” Eh Tri? #r [2 EI TTITHTERE MIIe » * Biere ya na Wr AH eg FOR THE PEOPLE FOR EDVCATION FOR SCIENCE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY i BEN EN, r Den Baar) | ° £ ANY IF % AR > ar = HM = er = ers 4 & “ Bf, ir Eee” Per GEGENBAURS NORPIOLOGISCHES JAHRBUCH. | 3G.O« EINE ZEITSCHRIFT FÜR ANATOMIE UND ENTWICKLUNGSGESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON GEORG RUGE PROFESSOR IN ZÜRICH ACHTUNDVIERZIGSTER BAND MIT 282 FIGUREN IM TEXT UND 17 TAFELN LEIPZIG UND BERLIN VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1914 ASETRESE KARA EL ER cr Ü URO KRAGEN ER 7. '* 1747 f uuuaal SSDLEN| 0 # ı ERARUEN! ’* U le nn wenn #‘ f Der) % berg‘ wir N kei ie b ’ + PRO, hl Pa r WERE Te ser, VEIT ERIE NE: Inhalt des achtundvierzigsten Bandes Erstes Heft Ausgegeben am 7. Januar 1914 Der Hautrumpfmuskel des Menschen. Von Georg Ruge. (Mit 33 Figuren N ee RE RE RE er Beiträge zur Morphologie der behaarten Kopfhaut und der Augenbrauen. — Über eine Haarbrücke zwischen der behaarten Kopfhaut und den Augenbrauen. Von Emil Berger. (Mit 2 Figuren im Text). ... . The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. By ED Bruner. (With 11, Geures in. text), 2.00 2.2 are. Zur Anthropologie der Plantaraponeurose. Von Edward Loth. (Mit 6 Fi- ERBETESIE ERITREA ED ES NTERR Spaltbildungen an Extremitäten des Menschen und ihre Bedeutung für die normale Entwicklungsgeschichte.e Vou Ludwig Keck. (Mit 3 Fi- erkensim..Loxt und: Pater 11V... ZRH EEE HANE ER Über verwandtschaftliche Formbildung der Großhirnwindungen an beiden zueinander gehörenden Hemisphären. (Vortrag, gehalten in der 17. Abt. der 85. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in=Wien.} -Von-B. bandau.- (Mit DatelV) a 202. er Kleinere Mitteilungen über Korallen. Von G. v. Koch. (Mit Tafel VD. Jacobson’s Organ and the Respiratory Mechanism of Amphibians. Von H.L. BROT ie Zweites Heft Ausgegeben am 10. Februar 1914 Beiträge zur Anatomie des Gorilla. Vergleichend-anatomische Studien. I. Das Extremitätenmuskelsystem. Von Adolf Pira. (Mit 3 Figuren BER RE I a a En TR NE Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Embryologie der Nase der Primaten. III. Die Regio ethmoidalis des Primordialeraniums mit Deckknochen von einigen Catarrhinen, Prosimiae und dem Menschen. Von G.P. Frets. (Mit 55 Figuren im Text und Tafel VD... .. Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. Von Ph. Jaro- mir Wenig. (Mit 27 Figuren im Text und Tafel VII-IX)..... Seite 143 . 149 157 IV Drittes Heft Ausgegeben am 10. März 1914 Seite On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. By A. Arnbäck Christie-Linde. (With 14 figures in text) . . . 343 Das menschliche Sacrum. Von G. P.Frets. (Mit 11 Figuren im Text und Die Anatomie und systematische Stellung des Genus Kurtus Bloch. Von L. F. deBeaufort. (Mit 3 Figuren im Text und Tafel XII). . . . 391 Die Lungen der Wirbeltiere. Morphogenetische Studien. Von A. Fleisch- I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. Von Rudolf Boeckh. (Mit 6 Figuren im Text und Tafel XIII). . . 415 II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. Von Richard Mantel. (Mit 5 Figuren im Text und Tafel XIV). . . 449 III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. Von P. Heil- mann. (Mit 6 Figuren im Text und Tafel XV)... . 483 Viertes Heft Ausgegeben am 28. April 1914 Über das Wurzelgebiet des Nervus hypoglossus und den Plexus hypoglosso- cervicalis bei den Säugetieren. Von Einar Fieandt. (Mit 9 Fi- guren im Text und 18 Tabellen) .-. . .. .. „Ems 513 Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus scrofa domesticus. Von Lotar “vw. Hofmann. (Mit 4 Figuren im Text und Tafel XVI und XVII) . 645 Besprechung. Über 0. Abels »Grundzüge der Paläobiologie« nebst einigen kritischen und theoretischen Bemerkungen über »Anpassung«, »Kon- vergenz« und Polypbylie.. (W.Lubosch).. „ „0. ZessmssEEEr 673 Der Hautrumpfmuskel des Menschen. Von Georg Ruge. Mit 33 Figuren im Text. 1. Allgemeines. a. Abstammung und Ausbreitung. Wegleitend für die Bestimmung von Überresten des allgemein verbreiteten Hautrumpfmuskels der Säugetiere sind die vergleichend- anatomischen Tatsachen. Verschließt man sich hiergegen, so ge- rät man auf Irrwege, welche auf eine richtige Fährte nicht leicht wieder zurückführen. Der subeutane Muskel stammt von der Pectoralis-Gruppe ab. Er fügt sich unmittelbar an eine tiefe Schichte derselben an, welche bei niederen Formen noch im Zusammenhange mit ihm besteht, beim Menschen aber im Ursprunge in die Pars costo-abdominalis des Peetoralis major und in den tiefen Pectoralis minor sich gesondert hat. An denjenigen Stellen der Rectusscheide, wo Pars abdomi- nalis und Pectoralis minor noch vereinigt auftreten oder durch eine Zwischenportion verknüpft sein können, erscheinen auch die cra- nialen Bündel eines Hautrumpfmuskels. Da es hier um Verknüp- fungen von drei selbständig zu behandelnden Muskeln sich handelt, so wird es zuweilen unmöglich, ein Grenzbündel nur einem der drei Gebiete allein zuzurechnen. Man wird aber kaum fehlgehen, wenn alle, caudalwärts vom Ursprunge einer bestimmbaren Pars abdo- minalis des Pectoralis major auftretenden Muskelbündel dem Haut- rumpfmuskel zugewiesen werden. Solche bewahren lateralwärts Morpholog. Jahrbuch. 48. 1 2 ; Georg Ruge gegen Oberarm und Coracoid den natürlichen Zusammenhang ent- weder mit dem Pectoralis major oder mit dem Peetoralis minor. Alle von der Grenze caudalwärts zur vorderen und seitlichen Brust-Bauchwand ausstrahlenden Bündel sind Überbleibsel eines Hautmuskels. In gleicher Weise sind die weiter dorsal sich an- schließenden Fleischfasern zu beurteilen. Sie breiten sich in Längs- zügen über den Vorderrand des Latissimus dorsi aus und lehnen sich dessen Elementen mitunter so innig an, daß ein genetischer Zusammenhang vorgetäuscht wird. Andere Hautmuskelreste sind schräg und schließlich quer dorsalwärts über den Latissimus dorsi gerichtet. Letztere bilden cranialwärts den Muskelrand und durch- laufen als oralwärts gelegene Grenzbündel die Achselgrube, wo sie eine besondere Ausbildung erfahren und sehr verschiedene Formen eines »muskulösen Achselbogens« darstellen können. Bei niederen Primaten ist der Hautrumpfmuskel eine geschlossene Platte, ventral mit zur Leiste, lateral mit zum Oberschenkel, dorsal mit schrägen und queren gegen die Mittellinie ausstrahlenden Bündeln ausgestattet. Beim Menschen ist eine einheitliche Bündel- lage bisher nicht beobachtet worden, wird sich entwicklungsgeschicht- lich vielleicht in Einzelfällen nachweisen lassen. Am häufigsten er- halten sich abgetrennt voneinander craniale, ventrale, laterale und axillare Teile des Muskels. Ursprung. Wir verlegen den Ursprung der Pectorales auf die Wandungen des Brustkorbes, den Ansatz auf Oberarm und Cora- cold. Am Hautrumpfmuskel ändert sich dieses Verhalten, insofern Oberarm und Coracoid für ihn als feste Anheftungspunkte sich ein- stellen und als Ursprungsstätten sich kennzeichnen, indessen die zur Fasecie der Haut oder oberflächlichen Muskulatur ausstrahlenden Fasern beweglichere Teile zur Anheftung aufsuchen. Die Verlegung des Ursprunges auf das Skelet, des Ansatzes oder der Insertion auf die caudal oder dorsal davon gelegenen Anheftungen darf für die Darstellung auch dann nicht aufgegeben werden, wenn der Ansatz von Bündeln streekenweise vom Unterhautgewebe auf festere, tiefer- gelegene Stätten übergreift. Solches findet an den axillaren Bün- deln häufig statt, indem sie mit der Endsehne des Latissimus dorsi engere und engste Beziehungen eingehen und den muskulösen Achselbogen in die Erscheinung treten lassen. Der Ursprung liegt in der Regel im ursprünglichen Verbande mit der Endsehne der Pars eosto-abdominalis des Peetoralis major an der Crista tubereuli majoris. Die Pars abdominalis vermittelt Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 3 ebenso wie an der Brust den Zusammenhang am häufigsten. Die Ursprungssehne der Hautmuskelreste kann am Oberarm viele Zu- stände der Ablösung von der Endsehne des Pectoralis major auf- weisen, woraus eine gewisse Selbständigkeit sich einleitet, die aber selten die gemeinsame Verknüpfung beider gänzlich aufhebt. Die Sehne des Hautmuskels lagert dorsal von der Endsehne des Pectoralis major in der Gegend der Crista tubereuli majoris und sreift nicht selten eranialwärts auf das Coracoid über. Ein An- schluß an den Caudalrand des Pectoralis minor kann dann vorliegen. Er ist ebenfalls ein ursprünglicher und leitet sich aus dem Zu- sammenhange der Pars abdominalis mit Hautmuskel und Pectoralis minor bei niederen Primaten her. Hierauf ist bereits von LE DoUBLE und ToBLeEr (1902, S. 496) hingewiesen worden. Der Verlauf der Ursprungssehne vom Oberarme aus über die den Coraco-brachialis und Biceps deckende Fascie leitet eine Ver- wachsung mit dieser zuweilen ein. So kommt es, daß Reste des Hautmuskels von der Fascie selbst ausgehen. Ursprünge vom Ober- arm, Coracoid und von der Fascia coraco-brachialis et bieipitalis treten in Varianten auf, welche durch allerlei Verbindungen mit den Endsehnen beider Pectorales vermehrt sein können. Die Sehne wird einerseits selbständig neben der des Pectoralis major an der Crista tub. majoris angetroffen (PRINCETEAU), kann andererseits mit ihr in der Ausdehnung von 5—7 em ursprünglich verwachsen sein (TOBLER). Verschmolzen mit der Fascie des Biceps und Coraco-brachialis können die zum Humerus ziehenden aponeu- rotischen Faserzüge erhalten bleiben (ELsÄsser), aber auch völlig verschwinden, woraus die Selbständigkeit des Ursprunges hervor- geht. Als Verwachsungsstellen werden angegeben der Rand des Suleus intertubereularis (LE DousLe), die Fascie des Caput breve bieipitis oder der Rand der Deltoides-Sehne (FLescH). Der Ursprung am Coracoid ist von Woop auf etwa 3°/,. ge- schätzt worden, beobachtet von GRUBER, WooD, LE DOUBLE, PERRIER, MERKEL, TOBLER, BLUNTSCHLI. Die Kombination des Ursprunges an der Fascie des Biceps mit dem am Coracoid ist bei TOBLER zu finden (1902, Fig. 21 S. 494; s. Fig. 9). Derartige Befunde sind deshalb bedeutungsvoll, weil in ihnen die ganze Breite der bekannten Ursprungsflächen von der Sehne beherrscht wird. Gleichzeitiges Auftreten von anderen Skelet- und Faseien- 16 4 Georg Ruge ursprüngen ist nicht selten. Auf Fig. 26 bei L. TosLEr findet sich eine Darstellung hiervon. Schiehtung. Die humeralen Anheftungen der vorderen, seit- lichen und dorso-axillaren Reste des Hautmuskels sondern sich zu- weilen der Reihe nach in oberflächlichere, mittlere und tiefste Lagen. Aus der Sehichtenbildung der Ursprünge leitet sich eine Über- kreuzung der Sehnen her. Tiefste Lagen, welchen meistens die axillaren Bündel zugehören, zeigen dabei zuweilen eine mehr cera- niale Anheftung, etwa am Coracoid. Diese Erscheinung ist keine regelmäßige, zuweilen aber sehr ausgeprägt. Muskulöser Achselbogen. Er ist seit Ramsay (1795) in allen möglichen Formen und Entfaltungen beschrieben worden. Nach dem, was wir heute von ihm wissen, ist er ein hestbestand des Hautrumpfmuskels, stammt von der Peetoralisgruppe her und kann demnach ein peetoraler Achselbogen geheißen werden. Durch seine alten Beziehungen zum Oberarm ist er ein humeraler Achselbogen. Als primäres Gebilde und in reiner Form tritt er nur zuweilen noch auf. Die eingeleiteten Anheftungen an die Latissimus-Endsehne be- günstigen seine Ausbildung und führen zu Verbindungen mit ab- gespalteten, ventralen und cranialen Randabschnitten des Latissimus. Daraus geht ein zusammengesetzter, die axillaren Gefäße und Nerven überkreuzender Muskelbogen hervor, welcher einen pectoralen und einen Latissimus-Abschnitt unterscheiden läßt. Er tritt oft in einem zweibäuchigen, mit einer Zwischensehne ausgestatteten Muskel zu- tage. Überwiegt der hinzugekommene Latissimus-Anteil über den ursprünglichen pectoralen, so sind Zustände eingeleitet, aus welchen ein Latissimus-Achselbogen hervorgeht. Ein solcher wird durch die Ursprungssehne des rückgebildeten humeralen Achselbogens in direktere, aber doch erst sekundär erworbene Verbindung mit der Crista tubereuli majoris oder benachbarten Teilen gesetzt. Daß Abschnitte des Latissimus nur durch Vermittlung des pec- toralen Achselbogens zum Humerus Beziehungen erlangen, wird neuerdings auf Grund eigener Beobachtungen auch von Th. GRUSCHKA (1911) angenommen. Diese Endform in der Geschichte des Achselbogens hat zu der Vorstellung geführt, daß der Latissimus dorsi ursprünglich an gleichen Stellen wie die Peetoralis-Muskulatur am Humerus fest- geheftet gewesen sei. Diese Ansicht dürfte von Grund aus falsch sein. Der Latissimus dorsi ist wie Teres major und Subscapularis in der Gliedmaßenmuskulatur ein dorsal gelegenes Gebilde Die Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 5 Pectoralis-Gruppe hingegen nimmt in ihr eine ventrale Lage ein. Dorsale und ventrale Nerven versorgen beide Gruppen getrennt von- einander. Die humeralen Ansatzpunkte sind durch Coraco-brachialis und Biceps brachii scharf voneinander abgetrennt. Die sekundäre Verschmelzung zweier Muskelgebiete, die Über- leitung des einen in das andere ist in der menschlichen Anatomie durchaus keine Einzelerscheinung für den sekundären muskulösen Latissimus-Achselbogen. Sie ist z. B. am Adductor magnus des Menschen bekannt, welcher einen vom Nervus tibialis versorgten selbständigen Muskel ganz in sich aufzunehmen vermag. Im late- ralen Hautrumpfmuskelgebiete vollzieht sich eine ganz ähnliche Er- scheinung. An die vom Oberarme zum Ventralrande des Latissi- mus dorsi ziehenden, lateralen Hautmuskelreste können sich abge- spaltene Randbündel des Latissimus so innig anlehnen, daß auch sie durch die Hautbündel zum Oberarme geleitet werden und dann als erhaltene ursprüngliche Ausdehnungen des Latissimus zur Crista tu- bereuli majoris humeri fälschlich ausgegeben worden sind. Es han- delt sich hier um grundlegende Fragen, in welchen ein Kompromiß unstatthaft ist, weitere Erörterungen auch unter den Vertretern ent- gegengesetzter Anschauungen nicht zum Ziele führen. Das Gewicht der Tatsachen wird den Ausschlag geben müssen; diese sind zuvor zu sichten und streng vergleichend methodisch zu ordnen, um daraus ein klares Bild entstehen zu lassen. Ein solches ist im zu- sammenfassenden neuesten Werke P. EısLEers nicht entworfen wor- den. Ich bin vielmehr überzeugt, daß, um nach eigenen Eindrücken zu urteilen, das Studium der betreffenden Abschnitte nicht befric- digen kann. Es besteht die Möglichkeit, unter Benützung aller von EisLER verwerteten Tatsachen, ohne Zwang und künstliches Deuteln, eine abgeschlossene, vergleichend-anatomisch vollauf begründete Darstel- lung vom muskulösen Achselbogen als einem umgewandelten Ab- schnitte des Hautrumpfmuskels zu geben. Solange eine solche von dem Komplexe der verschiedensten Varietäten zu entwerfen nicht möglich war, hatten die einzelnen Befunde einen kasuistischen Wert, blieben unverstanden und wurden so rasch vergessen, wie man, vom wissenschaftlichen Standpunkte aus unbefriedigt, nur flüchtige Kennt- nis von ihnen nehmen konnte. Es ist aber eine Genugtuung, nach immer erneuter Beschäftigung mit dem Stoffe eine Summe zuvor un- verstandener und isoliert dastehender Erscheinungen von einem ein- heitlichen Gesichtspunkte aus beurteilen zu können. 6 Georg Ruge Für einzelne Varietätengruppen kann immer nur eine Dar- stellungsweise die beste sein. Sie muß vor allem umfassend alle Erscheinungen in ihren Existenzbedingungen erklären. Diese Dar- stellungsart ist durch EısLEr nicht gefunden worden. b. Primärer, sekundärer und tertiärer Achselbogenmuskel. Der Achselbogenmuskel tritt in seiner ursprünglichen Form nur noch zuweilen auf und ist ein Zeugnis dafür, daß der Mensch einen Hautmuskel am Rumpfe einmal besaß, dessen Bündellagen vom Ober- arme oder Coracoid aus durch die Axilla zum Rücken sich aus- dehnten. Der primäre Muskel gewann durch die Verbindung mit dem Latissimus dorsi erneute Bedeutung. Sie tritt in den ausgesprochenen Zuständen hervor, in denen der Latissimus, unter Benutzung der ge- nannten Verbindung auf den primären Achselbogen übergreifend, einen zusammengesetzten oder sekundären Achselbogenmuskel er- zeugt. Wenn der primäre Muskel sich weiter rückbildet, der La- tissimus aber in dessen Gebiet übergreift, so kann dieser, geleitet durch einen Sehnenbogenrest des primären Gebildes, weiter humerus- wärts gegen die Pectoralis-Insertion sich ausbreiten. Dieser so ent- stehende Latissimus-Achselbogen stellt eine tertiäre Form dar. Gerade sie ist für die Annahme eines urtümlichen Zusammenhanges von Latissimus- und Peectoralis-Gruppe ins Feld geführt worden und gab Nahrung für die Meinung, der Latissimus wäre der Mutterboden für den Achselbogen überhaupt. Bringt man die maßgebenden Erscheinungen alle in Rechnung, welche auf phylogenetischer Grundlage beruhen und deswegen ohne Bedenken nicht angezweifelt werden können, so verfügt man über den Schlüssel für die Erklärung einer sehr großen Anzahl von menschlichen Varietäten. Sie gehören in eine einheitliche gene- tische Reihe, und ohne Zwang sind sie nicht auseinanderzureißen. Es gibt kaum ein anderes Gebiet der menschlichen Varietäten, welches so durchsichtig und zugleich so bedeutungsvoll ist wie das des Hautrumpfmuskels. Schlagend ist der Beweis zu führen, daß das Genus Homo ein Stadium durchlaufen hat, in welchem es wie alle Säugetiere ausgestattet gewesen ist mit einem Hautmuskel, welcher die Bauchgegend, den seitlichen unteren Thorax, die Lenden- weiche und den Rücken bis hinauf zum Schulterblatt bedeckte- Allerorts sind Überbleibsel dieses rückgebildeten Muskels beim Men- schen aufgefunden worden. Es ist deshalb auch höchst wahr- Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 7 scheinlieh, daß breitere Anlagen dieses gewichtigen Zeugnisses eines vergangenen Bauplanes in fetaler Zeit sich werden nachweisen lassen. Hylobates und die Anthropomorphen teilen mit dem Menschen im wesentlichen den gleichen Rückbildungsgrad des Hautrumpf- muskels. e. Ursachen der Rückbildung des Hautmuskels. Ursachen für dessen Untergang müssen schon früh gewirkt haben und von allgemeinerer Aıt gewesen sein, da sie nicht nur dem Menschengeschlechte innewohnten. Welches aber die wirk- samen Kräfte beim Schwinden dieses Säugetiermuskels gewesen seien, ist nicht klar erkannt. Zu Betrachtungen hierüber wird die Nei- gung nie fehlen. Man wird dabei die Tatsachen nicht außer acht lassen dürfen, daß der Hautrumpfmuskel bei voller Entfaltung ein Sehutzmittel gegen Belästigungen der Hautdecke ist, daß er bei den- jenigen Primaten zur Rückbildung sich anschickt, bei welchen die oberen Gliedmaßen freiere Bewegung gestatten, wodurch sie selbst als Abwehr gegen Angriffe des ganzen Integumentes in Dienst haben treten können. Unter Ausbildung des freieren Gebrauches der vor- deren Gliedmaßen wäre hiernach der Hautmuskel allmählich außer Gebrauch gesetzt worden und verkümmert. Ob das Tragen von Schutz- fellen und die künstliche Bekleidung beim Menschengeschlechte auf die einmal eingetretene Rückbildung des Hautmuskels weiterhin be- sünstigend eingewirkt haben, wird aus verschiedenen Gründen mit Sicherheit nie zu entscheiden sein. Diese Frage wird eher zu ver- neinen als zu bejahen sein, da die Anthropomorphen und unbekleidete Naturvölker im Verluste des Muskels gleichen Schritt, soviel wir wissen, mit den Kulturmenschen gehalten haben. Andere Kräfte können bei der Verkümmerung des Muskels mit im Spiele gewesen sein, unter deren langsamer Wirkung vielleicht auch das Haarkleid des Menschen sich an Rumpf und Gliedmaßen rückbildete. d. Hautmuskelreste als Atavismen. Alle Varietäten, welche auf einen Hautrumpfmuskel beziehbar sind, gehören in die Reihe der Rückschläge oder Atavismen; denn es darf als ausgeschlossen gelten, daß beim Genus Homo Muskeln selbständig an verschiedenen Stellen sich entwickelt haben, wo eine funktionelle Bedeutung nicht ersichtlich ist, und wo ein Mutterboden für ihre Ausbildung nicht besteht. 8 Georg Ruge e. Progressive Form. Aus restierenden Bündeln des Hautmuskels entwickeln sich in der Achselgegend beim Menschen und, soweit wir hierüber unter- richtet sind, nur bei ihm zuweilen sehr ansehnliche Muskeln. Sie durchqueren vom Oberarm aus die Achselgrube und heften sich am Latissimus dorsi fest. Als muskulöser Achselbogen verankern sie ge- meinsam mit der axillaren Oberarmfascie die Latissimus-Endsehne gegen den Oberarm. Da gleichartige Bildungen sonst nirgendwo bei anderen Lebewesen angetroffen werden, so sind sie als fort- schreitende, progressive Varietäten zu beurteilen, die, einmal an- gelegt, eine Entfaltung außergewöhnlicher Art nehmen. Letztere wird verständlich durch den funktionellen Wert, welchen ein Achsel- bogen als quere Verbindungsmasse der lateralen Wand der Achsel- grube besitzen kann. Die Tatsache, daß der ursprüngliche axillare Muskel als ein rückgebildeter Teil wieder zur ansehnlichen Muskelplatte anschwillt, erhält eine gewisse Tragweite für die Ableitung des präpectoralen Sternalis vom Hautrumpfmuskel; denn auch er wird als selbstän- diges, mächtiges Gebilde angetroffen. Die Häufigkeit des Achselbogens ist von LE DouBLE auf 7,7%/), angegeben. Diese Angabe hat einen bedingten Wert, da Achselbögen eine sehr verschiedene morphologische Bedeutung haben und für diese verschiedenen Formen je eine besondere Statistik deshalb nötig wird. Auch sehnige Achselbogen müssen berücksichtigt werden. f. Innervation. Der Hautrumpfmuskel niederer Primaten wird von caudalen Ästen der Nn. thoracales anteriores versorgt. Diese innervieren auch die zur Pars costo-abdominalis des Pectoralis major und zum Peec- toralis minor des Menschen sich umgestaltenden Massen. Die Reste des Hautmuskels erhalten beim Menschen in übereinstimmender Weise Äste des ventralen thoracalen Nerven, welche in der Regel vom caudalen Rande des Pectoralis minor zu ihnen gelangen. Die neurale Segmentation der zu den Pectorales und den Resten des Hautrumpfmuskels ziehenden Nerven ergänzt das vom letzteren entworfene Bild. Durch die folgenden Innervationsverhält- nisse gewinnt das Bild an Zuverlässigkeit. Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 9 Die Nerven entstammen für den Peetorales major, und zwar die Pars elavieularis . . . . . aus C, C, C, (HERRINGHAM, (v. SCHUMACHER) Pars sterno-eostalis. . . . . - 0, u. C, (v. SCHUMACHER) Parse abdominalis ... .-- 4. - C, (BascHo) C, u. Th, (HERRINGHAM, v. SCHU- MACHER) Pectoralis minor . . 5 C, u. (, Pars lateralis des Eekels - C; und Th, (BAscHo) Achselbogen . . . - C, (ToBLER); C, u. Th,. Das Myomer (3 lieferte en: Bausteine für Peetoralis minor, Pars abdominalis und Hautrumpfmuskel, das Myomer Th, für die beiden letzten Gebilde. Die Innervation des einfachen, primären, axillaren Muskels durch Nn. thoracales anteriores ist zuerst durch BARDELEBEN (1881) und dann durch J. T. Wırsox (1888) festgestellt worden. CuUNNING- HAM, BROCKS, BIRMINGHAM (1889), PRINCETEAU (1892), BARDELEBEN (1896), Testur, Le DousLe (1897), L. TogLer (1902), K. GEHRY (1903), H. BLuntscaui (1910) haben diese Nervenversorgung bestätigt. Eigene Erfahrungen sind für mich Gewähr, daß die genannte Inner- vation für den einfachen Achselmuskel allein in Betracht kommt. Der Achselbogennerv verläuft häufig unterhalb des Pectoralis minor zum Endgebiet, führt Zweige für diesen, die Pars abdominalis und den Pectoralis quartus. PRINCETEAU (1892) gibt an, daß der Muskel in 25 Fällen drei- mal vom N. intercosto-humeralis versorgt werde. Diese Angabe der Innervation, bei Wırson (1888) zuerst auftauchend, widerspricht der auf Tatsachen gestützten Vorstellung vom Wesen des Haut- rumpfmuskels. Sie muß zunächst auf sich beruhen bleiben und kann als eine unanfechtbare nur dann übernommen werden, wenn es gelingt, sie in Einklang mit einer umfassenden Erscheinungs- reihe zu bringen, was heute nicht möglich ist. Ich halte die An- gabe für unrichtig. KOoHLBRUGGE ließ 1597 den Hautrumpfmuskel von Semmopithecus irrtümlicherweise durch Rami laterales der ersten Intercostalnerven versorgt sein und schloß auf die gleiche Innervation des mensch- lichen Achselhöhlenmuskels.. K. BARDELEBEN, welcher die Inner- vation des letzteren aber kannte, zog auf Grund der KOHLBRUGGE- schen Mitteilung den Schluß, daß dieser Muskel der Achselhöhle dem Hautrumpfmuskel nicht gleichwertig sein könnte. So war der 10 Georg Ruge muskulöse einfache Achselbogen mancherlei Deutungen unterstellt. Auch die Zukunft scheint ihn vor Mißdeutungen nicht zu schützen. Es ist zu bedenken, daß der Hautrumpfmuskel, wenn er durch Intereostalnerven versorgt wird, ein segmentales Gebilde sein müsse. In Wahrheit ist er aber ein Abkömmling der hochentfalteten Pec- toralis-Gruppe. „ Die Doppelnatur des aus Peetoralis- und Latissimus-Anteil auf- gebauten sekundären oder zusammengesetzten Achselbogens ist durch PRIscETEAU (1892) ergründet worden. Er wies Äste der ventralen und dorsalen Nerven des Armgeflechtes nach. Eingehendere Beur- teilung des zusammengesetzten Muskels findet man bei L. TOBLER und BLUNTSCHLI. 2. Zusammenhang der Abdominalportion des Pectoralis major mit Hautmuskelresten am Oberarme. Die Pars abdominalis nimmt Eigenschaften eines Hautmuskels an, wenn ihr ventraler Ursprungsteil etwa in der Höhe der 5. bis 7. Rippe vom Muskelbauche abgelöst ist. Der Zusammenhang mit seitlichen Resten des Hautmuskels tritt wegen der Seltenheit dieser nicht häufig in die Erscheinung. Lehrreich ist der von P. Bascno (1905) beschriebene Fall (Fig. 1). Ventral sind beide Gebilde durch eine dreieckige Lücke voneinander getrennt. Oberarmwärts schiebt sich der seitliche Hautmuskel (2) als tiefere Schichte unter die Pars abdominalis (7), um mit ihr ge- meinsam am. Oberarme sich festzuheften. Die Sehne des Haut- muskels reicht bis an das Coracoid heran, wo zugleich der An- schluß an den Peetoralis minor erfolgt. Der Hautmuskel erscheint hier als ein Zwischenglied zwischen Pectoralis minor und Pars ab- dominalis des Pectoralis major. Axillare Bündel als häufigste Reste des Hautmuskels be- wahren häufiger den Zusammenhang mit der Abdominalportion. Bei- spiele hierfür finden sich bei Eusässer (1862), Perrın (1873), TosLEr (1902), Böse (1904), SicHEr und BruntscaLi (1911). Die Pars abdominalis breitet sich etwa in der Höhe der 5.—7. (PERRIN) oder der 7. Rippe (ToBLER) entweder im Anschlusse an den Bauch des Pectoralis aus, oder sie ist in ganzer Ausdehnung von ihm abgespalten (TOBLER, '02, Fig. 23). Die Verschmelzung der End- sehne mit dem Pectoralis major am Oberarme erfolgt an der Crista tubereuli majoris (PERRIN) oder entfernt von ihr (TOBLER, Fig. 22; Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 11 s. Fig. 6).. Die Sehne ist nicht selten weiter distalwärts verschoben und dann mit der Fascie des Biceps brachii verbunden (Togrer, Fig. 23; siehe Fig. 3). Beim Verfolgen der Hautmuskelreste vom Oberarme aus triftt man auf eine Spaltung der Sehne in einen abdominalen: und einen axillaren Strang (ToBLer Fig. 22), oder auf eine Schichtung in einen oberflächlichen abdominalen und einen tiefen, axillaren Abschnitt. Letzterem kann ein abdominales Bündel eine Strecke weit ange- schlossen bleiben (Fig. 3). In ihrer einfachsten Form sind diese Befunde durchaus ein- deutig und gehören zu den trefflichen Belegen für die Hautrumpf- Fig. 1. Zusammenhang der Pars abdominalis mit Resten des Hautrumpfmuskels am Oberarme, auf Fig. 1 mit lateralen, auf Fig.2 und 3 mit axillaren Bündelmassen. Fig. 1 nach P. Bascnmo (1903), Fig. 2 nach Bruxtscaut (1910, Fig. 2), Fig. 3 nach Tosrer (1902, Fig. 23). ‚muskelnatur der axillaren Bündel. In abgeänderter Form zeigen sie lebhafte Neigungen zu Sondererscheinungen, wie sie z.B. den in Rückbildung befindlichen wandelbaren Muskeln öfters zukommen. Diese Fälle haben verschiedene Deutungen erfahren und werden diesem Schieksale immer wieder verfallen, sobald man sie aus dem engen Verbande mit den wesensgleichen anderen Formen herausreißt. Beobachtungen von gleichzeitigem Zusammenhange der Pars abdominalis mit lateralen und axillaren Resten des Hautmuskels liegen nieht vor. Hier besteht eine Lücke. Sie wird sich wohl einmal ausfüllen lassen. Die Figuren 1—3 lassen die wichtigsten, bekannt gewordenen Formen des Verbandes zwischen Pectoralis major und Hautrumpf- muskel übersichtlich erkennen. Fig.1 zeigt ihn mit der seitlichen (2), Figuren 2—3 lassen ihn in verschiedenen Graden mit der axil- 12 Georg Ruge laren Hautbündelmasse (4) erkennen. Die bildliche Darstellung hat dabei keine Rücksicht auf andere Erscheinungen genommen, welche in den originalen Abbildungen verzeichnet sind. Diese kommen andernorts zur Geltung. Andere Beispiele für den Typus der Fi- guren 2 u. 3 lassen sich aus dem reichen, hier verwendeten Mate- riale leicht heranziehen. 3. Ventro-laterale Hautmuskelbündel. Ihre Ausbreitung findet in der großen Lücke zwischen Pecto- ralis major und Latissimus dorsi statt. Die an den Ventralrand des Latissimus angrenzenden Bündel können auf ihn dorsalwärts eine Strecke weit fortgesetzt sein, um so aus lateralen Elementen in dor- sale überzugehen (Fig. 8). Geschlossene Bündellagen in der Pectoralis-Latissimus-Lücke sind selten erhalten. Häufiger finden sich abgespaltene ventrale und laterale Bündelmassen vor, welche gemeinsam oder je selb- ständig sich einstellen. Die zutreffende Deutung auf Grund vergleichend-anatomischer Befunde gab L. TogLer (1902, S. 491). Eine geschlossene Bündellage vom Pectoralis bis zum Latissi- mus und von ihm aus zum Achselgrubenboden wurde von W. GRUBER beschrieben (1844, S. 31). Wo die Bündel sich voneinander trenn- ten, trat eine Fascie verbindend ein. PrIncETEAU (1892) fand zwischen Pectoralis und Latissimus zarte Muskelbündel, welche ebenfalls zur Achselgrube sich aus- dehnten. Eine Fascie vereinigte die ventro-lateralen Elemente unter- einander und stellte die ununterbrochene Lage auch da her, wo eine Bündelauflösung eingetreten war. Woop (1865) beobachtete einen von der Pectoralis-Endsehne und der Crista tuberculi majoris ausgehenden Muskel, welcher in der Höhe der 7. Rippe den Anschluß an den Peetoralis minor fand und lateral vor der 9. Rippe sich ausbreitete. Die Bündel erreichten den Anschluß an den Latissimus nicht. Ein 12 cm breiter Muskel schob sich zwischen Pectoralis und Latissimus ein, verlor sich ventral auf der 7. Rippe und lagerte lateral dem Ventralrande des Latissimus auf (Enpres, 1893). Bündel, losgelöst vom Pectoralis und auf der Serratus anterior- Fascie ausstrahlend, werden öfters angetroffen. Neben ihnen können laterale Fasern bis zum Latissimus sich ausdehnen (FrırscH 1869). Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 13 Andere Kombinationen stellen sich ein, wie sie aus der Auf- lösung einer anfangs ununterbrochenen Schichte sich ergeben, wo- für einige Beobachtungen als Belegstücke anzuführen sind. a. Ventrale Reste des Hautmuskels. 1. Ausstrahlungen zur vorderen Scheide des Rectus und zur Aponeurose des Obliquus thoraco-abdominalis externus. Der Muskel geht von der Oberarmfascie vor Biceps und Coraco-brachialis aus, verläuft, anfangs vom Pectoralis major bedeckt, caudal-medianwärts und endigt im Anschlusse an den Ursprung der Pars abdominalis auf der Rectusscheide. Dieser Zustand wird häufig angetroffen. Schließt der Ursprung enger an die Unterfläche der Endsehne des Pectoralis major an, so gewinnt der Muskel Eigenschaften der Pars abdominalis. Die Ausstrahlung des von der Faseia coraco-brachialis ent- springenden Muskels erfolgt auf der Reetus-Scheide entfernt von der Pars abdominalis (s. EısLer, 1912, S. 480). 2. Die Pars abdominalis ist als schmaler Streifen in ganzer Ausdehnung vom Caudalrande des Pectoralis major abgespalten. Sie ist sehnig in der Höhe der 7. Rippe an der Reetus-Scheide be- festigt und verhält sich nach Ursprung und Ansatz wie ein ven- trales Hautmuskelbündel. Rechts schließen sich Ursprungsbündel von der 6. und 5., links solche von der 5. Rippe an. Sie sind Zwischen- glieder zwischen Pectoralis major und Hautmuskelbündel. Ein ähnlicher, von H. SıcHer (1911) mitgeteilter Befund ist mit letzten Resten axillarer Hautmuskelteile ausgestattet (s. Fig. 22). Fig. 32. Die ganze Pars abdominalis (/.) nahm das Wesen eines Hautmuskels an (BLuntschLı, 1910 Fig. 5). Die laterale An- heftung erfolgte breitsehnig gemeinsam mit dem Pectoralis major am Oberarme und mit abgesprengten Zügen zwischen Crista tubere. majoris und Coracoid am Gewebe der Achselhöhle. Eine breite ventrale Sehnenplatte befestigte sich in der Höhe der 5., 6. und 7. Rippe. Die ganze Muskelplatte war vom Peetoralis major abge- spalten, lagerte dem caudalen Abschnitte des Peetoralis minor auf und deutete dadurch die Zusammengehörigkeit mit ihm an. Fig. 6. Die Pars abdominalis ist in der Höhe der 7. Rippe von der P. sterno-costalis losgelöst und nimmt die Eigenschaft eines Hautmuskels an (TOBLER, Fig. 22). Dies Kennzeichen tritt durch den humeralen Zusammenhang mit einem axillaren Hautmuskelreste schärfer hervor. 14 Georg Ruge Fig. 3. Deutlicher ist dies Verhalten auf Fig. 23 des TOBLER- schen Aufsatzes ausgesprochen. Die Pars abdominalis ist ungewöhn- lich selbständig und verstreicht auf der Rectus-Aponeurose. Der Hautmuskelcharakter gewinnt durch die Verbindung mit einem Achselbogen an der Fascia coraco-brachialis auch hier an Schärfe. 3. Ausbreitung des am Oberarm (Crista tubereuli majoris), Cora- coid oder an der Fascia coraco-brachialis ausgehenden Muskels auf der lateralen Wand .des Brustkorbes zwischen Peectoralis und Latissi- mus. Die Anheftungen erfolgen an der Fascie der Serratus-Zacken, dehnen sich also zwischen Peetoralis- und Latissimus-Rand aus und. endigen hier auf der 5., 6., 7., 8. und 9. Zacke des Muskels. Diese Form kann mit der vorigen vergesellt sein. In ihr hat sich eine Pars lateralis des Hautmuskels erhalten. Gleichzeitig können Bündel zum Latissimus und zur Axilla erhalten sein. Zwischen den Rändern des Pectoralis major und Latissimus und angeschlossen an sie beobachteten Turner (1867), PRINCETEAU (1889) mehrmals zerstreute Muskelbündel, welche humeruswärts mit einem Achselgrubenmuskel sich vereinigten und ventral auf der Serratus-Fascie sich ausbreiteten. Der Anschluß an den Ventralrand des Latissimus war erhalten, ohne daß jedoch ein Zusammenhang bestand. Die Fleischfasern reichten bis zur 9. Rippe herab (Woop 1865). Sie schlossen sich in einem anderen Falle dem Latissimusrande eine Strecke weit eng an, strahlten aber caudalwärts zur Serratusfascie aus (RÜDINGER, 1870). Zerstreute Bündel, von der Endsehne des Pectoralis major aus- gehend, fanden auf dem Serratus anterior Befestigung (W. TURNER, 1867). Ähnliche Zustände wurden immer wieder beobachtet (z. B. BARDELEBEN 1881, S. 404) und dürften den Anatomen hinlänglich bekannt sein. Ein von der Faseia coraco-brachialis ausgehender Muskel ver- lor sich auf der 5. Serratus-Zacke und auf der Fascie caudal vom Pectoralis major. Einige Bündel gelangten zum Latissimus und zur Achselgrube (G. FrırscH, 1869). Die Ausbreitung eines Muskelbündels bis zur 9. Serratus-Zacke wurde von M. Fresch (1876) beschrieben. b. Laterale Hautm uskelreste. 1. Fig. 1. Laterale Bündel des Hautmuskels sind in großer Ausdehnung und voller Klarheit im BascHoschen Falle erhalten Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 15 (1905). Sie entstehen breitsehnig am Coracoid und an der Fascia coraco-brachialis, sind proximal an den Pectoralis minor und distal an die Endsehne der Pars abdominalis angeschlossen und ver- mitteln den Zusammenhang zwischen beiden. Im caudal gerichteten Verlaufe wird die breite Muskelplatte anfangs durch die oberfläch- lichere Pars abdominalis schräg gekreuzt. Dann heftet sie sich auf der Fascie der 6. und 7. Serratus-Zacke derartig fest, daß der 3,‘ cm breite Muskel an den Ventralrand des Latissimus sich eng anlehnt. Die Anlagerung besteht in einer Ausdehnung von 5 cm. Humeruswärts schiebt sich eine Fascie zwischen beide ein, und auf ihr laufen einige Bündel des Hautmuskels frei aus. Die versor- senden Nerven stammen aus C, und Tb,, die für die Pars abdo- minalis aus C-. P. BascHno hat den Muskel als Pars thoracalis lateralis des Hautrumpfmuskels zutreffend gedeutet. 2. Ein noch engerer Anschluß an den Pectoralis minor liegt in einem von W. GrUBER beschriebenen Falle vor. Der Muskel geht vom Coracoid aus und endigt nach 26 cm langem Verlaufe auf der 8. Serratus-Zacke, dicht vor dem Latissimus. In der Nähe des Coracoids ist er mit einer von der 5. Rippe ausgehenden und ab- gesprengten Zacke des Pectoralis minor vereinigt. GRUBER nannte ihn einen M. costo-coracoideus supernumerarius, womit über das Wesen des Muskels nichts ausgesagt wird. 3. Ein auf der Serratus-Faseie ausgebreitetes Bündel wird an einem von EıstLer (1912, S. 484) mitgeteilten Falle gefunden. Axil- lare Fasern bestehen gleichzeitig. Auf der Gegenseite sind die auf der Serratus-Fascie ausstrahlenden Gebilde mit den axillaren Bündeln, die zur Latissimus-Sehne gelangen und einen Achselbogen bilden, verbunden. Die auf dem Serratus endigenden Teile ver- laufen parallel dem Latissimusrande. ‘Ihnen reihen sich lateralwärts solche an, welche ebenfalls mit dem Achselbogen vereinigt sind und im Bindegewebe unter dem Latissimus endigen. Eigenartig ist die Verschiebung der Ursprungssehne lateraler Hautbündel vom Skelete aus auf die zum Achselbogen gewordenen axillaren Hautmuskel- reste. Dieser Zustand setzt voraus, daß die auf dem Serratus aus- laufenden Bündel mit selbständigen Ursprungssehnen am Skelet (Oberarm oder Coracoid) befestigt gewesen sind, wie ursprünglichere Befunde es immer zeigen. Ob Sehnenfasern zum Skelete andeu- tungsweise noch bestanden haben, erfahren wir nicht. Wenn sie gefehlt haben, so kann dies auf die hier gegebene Deutung keinen Einfluß ausüben. 16 Georg Ruge Im übrigen sei bezüglich dieser durchaus nicht einzeln da- stehenden Erscheinung auf die Figuren 11—14 und den begleiten- den Text verwiesen. 4. Fig. 30. Im GruscHkaschen Falle sind laterale Hautmuskel- reste (2) an einen Zwischenmuskel in der Pectoralis-Gruppe ange- schlossen, außerdem aber ganz selbständigen Ursprunges. Der Zwischenmuskel ?, als Pectoralis quartus aufgeführt, entsteht in Anlehnung an den Pectoralis minor von 5. und 6. Rippe. Ein zartes Bündel reiht sich caudal an und strahlt auf der 6. Serratus-Zacke aus. Die Anheftung am ÖOberarme erfolgt gemeinsam mit der Pectoralis major-Sehne an der Crista tubereuli majoris, proximal- wärts bis zum Tubereulum majus reichend. Der abgelöste Hautmuskel ist am Oberarme ebenfalls mit der Endsehne des Peetoralis major verschmolzen, schließt sich hier also auch an den vorigen Fall an. Er zieht caudalwärts zur 7. Serratus- Zacke mit schmaler, zur 8. und 9. Rippe mit breiter Bündelmasse. GRUSCHKA gibt an, daß dieser costale Muskel wegen der Versorgung durch den N. thoracalis dorsalis zum Latissimus gehöre. Der Ab- bildung entsprechend gelangen solche Nerven aber nur zum cau- dalen Abschnitte des costalen Gebildes.. Der proximale, humerale Muskelanteil kann und wird auch eine andere Nervenversorgung besessen haben. Die Deutung bleibt frei, ist für uns aber natur- gemäß eine solche, nach welcher auf Grund der maßgebenden Ver- bindung des fraglichen Gebildes mit dem Pectoralis major und des eindeutigen Anschlusses an den Zwischenmuskel laterale Haut- muskelreste mit einem abgespaltenen, costalen Randabschnitte des Latissimus dorsi (Z) innigst zur zusammengesetzten Muskelplatte verschmolzen sind. Der Ursprung des Latissimus von der 8. und 9. Rippe ist durchaus nichts Auffallendes. Die Deutung GRUSCHKAS, daß der Muskel bis zum Oberarme hin ein Latissimusteil sei, wider- streitet der ganzen Anordnung desselben. Ich halte die Deutung durch die Innervationsangaben nicht für erwiesen und für verfehlt. Oberflächliche Bündel des costalen Muskels werden pectoraler Na- tur, tiefe und costale Lagen Latissimus-Abkömmlinge gewesen sein. Wir kennen derartige Verschmelzungen zur Genüge, um uns auch hier die Freiheit der Deutung, welche nichts Gewaltsames in sich trägt, nicht verkürzen zu lassen. Die beiden letzten Fälle verlieren das Fremdartige, welches die Autoren ihnen zuschreiben, wenn sie von etwas weiteren Gesichts- punkten aus unbefangen betrachtet werden. Allerdings gerät man Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 17 dabei auch mit den Angaben über die Innervation (GRUSCHKA) in Zwiespalt, was aber nur auf den Unkundigen einen mißlichen Ein- druck machen kann. Der Erfahrene kennt die oft begangenen Irr- tümer, welche auf die Innervationsverhältnisse von Muskeln sich be- ziehen. In kritischen Fragen wird der Zweifel nicht nur erlaubt, sondern gefordert. Die Tatsache bleibt dabei unangetastet, daß die von dorsalen Nerven versorgten Muskeln nicht zum ventralen Haut- muskelgebiete gezählt werden können. Es wird nur mit Entschiedenheit zu bestreiten sein, daß der Lateraler Rest des Hautrumpfmuskels, welcher vom Fettpolster der Achselhöhle (24) sowie vom Schlüsselbeine (25) ausgeht und vor dem Latissimus dorsi bis zur 10, Rippe herabreicht. Nach H. Brunsscatr (1910, Fig. 8). humerale Abschnitt (2 der Fig 30) des mit 4 auf Fig. 1 bei GRUSCHKA bezeichneten Muskelstreifens dem Latissimus angehöre. Die Grenze zwischen beiden (? der Fig. 30) bleibt unbekannt. @. Laterale Hautmuskelreste, auf der Vorderwand der Achselhöhle verstreichend. Der sehnige, humerale Ursprung ist verkümmert. Der Aus- gangspunkt ist auf den Fettkörper der Achselgrube verlegt, von wo Muskelbündel zur Seitenwand des Brustkorbes sich verfolgen lassen. Auf Fig. 4 ist ein solches Gebilde (2a) vergesellt mit medialen, bis Morpholog. Jahrbuch. 48. 2 ; 18 Georg Ruge zum Schlüsselbeine ausgedehnten Hautmuskelresten (2b). Die axil- lare Bündellage reicht in geringem Abstande vom Vorderrande des Latissimus bis in die Höhe der 10. Rippe herab. Die Erscheinung des Herabrückens der humeralen Ursprungs- sehne auf das Fett der Achselgrube tritt auch an anderen Abschnitten der Pectoralisgruppe auf. Sie erscheint auf Fig. 32(/f) an der Pars abdominalis der Fig. 5 (bei BLunTscHui), stellt sich auf Fig. 33 (e) an den Zwischengliedern der Peetorales auf Fig. 6 (bei BLuntscHLi) ein und fehlt nicht an axillaren Hautmuskelresten. ß. Laterale, im Ursprunge bis zum Schlüsselbeine herauf- reichende Hautmuskelbündel. Es liegt eine Einzelbeobachtung vor (BLuntschHuı, 1910, Fig. 8) [Fig. 4]. Mittels zarter Sehne geht ein Muskel von Clavieula und Fascia coraco-clavicularis aus (2b). Mediale zarte Sehnenfasern strahlen senkrecht zur 2. Rippe aus. Eine schlanke Sehne verläuft caudalwärts und erhält neuen Zuwachs aus Sehnenstreifen, welche z. T. aus dem Fettpolster der Achselhöhle (2«) herkommen. Daraus seht eine fleischige Platte hervor, welche im geringen Abstande vom Vorderrande des Latissimus dorsi auf der Serratusfascie aus- läuft und der Abbildung nach bis zur 10. Rippe herabreicht. Der Pectoralis minor deckt den oberen Teil des abnormen Ge- bildes. Es handelt sich also um eine tiefe Schichte der Pectoralis- Gruppe, tiefer als der Pectoralis minor gelegen. Für diesen einzig bekannten hohen Ursprung der lateralen Haut- muskelbündelreste ist eine Erklärung vorderhand nicht zu geben. Ist es auch möglich, Befunde namhaft zu machen, welche mit dieser Varietät in eine gleiche Reihe zu gehören scheinen — sie werden im Zusammenhange beim Pectoralis minor und Subelavius be- sprochen werden —, so fällt der elavieuläre Ursprung eines Haut- muskels doch ganz aus dem Rahmen tierischer und menschlicher Einrichtungen, so daß eigenartige Abweichungen vorliegen können. Nur neues Tatsachenmaterial wird Einsicht in diese dunklen Ver- hältnisse ermöglichen. 4. Latero-dorsale Bündel des Hautrumpfmuskels. Hierher gehören Befunde, in welchen Muskeln zwischen Crista tubereuli majoris und Coracoid ausgehen, hier irgendwo mit der tiefen Sehiehte der Pectoralisgruppe verbunden oder sekundär von Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 19 ihr abgetrennt sind, um nach eaudalwärts gerichtetem Verlaufe auf dem Ventralrande und im Anschlusse daran auf der Dorsalfläche des Latissimus dorsi sich auszubreiten. Es können Bündel angereiht sein, welehe auf dem Serratus anterior verstreichen oder axillar- wärts sich ausdehnen (vgl. Fig. 8). 1. Eine ununterbrochene Bündellage belegte die seitliche Wand des Brustkorbes und füllte eranialwärts die Achselgrube aus (W. GRUBER 1844). 2. Bündel endigten auf der Faseie des Ventralrandes und der Dorsalfläche des Latissimus dorsi (BIRMINGHAM 1889). CUNNINGHAM sah an 8 Fällen dreimal die Fleischfasern zum Ventralrande und zur Dorsalfläche des Latissimus gelangen (1889). Le DousLE be- stätigte das Auftreten von längs über den Latissimusrand und schräg zur Dorsalfläche ziehenden Bündeln (1897). 3. Die Ausbreitung zur oberflächlichen Fascie war auf die 7. Serratus-Zacke und den Ventralrand des Latissimus beschränkt (Enpres 1893). 4. Fig. 1. Der Fall P. Bascakos (1905) zeigte den Hautmuskel in Anlehnung an den Latissimusrand. Zwischen diese verschiedene Grade der Ausbildung läßt sich eine Reihe anderer Fälle einfügen, welche auch zur Gruppe der lateralen Hautmuskelreste gezählt werden können. 5. Ein zartes laterales Hautmuskelbündel gelangt zum costalen Randteil des Latissimus und ist mit ihm durch eine sehnige Faser- masse zu einem zusammengesetzten Muskelstreifen verschmolzen (ELsÄsser, 1862). Die Grenze zwischen beiden Komponenten ist erhalten. Wird eine solche Zwischensehne undeutlicher, so bleibt die Zusammensetzung nur noch durch die doppelte Innervation er- ‚gründbar. 6. Fig. 5. Distal vom Coracoid entsteht aus dem axillaren Bindegewebe der Achselhöhle eine schlanke Sehne. Der aus ihr hervorgehende platte Muskel lehnt sich nach 10 cm langem Ver- laufe mittels dünner, flacher Sehne dem costalen Latissimus-Rand- bündel an, von welchem er nur durch etwas reichlicheres Binde- gewebe abgegrenzt ist (TOBLER, Fig. 20 S. 490). 7. Muskelstreifen, welche an die auf dem Serratus auslaufenden sich lateralwärts anschlossen, bedeckten den ventralen Latissimus- rand und reichten caudalwärts bis zu den Rippenzacken des Muskels herab. Andere Fasern verloren sich dorsal auf dessen Fascie. Der 2*+ 20 Georg Ruge Ausgangspunkt befand sich an Crista tubereuli majoris und Fascie zwischen Pectoralis minor und Coraco-brachialis. 8. Ein zartes Muskelbündel gelangte von der Achselfaseie zur Außenfläche der Pars costalis des Latissimus (CALorı 1866). Es war im Ursprunge vom Humerus auf die Achselgrube verlagert, welchem Zustande wir auch am TopLerschen Falle begegneten. 9. Die Verlagerung vom Skelete bis auf den Achselbogen fand sich am Eısterschen Befunde (1912, S. 484). An ihm breiteten sich _ Proc. coracoides ZS RR E IE: RL: Achselbogen M. latiss. dorsi — Latero-dorsales Hautmuskelbündel, welches aı der Wand der Achselhöhle entsteht und am Vor- derrande des Latissimus dorsi verstreicht. Na:h Toter (1902, Fig. 20). Längbsbündel eines auch mit axillaren Teilen versehenen Haut- rumpfmuskels auf der Pars costalis des Latissimus aus. Ventrale Fasern befestigten sich an der Fascie des Latissimusrandes; dorsal angeschlossene schlugen einen gleichen Verlauf mit den Randbündeln des Latissimus ein, so daß eine Abgrenzung schwierig ward, zumal abgespaltene Latissimusbündel sich den Hautbündeln anschlossen und in der Achselgrube mit axillaren Hautmuskelteilen verschmolzen. 10. Fig. 10. Im Genuryschen Falle (1903, Fig. 2) gelangten Längsbündel des Hautmuskels zum Randabschnitte des Latissimus, nahmen hier gleiche Verlaufsrichtung mit dessen Fleischfasern an und strahlten zwischen ihnen aus, was die Abgrenzug beider Ge- Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 21 bilde schließlich unmöglich machte. Auch hier bestanden gleich- zeitig die zu einem Achselbogenmuskel umgewandelten Elemente. 5. Abspaltungen ventraler Randbündel des Latissimus — Ver- schmelzung derselben mit lateralen Hautrumpfmuskelresten. Bil- dung eines zusammengesetzten vorderen Achselgrubenmuskels. (Vgl. Fig. 9, 10 und 27.) 1. In den zuvor erwähnten Fällen GEHRYs und EiIsLErs ist die Verschmelzung von Hautmuskeln mit dem Latissimus durch parallelen Bündelverlauf beider eingeleitet. Die Verbindung ist im Falle EisLERs durch Abspaltung oberflächlicher Latissimusfasern vervollständigt, welche nach kürzerem cranialwärts gerichteten Verlaufe mit dem Hautmuskel innigst verschmolzen sind. Kräftigere Latissimusbündel treten an den lateralen Hautrumpfmuskel in der Mitte dessen Längs- ausdehnung heran und ziehen weiter eranialwärts, wo deren End- sehne, allseitig von den Hautbündeln umschlossen, bis zur Ursprungs- sehne letzterer gelangt. Die Breite der axillar vereinigten Muskel- platte beträgt 2,8 cm. 2. An einem anderen Befunde (s. EısLEr) breitete sich ein ven- traler Randabschnitt des Latissimus auf einem peetoralen Achsel- bogen aus und gelangte aponeurotisch zum Scheitel eines faseialen Achselbogens. In Abweichung von der EısLerschen Deutung, nach welcher ein reiner Latissimusabschnitt vorliege, muß dieses Rand- bündel wieder aus einer Verschmelzung lateraler Hautmuskelreste mit einem abgespaltenen Latissimusteile aufgefaßt werden. So be- urteilt, stimmt der Fall mit dem vorigen überein. 3. Fig. 9. Ein vom Coracoid ausgehender Muskel setzt sich, wie es scheint, ohne erkennbare Abgrenzung in das costale Rand- bündel des Latissimus fort. Das daraus erzielte, zusammengesetzte Gebilde ist mit einem axillaren Hautmuskelreste zugleich vorhanden (ToBLER, Fig. 21). 4. Fig. 30. Sehr innige Verschmelzung lateraler Hautbündel mit einem abgesprengten, costalen Latissimus-Randbündel liegt im GruscHKaschen Falle vor. Ein breiter Muskel (2) geht von der Pec- toralis major-Endsehne an der Crista tubereuli majoris aus und ge- langt freien Verlaufes caudalwärts zur 7., 8., 9. Rippe. Zum co- stalen Abschnitte sind Äste des N. thoraeo-dorsalis verfolgt worden, wodurch dessen Latissimus-Natur (Z) zum Teil sichergestellt worden ist. Ein Anteil der Nn. thoracales anteriores blieb unbekannt. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß solche den proximalen, oberfläch- 22 Georg Ruge lichen Muskelanteil versorgt haben. Es würde dies dem ganzen Habitus des Muskels entsprochen haben. | Das gleichzeitige Auftreten ventraler und axillarer Hautrumpf- muskel-Reste spricht ebenfalls für die zusammengesetzte Natur des fraglichen Gebildes. 5. Fig. 22. Reste lateraler Hautmuskelbündel erhielten sich in einer aponeurotischen Sehne, welche vom Coracoid bis zur Crista tubereuli majoris sich ausdehnte. Sie ging in ein 3 cm breites, von 8. und 9. Rippe entspringendes, ventrales Randbündel des Latissi- mus über. Die vereinigte, also zusammengesetzte Platte hing mit einem Achselbogen, welcher zur Endsehne des Latissimus sich er- streckte, zusammen. Der Latissimusabschnitt gewann das Über- gewicht über den Hautmuskelteil. Trotzdem konnte es sieh nicht um einen reinen Latissimus-Achselbogen handeln (Sıcnher, 1911; S. 340). 6. Fig. 14. Ein scharf geprägter Befund ist durch S. MıLOSLAVSKY (12, S. 16; Fig. 2 und 3) aufgenommen worden. Vom Coracoid im Anschluß an den Pectoralis minor geht eine Sehnenplatte aus, welche abwärts gegen den Vorderrand des Latissimus verläuft. Sie verbindet sich mit Randbündeln desselben. Diese entspringen an der 10. Rippe, entfernen sich achselhöhlenwärts vom Muskelbauche, um als 7 cm breite Platte sich mit der Coracoid-Sehnenplatte zu ver- binden. Letztere ist ein sehnig gewordener lateraler Hautmuskel- teil, was aus dem Coracoid-Ursprunge und fernerhin daraus hervor- seht, daß an ihrer Verschmelzung mit dem Latissimus dorsi ein ab- gesprengtes, sehniges Randbündel der Pars abdominalis (Fig. 14, Ic) festgeheftet ist. Dasselbe ist, wie es verschiedentlich in anderen Fällen auftritt, mit den lateralen Hautmuskelresten fester vereinigt und vom Skelete aus distalwärts verschoben (s. Fig. 11—13). Abbildung und Beschreibung des Falles sind durch den Autor so einwandsfrei gegeben, daß aus ihnen die eigene Bewertung des Befundes möglich ist. Er reiht sich an die anderen an. 7. Zusammengesetzter vorderer Achselgrubenmuskel. a. Alle Muskeln, welehe am Coracoid oder Humerus von den Insertionsstellen der Peetorales ausgehen und mit vorderen Rand- bündeln des Latissimus caudalwärts zu einem einheitlichen Strange vereinigt sind, begrenzen die Achselhöhle streckenweise von vorn her. Sie können als zusammengesetzter vorderer Achsel- grubenmuskel im Gegensatz zum einfachen pectoralen Achsel- bogenmuskel genannt werden, welcher nur aus Hautbündeln besteht. Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 23 Außer den aufgeführten Befunden gehören in die Gruppe vor- derer Achselgrubenmuskeln die von Turner (1867), Wıuson (1888), PRıncErTEAU (1889), CuUNNINGHAM u. a. beschriebenen Fälle. b. Zusammengesetzte vordere Achselgrubenmuskeln mit einer Zwischensehne zwischen ihren beiden verschiede- nen Abschnitten. Sie kommen zustande durch die Anheftung eines lateralen Haut- muskelrestes an den Vorderrand des Latissimus, durch die Aus- bildung einer sehnigen Platte an der Anheftungsstelle und die dar- auf sich einstellende Ablösung der Randbündel vom Bauche des Latissimus. Die Sehnenplatte gestaltet sich zur Zwischensehne eines zusammengesetzten Muskelstranges. Diesen Formen schließen sich diejenigen an, bei welchen mehr quer durch die Axilla ziehende Hautmuskelreste die Verbindung mit dem Latissimus mittels einer Zwischensehne eingehen, die meistens als Teil der Endsehne des Latissimus sich bekundet. Der- artige Befunde leiten hinüber zu zahlreichen Erscheinungen am ge- wöhnlichen muskulösen Achselbogen, welche im folgenden Abschnitte aufgeführt werden. Fig. 9. Als Beispiel für die hier genannte Form nenne ich den von L. TogLer (1902, S. 499, Fig. 24) beschriebenen Fall. Ein laterales Hautmuskelbündel geht vom Humerus aus; es zieht caudalwärts und verbindet sich durch eine Zwischensehne mit einem breiten Randbündel des Latissimus. Die Sehne durchquert den zusammengesetzten, vorderen Achselgrubenmuskel. Der pectorale Abschnitt des zusammengesetzten Muskels kann zur Sehnenplatte rückgebildet sein. Dann erstreckt sich der Latissi- mus-Abschnitt vermittels derselben zur humeralen Anheftungsstelle der Pectoralis-Gruppe. Auf diese Weise stellt sich ein vorderer Latissimus- Achselgrubenmuskel ein, welcher aber ein zu- sammengesetztes Gebilde bleibt. 6. Axillare Bündel des Hautrumpfmuskels. a. Vom humeralen Ursprunge aus frei durch den Boden der Achselgrube verlaufende, dem Latissimus nur auflagernde und zu dessen Fascie oder der Fasecia axillaris gelangende Muskeln. Zu Hautmuskelbündeln können nur diejenigen gezählt werden, welche von humeralen Insertionspunkten der Pectorales ausgehen. 24 Georg Ruge Wenn Pectoralisbündel vom thoracalen Ursprunge aus zur Fascia axillaris oder F. brachialis sich ausdehnen, so handelt es sich um Überreste eines ursprünglich weiter distalwärts am Oberarme ausge- breiteten Muskels. Auch die vom Ursprunge des Pectoralis minor zur Achselbinde ziehenden Bündel haben mit einem Hautmuskel nichts zu tun. Die meisten Spielarten der zu besprechenden Form lassen sich ziemlich unmittelbar denjenigen Zuständen bei Cercopitheeinen anreihen, bei welchen, wie z. B. bei Cercopithecus cephus und Ma- cacus inuus, der eraniale Abschnitt des Hautmuskels vom caudalen abgespalten ist (ToRLER 1902, S. 488). CUNNINGHAM (1889) sah Axillarbündel unter acht Fällen dreimal auf dem Latissimus auslaufen, dreimal zugleich mit dem Ventral- rande des Latissimus vereinigt, also axillare und laterale Hautmuskel- reste gleichzeitig auftreten. BirminGHAMm (1889) fand das Ausstrahlen auf der Faseie des Latissimus, und LE DougLe (1897) bestätigte das häufigere Vorkommen solchen Verhaltens. Teilweises Ausstrahlen axillarer Bündel auf dem Latissimus tritt auf der Fig. 2 u. 3 zutage. Ventro-laterale Teile des Muskels sind durch eine Zwischensehne mit dem Latissimusrande eng verknüpft (TOBLER 1902, S. 489, Fig. 19). Die frei auf der Latissimussehne ausgebrei- teten biegen auf ihr um und endigen in der Nähe des humeralen Ansatzes der Sehne. b. Muskulöser Achselbogen = oberer pectoraler Achselgrubenmuskel. Einige Formen dieses Muskels sind auf Fig. 6-8 S. 27 dar- gestellt. Der axillare Hautmuskel verliert durch den Ansatz an der La- tissimus-Sehne allmählich jegliche Beziehung zu Haut und Fascie des Rückens. Er wird zum muskulösen Achselbogen, welcher den axillaren Nerven-Gefäßstrang überbrückt. Er bewahrt dabei den Ursprung am Humerus oder an benachbarten Teilen und kann ein einfacher, oberer pectoraler Achselbogen genannt werden gemäß seiner Herkunft von der Pectoralis-Muskulatur. Im Gegensatze zum vorderen Achselgrubenmuskel ist er ein oberes derartiges Gebilde. Die Versorgung durch Nn. thoracales anteriores wurde 1881 durch K. BARDELEBEN zuerst festgestellt (l. e. S. 403), später immer wieder bestätigt. Die Verschmelzung mit der Latissimus-Endsehne ist eine er- Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 95 worbene Erscheinung. Wir kennen glücklicherweise Zustände, in welchen sie eingeleitet ist, wo ein eranialer Bündelteil noch frei auf dem Latissimus ausläuft, ein anderer caudaler aber mit ihm bereits verschmolzen ist (TOBLER, Fig. 19). Man vergleiche Fig. 11, S. 30. Die Basis des oft dreieckigen Muskels ist gegen den Latissimus, die Spitze gegen die Peetoralis major-Insertion gerichtet (Le DOUBLE 1897). Der muskulöse Achselbogen soll nach LE DougLE in 7P/, bei Europäern auftreten. Eine allgemeine Schilderung der selbständigen Bildung findet sich bei P. EıstLer (1912, S. 481). Sie kann anstandslos übernommen werden; nur vertauschen wir die Angaben über Ursprung und An- satz miteinander. Der Muskel entspringt von der Crista tubereuli majoris im Anschluß an die Endsehne der Pars sterno-costo-abdo- minalis des Pectoralis major oder ist fest mit ihr verschmolzen. Die Pars abdominalis vermittelt häufig den Zusammenhang. Der Ur- sprung kann auf die Faseie heraufrücken, welche Biceps und Coraco- brachialis bedeckt. Sie kann das Coracoid oder den Axillarrand des Pectoralis minor erreichen. Es kann die Verbindung mit letzterem 2,5 cm vom Coracoid entfernt sein (J. Woon). Der Ursprung wird an verschiedenen Stellen der angegebenen Stätten zugleich gefunden. Der Ansatz erfolgt fleischig auf der dorsalen Fläche der La- tissimus-Sehne, reicht oft auf den eranialen Rand der Endsehne bis an den Muskelbauch heran und kann hier mit muskulösen Latissi- mus-Bündeln engere Verbindungen eingehen, wobei eine Zwischen- sehne dann die scharfe Grenze anzeigt. Der Ansatz kann auf die craniale Kante der Latissimus-End- sehne beschränkt sein. Der sehr wechselnde Umfang des muskulösen Achselbogens zeigt sich in dünnen Bündellagen oder in Fingerdicke. | Die bildliche Darstellung EısLers von einem scharf begrenzten Muskel ist klar und zutreffend (1912, Fig. 74, S. 482). Eine besondere, das Wesen des muskulösen Achselbogens klä- rende Bedeutung kommt denjenigen Befunden zu, in welchen be- nachbarte Hautrumpfmuskel-Reste erhalten sind. 1. Fig. 3. Der Achselbogen breitet sich mit oralem Abschnitte flächenartig auf der Lat.-Endsehne aus. Einige aborale, ventrale Bündel senken sich zwischen die Fleischfasern des Latissimus ein 26 Georg Ruge und empfangen festeren Verband mit der Muskel-Sehnengrenze des letzteren (TOBLER 1902, S. 498, Fig. 23). 2. Die oralen Bündel laufen frei auf der Lat.-Endsehne aus, indessen die aboralen scharf begrenzt endigen. Die dem Ventral- rande des Latissimus genäherten Bündel sind durch eine schräg ge- stellte Zwischensehne dem Latissimus angereiht (ToBLEr, Fig. 19). 3. Eıster (S. 482). Cranial an den axillaren Muskelbogen an- gelehnte Bündel ziehen um den Rand des Latissimus zu dessen thoracaler Fläche, wo sie sich im Bindegewebe zwischen ihm und Serratus anterior verlieren. Diese Bündel sind laterale, oben er- wähnte Hautrumpfmuskel-Abschnitte. 4. Fig. 2. Der geschlossene, axillare Muskel geht von der Unter- fläche der Peetoralis major-Endsehne aus. Er endigt auf der La- tissimus-Sehne, wobei seine Sehnenfasern senkrecht gegen die des Latissimus gestellt sind (BLuntschLı 1910, Fig. 2). 5. Fig. 14. Der Muskel geht von der Fasceie des Coraco-brachi- alis und kurzen Biceps-Kopfes im Anschluß an den Pectoralis minor aus. Nach 10 cm langem Verlaufe heftet er sich mit 3 cm breiter Basis und kurzer Sehne am oberen Rande der Latissimus- Endsehne fest. S. MıLosLAvsky beschreibt diesen typischen Haut- muskelrest als ein accessorisches Bündel des Latissimus (1912, S. 20). c. Scharf umsehriebene obere Achselgrubenmuskel erlangen bei großer Selbständigkeit zuweilen ansehnlichen Umfang. Der Muskel entsteht in Verknüpfung mit der Peectoralis-End- sehne, durchquert den Boden der Achselhöhle und gewinnt an der Latissimus-Endsehne eine scharf geprägte Anheftung. Bei einer Länge von nur 6 cm erreicht er eine Breite von 2 und eine Dicke von 1 cm (ToBLERr, Fig. 25). Diese Zunahme an Umfang gestattet es nicht mehr, kurzerhand von einem rudimentären Gebilde zu reden. Der Rest eines sonst rückgebildeten Muskels hat hier eine neue Entfaltung genommen und ist zur progressiven Bildung geworden. Präpectorale oder prästernale Muskeln tragen in sich die gleiche Fähigkeit, als Hautmuskelreste zuweilen einen außergewöhnlich großen Umfang anzunehmen und als fortschreitende Bildungen sich zu äußern. d. Rückbildungen pectoraler oberer Achselgrubenmuskeln. Sie sind in vielen Formzuständen bekannt geworden. Ein wich- tiger Befund dieser Reihe tritt in einer Sehnenplatte auf, welche die Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 97 seitliche Achselgrubenwand bedeckt und in LAnGers sehnigem Achsel- bogen erscheint. Hierüber handelt der Abschnitt 12b. 7. Gleichzeitiges Auftreten eines pectoralen, oberen Achselgruben- muskels mit anderen Resten des Hautrumpfmuskels. Diese Formen verdienen als Belege für die Ableitung des ein- fachen, muskulösen Achselbogens vom Hautrumpfmuskel besonders hervorgehoben zu werden. Wir verfügen über eine größere Reihe von Beobachtungen anderer Forscher, welche den Tatbestand durch Beschreibung oder Abbildung so weit klargestellt haben, daß er dem eigenen Urteile zugänglich ist. a. Der peetorale Achselgrubenmuskel (4) besteht zugleich mit Ein pectoraler, oberer Achselgrubenmuskel (4) ist vergesellt auf Fig. 6 mit einem ventralen (2), auf Fig. 7 mit einem lateralen (2), auf Fig. 8 mit einem latero-dorsalen (3) Hautmuskelreste. Fig. 6 nach ToBLER, Fig. 7 nach Böse. ventralen Resten des Hautmuskels oder abgelösten Randbündeln der Pars abdominalis (7), welehe von der Aponeurose des Obliquus thoraeo-abdominalis externus ausgehen und am Oberarme mit der Ursprungssehne des Achselgrubenmuskels verbunden sind. Fig. 6 stellt ein Beispiel dieser öfters beschriebenen Form dar. 1. Fig. 6. Ein von der Biceps-Fascie ausgehender Achselgruben- muskel setzt sich am Vorderrande des Latissimus in der Nähe von dessen Endsehne fest. Die Randbündel des Latissimus schließen sich mittels einer Zwischensehne eng an den Achselgrubenmuskel an. Eine breite Platte der Pars abdominalis des Peetoralis major gelangt als tiefe Schichte zur Ursprungssehne des Achselmuskels am Oberarme (L. ToßLEer 1902, S. 496, Fig. 22). 2. Ein Randbündel der P. abdominalis vereinigt sich in ähn- 28 Georg Ruge licher Weise mit einem peetoralen Achselgrubenmuskel. Dieser ge- langte zur Dorsalfläche des Latissimus dorsi. An seiner unteren, medialen Kante heftet sich ein breites Randbündel des Latissimus fest (Böse 1904, S. 593, Fig. 9). 3. Fig. 22. Die Abdominalportion, losgelöst vom Muskelbauche, gelangt humeruswärts unter die Endsehne des Pectoralis major. Ein oberflächliches Sehnenblatt erreicht die Crista tubereuli majoris; ein tiefes gebt in einen zur Sehnenplatte umgewandelten peetoralen Achselgrubenmuskel über, welcher das von 8. und 9. Rippe aus- gehende Randbündel des Latissimus in sich aufnimmt (H. SICHER Tall. wert), b. Fig. 7. Der pectorale Achselgrubenmuskel (4) besteht gleich- zeitig mit seitlichen, an der Fascie des Serratus anterior aus- gehenden Resten des Hautmuskels (2). Beide Muskeln gehen entfernt von der Crista tubereuli majoris von der Oberarmfascie aus. Die Sehne teilt sich nach etwa 4 cm langem Verlaufe in einen zur Dorsalfläche des Latissimus ziehen- den, peetoralen Achselgrubenmuskel (4) und in eine auf der Serratus- ‘ Fascie verstreichende, fächerförmige Muskelplatte (2). Auf der ande- ren Körperseite bestand der unter a, 2 aufgeführte Tatbestand (Böse 1904, S. 593, Fig. 8). e. Fig. 8. Der pectorale Achselgrubenmuskel (4) ist vergesellt mit seitlichen-dorsalen Resten des Hautmuskels (3), welche dem Randabschnitte des Latissimus dorsi auflagern. 1. Der peetorale Achselgrubenmuskel heftet sich an der Latis- simus-Sehne fest. Im Ursprunge mit ihm vereinigt, z. T. von der Endsehne des Pectoralis major ausgehend, besteht ein schmaler, lateraler Muskel, welcher caudalwärts zieht und der Pars costalis des Latissimus sich auflagert (EısLer 1912, S. 483). 2. Ein latero-dorsaler Hautmuskelrest bedeekt mit mehr als einem Drittel seiner Masse die costale Latissimusportion und reicht so bis zur Höhe der 7. Rippe hinauf. Die meisten Bündel schlagen einen parallelen Verlauf mit denen des Latissimus ein und verbin- den sich dabei innigst mit ihnen. Einige Bündel biegen indessen um den Rand des Latissimus zu dessen Dorsalfläche aus, wo sie in die Fascie ausstrahlen (EısLer 1912, S. 484). 3. Fig. 9. Der Achseigrubenmuskel (4) entsteht an der Biceps- Fascie; er verbindet sich durch eine Zwischensehne mit dem Latis- simus dorsi. Vom Üoracoid geht eine schmale Muskelplatte (5) aus, welche ventral von ersterem in den Vorderrand des Latissimus inne Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 29 sich einsenkt, ohne eine Abgrenzung erkennen zu lassen (TOBLER 1902, S. 494, Fig. 21). 4. Fig. 10. Der obere pectorale Achselmuskel (4) bildet mit lateralen Hautmuskelresten (3) eine einheitliche Platte. Sie geht mittels breiter Sehnenhaut vom Humerus aus, bedeckt von der End- sehne des Peetoralis major. Der axillare Muskel verbindet sich durch eine Zwischensehne mit dem Latissimus. Die lateralen Hautbündel- reste gehen unmittelbar in den Randabschnitt des Latissimus über (K. GEnurrY 1903, S. 451, Fig. 2). Pectoraler, oberer Achselgrubenmuskel (2) tritt gemeinsam mit einem lateralen Hautmuskelreste (3) auf. Beide entspringen selbständig, sind distal vereinigt auf Fig. 9; sie bilden auf Fig. 10 eine ein- heitliche Platte, deren Abschnitt 4 durch eine Zwischensehne vom Latissimus abgetrennt ist. Ab- schnitt 3 geht in den Vorderrand des letzteren über. Fig. 9 nach Toster (1902, Fig. 21); Fig. 10 nach GEnukr (1963, Fig. 2). Durch die Vereinigung der lateralen Hautbündel (5) mit dem Vorderrande des Latissimus kommt es auf Fig. 9 und 10 zur Bildung eines vorderen, zusammengesetzten Achselgrubenmuskels, welcher an ‚den oberen pectoralen angeschlossen ist. d. Fig. 11—14. Ein peetoraler, oberer Achselgrubenmuskel (4) besteht neben ventralen Hautmuskelresten (1), welche der Pars ab- dominalis zugehören. Diese sind vom Humerus oder von der Fascie des Biceps und Coraco-brachialis auf den Achselgrubenmuskel herab- gerückt, heften sich an dessen Vorderrand fest oder gelangen bis zur Endsehne oder zum Vorderrande des Latissimus dorsi. 1. Fig. 11. Die sehr selbständige Pars abdominalis (2) schiebt 30 Georg Ruge sich lateral unter die Pars sterno-costalis und heftet sich an der Fascie des kurzen Bicepskopfes fest. Ein 3—4 mm breites Rand- bündel (2a) löst sich lateralwärts von der Abdominalportion los und verbindet sich mit dem Vorderrande eines pectoralen, oberen Achsel- grubenmuskels (4). Dieser geht von der Unterfläche der Sehne der Portion 7 aus und endigt an der Dorsalfläche des Latissimus, bis zu dessen Vorderrand ausgedehnt. Bündel /a@ besitzt noch einen bis zum Oberarme hinaufreichenden Sehnenstrang (vgl. TOBLER 1902, S. 498, Fig. 23). Der genetische Zusammenhang aller drei Bildungen (1, 1a, 4) an der Biceps-Fascie ist noch erhalten. Fig.11. Fig. 12. Fig. 13. \\ { sr - / Ein pectoraler, oberer Achselgrubenmuskel (4) besteht gleichzeitig mit einem ventralen Hautmuskel reste (7), welcher auf Fig. 11 sowohl zum Oberarme als auch zum Achselmuskel-Vorderrande Za ge- langt, auf Fig. 12 u.13 gespalten den Vorderrand des Achselmuskels 4 aufsucht. Letzterer ist zur Sehnen- platte umgewandelt und ebenfalls mit einem zweigespaltenen Bündel der Pars abdominalis im Zu- sammenhange. Fig. 11 nach ToBLer, Fig. 12 u. 13 nach BrLuxtscari. 2. Fig. 12. Bei ähnlicher Anordnung aller Teile ist der Rand- streifen (/a) der Pars abdominalis selbständiger dem Vorderrande des Achselgrubenmuskels (4) angeheftet. Es gelangen keine Sehnen- stränge mehr zum Oberarme (H. Bruntschri 1910, S. 547, Fig. 2). 3. Fig. 13. Die Pars abdominalis ist zweigeteilt. Beide Bündel- platten (1a, 1b) sind vom Oberarme auf einen zum Sehnenstrange umgewandelten, pectoralen Achselgrubenmuskel (4) herabgerückt. Letzterer ist mit der Endsehne des Latissimus verschmolzen. Ein breites Randbündel desselben ist mit dem sehnigen Achselbogen 4 verschmolzen (H. BrunrscaLi 1910, S. 548, Fig. 3). Der von Eıster (1912, S. 484) beschriebene Befund zeigt eben- falls das Übergreifen lateraler Hautbündel auf einen muskulösen Achselbogen. 4. Fig. 14, nach MıLosLavskyY.. Das Randbündel der Pars ab- FERIEN a re m P Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 31 dominalis gelangt als Sehnenstreifen zur Vereinigungsstelle des sehnigen Achselbogens mit dem Vorderrande des Latissimus (Ze). 5. Fig. 15. Ein peetoraler Achselgrubenmuskel (4) geht kurz- sehnig vom Oberarme aus und heftet sich an der Dorsalfläche des Latissimus fest. Eine breite Randbündelplatte des letzteren schiebt sich humeruswärts zur Unterfläche des pectoralen Achselmuskels empor. . Von der Pars abdominalis löst sich lateralwärts ein gegen den Ansatz zweigeteiltes Randbündel los. Ein orales Bündel 1a heftet sich an der Sehne des Achselmuskels 4 fest; ein aborales Bündel 1d ist caudalwärts weiter vom Oberarme entfernt und ver- Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Ein pectoraler Achselgrubenmuskel tritt gleichzeitig mit einem ventralen Hautmuskelreste auf. Derselbe heftet sich auf Fig. 14 an der Verbindungsstelle des sehnigen Achselbogens mit Latissi- mus, auf Fig. 15 am Achselmuskel (7a) und am Vorderrande des Latissimus (7d), auf Fig. 16 am Oberarme (7) und an der Endsehne des Latissimus dorsi (Ze) fest. Fig. 14 nach MıLosLavskr (1912, Fig. 3), Fig. 15 nach Böse, Fig. 16 nach GEHRY. streicht auf dem Vorderrande des Latissimus dorsi. Das Bündel /d hat die genetischen Beziehungen zum Achselgrubenmuskel (4) völlig eingebüßt (Böse 1904, S. 594, Fig. 10). 6. Fig. 16. Neben einem einfachen, peetoralen oberen Achsel- grubenmuskel (4) besteht ein ventraler Hautmuskelrest. Er zeigt Verbindungen mit einem Sternalis. Durch seinen Ansatz an der Faseie des Oberarmes zeigt er Übereinstimmungen mit der Portion 1 der Fig. 11, 12. Eine Sehnenplatte ist vom Oberarme auf die End- sehne des Latissimus dorsi herabgerückt. Verfolgt man diese Sehne (Ze) von der Anheftungsstelle aus zum gemeinsamen Muskel, so findet man sie vor der Verbindung des Achselmuskels (4) mit dem Latissimus gelagert. Diese Eigenschaft macht sie auch einer anderen Deutung fähig, -indem sie als Rest einer überaus großen Distalausdehnung des Peetoralis major am Oberarme aufgefaßt 32 Georg Ruge werden kann. Der Tatbestand ist von K. GEHRY aufgenommen (1903, 8. 447, Fig. ]l). Die zu natürlichen Reihen geordneten Befunde lassen u. a. die Verschiebungen der humeralen Endsehne der Pars abdominalis bis auf den Latissimus dorsi erkennen (Ze). Die Verschiebungen erfolgen auf einer durch den oberen pectoralen Achselgrubenmuskel hergestellten Brücke; sie setzen dessen Anwesenheit voraus. Darin besteht eine Art von Gesetzmäßigkeit, welche nicht zum Ausdrucke kommt durch die Aussage, daß ein abgespaltenes Pectoralis-Bündel (Peetoralis quartus) an jeder Stelle mit dem muskulösen Achselbogen in Verbindung treten könne (s. EisLer 1912, S. 484). Die bevor- zugten Verbindungsstellen werden die Vorderfläche und der untere- vordere Rand des Achselmuskels sein, da die abdominalen Bündel des Pectoralis major eine oberflächliche Lage zum axillaren Haut- muskel einzunehmen pflegen. Fig. 17. Teres major Pector. je: In een major 2 3 Pars abdom. :, Pector. maj. Pars abdom. Achsel- bogen = Achselbogen Rand d, La- tissimus- Sehne 2, 2, NL Vorderrand Vorder rand "Latissimus dorsi Latissimus dorsi Gleichzeitiges Auftreten eines oberen (7,3) und eines vorderen (2) Achselgrubenmuskels. Linke Körperseite (Morph. Jahrb. 41. Bd. S. 521) Zürcher Museum, e. Gleiehzeitiges Auftreten eines oberen Achselgruben- muskels mit einem zum vorderen Achselgrubenmuskel sich gestaltenden Strange, welcher aus dorso-lateralen Haut- muskelresten und Latissimus-Randbündeln besteht. Diese Form spielt in die vorigen über; es handelt sich auch hier um gemeinsames Auftreten von axillaren und dorso-lateralen Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 33 Hautmuskelbündeln, von welchen letztere einen verschiedenen Grad des Anschlusses an die Latissimus-Randbündel erlangen. Da, wo die genaue Untersuchung noch eine Trennung beider Bestandteile ermöglicht, kann bei oberflächlicher Betrachtung leicht eine einheit- liche Fleischmasse angenommen werden. Einige hier aufgeführte Befunde könnten mit Fug und Recht auch im vorhergehenden Abschnitte als weiter vorgeschrittene unter- gebracht werden. 1. Lehrreiche Beispiele für eine Übergangsform bieten die Fi- guren 17, 18 dar. Dorso-laterale und axillare Hautmuskelreste bilden einen ansehnlichen Achselgrubenmuskel. Die lateralen Bündel lehnen sich dem Latissimusrande sehr eng an, ohne jedoch mit ihm zu verschmelzen. Sie strahlen beiderseits zur dorsalen Latissimus- fläche aus, wo sie sich mit dessen Bündeln kreuzen und dann auf Fig. 18. Pars sterno- costalis Pars abdominalis „.. Pector. = major Latissimus dorsi Latissimus dorsi Ähnliches Verhalten wie auf Fig. 17. Rechte Körperseite desselben Objektes, Morph. Jahrbuch, 41. Bd. S. 625). Zürcher Museum. dessen Fascie verstreichen. Die axillaren Bündel heften sich an der Latissimus-Sehne fest, strahlen als oberflächliche noch auf ihr aus, indessen sie als tiefe dem Rande des Latissimus in der Weise sich anfügen, daß Bündel des letzteren sich ihnen zuwenden und beide durch einen zwischen sie sich einschiebenden Endsehnenteil des Latissimus getrennt bleiben. Letzterer tritt als Zwischensehne auf. Morpholog. Jahrbuch. 48. 3 34 Georg Ruge Das beiderseitige Verhalten zeigt im einzelnen Abweichungen von- einander, in allem Wesentlichen aber Übereinstimmungen. 2, P. EısLer (1912, S. 484) fand auf einer Seite einen musku- lösen Achselbogen gleichzeitig mit einem zur Serratusfaseie aus- strahlenden Muskel, welcher zwischen Achselbogen und Pectoralis major seinen Ausgang nahm. Auf der anderen Seite war der Achsel- bogen in mehrere Bündel gespalten, Den auf der Serratusfascie ausstrahlenden lateralen Hautmuskelresten schlossen sich Bündel an, welche von der Unterfläche des Achselbogens aus in das Binde- gewebe unter dem Latissimus ausbogen. Das bei EısLEer auf S. 483 aufgeführte Verhalten gehört eben- falls hierher. Oberflächliche Bündel gelangen ununterbrochen bis zum costalen Latissimus-Ursprunge, wo sie ihm eng angegliedert sind. Tiefe Bündel ziehen als Achselbogen zur Endsehne des La- tissimus. 3. Fig. 9. Laterale Hautmuskelreste gehen vom Coracoid aus und erreichen nach Durchkreuzung der Achselgrube den Ventral- rand des Latissimus, in dessen Bündel sie fortgesetzt sind. Axil- ‚Jare Hautmuskelreste entstehen flachsehnig an der Fascie des Bi- ceps. Der sich verbreiternde Muskelbauch schließt sich dem vorigen allmählich an, inseriert aber breit am Beginne der Endsehne des Latissimus, unter Abspaltung eines als Zwischensehne auftretenden Teiles der Lat.-Sehne (ToBLEr, Fig. 21, S. 494). 4. Ein 2 em breites Randbündel des Latissimus bedeckte mit breiter Endsehne das Viertel eines mehrbündeligen, größtenteils an der Latissimus-Endsehne angehefteten Achselbogens und ging »in den thoracalen Scheitel des fascialen Achselbogens über« (EISLER 1912, S. 484). Gleichzeitig bestand ein lateraler Hautmuskelrest. 5. Ein mehrbündeliger muskulöser Achselbogen endigt zum größten Teile an der Endsehne des Latissimus (EısLer 1912, S. 484). Wo die anderen Bündel sich festheften, ist nicht angegeben. Von der Unterfläche des Achselbogens gehen gröbere Bündel aus, welche, ventro-caudalwärts gerichtet, zum Gewebe unter dem Latissimus und zur Fascie des Serratus ausstrahlen. So stellen sich auch hier neben den Achselbogenbündeln laterale Bestandteile des Hautrumpfmuskels ein. Auffallend ist die tiefe Lage der letzteren zu ersteren. Auf der Gegenseite befinden sich die lateralen Bündel in oberflächlicher Lage. Es bestehen solche aber auch hier; sie deeken die Anhef- tungsstelle des Achselbogens am Latissimus, gehen aponeurotisch in den thoracalen Scheitel des fascialen Achselbogens über und setzen Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 35 sich in den. Ventralabschnitt des Latissimus fort. Sie werden dem Latissimus zugesprochen, dürften nichtsdestoweniger Hautrumpf- muskelreste enthalten haben, welche mit Latissimusteilen innigst verschmolzen waren. Die Lage der aponeurotischen Teile in der Achselgrube gestattet eine derartige Auslegung. Seitliche Hautbündel hätten demnach eine Ausbreitung über Serratus und Ventralrand des Latissimus besessen. EISLER führt diesen Fall als besondere Art des pectoralen Achselbogens ohne Beteiligung von Latissimus- bündeln auf, insofern mit Recht, als ein jeder Fall mit Resten des Hautmuskels etwas Besonderes hat. Das Eigenartige liegt aber darin, daß ein 2 cm breites ventrales Randbündel des Latissimus über !/, der Länge auf dem pectoralen Achselbogen gegen dessen Insertion an der Latissimussehne gelagert ist, daß diese Lagerung sowie die aponeurotische Anheftung am fascialen Achselbogen auf Beteiligung des Hautmuskels hindeuten. EısLers Deutung des fraglichen Rand- bündels als eines reinen Latissimusabschnittes ist nicht anzuerkennen. Unter allen Umständen ist es unstatthaft, diesen Fall etwa als Be- weis für eine ursprüngliche Beziehung des Latissimus zur Crista tubereuli majoris heranzuziehen. Solche Beziehungen kommen nur durch Vermittelung des pectoralen Hautmuskels zustande, 8. Oberer Achselgrubenmuskel in engerer Verbindung mit Rand- bündeln des Latissimus dorsi; Fehlen lateraler Hautmuskelreste. Die Verbindung eines oberen Achselgrubenmuskels mit Latissi- mus-Randbündeln kommt durch eine Zwischensehne zustande, welche der Endsehne des Latissimus zugehört. Der Muskel wird durch diese Verbindung zweibäuchig; er begrenzt die Achselgrube auch von vorn und wird so zueinem oberen-vorderen Achselgruben- muskel. Der vordere Abschnitt ist verschieden von dem aus la- teralen Hautmuskelresten und Latissimus-Randbündeln zusammen- gesetzten Gebilde, von welchem zuvor die Rede gewesen ist. Der die Achselgrube von vorn begrenzende, abnorme Muskel kann hiernach auf drei verschiedene Arten zusammengesetzt sein. Er besteht aus: 1. lateralen Hautmuskelbündeln; 2. diesen und vorderen Latissimus-Randbündeln; 3. Latissimus-Randbündeln, welche durch eine Zwischensehne in den oberen Anke übergehen und durch m zur Crista tuberculi majoris geleitet werden. Bu 36 Georg Ruge Die letzte Form ist immer mit axillaren Hautmuskelbündeln ge- paart. Für sie lassen sich folgende Beispiele aufführen. 1. Der axillare Muskel heftet sich zum Teil an der geschlossenen Endsehne des Latissimus fest, verbindet sich anderenteils durch eine Zwischensehne mit einem abgelösten Latissimus-Randbündel. Man erhält diese Form, wenn man die längsverlaufenden, lateralen Haut- muskelreste 3 auf Fig. 9 sich völlig verschwunden denkt. 2. Ein 2 em breites Randbündel des Latissimus befestigt sich am unteren Rande eines oberen Achselgrubenmuskels (muskulösen Achselbogens), welcher kurzsehnig an der Dorsalfläche des Latissi- mus angeheftet ist. (Böse 1904, Fig. 8.) Das Latissimus-Randbündel ist auf der anderen Seite mit dem oberen Achselmuskel inniger ver- einigt. 3. Der obere axillare Muskel kann in ganzer Breite mittelst einer Zwischensehne in einen entsprechend breiten ventralen Randabschnitt des Latissimus übergehen. Der Randteil ist vom Latissimusbauche schärfer abgesetzt, woraus ein zweibäuchiger Muskel sich herleitet (vgl. EısLEr, S. 482). EısLer beobachtete einen spindelförmigen Achselbogenmuskel, an welchen sich mittelst einer 2 cm langen Zwischensehne ein abge- spaltener Latissimusrandteil festheftete. 4. Fig. 6. Der obere Achselgrubenmuskel vereinigt sich durch eine Zwischensehne mit dem costalen Randteile des Latissimus. Das Randbündel ist noch im Verbande mit dem Latissimus-Bauche. Die Zwischensehne ist ein Teil der Latissimus-Endsehne (ToBLe£r, Fig. 22). Es ist nieht möglich, diese Reihe abzutrennen von der folgen- den, welche nur durch die größere Selbständigkeit des Latissimus- abschnittes gekennzeichnet ist. Dieser bildet allmählich mit dem pectoralen, oberen Achselgrubenmuskel einen einheitlichen Muskel- strang, dessen Zusammensetzung aus zwei Teilen durch eine Zwischen- sehne angedeutet bleibt. Denkt man sich den pectoralen Achselgrubenmuskel zur Sehnen- haut rückgebildet, aber in Verbindung geblieben mit einem Latissimus- Randbündel, so stellt sich ein Befund ein, welchen man als Anheftung des Latissimus an der Achselaponeurose aufgeführt hat. Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 37 9. Zweibäuchiger Achselgrubenmuskel, zusammengesetzt aus einem axillaren Hautrumpfmuskelteill und einem vom Latissimus ab- gespaltenen Muskelbündel. Die Vereinigung beider Muskeln zum einheitlichen Achselgruben- muskel vollzieht sich mittelst einer Zwischensehne. Sie stammt von der Latissimus-Endsehne her. Man kennt sie in schmaler, breiter und flächenartig ausgebreiteter Form. Sie tritt etwa in 56°/, der Achselgrubenmuskeln auf, wenn die Angabe PRINCETEAUS, der sie unter 25 Fällen 14mal angetroffen hat, als Maßstab gilt. LuscmkAs Aussage (1863), die Zwischensehne komme jedem muskulösen Achsel- bogen zu, ist unzutreffend. Der zweibäuchige Achselbogen ist als zusammengesetzter Muskel eine neue Erscheinung und unter den Primaten nur beim Menschen bekannt. Da er sehr vollkommene Formen annehmen kann, so ist die Vermutung aufgetaucht, es handele sich um eine fortschreitende, um eine progressive Bildung. Der funktionelle Wert beruht wohl darin, für den Latissimus einen engeren Anschluß an die laterale und vordere Achselhöhlen- wand zu erzielen, wodurch dieselben fester geschlossen werden. Der Latissimus gewinnt Angriffspunkte auf die Insertionsstelle des Pecto- ralis major. Diese Beziehung ist neu und wird durch den pectoralen Abschnitt des zweibäuchigen Achselgrubenmuskels vermittelt. Der Muskel durchquert anfangs die lateräle Achselgrubenwand von vorn nach hinten und entspricht hier einem pectoralen oberen Achselgrubenmuskel. Nach der Verbindung mit dem Latissimus findet man ihn an der hinteren Achselgrubenwand, von wo er in das Ventralgebiet des Latissimus übergeht. Mit der größeren Selb- ständigkeit sieht man den zweibäuchigen Muskel aus dem vorderen Pectoralis-Gebiete durch die Achselgrube direkter caudalwärts ver- laufen und diese oben und weiter vorn begrenzen helfen, indem der abgelöste Latissimus-Abschnitt einer ventralen Verschiebung unter- liegt. Auf diese Weise kann der zweibäuchige Muskel zu einem oberen-vorderen Achselgrubenmuskel werden. Er unterscheidet sich von einem vorderen Achselgrubenmuskel / und 2 (S. 35) stets durch den Besitz einer Zwischensehne, welche von achselständiger Her- kunft ist und demgemäß auch axillare Hautmuskelreste aufge- nommen hat. Ein vorderer Achselgrubenmuskel / und 2 (S. 35) kann gleich- zeitig mit dem zweibäuchigen, zusammengesetzten, oberen-vorderen 38 Georg Ruge Muskel zur Ausbildung kommen. Das wird der Fall sein, wenn laterale Hautbündel sich neben den axillaren erhalten haben. Sie werden zusammenhängen miteinander, wenn zwischen lateralen und axillaren Hautmuskelresten dorsale Zwischenbündel bestehen und ebenfalls mit dem Latissimus vereinigt sind. Aus einem solchen Verhalten erklären sich die Zwischenformen zwischen den verschie- denen Arten von vorderen Achselgrubenmuskeln. Als Beispiel eines zweibäuchigen Achselbogens diene der folgende Befund. Man vergleiche Fig. 28 (ec, d). Der Muskel entspringt mit einer oberflächlichen Sehnenplatte am Humerus, mit einer tiefen an der Fascie des Coraco-brachialis. Die Anheftung erfolgt an einem breiten, abgespaltenen Abschnitte der Latissimus-Endsehne, welchem ein sehr ansehnlicher Abschnitt dieses Muskels angefügt ist (TOBLER 1902, Fig. 26). Der kräftige pectorale Abschnitt hat durch seine breite, selb- ständige Insertion die Spaltung am Latissimus zustande gebracht. Dessen abgespaltener Teil wird durch den peetoralen Achselbogen zum Humerus geleitet. Beide bauen den zweibäuchigen, zwiefach innervierten, sekundären Achselbogen auf. Ein derartiger Befund bildet die Brücke zum Verständnis aller Fälle, bei welehen der Latissimus-Anteil überwiegt und den pecto- ralen Anteil mehr und mehr verdrängt, woraus schließlich ein Latissimus-Achselgrubenmuskel sich herleitet, welcher einer neuen Epoche in der Entwieklung axillarer Muskeln angehört. 10. Übergreifen des Latissimus in das Gebiet des axillaren Haut- muskels — Reiner Latissimus-Achselgrubenmuskel. 1. Der peetorale Abschnitt des Muskels verbindet sich teilweise mit der Latissimus-Endsehne und teilweise, vermittelt durch eine Zwischensehne, mit einem abgelösten Teile desselben. Der Latis- simus dehnt sich zugleich über das Ende des pectoralen Abschnittes aus und verliert sich dann in der Achselhöhlenfascie. 2. Fig. 30, nach GruscakA (1911). Der pectorale Muskelabschnitt (4.) entsteht an Crista tubereuli majoris und Oberarmfascie. Es liegt vielleicht eine Verbindung axillarer und lateraler Hautmuskelbündel vor. Die Insertion erfolgt am Cranialrande der Latissimus-Sehne, 7 em vom humeralen Ansatze entfernt, und zwar mittelst einer oberfläch- lichen, 1 em breiten, und einer tiefen Bündellage. An diesen schmalen peetoralen Achselgrubenmuskel heften sich breite, vordere Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 39 Randbündel des Latissimus fest und sind durch dessen Vermittlung zum ventralen Oberarmgebiet übergeleitet. Die Randbündel sind voneinander abgegliedert. Ein Bündel entspringt an der 11. Rippe und heftet sich am Latissimus-Ansatze des pectoralen Muskels fest (bei GrusCHKA, Bündel 2). Eine breitere Bündelmasse entspringt an 10. und 9. Rippe und gelangt zur sehnigen, freien oberflächlichen Schichte des pecetoralen Abschnittes. Ein abgespaltener tieferer Rand- abschnitt des Latissimus entspringt von 9., 10. und 11. Rippe, ist aber ein Latissimusteil geblieben; denn er gelangt zur Latissimus- Endsehne. Der Latissimus hat unter Rückbildung des peetoralen Achsel- srubenmuskels größere Ausdehnung gewonnen und übernimmt größten- teils den Aufbau des Achselgrubenmuskels. GRUSCHKAsS Deutung lautet in gleichem Sinne. Ein unvermittelter Übergang vom Latissimus in den pectoralen Achselbogen ist, wie es scheint, Testur und LE DougLE bekannt gewesen. 3. Ein breites Latissimus-Randbündel ist gegen den unteren Rand eines pectoralen Achselgrubenmuskels abgespalten. Es zieht zu dessen Dorsalfläche, schlägt einen bogenförmigen Verlauf humerus- wärts ein, lehnt sich dabei an ihn an und ist mit dessen Bündeln teilweise verflochten (Böse 1904, Fig. 9). Auf der anderen Körper- seite verhält das Randbündel sich ursprünglicher, indem es dem unteren Rande des peetoralen Muskels einfach angefügt ist. Auch hier liegt die Zusammensetzung aus einem pectoralen Muskel und einem costalen Latissimus-Abschnitte vor. 4. Fig. 15. Ein weiteres Übergreifen des Latissimus auf den peetoralen Achselbogen beobachtete Böse (l. e., Fig. 10) bei einem Kinde. Der Achselgrubenmuskel ging wie gewöhnlich von der Peetoralis major-Insertion aus und heftete sich am Rande sowie an der Dorsalfläche des Latissimus fest. Ein breites Randbündel des letzteren setzte sich humeruswärts weit auf die Vorderfläche des peetoralen Muskels fort. Auf diese Weise entstand ein zusammen- gesetztes Gebilde, an dessen Aufbau dem Latissimus der Haupt- anteil zukam. 9. Fig. 22. Der pectorale Muskelabschnitt tritt im H. SıcHEr- schen Falle (1911) als breite Ursprungsplatte auf. Sie geht vom Coracoid aus, wo sie mit dem Peectoralis minor verwachsen ist. Ein dünnes Sehnenblatt leitet sich außerdem von der Kapsel des Schulter- gelenkes und vom Tubereulum majus her; es bedeckt Biceps und 40 Georg Ruge Coraco-brachialis.. Weiter distal greift die Ursprungssehne auf die * Crista tubereuli majoris über, wo eine innige Verbindung mit tieferen Sehnenzügen der als Pars abdominalis von H. SıcHEr vorgeführten, ventralen Hautrumpfmuskelbündel sich einstellt. Die verschiedenen Ursprungsstätten der aponeurotischen Sehne entsprechen denen, welche der Hautmuskel bei Tieren und beim Menschen aufweist. Der tatsächliche Zusammenhang mit ventralen Hautmuskelteilen zerstreut alle Zweifel an der gegebenen Deutung der Sehnenplatte. Sie setzt sich über das axillare Gefäß-Nervenbündel fort, umschließt es ziemlich knapp und geht dann unvermittelt in ein 3 cm breites Latissimus-Randbündel über. Dasselbe gibt sich als 8. und 9. Rippenzacke des Latissimus zu erkennen. Es ist mit dem pectoralen Achselbogen, welcher zur Sehnenplatte geworden ist, ver- einigt und wird durch sie zur pectoralen Humerusinsertion geleitet. Der N. thoraco-dorsalis versorgt den ganzen in den Achselbogen fortgesetzten Randteil des Latissimus. Äste vorderer Thoracalnerven konnten für den Achselbogen nicht nachgewiesen werden. Es ist nichtsdestoweniger möglich, daß letzte Reste eines pectoralen Haut- muskels bestanden haben, welche. ebenso wie ihre erhaltene Ur- sprungsplatte die innigste Vereinigung mit dem Randbündel des Latissimus eingegangen sind. Aber auch dann, wenn solche nicht vorgelegen haben, ist der Achselgrubenmuskel als ein zusammen- gesetzter aufzufassen: der sehnige Abschnitt ist vom axillaren Haut- muskel, der muskulöse vom Latissimus gebildet. Beide stellen eine einheitliche Bildung her, in welcher der letztere das Übergewicht gewonnen hat und durch ersteren zu den ventralen Skeletanheftungen geleitet wird. Bei dieser Beurteilung des Befundes handelt es sich keineswegs um einen ganz reinen Latissimus-Achselgrubenmuskel, sondern um ein zusammengesetztes Gebilde. H. SIcHER tritt auch für diese Deutung ein (1911, S. 343). Die Vermittlung der Bildung eines Achselgrubenmuskels durch den Latissimus ist hier durch axillare, vielleicht auch durch laterale Hautmuskelreste zustande gekommen. Der Befund durfte deshalb auch oben bereits Erwähnung finden. Der Hautmuskel übernahm für beide Fälle die Überleitung von costalen Latissimus-Randbündeln auf die am Humerus angeheftete Sehnenplatte. Daß axillare Hautbündel in Verwendung gekommen sind, geht aus einem zur Endsehne des Latissimus ziehenden Sehnen- . bogen hervor. Mit der Umbildung der pectoralen, achselständigen Bündel zur Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 41 Sehnenplatte wird die Zwischensehne eines ursprünglich zwei- bäuchigen Muskels in diese Sehnenplatte einverleibt und kann völlig in ihr aufgehen. Damit steigert sich die Schwierigkeit des Nach- weises, ob neben axillaren Hautrumpfmuskelteilen auch laterale am Aufbaue des je vorliegenden Befundes beteiligt gewesen sind. Nur die Anwesenheit einer Zwischensehne deutet auf achselständige Elemente mit Sicherheit hin. Sind laterale Hautbündel nach der ar mit vorderen Randbündeln des Latissimus zur Sehne umgewandelt, so werden letztere durch sie zur Peetoralis-Insertion am Humerus übergeleitet, woraus ein vorderer Latissimus-Achselgrubenmuskel sich herleitet. Er wäre ein Endglied der auf S. 21—23 aufgeführten Zustände. Bei- spiele für ihn werden hier angefügt, weil sie nie ganz rein zu sein brauchen, sondern mit den hier besprochenen Bildungen vergesellt sein können. 11. Rückbildung des pectoralen Achselgrubenmuskels zum Sehnen- bogen. a. Anheftung von Latissimus-Randbündeln an ihm. 1. Fig. 19a (nach BLuntscaui).. Der zur Sehne rückgebildete, pectorale Achselgrubenmuskel spannt sich von der Fascie des Biceps und Coraco-brachialis zur Latissimus-Endsehne aus. Ein breites Randbündel des Latissimus heftet sich am Sehnenbogen fest. Zu ihm gelangt außerdem die Pars abdominalis des Pectoralis major und bezeugt die pectorale Herkunft des Sehnenbogens. Der Latissimus gewann durch letzteren Angriffspunkte auf die Oberarmfaseie. Er spielt die Hauptrolle am Achselgrubenmuskel. Der Sehnenbogen aber ist für ihn der Vermittler zum Oberarm ge- worden; er ist, wie seine Anheftung an. der Latissimus-Sehne er- kennen läßt, aus achselständigen Hautbündeln hervorgegangen. Gelangt ein Muskelbündel vom aboralen Brustbein-Abschnitte zum sehnigen Achselbogen (EısLer 1912, S. 463) so gehört es zur tiefen Pars sterno-abdominalis des Pectoralis major, ist also nichts anderes als ein Teil der auf Fig. 13 stärker ausgebildeten Pars abdominalis. Durch sie wird immer wieder der EN SEE als pectorale Bildung erkennbar. 2. Fig. 195, nach Bruntscaui 1910, Fig. = Der zur Sehne um- gewandelte, pectorale BE annkef geht vom Coracoid und von der benachbarten Fascie aus, gelangt zum Vorderrande der 49 Georg Ruge Latissimus-Sehne und ist ihr enger einverleibt. Ein Randbündel des Latissimus, von dessen Bauche armwärts etwas abgespalten, heftet sich am peetoralen Sehnenbogen fest und nimmt ihn ganz in An- spruch. Hierdurch ist die Bildung eines Latissimus-Achselgruben- muskels eingeleitet, dessen unselbständiges Wesen aus Einzelheiten des Befundes sowie aus dem Vergleiche mit den verwandten sich ergibt. 3. Fig. 19c, nach Bruntscaui 1910, Fig. 1. Ein sehniger pecto- raler Bogen geht breit vom Coracoid und von der Faseia coraco- brachialis aus. Er verschmälert sich im freien, axillaren Verlaufe und heftet sich am Beginne der Latissimus-Sehne fest. Der ganze costale Abschnitt und ein Teil des von der dorso-lumbalen Apo- Fig. 19. N II— Hp ln) \ \us w’ Vier Grade der Umbildung des Hautrumpfmuskels (3, 4) zum sehnigen Achselbogen mit Übergreifen vorderer Latissimus-Randbündel (Z) auf ihn. Fig.a, db, c nach Bruntscarı (1910, Fig. 3, 4,1). Die Fig. d zeigt ein Verhalten, wie es etwa der Abbildung 7 bei HeıperıcH (1906) und bei SIcHeEr entspricht. neurose ausgehenden Latissimus sind in der Höhe der 5. Serratus- Zacke vom Muskelbauche losgelöst und am sehnigen pectoralen Achselbogen festgeheftet. - Die Breite der Insertionsstelle entspricht ungefähr derjenigen des freien Coracoidteiles des Sehnenbogens. Ein stattlicher Randabschnitt des Latissimus ist einem zu- sammengesetzten Achselgrubenmuskel einverleibt; er bildet dessen muskulösen Anteil und hat, vermittelt durch den pectoralen Sehnen- apparat, auf das Coracoid einzuwirken vermocht. Es ist zur Genüge bekannt, daß ein peetoraler Achselgruben- muskel auch vom Coracoid ausgehen kann, und daher unzulässig, dieser Anheftung wegen dem Sehnenstrange die Wesensgleichheit mit einem Hautmuskelteile abzusprechen. BLuntscHLi hat den Be- fund zutreffend interpretiert und gegen die von HEIDERICH für ganz Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 43 ähnliche Fälle gegebene Deutung sichergestellt. Letzterer hält den Sehnenbogen für die eigentliche Endsehne des Latissimus, während er doch nur die wesensfremde Brücke in der Ausdehnung zum Coracoid für den Latissimus geworden ist, und die Beziehungen des Latissimus zum Sehnenbogen immer erworbene sind. 4, Fig. 19d, nach HEiDericH 1906, Fig. 7. Sie stellt einen noch weiter geförderten Zustand dar. Der sehnige pectorale Achselbogen geht von der Pectoralis major-Endsehne und vom Coracoid aus. Mit scharf geschnittenem Rande ist er zur Latissimus-Sehne ver- folgbar. Eine breite Randplatte, vom Bauche des Latissimus durch eine schmale Spalte abgesetzt, findet am Sehnenbogen Anheftung. Vorderste Bündel reichen bis an das Coracoid heran. Der Achselbogen gewinnt hier überwiegend den Latissimus- Charakter. Das pectorale Gebilde dient, entsprechend funktionell verstärkt, ausschließlich zur Aufnahme des Latissimus. HEIDERICH hat derartig ausgesprochene Befunde viermal beobachten können. Fig. 22, nach H. SıcHer, 1911. Die Ausdehnung costaler Latis- simusteile auf den zur breiten Sehnenplatte umgebildeten, pectoralen Hautmuskel (3, £) entspricht ungefähr dem Zustande auf Fig. 19d. Der Achselgrubenmuskel ist hauptsächlich aus dem Latissimus (Z) aufgebaut. Sein humeraler, sehniger Abschnitt läßt in eindeutiger Weise den peetoralen Charakter durch den Übergang der Pars ab- dominalis (Z) in ihn erkennen, so daß am Aufbau äus zwei ver- schiedenen Bestandteilen nicht gut gezweifelt werden kann. Während es sich auf den Fig. 19a, 5 beim Sehnenbogen nur um rückgebildete axillare Hautmuskelabschnitte handelt, kommen auf Fig. 19c, d vielleicht noch laterale in Betracht, welche mit den Latissimuselementen innigst verschmolzen wären. Sichere Entschei- dung hierüber wird nicht zu erzielen sein. Fälle, wie auf den Fig. c, d können als Beispiele für Latissimus- Achselgrubenmuskeln gelten, jedoch in dem beschränkten Sinne von nicht reinen Formen, weil die Überleitung des Latissimus auf die peetoralen Insertionsgebiete durch die sehnige Brücke, dem Haut- muskel entstammend, geschehen ist. b. Umwandlung des pectoralen Achselbogenmuskels zur Sehnenhaut; Bildung eines sehnigen Achselbogens (LANGer). 1. Ein Teil der humeral entstehenden Sehnenfasern geht in einen muskulösen pectoralen Achselbogen über; ein anderer Teil verliert sich in der Fascie der lateralen Achselgrubenwand. 44 Georg Ruge 2. Böse (1904, Fig. 4 und 5) beschreibt einen sehr durchsichtigen Tatbestand. Links findet sich ein muskulöser, mit dem Latissimus- rande verbundener Achselbogen; er entspringt entfernt vom Humerus mit zerstreuten Sehnensträngen an der Achselfascie. Rechts stellt sich an entsprechender Stelle ein Sehnenbogen ein. Er ist an den ventralwärts ausgezogenen Randteil des Latissimus festgeheftet und geht in den Beginn der Endsehne desselben über. Der scharfe konkave Rand des Sehnenbogens ist armwärts gewendet. Die Latissimus-Randbündel sind hier mit dem zur Sehnenplatte gewordenen pectoralen Achselgrubenmuskel in allerinnigste Ver- bindung getreten. Da vom sehnigen Achselbogen Fasern zur Serratus- fascie ausstrahlen, so enthält er wahrscheinlich auch Reste von late- ralen Hautmuskelteilen. Böse nimmt einen anderen Standpunkt bei der Deutung des Tatbestandes ein, hält den sehnigen Achselbogen (LANGERS) für eine ursprüngliche Bildung und führt alle einschlägigen Befunde auf sie zurück. Er findet darin eine Stütze für die ältere, aber hier ver- lassene Ansicht, daß der Achselbogen den Rest einer ursprünglichen Verbindung zwischen Pectoralis und Latissimus bilde (1904, S. 597). Die Unhaltbarkeit solcher Anschauung wird durch die zusammen- fassende Darstellung aller bekannten Befunde hoffentlich für immer als erwiesen gelten. Man wird sich eben daran gewöhnen müssen, den viel umstrittenen LAngeErschen sehnigen Achselbogen als letztes Überbleibsel des Hautrumpfmuskels aufzufassen, ferner daran, daß, wenn auch ein solches fehlt, der LanGgersche Achselbogen nur als Kunstprodukt dargestellt werden kann. Das Verdienst LAnGErs, die oft behandelten Fragen angeregt zu haben, bleibt dabei unberührt. Den weiteren Ausführungen Böses folge ich hier nicht, da sie nach meiner Überzeugung von Grund aus irriger Natur sind und Schritt für Schritt ihre Widerlegung in dieser geschlossenen Darstellung finden. 3. F. HEIDERICH bildet eine Achselaponeurose ab, welche durch einen konkaven und distal gerichteten Rand, einen LAnGerschen seh- nigen Achselbogen, begrenzt ist (1906, Fig. 10). Die Sehnenhaut geht von der Unterfläche der Peetoralis major-Endsehne aus und gelangt zum Vorderrande des Latissimus dorsi. Diese Ausdehnung entspricht aber derjenigen eines pectoralen Achselgrubenmuskels in allen Merk- malen. Damit wird das fragliche Gebilde auf einen sehnig umge- wandelten Hautmuskelrest beziehbar. 4. Bisweilen gelangt ein Sehnenzipfel zur Aponeurose der Axilla Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 45 (HeivericH 1906, $. 533). Man hat aus diesem Überreste eines axil- laren Hautmuskelabschnittes ein Ligam. suspensorium axillae ge- macht, dessen Unbeständigkeit und Entstehungsweise einen solchen Namen nicht rechtfertigen. CHArPY und SouLi& führen diesen Sehnen- strang auf verschwundene Ausdehnung des Peetoralis minor mit Unrecht zurück (1905). Ein Fünkchen von Wahrheit wohnt dieser Deutung nur insofern inne, als Pectoralis minor und Hautmuskel der gleichen tiefen Schichte der Pectoralis-Gruppe entstammen. C. LAnGeErs sehniger Achselbogen. Die Abgrenzungsmöglich- keit einer axillaren Sehnenhaut (Aponeurosis axillaris) ist durch ErsÄsser (1862) in Abrede gestellt worden, welcher ihn für ein präparatorisches Kunstgebilde hält. LuscHkA (1862, S. 47) übernahm diese Angabe. Sie ist nicht richtig, da eine von der Fascie bedeckte Achselaponeurose bisweilen tatsächlich vorkommt (PoIRIEr 1888, HEıDERICH 1906). ELsÄssers Angabe trifft daher nur zuweilen zu. Nach HEIDERIcCH (l. ec. S. 539) tritt die Sehnenhaut sehr oft auf. Sie breitet sich zwischen Pectoralis major und Latissimus aus und ist auf einen rückgebildeten Muskel zurückzuführen. Ein sehniger Achselbogen besteht zuweilen in aller Schärfe, also zuweilen auch in weniger scharfer Weise. Ich stimme mit den auf dem Gebiete der Hautrumpfmuskulatur vertrauten Forschern überein, welche alle bekannt gewordenen, sehnigen Achselbogen als den zur Sehnenhaut rückgebildeten, pectoralen Achselgrubenmuskel auffassen. Es handelt sich hier nieht etwa nur um eine vage Meinung, sondern um. eine der bestbegründeten anatomischen Tatsachen. Wer, dies anzuerkennen, sich sträubf, möge schrittweise und ebenfalls lücken- los den Beweis erbringen, dal noch auf eine andere Weise ein sehniger Achselbogen entstanden sei. Unmöglich ist das ja nicht; aber die Anhänger dieser Ansicht werden sich in der Beweisführung der gleichen Mühe unterziehen müssen, wie diejenigen, welche weiteste Aufklärungen über die Umwandlungen im Gebiete des Hautrumpf- muskels gebracht haben. LAnGERs sehniger Achselbogen ist für uns ein zur Sehnenhaut rückgebildeter axillarer Hautmuskelrest. Als einen solchen hat ihn LANGER nicht gekannt. Mag er trotzdem seinen Namen weiter tragen, wenn man ihn nur richtig einschätzt. HEıperıch (1906) hat die Achselaponeurose in genetische Be- ziehung zu dem die Axilla durehquerenden, nicht sehr seltenen Muskel gebracht, aber bestritten, daß dieser irgendetwas mit dem Panniculus earnosus der Säuger zu tun habe (S. 355). Diese 46 Georg Ruge Ansicht stützt sich auf einige sehr lehrreiche Fälle von zusammen- gesetzten Achselgrubenmuskeln, welche jedoch in ungezwungenster Weise in unsere Darstellung sich haben einfügen lassen. ec. Übergang des Latissimus in die Fascia axillaris. Angaben hierüber werden in der Literatur öfters angetroffen (Woonp 1867, CALoRI, Fritsch 1869, BARDELEBEN 1881). Da das Verhalten im Gebiete des peetoralen Achselbogens nicht nachgeprüft werden kann, so verlieren die Angaben für uns an höherem Wert, obschon sie ohne weiteres in unserem Sinne sich erklären lassen. Hyrru und Hexte nahmen den Übergang des Latissimus in die Fascia axillaris gar als Regel an. Die Unrichtigkeit dieser Aussage ist bereits durch ELsÄsser (1862) hervorgehoben worden. Ich habe derb sehnige Fascien der Achselhöhle, zu welchen Randbündel des Latissimus gelangten, immer gegen die Humerus- Insertion des Pectoralis major gelangen sehen. Es wird vielleicht nötig werden, derartige Fälle methodisch nochmals zu untersuchen, um auch auf dieser Linie falsche Ansichten ein für allemal zu- rückzuweisen. Die Überleitung von Latissimusbündeln in die Faseia s. Apo- neurosis axillaris ist durch einen pectoralen, zur Sehne rückgebildeten Achselgrubenmuskel gewährleistet. Derselbe muß als der orale Ab- schnitt eines zusammengesetzten Muskels gedacht werden, wie er in voller Ausbildung auf S. 38 geschildert worden ist. Aus dem Übergehen von Latissimusbündeln in die Achselfascie schließen wir demnach auf die Anwesenheit von rückgebildeten, axil- laren Hautmuskelresten zurück. 12. Distale Ausdehnung der Abdominalportion des Pectoralis major am Oberarme. — Gleichzeitiges Auftreten eines pectoralen Achselgrubenmuskels. a. Ursprung des Achselgrubenmuskels an der Endsehne des abnormen Oberarmabschnittes des Pectoralis major. Das gleichzeitige Auftreten dieser beiden Anomalien ist durch zwei sehr gut dargestellte Beobachtungen belegt. Sie sind durch L. TOBLER und Böse beschrieben und abgebildet. Sie gehören in eine und dieselbe Reihe. Der Bösesche Fall ist der durchsich- tigere und trägt zum Verständnis des ToBLerschen Falles bei. 1. Fig. 20, nach Böse. Zweitiefe Muskelbündel der Abdominal- Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 47 portion (1,2) des Peetoralis major gelangen als breite Muskelplatte bis gegen die Mitte des Oberarmes und heften sich hier an einem Sehnenstreifen fest, welcher, bedeckt von .der gewöhnlichen End- sehne des Pectoralis major, von der Crista tubereuli majoris aus- geht, den Biceps im kurzen Bogen überbrückt, um dann geraden Verlaufes zum Epicondylus medialis zu ziehen. Vom geradlinigen Teile des Sehnenstreifens geht, überlagert von der abnormen Pectoralisplatte, ein pectoraler Achselgrubenmuskel (4) aus. Seine Ursprungssehne ist proximal kurz-, distal langfaserig. Fig. 20, Übermäßige Ausdehnung des Pectorails major auf den Oberarm, bis zum Epicondylus medialis. Gleich- zeitiges Auftreten eines peetoralen Achselgrubenmuskels (4), welcher vom Vorderrande des Latissi- mus dorsi zum Oberarme ausgedehnt ist. Hier wird er vom Pectoralis bedeckt. Auf Fig. b ist er in ganzer Ausdehnung sichtbar, nach Entfernung des Pectoralisabschnittes. Nach Böse (Morpholog. Jahrb. 1904. S.558 Fig. 1 und 2). Sein ziemlich stark entwickelter Bauch gelangt von der hinteren Fläche der verbreiterten Abdominalportion zum Rande des Latissi- mus, wobei er an der seitlichen Achselhöhlenwand den Gefäß- Nervenstrang überbrückt. Die Verbindung mit dem Latissimus er- folgt mittels einer Zwischensehne, — Der Ausgangspunkt des Hautmuskelrestes ist durch die distale . Ausdehnung des Pectoralis major auf den humeralen Sehnenstreifen verlegt. Dieser gehört der Pars abdominalis zu, wodurch der Haut- muskelrest die Zugehörigkeit zu ihr bekundet in gleicher Weise, wie sie in allen Fällen pectoraler Hautmuskeln sich nachweisen läßt. Die Anheftung des Achselgrubenmuskels am Latissimusrande erfolgt etwa in einer Art wie auf Fig. 6. 48 Georg Ruge 2. Fig. 21 nach TosLer (1902, Fig. 24). Das Randbündel der Pars abdominalis (7) heftet sich im Anschluß an die gemeinsame Pectoralis-Endsehne an. der Fascie des Coraco-brachialis fest und geht von hier aus in einen Sehnenbogen über, welcher in disto- medialer Richtung über den Biceps hinwegzieht und in die Ober- armfaseie ausstrahlt. Ein selbständigeres Bündel (2) der Pars ab- dominalis geht von der Fascie auf der 4. Serratus-Zacke aus und senkt sich nach bogenförmigem Verlaufe spitzwinkelig in den hume- ralen Sehnenbogen ein. Diese Gebilde sind, in rückgebildeter Form auftretend, der ge- schlossenen Pectoralisplatte am Oberarme des vorigen Falles gleich- wertig. Vom Distalende des humeralen Sehnenbogens geht mittels schlanker Sehne ein pectoraler Achselgrubenmuskel (4) aus, welcher an der Endsehne des Latissimus festgeheftet ist. Er entspricht dem etwa gleiche Beziehungen aufweisenden Muskel des vorigen Be- fundes, unterscheidet sich von ihm nur durch die verschiedene An- heftung am Latissimus. Von einem solchen Achselgrubenmuskel als einem Hautmuskelreste war im Abschnitte 6 die Rede. Sein Ursprung ist an die Abdominalportion gebunden, mit ihr aber distal- wärts verlagert. Die rein anatomischen Verhältnisse sind in beiden Fällen ver- ständlich; denn sie sind aufeinander beziehbar und an geschlossene. Reihen von Varietäten am Pectoralis major und am Hautrumpfmuskel angliederungsfähig. Die Beurteilung in stammesgeschichtlicher Hin- sicht bleibt uns vorläufig versagt. Vermutlich wird sie sich streng halten müssen an die vergleichend-anatomische Beurteilung der regel- widrigen, distalen Ausdehnung des Pectoralis major, wobei man sich des Eindruckes nicht wird erwehren können, daß dieser Zustand Ursprüngliches in sich schließt. b. Regelrechter Ursprung des Achselgrubenmuskels. 1. Fig. 22. Fall H. Sıcaer 1911, S. 340, Fig. 1. Der pecto- rale Achselbogenmuskel ist zur breiten, aponeurotischen Platte um- gewandelt (3, 4). Sie ist am Coracoid, Tubereulum majus humeri, an der Kapsel des Schultergelenkes befestigt und in einheitlicher Schiehte bis zur Crista tubereuli majoris ausgedehnt. Die Lage zur Endsehne des Pectoralis major ist die gewöhnliche. Die costale Randportion des Latissimus geht als 3 cm breite Platte in den Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 49 sehnigen peetoralen Achselbogen über. Der Achselgrubenmuskel ist also ein zusammengesetzter. Die vom Peetoralis losgelöste Pars abdominalis schiebt sich humeruswärts unter den Pector. major. Die platte Endsehne spaltet sich in ein oberflächliches Blatt (7), welches zur Crista tuberculi majoris gelangt, und in ein tiefes (2), welches medial mit dem pec- toralen, sehnigen Achselbogen zusammenhängt und lateral in die Fig. 21. Fig. 22. Ausdehnung der Pars abdominalis zur Oberarm- Die selbständige Pars abdominalis heftet sich faseie (2,2), wo eine Verbindung mit einem mit oberflächlichem Blatte (7) am Humerus, mit Achselgrubenmuskel stattfindet (2). Dieser ist der tiefem (2) an Oberarmfascie und pectoralem Latissimus-Endsehne aufgelagert. Außerdem be- sehnigen Achselgrubenmuskel (3, 4) fest. Dieser steht ein zusammengesetzter Achselgrubenmuskel nimmt den Randteil des Latissimus dorsi auf. (3). Nach L. Toster (Morphol. Jahrb., 30. Bd. Nach H. Sıc#er 1911, S. 340 Fig. 1 (Morpholog. 1902, Fig. 24). Jahrb. 43. Bd.) Die Bildungen 7, 2, 3, 2 beider Figuren entsprechen einander, Fascie des Oberarmes übergeht, wo sie bis zum Septum inter- musculare mediale verfolgt worden ist. Das oberflächliche Blatt 1 entspricht dem Bündel 1 des TOBLER- schen Befundes (Fig. 21); es entbehrt aber der distalen Ausdehnung. Das tiefe Blatt 2 der Pars abdominalis entspricht dem Bündel 2 jenes Falles, ist wie dort auf den Oberarm ausgedehnt und mit dem peetoralen Achselbogen vereinigt. Dieser geht dann auch mit dem lateralen Randteile auf den Oberarm über. | Die Übereinstimmung aller Bausteine mit denen auf Fig. 21 ist um so auffallender, als Bündel 3 des TogBLerschen Falles jenem Teile des sehnigen pectoralen Achselbogens entspricht, welcher etwa Morpholog. Jahrbuch. 48. 4 50 Georg Ruge vom Coraeoid ausgeht. Der Übergang in den Latissimus ist in beiden Fällen ausgesprochen. 2. Fig. 23. Ein von H. Bruntscauı (1910, S. 552, Fig. 6) mit- geteilter Tatbestand zeigt eine andere Vergesellung einer Distal- ausdehnung der Abdominalportion (1, 2) des Pectoralis major mit einem pectoralen Achselgrubenmuskel (3, 4£).. Gleichzeitig sind durch eigenartige Verwachsungen beider mit der Latissimus-Endsehne Sonderverhältnisse geschaffen, welche durch den Vergleich mit dem TogLerschen Falle Aufklärung finden. Das Randbündel der Pars abdominalis (ZI) löst sich als feines Muskelband| (Z) in distaler Richtung los, bleibt der Seitenwand des Brustkorbes anfangs angelagert und gelangt dann zur Endsehne des Latissimus. Es setzt sich von ihr aus in einen Sehnenstreifen zur medialen Fläche des Oberarmes fort, wo der Übergang in dessen Fascie erfolgt. Dieses Randbündel entspricht dem des TOBLERschen Falles, unterscheidet sich von ihm jedoch durch die völlige Los- lösung von der Endsehne des Pectoralis major sowie durch den er- worbenen freieren Verlauf zur Oberarmfaseie. Von der Fascie der 5. Serratus-Zacke geht eine Sehnenplatte (2) aus, welche sich mit dem Randbündel der P. abdominalis vor der Latissimus-Endsehne verbindet, um gemeinsam mit ihm den zur Arm- fasecie gelangenden Sehnensireifen zu bilden. Diese Art der Vor- führung des Tatbestandes ist nach der Beschreibung und bildlichen Darstellung des Autors durchaus gerechtfertigt, wennschon derselbe meines Erachtens eine weniger glückliche Schilderung gegeben hat. Die Sehnenplatte, vom Serratus ausgehend und am Oberarme geendigt, ist dem Muskel mit gleichem Ursprunge und Ansatze des TogLerschen Befundes. gleichwertig. Ein peetoraler Achselgrubenmuskel (3, £) geht, bedeckt von der normalen Endsehne des Pectoralis major aus. Seine Sehne kreuzt Biceps und Coraco-brachialis,. Seine feine muskulöse Platte ge- langt zum Oberrande des abnormen Oberarm-Sehnenstreifens der P. abdominalis an diejenige Stelle, wo er der Endsehne des La- tissimus aufs innigste angelagert ist. Dieser pectorale Achsel- grubenmuskel findet sich im TogLerschen Falle, allerdings in etwas abgeänderter Form, ebenfalls vor. Er ist dort mit einem Rand- bündel des Latissimus durch eine Zwischensehne zu einem zusammen- gesetzten Muskel vereinigt. BLUNTSCHLI ist geneigt, in jenem vom Pectoralis major und von der Serratus-Fascie ausgehenden und zum Oberarm ziehenden Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 51 Sehnenstreifen, ebenso wie es hier geschehen ist, Reste einer über- mäßigen Distalausdehnung des Pectoralis gelten zu lassen, hält aber den ganzen Befund nicht für eindeutig. Dagegen ist geltend zu machen, daß die Berücksichtigung des Gesamtmateriales kaum etwas gegen die hier gegebene Deutung wird einzuwenden haben, 3. Fig. 24. Fall Geurys 1903, S. 447, Fig. 1. Denkt man sich am vorigen Befunde den Sehnenstrang von der Latissimus-Endsehne bis zum Oberarme rückgebildet, so bleibt ein Grundstock der regel- Fig. 24. N NS Rn NY UND NN) \ ÜO | ) IN N / /l ALT] Randbündel des Peetor. major (Z) mit einer von der Serratus-Fascie ausgehenden Sehnenplatte (2) zum Oberarme. Anlagerung der letzteren an der Latissimus-Endsehne. Ein pectoraler Achsel- grubenmuskel zur Vereinigungsstelle beider, Nach Losgelöstes Randbündel der Pars abdominalis (2) gelangt zur Fascie des Biceps und zur Latissimus- Endsehne, Ein pectoraler Achselgrubenmuskel (2) heftet sich an letzterer gleichen Ortes fest. Nach GEHRY (Morphol. Jahrb. 1903, 31. Bd. S. 447 Fig. 1). H. Bruntscarı (Morphol. Jahrb. 41.Bd. 1910, Fig. 6). widrigen Muskulatur übrig, wie er auch hier vertreten ist. Es ist daher gestattet, den Fall GEHRYs hier einzureihen. Es besteht ein von der Crista tubereuli majoris ausgehender und dem Vorderrande des Latissimus mittels einer Zwischensehne angehefteter, pectoraler oberer Achselgrubenmuskel (4). Ein von der Pars abdominalis los- gelöstes Randbündel des Pectoralis major zeigt eigenartige Ver- bindungen mit einem Sternalis. Es setzt sich in nicht ungewohnter Weise gegen Coracoid und zur Fascie des Coraco-brachialis und Biceps fort. Von der gemeinsamen Endsehne spaltet sich ein lateral- wärts ziehender Schenkel (Ze) ab. Er verschmilzt mit der Vorder- 4* 52 Georg Ruge fläche der Endsehne des Latissimus unmittelbar unterhalb der An- heftung des peetoralen Achselgrubenmuskels mit ihr, also genau an der Stelle, wo auf Fig. 23 die Bildungen 1, 2, 3, 4 dem Latissi- mus fest angelagert sind. Die weitere Fortsetzung des Sehnen- schenkels zur Latissimus-Endsehne entspricht einer Strecke des Sehnenbogens I, 2 der Fig. 23. Der Befund bleibt nichtsdestoweniger zweideutig, da sich nicht mit Sicherheit feststellen läßt, ob der betreffende laterale Sehnen- schenkel als Überbleibsel einer Distalausdehnung am Oberarme sich erhalten hat. Der Tatbestand fand deswegen auch an anderer Stelle Erwähnung. 13. Übergreifen des Latissimus dorsi auf die seitliche Wand des Brustkorbes, Anheftung an quer gelagerten Sehnenstreifen. Die von H. Bruntscaui (1910, Fig. 7) mitgeteilte Beobachtung zeigt uns auf Fig. 25 einen schmalen Sehnenstreifen (2), welcher von der Serratus-Faseie in der Höhe des 4. Intercostalraumes aus- geht und nach schrägem, lateralwärts gerichtetem Verlaufe am Vor- derrande der Latissimus-Sehne verstreicht. Der Sehnenstreifen ent- spricht nach Richtung und Lage, worauf auch BLUNTSCHLI hinweist, dem Sehnenzuge 2 der Fig. 23. Denkt man ihn sich ventralwärts verlängert, so trifft er auf die Abdominalportion des Pectoralis ma- jor. Es liegt kein Grund vor, ihn nicht mit dem Gebilde 2 der Fig. 23 für gleichwertig zu halten. Th. GRUSCHkA tritt für die Übereinstimmung mit der Abdominalportion ebenfalls ein (S. 367). Trifft die Gleichwertigkeit aber zu, so ist er ein Überbleibsel der übermäßigen Distalausdehnung der Abdominalportion auf den Ober- arm. Die Verschmelzung mit der Latissimus-Sehne ist hier wie dort an entsprechender Stelle eingetreten. Die vorderen Randbündel des Latissimus sind in beiden Fällen auf den Sehnenstreifen (2) über- getreten, auf Fig. 23 in geringem, hier in ausgedehntem Grade. Der Latissimus breitet sich plattenartig auf die Fascie des Serratus an- terior, bis zu dessen 6. Zacke aus. Der Befund läßt sich nach unserer Auffassung an die durch Fig. 20—25 erläuterte Reihe anfügen und erhält dadurch zunächst eine annehmbare Deutung. Er stellt immerhin eine singuläre Form dar und kann, wenn der tatsächliche Boden verlassen wird, auch anders gedeutet werden. Da die Innervation der regelwidrigen Latissimus-Platte unbekannt ist, kann in ihr der Rest seitlicher Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 53 Hautmuskelbündel vermutet werden (BLunTscaLı, S. 555). Auch läßt sie sich ableiten von selbständig über den Serratus ausgebrei- teten Randbündeln des Latissimus. Für diese beiden Deutungen fehlen jedoch Anknüpfungen an andere Beobachtungen, so daß die obige Beurteilung vorderhand die annehmbarere ist. Wollte man den Sehnenstreifen 2 ableiten von Hautmuskel- resten oder der Pars abdominalis, welche vom Oberarme aus auf den pectoralen Achselgrubenmuskel bis zur Latissimus-Sehne sich ver- Fig. 25. SER Ein Sehnenstreifen 2 erstreckt sich von der Fascie des Serratus anterior zum Vorderrande der La- tissimus-Sehne. Ihm fügt sich der ventralwärts verbreiterte Latissimus an. Nach H. Bruntscauı (1910, Fig. 7). lagerten (vgl. Fig. 11, 12, 13, 14), so wäre die Voraussetzung nötig, daß ein Achselgrubenmuskel vorhanden gewesen wäre, wodurch eine neue Unbekannte sich einschöbe. Das Fehlen eindeutiger Zwischen- glieder schiebt die endgültige Erklärung des Falles einstweilen hinaus. Er ist allem Anscheine nach der Ausläufer einer zusammengesetzten Bildung, an welcher der Sehnenstreifen 2 sich als eine Brücke für die Latissimus-Ausdehnung aus der pectoralen Muskulatur erhalten hat. 14. Stellen des Übergreifens des Latissimus dorsi auf die durch den Hautrumpfmuskel gebildeten Brücken. Eine Gruppe von Abweichungen am Latissimus dorsi ist eng an die Anwesenheit von Abschnitten des Hautrumpfmuskels ge- 54 Georg Ruge kettet. Dieser bildet Brücken für das Übergreifen des Latissimus in fremdes Gebiet. Die Stellen, an welchen dieser Vorgang ange- troffen wird, finden sich am ventralen Randbezirke des Latissimus. Es lassen sich die folgenden, daraus hervorgehenden Zustände unter- scheiden: 1. Fig. 26. Abdominale Bündel des Pectoralis major dehnen sich in übermäßiger Weise distalwärts auf den Oberarm aus; sie er R I) & Fig. 27. SS % -& — —— NVA —— d =i= Fig.26. Sehnenstreifen Z, entstanden aus abdominalen Bündeln des Pectoralis major, verbunden mit der Latissimus-Sehne. Übergreifen von Randbündeln des Latissimus (Z) auf die Sehnenstreifen, Fig. 27. Laterale Hautmuskelbündel (2 u. 3)in Verbindung mit vorderen Randbündeln des Latissimus (Z). Fig. 28. Fig. 29. | I u \ Fig. 28. Verschiedene Zustände von Verbindungen vorderer Randbündel des Latissimus dorsi (£) mit axillaren Hautmuskelteilen (2). Fig.29. Verbindungen des Latissimus (Z) mit lateralen (2 u. 3) und mit achselständigen Hautmuskel- teilen (2). wandeln sich in einen Sehnenstreifen um. Dieser verlötet mit der Latissimus-Sehne. Von der Verlötungsstelle greifen vordere Rand- bündel des breiten Rückenmuskels ventralwärts auf den Sehnen- streifen über (Fig. 26a). Vom sehnigen abdominalen Strange erhält sich nur der biszur Latissimus-Sehne ausgedehnte Abschnitt. Er bietet einer breiten ventralen Muskelplatte Anheftungsstellen dar (Fig. 265). 2. Fig. 27. Laterale Hautbündel verschmelzen mit dem Vor- derrande des Latissimus. Dieser greift in das Gebiet der ersteren über und erwirbt Beziehungen zu Insertionsstellen der Pectoralis- Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 55 gruppe am Oberarme (Fig. 27a). Daraus geht schließlich ein vor- derer Latissimus-Achselgrubenmuskel hervor (Fig. 275). 3. Fig. 28. Achselständige Hautmuskelbündel bilden als pec- torale, obere Achselgrubenmuskel die Brücken für das Übergreifen vorderer Randbündel des Latissimus in das humerale Ansatzgebiet der Pectoralisgruppe. Die Endglieder dieses Vorganges erscheinen in den oberen Latissimus-Achselgrubenmuskeln (Fig. 28e). 4. Fig. 29. Laterale wie axillare Hautmuskelteile bilden ge- meinsam die Leitungsbahnen für den Latissimus zum Ansatzgebiete der Pectoralisgruppe (Fig. 29a, b).. Es kommt auf diese Weise ein vorderer-oberer Latissimus-Achselgrubenmuskel zustande. 15. Zwischenglieder zwischen Hautmuskel und Pectoralis minor. Sie gehören der Pars costo-abdominalis des Pectoralis major im gleichen Sinne wie dem Hautmuskel und dem Pectoralis minor zu. Der Zusammenhang ist zwischen diesen vier Gliedern der Pectoralis- gruppe an irgendeiner Stelle erhalten. Ausgeprägte Zwischen- glieder zwischen Hautmuskel und Pectoralis minor erlangen zuweilen eine gewisse Selbständigkeit und können, einer Rückbildung unter- worfen, zu eigenartigen Sehnenstreifen umgewandelt werden, welche nur durch den Vergleich mit verwandten Formen verständlich werden. Vier Beispiele, welche auch andernorts verwertet worden sind, mögen dies erläutern. Fig. 30 nach GruscHkA (1911, Fig. 1). Der Ursprung des Pec- toralis minor reicht bis zur 5. Rippe herab. Hier findet der An- schluß an das selbständige Zwischenglied © statt Es entsteht an 5. und 6. Rippe und gelangt zum Oberarm, wo es, bedeckt vom Pectoralis major und zum Teil von einem lateralen Hautmuskelrest (2), angeheftet ist. Der letztere ist caudalwärts mit einem Latissimus- bündel innigst verbunden. Eine Grenze ist nicht erkennbar(?). Fig. 31 nach Bruntscaui (1910, Fig. 4). Das Zwischenglied i geht von 4.—6. Rippe aus und bedeckt hier den Pectoralis minor. Als selbständige Muskelplatte gelangt es etwa zu gleichem Ansatze wie das der Fig. 30. Es bedeckt am Oberarme den Ausgangsteil eines sehnigen axillaren Hautmuskelrestes (4), an "welchem ein Randbündel des Latissimus festgeheftet ist. Das Zwischenglied © steht in beiden Fällen mit dem Pectoralis minor, auf Fig. 30 außerdem mit einem seitlichen und auf Fig. 31 mit einem achselständigen Hautmuskelreste im Zusammenhange. 56 Georg Ruge Die Muskelplatte @ erscheint auf Fig. 30 als Zwischenglied zwischen Pectoralis minor und einem la- teralen Reste (2) des Hautmuskels, auf Fig. 31 als ein solches zwischen Pector. minor und einem sehnigen Achselbogen (2). Muskel 2 der Fig. 30 ist ohne erkennbare Grenze (?) mit einem Latissi- musbündel (Z) verschmolzen. Fig. 30 nach Gruscaka (1911, Fig.1); Fig. 31 nach Brunzscarti (1910, Fig. 4). Fig. 32, Fig. 33. dL. FR rd — Am) KR Fig. 32 Die selbständige Pars abdominalis (7) entsendet ein orales Bündel zum Fettkörper der Achselhöhle; nach Brunsscauı (1910, Fig 5). Fig. 33. Eine Sehnenplatte © entspricht nach Lage und Verlaufsrichtung den Muskeln i der Fig. 30 und 31. Sie verstreicht wie f der Fig. 32 auf dem Fette der Achselhöhle. Nach Brunzscari (1910, Fig. 6). Der Hautrumpfmuskel des Menschen. 57 An Stelle des Zwischenmuskels kann ein Sehnenstreifen sich einstellen (Fig. 33) und aus einem Muskel hervorgegangen gedacht werden, welcher humeruswärts verkümmerte und vollkommen schwand, so daß er auf dem Fettpolster der vorderen Achselhöhlenwand ver- strich. So treffen wir den zur Sehne 2 rückgebildeten Muskel auf Fig. 33 von der Vorderfläche des Pectoralis minor in der Höhe der 4. Rippe ausgehend an. Der Sehnenstreifen © gelangt schräg lateral- und oralwärts, um entfernt vom Oberarme auf dem Fett- körper der Achselhöhle zu endigen. Fig. 32 nach Buntscauı (1910, Fig. 5). Verkümmerungen hume- raler Abschnitte haben sich hier an einem oralen Bündel der selb- ständigen Pars abdominalis des Pectoralis major eingestellt; es ver- streicht ebenfalls sehnig auf dem Fette der Achselhöhle (f). Die Bildung 1 der Fig. 32 ist gleichwertig der Muskelplatte © der Fig. 30 und 31, welche nur durch gewonnene Beziehungen zu den Rippen und dadurch durch eine tiefere Lage im Ursprunge von einer Pars abdominalis sich unterscheidet. Die Muskelplatte © entspricht nach Lage und Verlaufsrichtung dem Sehnenstreifen © der Fig. 35, der ebenso wie das Bündel 1f der Fig. 32 durch Verkümmerung eines Muskels entstanden ist. Alle vier Fälle zeigen uns in den genannten Muskel-Sehnenplatten Brücken zwischen den Gliedern der Pectoralisgruppe und lassen den genetischen Verband des Haut- muskels mit den anderen Gliedern erkennen. Beiträge zur Morphologie der behaarten Kopfhaut und der Augenbrauen. — Über eine Haarbrücke zwischen der behaarten Kopfhaut und den Augen- brauen. Von Dr. Emil Berger, ausl. korresp. Mitgliede der kgl. Belgischen und Spanischen Akademien der Medizin. Mit 2 Figuren im Text. Die Morphologie der behaarten Kopfhaut und der Augenbrauen finde ich insbesondere in den französischen Handbüchern ein- gehend besprochen. So sagt z. B. Bazın! von den Kopfhaaren: »Leur limite est marqu&ee par une ligne sinueuse et festonnee qui, partant de la region sous-oeeipitale, remonte symetriquement de chaque cöte de la tete au-dessus des regions mastoidiennes et auri- eulaires pour se reunir sur la partie superieure et mediane du vi- sage, qu’elle encadre dans une double eourbe tournee en bas.« Zu ergänzen wäre diese Beschreibung durch Erwähnung eines Fortsatzes der behaarten Kopfhaut, welcher zumeist entsprechend der Linea temporalis in die Schläfengrube vordringt (vgl. Fig. 1, sf), selten höher nach oben sich findet, bei manchen Menschen sehr stark entwickelt ist und bis auf etwa 2 cm sich den Augenbrauen nähern kann. Nur selten habe ich ein Fehlen des Schläfenfortsatzes beobachtet. Was die Augenhrauen betrifft, so unterscheiden die französischen Anatomen (z. B. Testur?) an denselben einen medialen verdickten Kopfteil (tEte), einen temporalen verschmälerten Sechwanzteil (queue) 1 Bazın in DECHAMBRE’S Dietionnaire des Sciences Me&dicales. XV. p: 754. 2 TestuT, Trait€ d’anatomie. 1905. III. p. 535. 60 Emil Berger und einen zwischen beiden gelegenen mittleren Teil (portion mo- yenne oder corps). Unbeschrieben ist, daß der nicht selten ver- schmälerte Kopfteill in manchen Fällen auch vollständig fehlen kann, wodurch die Augenbrauen sehr weit auseinander zu stehen scheinen!; hingegen ist sehr genau beschrieben: eine schwache Ent- wicklung und das vollständige Fehlen des temporalen Teiles der Augenbrauen, welche Erscheinungen LEoPoLD LEvI und HENRI DE Fig. 1. Schläfengegend eines 57 Jahre alten Mannes. s/ Schläfenfortsatz der behaarteu Kopfhaut; kb Haar- brücke; fa temporaler Teil der Augenbraue. ROTHSCHILD mit einer Verminderung der inneren Sekretion der Thyreoidea in Beziehung bringen wollen. In manchen Fällen fand ich, der Linea temporalis entsprechend, die stärkste Breite der Augenbrauen; in einem Falle war diese Er- scheinung nur auf einer Seite nachweisbar. 1 Diese Erscheinung finde ich auch in einer chinesischen Darstellung eines Frauenkopfes im Ethnographischeu Museum in Genf. Die Form und Entwick- lung der Augenbrauen hat auf die Physiognomie des Gesichtes eine große Be- deutung, sollte daher in den anatomischen Handbüchern für Maler mehr be- rücksiehtigt werden. Beiträge zur Morphologie der behaarten Kopfhaut u. der Augenbrauen usw. 61 In sechs Fällen beobachtete ich das Bestehen einer Haarbrücke zwischen dem Schläfenfortsatze der behaarten Kopfhaut und dem temporalen Teile der Augenbrauen. In zwei Fällen, in welchen diese Haarbrücke stark entwickelt war, fand ich die Fossa tempo- ralis vollständig mit Haaren bedeckt. In sämtlichen Fällen war der Schläfenfortsatz der behaarten Kopfhaut stark entwickelt, und in vier Fällen konnte ein (oben erwähnter) der Linea temporalis entsprechend verbreiterter Querdurchmesser der Augenbrauen kon- statiert werden. In fünf Fällen wurde diese Haarbrücke bei Männern, in einem Falle bei einer Frau beobachtet; vier Fälle ge- hörten der semitischen, zwei der arischen Rasse an. Eine genaue Untersuchung der Haarbrücke ergab, daß ihre Haare, was ihre Farbe, Dieke, Länge und Anordnung betrifft (vgl. auch den in Fig. 1 abgebildeten Fall), vollständig mit den Haaren der Augenbrauen übereinstimmten. Die Haare waren nur in der Schläfengrube weniger dicht aneinandergereiht als in den Augenbrauen. In einem Falle war die Haarbrücke nur durch nn eine Anzahl sporadisch in der Schläfen- Een srube nachweisbarer, mit jenen der Augenbrauen vollständig identischer en „te Haare angedeutet. In sämtlichen KFZ = Fällen bestand diese Haarbrücke auf | II k beiden Seiten, jedoch nicht gleich stark entwickelt. Viel häufiger als diese temporale Hautbrücke dürfte eine Fortsetzung des temporalen Teiles der Augen- brauen auf die unterhalb desselben Augenbraue einer 29 Jahre alten Dame. gelogene Haut vorkommen, Bo setzte. ch nn er sich in dem in Fig. 2 abgebildeten Falle, welcher eine 29 Jahre alte Dame betrifft, er beiden Seiten nach abwärts bis auf den oberen Rand des Oberlides fort. Die von mir beschriebene morphologische Varietät ließe sich in folgender Weise resümieren: Der temporale Teil der Augenbrauen, welcher in der Regel den schmälsten Querdurchmesser aufweist, kann ausnahmsweise sich beträchtlich verbreitern und die gesamte Schläfengrube bis zum Schläfenfortsatz der behaarten Kopfhaut oder (häufiger) nach unten sich bis zum oberen Lide fortsetzen. 62 Emil Berger, Beiträge zur Morphologie der behaarten Kopfhaut usw. - Eine abnorm starke Entwicklung der Haare kommt übrigens auch an den Cilien vor, welche in manchen Fällen sich bis zum inneren Augenwinkel fortsetzen und daselbst ganze Büschel bilden können. In den von mir beobachteten Fällen der Haarbrücke konnte eine starke Entwicklung des Haarwuchses im allgemeinen nach- gewiesen werden. Ob die Haarbrücke zwischen der behaarten Kopfhaut und den Augenbrauen sich auf Atavismus zurückführen lasse und als Rest einer ursprünglich die ganze Gesichtshaut ein- nehmenden Behaarung aufzufassen sei, ist zweifelhaft. Soviel mir auf meine diesbezügliche Anfrage Herr Dr. VERNEAU, Prof. der Anthropologie am Musee d’Histoire Naturelle in Paris, mitteilte, würde der größere Teil der Fachgelehrten einer derartigen Erklärung nicht beistimmen. Die Untersuchungen von BLocH? ergaben, daß die Entwicklung des Haarwuchses desto stärker sei, je weniger pigmentiert die Haut ist. BrocH sieht hierin ein »balancement entre la peau et le systeme pileux consideres comme organes pigmentaires«. Die von mir beob- achteten Fälle von Bestehen einer Haarbrücke zwischen der be- haarten Kopfhaut und den Augenbrauen sind zu spärlich, um die Richtigkeit dieser Hypothese zu prüfen. Die Haarfarbe war in einem Falle schwarz, in vier Fällen dunkelbraun und nur in einem Falle blond. Mithin würden diese Zahlen eher gegen die BLocasche Hypothese sprechen, gegen welche übrigens auch von seiten TESTUTS Einwendungen erhoben wurden. ı Vgl. Cils aberrants in BERGER E., Anatomie normale et pathologique de l’eil. 2. Aufl. Paris, O. Doin 1893. 2 BLoch zitiert bei TESTUT, loc. eit. III. S. 39. The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Olefts. By H. L. Bruner, Ph. D., Professor of Zoology, Butler College, With 11 figures in text. Contents, Page UINTTO Ra or N EER ME PETER PN EN SER EEE 63 NEN N OT ee I ER 64 ANEHEIINIENTESDITANLON. ua, ale a ae ei tere Se era Se een 64 Palmas TESDIERLON.. Fe EEE NEN EEE ATI, 65 herBespirbony: Mechanismen. 297 22- VA ee e: 68 Thecelosına, of tHeımoutle n..09., tn sr En eh DAT Fa Kap a 68 The elosine or the: llreldits. ern... .0 ns ee ee, 69 Ehe elosing. 08. 1Ho.Danak DABNaREB "en na 1 Eie>choanak valvo'aft Nechurasi, „ft 2 Re, 72 herchnanak-valves of Sirene ..elise. Aria ae er 74 The: choanal mechanism. of Amphiuma ... 2... 2... 76 Hitherto undeseribed muscles in Amphiuma . .. ...... 77 The celosing of the choana in Cryptobranchus . ........ 23 The choanal valve of larval amphibians . . ...... 22.2. 80 SE BRIMary and COIRMERLI rer EN ERS N, ARTEN RE & era Are eo ae Nr: 82 Introduction. Cuvier (1805) accepted Towxson’s description of the respiratory mechanism of the frog (1794) and salamander (1795) and advanced the view that the same sort of mechanism exists in amphibians with gill clefts. In reply to the objection that such a mode of respiration would be impossible because the air would escape from the gill clefts, Cuvıer (1810, 1836) showed that the axolotl and Siren are provided with speeial muscles for elosing the elefts. FIscHER (1864) found similar muscles in Necturus, Amphiuma and Cryptobranchus, 64 H. L. Bruner and after a thorough anatomical study of these and allied forms, confirmed CuviEr’s view in regard to the general character of the mechanism employed in pulmonary respiration. His conelusions differed from these of CuvIER in one respect, however: he located the apparatus for celosing the nasal passage at the choana, whereas Cuvier placed it at the external naris. By the use of modern methods Mrs. WıLver (1909) has shown that the nasal vestibule of Amphiuma and Cryptobranchus is provided with smooth museles, apparently homologous with those of the higher urodeles, while Anton has ob- served choanal valves in Necturus, Proteus and Siren. Other questions, concerning the nature and funetion of the choanal valves, concerning the elosing of the mouth and gill clefts, also in regard to the sequence of events in pulmonary respiration, have not yet been answered in a satisfactory way. From the foregoing review it seems desirable that the respiratory mechanism of the lower urodeles should be more carefully studied and compared with that of higher amphibians. Since the lower urodeles resemble in many respects the larvae of higher amphibians, the latter should also be included in the investigatin. This paper is the result of studies carried on during the aca- demie year 1910—1911 at the University of Pennsylvania, where the author held a Fellowship for Research on the George Leib Harrison Foundation. Physiological Observations. Acquatic Respiration. In amphibians with gill elefts the bucco-pharyngeal mechanism of pulmonary respiration is used also in afquatie respiration. In Necturus and the larvae of higher urodeles (Amblystoma) regular oseillations of the floor of the mouth oceur, elevation being brief and conspieuous while depression is so slow that it may easily be overlooked. During the period of depression the mouth and gill clefts are usually closed and water enters only through the nasal cavity. During the period of elevation water is forced out usually through the gill elefts, sometimes between the lips, not through the nasal cavity. Siren, Amphiuma and Oryptobranchus allegheniensis have regular bucco-pharyngeal movements similar to those of Neeturus, water entering usually through the nostrils and passing out through the The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 65 gill clefts. Water may, however, also be discharged through the nasal cavity. In the frog larva water is taken, under moderate temperatures, both by the open mouth and through the nasal cavity. Under lower temperafures the mouth is closed and water enters only through the nostrils. It is expelled through the gill clefts, not through the nasal cavity. Pulmonary Respiration. L. VAıLLant (1863, p. 340) noticed the bubbles of air which escape from the gill clefts of Siren after air is taken and concluded that the gills are supplied with atmospherie oxygen in this manner. Sometimes the supply of air, which is taken by the open mouth, may be used only for this purpose, at other times it may be sent direetly to the Jungs, or a part may be sent to the gills and the remainder to the lungs. In Uryptobranchus japonicus B. G. WILDER (1882) observed that the respiratory air is taken through the nostrils, after which bubbles of air escape from the nostrils as the animal sinks in the water. SmitH (1907) gives the following details in regard to the breathing habits of Uryptobranchus allegheniensis: »The air taken in through the nares the instant the snout reaches the surface is probably immediately afterwards mixed with respired air expelled from the lungs; then the greater part of the mixed air is forced back into the lungs by a swallowing movement. The surplus air escapes through the mouth or gill slits as the animal sinks to the bottom.« In Amphiuma, according to Mıs. WıLpEr (1909), air fre- quently escapes from the gill elefts during the act of inspiration, while in Necturus it is often lost through both gill elefts and external nares. In the following studies I have made use of Necturus maculosus, Sıren lacertina, Amphiuma tridactylum, Uryptobranchus allegheniensis and larvae of higher amphibians. The respiratory movements of these forms will now be described and a basis will thus be laid for the study of the respiratory mechanism itself. Necturus. When Neecturus is immersed in water !the regular buceo-pharyngeal movements are interrupted at intervals by pulmonary respiration. As a preparation for this process the floor of the bucco- pharyngeal cavity is strongly elevated in order to remove as much as possible of the respiratory water. This act is followed by the succesive stages of pulmonary respiration, corresponding to these Morpholog. Jahrbuch, 48. 5 66 H. L. Bruner observed by GAaupp (1896, p. 242) in the frog and by myself (BRUNER 1896, p. 400) in the higher urodeles: 1) Aspiration. The jaws are quickly thrust into the air and the mouth is widely opened. At the same fime the constrietors of the gill arches probably inerease their tonus. 2) Expiration. The escape of air is indicated by the contraction of the abdominal walls This stage is very brief and is usually complete while the mouth is still open. 3) Inspiration. The entrance of air into the lungs is marked by a wave which runs along the side of the abdomen from its anterior to its posterior end. No air escapes from the nasal cavity, which remains filled with water during the entire pulmonary process. The muscles of the gill arches also prevent the loss of air through the gill celefts. After inspiration the glottis eloses in order to retain the air in the lungs. As the animal sinks to the bottom a certain amount of air, probably a surplus remaining in the mouth after inspiration, is forced out either between the lips or through the gill elefts which are opened for the purpose. The removal of this air is evidently a preparation for acquatie respiration, which would be more or less hindered by the presence of air in the mouth and pharynx. The intervals between respirations in Neceturus vary according to the temperature, freshness of the water, ete. In running tap water at 56° F. six speeimens showed no respirations during ninety minutes. In a small quantity of water which had stood over night at a tempe- rature of about 69° F. the average rate per specimen was nine respirations per hour. In freshly changed water at the same tempera- ture the rate fell to 5.7 respirations per hour. Siren. Pulmonary respiration in Siren is very similar to that of Necturus. In the specimens studied, which were about twelve inches long, the air was taken quickly, the animal exposing itself as little as possible above the surface. Under normal conditions no air escapes from the nostrils or gill elefts during inspiration and the nasal cavity is probably filled with water during the entire pulmonary process. The emission of surplus air is not so regular as in Necturus, but one or more bubbles may usually be seen, sometimes after a considerable interval. Amphiuma. The respiratory movements of Amphruma are slow and the various stages of the process are easily distinguished. If the animal is in water the floor of the mouth is strongly elevated as the rostrum rises above the surface and by this means water is The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 67 removed from the oral cavity, as in Neeturus. This preparatory stage is usually followed by two or three respiratory aets, during which the mouth and gill elefts remain closed and air passes in and out through the nasal cavity. The first ofthese is a normal respira- tory act, ineluding aspiration, expiration and inspiration, but the movements of the floor of the mouth do not have great amplitude and relatively little air enters the lungs. In the supplementary acts, which follow in elose suceession after the first, expiration is usually -omitted and aspiration is followed immediately by inspiration, the mouth being well filled with pure air which is sent directly to the lungs. During these stronger inspirations a conspieuous pulse-like wave passes from the anterior to the posterior part of the abdomen. After the last inspiration the surplus air remaining in the mouth is expelled, usually through the gill elefts, and the animal then resumes its acquatic respiration. The foregoing account is based on the study of large specimens of Amphiuma. An isolated respiratory act which is common in Nec- turus and other amphibians, was occasionally seen in these speeimens but two or three inspirations were usually employed to fill the lungs. Oryptobranchus allegheniensis. The pulmonary air is renewed in Oryptobranchus usually by a single respiratory act, but one or two supplementary acts may sometimes be observed. Air passes through the nasal cavity both in inspiration and expiration and the gill elefts are elosed during the entire process. In inspiration the nasal passages are also closed. After the lungs are filled the surplus air is expelled and acquatie respiration is renewed. Larval amphibians. The statement of von SıEBoLp (1828), Duses (1838), and Owen (1866), that larval amphibians take air by the open mouth and force it into the lungs by a swallowing move- ment, suggests at once a respiratory process more or less similar to that of Neeturus and Sören. My observations show that such a resemblance actually exists. In the large larva of Amblystoma bigri- num, from the moment of taking air by the open mouth to the emission of surplus air through the mouth or gill elefts, the process is essentially the same as in Necturus. In the large larva of the bullfrog, Rama catesbiana, the same general characteristies may be easily observed. The preeise moment of inspiration and expiration is indicated by movements of the wall of the abdomen and the relation of these movements to the rise and fall of the floor of the mouth can be easily determined. No air 5* 68 H. L. Bruner escapes from the nostrils or spiracle during the act of inspiration. The surplus air which remains in the mouth after inspiration is expelled between the lips. Water is evidently retained in the nasal cavity during the entire pulmonary process. The Respiratory Mechanism. The preceding observations show that the respiratory movements of amphibians with gill clefts are very similar to those of higher amphibians. They also indicate the existence of a very definite me- chanism for the control of the respiratory media, although evidence of more or less variation has been found in different forms. In the following description of this mechanism special attention is given to parts hitherto unobserved and to those whose connection with the respiratory process has not been emphasized. I include here, espeei- ally, the arrangements for elosing the mouth, gill celefts and nasal openings. The more conspieuous muscles of the mouth and pharynx have been described. The Closing of the Mouth. When the mouth is filled with air or water the elevation of the floor of the cavity tends to separate the jaws. This is chiefly pre- vented by a tonie eondition of the adductor muscles of the mandible and by elose contact of the lips (see Fig. 3). If the adduetor muscles are cut on one side of the head, bubbles of air escape from the mouth on the operated side, especially during the stronger inspira- tions. Similar losses were observed after the upper and lower lips were divided on one side at a point midway between the rostrum and the angle of the mouth, the adductor museles being in a normal condition. In all of the urodeles studied the lips have the same general form and they probably have the same function in connec- tion with respiration. In Necturus and Siren the retraction of the lips seems also to be an important factor in elosing the mouth. Electrical stimulation of the masseter muscle causes both adduction of the mandible and retraction of the two lips and the same effect undoubtedly follows the contraction of the muscle under natural conditions. In Necturus this is apparently due to a close union of the sheath of the musele with the connective tissue of the lips at the angle of the mouth. In Siren a bundle of fibres from the masseter is inserted at this point. Fe The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 69 Finally Imust mention a small musele, the submentalis of Orypto- branchus, which aids in elosing the mouth in this form. FiscHEr (1864, p. 47) states that this muscle prevents the outward rotation of the lower margin of the mandible, but he is probably in error when he adds that such a rotation would otherwise follow from the contraetion of the masseter muscle. A rotation of the mandible, such as FISCHER mentions, is easily produced by depression of the anterior median portion of the mandible, and since the two halves of the mandible are joined at the rostrum only by soft tissues, such a de- pression would be very likely to occur during inspiration if it were not prevented by contraction of the submentalis muscle. By such action, the submentalis prevents the separation of the jaws and thus assists in the act of inspiration. The Closing of the Gill Clefts. During branchial respiration the gill elefts are closed in order to prevent the entrance of water from the outside when the floor of the mouth is depressed. During pulmonary respiration they are Triton alpestris. Transverse section of an 18mm. larva. Ay hyoid arch, with valve-like fold above; I first gill eleft; oc opercular chamber, closed to prevent the escape of air from the pharynx and the entrance of water from the outside. The closing of the clefts is due primarily to the action of the constrietor muscles of the gill arches, but these may be assisted by the posterior part of the mylohyoid. The former were long ago observed by Cuvıer (1810), MArTın-SAINT-AnGe (1831) 79 H. L. Bruner and Fischer (1864); the participation of the mylohyoid in elosing the gill openings was pointed out by FISCHER. Accessory structures which aid in closing and protecting the gill clefts are the soft rakers at their inner margins and certain folds or membranes on the outside. The simplest conditions, though pro- bably not the most primitive, occur in tbe lower urodeles, in which the gill elefts open directly to the exterior and not into an opereular chamber. In Oryptobranchus and Amphiuma the single eleft on each side of the neck is guarded by two fleshy lips, one behind and one Triton alpestris. Transverse section of an 18 mm. larva. / and I/ gill clefts, the second closed below by the united branchial membranes; oc opercular chamber; sm posterior part of submaxillaris muscle in the opercular membrane. in front of the opening. Gill rakers are entirely wanting in Amphiuma; in Oryptobranchus they are reduced to rudimentary papillae which are more or less irregular in their arrangement. In Necturus the two gill elefts on each side are surrounded at their inner margins by short blunt papillae, from six to twelve in number, and so arranged that those on one side of the opening alternate with those on the other side. Externally a fleshy lip protects the anterior margin of the first cleft and a similar fold lies behind the posterior eleft. A single fold between the two clefts furnishes protection to both. The three gill elefts of Siren are provided with conspieuous gill rakers similar in form to those of certain fishes, but composed entirely of soft tissues. The external folds are similar to those of Neeturus, The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 71 but the adjoining margins of the second and third clefts are furni- shed with separate folds. In the larval salamanders accessory structures for elosing and proteeting the gill clefts are strongly developed (Figs. 1 and 2). In all of the forms examined, including Triton alpestris, Salamandra maculosa, Salamandrina perspieillata and Amblystoma tigrinum, I find essentially the same conditions. All of the celefts, excepting the first, or hyobranchial, are protected internally by conspieuous gill rakers, similar in form and structure to those of Sören. The dorsal half of the first eleft is protected only by the operceulum; the ven- tral half is guarded, in addition, by a membraneous fold which is attached to the inner surface of the hyoid arch. Externally all gill clefts open into an opereular chamber and are protected by an operecular membrane (gular fold), which arises in front of the first elef. The muscle of the operculum acts as a constrietor of the pharynx and assists in elosing the elefts. The operculum is followed by a series of smaller membranes which are attached, one to each of the branchial arches. By the union of adjacent membranes below the clefts, the latter are completely surrounded except at their dor- sal angles, where the membranes terminate at the base of the gills. Along the line of attachment to the branchial arches the membranes have a considerable thickness which may equal that of the arches themselves, but they become thin toward their free edges which lie near the posterior margin of the opereulum. These membranes are somewhat elastie structures which follow the movements of the gill arches, diverging from each other when the clefts are open and overlapping more or less closely when the clefts are closed. In the latter position the eontact of their thickened bases makes the elosing of the elefts secure. That the elosing of the clefts is effective during the act of pulmonary respiration has been repeatedly demonstrated by observations on the large larva of Amblystoma tigrinum. In the frog larva the gill clefts can not be wholly elosed but the escape of respiratory air can be prevented by other means. According to ScHuLzE (1892) the posterior part of the peribranchial chamber can be elosed by two museles, the subbranchialis and dia- phragmatico-praecordialis. The Closing of the Nasal Passages. In Amphiuma and COryptobranchus allegheniensis the external naris leads into a short vestibule whose inner portion can be elosed and opened by a smooth muscle mechanism (Mrs. WILDER, : 1909). 72 H. L. Bruner An apparatus for elosing the choana is also present in all of the lower urodeles examined (Necturus, Proteus, Siren, Amphiuma and Oryptobranchus) and also in the larvae of higher amphibians. The different forms of this choanal mechanism must now be deseribed. The Choanal Valve of Necturus. The internal nasal opening of Necturus is a narrow slit which lies near the angle of the mouth, between the palato-pterygoid and Fig. 3. 7 DV DT, G G G: GG, G T _ DL Necturus maculosus. Transverse section through choana. Is upper lip; li lower lip; m oral cavity; n nasal cavity; v choanal valve, on the median side of the opening, from which a short postnasal canal leads to the cavity of the mouth. vomer, on one hand, and the antorbital cartilage, on the other. When the mouth is elosed the mandible lies direetly below the choana, but a free passage is left between the opening and the medial part of the oral cavity. This postnasal passage is formed, in part by a depression between the vomer and the palato-pterygoid, in part by a noteh in the dorsal margin of the mandible between the dental and splenial bones. From the roof of this passage, on the median side of the ehoana, hangs’the valve which Fischer (1864, p. 114) and Anton (1911, p. 182) have briefly deseribed. The valve is a The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 73 triangular fold of mucous membrane (Figs. 3, 4, and 5) which is attached to the median and posterior margins of the opening. Its anterior angle extends forward a short distance in front of the opening and inserts in the conneetive tissue behind the lateral portion of the premaxillary bone. The valve is not provided with museles Fig. 4. ‚Fig. 5. Fig.4. Necturus maculosus. Choanal region, with the choanal valve open. The anterior end of the valve is inserted under a fold of mucous membrane which is pushed aside to show the attachment. Is upper lip; ppt palato-pterygoid; v choanal valve; vo vomer. Fig.5. Necturus maculosus. Choanal valve closed. and acts in a purely mechanical way, being opened by pressure of the respiratory medium in the nasal cavity, while it is closed by any movement of the respiratory medium through the postnasal passage toward the choana. The funetion of the choanal valve of Necturus has been tested by eutting away the entire left valve in a large specimen, which was then placed in a shallow dish and covered with water. The normal respiratory movements, both branchial and pulmonary, were promptly resumed. At each pulmonary respiration a certain amount 74 H. L. Bruner of water was first foreed out of the nostril on the operated side and this was followed by a suecession of air bubbles. No air and little, if any, water was lost on the right side. During branchial respiration a strong current of water streamed from the left nostril when the floor of the mouth was elevated; little or none escaped from the right opening — the losses being easily accounted for by the mere Fig. 6. Siren lacertina. Transverse seetion through the choana. ca antorbital cartilage; v median choanal valve. closing of the choanal valve. Similar results were obtained when the floor of the mouth was elevated in an artificial way. The choanal valve of Proteus is similar to that of Necturus, as stated by Anron (1911). The Choanal Valves of Siren. The inner nasal opening of Sören is accurately located by H. H, Wırper (1889—1891) at the outer angle of the mouth between the antorbital ceartilage and the pterygo-vomerine bar. FıscHEr (1864, p. 114) describes the choana as a triangular opening provided with three valves, which he distinguished by the terms median, lateral and posterior. The posterior valve is said to be furnished with a small musele by means of which the choana can be opened. FIscHERr’s median valve has also been observed by SEvpEL (1895, p. 507) and Anton (1911, p. 191). The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 75 The median choanal valve of FiscHEr corresponds to the choanal valve of Necturus and is easily identified both in living and preser- ved material. It is a narrow triangular fold of mucous membrane (Fig. 6), attached by one of its longer sides to the median margin of the opening, by its short side to the anterior margin. The so- called lateral valve of FıscHErR does not exist. The posterior choanal valve of Siren may be recognized in the living animal by its movements, which are caused by a small muscle Fig. 7. Siren lacertina. Transverse section through the posterior part of the choanal muscle, pc. On the median side of the muscle lies the cartilaginous trabecula cranii, from which many of the muscle fibres take their origin. acting on the antorbital cartilage (Fig. 8). The latter is a horizontal plate of narrow triangular form, whose broad end is direeted caudad, while its acute anterior end is embedded in the soft lip which forms the lateral margin of the choana (Fig. 6). The posterior median angle of this cartilage is attached by means of connective tissue to a remnant of the trabeeula eranii which emerges from the orbito- sphenoid bone at the ventro-lateral angle of the brain case (Fig. 3). The antorbital cartilage is moved by a striated muscle, m. posterior choanae, which arises in part from the remnant of the trabecula eranii, in part from the adjacent surface of the orbito-sphenoid bone. 76 H. L. Bruner Its fibres run obliquely forward and laterad and insert on the posteıo- lateral angle of the antorbital eartilage. By the eontraetion of this muscle the anterior end of the cartilage is moved laterad and the choana becomes a large trian- gular opening which can not be covered by the median valve. The choana is elosed by the joint action of the median and posterior valves. When the m. posterior choanae relaxes, the elastieity of the adjacent tissues causes a return move- ment of the cartilage and valve, but the return is probably ac- celerated bythe adductor muscles of the mandible which lie late- ral and posterior from the choana. External pressure in this region in a recently killed speeimen causes prompt elosing Siren lacertina. Choanal region from above (some- . . what diagrammatie.. ac antorbital cartilage; of the opening, and sınce the n choana; os orbito-sphenoid; pe m. posterior adduetor museles ceontraet to choanae; ir trabecula eranii. close the mouth during the act of inspiration, they probably press on the posterior valve at this time. When the valve returns to its median position the choana is easily covered and protected by the median valve. The character of the posterior choanal valve of Siren makes possible the expulsion of water from the mouth through the nasal cavity and explains the currents which occasionally stream from the nostrils during branchial respiration. The Choanal Mechanism of Amphiuma. A valve-like fold at the choanal opening of Amphiuma is menti- oned in a casual way by Cuvier (1827, p.5) and WAGLEr (1830, p. 314) whose observations were accepted, apparently without further examination, by FISCHER (1864, p. 114). The description of the latter is as follows: »Vor jeder Öffnung liegt eine Falte der Gaumenhaut, die sich leicht nach hinten so über die Öffnung legt, daß letztere vollständig geschlossen wird.« A similar statement is made by CoPE (1889, p. 216). The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 77 Hitherto undescribed choanal muscles in Amphiuma. Since the expiratory currents pass freely through the nasal cavity of Amphiuma, it is evident that the choana is not closed in a purely mechanical way, as assumed by earlier authors. The ope- ning lies at the posterior end of a short choanal canal, whose floor s formed by a membraneous fold, the so-called valve of CuVvIEr. The ehoana is closed by depression of the roof of the choanal eanal until it meets the ventral fold. By a“ elevation of the roof of the canal the choana can be x so widely opened that it can not be closed by the fold. The mechanism which opensand closes thechoana 4. includes the antorbital car- tilage and two striated muscles. The antorbital cartilage (Figs. 9, 10, 11) is a horizontal bar which arises by a short fibrous stalk from a remnant of the trabecula eranii which s exposed on the lateral surface of the orbito-sphe- Amphiuma tridactylum. (Choanal region, viewed from noid bone From its at- above. ac antorbital cartilage; de m. dorsalis choanae; Ic tach t it tends f m. lateralis choanae; mx maxillare; n choanal canal, which achment 1 extends IOr- terminates in the choana beneath the antorbital cartilage ward and laterad on the and the m. dorsalis choanae; nc cartilaginous nasal capsule; garsal aspeet HEHE hose pa parietale; pt pterygoid cartilage. and the choanal canal. The distal end of the cartilage is elevated and depressed by the muscles above mentioned (Figs. 9 and 11). One of these, which I shall name m. dorsalis choanae, arises from the lateral wall of the cranium, chiefly from a slender process of the parietal bone which lies between the frontal and the orbito- sphenoid. From their origin the fibres of the muscle run ventro- laterad to insert on the dorsal surface of the antorbital cartilage. This muscle elevates the distal end of the cartilage and the roof of the choanal canal and thus opens the choana. The antagonist Fig. 9. 78 H. L. Bruner Fie. 10. Amphiuma tridactylum. Transverse section through the anterior part of the choanal canal. «ac aut- orbital cartilage; n» choanal canal; mx maxillare. Fig. 11. Amphiuma tridactylum. Transverse section through the choana, ae antorbital cartilage; de m. dor« salis choanae; Ic m. lateralis choanae; mx maxillare; pa parietale. The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 79 of the m. dorsalis choanae is a somewhat stronger muscle, m. late- ralis choanae, whose: fibres arise in part from the palatine portion of the maxillary bone, in part from the anterior end of the pterygoid cartilage. The fibres run forward and mesad and insert on the postero-lateral surface of the antorbital cartilage. Since Amphiuma is provided with two mechanisms for elosing and opening the nasal passage, a question arises in regard to the function of each. On this point the following may be said: During acquatie respiration the muscles of the nasal vestibule are inactive and the introductory passage remains wide open. When the floor of the mouth is elevated the choana is usually closed. Occasionally it may be kept open to permit the escape of water through the nasal cavity. In pulmonary breathing the museles of the nasal vestibule are active, the constrietor muscle contraeting during inspiration, as it does in the higher urodeles. In expiration both choana and nasal vestibule are open and the air passes through the nasal cavity. Evidently the muscles of the nasal vestibule may also be used to proteet the nasal cavity, for example, during the process of burrowing. The Closing of the Choana in Cryptobranchus. During pulmonary respiration the nasal passage is closed by the smooth muscle mechanism which lies at the inner end of the short nasal vestibule. In acquatic bucco-pharyngeal respiration the nasal vestibule remains wide open, but the loss of water through the nasal cavity is prevented by the closing of the choana. This is effected by the ceratohyal whose broad anterior portion is pressed against the oval opening when the floor of the mouth is elevated. An important part in the process is played by a cushion-shaped swelling which lies on the lateral side of the opening and was deseribed by Fischer (1864, p. 114) as a valve. It receives the lateral border of the ceratohyal when the floor of the mouth is elevated and thus aids in closing the choana. This method of elosing the choana is possible in acquatic respiration because the oseillations of the floor of the mouth do not have great amplitude and the hyoid is never far removed from the choana. During pulmonary respiration the entire floor of the mouth is strongly depressed in aspiration and the choana remains open until a late stage of inspiration, if it is closed at all. 80 H. L. Bruner The Choanal Valve of Larval Amphibians. The ehoanal opening of the Amblystoma larva has been studied in an ineidental way by WAsLer (1830, p. 316) and CArorı (1851), the former deseribing two so-called choanal valves while the latter recognized but one. In my own preparations I find a single valve which resembles in all essential partieulars the choanal valve of Nec- turus. In a larval Amblystoma 14 mm. long the valve is already recognizable as a slight fold on the median side of the almost eir- cular opening. It evidently reaches a functional condition very early in larval life. In Salamandra maculosa it seems to be fully formed at birth, the larva having a length of about 25 mm. at this time. In Triton alpestris the valve seems to be functional in a larva of 18.5 mm. and it persists in all later stages examined, including a specimen 31 mm. long. In the large larvae of Amblystoma tigrinum the valve has been observed in speeimens varying from 80 mm. to 240 mm. in length. My material does not cover the last stages of larval life. It is certain, however, that the choanal valve is a temporary structure which disappears during the metamorphosis when the choana assumes the peculiar form which is eharacteristie of the adult. During the later larval stages, and before the choanal valve is lost, a new mechanism for celosing and opening the nasal passage makes ist appearance at the external naris. This is the smooth muscle mechanism of the adult salamander. The development of this mechanism, which ineludes a constrietor muscle and one or two dilatators, has been described in a former paper (BRuNER, 1901, p. 328). Early stages of development occur in a larva of Triton alpestris 22 mm. long and the muscles are apparently funetional in a specimen of 31 mm., which however still retains all of the larval characteristics. In later larval life, therefore, the salamander is provided with two mechanisms for elosing the nasal passage. In the preceding account I have mentioned only the larvae of lungbearing forms. In the lungless Spelerpes ruber, Desmognathus fusca and Salamandrina perspieillata a choanal valve of the type described above is wanting in the larva but the choana is probably closed in some as yet undiscovered way. In Spelerpes ruber regular acquatic respiration occurs, water entering the external naris and passing out through the gill elefts, as observed in Neeturus. The choana of the frog larva is elosed by a so-called choanal fringe similar to that which Scaurze (1892, p. 58) found in the larva of Pelobates. In the bullfrog larva this fringe is a prominent The Mechanism of Pulmonary Respiration in Amphibians with Gill Clefts. 81 fold which completely surrounds the opening. Its anterior half is much thiekened and more or less rigid and thus forms a support for the posterior half which is thin and flexible and acts as a valve. Summary and Comment. 1. The mechanism of pulmonary respiration in amphibians with gill elefts is a forcee-pump mechanism similar to that of higher amphibians. 2. Definite arrangements exist in all forms for the control of the respiratory media, including apparatus for elosing the mouth, gill elefts and nasal passages. 3. The simplest and most primitive form of this respiratory mechanism is found in Necturus, Proteus and the larvae of higher lungbearing urodeles, a common characteristie of which is a mech- anical choanal valve which prevents the escape of the respiratory media from the mouth through the nasal cavity. In all of these forms respiratory air is taken by the open mouth. 4. In Siren the respiratory mechanism is similar to that of Nec- Zurus but somewhat more complicated. Two choanal valves are present, a median valve corresponding to that of Necturus, and a posterior valve which encloses the antorbital cartilage and is moved by a small muscle. By means of the posterior valve the choana can be opened and expiration through the nasal cavity is possible. 5. Amphiuma is provided with smooth muscles for opening and elosing the nasal vestibule and with a complicated choanal mechan- ism, which includes the antorbital cartilage and two striated museles. By means of these muscles the choana can be opened and closed. Respiratory air is taken through the nasal cavity, as in higher urodeles. 6. In Cryptobranchus the choana is closed by the hyoid arch. Respiration, both bucco-pharyngeal and pulmonary, is similar to that of Amphiuma. 7. The character of the respiratory mechanism of the Perenni- branchiata seems to indicate a) that Necturus and Proteus are slightly modified permanent larvae, b) that Siren is a modified larva whose choanal mechanism has been brought under museular control. 8. The Oryptobranchiata appear to be much modified permanent larvae whose development has been arrested during the meta- morphosis. They have retained the essential parts of the acquatie respiratory mechanism excepting the gills, while at the same time they have the pulmonary mechanism of the higher urodeles. Morpholog. Jahrbuch. 48. — 6 82 H.L. Bruner, The Mechanism of Pulmonary Respiration in Ampibians ete. Bibliography. 1911. Anton, W. Die Nasenhöhle der Perennibranchiaten. Morph. Jabrb. XLIV. 1896. BRUNER, H. L. Ein neuer Muskelapparat zum Schließen und Öffnen der Nasenlöcher bei den Salamandriden. Archiv für Anat. und Physiol., anatom. Abitlg. 1901. —— The smooth facial muscles of Anura and Salamandrina. Morph. Jahrb. XXIX. 1851. CALorı, Lu1Gı. Sull’ Anat. dell’ Axolotl, Mem. della Scienze della Insti- tuto di Bologna. IH, p. 29. 1889. Copr, E. D. Batrachia of North America. Bull. 34, U. S. Nat. Museum. 1805. Cuvier, G. Legons d’anatomie comparee. VI. 1810. —— Vorlesungen über Vergleichende Anatomie. 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Edward Loth, Lemberg. Mit 6 Figuren im Text. Zur Anthropologie der Plantaraponeurose. In meiner Abhandlung über die Plantaraponeurose (1908) habe ich vor allem auf die phylogenetische Entwicklung geachtet und alle anderen Fragen ziemlich unbeachtet gelassen. Ich hatte jedoch schon damals den Gedanken, meine Untersuchungen fortzuführen. So erlaubten z. B. die gefundenen Tatsachen die Vermutung, daß auch anthropologisch wichtige Punkte an der Plantaraponeurose noch festzustellen sind. Zur Fortsetzung meiner Studien am menschlichen Material ermahnten auch einige, mir durch Herrn Geheimrat Prof. Dr. Srıepa am Anthropologenkongreß in Straßburg (1907) persön- lich gemachte Einwände, daß der von mir beschriebene »Fasei- culus fibularis« nur ein Kunstprodukt (!) sein kann. So habe ich denn während der verflossenen fünf Jahre mensch- liches Europäermaterial gesammelt und auch versucht, die farbigen Rassen zur Untersuchung heranzuziehen. Die schon vorher bearbeiteten 50 Aponeurosen (1908, S. 305) können hier mitberücksichtigt werden. So verfüge ich insgesamt über folgendes Material: Extremitätenzahl Präparierboden Zürich 1906,07 50 = - 1907/08 17 - Lemberg 1907 2 - Straßburg 1907 3 - Bonn 1907/08 48 - Göttingen 1908/09 90 - Heidelberg 1909/10 1910/11 1911/12 200 Zusammen 410 6* 84 Edward Loth Außer dem europäischen Material ist es mir gelungen, folgende wertvolle Rassenfüße zur Bearbeitung der Aponeurose zu erhalten: Melanesier (Eigentum des Herrn Prof. Dr. E. FıscHEr- Freiburg). 10 g' und 2 © Füße aus Deutsch-Neu- Guinea und Neumecklenburg, erhalten durch Ver- mittlung des Herrn Regierungsarztes Dr. HOFFMANN in Friedrich-Wilhelmshafen . . . 12 Neger. 2 Füße des Negers Lorenz John willen aus st. Franzisko — präpariert in Göttingen mit Erlaub- nis des Herrn Geheimrat Prof. Dr. MERKEL. 5 Füße Nord-Amerikanischer Neger, mir zugesandt durch Herrn Prof. CoHöE in Ohio. 2 Füße eines Mhehe-Negers zur Präparation der Plantaraponeurose mir gütigst durch Herrn Geheim- rat Prof. Dr. H. Vırcuow überlassen. 2 Füße eines Negers aus Sierra-Leone — präpa- riert in Heidelberg dank dem Entgegenkommen des Herrn Prof. Dr. FÜRBRINGER zusammen. ZT Australier (Eigentum des Herrn Prof. Dr. KrAaATscH in Breslau). 2 g' Füße aus Adelaide (Süd-Australien), 1 g' aus Wydham, Kimberley-Distrikt zusammen . . 9 Zusammen Füße farbiger Rassen . . 26 Wer die Schwierigkeiten kennt, mit denen die Erwerbung der Rassenweichteile verbunden ist, der wird die relativ geringe Zahl von 26 Aponeurosen farbiger Rassen zu schätzen wissen. Allen oben erwähnten Herren, die mit ungewöhnlicher Liberalität meine Bemühungen unterstützt haben, spreche ich an dieser Stelle meinen wärmsten Dank aus. Zusammengerechnet liegen also diesen Untersuchungen 436 Beobachtungen zugrunde. Obwohl die Hauptergebnisse meiner Untersuchungen bereits an mehreren Stellen erwähnt wurden (BocHENEk 1909, I, S. 496; LoTH 1907, 1908, S. 194, 1909, S. 198; WIEDERSHEIM 1908, S. 145) möchte ich hier das Wesentliche über die Phylogenie der Aponeurose wieder- holen, um daran anknüpfen zu können und einige anthropologische Ausblicke zu gewinnen. Es steht fest, daß die Endsehne des M. plantaris bei den nie- deren Primaten über den Tuber calcanei springt und sich in der Fig. 1. tascieulus hallucıs. fascıculus AallUciSs. Schimpanse, U Homo. Schema der phylogenetischen Entwicklung der Plantaraponeurose. 86 Edward Loth Plantarfaseie verliert. Die Zehenbündel der Prosimier (Fig. 1, 7. 17.) sind noch wenig differenziert; nur zum Hallux zieht ein starkes Bündel — der Fasciculus hallueis. Dieses letztere Gebilde ver- liert schon bei den Lemuren den Kontakt mit der übrigen Aponeu- rose (Fig. 1, ZI/) und geht zugrunde. Bei den niederen Formen der Cercopitheeiden, z. B. beim Cynocephalus (Papio) sehen wir deshalb nur noch die laterale (fibulare) Partie der Aponeurose, die wir von nun an Aponeurosis fibularis nennen werden (Fig. 1, IV). Mit den erörterten Veränderungen treten folgende Momente auf: 1) die Sehne des M. plantaris gewinnt einen festen Ansatz am Tuber Calecanei, wodurch der Aponeurose eine steigende Selb- ständigkeit verliehen wird; 2) die Aponeurose gewinnt einen Stützpunkt an der Tuberositas ossis metatarsalis V. Die wesentlichsten und phylogenetisch wichtigsten Veränderungen kommen innerhalb der Familie der Cercopitheeinen zustande. Wir sehen zunächst von der medialen Fußseite (Fig. 1, V) einen fibrösen Faserzug entstehen, der bei den Cercopitheeiden und Macacen immer stärker auftritt (Fig. 1, VI— VII); wir haben schließlich zwei gleichstarke Teile der Aponeurose vor uns, so daß wir neben der Aponeurosis fibularis von einer Aponeurosis tibialis sprechen können (Fig. 1, VIII). Diese letztere entwickelt sich nun immer mehr und mehr und bildet beim Menschen die eigentliche Apo- neurose, während die Aponeurosis fibularis immer schwächer und schwächer wird. Die Anthropoiden nehmen insofern eine Sonder- stellung ein, als bei ihnen der M. plantaris meist vollständig oder fast vollständig verschwunden ist, was auf einen Seitenzweig in der Phylogenie der Aponeurose deutet. Nur beim Schimpansen finden wir den Muskel in 54.3°/, der Fälle vor, und auch die Aponeurose zeigt bei diesem Tier die meiste phylogenetische Ähnlichkeit mit derjenigen der cercopitheeinen Affen: die Aponeurosis tibialis ist mächtig stark entwickelt, die Aponeurosis fibularis dagegen nur zu einem schwachen Strang — dem Faseciculus fibularis — eingeschmolzen. Die menschliche Aponeurose schließt sich nun direkt an die- jenige des Schimpansen an. Wir finden zunächst eine enorme Entfaltung der Aponeurosis tibialis. Die Aponeurosis fibularis gewinnt sekundär einen festen Ansatz am Tuber ealcanei und an der Tuberositas meta- tarsalis V, was übrigens auch bei den Affen schon zu beobachten Zur Anthropologie der Plantaraponeurose. 87 ist. Diese Tatsache gab dazu Veranlassung, daß man diesen Teil der Aponeurose als ein Band aufgefaßt hat, welches Ligamentum calcaneo-metatarsale V genannt wurde (Fıck, R. 1904, S. 477). Der distale Abschnitt der fibularen Aponeurose, der eigentliche Fascieulus fibularis, zeigt beim Menschen eine ziemlich starke Variabilität, die darauf beruht, daß das fibulare Bündel in verschie- dener Stärke auftritt (Fig. 1, XIII—-XVI). Ich konnte (1908, S. 314) vier Stadien unterscheiden: 1) Das fibulare Bündel ist verhältnismäßig stark entwickelt. Es gelangt im Endgebiet unter das tibiale Bündel der IV. Zehe (Fig. 1, Ar), 2) das fibulare Bündel hat genau den gleichen Verlauf, ist aber bedeutend schwächer (Fig. 1, XIV); 3) das fibulare Bündel ist nur als ein winzig kleiner Zipfel vor- handen (Fig. 1, XV); 4) das fibulare Bündel fehlt vollständig. Eine der ersten anthropologischen Aufgaben sollte daher eine Statistik der Häufigkeit verschiedener Typen des Fascieulus fibu- laris sein. Aber auch die Erörterung der Frage, was der Fasci- eulus fibularis für eine Rolle spielt und welchen Zwecken er dienen kann, wenn er wohl entwickelt auftritt, muß berücksichtigt werden. Da ich auch über Rassenmaterial verfüge, möchte ich ferner die Brauchbarkeit des früher bereits empfohlenen (1908, S. 307) Aponeurosenindex für die Anthropologie feststellen. Schließlich wäre ein Vergleich notwendig betreffs der Länge der Zehenzipfel, die bei den Primaten außerordentlich lang zu sein pflegen und sich erst beim Menschen verkürzen. Die ersten Fragen betreffen die Aponeurosis fibularis, die zwei letzten — die Aponeurosis tibialis. Ich werde also meine weiteren Betrachtungen nach diesen zwei Teilen klassifizieren. I. Aponeurosis fibularis. Wie bereits hervorgehoben wurde, ist zunächst eine Statistik über die Häufigkeit verschiedener Typen des Faseiculus fibularis wünschenswert. Zu diesem Zweck ist das gewonnene Material nach den vier Typen des Fasciculus fibularis zu klassifizieren. Die folgende Tabelle orientiert uns über die Häufigkeit der einzelnen Typen bei den Europäern. 838 Edward Loth Zahl Fasciculus fibularis || %o ‚| der In- : | läiviauen| ı lu |Jm| w| ı | m | me] w Ziteh 206/074. „u. 224.25. 08 50 9 | 19| 17|. 5 || 187 38 7827200 Zuüseh 1907/08... 2.2.00 a 17 2 5|.:8| 24 12 29747792 Biembare ‚1907 .. ;...- .. . ..... 2 | 1|—| 11— | - | —-|I|—-|— Staßbure:1907°°,-.,. =... 2 3 | — 2) 11 —|—-|— | —-| — Bonn 100 r 2: ne 48 6| 26| 12 4113|54|25| 8 Göttingen 1WSEMILLIEN, 29: % |16 | 421 23] 9418/47 | 25/10 Heidelberg 1909/10, ’10/11, ’11/12 || 200 || 50 | 80) 60) 101235140|30| 5 Summa . . | 410 | 84 |174|122| 30 |20 | 4230| 7 Durch die hier angegebenen Ergebnisse wird vor allem das hestätigt, was ich schon früher (1908, S. 315) behauptet habe, und zwar, daß der fibulare Strang nur selten fehlt und sein Vorhandensein daher als normal zu betrachten ist. Gruppieren wir die Zahlen in zwei Gruppen: Faseiculus fibu- laris fehlt und ist vorhanden, so erhalten wir die folgende Zu- sammenstellung. Fascieulus fibularis | Individuenzabl vorhanden fehlt (Typus I—III) (Typus IN _ Zürich 1906/07, 1907/08 . | 67 | 89% 11%, Göttingen 1908/09 . . . 9% 900), 10 0%% Bonn 1907/08 . . 2... 48 920 80% Heidelberg 1909/12. . . 200 950) 50), Summa | 405 2% | 7% Das Fehlen des Fascieulus fibularis wurde also am häufig- sten in Zürich und am seltensten in Heidelberg beobachtet. Das Ergebnis der 410 Beobachtungen zeigt, daß die früher angenommene Zahl für das Fehlen — 10°/, (1908, S. 315) — etwas zu hoch ge- griffen ist, denn im Durchschnitt fehlt der Faseiculus fibularis noch ein wenig seltener (7 %,). In einer jeden normalen Zeichnung der Aponeurose sollte also der Fasciculus fibularis Aufnahme finden. Ich möchte hier im Anschluß an die Besprechung der Apo- neurosis fibularis noch eine anatomische Tatsache anschließen. Lesoucg (189, S. 28), dem wir die genaue Kenntnis des M. ad- ductor hallueis verdanken, gibt an, daß das Caput transversum des genannten Muskels von der tiefen Aponeurose (l’apon&vrose pro- fonde) entspringt. Nach meinen Untersuchungen entspricht der tiefen Aponeurose Le»oucgs der Faseieulus fibularis, der sehr häufig Zur Anthropologie der Plantaraponeurose. 89 unter die Mm. lumbrieales zieht und sich an der Gelenkkapsel der IV. Zehe festheftet. In der Tat kann man in allen Fällen mit einem stark entwickelten Fasciculus fibularis deutlich sehen, daß das Caput obliquum m. adductoris hallucis von dem fibu- laren Faseieulus entspringt, wie wir das auf Fig. 2 dargestellt finden. Gehen wir jetzt zu den farbigen Rassen über. Die einzelnen von mir untersuchten Serien sind nicht groß und daher auch die Resultate, wie wir sehen werden, nicht vollständig befriedigend. Die Ergebnisse der Statistik sind in der folgenden Tabelle zu- sammengestellt: | Fascieulus fibularis Rasse indane |] Typen 0/o | duen | | IT | | IV Melanesier | 4 | (1 Fall) 125 4 — 1918 45 BROT | 19 | a or — -- | — Neger ® 1 Australier . . | 3 | u &|m Es ist mir aufgefallen, daß TypusIV (vollständiges Fehlen des Fasciculus fibularis) weder bei den Negern noch bei den Australiern beobachtet wurde; doch mögen daran die kleinen Serien schuld sein. Andererseits wurde bei den Melanesiern nur ein derartiger Fall beobachtet, was gleich eine Häufigkeit ergibt, die den Europäern entspricht. Im all- 7% gemeinen muß ich feststellen, '”" daß mein Rassenmaterial noch ungenügend ist, um irgend- welche Schlüsse bezüglich der Häufigkeit einzelner Typen des yr. aaa. Faseieulus fibularis vor u“ zunehmen. er Nur eins kann mit Sicher- heit behauptet werden: der Faseiculus fibularis tritt auch bei den farbigen Europäerfuß. Caput transversum, M. adduct. hallucis Rassen als Regel auf, entspringt vom Fasciculus fibularis. M. add. hall.ca- put ob- liquum 90 Eward Loth und zwar in allen Typen, die bei den Europäern vor- kommen. II. Aponeurosis tibialis. Um irgendein Kriterium über die Länge usw. der Aponeurose zu gewinnen, habe ich seinerzeit (1908, S. 307) einen Aponeu- rosenindex vorgeschlagen, der uns die Länge der Aponeurose in Prozenten der Länge des Fußes ausdrücken soll. Der Index wird aus den genannten Maßen auf folgende Weise berechnet: Länge der Aponeurose X 100 Länge des Fußes. Für die Europäer fand ich (1908, S. 307) die Variationsbreite 59—77; der neuerdings berechnete Mittelwert beträgt 67. Vergleichen wir jetzt die Indices der farbigen Rassen. Bei den Melanesierfüßen fand ich die Indexwerte: 56, 58, 59, 59, 60, 61, 63, 64, 64, 66, 66, 66 — was den Mittelwert 62 ergibt. Bei den 11 Negerfüßen wurden folgende Werte festgestellt: 7 Füße der Neger aus U. S. A.: Index 66, 69, 71, 71, 71, 72, 74. 2 - eines Mhehe-Negers. Index: 71, 71. Dam - Negers aus Sierra Leone. Index: 71, 74. Der Mittelwert für die Aponeurosen der Negerfüße beträgt 71. Die drei Australierfüße wiesen die Indices 72, 74, 75 auf, was den Mittelwert 73.5 ergibt. So erhalten wir die folgende Zusammenstellung der Mittelwerte für den Aponeurosenindex: Melanesier 62 Europäer 67 Neger 71 Australier 13.9 Alle diese Mittelwerte fallen in die Variationsbreite des Euro- päers. Man muß bedenken, daß der Beobachtungsfehler insofern ziemlich bedeutend sein kann, als die Aponeurose kein streng abge- schlossenes Gebilde ist; doch sind andererseits alle genannten Beob- achtungen durch mich selbst gemacht worden, wobei große Übung wohl eine annähernd gleichartige Untersuchungsmethode ermög- licht hat. Es ist mir schon während der Präparation aufgefallen, daß die Aponeurosen der Melanesier im Verhältnis zu der Fußgröße relativ klein sind. Durch die kleinere Größe ist nicht die Stärke gemeint, Zur Anthropologie der Plantaraponeurose. 91 da die Faserzüge derb, deutlich und gut abgegrenzt waren, sondern die Länge. Und in dieser Hinsicht scheinen die Melanesier mehr an die Anthropoiden zu rücken. Fig. 3 zeigt uns einen Schimpansen- fuß mit dem Aponeurosenindex 52. Auf Fig. 4 ist die Aponeurose einer Melanesierin dargestellt mit dem Index 66. Schließlich zeigt Fig. 5 den Fuß eines Mhehe-Negers mit dem Index 71. Die drei Füße sind gleich groß abgebildet, damit die Proportionen der Apo- neurose besser zutage treten. Nicht die Länge der Zehenzipfel allein, sondern die nicht zu messende Größe der eigentlichen Aponeurose ist in diesem Fall maß- gebend; und in Wirklichkeit sehen wir auch, daß die Aponeurose des Melanesiers bedeutend kleiner ist als diejenige des Mhehe-Negers. Die Stellung der Australier in bezug auf die Aponeurosengröße ist direkt frappant. Sie nehmen eine von den Melanesiern extrem ent- fernte Stellung ein, was direkt auffallen muß. Ich wüßte auch nicht, ob man hier an irgendeine funktionelle Anpassung denken könnte. Die Länge der Zehenzipfel und die geringe Anzahl der beobachteten Australierfüße spielen hier gewiß eine Rolle, so daß die Resultate nur mit Vorbehalt aufzufassen sind. Außer der Größe der tibialen Aponeurose können wir noch andere Merkmale zur Betrachtung heranziehen, z. B. die Länge der Zehenzipfel. Die Primaten zeigen stets lange Zipfel, die zu den Zehen- ballen ziehen und sich dort im subeutanen Gewebe verlieren. Wohl die längsten gut differenzierten Zehenbündel fanden sich beim Australier (Fig. 6); doch waren in dem Fall nur die Bündel der zweiten und dritten Zehe sehr lang, während der Zehenzipfel der ersten Zehe ziemlich kurz blieb. Die Melanesier zeigen etwas kürzere Zehenbündel, welche je- doch sehr deutlich differenziert und vom Bindegewebe gut ab- srenzbar sind. Bei den Negern fand ich meist auffallend kurze Zehenbündel. Eine Ausnahme bildeten die beiden Füße des Mhehe-Negers, bei dem diese Bündel verwischt und schlecht abgegrenzt gewesen sind, so daß sie nur schwer und unsicher präparierbar waren; sie schienen mir doch sehr lang zu sein. Was die Abbildungen der Zehenbündel anbelangt, wie wir sie in den anatomischen Atlanten von KopscH, SOBOTTA, SPALTEHOLZ, ToLpr usw. vorfinden, so halte ich sie für unrichtig: die enorme Länge der Bündel im Atlas von KopscH und SPALTEHOLZ: muß 92 Edward Loth künstlich dargestellt werden; im übrigen verweise ich hier auf die bereits früher ausgeübte Kritik (1908, S. 303—305). Fig. 3. i F R Ap.fibularis Ap.intermed. Ap. tibialis Tub. med. V- Ap. fibularis Fascie. transv. digiti I Fuß eines Schimpansen. Aponeurosenindex 52. Ferner möchte ich noch einige Worte über den medialen Teil der tibialen Aponeurose anschließen. Es ist anzunehmen, daß bei Zur Anthropologie der Plantaraponeurose. 93 den stets barfuß gehenden Rassen die Aponeurose eine andere Funk- tion hat, als bei den Kultureuropäern. Die Sohlenhaut ist viel Fig. 5. Melanesierin aus Mandane 22 J, Aponeurosenindex 66. Mhehe Neger. Aponeurosenindex 71. größeren Insulten ausgesetzt und sie muß kräftiger, fester fixiert werden. Aus diesem Grunde laufen aus der Aponeurose zahlreiche Faserzüge in das subeutane Bindegewebe, wo sie sich allmählich 94 Edward Loth verlieren und für die Befestigung sorgen. Am medialen Rande der Aponeurose treten diese Faserzüge ganz besonders hervor. Bei den Melanesierfüßen konnte ich stets eine Faserausstrahlung in dieser Aponeurosis plantar.eines Australiers aus Adelaide, Gegend beobachten, und zwar meist bedeutend stärker ent- wickelt als beim Europäer. Viel deutlicher kann man die medialen Fasern bei den Ne- gern sehen, wo sie zuweilen apo- neurosenartige Fascien von der tibialen Fußseite bilden (Fig. 5). Bei einem der drei Australier- füße habe ich eine enorme Ent- wicklung der seitlichen Faserung vorgefunden, so wie ich es sonst noch nie gesehen habe. Gewiß geht die stärkere Ausbildung des medialen Ausstrahlungsgebietes der Aponeurose mit der Funk- tion des barfuß gehenden Fußes‘ Hand in Hand. Bei den Euro- päern habe ich nie starke Aus- strahlungen in dem genannten Gebiet vorgefunden und des- gleichen konnte ich bei der Mehr- zahl der amerikanischen Neger beobachten. Wenn wir jetzt zum Schlusse die Frage beantworten wollen, ob sich überhaupt anthropologische Unterschiede an der Aponeurose verschiedener Rassen nachweisen lassen, so möchte ich die Frage bejahend beantworten. Zugleich muß ich aber zu einer gewissen Vorsicht ermahnen. Nur eine ein- heitliche, unmöglich zu schil- dernde Präparationsmethode wird die Unterschiede zur Geltung bringen, und nur ein sehr geübtes Auge wird sie klar erblicken können. Zur Anthropologie der Plantaraponeurose. 95 Ich bin überzeugt, daß Unterschiede im Bau der Aponeurose verschiedener Rassen in bezug auf Größe, Stärke, Länge der Zehen- zipfel, seitliche Ausstrahlungen vorhanden sind, doch bin ich mir dessen vollständig bewußt, daß diese Unterschiede nie gut faßbar gemacht werden können; die enorme Variabilität verwischt das Typische und macht es schwer greifbar. Dennoch möchte ich zu weiteren Untersuchungen dieser Art er- mahnen und vor allem wende ich mich an die japanischen Kollegen, dann aber auch an die amerikanischen und englischen Fachgenossen, die in den nichteuropäischen Ländern zur Frage der Anthropologie der Plantaraponeurose vom rassenanatomischen Standpunkt viel Neues bringen könnten. Literatur. BOCHENER, A. Anatomja ezlowieka. T. I. Kraköw. 1909. Fıck, R. Handbuch der Anatomie und Mechanik der Gelenke. Jena. 1904. LEBoUcCQ. Les muscles adducteurs du pouce et du gros orteil. Bull. de l’acad. royale de med. de Belgique. 1893. LoTH, E. Die Plantaraponeurose beim Menschen und den übrigen Primaten. Korr.-Bl. d. deutsch. Anthrop. Ges. 1907. —— Die Aponeurosis plantaris in der Primatenreihe mit spezieller Berück- sichtigung des Menschen. Morphol. Jahrb. Bd. XXXVIII. 1908. —— Dzisiejszy stan wiedzy o filogenii stopy ludzkiej. Spraw. Tow. Nauk. Warsz. (Comptes rendus des Seances de la Soeicte scientifigque de Varsovie.) 1909. WIEDERSHEIM, R. Der Bau des Menschen als Zeugnis für seine Vergangen- heit. Tübingen. 1908. (Aus dem anatomischen Institut der Universität Heidelberg.) Spaltbildungen an Extremitäten des Menschen und ihre Bedeutung für die normale Entwicklungs- geschichte. Von cand. med. Ludwig Keck (Heidelberg). Mit 3 Figuren im Text und Tafel I—-IV. Inhaltsübersicht. Seite De Eee JE ER EN RE de) ee RE 97 II. Eigene Beobachtungen an Extremitätenmißbildungen. . ....... 99 A. Knöcherne Syndactylie der I. und I., II. und IV. Zehe. .... 9 1» Beiunib:; 227 VEIT TE RE a 99 DK ABBISBE ee nn enera ats una h 108 B. Untere Extremität mit Defekt der II. Zee... ........ 119 EHBOIHRUN N En: se het ene h e rrAel et sur 3 TEE Yaareı? DER ir 2. RnB IE DIT ER ES BAR BACH SHRNEAN 117 C. Trennung der Tibia von der Fibula und vom Fuß, mit Defekt des Talus, Naviculare, Cuneiforme I und des Hallux (Spalt- bildung des Unterschenkels). . .. 2.2... Er ee 118 BREIT a 118 2. Analyse der formalen Genese und Bestimmung der terato- genetischen Terminationsperiode. . -.. .. 22.220... 128 III. Theoretische Folgerungen als Beitrag zur Frage nach der Correlation zwischen Entstehung der Weichteile und des Skelets der Extremitäten 135 I. Einleitung. Mißbildungen, die durch einen einfachen und eindeutigen for- malen Mechanismus entstanden zu denken sind, tragen vielfach den Charakter eines Experiments. Zu solehen einfach übersehbaren Miß- bildungen gehören die Spaltbildungen der Extremitäten. Im fol- genden sollen drei solche Fälle näher beschrieben werden. Erfolgt die Spalte früh genug, so kann sie sonst mögliche und typische Verschiebungen von Teilen der Anlage verhindern. Wenn Morpholog. Jahrbuch. 48. 7 98 Ludwig Keck also Teile in loco differenziert werden, so werden sie unverändert bleiben; werden sie anderswo zuerst differenziert und geraten sie bei ihrem Vorrücken an die definitive Stelle mit dem Spalt in Kon- flikt, dann müssen sie auf diesen beziehbare Veränderungen erfahren. Für eine solche experimentell-morphologische Fragestellung dürfen wir natürlich dann am meisten Auskunft erwarten, wenn der Spalt möglichst weit in die Extremität hineingreift, wie in dem hier an dritter Stelle mitgeteilten Fall von Abtrennung der Tibia von ihrer distalen Verbindung mit der Fibula. In der Tat wurde ermittelt, daß zum Beispiel ein großer Teil der Unterschenkelmuskulatur nicht in loco gebildet wird, sondern daß die gesamte Muskulatur des Unterschenkels fibular angelegt wird und daß erst später eine Überwanderung auf die Tibia stattfindet. Dieser positive Befund ist der Anlaß zu einer Reihe von neuen Feststellungen geworden. Sind die Muskeln an ihrer tibialwärts gerichteten Ver- schiebung verhindert, so muß die Tibia frei von Muskulatur bleiben; dadurch ist es möglich, die Correlation zwischen Muskel- und Skelet- differenzierung zu prüfen und zu sehen, ob und inwieweit die Skeletanlagen durch den Ausfall der Muskeln verändert werden. Bisher war die experimentelle Prüfung dieser Frage nur bei Se- lachiern möglich, bei denen die erste Bildung der Skeletanlagen von den Muskelanlagen sich unabhängig erwies (BRAus ’06A). Diese nur bei niederen Wirbeltieren gemachten Erfahrungen werden durch das Naturexperiment beim Menschen bestätigt und finden dadurch ihre Ergänzung. Diese Betrachtungsweise gilt nicht nur für Skelet und Muskulatur, sondern geradeso für bindegewebige Systeme (Plantar- aponeurose). In vielen Lehrbüchern wird die Bouksche Sklerozonenlehre, welche die Skeletogenese und Myogenese beim Menschen in engsten Zusammenhang bringt, als etwas Gesichertes betrachtet. Gerade in dieser Richtung erscheint der Nachweis, daß beide Systeme auch beim Menschen unabhängig voneinander sich differenzieren, von be- sonderer Bedeutung. Auf der anderen Seite werden durch einen solchen Spalt Be- dingungen gesetzt, die nicht nur eine Hemmung in der normalen Entwicklung verursachen, sondern auch positiv Neues ermöglichen. So kann ein Muse. interosseus an dem Spalt, in einem abnormen Milieu, auf das Dorsum überwandern und seine plantare Innervation auf die Dorsalseite mitnehmen. Dadurch gewinnen Muskelverschie- Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 99 bungen von einer Extremitätenseite auf die andere eine neue Be- leuchtung. Die beiden ersten hier beschriebenen Präparate stammen von einem 7Ojährigen Mann, der in das hiesige anatomische Institut ein- geliefert wurde. Sie wurden auf gewöhnliche Weise hergestellt, die Arterien wurden nicht injiziert. Das dritte Objekt stammt von einem dreijährigen Mädchen, für das der hochgradig veränderte Unter- schenkel keine Stütze abgeben konnte; er wurde deshalb in der chirurgischen Klinik amputiert. Das Präparat wurde unter Wasser mit Hilfe des Braus-Drünerschen binokulären Mikroskops ange- fertigt. Ich möchte hier nicht unterlassen, Herrn Prof. H. Braus, der mir die Anregung zu meiner Arbeit gab und mich im Laufe der Untersuchungen durch zahlreiche Ratschläge in freundlichster Weise unterstützte, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Herrn Prof. Wırus bin ich für die freundliche Überlassung des überaus wertvollen und seltenen Objekts, welches bereits von Herrn Geh. Rat NARATH zur Publikation bestimmt war, zu größtem Dank verpflichtet. Il. Eigene Beobachtungen an Extremitätenmißbildungen. A. Knöcherne Syndactylie der I. und II., III. und IV. Zehe. 1. Befund. Äußere Form. Es handelt sich um eine linke untere Extremität, die, abgesehen von den Zehen, nichts Besonderes darbietet. Es sind nur drei Zehen vorhanden, von denen die am meisten fibular gelegene die normale fünfte Zehe darstellt, die beiden tibialen Zehen sind von plumper Form und sitzen mit breiter Basis je zwei Metatarsen auf, die deut- lich voneinander getrennt sind. Der Mittelfuß ist distal von normaler Breite, die beiden Zehen sind durch einen weiten Interdigitalspalt getrennt, der auch etwas tiefer reicht als gewöhnlich. Ihre Nägel sind breit, durch einen etwa in der Mitte verlaufenden Kamm ist eine Trennung angedeutet. Knochen (siehe auch Röntgenbild Taf. III, Fig. 7). Der Tarsus ist normal. Das Metatarsale II ist gegen das Meta- tarsale I konkav gebogen und hat einen tibialwärts gerichteten Ver- lauf. So zerfällt der distale Fuß in eine tibiale und fibulare Hälfte. Tr 100 Ludwig Keck Die Grundphalangen der ersten und zweiten Zehe! sind vollständig miteinander verschmolzen, an dieser gemeinsamen Grundphalanx ist distal noch durch einen plantar aus der einheitlichen Knochenmasse sich heraushebenden stummelartigen Fortsatz das Ende der Phalanx I der zweiten Zehe angedeutet. Seiner Gelenkfläche sitzt der Teil der gegabelten Endphalange auf, der der verschmolzenen Mittel- und Endphalanx der zweiten Zehe entspricht, die etwa im Bereich der Mittelphalanx durch eine breite Knochenbrücke mit der Endphalanx der großen Zehe verbunden sind. Die Endphalange der zweiten Zehe läßt sich durch eine quere Furche von der Mittelphalanx plantar unterscheiden. Ein ähnliches Verhalten zeigt die dritte und vierte Zehe, nur daß den vollständig verschmolzenen ersten Phalangen die zuge- hörigen übrigen Phalangen getrennt aufsitzen. Phalanx II und III der dritten Zehe sind getrennt und erheblich schwächer als die ent- sprechenden Glieder der vierten Zehe, die knöchern verbunden sind. Die letzte Zehe ist normal, die kurze Mittelphalanx der Endphalanx nicht assimiliert. Die knöcherne Verbindung der beiden letzten Glieder der vierten Zehe ist ihrer ganzen Art nach als pathologische Synostose aufzufassen (siehe PFITzwer ’96), während die Verschmel- zung der entsprechenden Glieder der zweiten Zehe eine Synostose im Sinne einer primären Verbindung darstellt, die hier im Zusammen- hang mit den übrigen Knochenveränderungen abnormerweise ohne gleichzeitige Assimilation der Mittelphalanx an der fünften Zehe auftritt. Gelenke. Die Kapsel der ersten Artic. metatarso-phalangea ist den Meta- tarsalköpfehen I u. II und der Basis der verwachsenen Phal. I, Dig. I u. II gemeinsam, zwischen den beiden Köpfchen erstreckt sich eine unvollständige Scheidewand bis zur Mitte der Basis der gemeinsamen Grundphalanx. An der Gelenkverbindung zwischen Metat. III u. IV und Phal. I, Dig. III u. IV bestehen zwei vollständig getrennte Ge- lenkkapseln. Weichteile. a. Hautnerven des Dorsum pedis (Taf. I, Fig. 1). Der Nervus peroneus profundus ist sehr stark und versorgt außer dem gewöhnlichen Hautgebiet auf den verschmolzenen Zehen I u. II 1 Da alle typischen Zehen trotz der Anomalien zu erkennen sind, bezeichne ich sie im folgenden mit den üblichen Ziffern I—V. Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 101 noch das der lateralen Seite der zweiten Zehe entsprechende Gebiet, medial zieht der eine Ast über den dem Capitulum Metat. I zuge- hörigen Höcker hinweg. Der mediale Ast des N. cut. dors. med. reicht nicht über die Gegend des Metat. II hinaus. Die der medialen Seite der dritten Zehe entsprechende Hautfläche wird vom N. cut. dors. lat. versorgt, der an der Zehenbasis durch einen feinen Faden mit dem N. plant. dig. III med. anastomosiert (Taf. I, Fig. 1 u. 2, pl. A). Das mediale Übergreifen des N. cut. dors. lat. ist eine auch sonst vorkommende Varietät, ebenso die starke Ausbreitung des N. peron. prof. BARDEEN (’07), der eine Zusammenstellung der Haut- nervenvariationen des Fußrückens gibt, verzeichnet einen ähnlichen Fall, in dem der N. peron. prof, außer dem gewöhnlichen Gebiet noch die mediale Seite der großen Zehe und die laterale der zweiten Zehe versorgt. Die übrige Nervenversorgung in unserem Fall ent- spricht der normalen Innervation der analogen Hautgebiete. b. Streckmuskeln (Taf. I, Fig. 1). Die Extensoren zeigen im Bereich des Unterschenkels die ge- wöhnlichen Verhältnisse und nur in ihren Sehnen ein besonderes Verhalten. Extensor digitorum longus. Er teilt sich in vier Sehnen. Die vierte inseriert normal. Die dritte läuft zwischen den Capitula metat. III u. IV hindurch und geht zusammen mit dem Ext. dig. brev. dieser Zehe auf dem Rücken der gemeinsamen Grundphalanx Dig. III u. IV in die Dorsalaponeurose über. Sehne II geht zusammen mit der entsprechenden Sehne des Ext. brev. in eine Aponeurose über, welche die Grundphalanx an der dem Spalt zugekehrten Seite be- deckt und sich auch in den Spalt, soweit er sich zwischen die Metat. II u. III hineinzieht, fortsetzt. Auffallend’ ist dabei, daß die Sehnenausbreitung des Ext. brevis oberflächlicher als die des Ext. longus zu liegen kommt. Die erste Sehne geht noch im Be- reiche des Metatarsus II, am Beginn des Spalts, in eine aponeuro- tische Ausbreitung über, die in den Spalt hineinzieht und sich distal mit der Ausbreitung der Sehne des Ext. hall. long. verbindet, welche die gemeinsame Phal. I Dig. I u. II lateral überzieht. Von der zur kleinen Zehe ziehenden Sehne geht ein dünnes Sehnenbündel ab, das sich mit der Sehne des Peronaeus III an deren Insertion ver- bindet. Extensor hallueis longus. Von seiner Sehne spaltet sich in der Höhe des Fußgelenks medial eine schmälere Sehne:ab, die 102 Ludwig Keck an der gemeinsamen Phalanx I medial vom Ext. hall. brev. inseriert. Die Hauptsehne läuft zwischen den Capitula Metatars. I u. II hin- durch und geht auf der verwachsenen Grundphalanx mehr lateral in die Dorsalaponeurose über, wobei ein Teil ihrer Fasern, wie schon erwähnt, mit denen der Sehne des Ext. com. long. D. II sich zu einer Aponeurose verbindet, die den atypischen Interdigitalspalt medial auskleidet. Ein Zug der Sehne des Extensor hall. geht dabei proximal direkt in die Sehne des Ext. com. long. über (Fig. 1). Extensor hallucis brevis. Er inseriert getrennt von der langen Extensorensehne medial an der Basis der ersten Phalanx. Extensor digitorum brevis. Der Muskel zerfällt in die der zweiten bis vierten Zehe entsprechenden Bündel, zwischen dem für die zweite und dritte Zehe bestimmten findet sich eine selbständige Portion, deren Sehne gerade in den Anfang der ersten tiefen Inter- digitalspalte verläuft, wo sie, sich in zwei Zipfel spaltend, in die mediale und laterale aponeurotische Bedeckung der Spalte übergeht. (Über diese Varietät siehe Ruce ’78 IL.) Die der zweiten Zehe zu- gehörige Sehne zieht unter der entsprechenden langen Extensoren- sehne hindurch und verbindet sich, sich ausbreitend, von unten her "im Bereich der Grundphalanx I mit der durch die beiden langen Extensorensehnen gebildeten Aponeurose entsprechend ihrer normalen Insertionsstelle.. Die für die dritte Zehe bestimmte Sebne geht am Capit. Metat. III in die den Zwischenfingerraum lateral auskleidende Aponeurose über, deren oberflächliche Lage sie bildet. Die vierte Sehne verhält sich normal. c. Hautnerven der Planta (Taf. I, Fig. 2 u. 3). Die einzelnen Äste der plantaren Zehennerven erscheinen wie gewöhnlich zwischen den einzelnen Zipfeln der Plantaraponeurose. Im ganzen werden auch hier die einzelnen Hautbezirke durch die ihnen normal zukommenden Nerven versorgt. Es bestätigt das die Beurteilung der Skeletverhältnisse, die meiner Darstellung zugrunde liegt. Die verwachsene erste und zweite Zehe wird plantar durch den N. plant. hall. med. und N. dig. plant. com. I, der sich in die beiden typischen Äste spaltet, versorgt. Dieser letztere Nerv ist darum be- sonders charakteristisch. Die laterale Seite wird im Bereich des Capit. Metat. II und der Basis der entsprechenden Grundphalanx durch den schwachen medialen Ast des N. dig. plant. com. II versorgt, der sich ebenfalls in typischer Weise spaltet. Die der dritten und vierten Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 103 entsprechende Zehe wird plantar durch den in der Mitte entlang laufenden ungeteilten N. dig. plant. com. III innerviert, die mediale und laterale Seite durch den typischen N. plant. dig. III med. bzw. dig. IV lat. Die kleine Zehe wird wie normal versorgt. d. Plantaraponeurose (Taf. I, Fig. 2). Die Plantaraponeurose verhält sich wie bei einem normalen Fuß. Die einzelnen Zipfel sind vorhanden und inserieren an den ent- sprechenden Stellen der Metatarsophalangeal-Gelenke und Metatarsal- köpfehen, wie wenn diese typisch gebaut wären. e. Beugemuskeln (Taf. I, Fig. 3). Flexor digitorum brevis. Die fünfte Sehne fehlt. Die erste Sehne verbindet. sich mit der entsprechenden Sehne des Flex. dig. long. durch sehnige Züge und setzt neben ihr vorbeiziehend lateral an der Articulatio metatarso-phalangea der einheitlichen Grund- phalanx I an. Sie verbindet sich mit der aponeurotischen Ausbreitung der Sehne des Ext. dig. long. dig. II, die hier am Capit. Metatars. II in die Tiefe zieht. Die zweite Sehne inseriert an der Kapsel der Artieulatio metacarpo-phal. entsprechend der dritten Zehe in einer Sehnenplatte, in der durch zwei Züge noch das Chiasma angedeutet ist, über der Sehne des Flex. dig. long. Der laterale Zug inseriert lateral zur langen Beugesehne an der Kapsel, der mediale gewinnt in der Aponeurose der Interdigitalspalte mit der Sehne des Ext. brev. dig. III Verbindung. Die dritte Sehne des Flexor brevis verläuft in der Rinne zwischen den Capitula Metatars. III u. IV zusammen mit der langen Beugesehne für die vierte Zehe und bildet ein lang- gezogenes Chiasma, dessen medialer Schenkel an Phal. II, Dig. III endet. Der laterale Schenkel zieht zur Mittelphalanx der vierten Zehe. Flexor hallueis et flexor digitorum communis longus. Die Sehne des Flex. hall. long. verläuft in der Rinne zwischen den ersten beiden Metatarsalköpfehen und verbindet sich mit der Sehne des Flex. dig. com. dig. II, die um die laterale Fläche des Capit. Metat. II an sie herantritt. Sie inseriert mit dieser vereinigt an der gemeinsamen Endphalange in breiter, fächerartiger Ausdehnung. Die zweite Sehne des Flex. dig. long. verläuft an der medialen Seite des Capit. Metat. III, verbindet sich dorsalwärts unter der Aus- breitung des Flex. brev. ausgedehnt mit der Ausstrahlung der Sehne des Ext. com. long. dig. III und teilt sich in zwei Zipfel. Der eine 104 Ludwig Keck setzt ganz am medialen Rande der Endphalanx an, also entsprechend Phal. III Dig. IH, der laterale Zipfel inseriert mitten auf der ge- meinsamen Endphalanx. Die Sehne für die vierte Zehe inseriert lateral an der gemeinsamen Endphalange entsprechend Dig. IV. So weit das Verhalten der Sehnen im Bereich der Skeletveränderung. \ \\ | IIUAN\ | Inn) \ Fasc. erur. _—— _ LI V Am\ IN } } Nl Nm 74 A || IN \ des ıM Ns IHNEN. l ! \ Dh Der Muskelteil des Flexor hall. long. und die Sehnenkreuzung der beiden Beuger bieten besondere Verhältnisse dar. Vom Flexor hall. long. trennt sich etwa in ein Fünftel Fibulalänge der distale Teil als ein besonderer kleiner Muskel ab (Textfig. 1, Ace. Muse.). Dieser entspringt von der Fibula bis herunter auf das Lig. tibio- fibulare post. und von dem unterhalb dieses gelegenen Teil der Ge- lenkkapsel. Zugleich nimmt er noch seinen Ursprung von dem als Spaltbild. an Extrem. d. Menschen n. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 105 Lig. intermuseulare an der Fibula angehefteten Teil der tiefen Fascia ceruris, von der auch, soweit sie den Muskel dorsal bedeckt, einzelne feine Muskelzüge sehnig entspringen. Der Muskel läuft in eine selbständige Sehne aus, die dicht hinter der Halluxsehne zwischen Malleolus medialis und Calcaneus als vierte Sehne zur Planta hindurchzieht, von einer besonderen Sehnenscheide umgeben. Die Sehne verhält sich so, daß sie zuerst an der dorsalen und medialen Seite des einfach gefiederten Muskels zum Vorschein kommt, daß hier schon der größte Teil des Muskels in sie übergeht, während die distalsten Fasern zunächst noch neben der Sehne, ihr angelegt, herabziehen, um sich erst weiter unten mit ihr zu vereinigen. Von diesen untersten Muskelzügen bleiben dabei einige selbständig, ziehen neben der Sehnenscheide plantarwärts und verbinden sich mit dem Quadratus plantae (Textfig. 15). Was das Verhalten der Flexoren- sehnen und des Quadratus plantae zueinander angeht, so ist folgen- des zu bemerken (Textfig. 2). An der Kreuzungsstelle sind die beiden langen Flexorensehnen zu zwei Sehnenplatten verbreitert, die (in der Figur) obere (plantare) wird typisch durch die Sehne des Flex. dig. long. gebildet, die untere (dorsale) durch die Ausbreitung eines Teils der Sehne des Flexor hall. long. und der Sehne des überzähligen Muskel. Die Sehne des Flex. hall. long. gibt, noch bevor sie ihre Verstärkung von dem Flex. dig. long. erhält, etwa ein Viertel ihrer Fasern lateral- wärts ab, um eben die untere Sehnenplatte in ihrer dorsalen Hälfte zu bilden. Diese Fasern gehen dann zu etwa gleichen Teilen in die 106 Ludwig Keck Bildung der zweiten und dritten Zehensehne ein. Bald nach dieser Teilung geht in den Rest der Halluxsehne die Sehne eines Muskel- bündels des Quadratus plantae über, die über die Sehne des Flex. dig. long. plantar herüberzieht (Textfig. 2**). Die Sehne des überzähligen Muskels (Textfig. 2, acc. Muse.) ist annähernd so stark wie der von der Halluxsehne abgezweigte Teil. An ihr inseriert der Quadratus plantae schon weit vor ihrer Aus- breitung, um sich dann weiterhin an der gemeinsam mit der Hallux- sehne gebildeten Platte anzusetzen (Textfig. 2s). Die Fasern der überzähligen Sehne setzen die oberflächliche Schicht der Platte zu- sammen und gehen mit den Bestandteilen aus der Halluxsehne ebenfalls in die Bildung der zweiten und dritten Zehensehne ein. Einige wenige Züge (nicht abgebildet) ziehen zur vierten Zehensehne. Die Sehne des Flex. dig. long. geht in die Bildung der dritten bis fünften Zehensehne ein, derart, daß etwa drei Viertel ihrer Fasern auf die vierte bis fünfte Zehe zu gleichen Teilen kommen. Der zur dritten Zehe ziehende Teil wird durch einen Sehnenzug ver- stärkt, der aus einem Bündel des Quadratus plantae hervorgeht (Textfig. 2*). Gerade in dieses Bündel ziehen die von dem über- zähligen Muskel hoch oben sich absondernden Muskelfasern hinein, _ die sich zum Teil auch an der Sehne des accessorischen Muskels an- setzen (Textfig. 1*). Die dritte Sehne hat also die verschiedenartigste Zusammen- setzung: der dorsale etwas schwächere Teil besteht aus Elementen der Halluxsehne und der überzähligen Sehne, der plantare aus solchen der gemeinsamen Beugesehne und einem Zug des Quadratus plantae. Die zweite Sehne wird in ihrem plantaren Drittel aus der Sehne des accessorischen Muskels, in ihrem dorsalen Teil aus der Halluxsehne gebildet. Die Innervation des überzähligen Muskels erfolgte, wie durch Verfolgung des intramuskulären Nervenverlaufs festgestellt wurde, aus den den Flex. hall. long. innervierenden Ästen. Der Muskel gehört zu der von Testur und LE DougBLE als Accessorius ad acces- sorium aufgeführten Varietät. Dieser Muskel wird durch ein Bündel dargestellt, das von jedem der Unterschenkelknochen, von einem der tiefen Unterschenkelmuskeln, der tiefen Fascie oder dem Cal- caneus entspringen kann und sich entweder mit dem Quadratus plantae vereinigt oder mit diesem an der Sehne des Flexor tibialis endet. Ein hierher gehörender Muskel, dessen Sehne selbständig Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwieklungsg. 107 bis zu den Zehen verläuft, wie in unserem Fall, ist bei den Autoren nicht verzeichnet. Lumbricales (Taf. I, Fig. 32.) Der Lumbr. I entspringt wie normal medial an der Sehne des Flex. dig. long. dig. II. Seine Sehne zieht unter der des Flex. hall. long. in die Rinne zwischen den Capit. Metat. I u. II (Taf. I, Fig. 3*) und inseriert entsprechend der normalen Anheftung an der Kapsel der Artie. metatarsophalangea I und an der verschmolzenen Grundphalanx da, wo die Phal. I Dig. II in dieser eingeschlossen ist. Der Lumbr. II geht am medialen Rande des Metat. III in die den atypischen Spalt auskleidende Aponeurose über. Lumbr. III entspringt wie gewöhnlich von den Sehnen des Flex. long. zur dritten und vierten Zehe, verläuft medial längs der für Dig. IV bestimmten Sehne in der Furche zwischen Metat. III u. IV hindurch (Taf. I, Fig 3*) und setzt unter ihr in der Mitte der Zehe an, d.h. medial an der Kapsel der gesonderten Artic. metatar- sophalangea zwischen Metat. IV und dem Teil der Grundphalanx, der der Phal. I Dig. IV entspricht. Also auch hier gleicht die Insertion völlig der normalen medial an der Phal. I Dig. IV. Lumbr. IV verhält sich normal. Flexor hallueis brevis. Das Caput mediale ist sehr schwach und setzt sich an dem medialen Sesambein wie gewöhnlich an. Das laterale Sesambein mit der Insertion des Cap. laterale liegt über dem Capit. Metat. II, das sich hier an den Metat. I eng anlegt. Zwischen den Ansätzen dieser beiden Köpfe senkt sich nun die Sehne des Lumbriealis I in die Tiefe zu ihrer Insertion an der ge- meinsamen Gelenkkapsel. Adductor hallueis. Das Caput transversum reicht in seiner proximalen Begrenzung fast bis zum Caput obliquum und ent- springt als eine dünne Muskelplatte von der Interosseusfaseie im Be- reich der Mitte des III. und IV. Metat., proximalwärts schräg bis in das vierte Interstitium reichend. Ein Teil des Muskels verbindet sich durch eine feine Sehne mit der normal inserierenden Sehne des Caput obliguum, ein anderer setzt sich in dem derben, den atypischen Spalt ausfüllenden Fettgewebe fest, ein kleiner Rest läuft in einer feinen Sehne in die Aponeurose aus, die das Capit. Metat. II seit- lich bedeckt. Interossei. Sie sind sämtlich vorhanden, da sie in ihren nor- malen Ursprüngen nicht beschränkt sind, und zeigen nur in den Insertionen Modifikationen, die mit den Knochenveränderungen zu- 108 Ludwig Keck sammenhängen. Sie gehen nur zum Teil in die Dorsalaponeurose über, ein großer Teil heftet sich an den Gelenkkapseln an. Der Inteross. dors. I inseriert zusammen mit dem Inteross. dors. II lateral an der Kapsel des Gelenks der Metat. I u. II mit der vereinigten Grundphalanx. Inteross. plant. I setzt sich medial, Inteross. dors. III lateral an der gesonderten Kapsel zwischen Metat. III und Phal. I, Dig. Ill u. IV an. Inteross. plant. II inseriert medial am Metat. IV entlang ziehend plantar mitten an der Gelenk- kapsel der Artic. Metatars. IV mit den vereinigten Phal. I, Dig. III u. IV. Der Inteross. dors. IV inseriert an eben dieser Kapsel late- ral, ein Teil geht lateral an dieser Zehe in die Dorsalaponeurose über. Inteross. plant. III verhält sich normal. f. Arterien. Die Arterien verhalten sich, abgesehen von der Zehenversorgung, typisch. Die Art. metat. plant. III ist äußerst schwach und reicht nieht über den Metatarsus hinaus. Ihr Gebiet übernimmt die Art. metat. plant. II. 2. Analytische Bemerkungen. Im Hinblick auf die Skeletveränderungen und deren Zustande- kommen erscheint in unserem Fall von besonderer Bedeutung das typische Verhalten der plantaren Zehennerven, der Zipfel der Plantaraponeurose und der Lumbricales I u. III. Die aponeurotischen Verbindungen der Extensorensehnen untereinander und mit den Sehnen der Flexoren sind als nachträglich entstandene funktionelle Strukturen aufzufassen. Der Einfluß des Zugs auf die embryonale Differenzierung des Bindegewebes hat durch O. Levy (04) seine Dar- stellung erfahren. Auf die allgemeinere Bedeutung, die den beschriebenen Ver- änderungen an den Weichteilen in ihrem Verhältnis zu den Skelet- abnormitäten zukommt, wird später in Rücksicht auf die Terato- logie und Correlation zurückzukommen sein. Es bleibt noch die Be- sprechung der Varietäten des Adductor hallueis und Flexor hall. long. Hier sei hervorgehoben, daß trotz der atypischen Spaltung, welche in das Gebiet des fertigen Caput transversnm des M. adduetor hallueis fallen und diesen Muskel partiell vernichten würde, ein Caput obliquum vorhanden ist. Seine Anlage kann also nicht in loco gelegen sein, sondern muß sich beim Embryo außerhalb des Bereichs der Spaltung finden. Die nahe Beziehung des Caput Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedent. f. d. norm. Entwicklungsg. 109 transversum des Adductor hallueis zum Caput obliguum wie in unserem Fall, seine fächerartige Ausbreitung auf der Fascie der Interossei findet sich in der Tat nach G. Ruce (’78 II) beim Fetus sehr häufig und kann sogar beim Erwachsenen persistieren. Dieses Verhalten er- klärt sich aus der ursprünglichen Einheit des zur Gruppe der Con- trahentes gehörenden Muskels (s. a. LEBoucQ ’93). Was die Beurteilung der Varietät des Flex. hall. long. und des Quadratus plantae angeht, so werden diese Muskeln in ihrer Homo- logisierung und ihrem gegenseitigen Verhältnis verschieden auf- gefaßt. Nach EısLer (’95) sind der Flexor tibialis, Flexor fibularis und Quadratus plantae Homologa der drei Plantares profundi der Urodelen (Menopoma). Der Flexor tibialis und fibularis entsprechen den Plantares profundi I bzw. II, mit dem letzteren tritt der dem Accessorius homologe Plantaris profundus Ill, während sie von ihrem Ansatz an der Plantarfascie aus ihre Zeheninsertion gewinnen, im Bereich der tibialen Zehen in nähere Beziehung. Dagegen leitet MaAcMurrIcH (’05) den Flexor fibularis von seinem mehr oberfläch- lichen Plant. prof. II ab, während der Flexor tibialis und Quadratus plantae ein Derivat seines tiefer gelegenen Plant. prof. I darstellen. Es wird also in der EısLerschen Darstellung zwischen Flexor fibu- laris und Quadratus plantae ein näherer Zusammenhang angenommen, als nach MAcMurRIcH, der die beiden Muskeln aus verschiedenen Muskellagen hervorgehen läßt. Bei Ornithorkynchus und den Marsupialiern inseriert der Acces- sorius (soweit er bei diesen vorhanden ist) ausschließlich an der Sehne des Flexor fibularis. Bei Didelphys virginiana verbindet er sich mit der Portion der Sehne des Flexor fibularis, die zur großen Zehe geht (MAcMurrich). Bei Myrmecophaga ist der Zustand des Accessorius ähnlich (E. GLAESMER ’08). Bei den Affen zeigt der Quadratus plantae nach den Untersuchungen von F. E. SchuLtze (67) ein sehr verschiedenartiges Verhalten, er fehlt sehr häufig bei den Anthropoiden, jedenfalls aber tritt er bei den Platyrrhinen und Cyno- morphen in wechselnder Weise mit beiden Flexoren in die Bildung der Zehensehnen ein. Wenn die Caro quadrata beim Menschen mit dem Flexor tibialis in Verbindung tritt, so erklärt sich dies aus der. in der weiteren Entwieklung erfolgten Überkreuzung der Sehnen, die sich bei den Affen noch nicht so weit vollzogen hat (E. GLAESMER). Die primitive Beziehung der Caro quadrata zum Flexor fibularis ist durch die Darstellung EısLers erklärt. Die Caro quadrata ist nach ihm ein ursprünglich rein plantarer Muskel. Wenn er beim 110 Ludwig Keck Menschen in einzelnen Fällen in seinem Ursprung auf den Unter- schenkel übergreift, so ist eine proximalwärts gerichtete Wanderung des Muskels anzunehmen. Dagegen erscheint der Muskel nach der Ansicht GEGENBAURS (’99) »als eine herabgerückte Ursprungsportion eines auch den Flexor fibularis mit begreifenden Flexor digit. longus, die ihre Continuität mit der Unterschenkelportion verlor«. Wenn wir auf die Besprechung der Varietät des Flexor hall. long. und des Quadratus plantae in unserem Fall näher eingehen, so erscheint von Wichtigkeit, daß der accessorische Muskel von den- selben Nerven versorgt wird wie der Flexor hall. longus. Er hängt mit dem Quadratus plantae muskulös zusammen, an der Planta tritt seine Sehne mit der des Flexor hall. longus in innige Verbindung, dabei gehen beide Sehnen gemeinsam in die Bildung der zweiten und dritten Zehensehne ein. Der Quadratus plantae tritt fast ausschließlich zuerst mit der überzähligen Sehne allein, dann mit ihr und einem Teil der langen Halluxsehne zusammen in Verbindung. In diesem Ansatz des Quadratus plantae sehen wir den Ausdruck seiner primitiven Beziehung zur Sehne des Flexor fibularis.. Den Accessorius ad accessorium fassen wir hier seiner Innervation nach als den distalen Teil des Flexor hall. longus auf, der einen Teil der Insertionen dieses Muskels übernommen und sich von ihm gesondert hat. Da der Quadratus plantae, der wie gewöhnlich innerviert wird, durch eine muskulöse Verbindung mit diesem accessorischen Muskel zusammenhängt und auch mit seiner Sehne in innige Be- ziehung tritt, so haben wir eine Zusammengehörigkeit dieser beiden Muskeln in unserem Fall anzunehmen. Dies zwingt uns wieder wegen der Innervationsverhältnisse zu der Annahme, daß der Qua- dratus plantae in ähnlicher Weise wie der accessorische Muskel einen mehr oder weniger großen Teil der Insertionen des Flexor hall. longus oder eines auch diesen einbegreifenden Flexor dig. longus übernommen, sich von ihm abgelöst hat und auf die Planta herab- gerückt ist. Interessant ist die Beobachtung SCHOMBURGS (’00), der beim Embryo einen Zusammenhang des Quadratus plantae mit dem Flexor hall. longus feststellte. | Nach diesen Darlegungen ist kein kausaler Zusammenhang zwischen der atypischen Spaltung des Fußes und dieser Muskel- varietät anzunehmen; letztere ist als eine atypische Bildung für sich anzusehen, die höchstens auf eine gemeinsame Grundursache mit der Spaltbildung zurückzuführen wäre, ohne daß dies zurzeit weiter analysierbar ist. Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm, Entwicklungsg. 111 pi Untere Extremität mit Defekt der II. Zehe. 1. Befund. Äußere Form. Dießer Fuß, der rechte zu dem in Fall A beschriebenen, zeigt nur im Bereich der Zehen eine Abweichung von der Norm. Der Hallux ist durch einen Spalt von den übrigen Zehen getrennt, der durch das Fehlen der zweiten Zehe verursacht ist und sich etwa in ein Drittel des Bereiches des Metatarsus hinein erstreckt. Die pro- ximale Begrenzung des Spalts ist proximoplantarwärts gerichtet, so daß er an der Planta bis etwa zur Mitte des Metatarsus reicht. Der Hallux befindet sich in ausgeprägter Vagusstellung. Vom Metatars. II ist noch ein Rudiment proximal vom Spalt vorhanden. Metat. III und Dig. III sind miteinander verschmolzen und gerade ge- richtet, während sich die vierte Zehe stark gekrümmt über sie schräg herüberlegt bis zur Berührung mit der Endphalange der Großzehe. Die dritte und vierte Zehe sind im Bereich der ersten Phalange häutig miteinander verbunden. Knochen (Taf. III, Fig. 8). Die zweite Zehe fehlt vollständig, vom Metat. II ist noch ein Rudiment vorhanden. Ebenso fehlt Phal. II u. III, Dig. III, Phalanx I ist mit dem Metat. III zu einem knöchernen Stab verschmolzen, der in der Gegend der Artie. metatarsophal. eine Anschwellung zeigt und dann ohne charakteristische Form sich verschmälernd in der Höhe des ersten Interphalangealgelenks der vierten Zehe endet. Weichteile des Dorsum. a. Hautnerven (Taf. II, Fig. 4). Ein dem lateralen Zehenast des N. peron. prof. entsprechender Nerv fehlt, der mediale versorgt wie gewöhnlich die laterale Seite der Großzehe. Der mediale Ast des Nerv. cut. dors. med. versorgt den medialen Großzehenrand, der laterale mit zwei Ästen das Ge- biet des Metat. II rud. und des Metat. III mit der proximalen Phal. I Dig. III. Der übrige Teil dieser Phalanx wird durch zwei plan- tare Nervenäste versorgt, die am medialen Rande verlaufen. Diese stellen die dorsale Hälfte des Nerv. dig. plant. com. II dar. Der sonst die laterale Seite des Dig. III versorgende mediale Ast des N. dig. dors. com. III (aus dem N. suralis) ist sehr fein und zieht schräg über das Interst. inteross. III zur Spitze des ankylosierten und 112 Ludwig Keck rudimentären Dig. III (in der Abbildung der mittlere der drei punk- tierten Nerven). Der laterale Ast des N. dig. dors. com. III teilt sich an der Basis der aufsteigenden Phal. I Dig. IV in zwei Äste. Der eine versorgt die mediale Seite des Dig. IV, der andere zieht unter der häutigen Verbindung der beiden Zehen schräg herüber zur Spitze der dritten Zehe. Diese Nervenanordnung weicht nicht unerheblich vom typischen Befund ab, namentlich bei Zehe III, immer- hin sind die zu den Skeletteilen gehörigen Hautdistrikte hinreichend zu erkennen, um unsere Deutung der Skeletveränderung nicht als unrichtig zu kennzeichnen. b. Streckmuskeln (Taf. I, Fig. 4). Extensor hall. longus. Die Sehne teilt sich am Metacarpo- phalangealgelenk in zwei Zipfel, von denen der eine in der Fort- setzung der Sehne verlaufend an der medialen Seite der Phalanx I inseriert, der andere auf dem Dorsum zur Basis Phal. II zieht. Schon vor dieser Teilung geht noch ein Faszikel an die mediale Seite der Basis Phal. I ab. Extensor digit. com. longus. Die Sehne spaltet sich in drei Teilsehnen für Dig. III—-V.. Die Sehne für die zweite Zehe ist ganz ausgefallen. Die Sehne für Dig. III (Fig. 4, Td.d. III) gibt in ihrem Verlauf auf dem Metatars. III mehrere Faszikel ab. Zwei von diesen inserieren zu beiden Seiten des Metat. III, der mediale setzt sich dabei in den Spalt fort. Die Fortsetzung der Sehne verläuft auf Dig. III nach vorn, immer mehr medial und plantar sich hinziehend. Extensor digit. brevis. Der Muskel ist vielfach gespalten. So entsteht eine Anzahl kleiner Muskelbündel, die teils zur Bildung der gewöhnlichen Sehnen zusammenlaufen, teils mit besonderen kleinen Sehnen gesondert bestehen bleiben. Das erste Bündel endet schon im Bereich des Tarsus muskulös am Cuneif. II, lateral vom Ext. hall. brev. Die nun folgenden beiden ersten Spaltsehnen ziehen hinter der den Spalt auskleidenden sehnigen Membran, die durch den zweiten Zipfel der Plantaraponeurose (s. u.) geschaffen wird, in die Tiefe gegen das Metat. I. Lateral von diesem .verläuft die Sehne für Dig. II medial um die Spitze des rudimentären Metat. II in den Spalt, wo sie mit der Plantaraponeurose verschmilzt, ein Bündel setzt sich auf die Spitze des rudimentären Metat. II fort (s. Fig. 4, rud. Mt. II). An der proximalen und medialen Begrenzung des Spalts liegt unter der Aponeurose ein kleiner atypischer Muskel, der auf dem rud. Metat. II unter der Sehne des Ext. dig. brev. dig. I Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwieklungsg. 113 mit einer feinen Sehne seinen Anfang nimmt (Taf. II, Fig. 4v.). Er zieht unter den hier gelegenen Sehnen des Ext. brevis medialwärts und setzt sich am Metat. I schräg absteigend medial und plantar an der Phal. I Dig. I an, etwas distal von der Insertion des Ad- ductor und Flexor hall. brevis. Der Muskel erhält seinen Nerven aus dem Ramus profundus des N. plant. lat., eine dorsale Inner- vation konnte nicht festgestellt werden. } Es handelt sich also hier um einen atypisch gelagerten Interos- seus und nicht um ein Derivat des Extensor dig. brevis (vgl. Rue ’78 II). Die zur dritten Zehe ziehende Sehne des Extens. brev. ist außergewöhnlich breit. Sonst zeigt der Muskel das gewöhnliche Verhalten. Weichteile der Planta. a. Plantaraponeurose (Taf. I, Fig. 5). Die Plantaraponeurose verhält sich typisch. Sie teilt sich distal entsprechend dem Spalt so, daß der erste Zipfel zur großen Zehe von den Faszikeln III—V durch eine in den Spalt auslaufende Ein- senkung getrennt wird, die dem Raum zwischen Metat. I, Metat. II rud. und Metat. III entspricht. In diese von Fettgewebe aus- gekleidete Furche zieht der zweite Faszikel hinab, der deutlich vor- handen ist, trotzdem die Stelle seines Ansatzes, das Metatarsal- köpfchen, fehlt. Er verbreitert sich zu einer sehnigen Membran, die den Spalt bis auf die Dorsalseite auskleidet. Die andern Faszikel verhalten sich wie in der Norm, nur ist der auf Metat. III an- setzende schwach ausgebildet. b. Nerven (Taf. II, Fig. 5, 6). Der N. plantaris medialis teilt sich in typischer Weise, der N. digit. plant. com. II ist sehr schwach, entsprechend dem Ausfall eines großen Teils seines Versorgungsgebiets. Der N. plant. hall. med. verläuft mehr in der Mitte der Zehe und versorgt die ganze Plantarfläche einschließlich des lateralen Randes der Phalanx II. Der N. dig. plant. com. I versorgt nur das Gebiet entlang der late- ralen Seite des Metatars. I und der Phal. I Dig. I. Unmittelbar nach seinem Austritt vor die Aponeurose teilt er sich in einen me- dialen und lateralen Ast. Der mediale gibt eine Anastomose zum N. hall. plant. med. entsprechend seiner Ausdehnung auf den late- ralen Zehenrand und versorgt die große Zehe lateral bis an die Articulatio interphalangea. Der laterale Hauptast des N. plant. dig. com. I wendet sich in die Tiefe des Spalts und versorgt seine Morpholog. Jahrbuch. 48. 8 114 Ludwig Keck mediale Fläche entsprechend Metat. I. Der N. plant. dig. com. 11 tritt an typischer Stelle durch die Plantaraponeurose, Er ist von dem vorhergehenden Nerven durch den zweiten Zipfel der Apo- neurose getrennt, der in den Spalt hineinzieht. Er teilt sich in einen dorsalen und plantaren Ast. Der dorsale Ast tritt auf das Dorsum pedis (s. o, und Taf. II, Fig. 5 r.ds.), der plantare versorgt die die laterale Begrenzung des Spalts bildende mediale Fläche des Metat, III. Der N. plant. digit, com. III teilt sich auf der dritten Zehe in zwei Äste, Der mediale versorgt die ganze rudimentäre dritte Zehe, läuft zunächst an ihrer medialen Seite distal, um dann am Ende der Zehe in einem Bogen über die Zehe herüber auf die laterale Seite der Zehe zu verlaufen. Der laterale Ast verhält sich normal, ebenso die anderen Zehennerven. ec. Beugem uskeln (Taf. II, Fig. 6). Flexor brevis: Der Muskel gibt drei Sehnen ab entsprechend der zweiten bis vierten Zehe. Die erste Sehne (nicht abgebildet) zieht in den Spalt, wo sie sich mit dem Aponeurosenzipfel ver- einigt, der sich in den Spalt hinein erstreckt, entsprechend der Stelle, wo sich die zweite Zehe befinden sollte. Die zweite Sehne setzt sich an der Spitze des ankylosierten Dig. III medial an und gibt dorsalwärts fibröse Züge ab, die sich mit den Ausstrahlungen der dorsalen Sehnen verbinden. Die dritte Sehne zieht zur vierten Zehe. Flexor hallueis und Flexor digit. com. longus. Es soll zunächst das Verhalten der Sehnen im Bereich der Skeletverände- rungen geschildert werden. Die Sehne des Flexor hall. longus verbindet sich am Capit. Metat. I mit einem schräg über den Grund des Spalts verlaufenden Zipfel der für Dig. II bestimmten Sehne des Flexor digit. longus. Der Flexor digit. longus gibt vier Sehnen ab. Die erste spaltet sich in zwei Faszikel. Von diesen gibt der laterale (Taf. II, Fig. 6*) für den Lumbricalis Ill einen Teil seines Ursprungs ab (s. u.) und verläuft dann um die Tiefe des Spalts herum auf die Dorsalseite. Hier geht er in die Sehne des Extens. brev. dig. II und die sie begleitenden kleinen Sehnenbündel über, Der mediale Zipfel zieht am medialen Spaltrand entlang und ver- bindet sich mit der langen Halluxsehne. Die zweite Sehne verläuft längs des lateralen Spaltrandes und vereinigt sich mit der darüber liegenden Sehne des Flexor brevis, ohne daß ein Chiasma gebildet wird. Ein Teil der Sehne setzt sich als sehnige Membran verbreitert in den Spalt hinein fort. Die beiden anderen Sehnen verhalten sich normal, Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 115 Sonst zeigen die Muskeln ein ähnliches Verhalten wie an dem Bein der andern Seite. Vom Flexor hall. longus läßt sieh distal ein ansehnlicher Muskelteil sondern, der in der Fortsetzung des Ursprungs dieses Muskels an der Fibula bis herab auf das Lig. tibio-fibulare post. entspringt. Einige Fasern entspringen noch von der tiefen Fascia eruris. Auch in diesem Fall geht der accessorische Muskel in eine Sehne über, die als vierte Sehne in einer besonderen Sehnen- scheide lateral hinter der des Flexor hall. longus zur Planta zieht. “Auch das Verhalten der Sehnenkreuzung zeigt mit dem früheren Fall viel Ähnlichkeit (Textfig. 3). Die Sehne des Flexor hall. longus verbindet sich auch hier durch einen Teil ihrer Fasern mit der Aus- breitung der überzähligen Sehne zu einer Sehnenplatte (s), die dorsal Fig. 3. zur Sehne des Flex. digit. com. liegt. Diese Fasern gehen aus der dorsalen Hälfte der Sehne hervor, sie bilden die dorsale Faser- schicht der Sehnenplatte und gehen zu einem erheblichen Teil in die Bildung der zweiten bis vierten Zehensehne ein (ec). Außerdem gibt die Halluxsehne weiter distal ein mehr plantar gelegenes Bündel ab (d), das die mediale Portion der zweiten Zehensehne bildet. Die Sehne des accessorischen Muskels (Ace. Muse.) verbindet sich mit der Sehne des Flex. dig. long. (Textfig. 3*) und gibt einen Teil ihrer Fasern zur Halluxsehne ab (**); sie verbreitert sich dann zur plantaren Schicht der Sehnenplatte und setzt die plantare Hälfte der zweiten Zehensehne zusammen. Die Sehne des Flexor digit. longus versorgt nur die drei lateralen Zehen, die dritte und vierte zusammen mit dem Flexor hall, und dem accessorischen Muskel, die fünfte allein, von dem Quadratus plantae abgesehen. Der Qua- dratus plantae setzt sich zunächst an der überzähligen Sehne allein, dann an ihrer Verbindung mit der Halluxsehne an. Ein Teil seiner Fasern geht proximal zur Sehnenkreuzung in die Sehne des Flexor g* 116 Ludwig Keck digit. longus über und nimmt an der Bildung der Sehne für Dig. III bis V teil, ein kleiner Rest geht mit dem betreffenden Teil der Halluxsehne zur vierten Zehe. Von seiner medialen Portion zieht eine sehnige Verbindung als Varietät zur Kleinzehensehne des Flexor longus (Taf. II, Fig. 6v.). Außerdem verbindet sich der Muskel mit dem Lumbricalis IV. | Hier ist das fibulare Übergreifen der Sehne des Flexor hall. long. und des accessorischen Muskels noch ausgeprägter als am Fuß auf der andern Seite. Auch hier ist der überzählige Muskel seiner Innervation nach als Teil des Flexor hall. longus anzusehen, der einen Teil seiner Insertionen übernommen hat, aber dabei noch zahlreiche Verbindungen mit ihm eingeht. Eine muskulöse Verbin- dung mit dem Quadratus plantae fehlt, der sich aber in seinem Ansatz ähnlich verhält wie oben. Trat dort schon die Verbindung mit dem Quadratus plantae gegenüber der Insertion an der zweiten Zehe au Bedeutung zurück, so verdient der Muskel hier noch weniger als Accessorius ad accessorium bezeichnet zu werden. Es besteht aber kein Zweifel, daß beide Varietäten dieser Gruppe zu- zurechnen sind. Die Sehne kann eben hier auch mehr oder weniger selbständig sich an der Zehenversorgung beteiligen, wie dies auch am Quadratus plantae beobachtet wird. } Lumbrieales. Lumbricalis I fehlt. Der Lumbr. II entspringt von dem lateralen Rande der noch einheitlichen ersten Sehne des Flexor digit. longus. Er inseriert plantar auf der dritten Zehe teils direkt am Knochen entsprechend der Basis Phal. I, teils geht seine Sehne in die Interossei über. Der dritte Lumbricalis ist sehr stark und entspringt ungewöhnlich in zwei getrennten Portionen. Die eine kommt vom lateralen Zipfel der ersten Sehne des Flexor digit. longus, zieht unter dem Lumbr. II hinweg und vereinigt sich mit der wie gewöhnlich entspringenden anderen Portion. Für diesen Muskel konnte nur eine Innervation aus dem N. plant. dig. com. III nachgewiesen werden. Die übrigen Verhältnisse sind die gewöhn- lichen. Interossei. Es sind fünf typische Interossei vorhanden, außer- dem ein überzähliger Interosseus und der atypische, oben beschriebene Muskel am medialen Spaltrand. Inteross. plant. II u. III verhalten sich wie normal, Inteross. plant. I entspringt als schwacher Muskel längs des medialen Randes des Metat. III. Inteross. dors. IV ist doppelt vor- handen, Inteross. dors. I u. II fehlen, einer von ihnen, wahrscheinlich Inteross. dors. I, ist vielleicht durch den erwähnten atypischen Muskel Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 117 repräsentiert. Möglicherweise ist dieser Muskel auch als vierter Inteross. vol. aufzufassen, sein Ursprung spricht jedoch dagegen. Add. hall. Das Caput transversum entspringt nahe dem Caput obligquum vom distalen Teil des Metat. IV, das Capitulum nicht er- reichend, und von der Fascie des Inteross. dors. IV. Es verschmilzt mit dem Caput obliquum, schon unmittelbar nach dessen Ursprung. d. Arterien. Der Ramus plantaris profundus gibt drei typische Art. metat. ab. Er selbst biegt in der Tiefe des Spalts nach dorsalwärts um und anasto- mosiert an der gewöhnlichen Stelle zwischen Metat. I und Metat. II rud. mit der Art. dors. pedis. Die Art. metat. I ist sehr schwach und versorgt die in den Spalt auslaufende, von Fettgewebe ausgekleidete Furche, die Art. metat. II verläuft, ohne sich zu teilen, über die dritte Zehe und geht dann auf die mediale Seite der vierten Zehe über. 2. Analytische Bemerkungen. Besonders bemerkenswert ist in diesem Fall, daß die Sehnen der Zehenbeuger, die für die fehlende Zehe bestimmt waren, unter Aus- übung einer anderen Funktion erhalten sind, während die erste Sehne des Ext. dig. com. ausgefallen ist. Die Sehnenspaltungen im Be- reich der Extensorenmuskeln sind, soweit sie den Ext. hall. long. betreffen (s. auch den zuvor beschriebenen Fall), zum Teil wenig- stens selbständige Varietäten, wie sie auch in der Norm vorkom- men, zum Teil aber funktionelle Strukturen. Auch die Zipfel der Plan- taraponeurose sind vollzählig, trotzdem der distale Teil des Metat. II und die zweite Zehe fehlen. Eine Beziehung der Zipfel der Plantar- aponeurose zum Zehenskelet im Sinne einer korrelativen Entstehung ist abzulehnen, wenn diese Skeletteile wirklich von Anfang an defekt gewesen sind. Da die Möglichkeit einer sekundären späteren Rück- bildung des zugehörigen Skeletteils nicht auszuschließen ist, bleibt in diesem Fall die Frage nach der Korrelation offen. Weiter interessieren uns die im Bereich des Spalts dorsal verlagerten plantaren Hautnerven und der auf die Dorsalseite durchgewanderte Interosseus. Wiein der Einleitung erwähnt, zeigt uns dieser Muskel, wie ein Muskel der Beuge- seite durch eine abnorme Spalte unter Mitnahme seines Nerven auf die Streckseite überwandern kann. In Fällen vergleichend-anatomi- scher Betrachtung, in denen ein Muskel einer Extremitätenseite seinen Nerven von der andern erhält, wäre diese Möglichkeit der Entstehung in Betracht zu ziehen. Die Varietät des Flexor hall. long., des Adductor hall. und des Extens. dig. brev. ist wie beim anderen Bein zu beurteilen. 118 Ludwig Keck C. Trennung der Tibia von der Fibula und vom Fuß mit Defekt des Talus, Naviculare, Cuneiforme I und des Hallux (Spaltbildung des Unterschenkels)!, 1. Befund. Es handelt sich um die linke untere Extremität eines drei- jährigen Mädchens, das seit einem Alter von 4 Wochen sich in chirurgischer Behandlung befand. Zum Verständnis derjenigen Bilder, die den operativ veränderten Zustand des Gliedes wiedergeben, sei erwähnt, daß bei der ersten Operation die Vereinigung der Fibula mit dem Femur durchtrennt und diese neben die Tibia herunter- gezogen wurde. An den beiden entsprechenden Flächen von Tibia und Fibula wurde die Haut gespalten und die beiden Teile wurden durch Nähte vereinigt. Die Achillessehne wurde tenotomiert. Später wurde dann das untere Ende der Fibula frakturiert und mit der Tibia vereinigt. Da diese Eingriffe kein günstiges Resultat hatten, wurde schließlich der Unterschenkel amputiert. ; Zur Präparation kamen Fuß und Unterschenkel, von dem etwa die distalen zwei Drittel erhalten waren. Auch sonst stehen mir über das ursprüngliche Aussehen und die während der Operation beobachteten anatomischen Verhältnisse einige Daten aus der Kranken- geschichte zur Verfügung. Äußere Form (Taf. III, Fig. 10). Die Extremität hatte ursprünglich das durch Fig. 10 wieder- gegebene Aussehen, damals war das Kind 4 Wochen alt. Der linke Unterschenkel ist bis in den Oberschenkel hinein gabelförmig ge- spalten. Der Teil, welcher der Fibula entspricht, trägt den Fuß, der in übertriebener Klumpfußstellung sich befindet und vier Zehen trägt. Die zweite Zehe liegt in der Fortsetzung des medialen Fuß- rands. Die erste Zehe erscheint als ein schräg medial abstehender Anhang der zweiten. Die große Zehe fehlt. Das Kniegelenk gehört dem die Tibia einbegreifenden Teil an, während die Fibula wohl eine bewegliche Vereinigung, aber kein eigentliches Gelenk mit dem Oberschenkel besitzt. Als später die untere Extremität des 3 Jahre alten Kindes zur Präparation kam, war das Aussehen folgendes. : Durch die Operation ist der Unterschenkel einheitlich geworden. Doch steht die Tibia unten ab und ist gegen die Fibula beweglich. 1 Diese Mißbildung wurde zuerst von Herrn Dr. PoL auf der 83. Vers. d. Naturf. u. Arzte 1911 in Karlsruhe demonstriert und in ihrer systematischen Be- deutung gewürdigt (S. Literaturverzeichnis, Por ’11, ’13). Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 119 Der Fuß befindet sich in extremer Varusstellung, der distale Fuß von der distalen Tarsalreihe ab ist gegen den Unterschenkel addu- ciert und durch eine Furche, die der Gelenkung entsprechend den medialen Fußrand bis auf die Planta tief einschneidet, vom proxi- malen Fuß gesondert. Der distale Teil des Fußes ist so weit in der Richtung nach oben und plantarwärts aufzubiegen, daß der me- diale Fußrand genau parallel sich an den medialen Rand des Unter- schenkels anlegen läßt. - Knochen (Röntgenbild, Taf. III Fig. 9, Taf. IV, Fig. 11, 12). Das Röntgenbild Fig. 9 stammt aus der vierten Woche und ent- spricht Fig. 10. Es wurde von der Seite aufgenommen. Das untere Femurende läuft nach lateral und hinten in einen Fortsatz aus, der mit der Fibula in Zusammenhang steht. Die distal frei endende Tibia artieuliert durch das Kniegelenk mit einem vorderen. und medialen, mit einer Epiphyse versehenen Condylus. In dem sich an die Fibula anschließenden Tarsus sind nur zwei Knochenkerne sichtbar, die dem Caleaneus angehören. Bei der lateralen Ansicht überdeckt .der größere, lateral und dorsal gelegene den anderen, der mehr medial liegt. Ich möchte diesen ersteren als den periostalen Knochenkern des Calcaneus ansprechen, der nach HASSELWANDER (03) konstant in den letzten Schwangerschaftsmonaten zu finden ist und noch bis in die ersten Monate nach der Geburt persistieren kann. Dafür sprechen auch die unten näher zu beschreibenden anatomischen Verhältnisse. Das Metatars. II ist schwächer als die anderen, die zweite Zehe besitzt nur zwei Phalangen. Merkwürdig erscheint ein kleiner, einem Epiphysenkern entsprechender Schatten an der Basis der Grundphalanx der zweiten Zehe. Auf einer später vom 1 Jahr alten Kind aufgenommenen Platte ist er wieder verschwunden. Auf einem Röntgenbild aus dem 3. Jahr sind an den Basen aller übrigen Grundphalangen die Epiphysenkerne, die zwischen 1!/, und 3 Jahren gewöhnlich auftreten, zu sehen, während wir an der zweiten Zehe einen solchen vermissen. Dieser Schatten kann hier kaum anders gedeutet werden als ein Epiphysenkern, der abnorm früh auf- getreten und auch ganz ungewöhnlich früh mit der Diaphyse ver- schmolzen ist. Dieser Befund erinnert an die Beobachtung HAssEL- WANDERS (’03), der bei einem polydaetylen Kind von 31/, Monaten einen abnorm frühen Epiphysenkern an der Endphalange der Großzehe fand. Auf dieser letzten Aufnahme finden wir die beiden Kerne des Calcaneus längst miteinander verschmolzen, distal davon den Kern des-Cuboids. 120 Ludwig Keck Bei der Präparation ergeben sich folgende Verhältnisse (Taf. IV, Fig. 11, 12). Die beiden Unterschenkelknochen sind etwa zur Hälfte erhalten. Das äußere Relief der Tibia ist durchaus uncharakte- ristisch, sie weist im ganzen einen rundlichen Querschnitt auf. Da Muskeln fehlen, so sind in ihnen gestaltende Faktoren, aber nicht auslösende Faktoren der Knochenbildung zu erkennen. Die Crista interossea der Fibula ist nicht so scharf ausgeprägt wie sonst, auch die anderen Kanten treten weniger hervor. Von ihrer distalen Epi- physe, die ihre charakteristische Form besitzt, erstrecken sich Band- massen zum lateralen oberen Teil des Calecaneus und stellen so die Verbindung zwischen Unterschenkel- und Fußskelet her. Der Talus fehlt vollständig. Der Caleaneus hat das für dieses Lebensalter charakteristische Aussehen (vgl. Lazarus ’96). Der Proc. ant. er- scheint im Verhältnis zum Corpus cale. sehr lang. Die der Faecies artic. post. entsprechende Gelenkfläche reicht weit nach hinten und ist größtenteils horizontal gerichtet, nur ein kleiner Teil der Fläche fällt nach vorn ab. Das Sustentaculum (Taf. IV, Fig. 12.8ie.) springt nicht so weit vor wie beim Erwachsenen und ist stark entwickelt. Sein Knorpelüberzug hängt atypisch mit der Facies artie. post. zu- sammen, ist dagegen von der Facies artic. ant. weiter entfernt als ge- wöhnlich. Diese Gelenkflächen des Calecaneus lassen die gewöhn- liche Differenzierung durchaus vermissen. Auch der Proe. ant. calcanei besitzt keine ausgeprägte Face. artie. ant., dagegen eine wohl- entwickelte Facies artie. cuboidea. Diese zeigt keine Sattelung, sondern eine konkave, einfach sphärische Fläche. Die entsprechende Gelenk- fläche des Cuboids ist kopfartig gestaltet und ist auf die dorsale und laterale Fläche dieses Knochens viel weiter ausgedehnt als der Fac. artie. cub. des Calcaneus entspricht. Daher ist auch die Kapsel dieses Gelenks sehr weit und gestattet jene ausgiebige Bewegung des distalen Fußes gegen den Unterschenkel, auf die oben hingewiesen wurde. Auf der Plantarfläche zeigt das Cuboid die normale Konfigu- ration. Mitihm ist das Cuneiforme III verwachsen, das mit Metat. III u. II artikuliert. Das Cuneiforme III besitzt nicht die gewöhnliche Keilform, sondern ist von mehr rundlicher Gestalt. Die für das Metat. II bestimmte Facette ist breiter als sie gewöhnlich an diesem Knochen gefunden wird. Die anderen Cuneiformia fehlen, ebenso das Naviculare, Metat. I und der Hallux. Die zweite Zehe ist mit ihrem Metatarsale schwach entwickelt und auf zwei Phalangen reduziert. Aufdem Durch- schnitt weist der Caleaneus eine kräftige periostale Knochenschale auf, die den centralen Teil auf der fibularen und dorsalen Seite umgibt. Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 121 Dorsale Hautnerven (Taf. IV, Fig. 13). Der Nerv. cut. dors. intermedius versorgt außer dem gewöhn- lichen Gebiet noch mit einem besonderen Aste die mediale Seite der dritten Zehe. Der N. cut. dors. med. ist zunächst nur bis in die Gegend des Fußwinkels zu verfolgen, wo er sich in dem von der Ope- ration herrührenden Narbengewebe verliert. Bis zur selben Stelle läßt sich ein Nerv rückwärts verfolgen, der die Basis und den late- ralen Rand der zweiten Zehe versorgt und auch den medialen Fuß- rand innerviert. Dieser Nerv ist als die Fortsetzung des N. eut. dors. med. zu betrachten. Der distale mediale Rand der zweiten Zehe wird durch plantare Äste versorgt (Taf. IV, Fig. 13r.pl.). Die Hautäste des N. peron. prof. fehlen. Der N. peron. superf. ist in diesem Falle schon sehr hoch oben vor die Fascie getreten und ver- läuft lateral zur Fibula, während er normalerweise mehr vorn ge- legen ist. Der N. suralis verläuft entsprechend der hinteren Seite der Fibula und tritt um den lateralen Malleolus auf das Dorsum pedis. Der N. saphenus liegt der früheren medialen Seite der Tibia direkt auf und endet auf ihrer unteren Fläche in einiger Entfernung von der Unterbrechungsstelle des N. cut. dors. med. am Fußwinkel. Das Ende fällt in die Gegend der Narbe, die von der Vereinigung der beiden Unterschenkelteile herrührt. Am medialen Fußrande waren nur Äste des N. peron. superf. zu finden. Plantare Nerven (Taf. IV, Fig. 16). Der N. tibialis ist schon hoch oben in seine beiden Äste geteilt und liegt in seinem ganzen Verlauf am Unterschenkel medial zu dem unten als Soleus zu beschreibenden Muskel ganz oberflächlich unter der Haut. Er geht oberhalb des Calcaneus in eine Anschwellung über, die als ein Neurom anzusehen und von dem umgebenden Narbengewebe nicht zu trennen ist. Der N. plant. lat. verhält sich normal. Der N. plant. med. teilt sich in zwei Nn. plant. dig. com- munes. Von diesen versorgt der mediale mit dem einen Ast die mediale Seite der dritten Zehe, der andere stärkere Ast innerviert die zweite Zehe auf ihrer lateralen und plantaren Seite. Vor der Teilungsstelle des gemeinsamen Zehennerven geht noch ein feiner Nerv medial ab, der zur medialen Seite der zweiten Zehe zieht. Dieses Ästehen gibt auch einen Faden für die dorsale mediale Seite dieser Zehe ab (s. Fig. 16). 122 Ludwig Keck Muskeln (Taf. IV, Fig. 14—17). In der Figur ist die Tibia entsprechend ihrer künstlichen Ver- einigung wieder losgetrennt, so daß der laterale Teil der Extre- mität wieder die ursprünglichen . Verhältnisse zeig. Aus dem Operationsbericht ist noch als wichtig zu erwähnen, daß sich ein Fascienstreif von der Tibia im oberen Teil bogenförmig nach der Fibula herüberspannte. An der Tibia waren keine Muskeln sichtbar. Der Gastroenemius war vorhanden. Bei der Präparation zeigt sich folgendes. Die Muskeln des Untersehenkels sind sämtlich vorhanden und alle um die Fibula orientiert. Dabei ist die Reihenfolge der Muskeln um die Fibula herum :im wesentlichen dieselbe wie bei der normalen Extremität. Die Extensoren und die tiefen Flexoren sind in großer Ausdehnung erhalten, abgesehen vom Flexor digit. longus, von dem nur die Sehne vorhanden ist. Vom Gastroenemius ist nur ein Rest der: Achilles- sehne aufzufinden. Vom Soleus ist noch der untere Teil des Muskels mit einer besonderen Sehne erhalten. Die sonst zu einem mehr oder weniger großen Teil an der Tibia angehefteten Muskeln haben diese Anheftungsflächen verloren: und sind ausschließlich an der Fibula inseriert. Die Membrana interossea fehlt vollständig. Ebenso fehlen die Septa intermuscularia außer dem Septum zwischen den Peronei und dem Extensor dig. longus, so daß die Muskeln abgesehen von ihrer Anheftung an die Fibula irgendwelche sonstigen Fixations- punkte vermissen lassen. Damit hängt zusammen, daß viele der Muskeln eine andere, viel weniger differenzierte Form besitzen als gewöhnlich. Es liegt nahe, alle diese Verhältnisse auf eine ver- minderte funktionelle Betätigung zurückzuführen, wovon unten noch die Rede sein wird. Dadurch, daß Tibia und Membrana interossea als Insertions- flächen fehlen, treten Muskelflächen zueinander in Beziehung, die sonst durch diese Skeletteile voneinander getrennt waren. So ist z. B. der Tibialis ant., der normalerweise an der Tibia und Mem- brana inteross. angeheftet ist, in ungewöhnlicher Weise mit seiner sonst lateralen Fläche an der Fibula inseriert und liegt dem Tibialis post. und der Sehne des Flexor dig. longus direkt auf. Es folgt also in der Höhe des Amputationsschnittes auf den medial an der Fibula angehefteten Tibialis anterior unmittelbar nach medial und hinten die Sehne des Flexor dig. longus und der Tibialis post. mit dem Flexor hall. longus, nach außen und vorn der Ext. dig. Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 123 long. und die Peronaei. Der N. peron. prof. verläuft typisch lateral auf dem Tibialis ant. seiner Insertionslinie entlang an der Fibula herab und tritt auf das Dorsum pedis, um in der Innervation des Extensor digit. brevis sein Ende zu finden. a. Extensoren. Tibialis anterior (Taf. IV, Fig. 14, 15). Dieser ist ein von vorn nach hinten platter Muskel, der mit seinem lateralen Rande medial an der Fibula in einer geraden Linie seinen Ursprung nimmt. Die Fasern verlaufen schräg absteigend und gehen in eine Sehne über, die den medialen Rand des Muskels bildet. Zwischen seinem Ursprung an der Fibula und dem des Extensor digit. longus verläuft in der Tiefe der N, peron. profundus. Die Innervationen der beiden Muskeln aus diesem Nerven sind noch erhalten. Aus dem Verhalten des Nerven zum Muskel sind seine Flächen zu bestimmen. Seine hintere, dem Tibialis post. und der Sehne des Flexor digit. longus aufliegende Fläche entspricht der sonst der Tibia anliegenden Seite. Die sonst laterale, dem Nerv zugewandte Fläche schaut nach vorn, Seine Sehne inseriert an dem dem Sustentaculum tali entsprechenden medialen Vorsprung des Calcaneus, an der Grenze zwischen seiner hin- teren und medialen Fläche nicht weit vom Ansatz des Tibialis posterior, Extensor digit. longus u. Peronaeus III (Taf. IV, Fig. 14). Er ist in seinem Ursprung auf die Vorderfläche der Fibula, nach außen und vorn vom Tibialis ant., beschränkt, wo ihn ein starkes Septum intermusculare von den Peronaei trennt und ihm noch als Ursprung dient. Er überdeckt den vorigen Muskel in ganzer Aus- dehnung von vorn her. Die Ansätze sind die gewöhnlichen. Extensor hallueis longus (Taf. IV, Fig. 14). An seiner dureh den Verlauf des N. peron. prof. und die Lage zwischen Tib. ant. und Ext. dig. long. charakterisierten Stelle liegt ein stark von Fett durchsetzter Komplex, der an der Fibula angeheftet ist. Erst die mikroskopische Untersuchung zeigte, daß er sich aus quergestreiften Muskelfasern zusammensetzt, die stark mit Fett durchwachsen sind. Es handelt sich also um den durch mangelnden Gebrauch (s. u.) degene- rierten, größtenteils durch Fettwucherung ersetzten Extensor hall. longus. Von einer Sehne ist nichts zu finden. b. Flexoren. Gastroenemius und Soleus. Der Gastroenemius ist nicht mehr erhalten (s. S. 122). Von der Achillessehne, die zu einem Teil zur Tenotomie verwandt worden ist, ist nur der Ansatzteil vorhanden. 124 Ludwig Keck Unter dieser Sehne und medial von ihr setzt sich eine schmale Sehne am Caleaneus an, die einem kleinen, noch erhalten gebliebenen Muskelstück angehört, das zum Teil noch von der Fibula entspringt und als distaler Teil des Soleus zu deuten ist (Taf. IV, Fig. 1658). Dieser Muskel liegt dem Tibialis post. und Flexor hall. longus von hinten her auf. Das Verhalten der Sehne zum Muskel ist wichtig. Sie entsteht auf der dorsalen Fläche des Muskels, ganz medial, so daß hier nur ein ganz schmaler Muskelstreif medial über sie hinaus- sieht. Medial von diesem Muskel und seiner Sehne, mit ihnen etwa in einer Ebene und parallel zur Sehne, verläuft der N. tibialis, der in seinem oberen Teil dem Tibialis posterior aufliegt und wie gewöhn- lich hinter dessen Sehne zur Planta zieht. Flexor dig. com. longus (Taf. IV, Fig. 14, 15). Von ihm ist nur die Sehne erhalten, die hinter dem medialen Rande des Tibi- alis ant. herab und zur Planta zieht. Das weitere Verhalten der Sehne soll unten geschildert werden. Tibialis posterior (Taf. IV, Fig. 14, 15). Der sehr kräftige Muskel ist von prismatischer Gestalt. Seine vordere Fläche liegt dem Tibialis ant. auf, dessen medialen Rand noch überragend, die laterale dem Flexor hall. longus. Die dazwischen liegende Kante entspringt in einer Linie zwischen dem Ursprung des Tib. ant. und Flex. hall. long. von der medialen Fläche der Fibula.. Wenn der Muskel der medialen Fläche des Flex. hall. long. so ausgedehnt aufliegt, so hängt dies damit zusammen, daß der Muskel in diesem Fall aus- schließlich zur Fibula in Beziehung tritt. Seine Sehne unterkreuzt die des Flexor digit. longus und setzt sich, an der hinteren Fläche des Sustentaculum tali plantarwärts verlaufend, an dessen medialer und hinterer Fläche an, plantar zur Insertion des Tibialis ant. Die Sehne inseriert also an einer Stelle, die auch im Verlauf zur nor- malen Insertion berührt wird. Flexor hallueis longus (Taf. IV, Fig. 15). Er entspringt von der hinteren und medialen Fläche der Fibula. Er ist ein kräftiger Muskel, dessen Sehne hinter dem N. tibialis bis an den medialen Calcaneus zu verfolgen ist. Auch diese Sehne hat also eine auf dem Wege zur normalen Insertion liegende Ansatzstelle. Peronaeus longus und brevis (Taf. IV, Fig. 15). Sie ver- halten sich in Ursprung und Verlauf normal. Die Sehne des Pero- naeus brev. setzt wie gewöhnlich an. Dagegen zeigt die des Peron. long. entsprechend dem Defekt der großen Zehe ein von der Norm abweichendes Verhalten. Seine Sehne gibt, am lateralen Fußrand Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 125 angekommen, einen Sehnenstreifen ab, der zusammen mit der Sehne des Peron. brevis zur Tuberos. Metat. V zieht. Sie zieht dann sich abflachend durch den flachen Suleus des Cuboids und inseriert an der Basis Metat. IV und der angrenzenden Partie des Cuboids. ec. Muskeln der Planta (Taf. IV, Fig. 16, 17). Die Plantaraponeurose ist stark durchfettet und nur äußerst schwach ausgebildet. Flexor brevis. Er entspringt vom Calcaneus zu beiden Seiten über der Sehne des Flexor digit. longus. Der ganze Ursprung ist medialwärts verschoben. Der Muskel entspringt nicht an der Unter- fläche des Proc. med. tub. cale., sondern ganz medial an dem dem Sustentaculum entsprechenden medialen Vorsprung des Calcaneus, an dem proximalsten Teil seiner Plantarfläche und noch lateral zur Sehne des Flexor dig. longus von der angrenzenden medialen Fläche des Corpus ealeanei. Der Muskel zerfällt in zahlreiche Bündel, die in vier Sehnen übergehen. An der dritten Zehe besteht kein Chiasma, sondern die dünne Sehne verschmilzt mit der langen Beugesehne. Die Sehne für die zweite Zehe ist nur bis zur Basis der Grundphalanx nachzuweisen, sie setzt sich durch fibröse Züge auf die Zehe weiter fort. Die Lage des Muskels zum N. plant. medialis und lateralis ist eine abnorme. Während sonst der Muskel die Nerven von der Planta her überdeckt, wobei der mediale plantar auf dem Flexor hall. brevis, der laterale plantar auf dem Quadratus plantae gelegen ist, sind hier die Nerven plantar zum Flexor brevis orientiert, derart, daß die gemeinsamen Zehennerven über die schräg lateral verlaufenden Sehnen des Flexor brevis plantar hinwegziehen. Der N. plant. lat. zieht plantar über dem lateralen Ursprung des Mus- kels vorbei, der N. plant. med. liegt dem Muskel mitten auf, beide Nerven liegen direkt unter der stark verfetteten Plantarfascie. Dieses Verhalten des Flexor brevis hinsichtlich seines Ursprungs und seiner topographischen Beziehung zu den Plantarnerven er- scheint ganz ungewöhnlich. LE DougBLE erwähnt Fälle, in denen er von der Sehne des Flexor digit. long. entspringt. Diese Varietät, die von verschiedenen Autoren beobachtet ist, scheint zu unserem Befund überzuleiten, indem der Muskel zwar mit der langen Beuge- sehne zusammenhängt, aber beiderseits von ihr an einer ungewöhn- lichen Stelle des Caleaneus angeheftet ist. Beim Embryo tritt der Flexor brevis naclı BARDEEN (’07) zuerst plantar auf der Aponeurose der langen Flexoren über der Gegend des Cuneiforme II auf und 126 Ludwig Keck greift dann in seiner weiteren Differenzierung auf das Tuber Cal- canei über. Flexor digit. longus. Die Sehne des Flexor digit. longus verliert sich da, wo das Sustentaculum plantar und hinten in den Caleaneus übergeht, in einem derben Gewebe, das erst etwas weiter distal die Sehne wieder heraustreten läßt. Sie teilt sich dann in drei Sehnen für die dritte bis fünfte Zehe. Quadratus plantae. Er entspringt unter dem Flexor brevis und der Sehne des Flexor longus an der medialen und unteren Fläche des Calcaneus. Er inseriert mit seinem kleineren lateralen Teil an der Sehne des Flexor longus, der größere Teil geht in un- gewöhnlicher Weise in den sehr stark entwickelten Interosseus dors. I über, der am medialen Fußrande liegt, ein Teil verbindet sich mit der Flexorensehne zur dritten Zehe. Lumbrieales. Nur Lumbrie. III u. IV sind vorhanden und sehr stark ausgebildet. Interossei (Taf. IV, Fig. 17). Sie sind sämtlich vorhanden. Die drei plantaren Interossei sind in normaler Weise vorhanden, von dem dorsalen ist der zweite, der dem Metat. II aufliegt, sehr schwach entwickelt. Dagegen ist der Inteross. dors. I ein sehr starker Muskel, der den medialen Fußrand bilden hilft.: Er entsteht zum großen Teil aus dem Qnadratus plantae, ein Teil kommt von der Innenseite des Metat. II. Er inseriert überwiegend am medialen Rande der Grundphalanx der dritten Zehe, ein Teil seiner Fasern am medialen Rande der Grundphalanx der zweiten Zehe. Schräg über die Schicht der Interossei erstreckt sich von hinten medial, unter dem Quadratus plantae vom Cuneiforme III ent- springend, bis an die laterale Seite der Articulatio metatarsophal. IV ein schmales Muskelband (Taf. IV, Fig. 17v.). Unter ihm ziehen die Äste des Ramus prof. nervi plant. lat. durch zu den medialen In- terossei. Von einem dieser Äste geht ein feiner Nervenfaden für den Muskel selbst ab. Zweifellos gehört dieser Muskel zur Gruppe der Contrahentes, für welche die Lage plantar vom Ramus profun- dus und die Innervation aus eben demselben Nerven charakteri- stisch ist (Ruge ’78 I). Er ist dem bei Le DousLE verzeichneten Addueteur du second orteil zur Seite zu stellen, der vom Lig. plan- tare long. oder der Scheide des Peronaeus long. entspringt und an der Außenseite der Grundphalange der zweiten Zehe inseriert. Auch er wird in derselben Weise durch den R. prof. innerviert, durch den er von den Interossei getrennt ist. Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 127 Von besonderer Wichtigkeit hinsichtlich der Teratologie ist in diesem Falle, außer den Muskel- und Nervenvarietäten, welche wie in den beiden anderen Fällen als primäre Muskelvariierungen zu betrachten sind und mit der Skeletanomalie direkt nichts zu tun haben, die abnorme Insertion des Tibialis anterior und posterior, die des Flexor hallueis longus und Peronaeus longus, deren normale Insertionsstellen am Skelet durch Defekt der betreffenden Skelet- teile verloren gegangen sind. Für diese abnormen Ansätze ist aber charakteristisch, daß sie mehr oder weniger auch im Verlauf der Sehnen zur normalen Insertion berührt werden. Derartige Ände- rungen der Ansatzpunkte bei Defekt der der. normalen Insertion dienenden Skeletteile, die dem Muskel dennoch eine Ausübung einer Funktion möglich machen, sind eine bei Defektbildungen im Be- reich des Extremitätenskelets außerordentlich häufige Erscheinung, die wenigstens für die Unterschenkeldefekte so gut wie immer durch die Skeletanomalie direkt bedingt ist. Besonders bemerkenswert ist das Verhalten des Extensor hallueis longus, der bei fehlender Großzehe im Zustand hochgradiger Atrophie und Verfettung eben noch als solcher festgestellt werden konnte und gewiß in nächster Zeit als Muskeldefekt zu verzeichnen gewesen wäre. Es ist dieser Befund, der uns die Entstehung sekundärer, funktionell bedingter Muskeldefekte illustriert, für die Beurteilung der Muskeldefekte, die wir bei Defektbildungen der Extremitäten so häufig beobachten, von besonderer Wichtigkeit!. Im ganzen ist zu bemerken, daß alle Muskeln, auch die nor- malerweise rein tibial gelegenen, vorhanden und um die Fibula gruppiert sind, während, wie ausdrücklich hervorgehoben sei, an der Tibia, auch bei der mikroskopischen Untersuchung, keinerlei muskulöse Elemente festzustellen waren. Zum Teil hat dabei eine Änderung der Funktion stattgefunden, die durch Verschiebung der Insertionen in der schon angedeuteten Weise verursacht ist. Die Anomalien der Nerven, die Varietät des Flexor brevis, des Qua- dratus plantae und Adductor hallueis, sind auch in diesem Fall als selbständige Bildungen anzusehen, die auf eine allgemeinere pri- märe Veränderung der Anlage zurückzuführen sind und mit den speziellen Skeletveränderungen direkt nichts zu tun haben. Das ! Die bei den Extremitätendefekten auftretenden Muskelveränderungen, deren Grundtypen uns schon hier begegnen, sind in einer noch nicht erschie- nenen Veröffentlichung zusammenfassend behandelt. Diese bildet die Fort- setzung zur vorliegenden Arbeit. 128 Ludwig Keck Verhalten des Soleus, der tibialwärts eine so geringe Entwicklung zeigte, und das Verhalten des N. tibial. hinsichtlich seiner Lage längs des medialen Randes dieses Muskels lassen sich aus der formalen Genese dieser Mißbildungen ohne weiteres verstehen. Auf diese soll im folgenden Abschnitt eingegangen werden. 2. Analyse derformalen Genese und Bestimmung der terato- genetischen Terminationsperiode. Wenn wir über die Genese der beschriebenen Mißbildung Auf- schluß geben wollen, so werden wir versuchen, von der fertigen Mißbildung auszugehen und an Hand der uns bekannten normalen Entwieklungsvorgänge festzustellen, zu welcher Zeit innerhalb der embryonalen Entwicklung die Mißbildung spätestens entstehen konnte, wir bestimmen die teratogenetische Terminationsperiode (E. SCHWALBE ’06). Wir sehen zunächst von einer causalen Frage- stellung ab und setzen fest, wann spätestens die zur Mißbildung führende morphologische Änderung eingesetzt haben muß. Eine genauere Präzisierung, wann die Mißbildung in dem bis dahin lau- fenden Zeitraum eigentlich entstanden ist, kann, wie es jaim Wesen der Methode liegt, nicht gegeben werden. Von diesem Zeitpunkt an wirken dann dieselben Entwicklungs- faktoren weiter, wie in der normalen Entwicklung und wir können nun wieder auf dem gleichen Weg zurückgehend die einmal termi- nierte Mißbildung in ihrer weiteren Entwicklung verfolgen und so zum Verständnis der fertigen Mißbildung gelangen, mit anderen Worten, wir leiten nach Bestimmung der teratogenetischen Termi- nationsperiode die formale Genese unserer Mißbildung ab. Wir werden aber auf der anderen Seite aus der direkten Be- trachtung der fertigen Mißbildung, sofern diese nur einen einfach » und klar zu übersehenden formalen Entstehungsmodus erkennen läßt, Schlüsse auf die normalen Entwicklungsvorgänge ziehen dürfen, auf Vorgänge innerhalb von Perioden der normalen Entwicklung, über die die deseriptive Betrachtungsweise in der Embryologie uns vielleicht noch keinen Aufschluß gegeben hat. Mit anderen Wor- ten, wir betrachten eine solehe Mißbildung, die sich in einfacher Weise von der Norm morphologisch ableiten läßt, als Experiment. Wir wollen die beschriebene Mißbildung zunächst von diesem Gesichtspunkt aus betrachten. Es wurde gezeigt, daß die Tibia von der Fibula getrennt für sich besteht. Wir können uns wohl Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwieklungsg. 129 vorstellen, daß diese Trennung analog einem -künstlichen Ein- griff in einer sehr frühen Zeit erfolgt sei. Wir können nun durch experimentell-morphologische Fragestellung an die Lösung von Fragen der normalen Entwicklungsgeschichte, letzten Endes unter Berück- sichtigung der vergleichend-anatomischen Vergleichspunkte heran- treten. (vgl. Braus, ’06A, O6B, 07). Die Muskeln sind sämtlich vorhanden und die einzelnen Muskel- individuen, soweit sie in den Bereich des Präparates fallen, gut ent- wickelt, außer dem Extensor hall. long. (s. 0). Sie sind alle in der normalen Aufeinanderfolge um die Fibula gruppiert, während an der Tibia nichts von Muskulatur nachzuweisen ist. Hier sind uns die Muskeln besonders interessant, die normalerweise an der Tibia entspringen oder doch mit einem Teil ihres Ursprungs auf sie über- greifen. Es sind dies die Mm. tibialis anterior und flexor digit. longus, die zur Fibula gar keine Beziehung haben; der Tibialis posterior und Soleus sind zu einem beträchtlichen Teil an der Tibia angeheftet. Für die Entwicklung der Unterschenkelmuskulatur beim Men- schen bestehen zwei verschiedene Möglichkeiten. Nach der einen Annahme entstehen die am Unterschenkel angehefteten Muskeln so, daß jeder Muskel bei der ersten Differenzierung gleich dort zur An- lage gelangt, wo er auch postembryonal zu finden ist, entweder in der Weise, daß Abkömmlinge der Myotome in die Gliedmaßen- anlage hereinwandern (KoLLmAnn ’91), oder aber, was wahrschein- licher ist, durch Entwicklung der Muskelzellen in situ (BARDEEN ’00). Die andere Möglichkeit wäre die, daß die Muskulatur zuerst an dem einen der Unterschenkelknochen auftritt und sich dann erst auf den anderen hinüberschiebt. Es ist nun in unserem Fall die Tibia erhalten, ohne daß irgendwelche Muskulatur an ihr nachzu- weisen wäre. Es ist aber auch auszuschließen, daß früher einmal Muskeln an ihr angeheftet waren, ganz analog der Muskulatur an der Tibia beim ausgebildeten Individuum, die von ihr entweder durch den Spalt getrennt oder nach Teilung des Blastems an ihr ver- blieben und erst sekundär zugrunde gegangen wären. Ersteres ist auszuschließen, da die gesamte Muskulatur des Unterschenkels voll- zählig an der Fibula angeheftet ist und einzelne Muskeln unbedingt durch die Spaltung betroffen sein müßten. Anderseits wäre daran zu denken, daß ein von vornherein mit der Tibia verbundenes Mus- kelblastem zu einer Zeit durchtrennt wurde, in der vielleicht höch- stens einzelne Muskelgruppen, aber nicht einzelne Muskelindividuen Morpholog. Jahrbuch, 48. 9 130 Ludwig Keck determiniert waren. So wäre es möglich, daß sich aus beiden Teilen des zertrennten Blastems identische Muskeln entwickelten, wie bei einer Doppelbildung. Doch wäre dann zu erwarten, daß entsprechend der Teilung des Materials jede Gruppe nur eine ge- ringere Größe erreicht hätte. Voraussetzung wäre dabei allerdings, daß dieser bisher nur bei den Amphibien ermittelte Entwicklungs- modus (Braus ’O6B) auch für den Menschen gelten würde. Wenn dem so ist, so kommt eine solche Teilung eines ursprünglich mit der Tibia verbundenen Blastems hier gar nicht in Betracht, da, wie erwähnt, alle Muskelindividuen durchaus normale Größe besitzen. Wir kommen also auf Grund einer rein morphologischen Be- trachtung zu dem Schluß, daß die gesamte Muskulatur des Unterschenkels beim Menschen in der normalen Entwick- lung ursprünglich rein fibular angelegt wird und daß erst im weiteren Verlauf der Entwicklung ein Teil der Muskeln auf die Tibia überwandert. Wir schließen auf ein Stadium, das jenseits des mikroskopischen Sichtbarwerdens liegt und bisher nicht bekannt ist. Diese Folgerung ist erlaubt, da nicht anzunehmen ist, daß die Muskulatur in unserem Falle, wo ja die Tibia vorhanden ist, abnormerweise ausschließlich fibular sich entwickelte, während sie sonst auch an der Tibia auftreten würde. Die Annahme einer abnormen fibularen Entwicklung von ursprüng- lich tibialen Muskeln wäre nur im Falle eines tatsächlichen Defekts der Tibia möglich. Denn dann könnte die Tibia ohne Schädigung der Muskeln geschwunden und diese könnten abnormerweise auf die Fibula beschränkt sein. Wenn wir jetzt zur Bestimmung des teratogenetischen Termi- nationspunktes und zur Betrachtung der formalen Genese unserer Mißbildung übergehen, ist es notwendig, kurz die normale Entwick- lung der Unterschenkelmuskulatur zu betrachten. Wir halten uns dabei vor allem an die Untersuchung von CH. R. BARDEEN (’07), die in den für uns wesentlichen Punkten mit den Ergebnissen SCHOM- BURGS (00) übereinstimmt. Nach BARDEEN wird die erste Anlage der Extensoren bei einem Embryo von etwa 5 Wochen (11 mm) auf der dorsalen Fläche der Extremitätenknospe sichtbar, als wenig differenziertes Blastem, in dem der N. peronaeus endet. In der Mitte der 6. Woche (14 mm) sind die Anlagen der einzelnen Muskeln zu beiden Seiten des N. peron. zu unterscheiden. Zu dieser Zeit sind die Vorknorpel-der Tibia und Fibula, deren Chondrifikation schon bei 11 mm Länge begonnen hat, distinkt und bis zum Tarsus ent- Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 131 wickelt, der eben die ersten Anfänge des vorknorpeligen Stadiums zeigt, während dies bei den Metatarsalia ganz deutlich ist (©. BARDEEN '05). Der Tibialis anterior entspringt nach SCHOMBURG bei diesem Stadium in der Mitte der Tibia, deren lateralem, distalem Abschnitt die Hauptmasse des Muskels aufliegt. Auch aus den Abbildungen BARDEENs (14 mm) geht diese Lage unzweifelhaft hervor. Der Exten- sor digit. longus liegt mehr fibularwärts als beim Erwachsenen, relativ weit von der Tibia entfernt. Die ventralen Muskeln lassen nach BARDEEN zwei Gruppen unterscheiden (14 mm), eine laterale oberfläch- liche Gruppe, enthaltend Gastrocnemius, Soleus und Plantaris, und eine tiefe, mehr medial gelegene Gruppe, die tiefen Flexoren. Der N. tibialis verläuft oberflächlich und am medialen Rande der Gastro- enemius-Soleusgruppe. Der Gastrocnemius liegt lateral und ober- flächlich zum Soleus und zeigt eine unvollkommene Trennung in zwei Köpfe. »>They do not extend across the tibial nerve to the femur.« Nach SCHOMBURG erreicht er als fibularer Muskel nicht den medialen Rand der Fibula. Der Soleus verhält sich ganz ähnlich und entspringt ebenfalls als rein fibularer Muskel nur von der Fibula. Beim Embryo von 20 mm Länge sind die beiden Muskeln eben im Begriff, über den N. tibialis tibialwärts überzugreifen, um ihre tibial gelegenen Anheftungen zu gewinnen. Der Flexor digit. longus hat auf seiner tibialen Seite die Tibia nicht erreicht. Der Tibialis posterior entsteht aus der tiefsten Lage der Flexorenanlage nahe dem lateralen Rande der Tibia. SCHOMBUrG läßt ihn in diesem Stadium von der Mitte der Tibia entspringen. In der weiteren Entwicklung ent- wickelt er sich in lateraler und proximaler Richtung. Es ist ersicht- lich, daß um die Mitte der 6. Woche alle Muskeln im Bereich des Unterschenkels rein fibular angelegt sind, außer Tibialis anterior und posterior. Hierin unterscheidet sich die Unterschenkelmuskulatur in ihrer Entwicklung wesentlich von der Vorderarmmuskulatur, wo die radiale Muskulatur radial, die ulnare ulnar angelegt wird, also die einzelnen Muskeln zuerst da sichtbar werden, wo sie auch post- embryonal zu finden sind (Lewis ’0l, GRÄFENBERG ’06). Aus diesen entwicklungsgeschichtlichen Tatsachen läßt sieh die Morphologie der oben beschriebenen Mißbildung ohne weiteres ver- stehen, hinsichtlich" der Anordnung der Muskulatur wie auch des Verlaufs des N. tibialis am medialen Rande des Soleus.. Um diese Zeit etwa haben wir auch den Zeitpunkt der spätesten Entstehung der Mißbildung anzunehmen, wenn wir ihre oben geschilderten Eigen- tümlichkeiten in Betracht ziehen. Eine genaue Festsetzung des 9* 132 Ludwig Keck Terminationspunktes macht das Verhalten des Tibialis anterior mög- lich. Dieser Muskel liegt um die Mitte der 6. Woche der Tibia auf. Soweit man dies nach den Bildern BARDEENS beurteilen darf, erscheint eine eventuelle Abtrennung der Tibia von der Fibula, ohne den Tibialis anterior in Mitleidenschaft zu ziehen, nicht möglich. Wir müssen also den Zeitpunkt der spätesten Entstehung noch früher ansetzen, zu einer Zeit, in der, wie wir oben nachgewiesen haben, auch der Tibialis anterior (wie der Tibialis posterior) rein fibular angelegt war. Es scheint dies ungefähr in dem Stadium der Entwieklung der Unterschenkel- muskulatur verwirklicht zu sein, in dem der Tibialis anterior in der “gemeinsamen Extensorenanlage einbegriffen ist, die zu beiden Seiten des N. peronaeus gelegen ist und, soweit man dies aus der Ab- bildung BARDEENs vermuten darf, möglicherweise die Tibia freiläßt (bei 11 mm Länge). Wie dem auch sei, wir haben die terato- genetische Terminationsperiode vor dem Alter von 51/, Wochen (14 mm Länge) anzunehmen, etwa um das Ende der 5. Woche (etwa um 11 mm Länge), zu einer Zeit, in der die Muskelanlagen eben sichtbar werden. Die Bestimmung der teratogenetischen Terminationsperiode bei Extremitätenmißbildungen begegnet im allgemeinen gewissen Schwie- rigkeiten, die einmal in der Art der Entwieklung der Extremitäten gegeben sind, dann auch in der Eigenheit des Objekts beruhen, welches in seiner morphologischen Beschaffenheit von der Funktion in ganz besonderer Weise abhängig ist. Die erste Schwierigkeit besteht darin, daß in der Entwieklung der Extremitäten eine so exakte Unterscheidung einzelner Entwicklungsetappen nicht durchzuführen ist, wie dies bei vielen Organen möglich ist, die am Ende der einzelnen scharf umschriebenen Entwicklungsperioden als kom- pliziertere morphologische Erscheinungen wieder auf die einfacheren morphologischen Komponenten zurückzuführen sind. In der Ent- wicklung der Extremitäten werden bei einer solehen Betrachtungs- weise im allgemeinen immer nur die topographischen Beziehungen zwischen Muskulatur und Skelet, zwischen Muskeln und Nerven in Betracht zu ziehen sein. Nur selten zeigen ganze Muskelgruppen einen im wesentlichen einheitlichen Entwicklungsmodus, wie in unserem Fall die Unterschenkelmuskulatur, der dann durch eine die Extremität treffende teromorphe Veränderung auch in einheitlicher Weise gestört wird. Meist lassen sich aber schärfer abgegrenzte Entwicklungsetappen nur für einzelne Muskeln unterscheiden, wie ee ee EEE EEE ee ee = DER FT N Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm ‚Entwicklungsg. 133 z. B. in der Entwicklung der Vorderarmmuskulatur, wo die Muskeln im ganzen da auftreten, wo sie auch nach Abschluß der embryo- nalen Entwicklung zu finden sind. Nur der Flexor digit. sublimis reicht anfangs radial nur bis zum N. medianus und greift erst später über diesen hinweg auf den Radius über (GRÄFENBERG ’06). 'Eine andere Schwierigkeit beruht darin, daß die Extremitäten in ihrer morphologischen Beschaffenheit, besonders aber die Muskeln in so hohem Maße von der Funktion abhängig sind. Viele Muskeln, deren Insertionen durch Skeletdefekte verloren gingen, gehen ent- weder sekundär, durch mangelnde Funktion atrophisch geworden, zu- grunde oder gewinnen in vielen Fällen neue Anheftungen an sonst fremden Skeletteilen, am Knochen direkt oder unter Zuhilfenahme bindegewebiger Strukturen, die offenbar vielfach rein funktioneller Natur sind. Es gibt, wie anderen Ortes zusammenfassend ausgeführt ist!, Fälle, in denen der eine oder der andere Unterschenkelknochen wirklich ‘defekt geworden ist und trotzdem, wie in dem oben be- schriebenen Fall alle Muskeln erhalten sind. Dieses Verhalten ist, wie wir dort gezeigt haben, für die Muskulatur der Tibia- und Fibuladefekte, bis zu einem gewissen Grade auch für die der Radius- defekte, außerordentlich typisch. In diesen Fällen werden wir schwer- lich entscheiden können, ob die jetzt in einer ungewöhnlichen Weise an der Fibula oder Tibia sitzenden Muskeln nicht doch früher ein- mal ihren gewöhnlichen Ursprung besaßen und erst sekundär in relativ später Zeit auf den restierenden Skeletteil übergegangen sind. Es wäre ja recht wohl denkbar, daß die Tibia oder Fibula erst später aus irgendeiner Ursache, welche die ihnen aufliegenden Muskeln nicht zu berühren braucht, geschwunden und die gesamte an ihnen inserierte Muskulatur erhalten geblieben ist. Solche Fälle wären ohne weiteres von den normalen Verhältnissen abzuleiten, wie sie nach Ablauf der embryonalen Entwicklung sich darstellen. Eben deshalb ist unser Fall von Lostrennung der Tibia besonders wertvoll, weil wir dadurch, daß die Tibia erhalten und durch den Spalt isoliert ist, eine solche sekundäre Überwanderung von tibialen Muskeln auf die Fibula ausschließen können und die fibulare Anordnung der gesamten Unterschenkelmuskulatur in unserem Fall als typisch und durch den normalen Entwicklungsgang bedingt ansehen müssen. Von den Tatsachen der normalen Entwicklungsgeschichte aus- gehend und auf Grund der korrelativen Unabhängigkeit von Muskel- 1 Siehe Anm. S, 127. 134 Ludwig Keck und Skeletentstehung, die unten aus demselben Fall gefolgert werden wird und hier nur ihre Bestätigung findet, können wir auch diese eben erwähnten Fälle von Tibia- und Fibuladefekt, bei denen alle Muskeln erhalten sind, verstehen, wenn wir jetzt voraussetzen, daß sie primärer Natur sind und die Skeletteile nicht erst dann ge- schwunden sind, nachdem die Muskeln ihren definitiven Standort erreicht haben. Beim Tibiadefekt bleiben dann die Muskeln, auch wenn sie zum Teil die Tendenz haben, tibialwärts zu wandern, auf die Fibula beschränkt. Es sind also diese Verhältnisse, wie sie für die Muskulatur des Tibiadefekts charakteristisch sind, im Sinne einer Hemmung des normalen Entwicklungsvorganges aufzufassen. Aller- dings liegen hier die Verhältnisse nicht so einfach, wie wenn durch eine Spaltbildung die Hemmung verursacht würde. Vielmehr müssen wir voraussetzen, daß die tibialwärts tendierenden Muskeln doch wieder an der Fibula Anheftung finden, um überhaupt einen Ur- sprung zu haben. Wenn auch bei dem Fibuladefekt vielfach die ge- samte Unterschenkelmuskulatur erhalten und an der Tibia angeheftet ist, so widerspricht dies dem oben abgeleiteten Entwieklungsgang nur scheinbar. Auch diese Fälle erklären sich leicht, wenn wir die korrelative Unabhängigkeit zwischen Myogenese und Skeletogenese zugrunde legen. Es entstehen dann die Muskelanlagen fibular zur Tibia orientiert und folgen zum Teil der ihnen innewohnenden Ten- denz, tibialwärts zu wandern; zum Teil aber und vor allem gewinnen sie lediglich aus funktionellen Ursachen ihre Anheftungen an der Tibia. Die bei dem anderen Teil der Unterschenkeldefekte auf- tretenden Muskeldefekte sind in Analogie zu dem Verhalten des Extensor digit. longus in dem oben beschriebenen Fall zum aller- größten Teil sekundäre, durch die Skeletanomalie direkt bedingte Ver- änderungen funktioneller Natur. Dasselbe gilt für die bei den Unter- schenkeldefekten generell auftretenden Insertionsanomalien in Fällen, in denen die Insertionsstelle am Skelet durch Defekt in Verlust ge- raten ist (vgl. oben die Insertion des Tibialis ant. und post., des Peronaeus longus). Andere Veränderungen wieder sind auf Ursachen zurückzuführen, welche die Muskelanlagen unabhängig vom Skelet verändernd treffen, und sind darum als primäre Variierungen auf- zufassen. Die Veränderungen der Muskulatur sind also bei den Tibia- defekten im wesentlichen dieselben wie in dem von mir beschriebenen Fall, in dem die Tibia von der Fibula losgetrennt ist. Es bleibt noch übrig, auf einen, mit den oben näher ausgeführten entwicklungsgeschichtlichen Tatsachen übereinstimmenden, wesent- ER Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 155 lichen vergleichend-anatomischen Vergleichspunkt hinzuweisen. Wir haben gesehen, daß die gesamte Unterschenkelmuskulatur beim Menschen in der Entwicklung zuerst fibular auftritt und die später mit der Tibia Beziehung gewinnenden Muskelanlagen sich in fibulo- tibialer Richtung an ihren definitiven Standort verschieben. Wie aus der Darstellung von EısLer (’95, S. 132 ff.) hervorgeht, sind bei den Urodelen die Muskelursprünge der ventralen und auch der dorsalen Unterschenkelmuskulatur an der fibularen Seite der Extremität orientiert, so daß die Muskeln einen ausschließlich fibulo- tibialwärts gerichteten Verlauf zeigen. Bei den Säugern hat sich dann, schon bei den Marsupialiern, diese ursprüngliche Anordnung geändert und tibiale Muskeln werden mit bei den Urodelen fibular gelegenen homologisiert (Gastroenemius medialis u. a.). Interessant ist im Zusammenhang mit den oben erörterten entwicklungs- geschichtlichen Tatsachen die Beobachtung MacMurricas (’05), der bei älteren Feten von Didelphys virginiana den Flexor tibia- lis nicht in Zusammenhang mit der Tibia fand. Er führt dies darauf zurück »that with advaneing age the insertion reaches the bone, a process which, if it really oceurs, is interesting as denoting a migration of the musele tibiawards«. Es ist möglich, daß dieser fibulo-tibialwärts gerichtete Entwieklungsverlauf der Unterschenkel- muskulatur eine in der Säugetierreihe allgemeinere Erscheinung dar- stellt. Wenn wir auch die Möglichkeit känogenetischer Faktoren recht wohl im Auge behalten, so sei doch auf diese Beziehung zu den primitiven Zuständen, wie wir sie bei den Urodelen finden, hin- gewiesen. Ill. Theoretische Folgerungen als Beitrag zur Frage nach der Korre- lation zwischen Entstehung der Weichteile und des Skelets der Ex- tremitäten. Dieselbe experimentellmorphologische Betrachtungsweise, die uns bei dem oben beschriebenen Fall III zur Feststellung normal- entwicklungsgeschichtlicher Tatsachen geführt hat, läßt uns auch hin- sichtlich der Frage nach der causalen Abhängigkeit von Muskel- und Skeletentstehung beim Menschen bestimmte Schlüsse ziehen. Aus dem Auftreten von Skeletdifferenzierung in !muskellosen Extremitäten bei Mißbildungen (bezüglich der Fälle von WEBER- ÄALLESSANDRINI u. a. vgl. Roux ’95, II, S. 231) war zu vermuten, daß die erste Bildung der Skeletanlagen unabhängig von der Muskel- entstehung durch Selbstdifferenzierung vor sich geht. Nach BrAus 136 Ludwig Keck (06.A) ist diese Frage auf Grund experimenteller Untersuchungen dahin zu entscheiden, daß in der Selachierflosse die Skeletanlagen auch nach völliger Ausschaltung der zugehörigen Muskelanlagen in typischer Weise entstehen und daß der eigentliche causalphysio- logische Faktor für die Skeletdifferenzierung in gewissen Teilen der Skeletanlage selbst lokalisiert ist. Daß auch beim Menschen die Entstehung und Differenzierung eines Teiles des Extremitätenskelets von der ihm später zugehörenden Muskulatur, anderseits auch die Muskelbildung und -differenzierung von dem mit den betreffenden Muskeln später in Beziehung tretenden Skeletteil unabhängig vor sich geht, zeigt der oben beschriebene Fall von Tibiatrennung. Es wurde dort gezeigt, daß die Tibia tatsächlich frei von jeder Musku- latur besteht und auch niemals Muskeln, die sekundär geschwunden sein könnten, mit ihr in Beziehung standen (s. 0.). Auf dieser Vor- aussetzung wurde dann die Mißbildung an Hand der durch die nor- male Entwicklungsgeschichte bekannten Tatsachen in ihrer formalen Genese aufgeklärt. Die Tibia besitzt hier, wie dies so häufig in Fällen anzutreffen ist, in denen die normale funktionelle Beanspruchung ausgeschaltet war, eine uncharakteristische Form, ist aber sonst wohlgebildet. Die Muskeln sind alle an der Fibula, wo sie auch zuerst in der Entwicklung auftreten, befestigt und von normaler Differenzierung. Es ist evident, daß in diesem Falle die Tibia völlig unabhängig von der später an ihr angehefteten Muskulatur angelegt wurde und sich differenzierte. Auf der anderen Seite erlangten auch die der Tibia sonst später angehefteten Muskeln eine normale Differenzierung, ohne je mit ihr eine Beziehung zu erlangen. Die uncharakteristische Ge- staltung der Tibia zeigt wieder, wie ein Skeletteil in selbständiger Differenzierung entstanden, doch der Wirkung seiner Beendigungs- faktoren bedarf, um seine charakteristische Skulptur zu erhalten. In demselben Sinne spricht, daß die bei den Extremitätenmißbildungen im allgemeinen auftretenden primären Variierungen in der Muskulatur, die mit der speziellen Skeletveränderung direkt nichts zu tun haben und bei den verschiedensten Skeletanomalien auftreten, so wenig den Skeletveränderungen entsprechen! und so eigenartig sind, daß sie nur durch Änderung der spezifischen, diesem System inhärenten Entwicklungsfaktoren bedingt sein können. Wenn in gewissen Fällen von Polydaetylie entsprechend der Veränderung des Skelets eine Ver- 1 Siehe Anm. S$. 127. Spaltbild an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 137 mehrung der Muskelindividuen stattgefunden hat, so ist dieser Par- allelismus, ähnlich wie vielleicht bei primären Muskeldefekten, so zu verstehen, daß die beiden voneinander unabhängigen Systeme durch den mißbildenden Anstoß in gleicher Richtung verändert wurden. Dieser Anstoß für die Mehrfachbildung liegt außerhalb der die Skeletbildung beherrschenden Faktoren und kann so beide Systeme angreifen. Wir halten es also auch für den Menschen als erwiesen, daß Skelet und Muskulatur in ihrer ersten Bildung voneinander unab- hängig sind, und damit wird auch die Annahme einer engen Ab- hängigkeit zwischen Skeletogenese und Myogenese in der Extremi- tätenentwicklung im Sinne BoLks hinfällig (Bor ’94, '95 und später), der aus der segmentalen Gliederung der Extremitätenmuskulatur, einzig und allein unter Voraussetzung eines engen Abhängigkeits- verhältnisses zwischen beiden Systemen, auch für die Anlage des Skelets eine metamere Gliederung annahm. Weiterhin zeigen auch die neusten entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen BARDEENS (07) m. E. deutlich, daß die Muskulatur recht wohl nach ihrem ersten Auftreten Verschiebungen über die Skeletunterlage erfahren kann (vgl. oben Kap. II. Daß die Myotome, deren Abkömmlinge nach BoLk in früherer Zeit zu dem entsprechenden Abschnitt skele- togenen Gewebes in innige Beziehung treten sollen, überhaupt zu dem Mesenchym der Extremitätenknospe beisteuern (KOLLMANN ’91), ist nach BARDEEN (’00, ’07) nicht sicher erwiesen. (Vgl. das von der KouıLmannschen Darstellung ausgehende hypothetische Schema Borks [’9)). Braus (’06A) leitet die Fälle von Konkordanz zwischen den Skeletstäben und Muskelindividuen in der rezenten Selachierflosse von einem atavistischen Zustand der Diskordanz ab, bei dem die Muskeln noch nicht zu dem Innenskelet der Flosse in Beziehung standen. Da dieser atavistische Zustand auch in der rezenten Selachierflosse noch in der Ontogenese, an gewissen Stellen auch beim erwachsenen Individuum erhalten ist, so stellt die Selachierflosse »einen relativen Indifferenzzustand in der Entwicklungsreihe dar, welche allmählich Extremitätenskelet und -muskulatur in innige Ab- hängigkeit zueinander bringt. Es würden sich also hiernach die beiden Systeme schon in der frühesten Phylogenese zueinander selb- ständig verhalten, und die in der phylogenetischen Entwicklung der Tierreihe durch funktionelle Abhängigkeit der beiden Systeme ent- standenen Differenzierungen sind, sofern sie in typischer Wieder- 138 Ludwig Keck holung entstanden sind, in der Ontogenese als konstant, als selb- ständige Differenzierungen känogenetisch festgelegt worden. (Vgl. Rovx ’95, II, S. 913 und 231, Braus ’06 5.) Um noch ein Beispiel der selbständigen Differenzierung des Muskelsystems zu nennen, sei auf die Insertionen der Lumbricales in dem an erster Stelle beschriebenen Fall von Syndactylie hinge- wiesen, wo sich die Sehnen in der embryonalen Entwicklung nach der in der Phylogenese erworbenen Insertionsstelle hindifferenzieren, gleichgültig ob dieser Skeletabschnitt einen typischen oder abnormen Entwicklungsgang nimmt. Auch für gewisse bindegewebige Strukturen, für die Hautnerven und die diesen Nerven entsprechenden Hautbezirke lassen sich nach der soeben für die Muskulatur durchgeführten Methode hinsichtlich ihres Differenzierungsvermögens bestimmte Schlüsse ziehen. Es sei daran erinnert, wie an dem an zweiter Stelle beschriebenen Spalt- fuß, trotzdem der distale Teil des Metat. II und die zweite Zehe fehlt, doch der entsprechende Zipfel der Plantaraponeurose differen- ziert ist. Vorausgesetzt, daß dieser Skeletdefekt primär bestanden hat, so würde uns dieser Fall beweisen, daß die Plantaraponeurose nicht nur als selbständige Differenzierung angelegt wird (vgl. Roux ’95), sondern speziell, daß die ihre erste Differenzierung auslösen- den Faktoren nicht im Skelet lokalisiert sind. Man vergleiche auch das typische Verhalten der Plantaraponeurose an dem syndac- tylen Fuß, bei dem allerdings die Metatarsalia normal sind. Wenn die Nerven im Bereich des abnormen Skelets auch vielfache Variierungen erfahren haben, so zeigt uns doch das typische Ver- halten des Nervus plantaris communis I im Fall I, wie die peripheren Nerven als selbständige Differenzierungen in ihrer Entwicklung von Faktoren beherrscht werden, die jedenfalls mit der Skeletdifferen- zierung nichts zu tun haben, und dasselbe gilt auch für die ent- sprechenden Hautbezirke. Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 139 Verzeichnis der im Texte angeführten Arbeiten. 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Die Röntgenaufnahmen und die Photographie des Kindes (Fig. 10) verdanke ich dem freundlichen Entgegen- kommen des Direktors der Chirurgischen Klinik, Herrn Professor WILnMs. Tafel I. Fig. 1-3. Linke untere Extremität mit Syndactylie. Etwas über die Hälfte der natürl. Größe. Fig. 1. Dorsum pedis. Hautnerven und Extensoren. Fig. 2. Plantaraponeurose und plantare Hautnerven. Fig. 3. Muskeln und Nerven der Planta. Flexor dig. brevis, Flexor dig. long., Lumbricales. Tafel II. Fig. 4-6. Rechte untere Extremität des gleichen Individuums. Spaltfuß mit Defekt der zweiten Zehe. Etwas ber die Hälfte der natürl. Größe. Fig. 4. Dorsum pedis. Hautnerven und Extensoren. Fig.5. Plantaraponeurose und plantare Hautnerven. Fig. 6. Muskeln und Nerven der Planta. Flexor dig. brevis, Flexor ‚ dig. lo:gus, Lumbricales. : Spaltbild. an Extrem. d. Menschen u. ihre Bedeut. f. d. norm. Entwicklungsg. 141 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig Tafel III. 7. Röntgenaufnahme des syndactylen Fußes. */; nat. Größe. 8. Röntgenaufnahme des Spaltfußes. */; nat. Größe. 9. Röntgenbild der Spaltbildung des Unterschenkels. Natürl. Größe. Alter 4 Wochen. 10. Photographie desselben Objekts. Tafel IV. .11—17. Spaltbildung des Unterschenkels mit Lostrennung der Tibia von der Fibula. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 11—13 in 3/; nat. Größe, Fig. 14—17 in %/; nat. Größe. Skelet. Dorsale Ansicht. Defekt des Talus, Naviculare, Cuneiforme I u. Il, Metatarsale und Digitus 1. Dasselbe. Plantarseite. Dorsum pedis. Hautnerven. Unterschenkelmuskeln. Ansicht von medial. Dasselbe. Ansicht von dorsal. Planta. Hautnerven und Flexor dig. brevis. Tiefe der Planta. Ramus profundus nervi plantaris late- ralis. Schicht der Contrahentes und Interossei. Allgemeingültige Bezeichnungen. (Vgl. auch den Text.) A. Anastomose. L. Lumbricalis. a. anterior. m. medialis. br. brevis. Mt. Metatarsale. ©. ° Cuneiforme. N, nervus. G communis. p- peronaeus. Cb. Cuboid. P. III. Peronaeus III. Ce. Calcaneus. pe. posterior. Ch. Chiasma. pl. plantaris. et. Cutaneus. Pl. _Plantaraponeurose. d. digiti, digitorum, pr. profundus. digitalis. Qu. Quadratus. ds. dorsalis. T. ramus. E. Extensor. S. suralis. DE Flexor. S. Soleus. Fb. Fibula. Ste. Sustentaculum. h. hallueis. Hi Tibialis, Tibia. v. intermedius. Td. Tendo. vi Interosseus. v. Muskelvarietät. l. lateralis, longus. cERr < A Para 772 Be E x EURE a. BEE BONS EP P > er % . . Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLV II. N: ch..ds:i. — — — Ei + 2 N. ct. ds. ın. ; ;H-; . ei Exa.1.2_ P. Ill. Keck. Verlag von Wilhelm Ef Tafel I. wy den 2 UNTEN I & 21 EB, und II pr NEN ==> ==> III pP wu Ad°N AI-I9 Ep un WE _—-— III 'T —_ AL _-- ur nd PN 2 _-- Pd N ‚mann in Leipzig und Berlin. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVII, „N. ct. d. m. ‚N.e.d.i. ö Eh. br. Ta. d. III. + .rud. Mt. II. 7 E. d. dr.l Keck. Verlag von Wilhelm En Tafel II. S 1 | I S> a > Nn.d.pl.c I—-IV. 708: = N.pl.l.d. Ill.— — - Ze 0usRl. Fig. 6 ann in Leipzig und Berlin. Morphologisches Jahrbuch. Bd. NLVII. Keck. Fig. 7 Verlag von Wilhelm :Ilmann in Leipzig und Berlin. Tafel II. Fig. 9 A TEEEPTERETN EG Em # fen .F ML . . \ Pi J * 4 “ - & ‚ A fs “”. 4 3 i ir 4 * 1 un x J o r P EH .d . a 7 Pi ’ L ı ’ " 5 „W m x « j 4 ” Ö - Un } vr j \ 4 ” rk . z* * - ‘ ı ” y y { ) ‚ Tafel IV. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVH 6 Tafel IV. = = © ri &D jo | =: Ss = 5 S - = . = ab 5 S | =) S | | SS a a - en jr N,.ct ds.i. N. ct.d.m ana & in) 10 SD er BR = ‚en x [2 n = &D r = r. pe m S S Keck. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berlin. Über verwandtschaftliche Formbildung der Groß- hirnwindungen an beiden zueinander gehörenden Hemisphären. (Vortrag, gehalten in der 17. Abt. der 85. Versammlung Deutsch. Naturforscher und Arzte in Wien.) Von Priv.-Doz. Dr. E. Landau (Bern). Mit Tafel V. In den folgenden Zeilen möchte ich zwei interessante Fälle be- schreiben, an denen die verwandtschaftliche Formbildung der Win- dungen an beiden zueinander gehörenden Hemisphären deutlich zu- tage tritt. Der erste Fall stammt von einem Elenhirn (Q@ Cervus alces). Auf der beigegebenen Fig. I sehen wir dieses Gehirn in der Ansicht von oben abgebildet. An der rechten Hemisphäre erkennt man fol- gende gut ausgebildete und voneinander getrennte Furchen: die Fissura eoronalis (co), die Fissura suprasylvia (ss), die Fissura la- teralis (2). Außerdem interessieren uns die kleine Nebenfurche (») am proximalen Ende des Gehirns und das von der Medianfläche kom- mende vordere Ende der Fissura splenialis (sp). Die Fissura coro- nalis ist ganz selbständig und mit keiner Nachbarfurche verbunden. An der linken Hemisphäre nehmen wir bei oberflächlicher Be- trachtung ganz andere Verhältnisse wahr: die Fissura coronalis ana- stomosiert mit allen Nachbarfurchen, nämlich nach vorn mit der Nebenfurche », nach hinten-medianwärts mit der Fissura splenialis, nach hinten-lateralwärts mit der Fissura suprasylvia. Betrachten wir aber diese Verbindungen der linken Coronalfurche genauer auf ihre Tiefenverhältnisse, so gewahren wir die über- raschende Tatsache, daß an allen drei Punkten gut ausgebildete, aber unter dem Niveau der Oberfläche gelagerte Übergangswindungen zu finden sind, wie es auf den Fig. 2, 3 und 4 dargestellt ist. 144 E. Landau Denken wir uns nun alle diese drei versunkenen Windungen oberflächlich gelagert, so erhalten wir an der linken Hemisphäre dieselbe Furchenanordnung, wie wir sie an der rechten Hemisphäre vorfinden. Einige kleine sekundäre Nebenfurchen der linken Hemi- sphäre, welche rechts fehlen, sind wohl dadurch entstanden, daß durch die Tiefenlage dreier Windungen für die übrigen oberfläch- lichen Windungen viel mehr Raum zur Entfaltung übrig geblieben ist. An stark entwickelten Windungen aber, welche eine gewisse Entfaltung übersteigen, bilden sich bekanntlich sekundäre Furchen aus, welche natürlich nichts mit dem für das eine oder andere Gehirn charakteristischen Furchentypus Gemeinschaftliches haben; denn es sind nur zufällige Gebilde. Der zweite Fall bezieht sich auf das oceipitale Gebiet eines menschlichen Gehirns. Das Gehirn stammt von einer 40jährigen Frau. Die rechte Hemisphäre wurde von mir bereits in einer an- deren Arbeit beschrieben, in welcher es sich um einen typischen Suleus lunatus von ErLıor-SmitH handelt. Nicht nur makroskopisch, sondern auch durch den eytoarchitektonischen Bau dieses Gehirns habe ich mich überzeugen können, daß hier ein schön ausgebildeter Affenspaltenrest mit opereulisierter 3. und 4. Übergangswindung vor- liegt; auch das Knie der Schleife von der 1. Übergangswindung, welehe um das laterale Ende der I. p. o. herumbiegt, ist von einem Operculum zugedeckt. Auf den Fig. 5 und 6 ist diese Hemisphäre abgebildet, auf Fig.5 bei oberflächlicher Betrachtung, auf Fig. 6 bei geöffnetem Suleus lunatus, wodurch die Verhältnisse auch der 3. u. 4. Über- gangswindung klargelegt werden. Die Bezeichnungen sind die üb- lichen: s.i. Suleus intraparietalis, i.po. Ineisura parieto-oceipitalis, s.ca. (Fissura) Suleus ealearinus, s.c.e. Suleus calcarinus externus, s.l. Suleus lunatus, 1,2,3, 4 1., 2., 3., 4. Übergangswindung, n. Nebenfurche, «,ß,y,e willkürliche Bezeichnungen für Furchenteile, um den Vergleich mit der anderen Seite zu erleichtern, iri oberer Ast - des S. oceipitalis transversus von ECKER. tr unterer Ast Über verwandtschaftliche Formbildung der Großhirnwindungen usw. 145 Wie wir sehen, mündet die Ineisura parieto-oceipitalis in den S. intraparietalis ein; es liegt also die Schlinge der hier bekannt- lich stets vorhandenen 1. Übergangswindung in der Tiefe. Da außerdem am S. intraparietalis die sog. e!-Furche nicht sichtbar ist, so liegt auch der größte Teil des vorderen Schenkels der 1. Übergangswindung in der Tiefe. Oeceipitalwärts endigt die Intraparietalfurche mit dem charakteristischen Queraste. Sein oberer Teil begrenzt (nach ZuckErKAnDL) die 1. Übergangswindung nach hinten; es wäre also im vorliegenden Falle der hintere Schenkel der 1. Übergangswindung oberflächlich gelegen. Der untere Teil des hinteren Querstückes des S. intraparietalis ist (nach ZuckEr- KANDL) die Lichtungsfurche der 2. Übergangswindung; wir haben also einen Fall mit oberflächlicher Lagerung der 2. Übergangs- windung vor uns. Die hintere Begrenzung der 2. Übergangs- windung ist die mit 7 bezeichnete Furche und der daran an- schließende Teil der von ELLior-SmitH als Suleus lunatus bezeich- neten Furche. Auf Fig. 6 können wir in die Tiefe dieser Spalte (s.l.) hinein- sehen, und da gewahren wir zwei opereulisierte Windungen, nämlich die mit 3 und £ bezeichneten; auch die mit & bezeichnete Furche muß also eo ipso zugedeckt sein. Es folgt nun oceipital- wärts der Rest eines primitiven Lobus oceipitalis, auf welchem ab- gesehen von einer kleinen oberflächlichen Furche nur die große dreistrahlige Furche, der Suleus triradiatus aut., oder S. ealcarinus externus von ELLIOT-SMITH zu finden ist. Wie schon erwähnt, hat sich der primitive Charakter dieses Lobus oceipitalis auch eyto- architektonisch bestätigen lassen. Vergleichen wir nun den eben beschriebenen rechten Oceipital- lappen mit dem zum gleichen Gehirn gehörenden linken, welcher auf Fig. 7 abgebildet ist, so finden wir folgendes. Die Ineisura parieto-oceipitalis mündet hier nicht in die Intraparietalfurche ein, sondern ist frei. Die 1. Übergangswindung ist also an dieser Hemi- sphäre oberflächlich gelagert, wobei der aufsteigende Ast des Suleus oceipitalis transversus die hintere Grenze dieser 1. Übergangs- windung bilden muß. Der untere Ast derselben Furche bildet die Lichtungsfurche der hier ebenfalls oberflächlichen 2. Übergangs- windung. Wie wir sehen, ist an beiden Hemisphären die 2. Übergangs- windung oberflächlich gelegen. Am rechten Oceipitallappen bildet dann die hintere Grenze der Morpholog. Jahrbuch. 48. 10 146 E. Landau 2. Übergangswindung die y-Furche nebst dem erwähnten Sulcus lunatus (und die in der Tiefe gelagerten zwei Übergangswin- dungen). Es fragt sich nun, was wir an der linken Hemisphäre dem entgegenzustellen halanı Versuchen wir zuerst, an die Sache rein makroskopisch heran- zugehen. Da können wir folgende einander entsprechende Furchen feststellen. Auch an der linken Hemisphäre wird die 2. Über- gangswindung nach oben-hinten durch eine kurze Furche (y) ab- gegrenzt. An der rechten Hemisphäre bildet diese y-Furche mit einer weiter rückwärts gelegenen vom S. lunatus ausgehenden Furche die Abgrenzung einer kleinen Windung, deren Lichtung von einer aus dem Zwickel herüberkommenden Nebenfurche (r) gebildet wird. An der linken Hemisphäre finden wir dieselben Verhältnisse, nur daß der lateralste Teil der genannten kleinen Windung opereulisiert ist, so daß die »-Furche in den Sulcus, welcher die y- und «-Furche verbindet, einmündet. Auch die oceipitalwärts gegen den Suleus calearinus externus gerichtete kurze /-Furche ist beiderseits zu sehen. Endlich haben wir an beiden Hemisphären die von der Medialseite übergreifende Spornfurche (s.ca.) und dann, beiderseits durch eine Brücke von ihr getrennt, den prachtvoll ausgebildeten Suleus triradiatus, dessen vorderer Ast an der rechten Hemisphäre direkt frontalwärts nach vorn zieht, an der linken dagegen mit dem vorderen Ende stark nach unten-vorn gerichtet ist. Nach diesen vielen Ähnlichkeiten zwischen links und rechts drängt sich von selbst die Frage auf, ob wir auch an der linken Hemisphäre einen Suleus lunatus. ausfindig machen können, und wenn nicht, ob es dann vielleicht möglich ist, eine Erklärung für das Verschwinden dieser Furche zu geben. Zu diesem. Zwecke fertigte ich aus verschiedenen Stellen des linken Oeceipitallappens mikroskopische Präparate an und fand so an den auf Fig. 8 punktiert bezeichneten Bezirken den Calcarinatypus gut ausgebildet vor. An derselben Figur sind von durehbrochenen Linien die zu mikroskopischen Zwecken benutzten Stellen begrenzt. Nun glaube ich das Verhalten links in folgender Weise au die Verhältnisse von rechts zurückführen und gleichsam als eine weitere Entfaltung dieser Form hinstellen zu können. Während eines vorübergehenden Entwicklungsstadiums, nehme ich an, war die linke Hemisphäre mit einem dem rechterseits aus- gebildeten Suleus lunatus sehr ähnlichen Gebilde ausgestattet. Da Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVIH. Landau, E, Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berlin. _ 6 Aa Du ji aa 2 4 Über verwandtschaftliche Formbildung der Großhirnwindungen usw. 147 begann die rechterseits opereulisiert gebliebene 4. Übergangswindung zu wachsen, wurde oberflächlich, und so wurde der Suleus lunatus um ein entsprechendes Stück nach hinten-oben verkürzt. Mit der Entfaltung der Windung 4 vergrößerte sich eo ipso auch ihre Liehtungsfurche e, wie man es aus dem Vergleiche der linken und rechten Hemisphäre klar sehen kann. Durch das Oberflächlich- werden der mit 4 bezeichneten Übergangswindung verschwand aber die untere Hälfte des Suleus lunatus, und der hier anliegende pithe- eoide Oceipitallappen wurde vom unteren Knie der 2. Übergangs- windung nach hinten abgedrängt, so daß er nach vorn nicht mehr von einem Suleus lunatus, sondern von einer sekundär neu ent- standenen Furche x abgegrenzt wird. Auch die 3. Übergangswindung ist oberflächlich geworden, und nur ihr hinteres Ende wird operkelartig von der 4. Übergangs- windung bedeckt. In dieser kleinen Studie glaube ich an einem schönen Bei- spiele nicht nur die von Rerzıus, KOHLBRUGGE, HoLL u. a. gemachte Beobachtung, daß zwischen beiden IHemisphären verwandtschaftliche Formen existieren, bestätigt, sondern auch gezeigt zu haben, wie zuweilen auf den ersten Blick verschiedene Formen entwiecklungs- mechanisch doch auseinander abgeleitet werden können. 10* Ne a, bu J - . 5 = WW a ir 3 pi C Er Me BISHER TIER „ a ET nn 7 5 es BIDERE: PEPPER IyKrpE FRdE: Balehersit Yerlı) ER i Ap2} Pi Wh Be 3% PERa STATE Zieh 7 ie KURSE ” * 4 “ .. m i hi - %Y j BE R j 08 pÄalaraie ig F Fler i E52 ee 748 EN Er Pi w = - F) h ‚ . f , . kırı r sr sıys 3.10 r Ban BF EIE 2 RarTE AI TE ED re) u ER ur r P . ie ’ ” [gIE) 2 Enke ed ., j Br. ’ 22 1221 23» ö .£ AwPi % (7 “ - . # ‘ 8 . hr areT 2 N « aus br PRIZE TFT; PIE ir Be "2 ’ A > e }, 4 > is RG ia ca } Fi 'E i1 Sera ‚uie “41; 3 - n. E E i ‘ ”. 7 “ - ES re tr Et ISIN TEDY 2 4 - ” 5 [2 ER: f v+# . Per eh . ur - 4 MIET x a 5 | 1335) 4 2, . , “ Er " . A + r 5 ges ei . - ” CHI Art ARE j 7 me art, di “ r "irre . FE D . r 2 “ - f “ ‘ k ETE 3 v - . f ' ‘ ! N ME Bu | . 8 4 ” i i - Fr “ L 0 T ‘ h 4 e - - . - 4 “ [} er = ER „Fi - Dr we - ” 413 ° ge 67 - .- R e; N “ Pap3: 4. Er LI OPR 2 Mus N > 2 b 4 r « r f "7 z ' Ä » i we Fr fi: De 2 . 9% % * ;E . ir ’ ’ . > f ' } zu) ö IT SE TIRUGRE va . a N . 3 4 . r “r u P e . . 64 I [27 . 4 ’ 3 3 P- \ . ; > + er PER “Auil? 2 ;e ea N ke) 7 Ay Zr “ * . “ 4 = - .# v PEN : «E Br Pr Bee Sy gr H = i Er ’ + rn Kleinere Mitteilungen über Korallen. Von 6. v. Koch. Mit Tafel VI. Von den in diesem Jahrbuch veröffentlichten kleineren Mit- teilungen über Korallen ist die letzte im Jahre 1895 zum Druck gegeben. Ich war durch ausgedehnte und dringende museologische Arbeiten bisher an einer Fortsetzung verhindert, hoffe aber nun mit geringen Pausen noch einige weitere folgen lassen zu können 12. Aggregierte Kolonien von Caryophyllia cyathus Lmx. In Mitteilung 8 habe ich zuerst über den Aufbau und das Zu- standekommen von Kolonien bei den Steinkorallen berichtet, welche trotz vollständiger Kontinuität aller Gewebe aus mehreren, ursprüng- lich getrennten Polypen hervorgehen, und diese Art der Kolonie- bildung als aggregiert bezeichnet. Dieser Arbeit waren Schliff- serien durch zwei Kolonieskelete von Balanophyllia verrucaria zu= srunde gelegt und, da das Vorkommen ähnlich gebildeter Kolonien im Tierreich sehr vereinzelt sein dürfte — die durch Verschmelzung entstandenen Rieseneier und -Larven bei den Echinodermen, die Verwachsung von Embryonen bei Wirbeltieren usw. sind doch recht verschieden davon —, so war ich während meiner weiteren Be- schäftigung mit den Korallen des Mittelmeeres darauf bedacht, neue Beispiele dafür zusammenzubringen. Die Durchmusterung einer großen Zahl von kleinen Büschen der bei Neapel sehr häufigen kolonialen Koralle, Astrordes calycularis, bei der ich aus Gründen der Analogie ähnliche Bildungen zu finden hofite, war ganz ver- geblich. Von anderen Steinkorallen stand mir ein wenn auch ziem- lich reichliches, doch relativ viel geringeres Material zur Verfügung 150 G. v. Koch und meine Bemühungen waren resultatlos.. Endlich fand ich während meiner Arbeit über die Entwicklung von Caryophylha cyathus (Mitt. a. d. zool. Stat. in Neapel 1887) wieder einige ähnliche Fälle wie bei Balanophyllia, für deren Studium ich aber damals keine Zeit hatte. Die Stücke wurden bei Capri lebend gesammelt, mittelst Sublimat und Alkohol getötet, in Jod-jodkalium gut ausge- waschen und nachher in 70°/, Alkohol aufbewahrt und sind, wie dies auch die Abbildungen einigermaßen erkennen lassen, gut erhalten. Die .Weichteile sind zwar geschrumpft, an manchen Stellen auch ein- gerissen, aber man kann neben Tentakel, Mundwulst teilweise auch die Parietes noch gut erkennen, an gefärbten und zerbrochenen Exemplaren auch die Mesenterialfäden u. dgl. — Photograpbiert wurde natürlich vor dem Färben. Ich muß hier vorausschicken, daß Caryophyllia eyathus ın mehreren Formen im Golf von Neapel gefunden wird. Die eine kommt mehr in der Tiefe vor (sie bildete wohl das Original zu der vielfach kopierten Figur und Beschreibung, welche MıLnE EDWARDS ind. Hist. n. Corall. gegeben hat), erreicht eine ziemlich bedeutende Größe und zeigt häufig mächtige Verdickungen des Skeletes, welche auf ein recht hohes Alter mancher Stücke schließen lassen. Die andere, in flacherem Wasser vorkommende, ist kleiner und weniger verdickt, zeigt auch noch sonstige Abweichungen. Sie lieferte mir allein Larven für meine Untersuchung und ergab auch das Material für diese Mitteilung. Von ihr sitzen die einzelnen Polypen häufig dicht beieinander auf Kalkalgen, Muschelschalen, toten Korallen- skeleten u. dgl., so daß eine Verschmelzung von zwei Nachbarn außerordentlich begünstigt wird. Trotzdem sieht man auch da in den meisten Fällen, wie zwei benachbarte Polypen, wenn sie auch dieht beieinander stehen und sich gegenseitig so drücken, daß die einander zugekehrten Flächen eine Strecke weit eben werden, eine deut- liche Grenze zwischen sich lassen, die oftmals sogar noch etwas erhöht ist (siehe Tafelfig. 8). Auch setzt sich niemals eine junge Larve auf den Weichteilen eines älteren Exemplars an, immer wählt sie dazu eine von den Weichteilen vollständig entblößte Stelle des Skeletes, die nach der chemischen Beschaffenheit ihrer Oberfläche einem un- organischen Kalkstückehen gleichzusetzen ist. In anderen weniger häufigen, aber doch nicht ganz selten zu beobachtenden Fällen kann man dagegen eine innige Verschmelzung der beiden benachbarten -weichen.-Polypenwände mit aller Sicherheit feststellen, welche dann vielfach ein stärkeres Wachstum der hier gemeinsam ausgeschiedenen Kleinere Mitteilungen über Korallen. 151 Verdiekungsschicht zur Folge hat, die man den Bezeichnungen bei Kolo- nien, welche durch Teilung oder Knospung entstanden sind, entspre- chend, als »Cönenchym« ansprechen könnte (s. Tafelfig. 7). Hier bleibt die Verbindung eine extrathekale, ebenso wie es bei den früher beschriebenen Kolonien von Balanophyliia der Fall war. — Recht selten, ich habe nur 7 oder 8 unter Hunderten von gesammelten Exemplaren gefunden, kommen bei Caryophyllia cyathus Poulypen- paare vor, deren intrathekale Darmhöhlen streckenweise gemeinsam sind und die man ohne genauere Untersuchung wohl für mehr oder weniger weit fortgeschrittene Teilungen halten würde, da auch die Form der Septen auf solche hinzudeuten scheint: Einmal konnte ich sogar an einem solchen Paar eine gemeinsame Mundöffnung nachweisen, wie aus der folgenden Beschreibung zu ersehen ist. Beschreibungen: -Nr. I. Dieses Stück kann bei der Ansicht von der Mundscheibe aus Zweifel erwecken, ob es als Einzelpolyp mit etwas abnormem Umriß (vgl. Querschnitt) oder als ein soleher in beginnender Teilung anzusprechen sei. An eine Verschmelzung wird man wohl kaum denken, da der Mundwulst bzw. die Mundöffnung, wenn auch sehr gestreckt, doch deutlich einfach ist und die eine, hier nach oben gekehrte Randhälfte so gleichmäßig ausgebildet ist, daß man nirgends eine Spur von einer Grenze zwischen zwei Polypen wahrnehmen kann (vgl. Tafelfig. 1a). Eine solche tritt allerdings auf der anderen (nach unten gekehrten) Randhälfte deutlich hervor und erscheint sehr klar auf der entsprechenden Seitenansicht (Tafelfig. 1«). Diese zeigt außerdem noch maneherlei Abweichungen gegen gewöhn- liche Verhältnisse, so fällt besonders die starke Einziehung des Um- risses nach der oralen. Seite hin auf, deren Ursache links wohl ein Schwamm ist, von dem bei der Untersuchung noch Skeletreste vor- handen waren, während rechts eine Kalkalge sich über die Mund- scheibe der Koralle gelagert und diese ganz nach der Mitte hin ge- drängt hat, wie dies auch an dem Querschliff (Tafelfig. Le) zum Aus- druck kommt. Wegen der auffallend weitgehenden Einheitlichkeit des Exemplars schien es geboten, eine genauere Untersuchung des Ske- letes auf Querschnitten vorzunehmen. Zu diesem Zwecke wurde es zuerst durch vorsichtiges Behandeln mit schwacher Kalilösung voll- ständig von allen organischen Teilen gereinigt, dann gewaschen und getrocknet, nachher in der schon öfter beschriebenen. Weise in schwarzen Siegellack eingeschmolzen und nun in eine’orale und eine aborale Hälfte zersägt, welche beide, senkrecht zur Achse, 'nach'und nach abgeschliffen und die Schliffflächen photographiert: wurden. 152 G. v. Koch Schon die Flächen des Sägeschnittes zeigten deutlich, daß es sich um zwei Polypenkelche handelte, von denen der rechte, größere in seiner ganzen Ausbildung, hinsichtlich der sekundären Verdickungs- schichten usw., dem früher gegebenen Bild (Morph. Jahrb. Bd. VII) eines älteren normalen Polypen entspricht, während der linke kleinere über ein relativ junges Stadium nicht hinausgekommen ist. — Von den angefertigten Schliffbildern ist e nur wenig tiefer als die Mund- scheibe gelegen und es fehlt ein Stück von der Peripherie des größeren Kelches, welches aber für unsere Betrachtung ohne Einfluß ist. Er zeigt die oben schon erwähnte, durch die Kalkalge verursachte Verdrückung des rechten Randes, sonst eine normale Entwicklung der Septen und, was uns hier am meisten interessiert, auf der Grenze beider Kelche nicht nur deutliche Septen, sondern auch Andeutungen einer Theka, woraus hervorgeht, daß hier schon beide Polypenhöhlen selbständig waren und nur durch Interseptalräume miteinander in Verbindung standen. Auf dem nächsten, nicht abgebildeten Bild, ungefähr 1 mm unter dem vorigen, ist die Trennungsmauer zwischen beiden Kelchen schon lückenlos, wenn auch stellenweise nur als dünne weiße Linie zusehen, alles Übrige, mit Ausnahme des mehr konvexen rechten Randes, ist wie vorher gestaltet. — Schnitt d (s. Tafelfig. 1), etwas unter der Mitte der Längsachse des Stückes und also aboral von der oralen Einschnürung gelegen, zeigt wie der vorige beide Polypenhöhlen deutlich durch eine, unregelmäßig verlaufende und stellenweise ziemlich bedeutend verdickte Theka getrennt. Hier ist auch der Unterschied beider Kelehe in Größe und Habitus schon recht auffallend. Der rechte gibt ganz den Querschnitt eines ge- schlechtsreifen Polypen mit den Elementen des Säulchens und der Pali, die in dieser Höhe untereinander und mit den Septen Ver- schmelzungen zeigen, die Mauer ist gleichmäßig gerundet und, be- sonders nach der rechten Seite, ziemlich verdiekt, an manchen Stellen finden sich, durch fremde Organismen hervorgerufene Lücken, wie solche an den meisten Skeleten zu sehen sind. Der linke Kelch da- gegen ist nicht nur viel kleiner (etwa 1:3), sondern entbehrt auch noch eines deutlichen Säulehens. Der nächste Schliff, hier nicht ab- gebildet, liegt ziemlich viel tiefer, der linke Kelchumriß ist mehr elliptisch und unregelmäßiger geworden, sein Innenraum viel kleiner als vorher, und ein Teil der Mauer ist zerstört, dagegen lassen sich Reste der Columella erkennen. Beim weiteren Abschleifen machte sich nun immer mehr die Unregelmäßigkeit in der Form dieses kleineren Polypen geltend, welche darauf beruht, daß seine Achse Kleinere Mitteilungen über Korallen. 153 erst nachher der des größeren parallel gerichtet war, während sie von Anfang an senkrecht zu dieser stand, und das letzte photo- graphische Bild e (siehe Tafelfig. 1) gibt uns nur noch einen Längs- schnitt durch das basale Ende des kleinen, während der größere noch ganz vollständig ist. Beide sind hier, wie dies auch auf mehre- ren vorher geschliffenen Stadien schon zu erkennen war, deutlich durch eine Linie getrennt. Aus den angeführten Beobachtungen läßt sich folgern, daß ur- sprünglich nur der größere Polyp allein vorhanden war und schon die für geschlechtsreife Exemplare normale Ausbildung er- reicht hatte, ehe sich der kleinere (als Larve) auf seine (durch Zerstörung eines Teils der Leibeswand frei gelegte) Mauerplatte festsetzte!. Dann wuchsen beide Kelche nebeneinander her, wobei der kleinere nach und nach sich gegen den größeren hin bog, bis beide Achsen parallel wurden, und schließlich erfolgte erst die Verschmelzung der Leibeswände, darauf die der Mauern und zuletzt die der Darmhöhlen nnd des Schlundrohres?. "Nr. II (Tafelfig. 4) zeigt mit dem vorigen, von der Mundseite aus gesehen, viel Ähnlichkeit, nur ist das ganze Stück kleiner und nach allen Anzeichen zu schließen viel jünger, wohl noch nicht ge- schlechtsreif, auch hat sich an der einen Seite ein noch kleinerer Polyp angeschlossen und ist durch Wand und Mauer mit seinem Nachbarn äußerlich verschmolzen. Trotz genauester Betrachtung, der auch noch Färbung mit Karmin zu Hilfe kam, konnte ich wegen der starken Kontraktion der Weichteile nicht entscheiden, ob der Mundwulst wie bei I nur eine Mundöffnung umschließt oder ob diese doppelt ist, doch schien mir für unsere Frage dieser Punkt nicht wichtig genug, um das Exemplar durch Zergliederung zu zerstören, da eine Ansicht des aboralen Endes ohne weitere Eingriffe zeigt, daß auch hier zwei ursprünglich getrennte Polypen nachträglich mit- einander verschmolzen sind. Die kleine Kolonie ist nämlich schon beim Sammeln so glücklich von ihrer Unterlage abgebrochen, daß deutlich die Trennungsmauer mit den beiderseits von ihr abgehenden Septen sowie auch die zwischen ihnen liegenden Parietes, welche durch die Färbung gut hervortreten, erkennbar sind. Übrigens ist zu bemerken, daß die beiden größeren Kelche der Kolonie gleich- 1 Es wäre also hier die Möglichkeit zu erwägen, daß der kleinere Polyp sich aus einem Ei entwickelte, welches vom größeren produziert wurde. 2 Hier ist darauf hinzuweisen, daß der kleine Polyp anfangs‘ schneller wachsen mußte, um mit seiner Mundfliche dem größeren gleich zu kommen. 154 G. v. Koch altrig zu sein scheinen, so daß wohl vorausgesetzt werden kann, es haben sich zuerst zwei junge Larven dicht nebeneinandergesetzt, und diese sind dann mehr und mehr. miteinander verschmolzen, später kam dazu noch eine dritte, deren Aufnahme in die Kolonie aber noch nicht so weit gediehen ist. (In ähnlicher Weise habe ich bei der Zucht von Larven der Gattungen Caryophyllia, Balanophylla und Artroides zwei oder mehrere von diesen miteinander verschmelzen sehen, ohne aber eine so weitgehende Entwicklung wie in diesem Fall verfolgen zu können, da die Exemplare zu bald eingingen.) Nr. III (Tafelfiıg. 5). Auch diese Kolonie macht noch einen recht einheitlichen Eindruck, wenngleich die Trennungsfurchen auf beiden Seitenansichten die Zusammensetzung aus zwei Kelchen von vornherein wahrscheinlich machen. Übrigens sind diese nur am oralen Teil deut- lich, nach unten verflachen sie sich immer mehr, und an der Basis, deren Umfang durch sekundäre Verdiekungsschichten wenig geringer als am oberen Rande ist, sind sie ganz verschwunden. Die Mund- öffnungen und die wohlentwiekelten Säulchen sind hier deutlich ge- trennt, die in der Verschmelzungszone liegenden Tentakel erscheinen kleiner als die übrigen, was vielleicht nur auf stärkere Kontraktion zurückzuführen ist. Dagegen sind die, diesen Teil begrenzenden Septen etwas höher und etwas gekrümmt. Eine Trennungsmauer ist in der Höhe der Mundfläche nicht vorhanden, auch sind dort, wo sie zu suchen wäre, deutliche Septen zweiter und dritter Ord- nung, sowie zwischen ihnen liegende Parietes zu sehen, so daß wohl an einer direkten Verbindung beider Polypenhöhlen nicht ge- zweifelt werden kann. Trotzdem ließ sich nachweisen, daß beide Kelche ursprünglich getrennt waren, denn durch vorsichtiges Ab- zwicken eines aboralen Stückes ließ sich die dort ganz vollständige Trennungsmauer mit den zugehörigen, regelmäßig ausgebildeten Septen zur Anschauung bringen. Nach dem ganzen Habitus scheint es sich ähnlich wie bei II hier um 2 Polypen zu handeln, welche sich schon als Larven nebeneinander festgesetzt hatten und wäh- rend des weiteren Wachstums mehr und mehr miteinander ver- schmolzen sind. Bemerkt mag werden, daß beim Fang die ganze Kolonie noch von einem dünnen Rest der Leibeswand überzogen war, was auf eine sehr ungestörte Entwicklung (im Gegensatz zu I) hindeutet. iR ‚Nr. IV (Tafelfig. 6). Diese Kolonie gleicht in vieler Beziehung der vorigen, und es erübrigt sich daher eine genauere Beschreibung. Es genügt, hervorzuheben, daß der linke kleinere Polyp auch etwas nied- Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVIH. Tafel VI. Fig. 1 v.Koch, Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berlin. Kleinere Mitteilungen über Korallen. 155 riger ist als der rechte, und daß man auf den Seitenansichten deutlich eine tiefe Furche, welche beide Kelche voneinander trennt, wahrnimmt. Nr. V (Tafelfig. 7). Dieses Exemplar erscheint von der Seite ge- sehen im Umriß Nr. I am ähnlichsten. Auch hier sind beide Kelche im Gegensatz zu II—IV viel länger (bzw. höher) als diek, nehmen aber von unten nach oben sehr gleichmäßig an Breite zu und könnten eigentlich dem Raum nach ganz gut ohne Verschmelzung neben- einander bestehen. Die oralen Enden liegen nahezu in einer Ebene, aber das aborale Ende ist beim linken Kelch etwa 5 mm kürzer als beim rechten, auch viel dünner, so daß jener relativ schneller ge- wachsen sein muß, da oben ihre Breite ziemlich gleich ist. Die aboralen Bruchflächen lassen bei IV und V deutlich die Entstehung aus zwei ursprünglich getrennten Individuen erkennen. Es ergibt sich aus dem Vorstehenden, daß alle 5 beschriebenen Stücke im allgemeinen übereinstimmen, während die Verschieden- heiten untergeordneter Natur sind. Nur die Einheitlichkeit des Mundrohrs bei I ist auffallend und dürfte zur erneuten Untersuchung ähnlicher Stücke anregen. Nach meinen, mehr zufällig gemachten und daher zu unvollständigen Beobachtungen über die Heilung und Ergänzung von Skeleten lebender Korallen, welche beim Sammeln zerbrochen wurden, würden Experimente in dieser Richtung lohnende Resultate versprechen. Zum Schluß möchte ich noch erwähnen, daß alle Abbildungen in gleicher relativer Größe nach Photographien ausgeführt sind, und zwar 4mal größer als in Natur. Der Hintergrund war unruhig und mußte deshalb abgedeckt werden. Darmstadt, den 18. Oktober 1913. ., k Er ı- 7 ce, { Dar neh Meruibishe sro “ a: fat, En ar er re: Worlyr Br WUICHSIERAATTTEN AN FIUH I > DIENT ’ rn ® } U, zub in . L: wo tn; geile 2 sohn apaityY { BE, IRRE ic ul ; -r arte, ah HUT Hr; Luce Inar ee + “ ’ s } R i ” Kia aha Halle Fark Na SE an Pulse a 2 Yo I ee £ = er IE RT RE RATTE RR 4 i96 ‚5/5 sta Bin 1 u # > . . hi + IE IR DE RHZUGE . t } “ ’ a ul Tara wg - ws * Mr ” .s RN. ie water tor: 20 1:0 ne ine ni bi pn % 1 ‘ ji AN BED ” 1) ; ı “ ir 3 A nr ga) | IT ICH AUR ind Su gt my fd « D ya ‚ j r - PL» DLR | fK RE] it a i h f ri FR Arte 2% Bine | 2 4 n hir: FOR LE 17 ir \ 21,6 10,15 2 DIS la u wi nu nat ln „iR ieh ale ir 8 abi rkiayinı Bölkiyeıy yupr, r is B: AN WR. 5 br4 risk s =» S | 4 « ur . Jacobson’s Organ and the Respiratory Mechanism of Amphibians. By H. L. Bruner, Ph. D., Professor of Zoology, Butler College. Because of the fact that different parts of the nasal cavity have different relations to the respiratory currents, SEYDEL (1895) and his followers have recognized, in the nasal organ of higher amphi- bians, two funetionally more or less distinet parts: a true olfactory cavity which is used primarily for testing the inspiratory eurrents, and an organ of JacoBson which receives its stimuli chiefly through the medium of the expiratory eurrent. These two cavities are also more or less distinet morphologically. The organ of JAcoBSoN is a blind sack or groove which opens into the true olfactory cavity, from which it is separated by a certain amount of indifferent epi- thelium, the so-called respiratory region. In Necturus and Proteus a true organ of JACOBSON is wanting (SEYDEL, 1895; ZUCKERKANDL, 1910; Anton 1911) and the olfactory cavity presents a very simple condition. SEYDEL and AnToN regard this condition as a primitive one, but recent observations made by me on the respiratory mechanism of the lower urodeles (BRUNER, 1913) show the possibility of another interpretation in harmony with the view that Necturus and Proteus are permanent, more or less modified larvae. According to this interpretation the simple olfactory conditions are due to degeneration caused by the persistence of a larval respiratory mechanism. It is the purpose of this paper to present the evidence in favor of this view, ı A short paper on this subject was read at the Cleveland meeting of the American Society of Zoologists, Dec.30, 1912. (Abstractin Science, Vol, XXXVII 1913. p. 267.) 158 H. L. Bruner Respiration and Smell in Amphibians. All typical amphibians, both terrestrial and acquatic forms, obtain a part of their oxygen supply by means of a bucco-pharyngeal process, in which the respiratory medium is renewed by regular oscillations of the floor of the mouth. The medium employed in this process is taken through the nasal cavity and is used as the medium of smell. - | In order to establish a eorrelation between the respiratory mech- anism and the olfactory organ in Necturus and Proteus, it is ne- cessary to review the structure of the olfactory organ in the dif- ferent groups of amphibians and to deseribe the various conditions under which this organ performs its funetions. In the Gymmophiona, as shown by WIEDERsHEM (1879), the SARASIN brothers (1887) and ZuckErkAnDtL (1910), the olfaetory organ ineludes a true olfactory chamber and a well developed organ of JACOBSON, the latter opening into the former at the choana. As these authors do not describe a mechanism for celosing the nasal passage, I have examined adult specimens of Siphonops anmulatus in order to determine the character of the nasal openings. In this form the choana is an oval aperture elosely supported by skeletal parts and without a closing mechanism. The external naris is sur- rounded by ceartilage, which is bent inward behind the opening, so as to form an internal ridge and an external groove. The groove and adjacent space between the nasal capsule and skin are oc- cupied by a smooth musele mechanism similar to that of the higher urodeles (BRuner, 1897, 1901). It ineludes but two muscles: a constrietor (m. constrietor naris) and a dilatator (m. dilatator naris), whose fibres are considerably interwoven. Adult Gymnophiona are air smellers. I have not been able to examine living specimens of this group, but the character of the nasal openings indicates that both incoming and outgoing respiratory eurrents ass through the nasal cavity. In the higher urodeles the nasal organ ineludes a true olfac- tory eavity and a maxillary cavity, the latter containing the organ of Jacogsoxn. The external naris is closed and opened by a smooth muscle mechanism. The choana is a non-closing cleft, whose median part opens into the true olfaetory chamber, while the lateral part, as suggested by SEYpEL (1895), provides an open way between the oral cavity and JACOBSON’s organ, Jacobson’s Organ and the Respiratory Mechanism of Amphibians. 159 The ordinary medium of smell is air, which passes in and out through the nasal eavity both in pulmonary and in bueco-pharyngeal respiration. The latter is the chief means of renewing the olfac- tory medium; degeneration of the lungs is not followed by de- generation of the olfactory organ. Some adult salamanders (Am- blystoma) may resort to acquatic oral respiration, in which water passes through the nasal cavity, but it is not certain that water is used for olfactory purposes. In the Anura (Rana) the choana is similar to that of the higher urodeles. The external naris is opened and closed by a system of levers under the control of striated museles. The complicated ol- faetory organ includes a true olfactory chamber, a maxillary cavity and three anterior blind sacks, a superior, a middle and an inferior one, the last containing JacoBson’s organ. Through the maxillary cavity this organ is easily reached by the outgoing respiratory cur- rents (Gaupp, 1904). Air is the usual medium of smell. Water does not enter the nasal cavity under ordinary conditions. In the larval frog and salamander the olfactory organ gradually developes in preparation for adult life, but the arrangements for con- trolling the respiratory media differ entirely from those of the adult (BRUNER, 1913). In both frog and salamander, the mechanism which is used to close the external naris of the adult during inspiration reaches a functional condition in a late stage of larval life. SCHULZE (1892) has pointed out the fact that the choana of larval Pelobates is closed during acquatic »expiration« by certain fringes which surround the opening, and an examination of the frog larva shows the presence of similar valves, which effectually prevent the passage of the respiratory media from the mouth into the nasal cavity. The medium of smell in the larval frog is respiratory water!, which passes through the nasal cavity into the mouth, and thence through the gill celefts and peribranchial chamber and out through the spiracle. Pulmonary air is taken by the open mouth and does not enter the nasal cavity. In the larvae of lungbearing salamanders (Amblystoma) the olfactory process is similar to that of the frog larva. Respiratory water is taken through the nostrils and is the only medium of smell. A fold of mucous membrane on the median side of the choana 1 In the revised edition of ECKER and WIEDERSHEIM’S Anatomie des Frosches, III. Abt., 1904, it is assumed that air is the only medium o smell in the frog larva (p. 672), 160 H. L. Bruner prevents both air and water from entering the nasal cavity from the mouth (BRuner, 1915). The organ of JAcoBson begins to de- velop at a very early stage in both frog and salamander, and it has been supposed (GEGENBAUR, 1898) that it assumes its special func- tion already in larval life. But if SeypeEuL’s theory in regard to the use of this organ is correet, we must believe that it exereises this function only during adult life, for the choanal valves Rare up to the time of the metamorphosis. In the larvae of lungless salamanders (Desmognathus fusca, Spelerper ruber) a choanal valve is wanting and the respiratory medium may pass through the nasal cavity from the mouth. Cryptobranchus and Amphiuma resemble the higher urodeles in the general structure of the nasal organ, in the form and location of Jacorson’s organ (Anton, 1908), and in the possession of smooth museles for opening and closing the external naris (Mrs. WILDER, 1909). At the choana, however, peculiar conditions occur in the eryptobranchiates. The valvular nature of the choana of Amphiuma has been recognized by various authors since the time of OUvIEr- The valve is not a mechanical one, however, as held by FISCHER (1864), but is under the control of striated muscles (BRUNER, 1913). In Cryptobranchus allegheniensis a special choanal valve is wanting, but the choana can be closed by the hyoid arch. Cryptobranchus and Amphiuma are each provided, therefore, with two mechanisms for celosing the nasal passages. Of these, the smooth muscle mechanism is used during pulmonary respiration, as is its homologue in the higher urodeles. During bucco-pharyngeal respiration the choana alone is closed (Bruxer, 1913). Water is the usual medium of smell in Amphiuma and Orypto- branchus. During ordinary bucco-pharyngeal respiration, water enters the nostrils and passes out through the gill clefts, but its return from mouth to nasal cavity is always a possibility. During pulmonary respiration air passes in and out through the nasal cavity, but its use for olfactory purposes is uncertain. Siren is provided with a well developed olfactory organ, in- eluding a large organ of JacoBson which has been described by WILDER (1891), SeypeL (1895) and others. A closing mechanism is wanting at the external naris, but a complicated choanal apparatus is present, ineluding a median valve, apparently homologous with that of the larval salamander, and a posterior valve, which is under Jacobson’s Organ and the Respiratory Mechanism of Amphibians. 161 the control of a striated muscle!. By means of the latter the choana can be opened to permit the olfaetory medium to enter the nasal cavity from the mouth. Water is the usual medium of smell- Under ordinary conditions air does not enter the nasal cavity either in inspiration or in exspiration (BRUNER, 1913). In Neeturus and Proteus the nasal cavity has a simple, almost tubular form and a typical organ of JacoBson is wanting (SEYDEL, 1895; Anton, 1911). According to ANTON, JACOBsoN’s organ is probably represented by a lateral row of olfactory buds, which are separated from the median part of the nasal cavity (true olfactory chamber) by a strip of indifferent epithelium on the floor of the cavity. Muscles are wanting at the external naris, but a mechanical choanal valve is present, which closely resembles the choanal valve of the larval salamander and the median valve of Seren (BRUNER, 1913). On account of the presence of this valve in Neeturus the escape of the respiratory media from the mouth through the nasal cavity is impossible. In fact the only fluid that can pass into the nasal cavity from the direction of the mouth is the small amount which lies between the valve and the actual opening of the choana. These conelusions, which are justified on anatomical evidences are supported also by physiologieal observations. During branchial respiration a very little water may escape from the external naris of Necturus, but this amount can be readily accounted for by the closing of the choanal valve. If the valve is cut away, water flows free'y from the external naris when the floor of the mouth is elevated. During pulmonary inspiration water is first expelled from the nasal cavity, and this is followed by a stream of air bubbles. I have not been able to examine living specimens of Proteus, but on anatomi- cal grounds I judge that the choanal valve of this form has a func- tion similar to that just described. The olfactory medium in Necturus is respiratory water, which passes through the nasal cavity into the mouth and is expelled 1 As this paper goes to the printer, Professor NORRIS sends me a paper NorRRIS, H. W., On certain features of the anatomy of Seren lacertina, Anat. Anz., Bd. XLIII, 1913) in which he has described two choanal museles in Seren. These he believes to be homologous with muscles previously observed by him in Amphiuma. The latter are presumably the same museles that open and close the choana in Amphiuma. My description of the choanal apparatus of Siren and’ Amphiuma (BRUNER, 1913) I believe to be correct. Morpholog. Jahrbuch. 48. i 11 162 H. L. Bruner through the gill clefts. Respiratory air is taken through the open mouth and does not enter the nasal cavity under normal eonditions. As the respiratory habits of Proteus are similar to those of Necturus, we may assume that the olfaetory habits are also the same. Summary. The more important facts of the foregoing account may be summarized as follows: 1. In all amphibians which I have examined in a living condi- tion, the usual medium of smell is the same that is used in bucco- pbaryngeal (or branchial) respiration. This medium is renewed by regular oscillations of the floor of the mouth. Under ordinary con- ditions, the intermittent pulmonary respiration has little or no value for olfactory purposes. 2. The olfactory medium may be either air or water. In adult amphibians the olfactory organ reaches a higher stage of develop- ment in air smellers than in water smellers. There is, however, no marked difference between the olfactory organ of the higher water smellers (Amphruma and Oryptobranchus) and that of the lower air smellers, such as Amblystoma. JAcoBSoN’s organ is pre- sent in all of these forms. 3. Different mechanisms are used to control the olfaetory (re- spiratory) medium in different groups, and even in different stages of the same individual. These mechanisms may be reduced to two types: a) In the first the respiratory medium passes freely inward through the nasal cavity to the mouth, but its return to the nasal cavity from the mouth is prevented by a mechanical valve at the choana. b) In the second type the respiratory mechanism is wholly under muscular control and the olfactory medium passes freely in and out through the nasal cavity. 4. Corresponding to these two types of the respiratory mechanism, we can distinguish a) Monosmatie forms (single smellers), ineluding Necturus and the larvae of Amblystoma and Rana, in which the olfactory organ is used to test only the external medium. For this condition I propose the name monosmesis. b) Diosmatie forms (double smellers), including Sören, Oryptobranchus, Amphiuma, larvae of lungless salamanders, and the adult stage of higher amphibians. In these forms, ingoing and outgoing eurrents bear odorous matter Jacobson’s Organ and the Respiratory Mechanism of Amphibians. 163 to the olfaetory organ, which is accordingly used to test both the external medium and the contents of the oral cavity. This condi- tion, which is common to all higher vertebrates, may be called diosmesis. 5. In single smellers, JacoBson’s organ is wanting and the olfactory organ has a very simple condition. In double smellers the olfaetory organ is complex and JACOBSON’s organ is present. 6. For the development of a complex olfactory organ, with an organ of JAcoBson, the nature of the olfactory medium is of less importance than the question, whether the animal is a single or a double smeller. Discussion. In the preceding pages I have shown that the simple olfactory organ of Necturus is used to test only the external medium. To my knowledge, this condition has not been previously recognized among amphibians, but it is common enough among fishes, in whieh it is associated with a more or less primitive olfactory organ. SEYDEL (1895) has advanced the view that the olfactory organ of Necturus and Proteus is also a primitive one, in which all fune- tions, ineluding those assigned to the organ of JACOBSON, are per- formed by an undifferentiated olfactory chamber, which is freely traversed by incoming and outgoing respiratory eurrents. ANTON (1911) has described a primitive organ of JACoBsSoN in Necturus and Proteus, and believes that the choanal valve directs the exspiratory eurrents to this organ (p. 189), although he recognizes the fact that the valve may also be used to elose the choana (p. 196). According to the observations presented in this paper, if Nec- turus and Proteus are primitive forms, the choanal valve has pro- bably been a faetor in preserving the simple olfactory structure. There is, however, a considerable amount of evidence in favor of the view, that Necturus and Proteus are not primitive forms but permanent, more or less modified larvae of higher urodeles (Boas, 1881; Kınassury, 1905; Norris, 1911; BRUNER, 1913). Very im- portant in this connection, is the larval character of the respiratory mechanism of Necturus and Proteus, and especially |the fact that the choanal valve of these forms is similar to the choanal valve of larval salamanders. But if Necturus and Proteus are permanent larvae, the choanal valve of these forms offers a reasonable explanation of their peeculiar TI% 164 H. L. Bruner olfaetory eonditions. Such an explanation is the following: In the - typical lung-bearing larvae of higher urodeles the ehoanal valve exists side by side with a complex olfactory organ, which is desig- ned particularly for adult use under conditions which permit the olfaetory medium to pass freely in and out through the nasal cavity. This choanal valve persists until the time of the metamorphosis, and since it prevents the outgoing respiratory eurrents from entering the nasal cavity, it is evident that the complex olfaetory organ can not perform all of its functions during larval life. If such a larval condition should become a permanent one, we should certainly ex- peet degeneration of the olfactory organ from disuse. Under similar conditions, apparently, the olfactory organ of Neeturus and Proteus has degenerated and reached its present con- dition. This view is entirely consistent with the oceurrence of a rudimentary JAcoBson’s organ. It explains the difference between the olfactory organ of the ordinary larva and that of the Proteidae, and thus removes a serious objection to the view that the latter are permanent larvae. In the case of Sören, the facts are in perfeet harmony with the above-mentioned theory, although the history must have been very different. If Seren is a modified permanent larva, the degeneration of the olfaetory organ has apparently been prevented by the modi- fication of the choanal mechanism, so that the olfaetory medium may pass from the mouth into the nasal cavity. In this manner Siren became a double smeller. The foregoing views are in agreement with SEYDEL’s theory, that the organ of JAcoBsoN is used primarily to test the contents of the oral cavity. If Necturus and Proteus are permanent larvae, he loss of JAcoBson’s organ is simply part of a general process of degeneration which has affeeted the entire olfactory organ. In Siren the same conditions which have preserved the olfactory organ as a whole have also prevented the loss of the organ of JACoBSon. Butler College, Indianopolis, Indiana. 1908. 1911. 1881. 1897, 1901. 1913. 1864. 1904. 1898. 1905. 1911. 1887. 1892. 1895. 1879. 1891. 1909. 1910. Jacobson’s Organ and the Respiratory Mechanism of Amphibians. 165 Literature. Anton, W., Beitrag zur Morphologie des JacoBsonschen Organs und der Nasenhöhle der Cryptobranchiaten. Morph. Jahrb. Bd. XXXVIM. —— Die Nasenhöhle der Perennibranchiaten. Morph. Jahrb. Bd. XLIV. Boas, J. E. V., Über d. Conus art. u. d. Arterienbogen d. Amphibien. Morph. Jahrb. Bd. Vll. Bruner, H. L., Ein neuer Muskelapparat zum Öffnen und Schließen der Nasenlöcher bei den Salamandriden. Archiv für Anat. u. Physiol. Anat. Abt. —— Smooth facial muscles of Anura and Salamandrina. Morpholog. Jahrb. Vol. XXIX. —— The respiratory mechanism of amphibians with gill clefts. Morph. Jahrb. Vol. XLVII. FISCHER, J. G., Anatomische Abhandlung über die Perennibranchiaten und Derotremen. 1. Abhandl., 3. Teil. GaupP, E., ECKER und WIEDERSHEIM, Anatomie des Frosches, neu be- arbeitet von GAupp. 3. Abt. S. 622, 673. GEGENBAUR, C., Vergl. Anat. I. S. 972. KınGasBury, B. F., The rank of Necturus among tailed amphibians. Biol. Bull. Vol. VIIL Norris, H. W., The rank of Necturus among tailed amphibians, as indiecated by the distribution of its eranial nerves. Proc. Iowa Acad. Sci. Vol. XVII. SARASIn, P. und F., Ergebnisse naturwissensch. Forsch. auf Ceylon. Bd. U. Heft 1. ScHurze, F. E., Über die inneren Kiemen der Batrachierlarven. Abh. der Akad. der Wissensch. zu Berlin. SEYDEL, O., Über die Nasenhöhle und das JAcoBsonsche Organ der Am- pbibien. Morph. Jahrb. Bd. XXIII. WIEDERSHEIM, R., Anatomie der Gymnophionen. Jena. WILDer, H. H., A contribution to the anatomy of Siren lacertina. Zool. Jahrb. Vol.IV. WILDER, ]. W., The lateral nasal glands of Amphiuma. Journ. of Morph. Vol. XX. ZUCKERKANDL, E., Über die Wechselbeziehung in der Ausbildung des JAcoBSonschen Organs und des Riechlappens. Anat. Hefte. Bd. XLI. i e “ 1 HA, f Ri ei Br ae j u 3 r n [ »n« u 2 5% rec ilanaraık ;7 EHRE ri . a £ 24 0% er ö a b . 17: Y Ä sig = DES 3 ABLE TEN AEIK FEAT Berne? ’ E % N [4 » y4 € 2 j ee RTETFE AR \ EP [X € 3 h .. u “f $; IE ‘7 #7 5% nd Ya WITES He % - ’ =; u rn e 2 Se SUITE At RE Fr en MENT HEAF ’ S -. > Ey une ei ., Gates 2 ” B a ET 3 . Be HEHE : Eis s ? 4343 BEER . * . ur - 5 en 4! d er! ER SET v r “ j £ ee 7 4 % . i .i fi hip A T v e ee - Fe ey 2. x IISE NEONFERT SIR Re \ b x Ar ar; { er . r 2 . vw « u ” 2 u. y F , “ Pe» Firıs " 2; Yas Ze mai ” ? t 4 f \ 2 P Eur “Rt sah Katie) rote AuNıal-3n Sler M : , x “ ! 7 - “ ” / ni s “mt rz . 5 . vVuskliammap Wels -* It. ARDI 08 ® * P, er, 4 PEPZZ | * « > h b N \) 3 vr sen J ‘ ’ we + Y . en ss & PD ee f b| r 2 w N Pal. 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Das Ursprungsgebiet kann beim Gorilla bisweilen reduziert werden. So erstreckt sich der Muskel nach MACALISTER »as high as the fourth lumbar vertebra«, und DENIKER gibt an, daß er sich »en haut aux dernieres vertebres lombaires« befestigt. Beim Gorilla HEPBURNs war das Ursprungsgebiet des Muskels noch beschränkter, da es hier nur an den Körpern und Zwischenscheiben der drei ersten Lendenwirbel lag. Außer den Ursprüngen von der Wirbel- säule kann der Muskel accessorische Ursprünge besitzen: vom me- dialen Teil der Crista iliaca (HrPBURN), vom medialen Ende des caudalen Randes der Rippe 13 (Sommer, PırA) und von dem, den Quadratus lumborum bedeekenden, ventralen Blatte der Faseia lumbo- dorsalis (SOMMER, PIRA). | M. iliacus nimmt die Fossa iliaca ein (DUVERNOY, HEPBURN, SOMMER, PırA), scheint aber oft (DUvERNOY, SOMMER, PırA) schwach entwickelt zu sein. Früher oder später verschmilzt er mit dem M. psoas major. i | Morpholog. Jahrbuch, 48. 12 168 Adolf Pira Der so entstandene M. ilio-psoas kann nach seinem Austritt aus dem großen Becken accessorische Ursprünge empfangen, näm- lich von einem dorsalwärts von ihm gelegenen, derben Fasecienblatte, das von der Fascia lata aus sich zwischen Sartorius und Scansorius hineinschiebt und am Darmbeinrande von der Spina il. ant. sup. bis zur Spina il. ant. inf. sich festsetzt (SOMMER). Das erwähnte Fascien- blatt ist bei meinem Gorilla vorhanden (siehe M. sartorius), die accessorischen Ursprungsbündel des M. ilio-psoas von demselben fehlen aber. M. ilio-psoas befestigt sich am Trochanter minor femoris (DuvERNOY, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PırA). Ich finde die Sehne bei der Insertion deutlich in zwei Teile, einen proximalen- medialen und einen distalen-lateralen, zerlegbar. Vielleicht gehört die eine dieser Sehnen dem M. psoas major, die andere dem M. iliacus zu; der M. ilio-psoas wäre dann an der Insertion wieder in seine Formelemente zerfallen. Bei einigen Prosimiae, wie Galago und Tarsius, sind M. psoas major und M. iliacus in ihrem ganzen Ver- lauf gut voneinander getrennt. M. psoas minor kommt allen von DUVERNOY, MACALISTER, BisCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER und PırA untersuchten Go- rillas zu, mit Ausnahme nur des jungen, weiblichen Gorilla DENIKERS. CHAPMAN und Symingrox erwähnen den Muskel nicht, was nicht notwendig bedeutet, daß der Muskel den von ihnen untersuchten Tieren fehlte, da die Darstellungen der Gorillamuskulatur dieser beiden Verfasser in manchen Stücken sehr summarisch sind. Der Muskel kann entweder von der Seitenfläche des letzten Brustwirbel- körpers und derjenigen des ersten oder der zwei ersten Lendenwirbel- körper entspringen (HEPBURN), oder er spaltet sich vom Psoas major ab (SOMMER, PırAa). Seinen Ansatz findet er an der Linea terminalis (DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). M. psoas minor ist im Vergleich mit dem M. psoas major schwach entwickelt. Bei niederen Säugetierformen, wie z. B. bei Monotremata und Marsupialia, ist er eine kräftige Bildung, die selbst stärker als M. psoas major ist. In der Primatenreihe wird der Muskel allmählich von den niederen zu den höheren Formen redu- ziert: bei den Prosimiae ist er etwa von derselben Stärke wie der Psoas major, bei den niederen Affen ist er noch relativ kräftig, um bei den Anthropomorphen stärker reduziert zu werden. Bei letzteren scheint er ziemlich konstant vorhanden zu sein, nach KEITH in 606/,, was nicht der Fall beim Menschen sein soll. Nach den Unter- suchungen GRUBERS fehlte er unter 450 darauf untersuchten mensch- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 169 lichen Leichen gänzlich bei 183, einerseits bei 69, war also nur bei 198, d. h. bei 44°/, vollständig vorhanden. M. glutaeus maximus! entspringt teils aponeurotisch, teils fleischig. Aponeurotisch entspringt er entweder von der ganzen Crista iliaca von der Spina il. ant. sup. aus bis zur Spina il. post. sup. (DUVERNOY, BISCHOFF, SOMMER, PıRA) oder nur vom dorsalen Teil des Darmbeinkammes (HEPBURN), von der Fasceia lumbo-dorsalis und vom Sacrum (DUVERNOY, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, Pıra) entweder längs der ganzen Ürista sacralis media bis zum Steißbein (SoMMER) oder nur von der eranialen Hälfte derselben (PıraA). Der fleischige Ursprung beginnt als Fortsetzung des apo- neurotischen entweder am caudalen Endpunkt der Crista sacralis media (SOMMER) oder am Mittelpunkt derselben (PırA), folgt im letzteren Falle der Crista bis zur Basis ossis coceygis und zieht weiter dem Lig. sacro-tuberosum entlang bis auf das Tuber ischi- adicum (DUvVERNOY, BisCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Hierzu kommen bisweilen fleischige Ursprungsbündel vom Coceyx (BISCHOFF, SOMMER) — M. agitator caudae ? Der Ursprung am Tub. ischiadie. besteht bei meinem Gorilla nur aus einigen schwachen Muskelbündeln; neben diesen entspringt vom Sitzknorren eine kräftige Muskelmasse, die lateralwärts nach unten zum Oberschenkel mit einem dem M. glutaeus maximus wenigstens teilweise parallelen Faserverlauf zieht. Obgleich diese Muskelmasse sich distal dem M. glutaeus maximus unmittelbar an- schließt, ist sie doch von diesem so gut differenziert, daß sie füg- lich als selbständige Bildung, als ein M. ischio-femoralis behandelt werden dürfte (siehe unten). M. glutaeus maximus inseriert am Femur in größerer oder kleinerer Ausdehnung. Die Insertion beginnt proximal etwa an der Basis des Trochanter major und erstreckt sich distalwärts »eine an- sehnliche Strecke weiter auf das Labium externum der Linea aspera« (BıscHorr), bis zu der Kniegelenkkapsel (DuvErxoy), bis zum Epi- condylus fem. (DENIKER, HEPBURN) oder längs der Linea aspera bis 1 Mit Recht tritt CuAınE gegen die Namen Glutaeus maximus, medius und minimus, die sich nur auf die Größenverhältnisse der Glutealmuskeln des Menschen beziehen, auf. CHAınE benennt die bezüglichen Muskeln Glutaeus superfieialis, medianus und profundus. Obgleich beim Gorilla der oberflächliche Glutaeus nicht die Benennung »maximus« verdient, da erin der Größe von dem mittleren Glutaeus überflügelt wird, habe ich doch der Klarheit wegen die alten Namen beibehalten. 12* 170 Adolf Pira zu einem Punkt, 7 (SOoMMEr) oder 12 (PırA) cm von dem Epicond. fem, lat. entfernt. Diese große Variation der Ausdehnung des Ansatzes des. M. glutaeus maximus am Femur hängt ohne Zweifel wenigstens teilweise davon ab, daß einige Verfasser die soeben erwähnte vom Tub. ischiadieum entspringende Muskelmasse für einen Teil des großen Gesäßmuskels anstatt für einen selbständigen Muskel, einen M. ischio-femoralis gehalten haben. Die proximalen Muskelbündel des M. glut. max. können sich an der Faseia lata ansetzen (SOMMER). Bei meinem Gorilla konnte ich keine Insertion an der übrigens sehr schwach entwickelten Fascia lata finden. Beim Menschen inseriert ja der Muskel mit seiner proximalen Hälfte und den oberflächlichen Schichten der distalen Hälfte an der Fascia lata (Traetus ilio-tibialis), wohingegen der größte und tiefer liegende Teil der distalen Hälfte des Muskels am Femur inseriert. Der Insertion nach scheint also der M. glutaeus maximus meines Gorilla nur diesem letztgenannten Teil des menschlichen Muskels zu entsprechen. Der Ursprung des Muskels von der Crista iliaca ist bei Gorilla ausgedehnter, obgleich schwächer als beim Menschen, da er sich bei ersterem in der Regel längs des ganzen Darmbeinkammes erstreckt, bei letzterem da- gegen nur das hintere Viertel desselben einnimmt. Eine Folge dieser verschiedenen Ursprungsweise des Muskels ist die, daß der M. glutaeus medius beim Gorilla gänzlich vom Glut. max. und dessen aponeurotischem Ursprunge, hingegen beim Menschen mit dem mehr nach hinten verschobenen Ursprung des großen Gesäß- muskels teilweise subeutan nur von der Fascia lata bedeckt liegt. Bei den von DuvErnoY und HEPBURN untersuchten Gorillas scheint die Lage des großen und mittleren Gesäßmuskels ganz menschen- ähnlich gewesen zu sein. 5 Betreffs der Ausbildung des M. glut. max. beim Gorilla geben die meisten Autoren (SYMINGTON, HEPBURN, SOMMER, PIRA) an, daß der Muskel relativ schwach ist. BIscHoFrF sagt, daß die vom Hüft- bein, Kreuzbein und Steißbein entspringenden Teile schwach waren, hingegen der vom Lig. sacro-tuberosum und der Tub. ischiadiecum entspringende Teil stark entwickelt war. DUvERNoY beschreibt den Muskel als sehr stark. Diese Beschreibungen beziehen sich wohl hauptsächlich auf den M. ischio-femoralis. Mehr oder weniger innig mit dem M. glutaeus maximus ver- bunden kommt bei vielen Säugetieren ein M. femoro-coceygeus s. agitator caudae s. caudo-femoralis superfieialis vor. Bei meinem Gorilla kann ich keine mit diesem Muskel homologe Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 1I. izas Muskelpartie finden. Nach Testur fehlt der Muskel den Anthro- pomorphen gänzlich; er meint aber, daß man ihn wahrscheinlich hier und da bei den menschenähnlichen Affen finden werde ganz so, wie der Muskel als Anomalie beim Menschen auftreten kann. Bei: den Gorillas von BISCHOFF und SOMMER war er vielleicht auch vorhanden (siehe S. 169). HEPBURN ist der Meinung, daß der Teil des M. glutaeus maximus der Anthropomorphen, der von der Tub. ischiadieum ent- springt, als ein dislozierter M. 'agitator caudae zu betrachten ist. Bei allen Prosimiae kommt der Muskel in verschiedenen Graden der Differenzierung, besonders wohl bei Tarsius entwickelt vor, und bei den geschwänzten Affen der Alten wie der Neuen Welt ist ein Femoro- eoceygeus vorhanden. Unter den Tetrapoden kommt der Muskel nur Säugetieren zu (CHAINE). _ M. tensor fasciae latae scheint konstant bei Gorilla vorhanden zu sein (DUVERNOY, MACALISTER, ÜHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEP- BURN, SOMMER und PırA). Im allgemeinen ist er als’ schwach be- schrieben worden (DUVERNOY, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER), ja beim Gorilla SOMmMERs war er nur durch sehr schwache Muskel- bündel an der Spina il. ant. sup. zwischen den Blättern der Fascia lata vertreten. Bei meinem Gorilla war der Muskel relativ kräftig, erstreckte sich von der Spina il. ant. sup. 13 cm distalwärts über das proximale Drittel des Oberschenkels, um endlich in die Faseia lata überzugehen. An der mittleren Partie zeigte der Muskel eine Breite von 2 em. | Er ist. bei den Säugern eine sehr variable Bildung. Oft ist er mit dem M. glut. max. innigst verbunden, kann selbst bei niederen Formen, z. B. bei Tupaza, als selbständiger Muskel auftreten; bis- weilen fehlt er gänzlich. Alle diese Phasen der Entwicklung des Muskels finden sich unter den Primaten vor: bei Cynocephalus ist er mit dem M. glut. max. verschmolzen, bei Inuus und Mycetes ist er gut entfaltet. Er fehlt hingegen bei Lemur albifrons, Lemur mongox und Orang, oder kann wenigstens fehlen. Wahrscheinlich ist der Muskel ziemlich bedeutenden individuellen Variationen unter- worfen. . Man vergleiche z. B. die verschiedene Entwicklung des Muskels beim Gorilla SOmMmERs und bei dem meinigen! Beim Menschen ist der Muskel eine konstante Erscheinung. Nach Tesrtur und SOMMER soll man ihn nur einmal vermißt haben. Der Muskel ist beim Menschen relativ stark, bei den Anthropomorphen im all- gemeinen aber reduziert, bisweilen bis zum Schwund. In dieser ver- schiedenen Entwicklungsweise scheint mir zwischen menschenähn- 172 Adolf Pira lichen Affen und Mensch ein wichtiger Unterschied vorzuliegen, der zu dem sicheren aufrechten Stehen des letzteren in Beziehung steht. Zu dieser Stellung gehört nämlich, daß die untere Extremi- tät zu einer festen Säule umgewandelt werden kann, was beim Menschen unter anderem dadurch zustande kommt, daß bei der Streckung des Kniegelenkes als letztes Moment eine kleine Ro- tation der Tibia nach außen stattfindet, wodurch das Gelenk sich sozusagen schließt. Zur Fixierung der Tibia in dieser Rotations- stellung dient der lange Bandstreifen der Faseia lata, Tractus ilio- tibialis, welcher vom vorderen Teil der Crista iliaca entspringt und am vorderen Umfang der lateralen Gelenkfläche der Tibia endigt. Als Spanner dieses Bandes, mithin zur Fixierung der Tibia dienen beim Menschen ein bedeutender Teil des M. glut. maximus (siehe S. 170) und-der M. tensor fasciae latae. Sehen wir die entsprechenden Verhältnisse bei dem Gorilla und den übrigen Anthropomorphen an, so finden wir die Faseia lata schwächer als beim Menschen ausge- bildet. Das ist auch der Fall mit dem Fascienspannerabschnitte des M. glut. max., der ja bisweilen (bei meinem Gorilla) gar keine Be- ziehung zur Faseia lata hat, sowie mit dem M. tensor fasciae latae, der in der Regel schwach ist, bisweilen gänzlich fehlt. Wenn also auch bei den menschenähnlichen Affen als Schlußakt einer even- tuellen Streekung des Kniegelenkes eine Rotation der Tibia im Interesse des Schließens des Gelenks eintritt, so wird der Knochen doch jedenfalls in der Rotationslage nicht so fest wie beim Menschen fixiert, d. bh. die Umbildung der -hinteren Extremität zur festen Säule nicht so vollständig durchgeführt. Diese Betrachtungen führen uns zu der Frage über, ob die Anthropomorphen überhaupt das Bein im gleichen Grade wie der Mensch, d. h. bis zur geradlinigen Fortsetzung des Unterschenkels in den Oberschenkel, strecken können. Nach v. WESTRIENEN und Fıck kann das Kniegelenk der menschenähnlichen Affen ohne Durch- schneidung der Flexoren und Anwendung von Gewalt vollkommen gestreckt werden. Das ist nicht der Fall bei meinem Gorilla. Beide Beine sind hier deutlich im Kniegelenk gebeugt, und erst nach Durchsehneiden des Caput breve bieipitis, des M. semitendinosus und der beiden Ursprungsköpfe des M. gastroenemius kann das Bein im Kniegelenk vollständig gesireckt werden. Bei dieser Extension werden die großen Gefäß- und Nervenstämme deutlich gespannt; hingegen bieten Caput longum bieipitis, M. semimembranosus und der Ligamentapparat des Kniegelenkes kein Hindernis für die völlige Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 11. 173 Streckung des Beines dar. Bei dem von BiıscHoFF untersuchten Gorilla scheinen auch die Beine gebeugt gewesen zu sein, da dieser Autor beim. Angeben der Scheitel-Fersenlänge des Tieres hinzufügt »bei möglichst gestreckten Knien«. Bei Prosimiae, Platyrrhina und niederen Catarrhina verhindern nach v. WESTRIENEN die Beuge- muskeln dureh ihre weit distale Anheftung die Streckung des Beines, welche nach der Durchschneidung der Muskeln beträchtlich weiter ermöglicht ist, obgleich sie auch dann noch nicht eine vollständige wird; denn ein weiteres Hemmnis erwächst ihr durch den Band- apparat. Bei meinem Gorilla erstrecken sich die Insertionen der Beugemuskeln (Mm. semitendinosus, gracilis und sartorius) an der Tibia viel weiter distalwärts als beim Menschen (Fig. 1 und 2), und nach HEPBURN inseriert der M. semitendinosus bei Gibbon, Orang und Schimpanse noch weiter distal als beim Gorilla. M. ischio-femoralis (= M. tubero-femoralis, Fick; distaler Teil des Affenglutaeus, SOMMER) entspringt fleischig zusammen mit dem Caput longum bieipitis und dem Semitendinosus vom Tuber ischiadicum, zieht von hier lateralwärts nach unten und inseriert, etwas fächerförmig sich ausbreitend, in einer Ausdehnung von 8,5 cm an dem Intermuskularseptum zwischen dem M. vastus la- teralis und dem Ursprung der distalen Portion des Caput breve bieipitis. Die Insertion erstreckt sich distalwärts bis zu einem Punkte, 5 cm proximal vom Epieondylus femoris lateralis. Der pro- ximale Rand des Muskels schließt sich dem distalen Rande des M. glutaeus maximus unmittelbar an; der Muskel liegt in der ober- tlächlichen Muskelschicht der Hinterfläche des Oberschenkels zwi- schen dem M. glutaeus maximus und dem Caput longum bieipitis. Ein M. ischio-femoralis scheint in der Regel beim Gorilla vor- zukommen. DuvErnoyY beschreibt ihn als selbständige Bildung, einen Accessorium zum M. glutaeus maximus. Bei den von BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN und SOMMER untersuchten Gorillas scheint der Muskel auch vorhanden gewesen zu sein, obgleich hier mit dem Glutaeus maximus verwachsen, da nach den Beschreibungen ein Teil dieses Muskels vom Tuber ischiadieum entsprang, und die Insertion am Femur sich weit distalwärts bis zum Epicondylus lateralis er- streckte. Bei dem von SyMmInGTon untersuchten Gorilla war der Muskel wahrscheinlich auch in direktem Anschluß zum Glutaeus maximus vorhanden; SYMINGTON erwähnt zwar nichts von einem M. ischio-femoralis, seine Beschreibung des M. glutaeus maximus deutet aber, wie mir scheint, das Vorhandensein des M. ischio-femoralis an. 174 Adolf Pira Er sagt nämlich betreffs des großen Gesäßmuskels, daß »its arrange- ment is such as to give rise to a marked difference in the contour of the gluteal region«. Durch das direkte Anschließen des M, ischio- femoralis an dem M. glutaeus maximus war bei meinem Gorilla‘ die Glutaealregion von ganz anderer Konfiguration als beim Menschen, viel flacher und ohne diejenige deutliche Begrenzung gegen den Oberschenkel hin, die die sog. quere Gesäßfurche des Menschen bildet. Eine Ausnahme vom regelmäßigen Vorhandensein des M. ischio- femoralis beim Gorilla bildet vielleicht das von MACALISTER unter- suchte Tier; MACALISTER erwähnt nämlich nichts von einem M. ischio- femoralis oder einer entsprechenden Bildung, und der M. glutaeus maximus besaß der Beschreibung nach eine relativ kurze Femoral- insertion. In den kurzen Notizen CHAPMANs über die Muskulatur des Gorilla ist der M. ischio-femoralis nicht erwähnt. Da hier auch die Beschreibung des M. glutaeus maximus fehlt, so ist es unmög- lich, sich einen Begriff über den anatomischen Bau der Glutaeal- region des von ÜHAPMAN untersuchten Gorilla zu bilden. Ebenso wie beim Gorilla scheint das Vorhandensein eines kräf- tigen M. ischio-femoralis bei den übrigen Anthropomorphen Regel zu sein; meistens ist er mit dem M. glutaeus maximus verwachsen. Bei einem Schimpanse fand Tesrtur den Muskel sehr reduziert, als accessorisches Bündel des M. glutaeus maximus; bei einem Orang war keine Spur des M. ischio-femoralis vorhanden, und der M. glu- taeus maximus glitt wie beim Menschen mit Hilfe eines Schleim- beutels frei über das Tuber ischiadicum. Beim Menschen können nach QuAIn Muskelbündel vom Tuber ischiadieum zum M. glutaeus maximus ziehen; zur Bildung eines M. ischio-femoralis kommt es in diesen Fällen jedoch nicht, da die Muskelbündel sich im Glutaeus maximus verlieren. TEsTUT hat ein- mal einen echten M. ischio-femoralis nachweisen können, der iso- liert vom Tuber ischiadieum zum Femur zog. Der Muskel war schwach und besaß eine Breite von nur 8 mm. In einem von AuvrAayY beobachteten Fall war der Muskel von einem starken Sehnenband vertreten (zit. CHAINE). Ebenso wie den höheren Affen kommt auch den niederen in der Regel ein M. ischio-femoralis zu; doch hat er auch bei ihnen durch Verwachsung mit einem seiner Nachbarn, aber nicht mit dem M. glutaeus maximus, sondern mit dem langen Kopf des Bacon» (SOMMER), meistens seine Selbständigkeit verloren. h Infolge der Verwachsung des M. ischio-femoralis mit de einen Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 175 oder anderen seiner Nachbarn hat man es bisweilen in Frage ge- stellt, ob man es hier wirklich mit einer selbständigen Bildung zu tun habe, und den Muskel bald.zum M. glutaeus _maximus, bald zum Caput longum bieipitis gerechnet. : Die Feststellung. der Innervation dürfte wohl die Streitfrage lösen; jedoch ist dieselbe für den M. ischio-femoralis noch nicht klargelegt. SOMMER konnte beim Gorilla, wo der Muskel mit dem M. glutaeus maximus eine Masse bildete, keine gesonderte Innervation für den M. ischio-femoralis feststellen. Über die Innervation des bei meinem Gorilla freiliegenden Muskels konnte ich ebenfalls nieht ins klare kommen; doch fand ich einen Zweig des Nervus glutaeus inferior, der zu der Muskelmasse am Tuber ischiadieum gelangte, aus welcher Caput longum bieipitis, M. semi- tendinosus und M. ischio-femoralis hervorgingen. . Dieser Zweig scheint mir für den M. ischio-femoralis bestimmt gewesen zu sein, da Caput longum bieipitis und M. semitendinosus weiter distalwärts vom N. ischiadieus versorgt wurden. Ist diese Annahme richtig, so dürfte der Muskel zum M. glutaeus maximus gehören. Im Gegen- satz hierzu befindet sich das von Fick (zit. SOMMER) beim Orang gefundene Verhalten, wonach der M. ischio-femoralis vom N. ischia- dieus aus direkt versorgt wird. | Darüber, ob ein M. ischio-femoralis auch den Prosimiae und den niederen Säugetieren zukommt, komme ich aus Literaturangaben nicht ins klare. Bei Zemur und Chiromys erstreckt sich der M. glutaeus maximus nach ZUCKERKANDL zwar bis zum Planum popliteum herab, der Muskel hat jedoch keinen Ursprung vom Tuber ischiadicum, weshalb er den M. ischio-femoralis nicht einschließen kann. Bei Otolienus und Stenops findet der M. glutaeus maximus seine Insertion am Femur mehr proximal und, da er keinen Sitz- knorrenursprung besitzt, ist das Vorhandensein eines M. ischio- femoralis auch hier in Abrede zu stellen. Bei diesen Halbaffen ziehen Ursprungsbündel von den oberen Schwanzwirbeln zum M. glutaeus maximus. Von Lemur berichtet ZUCKERKANDL, daß die ventrale Schicht des M. glutaeus maximus vom N. ischiadieus durch- bohrt wird, wodurch ein Teil des Muskels vom Nerv dorsal über- lagert wird. Dieser Teil des Glutaeus maximus erinnert an einen Muskel einiger niederer Säugetiere, den CUNNINGHAM für Thyla- cinus und COuscus als Ischio-femoralis, LEcHE als Caudofemoralis (Caudofemoralis profundus, CHAINE?) beschrieben haben. Er ist bei Monotremata, Marsupialia, Insecetivora usw., vielleicht auch bei Hapale jacchus vorhanden, entspringt von den vorderen Schwanzwirbeln 176 Adolf Pira oder vom Tuber ischiadieum und inseriert meistens am distalen Femurteil; dorsalwärts ist er vom Glutaeus maximus, Biceps femoris und vom Stamme des N. ischiadicus, von welchem er auch versorgt wird, überlagert. Dem Ursprung (vom Tuber ischiadieum) und der Insertion gemäß könnte der M. caudo-femoralis sehr wohl mit dem Ischio-femoralis der Affen homolog sein, obgleich in den Lage- beziehungen beider Muskeln ein Unterschied vorhanden ist, da Caudo- femoralis tiefer und ventral vom N. ischiadieus, Ischio-femoralis da- gegen oberflächlicher und dorsal vom Nerven liegt. Forscht man nach einem M. ischio-femoralis, so darf man ihn nicht allein zusammen mit dem M. glutaeus maximus aufsuchen; man muß sich vielmehr erinnern, daß er bisweilen, wie bei den niederen Affen, dem Caput longum bieipitis als Femoralportion sich anschließen kann. Eine derartige Femoralportion des Biceps femoris der Halbaffen kann ich in der Literatur nicht finden. Für einige niedere Säugetiere (Tupaia, Centetes, Talpina, Crocidura, Chryso- chloris, Dasypus, Kaninchen) beschreibt LecHe als M. tenuissimus einen Bieipiti accessorius. Dieser Muskel liegt dorsal vom N. ischi- adicus in der oberflächlichen Muskelschicht und kann bei einigen Formen (Dasypus, Kaninchen) vom Tuber ischiadieum entspringen, verhält sich also hinsichtlich des Ursprungs und der Lage wie ein M. ischio-femoralis, findet aber seinen Ansatz bei allen erwähnten Formen an der Mitte oder am distalen Teile des Unterschenkels. M. glutaeus medius. Er entspringt von der ganzen Crista iliaca (DUvERNoOY, BiıscHOFF, DENIKER, SOMMER, PırA), von der ganzen (DUvERNOY) oder beinahe ganzen (DENIKER, HEPBURN) late- ralen Fläche der Ala ossis ileum, oder nur vom ceranialen Abschnitt derselben (BISCHOFF, SOMMER, PIRA) sowie auch von der Fascia lumbo-dorsalis, beziehentlich vom Kreuzbein (BiscHoFF, SOMMER, PırA), entweder in ganzer Ausdehnung dieses Knochens bis zum Coceyx (SOMMER) oder nur vom cranialen Teil desselben (PırA). Der Muskel inseriert an der Außenfläche des Trochanter major femoris (DUVERNOY, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA), bei meinem Gorilla mit einer kurzen, etwa 3 cm breiten Sehne. Er scheint in der Regel kräftiger als der M. glutaeus maximus entwickelt zu sein (DUVERNOY, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Bisweilen ist er mit dem Scansorius (MACALISTER), bisweilen mit dem Piriformis (BISCHOFF, HEPBURN, SOMMER, PIRA) verschieden weit ver- wachsen. Betreffs der Verwachsung mit dem Piriformis ist be- merkenswert, daß variable Verhältnisse selbst bei einem und dem- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 177 selben Tier vorhanden sein können, da der rechte M. glutaeus me- dius beim Gorilla SomMERs mit dem M. piriformis bis zur Insertion verwachsen war, beide Muskeln der linken Extremität hingegen völlig voneinander getrennt blieben. M. glutaeus minimus. Er entspringt von der lateralen Fläche des Corpus ossis ilium unmittelbar oberhalb des Acetabulum, mehr oder weniger weit zwischen der Ineisura ischiadica major und der Spina il. ant. inf. ausgedehnt (DUVERNOY, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, Pıra). Hierzu gesellt sich bisweilen (BiscHoFF, DENIKER, HEPBURN) ein vorderer Teil des Muskels, der vom ventralen (vorderen) Rande der Darmbeinschaufel (BiscHorr, DENIKER), vom vorderen Teil der Crista iliaca und von einem kleinen Teil der Ala ossis ilium (DENIKER) entspringt (siehe M. scansorius). Er inseriert am Trochanter major, entweder am vorderen Teil (DUvVERNOY, DENIKER, HEPBURN) oder an der medialen Fläche desselben (SOMMER, PIRA). Aus der tiefen Fläche des M. glutaeus minimus der rechten (nicht aber der linken) Extremität des von mir untersuchten Gorilla spaltet sich ein etwa 1/, cm breites, dünnes Muskelbündel ab; dicht an die Hüftgelenkkapsel und die Mm. vasti intermedius et lateralis gedrückt, zieht es zum Trochanter minor, wo es sich, ventral von der Insertionssehne des M. ilio-psoas bedeckt, fleischig inseriert. Diese Bildung scheint mir mit dem Muskelbündel homolog zu sein, welches der M. glutaeus minimus nach DuvErnoy beim Gorilla und nach MACALISTER beim Menschen zum M. vastus lateralis entsenden kann. SOMMER beschreibt beim Gorilla einen M. ilio-trochantericus, der vom cranialen Rande des Acetabulum und vom angrenzenden Teil der äußeren Darmbeinfläche entspringt und dorsalwärts vom Iliopsoas am Trochanter minor inseriert. Dieser M. ilio-trochanterieus SOMMERS stimmt der Insertionsweise nach mit dem vom M. glutaeus minimus meines Gorilla abgespaltenen Muskelbündel überein. Ich wäre ge- neigt, anzunehmen, daß wir es hier mit ein und derselben Bildung zu tun haben, die beim Gorilla Sommers weiter entfaltet ist, den Zusammenhang mit dem M. glutaeus medius gänzlich aufgegeben hat und anstatt diesem sich dem Ilium anschließt, hätte nicht SOMMER die Angabe gemacht, daß der M. ilio-trochanteriecus vom Nervus femoralis innerviert wäre. Für das Muskelbündel meines Gorilla habe ich keine besondere Innervation feststellen können. Es ist wahrscheinlich nur ein Teil des M. glutaeus minimus, der von französischen Autoren (zit. CHAINE) als »Accessoire du fessier pro- fonde« oder »abduecteur trochanterien« beschrieben worden ist. Für 178 Adolf Pira Chiromys hat ZUCKERKANDL einen Ilio-femoralis beschrieben, der von der .dorsalen Fläche des Darmbeintellers in der Nähe des Ace- tabulum entsprang und zwischen dem Psoasende und dem Ursprung des Vastus medius am Oberschenkelbeine inserierte. Ks; M. scansorius. Er entspringt vom ventralen Teil des eranialen Abschnittes der äußeren Darmbeinfläche (HEPBURN, SOMMER, PIRA). Er findet seinen Ansatz am Trochanter major (HEPBURN, SOMMER) und am Femur in der Nähe des Trochanter (SomMER). Bei meinem Gorilla inseriert er am Femur medial vom Ursprung des M. vastus lateralis in einer Ausdehnung von 1,5 cm, von der Basis des Tro- chanter major aus distalwärts gerechnet; sein Ursprung hat eine Breite von etwa 3 cm. Der Muskel verläuft stabförmig (am Ursprung nur ein wenig breiter) bis zur Insertion. SOMMER fand den M. scan- sorius fächerförmig ausgebreitet und den Ursprung 6 cm breit. Er ist von MACALISTER, HEPBURN und SOMMER beim Gorilla be- schrieben worden. Nach MACALISTER ist er mit dem M. glutaeus medius, nach HEPBURN mit dem M. glutaeus minimus verwachsen; nach Sommer bildete der Scansorius an der Insertion mit dem M. glutaeus minimus eine einheitliche Masse. Bei meinem Gorilla ist er am Ursprung frei, in seiner mittleren Partie mit dem M. glutaeus minimus verbunden, gegen die Insertion hin wieder frei. BISCHOFF ist der Meinung, daß der Scansorius dem Gorilla fehlte, sagt jedoch, daß der M. glutaeus minimus seines Gorillas im Ursprunge mehr dem Scansorius der übrigen Affen entspreche. Beim jungen Gorilla DENIKERS war der Muskel kaum bemerkbar und beim Gorillafötus war er vom vorderen Teil des M. glutaeus minimus vertreten. DUVERNOY, CHAPMAN und SYMINGTON erwähnen beim Gorilla den M. scansorius nicht, was wohl, wenigstens betreffs DUVERNOYS, so zu deuten ist, daß der Muskel als selbständige Bildung fehlte. Auch bei den übrigen Anthropomorphen ist die Beziehung des M. scansorius zu den Nachbarn ziemlich großen individuellen Varia- tionen unterworfen. Bisweilen ist der Muskel gut als selbständige Bildung entwickelt, bisweilen aber so vollständig mit dem einen oder anderen der Glutaeusmuskeln verschmolzen, daß sein Vorhandensein ganz und gar verneint wird. Nach KeırH ist der Scansorius beim Schimpanse öfter denn beim Gorilla als selbständiger Muskel vor- handen. Der Orang besitzt nach BıscHorr und HEPBURN einen selb- ständigen M. scansorius. Dieser ist einmal mit dem M. glutaeus medius (vgl. den Gorilla MACALISTERs) verwachsen gefunden (zit. SOMMER). Beim Menschen können nach QuAın die vorderen Fasern des Beiträge zur Anatomie des Gorilla. U. 179 M. glutaeus minimus sich von den übrigen Teilen des Muskels trennen und als ein M. scansorius auftreten. . Bei den niederen Säugetieren kommt der M. scansorius hier und da vor, z. B. bei Crocidura, mehreren Chiroptera, bei Dasyprocta und wahaeähählich auch bei Dildehvs (LECHE). -Das variable Vorhandensein oder Fehlen sowie das Verwachsen bestimmter Elemente der Glutaealmuskulatur finden nach Doz folgendermaßen ihre Erklärung. te: Die Glutaealmuskulatur besteht ursprünglich aus einer ober- flächlichen und einer tiefen Schicht. Diese Sachlage findet sich bei Monotremata und bisweilen bei Prosimiae vor. Die tiefe Schicht spaltet sich tangential in zwei Schichten, wodurch die Mm. glutaeus medius et minimus zum Vorschein kommen. Die so vorhandenen drei Schichten zeigen Neigung zur Aufteilung in der Richtung des Faserverlaufes. Insbesondere bei der ursprünglichen oberflächlichen und der sekundären tieferen Schicht kommt diese Tatsache zum Vorschein. Die ursprüngliche, oberflächliche Schicht schließt haupt- sächlich den M. glutaeus maximus in sich ein; ihre vordere Partie kann sich als M. tensor facsiae latae, die hintere als M. caudo-femo- ralis superfieialis (Agitator caudae) abspalten, mit wechselnder Stärke- entwicklung beider Muskeln bei verschiedenen Säugetieren. Aus dieser oberflächlichen Schicht stammt auch nach CHaAmE der M. ischio-femoralis.. Die sekundäre, tiefere Schicht ist durch den M. glutaeus minimus vertreten, welcher besondere Neigung zu longitu- dinaler Aufteilung zeigt. Die vordere Partie spaltet sich bisweilen als ein M. scansorius ab. Zuweilen ist der Muskel in noch mehrere Teile aufgeteilt. So soll er nach CHAmmE beim Gorilla in drei, beim Schimpanse in vier Segmente zerfallen können. Der M. scansorius gehört also der primären, tiefen Schicht zu; zu dieser Schicht ge- hört auch der M. glutaeus medius. Diese Tatsachen erklären das bei einem Gorilla und bei einem Orang gefundene Verhalten, wonach der M. scansorius mit dem M. glutaeus medius verwachsen ist (siehe S. 178). M. piriformis. Er entspringt von der Facies pelvina ossis sacri (DUVERNOY, BISCHOFF, HFPBURN, SOMMER, PIRA), bei meinem Gorilla, ebenso wie beim Menschen mit drei fleischigen Zacken von den Vertebrae sacrales 2, 3 und 4. Der Muskel kann beim Gorilla seinen Ursprung caudalwärts bis zum Kreuzbeinsegment 5 aus- dehnen (HEPBURN). Er inseriert am Trochanter major (DuvErnoy, HEPBURN, SOMMER, PIRA). 180 Adolf Pira Wie vorher erwähnt, kann der M. piriformis beim Gorilla mit dem unteren Rande des M. glutaeus medius verwachsen sein, entweder in ganzer Ausdehnung (BIscHoFrF, HEPBURN, SOMMER: die rechte Extremität des Gorilla) oder nur teilweise (PırA); bis- weilen ist er frei (DUVERNOY, DENIKER: foetus und juv., SOMMER: die linke Extremität des Gorilla). Beim Menschen ist der M. piri- formis in der Regel gut abgesetzt, wennschon er ausnahmsweise mit dem M. glutaeus medius oder minimus (QuAın) oder mit dem M. obturator internus oder mit den Mm. gemelli (CHAINE) vereinigt sein kann. Bei den Affen scheint der Piriformis im allgemeinen mit dem unteren Rande des Glutaeus medius eng verwachsen zu sein, ein Verhältnis, das sich auch bei niederen Säugetieren wie 2. B. bei Tupaia, COyclothurus, Pholidotus, Galeopithecus u. a. vor- findet (LECHE). M. obturator internus. Er entspringt von der medialen Fläche des Os coxae und der Membrana obturatoria; er zieht durch das Foramen ischiadieum minus hindurch lateralwärts und inseriert sehnig in der Fossa trochanterica femoris, verhält sich also wie beim Menschen (DuUvVERNoOY, MACALISTER?, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN?, SOMMER, PırA). Mit dem M. quadratus femoris war der Muskel beim Gorilla BıscHorrs vereinigt, und HEPBURN fand die Sehnen der Mm. obturat. int. et extern. nahe der Insertion mit- einander verwachsen. Über das Verhalten des M. obturat. int. zu den Mm. gemelli siehe unten. Mm. gemelli. Sie entspringen als oberer Muskel von der rudimentären Spina ischiadica, als unterer vom Tuber ischiadieum und inserieren in der Fossa trochanteriea femoris, verhalten sich also betreffs des Ursprungs und der Insertion wie beim Menschen (DuvEr- NOY, HEPBURN, SOMMER, PırA). Bei meinem Gorilla waren beide Muskeln nur mit Schwierigkeit voneinander und von dem außerhalb des Beckens liegenden Teil des M. obturator internus zu trennen, was als eine primitive Erscheinung zu deuten ist, da die drei Mus- keln als Differenzierungsprodukte einer ursprünglich einheitlichen Muskelmasse zu betrachten sind. In der Regel sind beim Gorilla beide Gemelli vorhanden (Duv- VERNOY, MACALISTER, DENIKER: Gorilla juv., HEPBURN, SOMMER, PırA); der Gemellus superior ist.schwach entwickelt (SOMMER, PIRA) und kann sogar fehlen (BiscHorr). Bei dem von DENIKER unter- suchten Gorillafötus fehlten beide Muskeln. Die schwache Entwicklung oder das Fehlen des oberen Ge- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 181 mellus hängt nach HEPBURN von dem rudimentären Zustande der Spina ischiadiea beim Gorilla gleichwie beim Schimpanse und dem Orang ab. Die kräftige Ausbildung der Spina ischiadica beim Menschen. bringt HEPBURN mit dem aufrechten Gang und der Ver- größerung der Apertura pelvis des Menschen in Zusammenhang, wodurch der M. levator ani von größerer Bedeutung geworden ist. Mit der Vergrößerung der Spina ischiadiea ist auch die Bedingung des Hervortretens eines selbständigen M. gemellus superior gegeben, da dieser Muskel entwieklungsgeschichtlich nur ein Spaltungs- produkt einer vom Ischium entspringenden Muskelmasse ist, die all- mählich in die Mm. gemelli und den M. obturator internus zerfällt. | Nach KOHLBRUGGE und HEPBURN ist der M. gemellus superior beim Hylobates kaum als gesonderter Muskel aufzufassen. Bei Prosimiae ist dagegen ein M. gemellus superior und ein M. inferior vorhanden; hier ist die Spina ischiadieca oft auch sehr deutlich entwickelt. Beim Gorilla kann der M. gemellus inferior mit dem M. qua- dratus femoris innig vereinigt sein (HEPBURN). M. quadratus femoris. Er entspringt vom Tuber ischiadieum (DUVERNOY, SOMMER, PırA). Der Ansatz variiert; er befindet sich am. Trochanter major (DUVERNOY, HEPBURN), an der Basis des Tro- chanter minor (PırA) oder, wie normalerweise beim Menschen, an der Crista intertroehanteriea femoris (DENIKER, SOMMER). Die Fälle, in welchen der Muskel sich entweder nur am großen oder nur am kleinen Trochanter befestigt, sind wohl als Reduktionserscheinungen zu betrachten, da der Muskel nicht nur beim Gorilla (DENIKER, SOMMER), sondern nach HEPBURN auch bei den anderen höheren Affen (Schimpanse, Orang und Gibbon) einen ausgedehnteren In- sertionsbezirk am Femur einnehmen kann. Beim Gorilla DUVERNOYS gleichwie bei dem meinigen war der Muskel relativ schwach, beim Gorilla SOoMMmERs dagegen kräftig. | Der Muskel kann mit dem Obturator internus (BISCHOFF) oder mit dem Gemellus inferior (HEPBURN) verschmelzen. Ich finde den Muskel ebenso wie HEPBURN und SOMMER vom N. ischiadieus innerviert; dieselbe Innervationsweise kommt auch bei niederen Säugern, z. B. bei Echidna und unter den Insectivoren bei Tupara, Maeroscelides und Chrysochloris vor. Bei anderen Säu- gern, z. B. bei Krinaceus, Oentetes, Cuscus, Thylacinus, Myrmecobius und @aleopithecus, kommt ein Muskel vor, der im Ursprung und in der Insertion mit dem M. quadratus femoris des Menschen über- 182 Adolf Pira einstimmt, seine Innervation aber vom N. obturatorius, d. h. aus dem Plexus lumbalis erhält. In diesen Fällen handelt es sich nach LecHeE nicht um eine mit dem M. quadratus femoris des Menschen homo- loge Bildung, sondern um einen Muskel, der mit dem M. obturator externus gemeinsamen Ursprung haben dürfte. 5 M. obturator externus. Er entspringt von der vorderen Fläche des Os coxae und der Membrana obturatoria und inseriert in der Fossa trochanterica (SOMMER, HEPBURN) oder an der Crista intertrochanterieca (PırA), verhält sich also im großen und ganzen wie beim Menschen (DUVERNOY, MACALISTER, BISCHHOFF, HEPBURN, SOMMER, PırA). Eine Insertionsweise wie die bei meinem Gorilla, wo die Endsehne sich an der hinteren Fläche des Oberschenkel- knochens, und zwar an der Crista intertrochanterica anstatt in der Fossa trochanterica befestigt, kann auch bei Echidna und Chryso- chloris vorkommen. Sonst scheint die Insertion in der Fossa bei den Säugetieren Regel zu sein. Für zwei Gorillas gibt DENIKER eine von anderen Verfassern abweichende Beschreibung des M. obturator externus an. Er sagt, daß der Muskel aus einer tiefen und einer oberflächlichen Lage zu- sammengesetzt sei. Die tiefe Lage verhält sich wie der M. ob- turator externus des Menschen und ist auch ohne Zweifel mit diesem homolog. Die oberflächliche Lage hingegen hatte eine andere Anordnung. Da diese Lage meiner Meinung nach nicht ein M. obturator externus s. str, sondern ein M. obturator inter- medius ist, ein Muskel, der auch bei meinem Gorilla vorhanden war, so verweise ich auf die unten gegebene Beschreibung letzt- genannten Muskels. Die Endsehne des M. obturator externus kann mehr oder weniger innig mit derjenigen des M. obturator internus verschmolzen sein (HEPBURN). M. obturator intermedius. An der linken Extremität finde ich einen Muskel, der vom Pecten ossis pubis, und zwar von der Eminentia ilio-peetinea aus medianwärts in einer Ausdehnung von 1,5 cm entspringt (siehe Fig. 3) und sich am Femur unmittelbar distal vom Trochanter minor befestigt. In Ursprung, Verlauf und Insertion verhält sich dieser Muskel also wie der M. pectineus des Menschen, ist aber vom N. obturatorins innerviert, während der M. pectineus s. str. seinen Nerv vom N. femoralis erhält. Der Gorillamuskel kann also nicht ein M. pectineus im Sinne der Anatomie des Menschen Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 183 sein; er ist ein M. obturator intermedius, ein Muskel, den Lecnt als ein Differenzierungsprodukt des M. obturator externus auffaßt. Ein M. obturator intermedius scheint mir vorher beim Gorilla von DENIKER beschrieben worden zu sein, zwar nicht unter diesem Namen, sondern als eine oberflächliche Lage des M. obturator externus. Nach DENIkER bestand der M. obturator externus der beiden von ihm untersuchten Gorillas aus zwei Lagen, einer tiefen Lage, die dem M. obturator externus des Menschen entspricht, und einer oberflächlichen, die sich folgenderweise verhielt. Sie bestand aus drei Muskelbündeln, welche sich distalwärts vor der Insertion zu einer Bildung vereinigten. Ein laterales Bündel entsprang vom Ramus superior ossis pubis medianwärts vom M. pectineus, ein mitt- leres entsprang vom Ramus superior ossis pubis, vom Tuberculum pubicum und vom Os pubis nahe der Symphyse, und ein mediales Bündel entsprang vom Ramus inferior ossis pubis und vom oberen Teil des Ramus inferior ossis ischii; die drei Bündel vereinigten sich zum Ansatz am Femur zwischen den beiden Trochanteren. Die Innervation rührte vom N. obturatorius her. Diese oberflächliche Lage des M. obturator externus der Gorillas DENIKERS scheint mir einem M. obturator intermedius zu entsprechen; sie war stärker ent- wickelt als bei meinem Gorilla, welcher nur das laterale Bündel des Muskels DENIKERSs besaß. An der rechten Extremität meines Gorilla bestand ein Muskel, welcher gleich wie der M. obturator intermedius der linken Extre- mität vom Pecten ossis pubis zum Femur unmittelbar distal vom Trochanter minor zog; er wurde aber sowohl vom N. obturatorius als auch vom N. femoralis innerviert. - Dies Verhalten zeigt, daß wir es hier mit einer zusammengesetzten Bildung zu tun haben. Es liegt ein durch Verwachsen der Mm. obturator intermedius und pectineus s. str. entstandener Muskel vor. Wie man sich das Ent- stehen eines solchen Muskels denken muß, hat LecnHE folgender- maßen klargelegt. Bei niederen Säugern, den Insectivoren, spaltet sich aus dem M. obturator externus ein Muskel, ein M. obturator intermedius, als selbständige Bildung ab. Er wandert ventralwärts und verschmilzt bei höheren Formen mehr oder weniger vollständig mit dem M. pectineus. So erklärt sich das Verhalten, daß »M. peetineus« sowohl bei den Anthropomorphen als auch bisweilen beim Menschen gleich- zeitig vom N. femoralis und vom N. obturatorius versorgt werden kann, in welchem Falle der laterale Teil des Muskels vom erst- Morpholog. Jahrbuch. 48. 13 184 Adolf Pira genannten, der mediale vom letztgenannten Nerv versorgt wird. »M. pectineus« stellt also hier eine zusammengesetzte Bildung dar. Wenn der M. pectineus, wie in der Regel beim Menschen, nur vom N. femoralis innerviert wird, so fehlt der M. obturator intermedius oder ist möglicherweise mit dem M. adductor brevis vereinigt (LECHE). In den Fällen, wie an der linken Extremität meines Gorilla, in welchen der Muskel, der an dem Platze des M. pectineus sich be- findet, nur vom N. obturatorius innerviert wird, ist er als ein M. obturator intermedius zu beurteilen, indessen der M. pectineus s. str. als reduziert zu betrachten ist. 2. Muskeln des Oberschenkels. A. Die hinteren Muskeln des Oberschenkels. M. biceps femoris. Er besteht aus zwei vollständig von- einander getrennten Teilen, welche je für sich als selbständige Muskeln behandelt werden könnten, was hinsichtlich der Innervation auch das Richtige wäre. Wir wollen aber im Einklang mit dem Verhalten beim Menschen die beiden Teile als Caput longum und Caput breve eines M. biceps femoris behandeln. Das genauere Ver- halten des Muskels bei meinem Gorilla war folgendes. Das Caput longum entspringt am Tuber ischiadieum aus einer für ihn, den M. ischio-femoralis und M. semitendinosus gemein- samen Masse, aus welcher die erwähnten Muskeln sich bald von- einander abspalten. Der lange Kopf ist kräftig, zieht disto-lateral- wärts und endigt mittelst einer 4cm langen Sehne, hauptsächlich am Condylus lateralis tibiae. Einige Sehnenstreifen strahlen in die Fascia eruris aus. Die Versorgung geht vom N. tibialis aus. Caput breve. Es besteht proximal aus zwei Portionen mit ver- schiedenen Ursprüngen, aus einer proximo-dorsalen schwächeren und einer disto-ventralen kräftigeren Portion. Der proximo-dorsale Teil entspringt mit schlanker Sehne dorsal an der Basis des Trochanter major. Von hier aus geht die 4,5 cm lange, schlanke Sehne aus; sie setzt sich in einen schwachen, kurzen Muskelbauch fort, welcher mit der disto-ventralen Portion des Muskels verschmilzt. Diese ent- springt fleischig in einer Ausdehnung von 9,5 cm an der Linea aspera femoris. Der Ursprung ist distalwärts bis auf 5 cm Entfernung vom Epicondylus lateralis femoris ausgedehnt; er wird lateralwärts von der Insertion der Mm. glutaeus maximus und ischio-femoralis, medianwärts von der des M. adductor magnus flankiert. Der kurze Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 185 Bicepskopf inseriert fleischig am proximalen Ende der Fibula, vom Capitulum aus distalwärts in einer Ausdehnung von 3 cm (Fig. 1); er wird vom N. peronaeus versorgt. Beim Gorilla scheinen in der Regel Caput longum und Caput breve des M. biceps femoris ähnlich wie bei meinem Gorilla als zwei getrennte Muskeln vorzuliegen (DUVERNOY, MACALISTER, BISCHOFF, SYMINGTON, SOMMER). Bei den von DENIKER, HEPBURN und v. WESTRIENEN untersuchten Tieren waren beide Portionen jedoch in der Nähe der Insertion miteinander vereinigt. CHAPMAN sagt, daß der Biceps des Gorilla in Ursprung und Ansatz sich wie beim Menschen verhalte, gibt aber nicht an, wie beide Köpfe sich zu- einander verhalten. Das Caput longum entspringt vom Tuber ischi- adicum (DUVERNOY, SOMMER, PIRA) und inseriert am Condylus late- ralis tibiae (DUVERNOY, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, V. WESTRIENEN, PırA); es kann sich auch am Capitulum fibulae anheften, entweder gleichzeitig mit der Tibialinsertion (DENIKER, v. WESTRIENEN) oder an der Fibula allein (Bıscuorr). Die Endsehne kann auch in die Fasecia eruris ausstrahlen (BISCHOFF, SOMMER, V. WESTRIENEN, PIRA). Das Caput breve entspringt von der Linea aspera femoris in wechselnder Ausdehnung. Proximalwärts erstreckt sich der Ursprung des einheitlichen (DUvERNoY) oder geteilten (Pıra) Kopfes bis zum Trochanter major; zuweilen macht er beim Anfang der Glutaeus maximus-Insertion Halt (Sommer). Distalwärts endigt er einige Zentimeter (2,5 em: SOMMER, 5 em: PırA) oberhalb des Epicondylus femoris lateralis. Der kurze Kopf findet seinen Ansatz am Capi- tulum fibulae (DUvERNOY, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, Pıra); er kann sich aber von hier aus weiter distalwärts erstrecken, entweder eine Strecke weit längs der Fibula (DENIKER, PırA) oder mittelst einiger Faserzüge zur Fascia cruris (DUVERNOY, BiscHOFF, DENIKER, HEPBURN, V. WESTRIENEN) oder zum Septum intermus- eulare fibulare posterius (SOMMER). Das Caput longum mit seinem Ursprung vom Tuber ischiadieum scheint allen Säugetierordnungen mit Ausnahme der Chiroptera zu- zukommen. Der kurze Kopf ist indessen unter den Säugern keines- wegs eine allgemeine Erscheinung. Bei niederen Säugetieren scheint er nur bei einigen Edentaten (Myrmecophagidae, Bradypodidae und Manis) vorhanden zu sein. Auch in der Primatenreihe kommt er nicht bei allen Formen vor; so fehlt er den Prosimiae und den Cerco- pitheeidae, ist hingegen bei den Platyrrhina, den Anthropomorphae und dem Menschen in der Regel vorhanden. Bei Hapale wie beim 13* 186 Adolf Pira Menschen kann er bisweilen fehlen. Auch die Beziehung des kurzen Bicepskopfes zum langen ist einem Wechsel unterworfen. Für die erwähnten Edentaten spricht LECHE von einer ziemlich selb- ständigen Pars femoralis des M. biceps. Nach SomMmErR sind beim ÖOrang, wie wir es für den Gorilla nachgewiesen haben, beide Biceps- köpfe in der Regel voneinander getrennt. Beim Schimpanse scheint die Verbindung beider Bicepsköpfe, wenn auch zuweilen nur in ge- ringer Ausdehnung, die Regel zu sein. Regelmäßig verwachsen sind sie beim Gibbon, Menschen und meistens bei den platyrrhinen Affen. Wie vorher erwähnt, kann das Caput longum beim Gorilla durch Ausstrahlungen der Endsehne in die Fascia eruris in Beziehung zu distalen Teilen des Unterschenkels treten. Stärker ausgeprägt war dieses Verhalten bei dem von GRATIOLET und ALIX unter- suchten Troglodytes aubryi, bei welchem die Insertionssehne des langen Bicepskopfes die Fußwurzel erreichte, eine Sachlage, die uns auch bei einigen niederen Formen, z. B. bei Echidna und Err- naceus begegnet. Beim Menschen gelangt die Sehne ausnahmsweise zum M. gastrocnemius oder zum Tendo calcaneus (QuAın). Bei den Prosimiae und einigen platyrrhinen Affen (Ateles, Lagothrix, Cebus) hat man die Ausstrahlung der Endsehne des Caput longum bieipitis in die Fascia eruris, bei ersteren bis über die Mitte, bei letzteren bis zur Mitte des Unterschenkels verfolgt. Ebenso wie der lange kann auch der kurze Bicepskopf beim Gorilla in Beziehung zur Fascie des Unterschenkels treten. Auch hierin stimmt Gorilla nicht nur mit den Anthropomorphen, sondern auch mit niederen Säugetieren überein. GRATIOLET und Auıx haben beim Schimpanse Beziehungen zwischen Caput breve bieipitis und dem Calcaneus durch die Unter- schenkelfascie gefunden. BOLK wies beim Orang eine Insertion des Caput breve am Calcaneus, ja selbst an der Tuberositas ossis meta- tarsalis 5 mit Anschluß an die Mm. peronei nach. Eine ähnliche Insertionsweise wie die letztgenannte kann auch bei Manis vorkom- men. Bei ihm inseriert das Caput breve vermittelst Sehnenfasern, welche sich den Mm. peronei unmittelbar anlegen, an der Lateral- fläche des Calcaneus. Bei einem anderen Edentaten (Oyclothurus) befestigt sich der kurze Bicepskopf an der Fibula unmittelbar pro- ximalwärts von dem Malleolus lateralis (LECHE). Betreffs der variierenden Insertionsweise des M. biceps femoris der höheren Affen am proximälen Teil des Unterschenkels ver- weise ich auf die Arbeit SOMMERsS sowie auf diejenige v. WEST- RIENENS. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 187 M. semitendinosus. Er entspringt gemeinsam mit dem Ca- put longum bieipitis (HEPBURN, SOMMER) und dem M. ischio-femoralis (Pıra) vom Tuber ischiadieum. Er ist kräftig entwickelt (DUVERNoY, MACALISTER, ÜCHAPMAN, BISCHOFF, SOMMER, PırA) und besteht bei meinem Gorilla aus einem 18 cm lan- gen Muskelbauch, der distalwärts in eine Fig.1. etwa 5 cm lange Endsehne übergeht. Er verdient also seinen Namen nicht, da er eine viel kürzere Sehne als beim Men- schen besitzt. Dies Verhalten haben Bı- SCHOFF und SOMMER auch bei ihren Gorillas bemerkt; es soll nach LEcHeE bei allen Primaten Regel sein. Die anfangs nur 0,9 em breite Endsehne wird distal- wärts breiter und teilt sich in zwei gut voneinander getrennte Teile, von denen der eine bis zur Mitte des Unterschenkels zieht, um daselbst in den aponeurotischen Ursprungsteil des Soleus auszustrahlen; der andere Teil inseriert an der Facies me- dialis tibiae, in der Nähe der Crista an- terior. des Knochens in einer Ausdehnung von 1,8 cm (siehe Fig. 1, 5). Das proxi- male Ende dieses Insertionsbezirkes liegt mins und Fibula des Go- 4,5 em distalwärts vom Condylus medialis rilla mit Muskelansätzen tibiae entfernt und die Insertion des Mus- "7 Ansatz (es 1 sur torius; 2 Ansatz des M. gracilis; kels findet am zweiten Viertel des Schien- 3 Ansatz des M. semitendinosus; beins, also relativ weit distal, statt. Die ° Be ee ee ee Lage der Insertion des M. semitendinosus an der Tibia in Beziehung zu den Insertionsbezirken der Mm. gra- eilis et sartorius geht aus der Fig. 1 hervor. Am weitesten ventral inseriert der. M. sartorius, am meisten dorsal der M. semitendinosus, und zwischen ihnen findet die Endsehne des M. graeilis ihren An- satz. Alle drei Insertionen liegen dicht beieinander. Diese Lage der Sehnenansätze kommt dadurch zustande, daß die platte Sehne des M. semitendinosus beim Verlaufe zur Insertionsstelle von der Endsehne des M. gracilis medianwärts bedeckt wird, die ihrerseits wieder von der Insertionssehne des M. sartorius medianwärts über- lagert wird. Diese bei meinem Gorilla vorhandene Insertionsweise der drei Muskeln scheint beim Gorilla die Regel zu sein. So gibt N h 188 Adolf Pira SonMER an, daß die Endsehnen des Graeilis und Semitendinosus sich hintereinander inserieren, und v. WESTRIEnEN, daß der Semi- tendinosus bei der Insertion größtenteils vom Gracilis, dieser fast vollständig vom Sartorius überlagert wird. Auch nach DuvErnoyY und HEPBURN inseriert der Semitendinosus in einer Ebene hinter den Insertionen der Mm. gracilis et sartorius. — Etwa die gleiche Insertionsweise scheint auch beim Orang vorhanden zu sein, da nach v. WESTRIENEn der Semitendinosus Eis, = vom Gracilis, der Graeilis vom Sar- torius, wenn auch nur wenig, über- lagert wird. Beim Schimpanse und Hylobates agılis ist die Endsehne des Gracilis mit derjenigen des Semitendinosus verwachsen. — Beim Menschen ist die gegenseitige Lage der drei Endsehnen an der Tibia eine andere als beim Gorilla, was aus einem Vergleich der Fig. 1 u. 2 hervorgeht. Beim Menschen sind die Sehnen nur auf zwei Ebenen verteilt. In die hintere Ebene ent- fallen die zwei Sehnen der Mm. semi- tendinosus et gracilis; sie liegen in 4 _ proximo-distaler Richtung über- a a mit einander (Fig. 2). Die Sehnen hef- teuorz. 1 Ansatz des M. sartorius; 2An- ten sich beim Menschen auch an satz des M, gracilis; 3 Ansatz des M. semi- u . . tendinosus; 2 Ansatz des M. biceps femoris. der Tibia relativ mehr proximal als beim Gorilla fest, bei welchem u. a. die distale Insertion des M. semitendinosus ein Hindernis der voll- ständigen Extension des Kniegelenkes bildet (siehe S. 172). Außer an der Tibia inseriert der M. semitendinosus bei meinem Gorilla, wie vorher erwähnt, auch am aponeurotischen Ursprungsteil des M. soleus. Dasselbe Verhalten fand Sommer bei seinem Gorilla. DENIKER beschreibt eine Verbindung der Endsehne mit der Fascia eruris, was die Regel beim Menschen zu sein scheint (Quam). Die dem Menschen zukommende Inscriptio tendinea des M. semitendinosus ist zuweilen beim Gorilla vorhanden (MACALISTER); bisweilen fehlt sie (SOMMER, PırA). Beim Schimpanse, Orang und Gibbon kann die Zwischensehne ebenfalls vorkommen (HEPBURN). Ebenso wie beim Gorilla und Menschen ist der M. semitendi- ; 74.38 Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 189 nosus bei der Mehrzahl der Säugetiere eine einfache Bildung, die sich zwischen Becken und Unterschenkel ausspannt. Bei einigen Formen kann er aber in zwei verschieden getrennten Muskeln auf- treten, ein Verhalten, ‚welches unter den Primaten bei Chiromys (LECHE) gefunden worden ist. M. semimembranosus. Er entspringt mit sehr schwacher Sehne aus dem M. praesemimembranosus, mit welchem er proximal bis 5cem distal vom Tuber ischiadieum verwachsen ist. Etwa den- selben Ursprung scheint der Muskel auch bei den von DUVERNOY und SOMMER untersuchten Gorillas gehabt zu haben, da er nach diesen Verfassern vom Ischium gemeinsam mit dem »distalen Ab- schnitt des Adduetor magnus« (siehe S. 190) seinen Ursprung nimmt. Die Endsehne, bei meinem Gorilla 1 cm lang und 0,5 em breit, befestigt sich an der hinteren Fläche des Condylus medialis tibiae (DUvERNOY, HEPBURN, SOMMER, PırA); hierzu können Sehnenstreifen zur Fascia eruris (DENIKER) oder zur tiefen Fascia des Unterschenkels (HEPBURN, PıraA) kommen. Die Endsehne kann auch einige Faser- züge zur Hinterwand der Kniekapsel abgeben (HEPBURN, SOMMER, Pıra). Bei meinem Gorilla strahlen diese Fasern auf der Kapsel- hinterwand in lateral-proximaler Richtung aus, sind aber allzu schwach, um als ein Ligamentum popliteum obliguum im Sinne der menschlichen Anatomie aufgeführt werden zu können. HEPBURN scheint eine Verbindung des M. semimembranosus mit der Kapsel- wand von etwa derselben Stärke, wie ich sie fand, wahrgenommen zu haben. Nach der Beschreibung SomMERs scheint der M. semi- membranosus des Gorilla sich wie beim Menschen festgeheftet zu haben, d. h. er scheint in ein Ligamentum popliteum obliquum über- gegangen zu sein. Das Vorkommen dieses Bandes scheint bei den Anthropomorphen variabel zu sein. FORSTER ist der Meinung, daß dasselbe bei sämt- lichen menschenähnlichen Affen angetroffen werden kann, v. WESTRIE- NEN hingegen fand es bei keinem der Anthropomorphen. Nach HepgBurn findet beim Schimpanse, Orang und Gibbon die Anheftung der Endsehne allein an der Tibia statt. Auch den niederen Affen und den Halbaffen scheint das Ligamentum popliteum obliquum in der Regel zu fehlen. Dies ist nach den Untersuchungen FoRSTERS und v. WESTRIENENs der Fall bei Cercopithecus Campbelli, Macacus rhesus und cynomolgus, Chrysothrix, Cebus, Hapale und unter den Halbaffen bei Lemur und Nyeticebus. Das Ligament ist aber bei Cynocephalus sowie bei Ateles vellerosus nachgewiesen worden. Im 190 Adolf Pira Gegensatz zu dem regelmäßigen Vorhandensein des Ligamentum popliteum obliquum beim Menschen steht also das seltene und wenig konstante Auftreten desselben bei den übrigen Primaten. Ob diese Tatsache einen wichtigen Unterschied zwischen dem Menschen und dessen nächsten Verwandten bildet, ist schwer zu entscheiden, da man die Ursachen des Entstehens des Bandes nicht kennt. Nach FORSTER ist es unabhängig vom M. semimembranosus entstanden und sekundär mit dessen Sehne in Beziehung getreten. v. WESTRIENEN hingegen sieht in der Anheftung der Sehne an der Kapselwand einen ursprünglichen Zustand und deutet die Faserrichtung in der Kapsel als durch die Sehne entstanden. M. praesemimembranosus (Condyloid adduetor, MACALISTER; Isehio-eondyloideus, DENIKER; dritter Abschnitt des M. adduetor magnus, SOMMER). Er ist bei meinem Gorilla ein kräftiger, sehr gut entwickelter Muskel, der vom Ursprung bis zum Ansatz selbständig verläuft. Er entspringt kurzsehnig vom Ramus inferior ossis ischii unmittelbar distal vom Ursprung des M. adduetor magnus (siehe Fig. 3). Der Ursprung erreicht das Tuber ischiadieum nicht, sondern. endet 2 em proximalwärts von diesem. Die Insertion findet durch eine kurze, 2 em breite Sehne am Epieondylus medialis femoris statt. Innervation: Nervus tibialis. Der Muskel war als selbständiger Muskel auch bei do von DUVERNOY, MACALISTER und DENIKER untersuchten Tieren vorhanden, obgleich er mit anderen Namen belegt wurde. DuvErxoy beschreibt ihn als einen vierten Adductor, der vom Ramus descendens ossis ischii zum Epieondylus medialis femoris zog; MACALISTER nennt ihn »Adduetor primus or condyloid Adductor«, und DENIKER spricht wie DuvErnoY von einem vierten Adductor, einem Ischio-condyloideus mit Innervation vom N. tibialis. Bei den von ÜHAPMAN(?), BISCHOFF (?), HEPBURN und SOMMER untersuchten Gorillas war der Muskel nicht als selbständige Bildung vorbanden, sondern mit dem M. adductor magnus-s. str. verwachsen. In dieser Form, d.h. als ein Teil des M. adductor magnus kommt der M. praesemimembranosus auch beim Menschen vor. Wie bekannt, besteht der menschliche M. addndind magnus aus zwei Abschnitten, einem proximalen vom N. obturatorius innervierten und einem distalen, der von einem Ast des N. ischiadieus versorgt wird. Obgleich beide Abschnitte in der Regel sehr innig miteinander verwachsen sind, und die Grenze zwischen denselben nur durch den Hiatus adduetorius markiert wird (vgl. S. 192), so muß man sie doch Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 191 den Innervationsverhältnissen nach als verschiedene, sekundär mit- einander vereinigte Muskeln betrachten. Die Phylogenese des zu- sammengesetzten Muskels ist von LEcHE folgendermaßen erklärt worden. Bei einigen niederen Säugetieren (Tupaia, Macroscelides) ent- springt vom hinteren Beckenrande ein einheitlicher, vom N. ischi- adieus innervierter Muskel, der distalwärts zieht und mit einer sehr breiten Sehne am Epicondylus medialis femoris und an der proximalen Spitze der Crista tibiae inseriert. Aus diesem Muskel sondern sich bei anderen Formen durch Längsteilung zwei Beugemuskeln, M. prae- semimembranosus und M. semimembranosus, welche selbständig als erstgenannter am Oberschenkel, als letztgenannter am Unterschenkel inserieren. Die Trennung beider Muskeln kann einerseits vollständig durchgeführt sein, so daß sie völlig frei voneinander bis zum Tuber ischiadieum verlaufen (einige Insectivoren, Choloepus, Nasua, Homo). Die Muskeln sind anderseits proximal eine Strecke weit miteinander verwachsen (Felis domestica, Dasypus, einige Gorillas). Nach der ' Sonderung tritt der M. praesemimembranosus in nähere Verbindung mit einem Gliede der Adductorgruppe, mit dem M. adductor mag- nus s. str., ohne anfänglich mit ihm zu verschmelzen, was beim Menschen sich vollzieht, wodurch ein von zwei verschiedenen Ner- ven versorgten »M. adductor magnus« entsteht. Kehren wir zu den vorher geschilderten Verhalten beim Gorilla zurück, so finden wir, daß bei einigen Individuen, z. B. bei den von HEPBURN und SOMMER untersuchten, die höhere, menschliche Be- ziehung des M. praesemimembranosus zum M. adduetor magnus s. str, d.h. die Verwachsung der beiden Muskeln vorliegt, daß bei anderen Gorillas hingegen, bei den von DuvErxoy, MACALISTER, DENIKER und mir untersuchten, beide Muskeln auf einer primi- tiven Stufe stehen geblieben sind, indem sie vollständig voneinander getrennt sind. Bezüglich der Beziehungen der Mm. praesemimem- branosus et semimembranosus zueinander stehen die von DUuvEr- NOY, SOMMER und mir untersuchten Gorillas auf einer relativ pri- mitiven Entwieklungsstufe, da beide Muskeln proximal eine Strecke weit noch miteinander verwachsen sind. Unter den anderen menschenähnlichen Affen scheint beim Orang der M. praesemimembranosus mit dem M. adductor magnus ver- wachsen zu sein. Beim Schimpanse tritt der vom N. ischiadieus innervierte M. praesemimembranosus zwar in engere Beziehung mit dem vom N. obturatorius versorgten M. adduetor magnus, wobei jede 192 Adolf Pira Partie sich aber distinkt erhält (Lecaz). — Bei den Hylobatidae ist der M. praesemimembranosus auch gut gesondert; bei H. agelis und syndactylus ist er frei, bei H. leueiseus hingegen mit einem Adduetor zur Bildung eines M. adduetor magnus im Sinne der Anatomie des Menschen verwachsen. — Bei einigen von BIscHOFF untersuchten niederen Affen scheint der M. praesemimembranosus zwar gesondert, aber mit dem Adduetor nicht verwachsen gewesen zu sein. Insehrredu- ziertem Zustande liegt beim Hapale die fragliche Muskulatur vor, da die Mm. semimembranosus et semitendinosus durch einen dünnen Muskel repräsentiert werden, welcher sich mit dem M. graeilis ver- einigt. Beim Menschen kann nach QuAın der M. semimembranosus mit dem »M. adductor magnus« verwachsen sein, oder der Epicondyloid- teil des »M. adduetor magnus« kann frei vorliegen. Beide Erschei- nungen sind als Rückschläge zu verstehen: im ersteren Falle sind die Mm. semimembranosus et praesemimembranosus nicht voneinander getrennt (primitives, Tupaia-Stadium), der M. praesemimembranosus- Teil der primitiven Muskelmasse ist dessenungeachtet mit dem M. adduetor magnus s. str. verwachsen (vorgerücktes Stadium); im letzteren Falle sind die Mm. praesemimembranosus et semimembra- nosus aus der primitiven Muskelmasse zwar entwickelt, ersterer aber noch nieht mit dem M. adductor magnus s. str. verwachsen (Affen- stadium). Man scheint mitunter der Meinung zu sein, daß der Hiatus ad- ducetorius, d. h. die Spalte, durch welche die Vasa femoralia zur Hinterfläche des Oberschenkels ziehen, die Grenze zwischen M. adduc- tor magnus s. str. und M. praesemimembranosus bilde. Bei meinem Gorilla durchsetzen die Gefäße, von Muskelfasern umgeben, den M. praesemimembranosus. Eine schwache, aber deutlich abgesetzte Partie dieses Muskels bildet anstatt des M. adductor magnus s. str. auch die proximale Begrenzung des »Hiatus adductorius«, der also hier seinen Namen nicht verdient. Um die wechselnde Lage der Öffnung für die Vasa femoralia zu beleuchten, zitiere ich folgendes aus der Abhandlung ZucKERKANDLS über Chiromys. »Ein Adductor- schlitz findet sich ebensowenig als bei vielen anderen Tieren. Die Schenkelgefäße passieren an der Grenze zwischen Beuge- und Streckseite einen breiten, von den Mm. adductor magnus und semi- membranus begrenzten Spalt. — Ich selbst habe beobachtet, daß auch die Perforation des Adductor magnus durch die Schenkelgefäße vorkommt. Beim Igel, welcher einen kräftig entwickelten M. prae- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 193 semimembranosus führt, passieren die Schenkelgefäße nicht zwischen diesem Muskel und dem Adductor magnus; sondern sie durchsetzen die Randportion des großen Zuziehers«, wonach der Hiatus eine andere Lage annimmt als bei meinem Gorilla unter sonst gleichen Verhältnissen. B. Die vorderen Muskeln des Oberschenkels. M. sartorius. Er entspringt zwischen dem M. ilio-psoas und dem M. seansorius mit kurzer und schwacher Sehne von dem auf S. 168 erwähnten Fascienblatt, das sich zwischen den Spinae iliacae anteriores superior et inferior ausspannt. Der Muskel erreicht nicht die Spina superior; sein Ursprung liegt 5,5 em (längs des Liga- mentum inguinale gemessen) median-distalwärts von ihr. Etwa der- selbe Ursprung scheint auch bei dem von HErBURN untersuchten Gorilla bestanden zu haben. Beim Gorilla SommErs entsprang der Muskel auch vom erwähnten Fascienblatt; hierzu kam noch ein Ursprung von der Spina iliaca anterior superior. Nach DUvERNOY, MACALISTER und CHAPMAN entspringt der Muskel wie beim Men- schen von der Spina iliaca anterior superior. An der rechten Ex- tremität des von CHAPMAN untersuchten Gorilla entsprang der M. sartorius nach KeLLy vom Os ilei, und zwar vom Anfange des inittleren Drittels der Strecke zwischen der Spina iliaca anterior superior und der Symphysis pubis. Der Muskel erhielt ein acces- sorisches Muskelbündel etwa vom mittleren Teil des Femur. In der Regel scheint also der M. sartorius beim Gorilla von der Spina iliaca anterior superior zu entspringen; nur zuweilen (KELLY, HEPBURN, PıRA) ist der Ursprung beträchtlich median-distal- wärts verschoben. Eine derartige Verschiebung kommt auch bei an- deren Affen und bisweilen beim Menschen vor. So erhält der Mus- kel beim Menschen nicht selten Ursprungsbündel vom Ligamentum inguinale oder accessorische Ursprünge von der Linea ilio-pectinea oder vom Os pubis in der Nähe der Symphyse (QuaAın). Der Ursprung scheint bei den Säugetieren überhaupt ziemlich großen Variationen unterworfen zu sein. Nach LecHz kann man hauptsächlich zwei Modifikationen des Ursprunges unterscheiden: 1) er befindet sich am vorderen Schambeinteile in der Nähe des Processus ilio-peetineus (Monotremata, Insectivora) oder er liegt 2) an der vorderen Iliumpartie (Marsupialia, Prosimiae, Simiae). Bei an- deren Säugetierordnungen kann der Muskel nicht nur von den er- 194 Adolf Pira wähnten Stellen, sondern auch von allen zwischen ihnen gelegenen Punkten entspringen (LECHE). Der Sartorius inseriert bei meinem Gorilla in einer Ausdehnung von 4 cm sehnig an der Facies medialis tibiae, dicht an der Crista anterior; das proximale Ende des Ansatzes ist 4,5 cm vom Condylus medialis tibiae entfernt. (Näheres über die Insertionsweise siehe S. 187 und Fig. 1.) Die Anheftung findet relativ weit distal statt, ein Verhalten, das KELLY und DENIKER auch beobachtet haben. An der Facies medialis tibiae (HEPBURN, SOMMER, PıRrA) oder eben- so wie beim Menschen an der Tuberositas tibiae (DUVERNOY, MAcA- LISTER, CHAPMAN) ist beim Gorilla der Ansatz gefunden worden. Meistens ist der Muskel eine schwache Bildung (DuvErxoY, BiscHoFF, SOMMER, PırA); beim Gorillafötus scheint er jedoch kräftig entwickelt zu sein (DENIKER 1. c. Pl. XXVII, Fig. 1 u. 5). M. quadriceps femoris. Er zeigt im großen und ganzen dieselbe Anordnung wie beim Menschen, d.h. er besteht aus dem Rectus femoris und den drei Vasti, die in eine gemeinsame Sehne mit Insertion an der Patella bzw. an der Tuberositas tibiae enden (DUVERNOY, MACALISTER, CHAPMAN, BISCHOFF, HEPBURN, SOMMER, Pıra). DENIKER beschreibt nur drei Elemente des Muskels: Rectus, Vastus lateralis und medialis. Ein M. artieularis genu (suberureus, subfemoralis) ist von HEPBURN und v. WESTRIENEN gefunden worden. Der Rectus femoris kann mit zwei Sehnen an der Spina iliaca an- terior inferior und oberhalb des Acetabulum entspringen (MAcA- LISTER, PırA). Zuweilen kommt nur eine Ursprungssehne vor, welche entweder von der Spina iliaca anterior inferior (SOMMER) oder von einem Sehnenbogen oberhalb des Acetabulum (HEPBURN) ausgeht. Diese letztere einmal gefundene Ursprungsweise ist beachtenswert, da hier ein primitives, embryonales Verhalten bestehen geblieben ist. Beim Gorilla SomMERs hingegen liegt eine vorgerückte, sekun- däre Ursprungsweise vor, was aus folgenden von WILLIAMS fest- gestellten Tatsachen hervorgeht. Beim Menschen entspringt der M. rectus femoris in der Regel zweiköpfig, von der Spina jliaca anterior inferior und oberhalb des Acetabulum. WırLıams hat nun gezeigt, daß der Reetus femoris während der Ontogenese anfangs nur einen einzigen Kopf, nämlich denjenigen, der vom oberen Rande der Hüftgelenkpfanne entspringt, besitzt. Erst sekundär tritt der Muskel zum Darmbeinrande in Be- ziehung; beim Neugeborenen ist der vordere Kopf noch sehr un- bedeutend. Im postembryonalen Leben gewinnt der neu erworbene, Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 195 bindegewebige Zusammenhang mit dem Os ilei mehr und mehr an Mächtigkeit; es kann die daraus entstehende Ursprungssehne den acetabularen Anteil an Stärke bedeutend übertreffen (FORSTER). Es ist eigentümlich, daß, wenn der M. rectus femoris beim Menschen ausnahmsweise nur eine Ursprungssehne besitzt, die acetabulare Sehne, also die primäre, fehlt, daß also die sekundäre von der Spina iliaca anterior inferior allein besteht. Dieses Entwicklungs- stadium war beim Gorilla SoMMERs vorhanden. Die Ursprungsweise des M. rectus femoris wechselt innerhalb der Säugetiere derart, daß bisweilen zwei, bisweilen nur eine Ur- sprungssehne ausgebildet ist. Bei den von MurıE und MIvART unter- suchten Halbaffen entsprang der Muskel ebenso wie in der Regel beim Menschen, also mit zwei Sehnen. Bei Cynocephalus, Hylobates, mahchmal beim Schimpanse und bei einem Teil der niederen Säuge- tiere kommt aber nur eine Ursprungssehne vor, wie es scheint, diejenige von der Spina iliaca inferior. Die Insertion des M. rectus femoris gleicht ebenso wie der Ursprung und die Insertion der Mm. vastus lateralis, intermedius et medialis bei meinem Gorilla in der Hauptsache dem Verhalten, wie es Quaın für den Menschen beschreibt. Übrigens ist der M. quadriceps femoris in der ganzen Säugetierreihe, einige kleinere Mo- difikationen ausgenommen, von sehr gleichartigem Bau (LEcHE). C. Die inneren Muskeln des Oberschenkels. M. gracilis. Er entspringt vom Os pubis nahe der Symphysis pubis, mit dieser parallel und in der ganzen Ausdehnung derselben vom Tubereulum bis zum Arcus pubis (SOMMER, PIRA, siehe Fig. 3). Beim Gorilla HEPBURNSs erstreckte sich der Ursprung außerdem eine Strecke weit längs des Ramus superior und des Ramus inferior ossis pubis. Die Insertion findet an der Facies medialis tibiae, dorsalwärts von der Insertion des Sartorius relativ weit distalwärts statt. (Du- VERNOY, SOMMER, PIRA; näheres über die Insertionsweise siehe S. 187 und Fig. 1). Bei meinem Gorilla lag das distale Ende des 2,5 em langen Insertionsbezirkes 4,5 cm distalwärts vom Condylus medialis tibiae entfernt. Noch weiter distalwärts wirkt der Muskel durch seine bisweilen vorhandene Ausstrahlung in die Fasecia eruris (DENIKER, HEPBURN) oder in den aponeurotischen Ursprungsteil des Soleus (Sommer). — Der Muskel ist kräftig entwickelt (DUvERNOY, BISCHOFF, HEPBURN, SOMMER, PIRA). 196 Adolf Pira Der M. graeilis des Gorilla ist relativ länger als beim Menschen, da der Ursprung sich weiter eranial, die Insertion sich weiter distal auf den Unterschenkel erstreckt. Beim Menschen umfaßt der Ur- sprung neben dem ganzen Ramus inferior ossis pubis nur die caudale Hälfte der Symphyse, und die Insertion an der Tibia liegt beträcht- lich weiter proximal als beim Gorilla (siehe Fig. 1 und 2). Noch weiter eranialwärts als beim Gorilla erstreckt sich der M. gracilis bei einigen niederen Säugetieren; bei Ornzthorhynchus, Echidna, Myrmeeobius und Phascolarctos entspringt er nicht nur von der Sym- physis pubis, sondern auch von den Ossa marsupialia. Bei Chryso- chloris erstreckt sich der Ursprung auf die Linea alba, und bei Bradypus und Choloepus ist der Muskel stellenweise mit dem M. obliquus abdominis externus vereinigt (LECHE). Eine Ursprungsweise, derjenigen gleich, die HEPBURN beim Gorilla beobachtete, haben MurıE und Mivarr auch bei Prosimiae gefunden; der Ursprung nahm nicht nur die ganze Symphysis pubis ein, sondern erstreckte sich auch längs der angrenzenden Teile des Ramus superior sowie des Ramus inferior ossis pubis. Für einige Säugetiere hat LECHE einen M. gracilis accesso- rius beschrieben; eine derartige Bildung kommt meinem Gorilla nicht zu. M. pectineus s. str. * Er kommt bei meinem Gorilla nur an der rechten Extremität vor, ist aber daselbst mit dem M. obturator intermedius verwachsen. An der linken Extremität fehlt er gänzlich, ist aber durch den M. obturator intermedius vertreten (siehe S. 182ff.). Ein echter, vom N. femoralis innervierter Muskel war bei den von HEPBURN und SOMMER untersuchten Gorillas vorhanden; er ent- sprang längs des Pecten ossis pubis von der Eminentia ilio-peetinea aus medianwärts eine Strecke weit gegen das Tubereulum pubi- cum hin; HEPrBURN beschreibt den Muskel als sehr dünn. Ein ein- facher M. peetineus ist auch von BiscHoFrF und DENIKER beschrieben worden. DuveErnoy hingegen fand einen aus zwei Teilen be- stehenden Muskel, dessen Ursprung sich längs des Ramus superior ossis pubis bis zur Symphyse erstreckte, und dessen Insertion am Femur distal vom Trochanter minor lag. Die drei Autoren machen über die Innervation des Muskels keine Angaben, so daß die Natur des Muskels nicht aufgeklärt ist. Die Angabe Cuarmans, daß der Pectineus des Gorilla sich betreffs des Ursprungs und des Ansatzes wie beim Menschen verhalte, ist ziemlich wertlos. Ein doppelter M. pectineus wie beim Gorilla nach DuvErNoY ist Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 197 beim Schimpanse und beim Cercopithecus gefunden worden. Der Muskel fehlt nach BiıscHorr (zit. LECHE) beim Hapale. Der Verlauf des M. pectineus vom Ramus superior ossis pubis zum proximalen Teil des Oberschenkels, wie er beim Gorilla und beim Menschen vorliegt, scheint die Regel bei den Säugetieren zu sein. Nur bei einigen niederen Säugetieren ist der Muskel.relativ länger: bei den Marsupialia kann er von den Beutelknochen ent- Fig. 3. 7 Distaler Teil der rechten Beckenhälfte des Gorilla mit Muskelursprüngen (von vorn). 1 Ursprung des M. pectineus, bzw. des M. obturator intermedius; 2 Ursprung des M. adductor lon- gus; 3 Ursprung des M, gracilis; 2 Ursprung des M, adductor brevis; 5 Ursprung des M. adductor brevis; 6 Ursprung des M. adductor minimus; 7 Ursprung des M.adductor magnus s. str.; 8 Eminentia ilio-peetinea; 9 Tuber ischiadieum; 20 Symphysis pubis. springen, und bei Erinaceus, Chrysochloris und Bradypus erstreckt sich die Anheftung bis auf die distale Hälfte des Femurs hinab. Mm. adductor longus, brevis, minimus et magnus s. str. Ich behandle sie hier zusammen, obgleich sie im Ursprung und von ihm aus noch ziemlich weit distalwärts voneinander deutlich getrennt sind, da sie aber an der Insertion zu einer gemeinsamen Masse zu- sammenfließen. M. adduetor longus. Er entspringt vom Peeten ossis pubis in einer Ausdehnung von 2,5 em zwischen dem lateralen M. peecti- neus, bzw. dem M. obturator intermedius, und dem medialen Tuber- eulum pubicum (Fig. 3,2). Der M. adduetor brevis entspringt mit 198 Adolf Pira zwei Portionen, die teilweise einander decken, mit einer lateralen- cranialen größeren und einer medialen-caudalen kleineren. Erstere (Fig. 3, 5) entspringt in einem 5 em langen Bogen vom Ramus superior ossis pubis bis zum Mittelpunkte der Symphysis pubis hinab; die andere Portion (Fig. 3, £) entspringt unmittelbar lateral vom Ursprung des M. gracilis und mit ihm parallel nahe der Symphysis pubis. Der Adduetor minimus entspringt vom Ramus inferior ossis pubis, von der Mitte der Symphysis pubis aus bogenförmig eaudalwärts in einer Ausdehnung von 2,5 em (Fig. 3,6). Der Adductor magnus 8. str. entspringt bogenförmig in einer Ausdehnung von 5,5 cm vom Ramus inferior ossis pubis und vom Ramus inferior ossis ischii; der Ur- sprung erreicht das Tuber ischiadieum nicht (Fig. 3, 7). Von diesen Ursprungsfeldern aus ziehen die Adductoren lateral- distalwärts in vier hintereinander liegenden Schichten; in der ersten, ventralen, oberflächlichen Schicht liegt*der Adductor longus zu- sammen mit dem M. pectineus und dem M. gracilis; die zweite Schicht bildet die mediale-caudale Portion des Adductor brevis; die dritte Schicht bilden die lateral-eraniale Portion dieses Muskels und der Adduetor minimus, der bald mit dem Muskel der vierten Schicht, dem Adductor magnus, verschmilzt. Wie vorher erwähnt, fließen die Adductoren bei meinem Gorilla gegen die Insertion hin zu einer Masse zusammen; diese befestigt sich kurzsehnig in einer Ausdehnung von 6 cm am Labium mediale lineae asperae femoris. Der Ansatz bleibt distalwärts 6 em vom Epicondylus medialis femoris entfernt. Ein etwa 1,5 cm breites, dünnes Muskelbündel zieht aus dem dorsalen Teil der gemeinsamen Masse, der dorsalen Fläche des Femur dicht angelagert, bis zum Planum popliteum hinab, wo es sich befestigt. Dieser Beschreibung des Tatbestandes bei meinem Gorilla folge eine Zusammenfassung der Verhältnisse bei den Gorillas früherer Autoren. Ich sehe dabei vom vorher (S. 190 folg.) behandelten M. praesemimembranosus ab, der ja in der Literatur oft zusammen mit den Adduetoren als eine distale Portion des Adductor magnus behandelt worden ist, obgleich er der Innervation nach der Gruppe nicht zugehört. DuvErnoy beschreibt drei Adducetoren, von welchen einer vom Ramus superior ossis pubis (= M. adduetor longus?), ein anderer sehr starker von der Symphysis pubis (= M. adductor brevis?) und ein dritter ebenfalls starker vom Ramus inferior ossis ischii (= M. adductor magnus s. str.?) entspringt. Die drei Muskeln inserierten zusammen in ziemlich großer Ausdehnung längs des distalen Teiles Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 199 der Linea aspera femoris. — Ein M. adductor longus ist von MAc- ALISTER, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN und SOMMER erwähnt. Er entspringt vom Pecten ossis pubis, lateral vom Tubereulum pubicum; die Insertion findet an der Linea aspera statt, entweder am Mittel- stücke des Femur (HEPBURN) oder mehr distalwärts bis in die Nähe (2 cm) des Epicondylus medialis femoris (SomMmEr). — Ein M. ad- ductor brevis ist von MACALISTER, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN und SOMMER beschrieben worden. Er entspringt vom Os pubis, der Sym- physis parallel (DEnIıKkErR, HEPBURN) oder in einem Bogen längs der Rami superior et inferior ossis pubis bis zum Arcus pubis hinab (SOMMER). Er inseriert an der Linea aspera femoris. Die Anheftung kann proximal sowie distalwärts eine größere Ausdehnung als die- jenige des Adductor longus besitzen (HEPBURN). Bisweilen ist der Muskel in zwei Partien geteilt (BiscHoFF, SOMMER), bisweilen mit dem Adduetor magnus verschmolzen (MAcALısTER). — Ein M. ad- ductor minimus ist von DENIKER, HEPBURN und SOMMER gefunden worden. Beim Gorilla SomMmErs scheint der Muskel (»M. adductor magnus a«) etwa denselben Ursprung wie bei meinem Exemplare (siehe Fig. 3) gehabt zu haben. Bei den Gorillas DENIKERS und HEPBURNsS scheint der Ursprung sich etwas mehr caudalwärts (DENIKER) beziehentlich eranialwärts (HEPBURN) erstreckt zu haben. Der Muskel inseriert am Femur dorsalwärts von der Anheftung des M. pectineus (HEPBURN, SOMMER). — Ein M. adductor magnus ist von MACALISTER, BISCHOFF, HEPBURN und SOMMER erwähnt worden. Er entspringt vom Ramus inferior ossis pubis und vom Ramus inferior ossis ischii (SOMMER). Die Insertion am Femur kann sich verschieden weit distalwärts erstrecken, bisweilen fast bis zum distalen Ende des Knochens (SOMMER). Die Anzahl der Adduetoren wechselt bei den Säugetieren ziem- lich stark. Sehen wir von den als Adductoren wirkenden Mm. pec- tineus, obturator intermedius, gracilis, praesemimembranosus u. a. ab und richten unsere Aufmerksamkeit nur auf die mit dem Namen eines Adductor bezeichneten Muskeln, so finden wir die größte Anzahl, nämlich vier, unter den niederen ‚Säugetieren bei einigen Nagern (Erethizon, Capromys), die kleinste Anzahl dagegen bei einigen Edentata und Chiroptera, bei welchen nur eine einheitliche Adduc- tormasse vorliegt (LecHe). Für die Primaten werden gewöhnlich drei Adductoren beschrieben; dabei ist aber der Adductor minimus zum Adduetur magnus gezählt und der Adductor brevis trotz häufiger Zweiteilung als ein Muskel behandelt worden. Eine Ausnahme von Morpholog, Jahrbuch. 48. 14 200 Adolf Pira der Dreizahl der Adduetoren bei den Primaten findet sich bei Tarsius, bei welchem nur zwei Adductoren vorhanden sind. Nur zwei Ad- ductoren kommen bisweilen auch beim Menschen vor, was dadurch hervorgerufen wird, daß Addactor brevis oder A. longus mit dem Adductor magnus verschmolzen ist (Testur). Sonst kommen dem Menschen drei im ganzen Verlauf voneinander deutlich abgesetzte Adductoren zu. Ursprünglich dürfte wohl nur eine Adductormasse vorhanden gewesen sein, aus welcher sich die verschiedenen Glieder ge- sondert haben. Gut abgesetzte Adductoren dürften also eine höhere Organisationsstufe als die mehr oder weniger verschmolzenen Muskeln bezeichnen. Unter den Säugetieren scheint das Hervortreten der verschiedenen Adductoren ziemlich regellos sich zu vollziehen und mit anderen Organisationsverbesserungen nicht Schritt zu halten; denn bei sonst niedrig organisierten Formen können viel besser ent- faltete Adduetoren als bei im übrigen höher organisierten vor- handen sein. 3. Muskeln des Unterschenkels. A. Die vorderen Muskeln des Unterschenkels. M. tibialis anterior. Er entspringt bei meinem Gorilla wie beim Menschen nach der Beschreibung QuAıns. Etwa 6,5 cm proxi- mal von dem Malleolus medialis teilt sich der Muskelbauch in zwei Portionen, in eine mediale und eine laterale. Die mediale Portion ist etwa doppelt so kräftig wie die laterale; eine jede geht in eine Sehne über. Die Endsehne der medialen Portion inseriert an der Plantarfläche des Entocuneiforme, diejenige der lateralen Portion an der Basis ossis metatarsalis 1. Diese doppelte Insertionsweise scheint beim Gorilla Regel zu sein (DUVERNOY, MACALISTER, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER); sie setzt ihrerseits eine mehr oder weniger vollständig durchgeführte Teilung des Muskels voraus. Im allgemeinen betrifft die Teilung nur die Sehne (DUVERNOY!, BISCHOFF, DENIKER, SOMMER), kann sich aber auch eine längere oder kürzere Strecke weit auf den Muskelbauch erstrecken (MACALISTER, HEPBURN, PıraA). In den Fällen mit einem Unterschied in der Stärke beider Sehnen, bzw. beider Muskelbäuche, stand das kräftigere Segment immer zum Entocuneiforme in Beziehung (MACALISTER, SOMMER, PIRA), ı Den Teil des M. tibialis anterior, der seine Insertion am Metatarsale 1 findet, nennt DUvVERNoY M. abductor hallucis longus. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 201 ein Verhalten, das als ein relativ primitives zu betrachten ist (siehe unten). Eine Zweiteilung des M. tibialis anterior ist unter den Primaten eine häufig vorkommende, wenn auch nicht konstante Erscheinung, die jedoch selbst innerhalb einer und derselben Art individuelle Variationen betreffs der Vollständigkeit der Aufteilung zeigen kann. Bisweilen ist der Muskel bis zum Ursprung geteilt, bisweilen ist nur der distale Teil des Muskels oder nur die Sehne von der Teilung betroffen; bisweilen liegt der Muskel als einheitliche Bildung vor. Unter den menschenähnlichen Affen scheint die Zweiteilung des M. tibialis anterior beim Sehimpanse in der Regel vollständiger durch- geführt zu sein als beim Gorilla, da von 19 Schimpansen 16 eine Teilung nieht nur der Sehne, sondern auch des Muskelbauches zeigten (KEıt#H), ein Verhalten, das nur bei 3 von 9 Gorillas vor- handen war. Auch beim Orang soll die Teilung oft nur die Sehne betreffen (Sommer). KeırH ist der Meinung, daß der mehr ein- heitliche M. tibialis anterior nebst der Entwicklung der Waden- muskulatur und des Calcaneus den Gorilla fähiger zum plantigraden Gehen macht. Beim Menschen besitzt der Muskel zwar eine doppelte Insertion an dem Entoeuneiforme und dem Metatarsale 1, besteht sonst aber fast ausnahmslos aus einer einfachen Sehne und einem ein- fachen Muskelbauch. In dieser Hinsicht steht der Mensch auf einer weniger hohen Stufe als manche Primaten, was aus folgenden Tat- sachen hervorgeht. Nach den Untersuchungen RısBınGs besitzt der M. tibialis anterior ursprünglich nur eine tarsale Insertion, und zwar diejenige am Ento- cuneiforme. Ein solches Verhalten ist bei den Monotremata und den Marsupialia vorhanden sowie bei einigen Halbaffen, bei den Indri- sinae, bei Zepilemur und Tarsius. Erst sekundär hat die metatarsale Insertion sieh entwickelt; anfangs schwach, kann diese sekundäre Insertion, z. B. bei mehreren Carnivora, sich zu der kräftigeren ent- wiekeln, kann sogar bei einigen Formen, z. B. bei Erinaceus, Gym- nura, Potamogale und Chrysochloris, als die einzig bestehende Inser- tion auftreten. Im letztgenannten Fall finden wir also noch ein Bei- spiel des Verdrängens einer älteren Sehnenbildung durch eine jüngere, ähnlich wie wir es auf S. 194f. für die Ursprungssehnen des M. reetus femoris ausgeführt haben. Bei den meisten Säugetieren hat der M. tibialis anterior eine doppelte Insertion: er inseriert so- wohl am Entocuneiforme als auch am Metatarsale 1. Nach RıBBInG ist es wahrscheinlich, daß diese doppelte Insertion des Muskels zu 14* 202 Adolf Pira der oft bei den Primaten vorhandenen Zweiteilung des Tibialis anterior geführt. hat. M. extensor hallueis longis. Er entspringt als nicht be- sonders kräftiger Muskel vom Mittelstück der Fibula und von der Membrana interossea, wo er 5,5 em vom Malleolus medialis entfernt bleibt. Beim Gorilla MAcALISTERs lag der Ursprung ebenfalls am Mittelstück der Fibula. DENIKER hingegen fand den Ursprung am proximalen Dritteil des Knochens. Der Muskel bleibt weit distal- wärts fleischig und geht erst 1 cm proximal von der Basis ossis metatarsalis 1 in die Endsehne über. Diese inseriert an der Basis der Endphalanx der großen Zehe (DuvErnoy, PırA) oder geht in die Dorsalaponeurose derselben über (SOMMER); sie hat weder zu dem Metatarso-phalangeal-Gelenk noch zu der Grundphalange Beziehungen, was nach QuAın beim Menschen der Fall ist. Die Endsehne verläuft zwar über die Teile des Metatarsale 1 und der Grundphalange, die man Dorsum nennt, da aber das Metatarsale 1 an dem Metatarso-ento- cuneiforme-Gelenk beim Gorilla so gedreht ist, daß das Dorsum des Knochens medianwärts gerichtet ist, so verläuft die Sehne längs des medialen Fußrandes, wodurch der Muskel nicht nur als Extensor, sondern auch als Abduetor der großen Zehe wirken kann. Auf dies Verhalten haben DUvERNOY, BISCHOFF und HEPBURN vorher für die Anthropomorphen und niederen Affen aufmerksam gemacht. Auch bei den Halbaffen wirkt der Muskel als besonders kräftiger Abduetor (MurRıE und Miıvarr). Obgleich die große Zehe des Gorilla sehr beweglich und kräftig entwickelt ist, besonders im Vergleich mit dem sehr reduzierten Daumen, so ist der M. extensor hallueis longus doch nicht sehr stark entwickelt weder bei meinem, noch bei Sommers Gorilla. Nach MACALISTER ist der Muskel viel stärker als beim Schimpanse. Beim Menschen, bei den Affen, mit Ausnahme von Hapale, und bei den Halbaffen, mit Ausnahme des Lemur zanthomystax, scheint er im Vergleich zum entsprechenden Muskel der übrigen Säugetiere relativ stark zu sein. Nach Rızsine ist die Ausbildung des Muskels bei den Säugetieren der Ausbildung des Hallux proportional, was aber nicht so zu verstehen ist, daß der Muskel den Formen mit rudimen- tärer großer Zehe oder ohne dieselbe immer gänzlich fehlt. Der Muskel ist persistenter als der Hallux. Der Extensor hallueis longus fehlt zwar bei den des Hallux entbehrenden Formen, wie Thylacınus, Proteles, Hyanidae und Canidae; er kommt aber bei den Felidae und einigen Glires mit fehlendem, bzw. reduziertem Hallux vor. Bei Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 203 solchen Formen kann der Muskel an der Extensorsehne der Zehe 2 oder an der Zehe 2 selbst inserieren (RIBBING). M. extensor digitorum pedis longus. Er entspringt beim Gorilla wie beim Menschen (HEPBURN, SOMMER, PIrRA); der Fibular- ursprung kann fehlen (DENIKER). 3 cm proximal vom Ligamentum cruciatum ceruris geht aus dem einheitlichen Muskel medial eine Sehne hervor, die durch ein im Ligamentum eruciatum sehr kräftig entwickeltes Ligamentum fundiforme an die Fußbeuge gebunden wird. Die Endsehne des Muskels gibt Sehnen zu den Dorsalaponeurosen der vier lateralen Zehen ab (DUvERNoY, MACALISTER, ÜHAPMAN (?), BISCHOFF (?), DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PıRA), wobei die Sehne am Ligamentum eruciatum in drei Teile zerfällt, einen lateralen Teil für die Zehe 5, einen mittleren für die Zehe 4 und einen medialen, der sich am Fußrücken in die Sehnen für die Zehen 3 und 2 spaltet (DUVERNOY, DENIKER, SOMMER, PıRA). Die Sehne für die Zehe 5 kann ein Bündel auch zum Os metatarsale 5 abgeben (SOMMER; siehe M. peroneus tertius). Zwischen den Sehnen für die Zehen 3 und 4 liegt bei meinem Gorilla auf dem Fußrücken, 2,5 em von dem Liga- mentum fundiforme entfernt, eine Anastomose, eine Juncetura ten- dinum vor. p Die bei meinem Gorilla vorhandene Bildung eines einheitlichen M. extensor digitorum pedis longus, welcher erst in der Sehnen- partie einer Aufteilung unterworfen ist, ist auch von SOMMER ge- funden worden. Sie scheint bei den Anthropomorphen wie beim Menschen Regel zu sein. Nach Rızgıns ist dagegen schon der Muskelbauch sowohl bei den niederen Affen als auch bei den Halb- affen oft etwas gespalten. Bei den Affen der Alten Welt, Macacus, Inuus, Cercocebus und COynocephalus, ist diese Spaltung bei weiten nieht so vollständig durchgeführt wie bei den Affen der Neuen Welt. Bei diesen, z. B. bei Cebus und Hapale, kann die Spaltung zu einer Aufteilung des Muskels in zwei voneinander relativ selbständige Portionen führen. In dieser Hinsicht stimmen letztgenannte Affen mit den Halbaffen, Tarsius, Chiromys, Lemur varius, Lemur zantho- mystax, Indrisinae u. a. überein, da bei ihnen ein in zwei Portionen bisweilen fast vollständig gespaltener M. extensor digitorum longus vorhanden ist. Am Fußrücken verschmelzen die Sehnen oft mit- einander, um sich später wieder zu trennen. Bei meinem Gorilla bestand eine Junetura tendinum zwischen den Sehnen für die Zehen 3 und 4; beim Orang hat HEPBURN eben- falls Querverbindungen zwischen den Sehnen am Fußrücken gefunden. 204 Adolf Pira Diese Juneturae tendinum sind ebenso wie die entsprechenden Bil- dungen am Handrücken als Reste einer ursprünglich einheitlichen Sehnenausbreitung über den Fußrücken zu deuten. Ein solches ein- heitliches Sehnenblatt hat SırEnA (zit. SOMMER) einmal bei Mycetes gefunden. Auch beim Menschen soll nach Testur eine Vereinigung der Sehnen zu einer dreieckigen Membran zustande kommen können. Jedenfalls scheinen Juncturae tendinum an dem Fußrücken seltenere Erscheinungen als an dem Handrücken zu sein. M. peronaeus tertius. Er fehlt fast ausnahmslos dem Gorilla. Wenigstens war keine Spur des Muskels bei den von MACALISTER, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, SYMING’TON, HEPBURN und mir unter- suchten Exemplaren vorhanden. Er dürfte, da DuvErnoy weder im Text noch an den Figuren den Muskel aufnimmt, wohl auch in diesem Falle gefehlt haben. Im Gegensatz hierzu steht die Angabe SomMERs, daß der M. peronaeus tertius, zwar nur durch eine Sehnen- bildung repräsentiert, vorhanden war. SOMMER schildert die Sach- lage folgendermaßen: Die laterale Portion der Endsehne des M. extensor digitorum longus »ist die stärkste von allen und teilt sich in zwei Sehnenbündel, die distalwärts zwar stark divergieren, jedoch durch eine derbe, rasch breiter werdende Membran verbunden sind. Das eine Bündel geht zur Dorsalaponeurose der 5. Zehe, während das andere an der lateralen Seite der Basis des Os metatarsale 5 und der Membran an der lateralen Seite dieses Knochens von der Basis bis zum Köpfchen sich festsetzt (Sehne des Peroneus tertius)«. Mir scheint es nicht notwendig, diese Sehnenanordnung als einen Teil eines M. peronaeus tertius zu deuten, denn beim Menschen kann gleichzeitig mit dem Vorhandensein eines ausgebildeten M. peronaeus tertius die Sehne für die Zehe 5 ebenso wie die Sehne für die Zehe 2 bisweilen doppelt sein und außerdem ein besonderes Bündel zu den entsprechenden Metatarsalknochen abgeben. Das Fehlen des M. peronaeus tertius ist unter den Säugetieren eine allgemeine Erscheinung. Qua ist sogar der Meinung, daß der Muskel eine für den Menschen eigenartige Bildung sei; aber auch bei ihm ist der Muskel nicht konstant. Sein Fehlen ist keineswegs selten: »il n’est peut-&tre pas un anatomiste qui n’ait eu l’occasion de noter cette absence«, sagt Tesrur. Über die Bedeutung des Muskels für das plantigrade Gehen des Menschen spricht sich Her- BURN folgendermaßen aus: »By its action the outer border of the foot is prevented from coming in contact with the ground before the inner border. In other words, when the heel touches the ground in Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 205 the act of walking, the front part of the foot is steadied by the tibialis anticus and peroneus tertius muscles, and so we are enable to apply the flat sole gently to the ground. Without the peroneus tertius, the inner border of the foot would be higher than the outer border which would specially be in contact with the ground in the act of walking as is seen in the Apes.« B. Die lateralen Muskeln des Unterschenkels. M. peronaeus longus. Er entspringt wie beim Menschen vom Condylus lateralistibiae, vom Capitulum fibulae und von den proxi- malen 2, des Körpers der Fibula, von der Fascia ceruris und den Septa intermuscularia fibularia. Er läuft in eine Endsehne aus, die schräg über die Fußsohle zum Ansatz am medialen Fußrand zieht (DUVERNOY, CHAPMAN, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Der An- satz findet entweder am Os metatarsale 1 allein (DUvERNOY, Her- BURN) oder an der Basis des Os metatarsale 1, sowie am Entocunei- forme (PıRA) statt. M. peronaeus brevis. Er entspringt in der Regel vom mitt- leren oder distalem Teile der Fibula (DUvERNOY, CHAPMAN, HEPBURN, SOMMER, PIrA); bisweilen kann er seinen Ursprung vom proximalen 1/; des Knochens nehmen (DENIKER). Er inseriert an der Tuberositas ossis metatarsalis 5 (DUVERNOY, CHAPMAN, DENIKER, .HEPBURN, SOMMER, PıRA), zuweilen mit einer gespaltenen Endsehne (SOMMER). Proximal kann der Muskel verschieden weit mit dem M. peronaeus longus verschmolzen sein (SOMMER, PırA), so daß beide Muskeln sich erst an der Mitte des Unterschenkels voneinander trennen. M. extensor lateralis dig. pedis 5 (M. extensor brevis digiti pedis 5, M. peronaeus parvus, M. peronaeus digiti pedis 5). Von der Endsehne des M. peronaeus brevis geht bei meinem Gorilla ein dünner Sehnenstrang zur Dorsalfläche der Zehe 5. Ein gleiches Ver- halten haben MAcALISTER und DENIKER, DENIKER sowohl beim jungen Gorilla als auch beim Gorillafötus, gefunden. Diese Sehnenbildung ist als Rudiment eines Muskels, den ich nach Rıssing M. extensor lateralis digiti pedis 5 (Synonyme siehe oben!) nenne, zu betrachten. Der Muskelbauch scheint beim Gorilla niemals beobachtet gewesen zu sein. Das Vorhandensein einer Sehne ist auch nicht konstant, was die von DUVERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, HEPBURN und SOMMER untersuchten Gorillas zeigen. Bei denselben scheint keine Spur weder des Muskelbauches noch der Sehne vorhanden gewesen zu sein. 206 Adolf Pira Nach den Untersuchungen RıBgBıngs stammen die Mm. peronaei und die Mm. extensores pedis laterales der Säugetiere aus einer Muskelmasse her, einem M. extensor tarsi fibularis der niederen Tetra- poden. Eine Verschmelzung beider Mm. peronaei wie beim Gorilla SomMERsS und bei dem meinigen ist demnach eine primitive Er- scheinung. Der M. extensor tarsi fibularis inseriert an den late- ralen Fußknochen (z. B. an den Metatarsalia 4 und 5). Diese primi- tive Insertionsweise ist auch bei den Säugetieren vom M. pero- naeus brevis und von den Mm. extensores laterales beibehalten. Hingegen sind der eigentümliche Verlauf der Endsehne des M. peronaeus longus schräg über die Fußsohle bei den Säugetieren ebenso wie die Insertion der Sehne am medialen Fußrande als eine sekundäre Erscheinung zu deuten. Diese Insertionsweise ist nach Rıgsıng durch die Winkelstellung des Fußes bei den Monotremata hervorgerufen worden. Bei einigen Säugetieren, z. B. bei Proteles und Hyaena, kann der Muskel seine ursprüngliche Insertion an dem Metatarsale 5 beibehalten. Bisweilen kommt es vor, daß die Sehne zwar über die Fußsohle zum medialen Fußrande zieht, unterwegs aber Sehnenstreifen zu einem oder mehreren Mittelfußknochen ab- gibt. So setzt sich die Sehne bei den niederen Affen sowohl an dem Metatarsale 1 als auch mittels eines Sehnenstreifens an dem Metatarsale 5 fest. Diese Insertionsweise ist bei Hapale besonders ausgeprägt (RıBBING). Zweimal ist auch beim Orang eine ähnliche Insertionsweise gefunden worden, und beim Menschen sendet nach (Juan die Endsehne des M. peronaeus longus oft einen Zweig zu der Basis ossis metatarsalis 2 und bisweilen auch Verbindungen zu den Basalpartien der Metatarsalia 3, 4 und 5 ab. In diesen Fällen haben wir es wohl mit Erinnerungen der allmählichen Wanderung der Hauptinsertion der Sehne medianwärts zu tun. Derartige Ab- zweigungen der Endsehne scheinen beim Gorilla nicht vorhanden zu sein, wenigstens fand ich keine solchen Bildungen vor; auch in der Literatur wird nichts von accessorischen Insertionen erwähnt. Wie beim Gorilla ist das Auftreten der Sehne des M. extensor lateralis 5 bei anderen Anthropomorphen keine allgemeine Erschei- nung; das Auftreten eines Muskelbauches wird noch seltener beob- achtet. Beim Menschen ist der Muskel als distinkte Bildung selten vorhanden; hingegen tritt die Sehne als Abzweigung derjenigen des M. peronaeus brevis in 58°/, (QuAIn) auf. Bei den niederen Primaten scheint der Muskel ziemlich regelmäßig vorhanden zu sein. So kommt er, zuweilen nur schwach, sowohl bei niederen Catarrhinen Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 207 als auch bei Platyrrhinen vor. Bei einigen Affen der Neuen Welt (Ateles, Hapale) kommt nach Rızsıns ein Extensor lateralis vor, dessen Sehne sich am Fußrücken teilt und zu den Zehen 4 und 5 gelangt. Bei fast allen Prosimiae scheint ein Extensor lateralis 5 vorhanden zu sein, bei den meisten auch ein Muskel für die Zehe 4 (Rıgging). Diese Muskeln sind für die Lemuroidea von MurIE und Mıvarr als M. peronaeus quinti digiti und M. peronaeus quarti digiti beschrieben worden. Bei einem Macacus mit einem normalen Ex- tensor lateralis 5 hat RıgßIng auch den Rest eines Extensor lateralis & gefunden, ebenfalls bei einem menschlichen Fötus. Bei diesem ent- sprang der Muskel, den RızBınG für einen Extensor lateralis 4 hielt, auf beiden Körperseiten an der Außenfläche des Peronaeus brevis von den fünften und sechsten !/;, der Fibula und inserierte links am Caleaneus, rechts am Metatarsale 5. Im Ursprung und Verlauf stimmt der Muskel mit demjenigen, welchen Quaın für den Menschen als M. peronaeus quartus bezeichnet, überein, denn letzterer ent- springt von der Hinterfläche der Fibula zwischen M. peronaeus brevis und M. flexor hallueis und heftet sich meistens am Calcaneus, sel- tener an der Tuberositas ossis euboidei fest. Ist der Peronaeus quar- tus dem Extensor lateralis 4 Rızsıngs homolog, dann kommen Reste des letzteren bei etwa 13%, beim Menschen vor. Bei den Anthropomorphen scheint bisher keine Spur eines M. extensor late- ralis 4 gefunden worden zu sein. Wie oben erwähnt, sind die Mm. extensores pedis lateralis der Säugetiere nach Rısgıng Abspaltungsprodukte eines Extensor tarsi fibularis der niederen Tetrapoden. Ursprünglich tritt nur ein M. extensor lateralis auf, der in Beziehung zur Zehe 5 steht. Erst sekundär spaltet sich dieser, wobei ein oder mehrere seiner Teile von der Zehe 5 zu anderen Zehen herüberwandern. Bei den höheren Säugetieren, den Monodelpbia, ist der Extensor digitorum lateralis nach RıBBIngG nie in mehr als zwei Bäuche gespalten, die zu den Zehen 4 und 5 gelangen. Dieses Verhalten finden wir bei den meisten Prosimiae. Je höher wir in der Reihe der Primaten steigen, je mehr nehmen die Zahl sowie die Stärke der M. extensores pedis lateralis ab. Schließlich sind sie wie bei den Anthropomorphen in der Regel gänzlich verschwunden. Wir haben es mit einer innerhalb der Primatenreihe sich abspielenden regressiven Metamorphose zu tun. C. Die hinteren Muskeln des Unterschenkels. M. gastroenemius. Er entspringt mit zwei Köpfen vom Pla- num popliteum femoris und ist mit der Kniegelenkkapsel verwachsen; 208 Adolf Pira das Caput mediale entsteht oberhalb des Condylus medialis, das Caput laterale oberhalb des Condylus lateralis und von dessen Außen- seite. In wechselnder Höhe vereinigen sich beide Köpfe miteinander, entweder an der Grenze des proximalen und mittleren Drittels des Unterschenkels (SOMMER), oder etwas unterhalb dessen Mitte (PırA) oder erst an dem unteren, distalen Teile desselben (DENIKER, HEP- BURN). Die Verschmelzung beider Gastroenemiusköpfe zu einem Muskel ist eine sekundäre Erscheinung. Bei Echidna finden wir noch das primitive Verhalten, daß beide Köpfe bis zur Insertion am Caleaneus voneinander getrennt sind, wo die Endsehnen einander nur kreuzen, ohne Vereinigung einzugehen (RıBBInG). In der Regel ist die Ver- schmelzung beider Muskeln bei den Säugetieren vollzogen. Bei einigen niederen Affen (Oebus, Ateles, Macacus, ÜCercocebus) erstreckt sich die Verschmelzung etwas weiter proximal als beim Menschen, bei welehem die Verschmelzung erst an der Sehne stattzufinden scheint. In den Ursprungsköpfen sind bei meinem Gorilla keine Sesam- beine, Fabellae, vorhanden. Dies Verhalten scheint Regel beim Gorilla zu sein, da die Autoren nichts über solche Bildungen er- wähnen. Auch bei Schimpanse und Orang ist das Fehlen der Fa- bellae Regel (SOMMER, v. WESTRIENEN); hingegen sind beim Gibbon Sesambeine in beiden Köpfen beobachtet worden (HEPBURN, V. WESTRIE- NEN). Beim Menschen kann eine Fabella im lateralen Ursprungskopf vorhanden sein. Diese laterale Fabella, die bei manchen Säugetieren (Didelphys, Phalangista, Talpa, Orycteropus) allein vorkommt, halten Fürst und RıBgBinG für ein abgelöstes Stück der Fibulaschaufel der Monotremata. Bei niederen Affen kommen, z. B. bei Oynocephalus, Inuus, Cer- copithecus, Macacus, Ateles, Chrysothrix, Cebus und Hapale (SOMMER, v. WESTRIENEN), sowie bei den Lemuroidea (MurıE und MıvART) Sesambeine an den Ursprungsstellen der Gastroenemiusköpfe vor. Bei einigen Formen (Hapale, Lemur) entspringen die Gastroenemius- köpfe sogar nur von den in der Kniekapsel gelagerten Sesambeinen. In diesen Fällen sind die Fabellae am Femur durch starke Liga- menta sesamo-femoralia, an der Tibia durch Ligamenta obliquua befestigt (v. WESTRIENEN). In der Reihe der Affen kann man ver- folgen, wie die Gastrocnemiusursprünge allmählich von den Sesam- beinen längs des Ligamentum sesamo-femorale auf das Femur über- gehen. Dies betrifft zuerst den medialen Kopf, dann den lateralen. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 209 So hat bei Cebus, Chrysothrix, Ateles und Macacus der mediale Kopf seinen Ursprung bis zum Femur ausgedehnt, während der laterale nur vom Sesambein entspringt. Bei COynocephalus dagegen ent- springen beide Köpfe wie bei den höheren Primaten vom Femur, der mediale etwas mehr proximal als der laterale Kopf. Der Zu- stand, daß der mediale Kopf früher als der laterale einen festeren „Ursprung erwirbt, hängt mit der von Rızgıng festgestellten Tatsache zusammen, daß der mediale Gastroenemiuskopf der phylogenetisch ältere ist. Beim Menschen kann zuweilen nur der mediale Kopf bestehen. | M. soleus. Er entspringt in der Regel nur von der Fibula (DUVERNOY, ÜHAPMAN, BISCHOFF, HEPBURN, PırA), bei meinem Gorilla sogar nur vom Capitulum des Knochens. Er kann außerdem einen Tibialursprung besitzen (DENIKER: Gorilla fötus und juv., Symmgron). Übergänge zwischen diesen Ursprungsverhältnissen finden sich bei den von MACALISTER und SOMMER untersuchten Go- rillas vor. MACALISTER fand nur an der rechten Extremität eine Spur eines Tibialursprungs. Beim Gorilla Sommers bahnte sich ein Tibialursprung dadurch an, daß der Soleus auf einen starken Sehnen- bogen, der von der Fibula zu der Tibia zog, übergriff, ohne jedoch die Tibia zu erreichen. In dem regelmäßigen Fehlen des Tibialursprungs stimmt der Soleus des Gorilla mit der Mehrzahl der Säugetiere überein. Es scheint sogar ein deutlicher tibialer Ursprung nur dem Menschen zuzukommen. Da DENnIkER beim Gorillafötus den Tibialursprung des Soleus kräftiger als bei dem jungen Tiere fand, nahm er an, daß der erwähnte Ursprung mit zunehmendem Alter des Gorilla mög- licherweise atrophierte. Im Gegensatz hierzu befinden sich die Unter- suchungen SCHOMBURGS betreffs der Entwicklung des Soleus des Menschen: bei menschlichen Embryonen ist in frühen Stadien nur der Fibularursprung vorhanden, während der Tibialursprung sich erst später entwickelt. Der Fibularteil scheint nach RızBıng auch phylo- genetisch älter als der Tibialteil zu sein, da der Soleus sich bei Marsupialia (bei den Monotremata fehlt er noch als selbständiger Muskel) aus dem lateralen Gastroenemiuskopf abspaltet. Etwa 3 em distal von dem Vereinigungspunkte der beiden Gastro- cnemiusköpfe verschmilzt der Soleus lateral mit dem Gastrocnemius, während beide Muskeln medial in einer Ausdehnung von 2 cm noch getrennt sind. Die Muskelfasern des Gastrocnemius und des Soleus reichen distalwärts bis an das Fersenbein hinab, so daß es zur Bil- 210 Adolf Pira dung einer Tendo Achillis im Sinne der Anatomie des Menschen nicht kommt (DuUvErNOY, BISCHOFF, DENIKER: Gorilla fötus und juv., HEPBURN, SOMMER, Pıra). Da der Gastroenemius außerdem relativ schwach ist (BisCHOFF, HEPBURN, SOMMER, PırA), so erscheint die dorsale Fläche des Unterschenkels beim Gorilla platt, ohne eigent- liehe Wadenbildung (DUVERNOY, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Betreffs der Insertion der Tendo Achillis am Calcaneus bei den, höheren Primaten hat Hrpgurn folgende interessante Beobachtungen gemacht. Beim Gorilla und beim Schimpanse findet die Insertion etwa wie beim Menschen statt. Hingegen liegt beim Orang und Gibbon der Ansatz sehr schief, wodurch die Ferse vom Boden ab- gehoben, und gleichzeitig der laterale Fußrand nach unten, der mediale dagegen nach oben gedreht wird. Demgemäß können Gorilla und Schimpanse den Fuß auf eine mehr menschenähnliche Weise dem Boden anpassen als Orang und Gibbon (vgl. M. peronaeus tertius). M. plantaris. Er fehlt bei allen bisher untersuchten Gorillas (DUVERNOY, MACALISTER, ÜHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SomMmER, Pıra); die Plantarfaseie scheint dagegen immer vorhanden zu sein!. Durch das Fehlen des M. plantaris nimmt Gorilla eine Sonderstellung unter den Säugetieren ein. Zwar ist der Muskel bei den übrigen höheren Primaten nicht immer vorhanden, fehlt aber bei dem Sehimpanse nur bei ca. 400/, (bei 17 von 42 Schimpansen nach KeıtH) und beim Menschen nur bei 7,5%, (Quaın). Bei allen bisher untersuchten Orangs fehlt der Muskel, nur mit Ausnahme desjenigen von Sandifort (Fick). Bei diesem Orang ging der Muskel hauptsächlich in die Plantarfaseie über, anstatt sich an dem Caleaneus zu befestigen. Diese Insertionsweise, die bei manchen Säugetieren vorkommt, ist als die ursprüngliche zu betrachten. Nach RıBBinG ist der Plantaris wie der Soleus ein Abspaltungsprodukt des lateralen Gastroenemiuskopfes; als solches tritt er erst unter den Marsupialia in verschiedener selbständiger Bildung auf und geht in die Plantar- faseie über. Unter den Monodelphia ist der Muskel eine allgemeine Erscheinung; seine primitive Insertionsweise an der Plantarfaseie kommt noch bei den Primaten (z. B: bei Galago, Lemur, Hapale, 1 Subeutan, also zwischen Haut und Aponeurosis plantaris lag bei meinem Gorilla eine 3—4 mm dicke Schicht von Fettgewebe, die sich auch unter der Ferse vorfand. Wahrscheinlich hängt dieses Verhalten mit dem Stützen des Gorilla auf die ganze Fußsohle beim Gehen zusammen. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. >11 Cebus, Ateles, Cynocephalus, Macacus, Üercocebus, Inuus) vor, ent- weder allein oder mit der sekundären Calcaneusinsertion gepaart. M. popliteus. Er scheint sich im wesentlichen wie beim Menschen zu verhalten (MACALISTER, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER). Er entspringt vom Condylus lateralis femoris sowie von der Kapsel des Kniegelenkes. Die Insertion erstreckt sich bisweilen weiter distalwärts als beim Menschen, z. B. bei meinem Gorilla, wo der Ansatz längs des medialen Randes der Tibia beinahe bis zur Mitte des Knochens herabreicht. DUVERNOY, ÜHAPMAN und SYMING- ron erwähnen den Muskel nicht; BiIsCHOFF und SOMMER beschreiben ihn als kräftig. BiscHorr ist der Meinung, daß der Popliteus bei den Affen als Flexor und Kapselspanner und außerdem als Pronator ausgeprägter als wie beim Menschen wirke, da das Kniegelenk der Affen weit mehr als beim Menschen Pronation und: Supination ge- statte. BıscHorr homologisiert den M. popliteus mit dem M. pronator teres, gleichwie es MECKEL und HuxLey vorher getan haben. In der Ursprungssehne des M. popliteus war bei meinem Gorilla kein Sesambein vorhanden; ebenso vermißten dasselbe BISCHoFF und SOMMER; MACALISTER hingegen fand es vor. Andere Autoren machen keine Angaben hierüber. Das Fehlen des Sesambeines im Popliteus scheint die Regel bei den höheren Affen zu sein. Eine Ausnahme bildet möglicherweise Orang, bei welchem Lancer, Fick und v. WESTRIENEN ein Sesambein gefunden haben. Beim Schimpanse „und Gibbon ist es bisher nicht nachgewiesen worden. Bei den niederen Affen besteht ebenfalls im Auftreten des Popliteussesamoid ein Wechsel: bei Hapale und Macacus kann es vorhanden sein, hin- gegen fehlt es bei Chrysothrix, Cebus, Ateles und Oynocephalus. Im Gegensatz hierzu kommt der Knochen den Prosimiae regelmäßig zu. Unter den Primaten scheint also ein allmähliches Verschwinden des Sesambeines von den niederen zu den höheren Formen hin stattzu- finden. Ein derartiges allmähliches Verschwinden des Sesambeines stimmt gut mit der Auffassung FÜrsts von der phylogenetischen Aus- bildung desselben überein. Nach Fürst ist dasselbe nämlich gleich- wie die Fabella des lateralen Gastrocnemiuskopfes (siehe S. 208) als ein abgelöstes Stück der Fibulaschaufel der Monotremata zu be- trachten. Bei letzteren entspringt der M. popliteus von der Fibula, u. a. von deren Schaufel; die Fibula artikuliert mit dem Femur. Bei den höheren Formen erleidet die Fibula eine Reduktion; der proximale Teil derselben wird durch eine Sehne, vom Femur aus- gehend, ersetzt, und als Rest der Schaufel besteht das Sesambein 212 Adolf Pira in der Sehne des M. popliteus fort. Dieser erhält sodann seinen Ursprung durch Vermittlung des Sesambeines vom Femur. Je älter, d.h. je stabiler dieser Femoralursprung des Popliteus geworden ist, je mehr hat der Sesamknochen in der Ursprungssehne seine Bedeutung als Vermittler des neuen Ursprunges verloren und kann endlich ver- schwinden. M. peroneo-tibialis. Trotzdem dieser Muskel bei meinem Gorilla und, soviel ich weiß, bisher niemals beim Gorilla gefunden worden ist, sei er hier dennoch erwähnt. Beim Schimpanse und Gibbon ist er nämlich nachgewiesen worden und, da er beim Men- schen bei etwa 14°/, (1:7 nach GRUBER, QuAın) vorkommt, ist es nicht unmöglich, daß er auch beim Gorilla einmal gefunden werden kann. Zu den konstanten Muskeln der höheren Primaten gehört er jedenfalls nicht. Bei den niederen scheint er hingegen regelmäßig vorhanden zu sein; er tritt hier entweder als einfache Bildung im oberen Winkel des Spatium interosseum als ein proximaler M. pe- roneo-tibialis auf (Chöromys, Hapale, Cebus, Ateles, Cercocebus, Maca- cus, Cynocephalus, Inuus), oder als doppelte Bildung sowohl im proximalen als auch im distalen Winkel des Spatium interosseum, d. h. als proximaler und distaler M. peroneo-tibialis (Lemur, Lepi- lemur). Um diese Verhältnisse zu verstehen, müssen wir uns an die niederen Säugetiere wenden. Bei Monotremata und den meisten Marsupialia ist der M. popliteus mächtiger und von größerer Be- deutung als bei den Monodelphia, da er bei erstgenannten meistens das ganze Spatium interosseum ausfüllt und seinen Ursprung fast von der ganzen Fibula nimmt. Dieser primitive Popliteus ist bei höheren Formen der Rückbildung unterworfen, und Reste desselben können sich hier und da in der Säugetierreihe nebst einem M. po- pliteus im Sinne der Anatomie des Menschen erhalten. Diese Reste sind es, welche man einen M. peroneo-tibialis genannt hat. Je nach dem Grade der Reduktion sind ein oder zwei solche Muskeln vor- handen. M. flexor tibialis. Er entspringt und verläuft bis zur Planta pedis, bei meinem Gorilla gleiehwie der M. flexor digitorum pedis longus des Menschen. Er zeigt aber in der Sehnenverteilung andere Verhältnisse als der menschliche Muskel, weshalb er, um Miß- verständnissen vorzubeugen, nicht mit letztgenanntem aus der Ana- tomie des Menschen entnommenen Namen bezeichnet werden dürfte. Er entspringt von den mittleren zwei Vierteln der Hinterfläche der Tibia sowie von einem den M. tibialis posterior bedeckenden Sehnen- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 213 blatt. Die Endsehne kreuzt in der Fußsohle plantarwärts die Sehne des M. flexor fibularis, sendet einige Verbindungsstreifen zu dieser ab und endigt nur in einer Sehne, die als Tendo perforans zur Basis der Endphalanx der 5. Zehe geht. In der Planta ent- springt von der Sehne die dorsale Partie des M. flexor digitorum pedis brevis. Bei den bisher untersuchten Gorillas scheint der M. flexor tibialis etwa denselben Ursprung und Verlauf am Unterschenkel wie bei dem meinigen gehabt zu haben. In der Verteilung der Endsehne zu den Zehen zeigen aber verschiedene Gorillas erheblich ab- weichende Verhältnisse. Der Übersichtlichkeit wegen gebe ich hier folgende Zusammenfassung der bisher beobachteten Verteilung der Endsehne. Der M. flexor tibialis kann Sehnen (meistens Tendines perfo- rantes) zu den Endphalangen folgender Zehen abgeben: a) 2. und 5. (DUVERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER). b) 2., 3., 4. und 5. (MACALISTER, HEPBURN, SOMMER). ce) 5. allein (PırA). M. flexor fibularis. Er entspringt bei meinem Gorilla von den zwei distalen Dritteln des Körpers der Fibula, an deren hin- terer und medialer Fläche, also gleichwie der M. flexor hallueis longus des Menschen. Die Endsehne nimmt auch am Unterschenkel und am Tarsus denselben Verlauf wie die Endsehne des erwähnten menschlichen Muskels. Inder Planta pedis angelangt, zeigt sie aber Abweichungen vom Verlauf der Endsehne des M. flexor hallueis longus beim Menschen. Während letztgenannter Muskel eine Sehne nur zur 1. Zehe sendet, bildet die Endsehne des M. flexor fibularis bei meinem Gorilla eine etwa 1 cm breite Platte, aus welcher Sehnen zu den Zehen 1, 2, 3 und 4 hervorgehen. Die Sehnen zu den Zehen 2, 3 und 4 durchbohren die entsprechenden Sehnen des M. flexor digitorum brevis und inserieren dann an der Basis der End- phalangen. Die Sehne zur großen Zehe zieht in einer Furche zwi- schen dem M. flexor hallueis brevis und dem M. adductor hallueis zur Basis der Endphalange. Bei den bisher untersuchten Gorillas scheint der Flexor fibularis etwa denselben Ursprung und Verlauf am Unterschenkel wie bei dem meinigen gehabt zu haben. In der Verteilung der Endsehnen zu den Zehen dagegen zeigen die verschiedenen Gorillas, wie wir es auch für den M. flexor tibialis gesehen haben, sehr erhebliche Abweichungen voneinander. Um eine Übersicht der Variationen 214 Adolf Pira der Insertionsweise des Muskels zu erhalten, gebe ich folgende Zu- sammenstellung der Angaben in der Literatur. Der Flexor fibularis kann bei Gorilla Sehnen (meistens Tendines perforantes) zu den Endphalangen folgender Zehen abgeben: a) 1., 3. und 4. [DUvERNOY, CHAPMAN, DENIKER: Gorillafötus). b) 1., 2., 3. und 4. [MAcALISTER, PIRA]. ) 1., (2.)1, 3., 4. und (5.)t [BıscHorr). ) 1., 3., 4. und (5.)! [Denıker: Gorilla juv.] ) 1. und (5.)1 [Sommer]. f) 1. allein [HEPBURN]. Aus den Zusammenstellungen der Variationen der Sehnen- verteilung der Mm. flexores tibialis et fibularis entnehmen wir, daß eigentlich nur bei dem von HEPBURN untersuchten Gorilla die Ver- teilung der Sehnen beider Muskeln zu den Zehen mit derjenigen übereinstimmt, welche man als Norm beim Menschen betrachtet. Bei diesem Gorilla kann also der M. flexor tibialis als M. flexor digitorum pedis longus im Sinne der Anatomie des Menschen benannt werden, und gleichzeitig kann der M. flexor fibularis als M. flexor hallueis longus aufgeführt werden. Auch der von SOMMER präparierte Gorilla ist in der Sehnenverteilung sehr menschenähnlich; bei allen anderen Gorillas ist dagegen das Eingreifen der Sehnen der Mm. flexores tibialis et fibularis ineinander mehr oder weniger kompliziert; Ver- bindungen zwischen diesen Sehnen in der Planta pedis sind beim Gorilla immer vorhanden (DUVERNOY, MACALISTER, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Die Art der Abgabe von Sehnen aus den Mm. flexores tibialis et fibularis an die verschiedenen Zehen wechselt bei den Affen sehr erheblich. SOMMER gab eine interessante Zusammenstellung der bisher in dieser Frage gewonnenen Ergebnisse, woraus hervorgeht, daß der Befund bei meinem Gorilla, wonach der Flexor fibularis Sehnen zu den Zehen 1—4 entsendet und der Flexor tibialis nur die Zehe 5 versorgt, unter den Affen eine seltene Erscheinung ist. Sie ist unter den höheren Affen nur bei Gibbon von HuxLey und BISCHOFF nachgewiesen worden. Bei den Prosimiae scheint hingegen etwa die- selbe Sehnenverteilung wie bei meinem Gorilla Regel zu sein; denn bei ihnen gibt der Flexor fibularis die Sehne für die Zehe 1 und die Hauptsehnen für die Zehen 2—4, der M. flexor tibialis aber aus- 1 Die Parenthesen () bedeuten, daß der Sehnenstrang vom M. flexor fibu- laris zur fraglichen Zehe nur als ein Accessorium der Hauptsehne vom M. flexor tibialis zu betrachten ist. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 215 schließlich die Sehne für die Zehe 5 ab, wobei er nur einen geringen Anteil am Zustandekommen der Sehnen für die Zehen 2—4 hat. Die komplizierten Variationen der Verteilung der langen Flexoren- sehnen bei den Primaten muß man sich folgendermaßen zustande gekommen denken. Nach McMurRICH, RıBBInG und GLAESMER (zit. RıBBInG) sind die Mm. flexores fibularis et tibialis von verschiedenem Ursprung und anfänglich im Sehnenteil nicht miteinander verbunden. Der M. flexor fibularis bildet allein die gemeinsame Beugesehne der fünf Zehen (Ornithorhynchus, Marsupialia), und der M. flexor tibialis inseriert an der tibialen Seite des Tarsus. Die Flexor-tibialis- Sehne wandert distalwärts, was man schon bei Monotremata und Marsupialia erkennen kann, wobei sie sich, mit allmählichem Auf- geben der ursprünglichen Insertion, an den tibialen Rand der Sehne des M. flexor fibularis anschließt. Bei Didelphys und anderen Marsu- pialia hat Rızsıng diese Verhältnisse feststellen können. Schließlich wird die ursprüngliche Endsehne des M. flexor tibialis überflüssig; sie verschwindet, und nur ihre Verbindung mit der Flexor-fibularis- Sehne besteht weiter fort. Aus der so entstandenen gemeinsamen Sehnenmasse gehen bei den Primaten die langen Beugesehnen zu den verschiedenen Zehen hervor und stehen dann bei verschiedenen Individuen in wechselnder Beziehung zu dem einen oder dem anderen der langen Flexoren. Zuweilen kann eine Zehe zu beiden Mus- keln gleichzeitig in Beziehung treten (siehe z. B. für die Gorillas das Schema $. 214 und die Note daselbst). Bei diesen Umwand- lungen ist bemerkenswert, daß der Flexor tibialis, welcher ursprüng- lieh dem medialen Fußrande zugehört, Beziehung zu dem lateralen Fußrande bekommt, ja bisweilen allein die laterale Zehe 5 versorgen kann, was z. B. bei meinem Gorilla, bei Gibbons und bei den Pro- simiae (siehe oben) der Fall ist. M. tibialis posterior. Er hat denselben Ursprung wie beim Menschen, d. h. er entspringt von der Facies posterior tibiae, von der Membrana interossea cruris und von der Facies medialis fibulae (DUVERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Die Insertion findet am Os naviculare statt. Außerdem kann die Endsehne Faserzüge zu allen drei Cuneiformia (DUVERNOY, PIRA), zu dem Cuneiforme 1 (MACALISTER, SOMMER), zu dem Cuneiforme 3 (HEPBURN), zu dem Metatarsale 3 (MACALISTER), zu den Metatarsalia 1 und 2 (PırA), zur Scheide der Endsehne des M. peronaeus longus (SOMMER) und zu den Cuboides (SoMmmErR) abgeben. Der Muskel nimmt bei den Säugetieren, bei welchen er vor- Morpholog. Jahrbuch, 48. 15 216 Adolf Pira handen ist (bei einigen fehlt er) etwa denselben Verlauf wie beim Gorilla, d. h. er entspringt von der Tibia, Membrana interossea und Fibula und setzt sich an dem Navieulare oder an angrenzenden Teilen des Tarsus oder Metatarsus an. M. quadratus plantae. Er fehlt in der Regel beim Gorilla (DUvERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER: Gorilla fötus und juv., SOMMER, PırA). Dreimal ist er gefunden worden (Huxuey, Mac- ALISTER, HEPBURN). MACALISTER und HEPBURN beschreiben ihn als schwach, wohingegen HuxL£eyY ihn gut ausgebildet fand. Bei den übrigen Anthropomorphen ist der Muskel ebenfalls nicht regelmäßig vorhanden. Nach Keırn kommt er unter 11 Schimpansen 6mal vor. Beim Orang haben BıscHhorr und LAnGER den Muskel gefunden, DuvErnoY, BiscHorr (bei einem anderen Orang), HUMPHRY, CHAP- MAN, HEPBURN und Fick ihn dagegen vermißt. Beim Gibbon fehlt er nach CHAPMAN, BISCHOFF und HEPBURN. In Gegensatz zu diesem sporadischen Auftreten des Quadratus plantae bei den höheren Affen steht dessen regelmäßiges Vorhandensein bei den niederen Affen. Rıgsing hat den Muskel bei allen von ihm untersuchten niederen Catarrhinen und bei allen Platyrrhinen, mit Aus- nahme von Cebus, gefunden. Beim Menschen ist der M. quadratus plantae ebenfalls als Norm zu betrachten. In diesem Punkte stimmt also der Mensch mehr mit den niederen als den höheren Affen überein. Zwar kann beim Menschen der laterale Ursprungskopf des Muskels fehlen (Quaım); bei einigen niederen Catarrhinen, z. B. bei Cyno- cephalus (DUCKWORTH), kommt zuweilen auch nur ein Ursprungskopf vor. Bei den Prosimiae wird der Quadratus plantae nach Duck- WORTH und RıBBIıngG immer vermißt. Diesem Verhalten begegnen wir auch bei den meisten Marsupialia. Sonst kommt der Muskel bei den Monotremata und bei den meisten niederen Säugetieren vor. Mm. lumbrieales. Bei meinem Gorilla sind vier vorhanden, die mit den vier lateralen Zehen in Beziehung stehen. Die Muskeln für die Zehen 2, 3 und 4 entspringen von den Sehnen des M. flexor fibularis dieser Zehen. Die Muskeln für die Zehen 2 und 3 haben nur einen Ursprungskopf vom medialen Rande der zu den Zehen gehörenden Sehne. Der Muskel für die Zehe 4 hat dagegen zwei Ursprungsköpfe; der eine kommt vom medialen Rande der Flexor- fibularis-Sehne der Zehe 4, der andere vom lateralen Rande der Flexor-fibularis-Sehne der Zehe 3. Der M. lumbriealis der Zehe 5 entspringt einköpfig vom medialen Rande der Flexor-tibialis-Sehne Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 917 dieser Zehe. Alle Lumbricales ziehen zu den medialen Rändern der Grundphalangen und gehen hier in die Dorsalaponeurosen über. Das bei meinem Gorilla vorhandene Verhalten, wonach nur ein M. lumbriealis zweiköpfig entspringt, ist beim Gorilla nicht die Regel. Gewöhnlich scheinen sich die Mm. lumbricales vielmehr wie beim Menschen zu verhalten (DUVERNOY, DENIKER, HEPBURN, SOMMER), d. h. die drei lateralen entspringen zweiköpfig von den einander zu- gekehrten Rändern der benachbarten Tendines perforantes, der mediale Lumbricalis für die Zehe 2 entspringt dagegen einköpfig von der Tendo perforans der Zehe2. CuapmAn und BıscHorr fanden die Mm. lumbri- cales kräftig entwickelt. HuxLeyY fand nur zwei Lumbricales pedis. Bei den Monotremata fehlen die Mm. lumbrieales. Sonst scheinen vier Lumbricales den meisten Säugetieren zuzukommen. Bei einigen ist die Anzahl reduziert. So kommen bei einigen Halbaffen (Nyetv- cebus, Perodicticus) und einigen Affen (Oynocephalus, Inuus) nur drei Lumbricales vor; der Muskel zur Zehe 2 fehlt. Bei einigen Marsu- pialia (Petaurus, Trichosurus) ist mit der Rückbildung einiger Zehen die Anzahl der Mm. lumbricales auf zwei reduziert; hier bestehen Lumbrieales nur für die tibiale Seite der kräftigen Zehen 4 und 5. Bei anderen Marsupialia (z. B. Phascologale) können vier gut ent- wickelte Mm. lumbricales vorhanden sein, die selbst zu zwei neben- einander liegenden Zehen in Beziehung treten können; sie inserieren in diesem Falle an der Tibialseite der Zehe 2 sowie an den einander zugekehrten Seiten der Zehen 2 und 3, 3 und 4, 4 und 5 (Rızging). 4. Muskeln des Fußes. A. Die Muskeln des Fußrückens. M. extensor digitorum pedis brevis. Er entspringt von der oberen und lateralen Fläche des vorderen Teiles des Calcaneus. Er liefert beim Gorilla Sehnen nur zu den vier medialen Zehen (DuUvERNOY, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA). Der Teil des Muskels, dessen Sehne zur Zehe 1 gelangt, ist zwar am Ursprung mit der übrigen Muskelmasse verwachsen, trennt sich aber rasch von dieser ab und tritt selbständiger hervor (Dv- VERNOY, BISCHOFF, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PIRA), weshalb er auch (DUVERNOY, SOMMER) als M. extensor hallucis brevis bezeichnet worden ist. _Er inseriert an der Basis der Grundphalange der großen Zehe (DUVERNOY, HEPBURN, PırA). Die Sehnen zu den Zehen 2, 3 und 4 verschmelzen mit den entsprechenden Sehnen des 15* 218 Adolf Pira M. extensor digitorum pedis longus (DUVERNOY, HEPBURN, PIRA). Eine Sehne für die Zehe 5 ist nicht vorhanden; sie soll zuweilen beim Menschen bestehen. Der Zustand, daß der kurze Zehenstrecker Sehnen nur zu den Zehen 1—4 abgibt, ist nach Rızsin& bei allen von ihm untersuchten Affen die Regel. Nach Keira erhält aber die Zehe 5 eine Sehne vom M. extensor brevis bei 4 von 11 Schim- pansen und bei 1 von 8 Gorillas(?). Bei den Prosimiae ist. die Sehnenverteilung des kurzen Zehenstreckers variabeler. Bei Stenops gracilis gehen Extensores breves zu allen Zehen, bei Tarsius haupt- sächlich nur zu den Zehen 1—3, bei Lemur nur zu den Zehen 2 und 3. Bei Lepilemur scheint eigentlich nur ein Extensor brevis zur Zehe 3 vorhanden zu sein; Sehnen gehen zwar auch zu den Zehen 4 und 5, welche aber mit keinem selbständigen Muskelteil in Ver- bindung stehen (RIBBING). Nach den Untersuchungen von RuGE ist der M. extensor digi- torum pedis brevis, wie wir ihn z. B. bei Affen und beim Menschen finden, ein Rest eines einmal viel weiter proximal auf der Fibula entspringenden Muskels, den wir z. B. bei den Monotremata noch persistierend finden. DieSer Muskel, der der Peronaeusgruppe zu- gehört, wandert allmählich hinunter und wird endlich ganz und gar auf den Fußrücken verlagert. Diese Ansicht wird von FrRETS und RısBing nicht geteilt. Letztgenannter Verfasser ist, wenn ich ihn gut verstanden habe, der Meinung, daß die bei den Säugetieren auf dem Fußrücken liegenden Extensores breves phylogenetisch sehr alte Bildungen sind, die mit derselben Muskellage der Amphibien und Reptilien homolog sein sollen. Die auf dem Unterschenkel ent- springenden sogenannten Extensores breves der Monotremata und Marsupialia sind dagegen als sekundäre Erscheinungen, als Ab- spaltungsprodukte eines Extensor tarsi fibularis zu betrachten. Diese sekundäre Muskulatur, die Rising Extensor digitorum lateralis nennt, kann die phylogenetisch älteren Extensores breves überflüssig machen und sie bisweilen selbst zu vollständigem Verschwinden bringen, ein Verhalten, das sich nach den Untersuchungen von RiıBBING be- sonders bei den Marsupialia feststellen läßt. M. extensor brevis digiti pedis quinti (siehe S. 205folg.) B. Die Muskeln der Fußsohle. a. Muskeln des Großzehenballens. M. abductor hallueis. Er scheint in der Regel wie beim Menschen sich zu verhalten (DUvERNOY, CHAPMAn, BISCHOFF, HEP- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 219 BURN, SOMMER, PIRA). Bei meinem Gorilla entspringt er von der plantaren und medialen Fläche des Tuber calcanei, von der ober- flächlichen Schicht des übrigens sehr schwach entwickelten Liga- mentum laciniatum und längs des medialen Fußrandes bis zum Navieulare. Er inseriert am medialen Teile der Basis der Phalanx 1 der großen Zehe, wo er mehr oder weniger innig mit dem medialen Kopf des M. flexor hallueis brevis verbunden ist. Nach MACALISTER und DEnIKER (Gorilla fötus und juv.) hat der Muskel zwei gut ge- trennte Ursprungsköpfe; der eine entspringt nach DENIKER vom : Tuber ealcanei, der andere von der Aponeurosis plantaris.. Der Muskel ist stark entwickelt (DUvERNOY, MACALISTER, BiscHorF). Er scheint in der Regel bei den Anthropomorphen denselben Ursprung wie beim Gorilla zu haben. Bei COynocephalus erstreckt er sich proximalwärts nur bis zum Cuneiforme 1. Beim Lemur entspringt er von der Plantarfascie und bei Galago vom Sesamknochen am proximalen Halluxende. M. flexor hallueis brevis. Er kann aus zwei Köpfen, einem medialen und einem lateralen (BiıscHorr, DENIKER, HEPBURN), bis- weilen nur aus einem medialen Kopf (DUvERNOY, SOMMER, PırA) be- stehen. Der mediale Kopf kann von folgenden Stellen entspringen: vom Navieulare und Cuneiforme 1, von der Scheide der Endsehne des M. peronaeus longus und von der Endsehne des M. tibialis posterior. Er inseriert, bisweilen mit dem M. abductor hallueis verbunden, am medialen Teile der Basis der Phalanx 1 der großen Zehe. Hierzu kann nach HEPBURN noch eine Insertion an der medialen Seite der distalen Hälfte des Corpus des Metatarsale 1 kommen. Der laterale Kopf des Muskels ist, wenn er überhaupt vor- handen ist, immer sehr schwach (BiıscHorr, DENIKER, HEPBURN); er entspringt von dem Metatarsale 1 (BiscHorr, HEPBURN) und inseriert, bisweilen mit dem M. adductor obliquus hallueis verbunden, am lateralen Teile der Basis der Phalanx 1 der großen Zehe. Bei meinem Gorilla entspringt der Muskel vom Naviculare und Cuneiforme 1. Er ist kräftig und besteht aus zwei Portionen von den beiden erwähnten Ursprungsstellen, die beinahe bis zur Insertion des Muskels am medialen Teile der Basis der Grundphalange der großen Zehe voneinander getrennt sind. Die mediale Fläche des Muskels ist distal bis zur Insertion mit der Endsehne des M. ab- ductor hallueis verschmolzen (vgl. oben). Der Muskel meines Go- rillas entspricht also nur einem Teile des gleichgenannten Muskels 220 : Adolf Pira beim Menschen, und zwar nur dem medialen Teile desselben, der sich am medialen Rande der großen Zehe befestigt und von den Cuneiformia 1 und 2 oder von der Endsehne des M. tibialis posterior an diesen Knochen entspringt. Beim Menschen entsteht der laterale Teil des Muskels am Cuboides und inseriert als lateraler Bauch am lateralen Teile der Basis der großen Zehe. Dieser Teil des mensch- lichen M. flexor hallucis brevis fehlt bei meinem Gorilla wie bei denjenigen von DUVERNOY und SOMMER. In diesen Fällen nimmt die lange Beugesehne der großen Zehe eine andere Lage beim Go- rilla als beim Menschen ein. Beim Menschen liegt dieselbe am Metatarsus zwischen den beiden Köpfen des M. flexor hallueis brevis, beim Gorilla hingegen gelangt sie zur großen Zehe, indem sie lateral vom M. flexor hallueis brevis in eine Furche zwischen diesem und dem M. adduetor hallueis eingebettet ist (siehe S. 213). Bei einigen niederen Ost- und Westaffen, z. B. bei Oynocephalus, Cercopithecus, Macacus, Pithecia, Hapale, besteht der Flexor hallueis brevis aus zwei Köpfen, beim Lemur hingegen nur aus einem medialen Kopfe. DENIKER fand bei zwei Gorillas einen M. flexor hallueis accessorius, der vom medialen Rande des Calcaneus entsprang; der Muskel inserierte beim Fötus an der Phalanx 1 der großen Zehe, beim jungen Exemplare verschmolz er beim Ansatz mit dem M. flexor hallueis brevis. M. adductor hallueis. Er entspringt bei meinem Gorilla von den Metatarsalia 2, 3 und 4. Die Muskelbündel konvergieren zur großen Zehe und inserieren am distalen Ende des Metatarsale 1 und an der Grundphalanx der großen Zehe in deren ganzer Ausdehnung. Längs der Insertion ist der Muskel fleischig, wodurch die Musku- latur auf eine Zehe sich ausdehnt. In der Regel hört die Muskel- substanz am Metatarsus und Metacarpus auf und setzt sich nur durch Sehnen auf Zehen und Finger fort. Ein ähnliches Verhalten wie das bei meinem Gorilla hat RısgınG für den M. adduetor hallueis bei Inuwus und Cercopithecus gefunden. Betreffs des Ursprunges weist M. adductor hallucis folgende Variationen auf. Lateralwärts kann der Muskel bis auf das Meta- tarsale 4 sich erstrecken (DUVERNOY, MACALISTER, DENIKER, PIRA), bisweilen erreicht er nur das Metatarsale 3 (HEPBURN, SOMMER), bis- weilen kann er alle vier laterale Mittelfußknochen in Anspruch nehmen (Bischoff). Nach MACALISTER entsprang der Muskel nur von den Metatarsalia 3 und 4. Betreffs der Variation der Ausdehnung des Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 221 Ursprunges an den Metatarsalia in proximo-distaler Richtung lassen die Beschreibungen folgende Verhältnisse erkennen. Der Ursprung vom Metatarsale 2 kann die ganze Länge des Knochens umfassen (Duvernoy) oder liegt nur an der Basis des Knochens (SOMMER), oder nur am Capitulum, bzw. am Metatarso-phalangeal-Gelenk (DENIKER, HEPBURN). Der Ursprung vom Metatarsale 3 kann sich über den ganzen Knochen ausdehnen (SOMMER) oder nur den distalen (HEPBURN), bzw. den proximalen (DENIKER) Teil desselben umfassen. Bisweilen entspringt der Muskel von den beiden Endpartien des Knochens, d. h. von der Basis sowie vom Capitulum (DUvErnoy, DENIKER, HEPBURN). Am Metatarsale 4 kann der Ursprung das Capitulum (DENIKER) oder das Mittelstück (DENIKER) oder nur die Basis des Knochens (DUVERNOY) in Anspruch nehmen. Bei meinem Gorilla ist der Adductor hallueis eine einheitliche Bildung, die sich nicht in einen Adductor obliquus und einen Ad- duetor transversus zerteilen läßt. Dasselbe Verhalten fand DEnIKER auch beim Gorillafötus; es bestand auch bei den Gorillas von MACALISTER und SomMER. Beim jungen Gorilla DENIKERS sowie bei den Tieren DuveErnoys, BiSCHOFFS und HEPBURNs war der Muskel in einen Ad- ductor obliquus und einen Adductor transversus zerlegt. ‘Auch bei den übrigen Affen variiert die Sonderung des Muskels in beiden Ab- schnitten. So sollen beim Orang, Oynocephalus, Cercopitheeus und Macacus beide Portionen bestehen, beim Schimpanse, Aylobates, Pithecia und Hapale hingegen soll eine einheitliche Bildung vorliegen. Der Muskel inseriert beim Gorilla an der lateralen Seite der Basis der Grundphalanx der großen Zehe (DUvERNOY, DENIKER, HEPBURN, SOMMER, PırA). Die Insertion kann sich sowohl distal- wärts ein Stück längs der großen Zehe (DUvERNOY, HEPBURN, PIRA) als auch proximalwärts eine Strecke weit längs des Metatarsale 1 (DUVERNOY, HEPBURN, PıRA) erstrecken. M. opponens hallueis. Als solchen führt man in der Ana- tomie des Menschen einen Muskel auf, der zuweilen als Teil des M. adductor hallueis mit einem Ansatz am Metatarsale 1 vorkommt. Da bei den von DuvErnoy und HEPBURN untersuchten Gorillas gleichwie bei dem meinigen ein Teil des M. adductor hallueis, wie oben erwähnt, sich eine Strecke weit längs des Metatarsale 1 be- festigt, so liegt wohl ‚bei diesen drei Gorillas ein M. opponens hal- lueis vor, der aber vom M. adductor hallucis nicht abgetrennt ist. MACALISTER und HALFORT (zit. BiscHorr) fanden den Muskel eben- falls vor, BISCHOFF, DENIKER und SOMMER vermißten ihn hingegen. 222 Adolf Pira Quaın gibt an, daß der Muskel bei einigen Affen vorkomme; nach CuvIER, OwEN, HUXLEY, LANGER und BISCHOFF (zit. BISCHOFF) ist er beim Orang vorhanden. Die Muskulatur des Großzehenballens beim Gorilla zeigt, daB die mediale Abductorgruppe konstanter in Bau und in Stärke ist, als die laterale Adductorgruppe. Zwar sind immer ein Abductor und ein Adductor der großen Zehe vorhanden; rechnen wir aber ge- mäß der Innervation den medialen Kopf des M. flexor hallueis zum Abduetor (N. plantaris medialis) und den lateralen Kopf des Flexor nebst dem Opponens zum Adductor (N. plantaris lateralis), so tritt die Richtigkeit der obigen Aussage hervor. Zum Abductor gesellt sich nämlich immer ein medialer Kopf des Flexor hallueis; zum Ad- duetor hingegen gesellen sich zwar sowohl ein lateraler Kopf des Flexor als auch ein Opponens hierzu. Dies erfolgt aber nicht regel- mäßig. Nur bei einem Gorilla waren beide Muskeln vorhanden (HEPBURN); sonst kommt als Verstärkung der Adductorseite entweder nur ein Opponens allein (DUvERNOY, PırA) oder ein lateraler Kopf des Flexor allein (BiscHoOFF, DENIKER) vor. Einmal fehlten sowohl der Opponens als auch der laterale Kopf des Flexor, so daß auf der Adductorseite allein der M. adductor hallueis sich befand (SOMMER). b. Muskeln des Kleinzehenballens. M. abductor digiti pedis quinti. Er kommt 'bei allen bis- her untersuchten Gorillas vor. Er entspringt bei meinem Gorilla von der unteren Fläche des Calcaneus und dem Teile der Plantarfascie, der von dem Processus lateralis des Tuber calecanei zur Basis des Metatarsale 5 zieht. Der Muskel endigt in einer langen Sehne, die frei, ohne mit dem M. flexor digiti 5 zu verwachsen, zur Basis der Grundphalange der kleinen Zehe gelangt. Zuweilen ist der Muskel an der Insertion mit dem obenerwähnten Flexor verbunden (BıscHOFF, SOMMER). M. abduetor ossis metatarsi quinti. Er ist bei meinem Go- yilla als selbständige Bildung gut ausgebildet, entspringt von dem Processus lateralis des Tuber calcanei und inseriert an der Tube- rositas ossis metatarsalis 5. Der Muskel scheint auch bei den Go- rillas von HEPBURN und SOMMER vorhanden, aber mit dem M. ab- ductor digiti 9 verwachsen gewesen zu sein. Nach HEPBURN ist nämlich die Sehne des letztgenannten Muskels zweigeteilt; der eine Teil zieht zur Basis der Phalanx 1 digiti 5, ist also die Sehne des Abductor digiti 5; der andere Teil der Sehne zieht zur Tuberositas Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 223 ossis metatarsalis 5, stellt also die Sehne des Abductor ossis meta- tarsalis 5 dar. Nach Sommer teilt sich der Abductor digiti 5 in zwei Bäuche, von denen der eine mittelst einer starken Sehne, welche mit dem Flexor digiti 5 verwachsen ist, an der Basis der Grund- phalange der Zehe 5 inseriert. Der andere, laterale Bauch hingegen befestigt sich fleischig an der Tuberositas ossis metatarsalis 5; dieser ist wohl als ein Abduetor ossis metatarsalis 5 zu betrachten. Dieser Muskel ist auch beim Schimpanse, Cynocephalus sowie bei Prosimiae (MurIE und MiıvArT) gefunden worden. Bei dem Menschen kommt er nach Quaın bei 18°/, vor. M. flexor digiti pedis quinti brevis und M. opponens digiti pedis quinti. Sie sind bei meinem Gorilla miteinander ver- wachsen und entspringen als einheitliche Masse von der Basis des Metatarsale 5 und von der Scheide der Peronaeus-longus-Sehne. Der Ansatz liegt an der Basis der Grundphalanx der kleinen Zehe und am distalen Teile des Metatarsale 5. Bei anderen Gorillas verhalten sich die Muskeln folgendermaßen. Nach BıscHorr besaß die kleine Zehe einen Flexor brevis und auch einen Opponens, da einige mit dem Flexor brevis entspringende Muskelfasern sich am lateralen Rande des Mittelfußknochens ansetzen. DENIKER vermißte den M. flexor digiti quinti brevis gänzlich; hingegen war ein wie beim Menschen sich verhaltender M. opponens digiti 5 vorhanden. HErBURN fand sowohl den Flexor brevis als auch den Opponens; letzterer war so- gar besser als der Flexor entwickelt, mit welchem er am Ursprung verwachsen war. Der Flexor war seinerseits nur schwer vom Inter- osseus plantaris 3 zu trennen. SOMMER traf ebenfalls beide Mus- keln an, die.nur am Ursprung miteinander verwachsen waren. DUVERNOY, MACALISTER und CHAPMAN sprechen von einem M. flexor digiti quinti brevis, aber nicht vom ÖOpponens, so daß dieser bei den untersuchten Gorillas vielleicht fehlte. Auch bei den anderen höheren Primaten ist der Grad der Sonderung der Mm. flexor brevis et opponens der kleinen Zehe von- einander und von ihren Nachbarn sehr variabel. Beim Schimpanse fand HEPBURN zwar einen deutlich entwickelten Opponens, der Flexor war wie beim Gorilla HEPBURNs nur schwer vom Interosseus plan- taris 3 zu trennen. Bei Orang und Hylobates bestanden nach HEr- BURN beide Muskeln; sie waren miteinander verwachsen. Nach Quaın ist der Opponens des Menschen in 90°/, vorhanden; er ist meistens mit dem Flexor verwachsen, so daß er nur in 3,50%, als selbständige Bildung besteht. 224 Adolf Pira Auf die Ursachen der großen Variabilität der Muskulatur des Kleinzehenballens weisen die Untersuchungen von RuGE und Her- BURN hin. Rue hat die Entwicklungsvorgänge an der Muskulatur des menschlichen Fußes untersucht und gezeigt, daß die kleine Zehe anfangs keinen Opponens besitzt. Dieser Muskel kommt erst durch die Aberration von Muskelfasern des Flexor digiti quinti brevis auf das Köpfehen und die Außenfläche des Metatarsale 5 zum Vorschein; später zeigt er eine Abnahme, welche beim Erwachsenen zum gänz- lichen Schwund des Muskels führen kann. Auch HEPBUrN ist der Meinung, daß der Opponens ein Differenzierungsprodukt des Flexor brevis sei. Dieser soll nämlich ursprünglich aus zwei Köpfen be- stehen; ein medialer Kopf senkt sich in die Tiefe der Planta pedis und wird zu dem Interosseus plantaris 3; ein lateraler Kopf neigt dazu, mehr und mehr in einen Opponens überzugehen. Diese Meinung stützt HEPBURN auf die obenerwähnten, bei den höheren Affen bestehenden Verhältnisse der Mm. flexor brevis, opponens et interosseus plantaris 3 zueinander. Bei einem Gorilla und einem Schimpanse waren die Mm. flexor brevis et interosseus plantaris 3 miteinander innigst verbunden, während bei anderen Gorillas wie beim Orang und Hylobates der Flexor mit dem Opponens eng ver- schmolzen war. c. Die mittleren Fußmuskeln. M. flexor digitorum pedis brevis. Die Muskel- und Sehnen- elemente beim Gorilla, die dem Muskel des Menschen entsprechen, weisen bei verschiedenen Gorillas folgende Variationen auf. Bei den von MACALISTER und HEPBURN untersuchten Exemplaren war der kurze Beuger der Zehen ein einfacher Muskel, der vom Calcaneus entsprang und Sehnen nur zu den Zehen 2, 3 und 4 ab- gab. Bei den von DUVERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, SOM- MER und mir untersuchten Gorillas war der Muskel hingegen aus zwei Lagen zusammengesetzt, aus einer oberflächlichen plantaren und einer tiefen dorsalen. Die oberflächliche, plantare Schicht entsprang am Calcaneus und an der Plantarfascie und gab Tendines perforati zur zweiten Phalanx der Zehen 2 und 3 ab (DUvERNOY, CHAPMAN, BISCHOFF, DENIKER, SOMMER, Pıra). Die tiefe, dorsale Schicht be- stand bei einigen Gorillas aus Muskel- und Sehnenelementen (BISCHOFF, DENIKER, SOMMER, PırA), bei anderen Tieren hingegen war sie nur durch Sehnen repräsentiert (DUVERNOY, CHAPMAN). Bei allen Tieren mit Ausnahme desjenigen CHArMmAns (siehe unten) ent- Beiträge zur Anatomie des Gorilla. I. 295 sprang die tiefe Schicht von der Sehne des M. flexor tibialis und trat meistens zu den Zehen 4 und 5 in Beziehung (DuvErxoy, BISCHOFF, DENIKER: Gorilla juv., SOMMER, PırA). Bisweilen fehlt die Sehne zur Zehe 5 (DENIkER: Gorilla fötus); die tiefe Schicht kann sowohl zur Zehe 4 und 5 als auch zusammen mit der oberfläch- lichen Schicht zur Zehe 3 gelangen, dadurch daß ein Muskelbündel der tiefen Schicht zur Sehne der oberflächlichen Schicht für die Zehe 3 zieht (PırA). Beim Gorilla CuapmAns war die tiefe Schicht nur durch zwei Sehnen repräsentiert, welche zu den Zehen 4 und 5 zogen. Die Sehne für die Zehe 4 entsprang wie bei den anderen Tieren von der Sehne des. M. flexor tibialis, die Sehne für die Zehe 5 entsprang von der Sehne des M. flexor fibularis. Der M. flexor digitorum pedis brevis wechselt bei den Säuge- tieren stark sowohl im Bau, als auch im Grade seiner Selbständig- keit. Bei allen Affen kann er, selbst bei verschiedenen Individuen derselben Art, erhebliche Variationen zeigen, was aus den Arbeiten von LECHE und SOMMER hervorgeht und von letzterem durch eine Tabelle sehr übersichtlich dargestellt worden ist. Nach RızBInG soll für die Primaten folgende Regel gelten. Bei den Halbaffen ent- springt der Flexor brevis für die Zehe 2 von der Plantarfascie, die drei anderen kurzen Zehenbeuger hingegen von der Sehne des Flexor tibialis. Die Sehne für die Zehe 2 sendet eine Verstärkung zur Sehne für die Zehe 3. Bei den meisten Affen hat sich dieses Ver- halten in der Weise weitergebildet, daß der Flexor brevis für die 2., sowie ein Teil desselben für die 3. Zehe von der Plantarfascie und vom Caleaneus entspringen. Bei den Anthropoiden ist dieser Vorgang weiter geschritten; beim Menschen entspringen schließlich alle kurzen Zehenbeuger vom Calcaneus. Beim Schimpanse soll nach Kern dieses Überwandern des Ursprunges des Muskels von der Sehne des Beugers auf den Calcaneus besser als beim Gorilla markiert sein. Mm. interossei pedis. Sie scheinen beim Gorilla immer aus vier dorsalen und drei plantaren Gliedern zu bestehen. Sie ent- springen in der Regel wie beim Menschen, d. h. die dorsale zwei- köpfig von den einander zugekehrten Seiten je zweier Ossa meta- tarsalia, die plantare einköpfig von der medialen Fläche der Ossa metatarsalia 3—5. Ausnahmen kommen vor: der Interosseus dor- salis 2 kann nur den Ursprungskopf vom Metatarsale 2 besitzen (DENIKER). Hingegen können der Interosseus plantaris 1 (HEPBURN) sowie der Interosseus plantaris 2 (DENIKER) mit zwei Köpfen von 226 Adolf Pira den Metatarsalia 2 und 3 bzw. 3 und 4 entspringen. DUVERNOY er- wähnt ein Muskelbündel, das von dem Metatarsale 1 entspringt und an der Sehne des Adductor hallueis endigt; es ist möglicherweise ein vierter Interosseus plantaris. Die Insertionsweise der Mm. interossei pedis stimmt beim Go- rilla in der Regel mit derjenigen beim Menschen überein (DENIKER, SYMINGTON, HEPBURN, SOMMER, PırA). Zwei Interossei dorsales inserieren an der Zehe 2, die zwei anderen an der lateralen Seite der Zehen 3 und 4; die drei Interossei plantares inserieren an der medialen Seite der Zehen 3, 4 und 5. DuvErnoy und MACALISTER beschreiben eine andere Anordnung der Interossei pedis. Bei den von ihnen untersuchten Gorillas besaß nämlich die Zehe 3 zwei Interossei dorsales; die zwei anderen Interossei dorsalis inserierten, der eine an der medialen Seite der Zehe 2, der andere an der late- ralen Seite der Zehe 4. Die drei Interossei plantares heften sich fest: der eine an der lateralen Seite der Zehe 2, die zwei anderen an der medialen Seite der Zehen 4 und 5. Bei den Gorillas DuvErnoys und MACALISTERS wirken die Interossei dorsales also als Abductores, die Interossei plantares hingegen als Adductores, wobei die Achse durch das Metatarsale 3 verläuft. Das Verhalten entspricht demjenigen der Hand. Bei allen anderen Gorillas wirken die Interossei pedis als Abductores und Adductores, wobei die Achse durch das Metatarsale 2 wie am Fuße des Menschen verläuft. Beim Gorilla BıscHorrs scheint die Gruppierung der Mm. interossei sehr verwickelt gewesen zu sein; sie war sogar an beiden Füßen eine verschiedene. Diese wechselvolle Gruppierung der Mm. interossei pedis findet sich wie beim Gorilla nach LECHE, DUCKwORTH u. a. auch bei anderen Primaten vor. So kann beim Schimpanse die Ab- und Ad- ductionsachse sowohl durch die Zehe 2 als auch durch die Zehe 3 gehen. Beim Orang, bei einigen Hylobatiden und Cercopitheeidae geht die Achse durch die Zehe 3, beim Zemur durch die Zehe 3 oder durch die Zehe 4 usw. Diese Schwankungen finden durch die vorher erwähnten Untersuchungen von RuGE (zit. GEGENBAUR, QUAIN WIEDERSHEIM) über die Entwicklungsvorgänge der Muskulatur des menschlichen Fußes ihre Erklärung. Die Mm. interossei dor- sales liegen nämlich ursprünglich beim menschlichen Fötus in plantarer Lage und rücken erst in späteren Entwicklungsstadien in die Interstitien empor. Ursprünglich haben sie auch nur einen Ur- sprung, nämlich denjenigen, welcher dem lateralen Kopfe des de- finitiven Muskels entspricht. Bei einigen niederen Säugetieren sowie Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 227 bei gewissen Affen, z. B. bei Cebus und Cercopithecus, bleiben alle Mm. interossei zeitlebens plantar gelagert. Bei einigen Individuen selbst der Anthropomorphen weisen die Mm. interossei dorsales keine so ausgesprochene Lage auf wie beim Menschen. So bemerkt Duvernoy, daß die dorsalen Interossei des Gorilla hauptsächlich an der plantaren Fläche des Fußes zu sehen waren. Schon bei niederen Affen, z. B. bei Ateles und Inuus, können die Mm. interossei jedoch deutlich in dorsale und plantare aufgeteilt sein. Mm. econtrahentes. Sie scheinen in der Regel zu fehlen, mit Ausnahme des Muskels zur großen Zehe, des M. adductor hal- lueis (BISCHoOFF, HEPBURN, SOMMER, PIRA). MACALISTER spricht von einem Adductor digiti minimi des Gorilla, der nicht ein Interosseus gewesen zu sein scheint, da der Interossei besondere Erwähnung ge- schieht. Der betreffende Muskel dürfte wohl als ein Contrahens 5 zu deuten sein. Beim Schimpanse sollen nach Kertu die Mm. contrahentes, sei es als Muskelstreifen, sei es nur als Sehnenbänder deutlicher als beim Gorilla entwickelt sein. Beim Orang können die Contrahentes 2, 4 und 5 als Rudimente vorliegen. Aus den Arbeiten von LECHE und RıBBInG geht übrigens hervor, daß die Mm. eontrahentes um so kon- stanter anzutreffen sind, je weiter man in der Primatenreihe hinab- steigt. So kann bei Aylobates Contrahens 4 und 5 vorkommen. Unter den niederen Affen sollen Cynocephalus, Macacus, Üerco- piethecus, Pithecia und Ateles Contrahentes für alle Zehen, mit Aus- nahme für die Zehe 3, besitzen. Bei Hapale existieren Contrahentes bisweilen für alle Zehen; bisweilen fehlt der Muskel für die Zehe 4; bisweilen sind die Contrahentes für die Zehen 3 und 4 vermißt worden. Bei Tarsius, Lemur und Lepelemur sind Contrahentes für alle Zehen vorhanden. Die Interdigitalmembranen zwischen den Zehen 2 und 3 reichen bei meinem Gorilla bis zum distalen Ende der Grund- phalangen; zwischen den Zehen 3 und 4 sowie zwischen den Zehen 4 und 5 reichen sie ebenfalls fast bis zum distalen Ende der Grund- phalangen. In den beiden letztgenannten Interstitien erstrecken sich die Hautfalten weiter distalwärts als beim Gorilla SOMMERs, bei welchem die Membranen der beiden lateralen Interstitien sich nur bis zur Mitte der betreffenden Grundphalangen ausdehnen. KeıtH gibt an, daß die zwei proximalen Phalangen der Zehen beim Gorilla innerhalb der Interdigitalmembranen liegen. 2928 Adolf Pira Allgemeine Erläuterungen und Ergebnisse. Die abpräparierte Muskulatur des Armes meines Gorilla hatte etwa dasselbe Gewicht wie diejenige des Beines, mit einem nur un- bedeutenden Mehrgewicht (etwa 40 g) für das Bein. Das Gewicht der Muskelmasse des Armes verhielt sich zu demjenigen des Beines wie 1:1,08. Beim Orang hat man das entsprechende Zahl- verhältnis zu 1:1,02, beim Hunde zu 1:1,65 und beim Menschen zu 1:3 bestimmt. Das Gleichgewicht der Muskelmassen der vorderen und hinteren Extremitäten der Anthropomorphen findet wenigstens teilweise seine Erklärung durch die große Länge des Armes sowie durch dessen Gebrauch als Heber des ganzen Körpers beim Klettern, eine Arbeit, welche eine kräftige Muskulatur voraussetzt. Demgemäß ist auch der Schultergürtel des Gorilla durch einen starken, von vier Muskeln, dem kräftigen Cervicalteil des M. trapezius, dem Omo-cervicalis, dem kräftigen M. rhomboides und dem M. levator sca- pulae, gebildeten Aufhängungsapparat an den Rumpf fixiert. Benachbarte Muskeln sind oft sehr schwer voneinander zu trennen, beziehentlich sind sie miteinander in größerer oder kleinerer Ausdehnung verwachsen. Dies Verhalten ist auch von anderen Forschern für den Gorilla beobachtet worden. Ich gebe hier eine Zusammenstellung derjenigen Muskeln, die miteinander ver- wachsen können. Vordere Extremität: Mm. latissimus dorsi et teres major (im Sehnenteil), Mm. levator scapulae et serratus anterior (selten), M. teres major mit dem M. infraspinatus oder mit dem M. sub- scapularis, M. brachialis mit den Mm. deltoides, brachio-radialis, triceps oder pronator teres, M. brachio-radialis mit den Mm. deltoides, brachialis, triceps oder biceps, Mm. flexor digitorum sublimis et profundus durch ein kleines Muskelbündel, Mm. pronator teres, flexor carpi ulnaris, flexor digitorum sub- limis und flexor carpi radialis am Ursprung, Mm. opponens et flexor brevis pollieis, Mm. opponens et flexor brevis digiti 5. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 229 Hintere Extremität: Mm. glutaeus maximus et ischio-femoralis, Mm. ischio-femoralis, eaput longum bieipitis und semitendinosus am Ursprung, M. glutaeus medius mit dem M. scansorius oder dem M. piri- formis, -M. obturator internus mit dem M. obturator externus (Sehnenteil) oder mit dem M. quadratus femoris, Mm. gemelli miteinander und mit dem M. obturator internus, M. quadratus femoris mit dem M. gemellus inferior, M. pectineus mit dem M. obturator intermedius, M. praesemimembranosus mit dem M. adductor magnus s. str. oder mit dem M. semimembranosus (proximal), Mm. peronaei longus et brevis, Mm. flexores tibialis et fibularis (Sehnenteil), Mm. flexor brevis et abductor hallueis, Mm. opponens et adductor hallueis, Mm. abductor ossis metatarsalis 5 et abduetor digiti 5, Mm. abductor et flexor brevis digiti 5, Mm. flexor brevis et opponens digiti 5. Aus dieser Zusammenstellung entnehmen wir, daß die Ver- wachsungserscheinungen insbesondere am Schultergelenk und am Oberarme, am Hüftgelenk und in der Fußsohle (wo die langen Flexoren mit dem Sehnenteil, die kurzen auch mit dem Muskelteil ver- schmelzen können) vorhanden sind. Betreffs des Oberarmes haben schon DuvErnoy und BiscHorr die erwähnte Tatsache beobachtet. Ersterer hebt hervor, daß die Oberarmmuskeln durch die innigen Verbindungen besser zusammen arbeiten, d. h. mehr als eine Einheit wirken können, allerdings auf Kosten der Unabhängigkeit der be- sonderen Wirkungen jedes einzelnen Muskels. Ich habe die Beobachtung gemacht, daß die Muskeln des Gorilla erst auffallend weit distalwärts inihre Sehnen übergehen. Manchmal entwickelt sich die Sehne nur auf einer Seite des Muskels und wird von Muskelfasern bis zur Insertion begleitet. Demgemäß kann die Muskelsubstanz sich sogar eine Strecke weit längs der proximalen Phalange des Daumens und der großen Zehe distalwärts erstrecken. Ebenso reichen, um noch ein Beispiel zu erwähnen, Muskelfasern aus der Wadenmuskulatur der Achillessehne entlang bis zum Fersen- beine hinab. Duvernoy, der dieses Verhalten auch beobachtet hat, ist der Meinung, daß die Wirkungen der Muskeln auf diese Weise kräftiger 230 Adolf Pira “ werden. Eine andere Folge dieses allmählichen ‚Überganges des Muskelbauches in die Sehne ist die, daß die Gliedmaßen sehr plump ohne plastische Konfiguration sich darstellen. Wenn wir von der Be- deutung der Muskulatur für die Körperform des Gorilla sprechen, so ist auch folgendes erwähnenswert. Die kräftige, auch von den langen Dornfortsätzen unterer Halswirbel unterstützte Nacken- muskulatur gibt der Nackenregion eine nach hinten konvexe Krüm- mung. Weiter ist zu erwähnen, daß die Beine infolge der Kürze der Mm. semitendinosus et caput breve bieipitis und der beiden Gastroenemiusköpfe nicht vollständig gestreckt werden können, sondern im Kniegelenk gebeugt sind. Beim Studium des Muskelsystems des Gorilla kam man schon früh zu dem Ergebnisse, daß Varietäten in der Anordnung der Muskeln in sehr bemerkenswerter Weise auftreten. BISCHOFF schreibt im Jahre 1880: »Es sind, wie ich glaube, noch nicht zwei Orang, Schimpanse, Gorilla untersucht worden, bei denen die An- ordnung der Muskeln ganz dieselbe war .. .«, und DENIKER betont in seiner Arbeit von 1885 die große Variabilität der Anthropomorphen- muskulatur; er schlägt auch vor, den normalen Muskeltypus nach der statistischen Methode festzustellen. Bis heutzutage ist jedoch keine ge- nügend große Anzahl von Individuen untersucht worden, um diese Me- thode brauchbar zu machen. Das Muskelsytem des Gorilla ist bisher nur an etwas mehr als einem Dutzend Exemplaren untersucht worden, bei einigen unter diesen selbst nicht gründlich genug. Dazu kommt, daß dieses Dutzend aus einem bunten Gemisch junger und alter, männlicher und weiblicher Tiere besteht. Es ist daher klar, daß die statistische Behandlung der Muskelvariationen noch nicht vorgenommen werden kann. Daß erhebliche Variationen im Bau der Extremitäten- muskulatur vorhanden sind, ist festgestellt, die Bedeutung der Details dieser Variationen liegt aber noch im Dunkel. Wenn ich einige dies- bezügliche Ergebnisse meiner Arbeit trotzdem hervorhebe, so tue ich dies im Bewußtsein, daß manches Ergebnis vielleicht auf das Konto des Geschlechtsdimorphismus oder der Altersunterschiede u. a. zu schreiben sei. Noch verwickelter wird die Schätzung der Varia- tionen dadurch, daß ein und derselbe Muskel an rechter und linker Seite eines und desselben Individuums im Bau erheblich variieren kann. Im folgenden gebe ich eine Übersicht über die Variations- fähigkeit der Extremitätenmuskeln des Gorilla, je nachdem deren Ursprung oder Insertion oder deren beide variieren. Es folgt ein Verzeichnis der Muskeln, die in der Stärke variieren können, dann Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 231 ein Verzeichnis über die Muskeln, welche bis zum Schwund reduziert werden können, und endlich ein Verzeichnis der Muskeln, die bei einem und demselben Tier variieren können, also die bilaterale Symmetrie des Tieres stören. Betreffs des Ursprunges variieren an der vorderen Extremität: hinteren Extremität: M. trapezius M. psoas major M. latissimus dorsi M. glutaeus medius M. rhomboides M. glutaeus minimus M. levator scapulae M. sartorius M. omocervicalis M. rectus femoris M. pectoralis major Mm. adductores femoris M. pectoralis minor M. extensor digitorum longus M. teres major M. extensor hallueis longus Mm. lumbricales M. peronaeus brevis M. adductor pollieis M. soleus Mm. lumbricales M. flexor hallueis brevis M. adduetor hallueis. Betreffs der Insertion variieren an der vorderen Extremität: hinteren Extremität: M. latissimo-econdyloideus M. biceps, Caput longum M. flexor digitorum profundus M. graeilis M. extensor digitorum eommunis M. flexor tibialis M. extensor digiti 5 proprius M. flexor fibularis Mm. extensores digitorum profundi M. tibialis posterior. Betreffs des Ursprunges sowie derInsertion variierenander vorderen Extremitiät: hinteren Extremität: M. serratus anterior M. glutaeus maximus M. brachio-radialis M. biceps femoris, Caput breve M. pronator teres M. flexor digitorum brevis. Mm. interossei. In der Stärke variieren an der vorderen Extremität: hinteren Extremität: M. anconaeus M. tensor fasciae latae M. pronator teres M. quadratus femoris M. pronator quadratus M. sartorius. M. extensor carpi radialis brevis Morpholog. Jahrbuch. 48. 16 232 Adolf Pira In der Lagebeziehung der Sehnen variiert an der M. M. M. M. vorderen Extremität: M. flexor digitorum sublimis. Muskeln, welche fehlen können An der vorderen Extremität: subelavius, pronator teres, Caput ulnare, palmaris longus (in der Regel), flexor pollieis longus (alle Übergänge zwischen vollständiger Entwicklung und gänzlichem Fehlen vorhanden), M. M. flexor pollieis brevis, Caput ulnare, palmaris brevis, Mm. contrahentes (in der Regel). ii M M M. M M. M. weilen An der hinteren Extremität: . psoas minor (fehlt selten), . agitator caudae (meistens, als selbständige Bildung immer), . scansorius (wenigstens als selbständige Bildung),' . gemellus superior (wenn vorhanden, immer schwach), obturatur intermedius, . pectineus (fehlt selten), peronaeus tertius (nur einmal von der Sehne vertreten?), extensor lateralis digiti 5 (Peronaeus parvus, nur Sehne bis- vorhanden), . plantaris (fehlt immer), . peroneo-tibialis (fehlt immer), . quadratus plantae, . flexor hallueis brevis, Caput laterale, . opponens hallueis, . abductor ossis metatarsalis 9, . flexor digiti 5 brevis, M. opponens digiti 5, Mm. contrahentes (in der Regel). Muskeln, die in der Anordnung an der rechten und linken Extremität eines und desselben Gorilla Unterschiede zeigen M. M. können: An der vorderen Extremität: coraco-brachialis (HEPBURN), pronator teres (PıRA), Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 233 M. flexor digitorum sublimis. Lagebeziehung der Sehnen am Carpus (DENIKER: Gorillafötus), M. flexor pollieis longus (SOMMER), M. brachio-radialis (PırA), M. extensor carpi radialis longus (PIRA). An der hinteren Extremität: M. glutaeus medius, betreffs der Verwachsung mit dem M. piri- formis (SOMMER), M. obturator intermedius; Beziehung zu dem M. pectineus (PırA), M. sartorius; Ursprung (CHAPMAN bzw, KELLY), M. pectineus; Dasein (PırA)._ M. soleus; Ursprung (MACALISTER). Aus den Verzeichnissen ergeben sich folgende Tatsachen: An der vorderen Extremität variieren am Ursprung hauptsächlich nur Muskeln, die in Beziehung zum Schultergürtel und zum Schulter- gelenk stehen, in der Insertion eigentlich nur einige Muskeln der Finger. Sowohl im Ursprung als auch in der Insertion variieren hauptsächlich nur Muskeln, die auf das Ellenbogengelenk wirken. An der hinteren Extremität ist das Verhalten verwickelter. Im Ursprung variieren zwar auch Muskeln, die in Beziehung zum Hüft- gelenk stehen; zu ihnen gesellen sich aber einige Muskeln, die auf Kniegelenk, Fußgelenk und auf die Zehen wirken. Muskeln, die in der Insertion variieren, beziehen sich ebenso auf alle Gelenke des Beines, diejenigen, die sowohl im Ursprung als auch in der Insertion Variationen zeigen, stehen in Beziehung zu allen Gelenken des Beines, mit Ausnahme des Fußgelenkes. In der Stärke, ohne doch je zum Schwund rückgebildet zu werden, variieren an der vorderen Extremität einige Muskeln, die in Be- ziehung zum Ellenbogen- und Handwurzelgelenke stehen, an der hinteren Extremität eine geringe Anzahl proximaler Muskeln. Muskeln der vorderen Extremität, die fehlen können, sind hauptsächlich nur distale Flexoren, die an der hinteren Extre- mität bisweilen fehlenden Muskeln hauptsächlich Muskeln, die in Beziehung zu den Bewegungen des Hüftgelenkes und der Zehen stehen. Bezüglich der Variation und der Reduction verdienen die Muskeln des Daumens besondere Aufmerksamkeit. Sowohl der lange als auch der kurze Beuger sind rückgebildet, bisweilen bis zum Schwund, und die Streck- bzw. Abductionsbewegungen des Daumens 16* 234 Adolf Pira sind infolge der variierenden Anordnung der Extensormuskulatur be- schränkt. Auch die Bewegungen der großen Zehe sind beschränkt; die Extension wird immer von Abduction begleitet, und die Flexion wird infolge Sehnenanastomosen mit Flexion anderer Zehen ver- bunden und hinsichtlich der Effektivität durch Rückbildung des kurzen Flexor vermindert sein. Die Beschränkungen der Bewegungs- fähigkeit des Daumens und der großen Zehe sind mit Rückbildung der Länge derselben verbunden, eine Rückbildung, die während der Ontogenese des Gorilla sich zu vollziehen scheint, da DENIKER den Pollex und den Hallux beim Gorillafötus relativ kräftiger entwickelt als beim erwachsenen Tiere fand. | Durch die weit distalwärts reichenden Interdigitalmembranen werden die Bewegungen jedes einzelnen Fingers und jeder einzelnen Zehe beschränkt. Die vier ulnaren Finger wirken als einheitliche Bildung, und die Hand mit dem rückgebildeten Daumen kann mehr als ein Werkzeug für Schwingklettern denn als ein zweckmäßiges Greiforgan betrachtet werden. Fast alle Autoren, die sich mit der Anatomie des Gorilla be- schäftigt haben, haben besondere Aufmerksamkeit auf die Beziehung des Tieres zum Menschen verwendet. Diese Frage ist natürlich sehr lockend, da schon das Epitheton »menschenähnlich« den Forscher bewegt, zu entscheiden, inwieweit das Tier diesen Namen verdient. Die Frage ist aber ebenso schwer zu beantworten wie interessant. Deshalb sind die Meinungen auch sehr verschieden. Zwei so er- fahrene Forscher wie HuxLe£y und BiscHorFrF sind zueinander diametral entgegengesetzten Resultaten gekommen. Ersterer ist der Ansicht, daß die anatomischen Verschiedenheiten, welche den Gorilla von dem Menschen scheiden, nicht so groß seien als die Unterschiede, die diesen Menschenaffen von den niederen Affen trennen. BISCHOFF hingegen ist der Meinung, daß der Gorilla bedeutend verschiedener von dem Menschen als von seinen übrigen Stammverwandten, den niederen Affen, sei. Da die Beantwortung der Frage, insofern sie mit Hilfe der Morphologie gegeben werden kann, natürlich nicht durch das Studium eines einzelnen Organsystemes erfolgen kann, sondern eingehende, vergleichende Studien aller Organsysteme voraus- setzt, so gehe ich darauf hier nicht ein, behalte mir aber vor, die aus meinen Studien des Extremitätenmuskelsystems zu ziehenden Er- gebnisse später zu veröffentlichen. Nur eine Meinung in dieser Frage möchte ich hier äußern. Es ist meiner Ansicht nach wahr- scheinlich, daß das Mittel zwischen den- Ansichten HuxLeys und Beiträge zur Anatomie des Gorilla. II. 235 BıscHorrs sich der Wahrheit am meisten nähere, daß beim Gorilla mit der großen Variationsbreite einige Individuen mit mehr menschen- ähnlichem anatomischen Bau als andere anzutreffen seien. Literaturverzeichnis. BISCHOFF, Tu. L. W. Beiträge zur Anatomie des Gorilla. Abhandl. d. math.- phys. Classe d. künigl. bayerischen Akad. d. Wissenschaften. Bd. XII. Abth. III. München 1880. 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VERS TEE ae SHENSOE faBciae latae .. x u... 2 wear ER TEOTO- DEIN OFR TR De ae ins ‚selutaane Medina a ee Eile a a MOSER MEILIRSUS DRITTEN en ds are ae nn are aan MBERHRDTTURN 4 ee aller nl sah alekarcht Se DES TITHOTINIEE 2 OL ve ae a EL Era‘ Me obturator: INTornuBe"- ae ig anne ae a Mech Fa RE LE DORT TIPS RAS EEE Megnadratus-fomoris: © 0... 0270 0 ee Tee tere nt M.’obturator externus . ». - =... .. ee MM obtarator: miermediuß? «0 nn une an ae 2. Muskeln des Oberschenkel». A. Die hinteren Oberschenkelmuskeln: BeEEEBBBEBEBE M:»bieeps: femoris:.. & st nina Alena ae et ea M&semitendinosus. sc. trennen Rau rg en waere ee M + SsemimembrAnosus. -, A mtten co iemäh um aa nerene Fee M. praesemimembranosus. -. » ». - 2er... B. Die vorderen Oberschenkelmuskeln: IM SATFOT U ee Rn BR ae. M. quadriceps femoris . . . . » RI ee ER DE a C. Die inneren Oberschenkelmuskeln: Mi rain ee He rue See M, (Sra@ilis-aecesRoriug)... 1. tnimt neuen ne M.. HDechneus. x... 26a he ae ze ee an Er Mm adduciores; za: von er re ar ae ee ae en denn 3. Muskeln des Unterschenkels. A. Die vorderen Unterschenkelmuskeln. Meetınisliswantenors nee ne ee ea See Mextensor Hallneıs IonguB: =. 0. 20. ee tete M. extensor digitorum pedis longus. . .».. re. e. ML ‚perongens fernsehen ae B. Die lateralen Unterschenkelmuskeln: M: peronagun lOnSUB N ea er Mi, DETONROUST DIEVIN ne a en ee M. extensor lateralis digit. pedis 5.» ». - se... ee Slheen ey, ee ee rd ER SE RN RR FE BER AREHEL EEMSLRIE. PERLE ER 237 Seite 238 Adolf Pira, Beiträge zur Anatomie des Gorilla. 11. Seite C. Die hinteren Unterschenkelmuskeln: M. gastroenemius = Mer sr... ee 207 M.'Solen8‘... Ye man 2 209 M: ‚(plantariey'..; 2,2. Saal dr ss fagl 7, 22 A 210 M. popliteue. . .. ....-.2 see rn 2 an 211 M. (peroneo-tibialie) -.. --; . „sense u u wur Jar 212 M. flexor tiblalis.: «a: Je zn A en ee a 212 M. dexor Aibularis u... 4.704 2 see 213 M. tibialis -Posterier 1.*. 0.20.20 Kane, a ee 215 M. quadratus.:plantae.. - ... ui. 4 2. 2.00, 2 Do ee 216 Mm. :lumbricales . ©: =u-..2.:.0 20.2.2 02.00...20 216 4. Muskeln des Fußes. A. Die Muskeln des Fußrückens. M. extensor digitorum pedis brevie . ......°. > 2 ser 217 B. Die Muskeln der Fußsohle. a. Muskeln des Großzehenballens: M. abduetor hallueis‘. . ... - » .. 2020 ale ee 218 M. Hiexor hallueis 'brevis - +... =... 00. 02 me ee 219 M. flexor 'hallueis aecessorius . . ... .. . er. we 220 M. adduetor hallueis - . . - ..e.- a....0.2 Ws 220 M. opponeons hallucis .. .... ou... 2 a 221 b. Muskeln des Kleinzehenballens: M. abduetor digiti pedis 5°. . . . . „3.7 Weck 222 M.'abductor ossis metatarsalis 5 . . 2. Sr 222 M. diexor digiti pedis 5 brevis'. .: . 2. r msBEsrr 223 M. opponens ’digiti pedis b: .-: . . 7 See 223 c. Die mittleren Fußmuskeln: M. dlexor digitorum: pedis brevis . . :... 2 ze 224 Mm. ‘interossei pedis : : ... « 2. 22... Gelee 225 Mm. contrahentes : -. : 2 2.5 2°... %°2 Sam See 227 Die Interdigitalmembranen....:. -: - '* .- =.%....% ' „ra Se are 227 Allgemeine Erläuterungen und Ergebnisse. Das 'Gewicht der’ Muskelmassen. - . . „2. res 228 Das Verwachsen ‘der Muskeln: : : . 2... VassessErE 228 Die Beziehung der Muskeln zu ihren Sehnen. . °...... 229 Die Variationserscheinungen der Muskeln... ....... 230 Literaturverzeichnis Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Em- bryologie der Nase der Primaten. III. Die Regio ethmoidalis des Primordialcraniums mit Deck- knochen von einigen Catarrhinen, Prosimiae und dem Menschen!, Von 6. P. Frets Privatdozent für Anatomie an der Universität in Amsterdam. Mit 55 Figuren im Text und Tafel VII. Es wurden die folgenden Embryonen und Föten untersucht: Macacus cynomolgus. Kopf-Steißlänge 47 mm. Der Kopf wurde in zwei Stücke geschnitten. Das erste Objekt besteht aus 10, das zweite aus 40 großen Objektträgern mit Schnitten zu 20 u. Semnopithecus maurus. Nr. 125 der Sammlung des Zool. Inst. Utrecht. Größte Länge 26 mm. (KeısEr 1906), Schnittdicke 20 u. Propithecus. Kopf. Serie B. 55 mm Sch.-St.-L. 25 u; 149 große Objektträger. Propithecus. Kopf. Serie A. 65 mm Sch.-St.-L. Größte Länge des Kopfes 22,5 mm. 25 u; 143 große Objektträger. Lemur melanocephalus. Kopf. Serie A. Sch.-St.-L. 66 mm; 25 u; 179 große Objektträger. Lemur melanocephalus. Kopf. Serie B. Sch.-St.-L. 73 mm; 25 u; 320 große Objektträger. Tarsius speetrum. Nr. 555 der Sammlung des Zool. Inst. Utrecht. Sehnittdieke 20 u. Homo, mehrere Serien. i Vgl. auch Morphol. Jahrb. Bd. XLV u. XLIV und Proceedings Royal Society. Amsterdam 1912. 240 G. P. Frets Macacus cynomolgus. K.-St.-L. 47mm. (Modell; Taf. VII, Fig.1—3.) Keine Verknöcherung außer im Alisphenoid; etwas jünger als My- cetes seniculus A (1912). Sehr guter Erhaltungszustand. Vom Gebiet des Basalknorpels und der äußeren Nase wurde bei 50facher Vergrößerung ein Wachsplattenmodell gemacht. Man sieht am Modell, daß die knorpelige äußere Nase sich ohne Grenze in die übrige Nasengegend fortsetzt (Fig. 2); die Differenzierung der äußeren Nase ist jedoch weiter geschritten als bei der platyr- rhinen äußeren Nase. Man sieht hier nicht zwei gebogene Knorpel- blätter, doch erkennt man schon Fig.1. ein Crus mediale der künftigen Cartilago alaris. Auch der Sep- tumbeginn ist selbständiger. Die Nasenöffnungen liegen nach vorn und dicht nebeneinander; sie sind von einem Epithelpfropf verlegt (Fig. 1). Im Anfang der Nasenhöhle kommt auf der Grenze von Dach und Septum eine Schleimhaut- vorwölbung vor (1 IIL!; 1912 als Schleimhautvorwölbung1 bezeich- net); sie geht auf die laterale Wand über (1 IV) und endigt rasch (2 II 12). Die septale Vor- Macacus cymomolgus. Schn. 1 TI12. ne Nasen- wölbung ist anfangs (d I) 2 eingang. regelmäßig, dann spindelförmig und schwindet gleichmäßig flacher werdend (Fig. 2,3; 21V 12). Vom Knorpelblatte, das den Nasen- eingang begrenzt, ist der laterale Teil nur wenig gekrümmt; das Ende ist etwas verdiekt zum Processus navieularis (1 III bis 1 IV 6). Die Schleimhaut wölbt sich in dieser Gegend in die Nasenhöhle vor (1 IH); die Vorwölbung wird nach innen schwächer (2 I), begrenzt mit der Vorwölbung 1 eine laterale Ausbuchtung der Nasenhöhle und schwindet rasch (2III). Dann ist die Nasenhöhle eine lateral- wärts schwach gebogene Spalte (Fig. 2, 3), welche sich oralwärts in den Nasengaumengang fortsetzt. 1 Von den Objektträgern erhalten 1 u.2 4><11 Schn., 3 u. 4 4x<11, 5u.6 4><10, 7—10 4><9Schn. Vom zweiten Teile des Präparates ($. 239) sind die Objektträger als 1’ usw. bezeichnet. Beiträge zur vergl. Anatomie und Embryologie der Nase der Primaten. III. 241 Das orale Ende des Septums ist anfangs gerade und flach (1 III); es wird rasch kolbenförmig. Der Basalknorpel ist gut entwickelt; wahrscheinlich ist er in diesem Stadium noch nicht ganz ausgebil- det. Er fängt als Processus anterior lateralis superior ! etwas oral vom Ende der knorpeligen lateralen Wand an (2110). Er geht medialwärts über in den Processus anterior medialis superior, der an das orale Ende des Septums grenzt (Fig. 2). Der Processus la- teralis verkürzt sich sehr (2 III 1). Etwas mehr nach innen liegt der Processus medialis anterior inferior (2 III 5), der sich in der Macacus cynomolgus. Schn. 2118. plsa Proc. lat. sup. ant.; pmsa Proc. med. sup. ant.; pm Os prae- maxillare; n Os nasale; Z und 2 Schleimhautvorwölbung 1 und 2; Z Zunge. Lamina praeductalis mit den anderen Vorsprüngen des Basalknorpels vereinigt (Fig. 3). Hier verläuft der Processus medialis superior schräg, sein orales und mediales Ende ist mit dem Septumende in Berührung. Unmittelbar nach hinten von der Lamina praeductalis verläuft der Ductus nasopalatinus. Von der Lamina praeductalis geht ein kleiner Processus lateralis inferior ab. Nach innen vom Ductus nasopalatinus bilden die beiden Processus laterales eine Knorpelplatte, welche rasch kürzer wird; der untere Teil setzt sich nach innen fort, liegt lateral vom unteren Ende des Ductus naso- palatinus und dann oral von ihm (bis 3113). Auch die Processus ı Für die Namen vgl. 1912, S. 564. 242 G. P. Frets Fig. 3. Macacus cynomolgus. 47 mm. Schn. 21II8. /!pd Lamina praeductalis; pms, pls Proc. med. sup. u. Proc. lat. sup.; pli und pmi Proc. lat. inf. und Proc. med. inf.; Pm Praemaxilla; M Maxilla; ppmprm Proc. palat. med. praemaxill.; dnp Duct. nasopalatinus; J.o Jacossonsches Organ. Fig. 4. ER. Ppmprm PP Macacus cynomolgus. 47 mm. Schn. 2IV2. J.k Jacozsonscher Knorpel; pp Papilla palatina. Beiträge zur vergl. Anatomie und Embryologie der Nase der Primaten. III. 243 mediales bilden nach innen eine Lamelle, der obere Teil liegt als gerades Knorpelstückchen oral vom Septum und endigt beim Be- ginn des Vomer (3119), ist also der Jacogsonsche Knorpel (Fig. 4). Der Ductus nasopalatinus ist nicht durchgängig; das Epithel ist kubisch. Es ist eine Papilla palatina ausgebildet. Sie ist eine hügelartige Vorwölbung der Gaumenschleimhaut (Fig. 3 u. 4). Sie fängt zugleich mit den Zahnleisten an; diese hängen in der Median- linie zusammen, liegen anfangs an den Rändern der Papilla und rücken rasch etwas lateralwärts (Fig. 3, 2 III2). Mehr nach innen setzen sich die begrenzenden Rinnen der Papilla in die Ductus nasopalatini fort (Fig. 4). Die Papilla endigt unmittelbar nach innen von der spaltenförmigen Einmündung am Munddach des Ductus naso- palatinus (2 III 11). Ein Jacogsonsches Organ fehlt. An verschiedenen Stellen der Nasenschleimhaut münden kurze, ziemlich große Drüsenröhrchen ein. An ein Rudiment eines JAcoBsonschen Organes erinnert eine seichte Grube (2 III 10, Fig. 3), welche links eine Strecke von fünf Schnitten etwas dorsal vom Septumende vorhanden ist. Nach innen vom Ductus nasopalatinus wird die einfach spalt- förmige Nasenhöhle etwas komplizierter. Auch das Epithel diffe- renziert sich; im Nasendach wird es höher. Nach innen vom Duc- tus nasopalatinus fängt ziemlich plötzlich der untere Nasengang an (21V 11; Fig. 5); plötzlich fängt auch das Maxilloturbinale an (313). Der schwach medial gebogene, orale Teil der lateralen Wand erhält eine kleine Anschwellung (3 14, Fig. 6), welche sich nach innen vergrößert (Fig. 7); diese ventrale Vergrößerung endigt rasch (3116). Dann ist das Ende, der Körper des Maxilloturbinale, knopfförmig. Die Fortsetzung in die laterale Wand wird nach innen länger, indem sie den Boden des Recessus maxillaris bildet. Die Ver- breiterung der knorpeligen Nasenwand ist anfangs nur klein (318), nimmt nach innen zu (Fig. 7, 8). Beim Anfang der Verbreiterung liegt etwas lateral von ihr ein Knorpelstückchen (3 I 11, Fig. 7), das sich nach innen der knorpeligen Nasenwand bis zur Berührung nähert, es wird kleiner und schwindet. Es liegt dorsal vom Duc- tus nasolacrimalis (vgl. S. 244) und ist das Homologon des Pro- cessus lacrimalis der Platyrrhinen (1912) und des Processus para- nasalis des Menschen (S. MIHALCcovIcCS). Der Recessus maxillaris ist klein; er tritt bald nach seinem Anfang (3 II 11) mit dem mittleren Nasengang in Verbindung (3 II 2); er erscheint wie eine Ausbuchtung des mittleren Nasenganges. Nach 244 G. P. Frets Macacus cynomolgus. AT mm. Schn. 313. zıng Unterer Nasengang; mt Anfang des Maxilloturbinale dnl Ductus nasolacrimalis; dnp Duct. nasopalatinus; M Maxilla; pm Praemaxillare; ppm sein Pro- cessus medialis palatinus; V Vomer; plp Processus lateralis posterior (inferior); Jk JacoBson scher Knorpel; nt Nasoturbinale, Macacus cynomolgus. 47 mm. Schn.319. cm Concha media, Beiträge zur vergl. Anatomie und Embryologie der Nase der Primaten. III. 245 innen wird er höher, sein dorsaler oberer Teil wird allmählich in den mittleren Nasengang aufgenommen, sein ventraler unterer Teil schnürt sich ab (3 IV 8), ist schlauchförmig und setzt sich weit nach innen fort (bis 4 IV 9). E. Fischer (1903) erwähnt den Recessus maxillaris nicht. Die Form des Stieles ändert sich nach innen, wenn er länger wird. Der mediale Teil verläuft schräg dorsal, dann biegt er ven- tral um, um sich schließlich wieder lateral zu wenden und in die laterale Wand umzubiegen. Die ventrale Umbiegungsstelle bildet eine Leiste, Crista lacrimalis (s. S. 244), welehe an der Unterfläche des Stieles, der hier den Boden der Nasenhöhle bildet, liegt und den Suleus lacrimalis begrenzt. Von der genannten Leiste geht ein Vorsprung, der Processus palatinus des Maxilloturbinale (3 III 10—3 IV 8), ab; er ist klein und teilweise vorknorpelig (Fig. 8). Mehr nach innen wird die Form des Maxilloturbinale einfacher, die Ecken des Stieles werden abgestumpft, ein selbständiger Körper ist nicht mehr zu unterscheiden; bloß an der Stelle, wo mehr nach vorn der Processus palatinus abging, erscheint hier und da noch ein kleiner Vorsprung (z. B.4 116). Das Maxilloturbinale endigt als das medialwärts umgebogene Ende der knorpeligen lateralen Wand und umfaßt das Ende der Pars inferior des Recessus maxil- laris, wie z. B. bei Mycetes. In dieser Gegend fängt die Pars hori- zontalis palatini an. Hinter dem Ende der Pars inferior des Re- cessus maxillaris (4 IV 9) verschmilzt das umgebogene Ende der la- teralen Wand mit dieser, so daß sie angeschwollen endigt (bis 5 II). Die Concha media ist eine wenig differenzierte, sagittal ge- stellte Platte, welehe nach vorn frei vorragt (319), aber sich rasch mit der lateralen Wand vereinigt (3 IL 6; Fig. 6—8). Die knorpelige Concha ist noch nicht voll ausgebildet, sie fängt als kleine Knorpel- platte an (3 II8) und verbindet sich etwas nach innen und dorsal vom Nasoturbinale mit der lateralen Wand (3 IV 3). Das orale, freie Ende ist etwas verdickt; nach innen bildet die Concha bloß eine Leiste der lateralen Wand, welche ganz allmählich endigt. Vom Nasoturbinale (S. 240, Vorw. 1) ist der Anfang schon beschrieben; das knorpelige Nasoturbinale hebt sich nur wenig von der lateralen Wand ab (2 IV 8), bildet eine sehr schwache Vorwöl- bung in die Nasenhöhle. Hier endigt mit scharfem Rande das Sinnes- epithel (Fig. 7). Gerade über dem Nasoturbinale liegt der Stiel der Concha media (3 15). Das Nasoturbinale ist noch teilweise vorknorpelig. Beim Beginn des Recessus maxillaris ist es etwas 246 G. P. Frets größer (3 IL 6), liegt medial und dorsal vom Recessus maxillaris, bildet keinen freien Vorsprung, der sich von der lateralen Nasen- wand ablöst, wie bei den untersuchten Platyrrhinen, sondern wird kleiner und schwindet (3 IV 8; Fig. 7 u. 8). Eine Concha superior ist nicht ausgebildet. Fig. 7. Macacus cynomolgus. 47 mm. mt Maxilloturbinale; nt Nasoturbinale; cm Concha media; pl Pro- cessus lacrimalis; ung Unterer Nasengang; m Maxilla; L Lacrimale; V Vomer; Jk JacoBsox scher Knorpel, Fig. 8. Macacus cynomolgus. 47 mm. ppmt Processus palatinus maxilloturbinalis; nio Nerv. infraorbitalis. Beiträge zur vergl. Anatomie und Embryologie der Nase der Primaten. II. 247 Das Sinnesepithel kleidet den oberen Teil der Nasenhöhle aus, breitet sich auch noch auf den Stiel der Concha media und im oberen Teile des mittleren Nasenganges aus, nicht in den Recessus maxillaris (Fig. 3—8). Der N. nasalis lateralis (2’ IL 5) tritt durch eine kleine Öffnung der knorpeligen lateralen Nasenwand. Es muß noch eine Eigentümlichkeit der lateralen Wand er- wähnt werden. Im Gebiet der Lamina ceribrosa erscheint an der lateralen Seite der knorpeligen lateralen Wand und etwas ventral vom Dach der Nasenhöhle eine kleine Knorpelplatte, welche gegen einen kleinen Vorsprung der lateralen Wand liegt (4’ I) und etwas mehr nach innen mit diesem verschmilzt (4’ IV); so streckt sie sich eine kleine Streeke lang (Fig. 9) nach innen fort (bis 5 II; vgl. S. 248). Auch die Lamina eribrosa ist wahrscheinlich noch nicht voll ausgebildet. Wo sie anfängt, endigt zugleich das knorpelige Schädeldach (vgl. 1912, S. 578). Die Lamina ceribrosa beginnt als eine Öffnung im Nasendach neben dem Septum; nach hinten von dieser Öffnung tritt eine Knorpellamelle auf, welche vom dorsalen Septumende abgeht und etwas tiefer an der lateralen Nasenwand inseriert; diese Verbindung löst sich rasch wieder, und dann ist zwischen den medialen und lateralen Olfaetoriusbündeln bloß un- deutlich eine Fortsetzung der Knorpelspange zu sehen. Vorsprünge der Spitze des Septums, das niedriger wird, und von der lateralen Wand sind ausgebildet. Die Form der Lamina eribrosa stimmt mit der von E. FıscHer (1903) [S. 406) beschriebenen überein. Der Teil der knorpeligen lateralen Wand, welcher dorsal von der Insertion der Lamina cribrosa liegt, der »dorsale Teil« also, wendet sich etwas lateral und ist an ihrer medialen Seite konvex gebogen. Es scheint, daß der N. ethmoidalis ventral von der Lamina eribrosa durch die laterale Nasenwand tritt (3 III 4). Ein kleiner Ast des N. ethmoi- dalis ist zuvor durch die laterale Wand getreten; in der Nasen- höhle liegt er in einer Rinne der knorpeligen lateralen Wand. In- dem die Lamina cribrosa bloß unvollständig entwickelt ist, ist es nicht mit Sieherheit zu sehen, wie der N. ethmoidalis sich zur La- mina eribrosa verhält; er entfernt sich nur wenig von der Schleim- haut des Nasendaches; die Lamina cribrosa ist ziemlich weit von ihr entfernt. Der N. ethmoidalis tritt durch ein Loch der knorpe- ligen lateralen Wand in die Orbita (4' I). Die Fila olfaetoria, treten in den Bulbus olfactorius, der in bedeutender Entfernung vom Dach der Nasenschleimhaut bleibt. Der dorsale Teil der knorpeligen Morpholog. Jahrbuch. 48. 17 248 G. P. Frets lateralen Nasenwand wendet sich lateral, begrenzt den Lobus ol- factorius. Das Septumende erreicht gerade den Lobus; eine eigent- liche Crista galli, welehe in den Falx cerebri reicht, ist nieht aus- gebildet. Fig. 9. Macacus cynomolgus. 47 mm. Vergr. 25X®/,. Schn.5'I1. 2o. Lobus olfactorius; /r Os frontale; f.o Fila olfactoria; ae Art. ethmoidalis; lcr Fortsetzung der Lamina ceribrosa nach hinten; s.c Spina cartilaginea; Au Auge; Zr Trochlea; os M. oblig. sup. Fig. 10. Macacus cymomolgus. 47 mm. Schn.5'II 6. Vergr. 25 X 3/4. Iscr Lamina supracribrosa; l.o. Lamina orbitalis. Etwas mehr nach innen (Fig. 9) verbindet sich das Septum mit der lateralen Nasenwand, welch letztere über der Verbindung, auf welcher die A. ethmoidalis liegt, eine konkave mediale Wand hat. Beiträge zur vergl. Anatomie und Embryologie der Nase der Primaten. III. 249 Hier wird die laterale Wand unterbrochen und etwas mehr nach innen (Fig. 10) verbindet sich das mediale Ende des dorsalen Teiles der lateralen Nasenwand mit dem dorsalen Ende des Septums. Der dorsale Teil der lateralen Wand breitet sich als Lamina orbitalis in den Boden der Fossa cerebri aus. Die ventrale Ver- bindung mit dem Septum bildet das Dach der Nasenhöhle. Diese wird allmählich niedriger; es senkt sich nun auch die ventrale Ver- bindung tiefer. So entsteht ein nach innen allmählich an Höhe zu- nehmendes Septuminterorbitale (Fig. 10), das schon von E. FISCHER (1903) beschrieben ist. Das letzte Ende der Nasenhöhle endigt ziemlich rasch; es bleiben dann bloß die Ductus nasopharyngei übrig. Eine selbständige Regio olfactoria und eine Lamina termi- nalis ist also nicht ausgebildet. Indem wir den Teil der lateralen Wand zwischen der Lamina cribrosa (dorsal) und der Lamina ter- minalis (ventral) den intermediären Teil der Nasenwand nannten, so können wir sagen, daß bei den Catarrhinen das Septum interorbitale dadurch zustande kommt, daß sich kein intermediärer Teil der Nasenwand bildet, sondern daß der dorsale und der ventrale Teil, beide mit dem Septum verbunden, gleichmäßig auseinanderweichen. Das Septum interorbitale ist bedeutend dünner als der übrige Teil des Septums. Die Lamina terminalis und der ventrale Teil der lateralen Wand setzt sich bei Mycetes und Ateles? nach hinten von der Regio olfactoria noch eine Strecke lang, den Ductus nasopharyngeus dorsal begrenzend (1912, Fig. 65, 78, 111), nach innen fort. Diese Teile finden sich auch bei Macacus. Wo die Nasenhöhle endigt (6’ II), löst sich die knorpelige laterale Wand vom Septum ab; es finden sich hier neben dem knorpeligen Septum Knorpelstückehen, welche mehr nach innen mit dem dorsalen Ende des ventralen Teiles der lateralen Wand verschmelzen; dieser wird zugleich massiver. Diese Verbindung ist die rudimentäre Lamina terminalis; rasch (7’ I) wird der ventrale Teil der lateralen Wand eine dreieckige Knorpelplatte, in welche die Lamina terminalis aufgenommen ist. Durch die In- sertionsstelle der Lamina orbitalis am Septum tritt ein Ästehen der A. ethmoidalis (6 II); nach hinten bilden sie eine mit dem dorsalen Septumende verbundene einfache Knorpelplatte. Die ventralen . dreieckigen Knorpelstücke werden kleiner und schwinden; es findet sich dann bloß das Septum mit einem kolbenförmigen Ende und die beiden mit dem dorsalen Ende verschmolzenen Laminae orbitales. Mehr nach innen wird das Septum interorbitale allmählich niedriger 17% 250 G. P. Frets und die Verbindung mit den Laminae orbitales massiver (9). Dann löst der kolbenförmige Teil sich vom Septum ab (10’ I), das ventrale Ende des mit den Alae verbundenen Teiles erhält eine Einschnürung und etwas mehr nach innen trennt es sich in zwei Hälften (Fig. 11). Die beiden ventralen Enden der Hälften verbinden sich rasch mit Fig. 11. Macacus cynomolgus. Schn. 10'. III3. Vergr. 25 >x 272 HT u IH N IH NM ___ 'W ur / | IM iı in Leipzig und Berlin. Beiträge zur vergl. Anatomie und Embryologie der Nase der Primaten. II. 279 Septum interorbitale ist bei einigen Platyrrhinen vorhanden (1912, Fig. 20, 38, 46, 111 u. S. 720), bei den Catarrhinen, Macacus (Fig. 10, S. 249), Semnopithecus (Fig. 15, 15a), Nasalis larvatus (Fig. 17), auch bei Propithecus (Fig. 33, 34), und Tarsius (Fig. 42, 43) und Homo (Fig. 51, 52). Doch ist in allen diesen Fällen, wie aus der beson- deren Beschreibung hervorgeht, das Septum interorbitale keine streng homologe Bildung. Bei einigen Formen ist das ganze Septum ein Septum interorbitale, indem die laterale Nasenwand endigt (Chrysothrix), bei andern ist bloß der dorsale Teil ein Sep- tum interorbitale (Macacus, Homo). Auch muß man unterscheiden zwischen einem sehr hohen Septum interorbitale und einem nie- drigen. So kommt bei Chrysothrix und bei Propithecus das Sep- tum interorbitale durch das Schwinden der lateralen Nasenwand zustande; bei Chrysothrix ist es hoch, bei Propithecus jedoch ist es sehr niedrig, rautenförmig, bloß der ventrale Teil des Septums, der Körper des Praesphenoids, ist hier noch erhalten geblieben. Tafelerklärung. Tafel VII. Fig. 1—3. Abbildungen des Modelles der Nasengegend von Macacus eyno- molgus 47 mm, hergestellt und gezeichnet von cand. med. S. Box. Fig. 1. Seitliche Ansicht mit Deckknochen. Fig. 2. Seitliche Ansicht ohne Deckknochen. Fig.3. Ein Teil des Modelles von vorn und oben. ePn.e. epithelialer Pfropf im Naseneingang; H Haut; O.L Oberlippe; V.O Vestibulum oris; Pm Praemaxillare; M Maxilla; klnw knorpelige laterale Nasenwand; dr! Duetus nasolacrimalis; N.schl Nasenschleim- haut (von außen gesehen); N.s Nasenseptum; c.m(c.a) Crus mediale (Cartilago alaris); D% Basalknorpel; pla Processus lateralis ant. sup.; nschl'’ Nasenschleimhaut (ihr Verlauf angegeben); dnp Ductus naso- palatinus; /pd Lamina praeductalis; pl.i.p. Processus lateralis inferior posterior; pmip Processus medialis inf. post.; J%k JAacoBsonscher a Knorpel; @s Gaumenschleimhaut; Sr’ Schnittlläche des Septum nasi; Pm' Schnittfläche des Praemaxillare; Nschl” Schnittfläche der Schleim- haut der Nasenhöhle; 5%’ Schnittfläche des Basalknorpels; kn’ Schnitt- fläche der knorpeligen lateralen Nasenwand; dnp’ Sehnittfläche des Ductus nasopalatinus; V Vomer; ppm prm und ppl prm Processus palatinus medialis und lateralis des Praemaxillare; «f untere Fläche des Modelles. Morpholog. Jahrbuch, 48. 19 6 Burn . ' ir! Fi] er EZ . « Sarnen, BR Kirs f win ‘ 2 Tas ti drerdse j =. abs a RAZIET le Pr, i 68 . Pf) du nr f ‘ = B ws: . r . ZA An ERBE EL ah ee} f h & * 2 r ? =, ch ü = ER er 1a Pre Fre Eee ut u 2 jr u DT Fa . ek 21 « Yi= Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. Von Dr. Jaromir Wenig, Prag. Mit 27 Figuren im Text und Taf. VII—IX. I. Teil. Eigene Untersuchungen. Meine eigenen Untersuchungen über die Entwieklung des Herzens betreffen Amphibien (Pelobates fuseus, Bufo calamita) und Selachier (Seyllium canicula). Besonders in den Embryonen von Pelobates fuscus habe ich ein günstiges Material zur Lösung der Herzentwicklungsfrage gefunden. Da diese Embryonen, wie auch die von Bufo calamita, oft und in großer Anzahl vom Anbeginn der Furehung konserviert wurden, zeigen sie verläßlich alle Details der fortschreitenden Entwicklung. Für embryologische Untersuchungen sind möglichst vollständige und ununterbrochene Entwicklungsreihen wohl unerläßlich und vor- kommende Unvollständigkeiten, bzw. Unrichtigkeiten der Beobach- tungen sind wohl nur auf den Mangel der Entwieklungsstadien zurückzuführen. Ohne reiches Material und lückenlose Serien kön- nen solche Untersuchungen kein sicheres und genaues Resultat ergeben. Mein Amphibien-Material wurde mit FLEeuuıses Gemisch kon- serviert und mit Safranin nach PFITzxer gefärbt; das übrige Mate- rial wurde mit reinem Sublimat konserviert und zum größten Teil mit Eisenhämatoxylin nach M. HEIDENHAaIN in Verbindung mit Kongo- rot gefärbt. Auch wurden Herwmanss Gemisch und Pikrinsublimat nach RasL als Fixierungsflüssigkeiten und EHRLICHs sowie DELA- FIELDs Hämatoxylin und Brasilin zur Färbung benützt. 19* 282 Jaromir Wenig Die wiehtigsten Totalbilder wurden mittels Hürrıss Mikrokamera bei einer Tubuslänge von 160 mm und Anzugslänge des Apparats von 33 em hergestellt!, und die wichtigsten Details bei starken Ver- größerungen mittels Asrs großen Zeichenapparats als Tafelfiguren gezeichnet. — Meinem Freunde Prof. Auc. SRÄMER spreche ich hier für die Ausführung der Mikrophotographien sowie für die Überlas- sung des Pelobates-Materials meinen besten Dank aus. Pelobates fuscus. Obgleich die Larven von Pelobates fuscus und Bufo calamita auf eine und dieselbe Weise konserviert und gefärbt worden waren, erweisen sich die Präparate der ersten Art zur Lösung der aufge- stellten Frage geeigneter. Nach Behandlung mit FLemmings Ge- misch und Safranin (weniger mit Brasilin) erscheint bei Pelobates gleich von Anfang an ein unverkennbarer Unterschied zwischen den Ento- und Mesodermzellen. Bei Besichtigung der Schnitte durch die jüngsten Stadien von Bufo calamita findet man, daß die Darm- zellen in ihrem Aussehen keineswegs von den Zellen des ventral gelegenen Mesoderms. differieren (Textfig. 11, 12). Die Zellen beider Sehichten — des Ento- und Mesoderms — sind überfüllt mit Dotter- körperchen, welche, intensiv gefärbt, die helleren Kerne nur hier und da durehschimmern lassen. Nicht einmal bei älteren Stadien differieren die Ento- und Mesodermzellen voneinander, so daß man auf ihre Zugehörigkeit nur aus dem Zusammenhange mit ihrem Mutterboden schließen kann. Nur in den distalen Gebieten des Körpers existiert ein kleiner Unterschied zwischen beiden Zellenarten und zwar in der Verteilung des Dotters: die Dotterplättchen sind in den Entodermzellen spärlicher vorhanden, wogegen das Meso- derm überall von ihnen überfüllt ist und infolgedessen dunkler als das Entoderm erscheint. Bei den jüngsten Stadien von Pelobates dagegen ist der Unter- schied zwischen den Ento- und Mesodermzellen sehr scharf, wäh- rend diese durch ihre feurige Farbe, sowie durch die große Zahl und die Form der Dotterplättehen ganz an die Entodermzellen der Stadien von Bufo erinnern, erscheinen die Entodermzellen viel heller, was durch die Natur der Dotterkörperchen bewirkt wird. — Die 1 Beim Photographieren der Präparate wurden zwei verschiedene Ver- srößerungen angewendet, und zwar REICHERTS Objektiv 4b, Okular 3 und RıECHERTs Objektiv 3, Okular 3. Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 283 hellen Entodermzellen zeigen ihre Kerne, die großen Dotterplättchen sind spärlich verstreut und schwach rosa gefärbt, nebstdem sind die Zellen von einem äußerst feinen Netz ganz kleiner Pigmentkörper- chen durchflochten. Dieser Unterschied zwischen beiden Zellarten, der sich auch bei älteren Stadien zeigt, ermöglicht wohl die Be- stimmung der Zugehörigkeit auch solcher Zellen, welche sich vom Verbande ihrer Nachbarzellen abgelöst und entfernt haben und in den Räumen, welche im Körper allmählich entstehen, frei lagern. Nach Voranstellung dieses wichtigen Umstandes beginne ich die Beschreibung der Entwicklung des Herzens bei einem Stadium von Pelobates fuscus, das eine Länge von ungefähr 3 mm erreicht hat. Das Gehörorgan ist bei diesem Stadium bereits geschlossen und stellt eine birnenförmige, diekwandige, bisher dicht dem Eetoderm anliegende Blase vor. Die primäre Augenblase berührt eben das Eetoderm, in dem die Linsenbildung bisher noch nicht begonnen hat. Die dieht vor dem Gehörorgan geführten Schnitte treffen das .‚Haftorgan als ein zierliches, dreilappiges Gebilde. Das Mesoderm reicht als solide Schicht auf beiden Seiten nur bis zur Grenze des lateralen und des mittleren Lappens; der Raum, welcher sich ober- halb des mittleren Lappens befindet, wird zum Teil von freiliegen- den Zellen ausgefüllt. Durch ihre Lage erinnern diese Zellen an jene, welche BRAcHET (9) auf seiner Fig. 22 abbildet und als »cellu- les vasculaires< bezeichnet. Ich finde an diesen Zellen kein be- sonderes Merkmal, das sie als solche charakterisieren würde; später findet man an dieser Stelle solides Mesoderm, das vom Entoderm durch einen Hohlraum getrennt ist, in dem sich aber bisher keine Anlage des Gefäßsystems vorfindet. Die Mesodermzellen, welche bei diesen Stadien aus den sich bildenden Seitenplatten austreten und in der Mittellinie sich berühren, sind nur Vorläufer des soliden Mesoderms, das sich hier später vorfindet. In der Gegend des Gehörorgans besitzt der Haftapparat nur zwei Lappen — er stellt eine einfache, tiefe Rinne vor. Die soli- den Mesodermschiehten reichen da mehr an die Medianlinie heran. Endlich in der postotischen Region bildet das Mesoderm auf der ventralen Seite eine kontinuierliche solide Schicht, welche sich dem Entoderm anschmiegt. Die am Anfang dieser Abhandlung hervor- gehobenen Unterschiede zwischen Ento- und Mesoderm sind da scharf ausgeprägt. Ähnliche Verhältnisse sind auf der Textfig. 1 zu sehen. Als zweites und wichtiges Stadium wähle ich das, welches zwar an demselben Tage konserviert wurde, aber doch etwas weiter in der 284 Jaromir Wenig Entwicklung vorgeschritten ist. Die Augen und das Gehörorgan weisen keinen wahrnehmbaren Fortschritt auf — die Mesodermschichten be- rühren sich schon ventral in der Gegend der Gehörblasen oberhalb des rinnenförmigen Haftapparats. Gleichzeitig beginnt sich das Me- soderm durch Delamination vom Entoderm abzuheben, wodureh der erste freie Raum zwischen dem Darm und dem Mesoderm entsteht. Dieser Raum ist im Gebiete der Gehörblasen bisher leer, auch proxi- mal von ihnen; in der Gegend des dreilappigen Haftorgans kann noch keine Anlage des Herzens festgestellt werden und darum er- scheint der Zweifel begründet und gerechtfertigt, ob die freien Meso- dermzellen in der Medianlinie des vorhergehenden Stadiums Gefäß- Fig. 1. Querschnitt durch ein Stadium von Pelobates fuscus von ungefähr 3 mm Länge, hinter den Gehör- blasen; das Mesoderm ist ganz unbedeutend vom Entoderm entfernt. zellen sind. Die Seitenplatten in der präotischen Region haben sich nur einander mehr genähert. Wichtige Bilder bieten Schnitte, welche die mehr distal liegende Partie dieses Stadiums treffen. Wir wollen mit Schnitten beginnen, die dicht hinter dem Haftapparate liegen (ich wähle dieses Organ deshalb so oft zur Orientierung, weil bisher keine anderen Organe entwickelt sind, nach denen diese Orientierung möglich würde). Das intensiv gefärbte, mit kleinen Dotterplätteben überfüllte Meso- derm liegt dem hellen Entoderm eng. an, kurz, man stößt da auf dieselben Verhältnisse, welche bei dem ersten Stadium gleich in der postotischen Region beschrieben worden sind. Im Mesoderm ist die Grenze seiner späteren Schichten — der Somato- und Splanchno- pleura — schon deutlich wahrnehmbar; diese lagern bisher noch Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 385 dieht aneinander, so daß man hier noch nicht von einem Cölom sprechen kann. ? Wir schreiten nun allmählich zu Schnitten, welche mehr proxi- mal liegen und das Haftorgan als eine seichte ventrale Rinne treffen. Die beiden Mesodermschichten treten allmählich auseinander, so daß auf einigen Schnitten schon ein enges schlitzartiges Cölom zum Vorschein tritt. Auch kann es uns nicht entgehen, daß das dunkle Mesoderm sich von dem hellen Entoderm entfernt hat und infolge- dessen zwischen dem Darm und der Splanehnopleura ein vorläufig kleiner Hohlraum entstanden ist, in dem — wie bekannt — später die ersten Anlagen des Gefäßsystems auftreten. Die beiden Blätter — das Entoderm und die Splanchnopleura — sind aber an einer Stelle noch in gegenseitiger Verbindung und zwar in der Median- linie, genau oberhalb des Haftorgans, so daß der eben erwähnte Raum eigentlich von einer, den Darm und die Splanchnopleura ver- bindenden Zelleiste in zwei — einen rechten und einen linken — geteilt wird. Die Entfernung der letztgenannten Schichten ist in dieser Gegend sehr klein, weshalb die Verbindungsleiste ganz niedrig erscheint. ; Wenn wir einige Schnitte weiter ‚proximal vorgehen, so sehen wir, daß der Hohlraum zwischen beiden Schichten an Größe zuge- nommen hat; da aber in der Mitte, oberhalb des Haftapparats, beide Blätter fortwährend miteinander verbunden sind, ist es klar, daß die Verbindungsleiste weit mächtiger erscheint, da sie sich in dorso- ventraler Richtung verlängert hat. In dem Raume zwischen dem Entoderm und der Splanchnopleura, also dort, wo wir die ersten Elemente der Gefäßendothelien erwarten, liegen einige Zellen frei zerstreut. Nach ihrem hellen Aussehen sprechen wir ihnen gleich — ohne zu wissen, von welchem Blatte sie sich abgelöst haben — die entodermale Zugehörigkeit zu. Die Leiste selbst macht nicht den Eindruck eines kompakten Gebildes, weil sie durch Lücken unterbrochen erscheint. Woher und wie sind die ersten freien Zellen in den Raum zwischen dem Entoderm und dem visceralen Blatte des Mesoderms eingewandert? — Die Erklärung hierfür bieten uns Sehnitte, welche noch mehr proximal liegen. Einen solchen stellt die Textfig. 2 vor. Das Cölom ist, besonders auf der rechten Seite des Bildes, schon gut wahrnehmbar, die Leiste zwischen Meso- und Entoderm ist da auch noch vorhanden. Auch auf der Photographie, welche bei schwacher Vergrößerung hergestellt wurde, ist die Linie, welche die 286 Jaromir Wenig 2 dorsale Grenze des Mesoderms bestimmt, sichtbar. Die Meso- dermpartie oberhalb des Haftapparats weist eine hellere Färbung auf, welche an die des Entoderms erinnert. In diesem Gebiete, wo Ento- und Mesoderm am längsten miteinander zusammenhängen, kann man Übergangsformen der Zellen finden und zwar von hellen, den Darmzellen ähnlichen bis zu den dunklen, mit kleinen Dotter- körperchen erfüllten Zellen des Mesoderms. Wie sollnun die zwischen dem Darm und der Splanchnopleura ausgespannte Zellenleiste erklärt werden? — Die Tafelfig. 1 führt ein Detail der betreffenden Schnitte bei starker Vergrößerung vor. Fig. 2. Querschnitt durch ein Stadium von Pelobates fuscus von ungefähr 3 mm Länge; das Mesoderm ist in der Mitte mit dem Darm mittels einer Leiste aus entodermalen Zellen verbunden aus der die Zellen in den subintestinalen Raum proliferieren. Es ist klar, daß das Mesoderm auf seiner dorsalen Seite gegen die Leiste ganz scharf abgegrenzt ist, und daß diese dann — nach dem Charakter ihrer Zellen und nach der scharfen Abgrenzung gegen das Mesoderm — als ein entodermales Gebilde betrachtet werden muß. Und weiterhin ist aus der Figur auch ersichtlich, daß die freien Zellen im subintestinalen Raume — die ersten Ele- mente des Gefäßendothels aus dieser Leiste proliferieren. Auf dem in der Tafelfig. 1 abgebildeten Schnitte ist es jene langgestreckte Zelle, welehe die Verbindung mit der Leiste bisher zwar noch nicht verloren hat, sich aber schon den übrigen freien Zellen anreiht. Auch auf der anderen Seite der Leiste (s. Textfig. 2) sind ähnliche Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 287 Verhältnisse vorhanden. Den lockeren Bau der Leiste, welcher auf den früher beschriebenen Schnitten konstatiert wurde, kann man sich durch die Auswanderung der Zellen in den umliegenden Raum erklären!. Auf den angeführten Schnitten und Bildern kann man zugleich auch sehen, dab sich die aus dem Verbande der Leiste ausgewanderten Zellen beiderseits im subintestinalen Raume zu röhren- artigen Gebilden gruppieren, eine Erscheinung, welche ganz gewiß nieht zufällig ist. Bemerkt sei noch, daß von allen Stadien desselben Tages, die in Sehnitte zerlegt worden sind, nur dieses eine auf einer so gün- stigen Entwicklungsstufe stand, daß die beschriebenen Beobachtungen überhaupt möglich waren. Bei allen übrigen sitzt entweder das Mesoderm dem Darme noch dicht auf, oder es ist — infolge der schnellen Entwicklung dieser Anurenart — schon vollkommen vom Entoderm abgetrennt, so daß die Leiste und ihre Verhältnisse nicht zum Vorschein kommen, auch ein Beweis dafür, daß nur eine reiche Auswahl von Entwicklungsstadien ein vollständiges Bild der Ent- wicklung bieten kann. Ähnliche Verhältnisse wie die eben beschriebenen finden wir auch an Sehnitten, die weiter proximal liegen. Wir gelangen schließ- lich zu Schnitten, welche die distale Partie der Gehörblasen und den Haftapparat immer noch in seiner rinnenförmigen Gestalt treffen. Nach einem dieser Schnitte ist, ebenfalls bei starker Vergrößerung, die Tafelfig. 2 gezeichnet. Es ist klar, daß in den subintestinalen Raum eine Zellenmasse proliferiert, und zwar aus der Gegend etwa, wo sich die Grenze zwischen Ento- und Mesoderm befindet. Bei starken Vergrößerungen kann man auch sehen, daß jene Zellen- ‚masse oder Zellenstreifen Zellen von beiderlei beschriebenen Typen enthält. So finden wir in der ventralen Partie jenes Zellenstreifens eine große Menge von kleinen, intensiv gefärbten Dotterplättchen wie überall in den Mesodermzellen, wogegen die dorsale Partie von Zellen gebildet wird, die unstreitig entodermalen Charakter tragen — wir werden uns vielleicht dahin äußern dürfen, daß wir an jener Stelle angelangt sind, wo die Funktion der Endothelbildung vom Entoderm auf das Mesoderm übergeht. Auf weiter proximal gelegenen Schnitten, welehe noch die Gehör- blasen treffen, sieht man in den subintestinalen Raum beiderseits 1 Mitosen, die ich in der Leiste zu finden hoffte, fand ich weder in der Leiste noch anderswo im Körper des in Rede stehenden Stadiums. 288 Jaromir Wenig auch von oben freie Zellen eindringen, und zwar aus dem Mesoderm; das kann man aus dem Inhalt dieser Zellen und aus dem Zusammen- hang einiger von ihnen mit ihrem Mutterboden konstatieren. — Diese Zellen entstammen jener Partie des Mesoderms, wo dieses an der lateralen Körperwand mit dem Entoderm zusammenhängt und den Subintestinalraum dorsalwärts abschließt. Auf der ventralen Seite ist die Zelleiste geschwunden und das Entoderm berührt das Mesoderm als ein gleichmäßig dickes Blatt. — Auf jenen Schnitten, welche das Haftorgan als dreilappiges Organ treffen, existiert kein Raum mehr zwischen Ento- und Mesoderm, beide Schichten sind eng aneinander gelagert und zeigen ständig die Verschiedenheit ihrer Elemente. Endlich, noch mehr proximal, erreicht das Mesoderm als solides Gebilde nicht mehr die Medianlinie — es ist da also zwischen dem Entoderm und Ecetodorm des Haftapparats ein Raum, in dem nur spärlich zerstreute Zellen liegen. Es herrschen da ähnliche Verhält- nisse, wie sie beim ersten Stadium beschrieben wurden. Diese Zellen erscheinen nicht mehr in der Region der Augenblasen, wo sich das Haftorgan in zwei Teile spaltet und das Entoderm in der Medianlinie das Eetoderm in einem Punkte berührt. Aus der Beschreibung dieses Stadiums von Pelobates geht hervor, daß das Entoderm nicht ausgeschlossen ist von der Funktion der Endothelbildung, weil gerade die ersten Elemente dieses Endothels dem Entoderm entstam- men. Wie später gezeigt werden wird, übernimmt den in- tegrierenden Teil dieser Funktion das Mesoderm, dieses ist jedoch nicht als der alleinige Mutterboden des Endo- thels aufzufassen, wie man auf Grund eines minder geeigneten Materials und einer nur kleinen Auswahl von Entwicklungsstadien leicht annehmen könnte. Zugleich ergibt sich daraus, daß die ersten Anlagen des Endothels paarig erscheinen. Als drittes Stadium wähle ich ein Individuum von demselben Tage, das in der Entwicklung ebenfalls etwas mehr vorgeschritten ist — die Ausstülpungen des Entoderms berühren schon das Eetc- derm behufs Ausbildung der Kiemenspalten. Ein Unterschied gegenüber dem letztbeschriebenen Individuum besteht bei diesem auch darin, daß das Cölom in der Gegend der Gehörblasen schon sichtbar zu einer Höhle geworden ist, so daß die beiden Blätter des ventralen Mesoderms — die Somato- und Splanehno- pleura — voneinander geschieden sind. Dabei müssen wir mit Hin- Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 289 sicht auf die älteren Stadien im Auge behalten, daß die Splanchno- pleura die Somatopleura bedeutend an Dicke übertrifft. Ein wei- terer Fortschritt zeigt sich auch darin, daß sich der Raum zwischen Darm und Splanchnopleura bedeutend erweitert hat. Diese Erwei- terung wurde durch zwei Vorgänge bewirkt und zwar 1. durch die Einbuchtung der Splanchnopleura in ventraler Richtung und 2. durch die Stellung der ventralen Darmwand; diese war bei den früheren Stadien gleichfalls — das Mesoderm begleitend — ventralwärts ein- gebogen. Später, wenn die beiden Schichten auseinander getreten Fig. 3. Sagittalschnitt durch ein Stadium von Pelobates fuscus von ungefähr 3mm Länge; der Subintestinal- raum sowie das Cölom sind schon entwickelt. sind, stellt das ventrale Entoderm eine im Körper fast horizontal gestreckte Schieht dar — übrigens erscheint der ganze Darmkanal auf diesen Querschnitten in Form eines großen Rechteckes. Bei diesem Stadium wollen wir unser Augenmerk noch einem Umstand zuwenden, nämlich der Einbuchtung der Splanchnopleura; es läßt sich schon bei diesen jungen Individuen nicht verkennen, daß diese Einbuchtung paarig ist. Diese Erscheinung kann man auf den betreffenden Schnitten aller Serien beobachten, sie kann also nicht als eine zufällige gedeutet werden. Die erwähnten Ein- buchtungen der Splanchnopleura bei bisher niedrigem Cölom ge- nügen dazu, daß dieses beiderseits in zwei Räume geteilt wird, in- dem die eingebuchtete Splanchnopleura die Somatopleura berührt, 290 Jaromir Wenig wodurch der freie Raum zwischen beiden verdrängt wird. Mit dieser paarigen Einbuchtung des visceralen Blattes werden wir uns noch später beschäftigen. Wir wollen nun die Verhältnisse auf Sagittalschnitten von ähn- lieh vorgeschrittenen Stadien betrachten. Einen Teil von einem solchen Schnitte führt die Textfig. 3 vor; es ist da ein Schnitt ab- gebildet, welcher dem Medianschnitte nahe liegt. — Man sieht einen Raum, welcher früher als Subintestinalraum besprochen wurde. Hin- ten, auf der linken Seite des Bildes, hüllt die dieke blasse Darm- wand die Dotterzellen ein, steigt, indem sie dünner wird, in der Riehtung nach oben und biegt sich schließlich in zierlicher Falte ventralwärts. Sehr dünn geworden und scharf konturiert, senkt sie sich dann allmählich und schließt den subintestinalen Raum — die Stelle der Herzbildung — von oben ab. Endlich neigt sie sich jäh dem Eetoderm zu, wodurch die proximale Grenze des erwähnten Rau- mes bestimmt wird. Hinten (links auf der Figur) ist das dunkle Meso- derm eng von dem hellen Entoderm und dem Eetoderm eingeschlossen und dringt proximal in den Subintestinalraum, wo es sich in seine zwei Blätter — die Somatopleura und Splanchnopleura — spaltet. Man sieht deutlich, daß diese mächtiger ist als die Somatopleura, was schon an den Querschnitten konstatiert wurde. Auf dem ab- gebildeten Schnitte befinden sich im Subintestinalraume nur spär- liche freie Zellen; nach ihrem Inhalt kann man mit starken Ver- größerungen ihre mesodermale Herkunft erkennen. Nebstdem proliferieren auf einigen Schnitten ganze Gruppen oder Streifen soleher Zellen aus der Splanchnopleura, was hinten auf dem Bilde, aber nur in geringem Maße, zu sehen ist. Die mächtige Splanchnopleura hat gleich von Anfang ihrer Entstehung zum Unterschied von der Somatopleura einen größeren Vorrat an Zellen beibehalten, die jetzt zur Bildung des Endothels verbraucht werden. Die Proliferation der Endothelzellen geschieht jetzt, viel- leicht ausschließlich, auf Kosten der Splanchnopleura. Auf allen Schnitten der Serie ist ein unverkennbarer Unterschied zwischen der scharfen glatten Kontur des Entoderms und der unebenen höcke- rigen Kontur der Splanchnopleura wahrnehmbar, welch letztere Kon- tur eigentlich durch ausgiebige Proliferation bewirkt wurde. Wir gehen nun zu einem Stadium über, bei dem sich die bisher freien Zellen im Subintestinalraume zu einheitlichen röhrenförmigen Gebilden zu gruppieren beginnen. Es sei im vorhinein bemerkt, daß alles, was so beschaffen sich oberhalb der Splanchnopleura an- Studien über die Entwieklung des Herzens der Wirbeltiere. 291 legt, paarig erscheint. Es ist gewiß schwer, einen Teil des ent- stehenden, geschlossenen endothelialen Gebildes als die Anlage des eigentlichen Herzens oder der sog. Venae vitellinae zu bezeichnen, die später am venösen Ende des Herzens erscheinen. Die Differen- zierung des ursprünglichen röhrenförmigen Gebildes in die Venen, den eigentlichen Herzabschnitt, bzw. auch in die Arteriae mandi- bulares erfolgt erst in späteren Entwicklungsstufen, und es läßt sich bis jetzt auch nicht bestimmen, welcher Abschnitt des primären Ge- bildes auf die einzelnen Teile entfällt. Die allerersten röhrenförmigen (Gebilde (Textfig. 2) könnte man vielleicht nach ihrer Lage für die KB _ _ = = = -— —._— ——— I te un rn er EZ Querschnitt durch ein Stadium von Pelobates fuscus von etwa 3 mm Länge; die Splanchnopleura zeigt paarige Einbuchtung. Anlagen der Venae vitellinae halten, obzwar die Lage der Elemente der hohlen Gefäßorgane im Subintestinalraume, wie aus der Lite- ratur bekannt, nicht konstant und unveränderlich ist. Das Stadium, das uns weiter beschäftigen wird, stammt von demselben Züchtungstage wie alle vorangegangenen. Auf allen Schnitten, welche den proximalsten Teil des Cöloms treffen, bis zu denen, welche dicht vor den Gehörblasen liegen, findet man ober- halb der Splanchnopleura die freien Endothelzellen noch äußerst spärlich, von einem Endothelgebilde kann bisher noch nicht gesprochen werden. Einen von diesen Schnitten, welcher schon die Gehör- blasenwand trifft, führt die Textfig. 4 vor. Da ist die paarige Ein- buehtung der Splanchnopleura in der Richtung nach unten erkenn- 292 Jaromir Wenig bar, wie schon bei einem jüngeren Stadium erwähnt wurde; diese Paarigkeit kommt bei allen Exemplaren vor. Es folgen nun Schnitte, welche die Proliferation der Zellen aus der ventralen Darmwand sehr wahrscheinlich machen (der Unter- schied im Aussehen der Ento- und Mesodermzellen ist nicht mehr so deutlich wie früher). Auf den Schnitten endlich, welche das Lumen der Gehörblasen fast tangential treffen, erscheinen die ersten Endothelröhren; zwei an der Zahl erscheinen sie ungleich groß, was aber die etwas schiefe Lage des Schnittes verursacht haben könnte; man kann sie als solche bis dicht hinter die Gehörblasen verfolgen, wo sie sich bald in einer Zellenmasse verlieren, die durch das Zu- sammenstoßen des Entoderms mit dem Mesoderm zustande kommt. Querschnitt durch ein Stadium von Pelobates fuscus von etwa 4 mm Länge; das Endothelgebilde erscheint in der Mitte durch eine Scheidewand geteilt. Das erste Auftreten der Endothelgebilde in der Gegend der Gehüör- blasen ist also paarig, wie auch die Einbuchtung der Splanchno- pleura paarig erscheint. Das älteste Stadium desselben Tages (Länge etwa 4 mm) weist folgende Verhältnisse auf: In der präotischen Region sind bis jetzt keine kontinuierlichen Endothelgebilde angelegt; es sind da nur spärliche Zellen verstreut, welche von der Splanchnopleura und dem lateralen Mesoderm hierher eingewandert sind. Das Cölom ist hier von einem ganz engen Mesocardium ventrale überbrückt. — Auf den Schnitten, welche die Gehörblasen treffen, kann man schon eine Gruppierung der Zellen in zusammenhängende Gebilde wahrnehmen, diese Gruppierung geschieht deutlich an zwei Stellen nebeneinander Studien über die Entwieklung des Herzens der Wirbeltiere. 293 — also wieder paarig. Die entstandenen Gebilde haben aber noch nicht die Form regelmäßiger runder Röhren. — Distal gehen die unregelmäßigen Röhren — ohne ihre Paarigkeit zu verlieren — in ein Gebilde über, das auf der Textfig. 5 abgebildet ist; es liegt in der fast schon postotischen Gegend, wo die Splanchnopleura bereits stark eingebogen ist. Man kann da wohl schwer von zwei Röhren sprechen, wir haben es vielmehr mit einem in der Mitte durch eine Scheidewand geteilten Organ zu tun, das oben noch nicht ge- schlossen ist. Trotz der früher angeführten Schwierigkeiten halte ich dafür, daß man diesen Abschnitt des Gebildes als die Anlage des Endo- thels des eigentlichen Herzens betrachten kann und die beschrie- benen, bisher unregelmäßigen, proximal liegenden Röhren als An- lagen der Arteriae mandibulares, die in das arterielle Ende des Herzens übergehen. — Hinter den Gehörblasen existiert kein Meso- cardium ventrale mehr, so daß das künftige Perieardium nicht mehr geteilt ist; das Endothelgebilde behält seine Paarigkeit bei, es ver- engt sich hier und teilt sich allmählich in zwei voneinander abge- sonderte Röhren — die Dottervenen, welche distal verlaufen. Das vorhandene endotheliale Gebilde weist also in seiner ganzen Länge Paarigkeit auf. Ich gehe nun zu Stadien des nächstfolgenden Tages über, welche ebenfalls verschiedene Stufen ihrer Entwicklung aufweisen; die Länge dieser Individuen beträgt durchschnittlich 5mm. Die Entwicklung der Organe ist bedeutend vorgeschritten: die Augenlinse hat sich schon abgeschnürt, die birnenförmigen Gehörblasen sind schon ziem- lich dünnwandig und vom Eetoderm entfernt. Dicht vor den Gehör- blasen erscheinen in dem breiten Subintestinalraume die Arteriae mandibulares. Die Pericardialhöhle ist auch sehr umfangreich und einheitlich, da die Spuren des Mesocardium ventrale nur in der proximalsten Partie des Cöloms existieren, wo bisher keine endo- thelialen Gebilde angelegt sind. Auf Schnitten, welche die Gehör- blasen in ihrer proximalen Partie treffen, fließen die erwähnten Ar- terien in ein einheitliches Gebilde zusammen, das ventral, fast in der Mitte des Körpers eine Ausbuchtung bildet; — gerade in dieser Gegend biegt die Splanchnopleura jäh in die Pericardialhöhle ab. Diese Einbiegung nimmt distalwärts an Tiefe zu, indem sie rechts und links an der dorsalen Seite je eine seitliche lappige Ausbuch- tung bildet. Dicht hinter den Gehörblasen gewann der eingebogene Teil der Splanchnopleura — die Herzwand — die Form, die auf 294 Jaromir Wenig der Textfig. 6 ersichtlich ist. Wie man auf dem Bilde sieht, liegt die Darmwand dicht an der Splanchnopleura, es ist da fast kein Subintestinalraum in der Form wie früher vorhanden, dafür enthält die eingestülpte Herzwand eine ausgedehnte Höhle und in dieser ein dünnwandiges, jetzt einheitliches Endocardium!. Dorsal, unter dem Darme rücken die Splanchnopleurafalten näher zueinander zwecks baldiger Ausbildung des Mesocardium dorsale, wodurch das Herz immer selbständiger und abgeschlossener wird. Auf der Textfig. 6 sieht man, daß das Endocardium der Myo- cardwand nicht anliegt, sondern daß zwischen beiden ein ansehn- licher Zwischenraum besteht. Bei starken Vergrößerungen sieht Fig. 6. Querschnitt durch ein Stadium von Pelobates fuscus von etwa 5 mm Länge kurz vor Ausbildung des Mesocardium dorsale. man, daß sich an das Endocard in dessen dorsaler Partie, wo es die größte Breite aufweist, zarte Membranen ansetzen, welche auf den Sehnitten wie Fäden erscheinen; diese Membranen verbinden das Endocard derart mit der Herzwand, daß die Endothelröhre in ihrer Lage im Herzen auf demselben aufgehängt ist. — Distalwärts nimmt das Endocardium in seiner dorsalen Partie an Breite zu, so daß es auf den Querschnitten einem gleichseitigen Dreieck ähnlich sieht, dessen obere zwei Winkel die Myocardwand berühren. Gleich danach beginnt die Abplattung der Splanchnopleura- Einstülpung 1 Das Schwinden der mittleren Scheidewand zu verfolgen gelang mir bei Pelobates nicht so gut wie bei Bufo calamita; bei dieser Art wird daher der Vorgang näher besprochen werden. Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 295 und des Endocardiums in dorsoventraler Richtung und die Spaltung des Endocardiums in zwei Röhren — die Dottervenen. Genau an dieser Stelle erscheint wieder das Mesenterium des Pericardialraumes, die distale Partie des ventralen Mesocardiums, das sich bis an das Ende der Pericardialhöhle fortsetzt. Einen weiteren Fortschritt in der Entwicklung zeigt uns ein Individuum, das an demselben Tage wie das eben beschriebene konserviert wurde, das aber schon an 6 mm lang ist. Ein Schnitt durch den mittleren Abschnitt des Herzens ist in der Textfig. 7 re- Querschnitt durch ein Individuum von Pelobates fuscus von 6 mm Länge; das Mesocardium dorsale ist schon ausgebildet. produziert. Die Pericardialhöhle ist schon ziemlich geräumig und hat kein ventrales Mesocardium. Dafür ist schon ein bedeutend langes Mesocardium dorsale entwickelt, indem die dorsalen Fal- ten der Splanchnopleura unter dem Darme in der Mitte zusammen- gestoßen sind, wodurch sich jener Teil der Splauchnopleura, der auf das Myocardium entfällt, scharf abgegrenzt und dorsal zu einer Röhre geschlossen hat. Das Endocardium hat sich bedeutend aus- gebreitet, so daß ein großer Teil davon auf der ventralen Seite die Wand des Myocards berührt. Das ganze Endocardium enthält bisher noch keine Blutkörperchen. Dieser Teil des Herzens, dem die Textfig. 7 entspricht, stellt den künftigen Ventrieulus des Her- Morpholog. Jahrbuch, 48. 20 296 Jaromir Wenig zens dar, da die Differenzierung der einfachen Herzröhre in ihre definitiven Abteilungen schon eingetreten ist. Verfolgen wir die be- treffende Serie proximalwärts, so sehen wir, daß sich die Myocard- röhre krümmt und an ihrer linken Seite eine Einstülpung nach innen bildet, die auch das Endothel nach innen drückt. Der Abschnitt, welcher proximal davon liegt, ist die Anlage des Conus arteriosus, "und noch weiter proximal bilden sich schon die Vasa branchialia. Wenn wir von dem abgebildeten Schnitte weiter in der Richtung Fig. 8. Querschnitt durch ein Stadium von Pelobates fuscus von etwa 5 mm Länge; die Splanchnopleura ist noch paarig eingebogen, die rechte Einbiegung (am Bilde) schwindet jedoch bald vollkommen, nach hinten vorgehen, so finden wir, daß sich in der Gegend, wo das Mesocardium ventrale auftritt, das Myocard an der rechten Seite des Herzens einbuchtet, wodurch von der ursprünglich geraden und einfachen Herzröhre das Herzatrium abgesondert wird. Bei Larven, welche über 6 mm lang geworden sind, schmiegt sich das Endothel überall der Innenwand des Herzens an. — Da es mir bei der vorliegenden Arbeit hauptsächlich darum ging, auf die gemischte Herkunft des Endothels und auf die Paarigkeit der ersten Anlagen des Herzens — wie seiner endothelialen Kompo- nenten so auch seiner splanehnischen Teile — aufmerksam zu machen, schließe ich mit diesem Stadium die Beobachtungen an Pelobates ab. - Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 297 Daß die erwähnte Einbiegung der Splanchnopleura während der Herzbildung bei Pelobates und wahrscheinlich auch bei anderen Amphibien paarig ist und daher an die Verhältnisse bei den Am- nioten erinnert, scheinen außer dem schon Angeführten auch die zahlreichen Serien verschiedener Stadien zu bekräftigen, die in die- sem Aufsatze nicht näher beschrieben wurden. Ein solcher Schnitt ist in Textfig. 8 zu sehen; das Herz ist da in seiner proximalen Krümmung getroffen. Beobachten wir einmal die paarige Einbuch- tung der Splanchnopleura. Die Einbuchtung an der linken Seite (des Bildes) ist tief und das Endothel schiebt sich weiter in sie hin- Fig. 9. Sagittalschnitt durch eine Larve von Pelobates fuscus in der Gegend der Herzbildung; Länge der Larve 5 mm. ein; diese Einbuchtung geht auf den nächsten Schnitten direkt in die Herzröhre über. — Die andere Einbuchtung ist kleiner und hat nicht dieselbe Bedeutung. Sie erscheint auf ganzen Serien wie ein natürliches Gebilde und entspricht einer ursprünglichen, breiten Ein- buchtung der Splanchnopleura. Wie aus dem Bilde ersichtlich, dringt das Endothel in diese Einbuchtung nicht ein, sondern zieht über ihr glatt hinweg. Diese seichte Einstülpung ist als ein Rest der ur- sprünglichen Paarigkeit zu betrachten, der bei älteren Individuen vollständig schwindet. Nun wollen wir noch die Verhältnisse betrachten, wie sie sich bei Bildung des Herzens auf den Sagittalschnitten bei einem beinahe 5 mm langen Individuum gestalten. Auf den Schnitten, welehe la- 20* 298 Jaromir Wenig teral liegen, erscheint in dem Sinus, welcher dorsal und hinten vom Entoderm begrenzt wird, die umfangreiche Cölomhöhle. Einer von diesen Schnitten ist auf der Textfig. 9 reproduziert; man sieht da die Einstülpung der Splanchnopleura in das Cölom und zwar stülpt sie sich von hinten ein, also von der vertikalen Darmwand in der Richtung nach vorn. Auf den Schnitten erscheint diese Einstülpung in Form eines sackförmigen Gebildes. In dieses dringt zugleich aus dem Raume zwischen dem Darme und dem visceralen Blatte die Fig. 10. Sagittalschnitt durch eine Larve von Pelobates fuscus in der Gegend der Herzbildung; Länge der Larve 5 mm. schon ausgebildete Endothelschicht ein, sie reicht aber nicht weit in das Innere des Sackes hinein. Je weiter zum Medianschnitte wir die Serie verfolgen, desto mehr unterliegt die dorsale Partie der Splanchnopleura der Einstülpung, bis endlich auf weiteren Schnitten die offene Mündung des Myocardsackes vollständig auf die vordere Seite verlegt erscheint; der Myocardsack nimmt da einen großen Teil der Pericardialhöhle ein und das Endothelgebilde reicht hier bis an seinen Boden. Diese Verhältnisse sind übrigens auf der Textfig. 10 klar zu sehen. Bufo calamita. Das Material von Dufo calamita wurde auf dieselbe Weise wie das von Pelobates fuscus und zwar mit FLEmmIngs Gemisch und Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 299 Safranin nach Prirzwer behandelt. Trotzdem weichen die Resultate bei beiden Vertretern der Anuren voneinander etwas ab. Während bei Pelobates der Unterschied zwischen den Zellen des Mesoderms und Entoderms klar zum Vorschein trat und zwar besonders in den ersten Entwieklungsstadien — wie früher beschrieben wurde —, sehen die Zellen der beiden genannten Keimblätter bei Bufo cala- mita ganz gleich aus. Dieser Umstand erschwert bei Dufo die Ent- scheidung über die Herkunft der Zellen, welche frei in dem be- treffenden Raume sich befinden und später den Ursprung den endo- thelialen Röhren geben. Eine genaue Entscheidung kann man da nur bezüglich solcher Zellen treffen, welche sich von ihrem ursprüng- Fig. 11. ee —— den _ er ee er T_ u a > —a Querschnitt durch ein Stadium von Bufo calamita von etwa 2 mm Länge, das sich noch in der Ei- hülle befindet. liehen Verbande noch nicht losgelöst haben, sondern noch in unver- kennbarer Verbindung mit ihrem Mutterboden stehen. — Darum halte ich die Stadien von Pelobates für besonders geeignet, um die Frage der Herkunft des Endothels zu lösen. Aus dem ungemein reichen Material von Dufo calamita, das ich verarbeitet habe, wähle ich für die Beschreibung der Entwicklung des Endothels und des Herzens überhaupt folgende Stadien: Als jüngstes wähle ich ein Individuum, das ich am zweiten Tage nach Auffindung der Laichschnüre, die sich zu dieser Zeit kaum einen Tag im Wasser befunden hatten, konserviert habe. Dieses Stadium ist bisher noch in der Eihülle eingeschlossen (Textfig.11) und kaum 2 mm lang. Die primären Augenblasen, deren Wandung überall gleich dick erscheint, berühren eben das Eetoderm und haben sich noch nicht eingestülpt; die Gehörorgane haben die Form von 300 Jaromir Wenig dieken noch nicht eingestülpten Placoden. In der Gegend vor den Placoden, wo die Haftorgane weit voneinander entfernt sind, reichen die Mesodermstränge noch nicht nahe aneinander, so daß zwischen dem Entoderm und dem ventralen Eetoderm ein ausgedehnter Raum freiliegt, der überhaupt keine Zellen enthält. — Auf den Schnitten, welche die Gehörplacoden treffen, sehen wir ähnliche Verhältnisse, wenn auch die Mesodermstreifen bereits näher an die Medianlinie - heranreichen. — In der postotischen Region reicht das ventrale Entoderm in der Mitte des Körpers bis zum Eetoderm, so daß es auch da nicht zur Verbindung der beiderseitigen Mesodermmassen kommt; diese werden erst bedeutend weiter distal, wo der Haft- apparat als einfaches rinnenförmiges Gebilde verläuft, durch einen Streifen freier Zellen verbunden, auf denen ich jedoch — ebenso wie bei Pelobates — nichts wahrnehmen kann, das sie als Gefäß- zellen charakterisieren würde (Textfig. 11). Schließlich auf den Schnitten hinter dem Haftapparat bildet das Mesoderm eine kom- pakte solide Schicht, die parallel zwischen Eetoderm und Entoderm eingeschaltet ist. Alle drei Blätter sind durch enge Schlitze von- einander getrennt. In der Medianlinie kann man den direkten Kontakt des Entoderms mit dem Mesoderm beobachten, aber so deutlich wie bei Pelobates tritt hier die Leiste nicht hervor. Auch von freien Zellen, die in der engen Spalte zwischen Darm und Meso- derm lägen und an die Gefäßzellen erinnern könnten, kann da keine Rede sein. Es sei hier noch einmal bemerkt, daß man trotz größter Um- sicht keinen Unterschied zwischen Ento- und Mesodermzellen wahr- nehmen kann: alle Zellen dieser Schiehten sind überfüllt von durch- weg gleichgestalteten Dotterkörperchen, welche intensiv gefärbt sind und die hellen Kerne zum größten Teil verdecken. Die Individuen des folgenden Tages haben eine Länge von 2,5—3 mm; nach den kleinen Unterschieden in der Entwicklung der Augen und Gehörorgane kann man sie zu einer fortschreitenden Entwicklungsreihe zusammenstellen. Bei dem jüngsten dieser Stadien haben sich die Verhältnisse in der präotischen Region nicht geändert. Auf den Schnitten, welche die Mitte der Gehörblasen treffen, berühren sich beinahe schon die Mesodermstränge in der Medianlinie.e In der postotischen Region zeigen sich die ersten Anzeichen der Cölombildung im Mesoderm. Zwischen der bereits entstandenen Splanchnopleura und dem Ento- derm befindet sich ein geräumiger Subintestinalraum, der auf dem Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 301 Schnitte die Form eines Dreieckes hat, indem die ventrale Darm- wand genau horizontal gespannt ist und die nieht gekrümmten Seiten- platten ventromedianwärts verlaufen; in diesem Raume liegen einige freie Zellen, deren Herkunft sich nicht genau bestimmen läßt, weil kein Unterschied zwischen Ento- und Mesodermzellen besteht, über- dies auch die Konturen beider Schichten glatt sind und in dieser Hinsicht keinen Aufschluß gewähren. Auf Schnitten, wo die ven- trale ectodermale Rinne endet, fließen die beiderseitigen Mesoderm- massen vollständig in der Medianlinie zusammen; das enge schlitz- artige Cölom der rechten Seite kommuniziert mit dem linksseitigen, indem das ventrale Mesocardium schon zu dieser Zeit der Rück- bildung unterliegt. Was jedoch diese Schnitte interessant erscheinen läßt, das ist der Umstand, daß man schon so früh, zur Zeit des ersten Auftretens Fig. 12. Querschnitt durch ein Stadium von Bufo calamita von ungefähr 3 mm Länge; die ersten Gefäßzellen erscheinen in zwei Gruppen oberhalb der Splanchnopleura, freier Endothelzellen deren Lagen an zwei Stellen im Subintestinal- raume sicherstellen kann; die allererste Anlage des Endothelgebildes ist also ebenfalls paarig. Die Textfig. 12 entspricht dem in Rede stehenden Stadium. Von geschlossenen röhrenförmigen Gebilden kann man noch nicht sprechen, doch kann man die zwei Zellgruppen oberhalb der Splanchnopleura gut unterscheiden; diese zwei Zell- streifen kann man auf 22 Schnitten, welche 6 «: diek sind, so weit nach hinten verfolgen, bis endlich der Subintestinairaum schwindet und die Verhältnisse des Ento- und Mesoderms etwa so beschaffen sind, wie die Textfig. 11 zeigt. Ähnliche Verhältnisse, an denen jedoch die hohlen Endothel- gebilde deutlicher hervortreten, führt die Textfig. 13 vor; sie ent- 802 Jaromir Wenig spricht einem Individuum, das von demselben Tage stammt wie das eben beschriebene, das aber in’ seiner Entwicklung etwas weiter vorgeschritten ist. Wir wollen die auf den Textfiguren 12, 13 china Gebilde wegen ihrer Lage und gegenseitigen Ehilernne als die Anlagen für die Dottervenen ansehen. Bei dem zuletzt abgebildeten Sta- dium reichen aber diese Gebilde — wenn sie auch bisher durchaus nicht ununterbrochene Gefüge vorstellen — weit nach vorn, erwei- tern sich und rücken zugleich näher aneinander. Dort, wo der Sub- intestinalraum seine größte Ausdehnung erreicht, reihen sich dann die Gefäßzellen dieht an seine Wände — das Entoderm und die Splanchnopleura —, so daß das jetzt von ibnen nur angedeutete Querschnitt durch eine Larve von Bxfo calamita von 3 mm Länge; die Bildung der hohlen Endothel- gebilde. Organ später diesen Raum vollständig einnehmen muß. Und auch da, wo es sich bestimmt um die Anlage des Endothels des eigent- lichen Herzens handelt, tritt klar und deutlich die Paarigkeit dieser Anlage ‘hervor, indem die künftige große Röhre in der Mitte von einigen Zellen überbrückt wird. Es sei bei diesem Stadium noch bemerkt, daß hier — ähnlich wie bei Pelobates — die Splanchnopleura viel mächtiger ist als die Somatopleura, da sie mindestens doppelt so dick ist wie diese. Die Herkunft der Endothelzellen läßt sich bei Bufo wegen der Gleichheit der Ento- und Mesodermzellen viel schwieriger verfolgen als bei der früher beschriebenen Art. Auch bei bufo stammt — wie später gezeigt werden wird — die überwiegende Zahl der En- dothelzellen vom Mesoderm. Es kommen jedoch bei Stadien unter 3 mm Länge Bilder vor, welche beweisen, daß wenigstens eine Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 303 kleinere Zahl dieser Zellen aus dem Entoderm proliferiert. Auf der Tafelfig. 5 ist ein Teil eines solchen Schnittes bei starker Ver- srößerung gezeichnet; es ist der mittlere Teil der ventralen Darm- wand. Der Zellstreifen, welcher in den unten gelegenen Subinte- ‘ stinalraum hineinragt, ist als ein Entodermgebilde anzusehen. Bei oberflächlieher Betrachtung könnte man vielleicht den Eindruck ge- winnen, als ob es sich um Zellen — vielleicht mesodermaler Her- kunft — handeln würde, die aus dem subintestinalen Raume ge- kommen sind und sich der Darmwand genähert haben. Ähnliche Erscheinungen kommen übrigens oft vor. In dem abgebildeten Falle ist es aber nicht einmal mit den stärksten Systemen möglich, irgend- Fig. 14. Sagittalschnitt durch eine Larve von Bufo calamita in der Gegend der Herzbildung; Länge der Larve ungefähr 3 mm. eine Grenze zwischen dem erwälnten Streifen und dem Entoderm sicherzustellen, auch die Lage der Dotterkörperchen in beiden Ge- bilden läßt auf deren direkten Zusammenhang schließen; ähnliche Verhältnisse kann man oft auch anderswo auf den Sehnitten kon- statieren. Solche Erscheinungen kann man wohl nicht anders er- klären denn als eine Proliferation entodermaler Zellen in den Sub- intestinalraum, in dem gerade die ersten Anlagen der Gefäß- und Herzendothelien entstehen, zu deren Bildung dann die losgelösten - Zellen beitragen. Die Sagittalschnitte durch diese jungen Stadien zeigen uns je- doch, in welch hervorragendem Maße das Mesoderm an der Bildung der Gefäßzellen teilnimmt. Die Textfig. 14 führt uns einen solchen Sagittalschnitt vor. Man sieht da deutlich die Gestalt des subinte- 304 Jaromir Wenig stinalen Raumes, wo später das Herzendothel entsteht; in dem Raume selbst befinden sich nur wenige freie, bisher nicht gruppierte Zellen. In dem Mesoderm, welches diesen Raum von der unteren Seite ab- schließt, kommt eben eine unbedeutende Spalte des Cöloms zum Vorschein, ein Umstand, welcher die Erkenntnis ermöglicht, daß die Querschnitt durch eine Larve von Bufo calamita, die etwas über 3 mm lang ist, in der Gegend der Herzbildung. Querschnitt durch ein Stadium von Bufo calamita; die ausgebildeten Dottervenen; Länge der Larye etwas über 3 mm. Splanehnopleura viel mächtiger ist als die Somatopleura.. Die ‚ Splanchnopleura ist nebstdem in zwei Schichten geteilt: die dünnere obere, deren Zellen sich in dem Raume zerstreuen, und’ die mäch- tigere untere — die definitive Splanchnopleura. Diese Verhältnisse bestätigen alle Schnitte der Serien, so daß die Abgrenzung der oberen Schicht der Splanchnopleura weder zufällig ist noch speziell auf diesem Schnitte mechanisch hervorgerufen wurde. Die ganze Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 305 obere Schicht der Splanchnopleura liefert also das Material für das primitive Endothelgebilde!. Unbedeutend ältere Stadien zeigen uns die Textfiguren 15, 16. Die erste von ihnen entspricht einem Schnitte, weleher dieht hinter den Gehörblasen liegt. Wenn man diesen Schnitt mit den benach- barten vergleicht, so kann man erkennen, daß die dieke Splanchno- pleura an zwei Stellen nach unten eingebuchtet ist, also wieder paarig wie bei Pelobates. Die Einbuchtung auf der rechten Seite des Bildes erscheint tiefer als die andere, die kaum zu sehen ist. Auch ältere Stadien bestätigen, daß die Einbuchtung der Splanchno- pleura wirklich paarig ist, und diese Paarigkeit tritt in ihrer ersten, noch nicht auffälligen Phase schon bei diesen ganz jungen Indi- viduen auf. Distalwärts von dem abgebildeten Schnitte taucht schon das Endothelgebilde auf, das gerade sich zu bilden beginnt und in hohem Maße an das Endothelgebilde von Pelobates erinnert, das in Textfig.5 reproduziert ist; zugleich wird die Einbuchtung der Splanch- nopleura tiefer. Noch weiter distal sehen wir schon deutlich aus- gebildet die Dottervenen, wie sie in der Textfig. 16 reproduziert sind; beide sind voneinander entfernt und jede liegt in einer be- sonderen seichten Einbuchtung der Splanchnopleura. Weitere Stadien stammen von demselben Tage der Entwicklung, sind aber beinahe um 0,5 mm länger. Bei ihnen beginnt die Ein- buchtung der Splanchnopleura schon auf Schnitten, welche eben durch die Mitte der birnförmigen Gehörblasen gehen; das ventrale Mesocardium existiert hier nicht mehr. Von den zwei beschriebenen Einbuchtungen der Splanchnopleura gelangt zur definitiven Entwick- lung die auf der linken Seite des Bildes sichtbare wie bei Pelobates (Textfig. 8), wogegen die andere allmählich schwindet. In der Ver- tiefung der Splanchnopleura liegt das schon vollständig geschlossene Endothelgebilde, das so umfangreich ist, daß es die Wand der Splanchnopleura fast berührt. Seine Paarigkeit ist nahezu auf allen Schnitten erhalten, man kann nämlich eine unvollständige Scheide- I Gegen diese Auffassung ließe sich vielleicht einwenden, jene deutliche obere Schicht sei die schon ausgebildete ventrale Wand der Endothelröhre. Ich habe jedoch auf keiner von meinen zahlreichen Serien bemerkt, daß irgendeine Partie der Endothelröhre — hier also die ventrale Wand — sich früher gebildet hätte als die anderen Partien. Die Endothelgebilde sind vom ersten Anbeginn der Zellengruppierung röhrenförmig und haben nicht schicehtenartiges Aussehen Ich halte daher jene obere Schicht der Splanchnopleura für eine Schicht, deren Zellen sich bisher nicht vollkommen von der Splanchnopleura losgelöst haben, aber nicht für eine Schicht, welche aus früher freien Zellen entstanden wäre. 806 Jaromir Wenig wand in seiner Mitte konstatieren; verfolgen wir die Schnitte in der Richtung nach hinten, so wird diese Scheidewand deutlicher und vollständiger. Die Textfig. 17 entspricht dem vierten Schnitte hin- ter jenem, auf dem die Gehörblasen nicht mehr erscheinen. (Schnitt- dieke 6 ı..) Die tiefe Einstülpung der Splanchnopleura hat die Peri- cardialhöhle bedeutend verdrängt. Das breite Endothelgebilde weist eine von oben nach unten herabhängende Lamelle auf, durch welehe es — wenn auch unvollständig — in zwei Abschnitte geteilt ist; diese Lamelle kann man auf allen benachbarten Schnitten, welche durch das Herz gehen, verfolgen. Wenn wir die Serie pro- ximalwärts untersuchen, so finden wir, daß an dem Schnitte, welcher Fig. 17. L- ne TE na en a 4 . e EPEIE ee | Querschnitt durch eine Larve von Bufo calaumita von etwa 3,5 mm Länge in der Gegend der Herz- bildung; das Endothelgebilde des Herzens besitzt eine unvollständige Scheidewand. das Gehörorgan noch tangential trifft, die Lamelle bis zur ventralen Wand der Endothelröhre reicht, wie in der Tafelfig. 6 zu sehen ist. Auch hinter dem in Textfig. 17 abgebildeten Schnitte reicht die La- melle weiter nach unten. Auf dem sechsten distal gelegenen Schnitte ist die Endothelröhre noch nicht vollständig ausgebildet, da sie oben noch nicht geschlossen ist, doch ist die Lamelle deutlich sichtbar. Bei schwacher Vergrößerung ist sie etwa in einem Umfange sicht- bar, wie sie auf der Textfig. 17 dargestellt ist; außerdem erhebt sich von der ventralen Wand der »Röhre« nach oben eine niedrige Scheidewand. Zwischen beiden Lamellen ist jedoch ‘eine höchst feine Membran ausgespannt, welche auf dem Schnitte wie ein Faden aussieht. Diese Membran kann man mit ziemlicher Be- stimmtheit als den schwindenden Rest der ehemaligen Scheidewand ansehen. Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 307 Später finden wir in dieser Gegend und auch noch weiter distal ein einheitliches Endothelgebilde, das auf das Herz entfällt. Die beschriebene Zwischenwand ist daher nur vorübergehender Natur und nur sehr kurze Zeit vorhanden. Erst viel weiter distal verengt sich das ganze Gebilde und wird zugleich niedriger, indem es in die plötzlich auseinandertretenden Venae vitellinae übergeht. Bei diesem Stadium ist die Paarigkeit des ganzen Endothelgebildes einwandfrei ausgeprägt. | Bei einem unbedeutend älteren Stadium haben sieh die Spuren der Herzscheidewand nur in dem proximalen Abschnitt des Endothel- Fig. 18. J Querschnitt durch ein Stadium von Bufo calamita von etwa 3,5 mm Länge; auf der rechten Seite des Bildes ist die schwindende Einstülpung der Splanchnopleura noch sichtbar; der Endothelschlauch zeigt zwei übereinander gelagerte Verdiekungen der Wand, schlauches erhalten. Gleich am Anfang des Schlauches ragen von dessen dorsaler und auch von dessen ventraler Seite nach innen kurze Lamellen, welche distalwärts rasch schwinden; man kann sie auf sechs proximalen Schnitten sicherstellen. Am sechsten Schnitte zeigen sich Verhältnisse, wie sie die Textfig. 18 darstellt. Es han- delt sich um eine Serie, welche zugleich die paarige Einbuchtung der Splanchnopleura aufweist, die schon früher beschrieben wurde Auf der rechten Seite des Bildes sieht man die kleine Einstülpung, welche man auf vielen Schnitten verfolgen kann und welche später schwindet, wogegen auf der anderen, linken Seite sich die tiefe 308 Jaromir Wenig Einstülpung betindet, die das Endothelgebilde enthält!. “Die dorsale und die ventrale Wand des Endothelgebildes besitzen auf dem ab- gebildeten Schnitte nächst der linken Seite je eine Verdiekung, die in das Lumen der Röhre hineinragt; beide Verdiekungen liegen genau übereinander und stellen die Reste der früheren Scheidewand vor. Bei lückenhaften Serien können wohl solche Gebilde dem Be- obachter leicht entgehen. — Und noch auf fünf distal gelegenen Schnitten kann man diese niedrigen Dämmcehen verfolgen, worauf sie vollständig verschwinden und das Herzendothel wie eine absolut Fig. 19. Horizontalschnitt durch eine Larve von Bufo calamita;, Länge der Larve über 3 mm; ein Teil der Leberbucht (links) und das Endothelgebilde des Herzens. einheitliche breite Röhre erscheint. So sehen wir das Organ auf 16 hintereinander folgenden Schnitten (Schnittdicke 6 u), bis endlich dessen Spaltung in die Dottervenen beginnt. Auf den Horizontalschnitten zeigen sich uns die Verhältnisse des Herzens bei ähnlichen Stadien in folgender Weise: Proximal von der Leber erscheint auf den Schnitten das Endothelgebilde schon als ein geschlossenes Organ. Einen von diesen Horizontalschnitten zeigt die Textfig. 19; auf beiden Seiten des sich bildenden Herzens ist das Cölom getroffen. Mitten im Herzen sieht man auf der Figur den Rest der Scheidewand, den man weiterhin auch auf Schnitten, die ventral von dem abgebildeten Schnitte liegen, verfolgen kann. — ! Siehe dieselben Verhältnisse bei Pelobates auf der Textfig. 8. Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 309 Der dritte unter diesem gelegene Schnitt trifft bereits die Venae vitellinae, welche, dicht zwischen das Entoderm und die Seiten- platten eingeschaltet, nach hinten ziehen. Die Horizontalschnitte durch etwas ältere Stadien zeigen übereinstimmende Verhältnisse Horizontalschnitt durch ein Stadium von Bufo calamita;, Länge der Larve über 3 mm; Übergang des Endothelschlauches des Herzens in die Dottervenen. Fig. 21. Sagittalschnitt durch eine Larve von Bufo calamita; Länge der Larve über 3 mm; Schnitt durch die Leberbucht und das fertige Endothelgebilde des Herzens, 310 Jaromir Wenig mit denen, welche zuletzt an den Querschnitten beschrieben worden sind. Die Scheidewand ist geschwunden und der Endothelschlauch des Herzens stellt jetzt einen einheitlichen, umfangreichen Sack vor, welcher den ganzen, an den Seiten vom visceralen Blatt des Cöloms und hinten von der Anlage der Leber begrenzten Raum einnimmt (Textfig. 20). Den auf dieser Stufe der Entwicklung stehenden Herzsack führt auch die Textfig. 21 vor. Man sieht da einen Sagittalschnitt; proximal von der Leberbucht liegt der Subintestinalraum, welcher an der ventralen Seite von dem eingebogenen Teil der Splanchno- pleura begrenzt wird. Der Herzschlauch füllt diesen Raum fast vollständig aus, indem seine Wand überall dicht an der Wand des Raumes verläuft. Proximal ist die Wurzel der Arteria mandibularis getroffen, welehe in dem engen, vom Darm und von dem nicht ein- gebogenen Teil der Splanchnopleura begrenzten Raume verläuft; diese Wurzel entspringt der dorsalen Partie des Herzschlauches, während die Dottervenen im, ventralen Winkel des venösen Endes des Herzens ihren Ursprung nehmen. Spuren der Paarigkeit des Herzschlauches finde ich auch bei einem Individuum, das um einen Tag älter und ungefähr um 1 mm länger ist, als das zuletzt beschriebene. Gleich an den Wurzeln der proximalen Gefäße sieht man auf den Querschnitten eine tiefe Einstülpung der Splanchnopleura in die Periecardialhöhle. Die nächst- liegenden Schnitte treffen das breite Endothelgebilde, das bis an die ventrale Wand des künftigen Myocards reicht. An der ventralen Wand des Schlauches beginnt sich eine niedrige Lamelle zu bilden, die in das Innere des Organs hineinragt. Würde es sich da um die Scheidewand zwischen den proximalen paarigen Gefäßen handeln, so müßte wohl diese Scheidewand an der dorsalen Wand des Schlau- ches auftreten, von dessen dorsaler Partie eben diese Gefäße ent- springen. Distalwärts wird die Scheidewand höher und erreicht die größte Höhe am siebenten Schnitte, gezählt von ihrem ersten Auf- treten, (Schnittdicke 6 «). Auf dem genannten Schnitte reicht die Zwischenwand genau bis zur halben Höhe der Röhre, auf dem sechsten distal gelegenen Schnitte schwindet sie vollständig und der Herzschlauch erscheint ganz einheitlich. So bleibt er aber nur auf den drei folgenden Schnitten, gleich darauf tritt an der dorsalen Seite wieder eine niedrige Lamelle auf, die man auf acht Schnitten distalwärts verfolgen kann; ihre größte Höhe erreicht die Lamelle auf dem fünften Schnitte. Diese Lamelle befindet sich nicht genau Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 311 in der Mitte des Organs, sondern näher zur rechten Körperseite, so daß der Herzschlauch in zwei ungleiche Räume geteilt ist (vgl. die Textfig. 18). Nach dem Sehwinden der Lamelle ist der Endothel- schlauch auf vier Schnitten gänzlich ungeteilt, bis endlich auf dem nachfolgenden Schnitte in der Mitte der dorsalen Wand eine neue Lamelle auftaucht, welche auf dem vierten weiter distal gelegenen Schnitte bis zur ventralen Wand reicht und so die beiden Dotter- venen voneinander trennt. — Ich führe diese Details nur aus dem Grunde an, um klar darzutun, daß die beschriebenen Scheidewände nicht als Scheidewände der am arteriellen und venösen Ende des Herzschlauches entspringenden Gefäße angesehen werden dürfen. Weitere Fortschritte in der Entwicklung des Herzens bei Bufo calamıta führe ich da nicht an, weil ich keine Abweichungen von den allgemein bekannten Tatsachen gefunden habe und somit auch nichts Neues mitteilen kann. Scyllium canicula. Um die Entwieklung des Herzens bei den Selachiern zu be- schreiben, habe ich als erstes Stadium ein Individuum mit primären Augenblasen gewählt. Zu beiden Seiten des proximalen Abschnittes der Verdauungsröbre erscheinen die weit voneinander entfernten Mesodermblätter, die das umfangreiche Cölom abschließen und dorsal in die Somiten übergehen. Je weiter distal wir vorgehen, desto mehr verengt sich das Cölom, das parietale und das viscerale Blatt kommen einander näher; endlich auf Schnitten, wo das Entoderm eine vollständig abgeschlossene ringförmige Röhre vorstellt, schwindet das Cölom gänzlich. In diesem Gebiete bildet das ventrale Meso- derm solide Zellstränge, welche von den Somiten ausgehend dicht an der Darmwand herabziehen und ungefähr bis zum ventralen Fünftel der Wandhöhe reichen. Der Raum zwischen dem Boden der Darmröhre und dem Eetoderm ist also vollkommen zellfrei. Solche Verhältnisse treten auf der ganzen Schnittreihe dieser Serie auf und nur bei besonders sorgfältiger Beobachtung findet man einen Unterschied darin, daß die Seitenplatten — besonders ihre ventralen Enden — sich nicht mehr so eng dem Entoderm anschließen, wo- durch zwischen beiden Gebilden ein schmaler Raum frei wird. Noch weiter distal reichen die Seitenplatten bis zum. ventralsten Gebiete des Darmes und berühren sich endlich, so daß das Entoderm voll- ständig vom Mesoderm eingeschlossen ist.. Die Wand der Verdau- ungsröhre ist in ihrem ventralen Drittel zum Teil gleichsam nach Morpholog. Jahrbuch. 48. 21 312 Jaromir Wenig ‚innen eingebogen, wodurch der Raum rings um die ventrale Partie des Darmes an Umfang zugenommen hat — es bildet sich allmäh- lich der Raum für die Aufnahme der ersten Gefäßzellen. Weiter distal, etwa in der Mitte der Höhe der Seitenplatten, treten die beiden Mesodermblätter wieder auseinander und zugleich sieht man, daß die innere Kontur der ventralsten Partie der künf- tigen Splanchnopleura nicht mehr glatt und scharf erscheint, son- dern daß die Splanchnopleura den Beginn der Proliferation der Zellen in den Innenraum erkennen läßt. Die dünnen Zellstränge wachsen gleichsam aus dem Mesoderm heraus in der Richtung zum Entoderm und bleiben noch in Verbindung mit ihrem Mutterboden. Vollkommen freie Zellen kann man bisher in dem Raume nicht be- obachten; auch sei betont, daß zwischen den Zellen des Entoderms und denen des Mesoderms bei diesem Stadium kein Unterschied nach Inhalt und Färbung besteht, so daß die Zugehörigkeit der Zellen nur insolange bestimmt werden kann, als sie in Verbindung mit ihrem Mutterboden bleiben. Einer von diesen Schnitten ist bei starker Vergrößerung auf der Tafelfıg. 4 abgebildet. Man sieht da den ventralen Teil der Ver- dauungsröhre und zu deren beiden Seiten das viscerale Mesoderm- blatt, das hier von der Darmwand bereits bedeutend entfernt ist. Mit größter Deutlichkeit kann man da sehen, daß auf beiden Seiten ein Zellstreifen aus dem visceralen Blatte in den um den Darm ge- legenen Raum proliferiert. Der Zusammenhang dieser Streifen mit der Splanchnopleura ist auf diesem und den benachbarten Schnitten so deutlich, daß jeder Zweifel über die Zugehörigkeit der prolife- rierenden Zellen zum Mesoderm schwinden muß. Die proliferieren- den Zellen sind die künftigen Gefäßzellen. — Auf Schnitten, welche noch weiter distal liegen, kann man außer den in Proliferation be- sriffenen Zellen schon ganz freie Zellen antreffen, die in verschieden- artig gestalteten Gruppen gelagert sind und deren Herkunft man freilich nicht bestimmen kann. Den siebenten Schnitt hinter jenem, der auf der Tafelfig. 4 dargestellt ist, führt die Tafelfig. 3 vor. Auf der linken Seite des Bildes sieht man einen Zellstreifen, der in Ver- bindung mit der Splanchnopleura steht, also ähnlich wie auf der Tafelfig. 4; doch ist auch die Proliferation der Zellen aus dem Ento- derm unverkennbar: auf der linken Seite des Bildes ragt aus dem Entoderm ein Zellstreifen in den freien Raum hinein, in dem später das Endothel zur Bildung gelangt. — Die Lage des Kernes, welcher sich teilweise noch in der Darmwand, teilweise aber schon in dem ee Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 313 Zellstreifen befindet, ist bemerkenswert und zeigt schon direkt den beginnenden Austritt der Kerne aus dem Verbande des Entoderms. Die Entodermzellen proliferieren da unmittelbar aus der Darmwand, und ich finde da nichts, das als »Leiste« (RÜCKERT, 50) bezeichnet zu werden verdiente. Erst auf noch weiter distal gelegenen Schnitten reicht das Entoderm bis zum Nahrungsdotter. Solche Bilder, wie sie auf den Tafelfig. 3 und 4 gezeichnet sind, kann man auf der betreffenden Serie häufig sehen. Aus dem Angeführten und aus den Abbildungen wird also klar, daß die Endothelzellen der Selachier eine gemischte Abstammung haben, indem sie zu einem Teil aus dem visceralen Blatte, zum anderen aus der Darmwand ihren Ursprung nehmen — was in der Hauptsache mit den Ausführungen Rückertrs (0) über Pristiurus und Torpedo übereinstimmt. Als zweites Stadium sei eines gewählt, das ungefähr !/;, mm länger ist als das eben beschriebene. Dort, wo an den Schnitten die mächtigen Gehörplacoden enden, ist die Verdauungsröhre be- deutend breiter geworden, ventral von ihr erscheinen zwei von- einander entfernte Höhlen — die proximalen Enden der Pericardial- höhle; dabei berührt das viscerale Mesodermblatt dicht das Ento- derm. — Weiter distal fließen die beiderseitigen Cölomhöhlen zusammen, mit anderen Worten: die Splanchnopleura und die Somato- pleura der einen Seite gehen auf diesen Schnitten in dieselben Schich- ten der anderen Seite über. Gleich auf den ersten Schnitten, auf denen sich diese Verhältnisse zeigen, ist die Splanchnopleura auf der rechten wie auf der linken Seite — also paarig — vom Darm abgelöst, so daß unter dem Darme zwei vollkommen leere Räume zustande kommen, welche in der Medianebene miteinander kom- munizieren. Die ventrale Darmwand ist im Vergleich mit den übrigen Teilen auffallend dünn, infolge der Proliferation ihrer Zellen; bloß in der medianen Partie dieser ventralen Wand finde ich konstant Zellen, die anderswo in den Geweben nicht vorkommen. Sie sind rund und viel kleiner als die übrigen Zellen, ihre Kerne sind sehr klein und auffallend dunkler gefärbt als die übrigen Kerne. Diese Verhält- nisse erklären am besten die Abbildungen, welche bei starken Sy- stemen gezeichnet sind; die Tafelfig. 7 zeigt fünf lange große Zellen, welche aus den verschiedensten Partien der Verdauungsröhre stammen, es sind das normale Zellen, aus denen sich das ganze Entoderm aufbaut. Außer ihnen sieht man auf der betreffenden Figur fünf 21* 314 Jaromir Wenig kleine runde Zellen, von denen sich einige — am Präparate — noch in der ventralen Darmwand befinden, während andere aus dem unter ihr gelegenen Raume gezeichnet sind. Wie auf der Tafelfig. 8 zu ersehen ist, proliferieren die kleinen Zellen in den unter dem Darm sich befindenden Raum, wo ich sie frei liegend finde. Auf der Tafelfig. 8 kann man auch sehen, daß sich die aus dem Verband der Darmwand losgelösten Zellen und wohl auch die freien Mesodermzellen in dem Subintestinalraum in zwei Gruppen sammeln, welche zu beiden Seiten des durch Ablösung der Splanchnopleura vom Darm entstandenen Raumes lagern. Mittels starker Systeme kann man konstatieren, daß an dieser Gruppierung beide Typen der Entodermzellen — die großen und die kleinen — beteiligt sind. Mithin ist das Endothelmaterial auch in diesen pro- ximalen Gebieten an zwei Stellen — rechts und links — in Gruppen angeordnet, also nicht nur dort, wo der eigentliche Darm mit dem sogenannten Dotterdarm zusammenhängt (in diesem Zusammenhang erblickt RÜCKERT die mechanische Ursache für die Paarigkeit der Herzanlage). Auf weiter distal gelegenen Schnitten wird die paarige Aus- buchtung der Splanchnopleura, die auf der Tafelfig. 8 nur sehr schwach sichtbar ist, sehr markant; unter dem Darme ziehen also zwei rinnenförmige Hohlräume nach hinten, die von unten von der Splanchnopleura begrenzt werden und in der Medianebene mitein- ander kommunizieren. In jedem Raume liegt ein Streifen von Gefäßzellen, der schon von dem auf der Tafelfig. 8 abgebildeten Sehnitte an ununterbrochen nach hinten verläuft; hier, in den distalen Gebieten, sind es nicht mehr solide Zellstreifen, sondern die Zellen sind schon in endotheliale Röhren angeordnet. Noch weiter distal wird die Kommunikation der beiderseitigen Rinnen breiter und die Endothelgebilde fließen in der Medianebene ineinander; hier befinden sich die Gefäßzellen in dem sogenannten mesenchymatösen Stadium. Die Paarigkeit der Splanchnopleura-Ausbuchtung, sowie des Endothel- materials ist fortwährend deutlich erkennbar. Diese Verhältnisse sind auf der Textfig. 22 veranschaulicht. — Auf diesen hinteren Schnitten erscheinen erst die Durchschnitte des Dotterdarms, welcher erst sehr weit hinten auf den Schnitten mit dem eigentlichen Darm kommuniziert. Erst hier ist also das Endothelmaterial durch das Entoderm in zwei Stränge geteilt, die man weit nach hinten ver- folgen kann. Aus der Beschreibung geht hervor, daß ein Teil der Gefäßzellen Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 315 — und zwar ein ziemlich großer — dem Entoderm entstammt. Die Bestimmung derHerkunft der Zellen wird besonders durch die Tatsache ermöglicht, daß sich die Zellen der ventralen Darmwand durch ihre äußere Gestalt von den übrigen entodermalen und mesodermalen Zellen unterscheiden (Tafelfig. 7, 8) und daß man gerade diese ungleichen Zellen sowohl in ihrer Proliferation als auch in den Endothelanlagen sicherstellen kann. Ferner sieht man, daß die Anlagen des Herzens auf der ganzen Serie paarig erscheinen. Wäre nur der Zusammen- hang des eigentlichen Darmes mit dem Dotterdarm die Ursache ihrer paarigen Lage, so würden diese Anlagen in den proximalsten Fig. 22. Querschnitt durch ein Stadium von Scyllium canicula von etwa 4 mm Länge; die paarige Beschaffen- heit des Endothelmatierials unter dem Darme. Gebieten, wo sich der Darm schon längst vom Dotter losgelöst hat, zusammenfließen, aber gerade in diesen Gebieten sind sie vonein- ander am weitesten entfernt. Die Beschreibung der nächsten Serie wird erweisen, daß nur die möglichst größte Zahl von Stadien in ununterbrochener auf- steigender Reihe zur Beurteilung der entwiceklungsgeschichtlichen Verhältnisse notwendig ist. Die Entwieklung des betreffenden Sta- diums ist nur unbedeutend vorgeschritten, das läßt sich besonders an der schwachen Einsenkung der Gehörplacoden erkennen; aber der Zustand der Herzanlagen stellt sich entschieden anders dar. Gleich an der Stelle, wo die Pericardialhöhle auf den Schnitten als 316 Jaromir Wenig einheitlicher Raum hervortritt, hat sich die Splanchnopleura von der ventralen Darmwand entfernt, so daß sie unter dem Darme förmlich einen Sack bildet. Der Unterschied von dem vorhergehenden Stadium besteht aber darin, daß dieser Sack absolut keine Spur von Paarigkeit zeigt, gerade im Gegenteil, er wird in seinem proximalen Abschnitte ventralwärts immer enger. Und in diesem einfachen Sacke erscheint, durchgesehnitten, ein ebenfalls einheitlicher Streifen von Gefäßzellen, die sich in mesenchymatösem Stadium befinden; die Proliferation der Zellen aus dem Entoderm kann man immer noch wahrnehmen, dagegen aber keine Proliferation mehr aus dem Mesoderm, wie man sie auf der Tafelfig. 4 sehen kann. Etwas weiter distal erscheint schon das Lumen im Streifen der Gefäßzellen und zugleich wird der Sack, in welchem dieser Streifen liegt, all- mählich selbständiger, indem er fortwährend seine Unpaarigkeit be- hält. Die lateralen Teile der Splanchnopleura sind nämlich beider- seits nach innen eingestülpt, was übrigens schon bei dem früheren Stadium (Textfig. 22) angebahnt war; es ist unzweifelhaft klar, daß es sich da um den Beginn der Ausbildung des Mesocardium dorsale handelt. Diese Verhältnisse bestehen auf der ganzen langen Reihe von Schnitten, man kann nur verschiedene Stadien in der Aus- bildung der Endothelröhre konstatieren — aus der mesenchymatösen Anordnung der Zellen bildet sich nämlich an einigen Stellen die Endothelröhre. Weit distal berühren sich in der Medianlinie die Einkniekungen der Splanchnopleura, so daß in diesem Gebiet das Endothelmaterial auch oben von Splanchnopleura umschlossen ist. Die Endothelröhre ist hier bereits ausgebildet, und auf zahlreichen Schnitten kann man noch Merkmale der früher paarigen Anordnung ihres Materials vor- finden. Diese Stufe der Herzentwicklung ist auf Textfig. 23 dar- gestellt. Die Teilung des Endothelgebildes in zwei Stücke, ein rechtes und ein linkes, beginnt auf jenen Schnitten sichtbar zu werden, die den sogenannten Dotterdarm in der Gegend treffen, wo er mit dem eigentlichen Darm zusammenhängt. Einen solehen Schnitt führt uns Textfig. 24 vor. Die beiderseitigen Röhren — hier und da noch Stränge von Endothelzellen — hängen unmittelbar mit dem Entoderm zusammen und beide Gebilde gehen ineinander über. Man kann zwar die Proliferation der Zellen aus dem Entoderm nicht mit absoluter Sieherheit erkennen, sie ist aber höchst wahrscheinlich. — Damit sind die Phasen in der Entwicklung des Selachierherzens, in- insoweit siein den Rahmen der vorliegenden Arbeit gehören, erschöpft. Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 317 Fig. 23. Querschnitt durch ein Stadium von Scyllium canicula von etwa 4,5 mm Länge; der Endothelschlauch ist auch oben von Splanchnopleura umgeben. Fig. 24. Querschnitt durch ein Stadium von Scyllium camicula von etwa 4,5 mm Länge in der Gegend, wo der eigentliche Darm mit dem Dotterdarm zusammenhängt. 318 Jaromir Wenig Ich füge noch einige Details von anderen Serien und älteren Stadien hinzu. Bei einigen Stadien, an welchen schon das Meso- Fig. 25. ML: BEREIT ve Querschnitt durch ein Stadium von Scylium canicula von etwa 4,5 mm Länge; der Endothelschlauch ist da in zwei Teile gespalten. Pe 2 Querschnitt durch ein Stadium von Seyllium canicula von 5 mm Länge; das Mesocardium ist eben ausgebildet. cardium dorsale entwickelt ist, sieht man Spuren der gewesenen Paarigkeit des Myocards wie des Endocards. So führt zum Beispiel die Textfig. 25 einen Schnitt durch ein etwas über 4 mm langes Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 319 Individuum vor; der Schnitt liegt weit vor der Stelle, an der das Endothelgebilde durch das Entoderm in zwei Teile geteilt wird. Doch ist auf diesem Bilde die Spaltung der Endothelröhre deutlich zu sehen, und man kann sie weit nach vorn auf den Schnitten ver- folgen, bis endlich das Organ wirklich einheitlich erscheint. Bei etwa 5 mm langen Individuen ist die Entwicklung des Her- zens nur ganz unbedeutend vorgeschritten. Die Verhältnisse solcher Stadien zeigt die Textfig. 26. Das dorsale Mesocardium hat sich in Fig. 27. Querschnitt durch ein Stadium von Scyllium canicula von 6 mm Länge; der Endothelschlauch des Herzens ist bereits bedeutend erweitert und schmiegt sich dem splanchnischen Teile des Herzens eng an. eine herabhängende Lamelle ausgedehnt, auf der das Herz aufge- hängt ist; das Endothelgebilde stellt bisher eine ganz enge Röhre vor, welehe dem umliegenden splanchnischen Teil des Herzens noch weit nicht anliegt. Das Endothel bildet einen geraden von vorn nach hinten verlaufenden Schlauch; irgendeine Krümmung — also die Differenzierung in einzelne Herzabschnitte — ist an ihm bisher noch nicht eingetreten. Es besteht eine auffallende Ähnlichkeit zwischen diesem Stadium des Selachierherzens und dem von Pelo- bates, das auf der Textfig. 7 dargestellt ist. An 6 mm langen Individuen finde ich die Endothelröhre des Herzens schon bedeutend erweitert, so daß sie schon an: einigen Stellen ihrer splanchnischen Hülle eng unmittelbar anliegt. Diese Er- 3230 Jaromir Wenig weiterung beginnt im distalen Abschnitte des Herzschlauches; einen Schnitt durch diese Gegend zeigt die Textfig. 27. Je weiter nach vorn die Serie durchmustert wird, desto enger erscheint das Endo- cardium, bis es schließlich proximal eine ganz enge Röhre repräsen- tiert. Zu dieser Zeit zeigt sich die erste Phase der Krümmung des Herzschlauches. Eine deutliche Differenzierung der ursprünglich geraden Röhre in einzelne Abschnitte des definitiven Herzapparats durch Krümmung habe ich erst bei Stadien gefunden, welche un- gefähr eine Länge von 8 mm erreicht haben. II. Der bisherige Stand der Frage über die Entwicklung des Herzens bei Wirbeltieren. Man findet kaum auf einem anderen Gebiete der Wirbeltier- Embryologie eine solche Verschiedenheit in den Ansichten der be- teiligten Autoren wie auf dem Gebiete der Entwicklung des Gefäß- systems. Wenn wir aus der umfangreichen einschlägigen Literatur jene Arbeiten herausgreifen, die sich speziell mit der Entwicklung des Herzens beschäftigen, so zeigt es sich, daß es zwei Fragen sind, die das Wesen des ganzen in dieser Hinsicht unternommenen Stu- diums bilden, nämlich: 1. Welcher ist der Mutterboden des Herzendothels? 2. Legt sich das Herz bei allen Wirbeltieren als paariges Organan? Besonders der ersten Frage ist eine Menge von Arbeiten ge- widmet, die jedoch einander sehr widersprechende Resultate gezeigt haben. Im ganzen können alle bis jetzt erschienenen einschlägigen Arbeiten, wenn man einige unansehnliche Abweichungen von unter- geordneter Wichtigkeit unbeachtet läßt, in drei Gruppen eingeteilt werden. Die Mehrzahl der Autoren stimmt überein in der Ansicht, daß der Mutterboden des Endothels des Herzens und der großen zuerst auftretenden Gefäße im Mesoderm zu suchen sei. Die Minder- heit erklärt dagegen das Entoderm als den Mutterboden für die angeführten Organe. — Endlich existieren auch Ansichten, daß diese Organe gemischten Ursprung haben, d. h., daß sich an deren Bil- dung das Mesoderm wie das Entoderm beteiligt. In die Übersicht der bisherigen Angaben über die Herkunft und Ausbildung des Her- zens der Wirbeltiere wurde nur jene Literatur aufgenommen, welche die Verhältnisse bei den Anamnia behandelt. Es ist dies wohl deren integrierender Teil. Stadien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 321 Die mesodermale Herkunft des Herzendothels vertreten fol- gende Autoren: BALFOUR, BAMBEKE, BLASCHEK, BRACHET, ÜUNNING- HAM, EMMERT, FELIX, HATTA, HENNEGUY, KÖLLIKER, MARCINOVSKT, MAYER, MOLLIER, MUTHMANN, ÖLLACHER, RABL, RAFFAELE, DE Rooy, SALENSKI, SAMPSON, SOBOTTA, VAN DER STRICHT, SWAEN-BRACHET, WENCKEBACH, ZIEGLER. DE Rooy (13) beschreibt eingehend die Entwicklung des Herzens bei Megalobatrachus maximus. Bevor noch die Seitenplatten sich in der Medianebene berühren, lösen sich die Herzzellen vom Mesoderm ab (Fig. 3, 6 De Rooy); das Entoderm ist aus epithelial angeord- neten, hochzylindrischen Zellen zusammengesetzt und weist nach außen eine ganz scharfe Kontur auf, wohingegen im Mesoderm zahl- reiche Vorwölbungen auftreten. Danach folgert die Autorin: »Die Zellengruppe in der Mitte möchte ich auffassen als ausgeschiedene Splanehnopleurazellen, die sich später aneinander legen und das Endothelrohr des Herzens bilden.«e — Auf Fig. 11 in der Arbeit DE Rooys besitzt das Herz kein Lumen, erst später treten die Wände auseinander und werden zugleich dünner. Das Mesocardium anterius, später auch das Mesocardium posterius, wird zerrissen in- folge der Krümmung des Herzschlauches, worauf die einheitliche Perieardialhöhle entsteht. — Die Frage der Paarigkeit des Herzens löst die Autorin folgendermaßen: »Zum Schlusse will ich noch be- merken, daß das primitive Herz unpaar in seiner ganzen Länge ist.« — Am Sehlusse ihrer Arbeit befaßt sich DE Rooy mit der Bedeutung des ventralen Darmventrikels, der von RaBL (45) und BRACHET (8) bei den Amphibien, von Rückerr (50) bei den Haifischen als Mutter- boden der Herzzellen bezeichnet wurde. Die Autorin findet aber die Herzzellen hinter diesem Gebilde, das übrigens keine Lockerung der Elemente aufweist. Es handelt sich da nur um die Anlage der Thyreoidea. Nach SALEnskı (52) ist beim Frosch das Endocard mesodermalen Ursprungs. Die Splanchnopleura stülpt sich beiderseits aus gegen das Entoderm und aus den Ausstülpungen bildet sich das Endocard. Zum Unterschiede von DE Rooy erklärt somit SALenskı, daß die Anlage des Herzens paarig ist; die beiden Gebilde sind die Anlage des Herzschlauches und nicht etwa der Venae vitellinae. Sie lösen sich vom Mesoderm ab und vereinigen sich später zu der Endocard- höhle. BrRACHET (9, 8) ist in seinen Untersuchungen bei Rana zu anderen Resultaten als bei Triton gelangt. Bei Trxton hat er bekanntlich wie 322 Jaromir Wenig RABL eine unpaare Darmausstülpung beschrieben, welche die Zellen liefern solle. Das Endocard und die ersten Gefäße sollen nach seinen Beobachtungen rein entodermal sein: »Il resulte de nos recherches que non seulement le sang..... ,‚ mais encore les endotheliums du coeur et des premiers vaisseaux de l’embryon ont une origine nette- ment et excelusivement hypoblastique.« In seiner späteren Arbeit (9) über die Entwicklung des Gefäßsystems bei Rana vertritt er die mesodermale Herkunft der Herzzellen und zugleich die Unpaarigkeit der Herzanlage. »Le cour et le commencement des veines vitellines se forment, en arriere de la membrane pharyngienne, aux depens de la partie medio-ventrale du mesoblaste, impaire par consequent, interposee entre l’ectoblaste et la paroi ventrale du tube digestif; c’est dire que le cour est unique, impair et median dans son ebauche primitive.« Die Paarigkeit der Venae vitellinae soll nach BRACHET sekundär erfolgen. »Les portions des veines vitellines...... sont peut-etre paires et symetriques au debut, mais en tous cas il existe une phase du developpement ou les cellules vasculaires des futurs vaisseaux vitellins forment une couche continue impaire et mediane (fig. 22), et la parite definitive est secondaire (comparer fig. 22 et 23).« BrRACHET beschreibt einen median gelegenen Zellenstrang, der sich als ununterbrochenes Gebilde mit dem ganzen Mesoblast vom Entoderm abtrennt; erst später sondert sich dieser ovale Strang von dem übrigen Mesoderm ab, seine Zellen werden frei und gelangen als Herzzellen in den Raum, der sich zwischen der Splanchnopleura und der Darmwand befindet. MAYER (37) leitet das Herz und die Gefäße der Selachier vom Mesoderm ab; die ventralen Enden des Mesoderms liefern Zellen, welche das Endocard bilden. Über die Paarigkeit der Herzanlage zieht MAYER etwa folgende Erwägungen: Ist der paarige Zustand der großen Längsstämme primär und der unpaare abgeleitet, so müssen wir konsequent auch die Paarigkeit des Herzens und des Conus arteriosus zulassen, wenngleich dies auch in der Ontogenese nicht genügend klar erscheint. »Von der Herzmuskulatur bestreitet niemand, daß sie durch das Zusammentreten eines rechten und eines linken Streifens des Darmfaserblattes entsteht.«c — Bei den höchsten Wirbeltieren entsteht nicht nur das Myocardium, sondern auch das Endoeardium als paariges Gebilde; soll man darin die nachträgliche Abänderung in der Ontogenese oder den ursprünglichen Zustand er- blicken? Gegen die bekannten Ausführungen von BALFOUR, welcher Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 3923 diesen Umstand mit demVerschlusse der Darmröhre in Zusammenhang bringt, und die von Rast, der die ganze Sache auf die Dotter- verhältnisse während der Entwicklung zurückführt, wendet MAYER folgendes ein: »Gerade der Umstand, daß das Herz ursprünglich ein paares war, erlaubt es ontogenetisch schon verhältnismäßig zeitig als zwei getrennte seitliche Rohre entstehen zu lassen«, ferner ..... »warum treffen wir dann am Schwanze des Embryo die beiden Venen noch paar an? Warum vereinigen sie sich nicht unmittelbar, nachdem die physikalische Möglichkeit dazu vorliegt, oder warum legen sie sich nicht geradezu unpaar an, da doch der Prozeß der Abspaltung des Endothels vom Darmfaserblatte in der ganzen Länge des Embryo genau derselbe ist. — Ich bin übrigens davon über- zeugt, hätte BALFOUR den paaren Zustand der Subintestinalis ge- kannt, so würde er selber sofort das Richtige getroffen haben.« In seiner späteren Arbeit (38) wendet sich MAYER gegen die Ausfüh- rungen HoFFMmAnNs! (25), der bei Selachiern rein entodermale Ent- stehung des Blutgefäßsystems beschreibt. MOLLIER (51) beschreibt die Entwicklung des Herzens bei Triton alpestris etwa folgendermaßen: Er geht dabei von Stadien aus, bei welchen der Pericardialspalt an den Seiten kaum sichtbar ist. Die ersten Gefäßzellen erscheinen als paarige Streifen, das viscerale Blatt des Mesoderms besteht aus höheren Zellen als das parietale Blatt, die Gefäßzellen liefert die Splanchnopleura. Die beiden Gefäß- zellenstreifen vereinigen sich in einen Zellenhaufen, welcher den Faltenraum ausfüllt. Die Herzanlage gabelt sich eranial und caudal und die entstandenen Arteriae mandibulares umschlingen die Anlage der Thyreoidea. Das ventrale Mesocardium ist nur von ganz kurzer Dauer, die Herzanlage schmiegt sich der ventralen Darmwandung an und — früher solid — bildet sich in ein hohles Gebilde um; durch das Auseinandertreten der Herzzellen entsteht das syneytiale Maschenwerk (mesenchymatöses Stadium). Erst bei Stadien mit 26 Ur- wirbeln treten die ersten Blutkörperchen in das Herz ein. — MOLLIER vergleicht seine Resultate mit denen von BRACHET und bezieht in 1 HorrMmAnN fand bei Acanthias, daß das Herz sich paarig anlegt, was MAYER vom phylogenetischen Standpunkte als sehr wahrscheinlich bezeichnet, in der Ontogenese hat er jedoch andere Verhältnisse gefunden; das Endocardium hat er nicht als doppeltes Rohr gesehen. Von der Paarigkeit des Herzens könnte man nur dann sprechen, wenn ursprünglich wirklich zwei Röhren vor- handen gewesen wären, die sich später zu einer einheitlichen Röhre vereinigten; das ist bei Acanthias nach HoFrFMmAnNs Schilderung nicht der Fall. 524 Jaromir Wenig seine Arbeit auch Stadien von Bufo cinereus ein; den medianen ovalen Strang vermißt er vollständig und die ersten Herzzellen findet er später zwischen (vielleicht ähnlich wie BrAcuErs Fig. 22 dar- stellt) und über den medialen Kanten der nahe aneinander liegenden Mesodermplatten. Diese Herzzellen sind locker zerstreut und weisen keine paarige Anordnung auf, haben aber aus der paarigen Peri- cardplatte ihren Ursprung genommen. Nach SwAEn-BrRACHET (63) entsteht bei den Knochenfischen nicht nur das Blut, sondern auch das ganze Gefäßsystem aus der inter- mediären Zellmasse und Zellamelle. Die intermediäre Zell- masse wird durch die wachsenden Mesodermlamellen in zwei Be- zirke geteilt. Der ventral gelegene Teil stellt das Herzmaterial vor. Die paarigen Anlagen fließen in ein Gebilde zusammen und der Herzschlauch entsteht durch die Vereinigung einzelner kleiner Lücken in einen einheitlichen Raum. — Hexnesuy (22), welcher auch auf die paarige Anlage des Her- zens bei den Knochenfischen aufmerksam gemacht hat, hat das ganze Material für die Ausbildung des Herzendothels in jenen Zellen. ge- sucht, die sich von der Wandung des Pericards ablösen und so frei werden. Nach SwaEN-BRACHET existieren bei den Forellenembryonen wirklich solche Zellen, die sich mit den Zellen der intermediären Masse vereinigen; die Hauptrolle bei der Bildung der Herzröhre übernehmen jedoch die oben erwähnten Anlagen. EmmeErT (14) hat die Gefäßbildung bei den Selachiern studiert und ist zu dem Schlusse gelangt, daß sich daran ausschließlich das Mesoderm beteiligt. Insbesondere die Splanchnopleura in der Gegend der Urwirbelkommunikation ist es, die da in Betracht kommt. »Eine Beteiligung des Entoderms konnte ich für die von mir unter- suchten Stadien von Torpedo marmorata vollkommen ausschließen.« Die Gefäßzellen treten aus der Splanchnopleura aus und teilen sich; in dieser zweifachen Weise erfolgt ihre Vermehrung. Die Ausfüh- rungen HoFFMANNs über die entodermale Herkunft des Gefäßsystems sollen nach EumMERT auf Schrägschnitten beruhen. Nach MuTHMANN (39) entsteht das Herz bei den Anuren wie bei den Urodelen aus mesodermalen Zellen, welche dem Hyoidbogen entstammen. Die rundliche solide Leiste BRACHETS (une saillie hypo- blastique arrondi) erklärt MurumAnn als die Anlage der Thyreoidea. Die Thyreoidea befindet sich an der cranialen Wand des Raumes, in dem sich das Herz bildet, und steht in keiner Beziehung zu diesem. »Die Arteriae hyo-mandibulares werden nach meiner An- Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 325 sicht ebenfalls von mesodermalen Zellen gebildet und nicht, wie BrAcHEr bei Stadium IV beschreibt, von entodermalen Zellen der ‚saillie hypoblastique‘, meiner Thyreoidea.« — Weiter besteht nach MUTHMANN bei ganz jungen Stadien (1,5 mm), bei denen BRACHET schon eine Leiste, die erste unpaare solide Herzanlage, beschreibt, noch keine Herzanlage. Die Leiste, welehe BracHer bei 1,9 mm langen Individuen beschreibt, und welche sich schon vom Entoderm losgelöst hat und nur vorn mit der Mundbucht, hinten mit der Leber in Zusammenhang steht, erklärt Murnumann als ein Gebilde, das eigentlich von zwei verschiedenen Organen gebildet wird: cranial aus der Thyreoidea und aus dem von mesodermalem Material ge- bildeten Herzzellenstrang. (Bei Axolotl und Salamandra hat MurH- MANN dieselben Verhältnisse gefunden wie bei Triton.) Die Herz- zellen liefert die Splanchnopleura, die Beteiligung des Entoderms vermißt der Autor. — Das Herz hält MurumaAnn für ein unpaares Organ; er äußert sich darüber folgendermaßen: »Es ergibt sich auf Grund dieser Befunde, daß zwar die Bildung der Herzzellen nicht eine unpaare, sondern eine paarige ist, da beide Seiten des Embryo Zellen, selten sogar einen Zellstrang liefern, und dies beiderseitige Material sich erst zur unpaaren Herzanlage vereinigt. Jedoch tritt eine durchgehende gleiehmäßige Höhlung stets einheitlich und un- paar auf und so müssen wir daher das Herz selbst als ein unpaares medianes Organ auffassen.« Ein anderer Vertreter der Theorie, daß das Herzendothel aus- schließlich aus dem Mesoderm sieh aufbaut, ist RAFFAELE (47). Er hat die Gefäßbildung bei den Haifischen beschrieben und ist da zu einer ganz anderen Anschauung gelangt als Rückerr (50). Den ven- tralen Wulst oder die Leiste, die nach RÜckerr das Material für das Herz liefert, hat RAFFAELE für ein Gebilde erklärt, das nur den Rest des ehemaligen Zusammenhanges des Darmes mit dem Dotterdarm vorstellt!. — »Tutto questo passo (pag. 391—92), che sembra dimostrare fino all’ evidenza l’origine entoblastiea dell’ endo- cardio, si fonda a mio eredere sopra un errore. Io ho potuto riscon- trare eid che R. descrive, sopra sezioni di embrioni di Pristiurus e 1 MOLLIER (51) schließt sich der Anschauung RAFFAELEs an und äußert seine Meinung dahin, daß die ventrale Leiste des Entoderms in keinem Zusam- menhange mit der Herzbildung steht, bemerkt aber, daß nach RÜückerts Be- schreibung der entodermale Wulst am eranialen Ende der Herzanlage vorkommen soll und die Abschnürungsleiste eben am caudalen Ende am deutlichsten her- vortreten müßte. MOLLIER meint, daß bei den Selachiern die mesodermale Herkunft der Herzgefäßzellen am wahrscheinlichsten sei. 326 Jaromir Wenig ho veduto cose identiche, sol che mi sono convinto che la cresta entoblastica ventrale non & punto una nuova formazione, ma rappre- senta il residuo del tratto che univa l’intestino cefalico all’intestino vitellino.« Das ganze Herz entsteht bei den Selachiern nur aus dem Meso- derm. Zuerst erscheinen die Arteriae mandibulares und nach Rar- FAELE haben mutmaßlich auch in der Herzregion zwei Längsgefäße existiert. Somit reiht sich der Autor jenen Forschern an, welche die Theorie des paarigen Charakters der Herzbildung vertreten. An Ceratodus hat Greır (19) die Entwicklung des Gefäßsystems studiert und ist zu dem Schlusse gekommen, dab die Gefäßzellen und das Blut ausschließlich mesodermalen Ursprungs sind. Der Autor schildert sehr ausführlich die Entwicklung des Mesoderms; unter anderem schreibt er: »In Anbetracht der so mannigfaltigen Differenzierungsfähigkeit der freien Mesodermzellen erscheint es fast unmöglich, die beiden Bildungsstätten derselben bzw. die aus ihnen hervorgehenden Zellkomplexe in treffender Weise zu bezeichnen. Der verdickte, ventrale Randstreifen der Mesodermflügel liefert vor allem Blut- und Gefäßzellen, die dorsomediale Bildungsstätte freier Mesodermzellen Stützelemente und Gefäßzellen; die erstere kann daher, wie bereits oben bemerkt, als Angiohämoblastem, die letztere als Angioskleroblastem, bzw. in ihrem segmentierten Abschnitt als Angiosklerotom bezeichnet werden.« In der Frage der Paarigkeit der Herzanlage stimmt GREIL nicht mit den Ansichten RAgLs (45) überein und bezweifelt, daß dessen drei Schemata wirklich den drei Etappen der phylogenetischen Ent- wicklung entsprechen. GREIL ist also Anhänger der Theorie der Paarigkeit der Herzanlage. Er hat auch die Vorgänge bei sSala- mandra und Triton verfolgt. Das Endocardium entsteht durch Ver- einigung der bilateral symmetrischen Anlagen, die infolge der gün- stigen Verteilung des Dotters früher erfolgt als bei den Meroblastiern oder bei Arten, die von diesen abstammen. — »Die Bilateralität der ersten Anlage des Endocardiums erscheint demnach in der Bilatera- lität des Mesoderms begründet.« Die rein mesodermale Herkunft des Herzens bei Siredon und bufo hat Marcınovsk1 (35) beschrieben. Die Autorin hat den Darm- wulst, den BracHEr, RaBL, RÜCKERT als den Mutterboden der Endo- thelzellen aufgefaßt haben, als die Thyreoida bezeichnet, die mit der Herzbildung nichts gemein hat. Sie ist zu ähnlichen Resultaten gelangt wie DE Rooy bei Megalobatrachus. Der Unterschied besteht Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 327 in dem Umstand, daß die Mesodermlamellen bei Siredon sich wäh- rend der Proliferation der Herzzellen in der Mittellinie berühren, während sie bei Megalobatrachus voneinander entfernt sind! (siehe die Fig. 3, 6, 7 in DE Rooys Arbeit). Das Pericardium entsteht später als die Zellen des Endothels. — Bei Bufo existieren die- selbenVerhältnisse, das Mesoderm erreicht früh die ventrale Mittellinie. VAN DER STRICHT (61) beschäftigt sich mit der Entwicklung der Blutkörperchen, des Endocards und der Aorta bei Seyllium stellare, Seyllium canicula, Torpedo und Pristiurus melanostomus. Allen Ge- bilden kommt rein mesodermaler Ursprung zu. Das Endocardium bildet sich aus paarigen Wucherungen der Splanchnopleura. Die Aorta entsteht auf die von RAFFAELE beschriebene Art. Die Entwicklung des Herzens bei den Salmoniden hat SoBoTTA (59) beobachtet. Eine Zellmasse zwischen den Pericardialblättern stellt das Herzendothel dar. Diese Zellen stammen nicht vom Ento- derm. »Von den Mesodermmassen vielmehr, in welche die ento- dermalen Anlagen der Kiemenspalten hineinwachsen (und die haupt- sächlich das Substrat für die späteren Kiemenbögen liefern), sieht man in geeigneten Stadien der Entwicklung eine Lage platter Zelien sich ablösen und ventral um den Darm herum bis zum Dotter wach- sen. — Später schnüren sich diese Zellen, welche das Herzendothel liefern, ab und kommen..... ventral vom Darm zu liegen.«e — Auf Grund dieser Beobachtungen stellt SOBOTTA die entodermale Herkunft der Herzendothelzellen mit entschiedener Bestimmtheit in Abrede?. Einige Autoren erklären, daß die Herzzellen den Urwirbeln ent- stammen. Auf diese Weise beschreibt HoLBROOK (28) die Ent- stehung des Endothels bei Gadus. — Auch nach BLASCHER (5) entsteht das Endothel des Herzens und der Aorta aus den Ur- wirbeln. — BAuBERE (4) leitet das Herzendothel von dem splanch- nischen Blatte des Mesoderms ab. — ÖLLACHER (42, 43) vertritt die mesodermale Herkunft des Endothels bei Salmoniden und Bufo. Bei Bufo weist nach ihm die Splanchnopleura eine ventrale Ausstül- pung auf, in welcher sich eine Zellenmasse befindet. Die ober- flächlichen Zellen dieser Masse bilden später das Endothel, die inneren das Blut. Bei Forellenembryonen hat er den bekannten 1 pe Rooy erblickt die Ursache dieser Verhältnisse bei Megalobatrachus im Vorhandensein des großen Dottersackes. 2 In seiner späteren Arbeit (60) gibt SoBoTTA an, daß die sogenannte inter- mediäre Zellmasse (ÜLLACHER), die er selbst »Blutstränge« benennt, ‘von den Seitenplatten und nicht von den Urwirbeln ihren Ursprung nimmt. Morpholog. Jahrbuch. 48. 22 328 Jaromir Wenig Blutzellenstrang entdeckt und »intermediäre Zellmasse« benannt. ÖLLACHER leitet die intermediäre Zellmasse (wie auch Ferıx, HENNEGUY und SWAEN-BRACHET) von den Seitenplatten ab, während sie nach WENCKEBACH (65) von den Urwirbeln herstammt. Die Entwicklung des Herzens bei Petromyxon hat HArrA (20) verfolgt. Dem Autor gelang es nicht sicherzustellen, aus welchem Keimblatte die ersten zum Vorschein kommenden Herzzellen her- stammen, er glaubt jedoch, daß sie von den ventralen Kanten des Mesoderms ihren Ursprung nehmen. »As to the origin of the mass of cells, marked (X) in my Figs. 5, 5, 8 and 10, which is destined to become the endothelium, I am unfortunately unable to say any- thing definite, but I am inclined to regard it as derived from the mesoblast.«c — Die zuerst freien Zellen gruppieren sich später in eine zusammenhängende Schicht. Die Anschauung GÖöTTEs (16) über den massiven entodermalen Wulst bei Petromyzon wurde also von HarraA nicht bestätigt. Eine viel geringere Anzahl von Forschern erklärt das Ento- derm als den Mutterboden des Herzendothels. Es sind das folgende Autoren: BRACHET (8), GÖTTE, HOFFMANN, HoussAy, Hıs, KELLICOTT, MARSHAL-BLESS, NUSSBAUM, RABAUD, RABL (45), RUDNEFF, SCHIMKE- WITSCH, SCHWINK, SWAEN, WHEELER. Nach ©. K. HoFrmAnn (25) entsteht bei den Selachiern das Herz durch bilaterale, aber asymmetrische Ausstülpung der ventralen Darmwand dort, wo diese in die laterale Wand übergeht, also nicht durch Proliferation der Zellen. Auf Fig. 3 bildet HorFmAnN die zwei Herzhälften ab, von denen die linke die rechte bedeutend an Größe übertrifft; beide sollen proximal zusammenfließen, auch hinten vereinigen sich beide Hälften und »ihre Höhlen treten in freien Zu- sammenhang mit der des Urdarmes«. Das Herz legt sich also nach HOFFMANN bei Acanthias doppelt an. In seiner späteren Arbeit (27) bestätigt HorrmAnn ausdrücklich seine früheren Angaben, daß sich nämlich das Herz aus dem ven- tralen Abschnitte des Kopfdarmes bildet und daß bei Acanthias das sanze Gefäßsystem ein abgegliedertes Stück des Urdarmes repräsen- tiert. In Fig. 8 zeichnet er den »Herzdarm« mit dessen beider- seitigen, auffallend dünnwandigen Ausbuchtungen. Auch besteht HOFFMANN auf der Paarigkeit der Herzanlage. Der rasche Verlauf dieses Zustandes soll BALFOURsS und RÜCKERTS Anschauungen in dieser Hinsicht beeinflußt haben. Auch bei den Knochenfischen (Salıno) hat C. K. HorFmAnn (26) eine entodermale Herkunft der Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 329 Endothelzellen beschrieben. Nur ein Teil des Entoderms wird zur Ausbildung des Kopfdarmes verbraucht; von dem Reste, welcher dem Dotter anliegt, proliferieren nach HorFmAnN die Zellen des künftigen Endocards. SCHWINK (58) hat die Entwicklung des Herzens bei Rana tem- poraria, Bufo vulgaris, Salamandra atra und Triton alpestris verfolgt. Er hat keinen Zusammenhang der Gefäßzellen mit dem Mesoderm gefunden, nebstdem stellt das viscerale Mesodermblatt fast überall eine einschichtige Lamelle vor. Wenn sich auch die Zellen dem Mesoderm anlegen, so existiert doch immer eine Trennungslinie zwischen beiden, so daß die mesodermale Herkunft der Zellen nur scheinbar ist. Die Kernteilungsachsen in der Splanchnopleura liegen immer in der Flächenrichtung der Lamelle, nie senkrecht zu dieser Richtung, während im Darmentoblast die Spindeln auch senkrecht zur Oberfläche stehen; die Endothelien entstehen daher ausschließ- lich aus dem Entoblast, worin SCHWwINK einen palingenetischen Prozeß erblickt. Den Zusammenhang der Gefäßzellen mit dem Dotterentoblast kann man am besten an horizontalen Längsschnitten sicherstellen, Die Dottervenen entstehen früher als das Herz selbst. Die Anschauung SCHWINKS über die Paarigkeit des Herzens kann man vielleicht aus folgendem Satze herauslesen: »Außer dem direkten Übergang der Endothelien (Gefäßzellen) in die Dotterzellenmasse zeigen solche Serien weiterhin sehr deutlich, daß die Gefäßzellen sich auf der rechten und linken Körperseite vom Dotterentoblast ablösen, daß sie dann zu beiden Seiten der Leberanlage nach vorn ziehen und vor dieser erst die Vereinigung der paarigen Zellstränge zur ersten (un- paaren) Anlage des Herzendothels erfolgt.« Rasu (45) zeichnet auf seiner Fig. 6 einen Zellenwulst, der dem Entoderm in der Medianlinie ansitzt. Diesen Wulst hält er für die Anlage des Endothelsäckchens; dessen Ursprung aber kann der Autor nicht mit Sicherheit angeben, da die Dotterplättchen das Beobachten behindern. Doch glaubt Ragr, daß das in Rede stehende Gebilde entodermalen Ursprungs sei: »ich werde aber später mehrere Gründe anführen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit für die Ansicht sprechen, daß die erste Anlage des Endothelsäck- chens mit der früher erwähnten und in Fig. 2 abgebildeten ventralen Rinne des Darmes in genetischer Beziehung stehe, mit anderen Worten, daß sie dem Entoderm ihre Entstehung verdanke.« Bekannt sind die Anschauungen RAgLs über die Paarigkeit der Herzanlagen in der Wirbeltierreihe. Die Ursache des Auseinander- 22* 330 Jaromir Wenig rückens der ursprünglichen Herzanlage sucht RAsL in der großen Anhäufung des Nahrungsdotters; >..... wenn auch die Säugetiere auf dem Wege von den Monotremen aufwärts unter gleichzeitiger Ausbildung des Placentarkreislaufes des Nahrungsdotters verlustig geworden sind, so haben sich doch in ihrer Entwicklung zahlreiche Eigentümlichkeiten erhalten, die auf dessen frühere Existenz zurück- weisen«. — BALFOUR hat die Paarigkeit der Herzanlage ebenfalls als eine sekundäre Erscheinung aufgefaßt; er ist der Ansicht, daß in der Veränderung- in der Zeit des Verschlusses der Schlundwand die Ur- sache dieser Erscheinung zu suchen sei. — RApL erklärt die Ver- spätung des Schlundwandverschlusses als die Folge der Ausbreitung des Embryos auf der Oberfläche des Eies, die durch die Anwesen- heit einer großen Menge von Dotter herbeigeführt ist. Er sucht seine Theorie durch drei Schemata verständlich zu machen. Später bezeichnet RABL den Wulst bei Salamandra als die An- lage der Thyreoidea, über die Herkunft des Endothels äußert er sich wieder nicht ganz klar. Keruicorr (31, 32) beschreibt die Entstehung des Herzens bei Ceratodus. Das Herzendothel entstammt dem Hypoblast. Von der ventralen Partie des Hypoblasts löst es sich in der proximalen Region als ein Zellstab ab, hinten proliferieren einzelne Zellen oder kleine Zellkomplexe zur Bildung des Endothels. Hinten, wo sich das Mesoderm erst vom Entoderm abzuteilen beginnt, kann man über die Zugehörigkeit der betreffenden Zellen zu einem dieser zwei Blätter nicht klar werden. Eine rein entodermale Herkunft der Gefäßzellen, aus welchen sich das Endothel der Dottervenen und des Herzens bildet, nimmt NusssAaum (41) an. Der Autor schließt sich zum überwiegenden Teile den Ausführungen Scuwinks an. Er beschreibt Gefäßzellen, . welehe mit dem Entoblast zusammenhängen; einzelne Entodermzellen lösen sich in der Gegend der medianen Ventrallinie vom Darme ab und bilden das Endothel. Zuerst entstehen die Dottervenen und dann erst das Endothel des eigentlichen Herzens. Die Blutkörper- chen entstehen aus den Zellen des Dotterentoblastes, wie eg SCHWINK und GÖTTE beschrieben haben. WHEELER (68) leitet die Blutzellen bei Petromyxon vom Ento- derm ab; das Endothel des Herzens (und auch der Gefäße) wird dann von diesen Blutzellen gebildet. WHEELER beschreibt einen Teil der Blutzellen als amöboide Zellen und eben diese sollen später Studien über die Entwieklung des Herzens der Wirbeltiere. 331 die Endothelzellen vorstellen; (GörrE (16) nimmt als erste Anlage des Herzens bei Petromyxon eine entodermale Leiste an, welche dem Vorderdarm ansitzt, sich von ihrem Mutterboden abschnürt und später hohl wird). Nach einigen Autoren kommt endlich den Herzendothelien ge- mischter, d. h. ento-,wie mesodermaler Ursprung zu. Es sind das besonders NOELDECKE, RÜCKERT (auch MOLLIER (1) bei Gecko). Rückerr (50) hat die Bildung des Herzens an Embryonen von Pristiurus und Torpedo verfolgt. Er fand, daß das Herzendothel an der Stelle der Herzanlage selbst entsteht; zum Teil wird dieses Endothel bei Pristiurus aus einer Verdickung der ventralen Schlund- wand, die einem Knopfe ähnlich sieht, gebildet; dieser Teil des Endothelmaterials stammt also vom Entoderm. »Daneben ließ sich — bei Torpedo mit aller Deutlichkeit — auch ein Austritt von Mesoblastzellen erkennen.« (Auch die Aortenzellen sollen bei Prestiurus gemischten Ursprungs sein; auf seiner, leider in kleinem Maßstabe gehaltenen Textfig. 12, bildet RückErT einige Aortenzellen ab, die aus der dorsalen Darmwand in den seitlich von der Subehorda ge- legenen Raum sprossen. Daneben proliferieren die Aortenzellen auch aus dem Mesoblast.) Der Längswulst im Umfange der vom Dotter abgehobenen Kopf- darmhöhle, aus dem die Endothelzellen auswandern, soll bei Tor- pedo mehr diffus bleiben, bei Pristiurus hat er jedoch auf dem Querschnitte die Gestalt eines ventral vorspringenden Zellenknopfes. Der Wulst beginnt sich bei Pristiurus bald in toto oder in Partikeln von seinem Mutterboden abzulösen, wodurch die ventrale Darmwand erheblich dünner wird. Der abgelöste Zellstrang beginnt hohl zu werden, indem die Zellen Fortsätze zueinander aussenden. Bezüglich der Herkunft der Gefäßzellen zieht sonach RückeErTt folgenden Schluß: »Im Voranstehenden wurde gezeigt, daß die Endothelzellen für die ersten großen Gefäßbahnen im Kopf und Rumpf des Embryo aus zwei verschiedenen Quellen hervorgehen, aus dem Entoblast der Darmwandung und dem den Darm umhüllenden Mesoblast. Im Bereich des Mesoblast hinwiederum läßt sich ein Austritt von gefäßbildenden Zellen (»Gefäßzellen«) sowohl aus den Somiten als namentlich aus dem unsegmentierten ventralen Mesoblast (Seitenplatten) ver- folgen. « Was die paarige Anlage des Herzens anbelangt, so konnte RÜCkKERT eine solche nicht sicherstellen. »Eine paarige Anlage des 332 Jaromir Wenig Herzens habe ich in demjenigen Teil des Kopfes, welcher von dem Dotter abgeschnürt ist..... ‚ nicht gesehen, weder anfänglich, so lange das Zellenmaterial des Herzendothels solid ist, noch auch später, wenn die Bildung der Herzhöhle vor sich geht.« — Distal von der jeweiligen Abschnürungsstelle des Darmes findet RÜCKERT Gefäßzellen und Gefäßräume zu beiden Seiten des Darmes. Der Autor gibt zu, daß der Längezuwachs des Herzens durch Zusammen- fließen dieser paarigen Anlagen bedingt ist. »Wenn dies auch der Fall ist, so darf man doch darin nicht einen Hinweis auf ein pri- märes Verhalten erblicken, sondern der fragliche Abschnitt muß bezüglich seiner Genese vielmehr auf die gleiche Stufe gestellt werden mit der paarigen Herzanlage der höheren Wirbeliiere, welche als eine sekundäre (BALrour), in letzter Linie durch den Einfluß des Nahrungsdotters (Rast) bedingte Bildung aufzufassen ist.< Hinter der Abschnürungsstelle ist es wohl gewiß nicht anders mög- lich, als daß die Anlagen des Herzens bilateral zustande kommen, PIECE Deshalb kann dieser Abschnitt für die vorliegende Frage überhaupt nicht in Betracht kommen, sondern nur der proximale, in welchem allein die Möglichkeit einer unpaaren Anlage gegeben ist. Hier tritt dieselbe denn auch mit aller wünschenswerten Klarheit auf.« Die Angaben NOELDECKES (40) über die Herkunft des Herzendo- thels beziehen sich auf die Knochenfische. Das Endothel entsteht aus einer Zellmasse, welche in der Herzregion unter den Seiten- platten liegt. Ihre Zellen sind wahrscheinlich zum Teil meso- dermalen Ursprungs; sie haben keine Abgrenzung gegen die untere Seitenplatte und lösen sich deshalb wahrscheinlich von dieser ab. Während nun im Laufe der Entwicklung die Abgrenzung gegen die Seitenplatten allmählich zum Vorschein kommt, verschwindet sie gegen das Entoderm, so dab ein Teil der Herzzellenmasse vom Ento- derm seinen Ursprung nehmen kann. Darum äußert sich der Autor: »Meines Erachtens bestehen also die Herzzellen sowohl aus ento- wie aus mesodermalen Zellen.e — Die Anschauung ZIEGLERS, wel- cher diese Herzzellenmasse ausschließlich aus dem Mesoderm ab- leitet, soll nach NOELDECKE auf viel zu alten Stadien beruhen. Ob die ersten Herzzellen sich durch Teilung vermehren, oder ob neue Herzzellen aus dem Dotter zugeführt werden, läßt NoEL- DECKE unentschieden!, neigt jedoch — ohne einen strikten Beweis 1 Die letztere Möglichkeit erklären ZıEGLER und HENnnEGUY als aus- sseschlossen. Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 333 hierfür anführen zu können — zu der Anschauung, daß die Ver- mehrung der sog. Herzzellen vom Dotter ausgeht. Nicht alle als Herzzellen bezeichneten Zellen bilden nach NoEL- DECKE die solide Anlage des Herzens, in erster Reihe die, welche sich in der Nähe der Medianlinie befinden, »das wäre aber seiner Entstehung nach, falls man keine nachträgliche Vermengung an- nehmen will, ein Teil der entodermalen Partie.« — Was die Frage der Paarigkeit des Herzens bei den Knochenfischen anbelangt, neigt NOELDECKE zur Annahme einer paarigen Anlage. Er hat oft auf den Querschnitten die Lage der sich zum Epithel anordnenden Zellen in einem solchen Zustande gefunden, der die Paarigkeit des ent- stehenden Gebildes als sehr wahrscheinlich andeutete. Eine ganz indifferente Zellmasse, welche weder Entoderm noch Mesoderm, noch eine Mischung von entodermalen und mesodermalen Zellen vorstellt und welche als Bildungs- stätte des Endocards anzusehen ist, beschreibt GREGORY (18). Seine Studien behandeln die Salmoniden und Esoeiden, die nach GREGORY — was die Herzentwicklnng betrifft — eine Sonderstellung in der Tierreihe einnehmen. Um einige seiner Figuren recht anschaulich zu machen, führt sie der Autor in Farben aus. Entoderm (grün) und Mesoderm (blau) gehen allmählich in das laterale Mesentoderm (gelb) über. »In dieser Zellmasse und zwar in deren ventraler Partie sind die Zellen der Herzanlage, ZIEGLERs Herzzellen, zu suchen und zwar an einer Stelle, welche dem Punkte nahe gelegen ist, wo Entoderm und Mesoderm noch deutlich als gesonderte Keimblätter zu erkennen sind.« — IM. Ein Vergleich der wichtigsten einschlägigen Angaben mit den Ergebnissen meiner Untersuchungen. Jene Autoren, welche in ihren sorgfältigen Arbeiten die rein mesodermale Herkunft des Herzendothels beschreiben, haben ent- weder an solchen Vertretern der Wirbeltiere gearbeitet, bei welchen dieses Gebilde wirklich ausschließlich dem Mesoderm entstammt, oder haben keine solehen Stadien zur Verfügung gehabt, bei denen die Beteiligung des Entoderms an dieser Bildung eben zum Vorschein kommt. Solche Stadien kann man wohl oft nur zufällig‘ antreffen, wenn man auch vermeint, eine ununterbrochene Reihe von Ent- 334 Jaromir Wenig wicklungsstadien zu besitzen. Stadien derselben Länge — z. B. der Selachier —, bei welchen ich die Beteiligung des Entoderms an der Bildung des Endothels beschrieben habe, habe ich in größerer An- zahl zur Disposition gehabt — doch die beschriebenen Verhältnisse habe ich nur bei einem einzigen Exemplar angetroffen; in ähnlicher Weise auch bei Pelobates. Es ist daher bei diesbezüglichen Studien unerläßlich, eine möglichst große Anzahl von Exemplaren zu ver- arbeiten, um den richtigen Stand aller Vorgänge zu erkennen. Auch bei Lösung der Frage betreffend die paarige Anlage des Herzens sind möglichst viele Stadien unentbehrlich. Was meine eigenen Beobachtungen an Scyllium canicula be- trifft, so stimmen sie mit denen RÜCKERTS in der Hauptsache über- ein, daß nämlich das Endothelmaterial seinen Ursprung vom Ento- derm wie vom Mesoderm nimmt (Tafelfig. 3, 4). Bei Seyllium canieula konnte ich jedoch kein Gebilde an der ventralen Darmwand auf- finden, das die Bezeichnung eines knopfartigen Wulstes führen könnte und das sich in toto von seinem Mutterboden ablöste. Die Zellen proliferieren bei dieser Art an verschiedenen Stellen des ventralen Darmabschnittes in Klumpen oder Strängen (Tafelfig. 3, 8). Auch die Proliferation der Zellen aus dem visceralen Blatte des Mesoderms ist bei Seyllium canicula unverkennbar (Tafelfiıg. 4). Zu den Ausführungen Rückerrs über die Frage der Paarigkeit der Herzanlage bemerke ich, daß bei Scyllium camicula die Herz- anlagen noch lange nach der Abschnürung des Darmes paarig er- scheinen. Ich verweise auf die Tafelfig. 8 und die Textfig. 22. Auf der Tafelfig. 8 sind die proximalsten Enden der Anlagen gezeichnet, in denen überhaupt noch keine Höhlungen auftreten und die noch sehr weit voneinander entfernt sind. Die Stelle, an welcher sich der Darm vom Dotterdarm abschnürt, liegt auf dem 27. hinter dem in dieser Tafelfigur reproduzierten Schnitte, was bei einer Schnitt- dieke von 4. und bei der unbedeutenden Größe des Objektes eine relativ große Entfernung ist. Die Zellen, welche in der Mitte aus der ventralen Darmwand als Gefäßzellen proliferieren (Tafelfig. 8), dürften wohl eine bilaterale Lage einnehmen, wenn sie zur Ver- mehrung des paarig vorhandenen Endothelmaterals beitragen sollen. Außerdem proliferieren auf einigen Schnitten die Zellen auch aus den Partien der Darmwandung, wo sich diese nach oben in ihre lateralen Partien umbiegt; für diese Art der Proliferation wäre selbstverständlich auch das allfällige Vorhandensein eines in der Medianebene gelegenen Hindernisses ohne Bedeutung. — u Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 335 Erst in der weit distal gelegenen Partie kann man eine Scheide- wand zwischen den Endothelanlagen auffinden, die wirklich als mechanische Ursache für die Paarigkeit der Anlagen angesehen werden muß. Diese Verhältnisse führt meine Textfig. 24 vor, wo der Darm mit dem Dotterdarm noch in Verbindung steht und wo die Anlagen selbstverständlich nicht anders erscheinen können als paarig. Als solche treten sie jedoch — wie schon erwähnt wurde — auch weit vora auf, wo die Abschnürung der Darmröhre schon längst erfolgt ist. Bei den Anuren wäre es möglich, die auf Textfig. 2 und Tafel- fig. 1 dargestellte Zellenleiste auch als eine mechanische Ursache für das Auftreten der paarigen Endothelgebilde anzusehen. Die Gruppierung der freien Gefäßzellen an zwei Stellen im Subintestinal- raume kann man aber auch in den proximalen Gebieten sicher- stellen, wo keine Zwischenwand in dem genannten Raume existiert, wie z. B. die Textfig. 12 lehrt. Der Herzschlauch bei den Anuren behält auch ziemlich lange seine Paarigkeit (Textfig. 5, 17). Ver- gleicht man also die Vorgänge der Herzbildung bei den Selachiern und den Anuren, so kann man wohl annehmen, daß das paarige Auftreten der Herzanlagen eine Erscheinung ist, die nicht allein durch Raum- und Dotterverhältnisse während der Entwicklung her- beigeführt wurde. — Auch nach PauL Mayers (37. 38) Auffassung kann man in dem paarigen Auftreten der Herzanlagen bei den Hai- fischen einen ursprünglichen Zustand erbliecken. — Daß der später einheitliche Herzschlauch (Textfig. 6, 7) durchVereinigung der paarigen Anlagen (Texifig. 5) entsteht, geht aus meiner Beschreibung, wie ich hoffe, deutlich hervor. Zu den Angaben RAFFAELES über die Entwicklung des Herzens der Selachier habe ich folgendes zu bemerken: RAFFAELE erklärt die Leiste, welche nach RÜückerr die Zellen für das Herzendothel liefert, für ein Gebilde, welches nur als ein Rest des ehemaligen Zusammenhanges des Kopfdarmes mit dem Dotter aufzufassen sei. Wie meine Beschreibung und Abbildungen zeigen, proliferieren die Zellen aus der Darmwandung an verschiedenen Stellen und nicht nur in der medianen Ebene. Was etwa in meiner Arbeit der Leiste RÜCKERTS entsprechen könnte, wäre vielleicht das Gebilde, welches auf meiner Tafelfig. 8 gezeichnet ist. Ich glaube, daß die Form der Darmröhre die Auffassung RAFFAELES nicht stützen kann. Die Röhre ist da in ihrer ventralen Partie sehr breit und im Vergleich zu den lateralen Wänden auffallend dünn, was den Austritt der 336 Jaromir Wenig Zellen nur noch wahrscheinlicher macht. Nach seiner Form muß da der Kopfdarm schon lange vom Dotterdarm abgeteilt sein und eine etwa durch Abschnürung hervorgerufene Unebenheit der Kon- turen oder überhaupt ein ähnliches Gebilde müßte schon lange ge- schwunden sein. Die Gebilde im Sinne RAFFAELES wären eher — so sollte man erwarten — an dem ventral keilförmig konturierten, eben abgeschnürten Darm vorhanden. Und wenn wir schließlich zu- ließen, daß das auf Tafelfig. 8 abgebildete Gebilde wirklich einen Rest der ehemaligen Verbindung des Darmes mit dem Dotterdarm repräsentiert und nicht durch Proliferation allein entstanden ist: in dem Gebilde befinden sich eigenartige kleine Zellchen (Tafelfig. 7, 8), und ebensolche sind auch in den paarigen Endothelanlagen vor- handen; sie stammen ohne Zweifel aus der Leiste, wenn auch diese den Rest der ehemaligen Verbindung vorstellt, und sind in diesem Falle auch entodermalen Ursprungs. Die Auffassung C. K. Horrmanns betreffend die Bildung des - Herzens der Haie muß, wie überhaupt jede Auffassung, welche die rein entodermale Herkunft des Endothels vertritt, als unrichtig be- zeichnet werden. Der Autor hat zweifellos mit in der Entwicklung zu weit vorgeschrittenem Material gearbeitet und die schon fertigen, der Darmröhre dicht anliegenden Endothelschläuche für Ausstülpungen der Darmröhre gehalten. BrRACHET ist bekanntlich bei Trvton (8) zu anderen Resultaten gelangt als bei Rana (9). Bei Rana hat er die mesodermale Her- kunft der Herzzellen beschrieben. Die freien Zellen, welche sich zwischen den ventralen Enden der soliden Mesoderm-Schichten (BRA- CHETS Fig. 22) befinden, werden von BRACHET als cellules vasculaires bezeichnet. Dagegen habe ich im ersten Teile der vorliegenden Arbeit Bedenken erhoben. Ich bin der Ansicht, daß solche Stadien viel zu jung sind, als daß man an ihnen irgendwelche Zellen als wirkliche Gefäßzellen zu erkennen vermöchte. Wären die median gelegenen freien Zellen wirkliche Herzzellen, so wäre es möglich, die Anschauung BRACHETS mit der von DE Rooy bei Megalobatrachus in Einklang zu bringen, nach deren Angabe auch im medianen Gebiete Gefäßzellen erscheinen, bevor sich noch die Seitenplatten in der Medianebene berühren. — Übrigens hält aueh Murnumasx (39) die Stadien, bei denen BRACHET schon eine Herzanlage beschreibt, für zu jung, als daß bei ihnen schon von einer solehen gesprochen werden könnte. Die wirklichen Herzzellen erscheinen bei den Anuren nach meinen Untersuchungen erst nach der Vereinigung der Studien über die Entwicklung des Herzens der Wirbeltiere. 337 Mesodermlamellen in der Medianebene und zwar durch Proliferation der Zellen zum überwiegenden Teile aus der Splanchnopleura. Jenes Gebilde, welches BRACHET als »saillie hypoblastique« beschrieben hat, haben einige Forscher (MuTHMAnN, DE Rooy, MArRcINovskI) als die Anlage der Thyreoidea erklärt. Auch Ras (1887) hat den ven- tralen Wulst des Entoderms — wenn auch nicht mit voller Be- stimmtheit — als die Anlage des Endothelsäckchens gedeutet; später (1889) bezeichnet RapL den Wulst auch als die Anlage der Thy- reoidea. — Ich bemerke ausdrücklich: wenn ich auch in der vor- liegenden Arbeit die Bezeichnung »Leiste« bei Beschreibung der Entwicklung des Herzens bei Pelobates benützte, so hat dieses Ge- bilde mit der Thyreoidea nichts gemein; dies erhellt übrigens von selbst, wenn man die Abbildungen in MUTHMANNS Arbeit einerseits und meine Tafelfig. 1, sowie Textfig. 2 anderseits miteinander vergleicht. VEsDoVsKkY (64) hat entgegen Lang (34) und Bern (5) be- wiesen, daß der Darmsinus und das Herz der Annulaten mit einem Vasothel ausgestattet sind, das seinen Ursprung vom Entoderm nimmt. Der Autor spricht die Überzeugung aus, daß zwischen dem Annu- laten-Hämocöl und dem der Mollusken, ja sogar dem der Arthro- poden eine Übereinstimmung herrscht. Durch die Arbeit von VEJ- DOovsKY ist der bisherige wichtige Unterschied zwischen den Annu- laten und den Wirbeltieren — nämlich das Fehlen des Endothels bei jenen — gefallen, da beide Gruppen in der intravasalen Aus- stattung übereinstimmen. Was die Entwicklung des Endothels bei den Wirbeltieren anbelangt, so glaubt der Autor, daß es durch er- neute Untersuchungen gelingen wird, auch dafür eine entodermale Herkunft nachzuweisen. — Wie der bisherige Stand der Frage über die Herkunft des Endothels lehrt, muß man die integrierende Beteiligung des Meso- derms an der Entstehung dieses Gebildes anerkennen. Doch glaube ich, daß es meinen Untersuchungen über die Entwicklung niederer Wirbeltiere gelungen ist zu zeigen, daß das Entoderm von der Be- teiligung daran nicht völlig ausgeschlossen werden darf, da man in ganz jungen Entwicklungsstadien bei den Anuren und Selachiern die Abgabe von Entoderm-Zellen zum Aufbau des Endothelschlauches sicherstellen kann. Es scheint, daß die Bildung des Endotliels vom Entoderm auf das Mesoderm während der Ausbildung dieses Keim- blattes übergegangen ist, wie man dies ontogenetisch bei Pelobates verfolgen kann. 338 Jaromir Wenig Literatur. 1) AUBERT, Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Fische II. Die Entwick- lung des Herzens und des Blutes im Hechtei. Zeitschr. f. wiss. Zool. Ba. VII. 1856. 2) BALFOUR, The development of the blood-vessels ofthe Chick. Quart. Journ. of mier. Se. Vol. VIII. 1873. 3) BALFOUR and DEIGTon, A renewed study of the germinal layers of the Chiek. Quart. Journ. of mier. Sc. Vol. XXI. 1882. 4) BAMBERE, VAn, Recherches sur le developpement du P&lobate brun. Me- moires couronnes ete., publies par l’Academie royale de Belgique. XXXIV. 1870. (Ref. aus BRACHET.) ö) BERGH, R. $., Beiträge zur vergleichenden Histologie. Anat. Hefte (I, 1898, 1 1900, III 1902). 6) BLASCHER, Untersuchungen über Herz, Pericard, Entocard und Pericardial- höhle. Mitt. Embr. Inst. 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Ref. aus BRACHET. 49) RÜCKERT, J., Über den Ursprung des Herzendothels. Anat. Anz. 1887. 50) ——, Über die Entstehung der endothelialen Anlagen des Herzens und der ersten Gefäßstämme bei Selachier-Embryonen. Biolog. Centralbl. Ba. VIII. 1888. 51) RÜCKERT-MOLLIER, Die erste Entstehung der Gefäße und des Blutes bei Wirbeltieren. HerrwıGs Handbuch der vergleichenden und experi- mentellen Entwicklungslehre der Wirbeltiere. 1906. 52) SALENSKY, Sur le developpement du cur chez les embryons de la gre- nouille. Compt. rendu seanc. du 3° Congres intern. de Zool. Leyde 1895. (Ref. aus DE Rooy und Zool. Jahresbericht.) 53) Sampson, LiLiAn, A Contribution to the Embryology of Hylodes Martini- censis. The Amer. Journ. of Anat. 1904 (Ref. aus DE Rooy). 54) SCHENK, Über die Entwickelung des Herzens und der Pleuroperitoneal- höhle in der Herzgegend. Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd.LIV. 55) ScHIMKEWITSCH, Über die Identität der Herzbildung bei den Wirbel- und wirbellosen Tieren. Zoolog. 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Die Proliferation der Zellen in den Raum zwischen dem Darme und der Splanchnopleura geschieht da genau an der Grenze des Ento- und Mesoderms. — ZEıss Apochromat 3 mm, num. Apertur 0,95, Kompen- sationsok. 6. Fig. 3. Querschnitt durch die ventrale Partie des Darmes und des umliegenden Mesoderms eines etwa 4 mm langen Embryos von Sceyllium canieula; die Zellen, welche später zwischen dem Darme und der Splanchno- pleura frei liegen, proliferieren deutlich aus dem Mesoderm wie auch aus dem Entoderm. — ZEıss homolog. Immers. 1,5 mm, Kompen- sationsok. 6. Fig. 4. Querschnitt durch die ventrale Partie des Darmes und des umliegenden Mesoderms eines etwa 4mm langen Embryos von Scylkum canieula ; die Zellen proliferieren in dieser Gegend ausschließlich aus der Splanchnopleura. — Zeıss homog. Immers. 1,5 mm, Kompen- sationsok. 6. Tafel IX. Fig. 5. Bufo calamita, Schnitt durch die ventrale Wand des Darmes, aus welcher ein Zellenstrang in den subintestinalen Raum proliferiert. — REICHERTS Obj. 4b, Kompensationsok. 6 von ZEIss. Fig. 6. Bufo calamita, etwa 3 mm langes Stadium. Schnitt durch den Endothel- schlauch des Herzens, die Scheidewand ist noch erhalten. — REICHERTS Obj. 6b, Kompensationsok. 6 von ZEIıss. 342 Jaromir Wenig, Studien über die Entwicklung d. Herzens d. Wirbeltiere. Fig. 7. Seyllium canicula, etwa 4 mm langes Stadium; verschiedene Zellen des Entoderms; die großen sind von verschiedenen Partien der Darmwand gezeichnet, als normale Entodermzellen; die kleinen, sphärischen be- finden sich ausschließlich in der ventralen Darmwand und proliferieren in den umliegenden Raum. — ZEıss homog. Immers. 1,5 mm, Kom- pensationsok. 6. Fig. 8. Seyllium canicula, dieselbe Serie wie Fig. 7. Es ist ein Teil eines Schnittes durch den ventralen Teil des Darmes, durch die Somato- pleura und Splanchnopleura, gezeichnet, um die Lage der kleinen Zellen im Entoderm zu veranschaulichen; diese Zellen proliferieren aus der dünnen ventralen Darmwand. — REICHERTs Obj. 6b, Kompen- sationsok. 6 von ZEISS. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVII. L Jar. Wenig del. Verlag von Wilhelm E Tafel VIII. mann in Leipzig und Berlin. a TE THE nun ’ En 2 | N 5 I > y Ba ee u A H j i | > ä N N * N R “a | : R D2 j i e \ ß ie, 2 i = 24 { - nn I: h- « * „ & : ; r ; 4 ” Re 4 N 2 Qu e ö N ver e e 2 A Ze y # Ä - j ß R * N) - ü " i a m u - r 7 er c, en Es Se > ae ggg, ms Ran ker er A - N -. gt en re ee w I ser ie ee Dr re a 2 wer _ Morphologisches Jahrbuch. "Bd. XLVII. Tafel IX. Jar. Wenig del. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berlin. rn en em ass .r a a in ee She A ie re og a a = r nn Ar rs - NY fa Eher E # r j Q Ai 0:2 “ © i at dr EEE x r are a 2 2 ar u BET 2 r { 1 (Zootomical Institute, University of Stockholm.) On the Cartilago palatina and the Organ of Jacob- | son in some Mammals. By A. Ärnbäck Christie-Linde. With 14 figures. On the Organ of Jacobson. This paper is an addition to what I have published before on the organ of JACoBSON in Sorex araneus. Having now had an op- portunity to examine foetal specimens of other Sorieidae, I have found a formation of the cartilaginous parts of the above-mentioned organ in a species, Orocidura russula, which may be of some interest. Afterwards in examining the organ of JACOBSON in specimens of an other Insectivore: Tupa7a — which Professor HUBRECHT in Utrecht has had the kindness to place at my disposal, for which I tender my grateful thanks to him — I have observed the same forma- tion and, besides, some other interesting facts. I therefore now publish the result also of this examination. Both in Crocidura and Tupajya I have found a cartilaginous process passing from the upper end of the cartilago paraseptalis (Jacogson’s Cartilage) and Iying like a short bar on the outer side of the foremost part of the organ. Such an outer bar has been observed before, especially in the Marsupialia, by Broomt), who by comparing it with the corresponding structure in Echrdna, has found it to be the remains of a primitive turbinal, an interpretation which seems to have been generally accepted. At all events, this cartilaginous process has as yet been found only in the lowest ı R. Broom, On the comparative anatomy of the organ of JACOBSoN in the Marsupials. Proceed. of Linnean Society. New South Wales. Part. 4. 1896. Morpholog. Jahrbuch. 48, 23 344 A. Ärmbick Christie-Linde mammals!. It has not been observed before in the Insectivora, ex- cept in Maecroscelides proboscideus?, though several genera of this group have already been examined. In Tupaja, and also in some other mammals, I have observed a small cartilage situated on the outer side of the naso-palatine canal and behind it, which, being most probably homologous with the processus palatinus in Echidna, I have called the cartilago palatina. Sorieidae. Sorex araneus. A renewed examination of the organ of JACOBSON in the foetal Sorex araneus, of which I have now examined several more foetal stages, has convinced me that nothing essential is to be added to the description that I have already given, except that the outer part of the sickle-shaped cartilage — to which I have given the name of cartilago ductus naso-palatini — continues backwards for several sections as a thin cartilaginous plate, forming a highly rudimentary floor of the nasal cavity between the premaxillary and maxillary bones. Its hindmost part is horizontal and broader than the’part Ilying immediately behind the naso-palatine canal, which part looks like a string. It is this plate that I have regarded as a rudimentary cartilago palatina. It passes backwards elose under the cartilago paraseptalis, as appears from the Fig. 12 representing a section, somewhat obliquely laid, through these parts. The plates do not unite in the middle, nor are they connected with other skele- tal parts. They disappear immediately before the maxillary bones. The cartilago palatina is also to be traced, though with re- sard to the horizontal part much reduced, in the new-born Sorer. In the adult animal the outer part of the sickle-shaped cartilage disappears immediately behind the naso-palatine canal, and no car- tilago palatina can be seen. There is in foetal specimens a marked difference between the epithelium of the inner and that of the outer wall in the posterior ı R. BrooMm, A contribution to the comparative anatomy of the mam- malian organ of JAcopBson. Trans. Roy. Society of Edinburgh. Vol. XXXIX. Part I. 1898. 2 R. BRoom, On the organ of JacoBson in the Elephant-Shrew (Maerosce- lides proboscideus). Proceed. Zool. Soeiety London. Vol. I. 1902. On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 345 half of the organ, that of the inner side being thicker than that of the outer side. In the adult animal such a difference*is hardly observable, perhaps with the exception of the middle part. Having had no other adult speeimen at my disposal than the one examined before, I cannot add anything to what I have said before on the highly rudimentary papillary cartilage found in that individual, and I cannot therefore decide whether it is a structure eonstantly oceurring or not!. Neomys fodiens. I have examined one stage of Neomys fodiens, head-length about 9 mm, consequently a rather old foetal specimen. Judging from this material, the organ of JAcoBson in Neomys is essentially similar to that in Sorex araneus. The arrangement of the cartilages is about the same as in Sorex in front of the naso-palatine canals and behind them, apart from the absence of the cartilago palatina. In this stage at least, the outer part of the cartilago duetus naso-pala- tini does not continue far behind the naso-palatine canals. The epithelium of the inner wall of the organ is thieker than that of the outer wall, chiefly in the posterior half of the organ. As to the blood-vessels and the glands this stage does not show anything remarkable. Croceidura russula. . With regard to the cartilaginous parts, as well as to the struc- ture of the organ itself, the organ of JAcoBson in Crocidura russula differs from that of the above-mentioned shrews. The eartilages which form the floor of the nasal cavity are in front of the naso-palatine canals connected with the base of the nasal septum and laterally with the alinasal cartilages, forming a continuous eartilaginous ring. Fig. 1 represents a section through the cartilagines paraseptales (JacoBson’s eartilages), the eontinuation backwards of the nasal floor cartilage. As appears from the figure, they have lost the connection with the nasal septum as well as with the alinasal cartilages. ı A. ÄRNBÄcK CHRISTIE-LINDE, Der Bau der Sorieiden und ihre Be- ziehungen zu andern Säugetieren I. Morphol. Jahrbuch. Bd. XXXVI. 1907. DRRENEN 346 A. Ärnbäck Christie-Linde In front of the opening of the naso-palatine canal the upper end of the cartilago paraseptalis becomes broader and its lower end being eonnected with*the inner part of the cartilago duetus naso- palatini supports the duct-like foremost part of the organ of JACOB- son on the inner side (Fig. 2—5). If we follow the outer part of the latter cartilage backwards, we find immediately behind the naso-palatine canal a thin carti- laginous string stretehing backwards, widening into a thin hori- zontal plate similar to that in Sorex, which plate forms for a very short distance a highly rudimentary floor of the nasal ceavity. It passes close under tlıe cartilago paraseptalis; it does not unite with Fig. 1. Fig. 2. | 23 Crocidura russula. Foetus (12!/; mm). 'Iransverse sections of region of Jacosson’s organ. c.ps. carti- lago paraseptalis; n.p.g. naso-palatine canal; n.s. nasal septum; o.s.c. outer part of siekle-shaped cartilage; pmz. premaxillary; s.c. sickle-shaped cartilage. X c. 66. its fellow of the other side and, just as in Sorex, disappears imme- diately before the plane, where the maxillary bones appear. It is this cartilage that I have called the cartilago palatina, and which thus is present in a rudimentary state also in Orocidura. In the plane where the foremost duet-like part of JAcOBSoN’s organ is observable an outward and downward process passes from the upper end of the cartilago paraseptalis, and a little farther back still this process is apparently free forming, in the words of BRooMm, »for a short distance a detached bar which on section is apparently neither attached to upper or lower borders«. (Fig. 2—3.) This car- tilaginous bar lying on the outer side of the organ of JACOBSON, appears isolated only in a few sections and soon proves to be con- nected with the lower end of the cartilago paraseptalis, which now On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 347 curves and continues backwards, assuming the appearence typical in sections (Fig. 4). The cartilagines paraseptales are not attached behind to other skeletal parts and extend a little farther backwards than the organ itself. The organ of JacoBson enters the naso-palatine canal im- mediately in front of the point where the nasal cavity opens into this canal (Fig. 2-3). The duct-like part of the organ is very short and lined with an epithelium of uniform thickness. The organ itself is large and oceupies almost the whole cartilaginous eavity, as appears from Fig. 4. Its inner wall is lined with an epithelium which resembles a sensory epithelium and is thicker than the epi- Fig. 3. Fig. 4. nr ä BE | \ Ä EN ww / “ 6p5.--—----FZ\\ A + - J a | EeKESDEN | omx.-I__ N: REES a ! 5” | [& Dr a] 2 \ SE 3 \ f 2 0d--Te N N NA | N Crocidura russula. Foetus (12\/; mm). Transverse sections of region of Jacopsox’s organ. c.ps. Car- tilago paraseptalis; J.o. JacoBson’s organ; n.p.c. naso-palatine canal; n.s. nasal septum; o.b. outer bar of cartilago paraseptalis; o.s.c. outer part of sickle-shaped cartilage; pmx. premaxillary; v. blood- vessel. Fig.3 >80. Fig.4 > c. 66. thelium of the outer wall. On the upper side of the organ, especi- ally in its posterior half, there are glands opening into the organ. In the other foetal specimens examined that represent nearly the same stage as the one described above — the head-length of which is about 8 mm — I have found the cartilaginous process in question, though varying as to development. In the oldest foetal specimen examined, in wlich also the dental system has attained a higher degree of development than in the afore-mentioned ones, the eartilago paraseptalis has a different appearence, its upper part being elongated and curved; the cartila- ginous outer bar is almost totally reduced, and the anterior part of the organ is enclosed for a short distance by a cartilaginous ring — 348 A. Ämbäck Christie-Linde in about the same way as in Sorex and Neomys — which opens behind. Besides, the organ itself is not so large as in the younger individuals. Judging from this older individual examined, it is probable that the cartilaginous outer bar, representing a rudimentary turbinal, is to be found only in early stages of Crocidura russula and that it very soon disappears in the course of development. Tupaja sp. Foetus (44 mm). Transverse sections of region of Jacosson’s organ. a.n. alinasal cartilage; c.p. cartilago palatina; c.ps. cartilago paraseptalis; J.o. Jacosson’s organ; l.d. lachrymal duct; n.f.c. nasal floor cartilage; n.p.c. naso-palatine canal; n.s. nasal septum; pmx. premaxillary; v. blood- vessel. > c. 48. When comparing the foetal shrews examined: Crocidura russula, Sorex araneus and Neomys fodiens, we find that in the two latter the organ of JacoBson is of a less complicated type than in Croeci- dura russula, and this is true of the cartilaginous parts as well as of the organ itself. The most striking point of difference is, however, the presence of a cartilaginous bar on the outer side of its foremost part in the last-mentioned species. This small cartilage and the considerable size of the organ itself give to the organ in Orocidura a more primi- tive character. On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 349 Tupajidae. I have examined different stages of foetal specimens of Tupaja javanica and a foetal individual of an other larger species, Tupaja sp. from Borneo. The two species examined agree completely as to the cartilaginous parts. The cartilages which form the nasal floor are conneeted with the nasal septum only in its foremost part. Further back the con- nection is lost, but they lie close to the septum. Laterally they Fig. 8. n.5 is a re AL IKRDR) | ı | zu I | | N | } j ! BR: BI: A / ! 4 h | j 7 (f: f 5 K v I | \ I / 7 | \ 7 | N . | \ | A N N ee V Ö) f: \ RE eec.ps. | \o \ | \ y [ \ = \ R SEE 05 ION NIS Won px N] IN A ) ANNE) | } | | N \ Nz | Ri 7 | “ A 1 J N e f 1} IN wer) SS IN A 8 \ Q N \ N \. N pmx 2 >e f ep. ET SR 0 B, \ | ar I 3, \ nr 4:7 1 Bl AT % "I | In ' Re Tupaja sp. Foetus (44 mm). Transverse sections of region of Jacogson’s organ. a.n. alinasal cartilage; c.p. cartilago palatina; c.ps. cartilago paraseptalis; J.o. Jacozson’s organ; l.d. lachrymal duct; n.s. nasal septum; o.b. outer bar of cartilago paraseptalis; pmz. premaxillary ; v. blood-vessel. x c. 48. are conneeted with the alinasal cartilages. In front of the naso-_ palatine canals they lose the connection with the cartilages on the outer sides and eontinue backwards as the cartilagines paraseptales (Fig. 5). Fig. 6 shows how the upper end of the cartilago paraseptalis -is beginning to widen; at the same time its lower end stretches down on the inner side of the naso-palatine canal. In this figure another cartilage — cartilago palatina — appears represented by a small cartilaginous plate situated on the outer side 350 A. Ärmbäck Christie-Linde of tlıe naso-palatine canal and stretehing backwards for a conside- rable length. It is situated in front of the maxillary bone and between the maxillary and premaxillary bones in the angle formed by the medial and lateral processes of the latter. It lies quite isolated, not being connected with any other skeletal parts and, in foetal stages at least, forms part of the floor of the nasal eavity behind the naso-palatine eanal. The two cartilaginous plates do not unite. They are found in the large species, Tupaja sp., as well as in the speeimens of Tupaja javanica examined (Fig. 6—8). As appears from the figures, there is in Tupaja no sickle-shaped cartilago duetus naso-palatini, supporting the naso-palatine canal, as is the case in the Sorieidae and also generally in higher mammals. The cartilago paraseptalis reaches as far downwards as to embrace the opening of the duct-like part of the organ into this canal. From Fig. 6—7 appears, how the cartilaginous bar is connec- ted with the upper end of the cartilago paraseptalis. A little farther back, the bar lies detached on the outer side of the organ of JAcoB- son, which is now supported on the inner and lower sides by the cartilago paraseptalis (Fig. 8). Farther back still the outer bar is connected with the lower end of the last-mentioned cartilage. The latter now assumes the common curved or U-shaped form. It con- tinues a little beyond the organ of JAcOBsoN, thus being of some- what greater length than this. It is not behind connected with other skeletal parts. The length of Jacogson’s organ is considerable, and it is rather wide. It enters the naso-palatine canal immediately before the opening of the nasal cavity into it (Fig. 6). The foremost part forms a short duct lined with an epithelium of uniform thickness. From Fig. 9 appears that the epithelium of the inner wall of the organ is many times thicker than the epithelium of the outer wall and looks like a sensory epithelium. On the outer side of the posterior part of the organ and be- hind it there are plenty of glands opening into it by many ducts, especially at the upper and hindmost part. Along the anterior part of the organ I have obaarebi a single blood-vessel running on its outer side; but farther back it seems . to be divided into several small vessels. In Tupaja sp., the large species from Borneo examined — which is a female —, the organ of JAcoBson is of a somewhat com- On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 351 plicated structure. From the upper wall two cul-de-saes projeeting upwards are observed. The foremost of these sacs, the blind end of which is direeted backwards, opens into the anterior half of the organ. And the other large sac, the blind end of which is directed forwards, opens into the posterior end of the organ. As to the histologieal nature of these eul-de-sacs the foetus examined allows of no sure conelusion. I have not been able to Fig. 9. Fig. 10. NS: = === vg; . vr G&.=22--- 208 Li A el Be 77 27 Yard e I-------— of \ or Tupaja sp. Foetus (44 mm). Transverse sections of region of Jacosson’s organ; c. cul-de-sac; c.ps. cartilago paraseptalis; g. gland.; J.o. Jacosson’s organ; mx. maxillary; n.s. nasal septum; v. blood- vessel. > 60. observe, in ıhis stage, any distinet difference between the epithelium of the organ and that of these cul-de-saes. They may be branches of the organ itself; this seems at least to me most probable. In the specimens of Tupaja javanica that I have examined — which are males — I have found no such euls-de-sac. From the examination of the organ of JacoBson in Tupaja it appears that this genus has certain primitive characters. As 352 A. Ärnbäck Christie-Linde such we may, no doubt, regard the cartilaginous bar which repre- sents a rudimentary turbinal. The presence of a well developed cartilago palatina as well as the absence of a sickle-shaped cartilage may also probably be regarded as characterizing a low mammal. Speeial attention should be paid to the above-mentioned cul-de- sacs. If they are to be regarded as primitive characters or not may be an open question. It is not only in Tupaja that a complicated structure of the organ of JACOBSoN is to be found. In a very young specimen of Gymnura rafflesii! — sex unknown — the epithelium of the inner wall — the sensory epithelium — | forms numerous longitudinal folds Fig. 11. as is shown by Fig. 11. In another young individual of the same species — a male — \e ER the epithelium of the inner wall J.0 0, N : “ > EDEN is as usual many times thieker | & 02 N than that of the outer wall, but NR there are no longitudinal folds LAN N | at all. Ei \ BON | /; ) Jo 3so\ As to the cartilaginous pate \\ Neo ON Br > Z Se 7 of Gymnura they are of no special NS RER h 37 interest. N 000000 > Having also had the oppor- er FR tunity of examining mieroseopie preparations of foetal specimens Gymnura raflesü. Juv. Transverse section of of Erinaceus europaeus and Rı- region of JacoBson’s organ. c.ps. cartilago para- x iz Y septalis; J.o. Jacosson’s organ. >< 60. lomys sudllus, I have not found in this organ anything remark- able or essentially differing from what is typical in the Monodelphia. But about the sex of the individuals examined I know nothing. As is well known, the organ of JacoBson in Ormithorhynchus is supported laterally by a well developed turbinal, which extends to the front of the organ. A turbinal is also present in Echidna, though it is highly reduced as compared with that of Ornitho- ı The microscopie preparations of Erinaceidae used in this examination belong-to the Zootomical Institute of the University. in Stockholm. On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 353 rhymchus. In Echidna it is found in the posterior part of the organ; however it continues forwards as a thickened, cartilaginous bar, which probably is the rudiment of a turbinal once extending as far forwards as the turbinal plate in Ormithorhynehus.. In no other living mammals such a turbinal has as yet been found. But Broom has shown that the homologue of the above-men- tioned thiekened anterior bar in Echidna is present in the Marsu- pialia in the form of a cartilaginous bar on the outer side of the organ. It has been considered as characteristic of the Marsupialia, being constant in the various types of this group. A similar rudiment is also found in a few other lower mam- mals! e. g. Dasypus villosus and Lepus cuniculus and among the Inseetivora in Macroscelides proboscideus. Its presence also in Tupaja being now established, it might be considered as charaeteristie of the Insectivora menotyphbla. ; In the Inseetivora lipotypbla it has not been found, until now observed in Orocidura russula. At first sight it would seem unexpected that Crocidura should have retained a more primitive type of JasoBson’s organ than the . other shrews which have been examined, considering the less pri- mitive character of this genus in other respects. As I have lately shown, its dental system is on the whole less primitive than that of Sorex and Neomys. In Crocidura for instance there are no traces of the lower anterior ineisors, which tooth-germs are very distinet in the two other genera?. Another instance is afforded by the os jugale, of which I have found a minute but distinet rudiment in Sorex (l. e. 1907) and, as will be shown later on, also in Neomys, but of which I have found no trace at all in Orocidura russula. (Having not hitherto had an opportunity to examine Crocidura sacralis, in which PETERS? pre- tends to have found a rudimentary os jugale, I cannot express any opinion on this discovery.) There are, however, in Crocidura russula some features which show that this species is in certain respects no less primitive than ı R. BRoom, 1. ce. 1898. 2 A. ÄRNBÄCK CHRISTIE-LiNDE, Der Bau der Sorieiden und ihre Beziehungen zu andern Säugetieren. II. Zur Entwiceklungsgeschichte der Zähne. Ontogenie. Morphol. Jahrbuch. Bd. XLIV. 1912. : 3 W. C. H. Peters, Reise nach Mossambigque. I. Säugetiere. Berlin 1852. 354 A. Ärnbäck Christie-Linde the other above-mentioned shrews. Such a feature is for instance the presence of a rudimentary tooth-germ between the upper fourth premolar and the first molar, representing probably a supernumerary molar. It is therefore in fact not very surprising to find another primitive character in this animal. Primitive characters seem thus to be distributed among the different genera of the Sorieidae so that one genus can hardly be said to be more primitive on the whole than the other. As to the phylogeny of Tupaja we as yet know very little. However, the presence of the above described ceartilaginous bar on the outer side of JAacoBson’s organ indicates a low state of deve- lopment. For independently of the interpretation of the cartilaginous process in question, it is a fact that, as far as is hitherto known, it oceurs only in lower mammals. And with regard to the sickle- shaped cartilago ductus naso-palatini it is generally present in higher mammals, but absent in lower ones e. g. Monotremata, Marsupialia. As for the ceul-de-sacs of JAcoBson’s organ in Tupaja 1 find it impossible at present to decide, whether they are to be regarded as primitive structures or not. Nor do they allow of any conelusion as to the function of the organ. Though it does not seem improbable that the complicated struc- ture of the organ in Tupaja as well as in Gymnura is due to a difference of sex, my scanty material makes a decision on the point ° impossible. I know that the young Gymnura rafflesii examined, which presents the usual structure as to the epithelium ofthe organ, is a male, but I know nothing about the sex of the other indivi- dual with the folded epithelium. Moreover I know that the specimen of Tupaja sp., in which the eul-de-saes are found, is a female and that the examined individuals of the species T. javanıca which present an epithelium of the usual structure are males. The possibility that the structure in question is due to a dif- ference of sex is thus at all events not excluded. One may hope that further investigations will throw light upon the function of this organ, about which we as yet know nothing at all. - Having examined no. adult Tupaja, I can state nothing as to the further development of the above-mentioned cul-de-sacs. Considering the above, one may be justified in regarding the Insecetivora, especially the Sorieidae, as forms intermediate between On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 355 lower and higher mammals, uniting primitive characters with features found chiefly in higher mammals. Further the occurrence of the rudimentary turbinal makes it probable that the Inseetivora (as well as several more mammals which have retained the same character) descend from vertebrates in which the organ of JACoBsSoN was of a more complieated struc- ture than is now generally met with in any living mammals, ex- cept Ornithorhynchus and Echrdna. It may also be pointed out that the presence of the cartilaginous outer bar representing the rudiment of a turbinal is an additional low character common to Sorieidae and Marsupialia, which, as I have lately shown, agree in important points with respect to the teeth. BRooMm in his paper on the organ of JAcoBson in the Marsu- pials! finds it manifest that JacoBson’s organ »must be a very valu- able factor in the classification of groups — apparently of more im- portance than even the dentition.« However, considering the fact that »we have one type in such dissimilar forms as the Ox, Sheep, Horse, Dog, Cat and Hedge- hog — — —« the reason given by the above-mentioned author in support of his view seems to me more apt to justify an opinion to the contrary. The importance of the organ in phylogenetic respect is, I think, indisputable, but the oceurrence of the same type of the organ in widely different groups of animals certainly makes it rather unsui- table as a factor in the classification of groups. On the Cartilago palatina. As appears from the above, a rudimentary palatal cartilage is present in Soricidae as well as in Tupaja, and it is better deve- loped in the latter. I have also observed it very well developed in Prosimiae?2. Among the Prosimiae I have had an opportunity to examine three young speeimens of Chirogaleus smithiüi and a newborn speci- men of Galago demidoffü. In both these species I have observed a small cartilage situated in the same way as in Tupaja and in other respeets showing a striking agreement with the palatal carti- ı R. BRoom, 1. ec. 1896 p. 614. 2 The mieroscopic preparations of Prosimiae used in this examination belong to the Zootomical Institute of the University in Stockholm. 356 A. Ärnbäck Christie-Linde lage in this animal. Its foremost part has the form of a vertieal narrow plate situated on the outer side of the naso-palatine canal, and its posterior part widens into a horizontal plate of eonsiderable length, which passes below tlıe organ of JacoBson, forming part of the floor of the nasal ceavity between the premaxillary and the maxillary bones (Fig. 13—14). It is better developed in the Pro- simiae than in Tupaja as appears from a comparison between the figures. Fig. 12. °o 2099 0,00 Q 0 > Sorez araneus. Foetus (13 mm). Transverse section of region of JacoBson’s organ. c.p. eartilago palatina ; c.ps. eartilago paraseptalis; J.o. Jacosson’s organ; n.s.nasal septum; pmz.premaxillary. > 100. A sickle-shaped cartilago ductus naso-palatini is present, eon- nected with the ceartilago paraseptalis. But in the stages examined of these three specimens of Chirogaleus I could observe no con- nection at least no cartilaginous one — between the cartilago palatina and the cartilago ductus naso-palatini. Though it seems most probable that in Galago the cartilage in question is isolated as in Chirogaleus, I shall give no deeided opinion on this, the series of sections at my disposal not being quite unbroken: a section is wanting on the very eritical point. As far as I could see, the Prosimiae examined do not, in re- gard to the organ of Jacozson and the cartilages referred to it, differ in other respects from the other monodelphs in general. The homologization of the cartilago palatina offers some diffi- eulty. The first question which arises here is, whether the carti- lages designated in the same way in Sorieidae, Tupaja and Pro- On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 357 Chirogaleus smithii. Juv. Transvarse sections of region of JacoBson’s organ.) c.p. cartilago palatina; c.ps. cartilago paraseptalis; J.o. Jacossox’s organ; R.Pif- naso-palatine canal; n.s. nasal septum; pmz. premaxillary; v. blood-vessel. > 60. 358 A. Ärnbäck Christie-Linde simiae are homologous structures, i. e. is the cartilage which oceurs connected with the sickle-shaped cartilago ductus naso-palatini in some animals homologous with the cartilage which oceurs quite isolated in others? It seems to me that this question may be answered in the affırmative. And for this opinion I find a support partly in the striking agreement between these cartilages in the different animals, partly in the homology of the cartilago palatina mentioned below. Apart from the different degrees of development which the car- tilago palatina presents in the different species, the only divergence worth mentioning consists in its relation to the sickle-shaped car- tilago ductus naso-palatini. In some speeies both cartilages are present and are connected with each other. I: In others both ceartilages are present, but not connected with each other, the palatal eartilage being quite isolated. In others again the sickle-shaped cartilago ducetus nasopalatini is absent, and the palatal eartilage is isolated. The fact that a fully developed sickle-shaped cartilage is not found in lower mammals e. g. Monotremata, Marsupialia, but is senerally present in higher mammals seems to justify the view that it is to be considered as comparatively recently developed. And most probably it has been developed from the cartilago paraseptalis. This opinion is supported by the fact, that, when present, the sickle-shaped cartilage is always connected with the eartilago para- septalis, but not always with the cartilago palatina, e. g. Chirogaleus. In favour of this view argues also Broom’s observation, that in several Marsupials there is a process of the paraseptal cartilage, more or less developed, which is the fore-runner of the anterior process which supports JAcoBsoN’s duct in higher mammals. The connection between the sickle-shaped and the palatal earti- lages is also probably of late date. The result with regard to the homology of the latter, favours this opinion. As mentioned before, I have homologized the palatal cartilage described above with a cartilaginous plate in Echidna, figured and most satisfaetorily described by GAupp! in his great work on the 1 E. Gaupp, Zur Entwicklungsgeschichte und vergleichenden Morphologie des Schädels von Echidna aculeata var. typica. Denksch. Med. Nat. Ges. Jena. VI. Bd. 2. Teil. On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 359 development and comparative anatomy of the skull of Echidna acu- leata var. typica under the name of processus palatinus. This cartilage in Echidna has also been observed by other authors e. g. PARKER!, who speaks of »a median plate lying beneath the two JACOBSON’s organs«, and by BRoom?, who designates it as the outer nasal floor and the outer palatal cartilage. SEYDEL? characterizes it as »Ausdehnung des Bodens der knor- peligen Nasenkapsel in den Bereich des sekundären Gaumens«. Processus palatinus in Echidna is best characterized by the following words of GAupP: »Der Proccssus palatinus ist zuerst auf Stadium 46 erkennbar als ein kleiner selbständiger, stabförmiger Knorpelherd, der medial von dem unteren Rande der Nasenkapsel- Seitenwand in dem Oberkieferfortsatz, und zwar in der Basis von dem ‚Gaumenfortsatz‘ desselben, liegt. (Die Gaumenfortsätze haben sich auf diesem Stadium fast durchweg zur Bildung des sekundären Gaumens vereinigt) In den nächsten Stadien erfolgt Knorpelbil- dung im Anschluß an den medialen Umfang dieses Herdes, und es entsteht so eine breite Knorpelplatte, die in dem sekundären Gau- men sich bis nahe an die Mittellinie ausdehnt und mit ihrem me- dialen Abschnitt ventral von der Cartilago paraseptalis liegt. Zu- gleich tritt diese Platte durch einen sehr dünnen Stiel an ihrem vorderen Ende in Verbindung mit dem Hinterrand der Lamina trans- versalis anterior am lateralen Umfang der primären Apertura nasalis interna. Von Stadium 49 an erfolgt eine Verschmelzung der beider- seitigen Palatinplatten in der Mittellinie, die zur Bildung einer breiten einheitlichen, in den sekundären Gaumen eingelagerten Knorpel- platte führt. Den beiden Paraseptalknorpeln legt sich dieselbe von ventral her ganz innig an.« GaAupP calls this plate, formed by the union of the two processus palatini, cartilago palatina. (Cfr. Plate 69 Fig. 7; Textfig. 50—51 p. 631.) GAaurPp has also pointed out that the processus palatinus is to be regarded as the homologue of the cartilago ectochoanalis in ZLacerta. What is said above refers to the cartilage as it is found in ı W. N. PARKER, On some points in the structure of the young of Echidna aculeata. Proc. Zool. Soc. London 1894. 2 R. Broom, On the organ of JacoBson in the Monotremata. Journal of Anat. and Phys. Vol. XXX. 189. 1. ce. 1898. 3 0. SEYDEL, Über Entwicklungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna nebst Beiträgen zur Morphologie des peripheren Geruchsorganes und des Gaumens der Wirbeltiere. SEemon, Zool. Forschungs- reisen. Bd. Ill. (Jen. Denksch. Bd. VI.) 3. Lief. 1899. Morpholog. Jahrbuch, 48. 24 360 A. Ärnbäck Christie-Linde the foetal Echidna. As to this structure in the adult animal I have only found a statement in BRoom’s paper. BrooM mentions that »this portion of the nasal floor cartilage outside the naso-palatine canal is formed as a mere rudiment, which might readily escape the eye instead of the broad plate seen in the young condition«. But the posterior part of the plate remains and is well Sr en alse in the adult Echidna. According to SEYDEL the cartilago palatina in Echidna has a special function in the development of the skull: the foramen naso- palatinum is formed by this plate separating off the anterior end of the fenestra basalis, the posterior and larger part of which is shut up by the secondary palate. Through this foramen a com- munication between the nasal and buccal eavities remains during the whole life viz. canalis naso-palatinus. The eartilago palatina thus supports this canal laterally and behind. This appears also from the figures of GAuPpPp, referred to above. The organ of JacoBsoNx originates independently of the canal, but SEYDEL is of opinion that the canal is not formed independently of the organ. Also in other mammals traces of the cartilago palatina are te be found. In his paper on Macroscelides probosceideus Broom! has figured a cartilage on the outer side of the naso-palatine canal, situated in the same way as in Tupajya. The author does not mention it in the text, but designates it in the figure as a »small isolated cartilage — possibly a rudimentary STENnson’s cartilage (not indieated in the adult)«. Though this is all the information he gives about it, I think it is no doubt to be regarded as homo- logous with the above described cartilago palatina in Tupaja. There is no sickle-shaped cartilago ductus naso-palatini present in Macroscelides proboseideus. The same author has observed in the foetal Lepus 'eumieulus? a small cartilage which, according to the description given by him, seems to agree strikingly with the cartilago palatina in Tupaja. He supposes it to be homologous with the outer nasal floor cartilage of the Monotremes, i. e. the cartilago palatina of GAuPpr. No siekle-shaped cartilago ductus naso-palatini is present im Lepus cumieulus. ı R. Broom 1902 1. c. pl. 21, Fig. 7 £.e. 2 R. Broom 189 1. ce. On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 361 Vorr! in his work on the primordial crane of the rabbit has, ‚with regard to the homology of this ceartilage, arrived at the same result as BROOM. In Chiroptera the cartilago palatina is to be found. In some bats we find it conneeted in a complicated way with other car- tilages. Especially in the Vespertilionidae it presents very in- teresting features. According to GROSSER?, who has described it under the name of cartilago posterior lateralis, it is here of eon- siderable size, and in some individuals of Vesperugo noctula he has found it united with its fellow of the opposite side. He states that it forms the floor of the nasal cavity in front replaeing the wanting part of the palatum durum. GROSSER also eites an interesting observation of ScCHwInK that the cartilago posterior lateralis — i. e. cartilago palatina — oceurs' quite isolated in embryos of Vespertilio murinus, and he supposes that it remains isolated also in the adult animal. ZUCKERKANDL?® mentions that in Vespertilio mystacinus there is a cartilage connected with the cartilago duetus naso-palatini and which increases in breath behind the naso-palatine canal »um da, wo der Gaumen nicht knöchern ist, das Skelet desselben beizustellen«. (Cfr. textfigure 13 p.p.l. in the above mentioned paper.) Judging from the textfigure 16 (p.p.l.) in the same paper the cartilago palatina is also present in Pieropus sp. The author de- seribes a cartilaginous plate situated vertically on the outer side of the naso-palatine canal, behind which it increases in breath and assumes a horizontal position completing the secondary palate. In this connection I think proper to mention that in an embryo of Pteropus giganteus, which I have examined, the cartilages of both sides are in places united with each other. This observation of mine thus agrees with what GRossErR found in Vesperugo noctula. In Miniopterus schreibersi* the well developed cartilage de- scribed as the outer part of the cartilago ductus nasopalatini is probably homologous with the cartilago palatina. 1 Max Voıt, Das Primordialeranium des Kaninchens unter Berücksichtigung der Deckknochen. Ein Beitrag zur Morphologie des Säugetierschädels. Anat. Hefte. 1. Abt. XXXVII. Bd. 1909. 2 OTTO GROSSER, Zur Anatomie der Nasenhöhle und des Rachens der ein- heimischen Chiropteren. Morphol. Jahrb. Bd. XXIX. 1902. 3 E. ZUCKERKANDL, Über den JAcogsonschen Knorpel und die Ossification des Pflugscharbeines. Sitzungsber. d. Kais. Akad. Bd. CXVII. Abt. 3. Wien 1909. * R. BRoom, 1898 1. e. 24* 362 A. Ärnbäck Christie-Linde With regard to the further development of the palatal cartilage in the adult animals I have only had an opportunity to examine Sorex araneus. The siekle-shaped cartilago ductus nasopalatini is present, though in a reduced state, but its outer part has no con- tinuation backwards; the cartilago palatina as such has apparently disappeared. And most probably it does not remain in the other adult shrews. As to the Chiroptera mentioned above Pieropus sp. and Miniopterus schreibersii are adult specimens, and in them the cartilago palatina is well developed. And Vesperugo noctula figured by GROSSER! is also an adult speeimen. As to Tupaja I can state nothing at present, having no adult speeimen at my disposal. But in a rather old foetus of Tupaja javanica, in which the milk-teeth and the two anterior molars are ealeified and about to penetrate the gums, it is present and well developed. According to BROOM it is not present in the adult Maeroscelides proboscideus. It may be pointed out that the Prosimiae examined are all young ones and that the cartilago palatina observed in them is very well developed, as appears from Fig. 14. In consideration of the supposed relationship between Tu- pajidae and Prosimiae it is an interesting faet that a well de- veloped palatal cartilage, situated in the same way, is present in both these groups. Of course no deeisive conelusion can be drawn from this point of agreement alone, but Tupajidae and Prosimiae have other characters in common, which, together with this one, suggest a genetic connection between them?. For the present it may be left undecided whether a rudimen- tary palatal cartilage generally oecurs in early foetal stages of the mammals or only in certain lower groups. Further, it may be an open question, whether this cartilage found in monodelphie mammals still retains some function or whether it is te be regarded as a mere rudiment. It most probably plays no part in the formation ‘of the naso- palatine canal. This opinion is supported by the following observa- tion. In a very young embryo of Tupaja javanica — head-length 1 0. GROSSER, 1. ce. Taf. I, Fig. 1. 2W. K. GREGORY, The orders of mammals. Bull. Amer. Mus. Nat. Hist. Vol. XXVII. 1910. On the Cartilago palatina and the Organ of Jacobson in some Mammals. 363 10 mm — no cartilago palatina was to be seen. In such an early stage it is not yet developed. In comparison with other cartilages its development seems to be retarded. With this the following statement of GROSSER! harmonizes: »Bei Embryonen von Vesperugo pipistrellus zeigt sich, daß dieser horizontale Anteil des hinteren lateralen Knorpels in dem schon vorhin erwähnten Stadium (81/, mm Scheitel-Steißlänge), in welchem der septale und paraseptale Knorpel bereits als Vorknorpel, die übrigen Knorpel als Bindegewebsverdiehtung erscheinen, überhaupt noch nicht angelegt ist.« But, at least in the young embryo of Tupaja javanica, the naso- palatine canal is already formed. It has consequently been formed independently of the cartilago palatina. It is probable that, though in lower mammals this cartilage may have been necessary for the formation of the naso-palatine canal, the latter may, during the course of development, have grown more and more independent of it. However, it is not absolutely improbable that in some mammals, f.i. Tupaja and Chirogaleus, where the cartilago palatina is com- paratively well developed, it might partially serve as a floor of the nasal cavity in foetal stages, completing the not yet fully ossified secondary palate. It always keeps the same position, supporting the naso-palatine canal laterally and behind. According to GROSSER in Chiroptera the cartilago in question has a special function. GROSSER writes: »Die Cartilago posterior hat bei den Glattnasen eine eigene Bedeutung gewonnen; sie bildet eigentlich den Boden der Nasenhöhle im Bereiche des Ausschnittes des harten Gaumens. Zu diesem Behufe nimmt der Knorpel in geringer Entfernung caudal vom Ductus ineisivus eine horizontale Lage ein und verbreitert sich beträchtlich. — — —« It may however be pointed out that the cartilago palatina is, as mentioned above, by no means less developed in Pfieropus, in which bat there is no »Ausschnitt des harten Gaumens<«. The high development of this cartilage in Chiroptera may therefore be due to some other cause. Nor is it probable that the horizontal posi- tion of the cartilage is due to any special funetion in Chiroptera, as it has the same position in other animals in which it has attained some note-worthy degree of development. 1 0. GROSSER, 1. ce. p. 17. 364 A. Ärnbäck Christie-Linde What is said above on the cartilago palatina in monodelphie _ mammals may be summarized as follows: It is most probably homologous with the processus palatinus of Gaupp in Echrdna. Consequently it belongs to the primordial erane and is origi- nally a processus from the floor of the cartilaginous nasal capsule into the region of the secondary palate. It is present in the Reptilia: Lacerta, as the cartilago ecto- choanalis, and in the Monotremata: Echidna, where it reaches its highest development. In a radimentary state it oceurs in monodelphie mammals e. g. Inseetivora menotyphla (Tupaja, Macroscelides), Insec- tivora lipotyphla (Sorieidae), Rodentia (Lepus cuniculus), Chiroptera (Vespertilionidae, Pteropodidae), Prosimiae (Chirogaleus, Ga- lago). It is situated between the premaxillary and maxillary bones and just between the processus palatini of these bones. It oeeurs a) quite isolated, the sickle-shaped cartilago duetus naso-pala- tini being absent e. g. Tupaja, Macroscelides, Lepus; b) quite isolated, the sickle-shaped cartilago duetus naso-palatini being present, e. g. Chirogaleus; c) connected with the sickle-shaped ceartilago duetus naso-palatini e. g. Sorex, Miniopterus. Its function, originally related to the canalis naso-palatinus, has in the course of development been considerably reduced. In higher mammals the cartilago palatina is probably in general of a more or less rudimentary character. Yet it may be of some use as partially supporting the nasal cavity in foetal stages. Das menschliche Sacrum. Von 6. P. Frets, Privatdozent für Anatomie an der Universität in Amsterdam. Mit 11 Figuren im Text und Tafel X u. XI. Gelegentlich einer Friedhofsräumung in Amsterdam gingen viele Kreuzbeine durch meine Hände. Das Material entstammt der städtischen Bevölkerung aus den Jahren 1865—1890, enthält keines von Juden. Meine Untersuchung schließt an die von Aporpar (1911) an. For- meln der Wirbelsäule zu geben, wie FıscHEL (1906) es von seinem Materiale tat, ist ausgeschlossen. Ich nahm, ebenso wie PATERSON (1893) einige Maße; so viele Messungen zu verrichten wie RADLAUER (1908), war schon angesichts der Zeit, während welcher die Sacra mir zur Verfügung standen, nicht möglich. In erster Linie beobachtete ich die Variationen. Von der großen Gruppe der »Umbildungsvariationen« kann ich bloß die Form und die Häufigkeit angeben. Indem eine Umbildungsvariation ihre volle Bedeutung erhält durch die Kenntnis der Stelle, welche sie in der. Reihe der Wirbel einnimmt (E. RosEnBERG), bleiben hier meine Er- gebnisse weit hinter denen von FIscHEL und ADoLPHI zurück. Die große Zahl der Beobachtungen ist jedenfalls wichtig. _ Zweitens suchte ich nach anderen Variationen, wie diese von Le Dougte (1912) beschrieben sind. Einige seltene Stücke wurden gefunden. Drittens prüfte ich viele Saera auf einige Merkmale, wie die Zahl der Foramina saeralia, die Größe.der Facies auricalaris, die Höhe des Hiatus canalis sacralis, um die typische Form des mensch- lichen Kreuzbeines kennen zu lernen. | 3 Tabelle 1. Anzahl der untersuchten Objekte 3 For. saecral.; 4 Sacralwirbel 5 außerdem der Körper v. Co, verw. mit 5 - S, zeigt Art. fl. für P.1. des letzten L. - Artikulationsfläche für Co, 3 u. 4 For. sacr.; 4 Sacralw. + LS (LS und Co,) - - + Sced. 4 For. saer.; Sı hat auf der einen Seite noch die Form eines Übergangswirbels, ist jedoch beider- seits verwachsen - S; hat noch sehr niedrige P. 1. - Das Sacrum zeigt zwei Promontorien - Sı ist asymmetrisch - 7—9 auf verschiedene Weise kombiniert 4 Foramina sacralia. 5 Sacralwirbel Die Körper von S; und S; nicht verwachsen Die Körper von S> und S3 nicht verwachsen Der Körper von L; ist verwachsen mit dem Körper von Sı (auch der hintere Bogen; einmal nicht) Der KörpervonCo, ist verw. mit dem Körper v. 5 Bloß die Cornua posth. von Co, und S; sind verwachsen Das Os coecygeum ist mit dem Sacrum verwachsen (Hierbei sind auch einige Fälle, von welchen 2 Co mit S; verwachsen sind). Idem; außerdem auch der Körper v. L; mit S; = Nr. 16; außerdem S, sehr niedrige P. l. oder asymm. —NT..16- - S; = LS (Form 7) —ENE IR: - 2 Promontorien NE. 16: - Fac. art. in S; für P. 1. des L; Die Basis v. P. l. des Sı zeigt eine Art. fl. für Pl. des L; 4 und 5 For. saer. Es ist ein LS ausgebildet 5 Es ist ein sacro-cocecyg. W. ausgeb. - Sed; der Körper des Sed. nicht mit S; verwachsen - Sed und $S; = LS (Form 6) { . Sed und 2 Promontorien - Sed und sehr niedrige Proc. laterales, oder asymm. 5 For. saeralia. 6 Sacralwirbel. - Der Körper von Ss ist frei - 2 Promontorien - S; sehr niedrige Proc. laterales. (Kür- per frei bei einigen) - Sı asymmetrisch 5 Art. fl. in Basis S, für Pl. des letzten L - außerdem Corpus Co; verw. mit Sg (dabei auch einige mit 2 Prom. od. asymm. Sı) - außerdem Os coceyg. verw. mit Ss ‚5 und 6 Foramina sacralia ‚6Foramina sacralia. 7 Sacralwirbel | 1. Gruppe|2. Gruppe 1732 e 740 9 3 1 1 is \9 2 J 5 7 9 7 3 18 3 9 3 1) 853 377 1) ;1 A| 3 305 119 7 2 3 8 1 3 2 3 4 1 1 6 12 12 6 4 1 6 4 4 275 71 6 2 30 14 32 27 13 18 _ 1 11 7 9 1 1 Das menschliche Sacrum. 367 Viertens nahm ich einige Maße: a) die größte Länge; gemessen von der Mitte des Promontorium bis zu der Mitte des unteren Randes des fünften Sacralwirbels; b) die größte Breite der Basis; diese liegt nicht immer vorn. ce) die größte Tiefe. Diese maß ich mit Hilfe eines von Dr. GREVERS! hergestellten Zirkels, der erlaubt, zugleich mit der größ- ten Länge die größte Tiefe zu messen. Einen ähnlichen Zirkel ver- ‘wendete RADLAUER (1908, S. 336). Ich berechnete den Sacralindex und den Längenkrümmungs- index (Sehnenhöhenindex II); letzterer ist der Längenkrümmungs- index B? RADLAUERS (S. 391). Das Geschlecht der Individuen, denen mein Material entstammt, ist unbekannt. Ich untersuchte 1732 Kreuzbeine (vgl. unten). Meine Ergebnisse in bezug auf die erste Frage sind in Tabelle I zusammengestellt; an sie schließe ich folgende Bemerkungen an. Über die Häufigkeit des Vorkommens von Kreuzbeinen mit drei Fo- ramina sacralia kann ich keine genauen Angaben machen; oft blieb ich in der Unsicherheit, ob nicht eine Beschädigung des Kreuzbein- endes die Verminderung der Zahl verursacht hatte. Ich notierte 9 Fälle mit drei Foramina und 2 Fälle, bei welchem auf der einen Seite drei, auf der anderen vier Foramina sacralia vorhanden waren; unter den 9 Fällen waren außerdem noch einige, bei welchen der erste Coceygealwirbel mit dem vierten Sacralwirbel artieuliert haben könnte. Zu den Sacra, welche aus vier Sacralwirbeln aufgebaut sind, können noch einige gerechnet werden aus den Gruppen 3—7, bei welehen der lumbo-saerale Übergangswirbel zwar mit S, verwach- sen, jedoch noch durch verschiedene Merkmale als Übergangswirbel zu bezeichnen ist. Nach der Untersuchung der ersten großen Gruppe von 1732 Sacra untersuchte ich nachher noch einige Male kleinere Gruppen und achtete hierbei genau auf vierwirblige Sacra. In einer Gruppe von 393 Stück? fand ich vier vierwirblige Sacra, in einer Gruppe von 749 Stück sechs dieser Sacra (Tabelle II). 1 Diesen Zirkel verwendet Dr. J. E. GREVERS seit 1897; er demonstiierte ihn auf dem Anthropologischen Kongreß 1900 in Paris. 2 Längenkrümmungsindex B oder Sehnenhöhenindex = größte Bogenhöhe X 100 gerade Länge. 3 Diese Gruppe ist nicht so ausführlich untersucht wie die Gruppen I u. U. 368 G. P. Frets Tabelle II. Vierwirblige Sacra unter 265 Stück | unter 217 Stück unter 740 Stück (PATERSON) (Emmons) 3 Foramina sacralia; 4 Sacralwirbel 3 ‚8 3 - Coı mit dem Saecrum verw. 1 6 2 - Artie.-Fläche für Co, 1 = _ für L; 1 (s. Seite 370) - und LS mit dem Saecr. verw. 1 1 - - LSu. Co; - “ - 1 LS od. Sed 2 - - Sed mit - - - 5 3 4 Foramina sacralia; 4 Sacralwirbel u. LS beider- seits mit S;ı verwachsen 9 - 5 Sacralw., niedrige Pr. lat. 3 - 2 Promontorien 3 - S;ı asymmetrisch 3 Aporenr (1911, S. 117) fand unter 292 Kreuzbeinen ein vier- wirbliges Exemplar, PArerson (1894, S. 135 und 138) drei Stück unter 265 Sacra, FıscHer (1906) erwähnt einen Fall unter 524 Sacra (S. 472) und Eumons (1913, S. 57) fand unter 217 Sacra von Indi- anern drei vierwirblige Sacra und zwei, bei welchen außerdem ein Übergangswirbel ausgebildet war. Le DousLe (1912, $. 263) stellt aus der Literatur eine Gruppe von 1528 Sacra zusammen, von wel- chen 19 vierwirblig waren. Diese verschiedenen Ergebnisse zu vergleichen, unterlasse ich. FiIscHEL hat sein Material nicht auf die Zusammensetzung des Sa- erums untersucht; er erwähnt bloß nebenbei, daß er einmal ein vier- wirbliges Saerum fand (vgl. auch 8. 371). PArErsox untersuchte eine kleine Zahl von Sacra, dabei Museumsmaterial. Auch die Zahl der von Emumons untersuchten Objekte ist klein. Bei meiner zweiten Untersuchung fand ich bei 1133 (393 + 740) Sacra zehn vierwirblige; es ist dies also etwa 0,9%/,. PATERSoN (1894, S. 120 und Fig. 2) beschreibt, daß als Regel an der hinteren Seite der basalen Fläche des Saecrums die Spitze des Processus transversus von S; etwas prominiert, oder sich frei vorwölbt; er fand bei 211 Sacra 133mal eine freie Spitze dieses Vorsprunges. Man findet, fügt PATERSON hinzu, alle Übergänge zwi- schen einem flachen Rand und einer Prominenz. Dies mag der Grund sein, daß meine Befunde in dieser Hinsicht so sehr von denen PATERsoNns abweichen; ich fand nämlich bei 524 fünfwirbligen, nor- Das menschliche Sacrum. 369 malen Sacra bloß 68mal eine mehr oder weniger freie dorsale Spitze, als schwache Manifestation des lumbalen Charakters von S.. Fünfwirblige Sacra fand ich 853 Stück unter 1732 Saecra, d. i. also 49,2°/,, später 170 Stück unter 321 Exemplaren, also 52,9%, und schließlich noch 207 Stück unter 423 Exemplaren, also 48,7 %/,; unter 2476 Sacra fand ich also- 1230 fünfwirblige, oder 49,70/,. Apoueur fand 48,70/, für männliche, 56,9%, für weibliche Objekte, PATErsox zählte unter 265 Sacra 164 fünfwirblige, d. i. 61,90, (S. 135, vgl. noch LE DousLe S. 263). Das normale Sa- erum kommt also nach meiner Untersuchung in der Hälfte der Fälle vor: Fünfwirblige Saera, mit welchen der erste Coeeygealwirbel ver- wachsen ist, fand ich 3242 Fälle unter 1732 Sacra, d. i. 18,7%/,; später 58 Fälle unter 321 Stück und 70 Fälle unter 423 Stück, also 18°/, und 16,5°/,, und im ganzen unter 2476 Sacra 452 Fälle d. i. 18,2%/,. AvoLeHı fand in 15 und 15,5%, der Fälle die Verwachsung des ersten Coceygealwirbels mit dem Sacrum, PATERsoN (S. 135) in 12,07%, der Fälle. Wenn die fünfwirbligen Sacra und die fünf- wirbligen mit verwachsenem ersten Coceygealwirbel zusammen ge- nommen werden, dann kann auch das Material der Indianer von Emumons (1913) in den Kreis der Vergleichung gebracht werden. Euuons (1913) fand zu dieser Gruppe gehörend unter 217 Sacra 169 Stück, also 77,90%/,; PATERSoN fand 73,950/,, ADoLPpHI 72,4 %/, (J') und 63,7°/, (2), und ich fand unter 1732 Sacra 1238 Stück zu die- ser Gruppe gehörend (Tab. I 3—21) oder 71,5%, unter 321 Sacra 248 Stück, oder 77,3°/, und unter 423 Saera 306 Stück, d. i. 72,1%, im ganzen fand ich also unter 2476 Sacra 1792 fünfwirblige Sacra und fünfwirblige mit verwachsenem ersten Coceygealwirbel, d. i. 72,4%. Emmons fand also bei seinem weiblichen Indianermaterial einen bedeutend höheren Prozentsatz als die anderen Untersucher. Von Interesse ist, daß ich in einer Gruppe von 321 Sacra einen Prozentsatz von 77,3 fand, während diese Saera demselben Friedhof wie die anderen entstammen; es weist dies darauf hin, daß für die sichere Beurteilung der Ergebnisse derartiger Untersuchungen, ein sehr großes Material nötig ist. Sechswirblige Sacra fand Parerson (1894) 44 Stück unter 265 i Diese zwei Gruppen von 321 und 423 Stück bilden die GeRpDe” II von 740 Stück der Tabelle II. 2 Hierzu sind auch die Nr. 17—22 gerechnet. 370 G. P. Frets Objekten, d. h. 16,6°%,; ApoLpnı fand 62 Stück (Gr. 12—15 und 24) unter 292 Sacra, d. h. 21,20/,1, Emmons fand 32 Stück unter 216 Indianer-Sacra oder 14,8°/,, und ich fand in der ersten Gruppe unter 1732 Sacra 376 Stück? oder 21,7°/,, in der zweiten Gruppe unter 321 Sacra 51 Stück? oder 15,9%, und in der dritten Gruppe unter 423 Saera 89 Stück? oder 21,0%, im ganzen unter 2476 Saera 514 sechswirblige, d. h. 20,760/,. Als Übergangswirbel sind die lumbo-sacralen und die saero-cau- dalen zu unterscheiden. Um die Vergleichung mit Untersuchungen anderer möglich zu machen, nenne ich lumbo-saeralen Übergangs- wirbel den Wirbel, der — am proximalen Ende des Kreuzbeines — auf der einen Seite mit dem Sacrum verwachsen und auf der an- deren Seite frei ist; ein derartiges Sacrum hat auf der einen Seite fünf, auf der anderen Seite vier Foramina sacralia. Auch der sacro- caudale (s. sacro-coceygeale) Übergangswirbel, der am eaudalen Ende des Saecrums auf der einen Seite mit ihm verwachsen ist, bildet ein Sacrum, das auf der einen Seite fünf und auf der anderen Seite vier Foramina sacralia hat. Eumons hat beide Formen in eine Gruppe zusammengebracht. Andere Formen von Übergangswirbeln finden sich in der Tabelle I (S. 366) erwähnt; ich verweise z. B. auf Nr. 23, die Sacra, welche an ihrer basalen Fläche eine Artieulations- fläche für den Processus lateralis des letzten Lendenwirbels haben. Die Befunde PArtersons (Tabelle III und IV, 1894), Apoupaıs, Emmons und von mir stelle ich nebeneinander in der Tabelle III, welche die Häufigkeit von lumbo-sacralen und sacro-caudalen Über- gangswirbeln betrifft. Tabelle III. Untersucher Stück LS 0/g Sed 0/5 Zusammen °/, PATERSON 265 7 2,64 11 4,15 18 6,79 FISCHEL 524 7 1,3 ADoLPpHI & 234 g 3,84 16 6,83 25 10,67 - Q 58 3 5,17 5 8,62 8 13,79 EmMons 9 217 _ _ 11 5,07 Verf.1. Gruppe 10004 13 1,3 48 4,8 61 6,1 E BI de 321 6 1,87 9 2,8 15 4,67 en 423 6 1,42 15 3,55 21 4,97 1 Bei einer früheren Gelegenheit (1902) fand ApoLpHı eine Häufigkeit von 19,60/, (1911, S. 104). 2 Hierzu sind auch die Nr. 31—36 gerechnet. 3 Wie 2). 4 Der erste Teil der ersten Gruppe (1732), Das menschliche Sacrum. 371 Die Zahlen AporLpnıs sind sehr hoch, die meinen vielleicht etwas zu niedrig. Saera mit Übergangswirbeln werden beim Aus- graben leichter beschädigt als normale; auch sind viele Sacra, die Nummern 4-10, 20—23, 26—29, 32—34, 37 als er nein! im weiteren Sinne zu bezeichnen. ApoLrHıI vergleicht seine Befunde mit denen Fıscueus (1906). Mit Hilfe der Tabelle Fıscuers stellt ApoLpHı den Prozentsatz von sechswirbligen Saera und von Saera mit Übergangswirbeln fest (S. 115—117); auch berücksichtigt Aporruı, daß Fischer keinen einzigen sacro-caudalen Übergangswirbel erwähnt. Mir scheint, daß sich aus der Arbeit FISCHELS nicht auf eine andere Zusammensetzung des Materials FıscHers und a fortiori des Kreuzbeines der Bevöl- kerung PrAss schließen läßt. Wenn Fischer keinen sacro-caudalen Übergangswirbel erwähnt, so kommt dies meines Erachtens daher, daß er die Zusammensetzung des distalen Endes des Kreuzbeines nicht in den Kreis seiner Untersuchung gezogen hat. Aus dem Aspekt der Tabelle III Folgerungen zu ziehen in bezug auf die Be- völkerung, der das Material entstammt, wage ich nicht. Von meinen drei Gruppen verdienen die zweite und dritte am meisten Ver- trauen; ich habe dieses Material untersucht, nachdem mir der nie- drige Prozentsatz der ersten Gruppe schon bekannt war. Wie schon erwähnt, habe ich bloß eine Form von Übergangswirbel in die Ta- belle III aufgenommen (vgl. oben). Allgemein geht aus den Zahlen hervor, daß sacro-caudale Über- gangswirbel häufiger sind als lumbo-sacrale. Wie aus der Tabelle I hervorgeht, fand ich ein Sacrum aus sieben Wirbeln aufgebaut (Fig. 1) und eins aus sechs Wirbeln und einem sacro-caudalen Übergangswirbel zusammengesetzt (Fig. 2). Als Andeutung davon, daß der erste Sacralwirbel nicht ganz in das Sacrum aufgenommen ist, ist noch die unvollständige Verknö- cherung seines Körpers mit dem des zweiten Sacralwirbels zu nennen. Ich fand unter 427 normalen fünfwirbligen Sacra 45 derartige Exem- plare, also 10,5%,. Auch die Form der Verbindung des fünften Sacralwirbels mit dem vierten zeigt Verschiedenheiten, welche zu der großen Gruppe der numerischen Variationen des Sacrums ge- hören. Zwischen den Seitenfortsätzen von S, und S, kann eine gut entwickelte knöcherne Verbindung ausgebildet sein; bisweilen ist diese dünn, oft in der Richtung von Seitenfortsätzen von Co, ver- längert; im letzteren Falle zeigen die Seitenfortsätze von S;' einen konkaven, caudalen Rand. Unter den obengenannten 427 normalen 372 G. P. Frets Fig. 1. Siebenwirbliges Sacrum. Fig. 2. Siebenwirbliges Sacrum. Der letzte Wirbel ist ein sacrocaudaler, der erste noch einigermaßen ein lumbosacraler Übergangswirbel. Das menschliche Sacrum. 373 fünfwirbligen Sacra fand ieh drei Stück mit dünner Verbindung, drei Stück mit einer dünnen Verbindung auf einer Seite, 152 Stück mit caudalwärts geriehtetem konkavem Rande des Seitenfortsatzes, also 35%/, der Fälle und 8 Fälle, bei welchen auf der einen Seite ein konkaver Rand ausgebildet war. An der Bildung der Faeies aurieularis des normalen fünfwirb- ligen Kreuzbeines beteiligen sich beinahe immer die Processus late- rales von den ersten drei Sacralwirbeln. Unter 352 Stück notierte ich 12 Fälle, bei welchen bloß zwei Wirbel sich an ihr beteiligten, 3 Fälle, bei welchen die Beteiligung auf den beiden Seiten eine un- gleiche war, 58 Fälle, bei welchen der dritte Sacralwirbel nur ganz wenig, und 25 Fälle, bei welehen dieser Wirbel sehr viel zu der Bildung der Facies aurieularis beitrug. Ein einziges Mal finden sich auch vier Wirbel an der Bildung der Facies auricularis betei- ligt. (Vgl. auch RADLAUER 8. 395.) Als Eigentümlichkeit der Form der Facies aurieularis beschreibt PATERSoN (8. 132, Fig. 7 und 7a) »the sacral notch«, eine Aushöh- lung in etwa der Mitte der Facies auricularis, von einem Vorsprung des dritten Sacralwirbels gefolgt. Auch RADLAUER (S. 407 u. Fig. 13) und LE Dousre ($. 225, 226) besprechen sie. Der »sacral notch« kommt in zwei Formen vor, welche durch Übergänge verbunden sind; er kommt zu stande durch eine Aushöhlung, eine Einsenkung der Facies artieularis oder durch eine starke Vorwölbung des unteren Randes der Faeies. Der typische saeral notch liegt in der Tiefe, die zweite Form tritt aus der Oberfläche heraus. Daß PATERsoN und RADLAUER für die Häufigkeit des Vorkommens ganz verschie- dene Zahlen finden, rührt meines Erachtens daher, daß außer dem sacral notch, der im unteren Teile der Facies artieularis liegt, oft kleine Einsenkungen in der Mitte der Facies aurieularis vorkommen. Ich fand unter 250 normalen Sacra 20 Exemplare mit dem sacral noteh; er kommt auch auf einer Seite vor. Auch Zahlenangaben über das Vorkommen des Suleus praeauri- cularis (ZAAYER) am Sacrum kann ich keinen großen Wert beilegen. Es finden sich nämlich verschiedene Rinnen. Eine Rinne, welche namentlich bei Saera mit der zweiten Form des saeral noteh vor- kommt und neben dem distalen Teile des Vorderrandes der Facies artieularis verläuft, hat eine andere Bedeutung als eine seichte Rinne, welche neben dem größten Teile des Vorderrandes verläuft und viel seltener ist. Erstere Rinne faßt Parerson meines Erachtens’ mit Recht als Gefäß- oder Nervenrinne auf. Unter 250 Sacra fand ich 374 G. P. Frets 13 Fälle mit Suleus praeauricularis. RADLAUER fand eine Häufig- keit von 4,9%/,, KwAsrt (1908, S. 91) von 5,79),. Eine Articulationsfläche auf der hinteren Fläche des Saerums für das Hüftbein, wie RADLAUER (1908) beschreibt, habe ich auch einige Male beobachtet, doch war mein Material für eine genaue Be- obachtung dieser Eigentümlichkeit nicht geeignet. Eine Besonderheit der Vorderfläche des Saerums, welche nicht selten ist, welche ich jedoch bei LE DouBLE und RADLAUER nicht erwähnt finde, ist die Foveola sacralis anterior. Diese kleine Grube findet sich am häufigsten am Körper des dritten, seltener des zweiten Sacralwirbels beiderseits; sie kommt auch einseitig vor, auch auf zwei Wirbeln, z. B. auf 5, und S;, oder einseitig auf S, und beider- seits auf S;. Ich fand sie nicht bloß bei fünfwirbligen, sondern auch bei sechs- und einmal auch bei einem vierwirbligen Saecrum. Sie findet sich am häufigsten bei stark gebogenen Kreuzbeinen, ein ein- ziges Mal auch bei ganz flachem. Die Grube ist zu unterscheiden von den Linien, welche AporrHı (1902) für den Ursprung des M. piriformis beschrieben hat. Der Sacralkanal war beim Material ApoLrHıs 8mal ganz offen unter 234 Sacra männlicher Individuen und einmal unter 58 Sacra weiblicher Individuen; ganz geschlossen war er 12mal und 3mal. Bei 740 Sacra fand ich 1dmal den Sacralkanal ganz offen, also in 20/, der Fälle. Die Form des Hiatus canalis sacralis bei einer anderen Gruppe meines Materials ist aus der Tabelle IV ersichtlich. Tabelle IV. | Sacralkanal im Bereich von: = | 3: |2: 135 | a.) e2r BB 5 m | EBENE EEE “*.8 | 3.8 | 2 een | | E & S 2 | Z & E 533 5wirblige Saera 265113 ( 50/,)1186 (70%/0) 54 (200/5),2 (0,80/0)|1 (0,40/0)9 (3,4%/0)) 57 öäwirblige Sacra - und Co, mit | : ihm verw. 11325 (220/,)| 83 (730/,), 5 (4,4%) 22 6 wirblige Sacra 15052 (340/,)| 86(57,30/0) 11 (7,30/,) 1(0,670/,) 51 I | Die Stelle der größten Tiefe liegt fast immer vor S;. Bei den 455 gemessenen Sacra lag die größte Tiefe fünfmal vor S,, sechs- mal zwischen S, und S;, viermal vor S, und vor S;, einmal zwi- Das menschliche Sacrum. 375 schen S; und S,, dreimal vor $S;. Die Form der Krümmung ist ver- schieden; mehrere Male ist der Teil, der von. S, und S, gebildet wird, stark nach vorn gekehrt; dies sind wohl meistens erworbene Unterschiede. Einmal war die Krümmung negativ; ein einziges Mal schiebt sich auch der untere Rand von S, vor S;. Bei 100 sechs- wirbligen Saera (Tab. VII) lag auch meistens die Stelle der größten Tiefe vor S; (81 mal), einmal zwischen S, und S;, zweimal zwischen 8, und $,, dreimal vor S; und S, und 13 mal vor S.. Szawrowskı (1901, S. 314) hat ein Foramen transversarium beschrieben in der linken Hälfte des hinteren Teiles des ersten Sacralwirbels (S. 318, Fig. 4). An derselben Leiche fand er im fünf- ten Lumbalwirbel ein derartiges Loch rechts (Fig. 3). Das Foramen sacrale anterius war links höher und breiter als rechts. BArcLAY Sumiru (1902) beschrieb ein derartiges Loch im ersten Sacralwirbel und Dwıscnr (1902) im fünften Lumbalwirbel. Nach der Meinung Dwiıcnts hat man es mit Beispielen unvollständiger Bildung des co- stalen Elementes zu tun (S. 572). Le DousLE und RADLAUER such- ten diese Variation vergebens. Im meinem Material, unter etwa 3000 Stück, fand ich 5Dmal dieses Foramen sacrale superius (Fig. 3 bis 7). Das Loch ist immer einseitig ausgebildet, zweimal rechts, dreimal links. Es ist in den verschiedenen Fällen verschieden groß und liegt das eine Mal mehr in der Nähe des Wirbelkörpers (Fig. 3, 4, 5), das andere Mal dicht bei der Ineisura zwischen Processus arti- cularis superior und Massa lateralis; es führt in den Sacralkanal (Fig. 4, 5). Das Foramen sacrale ant. ist, wie im Falle Szaw- LOWSKIs, einige Male auf beiden Seiten ungleich weit. Öfters findet man, wie auch RADLAUER angibt, kleine Löcher in diesem Gebiet, welche jedoch blind endigen. In einem Fall (Fig. 7) fand sich ein derartiges Löchelehen auf der anderen Seite. Für die Deutung scheint mir die Arbeit Howzs’ (1893) von Wichtigkeit. Howes (1893) hat bei Ornithorhynchus eine »sacral arcade« beschrieben (seine Fig.1). Dieser Areus wird durch das lIleum zu einem Loch geschlossen. Howes (p. 546) führt den Arcus zurück auf eine Bildung des hin- teren Bogens (seine Fig. 3), und zwar auf die starke Entwicklung einer Metapophyse, wie diese bei den Lumbalwirbeln vorkommt (Metapophyse = Proc. descendens des Proe. bitransversus = Proe. mamillaris der menschlichen Anatomie. Den eigentlichen Proc. trans- versus nennt Howes Proc. ascendens des Processus bitransversus). Der Arcus sacralis hat also nichts mit dem Foramen transversarium der Halswirbel zu tun. Morpholog. Jahrbuch. 48. R 25 376 G. P. Frets Bei anderen Säugern, Erinaceus, Lagomys, fand Howes auch einen Arcus sacralis. Bei Dasypus (S. 549) fand vielleicht eine Ver- knöcherung des Lig. sacro-iliacum statt. Bei Ornithorhynehus ver- läuft im Arcus ein Zipfel des M. levator caudae. Wenn man viele menschliche Sacra untersucht, so zeigt sich die große Verschiedenheit der Ausbildung der Inceisura sacralis, Fig. 3. Fig. 3—7. Fünf Fälle von Foramen sacrale superior des 1. Sacralwirbels. #.s.s. Foramen sacrale superius; i.s. Incisma sacralis. d. h. der Ineisur zwischen dem Proc. artieularis superior und der Massa lateralis.. Wenn man die Verhältnisse des Saerum (Fig. 6) rechts und links miteinander vergleicht, so scheint es mir möglich, daß das Foramen sacrale superius hier durch eine ungleichmäßige Verknöcherung im Gebiet der Ineisura sacralis zustande kam. Zum Schluß erwähne ich noch eine Abweichung, welche bis jetzt, soweit mir bekannt, noch nicht gefunden wurde. Dreimal Das menschliche Sacrum. 377 (Fig. S—11 und Taf. X, Fig. 1—4) kam je ein Saerum zur Beob- achtung, bei welchem der Körper des ersten Wirbels in zwei Hälf- ten getrennt war. Vom ersten Falle (Taf. X, Fig. 1—2) ist der ab- norme Wirbel ein lumbo-sacraler Übergangswirbel, und der Körper des letzten Sacralwirbels ist nicht mit dem vorigen verwachsen (Taf. X, Fig. 1). Der Körper des lumbo-sacralen Übergangswirbels ist in zwei nicht ganz gleiche Hälften geteilt; die beiden Hälften sind voneinander etwas entfernt und die beiden medialen Ränder um- Fig. 8. > N DB u Y) schließen in der Mitte des ersten Sacralwirbels ein rundes Loch (Taf. X, Fig. 2). Andere [Abweichungen zeigt das Saerum nicht. Der zweite Fall ist ein sechswirbliges Saerum (Fig. 8, 9). Hier ist die Zweiteilung des Körpers des ersten Sacralwirbels keine voll- ständige. Auf der Vorderfläche findet sich die Spur einer Naht; die obere Fläche (Fig. 8) ist in zwei ungleiche Hälften geteilt; es findet sich hier wie im vorigen Falle zwischen beiden Hälften ein ovales Loch. Der dritte Fall ist ein sehr unregelmäßiges Sacrum (Taf. X, Fig. 3, 4 und Fig. 10, 11). Auf der vorderen Fläche des zweiten 25* 378 G. P. Frets Saeralwirbels sind Spuren der Trennung der beiden Hälften des Kör- pers sichtbar (Fig. 11). Mit der linken Hälfte des ersten Saecral- wirbels ist ein halber Wirbel verwachsen. Die rechte Hälfte fehlt; statt dieser hat sich der Teil des hinteren Bogens vor dem Proces- sus articularis des ersten Sacralwirbels stark entwickelt. Zuletzt die Mitteilung der Messungen, welche ich ausführte. Die Tabelle V gibt die Zahlen der Messungen und der Indices von 455 normalen, fünfwirb- ligen Sacra, nach der Länge geordnet. Die Tabelle besteht aus vier Gruppen von 100 und einer Gruppe von 55 Sacra. Man ist so in der Lagezu sehen, inwiefern / die Unterschiede dieser Gruppen darauf hin- Bi weisen, ob ein Unter- suchungsmaterial von z. B. 100 Stück für sta- tistische Schlüsse aus- reicht. Aus der Tabelle geht im allgemeinen her- vor,daß dielängeren Sacra die kleineren Sacral- undLängen- krümmungsindices! haben; aus der Kurvel geht dies auch hervor. Aus der Tabelle VI und noch besser aus der Kurve II geht hervor, daß mit den kleineren Sacralindices im allgemeinen auch die kleineren Längen- krümmungsindices zusammentreffen. Der kleinste Saeralindex beträgt 86, der größte 145, die mittleren Werte liegen zwisehen 105 und 122. 37 Sacra haben einen Sacralindex kleiner als hundert (vgl. Kurve Ill und IV). Der kleinste Längenkrümmungsindex ist — 2,7, der größte 47; am häufigsten fand sich der Längenkrümmungsindex Fig. 10. Fig. 11. a en, Längenkrümmungsindex = ee Länge = 5 "ae 1 Sacralindex = vgl. 8. 367. Das menschliche Sacrum. 379 20 (29mal), der Index 22 fand sich 28mal, der Index 18 26mal usw. (Kurve V). Über das Geschlecht sagen diese Tabellen unmittelbar nichts; wenn man jedoch als feststehend annimmt, daß das männliche Sa- crum länger ist als das weibliche, dann kann man in bezug auf die Tabellen sagen, daß im allgemeinen das männliche, längere Sacrum weniger breit (kleiner Sacralindex) und weniger gekrümmt (kleiner Längenkrümmungsindex) ist als das kürzere, weibliche. Aus der Kurve III geht hervor, daß vom normalen Sacrum (i. e. die Form 12 der Tabelle II) der Amsterdamer Bevölkerung aus den Jahren 1865—90 der Saecralindex am häufigsten 109 beträgt (33mal bei 455 Messungen; ein Index von 105 fand sich 21mal, von 111 24mal) und der Längenkrümmungsindex 20. Die Kurven III bis VI zeigen bloß einen Gipfel; ein Gipfel für die männlichen und einer für die weiblichen Sacra läßt sich nicht aus ihnen ablesen. Von 100 sechswirbligen, regelmäßig gebauten Sacra (also die Form 30 der Tabelle II) bewegt sich der Sacralindex (Ta- belle VII und VIII und Kurve IV) zwischen 74 und 129; am häu- figsten kommen hier die Sacralindiees 92, 97 und 104 vor (je 13mal); die Kurve ist weniger regelmäßig als die der fünfwirbligen Sacra, und der Gipfel der Kurve liegt bei niedrigeren Werten der Indices (vgl. Kurve III und IV). Der Längenkrümmungsindex (Kurve VI) dieser Gruppe bewegt sich zwischen 10 und 44; am häufigsten findet sich der Index 28 (11 mal). Kurve I. Kurve der Längenkrümmungsindices der ersten 100 Saera der Tabelle V. Mit zunehmender Länge des Sacrums steigt die Kurve. Kurve II. Kurven der Längenkrümmungsindices und der Sacral- indices von 450 Sacra (Tabelle VI!.. Beide Kurven A und B ver- laufen parallel. Kurven III u. IV. Kurve III: Häufigkeitskurve des Sacralindex von 450 Sacra (Tab. VI). Beginn 86, Ende 145, Gipfel 109. Kurve IV: ebenso von 100 sechswirbligen Sacra (Tab. VII). Kurven V u. VI. Kurve V: Häufigkeitskurve des Längenkrüm- mungsindex von 450 Sacra (Tab. VI). Kurve VI ebenso von 100 sechswirbligen Sacra (Tab. VII). Von den Kurven I, V und VI ist der Maßstab zweimal größer als von II, III und IV. 1 In die Tabelle V sind fünf willkürliche Sacra mehr aufgenommen als in die Tabelle VI. : 380 G. P. Frets Tabelle V. 455 Sacra. | Sacral- Tann: ii Sacral- zungen f Nr. | Länge Breite index Tiefe mungs- | Nr. | Länge | Breite ine Tiefe mungs- index index 282| 12,6 | 12,2 96,8| 2,7 | 21,5 || 242| 10,8 | 11,8 |1092 | 23 21 323) 122 | 13,2.) 1082) 25707205 1196| 10,8 | 11,9 |1102 | 19 | 175 288| 12,1 | 11,6 95,91 59 16 || i71| 10,8 | 11,7 \1083 | 2,6 24 299171271 MER 96.21 529 16 | 192| 10,7 | 11,5 |107,5 | 33 | 21,5 3238| 11,9 ı|:19,4 | 404.1], 0% 6 1275| 10,7 | 123,3 | 105 | 3,1 29 309 .11,9....12:3.1.103:2 7515 13 || 324| 10,7 | 11,6 11084 | 2,1 | 195 322| 11,7 | 12,2 | 1043| 22 19. || 339| 10,7 | 124 | Home 2853| 11,7 1251068 > 26 “| 151| 10,5 | 11,970 22 20 264 11,7 | 13,2 | 1128| 25 21 | 175| 105 | 11,2 |106,6 | 3,3 22 172: 1,2 .29, 10,7 23 | 2%. 10,5 | 11,5 .| 19572293 18 173| 11,7 | 11,6 991) 21 18 317 | 10,5 | 10,5 | 100 2 19 321| 11,6 | 12,1 | 1043| 1,9 | 16,5 || 334| 10,5 | 11,6 110,5 | 1,8 17 1391.13,5° | 31,71 1057|) 9,5 30 || 227| 104 | 13,7.13317 3 29 205 | 11,5 | 121 | 1052| 02 |—1,7 || 166| 10,4 | 12 1852 27 226 11,5 | 13,1 | 1144| 2,5 13 1149| 10,4 .| 11,3 11086) 19 18 319 | 11,5.2/731;6 3, 2009 34 9,5 || 185| 10,3 | 10,6 |102,9| 21 | 20 325 11,5 | 12,8 | 111,3 2 17 | 194| 103 | 122 11184 | 33 | 32 5207 11,4717782,1° 106.117 159 17 | 2377| 103 | 11 |106,8 | 26 | 25 304| 11,4 | 12,6 | 1105| 1,8 16 | 240| 10,3 | 11,2 11087 12228 2935| 11,4 | 12,5 | 109,6| 1,5 13 || 256| 10,3 | 12,9 |1252 | 23,4 23 167| 11,4 | 11,5 | 1009| 1,8 16 297| 10,3 | 13,7 118371] ,15 1145 150| 11,4 | 122 | 107,1 2 17,5 || 305| 10,3 | 12,7 11233 2 19 190 | 11,3. 212.9) 31052443 ı 11,5 || 244| 10,2 | 12,5. 112201 Ha 17 208| 113 | 11,8 | 1044| 17 ! 15 2142| 1002| 2 Taozs (aaa u 307 | 11,3 13 HE 26 | 153 10,2 | 11577327 128 27 3431 11,3 | 1225 | 1106| 25 22 | 294 | 10,1 | 117. 2587223 22 332| 11,2 | 11,7 | 1045| 2,7 24 |313| 10 | 109 | 109 | 2,9 29 191-14.2: 1.42,321°109,9 2:6 23 || 276) 10 | 22,1 |1212 | 32 32 212| 112 - 11,5 | 1027| 23 | 20,5 || 225] 10 | 11,6 | 116 | 32 32 210| 11,2 | 10,3 91,9| 23 | 205 1 2455| 99 | 11,7 |11827] 2,6 26 233| 11,1 | 123 | 1108| 16 | 14,5 | 270 | _ 2 127 55 15 273| 11,1 | 11,8 | 1063| 12 | 11 [8306| 9,9 | 11,3 |114,1 1 11 289: 41,1.) 11,4 >| 102770734 10 || 36| 99 | 11,3 PET 26 300| 11,1 | 12,8 | 1153| 15 | 135 2841|. 98 | 111°) 208323 116 16 3355| 11,1 | 11,6 | 1045| 11 102252000797 | 11,2 |115,5 | 3,3 24 312| 11 122 | 1109| 2,6 | 233,5 ||262| 9,7 | 12,6 12997 8212185 3502| 11 |103 | 9386| 16 | 145 | 274| 97.|108 |1113| 22072 ZI 10,8 9882| 0,5 45 1285| 97 | 1 7718420025 2) 2532| 11 12 109 | 2,5 23 | 2931 9,7.| 12,1 1247| 235 26 2355| 11 11,5 | 104,6| 2,7 | 24,5 | 3230| 9,7 | 11,3 |116,5 3 30 178| 109 |.12,5.| 114,7 | 2,1 19 .|-222| .9,6.1.10,7 01167223 22 208 | 10,8 | 12,3 114 717352 34 1168| 95 | 111 [1168| 23 24 2721 10,8 | 11,3 !' 1046| 2,4 22 -1310| 9,51 118 11222735 17 Das menschliche Saerum. 381 : ı Längen- || | Längen Nr. | Länge | Breite Beet Tiefe A | Nr, | Länge | Breite | en | Tiefe be | index | | index 329 9,4 10,3 109,6 2,6 275 || 369| 10,4.) 1595:1111,2 71 2,27] 20,5 180 | 9,3 1,31 1215| 3 32 3% 10,7 | 11,7 |109,3 | 2,9 27 186, 9,3 11,2 | 120,4 | 1,6 17 445 ER a Alan 2 19 204 | 9,3 10,9 | 117,2| 2,4 26. || 473| 10,7. | 11,57/10%5 | 13 12 257 | 9,2 11,9 | 1185| 23,8 30,5 || 506 | 10,7 | 11,9 eg 18 181 | 9,2 11,4 | 123,9| 3,2 35 || 508| 10,7 | 11,7 10927 352 30 314 - 9,1 10,9 | 119,8| 22 24 || 406 | 10,7 11,5 11075 | 2,5 23 2831| 9 11,9 | 1322| 2,7 30 540 | 10,7 | 10,8 | 101 1,9 18 2856| 9 12,3 | 136,6| 3,2 35,5 || 414 | 10,6 | 12,8 | 121 2,4 23 2837| 8,8 105 | 1193| 2,7 30 || 460 | 10,6 12 113 2 10,5 174 86 10,9 | 126,7| 2,2 25,5 || 387 | 10,5 IE: E08 10,9 18 152| 8,5 122 \...1870.29 20 | 432 1057. :1587 | 142 1,9 18 243 83 11,4 | 1373| 3,2 39 || 455 | 10,5 | 12,3 117 2,9 27 250, 7,8 19% | 1342| 3,7 47 || 469 | 10,5 ir 105 | 2,2 21 | 4871105 | 121 | 115 | 29 | 38 424| 13 3 5 > > BU 1 30: 1749£| 105° 1712| :102 2,3 22 357 | 12,7 113 | 898| 1,8 14 || 562| 10,5 | 11,5 |1095 | 1,8 | 17,5 5353| 126 | 22 | 9 19 15 | 385 | 10,4 | 10,5 |100,9 | 1,7 16 507| 122 | 11,9 | 97,5| 25 20,5 || 433| 10,4 | 12,1 | 116 | 23,5 24 539| 12,2 | 10,5 | 86 | 03 24,5 | 505 | 10,4 14%: |: 1068|. 4,8 17 2413| 24 11,8 |.8| 09 7,5 || 545| 10,4 | 13,4 129 3 29 368 | 11,8 | 109 | 92,4| 2,6 22 |490| 103 | 12,3 ' 119 2,9 24 500| 11,8 | 11,6 | 9 1 8,5 | 348 | 102 10,8 | 106 | 2,8 27 345 | 11,7 | 13,6 | 1162| 0,8 0 1428. 102-1027 1217029 28 38 Kor TE | TOR}, 17 15 |477| 102 | 112 | 109 | 25 24 479 | LEbe | 13,1 | 96,5 1,6 14 1531| 102 11231 119 28 494 | 11,5 | 11,5 | 100 | 21 18,5 || 372| 10,1 (A 1 1937 1.2158 18 388 11,4 11,2 98,2| 2,6 14 || 425 10,1 | IRZ 1116 2,1 ..|: 20,5 362 | 11,5 |: 11,3 | 100 | 1,8 16 | 489 10,15 1:18 | al 24U221026,5 421| 11,3 25| 211:| 33 20 || 504| 101 | 13,6 | 125 | 33. | 35 497 | 11,3 12 106 | 2,9 26 | 522 | 10,1 | 11,4 113 1,6 16 548| 11,3 | 122 | 108 | 23,8 28: 1553| 1051 7 EE7 116 | 2,5 25 475| 11,2 02 1 Bar Hl 3101125 12105 ER 124 | 22 22 353| 11,1 12,7 | 1144| 32 29 |457| 10 12,3 | 123 3 30 399) 11,1 11,8 | 106 | 21 19 ||482| 10 | 11,7 1172217. 058 8 493 | 11,1 11,7 1055| 21 19 | 5237. -10 | 11,921. 3947271 21 565 11,1 124 | 112 | 24 22 5358| 10 | 118 | 118 | 24 24 4102| 1 23:10 258 1544| 10 .|121 121 1,8 18 420| 11 22 | 131.142 ah: 516 |: 93,9: VLBe- 7 117 2,6 26 4222| ı1 123 | 112 | 26 | 23,5 || 530| 9,9 11 111 3 30 423 193, FcE9 10 23 21 4455| 97 | 111 | 112 | 25 26 448 109 | 11,8 | 108 3 27 1485| 9,7 | 11,8 |, 122 1,6 | 14,5 390 | 10,8 | 11,5 | 1065| 33 | 21 1529| 97.|121 | 125 | 27 | 28 518| 108 | 118 | 109 | 25 23 || 349| 9,6 | 13,8 133 | 2,4 25 541| 10,8 | 11,5 | 106 | 1,5 14 | 355| 9,6 | 11,6 120,8 | 2,4 25 347 1.102 23 | 22 223 215 || 478| 9,6 | 11,2 | 117 3 31 382 G. P. Frets . 1 Längen- a 1 Längen- En - acral- . krüm- E ee: Dacral- 3 krüm- Nr. | Länge | Breite Sa Tiefe mungs- Nr. Länge | Breite soäee Tiefe mungs- index index 379| 95 | 117 11232 | 3,2 34 || 650| 113 | 11,8 | 104 | 21 | 9 AR | 9,3. 11 116.1 2,5 26 || 662 | 11,3 | 127 [11235 | 09 8 A7| 95 | 2 | 16 1 19 20 || 669| 11,3 | 132 | 117 | 25 | 2 36) 94 | 11 | 117:| 23.) 285 || 5293| 112 | 11,6 1 ame ae 441| 94 | 11,5 | 122 | 18 13 | 631| 11,2 |134 | 120 | 29 | 26 468) 94 | 113 | 120 | 19 20 |65 12 11) 9 | 21 | m 351| 93 | 11,4 11226) 11 105 || 7260| 11 | BT Bae 356| 9,3 | 112 |1207 | 24 26 || 784| 111 | 112 | 101 | 36 | 235 392| 9,3: 11,9%) 138: 34 33 || 5276| 11 | 12.90] see 5283| 93 |115 | 124 | 28 30 so] ı | 2 | 1m | 3 27 3538| 32 | 112.217 ad 3% 1706| 11 | 12. | oa 488| 91 | 111 | 122 | 22 »4 || 718] 11 | 123: | aaa 364 | 9 11: 1288.) 3 33 | 7372| 1111227 ar BB 46| 9 |108 | 120 | 238 31 |6l2| 11 :| 125] 109] au as 4833| 9 |112 | 124 | 29 32 /5711109 |ı26 | 116 | 2 18 5099| 9 |125 | 139 | 34 | 36,6 | 602| 10,9 | 127 l1ı65 | 2 18 534| 89 | 112 | 126 | 24 27 6141109 | 26 1155| 3 | 275 404| 88 |126 | 143 | 23,8 32 || 6281109 | 136 | 15 | 2 18 528| 88 | 121 11375 | 1,8 | 20,5 | 6531 109 | 11,7 | 17 | 17 |155 466| 87 |104 | 119 | 25 28 | 785| 109 | 11,8 | 108 | 23 | 21 5011| 86 15 | | 3 34 580] 10,8 | 119 | 10 | 2 18 39| 84 |11,5 | 137 | 24 | 285 || 585| 10,8 | 1287 [175 21 | 9 40| 83 | 117 | 1831 | 29 | 85 || 598| 108 | 12° | 112] 2285 1643'108 118 ! 109 | 21 !195 6051125 | 115 | ®@ | 21 17 | 686| 108 | 11,8 | 109 | 1,9 | 175 2722| 125 | 132 1065| 18 | 14 || 594| 107 | 11,8 | uo | 2a m 7422| 124 |122 | 985 | 13 | 105 | 6834| 107 [115 117525 | 3 6098| 124| 2 | 97 | 17 | 1235 1665| 107 |17 1 1138| 2 606 | 122 | 11,7 | 96 | 25 | 205 || 658| 107 | 25 | mz | 12 6 665| 12,2 | 12,8 | 105 | 25 | 22 | 67a| 107 | 132 | 23 | 24 | 225 577 | 121°] 127:| 106 |. 25 | 21 || 708) 10,7: | 1007.) Rs Bes 6386| 121 | 1233 | 12 | 13 | 11 | 708| 107 |112 | 105 | 22 | 205 2734| 2 |19| 9 | 16.| 13 |7s| 107 [112 | 19 | 17 | % 2783| 12 |121 | 101 | 18 | 15 | 584) 10,6 | 121 | 114 | 25 | 35 659 | 11,9 | 131 | 110 | 05 4 || 610| 10,6 [121 | 114 | 25 | 35 781| 11,8 | 123 | 104 | 1,7 | 145 | 698] 106 | 117 | 10 | 15 | A 670| 11,7 | 128 | 109 | 46 | 39 1575| 105 |i17 1115| 19 | 38 74 | 117 | ı2 |185| 22 | 19 1644| 105 Jı11 Jı6 | 18 | u 6081116 1111 | 8 | 2 17 |652|105 |24 | ı8 | ı8 | % 2749| 11,6 | 127 | 109 | 19 | 16 |6801105 | 99 | a | 12 1% 731| 115 | 11,7 J1015 | 19 | 165 | 7283| 105 |1ı29 | 18 | 25 | 4 774 | 11,5 | 124 | 108 | 26 | 22,5 | 598| 104 116 [1115 | 24 | 3 637| 114 | 123 | 108 | 28 | 245 | 719) 104 |23 | 118 | 2 19 a 114 | 122 | 107 | 3,8 24,5 || 720| 104 | 13 | 185 | 27 | & 727\ 11,4 | 122 | 107 | 21 | 185 || 748| 104 |ı114 1095 | 232 | 21 638 | 113 | 122 | 108 | 21 | 185 | z69| 104 |123 | 118 | 237 | & Das menschliche Saerum. 383 Längen- N | | | Längen- Nr. Tiinger| Brake en Tiefe | Nr. | Länge | Breite | wi Tiefe Re. index | | | | index 701|. 1035 3534| 109.) 28» | 2%: || 9985| 11,6 | 112-| 965 | 1,7, | 145 2746| 103 | 13,1 |117,5 | 2,1 | 20. 1081| 11,6 | 127 | 109 | 3,6 22 619| 102 | 118 [1155 | 3 29: 1176| 11,5 | 135 | 19 | 2 |175 6355| 10,2 | 117 11145 | 26 | 255 | sıs| 114 | 104 | 91 | 16 | 14 684 | 10,2 | 11,8 | 116 | 2,5 | 24,5 || 8380| 11,3 |105 | 8 | 236 | 3 7205| 10,2 | 10,9 | 107 | 27 | 265 || 890| 11,3 [123 | 10 | 18 | 16 2753| 102 | 1232 -|1195 | 238 | 275 | 945| 115 124 | 110 | 28.| 35 616| 10,1 | 119 1175 | 23 | 3 lol ıı3 m2 | 18) 28 | 5 682| 101 | 12 | 119 | 18 | 18 9838| 112 | 11,7 [1045 | 2 18 7ab.|: 1056| 112° 1385| 11,9 | 16,5 1086 | 11,3: | 133° | 110 -| 22: | 105 2392|. 104 156; |. 116.128 18 | 864| 11,1 | 11,6 [1045 | 21 19 Ba 101122; | 1225|, 23: 18] 884 | 165 11,2 N 106:| 255 125 567 99|109 | 110 | 09 9: 1 9988| 14,1: | 13,5: 111285 | 2 18 6233| 9399| 121:| 18 | 24 | 24 || 997 | 112 | 124 | 112: | 14 | 125 639| 99 | 11,5 | 116 2 20 1823| 11 | 124 | 113 | 24 22 82.38 161-1185 27 9 1a ar 8 28 7144| 98|108 | 110 | 28 | 285 1076, 11 |102 | 90 | 14 |125 2747| 981106 | 108 | 25 | 255 j1oss| 11 13 | 118 | 33 | 30 7500| 98|11,7 | 220 | 26 | 265 || 93771109 |125 ! 115 | 3 1275 ze. ea 1; 17: 1087| 109: | 12,4 | 11%:| 19 | 175 2762| 97 |11,5 | 120 | 21 22 || 807| 10,8 | 12,6 |1165 | 24 | 22 69) 94 |118 | 115 | 34 | 36 1856| 10,8 | 124 | 115 | 21 | 195 6 12 2 2 |sslı8 |2ı l 12 | 16 | 5 67 94128 | 155 | 3 32 821107 |125 | 117 | 28 -| 36 51| 93 17 ! 115 | 3 32: || 983 | 10,7 | 118 | 110:| 235: | 3 | -93| 12: | 189-| 4 43 || 996| 107 |123 | 115 | 22 | 20,5 1100| 9353| 98 | 105 | 14 15 || 998| 107 | 122 | 114 | 23 | 215 6148| 92 | 12 13805 | 27 29 |886| 10,6 | 12,9 11215 | 3 28 660| 9,2 | 10,7 | 116 | 28 | 30 || 9286| 10,6 | 123 | 116 | 29 | 27 ea elıslıs Isa ıus lwslıs 3| 38 53| 89 |126 | 142 | 21 | 335 1007| 106 | 114 11075 | 24 | 25 | 38|2|14] 2 24 185/105 21 | 15 18 | 17 ‚824|105 | 113 | 108 | 23 | 22 819| 13,1 | 135 | 108 | 1,7 13 | 975| 105 |ı22 | 116 | 3 [285 880, 131 | 125 | 955 16 12 |994|105 19 | 183 15 | 14 873| 12,5 | 12,8 | 102 | 08 6 1005| 105 | 11 | 105 | 28 | 2 810| 1231122 | 9 | 17 14 ||829| 104 124 | 119 | 24 | 3 1008| 122 121 | 9 | 06 5 1869| 104 | 117 |1125 | 3 29 7a 1% | el Be 14 || 956| 10,3 | 122 !1185 | 238 | 27 s62.| 12: | 122 | 102°) 19, | 25: || 288) 108. | 11: | 109-| 24 | 385 9195| 2 |133 | 111 | 233 | 19 || 833| 102 | 123 11205 | 2,1 | 20,5 874| 11,9 | 129 | 108 | 3,1 | 26 |I892| 102 | 127 |1245 | 2 |195 844| 11,7 1123 | 105 | 15 | 13 11090| 10,2 | 121 | 119 | 238 | 2 923| 11,7 |129 | 110 | 24 | 20,5 || 8984| 101 | 112 | 111: | 27 | 265 947| 11,7 | 125 | 107 | 238 | 24 1075| 101 | 114 | 113 | 2 | 20 903| 11,6 | 104 | 90 | 1,6 1 80| 10 :/ 1 | Ur | 25 |;.16 384 G. P. Frets Längen- Längen- Nr. | Länge | Breite az Tiefe a Nr. | Länge | Breite u Tiefe es index | index 883] 10 ) 119 | 119°) 2,5. | 85° |1182| 88.1080) 1027 Basen 920| 10 1106 | 106 | ı 10: 1197| 89 | 113 | 197 | 2367) 9 9657| 10 | 118 | 1ıs | 236 | 26 |1184| 91 | 106 | 116 | 29 | 32 9835| 10 | 11.4) am 50 |ısss| 91 | 11 | 21 | 24 | % 885 10°) 11,8 | 118 | 297] 29 ||1374| 9,1% ToAS mE ee 8557| 99 | 11,7 | 118 | ‚14. 14 1375| 91 | 127 age 9572) 99 | 12,1 | 122 | 28° | 28° 1343| 92 | 11,5 | Tas more 2 9859| 99-| 12 | 121-.| 27 | 27° |1212| 94 | 113 za ze 816) 9,7 | 11,7 |1205| 22 | 225 |1243| 95 |11,9 | 125 | 25 | 6 8558| 97 | 118 | 122 | 25 | 26 1194| 96 |133 | 1385| 238 | 9 959 | 9,7 | 10,7 |. 110 | 2,8 | 29 1202| 9,7 | 10,5 | 108 | 1,27] 144 1079| '9,7 | 123,2 | 126. | 25 | 26 1256| 9,7%] 11,1] 25) PozEr20% 819|.9,6 |11,8:| 123 | 22 | 28 |1193| 98 | 1035| des anna 866 |. 9,6 | 11,6 | 121 | 19 | 20 1225| 9,8 | 12 | ars 97| 95°| 105 | 115 | 2,5. | ©2 1200| 10,2: |.10 | aoBoı mess gil| 9,5 | 11,3 | 120 | 2,9: | 30,5 1228| 10,2: | "12 | ie ee 9229| 9,5 | 127 | 134 | 22 | 23 1180| 103° | 119°) 41551 2 1728 817| 94 |115 | 122 | 23 | 245 |ı214 103 118 | 1145| 25 | 24 846 94 108 | 115 | 2,6 | 28 |ıs28| 103 [118 | 114 | 19 | 185 9101-94 | 9,6 | 102 | 32 | 34 ||1332| 103 | 2 | 1165| 19 | 175 1089| 94 | 108 | 115 | 3 32. 1211| 104 | 119 | 114 | 2,17) °80 7289| 95 | 12 | 129 | 27 | 29 1217| 105 | 127 na 932| 98 | 123 | 132 | 82 | 35 1219| 10,5 | 127) aa ae 936) 93 | 12 | 129 | 32 | 34 ||1227| 105 | 11,8 a az 969 93 | 122 131 | 236 | 28 1234| 105 | 11,5 | 109 | 13 | 124 999| 9,3 | 11,5 | 124 | 22 | 24 1241| 10,5 | 136 | 120 aa 72 9221 92: 11 | 120 | 27 | @9 113381 10,5! ans aa 1008| 9,2 |125 | 136 | 29 | 31,5 ||1181| 106 | 119 | 112 | 24 | 25 107. ,9808 117 32 |11185 | 10,6 | 11,82 a7 727 120 8038| 9,1 | 109 | 120 | 3 33.1252) 10,6 | 12 es os 988| 91 | 10,7 | 1175| 2,5 | 27,5 1242| 10,6 | 127 | 120 | 28 | 6 95| 9 1121 1345| 28 | 31 1369| 10,6. | 11,8 | 111 | 18 | 16 9292| 9 | 112 |1245| 17 | 19 [1260| 107 | 23 15 1 1,7 76 1739| 9 \111 | 128 | 26 | 29 [1964| 108 | 1217| Weser 8s04| 88 | 113 | 180 | 28 | 32 |ısesl 108 |m3 I J15 | u 8sil| 88 | 106 | 120 | 22 | 25 |I1237| 109 | 123 |.113 | 19 | 175 946| 88 | 112 | 127 | 26 | 30 1204| 11 i2 |-109° 13,8. 1464 960| 87 | 11,8 | 186 | 1,7 | 19 1229| 11° 216 |Ios ae 9297| 84-| 115 | 137 | 26 | si 1251| 111 | 117 essen 808| 82 119115 | 2a | 9 Isa ıı | 2 | 108 | 15 | 335 1178| 7,7 1109 | 141 | 36 | 47 1251| 112 | 22 |emsTzre 5 1/1324 | 11,2 | 182 | 109 E60 38 1249| 83 |ı1ıı | 132 | 26 | 31 a2! ıa |117 |1o5| 21 | 128 1378| 83 | 111 | 134 | 3 36 1263| 11,5 | 11,8 | 1025| 28 | 24,5 1240| 86 | 11,4 | 132 | 21 | 244 |1203| 11,6 | 11,8 | 101,5) 36 | 224 1215|- 87 | 113 | 180 |. 3 |.'34,5 1236 | 117. 1128 I 72 17 Das menschliche Sacrum. 385 Längen- | Längen- Nr. | Länge | Breite a Tiefe ee, Nr | Länge | Breite ger | Tiefe index | index 1262 ı18 | 128 [1085 18 | 15 1283| 123 [116 | 9a | 11 9 1282, 12 | 126 | 105 | 22 | 183 1192| 126 |115 | 91 | 13 | 103 1216 123 | 13 1065| 2 16 | | Tabelle VI. 450 Sacra. Längen- Längen- Längen- | Längen- Nr Sacral- | krüm- Nr. Sacral- | krüm- | Nr. Sacral- | krüm- Nr. Sacral- | krüm- “ ) index | mungs- index | mungs- index | mungs- index | mungs- index index | index | index 539 | 86 24,5 || 8310| 9 14 328 104,1 6 644 | 106 | 17 357 89,8 14 [1008| 99 5) 321 |1104,3 | 16,5 | 920| 106 | 10 903 | 90 14 173. 9971-1 322 | 104,3 19 340 | 106,1| 17 1076 90 12,5 | 317| 100 19 208 104,4 15 2731 1063| 11 83| 91 14 362 | 100 16 332 | 104,5 24 390 | 106,5 ı 21 1192| 91 10,3 | 494| 100 | 185 | 335 [1045 | 10 175 | 106,6 | 22 210| 91,9 | 20,5 || 16711009 | 16 864 11045 | 19 237 | 106,8| 25 475, 92 | 10 || 3191009 | 9,5 | 933 1045 | 18 | 283 | 106,8] 26 605 | 92 17 385 |100,9 | 16 235 104,6 245 | 491| 107 22 368| 924 | 22 || 398| 101 | 15 || ara 10u6 | 22 || 150 1071| 175 8330| 93 24 540, 101 18 387 104,7 | 18 653 | 107 15,5 302 | 93,6 | 14,5 || 783| 101 15 275 105 | 29 688 | 107 | 245 680 94 16 784 | 101 23,5 || 577| 105 | 21 705 | 107 | 26,5 1383 | 94 S) 731|101,5 | 16,5 || 469| 105 | 21 7127| 107 | 185 794| 95 14 11203/1015 | 224 || 665 | 105 22 947 | 107 24 880 | 955 | 12 || 172 101,7 | 195 || 708| 105° | 20,5 | 1007| 1075| 385 288 | 95,9 16 199 | 101,7 | 30 710. 105 15 192 | 107,5| 21,5 603 | 96 17 636 | 102 11 722| 105 | 14 || 406 | 107,5| 23 606 96 20,5 || 867 | 102 15 844 | 105 718 473 | 107,5| 12 479, 96,5 14 873 | 102 6 884 | 105 | 22,5 | 634 | 107,5| 23 995| 96,5 | 14,5 | 910| 102 | 34 1005| 105 | 22 | 214| 1078| 108 299 | 96,7 16 744 102,5 | 19 [1193| 105 | 12,2 | 447 108 27 282 | 96,8 21 [1242/1025 | ı8 [1229| 105 | 22 548 108 25 533| 97 15 |/1263|102,5 | 24,5 |I1251| 105 | 29 632 | 1087 1225 609 | 97 13,5 | 212|102,7 | 20,5 ||1382| 105 | 183 || 6388| 108 | 18,5 507 | 97,5 | 20,5 || 289|102,7 | 10 205 105,2 | —1,7 || 747 | 107,8| 25,5 418| 98 1,5 185|102,9 | 20 190 105,3 | 11,5 774| 108 | 22,5 424 98 10 402 | 103 28 493 105,5 19 1895| 108 1: 21,4 500 | 98 8,5 || 809| 103 13 1/1216 | 105,5 16 824 | 108 22 271 | 98,2 4,5 || 30911034 | 13 34811059 | 27 874 | 108 26 388 | 98,2 14 34711037 | 21 399 | 106 19 1/1082 | 108 25 742 | 98,5 | 10,5 || 579| 104 15 497 106 26 1200| 108 | 29,4 685 | 99 19 605 | 104 19 505 106 17 1202| 108 | 14,4 7134| 99 13 2781| 104 | 14,5 || 541| 106 14 . 11381 | 108: 13,5 386 G. P. Frets Sacral- | reg | Sacral- ee | Sacral- az | Sacral- en .- index | mungs- IE index | mungs- Br index | mungs- ae index | mungs- index || index I index | index 323|108,2 | 20,5 || 9283| 110 | 20,5 || 153 112,7 | 27 || 1661154 | 27 17111083 | 24 | 93| 110 | 23 || 26211128 | 21 | 200/1155 24 324|1084 | 19,5 | 95| 110 | 25 || 460| 113 | 10,5 || 614 115,5 | 27,5 1262|1085 | 15 || 959| 110 | 29 || 522| 113 | 16 || 6191155 | 29 149 |108,6 | 18 1086| 110 | 10,5 || 726| 113 | 16,5 |1180|115,5 | 29 240 108,7 | 11,5 || 196/110,2 | 17,5 | 823| 113 |- 22 || 29411158 | 22 372/1089 | ı8 || 3041105 | 16 || 94| 113 | 14 || 2235| 116 | 32 252| 109 | 23 || 3341105 | ı7 1075| 113 | 20 || 339) 116 | 205 313| 109 | 29 ° || 34311106 | 22 1237| 113 | 17,5 || 400] 116 | 26 423| 109 | 21 | 2383/110,8 | 14,5 1252| 113 | 21,7 || 425| 116 ‚20,5 477| 109 | 24 || 3121109 | 23,5 | 28411133 | 16 || 433| 116 | 24 508| 109 | 30 || a20| 111 | 11 || 1sılı13,3 | 20 || 5538| 116 | 25 518| 109 | 23 | 421| 111 | 20 || 28511134 | 29 || 571] 116 | 18 612| 109 | 24,5 || 445| 111 | 19 || 298| 114 | 34 || 592] 116 | 18 640! 109 | 27 || 489| 111 | 26,5 || 58a| 114 | 23,5 || 6389| 116 | 20 643) 109 | 19,5 | 506| 111 | ı7 || 610| 114 | 23,5 || 660, 116 | 30 6455| 109 | 12 || 5380| 111 | 30 || =63| 114 | 17 || 684| 116 | 24,5 670| 109 | 39 || 593| 111 | 185 | 985 | 114 | 30 || 9236| 116 | 7 686) 109 | 17,5 || 7038| 111 | 12 || 998| 114 | 21,5 | 975| 116 | 28,5 7011 109 | 27 || 7387| 111 | 21 1211| 114 | 20 || 978] 116 | 8 2706| 109 | 20 | 840, 111 | 15 |1219| 114 | 25 |1184| 116 | 32 7455| 109 | 16 || 894| 111 | 26,5 1368| 114 | 14 || 355/1162| 7 2749| 109 | 16 || 915| 111 | 19 [1374| 114 | 31. || 320/116,5 | 30 788| 109 | 23,5 |1087| 111 | 175 | 306|1141 | 11 || 602/116,5 | 18 890) 109 | 16 |I1185| 111 | 20 || 33611141 | 26 || 807|1165 | 22 1080| 109 | 22 1369| 111 | 16 || 226/1144 | 13 [11332/1165 | 17,5 1176| 109 | 17,5 || 369 111,2 | 20,5 || 353 114,4 | 29 | 168|1168 | 24 1204| 109 | 16,4 | 274 1113 | 23 || 63511145 | 25,5 || 396| 117 | 24,5 1226| 109 | 17 || 325 111,3 | 17 || 76/1145 | 19 || 455| 117 | 27,5 1231| 109 | 14,3 | 222 111,5 | 22 |1214|114,5 | 24 || 378| 117 | 31 1234| 109 | 124 | 575/111,5 | 18 [11256 |114,5 | 20,6 || 482| 117 8 1324| 109 | 14 | 598/111,5 ı 23 |I1328|114,5 | 185 || 516| 117 | 28 2421092 | 21 || 415| 112 | 26. || 1781147 | 19 || 5276| 117 | 19 37011093 | 27 || 422| 112 | 28,5 | 307| 115 | 26 || 658| 117 | 16 290 11095 | 18 || 4832| 112 | 18 || 487| 115 | 28 || 669| 117 | 22 562 |109,5 | 17,5 | 565, 112 | 22 || 689| 115 , 36 || 842] 117 | 26 748|109,5 | 21 || 672) 112 | 27 || 797| 115 | 24 || 2041117,2 | 26 2951096 | 13 || zı8| 112 | 245 || 815| 115 | 17 || 5851175 | 19 329|109,6 27,5 | 878| 112 | 15 || 846| 115 | 28 || 616/117,5 | 23 31511099 | 283 | 997) 112 | 12,5 || 856| 115 | 19,5 || 746|117,5 | 20 567 | 110 9 1181| 112 | 22,5 | 9387| 115 | 275 || 988] 117,5 | 27,5 580| 110 | 18 1227) 112 | 20 || 996| 115 | 20,5 || 5388| 118 | 24 594| 110 | 27 1264| 112 | 16 |1089| 115 | 32 || 652| 118 | 17 6539| 110 | A | 62 1285| 8 1260| 115 | 16 || 719| 18 | 19 698 | 110 | 14 || 869 112,5 | 29 |1338| 115 | 22 || 769| 118 | 26 z1a| 110 | 285 || 9281125 | 18 || 300| 1153| 13,5 || 857| 118 | 14 Das menschliche Sacrum. 387 Nr Sacral- Bangan E| Nr. Sacral- zen Nr. | Sacral- ni Nr. Sacral- | vn f * | index | mungs- index | mungs- index | mungs- index , Mungs- index | index | index | index 835 | 118 29 | 833 | 120,5 20,5 || 849| 123 23 936 | 129 34 967, 118 26 | 355|120,8 | 25 11375, 128 35 5455| 129 | 223 1088| 118 30 414 | 121 23 37911232 | 3 262 129,9 | 185 1228| 118 | 20,5 || 428| 121 28 297 123,3 | 14,5 | 804) 130 | 32 244 11182 | 26 544 | 121 18 | 305 123,3 | 19 1215| 130 | 34,5 194 |118,4 | 32 657 | 121 22 181/1239 | 35 618 130,5 | 29 25711185 | 30,5 || 866| 121 20 || 434| 124 22 969 | 131 28 956 | 118,5 | 27 976| 121 28 | 483| 124 | 32 227 1131,72 | 29 466 | 119 28 989| 121 27 || 523| 124 30 9322| 132 | 25 490| 119 | 24 [1217| 121 | 33 999) 124 | 24 |1240| 132 | 244 527| 119 21 [1336| 121 26 310)1242 | 17 | 281|132,2 | 30 531| 119 28 2701212 | 15 892 |124,5 | 19,5 || 778 | 133 20 682 | 119 18 276 | 121,2 | 12,1 || 992|124,5 | 19 || 929| 134 23 89| 119 23 180 |121,5 | 32 293 124,7 | 26 1249| 134 31 8853| 119 25 886 |121,5 | 28 || 504| 125 | 32,5 |I1378| 134 36 . 109%| 119 22 356 | 121,7 | 26 529| 125 | 28 | 965811345 | 31 28711193 | 30 441 | 122 13 || 6288| 125 | 18 | 960| 136 | 19 753|119,5 | 27,5 || 485| 122 | 16,5 || 677 | 125 32 [1003| 136 | 31,5 31411198 | 24 || 488! 122 24 \ 720| 125 26 286 136,6 | 35,5 446 | 120 31 || 501| 12 34 |11243| 125 | 18 927 | 137 31 468 | 120 20 697 | 122 23 11343| 125 | 29,5 || 394| 137 | 28,5 631| 120 26 817| 122 | 24,5 | 2561252 | 23 || 2501372 | 47 750| 120 | 26,5 858. 122 26 | 36611258 | 29 || 24311373 | 39 762 | 120 22 957 122 28 417 | 126 20 | 528 |137,5 | 20,5 803 | 120 33 |11182| 122 32 || 534| 126 27 152|137,7 | 29 811, 120 35 [1225| 122 | 25,5 1079| 126 26 1194 138,5 | 29 911) 120 | 30,5 || 364 122,2 | 33 || 174 126,7 | 25,5 | 509| 139 | 36,6 922 | 120 29 244 1225 | 17 || 9466| 127 | 30 || 410| 141 35 1212| 120 3 | 351 | 122,6 | 10,5 ‚1073. 127 32 | 573| 12 23,5 1241| 120 21 457, 123 30 11197 | 127 29 | 404 | 143 32 1342 | 120 26 || 674| 123 | 22,5 || 392| 128 33 | 775| 144 24 186 |120,4 | 17 2723| 123 24 709) 129 43 808 | 145 29 816 | 120,5 | 22,5 | | | Tabelle VII Messungen von 100 Sacra mit 5 Sacrallöchern. Pr Fr en | as ri u; sl2s| 3 |e|i:ule | =2| 3 8 l:eeisl|e E |e äss Eine ee aa) ers iesel, a [2 a (2 085 a. Fe Ele 2 | er Br 3 a || a | E a | I 5 9,1|11,5| 126 12,7/29,7| 9,6| 11 | 115 |2,6/27,1 10,1/11,9| 118 |3,8| 21 9,2/10,8| 117 |2,2| 24 | 9,7112,5| 129 |3,9)40,2)10,2|11,2| 110 |'2,7| 26,5 95/1,5]1721 4,2144,2| 971125) 129 13,8139.2|10,3111,4| 111 |3,5| 34 388 G. P. Frets H Ei |. 5 nz: ill | % Ar s|215 |e 8Euls|ı2| = |e äisls|s | |eleı a8 | 2 12 8883| | Elena | EI eye ala a Sell | 5 | A mE |A | 5 | |865 ä El E ES & E 105.119) 113 |42 40 114 129) 113 13,4|29,8|12,3 11,3) 92 |3,1125,2 10,5 11,5 11095 3,6 343114 111) 9 |32281l123|114| 9% |2,6|211 10,6 11,5, 109 !3,9|36,8|11,5 11,5 100 | 3 |26,1/124 121| 98 |3,8| 30,6 10,7 11,4| 105 |2,1 19,6 11,5 11,4| 99 3,5/30,4112,5| 12 | 96 |3,5| 28 10,7 11,8| 110 ‚2,2/20,6 11,5 | 12 | 104 | 3 |26,1\128,5/113| 90 |3,2125,6 10,9 11,3) 104 3,3 30,8 11,6|11,7| 101 | 3 | 26 |13,6|11,6| 92 |3,8|30,2 10,9|13,1| 120 |3,7 33,9 | 11,6 10,6) 91 \1,7/14,712,6/12,4| 98 |2,7|214 10,9)11,7| 167 3,2 /29,4|11,6/10,8 93 |33|28,4|112,7)11,8| 93 | 3 |8,6 10,9|11,8| 108 |2,4| 22 |111,6/13,1) 113 |3,1|26,712,7/11,6| 91 |23/18,1 10,9|11,5 105,5 |3,5 32,1 11,6 11,8| 102 |22| 19 |1238 125| 98 |22|17,2 109/102, 94 |2,1119,3,11,6 12,6) 109 | 2 |172|123,8 1285| 98 |2,8| 2 11 |11,2| 106 |3,2|29,1\11,7|11,7| 100 | 2 |17,1112,8|129| 101 |3,8| 22 11 | 11 | 100 |2,3 20,9 11,7|12,3| 105 |4,6 39,3 112,8 13,5) 105 |4,1| 32 11 [11,6 105 31/282 11,2/|114| 97 |25/21,412,9 12,1) 94 |3,1| 24 11 |11,4| 104 32|29,111,7110,5| 90 |331282| 13 |ı2 | 92 121/162 11 |11,3| 103 |1,8|16,411,7|12,1| 103 |2,9|24,8] ı3 |12,1| 93 |2,5|192 1 |ı2 | 108 |42/37811,71109| 93 |a1|ı8 |13 1119| 91,5| 2 1154 11,1/13,1) 118 |3,2|28,811,8|12,5 106 |3,3| 28 ‚82 92 2,2169 11,1|11,5| 104 |3,2 28,8 |11,8|12,1| 103 |3,5|29,7| 13 |10,9| 84 |2,7| 20,8 11,1|11,8| 106 \2,7[24,3|11,8]11,5| 97 |2,6| 22 |13,1| 13 | 99 |2,7/20,6 11,2|11,9| 106 |3,6/32,11/11,910,9) 92 |2,6|21,8|13,2)12,7| 96 | 2 |15,2 11,2|11,5 108 |3,2|28,611,9|11,6| 97 |2,8|23,5 13,5 119,7] 94 |3,2|23,7 11,2|12,1| 108 |3,4 |30,4| ı2 |12,5| 104 |3,3|27,5/13,7|13,6| 92 |2,7|19,7 11,3|125| 111 13,2,283|| 12 |12,5| 104 |3,1/25,8|13,7j13,6| 99 |3,7/19,7 11,3|11,8| 104 1,6142 12 |11,7| 97,5. 2,5 20,8|13,8| 12 | 87 |1,8| 13 11,8) 12 | 106 25/22,11121|11,9| 99 | 2 165) 14 |12,1| 86 1351179 11,3| ı1ı | 97 |32/28,3||12,1|12,8| 106 |1,9/15,7| 14 |125| 89 [351 5 11,3|11,2| 104 \2,4|21,2)12,2]11,9| 98 |34|279|14,1|13,3| 87 |3,7|18,5 11,3| ıı | 97 |3,9/345]12,3) ı2 | 97,5| 3 [24,2]15,8|11,7 1 7a [1,7107 11,3|12,7 112,5 3,5| 31 |12,8|11,3| 92 |3,4|27,6| | 11,4|11,6| 102 |3,7/32,5|12,3|11,3| 92 |3,7 130,1) | Tabelle VII Längen- Längen- Längen- Sacralindex | krümmungs- || Sacralindex krümmungs- | Sacralindex | krümmungs- index index | index 14 10,7 | 90 2832 | 92 27,6 54 20,8 90 25,6 92 30,1 86 17,9 91 14,7 92 25,2 87 13 91 18,1 92 30,2 87 12,5 91,5 54 | 92 16,2 89 25 92 218 | 92 16,9 1902. 1911. 1902. 1913. 1902. Das menschliche Sacrum. 389 Längen- | Längen- | Längen- Sacralindex | krümmungs- | Sacralindex | krümmungs- || Sacralindex | krümmungs- index index || index 92 197.°..:1= 100 2 | BER ;; DIES Get: 93 28,4 10 | 2526)» 106 15,7 93 18 100 I, al 29,4 93 21,1 101 25 | 108 | :22 93 23,6 1011206422233. 150108 37,8 93 19,2 02 432,108 30,4 94 195.7 1 FE YrN2r 19 I 109: Su |. 136,8 94 DIE 16 4103718 Tale 1 17,2 94 23,7 10385 154986. 1.1085 34,3 96 | PR TE SER DEN Oo Rn 26,5 95 15,2 103 29,7 110 20,6 97 28,3 10852 7135,:30:8 111 34 97 34,5 104 29,1 111 28,3 97 Bun a 20h 112,5 31 97 DS ER RR 1 1% "SO Er Dt Hg | U RR DEE AR er 97 BE NE RIOR N 22 N EEBH ee 97 are; A a 1er... +26,7 97,5 a8. een earth, arzt 97,5 BEA: oA KB ER BA 98 27.39) 0.210575 ia A3Bai.n SL Sa 98 | 30,6 105 28,2 418%. .7 175.988 98 21,4 1065 |. 398 120 | 339 98 10 24.4.1105 32 121 44,2 98 DB» |112 105,80 12,381 N na 99 30,4 OS 2 N 1 39,2 99 16... 1064: ra 129, %,1,..40,2 99 20,6 || 106 Bl 99 19,7 106 22,1 Literatur. Avoreniı, H., Uber den Ursprung des M. piriformis am Körper des mensch- lichen Kreuzbeines. Mit 7 Abb. Anat. Anzeiger, Bd. XXI, S. 239—248. —— Über den Bau des menschlichen Kreuzbeines und die Verschieden- heit seiner Zusammensetzung in Prag und Jurjew-Dorpat. Morph. Jahrb. Bd. XLIV. S$. 101—127. BArcLAY-SmiTH, E., Two rare vertebral anomalies. Journ. Anat. Phys. Vol. XXXVIJ, p. 372. er BREWSTER-EmMoNS, A., A Study of the Variations in the Female Pelvis, based on observations made on 217 specimens on the Amarican Indian Squaw. Biometrika. Vol. IX. P.1 and2. Cambridge, p. 34—58; 7 Plates. BroAnD, W. H., The skeleton of a native Australian. Journ. of Anat. and Phys. Vol. XXXVI. p. 89.. 390 1912. 1902. 1906. 1873. G. P. Frets, Das menschliche Sacrum. LE DOUBLE, A. F., Trait€ des variations de la colonne vertebrale de l’homme. Paris. DwitHt, Tn., A transverse Foramen in the last lumbar Vertebra. With 1 fig. An. Anz. Bd. XX. p. 571—572. Fischer, A., Untersuchungen über die Wirbelsäule und den Brustkorb des Menschen. Anat. Hefte. 9. H. S. 459-589. 19 Abb. FRENKEL, F., Beiträge zur anatomischen Kenntniss des Kreuzbeines der Säugethiere. Jenaische Zeitsch. Bd. VII. S. 391—440. 2 Taf. 1908/09. G. P. Frers, Über die Entwicklung der Wirbelsäule von Echidna 1909. 1910. 1311. 1911. 1912. 1893. 1908. 1893. 1908. 1903. 1875. 1901. Fig. 1. Fig. 2. hystrix. I. Morph. Jhrb. Bd. XXXVIU. S. 608—653. II. Bd. XXXIX. S. 335-365; vgl. auch Bd. XXXIX. S. 647—654 und Bd. XL. S. 1—104. ——, Über die Varietäten der Wirbelsäule und ihre Erblichkeit. Verh. d. anat. Ges. der Vers. in Gießen. Erg.-H. z. Anat. Anz. S. 105—120. ——, Etudes sur les varietes de la colonne vertebrale. Morph. Jahrb. Bd. XLI. S. 558—576. ——, Studien über die Variabilität der Wirbelsäule. Morph. Jahrb. Bd. XLIII. S. 449—476. ——, Der Plexus lumbo-sacralis bei fünf Hunden mit einer Variation der Wirbelsäule. Folia neurobiologiea Haarlem. F. Bohn. Bd. V. S. 235 bis 243. GIRAUD, GASToN, Note sur un sacrum de sujet homme adulte pr&esentant un retard eonsid&erable dans la soudure des &l&ments, surtout des &l&- ments posterieures des deux premieres vertebres. 2 Fig. Bull. e. möm. Soc. anat. Paris Ann. 87. 1912. N. 10. p. 440—443. Howes, G. B., On the mammalian Pelvis, with espeeial reference to theyoung of Ornithorhynchus ananitus. Journ. Anat. Phys. Vol. XXVII. p. 543. Kwast, JAacoB, Eene beschryving van Moriori-bekkens. Acad. Proef- schrift Amsterdam. PATERSoN, A.M., On the human Sacrum p. 123—204. Pl. 16—22. Trans- actions of the Royal Dublin Society. Vol. V. Ser. I. RADLAUER, C., Beiträge zur Anthropologie des Kreuzbeines. Morpho- logisches Jahrbuch. Bd. XXXVIIl. S. 323—448. 15 Fig. RanmsAay-SumıtH, W., Abnormalities in the sacral and. lumbar vertebrae of the skeletons of Australian Aborignies. Journ. Anat. Phys. Vol. XXXVI. p-. 359. E. ROSENBERG, Über die Entwicklung der Wirbelsäule und das Centrale carpi des Menschen. Morph. Jhrb. Bd.1I. S. 88—199. SZAWLOoWSsKI, Anat. Anzeiger. Bd. XX. S. 314. Tafelerklärung. Tafel X. Sacrum. Ansicht von vorn. Fig. 3. Sacrum. Ansicht von vorn. - - - oben. Fig. 4. - - - oben. Tafel XI. Kurven I—VI (s. S. 379). Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVIL. Fig. 2. Frets. Verlag von Wilhelm E Tafel X. Fig. 3. Fig. 4. ann in Leipzig und Berlin. > Be; weg _ Ad * > a FT nr Sp Zr f ne = BI te 2 A. P B v BG Br I. pe re % Morphologisches Jahrbuch Bad. XLVIN. an ZBZERERAE JEFRZE u man AR 4 ISEERENLTUNAEN| T. BER22n7 20ER HERBBRERERFETN 275 EBERNERETZEN ZI: EREEEBEBEBEBEEEL EEHEEEBE EEE ERFSBHESSESENSESSERESS TE a Eee EEE a 10 55 VIBNAUE A111 Ei, A| 1 NY eu Od: I WeH I 1 Wege BENERJEIESLBNEEEESENE | HEINE ; EEEEEREEEHEHER Ze 77 700 ZA HEBBRZENAIEETRBBEN {-4HH-HHHHHH EUBTIERRZRERUNENT BEeET! tn AT Te I dal Tan SAUER TERN LTE ARRTR NPIBEIMATAT [ar TE MT WAY TI < E BB — EEEGEGIGEGH | _LITERRERFTFT I I II I Rh esdeostsungeschsedfusd Bee 4 # VEEEEERE N Ben Frets WERENDET [1 | Ts HEEBENZ 4-4 BEEEREBEM=n NE [| a HH 50 790 Verlag ’v. Wilhelm En ” BESRRSBERTDENTIUNHNE EORRNY? ? ISAumannsE Br ISNIOBREAEE INGE ITT EENBEI EN IE AU ENNRERE HERE BEIM BDJANEBEB BEE HENEREE EEE 4 LHHH et 9 or m az MW 0 70 20 30 BAETTITSEBRER BanTA LI SNNGUH BO TETIEI EIS! FFFEHHHFFEH SENBERENE Faree IT ATI TE | 177 ERanIFNE NIS HBTRLNLNCHNIN WITT TeAaN ET TRUE Erg FUHHLN Kir 11a va FITAHTE IR. 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Das Genus Kurtus wurde von Brocn! für einen Fisch aufge- stellt, den er Kurtus indicus nannte und kurz beschrieb und ab- bildete. Anatomisches über ihn erwähnt er nicht. In der zweiten Auflage des »Regne Animal« gab CuviEr? einige Notizen über das Skelet, aber erst in CUvIER et VALENCIENNES’ »Histoire Naturelle des Poissons«3 findet man eine ausführliche Beschreibung des Äußeren sowohl als auch des Inneren dieses merkwürdigen Fisches. In der späteren Literatur wird des Kurtus indicus mehrfach gedacht; nähere Angaben über seine Anatomie fehlen jedoch, so daß wir die bezüg- lichen Notizen hier übergehen können, um sie im systematischen Teil dieser Arbeit näher zu berücksichtigen, wenigstens soweit die Autoren sich über die systematische Stellung dieses Fisches geäußert haben. Hier sei nur erwähnt, daß DE CAstELnAu: im Jahre 1878 eine zweite Art des Genus Kurtus unter dem Namen Kurtus gul- lweri beschrieb, so daß jetzt zwei Arten bekannt sind: Kurtus in- dieus Bl., von den Küsten Indiens sowie des indo-australischen Archipels, und Kurtus gulliveri Casteln., welcher die Flüsse von Süd-Neu-Guinea bewohnt. 1 BrocH, Ausländische Fische II, 1786, S. 121. 2 CUVIER, Regne animal, see. &d. II, 1829, p. 214. 3 CUVIER et VALENCIENNES, Hist. Nat. Poissons IX, 1833, p. 420. * de CASTELNAU, Proc. Linn. Soc. New South Wales (1) II, 1878, p. 233. Morpholog. Jahrbuch. 48. 26 392 L. F. de Beaufort Wenn wir schließlich melden, daß BoULENGER! einige neue osteologische Daten brachte und das Skelet von Kurtus indieus ab- bildete, und daß Max WEBER? eine merkwürdige Brutpflege bei Kurtus gulliveri bekannt machte, während GuITEL? die Natur des Geleges dieses Fisches näher untersuchte, so ist ungefähr alles ge- sagt, was bisher über Kurtus publiziert worden ist. Als Prof. MAx WEBER mir denn auch die Gelegenheit bot, von der reichen Ausbeute an Kurtus gulliveri, welche die Expedition meines Freundes Dr. H. A. LorEnTZz aus Niederländisch Süd-Neu- Guinea mitbrachte, einige Exemplare zu untersuchen, griff ich diese gern auf. Kurtus gulliveri war ja noch niemals anatomisch unter- sucht worden, und da diese Art viel größere Dimensionen erreicht als Kurtus indicus, war zu erwarten, daß die Eigentümlichkeiten, welche letztere Art in ihrem anatomischen Bau und speziell in ihrem Skelet zeigt, bei Kurtus gulliveri weit besser studiert werden könnten. Durch die Freundlichkeit von Herrn Dr. AnnANDALE, Direktor des Indian Museum zu Kalkutta, war ich auch in der Lage, einige Exem- plare von Kurtus indieus untersuchen zu können, so daß die folgende Arbeit sich auf beide bekannte Arten des Genus stützt. Ich bin in meinen Beschreibungen immer von Kurtus gulliveri ausgegangen, da die genaue Untersuchung der Größe desselben wegen viel bequemer war. Ich habe dann Kurtus indicus, wo es nötig war, zum Ver- gleich mit einbezogen. Anatomischer Teil. I. Das Skelet. A. Das Kopfskelet. Am Schädeldach fallen zunächst die langgestreckten Frontalia auf, welche vorn das median gekielte Ethmoideum berühren und dort seitlich in gewöhnlicher Weise mit den Praefrontalia in Verbindung stehen. Beide Frontalia tragen eine gegabelte erhabene Leiste, welche mit der der anderen Seite nach hinten convergiert und gerade dort zusammenstößt, wo die vordere Spitze des Supraoceipitale sich zwischen die Frontalia einkeilt. Die Parietalia schließen sich jederseits dem Supraoceipitale an, welches beide voneinander trennt. Mit dem hinten gelegenen Epi- 1 BOULENGER, Cambridge Natural History, Fishes 1904, p. 688. 2 Max WEBER, Kon. Akad. v. Wetenschap. Amsterdam. Proc. Section of Science XIII, 1910, p. 583. 3 GuITEL, Arch. Zoologie experimentale I, 52, fasc. 1, 1913, p.1. Die Anatomie und systematische Stellung des Genus Kurtus Bloch. 393 otieum und dem Oceipitale laterale bildet das Parietale eine untiefe Temporal-Grube, deren Boden nur teilweise verknöchert ist, so daß eine Fontanelle gebildet wird. Das Supraoceipitale trägt eine hohe mediane Leiste, welche bei einem jüngeren Exemplar von Kurtus gulliveri ebenso wie bei einem adulten männlichen Kurtus indieus dort anfängt, wo die obengenannten Leisten der Frontalia zusammen- stoßen; sie ist eben eine Fortsetzung dieser Leisten. Nach hinten wird dieser Oceipital-Kiel immer höher und fällt am Ende des Schädels schnell ab, so daß ein erhabener Kamm entsteht, welcher hinten am höchsten ist. Bei einem alten Männ- chen von Kurtus gulliveri aber sieht die.Sache anders aus. Der vordere Teil des Supraoceipitale ist hier ganz glatt und nur hinten befindet sich ein höherer Kamm, der nach vorn zu einem Haken umgebogen ist. Die eigentümliche Funktion dieses Hakens, welcher nur den alten Männ- chen zukommt, ist durch MAx WEBER bekannt gemacht worden!. Auseiner Vergleichung des Oceipital-Kammes der jüngeren männlichen und sämt- licher weiblichen Exemplare von Kurtus gulliveri und des Oceipital- Kammes beider Geschlechter von Kurtus indicus mit dem Kamm des alten Männchens von Kurtus gullivert Fig. 1. IN Oberes Profil des hinteren Teiles des Schädels: I von Kurtus gulliveri Sad. II von Kurtus gulliveri juv., III von Kurtus indicus 5 ad. K Kamm des Supraoceipitale; f Leiste auf dem Frontale, > bezeichnet die Stelle, wo die beiderseitigen Leisten sich in der Median- linie begegnen, : dürfen wir wohl schließen, daß der Haken durch Resorption des Knochens und nicht durch Auswachsen zustande kommt, wie es sich aus den Figuren ersehen läßt. Auch der viel schmächtigere Haken, welcher beim Männchen von Kurtus indicus vorkommt, ist wohl durch Resorption eines Teiles des Oceipital-Kammes entstanden, welche jedoch nur auf den hinteren Teil des Kammes beschränkt ist. 1 MAx WEBER, |. ce. antea. 26* 394 L. F. de Beaufort Es ist nicht bekannt, ob auch bei dieser Species die obenerwähnte Brutpflege vorkommt, und ob der Oeeipital-Haken hier dieselbe Funktion hat wie bei Kurtus gullivert. Squamosum (Pteroticum) und Postfrontale (Sphenoticum) weisen nichts Bemerkenswertes auf, es sei denn, daß beide besser ver- knöchert erscheinen als die anderen Knochen des Schädels, welche sämtlich ziemlich dünn sind. Der keulenförmigeVomer hat vorn beider- seits zwei Gelenkflächen, welche einen Winkel bilden, und mit denen Maxillare und Palatinum artikulieren. Der Vomer trägt vorn jeder- seits ein schmales Band von kleinen Zähnchen, welche zusammen eine / N Figur darstellen. Hinten schließt er sich dem stab- förmigen Parasphenoid an, welches zwei aufsteigende Flügel hat, die den Eingang zum Augenmuskelkanal bilden. Nach vorn und einwärts von diesen Flügeln sind die papierdünnen Alisphenoidea gelegen, die nach vorn in ein knöchernes Interorbitalseptum über- gehen, welches nach unten bis auf das Parasphenoid reicht. Dieses Septum kann nicht anders als ein Orbitosphenoid aufgefaßt werden, obwohl die Grenze mit den Alisphenoidea nicht deutlich festgestellt werden konnte. Ein Basisphenoid scheint zu fehlen. Das gut entwickelte Prooticum ist vorn in eine Platte ausge- zogen, welche sich oberhalb der Flügel des Parasphenoid erstreckt. Nach hinten bildet es den Vorderteil der stark bulla-artig aufge- triebenen Ohrkapsel. Das Basioceipitale, welches hinten zwei Fort- sätze hat, von welchen Ligamente zur oberen Spitze des Cleithrum verlaufen, geht nach vorn in zwei gewölbte Platten über, zwischen welchen die hintere Spitze des Parasphenoid endet, und,welche den Hinterteil der Ohrkapsel bedecken. Diese Platten des Basioceipitale schließen jedoch nicht unmittelbar an das Prooticum an, so daß ein knorpeliger Streifen der Ohrkapsel sichtbar bleibt, welcher lateral- wärts durch das Opisthoticum begrenzt wird. Dieses letztere ist ziemlich gut entwickelt und ist zwischen Prooticum und Oeceipitale laterale gelegen, welche beide es also trennt. Vom Kieferapparat sind Praemaxillare und Maxillare gut ent- wickelt. Ersteres ist ein langes spangenförmiges Knochenstück, das in der Länge seiner vorderen Seite mit einem Band konischer Zähnchen bedeckt ist. Das proximale Ende ist verbreitert und bildet eine Gelenkfläche für das Maxillare. Letzteres ist durch ein Band mit dem Ethmoid verbunden und artikuliert an seinem proximalen Ende vorn mit dem Praemaxillare, hinten mit dem Vomer und etwas seitlich mit einem Fortsatz des Palatinum. Das Maxillare ist ebenso Die Anatomie und systematische Stellung des Genus Kurtus Bloch. 395 lang wie das Praemaxillare, hinter welchem es unmittelbar liegt. Distal ist es spatelförmig abgeplattet. Es hat keine accessorischen Stücke (Supramaxillaria) und wird größtenteils vom schwertförmigen Praeorbitale bedeckt. Die Suborbitalia sind wenig entwickelt und stellen kleine, dünne Knochenplättehen dar, welche keine suboculare Lamina zur Stütze des Auges aussenden. Das Palatinum hat einen nach vorn gerichteten Fortsatz, welcher eine Artikulation mit dem Maxillare bildet, wie oben schon erwähnt wurde, und trägt ein schmales Band von konischen Zähnchen. Eeto-, Ento- (Meso-) und Meta-Pterygoid sind vorhanden und weisen die gewöhnlichen Lage- verhältnisse untereinander und mit Palatinum und Quadratum auf. Das Sympleeticum hat die gewöhnliche griffelförmige Gestalt. Das Hyomandibulare hat zwei Gelenkköpfe zur Artikulation mit dem Cranium. Sowohl der freie Rand als auch die erhabene Leiste des Praeopereulum tragen unten einige nicht sehr deutliche, stumpfe Zähne, welche bei Kurtus indicus jedoch viel besser entwickelt sind. Das Opereulum ebenso wie das Sub- und Inter-Operculum fallen durch ihre Dünnheit und Zerbrechlichkeit auf. Nach hinten wird ersteres immer dünner und geht allmählich in einen freien Hautsaum über. Am Unterkiefer lassen sieh Dentale, Artieulare und Angulare unterscheiden. Letzteres ist sehr klein. Die Naht zwischen Arti- culare und Angulare ist kaum sichtbar. Das Dentale trägt ein nach binten zu sich verschmälerndes Band konischer Zähne. Das Basihyale (Glossohyale) ist ein kleines, glattes, rundliches Knorpelstückehen. Die Doppelnatur des Hypohyale (Basihyale) ist nur schwer zu erkennen. Das ebenso wie das Epibyale stark seit- lich zusammengedrückte Ceratohyale hat ein längliches Foramen und das Stylohyale hat die übliche Stabform. Das Ceratohyale trägt ‘vorn drei, hinten zwei Radii branchiostegi, von welchen der letztere genau der Grenze zwischen Cerato- und Epi-hyale aufliegt. Letz- teres trägt zwei Radii branchiostegi, so daß es im ganzen deren sieben gibt. Das Urohyale ist dreieckig und vorn in einen Stiel ausgezogen. Die oberen Schlundknochen werden vom zweiten, dritten und vierten Kiemenbogen dargestellt und bilden drei einander berührende Polster, welche mit konischen Zähnen besetzt sind. Der mittlere dreieckige Knochen, welcher dem dritten Kiemenbogen angehört, ist der größte. Während die Hypobranchialia der zwei ersten Kiemen- bogen nichts Besonderes aufweisen, ist das Hypobranchiale des dritten Bogens verbreitert und trägt ein Kissen konischer Zähne. 396 L. F. de Beaufort Die unteren, nicht miteinander verwachsenen Schlundknochen (Ossa pharyngealia inferiora) sind langgestreckt dreieckig; ihre Zähne sind konisch und hakenförmig nach hinten gebogen. Der erste Kiemenbogen trägt außen 22 Kiemenreusenstäbe, welche lang und schlank und vorn und hinten abgeplattet sind. Sie sind wie folgt verteilt: 6 auf dem Hypobranchiale, 10 auf dem Ceratobranchiale, 6 auf dem Epibranchiale, während das Pharyngo- branchiale statt Kiemenreusenstäbe ungefähr 5 platte Zahnpolster trägt. An der Innenseite des ersten Bogens befinden sich ungefähr 18 kolbenförmige Fortsätze, welche in die Zwischenräume der Kiemen- reusenstäbe des zweiten Bogens passen. Zwischen diesen Fortsätzen sind gleichartige, aber viel kleinere Fortsätze etwas höher auf dem Bogen eingepflanzt. | Die Oberseite des Bogens, sowie die Innenseite der Kiemen- reusenstäbe und der obere Teil der oben erwähnten Fortsätze sind dicht mit Zähnchen besetzt. Desgleichen auch die übereinstimmenden Teile des zweiten Bogens, der ungefähr 18 Kiemenreusenstäbe trägt und 12 kolbige Fortsätze an seiner Innenseite aufweist. Die ungefähr 16 Kiemenreusenstäbe auf dem dritten und die etwa 10 auf dem vierten Bogen sind in Zahnpolster umgewandelt. Auf dem Hypobranchiale des dritten Bogens befindet sich ein grö- ßeres Polster, wie oben schon mitgeteilt wurde. Die Innenseite des dritten Bogens hat 10 kolbenförmige Fortsätze, die des vierten Bogens hat gar keine. Bei Kurtus indicus sind die Verhältnisse des Kiemenapparates im großen und ganzen dieselben, nur daß das Epihyale hier nicht durchbohrt ist. Der erste Kiemenbogen trägt hier 21 Kiemenreusen- stäbe, die wie folgt verteilt sind: 5 auf dem Hypobranchiale und je 8 auf dem Cerato- und Epibranchiale. B. Wirbelsäule. Die Zahl der Wirbel ist für beide Arten dieselbe, nämlich 24, wobei das Urostyl mitgerechnet ist. Der erste Wirbel ist nur schwach entwickelt, besonders bei Kurtus indieus. Seine Neurapophyse ist dementsprechend viel schwächer als die der folgenden Wirbel. Während der erste Wirbel gar keine Rippen trägt, sind die des zweiten Wirbels sehr sehmächtig. Sie artikulieren unmittelbar mit dem Wirbelkörper ohne Vermittlung einer Para- pophyse, was bei den Rippen des dritten und der folgenden Wirbel wohl der Fall ist. Diese Rippen treten mit der Schwimmblase in Verbindung in einer Weise, die schon dem ersten Untersucher auf- gefallen ist. Die beiden Arten verhalten sich etwas verschieden, Die Anatomie und systematische Stellung des Genus Kurtus Bloch. 397 so daß ich die Beschreibung dieser Eigentümlichkeit für beide Arten getrennt vorführen muß. Ich fange mit Kurtus gulliveri an. Die Rippen des dritten und vierten Wirbels sind nur schwach verbreitert, aber der Wand des vorderen Teiles der Schwimmblase nicht nur innig angelagert, sondern mit ihr auch fest verbunden. Die folgenden Rippen des fünften bis zehnten und letzten Rumpfwirbels sind durch die sich lateralwärts expandierende Schwimmblase in ihrem proxi- malen Teil blasig aufgetrieben, so daß ein Zustand eintritt, der sich besser aus der Figur 3 der Tafel als aus einer langen Beschreibung begreifen läßt. Die Schwimmblase ist also nicht zwischen den Rippen bruchartig nach außen gedrungen, sondern gerade hier ein- geschnürt; sie bildet seitliche Aussackungen, die in die ausgehöhlten Rippen eindringen. Diese Aussackungen sind nicht allein seitlich, sondern auch nach oben gerichtet, was besonders an denen des letzten Rippenpaares auffällt; dementsprechend stellt jede dieser letzten Rippen einen vertikal gerichteten hohlen Kegel dar. Ventral- wärts verjüngen die Rippen sich wieder, so daß sie in normaler Weise spitz enden. Die Spitzen des letzten Rippenpaares sind zwischen die mächtige Haemapophyse des ersten Caudalwirbels und das dazu gehörige, ebenso stark entwickelte Interhaemale eingedrungen. Proximal sind die Rippen mit den sie tragenden Parapophysen und auch, durch Ossifikation des sie verbindenden Bindegewebes, miteinander verwachsen, so daß Wirbelkörper, Parapophysen und Rippen hier eine kontinuierliche Knochenmasse darstellen, die sich vom 4. bis 10. Wirbel ausstreekt, in welcher die verschiedenen kon- stituierenden Elemente jedoch sehr gut zu unterscheiden sind. Das letzte Rippenpaar ist hinten abgeflacht und !mit der seitlich sehr verbreiterten 1. Haemapophyse verbunden, so daß die beiden Rippen und diese Haemapophyse die knöcherne Hinterwand der Schwimm- blase bilden. Bei Kurtus indieus sind die sechs genannten Rippenpaare (vom 5. bis zum 10. Wirbel) ebenfalls aufgeblasen; aber sie sind [überall gleich breit und verjüngen sich ventralwärts nicht, so daß sie eine Reihe von sechs hintereinander gelagerten vertikalen knöchernen Ringen darstellen, die ventralwärts offen sind. Letzteres gilt jeden- falls nur für die drei ersten Rippenpaare. Bei den drei hinteren berühren die Enden der Rippen eines Paares einander in’der Ventral- linie, so daß die Schwimmblase in ihrem Hinterteil ganz durch Knochen eingeschlossen ist. Die ventrale Verbindung des letzten Rippenpaares kommt durch Zutun der auch hier stark entwickelten 398 L. F. de Beaufort Haemapophyse des ersten Schwanzwirbels zustande. Sie ist schief nach vorn gerichtet und verläuft zwischen den Enden dieses Rippen- paares. Ein weiterer Unterschied mit Kurtus gulliveri kommt dadurch zustande, daß die Schwimmblase von Kurtus indicus eine post- abdominale Verlängerung besitzt, welche im Haemalkanal verläuft, so daß die ersten sechs oder sieben Haemalbogen ebenfalls blasig aufgetrieben sind und besonders die ersten, da die Schwimmblase sich caudalwärts schnell verjüngt. Kehren wir jetzt zu Kurtus gulliveri zurück. Die Interneuralia des dritten Wirbels tragen bereits Dorsalstacheln, die zwar rudi- mentär sind, jedoch sich gut erkennen lassen. Diese Dorsalstacheln werden nach hinten immer größer und besser entwickelt, so daß die letzten zwei normale Dorsalstacheln sind. Im ganzen gibt es deren 8 bis 10. Bei Kurtus indieus sind die rudimentären Stacheln schwerer zu erkennen. Ich glaube aber bei meinem Exemplar ebenfalls acht Stacheln zu sehen. Bei Kurtus gulliveri und Kurtus indicus folgen den Dorsalstacheln 12 weiche Dorsalstrahlen, die je durch ein Inter- neurale getragen werden. Hinten schließen sich noch zwei Strahlen an, welche nicht durch Interneuralia gestützt werden. Oben wurde schon die bedeutende Entwicklung des ersten Inter- haemale erwähnt. Dadurch, daß die Leibeshöhle sich oben caudal- wärts über die durch den Anus gelegte Vertikale hinaus erstreckt, sind die erste Haemapophyse und das erste Interhaemale in ihrem proximalen Teil nach hinten verschoben, wodurch sie genötigt sind, eine schiefe Stellung nach vorn einzunehmen. An ihrem distalen Ende trägt das genannte Interhaemale einen seitlich zusammen- sedrückten, nach vorn gerichteten Kiel, mit welchem der vorderste rudimentäre Analstachel verbunden ist. Auch der zweite, weit besser entwickelte Analstachel ist mit diesem Interhaemale verbunden, während der dritte Analstachel, welcher bei weitem der größte ist, sich unmittelbar dem zweiten anschließt, ohne jedoch mit dem Inter- haemale verbunden zu sein. Von den folgenden Interhaemalia sind die vier ersten nicht mit einer Haemapophyse, sondern mit dem ersten Interhaemale ver- bunden, während die erste Haemapophyse die sechs folgenden Inter- haemalia trägt. Der Körper des letzten Wirbels ist nicht nach oben gebogen. Die beiden platten Hypuralia tragen 17 geteilte Schwanzflossen- strahlen. Jederseits fügen sich fünf kleinere, ungeteilte Strahlen Die Anatomie und systematische Stellung des Genus Kurtus Bloch. 399 hinzu, welche teilweise von den Neuro- und Haemapophysen des vorletzten Wirbels getragen werden. C. Sehultergürtel und paarige Flossen. Das Post- temporale ist gegabelt und schließt sich dem breit-schwertförmigen Supraeleithrum (Supraelavieula) an. Das Qleithrum ist T-förmig; mit dem vorderen seiner beiden kleinen horizontalen Aste ist es mit zurE Fig. 3. Fig. 2. Linker Schultergürtel von Kurtus gulliveri. Linker Schultergürtel von Kurtus indieus. Cl Cleithrum; $ Scapula; Co Coracoid. Cl Cleithrum; S Scapula; Co Coracoid. dem Supracleithrum verbunden. Das lange vertikale Stück, welches nach unten und etwas nach vorn gerichtet ist, ist distalwärts mit seinem Gegenstück der anderen Seite verbunden. Scapula und Cora- coid sind papierdünne Knochen. Letzteres ist mit einem oberen breiten Schenkel und einem unteren schlanken Schenkel mit dem Cleithrum verbunden, so daß ein Foramen zwischen Cleithrum und Coracoid entsteht. Die Naht zwischen Coracoid und Scapula ist sehr deutlich bei Kurtus gulliveri (Fig. 2), bei Kurtus indieus 400 L. F. de Beaufort jedoch schwer zu entdecken (Fig. 3). Hieraus erklärt sich wohl, daß BouLEnGer die Naht übersah und demgemäß meinte, daß Kurtus keine Scapula besitze. Die Scapula hat ein kleines rundliches Fo- ramen. Von den vier sanduhrförmigen Basalstücken artikuliert nur eins ganz mit dem Coracoid, ein zweites teilweise mit dem Cora- coid, teilweise mit der Scapula; während die beiden anderen mit der Scapula allein in Verbindung sind. Das Posteleithrum (Postelavicula) ist gut entwickelt und besteht aus zwei Stücken: einem dünnen Knochenstück, daß einwärts von der Scapula und dem Coracoid gelegen ist, und einem langen spangen- förmigen Stücke, das nach unten gerichtet ist und sich mit dem der anderen Seite im Bauchkiel begegnet. Diese Stücke umspannen also die Leibeshöhle. Der Stachel und die fünf weichen Strahlen der Ventralflosse werden durch ein dreieckiges Knochenstück getragen, das an seiner vorderen Spitze mit dem Cleithrum verbunden ist, während die Strahlen mit seiner Basis verbunden sind. Oberhalb der Artikula- tionsstelle ist es in eine caudalwärts verlaufende scharfe Spitze aus- gezogen. II. Der Darmkanal. Ohne Übergang führt der Sehlund in den sehr diekwandigen Magen. Von der Unterseite dieses letzteren entspringt ventralwärts, in der Mitte seiner Länge, der Dünndarm, welcher sich nach vorn und etwas nach rechts wendet, um alsdann der rechten Seite des Magens entlang in weitem Bogen nach oben und dann wieder nach hinten zu ziehen, während er die Gallenblase, welche der rechten Wand des Magens anliegt, in diesem Bogen einfaßt. Der ventralen Schwimmblasenwand entlang erstreckt der Darm sich nun weiter caudalwärts, stets rechts vom Magen bleibend. Am Ende der Leibes- höhle angelangt, liegt der Darm nach unten und erreicht, eine schwache Schraube bildend, den Anus. Es sind acht Appendices pyloricae vorhanden, von denen eine nach vorn gerichtet ist, und, in der Leber eingebettet, der Ventral- seite des Magens anliegt, während die sieben anderen, hinter- einander in den Darm mündend, nach hinten gerichtet sind. Sie münden in den Teil des Darmes ein, welcher sich gerade von links nach rechts unter den Magen begibt, so daß drei Appendices links, vier unten und eine rechts vom Magen gelegen sind. Zwischen der 6. und 7. Appendix befindet sich eine kleine Die Anatomie und systematische Stellung des Genus Kurtus Bloch. 401 Drüse, die in den Duetus hepaticus einzumünden scheint, und die ich als Pankreas ansprechen möchte. Die große Gallenblase, deren Lage schon oben zur Sprache kam, mündet mit einem kurzen Kanal in den Ductus hepaticus ein. Die Leber ist groß, lappig, langgestreckt und ganz ventral vom Magen gelegen, den sie also nicht seitlich bedeckt. Bei Kurtus indieus ist der Magen relativ kleiner, die Leber größer. Der Dünndarm entspringt wie bei Kurtus gulliveri, biegt auch nach der rechten Seite aus und bildet hier eine ventralwärts und etwas eaudalwärts gerichtete Schlinge. In diesen Teil münden die zehn Appendices pyloricae hintereinander aus; neun sind nach hinten, eine, die letzte, nach vorn gerichtet. Der weitere Verlauf des Darmes ist wie bei Kurtus gulliveri. III. Die Schwimmblase. Sie erstreckt sich bis unter den zehnten Wirbel. Läßt man ihre Ausstülpungen außer acht, so hat sie ungefähr Birnenform, ist mit der abgerundeten Spitze nach vorn gerichtet und zwischen der Kopf- niere eingebettet. Schon bei der Beschreibung des Skeletes haben wir ausführlich auseinandergesetzt, wie der dorsale Teil der Schwimm- blase von einer knöchernen Kapsel, welche die Rippen bilden, um- schlossen wird. In der medianen Dorsallinie aber sind die Nieren zwischen Wirbelsäule und Schwimmblase gelagert, so daß die Schwimmblase hier mit den Nieren in Berührung ist. Ihre Wand ist hier dünn und ebenso überall dort, wo diese mit Knochen in Berührung kommt. Die ventrale, freie Wand ist vorn ebenfalls nicht besonders dick. Zwischen den Rippen des 5. bis 8. Wirbels aber ist die Tunica externa aus stark liehtbrechenden, wohl elastischen Bindegewebsfasern gebildet, welche zwischen den linken und rechten Rippen ausgespannt sind. Diese dicke Decke hört hinten, bei den Rippen des 8. Wirbels, auf, an der Stelle also, wo das dorsale Peritonaeum, welches die Ventralseite der Schwimmblase bekleidet, nach unten umgeschlagen ist. In dem hinteren Teil der Blase, welcher also nieht vom Peritonaeum bedeckt wird, ist die Schwimm- blasenwand wieder dünner und wird teilweise auch durch die Spitzen der Rippen umfaßt, die hier jederseits fast zusammenstoßen und nur durch das erste Interhaemale geschieden werden. Die Haemapophyse des ersten Caudalwirbels springt ein wenig in das Schwimmblasenlumen vor. Jederseits von diesem Knochenstück verlaufen die Ureteren ventralwärts, zwischen Schwimmblase und 402 L. F. de Beaufort Knochenstück eingeschlossen. Die Schwimmblase zeigt keinen »Roten Körper«. Jedenfalls konnte ich an meinen Exemplaren nichts davon entdecken. Es ist dabei aber zu bedenken, daß der Konservierungs- zustand der Innenwand der Schwimmblase, in welche die Kon- servierungsflüssigkeit nur schwer eindringen konnte, bei meinen in Alkohol konservierten Exemplaren kein tadelloser war, so daß die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß solche zarten Gebilde, wie das die »Roten Körper« gewöhnlich sind, übersehen worden sind. Die Vaskularisation der Schwimmblase ist jedenfalls nicht stark. Bei Kurtus gulliveri verläuft eine größere Vene, wahrscheinlich von der Vena gastro-mesenterica herstammend, der Ventralwand der Schwimmblase entlang und gabelt sich halbwegs in zwei kleinere Zweige. Bei Kurtus indieus wird die Schwimmblase in viel stärkerem Maße durch das Skelet umgeben, so daß nur die Vorderwand und der vordere Teil der Ventralwand frei sind; vom Rippenpaar des 8. Wirbels an wird die Schwimmblase fast vollkommen von Knochen eingeschlossen. Wie oben schon kurz erwähnt, setzt sich die Schwimm- blase in den Haemalkanal fort und bildet eine postabdominale Ver- längerung, welche, sich weiter verjüngend, bis zum letzten Schwanz- wirbel verfolgbar ist, was schon CuVIER und VALENCIENNES be- kannt war. IV. Uro-genital-Organe. Ich habe die Uro-genital-Organe nur beim g' von Kurtus gulli- veri näher untersucht. Die vorn abgerundeten Lappen der gut ent- wiekelten »Kopfniere« liegen jederseits des vorderen freien Teiles der Schwimmblase. Die eigentlichen Nieren liegen wie gewöhnlich dieht der Wirbelsäule an und werden im größten Teil ihrer Länge seitlich durch die verbreiterten Rippen umschlossen, während sie ventralwärts der Schwimmblase aufliegen. Sie erstrecken sich nach hinten bis unter den zehnten, also letzten rippentragenden Wirbel. Hier biegen sich die Ureteren nach unten um und verlaufen, wie oben erwähnt, jederseits von der in das Schwimmblasenlumen vor- springenden 1. Haemapophyse. Sie verlaufen also zwischen der dünnen Schwimmblasenwand und der von den letzten Rippen ge- bildeten knöchernen Wand, welche die Knochenkapsel der Schwimm- blase nach hinten abschließt. Die Ureteren folgen weiter unten dem 1. Interhaemale, dessen vorderem Rande sie aufliegen. Bald ver- einigen sie sich hier zu einer langgestreckten, diekwandigen Harn- Die Anatomie und systematische Stellung des Genus Kurtus Bloch. 405 blase, welche gemeinschaftlich mit den beiden Ductus deferentes in einen Uro-genital-Porus ausmünden. Die Testes erscheinen in meinem Präparat als zwei längliche Sehläuche, welche jederseits von der Harnblase gelegen sind. Die systematische Stellung des Genus Kurtus. Da Brocn, der erste Beschreiber des Genus Kurtus, in seinem posthumen, von SCHNEIDER herausgegebenen Werk: »Systema Ichthyo- logiae«, ein sehr künstliches, nämlich auf die Flossenzabl gegrün- detes System der Fische gegeben hat, sei nur vollständigkeitshalber mitgeteilt, daß er Kurtus unter die »Heptapterygii< stellte. Das Genus selbst umfaßt hier neben dem Typus Kurtus indieus noch drei andere Arten, die mit Kurtus indieus nur in entfernter Ver- wandtschaft stehen. Es sind: Kurtus macrolepidotus und argenteus (beide Pempheris-Arten) und Kurtus palpebratus (= Photoblepharon palpebratus). Lackpipe!, der den Fisch nur aus BLocas Beschreibung kannte, brachte Kurtus indicus unter dem Namen Kurtus blochianus: »a la fin de la colonne des Jugulaires«. In der ersten Auflage des »Regne animal« (1817) stellt CuviEr? (II. p. 339) Kurtus zwischen Toxotes und Anabas unter die » Sguamı- penmnes«. Nachher, als VALENCIENNES Gelegenheit gehabt hatte, die Osteo- logie von Kurtus im Museum zu Leiden zu studieren, und CUVIER seine Befunde an Exemplaren in Paris kontrollieren konnte, wurde dieser Fisch von letztgenanntem in den »Scomberoides« eingereiht® (2. Edition. 1829. II. p. 214). Die Eigentümlichkeit der Rippen und der Schwimmblase wird hier erwähnt und mit einigen Zusätzen in der »Histoire Naturelle des Poissons« von den beiden französischen Ichthyologen wiederholt®. Obwohl unter verschiedenen Namen beschrieben, erkannten die genannten Autoren doch schon diejenigen Exemplare, welche mit einem »Hörnchen« auf dem Kopfe versehen sind (Kurtus cornutus) als Männchen und die, welchen ein solches fehlte, als Weibehen (Kurtus Blochii = Kurtus indieus). Anfänglich hat auch BLEERKER Kurtus unter die »Scomberoides« gerechnet, wie beispielsweise in 1 LACEPEDE, Hist. nat. Poissons II, p. 517. 2 CUVIER, Regne animal 11, 1817, p. 339. 3 Cuvier, Regne animal 2nd. Ed. II, 1829, p. 214. 4 CUVIER et VALENCIENNES, Hist. nat. Poissons IX, 1833, p. 420. 404 L. F. de Beaufort seinen: »Bydrage tot de kennis der Makreelachtige visschen van den Soenda-Molukschen Archipel«!. Später aber hat er Kurtus zu einer eigenen Familie erhoben, die er zwischen seine Carangoidei und Eguuloidei stellte und der er den Namen Kurtoidei gegeben hat. Ich habe nicht ausfindig machen können, ob er jemals eine Beschrei- bung dieser Familie gegeben oder auf andere Weise ihre Erriehtung begründet hat, denn ich habe den Namen » Kurtoidei« nur in Listen von Fischen gefunden, ohne jegliche Beifügung. GÜNTHER? hat in seinem berühmten »Catalogue of Fishes« Kurtus unter den Carangidae aufgeführt, einer Familie, die teilweise die »Scomberoides< von CuvIkr umfaßt. Diese Familie verteilt GÜNTHER in die zwei Gruppen Carangina und Kurtina. Letztere, welche durch das lange Anale charakterisiert wird, umfaßt die Ge- nera Pempheris und Kurtus. Die alte Auffassung Brochs, der die Arten von Pempheris und Kurtus unter letztgenanntem Genusnamen zusammenfaßte (siehe oben), kommt also hier wieder zum Ansdruck. In seiner späteren »Introduction to the study of Fishes« 3 werden diese beiden Genera von GÜNTHER in die Familie Kurtidae gestellt, welche allein die Abteilung Acanthopterygi Kurtiformes ausmacht. Diese Abteilung wird den Acanthopterygiüi perciformes, beryciformes, polynemiformes, sciaeniformes, ziphitformes, trichiuriformes, cotto- scombriformes, gobüformes usw. gleichgestellt und dureh den Besitz von nur einer Rückenflosse, welche viel kürzer als die Analflosse ist, während letztere lang und vielstrahlig ist, ferner durch das Fehlen eines Superbranchialorgans charakterisiert. Nicht ganz so weit geht GILL, welcher die Kurtina GÜNTHERS als besendere Fa- milie Kurtidae der Acanthopteri aufstellte*. BOULENGER war der erste Ichthyologe, welcher bei Aufstellung seiner Kurtiformes unter den Acanthopterygii nicht nur äußere, son- dern auch anatomische und speziell osteologische Merkmale anwen- dete, wie er auch in seinem ganzen System der Teleostee durchzu- führen sich bemühte, um dadurch auch für die kleineren Gruppen eine festere Basis zu schaffen. In seinem System werden die Acanthopterygii in 9 ».Divisions« verteilt, welche er wie folgt benannte: Perciformes, Scombriformes, 1 BLEEKER, Verh. Bat. Gen. XXIV, 1852. 2 GÜNTHER, Cat. Brit. Mus. II, 1860, p. 417 und 510. - 3 GÜNTHER, Introduetion to the study of Fishes. Edinburgh, 1880, p. 424. * GıLL, Smithsonian Miscellaneous Coll. 247. Arrangement of the Families of Fishes. 1872, Die Anatomie und systematische Stellung des Genus Kurtus Bloch. 405 Zeorhombi, Kurtiformes, Gobüformes, Discocephali, Scleroparei, Jugu- lares, Taeniosomt. Die Kurtiformes, welche die einzige Familie Kurtidae mit dem einzigen Genus Kurtus enthält, werden charakterisiert durch das Feblen einer Scapula, während sie übrigens mit BOULENGERS Perer- formes übereinstimmen. Nun haben wir schon im anatomischen Teil klargelegt, daß dem Genus Kurtus eine Scapula nicht abgeht, und daß diese bei Kurtus gulliveri selbst sehr gut ausgebildet ist. Bei Kurtus indieus aber ist die Naht zwischen Scapula und Coracoid nur in ihrem distalen Teil sichtbar, während proximal beide Knochen verwachsen sind. Das Loch in der Scapula ist bei Kurtus indieus ebenso wie bei Kurtus gulliveri und an derselben Stelle sichtbar. Da BOULENGER nur Kurtus indicus untersuchen konnte, so ist es begreiflich, daß er Scapula und Coracoid als ein einheitliches Stück auffaßte und zu der Auffassung kam, daß die Scapula fehle. Kurtus gehört also zweifelsohne zu den Perciformes im Sinne BOULENGERS; doch läßt das Genus sich in keine der von BOULENGER angeführten Familien der Perciformes unterbringen. Von den Pem- pheridae, mit welchen es die größte oberflächliche Ähnlichkeit hat, wie schon durch die Klassifikation von BLOCH und GÜNTHER zum - Ausdruck kam, weicht Kurtus ab durch den Mangel eines »sub- oeular shelf«. Bei einer Anzahl Perciformes haben nämlich ein oder mehr der Subortital-Knochen eine horizontal und median gerichtete Platte, welche das Auge stützt. Den schlecht entwickelten Suborbi- talia von Kurtus geht eine solehe Einrichtung ganz ab. Es gibt jedoch noch andere Unterschiede. Wir haben im anatomischen Teil dieser Arbeit schon ein knöchernes Interorbitalseptum erwähnt, welches, obwohl die Ab- grenzung gegenüber den Alisphenoidea nicht deutlich war, doch schwerlich anders denn als Orbitosphenoid aufgefaßt werden kann. Nun ist das Orbitosphenoid ein Knochenstück, das im allge- meinen nur den primitiveren Teleostei zukommt, und, wie STARKS1 betont hat, unter den Acanthopterygü nur bei den Berycidae an- getroffen wird. TATE REGAN hat in seiner Arbeit »The Classification of the Teleostean Fishes 2 r ; : e- = Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVII. l VL / Ff f; ar: 7 N/ J I fi; II FF HAN SE, FI 7# fi PA 13 BE j I 1p.5ph: | ord.sph. ‘POSFFr. al.sph. Fig. 1 oO de Beaufort, Verlag von Wilhelm Enge Tafel XL. En | Fig. 2 / in Leipzig und Berlin. | o Ä ’ “ a’ £ “: u .. N i \ » (4 “ » v B \ N E Die Lungen der Wirbeltiere. Morphogenetische Studien. Von Dr. A. Fleischmann, Professor der Zoologie und vergl. Anatomie in Erlangen, Der Bau der Lungen ist oft untersucht worden, um den ein- heitlichen Plan ihrer Struktur zu finden. Während vor 20 Jahren die in den gebräuchlichen Lehrbüchern und populären Werken noch heute registrierte Ansicht verbreitet war, daß die Komplikation ein- facher Lungensäcke durch das Einwachsen von Scheidewänden ver- anlaßt werde, ist seit einem Decennium der sachliche Fehler dieser Lehre aufgedeckt. Auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Studien zeigte F. Moser unwiderleglich, daß in die Lungen der Saurier und Vögel überhaupt keine Septen eingeschoben werden. Mit dieser Er- kenntnis änderte sich die ganze Betrachtungsweise des Lungen- problems. Bisher hatten alle Forscher die einfache Lunge der Amphibien als Ausgangspunkt gewählt und die übrige Mannigfaltig- keit des Lungenbaues in der Reihenfolge der systematischen Gruppen aufgezählt. Jetzt wurde die Ontogenie der Säuger als das funda- mentale Beispiel angesehen. Wie der Bronchialbaum mit seinen großen Hauptzweigen schon auf frühen Embryonalstadien in Form divergierender Knospen am entodermalen Trachealrohre auftritt, so behauptete F. Moser auch für die Reptilien und Vögel das Prinzip der Knospung und Verästelung. Der neue Gedanke lehnte sich jedoch allzusehr an die durch die lange Vorherrschaft der menschlichen Anatomie großgezogene Neigung an, den Menschen und seine anatomischen Verwandten (im 412 A. Fleischmann weiten Sinne) als das Maß der Dinge zu betrachten. Wer die Dar- legungen von F. Moser objektiv durchlas, mußte einsehen, daß die Lungenentwicklung der Sauropsiden nicht direkt auf die embryo- nalen Vorgänge bei Säugern bezogen werden kann. Da auch die Einzelheiten der Lungengenese damals nicht genau genug festgestellt waren, muß der Bericht von F. MosEr mehr als eine allgemeine Vor- anzeige, denn als gründliche Erschöpfung der wirklichen Ereig- nisse eingeschätzt werden, zumal die wichtige Frage nach dem topographischen Verhältnisse der Lungenknospen überhaupt nicht behandelt war. Mich hat das Problem seit langem gefesselt, weil ich mir all- jährlich in Vorlesungen Rechenschaft über die am besten fundierte Ansicht zu geben suchte und zu meiner eigenen Belehrung Präpa- rate erst von erwachsenen, später von embryonalen Lungen her- stellte. Allein solche nebenbei gemachten ÖOrientierungspräparate reichen nicht aus, eine Frage definitiv zu klären. Daher nahm ich im Frühjahre 1913 die Gelegenheit wahr, als drei meiner medi- zinischen Zuhörer mich baten, eine wissenschaftliche Arbeit bei mir ausführen zu dürfen, und stellte ihnen die Aufgabe, zahlreiche Präparate und Modelle von Lungen verschiedenster Amnioten anzu- fertigen. Von vornherein leitete ich die Arbeit auf das Studium von Querschnitten. Wenngleich ich früher manche Metallausgüsse der Lunge gemacht hatte und die Vorzüge der Methode gern aner- kenne, glaubte ich doch, die morphologischen und topographischen Grundzüge der Lungenstruktur durch die Analyse von Schnitten rascher und besser zu durchschauen. Bald war eine große Zahl von Schnittfolgen hergestellt. Sie ließen erkennen, daß ein Bron- chialbaum nur den Säugern zukommt, dagegen den Sauriern durch- aus fremd ist. Ich überzeugte mich, daß weder die alte Ansicht von der Bedeutung der Scheidewände noch die neue Lehre von der Entwieklung der Lungen durch Knospung die wirklichen Tatsachen spiegelt. Embryonal wird erst ein centrales Epithelrohr in jeder Lunge angelegt. Dieses kompliziert sich in rascher Formentwick. lung, aber es verzweigt sich nicht. Freilich können dabei.Differen- zierungen entstehen, die als Zweige zu bezeichnen sprachlich kein Hindernis vorliegt, doch kann man bei genauer Erwägung der Tat- sachen nicht von einer eigentlichen Verzweigung sprechen; denn in der Entwicklung der Lungen handelt es sich um Erweiterung der kleinen und engen Anlage. Die rohrförmige Entodermmasse wird für die spätere Füllung mit Luft langsam vorbereitet durch Bildung Die Lungen der Wirbeltiere. 415 von Seitenräumen. Diese haben bei Säugern die Gestalt konisch gestreekter Gänge mit peripher abnehmendem Lumen, bei den Sauropsiden dagegen die Form von mehr oder weniger weiten Säcken, deren Oberfläche kleine Nebenräume erzeugt. Meine Schüler haben sich unter meiner steten Aufsicht bemüht, die Unterschiede an Modellen klar zu demonstrieren und die neuen Beobachtungen in Zusammenhang mit den Vorarbeiten zu setzen. Erlangen, den 1. Oktober 1913. 4 dB, ‚ge ward. ” ee I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. r Von Dr. Rudolf Boeckh, cand. med. aus Augsburg. Mit 6 Figuren im Text und Tafel XIII. Unsere Kenntnisse des Lungenbaues gründen sich auf die sorg- fältigen Untersuchungen von CHr. Aeby, welcher alle früheren An- gaben durch die technische Vollkommenheit seiner Metallausgüsse und die Schärfe seiner Analyse in den Schatten stellte. Er be- kämpfte zuerst das alte Dogma von der dichotomischen Verzweigung der Bronehien und erklärte die Monopodie als das allgemeine Gesetz der Bronchialverästelung durch die ganze Lunge [1). Jeder Lungenflügel besitzt einen aus der Bifurkation der Trachea hervor- gehenden Hauptstamm oder Stammbronchus. Mit der Theorie vom dicho- tomischen Zerfall derselben muß ein für allemal gebrochen werden. Weit da- von entfernt, sich beim Eintritt in die Lungensubstanz aufzulösen, bewahrt jeder Stammbronchus volle Selbständigkeit, indem er ohne seine ‚Richtung wesentlich zu ändern, die Lunge gestreckten Verlaufes unter allmählicher Verjüngung nach unten durchzieht, um in dem Winkel zwischen Zwerchfell und Wirbelsäule un- weit der Oberfläche zu enden. An diesen Punkt ist somit das untere Lungen- ende zu verlegen. Der Stammbronchus durchsetzt die Lungensubstanz etwas excentrisch nach innen und hinten zu. Vom Hilus ab entsendet er zahlreiche, meist spitzwinkelig abzweigende Seitenäste, deren Gesamtheit das Gerippe des streng monopodischen Bronchialbaumes ausmachen. Auch die Seitenäste verzweigen sich monopodisch. Nach demselben Prinzip verteilen sich die Blut- gefäße, besonders die streng disziplinierten arteriellen Zweige. Der Arterien- baum ist eine Wiederholung des monopodischen Bronchialbaumes und in un- mittelbarem Anschluß an die Luftwege entfaltet. Die Venen gestatten sich größere Freiheit, ohne das Grundprinzip zu verleugnen; ihre Äste laufen vor dem Hauptbronchus. Der Hauptstamm der Lungenarterie überkreuzt, um zum Herzen zu gelangen, den Stammbronchus an einer typischen Stelle lateral in der Nähe seines oberen Endes und zieht dann dorsal an ihm abwärts. Dieser 416 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Überkreuzung maß Arpy grundlegende Bedeutung bei. Daher unter- schied er einen eparteriellen und einen hyparteriellen Abschnitt des Stammbronchus nebst den zugehörigen Zweigen. Wenige Seitenäste gehören dem eparteriellen, die meisten dem hyparteriellen Gebiete an. Erstere können vollständig fehlen, letztere sind immer vorhanden und bilden unter allen Um- ständen den Grundstock des Bronchialbaumes. Das hyparterielle Bronchial- system der rechten und der linken Fig. 1. Lunge ist immer symmetrisch, das eparterielle oft in hohem Grade asym- metrisch gebildet. Die hyparteriellen Seitenbron- chien (höchstens 8—9, manchmal auch bloß 5—6) sitzen in zierlicher Regelmäßigkeit dem Stammbronchus auf. Mit Ausnahme etwa der obersten verlaufen sie nebst allfällig vorhan- denen Nebenbronchien in absteigender Richtung und unter spitzem Neigungs- winkel zum Stammbronchus. Sie treten in einer zwiefachen dorsalen und ventralen Längsreihe auf und verleihen dem Astwerke desBronchial- baumes ein doppelt gefiedertes Aus- sehen; gewöhnlich stehen sie alter- nierend, die ventralen meist höher als die kürzeren und schwächeren Dorsal- bronchien. Nach unten hin nehmen die Glieder beider Reihen an Umfang und Mannigfaltigkeit der sekundären Verzweigungen ab. Ventral- und Dorsalbronchien können Seitenzweige an den Stammbronchus abgeben, wo- Halbschematische Darstellung der Verzweigung des durch Sdie Bi: Nebenbronehien Bronchialbaumes nach Aegr. A.p Art. pulm.; V.p Vena entstehen. Die Übertragung läßt sich pulm.; D dorsale, V ventrale Seitenbronchien; Oft Schritt für Schritt verfolgen. .Sie d dorsaler, v ventraler Nebenbronchus, geschieht immer nach innen hin; dann überdeckt sich das vorher kahle Ge- filde des Stammbronchus mit dorsalen und ventralen Nebenbronchien, deren üppiges Geäst die strengen Hauptlinien des Bronchialbaumes verschleiert. Die Nebenbronchien bleiben entweder ihrem Stammvater dicht zur Seite oder wan- dern nach abwärts. Ihren untergeordneten Rang bezeugt die außerordentliche Unbeständigkeit ihres Auftretens. Die ventralen Nebenbronchien sind weiter ver- breitet als die dorsalen und kommen oft genug auch ohne solche vor. Ihre Entwicklung beginnt in der linken Lunge fast immer tiefer unten als in der rechten. Ihre Stärke ist sehr wechselnd. Sie sind befähigt, ihren Urhebern ebenbürtig zur Seite zu treten. Namentlich gilt dies für den ersten ventralen Nebenbronchus (Bronchus ceardiacus) der rechten Seite, dem sehr häufig die Bildung eines besonderen, hinter dem Herzen liegenden Lappens (Lobus infra- cardiacus) übertragen wird. Bisweilen (Phascolomys, Antilope) hält er seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem zugehörigen rechten Ventralbronchus Fig. 2. Schematische Darstellung des Bronchialbaumes mit beiderseitigem, eparteriellem Seitenbronchus nach AzBr. a eparter. Bronchus; b hyparter. Ventralbronchien; c hyparter. Dorsalbronchien; A Arterie; V Vene, 1% Fig. 3. -—a il n BET E au] 5 wu M Mm Zn .—- \ m 72 _ FR N —n er \ N N EN N ER un), Be um N & Ro, Se N S u F - FT N £ X £ % —ı m Ni RT SR Shen Ra Anl EL HAFT 2 HIN LET N ı Schematische Darstellung des Bronchialbaumes mit nur rechtsseitigem, bronchialem und trachealem, eparteriellem Bronchus nach Arsr. «a eparter. Bronchus; b hyparter. Ventralbronchien; c hyparter, Dorsalbronchien; A Arterie; V Vene. 418 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. (V}) aufrecht, indem er von dessen Wurzel entspringt. Selten und auf die tieferen Stockwerke beschränkt ist der Fall, daß ein Seitenbronchus sich gänz- lich in Nebenbronchien auflöst und somit als solcher in der Reihe seiner Ge- nossen eine Lücke läßt. Wohl aber verschwindet im allgemeinen der anfäng- liche Größenunterschied zwischen beiden Gruppen gegen das Ende des Bron- chialbaumes immer mehr, bis zuletzt in dessen Wipfel eine Scheidung der typischen von den bloß accessorischen Bestandteilen schwierig wird. Der eparterielle Bronchus kommt immer nur in der Einzahl und ohne Nebenbronchien vor. Er entspringt aus- nahmslos mit einfacher Wurzel aus dem seitlichen Umfange des Stammbronchus, ziemlich genau in einer Mittelstellung vor den dorsalen und hinter den ventralen Ästen der hyparteriellen Zone. Seine Ver- zweigung greift gleichmäßig in das dorsale IN wie ventrale Gebiet ein. Man könnte da- N a N her den ganzen Bronchus dorso-ventral EN gerichtet nennen. Hier hat offenbar die $ Scheidung des hyparteriellen Gebietes in zwei streng geschiedene Bezirke noch nicht stattgefunden. Das eparterielle Bron- chialsystem spielt in dem jeweiligen Lungentypus die entscheidende Rolle. Es bewirkt eine bedeutsame Differenzierung des Bronchialbaumes, indem das epar- terielle System, das am voll ausgebildeten Bronchialbaum beiden Lungen zukommt, entweder ausnahmslos für die linke oder für beide Lungen verloren geht. Nach diesen Erwägungen teilte AEby die Lungen der Säugetiere in drei Gruppen ein: Schematische Darstellung des Bronchial- a) Lungen mit eparteriellem Bron- baumes ohne eparteriellen Bronchus nach chialsystem auf beiden Seiten, Arsy. a eparter. Bronchus; A er b) Lungen mit eparteriellem Bron- b hyparter. Ventralbronchien; c hyparter. r . DansRlbrouchien; ‚F Vene, chialsystem nur auf der rechten Seite. c) Lungen ohne eparterielles Bron- chialsystem. ; Auffallend ist das entschiedene Übergewicht der Formen mit bloß rechts- seitigem eparteriellem Gebiet. Die meisten Ordnungen sind diesem Typus zu- getan, andere wählen ihn wenigstens für einen Teil ihrer Angehörigen, so daß dem eparteriellen Bronchus in beiden Lungen nur ein beschränkter Wirkungs- kreis bleibt (Wale, Elefanten und Robben). Der dritte Typus ist auf einen ein- zigen Nager (Hystrix) beschränkt. Von besonderem Interesse sind diejenigen Ordnungen, deren Glieder verschiedenen Lagern angehören. Das eparterielle System besitzt die Fähigkeit, seinen Ursprung vom Stammbronchus auf die Trachea selbst zu verschieben, was aber nur auf der rechten Seite geschieht (Cetaceen, Artiodaktylen), einige Raubtiere (Oynadlurus), Affen (Oynocephalus sphinx). Man hat diesen verschobenen Bronchus bisher für accessorisch ge- A. Sc V R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 419 halten. Demgemäß zerfallen die beiden ersten Haupttypen in je zwei Unter- abteilungen: a) a) eparterieller Bronchus beiderseits bronchial, links bronchial, B) 3 rechts tracheal, b) «) » » bronchial, ß) > > tracheal. Bronchialbaum des Menschen, halbschematisch nach einem Metallausguß von Arsyr. Trachea und Stammbronchien leicht schattiert, die Seitenbronchien hell. 2 rechter, B’ linker Stammbronchus; ce Herzbronchus; d hyparterielle Dorsalbronchien; ep eparterieller Seitenbronchus; P Art. pulmonalis; v hyparterielle Ventralbronchien. Das hyparterielle Gebiet umfaßt den größeren Bruchteil des Stamm- bronchus. Arpby zerlegte es in einen oberen und einen unteren Abschnitt. Seine vier oberen Seitenbronchen sind die Grundlage des ganzen Bronchial- baumes. Der Rest bildet einen Anhang von sehr wechselnder Ausdehnung. Die dorsalen und ventralen Seitenbronchen liegen in verschiedenen Ebenen. Jene ziehen gewöhnlich ziemlich gerade nach hinten, diese verhalten sich we- niger gleichförmig. Sie haben nur das Gemeinsame, daß sie zunächst alle von 420 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. der Wurzel nach außen streben. An Länge sind die ventralen Bronchen allen anderen überlegen. Den Vorrang behauptet ausnahmslos der erste oder der zweite hyparterielle Ventralbronchus. Eigenartig verläuft der erste Ventral- bronchus, gleichgültig, ob er der-eparteriellen oder der hyparteriellen Zone an- gehört: Unweit des Ursprungs schlägt er als Stamm selbst oder doch mit sehr starken Seitenzweigen in eine aufsteigende Richtung um und wird so zur Grund- lage für das obere Lungenende, welches neben dem Trachealstamm zu liegen kommt. Das eparterielle Bronchialsystem bringt in die ziemlich träge Lungen- masse Leben und Bewegung und baut die nüchterne hyparterielle Grundlage zu verschiedenen charakteristischen Formen aus. Die Eigenart des eparteriellen Bronchus liegt in der geringen Neigung, sich bezüglich seiner Stellung mit den hyparteriellen Bronchien ins Benehmen zu setzen. Wohl wählt er da und dort seine Entfernung von dem ersten Ventralbronchus so, daß die hyparterielle Reihe durch ihn eine ungezwungene und harmonische Erweiterung erfährt. Viel häufiger tritt das Gegenteil ein. Meist jedoch steht der Abstand des eparteri- ellen Bronchus von dem benachbarten Ventralbronchus in keinem richtigen Ver- hältnis zu den gegenseitigen Abständen der hyparteriellen Reihe. Er ist ent- weder zu groß oder zu klein. Jenes ist die gewöhnliche Folge der Überwan- derung auf den Trachealstamm. Nicht allein der eparterielle Abschnitt des Stammbronchus, die Trachea selbst hat seiner Wanderlust Genüge zu leisten. Seine Stellung im Rahmen des Bronchialbaumes wird dadurch sehr eigentümlich, bis zu einem gewissen Grade unabhängig. In einigen Fällen rückt er so dicht an das hyparterielle Gebiet heran, daß seine Eigenart für den Unkundigen völlig verloren geht, in anderen läßt er zwischen sich und ihm eine so weite Lücke, daß man ihn für einen überzähligen, bloß accessorischen Bestandteil halten kann. Der rechte Bronchus besitzt, auch wo er am Stammbronchus ver- bleibt, gegenüber seinen Genossen Vorliebe zu höherer Lagerung. Er ver- leugnet sie nur beim Faultier und der Robbe. Am weitesten nach oben rückt er bei den Wiederkäuern, weniger weit bei den Schweinen, dem Lama und den Delphinen. Anderwärts rückt der eparterielle Bronchus dem ersten hypar- teriellen Ventralbronchus so unmittelbar auf den Leib, daß nur noch der Raum für die Arterie zwischen ihnen übrig bleibt. Ungefähr ebenso oft geht er von der unteren wie von der oberen Hälfte der eparteriellen Bronchialstrecke aus. Bemerkenswert ist die große Vorliebe für asymmetrische Bildungen. Volle Symmetrie ist selten (Bradypus, Pinnipedia), annähernde nicht viel häufiger (Equus, Proboseidea), gar keine die Regel. In diese Kategorie fällt naturgemäß die große Zahl der Lungen, die den eparteriellen Bronchus überhaupt nur rechts besitzen und daher hier um ein Stockwerk höher anfangen als links. Was die Stammweite betrifft, so geht das Kaliber der Trachea unverändert auf den einen der Stammbronchien über oder gar auf beide. Noch seltener ver- größert sich dasselbe einer- oder beiderseits in erheblichem Grade. Gewöhnlich ist jeder der beiden Stammbronchien für sich ansehnlich enger als die Luftröhre, doch so, daß beide zusammen derselben mehr oder weniger überlegen sind. Gleich weit sind sie im allgemeinen bei symmetrischer Ausbildung des epar- teriellen Systems. Asymmetrie kommt auch hier vor, doch nicht in dem Grade derjenigen Bronchialbäume, die nur einseitig mit eparteriellen Bestandteilen am Stammbronchus ausgestattet sind. Die meisten Stammbronchien verengern sich, sobald sie anfangen Seitenäste abzugeben, wenngleich mit sehr verschiedener Energie. Häufiger bleibt das Kaliber von dem eparteriellen Seitenbronchus R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 421 unberührt, so daß seine Abnahme erst durch die hyparterielle Zone eingeleitet wird. Bisweilen tritt sie so plötzlich und gewaltsam auf, daß ein auffallender Gegensatz zwischen dem geräumigen Anfangsstück und der kümmerlichen Fort- setzung entsteht. Der Abfall vollzieht sich. im allgemeinen ziemlich gleich- förmig, wenn auch keineswegs immer beiderseits symmetrisch. Das Kaliber der Seitenbronchien ist mit wenig Ausnahmen geringer als dasjenige der zugehörigen Strecke des Stammbronchus und bekundet dadurch ihren untergeordneten Rang. Die hyparteriellen Zweige folgen einem einheitlichen Gesetze. Ihre Stärke wird in absteigender Richtung geringer. Der eparterielle Zweig ist wohl erheblich umfangreicher als sein Nachbar, doch kann er ihm auch gleich werden oder sogar hinter ihm zurückstehen. Die Lappenbildung hat keine prinzipielle Bedeutung. Sie tritt in dem morphologischen Aufbau des Organs gegenüber der Verzweigung der Bronchien ganz in den Hintergrund. Der Typus des Bronchialbaumes wird durch die Lappenbildung nicht berührt. Die Dreiteilung der rechten Lunge wurde irriger- weise so erklärt, daß einer der beiden Hauptlappen (der obere oder untere) ein Stück seiner Masse zum mittleren Lappen abspaltet. Aber der obere rechte Lappen gehört dem eparteriellen, der obere linke Lappen dem ersten hypar- teriellen Bronchus an. Der gleiche hyparterielle Bronchus bildet rechts den mittleren Lappen und dieser wiederholt somit morpholögisch den oberen Lappen der linken Seite. Den sog. unteren Lappen geht die Bedeutung von »Lappen« überhaupt gänzlich ab. Sie sind der Grundstock des Organs, der für gewöhnlich der Zerklüftung in Lappen völlig fern bleibt. In ihnen sind außer dem ersten Ventralbronchus alle hyparteriellen Bestandteile des Bronchial- baumes enthalten. Auch der Herzbronchus fällt in ihren Bereich. Die normale Lappenbildung der Lungen läßt sich in folgender Formel darstellen: rechte Lunge linke Lunge eparterieller Bronchus: , . » . . . . oberer Lappen _ 1. hyparterieller Bronchus . . . . . . mittlerer > oberer Lappen Rest der hyparteriellen Ventralbronchien und sämtliche Dorsalbronchien . . . unterer > unterer > Die primäre Form ist sicher der symmetrische Bronchialbaum mit eparteriellen Stämmen in beiden Lungen, obwohl die Monotremen und Beuteltiere ihn nicht besitzen. Die in allen Teilen mehr gleichförmig ausgebildete Lungenform ist wohl unstreitig als primär, die in ihren Endabschnitten mehr oder weniger ge- schädigte als sekundär zu beurteilen. Wahrscheinlich steht die Asymmetrie des Bronchialbaumes mit der entgegengesetzten des Aortensystems irgendwie in Be- ziehung, sei es, daß beide neben- und miteinander aus einer anfänglich symme- trischen Anlage herauswachsen, sei es, daß eine der anderen vorausgeht und dann bestimmend auf sie zurückwirkt. Es liegt nahe, das verschiedene Ver- halten der eparteriellen und hyparteriellen Bronchialzweige auf die Lungen- arterie zurückzuführen. Wahrscheinlich hat die Arterie bei der Entstehung der ersten Bronchialzweige noch keinen Einfluß und gewinnt ihn erst den späteren gegenüber. Da die damalige entwicklungsgeschichtliche Kenntnis der Lunge fast gänzlich im Banne einer dichotomischen Verzweigungsweise der Bronchialwege befangen war, hielt sie Aegy einer vollständigen Revision bedürftig. Die einheitlichen Merkmale des Bronchialbaumes der Säugetiere faßte er in folgender Weise zusammen: Paarige Anlage; monopodischer Hauptbronchus; 422 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. doppelt gefiederte Krone mit ventralem und dorsalem Astwerk; gemeinsamer Ursprung beider Astreihen im hyparteriellen Gebiet. Die typische Differen- zierung erfolgt durch ein- oder beiderseitiges Ausfallen der obersten (epar- teriellen) und untersten (hyparteriellen) Seitenbronchien. Die entwicklungsgeschichtliche Ergänzung lieferte bald nachher (1887) W. Hıs [6] durch Studien an menschlichen Embryonen. Er zeigte, daß die erste Lungenanlage vor Ablauf der dritten Woche un- paar und asymmetrisch ist. Am Schlusse des ersten Monats wird die Trachea vom Ösophagus getrennt und die Lungenanlage bilateral. Die beiden Enden derselben biegen sich dorsal, wachsen als sog. Lungenröhren dorsal, trei- ben die äußere Bekleidung vor sich her und bilden so die beiden Lungen zu den selbständigen, mit ihrem Wurzelteil vor dem Ösophagus befestigten Or- ganen aus. Jede Lunge gleicht dann einem gebogenen und zugleich birnenförmig ausgeweiteten, mit einzelnen schärfer markierten Vortreibungen besetzten Schlauch. Aus diesem treten die primären Seitensprosse als monopodische Bildungen im Sinne Argys hervor. Die Sprossenbildung beginnt vom Schlusse des ersten Monats ab; um die Mitte des zweiten Monats ist jederseits ein reich- verzweigtes Astwerk vorhanden. Jede der beiden divergierenden Lungenröhren besteht aus dem verengten Anfangsteil des Bronchus (»Stiel«) und einer aufge- triebenen Strecke, dem primären Lungensack. Die Lungensäcke sind asym- metrisch, der rechte steht weiter rückwärts und ist geräumiger als der linke, Ihre asymmetrische Anlage bestimmt auch die Differenzen späterer Ausbildung; denn der rechte Lungensack hat drei, der linke zwei knospenartige Auftrei- bungen. Die primäre Endknospe bildet jederseits das dorsal umgebogene Blind- ende des Epithelganges. Diese fünf primären Lungenknospen sind der Ausgangspunkt aller Bronchialverästelung. Rechts bedingen die Knospen eine Teilung der Lungen in drei übereinanderliegende Geschosse. Die dem rechten Ober- gseschoß entsprechende Strecke des linksseitigen Epithelrohres entbehrt einer Knospe, daher parallelisierte Hıs die obere linke Knospe mit Aerßy dem rechten Mittelsproß und interpretierte die Ähnlichkeit beider Lungen, daß sowohl rechts wie links eine Endknospe und eine Seitenknospe besteht, denen sich rechts eine Oberknospe gesellt. Das Fehlen einer linken Oberknospe dürfe jedoch nicht hindern, auch links von einem Obergeschoß zu sprechen, das sich freilich nur als Dependenz des Mittelgeschosses entwickelt und von diesem seine Bron- chialröhren erhält. Die weitere Ausbildung erfolgt durch Auswachsen und Gliederung der fünf Primärknospen. Im allgemeinen tritt dabei ein Gegensatz zwischen den eylindrischen Wurzelröhren und aufgetriebenen Endabschnitten oder sekundären Knospen zutage. Aus den einmal angelegten verlängerten Röhren gehen keine weiteren Knospen hervor. Die Ausgangspunkte neuer Formgebilde sind die sekundären Endknospen. Diese verlieren ihre ursprüngliche Kugelform, indem sie dem Haftstiele gegenüber eine Abplattung und eine bald schärfer ausge- prägte Zweischeidung erfahren. Hıs erklärte also den Verzweigungsmodus der sekundären Lungenknospen für diehotomisch und meinte, in der tiefgreifenden Weise Areys dürfe man die Vorgänge monopodischer und diechotomischer Sprossenbildung überhaupt nicht zueinander in Gegensatz stellen. Derselbe dichotomische Spaltungsmodus wiederhole sich durch spätere Stufen, bis schließ- R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 423 lich bei der Bildung der Alveolargänge das Hervortreten seitenständiger Knospen wieder zur Geltung gelange. Beim Embryo von 8,5 mm Länge ist die Scheidung der Seitenbronchien vom Stammbronchus eingeleitet. Rechts enthält das Obergeschoß eine gestielte, noch ungeteilte eparterielle Epithelknospe, während links der Stammbronchus als eylindrisches Rohr ohne Abgabe von Zweigen bis in das Mittelgeschoß herabsteigt. In diesem tritt beiderseits ein kräftiges Seitenrohr aus der kon- vexen Seite des Stammbronchus hervor, das sich schräg rückwärts wendet, mehrfach gabelig teilt und in eine Anzahl rundlicher Knospen ausläuft. Im Untergeschoß haben die Anlagen der Seitenbronchen erst die Gestalt kurz- stieliger oder stielloser Knospen. Die Bronchienanlagen sind aber charakte- ristisch genug, um ihre spätere Bestimmung zu erkennen. Die Grundform des Lungenquerschnittes gleicht durch mehrere Entwick- lungsstufen einem Prisma mit einer befestigten und. zwei freien, einer dorsalen und einer lateralen Kante. Die Fläche zwischen den beiden freien Kanten ent- spricht der späteren costalen Oberfläche der Lunge, sie steht um so mehr dorsal, je jünger der Embryo ist. Mit zunehmender Entwicklung dreht sich das Prisma um seine befestigte Kante nach vorn, so daß schließlich die vordere Fläche ‘desselben zur medialen wird. Die Drehung erfolgt nicht in’ allen Etagen gleich- zeitig und gleichmäßig. Am frühesten beginnt sie im Mittelgeschoß, etwas später im Ober- und Untergeschoß. Im Mittelgeschoß ist der Verzweigungsmodus des Seitenbronchus besonders übersichtlich. Die beiden Seitenbronchien divergieren unter einem beinahe rechten Winkel, dann teilt sich jeder wieder in zwei Zweige; somit sind vier in regelmäßigen Abständen stehende Röhren vorhanden: Bronchus dorsalis posterior und lateralis, ventralis lateralis und anterior. Den Ausdruck »ventral«< nahm Hıs, weil ihn Aegy gebraucht hat, richtiger wäre es, »lateral«< zu verwenden. Der eparterielle Bronchus des rechten Ober- geschosses teilt sich in je einen lateralen und dorsalen Ast, deren Richtung dem ventralen und dorsalen Seitenbronchus des Mittelgebietes entspricht. ArBY hat richtig interpretiert, als er dem eparteriellen Bronchus eine dorsoventrale Bedeutung zuschrieb und ihn als ungeteilten Vertreter der im hypobronchialen System getrennten dorsalen und ventralen Seitenbronchien auffaßte. Am Schluß des zweiten Monats ist der Verästelungstypus im Obergeschoß infolge der fortgesetzten diehotomischen Teilung dem des Mittelgeschosses sehr ähnlich geworden. Jenes unterscheidet sich von diesem nur durch die Existenz des gemeinsamen Wurzelrohres. Das übersichtliche Teilungsschema der Bronchen wird bald dadurch kompliziert, daß die Äste der Bronchen sich in auf- und absteigender Richtung ausbreiten. So entstehen beiderseits keineswegs sym- metrische Verschiebungen der demselben System angehörigen Teile. Überdies ° zeigen die hyparteriellen Abschnitte der rechten und linken Lunge gewisse Besonderheiten des Verzweigungsmodus, so daß die Symmetrie auch nach dieser Richtung hin minder ausgesprochen erscheint. Beim Embryo N von 10,5 mm divergieren die Stammbronchien anfangs unter einem Winkel von etwa 55°; ihre unteren Enden konvergieren. Rechts sind der eparterielle Bronchus, drei ventrale und ein oder zwei dorsale Bronchen, sowie der Br. cardiacus unterscheidbar; links sind drei ventrale und ein oder zwei dorsale Seitenbronchen angelegt. Hıs widersprach der Deutung von Arpy, daß der Br. cardiacus ein von einem Seitenbronchus auf den Stammbronchus übergegangener Nebenbronchus Morpholog. Jahrbuch. 48. 28 494 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. sei. Der Br. cardiacus ist vielmehr eine Bildung eigener Art, er schlägt als einziger Ast eine den dorsalen Ästen genau entgegengesetzte ventrale Richtung ein. Wegen seines frühen Auftretens und der weiten Entfernung vom ersten und zweiten ventralen Bronchus sei er als selbständiger und wohl echter Seitenbronchus anzusehen, der außerhalb der schematischen Ordnung der übrigen seine eigene Entwicklung verfolge. :-Der linke erste Ventralbronchus sendet einen starken Dorsalast aufsteigend in das Obergeschoß. Damit wird die ab- solute Symmetrie der beiderseitigen hyparteriellen Bronchialsysteme aufgehoben. Auch an anderen Stellen weichen die Bronchialäste der linken Seite von denen der rechten nicht unerheblich ab. Die definitive Lappenscheidung ist bereits vollzogen: rechts trennen zwei tiefe Einschnitte das Mittelgeschoß, links tritt ein einfacher Einschnitt zwischen Mittel- und Untergeschoß. Beim Embryo Sch. 13,8 mm, der etwas weiter fortgeschritten ist als N, fand Hıs den gleichen Verzweigungsmodus. Am Ende des zweiten Monats (Embryo Lo) tritt die Kompensation der linken Lunge fir den Ausfall des eparteriellen Bronchus durch ihren aufstei- genden Ast noch deutlicher hervor. Mit zunehmender Entwicklung wird der Bronchialbaum immer schlanker; ein System eylindrischer Röhren schiebt sich in wachsender Ausdehnung zwischen die aufgetriebenen Endknospen und den Stammbronchus ein. An keiner Stelle findet sich eine Andeutung, als ob aus den einmal eylindrisch gewordenen Wurzelröhren Seitensprossen entstehen könnten. Die einzige Produktionsstätte neuer Formbestandteile sind die End- knospen, deren Umgestaltung auf dem Wege dichotomischer Teilung erfolgt. Die Knospen verlieren ihre kugelige Grundform, indem sie sich an der der An- heftung gegenüberliegenden Seite abplatten und zugleich in transversalem Sinne strecken. Bald tritt eine trennende Furche auf, welche die ursprünglich einfache Knospe in zwei getrennte Wölbungen teilt. Allmählich emanzipieren sich diese und bekommen eylindrische Stiele. Der Winkel, unter dem zwei neu entstan- dene Knospen divergieren, ist kurz nach ihrer Entstehung am größten. Mit der Verlängerung der Stiele nimmt er im allgemeinen ab. Zuletzt aber tritt ein Zeitpunkt ein, wo die Endknospen aufhören, sich dichotomisch zu teilen, und wieder in ein System mehr oder weniger ausgiebiger Seitenknospen auslaufen. Insofern das untere Ende des Stammbronchus nach Art einer Endknospe weiter- wächst, kann für die unteren Bezirke (vom dritten hyparteriellen Seitenbronchus abwärts) das Prinzip einer monopodischen Verzweigung nicht streng aufrecht erhalten werden, wie denn auch zuletzt der Stammbronchus keineswegs scharf von den Seitenbronchen unterscheidbar bleibt. Während Hıs nur eine kleine Zahl menschlicher Embryonen untersucht hatte, dehnte D’HARDIVILLER seine Beobachtungen auf die Embryologie der Säugetiere aus und legte in mehreren Abhand- lungen die Ergebnisse seiner sorgfältigen Studien über die Lungen- entwicklung, begleitet von zahlreichen instruktiven Zeichnungen, nieder [D]. Vom Stammbronchus jeder Lunge geht die ganze Verästelung aus. Er durchläuft als ein axiales Rohr die ganze Länge der Lunge und bleibt bis zu seinem Ende ungeteilt, ebenso wie die Endknospe. Mit Recht unterstrich er die Wahrnehmuug von Hıs, daß die Zweige des Stammbronchus nicht durch falsche oder wahre Dichotomie, sondern an verschiedenen Punkten der epi- R. Boeekh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 425 thelialen Wand des Mittelbronchus durch Aussackungen entstehen, die mehr und mehr hervortreten, sich stielen und schließlich die ersten teils epar- teriellen teils hyparteriellen Bronchien liefern, ohne daß die Endknospe an ihrer Bildung Anteil nimmt. Entschieden trat er für die symmetrische An- lage der beiden Lungen in früher Embryonalzeit ein und suchte die Ansicht zu begründen, daß in jeder Lunge zuerst ein eparterieller Bronchus aus dem Stammbronchus hervorwachse. Die gegenteiligen Angaben von ROBINSoN und NARATH erklärte er als irrig. Nicht bloß in der rechten, sondern auch in der linken Lunge des Kaninchens werde ein eparterieller Bronchus als Seitenarm des Stammbronchus gebildet. Daher sei dieser kein Seitenzweig des ersten Ventralbronchus. Die beiderseitigen eparteriellen Bronchien können sich ent- weder gleichmäßig entwickeln, oder es kann der linke Bronchus schwinden, endlich auch beide zurückgebildet werden. Da beim Kaninchen der linke Bron- chus atrophiert und schwindet, nachdem er sich eine Zeitlang analog dem rechten entwickelt hat, besitzt die rechte Lunge des Kaninchens und des er- wachsenen Menschen morphologisch ein Glied mehr als die linke und man findet ganz unabhängig von jenem einen linken Apikalbronchus; der eparterielle Bronchus ist also kein seitlicher Zweig des ersten Ventralbronchus. Beim Schaf entspringt der rechte eparterielle Bronchus oberhalb der Trachea. In der embryonalen Lunge entsteht er genau an derselben Stelle und zwar durch kollaterale Verästelung der Trachea. Deshalb ist er entgegen NAarATH kein »ausgewanderter«e Zweig des ersten hyparteriellen Bronchus. Die Anomalien beim Menschen erklären sich sehr einfach, sie zeigen eine Disposition, die in einem Stadium des Fötallebens bei den Säugern und beim Menschen gegeben ist. Die primitive Anlage beiderseitiger eparterieller Bronchien im ersten Sta- dium erklärt dessen beiderseitiges oder einseitiges Vorkommen als auch gänz- liches Fehlen. Der obere rechte Lungenlappen ist nicht unbedingt als äqui- valent dem linken Oberlappen aufzufassen, vielmehr als Supplement der rechten Lunge, das der anderen Seite vollkommen fehlt. Die hyparteriellen Zweige verteilen sich auf vier Reihen, je an der inneren, äußeren, vorderen und hinteren Wand des Stammbronchus. Die äußeren und hinteren (Ventral- und Dorsalbronchien Argys) sind als Hauptbronchien der Lunge zu bezeichnen, weil sie am stärksten sind und viele Seitenzweige be- sitzen. Die rechte Lunge hat sieben, die linke sechs Bronchien. Alle äußeren Bronchien liegen vor der Art. pulm. mit Ausnahme: des ersten äußeren rechten Bronchus, der hinter ihr liegt. In jeder Lunge verläuft also die A. pulm. zwischen den Reihen der äußeren und hinteren Bronchien. Hıs fand keine hinteren Bronchien, die auf den äußeren Bronchien entstehen und dann auf den Hauptbronchus auswandern. Die vorderen und inneren Bronchien wachsen meist sehr wenig und bilden beim erwachsenen Individuum schwache accessorische Äste von inkonstanter Zahl. Die vorderen entsprechen den accessorischen Ventralbronchien (ArBY, Hıs, NARATH) und den Ventralbronchien (RoBInson). Die accessorischen inneren Bronchien entsprechen den Dorsalbronchien (Argy, Hıs und NArATH), oder dorso-internen Bronchien (RoBInson). Nur einer von ihnen ist konstant: näm- lich der die Verästelung des Lobus infracardiacus liefernde Ast. Er liegt pri- mitiv der Vorderseite des Stammbronchus auf, zwischen dem ersten und zweiten äußeren Bronchus und entsteht direkt durch kollaterale Verzweigung des Stammbronchus. Die übrigen vorderen und inneren Bronchien bilden sich durch kollaterale Verästelung des Hauptbronchus. Argy und NArATH behaupten also 28* 426 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. mit Unrecht, daß die accessorischen Bronchien ausgewanderte Bronchien seien. Die Asymmetrie fällt schon in den ersten Stadien auf: die rechte Lunge ist voluminöser als die linke, jeder Bronchus tritt zuerst rechts, später in dem linken Lungenflügel auf. Gegen Arsy und die einmütige Ansicht der Embryologen trat JUSTESEN [8] im Jahre 1900 auf Grund der Untersuchung großer Rinds- embryonen von 7, 16, 26, 44, 60, 90 und 102 cm Länge, ferner der Lungen von Ochsen, 2 Tage, 21/; Monate und 1!/, Jahre alt, noch- mals dafür ein, daß die Bronchialverzweigung in allen Stadien kon- sequent dichotomisch sei. Es liege überhaupt kein genügender Grund vor, daß der Stammbronchus sich monopodisch verzweige. Während der ganzen Entwicklung ist die äußerste Verzweigung dichotomisch und symmetrisch, nach einer gewissen Zeit von Generationen schwindet die Symmetrie, bis das ausgesprochene Bild eines Stammes entsteht, aus dem monopodisch laterale Zweige entspringen, weil die anfangs dichotomisch entstehenden Zweige später in monopodische umgestaltet werden. Das kolbenförmig erweiterte Bronchialende flacht sich am Fundus ab, teilt sich in zwei seitlich abgehende Blasen, aus denen neue Äste entstehen, die sich wieder diehotomisch teilen werden. Dann ist jedoch schon eine Ab- änderung der Stellung der zwei älteren Zweige eingeleitet worden. Der eine verdrängt den anderen, wird etwas weiter als dieser, bildet allmählich die ge- rade Fortsetzung des Mutterstammes und schiebt den Schwesterzweig mehr und mehr zur Seite, wodurch dieser anscheinend in einen Seitenast monopodischen Ursprungs reduziert wird. Auf diese Weise wird in jeder Lunge ein Stamm- bronchus Glied um Glied durch aufeinanderfolgende Dichotomien gebildet. Die bekannten ep- und hyparteriellen Seitenbronchien entspringen von ihm. Peripher folgen stufenweise kleinere Zweige, welche immer Seitenzweige einer Achse nächst höherer Ordnung, selbst aber auch Achsen der Äste nächst niedrigerer Ordnung sind, bis endlich in der Peripherie die Dichotomien mehr und mehr angedeutet, schließich in ihrer reinen Symmetrie gefunden werden. Das Gesetz ist also konsequente Dichotomie, aber das ungleiche Wachstum der Schwesterzweige und die sukzessive Verschiebung der Teilungsachsen ruft später das Aussehen der Monopodie hervor. Am schönsten tritt das Gesetz in den Alveolensystemen der erwachsenen Lunge hervor, wo JUSTESEN es auch zuerst erkannte. Hıs’ Zeichnungen beweisen die Monopodie des Stammbronchus nicht. Wahrscheinlich sei die Bronchialverzweigung vom ersten Anfang an bis zum Schluß dichotomisch-sympodisch. Der Ausgangspunkt sei der Übergang vom luftleitenden zum respirierenden System. Ein bronchiolus simplex bildet dichotomisch zwei bronchioli respiratorii, welche diehotomieren. In jedem der so gebildeten Bronchioli respiratorii zweiter Ordnung entsteht eine Kavität (Atrium MıLLers), von hier gehen wieder kurze Schläuche (Sacei a@rei M.) aus. Als typische Form der Alveolensysteme der Ochsen bezeichnet er: zwei Gene- rationen Bronchioli respiratorii, von denen die letzte in ein Atrium ausmündet, woraus wieder vier Sacei a@rei ausgehen, alle dicht mit Alveolen besetzt. J. M. Frist [3] vertrat 1906 das monopodische Wachstum des Stammbronchus und seiner Hauptäste. Nach Bildung derselben kann das monopodische System für einige Generationen in den Seiten- R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 427 zweigen sistieren. Die Hauptteilungsart ist jedoch äquale und in- äquale Dichotomie. Sehärfere Zweifel äußerte A. NararH im Jahre 1896 gegen die Hauptpunkte der Acsyschen Theorie, als er seine Untersuchungen über die Entwicklung der Lunge von Echidna aculeata bekannt gab. Seine Beobachtungen an Echidna lauten [11a]: In der ersten Periode werden die beiden primitiven Lungensäckchen als zwei weite und diekwandige Gebilde von bedeutender Asymmetrie angelegt. In der zweiten Periode formiert sich der Stammbronchus mit seinen Seiten- zweigen. Rechts werden fünf, links bis sieben Ventralbronchien gebildet nebst den entsprechenden ventralen und dorsalen Nebenbronchien, so daß z. Z. der Geburt der Stammbronchus bereits alle Äste besitzt. Die Astfolge ist mono- podisch und gesetzmäßig. Alle Seitenzweige des Stammbronchus entstehen direkt oder indirekt aus seiner Scheitelknospe; das einmal gebildete Stamm- bronchusrohr hingegen hat nicht mehr die Fähigkeit, neue Triebe anzusetzen. Mit der Verästelung der Stammbronchen steigt die Asymmetrie zwischen beiden Lungenfligeln. Daran ist besonders das excessive Wachstum des rechten Obergeschosses beteiligt. Anfangs hat die rechte Lunge das Übergewicht über die linke. Mit der Entfaltung des Bronchialbaumes ändert sich das Verhältnis in den unteren Lungenbezirken. Bei älteren Embryonen ist links das Ende des Stammbronchus reicher verzweigt als rechts. Kurz vor der Geburt ist die Lunge noch sehr unvollendet; zwar sind alle Stockwerke angelegt, aber die einzelnen Bronchien besitzen nur kurze, kolbige Knospen, hingegen keine Spur von Alveolen. Mit dieser noch ganz embryo- nalen Lunge wird das Tier geboren. Bei dem ersten Atemzuge (dritte Periode) tritt eine gewaltige Aufblähung der Lunge ein. Aus den End- und Seiten- knospen, sowie den kleinen Seitenbronchien werden geräumige, zellenartige Lufträume, welche die Stelle der Alveolen versehen müssen. Die Lungen be- sitzen daher ein sehr lockeres, schwammiges Gefüge und zeigen bei oberfläch- licher Betrachtung eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Reptilienlunge. Das ist die Folge der kurzen Uterinperiode, welehe nicht ausreicht, die typische Säuge- tierlunge mit ihrem Bronchialgeäste und Alveolenreichtum auszubilden. Daher hilft sich die Natur durch Erweiterung der vorhandenen Lungenräume, um die zur Atmung notwendige Oberfläche herzustellen. In der vierten und letzten Periode vollzieht sich die Umwandlung der »aufgeblähten« Lunge in die de- finitive Form. A. NARATH folgerte aus diesen Studien, daß Argy. der Lungenarterie mit Unrecht einen bestimmenden Einfluß auf die Gestaltung des Bronchialbaumes zugeschrieben hat; die Art. pulmonalis spiele dabei eine höchst untergeordnete Rolle. Ferner nehme der »eparterielle« Bronchus keineswegs die Sonderstellung ein, welche Argy für ihn gefordert habe. Er besitzt vielmehr eine ganze An- zahl von Artgenossen in der hyparteriellen Strecke des Stammbronchus, näm- lich die »dorsalen« Bronchien (Argys), mit welchen er eine Reihe formiert. Er schiebt sich nur als erstes apikales Glied derselben am weitesten nach oben vor und fußt annähernd dorso-lateral am Hauptstamme, die tieferen schieben (abgesehen von wenigen Ausnahmen) ihre Ansatzstellen immer etwas weiter medial vor, so daß sie in einer weit ausgezogenen Schraubenlinie am Stamm- bronchus sitzen. Sie alternieren mit den Ventralbronchien, die ihnen an Größe 428 A. Fleischnann, Die Lungen der Wirbeltiere. überlegen sind. Die Größe der einzelnen Bronchien nimmt in der Reihe von oben nach unten allmählich ab. Die Astfolge ist bei ihren Verzweigungen fast dieselbe. Gewöhnlich wird dasselbe Seitenästehen in einer mehr oder weniger mediodorsalen oder medialen Richtung abgegeben. Je tiefer abwärts in der Reihe, desto rascher erfolgt die Astabgabe, wodurch das astlose Wurzelstückchen eines dorsalen Bronchus immer kürzer wird, bis endlich das mediale Seiten- ästchen als »Nebenbronchus<« auf den Stammbronchus rückt. Gegen ArByY be- tonte A. NARATH, daß das Verzweigungsgebiet des eparteriellen Bronchus (Argy) rein dorsal liegt, und sprach ihn deshalb als ersten Dorsalbronchus an. Der von ihm versorgte Lungenbezirk bildet einen kurzen, hinter dem Ventrallappen liegenden Fortsatz, der direkt aus den dorsalen Anteilen des Lungenstammes aufwärts strebt und mit der Lungenspitze endet. Ferner bezieht der »epar- teriellee Bronchus seine Ästchen aus der Art. pulm. in der gleichen Weise, wie die übrigen Bronchien. Deshalb ist er nichts anderes als ein wirklicher Dorsal- bronchus und die ganze Theorie AEcgßys vom ep- und hyparteriellen Gebiet ist ein für allemal widerlegt. NARATH wandte sich auch gegen die Vermutung Argys, Echidna habe den eparteriellen Bronchus auf der linken Seite verloren. Die rechte Lunge besitzt ein Element mehr als die linke, so daß die beiden Lungenspitzen nicht gleichartig wären und die rechte dem eparteriellen, die linke dem hyparteriellen (dem 1. Ventralbronchus) angehöre. Tatsächlich ist zwar am linken Stammbronchus kein erster Dorsalbronchus vorhanden. Doch folge nicht daraus, daß er zugrunde gegangen ist. Man findet ihn bloß an einer anderen Stelle, nämlich auf dem ersten Ventralbronchus, als dessen erster Seitenast er nahe der Einmündungsstelle in den Stammbronchus dorsal abgeht, nach oben biegt und direkt zur Lungenspitze eilt. Da dieser Zweig dem rechten apikalen Bronchus sehr auffallend gleicht und denselben Lungenbezirk versorgt, steht NARATH nicht an, ihn als das Analogon des rechten apikalen Bronchus aufzufassen. Rechter und linker Apikalbronchus sind von gleicher Art, wenn man sie mit NARATH als Seitenäste der ersten Ventral- bronchen auffaßt. Dann gehören sie der Reihe der hinteren Seitenzweige an und bilden das erste und stärkste Glied derselben. Links behält der apikale Bronchus seine ursprüngliche Lage immer bei, rechts nur ausnahmsweise, da er meistens als Nebenbronchus auf den Stammbronchus rückt, doch ent- fernt er sich dabei nie von seinem Mutteraste. NARATH zweifelte nicht daran, daß auch die tieferen Dorsalbronchien Nebenbronchen ventraler Bronchen darstellen. Fünf Jahre später (1901) veröffentlichte A. NARATH sein großes Werk über den Bronchialbaum der Säuger mit zahlreichen, vortreff- lichen Abbildungen [11b]. Er suchte damit zu zeigen, daß die Ein- teilung der Bronchialäste nach dem eparteriellen und hyparteriellen Gebiet keine Berechtigung habe. Das Bronchialgerüste jedes Lungenflügels weist einen Stammbronchus auf, dessen Wurzelstück außerhalb der Lunge liegt. Beim Hilus tritt er schräg in den Lungenflügel und verläuft darin caudal gegen den unteren Lungenpol. Selten sind die Stammbronchien geradlinig, in der Regel zeigen ihre mittleren und unteren Partien eine Krümmung nach einwärts. Der Stammbronchus ist eine durchaus einheitliche Bildung, er entsteht nur aus der terminalen Stammknospe. Selten sind beide Stammbronchien gleich stark, gewöhnlich über- trifft der rechte den linken mehr oder weniger an Stärke. R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 429 Dem Verhältnis der Art. pulmonalis zum Stammbronchus kommt keine große Bedeutung zu. Die Überkreuzung beider nahe dem oberen Ende des Stammbronchus hat nicht die grundlegende Wichtigkeit, um darauf die Ein- teilung der Seitenbronchen in die zwei prinzipiell verschiedenen eparteriellen und hyparteriellen Abschnitte zu gründen. Nach der Überkreuzung zieht die Art. pulm. gar nicht an der dorsalen Seite des Stammbronchus zwischen ven- tralen und dorsalen Bronchen abwärts, sie verläuft überhaupt anders als Aegy angab und hat keineswegs eine dorsale, sondern hauptsächlich eine laterale Lage. Eine typische laterale Kreuzung des Stammbronchus im Sinne AEpBys an einer bestimmten Stelle existiert nicht. Man kann daher nicht von einem epar- teriellen und hyparteriellen Abschnitt des Stammbronchus sprechen; ja selbst wenn die Kreuzung bestünde, wäre sie nur eine sekundäre Erscheinung von untergeordneter Bedeutung. Die A. pulm. hat keinen Einfluß auf Lage und Form des Stammbronchus, sowie seiner Seitenzweige, doch kann man am arterielien System entsprechend den Stammbronchen die Stammarterien als Grundlage des arteriellen Gefäßsystems unterscheiden. Sie schließen sich eng an die Stamm- bronchen an und lassen sich bis ans untere Lungenende verfolgen. Nach Verwerfung der Argyschen Einteilung gliederte A. NARATH die Lungenzweige der Luftröhre einfach in die Gruppe der ventralen Bronchen und der dorsalen Bronchen. Der eparterielle Bronchus Aegys erhielt den Namen Apicalbronchus oder 1. Dorsalbronchus. Die ventralen Seitenbronchien verleihen als eine wohl charakterisierte, wichtige Gruppe den Säugerlungen typisches Gepräge. Sie sitzen in ver- schiedenen Abständen dem Stammbronchus auf. Der erste Ventralbronchus ist der erste Seitenast überhaupt. Er entsteht beim Kaninchen und bei anderen Säugern vom primären Lungensäckchen als ein stumpf-kegelförmiger, lateral ausgerich- teter Buckel. Jeder folgende ventrale Bronchus entsteht aus der jeweiligen Scheitel- knospe des Stammbronchus, stets lateral auf dieselbe Weise. Typisch knickt der Stammbronchus gerade an der Abgangsstelle medial ab und krümmt sich nach außen. Anfangs treten alle Ventralbronchien lateral aus dem Stamm- bronchus und ziehen gegen die Seitenwand der embryonalen Lunge. Die Länge der Bronchien ist proportional der Entstehungszeit, d. h. sie nimmt (beim Ka- ninchen) von oben nach unten allmählich ab. Je tiefer am Stammbronchus, um so mehr neigen sich die Ventralbronchien abwärts. Allmählich ändern sich aber Abgang, Form und Größe der Ventralbronchien. Die ursprünglich geraden Äste krümmen sich nach vorne und umgreifen zum Teil von beiden Seiten das Herz, so daß ihre Konvexität gegen die Thoraxwand gekehrt ist. Die Biegung der Bronchien nimmt von oben nach unten ab. Zugleich verändert sich langsam ihre Abgangsrichtung. Je stärker ein Bronchus nach vorne wächst, um so mehr verschiebt sich seine Abgangsstelle am Stammbronchus nach vorne und um so mehr ventral wird seine Abgangsrichtung. Am weitesten geht der erste Ventral- bronchus (rechts), welcher beim erwachsenen Tiere fast nie lateral, sondern ventro-lateral, selten rein ventral entspringt. Der zweite Ventralbronchus be- sitzt schon einen etwas mehr lateralen Ursprung und der dritte ist noch mehr verschoben. Gewöhnlich ist der vierte schon ganz lateral am Stammbronchus zu treffen, wie beim Embryo. Die tieferen Ventralbronchen (Kaninchen) be- kommen eine dorsolaterale, manchmal entschieden dorsale Richtung. ‚Die Ven- tralbronchien sitzen also in einer Schraubenlinie am Bronchus, welehe rechts schöner ausgeprägt ist als links. Es macht den Eindruck, als ob der Bronchial- 430 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. baum torquiert wäre, die rechte Seite oben nach links und die linke oben nach rechts, unten umgekehrt. Die Zahl der Ventralbronchien läßt sich nicht immer genau bestimmen, da sie gegen das Lungenende hin sehr klein werden. Häufig hat die rechte Lunge einen oder zwei Ventralbronchien mehr als die linke. Die Enden der Ventralbronchien streben gegen den scharfen Zwerchfellrand der Lunge, der mit dem vorderen Pol beginnt und am unteren Lungenpol endigt und bei der embryonalen Lunge genau nach der Seite zu sieht. Die Ventral- bronchien treten vor der Stammarterie aus dem Stammbronchus. Den infra- kardialen Bronchus sprach NARATH als ventralen Nebenbronchus zum ersten oder zweiten (vielleicht sogar dritten) Ventralbronchus an. Es gibt Lungen (Monotremen), die dem ersten Typus folgen, und solche (Primates, Homo), die dem zweiten huldigen, daneben Übergangsformen (Dasypus, Myrmecophaga), die beide Typen vereinigen. Die ontogenetische Entwicklung hat zwar keine Beweise für diese Deutung geliefert, doch sprach sie auch nicht dagegen. Die dorsalen Bronchien stehen schraubenförmig am Stammbronchus in der Regel höher als die zugehörigen ventralen und diesen gewöhnlich an Stärke nach. Sie entstehen nicht alle rein dorsal, auch zeigen sie selten- bei einer Spezies den gleichen Ursprung, sondern zeichnen sich durch eine gewisse Frei- heit ihres Sitzes aus, welcher nur in den obersten Stockwerken der Lunge kon- stant ist. Der untergeordnete Rang der Dorsalbronchien offenbart sich auch in der Entwicklung, weil sie (beim Kaninchen) später als die Ventralbronchien und ohne Beteiligung der Stammknospe entstehen. Daher sprach NARATH die Ansicht aus, ob nicht die Dorsalbronchien als die auf den Stammbronchus ab- gegebenen Seitenäste der Ventralbronchien aufzufassen seien, da sie eine un- verkennbare Ähnlichkeit mit gewissen Seitenästen der Ventralbronchien zeigen. In bezug auf die dorsalen Nebenbronchien teilte NARATH die Ansicht Argys, daß sie ursprünglich Äste der dorsalen seien, welche auf den Stammbronchus abgegeben werden. Die dorsalen Nebenbronchien haben meist eine mediale Abgangsrichtung. Sie sitzen gewöhnlich in den unteren Stockwerken der Lunge und sind sehr variabel. Von den ventralen Nebenbronchien sind sie durch die Vena pulm. geschieden. Ihre arteriellen Äste bekommen sie von hinten her. Mit guten Gründen widerlegte A. NARATH die Charakteristik, welche Arpßy vom eparteriellen Bronchus gegeben hat. Er ist nicht immer in der Einzahl da, ent- behrt nicht der Nebenbronchien, sitzt nicht oberhalb einer typischen Arterien- kreuzung und versorgt nicht typisch dorsale und ventrale Gebiete. Gute Cor- rosionspräparate beweisen, daß der sog. eparterielle Bronchus, den NARATH Apikalbronchus nannte, nichts anderes als ein dorsaler Bronchus ist. Der Meinung Arpys, daß der linke Öberlappen beim Menschen dem rechten Mittel- lappen entspricht, pflichtete er nicht bei. Er hält vielmehr die beiden Ober- geschosse jeder Lunge (d. h. alles, was oberhalb des Hauptspaltes liegt) für homolog und innerhalb derselben die rechte und linke apikale Zone für einander homolog, sowie die rechte und linke ventrale Zone. NARATH verfolgte auch die Entwicklungsgeschichte der Lungen beim Menschen, Kaninchen, Meerschweinchen, Maus, Ratte und Schaf. Die erste Lungenanlage ist asymmetrisch. Die beiden primären Lungensäckchen, die ersten Anlagen der beiden Stammbronchien, entspringen mit weiter Lichtung aus der Bifurkation der Trachea und zeigen anfangs (12 Tage) ein gleichmäßig abgerundetes Ende. Die Säckchen wachsen caudal aus, das rechte mehr als das linke, so daß bei etwas älteren Embryonen beide den Ösophagus hufeisen- förmig umgreifen. Jedes Säckehen schnürt sich distal von der Bifurkation etwas R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 431 ein und verliert seine gleichmäßige Rundung, indem sich die Epithelwand lateral in Form eines flachen, abgerundeten Kegels mit weit ausgebreiteter Basis (1. Ventralbronchus) vorwölbt. Während die Höhe des Kegels größer wird, wächst die Kuppe des Lungensäckchens weiter, aber nicht mehr in der Achse des Hauptbronchus, sondern etwas mehr nach innen und dorsal, so daß eine Achsenknickung des Rohres eintritt. Beim Kaninchen wird also der erste Ven- tralbronchus als erster Bronchus überhaupt angelegt. Der apikale Bronchus des rechten Bronchialbaumes kommt später als der erste Ventralbronchus zum Vorschein, ohne daß die Stammknospe dabei beteiligt ist. Der infracardiale Bronchus entsteht als der dritte Bronchus des rechten Baumes. Mit der Bildung dieser drei Bronchien ist die Anlage des oberen Stockwerks fertig. Es finden sich rechts: der erste Ventralbronchus, der apikale, der infracardiale Bronchus und die Endknospe, links hingegen nur: der erste Ventralbronchus und die Endknospe. In der gleichen Zeit hat ‘die rechte Lunge drei, die linke Lunge einen Sproß hervorgebracht. Später vergrößern sich die Knospen; als Ausbuchtung der Epithelwand tritt lateral die Anlage des zweiten Ventralbronchus auf, und zwar rechts früher als links, beide lateral aus der Stammknospe hervorgehend. Die Knospen des zweiten Dorsalbronchus werden später als die zweiten Ventralbronchien sichtbar. Die Anlage des dritten rechten Ventralbronchus tritt als kegelförmige Knospe auf; die des zweiten rechten Dorsalbronchus ist sehr deutlich zwischen der Abgangsstelle des zweiten ventralen und infracardialen Bronchus zu sehen, während links der zweite Ventralbronchus bedeutend kleiner ist und der dritte Ventralbronchus nur die erste Anlage zeigt. Wenn sich die dritten Ventral- bronchien weiter entwickelt haben, lassen sich auch höher oben die Anlagen der dritten Dorsalbronehien nachweisen. Später zeigt sich der vierte Ventral- bronchus links als geringe, rechts als stärkere Ausbuchtung der lateralen Seite der Stammknospe. Bei noch älteren Embryonen besitzt jede Seite vier Ventral- bronchien, von denen die ersten zwei rein lateral den Stammbronchus verlassen; der dritte und vierte etwas mehr latero-dorsal. Der erste Ventralbronchus be- sitzt rechts zwei, links eine deutlich entwickelte Seitenknospe, der zweite rechts und links je eine Seitenknospe ventral nahe der Abgangsstelle. Der dritte und vierte sind noch astlos. Der rechte Apikalbronchus hat zwei Seitenäste, der linke Apikalbronchus bloß eine Seitenknospe. Der zweite rechte Dorsalbronchus verläßt den Stammbronchus latero-dorsal. Bei noch älteren Embryonen (15 mm) ist auch der fünfte Ventralbronchus angelegt, rechts als größere Ventralknospe des Stammes als links. Die Anlage des sechsten Ventralbronchus ist bei einem Embryo vom 15. Tage zu sehen und zwar die linke Knospe vor der rechten. Alle ventralen Bronchien entstehen gleichartig als seitliche Auswüchse der Stammknospe. Das primitive Lungen- säckchen ist als erste Stammknospe aufzufassen. Die Endknospen deutete NARATH als die wichtigsten Produzenten von Seitenknospen in jedem Stadium der Lungen- entwicklung. F. Moser [10] betrachtete die Säugerlungen als das letzte Glied einer langen Entwicklungsreihe, die von den Amphibien aufwärts führt und ontogenetisch so verläuft, daß durch fortgesetzte Knospung des intrapulmonalen Bronchus in dem bindegewebigen Lungensack bronchifugal ein ganzes Kanalsystem nach Art einer Drüse entsteht. 432 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Nach NARATH reproduzierte sie einen Schnitt durch die Lunge eines kleinen Embryos und eines eben geborenen Jungen von Echidna, um zu konstatieren, daß diese zwei verschieden alten Lungen und auch ihre ganze Entwicklung eine auffallende Ähnlichkeit mit jungen Reptilienlungen hätten. Nach ihrer Auf fassung gleicht die Struktur der embryonalen Echidna-Lunge in sehr hohem Grade der jungen Krokodillunge, mehr aber noch der Lunge von Emys. NARATH hatte diese Ähnlichkeit auch schon wahrgenommen, aber nur als oberflächlich beurteilt und die wesentlichen Unterschiede gegenüber der Reptillunge darin gefunden, daß die weiten Lufträume, welche beiden gemeinsam seien, bei Echidna anders gebildet wären und auf ganz andere Weise durch Sprossen- bildung des Stammbronchus in das dicke Lungensäckchen entstanden. F. Moser glaubte den Unterschied aufheben zu können, indem sie darauf hinwies, daß die Entstehungsweise der Lungen bei Eehrdna und den Reptilien durchaus über- einstimme. Sie stellte sich den phylogenetischen Entwicklungsgang der Lunge folgendermaßen vor: Die Lunge (Triton) ist ein dünnwandiger Sack, der durch laterale Er- weiterung und Ausbuchtung sehr vergrößert wird. Bei den übrigen Amphibien widerstehen immer zahlreichere Teile der Wand dieser lateralen Ausbuchtung und ragen als Leisten in den Lungenhohlraum, während die zwischen diesen festen Punkten liegende dünne Wand nach außen immer stärker vorgetrieben wird, so daß halbkugelige Erhöhungen der Außenfläche sichtbar werden. Damit beginnt die Sonderung in eine luftzuführende und eine respiratorische Innen- fläche der Lunge. An die einfache Salamanderlunge reihen sich die kompli- ziertere Lunge vom Frosch und die schwammige Lunge von Pelobates. Bei Reptilien erhält die Lungenwand durch Vermehrung des Bindegewebes eine bedeutende Verdiekung. Die Ausbuchtungen des intrapulmonalen Bronchus gewinnen mehr das Ansehen von weiten oder engen Kanälen, die in die dicke Wand hineingewachsen sind. Bei Vögeln und Säugern ist zur Verdickung der Lungenwand auch noch eine Verdichtung durch Bindegewebsvermehrung ge- kommen, so daß aus den weiten Ausbuchtungen des Bronchus enge Kanäle geworden sind, die die Wände nach allen Richtungen durchwachsen und der Lunge ein badeschwammartiges Aussehen verleihen. F. Moser verteidigte gegen NARATH die These, daß in der Säugerlunge ausschließlich ein typisches. einschichtiges, hohes Cylinderepithel vorkommt. Von den Amphibien an aufwärts herrscht die Tendenz des Epithels, sich zu verdichten, unter Verschiebung der Zellkerne. Bei den Amphibien handelt es sich ausschließlich um Plattenepithel; bei den niederen Reptilien ist im cen- tralen Hohlraum ein Pflasterepithel, das bald zu einem Plattenepithel wird, während das hohe Cylinderepithel allein in den Knospen bei höheren Reptilien sogar schon im oberen Teil des centralen Kanals vorkommt; bei den Vögeln wird es erst im unteren Lungendrittel zum Pflasterepithel, bei den Säugern kleidet es das ganze Rohr aus. S Hurrıngtox [7] sah den Bronchialbaum von Hystrix eristata und Tazxidea americana als ursprünglich an. Er meinte, von diesem primär symmetrisch bilateral-hyparteriellen Typus ohne Bronchus cardiacus führe eine geschlossene Reihe der Arten: Canis fa- miliaris, Dieotyles torquatus, Myrmecophaga jubata, Auchenia glamo-pacos, Oebus capucinus niger zum vollständig symmetrisch bilateral-eparteriellen Typus von Phoca vitulina. Die Bronehialverteilung der rechten und linken Lunge sei mor- Ve R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 433 phologisch gleich. Wenn Asymmetrie vorkomme, hänge sie von einer vollstän- digen Trennung des rechten Truncus cephalicus in zwei Stücke und einer Wan- derung kopfwärts ab. Nicht die Arteria pulmonalis, sondern die Wanderung des Truneus cephalieus bedinge die Veränderung der Lunge. Die Lappenbil- dung hänge von einer ungleichen Beweglichkeit der verschiedenen Segmente der Thoraxwand, nicht vom Typus der Bronchialverteilung ab. Als Ergebnis der im Vorhergehenden kurz skizzierten wissen- schaftlichen Diskussion muß eigentlich die Aufhebung der von AEpY ausgesprochenen Sätze bezeichnet werden. Trotz der staunenswerten technischen Vollkommenheit in der Herstellung von Ausgüssen und Präparaten, die sowohl Arsy als NAarArH erreicht haben, ver- mochte -die Lehre von einer monopodischen Verzweigung oder die Einteilung der Bronchialäste in das eparterielle und hyparterielle Gebiet späterer Kritik nicht standzuhalten. Die im Jahre 1880 noch durchaus mangelhafte Kenntnis von der Entwicklungsgeschichte des Bronchialbaumes hat unterdessen eine genügende Erweiterung erfahren, aber andere Resultate erzielt, als Aesy erwartet hatte. Jedenfalls hat sich die Annahme der Monopodie in der Verästelung nicht bestätigt. Es wurde nur festgestellt, daß die Zweige allmäh- lich nacheinander entstehen. Der Versuch, im einzelnen Homologien zwischen den Zweigen der rechten und linken Lunge nachzuweisen, ist durch die Embryo- logie nicht gefördert worden. HARDIVILLER wagte zwar den Nach- weis einer wirklichen Symmetrie beider Lungen, indem er die An- lage eines rechten und linken eparteriellen Stammes beschrieb. Doch fand seine Annahme von anderer Seite keine Bestätigung. NARATH suchte nun das Problem dadurch zu lösen, daß er dem vordersten Zweige der rechten Lunge seinen besonderen Wert als eparteriellem Ast absprach und die zur Lungenspitze strebenden Zweige rechts und links einfach als apikale Äste bezeichnete. Wer jedoch an Präparaten die große Verschiedenheit dieser gleichnamigen Äste beobachtet, wird sich nicht befriedigt fühlen. Die Entwicklung der Katzenlunge. Bei dieser Sachlage schien der Versuch nicht aussiehtslos, ob sich durch embryologische Analyse ein tieferes Eindringen in das Ver- ständnis ermöglichen ließe. Ich folgte daher gern dem Rate meines Lehrers A. FLEISCHMANN und studierte unter seiner Aufsicht die frühen Entwicklungsstadien der Lunge bei der Hauskatze, welche von anderen Untersuchern nieht eingehend behandelt worden war. Die mit Boraxkarmin gefärbten, in Paraffin eingebetteten Em- 434 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. bryonen wurden zunächst zur Orientierung in der Medianebene, später senkrecht zur Wirbelsäule dorso-ventral geschnitten. Aus den mit dem Projektionsapparat gezeichneten und in Wachsplatten ausge- schnittenen Serien fertigte ich mehrere Modelle an, die teils den entodermalen Bronchialbaum, teils seinen mesodermalen Mantel dar- stellen. Ausgewählte Schnitte der Modellserien wurden zum besseren Verständnis beigegeben (Taf. XIII). Bronchialbaum der Katzenlunge, Ventralansicht nach Nararn. Vergr. 1/1. Bei all diesen Arbeiten fand ich gütig anleitende Unterstützung durch meinen Lehrer, Professor DR. A. FLEISCHMANN, der mich fünf Semester hindurch für entwieklungs-geschichtliche Studien in stets erhöhtem Maße begeisterte. Ich möchte nicht versäumen, auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank für seine Mühewaltung aus- zusprechen. Aus der Beschreibung der fertigen Katzenlungen von NARATH hebe ich folgende Punkte hervor. Dem schlanken Thorax der Katze R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 435 entspricht eine schlanke, lange Lungenform mit mächtig entwickel- ten, zu beiden Seiten der Trachea ziemlich weit hinaufreichenden Gebieten. Die reehte Lunge übertrifft die linke an Volumen. Das Obergeschoß ist vollständig vom Lungenstamm abgetrennt, der In- fraeardiallappen mächtig entwickelt und bleibt ganz frei. Die Stamm- bronehien treten unter spitzem Winkel auseinander und ihre Enden konvergieren wieder. Rechts kommen bis sieben, links bis sechs Seitenbronchien vor (Fig. 6). Aber nur die drei oder vier oberen sind stark entwickelt. Die tieferen nehmen rasch an Größe ab. Der erste rechte Ventralbronchus V, beansprucht als starker Zweig einen eigenen Lappen und endigt im vorderen Lungenpol. Die api- calen Bronchien Ap übertreffen die ersten Ventralbronchien. Der rechte apicale entsteht lateral vom obersten Stück des Stammbron- chus, der linke apicale entspringt stets vom ersten Ventralbronchus. Von den Ventral-Nebenbronchien übertrifft der Bronchus infracar- diacus J alle an Größe. Er erscheint so stark wie der erste ventrale Bronchus rechts. Links findet sich kein Analogon. Über die Lungenentwieklung der Hauskatze (Felis domestica) liegt neben zerstreuten Bemerkungen nur ein kurzer Bericht von NARATH vor [11b], und dieser betrifft nur einige Entwieklungsphasen: Die jüngsten Stadien bezogen sich auf Lungen, bei denen bereits die Trachea und die beiden primitiven Lungensäckchen entwickelt sind. Die Trachea erweitert sich allmählich gegen das untere Ende. Aus der Bifurkation gehen die beiden primitiven Lungensäckcehen hervor in fast querer Richtung (unter einem Winkel von beinahe 180°). Sie biegen sich dorsal ab, so daß sie den Ösophagus umgreifen. Das rechte Säckehen scheint etwas größer zu sein als das linke. Dann folgen Stadien, bei denen bereits das erste Stockwerk der Lunge angelegt ist. Rechts die Knospe des apikalen (eparteriellen), ersten ven- tralen und infracardialen Bronchus, links die Anlage des ersten ventralen (hyp- arteriellen) Bronchus. Die apikale Knospe entsteht dicht unter der Bifurkation latero-dorsal vom Stammbronchus, dann folgt mit lateralem Ursprung der erste Ventralbronchus und schließlich mit ventro-medialem Abgange der infracardiale Bronchus.. Der linke erste ventrale Bronchus entspringt vom Stammbronchus lateral. In welcher Reihenfolge und wie diese Bronchien entstehen, konnte NARATH nicht entscheiden. Alle Bronchien sind noch ohne Seitenknospen. Es kommen dann Stadien, bei denen das zweite Stockwerk bereits vorhanden ist. Bei einer Lunge sah man rechts und links die erste laterale Anlage des zweiten ventralen Bronchus, wie sie sich beim Kaninchen entwickelt. Bei einer zweiten Lunge bemerkte man dicht oberhalb die Vorwölbung der Knospe des zweiten Dorsalbronchus (Argy: D;), jedoch nur rechts, bei einer dritten Lunge beiderseits. Die Knospe von D; hing mit der Anlage des zweiten ventralen Bronchus zusammen. Alle übrigen Bronchien haben sich vergrößert. Der rechte apikale Bronchus biegt sich nach oben um gegen die Lungenspitze. Einen ganz ähnlichen Verlauf nimmt der linke 1. Ventralbronchus, indem sich auch sein Ende stark aufwärts gegen die Lungenspitze abbiegt. Später sieht man zwei 436 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Knospen: die eine setzt ungefähr die Richtung des Bronchus fort, die zweite wendet sich direkt nach oben. Der erste linke ventrale Bronchus zeigt also wie beim Kaninchen die erste Verästelung. Der infracardiale Bronchus sitzt am Stammbronchus an einer höheren Stelle als Ds. Bei einer Lunge mit drei Ventralbronchien beiderseits fehlte D3 links, während D3 rechts vorhanden war (dorsaler Abgang). Eine Lunge mit vier Ventralbronchien hatte rechts und links bereits einen 4. Dorsalbronchus (dorsaler Abgang). In den beiden letzten Sta- dien haben sich die beiden apikalen Bronchien stärker entwickelt und streben mit ihren Enden nach oben gegen die Lungenspitze. Der linke hat einen mehr dorsalen Ursprung von V}. Die Asymmetrie beider Lungenflügel ist eklatant, da der rechte den linken an Größe und Anzahl der Bronchien über- trifft. Die rechte Stammknospe steht tiefer als die linke. I. Felis domestica, Embryo 0,7 mm Sstl., Fig. ”—12, 37, 40. Das zur Auskleidung der später so außerordentlich voluminösen Lufträume in der Lunge notwendige Entodermepithel wird von einem bestimmten Bezirke des Pharynx der primitiven Darmanlage ab- segeben durch Teilung der Zellen und Bildung einer kleinen ven- tralen Ausbuchtung oder eines epithelialen Blindsackes. Dieser Bezirk ist zeitlebens als Kehltor, der Rand als Schloßhügel kenntlich. Der Blindsack ist vom Mesoderm der Schlundregion umgeben und wächst dicht unter dem entodermalen Ösophagusrohr durch das Mesoderm der Halsregion in die Länge. An seinem Blindende entstehen frühzeitig die gabeligen Knospen der beiden Lungensäcke und divergieren in das Mesoderm rechts und links von der Medianebene. Von der Leibeshöhle her betrachtet, gibt sich ihre Anwesenheit in zwei rundlichen Vorwölbungen der Cölomwand kund, die bald größer werden und die erste Anlage der Lungen vorstellen. Von einem solch jungen Stadium eines Katzenembryos habe ich Wachsrekonstruktionen hergestellt und zwar die entoder- malen und mesodermalen Teile in getrennten Stücken. Über das Aussehen des Mesodermmantels (Fig. 40) ist kein Wort zu verlieren. Er ist noch von sehr geringer Größe und entbehrt jeglicher Glie- derung. Der entodermale, recht unbeholfen geformte Kern der Lungenanlage dagegen läßt die Spuren der künftigen Komplikation erkennen (Fig. 37). Das Entodermrohr der Trachea entsendet in das Lungenmesoderm je einen rechten und linken Epitheigang von asymmetrischer Form und Größe und zwar übertrifft der rechte wesentlich den linken Gang. Jener steht fast senkrecht zur Trachea, dieser etwas schräg caudal. Der ins Mesoderm eingegrabene ento- dermale Teil der Lungenanlage erscheint nicht als einfaches Rohr; es ist vielmehr ein hohles Epithelgebilde von unregelmäßiger Ge- R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 437 stalt, vergleichbar einem Sacke mit einer vorderen Kammer und mehreren kleinen nach verschiedener Richtung eingestellten Ausbuch- tungen. Der Anblick des Modelles widerlegt die älteren Gedanken, daß die hohle Entodermmasse in der Lunge sich. verzweige. Die offenkundige Asymmetrie steht der Annahme einer dichotomischen Gabelung entgegen. Nicht einmal die von der Trachea abgehenden Hauptäste sind symmetrisch und das hohle Lungenentoderm hat weder zylindrische Gestalt, noch erhält es gleich einem Pflanzen- sproß in regelmäßigen Abständen Verdiekungen als Knospen künf- tiger Bronchialzweige. Das Zellmaterial für die später von Luft erfüllte Binnenhöhle ist vielmehr unregelmäßig gestaltet und bildet, wie Hıs treffend sagt, einen primären Lungensack mit unregel- mäßiger Binnenhöhle (Fig. 7—12). Seine Gestalt ist knorrig, seine Größe noch unbedeutend. Die unscheinbaren Seitenbuckel lassen schon jetzt die Lage und Richtung der späteren Seitenzweige ahnen. Hıs hat sie als fünf »primäre Knospen« und deren Endabschnitte als »sekundäre Knospen« bezeichnet, denen er das innere Stück der Anlage als »Wurzelrohr« gegenüberstellte..e. Den caudalen Bezirk nannte er »primäre Endknospe«, um anzudeuten, daß vorerst nur ein Teil des künftigen Bronchialsystems geschaffen ist. Schon in diesem jungen Stadium tritt die Asymmetrie der beiden Lungen, bzw. ihrer Entodermanlage markant hervor. Je weiter man die Ausbildung verfolgt, um so schärfer wird gerade diese Eigenschaft betont. Die entwieklungsgeschichtlichen Präparate zeigen also, daß die Lungen von vornherein asymmetrische Organe sind, und bestätigen das, was Braune 1886 über die Asymmetrie der Bronchialzweige ausgeführt hat. Die rechte Lunge ist an Volumen und Gewicht immer größer als die linke und der Bronchus rechts weiter als links; denn der zu jeder Lunge führende Bronchus hat einen so großen Querschnitt, daß dadurch die mechanischen Be- dingungen erfüllt sind, um die Lunge in einer gewissen Zeit und bei einer durchschnittlich konstanten Saugkraft zweckentsprechend zu ventilieren. Die schon jetzt sichtbare Asymmetrie bildet nach meiner Auf- fassung eine Schwierigkeit gegenüber dem Wunsche, die Haupt- bronchialzweige der rechten Seite mit denen der linken so unbe- denklich zu homologisieren, wie es frühere Autoren taten. Un- zweifelhaft herrscht wohl eine gewisse Ähnlichkeit zwischen der rechten und linken Lunge, aber sie erstreckt sich nicht auf die ein- zelnen Zweige und läßt sich nicht im besonderen nachweisen. Die 438 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. hier gegebene Asymmetrie ist: durch die asymmetrische, linksseitige Lage des Herzens verständlich. Dazu gesellt sich noch die asym- metrisch gelagerte Masse der Thymusdrüsen. Drei paarige Organe: Herz, Lunge und Thymus füllen den an und für sich symmetrisch gebauten Thorax aus, aber keines von ihnen ist wirklich symmetrisch durehgebildet. Je mehr das Säugetier wächst, um so schroffer tritt die Asymmetrie der rechten und linken Hälfte der Organe hervor. Das Lungenentoderm hat an vielen Stellen (Fig. 7—9) einen prismatisch abgeplatteten Querschnitt, liegt nahe der Medianebene und reicht bis zum caudalen Ende der Lunge. Der von der Trachea ausgehende Abschnitt des rechten Lungensackes (Fig. 7, 8) ist ziem- lich plump, dorsoventral abgeplattet, orocaudal breit. Er besitzt mehrere jetzt noch kurze, nach verschiedener Richtung schauende Divertikel. Oral wird ein dorso-lateraler Gang e mit einer kurzen oralen Ausbuchtung entsandt (Fig. 7, 8). Dahinter folgt eine eckige Lateralbucht m (Fig. 9) des in dieser Gegend transversal breiten Wurzelrohres. Eine dritte Aussackung ce (Fig. 11, 12) zieht ventral und etwas median. Der linke, schräg geneigte Lungensack bildet nahe der Trachea eine verhältnismäßig große, unförmliche Seiten- kammer a (Fig. 7”—9) mit einer dorsalen und lateralen Blindecke p; hinter derselben steigt er im Mesoderm dorsal (Fig. 10—12) und reicht als ein zylindrisches Epithelrohr % bis zum caudalen Lungenende. II. Felis domestica, Embryo 0,95 em Sstl., Fig. 13—17, 38, 41. Das embryonale Wachstum beseitigt die plumpe Form der ersten Anlage sehr rasch. Die mesodermalen (Fig. 41) und entodermalen (Fig. 38) Anteile der Lungenanlagen sind ungefähr auf das Doppelte vergrößert und zeigen schon mehrere Stellen mit kreisrundem Quer- schnitt, während andere Bezirke noch dorso-ventral abgeplattet und breit erscheinen (Fig. 13—17). Die Seitenbuckel sind ausgezogen und haben das Ansehen enger Gänge gewonnen. Infolge der Ver- längerung sieht das Rekonstruktionsmodell des Entoderms viel zier- licher aus. Es macht nicht mehr den Eindruck des ungefügen Sackes, sondern gemahnt bereits an die Gliederung eines Bronchial- baumes, wie er in den prächtigen Ausgüssen von AEBY und NARATH bekannt geworden ist. Der für das vorige Stadium zutreffende Ver- gleich mit einem Sacke hat jetzt seine Berechtigung verloren. Da die Ausbuchtungen in meßbar deutlichen Abständen voneinander stehen, tritt der Gegensatz zwischen den Seitenbuchten und den sterilen Abschnitten. des ursprünglichen Lungenentoderms schärfer R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 439 hervor. Man denkt beim Anblick des Modelles unwillkürlich an ein Gewächs und betrachtet die medialen Abschnitte als Stamm, dem rechts drei, links zwei größere Seitenäste entsprossen sind. Folgerichtig werden zuerst die größten Zweige angelegt, später treten kleinere hinzu; die größten sind lateral gerichtet, die kleinen schauen dorsal.e. An den Querschnitten kommt das Verhältnis nicht so klar wie beim Modell zum Ausdruck. Doch illustrieren sie (Fig. 13—17) die transversale Ausdehnung der Lungenmasse und ihre geringe dorso-ventrale Entfaltung. In der rechten Lunge (Fig. 38) geht gleich an der Gabelung der erste Seitenast e (Epibronchus) lateral ab, er hat schon ein kanalähnliches Aussehen. In kurzen Abständen folgen die nächsten Zweige. Hinter und parallel dem ersten steht ein zweiter Seitenast »» (Metabronchus), der aus der plumpen Ecke m des ersten Modelles entwickelt wurde. Caudal folgt ein kurzer, entgegengesetzt, d. h. schräg median gerichteter, hammerförmiger Auswuchs ce (Cardibronchus), der am ersten Modell als kleiner Höcker angedeutet war. Hinter ihm setzt sich die Epithel- wand als blindgeschlossener Gang A (Hypobronchus) bis zur Lungen- spitze fort. Der ganze Abschnitt } ist neu entstanden; er zeigt, wie stark die ganze Lungenanlage und ihr Entodermkern in die Länge gewachsen ist. In der linken Lunge hängt weiter entfernt von der Gabelungsstelle an dem stark dorso-ventral komprimierten Haupt- bronchus (Fig. 15) mittels eines Stieles der große Seitenzweig a, welcher zunächst noch kein kanalähnliches Aussehen hat, sondern ein dorso-oral gestrecktes Epithelbläschen von plumper Form vor- stell. Die gerundeten Blindecken an seinem entgegengesetzten oralen und caudalen Ende sind die Anlagen späterer, bald gut ent- wickelter Seitengänge. Der dahinterliegende Teil % des Haupt- rohres hat sich gegenüber dem ersten Modelle mächtig in die Länge gestreckt, fast auf das Dreifache, ohne eine besonders ausgesprochene Modellierung zu erfahren, obwohl schon kleine Unebenheiten der Wand die dort vorbereiteten Seitengänge andeuten. Die ungleichmäßige Anordnung der Seitenzweige prägt sich in der äußeren Gestalt durch die Lappung aus. Das Mesoderm ent- faltet sich, wie die Querschnitte (Fig. 13—17) zeigen, entsprechend dem lateralen Wachstum der Hauptzweige, um die sterilen Stellen des Hauptbronchus aber bleibt seine Vermehrung schwach. Daher existiert hier je ein Reifen niedrigen Mesoderms, während oral und caudal davon die Entodermzweige schirmartig zur Seite drängen und die Mesodermmasse, sowie die Außenfläche der Lunge vorwölben. Morpholog. Jahrbuch. 48. 29 440 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. III. Felis domestica, Embryo 1,37 cm Sstl., Fig. 18—28, 39, 42. In der Zeit, während die Körperlänge des Embryos von 1 em auf 1,37 cm Sstl. steigt, wächst die Lunge wieder fast um das Dop- pelte und gewinnt allmählich Ähnlichkeit mit dem definitiven Zu- stand. Das entodermale Hauptrohr ist freilich wenig in die Länge gewachsen. Man braucht nur die Figuren 38 u. 39 aufeinander- zulegen, um sich von der sonderbaren Tatsache zu überzeugen. Beim zweiten Modell maß es etwa 2 mm, hier 2,5 mm. Alle Bildungs- energie wurde eben zum Ausbau der Seitenzweige benützt. In der rechten Lunge (Fig. 39) geht nahe der Gabelung der quere Schen- kel e lateral ab, sendet einen langen Ast apical, einen kurzen Ast dorsal und eine kleine Spitze lateral. Dicht hinter dem Schenkel e liegt der zweite Ast m, welcher sehr stark schräg lateral verlängert ist. Infolge der Kompression in dorsoventraler Richtung erscheint er in der Vorderansicht der Photographie ziemlich breit. Kurze, dorsal schauende Aussackungen beleben seinen oralen vnd caudalen Rand. Weiter geht der mediale Ast c ab, mit einigen kleinen Buckeln an der oralen Kante und einer längeren Seitenausbuchtung der caudalen Seitenkante. Der zum caudalen Lungenrand strebende Abschnitt % hat zwei laterale, drei dorsale und zwei kurze, rein ventrale Aussackungen angelegt. In der linken Lunge geht nahe der trachealen Gabel der quere Schenkel « ab, um sich bald in einen apicalen und caudalen (p) Schenkel zu teilen, auch eine kurze, dorsale Aussackung (Fig. 22) ist bereits gebildet. Der hintere Ab- schnitt % des Hauptrohres ist etwas dorsal aufgekrümmt und durch zwei laterale, sowie zwei dorsale Nebengänge ausgezeichnet. IV. Schlußfolgerungen. Die aus dem kontinuierlichen Flusse der Embryonalentwicklung herausgegriffenen Momentbilder des Lungenbaues illustrieren die dem Organe angeborene Neigung zur Asymmetrie. Je weiter die Aus- bildung fortschreitet, um so mehr tritt eben diese Eigenschaft her- vor. Wie die rechte Lunge größer ist als die linke, so eilt die embryonale Entwicklung der rechten Lunge voraus. Der kleinere Raum, welcher der linken Lunge zur Verfügung steht, wirkt eben auch auf den Ausbau des Organes. und seinen Reichtum an Neben- zweigen. Indessen entfaltet die rechte Lunge ihren ersten und zweiten Seitenast in einem größeren Teile der Brusthöhle und sichert sich dadurch den Besitz des oberen und mittleren Lappens, der links nicht ausgebildet werden kann, weil die Thymus-Drüsen dem Vor- R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 441 dringen der Lungenspitze eine Grenze setzen. Überdies erlaubt die asymmetrische Lage des Herzens der rechten Lunge noch die Bil- dung des nur einseitig vorkommenden Cardiallappens. Ein beson- ders schlagendes Beispiel hat kürzlich WınıwArTer [16] vorgeführt. Die hochgradige Asymmetrie der Lungen des Maulwurfes zeigt sich schon in den ersten Stadien. Sie äußert sich nicht nur in der früh- zeitig einsetzenden Differenz von Größe und Form, sondern beson- ders in einer bedeutenden Verzögerung im Auftreten der einzelnen Bronchien der linken Seite. ZumstEin (17) hatte schon im Jahre 1900 mitgeteilt, daß die Anlage der linken Lunge, speziell des linken Bronchus sowohl in der frühesten Anlage, wie in der weiteren Ent- wicklung hinter dem rechten Bronchus zurückbleibt. Der erste rechte Bronchus weist schon mehrere Seitenäste auf, bevor der linke Bron- chus nur eine Andeutung von Verzweigung erkennen läßt. Angesichts der an den ausgewählten Querschnitten dargestellten Tatsachen scheint es mir geboten, die in den topographischen Ver- hältnissen begründete Asymmetrie der Lungen rückhaltlos zuzu- gestehen und von einer Homologisierung der Bronchialzweige abzusehen, zumal bisher kein einziger Versuch von Erfolg gekrönt war. Denn Azpgys Parallele zwischen dem linken Oberlappen und dem rechten Mittelgeschoß ist von NARATH, wie mir scheint, mit vollem Rechte verworfen worden. Aber die Gleichstellung, welche NARATH dem Apicallappen beider Seiten zugesprochen hat, verliert ebenfalls durch die offenkundige embryonale und anatomische Diffe- renz ihrer Bronchialäste die sachliche Berechtigung. Es wird immer vom subjektiven Urteil jedes einzelnen abhängen, ob er sich der einen oder der anderen Ansicht anschließen will. Darum möchte ich mir den Vorschlag erlauben, wir wollen resignierend den Tat- sachen Rechnung tragen und gar nicht mehr die Frage aufwerfen, welcher Lappen oder welcher Bronchus der einen Seite einem ander- seitigen Gebilde homolog sei. Diese Erwägung hat mich bei der Bezeichnung der Bronchialäste geleitet, welche ungewohnt anmuten mag, aber die dem Wunsche nach gleichartigen Benennungen für die Lungenbeschreibung entgegenstehenden Hindernisse unverhüllt erkennen läßt. Vielleicht findet sich später eine Lösung dieser Frage, vorderhand sehe ich keinen Weg dahin. Die von mir versuchs- weise eingeführten Termini sind gewählt auf Grund der Art, wie die Ausgestaltung der Lunge erfolgt, und charakterisieren die Lage der Zweige. Wie die Modelle und die Maße klar machen, wird zu- erst ein centraler Hohlraum in dem Lungenmesoderm angelegt, von 29* 442 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. dem neue Seitenräume in Form von Buckeln und Vorwölbungen hervorwachsen. Rechts sind vier, links zwei solcher Buckel angelegt, deren Lage durch Präpositionen einfach und ohne Präjudiz bezeichnet werden: In der rechten Lunge führt der vorderste Gang den Namen Epibronehus, der folgende heißt Metabronchus, der mediale Cardibronchus und caudal geht der später reich entwickelte Hypobronchus ab. Links sproßt der Anabronchus, der später einen caudalen Parabronchus abgibt, und caudal der Kata- bronehus. Dadurch ist der unleugbaren Eigenart der Bronchial- verästelung rechts und links Ausdruck gegeben, ohne daß ich der Interpretation AEgys folge, welche NARATH mit guten Gründen be- kämpft hat. Die entwicklungsgeschichtlichen Tatsachen liefern keinen Anhalt dafür, daß der vermeintliche eparterielle Bronchus in Wahr- heit ein auf den Bronchus ausgewanderter Zweig des hyparteriellen Astes sei; denn die frühzeitige Anlage und Entfaltung des Epibron- chus ist an den Modellen deutlich zu erkennen. Ebensogut ist der Stamm des Ana- und Parabronchus der linken Lunge embryonal als frühzeitige Individualität angelegt. Infolgedessen entbehrt die An- sicht von Hıs und RoBInson jeglicher Grundlage, daß beim Menschen und bei der Ratte der eparterielle Bronchus links durch einen vom ersten hyparteriellen Bronehus nach oben wachsenden Zweig ersetzt werde. Die Diskussion über den Verzweigungsmodus des Hauptbronchus ist im Sande verlaufen, obwohl Aegy Erfolg erntete, als er das sachlich unbegründete Vorurteil der dichotomischen Teilung zerstörte und die Behauptung aufstellte, daß der Hauptbronchus und seine Seitenäste sich monopodisch verzweigen. ArBy hat damals die Richtig- keit seiner Ansicht durch den Hinweis auf die Studien von KÜTTNER über das Wachstum der Lungen verstärkt, welcher im Jahre 1876 folgende Gedanken geäußert hatte: So deutlich in einer ausgewach- senen Lunge das Prinzip der Dichotomie ausgeprägt ist, so un- gerechtfertigt wäre es, auf ein dichotomisches Wachsen des embryo- nalen Epithelrohres, bzw. Bronchialbaumes, zu schließen. Das Wachsen ist monopodisch, d. h. das Epithelrohr. wächst an seinem Scheitel ungeteilt fort, während seitliche Sprossen am Stamm des- selben hervortreten und mit ihrer Längsachse zu der des erzeugenden Rohres rechtwinklig gestellt sind. Indem nun bestimmte Seiten- achsen bald nach ihrer Entstehung kräftiger wachsen, sich reich- licher verzweigen als die Hauptachse, wird der ursprünglich mono- podische Charakter verwischt; schließlich wird es schwer, in dem R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 443 vollendeten Bronchialbaum dessen monopodisches Wachsen wieder- zuerkennen. Hıs wandte ein, daß Arpys Gesetz zwar für die ersten Zweige gelte, aber nicht mehr zutreffe, sobald zahlreichere Äste entstanden seien; denn die Zweige kämen dem Stamm an Kaliber näher und erschienen dadurch gleichwertig. Wenn man unbefangen die seit- dem veröffentlichten Abbildungen der Lungenentwicklung von HARDI- VILLER, NARATH u. a. sowie die Figuren 37—39 betrachtet, sieht man überhaupt ein, wie wenig die Lehre der Monopodie auf Tat- sachen beruht. Das entodermale Lungenrohr ist kein Gebilde, das nach den für die Pflanzen gültigen Gesetzen entfaltet wird, sondern ein Epithelraum im wachsenden Tierkörper, dessen Luftfassungs- vermögen allmählich durch Bildung von Nebenräumen zunimmt. Die embryonalen Stadien lassen es mehr als zweifelhaft‘ erschei- nen, ob der Ausdruek »Bronchialbaum« glücklich gewählt ist, weil er immer wieder dazu verführt, die vor unseren Augen sich ent- wickelnden Vorgänge der Pflanzenwelt auf das Lungenwachstum zu übertragen. Dasselbe spielt sich aber nicht in der Weise ab, daß man darauf den Begriff »monopodisch« in der Definition Kürr- NERS anwenden könnte. Alle Rekonstruktionsmodelle zeigen die total andere Lage der primären Knospen, welche gar nicht in der vom Begriff geforderten regelmäßigen Reihenfolge, sondern in ganz verschiedener Entfernung von der Caudalspitze des Entodermrohres ungleichzeitig gebildet werden. Besonders schön ist dies an den Abbildungen von WINIWARTER zu sehen (16, Taf. 42, Fig. 3 u. 5), der ausdrücklich hervorhob: Als erster Bronchus entsteht beim Maul- wurf entgegen allen bisher untersuchten Tieren der infracardiale Bronchus, hierauf der erste ventrale und fast gleichzeitig der api- cale Bronchus. Erst wenn sich die Infracardialknospe fast von dem Stammbronchus abgegrenzt hat, entsteht auf der linken Seite die erste Ventralknospe. Dieselbe wächst so langsam, daß sie bald von dem zweiten Ventralbronchus der rechten Seite, welcher sich nur langsam entwickelt, überholt wird. Zum Zweck rationeller Beschreibung sind von Arsy und NA- RATH Systeme der Bronchialzweige ausgedacht worden. ArpY hat einen Hauptbronchus angenommen, alle seine Zweige der linken Lunge, sowie die meisten Äste der rechten Seite »hyparteriell« ge- nannt und ihnen einen symmetrischen Charakter beigemessen. Der vorderste Zweig der rechten Lunge schien ihm wegen der hoch- gradigen Asymmetrie und der Überkreuzung der Pulmonalarterie 444 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. ein Gebilde eigener Art, für welches er die Gruppe des »eparteriellen« Bronchus bildete. Hunrtin@ron (7) entwickelte 1898 eine sonderbare Ansicht über den Bronchialbaum. Von einer Erweiterung (Bulla) am unteren Ende der Trachea entspringen in den primitiven Lungen (Hystrix, Taxidea) rechts und links dichotomisch zwei primäre, hyp- arterielle, je zum vorderen und hinteren Lungenende ziehende Bron- chialstimme. Der Vorderstamm teilt sich wieder dichotomisch in einen apicalen und einen lateralen Zweig, der Hinterstamm in einen medialen und einen lateralen Zweig. Aus den vier sekundären Zweigen wachsen monopodisch die tertiären Zweige heraus. NARATH sprach der Arteria pulmonalis den maßgebenden Einfluß auf die Verästelung des Bronchialbaumes ab. Die Überkreuzung des Stamm- bronchus durch die Arterie habe nur insofern eine Bedeutung, als sie die -asymmetrische Verschiedenheit zwischen beiden Lungen um ein weiteres Moment bestätige. Er machte daher den Vor- schlag, die scharfe Wesenstrennung der Bronchialäste aufzuheben, die Bronchien einfach nach ihrer Reihenfolge am Stamm zu nume- rieren und die Hauptnamen entsprechend der ventralen bzw. dorsalen Richtung zu wählen. Den rechten eparteriellen Bronchus führte er als ersten stark entwickelten Dorsalbronchus ein. Dadurch gewann er den Vorteil, daß er einfache Formeln des Bronchialbaumes schrei- ben konnte. Obwohl die bequeme Brauchbarkeit der NARATHschen Einteilung außer Zweifel steht, mangelt ihr doch der streng morpho- logische Charakter. Die Zählung nach der räumlichen Folge ist ein am Beginn jeder wissenschaftlichen Untersuchung empfehlenswertes Mittel, um sich eine rasche Übersicht über eine Mannigfaltigkeit von Einzeldingen zu verschaffen, doch verzichtet man damit auf die feinere Gruppierung nach anderen Gesichtspunkten. Jedenfalls ist die Entwicklungsgeschichte des Bronchialbaumes in NARATHS Ein- teilung nicht ausgiebig berücksichtigt worden, was sich aus dem damaligen Stande der embryologischen Kenntnis leicht erklärt. Wenn man nun der Meinung beipflichtet, daß jenes frühe Sta- dium der Lunge, wo die zukünftigen Zweige eben erst gleich kleinen Buckeln angelegt sind, als Schema für die Einteilung der Bronchial- zweige dienen kann, ergibt sich eine neue, vielleichi noch prak- tischere Gruppierung desselben, indem gemäß den oben (S. 440, 441) stehenden Bemerkungen über die Asymmetrie jeder Lungenflügel für sich betrachtet wird. Die Annahme eines Stammbronchus wird aufgegeben und an seine Stelle das primitive, entodermale Lungen- vohr als centraler Abschnitt des später so reich verzweigten Systems R. Boeckh, I. Mammalia. Die Entwicklung der Säugerlunge. 445 (Fig. 37—39) gesetzt. Der rechten Lunge kommen vier, der linken zwei Knospen zu. Rechts wachsen: apieal der Epibronchus (eparterieller Br. Aeb., Apicalbr. oder I. Dorsalbr. Na.), lateral der Metabronchus (I. hyparterieller Ventralbr. Aeb., I. Ventralbr. Na.), medial der Cardibronchus (I. hypart. ventraler Nebenbronchus Aeb., ventraler Nebenbronchus des I. oder II. Ventralbronchus Na.), caudal der Hypobronchus (die übrigen hyparteriellen Ventral- und Dorsalbronchien Aeb., die übrigen Ventral- und Dorsalbronchien Na.) heraus. Links entstehen: lateral der Anabronchus (I. hypar- terieller Ventralbronchus Aeb., I. Ventralbronchus Na.), hinten der Katabronehus (die übrigen hyparteriellen Ventral- und Dorsal- bronchien Aeb., die übrigen Ventral- und Dorsalbronchien Na.). Der Anabronchus gibt sehr bald den Parabronchus als bedeutenden Nebenbronchus ab. Jeder dieser Hauptäste besitzt eine große Wachs- tumsenergie. Er wird zunächst zum eylindrischen Gang gestaltet und bildet im Laufe der Embryonalzeit eine sehr große Zahl von Nebengängen. Am reichsten entfaltet sich der Hypo- bzw. Kata- bronehus. Er erzeugt den größten Teil der als Ventral- und Dorsal- bronchien (AEBy, NARATH) bezeichneten Seitenäste. Schwach ist meist der Cardibronchus; die übrigen entwickeln sich teils stärker, teils schwächer, je nach der Art des Tieres, das gerade zur Beobach- tung gelangt. Diese Terminologie hat den Vorteil, daß sie der Eigenart der Hauptbronchialzweige, die natürlich im Präparate besser erkannt werden als an den besten Abbildungen, Rechnung trägt, während die einfache Numerierung immer eine gewisse Koordination vortäuscht und die Gruppierung in ventrale bzw. dorsale Bronchien die beson- dere Anordnung im Raume auch nicht erschöpft. Außerdem aber wird die Gliederung der Lungen in Lappen berücksichtigt, weil rechts der Epibronchus den Oberlappen, der Metabronchus den Mittellappen, der Cardibronchus den infracardialen, der Hypo- bronchus den Stammlappen, links der Ana- und Parabronchus den Vorderlappen, der Katabronchus den Hinterlappen versorgt. AEBY hatte eben unrecht mit der Behauptung, daß die Lappenbildung keine besondere Bedeutung habe und gegenüber der Bronchialver- zweigung ganz in den Hintergrund trete. Man kann den von AEBY geprägten Satz: »der Typus des Bronehialbaumes wird durch die Lappenbildung nicht berührt«, in das Gegenteil umkehren: »die Lungenlappen spiegeln die typischen Zweige desBronchial- baumes wieder!« 446 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Literaturverzeichnis. 1) CHur. Aepy, Der Bronchialbaum der Säugetiere u. des Menschen. Leipzig 1880. 2) J. L. BREMER, On the Lung of the Opossum. Amer. Journ. of Anatomy 1904. V. p. 67—73. 3) J. M. Frınt, The growth of the bronchial tree. Anat. Anzeiger 190. Bd. XXVIII. S. 272—286. 4) — The Development of the Lungs in the Pig. Anat. Anzeiger 1906. Bd. XXIX. S. 24—35. 5) D’HARDIVILLER, La ramification bronchique chez le lapin. Bibliographie anatomique Septembre-octobre 1896 et janvier-fevrier 1897. 5a) — Homologation des bronches chez le lapin. Bibliographie anatomique janvier-fevrier 1897. öb) —— Developpement de la ramifieation bronchique et bronches £part£rielles chez les Mammiferes. Comptes rendus. 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Buchstabenerklärung. a Anabronchus p Parabronchus e Cardibronchus t Trachea d Darm hl Hinterlappen e Epibronchus m! Mittellappen h Hypobronchus ol Oberlappen %k Katabronchus sl Stammlappen m Metabronchus vl Vorderlappen Fig. 7—36. Ausgewählte Querschnitte durch embryonale Katzenlungen verschie- dener Größe. Alle Schnitte sind so orientiert, daß die Ventralseite nach oben, die Dorsal- seite nach unten liegt. Fig. 7—12. Ausgewählte Schnitte durch die Lunge von Felis domestica. 0,7 cm Sstl. Abstand 7-8 = 80 u - 8-9 = 120 u - 9—10 = 160 u - 10—11 = 120 u . - 1—12= 8 u Fig. 13 bis 17. Ausgewählte Schnitte durch die Lunge von Felis domestica. 0,95 cm Sstl. Abstand 13—14 = 120 u - 14—15 = 120 u - 15—16 = 200 u - 16--17 = 260 u 448 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Fig. 18—28. Ausgewählte Schnitte durch die Lunge von Felis domestica. 1,37 cm Sstl. Abstand Fig. 23—36. Ausgewählte 2,0 cm Sstl. Abstand 18—19 = 200 u 19-20 = 80 u 20—21 = 80 u 21—22 = 120 u 2—23= 80 u 23—24—= 80 u 24—25 —= 120 u 25—26 = 120 u 26—27 = 160 u 27—28 — 160 u Schnitte durch 29—30 = 120 u 30—31 = 120 u 31—32 = 200 u 32—33 — 160 u 33 —34 = 120 u 34—35 = 280 u 35—36 = 280 u die Lunge von Felis domestica. Fig. 37—39. Modelle des entodermalen Lungenrohres. Ventralansicht (°0/,). Fig. 40—42. Modelle des mesodermalen Lungenrohres. Dorsalansicht (25/). Fig. 37 und 40. Felis dom. Fig. 38 und 41. Felis dom. Fig. 39 und 42. Felis dom. 0,7 cm Sstl. 0,95 cm Sstl. 1,37 cm Sstl. Il. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. Von Dr. Richard Mantel, cand. med. aus Staffelstein. Mit 5 Figuren im Text und Tafel XIV. Nahezu hundert Jahre sind verflossen, seit RATHKE die Entwick- lung der Vogellunge verfolgt hat. Bei der Lektüre der seither er- schienenen Abhandlungen drängt sich aber unwillkürlich die Über- zeugung auf, daß die Anatomie und Ontogenie der Vogellunge noch recht wenig Fühlung zueinander besitzen. Ein klares Bild, wie eigentlich die Architektur der pulmonalen Lufträume entsteht, ver- mag man aus den vorliegenden Schilderungen nicht zu gewinnen. Auch fehlen noch so gute Abbildungen, wie sie für die Säuger Aspy, Hıs, HARDVILLER, NARATH geliefert haben. Daher habe ich den Versuch gewagt, die embryonale Struktur der Vogellunge zu studieren, um den fertigen Zustand bereits in der frühen Anlage zu erkennen. Die Anregung zu der Arbeit gab mir Professor Dr. A. FLEISCH- MANN. Möge es mir an dieser Stelle gestattet sein, meinem Lehrer, der mich in das interessante Studium der Entwicklungsgeschichte und vergleichenden Anatomie eingeführt hat, meinen aufrichtigen Dank für seine unermüdliche Unterstützung und das wohlwollende Entgegenkommen auszusprechen. Das mir zur Verfügung stehende Material vom Huhn (Gallus domesticus) wie die kurze Zeit beschränkte mich auf die Unter- suchung von Embryonen der ersten zehn Bruttage. Zur Färbung wurde Boraxkarmin, zum Einbetten Paraffin gebraucht. Um die günstige Schnittriehtung zu gewährleisten, wurden sämtliche. Präpa- rate mit dem Zeichenapparat im Verhältnis 10:1 gezeichnet. Durch 450 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Aufeinanderlegen der Zeichnungen konnte bei durchfallendem Lichte die Sehnittriehtung auf jedes neue Objekt genau übertragen oder nach Belieben geändert werden. Mit Hilfe dieser Methode war es möglich, die Embryonen nach einem Prinzip in das Mikrotom zu spannen und es ist nicht verwunderlich, daß bei gleich alten Em- bryonen mit derselben Schnittrichtung Serien erzielt wurden, die in ihren einzelnen Höhen zum Verwechseln ähnlich waren. I. Historische Übersicht der Vorarbeiten. A. Die ältern und neuern Ansichten über die Struktur der Lunge. In der gegenwärtig herrschenden Lehre vom Lungenbaue der Vögel sind vielleicht mehr als in anderen Wissensgebieten die auf einer unzureichenden Technik gegründeten Ansichten tüchtiger For- scher vergangener Jahrzehnte enthalten. Es empfiehlt sich vorerst, eine gedrängte Übersicht derselben zu erwerben, damit erhelle, was von der Tradition ohne Schaden vergessen werden darf, und wo die neue Arbeit einzusetzen hat. Am Anfang des vorigen Jahrhunderts war von hervorragenden Anatomen (CUVIER, FRIEDEMANN, RATHKE) die Ansicht ausgesprochen worden, daß die Bronchien der Vögel sich ebenso teilen, wie bei Säugern und in den Lungenzellen blind endigen. RuDoLFI, CoLAS und Furp aber hatten Unähnlichkeiten gefunden. Um den Wider- spruch zu klären, führte A. Rerzıus im Jahre 1830 eine genaue Untersuchung (10) der Vogellunge aus und gelangte zu folgenden Ergebnissen: Die Luftröhrenäste treten in die Lunge nahe deren vorderem Ende. Dort werden die Knorpelringe unvollständiger und folgen der Röhre nur eine kleine Strecke weit an der inneren, dorsalen Seite; der übrige Teil jedes Luftröhren- astes bildet innerhalb der Lunge eine weite ovale Cavität, welche von einer Menge von Löchern durchbohrt ist. Aus dem unteren, äußeren Teile dieser Cavität führt eine der größten Kommunikationsöffnungen in die Luftzellen des Körpers. Im vordersten Teile der Cavität liegen zwischen den fünf bis sechs vordersten Knorpelbogen vier oder fünf ovale Öffnungen der größeren ober- flächlichen Luftröhren, welche an der inneren und unteren Seite der Lunge verlaufen. Hinter diesen befindet sich eine Reihe anderer (sieben bis neun) hinten kleiner werdender Öffnungen der oberflächlichen Luftröhren. Die von den größeren Löchern ausgehenden Luftröhren bilden folglich zwei verschiedene (eine nach der Rücken-, eine nach der Bauchseite gerichtete) Lagen. Mehrere der größeren Zweige laufen auch radiär. Die Luftröhren, welche von ihnen ausgehen, liegen teils oberflächlich, teils in der Tiefe. Die oberflächlichen gehen fast ringsherum in den Lungen nach allen Seiten. Die äußeren Wände aller oberflächlichen Röhren sind sehr dünn und durchsichtig. Die tieferen R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 451 Röhren, welche eylindrischen Pfeifen gleichen und die Lungen nach vielen Richtungen durchlaufen, sind fast gerade und untereinander parallel. Sie sind am zahlreichsten und öffnen sich so in die oberflächlichen Röhren, daß sie von der oberen Seite der Lungen nach der unteren laufen und seitwärts miteinander kommunizieren; infolge ihrer Wanddicke stehen sie immer offen. Die Luftröhren und Pfeifen endigen nirgends blind, sondern gehen ineinander über. Der Zweck dieser Organisation war vermutlich, die Inspiration und die Strömung der Luft durch die Röhren aus den Pfeifen zu erleichtern, was bei Tieren ohne vollstän- diges Zwerchfell und phrenische Nerven notwendig war. Anderseits muß der Aufenthalt der Luft in den Lungen eine längere Dauer erhalten als bei den Säugetieren, bei welchen sie geradeswegs in die Endzellen gehen soll. Da nun die Röhren und Pfeifen nirgends blind endigen, so entsteht die Frage: wo die Teile der Lunge liegen, in welchen die eingeatmete Luft direkt auf die Capillaren der Lungenarterie einwirken kann? Wo sind die Gebilde, welche den Lungenzellen der Säuger entsprechen? RETZIUS antwortete, sie können sich nirgends anders als in den Wänden der Luftröhrchen und Pfeifen selbst be- finden. Schneidet man diese auf, so findet man ihre Wände mit einem festen Netze kleiner Scheidewände, Höhlchen und Zellchen, meist von sechseckiger Form mit etwas hervorragenden Winkeln, bekleidet. In jeder Masche dieses Netzes entdeckt man ferner durch das Vergrößerungsgias ein feineres Netz mit noch feineren Öffnungen; diese führen endlich in die kurzen, fast sechsseitigen Räume, an denen sich die Capillaren der Lungenarterie ausbreiten. Die diekeren Wände der tiefen Pfeifen bestehen fast allein aus diesen Gebilden, welche nach innen durch ein feines Knorpelgerüst gehalten werden. RETZıus verglich die Struktur mit dem Bau der Lunge von Python bivitatus, die er ein Jahr vorher untersucht hatte. Bei Python sind die Lungenwände (ausgenommen die hinteren Enden) mit Luftzellen besetzt und diese in gewisse, den kleinen Lappen der Säugetierlungen entsprechende Abteilungen geschieden, welche an der Ober- fläche ein rautenähnliches Aussehen haben. Der Eingangsrand jeder Zelle ist von Knorpelmaschen gestützt, welche von den Rändern der rudimentären Bron- chialäste wie ein feines Knorpelnetz abgehen, deshalb seien sie den Mündungs- ringen in den Bronchien der Säugetiere analog. In den Winkeln der Maschen befinden sich kleine weiche Knorpelknötchen bis zur Größe eines Senfkornes. Jede Abteilung der Luftzellen ist durch dünne häutige Dissepimente von den anliegenden getrennt. Sieht man in die Öffnungen der Knorpelmaschen hinein, so erscheint wieder eine Menge von Dissepimenten und Öffnungen, welche noch kleinere in sich fassen. Letztere führen in die eigentlichen Luftzellen und ent- sprechen den feinsten Luftröhrenzweigen der Säugetiere. Die Anordnung der Luftzellen in der Schlangenlunge hat eine offenbare Ähnlichkeit mit den Vogel- lungen, wenngleich die letzteren bei flüchtigem Anblick mehr denen der Säuger gleichen. Der Unterschied liegt nur darin, daß die Vogellungen aus mehreren Röhren und Pfeifen, hingegen die Schlangenlungen aus einem oder zwei eylin- drischen Säcken bestehen. In beiden bekleiden die Zellen die Wände selbst, wes- halb er sie Wandzellen (Cellulae pulmonales parietales) nennen, hingegen den Säuge- tieren Endzellen (Cellulae terminales) zuerkennen möchte. Im Gegensatz zu den Säugetieren sind die massenhaften feinen Röhren der Vogellunge an der inneren Seite mit Luftzellen besetzt, welche netzförmig gestellt sind und sich gruppen- weise alle miteinander in die gemeinschaftlichen Röhren öffnen, so daß die Luft nicht durch feinere und immer feinere Äste geht, welehe an ihren Enden mit Zellen aufhören, sondern sie tritt in die Zellen, während sie an ihnen vorüber- 452 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. strömt und eine Röhre nach der anderen durchstreicht. Aus diesen Gründen urteilte REerzıus, die Lungen der Vögel stehen auf einer weit niedrigeren Bil- dnngsstufe als die der Säugetiere und bilden einen Übergang zu den noch ein- facheren Respirationsorganen der Amphibien. E. Weser (16) hat 1841 die Lungen unter der Luftpumpe luft- leer und durch Injektion mit erstarrender Masse den Verlauf der größeren Äste und Verzweigungen der Luftröhre samt den Luft- säcken sichtbar gemacht. Er sah jeden Hauptast des Bronchus ästige Zweige in ein mannigfach anastomosierendes, die ganze Lunge durchziehendes Röhrennetz abgeben und entdeckte die Finalzweige (Rami finales). Diese liegen in den Zwischenräumen jenes gröberen Röhrennetzes, das die Grundlage der Lungen bildet, entspringen aus den Wänden der Röhren und sind höchst enge, ästige, mit geschlossenen Enden aufhörende, röhrenförmige Anhänge, viel enger als die Finalzweige an den Lungen der Säugetiere. Die Überzeugung, daß die Ähnlichkeit des Lungenbaues in beiden Gruppen nicht so groß sei, als man zu Beginn des Jahr- hunderts angenommen hatte, herrschte nun längere Zeit unter den Gelehrten. EserrH hob ein paar Jahrzehnte später (1862) den Kon- trast scharf hervor und Fr. E. Schunze vertrat die gleiche An- sehauung. EBERTH (5) betonte die eigentümliche Anordnung der Bronchien wie der feineren Lufträume. Bei den Säugern zerfallen die Stämme gegen die Peripherie diehotomisch in immer feinere Reiser. Bei den Vögeln dagegen ist die Rami- fikation der Bronchien federförmig, indem sowohl der Haupt- wie der sekun- däre Stamm einseitig Zweige abgeben. Von dem sekundären Stamme gehen die letzten und feinsten Bronchien ab, die als parallel verlaufende, überall gleichstarke Cylinder das Parenchym durchsetzen. Die Ramifikation der Bron- chien ist sonach in der Vogellunge sehr beschränkt und erzeugt nie so feine Verästelungen wie in der Säugetierlunge. Um die feinsten Bronehien — die eigentlichen Lungenpfeifen — sitzen die Luftzellen und bilden mit jenen sechs- eckige, durch feine Septa voneinander getrennte Säulen. Eine isolierte Pfeife ist einem hohlen Cylinder vergleichbar, dessen Wände von vielen größeren rundlichen oder polygonalen Säcken durchbrochen werden, zwischen denen ver- schieden dicke Balken als Septa bleiben. Durch Injektion undurchsichtiger Massen (Chromblei) erkannte EBERTH von den Pfeifen nach auswärts tretende, sich teilende Kanäle, deren feinste Ramifikationen in kleine geschlossene An- schwellungen münden. Es schien ihm, als ob die Bronchialröhren mit kleinen Träubchen oder Bläschen besetzt wären, doch überzeugte er sich, daß die Bilder nur unvollständig injizierten Partien angehörten. F. E. Scuurze (15) gab in Srrickers Handbuch eine zwar kurze, doch sehr gute Zusammenfassung der damaligen Kenntnisse, gestützt auf sorgfältige eigene Analysen mikroskopischer Lungenpräparate. Der als geradlinige Fortsetzung des freien Bronchus jede Lunge von vorn nach hinten durchsetzende und schließlich mit weitem Ostium in den Abdo- R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 453 minalluftsack mündende Hauptluftgang gibt seitlich Bronchialröhren ab, welche mit ihren einfach fiederförmigen Seitenzweigen an der Oberfläche der Lunge hinziehen und zum Teil in Luftsäcke übergehen. Während von den an der Lungenoberfläche liegenden membranösen Wandteilen dieser Bronchien nur ein- fache, niedrige, glatte Septa nach innen vorspringen, welche maschenartig ver- Querschnitte durch Lungenpfeifen von Anas anser, nach Fr. E. Schurze. bunden alveoläre wabenfürmige Räume umgrenzen, gehen von allen dem Lungen- parenchym anliegenden Seiten derselben, sowie auch von einigen Seiten des Hauptluftganges unter rechtem Winkel die sog. Lungenpfeifen (Canaliculi aeriferi) ab, langgestreckte, auf dem Durchschnitt sechseckige Röhren, deren voluminöse Wandungen das eigentlich respirierende Gewebe enthalten und die Hauptmasse der ganzen Vogellunge ausmachen (Fig. 1). Sie ziehen parallel dicht neben- einander, indem sie anfangs geradlinig, dann mehr wellig oder geknickt ver- laufen, stehen aber vielfach in offener anastomotischer Verbindung. Ihr Binnen- lumen wird markiert durch die freien Innenränder starker membranöser Ring- 454 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. leisten, welche vielfach durch schräge Anastomosen ineinander übergehen, sich in ziemlich gleichen Abständen folgen und durch zahlreiche längsgerichtete dünnere Zwischensepta verbunden werden. So entsteht ein Maschenwerk, welches wabenartige Räume umschließt, deren Grund durch das die voluminöse Wan- dung der Pfeifen darstellende Parenchym gebildet wird. In dieses letztere hinein führen aus jeder solehen wabenartigen Seitennische einige senkrecht und radiär zur Längsachse der Pfeifen gerichtete Gänge, welche anfangs einfach und ge- rade, sich alsbald baumartig und zwar vorwiegend spitzwinklig diechotomisch verzweigen und schließlich in kleine Blindsäcke auslaufen, welche bei starker Füllung durch Injektionsmassen noch mit zahlreichen buckelförmigen Vortrei- bungen besetzt erscheinen. Zunächst wurde über die klare Schilderung von Fr. E. SCHULZE kein nennenswerter Fortschritt erzielt. Sie galt den späteren Be- arbeitern der Vogellunge als solide Grundlage und klang mehr oder minder deutlich in den Schriften von E. BAER und G. FIscHER wieder. E. BAER (2) entwarf z.B. folgendes Bild des feineren Lungenbaues. Die Wände sämtlicher Bronchialäste sind siebartig von einer Unmenge dichtstehender kleiner gleichweiter Öffnungen der sog. Lungenpfeifen (Parabronchia Huxley) durchbohrt, welche aus den Bronchialästen unter rechtem Winkel entspringen und in radiärer oder auch fiederförmiger bzw. einseitig kammförmiger Anord- nung unverzweigt bei ziemlich gleichbleibender Weite nach allen Richtungen der Lunge ziehen. Häufig von recht bedeutender Länge, verlaufen sie anfangs gerade, dann leicht geschlängelt und enden entweder blind oder führen in einen benachbarten Bronchus; einzelne sind durch schräge Anastomosen miteinander verbunden. Sie stellen verhältnismäßig diekwandige sechseckige oder polygo- nale Röhren vor. Ihre Waudungen werden von dem respiratorischen Lungen- parenchym selbst gebildet. Auf der Innenfläche der Kanäle bemerkt man in ziemlich regelmäßigen Abständen eine Menge nach innen schwach vorspringen- der Ringleisten, verbunden durch zahlreiche, meist längs verlaufende Scheide- wände. Beide zusammen bilden ein feinstes Fachwerk wabenähnlicher Nischen. In diese münden radiär zu den Lungenpfeifen selten einzeln, meist zu zwei oder drei vereint, die Ausführungsgänge der primären Lungenläppchen (Rami finales). Sie sind nach der Peripherie spitzwinklig, diechotomisch verästelt, da- bei leicht geschlängelt und enden in seitlichen oder terminalen Blindsäcken (Alveolen vom Durchmesser 6-10 «). Zwischen den Alveolen benachbarter Bronchien bestehen zahlreiche offene Kommunikationen. Infolge derselben und vor allem durch die offene Verbindung der einzelnen Lungenpfeifen kann die Atemluft nach jeder Richtung durchstreichen, ohne die großen Röhren zu pas- sieren; sie ist daher nicht, wie in den Säugetierlungen, gezwungen, bei der Ausatmung den gleichen Weg einzuhalten, den sie bei der Einatmung benutzt hatte. F. Supıxo (16) beschrieb 1898 die fiederige Konstitution der Vogelbronchien im Kontrast zur diehotomischen Teilung der Säuge- tiere. Der Hauptbronchus erweitert sich in der Lunge und dehnt sich gegen den hinteren Teil des äußeren Randes aus, wo er sich in zwei Äste gabelt, welche R. Mantel, U. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 455 sich frei nach außen öffnen. Vom Hauptbronchus gehen elf Sekundärzweige ab, vier von der inneren Seite (Bronchi diaphragm. Sappey) nach der unteren Lungenfläche und sieben von der äußeren Seite gegen die dorsale Oberfläche der Lunge (Bronchi costales Sappey). Die Sekundärbronchien geben beiderseitig eine Reihe von Tertiärbronchien ab, wie der Bart einer Feder, und diese senden ihrerseits die Bronchien vierter Ordnung oder Bronchioli ab. Sie enden mit einer leichten Anschwellung, die er als Lungenalveole bezeichnete. Die Vogel- Innge zeigt keine großen Alveolen (Pancere), noch ein unentwirrbares Netz kommunizierender Bronchioli (SAPPEY), vielmehr zahllose Bronchioli, deren jeder sich in eine kleine Alveole erweitert. Während bei den Säugetieren der Bron- ehiolus im Infundibulum endet, das zahlreiche Alveoli besitzt, hat bei den Vögeln jeder Bronchiolus eine eigene Alveole. E. Fischer (6) legte auf den Kontrast der Lungenstruktur be- sonderen Nachdruck. Während die Bronchien der Säugetierlunge sämtlich einen intrapulmonalen Verlauf einschlagen und rings von respiratorischem Lungengewebe umgeben werden, sind die Verhält- nisse in der Vogellunge entgegengesetzt geartet. Die dendritische Verästelungsweise der Säugetierlunge steht einem meist kammartigen oder fiederförmigen, radiären Verzweigungssystem in der Vogellunge gegenüber. Die größeren Bronchien überziehen vorzugsweise die Außenfläche der Lunge, die innere eigentliche Lungenmasse aber wird von zahlreichen, gleich- weiten Lungenpfeifen (Bronchi fistularii Fischer = Parabronchia Huxley, Canalieuli aeriferi Schulze) durchsetzt, welche von den intrapulmonalen Bron- chien allseitig, von den oberflächlich verstreichenden einseitig abgehen. Der Hauptbronchus selbst anastomosiert erst nach Erweiterung zum Vestibulum nur von seiner dorsalen Wand aus mit den Kanälen, seine mediale und ventrale Wand bleibt hingegen stets geschlossen. Unter rechtem Winkel ziehen die Lungenpfeifen meist parallel von außen-oben nach innen -unten. Sie bilden größtenteils die vermittelnden Kanäle zwischen der dorsalen und ventralen Lungenoberfläche, sowie die Verbindungsbrücken des hinteren medialen und distalen Lungenrandes und werden ungefähr in der Mitte der Lungensubstanz durch Seitengänge, die sämtlich in einer Ebene liegen und das Lumen der Pfeifen besitzen, miteinander vereinigt. Um das Lumen jeder Pfeife sind kurz gedrungene Bronchioli radiär angeordnet. Sie verästeln sich spitzwinklig dicho- tomisch und lösen sich allmählich in ein Lufteapillarnetz von zahlreichen gleich.- weiten Kanälen auf, welche mit den Blutcapillaren verflechten. Sämtliche Luft- wege anastomosieren miteinander. Blindsäcke oder Alveolen scheint die Vogel- lunge nicht zu besitzen. Die Lungenpfeifen pflegen rechtwinklig von ihrem Stamm abzugehen und meist gerade Bahnen einzuschlagen. Bei den feinsten Luftwegen bleibt die Säugetierlunge mit ihren geschlossenen alveolären Bil- dungen zurück hinter dem überaus fein verteilten Luftcapillarnetz der Vogel- lunge. Trotzdem haben sich wesentliche Homologien erhalten. Wie in der Säugetierlunge ist auch beim Vogel der ventrale Bronchialbezirk an Kaliber- größe dem dorsalen überlegen. A. OrpEL bestätigte in MERKEL-BONNETs Ergebnissen ke Ana- tomie und Entwicklungsgeschichte Bd. 15 (1905) die Existenz der Morpholog. Jahrbuch. . 48. 30 456 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. von FiscHER beschriebenen letzten Endräume der Luftwege. Die in seinem Lehrbuche der mikroskopischen Anatomie Bd. 6, Fig. 157 und 158 mit Er bezeichneten Räume sollen nicht mehr als Endräume gedeutet werden, sondern als Derivate der primären Atrien, von denen sich die Lufteapillaren abgegliedert haben. B. Die gröberen Lufträume in der Lunge. Tr. Huxtey (8) gab in dem Berichte über die Atemorgane von Apteryc im Jahre 1882 eine allgemeine Schilderung des Lungen- baues der Vögel und an Stelle der alten von ihm mit Recht ver- worfenen Nomenklatur eine bessere Terminologie der Lufträume. Dieselbe wurde von allen nachfolgenden Forschern angenommen und bildet heute noch die Grundlage unserer Kenntnisse. Deshalb mag ein kurzer Auszug hier folgen: Unmittelbar nach seinem Eintritt in die Lunge erweitert sich der Bronchus in das Vestibulum. Aus dem hinteren Ende desselben geht das Mesobron- chium zum oberen Ende des hinteren ventralen Lungenrandes (Ostium po- sterius des hinteren Abdominalluftsackes). In der Mitte seines Verlaufes gibt das Mesobronchium einen weiten Zweig ab, welcher rückwärts und nach unten zum hinteren ventralen Rande der Lunge zieht und sich durch ein weites Ostium in den Saccus intermedius posterior öffnet. Vier Entobronchien (Bronches diaphragmatiques Sappey) entspringen an weiten Öffnungen der Wand des Vesti- bulums. Das vierte ist am weitesten hinten, es geht meist direkt zum hinteren Ende der Lunge, endet blind und gibt nur von seiner ventralen Wand Äste ab. Das dritte Entobronchium zieht parallel mit dem zweiten und entsendet eine Zahl geschlossener Zweige an seiner dorsalen Seite, welche sich über die obere Facette verteilen. Dicht an seiner Wurzel im Bronchus zeigt es das weite Ostium für den Saccus intermedius anterior. Das zweite Entobronchium steigt direkt dorsal und verzweigt sich über die Mitte der oberen Facette. Ein weiterer Ast steigt zum subbronchialen Ostium. Das erste Entobronchium biegt sich scharf rund um den Eintritt des Bronchus und gibt von seiner konvexen Vorder- wand Äste zum vorderen Teil der oberen Facette und zur vorderen inneren Facette. Einer dieser Zweige geht vorwärts zum Ostium des präbronchialen Sackes, während das untere Ende des Stammes sich in das Subbronchialostium öffnet. So ist das Mesobronchium mit den hinteren Luftsäicken (Saccus abdc- minalis und intermedius posterior), das erste Entobronchium mit dem Saccus sub- bronchialis und praebronchialis, das dritte Entobronchium mit dem Saccus inter- medius anterior verbunden. Die letztgenannte Öffnung liegt dem Vestibulum . so nahe, daß man sagen könnte, sie liege direkt im Vestibulum. Das Meso- bronchium gibt zahlreiche (gewöhnlich sechs oder sieben) Ectobronchien ab, welche lateral und dorsal zur costalen Fläche der Lunge gerichtet sind. Die Wandbezirke der verschiedenen Bronchien und ihrer Äste, welche mit dem Lungenparenchym in Verbindung stehen, sind von kleinen runden Öffnungen durchbohrt. Diese führen in rechtwinklig zur Oberfläche der Bronchien gerich- tete, oft anastomosierende Parabronchien (Lungenpfeifen). In die Lumina der Pfeifen ragen transversale Ringfalten von glatten Muskeln in regelmäßigen R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 457 Zwischenräumen hinein. Die Abschnitte zwischen diesen Falten sind durch Schräg- oder Längsfalten in Fossae geteilt und diese durch schmälere Aus- buchtungen (Fossulae), welche sich in die intercapillären Luftgänge öffnen. Da die Schilderung, welche H. GApow (7) in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreiches von der Beschaffenheit der Vogel- lungen 1891 gab, einen nachhaltigen Einfluß auf die zoologische Welt und besonders alle später über das gleiche Gebiet arbeitenden Forscher gewonnen hat, lasse ich zunächst einen knappen Auszug seiner Beschreibung folgen: Die Bronchen treten medioventral an die Lungen; dadurch wird jede Lunge in einen vorderen oberen und in einen hinteren unteren größeren Abschnitt geteilt. Jeder Hauptluftgang (Mesobronchium) erstreckt sich vom Eintritt des Bronchus ziemlich gerade bis zum caudalen Lungenende und geht dort durch das weite Ostium posterius in den abdominalen Luftsack über. Das Meso- bronchium verliert die Knorpelringe sehr bald und wird daher ganz membranös; gleich nach dem Eintritt in die Lunge erweitert sich der Gang zum Vestibulum. Ungefähr in der Mitte seines Verlaufes sendet das Mesobronchium einen weiten Gang zum ventralen Hinterende der Lunge, wo er durch das Ostium inter- medium posterius in einen Luftsack fübrt. Außerdem gehen vom Mesobron- ehium Eetobronchien und Entobronchien aus; distal vom Vestibulum entspringen nacheinander ungefähr sechs Ectobronchien, um in lateraler und dorsaler Rich- tung zur Lungenoberfliche zu ziehen. Aus der Dorsalwand des Vestibulums entspringen mit weiten Öffnungen vier Entobronchien. Das erste Entobron- chium biegt scharf um die Wurzel des Hauptbronchus und gibt von seiner vor- wärts gekehrten Krümmung mehrere Zweige zum vorderen oder oberen Ab- schnitt der Lunge; einer derselben öffnet sich durch das Ostium praebronchiale in den gleichnamigen Luftsack; das distale Ende des Ganges führt unterhalb des Bronchus in das Ostinum subbronchiale. Das zweite Entobronchium ver- zweigt sich im dorsalen Teile der Lunge und sendet einen Zweig abwärts, der sich im Ostium subbronchiale öffnet, also mit den vorigen kommuniziert. Das dritte Entobronchium läuft rückwärts, gibt Zweige zur dorsalen Lungengegend ab und hat ein Ostium intermedium anterius dicht neben der Wurzel des Haupt- bronchus. Das vierte Entobronchium zieht rückwärts und endet blind, nach- dem es ventrale Zweige abgeschickt hat. Alle Entobronchien geben in feder- förmiger Anordnung kleinere Parabronchien ab, welche zur Oberfläche der Lungen gehen und dort blind endigen. Ihre Eingänge sind wie die Öffnungen der Luftsäcke durch Knorpelbogen gestützt. Mit der anhängenden Gewebs- masse ist die einzelne Pfeife im Querschnitt meistens hexagonal; ihr Lumen kann mit den benachbarten Pfeifen anastomosieren, so daß die Luft ohne Ver- mittlung der größeren Röhren und der Bronchien aus einem Teile der Lunge in einen anderen gelangen kann. In das Lumen der Pfeifen springen ringförmige Leisten vor, die durch netzförmige bindegewebige Verbindungen und durch glatte Muskelfasern ein wabenförmiges Maschenwerk bilden. Die ziemlich dieken Wände der Pfeifen bilden die Hauptmasse der Lunge. Sie bestehen aus dem eigentlichen respiratorischen Gewebe. Aus jeder Wabe erstrecken sich nämlich feinste Röhrchen (Canaliculi aeriferi), zunächst rechtwinklig und gerade, dann wellig gebogen und diehotomisch, zuletzt traubig anschwellend, so daß die Wand 30* 458 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. der Pfeife schwammig wird. Die Anschwellungen entsprechen den Alveolen der Säugetiere. Dureh eine Preisaufgabe der naturwissenschaftlichen Fakultät zu Tübingen angeregt, untersuchte M. BAEr (2) im Jahre 1896 die Atmung der Vögel und gab zur Einleitung seiner Studie eine Über- sicht über den Bau der Lungen. Nach seiner Auffassung erweitern sich die Hauptbronchien unmittelbar nach dem Eintritte in die Lunge zu je einem ampullenförmigen Vestibulum und verlieren die Knorpelringe fast vollständig. Auf der dorsalen Wand des Vesti- bulums entspringen vier Entobronchien, auf der dorsalen Wand des Mesobron- chium sieben bis zehn Eetobronchien nahe nebeneinander, so daß ihre Wurzel- stellen nur durch schmale Brücken getrennt sind. Das erste Entobronchium öffnet sich in den interelavieulären Luftsack durch das Ostium elavieulare. Ein größerer Zweig desselben zieht zur Lungenspitze an das Ostium des cervicalen Luftsackes. Das kurze zweite Entobronchium verzweigt sich im dorsalen Teil der Lunge und sendet häufig auch einen Zweig zum Ostium cervicale. Das kurze dritte Entobronchium führt am Ostium intermedium anterius in den vorderen diaphragmatischen Luftsack, gibt Zweige an die mittlere dorsale . Lungenpartie, zuweilen auch einen Kanal zum clavieularen Sack ab. Das vierte Entobronehium und sämtliche Eetobronchien sind ausschließlich für die Lungen bestimmt und ohne Verbindung mit Luftsäcken. Sämtliche Bronchialzweige sind verhältnismäßig weit, dünnhäutig und sehr innig mit dem Lungenparenchym verbunden. Die Fünfzahl der Ostien ist allerdings nicht beständig, weil gleich- zeitig mehrere pulmonale Zugänge in einen Luftsack führen können. Jenseits des Vestibulums teilt sich der Hauptbronchus in einen dorsalen inneren Kanal (Mesobronchium), welcher ebensoweit wie der Hauptbronchus gleichsam dessen gerade Fortsetzung zum abdominalen Luftsacke am inneren hinteren Lungen- winkel bildet, und in einen ventralen äußeren Kanal, welcher enger und kürzer als das Mesobronchium, etwas ventral und lateral von demselben gegen den äußeren Lungenrand zieht, den er gewöhnlich nicht erreicht, um am Ostium intermedium posterius in den hinteren diaphragmatischen Luftsack überzugehen. Sämtliche Eetobronchien und die nicht in Luftsäcke führenden Entobronchien ziehen in leicht geschlängeltem Verlauf unmittelbar nach der Lungenoberfläche und zwar entweder vollständig ungeteilt oder etwa im letzten Drittel ihrer ganzen Länge in zwei, höchstens drei gleichwertige Äste zerfallend. Hierbei verlieren sie allmählich ihre an sich schon dünnhäutige Wand, so daß sie von Lungenparenchym fast unmittelbar begrenzt, nichts anderes als große Lücken darstellen. Unter Leitung von BOETHER in Hannover untersuchte GUIDO , FISCHER (6) im Jahre 1905 den feineren Bau der Vogellunge, ohne den groben Bronchialverlauf außer acht zu lassen. Nach Injektions- präparaten entwarf er in Bild und Wort folgende Schilderung des Bronchialsystems: Der Bronchialbaum ist in einen unteren ventralen und oberen dorsalen Bezirk geschieden; denn von dem Hauptbronchus = Mesobronchium gehen 2 Bronchialbezirke aus, der ventrale auf der Innenfläche, der dorsale auf R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 459 der Außenfliche. Der Ventralbezirk ist sehr regelmäßig, aber großkalibrig und enthält stets 8 größere Luftwege. Der aus der Bifurkation der Trachea hervorgehende Hauptbronchus (Meso- bronehium Huxley) tritt jederseits an der ventralen Fläche in die Lunge ein und erweitert sich ampullenartig zu einem Vestibulum, von dem mehrere Bronchien abzweigen. Das Mesobronchium gibt kurz nach seinem Eintritt in die Lunge noch vor dem Vestibulum aus seiner medio-dorsalen Wand den 1. Ventralbronchus ab (Bronchus elavieularis — Entobronchium Gadow), weleher durch reiche Verzweigung das vordere ventrale Lungengebiet be- herrscht; er biegt bald nach seinem Ursprung in kurzer nach dem lateralen Rande gerichteter Kurve um die Wurzel des Mesobronchium sowie um die lateral davon ziehende Pulmonalis und schickt seine Zweige über den eranialen und lateralen Rand hinweg nach der dorsalen Oberfläche. Vermittels des lateral von der Wurzel des Mesobronchium befindlichen Ostium elavieulare versorgt er den gleichnamigen Luftsack und setzt seinen bogenförmigen Lauf rings um den Stammbronchus bis hinter denselben und die hier verstreichende Vena pulmo- nalis fort. Knapp vor der Lungenmitte endigt er mit einem kräftigen, nach dem lateralen Rand verästelten Zweig, der noch an seiner Abgangsstelle durch eine schmale Öffnung mit dem vorderen diaphragmatischen Luftsack in Verbin- dung steht. Der Hauptast (Bronchus cervicalis) des ersten Ventralbronchus setzt die anfänglich gerade Richtung seines Mutterstammes bis zur vorderen Lungenspitze fort und mindet kurz vor derselben in den Saccus cerviealis. Von der medio-dorsalen Wand des Mesobronchium etwas oberhalb von den vorigen entspringen gemeinsam, aber bald divergierend, der Bronchus elavi- eularis dorsalis (= 2. Entobronchium) und der von FISCHER neu unterschie- dene Bronchus medialis. Ersterer durchdringt genau parallel zu dem unter ihm ziehenden Bronchus elavieularis die innere Lungensubstanz, verästelt sich in derselben und gibt auch Zweige an den elavieularen Luftsack ab. Der Medial- bronchus strebt geraden Weges zum medialen Rand, über den hinweg er seine Zweige dorsal sendet. Oberhalb des Ausgangspunktes dieser Luftwege, etwas mehr lateral als dorsal, geht der Bronchus diaphragmaticus anterior (= 3. Entobronchium) zur hinteren medialen Ventralfliche hinab, um in den vorderen diaphragmatischen Luftsack zu münden. Nach Abgabe dieser Kanäle dehnt sich der Hauptbronchus zum Vestibulum aus, das verschiedene kräf- tige, ausschließlich zur Ventilation der Lunge selbst bestimmte Äste entsendet. Von der unteren dorso-medialen Wand zieht der Bronchus eaudalis (= 4. Entobronchium), weitaus der gewaltigste ventrale Stamm, längs des medialen Randes zum hinteren und mittleren Lungenende. Sein Lumen verengt sich allmählich, bis er sich in seine Ästehen auflöst. Medial sendet er mehrere parallel nach dem oberen dorsalen Rand aufsteigende und sich weiter verzwei- gende Kanäle ab, die nach dem Ende ihres Mutterbronchus entsprechend kleiner werden. Distal entspringt nur ein kräftiger von FISCHER neu unteıschiedener Bronchus lateralis. Unmittelbar nach seinem Ursprung gabelt er sich in zwei Stämmchen; der vordere läuft leicht gebogen hinter dem Mesobronchium und der Vena pulmonalis schräg nach außen und vorn, während der kintere parallel zum Caudalbronchus mit seinen lateral abgehenden Gängen die weitere Ver- sorgung des hinteren ventralen Lungenabschnittes übernimmt. Aus der medio- dorsalen Wand der intrapulmonalen Portion des Mesobronchiums gehen 6—10 fast gleichweite meist parallel verlaufende Bronchi dorsales zur dor- salen Lungenfläche. Sie füllen die mediale Lungenhälfte aus und besitzen ein 460 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. kleineres Kaliber als die dorsalen Zweige. Die beiden obersten entspringen vom Vestibulum selbst, die nachfolgenden vom Hauptbronchus. Auf der dorso- lateralen Lungenhälfte anastomosieren die aus dem Lungeninneren hervortreten- den Lungenpfeifen sowohl unter sich als mit sämtlichen umliegenden Bronchien. Unter allmählichem Verlust der Knorpelringe durchzieht das Mesobronehium die Lungensubstanz, um am hinteren lateralen Rande mit weiter Öffnung in den abdominalen Luftsack überzugehen. Der Hauptstamm entsendet verschiedene dorsal und ventral gerichtete Äste und teilt sich etwa zu Anfang seines zweiten Drittels in einen dorsal fortziehenden und in einen ventral absteigenden sehr kurzen, aber verhältnismäßig weiten Bronchus diaphragmatieus posterior, weleher die Luft durch das geräumige Ostium intermedium poste- rius in den hinteren diaphragmatischen Luftsack führt. Ü. GEGENBAUR vertrat in seinem letzten Werke über die ver- gleichende Anatomie der Wirbeltiere 1901 eine von den bisher be- sprochenen Gedanken abweichende Ansicht, indem er sich auf die älteren Untersuchungen von Rerzıus, SAPPEY und SELENKA stützte. Der an der ventralen Fläche jeder Lunge eintretende Bronchus setzt sich unter allmählichem Verluste der Knorpelringe in den lateral zum distalen Lungen- rande verlaufenden, allmählich an Umfang abnehmenden Hauptbronchus fort (Fig. 2). Die von ihm in die Lunge abgezweigten Kanäle verlassen denselben als reihenweise Öffnungen, von denen die größeren in zwei Gruppen A und B ange- ordnet sind. Eine Reihe A von vier Öff- nungen liegt proximal an der medialen Seite des Bronchus, eine zweite Reihe folgt distal mehr an der lateralen Seite. Aus der ersten Reihe entspringen vier Bronchien, die sich sämtlich an der ventralen Lungenfläche in divergentem Verlaufe verzweigen (Bronchi divergentes, Bronches diaphragmatiques Sappey). Diese Bronchien, welche ventral ihre Verbreitung nehmen, bieten in dieser Verteilung ziemlich regelmäßige Zustände. Die Äste des ersten Bronchus treten in drei Richtungen auseinander, ein Ast geht lateral, ein zweiter nach der Spitze der Lunge, ein dritter zum medialen Rand. Der letzte Ast kann auch den zweiten Bronchus dieser Gruppe vertreten, welcher in der Regel nır laterale Verzweigung besitzt. Der dritte Bron- Mediale Fläche der Lunge von Anas anser, chus begibt sich längs der ventralen Lungen- nach GEGEXBAUR. flächezum Hinterrande der Lunge und schickt eine ReihevonZweigenzum medialen Lungen- vande. Lateral vom dritten und parallel mit ihm verläuft der vierte schwächste, welcher viele, aber dünne Zweige nach dem lateralen Lungenrande abgibt. Von der zweiten Reihe (B) lateraler Öffnungen des Stammbronchus, die an Umfang terminal abnehmen, gehen in der Regel 7 Bronchien hervor, welche sich zur dorsalen Oberfläche der Lunge begeben und hier an der medialen Lungenwand R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 461 verzweigen (»Bronches costales« Sappey), der oberste mächtigste auch zur Spitze der Lunge. Sie nehmen zur Ausbreitung auf der dorsalen Lungenfläche eine etwas divergente Bahn und entsenden wieder Reihen von Zweigen. Ihr Gebiet nimmt vom ersten zum letzten an Umfang ab. Außer diesen größeren Bron- chien gehen vom Stammbronchus noch zahlreiche kleinere ab, die sich direkt in die Lungensubstanz einsenken, ohne vorher oberflächliehe Bahnen einzu- schlagen. In diesem Verhalten der Bronchialverteilung prägt sich das Typische der Vogellunge aus. Während an der der Oberfläche zugekehrten Seite aller Bronchien nur eine alveoläre Beschaffenheit der Wandung besteht und dadurch an Zustände der Reptilien erinnert wird, gehen von den der Lunge angelagerten Flächen rechtwinklig die dichtstehenden Lungenpfeifen (Parabronchia Huxley) ab. Solche entspringen auch direkt vom Stammbronchus an einer siebförmig durchbrochenen Stelle, welche lateral von der Mündungsreihe der hinteren Bron- chien liegt. Die Lungenpfeifen bilden die Hauptmasse der Lungensubstanz. Es sind fast gerade verlaufende Röhren, die auch miteinander kommunizieren können, und deren Wandungen auf dem Querschnitte als sechsseitige Felder sich gegeneinander abgrenzen (Fig. 1). Das eylindrische Lumen der Röhre ist von einer dieken Wandschieht umgeben und entsendet in diese überaus zahl- reiche radiäre Kanälchen, die auf dem Wege zur Peripherie der Wandschicht sich in verschiedener Art verzweigen und in diesen Verzweigungen alveolär ge- buchtet sind. Die terminalen Blindsäckchen sind die Enden der Luftwege in den Lungen. An ihnen verteilt sich das respiratorische Capillarnetz. In der Anlage der Lunge stellt sich die Entstehung der vom primordialen Bronchus abgezweig- ten Bronchien durch Sprossung dar. Aber nur ein Teil dieser Bronchial- sprossen hält sich in dem Umfange der Lunge. Eine bestimmte Anzahl von Bronchien, bzw. von deren Anlagen wächst über die Peripherie der Lunge und zwar an deren freier Vorderfläche hinaus und gewinnt, allmählich hohl werdend und durch die Kommunikation mit der Lunge mit Luft sich füllend, neue Be- ziehungen. Diese Sprosse werden zu luftführenden Räumen, welche teils in die Leibeshöhle sich entfaltend Eingeweide umhillen, teils über das Cölom hinaus in Skeletteile sich fortsetzen oder subkutane Verbreitung nehmen. Auffallenderweise fanden die Gedanken, welche CHr. Arpy (1) über die Lungenstruktur der Vögel 1881 geäußert hat, in den bis- her besprochenen Aufsätzen keine Berücksichtigung, obwohl Aksy sich dureh seine sorgfältige Analyse der Luftwege in den Säuger- lungen einen Namen gemacht und die Studien auf dem Gebiete der menschlichen und Veterinäranatomie nachhaltig beeinflußt hatte. Nur der Anatom ZumstEın in Marburg hat sich auf Argys Ideen be- zogen. Die überraschend einheitliche Entwicklung des Bronchial- baumes der Säugetiere hatte Argy die Frage nahe gerückt, ob ihr nicht eine noch allgemeinere Bedeutung zukomme; daher unter- suchte er Metallausgüsse von Vogellungen und erklärte, seine Aus- führungen über die Säugerlunge bestätigend: Von einer dichotomischen Teilung weiß der Bronchialbaum der Vögel noch weniger etwas, als derjenige der Säugetiere. Der Stammbronchus (Fig. 3) geht fast geradlinig bis an das freie Ende der Lunge. Dabei kreuzt sein oberer Abschnitt 462 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. sich gleiehfalls mit der Lungenarterie P. Eparterieller (4) und hyparterieller (B) Abschnitt entsenden Seitenbronchien, jedoch in auffallendem Gegensatz zu Säuge- tieren, nach verschiedenen Richtungen. Die hyparteriellen (DB) gehen zur Außen- seite, die eparteriellen (A) zur Innenseite der Lunge, so daß ihre Substanz zwischen beide zu liegen kommt. Das hyparterielle System stimmt in allen wesentlichen Fig. 3. lmlAnınnmmN? alu IE 752 DU" Rechter Bronchialbaum eines Vogels, nach Car. Argr. P Lungenarterie, A eparterielles, B hyparterielles System, d dorsale, v ventrale Zweige. Punkten mit demjenigen der Säugetiere überein. Zwei Längsreihen von Seiten- ästen wachsen in entgegengesetzter Richtung aus dem Stammbronchus hervor, um sich in windschiefer Ebene von oben vorn nach hinten unten an die Außen- seite der Lunge anzulehnen. Die hinteren oder äußeren Äste übertreffen die vorderen oder inneren bedeutend an Länge. In höchst eigenartiger, von der Regel bei Säugetieren abweichender Form tritt das eparterielle System (A) auf, dessen Zweige weniger zahlreich als im hyparteriellen System und niemals zu einer Doppelreihe, sondern zu einfacher Längsreihe geordnet sind. Die Zahl 4 scheint typisch zu sein. Die drei unteren eparteriellen Zweige halten sich ausschließ- R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 463 lich an die Innenfläche der Lunge; der oberste wird dadurch eigenartig, daß er gleich nach seinem Ursprunge in hakenförmiger Krümmung einen einfachen Seitenast um die Außenseite des Stammbronchus herum und über den Arterien- stamm hinweg nach vorn in das Gebiet des hyparteriellen Systems schickt und sich somit gleich dem einfachen eparteriellen Bronchus der Säugetiere in dor- saler wie ventraler Richtung verästelt. Bei gleicher Entwicklung reichen beide bis an das andere Ende der Lunge; sie liegen dicht nebeneinander und lassen nach entgegengesetzten Seiten zahlreiche, einander parallele Seitenzweige spitz- winkelig hervortreten. Der vierte Bronchus ist klein, unansehnlich und offenbar in starker Rückbildung begriffen. Das eparterielle System (4) kommt dem hyp- arteriellen nach seiner peripheren Raumentwicklung mindestens gleich. Die Anlage beider Systeme ist in der Vogellunge entschieden schärfer ausgeprägt als bei Säugern. Der charakteristische Unterschied zwischen dem Bronchial- baum beider Klassen liegt also vornehmlich in der Ausbildung des eparteriellen Bezirks. Bei den Vögeln enthält er noch Elemente, die bei den Säugern spur- los verschwunden sind. Günstigsten Falles halten die Säugetiere den obersten der eparteriellen Zweige, wie sie bei Vögeln vorkommen, fest, doch ist sein Hauptgewicht statt auf die dorsale auf die ventrale Seite verlegt. Jetzt ver- liert seine Eigenart viel von ihrem Rätselhaften. Der Herkunft nach ist er eben von den übrigen Seitenbronchien verschieden. Mit ihm geht das letzte Überbleibsel einer untergegangenen Generation zu Grabe. Sein Verschwinden ist der Schlußakt eines Vorganges, der bei den Vögeln eingeleitet wird. Diesen Erfahrungen gegenüber kann es keinen Augenblick zweifelhaft sein, daß das Vorkommen eparterieller Zweige bei Säugetieren als ein Kennzeichen der pri- mären, ihr teilweises oder vollständiges Fehlen als das Merkmal einer sekundären, durch fortschreitende Differenzierung entstandenen Form zu deuten sei. Mit der Rückbildung des eparteriellen Systems bei den Säugetieren vollzieht sich noch eine andere Änderung. Das hyparterielle System der Vögel liegt so, daß es den Lungenkörper von vorn und von außen umfaßt. Bei den Säugetieren hat es sich mit dem Stammbronchus um dessen Achse derart nach vorn und innen gedreht, daß die Hauptmasse der Lunge an seiner Außenseite liegt. Seine bisher nach hinten gerichteten längeren Zweige wenden sich jetzt ventral nach vorn und seine bisher vorderen werden hintere oder dorsale Äste. Gleichzeitig wächst die Lungensubstanz über sie hinweg und drängt sie in die Tiefe, doch nicht so sehr, daß sie auf die oberflächliche Lage verzichten müßten. Die bei Vögeln äußere Seite der Lunge ist bei Säugetieren zur inneren geworden und das hyparterielle Astsystem in die Ebene des eparteriellen verschoben. Die aus- gesprochene Zweiteilung des Bronchialbaumes der Vögel ist bei den Säuge- tieren daher fast völlig verschwunden. J. Zumstein (18) erklärte 1892 nach neuen Korrosionspräparaten die Darstellung Argys über die Abgabe der Hauptäste aus dem Stammbronchus und die Unterscheidung der beiden gleichwertigen hyparteriellen und eparteriellen Systeme im allgemeinen für richtig. Das hyparterielle System der Bronchien ist an die laterale Seite gerückt und die Bronchien erstrecken sich dorsal. Die eparteriellen Bronchien liegen an der me- dialen Seite der Lungen. Es sind aber Schwankungen von einer Species zur anderen vorhanden. Die Seitenbronchien sind nieht unabhängig, sondern kom- munizieren vielfach miteinander. Die feinere Verästelung des Bronchialbaumes 464 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. zeigt nicht den acinös-alveolären Bau der Säuger, sondern ein Röhrensystem. Die lateralen und medialen Bronchien sind nicht unabhängie voneinander; denn sie senden sich gegenseitig die sog. Lungenpfeifen zu, wodurch die getrennten Zweiggebiete der lateralen und medialen Bronchien verbunden werden. Wäh- rend die Arterienverzweigung der Säugetierlunge gewöhnlich ein getreues Bild des Bronchialbaumes gibt, verlaufen die Bronchien an der Außenfläche der Vogellunge an der lateralen und medialen Seite und die Arteria pulmonalis geht unabhängig zwischen sie hinein direkt zu der eigentlichen, respiratorischen Substanz der Lunge. ©. Die embryonale Entwicklung der Lunge. Die Entwicklungsgeschichte der Vogellunge ist noch sehr wenig untersucht worden. Zuerst und in einer für die optischen Hilfsmittel seiner Zeit ganz ausgezeichneten Weise hat H. RATuke (10) darüber berichtet. Er schrieb im Jahre 1828: Am 5. Bebrütungstage liegt dicht hinter der Stimmritze unter der Speise- röhre die kurze und niedrige Luftröhrenleiste, welche sich alsbald nach ihrem Ursprunge gabelförmig teilt. Ihre nur wenig schmäleren und düuneren Bron- chien laufen eine ziemliche Strecke längs der Speiseröhre. Die Lungen erscheinen als kleine, seitlich etwas plattgedrückte Schleimklümpchen. Am 6. Tage ent- halten sowohl der Stamm als die Äste der Luftröhre vielleicht noch nicht ein- mal einen Kanal in ihrem Innern. Die Lunge wird bald deutlicher hohl. Die wahrscheinlich einfache Höhlung befindet sich in der unteren Hälfte der Lunge, indes die obere kleinere Hälfte ganz dieht ist und aus formloser lockerer Gal- lerte besteht. In der Mitte, auf der Grenze beider Hälften ist die Substanz . der Lunge am dichtesten; dieser dichtere Teil bildet einen die Lunge schräg von vorne unten nach hinten oben durchsetzenden Streifen, welcher späterhin zu dem an der inneren Seite der Lunge verlaufenden Hauptzweige des Luft- röhrenastes wird. Der untere blasige Teil der Lunge aber bezeichnet den An- fang der Luftsäcke; der obere kleinere und nicht hohle Teil dagegen ist der Boden, in welchem sich an den folgenden Tagen die meisten Bronchien der Lunge entwickeln. Wahrscheinlich steht der untere blasige Teil noch in keiner Höhlengemeinschaft mit dem Luftröhrenast. Am 5. und 6. Tage fällt die in der Lunge befindliche Höhle eigentlich auf denjenigen Teil der Lunge, welcher sich späterhin in die Luftsäcke umbildet, und da in dieser Zeit noch keine Bronchien vorhanden sind, ist die angegebene Höhle früher vorhanden als die Bronchien. Daher meinte H. RATHkE, die Lunge der Vögel stelle in einer gewissen Entwicklungszeit eine niedere Lunge analog der Lungenbildung der Am- phibien vor; später trete allmählich eine höhere Bildung hinzu. Die Vögel hätten dann beide Formen, jede für sich besonders entwickelt und behalten sie innig miteinander verbunden zeitlebens bei. Die Höhlung in der unteren Hälfte der Lunge ist am 7. Tage größer geworden; in der oberen dichten Hälfte be- merkt man die Anfänge der Bronchien, welche sich als viele sehr dünne und kurze, noch nicht deutlich wahrnehmbare Röhrchen oder dichte Stäbchen von dem hinteren Teil des die Lunge der Länge nach durchsetzenden Luftröhren- astes nach oben in die Höhe begeben. Das Lungenwachstum macht vom”. bis zum 12. Tage die größten Fortschritte. Nach diesem Zeitpunkte vergrößern sie sich nur gleichmäßig mit dem Rumpfe. Die Luftsäcke dagegen befinden sich R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 465 im größten Wachstum erst nach dem angegebenen Tage; sie dehnen sich aber mit raschen Schritten so bedeutend aus, daß sie schon einige Tage, ehe das Hühnchen das Ei verläßt, alle Eingeweide der Brust und des Bauches um- geben. Wer den inneren Bau der eigentlichen Vogellunge recht offen vor Augen sehen will, möge sie beim Hühnchen am 10. und den folgenden Brut- tagen untersuchen. Von dem Luftröhrenaste, welcher hinter dem vorderen Rande in die innere Seite der Lunge eindringt, sieht man mehrere Zweige ab- gehen, welche zwei Schichten: eine obere dem Rücken zugekehrte und eine untere der Bauchhöhle zugekehrte Lage bilden. In jeder Schicht laufen von dem Ende des Luftröhrenastes die einzelnen Zweige wie die Radien eines Kreises auseinander; jeder Zweig teilt sich gabelfürmig wieder mehrmals in noch kleinere Zweige. Von den Hauptzweigen sowohl als von den Nebenzweigen gehen dann in großer Menge lauter dünne kurze fadenfürmige, aus einer zarten Haut bestehende Röhren aus, die sich nicht mehr verzweigen, sondern einfach bleiben und mit je einer kleinen, kugelförmigen Anschwellung endigen. Alle diese Röhren haben fast gleiche Länge; sie gehen von den Luftröhrenzweigen, aus denen sie hervorgewachsen sind, in die Tiefe der Lunge, so daß die knopf- förmigen Enden der von der oberen Lage der Luftröhrenzweige abgehenden Röhrchen mit den Enden der von der unteren Lage der Luftröhrenzweige ab- gehenden Röhrchen in Berührung kommen. An späteren Tagen der Bebrütung ist der beschriebene Bau der Lungen nicht mehr so deutlich. Die allmähliche Entwicklung des Lungenbaues hat H. RATHKE zwar nicht mit gehöriger Deut- lichkeit beobachten können, jedoch schien es ihm, als bildete sich zuerst die innere Schicht bis zur Darstellung der in ihr vorkommenden, größeren Ver- zweigungen aus, und nachher entstände unter fortwährendem Absatze neuen Stoffes die äußere oder obere Schichte. Mit größerer Gewißheit konnte er an- seben, daß die am Ende knopfföürmig aufgetriebenen Röhrchen entstehen, nachdem die Hauptzweige der Luftröhrenäste aufgetreten sind, und daß von diesen Röhrchen zuerst die knopfförmigen Enden entspringen und später ihre Stiele als kleine Bläschen der den Luftröhrenzweigen aufsitzenden Teile nach- wachsen. Es kam ihm so vor, als bildeten die Luftsäcke in jeder Seitenhälfte des Embryos ursprünglich nur eine einfache, mit einer einzigen kleinen Höhle versehene, verhältnismäßig diekwandige Gallertblase; später entstünden in dieser etwas langgestreckten Blase kleine Scheidewände, wodurch die immer größer gewordene Höhle derselben endlich in vier kleinere, miteinander nicht unmittelbar in Verbindung stehende Höhlen geteilt würde. Wenn sich später die vier Höhlen, von denen die drei vordersten in der Brusthöhle, die hinterste in der Bauchhöhle liegen, immer mehr vergrößern, wird die Wand, welche sie einschließt, allenthalben dünner und es kommen dann auf jeder Seite vier be- sondere Blasen zum Vorschein, die in der Nähe der Lungen miteinander ver- wachsen sind. Es war daher ein Irrtum, daß man die Luftsäcke der Vögel für eine besondere Bildung des Bauchfelles gehalten hat. In einer kurzen Mitteilung (16) hat E. SELENKA 1866 die Ent- wicklung der Luftsäcke geschildert und auch einige Bemerkungen über die Bronchialäste gemacht. Die damalige Technik verhinderte jedoch die befriedigende Einsicht in den eigentlichen Vorgang. Die erste Anlage der Lungen erscheint am Ende des 3. Bebrütungstages als seitliche Höcker der Speiseröhre, welche im Verlauf des 4. Tages als zwei 466 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. nach vorn und hinten divergierende kurze Läppchen hervortreten. In ihrer Mitte ist ein dunkler Strich zu erkennen, der sich als eine dichtere Zellenlage von den übrigen blassen Bildungszellen abgrenzt. Am Ende des 5. Tages ver- dicken sich die dunklen Linien nach unten kolbig zur Anlage der beiden großen Abdominalluftbehälter. Zugleich bemerkt man dicht oberhalb der Endanschwel- lung eine knotige Verdickung der dunklen Linie, die erste Andeutung einer Verästelung des primordialen Bronchus, der sich aber noch nicht als hohles Rohr ausweist. In unregelmäßiger, meist unsymmetrischer und nicht konstanter Weise wachsen während des 6. Tages eine Anzahl von Ästchen aus ihm hervor, die teils an der Bauch-, teils an der Rückseite derselben verlaufen. Am 7. Tage (Fig. 4) werden die Verästelungen deutlicher und relativ weite Röhren. Im Ver- laufe des 8. und 9. Tages treiben die Zweige des primordialen Bronchus neue diehotomische Verästelungen, aus welchen sich die letzten dünnen Ästchen des Bronchialsystems herausstülpen, die später mit Ästchen der gegenüberliegenden Fig. 4. Fig. 5. Fig. 4. Lungenanlagen eines Hühnchens vom 7. Bruttage. Nach SereskAa. p Lunge; 5 Ende des Stammbronchus mit der Anlage des abdominalen Luftsackes. Fig. 5. Lungen des Hühnchens vom 11. Bruttage mit den Anlagen sämtlicher Luftsäcke (7--5). Nach SELENKA. und benachbarten Zweige zusammentreten und so die zahlreichen Anastomosen bilden, welche die Vogellunge auszeichnen. Die unteren knopfförmigen Ver- diekungen sind während dieser Zeit aus dem Parenchym der Lunge als pralle Bläschen hervorgewachsen. Auch die Anlage der beiden Subeostalluftsäcke ist am Ende des 10. Tages nicht zu verkennen; der obere liegt als weniger deutliches Flachsäckchen der konkaven Bauchseite der Lunge auf, während der untere wie ein gestieltes Bläschen aus der äußeren und hinteren Ecke der Lunge her- vorschaut. In der Mitte des 11. Tages (Fig. 5) treten auß der vorderen, dem Kopfe zugekehrten Lungenfliche noch drei Bronchien wie winzige Knöpfehen heraus. Somit sind um diese Zeit die Anlagen sämtlicher Luftsäcke schon mit schwacher Vergrößerung zu erkennen. In der weiteren Entwicklung eilen die unteren Bläschen allen übrigen voraus. Am 13.—15. Tage haben sie das hintere Ende der Leibeshöhle erreicht. Die übrigen Luftsäcke dehnen sich vom 14. Tage ab sehr rasch zwischen die Eingeweide der Brust aus und verwachsen mit diesen und der Körperwandung in einigen Tagen aufs innigste. Erst 34 Jahre später hat sich J. Zumstein (19) mit der Ent- wicklung des Bronehialbaumes in der Vogellunge beschäftigt und R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 467 15 Lungenmodelle von Embryonen der Hausente angefertigt. Sonder- barerweise haben diese sehr guten Untersuchungen keine Beachtung und auch nieht Eingang in die Lehrbücher gefunden. Nach ihm besitzt die Entenlunge einen Hauptbronchus, der in den ab- dominalen Luftsack übergeht. Ein ampullenförmiges Vestibulum ist aber nicht vorhanden. Der Hauptbronchus zeigt im Vergleich zu Säugern ein sehr starkes Längenwachstum in dorsolateraler Richtung caudalwärts, so daß er ungefähr die dreifache Länge des Stammbronchus der Maulwurfslunge erreicht, bevor die erste Verzweigung eintritt. Er teilt sich nicht in einen dorsomedialen und ventrolateralen Ast. Vielmehr gehen die zuerst auftretenden primären Zweige aus seiner dorsalen Wand hervor. Der 1. Seitenzweig erscheint als Knospe am Übergang der zweiten Strecke zum letzten Drittel und wächst dorsomedial kopfwärts. Bald folgen caudal zwei weitere dorsale Ausstülpungen, dann auch ventrale. Hinter den ersten Seitenzweigen wendet sich der Endabschnitt des Stammbronchus mehr caudal und erweitert sich zum abdominalen Luftsack. Die zweite primäre Knospe schickt je einen Fortsatz medial bzw. lateral um den Stammbronchus nach der ventralen Seite. Ein anderer Teil des zweiten Seitenr- astes schließt sich in dorsomedialer Richtung dem ersten primären Dorsalzweige an. Der dritte Primärzweig wächst kopfwärts, aber dorsolateral.e. Auch auf der ventralen und ventromedialen Seite treten Ausstülpungen auf, doch bleiben sie im Wachstum hinter den dorsalen zurück. Mit fortschreitender Entwicklung vermehrt sich die Zahl der dorsalen Knospen (= sekundäre Dorsalzweige Z.). Zwischen dem 2. und 3. Primärzweige drängen sich noch zwei kleinere Dorsal- äste hinein und auf den 3. primären Ast folgen weiterhin in caudaler Richtung 8—9 dorsale Auswüchse, die hinteren immer kleiner und später auftretend als die vorderen. Aus der übrigen, d. h. nicht dorsalen Wand des Stamm- bronchus wachsen caudal hinter dem 3. Primärzweig kleine Seitenzweige, so daß der Hauptstamm ringsum befiedert erscheint. Der 1. primäre Seiten- bronchus wächst gegen die Lungenspitze. Indem er sich reichlich dorsal und ventral verzweigt, bildet er den Hauptteil der medialen Lungenpartie, das 1. Entobronchium. Der 2. Primärbronchus und die zwei vor dem 3. Primär- bronchus entspringenden Sekundärzweige bilden das 2.—4. Entobronchium; kleiner und weniger verzweigt als das 1. Entobronchium, verästeln sie sich hauptsächlich dorsal im eaudalen Abschnitt der medialen Lungenhälfte. Sie senden röhrenförmige Auswüchse caudal. Aus den Zweigen der Entobronchien, welche häufig miteinander anastomosieren, wachsen die Lungenpfeifen lateral in das Innere des Lungenkörpers. Aus dem dritten Primärbronchus und den folgenden 8-9 sekundären Zweigen entstehen die Eetobronchien im lateralen Teile der Lunge. Der am meisten verzweigte dritte Primärbronchus (= 1. Eetobronchium) bildet die Spitze der lateralen Lungenpartie. Er wird von der medialen Seite her durch das 1. Entobronchium kopfwärts überragt. Die caudal folgenden Eetobronchien werden nach hinten immer kleiner, vom 7. an mangelt ihnen die gröbere Ver- zweigung. Die Zweige der Eetobronchien, welche ebenfalls zahlreiche An- astomosen besitzen, senden Lungenpfeifen medial in den Lungenkörper, den Pfeifen der Entobronchien entgegen. Später verbinden sich die Lungenpfeifen beider Gebiete miteinander. Die ventralen Seitenäste des Stammbronchus er- reichen keine große Ausdehnung. Sie sind zwar bei dem ältesten der Modelle . 468 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. verhältnismäßig lange, caudal erweiterte Röhren, jedoch treten sie an den Korrosionspräparaten ausgewachsener Lungen sehr zurück. Der abdominale Luftsack entsteht sehr früh als deutliche Auftreibung am caudalen Ende des Stammbronchus. Der hintere diaphragmatische Luftsack entsteht aus einem ventralen Seitenzeige des Stammbronchus. Offenbar gehen noch weitere ventrale Zweige in Luftsäcke über; denn die Enden der caudal auswachsenden Röhren sind häufig erweitert. Der vordere diaphragmatische Luftsack geht schon früh aus dem medial um den Stammbronchus herum- laufenden Fortsatze des 2. Primärbronchus hervor. Das Verbindungsstück aus dem Entobronchium zum Luftsack entwickelt außerdem auch Lungenpfeifen. Der interelavieuläre und cervicale Luftsack war an den Modellen nicht deut- lich. An Korrosionspräparaten sah ZumstEin, daß der cervicale Luftsack einem Aste des 1. Primärbronchus entstammt. Der interelavieuläre Luftsack hängt mit dem lateral um den Hauptbronchus herumgehenden Fortsatze des 2. Primär- bronchus zusammen. F. Moser (9) hat 1902 über die Entwicklung der Vogellunge folgende Angaben gemacht, welche im Vergleich zu der sorgfältigen Analyse Zumsteiss recht unvollkommen erscheinen. Die Lunge entsteht am Anfang des 3. Tages als eine paarige bzw. unpaare Ausstülpung des Vorderdarmes. Am Ende des 3. Tages erkennt man zwei deut- liche Höckerehen aus dichtem Bindegewebe, die von einem, mit dem Ösophagus zusammenhängenden Epithelrohr durchzogen sind. Das Ende jedes Epithel- rohres ist aufgetrieben als primäres Lungenbläschen, das sich nach BALFOUR und anderen zum abdominalen Luftsack entwickeln soll. Am 4. Tage sind beide Lungensäckehen größer geworden. Doch stehen sie noch in kontinuier- lichem Zusammenhang mit dem Darm. Ein schräg verlaufender, mit dem pri- mären Lungenbläschen endigender Kanal durchsetzt jedes Säckchen bis an dessen distales Ende, ohne Zweige abzugeben. Auf den ersten Blick scheint das den Lungenkanal d. h. den Mesobronchus bildende Entoderm aus mehrschichtigem hohen Cylinderepithel zu bestehen; genauere Untersuchung lehrt, daß es sich um ein einschichtiges Cylinderepithel handelt. Das Kanalsystem der Lunge ent- steht ausschließlich durch den Prozeß der Knospung. Der Hauptkanal (Meso- bronchus), die direkte Fortsetzung des extrapulmonalen Bronchus, wächst an seinem Ende ungeteilt fort und gibt dabei durch Knospung Seitenzweige ab, welche ihrerseits wieder durch Knospung sich verbreiten. Am 5. Tage ist die Lunge komplizierter und größer geworden. Ungefähr in der Mitte des Mesobronchus befindet sich dorsal ein Zweig, der spätere erste Bronchus diaphragmaticus, der wie ein gestieltes Bläschen aussieht. Darunter ist eine Ausbuchtung, die erste Anlage des Vestibulum. Am 6. Tage hat sich unterhalb des ersten am Mesobronchus befindlichen dorsalen Lungenbläschens ein zweites ganz gleiches gebildet, das zum zweiten Bronchus diaphragmaticus wird. Am Mesobronchus eines Ttägigen Embryos befindet sich schon eine ziemliche Anzahl dorsaler wie ventraler Zweige, von denen die proximalen und dorsaien die ältesten, die distalen die jüngsten sind. Dementsprechend sind erstere viel größer, ihre Stiele länger, so daß die Bläschen ziemlich weit vom Mesobronchus abstehen. Gerade über dem Vesti- bulum befindet sich au Mesobronchus noch ein proximal gerichtetes Bläschen. Im ganzen sind sechs primäre Lungenbläschen vorhanden. R. Mantel, Il. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 469 F. Moser folgerte aus den Beobachtungen, daß das primäre Lungen- bläschen keineswegs die Anlage des abdominalen Luftsackes ist, sonst müßte jedes primäre Lungenbläschen, deren Zahl fortwährend steigt, die Anlage eines Luftsackes sein. Das primäre Lungenbläschen ist überhaupt die typi- sche Entstehungs- und Wachstumsform eines jeden Bronchus, einerlei welchen Grades. Die Entwieklung der Lunge geht vom 7. Tage an in den beschriebenen Bahnen vor sich. Der Mesobronchus durchzieht als einheitliches Rohr unter Abgabe weiterer seitlicher Äste die ganze Lunge bis an ihr distales Ende, während der ventrale Seitenast, der zum hinteren diaphragmatischen Luftsack geht, als Seitenknospe entsteht. Am Ende des 8. Tages zeigt die Lunge im kleinen die Verhälinisse des ausgewachsenen Zustandes, jedoch fehlen noch Alveoli. Die fünf Luftsäcke sind in allen Graden der Entwicklung als Aus- stülpungen, d.h. direkte Fortsetzungen der Bronchien angelegt. Jeder Bronchus besitzt die Fähigkeit, durch starke Vergrößerung seines Endes einen Luftsack zu bilden. Dieser unterscheidet sich in seiner Anlage und Entwicklung keines- wegs von einem primären Lungenbläschen. Kürzlich hat H. RösLer (13) ganz frühe Stadien von Vögeln untersucht und folgende Einzelheiten festgestellt: Die erste Anlage der Lunge bei Sperling, Ente, Spyrschwalbe, Gans, Kiebitz und Huhn ist paarig und gehört den Seitenwandungen des Schlunddarmes als Ausbuchtung dieser Seitenwand an. Eine median gelagerte rinnenförmige Aus- buchtung des Schlunddarmes (Lungenrinne) konnte nicht beobachtet werden. Auch später tritt eine solche Rinne als Ausbuchtung des Schlunddarmes nicht auf, wohl aber beim Hühnchen, nur hat sie keinerlei Beziehung zur ersten An- lage der Lungen, sondern stellt die relativ früh auftretende Anlage von Larynx und Trachea dar. Während also bei den übrigen untersuchten Vogelarten die primitive Lungenanlage lange Zeit vor dem Auftreten der Trachealanlage aus- gebildet ist, erscheint beim Hühnchen die fälschlich als Lungenrinne bezeich- nete Laryngotrachealanlage zeitlich unmittelbar nach der primitiven Lungen- anlage, die aber, wie bei den Embryonen anderer Vogelarten, in Form zweier sackartiger, beiderseits an der Grenze zwischen lateraler und ventraler Schlund- darmwand hervortretenden Ausbuchtungen in die Erscheinung tritt, wobei die sich in der Höhe der Lungenausbuchtungen gleichzeitig vorwölbende Ventral- wand des Lungendarmes als Bifurcationswulst die beiden Lungenaussackungen ıniteinander verbindet. li. Eigene Untersuchungen. Meine allgemeine Darstellung des Lungenbaues belege ich jetzt durch die Beschreibung etlicher ausgewählter Schnittserien, zunächst von kleinen ungefähr fünf Tage alten Huhn-Embryonen. Wenn man die Serie von der Kehlspalte (Glottis) am Boden des Pharynx in oro- caudaler Folge liest, folgt man dem Querschnitt der Trachea bis zur Gabelung am späteren Syrinx, welcher jetzt noch nicht differenziert ist. Die beiden Bronchialröhren ziehen im Mesoderm unter dem Ösophagus etwas nach rechts und links von der Medianebene, 470 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. weichen caudal mehr auseinander und dringen allmählich in die lateralen Mesodermhöcker ein, welche seitlich vom Ösophagusento- derm vorspringen, sobald die Schnitte das Cölom des Rumpfes treffen. Die Höcker sind die Anlagen des eigentlichen Lungen- körpers, und das in ihnen enthaltene Entoderm darf als Lungen- rohr, d. h. die primitive Anlage des gesamten Lungenepithels bzw. -Höhlung bezeiehnet werden. Das Lungenrohr ist nicht der verlän- gerte Bronchus, wenngleich es sich an den Bronchus direkt an- schließt, sondern der im Lungenmesoderm befindliche Abschnitt des Entoderms. Der intrapulmonare und extrapulmonare Abschnitt des Entodermrohres sind eben vom Anfang an durch die topographische Lage unterschieden. Das entodermale Lungenrohr verändert sehr bald seine einfach eylindrische Gestalt, indem es ungefähr in der Mitte des Lungenhöckers medial nahe dem Ösophagus kleine Aus- | sackungen bildet. Dadurch wird eine deutliche anatomische Grenze zwischen dem extrapulmonalen Bronchus und dem eigentlichen Lungenrohr 7 gezogen. In der orocaudalen Folge der Schnittserie (Fig. 6—19) trifft man: zuerst eine kleine dorsale Ausstülpung « (Fig. 7—9), die bis zur cervicalen Spitze der Lunge reicht, dicht dahinter eine zweite dorsale Ausbuchtung 5b (Fig. 9, 10), bald darauf eine dritte, mehr medial gestellte Aussackung ce (Fig. 11—13). Hinter den Ausstülpungen schwillt das Entodermrohr etwas an und dringt in schwacher Krümmung dorsolateral (Fig. 13. 14). In den caudalen Lungenschnitten verjüngt es sich (Fig. 16—19) und endet blind im Mesoderm. Während in der oralen Hälfte der Lunge der Quer- schnitt des Hauptrohres » und der dorsalen Ausbuchtungen ziemlich gleiehmäßig innerhalb des Lungenkörpers liegt, verschiebt er sich caudal zu excentrischer Lage. Um meine Angaben ganz sicherzu- stellen, habe ich ein Wachsmodell des Epithelrohres jeder Lunge rekonstruiert (Fig. 47). Dasselbe läßt die zwei mediodorsal dicht hintereinander liegenden Ausbuchtungen (a, b) sowie die dritte, mehr mediale Seitenbucht (c) deutlich erkennen. Dann biegt das verdickte Rohr r schwach in laterodorsaler Richtung, um parallel der lateralen Außenfläche der Lunge ziemlich gerade caudal zu ziehen. Von einer dichotomischen Verzweigung des Entodermrohres innerhalb des Lungenkörpers kann also keine Rede sein. Die drei kleinen Aus- buchtungen a, b, ce und der angeschwollene Schenkel » hinter ihnen deuten bereits die Lungenarchitektur an, welehe während des ganzen Lebens dauert. Die Anhänge besitzen noch eine plumpe Gestalt. Man kann sie mit einem gewissen Rechte Epithelhohlkugeln oder R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. "a7ı Bläschen nennen, aber es wäre nicht begründet, wollte man sie als Endknospen bezeichnen und damit die Ähnlichkeit mit den primitiven Zweigen des Lungenrohres bei den Säugetieren behaupten; denn die Bläschen erfahren ein durchaus verschiedenes Formen- schicksal. Besonders charakteristisch ist der geschwungene Verlauf des entodermalen Lungenrohres (Fig. 47). Vom Lungenhilus zieht es eine kurze Strecke parallel der Medianebene und gerade. Dieser Teil ist durch die drei kleinen Dorsalblasen a, 5b, c ausgezeichnet. Dann biegt es fast senkrecht ab und bildet einen an der Fig. 47 sehr schön zu erkennenden Bogen, um weiter hinten wieder eine der Medianebene ziemlich parallele Richtung einzuschlagen und bis an das Hinterende des Lungenmesoderms zu reichen. Da die drei Dorsalblasen a, 5, ce die erste Anlage der Entobronchien sind, kann man den Abschnitt des Lungenrohres, dem sie entsprossen, den en- talen Bezirk und den geraden Teil r hinter der Kurve, welcher später die Eetobronchien erzeugt, den ectalen Teil nennen. Die zwischen beide eingeschaltete Kurve ist eine typische Eigenart der Vogellunge, die bisher in keiner anderen Gruppe der Amnioten be- obachtet wurde. Die drei Ausbuchtungen vergrößern sich mit dem Wachstum der Lunge. An der isolierten und aufgehellten Lunge (Fig. 44) eines 7 Tage alten Hühnchens ist ihre Anordnung bei Betrachtung der Medialseite deutlich zu sehen, ferner der hintere angeschwollene und caudal verjüngte entale Abschnitt des Lungenrohres (l). Seine Kurve freilich liegt hinter den Aussackungen (quer zur Zeichen- ebene) und konnte nicht dargestellt werden. Beim Huhnembryo von 7!/, Tagen sind die Grundzüge der Lungenarehitektur besser ausgeprägt (Fig. 20—29, 48). Die Grenze zwischen Bronchus und Lungenrohr liegt auf denjenigen Quer- schnitten, wo die drei Seitenbuchten des entalen Abschnittes sicht- bar werden. Wie das nach der Serie (Fig. 20—29) rekonstruierte Modell (Fig. 48) zeigt, ist die Ausbuchtung a ein geräumiger Sack mit einem etwas gezackten Umrisse geworden. Die Ausbuchtung b ist kleiner und in weichen abgerundeten Formen gehalten. Die dritte Ausbuchtung läßt jetzt eine dorsale, etwa birnförmige Blase €, über einem ventralen (eylindrischen und wenig gekrümmten) Sehenkel c, unterscheiden, der in nächster Nähe der Speiseröhre bzw. des Drüsenmagens liegt." Ferner hängt am entalen Abschnitte noch eine kleine rundliche Ausbuchtung v. Hinter der durch die Morpliolog, Jahrbuch. 48, 31 472 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. fünf Seitenräume ausgezeichneten Strecke biegt (Fig. 24—26) die Kurve des Lungenrohres, entsprechend dem Verhalten am 5. Tage (Fig. 47) schier rechtwinklig ab und läuft eine kurze Spanne trans- versal gegen die laterale Außenfläche der Lungenmasse; der hier anschließende angeschwollene Abschnitt ist noch mehr ausgedehnt und bildet jetzt einen weiten oral nahe der Oberfläche streichenden Epithelraum (l), welcher ungefähr parallel den medialen Ausbuch- tungen zieht. Schon in dieser frühen Zeit weicht die Verteilung des Entoderms samt seiner Lichtung in der Lungenmasse von der Form der embryonalen Bronchialgänge bei Säugetieren so stark ab, daß die Vergleichung der Lungen. beider Gruppen keine überein- stimmenden Merkmale auffinden kann. Denn statt des bekannten Bronchialgeästes (Taf. XIV, Fig. 37”—39) sind in der Hühnchenlunge eine Gruppe von dorsalen der Medianebene parallel gestellten Er- weiterungen des Entodermrohres vorhanden, ein einfacher aber ge- räumiger eetaler Sack (2) und fünf kleinere am entalen Bezirk hängende Epithelbläschen und zwischen beiden liegt die transversale Kurve des ursprünglichen Lungenrohres wie ein querer Verbindungs- schenkel. Am 8. Tage entfaltet sich das entodermale Hohlwerk noch reicher, indem alle Abschnitte mit der Volumzunahme der Lungen selbst an Weite und sekundärer Wandvergrößerung wachsen (Fig. 30 — 39). Die Ausbuchtungen a, b, &, &, v der künftigen Entobron- chien haben die einfache rundliche Gestalt verloren und sind jetzt größere Anhänge des Lungenrohres geworden. Sie liegen gleich epithelial bekleideten Kammern mit relativ großem Lumen und un- regelmäßig gebuchteter Wand im Mesoderm. Ihre Zahl sowie der Typus ihrer topographischen Anordnung ist unverändert, infolge der Vergrößerung aber klarer geworden, zumal die Schnittrichtung der Serie recht günstig war. Wir sehen in der Schnittfolge (Fig. 30—39) zunächst die beiden dorsomedialen Kammern « 5b, dann die dritte Kammer mit ihrem dorsomedialen (cl) und dem ventromedialen Schenkel c«,. Letzterer ist ein weiter, glattwandiger Sack, der dorsale Abschnitt dagegen rohrartig mit sekundären Seitenbuchten. Dieht neben der dritten Kammer entspringt aus dem Lungenrohre die eaudale Kammer »v. Sehr weit ist auch die eetale Kammer ? geworden, welche parallel der lateralen Oberfläche zieht und sich hauptsächlich dorsal entfaltet, ventral dagegen nur einen engen Seitengang abgibt. i Die Differenzierung des Entodermrohres vom 5.—8. Tage führt R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 473 also eine Erweiterung des Lumens herbei. Die anfangs minimal kleinen, ungefähr kugeligen Ausbuchtungen des medialen Abschnittes ändern mit der Vergrößerung ihre rundliche Gestalt und werden etwas größere Epithelräume, die ich eben Kammern nannte, weil sie sich nieht zu eylindrischen Hohlsträngen entfalten, denen z. B. in den em- bryonalen Säugerlungen (Taf. XIV, Fig. 37—39) die kurzen Bronchial- zweige ähnlich sehen. Sie erfahren vielmehr eine ganz eigenartige Buchtung derart, daß aus den primitiven Bläschen zunächst kleine Zacken hervorwachsen. Diese werden bald eylindrische Hohlgebilde, welche in einer Ebene wie die Finger einer Hand nebeneinander stehen. RATHKE hat den Zustand die fächer- oder radienartige Anordnung genannt, weil er die regelmäßige Reihenstellung der neugebildeten Nebenräume der Hauptkammern an den isolierten Lungen durch- schimmern sah. In Fig. 45 habe ich die Umrisse des Entoderm- kernes in der Lunge eines 8% 21" alten Hühnchens wiedergegeben. Man sieht daran, daß einzelne Wandbezirke der ursprünglichen Aus- buchtungen a, b, c, gleich schmalen Hohlzungen vorgewachsen sind und zwar in transversalen Ebenen, so daß sie oft mit ihrer ganzen Länge in den Querschnitt der Lunge fallen. Zwei oder vier solcher Epithelanhänge stehen auf einem gemeinsamen Hohlsockel und ge- währen wirklich den Anblick einer fiederartigen Anordnung. Be- sonders schön sind die Fiedersäckehen auf den ausgewählten Quer- schnitten dureh die Lungenspitze zu sehen. In Fig. 30 liegen gleich fünf kreisrunde Querschnitte derselben nebeneinander. Je weiter man in der Serie vordringt, um so mehr nimmt die Zahl der Quer- schnitte ab, bis man die gemeinsame Hohlwurzel aller Teilsäcke einer Hauptkammer trifft. Die Bildung der Fiedersäcke wird be- reits am 7. Tage eingeleitet. Am 8. Tage ist der Reichtum derselben schon sehr groß und es beginnt allenthalben an den zugekehrten Wänden der medialen Kammern und der großen Lateralkammer die Bildung kleiner eylindrischer Sprossen, der Pfeifen. Die feinere Ausformung der Fiedersäcke läßt die Querschnittsbilder zwar kom- plizierter erscheinen, jedoch der fundamentale-Grundriß in der Ver- teilung der Hauptkammern wird dadurch nicht gestört. Wenn man Sehnittserien durch Lungen vom 5., 7. und 8. Tage in mehreren nebeneinander gestellten Mikroskopen vergleicht (Fig. 6—35), ist die Zusammengehörigkeit der Hauptkammern zu zwei Hauptsystemen offenbar, die sich teils an der lateralen, teils an der medialen Seite entfalten und durch einen schräg median geneigten Mesodermstreifen geschieden werden. Medial liegen die Kammern a, b, «4, & und v 31* 474 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. mit ihren reichen Differenzierungen, lateral die Produkte der Haupt- kammer !. Embryonen des 10. Tages zeigen die eben geschilderte Kom- plikation der Höhlen am besten, später wird der klare Grundriß durch die üppig wuchernden Pfeifen verdeckt. Aus dem entalen Abschnitte gehen (Fig. 45) gleich am Lungenhilus die beiden dorsomedialen Hauptkammern a, b ab, welche längs der medialen Lungenfläche dorsal steigen, und die dritte mediale Hauptkammer, welche sich sofort in den ventralen Sack c, mit einfach weiter Höhle und glatter Wand und in die dorso-mediale Kammer c, mit den dorsalen Hohlzungen gabelt. Neben der dritten Kammer dringt die Caudalkammer » an der medialen Lungenfläche gegen den hinteren Rand. Lateral führt die Kurve des Entodermrohres in die große Lateralkammer (Fig. 46) nahe der Rippenfläche der Lunge, welche ihre Nebenzungen hauptsäch- lich dorsal entsendet, aber auch ventral einige Zungen abgibt. Alle Kammern sind jetzt ausgiebig vergrößert. Die Anordnung der Fieder- säcke läßt sich besonders an den drei dorsalen Hauptkammern a, b, e erkennen, die Zungen stehen ziemlich regelmäßig parallel hinterein- ander, so wie die Korridore eines mehrstöckigen Hauses in verschie- denen Etagen verlaufen. Die vordere Hauptkammer a besitzt jetzt drei dorsal und zwei ventral gerichtete Fiederchen. Die mittlere und hintere Kammer besitzen je zwei bis drei solcher Gebilde. An der lateralen Kammer haben sich sowohl dorsal wie ventral Fieder- säcke entwickelt. Bloß der ventrale Schenkel c, der dritten Medial- kammer ist zu einer großen Blase erweitert und liegt in einer lockeren, ventralen Mesodermzone, die sich von dem übrigen Teil des dichten Lungenkörpers deutlich abhebt. Er schickt einen oralen Ausläufer bis zum Bronchuseintritt, wo er sich erweitert und etliche sekundäre Nebenräume produziert. Wer sich rasch über die Entstehung der Luftsäcke unterrichten will, betrachtet am besten Lungen, welche aus den Embryonen her- ausgenommen und durchsichtig gemacht wurden (Fig. 44—46). Am 8. Tage besitzt jede Lunge schon vier deutliche Anhänge, den Saccus intermedius anterior (c,) und posterior (sp), Saceus ab- dominalis (sa) und an der Lungenspitze den 'Saccus cervicalis (sc). Von diesen Säcken gehört nur der Saceus intermedius anterior zu dem fundamentalen Gerüste des entodermalen Hohlwerkes, weil er allein zugleich mit den Ausbuchtungen der Hauptkammern auftritt als ventraler Schenkel der dritten aus dem medialen Abschnitte vor- wachsenden Bucht c. Nahe dem Verbindungsgange mit dem Lungen- rohr gibt der Saccus intermedius anterior c, einen Ast ab, der in R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 475 einen zweiten medialen Luftsack führt. Dieser ist sehr charakteristisch in seiner Form. Wenn man ihn von seiner Mündung oral verfolgt, strebt er ganz im Anfang auf den Ösophagus zu, macht aber bald eine scharfe Biegung ventral und zwängt sich zwischen der Speise- röhre und einer großen Vene durch, um dann nochmals im rechten Winkel lateral umzubiegen. Hierbei umlagert er den Hauptbronchus halbmondförmig und gibt kleine Seitenäste ab. Die übrigen Luftsäcke gehen nur aus Fiedersäcken hervor. Die Schnittserien widerlegen mit aller Bestimmtheit die oft wiederholte Angabe, daß der Abdominalluftsack am Ende des die Lunge durch- setzenden Hauptbronchus entsteht. An den einfachen Verhältnissen embryonaler Lungen vom 8.—10. Tage kann man sich leicht über- zeugen, daß er überhaupt nicht aus einer Hauptkammer entspringt. Um den 10. Tag ist er bereits eine längliche Blase (sa) im Lungen- mesoderm und hängt — das zeigen die ganzen Lungen (Fig. 46) wie die Serien unzweifelhaft — mit ganz engen Fiedersäcken am hinteren Lungenrande zusammen, welche hier durch eine Bogenarcade kom- munizieren. Die Anastomose besteht zwischen etlichen Fiedersäcken der lateralen Hauptkammer. Der Saccus intermedius posterior (sp) hängt an der gleichen Anastomose. Der Cervicalsack wächst aus der Spitze eines apikalen Fiederastes der Medialkammer « hervor (Fig. 45). In mehreren Abhandlungen hat BERTELLI (3) die Entstehung der Luftsäcke dargestellt, doch vermag ich seiner Schilderung nicht beizustimmen. Er beginnt mit einem Stadium, wo die Lungenanlagen zwei einfache Röhren sind, und gibt an, daß in der 72. Stunde die caudalen Enden derselben leicht anschwellen, um die Anlage der hinteren Luftsäcke im Ligamentum pulmonale-hepaticum zu liefern. Überhaupt entstehen nach seiner Meinung alle Sackanlagen direkt aus den ein- fachen Lungenröhren, ausgenommen der Interelavicularsack. Am 5. Tage sollen die Anlagen der Cervicalsäcke auf der dorsalen Hälfte der Wand der Lungen- röhren, am 6. Tage die Anlagen des Saccus interelavieularis, der Sacei inter- medii anteriores und posteriores erscheinen. Kaum nachdem die Anlagen der Cervicalsäcke von den Lungenröhren abgegangen seien, wachsen aus diesen die Anlagen der Sacci intermedii anteriores nahe der medialen Fläche der Lungen- leberligamente heraus. An der ventralen Mitte der Wand der Lungenröhre ent- stehe ein laterales Bläschen als Anlage des Saceus intermedius posterior. Der einheitliche interelavieuläre Sack des erwachsenen Huhnes entstehe wie alle anderen vermittels paariger Anlagen, welche von den Cervicalsäicken ausgehen und anfangs (im Vergleich zum erwachsenen Zustand) mehr dorsal und lateral liegen. Sie rücken aber in den folgenden Stadien nach unten medial, um die definitive Lage einzunehmen. Am 8. Tage sind sie schon in eine tiefe, dem unteren Rande der Lunge entsprechende Falte gelangt, welche am 11. Tage mit dem Diaphragma verschmelze. Das Diaphragma liefere den Anlagen der vor- deren intermediären Säcke die ventrale Wand und mit der unteren Oberfläche die dorsale Grenze. Von der ventralen Hälfte der Peripherie der Lungen- 476 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. schläuche entstehen die Anlagen der hinteren intermediären Säcke; diese finden sich am 8. Tage über dem unteren Rande der Lunge in einer tiefen Falte, am 10. Tage steige die Falte tiefer und verschmelze mit dem Diaphragma. Die ventrale Oberfläche der Lunge besitze keine Serosa, weil das Bindegewebe der Lunge und das Diaphragma in Kontinuität steht. BERTELLI hat seiner Abhandlung (3) Bilder von Lungenquerschnitten bei- gefügt, die nach meinen Erfahrungen nicht beweisend sind. Er bezeichnet auf ihnen bestimmte Querschnitte des entodermalen Lungengerüstes als Anlagen von Luftsäcken schon in ganz jungen Stadien, wo sie noch gar nicht gebildet sind. Seine Fig. 1, welche die Anlage eines Cervicalluftsackes bei einem Hühnchen von 5 Tagen illustriert, Fig. 5, 6 und 7, welche die Anlagen des inter- clavieularen Sackes zeigen, betreffen nur Querschnitte durch Hauptkammern, ebenso sind die in Fig. 13, 14, 15 und 16 als Anlage des Saccus intermedius posterior gedeuteten Epithelräume bloß Schnitte durch die Hauptkammer a. Die Fig. 3, 4 und 8 sind Schnitte durch wirkliche Luftsäcke. Fig. 9—12 gibt die Anlage eines Luftsackes richtig wieder, den BERTELLI Saceus intermedius anterior nennt. Fig. 19 und 20 sind wirkliche Schnitte durch den Saccus poste- rior. Den Schnitt 17 halte ich für einen Querschnitt durch das Hinterende des Lungenrohres; zweifelhaft scheint mir, ob man den Epithelring der Fig. 18 als Abdominalsack deuten darf. Meine Untersuchung embryonaler Stadien zeigt, daß sich die bisherigen Angaben über die Entwicklung der Lufträume in der Vogellunge nicht mit den wirklichen Vorgängen decken. Der Hauptbronehus erstreckt sich von seinem Eintritt in das Lungen- parenehym nicht bis zum caudalen Ende der Lunge, um dort in den abdominalen Luftsack überzugehen. Letzterer hängt wenigstens beim Hühnchen überhaupt nicht mit der lateralen Hauptkammer zusammen, sondern an einer peripheren Anastomose ihrer caudalen Fiedersäcke. Allein der mediane Saccus intermedius anterior (c) kommuniziert mit dem Lungenrohr, weil er als dritte Seitenbucht bzw. ventraler Schenkel derselben entstanden ist. Viele haben das Entodermrohr der Lunge als Verlängerung des extrapulmonären Bronchus bezeichnet. Obwohl dagegen an und für sich kein Einwand erhoben werden kann, scheint mir doch kein wissenschaftlicher Vorteil durch die Behauptung geboten zu werden. Da der ganze Komplex der Atemorgane aus dem Darmentoderm herauswächst, hängen die begrifflich unterschiedenen luftleitenden und luftatmenden Bezirke eng miteinander zusammen und der eine darf Verlängerung des anderen genannt werden; aber um die Ver- schiedenheit der topographischen Lage dieser Abschnitte im Wort- klange auszudrücken, ist es besser, den intrapulmonären Teil der Gesamtanlage als Lungenrohr dem extrapulmonären Bronchus gegen- überzustellen. R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 477 Den typischen Charakter der Lungenarchitektur erblicke ich in den zwei Hauptsystemen von Lufträumen, welche sich teils an der medialen, teils an der lateralen Hälfte der Lunge entfalten (Fig. 6 — 35) und durch den Kurvenabschnitt des Entodermrohres zusammen- hängen (Fig. 33—36). Der Zeit nach tritt das Lungenrohr als ein- faches, etwas gekrümmtes Entodermgebilde im Lungenmesoderm zuerst auf. Daher enthält es das Bildungsmaterial für die Haupt- kammern. Diese wachsen aus dem medialen Abschnitte des Ento- dermrohres an vier dieht nebeneinanderliegenden kreisförmigen Stellen hervor, um sich bald zu geräumigeren Epithelgebilden zu entwickeln. Das ist eine wichtige Tatsache für die Beurteilung der Lungenarchi- tektur. Der Vergleich mit dem Bronchialbaum der Säugetiere ist in der Literatur mehrfach gezogen und damit die Meinung von einer größeren Ähnlichkeit des Lungenbaues bestärkt worden. Allein schon die erste Embryonalform des pulmonaren Entoderms weicht durch die diehtgedrängte Stellung der Hauptbuchten prinzipiell von “der Anlage des mammalen Bronchialgerüstes ab. Die weitere Aus- gestaltung führt in ein ganz anderes Formgebiet. Daher habe ich den Ausdruck Bronchus für die größeren Luftgänge der Vogellunge ganz gemieden, um eben schon durch eine andere Terminologie die morphologische Eigenart des Lungenbaues zu kennzeichnen. Die Anordnung der Hauptkammern in der Vogellunge kann noch weniger als bei Säugern dem Astwerke einer Pflanze verglichen werden; denn die Hauptkammern gehen dicht nebeneinander vom Lungenrohr ab und ihre Erweiterung in die sekundären Fiedersäcke geschieht nicht stereometrisch nach verschiedenen Richtungen des Raumes, sondern vornehmlich in einer der Außenfläche parallelen Ebene. Darum darf man gar nicht sagen, die Entodermkammern verzweigen sich beim Vogel. Sie erzeugen vielmehr sekundäre Anhänge in Form von flach komprimierten Taschen, welche nur dadurch interessanter und mannigfaltiger erscheinen, weil ihr Rand gekerbt und durch Vor- wölbung der zwischen den tiefen Einschnitten befindlichen Bezirke stärker gelappt wird, so daß bald zwei bis vier Fiedersäcke an einer gemeinsamen Basis hängen. Da die Fiedertaschen sich parallel der äußeren Lungenfläche ausbreiten, sind sie einseitig (vornehmlich nach der dorsalen bzw. ventralen Lungenkante) gerichtet. In Hinsicht auf die Längsachse der Lunge stehen sie etagenweise hintereinander, wie die Zacken eines Elehgeweihes. Überhaupt ist die einseitige Sprossung für die Fiedertaschen ein charakteristisches Merkmal im Gegensatz zur Bildung dorsaler, ventraler, innerer und äußerer Bron- 478 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. chialzweige bei Säugetieren. Das Lungenrohr unterscheidet sich vom Hauptbronchus der Säugetiere auch dadurch, daß es in der Vogellunge eine lateral geschwungene Kurve bildet. Aus dem kurzen Abschnitte vor der Kurve sprossen im engen Abstande die medialen Hauptkammern in einer zur Achse des Hauptrohres senkrechten Ebene und entfalten sich in sagittalen Ebenen, welche der medianen Ebene nicht ganz parallel stehen, weil ihre Lage von der gekrümmten ‚Außenfläche der Lunge etwas gestört wird. Dorso-Ventralschnitte (Fig. 6—39) treffen daher das Lungenrohr im Querschnitt, die Haupt- kammern im Längsschnitt. Der dicke Schenkel des Lungenrohres, lateral von der Kurve treibt gleichfalls eine große Zahl von lateralen Nebentaschen. Die Hauptkammern des medialen Systems (Entobronchien) ent- falten sich hauptsächlich dorsal in Abhängigkeit von der Form der Lungen, welche im dorsalen Raum der Brusthöhle liegen, weil das große Herz den meisten Platz beansprucht. Die Hauptkammern sind nur in der ersten Anlage einfache Säckchen. Bald kompliziert sich ihre Wand, indem an bestimmten Stellen Blindbuchten des Epithels vorgetrieben werden, welche sich zu Fiedersäcken ausgestalten und durch kurze enge Strecken mit ihrer Hauptkammer zusammenhängen. Die Komplikation geschieht in peripherer Richtung. Man kann sich vorstellen (Fig. 45), daß die Kammer vom Ursprungsrande am Lungen- rohr dreieckig verbreitert wird, aus der peripheren Wand neue Aus- stülpungen heraustreibt, welche durch nochmalige Vortreibungen ge- lappt und in geweihähnlich gefranste Zungen oder Fiedertaschen zerschlissen werden. Infolgedessen besitzt jede Hauptkammer mehrere Seitenlappen, welche mit enger Basis entspringen, jenseits ihres kurzen Stieles sich distal erweitern und in einer Anzahl von Fiedersäcken enden. Auf diese Weise werden die Haupttaschen durch sekundäre Ausweitung ihrer Wand allmählich vergrößert und nehmen je ein ansehnliches Feld der Lungen ein. In typischer Weise verbreiten sie sich dicht an der (medialen oder lateralen) Außenfläche der Lunge und stellen selbst ein flächenhaftes, vielfach gelapptes Hohlwerk vor. Die einzelnen Fiederlappen sind niedrig, nicht sehr breit und nicht abgeflacht, weil die mediale und laterale Wand jedes Lappen etwas konvex gewölbt ist, so daß Querschnitte das Bild eines mehr oder minder gedrückten Kreises geben. Durch das allgemeine Lungenwachstum wird die Lappung augenfälliger. Die Fiedersäcke wachsen stärker als der einheitliche Abschnitt jeder ursprünglichen Kammer nahe dem Vestibulum. Später strecken sie R. Mantel, I. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 479 sich mächtig in die Länge und erhalten das Aussehen von blind- geschlossenen Gängen, doch bleiben sie stets flächenhaft entfaltet, wenngleich die Fiedersäcke zu Fiedergängen geworden sind. Infolge der geschilderten Eigenart entfaltet sich das Fiederwerk der Haupt- kammern nur nahe den beiden (medialen und lateralen) Außenflächen der Lunge, wirklich wie RATHKE sagte, zu einem fächerartigen Höhlensystem, das senkrecht zur Achse des Lungenrohres in je einer etwas gekrümmten Sagittalebene liegt, während die Kurve zwischen dem medialen Schenkel und der Lateralkammer in einer Trans- versalebene verläuft. Aus den zerschlissenen Hauptkammern entstehen später tertiäre Produkte, die Lungenpfeifen, wieder durch Auswachsen kleiner Epithelbezirke an ringförmig begrenzten Stellen und zwar in trans- versaler Richtung. Da die Bildung der Pfeifen an der der Außen- fläche abgekehrten Wand erfolgt, sind die Pfeifen der beiden Haupt- systeme einander zugewendet. Die periphere Wand der Fieder- zungen und Hauptkammern bleibt glatt. Also stehen sämtliche Hohlräume der Vogellunge fast senkrecht in zwei verschiedenen Hauptebenen, die Kurve und die Pfeifen in transversalen, die Haupt- kammern mit den Fiedergängen in sagittalen Ebenen. III. Literaturverzeichnis. 1. Argy, Car. Der Bronchialbaum der Säugetiere und des Menschen nebst Bemerkungen über den Bronchialbaum der Reptilien und Vögel. Leipzig 1880. 8. 33—%6. 2. BAER, Max. Beiträge zur Kenntnis der Anatomie und Physiologie der Atem- werkzeuge bei den Vögeln. Z. f. wiss. Zool. 1896. Bd. LXI, S. 420—498. 3. BERTELLI, D. Svilluppo dei Sacchi aeriferi del pollo. Atti della Societä Toscana di Sc. nat., resid. in Pisa. Memorie. 1900. Vol. XVII. p. 145—166. 4. CAamPpAanA. Recherches d’Anatomie, de Physiologie et d’Organog£nie pour la determination des Lois de la Genese et de l’Evolution des Esp&ces animales. I. M&moire: Physiologie de la Respiration chez les oiseaux. 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Ricerche sulla struttura del polmone negli uccelli. Atti d. Societä Veneto-Trentina d. Sc. nat. resid. in Padova. 1898. Ser 2. Vol. III, fase. 2, p. 306—315. Padova 1899. 18. WEBER, E. Über den Bau der Lungen und den Mechanismus des Atmens bei Vögeln. Bericht 19. Vers. deutsch. Naturf. u. Ärzte. Braunschweig. Sept. 1841. 8. 75—78. 19. Zumstei, J. Über Corrosionspräparate. Sitz.-Ber. Ges. z. Beförd. d. ges. Naturw. Marburg 1892. Nr. 3, S. 77—79. 19a. —— Über den Bronchialbaum der Säuger und Vögel. Sitz.-Ber. Ges. z. Beförd. d. ges. Naturw. Marburg 1900. Nr. 4, 8. 37—48. Verzeichnis der Abbildungen. Textfig. 1. Querschnitte durch Parabronchien von Anas anser, nach Fr. E. SCHULZE. 2. Mediale Fläche der Lunge von Anas anser, nach GEGENBAUR. - 3. Rechter Bronchialbaum eines Vogels, nach CHR. AEBY. 4, Lungenanlagen des Hühnchens vom 7. Bruttage, nach SELENKA. 5. Lungen des Hühnchens vom 11. Bruttage, nach SELENKA. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XLVIN. ‚2° 995 "Soss "” IS Sg DD Tafel XIV. 67 Berichtigung. IE eines Versehens sind die Nummern der Tafeln zu den Arbeiten der Herren Dr. Mantel und Dr. Heilmann verwechselt worden. Die mit Nummer XIV bezeichnete Tafel gehört, wie auch am Fuße angegeben, zur Arbeit des Herrn Dr. Heilmann und die mit Nummer XV bezeichnete Tafel zur Arbeit des Herrn Dr. Mantel. LEIPZIG | Wilhelm Engelmann Verlagsbuhhandlung nn in Leipzig und Berlin. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XL VI. OÖ; ©: R (6) 4 f op "Son "00 u 28 SEN) = Jr, 2 Wan Su ® 29 ® \ 7 43 ) 00 () S 30 SS) 9 a © 2> an 20 DEI: ee) AfRS 15 Oo) ” SI Heilmann Verlag von Wilhelm L a Tafel XIV. or (Je) «A d [er) a =) «Qi a | N nn er) [er} H- [SS „A & | > | on En „A 38 on „A 66 N al 67” %No 11 ınn in Leipzig und Berlin. » = 2 u. ei N 7 Li a m Ex Y m 1 BL - Eu; Br - a ee (2% B ae u . [2 u R. Mantel, II. Aves. Die Entwicklung der Vogellunge. 481 Buchstabenerklärung. a,b,cı Hauptkammern d. Lungenrohres. s Nebenluftsack des $. intermed. ant. br Bronchus. sa Saeceus abdominalis. c3 Saecus intermedius anterior. sc Saccus cervicalis. I Lateralkammer. sp Saccus intermedius posterior. oe Ösophagus. v Hauptkammer des Lungenrohres. r Lungenrohr. Tafel XIV. Fig. 65—19. Ausgewählte Querschnitte durch die Lunge eines Hühnchens von 5 Tagen. Vergr. 18/1. Abstand der Schnitte: 6—7 = 160 u 78 = 80 u 8-9 = 40 u 9-10 = 60 u 10—-11= 40 u 1-12 = 20 u 12-13= 20 u 13—14 = 40 u 14—15= 40 u 15—16= 40 u 16—17 = 60 u 17—18 = 60 u 18—19 = 140 u Fig. 20—29. Ausgewählte Querschnitte durch die Lunge eines Hühnchens von 71/a Bruttagen. Vergr. 18/1. Abstand der Schnitte: 20—21 = 120 u 21—22 — 80 u 2—23—= 40 u 23—24= 80 u 24-23 = 40 u 25—-26— 40 u 26—27 = 120 u 27—28 = 120 u 283—29 = 80 u Fig. 30—39. Ausgewählte Querschnitte durch die Lunge eines Hühnchens von 8 Tagen. Vergr. 12/1. Abstand der Schnitte: 30—31 = 150 u 31-32 —= 50 u 32—3= 50 u 3—34= 50 u. 34-355 = 50 u 35—36 = 100 u 36—37 = 100 u 37—35 = 150 u 38—39 = 300 u Fig. 40—43. Kombinierte Sagittalschnitte durch die Lunge eines Hühnchens von 10 Tagen. Vergr. 33/1. Fig. 44. Medialansicht der Lunge eines Hühnchens von 7 Bruttagen. Vergr. 40/1. 482 Fig. 45. Fig. 46. Fig. 47. Fig. 48. A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Medialansicht der linken Lunge eines Hühnchens von 8 Tagen 21 Stunden. Vergr. 18/1. Lateralansicht der rechten Lunge eines Hühnchens von8 Tagen 21 Stunden. Vergr. 18/1. Dorsalansicht des Lungenrohres eines Hühnchens von 5 Bruttagen. Rekonstruktionsmodell. Vergr. 33/1. Medialansicht der Seitenbuchten des Lungenrohres eines Hühnchens von 7 Bruttagen 12 Stunden. Vergr. 33/5. III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. Von Dr. P. Heilmann, cand. med. aus Staffelstein. Mit 6 Figuren im Texte und Tafel XV. Die Lungen der Saurier, Schildkröten und Krokodile sind oft- mals untersucht und beschrieben worden, weil die Reptilien als die einfachste Gruppe unter den höheren Wirbeltieren gelten und man gerade durch die Erforschung ihres Körperbaues einen Aufschluß über die anatomischen Gesetze und die Entwicklung der Vögel und Säuger zu gewinnen hoffte. Daher sind verschiedene Meinungen über die Struktur der Lungen ausgesprochen worden. Die bis vor wenigen Jahren herrschende Ansicht über den Bau der Reptilienlungen wird am besten durch die Darstellung charakte- risiert, welche FR. EILH. SCHULZE in STRICKERS Handbuch 1871 gegeben hat. Dieselbe blieb lange Jahrzehnte hindurch ganz un- bestritten und erhielt dadurch fast den Wert einer dogmatischen Lehre. Fr. EıLH. ScHuULzE (8) urgierte die große Übereinstimmung des Lungen- baues bei den Reptilien und Amphibien. In der kontinuierlichen Reihe, welche sich bei diesen Tieren hinsichtlich des Baues der Lufträume ergibt, nehmen die Tritonen und einige Perennibranchiaten (Proteus, Menobranchus) die nie- drigste Stufe ein, indem jede Lunge nur eine einfache, sackartige, innen völlig glattwandige Erweiterung des zuleitenden Luftröhrenastes darstellt. Die übrigen Amphibien besitzen an der Innenwand jeder auch hier noch sackförmigen Lunge ein Netzwerk leistenartiger, ungleich hoher Erhebungen (Fig. 1). Die durch die höchsten Leisten gebildeten polygonalen, meist viereckigen Hauptmaschen wer- den durch ähnliche Leisten geringerer Höhe in kleinere Abteilungen gebracht, diese wieder durch noch niedrigere Wälle in neue Abschnitte zerlegt und so fort, bis schließlich eine Menge abgerundet polygonaler und zwar meistens 4- oder ö-eckiger Nischen oder Alveolen entsteht, welche mit ihrem flachen 484 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Grunde der Wand des Lungensackes selbst anliegen und mit ihrer Öffnung in den allgemeinen Luftraum des Lungensackes schauen. An der langgestreckten schlauchförmigen Lunge der Schlangen und Amphisbaena zeichnet sich der vor- dere diekwandige Abschnitt durch Tiefe und komplizierten Bau der Maschen- räume aus, Die der Lungenwand senkrecht aufstehenden Hauptleisten sind nämlich nicht glattwandig, sondern tragen auf ihren Seitenflächen sekundäre Leistennetze, durch welche Alveolen umgrenzt werden, die mit ihrem Grunde nicht mehr der Lungenwand selbst, sondern der Leistenwandung anliegen und mit ihrer Öffnung gegen den von den betreffenden Hauptleisten umschlossenen Maschenraum gekehrt sind. Nahe dem hinteren Ende wird das Leisten- netz einfacher, nimmt an Höhe ab und schwindet so vollständig, daß die Lunge mit einem glattwandigen, Fig. 1. einfach membranösen Blindsacke endigt:. Bei den Chamäleoniden wird das bisher gemeinsame Lumen jedes Lungensackes durch Erhebung einer oder mehrerer von der Lungen- sackwandung gegen die Bron- chusmündung vorragender großer Scheidewände, welche mit Alveolen umgrenzenden Leisten besetzt sind, in zwei oder mehrere nicht vollstän- dig geschiedene Hauptabteilungen gebracht. Bei den Schildkröten treten solche Septen in größerer Zahl auf, durchsetzen das ganze Binnenlumen und verschmelzen voll- ständig mit der röhrenartigen Ver- längerung des in den Lungenraum hineinragenden Bronchus, so daß A Lunge von Salamandra maculosa und B Bufo vul- Jede Lange in ce garis, Durchschnitte in der Länge. br Bronchus. einanderliegender, nur von der Bron- (Nach GresnEADR) chusfortsetzung aus zugängiger, in zwei Reihen angeordneter Blind- säcke geteilt ist. Das die Innenwand dieser einzelnen Abteilungen bedeckende Alveolenparenchym zeigt einen etwas komplizierteren Bau als bei den Schlangen. Durch reichlichere Entwicklung und noch weitergehende Komplizierung des Alveolenparenchyms werden endlich bei den Krokodilen die sackartigen Haupt- lufträume zu rundlichen Gängen eingeengt, ohne daß es zur Bildung wirklicher, solidwandiger Bronchien komme, wie sie den Säugetieren eigentümlich sind. UHR. Aepy (1) hat in seinem großen Werke über den Bronchial- baum den Reptilien wenige Zeilen gewidmet, da er nur die Lungen von Crocodilus sclerops, Testudo tabulata, Megachelys Temminckii untersuchen konnte. Doch erkannte er, daß die Vögel und Reptilien einander in der allge- meinen Gliederung des Bronchialbaumes außerordentlich nahe stehen. Die dicho- tomische Verzweigung des Stammbronchus ist für Reptilien nie behauptet wor- den. Er zeichnet sich durch gestreckten Verlauf und ein die Umgebung P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 485 entschieden beherrschendes Kaliber aus. Wie bei Vögeln fand Argy dieseibe Kreuzung zwischen Stammbronchus und Arterie, dieselbe Erweiterung des ep- arteriellen Systems nach abwärts, nur noch ausgiebiger, so daß es teilweise neben dem hyparteriellen liegt. Bei den Reptilien geht der sonst überall so bestimmt ausgesprochene Typus einer eparteriellen und hyparteriellen Bron- chialreihe in die Form einer zur Lungenarterie medialen und lateralen Reihe über. Beide wären demnach als ursprünglich einander parallele Längsreihen aufzufassen, deren eine später allmählich bis auf das die andere nach.oben überragende Kopfstück verschwindet und vielfach gänzlich verloren geht. Beim Krokodile sah er, wie bei den Vögeln, einen Ventralzweig des 1. eparteriellen Seitenbronchus um den Stammbronchus herum nach vorn verlaufen. Auf der Ansicht von Fr. EıLH. SCHULZE fußend gab MıLAnı im Jahre 1894 seine unter Leitung von W. SPENGEL gereiften Gedanken über die phylogenetische Entwicklung der Lungen bekannt. Ins- besondere erörterte er die Frage, auf welchem Wege aus den einfachen Lungen- formen der Lacertilier die komplizierten entwickelt wurden, ferner wie sich die auf der primitivsten Stufe stehenden a Laecertilierlungen von den Lungen der 2 höheren Amphibien ableiten lassen und ob Übergänge zu den Lungen der Vögel vorhanden sind. Die Lösung suchte er durch die anatomische Beschreibung ver- schiedener Lungentypen (Sphenodon, La- certa, Iguana, Varanus) zu gewinnen. Die Lungen des Sphenodon-Typus stellen Säcke dar, deren Innenseite entweder vollständig oder teilweise (d.h. den hinteren Abschnitt aus- genommen) mit Alveolen und Krypten bedeckt ist (Fig. 2) z. B. bei Hatteriden (Sphenodon pune- tatus), Tejiden (Tupinambis teguiwin, Ameiva surinamensis), Scineiden (Chaleides ocellatus, Eu- meces algeriensis, Mabuia aurata). Sie unter- here): Bakdar Henke scheiden sich von den Lungen der Amphi- ‚na geöffnet; ebenso die linke Lunge bien nur dadurch, daß stets eine Trachea vor- der Länge nach. (Nach GEGExBAUR.) kommt. Weil an der ventralen und dorsalen Seite einige kleine Septen nach dem Innern vorspringen, bildet Ameiva surinamensis ein Übergangsglied zum Lacerta- Typus der Seineiden (Tiliqua seimeordes), Geekoniden (Gecko verticellatus und vittatus, Tarentola mauritanica und annularis, Gymnodactylus platurus, Theca- dactylus rapieaudus, Hemidactylus twreieus), Zonuriden (Zonurus gigamteus), La- certiden (Lacerta ocellata, agilis, viridis, muralis) und Agamiden (Calotes juba- . tus), welcher durch eine größere Anzahl wohlausgebildeter Septen entweder an der ventralen und dorsalen Seite oder nur an der dorsalen Seite charakterisiert 486 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. ist. Hier ist ein Zusammengehörigkeitsverhältnis zwischen dem Alveolensystem und den Septen vorhanden, derart daß die Septen sich in ihren der Lungen- wand zunächst liegenden Teilen gleichzeitig als Alveolenwände darstellen. Ferner ist die in den Septenrändern verlaufende Muskulatur die direkte Fortsetzung der Muskeln der Alveolenwände. MıtLAnı meinte, die Septen seien in der Weise entstanden, daß mehrere nebeneinanderliegende Alveolenwände über das Niveau der übrigen erhoben und verschmolzen wurden; daher sei der 2. Typus nur graduell, nicht essentiell von dem Sphenodon-Typus verschieden. Er nahm an, die Lacertilier, deren Lunge dem Lacerta-Typus folge, seien aus Fig. 3. Fig. 3. Linke Lunge von /gvana. a Bronchus; b hinterer kleinerer, c vorderer größerer Lungensack. Durch die Kommunikation A an der Mündung des Bronchus in der schrägen Scheidewand ist eine Nadel geschoben dargestellt. e Alveolen längs der Scheidewand im vorderen, f im hinteren Sacke, g Unvollkommene Scheidewände im unteren Teile des vorderen Sackes. (Nach GEGENBAUR.) Fig. 4 Rechte Lunge eines Varanıs (Monitor). a Bronchus; b oberer kleinerer Ast, geöffnet; c unterer Ast (Stammbronchus), geöffnet; d von ihm abgewendete Äste; e von b abgehende Äste, welche sich in weite Säcke f öffnen. (Nach GEGENBAUR.) solchen Arten hervorgegangen, deren Lungen noch auf der Stufe des Sphenodon- Typus gestanden haben. In beiden Typen finden sich Lungen mit einer äußer- lichen Einschnürung an der Bronchus- oder Tracheamündung, welche auf die an dieser Stelle über die Lungen hinwegziehende Arteria uud Vena pulmonalis zurückzuführen ist. Im Innern wird durch eine Verdickung ein kleinerer vorderer Abschnitt gegen den hinteren Raum der Lunge abgesetzt. Bei weiterem Fort- schreiten dieser Verdickung würde eine Zwischenwand entstehen, die den Lungenhohlraum in zwei Kammern sondert. Solche Verhältnisse (Fig. 3) bilden das Charakteristikum des (III.) Iyguana- Typus (Uromastix, Agama, Iguana, Ctenosaura usw.). Er weist Septen in beträchtlicher Zahl und weit ansehnlicherer Größe auf. Bei Iguana tuberculata erreicht das Alveolensystem eine besondere Ausbildung, indem die durch die kleineren Septen gebildeten Nischen zu gangartigen Säcken eingeengt werden. Mit dem Fortschritt des Lungenbaues geschieht zugleich eine fortschrei- tende Ausbildung der Luftwege. Bei einer größeren Zahl der den beiden ersten Typen angehörigen Arten spaltet sich die Trachea nicht in gesonderte Rohre, P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 487 sondern mündet mit zwei Bronchialöffnungen unmittelbar in die Lunge. Bei anderen kommt es zur Bildung von wirklichen, freilich sehr kurzen Bronchien. Längere Luftröhrenäste treten erst bei den Agamiden und Iguaniden auf. Bei Iguana tuberculata und Polychrus marmoratus setzt sich ein Teil der Bronchial- knorpel in Gestalt einer auf der Vorderseite der großen Zwischenwand ver- laufenden Rinne in die Lunge fort. Dieses Vorkommen deutet Verhältnisse an, die in der Lunge der Vögel und Säugetiere eine besonders charakteristische Entwicklung erlangt haben. Ein Zwischenglied, das die Lacertilier mit den warmblütigen Amnioten verbindet, ist im Varanus-Typus (IV) gegeben (Varanus bengalensis, nilotieus, varius, griseus, salvator, exanthematieus, albogularis). Hier (Fig. 4) setzen sich die Bronchien, deren extrapulmonaler Teil größer ist als bei allen übrigen Lacertiliern, nicht nur als geschlossene Rohre in das Innere der Lungen fort, sondern spalten sich darin in je zwei Äste. Der eine begibt sich nach dem vorderen, der andere nach dem hinteren Abschnitte der Lunge. Von beiden Bronchialästen und deren Verlängerung strahlen zahlreiche, das Innere der Lunge durchziehende und mannigfach verzweigte Gänge aus. Die Ent- stehung der größeren Gänge des intrapulmonalen Röhrensystems, das vollstän- dig an das der Vogellunge erinnern soll, erklärte MıLAnı durch gesteigerte Fortbildung der Septen und ihres Alveolenbezuges, deren Anfänge beim Lacerta- bezw. Iguana-Typ festgestellt seien. Hierdurch werde der Lungenhohlraum auf einen in der Verlängerung des Bronchus liegenden Gang reduziert, der durch den Mangel des Knorpels vom Bronchus unterschieden ist. Innerhalb der grö- ßeren Gänge wiederhole sich der Prozeß der Septenbildung und eine ent- sprechende Entwicklung des Alveolensystems, woraus sich die Entstehung der kleineren Kanäle erkläre. Die Tatsache, daß in der Varanus-Lunge die intra- pulmonale Bronchusfortsetzung in einen vorderen und hinteren Ast gespalten wird, weise darauf hin, daß sie aus einer ursprünglich zweikammerigen Lunge, z. B. des Iguana-Typus hervorgegangen seien. Im Jahre 1897 besprach A. Mıranı auch die Phylogenie der Chelonierlungen, speziell die Fragen, auf welchem Wege die einfachsten Chelonierlungen aus noch einfacheren Lungenformen ent- wiekelt wurden und wie die komplizierten Chelonierlungen aus den einfacheren entstanden. Da er in der Lunge von Emys orbicularis Wände (Fig. 5) sah, welche gleich den Septen an der ventralen und dorsalen Wand der Lacertilier mehr oder weniger parallel laufen, hielt es MıLanı für wahrscheinlich, daß die Septen, aus denen die lateralen, dorsalen und ventralen Querwände entstanden gedacht werden können, den Septen der Lacertilierlungen homolog sind, und glaubte dadurch das Recht gewonnen zu haben, die Straktur der einfachsten Chelonier- lungen aus den einfacheren Verhältnissen bei Lacertiliern abzuleiten. Mit der Verbreiterung und Abflachung des Schildkrötenkörpers habe sich die Lunge derart um ihre Längsachse gedreht, daß ihre ventralen Teile in die laterale, die dorsalen in die mediale Lage gerückt seien. Das beweise die Eintritts- stelle des Bronchus in die Lungen; denn sie befindet sich bei den Lacertiliern an der medialen, bei den Schildkröten an der ventralen Lungenwand. Daher wäre die Emys-Lunge von einer Lunge abzuleiten, an deren ventraler und dorsaler Wand Septen vorsprangen wie bei Calotes jubatus. Der Umstand, daß Morpholog. Jahrbuch. 48. 32 488 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. in der Lunge von Emys orbieularis drei laterale und je vier (medio-) ventrale und (medio-) dorsale Querwände vorhanden sind, weise darauf hin, daß die Emys-Lunge sich aus einer Lunge entwickelt habe, von deren lateraler (ur- sprünglich ventraler) Wand drei und von deren medialer (ursprünglich dorsaler) Wand vier Septen vorsprangen. Bei der weiteren Annahme, es seien in der Lunge, aus der sich die Emys-Lunge entwickelt habe, Wände parallel zur Fig. 5. Luftröhre mit den Lungen von Emys in situ. Ventrale Ansicht. ir Trachea, {rl Teilung der Trachea in die beiden Bronchi. Der rechte ist in die ventral geöffnete Lunge verfolgt (br). k Kammern der Lunge; oe Ösophagus; r Muskel; C Cloake. (Nach GEGENBAUR.) Mittelebene aufgetreten und zwar nur zwischen je zwei Septen der medialen (ur- sprünglich dorsalen) Seite, aber nicht auf der lateralen Seite, wären auf der lateralen Seite eine, auf der medialen zwei dorsoventral übereinander liegende Nischenreihen gebildet worden. Da Mıcant früher ausgesprochen hatte, daß mit der fortschreitenden Komplikation der Lacertilierlunge, d. h. mit der Ver- größerung der Septen in der Regel eine Entfaltung des Alveolenbezuges ein- trete, so erkläre sich, wie zwischen den zu Querwänden gewordenen Septen Wandstücke (»Längswände« Milani) entstehen konnten, die parallel der Längs- achse der Lunge verlaufen, und wie damit aus den zu Säcken gewordenen P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 489 Nischen die lateralen, ventralen und dorsalen Kammern gebildet werden konnten, d. h. wie im Anschluß an die Bronchusöffnung ein in der Lunge von vorn nach hinten verlaufender, enger Centralkanal zustande kam, in dessen Wand sich Öffnungen befinden, die in die zu Kammern gewordenen Säcke hineinführen. Mıranı glaubte ferner für die Lacertilier festgestellt zu haben, daß mit der Entstehung und Vergrößerung der Septen und der Entfaltung des Alveolen- bezuges eine fortschreitende Entwicklung des Bronchus parallel gelaufen sei. Bei den einfachsten Formen geht die Trachea bloß mit zwei Bronchialöffnungen in die Lunge über, später treten extrapulmonale Bronchien auf, zunächst kurz, um in dem Maße länger zu werden, wie der Lungenbau sich kompliziere. Bei den kompliziertesten Formen endlich setzen sie sich in die Lunge hinein fort. Den intrapulmonalen Bronchus der Emys-Lunge erklärte Mıranı durch die An- nahme, es sei zunächst der centrale Kanal s gebildet und in dessen Wand vom extra- Fig. 6. pulmonalen Bronehus Knorpelstücke ein- gelagert worden. MıLAnI trat auch dafür ein, die Krokodilierlungen von jener gemein- samen Stammform abzuleiten. Die in der Lunge von Alligator mississippiensis vorhandenen Wände (Fig. 6) könnten aus Septen entstanden sein, die von der ventralen und dorsalen Lungenwand vor- sprangen und nach dem Lungeninnern gewachsen sind. Wenn die Entfaltung des Alveolenbezuges gleichen Schritt mit dem Wachstum dieser Septen gehalten habe, mußten naturgemäß die von den Septen gebildeten Nischen zu Gängen eingeengt werden. Verlaufen die von der ventralen und dorsalen Lungenwand sich erhebenden Septen nicht parallel, sondern gegeneinander verschoben, so könnte es beim weiteren Wachstum dieser Septen und bei fortschreitender Entfal- tung des Alveolenbezuges zur Ausbildung von Gängen wie bei Alligator mississippt- ensis kommen. Di d ® Lunge von Alligator in einem die Anordnung 2 au Lungeninnern ZUSSE der Luftwege darstellenden Schnitte, (Nach wandten Öffnungen der Gänge konnten GEGENBAUR.) sehr stark eingeengt werden, so daß zwischen den Gängen ein enger centraler Kanal entstehen mußte, der von der Eintrittsstelle des Bronchus die Lunge durchzog und Öffnungen für die ver- schiedenen Gänge erhielt. In den vorderen Abschnitt dieses Ganges konnten sich vom extrapulmonalen Bronchus her Knorpelstücke einlagern und damit einen intrapulmonalen Bronchus zustande bringen. Beim Vergleich der Vogellunge mit der Lunge von Thalassochelys caretta homologisierte MıLanı die von Knorpel gestützte Strecke des Hauptluftganges in der Vogellunge dem intrapulmonalen Bronchus in der Thalassochelys-Lunge, die vom Hauptluftgange abgehenden Bronchialröhren den lateralen und medialen 32* 490 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Gängen, die in der Thalassochelys-Lunge vom Bronchus abgehen. Von den Bronchialröhren der Vogellunge gehen ebenso wie von den entsprechenden Gängen der Thalassochelys-Lunge Gänge 2. Ordnung (= Lungenpfeifen der Vögel) ab, welche in beiden Gruppen Gänge 3. Ordnung abgeben, die wieder Aste aussenden können. Endlich sind hier wie dort die Wände sämtlicher intra- pulmonaler Gänge mit Alveolen und Krypten überzogen. Während jedoch in der Thalassochelys-Lunge jeder vom Bronchus abzweigende Gang mit seinen Verzweigungen ein geschlossenes System bildet, sind die Bronchialröhren der Vogellunge untereinander verbunden, weil die Lungenpfeifen benachbarter Bronchialröhren unmittelbar kommunizieren. MıLANI setzte den Fall, es fände in der Vogellunge keine Kommunikation der Lungenpfeifen statt, und in der Thalassochelys-Lunge fehlten die Knorpeleinlagerungen am Anfang der vorder- sten vom Bronchus abgehenden Gänge, so wären zwischen den beiden Lungen- typen ausschließlich graduelle Unterschiede vorhanden. Man könnte also die Vogellunge ohne Schwierigkeit aus einer Lunge von der Komplikationsstufe einer derartigen noch auf einer niederen Stufe stehenden Thalassochelys-Lunge hervorgegangen denken, dadurch daß das System der Alveolen und Krypten noch weiter entfaltet, die Gänge eingeengt und die Alveolen kleiner wurden. Mit der Abhandlung von F. Moser im Jahre 1902 begann eine neue Periode. Die Tatsache, daß die Embryonalentwicklung der Säugerlunge kein Beispiel für das Einwachsen der Septen in die ursprünglich einfache Lungenhöhle bot, veranlaßte R. Herrwıs, durch F. Moser die Frage untersuchen zu lassen, ob bei den Sauropsiden bronchipetales oder bronchifugales Wachstum vorliegt, d.h. ob das Epithel des centralen Hohlraumes durch die Wucherung des Binde- gewebes streckenweise unter Bildung von Septen vorgetrieben wurde oder ob das Epithel streekenweise in die laterale Lungenwand unter Verdünnung derselben zur Bildung von Ausbuchtungen einge- wachsen ist. Durch das Studium von Querschnitten embryonaler Lungen stellte F. Moser fest, daß keine Septenbildung, sondern ein Prozeß der Knospung stattfindet. Die ungleich großen Lungensäckchen eines 4 mm langen Embryos von Anguis fragilis ließen ein gleichmäßiges Maschenwerk von mehr rundlichen »Ausbuchtungen« erkennen. Der centrale Hohlraum besitzt regelmäßige Aus- buchtungen bzw. kleine Septen, die proximal am größten, distal niedriger sind und schließlich ganz verschwinden. Das Ende der Lunge stellt ein glattes Rohr vor, das an seiner Spitze eine kleine Auftreibung zeigt, die an das pri- märe Lungenbläschen am Mesobronchus des Hühnchens erinnert. Bei Stadien von 5, 5,25 und 7 cm ist der centrale Hohlraum sehr er- weitert und eine allmähliche Verdünnung der Wand erfolgt, d.h. der centrale Hohlraum hat sich auf Kosten der Wand vergrößert. Die Ausbuchtungen am distalen Ende der Lunge sind tiefer und weiter, die Septen zwischen ihnen schlanker geworden. In die am meisten ausgebildeten Ausbuchtungen (»Nischen«) springen kleinere Septen vor, bzw. die Nischen haben sich sekundär zu den Krypten der fertigen Lunge ausgebuchtet. An Schnitten durch eine solche Ausbuchtung wird das Bestreben der Epithelzellen deutlich, sich unter Erweite- P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 491 rung des Lumens und Zusammendrängen des Bindegewebes in der Fläche aus- zudehnen. Der Vorgang ist im centralen Hohlraum bis zum Plattenepithel ge- diehen, in der untersten, vorgeschrittenen Ausbuchtung hingegen erst bis zum Pflasterepithel. Das gleiche Bestreben hat F. Moser beim primären Lungen- bläschen des Hühnchens beobachtet. Dort nahm aber die Masse des Binde- gewebes mit dem Wachstum der Lunge zu und der centrale Hohlraum wie die primären Lungenbläschen konnten sich relativ nur wenig in ihrem Querdurch- messer ausbreiten, so daß aus ihnen enge, lange Kanäle wurden, zwischen welchen starke Bindegewebsmassen, d. h. dieke Septen übrigblieben. Bei An- guis jedoch hält die Vermehrung des Bindegewebes nicht Schritt mit dem Wachs- tum der Lungen, — das Bindegewebe wird spärlich, locker, die Ausbuchtungen können sich daher nach allen Richtungen (auch in ihrem Querdurchmesser) als weite Hohlräume ausdehnen, zwischen welchen nur schmale Septen bleiben. Daher erklärte F. Moser mit vollem Rechte: Die Entwicklung der Lunge spielt sich ausschließlich durch den Prozeß der Knospung ab wie beim Hühnchen. In beiden Fällen treibt der centrale Kanal infolge starker lokaler Vermehrung seiner Epithelzellen hohle Sprossen in das dieke Bindegewebe der Lungenwand. Sowohl bei Anguis wie beim Hühnchen missen die ersten Ausbuchtungen des centralen Kanals als primäre Lungenbläschen bezeichnet werden. Sie sind stets die primäre Erscheinung bei Bildung eines neuen Kanals. Der große centrale Hohlraum ist die direkte Fortsetzung des extrapulmo- nalen Bronchus und durch starke Erweiterung des in den ersten Stadien als enges Rohr auftretenden extrapulmonalen Bronchus entstanden. Somit ent- sprechen sich centraler Hohlraum von Angwis und Mesobronchus des Hühn- chens. Die ersten Stadien der Lungenentwicklung von Angwis gleichen denen vom Hühnchen auffallend, weil bei beiden ein diekwandiges, bindegewebiges Säckehen mit einem relativ engen, centralen, von Epithel ausgekleideten Hohl- raum erscheine, der am Ende ein primäres Lungenbläschen, an den Seiten eine größere Anzahl derselben aufweist, die durch dicke Septen voneinander getrennt sind. Je älter aber die Lunge von Angzwis und Gallus wird, je mehr verliert sich die Ähnlichkeit. Also sind die Septen der ausgebildeten Lunge von Angwis nur vorgetäuscht. Das kommt daher, daß beim Hühnchen die Vermehrung des Bindegewebes mit der Vergrößerung der Lunge Schritt hält, bei Angwuis hingegen mehr und mehr abnimmt. Beim Hühnchen ist ferner die Zahl der Sprossen des Mesobronchus relativ gering; bei Anguis außerordent- lich groß; daher sind bei ersterem die zwischen den Sprossen übrig bleibenden Wandteile breit, bei Argwis schmal und schlank. — Die Masse des Bindegewebes ist ein sehr großer Faktor im Verlaufe der Entwicklung. Bei Embryonen von Lacerta muralis und vivipara fand F. Moser den Ent- wicklungsverlauf ähnlich. Anfangs ist die Lunge ein diekwandiges Säckchen, in welches der Bronchus wenig erweitert bis zum distalen Ende vordringt. Ventral unterhalb der ersten Knospe folgen weitere Knospen, die schon gut ausgebildet sind, ehe die dorsalen Knospen angelegt werden. Letztere treten also zu einer Zeit auf, wo die dorsale Lungenwand durch Ausdehnung des cen- tralen Hohlraumes schon ziemlich verdünnt ist, während die ventralen Knospen in die dicke Wand hineinwachsen und darin immer weiter vordringen, um schließlich große ventrale Nischen zu werden. Bei älteren Stadien von Lacerta aivipara ist die ganze Lunge unter Verdünnung ihrer Wand vergrößert, die Muskulatur außerordentlich verstärkt; die Nischen und Krypten sind sehr ver- tieft. So hat die Lacertilierlunge eine etwas höhere Entwicklung erreicht als bei 492 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Anguwis, Gehyra und Hatteria. Die primären Lungenbläschen haben sich mehr und tiefer entwickelt und die Wandreste als ein System sehr langer Septen zwischen sich gelassen, wodurch die Lunge schon ein ziemlich schwammiges Aussehen erlangt hat. Bei Schildkröten und bei Krokodilen dehnt sich der centrale Hohlraum in seiner Gesamtheit nur wenig aus und bleibt auf der Stufe eines schmalen Kanals, die Septen werden dementsprechend außerordentlich lang. Bei Emys lutaria tritt der extrapulmonale Bronchus medial in die Lunge ein, dringt horizontal dorsal vor und gibt von seiner proximalen Wand einen Sproß lateralwärts ab, biegt dann caudal um und geht in senkrechtem Verlauf bis an das distale Ende des Lungensäckchens als durchaus einheitliches Ge- bilde. Nachdem die Knospe der ersten großen Lateralkammer (Z,) eine ge- wisse Größe erreicht hat, gibt der intrapulmonale Bronchus direkt unter dieser lateral eine zweite Knospe, die Anlage der zweiten Lateralkammer (2), ab. Die Stadien waren nicht jung genug, um sicher die Reihenfolge der Entstehung der Knospen festzustellen. Dicht bei Zı scheinen nun zwei Knospen von der pro- ximalen Wand des horizontalen Bronchus abzugehen, die zur ersten Ventral- kammer (Y}) und ersten Dorsalkammer (D;) werden. Alle drei (V} Lı Dı) kom- munizieren direkt mit dem Bronchus, sind somit wahre Knospen desselben. Nacheinander treten nun die Kammern ZLs, dann V> und Ds, V3 und Ds, Vı und D;, an der Medialseite des längsverlaufenden Bronchus so dicht nebeneinander auf, daß man fast eine einzige Öffnung zu sehen glaubt. Dieser Eindruck wird durch die zunehmende Verdünnung der trennenden Wand erhöht, besonders im Vergleich mit der lateral ganz für sich liegenden Öffnung der Lateralkammern. Die Abgangsstellen der Lateralkammern liegen mehr ceranial als die entspre- chenden Dorsal- und Ventralkammern. Anlage und Wachstum jeder einzelnen Knospe kann man sehr gut ver- folgen. Auf den nächsten Stadien 1,3 und 1,6 cm ist die ganze Lunge größer. Der intrapulmonale Bronchus hat sich etwas, sein Endteil hingegen sehr stark erweitert, wodurch er zur Endkammer geworden ist. Die Lunge zeigt buckel- artige Auftreibungen ihrer Oberfläche, entsprechend den nun kolossal erweiterten Kammern, die ihrerseits wieder Knospen für die Nischen getrieben haben, welche ebenfalls Knospen der zukünftigen Krypten aufweisen. Mit der Endkammer sind nun zwölf Kammern vorhanden (4 ventrale Kam- mern, 4 dorsale Kammern, 3 laterale Kammern, 1 Endkammer), von denen die zuerst angelegten Kammern am größten sind. Durch die kolossale Ausdehnung der Kammern sind die zwischen ihnen übriggebliebenen Teile der Lungenwand immer schmäler und dünner geworden und scheinen nun als lange Septen von der Wand her bronchipetal in den Lungenhohlraum vorgewachsen zu sein, ob- wohl die Suceession der Bildungen in der Lunge gerade umgekehrt und der centrale Kanal primär angelegt ist. Wie bei den Lacertiliern und beim Hühnchen hat also der Bronchus in das früher kompakte Lungensäckchen durch Sprossung ein ganzes System von Ka- nälen getrieben, die allein durch ihre große Weite und dünne Wand von der Rege] beim Hühnchen abweichen. Wie bei letzterem haben wir einen Bronchus 1. Ordnung = intrapulmonaler Bronchus, ferner Bronchi 2. Ordnung = Kam- mern, Bronchi 3. Ordnung = Nischen und schließlich die Krypten, welche den Alveolen in der ausgewachsenen Hühnerlunge entsprechen. Sogar die terminale Erweiterung des Bronchus (Endkammer) läßt sich mit dem abdominalen Luft- sack der Vögel vergleichen. P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 493 Die Emys-Lunge nähert sich den Vögeln, insofern die Zahl der Knospen des intrapulmonalen Bronchus sehr gemindert ist, und unterscheidet sich durch die bedeutende Weite sowohl des centralen Kanals wie aller übrigen Räume. Die Krokodilier zeigen eine noch größere Ähnlichkeit mit den Vögeln, indem zu der geringen Zahl der Knospen die geringe Weite der Räume kommt. Bei einem 6 cm langen Embryo von Crocodilus biporcatus tritt der intrapulmonale Bronchus als enges Rohr an der medialen Seite ungefähr in der Mitte der Lungenlänge in das sehr dieke bindegewebige Säckchen ein, dringt bis an sein distales Ende vor und gibt Knospen ab. Auf dem nächsten Stadium von Oroco- dilus madagascarensis (10,3 cm) reicht der intrapulmonale Bronchus als durchaus einheitliches Gebilde bis an das distale Ende des Lungensackes. Die primären Lungensäckchen haben sich unter Austreibung der Lungenwände sehr verlängert und an ihrem Ende erweitert, während ihr eng gebliebener Anfangsteil den Ein- druck eines Kanals macht. Diese Kanäle mit ihrem erweiterten Ende sind die Bronchi 2. Ordnung, entsprechend den Kammern der Schildkröten; sie haben ihrerseits wieder Sprossen, die Bronchi 3. Ordnung, getrieben, welche sich zu weiten Nischen entwickelt haben. Also ist auch bei den Krokodiliern das die ganze Lunge durchziehende, an seinem Ende zur Endkammer erweiterte Rohr ein einheitliches Gebilde. Die Längs- und Querwände sind primäre Bildungen, d.h. die zwischen den Kanälen übriggebliebenen Wandteile. F. Moser faßte die Resultate in folgenden Sätzen zusammen: 1. Die Lunge der Reptilien entwickelt sich genau so wie beim Hühnchen a) durch allgemeine Vergrößerung der Länge, infolge Vermehrung ihrer Gewebe, b) durch typische Sprossenbildung des intrapulmonalen Bronchus in dem dicken bindegewebigen Säckchen, wodurch ein bronchifugales Kanal- system entsteht, dessen einzelne Kanäle aber durch ihre bedeutende Weite das Aussehen solcher mehr oder weniger verloren. 2. Der centrale Hohlraum ist die direkte Fortsetzung des extrapulmonalen Bronchus, ein durchaus einheitliches Gebilde = intrapulmonaler Bronchus. Er wächst sowohl bei den Amphibien wie bei Reptilien und Vögeln durch- aus ungeteilt bis an das distale Ende des Lungensäckchens und treibt mono- podial seitliche Knospen, die bei Reptilien zu Nischen oder kammerartigen Bronchien 2. Ordnung werden. Die Entstehung dieser Knospen setzt sich immer weiter bis zur distalen Spitze des intrapulmonalen Bronchus fort. Die Bronchien 2. Ordnung treiben nun ihrerseits wieder laterale Knospen, die zu Bronchien 3. Ordnung werden (Krypten bei niederen Reptilien, — Nischen bei höheren Reptilien, — Lungenpfeifen bei Vögeln). 3. Der bei den niederen Reptilien im Laufe der Entwicklung sich immer mehr verstärkende Unterschied von der Vogellunge hat als Ursache vor allem die große Zahl der Bronchi 2. Ordnung, die vom intrapulmonalen Bronchus abgehen. 4. Wie bei den Vögeln kann man Bronchen 1., 2. und 3. Ordnung unter- scheiden, wobei die als Krypten bezeichneten letzten Endigungen den Alveolen bei Vögeln entsprechen. 5. Wie bei den Vögeln besitzt wohl jeder Bronehus die Fähigkeit, durch starke Erweiterung seines Endes zu einem Luftsack zu werden. 6. Bei den höheren Reptilien findet Annäherung an die Vogellunge statt vor allem durch Reduktion der Zahl der Sprossen, die immer mehr das Aus- 494 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. sehen von Kanälen erhalten. Hierin stehen die Krokodilier den Vögeln näher als die Schildkröten. Der Bericht von F. Moser wurde bald darauf (1905) durch die Studien von C. Hesser über die Entwicklung der Reptilienlungen in den Schatten gestellt, da Hrsser an einem besseren Material gsründlicher und mit der exakteren Methode der Rekonstruktion ar- beiten konnte. Ich lasse daher ein ausführliches Referat über seine Ergebnisse folgen. Die erste Anlage der Trachea und der Lungen tritt bei Eidechsen in Form einer ventralen Ausstülpung bzw. Falte des Vorderdarmes unmittelbar caudal von der letzten Kiementasche auf und wird in caudo-cranialer Richtung vom Darm abgesondert. Die Anlage der Bronchien, d. h. laterale Ausbuchtungen im caudalen Teile der Falte wachsen in zwei enge Röhren aus, zunächst noch ohne deutliche Grenze zwischen dem extrapulmonalen Bronchus und der künf- tigen Lunge. Sie beginnen gleichzeitig an Länge und Umfang zuzunehmen. So entstehen zwei Säcke, welche unter tracheopetaler Abnahme ihrer Weite ohne Grenze in die Bronchien übergehen. Die Erweiterung macht sich vor allem auf der lateralen Seite des cranialen Teiles der entodermalen Lungen- anlage bemerkbar, erstreckt sich jedoch nur bis zu einem gewissen Punkte der Bronchien, welche cranialwärts davon ihr röhrenförmiges Aussehen behalten. Dadurch tritt eine scharf markierte Grenze zwischen dem extrapulmonalen und dem pulmonalen Bronchus auf. Weil die Erweiterung fast ausschließlich die laterale Wand trifft, mündet der Bronchus in die mediale Seite des primitiven Lungensackes an dessen cranialem Ende ein. Der craniale Teil des Lungen- sackes nimmt schneller an Umfang zu und wird hier am weitesten, nach seinem caudalen Ende hin allmählich enger; der glattwandige Lungensack wird bald komplizierter, indem eine hohle warzenartige Knospe aus dem eranialen Ende des primitiven Lungensackes, dorso-lateral von der Einmündungsstelle des Bronchus hervorwächst. Sie ist die erste Anlage des Seitenbronchus. In rascher Folge wird eine ganze Menge solcher Zapfen ausgebildet, indem gewisse Partien der Wand nach dem Prinzip der Knospenbildung zentrifugal schneller wachsen als andere. Bei einem 8,5 mm langen Tarentola - Embryo ist der ganze rechte primitive Lungensack gleichsam übersät von ihnen. Die erste Blase ist zu einem großen länglich runden Sack angewachsen, der durch einen sehr kurzen, ziemlich dicken Stiel der dorsalen Seite des Lungensackes nahe dessen Übergang in den Bronchus aufsitzt. Der Stiel zeigt einige Ausbuch- tungen der Wand. Durch die Entstehung und den Zuwachs dieser Blase erhält die Lunge eine craniale Spitze, welche den vorderen Teil der Körperhöhle ein- nimmt. Von den übrigen Blasen des primitiven Lungensackes fallen einige der dorsalen Seite wegen ihrer bedeutenden Größe besonders auf. Sie stehen in einer längs der Dorsalseite des Stammbronchus laufenden Reihe in ziemlich regelmäßigen Abständen. Das sackartige Gebilde ist die erste Blase, ihr folgen rechts dreizehn andere. Sie sind im allgemeinen kleiner, je mehr caudalwärts sie sitzen. Indes erfolgt die Größenabnahme nicht kontinuierlich von der einen Blase zur anderen, z. B. die siebente ist etwas größer als die nächste mehr cranial sitzende. Sie bilden kleine, rundliche in caudo-eranialer Richtung etwas ausgezogene, kolben- artige Säcke. Kleinere Blasen sind in transversalen Reihen rings um den P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 495 Lungensack geordnet und erwecken den Eindruck einer in der mittleren Partie der Lunge am deutlichsten ausgeprägten Segmentierung. Die transversalen Reihen alternieren ungefähr mit den großen dorsalen Blasen, so daß eine solche Reihe dem Zwischenraum zwischen zwei Blasen entspricht. Im cranialen Teile der Lunge gibt es auf der ventralen Seite zwei bis drei Blasen, die nach Form und Größe den größeren dorsalen verglichen werden können. Die linke Lunge ist in der Knospenentwicklung etwas zurück, ihre Dorsalreihe (11) großer Blasen unterscheidet sich von denen der rechten Lunge nur hinsichtlich der Größe, indem die Blasen der linken Lunge die der rechten ansehnlich an Umfang übertreffen. Dies dürfte mit der Größendifferenz der beiden Lungen überhaupt zusammenhängen, indem die linke Lunge viel weiter als die rechte ist. Die Komplikation der inneren Fläche der Lunge fährt auf dem eingeschlagenen Wege fort. Bei einem 9 mm langen Tarentola- Embryo haben die Lungen be- reits einen recht komplizierten Bau erhalten. Sie haben an Umfang zugenommen und jede Einzelblase ist größer und tiefer geworden. Besonders sind die Blasen der dorsalen Reihe vergrößert, hauptsächlich in bronchifugaler Rich- tung, wodurch sie zu dicken, von Seite zu Seite etwas zusammengedrückten Röhren verwandelt sind, die an ihrem Ende sich in zwei oder mehrere sehr kurze Zweige gabeln und gleichzeitig sekundäre Blasen nach den Seiten ent- senden. Diese letzteren sind im allgemeinen länger, mehr röhrenförmig aus- gezogen, je näher sie an der Basis des Mutterstammes sitzen und die längsten von ihnen, d. h. diejenigen, welche sofort abgehen, nachdem die Mutterblase den Stammbronchus verlassen hat, sind ihrerseits mit kleinen Nebenblasen ver- sehen. Die dorsalen Blasen sind also zu dorso-ventral ausgezogenen Gängen verwandelt worden, die seitwärts hohle Zapfen aussenden, welche die Form ent- weder kleiner Röhren oder seichter Blasen zeigen, je nachdem sie näher oder weiter vom Stammbronchus sitzen. Die im vorhergehenden Stadium noch ein- fache Blase ist so zu einem ganzen System kurzer Gänge und kleinerer Blasen umgewandelt, deren zusammengelegter Umfang den der primären einheitlichen Blase an Größe bedeutend übertrifft. Auch die kleinen in transversalen Reihen sitzenden Blasen haben sich vergrößert und vertieft und in Haupt- und Neben- blasen geteilt. Die ersten Knospen werden durch Ausstülpung von den Seiten des Stamm- bronchus, also monopodisch gebildet, während dessen caudales Ende ungeteilt weiter wächst. Zuletzt kommen Sprossen auch am Ende des Stammbronchus selbst heraus, das sich in zwei (oder mehrere kleinere) Abteilungen trennt; folglich tritt später auch eine dicho- bzw. polytomische Verzweigung auf. Ähn- liches Verhalten zeigt jede der großen dorsalen Bronchus-Anlagen bei Tarentola, welche anfangs mit ihren Enden ungeteilt wachsen und sekundäre Knospen aus den Seiten treiben und später sich an den Enden spalten. In der zweikammerigen Eidechsenlunge ist die craniale Abteilung nichts anderes als der zuerst angelegte Seitenast, während die caudale die direkte Fortsetzung des extrapulmonalen Bronchus bildet, also allein den Stamm- bronchus repräsentiert. Der Stammbronchus der Schildkröten und Krokodile bleibt ein Rohr von verhältnismäßig kleinem Umfang, abgesehen vom caudalen Ende selbst, welches ein geräumigeres Lumen erhält. Die engen Bronchien erreichen eine bedeutende Länge. Die Komplikation schreitet in beiden Gruppen ausschließlich auf dem Wege der Knospenbildung fort, indem gewisse Partien der Bronchuswand sich hernienartig ausbuchten. 496 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Während der ersten Stadien werden ausschließlich monopodische Knospen gebildet, später kommt auch Dichotomie vor. Die Knospen des Stammbronchus werden meist in einer medialen und lateralen Reihe angelegt. Die lateralen Äste eilen den medialen in der Entwicklung voraus. Innerhalb jeder Reihe treten die Knospen wahrscheinlich in orocaudaler Ordnung auf. Bei Ohrysemys werden die zwei lateralen Äste vor den beiden medialen sichtbar. Der große ventrale Nebenast des ersten lateralen Seitenbronchus ist der 2. Ast in der Anlage. Die Knospen des Stammbronchus wachsen bei Landschildkröten zu volu- minösen Blasen, später werden sie in weite und lange Gänge ausgezogen, deren jeder einer Eidechsenlunge vergleichbar ist. Die Komplikation seiner inneren Fläche beginnt an der Basis des Seitenbronchus. Bei Landschildkröten werden die Nebenäste auf gewissen Seiten der Seitenbronchien kräftiger entwickelt als auf anderen. Bei den Seeschildkröten wachsen die Knospen des Stammbronehus zu schmalen nur an den Enden etwas erweiterten Gängen aus; die von diesen Seitenbronchien abgehenden sekundären Äste nehmen gleichfalls Rohr- form an. Die Lunge ist ursprünglich frei und wird sekundär durch Fest- lötung aneinander liegender Flächen (BRoMAnnN) fixiert. Die Lungenarterien verlaufen ungefähr parallel der Trachea auf der Dorsalseite der Stammbronchien. Ihr Verhalten zu dem ersten Seitensproß ist ungleich. Bei einigen Arten gehen sie auf der lateralen, bei anderen auf der medialen Seite desselben hin. Die Arterien des entwickelten Tieres kreuzen die Bronchien auf der lateralen Seite. Die Venen gehen mit einem gemeinsamen Stamm vom Herzen aus und ziehen an der Ventralseite der Bronchien. Alle Schildkrötenlungen folgen dem ein- heitlichen Grundplan, daß ein Stammbronchus sie durchsetzt und zwei Reihen Seitenbronchien abgibt. Jeder Seitenbronchus teilt sich kurz nach dem Ab- gang in einen dorsalen und ventralen Ast. Die spezifischen Formen entstehen dadurch, daß die Seitenbronchien in verschiedener Zahl angelegt werden, sich zu verschiedenem Umfang erweitern, sowie ungleiche ventrale und dorsale Äste entwickeln. Die eranio-caudale Verschiebung der Einmündungsstelle des extra- pulmonalen Bronchus in die Lunge hängt vom Entwicklungsgrade und der Richtung des erst angelegten Seitenbronchus im cranialen Ende der Lunge ab. Je länger und je mehr eranial er gerichtet ist, desto größer wird die Ent- fernung der eranialen Lungenspitze von der Eintrittsstelle des Bronchus. Die einfachste Amphibienlunge entspricht dem Stammbronchus der höher organi- sierten Lungen. Die Ontogenese der Lunge einer Tierspecies ist als eine im Detail modifizierte Rekapitulation ihrer Phylogenese zu betrachten. Von den Bronchien der embryonalen Krokodillunge gehen mehrere Seiten- knospen aus. Darunter sind jederseits drei dorsale Knospen den übrigen an Größe bedeutend überlegen; die erste sitzt an der Grenze zwischen dem 2. und 3. Fünftel der Entfernung zwischen der Bifurkation der Trachea und dem caudalen Ende des Stammbronchus, die zweite unmittelbar hinter der ersten, die dritte in etwas größerer Entfernung hinter der zweiten. Sie haben die Form von kurzen, verhältnismäßig weiten Gängen und strecken sich cranio-lateral vom Stamm- bronchus aus. Außerdem gibt es einige kleinere Knospen. In der linken Lunge sitzt eine solche kleinere Knospe dorso-lateralam Stammbronchus zwischen /ır und /ıır und eine andere dorsal unmittelbar hinter /yır. Die übrigen gehen von der dorso-medialen Seite aus: eine zwischen /; und //r, die übrigen vier zwischen /ır und /rır. Sie können im Gegensatz zu den drei lateralen mediale genannt werden. Die rechte Lunge zeigt nur eine dorso-mediale blasenförmige P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 497 und ziemlich voluminöse Knospe des Stammbronchus zwischen /,z und /ızr. Sie dürfte den vier medialen Knospen entsprechen, welche sich in der linken Lunge zwischen /z und /ırz vorfinden. Von der Wurzel von /ır ragt am Übergange zum Stammbronchus rechts noch eine kleine Knospe hervor, welche möglicher- weise das Gegenstück der medialen Knospe zwischen /r und /ır links ist. Endlich ist in der rechten Lunge noch eine kleine Knospe zu erwähnen, welche an der Wurzel von /rır oder vielleicht eher an der Grenze zwischen /rır und dem Stammbronchus sitzt. Ohne Zweifel werden bei den Reptilien die ersten Äste des Stammbronchus monopodial angelegt. Die Bronchien sind ansehnlich lang, bevor Seitenäste auftreten. Die erste Knospe tritt aus der Seite des Bronchus in bedeutender Entfernung vom caudalen Ende hervor. Die nächstfolgenden Seitenbronchien werden in derselben Weise angelegt. Von Dichotomie kann für die Anfangs- zeit keine Rede sein. Auf späteren Stadien wird die Entfernung zwischen den neu angelegten Knospen und dem caudalen Ende des Stammbronchus immer geringer. Die Zahl der Knospen nimmt schneller zu als der Bronchus in die Länge wächst, so daß die Knospen endlich die Spitze des Bronchus einholen. Wenn die letzte Knospe in einem gewissen Stadium am Ende des Bronchus sitzt, ist schwer zu entscheiden, ob sie durch Herauswachsen aus der Seite des Rohres oder durch Zweiteilung der Spitze entstand. Dies gilt auch von vielen Seitenbronchien. Die großen dorsalen Äste bei Tarentola und ebenso die pri- mären Seitenbronchien bei Chelone schicken seitliche Äste, zweifelsohne mono- podialen Ursprungs aus und sind zugleich an der Spitze gespalten. Während also die Monopodie in den ersten Entwicklungsstadien allein vorkommt, ist in späteren Stadien die Dichotomie bzw. Polytomie nicht ausgeschlossen. Der Unterschied beider Verzweigungsweisen scheint kaum prinzipieller Natur zu sein. Wenn das Lungenwachstum der Äste nicht proportional zur Vermehrung der Anzahl der Knospen ist, geht die Monopodie allmählich in Dichotomie über. In beiden Fällen werden auf einem begrenzten Gebiete des Bronchus Neubildungscentren für Knospen erzeugt. Wird die Entfernung derselben vom eaudalen Ende des Bronchus mit jeder neuen Knospe vermindert, so fällt das Neubildungscentrum zuletzt mit der apicalen Wachstumszone des Mutterastes zusammen und die Anlegungsweise wird dichotomisch. Also besteht zwischen Monopodie und Dichotomie nur ein gradueller Unterschied. Nach der kurzen gedrängten Übersicht der bisher veröffent- lichten Ansichten will ich über meine Studien berichten. Die An- regung dazu verdanke ich meinem Lehrer, Professor Dr. FLEISCH- MANN, der mich auf die Notwendigkeit einer Zusammenfassung und kritischen Beleuchtung des seit 1905 nicht mehr bearbeiteten Themas hinwies und mir ein reiches Untersuchungsmaterial von Lacerta vivi- para und agilis, Platydactylus guttatus, Seps chalcides, Chamaeleon pumilus, Ohelydra serpentina, Crocodilus acutus und Alligator florida zur Verfügung stellte. Für die liebenswürdige Überlassung der Präparate sowie für die allseitig fördernde Unterstützung wäh- rend der Arbeit spreche ich auch an dieser Stelle Herrn Professor Dr. FLEISCHMANN meinen herzlichsten Dank aus. 498 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. A. Lacerta. Die Lungen der Eidechsen entstehen am Kehlspalt des Schlundes durch Ausbuchtung der ventralen Wand in Form einer entodermalen Blindbucht, welche vom Mesoderm der Schlundgegend umgeben wird. Bald wächst die Blindbucht als eylindrisches Trachealrohr mit dem Mesoderm des Halses in die Länge. Das Ende gabelt sich in die beiden primitiven Lungengänge, welche die Cölomwand unter- halb der Speiseröhre vorwölben und so die erste Anlage der ento- mesodermalen Lungenschläuche liefern. Hesser hat instruktive Abbildungen (2 Fig. 1—8, Taf. 19—20) dieser Stadien veröffentlicht und mich dadurch der Mühe überhoben, meine Studienmodelle abzuzeichnen. Das entodermale Hauptrohr, sowie die mesodermale Hülle desselben bleibt eine Zeitlang glatt und einfach. Es nimmt nur proportional dem Körperwachstum zu. Allmählich aber entsteht am oralen Ende des Lungensackes eine kurze, blindsackartige Verlängerung. Hesser hat ein Modell der Lunge von einem Unemidophorus-Embryo 20,2 mm (2 Fig. 9, Taf. 21) im Bilde wiedergegeben, das die rundlich plumpe Form des Blind- säckchens zeigt. An meinem Rekonstruktionsmodell der Lunge von Lacerta vivipara, 3,85 mm Kopflänge, erscheint es zierlicher, d. h. konisch zugespitzt. Vom Lumen betrachtet, sieht man, daß der orale Blindsack durch einen engen Isthmus von der Haupthöhle abgesetzt ist. Zugleich mit der Abkammerung der oralen Spitze wird der rundliche Querschnitt der Entodermschicht verändert, dadurch, daß an einzelnen Stellen seichte rundliche Auswölbungen des Entoderms bzw. Lumens auftreten, so daß der Querschnitt jetzt durch zahlreiche bogenförmige Krümmungen des Epithels belebt wird. Diese Buchten sind im allgemeinen sehr klein. Während ihres Erscheinens nimmt der Längs- und Querdurchmesser der Lunge langsam zu und das ganze Organ gewinnt die Forın eines länglich ovalen Sackes. Beim genaueren Studium der Querschnitte ist mir gleich HEsseR aufge- fallen, daß einzelne Ausbuchtungen größer sind als die an der übrigen Peripherie des Lungenquerschnittes bemerkbaren Buchten. Rekonstruktionsmodelle bestätigten dieses Verhalten und es zeigte sich am Modelle sehr klar, daß an der Dorsalseite jedes Lungen- rohres eine regelmäßige Reihe hintereinander liegender dorsal ge- richteter Taschen gebildet wird, welche die übrigen Seitenbuchten des Lungenschlauches an Größe übertreffen. Freilich ist der Unter- schied nicht sehr bedeutend, weil alle an der Eidechsenlunge auf- tretenden Wanddifferenzierungen in kleinen Dimensionen befangen P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 499 sind.. Jedoch läßt sich die Vorherrschaft der dorsal gerichteten Aus- buchtungen nicht verkennen. Ich zähle ungefähr sieben größere und fünf kleinere dorsale Ausbuchtungen. HESsER hat übereinstimmende Verhältnisse bei Tarentola beobachtet und durch Abbildungen (2 Fig. 10, 11, Taf. 21, 22) von zwei Rekonstruktionsmodellen belegt. Mein Modell einer Eidechsenlunge zeigt große Ähnlichkeit mit dem einen Modell Hessers (2 Fig. 11, Taf. 22), so daß ich daraus auf ein allgemeines Gesetz in der Entwicklung der Saurierlunge schließe und das Vorkommen kleiner Dorsaltaschen für die Saurier über- haupt vermute. In den anatomischen Beschreibungen der fertigen Saurierlungen werden sie oft genug erwähnt und an den photogra- phischen Figuren von MıLanı (5 Fig. 5, 6, 10, 11, Taf. 30) sind ihre Eingänge deutlich zu sehen. Die Differenzierung des Lungenento- derms führt also zur Bildung von ungleich weiten und verschieden geformten Abschnitten. Der größere Teil der Rohrwand bildet um die relativ große Binnenhöhle einen diehtgeschaarten Haufen kleiner Ausbuchtungen; nur ein dorsaler Streif derselben produziert die Reihe dorsaler Nebentaschen, welche mehr der Länge als der Breite nach entwickelt sind und auffallenderweise sehr dicht hinter- einander stehen, so daß ihr Abstand die Dicke von 40—80 u nicht überschreitet. Gegen den ceaudalen Pol des Lungenrohres nehmen die Dorsal- kammern an Größe ab. Während z. B. nahe der Bronchusmündung die sagittale Länge einer Kammer 400, 320, 280, 240 u betragen kann, messen die hinteren Kammern nur 160 oder 120 oder 80 u. Die größeren Dorsalkammern finden sich daher stets in der oralen Hälfte der Lunge. Die Figuren 7—16 geben zehn aufeinander- folgende Schnitte einer Serie wieder, um die wohlcharakterisierte Form der Dorsalbuchten (f) und ihre diehtgenäherte Anordnung zu de- monstrieren. Diese Taschen sitzen wie die Zähne eines Kammes einem dorsalen Streifen der Lunge auf und sind parallel der Median- ebene gegen die Wirbelsäule gerichtet, so daß sie den Ösophagus (oe) rechts und links flankieren. Sie bilden durch Form und Anord- nung einen scharfen Kontrast zu dem ventralen größeren Abschnitt des Lungenrohres, der nur zur Bildung kleiner, runder, manchmal auch etwas länglieher Nebenbuchten befähigt ist. Es machte mir wohl manchmal den Eindruck, als ob die in den dorsalen Kammern sich aussprechende Gliederung auch in entsprechenden seichten Ein- schnürungen der ventralen Hälfte zum Ausdruck käme. Jedoch sind die Formen an dem Modell viel zu unbestimmt gewesen, als daß 500 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. ich darauf eine entschiedene Behauptung stützen möchte. HessEr hebt aber für Tarentola hervor, daß die Bläschen in regelmäßigen transversalen Reihen rings um den Lungensack stehen und in dessen mittlerem Abschnitte den Eindruck einer Art Segmentierung machen. Die transversalen Reihen alternieren im großen und ganzen mit den großen Dorsalblasen, indessen ist diese Beziehung ihm auch nicht sehr deutlich erschienen. Nachdem ich über meine Beobachtungen, die vollständig mit Hessers Erfahrungen übereinstimmen, kurz berichtet habe, wende ich mich der theoretischen Deutung der Tatsachen zu. HEssEr hatte, angeregt durch die Mitteilung von F. Moser, die Frage prüfen wollen, ob die bläschenförmigen Ausbuchtungen des Stammbronchus dureh bronchifugale Ausstülpung (Moser) oder durch centripetales Einwachsen zwischenliegender Teile (SCHULZE, MILANT) zustande kommen und entschied sich mit Recht dafür, daß in der Eidechsen- lunge eine Sprossung stattfindet. Die ersten Knospen werden mono- podisch durch Ausstülpung des Stammbronchus gebildet, während dessen eaudales Ende ungeteilt weiter wächst. Zuletzt aber kommen Sprossen auch am Ende des Stammbronchus selbst, der sich dicho- tomisch in zwei oder polytomisch in mehrere kleinere Abschnitte gliedert, vor. Die von Moser begründeten Zweifel sind als durch- aus berechtigt erwiesen worden. Das Einwachsen der Septen in die ursprünglich einfache Lungenhöhle war ein altes Vorurteil und ist jetzt endgültig beseitigt. Eine andere Frage ist es, ob wirklich eine so große Ähnlich- keit in der Lungenentwicklung aller Amnioten herrscht, insbesondere ob die Knospen des Stammbronchus bei den Sauriern den Anlagen der Hauptbronchialäste bei Säugetieren entsprechen. MosER und Hesser haben beides unbedenklich angenommen; aber wenn wir mit ihnen alle Seitenbuchten als primäre Lungenbläschen betrachten, so wird uns durch die Tatsachen die weitere Konsequenz aufgenötigt, daß die Zahl der Sprossen in der Hühnchen- und Säugetierlunge gering, bei Sauriern dagegen enorm groß ist. Ich kann jedoch keinen Grund einsehen, weshalb gerade bei Sauriern, deren Atem- bedürfnis so viel geringer ist als der Sauerstoffhunger der warm- blütigen Vögel und Säugetiere, eine üppige Produktion von Seiten- zweigen herrschen sollte, während aus dem Lungenrohr der Säuger rechts bloß vier, links bloß drei Hauptknospen hervorgehen, welche sich durch Weiterbildung von Seitenzweigen in ein kompliziertes Gangsystem entwickeln. Die Bildungsvorgänge in der Eidechsen- P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 501 lunge verlaufen auch ganz und gar nicht im Stile der Lungenbildung bei Säugern. Denn von den zahlreichen Knospen des primitiven Lungenrohres entfaltet sich keine einzige zu einer ansehnlichen Größe. Sie bleiben vielmehr lange Zeit sehr klein und werden erst proportional dem späteren Körperwachstum nach Abschluß der Ei- zeit auf eine mit bloßem Auge sichtbare Stufe gehoben. Ich bin daher der Meinung, daß die Knospen der Saurierlunge im Sinne von Moser und Hesser den Knospen für die Hauptzweige der Säugerlunge gar nicht entsprechen, mit anderen Worten, daß solch primäre Hauptzweige überhaupt nicht gebildet werden. Meine Deu- tung deckt sich nieht mit den Erwägungen von HEssEr, dessen Ge- danken im folgenden kurz wiederholt sein mögen: Bei Angwis, Onemidophorus und Tarentola beginnt auf einem bestimmten Stadium der glattwandige Lungensack sich zu komplizieren, zuerst an seinem cranialen Ende, wo ein hohler warzenartiger Zapfen dorsolateral von der Ein- mündungsstelle des Bronchus zum Vorschein kommt. Da der Zapfen einer Knospe gleicht, wie sie in der Entwicklung der Säugetier- und Vogellunge be- obachtet wird, betrachtete ihn Hesser als die erste Anlage des Seitenbronchus. Darauf wird in rascher Folge eine ganze Menge solcher Zapfen ausgebildet. Das Rekonstruktionsmodell eines Tarentola-Embryos von 8,5 mm zeigt, daß der Lungensack ringsum mit Zapfen übersät ist. Die erste Blase wächst zu einem großen länglich runden Sack an, der mit einem kurzen dicken Stiele der dorsalen Seite des Lungensackes aufsitzt und dessen Lumen durch eine weite Öffnung mit der Lungenhöhle kommuniziert. Sie bildet die craniale Spitze der Lunge. Ihr folgen eine größere Zahl (rechts 13, links 11) kolbenartiger Säcke längs der Dorsalwand der Lunge in regelmäßigen Entfernungen und um so kleiner, je mehr caudal sie sitzen. Die Blasen der dorsalen Reihe werden in bronchifugaler Richtung vergrößert und dadurch in dicke, seitlich komprimierte Rohre ver- wandelt, die an ihrem Ende in zwei oder mehr kurze Zweige geteilt sind. Wie aus dem vorstehenden Wortlaute hervorgeht, hat HEssER zugunsten seiner Deutung als Seitenbronchen nur anführen können, daß der erste hohle Zapfen am Vorderrande der Lun®e einer sog. Knospe in der Vogel- oder Säugetierlunge ähnlich sieht. Die übrigen dorsalen Zapfen hat er aus dem gleichen Grunde als Knospen be- zeichnet. Ich bestreite jedoch die Ähnlichkeit der von ihm ver- gliehenen Embryonalgebilde, weil ich an den ganzen Zyklus ihres Formsehicksals denke und nicht bloß die Phase der ersten Anlage, sondern aller darauffolgenden übereinstimmen sehen will, weun von wirklicher Homologie gesprochen werden soll. Gerade in den fol- genden Stadien aber werden die Knospen der primären Haupt- bronchen einerseits und die Zapfen der Saurier anderseits in scharf dissonierender Formrichtung entfaltet. Die Übereinstimmung der allerfrühesten Form einer embryonalen Anlage und der Gleich- 502 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. klang des dafür verwendeten Namens »Knospe« bedeutet daher eine mehr zufällige und keine wirkliche Ähnlichkeit. Ich glaube den Tatsachen besser Rechnung zu tragen, wenn ich die Behauptung aufstelle: das Lungenrohr der Saurier bildet überhaupt keine großen Seitenäste, die den Hauptbronchen der Säuger homolog sind. Auch den vordersten Blindsack an der oralen Lungenspitze schätze ich nicht als Seitenast ein; die kleinen Seitenausbuchtungen sind nur den späteren Differenzierungen des Bronchialbaumes, näm- lich den eigentlichen respiratorischen Abschnitten oder Alveolar- bäumehen (SCHULZE) zu vergleichen, wenn man sich vorstellt, daß dieselben nieht durch Vermittlung von Hauptbronchien mit dem Hauptlungenrohr zusammenhängen, sondern direkt letzterem aufsitzen. Obwohl die feineren Gesetze ihrer Anordnung am Hauptgange jetzt noch nicht entdeckt sind, darf man ihre Herrschaft sicher vermuten, weil die eigenartige Ventilation der Lunge einen ganz bestimmten Verlauf der rings- und längsstreichenden glatten Muskeln im Meso- derm der Lunge und darum wieder eine bestimmte Anordnung der respiratorischen Gruben notwendig macht. B. Chelydra serpentina. Die ersten Entwicklungsstadien der Lungen von Emys lutaria (Mars.) hat HocHstertter 1909 eingehend beschrieben. An dem Schlunddarmmodell eines Embryos (1,48 mm Kopflänge) ist die Anlage der Lungen paarig. Eine ventrale Pulmonarrinne existiert nicht. Deut- lich tritt die Asymmetrie in der stärkeren Ausbildung der linken Lungenaus- buchtung zutage. An dem nächsten Stadium von 1,6 mm Kopflänge sind die beiden Lungenausbuchtungen durch den queren Bifurkationswulst der Schlund- darmwand verbunden, dem innen eine seichte Querrinne entspricht. Die linke Lungenausbuchtung ist bereits caudal ausgewachsen. Mit der Querwulstbildung setzt der zur Abschnürung der Lungenanlagen vom Schlunddarm und zur Bil- dung der Trachea führende Prozeß ein. Das nächste Modell 1,82 mm zeigt die Lungenausstülpungen noch mächtiger, die linke größere caudal verlängert, während die rechte schwächere ziemlich rein lateral sieht. Der. Bifurkations- wulst hat sich aus der ventralen Schlunddarmwand noch weiter herausgehoben und gegen den caudalen Darmrohrabschnitt durch eine Furche abgegrenzt, die dorsal von den beiden Lungenausbuchtungen jederseits bogenförmig in eine an der Seitenwand des Schlunddarmes hinaufziehende Rinne übergeht. Man kann jetzt am Schlunddarm eine dorsale und eine ventrale Abteilung mit der Tracheal- rinne unterscheiden. Im nächsten Stadium (1,86 mm Kopflänge) hat die rechte Lungenausstülpung beinahe die Länge der linken Lunge erreicht. Der ventrale Schlunddarmraum, in den die beiden Lungenräume münden, ist auch in unmittel- barer Nachbarschaft der Lungen noch nicht vom dorsalen Raum gesondert. Bald wächst die rechte Lunge rascher als die linke und übertrifft sie an Länge. Im Stadium 2,04 mm Kopflänge ist die den Bifurkationswulst abgrenzende Rinne P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 503 wesentlich vertieft, auch ihre eranialen Ausläufer sind tiefer geworden, so daß die Bifurkationsstelle der Trachea vom Ösophagus vollständig gesondert ist. Mit dem weiteren Auswachsen der Lungen schreitet die Abschnürung der Trachea vom Ösophagus fort; sie scheint sich ähnlich abzuspielen wie bei den Säugetieren. Bei Schildkrötenembryonen dankt, wie HESSER zeigt, die Trachea tatsächlich einem am Schlunddarm eaudocranial fortschreitenden Abschnürungs- prozeß ihre Entstehung. Die erste Anlage der Lungen bei Emys ist also paarig und die Verhält- nisse gleichen denen, welche GrEIL an Embryonen der Anuren und Uro- delen festgestellt hat. Auch die weitere Entwicklung der Lunge, die Art und Weise, wie die beiden Lungenanlagen miteinander in Verbindung treten und wie sich die Bifurkationsstelle der Trachea vom Schlunddarm abschnürt, er- innert lebhaft an die Vorgänge bei Anuren. Bei Angwis und Tropidonotus ist die Anlage der Lungen paarig, aber nicht wie bei Emys gleich von Anbeginn eine paarige sackartige Ausbuchtung, son- dern in Form zweier an der Grenze zwischen lateraler und ventraler Schlund- darmwand befindlicher Rinnen, deren caudaler Teil sich allmählich sackartig ausbuchtet, während sich in der Regel gleichzeitig an dem zwischen diesen Ausbuchtungen befindlichen Teile der Schlunddarmwand wie bei Emys-Embryo- nen zwischen den beiden Lungenaussackungen die Bifurkationsrinne bildet. Ebenfalls paarig ist die Lungenanlage bei Lacerta; sie erscheint in Form von zwei kurzen symmetrischen Rinnen zwischen der ventralen und den seitlichen Wänden des eaudalen Schlunddarmabschnittes, welcher dem Sinus venosus an- liegt. Aus den caudalen Enden der Lungenrinnen buchten sich später beide Lungenaussackungen vor. Bei den untersten Reptilienformen ist also die Lungen- anlage paarig. Von einer unpaaren Lungenrinne, welche der Bildung paariger Lungenausstülpungen vorausgehen würde, kann nicht gesprochen werden. Sicher- lich liegen bei den Emys-Embryonen insofern primitivere Verhältnisse vor, als hier die Lungenanlagen als paarige Ausbuchtungen der seitlichen Schlunddarm- wand auftreten, während bei den anderen untersuchten Reptilienformen die erste Anlage der Lunge, die sog. Lungenrinnen, schon von vornherein mehr der ventralen Wand des Schlunddarmes angehören, indem sie zwischen dieser und den Seitenwandungen auftreten. Die Abhandlung von W. S. MırLer über die Entwicklung der Lungen von Chrysemys picta habe ich leider nicht im Original ein- sehen können, sie ist mir bloß durch das Referat von W. OPPpEL in den Ergebnissen der Anatomie und Entwicklungsgeschichte 1905 bekannt geworden, dessen wesentlichen Inhalt ich hierher setze. W. S. MitLLer unterscheidet in. der Lunge von Chrysemys pieta sieben distinkte Abteilungen oder »Luftsäcke«, vier größere und drei kleinere. Vom vorderen zum hinteren Ende der Lunge werden die Luftsäcke kleiner und weniger kompliziert. Ebenso verhält es sich in der Entwicklung. Je weiter vorn der Luftsack liegt, desto komplizierter ist sein Bau. Der vierte oder eaudale Luftsack, obwohl er früher als der fünfte, sechste und siebente er- kannt werden kann, ist einfacher im Bau. Bei den jüngsten untersuchten Embryonen bestehen zwei primäre Lungenknospen, welche den ersten. oder vor- dersten Luftsack bilden. Vom caudalen Ende derselben entsteht eine Knospe, welche allmählich eaudal wächst und einen Schlauch bildet, der allmählich Er- Morpholog. Jahrbuch. 48. 33 504 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. weiterungen zeigt, die zuletzt den zweiten, dritten und vierten Luftsack bilden. Um diese Zeit entsteht der fünfte Luftsack von der medialen Seite des Bronchus zwischen erstem und zweitem Sack. Rasch folgen sechster und siebenter Luft- sack, der sechste vom Bronchus zwischen zweitem und drittem, der siebente vom Bronchus zwischen drittem und viertem Luftsack. Während dieser Tei- lungen bilden sich verschiedene Septa in den einzelnen Säcken und das charak- teristische Aussehen der erwachsenen Lunge ist erreicht. C. Hzsser hat die Entwicklung der Schildkrötenlunge nach vier Embryonen von Chrysemys 4,5 —5,5—6,6—7 mm und einem ent- wickelten Tiere geschildert. Bei den zwei kleinen Embryonen fand er in der Lungenanlage eylindrische Entodermröhren, links etwas länger als rechts, die er als »Bronchien« be- zeichnete. z In einem 6,6 mm langen Ohrysemys-Embryo beschreiben die Bronchien erst einen medial und etwas dorsal-konvexen Bogen, gehen in latero-dorsaler Richtung, machen eine recht scharfe Biegung und laufen unter kleineren Krüm- mungen fast parallel der Mittelebene in einer dorsal vom Darm liegenden Ebene. Gerade an der Umbiegungsstelle zu einem mehr longitudinalen Verlauf ist aus der lateralen Wand des Bronchus eine große, runde Blase, der erste Sproß oder die Anlage des ersten Seitenzweiges, ausgebuchtet. Es sieht aus, als ob der craniale Teil des Bronchus auf der medialen Seite eines geräumigeren Be- hälters einmünden sollte, von dem der caudale Teil dann seinen Anfang nimmt. Wie bei Tarentola schwillt der Sproß unmittelbar nach dem Abgang vom Bron- chus erheblich und erhält die Form einer voluminösen Blase, die durch eine ziemlich weite mediale Öffnung mit dem Bronchus kommuniziert. Der Unter- schied gegenüber den Sauriern besteht darin, daß sich der Bronchus der Ta- rentola-Lunge, bevor der erste Sproß angelegt wird, zu einem sackförmigen Gebilde erweitert, bei Chrysemys aber ein schmales, feines Rohr bleibt, selbst nachdem die Entstehung der Sprossen begonnen hat. Doch zeigt auch bei Ohry- semys der Teil des Bronchus, welcher sich caudal vom Sproß fortsetzt, ein etwas geräumigeres Lumen als der cranial davon befindliche, dessen Lumen ebenso unbedeutend ist wie das der Trachea. Der rechte Seitensproß ist etwas größer als der linke. Jeder sendet je einen sekundären Sproß wie einen kleinen Zapfen aus dem dorso-medialen Umfang hervor und zwar im ceranialen Teile, gleich nach Abgang vom Stammbronchus. Die ziemlich symmetrischen Lungen eines Ohrysemys-Embryos von 7 mm zeigen drei primäre Seitensprossen. Der erste Seitensproß ist nicht erheblich verändert. Rechts zeigt er nur einen einzigen sekundären Sproß. Von den beiden neu hinzugekommenen Sprossen springt der eine lateral, der andere medial aus dem Stammbronchus vor. Beide sitzen caudal von dem erst ent- wickelten, der laterale mehr eaudal als der mediale. Der letztere liegt also zwischen den beiden lateralen. Der laterale neue Sproß bildet eine blasenförmige Aus- stülpung der lateralen Bronchuswand. Die mediale Knospe ist wenig ent- wickelt, rechts als schwache Ausbuchtung der medialen Seite des Stammbronchus, links nur als eine Erhöhung des Epithels an der entsprechenden Stelle. Der Stammbronchus streckt sich caudal ein gutes Stück von der zweiten lateralen Knospe (der rechte weiter als der linke). Daran reihte Hrsser die Beschreibung einer entwickelten Chrysemys-Lunge. P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 505 Der intrapulmonale (Stamm-) Bronchus dringt erst schräg dorsal vor, biegt dann caudal um, geht parallel mit der medialen Seite der Lunge, erhält ein größeres Lumen und sendet Seitenäste aus. Bei Beginn des 4. Fünftels der Lungen- länge erweitert er sich plötzlich sackartig (Endkammer, MıLAns. Er besitzt zwei laterale und zwei mediale Seitenbronchien, deren verhältnismäßig enge Ab- gangsstellen vom Stammbronchus miteinander alternieren. Der erste laterale Ast geht am meisten eranial ab und verzweigt sich in der eranialen Partie der Lunge, wogegen die drei anderen rein transversal verlaufen. Alle vier Seiten- äste haben ein im Verhältnis zu ihrer Länge ansehnliches Lumen. Die beiden medialen Seitenbronchien sind in einen dorsalen und einen ventralen Ast ge- teilt, entsprechend der dorsalen und ventralen Kammer in der Emys-Lunge (MıLanı). Der erste laterale Ast teilt sich diehotomisch in einen cranialen und einen caudalen Ast und jeder spaltet sich wieder in je einen äußerst kurzen, aber weiten eranialen und caudalen Gang. Außerdem schickt der erste laterale Seitenbronchus unmittelbar, nachdem er den Stammbronchus verlassen, zwei größere Nebenzweige aus, welche cranial vom ersten medialen Seitenbronchus liegen, einer auf der dorsalen, der andere auf der ventralen Seite der Lunge (erste dorsale und ventrale Kammer, MıLAnt). Der zweite laterale Seitenbronchus teilt sich, kurz bevor er den lateralen Rand der Lunge erreicht, in je einen kurzen eranialen und caudalen Ast. Das erweiterte caudale Ende des Stamm- bronchus (Endkammer, Mıranı) ist in zwei größere, sackförmige Äste geteilt. Diese Beschreibung gilt auch für die Emys-Lunge, nur mit der Veränderung, daß die Emys-Lunge drei mediale und drei laterale (oder auch vier) Seiten- bronchien anstatt zwei hat. Sachlich stimmt die Beschreibung mit MırLanıs Schilderung überein, ist aber einfacher. MırLanı hat nämlich nicht die Seiten- bronchien (»Kammern«), sondern die Grenzwände beschrieben, wodurch die Beschreibung unnötigerweise umständlich geworden ist. HEssER folgerte aus diesen Beobachtungen, daß bei Chrysemys die ento- dermale Lungenanlage ausschließlich auf dem Wege der Sprossenbildung kom- plizierter wird und daß die Bildung von Blasen am Bronchus durch Falten- bildung undenkbar ist. Ebensowenig kann die erste Seitenblase durch dicho- tomische Teilung des Endes des Stammbronchus, der sog. Stammknospe ent- standen sein, denn sie wird wirklich von den Zellen in der lateralen Wand des Bronchus und nicht von den Zellen in der Spitze selbst produziert. Er belegte das durch zwei Modelle ganz früher Stadien der Emys-Lunge. Während der Stammbronchus abgesehen vom sackförmig angeschwollenen caudalen Ende ein enges Rohr bleibt, vergrößern sich die Seitensprossen zu voluminösen Blasen, von denen jede dem primären Luftsack der Eidechsen verglichen werden kann. Denn die schlichtwandige Blase, welche den ersten Anfang eines primären Seitenbronchus bildet, folgt in der weiteren Entwicklung demselben Gesetze, wie die Eidechsenlunge. Wir müssen uns also vorstellen, daß nach dem ersten Sproß, welchen der erste laterale Seitenbronchus in den beiden älteren embryonalen Chrysemys-Lungen zeigt, eine ganze Menge rings um die Blase folgt, an der Basis des Muttersprosses beginnend und nach der Spitze fortschreitend. Für die weitere Verzweigung der Seitenbronchen stellte Hesser fol- gendes Gesetz auf. In allen Fällen gehen zwei Reihen primärer Seitenbronchien vom Stammbronchus aus und teilen sich sofort in je einen ventralen und einen dorsalen Ast. Im einzelnen aber werden die Seitenbronchien in verschiedener 33* 506 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Zahl angelegt, erweitern sich zu verschiedenem Umfang und ihre ventralen und dorsalen Äste entwickeln sich in verschiedenem Grade. Bei Emys und Chrysemys erhalten die beiden Äste der medialen Seiten- bronchien ungefähr dieselbe Größe, während der dorsale Ast der lateralen Seitenbronchien bedeutend hinter dem ventralen zurückbleibt. Bei Test«do ent- wickeln sich die beiden Äste der lateralen Seitenbronchien kräftig, während von den Ästen der medialen Seitenbronchien nur der ventrale an Größe zu- nimmt und den dorsalen als einen Nebenast erscheinen läßt. Bei Chelone geht die Entwieklung der dorsalen und ventralen Äste nach derselben Norm wie bei Emys, nur wachsen sie zu schmalen Röhren aus. Während bei Amphibien der extrapulmonale Bronchus, wo ein solcher vorhanden ist, zum eranialen Ende der Lunge tritt, wird bei den Reptilien die Verbindung des Bronchus mit der Lunge immer weiter nach dem caudalen Ende desselben ver- lest. Die Lunge wird mit einer eranialen Spitze versehen. Diese Verschiebung hängt vom Entwieklungsgrade des zuerst angelegten immer in das eraniale Ende der Lunge eindringenden Seitensprosses ab. Da die frühen Phasen der Lungenentwicklung von HOCHSTETTER sorgfältig untersucht worden sind, habe ich meine Aufmerksamkeit den etwas fortgeschrittenen Stadien zugewendet. An Hand von drei Rokonstruktionsmodellen will ich die wesentlichen Vorgänge darlegen. 1. Modell: Chelydra serpentina 11,6 mm. Durch das Lungenmesoderm zieht das Hauptentodermrohr ziem- lich gerade zur hinteren Lungenspitze (Taf. XV, Fig. 17—21, 68). Nur im hinteren Teil ist es gleichmäßig eylindrisch, die vordere Hälfte zeigt asymmetrische Divertikel von plumper, sackförmiger Gestalt. Auf der rechten Seite erweitert sich gleich hinter dem Lungenhilus das Hauptrohr durch einseitiges Wachstum seiner lateralen Wand und erzeugt einen flachen ovalen Sack /,, der ausschließlich lateral gerichtet ist, so daß sein lateral-konvexer Kontur weit von dem medialen Rande des Hauptrohres entfernt ist. Er ist dorso-ventral abgeflacht und sehr geräumig. Hinter ihm zeigt das Hauptrohr eine kleine, anscheinend mediale, aber bald dorsal entfaltete Erweiterung d,. Dann folgt eine zweite laterale Aussackung Z, deren Längsachse zur Medianebene schräg oro-caudal gerichtet ist. Die linke Lunge ist weniger modelliert als die rechte, überhaupt fällt die Asym- metrie der Lungen an allen Modellen auf. Nahe dem Bronchus ist das Hauptrohr zum vorderen großen Seitensack /, lateral ausgebuchtet. Die zweite Aussackung ist erst durch allgemeine Erweiterung des Hauptrohres angedeutet, das von hier konisch in das eylindrische Endstück übergeht. Während bei der Eidechse das Hauptrohr gleich- mäßig erweitert wird, so daß es im allgemeinen einen eylindrischen P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 507 xaum einschließt, führt bei der Schildkröte das ungleichmäßige Waehstum einzelner hintereinander liegender Abschnitte zur Bildung von großen, lateralen Seitenräumen, die gleich Flügeln oder Bruch- säcken am Hauptrohr hängen. Der formative Prozeß setzt lebhaft am vorderen Ende des Hauptrohres ein, während hinten noch ein- fache Verhältnisse herrschen. 2. Modell: Chelydra serpentina 13,3 mm. Mit dem andauernden Körperwachstum sind die Lungenanlagen wesentlich vergrößert worden (Taf. XV, Fig. 69). Die ungleichmäßige Erweiterung einzelner Abschnitte des Hauptrohres ist fortgeschritten. Neben den großen lateralen Erweiterungen sind kleine Dorsalbuckel an der medialen Wand des Hauptrohres entstanden. Sie sind die erste Spur von der weiter eilenden Ausgestaltung der großen Kam- mern und bleiben während der ganzen Entwicklung kenntlich. In der rechten Lunge ist die erste Kammer (l,) spitz oval ge- worden und ungefähr auf die doppelte Breite im Vergleich zum 1. Modell angewachsen. Die 2. Lateralkammer (2) ist etwas trans- versal gestreckt, hat aber dieselbe Schrägneigung behalten wie im 1. Modell. Das dort noch eylindrische Endstück ist angeschwollen und hat einen kleinen lateralen und einen etwas größeren medialen Buckel getrieben. Die medialen Teile der 1. und 2. Lateralkammer liegen dicht aneinander, bloß die lateralen Hälften weichen aus- einander, so daß sich ein dreieckiger Keil von Mesodermgewebe zwischen beide einschiebt. Nach der dorsalen Seite sind rundliche Nischen aus der 1. und 2. Kammer vorgebuchtet worden. Im Bilde ist nur die 2. Dorsalnische (d,) sichtbar, die 1. verdeckt. Wenn man nach Kenntnisnahme des 2. Modells die dorsale Wand des 1. Modells betrachtet, sieht man auch an ihr schwache Spuren der Auswölbung, durch welche die beiden Dorsalkammern vorbereitet werden. Während das rechte Lungenentodermrohr etwa in gerader Fort- setzung des Bronchus zieht, erfährt es links eine ziemlich starke Ventralabknickung. Die 1. Lateralkammer (l,) ist entsprechend größer geworden und hat auch eine rundliche gewölbte Dorsalnische er- zeugt. Die 2. Lateralkammer (2) ist im Vergleich zu Modell (Fig. 68) auffallend stark gewachsen und hat ebenfalls eine Dorsalnische (d,) gebildet. Dahinter verjüngt sich das birnenförmig aufgeblähte Haupt- rohr in das kurze Endstück e. 508 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. 3. und 4. Modell Chelydra serpentina 14 und 16 mm. Da mein Embryonenmaterial gerade in den Größen zwischen 13 und 16 mm ausließ, klafft eine Lücke in der Reihe der Modelle, doch läßt sich aus dem 3. und 4. Modell die in der Zwischenzeit er- folgende Umbildung mit ziemlicher Sicherheit ableiten. Die Fig. 22—67, 70—73 zeigen, wie lebhaft in der zwischen Modell 2 und 4 liegenden Embryonalzeit die Produktion neuer Epithel- zellen war und wie reich die erst angelegten Erweiterungen des Hauptrohres modelliert werden. Jede Seitenkammer ist nicht bloß ausgiebig vergrößert, sondern auch durch sekundäre Buchten feiner gegliedert worden. Daher gewähren die Modelle einen viel schö- neren Anblick. Die Dorsalkammern sind besser ausgeprägt als in den früheren Stadien. Wir unterscheiden rechts drei hinterein- anderliegende Erweiterungen (d,—d;) des Hauptrohres, deren Größe in caudaler Reihenfolge abnimmt. Die orale Kammer ist am mäch- tigsten, weniger die mittlere, am schwächsten die dritte. Hinten folgt das Endstück (e) des Hauptrohres als ein birnenförmiges un- gleichmäßig gerundetes Hohlgebilde. Die hintereinandergereihten Kammerweitungen sind transversal bedeutend ausgedehnt, daß sie wie breite Flügel mit einer oralen Spitze zur Seite ragen. Die erste Kammer (l,) hat mehrere rundliche Ausbuchtungen erzeugt und medial zwei auffallend große Blasen, von denen eine oral, die andere rein dorsal schaut. Die zweite Kammer (l,) weist eine größere Dorsal- blase näher der Medianebene und eine kleinere lateral davon auf. Die Dorsalblase der dritten Kammer (l,) ist schräg geneigt und die ent- sprechende Aussackung des Endstückes erscheint dorsoventral ge- drückt. Die Dorsalblasen der drei ersten Lateralkammern stehen in einer ziemlich geraden Reihe hintereinander. An der linken Lunge sind ebenfalls drei breit entwickelte Lateral- kammern (4,—J,) vorhanden und vier dorsale Nischen (d) fast in der- selben Anordnung wie auf der rechten Seite, bloß mit dem Unter- schied, daß sie wie alle Differenzierungen der linken Seite kleiner sind. Das Modell des linken Lungenentoderms läßt im Zusammen- halt mit den beiden anderen Modellen sehr deutlich erkennen, daß die Kammern wirklich nur aufgeblähte Teile des primitiven Lungen- rohres sind. Das vierte Modell (Fig. 71—75) zeigt ein weiteres Stadium, die Lateralkammern sind vergrößert und reicher gebuchtet. An Dorsalkammern sind jetzt vier vorhanden (Fig. 72, 73). Die erste derselben besitzt eine oral gerichtete Nebenbucht (o). Die P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 509 weiteren Fortschritte der Lunge konnte ich mangels geeigneten Materials nicht verfolgen. | Ich muß nun wieder die Frage aufwerfen, ob die eben beschrie- benen Kammern den Bronchialzweigen der Säugetiere vergleichbar sind. Moser und Hesser haben sie als »Knospen« bezeichnet und damit eine bejahende Antwort gegeben. Ich kann mich aber ihrem Urteil nicht anschließen; denn wenn man die Modelle unbefangen mit den Rekonstruktionen der Säugerlungen (Taf. XIII, Fig. 37—39) vergleicht, treten eigentlich nur Unterschiede entgegen. Mir macht es gar nicht den Eindruck, als ob Zweige aus dem primitiven Lungenrohr hervortreiben, besonders die Modelle des linken Ento- dermrohres (Fig. 68, 69) zeigen, daß das Lungenrohr seine ursprüng- liche, durch die Abbildungen von Hesser (2 Fig. 16, 17, Taf. 24) bezeugte eylindrische Gestalt durch Erweiterungen des Lumens ver- liert. Es sind also nicht »Seitensprossen«, sondern Aufblähungen des Entodermmaterials, welche an einzelnen hintereinanderliegenden Bezirken erfolgen, so daß weite Kammerabschnitte und enge Stellen, welche den kleinen Durchmesser der ursprünglichen Anlage bewahrt oder nur wenig vergrößert haben, aufeinander folgen. Statt der kleinen, bald als langgestreckte und konisch sich verjüngende Gänge auswachsenden Buckel, die am primitiven Lungenrohr der Säuger erscheinen, liegen hier hintereinandergereiht bruchsackartig erweiterte Teile des Entodermrohres vor. Ich habe die Beschreibung meiner Modelle in der konventionellen Unterscheidung von »Kammern« vorgenommen, weil das einfacher war. Aber beim Anschauen der Präparate sind mir Zweifel ge- kommen, ob auf diese Weise das embryonale Geschehen richtig dar- gestellt wird. Möglicherweise wird künftighin eine andere Betrach- tungsart vorgezogen werden, die ich jetzt in allgemeinen Umrissen skizzieren möchte. Wenn man die jungen Stadien betrachtet, welche Hesser abgebildet hat (2, Taf. 25, Fig. 18, 19; Taf. 26, Fig. 21), so sieht man das Lungenrohr nahe seinem trachealen Ende blasen- förmig zur sog. ersten Lateralkammer erweitert, hinter dieser Zone ist es eng, eylindrisch und wenig gekrümmt. Also sind in jungen Stadien zwei morphologisch wohl charakterisierbare Abschnitte des Lungenrohres zu unterscheiden. Hrsser hat nun angenommen, daß in späteren Stadien aus dem eylindrischen Lungenrohr hinter der ersten Kammer weitere sackartige Ausbuchtungen in regelmäßiger Folge entstehen, wodurch die Reihe der medialen und lateralen Seitenkammern geschaffen wird. Auch ich babe dieser Auffassung 510 A. Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. lange Zeit beigepflichtet, bis ich allmählich den Umstand, daß eine weite nnd eine enge Zone des Lungenrohres vorhanden ist, als be- deutungsvoll zu schätzen anfing. Denn als ich das erste und zweite Modell (Fig. 68, 69) oftmals nebeneinander anschaute, fiel mir auf, daß der eylindrische Abschnitt hinter der ersten Hauptkammer im ganzen modelliert wird, d. h. es treten nicht so wie unsere Zählung vermuten läßt, die lateralen Kammern nacheinander auf. Besonders die genaue Analyse von Modell 2 und 3 (Fig. 69, 70) legte uns immer wieder den Gedanken nahe, daß der laterale Sack /, des Modells 2 (Fig. 69), welcher durch einen großen dreieckigen Mesodermkeil von der vorderen Kammer !, getrennt ist, nicht dem Sack /, entspricht, welcher im Modell 3 und 4 direkt auf die vordere Kammer folgt, sondern der dritten Ausbuchtung /,;, welche durch die Breite des zweiten Sackes /, von der ersten Lateralkammer /, entfernt ist. Der zweite Sack wäre daher, soviel sich aus den vorliegenden Modellen schließen läßt, erst später entstanden und das Modell 2 würde nicht die Anlage der ersten und zweiten, sondern die Anlage der ersten und dritten Kammer zeigen, etwas später würde zwischen beide die zweite Kammer eingeschoben. Wenn sich diese Auffas- sung durch künftige Untersuchungen bestätigen ließe, könnte man sagen, jede Lunge der Schildkröten ist in zwei Hauptbezirke ge- gliedert; aus dem vorderen entsteht eine einzige verhältnismäßig große Lateralkammer mit zwei dorsalen Nebenblasen (o, d, Fig. 72, 73), aus dem hinteren lange Zeit eylindrischen Abschnitte bilden sich die übrigen sog. Kammern. Dann wäre es nicht berechtigt, die einzelnen Unterabteilungen des hinteren Abschnittes als laterale oder mediale Kammern der vorderen Hauptkammer gleichzustellen. Man müßte sie vielmehr als kleine Nebenräume des hinteren Lungen- absehnittes bezeichnen, die wohl ein kammerähnliches Aussehen haben, jedoch der vorderen Kammer nicht homolog sind. Der hintere Abschnitt würde sich dann von dem vorderen dadurch unterscheiden, daß er eine stärkere Neigung zur Bildung von Seitenzweigen hat. Freilich muß der endgültige Entscheid späteren Studien vorbehalten bleiben. oa P. Heilmann, III. Reptilia. Die Entwicklung der Reptillungen. 511 Literaturverzeichnis, . Aupy, Cur. Der Bronchialbaum der Säugetiere und des Menschen. Leipzig. 1880. H£sser, L. Über die Entwicklung der Reptilienlungen. Anatom. Hefte 1905. Bd. XXIX. S. 215—310. HociSTETTER, F. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der europäischen Sumpfschildkröte (Emys lutarie). 2. Die ersten Entwicklungsstadien der Lungen. Denkschr. Akad. Wien. Mat. nat. Kl. 1909. Bd. LXXXIV. S. 111—161. HorFFMAnNn, ©.K. in: H. G. Bronns Klassen und Orduungen des Tierreiches. Leipzig 1890. Bd. VI. Abt. III, 3. Reptilien. Mıranı, A. Beiträge zur Kenntnis der Reptilienlunge I und II. Zoolog. Jahrb. Abt. für Anat. und Ontog. 1894. Bd. VII. S. 545—592; 1897 Bd. X. S. 93—156. . MiLLeR, $. W. The development of the Lung of Chrysemys pieta. American Journ. of Anat. 1904. V, 3. No.1. p. 15—16. (Proc. Assoc. American Anat.) Moser, F. Beiträge zur vergl. Entwieklungsgeschichte der Wirbeltierlunge. (Amphibien, Reptilien, Vögel, Säuger). Archiv f. mikr. 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Fleischmann, Die Lungen der Wirbeltiere. Tafel XV. Fig. 7—16. Zehn aufeinanderfolgende Schnitte durch die Lunge von Laceria agilis 4,4 mm Kopflänge. Abstand jedes Schnittes 40 u. Vergr. 12/1. Fig. 17—21. Ausgewählte Querschnitte durch die Lunge von Chelydra serpentina. 11,6 mm Sstl. Vergr. 33/1. Schnittabstand 17—18 = 80 u Schnittabstand 19—20 = 80 u : 18—19 = 120 u : 20—21 = 160 u Fig. 22—40. Ausgewählte Schnitte durch die Lunge von Chelydra serpentina. 14 mm Sstl. Vergr. 33/1. Linke Lunge Fig. 22—26. Schnittabstand 2—23 = 80 u Schnittabstand 24—25 = 40 u e 2324 = 120 u - 2526 = 120 u Rechte Lunge Fig. 27—40. Schnittabstand 27—28 = 120 u Schnittabstand 34—35 = 120 u 28—29 = 120 u 29—-30 = 120 u 30—31 = 120 u 31-32 —= 40 u 32-33 = 80 u 33-34 = 80 u 35-36 — Du 36-37 — 80 u 37-38 = 40 u 38-39 = 80 u 39-40 = 120 u Fig. 41—67. Ausgewählte Schnitte durch die Lunge von Chelydra serpentina. 16 mm Sstl. Vergr. 33/1. Linke Lunge Fig. 41—53. Schnittabstand 41-42 = 80 u Schnittabstand 47—48 = 280 u 4243 — 200 u 48-49 — 160 u 4344 = 120 u 4950 = 120 u 4—45 = 20 u 5051 = 280 u 45-46 = 160 u 51-52 = 120 u 4647 — 160 u 52-53 = 320 u Rechte Lunge Fig. 54— 67. Sehnittabstand 54—55 = 320 u Schnittabstand 61—62 = 200 u 55-56 = 160 u 62—63 = 120 u 56-57 = 80 u 63—64 = 160 u 57—58 = 240 u 64—65 = 120 u 58—59 = 120 u 65-66 = 80 u 59—60 —= 160 u 66—67 = 160 u - 6061 = 160 u Fig. 68—73. Modelle der Lungen von Chelydra serpentina. Vergr. 20/1. Fig. 68. Chelydra serpentina. 11,6 mm Sstl. Ventralansicht. Fig. 69. Ohelydra serpentina. 13,8 mm Sstl. Ventralansicht. Fig. 70. Chelydra serpentina. 14 mm Sstl. Ventralansicht. Fig. 71. Chelydra serpentina. 16 mm Sstl. Ventralansicht. Fig. 72. Chelydra serpentina. 16 mm Sstl. Rechte Lunge. Medialansicht. Fig. 73. Chelydra serpentina. 16 mm. Rechte Lunge. Dorsalansicht. Morphologisches Jahrbuch. Bd. NLVIT. | 6) a SE, dr ZI). © 0 S © W \ \ e). | 21 \ N ( oe (eo) “a, \ Eu lg Jo\O\ N) \ (07 AO) PETZERT, ))oe N % ; /| -] [e>) ES en | (0°) ceD N (RE ) 7 \ 1 \ a an og Iy / //® \ | S, —n\ 2) \/ oe | En 23 \ SL / Q \ ) 3x NN er 2 7 N / / Y N HH Or i Mantel. Verlag von Wilhelm E Tafel XV. in Leipzig und Berlin. mann Aus dem Anatomischen Institut xu Heidelberg. Über das Wurzelgebiet des Nervus hypoglossus und den Plexus hypoglosso-cervicalis bei den Säugetieren. Von Einar Fieandt, Magister Philosophiae. Helsinki, Finnland. Mit 93 Textfiguren und 18 Tabellen. A. Historischer Überblick. 1. Einleitendes. Allgemeine Zusammensetzung des Nervus hypoglossus der Säugetiere. Schon sehr früh erkannte man die spinale Natur des Nervus hypoglossus. C. Mayers (1832, S. 743) Befunde veranlaßten JOHANNES Mütter (1837, S. 275 u. 278) und CARL GEGENBAUR (1859, S. 496), den Hypoglossus für einen in den Schädel aufgenommenen Üervical- nerven zu erklären. August FrRorIEP (1882, S. 279—300) entdeckte aufs neue die schon früher von J. D. Sanrorını (1775, Tab. II, S. 28), C. Mayer (1832, l.c. und 1836, S. 330), A. W. VOLKMANN (1840, 5.501) u. a. gefundenen dorsalen, mit Ganglien versehenen Wurzeln des Hypoglossus und gelangte durch seine diesbezüglichen vergleichend - entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen (1882, 1883, 1885, 1886, 1887, 1892 a und 5 und 1895) zu der Überzeu- gung, daß der Säugetier-Hypoglossus durch Verschmelzung von min- destens drei spinalen Nerven entstanden sei. Eine detaillierte Unter- suchung von W. Beck (1895, S. 251—341), gleichwie verschiedene schon früher unternommene embryologische Arbeiten, wie z. DB. G. Curarugı (1889, S. 149—255 und 1892, S. 57—60), W. ZIMMER- Morpholog. Jahrbuch. 48, 31 514 Einar Fieandt MANN (1891, S. 107—114 und 1893, S. 216), W. Hıs (1885 und 1888), P. Marrın (1891, S. 223—232), CH. S. Mınor (1892, S. 656), bestä- tigten dies. Wie bekannt, stand GEGENBAUR 1871 (S. 521) dieser letzteren Auffassung gegenüber. Es war ihm klar, daß man den Säugetier- Hypoglossus nicht ohne weiteres aus den spinalen Nerven der nie- deren Wirbeltiere ableiten könne!; er ahnte mit seinem Scharfblick, daß man es in bezug auf den Hypoglossus der Vertebraten mit hete- rogenen Elementen zu tun habe. Eine rationelle Auffassung des Säuge- tier-Hypoglossus war erst dann möglich, nachdem die Homologie des betreffenden Gebietes durch die ganze Vertebratenreihe klargelegt worden war. Diese Arbeit unternahm MAx FÜRBRINGER. In seinem sroßen Werke über die spino-oceipitalen Nerven (1897, S. 351— 788) hat er gezeigt, daß einige von den am meisten cranial gelegenen spinalen Nerven (oceipitale und oceipito-spinale Nerven) früher oder später in den Schädel aufgenommen werden, ihre dorsalen Wurzeln teilweise oder ganz verlieren und zu einem einheitlichen Nerven zusammentreten, der bei den Reptilien und Säugetieren als der N. hypoglossus erscheint. Ohne die Fülle von Tatsachen und Gedanken dieses Werkes referieren zu können, wollen wir nur einen Passus wörtlich wiedergeben, in welchem FÜRBRINGER über die Konstitution des Säugetier-Hypoglossus folgendes sagt (S. 527 £.): »Der N. hypoglossus der Säugetiere setzt sich somit auf Grund der bisherigen Untersuchungen in seinem typischen postembryonalen Verhalten aus den drei oceipito-spinalen Nerven a, b und e zusammen, von denen a lediglich seine ventrale Wurzel bewahrt hat, während 5b ausnahmsweise, ce aber nicht so selten außer den gut entwickelten ventralen Wurzeln auch in wechselndem Grade reduzierte Elemente dorsaler Wurzeln bzw. Ganglien noch aufweist. Bei verschiedenen Abteilungen der Säugetiere, tiefer und höher stehenden, kann mit dem totalen Schwunde der dorsalen Wurzel- elemente auch eine Rückbildung der ersten ventralen Wurzel ein- 1 Dies eben deswegen, weil schon die Selachier eine Anzahl in den Schädel aufgenommener Nerven haben, die zweifelsohne einen Hypoglossus repräsentieren, die aber zu seiner Zeit ohne dorsale Wurzeln beschrieben waren, während wieder der Teleostier- und Amphibien-Hypoglossus noch ganz und gar ein freier Spinalnerv ist, der Hypoglossus der Säugetiere aber schließlich als ein in den Schädel aufgenommener Spinalnerv mit dorsalen Ganglienwurzeln erschien. Aus diesen Gründen brachte er den Selachier-Hypoglossus mit dem Vagus in Verbindung. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 515 treten. Der N. hypoglossus besteht dann nur aus 5’ und c”!. Es ist jedoch, wie schon oben (S. 517)? bemerkt, in den Fällen, wo nur zwei oder eine Durchtrittsöffnung in der Dura mater sich findet, mit den bisherigen Materialien (ohne ontogenetische Untersuchung) nicht immer möglich zu unterscheiden, ob es sich hierbei um den Zusammenfluß zweier ursprünglich getrennter Wurzeln (@”—+ 5") oder um eine Reduktion der vorderen (a”) handelt. Für die erstere Alter- native wird man sich gern da entscheiden, wo die vordere Wurzel dieker als die hintere ist; doch ist auch hier Vorsicht geraten, da sekundäres Wachstum der Zungenmuskulatur die ursprünglichen Größenverhältnisse verändern kann. Zwischen den beiden Extremen in der Ausbildung der Hypo- glossuswurzeln (a’, bVd, c”X und 5, c”) finden sich alle möglichen Zwischenstufen, wobei, wie schon BECK hervorhebt, keine direkte Parallele zur systematischen Stellung der betreffenden Säugetiere besteht. Außer diesen oceipito-spinalen Elementen haben die ontogene- tischen Untersuchungen verschiedener Autoren das embryonale Auf- treten bald wieder verkümmernder Nerven ergeben, welche ich nur den oceipitalen Nerven der niederen Vertebraten vergleichen kann; y” und x’ scheinen mir gesichert zu sein, während ich be- züglich der wirklichen Existenz der anderen Gebilde, die man mit noch mehr vorn liegenden Oceipitalnerven (=”, w®) oder mit dor- salen Wurzeln der Oecipitalnerven homologisieren müßte, noch weitere bestätigende Untersuchungen abwarten möchte« (S. 527—28). 1 »Ob auch die Reduction von b” vorkommt, wonach der Hypoglossus dann nur noch aus ce” bestehen würde, ist mir, wie schon erwähnt, sehr zweifelhaft. « 2 Dies lautet: »Nach meiner Nomenklatur deute ich alle drei Wurzeln wie bei den Sauropsiden als oceipito-spinale Nerven und bezeichne sie als a, 5b und c. Existieren bloß zwei Wurzeln, so kann es sich entweder um «+5 und c oder nur um 5 und c handeln, wobei jedoch die Angaben der Autoren nicht ausreichen, um zu entscheiden, wo die erste Wurzel der Summe von «+5 oder wo sie, unter Rückbildung von «a, lediglich 5 entspricht; wahrscheinlich ist ersteres bei den Vorkommnissen, wo die erste Wurzel so diek oder dicker als die letzte ist, womit jedoch nicht gesagt sein soll, daß eine schwächere erste Wurzel bloß b repräsentiere. Da, wo nur eine Wurzel, d.h. ein einheitlicher Durchtritt durch eine Öffnung der Dura mater beobachtet wird, mag es sich in der Regel um einen Zusammenhang von 5-+c, in einzelnen Fällen vielleicht auch um einen solehen von a+b-+-e (z. B. individuell bei Ovzs, wo BECK (p. 288) auch einen gemeinsamen Durchtritt der Hypoglossuswurzeln durch die Dura mater beobachtete) handeln; aber auch hier genügen die vorliegenden Mate- rialien nicht zur Entscheidung. Die Existenz von c allein dürfte höchst frag- lich sein.« 34* 516 Einar Fieandt FÜRBRINGER gibt folgende den Hypoglossus erwachsener Säuge- tiere zusammensetzende Nerven an: Tabelle I. x (?) a’ 5? ce” Echidna (indiv.) av md wi Sus a” bV c”@ Delphinus (2), Sus, Equus caballus, E. asinus, Cer- vus capreolus, ©. elaphus, Ovis aries, Bos taurus a” b? c” Echidna, Phascolarctos (indiv.), Trichosurus, Manis, Tapirus, Auchenia (?) Capra, Tragulus, Galeo- pithecus, Satyrus, Homo (indiv.) (a’) b’ ce”! Cavia (einmal) (a”) 5” c” Marsupialia, Aepyprymnus, Phascolaretos (indiv.), Halmaturus, Cetacea, Dasypus, Equus (indiv.), ganz vereinzelte Ruminantia, Oryx, Cavia, Rodentia, Felis concolor, Talpa, Prosimiae, mehrere Chiro- ptera, mehrere Simiae, Homo (a") b’+-c” Echidna, Insectivora, Carnivora, Pinnipedia, ver- schiedene Affen!. (Vgl. FÜRBRINGER $S. 528—29.) Hier seien auch nach FÜRBRINGERS Muster die in der Literatur angegebenen embryonal auftretenden spino-oceipitalen Nerven bei den Säugetieren tabellarisch wiedergegeben. Tabelle II. Die embryonale Zusammensetzung des Säugetier- Hypoglossus. Cavia cobaya ... WM?) 27 ar mid pe CHTARUGI Lepus cunieulus . av DI va Te Lenus cumieulis.-.. .... My ar ne ge ZIMMERMANN Homo: . . 4 ..2.2.. PP) y9 - 2%, = a®. BVG, SU Bonmw.. ir Net A IE) 3 EURE Ne RE 211 Be Pi ln, 1882_1886 BBası een oe ee i In dieser Tabelle ist die Bezeichnungsweise von FÜRBRINGER entlehnt. Ein ? hinter dem Buchstaben bedeutet, daß die Existenz der Wurzel noch nicht ganz sicher festgestellt ist. (a) bezeichnet, daß diese Wurzel vielleicht noch vorhanden, vielleicht auch reduziert ist. D’-+c” soll ausdrücken, daß diese beiden Wurzeln noch während des Durchtritts durch die Dura mater zusammen- fließen, Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 517 Hıs d Homo . a j RURN de a MARTIN „704? „ud? „vd? nd „vd De Eee BC ip und 1891 Bei den Säugetieren (wahrscheinlich) x” a’? bed vd} Minor 1892. 2. Zentraler Ursprung. Auch in seinem zentralen Ursprung offenbart der N. hypoglossus seine spinale Natur. Der motorische Hauptkern ist der STILLINGsche Kern, der die Fortsetzung der medialen Gruppe der Vorderhorn- zellen des Rückenmarks bildet. Ob der Hypoglossus ein partiell ge- kreuzter Nerv sei, ist noch nicht gesichert. WALLENBERGS (1897) Untersuchungen sprechen für eine Kreuzung, die VAN GEHUCHTENS (1903) wieder dagegen. Vıxcenzı (1903) hat gefunden, daß einige Hypoglossus-Wurzelfasern bei der Maus die Mittellinie überschreiten; sie waren aber nicht in den kontralateralen Kern zu verfolgen, son- dern schlossen sich nach dem Autor immer dem hinteren Längs- bündel an. Marımesco (1898) hatte schon früher gefunden, daß nach Ausreißen des N. hypoglossus sämtliche Nervenzellen im unteren (spinalen) Anteile des gleichseitigen Hypoglossuskerns voll- ständig zugrunde gehen, während sie in den cerebralen Teilen des Kernes zwar auch deutlich atrophiert erscheinen, dabei aber ihre gewöhnliche Form erhalten haben. Schließlich fanden KosAakA und Yacıra (1902), daß der kleinzellige Kern von ROLLER, der Neben- kern von DuvAL, der Schaltkern von STADERINI, der Atmungskern von MıssLAwskı und der dorsale Vaguskern mit dem Hypoglossus in keiner direkten Verbindung stehen, und daß keine Kreuzung der Wurzelfasern des N. hypoglossus stattfindet. Verschiedene Forscher haben sich auch Mühe gegeben, die feinere Lokalisation im Hypoglossuskern zu erforschen. Nach Zerreißung des Ramus descendens hypoglossi sahen C. PArRHON und M. GoLD- stEIN (1899), daß beim Hunde eine kleine dorso-laterale Zellen- gruppe im Hypoglossuskerne degeneriert war, während das Hals- mark sich intakt zeigte, van GEHUCHTEN (1906) fand aber ganz im Gegenteil, daß beim Kaninchen nach Durchsehneiden des Hypo- glossus dort wo er schon den Ramus descendens abgegeben hat, alle Zellen des Ursprungskernes chromolysiert waren, was dafür spricht, daß der Ramus descendens nicht vom Hypoglossuskern ab- stammen kann. — KosakA und Yacıra (1902) sahen wieder im Gegensatz dazu beim Hunde nach Resection des Ramus descendens 518 Einar Fieandt spärlich degenerierte Zellen in der dorso-lateralen Ecke des Hypo- glossuskernes und zwar im unteren Drittel derselben. Außer diesen 15—22 Zellen war bei einem Hunde noch eine Anzahl veränderter Zellen in der oberen Fortsetzung des Vorderhornes zu finden. Bei einem Affen bewirkte die Resektion des Ramus descendens keine Veränderungen im Hypoglossuskerne, wohl aber im Vorderhorne bzw. in dessen oberer Fortsetzung. Beim Kaninchen sahen die Verfasser (1903) aber den Ursprung des Ramus descendens im unteren Teile des eigentlichen Hypoglossuskernes, während das Vorderhorn nichts mit dem Ramus descendens zu tun hatte!. Angesichts dieser Diffe- ı Wörtlich fassen die beiden japanischen Forscher K. KosakA und K. YA- Gıra am Ende ihrer Untersuchung: »Über den Ursprung des Ramus descen- dens nervi hypoglossi beim Kaninchen« (1903) ihre Ansichten in folgender Weise zusammen. »In unserer früheren Arbeit (Experimentelle Untersuchungen über die Ur- sprünge des N. hypoglossus und seines absteigenden Astes 1902) konnten wir folgendes feststellen: 1. Bei Vögeln besteht der Hypoglossuskern der Hauptsache nach aus den Ursprungszellen des R. laryngeus n. hypoglossi, welcher dem R. descendens der Säuger entspricht. Die Ursprungszellen des eigentlichen Hypoglossus- stammes, der bei Vögeln durch den R. laryngo-lingualis repräsentiert ist, sind nicht zahlreich und beschränken sich fast auf das obere Gebiet des Kerns. 2. Bei Hunden sind spärliche degenerierte Zellen nach Resektion des R. descendens in der dorso-lateralen Ecke des Hypoglossuskerns, und zwar etwa im unteren Drittel desselben zu sehen. Außer diesen Zellen, deren Zahl im ganzen 15—22 beträgt, findet sich noch eine Anzahl veränderter Zellen in der oberen Fortsetzung des Vorderhorns. 3. Bei Affen ist am Hypoglossuskern keine Veränderung infolge der Resektion des R. descendens zu sehen, wohl aber in dem Vorderhorn resp. dessen oberer Fortsetzung, und zwar in der Höhe der Pyramidenkreuzung. Daraus schlossen wir, daß die Ursprungszellen des R. descendens n. hypo- glossi bei Säugern vom Hypoglossuskern mehr oder weniger zurücktreten und sich auf das Vorderhorn resp. dessen obere Fortsetzung verschieben. Als wir später bei einem Kaninchen, welches am 13. Tage nach Resektion des R. descendens n. hypoglossi getötet wurde, das verlängerte Mark und Hals- mark auf frontalen, lückenlosen Serienschnitten nach der NıssuL’schen Methode untersuchten, fanden sich 96 veränderte Zellen im Hypoglossuskern der ope- rierten Seite, und zwar ausschließlich im unteren Drittel des Kerns, nur daß drei von ihnen im mittleren bzw. oberen Drittel desselben gefunden wurden. Die obere Fortsetzung des Vorderhorns zeigt keine Veränderung. Was das Halsmark anbetrifft, so unterzogen wir das Gebiet des ersten, zweiten und dritten Halsnerven der Untersuchung. Auf den ganzen lücken- losen Serienschnitten dieser Gegend, deren Zahl sich im ganzen auf 1005 be- läuft, ist keine einzige veränderte Zelle im Vorderhorn nachweisbar. Wie aus der oben erwähnten Angabe ersichtlich, entspringt der R. descen- dens n. hypoglossi des Kaninchens nur aus dem Hypoglossuskern, während das Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 519 renzen in den Ergebnissen der experimentellen Untersuchung werden weitere diesbezügliche Arbeiten zur Notwendigkeit. Einige genauere Lokalisationen im Hypoglossuskerne konnten KosarA und YacırtaA (1902) beim Hunde bestimmen. Die motorischen Zellen des Nerven für den M. genio-glossus liegen hauptsächlich im mittleren Drittel der ganzen Länge des Hypoglossuskernes und zwar zwischen dem lateralen Eindrittel und dem medialen Zweidrittel desselben. Die motorischen Zellen für den M. genio-hyoideus be- finden sich in der ventralen Ecke des oberen Drittels des Hypo- glossuskernes und diejenigen für den M. hyoglossus in der unteren Hälfte des genannten Kernes, mit Ausnahme des unteren Endes des- selben. Die Kerne für die Muskulatur der Zungenspitze und des oberen Teiles der Zunge liegen zerstreut in verschiedenen Teilen des Kernes. Nach PArHons Untersuchungen kann man im XII-Kerne eine Anzahl distinkter Zellgruppen unterscheiden; die laterale Zellgruppe dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit die obere äußere Partie der Zunge innervieren: Mm. pharyngo-amygdalo- und palatoglossus. Weitere Lokalisationen gibt Hupovernig (1907) an. Nach ihm ist der klassische SrırvLınssche Kern der einzige Ursprungskern des N. hypoglossus; er ist beim Menschen 8—10 em lang und läßt eine im wesentlichen laterale und eine mediale, sowie eine bloß seiner Mitte angehörige 2—3 em lange ventrale Zellsäule auseinanderhalten. Letztere bildet das Zentrum für die Muskeln der Zungenwurzel; die zwei mittleren Vierteile der lateralen Zellgruppe innervieren die Muskeln der äußeren und unteren Zungenpartie, die laterale Zell- säule scheint in ihren mittleren Abschnitten mit den eigenen Mus- keln der Zunge in Zusammenhang zu stehen. Vorderhorn bei diesem Tier mit dem Ast gar nichts zu tun hat, ein Verhältnis, welches auch bei Vögeln anzutreffen ist. Nur so viel ist das Kaninchen von diesen zu unterscheiden, daß die Ursprungsstellen des R. descendens beim Kaninchen der Dünnheit des genannten Astes im Vergleich zum dicken Hypo- glossusstamm entsprechend im Hypoglossuskern nur eine untergeordnete Rolle spielen. Somit ist das Verhältnis beim Kaninchen als ein Übergangstypus zwischen dem Hund und den Vögeln zu betrachten, und es bestätigt aufs neue unsre Ansicht, daß die Lokalisation der Ursprungszellen des R. descendens n. hypoglossi im Hypoglossuskern phylogenetisch die ursprüngliche ist. Bei diesem Versuch haben wir Veränderungserscheinungen in manchen Zellen des dorsalen Vaguskerns und Nucleus ambiguus gefunden; sie sind aber nicht als Folge der Resektion des R. descendens, sondern höchstwahrschein- lich als eine der zufälligen Vagusschädigungen anzusehen.« 520 Einar Fieandt GOLDSTEIN und MıneA fanden beim Menschen, 1. daß der Ur- sprung des Ramus descendens hypoglossi nicht im XII-Kern zu suchen sei, sondern in dem Cervicalmark. Gegen KosakA und YAGITA und PArnon fanden sie, 2. daß die motorischen Zellen des M. genio- glossus in der ventromedialen Gruppe des XII-Kernes liegen, 3. daß die dorsomediale Gruppe mit dem M. genio-hyoideus, 4. daß die late- rale Gruppe in derselben Höhe wie die erstgenannten mit dem M. hyoglossus und 5. daß die cerebralwärts liegenden lateralen Zellen, eine selbständige Gruppe bildend, mit den Mm. stylo- und palato- glossus in Zusammenhang gebracht werden müssen. 3. Abgang von der Medulla oblongata. Der N. hypoglossus tritt bei den Säugetieren mit äußerlich sicht- barer Olive zwischen dieser und der Pyramide oder bei den anderen seitlich von der Pyramide in der Verlängerung der ventralen Wurzel- linie der Cerviealnerven zutage. Seine Wurzelreihe reicht fast von den eranialsten Wurzeln des Cervicalis I mehr weniger weit nach dem Pons varoli. SAGEMEHL (1885) hebt schon hervor, daß der Hypoglossus während der embryonalen Entwicklung rostralwärts im Vorrücken ist. FÜRBRINGER (1897) findet dies vergleichend - anato- misch bestätigt, indem der dreiwurzelige Hypoglossus ein relatives Vorrücken von den Marsupialia, Edentata und Ungulata bis zu den Anthropomorphen nebst Homo zeigt. Der zweiwurzelige Hypoglossus der niederen Marsupialia, Rodentia und Insectivora zeigt auch eine mehr caudale Lage als derjenige der höherstehenden Carnivoren (S. 531). Die am meisten rostrale Lage des Hypoglossus fand F. bei einem Exemplar von Echidna, wo genannter Nerv ventro-rostral von dem Vagusursprung aus der Medulla trat. Bei einer anderen Echidna, sowie bei Ornithorkynchus, Pithecus und Homo befand sich der Hypoglossus-Abgang auch nach FÜRBRINGER in dem gleichen rostro- caudalen Niveau wie die ersten Wurzelfäden des Vagus. Somit schienen die tiefsten und die höchsten Säugetiere sich in dieser Hin- sicht zu gleichen. Diese Ähnlichkeit würde nach dem genannten Forscher sich vermindern, wenn angenommen würde, daß der Hypo- glossus bei den Monotremen aus x, a, b und c, bei den Anthro- pomorphen aus a, b und c bestehe. i Über den Hypoglossusabgang bei den Monotremen sagt FÜRBRINGER (S. 528) folgendes: »Hier zeigten die einzelnen dem Hypoglossus angehörenden Wurzelfäden eine wechselnde Gruppierung zu Bündeln, von denen bei beiden Gattungen drei (Taf. VII, Fig. 17), bald aber auch vier gezählt werden konnten; Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 521 Wir wollen hier noch die verschiedenen Angaben der Autoren betreffs des Hypoglossus-Abganges aus der Medulla nach FÜRBRINGER tabellarisch zusammenstellen: Tabelle Ill. Abgang des N. hypoglossus im Verhältnis zu dem N. vagus. Autoren TIEDEMANN 1821... LEURET et GRATIO- LET 1839—1857 . GANSER 18832..,. KÜKENTHAL u. ZIEHEN 1889... Beck 1895 FÜRBRINGER 1897 . Ventral vom Vagus Rhesus ne- mestrinus Equus Felisdome- stica Homo Homo Eehidna Ornitho- rhynchus Pithecus Homo Im Niveau der hinteren Vagushälfte Dasyprocta | Zutra Canis vul- pes | Felis leo ı Hyperoo- don Phoca sus Im Niveau | Etwashinter | Noch etwas des dem Ende weiter Vagusendes des Vagus nach hinten Lemur Nasua Phoca MOnNgO% Felis leo Ovis Bos Phocaena Cervus ca- | Mustela fu- | Lepus preolus ro Hystrix Oynocepha- Canis fa- lus sphinz| miliaris Ursus arc- | Felis par- tos dus -- ann Talpa — | Beluga leu- == cas Phalangi- | Ovis | Equus sta ı Carnivora | Lepus ' fissipedia Talpa Orang Macacus ı Triehosu- | Carnivora |Phascolare- rus fissipedia dos Phaseolare- Aepyprym- tos nus | Tapirus Macropus ı Equus Talpa Sus Erinaceus Auchenia KRodentia Bos Phoca und zwar fand ich hierbei einmal (Echidna), daß das erste dieser Bündel stärker als das darauffolgende war. Man könnte somit daran denken, daß hier bald a, b, c, bald x, a, b, e zur Beobachtung kommen.« 522 Einar Fieandt 4. Anzahl und Größe der Wurzeln. Die Wurzelfäden des N. hypoglossus vereinigen sich nach dem Austritt aus der Medulla zu Wurzelkomplexen, deren Anzahl zwischen 1 und 3 wechselt. Da eben diese Wurzelkomplexe, kurz als Hypo- glossuswurzeln bezeichnet, sehr wichtig für die Beurteilung der spi- nalen Elemente des betreffenden Nerven sind, so haben frühere Autoren, besonders FÜRBRINGER und BEcK, genau auf ihre Selb- ständigkeit, Anzahl, Dicke usw. achtgegeben. Wir geben auch hier der Übersiehtlichkeit halber, was bis jetzt über die Wurzel- anzahl des Säugetier-Hypoglossus bekannt ist, tabellarisch wieder. Tabelle IV. Die Anzahl der Hypoglossuswurzeln nach FÜRBRINGER tabel- larisch zusammengestellt: Autoren |, III Wurzeln Il Wurzeln I Wurzel Bemerkungen TIEDEMANN 1821. | Canis | -- Phoeaena BEcKund FÜRBRIN- \Felis lo | Phoca GER berichten über | Felis pardus. Nasua | wiederholte Beob- ı Homo | Camis achtungen von an- | Dasyproeta | timerem Wechsel | | Rhesus ne- der Wurzelanzahl. | mestrinus | Auch kam indivi- SWANAJBBL... ... | _ Gibt imall- Pr duelle Variation oft | gemeinen | vor, so daß z. B. 2 Wurzeln Eguus caballus aus- an nahmsweise auch | ı 2Wurzelnhatte, Ho- LEURET et GRATI- 5 oLEr1839—1857 | Equuscabal- | Bos Phocaena | PORINZEIDPRER: lus Fel. leo Phoca Camis Fel. dome- | Nasua Felis leo stiea Canis Felis pardus | Lepus cuni- | Dasyprocta Homo eulus Rhesus ne- mestrinus Owen 1866-1868 | — Gibt im all- = | gemeinen | 2 Wurzeln an SCHWALBE 1881 . — Homo — GANsER 1882... — Talpa — GEGENBAUR 1883-1895... |, — Homo ze Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 523 Autoren | III Wurzeln II Wurzeln I Wurzel Bemerkungen T LEISERINGu.MUEL- LER 1885 .... | Equuscabal- — — | lus KÜKRENTHAL u. | ZIEHEN 1889 .. | Hyperoodon | Beluga leu- u | cas : BECK 189..... | Sus Marsupialia | Echidna Eguus cabal- | Cetacea Carnivora I Zus Dasypus pinnipedia | \E. asinus 9-einctus | Insectivora ' Ruminantia | Zywus einige Affen \ Dasypus ' Ruminantia | Homo ' Galeopithe- \ Talpa \ eus Felis conco- | Zor Rodentia Prosimiae Chiroptera | Simiae | | | Homo | FÜRBRINGER 1897. || Phascolare- | Aepyprym- | — los mus | Triehosurus \ Halmaturus Manis ı Dasypus | Tapirus Orysund die Auchenia | meistenan- Eechidna | derenunter-, Ornithorhyn- suchten Pla- chus | eentalier 5. Dorsale (sensible) Wurzeln und Ganglien. Die dorsalen, sensiblen, mit Ganglien versehenen, hie und da auftretenden Hypoglossuswurzeln hat besonders Beck (1895) ein- gehend bei den Säugetieren studiert. Von seinen Ergebnissen ist hervorzuheben, daß die Reduktion der ventralen und der dorsalen Wurzeln nieht den gleichen Schritt hält. Diese sind bei den meisten Säugetieren schon verkümmert und verschwunden, während jene gut ausgebildet zu sein scheinen. Beck hebt noch hervor, daß das Vor- kommen dorsaler Wurzeln, welches einen primitiven Zustand be- kundet, nicht immer ein primitives Verhalten im bezug auf die ven- tralen Wurzeln voraussetzt. Er sagt: »Das Endresultat des ge- samten Reduktionsprozesses würde sein: einheitlicher Austritt des schon innerhalb der Schädelhöhle verschmolzenen ventralen Stammes und spurlose Abwesenheit aller dorsalen Wurzeln«. 524 Einar Fieandt »Und da zeigt sich nun, daß weder in diesen Extremen, noch in den zwischenliegenden Übergangsstufen der ventrale und der dor- sale Umbildungsvorgang in allen untersuchten Formen gleichen Sehritt hält. In einigen allerdings. So könnte man die Paarhufer an den Anfang der Reihe stellen, wo dorsal wie ventral primi- tive Anordnung sich erhalten hat; die Insectivoren dagegen an das Ende, wo ventral und dorsal weitgehende Reduktion herrscht. Aber im allgemeinen sind die Befunde mannigfach durcheinander geworfen und bezeugen gerade durch die hochgradige Variabilität recht eindringlich den rudimentären Zustand der ganzen Anlage.« (S. 330). Bei adulten Tieren kommen gelegentlich dorsale Wurzeln nur bei der hinteren und mittleren Ursprungswurzel des Hypoglossus vor. Obgleich man eine erheblich größere Anzahl Spino-oeeipital- Nerven auch bei den Säugetierembryonen gefunden hat, konnte man jedoch auch hier nur höchstens zwei dorsale Wurzeln konsta- tieren. Um eine weitgehende Wiederholung der diesbezüglichen geschichtlichen Tatsachen zu vermeiden, geben wir hier tabellarisch die Angaben, die in der Literatur über die Anzahl der dorsalen Wurzeln bei den Säugetieren zu finden sind, wieder. Tabelle V. Dorsale Wurzeln des N. hypoglossus bei Säugetieren. Autoren e Et nd SANToRINI 175 ....... | Homo? — MAyse 1832, ne | Sus, Equus, Bos, Canis, _ Homo? BRMAR ABIT set | Canis _ VOLKMANN 1840), . ra. ) Bos (juv.) — EUSCHRARTSI0R m ee | Sus, Bos, Camis, Lutra .— VDEBIAN 1802 ur Homo, Bos, Canis, Felis Canis CHIARUGI 1888... ... .. Homo —_ KAZZANDER 1891. . .2%%% | Homo, Bos, Canis —_ BEOKAIBII. N al ee | Sus, Cervus elaphus, Ö©. ca- Canis preolus, Dos, Ovis, Equus ca- ballus, Eg. asinus, Cavia co- baya, ziemlich regelmäßig | bei Carnivoren, Delphinus delphis FÜRBRINGER 1897 . ..... | Sus, Bos, Ovis ' ‚Sus (ältere Embry- onen) Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 525 6. Durchtritt des Nervus hypoglossus durch den Schädel. Nachdem die Wurzelfäden des Hypoglossus sich zu Gruppen vereinigt haben, treten sie durch die Dura mater. Es kommen hier ein bis drei Öffnungen vor, davon abhängend, wie weit die Vereinigung der den Hypoglossus zusammensetzenden Elemente vor- gerückt ist. Dann geht der Nerv durch den Schädel durch ein bis drei Löcher (den Canalis bzw. die Canales hypoglossi). Nur die Monotremen machen hier eine Ausnahme. Der Hypoglossus tritt bei ihnen gemeinsam mit dem Vago-accessorius und Glossopharyngeus aus dem Schädel aus. Bei der Beurteilung der Zusammensetzung des Hypoglossus sind die Löcher in der Dura und in dem Schädel wichtig, da es an diesen ersichtlich ist, aus wievielen selbständigen Elementen der betreffende Nerv zusammengesetzt ist. Niemals hat die Dura für den Hypoglossus weniger Löcher als die Schädelwand. Bis jetzt hat man die Anzahl der Hypoglossuselemente ausschließ- lich nach den Duralöchern beurteilt. Es ist aber hervorzuheben, daß die Literaturangaben über dieselben sehr abweichend sind. Diese Verhältnisse werden wir später genauer durchmustern; zu- nächst geben wir hier die Angaben der verschiedenen Autoren in ehronologischer Reihenfolge wieder (siehe Tabelle VI). 7. Anastomosen des Nervus hypoglossus mit Gehirnnerven und mit dem Sympathicus. Sowohl die mehr oder weniger verkümmerten dorsalen Wurzeln des Cervicalis I als auch die ganz rudimentäre dorsale Wurzel (bzw. die rudimentären dorsalen Wurzeln) des Hypoglossus gehen dorso- lateral über den Vago-accessorius hinweg. Dabei treten sie oft in innige Verbindung mit demselben, so daß einige Autoren wie REMAR (1837), KAZZANDER (1891) und Beck (1895) sogar von einem nervösen Zusammenhang der erwähnten Nerven sprechen. FÜür- BRINGER (1897) meint aber im Gegenteil, daß die innige Beziehung durch minutiöse Präparation entwirrt werden könnte und daß der Zusammenhang bzw. die angenommene Abstammung der dorsalen Hypoglossuswurzeln mit bzw. von dem N. vago-accessorius sich doch bloß als eine Adhärenz entpuppen würde (S. 532)!. Mit dem Nervus vagus steht der Hypoglossus oder richtiger 1 Diese Anastomosen faßt BoLk (1898) etwas anders auf und erklärt durch sie die später zu erwähnenden Arkaden zwischen dem Nervus hypoglossus und den ersten Cervicalnerven. se N u DEE Be TE nen u Bi % 0661 oworz “ewg) ©7 -R.109 ‘(eu [) so2 -Rporbo.4, ‘(eu g) snoayp.]T 'SNaaYL -2doa4a) 'snyayd -990uR) (A) 80799 kp "wıany)‘sndorf ‘sog ‘sag *n4d -»9 "ch. ‘snaua) ‘(Dsnjawmy ‘sdors in], 'swwony ‘snd en te me nor] w— en en A en. Run 3 06—08 | ann oworz ‘eu T) myp41og ‘(few g) soKpo7bo.4 7, ‘(peu [) smoayga ‘suhqs ad smooydouuas: *‘smoaygıdoo 19) 'snawonpy *(j) sopahpy ‘snq 9) RR *sngounyarT ‘mw -aT ‘snuayogo ‘sngaaıgahır “sdow "Ss ‘snasıun), orımıadsoA ‘sad ‘ouaohrz ‘swung ‘snsın "uohoo4T "DPOISnT DWT Dass DIOYT Sno9Dunıg soa7uay ndm, ‘sn.4 -naası ‘107800 ‘sy wıagshrp wa -»9 ‘shiuabo7207 'snwogsobor] ‘Sog -Äsn 'sndo4oppy | ‘swund wrarsn ‘s2ay 'sna.way ‘ng ‘snnbsy ‘50.409 5079.49] 'snınzDwpz] 'snuu| ‘"Dran) ‘9990.14 (pur | -ouayay ‘snurdo, ‘xoshrz ‘94009%79F] -0ISDYT 'SNL -hıdhdoy 'snı | -Asog “wong oo | wusanaoyT ‘smurydyog ‘svunpt S -NSOYALT (N) (a) -NSoyaız soyow | 'sndhsng ‘(A D , obnydoosw.ıfny ‘sndhspg ‘sndhp E: smuongÄy, | smanonghiyg | mo 'shuydjopızg | snumhudıscdhrr | smjouwg | -nAgg wupryoz ‘snyouhqsoypuug | L68T AATONIUaUNT len) (uoyJos E you) oworT >= (76 1—g7) 0 wor] > F= (3oy 19p un) oworz 777070779687 TAATETA, | snd sn -aypdoa4ay 'snaayy | (A) wowsous SN9D9 -NbDAT,‘SIa0 -ıdosmp "uohsosg | Snynydasouhn -DW "uwowıow snywydeoouhh ‘sy n.4doy ‘(en 's2ag 'nıdoy 'sn.ams | ‘ımwarg ‘sna.4ay 2,7 w90y “sog 'sıag ‘sngı "DUuona -9og)snnby | odopyuy |-0y0247 ‘shydpopıq | 'snwuhudısdhrr — -oyg ‘snwwhadsdhfgp wupiyog |" "rt get moag _ = — s2.ımyyrumD] svund) — == 1687 wavq 'n UHOUTAaNATIT > — Bea —. == DUPUYOHT nn tGKgT ONFILSIM —_ — — —e — snyouhrsoypuse a U DIOTEEETE eıperdns _ = -IeN uay9uru IOg — — UHTHTWSNRS UEISIOW Up 19 | * ' * * * * 8IBT—998T NAAO & er e Ne) El BUTULTIOT En ne u uogne u9uwıoT T opuogory TULWEIOT III Bi = TUTUIBIOT II ‘gouur Burmerog IT | -uenmesnz u9WVIOT I u91o4nYy ; irorqted II [9peyog we 1880] 850dAy wurwme.iog op [qezuy orq IA AllageL Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 527 der mit ihm verbundene Cervicalnervenkomplex oft in interessanter Verbindung. Besonders beim Menschen sind viele solche bekannt, von denen einige hier erwähnt werden mögen. Die Verbindungen werden einerseits so gebildet, daß Fasern des Vago-accessorius sich an den R. descendens cervicalis anschließen, den sie bald als Rr. vasculares oder als R. cardiacus oder R. cardiacus hypoglossi sive descendens verlassen. Andererseits kommt eine Verbindung zwischen den erwähnten Nerven auf die Weise zustande, daß der R. descendens sich an den N. vagus anlegt und sich mehr oder weniger innig mit demselben verkittet oder sogar in dessen Scheide hineingeht, um eine längere Zeit mit ihm zu verlaufen, weshalb es aussieht, als ob der Vagus selbst die Innervation der subhyoidalen Muskulatur besorgen würde. Vox Lırpmann (1910) hat sich wohl auch durch einen ähnlichen Befund verleiten lassen, von einem wirklichen Ursprung des Ramus descendens aus dem N. vagus im Gegensatz zu den früher beschriebenen scheinbaren zu sprechen. Wir kommen aber später noch auf diesen Punkt zurück. Bezüglich der Verbindung des Hypoglossus mit dem N. glos- sopharyngeus, dem R. lingualis trigemini und dem N. sym- pathieus verweise ich auf die diesbezügliche Literatur (vgl. be- sonders FÜRBRINGER 1897 S. 513, 523, 525 und 532). 8. Das peripherische Gebiet des N. hypoglossus; Plexus hypoglosso- cervicalis s. lat. Wie bekannt, vereinigen sich die ersten Cervicalnerven mit dem Hypoglossus plexusartig. Auf diese Weise entsteht der s. g. Plexus hypoglosso-cervicalis. Vgl. die umstehende Tabelle VII, wo die Zusammensetzung des Plexus nach den Angaben verschiedener Verfasser angegeben worden ist. An dem Plexus hypoglosso-cervicalis im weiteren Sinne unter- scheidet man zwei Teile: a) zarte Nervenschlingen (Arkaden), welehe zwischen den an der Plexusbildung teilnehmenden Nerven aus- gespannt sind und die auch die axiale Muskulatur der betreffenden Myotome innervieren, und b) den eigentlichen Plexus hypoglosso- cervicalis s. str., der die hypobranchiale Muskulatur innerviert. a) Die Nervenfaser-Arkaden zwischen den drei obersten bzw. vor- dersten Cervicalnervenstäimmen und dem Hypoglossus. Solche Ver- bindungen sind konstant bei den Säugetieren beobachtet. ARNOLD (1831), Remak (1837), Bıscnorr (1865) und besonders: HYRTL (1863, S. 95) faßten diese Verbindungen als sog. »endlose 528 Einar Fieandt Tabelle VII. Die Zusammensetzung des Plexus hypoglosso-cervicalis der Säugetiere nach verschiedenen Autoren!. Autoren |. zırci HOLM Ze DI | XII C I-IV F. Meckeu 18262 ..| — — Ornithorhynchus — W. Vrouiı« 1841? .. | — — Troglodytes = A. Mayer 1847.... | Blephas _ = _ A. F. DE GUMOENS | TSATan ( Seiurus — = J. Hyeıu 18552... —— — Chlamydophorus — P. Scuneiper 1867... | — Lepus — _ G. PoucHErT 1874... — Myrmecophaga — _ A. MAcALISTER 1875. \Myrmeco- —- = 2 phagat M. Hoı 1876..... I _ Homo - W. Krause 1884?... | — _ Lepus — LEISERING und MuEL- zer 1885), 2... — Equus — Ir J. RotGans 1886... . _ _ Macacus sinieus, — | Homo ELLENBERGER und Baum BILL Canis E — — M. FÜRBRINGER 189° | — |Lemur, Erina- | Homo, Pitheeus, _ ceus, Canis®, | Rhesus, Ateles, Nasua®, Coelo- Tarsius (2)5 ' genys, Lepus, ‚Bos, Cephalolo- ı phus”, Maero- pus’, Petaurus, Didelphys,Orni- thorhynchus ı Mit den drei ersten Cervicalnerven des Plexus hypoglosso-cervicalis treten noch gelegentlich der vierte und sogar der fünfte Cerviealnerv in Verbindung, aber nur um eine Strecke lang gemeinschaftlich mit ihnen zu verlaufen. Diese in den Pl. hyp.-cerv. s. str. eingehenden Nerven (Cerv. IV und V) sind abnorm ver- laufende Fasern der Nn. supraclavieulares und des N. phrenieus. (Vgl. hierzu Chur. E. BacH 1834 S. 15, G. VArentin 1841 S. 521, F. A. LongEer 1849 $. 411, J. RotGans 1886 S. 40, M. FürBRINGErR 1897 S. 522 und nach RoTGans zitiert: S. Tu. SöMmERRING 1791—1796 samt Pr. C. Sappey 1874. Seite nicht angegeben.) 2 Hierbei wird von VROLIK der erste, von MECKEL, HyRTL und KRAUSE der erste und zweite nicht erwähnt. 3 XII mit cerviealen Asten. 4 Wohl unvollständig. 5 Nach FÜRBRINGER ist der Befund bei Tarseus nicht ganz gesichert; ein vom dCervicalis III abgehender feiner Nerv für die infrahyoidale Muskulatur wurde aber unzweifelhaft gefunden. (Vgl. FÜRBRINGER 1897 S. 534 Fußnote.) 6 Bei den Carnivoren gab der Cervicalis II nach FÜRBRINGER nur sehr feine Fäden an den Plexus. 7 Bei Cephalolophus und Macropus war der von dem Cervicalis I ab- gegebene Teil nach FÜRBRINGER recht schwach und leicht zu übersehen. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 529 Autoren | zueı XII CI-U zen mem P. EısLer (nach BoLK | zibierbl... 0 — Gorilla — — L. BoLk 1898 ... _ Homo — | Homo L. BOL&. IM... 2.0 — Simia satyrus, Troglodytes, Se- Cynocephalus Hylobates Mül- leri, Cebus hypo- leueus, Chryso- thris sciurea, Midas rosalia, Lepeilemur mu- mnopithecus na- sieus, Colobus ur- sinus, Macacus niger, Cercopithe- cus Muycetes albigularis, senieu- | mormon,Ate- \ les Belzebuth, Propithecus diadema! stelinus Tus, Lemur maca- co, Perodicticus, Potto | Schlingen«, d. h. zwei Stellen des Zentralnervensystems verbin- dende Faserbündel auf. VAreEntın (1841) lehnt das Vorkommen solcher Schlingen ab, während Hexe (1879) sie sogar anatomisch wie physiologisch paradox nennt. VOLKMANN (1840), der die Auf- merksamkeit zuerst auf dieselben gelenkt hat, meint, daß es höchst wahrscheinlich ist, »daß viele von den Fasern, welche allerdings aus dem Zungenfleischnerven herstammen, statt im absteigenden Ast zu bleiben, vielmehr durch einen Ast des obersten Halsnerven dem Rückenmark zuströmen«. Er erklärt weiter die Arkaden zwischen den Cervicalnerven für sensibel. Sie führen nach ihm Empfindungen von dem Rückenmarke zu dem Rückenmarke: »die Nervenverbindung in den Anastomosen geht vor sich in der Richtung des Kreislaufes. Die motorischen Schlingen wieder bringen vielleicht die übrig ge- bliebene Muskelbewegungssubstanz dem Zentralorgane zurück« (S. 510-532). — BiscHorr meint, daß diese Arkaden sympathische Verbindungen wären (1865, S. 32). — Horr (1876, S. 88), der eine solche Schlinge oder Arkade zwischen dem Cervicalis I und dem Hypoglossus näher untersucht hat, sah, daß der Ast, der von dem Cervicalis I zentral in den Hypoglossusstamm sich begab, ein Ästehen für den.M. rectus eapitis ant. min., später ein gleiches für den Ramus cerv. desc. sup. abgab und erst dann mit dem Hypoglossus- stamm sich verband, um mit ihm zentralwärts durch den Canalis hypoglossi zu gehen. Hort glaubt, daß dieses Ästchen ein echter Öervicalast ist, der aus der Medulla mit dem Cervicalis I tritt, sich in den Hypoglossusstamm begibt, mit ihm durch das Foramen geht 1 Bei Propithecus gibt BoLKk nur den Cervicalis IV an, ob die Cerv. I—-III zerschnitten oder sonst verunglückt waren, erwähnt er nicht. Morpholog. Jahrbuch. 48. 35 530 Einar Fieandt und wieder mit dem Cervicalis I aus dem Schädel heraustritt!. — Rorsans (1886, S. 37) hat auch die oben beschriebene Verbindung beim Menschen genauer untersucht. Er fand, daß der Ast des Cer- viealis I, nachdem er die Muskelästehen abgegeben hatte, zentral in den Hypoglossusstamm sich begab und sich in drei Zweige teilte. Von diesen drei Ästehen ging ein jedes in eine der drei Wurzeln des Hypoglossus; sie wurden aber allmählich so dünn, daß es etwa 3 mm von der Medulla entfernt unmöglich war, sie weiter aus- zupräparieren. — BoLk (1898) konstatierte auch die Existenz solcher Arkaden zwischen dem Cervicalis II und II, II und I, I und dem Hypoglossus, verfolgte sie aber nur bis zu dem Foramen. Er spricht die Vermutung aus, daß die Arkaden aus Nervenfasern bestehen, die von den vorderen Nerven stammen und in den hinteren zentral- wärts hineingehen, um vielleicht wieder mit dem N. accessorius herauszutreten. KoHLBRUGGE (1898) hat den Plexus cervicalis bei verschiedenen Säugetieren untersucht und abgebildet, erwähnt jedoch nichts Näheres darüber, wie die von ihm wahrgenommenen Arkaden aufzufassen seien. ° Bei Cuscus orientalis fand er keine Arkade zwischen dem Cervi- calis I und dem Hypoglossus. b) Der Plexus hypoglosso-cervicalis s. str. ist von vielen Forschern untersucht worden. Tabelle VIII zeigt, wie sich die verschiedenen Autoren die Zusammensetzung des Ramus descendens hypoglossi (autorum) und die Innervation der infrahyoidalen und suprahyoidalen Muskulatur gedacht haben. Die Tabelle VIII gibt eine deutliche Vorstellung über die betreffen- den Verhältnisse; es wird sonach unnötig sein, dies noch einmal in Worten zu wiederholen. Nur was BoLK durch seine sehr genaue Untersuchung (1898) erzielt hat, wollen wir wörtlich wiedergeben. Er sagt S. 509—510: »Fassen wir einmal kurz die Ergebnisse unserer Dissektion des Plexus hypoglosso-cervicalis zusammen, so hat sich folgendes gezeigt. Der N. hypoglossus innerviert nur suprahyoidale Muskeln. Fraglich, aber wahrscheinlich war es, daß Hypoglossus- fasern zum M. genio-hyoideus gelangten. Die Cervicalnerven inner- vieren alle subhyoidalen Muskeln, den M. genio-hyoideus und außer- dem mittels des N. comitans unbekannt gebliebene Zungenmuskulatur. Die spinalen Elemente für die Zungenmuskeln kommen aus dem 1 FÜRBRINGER 1897 gibt diese HoLLschen Angaben etwas anders wieder. (Vgl. Fußnote 3 8. 522—3.) 2 Vgl. FÜRBRINGER 1897 S. 524. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 531 Tabelle VII. Die Zusammensetzung des Ramus descendens hypoglossi und die Innervation der Hyoidalmuskulatur. . en I TE | Sans: 3 E E Hyo-thy- Genio- Stylo- | Hyo- | Genio- Tanz | ons a SE reoideus a ee glossus \ Sa | | | ist... | Kigsfeizer Fonsauie Allenlrun-enksheren der za Cerv. | BacuH 1834..... Be ee u > eu | BR | | VoLKmann 1840... || XII, | XII, | XI, | XIm, | Xu | x | Xu, | XIı, | Cerv. | Cerv. | Cerv. | Cerv. | | ı Cery. | Cerv VALENnTS 1841... | XI, | — N St SE he | Cerv. | | | | Luscuka 1856... |Cerv. Cerv. | Cerv. | XU XI XII XIEı XI BıscHorr 1865 .. | XI, — | =... zen er er | Cerv. | RI, hie 8 penie WmR Te Bee Dr || Cerv. | SAPPEY 1874.... | XII, —_ —- | - | —- — = = ı Cerv Hoız 1876 ..... | Cerv. | Cerv. | Cerv. | Cerw.i| xIT | x | x, | xu | Cerv HEnLE 1879 .... | — — — MI pe ep nahe Krause 1884.... | — | — e> ee UN er Roraans 1886... | Cerv. | Cerv. | Cerv. | XI, | XIE | xIE | XI | XII, | Cerv.! | | Cerv. | Cerv. BoLk 1898 und 1902 | Cerv. | Cerv. | Cerv. | AI RN IAXIT PRIOR | Cerv. |Cerv.?| Cerv.?| Cerv.?| Cerv.? ersten Oervicalnerven, jene für den M. genio-hyoideus aus dem ersten und zweiten. Der N. comitans spaltet einen Faseieulus descendens ab, welcher jenen Teil der subhyoidalen Muskulatur innerviert, der oberhalb der Inscriptiones tendineae oder der Zwischensehne im Omo-hyoideus sich befindet. Sein Faseieulus anterior innerviert Zungenmuskeln, den M. genio-hyoideus und M. thyreo-hyoideus. Der N. descendens e plexu cervieali innerviert mittels seines Faseieulus ascendens alle subhyoidalen Muskeln und den M. genio-hyoideus. Der Ramus descendens hypoglossi ist aus dem Faseiculus descendens des N. comitans und dem Faseiculus ascendens des N. descendens e plexu cervieali zusammengesetzt«. 1 Vgl. die Fußnote ?, Seite 530! 532 Einar Fieandt Zugleich gibt er an, daß die Plexus cervicalis und brachialis auch bei den Primaten getrennt auftreten, indem eine intermediale Zone von oft beträchtlicher Größe zwischen beiden existiert. Es ist aber zu bemerken, daß diese Zone bei den höheren Affen schmäler wird, während sie auch zugleich nach vorn rückt, was einerseits durch die eranialwärts gehende Ausdehnung des Plexus brachialis, andererseits durch die Einschränkung des caudalen Gebiets im Plexus hypoglosso-cerviealis zustande komme. B. Eigene Untersuchungen. I. Einleitung. Ziel der Untersuchung. Aus der geschichtlichen Zusammenfassung wurde ersichtlich, daß manches betreffs des N. hypoglossus noch unklar ist. FÜr- BRINGER hat die Homologisierung der spino-oceipitalen Nerven in der Vertebratenklasse durchgeführt, aber zurzeit hat noch keine strenge und minutiöse Homologisierung des Säugetier-Hypoglossus stattgefunden, denn immer noch ist es unsicher, ob genannter Nerv aus den Nerven b und c, oder aus a, b und c, oder ausx, a, b und c besteht, weil eben die Wurzeln des Hypoglossus in dieser Klasse ungenügend untersucht sind. Weiter sind die Beziehungen des Hypoglossus zu den Gehirn- nerven noch einigermaßen unklar. Obgleich wohl mit Unrecht, so haben doch einige Forscher behauptet, daß die dorsalen sensiblen Wurzeln des Hypoglossus aus dem motorischen N. accessorius her- vorgingen, was noch nicht durch eine Spezialuntersuchung widerlegt worden ist!. Ebenso unaufgeklärt sind die Nervenfaserarkaden zwischen den obersten Cervicalnerven und dem Hypoglossus, denn weder Horts noch RorGAans’ und BoLks Ansichten sind anatomisch oder physiologisch bewiesen worden. Auch in dem peripherischen Gebiete des Hypoglossus gibt es dunkle Punkte, die auf ihre Erklärung harren. Die Zusammensetzung des Plexus hypoglosso-cervicalis aus mehr oder aus weniger als drei Cervicalnerven unterliegt wohl großen Schwankungen und ist des- wegen für nicht so wichtig zu halten. Dasselbe kann aber nicht für die Konstitution des sog. Ramus descendens hypoglossi, ob aus 1 FÜRBRINGER 1897 verwirft diese Annahme ais paradox. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 533 lauter Hypoglossusfasern oder ob nur aus Üervicalisfasern oder ob aus beiderlei Fasern, gelten, denn dies scheint einerseits eine prin- zipielle Frage, andererseits von großer Tragweite für ganz andere Erwägungen zu sein. Die richtige anatomische Beurteilung dieses Astes ist nämlich nicht nur für die reine Anatomie so sehr wichtig, sie muß auch als Basis für die physiologischen Untersuchungen an- gesehen werden, welche durch Degenerationsversuche die motorischen Anfangspunkte der verschiedenen Hypoglossusäste in dessen Ur- sprungskern studieren und aufsuchen wollen. Nur wenn die diesbezüglichen Resultate der anatomischen Be- strebungen in voller Harmonie mit den physiologischen Ergebnissen stehen, sind beide zuverlässig. Bork (1902) hat den Plexus cervicalis bei den Pfihteti und Prosimiern genau untersucht und ist zu gewissen interessanten Re- sultaten besonders in bezug auf die Segmenteinteilung des betreffenden Gebietes gekommen. Da aber die anderen Säugetiere! gar nicht in Betracht gezogen worden sind, scheint eine weitere Vergleichung dieser Plexus wichtig, ja sogar nötig zu sein, um die schon aus- gesprochenen Ansichten bestätigen, oder aber um vielleicht neue Ge- sichtspunkte auffinden zu können. Obgleich also der N. hypoglossus schon zahlreichen genauen Untersuchungen unterzogen worden ist, finden wir doch, wie schon angeführt, viele wichtige Fragen vor, die noch nicht zur Genüge gelöst worden sind. Der Zweck dieser Arbeit ist, durch eine vergleichend-anato- mische Untersuchung einer Anzahl von Säugetieren aus verschiedenen Ordnungen einigen von diesen Fragen näher zu treten, in der Hoff- nung, dieselben beantworten zu können, Ich will erstens versuchen zu zeigen, aus welchen Nerven (oc- eipitalen oder nur oceipito-spinalen) der Säugetier-Hypoglossus zu- sammengesetzt ist, denn hier kann schon eine genaue minutiöse makroskopische Untersuchung (d. h. höchstens mit Präparierlupe) die Sache entscheiden, wenn nur die ganze Säugetierklasse in Betracht gezogen und dabei eine genügend große Individuenanzahl unter- sucht wird. 1 Wohl hat KoHLBRUGGE 1898 verschiedene Säugetiere in bezug auf den Pl. cerviealis beschrieben und abgebildet; da aber seine Untersuchung gänzlich andere Fragen zu lösen beabsichtigt, so ist in seiner Arbeit sehr wenig, was für diesbezügliche Fragen wichtig wäre, 534 Einar Fieandt Zweitens liegt mir ob, die strittigen Resultate der Degenerations- untersuchungen miteinander in Einklang zu bringen oder wenigstens zu zeigen, welche Ergebnisse mutmaßlich richtig sein müssen. Dies geschieht wieder durch Auffaserung und Entwirrung des Ramus descendens hypoglossi, der bis jetzt nur beim Menschen genauer untersucht worden ist. Drittens werde ich die Entwirrung auf den ganzen Plexus hypo- glosso-cervicalis im weiteren Sinne (die Verbindungsarkaden zwischen den ersten zwei Nervi cervicales und dem Hypoglossus mitgerechnet) ausdehnen. Das Enträtseln des Arkadenproblems ist für diese Unter- suchung sehr wichtig, denn erstens wird damit dazu beigetragen, die paradoxen »endlosen Schlingen« aus der Wissenschaft zu ent- fernen, zweitens wird man diese Arkaden nicht mehr fälschlich für die Erklärung der Zusammensetzung des Ramus descendens gebrauchen können, was immer noch zurzeit für möglich gehalten wird. End- lich bildet die genaue Kenntnis des peripheren Gebiets des N. hy- poglossus und der Nn. cervicales I, II und III—IV eine der wich- tigsten Aufgaben dieser Untersuchung. Dies alles ist viel und fordert vielleicht mehr, als geleistet werden kann. Es ist nämlich einleuchtend, daß für eine vielseitige Ventilierung dieser Fragen ein sehr reichliches Material untersucht werden muß. Leider ist dies in der vorliegenden Untersuchung nur unvollkommen der Fall gewesen, denn, wie aus dem Materialver- zeichnis hervorgeht, ist die Anzahl der Individuen verhältnismäßig gering, ebenso auch die der Vertreter der verschiedenen Ordnungen. Da mir aber völlig bewußt war, daß eine vergleichend-anatomische Untersuchung doch nieht unzweideutig und endgültig das ganze große Problem des Nervus hypoglossus enträtseln kann, sondern daß dazu noch parallele Untersuehungen auf dem Gebiete der Phy- siologie und Embryologie erforderlich sind, so wollte ich zunächst die Ergebnisse meiner anatomischen Arbeit, die als eine kleine spezielle Untersuchung schon abgeschlossen war, veröffentlichen, um sie später bei günstiger Gelegenheit physiologisch und experimentell fortzu- setzen. Sollte sich dieser Wunsch nicht realisieren, so hoffe ich doch, daß diese bescheidene Arbeit wenigstens etwas für die Siche- rung der Basis künftiger anatomischer und experimenteller Unter- suchungen beitragen wird. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 535 II. Beschreibender Teil. 1. Monotremata. (Fig. 1—10.) Echidna aculeata Shaw. (Fig. 1—7.) Der Abgang der Wurzel- fäden des Hypoglossus aus der Medulla erfolgt oral-ventral vom N. accessorius, genauer so, daß die caudalen dicksten Wurzelfasern hinter den am meisten oralen dünnsten Accessoriusfasern heraus- treten, die dünnste orale Wurzel aber etwas oral vom Accessorius. Dann vereinigen sich die Ursprungsfäden des Hypoglossus zu 4 bis Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. aD . 2 ac Rn © RECHTE LINKE SENE LINKE RECHTE >EITE SEITE SEITE Fig. 1. Präparat I. Die Hypoglossuswurzeln der linken Seite bei Echidna aculeata. Sowohl die Dura-Löcher als das Schädel-Loch sind durch ovale Ringe angedeutet. Größe 7:1. Fig. 2. Präparat II. Die Hypoglossuswurzeln der rechten Seite bei Echidna aculeata. Größe 7:1. Fig. 3. Präparat III links u. rechts. Die Hypoglossus-Wurzeln der linken und rechten Seite bei Echidna aculeata. Größe 5:1. 5 Wurzelstämmen, die gemeinsam oder durch zwei Löcher die Dura mater durchsetzen, um später gemeinsam mit dem N. vago-accesso- rius durch das Foramen hypoglosso-jugulare den Schädel zu ver- lassen. Von diesen Nerven hat der Vagus eigentlich zwei Löcher im Schädel, indem ein Ästchen des genannten Nerven medio-oral vom Hypoglossus den Hauptstamm verläßt und in einen gebogenen Kanal hineingeht. Das genannte Ästchen vereinigt sich aber bald (sehon intracranial) mit dem Vagus, weil das kleine Kanälchen in den Canalis jugularis ausmündet. Hervorzuheben ist, daß die von dem Canalis jugularis durchsetzte Schädelwand sehr dick und 536 Einar Fieandt fest verknöchert ist, so daß das Austrepanieren Schwierigkeit ver- ursacht und erst durch mühevolle Arbeit gute Resultate gibt. Da das Ursprungsgebiet des Hypoglossus sehr variabel ist, so- gar antimere Verschiedenheiten darbietet, so beschreiben wir ge- nauer jedes wichtige Präparat für sich. 1. Präparat I links (Fig. 1). In oro-caudaler Richtung erscheinen vier an Größe zunehmende Wurzeln, von denen die dritte zwei- gabelig ist. Die letzten drei vereinigen sich bald, um gemeinsam durch die Dura zu gehen, während die erste, am meisten orale und zugleich zarteste Wurzel gesondert durch ein Duraloch geht. Sie zeigt gegenüber den drei folgenden Wurzeln auch darin ihre große Selbständigkeit, daß sie lange allein verläuft und erst beim Ein- tritt in den Canalis hypoglosso-jugularis mit dem Hauptstamm ver- schmilzt. 2. Präparat II rechts (Fig. 2). In oro-caudaler Richtung er- scheinen vier an Größe zunehmende Bündel, von denen das am meisten orale, erste durch seine Zartheit und Selbständigkeit leicht übersehen werden kann. Sonst wie die folgenden Präparate. 3. Präparat III links (Fig. 3, links). Die Ursprungsfäden des Hypoglossus gruppieren sich in vier caudalwärts an Größe zuneh- mende Bündel. Das erste, zweite und vierte sind einfach, das dritte gabelig. Sonst verhält sich das Wurzelgebiet wie das zuletzt sub 4 zu beschreibende Präparat. 4. Präparat III rechts (Fig. 3, rechts). Der Nerv verläßt die Medulla und fließt alsbald in fünf Hauptbündel (Wurzeln) zusammen, die bezüglich ihrer Dieke sehr verschieden sind. Die letzte Wurzel (in oro-caudaler Richtung) ist die diekste; an ihr sieht man noch deutlich die ursprünglichen zusammengeflossenen Faserzüge. Oral vor ihr befinden sich zwei fast gleich dieke Wurzeln, die gut von- einander getrennt zu sein scheinen. Oral vor diesen findet sich eine ein wenig dickere Wurzel als die vorletzte. Die erste, am meisten orale Wurzel ist sehr zart und dünn und vereinigt sich schnell mit der zweiten. Alle diese Bündel gehen durch ein gemeinsames Dura- loch, um gemeinsam in den Canalis hypoglosso-jugularis zu gelangen, wobei sie ihre Selbständigkeit lange bewahren. Nur der am meisten orale erste Ast konnte wegen seiner Zartheit innerhalb des Canalis nicht von dem zweiten unterschieden werden. Diese voneinander recht abweichenden Verhältnisse werden bei genauerer Betrachtung und Beurteilung verständlich, auch wird die Diskrepanz vermindert, wenn wir die Präparate in eben angeführter Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 537 Reihenfolge behandeln. Am einfachsten liegen die Verhältnisse in dem zuerst beschriebenen Präparate (Fig. 1). Die in oro-caudaler Richtung bemerkbare Zunahme der Größe der drei letzten Wurzeln bestimmt uns, in ihnen die üblichen oceipito-spinalen Nerven a, 5b e zu sehen. Neben diesen existiert aber das zarte orale Ästchen, das durch seine Selbständigkeit (eigenes Duraloch und solitärer Ver- lauf) nicht zu @ gerechnet werden kann, sondern als ein selbstän- diger Nerv angesehen werden muß. Nach diesem wäre dieses selb- ständige, weit oral austretende Bündel zweifellos als das von FÜr- BRINGER (1897) zuerst wahrgenommene Ästchen, welches er als einen occipitalen Nerv deutete, also als x, anzusehen. Somit wäre klar- gelegt, daß Echrdna wirklich die spino-oceipitalen Nerven x, a, Db und ce besitzt. In dieser Beleuchtung ist es auch nicht schwer, den zweiten Fall (Fig. 2) zu verstehen: Hier haben wir wieder x, a, 5b und e. Nur ist x hier nicht mehr so selbständig, indem es des eigenen Dura- loches entbehrt; sonst läuft es von a ebenso getrennt wie die übrigen b und c. Aber auch in dem übriggebliebenen dritten und vierten Fall (Fig. 3) können wir x wiederfinden. Es ist aber noch inniger mit « verbunden, übrigens nicht mehr reduziert als sonst. Der vierte Fall (Präp. III, r.) mit den fünf Wurzeln läßt sich gut ver- stehen, wenn wir bemerken, daß 5 gewöhnlich gabelig ist; hier ist die Gabelung weit distal gegangen und ein fünfwurzeliger Hypo- glossus wird auf diese Weise vorgetäuscht. Nachdem der Hypoglossus eine Zeitlang einheitlich verlaufen ist, tritt er in Beziehung zu dem ersten Cervicalnerven, der zwei später zu beschreibende Äste in seine Scheide sendet. Selbst gibt der Hypoglossus zwischen den erwähnten Ästen, oder höher, einen mehr oder weniger zarten Ramus descendens hypoglossi ab (Fig.4.D), der sich später mit dem Ramus cervicalis descendens inferior, der die Innervation der Unterzungenbeinmuskeln versorgt, vereinigt. Der erste Cervicalnerv, der in Beziehung zu dem Plexus hypoglosso- eervicalis tritt, teilt sich in zwei Äste, von denen der orale wieder sich in zwei teilt (A, D). Der obere (4) strebt recurrent hinauf und tritt in die Hypoglossusscheide ein, um aber in dieser nicht zentral- wärts hinaufzulaufen, sondern er geht quer über die Hypoglossus- fasern, kreuzt sich chiasmatisch mit ihnen und strahlt fächerförmig aus; in diesem Fächer biegen die oberen (centralen) Fasern deutlich etwas nach unten, d. h. peripherwärts (vgl. Fig. 5). Weiter konnten diese Fasern nicht verfolgt werden. Dieser Faserzug ist die ge- 538 Einar Fieandt wöhnliche Arkade, welche zwischen Cerv. I und Hypoglossus aus- _ gespannt ist, und deren Auffaserung mir bei anderen Tieren voll- ständig gelungen ist. Der zweite ventrale Ast (DB) geht allein oder mit dem Ramus cervicalis descendens des zweiten Cervicalnerven verbunden in der Hypoglossusscheide erst reeurrent hinauf, kehrt aber dann fast rechtwinklig nach unten, um peripherwärts in dem Hypoglossusstamm weiter zu verlaufen. Der zweite Hauptast des Cerv. I (C) wendet sich in einem Bogen caudalwärts, vereinigt sich mit dem Ram. descendens hypoglossi (D) und später mit einem Ast Fig. 4. Irre) Präparat I. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Echidna aculeata. Die Erklärungen der Bezeich- nungen sind im Text zu finden. Größe 21/4: 1. des Cerv. II (G) und besorgt die Innervation der Unterzungenbein- _ muskeln. Der Teil des zweiten Cervicalnerven, der in Verbindung mit dem genannten Plexus steht, teilt sich auch in zwei; der orale (E) läuft lose mit dem Ram. desc. verbunden in umgekehrter Richtung dem Hypoglossus zu. Hier angelangt, geht er entweder allein oder mit dem Ast des ersten Cervicalnerven in die Hypoglossus-Scheide hinein, um in derselben peripherwärts weiter zu verlaufen und auszustrahlen. - Übrigens kommen hier große Verschiedenheiten vor, denn das periphere Gebiet des Hypoglossus scheint ebenso variabel zu sein wie seine Wurzeln. Ich will deswegen die drei von mir gefundenen Typen des Pl. cervicalis anführen. | Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus bypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 539 1. Präparat (Fig. 5). Wie das oben beschriebene. Der Cerv. I sendet einen Ast in die Scheide des Hypoglossus, der eentralwärts zu gehen scheint. Etwas ventral von der Stelle, wo dieser Ast hinein- geht, tritt der Ramus descendens bypo- glossi heraus, etwas mehr ventral geht der Fig. 5. Ast des Cerv. I peripherwärts in den Hypoglossus-Stamm hinein. Noch tiefer vereinigt sich der Ast des Cerv. II mit diesem. 2. Präparat (Fig. 6). Der Nervus hypoglossus sendet einen verhältnismäßig dieken R. descendens ab und empfängt nur zwei peripherwärts sich biegende Äste: einen von dem ersten, einen an- deren von dem zweiten ÖCervicalnerven. TEE Ein ähnliches Präparat ist auf Fig. 4 Ramus descendens hypoglossi aus wiedergegeben. Hier ist nur der Ram. °” - "ypoglossus bei Zehiäna h aculeata. A aus dem N. cervicalis I in descendens hypoglossi (D) sehr dünn. den Hypoglossusstamm ziehende Fa- ittler Fin hör sern, die eine periphere Arkade bilden; Der mittlere und untere st ge ört zu D der Ramus descendens hypoglossi; dem Ramus cervicalisIdescendensinferior. peripher in den Hypoglossus ver- E x laufende Fasern vom N. cervicalis II. Hieraus ersehen wir, daß der R. dese. Größe 30:1, hyp. sehr variabel sein kann. 3. Präparat (Fig. 7). Hier sendet der Hypoglossus einen sehr dicken R. descendens ab, der allein für die Innervation der infra- hyoidalen Muskulatur bestimmt ist, denn ich fand keine Fasern von Fig. 6. Cl xm er M N ıT/ A Präparat III. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Echidna aculeata. Größe 11/2:1. 540 Einar Fieandt dem Cerv. I zu diesem Ast kommen. Sonst ist hervorzuheben, daß nur der Cerv. I mit dem Plexus cervicalis verbunden ist. Ein Plexus in gewöhnlichem Sinne wird aber nicht gebildet, da der erste Cer- viealnerv ungeteilt in die Hypoglossusscheide sich begibt, um peri- pherwärts auszustrahlen, ohne die gewöhnliche Verbindungsarkade zu bilden. Ornithorhynchus anatinus Shaw. (Fig. 8-10). Die Verhältnisse bei Ornithorhynchus haben viel Ähnlichkeit mit denen bei Echidna, nur scheinen sie viel konstanter zu sein, indem ich in drei Präparaten die Wurzeln gleich sah. Auch stim- men meine Ergebnisse mit FÜR- BRINGERS Zeichnung ganz überein, wenngleich ich bei genauerer Unter- suchung zu einer etwas abweichen- den Beurteilung des Wurzelgebietes gekommen bin. Der Hypoglossus verläßt die Medulla in fünf Wurzelbündel ge- teilt, von denen die vier letzten (in oro-caudaler Richtung) immer je zwei sich bald zu zwei ungleich dicken Wurzelbündeln verbinden (Fig. 8). Diese Verbindung ist aber, was das zweite Paar betrifft, Präparat I. Der Plexus hypoglosso-cervicalis nur Scheinbar, denn die Wurzelele- bei Echidna aculeata. Größe 11/2:1. . EL R: mente behaupten bis zur Vereini- gung sämtlicher Bündel, mit Ausnahme der am meisten oralen, ihre Selbständigkeit. Betrachtet man die drei auf diese Weise entstan- denen Bündel, so erscheinen sie wie bei Echidna von vorn nach hinten in zunehmender Größe. Der am meisten orale Ast ist sehr zart, stammt sehr weit oral aus der Medulla, legt sich infolge der weit caudaleren Lage des Austrittsloches dicht an die folgenden Wurzeln an, so daß er mit ihnen durch ein gemeinsames Duraloch hindurchgeht, hierbei jedoch durch eine unvollständige Durabrücke von ihnen getrennt. Dieser Ast behauptet lange seine Selbständig- keit und vereinigt sich erst nach dem Austritt des Nerven aus dem Schädel mit dem Hauptstamm. FÜRBRINGER hat die fünf Ursprungs- wurzeln folgenderweise aufgefaßt: Die zwei letzten (in oro-caudaler Richtung) bilden nach ihm c, die zwei vorhergehenden 5 und der zarte orale Asta. Da aber die zweite und dritte Ursprungswurzel lange mit Fig. 7. CI Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 541 deutlicher Trennungsfurche selbständig verlaufen, und da sie zusam- men fast so diek wie die Summe der zwei letzten Wurzeln sind, so müssen sie als selbständige Nerven beurteilt werden. Der letzte diekste Ast, der aus den beiden letzten Wurzeln zusammengesetzt ist, muß also, wie schon auch FÜRBRINGER meint, als e angesehen werden. Die dritte Wurzel, die etwas dünner ist, wird dann 5, während die zweite noch dünnere Wurzel a darstellt. Die am meisten Fig. 8. Fig. 8. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus bei Ornithorhynchus anatinus. Größe 6:1. Fig. 9. Die Austrittsstelle des Ramus descendens bei Ornithorhynchus anatinus. Die nähere Er- klärung ist im Text zu finden. Größe 15:1. orale selbständige erste durch eine fast selbständige Durascheidewand ausgezeichnete Wurzel stellt danach unzweideutig x dar. Der Plexus hypoglosso-cervicalis von Ornithorhynchus anatinus ist fast identisch mit dem von Echrdna (vgl. Fig.9 und 10 mit Fig. 4). Der Hypoglossus sendet einen verhältnismäßig dieken Ast zu der 'Ansa, welche dazu noch aus Fasern der beiden ersten Cervical- nerven (CI und CII) besteht (Fig. 9 und 10). Wie bei Echidna versieht der Cervicalis I auch hier den Plexus hypoglosso- cervi- calis mit einem Ast, welcher sich in zwei Zweige teilt. Der orale Zweig spaltet sich in ein unteres und ein oberes Fascikel, von 542 Einar Fieandt denen das letztere receurrent hinauf strebt und in die Hypoglossus- scheide eintritt, also einer Verbindungsarkade zwischen CI und XI entspricht. Diese Arkade konnte ich nicht vollständig entwirren; doch kann ich so viel mit Sicherheit behaupten, daß ihre Fasern oral-dorsal quer über die abwärts (peripherwärts) ziehenden XII- Fasern gehen, um sich mit diesen dicht zu verfilzen; die Ausprä- parierung weiter zu führen, gelang ınir nicht. Das untere Faseikel des oralen Zweiges von Cervicalis I verläuft peripherwärts ge- meinsam mit den Fasern von Cervicalis II in dem Hypoglossus- Fig. 10. XI 77 Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Ornithorhynchus anatinus. Größe 21/4:1. stamm weiter, geradeso, wie bei Echidna. Da die Muskulatur des Ornithorhynchus genauer untersucht wurde, so teile ich hier meine . diesbezüglichen Erfahrungen mit (vgl. Fig. 9 und 10). Der N. hypoglossus innerviert gemeinschaftlich mit den zwei ersten Cervicalnerven die Mm. omo-hyoideus, sterno-hyoideus super- fieialis und Sterno-thyreoideus. Ein M. thyreo-hyoideus kommt noch nicht als gesonderter Muskel vor. Seine Elemente sind noch in den tieferen longitudinalen Sterno-Hyoidal-Muskeln (M. sterno-hyoideus profundus) zu suchen. — Genannte Nerven innervieren noch den M. genio-hyoideus, Cerv. II und Hypoglossus den M. hyo-glossus ven- tralis, während Hypoglossus allein den Hyo-glossus dorsalis zu ver- Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 543 sorgen schien. Sonst gelang es mir, die cervicalen Elemente bis in die obere und untere Zunge zu verfolgen, und zwar ging Cerv. I in die beiden, während es mir nicht gelang, den Cerv. II in der Vorderzunge zu finden. Nebenbei sei erwähnt, daß ein Ast des N. glosso-pharyngeus sich mit dem Hypoglossus verbindet. Zusammenfassung. Der Hypoglossus tritt bei den Monotremen etwas vor dem Vago-accessorius aus der Medulla und wird aus vier Ursprungswurzeln gebildet, die ich als x, a, 5b und c gedeutet habe. Der Plexus hypoglosso-cervicalis wird in der Regel von dem Hypo- glossus und den zwei obersten Cervicalnerven gebildet und enthält sowohl cervicale als hypoglossale Fasern, weil der Hypoglossus einen absteigenden Ast aussendet. Die suprahyoidalen Muskeln werden gemeinsam von dem Hypoglossus und Cerv. I und II innerviert. Eine Verbindungsarkade kommt in der Regel zwischen dem Hypo- glossus und Cervicalis I vor. 2. Marsupialia (Fig. 11—23). Die Verhältnisse bei den verschiedenen Vertretern der Beutel- tiere scheinen voneinander erheblich abzuweichen. Die verschie- denen Gattungen, sogar die Species, sind in dieser Beziehung ein- ander ungleich; dazu kommt noch eine sehr große individuelle Variation bei einigen Arten. Für Gehirnuntersuchungen war das sonst reichhaltige und schöne Material nicht gut geeignet, da die centralen Teile des Nervensystems teilweise ganz faul waren. Die peripherischen Verhältnisse konnten dagegen um so viel besser unter- sucht werden, da die Muskulatur locker und dunkel war, während die Nerven sich schön weiß, ohne allzu reichliches Fettgewebe gegen den dunklen Grund abzeichneten. Phascolomys ursinus Shaw., linke Seite. Am deutlichsten und schönsten zeigten sich die Verhältnisse bei einem jungen, 12 cm langen, gut konservierten Wombatweibchen. Da dies sehr ursprüng- liche anatomische Charaktere zeigte, fangen wir mit der Beschrei- bung desselben an. (Fig. 11, 12 und 13.) Der Abgang der acht ungleich dieken Wurzelfäden des Hypo- glossus aus der Medulla erfolgt oral-ventral vom N. accessorius (Fig. 11). Alsbald gruppieren sich diese zu drei Hauptstämmen, die an Stärke oro-caudal zunehmen und durch drei Duralöcher austreten. Der orale, dünnste Stamm setzt sich aus drei, der mittlere aus zwei, der caudale, diekste aus drei Ursprungsfäden zusammen. Von diesen 544 Einar Fieandt zuerst genannten drei Wurzelfäden zeichnet sich der am meisten orale durch seine außerordentliche Zartheit und relative Selbstän- digkeit besonders aus. Da diese Wurzel frei für sich, durch eine schmale Durabrücke von dem Hauptbündel getrennt, durch die Dura geht, um erst nach dem Austritt sich mit demselben zu ver- binden, halte ich sie für einen selbständigen verkümmerten Nerven, Fig. 11. Fig. 11. Präparat II. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus bei Phascolomys ursinus. Größe 33:1. Fig. 12, Präparat II. Die zwischen den zwei ersten Cervicalis-Nerven und dem Hypoglossus aus- gespannten Cervicalis-Arkaden bei Phascolomys ursinus. Größe 18:1. der nichts anderes als ein Oceipitalnerv sein kann, hier also als x gedeutet werden muß. Die übrigen Äste sind a, b und ec. Nach- dem die Hauptstämme die Dura durchsetzt haben, vereinigen sich <+a und db, um gemeinsam in den oralen Canalis hypo- glossi zu gehen. Durch den zweiten caudalen Hypoglossuskanal verläuft c allein (Fig. 11 und 12). Erst nach dem Austritt aus dem Schädel vereinigen sich die zwei Stämme z<—+a-+Db mit c, um den einheitlichen Hypoglossusstamm zu bilden. Dieser empfängt aber noch vor seiner Vereinigung Äste von Cervicalis I und II und zwar Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 545 so, daß c allein einen diekeren Ast von Cerv, I bekommt, der peri- pherwärts sich wendet und in den gemeinsamen Hypoglossusstamm sich begibt. Das äußerst zarte! Ästehen von Cerv. II steigt central- wärts auf und geht in den Hauptstamm, der aus x, @ und 5b ge- bildet ist. Wegen der Zartheit dieses Ästehens konnte nicht fest- gestellt werden, welche Richtung es weiterhin nahm. Daß es sich hier um eine gewöhnliche Verbindungsarkade zwischen dem Hypo- glossus und Cervicalnerven handelte, ist wohl sicher. Später soll Fig. 13 XI GEATECH I/UR ON STTH = STH ©, M I. Präparat II. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Phascolomys ursinus. Größe 5:1. auch gezeigt werden, wie diese Arkaden aufgefaßt werden müssen. Mehr peripher empfängt der gemeinsame Hypoglossusstamm den dickeren Teil des Astes aus Cerviealis II und noch weiter einen noch diekeren Ast aus Cerv. I, die beide auch peripherwärts aus- strahlen. Der Hypoglossusstamm ist also reichlich mit Cervicalelementen vermengt. Welche Muskeln diese innervierten, konnte nicht fest- gestellt werden. Von den Unterzungenbeinmuskeln kann aber mit Sicherheit gesagt werden, daß sie ausschließlich Cervicalnerven 1 Auf der Figur konnte dasselbe nicht zart genug dargestellt werden. Morpholog. Jahrbuch. 48. 36 546 Einar Fieandt 0) empfangen. Cerv. I und II versorgen nämlich gemeinsam die Mm. thyreo-hyoideus, sterno-thyreoideus und sterno-hyoideus. Dagegen innerviert Cerv. II allein den M. omo-hyoideus, der zwei gleich dicke Äste von ihm bekommt, die wohl den beiden, hier nicht durch eine deutlichere Zwischensehne getrennten Muskelbäuchen entsprechen. Etwas abweichend fand ich die Verhältnisse bei einem anderen Exemplar von Wombat, die hier auch mitgeteilt werden sollen, Fig. 14. ca 6 Präparat 1. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Phascolomys ursinus. Größe 11/2:1. um zu zeigen, wie groß die Variationen bei den Beuteltieren sein können. Phascolomys ursinus Shaw., junges Männchen, 25 cm lang (Fig. 14). Bei diesem Tiere wurde nur das peripherische Gebiet unter- sucht. Prinzipiell weicht dasselbe nur darin von dem oben beschrie- benen Exemplar ab, daß hier der M. omo-hyoideus außer von Cerv. I und II vielleicht auch Äste vom Hypoglossus bekommt. Auch existiert nur eine sich gabelig teilende Verbindungsarkade zwischen dem Hypoglossus und den Cerv. I—Il. Hieraus ist ersichtlich, daß die erwähnte Verbindungsarkade wenigstens zum größten Teil Elemente peripherwärts sendet. Ausgeschlossen ist es nicht, daß auch der zu dem M. omo-hyoideus ziehende Ast reine Hypoglossusfasern ent- halten dürfte; da aber bei dem zuerst beschriebenen Exemplare der Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 547 M. omo-hyoideus nur Nervenfasern von Cerv. II bekommt, so ist dies wenig wahrscheinlich. Didelphys marsupialis L. var. azarae Temm, (Fig. 15—18). (Prä- parat I, erwachsenes Weibchen) (Fig. 15). Der Hypoglossus verläßt Fig. 15. Fig. 17. \/ c Fe acAUDALT = GAUDALZ = ——N 1.8. TA. IA. I.B. Fig. 15. Präparat I links und rechts. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus bei Didelphys marsupialis var. azarae. Größe 4:1. Fig. 17. Präparat II links und rechts. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus bei Didelphys marsupialis var. azarae. Größe 4:1. Fig. 16, Fig. 18. xi An Ne \/ I [i34 Rn Aypax N [6] a STTH Su OH STTH STH OH STTH ON N\ } Gh Fig. 16. Präparat I links. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Didelphys marsupialis var. azarae. Größe 1:1. Fig. 18. Präparat II rechts. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Didelphys marsupialis var. agarae. Größe 1:1. GH STH die Medulla mit sechs oder sieben Ursprungswurzeln, die sich bald zu zwei Hauptstämmen vereinigen. Die drei bis vier oralen bilden 36* 548 Einar Fieandt den etwas dickeren vorderen, die zwei bis drei eaudalen den schwächeren hinteren Ast. Diese zwei Äste treten isoliert durch zwei Foramina durch den Schädel, um sich ziemlich spät zu dem einheitlichen Hypoglossusstamm zu vereinigen. Da der orale Stamm dicker als der caudale ist, muß ersterer aus wenigstens zwei Nerven zusammengesetzt sein. Ich möchte deswegen den oralen Ast für‘ eine Fusion der Wurzeln a und 5 (vielleicht dazu noch x) erklären. Der caudale Ast würde danach allein ce repräsentieren. Diese Auf- fassung wird durch die Verhältnisse bei Wombat gestützt. Dort ging ce auch allein durch den Schädel, während x, «a und 5b zu einem etwas dickeren Stamm verbunden den Schädel verließen (vgl. Fig. 15). Die peripherischen Verhältnisse wichen beiderseits voneinander darin ab, daß links keine Arkade zwischen dem Hypoglossus und den Cervicalnerven vorhanden war. Rechts war sie dagegen deut- lich sichtbar und ihre Fasern konnten bis zu dem M. genio-hyoideus verfolgt werden. Der M. omo-hyoideus empfängt drei oder zwei Äste von Cerv. I und II. Einen Ast für den M. thyreo-hyoideus konnte ich trotz mühevoller Untersuchung nicht finden (Fig. 161). Das zweite Exemplar vom D. axarae ergab wegen schlechter Konservierung auch keine genaueren Resultate über das Wurzel- gebiet. Die Figuren zeigen am deutlichsten die kleinen Verschieden- heiten (Fig. 17 und 18). Macropus ruficollis Desm. var. Bennettii Waterh. (Fig. 19), kleines Männchen. Die Wurzeln des Hypoglossus verhielten sich im großen und ganzen wie bei Didelphys. Auch das peripherische Verhalten war ziemlich ähnlich. Links kam eine gabelige Verbindungsarkade zwi- schen dem Hypoglossus und dem ersten Cervicalnerven vor; rechts (Fig. 20) war der N. hypoglossus aber ganz von diesem unabhängig, wie einmal bei Didelphys axarae (Fig. 16). Der Ast für den M. thyreo- hyoideus kam links allein von dem Üerv. I, rechts von dem Cerv. II. 1 Da Didelphys ein sehr tiefstehendes Beuteltier ist, sogar tiefer als Phasco- lomys, ist es auffallend, daß x bei ihm nicht gefunden wurde. Die cerebrale Ver- bindung des XII war wegen schlechter Konservierung (Maceration) bei der Präparierung nicht erhalten geblieben. Vielleicht ist auch das Nichtvorhanden- sein des x auf Rechnung der Maceration zu schieben. Die fehlende Arkade zwischen den Cervicalnerven und dem Hypoglossus (Präparat I, Fig. 16) möchte ich aber nicht der Maceration zuschreiben, erstens weil rechts eine deutliche Verbindung vorkommt, zweitens weil die Nerven in der Peripherie gut kon- serviert waren und drittens, weil ein Ausfall der Arkadenbildung bei den Beutel- tieren gelegentlich vorkommt. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 549 Die Verbindungsarkade konnte ich nicht vollständig entwirren. Der axiale Ast schien centralwärts auszustrahlen, wurde aber bei der weiteren Präparierung so dünn, daß ich nieht zu entscheiden ver- Fig. 19. = Fig. 20. — S Der rechte Plexus cervicalis und der N. hypoglossus bei Macropus ruficollis var. Bennettii. Größe 2:1. mochte, ob er in den Canalis hypoglossi ging oder nicht. Ich glaube aber mit gutem Grunde, wie die spätere Erörterung ergeben wird, behaupten zu können, daß er sich peripherwärts zurückwendet. Die 550 Einar Fieandt distale Gabelung strahlt größtenteils peripherwärts aus, sendet aber einzelne zarte Fasern centralwärts längs des einheitlichen Hypo- glossusstammes, die aber nicht weiter verfolgt werden konnten. Rechts versuchte ich die Verbindungsarkade zwischen Cervi- calis I und II zu entwirren und bemerkte, daß dieselbe aus Cervi- calis I stammte. Sie ging, ohne Äste peripherwärts zu entsenden, centralwärts bis zu dem Ganglion. Dort angelangt, war es unmög- lich, die Fasern weiter zu verfolgen, weil hier eine innige Kreuzung stattfand. Diese Verhältnisse wären gar nicht zu verstehen, hätte ich nicht ein fast ähnliches Verhalten bei einer neugeborenen Katze beobachtet. Die später zu beschreibenden Erfahrungen, die ich bei jener erwähnten Katze machte, lassen mich vermuten, daß der Cerviealis I hier Fasern für die infrahyoidale Muskulatur dem zweiten Cervicalisstamm überliefert. Was die Innervation betrifft, so unterscheiden wir zwei Mög- lichkeiten: I. das regelmäßige Verhalten: Die infrahyoidale Muskulatur von Cervicalis I und II, die suprahyoidale Muskulatur von XII, Cervicalis I und II; II. als individuelle Variation vorkommend: Die infrahyoidale Muskulatur von Cervicalis II (wenn die Verbindungsarkade richtig erklärt ist, auch von Cerviealis I). Die supra- hyoidale Muskulatur von XII. Macropus giganteus Zimm. (Fig. 21). Bei diesem Tiere waren die Verhältnisse ganz ähnlich wie bei dem vorigen. Die Verbindung GH GH Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei Macropus giganteus. Größe 11/2:1. zwischen XII und Cervicalis I war einfach, und letzterer sandte alle seine Fasern peripherwärts. Der M. genio-hyoideus, der in zwei Portionen gesondert war, empfing zwei Nervenäste, von denen der obere aus lauter Cervicalisfasern zu bestehen schien. Die infra- Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 551 hyoidalen Muskeln wurden ausschließlich von Cervicalis I und I versorgt. Ganz ähnlich verhielt sich dies Gebiet bei Bettongia peni- eillata Gray. Perameles nasuta E. Geoffr., erwachsenes Männchen, weicht nicht viel von dem oben beschriebenen ab. Eine Verbindungsarkade ist links vorhanden, die sich in zwei Äste teilt, von denen der eine peripher-, der andere centralwärts in den Hypoglossus-Stamm ein- geht. Rechts stand der Hypoglossus in keinem Zusammenhang mit den Cer- viealnerven. Er sendet auch keinen abgehenden Ast, verhält sich also ganz wie der solitäre Hypoglossus bei Di- delphys und Macropus, die oben be- schrieben und abgebildet sind (Fig. 16 u. 20). Didelphys murina L. (?)!. Der Hy- poglossus verläßt in 7 Wurzeln geteilt die Medulla. Diese sammeln sich zu zwei Stämmen, von denen der orale etwas schlanker zu sein scheint. Der Cervicalis I legt sich dem Hypoglossus dicht an, sendet einige Fasern quer über dessen Stamm, so daß dieser stark mit cervicalen Elementen ver- mengt ist. Die infrahyoidalen Muskeln . Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der and deu’ M.'genio-hyoideus sind reine... "Men Seite BET Aonerphun muriea Cerviecalmuskeln. Der M. omo-hyoideus bekommt nur einen Ast von dem Cervicalis II (Fig. 22 und 23). Zusammenfassung. Der Hypoglossus verläßt bei den Beutel- tieren die Medulla oral-ventral von dem Vago-accessorius (Phasco- Fig. 22. b+a+z (?) 1 Das hier untersuchte, aus alten Vorräten stammende Tier (von etwa 12 cm Länge) war als Oladobates murinus etikettiert und so zerschnitten, daß es nicht mehr bestimmt werden konnte. Zu Cladobates kann es jedoch nicht gehören. Cladobates javanicus (siehe unten) hat ein wohlentwickeltes Zungen- bein. Das Cornu hyale besteht aus den vier Teilen: Hypo-, Kerato-, Stylo- und Tympanohyale; zwischen den zuletzt genannten findet sich wie gewöhnlich die Synchondrosis tympano-styloidea. Bei dem vorliegenden Tiere war das Zungen- bein ganz anders gebildet. Ein Cornu hyale fehlte ganz. Die Cornua bran- chialia I bildeten mit dem Körper einen Knochenbogen, der mit dem Kehlkopf verbunden war. Diesen sonderbaren Verhältnissen entsprechend sah die Mus- kulatur auch sehr eigentümlich aus. Der M. hyo-pharyngeus begann von 552 Einar Fieandt lomys) und besitzt drei oder vier Ursprungswurzeln, die ich als a, b und e bzw. x, a, b und c gedeutet habe. Die Wurzel x scheint bei Beuteltieren sehr verkümmert, oder vielleicht auch fest mit a ver- Fig. 23. cL eT ' cm N OH STTH TTH — Zn ee ne ie, on SH STH IN Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Didelphys murina (?). Größe 4:1. dem Schädel hinter der Bulla ossea. Der M. stylo-glossus aber war kurz und breit und entsprang von der Rachenschleimhaut, den Zungengrund seitlich um- gebend; ein M. stylo-hyoideus fehlte. Diese aufgezählten Eigentümlichkeiten beweisen, daß das Tier keine Tupaja (Oladobates) sein kann. Dem Zungenbein nach möchte ich sogar behaupten, daß es kein Insektenfresser sein kann, denn ein so reduziertes Zungenbein treffen wir, soweit ich die Verhältnisse kenne, nicht einmal in der Familie der Centetidae, wo das Cornu hyale zwar größten- teils bandartig rückgebildet ist, jedoch noch ein knöchernes Hypohyale hat. Bei Centetes sind die oben aufgezählten Muskeln auch wohl entwiekelt. Bei Didelphys habe ich aber fast die gleichen Verhältnisse beobachtet: sowohl das Zungenbein als die entsprechende Muskulatur und die Foramina des Hypoglossus sind fast identisch. Ich vermute daher, daß es sich um einen Schreibfehler auf der Etikette handelt, daß in Wirklichkeit Didelphys murina L. vorliegt, und führe das Präparat unter Didelphys murina (?) an. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 553 bunden zu sein. Der Plexus hypoglosso-cervicalis wird in der Regel von dem Hypoglossus und den zwei obersten Cervicalnerven gebildet. Verhältnismäßig oft tritt der Hypoglossus aber individuell ganz selbständig auf, und kein Plexus wird gebildet. Die suprahyoidalen Muskeln werden von dem Hypoglossus und den obersten Cervical- nerven, die infrahyoidalen Muskeln dagegen ausschließlich von Cerviealis I und Il innerviert. Einmal schien der M. omo-hyoideus auch Hypoglossus-Fasern zu empfangen. Wo keine Plexusbildung vorkommt, werden die suprahyoidalen Muskeln vom Hypoglossus, die infrahyoidalen von den Cervicalnerven versorgt. 3. Insectivora (Fig. 24—51). Talpa europaea L. Der Abgang des N. hypoglossus aus der Medulla geschieht bei meinen Exemplaren etwas anders, als es von den älteren Anatomen (auch Beck) beschrieben worden ist. Sämt- liche Wurzeln verlassen die Medulla caudal-medial von dem N. vago- accessorius, doch tritt eine Ursprungsfaser erheblich näher dem ge- nannten Nerven, als es von BECK angegeben worden ist, nämlich ventral von der Stelle, wo der Accessorius fast rechtwinkelig von der Medulla nach außen biegt. Ferner stehen die anderen mehr caudalen Ursprungswurzeln einander viel näher (etwa in der Mitte zwischen dem Accessorius und Cervicalis I), als nach der BECK- schen Figur zu schließen ist. Sonst weichen die einzelnen Indivi- duen etwas voneinander ab, so daß eine detaillierte Beschreibung nötig ist. Am deutlichsten lagen die Verhältnisse bei einem jungen wohl- konservierten Tiere, bei dem das ganze Wurzelsystem des Hypo- slossus im intakten Zusammenhang mit der Medulla nach der Austrepanation erhalten geblieben war. Bei diesem Exemplare fand ich bei meiner Untersuchung zuerst bei 40facher Vergrößerung einen oralen, ganz dünnen Ast, der in einem ziemlich offenen Winkel von den übrigen oralwärts divergierte (Fig. 24). Dieses äußerst zarte Ästehen gab sich als ein sehr selbständiger Teil des Wurzelsystems auch darin zu erkennen, daß es weiter dorsal aus der Medulla aus- trat, während die weiter caudal austretenden Wurzeln mehr zu- sammen lagen und von der Fortsetzung der Wurzellinie der Cervical- nerven ihren Ursprung nahmen. Bei sorgfältiger Auspräparierung der Ursprungswurzeln zeigte sich weiter, daß die caudalen Wurzeln in drei Faserzüge zerfallen waren, von denen der am meisten caudale der dickste, die zwei vorhergehenden von fast gleicher 554 Einar Fieandt Stärke waren (Fig. 24 links). Nach diesem deute ich die caudalen Wurzeln als c, b und a, das orale Fäserchen als x. Auf der linken Seite gelang mir die Präparation nicht vollkommen, nur das Vor- kommen des oralen Fäserchens x konnte ich feststellen (Fig. 24 rechts). Bei einem anderen Maulwurfsexemplare war der intakte Zu- sammenhang des Hypoglossus mit der Medulla wegen schlechter Konservierung nicht mehr erhalten. Die Wurzeln waren aber deut- lich zu sehen (Fig. 25). Man konnte drei dickere und eine zarte Wurzel, die selbständiger war und erst viel später als die anderen mit dem Hauptstamm des Hypoglossus verschmolz, unterscheiden. Fig. 25. Fig. 26. er : Ir N IK Rechts: Links, Fig. 24. Präparat II rechts und links. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus bei Talpa europaea. Größe 13:1. Fig. 25. Präparat III rechts und links. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus bei Zalpa europaea. Größe 9:1. Fig. 26. Priparat V. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite bei Talpa europaea. Größe 10:1. Bei diesem Tiere konnte ich weiter auf der linken Seite konsta- tieren, daß die orale, zarte Wurzel ein selbständiges Dura-Loch be- sitzt und erst nach dem Austritt des Nerven durch die Dura sich mit dem Hauptstamm verbindet. Sonst vereinigten sich « und 5 zu einem Stamm, bevor sie mit dem zweigabeligen c zusammentraten. Ähnlich verhielt sich der Nerv bei einem weiter untersuchten Tiere (Fig. 26 rechts). Der Nerv tritt einheitlich durch ein Loch durch den Schädel. Der bogenförmige Hypoglossus-Stamm steht regelmäßig mit den Cerviealnerven in einer Verbindung, die eine mehr weniger deutliche Arkade repräsentiert. Nur einmal fand ich diese Verbindung nicht (Präparat I links, nicht abgebildet). Hier verlief der N. hypoglossus schräg oral-ventral, ohne Äste abzugeben oder zu empfangen. Da das Tier schlecht konserviert war, bin ich indessen nicht ganz Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 555 sicher, ob ich nicht vielleicht eine ganz feine Verbindungsarkade übersehen habe. Ein ganz selbständiger Hypoglossus ist aber keines- wegs undenkbar, da ja ähnliche Variationen auch bei anderen Tieren vorkommen. Übrigens schwankt die Arkade zwischen dem N. hypoglossus und dem Cervicalis I erheblich in der Stärke. Auch zwischen Cervicalis I und II kommen gelegentlich Arkaden vor (vgl. Fig. 27, Präparat III links, aber nicht rechts). Einmal habe ich eine solche Verbindungsarkade entwirrt und fand, daß die Fasern von dem N. cervicalis I zu dem N. cervicalis II gingen (wenigstens Fig. 27. Fig. 28. CI ECT XII DOR> V N ENTR CL STH THH Fig. 27. Präparat III rechts. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Talpa europaea. Größe 6:1. Fig. 28. Präparat V. Die Nervenarkade zwischen Cery. I und II bei Talpa europaea. Größe 12:1. einige Fasern). Sie liefen bis an das Ganglion, ohne Äste abzugeben, dort findet eine totale Kreuzung statt, so daß das Auspräparieren äußerst schwer ist. Ich konnte jedoch feststellen, daß ein kleiner Teil der Fasern in den motorischen Ast des zweiten Cervicalnerven ausstrahlte.e Es kann möglich sein, daß die übrigen Fasern von Cervicalis II stammen und in umgekehrter Richtung nach Cervicalis I gehen. Darüber kann ich aber keine entscheidenden Angaben machen (vgl. Fig. 28). Die Arkade zwischen dem Hypoglossus und Cervi- ealis I steht entweder hoch (Fig. 29), mäßig hoch (Fig. 30), oder tief (Fig. 27). Diese Verbindung konnte ich vollständig entwirren. Sie besteht wohl in der Regel aus lauter Fasern von Cervicalis I, die zu dem Hypoglossus-Stamm streben, wobei sie sich entweder gleich peripherwärts richten oder eine Strecke längs des Hypoglassus auf- steigen, um später plötzlich nach der Peripherie umzukehren (Fig. 31, 32 u. 33). Da der M. thyreo-hyoideus aus diesem Ramus cervicalis 556 Einar Fieandt descendens innerviert wird, ist er in der Regel ein cervicaler Muskel. Dasselbe scheint mit dem M. genio-hyoideus der Fall zu sein. Auch alle Unterzungenbeinmuskeln sind wie M. thyreo-hyoideus rein cer- viecal, da der R. descendens keine Hypoglossus-Fasern enthält. Beim Fig. 29. Xu CH % ca STH TnNn STH stn Präparat II links. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Talpa europaea. Größe 6:1. A STH Fig. 30. cı & TAH STn STH Präparat V. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Talpa europaea. Größe 6:1. Links ein Teil des- selben noch mehr vergrößert (12:1). Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 557 Maulwurf Präparat IV links empfing der Hypoglossus die Verbin- dungsarkade von Üervicalis I sehr hoch. An derselben Stelle sah ich aber einen ganz dünnen Ast aus dem am Hypoglossus-Stamm lose Fig. 31. laufenden Faserbündel abgehen. Ich verfolgte diesen äußerst zarten Ast bis in den M. thyreo-hyoideus. Das Ästehen gab keine Fasern für die anderen infrahyoidalen Muskeln ab. Es erscheint also als eine seltene Innervationsanomalie des M. thyreo- hyoideus, der hier als ein reiner Hypoglossus-Muskel erscheint. Üb- rigens wird diese Anomalie um SO Präparat III rechts. Die entwirrte Arkade viel interessanter, wenn wir sehen, "ich Jen Cr 1 ul ie Me daß es tatsächlich Insectivoren gibt, bei denen der Hypoglossus regelmäßig einen Ramus descendens für die Unterzungenbein-Muskulatur abgibt (vgl. Fig. 34). Sehr ähnlich liegen dieVerhältnisse bei Macroscelides typus A. Smith (Fig. 35 und 36). Ich untersuchte ein ganz verletztes Exemplar, bei dem das Gehirn und die Medulla spinalis entfernt waren. Das Fig. 32. Fig. 33. Ze zur THH a GH STH Fig. 32. Präparat III links. Ein Teil des Plexus hypoglosso-cervicalis bei Talpa europaea. Größe 22:1. Fig. 33. Präparat IV rechts. Der Plexus hypoglosso-cervicalis von Talpa europaea. Größe /z:1. Links ein Teil desselben noch mehr vergrößert (18:1). Wurzelgebiet konnte also nicht genau untersucht werden. Es ließen sich jedoch drei Wurzelkomplexe unterscheiden. Die peripheren Verhältnisse waren nur rechts intakt geblieben und von ihnen war die Verbindungsarkade zwischen dem Cerviealis I und Hypoglossus 558 Einar Fieandt sehr interessant. Sie lief steil oro-dorsal und vereinigte sich spitz mit dem Hypoglossus-Stamm. Beim Entwirren dieser Verbindung Präparat IV links. Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Zalpa europaea. Größe 6:1. Rechts ein Teil desselben noch mehr vergrößert (22:1). Fig. 36. (Sl STH Fig. 35. Die Verbindungsarkade zwischen dem Cerv.I und dem Hypoglossus auf der rechten Seite bei Macroscelides typus. Größe 20:1. Fig. 36. Der Plexus bypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Macroscelides typus. Größe 5:1. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 559 ergab sich, daß der Ast längs des Hypoglossus cranialwärts lief. Er kam dem Foramen sehr nahe, bog aber plötzlich gerade um und kehrte peripherwärts zurück (Fig. 35 und 36). Die infrahyoidalen Muskeln sind rein cervical, der M. genio- hyoideus vielleicht (?) auch. Ich konnte nicht mit Sicherheit fest- stellen, ob nicht auch ganz dünne Hypoglossus-Fäserchen nebst den Cerviealisfasern den Muskel innervierten. Im übrigen wird auf die Figuren verwiesen. Auch bei Centetes ecaudatus Schreb. (Fig. 37”—39) fand ich vier Anfangswurzeln. Die caudale war die diekste, die zwei mittleren fast von gleicher Dieke und teilweise zusammenhängend, die orale Fig. 37. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite bei Centetes ecaudatus. Größe A 9:1, B 12:1. sehr dünn, zart und selbständig (Fig. 35). Bei der Deutung dieser Wurzeln muß erstens auf die Dieke und Ursprungsstelle, zweitens auf die Dura-Löcher geachtet werden. Der dickste caudale Ast be- sitzt ein selbständiges Loch und repräsentiert zweifelsohne ein ce. Die zwei mittleren, von denen der orale eine Idee schlanker als der caudale ist, sind meiner Meinung nach als 5 und a zu deuten, ob- gleich sie etwas unselbständig erscheinen, indem sie bald zusammen- treten und ein gemeinsames Dura-Loch besitzen. Für 5 allein kann ich sie nicht halten, erstens, weil 5 dann dicker als c wäre, und zweitens, weil der orale dann als ein verhältnismäßig allzu schlankes « gedeutet werden müßte. Es handelt sich also eher um ein etwas dickeres 5 und ein schlankeres «. Der am meisten orale, ganz schlanke verkümmerte Ast oder Ursprungswurzel ist z, weil er dieselbe Selbständigkeit wie x sonst zeigt, d. i. sich am spätesten mit dem Hauptstamm vereinigt, ein eigenes weit oral 560 Einar Fieandt stehendes Dura-Loch besitzt und weil er weit mehr dorsal und oral aus der Medulla tritt. Als ich diesen Ast zuerst sah, war ich selbst im Zweifel, ob er ein x sei, da es mir vorkam, als gehe er von dem Hauptstamm des Hypoglossus, nachdem dieser die Dura durch- setzt hat, wieder ab. (Vgl. Fig. 37 links.) Ich untersuchte darauf das ganze Ursprungsgebiet des Hypoglossus im Compressorium und fand (vgl. Fig. 37 rechts), daß der abgehende Ast nichts mit der: oralen Ursprungswurzel zu tun hat, sondern sie nur durchkreuzt. Was für ein Nerv dies aber sei, konnte ich nicht ermitteln (sym- pathisch?). Bei der Präparation des peripherischen Gebietes scheint es, als ob der Hypoglossus einen Ramus descendens aussendet. Die genauere Säuberung des Präparates ergibt aber ein ganz anderes Verhalten: THH. stru STH Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei Centetes ecaudatus. Größe 2:1. Cerviealis I sendet einen verhältnismäßig dicken, ©. II einen dünnen Faserstamm zum Hypoglossus. Diese vereinigen sich beide, um erst eine Strecke eentralwärts hinauf zu steigen und fast gleich darauf wieder peripherwärts umzubiegen. Ein Teil geht gleich gerade ventralwärts, ein zweiter schlankerer jedoch quer über den Hypo- glossus-Stamm, um an dem Vorderrande sich ventralwärts zu wenden. Der am meisten dorsale geht am weitesten nach oben und verwirrt sich mit den von oben kommenden Hypoglossus-Fasern, um etwa in der Mitte des Stammes wieder nach unten zu biegen. Der Ramus descendens enthält also keine Hypoglossus-Fasern. Der M. thyreo- hyoideus ist höchst wahrscheinlich ein reiner Cerviealmuskel wie die sämtlichen infrahyoidalen Muskeln (vgl. Fig. 38 und 39). Bei den Sorieidae (Fig. 40) sind die Verhältnisse im Prinzip die- Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 561 selben. Die Wurzeln konnten jedoch wegen schlechter Konservierung nieht ganz zuverlässig untersucht werden. Bei Crocidura etrusca Savi var. suaveolens Blas. fand ich zwei zweigabelige dicke und eine einfache Fig. 39. cı cu Der Plexus hypoglosso-cervicalis bei Centetes ecaudatus auspräpariert und noch mehr vergrößert. Größe links etwa 24:1, rechts 6:1. Fig. 40. C.I XI Gt XI B Der Plexus hypoglosso-cerviealis (4) der rechten Seite bei Sorez araneus. Größe 6:1. Links (5) ein Teil desselben noch mehr vergrößert (13:1). ganz zarte Ursprungswurzel (Fig. 41,C). Meiner Meinung nach han- delt es sich hier um x, a+b und das zweigabelige ce. Der Cerv. I sendet entweder einen zarten absteigenden Ast nach dem Hypo- glossus, um ihn mit peripherwärts verlaufenden Cerviealisfasern zu Morpholog. Jahrbuch. 48. 3% 562 Einar Fieandt versehen (Fig. 41 A und B), oder es konvergieren allein die Nerven, um, wie es scheint, einander nur zu berühren (Sorex. Fig. 40A). Diese bloße Berührung ist aber nur scheinbar, denn bei stärkerer Ver- größerung und vollständigem Auspräparieren sieht man deutlich, daß der Cerv. I am Berührungspunkte an den Hypoglossus einen zarten peripherwärts verlaufenden Ast abgibt. Danach sind die infra- hyoidalen Muskeln reine Cervicalmuskeln; von den suprahyoidalen Muskeln sind wenigstens die Mm. thyreo-hyoideus und genio-hyoideus gemischt (empfangen sowohl Hypoglossus- als Cerviealisfasern) oder werden ausschließlich von Cervicalisfasern versorgt, was nach den bisherigen Ergebnissen nicht zu entscheiden ist. Fig. 41. si Xu Y\ STTH SITH. u THN GH STH A Der Nervus hypoglossus der rechten Seite bei Crocidura etrusca var. suaveolens. A der Plexus hypo- glosso-cervicalis. Größe 8:1; B ein Teil desselben noch mehr vergrößert 16:1; C das Wurzelgebiet des Hypoglossus. Größe 14:1. Tupaia javanica Horsf. vervollständigt in mancher Beziehung unsere diesbezüglichen Kenntnisse bei den Insectivoren. Rechts fanden sich vier getrennte Ursprungswurzeln, von denen nur % ein eigenes Loch durch die Dura besaß. Links kamen fast zwei gleich große Dura-Löcher, wohl für +. und fürb-+ ce, zur Beobachtung? (vgl. Fig. 42). Der Cervicalis I gabelt sich. Der eine Ast geht oralwärts. 1 Auch könnten die Wurzeln so gedeutet werden, daß x fehlte und e zwei- gabelig wäre. Danach wäre die mit x bezeichnete Wurzel a, a wäre db und5d+e wäre c. Vgl. hiermit Centetes (Fig. 37) und Erinaceuws albiventris (Fig. 49), bei denen nach Wegnahme von x ähnliche Gebilde wie hier bei Tupaia resultieren. ig) cu E Fig. 44. OH c1 > ‚ STTH 5TH on : THH Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 563 und biegt sich eranialwärts, um danach in den Hypoglossus-Stamm wieder peripherwärts zurückzukehren. Dort läuft er sehr selbstän- dig, sendet Äste für die Mm. thyreo-hyoideus und genio-hyoideus, die aber auch reine Hypoglossus-Äste empfangen, und verwirrt sich mit den herablaufenden Hypoglossus-Fasern. Der andere Gabelast Fig. 43. c.l XI AI —mn NGL \ GH Fig. 42. LINKES. if. / Fig. 42. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus rechts und links bei Tupaia javanica. Größe A/2:1. Fig. 43. Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Tupaia javanica. Größe 3:1. Links ein Teil desselben stärker vergrößert (6:1). Fig. 44. Die Verbindung des Cerv. I mit dem Hypoglossus auf der linken Seite bei Tupaia javanica. Größe 6:1. RECHTE 3. LINKE 5. GH des ersten Cervicalnerven geht eaudalwärts, um sich mit dem Cervi- calis II zu vereinigen und mit diesem die infrahyoidalen Muskeln, die reine Cervicalmuskeln sind, zu innervieren (vgl. Fig. 43 und 44). Etwas anders sind die Verhältnisse bei den Erinaceidae (Fig. 45—49). Fangen wir mit dem gemeinen Igel (Erinaceus europaeus L.) an. Leider konnte ich hier die Ursprungswurzeln 57* THH 564 Einar Fieandt nieht gut untersuchen; nur an einem Tier gelang dies, und leider kam hier noch eine wohl seltene Anomalie vor, die das Resultat vereitelte. Allenthalben konnte ich jedoch genau drei Wurzeln unterscheiden; auf Querschnitten waren sie sehr deutlich. Zweifels- ohne handelte es sich um a, 5 und c, Sicher kommt aber auch eine verhältnismäßig wenig rudimentäre Wurzel x vor (Fig. 45 links und rechts). Wenigstens kann ich die Verhältnisse in meinen beiden besten Präparaten nur so erklären. Links (Fig. 45) unterschied ich vier Ursprungswurzeln, die sich zu je zwei vereinigten, um in zwei Fig. 45. Fig. 46. LINKE RECHTE SEITE SEITE Fig. 45. Präparat III. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus rechts und links bei Erinaceus europaeus. Größe 12:1. Fig. 46. Präparat III. Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Zrinaceus europäeus. Größe 3:1. Komplexen durch die Dura zu gehen. Leider war die am weitesten orale, schmächtigste abgerissen, so daß ihr Ursprung aus der Me- dulla mir nicht bekannt ist. Doch handelt es sich hier ohne Zweifel um x, da rechts ganz oral -auch eine entsprechende dünne Wurzel vorkommt, die hoch dorsal aus der Medulla kommt und sicher auch x darstellt (Fig. 45). Rechts sind die Verhältnisse insofern ab- weichend, als « und 5 gemeinsam einen Teil ihrer Fasern abgeben, um einen aberranten Faserzug zu bilden, der durch ein eigenes Dura-Loch und einen selbständigen Knochenkanal aus dem Schädel geht. Wir kommen weiter unten noch auf die Deutung dieser Wurzeln zurück. | Das interessanteste Verhalten bietet der Ramus descendens dar, indem er sowohl Cervicalis- als Hypoglossus-Fasern enthält. Üb. d. Wurzelgebiet_d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 565 Dazu laufen in ihm sowohl aufsteigende als absteigende Fasern: nämlich absteigende Hypoglossus- und Cervicalis I-Fasern und auf- steigende Cervicalis II-Fasern. Alle Zungenbeinmuskeln bis auf den M. genio-hyoideus sind also mit Bestimmtheit eervico-hypoglossale Muskeln (vgl. Fig. 46—48). Bei Erinaceus albiventris Wagner fand ich das Obengesagte bestätigt (Fig. 49). Hier war namentlich das Wurzelgebiet des Hypoglossus sehr schön und übersichtlich; beson- ders links gelang das Präparat gut. Der Nerv hat zwei Dura-Löcher. Gemeinsam treten drei von hinten nach vorn an Dicke abnehmende Fig. 47. Fig. 48. TAH Fig. 47. Präparat II. Ein Teil des Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Erinaceus europaeus. Größe 12:1. Fig. 48. Präparat III. Ein Teil des [Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seitefbei Erinaceus europaeus. Größe 16: 1. Wurzeln, die unschwer als c, 5 und a erkannt werden, durch das große hintere Loch. Weiter oralwärts geht ein sehr dünnes Äst- chen, welches höher dorsal und oral aus der Medulla tritt, durch die Dura. Dies ist die Wurzel x, die auch rechts, obgleich abge- rissen, deutlich zu unterscheiden war. Ziemlich gut ließen sich auch die Beziehungen zwischen Cervicalis I und Hypoglossus auf- klären; Cervicalis I sendet einen Ast ab, der eng an den Hypo- glossus-Stamm sich anschmiegt. Dort angekommen, teilt er sich. Der caudale Teil geht direkt in den Ramus descendens über, wäh- rend der orale sich fächerförmig auflöst. Der Ramus enthält auch legale Hypoglossus-Fasern, die 'etwa aus der Mitte des Stammes kommend über den Cervicalisfächer ziehen, um in den Ramus zu 566 Einar Fieandt gelangen. Etwas tiefer kommen noch einige Fasern vom Hypo- glossus zu dem Ramus hinzu. Der Nerv für den M. thyreo-hyoideus scheint ganz vom Hypoglossus abzustammen. Ich konnte aber nicht sicher feststellen, ob nicht einige oder mehrere Fasern vor dem Cerviealisfächer doch durch das Gewirr der nach unten laufenden Hypoglossus-Fasern zu diesem Nerven gelangen. Zuletzt sei hier noch Ericulus setosus Schreb. (Fig. 50 und 51) beschrieben. Die Wurzeln zeigten sich wie sonst bei den Insectivoren. LINKE SEITE. Der Nervus hypoglossus bei Erinaceus albiventris. A das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite. Größe 10 :1; B dasselbe rechts. Größe 10:1; C ein Teil des Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite. Größe 20:1. Drei oro-caudal an Dieke zunehmende Wurzeln wurden als a, b und e erkannt, während eine sehr weit abstehende oral und dorsal von den anderen zweigabelig beginnende zarte Wurzel als x gedeutet wurde (Fig. 50 A). Hier sieht man auch deutlich, daß das zarte Ästehen ein sehr verkümmertes Gebilde ist, denn mit 40facher Ver- größerung war es fast nicht zu sehen, so dünn wie es ist, konnte es in Fig. 50 A nicht wiedergegeben werden; bei stärkerer Ver- größerung! (Fig. 50 B) sah ich jedoch ganz deutlich, daß ich wirk- lich ein Ästchen abgezeichnet hatte. Der Ramus descendens blieb 1 Ich untersuchte die Wurzel mit einem gewöhnlichen Mikroskop unter Deckglas (Ocular 3 und Objektiv 3). Die entsprechende Figur ist ohne Zeichen- kamera etwa 60 mal vergrößert gezeichnet. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 567 mir leider unvollständig aufgeklärt. Er enthält sowohl aufsteigende als absteigende Fasern (Fig. 51 und 50,B). Der Hypoglossus sendet also Fäserchen zu den infra-hyoidalen Muskeln; ich konnte jedoch nicht feststellen, ob der M. thyreo-hyoideus, wie es danach zu er- warten ist, auch von diesen innerviert wird. Zusammenfassung. Der Hypoglossus tritt bei den Insectivoren caudal-medial von dem N. vago-accessorius fast gleich hinter dem- selben aus der Medulla und wird aus den vier spino-oceipitalen Fig. 50. Fig. 51. / L | eis N B SA STTH Fig. 50. Der Nervus hypoglossus bei Ericulus setosus. A das Wurzelgebiet der rechten Seite. Größe 12:1; B ein Teil desselben stärker vergrößert (26:1); C ein Teil des Plexus hypoglosso- cervicalis der rechten Seite. Größe 9:1. Fig. 51. Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Ericulus setosus. Größe 3:1. Ne zu Nerven z, a, b und e zusammengesetzt!. Wenn eine Verbindungs- arkade zwischen Cervicalis I und Hypoglossus sich findet, so läßt sich zeigen, daß sie ein Cervicalis-Faden ist, der erst centralwärts hinauf, dann peripherwärts nach unten in der Hypoglossus-Scheide oder in dem Stamm verläuft. Der Ramus descendens ist entweder rein cervical — in diesem Falle sind wenigstens die infrahyoidalen Muskeln Cer- viealmuskeln —, oder er ist mit Hypoglossus-Fasern vermengt. Er- wähnte Muskeln sind in diesem Falle gemischt (cervicale und hypo- glossale) wie die suprahyoidalen Muskeln. 1 Wie schon oben ($. 562) bemerkt, konnte ich nicht immer die Wurzel x konstatieren. Sie scheint bei einigen Insectivoren zu fehlen, oder sie war ver- unglückt. TAN 568 Einar Fieandt 4. Carnivora (Fig. 52—69). Die Raubtiere sind im allgemeinen eine recht einheitliche Tier- abteilung, so daß es genügt, nur wenige zu beschreiben. Am ge- nauesten habe ich die Verhältnisse bei dem Hund und bei der Katze untersucht. Canis familiaris L. (Fig. 52—61). Der N. hypoglossus verläßt die Medulla in viele Wurzelfäden geteilt. Der Abstand von dem. N. cervicalis I beträgt etwa die Länge der Wurzelaustrittsreihe des Hypoglossus. Die Wurzeln des Vagus liegen etwas weiter eranial- wärts (1!/,mal die Wurzelaustrittsreihe) und medial. Die Hypo- glossus-Wurzeln treten aus der Medulla längs der Furche, welche nm RECHTS. Fig. 52. Präparat IV. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der rechten Seite beim Hunde. Größe 9:1, Fig. 53. Präparat IV. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite beim Hunde. A und Z Größe 7l/2:1. C Querschnitt des Hypoglossus-Stammes an der Stelle seines Durchtritts durch die Dura mater. Größe etwa 24:1. durch die Olivenanschwellung gebildet wird. Das Ligamentum denti- culatum trennt den Cerviealis Iund den Hypoglossus. Das Ganglion hypoglossi ist mit dem Accessorius-Stamm verbunden; darüber etwas ausführlicher weiter unten. Die Wurzeln gruppieren sich bei ver- schiedenen Individuen verschieden; sogar bei demselben Tiere weicht die rechte Hälfte erheblich von der linken ab. Wir beschreiben diese getrennt. 1. (Präparat IV. Rechte Seite Fig. 52). Die Wurzeln ver- einigen sich zu drei oro-caudal an Dieke zunehmenden Gruppen, die Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 569 getrennt durch die Dura gehen. Mit dem oralen Wurzelkomplex, der ziemlich schmächtig ist, hängt ein dünnes weiter oral-dorsal anfangendes Würzelchen zusammen, welches eine ziemlich große Selbständigkeit zeigt. Diese drei Bündel, sowie das am meisten orale, dünne Fäserchen lassen sich auf dem Quersehnitte sehr gut unterscheiden. Hier kommen also a, 5b und e als selbständige wohl zu unterscheidende Wurzeln vor. Das erste, weiter dorsal und oral anfangende Fäserchen könnte möglicherweise als x gedeutet werden; mit mehr Wahrscheinlichkeit gehört es aber zu a. 2. (Präparat IV. Linke Seite Fig. 53). Hier sind die Ver- hältnisse ganz anders, indem es erstens fünf Wurzelgruppen gibt, die alle gemeinsam durch ein einziges Dura-Loch gehen. Die drei letzten sind miteinander inniger verbunden als die beiden vorher- gehenden (Fig. 53 oben). Weiterhin bilden sich aus diesen Wurzel- gruppen zwei Hauptstämme, die schwer zu analysieren wären, könnte man nicht auf dem Querschnitt die Verhältnisse besser verstehen (Fig. 53,C). Die drei letzten sind tatsächlich miteinander sehr innig verbunden, sie bilden zusammen das große Segment des Querschnittes; ich halte sie für Teile von e (ci, c2, c?). Das kleinere Segment wird von zwei wohl voneinander getrennten Portionen gebildet, die ich als « und 5 deute. Neben dem kleineren von diesen (a) sieht man einen kleinen winzigen Querschnitt, den ich als x auffasse und von dem wir noch unten sprechen werden. (Vergleicht man dies alles mit den Verhältnissen auf der rechten Seite (Fig. 52), so ist klar, daß wir auch hier a, 5 und ce haben: ce setzt sich aus drei Stämmen (wie in Fig. 53, ci, c2 und c?) zusammen, weshalb die Grenzen zwi- schen den drei Portionen in dem großen Segment verhältnismäßig un- deutlich sind; « und 5 bestehen dagegen aus je einer Portion.) Der kleine Kreis in Fig. 53, C neben « (x) stammt aus einem Fäserchen, das einen besonderen und eigentümlichen Weg durchläuft. Oral und etwas dorsal von «a tritt es als kleines Ästchen aus der Medulla, konvergiert gegen die anderen Hypoglossus-Wurzeln, erreicht sie aber nicht, sondern geht durch ein winzig kleines alleinstehendes Dura-Loch. Ich suchte dies Ästehen aber vergebens auf der Außen- seite der Dura dem Loch gegenüber. Endlich, nachdem ich die Dura mit der Schere fast bis zu dem Loche abgeschnitten und die beiden Lamellen mit Pinzetten auseinandergezogen hatte, entdeckte ich das Fäserchen wieder. Es ging eine Strecke lang zwischen den Durablättern ecaudalwärts gegen das große Hypoglossus-Loch und trat dann, an den Hypoglossus-Stamm angedrückt, durch die Dura zutage 570 Einar Fieandt (vgl. Fig. 53 A und 53B). Dieses Ästchen ist zweifelsohne x. Die viel weniger selbständige orale Faser rechts (Fig. 52) dürfte dagegen zu a gehören; % fehlt hier infolge völliger Reduktion oder wurde bei der Präparation übersehen. Bei zwei anderen Hunden fand ich & auch sehr deutlich, es hatte auch ein eigenes Dura-Loch (vgl. Fig. 54). Übrigens scheint x nach meinen Erfahrungen, abgesehen von dem einen Falle von Fig. 52, beim Hunde regelmäßig vorzukommen (vgl. auch Fig. 55,2). Die dorsale Wurzel des Hypoglossus kommt ebenfalls in der Regel vor, obgleich sie im Detail sehr variabel ist. Meistens ist sie ebenso lang wie die ventralen Wurzeln (Fig. 52 oben und 534), bald aber nur ein Drittel von diesen (Fig. 54), um wieder bisweilen zweimal länger als diese zu sein (Fig. 55). Dies ist ja natürlich, wenn man bedenkt, daß die dorsale, mit Ganglien ver- sehene Wurzel ein rudimentäres Gebilde ist und rudimentäre Bil- dungen überhaupt mehr variieren. Übrigens fand ich immer nur eine zu ce gehörende Wurzel, niemals zwei wie VULPIAN (1862) und Beck (1895). Das Verhältnis dieser Wurzel zu dem N. accesso- rius konnte ich an zwei Präparaten ziemlich gut studieren. Die Wurzel geht quer über diesen Nerven, hängt aber meistens gar nicht mit ihm zusammen. Mitunter klebt sie aber fest an dem Accesso- rius-Stamm, einmal fand ich sogar, daß sie ihren Ursprung vom Accessorius nahm, ohne daß es mir gelang, sie von diesem Nerven zu isolieren. Bei genauerer Untersuchung sah ich jedoch auch noch einen ganz zarten Ast quer über dem Accessorius aus der Medulla kommen (vgl. Fig. 56 A). Dies sah sehr befremdend aus. Ein an- deres Präparat (Fig. 56 B) erklärte aber das Rätsel. Hier hing das Ganglion auch mit dem Aeccessorius-Stamm zusammen, sogar mit zwei Wurzeln; bei 40facher Vergrößerung konnte ich aber einen dorsal vom Accessorius aus der Medulla kommenden Ursprungsfaden konstatieren. Die Accessorius-Verbindung wurde auspräpariert und ich fand, daß hier ein gabelförmiger Nerv vom Accessorius abging, der mit dem Ganglion verwachsen war, doch nicht so fest, als dab er nicht ganz von dem Ganglion abpräpariert werden konnte; leider war der Nerv peripher abgerissen. In dem vorigen Falle handelte es sich sicherlich um eine ähnliche Verbindung; nur war der Nerv hier einfach und fester mit dem Ganglion verwachsen. Bisweilen liegen die Wurzelgebiete des Hypoglossus und Cer- vicalis I einander sehr nahe, ja sogar so nahe, daß sie sich be- rühren und miteinander in Kontakt treten. Die caudale Ursprungs- Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 571 faser des Hypoglossus empfängt in solchen Fällen ein kleines Astehen von dem Cervicalis I. Ich habe bei den von mir unter- suchten Tieren nur einmal etwas derartiges einseitig beobachtet (Fig. 59). Ebenso selten ist die ganz oben befindliche Verbindungs- arkade zwischen den erwähnten Nerven; ich habe eine solche nur Fig. 54. Fig. 55. GNy No.Ill Fig. 56. Ne1 RECHTS. RECHTS, acc B fen, GHy Fig. 54. Präparat V (von der medialen Seite). Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite beim Hunde. Größe 12:1. Fig. 55. Präparat II. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite beim Hunde. Größe 10:1. Fig. 56. Präparat I und II. Die Beziehung der sensiblen Wurzel des Hypoglossus zu dem Accessorius- Stamm beim Hunde. Größe 15:1. einmal einseitig gefunden. Aber weil sie sehr interessant ist, be- schreibe ich das ganze Präparat hier. Canis familiaris, Präparat II, links (Fig. 55 und 57). Nach- dem der Hypoglossus den Schädel verlassen hat, läuft er innig mit 572 Einar Fieandt dem Vago-Accessorius verbunden und empfängt einen verhältnis- mäßig zarten Ast von dem Vagus und zwar an der oralen Seite. Dieser Ast geht zuerst eine Strecke lang centralwärts, um plötzlich peripherwärts umzubiegen; er verläuft selbständig in langer Strecke. Da ich ihn aber, um die jetzt zu beschreibende Eigentümlichkeit des Hypoglossus genauer aufzuklären, abschneiden mußte, so ver- folgte ich ihn nicht weiter. Gegenüber diesem eben beschriebenen Ast, also caudal, empfängt der Hypoglossus noch einen zarten Zweig Fig. 58. ‚]doRD Com CowI VENTR \ / / Ga \ 1% : " ah ER A EIN 4 I) I) I \ RR sendet 7) IN NN 1) I IN \. { \Hll N T not: N ac = Fig. 57. Präparat II. Die entwirrte Verbindungsarkade zwischen dem Cery. I und dem Hypoglossus der linken Seite beim Hunde. Größe 28:1. Fig. 58. Präparat I. Das Wurzelgebiet des ersten Cervicalnerven der linken Seite beim Hunde. Größe 21:1. vom Cervicalis I. Ich fand, daß die meisten Fasern desselben peri- pherwärts in die Hypoglossus-Scheide hineingingen. Einige andere strahlten fächerförmig in den Stamm ein, da aber ihre Verfilzung mit den Hypoglossus-Fasern nicht zu groß war, konnte ich deutlich sehen, wie die Fäserchen allmählich nach unten bogen, um peri- pherwärts weiterzulaufen. Nur ein Fäserchen, welches sehr dünn war, ging centralwärts nach oben, durch Quetschung und Nadel- präparation konnte ich weiter das Fäserchen verfolgen und sah es als ein selbständiges Fädehen zwischen Hypoglossus-Fasern verlaufen. Dieses Fädchen war der centralwärts verlaufende Teil der cervi- Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 573 calen Verbindungsarkade, welcher steil schräg durch den Hypoglossus- Stamm ging und schließlich, nachdem er die Mitte desselben er- reicht hatte, peripherwärts umbog und endlich doch auch wie die anderen Cervicalisfasern peripher ausstrahlte. Beim Hund, Präparat I untersuchte ich die Verbindungs- arkade zwischen den Nn. cervicales II und I (Fig. 58). Sie kommt aus Cervicalis II und enthält sowohl sensible als motorische Fasern, läuft bogenförmig, gibt einige Äste ab, gelangt zu dem Cervi- calis I und folgt seinem Stamm, um scheinbar in dem Ganglion zu Fig. 59. GT Zr A # ef ner | \Y a 7 STH. / 2 Präparat VII, Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite beim Hunde. Größe 3/4:1! , enden. Entwirrt man aber das Präparat, so findet man folgendes. Wo die dorsalen und ventralen Ursprungswurzeln des Cervicalis I sich total kreuzen und einen dichten Filz bilden, da strahlt die Arkade fächer- förmig aus und verwirrt sich so dicht mit den Fasern des Cervi- calis I, daß eine Entwirrung zunächst hoffnungslos erscheint. Bei sorgfältiger Präparation fand ich jedoch, daß wenigstens ein Teil der Fasern mit Sicherheit peripherwärts in den motorischen Anfangs- ast des Cerviealis I sieh begab (vgl. Fig. 58). Das peripherische Gebiet des Hypoglossus und Cervicalis I wechselt sehr. Ich will hier nur zwei Fälle näher beschreiben, die als Extreme der Variationsbreite der bezüglichen Verhältnisse ange- sehen werden können. 574 Einar Fieandt Präparat I. Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite beim Hunde. Größe 2/3:1. Fig. 61. MU cc : THH STLH STH H Präparat II Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite beim Hunde. Größe 2%s:1. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 575 1. Canis familiaris, Präparat VII, rechts (Fig. 59). Wie auf der Figur zu sehen ist, sendet der Hypoglossus zwei verhältnismäßig dicke Äste zu der Ansa, die mit Ästen des Cerviealis I zusammen- treten, um sämtliche infrahyoidale Muskeln gemeinsam zu inner- vieren. Andererseits empfängt der Hypoglossus wieder einen Ast von dem Cervicalis I für die suprahyoidalen Muskeln. Bemerkenswert ist, daß die absteigenden Hypoglossus-Fasern nicht von der caudalen Fläche des Hauptstammes kommen, sondern von der oralen. Ich konnte sogar diese Fasern bis zu 5b und a verfolgen. 2. Canis familiaris, Präparat I, rechts (Fig. 60). Der N. cervi- calis I sendet einen verhältnismäßig dieken Ast oralwärts, der drei Äste abgibt (einen für den M. sterno-thyreoideus, zwei für Es den M. sterno-hyoideus), cen- | nmS N tralwärts umbiegt und in dieser 17) ZN Richtung den Hypoglossus- Cı \ Stamm erreicht, um in den- selben einzudringen, dann aber plötzlich peripherwärts umzu- biegen und peripher auszu- strahlen. Ein ebenso dicker Hypoglossus-Ast läuft innig mit dem eben beschriebenen Ast, aber in umgekehrter Richtung, gibt seinerseits einen Ast für den M. thyreo-hyoideus, drei für den M. sterno-hyoideus und drei für den M. sterno-thyreo- hyoideusab, erreicht aber nicht die hinteren Segmente der zwei zuletzt genannten Muskeln (vgl. auch Fig. 61 mit der hoch- gelegenen Arkade in Präpa- THH rat III, links). ’ 5 ) i Präparat II. Der Hypoglossus und der erste Cervical- Felis domestica Briss. nerv der linken Seite bei einer neugeborenen Katze (Fig. 62—67). Bei der Haus- ee katze sind die Verhältnisse fast die gleichen wie beim Hunde; einiges sei aber hier hervorgehoben. Die Wurzeln habe ich bei ganz jungen Individuen näher untersucht und gefunden, daß sie weniger differenziert sind als beim Hunde (Fig. 62). Der Durchtritt durch die Dura konnte sin 576 Einar Fieandt nicht näher untersucht werden. Doch ist kein Grund vorhanden, die Existenz von x, a, b und e zu bezweifeln. Das in Fig. 62 abgebildete Präparat liefert allerdings für x nicht den sicheren Nachweis. Fig. 63. Fig. 64. Fig. 63. Präparat U. Der Plexus hypoglossus-cervicalis der rechten Seite bei einer neugeborenen Katze. Größe 12:1. Fig. 64. Präparat IV. Der Hypoglossus und die zwei ersten Cervicalnerven der rechten Seite bei einer neugeborenen Katze. Größe 8:1. Fig. 65. Fig. 66, Fig. 65. Präparat III. Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei einer neugeborenen Katze. Größe 14:1, Fig. 66. Ein Teil des Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei einer neugeborenen Katze. Größe 10:1. Die Ansa verhielt sich in der Hauptsache wie beim Hunde. Nur einmal (von zwölf untersuchten Fällen) fand ich eine zarte cervicale Verbindungsarkade zwischen Cerviealis I und Hypoglossus (Fig. 63). Diese ging steil hinauf in den Hypoglossus-Stamm, welchen sie bis zur Hälfte zu durehdringen schien; ob und wo sie umbog, Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 577 konnte der Zartheit wegen nicht festgestellt werden (Fig. 63). Die anderen Verhältnisse werden durch die Figuren klar. Zweimal war der M. thyreo-hyoideus ein reiner Hypoglossus-Muskel (Fig. 62, 64 und 65[?]), in anderen Fällen aber gemischt (Fig. 66'), Zweimal (von zwölf Fällen) fand ich einseitig, daß der Hypoglossus und Cer- vicalis I gar nicht verbunden waren (Fig. 62 und 64), sondern wie bei einigen Sauriern und Marsupialiern und beim Hund selbständig erschienen (dies sah ich auch bei Gulo luscus L.). In diesen Fällen war der M. thyreo-hyoideus ein Hypoglossus-Muskel. Einmal be- kam der M. sterno-thyreoideus auch einen Ast vom Hypoglossus, das ey andere Mal aber nur von Cervi- calis I. Die Arkade zwischen Cervi- calis I und II wurde auch bei einer neugeborenen Katze untersucht Präparat Il. Die chiasmatische Verbindung des (Fig. 67). Beide Nerven konstitu- ersten und zweiten Cervicalnerven der rechten ierten dieselbe; sie sandten beide Seite bei einer neugeborenen Katze. Größe 12:1. je einen Ast ab, der durch den anderen chiasmatisch hindurchging. Hier war es zugleich auffallend deutlich, daß der Ast von Cervi- ealis I mit dem Hauptstamm des zweiten Cervicalnerven sich peri- pherwärts begab. Fig. 67. cl Zum Vergleich wurden noch andere Raubtiere untersucht, Procyonidae. Bei Nasıua narica L. waren die Verhältnisse im wesentlichen wie beim Hunde und bei der Katze. Bei Cercoleptes caudivolvulus Schreb., der einen M. omo-hyoideus besitzt, tritt nur der Cervicalis I wie bei den schon beschriebenen Carnivoren mit dem Hypoglossus in Verbindung. Der Cerv. II und 1 Wenigstens sah dies so aus. Da bei diesen Fällen der Nerv zu den Mm. sterno-thyreoideus, sterno-hyoideus und thyreo-hyoideus eine Strecke lang ein- heitlich (unverzweigt) verläuft, und da die cervicalen und hypoglossalen Fasern, die diesen Nerven zusammensetzen, weiter peripher äußerst schwer ausein- anderzupräparieren sind, kann ich nicht mit voller Bestimmtheit behaupten, daß der M. thyreo-hyoideus auch cervicale Fasern erhält, glaube aber, daß es sich so verhält, denn erstens: wäre dies nieht der Fall, so wären wohl die cervicalen und hypoglossalen Fasern nicht so fest miteinander ver- bunden, und zweitens: wäre der M.thyreo-hyoideus allein vom Hypoglossus versorgt, so wäre anzunehmen, daß er einen selbständigen Hypoglossus-Ast empfangen würde. Morpholog. Jahrbuch. 48. 38 578 Einar Fieandt III gehen wieder eine Ansabildung miteinander ein und innervieren den M. omo-hyoideus (Fig. 68). Mustelidae. Bei Gulo luscus L. fand ich den Hypoglossus beider- seits selbständig wie zweimal bei der Katze. Der Cerv. I und II standen aber gegenseitig miteinander in Verbindung. Fig. 68. cu ! | \ ! \ Sth. N Ne Stth \ . / \ Thh. N Der Plexus hypoglossus der linken Seite bei Cercoleptes caudivolvulus. Größe 1:1. Fig. 69. STn Rapne DTN STH Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei Viverra malaccensis. Größe 1:1. Viverridae. Bei Viverra malaccensis Gmel. nehmen die obersten drei Halsnerven an der Bildung des Plexus hypoglosso - cerviealis teile. Die Fasern von dem Cerv. III gehen allerdings nur zu den hinteren Abschnitten der Mm. sterno-thyreoideus und sterno-hyoideus (Fig. 69). Zusammenfassung. Der Hypoglossus tritt bei den Carnivoren aus der Medulla weit eaudal-lateral vom N. vago-accessorius und wird Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 579 in der Regel von den spino-oceipitalen Nerven %, a, 5 und ce zu- sammengesetzt. Der Plexus wird entweder nur von dem Hypo- glossus und Cerv. I oder von jenem und den zwei, ja sogar drei obersten Cervicalnerven gebildet. Der Hypoglossus sendet einen absteigenden Ast zu den infrahyoidalen Muskeln. Sowohl die supra- als die infrahyoidalen Muskeln werden gemeinschaftlich von hypo- glossalen und cervicalen Fasern innerviert. 5. Prosimiae (Fig. 70—73). Obgleich das Material nicht gut erhalten war, gelang es mir doch, ein Präparat herzustellen, an dem die Wurzeln des Hypo- glossus deutlich zu sehen waren. Dieses werde ich hier be- schreiben. Lemur catta L. Links. Aus der Medulla trat der Nervus hypo- glossus caudal-medial von dem N. vago-accessorius, in viele Würzelchen geteilt, die sich bald zu drei Wurzelstämmen vereinigten. RECHTS - Fig. 70. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite bei Lemur catta. Größe 6:1. Fig. 71. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der rechten Seite bei Zemur catta. Größe 6:1. Diese nahmen an Dicke in oro-caudaler Richtung zu und hatten je ein eigenes Dura-Loch. Zu dem am meisten oralen, dünnsten Wurzel- stamm gesellte sich ein ganz dünnes Fädchen, das etwas mehr dorsal und viel mehr oral aus der Medulla trat als die anderen Wurzel- fäden. Die beiden hinteren Stämme waren zweigabelig (Fig. 70). Rechts waren die Verhältnisse etwas anders, indem die zwei letzten Stämme ein gemeinsames Dura-Loch hatten und das orale Fädcehen viel selbständiger war (Fig. 71). Wenn wir uns die Verhältnisse bei den schon besprochenen Tieren vergegenwärtigen, sehen wir uns veranlaßt, die dieken Stämme als a, 5b und c, das Fädchen als x zu erklären. Rechterseits besteht über die selbständige Natur von x 38* 580 Einar Fieandt kein Zweifel; linkerseits hat sich x sehr früh mit a verbunden, doch spricht der von @ entfernte Ursprung von der Medulla auch für 2. Der N. hypoglossus kommt einheitlich aus dem Schädel und tritt in Verbindung mit dem ersten Cervicalnerven. Dieser vereinigt Fig. 72. On ME Be Der Be hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei Lemur macaco ergänzt durch ein Präparat von Lemur mongoz var. rufifrons. Größe 1:1. sich mit dem Cerv. II und gabelt sich. Der orale Ast geht nach dem Hypoglossus, der eaudale läuft mit dem zweiten Cervicalnerven, um sich mit dem Cerv. III zu vereinigen. Der abgehende Ast des Fig. 7. Hypoglossus konnte bei L. ma- caco L. nicht bis zu seinem Ende X CI verfolgt werden. Ich glaubte deswegen zuerst, daß derselbe von dem Cerv. Inach dem Hypo- glossus verlief und eine Verbin- dungsarkade darstellte. M Bei Lemur mongoz L. und seiner var. rufifrons Bennet konnte Bin Til de Dino hogincomia denken joh. aber feststellen, daß er eine Strecke lang mit dem oralen Ast des Cerv. I lief, der peripherwärts mit dem Hypoglossus-Stamm aus- strahlte, plötzlich aber umbog, um in dem M. thyreo-hyoideus ge- meinsam mit Fasern von dem Cerv. I zu enden (Fig. 72). Bei L. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 581 mongoz versorgte der Hypoglossus allein diesen Muskel (Fig. 73). Der M. genio-hyoideus ist ein gemischter Muskel. Der M. thyreo- hyoideus ist entweder gemischt oder wird nur von dem Hypoglossus versorgt. Die anderen infrahyoidalen Muskeln sind rein cervical, und zwar werden sie von den drei ersten Cervicalnerven versorgt; nur der M. omo-hyoideus macht eine Ausnahme, indem er bloß von Cerv. I und III Nervenfasern bekommt. Zusammenfassung. Der Hypoglossus tritt bei den von mir unter- suchten Halbaffen hinter dem N. vago-accessorius aus der Medulla und wird aus vier Ursprungswurzeln x, a, 5b und ce gebildet, von denen x sehr rudimentär ist. Die Dura durchsetzt der Nerv mit zwei oder’drei Löchern. Der Canalis hypoglossi des Schädels ist dagegen einheitlich. Der Plexus hypoglosso-cervicalis wird von dem Hypoglossus und den drei obersten Cervicalnerven gebildet und enthält sowohl hypoglossale als auch cervicale Fasern; erstere sind im infrabyoidalen Gebiete nur für den M. thyreo-hyoideus bestimmt. Die suprahyoidalen Muskeln werden gemeinsam von dem Hypo- glossus und dem Cervicalis I innerviert, so auch bisweilen der M. thyreo-hyoideus, wenn dieser nicht ausschließlich Hypoglossus-Fasern empfängt. Die übrigen infrahyoidalen Muskeln werden nur von Cervicalnerven innerviert. 6. Primates (Fig. 74—81!). Platyrrhina. Bei Cebus fatuellus L. tritt der Hypoglossus aus der Medulla zwischen Pyramide und Olive, aber nicht in einer ge- raden Linie (Fig. 74). Die oralen Fädchen, die zu einem ganz dünnen Faserzug sich vereinigen, treten mehr medial aus der Me- dulla hervor. Sämtliche Wurzelfädchen sind gut von dem Cervi- calis I und Vago-aecessorius getrennt. Keine Anastomosen sind mit diesen Nerven zu beobachten. Die Hypoglossus-Wurzeln gruppieren sich zu drei ungleich dicken Portionen: einer oralen ganz dünnen, einer mittleren viel diekeren und einer caudalen sehr starken, die alle getrennt durch die Dura mater gehen. Das orale am Anfange zweigabelige Fädchen vereinigt sich später, nach dem Durchtritte durch die Dura, mit dem mittleren Bündel. Das caudale stärkste Bündel, das durch einen Zweig der Vena basilaris von dem mitt- leren getrennt ist, zerfällt bei genauerer Untersuchung in zwei un- 1 Als Primates fasse ich Simiae und Hominidae zusammen, also — ab- weichend vom gewöhnlichen Brauche — unter Ausschluß der Prosimiae. 582 Einar Fieandt gleich dieke Bündel, die ich als b und c auffasse und die gemein- sam durch die Dura gehen. Auf dem Querschnitt sieht man jedoch trotz des unselbständigen Durchganges, daß der Hypoglossus-Stamm ws Fig. 74, Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der rechten Seite bei Oebus fatuellus. Gefäß mit Quer- schraffierung. Größe 7:1. Fig. 76. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der rechten Seite bei Macacus cynomolgus. A von außen, B von innen gesehen. Größe 7:1. OH Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei Cebus hypoleucus. Größe 2:1. aus drei ungleich dieken Faserbündeln zusammengesetzt ist. (Das zweigabelige orale Fädehen ist zu dünn, als daß es auf dem mit einer Schere gemachten Querschnitt mit Präparierlupe sichtbar wäre.) Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 583 Demnach ist der Hypoglossus bei Cebus aus den Nerven x, a, b und e zusammengesetzt. Alle diese Wurzeln erscheinen in oro- caudaler Richtung in der Größe zunehmend. Der Hypoglossus-Stamm empfängt einen Zweig von dem Cerv. 1]; derselbe vereinigt sich zweigabelig mit dem Hypoglossus an seiner caudalen convexen Seite und geht durch die Nervenscheide und über den Nervenstamm oralwärts, um bald nach unten peripherwärts aus- zustrahlen. Das peripherische Gebiet dieser Nerven bei den Affen soll später (bei den catarrhinen Affen) noch genauer behandelt werden (vgl. Fig. 75). Catarrhina Cercopithecidae. Bei Macacus eynomolgus L. (Fig. 76) sind die Ursprungsverhältnisse des Hypoglossus sehr ähnlich den eben beschriebenen. Der Hypoglossus tritt aus der Medulla mit vielen Wurzelfäden aus, die sich jedoch bald zu zwei Hauptästen vereinigen. Von diesen ist der caudale c etwas dieker und viel einheitlicher als der orale, obgleich er anfangs zweigabelig ist; er empfängt aus der Bifurkation eine Anastomose von dem oralen Ast. Dieser orale Wurzelkomplex ist bis zu dem Durchgang durch die Dura zweigabelig; der caudale Abschnitt (d) gibt die eben erwähnte Anastomose an c ab, zu dem oralen Abschnitt (a) gesellt sich ein ganz dünnes oral-medial anfangendes Fädchen (x), das bei genauerer Untersuchung bis zu dem Duraloch seine Selbständigkeit behauptet. Ich habe diese Teile als c, 5, @ und x gedeutet. Die Arkade zwischen Cervicalis I und Hypoglossus kommt hie und da bei den platyrrhinen und catarrhinen Affen vor. Bei Cebus hypoleucus Humb. fand ich sie nicht, ebensowenig bei Papro hamadryas L., Macacus rhesus Audeb. rechts und Macacus sinicus L. Dagegen fand ich sie wieder bei Papio doguera Puch. et Schimp., Papio sphinz E. Geoffr. und Macacus rhesus Audeb. links. Bei den beiden zuletzt genannten schien sie aber ausschließlich Fasern von Cerv. II zu führen. Bei Papio sphinz konnte ich dieselbe entwirren und fand, daß sie in geraumer Strecke längs des Nervus hypoglossus verlief, zwei Zweige abgab und sich dann peripherwärts wendete (Fig. 75). Sonst stimmen die peripherischen Verhältnisse mit den früheren Angaben (RotGAns, BOLK usw.) vollständig überein. Zu genauerer Orientierung dienen die Figuren (Fig. 75, 77—81). Es treten hier zwei bis vier Cervicalnerven mehr oder weniger innig mit dem Hypoglossus zusammen, um den bekannten Plexus hypoglosso-cervicalis zu bilden. Der Hypoglossus bereichert denselben mit keinen Fasern. Wie ich bei Macacus rhesus fand, 584 Einar Fieandt sind die Mm. hyo-glossus und genio-hyoideus reine Cervicalmuskeln. Nachdem diese versorgt sind, ist der cervicale Anteil des Hypo- Fig. 77. Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei Macacus rhesus. Größe 2:1. Fig. 78. I CHES XI cN GH HYPAX f ] i GL on —__ H AL Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Macacus rhesus. Größe 11/a:1. glossus noch ziemlich kräftig; es scheinen somit auch die eigent- lichen Zungenmuskeln cervicale Fasern zu empfangen, welche, konnte ich ebensowenig wie ROTGAnsS und BoLk entscheiden. Die Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 585 genauere Innervation der Zungenbeinmuskulatur wird aus den Fi- guren ersichtlich. (Vgl. Fig. 75, 77—S1.) Hominidae (Fig. 82 —83). Homo sapiens L. Beim Menschen wurde nur das Wurzelgebiet untersucht, da das peripherische Gebiet des Hypoglossus genügend be- kannt ist, und da ich an meinen Präparaten nur die diesbezüg- lichen früheren Angaben be- stätigen konnte. Ich beschränke mich also hier darauf, die beiden Präparate, die ich von dem Ur- sprungsgebiet des Hypoglossus beim Menschen machte, näher zu beschreiben. Präparat I. Männlicher acht Monate alter Fötus (Fig. 82). Der Hypoglossus tritt aus derMe- dulla mit vielen Wurzelfäden aus, Fig. 79. Br \N Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei Macacus sinicus. Größe 1:1. 6H Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Papio doguera. Größe 1:1. 586 Einar Fieandt Fig. 81. on. Fig. 82. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus äeı rechten Seite bei einem 8 Monate alten menschiichen Fötus. Pm Durchtritt der Wurzel Z durch die Pia mater; Dm Durchtritt derselben Wurzel durch die Dura. Die Gefäße mit Querschraffierung. Größe 8:1, Fig. 83. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite bei einem neugeborenen Knaben. Größe 8:1. Der Querschnitt des Hypoglossus-Stammes links ist etwa 30 mal vergrößert. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den’ Plexus hypoglosso-cerv. usw. 587 welche zusammentreten und durch ein gemeinsames Loch die Dura mater durchsetzen; auch der Canalis hypoglossi ist einheitlich. Die Wurzelfäden sammeln sich jedoch vor dem Durchtritt durch die Dura zu verschiedenen, ziemlich gut voneinander gesonderten Wurzel- komplexen, von denen man deutlich drei (a, 5, ec) unterscheiden kann. Alle diese nehmen in oro-caudaler Richtung an Größe zu. Durch die Pia mater gehen der orale (@) und mittlere (b) gemeinsam, der caudale (c) für sich allein. Der orale und der mittlere sind wieder durch ein kleines Blutgefäß aus der Vena basilaris voneinander ge- trennt. Durch ein besonderes Loch in der Pia mater geht noch etwas mehr oral ein ganz dünnes Fädchen (x), welches während des Durchganges durch die Dura sich mit dem oralen Ast (a) verbindet. Dieses Ästchen tritt verhältnismäßig weit oral zweigabelig aus der Medulla hervor. Dasselbe zeigt auch darin eine große Selbständig- keit, daß es noch während des Dura-Durchganges seine Selbständig- keit behauptet, obschon die anderen drei Wurzelkomplexe schon ohne Grenzen und Furchen zusammengeflossen sind. Ich habe diese Wurzeln als c, db, « und x gedeutet. Präparat Il. Neugeborener Knabe (Fig. 83). Hier waren die Ursprungsverhältnisse nicht so deutlich. Der Hypoglossus verließ die Medulla siebenwurzelig; von diesen Wurzeln waren die drei am meisten caudalen durch ein Blutgefäß von den übrigen mehr oralen getrennt. Diese waren aber nicht voneinander zu unterscheiden. Nach der Wurzelgruppierung konnte ich also nicht die Zusammen- setzung des Hypoglossus erklären. Die genauere Untersuchung des gemeinsamen Hypoglossus-Stammes, da, wo er eben durch die Dura mater geht, löste die Frage. Nachdem der Nervenstamm gesäubert und freipräpariert worden war, sah ich deutlich Furchen an dem Stamm. Auf dem Querschnitt entsprachen diese den Grenzen der Wurzelbündelkomplexe. Wie aus der Figur zu ersehen ist, finden wir auch hier die Nerven x, a, b und c, und zwar so deutlich von- einander abgegrenzt, wie wir dies nicht schöner bei den Raubtieren gesehen haben. Das selbständige dünne Fäserchen, welches auf dem Querschnitt fast nur als ein kleiner Punkt zu unterscheiden ist, re- präsentiert x, wir sehen also, daß das Fäserchen, welches in dem anderen Präparat ein besonderes Loch in der Pia hatte, auch richtig beurteilt worden war. 1 Übrigens zweifle ich gar nicht daran, daß diese vier Wurzeln schon vorher beim Menschen beobachtet worden sind. Wenigstens hat RÜDINGER (1870) sie alle sehr deutlich abgebildet. Man braucht seine Fig. 1 links auf der 588 Einar Fieandt Zusammenfassung. Der Hypoglossus tritt bei den Primaten hinter dem N. vago-accessorius aus der Medulla und wird von vier Ur- sprungswurzeln x, a, db und c gebildet. Durch die Dura geht der Nerv durch drei, zwei oder nur ein Loch, während der Schädel- durchgang meist einheitlich ist!. Der Plexus hypoglosso-cervicalis wird von dem Hypoglossus und den zwei bis drei obersten Cervical- nerven gebildet, zu denen ausnahmsweise noch der vierte und fünfte Cervicalnerv treten können. Die suprahyoidalen Muskeln werden gemeinsam von dem Hypoglossus und den Nn. cervicalis I—II ver- sorgt, der M. thyreo-hyoideus wie die übrige infrahyoidale Musku- latur jedoch allein von cervicalen Fasern. 7. Anhang zu dem descriptiven Teil (einzelne andere Mammalia, Nonmammalia). Bei der Arbeit wurden ganz vereinzelt einige Repräsentanten aus anderen Ordnungen untersucht. Diese Abweichung von der eigent- lichen Untersuchungsreihe bezweckte eine vielseitigere Orientierung auf dem Untersuchungsgebiet. Obgleich diese unsere Beobachtungen ganz wenige sind, geben wir sie doch hier in aller Kürze wieder, indem wir bestimmt hervorheben, daß wir mit diesem Anhang keine Ver- gleichung mit Ordnungen außerhalb unserer Entwicklungsreihe be- absichtigen. Diese Resultate werden nur als Tatsachen dargeboten, die, erst durch künftige Untersuchungen vervollständigt, zu ver- werten sind. «) Rodentia. Lepus europaeus Pall. (Fig. 84 u. 85.) Schlecht konserviertes Junges. Drei Hypoglossus-Wurzeln wurden beobachtet (a, 5 und ce). Niehts spricht aber dagegen, daß eine Wurzel x vorhanden wäre, Der Hypoglossus, Cervicalis I und II bilden den Plexus hypoglosso- Tafel III gar nicht so genau zu betrachten, um x als wohlentwickelte Wurzel zu erkennen. Allerdings bekommt man ein ganz anderes Bild von dem er- wähnten Wurzelgebiet aus den modernen anatomischen Atlanten, wo das Schöne und Plastische oft das Genaue und Richtige ersetzen muß. 1 Bekanntlich bilden partielle oder totale Zweiteilungen des Canalis hypo- glossi (mit zwei inneren und ein bis zwei äußeren Öffnungen) bei Primaten keine seltenen Ausnahmen. Auch noch mehrfache Teilungen (bis zu vier inneren Öffnungen) sind bei Affen und Menschen als größere Seltenheiten gefunden worden. Leider wurden diese Beobachtungen an macerierten Schädeln gemacht, während hinsichtlich der Art des Durchtrittes der Nervenwurzeln des Hypo- glossus durch diese mehrfachen Canales hypoglossi direkte Untersuchungen hier nicht bekannt geworden sind. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 589 cerviealis. Die infrahyoidalen Muskeln und von diesen speziell der M. thyreo-hyoideus werden ausschließlich von den zwei obersten Cervicalnerven (C I und C II) versorgt. Der Cervicalis I sendet Fasern zu dem Hypoglossus. Die suprahyoidalen Muskeln werden also sowohl von Hypoglossusfasern als von Cervicalisfasern inner- viert. Der zu dem Plexus gehende Stamm des ersten Cerviealnerven teilt sich in zwei. Der caudale Ast tritt in Verbindung mit dem zweiten Öervicalnerven, während der orale sich nochmals teilt, um wieder einen Ast zu dem eigentlichen Plexus und einen anderen zu Fig. 84. Fig. 85. b Ne ), CI cl 7) THNn Fig.84. Der Plexus hypoglosso-cervicalis der linken Seite bei einem jungen Zepus europaeus. Größe 2:1. Fig. 85. Ein Teil des in der Fig. 84 abgebildeten Plexus hypoglosso-cervicalis, wo die Arkade zwischen dem ersten Cervicalnerven (CI) und dem Hypoglossus entwirrt ist. Größe 16:1. dem Hypoglossus zu senden. Dieser letztere wendet sich teilweise gleich nach unten um, um peripherwärts mit den Hypoglossus-Fasern auszustrahlen. Ein anderer dorsaler Teil der ihn zusammensetzenden Fasern geht aber schräg nach oben quer über die Hypoglossus- Fasern. Der weitere Verlauf dieser Fasern konnte nicht festgestellt werden. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Verbindungs- arkade zwischen dem Hypoglossus und dem ersten Cervicalnerven, deren Auffaserung mir bei anderen Tieren gelungen ist. Mus musculus L. (Fig. 86) Neugeborene Junge. Die Wurzeln verhielten sich wie oben beschrieben. Auch hier kann die Unter- suchung keine größere Genauigkeit beanspruchen, so daß möglicher- weise eine Wurzel x leicht übersehen worden sein kann. . 590 Einar Fieandt ß) Ungulata artiodactyla. Sus scrophaL. var. domestica Gray (Fig. 86 u. 87). Drei in starkem Formalin konservierte und daher fast durchsichtig gallertig gewordene, ältere (3—12 em lange) Schweinsfeten. Drei Hypoglossuswurzeln (a, b und c) wurden beobachtet. Die Wurzel c ist zweigabelig. Nach Fig. 86. Fig. 87. Fig. 86. Der Plexus hypoglosso-cerviealis der rechten Seite bei einer neugeborenen Maus (Mus mus- culus). Größe 16:1. Fig. 87. Der Plexus hypoglosso-cervicalis (B und C) und das Wurzelgebiet des Hypoglossus (A, von der medialen Seite gezeichnet) der rechten Seite bei einem älteren Fötus vom Schwein (Sus scropha domestica). Größe A 8:1, B 6l/2:1, C 3:1. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der rechten Seite, laterale Ansicht bei Bos taurus (Kalb). Größe12:1. einer Wurzel x wurde vergebens gesucht. Weil die Präparate alle sehr durchsichtig, gallertartig waren, ist wahrscheinlich, daß eine so zarte Wurzel übersehen wird. Der Plexus hypoglosso-cervicalis fast wie bei Zepus. Die Verbindung zwischen dem Hypoglossus und Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 591 dem ersten Cervicalnerven strahlt peripherwärts in den Hypoglossus- Stamm aus. Unentschieden ist noch, ob nicht auch hier in dem Hypoglossus-Stamm centralwärts hinaufstrebende Cervicalis-Fasern vorkommen, die später peripherwärts umbiegen. Fig. 89. Fig. 9. Fig. 89. Das Wurzelgebiet des Hypoglossus der linken Seite, mediale Ansicht bei Bos taurus (Kalb). Größe 10:1, Fig. 90. Ein Hypoglossus-Ganglion von Bos taurus (Kalb). Größe 20:1. Bos taurus L. (Fig. 88-91). Fig. 91. Zwei in starkem Formalin konser- ee Ri vierte und daher fast durchsichtig Jı gallertig gewordene ältere (10— 17 em lange) Rindsfeten und ein cı Kalbskopf, der frisch präpariert wurde. Hier sind die vier Hypo- glossuswurzeln £, a, 5b und ce sehr deutlich zu unterscheiden und neh- men in oro-caudaler Richtung an Größe zu. Der Plexus hypoglosso- cervicalis ist von dem Hypoglossus, Cerviealis I und II zusammenge- setzt. Dessen Auffaserung gelang mir nicht vollständig, weil die Feten THH zu durchsichtig waren, und weil der Kalbskopf unkonserviert und daher Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei einem etwa 17 cm langen Rindsfötus, schwer zu macerieren war. Jedenfalls Größe 9:1. 592 Einar Fieandt konnte ich feststellen, daß eine dieke Arkade zwischen dem Hypo- glossus und dem ersten Cervicalnerven ausgespannt ist. Auch stimmte mein Präparat in der Hauptsache mit VOLKMANNs (1840b) Kupfertafel, die die entsprechenden Verhältnisse beim Schafe dar- stellt, überein. Ich bin aber nicht seiner Ansicht, daß die erwähnte Arkade eine Anastomose wäre. Das Ganglion hypoglossi kommt regelmäßig vor und ist oft sehr gut entwickelt. y) Reptilia. Crocodilus porosus Gray (Fig. 92). Etwa 1 m langes Tier. Der Hypoglossus tritt zweigabelig durch den Schädel und steht in keiner Beziehung zu den Cervicalnerven. Der Plexus cervicalis wird von Fig. 9. Der Plexus hypoglosso-cervicalis der rechten Seite bei Orocodilus porosus. Größe 3/4 :1. dem Cervicalis I und II gebildet. Die infrahyoidalen Muskeln emp- fangen Aste sowohl von dem Hypoglossus als von den zwei obersten Cervicalnerven. Die suprahyoidalen Muskeln sind echte Hypo- glossusmuskeln. Die Verhältnisse bei Orocodilus porosus haben eine gewisse Ähnlichkeit mit einigen seltenen Anomalien, die ich bei Beuteltieren und Raubtieren beobachtet habe, wo der Hypoglossus nicht an der Plexusbildung teilnimmt. Selbstverständlich handelt es sich hierbei um ganz entfernte Parallelen in der Ausbildung. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 593 III. Zusammenfassender Teil. a) Zusammenfassung der speciellen Untersuchungen. 1. Der Abgang des Hypoglossus von der Medulla. SAGEMEHL (1885 u. 1891) hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß der Hypoglossus während der ontogenetischen Entwicklung oral- wärts rückt, was sehr interessant und zugleich zu erwarten ist, da doch der genannte Nerv auch phylogenetisch vorgerückt ist und aus vier bis mehreren Spinalnerven sich zu einem Gehirnnerven um- gewandelt hat. Es wäre zu erwarten, daß man bei Vergleichung verschiedener Vertreter der erwachsenen Säugetiere etwas Ähnliches finden könnte. FÜRBRINGER (1897) ist auch geneigt, das anzunehmen. Er sagt S. 531: »Diese Angaben!, ein wie spärliches Material ihnen auch zugrunde liegt, lassen doch selbst innerhalb der Säugetiere ein successives rostralwärts gehendes Vorrücken der Hypoglossus-Wurzeln (oeeipito-spinalen Nerven) erkennen. Die Monotremen mit ihren noch nicht vollkommen aufgeklärten Wurzelzahlen mögen hierbei zunächst außer Acht bleiben. (Anm. Bei der — erst noch zu erweisenden — Annahme von x, a, b, ce fügen dieselben sich auch gut ein.) Hin- sichtlich der 3-wurzeligen Nn. hypoglossi gilt aber ein relatives Vorrücken von den Marsupialiern, Edentaten und Ungulaten bis zu den Anthropomorphen mit Homo; desgleichen zeigt der 2-wurzelige Hypoglossus der tieferstehenden Marsupialia, Rodentia und Insekti- voren eine mehr caudale Lage als derjenige der höher stehenden Carnivoren.« Meine Untersuchungen haben ergeben, daß die Vergleichung höher und tiefer stehender Säugetiervertreter ein solches Vorrücken nicht deutlich konstatieren läßt!. Nach Becks Figuren kann man ein solches Vorrücken herausfinden; da aber BEck das Wurzelgebiet des Hypoglossus ungenau abgezeichnet und beschrieben hat, kann eine neue Untersuchung auch zu ganz anderen Schlußfolgerungen gelangen. Dies gilt besonders für Talpa europaea. Bei hoch- und tiefstehenden Formen (Monotremata, Phascolomys, Homo) ist der Hypoglossus weit nach vorn vorgerückt. Bei manchen noch sehr tiefstehenden Säugetiervertretern tritt der Hypoglossus verhältnis- 1 Vergleiche Tabelle IX, wo FÜRBRINGERs und meine eigenen Angaben über den Abgang des Hypoglossus im Verhältnis zu dem Vagus angeführt sind Morpholog. Jahrbuch. 48. 39 594 Einar Fieandt mäßig sehr weit oral aus der Medulla (Talpa), während höhere Formen (Lemur, Cebus) einen viel weiter caudal austretenden Hypo- glossus besitzen. Am weitesten caudal fand ich den Hypoglossus beim Hund. Der Abgang des Hypoglossus von der Medulla zeigt somit keine systematische Einheitlichkeit. Wie mir scheint, müßte erst die relative Lage des Hypoglossus-Kernes eingehend untersucht werden, bevor ein Ausschlag in der Frage des sukzessiven Vorrückens des Hypoglossus in der Säugetierreihe gegeben werden kann, denn die Wurzelfäden des Hypoglossus können mehr oder weniger schräg aus der Medulla treten und deshalb ist es unmöglich zu sagen, ob ein sehr weit caudal stattfindender Abgang aus der Medulla auch einer caudalen Kernlage des Hypoglossus entspricht. Es scheint mir wahrscheinlich, daß Kräfte, die beim Aufbau des knöchernen Schädels mitspielen, auch oft als Ursache eines mehr oder weniger oralen oder caudalen Hypoglossus-Austritts angesehen werden müssen. Wir kommen weiter unten noch auf diese Frage zurück. Tabelle IX. Der Abgang des N. hypoglossus im Verhältnis zu dem N. vagus. | Etwas hinter || Oral-ventral Ventral Im Niveau (caudal von) Noch etwas Autoren vom vom des a ohrle weiter nach Vagus Vagus Vagusendes des Vagus hinten I |Echidna | Homo 'Talpa euro- Lemur Camis Eigene Ünter- ei | Be paea | Ber - .ı familiaris BR ı rh ynchus Cebus fatu- Pe | ' Phascolo- ellus | amys Eehidna'! Echidna! |Trichosu- Carnivora | Phascolar- | | Ornitho- rus? ı fissipedia? etos(indiv.)3 FÜRBRINGER (1897, ı rhynehus! Phascolar- , depyprym- S. 530) gibt nach | Pitheeus? \ctos(indiv.)?| ı nus? eigenen Unter- | Homo? Manis? ı Maeropus? suchungen und ı Tapirus? | Talpa 3 nach Figuren an- Equus? | Erinaceus? derer Forscher Sus? | Rodentia 3 folgendes an... | | Auchenia? | | Bos? | Phoca3 | 1 Nach FÜRBRINGER 4-wurzelig. 3-wurzelig. 2-wurzelig. 2 3 ) ’ Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 595 2. Die Wurzeln des Hypoglossus. Bei Echidna trat ein feines Fädchen, lange bevor es sich mit dem aus den drei Wurzeln a, 5b und c zusammengesetzten Hypo- glossus-Stamm vereinigte, selbständig auf. Dieses Fädchen ging dazu noch selbständig durch die Dura mater. Ich habe es als x gedeutet. Die oben angeführten Eigenschaften desselben berechtigen dazu voll- ständig, denn wäre das zarte Ästchen nicht als x anzusehen, so wäre dasselbe ein von «a losgelöster Teil, der ein eigenes Dura-Loch besäße und ganz weit von ihm abstände, was alles sehr befremdend wäre, da eben eine Verkümmerung des oralen Wurzelsystems des Hypoglossus das Gegenteil hervorrufen müßte. Aber noch mehr! Das Wurzelsystem des Hypoglossus ist sehr variabel; dennoch be- hauptet das orale Ästehen immer eine gewisse Selbständigkeit, so daß man es immer deutlich unterscheiden kann. Mögen die Ver- hältnisse sonst auch noch so abweichend erscheinen, so können wir doch immer durch die Vergleichung die Tatbestände klarstellen und sogar in den aberrantesten Fällen die sämtlichen von FÜRBRINGER (1897) schon früher geahnten Wurzeln x, a, b und ce wiederfinden. Schon ohne die Verhältnisse bei Echrdna näher zu kennen, würden wir das Wurzelsystem des Hypoglossus bei Ornithorhyn- chus in die Nerven x, a, b und e zerfallen lassen müssen. Es ist nämlich der Hypoglossus in seinem Ursprungsgebiet deutlich aus vier oro-caudal an Größe zunehmenden Teilen zusammengesetzt. Das am meisten orale zarteste Wurzelbündel habe ich als Wurzel x gedeutet. Diese bekundet nämlich eine sehr große Selbständigkeit, nimmt ihren Ursprung weit oral aus der Medulla, abseits von den anderen Wurzeln, hat ein fast selbständiges abgeschlossenes Dura- Loch und läuft zuletzt sehr lange selbständig, um erst in dem Canalis hypoglossi mit dem Hauptstamm sich zu vereinigen, der wieder seinerseits von den drei gut voneinander zu unterscheidenden Wurzeln a, 5 und ce gebildet ist. Obgleich also vier spino-oceipitale Nerven bei den Monotremen zu unterscheiden sind, treten sie nicht so ursprünglich auf, wie zu erwarten wäre, besonders wenn wir die betreffenden Gebilde bei den höher stehenden Säugetieren in Betracht ziehen. Eehrdna und Ornithorhynchus zeigen auch untereinander einige charakteristische Verschiedenheiten, die aber als ziemlich geringfügig erscheinen, wohl infolge des sonderbaren, mit dem Vagus gemeinsamen Schädel- durchganges des Hypoglossus, welche Eigenschaft ohne Zweifel die größeren Differenzen aufhebt und wohl auch die weniger ausgeprägte 39* 596 Einar Fieandt Selbständigkeit der den Hypoglossus konstituierenden Wurzeln her- vorgerufen hat. Obgleich also die Verhältnisse bei den Monotremen sich nicht mehr in ihrer Ursprünglichkeit zeigen, konnten wir bei ihnen doch ohne Mühe das Wurzelsystem des Hypoglossus in seine Elemente zerlegen. Bei den Marsupialiern gelang dies nicht ganz so leicht. Das weniger gut konservierte Material war wohl teils daran schuld, teils auch der unglückliche Zufall, daß nur Species von fast dem gleichen Hypoglossus-Typus zur Untersuchung gelangten. Doch fand ich bei einem jungen Phascolomys die Verhältnisse so deutlich aus- geprägt, daß einige interessante Schlußfolgerungen möglich waren. Bei diesem tritt der Hypoglossus als 3-wurzelig durch die Dura und als 2-wurzelig durch den Schädel. Außerdem wurde eine orale sehr dünne Wurzel als x gedeutet. Es konnte weiter festgestellt werden, daß a und 5b eine größere Affinität zueinander haben und den durch das orale Schädelloch gehenden Hypoglossus-Stamm bilden, während die Wurzel c allein, nachdem sie auch einheitlich die Dura durchbrochen hat, durch das hintere Loch den Schädel verläßt. Z ist gar nicht so deutlich und leicht zu finden. Untersucht man aber « genauer, säubert man es sorgfältig unter 40facher Ver- größerung, so findet man ein Fädchen, das selbständiger und dünner als die anderen Würzelchen ist. Zugleich behauptet dasselbe auch seine Selbständigkeit eine Strecke lang, nachdem der Ast bereits die Dura durchbrochen hat. Würde es sich hier nur um ein zu dem Nerven a gehöriges orales ganz rudimentäres Wurzelbündelchen handeln, so würde es wohl schon lange vorher seine Selbständigkeit verloren haben. Es scheint mir gar nicht gewagt und unbegründet, das Ästchen für die Wurzel x zu erklären, nur gebe ich gern zu, daß diese Auffassung mehr auf einem Analogieschluß als auf zwin- genden direkten anatomischen Beweisen basiert. Wäre x anderswo bei den Säugetieren nicht zu finden, so würde ich das genannte Ästehen wohl kaum als ein gegenüber a selbständiges Gebilde an- sehen. Wir fanden oben, daß unter den Marsupialia, speziell beim Wombat, « und 5 sich schnell vereinigen und zusammen durch den oralen Canalis hypoglossi gehen. Danach könnte man also schließen, daß der allgemein bei den Beuteltieren vorkommende zweigabelige Hypoglossus wenigstens aus den drei Nerven a, b und c bestehe. Es ist wohl auch richtig anzunehmen, daß der orale Ast aus «+5 besteht, weil er verhältnismäßig dick ist (ebenso dick, oft selbst Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 597 dieker als der caudale) und weil er zweitens wie z. B. bei Didelphys marsupialis L. var. axarae Temm. oft tief zweigabelig geteilt ist. Ob eine Wurzel x im Zusammenhang mit der Wurzel a auftritt, ist zurzeit nicht zu ermitteln. Bei den Insectivoren treten die vier Wurzeln x, a, 5b und e in schönster. Entfaltung uns entgegen. Obschon eine Zentralisation der Wurzeln in dem doppelten Dura- und einfachen Schädeldurch- gang wahrzunehmen ist, lassen sich die erwähnten Komponenten doch leicht unterscheiden. Von diesen ist die Wurzel x zwar rudi- mentär, aber ihre Selbständigkeit und ihr großer Abstand von den anderen Wurzeln beweisen, daß es sich um einen verkümmerten Nerven handelt und nicht um einen zu @ gehörigen Wurzelteil. Bei Talpa, COentetes und Erinaceus albiventris Wagner ging x noch dazu durch ein selbständiges Dura-Loch. Was die anderen Wurzeln a, 5b und ce betrifft, so unterliegt es keinem Zweifel, daß sie wirklich vor- handen sind. Gibt es Fälle, wo das Wurzelgebiet unklar ist (z. B. bei einigen Maulwürfen), so lassen sich diese schon dadurch er- klären, daß man eine größere Anzahl Individuen untersucht und ver- gleicht. Und obgleich das genannte Gebiet beim Maulwurfe sehr variabel ist, so zeigt es sich in gewissen Fällen so deutlich und leicht verständlich, wie es nur möglich ist; bei keinem anderen Tiere habe ich die Wurzel x so schön entfaltet und charakteristisch gefun- den wie gerade bei Talpa europaea Präparat II und III rechts (Fig. 24 und 25). Solche Fälle lassen keinen Zweifel mehr übrig, daß auch den placentalen Säugetieren eine Wurzel x zukommt. Ebenso deut- lich liegen die Verhältnisse bei Tupava, rechte Seite (wo hier auch noch ein selbständiges Dura-Loch ist), bei Krinaceus albiventris Wagner und bei Ericulus setosus. Die Carnivoren zeigen ähnliche Verhältnisse wie die Insecti- voren. Eine selbständige Wurzel x fand ich ganz deutlich beim Hunde. Die Existenz derselben war um so leichter festzustellen, als ihr Verlauf einmal äußerst seltsam war, ohne daß er ihre große Selbständigkeit vermindert hätte. Bei den Fleischfressern scheint ein einheitlicher Dura- und Schädel-Durchtritt die Regel zu sein. Dadurch werden sämtliche Hypoglossus-Wurzeln einander sehr ge- nähert. Doch behauptet x ihre Selbständigkeit und bisweilen so gut, daß sie getrennt durch die innere Lamelle der Dura geht, um gemeinsam mit a, b und c durch die äußere Lamelle hinauszutreten. Eine solche sonderbare Anomalie beweist am besten, daß es sich um eine Wurzel x handelt, da ein aberrierender Wurzelfaden der 598 Einar Fieandt Wurzel a nie einen solchen Weg nehmen könnte. Übrigens ist es interessant zu konstatieren, daß man die den Hypoglossus konsti- tuierenden Wurzeln am besten auf dem Querschnitt unterscheiden kann. Auch beweisen die Carnivoren sehr entschieden, daß man die Dura- und Schädellöcher nicht allein als maßgebend für die Beurteilung der spino-oceipitalen Nerven ansehen kann. Die Halbaffen haben viel Ähnlichkeit mit den Carnivoren. Die Wurzeln a, b und e sind als deutliche, selbständige Gebilde vorhanden. Auch eine Wurzel x kommt vor, die durch ihren etwas höheren und mehr oralen Ursprung, selbständigen Verlauf und fast solitären Dura-Durchtritt legitimiert wird; besonders wenn wir in Be- tracht ziehen, daß ich x in schöner Entfaltung bei noch höheren Formen gefunden habe. Dies war eben der Fall bei den Primaten. Nicht schöner und deutlicher kann ein verkümmerter Nerv erscheinen als die Wurzel bei Cebus fatwellus. Ihr hoch dorsaler und oraler Ursprung, selb- ständiger Verlauf, solitärer Durchgang durch die Dura und ihre erst in dem Canalis hypoglossi stattfindende Vereinigung mit dem Hypo- glossus-Hauptstamm bezeugen unzweideutig ihre Legitimität. Außer x erscheinen nur zwei selbständige Wurzelstämme im Hypoglossus, d.h. zwei Nervenfaser-Portionen gehen selbständig durch die Dura. Der Querschnitt berichtet uns aber auch hier ganz deutlich, daß es sich um drei von vorn nach hinten an Größe zunehmende Bündel a, b, ce handelt. Übrigens sehen wir schon äußerlich an dem hinteren Hypoglossus-Stamm, daß e und b durch eine seichte Rinne angedeutet sind. Hier sind also x, a, b und e wirklich vorhanden. Merk- würdigerweise stehen die Wurzeln x und « den Wurzeln 5 und e selbständig gegenüber. Bei Macacus cynomolgus finden wir dieselben Teile wieder. Nur sind x, a und 5b zusammengeflossen, während e selbständiger auftritt. Auch der Mensch besitzt eine deutliche Wurzel, die aber nur durch die Pia selbständig austritt. Das Vorhandensein der Wurzeln z, a, b und c beim Menschen geht klar aus dem Quer- schnitt des vereinigten Hypoglossus-Stammes hervor. Auch sonst sieht man bei der Betrachtung der Hypoglossus-Wurzeln, daß diese sich in vier charakteristischen Bündelkomplexen gruppieren, die aber verschieden von den sie kreuzenden Blutgefäßen getrennt werden. Die Blutgefäße sind in ihrem Verlaufe variabel. Die Wurzel x zeichnet sich übrigens dadurch aus, daß sie nicht allzu rudimentär ist, sondern daß man an ihr einen gabeligen Wurzel- ursprung unterscheiden kann, ganz so wie bei Üentetes. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 599 Von den Tieren, die ich zum Vergleich untersucht habe, hat Bos taurus (Fig. 88 und 89) mit Bestimmtheit eine selbständige Wur- zel x, die sogar sehr leicht zu beobachten ist. Außerdem gehen die Wurzeln a, 5 und ce beim Rind bisweilen durch getrennte Dura- Löcher. Immer sind sie deutlich voneinander zu unterscheiden. Wenn nur zwei Dura-Löcher da sind, erkennt man die Nerven dureh Furehen am gemeinsamen Stamme, oder auf dem Querschnitt. Beim Schwein (Fig. 87), von dem ich nur schlecht konservierte Embryonen untersuchte, konnte ich nur a, 5 und ce unterscheiden, bezweifle aber nicht, daß auch die Wurzel x, wohl in Verbindung mit a, vor- kommt. Dasselbe gilt auch von Lepus europaeus (Fig. 84), der nur der Ansa wegen untersucht wurde. Alles möge noch einmal hier tabellarisch zusammengefaßt werden. Tabelle X. Die den N. hypoglossus konstituierenden spino-oceipitalen Nerven bei den untersuchten Säugetieren!. Echidna aculeata x a bb e | Erinaceus europaeus. sta bdb-+e R ” Bd, bI+-b2 € 5 % .%& Ha :.b e a n »ta bi We e albwentris zz a bb .e Ornithorhynchus ana- Brieulus setosus ... z(+)a(+)b e DHUSERER NET LE. Bde.) MMeolis)domestien Sn: az ia DIN Phascolomys ursinus x a 5b ce | (Canis familiaris . sta b e Didelphys marsupialis = = Een LER VAUSORONGe nee 0.9 Ban u u n 2 ....% al+)b(+)e Didelphys marsupialis Bus '8crofa UHMm. ... (Bl ar BrnNd var. azarae....:ı ß) a 5b e| Bos taurus (juv.)... x+a Db(+He Didelphys murina ?) @) a+b e ee ei en rt DNErG Maeropus ruficolis.. «) a+b e| Lepus europaeu... «k) a+b e Talpa euröopaea...- zz a bb. ce | Mus museulu ....@) a+b ee s 5, er geb cr keDemur cat... ee ta bie Maeroscelides tiypus . «) a b e “ BT RER RLENN x a b(-+e Oentetes ecaudatus .. % a—+b e , Macacus eynomolgus . z(+\a(+)b ce Oroeidura var. suaveo- Cebus fatuellus . »z a 5b(He N ee x a+b e | Homo sapiens BE N rn Tupaia javanica...» a be en 5 x a-+b(+)e A H ee) € Nach diesem ergibt sich also, daß allen untersuchten Säugetieren die vier spino-oceipitalen Wurzeln x, a, b und e zukommen. Der ! In dieser Tabelle bedeutet bt und 22, daß die Wurzel b in zwei Äste ge- sondert ist, «+ b, daß a und 5 verbunden erscheinen. Mit einem (+) zwischen zwei spino-oceipitalen Nerven wird ausgedrückt, daß die betreffenden Nerven- wurzeln zwar nahezu verbunden, aber doch noch durch sichtbare Furchen von- einander getrennt erscheinen. 600 Einar Fieandt Nervus hypoglossus ist also bei allen Säugetieren gleich zusammen- gesetzt. Daraus folgt aber keineswegs, daß sein Innervationsgebiet überall dasselbe sein müßte. Wohl sind die konstituierenden Ele- mente bei allen untersuchten Vertretern dieser Klasse dieselben; daraus ist aber nicht zu schließen, daß sie miteinander verglichen quantitativ identisch sind. Es kann z. B. wohl möglich sein, daß x und a ein sehr variables Innervationsgebiet haben; ebenso ist es gar nicht ausgeschlossen, daß c bald ein größeres, bald ein kleineres Muskelgebiet beherrscht. Wir kommen später noch auf diesen Punkt zurück. Die Hauptsache hier war nur zu konstatieren, dab die vier Wurzelnerven x, a, b und ce in dem Säugetier-Hypoglossus vorhanden sind. Daraus ergibt sich, daß der Hypoglossus, wenn er auch längst seine dorsalen Wurzeln verloren hat, doch bei den Säugetieren be- züglich seiner ventralen Wurzeln sehr ursprünglich auftritt. Streng genommen sind die dorsalen Hypoglossuswurzeln nieht ganz verschwunden. Embryonal sind sie immer nachzuweisen; sie kommen teilweise auch häufig bei erwachsenen Säugetieren vor, wie schon oben dargelegt wurde. Durch meine Untersuchung habe ich prinzipiell niehts Neues durch das genauere Studium dieser Wurzeln gefunden und konstatiere nur, daß die früheren Angaben richtig sind. Eines ist jedoch hier wiederholt hervorzuheben, näm- lich daß die dorsalen Wurzeln, wie schon FÜRBRINGER (1897) an- gegeben hat, nichts mit dem Accessorius zu tun haben. Wenn es aussieht, als ob etwa eine gangliöse Hypoglossus-Wurzel aus dem Accessorius stamme, so beruht dies auf Verklebung und darauf, daß man die aus der Medulla tretenden feinen Ursprungsfäden der gangliösen Wurzel übersehen hat (vgl. FürBRINGER 1897, S. 532)!. 1 KAZZANDER (1891) hat in einem Falle nachweisen wollen, daß der Acces- sorius eine dorsale sensible Wurzel besitzt (vgl. auch FÜRBRINGER, S. 532 und LusoscH 1899). Beck (1895, S. 335—336) sieht die scheinbare Zusammengehörig- keit der gangliösen Wurzel mit dem Accessorius durch Adhärenz entstanden. — Über die Phylogenese des Accessorius gehen die Ansichten sehr auseinander. Ohne dieser Frage näher treten, geschweige sie beantworten zu wollen, geben wir kurz hier die wichtigsten Ansichten wieder. FÜRBRINGER (1897) ist der Meinung, daß der Accessorius ein solcher Gehirnnerv ist, der scheinbar in das Gebiet der Medulla spinalis sich ausdehnte, während die echten spino-oceipitalen Nerven den entgegengesetzten Weg durchlaufend als Hypoglossus in das Gehirn- gebiet eingetreten sind. Marrın (1891) und Mınor (1892) stellen die Anlage des Accessorius von Anfang an in innigen Zusammenhang mit der Anlage der sensiblen Wurzeln der Ganglienleiste. MARTIN sagt: »Der Accessorius ist kein Nerv für sich, sondern er gehört als Seitenwurzel den Seginenten vom 7. Hals- nerven bis zum Glossopharyngeus an.« »Im Gebiete der Halsnerven haben wir Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus bypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 601 3. Der Durchtritt des Hypoglossus durch die Dura mater und die Schädelwand. Schon früher ist von uns gezeigt worden, daß die vier spino- oeeipitalen Nerven x, a, b und c ziemlich regelmäßig bei den Säuge- . tieren vorkommen. Oben sahen wir weiter, daß sie bei den ver- schiedenen Vertretern der Säugetiere einander ziemlich ähnlich sind, auch ist ihr Auftreten, wo es von mir untersucht wurde, immer im Prinzip dasselbe. Im Gegensatz dazu ist der Durchtritt durch die Dura mater und die Schädelwand sehr verschieden; hier kommen die größten Schwankungen vor. Sogar die verschiedenen Individuen also drei Wurzeln, eine dorsale, eine Seitenwurzel und eine ventrale. Im Hypo- glossusgebiet gehen die dorsalen später verloren, nachdem sie sich angelegt; ventrale (XII) und Seitenwurzeln (XI) sind kräftig entwickelt. Bei Vagus und Glossopharyngeus entwickeln sich nur dorsale und Seitenwurzeln.< Mınor (1892) sagt wieder: »Ich wage es, die Vermutung aufzustellen, daß, wenn die Ganglien des Hypoglossus erhalten blieben, der Accessorius nicht mit dem Vagus, sondern mit dem Hypoglossus in Verbindung treten würde.< (MArrın und Mınor nach LuposchH zitiert.) LuBoscH (1899, S.583) stimmt in der Hauptsache den For- schern zu, die erklären, daß »der Accessorius, als motorischer Nerv aus der Hıs’schen seitlichen Kernsäule, eine eigentümliche Bildung des obersten Hals- markes und zwar einen typischen visceromotorischen Bestandteil der hinteren Wurzeln bilde, daß er also dem Rückenmark, nicht dem Gehirn von vornherein angehöre.« Jüngst ist die Accessoriusfrage von BECCARI (1913) beleuchtet wor- den (durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Professor LUBOSCH wurde ich auf diese Arbeit aufmerksam gemacht). Er sagt: »Nella Lacerta muralis il nervo accessorio € costituito da fibre nervose che nascono, in corrispondenza dei due primi nervi spinali e della radice dell’ ipoglosso pil caudale, da cellule situate nella parte profonda del corno ventrale. Decorre per breve tratto unito al vago manda alcune fibre allo ipoglosso e raggiunge quindi la lamina muscolare super- fieiale della regione dorsale del collo. — Non esiste una colonna nucleare dell’ accessorio e delle fibre del LEnHossEk separata dalla colonna nucleare dei primi nervi spinali e dell’ipoglosso, e non esiste nei centri una divisione metamerica corrispondente alle radiei« (p. 341). Zusammenfassend sagt er: »Le fibre nervose somato-motrici, nei vertebrati superiori, per raggiungere il nervo al quale sono destinate, possono prendere la via delle radiei ventrali o di quelle dorsali. Perö, mentre la prima circostanza & generale in tutto l’asse cerebro-spinale, la seconda si riscontra, in proporzioni molto pilı limitate, soltanto nella parte piü craniale del tronco ed in quella piü caudale della testa. Gli elementi somato-motori dor- sali di questa regione — che potremmo chiamare di transizione cefalo — soma- tica — costituiscono le fibre di LEnHossEX e la porzione spinale del nervo accessorio. Le fibre somato-motriei dorsali innervano organi derivati dai somiti della regione branchiale e stanno forse a rappresentare, corrispettivamente, ele- menti spinali superstiti di primitivi segmenti branchiali. Per le radiei dorsali, come per quelle ventrali passano anche fibre destinate alla innervazione della muscolatura liscia, vere fibre splaneno-motrici. Esse sono di natura simpatica e non hanno niente a che fare con le fibre somato-motriei dorsali.« (p. 345—346.) 602 Einar Fieandt derselben Species zeigen in dieser Beziehung gewöhnlich große Variationen. Um diese Verhältnisse deutlicher zu demonstrieren, fügen wir die zwei Tabellen XI und XII bei, welche zeigen, wie sich die von mir untersuchten Säugetiere in dieser Hinsicht verhielten. Wir sehen aus diesen Tabellen zunächst, daß die Anzahl der Dura-Löcher die der Foramina immer übersteigt. Es kommt vor, daß — wenn auch der Hypoglossus dureh drei selbständige Dura- Löcher tritt — der Nerv doch nur durch einen einheitlichen Kanal den Schädel verläßt (z. B. beim Kalb). Phascoloyms, Canıs famtlar:s, Centetes ecaudatus und COebus fatuellus haben drei Dura- Löcher, die zwei erstgenannten zwei Foramina, die zwei zuletzt genannten aber nur ein einziges Foramen bzw. Canalis im Schädel wie das Kalb. Dann ist es interessant zu konstatieren, daß weder die An- zahl der Dura-Löcher noch die der Cauales hypoglossi im Schädel mit der systematischen Stellung des betreffenden Tieres in Zu- sammenhang gebracht werden kann. Weiterhin ist sie auch nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der den Hypoglossus kon- stituierenden Wurzeln. Wenn mehrere Dura-Löcher bzw. Foramina im Schädel vorkommen, so erscheinen die Wurzeln selbständiger, keineswegs aber viel entwickelter als bei den Formen, bei denen nur ein Dura- bzw. Schädel-Durchgang vorkommt. Das Auftreten mehrerer Dura- bzw. Schädel-Öffnungen für die Hypoglossus-Wurzeln bedeutet, daß das Gebiet sein ursprüngliches Bauprinzip noch ziemlich unverändert beibehalten hat, indem die ursprüngliche Seleromerie noch zutage tritt. Hierin sehen wir einen sehr schönen und recht überzeugenden Beweis dafür, daß der be- treffende Nerv aus mehreren segmental auftretenden Nerven zu- sammengesetzt ist. Andererseits kann aber keine Rede davon sein, daß es sich beim Auftreten eines einfachen Dura- bzw. Schädel- Durehganges nur um ein einziges Neuromer, nicht einmal um eine reducierte Anzahl auftretender Nervenwurzeln handelt. Ganz im Gegenteil sind die den einheitlich durehtretenden Hypoglossus kon- stituierenden vier spino-oceipitalen Nerven in der Regel noch deut- lich zu unterscheiden und voneinander zu trennen. Und noch weiter: Da wir oft bei derselben Art einmal ein Dura-Loch und ein Foramen hypoglossi, ein anderes Mal wieder drei von beiden unterscheiden können (z. B. bei Ows aries), so läßt sich daraus schließen, daß man weder den Schädel- noch den Dura-Durehgang als maßgebend für die Beurteilung der Zusammensetzung des Hypoglossus ansehen - kann, dies alles um so weniger, als wir doch wissen, daß wie z. B. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 603 "IIX Sg L, 19p aoyun Sunyrmwuy 9Ip 'ToA (r (‚sumndns owor] snbjowouhs SNIDIDMT snyanw] snga) (1) 9209 anorg (1) 009 mwar | (T) 2ma unwor] DASIWOP SW |. 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Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 605 (88E 'S me Zunymmuy op TFA) 19]10993 UAMMONIOA AOSNEU SEAIO SEP I84[08 u9sojodonmguy oıp uage3 uoydıomodoayyuy Tag LOA H1P NR AOPo [OPrYyPS uoryonsıojun 484]98 AUT TOA HIp ung mu TOIS F9IZEg BUruUwıo Tg OP [yezuy oaynjosug AoIy HIT (f suardos OWoL] obıu sorfiporboA,, smowuns - snbjowouho - SMSOYL SNIDIDM nıonbop - sphappumy = xunyds orddo snyponmw] - (1) snonsjodhiy sng99 smma - 0MmWU = suodfın.d "BA - - »obuow - »09 mwor] snypgna snnbuy () 5 sypyamuw sony sn.ımmy Sog (1) sar.ım sıal) () "wop wydo4os sng' snpnasnw - snumundop Sn (ID un m 65 z n smagquydum "IA 81.594497 BJO91AıyY snpruny sndory Meer a (D smpraung sndory sndh.ıb sn400yoYDH smosn] om DAN DAWT (1) "Anl snypmgwo snnbry (‘Anl) sn.unny so X sypyanım saaly (1) snprung sndorf (D saiwbna sn.unnast (7) 2u0p mydo4as sng' »p190/ mOOyYL (D smonsyodhry sngad (f) Anl snyppgwo snnbzy ’ MP 2 - ) 5 sypyoapw say snAumD] SO (1) sma.ay m.ıdon (D sa2ı0 rag (D sn2q -rydıum "IBA 52.4189.4497 DIONALY (D smprauum sndory (1) 2a.ımbyna sn.unnast sndhıb snAa0YDEL D sro. nd») "UuB UHLISUON WI SIE 1850750dAy sowurn Hwduoxzg uoyıorwdrıd arun Des7 -1/9DUL SAY (Ant) s91.1m Sa) 606 Einar Fieandt hier den Wiederkäuern ein vierwurzeliger Hypoglossus zukommt. Diese Auffassung wird gestützt, wenn wir in Betracht ziehen, daß einerseits sowohl ursprüngliche als hochstehende Säugetiere wie z. B. Echidna und Homo beide in der Regel ein Dura-Loch und ein Foramen besitzen und daß andererseits bei so weit voneinander stehenden Formen wie Homo (indiv.), Cebus hypoleucus, Lemur catta, Phascolomys und Üentetes ecaudatus drei Dura-Löcher und ein Foramen im Schädel vorkommen. Alles dies beweist unzwei- deutig, daß wir es hier mit einem sehr variablen Gebiet zu tun haben. Die ursprünglichen vier Neuromeren sind bei den Säuge- tieren noch schön zu unterscheiden, die entsprechenden Seleromeren aber meistens schon unkenntlich verschmolzen, was auf die Selb- ständigkeit der nervösen Teile nicht so sehr eingewirkt zu haben scheint. Bekanntlich sind in der Phylogenese die Nerven ein kon- servativeres Element als das Skelet. Es ist schließlich aus diesen Tabellen zu ersehen, daß bei den meisten Säugetieren die spino-oeeipitalen Skeletsegmente schon voll- ständig in den Schädel aufgenommen sind, nicht aber bei allen. Besonders bei den Beuteltieren und Huftieren ist diese Wirbel- assimilation noch nicht ganz zum Abschluß gekommen. Etwas weiter vorgerückt sind die Nagetiere, Raubtiere und Insektenfresser. Bei den Monotremen sieht man im Hinterhaupt dagegen zufolge sekun- därer Differenzierungen keine Spur von einer früheren Segmen- tierung. Hieraus wird erkenntlich, daß diese obenbesprochene Ver- schmelzung sich scheinbar in keinen systematischen Grenzen hält, wie schon vorher von uns angedeutet wurde. Eine successive Ver- vollkommnung der Verschmelzung können wir indessen — obschon undeutlich — wahrnehmen, wenn wir nur die auch sonst abseits stehenden Monotremen außer acht lassen. Die Beuteltiere haben als niedere Säugetiervertreter regelmäßig zwei Foramina, ebenso die Huftiere. Oft zeigen die Raubtiere, Nagetiere und Insectivoren die- selbe Ursprünglichkeit, bis wieder die Halbaffen, Affen und der Mensch meist ein einziges Foramen besitzen. Diese Verschmelzungs- reihe der einverleibten vier Wirbel ist, wie wir sehen, nicht sehr beweisend; es ist aber möglich, daß ein umfassenderes Skeletmaterial diesen Entwicklungsgang deutlicher hervortreten lassen würde, be- sonders wenn Gelegenheit dazu gegeben wäre, die individuell auf- tretenden Variationen reichlicher zu beobachten. Jetzt ist es näm- lich unmöglich zu entscheiden, ob die oben beschriebenen häufigeren Abweichungen nicht etwa als Regel gedeutet werden sollten und Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-ceryv. usw. 607 umgekehrt. Es sei noch beispielsweise darauf hingewiesen, daß mehrere Foramina sogar bei den höchststehenden Formen wie beim Menschen keine allzu große Seltenheit sind. Um genau alles oben Angeführte entscheiden zu können, müßten wir von den untersuchten anderen Vertretern ebenso wie vom Menschen die diesbezüglichen Prozentzahlen auf Grundlage eines sehr reichen Untersuchungs- materiales anführen können. 4. Die Anastomosen des Hypoglossus und der obersten Cervicalnerven mit Gehirnnerven. Der Nervus hypoglossus verklebt sich ganz allgemein mit verschiedenen Gehirnnerven. Da dieses Aneinandertreten und Zusammenlaufen, welches sogar so weit gehen kann, daß die beiden Nerven in derselben Scheide verlaufen können, zufällig und äußerst verschieden auftritt und keine Gesetzmäßigkeit bekundet, interessiert es uns nicht weiter. Es genügte uns, schon bei der Description dasselbe als Tatsache zu konstatieren, ohne in dieses Labyrinth der individuellen Variationen einzutreten. Ganz ähnlich wie der Hypoglossus verbinden sich, wie seit lange bekannt, auch die obersten Cervicalnerven mit. dem Vagus. Dies hat von Liıpemann (1910) veranlaßt, von einem »wirklichen Ursprung des Ramus descendens aus dem Vagus« zu sprechen. Es braucht hier nieht betont zu werden, daß ein soleher Ausdruck äußerst unglücklich gewählt, falsch und irreführend ist. Nur wenn der Ramus descendens ein echter Vagus-Ast wäre, könnte man von einem wirklichen Ursprung reden. Verlaufen aber die Cerviealis- fasern eine Strecke lang nur in der Vagus-Scheide, so handelt es sich nur um die Anlagerung fremder Nervenfasern an den Vagus; von einem Ursprung aus dem Vagus kann aber keine Rede sein. 5. Die Verbindungsarkaden zwischen dem Cervicalis I und dem Hypoglossus. Wie früher dargelegt wurde, kommen bei den Säugetieren ziem- lich regelmäßig dünne Fasern vor, die von Cervicalis I stammen und in die Hypoglossus-Scheide hineindringen, um scheinbar central- wärts zu ziehen. BoLk (1898) beschreibt diese als einfach und nahe dem Rückgrat gelegen. Eigentlich können wir dreierlei solcher Verbindungen unterscheiden: 1. axial gelegene (axiale), 2. peripher gelegene (peripherische) und endlich 3. solche, die weder axial noch peripher sind, sondern etwa in der Mitte der beiden sich finden 608 Einar Fieandt (intermediäre). Als peripherisch betrachten wir immer eine Arkade, welche da in die Hypoglossus-Scheide hineingeht, wo etwa der Ramus descendens austritt. Bemerkenswert ist, daß alle drei Arkaden zu- sammen vorkommen können. Bei den Monotremen findet sich eine verhältnismäßig hoch gelegene peripherische Arkade, die ich nicht vollständig entwirren konnte. — Bei den Beuteltieren beobachtete ich eine axiale Ar- kade bei Halmaturus ruficollis var. Bennetti, die es mir auch nicht gelang völlig auszufasern. Bei Didelphys kam eine ähnliche vor; diese bog peripherwärts um. Bei Phascolomys kamen alle drei Formen auf einmal vor; von diesen gelang es mir nur einen ganz dünnen Faserzug von Cervicalis II nicht zu entwirren. — Einfacher lagen die Verhältnisse bei den Inseetivoren. Bei Macroscelides typus läßt sich die Sache am schönsten zeigen. Hier liegt eine axiale Aikade vor: Ein sehr zarter Ast von Cervicalis I begibt sich nach dem Hypoglossus zu, legt sich eng an dessen Stamm an und läuft eine Strecke lang centralwärts, um dann plötzlich scharf umzu- biegen und peripherwärts auszustrahlen. Bei Talpa europaea kommt entweder eine axiale oder eine intermediäre oder eine peripherische Arkade vor, die ich alle entwirren konnte. Sonst lagen die Ver- hältnisse wie bei Macroscelides. Bei Centetes eeaudatus fand sich eine intermediäre Arkade, die sehr interessant und aufklärend ist. Die Cervicalisfasern (der Hauptteil von Cerv. I, sowie ein kleiner Teil von Cerv. II) strebten hinauf und erreichten den Hypoglossus- Stamm in einem stumpfen Winkel; der Hauptteil von diesen bog spitzwinkelig nach unten, um peripherwärts auszustrahlen; ein mitt- lerer sehr feiner Ast ging quer über, bzw. durch den Hypoglossus-Stamm, um auf dessen oraler Seite peripherwärts umzubiegen, ein dorsaler dünner Ast ging schließlich selbständig quer und schräg nach oben (centralwärts) durch das Gewirr der Hypvoglossus-Fasern, wendete sich aber fast in der Mitte des Nervenstammes peripherwärts nach unten. Die hier beschriebene Arkadenbildung hat viel Ähnlichkeit mit den Verhältnissen bei den Monotremen, nur vermochte ich sie hier ganz auszupräparieren, während sie dort nur teilweise entwirrt werden konnte. — Bei den Carnivoren habe ich nur einmal (beim Hund) eine axiale Arkade gefunden. Diese Arkade hat ein besonders sroßes Interesse, weil sie, wie ich glaube, am deutlichsten die rätselhaften endlosen Schlingen erklärt.: Der verhältnismäßig dünne Cervicalis I geht bogenförmig oralwärts, wie die Arkaden gewöhn- lich, biegt, an dem Hypoglossus-Stamm angelangt, centralwärts nach Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 609 oben, läuft eine Strecke lang mit demselben verklebt wie bei Ma- croscelides, durehbricht aber dann die Scheide und strahlt fächer- förmig in den Hypoglossus-Stamm hinein. Ich konnte ganz gut sämtliche Fäserchen verfolgen. Die unteren bogen bald nach unten, um peripherwärts auszustrahlen, die mehr mittleren gingen erst quer über die nach unten ziehenden Hypoglossusfasern, bogen aber dann auch nach unten um, die oberen stiegen noch weiter nach oben, um erst viel später umzubiegen. Einmal fand ich auch eine peripherische Arkade bei einer neugeborenen Katze. Da das Präparat aber un- geeignet war, konnte ich die Arkade nicht entwirren. — Bei den Prosimiern habe ich keine in den Hypoglossus-Stamm centralwärts sehenden Cervicalisfasern gefunden. Da ich aber nur eine kleine Individuenanzahl untersucht habe, will ich natürlich nicht behaupten, daß solehe nieht vorkommen könnten, dies um so weniger, weil doch solche Arkaden bei den Primaten sehr häufig vorkommen. Nur einmal gelang es mir, eine solche zu entwirren. Es war bei Papio sphinz, und es handelte sich um eine axiale Cervicalis II-Arkade, welche eine Zeitlang längs des Hypoglossus-Stammes eranialwärts lief, dann zwei Äste für die Dura (Fig. 81) abgab und schließlich umbog, um peripherwärts zu ziehen. Beim Menschen habe ich diese Arkade nicht untersucht, Obgleich ich also diese früher so rätselhaften Arkaden nicht überall habe entwirren können, darf ich doch behaupten, daß durch die oben angeführten Ergebnisse eine Lösung der Frage gefunden worden ist. In meiner Arbeit habe ich vorwiegend nur die Arkaden zwischen dem Cerviealis I und II und dem Hypoglossus untersucht, nicht die zwischen den Cervicalnerven untereinander, glaube aber behaupten zu dürfen, daß wederHouts noch RorGAns’ und BoLks diesbezügliche An- sichten (s. oben S. 529—530) richtig sind. Die von mir untersuchte Arkade stammt aus dem Cervicalis I oder bisweilen aus dem Cervi- calis IJ, die Fasern gehen nach dem Nervus hypoglossus, um ge- wöhnlich eine Strecke lang mit dessen Stamm centralwärts zu ziehen, und kehren dann mehr oder weniger plötzlich oder allmählich, ge- teilt oder einheitlich nach unten, um peripherwärts auszustrahlen. Die Arkaden zwischen den Cervicalnerven sind wohl im großen und ganzen von demselben Typus, Nur einmal habe ich eine solche zu entwirren versucht und glaube auf Grund dieser Erfahrung, dab diese Arkaden Fasern von den beiderseitigen Nerven enthalten. Fragen wir zuletzt, warum man so lange umsonst versucht hat, Morpholog. Jahrbuch. 48. 40 610 Einar Fieandt die endlosen Schlingen aufzuklären, so finden wir die Antwort ganz klar darin, daß solche Schlingen mit unseren bisherigen Präparier- mitteln nur äußerst selten sich entwirren lassen. Nur einmal gelang es mir mühelos (bei Macroscelides). Die anderen Schlingen habe ich stundenlang, einige sogar tagelang präpariert, doch gelang es mir nicht immer, das Präparat befriedigend klarzustellen, obgleich ich immer eine höchst leistungsfähige BRAaus-Drünersche Präparierlupe bei der Arbeit gebrauchte. Bei den Primaten beruht das Gelingen dieser Entwirrung meiner Erfahrung nach nur auf glücklichen Zufällen bzw. auf besonders günstigen Materialver- hältnissen. Auch beiden anderen Säuge- tieren ist das Gelingen fraglich, und dies findet seinen Grund in der eigen- tümlichen Konstitution der in den Hypo- glossus-Stamm eindringenden Arkade. Sie löst sich nämlich in den schwie- | rigeren Fällen erst fächerförmig auf, verflicht sich dann chiasmatisch mit den wirren Hypoglossus-Fasern, gibt sukzessiv mikroskopisch dünne Fasern | ab, die peripherwärts nach unten biegen, | währenddessen die anderen noch cen- tralwärts weiter ziehen. Diese nach unten biegenden Fädchen brechen bei der Präparation äußerst leicht ab, man beobachtet bei der Arbeit anfangs kaum, Schema des Verlaufs der Fasern in dr daß der Nerv dünner geworden ist; hat San ee a man aber etwas weiter präpariert, so glossus gelegentlich vorkommen. In dem hat er sich, wie es scheint unversehens, a ee so verschmälert, daß nicht mehr viel erst die ventral-oralen, dann die dor- yon ihm übrig bleibt, bis endlich die Pa ganze Arkade abbricht oder zerreißt und das Präparat verdorben ist. Die gleichen Erfahrungen hat z. B. Rorsans (1885, S. 37) gemacht. In den oben beschriebenen Fällen ist es mir wiederholt gelungen zu sehen, wie kleine Fasern von dem Arkadenfächer nach unten bogen und wie sie bei der Präparation abrissen. Wenn ich weiter die von mir entwirrten Arkaden z. B. vom Hund, von Centetes usw. mit dieser Erfahrung vergleiche, so glaube ich mit Bestimmtheit behaupten zu können, Fig. 93. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 611 daß diese meine Auffassung des so häufigen Mißlingens die richtige ist. Schematisch habe ich dies auf der Fig. 93 wiederzugeben ver- sucht. Auf die Beurteilung der verschiedenen Arkaden (axialen, inter- mediären und peripherischen) werde ich später noch zurückkommen. 6. Der Plexus hypoglosso-cervicalis s. str. Wie oben dargelegt worden ist, treten die Cervicalnerven zu dem Hypoglossus in Beziehung. Dieser sendet wieder seinerseits bei einigen Säugetiervertretern einen Ast zu den subhyoidalen Muskeln und bereichert auf diese Weise den Plexus mit wahren Hypoglossus- fasern. Wir geben dies hier in Tabelle XIII wieder. In dieser Tabelle wirkt die wechselnde Konstitution des Plexus ‘und die variierende Innervation der infrahyoidalen und suprahyoi- dalen Muskulatur recht befremdend. Die infrahyoidale Muskulatur wird bei den Monotremen, einigen Insectivoren, allen Carnivoren und Halbaffen sowohl vom Hypoglossus als von den obersten Cervi- calisnerven bei den Beuteltieren, einigen Insectivoren, allen Affen und beim Menschen dagegen ausschließlich von Cervicalnerven inner- viert. Dazu gibt es sehr interessante Variationen, wo der Hypo- glossus ganz selbständig verläuft, ohne mit den Cervicalnerven in Verbindung zu treten. Bei solchen Individuen werden die supra- hyoidalen Muskeln nur vom Hypoglossus, die infrahyoidalen Muskeln ausschließlich von den Cervicalnerven versorgt. Ich fand solche sonderbare Abweichungen bei Didelphys marsupialis var. axarae (einseitig), Macropus ruficollis var. Bennettii (einseitig), Felis domestica (zweimal einseitig) und bei Gwlo luscus (beiderseitig), — also bei verhältnismäßig weit voneinanderstehenden Tieren. Es ist noch hervorzuheben, daß, obgleich der Hypoglossus keine Fasern zu den Unterzungenbeinmuskeln und die Cervicalnerven keine Zweige zu den Oberzungenbeinmuskeln schickten, doch kein Degenerationszeichen in der Muskulatur zur Beobachtung kam, was übrigens sehr leicht zu konstatieren war, da ja diese Anomalien meistens (mit Ausnahme eines Falles) nur einseitig auftraten. Ebenso interessant ist eine von mir nur einmal wahrgenommene Variation beim Maulwurf. Dort sandte der Hypoglossus einseitig bei einem Individuum ein sehr dünnes Fädchen zu dem Plexus cervicalis, was wohl als Atavismus bezeichnet werden muß. Es ist noch hier zu bemerken, daß bei Tupaja Fasern sowohl vom Hypoglossus als von dem Cerv. I zu dem M. thyreo-hyoideus gingen. Wir werden erst zusammen mit den allgemeinen Schlußfolge- 40* ‘ISY-Sn8SoJ30dÄH UANRZ uoul snopIoAy-o91ÄyF " Op ımu 4Surzdue AoIf « ‘snoproÄy-owu( WEP NZ UALOISY UIO TWUIBSULALAS IOINR UAPUAS ‘SNXOLT WEp Au JunpurgıoA ur Jyoru JJE 9 pun IT O Puis of z Se 'ISY-snssojsodA uU9JIRz uaur snoproÄy-o91Äky} 'W op Inu Idurzdue 19IH g 'IIX U0A uoyoJSY SO41BZ ul SMOPIoAy-o9LÄUF} "W Ip ımu IFurjdwus uppysum uefwproAyvayur uep UOA z 2 "yorseaz IoIq 481 JIX SOPp TIoJuY 10d ı IO ID ID TOR BD. EP Nee Nat 2 a TE ’ f NO IDTD IO ID IX EU ES RR EB.) 7 Be er AID ID ID IQO 119 LD.IIX AIO MO TOIOUX | "ren nn og Yozu) suados owor I9 UIOIO MO IOIO IX JE OEITD LOCIEA E N R e E RBRUAT IRDe] so ID ID IX ID IX ER I. BO ER | ee ee Fe IE EDDRPRHIE AIEULOTT. VITO IROSROENIX KOMIX ITOSISTOTIER Ze Se Er ns EEE STEUGITRTRUNEDALOWUN II II TUE 0 IB Be a 11 13 En a ‚5902100459 ıl 0) IX DIR I 4) IIX ES Karla iin: Teac, ol fe ae ee man e 5 N 6) IX I 6) IIX . . . . . . . . . . . . . . . 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Ich meine die experimentellen Untersuchungen über den Ursprung des Ramus descendens und des Hypoglossus in der Medulla. Nach dem oben Angeführten verstehen wir sehr gut, daß beim Hunde einige Zellen im Hypoglossus-Kern chromolysiert werden, wenn der Ramus descendens abgeschnitten wird. Daß aber PArRHoN und GoLpstEin (1899) dabei auch im Cervicalmark keine verän- derten Zellen fanden, scheint auf einem Irrtum zu beruhen. Zu diesem Schlusse zwingen sowohl die peripherische Anatomie dieser Ge- bilde als auch die Ergebnisse, welche KosarA und Jacıta (1902—3) erzielt haben. Diese Autoren fanden nämlich beim Abschneiden des Ramus descendens beim Hunde cehromolysierte Zellen sowohl im Hypoglossus- als im Cervicalis-Kern. Demnach müssen wir daran festhalten, daß der R. descendens sowohl echte Hypoglossus- als auch Cervicalisfasern führt. Dagegen kann van GEHUCHTENSs (1906) Experiment mit dem abgeschnittenen Hypoglossus des Kaninchens, da wo er schon den Ramus descendens abgegeben hat, nicht als Gegenbeweis dienen, denn es zeigt nur, daß dieser Ramus beim Kaninchen nicht von dem Hypoglossus-Kern stammt, was auch ganz richtig ist, denn der R. descendens enthält bei den Nagetieren lauter Cervicalisfasern. Leider untersuchte vAN GEHUCHTEN nicht den Cerviealiskern. Hier muß ich also van GEHUCHTEN vollständig recht geben, nicht aber KosakA und JAGITA, die den Ursprung des Ramus descendens beim Kaninchen in dem unteren Teil des eigentlichen Hypoglossus-Kernes und nicht im Vorderhorn fanden. Wohl habe ich die Arkade zwischen dem Cervicalis I und dem Hypoglossus beim Hasen nicht ganz entwirren können; doch kann ich so viel mit Bestimmtheit behaupten, daß einige Fasern des R. desc. peripherwärts in den Hypoglossus-Stamm hinausstrahlen, die anderen aber quer und schräg centralwärts nach oben gehen. Legen wir dies mit vAaN GEHUCHTENS Ergebnissen zusammen, so müssen wir annehmen, daß Kosakas und JaGITAs Operation nicht gut gelungen ist, was übri- gens nicht wundernehmen kann, da Cerv. I und II mit dem Hypo- glossus eine äußerst komplizierte Ansa bilden (Fig. 84 und 85). Die 614 Einar Fieandt Folgen einer Resektion des Ramus descendens bei einem Affen, welche die beiden japanischen Forscher studiert haben, zeigen, daß beim Affen keine Hypoglossus-Fasern in den Ramus descendens gehen. Diese Sache ist ja seit Ror@Axs’ Untersuchung allgemein bekannt und stimmt also sehr gut mit den anatomischen Tatsachen überein. Wir haben oben die Arkaden, die sich zwischen dem Hypo- glossus und den Cervicalnerven befinden, unabhängig von dem Plexus hypoglosso-cervicalis beschrieben, als gehörten sie mit diesem gar nicht zusammen. In der Literatur sind diese Arkaden als regelmäßige Vorkommnisse beschrieben; ich habe sie auch in allen Ordnungen gefunden. Daraus möchte man schließen, daß die Arkaden konstant vorkommende, begrenzte Nervenzüge repräsentierten und also einem ganz bestimmten Muskelsystem entsprächen. Dadurch wäre auch die getrennte Behandlung motiviert. Diese Auffassung kann aber nicht die richtige sein. Die Arkaden wurden in dieser Arbeit allein behandelt, weil sie historisch etwas Selbständiges sind. Als »endlose Schlingen« haben sie eine wich- tige Rolle auch in der vergleichenden Anatomie gespielt. Da aber gezeigt wurde, daß sie doch schließlich nur peripherwärts gehende Fasern führen, müssen wir sie mit dem hier zu behandelnden Plexus eng vereinigen. Eine hochgelegene (axiale) Arkade imponiert uns als etwas ganz Selbständiges und Bestimmtes, und dies hat auch die Forscher verleitet, ein zu großes Gewicht auf diese Eigenschaft zu legen. Dies alles sehen wir beim Maulwurfe am deutlichsten. Bei diesem Tier kommt bisweilen eine hochgelegene Arkade vor, die entwirrt werden konnte, dann und wann sieht man aber auch, daß keine hohe Arkade da ist, sondern eine ganz peripherische Verbin- dung, die gleichfalls leicht aufgefasert werden kann. Übrigens zeigen solche Verhältnisse wie die Arkaden bei Phascolomys am besten, daß die Arkadenbildung nur eine Äußerung der allgemeinen Plexus- bildung ist. Wie diese selbst, so sind auch die Arkaden sehr va- riabel, und wir dürfen keineswegs annehmen, daß bestimmte ent- sprechend gelegene Faserzüge im Plexus immer auch für dieselben Muskeln bestimmt wären. Nur in bezug auf die Tektonik der Plexus- bildung sind auch die Arkaden interessant. Obgleich variabel, können wir aus ihnen verkürzt nnd oft fast verwischt die Entstehungs- geschichte der entsprechenden Muskulatur ablesen, was weiter aus- zuführen indessen nicht unsere Aufgabe ist. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 615 7. Die Innervierung der Zungen- und Zungenbeinmuskulatur. Zuletzt noch einiges über den Plexus hypoglosso-cervicalis und die Innervation der Zungenbeinmuskulatur. Horn (1876), ROoTGANS (1886) und Bork (1898) haben sich viel Mühe gegeben, beim Men- schen die präzise Innervation besonders des M. genio-hyoideus auf- zufinden. Ich habe mich beflissen, dasselbe zu tun. Aber soweit wir jetzt den Plexus hypoglosso-cervicalis kennen, ist es überhaupt unmöglich, eine strikte oder konstante Innervation in diesem Gebiet anzugeben. Das ganze Gebiet ist flüssig. Bald wird z. B. der M. thyreo-hyoideus ausschließlich von cervicalen Fasern, bald nur von Hypoglossus-Zweigen, bald von beiderlei Fasern zusammen inner- viert. Dasselbe können wir von dem M. genio-hyoideus sagen. Es ist also durchaus unnötig, darüber zu streiten, wie weit die cervi- calen Fasern beim Menschen reichen, da sie sicherlich bei verschie- denen Individuen ganz verschieden verlaufen. Auch kommen dazu, wie oben angeführt wurde, Anomalien vor, wo der Hypoglossus überhaupt keine Cervicalis-Äste empfängt. Wir fassen hier noch genauer nach BoLks Muster die Innerva- tion der Zungen- und Zungenbeinmuskulatur in Tabelle XIV zu- sammen. Tabelle XIV. Die Innervation der Zungen- und Zungenbeinmuskeln bei den Säugetieren. Andeutung der Muskeln | XII CI | CH | cCIIı ceWV | Zungenmuskulatur . 4 + a = 2 Genio-hyoideus . Er = et LE 5 Thyreo-hyoideus. SE ee et | 3 Sterno-hyoideus . % or Een Keelan = ° Omo-hyoideus. + ee 2% er =: | = Sterno-thyreoideus . .n =& er - E> = Zungenmuskulatur . + = Eu = en 2 Genio-hyoideus . Le 2“ Ze Eat Ex ® Thyreo-hyoideus. — — 2% De 2 = Sterno-hyoideus . ES A een) 5 Omo-hyoideus. er ER Be 12 = Sterno-thyreoideus . Ir e ae ar er = Zungenmuskulatur . + 2. —_ = = Genio-hyoideus . a. 2 = en — | Thyreo-hyoideus. ey Ya ar. ap; N = Sterno-hyoideus . SUNILIERIN, — — + _ —_ u Ome-hyöidens ! „HE an — 2204 ger Br 2 Sterno-thyreoides . . . 2. 2. | — = + _ — — 616 Einar Fieandt Andeutung der Muskelıa » lanl - [p} - a - | CHI | cW Zungenmuskulatur . Genio-hyoideus . Thyreo-hyoideus Sterno-hyoideus . (Omo-hyoideus) Sterno-thyreoideus . Inseetivora I Zungenmuskulatur . Genio-hyoideus . Thyreo-hyoideus Sterno-hyoideus . (Omo-hyoideus) Sterno-thyreoideus . ME a ee + Sı | Zungenmuskulatur . Genio-hyoideus . Thyreo-hyoideus Sterno-hyoideus . (Omo -hyoideus) Sterno-thyreoideus . Carnivora (Hund) Zungenmuskulatur Genio-hyoideus . Thyreo-hyoideus . Sterno-hyoideus . Omo-hyoideus. Sterno-thyreoideus . I++++l++++ Prosimiae | Sn ee ee ae a all rg + + EEE EI FF ET | Ko] Kalk! a a ge TE en mn ag om no ae mn as me Insecetivora II Zungenmuskulatur Genio-hyoideus . Thyreo-hyoideus. Sterno-hyoideus . Omo-hyoideus. Sterno-thyreoideus . ler Simiae (Maca- cus rhesus) Zungenmuskulatur . Gemichyoideus.. 1. Se Thyreo-hyoideus Sterno-hyoideus . Omo-hyoideus te Sterno-thyreoideus . . . .... _ II ++ | Homoi | ++ ++t+t++T44+H+ a m En a az | we | Im Beginn unserer Darstellung stellten wir uns einige Fragen, die wir durch unsere Arbeit beantworten wollten. Wir untersuchten das Wurzelgebiet des Hypoglossus und glauben, dasselbe auch klar- gelegt zu haben. Bei einigen Tieren lagen weiterhin die Verhält- 1 Beim Menschen kommen nur ausnahmsweise vier Cervicalnerven in dem Plexus hypoglosso-cervicalis vor. In der Regel sind es nur drei und das Vor- handensein von bloß zwei Nerven dürfte nicht als eine allzu große Seltenheit angesehen werden. Üb.-d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 617 nisse so günstig, daß es uns möglich war, die »endlosen Schlingen« zu erklären, den gewöhnlichen Plexusbildungen einzureihen und in ihrer bisherigen Auffassung aus der Wissenschaft zu entfernen. Durch die Entwirrung des Ramus descendens hypoglossi konnten wir die strittigen experimentellen Ergebnisse miteinander einigermaßen in Harmonie bringen. Zuletzt wollten wir den Plexus hypoglosso- cervicalis genauer untersuchen, um die speziellere Innervation der supra- und infrahyoidalen Muskeln auffinden zu können; dies ist auch geschehen. Wir hätten unsere Aufgabe also gelöst. Bevo: wir jedoch schließen, möchten wir außer diesen speziellen, oben ange- führten auch einige allgemeine Schlußfolgerungen ziehen, wobei wir zugleich die Verhältnisse bei den niedrigen Vertebraten ins Auge fassen. Auch knüpfen sich noch andere Fragen an unsere Aufgabe, die nicht ohne kurze Erwähnung außer acht gelassen werden können. Dies wollen wir noch in gedrängter Fassung im nächsten Abschnitt behandeln. b) Einige allgemeine Schlußfolgerungen. Nach den bisherigen Angaben konnten die Oceipitalnerven bei den Sauropsiden nur embryonal nachgewiesen werden. Sogar von ihren oceipito-spinalen Nerven wissen wir, daß sie teilweise ver- kümmert sind, so daß oft nur 5 und e vorhanden sind (FÜRBRINGER 1897). Nach dem oben Gesagten würde der Säugetier-Hypoglossus einen viel ursprünglicheren Charakter zeigen, da er noch stets — wenn auch weniger verkümmert — die Nerven x, a, b und e ent- hält. Vielleicht hat man doch die oralen, mehr rudimentären Nerven in dem Hypoglossus der Sauropsiden übersehen, und vielleicht wird man sie bei genauer Untersuchung noch in Zukunft auffinden können. Immerhin ist der Säugetier- Hypoglossus verhältnismäßig ur- sprünglich. Und weil man weiß, daß z. B. die Wurzel x bei den Monotremen fast ebenso entwickelt erscheint wie bei den Primaten, kann man daraus schließen, daß der Nervus hypoglossus innerhalb der Säugetierklasse sich nicht viel verändert hat. An ihm ist keine wesentliche orale Verkümmerung zu konstatieren, nur treten die ihn konstituierenden Nerven als mehr oder weniger deutlich voneinander getrennt auf. Und dieses Dichtaneinanderliegen hängt ja wohl teil- weise von der Schädelbildung ab (vgl. z. B. das Foramen. hypo- glosso-jugulare bei den Monotremen!). Je höher wir innerhalb der Säugetierklasse aufsteigen, desto vollständiger sind die cervicalen 618 Einar Fieandt (spino-oceipitalen) Knochenelemente in den Schädel einverleibt und um so viel mehr sind auch die: entsprechenden Nerven einander genähert, so daß nur ein Foramen hypoglossi vorkommt. Ganz eigentümlich verhalten sich die Monotremen in dieser Hinsicht. Sie haben nämlich nicht einmal für den Hypoglossus ein eigenes Schädel- loch, denn dieser Nerv geht, wie schon gesagt, gemeinsam mit dem Glosso-pharyngeus und Vago-accessorius durch den Schädel; dieses Loch ist, wie schon oben bezeichnet, ein Foramen hypoglosso-jugulare. Daraus verstehen wir auch, daß die Hypoglossus-Wurzeln der Mono- tremen fast ebenso schwer voneinander zu unterscheiden sind, wie die des Menschen, weil der mit dem Glossopharyngeus und Vago- accessorius geteilte, verhältnismäßig enge Schädeldurchgang sie ein- ander mehr zusammenschließen läßt und ihre freie Selbständigkeit und gegenseitige Entfernung hindert. Wenden wir uns dann zu der peripherischen Verbreitung des Nervus hypoglossus. FÜRBRINGER (1897, S. 566) hat eine große Variabilität in der Innervation der Zungenbeinmuskeln bei den Verte- braten nachgewiesen. Wir geben hier zwei Beispiele nach ihm wieder. Tabelle XV. Die Innervation des M. eoraco-mandibularis (branchio- - mandibularis, genio-hyoideus). xy Dipnoi, Acipenser. yz Notidanidae, einige andere Haie, Polypterus (indiv.). Z Polypterus (indiv.). za Zahlreiche Haie, Torpedo (juv.), Chimaera, Amia (ind.). zahb Höhere Haie, Torpedo, Rhinobatus (einige Fasern von e). ab Raja, Amai, Urodelen, Gymnophionen, Anura aglossa, gewisse Sauropsiden und Säugetiere. abe Raya, mehrere Amnioten. b Pipa (indiv.), Anura opisthoglossa. be | Raja (indiv.), die meisten Sauropsiden, viele Säuge- bei tiere. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 619 Tabelle XVI. Die Innervation des hinteren Myomers der Mm. sterno- omo-hyoidei. Z Dipnoi, Aecipenser. a Ganoidei. b Einzelne Haie, Holocephalen, ostariophyse Tele- ostier, Mehrzahl der Amphibien. c Viele Haie, Amia, die meisten Teleostei, ein- zelne Urodelen, einige Sauropsiden. 1 Zahlreiche Haie, meiste Sauropsiden, vereinzelte Säugetiere. 2 Einige Haie, einige Sauropsiden, die meisten Säugetiere. 3 Torpedo, vereinzelte Amnioten, Mehrzahl der Primaten. 4 Höhere Haie und Rochen. 5 oder 6 Raya. Trotz der Unregelmäßigkeiten, die in diesen Tabellen zu sehen sind, kann man doch bei näherer Betrachtung aus ihnen einige inter- essante Schlußfolgerungen ziehen. Wir sehen, wenn wir besonders die Sauropsiden und Säugetiere ins Auge fassen, daß die Mm. genio- hyoidei und sterno-omo-hyoidei in der Reihe eine immer mehr caudale Innervation bekommen, d. h. weil der Hypoglossus immer mehr nach vorn rückt, wird er sukzessive von neuen Üervicalelementen sub- stituiert. Wir wollen jetzt betrachten, ob dieses Vorwärtsrücken des Hypoglossus noch bei einer speziellen Betrachtung der betreffenden Teile bei den Säugetieren zu beobachten ist. Fassen wir wieder tabellarisch zusammen, was heute über die Zusammensetzung des Plexus hypoglosso-cervicalis bei den Säuge- tieren bekannt ist, indem wir sowohl die Angaben in der Literatur als auch die eigenen Erfahrungen dazu benützen. Tabelle XVIl. Nerven, die den Plexus hypoglosso-cervicalis bei den Säugetieren bilden!. XII. Echridna (ind. FÜRBRINGER), Didelphys marsupialıs var. axarae (ind.), Macropus (ind.), Canis famıliarıs (ind.), Felis domestica (ind.), Gulo (ind.). 1 Die Namen in den Klammern geben die Autoren an. Wenn hinter einem Säugetier kein Name steht, rührt die Angabe von mir selbst her. 620 Einar Fieandt AU, Echidna (ind.), Perameles nasuta, Sorex vulgaris, Camis familiarıs, Felis domestica, Myrmecophaga (MAcA- LISTER), Elephas (MAYER). xX11.4,2: Monotremata, Marsupialia, Inseetivora, Carnivora (FÜR- BRINGER und ich), Rodentia (FÜRBRINGER), Lepus ti- midus (SCHNEIDER), Lepus europaeus, Mus museulus, Coelogenys (FÜRBRINGER), Sus scropha, Bos taurus, Equus caballus (FÜRBRINGER), Myrmecophaga (FÜR- BRINGER), Cephalophus (FÜRBRINGER), Lemur (FÜR- BRINGER). XIL1,2,3. Ornithorhynchus? (MEcKEL), Chlamydophorus (HYRTL), Lepus cuniculus (Krause), Lemur macaco und catta, Primates, Homo. XII. 1,2,3,4. Homo (BoLk). Schon aus dieser kurzen Übersicht ersehen wir, daß einVorwärts- rücken der Cervicalnerven in der Säugetierreihe stattgefunden hat. Allerdings ist dies nicht ganz regelmäßig geschehen. Die größten und zugleich gröbsten Abweichungen, wie z. B. MECKELS Angabe über den Ornithorhynchus, beruhen wohl auf falscher und mangelhafter Beobachtung. Noch deutlicher wird dies, wenn wir genauer be- trachten, von welchen Nerven die infra- und suprahyoidalen Mus- keln bei sukzessive höheren Säugetieren versorgt werden. Wir können auf diese Weise erstens konstatieren, daß das Innervations- gebiet des Hypoglossus allmählich immer mehr verschmälert und oralwärts verlegt wird. Bei den Monotremen sahen wir ja, wie der Ramus descendens hypoglossi auf- und absteigende Fasern ent- hält. Wir fanden, daß der Hypoglossus bis zu dem hinteren Teil der Brust-Zungenbein-Muskeln Fasern sendet. Bei den Beutel- tieren waren die Verhältnisse nicht mehr so ausgedehnte; der Hypo- slossus beschränkte sich bei ihnen ganz auf die Innervation der suprahyoidalen Muskulatur. Als eine Erinnerung an frühere Ver- hältnisse könnte wohl der ascendente Ast des Hypoglossus für den M. omo-hyoideus bei dem zweiten Exemplare von Phascolomys gel- ten, der wohl nicht ausschließlich cervicale Fasern enthalten kann, sondern auch reine Hypoglossusfasern, da die weiter oben beschrie- bene, zweigeteilte Arkade so zart ist. Wenden wir uns wieder zu den Inseetivoren, so sehen wir, daß einige mit Stacheln versehene Vertreter die ursprünglichere weite Ausdehnung des Hypoglossus- Gebietes beibehalten haben. Dagegen haben die anderen Insecti- Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 621 voren die infrahyoidale Hypoglossus-Innervation gänzlich eingebüßt. Nur als eine Erinnerung an die ursprünglichen Verhältnisse taucht eine atavistische Innervation des M. thyreo-hyoideus durch den Hypo- glossus beim Maulwurf als sehr seltene Anomalie auf. Von den Inseetivoren können wir die Verhältnisse der anderen Säugetiere ableiten. Hier teilen sich die Säugetiere in zwei Entwicklungs- reihen: einerseits die ursprünglicheren Carnivoren, welche die Eigenschaften der Monotremen und niederen Inseetivoren als alt- ererbten Charakter beibehalten haben, andererseits die Primaten, welche diejenigen Eigenschaften der Insectivoren ererbt haben, die schon bei den Beuteltieren zu finden waren. Die Carnivoren be- sitzen also einen Hypoglossus mit weitem Innervationsgebiet so wie die Monotremen und Igel. Die übrigen Insectivoren stehen in dieser Beziehung höher als die Igel und sogar als die Halbaffen, bei denen der Hypoglossus noch Fasern zu dem M. thyreo-hycideus sendet; dies sahen wir auch einmal bei einem Maulwurfe. Die Pri- maten haben die hypoglossale Innervation der infrahyoidalen Mus- keln gänzlich aufgegeben und haben also die Tendenz, die wir schon bei den Beuteltieren sahen, weiter geführt. So sehen wir also, daß der Hypoglossus allmählich seine Herr- schaft über die Brust-Zungenbein-Muskulatur verliert. Daraus könnte man schließen, daß diese allmählich stattfindende Verlagerung des Innervationsgebietes nach vorn und die gleichzeitig vor sich gehende Verkleinerung desselben im caudalen Gebiete eine Folge des Vor- wärtsrückens des Nervus hypoglossus wäre. Diese Vermutung ist . wohl auch richtig, wenn wir zugleich uns vergegenwärtigen, daß weder die oralen noch die aboralen Elemente des Hypoglossus irgendeine Verkümmerung erlitten haben. Indem wir aber diese oben beschriebenen Veränderungen in der Lage und der Innervation des Hypoglossus beobachten können, tritt eine andere, nicht weniger wichtige Erscheinung zutage. Während der Hypoglossus immer mehr seine Herrschaft in seinem caudalen Gebiet verliert, wächst die Anzahl der sich zu dem Plexus ver- einigenden Cervicalnerven. Je mehr der Hypoglossus im infra- hyoidalen Gebiet einbüßt, um so viel mehr gewinnen die Cervicalnerven; sie substituieren den Hypoglossus und werden dem Plexus einverleibt, gewinnen Herrschaft auch in dem supra- hyoidalen @ebiet und werden in das Vorwärtsrücken des Gesamt- gebietes mit einbezogen. Auf diese Weise ändert sich die infra- hyoidale Innervation folgendermaßen: Erst werden die Brust-Zungen- 622 Einar Fieandt bein-Muskeln von dem Hypoglossus und dem ersten Cervicalnerven versorgt; dann kommt der Cervicalis II dazu; allmählich fällt der Hypoglossus ganz weg, dann wird aber auch die Innervation von dem Cervicalis III vervollständigt; zuletzt gesellt sich sogar der vierte Cervicalnerv zu den anderen. Unterdessen beschränkt sich die Überwältigung des Hypoglossus durch die Cerviealnerven nicht nur auf das infrahyoidale Muskelgebiet. Auch im suprahyoidalen Gebiet gewinnen die Cervicalnerven immer mehr Terrain. Wie die Anomalien zeigen, gibt es Muskeln, die ursprünglich nichts mit den Cerviealnerven zu tun hatten. Wir sehen aber jetzt, daß diese Muskeln bei den niederen Säugetieren von zwei, bei den höheren von drei Cervicalnerven versorgt werden. Auf diese Weise geschieht es, daß ein ursprünglicher Hypoglossus-Muskel wie der M. genio- hyoideus bei recenten Säugetieren schließlich allein von Cervical- nerven innerviert sein kann!. 1) Wie bekannt, hat BrAus (1909, 1910 und 1911) die Frage: ob Muskel- segmente mono-, di- oder polyneur versorgt werden, und wie weit dies präpa- ratorisch und experimentell nachgewiesen werden kann, vielseitig beleuchtet. Seine erwähnten Arbeiten zeigen, daß die Muskelsegmente in der Selachier- Extremität polyneur versorgt werden und daß die einzelnen serialen Nerven- bahnen ihre ursprünglichen Grenzen nicht respektieren, sondern sich schließlich verschränken. »Diese Vermischung und Verschränkung ist«, sagt der Verfasser, »wie es scheint, für alle Wirbeltierextremitäten typisch. Sie findet sich bei Selachiern aber auch an bestimmten Stellen des Rumpfes (im M. reetus abdo- minis, in den angrenzenden Teilen des M. obliquus abdom. und — dem ana- tomischen Befunde nach — in der epi- und hypobranchialen Halsmuskulatur)< (1909, S. 549). Obgleich meine vorliegende Arbeit rein präparatorisch ist und obgleich die hier angegebenen Tatsachen und Ergebnisse experimentell nicht bestätigt sind, liegt der Gedanke doch nahe, das Resultat dieser anatomischen Arbeit in der von Braus angedeuteten Beleuchtung zu betrachten. Das untersuchte Ge- biet umfaßt wenigstens vier Segmente oral vom Zungenbein; gibt es ja vier spino-oceipitale Nerven in dem Hypoglossus, der dieses Gebiet beherrscht. Aboral vom Zungenbein, also in der Brust-Zungenbein-Muskulatur, haben wir wieder wenigstens vier Segmente. Wir haben oben durch den Nachweis eines wirklichen Ramus descendens hypoglossi mit echten Hypoglossus-Fasern gezeigt, daß der Hypoglossus und die zwei obersten Cervicalnerven sich ebensosehr verschränken, wie die Nerven in der Selachierflosse. Früher haben auch HoLL (1876), Rorgans (1886) und BoLk (1898) schon bei den Primaten nachgewiesen, daß die Cervicalnerven bis in die Zungen-Muskulatur gelangen. (Vergleiche den Plexus bei den Monotremen und den Carnivoren.) Wie oben angedeutet, hat man schon früher gezeigt, daß die Cervical- nerven nicht ihre orale Grenze, das Zungenbein, respektieren. Dieses Über- greifen ist aber nicht nur einseitig, sondern, wie gesagt, es kommt zu einem beiderseitigen Überschreiten der Grenze, zu einer vollständigen vier Segmente Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 623 Diese hier angeführten Ansichten stehen den von BoLk (1902) seäußerten ganz gegenüber. BoLkK hat die Primaten untersucht und, wie schon früher gesagt, gefunden, daß der Plexus cervicalis und brachialis durch eine intermediäre Zone getrennt sind, die bei den niederen Affen am breitesten ist und zugleich von den Halbaffen aufwärts die Tendenz zeigt, sich zu verschmälern und »proximal- wärts« (eranialwärts) zu verschieben, was jedoch durch die Ein- schränkung des Plexus cervicalis in seinem caudalen Gebiete bei den Anthropoiden wohl etwas gemildert wird. Diese Schlüsse zieht er aus der umstehend wiedergegebenen Tabelle XVII, in der wir auch unsere eigenen Präparationsresultate hinzufügen. Da die obere Grenze des Plexus brachialis außerhalb des Ge- bietes unserer Untersuchung liegt, lassen wir dieselbe beiseite und bemerken nur, daß, wenn der Mensch mitgerechnet wird, bei dem der eraniale — nach BoLKk proximale — Grenznerv des Plexus brachialis der Oervicalis V ist, eine Verschiebung der intermediären Zone eranialwärts gar nicht zu konstatieren ist, um so viel weniger deswegen, weil der vierte Cervicalnerv oft, der dritte fast immer bei den Primaten an der Bildung des Plexus hypoglosso-cervicalis teilnimmt. Ich sehe deshalb auclı nicht ein, warum der Schimpanse, bei dem der Cerv. III an der Bildung des Plexus hypoglosso-cervi- calis teilnimmt, eine Ausnahme sein soll; ist ja dies beim Menschen als Regel anzusehen und kommt ja doch selbst der vierte Cervical- nerv in dem genannten Plexus vor (selbst an BoLks Präparat). Ganz im Gegenteil sehen wir, daß der Plexus hypoglosso- cervicalis bei den Prosimiae in der Regel von Cery. I—III (aus- nahmsweise beteiligt sich bei Propithecus Cerv. IV an der Plexus- bildung), bei den Affen und dem Menschen nicht selten von den Cerv. I—IV gebildet wird, wobei auch Fälle vorkommen können, wo nur zwei Cervicalnerven an ihm teilnehmen. Wir können also an unserer schon früher angeführten Behauptung festhalten, daß, wenn die ganze Säugetierreihe in Betracht gezogen wird, doch eine sukzessive sich vergrößernde Addition von Cervicalnerven zu dem Plexus hypoglosso-cervicalis stattgefunden hat. BoLKs Behauptung erscheint uns nicht stichhaltig, weil er nicht ein weiteres Gebiet umfassenden Verschränkung, die so deutlich wie möglich ist. Daß dieses gegenseitige Übergreifen der genannten Nerven dasselbe bezwecken wiirde, wie das der Nerven in der Selachierflosse, will ich nicht behaupten. Oben ist ja auch ein Versuch gemacht, zu zeigen, wie diese gegenseitige Kreuzung zustande gekommen ist. 624 Einar Fieandt Tabelle XVIIl. Segmentale Anteil- Proximaler nahme von Cervical- | Grenznery des nerven am Plexus Plexus hypoglosso-cervicalis bıachialis Homo sapiens . TAI IV g kn alt Aue ee IV x BE REN ER EEE I II NL V Gorilla gorilla (EISLER, nach BOLkK zitiert) . III IV Anthropopitheeus troglodytes (BOLK) . 1.1738 IN Simia satyrus (BOLK) . ; ED IV Hwylobates leueiscus var. eonzolon (Bars) IE 101 IV Nasalis larvatus (BOLK) IS IT V Colobus ursinus (BOLK) 7.1 ST Y Oynopithecus niger (BOLK) IT MI if Macacus rhesus (r) NY — 5; 0) 11791 — 5 sinieus » . .- ENT, | I Mu _ Oereopithecus albogularis (Bor) a v . Papio maimon (BOLk) . ii" 1 IT Re k NUNGEMAARYES Sn en Ale DEAN ALIEN se I ERST En „. doguera . | 08 — „ sphinz Ei: | TI = Cebus hypoleucus (Bor) ne ae Fe 24 „ 1 Ten Dr _ Abs vellerosus Bo 1: EA DS V Mycetes seniceulus ,, BE Vi Ohryscthrix sceiurea (BOLK) IH V Midas rosalia . en 123 W Lemur macaeo (Boik). ..:».:... | IOAM VI Y 1 IE IM — » mMongo% 1.1 IM = GEHE 1.11 IH — Lepilemur mustelinus (Bork) Iu Y Perodictieus potto (BOLK) . a et! Y Propitheceus diadema (BOLK). . » . ee; VL untersucht hat, sondern von mehr zufälligen Variationsbefunden in der Primatenordnung sich hat leiten lassen. Dieses Siehansehließen von neuen Nerven an den Plexus hypo- glosso-cervicalis ist das Zeichen einer allgemeinen, oralwärts gehenden Wanderung einiger Cervicalsegmente, welche in der Einverleibung derselben in den Schädel gipfelt. Ein solches Vorwärtsrücken fand sehon Erwähnung bei der Besprechung des Nervus hypoglossus und der ihm entsprechenden Sklerotome. Wir sehen also — wenn auch die vier hier behandelten Spinc-oceipital- Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 625 Wirbel schon lange dem Schädel zugehören —, daß diese Einver- leibung spinaler Elemente in das Cranium noch nicht zum Abschluß gekommen ist. Das beweist die Tektonik des Plexus hypoglosso- cervicalis, wie schon genauer beschrieben worden ist, die Verküm- merung der ersten Cerviealnerven!, auf die besonders von BEcK (1895) aufmerksam gemacht worden ist, und zuletzt die Verschmel- zung des Atlas mit der Schädelbasis, was beim Menschen nicht allzu selten vorkommt. Jüngst hat Erva GLAEsMER (1910) dieses Phänomen neu be- leuchtet. Da die Verfasserin in ihrer kleinen Arbeit einen von der heutigen Auffassung abweichenden Standpunkt einnimmt und ihre Kritik besonders gegen BoLk (1906), der eine Erklärung der Atlas- Konkrescenzen gegeben hat, wendet, mögen die Ansichten der beiden Verfasser hier kurz Erwähnung finden, um zu beurteilen, welche von beiden mit unseren eigenen Ergebnissen übereinstimmen. Box (1906) hat gezeigt, daß der erste Halswirbel schon bei den Affen einem Regressivprozeß unterliegt. Unter den Altwelt- affen besitzen die Cynocephaliden einen am meisten »vollständigen« Atlas. Bisweilen besitzt auch der Mensch einen hohen cylindrischen Atlas, der Ähnlichkeit mit dem der ÖOynocephaliden zeigt. Bei den Anthropoiden verhält sich der genannte Wirbel ebenso wie beim Menschen äußerst variabel; dies ist auch ein Beweis dafür, daß der Atlas der höheren Primaten einer systematischen Reduktion unter- liegt, was doch nur eine Teilerscheinung eines mehr allgemeinen Prozesses, nämlich der Reduktion des ersten Halssegmentes ist. Er faßt seinen Standpunkt in dieser Frage kurz folgendermaßen zu- sammen: »Die cranio-vertebrale Grenze ist nicht eine absolut fixierte, sie schwankt um eine Norm, jedoch mit der Tendenz, beim Men- schen sich caudalwärts zu verschieben. Fällt sie ein wenig eranial- wärts von der Norm, d. h. nähert sie sich der phylogenetisch älteren Grenze, dann treten in der Umgebung des Foramen magnum Relief- erscheinungen auf, die mit KoLLMmAnn als »Manifestationen des Ocei- pitalwirbels«e zu bezeichnen sind. Fällt sie caudalwärts von der Norm, dann kommt es zunächst zum weiteren Abbruch des Atlas, sodann zur einfachen Konkrescenz desselben mit dem Oceipitale, und diese Konkrescenz wird desto vollständiger, je weiter die Grenze caudal von der Norm fiel, bis es schließlich zur vollständigen Ver- ! In der Innervation des Cerv. I hat beim Menschen eine große Einschrän- kung stattgefunden. Der sensible Bezirk ist gänzlich verkümmert; auch hat der erwähnte Nerv wenigstens in dem dorsalen Muskelgebiete Terrain verloren. Morpholog. Jahrbuch. 48, 41 626 Einar Fieandt wachsung des Atlasringes mit der Schädelbasis kommt, zu einer wahren Inkorporation. Endlich scheint mir die Möglichkeit nicht ausgeschlossen zu sein, daß die Grenze so weit caudal vorgerückt ist, daß sie mit der Grenze zwischen dem normalen 1. und 2. Hals- segment zusammenfällt, was eine metamere Umbildung des Sklero- tomes vom 2. Segment zur Folge hat. Und in diesem Falle wird der vollständig assimilierte »Atlas« Relieferscheinungen in der Um- gebung des Foramen magnum hervorrufen können, die jenen des sich manifestierenden »Oceipitalwirbels« ähnlich sind« (S. 506). Über diese Umbildung des 2. Sklerotomes sagt er genauer (S. 505): »Wenn das normale 1. Cervicalsklerotom vollständig in die Schädel- basis aufgenommen wird, dann wird das sonst zweite zum ersten, und verhält sieh nun auch bezüglich der anstoßenden Gebiete als das normale 1. Sklerotom, es übernimmt vollständig die Rolle, die das vorhergehende in der normalen Entwicklungsgeschichte spielt, oder riehtiger, diese Rolle wird ihm zuteil. Die Segmente differen- zieren sieh nicht einzeln für sich als selbständige, unabänderliche, morphologische Einheiten, aber was aus einem Segment werden soll, wird bedingt durch die Stelle, die es im Körper als Ganzes einnimmt. « Soweit BoOLK. ERNA GLAESMER (1910) kommt wieder zu dem Schlusse, daß die Atlanto-Oceipital-Synostosen dadurch zustande kommen, »daß das A-O-Gelenk bei Homo vielleicht einer Inaktivität entgegengeht, weil der Mensch seiner nicht mehr in dem Grade be- darf wie in früheren Stadien seiner Entwicklung, weil es ferner in seiner Beweglichkeit bebindert und zugleich durch andere Organe genügend ersetzt wird« (S. 144—145). BoLKks Ansicht, daß die A-O-Synostose eine Folge der Caudalwärtsschiebung der ceranio- vertebralen Grenze ist oder also, daß der Atlas vom Schädel assi- miliert und der Epistropheus zum Atlas wird und der nächste zum Epistropheus, muß sie ablehnen: »Denn wenn das A-O-Gelenk wegen Gebrauchsverminderung inaktiv wird, dann ist es eben unnötig, der Mensch braueht kein neues, also auch keine Umwandlung des Epi- stropheus in einen Atlas; wenn aber die Inaktivität eintritt, weil der Atlas dazu gezwungen und durch die Fähigkeiten der Wirbel- säule bzw. des Atlanto-Epistropheal-Gelenkes ersetzt wird, dann liegt die Wahrscheinlichkeit doch viel näher, daß diese Fähigkeiten der Wirbelsäule und des letzteren Gelenkes sich proportional dem Ver- schwinden des bisherigen Konkurrenten stärker ausbilden, als daß ein unbeteiligter dritter Wirbel sich um ihren Besitz bemüht und zum Epistropheus zu werden versucht.« Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 627 Kurz gesagt, die Verfasserin meint, daß die erwähnte Synostose durch Niehtgebrauch des Atlanto-Oceipital-Gelenkes entstanden sein muß. Diese Synostose kann nach der Meinung der Verfasserin weder erstens durch eine abnorme Druckwirkung pathologischer Natur, noch zweitens durch eine Caudalwärtsverschiebung der eranio-vertebralen Grenze, noch drittens durch eine zufällige Verwachsung zustande gekommen sein. Die Verfasserin erklärt die beim Menschen vor- kommenden A-O-Synostosen dadurch, daß der Mensch im Gegensatz zu dem Quadrupeden einen aufrechten Gang hat und also seinen Kopf nicht zur Orientierung oder als Greifwerkzeug usw. braucht, weil er in seinem hoch- und freistehenden Auge das Hauptorientie- rungsorgan und das Greifwerkzeug in der langgestreckten, für sich beweglichen Hand besitzt. Ihre Ansichten über das Zustandekommen erwähnter Synostose faßt sie wörtlich folgendermaßen (S. 146) zu- sammen: »Was etwaige pathologische Grundlagen angeht, so erscheint die vorliegende Synostose sowohl in den Knochen wie in den Weichteilen nicht als Resultat entzündlicher Intra-vitam-Processe und beweist damit, daß es Synostosen gibt, die auf anderer Grund- lage entstehen; mit Wahrscheinlichkeit sind auch Entzündungs- processe fetaler Natur ausgeschlossen; jedoch findet sich die Mög- lichkeit! einer Entstehung durch intrauterinären Druck durchaus nicht widerlegt. — Was etwaige morphologische Grundlagen be- trifft, so sagt das Präparat nichts darüber, ob in seiner Synostose eine Zufallsvarietät vorliegt; dagegen lassen sich verschiedene Ver- hältnisse der Weichteile als beweisend dafür auslegen, daß die Natur dem atlanto-epistrophealen Gelenk, das bereits normalerweise Mus- keln für diesen Zweck besitzt, atlanto-oceipitale Funktionen über- tragen möchte. Die Gründe dieser Funktionsübertragung lassen aber eine Verschiebung des Kopfes und der Halsdiarthrosen um einen Wirbelraum caudalwärts als viel weniger von der Zukunft beabsich- tigt erscheinen als eine gänzliche Eliminierung des bisherigen Atlanto-Oceipital-Gelenkes und Verteilung seiner Funktion auf die Halswirbelsäule im ganzen und das Atlanto-Epistropheal-Gelenk im besonderen. « | Wohl ist die Kritik, welche ErnA GLAESMER gegen BOLKS An- sicht, daß bei der Verschmelzung des Atlas mit dem Schädel ein neues von einem neuen Atlas (dem früheren Epistropheus) und von einem ebenso neuentstandenen Epistropheus (dem früheren III. Hals- wirbel) begrenztes Atlanto-Epistropheal-Gelenk entstehe, ausübt, berechtigt, denn eine solche Wirbelumbildung ist wohl undenkbar. 41* 628 Einar Fieandt Doeh möchte ich andererseits BOLK wieder darin recht geben, daß er die beim Menschen verhältnismäßig oft vorkommenden Atlas- Synostosen in Zusammenhang mit einer Erscheinung mehr allge- meiner Natur bringt und dieselbe nieht nur zu den der Gattung Homo zukommenden Eigentümlichkeiten. rechnet. Wir müssen uns nämlich erinnern, daß die Atlanto-Oeceipital-Synostosen nicht auf ein- mal da sind!. Ein kräftig entwickelter Säugetier-Atlas mit den be- kannten Foramina (Foramen atlantoideum posterius, For. atlantoideum laterale und For. transversarium) verschmilzt nicht ohne weiteres mit der Schädelbasis. Die Synostose wird durch eine Reduktion des ganzen Atlasringes allmählich vorbereitet. Die Verschmelzung ist als Gipfelpunkt dieser Reduktion aufzufassen. Wir verweisen hier zu einer näheren Bekanntschaft mit diesem Entwicklungsgang auf Bork (1906), dessen Verdienst es ist, die Aufmerksamkeit auf die genetische Entstehung dieser Atlas-Synostosen gelenkt zu haben. Eine deutliche Reduktion des Atlas ist schon bei den Affen zu be- obachten. Diese Reduktion, welche zwar sehr schön mit der Aus- bildung einer geschiekten Greifhand und einer zur Orientierung besser geeigneten Augenstellung harmoniert, ist aber auch noch nicht als Ausgangspunkt zu betrachten. Nein, :wir müssen die Atlas- Verschmelzungen viel weiter und allgemeiner fassen, denn nicht einmal bei den Affen, wo sie deutlich vorbereitet sind, ist die Haupt- ursache »dieser Verschmelzungen zu suchen. . Die Atlas-Synostose ist als ein Gipfelpunkt einer Atlas-Rückbildung anzusehen, welche wiederum als eine Folge des Druckes (natürlich nicht grob mecha- nisch zu verstehen) der vorrückenden spinalen Segmente aufgefaßt werden muß. Mit BoLk müssen wir annehmen, daß die Synostosen eine Teilerscheinung eines allgemeinen Prozesses sind, was aber nicht bloß durch das Studium der nur bis jetzt bei dem Menschen be- obachteten Atlas-Verschmelzungen entschieden werden kann. Weiter oben ist gezeigt worden, wie ein Vorwärtsrücken der spinalen Nervenelemente bis zu den höchsten Vertebraten zu kon- statieren ist. Aber auch die A-O-Synostose ist meiner Meinung nach nichts anderes als ein Zeichen eines Cranialwärts-Rückens der cervicalen Skeletelemente. Wir teilen hier ganz die von BoLk ge- äußerte Ansicht hinsichtlich der Skeletteile unseres Gebietes, nicht aber hinsichtlich der Nerven, die nach ihm nicht ein ähnliches kon- ! Nicht einmal, wenn wir die eranialwärts stattfindende Wanderung spi- naler Elemente außer acht lassen. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 629 tinuierliches Vorwärtsrücken erkennen lassen. Wenn auch bei diesen Verkümmerungen bzw. Verschmelzungen des Atlas mit dem Schädel in der Primaten-Ordnung die Faktoren günstig mitspielen mögen, welche ErxA GLAESMER anführt, sehen wir sie doch nicht, wie die Verfasserin, als Ursache der Verschmelzungen, sondern höchstens als einen mitwirkenden, ergänzenden Faktor des er- wähnten Prozesses an. Auf Grund dieser Erwägungen müssen wir BoLK recht geben (mit der Korrektion seiner Ansicht hinsichtlich des Plexus hypoglosso-cervicalis) und ERNA GLAESMERS Erklärungs- versuch zum Teil ablehnen. Zusammenfassend denken wir uns, daß diese kontinuierlich rostral- wärts vorschreitende Wanderung der spinalen Segmente folgender- weise stattfand: Sie wird durch die Umbildung und Rückbildung des Kiemenskeletsystems und durch das Vorrücken der kräftigeren spi- nalen Elemente, die das verkümmernde Branchialgebiet überwältigen und immer neue Provinzen in dem rostralen Gebiet gewinnen, zu- stande gebracht, so daß die vorderen Segmente erst eine craniale Einschränküng erfahren, dann durch die Verminderung der Beweg- lichkeit in den Schädel einverleibt werden. Wir haben oben schon angedeutet, wie der Cervicalis I und Il schon verkümmert erscheinen. Ihre Hautverbreitungen gehen verloren oder erfahren wenigstens Ein- schränkungen. Das gleiche, wenn auch nicht so ausgeprägt, zeigt sich in ihrem dorsalen Muskelgebiete. Nur die entsprechende ven- trale Muskulatur behauptet ihre Existenz, rückt aber oralwärts, so daß ein Teil derselben rostral vom Zungenbein zu liegen kommt: die einst infrahyoidale Muskulatur wird teilweise eine supra- hyoidale. Unterdessen verliert der Hypoglossus in dem infrahyoi- dalen Gebiete Terrain. Die infrahyoidale Hypoglossus-Innervation wird schließlich aufgehoben, weil die neu vorrückenden ventralen Spinal-Muskeln die bisherigen infrahyoidalen Hypoglossus-Muskel- elemente zum Verkümmern bringen!. Auf diese Weise wird Platz 1 Da die den N. hypoglossus konstituierenden Elemente bei allen unter- suchten Säugetierrepräsentanten fast von derselben relativen Stärke sind, könnte man annehmen, daß die ursprünglich caudal vom Zungenbein gelegenen, also infrahyoidalen Muskelelemente beim Anricken der spinalen Muskelmassen oral- wärts gedrängt würden, und daß sie nicht verkümmerten, sondern ihre »Flucht« so weit fortsetzten, daß sie schließlich rostral vom Zungenbein zu liegen kämen, also als suprahyoidale Muskeln und als Zungenmuskeln erscheinen würden. Dies ist ganz gut möglich, da ja nachweisbar auch cervicale Muskelelemente denselben Weg durchgemacht haben. Zum Beweise und zur sicheren Ent- scheidung dieser Frage genügen aber die jetzt bekannten Tatsachen noch nicht. 630 Einar Fieandt für den Cervicalis III, ja sogar für den 4. Cervicalnerven. Dies ist alles durch die genauere Untersuchung der Zusammensetzung und der genetischen Entstehung des Plexus hypoglosso-eervicalis deut- lich zu ersehen. Nieht nur die Nerven und die Muskulatur nehmen an diesem Vorwärtsrücken teil. Wenn wir die entsprechenden Skeletteile in Betracht ziehen, sehen wir an ihnen auch etwas Ähnliches. Der Atlas ‚erfährt allmählich eine immer mehr auffallende Verkümme- rung, so daß er wenigstens schon bei den Affen verschiedene Phasen einer Degeneration zeigt, um bei den Anthropomorphen und speziell beim Menschen fast einfach ringförmig, ohne Foramina zu erscheinen. Beim Menschen kommt dann noch gelegentlich eine synostotische Verbindung desselben mit dem Schädel vor. Bei dieser Verkümme- rung und bei dieser schließlich stattfindenden Verschmelzung des Atlas mit der Schädelbasis spielen vielleicht als günstig mitwirkende Faktoren die Ausbildung einer Greifhand und die Entstehung des aufrechten Ganges mit, weil diese Faktoren doch in gleicher Riehtung wie das oben schon vielseitig besprochene Vorwärtsrücken der Hals- segmente wirken!. c) Schlußwort. Nachdem wir zuletzt dargetan haben, daß die phylogenetische Umwandlung des Plexus hypoglosso-cerviealis mit den spino-oceipi- talen und atlanto-oceipitalen Verschmelzungen in Zusammenhang zu bringen ist, glauben wir, das Gebiet unserer Untersuchung erschöpft zu haben. Wir haben als Gegenstand dieser Untersuchung das Wurzelgebiet des Hypoglossus in Angriff genommen, worauf wir uns aber nicht beschränken mochten, sondern auch das peripherische 1 Daß diese Ansichten den von FRORIEP (1895 A u. B) geäußerten schroff gegenüber stehen, ist selbstverständlich. F. sagt zusammenfassend: »Wenn wir primitive Formen, wie die Selachier, sehen, bei denen von den zahlreichen Öceipitalsomiten, die sich anfangs anlegen, nach kurzem Entwicklungsverlauf nur drei übrig bleiben, nämlich die drei, die zur Bildung des Hinterhauptes nötig sind, und wenn wir andererseits hochentwickelte Formen, wie die Am- nioten, insbesondere die Mammalier finden, bei denen sich nur diese drei Ocei- pitalblasten noch anlegen, so liegt die Annahme nahe, daß diese drei Urwirbel dieselben sind, die bei den Selachiern übrig bleiben, und daß diese eben des- halb bei den höheren Vertebraten sich erhalten haben, weil sie in der ganzen Descendenzreihe immer und immer zur Oceipitalisation gebraucht worden sind.« (1905 A, S. 119—120). Da die niederen Vertebraten außerhalb der Grenzen unserer Untersuchung fallen, beschränken wir uns auf die Wiedergabe des oben angeführten. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 631 Verhalten und die Beziehungen des genannten Nerven zu nahe- liegenden Nerven untersuchen mußten. Unsere Untersuchung hat einen Spezialteil der phylogenetischen Entstehung des Säugetierkörpers gestreift: das Zustandekommen des Nervus hypoglossus und des Plexus hypoglosso-cervicalis. Dabei haben wir nach der üblichen vergleichend-anatomischen Methode die mutmaßliche Entwicklungs- reihe der Säugetiere verfolgt, und als wir die verschiedenen Phasen der Umwandlungen in genannten Gebiet zu einem einheitlichen Entwicklungsgang zusammenfügen wollten, entwarfen wir uns zu- gleich ein Bild, wie die verschiedenen untersuchten Säugetiervertreter auseinander entstanden sein dürften. Daß wir damit kein Trugbild vor unseren Augen gehabt hhaben, ersehen wir daraus, daß die von uns angeführte Reihenfolge der Ordnungen natürlich und unge- zwungen erscheint. Wir wollen aber ausdrücklich betonen, daß wir mit diesem Bilde keine genealogische Auffassung aufzustellen be- absichtigten. Um alle Mißverständnisse zu vermeiden, sei noch hier wiederholt gesagt, daß in den verschiedenen Säugetier-Ordnungen betreffs des untersuchten Gebietes nur graduelle Verschiedenheiten vorkommen, aber nichts Spezifisches oder Qualitatives sich offenbart. Abgesehen von den Beuteltieren, die infolge ungünstiger Verhältnisse ungenügend untersucht wurden, zeichnen sich die anderen unter- suchten Ordnungen in dieser Hinsicht durch eine in der allgemein angenommenen Entwicklungsrichtung stattfindende Differenzierung aus. Das ist das einzige, was wir über die gegenseitige systema- tische Stellung der betreffenden Säugetier-Ordnungen sagen können. Bei einem so begrenzten Untersuchungsgebiete, wie das unsrige, darf man auch nicht hoffen, wichtige genealogische Schlüsse ziehen zu können. Schon die einfache Tatsache, daß unsere Untersuchung nicht gegen die mit Recht angenommene Genealogie verstieß, ist unserer Meinung nach nicht ohne Bedeutung. Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommer 1912 in dem Anatomischen Institut zu Heidelberg unter der Leitung seines Di- rektors, Herrn Geheimrat Professor Dr. Max FÜRBRINGER, ausgeführt. Es ist mir eine Freude, Herrn Professor FÜRBRINGER hier meinen herzlichen Dank auszusprechen. Bei der Ausarbeitung meiner Ab- handlung hat er die ganze Zeit mit regem Interesse mich mit Rat und Tat unterstützt. Auch stellte er mir das ausgezeichnete reich- haltige Dissektionsmaterial, sowie die technischen Hilfsmittel seines Instituts zur Verfügung. Durch ibn hatte ich ferner Gelegenheit, 632 Einar Fieandt das kostbare Monotremen- und Marsupialier-Material von Professor Dr. RıcHARD SEMON in München zu benutzen, wofür ich zugleich Herrn Professor Dr. SEMON meinen tiefempfundenen Dank ausspreche. Die erste sprachliche Korrektur verdanke ich als Ausländer Herrn Professor FÜRBRINGER, der freundlichst die erste Durehmuste- rung des Manuskriptes vornahm, die weitere Durchsicht Herrn cand. med. WILHELM T. ERNST, der. für die endgültige sprachliche Form sorgte. Beiden Herren sei hierfür bestens gedankt. Ferner ist es mir eine angenehme Pflicht, den beiden damaligen Prosektoren des Heidelberger Anatomischen Instituts, den Herren Professor Dr. ERNST GÖPPERT und Professor Dr. HERMANN Braus, für ihre freundliche Anteilnahme, sowie dem Herausgeber und dem Verleger des Morphologischen Jahrbuches, Herrn Professor Dr. GEORG Rue in Zürich und Herrn Verlagsbuchhändler WILHELM ENGEL- MANN in Leipzig, für die Aufnahme und Drucklegung dieser Arbeit aufriehtigst zu danken. Untersuchungsmaterial. l. Das Dissektionsmaterial. Reptilia. ein Aus den Samnil. des anat. ae = DE ENTWERFEN? CE Instituts zu Heidelberg Monotremata. Echidna aculeata Shaw. 3 erwachsene Tiere. . . Aus den Sammlungen von Ornithorhynchus analinus Shaw. 3 erwachsene Tiere Professor SEMON Marsupialia. Didelphys marsupialis L. var. axarae Temm. 29 . = murina L. (?, mit der Etikette Oladobates murinus) 1 Ex. EI RE Phascolomys ursinus Shaw. & Länge 25 cm „ „ „ Q PR) 15 „ Bettongia peniecillata Gray 1 Ex. Macropus giganteus Zimm. 2.Ex.. . . .... E ruficollis Desm. var. Bennettii Weaterh. 2ER: Aus den Samnml. des anat. Instituts zu Heidelberg Aus den Sammlungen von Perameles nasuta E. Geofit. 16 . ».. . . N Professär Susan Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 633 Insectivora. Talpa europaea L. 3Ex. . Aus den Samnml. des anat. Instituts zu Heidelberg „ „ „ 3 ” Sorex araneus L. ; m Crocidura etrusca Savi var. suaveolens Blas. Maeroscelides typus A. Smith (ganz verschnitten) Tupaia javanica Horsf.. . . » Aus den Samml. des anat. Centetes ecaudatus Schreb. © (nur links Kintarmseih Instituts zu Heidelberg Erieulus setosus Schreb. Erinaceus europaeus L. 3 Ex. r = I EEx: min 2 eigenen Material Aus den Samml. des anat. ; Instituts zu Heidelberg i Eigenes Material er albiventris Wagner Carnivora. Canis familiaris L. 9 Ex.. a NIE EC Felis domestiea Briss. 3 erwachsene. . . . . . » Eigenes Material „ „ „ 5 junge . ” Aus den Samnl. des anat. GIER In: a Mustela foina Eızleb. -. - . » . 2 2.2.2.2... Eigenes Material Viverra malaccensis Gmelin . ee Nasua naricaL. - - .. . 0.0.08. 1. Aus den Samml des anat. Cereoleptes caudivolvulus Se N ee NEE Instituts zu Heidelberg Proeyon lotor L. Rodentia. Aus den Samml. des anat. Instituts zu Heidelberg Aus den Samnl. der Forst- wissenschaftlichen Sektion der Universität zu Helsinki Lepus europaeus Pall. Junges Ex.. Mus rattus L. —— wu „ musceulus L. 3 Neugeborene . . . . . . . Eigenes Material APRES: Bos taurus L. Kalb. . . - . . . Eigenes Material „ m: 2Feten. | Gütigst von es Obertierarzt W. MÜLLER in Mann- Susserofa „ 3.» J heim überlassen Prosimiae. Lemur macaco L. (Sehr mazeriert) ».. mongo% „ 5 R: MIERE: | Aus den Samnl. des anat. hr > „ var. rufifrons ! ee, | Instituts zu Heidelberg ve Tue). Primates. Cebus hypoleueus Humb. TER HORB EHE 5 TREUE TEEN TEN. ER ir nee‘ | Aus den Samml. des anat. Papio sphins: Bi GeoßEra er. Se en Rarnl. | Instituts zu Heidelberg „ hamadryas L. . 634 Einar Fieandt Papio doguera Puch. et Schimp . Macacus eynomolgus L. . n rhesus Audeb. . m sinteus L. ; Anthropopitheeus tr oelilyten T: Homo sapiens L. 8 Monate alter F ee Eu 2 3, „ Neugeborener Knabe . Aus den Samml. des anat. “Instituts zu Heidelberg ———— -_— 2. Das Schädelmaterial. Monotremata. Echidna aculeata Shaw. Ganzes Skelet. . . . . Aus den Samml. des anat. Ormithorhynchus anatinus Shaw. Ganzes Skelet Instituts zu Heidelberg Marsupialia. Maeropus giganteus Zimm. Schädel ; Didelphys marsupialis L. var. aurita Wied. Schädel Aus den Samnl. des anat. “ 3 » „ virginiana Kerr. Schä- | Instituts zu Heidelberg del. PETER N Be Insectivora. Erinaceus europaeus L. 3 Schädel . ap Tolpa europsen ir. D Schädel. ı..... %. zur mus | Aus eigenen Sammlungen Sorex araneus L. 2 Schädel . Chiroptera. Vesperugo borealis Nilsson. 1 Schädel : ß € A i l Vespertilio mystacinus Leisler. 1 Schädel . Ä NS. eigenan SIRSEFEESZEe Carnivora fissipedia. Canis familiaris L. 5 Schädel . „ vulpes L. 4 Schädel Felis domestica Briss. 6 Schädel Putorius lutreola L. 1 Schädel . r nivalis L. 1 Schädel * putorius L. 1 Schädel. nr ermineus L. 1 Schädel Lutra lutra L. 3 Schädel . Aus eigenen Sammlungen Carnivora pinnipedia. Halichoerus grypus Nilss. 2 Schädel . 4 5 Phoca foetida Fabrieius. 1 Schädel - Au iz Rodentia. Arvieola terrestris L. var. amphibius L. 3 Schädel Mus decumanus Pall. 2 Schädel Lepus timidus L. 4 Schädel . „ europaeus Pall.e 1 Schädel . Aus eigenen Sammlungen Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. 635 Artiodactyla. Sus serofa L. domestica Gray. 1 Schädel Capra hireus @ 1 Schädel. ER Ovis aries L. @ 1 Schädel e ee ie (Jungop). 1 Schädel . Bos taurus L. © (adultus). 1 Schädel . . . . . „ Aus eigenen Sammlungen 2 » 5.6 (juv.) 3Schädel BEE. Alces machalis Ogilby. @ 1 Schädel. . . . . . a 2] [6) 1 bb} 2 Mies ash Ogilby X Bos taurus L. a 1 Schädel Perissodactyla. Equus caballus L. (adultus) 1 Schädel. . Bl: ee s 3 el ibSchägeh, ers. 5 5 Prosimiae. IemUN IDEEN CO Te ee ee en Aus den Samml. des anat. „ varius Is. Geoftr. Instituts zu Heidelberg Primates. Papio sphinz E. Geoftr. . Macacus cynomolgus L. . ; Homo sapiens L. (mehrere Schädel) j | Aus den Samnl. des anat. . J Instituts zu Heidelberg Literaturverzeichnis. Hier sind nur die Autoren genannt, die besonders wichtig oder die im Text erwähnt sind. Bezüglich der speziellen Literatur wird auf FÜRBRINGER (1875 und 1897), Beck (1895), RortGans (1886) und GLAESMER (1910) hingewiesen. Die mit einem * bezeichneten konnte ich leider nicht erlangen. *1909. ALESSANDRINI, P. 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Nervus vago-accessorius, Ggl MM. genio-glossus, % die erste Hypoglossus-Wurzel, Gh NM. genio-hyoideus, dem oceipitalen Nerven x ent- @hy Ganglion hypoglossi, sprechend, Hgl _M. hyo-glossus, XLH Nervus hypoglossus. Üb. d. Wurzelgebiet d. Nervus hypogl. u. den Plexus hypoglosso-cerv. usw. Inhaltsverzeichnis. A. Historischer Überblick... . . . 1 EHE rt" ER ea 3 R B. Eigene Einleitendes. Allgemeine Zusammensetzung des Nervus PIDBRUSSdeT SAUSEHORG., :0.%. 0. 1m ae, eZentealer- Ursprung... 22.0, ar RE Abgang von der Medulla lan Anzahl und: Große: der: Wurzeln; 4 Sm ern a ke . Dorsale (sensible) Wurzeln und Ganglien . ..... . Durchtritt des Nervus hypoglossus durch a Schädel (Data maters.und Schade FA. Fa er ae . Anastomosen des Nervus hypoglossus mit Gehirnnerven und mit BERUSIIDRARD LEE SE ee . Das peripherische Gebiet des N. hypoglossus (Plexus hypo- SIOBSOZGERWIEANSE RATES ee a a, a) Nervenfaser-Arkaden zwischen den 3 ersten Cervicalnerven nor dem: Hyrpaslossua NIIT TE be-Plexus-hypogplosso-eervicalis. 8: str... .10 0.280, Untersuchungen ....... I Einleitung... a be ER a A II. Beschreibender Teil N EN ER RE TER N ae on = MONOUTEMaA EEE een a Se rn Marsuplalla 70.20.28 Fe et N ELLE ‚R . Insectivora . ER DENE SNÜIENTV OA ar a I RL Be RR a AR WBEORIDHAEFEr I ee. en . Primates (Simiae und Honimdaer: ee) m a . Anhang (Rodentia, Ungulata artiodactyla, Reptilia) 190 P u DyD— ITT% Zusammenfagsender Teik "ar Ir es se a) Zusammenfassung der speziellen Untersuch- ET RR OBEN Pr ER 1. Der Abgang des Hypoglossus aus der Medulla . . 2. Die Wurzeln des Hypoglossus. .. . 2.2.2... 3. Der Durchtritt durch die Dura mater und die Schädel- 4. Die Anastomosen des Hypoglossus und der obersten Cervicalnerven mit Gehirnnerven. . ....... 5. Die Verbindungs-Arkaden zwischen dem Cervicalis I und:dem-Hypogzlodaus‘ 21. wrsne. sa re 6. Der Plexus hypoglosso:cervicalis 8. str... ... 7. Die Innervierung der Zungen- und Zungenbein- USA ee TR Er ee b) Einige allgemeine Schlußfolgerungen. ... . CICERO ne Mae a De ee ee Untersuchungsmaterial (Dissectionsmaterial, Schädelmaterial). . . . Lileraiger2siehais a a ne a een Ar Se Te —— 643 Ant mug er. J } EN; Fe I pt Sr (Aus dem I. anatomischen Institut in Wien. Vorstand: Prof. J. Tandler.) Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus serofa domesticus. Von Lotar v. Hofmann. Mit 4 Figuren im Text und Tafel XVI und XVII. Obwohl die einzelnen Ordnungen der Mammalia große Diffe- renzen in der arteriellen Kopfversorgung aufweisen, konnte TANDLER (1898) doch einen Grundtypus feststellen, mittelst dessen eine un- gezwungene Erklärung der einzelnen Varianten möglich ist. Eine wichtige Rolle in diesem Grundtypus spielt das stapediale Gefäß, worunter eine aus der Carotis interna stammende, beim Embryo die Stapesanlage durchbrechende, späterhin zwischen den Stapesschenkeln durchziehende Arteria zu verstehen ist, »gleichgültig ob diese im speziellen Falle vollständig erhalten, rudimentär ge- worden oder abschnittsweise verschwunden ist«. Gestützt auf vergleichend anatomische Forschungen nahm Taxp- LER ursprünglich an, daß diese Arterie das primäre Gefäß der Orbitalregion und des Oberkiefers sei, konnte dann aber seine An- sicht auf Grund embryologischer Untersuchungen an der Ratte und am Menschen (1902) dahin erweitern, daß auch der Unterkiefer primär von ihr versorgt wird, was auch GrRossErR (1901) an Chiropteren- Embryonen fand. An der Arteria stapedia sind zwei Äste zu unterscheiden (TAnDLER): »1. Ein Ramus superior, 2. ein Ramus inferior. Der Ramus superior ist für die Entwieklung der A. meningea media und der Orbitalarterien von Bedeutung. Der Ramus inferior hilft die A. maxillaris interna aufbauen. 646 Lotar v. Hofmann Die Teilung in die beiden Äste erfolgt, nachdem die A. stape- dia den Stapes passiert hat, knapp bevor sie die Paukenhöhle verläßt. « Ich habe die Entwicklung der Kopfarterien mit besonderer Be- rücksichtigung der Stapedia beim Schwein untersucht. Der an und für sich schon verwickelte Entwieklungsvorgang kompliziert sich hier noch durch die Entwicklung eines Wundernetzes und einer sekundären Gefäßbahn, der Arteria foraminis laceri, die nach Zu- grundegehen der cranialen Carotis interna dasselbe speisen hilft. Die Bildung des Wundernetzes und der Arteria foraminis laceri hat TAnDLer (1906) ausführlich beschrieben. Bevor ich an die Schilderung der Entwicklungsvorgänge selbst gehe, möchte ich kurz eine Beschreibung der Kopfarterien des er- wachsenen Tieres geben, welche ich der Arbeit TAnnLers über die Entwicklungsgeschichte der arteriellen Wundernetze (1906) entnehme: »Die Arteria earotis communis teilt sich nach Abgabe der A. thyreoidea superior hoch oben am Hals auf. Die Teilungsstelle selbst ist entsprechend der starken Ausbildung des Unterkieferwinkels fast vollkommen von diesem lateralwärts gedeckt. Die Aufteilung erfolgt derart, daß der Stamm in zwei ungleich starke Äste zer- fällt, von denen der stärkere nach vorn und innen zieht, A. carotis externa, während der schwächere in der Fortsetzung des Haupt- stammes ceranialwärts ziehend, den kurzen Truncus communis der A. carotis interna und A. oceipitalis darstellt....... Die A. carotis externa zieht zuntichst nach vorn oben, wird vom Nervus hypoglossus und vom Musculus biventer lateralwärts gekreuzt und entläßt die A. lingualis nach vorn und unten, die A. maxillaris externa nach vorn und oben. Die Carotis externa ge- langt nun bis in die Höhe des Unterkieferköpfehens, wo sie medial- wärts und vorwärts umbiegend zur A. maxillaris interna wird. Vor- her gibt sie noch einige schwächere Äste, die A. aurieularis posterior und temporalis superficialis ab. Die A. maxillaris interna kommt zwischen die beiden Mus- euli pterygoidei zu liegen und kreuzt daselbst den dritten Ast des N. trigeminus an seiner lateralen Seite. Hier zweigt von der Ar- terie, an der lateralen Seite des M. pterygoideus internus nach oben ziehend, die A. temporalis profunda, nach unten verlaufend die A. alveolaris inferior ab. Gerade dort, wo die A. maxillaris interna den hinteren Rand des M. pterygoideus internus kreuzt, entläßt sie an ihrer inneren Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus serofa domesticus. 647 Zirkumferenz ein mächtiges Gefäß, welches sich, den hinteren Rand des M. pterygoideus internus umgreifend, an die mediale Fläche dieses Muskels begibt und hier eranialwärts zieht. Dabei wird dieses Gefäß von hinten her vom dritten Trigeminusast umgriffen, dem es eranialwärts folgt und zugleich medial und rostral von ihm liegt. Diese Arterie, Ramus anastomoticus, gelangt an der lateralen Seite der Tuba Eustachii vorüber an die knöcherne Schädelbasis und betritt das Cavum cerebrale durch einen kleinen nach vorn und innen gerichteten Ausschnitt jenes großen Knochendefektes an der Schädelbasis, dessen vorderer und lateraler Anteil dem Foramen ovale entspricht. Der Ramus anastomoticus mündet hierauf in das basale Wundernetz. Bemerkt sei noch, daß dieser Ramus anastomotieus einen Ast abgibt, welcher lateral vom dritten Trigeminusast die Schädelhöhle betritt und subdural als A. meningea media weiterläuft. Der Ast selbst scheint bezüglich seines Abganges sehr zu variieren. Die A. maxillaris interna zieht an der lateralen Seite des M. pterygoideus internus nach vorn weiter und entläßt an der Kreuzungs- stelle mit dem N. bueco-labialis die A. bucco-labialis und den Ramus orbitalis, welche erst später beschrieben werden sollen. Der Stamın der A. maxillaris interna biegt ein wenig nach auf- wärts, erreicht den zweiten Ast des Trigeminus und zieht mit ihm als A. infraorbitalis gesichtswärts. Die A. buceo-labialis verläuft als starkes Gefäß mit dem gleichnamigen Nerven zur Wange. Der Ramus orbitalis gelangt in den hinteren Abschnitt der Orbita, indem er den N. abducens und den M. rectus lateralis von außen her umgreif. Am oberen Rande dieses Muskels angelangt, entläßt er die A. lacrimalis, welche mit dem gleichnamigen Nerven nach vorn zieht. Der Hauptstamm des Ramus orbitalis biegt nun medialwärts und gelangt unter Abgabe einer Anzahl von Muskel- arterien zwischen M. levator palpebrae und M. reetus superior hin- durch in die mediale Hälfte der Orbita. Hier senkt sich das Gefäß gegen den Optieus, gleichzeitig nach hinten verlaufend. Am late- ralen Kontur des N. optieus angelangt, teilt sich die Arterie folgender- maßen auf: Nach vorn rechtwinkelig abbiegend entfernt sich ein ziemlich starker Gefäßstamm, welcher dem Optieus peripherwärts folgend, sich nach kurzem Verlauf in ein Bündel feinerer unter- einander paralleler Gefäße, Aa. eiliares, auflöst. Von der Auf- teilungsstelle des Hauptstammes medianwärts ziehen einige kleinere Muskelarterien, während der Rest des Gefäßstammes mit dem Op- 648 Lotar v. Hofmann tieus centralwärts verläuft. Dieses sofort in mehrere Äste zerfallende Gefäß umspinnt mit seinen einzelnen Ästen den N. opticus und zieht, hauptsächlich an der medialen Seite des Sehnerven stark ent- wickelt, mit diesem durch das Foramen optiecum in die Schädel- höhle. Entweder unmittelbar vor dem Durchtritt oder knapp da- hinter sammeln sich die einzelnen Äste zu einem Stamm, A. oph- thalmica, welcher dann in die A. earotis eerebralis mündet..... Die A. carotis interna zieht als gut entwickeltes Gefäß mit dem N. sympathicus cranialwärts und entläßt nach kurzem Verlauf einen nach hinten und oben gerichteten Ast, welcher mit dem Glosso- pharyngeus-Vagus verläuft und mit diesem Nerven zusammen in die Schädelhöhle gelangt. Man könnte diese Arterie analog der beim Menschen vorhandenen als A. meningea posterior bezeichnen. Unmittelbar oberhalb der Abgangsstelle dieses Gefäßes entspringt aus der hinteren Zirkumferenz der Arterie ein feines, aber sehr resistentes fadenförmiges Gebilde, welches sich dem Sympathicus eng anlagert und mit ihm cranialwärts verläuft, während der Stamm der Arterie ein wenig nach vorn gerichtet weiterzieht. In einem Falle konnte ich den erwähnten Faden bei Lupen- präparation bis an das Wundernetz mit Injektionsmasse gefüllt nach- weisen, in einem anderen war nur der Anfang und das Ende ge- füllt. Auch an noch ziemlich jungen injizierten Föten ist das Gefäß nur mit der Lupe auffindbar. Der Gefäßfaden zieht mit dem N. ca- roticus sympathici der medialen Bullawand anliegend nach aufwärts, schiebt sich mit dem Nerven zwischen Bulla und Petrosum und ge- langt damit in die für die A. carotis interna charakteristische Be- ziehung zur Cochlea. An der Schnecke nach vorn und innen um- biegend traversiert das Gefäß die Tuba auditiva und gelangt in den Sinus cavernosus, um hier an der lateralen Seite des Wundernetzes zu enden. Der hier beschriebene Gefäßfaden ist das Rudiment des eranialen Abschnittes der Carotis interna, während das an ihm an- geschlossene Stück dieser Arterie, das ist vom Ursprung des Fadens proximalwärts bis zur Teilung der Carotis communis, den persistenten gut entwickelten Abschnitt der inneren Kopfschlagader darstellt. Die Fortsetzung dieses Gefäßes zum Foramen lacerum cranialwärts vom Abgang des Fadens, scheinbar Carotis interna, kann demnach nicht dieses Gefäß sein, sondern ein Novum. Diese Arterie, ich will sie A. foraminis laceri nennen, zieht nach aufwärts und gelangt an die mediale Wand der Bulla, ein wenig medial und oral vom N. caroticus verlaufend und betritt, in Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus scrofa domestieus. 649 ein Wundernetz aufgelöst, durch den beiläufig in der Frontalebene der Pyramidenspitze gelegenen Anteil des großen basalen Knochen- defektes die Schädelhöhle. Der extracraniale Anteil des Wunder- netzes, welcher ohne deutliche Grenze in den intracraniellen über- geht, beginnt an der medialen Bullawand und reicht lateralwärts bis au die Pyramidenspitze. Er liegt dabei medial und dorsal von der Tuba. Da lateral und ventral von der Tuba der schon be- schriebene, aus der A. maxillaris interna stammende Ramus anasto- moticus zum Wundernetz zieht, so liegt die Tuba zwischen zwei Arterien, lateral Ramus anastomoticus, medial A. foramini laceri... Im Sinus cavernosus ist in den Verlauf der Üarotis interna das Wundernetz sozusagen eingeschoben. Dieses soll erst später des Genaueren beschrieben werden. Aus dem Wundernetz entwickelt sich ein starker Gefäßstamm, welcher die Decke des Sinus caver- nosus durchbricht und als A. carotis cerebralis zum Gehirn zieht. Sofort nach ihrem Eintritt in das Duralecavum entläßt die A. ca- rotis die A. ophthalmica, deren weiteres Verhalten schon beschrieben wurde. Hierauf teilt sie sich in zwei ziemlich gleichstarke Äste, Ramus anterior und posterior. Der Ramus anterior spaltet sich nach kurzem Verlauf in die A. cerebri media und in die A. cerebri anterior. Der Ramus posterior entläßt zunächst die A. cerebri posterior und biegt hierauf medianwärts ab, um sich am vorderen Rand der Brücke mit dem der anderen Seite zur dünnen A. basilaris zu verbinden. Dieses Gefäß zieht caudalwärts und gewinnt hierbei an Kaliber, da es rechts und links je eine A. vertebralis aufnimmt. Seitwärts gibt es die Kleinhirn- und Brückenarterien ab. Es ist selbstverständlich, daß der zwischen Carotisstamm und A. cerebri posterior gelegene Anteil des Ramus posterior der A. communicans posterior des Men- schen analog ist, ebenso, daß das zwischen der A. basilaris und der Abgangsstelle der A. cerebri posterior befindliche Stück in der letzteren Arterie beim Menschen enthalten ist. Das Bild des voll- kommen geschlossenen Circulus arteriosus Willisii ist nur entsprechend dem veränderten Kaliber der einzelnen Teile ein verändertes, ohne daß die morphologische Wertigkeit der einzelnen Stücke dadurch geändert wird. Die A. oceipitalis, deren Ursprung schon früher beschrieben wurde, erreicht nach Abgabe einer Reihe von mächtigen Ästen den Processus transversarius atlantis, nimmt das obere Ende der schwachen A. vertebralis auf und gelangt durch einen in der Bogenwurzel des Atlas gelegenen Knochenkanal hindurch in die Schädelkapsel. Hier 650 Lotar v. Hofmann entwickelt sich ein ganz kleines einfaches Wundernetz, aus welchem ein die Dura mater perforierendes Gefäß entsteht. Dieses vereinigt sich mit dem der anderen Seite zur A. hasilaris. Es ist klar, daß das von der Vereinigungsstelle der A. oceipitalis und vertebralis bis zur Basilaris reichende Gefäßstück als A. vertebralis cerebralis be- zeichnet werden muß. Die A. vertebralis erschöpft sich schon am Hals und langt als kleines Gefäß am Atlas an, wo es sich, wie beschrieben, mit der A. oceipitalis vereinigt........ Wundernetz: Das vom Ramus anastomotiecus der A. maxillaris interna und von der A. foraminis laceri gespeiste Wundernetz füllt den Sinus cavernosus vollständig aus. Es ist kleinmaschig und die einzelnen Stämme sind ziemlich gleichstark. Das Wundernetz be- ginnt, wie schon erwähnt, extracraniell und füllt bei seiner Passage durch die knöcherne Schädelbasis den ganzen mittleren Abschnitt des großen basalen Knochendefektes vollständig aus. Die mediale Tubenwand wird von ihm fast vollkommen umgriffen. Ebenso nimmt das die beiderseitigen Wundernetze miteinander vereinigende Stück den ganzen hinteren Anteil der Sella tureica für sich in An- Spruch. < Hinzuzufügen wäre noch, daß beim Schwein die beiden Aa. ca- rotides communes aus einem Truncus bicarotieus entspringen, der seinerseits wiederum mit der A. subelavia dextra mittelst eines gemeinsamen Stammes, der A. brachiocephalica, seinen Ursprung aus dem Arcus aortae nimmt. Die A. subelavia sinistra entspringt separat aus der Aorta. Die beiden Arteriae subelaviae geben als erste Gefäße den Truneus eosto- cervicalis, die Aa. vertebralis und cervicalis profunda ab. Diese drei Gefäße entspringen oft ebenfalls mittelst eines Truneus communis (ELLENBERGER und Baum 1912). Die Entwicklung der Aortenbogen beim Schwein waren schon Gegenstand mehrfacher Untersuchungen. So hat H. LEHmAnn (1905) eine Beschreibung derselben gegeben. Sie konnte alle sechs Aorten- bögen nachweisen. An Embryonen vom Beginn des 20. Tages ist der I. und II. Bogen ventral unterbrochen, an etwas älteren Em- bıyonen sind nur mehr die dorsalen Hälften derselben vorhanden. In der Beschreibung eines 21 Tage alten Embryo finden sich fol- gende Angaben über die beiden cranialen für den Aufbau der Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus scrofa domesticus. 651 A. stapedia in Betracht kommenden Aortenbögen: »Short spurs on the aortie roots are present in the mandibular and hyoidean arches, which correspond in position to the dorsal remnants of the first and second arches in younger embryos.« An diesem Embryo hat sich auch die A. ventralis bereits bis zur ersten Schlundtasche verlängert. Aus der Beschreibung eines 22 und 23 Tage alten Embryos ist nicht zu ersehen, ob Rudimente der beiden eranialen Aortenbögen vorhanden sind oder nicht. Meine Untersuchungen habe ich an dem Embryonen-Material der ersten anatomischen Lehrkanzel vorgenommen. Die Embryonen waren mit Ausnahme eines frontal geschnittenen durchweg hori- zontal und sagittal geschnitten und mit Hämalaun-Eosin oder Coche- nille-Alaun gefärbt. Die das betreffende Stadium am besten cha- rakterisierenden Embryonen wurden sagittal rekonstruiert. I. Stadium. Ein Embryo von 4,5 mm S.S.-L., der ungefähr dem Stadium 69 der KEIBELschen Normentafel entspricht, zeigt folgende Verhältnisse: Mandibular, Hyoid und erster Branchialbogen sind entwickelt. Die Augenblase ist sekundär eingestülpt, die Linsengrube noch weit geöffnet. Der Embryo besitzt drei vollständige Aortenbögen, den III., IV. und VI. Der I. und II. Bogen lassen sich in Form einzelner Lacunen in den Mandibular- und den Hyoidbogen verfolgen. Die A. dorsalis zeigt an der Kreuzungsstelle mit dem N. facialis eine deutliche Aussackung, welche gegen den Hyoidbogen gerichtet ist. Diese topographische Beziehung läßt mit Sicherheit vermuten, daß es sich um den dorsalen Rest des II. Aortenbogens handelt. Hirnwärts ziehend entläßt die A. dorsalis medial vom Trigeminus- ganglion ein kurzes, beinahe lumenloses Gefäß in den Mandibular- bogen, den dorsalen Rest des I. Aortenbogens. In der Hypophysengegend teilt sich die A. dorsalis, nunmehr zur Carotis cerebralis geworden, in einen Ramus anterior und posterior. Ersterer zieht über den Optieus rostralwärts, letzterer tritt mit der ersten lateralen Segmentalarterie in Anastomose und bildet so die A. vertebralis cerebralis. Der ersten Segmentalarterie folgen weitere sechs cervicale Seg- mentalarterien, deren letzte, dem VI. Segment angehörig, einen Ast 652 Lotar v. Hofmann in den Extremitätenstummel sendet und sich so als A. subelavia cha- rakterisiert. Außer dieser lateralen Segmentalarterie entspringen an der medialen Seite der Carotis cerebralis noch zwei feine Arterien, ähnlich wie sie TANDLER für Mus rattus, SICHER für Talpa be- schrieben hat. Ähnliche Verhältnisse wie die eben beschriebenen weist ein Embryo von 5 mm S8.S.-L. auf (Fig. 1). Vorhanden sind der IIL, IV. und VI. Aortenbogen, von welchem die A. pulmonalis abgeht. Der III. Bogen besitzt an seinem Ur- sprung eine oral vorspringende, große halbkugelige Vorwölbung. Die A. ventralis ist nach Abgabe des III. Bogens noch durch ca. 10 Schnitte (10 «) zu verfolgen, zuerst mit weitem, dann mit stark reduziertem Lumen. Eine ganz kleine, dorsal gerichtete Aus- sackung ist vielleicht als der ventrale Rest des II. Bogens anzu- sprechen. Vom I. Aortenbogen konnte ich nichts mehr nachweisen. Die A. dorsalis erscheint zwischen III. und IV. Bogen ein wenig verjüngt. Nach Einmündung des III. Bogens zieht sie als Carotis interna hirnwärts. Die am vorhergehenden Embryo als dorsaler Rest des II. Aorten- bogens bezeichnete Aussackung ist hier als ein lateral verlaufendes kurzes Gefäß nachweisbar. Die Carotis interna teilt sich wiederum in den Ramus anterior und posterior. Letzterer bildet mit der ersten lateralen Segmentalarterie die A. vertebralis cerebralis, ersterer zieht über den Augenblasenstiel und gibt dabei eine äußerst feine A. oph- thalmica ab. Auch an diesem Embryo entspringen an der medialen Seite der Carotis cerebralis zwei kurze Arterien. Ein ein wenig älterer Embryo von 8,2 mm S.S8.-L. zeigt einige Fortschritte in der Gefäßentwicklung. Der Bulbus ist in Aufteilung begriffen. Außer dem III., IV. und VI. Aortenbogen, die übrigens ebenso wie die Aorta dorsalis rechter- seits ein geringeres Lumen aufweisen als linkerseits, ist beiderseits der V. Bogen ziemlich vollständig vorhanden. An der Mündungs- stelle des IV. Bogens befindet sich eine Insel in der Aorta dorsalis. Die Teilungsstelle der Aorta dorsalis ist beinahe bis zur Ab- gangsstelle der Aa. subelaviae heruntergerückt. Die Aorta ventralis läßt sich auf der rechten Seite des Embryo bis in den Hyoidbogen, auf der linken Seite in den Mandibularbogen bis an die laterale Seite des N. mandibularis verfolgen. > Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus scrofa domesticeus. 653 Die Carotis interna verhält sich wie früher. Der dorsale Rest des II. Aortenbogens läßt sich bis zum N. facialis verfolgen. Das Rudiment des I. Aortenbogens ist beinahe vollkommen ver- schwunden. Die cervicalen Segmentalarterien sind untereinander und mit der A. vertebralis cerebralis in Anastomose getreten. Ihre Aortenwurzeln sind zugrunde gegangen, die neugebildete A. vertebralis geht von der A. subelavia ab. Zusammenfassung. Dieses Stadium erscheint durch das Zugrundegehen des I. Aorten- bogens charakterisiert. Vom II. Bogen persistiert ein dorsaler und wahrscheinlich auch ein ganz kleiner ventraler Rest. Die Aorta ventralis verlängert sich in den Unterkiefer. Die A. vertebralis ist an den älteren Embryonen dieses Stadiums bereits gebildet. II. Stadium. Die Embryonen dieses Stadiums charakterisieren sich durch eine deutliche Hemisphärenanlage, durch Pigmentablagerung in der Re- tina und durch die Anlage des JacoBsonschen Organs. Ein Embryo von 12,8 mm S.S.-L., der ungefähr dem Stadium 80 der KeEißeLschen Normentafel entspricht, zeigt eine bis in den Ven- trikel reichende Aufteilung des Bulbus. Die Teilung der Aorta dorsalis ist caudalwärts bis in die Höhe des I. Brustsegments fortgeschritten. Der rechte Teil des Aorten- systems zeigt gegenüber dem linken ein bedeutend reduziertes Kaliber. Die beiden Aa. carotides communes, als solche kann man jetzt die Aortae ventrales oberhalb des IV. Bogens bezeichnen, da die Aorta dorsalis zwischen III. und IV. Bogen inObliteration begriffen ist, ziehen annäherd parallel cranial, um sich nach kurzem Verlauf zu teilen. Die A. carotis externa gibt ziemlich knapp oberhalb der Teilungs- stelle die A. lingualis ab, welche mit dem N. hypoglossus in die Zunge verläuft. Dann wendet sich die A. carotis externa lateral und zieht einen eranial konvexen Bogen beschreibend zum N. mandibularis. Bevor sie jedoch den Hyoidbogen verläßt, entspringt aus ihr ein feines Gefäß, welches sich lateral zum Faeialis hinwendet. Es dürfte sich wahrscheinlich um die Weiterentwicklung der im früheren Sta- dium als ventraler Rest des II. Aortenbogens bezeichneten Aussackung handeln, aus welcher die Anlage der A. stylo-mastoidea hervorgeht. 654 = Lotar v. Hofmann Den N. mandibularis kreuzt die Carotis externa an seiner lateralen Seite, gibt ihm die A. alveolaris inferior primaria mit und erreicht schließlich den N. maxillaris, an dessen medio-ventraler Seite sie als ‘A. infraorbitalis gesichtswärts zieht. Die Aorta dorsalis zieht nach Empfang des II. Be mit verstärktem Kaliber als Carotis interna hirnwärts. Das Gefäß, das sie im früheren Stadium an der Kreuzungsstelle mit dem N. facialis abgab, ist auch an diesem Embryo vorhanden und hat eine Weiter- bildung erfahren. Es zieht lateral und gabelt sich nach kurzem Verlauf in zwei kleine Äste, deren einer ventral, einer dorsal ver- läuft. Nach Abgabe dieses Gefäßes, der Vergleich mit älteren Sta- dien lehrt, daß es sich hier um die Anlage der A: stapedia han- delt, zieht die Carotis interna zur Hypophyse. Hier bildet sie einen lateral offenen Winkel und zeigt die allerersten Anfänge der Wunder- netzbildung (siehe TAnpLer 1906, S. 249). Die Aufteilung der Ca- rotis interna erfolgt wie früher. Ihr Ramus anterior ist bis in den mittleren Stirnfortsatz zu verfolgen. Die A. vertebralis zeigt, ähnlich wie es HoCHSTETTER beim Kaninchen beschreibt, entsprechend den Zwischenräumen zwischen zwei Querfortsatzanlagen bedeutende Ausbuchtungen. _ Ein Embryo von 14,9 mm S.S.-L. (Tafelfig. 2) zeigt folgende Verhältnisse: Aorta und Pulmonalis sind zwei vollkommen getrennte Gefäße. Das Aortensystem erscheint caudal gerückt, der IV. Bogen verläuft in der Höhe des II. Halssegmentes, der VI. in der Höhe des II. Die Carotis communis verhält sich wie früher, desgleichen die Carotis externa. Das feine, lateral zum Facialis verlaufende Gefäß, (A. stylomastoidea), ist auch hier wiederum vorhanden. Die Carotis interna sowie die Anlage der A. stapedia zeigen keine Weiterentwicklung. Die A. vertebralis nimmt ihren Ursprung aus der A. subelavia, welche sowohl rechts wie links vor dem VII. Halswirbel verläuft. Beyor die A. vertebralis das Foramen transversarıum VI betritt, entläßt sie auf der rechten Seite eaudalwärts ein Gefäß, welches vor dem Querfortsatz des VII. Halswirbels verlaufend, mit der letzten cervicalen Segmentalarterie i. e. A. cervicalis profunda, anastomosiert. Diese hat ihre Aortenwurzel bereits verloren und scheint Anschluß an den schon gebildeten Truncus costo-cervicalis gefunden zu haben, doch konnte ich das nieht mit Sicherheit nachweisen. Die A. cer- vicalis profunda verläuft zwischen letztem Hals- und erstem Brust- Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus serofa domesticus. 655 wirbel dorsalwärts; durch das Foramen transversarium VII ent- sendet sie cranial ein Gefäß, das die A. vertebralis jedoch nicht erreicht. Die praevertebrale Anastomose zwischen A. vertebralis und letzter Segmentalarterie gleicht sehr der Anastomose, wie gie SICHER für einen 7” mm langen Talpa-Embryo beschreibt. Durch sie wird die A. cervicalis profunda an die A. vertebralis angeschlossen. Auf der linken Seite konnte ich diese praevertebrale Anasto- mose nicht unzweifelhaft nachweisen; doch glaube ich, daß sie vor- handen ist, da die linke letzte cervicale Segmentalarterie auch ihre Aortenwurzel verloren hat. Zusammenfassung. In diesem Stadium gibt die A. carotis externa die Aa. lingualis und stylomastoidea ab und zieht dann an der lateralen Seite des N. mandibularis vorbei in den Oberkiefer, wo sie zur A. alveolaris superior wird. Der dorsale Rest des II. Aortenbogens hat sich gegenüber dem früheren Stadium etwas verlängert und teilt sich in zwei kurze Zweige. Er repräsentiert die Anlage der A. stapedia. Die A. vertebralis entsendet eine praevertebrale Anastomose zur letzten cervicalen Segmentalarterie zur Bildung eines Truncus com- munis. III. Stadium. Die Embryonen dieses Stadiums haben eine größte Länge von ca. 16 mm. Das Telencephalon läßt bereits die Bildung der Fissura chori- oidea erkennen, das Linsenbläschen erscheint beinahe vollkommen erfüllt. Die Bogengänge haben sich abgeschnürt. Ein Embryo von 27 Tagen, der dem Stadium 88 von KEIBELS Normentafeln entspricht, zeigt folgende Verhältnisse (Tafelfigur 3): Das Aortensystem ist bedeutend caudal gerückt. Der IV. Bogen entspringt in der Höhe des vierten Halssegmentes und mündet in der Nähe des fünften, der VI. Bogen verläuft zwischen fünftem und sechstem Segment. Die rechte Aorta dorsalis ist nach Abgabe der A. subelavia dextra nur noch als ein feines Gefäß bis zur Vereinigung mit der linken Rückenaorta zu verfolgen. Infolge der bedeutenden Kaliber- reduktion erscheint der rechte Teil des Aortensystems als eine Adnexe des linken. 656 Lotar v. Hofmann Die beiden Carotides comm., die im früheren Stadium annähernd parallel verliefen, ziehen hier divergierend eranialwärts. Textfigur 1 veranschaulicht die beschriebenen Verhältnisse. Fig. 1. Schema nach einer Frontalrekonstruktior eines 27 Tage alten Embryo. Vergr. 50:1. A. Aorta, P. Arteria pulmonalis, A.d.d.(s.) Aorta dorsalis dextra (sinistra), IV.A.A.d.(s.) IV. rechter (linker) Aortenbogen, VI.A.A.d.(s.) VI. rechter (linker) Aortenbogen, A.s.d.(s.) Arteria subelavia dextra (sinistra), A.c.c.d.(s.) Arteria carotis dextra (sinistra). An der Kreuzungsstelle mit dem N. hypoglossus teilt sich die A. carotis communis. Knapp unterhalb der Teilungsstelle entläßt sie medianwärts die A. thyreoidea superior. Die A. carotis externa gibt als erstes Gefäß die A. lingualis ab. Auf der linken Seite ist der Abgang so weit caudal verschoben, daß es schwer ist zu entscheiden, ob derselbe noch von der Carotis communis oder schon von der Carotis externa erfolgt. Nach Abgabe Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus scrofa domesticus. 657 der A, lingualis zeigt die Carotis externa ein merkwürdiges Ver- halten: sie zerfällt in zahlreiche, vielfach anastomosierende Gefäße und bietet so ein an ein Wundernetz erinnerndes Bild dar. Diese Netzbildung reicht bis zur Kreuzung mit dem Glossopharyngeus. Eine Erklärung für dieses Verhalten vermag ich derzeit noch nicht abzugeben. Die A. carotis externa verläuft dann eranial und lateral. Das früher beschriebene feine, lateral zum Facialis verlaufende Gefäß, A. stylomastoidea, ist auch hier vorhanden. Zwischen der Anlage des Hyoid- und Meckeuschen Knorpels ist die A. carotis externa nur äußerst schwer zu verfolgen; allem Anschein nach ist sie im Obliterieren begriffen. Den N. alveolaris inferior kreuzt sie an dessen lateraler Seite und gibt ihm die A. alveolaris inferior mit. An dem N. buccolabialis medial vorbeiziehend, gelangt sie an den N. maxillaris und wird dort gesichtswärts umbiegend zur A. infraorbitalis. An der Um- biegungsstelle mündet in sie der Ramus inferior der A. stapedia. Die A. carotis interna verhält sich wie im früheren Stadium. Unterhalb der Cochlea-Anlage gibt sie die A. stapedia ab. Die Tube traversierend gelangt die Carotis interna an die Hypophyse und bildet dort einen lateral offenen Winkel. Die Wundernetzbildung befindet sich in einem Stadium, wie es TANDLER für einen 16 mm langen, 25 Tage alten Embryo beschreibt. Die Aufteilung der Carotis interna erfolgt wie früher. Der Ramus anterior ist medial vom Olfactorius vorbei bis zum Nasenseptum zu ver- folgen. Er entläßt die A. ophthalmica. Diese verläuft zunächst an der medio-ventralen Seite des N. opticus. Ungefähr in der Mitte seines Verlaufes gelangt sie an seine untere Seite. Bevor die Ar- terie den Bulbus erreicht, teilt sie sich in vier Äste: Der erste Ast tritt mit dem Opticus in den Bulbus, A. centralis, der zweite und dritte verlaufen dem Bulbus angeschlossen in dessen nasalem und temporalen Meridian nach vorn, Truncus eiliaris nasalis bzw. tempo- ralis, der letzte Ast endlich biegt eranial um und verteilt sich nach kurzem Verlauf in der Muskulatur der Orbita. Weitere Zweige der A. ophthalmiea konnte ich nicht nachweisen. Die A. stapedia zieht nach ihrem Ursprung aus der Carotis in- terna lateral und etwas cranial. Sich oral wendend perforiert sie eine medio-ventral vom N. facialis gelegene stark gefärbte, dichte Mesodermschichte, das sich bildende Stapesblastem. Nach ihrem Morpholog. Jahrbuch. 48. 43 658 . Lotar v. Hofmann Durchtritt durch dasselbe zieht sie unter dem Faecialis-Knie durch und teilt sich bald in zwei Äste. Der eine, Ramus inferior, zieht medial vom N. mandibularis vorbei und erreicht die A. carotis exteına, wo sie zur A. infra- orbitalis wird. Der andere, Ramus superior, zieht an der lateralen Seite des Ganglion Gasseri vorbei und gelangt in den eranialen Teil der Or- bita. Oceipital vom Ganglion entläßt der Ramus superior ein Gefäß, welches die Vena capitis lateralis lateral umgreifend sich in der An- lage der Meningen verteilt, Ramus meningeus. Die A. subelavia zieht links in der Höhe zwischen letztem Hals- und erstem Brustwirbel, rechts etwas tiefer. Als erstes Gefäß ent- springt aus ihr die A. vertebralis, die durch das Foramen trans- versarium VI ihren typischen Verlauf nimmt. Vor dem Querfortsatz des VII. Halswirbels entsendet die A. verte- bralis wiederum einen Ramus anastomoticus zur letzten cervicalen Segmentalarterie. Entsprechend dem Abwärtsrücken der A. sub- clavia ist der Ramus anastomoticus bedeutend kürzer geworden als im früheren Stadium. Die letzte cervicale Segmentalarterie entspringt aus dem Truncus costo-cervicalis und zieht als dünnes Gefäß zum Querfortsatz des VII: Halswirbels. Nach Empfang des Ramus anastomotieus zieht sie mit bedeutend verstärktem Kaliber unter dem Querfortsatz dorsal- wärts. Das kurze Gefäß durch das Foramen transversarium VII ist auch hier vorhanden. Die Arteria vertebralis erreicht es nicht. Der Trunceus costo-cervicalis entspringt aus der A. subelavia medial und eranial von der Anlage der ersten Rippe in ziemlicher Entfernung von der A. vertebralis. Ein 25 Tage alter Embryo zeigt sich in der Entwicklung an- nähernd gleich weit fortgeschritten wie der obige. Der ventrale Ast der A. stapedia ist hier noch erhalten und läßt sich allerdings nicht mit absoluter Gewißheit ein kleines Stück längs des N. facialis ver- folgen. SICHER beschreibt bei einem 6,5 mm langen Talpa-Embryo einen ähnlichen Ast der Stapedia; er vermutet, daß er ein Homologon eines den Muskelast des Facialis begleitenden Gefäßes beim Kro- kodil sei. Beim Durchtritt durch das hier in den ersten Entwicklungs- stufen befindliche Stapesblastem findet sich die Andeutung einer Insel in der Stapedia. Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus scrofa domesticus. 659 Zusammenfassung. Die Carotis externa ist in diesem Stadium zwischen Hyoid- und MEckeEtschem Knorpel in Obliteration begriffen. Am N. maxillaris mündet in sie der Ramus inferior der Stapedia. Diese besitzt einen typischen Ramus superior und inferior. Ersterer zieht an der lateralen Seite des Ganglion Gasseri vorbei in die Orbita, letzterer erreicht, den N. mandibularis an seiner medialen Seite kreuzend, die Carotis externa. Infolge der Caudalverlagerung der A. subelavia ist die Anastomose zwischen A. vertebralis und A. cervicalis profunda be- deutend kürzer geworden. IV. Stadium. Der Kopf eines Embryo von 18 mm S.S.-Länge, der ungefähr dem Stadium 89 der Kergerschen Normentafeln entspricht, zeigt folgende Verhältnisse (Tafelfıg. 4): Die A. carotis externa gibt die A. lingualis ab und wendet sich dann lateral, Dort, wo sie in früheren Stadien nach vorn abbog, um an den N. mandibularis zu gelangen, reduziert sich ihr Lumen bedeutend. Sie läßt sich nicht weiter gesichtswärts verfolgen. Hingegen zieht in Fortsetzung des Stammes ein dünnes Gefäß an der ventralen ‘Seite des Hyoidknor- pels cranial, die Arteria stylomastoidea. Die A. carotis interna verhält sich wie früher, ihr Ramus an- terior hat sich bis ins Nasenseptum verlängert. Die Wundernetz- bildung hat gegenüber dem früheren Stadium keine merklichen Fortschritte gemacht. Die A. stapedia zieht nach ihrem Ursprung aus der Carotis in- terna ein Stück lateral. Gesichtswärts umbiegend perforiert sie den Stapes und teilt sich. Der Ramus superior gelangt lateral vom Ganglion Gasseri vorbei in die Orbita. Oceipital vom Ganglion ent- springt aus ihm der an diesem Embryo nur äußerst schwer zu ver- folgende Ramus meningeus. Der Ramus inferior zieht medial vom N. mandibularis zum N. maxillaris, dem er die A. infraorbitalis mit- gibt. Bevor der Ramus inferior den N. maxillaris erreicht, entläßt er einen Ast, der, den N. buccolabialis an dessen medialer Seite kreuzend, an die laterale Seite des N. alveolaris inferior gelangt und dort zur A. alveolaris inferior wird. Dieser Ast des Ramus inferior — es ist wohl klar, daß es sich um den Ramus mandi- bularis der A. stapedia handelt — erscheint demnach aus zwei Teilen zusammengesetzt: das Stück zwischen dem Ursprung aus dem Ramus inferior und dem N. alveolaris inferior ist der ursprüngliche distale 43* 660 Lotar v. Hofmann Anteil der Carotis externa, das zweite Stück des Ramus mandi- bularis ist die A, alveolaris inferior primaria. Ein Embryo von 20 mm S8.S.-L. läßt gegenüber dem Stadium III deutliche Veränderungen in der Entwicklung der A. subelavia dextra und der Carotides communes erkennen. Durch das bedeutende Caudalrücken des Arcus Aortae sind die Carotis communis sinistra und der rechte vierte Bogen, der nach nunmehr erfolgter Obliteration der rechten Aorta dorsalis als Truncus anonymus zu bezeichnen Fig. 2. A.0.c.0.--" --A. c.c.S. .A.brceph a Schema nach einer Frontalrekonstruktion eines Embryo von 20 mm S.S.-L. Vergr. 50:1. A.A. Arcus Aortae, A.s.d.(s.) Arteria subelavia dextra (sinistra), A.c.c.d.(s) Arteria carotis communis dextra (si- nistra), A.brceph. Arteria brachiocephalica. wäre, einander bedeutend näher gerückt und entspringen mittels eines ganz kurzen Truncus communis — der Anlage der A. brachio- cephalica — aus dem Arcus Aortae (siehe Textfig. 2). Die Carotis externa, interna sowie A. stapedia mit Ausnahme ihres Ramus inferior zeigen das gleiche Verhalten wie am Embryo von 18 mm S.S.-L. Der Ramus inferior der Stapedia läßt eine ziem- lich deutliche Ringbildung um den N. mandibularis erkennen. Zusammenfassung. Durch Abwärtsrücken des Arcus Aortae kommt es in diesem Stadium zur Bildung der A. brachiocephaliea. Die Embryonen dieses Stadiums erscheinen durch eine vollständige A. stapedia mit ihrem Ramus supra- und infraorbitalis, sowie mandibularis charakterisiert. Die A. carotis externa läßt sich nur bis zum Hyoidknorpel verfolgen. V. Stadium. Ein Embryo von 30 Tagen und 23 mm größter Länge (Fig. 5) zeigt bereits viele Ähnlichkeiten mit dem erwachsenen Tier. Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus serofa domesticus. 661 Durch noch weiteres Caudalrücken des Arcus Aortae — er ver- läuft in der Höhe zwischen erstem und zweitem Thoracalsegment — ist der früher nur angedeutete Truncus communis zwischen A. carotis communis sinistra und Anonyma bedeutend in die Länge ge- wachsen; er repräsentiert die A. brachiocephalica. Die beiden A. carotides communes sind ganz aneinander gerückt und entspringen mittels eines kurzen gemeinsamen Stammes, des Truncus bicaroticus aus der A. brachiocephalica (siehe Textfig. 3), Fig. 3. Schema nach einer Frontalrekonstruktion eines 30 Tage alten Embryo. Vergr, 26:1. A.A. Arcus Aortae, A.s.d.(s.) Arteria subclavia dextra (sinistra), A.brceph. Arteria brachiocephalica, A.c.c.d.(s.) Arteria carotis communis dextra (sinistra), 7.be. Truncus bicaroticus, Die Teilung der Carotis communis findet in der Höhe des Zungenbeines statt. Unmittelbar vorher gibt sie die A. thyreoidea superior ab, | Die A. carotis externa entläßt zunächst die A. lingualis und distal davon die A. maxillaris externa, welche sich um den Unter- kieferrand schlingend am vorderen Masseterrand verläuft. Ein Stück zieht die Carotis externa nun an der lateralen Seite des Hyoidknor- pels aufwärts und wird, nach vorn abbiegend, zur Maxillaris interna. Vorher entläßt sie zwei Gefäße, ein cranial verlaufendes, die A. stylomastoidea, die sich dem Hyoidknorpel anschließt und die A. auricularis abgibt, und ein lateral verlaufendes, das die Anlage der A. temporalis superficialis darstellt. Während die Carotis externa caudal vom Hyoidknorpel ein durchweg einheitliches Lumen aufwies, läßt sie cranial davon zahl- reiche Inselbildungen erkennen. Um eine genaue Übersicht über 662 Lotar v. Hofmann diesen Gefäßabschnitt zu gewinnen, fertigte ich ein Modell davon an (Fig. 7). Die A. carotis externa kreuzt zunächst lateral den Hyoidknorpel (C.h.), dann beschreibt sie einen cranial konvexen Bogen, dessen Krümmungsebene von hinten innen nach vorn außen eingestellt ist. Ziemlich brüsk caudal abbiegend, zerfällt die Carotis externa in ein engmaschiges Netz, in welchem drei parallele, sagittal verlaufende dicke Gefäße unschwer zu erkennen sind. Das Netz, welches caudal gekrümmt ist, vereinigt sich etwas dorsal vom Meckeuschen Knorpel wiederum zu einem Gefäßstamm, der von mehreren Inseln durchbrochen ist. Die Bedeutung dieser Netzbil- dungen in diesem, wie auch in Stadium III ist vollkommen unklar. Möglicherweise, daß es sich um eine entfernte Analogie zur soge- nannten Carotisdrüse des Frosches handelt, die sich allerdings dort an der Aufteilungsstelle der Carotis communis befindet. In ihrem weiteren Verlaufe kreuzt die Carotis externa, nun zur A. maxillaris interna werdend, den MEckeschen Knorpel und den N. alveolaris inferior an deren lateraler Seite, wobei sie die A. al- veolaris inferior entläßt. Den N. buccolabialis kreuzt sie an dessen medialer Seite und gibt ihm die gleichnamige Arterie mit. Schließ- lich wird sie zur A. infraorbitalis und zieht gesichtswärts. An der Stelle, an welcher die A. maxillaris interna zur A. infra- orbitalis wird, zweigt ein Gefäß ab, welches an der lateralen Seite des N. maxillaris proximal zieht und in die Orbita gelangt. Dieses Gefäß tritt an der lateralen Seite des M. reetus lateralis mit dem Ramus superior der A. stapedia in Anastomose und bildet mit ihm so den Ramus orbitalis der A. carotis externa. Die A. carotis interna verhält sich wie früher, sie teilt sich in den Ramus anterior und posterior, ihre Wundernetzbildung hat keine Fortschritte gemacht. Aus dem Ramus anterior entspringt die A. ophthalmica, welche, der medialen Seite des N. optieus angeschlossen, die Spitze der Augenmuskelpyramide perforiert. Dabei entläßt sie einige feine Muskelzweige. Im weiteren Verlauf umschlingt die A. ophthalmica den Optieus, gelangt an dessen ventrale Seite und teilt sich in die A. centralis sowie in den Truncus eiliaris nasalis und temporalis. Von der A. stapedia ist nur noch der Ramus superior vorhan- den. Derselbe gibt den Ramus meningeus ab und tritt mit dem Ramus orbitalis der A. maxillaris interna in Anastomose, um sich dann mit bedeutend verstärktem Kaliber im eranialen Anteil der Orbita zu verteilen. Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus serofa domesticus. 663 Die A. subelavia ist gegenüber den früheren Stadien noch ein kleines Stück caudal gerückt und verläuft beiderseits vor dem ersten Brustwirbel. Durch dieses Hinunterrücken ist es dazu gekommen, daß die praevertebrale Anastomose zwischen A. vertebralis und letzter Cerviealarterie, die ihre Wurzel aus dem Truncus costocervi- calis verloren hat, verschwunden ist und die beiden Gefäße mittels eines Truncus communis aus der Arteria subelavia entspringen. In unmittelbarer Nähe vom Truneus communis, etwas caudal und lateral davon, nimmt der Truncus costocervicalis seinen Ursprung aus der A. subelavia. Zusammenfassung. © Die A. brachiocephalica sowie der Truncus bicarotieus sind ge- bildet. Die A. carotis externa hat sich sekundär verlängert und versorgt wiederum Ober- und Unterkiefer. Außerdem ist sie mit dem Ramus superior der A. stapedia längs des N. maxillaris in Anastomose getreten. Der Ramus inferior der Stapedia ist spurlos verschwunden. Die A. cervicalis profunda entspringt mit der A. vertebralis aus einem Truncus communis. VI. Stadium. Die Kopfarterien eines 24 mm langen Embryos verhalten sich beinahe vollkommen so, wie die des erwachsenen Tieres (Fig. 6). Die A. carotis externa gibt die Aa. lingualis, maxillaris externa und stylomastoidea ab. Nach vorwärts abbiegend wird sie zur A. maxillaris interna. Von einer Netzbildung, wie sie in früheren Stadien vorhanden war, ist nichts mehr zu sehen, vielmehr zieht sie in gestrecktem Lauf vom Hyoid- zum Meckerschen Knorpel. Indem sie an der lateralen Seite des N. alveolaris inferior vorbeizieht, gibt sie ein Gefäß ab, das an der rostralen Seite dieses Nerven cranial- wärts zieht. Etwas lateral abbiegend, erreicht es den Ramus superior der A. stapedia. Dieses neugebildete Gefäß, das, wie ältere Stadien lehren, die Anlage des Ramns anastomoticus der A. carotis externa zum Wunder- netz darstellt, konnte ich nur auf der linken Seite des Embryo voll- ständig verfolgen. Auf der rechten Seite waren wohl der craniale und caudale Anteil deutlich vorhanden, doch ließ sich kein un- zweifelhafter Zusammenhang der beiden nachweisen. An der Abgangsstelle der A. alveolaris superior geht‘ von der A. maxillaris interna wieder der Ramus orbitalis ab. 664 Lotar v. Hofmann Die A. carotis interna entläßt gleich oberhalb der Teilungsstelle der Carotis die dünne A. oceipitalis, welche am Atlas in Anastomose mit der A. vertebralis tritt. Die Carotis zieht hierauf dem N. sympathieus angeschlossen eranialwärts; die Cochlea und die Tuba Eustachii medial traver- sierend, mündet sie in das W.undernetz. Über dessen Entwicklung in diesem Stadium schreibt TANDLER folgendes: »Die Sprossenbildung ist eine ganz bedeutende geworden. Die einzelnen Gefäßsprossen zeigen vielfache Anastomosen. Stellenweise sind Lufina deutlich nachweisbar. Im allgemeinen hat es den An- schein, als ob die Lumenbildung im caudalen Anteil des Netz- werkes weiter fortgeschritten sei als im eranialen. Die Lumina lassen sich als erste Anlage der A. foraminis laceri noch weiter nach unten verfolgen... nr Die einzelnen Gefäßsprossen sind lang ausge- zogen und vielfach verästelt.« Die Aufteilung der A. carotis interna erfolgt typisch in den Ramus anterior und posterior. Ersterer gibt die A. ophthalmica ab. Diese verläuft an der medialen Seite des N. opticus. Knapp bevor sie den Bulbus erreicht, mündet in sie der Ramus orbitalis aus der A. carotis externa. Schließlich teilt sich die A. ophthalmiea in die A. centralis sowie in den Truncus eiliaris nasalis und tempo- ralis. Die Versorgung der übrigen orbitalen Gebilde übernimmt der Ramus orbitalis der A. carotis externa. Dieser verläuft von lateral kommend zunächst ein Stück längs des eranialen Randes des M. rectus lateralis, traversiert diesen dann nasalwärts und entläßt dabei ein lateral und oral verlaufendes Gefäß, die A. lacrimalis. Der Ramus orbitalis selbst beschreibt nasal verlaufend einen oral-konvexen Bogen, dabei gibt er mehrere kleine Muskelzweige ab. Schließlich teilt sich das Gefäß in zwei Endzweige: Der eine mündet in die A. ophthalmiea, der andere gelangt lateral vom M. obliquus superior an die Periorbita, A. supraorbitalis. Die A. stapedia ist größtenteils zugrunde gegangen. Von ihrer Abgangsstelle aus der Carotis interna läßt sie sich als lumenloser Faden bis zum Stapes verfolgen. Erhalten geblieben ist nur der distale Teil des Ramus superior samt dem Ramus meningeus. Der Ramus superior der Stapedia ist also in diesem Stadium durch zwei Anastomosen mit der A. carotis externa verbunden. Er gelangt dann in die Orbita, wo er über dem Opticus hinwegziehend an dessen medialer Seite mit der A. ophthalmica anastomosiert. Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus serofa domestieus. 665 An einem Embryo von 19 mm Kopflänge ist der Ramus superior der Stapedia auch zwischen den Einmündungsstellen der beiden Anastomosen von der A. carotis externa her zugrunde gegangen. Der Ramus meningeus wie auch der orbitale Ast der Stapedia werden jetzt von der A. carotis externa gespeist. Dort, wo die längs des Ill. Trigeminusastes verlaufende Anastomose etwas abbiegt, schei- nen einzelne feine Lakunen zum Wundernetz der A. carotis interna zu ziehen. Dieser Embryo besitzt bereits eine ausgebildete A. foraminis laceri. TANDLER schreibt darüber folgendes: »Die Gefäßsprossen des Wundernetzes sind überall sehr weit. Verfolgt man die Serie noch weiter caudalwärts, so verschmelzen einzelne der großen Lu- mina direkt untereinander, ihre Zahl verringert sich dementsprechend immer mehr und mehr; so bleiben am unteren Ende des Binde- gewebspfropfes nur zwei bis drei Stämme, die sich schließlich auch noch in einen Hauptstamm vereinigen. Dieser läßt sich längs des Pharynx bis in die dünne A. carotis interna, welche an der Stelle der Einmündung dieses Gefäßes plötzlich an Lumen gewinnt, ver- folgen (vgl. Textfigur 4). Die Arterie ist natürlich die schon in früheren Stadien in ihren ersten Anfängen vorhanden gewesene, jetzt vollkommen ausgebildete A. foraminis laceri.« An einem Embryo von 33 mm Kopflänge zweigt von der Ana- stomose zwischen Ramus meningeus und A. carotis externa ein deut- liches Gefäß zum Wundernetz ab. Der Ramus anastomotieus ist somit vollkommen entwickelt und die A. meningea erscheint ihm angeschlossen. Hiermit sind die Verhältnisse des erwachsenen Tieres hergestellt. Zusammenfassung. Eine Zusammenfassung der erhobenen Befunde ergibt folgendes: Der erste Aortenbogen geht restlos zugrunde, vom zweiten bleibt der dorsale Rest bestehen und läßt aus sich die A. stapedia ent- stehen. Es decken sich diesbezüglich die Verhältnisse bei Sus scrofa mit denen bei Homo und Talpa. Der III. Bogen wird typisch in die Carotis interna aufgenommen. Der linke IV. Bogen wird zum Areus Aortae. Der rechte IV. Bogen sowie die Aa. carotides communes beteiligen sich am Aufbau der A. brachiocephalica. Die Entwicklung dieser Arterie bei Sus scrofa wird eingeleitet durch die Caudalverschiebung des Aortensystems. Im Verlauf dieses 666 Lotar v. Hofmann Fig. 4. \ \ S\ Schema der Arterienentwicklung bei Sus scrofa. 2L—VI. L—VI. Aortenbogen, A. Aorta, P. Arteria pulmonalis, A.a.i. Arteria alveolaris inferior, A.aw.p. Art. aurieularis posterior, A.c.i. Art. car. interna, A.f.l. Art. foram. laceri, A..o. Art. infraorbitalis, A.l. Art. lingualis, A.o. Art. orbitalis, R.a. Ramus anterior der Art. car. int, R.an. Ramus anastomoticus der Art. car. ext, R.i. Ramus inferior der Art. stapedia, R.m. Ramus meningeus der Art. stapedia, R.o. Ramus orbitalis der Art. car. ext., R.p. Ramus posterior der Art. car: int,, R.s. Ramus superior der Art. stapedia, W. Wundernetz. Prozesses nähern sich die Ursprünge der A. carotis communis sinistra und des rechten IV. Bogens, der nach Zugrundegehen der rechten Aorta dorsalis als Truncus anonymus zu bezeichnen wäre. Schließ- lich haben sich die beiden Ursprünge einander ganz genähert und Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus scrofa domesticus. 667 sitzen einer ganz kleinen Aussackung des Arcus Aortae auf. Diese Aussackung repräsentiert die erste Anlage der A. brachiocephalica. Durch weiteres Caudalrücken des Arcus Aortae kommt es zunächst zum Auswachsen derselben, aber auch zu einer gegenseitigen An- näherung der Wurzeln der beiden Aa. carotides communes. Schließ- lich entspringen die beiden mittels eines gemeinsamen Stammes, des Truneus biearoticus, aus der A. brachiocephalica. Der geschilderte Entwicklungsgang der A. brachiocephalica bzw. des Truncus bi- caroticus findet eine Analogie in der Bildung gemeinsamer Ursprungs- stämme der dorsalen segmentalen Aortenzweigpaare des Hühnchens, die HoCHSTETTER beschrieben hat (1911). An jüngeren Hühner- embryonen entspringen die auf die Aa. subelaviae primitivae folgenden segmentalen Arterien gesondert. An etwas älteren Embryonen findet ein Abrücken der Aorta von der Chorda dorsalis statt. Hand in Hand damit nähern sich die Ursprünge je zweier Segmentalarterien. »Schließlich sieht man, wenn die beiden Zweige mit ihren Ursprüngen ganz aneinander herangerückt sind, wie die letzteren einer ganz niedrigen Ausladung der Aorta aufsitzen, die in der Folge immer höher werdend sich zu dem unpaaren Ursprungsstamme des Zweig- paares umgestaltet. « Der eraniale Teil des Aortensystems macht folgende Entwick- lung durch: Die Aorta ventralis, die oberhalb des III. Bogens als Carotis externa zu bezeichnen ist, reicht an den jüngsten von mir untersuchten Embryonen nicht über den Hyoidbogen hinaus. Eine ganz kleine dorsal gerichtete Aussackung dürfte als der ventrale Rest des II. Bogens anzusehen sein; später entwickelt sich daraus die A. stylomastoidea bzw. aurieularis posterior, eine Vermutung, die auch SICHER für Talpa aussprach. An etwas älteren Embryonen entläßt die Carotis externa bereits die A. lingualis und hat sich an der lateralen Seite des N. mandi- bularis vorbei hinter dem Mundwinkel in den Oberkiefer verlängert, wo sie am N. maxillaris gesichtswärts umbiegend zur A. infraorbi- talis wird. An der Kreuzungsstelle mit dem N. mandibularis ent- läßt die Carotis externa die A. alveolaris inferior primaria. Die Verlängerung der A. carotis externa in den Oberkiefer be- schrieb auch GROSSER bei Chiropteren, SICHER bei Talpa, TANDLER vermutet sie bei Homo. Die Entwicklung der Carotis interna geht, abgesehen davon, daß sie ein Wundernetz bildet, in annähernd gleicher Weise vor sich wie bei anderen Mammalia. Nach der Abgabe der A. stapedia 668 Lotar v. Hofmann teilt sie sich am Infundibularhirn in einen Ramus anterior und posterior. Der Ramus anterior zieht der Basis des Telencephalon angeschlossen rostral in den mittleren Stirnfortsatz, entläßt primär die A. ophthalmiea und verlängert sich in das Nasenseptum; doch bildet sich der nasale Ast später größtenteils wieder zurück. Der Ramus posterior bildet zunächst mit der ersten cervicalen Segmental- arterie die A. vertebralis cerebralis, welche später Anschluß findet an die A. vertebralis cervicalis. Die A. ophthalmica ist auch bei Sus scrofa das primäre Gefäß des Bulbus, dessen Hilfsapparate der orbitale Anteil des Ramus superior der A. stapedia versorgt. Dieser Befund bestätigt ein seiner- zeit von TAnDLErR (1898) aufgestelltes Postulat. Die A. stapedia wächst aus dem dorsalen Rest des II. Bogens hervor, verlängert sich und teilt sich nach dem Durchtritt durch das Stapesblastem in zwei Äste, den Ramus superior und inferior. Der Ramus superior zieht nach Abgabe eines Ramus meningeus an der lateralen Seite des Ganglion Gasseri vorbei in die Orbita, um sich daselbst zu verteilen. Der Ramus inferior der Stapedia zieht medial vom N. mandibularis vorbei, um am N. maxillaris in die Carotis externa zu münden. Diese obliteriert nun zwischen Hyoid- und MEcKELschem Knorpel. Das persistierende distale Stück zusammen mit der A. alveolaris inferior primaria repräsentiert den Ramus mandibularis der entwickelten Stapedia, dessen Ursprung also hier weit distal verschoben erscheint im Gegensatz zu anderen Mammalia, wie z. B. zu Talpa, wo sein Abgang vom Ramus inferior an dessen Kreuzungsstelle mit dem N. mandibularis, oder zu Mus rattus, wo der Abgang noch proximaler erfolgt. Sehr bald jedoch verlängert sich die Carotis sekundär und über- nimmt wiederum vom Ramus inferior, der nun spurlos verschwindet, den Ramus infraorbitalis und mandibularis. Zwischen dem Ramus superior der Stapedia und der Carotis externa bildet sich längs des N. maxillaris eine Anastomose, Diese Anastomose zusammen mit dem orbitalen Teil des Ramus superior, der an der medialen Seite des Optieus mit der A. ophthalmica in Verbindung tritt, bilden den Ramus orbitalis der Carotis externa, der von jetzt an die Hilfsapparate des Bulbus versorgt. Rostral vom N. mandibularis entwickelt sich ebenfalls eine Anastomose der Ca- rotis externa zum Ramus superior der Stapedia und übernimmt zu- nächst den Ramus meningeus. Das oceipital von der Einmündung der ersten Anastomose gelegene Stück des Ramus superior mit Aus- Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus serofa domestieus. 669 nahme des Ramus meningeus, der ja Anschluß an die Carotis externa gefunden hat, bildet sich vollkommen zurück. Die Anastomose längs des N. mandibularis entsendet in der Folge einen Ast zu dem be- reits zur Entwicklung gelangten Wundernetz und nimmt an Kaliber zu. Der Ramus anastomoticus zum Wundernetz ist somit gebildet und der Ramus meningeus erscheint als A. meningea ihm ange- schlossen. Die A. vertebralis entsteht durch eine Anastomosenbildung der ersten sieben cervicalen Segmentalarterien, ähnlich wie es Hocn- STETTER beim Kaninchen beschrieben hat. Die 7. Segmentalarterie, die dem 6. Segment angehört, wird zur A. subelavia. Die letzte (8.) cervicale Segmentalarterie (A. cervicalis profunda), die ihre Aorten- wurzel bald verliert und aus dem Truneus costocervicalis entspringt, verbindet sich durch eine prävertebrale Anastomose mit der A. verte- bralis. Durch Abwärtsrücken der A. subelavia kommt es dazu, daß diese Anastomose immer kürzer und kürzer wird und die A. cervi- calis profunda und A. vertebralis schließlich einen Truncus com- munis bilden. Durch einen ganz analogen Vorgang wird auch bei Talpa die letzte Segmentalarterie an die Vertebralis angeschlossen. Ein Überblick über den Entwicklungsgang der Kopfarterien bei Sus scrofa zeigt vielfache Ähnlichkeiten mit dem bei Homo. Eine Modifikation kommt dadurch zustande, daß der eraniale Anteil der A. carotis interna zugrunde geht und durch zwei sekundäre Gefäße substituiert wird: durch die A. foraminis laceri und durch den Ramus anastomoticus der A. carotis externa zum Wundernetz. Zum Schluß möchte ich meinem verehrten Lehrer und Chef, Herrn Professor J. TANDLER, für die Überlassung des Materials sowie für die Unterstützung, die er meiner Arbeit wiederholt angedeihen ließ, meinen aufrichtigsten Dank aussprechen. Literatur. ELLENBERGER und BAum, Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haus- tiere. Berlin 1912. GAuPpP, Ernst, Anatomie des Frosches. Braunschweig 1896. GROSSER, OTTO, Zur Anatomie’und Entwicklungsgeschichte des Gefäßsystems der Chiropteren. Anatom. Hefte. I. Abt. Bd. XVII. 1901. HOCHSTETTER, F., Über die Entwicklung der A. vertebralis beim Kaninchen, nebst Bemerkungen über die Entstehung der Ansa Vieussenii. Mor- pholog. Jahrbuch. Bd. XVI. 1890. 670 Lotar v. Hofmann HOCHSTETTER, F., Über den Ursprung der A. caudalis beim Orang und beim Kaninchen, nebst Bemerkungen über sogenannte »Gefäßwurzelwande- rungen«. Anatom. Hefte. I. Abt. Bd. XLIIH. 1911. KEIBEL, F., Normentafel zur Entwicklungsgeschichte des Schweins. Jena 1898. LEHMANN, HARRIET, On the Embryonie History of the Aortie Arches in Mam- mals. Anatom. Anzeiger. Bd. XXVIl. Heft 15. 1905. SICHER, HARRY, Die Entwicklungsgeschichte der Kopfarterien von Talpa euro- paea. Morpholog. Jahrbuch. Bd. XLIV, Heft 3. 1912. TANDLER, J., Zur vergleichenden Anatomie der Kopfarterien bei den Mammalia. Denkschriften der K. Akademie der Wissenschaften. Wien 1898. —— , Zur Entwicklungsgeschichte der Kopfarterien bei den Mammalia. Mor- pholog. Jahrbuch. Bd. XXX. 1902. —— , Zur Entwieklungsgeschichte der arteriellen Wundernetze. Anatom. Hefte. I. Abt. Bd. XXXI. Heft 2. 1906. Figurenerklärung. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen. V. N. trigeminus, Yı, Vz V3 = A4.st. Arteria stapedia. seine drei Äste. A.st.m. Arteria stylomastoidea. vn. N. facialis. A.v. Arteria vertebralis. IX. N. glossopharyngeus. A.v.c. Arteria vertebralis cerebralis. Po N. vagus. Ch. Cartilago hyoidea. XI. N. accessorius. C. M. Cartilago Meckeli. XL. N. hypoglossus. N. aut.t. Nervus auriculo-temporalis. L8: 1. Spinalnerv. 18 Arteria pulmonalis. Vn2.S. 7. Spinalnerv. kan. Ramus anastomoticus. II.B 2. Aortenbogen. R. a. Ramus anterior der Car. int. II.B. 3. Aortenbogen. R.p. Ramus posterior der Car. int. A. Aorta. R.i. Ramus inferior der Art. sta- A.a.i. Arteria alveolaris inferior. pedia. A.a.i.p. Arteria alveolaris inferior pri- R.m. Ramus meningeus. maria. R. mand. Ramus mandibularis der Art. A.c.c. Arteria carotis. communis. stapedia. A.c.e. Arteria carotis externa. R.n. Ramus nasalis der Art. carotis A.c.i. Arteria carotis interna. interna. A.er.pr. Arteria cervicalis profunda. R.o. Ramus orbitalis der Art. ca- A.?.o. Arteria infraorbitalis. rotis externa. AN, Arteria lingualis. R. s. Ramus superior der Art. sta- A.o. Arteria ophthalmica. pedia. A.oc. Arteria oceipitalis. T.ce.ce. Truneus costocervicalis. Are. Arteria subelavia. Taf. XV. Morp Hofl Lith. AnstvE.A.Funke Leipzig. Morphologisches Jahrbuch Bo. XLVill. Er a1 Fig.T Hofmann de! Lith AnstvE.A Funke, Leipzig 2 n T P Verlag v Wilhelm Eı ge Imann ın Le übe Morphologisches Jahrbuch Bd. XLVIN. 5u6 Hofmann del. 3 7 Keilitz del. Verlag v Wilhelm Eng Taf. XV. Fig.6. Fig.7. RE Be Ani Leipzig rn. Lith.Anst v.E.A Fımke Leipzig. u Er VW Wa I PET Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Die Entwicklung der Kopfarterien bei Sus scrofa domesticus. 671 Tafel XVI und XVII. Rekonstruktion eines Schweinsembryos von ca. 5mm gr. L. nach einer Frontalschnittserie, halbschematisch, Vergr. 25:1. Rekonstruktion eines Embryo von 14,9 mm gr. L. nach einer Quer- schnittserie, Vergr. 17:1. Rekonstruktion eines Embryo von 16 mm gr. L. nach einer Querschnitt- serie, Vergr. 17:1. Pausdetailrekonstruktion eines Embryo von 18 mın S.S.-L., halbschema- tisch, Vergr. 39:1. Rekonstruktion eines Embryo von 23 mm gr. L. nach einer Quer- schnittserie, Vergr. 12,5:1. Pausrekonstruktion eines Embryo von 24 mm S8.S.-L., schematisch, Vergr. 11,5:1. Modell der A. carotis externa eines Embryo von 23 mm gr. L., Vergr. 100:1. Besprechung. Über O. Areıs »Grundzüge der Paläobiologiewährend die 5 Zwischenflossen als kleine Flossen von ganz gleichartigem Bau in der Verbindungslinie der Endflossen stehen« (S. 208). Daraus wird entnommen!, daß die Seitenfaltentheorie immer noch die wahr- scheinlichste Annahme für die Entstehung der paarigen Flossen bilde. — Sind nun aber diese Zacken »Flossen«? Ist nicht mit dem Begriff »Flosse« der einer bestimmten Anordnung von Skeletteilen, Muskeln und Nerven verbunden? Was jene Seitenzacken und überhaupt die ontogenetisch nachweisbare Seitenfalte bedeuten, ist ein Problem für sich (vgl. GEGENBAUR, Gesammelte Abhdlg. Bd. III, S. 576ff.). ABEL stützt sich indes auf die ältesten fossilen, spindelförmig ge- stalteten Placodermen, welche keine paarigen Flossen besaßen, und zieht hieraus »phylogenetische Konsequenzen«, daß nämlich die Flossen erst bei den Fischen entstanden sein müßten. Wie indes ZITTEL-KOKkEn? schon betont haben, ist dieser Schluß nicht zwingend, da auch die Selachier bis zum Silur zurückreichen, »demnach die Ausbildung der Flossen bei Fischen älter sein muß, als die 1 Von SCHWALBE in seiner Besprechung (l. c. S. 180) ebenfalls als beweis- kräftiger Befund für die Seitenfaltentheorie bezeichnet. 2 ZırTEL, Grundzüge der Paläontologie II. Abt. Vertebrata, bearbeitet von F. Broıtı, E. KoKEn und M. ScHLosser, München und Berlin, Oldenbourgs Verlag 1911. Seite 27. 44* 676 Besprechung. bisher gefundenen Placodermen«. Zudem hat man auch unter den Placodermen (Antiarchi) Anhänge des Körpers auf Extremitätenreste bezogen (Pectoralstacheln der Stüre s. bei ZiıTTEL-KokeEn S$. 37); offenbar haben unter den Fischen die Placodermen ihre Extremitäten ebenso verloren, wie gewisse Amphibien, Reptilien und Säugetiere. ABELS Schluß könnte also auch, auf die Schlangen begründet, dahin gezogen werden: daß die Extremitäten höherer Reptilien aus der Rumpf- wand herausgewachsen seien. — Die Bedeutung der Muskulatur für die Analyse der möglichen Bewegungen ist gelegentlich (z. B. Kaumuskeln) mit sehr interes- santem Erfolge gewürdigt worden. Weniger aber, als im Speziellen, ist das T'heoretische in ABeıs Werk Gegenstand einiger Bedenken. Aus welchen Gründen dem großen Werke die letzten 35 Seiten des IV. Abschnittes »Paläobiologie und Phylogenie« angefügt sind, ist nicht ohne weiteres zu verstehen. Das, was die Methode leisten soll: »eine Erklärung und Entstehungsursache der morphologischen Charaktere zu geben« ($. 608) — nicht nur zu zeigen, »wie die Anpassungen der einzelnen Formen beschaffen sind, sondern vor allem, wie sie entstanden sind« (S. 609), — ist ja durch die spezielle Darstellung bereits gelehrt worden; auch inwieweit sie es leisten kann. Es ist daraus klar geworden, daß sie als eine Hilfs- wissenschaft der Paläontologie und vergleichenden Anatomie fruchtbar aus- gebaut werden kann. Als Grundlage all ihrer Deduktionen dient ihr aber doch gleichwohl die Anatomie der fossilen und recenten Tiere, und anzunehmen, daß durch die funktionelle Betrachtungsweise etwas absolut Neues in unsere Wissenschaft hineingelange, wird nur bei Außerachtlassung der klassischen Werke der neueren vergleichenden Anatomie möglich sein. Hingegen möchte es mir möglich erscheinen, dem funktionellen Moment trotzdem einen größeren Einfluß als bisher in den Systemen der vergleichenden Anatomie zu gewähren, insbesondere dadurch, daß man den Wert und die Qualität der Abänderungen im Vergleich zur Konstanz der Organisationstypen endlich einmal gründlicher zu erörtern begänne. ABEL indes tut dies nicht; er bewegt sich in den alten und vielfach betretenen Pfaden der T'heorie und bietet, wo er Modifikationen anbringt, schwerlich eine Klärung der an sich schon verworrenen Probleme! Es sei dies an den Fragen der »Anpassung< und »Konvergenz< nunmehr kurz näher beleuchtet. Die unbedingte Abhängigkeit der gesamten Entwicklung des Tierreichs von den Einwirkungen der Außenwelt erklärt ABEL als die Grundvoraussetzung seines Werkes. Die Außenwelt »provoziert« die Veränderungen (S. 101/102). In methodologischer Hinsicht ist das gewiß ein brauchbares Prinzip und der große Reiz des AgeEr’schen Buches liegt gerade in der Wahrnehmung dieser scheinbaren. Bewirkung des gesamten Körperbaues der Tierwelt durch die Außenwelt während der gesamten Erdgeschichte, liegt in der Vorstellung, daß das gesamte Tierreich plastisch in der Hand der äußeren Kräfte geformt werde. Daß daneben aber nun die inneren Kräfte der Organismen eine ebenso bedeutende Rolle, vielleicht die Hauptrolle spielen, kommt dem Leser, wenn überhaupt, so nur durch sich selbst, nicht etwa durch ABEL zum Bewußtsein. Wenn in der Anpassung ein divergierendes Prinzip zum Ausdruck gelangt, so liegt doch in der Erhaltung ganz bestimmter Organisationspläne an sich schon ein konservatives Prinzip, das seine völlig eigene Gesetzmäßigkeit be- sitzt. Unbeirrtt um die Außenwelt geht die Tierwelt, um so zu sagen, der i Wie auch SCHWALBE (l. c.) andeutet. Besprechung. 677 Ausbildung ihrer Organisationspläne nach. Jedes Tier muß seine Atmungs-, Ernährungs-, Bewegungs-, Empfindungs- und Fortpflanzungsgeschäfte befriedigen können. Mit welchen Organen — spielt der Natur scheinbar keine Rolle. Die hierin sich offenbarende Qualitas oceulta nennen wir »Vererbung«. Vererbung setzt Generationsfolgen und innerhalb derer Erhaltung der Eigengesetzlichkeit voraus. Die Vererbungswissenschaft bringt nach und nach einiges Licht in die Gesetze, die hier obwalten. Irgendeine Verwendung dieser Forschungen für die vergleichende Anatomie ist in nennenswerter Weise noch nicht erfolgt. Die zäh festgehaltene Eigengesetzlichkeit der Organismenstümme, die auf un- endliche Fernen fortwirkenden Dispositionen zu Äbänderungen sind aber zu er- forschen und für die Erkenntnis und Beurteilung der Transformationen zu verwerten. Ob die rein epigenetische Würdigung der Tatsachen, wie sie gegen- wärtig allgemein üblich ist, dadurch gewinnt, ist fraglich. Von einer grob nachweisbaren krankmachenden Disposition bis zu den Zuständen, wo durch Vererbung Organismen entstehen mit hohem Grade des Unvermögens zu den Grundfunktionen des Lebens, existieren wohl alle erdenklichen Übergänge und haben seit je existiert. Vielleicht kann beim Aussterben einer Tierform sogar an die lang hinausgeschobene Wirkung einer ursprünglichen, aber ungünstigen Bastardierung gedacht werden. Aussterbende oder ausgestorbene Tierformen dürfen wir jedenfalls in diesem Sinne »krank« nennen. Wir leisten dann an- nähernd ähnliches, als wie es SCHWALBE! will, wenn er sagt, daß sich in solehen Fällen die Lebensbedingungen schneller ändern, als die Organisationen. ABEL hingegen, ganz befangen von der Vorstellung, daß die Außenwelt alles »provoziere«, vermag dann nur von »fehlgeschlagenen« Anpassungen zu sprechen. Hierdurch scheint mir auch, weder inhaltlich noch formal, ein Ersatz des einst von KOwALEWsKY? gebrauchten Terminus »inadaptive Anpassung« gegeben. Denn KowALEWSKY konstatiert nur die Tatsache, daß fossile Ungulaten zahl- reiche Modi der Anfügung von Metacarpalien an die Carpalien besitzen, von denen aber nur ganz wenige zur Erhaltung bei recenten Ungulaten führen. Eine »fehlgeschlagene« Anpassung sieht aber vom historischen Werden des Anpassungsproduktes völlig ab und betont dagegen vom Standpunkt des kritischen Forschers doch nur die Hilflosigkeit der Theorie gegenüber der schöpferischen Natur. Auch die Frage der Konvergenz wird aber, sobald man die » Anpassungen« anders zu beurteilen versuchen wird, ebenfalls von neuen Grundlagen aus untersucht werden müssen. Auch in dieser Frage geht AgEr nur die üblichen Wege der Forschung. Für diejenigen Vorschläge, die er in betreff der Ter- minologie (konvergente oder parallele Anpassung) zu machen hat, verweise ich auf ScHhwALBES! Besprechung, welche mir hierin das Richtige zu treffen scheint. Aber in der Sache selbst zeigt es sich, daß er hier durchaus als Morphologe urteilt, obwohl gerade hier die »Ethologie«, d.h. die Lehre von den Funktionen, zu neuen Fragen führt. Daß kein genetischer Zusammenhang irgendwelcher Art nachweisbar ist zwischen einem Ichthyosaurus und einem Delphin, ist — unter der Voraussetzung der heute allein gültigen diehotomischen Stamm- bäume — sicher. Ebenso sicher aber ist, daß es nicht möglich ist, aquatile Tiere aus beliebigen terrestrischen Carnivoren zu transformieren. Die Be- 1]. c. 8.19. 2 KOowALEWSKY, Monographie der Gattung Anthracotherium. Palaeonto- graphica, Bd. XXII, 1874. 678 Besprechung. fähigung zum aquatilen Leben ist eher da, als das aquatile Leben selbst. Woher diese Befähigung aber stammte, worin siebegründet war, blieb bisher gänzlich unerörtert und mußte es bleiben, da wir ja nur Fossilien kennen. Der Versuch STEINMANNS (s. bei ABEL S. 620), die sog. »Konvergenzerscheinungen« auf genetischer Basis zu erklären, erscheint aber nur insofern als eine »Ent- gleisung« (ABEL), als STEINMANN dabei den Begriff der Verwandtschaft selbst in seiner heute gültigen Form intakt gelassen hatte, denn die Ansichten divergieren häufig in der Beurteilung von Homologien nur deswegen, weil die Urteile über die zugrunde liegenden Verwandtschaftsverhältnisse noch divergieren. Hier bewegt ınan sich ja in einem Zirkel, wenn man »homolog« nennt, was gleicher Abstammung ist, und gleicher Abstammung, was homologe Organe besitzt. Wer z B. grundsätzlich die Abstammung der Säugetiere von urodelenartigen Tieren ablehnt, wird vielleicht auch manche, uns sicher begründet erscheinende Ho- mologien ablehnen. STEINMANNs Versuch hätte also logischerweise zu dem Versuch einer Reform des Begriffes der »Verwandtschaft« führen müssen. Da- bei ist die Frage, auf deren praktische und begriffliche Erforschung in Zukunft alles ankommt, von deren Lösung in hohem Maße überhaupt die Möglichkeit eines Fortschritts der vergleichenden Anatomie abhängt, diejenige, woher es komme, daß eine Form zu einer großen Anzahl anderer Formen Beziehungen aufweisen kann, die als verwandtschaftliche. im traditionellen Sinne gedeutet werden dürfen. Wie sind diese Beziehungen entstanden, welchen Wert haben sie? Daß bei einem Stoff wie dem von ABEL dargestellten, wie überhaupt wohl bei jedem vergleichend-anatomischen Versuch, der nicht an der Oberfläche bleibt, diese Frage im tiefsten Grunde schlummert, ersehen wir daraus, daß ABEL in seinem Schlußabschnitt ihre beiden Seiten erörtert, hierin sogar teilweis als Neuerer auftritt. Auf S. 627—632 handelt er über Monophylie und Poly- phylie; auf 8. 632—638 über die Ungleichwertigkeit der phylo- genetischen Reihen. Beide Fragen stehen in Beziehung zu jenem erwähnten Problem der zentralen Stellung einzelner Formen und ihrer netzförmigen Verwandtschaft. Schon mehrfach ist auf dies Problem hingewiesen worden. Zu erinnern ist an die Ganoiden! mit ihren Beziehungen zu Selachiern, Crosso- pterygiern und Dipnoern?, so an die Stegocephalen mit ihren Beziehungen zu Amphibien, Reptilien, Säugetieren, — so an die Edentaten mit ihren Beziehungen zu Monotremen, Placentaliern, Cheloniern, — an die Ordnung Hyrax — an den Menschen und seine Beziehungen zu Affen, Prosimiern, Marsupialiern. In theo- retischer Hinsicht hat kürzlich in einer vortrefflichen Abhandlung RAUTHER? unter Hinweis auf einen älteren Systematiker (HERMANN) die netzförmige Verwandtschaft der Organismen betont und JAEKEL? hat in einem neuen System der Wirbeltiere versucht, dem Widerspruch zwischen den scharfen systemati- schen Grenzen und den verschwimmenden genealogischen Übergängen gerecht zu werden. ı Jos. MÜLLER, Bemerkungen über den Bau der Ganoiden. — Monatsb. der Berl. Akad. d. Wissensch. 1846. 2 HuxLey, Contributions to morphology. No. I, On Ceratodus Forsteri. Proc. zool. soc. of London. 1876. 3 M. RAUTHER, Über den Begriff der Verwandtschaft. Zool. Jahrbücher. Festschrift für Spengel. 1912. 4 JAEKEL, Die Wirbeltiere. Eine Übersicht über die fossilen und lebenden Formen. Berlin, Bornträger 1911. Besprechung. 679 Bei Age tritt das Problem auf, daß durchaus verwandte, durch Paläontologie und vergleichende Anatomie derselben Gattung zugewiesene Formen, wie die europäischen und amerikanischen Equidae, doch verschiedenen Ursprungs sind. ABEL löst das Problem dadurch, daß er die sog. »polyphyletischen« Gattungen zerlegt; er zerlegt sie einfach in zwei Gattungen, denen er dann je einen mono- phyletischen Ursprung zuschreibt; ähnlich verfährt er bei der Gattung Cervus; ebenso wünscht er bei den »Ratita« — »Aptera« verfahren zu sehen. »Ein geschlossener, einheitlicher Formenkreis kann nur von einem einheitlichen Zeugungskreis abstammen. Ein geschlossener einheitlicher Formenkreis kann nicht von zwei heterogenen Formenkreisen abstammen. Soweit dies der Fall zu seinscheint, wie bei Zguus, liegt nur eine scheinbare Übereinstimmung vor.« Diese scheinbar einheitlichen Formenkreise müssen bei fortschreitender Auf- hellung ihrer Vorgeschichte aufgelöst werden.«e — Soweit ABEL ($S. 632), der vielleicht selbst die Bedeutung dieses Schlusses unterschätzt. Bei Max WEBER! finden wir die Ordnung der Edentaten aufgelöst und drei Ordnungen der Xenar- thra, Pholidota und Tubulidentata daraus gemacht. Sind aber nun die Überein- stimmungen der Edentaten in so auffälligen Merkmalen des Schädels (z. B. Os pterygoides, Kiefergelenk) nur exogene »Anpassungen«? Legt die Wiederkehr solcher Merkmale, die doch zweifellos nicht »züchtenden« Wert besitzen, bei den Monotremen, und nur bei diesen, nicht nahe, an Organisationsmerkmale zu denken, welche auf Edentaten und Monotremen gemeinsam vererbt worden sind? Was nützt es nun, bei Verfolgung der paläontologischen Urkunde, die »Creo- dontier« als Stammform der Cetaceen, die »Condylarthra« als Stammformen der Sirenier zu erklären, Stammformen, deren innere Geschlossenheit nicht besser und nicht schlechter gewährleistet ist, als die Geschlossenheit der Gattungen Cervus und Equus, der Ordnung Edentata? ABeus Annahme einer Monophylie der einzelnen Formenkreise könnte in der Tat doch zu derjenigen einer Polyphylie auch vieler scheinbar so ein- heitlicher großer Klassen, Ordnungen, Gattungen, Familien und Arten werden. Schon heute wissen wir, daß die Strahlen der Stammbäume sicherlich nicht zu »Urformen< konvergieren, sondern lediglich mehr oder weniger eng aneinander- ° geschlossen, aber tatsächlich bereits getrennt, aus der urkundenlosen Zeit ins Silur eintreten. Jenseits dessen fehlt uns jede wissenschaftliche Erfahrung. Indes ist es die Frage, ob nicht weiterhin Kreuzungen dieser Bahnen erfolgten, welehe Organismen sich kreuzen konnten, welches das Produkt und wie groß die Lebensfähigkeit der Kreuzungsprodukte gewesen ist, wie sich die einzelnen Stämme voneinander sonderten, wann Unvermischbarkeit verwandter Stämme eintrat, nach welchen Gesetzen endlich bestimmte Merkmale und Dispositionen dominant und rezessiv sich entwickelten? Das sind Fragen, die eine Inan- griffnahme durchaus verdienen; anstatt dessen werden leider nur zu häufig problematische Dinge in steter Erneuerung vorgetragen. Daß auf Grund solcher Gedankengänge auch die Frage der »Konvergenz« wohl eine etwas andere Be- handlung erfahren könnte, liegt wohl auf der Hand. Dann ist uns aber auch die von ABEL erneut betonte Erscheinung be- greiflicher, die einer Erklärung so viel Schwierigkeiten entgegensetzt: die Tat- sache, daß primitive Organe sich nicht nur bei primitiven Gattungen finden und umgekehrt weit differenzierte Organe bei primitiven Formen. ABEL. unter- 1 MAx WEBER, Die Säugetiere. Jena, Fischer 1904. 680 Besprechung. scheidet (S. 635) demzufolge »Stufenreihen« von »Ahnenreihen«, und zwar sind die »Stufenreihen« solche, welche die Phylogenese eines Organs aufweisen, >Ahnenreihen« solche, welche die Phylogenese der Gattungen umfassen. Nach den Organen gruppiert, ließen sich unzählige »Ahnenreihen« konstruieren und daß diejenige Form, welche gehäuft die primitivsten Merkmale aufweist, auch in der Tat die primitivste ist (ABEL 8.639), wird allgemein zugegeben und geben wir auch ABEL zu. Nicht aber geben wir ihm die HArckELschen Stammbäume preis, die er als »Stufen-< nicht als »Ahnenreihen<« (in seinem Sinne) zu charakterisieren sucht. Dies ist sicherlich unrichtig. Denn — ob Harcker’s Stammbäume konvergent zu Urformen führen oder ob wir ihre Strahlen mehr und mehr parallel laufen und nur zu mehr ideeller Annäherung kommen lassen wollen — inhaltlich werden sie jedem, der wirklich auf einem größeren Gebiete der vergleichenden Anatomie versucht hat, praktische Erfahrungen zu sammeln, für immer als großartiger, unvergleichlicher Versuch erscheinen, unsere Kenntnisse von der Gesamtorganisation der Wesen in dieser Weise zu kombinieren. Die Schwierigkeiten der Aperschen Konstruktion sind indes zu offen- sichtlich, als daß sie hervorgehoben werden müßten. Nur ganze Tiere entwickeln sich und die Entwicklung der Organe interessiert uns nur im Zusammhang mit _ der Entwicklung der Tierstäimme. Es hat daher die Aufstellung der »Stufen- reihen« eine rein fiktive Bedeutung. Das Problem liegt auch hier wieder in der zentralen Stellung einzelner Gruppen und den netzförmigen Beziehungen zahlreicher Formen zu anderen. Die Erhaltung einzelner alter primitiver Merk- male wäre man in der Tat geneigt, als dominierende im MENDELschen Sinne zu bezeichnen. So scheiden wir von dem Aperschen Buche mit dem Bewußtsein, praktisch in reichem Maße belehrt und theoretisch zu weiterem Durchdenken der großen Probleme unserer Wissenschaft angeregt worden zu sein. Würzburg, 5. März 1914. W. Lusoscn. GEGENBAURS MORPHOLOGISCHES JAHRBUCH | EINE ZEITSCHRIFT FÜR ANATOMIE UND ENTWICKLUNGSGESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON GEORG RUGE PROFESSOR IN ZÜRICH ACHTUNDVIERZIGSTER BAND ERSTES HEFT MIT 55 FIGUREN IM TEXT UND 6 TAFELN LEIPZIG UND BERLIN VERLAG VON WILHELM ENGELMANN Preis: M. 123.— 1914 = 88 ur a gr r . L u a re a 7 ee ER E N RES Bd a A u a. Prz Morphologisches j . PR U 2 N ne : tn Far ve n De B ; Adven R . . nt Di Ss \ $ an, ze ustt BE Ten. \ vo“ i \ Per) x wien B AMNH LIBRARY JINIMINNN 100130374