Somit wäre die Zunahme der Gonocyten in diesem Falle auf das Hinzutreten solcher Gonocyten, die sich in mitotischer Teilung befinden, zurückzuführen. 5. Stadium. Die Zahl der sich teilenden Gonoeyten ist im 4. Stadium zu klein, um den plötzlichen Zuwachs von 167 Gono- eyten zu erklären, der vielmehr, wie wiederholte sorgfältige Durch- musterung der Serien lehrte, von zu Gonocyten gewordenen Peri- tonealzellen herrührt. Übrigens sei hervorgehoben, daß die Zunahme der Gonocyten nicht etwa mit einem amitotischen Teilungsmodus in Zusammenhang gebracht werden kann, da Amitosen nie beobachtet werden konnten. Die schon im vorhergehenden Stadium (siehe S. 619) erwähnten Peritonealzellen werden zu typischen Gonocyten, indem ihr Kern sich abrundet und vom Protoplasma deutlich abhebt. Mit der Ver- mehrung der Peritonealzellen in der Genitalfalte nimmt auch die Zahl dieser zu Gonocyten werdenden Peritonealzellen zu. Differenzierung des Geschlechtes, Bei der Weiterentwieklung der Genitalfalte stellen sich zwei verschiedene Typen ein, die wir einzeln beschreiben werden. I. Typus. Triton taeniatus 12,41/7,21 mm lang, 34 Spinalganglionpaare. Man sieht auf einem Querschnitte, daß die die Genitalfalte er- füllenden Zellen nicht dicht beieinander liegen, sondern zwischen sich stellenweise lockeres Gewebe einschließen. Die zu Gonoeyten werdenden Peritonealzellen sind nicht zu sehen. Was die Gonoeyten anbelangt, so ist die Zahl der degenerieren- den Zellen nicht groß, zahlreicher dagegen die der sich zur Teilung anschickenden (Fig. 19). Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 625 Die Genitalstränge ziehen nicht so tief in die Genitalfalte, wie beim vorhergehenden Embryo, und enden unterhalb des Stieles der Genitalfalte, Der Fettkörper beginnt im progonalen Abschnitte der Genital- falte und zieht als kleiner Wulst ununterbrochen zur hinteren Region des gonalen Abschnittes. Die rechte Genitalfalte beginnt hinter dem 6., endet hinter dem 13. Spinalganglion, sie ist 2220 « lang und enthält 79 Gonoeyten. Fig. 19. Gonocyfte in Vorbereitung zurTeilung EN deg. Gonocyte Bor Querschnitt durch Larve von Triton taen. von 12,41 mm Länge in der Höhe des 11. Spinalganglions Neben den degenerierenden Gonocyten, Gonocyten mit grob verteiltem Chromatin, in Vorbereitung zur Teilung. Vergr. 169. Links liegt die Genitalfalte in derselben Höhe wie rechts, ist 2300 u lang und enthält 93 Gonoeyten. 6 Gonoeyten befinden sich in Teilung. Progonaler Abschnitt 110 «x lang r., 220 u 1., gonaler - 170 u - - 1640 u- epigonaler - 330 u - - 440u-, Triton taeniatus 14,368/8,40 mm lang, 35 Spinalganglionpaare. Die Genitalfalte unterscheidet sich wenig von dem soeben be- sprochenen Stadium. Die Gesamtzahl der Gonoeyten hat sich auf diesem Stadium infolge der Teilungen einiger der oben als sich zur Teilung anschickend erwähnten Gonoeyten vergrößert. Die in der Genitalfalte liegenden Peritonealzellen befinden sich in lebhafter Teilung. 626 Helene Abramowiez Die rechte Genitalfalte beginnt hinter dem 6., endet hinter dem 12. Spinalganglion, ist 2272,5 «u lang und enthält 138 Gonoeyten. Links ist sie 2445 u lang, liegt in derselben Höhe wie die rechte und enthält 121 Gonoeyten. 8 Gonocyten zeigen Mitosen. Progonaler Abschnitt gonaler - epigonaler 5 1785 u 390 u 97,5 u lang r., 105 ul, -18225 u - - 5175 u-. Triton taeniatus 18,67/8,225 mm lang, 33 Spinalganglionpaare. Fig. 20. & 2 f ii © ® j E „g Arnd | N) 8 = , 2 & M/ ‚-® 2) & N >) Ra & 2009 ‚8 &“ RE e @ hi Se) EI 0 Sy /@ ® Cs ZI & ® ) Il 2 / ER 9 r deg. Bonocyre {= Querschnitt durch Triton taen. von 18,67 mm Länge in der Höhe des 10. Spinalganglions. Linke © Genitalfalte. Die Gonocyten der Genitalzellnester sind in Teilung. Vergr. 180. Die Genitalfalte zeigt im gonalen Abschnitte Anschwellungen und Ein- schnürungen, wie beim Individuum des Stadiums von 11,5/6,2 mm Länge, die keinen gleichen In- tervallen folgen. Die Go- nocyten, die als sich in Teilung befindend cha- rakterisiert wurden, zei- gen auf diesem Stadium lebhafteste Vermehrung, wobei sie beieinander liegen bleiben. Die Peri- tonealzellen umgeben ringsum diese Gonoeyten und können von nun an als Follikelzellen bezeich- net werden. Die Tei- Jungen der Gonocyten folgen schnell aufeinan- der. Innerhalb der die in Teilung befindlichen Go- noeyten umschließenden Follikelzellen lassen sich zwei oder auch mehrere aus der Teilung hervorgegangene Gonoeyten feststellen (Fig. 20). nester dar. die gleichen Mitosenphasen. Dieses Entwicklungsstadium stellt die sog. Genitalzell- Die Gonocyten eines solchen Nestes zeigen sämtlich Auf einem Querschnitt zeigt die Genitalfalte folgendes Bild: zu- Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 627 äußerst Peritonealepithel, dann die Genitalzellnester peripher unter dem Peritonealepithel geordnet, am Stielgrunde fehlend. Das Innere der Genitalfalte ist von Peritonealzellen erfüllt, die nebeneinander liegen oder loekere Zellmassen darstellen und stellenweise Lich- tungen freilassen. Manchmal sind die Lichtungen durch zarte Plasma- äden zweigeteilt. An den Stellen, wo Genitalstränge vorkommen, fehlen die Liehtungen. Solehe Lichtungen entstehen so, daß die Peritonealzellen im Innern der Genitalfalte sich lockern und sich immer weiter vonein- ander entfernen, wobei sich ihr Plasma zu feinen zarten Fäden aus- zieht, die bald verschwinden. Die die Lichtungen einschließenden Peritonealzellen platten sich ab und werden zu einem Epithel. Bei der Verfolgung durch eine Querschnittserie erkennt man sie zuerst als kleinen Kreis, der sich auf weiteren Schnitten vergrößert, dann wieder verkleinert und endlich verschwindet, worauf wieder Peri- tonealzellen folgen. Außer den Gonocyten in den Genitalzellnestern sind noch de- generierende Gonocyten in geringer Anzahl zu finden. Sie liegen entweder peripher oder am Rande der Lichtung. Die Genitalstränge gehen nicht in die Tiefe, sondern hören kurz vor dem Eingang in die Genitalfalte auf und treten in Verbindung mit der Bowmanschen Kapsel, deren Wand da, wo sie mit den Genitalsträngen sich berührt, mit letzteren verschmilzt (Fig. 23a u. b). Der Fettkörper zeigt eine gewisse Größenzunahme. Die Genitalfalte beginnt rechts hinter dem 7., endet hinter dem 12. Spinalganglion, ist 1910 « lang und enthält 305 Gonoeyten. Links in derselben Höhe ist sie 1810 « lang und enthält 314 Gonocyten. Progonaler Abschnitt 300 « lang r., 300 u 1., gonaler - 1220 u - - 1130u- epigonaler - 30 u - - 380 u -. Triton taeniatus 17,60/9,48 mm lang, 39 Spinalganglionpaare. Die Genitalfalte stellt eine Weiterentwicklung des vorher- sehenden Stadiums dar. Die früher erwähnten Lichtungen sind jetzt zu 3 größeren verschmolzen, die zusammen den ganzen gonalen Ab- schnitt durchziehen. Die Genitalzellnester liegen zwischen dem Peritonealepithel der Genitalfalte. und demjenigen der Liehtung. Innerhalb der Genitalzellnester haben einige Gonoeyten an Größe Morpholog. Jahrbuch. 47. 41 628 Helene Abramowiez zugenommen. Auch sind degenerierende Gonoeyten, wenn auch nur in geringer Anzahl zu sehen (Fig. 21). Der Fettkörper ist ebenfalls größer, die ihn erfüllenden Peri- tonealzellen sind gewachsen. Die Genitalfalterechts beginnt hinter dem 8., endet in der Höhe des 12. Spinalganglions, ist 1950 u lang und enthält 282 Gonoeyten. Links in derselben Höhe ist sie 1875 « lang und enthält 270 Gonoeyten. Fig. 21. | Querschnitt durch rechte © Genitalfalte von Triton taen. von 17,6 mm Länge in der Höhe des 10. Spinalganglions. Vergr. 180. 2 extraregionäre Gonocyten: eine im Fettkörper, eine im Stiel der Genitalfalte. Progonaler Abschnitt 405 u lang r., 225 ul. gonaler - 95u - - 110u- epigonaler - du - - 480 u-. Triton taeniatus 17,00/10,82 mm lang, 38 Spinalganglionpaare. Die Genitalfalte hat in allen Dimensionen zugenommen. Auf diesem Stadium haben wir es nur mit einer Lichtung zu tun, die jetzt ununterbrochen den ganzen gonalen Abschnitt durch- zieht. Die Zahl der Gonoeyten hat durch neue Teilungen weitere Ver- Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 629 mehrung erfahren. Einzelne der Lichtung zugewandte Gonocyten sind stark gewachsen und haben sich mit eigenen Follikelzellen um- geben (Fig. 22). Degenerierende Gonocyten sind selten. Die Genitalstränge rei- chen auch hier nur bis zum Stielgrunde (Fig. 23a, b). Der Fett- körper ist wenig verändert. Querschnitt durch rechte © Genitalfalte von Triton taen. von 17 mm Länge, Einzelne Gonocyten nehmen stark an Größe zu. Vergr. 180. Die Genitalfalte rechts ist 1940 «u lang, beginnt vor dem 10., endet hinter dem 14. Spinalganglion und enthält 978 Gonoeyten. Links beginnt sie hinter dem 9., endet hinter dem 14. Spinalgan- slion, ist 2180 « lang und enthält 1060 Gonoeyten. Progonaler Abschnitt 450 u lang r., 40 ul. gonaler - 1050 - - - 1250 -- epigonaler - 40- - - MO--. Die hier besprochene Genitalfalte entspricht der Entwicklung eines Ovariums. 41* 630 Helene Abramowiez I. Typus. Der andere Typus der Genitalfalte, der zur Hodenbildung führt, schließt sich an das Stadium von 11,63/6,68 mm Länge an. Triton taeniatus 15,9/8,813 mm lang, 33 Spinalganglionpaare. Der Prozeß des Abstoßens und der Degeneration der Gonoeyten ist auf diesem Stadium sehr ausgesprochen (Fig. 24). Die durch das Fig. 23a. Bowman'sche Opel fi; ao i Hapsel N. | [7 ,“ Y = IN Nchöa © U . fü Fertkörpe Js P) aM I u; Br i BE 5 ee IE = Sr wg © IN Far n Ss ga Rp KU: RE En „ee a a A ER: benitalfalte 3%, } BSD, EB x EN > Querschnitt durch proximalen Teil der rechten @ Genitalfalte von Triton taen. von 17 mm Länge in der Höhe des 13. Spinalganglions. In Fig. 23a zieht der Genitalstrang durch den Stiel der Genital- falte und in dem nächstfolgenden Schnitt Fig.23b sieht man die Verbindung mit der Bowmanschen Kapsel. Vergr. 180. Abstoßen der Gonoeyten bedingten leeren Stellen innerhalb der Ge- nitalfalte haben demzufolge zugenommen. Die der Bowmanschen Kapsel dicht anliegenden Gevitalstränge dringen zwischen die Gonocyten hindurch tiefer in die Genital- falte ein. Auf Schnitten, auf denen wenige Gonocyten oder keine Genital-. stränge getroffen sind, ist das Innere der Genitalfalte von lockerer Peritonealzellmasse erfüllt. Der Fettkörper ist stark ausgebildet, viele seiner Zellen sind zu Fettzellen umgewandelt. Die Genitalfalte ist rechts 1987,5 « lang, beginnt in der Höhe des 8., endet hinter dem 12. Spinalganglion und enthält 174 Gono- cyten. Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 631 Links hat sie eine Länge von 1905 u, liegt in derselben Höhe wie die rechte und enthält 172 Gonoecyten. Progonaler Abschnitt 127,5 u lang r., %Oul. gonaler - 1500 - - - 1%0-- epigonaler - 360 - - - 345 - -. 7 extraregionäre Gonocyten im Fettkörper. Fig. 23b. Bowmansche Hapsel Verbindungsstelle UN des 6-Stranges mit erjB.H: Fertkörper Genitalstran Genitalfalfe Triton taeniatus 17,72/9,082 mm lang, 41 Spinalganglionpaare. Der Prozeß des Abstoßens der degenerierenden Gonocyten hat die Gesamtzahl der Gonocyten vermindert. Die degenerierenden Gonoeyten zeigen, verglichen mit den übrigen Gonocyten, nicht mehr das numerische Übergewicht, das die früheren Stadien auszeichnete. Neben den in Ruhezustand sich befindenden Gonoeyten finden sich andere, die Vorbereitungen zur Teilung aufweisen. Im übrigen ist die Genitalfalte dicht von Peritonealzellen er- füllt, unter denen einzelne den Charakter von Übergangszellen zu Gonoeyten zeigen (Fig. 24). Die mit der Bowmanschen Kapsel verbundenen Genitalstränge ziehen tiefer ins Innere der Genitalfalte. Der Fettkörper hat sich stark vergrößert und ist auf dem Quer- schnitte nicht viel kleiner als die Genitalfalte. Der Prozeß der Fett- zellenbildung ist ebenfalls fortgeschritten (Fig. 25). Helene Abramowiez 632 Die Genitalfalte beginnt rechts hinter dem 8., endet hinter dem 13. Spinalganglion, ist 1965 u lang und enthält 43 Gonocyten. Fig. 24. ep er \ x eu we \ yersmärner - (4 U p\ deg.Gonocyte 7, er | \ Übergangszelle , 7 \ A / | a%} | \ Querschnitt durch linke 5 Genitalfalte von Z’riton taen. von 15,9) mm Länge in der Höhe des 10. Spinal- ganglions. Die meisten Gonocyten sind im Degenerationszustande. Vergr. 180. Fig. 25. < Fettkörper ) 7% Querschnitt durch Triton taen. von 17,72 mm Länge in der Höhe des 10. Spinalganglions. Im Fett- ‚körper sind einzelne Zellen zu Fettzellen umgebildet. Vergr. etwa 169. Links in derselben Höhe ist sie 2122,5 « lang und enthält 64 Gonoeyten. PETER Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 633 Progonaler Abschnitt 540 u lang r., 625,5 ul. gonaler - 90- - - 900 -- epigonaler - 495 - - - 57O --. Triton taeniatus 18,29/10,10 mm lang, 34 Spinalganglionpaare. Die Genitalfalte wächst im Verhältnis zum Fettkörper viel lang- samer, so daß sie jetzt kleiner erscheint als der Fettkörper. Fig. 26. &) & fe ) I Se, « fee } a. (re S/ Ad——a] 7 DD, IE m Y=E | @ ©, I X = 7 / bs, ce ®& EV $ / mn wo / ar ET Y X / If N a 5 deg.Gonocyt } \ N - 2 7 e | j} ame 7 RR: =) ’ = / er A R N A/ / 4 Re) = za — N ie / j / e. Nr [ ? NS u | h Er 4 —- fettkörper by N x / f \ Ba | 8 | gl | va IN v4 Y S von 18,29 mm Länge in der Höhe des Querschnitt durch rechte 5 Genitalfalte von Zriton tuen. Starke Fettzellenbildung. Vergr. 180. 10. Spinalganglions. Die Gonocyten im Degenerationszustande Die Peritonealzellen in der Genitalfalte haben sich geteilt und erüllen nun die ganze Genitalfalte. Die Gonocyten liegen peripher am Peritonealepithel. Der Prozeß des Abstoßens der degenerierenden Gonocyten hat im Vergleich zum vorhergehenden Stadium eine Verlangsamung er- fahren, weil sich noch viele in Degeneration befindliche Gonocyten in der Genitalfalte nachweisen lassen (Fig. 26). An einigen Stellen der Genitalfalte lockern sich die Verbindungen der Peritonealzellen. Der Fettkörper besteht fast ausschließlich aus Fettzellen. Die Genitalfalte beginnt rechts in der Höhe des 7., endet in der 634 Helene Abramowiez Höhe des 12. Spinalganglions, ist 2530 « lang und enthält 162 Gono- eyten. Links beginnt sie vor dem 7., endet in der Höhe des 12. Spinal- ganglions, ist 2740 u lang und enthält 171 Gonoeyten. Progonaler Abschnitt 570 u lang r., 750 u ]., gonaler - 1570- - - 1610 -- epigonaler - 40- - - 380-- Fig. 27. Peritonealz. — 3% Gonocyte in —&— Vorbereifungg, > 2.Tellung WAo ge a MB Querschnitt durch linke 5 Genitalfalte von Triton taen. von 20,67 mm Länge in der Höhe des 10. Spinalganglions. Die Gonoceyten sind in Vorbereitung zur Teilung. Vergr. etwa 169. Triton taeniatus 20,67/13,05 mm lang, 36 Spinalganglionpaare. Das Tier hat im Aquarium überwintert und war zur Zeit der Abtötung etwa 14 Monate alt. Die Peritonealzellen weisen gegenüber dem vorhergehenden Sta- dium nunmehr überall eine Lockerung auf. Stellenweise sieht man zwischen ihnen eine sehr kleine Lichtung, die nur durch wenige Schnitte hindurch zu verfolgen ist. Innerhalb dieses lockeren Peri- tonealzellgewebes liegen die Gonoeyten. Sie sind gewachsen, be- finden sich in Ruhe oder zeigen Vorbereitung zur Teilung. Von den degenerierenden Gonoeyten sind nur wenige vorhanden (Fig. 27). Genitalstränge und Fettkörper zeigen die gleiche Ausbildung wie im vorhergehenden Stadium. Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 635 Die Genitalfalte beginnt rechts hinter dem 9., endet hinter dem 13. Spinalganglion, ist 2265 « lang und enthält 161 Gonoeyten. Links liegt sie in derselben Höhe, ist 2197,5 « lang und ent- hält 198 Gonoeyten. 1 Gonoeyte befand sich in Teilung. ‚Progonaler Abschnitt 300 u lang r., 165 u. gonaler - 1375- - - 12825- - epigonaler - SN5- - - DO --. Hiermit schließen meine Untersuchungen. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen lassen sich wie folgt zu- sammenfassen: Die primäre unpaare Genitalanlage, die als eine Platte von Gonoeyten unter der Vena cava inferior und zwischen den primären Harnleitern liegt, wird infolge der Ausbildung des dorsalen Mesen- teriums in eine paarige gespalten. Zu beiden Seiten der Radix Me- senterii, von der Leibeshöhle durch das Peritonealepithel getrennt, ordnen sich die Gonoeyten zu Genitalleisten an; diese stülpen sich in die Leibeshöhle ein, wobei sich das Peritonealepithel zum Auf- hängeband ausbildet, und bilden die Genitalfalten. Am Querschnitte der Genitalfalten können wir zwei Teile unter- scheiden: einen distalen, in dem die Gonocyten liegen, und einen proximalen, den Stiel der Genitalfalte, der nur aus zwei Peritoneal- lamellen besteht. Inzwischen sind in die Genitalfalte Peritonealzellen des Peri- tonealepithels des Genitalstielursprunges eingewandert, die sich den Gonoeyten anlegen. Die Gonoeyten haben ihre Dotterplättchen re- sorbiert, weisen im Kern 1—2 Nucleolen, im Protoplasma Körnchen auf; die meisten verharren in diesem Zustand, während einige Mi- tosen zeigen. Die Zahl der Peritonealzellen, von denen einige sich zu Follikelzellen umwandeln, andere in Reihen zur Bildung von Ge- nitalsträngen anordnen, nimmt progressiv zu. In eranio-caudaler Richtung können wir an der Genitalfalte drei verschiedene Abschnitte unterscheiden: einen progonalen, gonalen und epigonalen. Im weiteren erfolgt der Degenerationsprozeß der Gonoeyten, der durch Abnahme der Tinktionsfähigkeit der Kerne, Zunahme undeut- licher Konturierung und Auflösen im Protoplasma charakterisiert ist. Diese degenerierenden Gonocyten werden in die Leibeshöhle ausge- stoßen. Während der Degeneration der Gonocyten bleibt ihre Gesamt- 636 Helene Abramowiez zahl ziemlich konstant. Die schon auf früheren Stadien durch ihre bedeutende Größe auffallenden Peritonealzellen werden zu den se- kundären Gonocyten. Von jetzt an können wir schon deutlich die beiden Typen der Genitalfalte unterscheiden, die einer späteren Ausbildung zu Ovarien und Hoden entsprechen. Der das spätere Ovarium charakterisierende Typus weist eine geringe Zahl von Degenerationszellen auf und an der Mehrzahl der Gonocyten den Verlust von Nucleolen und eine regelmäßige Vertei- lung feinkörnigen Chromatins. Diese Gonoeyten bilden auf dem Wege rasch aufeinanderfolgender Teilungen die Genitalzellnester, -die sich mit Follikelzellen umgeben. Die Genitalzellnester ordnen sich an der Peripherie an. Im Centrum der Genitalfalte lockern sich die Peritonealzellmassen, wodurch einige Hohlräume entstehen, die dann miteinander verschmelzen und den ganzen gonalen Ab- schnitt durchziehen. Die Genitalstränge verschmelzen mit der Wand der Bowumanschen Kapsel und reichen bei diesem Typus nur bis an den Genitalstielgrund. Der sich zum Hoden entwickelnde Typus zeigt im Gegensatz zum geschilderten weiblichen eine große Zahl degenerierender Gono- cyten, deren Ausstoßungsprozeß lange dauert und die Zahl der ge- samten Gonoeyten stark herabsetzt. Die Genitalfalte enthält viele freie Peritonealzellen. Nach Abnahme der Zahl der Gonocyten be- sinnt die Lockerung der Peritonealzellmassen, die Umbildung der Peritonealzellen in Gonocyten und das Auftreten der ersten Mitosen. Der Fettkörper wächst im Gegensatz zum weiblichen Typus sehr rasch, zeigt frühzeitig den Beginn der Umwandlung der Peritoneal- zellen in Fettzellen und übertrifft später an Größe die Genitalfalte. Im folgenden sollen die Hauptmomente in der Bildung der Ge- nitalanlage an Hand meiner Befunde in Verbindung mit den Resul- taten früherer Forschungen einer kurzen Betrachtung unterzogen werden. Die Hauptetappen in der Entwicklung der Genitalanlage sind gegeben in dem Auftreten 1) der paarigen bzw. unpaaren primären Genitalanlage, 2) der definitiven paarigen Genitalanlage, 3) des Hinzutretens anderer Elemente zu den Gonoeyten und ihrer Beziehung zu den sekundären Gonoeyten, 4) der Degeneration der Gonoeyten, Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 637 5) der Genitalstränge, 6) der Differenzierung des Geschlechtes. Primäre Genitalanlage. In bezug auf das Auftreten der primären Genitalanlage wurden zwei Ansichten geäußert. Nach der einen würde die erste Genitalanlage durch einen paarigen, nach der anderen durch einen unpaaren Ausgang repräsentiert sein.- Vertreter ersterer Ansicht sind: Dusrisn, SPEHL und PoLus und ScHApItz. Nach diesen Autoren stellt die primäre Genitalanlage einen dorsalen Teil der Seitenplatten dar. . Die Ansieht einer unpaaren primären Genitalanlage vertreten Bouin!i, ALLEN, KıngG und KUSCHAKEWITSCH. Diese unpaare Ge- nitalanlage liegt nach ihnen median in der dorsalen Darmwand, löst sich sodann als Ganzes los und rückt infolge Zusammenrückens der Seitenplatten dorsalwärts, auf welchem Stadium sie homolog ist der unpaaren Anlage der Autoren der ersten Ansicht. Diese beiden einander scheinbar schroff gegenüberstehenden An- sichten laufen im wesentlichen auf Meinungsdifferenzen bezüglich der Herkunft der Gonoeyten hinaus. Wie den Ausführungen im ersten Teil unserer Arbeit zu ent- nehmen ist, lassen die Autoren der ersten Gruppe die primären Gono- cyten von den Zellen der Seitenplatten aus entstehen, treten also für einen mesodermalen Ursprung derselben ein, wogegen ALLEN, KınG und KUSCHAKEWITSCH einen entodermalen Ursprung annehmen. Was nun meine eigenen Befunde an Triton taeniatus betrifft, so konnte ich in bezug auf die erste Entstehung der Genitalanlage die Beobachtungen von ALLEN, Kıng und KUSCHAKEWITSCH teilweise be- stätigen. Nach meinen Untersuchungen ist die primäre Genitalan- lage ebenfalls median und unpaar, doch entsteht sie nicht durch Ab- trennung als Ganzes, sondern durch sukzessive Loslösung einzelner Gonoeyten vom dorsalen Entoderm und Zusammenrücken der Seiten- platten, wodurch sie median über denselben als unpaare Genitalan- lage zu liegen kommt. Definitive paarige Genitalanlage. Das Auftreten und die Ausbildung der definitiven paarigen Genitalanlage wird von allen Forschern übereinstimmend wie folgt geschildert: Durch die Ent- 1 Bouın darf der zweiten Gruppe nur mit gewisser Einschränkung beige- zählt werden, da er in bezug auf die Herkunft der Elemente der ersten unpaaren Genitalanlage, wie wir im ersten Teil unserer Arbeit gesehen haben, anderer Meinung ist als ALLEN, KınG und KUSCHAKEWITSCH. N 638 Helene Abramowiez wicklung des dorsalen Mesenteriums spaltet sich die unpaare Ge- nitalanlage. Die so entstandenen zwei Genitalanlagen rücken seit- wärts und abwärts von der Radix Mesenterii und beginnen das Pe- ritonealepithel vor sich her in die Leibeshöhle vorzustülpen. Die Elemente der Genitalanlage. Die Genitalanlagen enthalten außer den Gonocyten noch andere Gewebszellen. An der weiteren Ausgestaltung der Genitalfalte nehmen in erster Linie die Peritonealzellen teil, wobei sieh unter ihnen eine Arbeitsteilung kon- statieren läßt, insofern, als einige aus sich Follikelzellen, andere das Aufhängeband, wieder andere die sekundären Gonoeyten hervorgehen lassen. Das Eindringen der Peritonealzellen zwischen die Gonoeyten und ihre Umbildung zu Follikelzellen stellen Boumn, Dustin, Ku- SCHAKEWITSCH und SCHAPITZ fest, auch ich fand dasselbe. Über die Umwandlung der Peritonealzellen in Gonocyten gehen die Angaben der Forscher auseinander. Während Boumn und Dustin auch Peri- tonealepithelzellen an der Bildung von Gonocyten teilnehmen lassen, konstatiert KUSCHAKEWITSCH, daß auf allen Stadien der Entwicklung der Genitalanlage das Peritonealepithel ununterbrochen vorhanden ist. Außer dem Peritonealepithel fanden Bovms, Kıng, KUSCHAKE- wırscHh in der Genitalfalte noch Mesenchymzellen. Schon vor der Ausbildung der Genitalfalte legen sich die Mesenchymzellen zwi- schen die Gonocyten und beteiligen sich nach Boums und KuscHA- KEWITSCH an der Vergrößerung der Zahl der Gonocyten. Daneben dringen nach Boviın in die Genitalfalte »periwolffien« Mesenchym- elemente ein, die das bindegewebige Stroma und die Genitalstränge bilden, aber keine Umwandlung in die Gonocyten zeigen. KUSCHA- KEWITSCH konstatierte auf einem gewissen Stadium, daß ein Teil des nephrogenen Gewebes der Urniere in die Genitalfalte eindringt und die Genitalstränge bildet. Beim Männchen von Rana esculenta sollen nach ihm aus den Zellen dieser Genitalstränge die sekundären Gono- eyten hervorgehen. Meine Befunde an Triton taeniatus ergaben folgende Resultate. Zunächst konstatierte ich wie Dustin ausschließlich das Eindringen von Peritonealzellen in die Genitalfalte, und zwar nicht nur der- jJenigen der Genitalfalte, sondern auch, wie ich es auf jüngeren Sta- dien sah, solcher, die an der Umbiegungsstelle des Peritonealepithels in das Epithel der Genitalfalte lagen. Ich konnte immer ein un- unterbrochenes Peritonealepithel verfolgen. DiePeritonealzellen waren bei jungen Embryonen von den Mesenchymzellen stets gut zu unter- scheiden. Eine von einigen obengenannten Autoren beschriebene Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 639 Einwanderung der letzteren in die Genitalfalte habe ich nicht beob- achtet. Die eingewanderten Peritonealzellen vermehren sich stark und übernehmen im Verlaufe der weiteren Differenzierung der Genital- anlage alle diejenigen Aufgaben, die von Bouıs, Kınag und KuscHa- KEWITSCH den Mesenchymzellen zugeschrieben werden. Ein Teil der Peritonealzellen bildet die Follikelzellen, ein anderer bildet das interfollikuläre Gewebe, ein dritter wandelt sich in sekundäre Gono- cyten um, ein vierter endlich ordnet sich zu den Genitalsträngen an. Degeneration der Gonocyten. Der Prozeß der Degene- ration von Gonoeyten in der Genitalfalte wurde von allen Forschern ausnahmslos festgestellt. Bourm beobachtete eine »ponte d’ovules primordiaux« der degenerierenden Gonocyten. Dusrın konnte eine solche Ausstoßung von degenerierenden Gonocyten nicht beobachten, während ich bei Triton taeniatus in mehreren Schnittserien das Aus- treten von degenerierenden Gonocyten in die Leibeshöhle, was durch Lücken innerhalb des Peritonealepithels der Genitalfalte gekenn- zeichnet war, deutlich verfolgen konnte. Bezüglich der eytologischen Veränderungen während der Degeneration stimmen meine Befunde mit denjenigen von BouIn und KUSCHAKEWITSCH überein. Auch ich fand eine allmähliche Abnahme des Tinktionsvermögens, Auftreten von Einbuchtungen und Zerfließen des Kernes. In abweichender Weise schildert die Degeneration Dustin. Nach ihm ist dieselbe eine »de- generescence pigmentaire«. Soviel ich seinen Abbildungen entnehmen kann, sind seine »granulations pigmentaires« den Körnchen, die ich im Protoplasma der Gonoeyten fand, sehr ähnlich. Diese Körnchen verhalten sich jedoch nach meinen Befunden bei ruhenden und de- generierenden Gonocyten gleich, so daß ich keinen Zusammenhang fand zwischen Pigmentation und Degeneration der Gonoeyten. Auch kann ich aus den von ihm in Fig. 5 und Fig. 7 und 8 dargestellten Verhältnissen nicht die Unterschiede herauslesen, die er zu konsta- tieren glaubt. Nach ihm sollen nämlich die in Fig. 7 und 8 abge- bildeten Gonocyten die »granulations pigmentaires noirätres« dar- stellen, die der Degeneration der Gonocyten assistieren, während er die in Fig. 5 dargestellten »granulations pigmentaires« anders auf- faßt, indem er mit BRACHET sagt: »Üette accumulation de pigment est peut-&tre due & la resorption m&me de grains vitellins, c’est frequemment le cas dans les jeunes stades de leur ontogenese.« Näheres über die Unterschiede dieser beiden nach ihm verschiedenen »granulations pigmentaires« gibt er aber nicht an. Genitalstränge. Was die Genitalstränge anbelangt, so 640 Helene Abramowiez können wir an Hand der Literatur zwei Ausbildungsarten unter- scheiden: nach der einen würden die Genitalstränge als wohl diffe- renzierte Gebilde von der Niere aus in die Genitalfalte hineinwachsen, nach der anderen dagegen erst im Mesenchym der Ge, und zwar durch Selbstdifferenzierung, entstehen. KUSCHAKEWITSCH will bei Rana esculenta beide Bildungen be- obachtet haben, entsprechend verschiedenen von ihm untersuchten Reihen. Boum und Kına nehmen die zweite Ausbildungsweise an. Meine Befunde schließen sich denen von Bovn und Kıng an; die Genitalstränge entstanden in der Genitalfalte und verbanden sich sekundär mit der Wand der Bowmanschen Kapseln. Was dagegen insbesondere die die Genitalstränge konstituieren- den Elemente betrifft, so bin ich zu einem von Bouın und Kına ab- weichenden Ergebnis gelangt, indem nach meinen Beobachtungen die Genitalstränge nicht von Mesenchymzellen, sondern von Peritoneal- zellen gebildet werden. Wie weiter oben bei Beschreibung der Jüngeren Stadien bereits hervorgehoben wurde, lassen sich die Peri- tonealzellen von allen anderen als wohl charakterisiert leicht unter- scheiden, so daß mir ein Irrtum ausgeschlossen scheint. Differenzierung des Geschlechtes. Auch über die Merkmale, die den Beginn einer geschlechtlichen Differenzierung charakterisieren, gehen die Meinungen der Forscher auseinander. Bovin sieht die Geschlechtsdifferenzen bei Rana temporaria in dem verschiedenen Verhalten der Genitalstränge. Nach ihm sollen sie beim Weibchen schwächer ausgebildet sein und die Zellnester im Ovarium frühzeitig zur Entwicklung gelangen, während für das Männchen eine starke Gonoeytenausstoßung charakteristisch wäre. Dustin findet, daß beim Weibchen bald nach der Umwandlung der Peritonealzellen in die sekundären Gonoeyten die Genitalzell- nester auftreten, während beim Männchen auf gleichem Stadium die Gonoeyten noch längere Zeit mit den »petites cellules« ein kom- paktes Gebilde darstellen. Nach KUscHAKEWITSCH ist: »ein Tier als männlichen Ge- schlechtes zu bezeichnen, sobald seine Genitalstränge sich in bezug auf die Keimzellenbildung als produktiv erweisen«. Die von Bouın für die beginnenden Geschlechtsunterschiede angegebenen Merkmale konnten nach KuUSCHAKEWITSCH nicht in allen von ihm untersuchten Reihen zur Anwendung kommen, während das von ihm angegebene Charakteristikum ausnahmslos gelten soll. Ich fand bei Triton taeniatus, daß das Auftreten geschlechtlicher Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonoeyt. bei Triton taeniatus. 641 Differenzierung an mehrere Merkmale gebunden ist. Schon auf dem Stadium der Ausbildung der Genitalstränge beginnen die Differenzen, Die zum Hoden werdende Genitalanlage zeigt gegenüber der zum Ovarium werdenden eine von Anfang an stärkere Ausbildung der Genitalstränge und tieferes Eindringen derselben zwischen die Gono- eyten; ferner eine größere Zahl von degenerierenden Gonoeyten in der Genitalfalte, ein viel schnelleres Wachstum des Fettkörpers und früheren Beginn der Fettzellenbildung; auch zeigt das Ovarium deutliche Zellnester, die einen Centralkanal umgeben, während beim Männchen nichts davon zu sehen ist. Zusammenfassung. Die Gonoeyten bei Triton taeniatus sind entodermalen Ursprungs. Sie trennen sich von der medianen Darmwand im hinteren Körper- drittel ab und kommen durch das Zusammenrücken der Seitenplatten dorsal von der Somatopleura zu liegen. Hier, in dem Winkel zwi- schen Radix Mesenterii und der Somatopleura ordnen sich links und rechts die zwischen den beiden primären Harnleitern liegenden Gonocyten zu zwei Genitalleisten an. Die Gonocyten in der Genitalleiste, anfangs auch in der Geni- talfalte bleiben eine Zeitlang unverändert. Die für die weitere Diffe- renzierung der Genitalfalte charakteristischen Mitosen und Degene- rationen der Gonocyten treten erst später auf. Zu diesen primären entodermalen Gonoeyten treten in der Ge- nitalfalte noch sekundäre Gonoeyten hinzu, die einen mesodermalen Ursprung haben, da sie sich von den zu dieser Zeit in die Genital- falte eingewanderten Peritonealzellen herleiten. Die Gonocyten verhalten sich verschieden, je nachdem sich die Genitalfalte zum Ovarium oder zum Hoden entwickelt. In der zum Ovarium werdenden Genitalfalte folgen die Gonoeytenteilungen rasch aufeinander. Die Gonocyten samt ihren Descendenten umgeben sich mit einem Follikelepithel. Es entstehen so die Genitalzellnester. Sämtliche Zellen eines Genitalzellnestes befinden sich immer in der gleichen Entwicklungsphase. Die Genitalzellnester ordnen sich unter dem Peritonealepithel an. In der Mitte der Genitalfalte befindet sich eine Lichtung, die den ganzen gonalen Abschnitt einnimmt und durch Zusammenfließen mehrerer, kleinerer, sich zwischen den lockeren Pe- ritonealzellen bildender Lichtungen, entsteht. Bei diesem Entwick- lungsmodus der Genitalfalte ist die Zahl der degenerierenden Gono- 642 Helene Abramowiez eyten gering. In der Genitalfalte, die zum Hoden wird, dauert die Degeneration der Gonoeyten längere Zeit an, als in der zum Ovarium werdenden. Viele der degenerierenden Gonocyten werden abge- stoßen. Die Hodenanlage wächst verglichen mit der Ovariumanlage langsamer. Auf einem gewissen Stadium, nämlich zu der Zeit, da in der zum Ovarium werdenden Genitalfalte die einheitliche Lich- tung auftritt, verwandelt sich eine größere Anzahl Peritonealzellen in sekundäre Gonoeyten, die nebst einer geringen Anzahl übrigge- bliebener primärer Gonocyten sich mitotisch teilen. Die Gonocyten liegen in der Genitalfalte zerstreut zwischen den locker angeordneten Peritonealzellen. Männliche und weibliche Genitalfalten unterscheiden sich außer durch die eben charakterisierten Verschiedenheiten im Verhalten der Gonoeyten noch durch die verschiedene Entwicklung ihrer Genital- stränge und des Fettkörpers. Die Genitalstränge, die sich in der geschlechtlich indifferenten Genitalfalte aus den Peritonealzellreihen entwickeln, enden in der zum Ovarium werdenden Genitalfalte gewöhnlich am Grunde des Genitalstiels, m. a. W. dringen nicht tief in die Genitalfalte ein. In der zum Hoden werdenden Genitalfalte dagegen ziehen die Genital- stränge viel tiefer in die Genitalfalte, so daß sie zwischen den Gono- eyten noch sichtbar bleiben. Die Genitalstränge wachsen bei beiden Arten von Genitalfalten gegen die Wand der Bowmanschen Kapsel zu, mit welcher sie in Verbindung treten. Der Fettkörper stellt eine mediane Ausstülpung der Genitalfalte dar und besteht aus Peritonealzellen. Er enthält selten Gonoeyten, die, wenn vorhanden, fast immer Degenerationsmerkmale aufweisen. Der Fettkörper wächst in der zum Ovarium werdenden Genitalfalte verhältnismäßig wenig. Sein Durchmesser ist stets kleiner, als der der Genitalfalte. Anders verhält sich der Fettkörper in der zum Hoden werdenden Genitalfalte. Hier wächst er sehr rasch, so daß sein Durchmesser den der Genitalfalte bedeutend übertrifft; auch nehmen seine Zellen frühzeitig ihren Charakter von Fettzellen an. Die Entwickl. d. Gonadenanlage u. Entsteh. d. Gonocyt. bei Triton taeniatus. 643 Literaturverzeichnis. 1) Arten, B.M., An important period in the History of the sex-cells of Rana pipiens. Anat. Anz. Bd. XXXI. 1907. 2) —— Sex-cells of Amia and Lepidosteus. 1911. 3) BEARD, J., The Morphological Continuity of the germ-cells in Raja batis. Anat. Anz. Bd. XVII. 1900. ? 4) — The germ-cells. Part. I Raja batis. Journ. of anat. and phys. Vol. XXXVII. 1904. 5) Born, Die Structur des Keimbläschens im Ovarialei von Triton taeniatus. Arch. f. mier. Anat. Bd. XLIl. 6) BovErRI, Über die Entstehung des Gegensatzes zwischen den Geschlechts- zellen und somatischen Zellen bei Ascaris megalocephala. Sitzungsb. der Gesellsch. für Morph. u. Phys. in München. Bd. VIII. 1832. 7) Boum, M. M., Histogenese de la glande genitale femelle chez Rana tempo- raria. Arch. de Biol. T.XVI. 8) BuUKOWwsKA, J., Ein Beitrag zur geschlechtlichen Differenzierung bei Uro- delen. Diss. med. Berlin 1900. 9) Dopps, G. 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Im Anschluß an die vor kurzem erschienene Beschreibung des Primordialeraniums eines Phocaena-Embryo von 48 mm! möge hier die Darstellung eines älteren Stadiums folgen. Die ganze Länge des gut konservierten Embryo, der am 12. No- vember 1910 im Osterfjord in Norwegen erbeutet wurde, beträgt 92 mm. Der in Celloidin eingebettete Kopf wurde, mit einer Definier- ebene versehen, in eine Querschnittserie von 849 Schnitten zerlegt. Von diesen wurde jeder dritte Schnitt bei 173/,facher Vergrößerung durch die Herren Assistenten ©. Eykman und H. Koopmans gezeichnet, welche Herren mit der Bornschen Wachsplattenmodelliermethode auch das Modell herstellten, wovon die beigegebenen Tafelfiguren ver- schiedene Ansichten darstellen. Es sei mir gestattet, ihnen für ihre mühevolle Arbeit auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank auszusprechen. . Bei einer Vergleichung der beiden Modelle von Phocaena- Primordialeranien fällt schon bei oberflächlicher Betrachtung auf, daß an dem älteren Stadium manche Knorpelgebiete sich weiter entwickelt haben, während andere bereits der Resorption anheimfallen. Von Er- satzverknöcherung sind erst im distalen Schädelabschnitt Anfänge vorhanden. Wenden wir uns zuerst zur Betrachtung der Oceipitalregion. i Morpholog. Jahrb. Bd. XLV, 4. 42* 646 H. M. de Burlet Oceipitalregion. Diese setzt sich aus den bekannten vier Abteilungen: Pars ocei- pitalis der Basalplatte, den beiden Oeceipitalpfeilern und dem diese letzteren vereinigenden Teetum posterius zusammen. Gemeinschaftlich umgeben diese das große Foramen magnum. Diese längliche Öffnung liegt in einer nach hinten konvexen Fläche ; der obere Abschnitt der Öffnung sieht dorsal- und distalwärts, der untere distalwärts. Die Basalplatte. Der hintere Rand derselben bildet die ventrale Begrenzung des Hinterhauptloches. Fig. 1. == Sinus venosus _--Sacc. endolymph. B % Sinus venosus Bee & Schnitt 580. Foramen nervi hypoglossi. Sie besteht aus einem distalen Oceipitalteil und einem proximalen Oticalabschnitt. Die Grenze zwischen diesen Abteilungen fällt un- gefähr zusammen mit einer Knickung, welche die Basalplatte zeigt. In einem nach oben offenen stumpfen Winkel treffen sich die beiden Abschnitte der Basalplatte. Die nach hinten ansteigende Stellung des Oceipitalabschnittes erinnert dabei an den ventralen Begrenzungs- rand des Foramen magnum am erwachsenen Schädel, der auch diesen ansteigenden Verlauf zeigt. Die Basalplatte verschmälert sich in proximaler Richtung; zwischen den Ohrkapseln, von denen sie durch eine Fissura basicochlearis getrennt bleibt, ist sie am schmalsten. Die breitere Pars oceipitalis geht seitlich in die Oeeipitalpfeiler über. Als Grenze zwischen diesen Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. II. 647 Gebieten kann man das Foramen hypoglossi annehmen. Diese ein- heitliche Öffnung liegt hinter dem Foramen jugulare. Sie durchbohrt den Knorpel in schräger Richtung. In Fig. 1 ist der Eingang des Kanales getroffen, die weiter nach vorn liegende Fig. 2 zeigt die Ausgangspforte!. Medial vom Hypoglossuskanal steht die Pars oceipitalis der Basal- platte durch eine Knorpelbrücke mit der Ohrkapsel in Verbindung (Fig. 3). Diese Commissura basicochlearis posterior bildet eine Grenze zwischen dem Foramen jugulare und dem hinteren Ende der Fissura basicochlearis. Fig. 2. Crista Supracapsularis-"" Duct. Semieire.Sup.- : uct. Semicirc.Sup \- /ossa subarewata Duct.endolymph. “RR: “ 777 Duck. semicirelat. Crus commune“ 2 Duck: semieinzpost.” A: Schnitt 565. Foramen hypoglossi. Distales Ende der Ohrkapsel. Die ventrale Fläche der Basalplatte ist in ihrem hinteren Teile nach außen konvex (Fig. 1). Sie trägt an ihrem hinteren Rande jeder- seits einen Condylus oceipitalis, welcher sich auf dem Oceipitalpfeiler fortsetzt. Zwischen den Gondylen befindet sich eine schmale Ineisura intercondyloidea. Weiter nach vorn (Fig. 3) ist die ventrale Fläche der Basalplatte flach, noch weiter proximalwärts (Fig. 4) wird sie konkav. Diese Aushöhlung im Gebiete der Pars otica der Basalplatte kommt dadurch ‘zustande, daß von dem seitlichen Rande aus knorpelige Fortsätze in ventraler Richtung auswachsen (Fig. 8). Diese bilden die Anlagen der Processus basioceipitales, welche Fortsätze einen Teil der Begren- zung der für das Petrotympanicum bestimmten Nische bilden helfen. 1 Bei den Umrißzeiehnungen ist die Nummer des Schnittes stets mit an- gegeben. Die höhere Zahl entspricht einem weiter distalwärts gelegenen.Schnitt. 648 H. M. de Burlet An dem Oceipitalpfeiler, welcher sehr kräftig entwickelt ist, läßt sich ein diekerer ventraler Abschnitt von einem dünneren dor- salen unterscheiden. Der vordere Teil des ventralen Abschnittes ist in ganz ähnlicher Weise, wie dieses von Vor für das Kaninchen beschrieben wurde, und wie wir es auch am jüngeren Phocaena-Stadium feststellen konnten, zu einer Lamina alaris ausgezogen (Fig. 2), welche den hinteren Teil der Ohrkapsel umfaßt und sich mit derselben verbindet. Es kommt so die Commissura oceipito-capsularis zustande, welche eine Verbindung zwischen Ohrkapsel und Oceipitalpfeiler herstellt (Fig. 2). Ventral von dieser Commissur hat die Lamina alaris einen freien Rand. Derselbe trägt einen proximalwärts gerichteten Fortsatz, Fig. 3. (x -- Crists supracapsularis Amp.d.semicire.Sup.—___/ Er en SER IN &---- Squamosum Duct. endolymph.-—__ _ Utrieulus -- -ZE = Decum vestibuhare- -- f. Commiss. basi-cochl post— EES Chorda, Sr (27 BR Ya Cavum kympani Schnitt 551. welcher als Processus paracondyloideus zu bezeichnen ist. Der freie Rand der Lamina alaris bildet die seitliche Begrenzung des Foramen jugulare und der von dieser Öffnung ausgehenden Fissura oceipito- capsularis. Die dorsale Hälfte des Oceipitalpfeilers ist zu einer breiten Platte entwickelt, welche wesentlich der Lamina supracapsularis des jüngeren Stadiums entspricht. Dort reichte diese jedoch weiter nach vorn; eine Andeutung dieser früheren Ausdehnung hat sich erhalten in einem platten Knorpelstab (Fig. 1, Fig. 2 links), welcher sich vom vor- deren Rande der Supracapsularplatte in der Richtung der Ohrkapsel erstreckt, ohne sich jedoch mit derselben zu verbinden. Das Foramen jugulare dient in gewöhnlicher Weise zum Durch- tritt der Vena jugularis und eines Nervenkomplexes, welcher aus Glossopharyngeus, Vagus und Accessorius besteht. Zur Entwicklungsgeschiehte des Walschädels. I. 649 Das Tectum posterius bildet die dorsale Begrenzung des Fo- ramen magnum, es verbindet die beiderseitigen Oceipitalpfeiler. Es stellt eine teilweise verknöcherte Knorpelplatte dar, deren nach dem Schädelinneren zu gewandte Fläche proximal- und ventral- wärts sieht, deren äußere Fläche nach dorsal und distal gewendet ist. Ersatzverknöcherung wird an fünf Stellen, einer unpaaren und zwei paarigen, wahrgenommen. Am weitesten fortgeschritten ist die Verknöcherung im Gebiet des Teetum posterius (Supraoceipitale). Die Knochenbalken bilden sich hauptsächlich an der nach dem Schädelinneren gekehrten Fläche und erstrecken sich auch über die am meisten dorsal gelegenen Teile der Oceipitalpfeiler. An der Basis der Oecipitalpfeiler ist der Anfang der Verknöcherung wahrnehmbar in Gestalt von dünnen Knochen- Fig. 4. Chorda ' \ Pars otica plan.basil. ER \ N ° y = ;_ ._. » 1 Verknöcherter Proe.bssi-oceipitalis Pars'cochl.caps.aud. Schnitt 508. plättchen, welche sich im Gebiet des Foramen nervi hypoglossi so- wohl an der Innen- als an der Außenseite des Knorpels zeigen (Pleuro- oceipitalia). Die dritte Verknöcherungsstelle befindet sich am vorderen Ende der knorpeligen Flügel, welche von der ventralen Seite der Pars otiea der Basalplatte ausgehen (Fig. 4) (Processus basioceipitalis).. Am er- wachsenen Schädel setzt dieser Fortsatz sich in den hinteren Teil des Pterygoid fort. Der Processus basioceipitalis verknöchert dem- nach von einem selbständigen Knochenkern aus. In der Basalplatte selbst ist von Verknöcherung noch nichts wahrzunehmen. Oticalregion. Zwischen den Ohrkapseln verschmälert sich die Basalplatte (Pars otica der Basalplatte), in distaler und in proximaler Richtung nimmt ihre Breite zu; sie hat demnach im Gebiete der Oticalregion Hantelform. 650 H. M. de Burlet Von der Ohrkapsel ist die Schädelbasis auch in diesem Stadium durch einen Spalt getrennt (Fissura basicochlearis, Fig. 5), welcher nur durch zwei schmale, im Niveau der inneren Schädelfläche liegende Commissuren unterbrochen wird. Über die Lage dieser knorpeligen Brücken (Commissura basicochlearis anterior et posterior), welche die Basalplatte mit der Ohrkapsel verbinden, orientieren die Fig. 10 (Comm. basieochl. ant.) und 3 (Comm. basicochl. post.).. Besonders die letztere Brücke stellt nur eine sehr schwache Verbindung dar. Diese Tat- sache gewinnt erhöhtes Interesse durch den Vergleich dieser Com- missur mit derjenigen am jüngeren Phocaena-Schädel. Wie aus der Betrachtung der Dorsalansicht des letzteren ersichtlich, bestand dort Fig. 5. I - Crista sypracapsularis Br —Sguamosum Utrieulus-—- JS: Saceulus-- en: 2J4-- Proc. brev. incudis. Scala tympani.__ [2 2. a | For. perilymphaticum |}: 5 Se Crista parotica HT N x / = ar: ——, $P-u ES ee U Schnitt 536. fissura basi-cochlearis K27Z A enD SE: diese Commissur aus einer in proximo-distaler Richtung ziemlich aus- sedehnten Knorpelbrücke. Von dieser Verbindungsplatte ist hier nur ein schmaler Knorpelstreifen übrig geblieben. Auch die vordere Com- missur ist relativ ein wenig schmäler geworden. Hierin ist wohl ein einleitendes Symptom der Loslösung der Ohrkapsel aus dem Schädel zu erblicken. Eine Abgrenzung der Pars otica der Basalplatte in proximaler Richtung fehlt, sowohl nach vorn wie nach hinten setzt sie sich homokontinuierlich in axialen Knorpelteilen fort. In distaler Richtung bildet jedoch, wie oben erwähnt, die Bodenfläche der Pars otica mit derjenigen der Pars oceipitalis einen nach oben offenen, stumpfen Winkel, was auf eine Aufrichtung des hinteren Abschnittes der Basal- platte hinweist, wie wir sie auch am erwachsenen Schädel kennen. Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. II. 651 Die Ohrkapsel. Es ist schwierig, die Gesamtform der Ohr- kapsel durch einen Vergleich mit einem anderen Gegenstand zu charakterisieren. Am nächsten liegt der Vergleich mit einem Gummi- ball, dessen nach dem Schädelinneren blickender Wandbezirk gegen die nach außen und vorn sehende Wand eingedrückt ist, so daß daraus eine Schale mit doppelter Wand entsteht. Dieser Vergleich ist jedoch nur auf die äußere Oberfläche der Ohrkapsel zu beziehen, nicht auf die komplizierte inwendige Raumgestaltung. Derjenige Teil der Ohrkapsel, welcher lateral, distal und dorsal gelegen ist, ist als Pars canalieularis zu bezeichnen. Wie beim Jüngeren Stadium, ist auch hier dieser Abschnitt klein im Vergleich Fig. 6. I -Crista supracapsularis N vestibularis___ Fissura basi -cochlearis &-M > Beraee ne carotis ink —A\O Sr e% 2) Ayale In 3 8 er‘ Schnitt 539. zur viel größeren Pars cochlearis, welche medial, proximal und ventral von ersterem gelegen ist. Die Pars eochlearis bildet einen Teil des Bodens der Hirnkapsel, die Pars canalieularis beteiligt sich an der seitlichen Begrenzung derselben. Von den Verbindungen der Ohrkapsel lernten wir bereits die Commissura basi-cochlearis anterior und posterior kennen. Außer durch diese Brücken ist die Kapsel befestigt an dem Oceipitalpfeiler, durch die Commissura oceipito-capsularis (Tafelfig. III, Fig. 2). Diese stellt eine ziemlich breite Verbindung zwischen dem dorsalen Rande der Lamina alaris und dem distalen Ende der Pars canalieularis dar. Eine vierte Commissur schließlich stellt die Verbindung her mit der Ala orbitalis. Diese Commissura capsulo-orbitalis zeigt Eigen- artigkeiten, worauf hier näher einzugehen ist. Sie entspringt,an der 652 H. M. de Burlet Ohrkapsel als die Fortsetzung einer Leiste, welche als kammförmige Erhebung den dorsalen Rand der Ohrkapsel bildet (Fig. 2, 3, 5, 6, 8) und welche als Crista supracapsularis in den Figuren angedeutet ist. Wie aus diesen ersichtlich, nimmt ihre Höhe in proximaler Richtung zu. Wenige Schnitte proximalwärts, nachdem die Crista in den distalen Teil der Commissura capsulo-orbitalis übergegangen ist, biegt diese sich in dorsaler Richtung, bald darauf wieder in proximaler Richtung um (Tafelfig. Ill). Wir können demnach an der Commissur drei Teile unterscheiden: eine Pars posterior horizontalis, eine Pars verticalis und eine Pars anterior horizontalis. Letztere stellt die Verbindung mit dem Orbitalflügel her. Zwei flache Fortsätze, welche in distaler und ein wenig dorsaler Richtung verlaufen, gehen von der Commissura capsulo-orbitalis aus. Der größte befindet sich an der Stelle, wo die Pars verticalis in die Pars anterior horizontalis übergeht. Ein kleinerer geht von der Pars anterior horizontalis aus in der Nähe der Stelle, wo diese in die Ala erbitalis übergeht. Es ist wahrscheinlich, daß der größere hintere Fortsatz als eine kleine Lamina parietalis ge- deutet werden muß. Das Os parietale ist ihm seitlich angelagert. Demnach wäre in der Pars anterior horizontalis eine Commissura orbito-parietalis, in den Partes verticalis und posterior horizontalis eine Commissura capsulo-parietalis zu erblicken. Hervorzuheben ist, daß auch hier wiederum eine Commissura ali- cochlearis fehlt. An der Ohrkapsel ist eine nach außen sehende Oberfläche von einer nach dem Schädelinneren gekehrten Oberfläche zu unterscheiden. Als Stelle, wo diese ineinander übergehen, haben wir am dorsalen Rande der Ohrkapsel schon die Crista supracapsularis kennen gelernt. Auch die Ursprungsgebiete der Commissuren sind als Stellen zu bezeichnen, wo die innere Oberfläche in die äußere übergeht. Zwischen den Commissuren stellt ein freier Rand dieses Übergangsgebiet dar (Tafelfig. I). Ein distaler Abschnitt dieses freien Randes, zwischen der Com- missuraoceipito-capsularis und der Commissura basi-capsularis posterior gelegen, bildet medial die vordere Begrenzung des Foramen jugulare, lateral die vordere Begrenzung der Fissura oceipito-capsularis, welche eine laterale Fortsetzung des Foramen jugulare darstellt. Zwischen der vorderen und hinteren basi-cochlearen Commissur bildet der freie Rand die laterale Begrenzung der Fissura basi- cochlearis. Nach vorn beteiligt sich derjenige Abschnitt des freien Randes, Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. I. 653 welcher zwischen der Commissura basi-cochlearis anterior und der Commissura Capsulo parietalis (Capsulo orbitalis) gelegen ist, an der Begrenzung der großen Fenestra spheno-parietalis. An der distalen Begrenzung derselben ist aber außerdem das Tegmen tympani be- teiligt, hierauf ist weiter unten zurückzukommen. Die Form der Pars canalicularis wird durch ihren Inhalt wenig beeinflußt. Die Kanäle liegen tief unter der Knorpeloberfläche. Nur der Ductus semieireularis superior erzeugt einen schwachen Wulst an der inneren Oberfläche (Fig. 2, 3). Medial und ventral von diesem Wulst bezeichnet eine Rinne die Verlaufsrichtung des Crus commune. An der Ohrkapsel als Ganzes können wir wiederum eine obere und untere Fläche unterscheiden. Die obere Fläche, welche nach dem Schädelinneren gerichtet ist, ist im allgemeinen konkav, was zur Folge hat, daß der vordere Teil derselben nach hinten, der laterale Teil nach medial sieht. Die äußere konvexe Fläche hat einen medialen Teil, welcher ventralwärts sieht, an diesen schließt sich nach der Seite ein lateral- wärts blickender, nach vorn ein proximalwärts blickender Abschnitt an. Die Pars canalieularis besitzt außer der nach außen und der nach innen gerichteten Fläche noch eine nach ventral und distal blicekende Oberfläche, welche nach vorn und oben den Raum be- grenzt, dessen distale und seitliche Begrenzung die Lamina alaris liefert (Recessus supra alaris, Vor). Der oben beschriebene, vom Duetus semieirceularis superior erzeugte Wulst und die darunter gelegene Rinne liegen an der inneren Oberfläche der Pars canalieularis (Fig. 2). Auf dem Boden der Rinne befindet sich eine Öffnung, welche in einen sehr kurzen in proximaler Richtung verlaufenden Kanal führt. Durch diesen Kanal verläßt der Ductus endolymphaticus das Innere der Ohrkapsel. Die distale Fortsetzung der Rinne enthält also den Ductus endolymphatieus (Fig. 2), welcher weiter nach hinten in eine Blase übergeht (Fig. 1, 2 links), dessen Wände gegeneinander liegen. Mehr nach vorn geht die innere Oberfläche der Pars canalieularis in den lateralen Rand des Meatus acusticus internus über. An der äußeren Wand der Pars canalieularis nahe dem distalen Ende derselben befindet sich eine weite Öffnung, welche in einen mit Bindegewebe angefüllten Hohlraum führt (Fig.7). Bei dem jüngeren Phocaena-Embryo lernten wir einen ähnlichen Hohlraum kennen, welcher dort durch zwei Kanäle mit der äußeren Oberfläche in Verbindung stand. Wir verglichen den Hohlraum mit einer :Fossa 654 H. M. de Burlet subareuata. Diese Bezeichnung verdient auch hier Verwendung. Zwischen den drei Bogengängen (Fig. 2 rechts) dringt er proximalwärts in den massiven Knorpel der Pars canalieularis ein!. Die konkave obere Fläche der Pars cochlearis trägt eine Ver- tiefung, Meatus acustieus internus, auf dessen Boden sich drei Öffnungen befinden. Die größte dieser Öffnungen liegt distales ended.Ohrkapsel = A. medianwärts, sie hat ungefähr halbmond- km) föürmige Gestalt und führt den Nervus cochlearis in die Cochlea (Foramen acu- sticum inferius). Lateral von dieser Öff- nung befindet sich eine viel kleinere für den Nervus vestibularis (Foramen acusti- | cum superius). I) Am meisten nach vorn mündet mit Schnitt 588. weiter Offnung der primäre Facialiskanal (Fig. 8). Die innere Öffnung desselben wird nach vorn und oben begrenzt durch den Rand der Commissura praefacialis, welche hier mit gleichem Recht auch Commissura supra- facialis benannt werden könnte. Diese Verbindung der Pars cochlearis Fig. 7. I VA Sinus venosus - 1 e "7 ! lamina alaris I ' I _ Crista supracapsular!s ‚gl. geniculi ‚Teg men Iympani --öguamosum Commissura supra Racialis------ fr . DIR R N - — nd ZY %Apertura tympanica Yibuları (7) can.fae. M vestibularıs E N. cochl.---- --—--- - \ + --*-/neus “ =. 6gl. spirale { f RER EN >>> Stapes Chorda Proc.basi-oecipilalis Art Carotis int Schnitt 521. 1 Linkerseits steht auch bei diesem Embryo die Fossa subarcuata durch zwei Öffnungen mit der Außenwelt in Verbindung, eine größere distale und eine kleinere proximale. s Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. L£. 655 und Pars canalieularis geht lateralwärts in eine Knorpelmasse über, welche eine, sich an den primären Facialiscanal anschließende Fort- setzung desselben dorsal überbrückt. Diese Knorpelmasse haben wir bei der Beschreibung des jüngeren Stadiums als Commissura praefacialis in- ferior bezeichnet. In diesem Stadium sind die beiden Commissuren zu einer breiten einheitlichen Commissura suprafacialis verschmolzen, welche ein Dach bildet für den Kanal, welcher den N. faeialis von dem Meatus acusticus internus nach der Paukenhöhle führt. Der ur- sprüngliche Aufbau dieser suprafacialen Commissur aus zwei Teilen läßt sich jedoch noch feststellen und zwar durch eine Öffnung, welche sich in dem Gebiet, wo dieselbe in die Pars cochlearis übergeht, be- findet. Durch diese Öffnung verläßt der N. petrosus superficialis major den Facialiskanal, sie bezeichnet zugleich die Stelle, bis wo der primäre Facialiskanal lateralwärts reicht. Der sich lateral an diesen anschließende Canalis faeialis secun- darius ist erheblich enger als der primäre Facialiskanal, welcher außerdem das Ganglion geniculi enthält. Die Mündung des sekundären Facialiskanals wird Apertura tympanica benannt. Der laterale Ab- schnitt der Commissura suprafaecialis bildet einen Teil des Tegmen tympani (Fig. 8) und setzt sich in proximaler Richtung als ein frei nach vorn ragender Zapfen fort (Processus periotieus superior). Dieser Knorpelzapfen, dessen Gewebe auf den Schnitten unscharf begrenzt ist, nähert sich dem distalwärts umgebogenen lateralen Ende der Ala temporalis, Mit diesem bildet sie eine Begrenzung für den hinteren Abschnitt des Cavum epiptericum, das hier den Namen eines »Cavum supracochleare« (Voır) verdient. Die Apertura tympanica des Facialiskanals hat uns auf die äußere Fläche der Ohrkapsel geführt. An derselben treffen wir distal und ventral von der erwähnten Öffnung die viel größere Fenestra ovalis (Fig. 6) an. Sie bliekt lateral- und proximalwärts. Sie enthält die Fußplatte des Steigbügels. Über ihr verläuft der N. facialis in distaler Richtung, in einer Rinne gelegen. Am hinteren Umfang der Fenestra ovalis biegt diese Rinne (Suleus facialis) in absteigender Richtung um. Die dorsale, zum Teil auch die laterale Wand dieser Rinne wird durch eine Knorpelleiste gebildet, welche vorn in das Tegmen tympani übergeht. Sie ist als Crista parotica zu bezeichnen (Fig. 5,6). Von ihr geht der REICHErTsche Knorpel aus (Fig. 3). An ihrer nach außen gekehrten Fläche deutet eine untiefe Furche die Stelle an, wo das Crus breve an ihr befestigt ist. Diese Stelle 656 H. M. de Burlet entspricht der medialen Wand der Fovea epitympanica, welche hier nicht von einer dorsalen Leiste überdeckt wird. Das Tegmen tympani erstreckt sich nicht so weit in distaler Richtung. Medial vom Ursprungsgebiet des REICHERTschen Knorpels verläßt der N. faeialis die primitive Paukenhöhle in distaler Richtung durch das For. stylomastoideum, welches hier nach unten nicht abge- schlossen ist. Distal vom Ursprungsgebiet des REICHERTSchen Knorpels setzt sich die Crista parotica noch über eine kurze Strecke fort, sie Fig. 9. Comm. 63p5.0rb. DEF, : Parietate Tegmen Iympani \ _N.petr superfmaj: „Sgquamosum " Malleus N. coch!. \ Duct cochl. Ch orda Erg: . MH. f >.) f 9 N IP Dympanicum 2 T--APE, een ink / Sept.spirale Proc. basi-occjpitalis 2 (7 Scala tympani N) Arkcar.ink- Schnitt 510. besitzt hier einen sehr kurzen Fortsatz, welcher den Proc. mastoideus darstellt; auch dieser liegt lateral vom N. facialis. Schließlich geht die Crista parotica in die Lamina alaris über. Über das äußere Relief der Pars cochlearis ist wenig zu sagen. An der konvexen äußeren Fläche liegt unterhalb der Fenestra ovalis das Promontorium (Fig. 5), das einen Teil des Anfangsstückes der ersten Windung beherbergt. Vor dieser Erhebung liegt eine Ein- senkung, welche einen mehr central gelegenen Windungsabschnitt von der äußeren Windung abgrenzt. Mit Vorr können wir sie als einen Sulcus septalis deuten, an der inneren Oberfläche entspricht ihr ein Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. I. 657 knorpeliger Kamm, das Septum spirale (Fig. 9). Eine Öffnung, welche im distalen Übergangsgebiet von der inneren in die äußere Oberfläche der Ohrkapsel gelegen ist, verdient hier noch Erwähnung. Diese Öffnung, das Foramen perilymphaticum (Fig. 5), blickt distal und lateralwärts und liegt in der vorderen Wand des Foramen jugulare. Von ihrem oberen Rande ragt ein Knorpelfortsatz in ventraler Richtung, welcher die Öffnung unvollständig in einen kleineren medialen und einen größeren lateralen Abschnitt zerlegt. Dieser Fortsatz entspricht dem Processus intraperilymphaticus (Voır), welcher das Foramen in eine für den Aquaeductus cochleae bestimmte Öffnung und die Fenestra cochleae teilen wird. Über das Innere der Ohrkapsel mögen ebenfalls wenige Worte genügen. Betont wurde oben schon die geringe Größe der Pars canalicularis gegenüber der stark entwickelten Pars cochlearis. Letztere enthält die zwei Windungen des Ductus cochlearis, welche durch ein, an der Kapselaußenwand befestigtes Septum spirale unvollständig voneinander getrennt sind. Der Ductus eochlearis verläuft in einer Schraubenlinie im Gegen- satz zu dem jüngeren Stadium, wo die Windungen in einer Fläche lagen. Die Achse dieser Schraube ist auch hier ziemlich genau senkrecht zur Schädelbasis gerichtet. An den distalen Teil des großen Hohlraumes der Pars cochlearis schließt sicb das Cavum vestibulare an. Dieses besitzt einen nach oben und lateral gerichteten Recessus, welcher von außen mit durch die Fußplatte des Stapes begrenzt wird. Dieser »Recessus utrieulo- ampullaris superior« enthält den Recessus utrieuli nebst den Ampullen des horizontalen und des oberen Bogenganges. Ein zweiter Recessus liegt medial und erstreckt sich in distaler Richtung. In diesen mündet von hinten her das Crus commune, der Ductus endolymphaticus, etwas weiter ventral der laterale Bogengang und der hintere Bogen- gang, dessen Ampulle gleichfalls in diesem Recessus liegt. Das Foramen acusticum superius durchbohrt in schrägem Verlauf die mediale Wand des Cavum vestibulare. Die Nerven und Gefäße der Ohrregion. Der Verlauf des N. facialis wurde oben geschildert. Es zeigt sich, daß ein wichtiger Unterschied besteht im Vergleich zum Faeialisverlauf des jüngeren Phocaena-Embryo. Die Kanalstrecke, welche den Faeialis vom Schädel- inneren in die Paukenhöhle führt, liegt beim jüngeren Stadium mehr vor, hier mehr auf der ÖOhrkapsel. Die Verbindungen von Pars cochlearis und Pars canalieularis verändern dadurch ihre präfaciale 658 H. M. de Burlet Lage in eine mehr suprafaeiale. Dieser ontogenetische Vorgang stimmt mit dem von GAUPP angenommenen phylogenetischen Vorgang überein. Der vom Ganglion geniculi (Fig. 8) ausgehende Nerv. petrosus superfie. major tritt, wie oben bereits erwähnt, durch eine Lücke der Commissura suprafacialis nach vorn aus dem Faeialiskanal (Fig. 9, 10). 'Er ist weiter proximalwärts auf dem lateralen oberen Rande der Pars cochlearis zu verfolgen (Fig. 11), verdickt sich hier zu einem Ganglion (Ganglion oticum) und biegt an der vorderen Kuppel der Pars coch- learis in medialer Richtung um. Er vereinigt sich an der Basis des Proc. alaris mit einem die Carotis interna begleitenden Faden, Fig. 10. 6gl 6355 er’ # ‚petr. superf maj. ‚Tegmen tympani ı N ı Proc. periotieus sup) ' I ı Commıss. basicoch!. ent. . \ ) Er © SS SE \ 7 ; ge: j S FE } 7a Aüsserer Ohrgang } seen ' ' \ | Comp. cavern Iympanıcum . f ‘ 1 - er 5 1 ‘ zeet | Zimpanicum ’ | TEN n Art.carotis ink Ggl. spirale.cochlese' | Ayale D Septum spirale Schnitt 492. dem N. petrosus profundus major. Auch an dieser Vereinigungsstelle findet sich ein kleines Ganglion (Fig. 15). Als N. parabasalis zieht der Nerv weiter nach vorn (Fig. 13). Er liegt dabei ventral von der Stelle, wo der Proc. alaris sich mit der Ala temporalis vereinigt (Fig. 14). Vor dieser Vereinigungsstelle zieht der Nerv in zugleich proximaler und dorsaler Richtung zum Ganglion sphenopalatinum (Fig. 12, 16), welches am lateralen Teile der unteren Fläche der Basal- platte, dorsal vom Parasphenoid im Cavum epiptericum gelegen ist. Der N. acustieus besteht wie gewöhnlich aus einem N. vestibularis und einem N. cochlearis. Ersterer dringt durch das kleine Foramen acusticum superius in das Vestibulum ein (Fig. 6, 8). Seine unscharf begrenzten Äste lassen sich leider nicht mit genügender Sicherheit verfolgen, so daß ich darüber nichts aussagen möchte. Durch das Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. I. 659 größere For. acusticum inferius dringt der N. cochlearis ein. Seine Bündel begeben sich an das bereits wohlentwickelte Ganglion spirale cochleae (Fig. 8, 9). Das Ganglion Gasseri liegt auf dem vorderen Abschnitt der oberen Fläche der Pars eochlearis (Fig. 10). Über seine Verzweigung wird bei Besprechung der Orbito-temporal-Region die Rede sein, dort soll auch auf den Verlauf der Arteria carotis interna eingegangen werden. Hier sei von diesem Gefäß nur sein Verhalten zur Ohrkapsel be- sprochen. Proximal von den Nervenstämmen, welche durch das Foramen jugulare das Schädelinnere verlassen, tritt die Art. carotis interna, in distaler Richtung verlaufend, an die ventrale Fläche der Fig. 11. - Ala temporalts C2--N.petros. superf major ( : Br er ı w 352 un BBRDNIGE Zr ee ae -#--Gonisle EB 4 /ugele BL Cart Meckeli‘ ’ ns Se EZ | I 2 1 B Hy: } it = Parsotica.plan.basil., | Fire er ı A [0] a f @m #iss.basi-cochlearis” ı ‘ \r 1 ı Parscochl.caps. aud a L Zympanieum ı ı ' i ArFF. carotis int. : M.tensor (ympanı' Schnitt 464. Cochlea (Fig. 8, 9). Sie liegt dabei außerhalb der -Paukenhöhlen- anlage (Fig. 6). In der Gegend des Foramen perilymphatieum biegt sie mit scharfem Winkel proximalwärts (Fig. 5) um und gelangt nun in den Raum zwischen dem inneren Blatt der Paukenhöhle und dem Knorpel der Pars cochlearis. In diesem Raume zieht sie nach vorn. Auf den Fig. 6, 8,9 findet man das Gefäß also zweimal getroffen. Der medial gelegene Querschnitt gehört der in distaler Richtung ver- laufenden, außerhalb der Paukenhöhle gelegenen Gefäßstrecke an. Der laterale Querschnitt liegt medial von der Paukenhöhle im Binde- gewebe, das die Cochlea bedeckt. Schon im Gebiete der Fig. 9, stärker aber noch in weiter proximal gelegenen Schnitten (Fig. 10, 11) ist die Carotis umgeben von einem Venenplexus, welcher das innere Morpholog. Jahrbuch. 47. 43 660 H. M. de Burlet Blatt der Paukenhöhlenwand in lateraler Richtung ausbuchtet. Wir gchen wohl nicht fehl, hierin die Anlage des von BOENNINGHAUS beschriebenen Corpus cavernosum tympanicum zu erblicken. Die Carotis liegt auch weiter nach vorn an der Basis dieses Gefäßzapfens. Vor dem proximalen Ende der Pars cochlearis angelangt, biegt sie sich in medialer Riehtung um (Fig. 15, rechts, 13) und bildet einen nach vorn konvexen Bogen, welcher unter dem Proc. alaris gelegen is. Vom medialen Ende dieses Bogens steigt dann das Gefäß empor, hinter dem Ursprung des Proc. alaris gelegen (Fig. 15, links). Eine Arteria stapedia fehlt. Die Paukenhöhle hat wesentlich die Gestalt eines eapillaren Spaltes. Die äußere Wand ist fast überall mit der inneren Wand in Berührung. Nur in der Nähe des Umschlagrandes ist auf dem Querschnitt die Lichtung als kleiner Hohlraum zu erkennen. Auf den Figuren 9 und 10 sieht man das Epithel des äußeren Gehörganges sich flächenhaft an dem Epithel des Cavum tympani ausbreiten. Es ist hier die Anlage der Membrana tympani zu er- kennen. Der Hammerstiel reicht bis an diese Stelle, ohne zwischen die beiden Epithelschichten einzudringen (Fig. 10). Weiter nach vorn liegt die Tuba auditiva ventral vom Parasphenoid (Fig. 12, 16). Ihre Einmündungsstelle ist in Fig. 17 getroffen. Visceralskelet. Die geringe Entfaltung der Fovea epitym- panica macht, daß die Anlagen der Gehörknöchelchen frei an der äußeren Oberfläche der Capsula auditiva zutage liegen. Der Meckersche Knorpel, der in seinem proximalen Abschnitt nichts Auffallendes bietet, biegt sich, an der unteren Fläche der Cochlea angekommen, ein wenig lateralwärts und verbreitert sich dabei zu einer nach außen konvexen, gebogenen Platte. Vom unteren Rande dieser Platte ragt ein Fortsatz in medialer, ventraler und distaler Richtung vor. Er stellt das Manubrium mallei dar (Fig. 10). Dieses zeigt einen eigenartigen gekrümmten Verlauf, sein zugespitztes Ende ist ventralwärts gerichtet. An den Knick heftet sich die Sehne des Muse. tensor tympani an (Fig. 10). Distal von der Ursprungsstelle des Hammerstieles artieuliert der Hammer mit dem Amboß. Die Ge- lenkfläche besteht aus einem größeren medialen und einem kleineren lateralen Abschnitt, diese treffen sich in scharfem Winkel in einer Leiste, welche proximalwärts in den Knorpel des Hammers eindringt. Der Incus besteht aus einem Körper, welcher die Gelenkfläche trägt (Fig. 9), und zwei Fortsätzen von ungefähr gleicher Länge. Der schlankere Proe. brevis ist rein distalwärts gerichtet, seine Lage Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. II. 661 in der Fossa incudis wurde oben schon erwähnt (Fig. 6, 5). Der Processus longus stellt die Verbindung mit dem Steigbügel her (Fig. 8), er liegt weiter lateralwärts als der Hammerstiel und distal von demselben. Sein Endstück ist medialwärts umgebogen, an dieses schließt sich der Stapes an. Dieser liegt distal vom Ineus (Fig. 5, 6), zeigt eine Durchbohrung, wodurch kein Blutgefäß tritt. Seine Fuß- platte liegt in der Fenestra ovalis, besonders der hintere Abschnitt dringt tief in dieselbe ein und wird nach außen vom Rande des ovalen Fensters überlagert (Fig. 3). Von dem Ursprung des Hyale am Rande der Crista parotica Fig. 12. te froniale Ala temporalis : Ala orbitalis Can. cranio-phar | \ \ | 1 --3- Ma orbrtalıs ı Carum epiptericum 6gl. Sphenopal Schnitt 425. war oben schon die Rede, sein weiterer Verlauf in proximaler Rich- tung ist auf den Figuren zu verfolgen. Orbito-temporal-Region, Der Boden wird durch eine besonders kräftig entwickelte Bal- kenplatte gebildet, an welcher seitlich die Orbital- und Temporal- flügel befestigt sind. In primitiver Weise ist der Temporalflügel von der Begrenzung der Hirnkapsel ausgeschlossen. Sie bildet den Boden des Cavum epiptericum. Das zeigt ein Blick auf die Fig. 12. Die Ala temporalis wird teilweise vom Orbitalflügel bedeckt. Auf- fallend ist schon .bei flüchtiger Betrachtung die Lückenhaftigkeit der seitlichen Begrenzung der Orbito-temporal-Region. Fassen wir die einzelnen Teile näher ins Auge. 43* 662 H. M. de Burlet Der Boden geht ohne Unterbrechung aus dem vorderen Absehnitt der Basalplatte hervor. Eine leichte Erhebung, Crista transversa, deutet die Grenze an. Vor dieser Crista transversa ist in einer un- tiefen Mulde die Hypophysis gelegen. Der proximale Bodenabschnitt der Mulde steigt etwas steiler an, in ihm befindet sich der trichter- förmige Zutritt zu einem in proximaler Richtung verlaufenden Kanal (Fenestra hypophyseos). Dieser ist nicht ganz vollständig erhalten, nahe seinem vorderen Ende fehlt er auf einigen Schnitten. Er ist = — der Comm. orb.capS: Eingang zur Fenestra Aypophyseos =D------- — -=-=----- - - -- + -Disisler Forlsalz \ d. Orbitalflügels Fig. 13. = o007 7 Ala temporalts 7 % N. parabasalıs yagı a) U 1 J Ark carotis interna ! ! , ı Os.Lympanicum Cavum Iympanı‘ | Corpuscavernosum lympanicum TpE} Schnitt 441. auf den Figuren 12, 13, 14, 16 angegeben. Seine ventrale Öffnung wird von unten her bedeckt durch das distale Ende des Vomer. Vor der Hypophysengrube verbreitert sich die Trabekelplatte und trägt jederseits einen seitlichen Fortsatz, welcher zwischen den Ansatzstellen der Ala temporalis und der Radix anterior des Orbi- talflügels gelegen ist. Der vordere Abschnitt der Trabekelplatte ist stark in die Länge ausgezogen. Er bildet die Verbindung zwischen der Orbito-tempo- ral-Region und der Ethmoidalregion. Die vordere Wurzel des Orbi- talflügels entspringt ziemlich weit distalwärts von der Ethmoidal- region. Die Fissura orbito-nasalis ist daher breit. Sie ist dorsal- wärts nicht durch eine Commissura spheno-ethmoidalis abgeschlossen. Die Dicke der Balkenplatte nimmt in proximaler Richtung zu. Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. I. 663 Mehr nach vorn hat sie auf dem Querschnitt dreieckige Gestalt (Fig. 18). Die ventralwärts gerichtete Spitze dieses Dreiecks ist ab- gerundet. Am Modell zeigt sie sich als ein kielartiger Wulst, weleher sich in den ventralen Rand des Septum nasi fortsetzt. Es ist nicht zweifelhaft, daß wir es bier mit einem schwach ausgeprägten Sep- tum interorbitale zu tun haben. Die Ala temporalis entspringt als ziemlich breite Platte in der Gegend des dorsalen Einganges der Fenestra hypophyseos (Fig. 13). Ihr Ursprungsgebiet liegt ziemlich weit ventral, wie der ganze Tem- poralflügel eine ventrale Lage zum Orbitalflügel einnimmt (Fig. 14). Von einer Gliederung in zwei verschiedene Abschnitte ist auf man- chen Schnitten eine Andeutung vorhanden (Fig. 14). Ein Wurzel- Fig. 14. F=F- -Ale orbitalis Can. eranio „phar. 129---"Ala temporalis ı Proc.alarıs 5 basalı \ WERTE Cart. Meckeli Schnitt 438. abschnitt (Processus alaris) läßt sich von dem lateralen eigentlichen Temporalflügel abgrenzen. Daß sich dieses beim jüngeren Stadium nicht feststellen läßt, ist vielleicht der dort angewandten sagittalen Schnittriehtung zuzuschreiben, vielleicht aber auch eine Andeutung, daß der laterale Teil der Ala temporalis sich erst sekundär ab- schnürt (Vorr p. 137). Die Gestalt des Temporalflügels ist eine einfache. Sie stellt eine lateralwärts gerichtete Knorpelspange dar, deren medialer Teil zugleich nach vorn, deren lateraler Teil zugleich distalwärts ge- richtet ist. Sie besitzt keine Verbindung mit der Ohrkapsel (Commissura ali-cochlearis). Den seitlichen Teil des Temporalflügels, den lateral vom Proc. alaris gelegenen Abschnitt, können wir mit der Lamina ascendens anderer Säugerprimordialeranien vergleichen. Wie dort, stellt sie auch hier eine ventrale und seitliche Begrenzung des Ca- 664 H. M. de Burlet vum epipterieum dar. Nur sind diese Wandabsehnitte hier sehr unvollkommen geblieben. Das laterale, distalwärts umgebogene Ende des Temporalflügels rückt in die Nähe eines von der Oticalregion nach vorn auswachsenden Bodenabschnittes für das Cavum epipte- ricum. Dieser hintere Teil des Bodens wird durch das Tegmen tympani gebildet (siehe Oticalregion). Auf den Längsschnitten des jüngeren Stadiums ist ein bindegewebiger Zusammenhang in Gestalt einer Membran anzutreffen, welehe diese beiden Knorpelteile ver- bindet; die Membran ist als ein distaler Abschnitt der Membrana spheno-obturatoria GAuPpPps aufzufassen. Fig. 15. Anonpelapalge Gonıale | ö N.pet maj.u.N.petr. prof major. IR N Art. carot. int. gg 10 HT: = 1.0, \ H Be ı a Teteer ! B ie zZ ESSEN - \i = & En 2 )2- Ala temporalis 2 N | A Bi CN “ ne ’ N =----------------=-- /-- Gangl.olicum G r \ 2 ? ; ee ern aeten VER N IN % » © x ni < r f NN I Vugale LAaNE/RN 1 N () I) = I „ho. © N a 7 _ N == —4- Cart Meckeli Se ! VE = -Goniale ‘ I | a Ark.carotis int. ! | Ben 0. eo Tympanıcum ! 1 I, hs Ayale 1 0) } 1 | 8 ı I t I ! Fars. cochl.caps, Bud. ı Zimpanicum I Art.carot. ınl, Schnitt 541. Aufden Querschnitten des älteren Stadiums ist die Lamina spheno- obturatoria als bindegewebiger Zug nicht oder doch nur sehr un- deutlich zu erkennen. Beim jüngeren Phocaena-Embryo wurde an der Basis des Tem- poralflügels ein kleines Knorpelstück gefunden, in welehem wir einen übriggebliebenen Teil der früheren Bodenplatte der betrefien- den Schädelregion anzutreffen glaubten. Es bildete einen unvollkom- menen lateralen Abschluß des Foramen caroticum. Ein ganz ähnliches Gebilde läßt sich bei dem älteren Stadium nachweisen (Fig. 15, links). Es tritt beiderseits auf und verhält sich auch ganz gleich rechts und links. Im Gegensatz zum jüngeren Stadium hängt es nieht knorpelig mit dem Ursprungsgebiet des Tem- poralflügels zusammen. Es hat die Gestalt eines kleinen, länglichen, seitlich zusammengedrückten Stabes, dessen vorderes Ende in einen Bindegewebsstrang übergeht, der sich dorsal von der Wurzel der Ala temporalis verliert. Im Vergleich zum jüngeren Stadium scheint Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. II. 665 es ein wenig distalwärts gerückt, so daß man es auf Schnitten un- mittelbar hinter dem Ursprungsteil der Ala temporalis findet. Es bildet eine laterale Begrenzungsspange der Arteria carotis (Fig. 15). Bezüglich seiner Bedeutung kann ich auf die Beschreibung des jün- geren Stadiums verweisen. Hier sei nur noch daran erinnert, daß auch beim jungen menschlichen Embryo die Carotis interna zeitweise lateral von einer Knorpelspange begrenzt wird 1, welche später ver- schwindet. Die Ala orbitalis zeichnet sich dureh das Vorhandensein nur einer einzigen Wurzel, der Taenia prooptica, aus. Das jüngere Sta- Fig. 16. - Mandibuls mit Knorpelkern - P ee | Eingang zum“ ! Can. eranio phar l FERN BURN 1} I Vomer : Farasphenoid Tuba auditiva Schnitt 447. dium besaß auch die hintere Wurzel, welche freilich nur durch einen sehr dünnen Stiel mit der Balkenplatte zusammenhing. Dasselbe läßt sich hier von der Taenia prooptica (Fig. 17, 18) sagen, diese stellt einen dünnen Knorpelstab dar, der unmittelbar nach seinem Ursprumg an dem oberen seitlichen Rande der Lamina trabe- eularis nach hinten umbiegt und erst darauf in eine breitere Platte, den Orbitalflügel (Fig. 16, 12) übergeht. Diese Platte hat dreieckige Gestalt, sie besitzt einen vorderen zugleich oberen Rand, einen me- dialen Rand und einen distalen Rand. An der Ecke, wo der obere vordere Rand mit dem medialen Rande zusammenstößt, geht die Platte 1 M. Jacopy, Ein Beitrag zur Kenntnis des menschlichen Primordialera- niums. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIV. 189. 666 H. M. de Burlet in die Taenia prooptica über. Der mediale Rand läuft ungefähr parallel zum oberen lateralen Rande der Trabekelplatte. Die Ecke, wo der mediale Rand und der distale Rand zusam- mentreffen, bildet einen distalwärts gerichteten Fortsatz, welcher dorsal von der Ala temporalis gelegen ist (Fig. 13, 14). Sie bildet einen Abschnitt des Daches des Cavum epiptericum, einen erhalten gebliebenen Absehnitt des ursprünglichen Schädelbodens, welcher an den proximalen Abschnitt der Taenia clinoorbitalis des Echidna- schädels erinnert. Die laterale Ecke des Orbitalflügels, wo sich der obere vordere und der distale Rand treffen, bildet eine kleine, ungefähr senkrecht gestellte Platte, von wo aus eine distal gerichtete knorpelige Ver- bindung mit der Ohrkapsel besteht (Commissura orbito-capsularis). Die Ala orbitalis besitzt keine Verbindung mit seitlichen Teilen der Nasenkapsel. Diese Commissur fehlte auch dem jüngeren Sta- dium. Wie dort ist auch hier die Ala temporalis als klein zu be- zeichnen, relativ scheint ihre Größe im Vergleich zum jüngeren Embryo noch abgenommen zu haben. — u Von der Radix posterior sind keine Andeutungen mehr vorhan- den. Dem Foramen opticum fehlt daher eine hintere Begrenzung, es bildet eine proximale Ausbuchtung der Öffnung, deren hinterer Absehnitt der Fissura orbitalis superior, deren vorderer Abschnitt dem Foramen optieum entspricht. Das Cavum epiptericum läßt sich, wie aus dem oben Mitgeteilten hervorgeht, nicht scharf begrenzen, besonders deshalb nicht, weil die Lamina spheno-obturatoria nicht einwandfrei nachweisbar ist. Nimmt man statt dessen eine Fläche, welche die mediale Begrenzung der Kaumuskeln bildet, so entspricht diese wohl der Hauptsache nach der Membran, welche bei Echidna von Gaurp als Membrana spheno- obturatoria bezeichnet wurde. Wie diese, bildet sie eine laterale Begrenzung des Cavum epiptericum, welche anschließt an den un- vollkommenen Boden, der durch die Ala temporalis gebildet wird. Das Cavum epiptericum ist noch keineswegs im Schädelraum aufgenommen, die große Ausdehnung des Orbitalflügels in distaler Richtung bildet ein Dach des Cavum epiptericum, welches diesen Raum von der Teilnahme an der Hirnkapsel ausschließt. Dies gilt besonders für den vorderen Teil des Cavum epiptericum. Von der Beteiligung der Knochen an der Begrenzung des Ca- vum epipterieum soll bei Behandlung derselben erst die Rede sein. Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. I. 667 Nerven und Gefäße der Orbito-temporal-Region. Das Ganglion Gasseri stellt ein ellipsoides Gebilde dar, welches auf der Pars cochlearis eapsulae auditiva ruht (Fig. 10). Aus dem. proximalen Ende gehen Nervenfasern hervor, welche . sich alsbald in drei, in dorsoventraler Richtung aufeinander lagernde Stämme spalten (Fig. 11). Von diesen drei Trigeminusästen, welche anfangs alle drei im Cavum epiptericumi liegen, verläßt der dritte Ast V,; den genannten Raum hinter der Ala temporalis (Fig. 13, 15). Fig. 17. £inmündung der Tuba auditive FE Para sphenoid , a Palatinum Schnitt 386. Der erste und zweite Ast ziehen im Cavum epiptericum, also dorsal von der Ala temporalis, weiter nach vorn (Fig. 13). Der erste Ast verläuft dabei allmählich mehr lateralwärts, ge- meinschaftlich mit den Nerven der Augenmuskeln tritt er zwischen Temporal- und Orbitalflügel hindurch und erreicht die Orbita, wo die Nerven nicht weiter verfolgt werden können. ‘Der zweite Ast hat eine mehr mediane Lage (Fig. 12, 16), er kreuzt den Nervus opticus an dessen ventraler Seite, liegt weiter vorn ventral von der Taenia prooptica (Fig. 17) und kann bis in die Ethmoidalregion verfolgt werden (Fig. 19). Das Ganglion sphenopalatinum hat die Gestalt eines länglich 1 Nach Vorr ist dieser distale Abschnitt des Cavum epiptericum vom proxi- malen als Cavum supracochleare zu unterscheiden. \ 668 H. M. de Burlet abgeplatteten Gebildes, das seitlich von der Basalplatte, dorsal vom Parasphenoid gelegen ist (Fig. 12, 16). Die Augenmuskelnerven sind im Cavum epipterieum nachweis- bar. Der N. abducens liegt ventral und medial vom Trigeminus- ganglion (Fig. 10) und bei der Aufspaltung des Trigeminus in seine drei Äste medial vom ersten Ast (Fig. 13), mit welchen er die Orbita betritt. Der N. oculomotorius und der N. trochlearis liegen dorsal vom Trigeminusganglion, über welchem sie sich in lateraler Richtung der Fissura orbitalis superior nähern. Der N. trochlearis bleibt dabei lateral vom N. oculomotorius. Über ihren Verlauf orientieren die Bis, 10, 11,32, 13549): Die Arteria carotis interna betritt das Schädelinnere medial vom N. abducens (Fig. 15). Sie verläuft an dem proximalen Ende der Pars eochlearis entlang in medialer und ein wenig distaler Richtung (Fig. 15 rechts) und betritt das »Cavum supracochleare«, in welchem sie medial vom Ganglion Gasseri und N. abducens liegt. Das Ge- fäß steigt nun in geradem Verlauf dorsal- und ein wenig proximal- wärts empor (Fig. 15 links) und wird dabei lateralwärts von dem kleinen Knorpelstück begrenzt, welches oben schon beschrieben wurde. Est nachdem es an diesem Knorpelstück vorbei ist, betritt die Ca- rotis das primäre Schädelcavum. Ein Ast dringt sofort in das Ge- hirn ein, ein anderer verläuft geschlängelt lateralwärts. In der Um- gebung des letzteren Gefäßes sind auch viele Querschnitte von Venen anzutreffen, welche wohl die Anlage des Sinus cavernosus bilden. Es besteht nach dem oben Gesagten Übereinstimmung in dem Verlauf des Gefäßes bei diesem und beim jüngeren Stadium, was dort über den Vergleich der Phocaena-Carotis mit derjenigen des Kaninchens und Echidna gesagt wurde, gilt auch hier. Ethmoidalregion. Nach GAupP unterscheidet man an der Nasenkapsel u.a. fol- gende Teile: Septum, Boden (Solum nasi) Seitenwand (Paries nasi), Dach (Teetum nasi) und Planum antorbitale. Versuchen wir an unserem Embryo, diese Teile wiederzufinden und ihr gegenseitiges Verhalten festzustellen. Septum nasi. Die Verbindung zwischen Orbito-temporal- Region und Ethmoidalregion wird durch einen dicken, auf dem Quer- schnitt ungefähr dreieckigen Knorpelstab zustande gebracht, dessen nach unten gerichteter abgerundeter Rand als ein verdicktes Sep- tum interorbitale zu betrachten ist (Fig. 18). Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. II. 669 Der stumpfe Rand des Septum interorbitale setzt sich nach vorn in den gleichfalls abgerundeten unteren Rand des Nasenseptums Fig. 18. % —Z 5 -----=-- /rontale III RL ne =- Cart Meckeli Schnitt 363. Fig. 19. Tectum nasıi 1 Septum nasi Bat Maxillare m _--+-1-H Auge Schnitt 328, fort. Dieses setzt sich nach vorn in einem im Vergleich zum Jüngeren Stadium längeren Rostrum fort. Die Spitze des Rostrums 670 H. M. de Burlet bildet das vorderste Ende des Schädels. Deckknochen sind ihm seit- lich angelagert (Fig. 25), reichen aber nicht so weit proximalwärts. Der ventrale Rand des Rostrums ist über seine ganze Länge abge- rundet, der dorsale Rand ist zugespitzt (Fig. 25). Weiter distalwärts besteht das Septum aus einem dünneren dorsalen Teil und einem breiteren ventralen Abschnitt (Fig. 20). Der dorsale dünnere Teil des Septums endet distal plötz- lich und geht in eine ungefähr quer zur Achse des Kopfes gestellte Knorpelplatte, Lamina eribrosa, über. Diese hängt nicht mit dem ganzen dünneren Septumabschnitt zusammen, sondern nur mit dessen oberem Teil, ventral von dieser Verbindung ist der untere Teil des dünnen oberen Septums jederseits durch einen feinen Spalt begrenzt (Fig. 19 links). Der ventrale diekere Teil des Nasenseptums setzt sich nach hinten in den erwähnten kräftigen Knorpelstiel fort, wel- cher die Verbindung zwischen Ethmoidalregion und Orbito-temporal- Region bildet. In der Gegend der äußeren Nasenapertur finden sich Knorpel- reste, welche wie eine dorsale Fortsetzung des Nasenseptums an- muten (Fig. 22). Sie weisen darauf hin, daß das Septum hier ein- mal einmal eine größere Höhe hatte. Solum nasi. An der Stelle, wo der dünnere obere in den dickeren unteren Teil des Nasenseptums übergeht, findet man auf Fic. 20. dem Querschnitt dem Sep- ee tum eine Knorpelplatte un- | Arniesnasi mittelbar angelagert (Fig. 20, > rehlene 21, 24). Sie besitzt keine Verbindung mit dem Sep- tum. Sie hat längliche Ge- stalt, wie man am besten auf Tafelfig. III erkennt. Nasenhöhle I \ Wir trafen sie auch beim f IN jüngeren Embryo an, dort [N R haben wir sie als Anlage NP n der Cartilago paraseptalis | \ gedeutet. _Die Ähnlichkeit Jomer Cart,paraseptalis mit einem Paraseptalknorpel Schnitt 209. g so ER anderer Säuger hat in diesem Stadium zugenommen. Die Lage des langgestreckten Knorpels, dessen distales Ende medial vom Nasengang liegt (Fig. 20), spricht zugunsten dieser Auffassung. Wie bei anderen Säugern, so steht Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. II. 671 auch hier der Paraseptalknorpel in Verbindung mit anderen Knorpel- teilen, die als Reste der Nasenseitenwand und des Nasenbodens auf- zufassen sind. Während diese aber Lageveränderungen aufweisen, hat der Paraseptalknorpel seine primitive Lage behalten. Das weit proximalwärts reichende vordere Ende kann als eine Andeutung der ursprünglichen Ausdehnung der ganzen Nasenkapsel aufgefaßt wer- den. Wichtig scheint mir die Wahrnehmung EscHricHTs, der bei Bartenwalen gleichfalls einen langgestreckten Knorpelstab, welcher seitlich dem Septum angelagert was, feststellen konnte!. Dieser reichte relativ noch weiter nach vorn, wie die Nasenkapsel bei den Fig. 21. Septum 351 - Intermaxiliare „Cart paraseplalis ! Maxillare I Vorner Schnitt 245. Bartenwalen nach seinen Abbildungen überhaupt besser erhalten zu sein scheint. Auf Fig. 21 sieht man den Paraseptalknorpel im Zusammenhang mit einem dorsal von ihm gelegenen Knorpelstück, dessen Deutung schwieriger ist. Es ist fraglich, ob wir es hier mit einem ursprüng- lichen Bodenabschnitt der Nasenkapsel zu tun haben, etwa der La- mina transversa anterior entsprechend, oder ob es als ein Rest der seitlichen Nasenwand aufzufassen ist. Es stellt eine Verbindung her zwischen dem Paraseptalknorpel und einer platten Spange, welche an ihrem hinteren Ende entspringt, seitlich vom Nasengang (Fig. 20) in distaler Richtung verläuft (Paries nasi) und mit dem Nasendach in homokontinuierlicher Verbindung steht. 1 Siehe Taf. II in »Ni Tavler til Oplysning af Hvaldyrenes Bygning«. Vidensk. Selsk. Skr. 5 Raekke. naturwidenskab. og math. Afd. 9 Bd. I. 672 H. M. de Burlet Paries nasi. KÜKENTHAL?! hat die beschriebene Spange be- reits als einen Rest der Seitenwand der Nase aufgefaßt. Am jüngeren Stadium haben wir sie auch gefunden, sie stand da jedoch mit dem Nasendach noch nicht in Verbindung. Boden und Seitenwand ver- knorpeln also nicht im Zusammenhang mit dem Rest der Nasen- kapsel, sondern selbständig. Die Verbindung der Spange mit den hinteren oberen Teilen. der Nasenkapsel zeigt eine Eigentümlichkeit, die Erwähnung verdient. Nahe ihrem hinteren Ende spaltet sie sich nämlich in zwei überein- ander liegende Stäbe, die sich beide mit dem Nasendach verbin- den, dabei eine kleine Öffnung zwischen sich fassend. Fig. 22. Aüssere Nasenöffnung N SW en — > --Arries N35J ‚> | ee Zaz Untermaxilliare I N » Area ne Seplfum nasi BI: 5 nen NEE, [ Schnitt 276. Das Foramen basale wird durch die Verbindung von Nasen- boden und Nasenseitenwand von der Fenestra narina getrennt. Dureh den Schwund des größten Teiles der Seitenwand hat das Fo- ramen basale eine große Ausdehnung in lateraler Richtung erfahren. Die Fenestra narina blickt nach oben. Sie wird lateral durch die Seitenwandspange, die ungefähr horizontal verläuft, begrenzt. Nach vorn bildet das verdickte Knorpelstück, durch welches die Seitenwandspange mit dem Paraseptalknorpel zusammenhängt, die Begrenzung der Fenestra narina. Die distale Begrenzung liefert das rückgebildete Nasendach. Im Vergleich zum jüngeren Stadium hat sich die Stellung der Fenestra narina geändert. Dort blickte die Öffnung mehr nach vorn als nach oben. Diese Stellungsänderung ı W. KÜKENTHAL, Untersuchungen an Waltieren, Jena 1889. Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. 1. 673 ist zurückzuführen auf Dorsalwärtsverschiebung des proximalen Be- srenzungsrandes und auf weiteren Schwund des Nasendaches. Tectum nasi. Dieses zeigt im Vergleich zum jüngeren Sta- dium weitere Rückbildung. Nur auf wenigen Schnitten findet man ein Bild wie Fig. 19, welches an das Querschnittsbild der Säuger- nasenkapsel erinnert. Etwas weiter nach vorn wird der Knorpel des Teetum nasi weniger scharf begrenzt (Fig. 22, 23) und geht schließlich in eine Zone verdichteten kernreichen Gewebes über, welches auf die ursprünglich größere Ausdehnung des Nasendaches hinweist. Das Nasendach ist an dem oberen Rand der Lamina eribrosa befestigt. Über diesen Rand hinaus setzt es sich in distaler Rich- Fig. 23. Reste des Tectum nasi Schnitt 300. tung fort. Den Namen Nasendach verdient diese distale Fortsetzung nicht, lagert sie doch dorsal vom vordersten Hirnpole (Fig. 18), Auch beim jüngeren Embryo fanden wir einen derartigen vorderen Dach- abschnitt der Hirnkapsel. Auf dem Querschnitt erkennt man, daß diese Knorpellamelle aus zwei miteinander verwachsenen Teilen be- steht. Sie scheint mir nicht als Crista Galli bezeichnet werden zu dürfen, diese stellt doch eine Verlängerung des Septum nasi dar und liegt in der Medianfläche, während die hier beschriebene La- melle quer zur Medianfläche gestellt ist!. 1 Anmerkung bei der Korrektur. Mit FREUND, der am jungen Schädel von Halicore. einen ähnlichen Fortsatz beschrieb, können wir ihn als Spina mesethmoidalis bezeichnen. (L. FREUND, Beitr. zur Entwicklungsgesch. des Schädels von Halicore dugong Erxl. SEMmon, Zool. Forschungsreisen IV. 1908). 674 H. M. de Burlet Die Lamina eribrosa ist klein. In der Medianlinie hängt sie mit dem distalen Rande des Septums zusammen. Sie ist durchbohrt durch jederseits zwei Öffnungen, welche wahr- scheinlich Fila olfaetoria zum Durchtritt dienen. Auch bei diesem Embryo läßt sich dieses leider nicht einwandfrei feststellen, gerade die Nerven sind in den Prä- Fig. 24. paraten dieser Serie unscharf Hostrum begrenzt und schwierig zu ı Cart. paraseptalıs N „ntermaxillare verfol gen. Das rückgebildete Nasen- dach sowie die Lamina cri- brosa setzen sich seitlich in einer Knorpelmasse fort, welche von vorn her konkav ausgehöhlt ist. Sie entspricht dem beim jün- geren Embryo als Cupula poste- rior beschriebenen Teile. Ihre hintere Begrenzungsfläche stellt Baer Zahnanlage | Maxillare Sebnzae, eine Fortsetzung in ventraler Richtung von der Lamina cri- Fig. 25. brosa dar, welche dem Planum Rostrum antorbitale anderer Säuger ent- Vntermaxiliare spricht. Durch das Os frontale ist der laterale Teil dieser Fläche von der Begrenzung der Hirnkapsel ausgeschlossen. Topographisch ist der Name »Planum antorbitale« in die- sem Falle nicht richtig, an der Begrenzung der Orbita betei- ligt sich die Fläche nicht. Medianwärts ist sie durch eich einen feinen Spalt vom di- Schnitt 88. stalen Rand des Septum nasi getrennt. Außer einer hinteren Begrenzungsfläche besitzt die Cupula po- sterior eine kurze Seitenwand und einen kleinen Bodenabschnitt, welcher der Lamina transversa posterior zu vergleichen ist. Vom medialen Teile dieser dicken Bodenplatte ragt neben dem Septum ein kurzer Fortsatz nach vorn, welcher, verlängert gedacht, mit dem Zur Entwieklungsgeschichte des Walschädels. I. 675 Cartilago paraseptale zusammentreffen würde. Es scheint mir nicht zu gewagt, diesen Fortsatz als einen Processus paraseptalis poste- rior zu bezeichnen (Fig. 23). Die Seitenwand der Cupula posterior setzt sich ein wenig weiter nach vorn fort als der Processus paraseptalis posterior, sein dor- saler Teil geht in die oben beschriebene Knorpelspange über, welche als Paries nasi dargestellt wurde. Wie beim jüngeren Stadium, so fehlt auch hier eine seitliche Verbindung zwischen der Orbito-temporal-Region und der Ethmoidal- region; eine Commissura spheno-ethmoidalis ist nicht vorhanden. Viel- leicht hängt die besonders massive Ausbildung des mittleren Ver- bindungsarmes mit dieser Tatsache zusammen. EscaricHt bildet auf der schon oben erwähnten II. Tafel seiner nachgelassenen Arbeit! bei einem Embryo von Balaena japonica eine Commissura spheno-ethmoidalis ab. Sie fehlt demnach nicht allen Walen. Für das Fehlen dieser Verbindung bei Phocaena ist aber viel- leicht auch noch ein anderes Moment verantwortlich zu machen, nämlich die Proximalwärtsverschiebung der Ethmoidalregion als Ganzes, wodurch sie von den Orbitalflügeln abgerückt wird. Die Fissura orbito-nasalis, welche bei anderen Säugern ein schmaler Spalt geworden ist, dadurch, daß die Nasenkapsel sich bis unter die Hirnkapsel fortsetzt, ist hier eine weite nach oben nicht abgeschlossene Öffnung. Daran mag zum Teil die geringere Entfaltung der Nasenkapsel schuld haben. Sie scheint mir aber außerdem auf ein stärkeres Längenwachstum der medianen Verbin- dung zwischen Orbito-temporal- und Ethmoidalregion zurückzuführen zu sein. Das schon bei Beschreibung des jüngeren Stadiums er- wähnte starke Längenwachstum des Nasenseptums und Rostrums betrifft also auch weiter distalwärts gelegene, mediane Schädelpar- tien (Septum interorbitale), in welche das Nasenseptum sich unmit- telbar fortsetzt. Im Vergleich zum jüngeren Stadium hat sich die quergestellte Lamina ceribrosa, welche die hintere Begrenzung der Ethmoidalregion gegenüber der Hirnkapsel bildet, noch mehr aufgerichtet. Diese Auf- richtung wird nach BOENNINGHAUS durch die Biegung desjenigen Teiles der Balkenplatte, worin das Präsphenoid sich anlegt, bedingt. ILS. 27: Morpholog. Jahrbuch, 47, 44 676 H.M. de Burlet, Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. II. Sie ist eine Teilerseheinung der Aufrichtung der Nasenachse- Als solche kann man sich eine Linie denken, welche die Lamina eribrosa mit der Mitte der Fenestra narina verbindet (GAupPp). Diese Linie verläuft erheblich steiler beim älteren Phocaena-Embryo, als dieses beim jüngeren Stadium der Fall war. Zu derselben Er- scheinungsgruppe gehört die Tatsache der Aufrichtung des Rostrum. Der beim Stadium von 48 mm nach unten offene, stumpfe Winkel hat sich hier vergrößert, so daß Rostrum und Schädelbasis ungefähr in einer geraden Linie liegen. Morphologisches Jahrb "afel IIT. Aee Cartparaseptalis- -- - - - Proc.parasepl. post-— — — — Fiss.orbito nasalis.--— - - Lam. cribrosa-- - —— Foropticeum--— — - Fen. sphenopar --- — —- ® Can.cranio phar - -— — Restknorpel- — - —— vig. 5. Rechte Seitenansicht des Modells. Lam.alaris - -—- - - For hypoglossi— — — - Techum posterius=- — — - Dorsalansich J.Prys del. de Burlet. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVTII. De ee Tafel 22224222 --- -------- -- ---- Rostrum Cartparaseptalis Saar ee m on, Septum nasi Proc.parasept post-—- -- -------- ------- -5LN) u Ya Ten Zaneeneeı - -- -- -- - - -- — Tec/umnasi Fiss. ordito naselis. = u EN De ee SE a en 7 oo wenn lamina trabecularis — — -Iaenia prooptica. Fonopheum--— FF | 070707535353 En en _____ Als orbitalis. Eingang zur Fossa subarc.- Fen.sphenopan - £ 2 — — - Alatemporalis — - - Comm.orbito-caps Can.craniophar — _ _ _. _ Proc.periohicus Sup. Resthnorpel- — _— - - Commiss. suprafscialis el 1 re ’ — — - Commiss.basicochl,ant — -- Meat. acust.int. Aiss.basi cochl.- —, i---- 9 __ L- Fonendolymphak For jugulare-— — - lomaars------NAN SAD 00 Zu - - - - - Comm.basi cochl,posk malaris- --- -— — Porhypeglossi---- --- - - 2 - —- fonmagnum, Teelum posterius-— — — --- - --- Fig. 1. Dorsalansicht des bei löfacher Vergrößerung hergestellten Modells des Primordialeranium eines Embryo von Phocaena communis von 92 mm. !e Burlet Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berlin. J.Prys de Morphologisches Jahrbuc Yafel LIT - Cart.paraseptalis- — —— - - Septum nasi---- - —- = © =) =) : / E Sepkinterorbitale- — —— —— & 32 5 ( 2 B For opticum-- — —- — — 4 Er | & Ss B= Alatemporalis- — — — - E © | = Dev, = Proc. perioficus sup.- —— — — E Pars.cochl. (ERBEN ZI For Jugulare -— -— Lam.alaris- -- -— Plan. Basale--- -—- — Condylus occip.- -—— - —— Tectum pos-- -—— — — — de Burlet. | J.Prys del. > - - 1 Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVII. Tafel II. Rostrum Carkparaseptalis- - -- ---- -- ------- --- -- - - -- Ps 2 Septum nasi---- - —--- --- -— ’aries nası Sept interorbitale-— — — Taenia prooptica mm = ———---- --- Cancranio. phar. For ophHicum PU --—- -Lam trabecularıs -Alaorbitals Alatemporalis-— — — = -Jegmen tympani Apert kymp.can.fac Fen.ovalis-— R en .‚iH---------- x S\ - fiss.basi'cochlearis Sulcus Recialis X - - Cart: Reicherr For Jugulare -— -—W — —- Proc,paracond. Lam.alaris- — — -— --- For hypoglossi eszeS=z ; —-— — — Proc. basj occipitalig Plan. Basale-— — - — —- en Condylus accip.- —— - -—— — — -— ma - --- - - - —-- For magnum Tectum pos--- ----- - - - _ _ -.. Fig. 2. Ventralansicht des Modells. J de Burlet Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berlin J.Prys del Tafel III. Bd. XLVI. Morphologisches Jahrbuch. wndlsoy | ‚seu wn,jdag syeydasesedyue) ) | ) | | | | | | | | | | | f | j | fi. I | ! | ISBU SBNEZ { 2 | | ‚seu wny98) 's]PpoW sOp FyPIsuruoNaS 999 Y Ss 214 wnandoyos jadsouyjsay juedurh; vaw 1 eardooud eıuae; Sıljzuodway eyy be ODwe | rl | I N | | | | L | el | | j | | | | | | a I | \ | ' j | l | | j | re ı | ) | | I RR | | | j | | j | | | | j ved-ouayds Bu/sauay | ! sıpnaur esso/ wayaayweg| ‚ssojbodÄy J0/ | Il | | | | | l | | | | | | | | ) | ) | | | | | | I ı Sıej1g4o eyy Sısensde9-041910 WW0) | | | | | ba ;pne'sdep'veo sug, ;puogeued'90J/ Snwajsod wny/38] J.Prys del. d Berlin. ipzig un Verlag von Wilhelm Engelmann in Le de Burlet. VA Ta N vs ren ki £ CE .. Abnorme Muskeln der Achselgrubenwandungen | des Menschen. Von Georg Ruge. Die zusammenfassende Behandlung der Muskeln des Stammes im Handbuch der Anatomie des Menschen! berücksichtigt auch die Gliedmaßenmuskulatur der Brust und des Rückens, wobei eine größere Reihe von regelwidrigen Muskelbefunden vorgeführt werden, welehe an den Wandungen der Achselgrube aufgenommen und z. T. unter dem Namen eines Achselbogens bekannt sind. Die Darstellung dieser Varietäten ist weder eine zusammenfassende noch klare, da Zusammengehörendes auseinandergerissen und Fremdartiges an- einandergefügt ist. Manche sichergestellten Ergebnisse der For- schungen sind dort wieder in Frage gestellt. Dies hat mich ver- anlaßt, alle bekannt gewordenen und brauchbaren Beobachtungen über den Gegenstand aufs neue zu prüfen und nach bewährten Grundsätzen nochmals einer Beurteilung zu unterwerfen. Der mühe- vollen Aufgabe habe ich mich unterzogen, weil ich den Gegenstand für bedeutungsvoll halte, insofern er weite Rückblicke in den ge- wordenen Bau desmenschlichen Körpers gestattet und zugleich anzeigt, was dem Menschen auf dem betreffenden Gebiete eigens zukommt. Die physische Anthropologie wird sich in Zukunft mit dem hier Siehergestellten zu beschäftigen haben, was dazu auffordert, abge- klärte Vorstellungen vom Werdegange der anatomischen Einrich- tungen möglichst scharf zu formulieren. Abklärungen vollziehen sich allmählich, was dem Fortschreiten alles Erkennens innewohnt. Deshalb geben wir schwer Errungenes nicht leichten Kaufes preis. 1 21. Lieferung des Handbuches der Anatomie des Menschen, heraus- gegeben von Prof. Dr. KARL von BARDELEBEN (2. Band, 2. Lieferung. Erster Teil. Jena 1912. Bearbeitet durch Prof. P. EISLER. 44* 678 Georg Ruge Wandlungen an den Achselgrubenwandungen. Nach Sichtung der einschlägigen Befunde und gestützt auf sie ist es möglich, eine übersichtliche und kurze Darstellung von den vielseitigen Neubildungen zu geben, welche an den Wandungen der menschlichen Achselgrube durch deren umgebende Muskulatur verursacht werden. Die Wandflächen der Achselgrube erhalten durch neu entstan- dene, muskulöse Apparate, welche in zahlreichen Spielarten sich offenbaren, nicht selten eine Verstärkung. Diese Erscheinung stellt sich, soweit bekannt, unter den Primaten nur beim Menschen ein. Hieraus ist zu entnehmen, daß die Gestaltung der menschlichen Achselgrube die Bedingungen für einen neuen Ausbau in sich faßt, was mit der allseitigen Bewegungsfreiheit der oberen Gliedmaße im ursächlichen Zusammenhange stehen mag. An der Neubildung der axillaren Wandflächen betätigen sich der Hautrumpfmuskel und Latissimus dorsi. Ersterer erzeugt von sich aus eine Reihe von Einrichtungen, welche der vorderen, der oberen-seitlichen sowie der hinteren Wandung als Verstärkungen zugute kommen. Er zieht außerdem den Latissimus in seine Kreise und läßt ihn am Wechsel des Aufbaues der Achselgrubenwand Anteil nehmen. Einmal hineinbezogen in das für Neugestaltungen geeignete Gebiet, spielt der Latissimus auch eine selbständigere Rolle, indem er den anfangs aktiv vermittelnden Hautmuskel zurückdrängt und ihn dann nur noch als passiven Vermittler für neu angebahnte Beziehungen gelten läßt. 1. Abschnitte desHautmuskels sind erhalten. Sie gehen von den Insertionsstellen der Mm. pectorales, d. i. vom Coracoid, von der Fascie des Coraco-brachialis und Biceps oder von der Crista tubereuli majoris aus und strahlen zur seitlichen oder dorsalen Fläche des Rumpfes aus. a. Seitliche Bündelreste. Sie gelangen von den peetoralen Insertionsstätten aus zur vorderen oder seitlichen, den Serratus an- terior bedeckenden Fascie, schließen sich -als steiler verlaufende Bündel dem vorderen, costalen Randabschnitte des Latissimus an und biegen als dorsale Hautbündel zur Rückenfläche des letzteren um. Beziehungen zur Achselgrube finden sich an deren vorderer und seitlicher Wandung und werden durch die Anlehnung der Bündel an den Latissimus auf die hintere Wand übergeleitet. Handelt es sich um die Ausbildung eines selbständigeren Mus- Abnorme Muskeln der Achselgrubenwandungen des Menschen. 679 kels, so kann er ein einfacher, pecetoraler, vorderer Achsel- grubenmuskel genannt werden. b. Dorsale Bündelreste. Sie erhalten sich oft als die weitest oral gelegenen, welche von den pectoralen Ansatzstellen ausgehen, die Achsel durchqueren, um an der Endsehne des Latis- simus entweder in urtümlicher Art dessen Dorsalfläche zu erreichen, oder in veränderter Weise Anheftungen an der Latissimus-Sehne zu sewinnen. Dadurch werden sie achselständig und bilden die Bausteine für die verschiedensten Formen eines oberen-seit- lichen, einfachen pectoralen Achselgrubenmuskels. Er ist als ein muskulöser Achselbogen in vielen Zuständen bekannt, welcher an der Seitenwand dem Gefäßnervenstrang eng auflagert und die Wand verstärkt. e. Seitliche und axillare Bündelreste bestehen gleich- zeitig. Das gleichzeitige Auftreten beider Elemente kann einerseits einen verschiedenartig einheitlichen vorderen-oberen, einfachen, peetoralen Achselgrubenmuskel in die Erscheinung rufen, andererseits die als « und d aufgeführten Muskeln zugleich erzeugen. d. Rückbildung des vorderen und des oberen Achsel- grubenmuskels zur Aponeurose oder Fascie. An Stelle der Muskeln werden Sehnenplatten angetroffen. Sie breiten sich einer- seits zwischen den humeralen Ansatzpunkten der Mm. pectorales und der Serratus-Fascie oder dem Vorderrande des Latissimus als vor- dere pectorale Achselgruben-Aponeurose aus, gelangen andererseits von jenen Ansatzstellen zur Latissimus-Endsehne als obere pec- torale Aponeurose der Axilla. Letztere ist als sehniger Achselbogen (LAnGERS) bekannt. Muskelbündelreste können in beide Aponeurosen- arten eingestreut sein; sie sind Zeugen für das bier gekennzeichnete Wesen der Aponeurosen, welche die Eigenschaften von dünnen Faseien annehmen können. Alle pectoralen Achselgrubenmuskeln müssen als Abkömmlinge der Pectoralis-Gruppe Äste der vorderen Thoracalnerven beziehen. 2. Verschmelzung der peetoralen Achselgrubenmuskeln mit Abschnitten des Latissimus dorsi. Ausgesprochene For- men von Verschmelzungen der zwei Muskelgebiete führen uns zu- sammengesetzte Achselgrubenmuskeln vor Augen, deren pectoraler Bestand von vorderen, deren Latissimus-Anteil von dorsalen Thora- ealnerven versorgt werden. Die Muskeln sind also zweinerviger, diploneurer Natur. 680 Georg Ruge a. Vorderer zusammengesetzter Achselgrubenmuskel. Er geht von Ansatzstellen der Mm. pectorales aus und gelangt zu den vom Vorderrande des Latissimus abgespaltenen, costalen Bündel- massen. Vordere, auf der Serratus-Faseie ausstrahlende Haut- muskelreste können dabei erhalten sein. Die Durchwachsung der peetoralen und Latissimus-Anteile ist verschiedengradig durchge- führt. Wenn die Verschmelzung bis zur Latissimus-Endsehne aus- sedehnt ist, so kann ein Teil derselben als Zwischensehne in den zusammengesetzten Muskel hineinbezogen sein. b. Oberer-seitlicher zusammengesetzter Achselgruben- muskel. Er besteht aus einem pectoralen, die seitliche Achsel- grubenwand quer von vorn nach hinten durchziehenden, achsel- ständigen Abschnitt. Dieser ist durch einen Teil der Latissimus- Endsehne mit einer abgespaltenen Latissimus-Fleischmasse in allen möglichen Graden von Selbständigkeit zu einem zweibäuchigen Muskel vereinigt. Beide Bäuche sind durch eine Zwischensehne getrennt und zugleich vereinigt. Die Zwischensehne unterliegt zuweilen einer Auflösung, so daß die Fleischfasern beider Bäuche sich streckenweise enger aneinander- fügen. “ ec. Vorderer und oberer, zusammengesetzter Achsel- grubenmuskel treten gleichzeitig auf. Eine breite pectorale Platte geht von den Stätten der Pectoralis-Insertionen aus. Sie ver- bindet sich einerseits durch eine Zwischensehne, einen Teil der Latissimus-Endsehne, mit einem Abschnitte des Latissimusbauches, geht andererseits unmittelbar in dessen costalen Vorderrand über. Dieser Zustand setzt Bestände von seitlichen und axillaren Haut- muskelresten voraus. d. Der pectorale Bauch des zusammengesetzten Muskels ver- kümmert, der Latissimus-Anteil gewinnt an Ausdehnung. 3. Latissimus-Achselgrubenmuskel. Er stellt sich nach der Umwandlung des peetoralen Abschnittes des vorigen Muskels zur Sehnenplatte ein. Die Zwischensehne des zweibäuchigen Ge- bildes wird in letztere hineinbezogen. Die allein erhaltenen Fleisch- fasern des Latissimus werden durch die peetorale Sehnenplatte zum Humerus geleitet und können durch deren Vermittlung bis in die Nähe der Ansatzstellen der Mm. peetorales gelangen. Der Achselgrubenmuskel ist auch in diesem Falle ein zu- sammengesetztes Gebilde, besteht aus peetoralen und Latissimus- Elementen. Erstere sind in der humeralen Ansatzselıne, letztere Abnorme Muskeln der Achselgrubenwandungen des Menschen. 681 im Muskelbauche erhalten. Äste .dorsaler Thoracalnerven versorgen diese seltenere Form eines Achselgrubenmuskels, welcher oftmals und auch in neuerer Zeit noch die Unterlage für die irrtümliche Anschauung abgegeben hat, daß Latissimus und Peectoralis-Gruppe in einem ursprünglichen Verbande sich befunden haben. Der Ver- band wird in Wahrheit durch den peetoralen Hautmuskel vermittelt, welcher den Latissimus zu den Ansatzstellen der Mm. pectorales überleitet. Es lassen sich auch hier ein vorderer und ein oberer La- tissimus-Achselgrubenmuskel unterscheiden. Die Grenze zwi- schen ihnen ist indessen durch die Verödung der Zwischensehne eines zweibäuchigen Vertreters der Reihe verschwunden. Reinere Formen der einen oder anderen Art lassen sich aber zuweilen nachweisen. a. Vorderer Latissimus-Achselgrubenmuskel. Um ihn handelt es sich, wenn etwa costale Ursprungsbündel des Latissimus, abgelöst vom Bauche, selbständig zur Crista tubereuli majoris oder anderen Ansatzstellen der Peetorales gelangen, wo sie von der End- sehne des Pectoralis major bedeckt sind. b. Oberer-seitlicher Muskel. Sind Latissimusteile in der Nähe dessen Endsehne abgespalten und in querem Verlaufe durch die seitliche Achselgrubenwand zu Peetoralisstellen am Humerus zu verfolgen, so wird es sich um ihn handeln. ec. Ausstrahlen desLatissimusin die Fascie der Achsel- srube. Die Rückbildung des peetoralen Hautmuskels zur Faseie der vorderen oder seitlichen Wand der Achselgrube setzt die Ver- kümmerung von ausgesprochenen, humeralen Anheftungen der Fascie voraus. War eine Vereinigung des Latissimus mit den Haut- muskelresten eingeleitet gewesen, so kann sie sich in der Aus- strahlung von Latissimusbündeln in die Achselfascie erhalten. Der Befund leitet sich also von einem zusammengesetzten Muskel ab. Ist die Fascie mittelst aponeurotischer Stränge noch zur humeralen Pectoralis-Insertion verfolgbar, so ist sie ohne weiteres auf axillare Hautmuskelreste beziehbar. Alle hier besprochenen Latissimus-Abweichungen lassen sich nur im Zusammenhange mit dem Hautmuskel verstehen und unter- scheiden sich von anderen, welche unbeeinflußt von ihm ihre eigene Geschichte haben. 682 Georg Ruge, Abnorme Muskeln der Achselgrubenwandungen des Menschen. Es lassen sich drei Phasen in den Umgestaltungen des Mus- kelapparates der Axilla auseinanderhalten, deren Produkte als pri- märe (s. Nr. 1), sekundäre (s. Nr. 2) und tertiäre (s. Nr. 3) Formen gelten können. Die tertiären Formen täuschen einen primären Zustand höch- stens vor, sind aber abgeleitete, da der Latissimus seiner dorsalen Anlage nach ursprünglich nicht in das ventrale Pectoralis-Gebiet hineingehört. 100130373 Hl