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Gloger, Mitgliede der Kaiſerlichen Leopoldiniſch-Caroliniſchen Akademie der Nakurforſcher und der ſchleſiſchen Geſell⸗ ſchaft fur vaterländifche Kultur, correſpondirendem Mitgliede der phyſikaliſch-medicin. Societät zu Erlangen und der Rheiniſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Mainz, fo wie der naturforſchenden Geſellſchaften zu Halle und Görlitz, auswartigem Mitgliede der phyſiographiſchen Geſellſchaft zu Lund, und Ehrenmitgliede des wermeländiſchen Jagdwiſſenſchafts- und Schützen⸗Vekeins zu Philippſtadt. Erſter Band, 9 enthaltend die erſte Hälfte der Naturgeſchichte der Thiere, nebſt er fahr ungsmaͤßigen Andeutungen über den gegenwärtigen Zuſtand und Erfolg des Unterrichts in dieſer Wiſſenſchaft, nament— lich auf Gymnaſten, und Vorſchlägen über fernere Einrichtung deſſelben im Ver— hältniſſe zu ſeinem wirklichen Zwecke. J Add ³· . f A A TIEFEN Breslau, 1842. Verlag von Aug. Schulz & Comp. Miscere utile dulei! — Horat. Vorrede. Woriiegendes Werk ſoll auf beiläufig 70 Bogen das Geſammtgebiet der Naturgeſchichte in einer Auswahl umfaſſen, wie dieſe mir dem doppelten, auf dem Titel bezeichneten Zwecke entſprechend ſchien. Das Unternehmen verdankt, wenn auch nicht eigentlich ſein Entſtehen, doch ſeine Beſchleunigung und ſein gegenwärtiges Erſcheinen denſelben Um— ſtänden, welche nicht bloß die Beendigung meines „Handbuches der Natur— geſchichte der Vögel Europa's,“ ſondern auch die Herausgabe einer größeren Arbeit über „Syſtematik“ bisher verzögert haben. Gezwungen nämlich, in Betreff meiner ſchriftſtelleriſchen Arbeiten jetzt auf körperliches Befinden mehr Rückſicht zu nehmen, als früher, habe ich ſeit längerer Zeit meinen Augen jene ungleich größere Anſtrengung nicht zumuthen dürfen, welche bei vielen Werken von ſtreng wiſſenſchaftlichem Charakter das Sammeln, Vergleichen und Prüfen des Stoffes erfordert. *) Ich muß mich daher auf ſolche Ar— beiten beſchränken, deren Gegenſtand mir, wenigſtens größten Theils, hin— länglich gegenwärtig ift, um der Hauptſache nach dictando abgemacht wer— den zu können. Dieß veranlaßte mich, einen längſt gehegten Gedanken wieder aufzuneh— men, der auch von außen her, ſowohl von pädagogiſcher, wie von merkanti— liſcher Seite, mehrfach angeregt und beſtärkt worden war: den Gedanken nämlich, einmal Etwas für populäre Verbreitung der Wiſſenſchaft und für naturhiſtoriſchen Unterricht zu thun. Die geſammte Lage der Sache in Bezug auf letzteren ſchien mir jedoch eine ausführlichere Betrachtung zu erfordern, welche am beſten einer beſon— deren, hiernächſt folgenden Abhandlung vorbehalten bleiben wird. Hier will ich für den Augenblick nur auf Das eingehen, was ſonſt vorliegendes Werk an und für ſich, oder in wiſſenſchaftlicher Beziehung, angeht. Obgleich hiernach eben nicht für das eigentlich wiſſenſchaftliche Publi— kum beſtimmt, ſoll es, wie ich hoffe, doch ein mehrfaches Intereſſe auch für dieſes nicht ausſchließen: da es nicht bloß manches, bisher nur den ge— lehrteren Freunden der Wiſſenſchaft Bekannte in den Kreis des größeren ) Eine Hinweiſung, um deren freundliche Beachtung ich namentlich alle Diejenigen bitte, welche dem genannten, ausführlicheren, ornithologiſchen Werke eine ſo warme Theil— nahme geſchenkt und daher ein näheres Intereſſe daran haben, auch die Fortſetzung deſſelben je eher, je lieber zu wünſchen. — AN . = ER RICH OND an Instir,,, IV Publikums einführen ſoll, ſondern auch mehr oder weniger wirklich Neues als Frucht eigener Beobachtungen, Erfahrungen oder Unterſuchungen enthält. Ein und daſſelbe Werk kann natürlich nie die ſo verſchiedenartigen Wünſche und Bedürfniſſe Aller befriedigen. Daher mangelt es einer Seits noch immer ſehr an recht zuverläſſigen und weder zu umfangreichen, noch aus anderen Gründen zu theueren Schriften über Naturgeſchichte für die Zwecke allgemeiner Bildung und in allgemein verſtändlicher Darſtellung. An— derer Seits ſchien es mir beſonders nöthig, doch auch manche Anforderungen einer ſtrengeren Wiſſenſchaftlichkeit mehr, als dieß gewöhnlich bisher geſche— hen iſt, zu befriedigen, ohne dabei, wie ſo oft, theilweiſe durch eine trockene, unzuſammenhängende Darſtellung gerade vom fleißigen Leſen und Einprägen Desjenigen abzuſchrecken, was häufig eben nicht bloß zur eigentlich wiſſen— ſchaftlichen Seite gehört, ſondern auch ſchon überhaupt zum rechten Verſtänd— niſſe des Ganzen erforderlich bleibt. Denn nur zu leicht kann man in dieſer Beziehung den gewünſchten Erfolg durch wiederholte Mißgriffe in der Form, durch einen nutzloſen und nur pedantiſch erſcheinenden gelehrten Anſtrich, nicht bloß ſelbſt beeinträchtigen, ſondern theilweiſe ſogar geradehin zerſtören. Wie ich jenen Zweck hier zu erreichen geſucht habe, wird theils aus dem Buche ſelbſt hervorgehen; theils liegt es mit Bezug auf den Unterricht in den erwähnten pädagogiſchen „Andeutungen“ ausgeſprochen. Nirgends war es mir demnach auf das bloß Unterhaltende, ſondern über— all auf das wahrhaft Belehrende abgeſehen: was ja, bei einiger Sorgfalt für zweckmäßige Darſtellung, immer auch das wahrhaft Anziehende bleibt. Daher z. B. bei Thieren Nichts über Fangmethoden und dergl., ſobald ſich dieſelben nicht auf beſonders wichtige Züge in der Lebensweiſe gründen; und Nichts von bloßen Anekdoten, obgleich ſonſt auch ſie in dieſer Beziehung zuweilen als recht charakteriſtiſch bezeichnend dienen können. Die Naturgeſchichte der Säugethiere und Vögel iſt am ausführlichſten behandelt: theils weil ihre Geſchichte, als die der am höchſten organiſirten Weſen, auch die zahlreichſten und mannichfaltigſten Merkwürdigkeiten darbie— tet; theils, um durch ſie beiſpielsweiſe den Zuſammenhang in der ge— ſammten Reihe aller Bildungen nachzuweiſen, und ſomit eine Vorſtel— lung von der genauen, in der Natur allenthalben herrſchenden Stufenfolge zu erwecken. Die Vögel ſind überdieß von jeher ein ſo vorzugsweiſe belieb— ter Gegenſtand der beobachtenden Naturgeſchichte geweſen, daß die Ornithologie hierin nach Verhältniß alle übrige Zweige weit überholt hat. Deßhalb ſchien es mir angemeſſen, wenigſtens den Hauptzügen nach ein Bild von dem gegenwärtigen Standpunkte derſelben zu entwerfen. Erſcheinen hier— bei ins Beſondere wieder die einheimiſchen Gattungen, zumal die Land- und namentlich die Singvögel, etwas bevorzugt; ſo hat auch dieß einen wohlbe— wußten Grund in dem Wunſche gehabt, zur nützlichen, die Aufmerkſamkeit ** 1 1 1 nur u V ſchärfenden, eigenen Beobachtung anzuleiten, da, wo ſich die Gelegen— heit hierzu am häufigſten, fo wie auf die leichteſte undTficherfte Weiſe dar— bietet. Zugleich wird und ſoll vornehmlich bei dieſer Klaſſe jener ſo beach— tenswerthe Parallelismus, d. h. das Auftauchen entſprechender Bildun— gen in ſonſt verſchiedenen Familien, Zünften und Ordnungen oder ſelbſt Klaſſen, hervortreten, welchem wir mehr oder weniger überall in der Natur begegnen. Namentlich ſoll eine verdiente Berückſichtigung deſſelben auch ſchon aus der ganzen ſyſtematiſchen Anordnung hervorgehen. Dieſe wird, wie ich glauben darf, nirgends einer naturgemäßen anderen nachſtehen. Sie ſoll Gattungen, Familien, Zünfte und Ordnungen auf eine Weiſe verbinden, daß das Ganze in ſeinen Theilen überall wieder an den Zuſammenhang eines großartigen, feſt in ſich gegliederten Organismus erinnert, in welchem Nichts eine zufällige, ſondern Jedes feine nothwendige Stelle einnimmt. *) Dabei enthält auch ſie faſt überall mehr oder weniger Eigenthümliches, auf eigener Erfahrung und Prüfung Beruhendes, ohne jedoch Demjenigen vorzugreifen, was ich als Frucht mehrjähriger, faſt ausſchließlicher Studien über Syſtema— tik aus guten Gründen einer beſonderen Arbeit vorbehalten zu müſſen glaube. **) Zoologen von Fach werden beſonders bei der Behandlung dieſer beiden Thier— klaſſen, welche zuſammen den erſten, ſtärkeren Band des Ganzen füllen, überall mehr oder weniger die Reſultate eigener Forſchung und Beobachtung erkennen. So namentlich in der Charakteriſtik aller Gruppen, wie in faſt allen umfaſ— ſenderen Bemerkungen über geographiſche Verbreitung und deren ge— genwärtig erſichtliche, natürliche Urſachen oder Geſetze, über ihre Beziehung zur phyſiſchen Geographie oder Klimatologie, zur Verbreitung der Pflanzen oder anderer Thiere ꝛc. Beides Punkte, denen ich eine vieljährige, beſondere Aufmerkſamkeit gewidmet habe. Manche, bisher etwas ſtiefmütterlich behan- ) In dieſer Beziehung bleibt ſelbſt die Einrichtung des Druckes wichtig. In den meiſten ähnlichen Werken erſcheint das ſyſtematiſche Ganze durch eine Menge von Ueberſchriften, die zum Theile ſogar bei jeder einzelnen Species vorkommen, in eine faſt unüberfehbare Menge von Stücken zerriſſen. Um Letzteres zu vermeiden, (nicht bloß, um Raum zu ſparen,) iſt hier eine Einrichtung gewählt, welche nur die Klaſſen, Unterklaſſen und Ordnungen auf ſolche Weiſe hervorhebt, das Verhältniß der kleineren Abtheilungen zu einander aber durch die Wahl der Schriftſorten und durch Fortführung überſichtlicher Columnentitel verſinnlicht. ) Dieß zur Beachtung für Diejenigen, welche Exemplare von meinen, früher als Manuſeript lithographirten Tabellen zur Syſtematik der Säugethiere beſitzen, — als An: deutung, warum ſie hier Manches noch anders finden, als dort! — Das Beſtreben, nach meinen Ueberzeugungen zur weiteren Feſtſtellung einer naturge— mäßen Syſtematik mitzuwirken, wird auch ſo für Niemanden, der andere Syſteme vergleichen will, zu verkennen ſein. Die Beſtimmung aber, wie weit ich für jetzt darin gehen wollte, ohne Rückſicht darauf, wie weit ich nach jenen Vorarbeiten hätte gehen können, mußte na— türlich nach dem, Jedem zuſtehenden, ausſchließlichen Rechte, über ſein geiſtiges Eigenthum zu verfügen, mir allein zukommen und ſich nach denjenigen äußeren Gründen beſtimmen, welche mir für jetzt noch eine ſolche Zurückhaltung gebieten. 2 VI delte Ordnungen, z. B. die Beutelthiere und Wale, erſcheinen aus dieſem Grunde bereits hier reicher an merkwürdigen und generiſch -charakteriſtiſchen Formen, als bisher ſelbſt in vielen ſtreng wiſſenſchaftlichen Werken über Zoo— logie. Doch werden ſie damit auch dem Umfange nach bloß ungefähr in den ihnen gebührenden Rangwerth eintreten. Desgleichen ſind da und dort eine ziemliche Anzahl von Arten beider Klaſſen hier als beſondere, neue Gattun— gen aufgeſtellt: weil ſie mir, den jetzt geltenden und täglich allgemeiner wer— denden Anſichten gemäß, wegen bedeutender Abweichungen von ihren Ver— wandten eine generiſche Trennung zu verdienen ſcheinen. (Die bekannte, per= ſönliche Verſchiedenheit der Anſichten, welche in dieſer Hinſicht noch bald im Allgemeinen, bald in jedem beſonderen Falle obwalten kann, laͤßt mich jedoch weit entfernt, mit irgend Jemanden über eine mögliche entgegengeſetzte Mei— nung ſtreiten zu wollen. Wem die meinige nicht zuſagt, Der bleibe bei der ſeinigen. *) Für ein Buch, wie vorliegendes, hat eine ſolche Verſchiedenheit zweier Anſichten zunächſt nur die Bedeutung eines Zeilenausganges mehr oder weniger. **) Mein Wunſch dabei war, zumal junge Leſer zugleich an die Beurtheilung der Charaktere je nach ihrer Wichtigkeit und Bedeutung zu ge— wöhnen.) Eine nicht geringe Mühe verurſachte die, hiermit nothwendig ge— wordene Bildung neuer wiſſenſchaftlicher Namen, und das Erſetzen vieler ſprachlich- mangelhaft gebildeten früheren durch richtige, die alsdann voran— geftellt ſſind. Die wirklich arge, täglich mehr um ſich greifende Sprachbar— barei, durch welche namentlich viele engliſche und noch mehr franzöſiſche Na— turforſcher beſonders die zoologiſche Nomenclatur verderben, machte ein ſolches Verfahren um ſo nothwendiger bei einem Buche, welches ins Beſondere mit für die, in den claſſiſchen Sprachen bewanderte Jugend unſerer höheren Lehr— anſtalten beſtimmt iſt. u) Schon Letzteres allein würde ein hinreichender Grund geweſen ſein, um bei der Darſtellung überall, namentlich auch mit Rückſicht auf die ſittliche Seite alles Unterrichts, zunächſt von dem Standpunkte eines öffentlichen Lehrers auszugehen, ſo wie manches Hiſtoriſche und Antiquariſche oder Sprachliche nicht zu übergehen. Das ſyſtematiſche Verzeichniß der behandelten Gegenſtände reicht, ) Doch bleibt zu bedenken: daß hier Raum und Zweck faſt immer nur ein Herausheben der wichtigſten Charaktere erlaubten. *) In Folge der Regel nämlich: daß von den Gattungen, (an deren ſtete Unterſcheidung von bloßen Arten beſonders beim erſten Unterrichte fo viel gelegen ift,) hier jede mit einem neuen Zeilenabſatze beginnt. ) Ueberhaupt hätte man ſich ein ſolches Verwerfen ſchlechter, ſprachwidriger oder ſonſt unzuläſſiger Namen, die ihr Entſtehen meiſt ebenſo der Trägheit ihrer Urheber, wie der mangelhaften, ſprachlichen Bildung derſelben verdanken, längſt zur allgemeinen Regel machen ſollen: da man ſich längſt hat überzeugen können, daß es das einzige Mittel bleibt, um für die Zukunft von ſolchem Treiben abzuſchrecken. (Vergl. S. 473.) — — VII als leitende Ueberſicht des Ganzen nach ſeinem Zuſammenhange, bis auf die Gattungen herab. Es iſt, mit Ausſchluß der letzteren, deren Charaktere hier ohne zu große Ausdehnung nicht wieder angedeutet werden konnten, in Form eines ſo genannten Schlüſſels gearbeitet. Bei der ziemlichen, wenn auch nicht abſoluten Vollſtändigkeit, welche ich in der Aufzählung der Fami— lien der zwei oberſten Weſen-Klaſſen beobachtet habe, ſoll daſſelbe demnach auch den Anfänger in den Stand ſetzen, ein ihm vorliegendes Thier bei gehöriger Aufmerkſamkeit ohne Schwierigkeit zu beſtimmen. Indeß dürfte dieſer Theil meiner Arbeit in mancher Hinſicht ſelbſt Fachgelehrten um ſo willkommener ſein, je mehr dieſe wiſſen: daß das Herausfinden der einzelnen, über— all zutreffend bleibenden Charaktere aus der großen Menge von wechſelnden immer nur in Folge ſehr anhaltender und ſtets überſichtlich zuſammengefaßter Un— terſuchungen gelingen kann.“) Was hierzu oft gehört, zeigen gewöhnlich nur die mißlungenen Verſuche. *) Sobald dieſelben aber gelungen find, ſieht man immer mehr das Treffende von G. Cuvier's Satz ein: „daß es zuletzt, wenn man die Naturgegenſtände im Zuſammenhange und ſcharf vergleichend betrachtet, meiſt ſelbſt zur Charakteriſtik der größeren, oft ſehr zahlreichen Gruppen doch nur eines ſehr kurzen Satzes bedarf.“ **) Abgeſehen alſo von dem Zwecke, ſo manche Reſultate eigener und frem— der wiſſenſchaftlicher Forſchung mehr zum Gemeingute für gewöhnliche Freunde der Naturgeſchichte zu machen, dürften vielleicht die erwähnten Beſonderhei— ten allein ſchon hinreichen, das Erſcheinen des vorliegenden Buches zu recht— fertigen, dafern etwas Wohlgemeintes und nach menſchlichen Kräften Zu— verläſſiges in dieſer Hinſicht überhaupt einer Entſchuldigung bedürfte. Auch hier habe ich mich überhaupt allenthalben an das von Cuvier em— pfohlene Verfahren gehalten, ſtets das Allgemeine aus dem Beſonderen her— vorzuheben, um ſo Allem, was zu ſagen iſt, eine ſo weite Ausdehnung zu ge— ben, als dieß der Richtigkeit gemaͤß möglich iſt. Ein Verfahren, welches eben ſo viel Vorſicht verlangt, wie es geeignet erſcheint, verhältnißmäßig viel Inhalt auf einen ſehr mäßigen Raum zuſammenzudrängen. ) Der Werth einer ſolchen Arbeit ſteht dann im gerade umgekehrten Verhältniſſe zu ihrem ſcheinbaren Umfange. Es geht damit in der Naturgeſchichte ungefähr, wie meiſt in der Meteorologie: wo es, wie Kaemtz bemerkt, oft tagelanger Arbeit und eines ſchwierigen, viele Bogen langen Rechnens bedarf, um zuletzt ein Reſultat zu erhalten, welches 1—2 Zei: len füllt. ) Ein neues, ſonſt ſehr fleißig gearbeitetes, in mancher Hinſicht recht ehrenwerthes zoo— logiſches Werk zweier deutſchen Gelehrten beginnt ſeinen erſten Band mit ähnlichen Charak— teriſtiken zur Eintheilung der Säugethiere, von denen unter 16 nur Eine fehlerfrei iſt. ) Zum leichteren Verſtändniſſe der Nomenclatur find in dieſem Verzeichniſſe die von mir neugegebenen Namen curfiv gedruckt. Jene der ganz neu aufgeſtellten Gat— tungen find zugleich geſperrt geſetzt. Denen der aus geſtorbenen iſt hier, wie überall, ein Kreuz vorgeſetzt. (Im Terte werden letztere auch durch kleinere Schrift und eingerückte Zeilen kenntlich.) — III Gern hätte ich ſchon, gegenwaͤrtig namentlich ein Mehreres von dem Baue und den Verrichtungen des menſchlichen Körpers gegeben. Doch glaubte ich, dieß einſtweilen noch unterlaſſen zu müffen, in der Ueber— zeugung: daß Lernende jeden Alters durch eine Behandlung alles ſo genannten Allgemeinen im Voraus, ſobald dieſelbe ſo ausführlich iſt, um den Umſtän— den gemäß für erſchöpfend gelten zu können, meiſt nicht dauernd angezogen, ſondern gewöhnlich gerade zur Flüchtigkeit im Auffaſſen deſſelben veranlaßt werden, ſo daß der wohlgemeinte Zweck an einer, leicht erklärlichen Eigen— thümlichkeit und Schwäche des menſchlichen Geiſtes ſcheitert. Da nun am allerwenigſten ein Buch die Macht hat, Jemanden zum Lernen zu zwingen; ſo bleibt nichts übrig, als das Beſtreben, durch die Art der Behandlung hierzu anzuregen, und nöthigen Falls öfter auf einen Gegenſtand zurückzu— kommen. Letzteres ſcheint aber namentlich in dieſer Beziehung an ſeinem Platze. Denn jeder Wißbegierige fühlt auch wieder den Wunſch und Trieb, bei oder neben einer Wiederholung Deſſen, was er bereits von einem Gegenſtande weiß, oder in Rückerinnerung an Daſſelbe, auch mehr oder weniger Neues hinzu— zufügen, um ſo das Gebäude auf dem bereits gelegten Grunde immer weiter auszubauen. Deßhalb ſcheint mir eine weitere Behandlung des gemeinten Gegenſtandes, die ſich vielleicht auf 1½—2 compreſſe Druckbogen erſtrecken möchte, als Inbegriff Deſſen, was ſpäterhin für Leben und allgemeine Bil— dung wiſſenswerth bleibt, erſt ſpäter an ihrem Platze. Dagegen will ich gern zugeben: daß auch mir ebenſo, wie jedem Ande— ren, hin und wieder doch etwas recht Bemerkenswerthes unberührt entgangen ſein könne. Davon erſcheint wohl kein derartiges Werk in ſeiner erſten Be— arbeitung frei; und es wird ſtets ein Vorzug wiederholter Ausgaben bleiben, dergleichen Lücken immer mehr auszufüllen. Im Uebrigen verweiſe ich nunmehr auf die, hiernächſt folgende Ab— handlung, welche noch manches auf Weſen und Zweck dieſes Wer— kes Bezügliche erörtert. So namentlich den Plan zur Herausgabe ei— ner oder mehrerer Sammlungen von Abbildungen. l Möge die Arbeit Lehrenden und Lernenden von Nutzen fein, beiden im- mer mehr Liebe zur Sache einflößen, die Kenntniß und Achtung derſelben verbreiten helfen und mir Gelegenheit werden, ſpäter zu verbeſſern und hints zuzufügen, was eine gerechte, gründliche und humane Beurtheilung ſachkun— diger Männer mir von pädagogiſcher oder wiſſenſchaftlicher Seite als noch mangelhaft oder wünſchenswerth zu bezeichnen finden wird. Breslau, den 17. October 1841. Der Verfaſſer. Andeutungen über die gegenwartige Lage des öffentlichen Unterrichts in der Naturgeſchichte, über Methode bei demſelben, und fernere Wün— ſche für denſelben. *) E. war mir feit langer Zeit ein gern gehegter, und nur über mehrfachen wiſſenſchaftli⸗ chen Arbeiten ſtets wieder verſchobener Gedanke, nach Umſtänden auch Etwas zur Verbrei— tung dieſer Wiſſenſchaft als Unterrichtszweiges zu verfuchen. *) Die inzwiſchen verfloſſene Zeit hat, im Vereine mit zufälligen Umſtänden, dazu beigetragen, den Plan zur Reife zu bringen. Urſprünglich ſollte es damit allerdings zunächſt nur auf Befriedigung des eigenen Bedürf— niſſes beim Unterrichte an einem der beſuchteſten Gymnaſien unſeres Staates (mit einer 4—500 und darüber betragenden Schülerzahl) abgeſehen ſein; und dann würde es ſich eigentlich nur darum gehandelt haben, die Zahl der bisherigen Compendien oder Leitfäden um Eins zu vermehren, und in dieſem theils einzelne Mängel anderer zu vermeiden, theils manches be⸗ währte Wichtige neu hinzuzuthun. Damit würde aber, wie eine tiefere Erwägung mich bald überzeugte, bei der ganzen, gegenwärtigen Lage der Sache überhaupt nicht viel für dieſelbe zu gewinnen geweſen ſein. Denn offenbar handelt es ſich hier, wie überhaupt überall, zu— nächſt darum: die obwaltenden Verhältniſſe genau in's Auge zu faſſen, und ſie ohne zufällige oder abſichtliche Selbſttäuſchung zu nehmen, wie ſie wirklich ſind, um fo einen feſten Boden zu gewinnen, von welchem aus ſich dahin wirken läßt, daß fie allmählig ſo werden, wie man wünſchen muß, daß ſie ſein möchten. Es gilt daher weit weniger, auf diejenigen Lehrer Bedacht zu nehmen, welche nament— lich auf der Univerſität anhaltendere naturhiſtoriſche Studien gemacht haben, und ihnen das Lehren nach Möglichkeit zu erleichtern, — als vielmehr, Daſſelbe mit beſſerer Ausſicht auf Erfolg auch Denjenigen möglich zu machen, welche hierin unterrichten müſſen, ohne früher hinreichend Zeit und Gelegenheit zu dergleichen Stu— dien gehabt zu haben. Denn Letzteres iſt bekanntlich nicht bloß gegenwärtig bei ſehr vielen Gymnaſiallehrern der gell ſondern es wird vielleicht ſogar noch geraume Zeit fo bleiben und bleiben müſſen, ohne daß den Betheiligten darum billiger Weiſe meiſt auch nur ein Vorwurf gemacht wer— den dürfte. Die Sache erklärt ſich ja wahrlich leicht von ſelbſt: theils aus der ae Natur des menſchlichen Geiſtes, der einmal nicht Alles zugleich, oder in gleichem Grade um: faſſen kann; theils aus den ganzen Verhältniſſen der Gymnaſien und aus mancher Einrich⸗ tung, die nothwendig in ihrem innerſten Weſen begründet liegt. Denn erſtens werden auch an die eigentlichen Philologen, als die Mehrzahl künftiger Gymnaſtallehrer, ſchon For— derungen genug geſtellt, um ihnen für 3—4 Univerſitätsjahre vollauf zu thun zu geben: zumal, wenn ſie, (was jetzt bei uns für evangeliſche in gewiſſem Grade ſogar Geſetz iſt,) noch Theologie mit Philologie verbinden. Die Mathematiker aber, denen hier allenfalls noch am eheſten Zeit zur Beſchäftigung mit Naturgeſchichte übrig bleiben könnte, wiſſen, daß ſie einſt, als wirkliche Lehrer, meiſt an Mathematik und Phyſik ſchon volle, vielleicht ſogar *) Handelte es ſich bloß um Verſtändigung mit Schulmännern und Unterrichtsbe⸗ hördenz fo hätte hier ſehr Vieles ohne Nachtheil weit, kürzer gefaßt fein können. Denn bei⸗ den braucht man nicht „Alles zu ſagen:“ ſie wiſſen, oder begreifen Vieles ſehr bald von ſelbſt. Aber noch giebt es Leute außer beiden, die in Folge vorgefaßter Meinungen nicht hören, ſehen und begreifen wollen, und denen man daher, wo möglich, lieber noch weit mehr als „Alles jagen” möchte: weil fie häufig am meiſten Geſchrei zu machen ſtreben und nie Unrecht zu haben glauben. — (Ex perto credite! —) Deßhalb muß man, um ſolches Geſchrei unſchädlich zu machen, wenigſtens Andere zu überzeugen ſuchen, und, um böswilligen Auslegungen und Verdrehungen vorzubeugen, Vieles ausdrücklich ſagen, was ſich eigentlich für offene, vernünftige nnd redliche Leſer von ſelbſt verſteht. Experto erede Ruperto! — **) Was ich in Bezug auf den Zweck der Arbeit zu dieſem Behufe zu ſagen habe, wird meiſt auch auf die Beſtimmung derſelben zum Gebrauche für das geſammte gebildete Publikum zu beziehen ſein; da beide Zwecke zuletzt auf Eins hinauslaufen und der erſtere ſich weſentlich nur durch Beobachtung einer be— flimmten Zeit und Methode, ſo wie eines, durch beide bedingten Maaßes, unterſcheidet. X Andeutungen, übergroße Beſchäftigung finden werden.“) Wer ſoll da in der Regel noch daran denken oder denken können, ſich auch zum Naturhiſtoriker auszubilden? Wer ſoll ſich ſo nebenbei noch an ein Fach von ſolchem Umfange wagen? Ueberdieß ſtammt die Mehrzahl der jetzt wirken— den Gymnaſtiallehrer aus einer Zeit her, wo an den Unterricht in Naturkunde oft kaum ge— dacht, oder wo derſelbe wenigſtens meiſt noch hochſt mangelhaft betrieben wurde: ſo daß bei Denjenigen, in deren angeborener Geiſtesrichtung eine ganz beſondere, bleibende Vorliebe für dieſes Fach nicht lag, auch gar keine Neigung entſtehen konnte, ſich ſpäterhin aus freiem Antriebe weiter darin auszubilden. Gleichwohl haben und werden, bei dem Mangel eines beſſer unterrichteten Amtsgenoſſen, viele es nach dem Eintritte in ihr Lehramt übernehmen müſſen, in dieſem Fache Unterricht zu ertheilen: da derſelbe denn doch einmal nicht ausfallen ſoll und darf, und (nach einer ganz wohl begründeten Einrichtung) jeder Gymnaſtallehrer, ſo weit bei angemeſſener Vertheilung der geſammten Lehrkräfte die ihm zukommende Stun— denzahl es nöthig oder zuläſſig macht, unbedingt gehalten iſt, den Unterricht in allen Gegenſtän— den zu übernehmen, zu welchen er, wenn nicht in höherem, doch in gleichem Grade für befähigt gilt, wie die übrigen Mitglieder der Anſtalt.“) Manche, denen auf dieſe Weiſe, theils neben minder zeitraubenden Unterrichtszweigen, theils an weniger beſuchten Anſtalten, allmählig der geſammte Unterricht in der Naturgeſchichte übertragen wurde, haben ſich demſelben allerdings mit ſo viel Luſt und Liebe gewidmet, und ſich nachträglichen Studien ſo ernſtlich hingege— ben, daß fie nicht bloß ihren nunmehrigen Beruf als Naturkundige ehrenvoll ausfüllen, ſondern zum Theil auch für einzelne Zweige ſelbſt einen gewiſſen Ruf als Naturforſcher erworben haben.“ “) Doch bleiben dieß immer nur Ausnahmen. Auch konnten dieſelben ge— wöhnlich bloß unter zufälligen, günſtigen Umſtänden, z. B. an größeren Orten, und nament⸗ lich in Univerſitätsſtädten, vorkommen: da in der Regel nur hier ein größerer literariſcher Verkehr, fo wie öffentliche Bibliotheken, Naturalienſammlungen und botaniſche Gärten ze. die mannigfaltigen und größten Theils ſo koſtbaren Hilfsmittel zu gründlicheren naturhiſto— riſchen Studien darbieten. An anderen Orten ſieht es hiermit ſehr häufig ganz anders aus. Und wer könnte ſo ungerecht ſein, darum gleich harte Urtheile ausſprechen zu wollen, wo eine nähere Erwägung der mitwirkenden Umſtände vielleicht ſchon einen leiſen Tadel als durchaus unbillig abweiſt? — Indeß werden alle dieſe Verhältniſſe ſich ohne Zweifel allmählig immer mehr ändern, ſo wie mit dem Geiſte und den Anforderungen einer anders gewordenen Zeit nach und nach auch die Anſichten über Zweck und Beſtimmung aller Bildungsanſtalten für die Jugend ſich von ſelbſt zeitgemäß umgeſtalten. Denn allerdings ſoll zwar auch an Gymna— ſien jeder Lehrer fo viel als möglich zum Unterrichte in Demjenigen zugelaſſen oder zuge— zogen werden, worin er entweder überhaupt, oder vorzugsweiſe vor den übrigen Lehrern, am tüchtigſten iſt. (Und gewiß wird man dieß überall ſehr gern thun, oder geſchehen laſſen, wenn es ſich um Naturgeſchichte handelt. 7) Jeder Sachkenner weiß aber, wie wenig ſich mit der ganzen, nothwendigen Einrichtung der Gymnaſien überhaupt das Beſtreben vertra— gen würde, bloß ſo genannte Fachlehrer anzuſtellen. War es daher wohl zu verwundern, wenn im Gefühle deſſen die höchiten Behörden ſich lange dagegen ſträubten, Ausnahmen von dieſer Regel eintreten zu laſſen? Nichts deſto weniger gilt bereits ſeit geraumer Zeit die Mathematik, welcher natürlich faſt immer die Phyſik beigegeben bleiben muß, mehr oder weniger, ja meiſt ausſchließlich, für ein ſolches Ausnahme-Fach. Mit der fortwährend ſtei— genden Anerkennung des hohen Werthes, welchen alle Zweige der Naturkunde als Bildungs— mittel für Geiſt, Gemüth und Leben überhaupt bewähren, wird es daher nach und nach ſchon von ſelbſt dahin kommen: daß auch Naturgeſchichte überall immer mehr als ſolches Fach gelten wird, ohne daß es hierzu jenes übermäßigen, meiſt ſehr übel berechneten und daher theilweiſe nur ſchädlichen Eiferns bedarf, mit welchem manche Naturkundige und Na— turforſcher die Regierungen zu bedrängen ſuchen. +7) ) Nur manche von ihnen beſchäftigen ſich, durch Phyſik und Chemie dazu hingezogen, gern und erfolg— reich mit Mineralogie, welche ſie nachher auch vorzuglich zu lehren geeignet dv ) Eine Verpflichtung, in deren Umfang (wenigftens bei uns, und wahrſcheinlich auch ſonſt in allen deutſchen Staaten) Natürgeſchichte ausdrücklich mit einbegriffen iſt. ) Daß manche, bereits frühzeitig mit Naturkunde und namentlich mit Naturgeſchichte befreundet gewor⸗ dene Männer auch in ihrem Stande als Gymnaſiallehrer Zierden der Wiſſenſchaft find, ſcheint, als mehrfach bekannt, zu erwähnen, faft üterflüßig. J) Als ſeltene Ausnahme kömmt freilich bei b als gewöhnlicher Vielſeitigkeit auch wohl der Fall vor, daß ein, wenigſtens theilweiſe recht tüchtiger Naturhiſtoriker von dieſem Fache Wenig oder gar Nichts lehrt: entweder, weil man feiner Kräfte für andere Zweige nicht entbehren bann; oder, weil er dieſe aus eigener Nei— gung dafür nicht aufgeben will. ; So läßt gar Manches, was auf einer Anſtalt geſchieht, oder nicht geſchieht, ſich nur bei näherer Kenntniß ihrer inneren Werhältniſfe richtig beurtheilen. 1) Man muß es wirklich poſitiv wiſſen, um es zu glauben: daß es dergleichen Leute von Fach giebt, welche die Regierungen am liebſten in der Verlegenheit ſehen, oder fie recht bald darein bringen möchten, daß den Unterricht betreffend. xı Die Neigung der unſerigen, ſich auch hierin nach den Umſtänden zu richten, hat ſich be⸗ reits vor länger als einem Jahrzehende durch Errichtung eines naturwiſſenſchaftlichen Se minars bei der Univerſität zu Bonn bewährt.“) Sie hat alſo den Weg der Aufmunterung verſucht, wo jeder Zwang unmöglich und unzuläſſig blieb. Indeß hat und wird für jetzt die Zahl der in jenem Inſtitute, wie anderswo gebildeten Jugendlehrer immer noch lange nicht hinreichen können, das in dieſer Hinſicht herrſchende Bedürfniß zu decken. Denn einer Seits hat die, inzwiſchen erfolgte Errichtung fo vieler Real- oder höheren Bürgerſchulen dazu bei— getragen, daſſelbe noch bedeutend zu ſteigern: indem fie der fo gebildeten jungen Männer na⸗ türlich noch viel dringender bedurften, als die Gymnaſien. Anderer Seits befanden ſich un: ter den Mitgliedern jenes Seminars auch manche Nichtpreußen, die nach Vollendung ihrer Studien wieder nach ihrer Heimath zurückkehrten. So iſt die Sache namentlich in Bezug auf Gymnaſien allerdings zwar etwas, aber noch nicht bedeutend anders, und wenige ſtens noch lange nicht fo geworden, wie man es wohl wünſchen möchte. Aber begreiflicher Weiſe kann der Staat ja doch die jungen Philologen nicht mit Gewalt anhalten, vorzugs— weiſe Naturgeſchichte zu ſtudiren; und noch weniger könnte er ſonſt junge Naturhiſtoriker zwingen, ihrer Neigung zuwider Gymnaſiallehrer zu werden. So bleibt denn ſelbſt in Preußen, welchem die geſammte cultivirte Welt mit Recht das einſtimmige Lob des am beſten geordneten Schulweſens ertheilt, in dieſem Punkte noch gar Vieles zu wünſchen. Denn ſelbſt hier giebt es noch jetzt ein oder das andere Gymnaſium, auf welchem Naturgeſchichte bloß ganz nebenbei betrieben wird: indem man „Einiges über die wichtigſten Thiere und Pflanzen“ gelegentlich, „in den Stunden für Erdkunde“ mit vor: nimmt. (Ein Fall, der freilich ſchwerer zu entſchuldigen ſein dürfte: da nicht wohl anzu— nehmen iſt, daß man gar nicht anders könne.) **) Auf den meiſten Gymnaſien iſt die Natur— geſchichte an mehrere Lehrer vertheilt: bei manchen an eben ſo viele, als Klaſſen ſind, in de— nen ſie gelehrt wird. Warum? Offenbar nicht, weil meiſt etwa 3 oder 4 Naturhiſtoriker im Kollegium vorhanden wären, die ſich nun mit einer gewiſſen löblichen Eiferſucht um den Unterricht in dem Fache ſtritten; ſondern ohne Zweifel, weil, umgekehrt, gewöhnlich keiner es recht oder ganz iſt, vielmehr jeder nur nach Zeit und Kräften zur Ausführung des Gan— zen beitragen muß.“) Solche Fälle mögen natürlich immerhin um der Sache ſelbſt willen zu beklagen ſein; dem Einzelnen können ſie aber von Rechts wegen meiſt nur um ſo mehr zur Ehre gereichen, je mehr die eben bezeichneten Umſtände die Lage entſchuldigen, und je größere Mühe und je mehr Zeit ein ernſtliches Streben, ſelbſt unter ſolchen Verhältniſſen doch Etwas zu leiſten, ihm koſtet. Gewiß bleibt es demnach aus beiderlei Gründen dringend nöthig, nach Möglichkeit immer mehr für Abſtellung ſolcher Fälle zu ſorgen. +) Am guten Willen dazu mangelt es den Staats— behörden vielleicht nirgends; aber es giebt Dinge, die keine menſchliche Macht plötzlich zu erzwingen vermag. Auch hier kann die Sache nur allmählig werden. Hierzu wird aber Nichts wirkſamer beitragen, als das Beſtreben: bei der lernbegierigen Jugend bereits auf den Gymnaſien den, ihr meiſt ſchon angebornen Sinn für Nas turkunde früh zu wecken und fo weit zu pflegen, als dieß ohne Beeinträchtigung des nothwendigen anderweitigen Lehrſtoffes geſchehen kann, um jene natürliche Neigung zweck— mäßig und rechtzeitig zu entwickeln. 14) So wird die Zahl Derer, welche Luft bekom— men, ſich der Naturgeſchichte vorzugsweiſe zu widmen, ſchon von ſelbſt ſteigen. Naturgeſchichte, wenn es nicht ausſchließlich nach ihren Wünſchen und Anſichten geſchehen kann oder ſoll, lie— ber gar nicht auf Schulen gelehrt werden mochte oder könnte! — Als ob man dann eben nicht auch wahr⸗ ſcheinlich für immer die Hoffnung wurde aufgeben müſſen, die noch fehlende Zahl von Lehrern der N. G. all- mählig heranerzogen zu ſehen! Darum: sit modus in rebus; sint certi denique fines! — *) Gegenwärtig (ſeit Ende d. J. 1839) beſteht auch noch ein zweites in Halle. i) Für Schulmaänner von Fach, welche in der Regel vom Bibliothekare der Anſtalt die Programme der ſämmtlichen übrigen preußiſchen Gymnaſien, ſo wie der mit unſerer Regierung im Programmentauſche ſtehen⸗ den, auswärtigen, der Reihe nach zur Einſicht erhalten, wird es hier einer namentlichen Bezeichnung, die im⸗ mer fo leicht gehaſſig erſcheint, nicht bedürfen. Ich kann mich derſelben folglich um jo mehr enthalten, da es mir überall lediglich nur um offene Darlegung der wirklich beſtehenden. Sachverhaltniſſe zu thun iſt: wobei jede, auch die entfernteſte Verletzung achtbarer Perſönlichkeiten, fo wie eine Verdächtigung gan— zer Anſtalten, ſtets ausdrücklich ausgeſchloſſen bleiben ſoll. Omnino sine ira et studio! — ken) Allerdings kann man vielleicht aus einer oder der anderen größeren Stadt als beſondere Ausnahme den Fall anführen: daß ein Lehrer⸗Collegium 2 oder 3 Mitglieder zählt, die ſich mehr oder weniger mit Naturge⸗ ſchichte befaſſen. Cs bleibt nur eben wenigſtens theilweiſe die Frage; wie, und in welchem Grade, beſonders aber, mit welchem Sinne und Geiſte? — „Nicht alle Namen zählen;“ oder wenigſtens wiegen nicht alle gleich. Ueberhaupt ſtoßen ja auch Ausnahmen die Regel nicht um. +) Ganz vermeidlich werden fie überhaupt nie werden; da Vertretungen im Falle einer Erledigung der Fachſtelle, oder bei längerer Krankheit eines Lehrers, fie überall wenigſtens vorübergehend wieder herbeifüh⸗ ren können. Muß doch in ſolchen Fällen zuweilen ſelbſt auf großen Univerſitäten der Chirurg oder Phy⸗ ſiolog eine Zeit lang Anatomie, der Kirchenhiſtoriker Dogmatik leſen, u. dergl. It) Wie nothwendig aber Letzteres bleibt, hat ſich namentlich in Baden gezeigt. (Vergl. das [von Pro— XII Andeutungen, Dazu wird es jedoch eben noch längere Zeit der thatigen Mitwirkung ſolcher Lehrer be: dürfen, welche Naturgeſchichte urſprünglich nicht zum Gegenſtande tiefer Studien gemacht, ſondern dieſe erſt mit dem Lehren ſelbſt begonnen haben, oder noch beginnen ſollen. Für Solche iſt aber gerade in der Naturgeſchichte, wo es bei dieſem Stande der Dinge nöthiger geweſen wäre, als in jedem anderen Fache, bisher viel weniger geſorgt, als in jedem ande— ren. Für Geſchichte und Geographie ze, die ohnehin jeder Gymnaſiallehrer mehr gez trieben haben muß, als Naturgeſchichte, und in denen folglich auch Jeder, wenn er ſie zu lehren bekömmt, ſich durch Nachſtudien viel leichter vervollkommnen kann, giebt es längſt mehrere, von ausgezeichneten Sachkundigen (Volger, Schacht, Becker ꝛc.) bearbei— tete, parallele Werke von verſchiedenem Umfange: kleinere, als Lehrbücher oder Leit— fäden für die Jugend während der Unterrichtsſtunden ſelbſt; größere theils zum Nachle— ſen und häuslichen Gebrauche der Schüler, theils zur Benutzung für die Lehrer, um die— ſen den zu bewältigenden Stoff in beſtimmter, gleicher Ordnung und Reihenfolge, ſo wie in demjenigen Grade der Ausdehnung zu vergegenwärtigen, welche geeignet erſcheint, dem trok— kenen Gerippe eines bloßen Leitfadens durch das lebendige Wort das nöthige Fleiſch und Le— ben zu geben.“) Nur für Naturgeſchichte fehlt es an ſolchen Werken noch durchaus. In welche Verlegenheit muß alſo hier ein Lehrer gerathen, der ſich unter ſol— chen Umſtänden bei der jedesmaligen Vorbereitung durch 5—6, vielleicht ganz verſchiedenar— tig gehaltene und ſehr häufig einander widerſprechende Werke hindurcharbeiten ſoll, um daraus das Beſte und vermeintlich Richtigſte auszuwählen! Wer ſteht ihm dafür ein, daß ſeine Kritik hier, wo er ſich nirgends ſicher fühlt, wirklich das Rechte herausfindet: da es in gar vielen Fällen vorkommen wird, daß von ſeinen literariſchen Hilfsmitteln gerade die entſchiedenſte Minorität Recht, die Majorität dagegen Unrecht hat? — Welch' einen verdrüß— lichen Zeitverluſt muß ihm nicht ſelten ſchon das bloße Zuſammenſuchen des Materials ko— ſten, wenn, wie fo häufig, von den benutzten Werken jedes eine andere ſyſtematiſche Anord— nung befolgt! Wie aber endlich, wenn ſie, zumal an kleinen Orten, weder in der nöthigen Auswahl vorhanden, noch ſchnell zu erlangen ſind? oder wenn noch ein, vielleicht zwei Amts— genoſſen dieſelben zu gleichem Zwecke bedürfen? Wie ferner, wenn die eben verfügbaren über Manches, was in dem gebrauchten Leitfaden erwähnt wird, gar Nichts enthalten? oder wenn ſie hin und wieder ſo Seltſames und Verkehrtes vorbringen, daß es bei einiger Erwägung der Umſtände einem ſchlichten, gefunden Menſchenverſtande ſchon an und für ſich verdächtig wird? ““) Und alle dieſe Fälle kommen nur zu häufig vor. Denn ſelbſt von den größeren derartigen Werken für Schule, Haus und Leben enthalten gar manche (namentlich in der N. ©. des Thierreiches und zumal der höheren Thierklaſſen) des Mangelhaften, Falſchen, Verkehrten, ja nicht ſelten geradehin Albernen ſo viel, daß ein Freund ſtrenger wiſſenſchaft— licher Wahrheit und Zuverläſſigkeit bei aller Liebe zu einer vernünftigen, geregelten Preß— freiheit einige der am meiſten gebrauchten weit lieber verboten wiſſen, als der Verbreitung fo vieler Unrichtigkeiten durch den Gebrauch derſelben ruhig zuſehen möchte. Daher noch vor ungefähr zehn Jahren die Erſcheinung, daß ein berühmter Univerſitätslehrer ““) öffent: lich erklärte: wie er kein recht faßliches und vor Allem zuverläſſiges, dabei aber nicht zu umfangreiches Buch zu einer wirklich belehrenden Unterweiſung in der Naturgeſchichte zu feſſor Gerſtner verfaßte! Programm des Großherzoglichen Lyceums zu Carlsruhe, vom J. 1840, S. 1819.) Dort war früher, und bis vor einigen Jahren, der Unterricht in der Naturgeſchichte, welcher jetzt nach den mittleren und niederen Klaſſen verlegt iſt, „auf einen ſyſtematiſchen Abriß der drei Reiche in einem zweijährigen „Kurſus für die oberſte Klaſſe beſchränkt .... Die Erfahrung hat aber gezeigt, daß junge Leute von 17—19 „Jahren, deren Sinn nicht von Jugend auf für Naturanſchauungen erſchloſſen und gewonnen worden, wenn „ſie auch ſonſt wißbegierig und gebildet waren, doch keinen Geſchmack finden wollten an dieſer Wiſſenſchaft. „Sie gingen meiſt für das Studium der Natur verloren; ſogar die, welche die Naturwiſſenſchaft als, Grund⸗ „lage ihres Faches betrachten mußten. Die Univerſitätslehrer klagten daher allenthalben uber das geringe Ins „tereſſe der Studirenden an ihren Vorleſungen; und die Regierungen erließen Schärfungsdeerete für die Prü⸗ „fung in dieſem Fache. Gedankenlos und gleichgültig, wie zuvor, ſtarrten die Jünglinge auch ferner die Nas „tur an; oder ihr Geiſt fühlte ſich verwirrt und erdrückt von der ungeheuren . der Weſen, die „wie fliegende Schatten vor ihren Augen vorübereilten. Weder die Shmmeteſe und önheit im, Einzelnen, „noch das einigende Geſetz im Ganzen, konnte ihnen klar werden. Im glücklichſten Falle ging es ihnen, wie „dem Laien in der Muſik. Er hört mit Wohlgefallen das herrlichſte Meiſterwerk an, ohne von ferne zu be⸗ „greifen, was den Kenner erhebt und begeiſtert, oder gar zu ahnen, was der Schöpfer durch ſein Werk offen⸗ „baren will. Aber wie hier von früher Jugend an das Ohr geubt, an Takt und Reinheit der Töne gewöhnt, „wie es nach und nach für Harmonie empfänglich wird und in Uebereinſtimmung mit der übrigen Ausbildung „des Geiſtes lernt, allen Rüancen der 0 und Gedanken zu folgen, um ſelbſtſtändig am Ende feine Phan— ‚Aafieen in Compoſitionen darzuſtellen; ſo iſt es auch mit dein Studium der Natur.“ *) Ein Bedürfniß, welches auch dem gewandteſten Lehrer ſtets um fo fühlbarer wird, je größer die Zahl der Schüler einer Anſtalt wird, und je größer die Zahl feiner Unterrichtsſtunden iſt, fe mehr alſo die erſte (zur ſicheren Aufrechthaltung der Disciplin) feine Aufmerkſamkeit in, und die zweite ſeine Zeit noch außer der Schule, in Anſpruch nimmt. ) Man vergleiche hierüber z. B. meine Berichtigungen Seite 39-40, S. 57, S. 78, S. 99 ıc. *) Profeſſor v. Baer in Königsberg, jetzt Akademiker zu St. Petersburg. den Unterricht betreffend. XIII empfehlen wiſſe.“) Daher der Widerwille, mit welchem viele Lehrer, die auf der Univerfis tät Naturgeſchichte nicht getrieben haben, gewöhnlich an das Lehren derſelben gehen: obgleich faft alle das hohe Intereſſe des Gegenſtandes lebhaft fühlen und gern zugeben. Daher be: . die 1 Klagen über den allzu großen Zeitverluſt bei der jedesmaligen Vorbe— reitung darauf. Darum erſchien es mir vor Allem nothwendig, ſolchen Lehrern, als der Mehrzahl, ne— ben einem bloßen, nach verſchiedenen Kurſen einzurichtenden Leitfaden auch ein er⸗ läuterndes Hand- und Hilfsbuch in die Hände zu geben, welches ihnen hierbei als zu⸗ verläſſiger Führer dienen und ſo dazu beitragen könnte, zuvörderſt ihnen ſelbſt wahre Luſt und Liebe zu dem Gegenſtande und Neigung zu einer tieferen Auffaſſung deſſelben durch an⸗ haltendere Studien einzufloͤßen. (Regungen, die alsdann durch Lebendigkeit beim Vortrage ſo leicht und fruchtbringend auch auf die Schüler übergehen werden!) Ueberdieß bleiben ſorg— fältig und zweckmäßig gearbeitete Werke der Art ja in jedem Fache ſelbſt für Denjenigen, der ihrer vermöge ſeiner größeren Ausbildung darin weniger bedarf, immer noch ein be— quemes, überſichtliches Hilfsmittel, um ſeinem Geiſte den zu behandelnden Stoff ſchnell und lebendig wieder vorzuführen, und Das, was ihm darüber hinaus zu Gebote ſteht, überall, wo es dienlich ſcheint, daran anzuknüpfen. Mit Einem Worte: was den Einen noth⸗ wendig iſt, wird auch für die Anderen noch immer nützlich bleiben. Was den Ungeübten in das Fach einführen kann, und ihm Liebe zur Beſchäftigung mit demſelben ein- flößen ſoll, kann auch bei dem Geuͤbteren die Neigung zum weiteren Fortſchreiten, wo möge lich, nur erhöhen, **) In dieſem Sinne und zu dieſem Zwecke mögen die Einen, wie die Anderen meine Ar⸗ beit aufnehmen, dieſelbe mit anderen naturgeſchichtlichen Werken vergleichen, und ſie je nach dem Ausfalle ihrer dießfälligen Prüfung benutzen. Hierbei bitte ich jedoch, vor Allem nicht zu vergeſſen: daß ſie bei mir in ſoweit, als dieß bei Menſchenwerk überhaupt der Fall ſein kann, auf die wichtigſte aller Hauptſachen, nämlich auf ſachliche Zuverläßigkeit, ſollen rechnen dürfen. Eine Eigenſchaft, in Betreff deren der hier vorliegende Afte Theil gewiß unbeſorgt mit jedem anderen Werke für ähnliche und andere Zwecke in die Schranken tre⸗ ten darf, und zu deren Erreichung für die nachfolgenden Theile mir überall die etwa nöthige freundliche Hilfe zur Seite ſtehen wird.““) Dabei möge jeder Lehrer, der nur den guten Willen zur Sache recht lebhaft in ſich fühlt, an dem Erreichen eines mehr oder minder glücklichen Erfolges nie verzweifeln! Ich denke, Pädagogen werden ohnehin die Ueberzeugung theilen: daß nur auf dieſe Weiſe, nicht durch unpädagogiſche Paradoxien, allmählig, aber ſicher, eine weitere Verbreitung und zweck— mäßige Umgeſtaltung des geſammten naturgeſchichtlichen Wiſſens und Unterrichtes zum großen Vortheile für Bildung und Leben erfolgen können. Wer es alſo wahrhaft gut mit der Sache meint, wird ſich ohne Haß und eigennützige Verketzerungsſucht gern allem Dem anſchließen, was auf dem Wege beſonnenen Fortſchrittes dahin zu füh⸗ ren verſpricht. Jeder Wohlmeinende prüfe daher auch hier Alles nach Kräften, um ſtets nach Möglichkeit und nach Maaßgabe ſeiner beſonderen Verhältniſſe das Beſte zu wählen. Niemand laſſe ſich dabei hinſichtlich feines Verfahrens durch bloßen Auctoritätsglauben blen⸗ den, oder gar durch vornehmes, dictatoriſches Abſprechen einſchüchtern: ſelbſt wenn eine wiſ⸗ ſenſchaftliche Auctorität ſich noch ſo anmaßlich damit geltend zu machen ſuchen ſollte! Denn Erfahrung in der Naturkunde, und Einſicht in Pädagogik in Bezug auf jene, können be— kanntlich ſehr weit auseinander liegen. 7) Jeder frage ſich da alſo vor Allem: ob Das, was *) Eine Behauptung, die trotz Dem, was in der Zwiſchenzeit geſchehen iſt, in mancher Hinſicht und für manche Zwecke noch weit davon entfernt bleibt, ihre Giltigkeit verloren zu haben. *) Daſſelbe gilt ja von den parallelen, größeren und kleineren Unterrichtswerken über Geographie und Ge— ſchichte von Volger, Schacht ꝛc. Warum ſollte dieß alſo bei der Naturgeſchichte anders ſein? — n) Das Geſammtfeld der Naturgeſchichte hat allmählig eine ſolche Ausdehnung gewonnen, daß gegenwärtig der Geiſt Eines Menſchen, auch wenn er der begabtefte wäre, nicht mehr im Stande ift, das Ganze hinreichend zu umfaſſen, um überall mit Sicherheit die große Menge von Berichti⸗ gungen, Erweiterungen und neuen Entdeckungen zu überſehen, welche eine fo bedeutende Anzahl rüftiger For⸗ ſcher auf jedem einzelnen Gebiete mit uberraſchender Schnelligkeit zu Tage fördert. Daher habe ich (in Re- cenfionen) bereits wieberholentlich die Ueberzeugung ausgefprochen: daß Handbücher der geſammten Naturge⸗ ſchichte jetzt entweder nur von Mehreren ahgefaßt werden konnen, deren Jeder den ihm am beften bekannten Theil bearbeitet; oder daß, wenn das Ganze, um mehr Gleichförmigkeit zu erreichen, von Einem gearbeitet wird, zur Erreichung einer vollkommenen fachlichen Zuverläßigkeit wenigſtens die Durchſicht Anderer in den 5 9 wird, deren Gegenſtand der Verfaſſer in minderem Grade zum Gegenſtande ſeines Studiums gemacht hat. 10, „Gewiß wird (für die eigentliche Jugend) ein bloß wiſſenſchaftlicher Kopf eben ſo wenig ein guter Leh⸗ „rer fein,” (oder richtige Anſichten über Lehren und Erziehen hegen,) „als ein ganz un wiſſenſchaftlicher.“ Worte des Dir. Dr. Hoffmeiſter im Programme des Gymnaſiums zu Kreuznach, für 1840. S. 14. (Eine Abhand⸗ lung, deren herrlichen Wahrheiten auch beſonders in Bezug auf den Unterricht in der N.⸗G. vorzugliche Beher⸗ zigung zu wunſchen bleibt.) XIV Andeutungen, er lehren, und wie er es betreiben will oder ſoll, auch pädagogiſch iſt; d. h. ob es nicht bloß dem Sinne und der Auffaſſungsweiſe ſeiner meiſten Schüler, je nach ihrem geiſtigen Standpunkte, entſpricht; ſondern auch, ob es ſich zur Veredlung des Gemüthes und über— haupt zu jener höheren, moraliſchen Anregung des Innern eignet, deren Erſtreben wir un— ter dem bedeutungsreichen Worte „Erziehung“ oder „Bildung des Geiſtes und Herzens“ begreifen. Moöͤge dieß namentlich auch beim Unterrichte in der Naturgeſchichte, welche des wirkſa— men Elements hierzu mehr als jede andere profane Wiſſenſchaft enthält, immer und überall ſo geſchehen, wie man es von der Mehrzahl unſerer gegenwärtigen Schulmänner wohl mit Recht erwarten darf. Mancher geiſtig begabte, wahrhaft tüchtige Lehrer, der Naturgeſchichte früher nicht anhaltend betrieben hat, wird dann auf rechtem Wege noch mindeſtens eben fo viel, wahrſcheinlich ſogar mehr leiſten können, als mancher recht gute Naturhiſtoriker, dem es an rechter Lehrgabe gebricht, oder der vorgefaßte verkehrte Ideen über die Lehrweiſe mit— bringt. Denn, wie bekannt, hängt beim Lehrberufe, zumal an höheren Schulen, mehr, als vielleicht bei jeder anderen Berufsart, von der Perſönlichkeit ab. Es handelt ſich daher eben beim Lehrer überhaupt ſehr oft weniger um die Summe der ihm zu Gebote ſtehenden Kenntniſſe, als um ein gewiſſes Geſchick und zweckmäßiges Verfahren bei der Anwendung und Mitthei— lung derſelben. So auch in der Naturgeſchichte. Bekanntlich kann Jemand, der bei einem guten, allgemeinen Ueberblicke der geſammten Weltbegebenheiten vielleicht bloß irgend einen größeren Abſchnitt der Geſchichte recht gründlich und mit rechtem Geiſte ſtudirt hat, ein weit beſſerer Hiſtoriker fein, d. h. das Ineinandergreifen der Thatſachen in jeder Beziehung beſſer erkennen, alſo das Weſen der Geſchichte viel richtiger auffaſſen und lebendiger darſtel— len, als mancher Andere, der als lebendes chronologiſches Regiſter für alle irgend wichtige hiſtoriſche Thatſachen dienen könnte, dabei aber ſonſt vielleicht ganz geeignet iſt, der Jugend auch die intereſſanteſten Perioden der Geſchichte langweilig und den ganzen Gegenſtand wi— derwärtig zu machen. Ebenſo kann Jemand bei einer ſehr mäßigen ſpeciellen Kenntniß von Naturgegenſtänden den Zuſammenhang der Dinge in der Natur ungleich beſſer erkennen und darzulegen geeignet ſein, als mancher Andere trotz einer bewundernswürdigen Maſſe deſerip— tiver Kenntniſſe von Thier- und Pflanzenarten ꝛc., mit deren Auskramen er die Jugend er- müdet und im beſten Falle theilweiſe vollpfropft, ohne ihr gleichwohl irgend einen klaren Begriff von Naturleben beizubringen. II. a. Zu Letzterem wird es ſtets, auch ſchon im Kleinen, jener lebendigen, überſichtli⸗ chen, mehrſeitigen, denkenden Betrachtungsweiſe bedürfen, die ſich nicht an bloße, trockene, häufig ermüdende Beſchreibungen hält und nur immer vom Unterſcheiden ſpricht, ſondern die zugleich überall nach den Beziehungen des Einzelnen zum Leben und Weſen des Ganzen frägt: wo fie dann am Ende ſtets allſeitige Harmonie und vollendete Zweck— mäßigkeit findet. Eine Methode, die eben fo weit von einem bloßen, verwöhnenden Erzäh— len und müßigen Unterhalten entfernt bleibt, wie ſie über dem ſteten, ermüdenden und zuletzt verwirrenden Beſchreiben ſteht, und die fo, vom Kleinen zum Größeren, vom Näheren zum Weiteren fortſchreitend, das Mittel wird, um ſich immer mehr jener Auffaſſung im Großen zu nähern, wie dieſelbe ſich zuletzt in höchſter Blüthe z. B. in Alexander von Humboldt's Anſichten der Natur entfaltet: wo alle Zweige der Naturkunde einander gegenſeitig unterſtützen und beleuchten, und wo das Ganze der Wiſſenſchaft in ihrer großartigen, erhabenen Würde dafteht. *) Gegenwärtig, und ſeit die Naturgeſchichte ſich überhaupt längſt ſo weit darüber erho⸗ ben hat, bloß Naturbeſchreibung zu ſein, kann eine dahin ſtrebende Auffaſſungsweiſe für die allein richtige und wahrhaft belehrende gelten. So ganz beſonders da, wo es ſich darum handelt, beim Uuterrichte, oder ſonſt auf populäre Weiſe, in das Weſen der Naturkunde einzuführen und das Studium derſelben anziehend zu machen, um ſo immer mehr auch das anſcheinend Trockene unvermerkt mit zu überwinden.“) Und in der That haben ſich dieſer Betrachtungsart alle Diejenigen angeſchloſſen, welche irgend gleichzeitig auf die Titel „Na— turhiſtoriker“ und „Pädagogen“ Anſpruch zu machen haben. Die Hauptſache iſt, wie ich glaube, die: daß man ſich bemüht, mit der bloßen, mehr oder weniger trockenen Beſchrei— *) Eine ſolche ee allein wird auch mit Erfolg, und gleichſam auffordernd, der eigentlich philoſophiſchen Behandlung vorarbeiten, welche natürlich der Univerſität vorbehalten bleiben muß und ihrem Kerne nach urſprünglich ſelbſt aus ihr hervorgegangen iſt. N ze) Es bleibt aber die thörichtſte und beim Jugendunterrichte die ſündlichſte Pedanterie, aus Grunde ſatz trocken machen zu wollen, was ſonſt ſchon an und für ſich anziehend iſt! den Unterricht betreffend. Xv bung der Charactere eines Weſens in der Regel ſogleich die Schilderung feiner Lebensweiſe, ſeines Wohnortes ꝛc. ſo zu verbinden, daß die Beziehungen des Einen auf das Andere fofort deutlich hervortreten.) So läßt ſich auch dem Gedächtniſſe in gleichem Grade zu Hilfe kommen, wie die anderweitige Thätigkeit des Geiſtes mitwirkend und för— dernd in Anregung gebracht wird. Denn jede Schilderung erhält ſo, aber auch nur ſo, einen nothwendigen, inneren Zuſammenhang, oder gleichſam eine ähnliche, organiſche Glie— derung, wie alle höhere Naturkörper ſie beſitzen, und die das Naturſyſtem nachahmen ſoll. Immer aber prägen mehrere Dinge, die im Zuſammenhange mit einander ſtehen, ſich dem Gedächtniſſe leichter und feſter ein, als halb ſo viele vereinzelte. Jenem Grundſatze gemäß wird natürlich auch hier, wie in allen zum Unterrichte für allgemeine Bildung und Leben beſtimmten Werken über Naturgeſchichte, dem Thierreiche eine nach Verhältniß bedeutend ausführlichere Behandlung gewidmet ſein und bleiben müſ— fen, als dem Pflanzen- und Mineralreiche, bei welchen beiden die meiſten jener wich- tigſten, einzelnen Beziehungen wegfallen: ſo daß außer der Beſchreibung der Gegenſtände hauptſächlich nur ihre Benutzung, alſo ihr materieller Werth für das Leben, in Betracht kommt. Letzterer kann aber, trotz feiner Wichtigkeit, nie weſentlich Gegenſtand der Natur- kunde als Wiſſenſchaft an ſich werden: ſelbſt nicht inſoweit, als dieſelbe ſich überhaupt zur Behandlung für die Zwecke von Schul- und allgemeiner Bildung eignet. Deßhalb iſt hier zwar der Nutzen aller vorhandenen Gegenſtände im großen, urſprünglichen Haus⸗ halte der Natur theils im Ganzen angedeutet; theils wird, wo es räthlich ſchien, noch im Einzelnen darauf hingewieſen: ſonſt iſt aber nirgends dem, in unſerer Zeit ſo häufig ſich vordraͤngenden Prinzipe gehuldigt, die meiſten Dinge bloß von Seiten ihres materiellen Nutzens zu betrachten. **) Dagegen ſchien vorzugsweiſe Das hervorzuheben, was zum Aus⸗ rotten von Irrthümern oder Vorurtheilen und abergläubiſchen Meinungen aller Art beitragen kann: da man gründliche Aufklärung hierüber mit Recht unter die Hauptverdienſte aller Fächer der Naturkunde zählt. Denn überall muß man, um der Wahrheit den Weg zu bahnen, zuvörderſt den Irrthum zerſtören; und dieß geſchieht überall am beſten, wenn man die Art ſeiner Entſtehung aus wirklichen, aber mißdeuteten Thatſachen nachweiſt. Sonſt kann es natürlich hier um ſo weniger meine Abſicht ſein, irgendwie erſchöpfend auf Weſen und Nutzen des naturgeſchichtlichen Unterrichts einzugehen, je aus⸗ führlicher dieſer Gegenſtand theils in Schulprogrammen, oder ſonſt in Einladungsſchriften, theils in Werken über höheren Unterricht überhaupt, von anerkaunt ausgezeichneten Schul— männern der Unterſuchung und Beſprechung unterzogen worden iſt. Statt deſſen verweiſe ich zum Behufe ſolcher allgemeiner Würdigung des Gegenſtandes, (natürlich, ohne damit den Leiſtungen Anderer zu nahe treten zu wollen,) vorzugsweiſe auf die herrliche Ab handlung von Prof. Gerſtner in dem, bereits erwähnten Karlsruher Programme für 1840, die auf weniger als 14 Druckbogen nicht bloß die eigene An- und Einſicht des Verfaſſers im tiefſten, wärmſten Gefühle fuͤr die Sache und doch ohne die mindeſte verletzende, oder herabſetzende Aeußernng in Bezug auf andere Fächer ausſpricht, ſondern auch einen wahren Schatz (eine wirkliche Anthologie) von Anſichten und Ausſprüchen aller philoſophiſchen, phi⸗ lologiſchen und pädagogiſchen Auctoritäten erſten Ranges und aller Zeiten enthält.“) Was ich ſelbſt hier ſagen will, ſoll nur, salvis melioribus, meine unmaaßgebliche Anſicht über die Art des Unterrichts ſelbſt ausſprechen: inſofern dieſe ſich nicht bereits aus dem Weſen meines Buches von ſelbſt ergiebt. Schulmänner und Unterrichtsbehörden werden da— bei hoffentlich eben ſo wenig Urſache erhalten, als den Willen haben, zu vergeſſen, daß hier— bei, wie überall, in meinem Innern ſtets der Gedanke liegt: Si quid novisti reetius istis, candidus imperti; si non, his utere mecum!}) =) Freilich muß man dabei nicht den Eigenſinn haben, zu glauben, daß eine Beſchreibung für Jedermann, oder für die lernende Jugend, ebenſo wie die für Fachgelehrte, durchaus mit einem beſtimmten Punkte anfan⸗ gen ſolle oder gar müſſe! — *) Ein Streben, welches allerdings beim Vortrage der Naturgeſchichte für Handels- und Gewerbe⸗ ſchulen ſchon ungleich mehr hervortreten muß, aber doch wohl auch hier nicht zu weit getrieben werden darf, wenn der eigentliche Zweck derſelben, dem künftigen Gewerbsmanne eine gewiſſe allgemeine Vorbil- dung für gewerbliche Fächer überhaupt zu geben, nicht beeinträchtigt werden ſoll durch zu einſeitiges Lernen in der ausſchließlichen Richtung auf beſondere, einzelne Fächer, deren wirkliche, gründliche Erlernung denn doch nur im Leben, (praktiſch,) nicht auf der Schule erfolgen kann. „) Jeder wahre Freund der guten Sache kann nur höchlich bedauern: daß eine fo vortreffliche Arbeit, bie einen ſolchen Reichthum von Gedanken und Erfahrungen auf ſo geringen Raum zuſammenzudrängen gewußt hat, auf jenem Wege allein ſchwerlich denjenigen Grad von Publicitat erlangen dürfte, welchen fie jo vorzugs⸗ weiſe verdient. Im Wege des Buchhandels aber ſcheint ſie nicht verbreitet worden zu ſein. ) „Leider iſt ſie mir zu ſpat zu Geſicht gekommen, als daß es noch möglich geweſen wäre, bei dem Herrn Verfaſſer um Erlaubniß zur Aufnahme derſelben hier vor mein Werk anzufragen. Eine Bitte, deren Gewäh— rung eine ſehr bedeutende Abkürzung der hiernächft folgenden Andeutungen gejtatiet haben würde. We 5 des ſchönen Pradikates candidus im Voraus unwürdig gezeigt hat, mag hierbei denken, was ihm beliebt. en's trifft, — nun — Der fühle ſich! XVI Andeutungen, Was ins Beſondere die Benutzung meines Buches und der baldigſt folgenden, dop⸗ pelten Auszüge daraus zum Unterrichte ſelbſt betrifft: ſo wird es, bei dem gegenwärtigen pädagogiſchen Standpunkte der meiſten Gymnaſiallehrer im Allgemeinen, beſonderer Andeu⸗ tungen hierüber kaum bedürfen. Am allerwenigſten läßt ſich im Ganzen die Summe des Vorzunehmenden genau beſtimmen. Schwerlich dürfte jedoch irgend ein Lehrer gegenwärtig auf irgend einer Stufe des Unterrichts den geſammten hier gegebenen Stoff ſelbſt unter den günſtigſten Umſtänden zu bewältigen im Stande ſein. Ueberhaupt wird es bei der Betreibung dieſes Faches allenthalben vielleicht noch mehr, als bei jedem anderen, auf manche beſondere, einflußreiche Umſtände ans kommen, als da find: geringe, mäßige oder große Zahl der Schüler; mittelmäßige, gute, oder vorzügliche Anlage und Vorbildung der Geſammtheit eines Kurſes; Zahl und Beſchaffenheit der vorhandenen, natürlichen und künſtlichen Anſchauungsmit⸗ tel; und hauptſächlich — Zahl der Stunden. Nach letzterer richtet ſich natürlich die ganze Anlage und Eintheilung des geſammten Unterrichtsplanes. Zur Erzielung ſolcher Erfolge, wie man ſie wünſchen muß, moͤchte aber, wo möglich, Dasjenige recht bald allgemein als Maaßſtab dienen, was hierüber durch die, im Jahre 1835 in Preußen gegebenen Beſtimmungen feſtgeſetzt wurde: nämlich je zwei Stunden wöchentlich für die unteren und mittleren Klaſſen, mit Einſchluß von Tertia, und je Eine für die vier oberen Klaſſen oder Kurſe.“) Eine Zahl, von welcher freilich beſonders manche ſüddeutſche Gymnaſien noch ziemlich weit entfernt ſind. Indeß nach und nach wird es wohl überall beſſer werden. Wie Vieles iſt nicht auch in dieſer Beziehung bereits ganz anders geworden, als früher! Ließen ſich, (was nicht ſchwer halten würde —) für Serta 3 Stunden erlangen; fo wäre um fo mehr die Möglichkeit zu einer tüchtigen Grundlage zu gewinnen, je mehr, nach neueren Verſuchen, ſelbſt der Sprachunterricht überhaupt durch längere, ausſchließliche Beſchäftigung mit Einer Sprache, alſo mehr mit einerlei Gegenſtand gefördert wird.“) Wenngleich das Weſen der Naturgeſchichte in manchen Punkten eigenthümlicher Art bleibt, fo liegt doch gewiß eine, großen Theils ſehr richtige Hindeutung darauf ſchon in dem Namen, deſſen Bedeutung mit einer gewiß nicht zufälligen Uebereinſtimmung, in allen alten und neuen Sprachen dieſelbe iſt. Schon dieß müßte faſt nothwendig auf den Gedanken füh— ren, den Unterricht in der Naturgeſchichte wenigſtens der Hauptſache nach mit jenem in der Welt- und Staatengeſchichte zu paralleliſiren. Und in der That, fobald man die Naturgeſchichte nicht entweder zu einer bloßen, un— fruchtbaren, den Geiſt ermüdenden, Gemüth und Einbildungskraft kalt laſſenden Unter— ſcheidung und Beſchreibung organiſcher und anorganiſcher Körper herabwürdigt, oder ſie nicht wenigſtens höchſt verkehrter Weiſe für den Jugendunterricht zu einem ſolchen Formenkrame machen will; fo lange liegt unſtreitig eine ſehr weſentliche Aehnlichkeit beider Wiſſenſchaften darin: daß die eine Dasjenige zu ihrem Gegenſtande macht, was in der Natur zum Theile früher geſchehen oder da geweſen iſt, größten Theils aber noch geſchieht und vorhanden iſt; während die andere Das behandelt, was im Menſchen- und Völkerleben, in Bezug auf Staatseinrichtungen und Geiſteskultur, zwar allerdings bereits geſchehen iſt, aber ſtets auch neuerdings mehr oder weniger wieder geſchieht, oder wenigſtens die Grundlage zu dem ge: genwärtig Geſchehenden und Beſtehenden geliefert hat.““) Es liegt daher nicht einmal ein ſchroffer Gegenſatz darin: daß die Eine meiſt die Gegenwart, die Andere die Vergangenheit, zum Felde ihrer Thätigkeit macht. Auch erſchöpft man das Weſen der Naturkunde noch we⸗ niger durch Auffaſſen des Sinnlich Wahrnehmbaren an Naturkörpern, als das Weſen der Weltgeſchichte durch richtige Beurtheilung hiſtoriſcher Charaktere und durch Einprägung ſyn⸗ chroniſtiſcher Tabellen. Abgeſehen alſo davon, daß beide Fächer, wiewohl in verſchiedener Weiſe, der Erdkunde als einer gemeinſchaftlichen Hauptgrundlage bedürfen, die großen Theils ) Erſteres war bereits früher ebenſo, und iſt es gegenwärtig noch; Letzteres jetzt leider nicht mehr. (Siehe den Schluß gegenwärtiger Auseinanderfegung.) e) Vergl. hierüber die Erfahrungen des Director Rothert in Mager's pädagogiſcher Revue. ku) Die Naturkunde ſtreift daher, wenn auch nur ſymboliſch, Candeutend,) eben fo nahe an die Staats⸗ kunde, wie die Geſchichte dieß in realer Hinſicht thut. Denn ſie lehrt uns in der Natur einen wahren, wunderbar e zuſammengeſetzten Staat im größten Maaßſtabe kennen: einen Staat, der, ob⸗ wohl von je her vollendet in ſeiner Art, doch in gewiſſer (namentlich in numeriſcher) Hinſicht auch nur auf dem Wege allmahliger, durchgreifender, aber meift ruhiger Umgeſtaltung des Gebiets ꝛc. zu feinem nunmehri⸗ gen Zuftande gelangt iſt; einen Staat, in welchem nicht bloß uberall die zweckmäßigſten Einrichtungen, die vollkommenſte Geſetzmäßigkeit und die herrlichſte Ordnung herrſchen, ſondern in welchem zum Theil auch die überrafchendften Analogien mit den, in der menſchlichen Geſellſchaft eingeführten Staatsformen ſich im Klei⸗ nen wiederholen; einen Staat, in welchem unter Leitung einer höheren Macht ſogar vernunftloſe Weſen überall nach genauer Beftimmung gefchäftig in das großartige Getriebe des Ganzen eingreifen und viele nach ihrer Art, zuſammen genommen, alle Tugenden des Menſchen und ien repraſentiren, ja An eben ſelbſt feine Künſte und Gewerbe ꝛꝗc. theils zum Beſten der Geſammtheit, kheils zur eigenen Erhaltung, ausüben. den Unterricht betreffend. XVII ſelbſt wieder ein beſonderer Zweig der Naturkunde iſt, fo ſtimmen fie auch ſehr weſentllch darin überein, daß ſie durch die Betrachtung ihrer Einzelnheiten beide ſogar der Zeit nach zu einem ganz analogen Endreſultate gelangen: indem die eine zuletzt die Geſammtheit des Natur-, die andere ebenſo die Geſammtheit des Menſchen- und Völkerlebens, beide in ihrem gegenwärtigen, wirklichen Verhältniſſe und mit Nachweiſung der Grundlagen beider, darſtellt. Beide aber müſſen zuletzt theils dahin gelangen, theils we— nigſtens dahin ſtreben, überall das Daſein, die Nothwendigkeit und Geſetzmäßigkeit eines hös heren, nicht ſinnlich- wahrnehmbaren Waltens darzulegen, nach deſſen Urbewußtſein ſich die beobachteten Vorgänge auf beiden Gebieten regeln, oder doch unter gewiſſe höhere Geſichts— punkte ordnen. Beide bedürfen zur beſtimmten Bezeichnung der von ihnen zu behandelnden natürlichen Körper und Körpergruppen, oder menſchlichen Charaktere und geſellſchaftlichen Zuſtände, Staatsformen oder bürgerlichen Einrichtungen ꝛc. gewiſſer, fo genannter Kunſtausdrücke, (et: ner Terminologie!) deren jedoch überhaupt keine Wiſſenſchaft entbehren kann, und deren Kenntniß Jedem um ſo nöthiger, aber auch bald um ſo geläufiger wird, je tiefer er in das Weſen beider Fächer eindringt. Aber ſchon eben hiernach ergiebt ſich eine natürliche Ver— ſchiedenheit des Bedürfniſſes davon, je nach Maaßgabe des ſehr verſchiedenen perſönlichen, oder zeitweiligen Standpunktes. Die Naturgeſchichte hat allerdings, wegen der ihr gegebe— nen Ausdehnung, eine etwas größere Anzahl ſolcher Ausdrücke nöthig, als die Welt- und Kulturgeſchichte.) Deßhalb aber, weil fie in dieſer Ausdehnung, (die überdieß für Schu: len in jeder Beziehung unzuläſſig ift,) einer reicheren Kunſtſprache bedarf, den Unterricht in ihr mit jenem in den Sprachen vergleichen und gleichſtellen zu wollen, könnte gewiß keinem Pädagogen einfallen. Das hieße, wenn nicht überhaupt, doch für die Schulzeit, den Zweck über dem Mittel vergeſſen. Wir können dieſen Gedanken alſo füglich als beſeitigt betrach— ten, ohne Rückſicht darauf, welcher Nichtpädagog ihn vorbringt und der pädagogiſchen Welt mit anmaßlicher Zuverſicht aufdringen möchte. Aller Unterricht verlangt, um ein Wiſſen für die Dauer zu erzeugen, zumal in früher Jugend, eine öftere Wiederholung des bereits Gelernten, durch welche daſſelbe mit der weiteren Entwickelung der Geiſteskräfte allmählig immer mehr zum eigentlichen Bewußtſein gelangt. Denn die Jugend lernt Alles nur allmählig, Nichts durchgreifend auf Einmal, ſondern Eines nach und aus dem Andern. Daher muß derſelbe Gegenſtand, wenn auch auf verſchiedene Weiſe, öfter vorgenommen werden. **) Für die geſammte Geſchichte wird jener Zweck bekanntlich ſehr gut durch die Art erreicht, wie man die Un— terweiſung im Ganzen zwiſchen die unteren, mittleren und oberen Klaſſen vertheilt: indem man auf jeder Stufe dem Geſichtskreiſe der Lernenden ein Feld eröffnet, wie es nicht bloß ihrer, nach dem Alter ſo verſchiedenen Vorbildung und Faſſungskraft angemeſſen erſcheint, ſondern auch zu ihrer ganzen Gemüths- und Gefühlsrichtung paßt. Eine, dieſem bewährten, ächt pädagogiſchen Plane ähnliche Methode ſollte man überall auch beim Lehren der Naturgeſchichte befolgen, und demnach das Ganze ebenfo in mindeſtens 2, oder beſſer 3 Klaſſenſtufen vertheilen. ***) Auf manchen Anſtalten hat man ſich, wie die Programme derſelben zeigen, einer ſolchen Einrich— tung bereits nach Möglichkeit zu nähern geſucht; und Burmeiſters Grundriß ſetzt bei ſeinem Gebrauche das Beſtehen derſelben eigentlich geradezu voraus. Für dieſe Stufen würde ebenſo, wie beim Geſchichtsunterrichte, und aus demſelben Grunde, die Behandlung des Stoffes nicht bloß dem Umfange, ſondern auch dem Weſen nach verſchieden ausfallen müſſen. Denn, ſo wie der kindliche Geiſt in den unteren Klaſſen, und bei vorzugsweiſe jugendlichen Schülern häufig ſelbſt in den mittleren, noch zu wenig oder gar keinen Sinn für verwickeltere, geſellſchaftliche Einrichtungen und Staatsformen ꝛc. be— ſitzt: ebenſo fehlt es demſelben in dieſer Zeit auch für die Naturgeſchichte theils an man— cherlei erfahrungsmäßigen Kenntniſſen, die im ſpäteren Leben meiſt von ſelbſt kommen; theils an wiſſenſchaftlichen (mathematiſchen, phyſikaliſchen, geographiſchen und ſonſtigen) Vorbe— griffen, deren er ſchon zum Verſtändniſſe der Botanik, ganz beſonders aber zum rechten Be— *) Wollte und könnte man doch ebenſo, wie die Naturgeſchichte das Weſen aller Thiere und Pflanzen kennen zu lernen ſucht, auch die Geſchichte aller Völker der Erde mit Einſchluß der bei ihnen geltenden geſell— ſchaftlichen Einrichtungen, Rangſtufen, Rechtsnormen u. ſ. w. erforſchen und behandeln, (wie eine none verftändliche Geſchichte es thun muß;) fo dürfte letztere wohl der eigenthümlichen e e kaum weniger bedürfen, als die Naturgeſchichte: — nur mit dem höͤchſt weſentlichen Unterſchiede, daß dieſelben bei letzterer für jeden Gebildeten häufig auch ſchon ohne beſondere Erklärung zehnmal eher verftandlich fein möchten. *) Wer es anders wollte, würde von Kindern oder höchſtens Jünglingen verlangen, was ſelbſt Erwach— ſene beim feſteſten Willen nur ſehr ſelten zu leiſten vermögen. K) Vorausgeſetzt nämlich, (was allerdings in dieſem Augenblicke faſt nirgends wirklich zu beſtehen ſcheint,) daß in letzterem Falle der Unterricht, wenn auch nicht mit gleichem Zeitfonds, durch alle Klaf- ſen förtläuft. * XVII Andeutungen, treiben der Mineralogie allzu häufig bedarf, als daß der Lehrer ſie ohne großen Zeitverluſt für jeden einzelnen Fall eigens zu geben vermöchte. Beide Zweige, und beſonders der letz⸗ tere, werden daher auf der mittleren und vorzugsweiſe auf der unterſten Stufe des Unter⸗ richts noch ebenſo zurücktreten müſſen, wie fie anf der oberſten hervortreten ſollen. So wird auch jenes ungleich Trocknere, Einſeitigere und Starrere, welches bei beiden, im Gegenſatze zur Zoologie, ſchen im Weſen ihrer Gegenſtände liegt, ſich ſelbſt für diejenigen Schüler ſehr verringern, welche nicht entweder eine perſönliche Neigung, oder Berufsgründe, oder die be— queme Leichtigkeit des Habhaftwerdens zum Zwecke der Unterſuchung, beſonders dazu hinzie— hen. Denn für Jeden verliert, ſobald er in irgend einer Wiſſenſchaft bis auf einen gewif- ſen Grad gekommen iſt, bekanntlich auch das, was für Andere trocken iſt oder ſcheint, dieſen Charakter immer mehr: weil ſein bereits erworbenes Wiſſen ihm dann nur ſelten Etwas noch vereinzelt erſcheinen läßt, ſondern ihn bald dieſe oder jene intereſſante Beziehung oder Vergleichung herausfinden lehrt, welche der Sache ſofort eine lebendigere Bedeutung giebt. Danach muß derLehrer mit Umſicht ſtreben. Dann wird es ſich immer zeigen: daß Naturge— ſchichte glücklicher Weiſe ein Fach iſt, welches, zu rechter Zeit begonnen und auf rechte Weiſe behandelt, faſt gar Nichts für die Datler trocken erſcheinen zu laſſen braucht, fo daß nur Mißgriffe auf einer oder der anderen Seite ſie theilweiſe dazu machen können; und daß nur wunderliche, gelehrte, unpädagogifche Pedanterie auf den Gedanken gerathen könnte, ſie grundſätzlich, bloß um vermeinter Gründlichkeit willen, trocken gemacht ſehen zu wollen.“) Der gegenwärtige Lehrerſtand iſt zum Glücke über den ſeltſamen Glauben an das Ei⸗ nerleisfein von Gründlichkeit und Trockenheit längſt weit genug hinaus, um ſich fo Etwas von keiner naturhiſtoriſchen Auctorität wieder aufreden zu laſſen. Er wird dafür ſorgen, daß mit jedem Tage weniger anwendbar werde, was gegen Ende des vorigen Jahres ein Referent der Berliner „literariſchen Zeitung“ bei Empfehlung der zweiten Auflage von Baumann's vortrefflicher „Volks-Naturgeſchichte“ in Bezug auf die Form der Behandlung ausſprach: „Ein großer Theil der vorhandenen Bücher zum erſten Unterrichte in der Natur geſchichte, zum Theil auch die Behandlung deſſelben von Seiten mancher Lehrer in Schulen, ſei von der Art, daß man Beides im Intereſſe der Jugend und als wahrer Freund derſel— ben lieber geradezu verboten zu ſehen wünſchen möchte, um derſelben den angebornen, Eind- lich-offenen, gemüthlich-empfänglichen Sinn für die Werke der Schöpfung nicht durch eine verkehrte, pedantiſche Methode verkümmern oder verderben zu laſſen.“ Mag Mancher hierin noch unbewußt, aus menſchlicher Schwäche fehlen: aus Grundſatz wird und ſoll Niemand dage— gen ſündigen. Man ſuche nur in allen Fächern durch anziehende, lebendige, die geſammte Geiſtesthaͤtigkett anregende, nicht bloß anſtrengende Behandlung erſt wahre Freudig⸗ keit am Lernen zu erzeugen; die überall wünſchenswerthe Gründlichkeit wird ſich dann und bei rechter Leitung meiſt wie von ſelber finden. **) Was die Reihenfolge betrifit, fo darf man hier, wo durchaus von dem Bekannteren und Verſtändlicheren ausgegangen werden muß, durchaus nur den, gewöhnlich ſo genann— ten analytiſchen (von oben herabſteigenden) Gang befolgen: während für den Vor⸗ trag auf der Univerſität, ſobald nur eine genügende Kenntniß des oberſten Schlußpunk⸗ tes als des letzten Zieles vorausgeſetzt werden darf, der umgekehrte, ſynthetiſche Weg, wel— cher der eigentlich naturgemäße iſt, ſtets der ungleich belehrendere bleibt. ***) (Muß alſo hier der Unterricht für ſeinen Zweck ſogar gleichſam den Gang der Natur ſelbſt umkehren; ſo könnte es doch wohl Jedem einleuchten, daß man auf dieſem Felde wahrlich nicht überall nach den Regeln philoſophiſcher Abſtraction oder Conſtruction a priori verfahren dürfe.) &) Urſaächlich betrachtet, iſt ja Gründlichkeit nichts Anderes, als: hingebendes, freudiges Ver⸗ ſenken in den Gegenſtand, um ihn fo erſchöpfend aufzufaſſen, als Charakter, Bildung und perſönliche Anlage oder Einſicht dieß überhaupt geſtatten. Ueber beide hinaus aber iſt die Sache ohnehin nicht möglich; und am allerwenigſten würde fie es durch Zwang werden! — Folglich wird auch Gründlichkeit in praxi ewig ein relatives Ding bleiben: und mancher geiſtesträge Schüler wird es, trotz dem gruündlichſten Unterrichte, überall nur zu einem ſehr ungründlichen Wiſſen bringen. Welche Ungerechtigkeit alſo, Letzteres, wo es ſich thatſächlich herausſtellt, ohne Weiteres nur dem Lehrer oder der Methode Schuld geben! — *) Nur, was die Jugend mit Luft, und Liebe gelernt hat, die ja einen freundlichen Ernſt nirgends aus⸗ ſchließen, haftet auch willig und für die Dauer; ünd Freude an dem Einen bringt mit der fraßen Stim⸗ mung des Geiſtes, welche ſie erzeugt, auch Luſt zu dem Andern hervor, mag dieß auch immerhin trockener fein. (Ich habe während der Jahre, wo ich auch Sprachen zu lehren hatte, Schüler von ſehr verſchiedenem Alter zu Proſodie, Grammatik und anderen, gewöhnlich für trocken geltenden Sprachſachen nie ſchlechter, ſon⸗ dern beſſer aufgelegt gefunden, wenn eine Stunde Naturgeſchichte unmittelbar vorhergegangen war, als ſonſt!) Gute, nöthigen Falls ſogar ſtrenge, ſtrenge Zucht und würdiger, ſittlicher Ernſt find allerdings beſonders in zahlreich beſuchten Schulen unerlaßlich; aber Kinder ohne Noth, namentlich geiſtig quälen, bleibt gewiß unter allen Sorten von Menſchenqualerei die ſündlichſte. ee) Der einzige jetzt lebende deutſche Gelehrte, deſſen Anfichten in ſeiner dreifachen und (bis vor 3 Jahren) hc hit Eigenſchaft als Gymnaſiallehrer, als ſcharfſinniger, vielſeitiger, (mediziniſch gebildeter) prakti⸗ cher Naturforfcher und als philoſophiſcher Univerfitätslehrer, gewiß vorzugsweiſe als competent gelten durfen, Profeſſor Burmeiſter in Halle, hat daher bei ſeinem wiſſenſchaftlichen Handbuche der Naturgeſchichte mit Recht den aufſteigenden, bei feinem Leitfaden für Gymnaſien aber den abſteigenden Gang gewählt. den Unterricht betreffend. XIX Dieß im Allgemeinen. — Nun zur Betrachtung der vorgeſchlagenen Abſtufungen. Die erſte Stufe, die aber nicht bloß, wie bei der Geſchichte, 2, ſondern mindeſteus 23, vielleicht ſogar 3 Jahre umfaſſen möchte, würde aus allen 3 Reichen immer nur das am nächſten Liegende und Wichtigſte herausheben duͤrfen, um daſſelbe auf eine Weiſe zu behan— deln, die wenigſtens theilweiſe durch eine gewiſſe Ausführlichkeit (aber in der Schilderung des Lebens ꝛc., nicht bloß der Beſchreibungen!) der biographiſchen Behandlung der Geſchichte auf dieſer Stufe entſpräche. Es würde ſich alſo hier z. B. hauptſächlich um die Natur— geſchichte der Hausthiere und der merkwürdigſten übrigen des Inlandes Handeln, von dem Ausländiſchen dagegen überall nur das Bekannteſte in Kürze mit vorzunehmen ſein. Ebenſo von ausländiſchen Pflanzen nur die nöthigſten allgemeinen Vorbegriffe, und von in— ländiſchen die ſchädlichen vorzugsweiſe vor den nützlichen; desgleichen ferner bei den Mine: ralien.“) Denn auf dieſer Stufe, (auf welcher ſich das Gymnaſium in manchen Stücken noch nicht über die oberen Klaſſen vieler Elementarſchulen erhebt,) zum Theil auch noch auf der zweiten, muß wenigſtens eine gewiſſe Richtung auf materiellen Nutzen und Schaden mehr als ſonſt berückſichtigt werden. (Schon darum, weil aus beiden Kreiſen viele Schüler in das gewöhnliche, bürgerliche Leben zurücktreten, oder ſonſt in Verhältniſſe übergehen, wo dieſe Art von Kenntniſſen ihnen den meiſten Vortheil gewähren und ſie beſonders vor manchem Nachtheile bewahren kann.) Im Ganzen wird das Thierreich hier ein ſehr entſchiedenes Uebergewicht behaupten dürfen und müſſen. Das Einhalten einer ſyſtematiſchen Rei— henfolge darf auch hier ſchon eben fo wenig außer Acht gelaffen werden, wie je beim Ge— ſchichtsunterrichte die Zeitrechnung. Doch wird ein umſichtiger Lehrer überall Gedächtniß und Zeit der Schüler eben ſo wenig als möglich mit bloßem Auswendiglernen einer länge— ren Reihenfolge zum Voraus bedrängen, ſondern dafür ſorgen: daß die Schüler, auch durch ſchriftliches Anmerken, die Aufeinanderfolge derjenigen Klaſſen, Ordnungen und Familien, aus welchen Etwas vorgenommen worden iſt, eben ſo ſicher im Gedächtniſſe behalten, wie die auszeichnenden Charaktere verfelben. **) Auf der zweiten Stufe würde dann, fortlaufend mit und zwiſchen dem Wiederho— len alles bis dahin Vorgekommenen, ſchon ein Hinzufügen des wichtigeren Auslän— diſchen und manches bisher übergangenen Inländiſchen hinzukommen. Namentlich würde man durch Einfügung und ſchärfere Charakteriſtik der meiſten früher weggelaſſenen, oder bloß kurz erwähnten Familien und Zünfte den ſyſtematiſchen Zuſammenhang feſter machen, und durch Ausfüllung der gebliebenen Lücken das geſammte Gebände ergänzen. Indem man nun, we— nigſtens im Thierreiche, in der Regel keine Hauptgruppe mehr überginge, würde ſich eine gewiſſe Analogle dieſer Stufe mit der zweiten (ethnographiſchen) Stufe des Geſchichtsunter— richts von ſelbſt ergeben. Inzwiſchen wird zugleich der geographiſche Unterricht die Schü— ler, beſonders in dem phyſiſchen Theile der Erdkunde, weit genug gebracht haben, um leich— ter auch die natürlichen Urſachen zu faſſen, welche die Verbreitung organifcher Körper, na— mentlich der Thiere, mit beſtimmen helfen. (Die Auseinanderſetzung ſolcher und ähnlicher Verhältniſſe, welche das Ineinandergreifen aller Zweige der eigentlichen Naturkunde und der phyſiſchen Geographie darthun, wird aber bei jeder Art von Unterweiſung in der Naturge— ſchichte vorzüglich zu berückſichtigen fein.) Die meiſte Erweiterung wird jetzt nach Ver— hältniß der botaniſche Theil erfahren müſſen, deſſen eifrigere Betreibung ſich da, wo die Verhältniſſe der Umgegend und eine mäßige, oder ſchwache Schülerzahl es geſtatten, durch Excurſionen bedeutend anregen läßt.“) Es wird nun auch Zeit, ſolche Schüler, welche der Naturkunde für einen, bereits gewählten, oder doch in Ausſicht genommenen Beruf bedürfen, vorzugsweiſe darauf hinzuweiſen oder hinzuleiten. Natürlich darf dieſes aber nie zur Un⸗ gebühr, d. h. nicht auf Koſten nothwendiger, anderer Gegenſtände geſchehen. ) Denn nie ſollte vergeſſen werden: daß wohl Mancher ſpäterhin in gewiſſem Grade Naturkundiger ſein, aber deßwegen noch nicht zum Naturforſcher ex professo gebildet werden ſoll. *) Beſtimmter würden die ſpeciellen Anforderungen an jeden Zweig und für jede Stufe ſich naturlich erſt dann ſtellen laſſen, wenn der hier empfohlene Geſammtplan für N. G. eben fo allgemein angenommen wäre, wie in Betreff der Weltgeſchichte. zeit) Das Auffinden dieſer Merkmale im Buche wird überall durch den Druck derſelben mit geſperr— ter Schrift erleichtert, *3*) Letztere werden natürlich für alle Zweige der N. G, mehr oder weniger nützen, und können dabei, als ein Hauptreiz fur die Schuler, zugleich indirect zur Befeſtigung einer guten Schulzucht dienen. Dieß wird geſchehen, wenn man, ohne weſentliche Rückſicht auf die Fortſchritte, (weit dieſe, als mit auf dem ſo verſchie— denen Maaße angeborner Talente beruhend, nicht vom Fleiße allein abhängen!) die Theilnahme an ſolchen Spaziergaͤngen vorweg nur als Belohnung für tadelloſe Aufführung in Ausſicht ſtellt. Mancher Leichtfertige ſitzt dann ſchon darum gerade in den Stunden für Naturgeſchichte ſtill. ; j Leider find aber bei, oder mit einer großen Schülerzahl, und beſonders in manchen Gegenden, dergleichen Ausflüge ohne die Gefahr häufiger, oft großer Unannehmlichkeiten von außen her gar nicht auszuführen. Eine Verirrung, zu welcher leicht die, der Jugend ſehr häufig eigene, von Burmeiſter mit Recht fo genannte „Sammelwuth“ führt, sc xx Andeutungen, Gehen auf dieſer Stufe gleichfalls wieder 24 Jahr hin; fo würde die dritte mit dem ten Jahre und in Oberſekunda beginnen. Auch hier wäre zuvörderſt abermals das ganze bereits Gelernte durchzunehmen, und, wo dieß angemeſſen erſcheint, namentlich bei ei⸗ nem geringzähligeren und fleißigen Kurſus, den Umſtänden gemäß noch zu erweitern. Bei: des dem inzwiſchen geſteigerten Denkvermögen und reicheren Wiſſen anzupaſſen, wird ſich na⸗ türlich jeder Lehrende ſchon von ſelbſt zur Pflicht machen. So wird derſelbe Gegenſtand nunmehr doch mehr oder weniger in einem anderen Lichte erſcheinen.“) Unter Anderem kann hier namentlich eine theilweiſe Bekanntſchaft mit der wiſſenſchaftlichen, Inteinifchen Nomenclatur gefordert werden. Zur Erweiterung der allmaͤhligen Einſicht in das We- fen derſelben habe ich da zunächſt immer das ſprachliche Intereſſe, die etymologiſche Erklaͤ— rung der Namen, benutzt, die auf der erſten Stufe noch ganz unverſtändlich ſein würden. Das meiſte Vorrecht wird nunmehr der Mineralogie einzuräumen ſein, zu welcher jetzt die Mathematik, beſonders die Stereometrie, ſo wie die geſammte Phyſik und die An— fangsgründe der Chemie, die unentbehrliche Grundlage liefern, oder bereits geliefert has ben. **) In hohem Grade zweckmäßig und Erfolg verſprechend für die ausnehmend große Mehrzahl Derjenigen, welche ſich ſpäter in der Regel nicht wieder mit Naturwiſſenſchaften befaſſen, ſcheint es mir: daß man zum Schluße des Ganzen etwa 2 Jahr zu einer etwas ausführlicheren Behandlung des menſchlichen Körpers in anatomiſcher, phyſio— logiſcher und diätetiſcher Hinſicht zu gewinnen ſuche. Ein Gegenſtand, welcher nicht bloß bei der, bereits zu reiferer Einſicht gekommenen Jugend meiſt ein beſonders reges Intereſſe findet, ſondern ſich namentlich auch der, inzwiſchen an die Reihe gekommenen Pſychologie ſehr paſſend und gleichſam ergänzend anſchließt: da eigentlich beide nur die, einander entgegenges ſetzten Theile Eines Ganzen find. **) Freilich möchte man dieſen Zweig um feiner Wichtige keit willen, wo möglich, lieber ſchon am Schluße der zweiten Stufe vornehmen: weil gerade um dieſe Zeit die meiſten Zöglinge, welche die Univerſität nicht beziehen wollen, in's ges 5 Leben übergehen. Indeß hängt auch hierin die Möglichkeit mit von den Umſtaͤn— en ab. 1 Daß man, fo viel als möglich, die Behandlung der niederen Thiere, ganz beſonders aber der Botanik, auf den Sommer zu verlegen ſuchen müſſe, verſteht ſich von ſelbſt. Doch möchte ſich dieß ſelbſt beim beſten Willen nicht immer thun laſſen. Um das Einprägen der nöthigſten Kunſtausdrücke und der durch ſie bezeichneten Begriffe oder Eigenſchaften zu befördern, mag man die Jugend anhalten, jedes ſolche neu vorkommende Wort in ein, ſtets bereit gehaltenes Heft einzutragen. Mit der Zeit kann die ſo entſtehende Sammlung gelegentlich zu ſchriftlichen Uebungen benutzt werden: indem man fie theils von den Schülern ſelbſt zuerſt alphabetiſch, dann ſyſtematiſch ordnen, theils gleich— zeitig, oder ohne Dieſes, ihre Bedeutung angeben und ſie in den oberen Klaſſen ins Latei⸗ niſche übertragen, alſo den nöthigſten Theil der ſtrenger wiſſenſchaftlichen Terminolegie ſelbſt bilden läßt. 2. So wird auf andere Weiſe, und zwar (wegen der hiermit verbundenen Selbſtthaͤtigkeit des Lernenden) mit beſſerem Erfolge, derſelbe Zweck erreicht werden, als wenn man die geſammte Terminologie für jede Thierklaſſe ꝛc. zum Voraus abhandelte. Bei der Botanik und Mineralogie, als den hauptſächlich nur beſchreibenden Theilen der Naturgeſchichte, wird allerdings ſchon mehr darauf zu halten ſein. Doch wird auch da ein Paͤdagog Alles, was nicht unbedingt nöthig bleibt, vermeiden, und auf dieſes Nothwendige zwar da, wo es fein muß, mit aller Strenge halten, ſonſt aber daſſelbe ſtets anziehend und an⸗ regend zu machen fuchen: (indem er eben fo viel als möglich die Selbſtthätigkeit der Schü— ler in Anſpruch nimmt.) Er wird bedenken, daß ſelbſt die Verfaſſer mancher naturhiſtori⸗ ſchen Werke zu ſtrenger wiſſenſchaftlichem Behufe gleichfalls den hier bezeichneten Weg ein: ſchlagen: 77) weil der entgegengeſetzte für den Leſer und Hörer meiſt läftig iſt und fo vieles *) Eine natürliche Modifikation des Satzes: duo si faciunt idem, non est idem. *) An vielen Anſtalten hat man die Mineralogie, welche ſich leicht von Zoologie und Botanik trennen läßt, mit gutem Erfolge dem Lehrer der Mathematik, Physik und Chemie, welche fie To nahe berührt, überwieſen. 5 In einem der Jahre, wo bei uns für Prima und Selecta bereits keine Stunde zum Unterrichte in Na⸗ turgeſchichte mehr angeſetzt war, (ſ. Abſchnitt III. dieſer, Andeutungen,) ſprach dennoch die Mehrza beider Klaſſen aus ganz freiem Antriebe die Bitte an mich aus: ihnen doch, wo möglich, ebenſo, wie ihren Vorgaͤn⸗ gern, wöchentlich noch eine Stunde Unterricht vorzugsweiſe in der Anthropologie zu ertheilen; und ſie waren, da meine Zeit es nicht anders zuließ, einſtimmig bereit, ſelbſt im Winter die Stunde von 4— 5 Uhr an dem einzigen Tage der Woche, wo ihnen, dieſelbe noch frei geblieben war, auf dieſe Weiſe zu beſetzen. Aus wahrer Luſt und Liebe zum Lernen ſchließen aber die Pädagogen ſtets auf paſſende Wahl und richtige Behand⸗ lung des Vorgenommenen. +) Jedenfalls bin ich aber nicht abgeneigt, vorliegender Arbeit zu dieſem Behufe ſpater einen beſonderen, ſelbſtändigen Anhang beizugeben. i 5 1) Z. B. Profeſſor Blafius und Graf Keyſerlingk in ihrer „Fauna der europaiſchen Wirdelthiere. Braunſchweig, 1840.“ den Unterricht betreffend. xxl noch Unanwendbare Bringt, was dann gewöhnlich nur flüchtig hingenommen wird; daher es, wenn es zur Anwendung kommen ſoll, meiſt ſchon wieder vergeſſen iſt. Dagegen bleibt eine zuſammenhängende, vergleichende Wiederholung der Terminologie ſowohl, wie überhaupt des Allgemeinen von jeder Klaſſe ꝛc., zum Schluße der letzteren ſtets um fo geeigne— ter und belebender: weil ſich alsdann Beides ſo leicht und lebendig an etwas bereits Be— kanntes anknüpfen läßt, oder ſelbſt anknüpft. Daher habe ich ein ſolches überſichtliches Wie— derholen des geſammten Allgemeinen, mit welchem ſich ein weites Feld für die geiſtige Thä— tigkeit der Lernenden eröffnen läßt, alsdann ſtets um ſo zweckmäßiger und anregender ge— funden, je paſſender ſich unmittelbar darauf als theilweiſer Gegenſatz auch wieder das All— gemeine über die nächſtfolgende Klaſſe ꝛc. anſchließt. Denn ebenſo, wie das Allgemeine ſich überall ſeiner Natur nach erſt aus dem Einzelnen entwickelt, ſo muß dieß auch, ſo viel als möglich, ſtets beim Unterrichte, zumal in früher Jugend, der Fall fein. *) b Wer überhaupt Zweck und Methode der Gymnaſialbildung kennt, und feſt im Auge zu behalten ſucht, wird nie vergeſſen: daß Kunſtausdrücke überall nur ein Mittel zum Zwecke ſind, um Geſtalt und ſonſtige Eigenſchaften des Gemeinten oder Erkannten kurz in Worten auszudrücken. Er wird daher auch in unſerem Falle nie das Auswendiglernen und Verſtehen derſelben zum Zwecke und zur Hauptſache machen, ſondern bei aller Sorge für richtiges Auffaſſen und ſicheres Behalten des Nothwendigen doch auch nie und auf keiner Stufe über den jedesmal erforderlichen Bedarf an denſelben hinausgehen. Denn Letzteres müßte natürlich, bei der Kürze der gegebenen Zeit, nothwendig jedes Mal mit Verluſt an der Sache verbunden fein. Nach erfolgtem Auffaſſen der erſten Grundfor— men mag man beſtändig auch die Art ihres Uebergehens in einander, das Entſtehen der ei— nen aus der andern, mit berückſichtigen. Hierdurch läßt ſich nicht bloß der Reiz der Sache erhöhen, ſondern auch die Vorbereitung zu einer fpäteren, zuſammenhängenden Morphologie legen. **) 5 Zum völligen Erſchöpfen dieſes oder jenes Zweiges der Wiſſenſchaft, (welches ohnehin bekanntlich ſelbſt durch Fachſtudien auf der Univerſität noch lange nicht wirklich erfolgen kann!) wird freilich auch von Terminologie mehr erfordert. Was dann hieran dort noch fehlt, mag und muß auch dort erlernt und gegeben werden. Dazu hat man „Handbücher der botaniſchen Terminologie“ und Aehnliches! Auch mag dann Jemand, vielleicht einer der jüngeren Docenten, Propädeutik der Naturwiſſenſchaften vortragen, der ſich nach Umſtänden beliebig die Form eines Repetitoriums, Examinatoriums und Disputatoriums geben läßt.“ **) Die Gymnaſien find zunächſt dazu da, der Jugend, und namentlich den Fünf: tigen Gelehrten ohne Rückſicht auf ihren einſtigen, perſönlichen Beruf, eine umfaſſende gei- ſtige und ſittliche Geſammtbildung zu geben; nicht aber, um fie für ihre beſonderen, künfti— gen Fächer ſo weit einzuſchulen, daß ſie auf der Univerſität nur gleich ohne Weiteres „mit— ten in dieſelben hineinfahren könnten.“ Was ihnen daher an der nöthigen, ſpeciellen Vorbe— reitung für letztere abgeht, muß auch eben hier noch hinzukommen. Es kann daher nur theils als vorſätzliche Uebertreibung, theils als lieb- und rückſichtsloſes Verkennen der *) Nur muß man darum doch nimmermehr das ganze Allgemeine überhaupt bis zum Schluße einer Thier— Klaſſe ze. verſchieben, wie dieß ein, ſonſt recht tüchtiger Pädagog gethan hat. ) Nur erfahrenen Pädagogen, die zugleich anerkannte Naturhiſtoriker find, kann in letzter Inſtanz die Entſcheidung darüber zuͤſtehen, welche Art des Unterrichts hierin die beſte ſej; vor Allem aber Bin en auf das Urtheil von ſolchen ankommen, die es damit ſelbſt auf verſchiedene Weiſe ver- u aben. In Bikfer Hinſicht, und mit Bezug auf einen, bereits beſtehenden oder noch zu gewärtigenden Streit hieri- Ber, kommt mir eben noch kurz vor Einlieferung dieſer Bemerkungen zum Drucke die „Naturgeſchichte des Pflanzenreichs von Dr. A. B. Reichenbach, Lehrer der Naturgeſchichte an der Realſchule zu Leipzig, (L. 1837.)“ fn Geſicht. Vorzugsweiſe Botaniker, alſo zunächft der hauptfächlich beſchreibenden Naturgefchichte zugewandt, ann derſelbe gewiß nicht den Verdacht gegen ſich haben, etwa zu wenig auf oder von Terminologie zu halten. Gleichwohl warnt auch er (Seite V—VI) auf das nachdrücklichſte davor, die geſammte Terminologie auf dieſe oder jene Weiſe in voller Ausführlichkeit hinter einander vorzunehmen: weil ſie, als gar zu trocken und deßhalb abſtoßend, nur ermude und daher erfahrungsmäßig ſehr wenig Erfolg gewähre. Dagegen empfiehlt auch er um jo mehr ein ähnliches Verfahren, wie das von mir angedeutete, als bei Weitem anre— gender und daher weit erfolgreicher, indem er (Seite VII) ſagt: „Dieſen Weg ſchlug ich ein, verfolge ihn noch „jest und habe nun die Freude, zu ſehen, wie fo die Schüler gleichſam ſpielend mit den Formen bekannt ge— „macht werden, wie fie ſich dieſelben ſchnell und feſt einprägen, dabei aber auch immer in Thätigkeit erhalten „werden, und die Theilnahme durch den abwechſelnden Vorkrag der verſchiedenen Theile der Wiſſenſchaft im⸗ „mer wieder neu belebt wird.“ — Alſo anſcheinend „ſpielend“ leicht, und doch „„gründlich!““ Ein Verein, den jeder Pädagog, auch der anmaßendſten, e Pedanterie gegenüber, als recht gut möglich betrach— ten und als wahrhaft wünſchenswerth herbeizufu hren ſuchen wird. keen) Unſtreitig geſchieht auf Gymnaſien noch jetzt für kein Fach nach Verhältniß auch nur zur Hälfte fo viel, wie fur Sprachenkunde nach ihrem ganzen Umfange. Gleichwohl halten philologiſche Celeb pfka⸗ ten erſten Ranges (3. B. Bockh in Berlin) es weder für unnöthig, noch finden fie es gar unter ihrer Wurde, alljährlich ein Collegium „über philologiſche Propädeutik“ zu halten! — xxu Andeutungen, Zwecke beider Arten von Bildungsanſtalten, oder der an den Gymnaſien wirkenden Lehrer und ihrer Berufsthätigkeit bezeichnet werden, wenn ein berühmter Botaniker ſich vor Kur⸗ zem darüber beſchwerte: daß die meiſten zur Univerſität gelangenden jungen Männer „nicht „im Stande ſeien, auch nur zwei Zeilen eines ſtreng wiſſenſchaftlich geſchriebenen Buches ohne „Anſtoß zu leſen.““) Denn bekanntlich können in dieſem Sinne zwei beliebige Zeilen gerade fo viel ſein, wie ein ganzes Buch, und ein beliebiges Buch ſo viel, wie alle Bücher für das Fach zuſammen! Da kann denn aber, namentlich bei einem botaniſchen oder mineralogiſchen Werke, hierzu vielleicht gerade nicht mehr und nicht weniger gehören, als Vertrautheit mit allen denkbaren Kunſtausdrücken, von denen bei Weitem den Meiſten ein ſehr großer Theil ganz unnütz ſein und bleiben würde. Würde es alſo nicht, beſonders in den unteren und mittleren Klaſſen, eine Verſündigung am Geiſte der geſammten Gymnaſialjugend ſein, um jenes 15ten, 20ſten oder vielleicht 30ſten Willen, welcher einſt auf der Univerſität als Me— diziner od. Philoſoph (Philolog) von ſolcher Fachdreſſur für Naturgeſchichte Gebrauch machen möchte, die 20 oder mehr Uebrigen auf die ermüdendſte Weiſe mit Dingen zu behelligen, die fie an ſich meiſt weder gebrauchen können, noch je gebrauchen werden? ſtatt ihnen nach Müg- lichkeit etwas Tüchtiges von Dem beizubringen, was in der Natur vorgeht! Nein: die jungen Männer ſollen beim Abgange vom Gymnaſium zur Univerſität in der Natur-, wie in der Weltgeſchichte, Erdkunde ze. Etwas wiſſen: und zwar ſoll dieß gerade auch in denjenigen Dingen der Fall ſein, die ſie dort eben für ihr Berufs-Fach eigentlich nicht brauchen. Keinesweges ſollen ſie bloß dahin eingeſchult ſein, um erſt hier alles über— haupt Mögliche oder für ihr Fach Nöthige zu erlernen. Wohl aber ſollen fie hier daran gewöhnt werden, Das, was ſie bereits mitbringen, gleich Dem, was ſie hinzulernen, nun vermöge ihrer höheren, geiſtigen Reife und, wo möglich, auf philoſophiſcher Grundlage in einer höheren Bedeutung aufzufaſſen. Letzteres wird jedoch, ſoweit es thunlich, oder ſonſt angebracht iſt, auch der Gymnaſtallehrer ſchon in feiner Sphäre auf jeder höheren Stufe eines Faches im Vergleiche mit der vorhergegangenen zu erſtreben ſuchen. So wird denn hier auch in der Naturgeſchichte nirgends, am wenigſten in den unterſten Klaſſen, mit der bloßen, trockenen Abſtraction anzufangen, ſondern fo viel als möglich überall die Theorie erſt aus der Empirie zu entwickeln, alſo die Erläuterung aus der Erfahrung und Beobachtung herzuleiten ſein.“) Vor mehreren Jahren iſt der Vorſchlag gemacht worden, beim Unterrichte, namentlich in der Zoologie, zuvörderſt einzelne Arten gleichſam als Repräſentanten ihrer ganzen Klaſſe herauszuheben, um fie von den Schülern in jeder Beziehung genau befchreibeu zu laſſen; und dieſe Methode hat ſogar ganz bei tüchtigen Pädagogen hin und wieder Beifall gefun— den. **) Ohne derſelben, namentlich unter manchen Umſtänden, allen Nutzen abſprechen zu wollen, muß ich doch offen bekennen: daß ich ſie wenigſtens in ſehr vielen Fällen und unter anderen Umſtänden für ſehr übel angebracht halte. Erſtens nämlich wird, wie man auch wählen möge, eine einzige ſo herausgegriffene Weſenart die ganze Klaſſe immer nur höchſt mangelhaft, folglich ſchlecht repräſentiren. Denn extreme Formen darf man natürlich, eben als ſolche, nicht wählen, um nicht von vorn herein falſche Vorſtellungen zu erregen; man kann alſo nur ſo aus der ungefähren Mitte die eine oder die andere herausnehmen. Dieſe Bezug auf das Griechiſche des neuen Teſtamentes und auf das juriſtiſche Latein der Inſtitutionen und Pan⸗ decten, oder auf das Altdeutſch des Sarhfen» und Schwabenſpiegels ꝛc. erheben, da bis jetzt auf jede dieſer 3 Sprachen mindeſtens dreifach, zum Theile mehr als ſechsfach ſo viel Zeit verwandt wird, wie im beſten Falle auf das geſammte, große Feld der n e Ferner würde der akademiſche Hiſtoriker ebenſo die Be⸗ kanntſchaft mit allem Detail der alten Geographie, der alten u. neuen Staatseinrichtungen, der Münz⸗ und Handſchriftenkunde, ja am Ende mit Diplomatik fordern können: da Alles dieß zur höheren Auffaſſung der Geſchichte als Wiſſenſchaft, auch ſchon von rein empiriſcher Seite, mehr oder weniger nothwendig bleibt. Was könnte man auf dieſe Weiſe nicht überhaupt noch Alles von den Gymnaſien verlangen? — Aber hat, oder würde es ſich wohl ein Böckh je einfallen laſſen, darum Klage über den Zuſtand des Sprachunterrichtes auf Gymnaſien zu führen, weil dieſer immer noch nicht von ſolcher Art iſt, um feine Vortrage über philologiſche Eneyelopadie und Propadeutik unnöthig zu machen: obgleich 213 der geſammten Unterrichtszeit in demſelben aufgehen; während der Naturgeſchichte hiervon gegenwartig wohl ſelten auf einem Gymnaſium mehr als 1]40, ja auf manchen vielleicht noch nicht 1160 hen e iſt? (Im Gegentheile wird Herrn B's Bewußtſein mit Recht einen Ehrenpunkt darin finden, mit Odilon-Barrot ſagen zu können: non parceque, mais quoique!) 8 Man wird alfo von der Naturgeſchichte allerdings mehr verlangen können, wenn man erſt mehr für fie erlangt haben wird. Aber verkehrten Anforderungen zu huldigen, wird jeder verftändige Gymnaſtallehrer ſich ſelbſt dann noch hüten, möchte er ſich auch noch fo gut im Stande fühlen, fie zu erfüllen. zer) Warum fängt z. B. Niemand den Unterricht im Rechnen mit der fo genannten demonſtrativen Rechen⸗ Eunft an, die doch erſt wahrhaft feſt in dem Ganzen macht: indem fie die Nothwendigkeit des geſammten Ver⸗ fahrens durch Gründe darthut? — Offenbar nur, weil man geſehen hat, daß es einmal fo nicht geht. ) Daß kürzlich auch jener ſehr piquirte Profeſſor der Botanik ſich in abſichtlich piguanten Lobeserhebun⸗ gen darüber ergoſſen hatte, war ganz geeignet, mir, wie manchem Anderen, um fo mehr das Gegentheil von Dem zu beweiſen, was es beweiſen follte. 5 ) Mit dreimal größerem Rechte könnten z. B. der akademiſche Theolog und Juriſt dieſelbe ni in den Unterricht betreffend. XXIII ſtehen aber ſo entfernt von den extremeren Bildungen, daß damit abermals für das Ganze Wenig oder gar Nichts gewonnen, der größte Theil der Jugend aber gewiß mehr oder we⸗ niger verwirrt wird. Denn, wie ſoll z. B. eine Hauskatze auch von Fledermäuſen, Maul⸗ wurfsnagern, Kameelen oder Walfiſchen ſelbſt nur annäherungsweiſe eine, für den kindlichen Sinn genügende Geſammtvorſtellung geben? Wie ſoll eine Gartenelſter dem Knaben die Eulen, Spechte, Reiher, Strauße, Pelikane, Papageien oder Pinguine mit verſinnlichen? Wie ein Laubfroſch die Schlangen, Chamäleons, Seefchildfröten zꝛe.“ Wie ferner ein Fluß⸗ barſch die Rochen, Störe, Bricken, Aale, Schollen ꝛc.? — Wie ſoll der jugendliche Geiſt auf ſolcher Stufe durch ſie eine richtige Vorſtellung von einer Klaſſe bekommen, deren We— fen dem größten Theile nach meift ganz andere, zum Theile gerade entgegengeſetzte Charac— tere beſitzen: ſo daß das Meiſte von allem Demjenigen, was der Knabe an jenen Repräſen⸗ tanten wahrnimmt, auf ſehr viele andere Gattungen gar nicht anwendbar bleibt? Wozu foll überhaupt ein ſolches Herausreiſſen aus allem Zuſammenhange auf der unterſten Stufe nützen?) Was ſoll hieran gelernt und was hiermit gewonnen werden, wenn man dabei nicht eben das geſammte Allgemeine aller ſo repräſentirten Klaſſen vornimmt? (was gewiß nicht die Abſicht iſt, und wozu auch ein ſolches Herausheben des Einzelnen gerade wieder der verkehrte Weg fein wurde;) oder wozu ſoll das fo Gelernte nützen? Man ſagt: „der Knabe ſoll ſehen lernen.“ Das wird er aber nur dann, wenn man ihn praktiſch einübt: in⸗ dem man ihm immer mehr Gegenſtände verführt, und dieſelben gehörig mit ihm betrachtet. Dieß kann aber Alles nur nach und nach geſchehen. Keiner lernt es auf Einmal. Den geſammten Unterricht alſo gleich nach der erſten, allgemeinen Einleitung mit ſolchen Be— ſchreibungen beginnen, heißt, wie ich glaube, beim Ende anfangen. Denn durch das Anfer⸗ tigen einer ſchlechten Beſchreibung dürfte doch wohl ſehr wenig gewonnen, nichts Ordent— liches gelernt werden. Wie in aller Welt aber ſoll ein Knabe von 10—12 oder 13 Jahren eine gute Beſchreibung machen können, wenn bekanntlich Männer, die längſt unter den Na— turforſchern ex professo mitzählen ſollen oder wollen, fie zum Theil als Vierziger oder Fünfziger noch ſchlecht genug machen, ja Einzelne vielleicht nie eine wirklich gute geliefert haben. «) (Möglich wohl, daß auch fie beſſere machen würden, wenn fie in der Jugend dazu angehalten worden wären. Aber ſoll und kann denn die Schule als ſolche etwa Na— turforſcher, Geographen, Hiſtoriker ꝛc. bilden?) Und, was eine Hauptfrage bleibt — wie viel Zeit koſtet die Sache! Der Zeitraum, welchen ein mittelmäßiger Schüler braucht, um z. B. eine ſehr mittelmäßige Beſchreibung einer Ameiſe abzufaſſen, die er meiſt ſeit ſeinen erſten Kin— derjahren hinlänglich kennt, um ſie wahrſcheinlich ſein Leben lang mit keinem anderen Thiere zu verwechſeln, derſelbe Zeitraum reicht vollkommen hin, um ſeine beſſeren Mitſchüler durch Vortrag und fragweiſes Wiederholen ze. genau mit der ganzen, an Merkwürdigkeiten fo reichen Geſchichte der Ameiſen bekannt zu machen. Etwas, was doch wohl unendlich viel wichtiger bleibt! Mit Einem Worte: jenes Verfahren ſcheint mir erſt da gehörig und mit Nutzen ausführbar, wo es ſonſt am wenigſten nöthig, folglich auch minder angebracht ſein wird; nämlich in den mittleren und vorzüglich in den oberen Klaſſen. Denn nur, wer ſehen ge— lernt hat, wird auch beſchreiben lernen. Und doch wollen Alle, die jenes Mittel empfehlen, gerade damit angefangen wiſſen. — Auf recht zahlreich beſuchten Anſtalten halte ich daſſelbe ſogar, wenigſtens ſobald (wie es ſich doch gehört!) Arbeit und Thätigkeit für alle Schüler gleich und gleichzeitig ſein ſoll, für geradezu unausführbar. Denn jeder muß den zu be— ſchreibenden Gegenſtand zur ordentlichen Betrachtung und zu genauer Unterſuchung ja doch vor ſich haben: Etwas, was aber zu gleicher Zeit höchſtens bei 2 neben einander Sitzenden möglich iſt. Nun denke man ſich Klaſſen mit hundert Schülern und darüber! ***) Wer könnte da an die Beobachtung einer ſolchen Methode nur denken, auch wenn er ſie ſonſt für noch ſo vorzüglich hielte? So paßt wenigſtens durchaus nicht Alles für alle Verhältniſſe. Darum muß man es für eben ſo ſchnöde, als lächerliche Anmaßung erklären, wenn ein Nas turhiſtoriker ohne Kenntniß von Erziehungskunſt den Lehrern der Naturgeſchichte ein für alle Mal und für alle Fälle ein genau beſtimmtes Verfahren vorſchreiben will, und deßhalb ein Buch zum Unterrichte wo möglich ſo einrichten möchte, daß jede Möglichkeit zu einer Abweichung davon ausgeſchloſſen bliebe. ) *) Mir kömmt es nicht viel anders, ja eigentlich noch vi i vor, als an auf der erft: io⸗ 1 iden) Stufe des need 8 Eee aten, nithiſchen Vorzelt bis auf unſere Tage beliebig den erſten beſten, wichtig gewordenen Charakter herausnehmen, und dieſen außer allem Zuſammenhange mit den übrigen Menſchen, Zeiten und Ereigniſſen hinſtellen wollte. **) Exempla essent in promptu! — ) Ich habe in Quinta unferer Anftalt (des Königlichen ke if t Br as letzte Jahr (1840-41) wieder 105 95151 hatte uber 1 1 55 ne Lan en +) Eine Maaßregel, an welche die geſammten oberen Schulbehörden gewiß auch längſt für alle Fächer ebacht, und welche fie durchzuführen vtelleicht ſogar die Verpflichtung gehabt haben wurden, wenn fie dies elbe irgendwie für angemeſſen gehalten hätten, XXIV Andeutungen, C. Die große Aehnlichkeit, welche die Behandlung aller Realfächer in den unteren Klaſſen der Gymnaſien und in den oberen vieler gewöhnlichen Schulen hat, und behalten muß, wird für letztere auch hinſichtlich der Naturgeſchichte das Meiſte von Demjenigen als geeignet er⸗ ſcheinen laſſen, was für erſtere gilt. Daher ſoll, denke ich, der erſte, kleinere Auszug aus vorliegendem Werke zugleich für ſolche Elementarſchulen anwendbar bleiben. Verſtänd— lich für die Lehrer an denſelben wird, als Commentar dazu, hoffentlich auch das gegenwär- tige Hauptwerk ſein. d. Leider fehlt es meiſt überall, zumal in Volksſchulen und dergl., noch gar ſehr an den, zu dieſem Unterrichte ſo nöthigen, natürlichen und künſtlichen Anſchauungsmitteln, welche denſelben bei Naturwiſſenſchaften in der That koſtbarer machen, als die Unterweifung in jedem anderen Fache, und ſowohl den Behörden oder Schulvorftänden, wie dem einzelnen un auch beim beiten Willen eine zweckmäßige Einrichtung deſſelben außerordentlich er: ſchweren.“) In zahlreich beſetzten Klaſſen bleibt überdieß das Herumzeigen, ſowohl von Abbil— dungen, wie von kleineren, natürlichen Gegenſtänden, ein eben jo unvollkommener, als zeit: raubender Nothbehelf; während das Herumgeben beider leicht eben ſo gefährlich für beide, als ruheſtörend wird, wodurch gleichfalls Zeitverluſt entſteht. Einen eigenen Sand: atlas, oder Bücher mit Abbildungen, können die meiſten Schüler nicht anſchaffen; überdieß führt der Gebrauch derſelben (oder wenigſtens die Benutzung verſchiedenartiger) während der Stunden ſelbſt leicht neuen Anlaß zur Störung herbei. Und doch ſoll hier Alles ſo viel als möglich auf ſinnlicher Anſchauung fußen. Eine ſehr geeignete Vorrichtung zu dieſem Behufe ſcheinen mir verglaſete Käften von beiläufig 1“ Tiefe und von der Größe eines mäßigen Schrankes, die zur Sicherheit mit einem, durch eiſerne Kreuzſtangen geſtützten Drahtnetze überzogen ſind und an paſſender, gehörig beleuchteter (aber wo möglich nie von der Sonne beſchienener) Stelle, in einer Wandniſche oder ſonſt in den Klaſſen befeſtiget wer— den. In ihnen kann man theils größere Bildertafeln, beſonders wenn ſie zahlreiche Gegen— ſtände im Kleinen darſtellen, theils kleine Naturalien, zur bequemeren und anhaltenderen Betrachtung für die Schüler aufſtellen und nach Umſtänden damit wechſeln. i Leider laſſen die meiſten Bilderſammlungen bald das Eine, bald das Andere zu wünfchen übrig. Die größeren und beſſeren find häufig ſelbſt für die bemittelteren Schüler zu theuer, beſonders, wenn ſie nicht theilweiſe angeſchafft werden können; die kleineren und wohlfeileren entſtellen viele Gegenſtände nach Geſtalt und Farbe dermaßen, daß häufig ſo⸗ gar der Kenner lange vergeblich zu errathen ſucht, was ſie eigentlich vorſtellen ſollen. Auch paßt die ſyſtematiſche Anordnung eines jeden gewöhnlich bloß zu dem damit verbundenen Buche. Dieß hat aber für jugendliche Anfänger lange Zeit etwas eben ſo Unbequemes, wie es ſpäter allerdings dazu dienen kann, die Geübteren im Erkennen noch feſter zu ma- chen. Beim Ertheilen des Unterrichtes ſelbſt behält die Sache für's Erſte immer manches Unangenehme: ſchon, weil ſie häufig die Aufmerkſamkeit zerſtreut und ſie von dem eben Vor— zunehmenden auf etwas Anderes, vielleicht Auffallenderes lenkt. Dagegen können zu ver— ſchiedenen Zeiten recht wohl verſchiedene Atlanten mit Nutzen neben oder nach einander gebraucht werden. Ja, man ſollte ſich dieß, wo möglich, zum Grundſatze machen: namentlich bei Prüfungen. Denn es bleibt eben ſo auffallend, als bei der Lebhaftigkeit und Treue des jugendlichen Erinnerungsvermögens erklärlich: wie leicht ſich junge Leute einen Gegenſtand, beſonders einen thieriſchen, nach ganz unweſentlichen, zufälligen Dingen (3. B. nach feiner Stellung auf einem Bilde) merken, ohne ihn nach feinen weſentlichen Eigenſchaf⸗ ten herauszufinden, wenn fie ihn ſpäter auf einer anderen Tafel anders fehen. **) 8 Die Auszüge aus vorliegendem Werke ſollen jedenfalls einige lithogra⸗ phirte Blätter zur Verſinnlichung des Knochengerüſtes, der Ordnungs⸗ und Familien⸗ Charaktere sc, erhalten, alſo Dasjenige vorführen, was ſonſt Lehrbücher (den Leitfaden von Schilling abgerechnet) gewöhnlich nicht enthalten, und was ſich dem Gedächtniſſe nicht fo leicht durch ein flüchtiges Anſchauen einprägt. Eine freundliche Unterſtützung des ganzen Unterneh⸗ mens würde der Verlagshandlung als Aufforderung dienen, dem Hauptwerke eine größere Auswahl ſorgfältig gearbeiteter Abbildungen zu beliebiger Abnahme und zu einem, *) Könnte man manchen unbefugten oder unbeſcheidenen Tadler der Einen, wie der Anderen nur einige Zeit in die Lage Beider verſetzen; gewiß, er würde ſehr bald bekehrt ſein, wenn er Alles nur Einmal gehörig in der Nähe geſehen hätte. Von Weitem ſieht Vieles recht leicht aus; — aber! — — gen er hierin wird alſo wahrhaft Gutes recht wohl mehrfach neben einander beſtehen und untzen können. den Unterricht betreffend. XXV ihrer Beſchaffenheit gemäß billigen Preiſe beizugeben.“) Die Zahl derſelben wuͤrde, je nach dem parallel laufenden Inhalte der Kurfe, in der Art verſchieden fein, daß beim zweiten Kurſus die zum erſten gehörigen bereits vorausgeſetzt blieben c. Die, immer gleich bleibende, ſyſtematiſche Anordnung würde das Gute haben, den erwähnten Vortheil verſchiedenartiger Sammlungen nicht auszuſchließen, wohl aber deren Nachtheile zu vermeiden. III. Nun ſchließlich noch Etwas über die Urſachen, welche nach meiner Anſicht hauptſächlich dazu beigetragen haben und beitragen mußten, den endlichen Erfolg des naturhiitos riſchen Unterrichts auf Gymnaſien bisher faſt überall, ſelbſt bei uns und unter den ſonſt am günſtigſten beſtellten Verhältniſſen, weſentlich zu beeinträchtigen.“) In Preußen erſchien bereits vor der Mitte des vorigen Jahrzehends eine Der: ordnung, welche, mit Ausſicht auf den beſten Erfolg, dieſen Bildungszweig zu heben be— zweckte: indem nach ihr der naturgeſchichtliche Unterricht im Allgemeinen durch alle Klaſſen der Gymnaſien fortgeführt und dem gemäß ſein Reſultat ausdrücklich mit zum Gegenſtande der Prüfung für den Abgang zur Univerſität gemacht werden ſollte. Da derſelbe indeß bis dahin gewöhnlich (mit wenigen Ausnahmen) auf die unteren und mittleren Klaſſen beſchränkt geblieben war; ſo ſtand natürlich im Ganzen auch erſt nach einem Zeitraume von 4 Jahren, welche nun in den beiden oberſten Klaſſen dazu benutzt wer— den konnten, ein fichtbarer Erfolg dieſes Geſetzes zu erwarten. Inzwiſchen kamen jedoch ſchon Lorinſer's Bedenken und Anträge in Betreff der, auf die Geſundheit der Schüler an höheren Lehranſtalten zu nehmenden Nücfichten zur Erwägung. Da ſollte und wollte man auf der einen Seite Etwas nachgeben, während man doch auf der andern auch wieder wün— ſchen mußte, wo möglich Nichts aufgeben zu dürfen. Die Folge davon war, wenigſtens für Preußen, eine theilweiſe Verringerung der Stun— denzahl durch alle Klaſſen: darunter namentlich das gänzliche Wiederausfallen der naturhiſtoriſchen Stunden für die 4 oberen. So beſteht nun ſeit mehreren Jahren für dieſes Fach nur dieſelbe, an ſich gewiß hoͤchſt zweckmäßige Verpflichtung, wie vor 5—6 Jahren, ohne die nothwendige, damals ges botene Zeit und Gelegenheit. D. h.: die zur Univerſität abgehenden Schüler müſſen noch ebenſo, wie damals, in der Naturgeſchichte geprüft werden: obwohl der Unterricht in der— ſelben u um einen Zeitraum von 4, und bei ſchwächeren oft von 5-6 Jahren, hinter ihnen liegt. . Nun weiß, oder fühlt aber gewiß ſelbſt jeder Mann von reiferem Alter, den nicht ein höchſt glückliches Gedächtniß begünſtiget: wie ſchwer es ihm fallen würde, fein Wiſſen und feine Gedanken zum Behufe einer Prüfung über irgend einen, ihm früher allerdings bekannt geweſenen, aber ſeit längerer Zeit unbeachtet gebliebenen Gegenſtand augenblicklich, oder we— nigſtens ſo gut wie unvorbereitet, gehörig zu ſammeln. Wie ſoll dieß alſo ein Jüngling von 16 oder 18—20 Jahren, zumal bei der ſo natürlichen Beklommenheit an einem ſo wich— tigen Tage?) Allerdings ſoll derſelbe auch als Secundaner und Primaner keinen früher betriebenen Gegenſtand, folglich auch nicht Naturgeſchichte, unbeachtet liegen laſſen und gleichſam als Ein für alle Mal beſeitigt betrachten. Aber man erwäge bei den Einen den allzu leichten Sinn der Jugend; bei Anderen, zumal im Winter, die kurze, ſo vielfach in Anſpruch genommene Zeit; bei Vielen die Nothwendigkeit, manches viel dringlichere Ver— fäumte nachzuholen; jo wie endlich die zahlreichen Sorgen und Beſchwerden, mit welchen ein großer Theil unſerer Gymnaſial-Jugend zu kämpfen hat, und durch welche ſich mancher ſolche Jüngling von 15—18 Jahren mit männlicher, oft rührender Standhaftigkeit hindurch— kämpft! Dann wird man begreifen, daß ein faſt gänzliches Vergeſſen eines gar nicht mehr in Anregung kommenden Unterrichtszweiges doch ſehr häufig, ja vielleicht in der Regel vorkömmt. Und dann erſt wird man fühlen, was es überhaupt heißt, unter ſolchen Um: ſtänden plötzlich Rechenſchaft von Dingen geben zu müſſen, mit denen der Geiſt ſo lange *) Auch würden die Verleger nicht abgeneigt ſein, ſich hierzu unter guten Bedingungen mit einem Kunſtinſtitute zu verbinden; jedoch allerdings nur in dem Falle, daß die Auswahl und ſonſtige An⸗ ordnung der darzuſtellenden 1 ſo wie die Beaufſichtigung der Ausführung in Betreff ihrer ſachlichen Richtigkeit, dem Verfaſſer des Vorliegenden vorbehalten bliebe. ) Was in dieſer Hinſicht Ungünftiges von Preußen gilt, wird höchſt wahrſcheinlich nicht weniger, oder noch mehr, von anderen Staaten mit gelten. wr) Wie nun erſt, wenn aus irgend einem (gleichviel, ob wichtigen oder nichtigen, unvermeidlichen oder willkürlichen) Grunde die Prufung alsdann noch durch einen Lehrer geſchieht, welcher die zu Prufenden gar nicht hierin unterrichtet hat, alſo weder den dabei beobachteten Gang, noch die aufälligen Umſtände kennt, welche vielleicht hemmend auf das Ganze eingewirkt haben? — Denn natürlich: je unbeftimmter hierin die Anſichten und Anforderungen noch überhaupt find, um fo verſchiedenarkiger in ſolchem Falle die Anſprüche des Einzelnen — XXVI Andeutungen, den Unterricht betreffend. nicht beſchaftigt geweſen iſt, oder bie. ihm wenigſteus fo lange nicht wieder gründlich zum Bewußtſein gebracht worden ſind, und die überhaupt nur zu einer Zeit gelehrt wurden, wo Faſſungs- und Urtheilskraft noch um fo Vieles weniger entwickelt waren. *) Gewiß: keinem Lehrer hat ſchon im erſten Jahre der Ausübung feines Berufes bei den Schülern der mittleren und beſonders der unteren Klaſſen jene überraſchende, zuweilen ans Unglaubliche ſtreifende Befangenheit entgehen können, mit welcher die meiſten, darunter oft ſelbſt die beſten, ſchon nach kürzerer Ferienzeit, z. B. nach den vierzehntägigen Oſterfe— rien, hoͤchſt unvollſtändig, unſicher und langſam auf die nämlichen Fragen antworten, von welchen man ſich poſitiv erinnert, daß ſie gerade dieſelben zwei Wochen früher mit aller Leichtigkeit ſchnell und erfchöpfend beantwortet hatten. So ſehr bedarf es für die Jugend ſchon nach einer kurzen Zeit geiſtiger Ruhe, ſo dringend ſonſt die Sorge für das Wohl des Leibes ſie fordern möge, immer vor Allem erſt wieder des Sammelns. Gilt dieß nun auch allerdings nicht in gleichem Grade von den Zöglingen der oberen Klaſſen, ſo iſt dann anderer Seits nicht zu vergeſſen: daß hier die verſchiedenartigen Gegenſtände ſich um ſo mehr häufen, und daß ja der Zeitraum, um welchen es ſich zuletzt handelt, nicht 2—3 Wo— chen, ſondern 4—5 Jahre beträgt. **) Jedenfalls ſcheint eine ſolche Einrichtung, deren Entſtehen ſich übrigens wohl nur aus den eben bezeichneten Verhältniſſen herſchreibt, fo wenig dem Zwecke des Ganzen zu entſpre— chen, daß man hoffen muß: der gegenwärtige hohe Chef des Unterrichtsweſens in Preußen, (welches gerade auch für dieſes Fach mit doppeltem gutem Beiſpiele vorangegangen iſt oder war,) werde eine ſolche, von ſeinem Vorgänger überkommene und gewiß auch von dieſem nur einſtweilen geduldete, aber im Drange der Geſchäfte eine Zeit lang überſehene Anomalie recht bald zu beſeitigen ſuchen, um bei einer definitiven neuen Einrichtung die, täglich allgemeiner werdenden Wünſche nach Erweiterung des Unterrichts in den Naturwiſſenſchaften auf Gymnaſien mit den bleibenden anderweiti⸗ gen Zwecken der letzteren in Einklang zu bringen. Ein Ziel, zu deſſen Erreichung in der That, wenigſtens für jetzt, ein einfaches Zurückkehren zu der, leider nur eine Zeit lang angenommenen früheren Anordnung (wieder Eine Stunde wöchentlich für die letzten vier Jahre) genügen würde. Der nöthige Raum dazu auf dem Schulplane wird ſich, zumal jetzt, um ſo leichter wieder gewinnen laſſen, je mehr die tägliche Verbeſſerung der Methode im Sprachunterrichte durch allmählige, beſonnene Annäherung an das Jaco— tot'ſche Verfahren überhaupt großen Gewinn an Zeit, ohne Verluſt an der Sache, ja ſelbſt mit Gewinn auch für fie, verjpricht. ***) Der gereiftere Geift der Jugend wird dieſe dann von der Naturkunde ungleich mehr Früchte ernten laſſen, als bisher; und wenn auch bei den Meiſten ſpäterhin von den erlang— ten Kenntniſſen ſo Manches wieder verſchwinden wird: die guten Folgen der Geiſtesthätig— keit, mittelſt deren ſie erworben wurden, ſo wie mancher hohe und ſchöne ſittliche Gewinn von denſelben, werden für die Dauer vorhalten. 5 Gloger. — — p . I — Llaſſen mit rechter Ausſicht auf Erfolg betrieben werden können. S. S. a) Wie viel ſich während einer ſolchen Zwiſchenzeit verwiſchen, wo nicht ganz verlieren kann, erfuhr einſt ein bereits verſtorbener, trefflicher Lehrer unſerer Anftalt, der mit einem anderen für Rechnen, Mathematik und Phhyſik klaſſenweiſe fo wechſelte, daß jeder die einmal übernommenen Schüler durch alle 8 Klaſſen, von Sexta bis Selecta, hindurchführte. Er kam einmal, bei einer, ſonſt im Ganzen recht gut ausfallenden Pru⸗ fung der letzten Klaſſe, zufällig auf eine, bereits weit rückwärts liegende Frage, deren Nichtbeantwortung ihn veranlaßte, immer noch weiter zurückzugehen, bis es ſich herausſtellte: daß fait die Geſammtheit der Selec- taner über der, mit gutem Erfolge betriebenen Trigonometrie und Algebra die meiſten fo genannten bürgerlichen Rechnungsarten vergeſſen hatte, a leichwohl giebt es Leute, die, obſchon ihnen der Einfluß der hier angeführten Umſtande von ſelbſt ein⸗ leuchten ſollte, doch nicht Anſtand nehmen oder genommen haben, die öftere Geringfügigkeit des endlichen Erfolges in Betreff der Naturgeſchichte bei den Abgangsprüfungen ohne Weiteres dem oder den Lehrern Schuld zu geben! — Aber die Einen überfehen da ohne Arg ſelbſt manches Naheliegende; Andere fegen abſichtlich gern und mit Geräuſch vor fremden Thüren, um — die Welt glauben zu mächen, es ſei Wunder wie rein vor ihrer eigenen. — ) Wie lebhaft manche Fachlehrer oder Gymmnaſialdirectoren die Nothwendigkeit hiervon fühlen, geht z. B. thatſächlich aus den Programmen, einer der am beſten bes und geſtellten Anſtalten, des Gymnaſiüms 15 ‚Stettin, hervor: wo ein vielbeſchaftigter, als botaniſcher Schriftſteller bekannter Lehrer der Naturge⸗ chichte (Dr. Schmidt) den oberen Klaſſen wöchentlich zwei Stunden Unterricht in der N. G. außer der ſonſtigen, gewöhnlichen Schulzeit ertheilt. So kann in der That etwas geleiſtet werden. *) Abgeſehen davon, daß Botanik, ganz beſonders aber Mineralogie, eigentlich vo ſt in den oberen Syſtematiſches Inhaltsverzeichniß der behandelten Gegenſtaͤnde. - Einleitung. Natur. Naturkunde, Naturforſchung und dergl. . Erläuterung: über den Gebrauch der Worte „Natur, natürlich! c Nutzen der Naturkunde .. a Eintheilung der Naturwiſſenſchaft und der Naturkörper Thierre i m Charakteriſtik und Eintheilung deſſelben . Erſte Klaſſe. Säugethiere. Animalia lactantia. Organismus, Leben und Nutzen der Säugethiere I. Säugethiere mit Nägeln. Iſte Ordnung: der Menſch. Vorn Hände, hinten Platt⸗ füße. Nur Eine Art, (Homo sapiens,) jedoch in mehreren Ragen te Ordnung: Affen. Mit Händen, jedoch ohne Plattfüß e; noch mit vollſtändiger Zahnreihe, d. h. 3 Zahnarten. Ite Unterordn.: Wahre Affen, überall mit Plattnägeln. 1fte Zunft: wahre Affen Be en a mit e Na- fenfcheidewand . a) Ohne Schwanz. Schimpanſeh. Hylanthropus. Drang-Dutang’s. Sm. Gibbons. Hylo- bates. Giamang. Symphalangus. b) Geſchwänzte Mit runden Köpfen; unterſetzte. Magot. Inuus. Macaco's. Sulmacis. Meerkatzen. Cercopithecus. Na: ſenaffen. Rhinalazon, Schlankaffen, mit langgeſtreckten Gliedmaaßen. . Mützenaffe. Presbytis. Eigentliche Schlanfaffen. Semnopithecus. Stum⸗ melaffen. Colobus. c) Hundsköpfe oder Paviane, mit langer Schnauze. Mandril's. Maimon. Eigentliche Paviane. Cynocephalus . 2te Zunft: wahre Affen der neuen Welt; mit breiter Nafen- ſcheidewand. Stets geſchwänzt, ohne Geſäßſchwielen a) Mit Wickelſchwänzen. Klammeraffen. Ateles. Spinnenaffen. Eriodes. Wollhaaraffe. Lagothrix. Brüllaffen. Mycetes; Stentor. Winſelaffen. Cebus. b) Mit ſchlaffen Schwänzen Wakari's. Cereoytochus. Fuchsſchwanzaffen. Pithecia. Sanguine. Callithrix. Saimiri. Chrysothrix, Nachtaffen. Nyctipithecus, 35 37 38 39 41 XXVIII Syſtematiſches Ilte Unterordn.: Halbaffen oder Aeffer. Theilweiſe ſchon lange, ſpitzige Krallen, wenigſtens an einer Were ifte Zunft: Halbaffen mit vier Händen . . 0 a) Ungeſchwänzte und kurzſchwänzige. Len Stenops. Poukan. Nyeticehus, Indri. Lichanotus. b) Langgeſchwänzte. . Potto. Perodicticus Wollmaki. Zropoeus. Eigentliche Maki's. Lemur. Rollmaki. Chirogale. a Mit Springe MEERE TOR NEUN WORTE Zwergmaki. Microcebus, Galago's. Otolienus. Geſpenſtthier. Tarsius, 2te Zunft: Halbaffen mit bloß zwei (Hinter⸗) e Am Hinterdaume noch ein Plattnagel; ſonſt Krallen g we Uiſtiti's. Hapale s. Jacchus. Tamarins. Midas, Ste Dröuung: Thiere mit Flughäuten. Zwiſchen den Bor- der⸗ und Hinterbeinen eine weite, dünne Haut . . Ite Ii Fliegmaki. Die Zehen beider Fußpaare f ämmt⸗ li urz Der Fliegmaki allein. Galeopithecus „ . Ilte Unterordn: Eigentliche Flederthiere; vier Vorderze⸗ hen ungeheuer lang. 1ſte Zunft: ohne ge in Geſtalt von Nafen- Daten a a) Fliegende Hunde; mit Nagel am Zeigefinger der Vorderglieder. Rouſſetten. Pteropus. Kiodot. Macroglossus. Harpyen. Cephalotes s. Harpyja. b) Grämler; mit abgefondertem Hinterdaume. Chiropetes. Dysopes s. Dinops. c) Mit nicht abgeſondertem Hinterdaumnmnme . . Fledermäuſe. Vespertilio. Mit verwachſenen Ohren. Synotis 8. Plecotus. Nüffelfledermaus, Proboscidea. Klappenſchwanz. Dielidurus. Nächtlinge. Nycteris. u 1 Flederthiere mit Naſenblättern aus dünner, kah— er Haut. eie Geſpenſtgeſicht. Mormops. b) Mit 2 Blättern. Vampyre. Phyllostoma. c) Mit zuſammengewachſenen Ohren. Mit zwei Naſenblättern: Nyctophilus. Mit mehreren Blättern: Leiernaſen. Megaderma. Hufeiſennaſen. Rhinolophus. Ate Ordnung: Naubthiere. Keine Hände; Hinterdaum mit Nagel; noch alle drei Zahn-Arten, daher noch vollſtändige Zahnreihe. 5 Ite Unterordn.: eigentliche Naubthiere. Mit 1 ſehr kleinen Vorderzähnen u. — ſehr großen, gebogenen Eckzahne. 1ſte Zunft: Sohle Mit langer, auftretender, meift nackter Sohle, beſonders an den Hinterfüßen. a) Bärenartige, Groß, mit rundlichen Ohren, meiſt faft ungeſchwänzt. Palmenbär. Helaretus. Eigentliche Bären. Ursus. Eisbär. Thalassaretus. + Höhlenbären. Spelaearetus. Lefzenbär. Prochilus Rüſſelbär. Syaretus. p) Kleinere kletternde, mit kurzen Krallen und langem Schwanze. Waſchbären. Procyon. Kinkajou. Cercoloptes. Benturong's. Arctictis. Pugune. Paradoxurus. Padua. Areluelurus. Coati's. Nasua. Selte 42 44 45 46 49 50 51 52 Inhaltsverzeichniß. c) Sohlenſchreiter mit wieſelähnlichen Köpfen Griſon's. Galietis. Vielfraß. Gulo. d) Grabende: mit langen, faſt geraden Krallen, kurzen Beinen, gros bem Haare und meiſt kurzen Schwänzen. Dachs. Meles. Natel. Melitoryr. Telagon. Myduon. a Me- phitis, Rüſſelſtinkthiere. Oxolietis; (Thiosmus.) 2te Zunft: Fingerläufer. Bloß mit den Zehen auftretend; dar her die Sohle (faſt immer) mit Haaren pee a) Hochbeinige Fingerläufer; hinten immer nur 4 Zehen. Katzenartigez mit kurzer Schnauze und wenigen Backenzähnen 4. 4 3 3 65 wen 190. Katzen. Felis. Luchſe. Lynx, Gueparden. Cynaelurus Hyänenartigez mit abſchüſſigem Rücken. Hyänen. Hyaena. Civetthyäne. Geocyon. Hundeartige; Rücken eben, Schnauze lang. 2 Füchſe. Vulpes. Wölfe und Schafale. Canis. (Haushund.) Simir. Lycaoh, b) Zehenläufer mit niederen Beinen; meift 5, 5 Zehen. .. Viverrenartigez meiſt mit beweglichen Krallen; ſtets mit Aftertaſche. Genetten. Odmaelurus. Katzenfrett. Bassaris. Civetten. Viverra. Mans guften. Herpestes. Fuchsfrette. Cynietis. Schnarrthier. Rhyzaena. Wieſelartige, mit unbeweglichen Krallen u. ſehr kurzen Beinen. Marder. Martes. Iltiſſe. Mustela. Zorille. Ozolictis ; (Ietonyx !) Rüſſel⸗ iltis. Rhinogale. Fiſchottern. Lutra. Barang's. Aonyx. Ute Unterordn.: inſektenfreſſende Raubthiere. Die Vor⸗ derzähne nie, die Eckzähne nur ſelten denen der . ren Raubthiere hn Ä g Afte Zunft: Gehende Inſekten⸗ Raubthiere; mit furzen Krallen. a) Kletternde: mit kurzen Beinen u. deutlichen Ohren; ohne Stacheln. Tupaja's. Cladobates. Tikus-Ambang. Gymnura. b) Spitzmäuſez von mäuſeähnlicher Geſammtgeſtalt, mit Rüſſelſchnauze. Land-Spitzmäuſe. Crocidura. Eigentliche Spitzmäuſe. Sorex. Waſſer⸗ ſpitzmäuſe. Crossopus. Desman's. Mygale. c) Inſektenräuber mit Stacheln oder ſtachelähnlichen Haaren Igel. Erinaceus. — Hericulus. Borſtenigel. Centetes. d) Hüpfende J. R.; mit bedeutend längeren Hinterbeinen. Rüſſelhüpfer. Rhinomys s. Macroscelis. 2te Zunft: Grabende Inſektenfreſſer. Mit äußerſt kurzen Beinen; die vorderen nach der Seite gerichtet. a) Mit dünnem Rüſſel, und vorn mit geraden Nägeln. Mullwurf. Talpa. Waſſermullwurf. Scalops. Sternrüſſel. Rhinaster; (Condylura.) b) Mit kurzer, breiter Schnauze und krummen Krallen. Goldmullwürfe. Chrysochloris. Ste Ordnung: Beutelthiere. Hinterfüße ſtets ohne Daumen⸗ nagel; die 2te und te e 19 oft mit einan⸗ der ver wachen d, lte Unterordn.: Naubbeutelthiere. Meiſtens 15 mehr Vorder⸗ und Backenzähnen, als die wahren Raubthierez aber mit ähn— lichen, ſehr langen Eckzähnen. 1 elan Eigentlich raubende Beutelthierez mit kurzen rallen. XXIX Seite 56 57 58 62 64 72 73 77 79 81 XXX Syſtematiſches a) Mit kahlem Schwanze. Rückenträger. Asagis $ Notagogas. Beutelratten. Didelphys. Papok. Chironectes. b) Mit behaartem Schwanze. Bentelwolf. Peraloper. Beutelmarder. Dasyurus. Taſchenwieſel. Ascogate. 2te Zunft: Inſektenfreſſende Beutelthiere. Den Inſekten— raubthieren ähnlich, mit langen Krallen . a ee. a) Kletterfähigez Schwanz buſchig. Beutel-Tupaja. Myrmecobius. b) Grabende; Schwanz kurz behaart. Kalubu's. Thylacis. lte Unterordn.: pflanzenfreſſende Beutelthiere. Die 2te und 3te Hinterzehe überall vereinigt; Größe der Aten , / . DR 1ſte Zunft: ohne Springbeine. Hinterdaum ſtark, und weit ab— geſondert. a) Mit langem, wickelndem Schwanze. a Kuskus. Balantia. Phalanger. Cercartetus. Whataporuh's. Psilogram- murus. b) Flatternde Beutelthierez Leibeshaut an den Seiten zu einer Flatterhaut (nicht Flughaut) erweite rtr. Hepunaruh. Petaurista. Zwergflatterer. Cercoptenus. Fingerflaͤtte— rer. Xenochirus, c) Ohne Schwanz. Koala. Lipurus. Wombat. Phascolomys. 2te Zunft: känguruhartige. Mit kurzen Vorderbeinen, aber ſehr langen und ftarfen hinteren. . . TER: Känguruh's. Halmaturus. Poturuh's. Hypsiprymnus, 6te Ordnung: Nagethiere. Außer den Backenzähnen bloß „ (faſt immer 35) zwiſchen beiden eine große ücke. Ite Unterordn.: Allesfreſſende Nager. Die Schnauze nie be— ſonders hoch; nie Schwimmhäute; niemals Spring— beine; nie Krallen von außerordentlicher Länge; nie hufartige Nägel. ifte Zunft: eichhörnchenartigez mit langen, behaarten Schwän— a) Kletternde. Ueberall mit kurzen Krallen; vorn am Daumenſtum— mel ein flacher Nagel. Fingerthier. Chiromys. Guerlinguet's. Mucroschus. (Maeroxus!) Eichhörn: chen. Sciurus. Erdeichhörnchen. Tamias. Flattereichhörnchen. Pteromys. Siebenſchläfer. Myoxus. b) Grabende, (Murmelthiere,) mit langen Scharrkrallen. Murmelthier. Arctomys. Zieſel. Citillus s. Spermophilus. 2te Zunft: mäufeartige Nager. Schwanz meiſt nur mit kurzer, oder ſehr kurzer Behn 8 a) Klettermäuſe; Schwanz lang, mit ganz kurzen, fteifen Borſtenhaaren. Händemaus. Pithecochirus. Baummaus. Dendromys. Eigentliche Mäuſe und Ratten. Mus. Stachelmäuſe. Acosminthus. Klettermaus mit Baf- fentafchen. Peromys eus. b) Wühlmäuſe. Schwanz kurz, oder nur mittellang, mit kurzem, weicherem Haare „ , ds sa : Ohrmaus. Otomys. Erdwühler. Hypudaeus. Hamſter. Cricetus. Seite 83 84 80 88 92 95 Inhaltsverzeichniß. c) Lemmingez mit langen, geraden Krallen AN Europäiſcher Lemming. Lemmus. Aſiatiſche. Lagurs. Gabelkraller. Dicros tony. Taſchenlemming. Geomys. 2te Unterordn.: pflanzenfreſſende Nagethiere. Mit höhe— rer, dickerer Schnauze und Schwimmhäuten, Stacheln, Springbeinen, großen n oder bafarkigen Naigelm an Kine e tfte Zunft: Mit ſpitzen (krallenartigen) Nägeln. a) Schwimmende. Zehen mit Schwimmhaaren od. Schwimmhäuten. Ondatra. Fiber. Biber. Castor. Schwimmmäufe. Hydromys. b) Mit Stacheln am ganzen Oberleibe. .. : l Stachelſchwein. Hystrix. Aehrenſchweif. Atherurus. urſon. Erethizon, Coöndu's. Sphingurus. Lanzenthiere. Loncheres & Enchomys. Taſchen⸗ ftachelthier. Cricetus! anomalus. e) Haſenmäuſe: mit langen, buſchigen Schwänzen, mehr Eichhörn— chen es Haſen ähnic h > . ; Chinchilla. Eriomys. Viscacha. Lagostomus. Kaninmaus. Hapalotis, d) Hafenartige Nager. Dicht behaarte Fuß- und Zehenſohlen; 2 Vorderzähne. Hafen. Lepus. Kaninchen. Cuniculus. Schoberthiere. Lagomys. e) Springhaſen und Springmäuſe. Hinterbeine bedeutend oder viel länger, als die vorderen; ſehr lange Schwänze .. ; Schenkelthiere. Meriones. Springhafen. Dipus. (Alakdagha's. Pygeret- mus. Beloprymnus. Scarturus.) Hüpfer. Pedetes. ) Mullwurfsmäuſe. Vorderzähne auch bei geſchloſſenem Munde hervorſtehend; bei manchen äußere Backentaſchen und gewaltige Krallen. Zokor. Spalax. Sandmoll. Bathyergus. 2te Zunft: Halbhuferz; mit hufähnlich gebildeten, ſtumpfen Nat eln. Capybara. Hydrochoerus. Savie. Cavia. Aguti's. Dasyprocta. Paka. Coelogenys. 7te Ordnung: Krallenthiere. Mit ſehr langen Krallen; ohne Vorderzähne, (wenigſtens unten ſtets ) [Sonft Wenigzähnige oder Zahnlückige und Zahnloſe genannt. Ite Unterordn.: Pflanzenfreſſende Krallenthiere. Mit ganz kurzer Schnauze und kaum bemerkbarem Schwanze. 1ſte Zunft: haartragende. Faulthiere der Jetztwelt.) Ai's. Bradypus. Unau. Choloepus. T 2te Zunft: gepanzerte. (Faulthiere der Vorwelt; von rieſen— hafter Größe.) . RR T Rieſenfaulthier. Megatherium. 4 Großkrallenthier. Megalonyx. Ute Unterordn.: thierfreſſende Kraller. Mit ziemlich oder ſehr langen, ſtarken Schengen und mäßig, ziemlich oder chi, lan⸗ ger Schnauze a R [ſte Zunft: ungepangerte, (Ameiſenfteſſerz) behaart. a) Zahnloſe; mit ungewöhnlich kleiner Mundöffnung. Yurumi. Myrmecophaga. Tamandua. Dryoryz. Zwergameiſenfreſſer— Eurypterna. b) Mit Backenzähnen und weiterer Maulſpalte. Aemſenſcharrer. Oryeteropus. 2te Zunft: gepanzerte thierfr. Kr. Mit harter e a) Schuppenthierez mit hornartiger Schuppendecke ; Lebende Schuppenthiere. Manis. T Vorweltliche. Dolichotherium, XXXI Seite 99 101 109 108 107 108 110 111 112 XXII Syſtematiſches b) Gürtelthierez mit knochenartigem Panzer, der in der Mitte des Leides Ringe (Gürtel) bilde: |, Schildträger. Chlamyphorus. Roll-Tatou. Tolypentes. Tatou-Poyon. Pseudotroctes. Cabaſſu's. Aris ostus. Rieſen-Tatou. Polygomphius. Ste Ordnung: Schnabelthiere. Kopf in eine Art harten Schnabel endigend. Sehr große Krallen ens [Der letzteren wegen oft zur vorigen Ordnung gerechnet.] Schwimm -Schnabelthier. Ornithorhynchus. Stachel-Schnabelthiere. Ta- chyglossus; (Echidna.) f II. Hufthiere. Mit großen, ſtumfen Nägeln, (Hufen,) die gewöhnlich den End⸗ thell r ganzen ehe öbeiehe gs 9te Ordnung: Nichtwiederkauende Mehrhufer. Oft unge⸗ rade, oder ungleiche (vorn und hinten verſchiedene) Zehen— zahl; Vorderzähne ſehr verſchieden, aber nie §, und nur bei e er [Sonſt Vielhufer und Dickhäuter genannt.) lte Unterordn.: elephantenartige Thiere. Mit Stoßzähnen und ungeheuer langer, zu einem Greifrüſſel umgeſtalteter Naſe. a) + Mammuthez mit höckerigen Backenzähnen. + Vierzahn-Mammuth. Tetracaulodon. (Mastodon longirostris.) 7 Schna⸗ bel⸗Mammuth. Gamphotherium. (M. angustidens.) + Eigentliche Nam: muthe. Mastodon. b) Elephantenartige Thiere im engeren Sinne; mit flachen, ges furchten Backenz ahnen „ e ea ae ange + Schnabelelephant. Elephas meridionalis, Afrikaniſcher E. E. africanus. Indiſcher E. E. indicus. Ute Unterordn.: Nichtwiederkauende Mehrhufer ohne Stoß⸗ zähne. Mit kurzem Rüſſel, oder ohne denſelben . iſte Zunft: Eigentliche Vielhufer. Immer mehr als 2, 2 auptzehen und Haupthufe. a) Tapirartige. Mit anſehnlichem Rüſſel und & Vorderzähnen; ſtets 4 Eckzahn. Tapite. Rhinochoerus s. Tapirus. + Olimsthiere. Palaeotherium. r His gelzähne. Lophiodon. F Dreimondzähne. Zrimenodon. b) Nashornartige. Ohne Rüſſel und ohne Eckzähne N Daman's. Hyrax. Ohnehörner. Acerotherium. Eigentliche Nashörner. Rhinoceros. Zweihörnige. Dicerorhinus. Dergl. ohne Vorderzähne. Opsiceros. c) Hippopotamusartige. 4, 4 Behenz ſehr breite Schnauze ohne Rüſſel; große Vorder- und Eckzähne + Flußthier. Potamotherium. Hippopotamus. Hippopotamus. 2te Zunft: Nichtwiederkäuer mit wiederkäuerartigen Füßen: d. h. nur 2 Hauptzehen; zuweilen auch keine Nebenzehen. a) Schweineartige Thiere mit ſchmalem Rüſſel. Eigentliche Schweine. Sus. Behne. Capriscus. Babi-Ruſa. Choere- laphus. Biſamſchweine. Dicotyles. b) Breitrüffelige oder Warzen- Schweine Haroya. Phacochoerus. Emgallo. Dinochoerus. c) + Nichtwiederkäuer (der Vorwelt) ohne Rüſſel, mit kur— zen Eckzähnen „ 2 2 + Mehrere, meiſt kleine Gattungen. 1 Unbeſtimmt hinſichtlich ihrer Stellung + die Dinotherien. Dinotherium. 114 116 117 119 120 122 124 131 SInhalteverzeichniß. xxxim elt, 10te Ordnung: Wiederkäuer. Stets entweder (gewöhnlich) 4, 4 oder nur 2,2 Zehen; und meiſt 9, ſelten 8 Vůrderzähne. 422 Ite Unterordn.: Wiederkäuer mit uneigentlichen Hufen; (ka⸗ meelartige.) Bloß 2, 2 Sehen; z 2 Vorderzähne; wee als — Backenzähne. a) Höcker⸗ Kameele, oder K. im engeren Sinne: mit kurzen Zehen. Dromedar. Dromedarius. Trampelthier. Camelus. - b) Hirſchkameele: ohne Höcker, mit ziemlich langen Zehen Llama und Vicunna. Auchenia. Ilte Unterordn.: Wiederkäuer mit wahren Hufen. Stets 9 Vorderzähne; faſt immer 4,4 Zehen, wovon 2, 2 Afterzehen. 36 1ſte Zunft: ungehörnte. Gewöhnlich mit langen, weit heraus tretenden Eckzähnen des Oberkiefers. Bei den noch exiſtirenden keine Haarbürſten an den Beinen. a) 1 Mit — Backenzähnen. Bloß vorweltlich: + Dorcatherium. — + Palaeomeryx. b) Mit der fonft gewöhnlichen Anzahl &-) Backenzähnen. Moſchusthier. Moschus! Zwerghirſchchen. Lagonebraz. 2te Zunft: dichthörnige Wiederkäuer. Entweder mit harten Kopfwaffen ohne Hornüberzug (ſondern mit Hautbedeckung) in bei⸗ den Geſchlechtern; oder in beiden mit ö über den Knö⸗ cheln der Hinterbeine u a) Zn mit Haut überzogen. Giraffe. Camelopardalis. ( Sivathier? Sivatherium!) + Glraffenhirſch. Aboloceros. d) Hirſchartige Thiere. In beiden Geſchlechtern mit Haarbürſten über den Knöcheln der Hinterbeine; die Hörner (faſt immer nur bei den Männchen vorhanden) ſtets nackt, knoching 438 Munjack's. Styloceros. Spießrehe. Passalites. Mazamen. Dorcelupkus. Reh. Capreolus. Eigentliche Hirſche. Cervus. Elenn oder Elch. Alce- laphus. Rene. Tarandus. ste Zunft: hohlhörnige Wiederkäuer. Hörner häufigſt bei beiden Geſchlechtern vorhanden, äußerlich mit Hornüberzug; über den Knöcheln nie Haarbürſten, bagegen 1 vorn am Fer⸗ ſen⸗ und Handgelenke. e. a) Rinderartige Thiere. Bi glatt, 1 | am Gn (im freien, urſprünglichen Zuſtande) mehr oder weniger breit. Rinder und Büffel. Bos. Schaafsrind. Criotaurus. Gnu's. Catoblepas. b) Ziegenartige; kantige Hörner mit ringartigen Furchen. 143 Schaafe. Ovis. Ziegen. Capra. e) Gazellenartige; Hörner entweder ee oder gerade nach oben ehend N IRRE 152 E Dieranoceros. Gemſen. Cemas. Klippſpringer. Oritra- gus. Zwergantilopen. Minytragus. Vierhorn. Tetraceros. Oryre. Oryx s. Addax. Büffelantilopen. Damalis. Gazellen. Antilope. I1Iite Ordnung: Einhufer. Mit bloß Einer, ſehr großen oder Hauptzehe, die von einem ſehr großen Hufe umgeben A Oft ſehr unpaſſend den Dickhäutern beigezählt! a) 7 Mit Afterhufen. +Pferdethier. Hippotherium. a b) Ohne Afterhufe . . „„ e eee Pferd. Equus. Eſel ze. Asinus. XXXIV Syſtematiſches III. Floſſenfüßige oder Seeſängethiere Wenigſtens das hintere, meiſt jedoch beide Fußpaare zu Floſ⸗ ſen umgeſtaltet. 12te Ordnung: Robben. Mit ordentlichen Naſenlöchern und wirklichen Hinterglied maßen. Ihe Zunft: Robben mit getrennten, deutlich e . derzehen . 0 a) Bloß die Hintergliedmaßen find Stoffen. Meerotter. Enhydris. Ruderotter. Pterura. b) Auch die Vorderfüße floffenartig, aber ihre Zehen alle noch erkennbar Seehunde. Phoca, Spitzrobbe. Stenorhynchus. Monchsrobbe. Pelügocyon. Klappmützen. Cystophora. Mirounga. Physorhinus. 2te Zunft: Robben mit undeutlichen (verwachſenen) Bor derzehen . Ohrrobben. Otaria! Bärenrobbe. Arctocephalus, Löwenrobbe. Pon tole o. Walroß. Trichechus. 13te Ordnung: Seekühe. Mit uneigentlichen Hinterglied⸗ maßen, (einer r Semen 7 aber mit ir ene lichen Nafenl öchern ö a) Mit bloß 4 1 Backen zahne. Borkenthier. "Rhytina, b) Mit 2 langen Vorderzähnen. Dujung's. Halicore. + Seekuhthier. Halibutherium. e) Mit lang-ovaler Schwanzfloffe . Manati's. Manatus! — [Seeaffe? Hydropithecus?] d) Mit langgeſtreckter Schnauze. Inia. Inia boliviensis. Räte Ordnung: Wale. Nafenlöcher zu Spriglöchern umgeſtaltet; Hinterglieder durch eine (wagerechte) e loch erſetzt. Ite Unterordn.: 5 Mit bloß 1 Spritzloche: (wenig⸗ ſtens äußerlich) ö ſte Zunft: delphinartige Wale. Kopf nicht über 3 der Lei⸗ beslänge betragend. a) Vielzähnige Delphine: auf jeder Seite beider Kiefer zwiſchen 930 oder noch mehr Zähne. a. Ohne Rüdenfloffe . . j Glattdelphin. Lissodelphis. Beluge. Anon 6. Mit Rückenfloſſen: gewöhnlich 1, ſelten 2. Eigentliche Delphine. Delphinus. Meerſchweine. Phocaena, Scheer delphine. Ahumphocetus. Doppelfinner. Dipteracetus. b) Delphine mit wenigen Zähnen: bloß vorn im Oberkiefer; im Alter häufig ganz ohne dieſelben . Urganant. Epiodon. Anarnak. Aneylodon. Gaumenzahn. "Uranodon. Narval. Monodon. 2te Zunft: Großköpfige Zahnwale. Sehr groß, mit unge: heuerem Kopfe und zahlreichen Zähnen im Unterkiefer - Potwale. Catodon. Maſtſtſche. Physeter. II. Unterordn.: Bartenwale. Die zwei nen 7 nie Zähne; Kopf ſehr groß a Eigentl. Walfiſche. en (Jaltenwale. Piychocetus.) Bein 160 161 162 163 164 166 167 169 170 171 172 Juhaltsverzeichniß XXXV Zweite Klaſſe. Vögel. Aves. Seite Organismus, Leben und Nutzen der Vögel ꝛcc . 175 Ite Uuterklaſſe: Laudvögel. Beine (mit wenigen Ausnahmen) bis auf die Ferſen oder noch weiter befiedert . M lte Ordnung: Paarzeher. Die Zehen bei den meiſten jederzeit, bei anderen gewöhnlich paarweiſe ſtehend. Ite Unterordn.: Kletternde Paarzeher. Mit ſtarken, unge- zähnten Schnäbeln, oder bloß mit 1—2 zahnartigen Vor- — ſprüngen an denſelben; mit Wachs haut. 1te Zunft: papageiartige. Schnabel ſtark gebogen, beſonders der Unterkiefer; an der Wurzel mit Wachshaut. Nägel rundlich; ,,, Aulwiöhnahek., nee Sa ee a) Ungehäubte Papageien. Schnabelrücken rundlich. a. Mit geraden, oder bloß abgerundeten Schwänzen. . 191 Eigentliche Papageien. Psittacus. Sperlingspapageien. Nanodes. 8. Mit deutlich abgeſtuften Schwänzen 192 Perruchen. Conurus. Pfeilſchwanzſittige. Palaeornis. Haarzüngler. Tri- choglossus. Breitſchwänze. Platycercus. Erdſittige. Pezoporus. Gerad⸗ ſchnäbeliger Araſittich. Psittacara (!) reetirostris. Ara's. Araclanga. b) Gehäubte Papageien, (Kakatu's;) mit kantiger Schnabelfirſte 193 Eigentliche K. Plissolophus. Bart-K. Calyptorhynchus. Rüſſel⸗K. Mi- 188 croglossus. 2te Zunft: Spechtartige Paarzeher. Ohne Wachshaut; mit ſcharfen, ſtark zuſammengedrückten Nägeln . . 194 77 a) Schnurr- oder Bartvögel. Mit ungewö ken Bartborſten; oft mit dicken Schnäbeln. Tamatia's. Capito. Bartvögel. Bucco. Barbican's. Pogonias. b) Eigentliche ſpechtartige Vögel. Ohne lange Bartborſten und nie mit beſonders dickem Schnabel; beide Kiefer von gleicher Länge . 195 d. Spechte mit elaſtiſchen Schwänzen 197 Eig. Spechte. Picus. Erdſpechte. Soroplex. Stummelſpechte. Pipodes. 6. Spechte mit weichfederigem Schwanze 198 Zwergſpechte. Picumnus. Afterſpechtchen. Dryaltes. 6 lte Unterordn.: Nichtkletternde Paarzeher. Weder ſcharfe, n Krallen, noch rundliche und weiche A e ee ee een a 139 tte Zunft: Mit ächt- paarigen Zehen, die alle ſtets nach hin— ten gerichtet bleiben. a) Großſchnäbelige Paarzeher. Mit gewaltigen, überall ſägenar— artig ausgezackten Schnäbeln. Toukane. Rhamphastos. Aragçari's. Pteroglossus. p) Paarzeher mit viel kleineren, meiſt ungezähnten Schnäbeln. 200 Wendehälſe. Iynx. Madenfreſſer. Crotophaga. Curuku's. Trogon. Sa: camar's. Galbula. Stummelglanzvögel. Hyladrops. e) Kuckuksartige Vögel. Beide Kiefer etwas gebogen 201 Honigweifer. Prodotes; ( Indicator.) Spornkuckuke. Centropus. Stelzen⸗ „, kuckuk. Geococeyx. Eidechſenfänger. Saurothera. Malcoha's. Melias. Dergleichen mit bloß zehn Schwanzfedern e Häherkuckuke. Coccystes. Eigentl. K. Cuenlus. Fratzenvogel. Seythrops. K hnlich langen und ſtar⸗ x xxvı Syſtematiſches ate Zunft: Nichtkletternde Paarzeher mit Wendezehen . Turako's. Corythaix. Piſangfreſſer. Musophaga. e Ordnung: Naubvögel. Mit kräftigem, am Ende haken⸗ förmigem Schnabel; mit Wachshaut an ſeiner Wurzel; und mit großen, ſtarken, gekrümmten Krallen N Edle RNaubvögel; mit ſcharfen, beweglichen Krallen lte Zunft: Falkenartigez mit vortretendem Augenbraunknochen. a) Edle falkenartige Vögel. Mit einem von der Wurzel an gebogenen Schnabel. a, Edelſte Falken; mit langen, dünnen Zehen und ſtark vortre— tenden Sohlenballen. Eigentliche Edelfalken. Falco. Habichte. Phabotypus. Sperber. Nisus. g. Unedle Falken; mit kürzeren Zehen und kaum vorſtehenden Sohlen ballen, 3 Rüttelfalken. Tinnunculus. Milane. Milvus. Scheerenweihe. Letinia. Buſſarde. Buteo. Wespenfalken. Plerochulinus. Weihen. Circus, Ha— kenaare. Cymindis. b) Adlerähnliche Raubvögel. Mit längerem, nur an der Spitze gebogenem Schnabel und geradem, oder abgerundetem Schwanze . Rauchfußadler. Aquila. Habichtsadler. Morphnus. Seeadler. Haliaötus. Harpyjenadler. Notkrophontes. Fiſchadler. Pandion. Natternadler. Circaetus. 2te Zunft: Eulenartige Raubvögel. Ohne beſondere Mn; braunknochen; Augen ſelbſt mehr nach vorn gerichtet .. a) Tageulen. Augen, Federkreiſe um ſie, Ohrenöffnung, Schleier u. Köpfe nicht beſonders groß Schneeeule. Strix nivea. Sperbereule. Ulula a Zwergeule. 8 eidium. Tagohreule. 4757 4s. b) Nachteulen überhaupt. Mit großen Köpfen und Augen, Pa Flügeln und ſehr weichem Gefieder .. a. Glattköpfige Nachteulen; ohne Federbüſchel über den Ohren. Käuzchen. Athene. Waldkauz. Nyctale. Schleiereule. Hybris. Minireule. Speotyto, g. Horn- oder Ohreulenz mit fo genannten Federohren. .. Uhu. Bubo. Waldohreule. Otus. Zwergohreule. Scops. Sumpfohreule. Stryx brachyotus. Adlereule Nyetaetus. Ute Unterordn.: Unedle Naubvögel. Mit Eee ſtumpfe⸗ ren und unbeweglichen Krallen N [te Zunft: falkenähnliche unedle Raubvögel. Die Beine entweder kurz und bis zu den Zehen befiedert; oder gerade unge— wöhnlich hoch, und dann kahl. Geleradler. Gypaétus. Schlangenfreſſer. Gypogeranus. 2te N Aasfreſſende Raubvögel. Beine weder ſonderlich hoch, noch je bis zu den Zehen befiedert .. a) Geierartige Vögel. Naſenlöcher 4 an der Schnabel, nicht durchbohrt .. ei Krauſengeier. Vultur, Kuttengeier. Aegypius. b) Aasvögel; Naſenlöcher durchbohrt (durchſichtig) . 4. In der neuen Welt; nur zwölf Schwanzfedern. Gelerkönig. Gyparchus. Condor. Sarcorhamphus Urubu's. Cathartes. 6. In der alten Weltz mit vierzehn Schwanzfedern. Monchsgeier. Neerosyrtes. Egyptiſcher Aasgeier. Perenopterus. Selte 206 207 209 212 216 221 223 225 227 229 232 233 235 236 Inyaltsverzeiyap. XXIVII Ste Ordnung: Singvögel. Immer mit 4 gleich hoch ſtehen— den Zehen, wovon die hintere die ſtärkſte und mit dem größten Nagel verſehen; von den 3 vorderen die mittlere und äußere etwas zufammengewach ſen. 8 4 Schwanz immer mit 12 Federn. Ite Unterordn.: Hartſchnäbelige Singvögel. Mit harten Schnäbeln, ſtarken, feſten Kopfknochen und kleinen Augen. [te Zunft: Finkenartige Vögel oder Saamenſchäler. Schnä⸗ bel meiſt ziemlich, nicht ſelten ſehr dick, an den Seiten am härte— ſten; beide Kiefer mit beſonders ſcharfen Schneiden. a) Kletternde Saamenfreſſer. Mit etwas ſchmalem Schnabel; Krallen etwas länger und ſpitzer, als bei anderen. Kreuzſchnäbel. Loxia. Papageifink. Sittacodes. (Psittirostra l) Hakenfink. Strobilophaga. (Fringilla enueleator.) Zeiſige. Acanthis. b) Finkenartige Vögel ohne Klettertalent: mit kegelförmigem Schnabel, deſſen Kiefer an den Seiten gewölbt find. Hänflinge. Linota. Gimpel. Pyrrhula. Kernbeiſſer. Coccothraustes. Ci⸗ gentliche Finken. Fringilla. Erdfinken. Geospiza. Sperlinge. Passer s. Pyrgita. Pflanzenmäher. Phytotoma. Finkenartige Vögel des Südens, mit ſtarkem, ſehr har— tem Schnabel . Reisfreſſer. Fringilla oryzivora. Weber. Ploceus. Wittwen. Vidua. Tangaren, den Finken ſehr ähnlich. 1 Seidentangaren. Tanagra. Sammt⸗Tangaren. Ramphocoelus. Muſikan⸗ ten. Euphone, 6) Hordenvögel. Schnabel völlig gerade und rein kegelförmig. Kuhvogel. Hypobletis. (Fring. pecoris.) Maisdiebe. Leistes. Gilbvögel. Xanthornus. Kazicken. Cassicus. Bootſchwänze. Scaphura; (Quiscala.) d) Ammerartige Vögel: mit ſchmälerem Oberkiefer und hohem, ſcharfem Knochenvorſprunge am Gaumen.. n Spornammern. Pleetrophanes. Strauchammern. . e) Lerchenartige Singvögel. Schnabel ohne Schneidenränder, Gaumenvorſprünge und dergl. Kralle der Hinterzehe meiſt ſehr lang, ee v ER Ammerlerchen. Corydon. Eigentliche Lerchen. Alauda. Wüſtenlerchen. Thinotretis. f) Braunellenartige Vögel. Schnabel an den Naſenlöchern 55 oben zu mit einem ſtark vorſtehenden Knorpelrande Flüevogel. Laiscopus. (Accentor alpinus.) Braunellen. Arcentora, 2te Zunft: Hackende Singvögel mit hartem Schnabel. Die Kieferſchneiden meiſt beide von faſt gleicher Länge, und gerade, od. nur ſchwach gebogen . a) Krähenartige Vögel. Groß; Zehen und Sohlenballen rundlich. Raben und Krähen. Corvus. Geierrabe. Archicoraz. Alpendohlen. Pyrrhocorax. Steindohle. Graculus. Elſtern. Picea. Häher. Glandarius. Nußknacker. Caryocatactes. b) Meiſenartige Vögel. Klein; Nägel ſcharf, Zehenballen breit Waldmeiſen. Parus. Schwanzmeiſen. Aegithalus. Bartmeiſe Hypenites. Beutelmeiſen. Pendulinus. Florſchweif. Malacurus. Goldhähnchen. Regulus. ) Eigentlich kletternde Singvögel. Zehen kräftig und beſon— ders lang; Nägel lang und ſtark gebogn aaa a. Mit weichfederigen Schwänzen. Kleiber. Sitta. Mauerläufer. Tichodroma. F. Mit elaſtiſchen Schwänzen Seite 237 245 247 251 257 259 261 263 267 207 278 XXXVIII Syſtematiſches Baumläufer. Certhia. Baumhacktr. Dendrocolap tes d) Honigſauger. Schwanzfedern weich; Schnäbel ſpitz, mehr oder weniger gebogen; Zungen lang, rundlich, am Ende pinſelförmig zertheilt. Eigentliche Honigſauger. Nectarinia. Auſtraliſche. Philedon. Sichelvögel⸗ chen. Drepanis. e) Würgerartige Vögel. Oberſchnabel mit hakenförmiger Spitze, und mit einem mehr oder weniger deutlichen, zahnartigen Vorſprunge. Eigentliche Würger. Lanius. Batara's. Thamnophilus. Meiſenwürger. Sparactes. te Unterordn.: Weichſchnäbelige Singvögel. Ihre Schnä⸗ bel entweder mit gar keinem, oder nur einem ſehr klei— nen, zahnartigen Ausſchnitte; niemals beide Kiefer von glei— chr; TE en Re On ̃ 55 > ite Zunft: Gehende weichſchnäbelige Singvögel. Beine ziemlich hoch und kräftig; Schnabel etwas lang, ſpitzig, und an der Wurzel ſchmal; kurze Bartborften. Bloß ſchreitende weichſchnäbelige Singvögel. Entweder mit beſonders ſtarken Füßen; oder faſt immer mit ausgezeichnet langen Hin⸗ terſchwingen. . Staarähnliche Vögel. Beine hoch und ſtark; Zehen rund— lich und rauhſohlig. Eigentliche Staare. Sturnus. Heuſchreckenfreſſer. Acridotheres. Wieſen⸗ Staar. Pedopsaris. Waſſerſchwätzer. Cinelus 2. „ 5. Bachſtelzenartige Vögel oder Wedelſchwänze. Beſonders lange Hinterſchwingen; Beine ziemlich hoch, aber dünn . 2 8 Eigentliche Bachſtelzen. Motacilla. Gabelſtelzen. Henicurus. Pieper. An- thus. Schwirrvögelchen. Psithyroedus. 2te Zunft: Hüpfende weichſchnäbelige Singvögel. Die Hinterſchwingen kurz, oder die Schwanzdeckfedern nicht auffallend lang; deutliche Bartborften über den Mundwinkel! a) Droſſelartige Vögel. Schnabel ziemlich zuſammengedrückt; Größe meiſt ziemlich anſehnlich. Wahre Droſſeln. Turdus. Spottdroſſeln. Mimetes. Ameiſendroſſeln. Myio- mera. Stelzendroſſeln. Colobathris. Glaͤnzdroſſeln. Lamprotornis. Töpfer. Ipnodomus. Steindroſſeln. Petrocossyphus. p) Sängerartige Vögel. Größe gering; Schnäbel nie recht meſſer— förmig; hinterſte Schwingen und Schwanzdeckfedern nie beſonders lang; eigentliche Schwanzfedern nie ſonderlich breit S Steinſchmätzer. Saxicola. Rothſchwänzchen. Ruticilla. Erdſänger. Sylvia. Rohrſänger, Calamoherpe. Laubvögelchen. Phyllopseustes. Grasmücken. Curruca. Schlüpfer. Troglodytes. c) Seidenſchwanzähnliche und pirolartige Vögel; mit Fürs zeren Beinen und längeren Flügeln. „ Seidenſchwänze. Bombycilla. Schnapper. Proenias. Pioho's. Trenoe- dus. Cotinga's. Ampelis. Pompadourvögel. Nipholenu. Araponga. Chasmorhynchus. Guira-punga. (Wurmbart.) Eulopogon. Nacktkopf. Gymnocephalus. Schirmträger. Cephalopterus. Raupenfreſſer. Campe- phaga. Pirole. Oriolus. 3te Zunft: Flatternde weichſchnäbelige Singvögel. (Flie⸗ genfänger.) Beine ſchwach, niedrig; Schnabel nicht lang, aber breit, mit weitem Rachen und anſehnlich langen, ſteifen Bartborſten. a) Fliegenfänger mit mäßig langen u. geraden Schwänzen. Eigentliche Fliegenfänger. Museicapa. Breitſchnäbel. Platyrhynchus. Tyrannen. Drymonar. Hahnenſchweif. Alectorurus. 4 Seite 284 285 287 292 294 299 305 317 323 Inhaltsverzeichniß. XXXIX b) Langſchwänzige Fliegenfänger. Mit Keil⸗ Spieß⸗ und Ga⸗ bel⸗ oder Scheeren-Schwänzen . eee. Mennigvögel. Phoenicornis. Tſchitreck. Muscipeta. Scheerenſchwanz⸗Flie⸗ genfänger. Psalidura. -4te Zunft: Bloß fliegende Singvögel. Beine ſehr kurz und ſchwach; Flügel ſehr lang. Schnabel kurz; Rachen weit; Kopf flach. Schwalben. Hirundo. Minirende Schwalben. Mauernde Schwalben. Ate Ordnung: Anomale Landvögel. Ihre Zehen find entwe⸗ der völlig getrennt, oder zwei derſelben zur 5 0 ver⸗ einigt Ite Unterordnu.: Anomale Landv. mit 2 verwachſenen Vor⸗ derzehen. (Heftzeher.) lte Zunft: Kurzſchnäbelige Heftzeher. Schnäbel etwa fo bee gewöhnlich aber kürzer, als der Kopf; Beine bis zur ak befiedert. ; 5 a) Manakinartige Vögel; mit kurzem, gewölbtem Schnabel. Manakin's. Pipra!! — Calyptomena viridis. Felſenhähne. Rupicola. b) Plattſchnäbel. Schnabel mindeſtens doppelt fo breit, wie hoch . Eigentliche Plattſchnäbel. Todus. Horurachen. Eurylaemus. 2te Zunft: Großſchnäbelige Heftzeher. Schnabel bedeutend länger, als der große Kopf; Füße kurz oder nur mäßig lang . a) Calao's oder Hornvögel. Beine bis zur Ferſe befiedert. Nashornvögel. Buceros. Mondhornvögel. Meniceros. Doppelhornvo⸗ el. Dichoceros. Abbagamba. Buc. abyssinicus (s. carunculatus.) jlatthornvögel. Rhinoplaz. Calao's. Rhynchaceros. b) Eisvogelartige Heftzeher. Flügellänge gering oder mäßig; eine ziemlich weit nackte Stelle über der Ferſe; Beine kurz. Eisvögel. Alcedo. Stummeleisvögel. Ceyeis. Storchſchnäbler. Petar gopsis. Krabbenſtecher. Paraleyon et Tanysiptera. Ruderſchnabel. Co- porhamphus. Torotoro. Syma. Nachteisvögel. Myelicegæ. e) Bienenfreſſerartige Heftzeher. Füße wie jene der Eisvögel; Schnabel nicht ſo lang, jedoch feſter, als bei den eee u. 2 gebogen. . e Motmot's. Prichites: Bienenfreſſer. Merops. Ilte Unterordn.: Freizehige anomale ee Von den Zehen nirgends 2 verwachſen . tte Zunft: Schreitende anom. Landv. mit freien 1 Nägel entweder nur mäßig lang und völlig gerade; oder ſehr groß, ſtark und gekrümmt. a) Wiedehopfartige Vögel. Schnabel ſehr lang, nicht ſtark, ſanft gebogen; Krallen faſt gerade; 10 Schwanzfedern. Wiedehopf. Upupa. b) Paradiesvögel. Füße ſehr hoch, langzehig und großkrallig; ſtark verlängerte Federn in den Seiten des Leibeeeeeeeeee s Sifilet. Otostylis. Schnirkelſchweif. Cireinurus. Reifenſchweif. Cr te o- cereus. Eigentliche Paradiesvögel. Paradisea. 2te Zunft: Flatternde anom. Landv. mit freien Zehen. Beine kurz; Zehen nicht nz Nägel gekrümmt. Flügel ziemlich lang und DE e a) Drongo's: Gabelſchwänze mit bloß zehn Federn. Eigentliche Drongo's. Dierourus, Flaggen-Drongo. Disse mur us. Seite 325 326 330 852 333 335 338 341 343 346 XXX Syſtematiſches Selte b) Rakenartige Vogel. Beine bis zu den Ferſen W schen, vollkommen getrennt.. RE , ehe 47 Raken. Coracias. Rollen. Wr e j e) Klammervögel. Mit ſehr N m. oder en Schwänzen. on 348 Klammervögel. Colius!! d) Ochſenhacker. Mit mäßigem, ſteifem Keilſchwanze; nur 3 Zehen nach vorn. Ochſenhacker. Buphaga. 3te Zunft: Bloß fliegende anom Landv. mit freien Zehen. Beine außerordentlich kurz; (waheſcheiplich alle) nur mit zehn Schwanzfedern. 349 a) Schwebevögel. Schnäbel lang, dünn, rundlich, und faſt überall gleich dick. Fliegenvoͤgel. Myiornis. Colibri's. Trochilus! b) Segler oder Mauerſchwalben. Schnäbel wie bei den Schaal ben; Flügel wie bei den Colibri's. Klammerfüße . 352 Gewöhnliche Segler. Cypselus. Stachelſegler. Uranteris. e) Nachtſchwalben oder Tagſchläfer. Gefieder weich; der Ra— chen noch weiter, und der Schnabel meiſt e als jener der Segler 3 354 Wulſtſchnäbel. Podargus. Nachtſchwalbe. b Tagſchläfer. Capri- mulgus. Segelfittig. Stelidopterus. Staffelfhwanz. Climacurus. Ste Ordnung: Tauben. Schnabel an der Spitze hart, an der Wurzel viel weicher; jedes Naſenloch von einer weichen, auf⸗ geſchwollenen Haut bedeckt. Stirn hoch, ſteil aufſteigend .. 356 Ite Unterordn.: Baumtauben. Schnabel hart und hoch; Fuß⸗ blätter kurz; Zehen dick, mit breiten, wulſtigen Sohlen .. 359 Gewürztaube. Dendrophussd. Eigentliche Baumtauben. Vinago. Spieß⸗ taube. Rhombura. Ilte Unterordn.: Gehende oder Erdtauben. Mit rundlichen a y ohne breite 5 mit kurzer n und wei⸗ chem Schnabel . 360 a) Tauben ſchlechtw eg. Schnabel höchſtens ſo lang wie der Kopf. Strumpftauben. Ptilonopus. Höckerſchnabeltaube. Ahagorhina. Eig. Tauben. Columba. b) Hühnertauben. Beine etwas hoch; Schnabel etwas lang und biegſam; Schwanz und Flügel mittelmäßig... e Sperlingstauben. Chamaepelia. Hahntaube. e Kehllap⸗ pentaube. Creogenys. Kronentaube. Megapelia. Ste Ordnung: Hühner. Oberſchnabel gewölbt und hart, mit einer knorpeligen Decke über jedem Naſenloche. Füße ſtark, bis zur Ferſe befiedert; Nägel (mit wenigen Ausnahmen) nicht groß; faſt immer Spannhäute zwiſchen den Zehen. Der Schwanz enthält gewöhnlich BR als 12, A felten 13—20 Federn, fehlt jedoch zuweilen .. 368 ite Unterordn.: Tief: oder großdaumige ü Hinterzehe entweder gar nicht, oder kaum höher am Fußblatte auge als die vorderen. 371 tte Zunft: Baumhühner. Zehen mit nur mäßig langen, etwas gekrümmten Nägeln. a) Baumhühner mit fpigen Nägeln und ohne Spannhäute. Inhaltsverzelchniß. a XXXXI Seite Arumfreſſer. Opisthocom uns. de 371 d) Hockoähnliche Baumhühner: mit etwas fpigen Nägeln und Spannhäuten » 372 Jaku's. Penelope. Parraqua. Ortalis. Hocko's. Crax. Pauxi's. Uragis. 2te Zunft: Großkrallige Hühner mit tiefſtehendem Daume. Beine hoch; Zehen ungewöhnlich lang; Nägel lang, aber ftumpf. 373 a) Leierſchwänze; Zehen ohne Spannhäute. Leierſchwanz. Menura. b) Großfußhühner. Kurzſchwänzig, mit Spannhäuten . 375 Eigentliche Großfußhühner. Megapodius. Sonnenhuhn. () Amelous. (Alecthelia!!!) - - 3te Zunft: Tiefdaumige Hühner ohne Schwungfedern. + Dronte. Didus. Kiwi-kiwi. Apteryx. Ilte Unterordn.: Hochdaumige und daumloſe Hühner. Hin⸗ terzehe höher am Fußblatte: fo daß fie den Boden nie ihrer ganzen Länge nach, ja haufig gar nicht berührt: 377 1te Zunft: Kurzflügelige hochdaumige Hühner. Flügel kurz; Vorderſchwingen kaum länger, als die hinteren. a) Mit ſichtbarem Schwanze und unbefiederten Fußblät— tern; Zehen ohne franzenartige Hornſchuppen an den Seiten .. 379 Truthühner. Meleagris! Satyrhuhn. Tragopan. Federbuſchträger. Lo- phophorus. Pfauen. Pavo. Aehrenträger. Spieifer. Kammhühner. Ale- etor; (Gallus!) Gabelſchwanzhuhn. Creagrius. Faſane. Phasianus. Ars gushuhn. Argus. Helmhuhn. Talegallus!!! Rulul's. Liponyx; (Crypto- nyx!) Feldhühner: Frankoline. Attagen; (Francolinus.) Toero's. Odonto- phorus. Repphühner. Perdix. b) Mit befiederter Naſendeckhaut. Fußblätter befiedert; Zehen bei Einer Gattung mit Federn bewachſen, bei den übrigen mit frans zenartig vortretenden Hornſchuppen eingefaß ll. 394 Haſelhühner. Bonasia. Cupidohuhn. Tympanuchus. Auerfaſane. Cen- trocercus. Birkhuhn. Tetrao tetrix; (Lyrurus t.) Auerhuhn. Tetrao uro- gallus. Schneehühner. Lagopus. e) Mit undeutlichem Schwanze, der unter den Bürzelfedern ver- ſteckt liegt; zum Theile ſogar ohne wirkliche Schwanzfedern . : Perlhühner. Numida! Wachteln. Coturnix. Laufhühner. Ortygis. Stel⸗ zenhühnchen. Psiloenemis. Tinamu's. Crypturus. Sovi's. (5) Nothura. Pfauen-Tinamu. Taoniscus. 2te Zunft: Langflügelige Hühner. Mit vorzugsweiſe entwik— , en ls Lerchenhuhn. Itys,, Ganga's. Pterocles. Fauſthuhn. Syrrhaptes. 4 401 404 Ute Unterklaſſe: Waſſervögel. Bei ſtets unverwachſenen Zehen das Schienbein über der Ferſe eine Strecke weit von Federn entblößt. „ 7te Ordnung: Wadvögel. Gewöhnlich mit bloßer Spann⸗ haut zwiſchen den Vorderzehen; oder, wo bereits Schwimmhäute vorhanden find, die Beine von ſehr bedeutender, zum Theil außer— ordentlicher Länge. Schwanz faſt immer beſonders kurz. Ite Unterordn.: Leichtfliegende Wadvögel. Flügel weder kurz, noch weich oder ſtark muldenförmig. ite Zunft: langſam ſchreitende Wader. Hinterzehe gut ent— wickelt; Schnabel hart und ſpitzig, oder breit; Zügel und Augen— rand unbeſted ert e mn. e eee. 406 408 XXXXII Sy ſtematiſches a) Reiherartige Vögel. Zehen lang; Nägel ro; die große Hin⸗ terzehe mit den vorderen in Einer Ebene liegend. I . Zwergreiher. Erodiscus. Rohrdommeln. Botaurus. Nachtreiher. N - eticorax. Schopfreiher. Ardea comata s. castanea ete. Schmuckreiher. Cusmerodius. „Eigentliche Reiher. Ardea. Sonnenreiher. Eurypyga. b) Storchähnliche Vögel. Schnabel minder ſcharf zugeſpitzt, bei manchen ſtumpf; Hinterzehe an der Wurzel höher ſtehend; die Nägel umpf . " Einenttiche Störche. nen Klaffſchnäbel. ae Jabiru“s. My- eteria. Helmſtorch. Cranopelargus. Dunenſtorch. Leptoptila. Nim⸗ merſatte. Tantalus. Ibiſſe. Ibis. e) Schreitwader mit breiten Schnäbeln, oder mit überge— krümmter Spitze des Oberkiefers. Kahnſchnabel. Cymbops. Schattenvogel. Scopus, Löffler. Platalea. ate Zunft: Weichſchnäbelige leichtfliegende Wader. Kopf I, nadt; Schnabel länger als der Kopf, und weicher als gewöhnlich . a) Schnepfenartige Wader mit Zehen ohne Spannhäute. Waldſchnepfen. Scolopax. Sumpfſchnepfen. Gallinago. Krummſchnaͤbe⸗ lige Schnepfen. Rhynchaena. Strandläufer. Tryngas. Sanderling. Calidris. b) Schnepfenähnliche Vögel mit Spannhäuten zwifchen den chen c ( Waſſerläufer. Totanus. Uferläufer. Actitis. Strandreiter. Himantopus. Kampfhahn. Machetes. Sumpfläufer. Limosa!! Brachvögel. Numenius. e) Schnepfenartige Vögel mit halben Schwimmhäuten . Schwimmbekaſſine. Macrorhamphus. Waſſerläufer mit halben Schwimm⸗ häuten. Totanus semipalmatus. Strandläufer mit halben Schwimmhän⸗ ten. Hemipalama. Terek. Totanus terek. d) Waſſertreter. Die Zehen durchgehends mit lappenförmigen Schwimmhanten einge ß = Hochbeiniger W. Holopodius. Schmalſchnäbeliger W. Lobipes. Breit: ſchnäbeliger W. Phalaropus. 3te Zunft: Schnelllaufende flugfertige Wader. Hinterzehe kurz, den Boden gar nicht berührend; Schnabel hart, und ra ſpitzig oder hühnerartig, oder wunderlich gebogen. .. a) Mit kurzem hühnerartigem Schnabel. Vorderflügel ſpib. Scheidenſchnabel. Coleorhamphus. (Chionis.) Sandhühner. Glareola. b) Regenpfeiferartige Wader. Kopf groß, eckig; Stirn hoch; Augen groß; Schnabel kürzer, als der Roof Kibitze. Gavia. Regenpfeifer. Charadrius. Strandpfeifer. Aegialites. Dickfüße. Oedienemus. Steinwälzer. Strepsilas. Auſternfiſcher. Hae- matopus. e) Kranichartige Vögel. Meiſt bedeutend groß; Hals lang und dünn; Kopf rundlich. Beine hoch. Vorderzehen nicht kurz, nur mäßig ſtark; die hintere aber kurz und hoch geſtellt ... Trompetenvögel. Psophia. Kronenkraniche. Geranarchus. Jungfernkra⸗ niche. Philorchemon. Eigentliche Kraniche. Grus. Lappenkranich. Bu ger anus. d) Trappenähnliche Vögel. Mit kurzzehigen, dicken Rennbeinen. Zwergtrappen. Tetrax. Eigentl. Tr. Otis. Kragentr. Lophorhipis. e) Schnelllaufende kurzzehige Wader n Ceriema. Dicholophus. Läufer. Cursorius. f) Wader mit Schwimmhäuten. Schnabel be 41 7 Schwimmhäute faſt oder ganz vollſtändig . 413 421 426 430 430 431 432 437 440 442 444 Inhaltsverzeichniß. XXXXIII Waſſerſaͤbler. Recurvirostra. Flamingo's. Phoenieopteruns lte Unterordn.: Schwer- oder gar nicht fliegende Wader. Letztere mit Lauffüßen und mit Flügeln ohne ordentliche Schwungfedern; erſtere vierzehig, mit kurzen, rundlichen, muldenförmigen Flügeln und ziemlich weichen Schwungfedern. lte Zunft; Schwerfliegende Wader mit Schwungfedern. a) Langzehige Waderz mit geraden Nägeln an ſehr langen ehen. f EN Palamedea. Wehrvogel. Chauna. Spornflügel. Parra. b) Hühnerähnliche Wader: mit kurzen, weichen Schwingen und meiſt etwas langen, nie mit wirklich kurzen Zehen . Waſſerhühner. Fulica. Sultanshühner. Porphyrio Teichhühner. Stagni- cola. Rohrhühner. Gallinula. Rallen. Rallus. Rieſenralle. Notherodius. Wieſenknarrer. Crex. 2te Zunft: Nichtfliegende Wader, oder ſtraußartige Vögel. Stets ohne wirkliche Schwung federn Kaſuar. (Hippalectryo.) Casuarius, ([) Emeu. Dromaeus, Nandn's. Rhea. Strauß. Struthio. Ste Ordnung: Schwimmvögel. Sie haben ſämmtlich kurze oder ziemlich kurze Beine und Schwimmhäute. lte Unterordn.: Langflügelige Schwimmer. Entweder mit bedeutend langen Schwingen oder ſolchen Armknochen; oder mit ſolchen Schwingen und Armknochen zugleich ite Zunft: Pelikanartige Vögel oder Ruderfüßer. Hinter⸗ zehe auf dem Boden ruhend; alle 4 Zehen durch eine Schwimm- haut verbunden. a) Spitzflügelige Ruderfüßer; ſämmtlich Stoßtaucher. Fregattvögel. Tachypetes. Tölpel. Dysporus. Tropikvögel. Phaethon. b) Wirklich tauchende, ſchmalſchnäbelige Ruderfüßer. Mit etwas kurzen Schwingen und ſtumpfen Flügeln Scharben. Halieus. Anhinga's. Plotus. Saumfüße. Podoa. e) Mit ſehr langem, breitem, flachgedrücktem Schnabel Pelikane. Pelecanus. ate Zunft: Langflügelige Schwimmer ohne Ruderfüße, d. h. mit gewöhnlichen Schwimmfüßen; mit kleiner, hochſtehen⸗ der, nie mit von der Schwimmhaut eingeſchloſſener Hinterzehe, oder ganz ohne dieſelbe. DR AN RER EN a) Möven und Meerſchwalben. Naſenlöcher glatt. Schnabel bei erſteren etwas hakig. Möven. Larus. Schwalbenmöven. Nema. Raubmoͤven. Lestris. b) Meerſchwalben. Schnäbel ſpitz; Flügel etwas lang; gewöhnlich r , RE REN Raubſeeſchwalbe. Sylochelidon. Eigentl. Seeſchwalben. Sterna. Verkehrt— ſchnäbel. Rhynchopsalis. Noddi's. Aganuphron. e) Röhrennaſer. Naſenlöcher mit erhabenem Rande; Schnabel mit ez... eat ee ie Sturmvogel. Procellaria. Sturmſchwalben. Thalassidroma. Puffine. Thyello. Albatroſſe. Diomedea. Ilte Unterordn.: Kurzflügelige Schwimmvögel. Flügel nur ai, ode é 1te Zunft: Gänſe⸗ und entenartige Vögel. (Blätterzähnige Schwimmvögel.) Die Spitze ihres ſtumpfen, weichhäutigen Schna⸗ bels mit einem deutlich abgeſonderten, hornharten Nagel. Seite 444 445 448 451 457 459 460 460 462 463 465 AXXXIV Inhaltsverzeichniß. a) Schwäne Groß; Hals ſehr lang, Schnabel ziemlich flach.. 466 Eigentliche Schwäne. Cygnus. Spornſchwan. Olor. b) Gänſe. Hals lang; Schnabel etwas hoch, faſt kegelförmig, mit ſpiten Zähnen , e LE TIASEL RI DEDT Eigentl. Gänſe. Anser. Kappenvogel. Cereopsis. Zwerggans. Cheniscus. e) Enten. Schnabel etwas flach und weich; Hals ziemlich kurz; Kopf nicht fo, klein ee eee e animal: Höhlenenten. Chenalopex. Wahre Enten. Anas. Tauchenten. Fuligula. Ruderenten. Bythonessa. Säger. Mergus. 2te Zunft: Kurzflügelige Schwimmvögel mit ungezähn- tem, hartem Schnabel. Die Beine weit hinten ſtehend . . 472 a) Mit vier Zehen. Schnabel gerade und zugeſpitzt. Steißfüße. Colymbus. Huhntaucher. Neziteles. Seetaucher. Eudytes. 468 b) Mit drei Zehen. Schnabel verſchi eden . 474 Lummen. Uria. Krabbentaucher. Mergulus. Larventaucher. Mormon. Tord⸗Alk. Alea. Schwimm⸗Alk. Mataeoptera. gte Zunft: Pinguine. Gänzlich ohne Schwungfedern; die Flüͤ⸗ gel den vorderen Floſſenfüßen der ſüdlichen Robben ähnlich 475 Rieſenpinguin. Aptenodytes. Haubenpinguin. Catarrhactes. Brillenpin⸗ guin. Dypsicles. — 2 —ñ—— Eiuleitnug. [is 1. Mnter Natur überhaupt verſtehen wir gewöhnlich den Inbegriff aller von Gott erſchaffenen Dinge. Die Kenntniß dieſer Dinge und ihrer Eigen— ſchaften, ſo wie ihres Verhältniſſes zu einander und ihrer Wirkungen auf einander, bilden die Naturwiſſenſchaft oder Naturkunde. Wer ſich einen bedeutenderen Theil dieſer Kenntniſſe in ihrem Zuſammenhange erwor— ben hat, verdient die Bezeichnung eines Naturkundigen. Solche Naturkun— dige, welche durch fortgeſetzte Unterſuchungen und Beobachtungen über Na- turkörper und deren Eigenſchaften unſere geſammte Kenntniß von der Natur zu erweitern ſuchen, nennt man Naturforſcher. Ihr Beſtreben in dieſer Hinſicht bezeichnet man mit dem Namen Naturforſchung. b So wie es nur Eine Natur giebt, ſo kann es eigentlich, im Großen und Ganzen, auch nur Eine Naturwiſſenſchaft geben. Nur inſofern dieſe, als ein ungeheueres, in allen ſeinen Theilen eng zuſammenhängendes Gan— zes, doch in verſchiedene Haupt- und Neben-Zweige zerfällt, kann man, wie es gewöhnlich geſchieht, von Naturwiſſenſchaften in der Mehrzahl ſprechen. Die Lehre von den Merkmalen, durch welche die verſchiedenartigen er— ſchaffenen Dinge (Naturkörper) ſich von einander unterſcheiden, bildet die Naturbeſchreibung, (Phyſtographie.) Die Kenntniß von ihrem ganzen ſonſtigen Verhalten, die wieder in mehrere beſondere Zweige zerfaͤllt, macht die eigentliche Naturgeſchichte im engeren Sinne aus. Doch begreift man unter dieſem Namen am häufigſten Beides zuſammen: weil Eines un— zertrennlich zu dem Andern gehört. Denn die Naturgeſchichte im engeren icht he ohne Naturbeſchreibung, die ihr ſtets vorausgehen muß, gar nicht beſtehen. Von der Naturgeſchichte, als dem einen Haupttheile der geſammten Naturkunde, unterſcheidet man als zweiten Haupttheil die ſogenannte Na— turlehre. Auch dieſe theilt ſich wieder in zwei beſondere Zweige. Der eine davon iſt die Naturlehre im engeren Sinne, oder Phyſik. Sie befchäf- tigt ſich theils mit denjenigen allgemeinen Eigenſchaften, welche mehr oder weniger allen Naturkörpern ohne Ausnahme zukommen, (z. B. Schwere, Zu- ſammenhang, Durchſichtigkeit oder Undurchſichtigkeit u. dgl.;) theils befaßt ſie ſich mit den Erſcheinungen, welche ſich in und mit der Luft, dem Waſſer und der Erde zutragen, (z. B. Hitze, Froſt, Licht, Schall ꝛc.,) und mit den Urſachen derſelben. Den andern Zweig nennt man die Scheidekunſt oder Chemie. Sie ſucht das Weſen und Mengenverhältniß der kleinſten und einfachſten Beſtandtheile (Grundſtoffe) zu erforſchen, aus welchen die ver— ſchiedenen Naturkörper zuſammengeſetzt ſind. Zu dieſem Behufe muß ſie die— ſelben auf verſchiedenartige Weiſe mit Zerſtörung des Ganzen von einander zu trennen ſuchen (ſcheiden), um ſie einzeln unterſuchen zu können. e Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 1 = Einleitung. lehrt uns jedoch auch aus manchen jener Grundſtoffe wieder andere Körper zuſammenſetzen. — Naturlehre (Phyſik) und Scheidekunſt (Chemie) ſuchen auf dieſe Weiſe vor Allem die großen, in der Natur herrſchenden Grund— regeln (Naturgeſetze) zu erforſchen. Beide haben es daher vorzugsweiſe ent— weder mit lebloſen Körpern überhaupt, oder doch meiſt mit Naturkörpern im lebloſen Zuſtande zu thun. Beide können übrigens einander gegenſeitig eben ſo wenig entbehren, wie Naturbeſchreibung und Naturgeſchichte. Denn ſo, wie die Natur ſelbſt in Allem nur Ein bewunderungswürdiges, großes Gan— zes bildet, in welchem allerdings immer nur ein Theil der 2 inge ſich gegen— ſeitig näher ſteht, als anderen; ſo bildet auch die geſammte Naturkunde bloß Ein großes Ganzes, bei dem jeder einzelne Theil immer mit anderen in Ver— bindung ſteht. ö [$s 2. Erläuterung. Nicht felten gebraucht man das Wort Natur, außer in dem oben erwähnten Sinne, auch noch auf mehrfache andere Weiſe: Die erhabenſte und weiteſte Bedeutung legen wir dem Worte bei, wenn wir damit eigentlich Gott ſelbſt, als den Urheber und Lenker aller Dinge, mei— nen. Dieß geſchieht, wenn wir z. B. ſagen: „die Natur hat eine unzählbare Menge von Weſen hervorgebracht;“ oder „ſie hat etwas fo oder fo eingerichtet.’ — In allen übrigen Fällen verſtehen wir unter Natur immer entweder die er— ſchaffenen Dinge ſelbſt, oder ihre Eigenſchaften: ſei es im Ganzen oder im Einzel— nen. Wir ſagen oft: „wir wollen uns in der Natur ergehen,“ oder „uns in der freien Natur körperlich und geiſtig erholen.“ Dieß ſoll ausdrücken, daß wir wün— ſchen, uns dem angenehmen Eindrucke hinzugeben, welchen die Natur, d. h. die erſchaffenen Dinge, durch ihren Anblick im Großen, in ihrem Leben und Wirken, auf unſer Gemüth hervorbringen. 5 „Der Natur folgen,“ etwas „naturgemäß einrichten,“ heißt: nach ge— wiſſen Regeln handeln, die wir bei gleichen oder ähnlichen Fällen in der Natur, bald im Ganzen, bald im Einzelnen, herrſchen oder befolgt ſehen. Das Gegen— theil nennen wir in ſteigender Abſtufung unnatürlich, naturwidrig oder widernatürlich. n N a Im engſten Sinne verſtehen wir unter der Natur eines Dinges oder eines einzelnen Naturkörpers (z. B. einer Pflanze oder eines Thieres) die beſon— deren Eigenſchaften desſelben, bald im Ganzen, bald im Einzelnen. In dieſem Sinne ſagen wir z. B.: „Fleiſch zu freſſen, iſt der Natur des Pferdes zuwider.“ Endlich nennen wir Natur und natürlich alles Dasjenige, was ohne Einmiſchung menſchlicher Thätigkeit unmittelbar durch die Wirkung der allgemei— nen, in der Natur herrſchenden Kräfte hervorgebracht wird. Als Gegenſatz denken wir uns die Kunſt, welche gewöhnlich Erzeugniſſe der Natur auf ihre Weiſe (künſtlich) zu beſtimmten Zwecken verarbeitet und umgeſtaltet, nicht ſelten auch wohl in ihren Erzeugniſſen die Erzeugniſſe der Natur, wenigſtens nach ihrem Aeußeren, nachzuahmen oder ſonſt darzuſtellen ſtrebt. Anmerkung. Sehr oft benutzt der Menſch ſeine hohen, ihm von Gott verliehenen, geiſtigen Fähigkeiten, in Verbindung mit ſeiner Kenntniß von natürlichen Dingen, um durch Zuſammenwirken von Natur und Kunſt ein Naturprodukt in der von ihm gewünſch⸗ ten Art oder Menge zu erlangen. So entſtehen faſt überall, wo eine größere Menſchen— menge wirkt oder waltet, eine Menge von Naturerzeugniſſen, die man mittelbare Na⸗ turprodukte nennen kann. So beim Garten- und Landbaue: wo man eine Unzahl von Pflanzen, Früchten, Saamen u. dgl erzieht, indem der Menſch mit Sorgfalt und Geſchick alles Dasjenige befördert, was feine Erfahrungen über die Natur der Pflanzen ihn als vortheilhaft zum Gedeihen der letzteren kennen gelehrt haben. In ſolchen und ähnlichen Fällen würde es oft ſchwer, wo nicht unmöglich ſein, die Grenze zwiſchen Natur und Kunſt ſcharf zu beſtimmen. „Einleitung. N N 5 8. Der Nutzen der Naturkunde iſt eben fo groß, als mannigfaltig, ja, kaum ſeinem ganzen Umfange nach zu berechnen. Alle Dinge nämlich, die wir beſitzen, und Alles, was wir zur Erhal— tung unſeres Körpers bedürfen, empfangen wir urſprünglich aus der Hand der Natur, um es unſeren Erfahrungen gemäß auf unſere Weiſe zu benutzen. Alle dieſe Erfahrungen gehören aber in irgend einen beſonderen Theil der Naturkunde, die uns mit denſelben im Zuſammenhange bekannt macht. Für viele Gewerbe und Künſte, fo wie auch für manche gelehrte Fächer G. B. Arzneikunde) bleibt fie daher theils im Ganzen, theils mit einzelnen Zweigen — geradezu unentbehrlich. Ueberall im gemeinen Leben begegnet uns täglich und ſtündlich eine theilweiſe Anwendung der Naturkunde, die man deßhalb auch wohl die angewandte Naturkunde ins Beſondere nennt. ' Sie zeigt uns überall die unendliche Weisheit und Größe Gottes, die wunderbare Ordnung und Uebereinſtimmung aller Einrichtungen in der ge— ſammten Schöpfung, im Kleinſten, wie im Größten. Indem ſie uns hierbei auf der einen Seite die weite Erhabenheit des Menſchen über alle übrigen lebenden Weſen zeigt, und uns doch zugleich auch auf der anderen Seite unſere Unmacht, im Vergleiche mit dem göttlichen Urheber des Ganzen, ſo wie unſere ſtete Abhängigkeit von ſeiner Güte, Weisheit und Allmacht fühl- bar macht, trägt ſie mehr als irgend eine andere Wiſſenſchaft zur Erweckung und Bewahrung religiöſer Gefühle bei: indem ſie überall mit dem denkenden Geiſte auch das wahrhaft fühlende Herz mit Bewunderung und Dank auf den göttlichen Urheber alles Guten und Großen zurückführt. So bildet ſie, wie alle Wiſſenſchaften, und auf die rechte Weiſe behan— delt, in früher Jugend wohl mehr, als irgend eine andere, Geiſt und Herz des Lernenden. 5 Indem ſie uns ferner die natürlichen Urſachen vieler auffallenden und wunderbaren Erſcheinungen kennen lehrt, oder den Ungrund fabelhafter Metz nungen zeigt und die Entſtehung derſelben aus falſch aufgefaßten oder falſch dargeſtellten Vorgängen in der Natur nachweiſt, vernichtet ſie Aberglauben oder andere Irrthümer und ſonſt mancherlei ungereimte Vorſtellungen. Endlich gewährt die Beſchäftigung mit ihr gleichzeitig auch ſchon eine höchft angenehme, belehrende und erhebende, und ſomit oft wahrhaft tröſtende Unterhaltung. Eint heilung. [S 4. Eine genauere, ins Einzelne gehende Zuſammenſtellung der Naturkörper je nach den verſchiedenen Graden ihrer Aehnlichkeit mit einander (Verwandt— ſchaft) nennt man Syſtem, oder ſyſtematiſche Eintheilung. Je mehr dieſe, in der Natur überall vorhandene, aber nicht ſelten ſchwer aufzufaſſende all— gemeine Verwandtſchaft in einem ſolchen von uns verſuchten Syſteme der Naturkörper richtig erkannt und angewandt worden iſt; um ſo mehr verdient daſſelbe den Namen eines nalen. Bloß im Gegenſatze hierzu werden ſolche Syſteme, welche nur Einzelnes an Naturkörpern hervorheben, um die— ſelben hiernach einzutheilen, als ſogenannte künſtliche bezeichnet. Sie hat man ſtets als mißlungen an ſich anzuſehen: obwohl ſie ſonſt zum Theil das Erkennen der Naturkörper erleichtern können. Uebrigens giebt es gegenwaͤr— tig noch weniger ein rein künſtliches Naturſyſtem, als es bisher gelungen iſt, irgend eines als vollkommen naturgemäß auszuweiſen. . 1 * 4 Einleitung. Alle Naturkörper auf unſerem Erdballe zerfallen, je nach ihrer Geſtalt und inneren Einrichtung, zuvörderſt in zwei große Abtheilungen oder Gruppen. Die meiſten beſtehen ſowohl äußerlich, wie innerlich aus vielen beſon— deren, mehr oder weniger verſchiedenen Theilen, die zur Verrichtung gewiſſer Zwecke zum Behufe der Erhaltung des Ganzen beſtimmt ſind. Dieſe Theile nennt man Werkzeuge oder Organe, und den zuſammenhängenden Bau derſelben Organiſation oder Organismus. Die hiermit verſehenen Naturkörper, bei welchen daher irgend ein einzelner Theil immer nur eben ein Theil iſt, aber nie ein Ganzes für ſich bildet, heißen organiſirte, auch wohl organiſche. Es ſind die Thiere und die Pflanzen. Die Na— turgeſchichte der erſteren nennt man Thierkunde oder Zoologie; die der letzteren heißt Pflanzenkunde oder Botanik. ü Die übrigen Naturkörper, bei welchen allen das Gegentheil der Fall iſt, nennt man anorganiſche, (der Werkzeuge entbehrende,) auch wohl unor— ganiſche, unorganiſirte oder nicht organiſirte. Solche Körper beſtehen durch— gängig aus ſo gleichartiger Maſſe, daß jedes einzelne Stück füglich wieder ein Ganzes für ſich bilden kann. Dahin gehören alle fo genannte Minera— lien: Erdarten, Steine, Metalle, Salze u. ſ. w. Sie bilden das ſo genannte Mineralreich, den Gegenſtand ver Mineralogie. Allen Thieren und Pflanzen kömmt eine Eigenthümlichkeit zu, zu deren Erhaltung ihnen ihre Organe dienen: nämlich Leben. Man nennt ſie da— her auch lebendige, die Mineralien dagegen lebloſe Körper. — Das Leben äußert ſich durch Bewegung; es iſt Thätigkeit aus eigener Kraft und eigenem Antriebe, ohne beſondere Veranlaffung von außen. Denn letz— tere kann die Lebensthätigkeit in organiſchen Körpern nur nach Umſtänden befördern, aber nie erzeugen. Das Aufhören dieſes Lebens, welches mit der Zeit bei allen ſolchen lebendigen Körpern erfolgt, nennt man das Sterben; der hierdurch herbeigeführte Zuſtand heißt der Tod. Sich ſelbſt überlaſſen, ſind ſie in demſelben der allmähligen Zerſtörung Preis gegeben, und zerfal— len dann nach und nach, indem ſich ihr ganzer Organismus auflöſt, wieder in einfache Grundſtoffe ähnlicher Art, wie die, welche das anorganiſche oder Mineralreich bilden. Zur Erhaltung ihres Lebens bedürfen Pflanzen und Thiere der Nahrung, d. h. der Aufnahme von Stoffen, welche geeignet ſind, entweder ihren Körper bis auf einen gewiſſen Grad von innen heraus vergrößern zu helfen, (das Wachſen zu befördern,) oder, wenn er die Grenze ſeines Wachsthums bereits erreicht hat, die durch Ausdünſtung oder ſonſt verloren gehenden Theile ſeiner Maſſe wieder zu erſetzen. Die Nahrung muß ſich entweder ſchon im flüßigen Zuſtande befinden, oder ſie wird (bei Thie— ren) in dem Körper ſelbſt in einen ſolchen Zuſtand verſetzt: weil ſie nur ſo durch die hierzu beſtimmten Organe in dem ganzen Körper umhergeführt und vertheilt werden kann. Die Bewegung im Innern, durch welche dieſes geſchieht, iſt eine unwillkürliche, die nur allein in Folge der eigenen Lebensthätigkeit Statt findet und ſo lange fortdauert, als das Leben eines organiſchen Weſens währt. Bei den Pflanzen iſt ſie die einzige Statt fin— dende; und daraus, daß fie dem Auge der meiſten Menfchen fo ſelten be— merklich wird, läßt es ſich wohl erklären, warum man bei Pflanzen gewöhn— lich gar nicht von Bewegung zu ſprechen pflegt. 33750 Bei den Thieren findet durchgängig auch noch eine willkürliche Bewegung ſtatt. Dieſe iſt die Folge eines inneren Antriebes, welchen man den Willen nennt. Der letztere laͤßt überall, ſelbſt bei den aller unvollkom— Einleitung. | 5 menſten Thieren, das Vorhandenſein eines gleich unvollkommenen geiſtigen Lebens oder Weſens, alſo einer Seele, vorausſetzen. Dieſe empfindet durch das Gefühlsvermögen, oder durch andere, ſogenannte Sinnesorgane ſowohl äußere Eindrücke, wie gewiſſe innere Regungen, und richtet hiernach das Verhalten ihres Körpers ein. Diejenigen Organe, welche einem Thiere zur Empfindung und Bewe— gung dienen, nennt man daher auch vorzugsweiſe thieriſche Organe. Die Organe zur Ernährung dagegen und zur Fortpflanzung, d. h. zum Er— zeugen von gleichbeſchaffenen anderen Naturkörpern, nennt man auch wohl bei den Thieren pflanzliche Organe: weil ſie nicht dieſen allein, ſondern auch ſchon den Pflanzen zukommen. Denjenigen Theil der Thier- und Pflanzenkunde, welcher hauptſächlich die innere Beſchaffenheit der organiſchen Körper beider Reiche behandelt, be— greift man gewöhnlich unter dem Namen Zergliederungs kunde, oder Anatomie der Pflanzen und Thiere. Nach Umſtänden nennt man ſie auch vergleichende Anatomie beider. Die Kenntniß von den organiſchen Verrich— tungen ihrer Theile, die ſich natürlich überall zunächſt nur an die Ergebniſſe der Anatomie halten muß, daher kaum von dieſer zu trennen iſt, nennt man Phyſiologie, auch wohl Phyſik der organiſchen Körper. Thierreich. E [$ 3. Das Thierreich theilt ſich in drei große Hauptgruppen, von denen wieder zwei in engerem Zuſammenhange mit einander ſtehen: auf ähn— liche Weiſe, wie dieß mit den drei noch größeren Gruppen der Naturkörper überhaupt (den ſo genannten Naturreichen) der Fall war. Bei Weitem die meiſten Thiere beſitzen an dem eigentlichen Leibe oder Rumpfe beſondere Bewegungsorgane, Gliedmaßen genannt, welche es der Mehrzahl möglich machen, nach Umſtänden ihren Platz zu verändern. Denn nicht jede willkürliche Bewegung bringt eine Ortsveränderung hervor; ja, im Meere giebt es Thiere, welche ihren Platz nie verlaſſen können. Bei den meiſten Geſchöpfen beſtehen die Gliedmaßen aus mehreren, durch ſo ge⸗ nannte Gelenke an einander gefügten Stücken; oder wenigſtens iſt ihr Kör— per aus ähnlichen, zu einander gehörigen Stücken zuſammengeſetzt. Alle ſolche Weſen nennt man gegliederte oder Gliederthiere; diejenigen, bei welchen keines von beiden der Fall iſt, heißen ungegliederte oder gliederloſe. Der bei Weitem größeren Zahl der erſteren kommen auch jene beſonderen äußeren Theile zu, welche als Hauptbewegungsorgane dienen, und welche wir ſchon vorhin mit dem Worte Gliedmaßen bezeichnet haben. Bei einer großen Anzahl von Gliederthieren giebt es einen ſehr wichti— gen Theil, welcher aus gliederförmig an einander gelegten Stücken von har— ter, kalkhaltiger Maſſe zuſammengeſetzt iſt und die feſte Grundlage des gan— zen Körpers, beſonders des Rumpfes, bildet. Man nennt ihn Rückgrath, ſeine einzelnen Theile Rückenwirbel, und die damit verſehenen Geſchoͤpfe Rückgrath- oder Wirbelthiere. Doch heißen letztere auch wohl Kno— chenthiere: weil jene feſte Grundmaſſe den Namen Knochen führt. Alle Gliederthiere ohne Rückgrath nennt man für ſich allein entweder wirbel— loſe Gliederthiere, oder auch vorzugsweiſe Gliederthiere ſchlechtweg: indem man dieſen Ausdruck eben ſowohl im Gegenſatze zu den Wirbelthieren nimmt, mit welchen ſie den Beſitz von Gliedern gemein haben; wie im Ge— 6 Einleitung. genſatze zu den ungegliederten oder gliederloſen Weſen, mit welchen ſie den Mangel des Rückgrathes theilen. Daher begreift man ſie auch öfters mit dieſen zuſammen unter dem Namen wirbelloſe Thiere. Die Wirbelthiere bilden für ſich 4 anſehnliche Abtheilungen, welche man Klaſſen nennt: Säugethiere, Vögel, Amphibien und Fiſche. Hier⸗ von athmen die 3 erſten die Luft, welche jedem lebenden Weſen zur Erhal— tung ſeines Lebens für die Dauer unentbehrlich iſt, durch Lungen ein; nur die Fiſche athmen durch Kiemen, mit welchen ſie die im Waſſer enthaltene Luft aus dieſem ausziehen. Sie und die Amphibien haben, wie man zu ſagen pflegt, kaltes, d. h. eigentlich nur bedeutend kühleres Blut, als die Säugethiere und Vögel, die man zuſammen als warmblütige Thiere be— zeichnet. Bei den Säugethieren gebären die Weibchen lebendige Junge; bei den Vögeln legen ſie Eier. Erſtere tragen niemals, letztere immer, eine Bedeckung von Federn. IS 6. Außer der bisher angegebenen Eintheilung der geſammten Naturförper in Reiche u. ſ. w. bis herab auf die Klaſſen, hat die Naturgeſchichte auch noch eine andere, meiſt viel ſchwierigere Eintheilung innerhalb der Klaſſen ſelbſt zu beobachten, die ſich aus folgender Betrachtung ergeben wird. Die ganze organiſche Natur beſteht eigentlich zunächſt aus einer un— zählbaren Menge beſonderer, für ſich beſtehender Dinge, die man Einzel— weſen oder Individuen (untheilbare Weſen) nennt. Alle ſolche Einzel weſen, die nur nach dem Geſchlechte und Alter verſchieden ſind, ſonſt aber in jeder Hinſicht mit einander übereinſtimmen, bilden zuſammen eine Art, (species.) Sie ſtammen entweder von einander ab, oder vereinigen ſich bei den Thieren als Männchen und Weibchen mit einander zur Paarung und- zur Erzeugung junger gleichbeſchaffener Geſchöpfe. Mehrere Arten, die ein⸗ ander zwar ſonſt in den meiſten und weſentlichſten Stücken ganz ähnlich ſind, aber doch außer der Verſchiedenheit des Alters und Geſchlechtes auch ſchon anderweitige Abweichungen zeigen und ſich namentlich nicht mit ein» ander zu begatten pflegen, machen zuſammen eine gewöhnlich ſogenannte Gattung oder Sippe, Sippſchaft (genus) aus. * Aus mehreren Gattuns gen, die wieder in gewiſſen, wichtigeren Dingen übereinſtimmen, entſteht dann eine Familie. Selten bildet Eine Gattung allein eine Familie. Meh— rere Familien, die man auch wohl Zünfte nennt, oder mehrere Zünfte *) Das Wort Geſchlecht für Gattung zu gebrauchen, erſcheint darum verwerflich, weil wir daſſelbe im Deutſchen zur ausſchließlichen Bezeichnung des Unterſchiedes von Männchen und Weibchen bedürfen, für den z. B. die lateiniſche Sprache das beſondere Wort sexus beſaß, welches auch in mehrere neuere Sprachen übergegangen iſt. Nur aus— nahmsweiſe, gewöhnlich bloß durch (unmittelbares oder mittelbares) Zuthun des Menſchen, vereinigen ſich bisweilen Thiere verſchiedener Arten, noch ſeltener ſolche von verſchiedenen, aber nahe mit einander verwandten Gattungen (Sippen) zur Paarung. (Z. B. Pferde und Eſel, Haushühner und Faſane, gemeine und Biſam- oder türkiſche Enten.) Die durch eine ſolche ungleiche Verbindung erzeugten Nachkommen zweier Arten nennt man Baſtarde. Wie naturwidrig, d. h. dem urſprünglichen Plaue des Schöpfers unangemeſſen, die Entſtehung ſolcher Baſtarde ſein müſſe, zeigt die beſtändige, wunderbare Erfahrung: daß fie Sich nicht ſelbſtändig unter einander ſortpflanzen konnen, alſo nur als Einzelweſen, nie aber als eine neue ſelbſtändige Art oder Mittelart fortbeſtehen. Nur bei einer Wieder— vereinigung mit einer der beiden reinen Arten, welchen ſie ihren gemiſchten Urſprung ver⸗ danken, können ſie ſich fruchtbar fortpflanzen. In dieſem Falle wird jedoch ihre Nachkom— menſchaſt dieſer Urart immer ähnlicher und zuletzt völlig gleich; dann erſcheint aber eben das urfprüngliche, naturgemäße Verhältniß wieder hergeſtellt. Einleitung 7 (tribas), wenn man unter letzteren eine Verbindung von einigen Familien verſteht, machen zuſammen wieder eine Ordnung oder Unterordnung aus; und mehrere von dieſen bilden dann gewöhnlich wieder größere Grup— pen, deren zwei oder mehrere endlich, wie oben erwähnt, die Klaſſen und Unterklaſſen geben. [S 7. Manche Naturforſcher nehmen auch noch Untergattungen an; andere laſſen noch jetzt, oder ließen früher, das Zuſammenfaſſen der Familien in Zünfte weg, u. dgl. mehr. Ueberhaupt ſtimmen nicht alle Naturkun— dige in Betreff der Beſtimmung oder Begrenzung und Benen— nung dieſer verſchiedenen Gruppen des Thier- und Pflanzen— reiches mit einander überein. (Namentlich verſtehen Einige unter Zunft Dasjenige, was wir, in Uebereinſtimmung mit den Meiſten, Ordnung nennen werden.) Dieſe Verſchiedenheit rührt aber keineswegs allein von der Abweichung menſchlicher Anſichten und Meinungen überhaupt her; ſondern ſie liegt größten Theils auch mit an unſerer, immer noch ſehr man— gelhaften Kenntniß der Dinge und ihres wahren Zuſammenhanges unter einander. In der Natur hat ohne Zweifel Alles ſeine be— ſtimmte, feſte Begrenzung, die zugleich den wahren Werth jeder Ab— theilung beſtimmen hilft. Mit der Zeit werden jedoch auch die Anſichten der Naturforſcher hierin immer mehr übereinkommen und übereinkommen müſſen, je mehr man mit dem ſteten, gegenwärtig ſo raſchen Fortſchreiten der Wiſſenſchaft den wirklichen, naturgemaͤßen Zuſammenhang der Natur— körper (ihre Verwandtſchaft) kennen lernen wird. — —— . — 2 ö Säugethiere & rftie Klaſſe. Sethe. 4 1 Bei den Säugethieren gebären die Weibchen ſtets lebendige d= Junge, und ernähren dieſelben in ihrer früheſten Jugend mit einer Flüſſigkeit, die aus ihren eigenen Säften, namentlich aus dem Blute, abgeſchieden wird, der Milch, welche ſie die Jungen durch Saugen zu ſich nehmen laſſen. Dieß nennt man Säugen; daher der Name Säugethiere. Von allen Vögeln, mit welchen ſie das rothe, warme Blut, ſo wie den Beſitz von 2 Herzkammern und 2 Vorkammern theilen, unterſcheiden ſie ſich äußerlich am leichteſten dadurch: daß ſie nie und nirgends eine Be— deckung von Federn tragen, die ie Ban als zuſammengeſetzte Haare zu betrachten ſind und den Körper aller Vögel bekleiden. Die Wallfiſche abge— rechnet, zeigen alle Säugethiere, ſelbſt diejenigen, welche einen Panzer tra— gen, und die, deren Haut nackt ſcheint, immer wenigſtens einzelne Haare; die Übrigen erſcheinen meiſt ganz mit Haaren bedeckt. Jedes Haar ſteht mit ſeinem weicheren, verdickten Untertheile, den man die Wurzel oder Zwiebel nennt, in der Haut feſt, und zieht mittelſt deſſelben die ihm nöthige Nah— rung aus derſelben, ähnlich, wie eine Pflanze aus dem Erdboden. Der übrige Theil des Haares iſt feſter, härter, meiſt dünner und ſein Inneres mehr oder weniger röhrenartig gebildet. Nur bei wenigen Gattungen von Saäugethieren der heißeſten Gegenden iſt die geſammte Behaarung einfach. Bei Weitem die meiſten, namentlich alle die, welche gemäßigte oder kältere Länder bewohnen, tragen einen Pelz aus Haaren von zweierlei Art: aus dichteren und feineren Unterhaaren, die meiſt etwas wollig (gekräuſelt) ſind und daher häufig auch Grundwolle genannt werden; und aus länge— ren, ſtraffen Oberhaaren, welche das Wollhaar bedecken und ſchützen und ihrer dickeren, härteren Endhälfte wegen häufig auch Grannen oder Stachel— haare heißen. Alle Säugethiere wechſeln ihre Haare zweimal jähr— lich: beim Anfange der wärmeren und der kälteren Jahreszeit. Zum Schutze gegen die üblen Wirkungen der letzteren wachſen ihnen dann beide Haararten um fo dichter und länger nicht bloß, je rauher das Klima ihres Vaterlan— des überhaupt zu ſein pflegt; ſondern auch, je ſtrenger irgend ein Winter Siugethiere 9 9 ins Beſondere iſt. Daher ſind ihre Häute, inſofern ſie als Pelzwerk ge— braucht werden, und vorzug gsweiſe die der Raubthiere, nicht bloß dichter und ſchoͤner bei denſelben Arten in kalten Ländern, als in gemaͤßigteren; ſondern ſie werden auch ſtets um ſo vorzüglicher, je kälter eben der Winter iſt. Schon durch Einwirkung einer anhaltend kühleren Luft, zumal aber durch die von wirklicher Kälte, wird nämlich die Haut zuſammengezogen und das Blut nach den inneren Theilen des Körpers zurückgedrängt. So wird einer Seits die Ausdünſtung vermindert, alſo der Verbrauch thieriſcher Stoffe verringert; anderer Seits werden aber durch die geſteigerte Lebensthätigkeit der Einge— weide die Eßluſt und ENG der Thiere verſtärkt, und ſomit die Stoffmaſſe des Körpers vermehrt. Daher lagert ſich dann vorzugsweiſe bei Thieren kälterer Gegenden ein Vorrath ſolchen Stoffes unter der Haut als eine mehr oder weniger dicke Fettſchicht ab. Dieſe hilft wegen ihres ſchwäche— ren Gefühlsvermögens einer Seits das Thier gegen die eintretende Kälte ſchützen; anderer Seits giebt fie beim weiteren Steigen derſelben den nöͤthi— gen Stoff her zur Vermehrung der Behaarung. Letztere wird bei allen Säuge— thieren im Winter entweder heller, als im Sommer, weil die verminderte ſonſtige Thätigkeit der Haut weniger Farbeſtoff bereitet; oder ſie iſt dann weniger ſchön und hoch gefärbt, weil gleichzeitig wegen der Länge der Nächte die Miktotekung des Sonnenlichtes zur Ausbildung der Farben beſchränkt iſt. Im höheren Norden, ferner in Sibirien und ſonſt weiter nach Oſten zu, ſowie in Nordamerika, wo überall die Winterkälte viel heftiger iſt, als bei uns unter gleicher geographiſcher Breite, — dort werden auf dieſe Weiſe viele Thiere zum Winter viel grauer oder weißer, als andere derſelben Art bei uns. Im ganz hohen Norden, wo die wärmere Jahreszeit zum Theil nur ein paar Monate dauert, ſind die meiſten Säugethiere und die dort überwinternden Vö gel faſt oder ganz weiß; ja, von erſteren bleiben es manche ſogar im Sommer. Beides gewährt ihnen entſchiedene Vortheile. Denn Körper von hellerer Farbe, und beſonders ganz weiße, (denen eigentlich aller Farbeſtoff mangelt,) leiten alle Warme weit weniger fort, als dunklere. Das her hält ein weißes Haar- oder Federkleid die natürliche Körperwärme aller warmblütigen Thiere (die beſonders mit aus der raſchen Bewegung ihres Blutes und den daher rührenden ſchnellen Miſchungsveränderungen aller ihrer Säfte entſteht) in kalter Zeit viel beſſer zuſammen, als dieß ein dunkleres Gewand thun würde. Ebenſo nimmt daſſelbe jedoch in den heißen Som— mertagen die Sonnen- und Luftwärme weniger an, als ein dunkleres. Einen Beweis der günſtigen Einwirkung von Wärme und Licht auf die Ausbildung des Farbeſtoffes liefert auch Folgendes: Die meiſten Säugethiere, die irgend ins Röthliche fallen, erhalten im Sommer eine bedeutend röthere Faͤrbung, als ſie im Winter beſaßen; nur diejenigen, welche eine rein nächtliche, oder ganz unterirdiſche Lebensweiſe führen, ſich alſo dem Einfluße des Tageslich— tes meiſt entziehen, bleiben hiervon ausgenommen. 10 Siugethiere . $ 9. Durch eine gewiſſe krankhafte Ausartung werden zuweilen einzelne Saͤugethiere und Vogel den übrigen Geſchöpfen derſelben Art mehr oder weniger unähnlich. Was z. B. die Färbung betrifft, fo erſcheinen folche, die eigentlich eine dunkele Farbe haben ſollen, dann heller als gewöhnlich, oder ganz weiß: weil ihre Haut in Folge einer angeborenen Schwäche ent— weder nur eine geringere Menge Farbeſtoff bereitet, als ſonſt, oder gar kei— nen zu bereiten vermag. Im letzteren Falle nennt man ſolche Thiere Al— bino's (Weißlinge) oder Kakerlaken. Sie unterſcheiden ſich von ſolchen Thierarten, bei denen das Weiß Regel iſt, leicht durch ihre rothen Augen— ſterne: deren Färbung dadurch entſteht, daß bei Kakerlaken auch den inneren Häuten und Gefäßen des Auges eigentlich aller wirklicher Farbeſtoff man— gelt, daher nur das Roih der blutigen Aederchen im Innern des Auges durchſchimmert. Bei manchen andern Ausartungen, die man gefleckte, bunte oder Schecken nennt, zeigt ſich ein ſolches regelwidriges Weiß nur ſtellenweiſe. n) Am häufigſten find immer jene Ausartungen, deren Farbe nur heller als gewöhnlich iſt: z. B. bräunlichgelb (iſabellfarben) ſtatt braun, grau ſtatt ſchwarz. Umgekehrt kommen jedoch auch faſt unter allen Him— melsſtrichen Ausartungen von Säugethieren mit lichteren Urfarben in dunk— lere, namentlich ins Schwärzliche, vor. Eine Färbung, in welcher man bereits faſt alle bekannteren Säugethierarten unſeres Welttheiles zuweilen geſehen hat, und in welcher man manche öfters ſieht. Bei Hausthieren werden ſolche und noch anderweitige Ausartungen meiſt zur Regel. [s 10. Steife Haare von ungewöhnlicher Stärke nennt man Borſten. Die ſtärkſten und längſten einfachen Borſten ſind die, welche bei den meiſten Raubthieren, Nagern und Beutelthieren, ſo wie bei den Robben, vorn zu beiden Seiten der Schnauze ſtehen und Bartborſten oder Schnurrhaare genannt werden. Sie bilden gleichſam ein Taſtorgan, indem ſie ein ſehr feines Gefühl dieſer Gegenden bewirken helfen. Daher ſind ſie am groͤßten bei ſolchen Thieren, die eine nächtliche Lebensweiſe führen, bei der ſich die— ſelben häufig auf ihr Gefühl verlaſſen müſſen. Einige wenige ähnliche, je— doch etwas kleinere, haben meiſt dieſelben Thiere über den Augen. Bei manchen, z. B. den Schweinen, ſcheinen die Borſten, welche uͤberhaupt die Bedeckung des Thieres bilden, aus mehreren verwachſenen Haaren zuſam— mengeſetzt, und theilen ſich daher gegen das Ende hin in mehrere Spitzen. Manche, ſonſt wehrloſe Gattungen tragen auf dem Oberkörper bis an den Kopf als Schutzwaffe Stacheln: d. h. harte und ſteife Haare von ganz ungewöhnlicher Dicke, mit einfachen, ſtechenden Spitzen. Selbſt die Schu p— pen der Schuppenthiere find zu betrachten als entftanden aus ſtarken, halb— ) Bei vielen Thieren, namentlich bei Hausthieren, erſcheint es gewöhnlich im Höhe: ren Alter an einzelnen Haaren: in Folge einer ähnlichen Schwäche, die jedoch eine Folge der zunehmenden Jahre iſt. n Säugethiere | 11 mondförmig geſtellten und mit einander verwachſenen Stacheln, die wieder nur ſpitze Haare von mehr als gewöhnlicher Stärke ſind. Mit ihnen haben beſonders alle flacheren (Platt-) Nägel die größte Aehnlichkeit. Ebenſo iſt ferner alle eigentliche Hornmaſſe, wie die an den Kopfwaffen der Nashörner und vieler Wiederkäuer, der Haarmaſſe ihrem Weſen nach gleich, und nur der Menge nach verſchieden. Eines, wie das Andere, beſteht eigentlich bloß aus verwachſenen, durch thieriſchen Leim feſt verbundenen Haaren. [S 11. Die meiſten Säugethiere beſitzen in ihren Kinnladen oder Kiefern Zähne, die in der Mitte vom Zahnfleiſche umgeben werden. Ihr herausſtehender Theil heißt der Zahnkörper; der im Kieferknochen ſteckende bildet die Wur— zel. Sie hält den Zahn fe. Solche Zähne, deren Wurzeltheil unten offen und hier mit ſogenanntem Zahnbrei ausgefüllt iſt, nennt man häufig wur— zelloſe Zähne: weil ſich ihre Wurzel nicht deutlich von dem Uebrigen abſetzt. Eine feſtere, härtere, glättere und feinere Maſſe, welche die meiſten Zähne überzieht und ſchützt, heißt Zahnſchmelz oder Glaſur. Im Ganzen giebt es drei Arten von Zähnen. Die Vorder- oder Schneidezähne ſte— hen ganz vorn im Munde. Sie ſind am Ende mehr oder weniger meißel— foͤrmig (nach Art eines Stemmeiſens) zugeſchärft, beſitzen gewöhnlich nur Eine Wurzel und haben meiſt den Zweck, von größeren Stücken Speiſe klei— nere Brocken loszuſchneiden, oder dieſelbe abzurupfen u. dgl. Ihre Zahl iſt ſehr verſchieden, bisweilen recht anſehnlich, (z. B. in einigen Fällen 2.) Sie kann nie ungerade fein.*) Vorderzähne von beſonderer Länge, die weit aus dem Munde herausſtehen, meiſt gerade ſind und als Waffe dienen, nennt man Stoßzähne. Eckzähne von ähnlicher Beſchaffenheit und zu ähnlichem Zwecke dienlich, heißen Hauzähne oder Hauer. Die Zahl der Eckzähne iſt, wo ſie überhaupt vorhanden ſind, ſo gering als möglich, und ſtets ungerade: indem ſie nie mehr als — (überall, d. h. auf jeder Seite in jedem Kiefer Einen) beträgt. Sie haben gleichfalls nur Eine Wurzel, und ſtehen ihrer Geſtalt, wie ihrem Platze nach ſtets in der Mitte zwiſchen den Backen- und Vorderzähnen: indem ſie faſt ſtets rundlich, meiſt kegelförmig ſind und mit einer einfachen Spitze endigen. Sie ſcheinen ſehr häufig keinen beſonderen Zweck zu erfüllen; nur die wirklichen Raubthiere und manche mit ihnen ver— wandte andere bedürfen ihrer nothwendig zum Tödten anderer Geſchöpfe, von — *) Jeder der beiden Kiefer beſteht nämlich aus zwei Knochenſtücken, welche vorn in der Mitte durch vielfache, gegenſeitig in einander übergreifende Zacken verbunden ſind, die man (wegen ihrer Aehnlichkeit mit einer Nath von ſogenannten Kreuzſtichen) eine Kno— chennath nennt. In Folge der ebenmäßigen Bildung der Säugethiere, die auch eine ebenmäßige Vertheilung der Zähne in den beiden Kieferſeiten bedingt, würde bei einer un— geraden Zahl von Vorderzähnen einer derſelben in der Mitte ſtehen müſſen. Dieß darf aber nicht ſein: weil ſich hier eben die zum Zuſammenhalten der Kieſer unentbehrliche Knochennath befindet, die durch das Vorhandenſein eines ſolchen mittleren Vorderzahnes unmöglich gemacht werden würde. 12 Säugethlere welchen fie ſich naͤhren. Bei ſolchen find fie daher vorzugsweiſe lang und ſtark: z. B. bei den hundeartigen Thieren. Da letztere von allen Raubthie— ren die bekannteſten ſind, ſo werden ſolche Zähne auch wohl Hundszähne genannt. Die Backenzähne bilden die dritte Zahnart. Sie ſind nie be— ſonders lang, treten daher nie aus dem Munde hervor. Dabei ſind ſie faſt ſtets von allen Zähnen die breiteſten, beſonders die hinteren. Faſt alle ha— ben mehrere Höcker oder ſonſtige Erhabenheiten. Dieſe ſind am ſpitzigſten bei den Inſektenfreſſern, etwas ſtumpfer bei den Fleiſchfreſſern, am ſtumpf— ſten immer bei den ausſchließlichen Pflanzenfreſſern. Bei letzteren gehen fie öfters in Querleiſten und Furchen über ꝛc. Ihr Zweck bleibt ſtets das voͤl— lige Zermalmen der Speiſe, ſo weit dieß nöthig oder möglich iſt. Sie haben meiſt eben ſo viel Wurzeln, als Haupthöcker auf ihrer Oberfläche, welche die Krone heißt. Bei vielen pflanzenfreſſenden Thieren ziehen ſich bald von ihrer Innen-, bald von der Außenſeite, bald von beiden her beſondere, meiſt bogenförmige Schmelzfalten in den Zahnkörper hinein. Manche ſolche Zaͤhne ſcheinen daher aus mehreren zuſammengewachſenen Stücken zu beſtehen, und werden deßhalb zuſammengeſetzte genannt. Alle übrigen heißen einfache. Ein Gebiß mit allen drei Arten von Zähnen heißt eine vollſtändige Zahnreihe. Mehrere Zähne, beſonders die Backenzähne, werden bei den meiſten Säugethieren nach Verlauf der erſten Jugend einmal, zum Theil auch öfter, gewechſelt. Die hierbei verloren gehenden erſten heißen Milchzaͤhne. Bei den meiſten Gattungen und Ordnungen iſt deren Anzahl im Ganzen gerin— ger, als ſpäter die Zahl der bleibenden zuſammengenommen; nur bei man— chen gehen dagegen ſchon vor Eintritt des mannbaren Alters, oder noch früher, mehrere Zähne verloren, ohne je wieder erſetzt zu werden. Anmerkung. Der Kürze und Ueberſichtlichkeit wegen ſchreibt man die Zahl— formel der Zähne gewöhnlich bruchweiſe und durch Kommata, getrennt, fo hinter einander, daß die erſte Bruchzahl die Vorder-, die zweite die Eck-, die dritte die Backenzähne bezeichnet: indem die obere Zahl eines jeden Bruches (ſonſt der Zähler) die Zähne des Oberkiefers, die untere Zahl (ſonſt der Nenner) die des Unterkiefers angiebt. Dabei werden die etwa fehlenden Zahnarten durch E ans gedeutet, und die Zahlen der Eck- und Backenzähne doppelt geſchrieben, aber durch einen Punkt getrennt: weil in der Wirklichkeit die jeder Seite von denen der ans deren im erſten Falle durch die Vorder-, im letzteren durch die Vorder- und Eck— zähne getrennt werden. Dagegen ſchreibt man gewöhnlich die Zahl der Vorder— zähne beider Kieferſeiten in Eins: weil ſie einander faſt immer „ ni gleichſam nur Ein Ganzes zuſammen ausmachen. 3. B. or Menſch hat 2 — S 32; die Hunde =, 44, 55 = 423 , A I 77 — 48; die meiſten Wiederkäuer I, 25 — , = 232. — Auf ähnliche Wei kann man die Zahl der Zehen ausdrücken: indem man mit der erſten Zahl die der Vorder-, mit der zweiten die der Hinterfüße bezeichnet. Z. B. die Wieder: käuer haben ſtets entweder 4, 4 oder 2, 2 Zehen; die Tapire 4, 3 ꝛc. 8 12. Bloß wenige Säugethiere können im Herbſte Wanderungen von einiger Bedeutung unternehmen, um hierdurch in gewiſſem Grade den Einflüßen Säiugethiere 13 einer zu ſtrengen Kälte zu entgehen und dann im Srühjahre zurückzukehren. Manche ziehen ſich, nachdem ſie im Herbſte vorzugsweiſe fett geworden ſind, beim Eintritte wirklicher Kälte in Schlupfwinkel zurück, um hier den ganzen Winter ohne Nahrung in Ruhe, meiſt ſchlafend, zuzubringen, ohne jedoch zu erſtarren. Dieß heißt Winterruhe. Andere kleinere, die noch fetter werden, hören nicht bloß ſchon nach Eintritt der erſten Froſtnaͤchte im Herbſte auf, thätig zu fein; ſondern fie verfallen auch ſehr bald, feſt zuſammengo— fugelt, in wirkliche Erſtarrung, d. h. in einen ſehr feſten und tiefen Schlaf, der monatelang ununterbrochen fortdauert, und aus dem fie erſt beim Eintritte einer anhaltenden milden, Alles neubelebenden Frühlingswärme wiedererwachen. Man nennt dieß einen eigentlichen Winterſchlaf, und ſolche Thiere Win— terſchläfer. Das Athmen, welches ſonſt ſehr ſchnell (meiſt wenigſtens ſekun— denweiſe und zum Theil noch viel öfter) geſchieht, iſt bei ihnen dann ſo unterdrückt, daß gewöhnlich erſt nach mehreren Minuten wieder ein Athem— zug erfolgt. Hierdurch, ſo wie durch die eben ſo ſtarke Verringerung aller anderweitigen Lebensthätigkeit, wird namentlich der Umlauf des Blutes ſo gehemmt, daß ſolche Thiere ſich ganz kalt anfühlen und erſt nach einiger Erwärmung wieder anfangen, die erſten Lebenszeichen von ſich zu geben. Bis dahin bleiben fie faſt eben fo gefühl-, als regungslos, und man glaubt fie dann für leblos halten zu müſſen. Der Grund hierzu liegt ohne Zweifel zuvörderſt in der Unfähigkeit ihres Körpers, dann eine angemeſſene höhere Wärme innerlich und aus ſich ſelbſt zu entwickeln, wenn die äußere (Luft-) Wärme geringer geworden iſt, ſo daß der Körper nun durch Ausſtrahlung in die kältere Luft mehr von derſelben verliert, als früher. #) Sie müſſen daher allmählig erſtarren, weil ſich die ihnen ſo entgehende Wärme nicht wieder erſetzt: während ſich bei allen übrigen warmblütigen Thieren im Win— ter faſt eben ſo viel mehr Wärme erzeugt, als auf dieſe Weiſe (durch Aus— ſtrahlung) verloren geht, ſo daß ſie Sommer und Winter faſt genau gleiche Wärme zeigen. Hierin kommen alſo die Winterſchläfer den Amphibien aller gemäßigten und kälteren Gegenden nahe, die wegen ihrer, überhaupt gerin— geren Blutwärme regelmäßig ſchon zeitig im Herbſte erſtarren. Is 13. Je mehr ein Säugethier ſeinem Aeußern und Innern nach dem Men— ſchen ähnlich gebildet iſt: für um fo vollkommner muß es gehalten wer— „) Jeder wärmere Körper wird, wenn er ſich in einer kälteren Umgebung befindet, durch ein beſtändiges, ſtrahlenförmiges Ausftrömen der Wärme von ihm immer Fühler; ebenſo, wie ein kühlerer in wärmerer Luft, oder in ſonſtiger wärmerer Umgebung immer wärmer wird, (wie man Beides namentlich bei gekochten Speiſen am häufigſten ſehen kann.) Bei ruhiger Luft bleibt unſer Körper und der von warmblütigen Thieren auch im Freien ſtets in gewiſſem Grade von einem wärmeren Dunſtkreiſe umgeben. Deßhalb frieren wir in ſolchem Falle ſelbſt bei ſtrenger Kälte viel weniger, als bei minder kaltem, aber windigem Wetter: weil alsdann der Wind jene erwärmte Luft um uns her immer bald wieder fortnimmt. 14 Säugethiere. den, und um ſo beſſer wird ſein ganzer Bau es zu verſchiedenartigen Be— wegungen und Verrichtungen geſchickt machen. Gleichwohl zeigen doch nur wenige Saͤugethiere, und zwar bloß ſolche aus den Ordnungen der Raub— und Nagethiere, einen bedeutenden Kunſttrieb, den ſie namentlich beim An— legen von beſonderen Wohnungen für ſich und ihre Jungen entwickeln. Die Affen, welche eigentlich am meiſten dazu geeignet ſein würden, bedürfen deren wegen der bedeutenden Wärme ihres Vaterlandes und bei ihrem gewöhnli— chen Aufenthalte auf Bäumen nicht. Bei allen warmblütigen Thieren gilt es als eine ſehr beſtimmte Regel, die nur wenige Ausnahme erleidet: daß ihre Jungen ſich um ſo ſchneller vollends entwickeln, je minder entwickelt ſie zur Welt kommen; und daß die bei der Geburt am meiſten entwickelten nach Verhältniß wenigſtens eines viel längeren Zeitraumes bedürfen, um ihre vollſtändige Größe zu erlangen. Mit dem Fortſchreiten der letzteren geht es überhaupt ſtets um ſo langſamer, je bedeutender dieſelbe zu werden pflegt. Dafür können alle größeren Thiere für gewöhnlich ein um fo höheres Alter erreichen. [s 14. Bei allen Wirbelthieren unterſcheidet man einer Seits Kopf und Hals, anderer Seits die Gliedmaßen von dem Rumpfe. Der Kopf wird bei den meiſten von einem ordentlichen Halſe getragen, welcher bei allen Säugethie— ren ohne Ausnahme und ohne Unterſchied in Betreff ſeiner Länge, 7 Wirbel— knochen enthält. (Bei der ungemein langhalſigen Giraffe und den Kamelen ebenſo, wie bei den Walen, deren Hals ſich äußerlich kaum unterſcheiden läßt.) Weder Vorder-, noch Hintergliedmaßen giebt es bei warmblütigen Geſchöpfen mehr, als Ein Paar. Beide fehlen zuweilen, ausgenommen bei Vögeln; und das Längenverhältniß ihrer einzelnen Theile unter einander weicht oft verſchiedentlich ab.) Zu den Vordergliedmaßen gehört am oberen Ende noch ein breiter, auf dem Rücken liegender Knochen, das Schulter— blatt. Es endigt, allmählig ſchmäler werdend, auf der Schulter, welcher nach unten die Achſelhöhle gegenüberſteht, in dem ſo genannten Schulterge— lenke. In dieſem beginnt der Oberarm, der aus Einem Knochen beſteht, und in dem Ellenbogen endigt. Letzterer biegt ſich nach hinten. Dann kömmt der Unter- oder Vorderarm, welcher 2 Knochen enthält und bis zum Handgelenke geht. Dieſes biegt ſich nach vorn. Die nun folgende Hand umfaßt die Handwurzel, deren oberer Theil bei dem Menſchen Handrücken und deren unterer Handteller heißt, nebſt den Fingern. Die Hinterglied— maßen fangen am Becken, in der ſogenannten Hüfte an. Ihr oberſter Theil iſt der eigentliche oder Oberſchenkel, der nur Einen Knochen beſitzt und *) Letzteres hat im gemeinen Leben, beſonders bei den Saͤugethieren und Voͤgeln, mancherlei Verwechſelungen der Gliedertheile und falſche Benennungen derſelben veranlaßt. Dieſe wird jedech eine genauere Prüfung und Vergleichung mit den entſpre— chenden Theilen beim Menſchen leicht verhüten, indem man das eben Folgende gehörig beachtet. Säugethiere. 15 vom Hüftgelenke bis zum Knie reicht. Letzteres biegt ſich nach vorn und hat hier einen, beſonders beim Menſchen etwas beweglichen Knochen, die Knieſcheibe. Letzterer ſteht hinten die Kniekehle gegenüber. Das jetzt fol— gende Gliederſtück heißt der Unterſchenkel. (Sein hinterer, fleiſchiger Theil bildet, namentlich beim Menſchen, die Wade.) Er hat 2 Knochen, deren vor— derer das Schienbein heißt, und geht vom Kniee bis zur Ferſe, die ſich nach hinten biegt. #) Der Fuß beſteht erſtens aus der Fußwurzel oder dem Fußblatte, mit dem Fußrücken oder dem Spanne oben und der Fußſohle unten; dann aus den Zehen, deren letztes Glied ebenſo, wie jenes an den Fingern der Vordergliedmaßen, das Nagelglied heißt. Die Erhabenheiten (Gelenk— köpfe) des Unterſchenkels, welche hinten zu beiden Seiten der Ferſe hervor— ſtehen, und die ähnlichen, aber ſchwächeren vorn am Unterarme ſeitwärts vor dem Handgelenke, nennt man die Knöchel. Anmerkung. Bei vielen Säygethieren, ins Beſondere bei allen Hausthieren, ſo wie bei den Vögeln, ſind die oberen Theile beider Gliederpaare (Oberarm und Oberſchenkel) nach Verhältniß viel kürzer, als beim Menſchen; die unteren Theile dagegen, namentlich die Hand- und Fußwurzel, viel länger. Daher ſtehen Hand— gelenk und Ferſe, Ellenbogen und Knie weit höher: letztere beide ganz nahe am Leibe. Hieraus erklärt ſich jene Verwechſelung, in Folge deren man im gemeinen Leben an den Hinterbeinen die Ferſe mit dem Namen Knie zu belegen pflegt, obwohl ſie ſich nach hinten biegt; ebenſo, wie man an den Vorderbeinen von einem Kniee ſpricht, (welches es hier gar nicht geben kann,) indem man damit eigentlich das Handgelenk meint. [$ 15. Der Obertheil des Rumpfes bildet die Bruſt, das Uebrige den Unter— leib. Dieſer endigt mit dem Becken, einem ſtarken, feſten Knochengerüſte, an deſſen Seiten die Hintergliedmaßen eingelenkt ſind. Diejenigen Wirbelkno— chen, welche zunächſt über dem Becken folgen und ohne Rippen ſind, heißen Lendenwirbel, die übrigen mit Rippen verſehenen Rückenwirbel. Von den Rippen erreichen ihrer Kürze wegen vorn die der einen Seite mit ihrem vorderen Ende noch lange nicht das Ende der entgegengeſetzten von der ande— ren Seite. Sie werden halbe, oder gewöhnlich falſche Rippen genannt; auch wohl Bauchrippen, weil ſie den oberſten Theil des Unterleibes umgeben und ſchützen. Die übrigen, längeren, welche die Bruſt einſchließen, ſind vorn mehr knorpelig und werden hier durch einen knorpelartigen Knochen, das Bruſt— bein, vereinigt. Sie heißen ächte, wahre, eigentliche oder Bruſtrippen; es giebt ihrer am häufigſten 13 — 15 Paare. Die von ihnen gebildete Bruſt— höhle wird von der Bauchhöhle durch das Zwerchfell getrennt, und enthält die ſo genannten edlen Eingeweide: das Herz und die eigentlichen Achemwerkzeuge. Letztere beſtehen in Lunge und Luftröhre. Jene iſt in zwei Haupthälften geſchieden, deren jede auf einer Seite liegt. Sie beſteht aus einem lockeren, faſt ſchwammigen, äußerſt blutreichen Gewebe, welches überall ſtark von Aederchen durchzogen iſt, und beſitzt die Fähigkeit, aus ) Im gemeinen Leben wird häufig der ganze Unterſchenkel Schienbein genannt. 16 Säugethiere. der eingeathmeten gewöhnlichen (atmoſphaͤriſchen) Luft den beſſeren Theil, die ſo genannte Lebensluft (den Sauerſtoff) auszuziehen, um ihn dem Blute mitzutheilen, den unbrauchbaren Theil (Stickſtoff) aber durch Ausathmen zu entfernen. Aus der Lunge geht nach oben zu, anfänglich mit zwei Aeſten, dann als ein Ganzes, die Luftröhre hervor. Sie beſteht aus knorpeligen Ringen, die ſich nach oben hin an zwei Stellen erweitern. Von dieſen Er— weiterungen heißt die erſte, vorn mehr kantig geftaltete der untere, die zweite, rundlichere der obere Kehlkopf. Dieſer befindet ſich am hinterſten Ende der Zunge, alſo im Grunde der Mundhöhle. Er hat oben eine läng- liche Oeffnung von nicht bedeutender Größe, die verengt und erweitert wer— den kann, und gegen das Eindringen der Speiſen beim Verſchlucken derſel— ben von dem fo genannten Kehldeckel verſchloſſen wird. Sie heißt die Stimm- ritze: weil nur durch ſie das Ertönen einer Stimme erfolgen kann. Denn unter Stimme verſteht man bloß ſolche Laute, welche durch Ausſtrömen von Luft aus der Lunge durch die Luftröhre in den Kehlköpfen (beſonders im oberen) auf ähnliche Weiſe gebildet werden, wie der Menſch künſtliche (muſti— kaliſche) Töne durch bloßes Aushauchen von Luft und Einblaſen derſelben in Blasinſtrumente hervorbringt. Je größer die Kehlköpfe find, um fo ftär- ker und tiefer klingt die Stimme. Dieß ſehen wir ſehr deutlich bei uns ſelbſt: indem die Männer gewöhnlich viel ſtärkere Kehlköpfe und Stimmen beſitzen, als die Perſonen weiblichen Geſchlechts. Vom Herzen geht die Bewegung des Blutes, welches allen Nahrungs— und körperlichen Lebensſtoff enthält, und mit ihr alles Leben aus. Jene Bewegung heißt der Kreislauf des Blutes, und iſt doppelter Art. Der kleine Kreislauf führt das Blut aus der einen Haupt- und Nebenkam⸗ mer des Herzens in die Lungen, und aus denſelben wieder zurück in die andere Haupt- und Nebenkammer des Herzens. Aus dieſer geht es durch den großen Kreislauf im ganzen Körper umher, und kehrt hierauf wie— der nach den beiden erſten Kammern zurück, um dann aus dieſen abermals in die Lungen zurückzukommen und ſich hier wieder mit Sauerſtoff zu ſätti— gen, u. ſ. f. Der Sauerſtoff giebt dem Blute ſtets erneuerte Lebenskraft und verurſacht jene hochrothe Farbe, die es, friſch aus der Lunge zurückgeführt, in den ſogenannten Puls- oder Schlagadern (Arterien) beſitzt. Dieſe haben ihren Namen von der klopfenden oder ſchlagenden Bewegung, durch welche ſich ihre Thätigkeit verräth. Dadurch nämlich, daß ſie ſich fortwaͤh— rend und überall an der einen Stelle zuſammenziehen, und gleich darauf wie- der ausdehnen, preſſen fie das Blut in raſchen Schlägen aus dem weiteren Raume gewaltſam in den engeren fort, bis an ihre äußerſten Enden und in ihre feinſten Zweige hinein. Aus letzteren geht daſſelbe durch wunderbar feine Kanäle und mit Verluſt eines großen Theils ſeines Sauerſtoffes in die Adern der zweiten Art über, die, weil man an ihnen keine beſondere Bewe— gung ſpüren kann, bloß ſchlechtweg Blutadern (Venen) heißen. In ihnen nme 17 hat das Blut eine dunkelrothe Farbe, und ſie ſchimmern bei dem Menſchen an vielen Stellen als bläuliche Streifen durch die Haut. Denn viele von ihnen laufen nahe an der Oberfläche des Körpers hin: während die Schlag⸗ adern zur Sicherung vor Verletzungen ſämmtlich ſo viel als möglich in der Tiefe liegen, wo ſie durch Fleiſch, Sehnen ꝛc. geſchützt werden. Letzteres blieb unumgänglich nothwendig, weil Verletzungen an ihnen nicht wieder heilen: indem ihr ſtetes Zuſammenziehen und Wiederausdehnen die einmal entſtandenen Wunden immer wieder aufreißt. Die Blutadern ſchaffen das Blut hauptſächlich durch Klappen fort, welche ſich öffnen und ſchließen und ſomit das Blut zum Theil auf ähnliche Weiſe heben, wie die Schleuſen bei Waſſerwerken das Waſſer. Verletzungen, die nicht allzu groß ſind, heilen an ihnen leicht; aber bei vielen Menſchen dehnen ſich auch die Wände derſelben, namentlich jener des Unterleibes, zu ſtark aus. Die Klappen beſitzen dann nicht die nöthige Kraft, um das Blut fortzuſchaffen; und ſo entſtehen Stockungen des Blutes, (die ſo genannte Vollblütigkeit,) durch die nach und nach allerhand bedenkliche Leiden herbeigeführt werden können. — Das Blut nimmt allen Nahrungsſaft, welcher in den Eingeweiden aus den Spei— ſen bereitet wird, in ſich auf und führt ihn im ganzen Körper mit umher. Jedes beſondere Organ aber zieht dann aus dem Blute die für daſſelbe nöthigen Stoffe aus: ſo die Speicheldrüſen den Speichel, die Schlund— und Magendrüſen den Magenſaft, die Leber den Gallenſtoff de. 8 16. Zum Einnehmen, Zubereiten, Verarbeiten und bleibenden Aufnehmen der Nahrung ins Blut (Einſaugen) dienen verſchiedene Organe, die ſämmt— lich im engſten Zuſammenhange mit einander ſtehen. Sie bilden im Ganzen einen ſehr langen, ſtellenweiſe erweiterten Schlauch, den Nahrungs- oder Speiſekanal. Derſelbe beginnt am Munde, der ihm und den Athemwerk— zeugen als gemeinſchaftliche Eingangshöhle dient. Sonſt bleibt er von letzte— ren überall vollkommen geſchieden. Denn er geht neben der Luftröhre und zwiſchen den Lungen durch die Bruſthöhle hindurch, und nimmt, nebſt den übrigen zu ihm gehörigen, ſo genannten unedlen Eingeweiden, die ganze Bauchhöhle ein. Seine Thätigkeit entwickelt ſich auf folgende Weiſe: Bei uns und den meiſten Säugethieren zertheilen zuerſt die Schneide— oder Vorderzähne größere Stücken Speiſe in kleinere, kaubare Brocken oder Biſſen. Die Zunge ſchiebt dieſe dann tiefer in den Mund, und der Unter— kiefer ſetzt ſich in Bewegung, um ſie mit den Backenzähnen in kleinere Theile zu zermalmen. Während deſſen und durch die hierzu nöthige Bewegung wer— den ſie mit dem, aus den Speicheldrüſen ſich ergießenden Speichel ver⸗ miſcht. Dieſer iſt keineswegs bloßes Waſſer, ſondern eine dickere, mit auf— löſenden Säuren gemiſchte und zur Zerſetzung der Speiſen geeignete Flüßig— keit. Er feuchtet das Gekaute zu einem Breie an, der nunmehr zum Ver— ſchlucken vorbereitet iſt und zu dieſem Behufe von der Zunge in den Ein— gang des Schlundes gebracht wird. Letzterer beſteht aus muskelartigen Gloger allgem. Naturgeſchichte. . 2 18 Säugeth ber e. Längs- und ringförmigen Querfaſern, die beide ſich dann. abwechſelnd neben und hinter dem zu verſchluckenden Biſſen erweitern und verengern. Dadurch muß derſelbe in den Magen hinabgleiten. Hier wird die Speiſe noch mit einem eigenthümlichen, dickeren und noch ſtärkeren, ſäurehaltigen Stoffe ver— miſcht, welcher der Magenſaft heißt. Er trägt noch mehr zur Auflöſung der Speiſen bei; ja, bei manchen Raubthieren und bei den Raubvögeln be— wirkt er dieſelbe faſt allein, oder thut wenigſtens entſchieden das Meiſte da— zu. Bei anderen Thieren, und namentlich auch bei dem Menſchen, geſchieht wohl eben ſo viel, bei vielen aber (zumal bei den Pflanzenfreſſern) ſogar mehr, durch eine beſtändige, ſanfte Bewegung g des Magens, welche eine Rei— bung der Magenwände an den in ihm enthaltenen Speiſen verurſacht. *) Aus dem Magen gelangt der Speiſebrei, durch die untere Oeffnung deſſelben und in Folge ſeiner Zuſammenziehungen, in den Darm oder Darm— kanal. Dieſer iſt im Ganzen bloß einfach; nur wegen ſeiner verſchiedenen Beſchaffenheit an verſchiedenen Stellen wird er theilweiſe mit beſonderen Namen belegt. Ziemlich die obere Hälfte begreift man, als die engere, unter dem Namen Dünndarm; die untere, weitere, unter der Benennung Dickdarm. Das ganz oberſte, ſich merklich krümmende Stück heißt (von ſeiner ungefähren Länge bei einem erwachſenen Menſchen) der Zwölffin— gerdarm. Er enthält den Ausführungsgang der Bauchſpeicheldrüſe und der Leber, welche beide die von ihnen erzeugte, oder vielmehr aus dem Blute abgeſonderte Flüßigkeit in ihn ergießen. Bei der Leber, welche ein ſehr großes und blutreiches, vielfach von Adern durchzogenes Organ von eigenthümli— cher, dunkel rothbrauner Farbe iſt, führt jene Abſonderung den Namen Galle; und der Behälter, in welchem ſie gewöhnlich aufbewahrt wird, heißt Gal— lenblaſe. Galle und Bauchſpeichel tragen nun beide zur Ausſcheidung des wirklichen Nahrungsſaftes aus dem, in dem Darmkanale enthaltenen Speiſebreie bei; erſtere befördert jedoch nebenbei durch ihren Reiz auf den Darm ſelbſt auch die fortwährende, wurmförmige (periftaltifche) Bewegung deſſelben. Auf den Zwölffingerdarm folgt ein glatter, dünner Theil, der wegen des ſchnellen Fortgleitens der Speiſen in ihm meiſt wenig von denſelben ent— hält, und deßhalb Leerdarm heißt. Sein letztes Ende wird Krummdarm, genannt. Dann kommt der Dickdarm. Er iſt mit einer Klappe verſehen, die ſich bloß nach unten zu öffnet, ſo daß ſie den Rückgang der, als meiſt unbrauchbar ausgeſchiedenen Speiſetheile (Ereremente) nach oben zu verhin— dert. An feinem oberſten Theile ſitzt beim Menſchen und da, wo er über- haupt vorhanden iſt, der Blinddarm: ſo genannt, weil er nur eine Art von blindem Sacke (ohne Oeffnung am Ende) vorſtellt. Die in ihn gelang— „) Dieſe macht, daß, ſobald keine Speiſen in ihm vorhanden find, feine Wände ſich gegenfeitig an einander ſelbſt reiben. Hierdurch entſteht dann jenes, zum Einnehmen neuer Nahrungsmittel auffordernde Gefühl, welches man Hunger nennt. S aͤngethier e. a 19 ten Speiſen muͤſſen daher, nach einigem Aufenthalte in ihm, welcher den Saugäderchen und zahlreichen Drüſen längere Zeit zum Ausziehen der brauch— baren Säfte gewährt, wieder auf demſelben Wege in den Dickdarm zurück— kehren. Der noch übrige Theil des Darmlanales ſteigt mehrfach auf und ab, macht auch meiſt viele große, bogenförmige Falten, und hindert hierdurch den zu ſchnellen Fortgang ſeines Inhaltes, um den einſaugenden Gefäßen mehr Zeit zur Ausübung ihrer Thätigkeit zu laſſen. Er heißt der Grimmdarm fein letztes Stück der Maſtdarm, und die Oeffnung des letzteren nach außen. der After. Dieſer dient zur Ausführung des unbrauchbaren Theiles der Speiſen. Die Abſonderung der überflüßigen Feuchtigkeit, welche in den Darmka— nal und aus dieſem zum Theile ſchon in das Blut gelangt iſt, wird durch die Nieren bewirkt. Dieſelben liegen in der Lendengegend, dicht am Rückgrathe, und führen die ausgeſchiedene Feuchtigkeit, den Harn oder Urin, in die Harnblaſe, aus welcher fie durch Oeffnung von fo genannten Schließmus— eln gelegentlich ausgelaſſen wird. Is 17. Alle Bewegung bei Thieren geſchieht durch Muskeln, die, zuſammen— genommen, alles Das bilden, was man gewöhnlich unter Fleiſch verſteht. Sie ſind ſehr zahlreich und ſonſt zwar ſehr verſchieden, ſtellen aber jederzeit Bündel oder Streifen von Fleiſch vor, die bald mehr länglich und rundlich, bald mehr in die Breite gezogen erſcheinen, faſt immer jedoch an ihrem obe— ren, dem Rumpfe zugekehrten Ende (dem Anſatze) breiter, an dem anderen dünner, härter und feſter ſind. Letzteres heißt entweder bloß das Ende ſchlecht— weg, oder auch das Sehnenende: weil es gewöhnlich in einer ſehr feſten, zähen, viel dünneren Maſſe beſteht, die man Sehne nennt. Bei den Wirbelthie— ren ſitzt bei Weitem die Mehrzahl der Muskeln mit beiden Enden auf Kno⸗ chen, oder wenigſtens an ſonſtigen feſteren Theilen an; und ſie ſetzen dieſe in Bewegung, indem ſie ſich zuſammenziehen und dadurch verkürzen. Von denjenigen, welche namentlich die Bewegung der Gliedmaßen bewirken, heißen die einen Beugemuskeln, weil ſie die Gliedmaßen in verſchiedenen Gra— den winkelförmig zuſammenbiegen; die anderen dagegen Streckmuskeln, weil ſie die zuſammengelegten Theile wieder in gerade Richtung bringen, alſo ausſtrecken. Beide können, da ſie einander entgegen wirken, nie gleichzeitig thätig ſein; wohl aber vermögen beide in vielen Fällen mit einer ſo wunder— baten Schnelligkeit nach einander zu wirken, daß die Zeiträume zwiſchen der Thätigkeit der einen und der anderen wegen der außerordentlichen Kürze ihrer Dauer faſt unbemerkbar werden. (So vorzugsweiſe bei den Muskeln und Sehnen an den Fingern des Menſchen beim Klavierſpielen.) Alle Beuge— und Streckmuskeln der Gliedmaßen müſſen, um thätig ſein zu können, über ein Gelenk hinweglaufen. [s 18. Indeß würde kein Muskel wirken können ohne Nerven, d. h. ohne jene weißlichen, zum Theil außerordentlich feinen Gefühlfäden, welche ebenſo alle die verſchiedenartigen Gefühlseindrücke aufnehmen und bis zu dem Gehirne, 2* 20 Säugethiere als dem Hauptſitze der Seele, fortpflanzen, wie fie umgekehrt dazu dienen, auf eine wunderbare und geheimnißvolle Weiſe den Willen und die Wünſche der Seele allen einzelnen Theilen des Körpers kund zu geben. Um Beides zu können, müſſen natürlich alle Nerven in ununterbrochener Verbindung mit dem Gehirne bleiben; aber faſt nur bei den Nerven der Sinnesorgane iſt dieſe Verbindung eine unmittelbare. Bei denen der Gliedmaßen und des ganzen Rumpfes, die von dem Rückenmarke ausgehen, beſteht fie nur mittel- bar, durch den Zuſammenhang des letzteren mit dem Gehirne. Das Rücken— mark füllt die Höhlungen aller Hals-, Rücken- und Lendenwirbel aus, und bildet, nach der Beſchaffenheit ſeiner Maſſe, ein Mittelding zwiſchen Nerven und Gehirn, von welchem es gleichſam eine Fortſetzung iſt. Eine Trennung beider (z. B. durch Zerreißung bei einem heftigen Sturze) bringt augenblick— lichen Tod zu Wege. Durch Zerſchneidung oder Unterbindung eines Nerven entſteht Gefühlloſigkeit von dieſer Stelle abwärts bis an ſein Ende. Vorüber— gehend erfolgt daſſelbe häufig durch ſtarken, anhaltenden Druck, der an den Gliedmaßen öfters zufällig vorkömmt.“) Am dünnſten, aber zahlreichſten ſind die Nerven mit ihren Aeſten in den äußerſten Theilen des Körpers. Am meiſten gilt dieß beim Menſchen und manchen Thieren von den Fingerſpitzen, wo ihre feinſten Verzweigungen das ſo genannte Taſtorgan, den am höch— ſten entwickelten Theil des Gefühlsfinnes, bilden. Dieſer mangelt auch dem kleinſten Theile des Körpers nicht: obwohl er ſeine Empfindungen nur durch die, für ſich ſelbſt unempfindliche Oberhaut, und zum Theil noch durch andere Bedeckungen hindurch, empfangen kann. a | [$ 19. Ein ausnehmend feines, aber faſt bloß auf gewiſſe beſondere Eindrücke berechnetes Gefühlsvermögen beſitzen die übrigen Sinnesorgane. Hierun— ter ſind die Augen außer vielen feinen Nerven auch mit den ſtärkſten (Sehe— nerven) verſehen. Sie bilden die Werkzeuge des Geſichtsſinnes: indem in ihrer dunklen Tiefe und durch mehrere klare, durchſichtige Theile hindurch alle erleuchteten Körper vermöge der von ihnen ausgehenden Lichtſtrahlen ſich abſpiegeln: ſo daß die Seele, vermittelſt der Fortpflanzung dieſer Ein— drücke durch den meiſt ungemein ſtarken Sehenerven auf das Gehirn, eine Vorſtellung erhält von der Geſtalt, Größe und Farbe der geſehenen Dinge. Die runde Oeffnung, durch welche die Lichtſtrahlen eindringen, befindet ſich genau in der Mitte des Auges. Man nennt ſie gewöhnlich die Sehöff— nung oder das Seheloch; häufig auch den Augenſtern, wegen des Glanzes eines ſternähnlichen Punktes in ihr; und nicht ſelten mit einer, aus dem Lateiniſchen ſtammenden Benennung die Pupille. **) Dieſe Oeffnung beſitzt ) Man verſteht dieß im gemeinen Leben unter dem Einſchlafen der Glieder. *) D. h. das Püppchen oder Bildchen, (pupilla von pupa:) weil man, wenn man einem Anderen, oder vor dem Spiegel ſich ſelbſt, ins Auge ſieht, in der Seheöffnung ſein Bild ganz im Kleinen abgeſpiegelt erblickt. Bei den ſchon genannten Kakerlaken, (Albino's, Weißlingen,) deren Haut des, ihr ſonſt Säugethiere. 21 die Einrichtung, daß ſie ſich im Dunkeln von ſelbſt erweitert, um mehr Lichtſtrahlen einzulaſſen, während ſie bei ſtärkerem Lichte ſich zuſammenzieht, um das Eindringen von zu vielen Strahlen zu hindern. Bei manchen Säugethie— ren und Amphibien, die meiſt ein Nachtleben führen, oder ſich ſonſt im Dunk— len aufhalten, verliert ſie bei dieſem Verengern ihre runde Geſtalt und nimmt eine längliche an. Man pflegt ſie dann gewöhnlich üherhaupt als läng— lich zu bezeichnen. Der minder dunkle, zart-bunte, verſchiedentlich gefärbte Ring um ſie her, heißt die Regenbogenhaut (Iris), wird aber häufig auch wieder Augenſtern genannt. Der ſonſtige obere Theil des Augapfels, der bei Thieren gewöhnlich minder ſichtbar wird, als beim Menſchen, iſt im Gan— zen farblos, d. h. weiß, und heißt daher gemeiniglich das Weiße im Auge— Eine waſſerhelle, aus den Thränendrüſen im Innern des Auges hervorquel— lende Feuchtigkeit erhält den ganzen Augapfel glatt und beweglich. Die ſehr beweglichen Augenlider verſchließen, zugemacht, das Auge gegen die mei— ſten äußeren Eindrücke; und die ſteifen Haare an ihrem Rande, Augen— wimpern genannt, halten bei offenem Zuſtande das Hineinfallen kleiner Körper von oben her ab. Einen meiſt ähnlichen Dienſt verrichten die, nur beim Menſchen in ſolcher Menge vorhandenen, wulſtartigen Haare über den Augen, die ſo genannten Augenbraunen. [S 20. Die Ohren dienen zum Hören: indem ſie auf wunderbar feine Weiſe die Bewegung (Erſchütterung) fühlen, welche in der Luft durch Töne aller Art hervorgebracht wird. Denn indem dieſelbe Bewegung ſich natürlich auch der Luft in dem, zum Theil ſchneckenförmig gewundenen Innern der Ohren mittheilt, erſchüttert ſie hier namentlich eine feine, feſt angeſpannte Haut, das ſo genannte Pauken- oder Trommelfell, deſſen Erſchlaffung oder Durch— löcherung Harthörigkeit oder Taubheit erregt. Zum beſſeren Auffangen der Schallſchwingungen, d. h. der durch die Fortbewegung des Schalles erſchüt— terten Luft, dienen die äußeren Ohren oder Ohrmuſcheln. Sie ſind zu dieſem Behufe bei Thieren ſtets um ſo größer, je mehr dieſelben vermöge ihres Lebens und Aufenthaltes eines vorzugsweiſe feinen Gehöres bedürfen. Auffallend groß iſt daher ihr Umfang bei vielen nächtlichen Thieren, weil dieſelben von ihrem Geſichte alsdann häufig nur in der Nähe Gebrauch machen können; ferner bei ſolchen, welche bloß Steppen bewohnen, wo die völlige Ebenheit des Bodens ſtets nur eine ſehr beſchränkte Ausſicht geſtattet. Dort bedürfen natürlich die Raubthiere eines ſehr feinen Gehöres, um ihre Beute nach dem leiſeſten Geräuſche aufzuſpüren; und die pflanzenfreſſenden zukommenden, dunklen Farbeſtoffes entbehrt, iſt dieß auch der Fall mit den inneren Theilen des Auges. Daher läßt das Seheloch nur die blutigen Aederchen in der Tiefe derſelben durchſchimmern, ſo daß es, ſtatt finſter und ſchwarz wie ſonſt, lebhaft roth zu ſein ſcheint. Daher der gewöhnliche Ausdruck: die Kakerlaken hätten rothe Augenſterne. — Vergl. oben S. 10, 8 9. 22 Sänge'thiere um ſich nach Möglichkeit vor den Verfolgungen jener hüten zu koͤnnen. Nur ſolche Säugethiere, die entweder viel graben oder ſchwimmen müſſen, pflegen um fo kleinere und kürzere Ohren zu haben: da größere in beiden Fällen dem Eindringen von Erde und Waſſer zu ſehr ausgeſetzt ſein würden. (Eben⸗ ſo, wie große Augen, die daher manchen unterirdiſchen Geſchöpfen faſt oder ganz fehlen.) Gleichwohl ſcheinen jene Thiere doch keineswegs ſchlecht zu hören: da namentlich die Erde, zum Theil auch das Waſſer, die Erſchütte⸗ rung der Luft durch den Schall ſtärker fortpflanzt. Alle Thiere können ihre Ohrmuſcheln bewegen, um ſie dem Schalle entgegen zu richten; und ſie können dieß ſtets um ſo beſſer, je größer dieſelben ſind. Bei vielen Thieren gränzt die Feinheit des Gehöres, im Vergleiche mit dem des Menſchen, ans Unglaubliche. S 21. Die Naſe iſt der Sitz des Geruches. Ihre beiden Höhlungen oder Gange, die ſich tief hinten am Gaumen in den Mund öffnen, bilden zugleich die äußeren Oeffnungen der Athemwerkzeuge; daher müſſen die in der Luft enthaltenen riechenden Stoffe beim Athmen mit den eigentlichen Geruchsor— ganen in der Tiefe der Naſe in Berührung kommen, und können ſo durch dieſelben wahrgenommen werden. Dieß geſchieht vermittelſt der ſehr zar— ten Geruchsnervenhaut, welche eine mehr oder minder große Anzahl von dünnen, zum Theil außerordentlich feinen, dütenförmig in einander gerollten ancien im Innern der Naſe bis hinauf in die ſo genannten Stirn⸗ höhlen überzieht. Sie wird durch einen feinen Schleim immer ſchlüpfrig, weich und empfänglich erhalten. (Ebenſo, wie das Innere der Gehörwerk— zeuge durch das fo genannte Ohrenſchmalz, deſſen bitterer Geſchmack hier zu— gleich den Inſekten und ähnlichen kleinen Thieren die Luſt zum Eindringen in den Gehörgang benimmt, während ein heftigeres Ausathmen von Luft [Schnauben! fie von der Naſe abhält, oder ſchnell wieder daraus entfernt.) Je größer die Geruchsnervenhaut eines Thieres iſt, um fo feiner ift auch fein Ge- ruch. Faſt alle Säugethiere, mit Ausnahme der Wale, deren Naſe anders gebildet iſt, erfreuen ſich eines ungleich feineren Geruches, als der Menſch. Vor allen zeichnen ſich durch Schärfe deſſelben die Raubthiere aus, deren größere Anzahl mit Hülfe deſſelben ihre Beute verfolgt; nächſt ihnen die mei— ſten Hufthiere, welche damit die Nähe ihrer Feinde wittern. Indeß bedeckt auch die, fein anatomiſch losgearbeitete Geruchsnervenhaut eines Jagdhun— des oder Fuchſes, wenn man ſie ſtückweiſe ausbreitet, faft den ganzen Körper des Thieres: während die eines Menſchen in gleichem Falle kaum hinreicht, ſeinen Kopf zu bedecken. Beide können aber auch, beſonders auf etwas feuch— tem Boden, das Vorübergehen eines Menſchen oder Thieres häufig noch nach vielen Stunden an dem Geruche ſeiner Fußtapfen ſpüren; und ein Reh wit— tert bei günſtigem (gerade entgegenwehendem) Winde ebenſo, wie ſie, die An— weſenheit eines Menſchen an ſeiner Ausdünſtung 100 bis 200 Schritte weit. Die Rafe der Raubthiere zeigt jedoch um fo mehr eine vorzugsweiſe oder faſt Siugethiere 23 ausſchließliche Empfaͤnglichkeit für die Ausdünſtungen thieriſcher Stoffe, je mehr ſie von dieſen allein leben. Andere Gattungen bedurften meiſt einer gleichen Unterſcheidungsgabe für die Gerüche von Pflanzen und Thieren, um jene als ihre Nahrung leicht auffinden und ſicher unterſcheiden, zugleich aber auch ſich vor ihren Feinden hüten zu können. Faſt alle grabenden und ſchwimmenden Säugethiere haben Naſenlöcher mit einem weicheren, beweg— lichen Rande, um ſie beim Wühlen und Untertauchen gegen das Eindringen von Erde und Waſſer zu verſchließen. Ebenſo pflegt dann auch der Mund gegen Beides durch eine längere Oberlippe geſchützt zu ſein. [5 22. Schaͤrfer und vielfeitig höher entwickelt, als bei irgend einem Thiere, ſcheint bei dem Menſchen nur Ein Sinn, der des Geſchmackes. Er be— ſteht in der Fähigkeit, die Beſchaffenheit verſchiedener auflösbarer Gegenſtände in Betreff ihres Gehaltes an Grundbeſtandtheilen verſchiedener Art zu unter ſcheiden. Sein Hauptzweck iſt die Prüfung der Speiſen, ſein Sitz und Werk— zeug die Zunge. Dieſe beſitzt, zumal eben bei dem Menſchen, den Affen und manchen anderen höher entwickelten Säugethieren, im Innern viele Nerven und iſt auf der Oberfläche, beſonders an der Spitze und dem Rande, mit ſehr wei chen, empfindlichen Wärzchen beſetzt. Vermittelſt dieſer empfindet fe, je nach Verſchiedenheit ihrer einzelnen Stellen, mehr die ſüße, ſauere, ſalzige, ſcharfe, bittere, fade oder ſonſtige Beſchaffenheit von Getränken und ſolchen Speiſen, die entweder ſaftig, oder leicht auflösbar, oder ſonſt leicht theilbar ſind. Denn ſehr viele trockene werden erſt durch Vermiſchung mit dem, ſie auflö— ſenden Speichel ſchmeckbar. Viele Thiere, z. B. Wiederkäuer, können bei der mehr hornartigen Beſchaffenheit ihrer ſpitzigen Zungenwärzchen offenbar nur ſehr wenig ſchmecken: wie häufig auch ſchon die Beſchaffenheit ihrer Speiſen vermuthen läßt. Bei anderen muß die ganze Empfindungskraft und Empfindungsweiſe der Geſchmackswerkzeuge eine andere ſein, als bei dem Menſchen: indem Dinge von höchſt widerwaͤrtigem Geſchmacke für den Men— ſchen offenbar doch einen ſehr angenehmen Eindruck auf ſie machen. Manche bedienen ſich ihrer rauhen Zungen zum Ablecken ſalz- oder ſalpeterhaltiger Erde von Mauern u. dergl., weil ſie den Geſchmack hiervon lieben. Die katzenartigen und mehrere andere Raubthiere, die meiſt wenig oder gar keine Knochen verzehren, weil ſie dieſelben nicht gut zerbeiſſen können, lecken mit ihren rauhen Zungen häufig einen Theil des zarten und wohlſchmeckendſten leiſches an und mit der ſo genannten Knochenhaut von den Knochen ſelbſt ab. Faſt alle ſuchen damit auch ihren Körper zu reinigen. Viele lecken ferner ihr Getränk gleichſam auf: indem ſie es biſſenweiſe mit der vorgeſtreckten und nach oben umgelegten Zunge faſſen und ſo durch Zurück— ziehen derſelben in den Mund werfen. (Trinken bei Affen, Raubthieren, Wiederkäuern und Einhufern.) Bei allen Thieren wirkt die Zunge zum Hinunterbringen der Speiſen mit; bei manchen ſcheint dieß ihr einziger Zweck. * 24 Saͤugethiere. 5 N § 23. Bei den Säugethieren, wie bei allen Thierklaſſen überhaupt, hat der Urheber des Alls, oder (nach dem gewöhnlichen Ausdrucke) die ſchaffende Na— tur, in Betreff der Geſtalt, Größe und Bildung, ebenſo wie hinſichtlich der Verbreitung, des Aufenthaltes, der Nahrung und der geſammten Lebensweiſe, alle diejenigen Verhältniſſe erſchöpft, die überhaupt oder den be— ſonderen Umſtänden gemäß möglich waren. Hierdurch iſt in der Thier— und Pflanzenwelt, wie überhaupt in der ganzen Natur, zuvörderſt jene un— ermeßliche Man nichfaltigkeit entſtanden, über die wir mit jedem Tage mehr und mehr erſtaunen müſſen. Zweitens entſpringt daraus auch ein höchſt bewunderungswürdiges, vollkommenes Zuſammenpaſſen (Harmonie) aller Dinge, und ein fortwährendes, gegenſeitiges Ineinander— greifen derſelben. Dem gemäß eignet ſich nicht bloß jede Art lebender Weſen ihrer ganzen Bildung und allen ihren Bedürfniſſen nach genau für die äußeren Verhältniſſe, unter welchen ſie lebt; ſondern es unterſtützt zu- gleich überall Eines das Andere, bald mittelbar, bald unmittelbar: jo, daß ſelbſt Weſen, die einander feindſelig gegenübertreten, einander beider Seits bedürfen. Ja, ohne Zweifel können nicht allein diejenigen Thiere, die zum Theil in einem fortwährenden Vertilgungskriege begriffen, oder demſelben ausgeſetzt find, einander beiderſeitig nicht entbehren; ſondern auch die Pflan— zen- und Thierwelt bedürfen ſtets einer der anderen zu ihrer beiderſeitigen. Erhaltung. Ohne pflanzenfreſſende Thiere aller Klaſſen, deren eines dieſe, das andere jene Gewächſe verzehrt, würden manche der letzteren ſchon vermöge ihrer Größe oder Fruchtbarkeit die übrigen erſticken. Gleichwohl aber würden ſie nach kürzerer oder längerer Zeit ſelbſt kränkeln, und zuletzt abſterben. Denn theils würde, wegen Mangels der kleineren, der Boden um ſie her unbeſchattet ſein, ſo daß die, für alle unentbehrliche Feuchtigkeit immer wieder zu ſchnell aus demſelben entſchwinden müßte; theils würde ihnen dann ein Hauptbeſtandtheil ihrer Nahrung fehlen: nämlich jener Frucht⸗ barkeits-(Düngungs⸗) Stoff, deſſen beſonders die größeren Pflanzen bedür— fen, und deſſen Wirkſamkeit ſtets um ſo größer iſt, je mehr die faulenden Pflanzen, aus welchen er entſtand, von denjenigen verſchieden waren, die in ihm und durch ihn wachſen ſollen. Daher bedurfte es im Haushalte der Natur einer Menge ſolcher Thiere aller Art, die ſich, zuſammengenommen, von Pflanzenſtoffen aller Art nähren, jo, daß faſt keine Gewächsart ganz verſchont bleibt.“) Durch ſie werden eine Menge von Pflanzen aller Art, theils nach ihrer höheren Entwickelung, theils ſchon im Keime zerſtört: ſo zwar, daß immer, dem Willen des Schöpfers gemäß, wieder das rechte Ver— hältniß unter allen hergeſtellt wird. Aber dieſe Thiere ſelbſt müſſen auch in gewiſſem Grade wieder den Angriffen anderer Thiere ausgeſetzt ſein, die — ) Selbſt die giftigen werden von gewiſſen Thieren, namentlich von Inſekten und deren Larven, gefreſſen: indem auf dieſe ihr Gift nicht wirkt. Saäugethiere. 25 ſtets einen Theil von ihnen vertilgen und hierdurch ihre Menge fortwährend auf eine gewiſſe, angemeſſene Zahl beſchränken. Sonſt würden ſie ſehr bald ſolche Zerſtörungen in der Pflanzenwelt anrichten, daß zuletzt Hungertod ihr eigenes Loos ſein müßte. Deßhalb ſieht man faſt alle von ihnen, beſonders die kleineren und namentlich die Inſekten, je zuweilen, wenn ſie ſich allzu ſtark vermehrt haben, nicht bloß häufig zu Millionen manchen ungünſtigen Einflüſſen der Witterung erliegen; ſondern fie werden auch ftet von ſolchen Thieren verfolgt, die ſich von anderen nähren und deßhalb Raubthiere genannt werden. Viele der letzteren vermehren ſich dann, wenn und wo erſtere in vorzüglicher Menge vorhanden ſind, in Folge der reichlichen Nah— rung auch ſelbſt eine Zeit lang ſtärker, als ſonſt: (3. B. wieſelartige Thiere und Füchſe in mäuſereichen Jahren;) ſie können dann alſo um ſo leichter jener Ueberzahl Meiſter werden. So gleichen überall in der Natur zufällig entſtandene Miß verhältniſſe ſich durch das ſtete Inein— andergreifen der Umſtände ſchnell wieder aus. Dieß gilt ohne Ausnahme ſtets wenigſtens da, wo nicht der Menſch in Menge ſchaltet und waltet, und hierdurch die urſprünglichen, natürlichen Verhältniſſe weſentlich geändert hat. Durch Letzteres ergeben ſich freilich auch da, wo ſein wahrer Nutzen oder ſelbſt eine gewiſſe Nothwen— digkeit es erfordert hat, bisweilen mancherlei Uebelſtände, die aber da nicht hervorgehen können, wo Alles noch im urſprünglichen Naturzuſtande fort— beſteht. So mußte man z. B. in ſtark bewohnten Gegenden allerdings die Zahl der Füchſe ſo viel als möglich beſchränken, um nicht durch ihre Räu— bereien allzu viel Hausgeflügel und kleines Wild zu verlieren. Betriebe man aber die Jagd auf Letzteres nicht mit dem gewöhnlichen Eifer; ſo würde ſchon allein die Menge der Haſen binnen wenigen Jahren ſo groß werden, daß ſie im Sommer alle Feldfrüchte und im Winter allen jungen Wald zer— ſtören würden. Und nach ſolchen Sommern, die vermöge ihrer Trockenheit die Vermehrung der Feldmäuſe ſehr begünſtigt haben, die der Menſch nur als ſchädlich anſieht, und wegen ihrer Kleinheit nur mit Mühe verfolgen kann, wünſchen Landleute und Jäger zur Vertilgung derſelben wohl oft mehr Füchſe und Wieſel herbei, als ſie ſonſt ihres Geflügels und Wildes wegen dulden wollen und dürfen! Zum Glücke vermehren ſich dann nicht bloß dieſe Raubthiere oft ziemlich ſchnell; ſondern der Zug der Vögel führt uns dann auch bald eine größere Anzahl von Eulen und Buſſarden zu, die gewaltige Niederlagen unter jenen kleinen Saatenzerſtörern anrichten. Wenn Raupen, Maikäfer und andere Inſekten oder deren Larven unſere Gärten und Wälder verwüſten; ſo hat dieß vor allem Andern ſeinen Grund in dem Feichtſinne, Unbedachte oder Unverſtande, mit welchem faſt überall in ſtark bewohnten Gegenden Jung und Alt jene nützlichen inſektenfreſſenden Vögelchen verfol— gen, deren jedes täglich Dutzende und oft Hunderte von ſchädlichen Inſekten, theils in ihrem vollkommnen Zuſtande, theils ſchon als Larven oder in den 26 Säugethiere; Eiern, verzehrt. Mit einem Worte: jede Weſenart oder Gattung ohne Ausnahme trägt, fo ſchaͤdlich auch manche uns Menſchen werden können, im Haushalte der Natur zur Erreichung irgend eines nützlichen Zweckes bei. Jede, fo Fein fie auch fein, fo unbedeutend fie ſcheinen. mag, iſt ein nützliches Glied in der großen Kette des Ganzen; ja, gerade viele der kleinſten werden bei der unermeßlichen Menge, in welcher ſie vorhanden ſind, faſt unberechenbar nützlich, und zwar meiſt auf eine Weiſe und in Dingen, wo der Menſch ihre Wirkſam— keit ſelbſt bei Anwendung aller ſeiner Geiſtes- und Körperkräfte auf keine Art künſtlich erſetzen kann. 8 24. Daher hat der Menſch alle Urſache, ſelbſt bei Verfolgung derjenigen Geſchöpfe, welche im Leben ihm ſchädlich werden, ſo wie mit dem Tödten ſolcher, die ihm nach ihrem Tode nützen, ſtets vorſichtig zu verfahren, um ſich nicht ſpäter dafür um ſo größere Nachtheile zuzuziehen. Deßhalb iſt es jetzt allmählig immer mehr nothwendig geworden, daß die Landesregierungen 3. B. überall das Einfangen inſektenfreſſender Vögel verbieten. Nur bliebe zu wünſchen, daß dergleichen Verboten allenthalben, wo man noch muth— willig dagegen ſündigt, durch empfindliche Strafen der nöthige Nachdruck gegeben werden möchte! Aber ſehr viel kann und wird gewiß auch hierzu der weitere Unterricht in der Naturkunde beitragen: wenn die Kenntniſſe von . dem wahren Nutzen der erſchaffenen Dinge und von dem Zuſammenhange der geſammten Natur immer allgemeiner verbreitet werden, ſo daß ſchon die Jugend ſich überall zur gehörigen Beachtung deſſelben aufgefordert ſehen wird. Die Häute der meiſten großen Säugethiere werden häufig auf beiden Seiten gegerbt, (inwendig von der feinen Hautmuskelſchicht, äußerlich von den Haaren befreit.) Sie geben dann Leder verſchiedener Art, welches noch ſonſt zu verſchiedenen Zwecken auf beſondere Weiſe zubereitet wird. Die Felle ſehr vieler von geringer und mittlerer Größe in kalten Ländern benutzt man wegen ihres dichten, warmen und oft ſchön gefärbten Haares als Pelzwerk; beſonders, wenn die Thiere im Winter getödtet worden ſind. Die ſchön ge— zeichneten Felle mancher aus heißen Ländern werden mehr zur bloßen Zierde gebraucht. Aus den Haaren und Borſten macht man Pinſel, Bürſten und dergleichen, oder ſtopft Kiffen damit aus, polſtert Sitze damit ꝛc. Bei uns wird nur das Fleiſch faſt aller Raubthiere und der meiſten ganz kleinen Gattungen von Saͤugethieren überhaupt verſchmäht. Das aller übrigen, be— ſonders der großen, ißt man dagegen faſt überall gern. Doch wird das von ſehr vielen, beſonders von wilden, (Wildbrät, Wildpret!) im höheren Alter etwas hart. Mehrere Hufthiere hat der Menſch theils deßhalb, theils um ſich ihrer zum Ziehen, Laſttragen oder Reiten zu bedienen, ſchon in ſehr früher Zeit zu Hausthieren gemacht. Ihre Milch genießt man entweder roh, oder beraubt ſie ihres Fettes und Käſeſtoffes, um daraus Butter oder Käſe zu bereiten. Von ſolchen Thieren bleibt dann faſt nichts unbenutzt. Ihre Hörner, zum Theil auch die Knochen, nimmt man zu Kammmacher- und Drechslerarbeiten; und zerkleinert (als Hornſpäne und Knochenmehl) lie— fern beide ein noch beſſeres Düngungsmittel, als der Unrath dieſer Thiere, den man ſtets als ſolches benutzt. iſte Ordn.: der Menſch— 27 fie x 2 + 1e Ordnung: der Menſch 18 25. Seinem ſichtbaren und geringeren Theile, dem Leibe, nach, gehört der Menſch eben ſo beſtimmt zu den Säugethieren, deren erhabenſten Endpunkt er in dieſer Hinſicht bildet, wie er ſeinem unſichtbaren, beſſeren Theile, dem Geiſte nach, unendlich weit über allen ſteht: indem er hierin „nach dem Ebenbilde Gottes geſchaffen“ erſcheint. Von den Affen, die, außer vielen an— deren Stücken, auch durch den Beſitz von Händen (mit weit zurückgerücktem und entgegenſtellbarem Daume) an den Vordergliedmaßen ihm gleichen, unterſcheidet ihn beſonders der Beſitz von Plattfüßen an den Hinter— gliedern, deren Daum (große Zehe) nicht bloß länger und ſtärker iſt, ſon- dern auch weiter vorgeſchoben ſteht, als die übrigen Zehen. Dieſe Fußbil— dung, in Verbindung mit der Einrichtung mehrerer anderen Körpertheile, befähigt ihn ganz ausſchließlich nur zum aufrechten Gange. Durch dieſen iſt er im Stande, mit Bequemlichkeit nicht bloß einen bedeutenden Geſichts— kreis vor und neben ſich zu überſchauen, ſondern auch feinen Blick zum Himmel zu erheben. Letzteres kann und ſoll den Menſchen dankbar an den göttlichen Urſprung ſeines Geiſtes erinnern, in welchem in verſchiedenen Graden eine Menge großer Anlagen zur Erwerbung von Kenntniſſen und Fertigkeiten und zur Vervollkommnung in allem Guten ſchlummern, die ſchon im frühen Kindesalter zu erwachen beginnen, und dann durch Unterricht und Erziehung in geiftiger und ſittlicher Hinſicht ausgebildet werden ſollen. [S 26. Wie ſehr aber der Menſch vermöge ſeiner ganzen Organiſation, alſo dem Willen des Schöpfers gemäß, auf eine ſolche, immer weitere Ent⸗ wickelung aller ſeiner Geiſtesanlagen hingewieſen iſt, geht bei einiger Betrachtung bald aus Allem hervor. Dafür ſpricht z. B. der faſt gänzliche Mangel alles Desjenigen, was man bei Thieren Inſtinkt (Natur— und Kunſttrieb) nennt. *) Zunächſt würde der Menſch, bei feinem nackten Körper, ohne Kleidung ſchutzlos allen Wirkungen von Näſſe und Kälte ꝛc. ausgeſetzt ſein. Dieß weiſt ſeinen Verſtand darauf hin, dieſen Mangel durch Anfertigung einer künſtlichen Bedeckung zu erſetzen und ſich durch den Bau kunſtreicher Wohnungen nach gewiſſen Regeln des Verſtandes und der Er— fahrung vor dem Ungeſtüm der Witterung zu ſichern. Ferner kann oder mag und ſoll der Menſch ſehr viele Speiſen nicht füglich, manche gar nicht, im rohen Zuſtande genießen; auch findet er in vielen Gegenden über— haupt, beſonders aber zu gewiſſen Zeiten des Jahres, keine hinreichende Menge von geeigneter Pflanzennahrung, wild erzeugt, vor. Dieß zwingt ihn dann, nicht bloß den größeren Theil derſelben durch künſtlichen An— bau von Gewächſen zu erwerben, und zum Theil ihre Beſchaffenheit hierdurch zu verbeſſern; ſondern er iſt auch genöthigt, den größten Theil ) Man verſteht unter Inſtinkt jede angeborene Neigung und Fähigkeit, aus freiem Antriebe und ohne Anweiſung durch andere nicht bloß alles ſonſt zum Unterhalte Erfor— derliche zu thun, ſondern zum Theil auch ſich künſtliche Wohnungen nach gewiſſen, feſt be— ſtimmten Regeln einzurichten, von welchen das Thier ſich in keiner Hinſicht Rechenſchaft zu geben vermag. 28 Säugethiere derſelben erſt durch künſtliche Zubereitung (Kochen, Braten, Baden 2.) in einen Zuſtand zu verſetzen, in welchem ihr Genuß ſeinem Geſchmacke, ſeinen Kauwerkzeugen und ſeinen Verdauungsorganen beſſer zuſagt. Beides iſt meiſt in noch höherem Grade der Fall mit thieriſcher Nahrung. Bei ihr kömmt überdieß noch die Schwierigkeit hinzu, daß der Menſch ſich der meiſten Thiere im Zuftande ihrer Freiheit gewöhnlich nur durch allerhand Liſt bemächtigen kann. Er muß daher mancherlei Vorkehrungen mit Hülfe ſeines Verſtandes treffen, und ſchon deßhalb namentlich zu Anfertigung künſtlicher Waffen ſeine Zuflucht nehmen: weil ähnliche natürliche An— griffswaffen, wie alle größeren Raubthiere ſie beſitzen, (große Eckzähne und Krallen,) ihm gänzlich fehlen. Manche pflanzenfreſſende warmblütige, denen er leicht die gehörige Nahrung verſchaffen kann, hält er ſchon lange ge— zähmt, um ihr Fleiſch, ihre Milch u. ſ. w. jederzeit nach Belieben benutzen zu können. : 27. Sind nun jene beiden Haupterforderniſſe der Nothwendigkeit Nahe rung und Kleidung) im Weſentlichſten befriedigt, ſo regen ſich meiſt in dem Menſchen allmählig eine Menge anderer Wünſche: gewöhnlich in Folge derjenigen Gedanken und Gefühle, vermöge deren, oder um deren willen der Menſch die Befriedigung jener erſten Bedürfniſſe geſucht und gefunden — hat. Dieſe neuen, untergeordneten Wünſche betreffen zunächſt allerdings - meiſt nur die Bequemlichkeit und Annehmlichkeit des Lebens, und ihre Befriedigung kann ſomit, ſtreng genommen, unnöthig ſcheinen. Doch erfordert dieſelbe ſtets mehr oder weniger, oft in ſehr hohem Grade, die An— wendung und weitere Ausbildung aller derjenigen Gedanken, Crfahrungen und Einrichtungen, vermöge deren wir zur Befriedigung jener erſten Grund— erforderniſſe (Bedürfniſſe) gelangt find. Dieß hat von den früheſten Zeiten der Menſchheit her bis jetzt immer mehr und mehr ſeine mannigfaltigen Fol— gen, ſowohl für den Menſchen im Einzelnen, wie für die Geſtaltung der ganzen menſchlichen Geſellſchaft, geäußert: indem es eben ſo weſent— lich zur Geſtaltung der letzteren, wie zur Beförderung menſchlicher Kenntniſſe und Geiſtesbildung überhaupt, beigetragen hat. Mit dem Zunehmen der letzteren nahm ſtets auch die Zahl ſolcher Bedürfniſſe zu, welche aus dem Streben nach allerhand Bequemlichkeiten und Lebensan— nehmlichkeiten hervorgehen. Aber die Befriedigung der meiſten, oder wenig— ſtens mehrerer einander ähnlichen, fordert ſtets auch gewiſſe Kenntniſſe und Kunſtfertigkeiten, die meiſt erſt durch anhaltende Bemühung und Uebung erworben werden können. Indeß wurde die Verſchiedenheit dieſer Erforderniſſe für verſchiedene dergleichen Bedürfniſſe immer größer, und es erſchien ſehr bald als unmöglich: daß Ein Menſch ſich dieſelben alle zuſam— men aneignen könne. Dieß wurde dann vor allem Anderen der Haupt- grund, warum die geſammte menſchliche Geſellſchaft ſich allmählig in gewiſſe Stände und Gewerbe theilte: indem ſtets ein Theil derſelben es unter— nahm, ein oder mehrere beſtimmte Bedürfniſſe nicht bloß für ſeine Perſon und ſeine Angehörigen zu befriedigen, ſondern dieſelben gegen angemeſſene Vergütung auch für Andere zu beſorgen, nachdem er ſich die hierzu nöthige Kenntniß und Uebung erworben hatte. Hierdurch werden in einer wohlge— ordneten menſchlichen Geſellſchaft immer die Einen unentbehrlich für die Anderen. Alle haben daher ſtets Veranlaſſung, ſich zu und an ein— ander zu halten, weil Niemand der Anderen irgendwie völlig entbehren kann. Daß es aber nach dem Willen des Weltenregierers auch wirklich ſo ſein iſte Ordn.: der Menſch— 29 ſolle, geht klar aus Allem hervor. Denn eben hierbei wird Jedem, der es ernſtlich will, vielfach Gelegenheit gegeben, nicht bloß zur Aus bildung feines Geiſtes, ſondern auch zur Uebung aller Tugenden - und überhaupt zu jener ſittlichen Vervollkommnung, welche wir als den auptzweck des menſchlichen Lebens zu betrachten haben, und zu welcher 5 gute Beiſpiele die ſchönſte und erfolgreichſte Anleitung gewähren. Darum ſoll der Menſch ſich nicht vereinzeln; denn jeder ſoll nicht bloß für ſich allein, ſondern jederzeit auch nach Kräften für Andere, alſo über— haupt für die Geſammtheit, zu wirken ſuchen. Darauf deuten bei ihm, im Gegenſatze zur Thierwelt, die nothwendige und von Gott befohlene, lange oder beſtändige Vereinigung der nächſten Angehörigen in Familien; die gegenſeitige Abhängigkeit, beſonders der jüngeren Mitglieder derſelben von den älteren; und jene warme Anhänglichkeit an einander, wie theils Liebe und Dankbarkeit, theils Gewohnheit und Bedürfniß ſie erzeugen. Alles zuſammen verbindet aber nicht bloß für die Gegenwart einzelne Fami— lien zu einem kleineren Kreiſe, und Staaten oder Völker zu einem größe— ren Ganzen; ſondern es verknüpft ſogar immerfort die verſchiedenen Ge— nerationen und Zeitalter, alſo Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, mit einander. Denn Jeder weiß und fühlt, indem nicht bloß Religions- vorſchriften, ſondern auch ſein tiefſtes Inneres es ihm ſagen: daß er alle jene Liebe und unzähligen Wohlthaten, die er ſelbſt von ſeinen Eltern genoſſen hat, dieſen höchſtens nur theilweiſe wieder erweiſen könne; daß er alſo ſeine Hauptſchuld an die Menſchheit, die eben ſeine Eltern ihm auferlegt haben, nur durch Gewährung gleicher Liebe und Sorgfalt für ſeine Nachkommen abzutragen ſuchen könne und müſſe. Darum ſoll es von Jugend auf das ernſtliche Streben eines Jeden bleiben, ſich durch die nöthige Ausbildung des Geiſtes und des Herzens, durch Kenntniſſe und gute Sitten, immer mehr zu einem nützlichen und würdigen Gliede der menſchlichen Geſellſchaft zu bilden. Das Eine lehren uns Religion und Sittenlehre, das Andere Kunſt und Wiſſenſchaft. Mit einem gewiſſen inneren Drange und den nöthigen Anlagen zu beiden, und mit den beſonderen Vorſchriften zu erſte— ren, iſt von allen den unzählbaren Weſenarten, welche Gottes Allmacht ſchon allein auf der Erde ins Daſein gerufen hat, nur der Menſch allein begabt. Denn beide ſetzen nächſt dem Verſtande, hinſichtlich deſſen der Menſch ſo unendlich weit über allen Weſen ſteht, auch die hehren Gaben der Ver— nunft und der Sprache voraus, mit welchen Gott vorzugsweiſe vor allen irdiſchen Weſen nur den Menſchen allein bedacht hat. [s 28. Körperlich ſteht der Menſch allerdings in vielen Einzelheiten hinter einer großen Menge von Thieren, namentlich von Säugethieren, zurück; aber mehr ſcheinbar, als wirklich, und jedenfalls nur darum, weil bei vie— len Thieren, ſchon ihrer Lebensweiſe wegen, manche Organe eine ganz außer— ordentliche, übermäßige Entwickelung erforderten. Dagegen vereinigt der Menſch faſt alle Vollkommenheiten, welche die Thiere, namentlich die höheren, nur getheilt beſitzen, in fo weit und in ſolchem Grade der Ausbildung mit einander, wie dieß den Umſtänden gemäß und ohne zu ſtarkes Uebergewicht des einen Organes gegen das andere möglich war. In den wenigen entgegengeſetzten Fällen aber geben ihm Verſtand und Vernunft die Mittel an die Hand, um Dasjenige, was ihm theilweiſe körperlich gebricht, nöthigen Falls durch Kunſt zu erlernen, oder es mit Hülfe von Kunſtwerken zu erſetzen. Dabei ſtehen Körper und Geiſt, 30 Säugethiere ſelbſt hinſichtlich ihrer Fähigkeiten und Bedürfniſſe, wieder in wunderbar genauer Verbindung und Wechſelwirkung zu einander. Z. B.: ohne den Beſitz von Händen, ſo wie ſie wirklich ſind, würde der Menſch, ſelbſt wenn ſein Körper ohne dieſelben beſtehen könnte, gewiß nimmermehr auch nur einen ganz mäßigen Grad geiſtiger Ausbildung zu erreichen im Stande ge— weſen ſein: weil faſt alle Hülfsmittel zum Erreichen, Verbreiten und Sicher— ſtellen eines jeden bedeutenderen Erfolges hierin nur durch Anwendung ſo geſchickter und gerade ſo beſchaffener Organe, wie unſere Hände ſind, her— vorgebracht werden können. Denn ohne ſie würde ja nicht an Schreiben, Zeichnen und Buchdruckerei, folglich auch weder an Leſen, noch an ſonſtige ſchnelle und allgemeine Verbreitung von Gedanken und Kenntniſſen, zu den— ken ſein. Dabei iſt der Organismus des Menſchen, trotz ſeiner Fein⸗ heit und Vielſeitigkeit, zugleich fähig, ſich leichter und ſchneller, als der irgend eines Thieres, ſehr verſchiedenen Himmelsſtrichen anzupaſ— ſen. Daher ſind nicht bloß alle Gegenden des Erdbodens für den Menſchen bewohnbar, ſondern auch alle mehr oder weniger wirklich bewohnt; und bei großen Seefahrten hält ſich häufig ein und derſelbe Menſch bald kurz hinter einander, bald längere Zeit, ohne Nachtheil unter ſehr verſchiedenen Him— melsſtrichen auf. Außer der Beſchaffenheit der Luft hinſichtlich der Wärme und Kälte (Temperatur) iſt jedoch auch die Nahrung des Menſchen unter verſchiedenen Himmelsſtrichen in hohem Grade, zum Theil ganz und gar, verſchieden. Manche Bewohner heißer Gegenden nähren ſich faſt ausſchließ— lich, einzelne Völker ( B. manche Hindus) lediglich von Pflanzenſtoffen; die Bewohner der Polarzone können, bei dem faſt gänzlichen Mangel eßbarer Pflanzen in dieſem Himmelsſtriche, meiſt nur von Fiſchen, Robben und ſonſtiger thieriſcher Speiſe leben. [s 29. Das Menſchengeſchlecht bildet übrigens allenthalben, auf dem ganzen Erdboden zuſammengenommen, nur Eine Gattung und nur Eine Art. Aber der beſtändige, ſeit Jahrhunderten, ja meiſt ſeit Jahrtauſenden fortgeſetzte Aufent⸗ halt der meiſten Menſchen eines Volkes unter demſelben Himmelsſtriche hat wahr— ſcheinlich weſentlich dazu beigetragen, daß ſich mehrere, zum Theil ſehr beſtimmte Menſchenraſſen gebildet haben. Solche Grundverſchiedenheiten (Hauptraſſen) unterſcheiden ſich, außer der Geſichts- und Haarbildung, gewöhnlich auch mehr oder weniger durch die Farbe von einander. Man nimmt ihrer gewöhnlich fünf an. Doch gehen dieſelben natürlich da, wo zwei oder mehrere an einander gränzen, theils in Folge ihrer Vermiſchung mit einander, theils auch wegen des gleichen Himmelſtriches, mehr oder minder in einander über. So entſtehen dann viele ſo genannte Nebenraſſen. Endlich ſtehen auch ſelbſt die Grundzüge (Charaktere) keiner Hauptraſſe ſo unbedingt feſt. Vielmehr kommen in jeder derſelben aus— nahmsweiſe ſtets einzelne Perſonen (Individuen) vor, die theilweiſe, bald der Ge— ſichts- und Haarbildung, bald der Farbe nach, Dasjenige an ſich tragen, was eigent— lich als Regel für eine ganz andere Raſſe gilt. Jene 5 ſind, wenn man ſie nach der Stärke ihrer Färbung, ſo wie nach dem Grade ihrer Schönheit im Allgemei⸗ nen ordnet, und wenn man Dasjenige, was von der Mehrzahl der Individuen gilt, als Regel betrachtet, folgende: 1) Die kaukaſiſche Raſſe. Sie iſt von weißer oder faſt weißer Farbe, mit röthlichen Backen und länglichem Geſichte; mit erhabener, ſtark vortretender, nicht breiter Naſe, wenig hervortretenden Backenknochen, gerade liegenden Augen, gewölbter Stirn und weichem, oft gelocktem Haare, deſſen Farbe meiſt braun, im Norden jedoch häufig blond, im Süden gewöhnlich ſchwarzbraun oder ſchwarz iſt. iſte Ordn.: der Menſch. 31 Hierher gehoͤren faſt alle Bewohner Europas, (wenigſtens jetzt, nach ihrer allſeiti— gen Vermiſchung mit einander;) ferner auch die Eingeborenen des weſtlichen Aſiens und des nördlichen Afrikas, (hauptſächlich Araber oder Mauren.) 2) Die mongoliſche Raſſe: von gelblicher (weizengelber) oder gelbbrau⸗ ner Geſichtsfarbez mit flachem, breitem Geſichte, vorſtehenden Backenknochen, kleiner, ſtumpfer Naſe, kleinen, etwas ſchiefliegenden Augen mit enggeſchlitzten Au— genlidern, und mit dünnem, ſtraffem Haare von ſchwarzer Farbe. So die Kal— mücken, Kirgiſen, Mongolen, (Aleuten) und ſonſtigen Bewohner des ganzen mittle⸗ ren und nordöſtlichen Aſiens. 3) Die amerikaniſche Raſſe: von thon- oder kupferrother Haut: farbe; mit niedriger Stirn und ziemlich vortretenden Backenknochen; mit ſchwärz— lichem Haare, welches theils dem der mongoliſchen, theils dem der kaukaſiſchen Raſſe ähnelt; ſonſt mehr der letzteren, als der erſteren nahe kommend, und meiſt ſchöner, als dieſe; gewöhnlich mit etwas ſtarken Lippen. Man zählt ihr, mit Aus— ſchluß der Grönländer (Eskimo's), alle Ureinwohner der neuen Welt bei, in deren Südhälfte aber ihre Farbe mehr braun, als braunroth erſcheint. 4) Die malayiſche Raſſe. Sie kömmt, mit Abrechnung der breiten Naſe und der häufig etwas vorſtehenden Stirn, oft der europäiſchen nahe: zum Theil ſelbſt durch eine ziemlich weiße Farbe; beſonders bei vornehmen Perſonen und Frauen. Gewöhnlich iſt dieſelbe jedoch braun, am häufigſten kaſtanien- oder mahagonibraun, zuweilen ſchwarzbraun; das ſchöne Haar ſchwarz, dicht und lockig. Außer den Bewohnern der ſüdlichſten Theile von Aſien werden noch die der mei— ſten Südſeeländer (Oceanier) zu ihr zu rechnen ſein. 5) Die äthiopiſche Raſſe heißt auch die der Neger, (Schwarzen,) wegen ihrer ſchwarzen Hautfarbe. “) Dieſe Raſſe macht ſich noch außerdem leicht kenntlich durch ſtark aufgeworfene, wulſtige Lippen, ſtumpfe Naſe und ſchwarzes, wollig-krauſes (nicht lockiges), dabei aber doch grobes Haar, welches nie ſehr lang wird, wohl aber leicht filzartig verwächſt. Ihr Kopf erſcheint ſchmal; Kinn und Stirn ſtehen zurück, während die Kiefer (der Geſichtstheil von der Naſe bis zum Kinne) ſehr entwickelt ſind und ſtark hervortreten. Sie umfaßt die Einwohner von Mittelafrika, ſüdwärts höchſtens noch mit Einſchluß der Kaffern, die ſich bereits den Hottentotten nähern. Letztere ſind offenbar mehr mit den Malayen verwandt, und nähern ſich zum Theile ſelbſt den Mongolen, namentlich den Chineſen. Da— gegen zeigen die Urbewohner von Neuguinea und den benachbarten Inſeln (Papu's wieder eine eben ſo große Aehnlichkeit mit den wirklichen Negern. Die Einwoh— ner der nördlichen Polarländer, mit Ausnahme von Island, weichen durch Klein— heit und Häßlichkeit von der übrigen kaukaſiſchen Raſſe, zu welcher ſie von den Meiſten gerechnet werden, ſchon merklich ab. [$ 30. Ueberall bedarf der Menſch ſchon zu ſeiner körperlichen Ausbildung mehr Zeit, als irgend eines der übrigen Säugethiere, die übrigens zum großen Theile weit unentwickelter zur Welt kommen, als er, und ſämmtlich ihr Wachsthum um ſo ſpäter vollenden, aber auch um ſo länger leben, je größer ſie ſind. Kein Thier bleibt ſo lange ganz hüflos, wie der Menſch; keines nimmt daher in ſolchem Grade die liebende Sorgfalt ſeiner Angehörigen in Anſpruch. Doch braucht der Menſch *) Dieſelbe iſt fo dunkel, daß fie ſelbſt unter einem kälteren Klima ſich nur ſelten merk— lich bleicht; und ſo charakteriſtiſch bezeichnend, daß man als Ausartungen unter den Negern ebenſo, wie bei dunkel gefärbten Thierarten, zuweilen wirkliche Kakerlaken ſindet. (Albi— no's oder Weißlinge, mit völlig weißer Haut, weißem Haare und rother Sehoͤffnung im Auge.) Auch gefleckte (weißbunte) Neger giebt es. "A 32 i Saͤugethiere; 2te Ordn.: Affen. unter ſüdlichen Himmelsſtrichen weniger Zeit dazu, als unter nördlichen. Alles dieß ſteht in genauem und nothwendigem Zuſammenhange mit der Belebung und Entwickelung ſeiner geiſtigen Fähigkeiten, die zu ihrer allmähligen Vollendung gleichfalls einen bedeutenden Zeitraum erfordert, dafür aber meiſt auch bis ins hohe Alter noch einer Steigerung fähig bleibt. Nur wenige Säugethiere werden ſo, wie der Menſch, ohne Zähne geboren. Ihre Zahl beträgt bei ihm — 44, 5 32, und der letzte Backenzahn bricht gewöhnlich erſt mit dem verſtändigeren oder mann— baren Alter hervor; daher ſein ſcherzhafter Name „Weisheitszahn.“ Kein Thier hat ſo ebenmäßig dicht geſtellte, ſo genau an einander ſchließende und ſo durchweg gleich lange Zähne, wie der Menſch. te Ordnung: Affen. 8 st. Ihre Hintergliedmaßen endigen ſtets in Hände: d. h. ſie haben einen leichtbeweglichen und bedeutend zurückgerückten Daumen, welcher den übrigen Fingern entgegengeſtellt werden kann. Dieſer macht ſie ſämmtlich in hohem Grade geſchickt zum Klettern: indem er ihnen das Anhalten an den Aeſten und Zweigen der Bäume auch mit den Hintergliedmaßen ſehr erleich— tert. Aber nicht alle beſitzen auch Vorderhände; deßhalb iſt der, ſonſt ſehr gebräuchliche Name „Vierhänder“ für die ganze Ordnung durchaus nicht zu billigen. Ihre Verbreitung beſchränkt ſich faſt lediglich auf die waldigen Ge— genden heißer Erdgürtel, innerhalb der Wendekreiſe, oder ganz in der Nähe derſelben. Nur hier finden ſie Jahr aus, Jahr ein reichlich die erwünſchte Nahrung: allerhand kleine und große, wohlſchmeckende und vorzüglich ſaft— reiche Früchte, Beeren und Körner; ferner Inſecten, Larven, Vogeleier ꝛc. Als die vollkommenſten aller Weſen nächſt dem Menſchen, ähneln ſie ſonſt in allen Stücken entweder bloß ihm, oder theilweiſe den Raubthie— ren; nur wenige hat man entfernter mit den, am vollkommenſten organiſirten Nagern verglichen. Sie zerfallen nach dem Grade dieſer Aehnlichkeiten in 2 Unterordnungen. Iſte Unterordn.: Wahre Affen. Dieſe haben an allen Zehen beider Fußpaare ſo genannte Plattnägel, d. h. ſolche, welche denen des Menſchen ähnlich ſehen: indem ſie mehr oder weniger flach und, mit Abrechnung ihres vorderen Randes, überall angewachſen ſind. Schon deß— halb kann das Klettern bei ihnen nicht, wie bei den meiſten übrigen klettern— den Säugethieren, durch Einkrallen mit den Nägeln geſchehen; ſondern bloß durch ein ähnliches Umfaſſen mit Armen und Beinen, wie bei dem Men— ſchen, der indeß freilich nur wenig dazu geeignet iſt. Auch ihre Vorderglied— maßen ſind ſtets Hände, wie beim Menſchen. Die Zahl der Vorderzähne beträgt ſtets 2, wie bei dieſem; und die Eckzähne find bei manchen gleichfalls wenig oder kaum länger, als die übrigen. Der Kopf zeigt gewöhnlich ſeiner ganzen Bildung nach und in faſt allen Theilen eine ſehr bedeutende Aehn— lichkeit mit dem des Menſchen. Daher erſcheinen dieſe Thiere, zumal im ge— — a) wahre A. der alten Welt. 33 reizten Zuſtande, wo ihre Gemüthsbewegung ſich haͤufig durch allerhand lächerliche Geſichtsverzerrungen und ſonſtige, ſehr lebhafte Gebärden äußert, gleichſam als Zerrbilder des Menſchen, die mit ihm nur die Glätte des Ge— ſichtes theilen, ſonſt aber am ganzen Körper behaart ſind, wie andere Thiere. Im Zuſtande der Ruhe ſitzen ſie meiſt nach Art der Kinder zuſammengekauert. Eines wirklich aufrechten Ganges ſind ſte jedoch faſt alle nur für kürzere Zeit fähig; und ſie nehmen denſelben gewöhnlich nur dann an, wenn ſie etwas mit den Vorderhänden forttragen. Am häufigſten kommt dieß noch bei denjenigen vor, welche die ſo genannte alte Welt bewohnen. Dieſe bilden die 8 22 Iſte Zunft, und machen ſich kennbar durch ihre menſchenähnlich— ſchmale Naſenſcheidewand. (So heißt der Knorpel, welcher die beiden Naſenlöcher von einander trennt, und bei den Affen der neuen Welt viel breiter iſt.) Sie gleichen dem Menſchen, welchem ſie meiſt überhaupt am nächſten ſtehen, auch immer in der Zahl und ziemlich genau in der Bildung ihrer Backenzähne (s). Die meiſten beſitzen, wie er, einen rundlichen Kopf mit wenig verlängertem Geſichte. Faſt alle haben, zum beſſeren Feſt— halten beim aufrechten Sitzen auf Aeſten, einen nackten Sitztheil mit dicken, ſchwielenartigen Erhabenheiten, (Geſäßſchwielen.) Alle halten ſich gern in Geſellſchaft, obgleich es nicht ſelten einen kleinen, vorübergehenden Streit unter ihnen giebt. Einige, bei denen die Menſchenähnlichkeit den höchften Grad erreicht, ſind ohne Schwanz; ihnen fehlen auch die, ſo vielen anderen Affen des alten Feſtlandes eigenthümlichen Backentaſchen. Sie bewohnen bloß die hei— ßeſten Gegenden von Afrika und Aſten. Daher bleiben ſie empfindlich gegen jede etwas kühlere Witterung, und überſtehen entweder ſchon die Ueberfahrt nach Europa nicht, oder bleiben hier bei aller Pflege meiſt nur kurze Zeit. am Leben. Sie übertreffen alle übrigen Affen noch bedeutend an Einſicht und Gelehrigkeit. Auch mögen ſie ſich in der Gefangenſchaft nur ſelten mit ihnen befaſſen; ſie ſcheinen ſich gleichſam für etwas Höheres und Beſſeres zu halten, die geſchwänzten zu verachten und ſich ihrer Geſellſchaft zu ſchä— men. Dem Benehmen von gezähmten zufolge, liegt es außer Zweifel: daß ſie im Freien, wenn ſie ſich auch gewiß keine eigentlichen Hütten bauen, doch mehrere Zweige von Bäumen zu einer Art von ſchwebendem Neſte oder Bette verflechten, um darin recht bequem zu ruhen. Gefangen gehaltene ſuchen ſich, wenn ihnen kein Bett gegeben wird, Tücher oder Kleidungs— ſtücke und dergl. zuſammen, um ſich daraus ein weiches, warmes Lager zu bereiten. In Betten benehmen und bedecken ſie ſich, wie ein Menſch. (Ein Orang-Outang zu Paris legte ſich das Heu feines Lagers ordentlich zurecht und ſchüttelte es tüchtig durch einander, um es aufzulockern und unter dem Kopfe zu erhöhen; ja, einmal ſtopfte er ſogar einen Ballen davon in einen Lappen, um ſich ſo ein Kopfkiſſen zu bereiten.) Gehörig gezähmt, lernen die Affen dieſer Familie faſt wie Menſchen beim Eſſen Meſſer und Gabel, Ober- und Untertaſſe gebrauchen, ſich Thee oder Kaffee mit Zucker und Sahne einſchenken u. dergl. Gloger, allgem. Naturgeſchichte 3 31 Saugethiere; 2te Ordn.: Affen; Der entſchieden vollkommenſte von allen bleibt der Schimpanſeh oder afrikaniſche Waldmenſch (Hylanthröpus troglodytes) in Congo und Guinea. Er iſt faſt ganz ſchwarz, ſoll die Größe eines erwachſenen Mannes erreichen, und zeigt keine Spur von fo genannten Geſäßſchwielen; dabei hat er Arme von ähn- licher Länge wie der Menſch, indem er, ſtehend, mit den Fingerſpitzen nur bis an die Kniee langt, und geht ſogar, allein unter allen Affen, für beſtändig auf: recht. Ueberhaupt verrathen ſchon Geſichtsbildung und Mienenſpiel bei ihm noch mehr Klugheit und natürliche Anlage (thieriſchen Verſtand), als bei irgend einem ſeiner Ordnungsverwandten. Die Eingebornen ſeines Vaterlandes (Neger) halten daher dieſe Affen, die meiſt in Geſellſchaften leben und der Farbe nach ihnen ſelbſt gleichen, wirklich für eine Art wilder, behaarter Menſchen, die nur, wie ſie meinen, nicht ſprechen oder ſonſt ſich mit den übrigen Menſchen were möch⸗ ten, um nicht von dieſen zur Arbeit gezwungen zu werden. Von den Orang-Outangs oder aſiatiſchen Waldmenſchen (Simia), die meiſt rothgrün gefärbt ſind, mag es wohl mehrere Arten geben: da die auf Java, Sumatra und Borneo theils unter einander ſelbſt, theils von denen des feſten Landes verſchieden zu fein ſcheinen. (S. Satyrus,) Schon ihr weit mehr vor— tretendes Untergeſicht und Kinn, ſo wie viele andere Punkte, machen ſie weniger menſchenähnlich, als den Schimpanſeh; beſonders im höheren Alter, wo die Männ— chen vollends durch eine knollig fleiſchige Erhabenheit auf jedem Backe entſtellt werden und dann zum Theil den Namen Pongo führen. Dazu kömmt aber ganz vorzüglich noch die unverhältnißmäßige Länge ihrer Arme, die eben ſo, wie bei den zwei folgenden Gattungen, mit den Fingerſpitzen bis zu den Knöcheln langen, daher auf die Erde reichen, ſobald die Thiere nur ein wenig gebückt ſtehen. Sie gehen aber auch faſt beſtändig auf allen Vieren; nur giebt die ungewöhnliche Länge der Arme ihnen ſelbſt hierbei noch eine halb-aufrechte Stellung. Ihre Fort— bewegung auf dem Boden iſt daher ungeſchickt, und ſieht der eines verunglückten, kreuzlahmen Menſchen ähnlich, der mit langen Krücken geht und bei jedem Schritte die Beine durch eine Schwenkung des Hinterkörpers nachrücken muß. Zum Klet: tern, namentlich beim Beſteigen recht dicker, alter Bäume, mögen die langen Arme ihnen, wie den nächſt folgenden, vortreffliche Dienſte leiſten. Am Sitztheile haben auch die Orang-Outang's noch keine wirklichen Schwielen; wohl aber die, ihnen ſonſt ähnlichen, nur merklich kleineren Gibbon's, Ungka's oder Goloks. (Hylobätes.) Dieſe bewohnen dieſelben Gegenden, und werden auch wohl vorzugsweiſe Armaffen genannt. Man ſieht ſie häufig ihrer langen Vorderglied— maßen ſich dazu bedienen, um be an Baumäſten aufzuhängen, und ſo theils zum Vergnügen zu ſchaukeln, theils ſich im Falle einer Gefahr mehr Schwung zu einem weiten Sprunge auf einen anderen Baum geben zu können. Der Schwanz wird bei ihnen ſchon durch einen Haarbüſchel angedeutet. Eine Art (H. agilis) ſieht braun aus mit gelblichweißem Geſichte und Unterrücken; eine zweite Art (H. leuciscus) weißgrau mit ſchwarzem Geſichte. Die gewöhnlichſte (H. Lar) iſt glänzend ſchwarz, oft mit weißlicher Einfaſſung des Geſichtes. Aehnlich, nur ganz ſchwarz, iſt der Siamang, (Symphalangus syndacty- lus.) Er zeichnet ſich aber durch eine ſonderbare Eigenthümlichkeit feiner Hinters hände aus, an welchen der zweite (Zeige-) und Mittelfinger zur Hälfte an einan⸗ der gewachſen ſind. Unter der Kehle hat er eine Art weiten, kahlen Hautſack, der ausdehnbar (ein Luftſack) iſt und dann wahrſcheinlich zur Verſtärkung ſeiner Stimme dient. Dieſe erſchallt denn auch gewaltig laut, und er erfüllt damit bei Sonnenauf- und Untergang die Wälder. A 5 a) wahre A.: geſchwaͤnzte. 35 + Es dürfte allerdings kaum zu bezweifeln fein, daß es in den Zeiten, aus welchen die meiſten Thierverſteinerungen herrühren, noch keine Menſchen gegeben habe, daher auch keine eigentlich verſteinerte Menſchenknochen vou gleichem Alter zu finden ſein können; und eben ſo glaubte man bis vor Kurzem, mit Beſtimmtheit annehmen zu dürfen, daß in jenen Zeiträumen der Schöpfung auch noch keine Affen vorhanden geweſen ſeien. Jetzt hat man jedoch im ſüdlichen Frankreich verſteinerte Knochen, namenttich Kiefer mit den Zähnen, gefunden, welche einem, nahe mit dem Siamang und den Gibbon's verwandten Affen angehört haben müſſen. Deßgleichen hat ſelbſt Oſtindien ſchon ähnliche Reſte von anderen Affen geliefert, die mehr mit den noch folgenden Arten übereingeſtimmt zu haben ſcheinen. Anmerkung. Nur die feſteſten, knochigen oder holzigen Theile von Thieren und Pflanzen können in den Zuſtand der Verſteinerung übergehen. Dieß geſchah und geſchieht zum Theil noch: indem Waſſer, welches ſtark mit aufgelöſten mineraliſchen Stof— fen verſetzt iſt, die feinen Zwiſchenräume (Zellen, Poren) der Knochen und des Holzes ſo durchdringt, daß dieſelben alsdann, beim Verdunſten des Waſſers, mit jener mineraliſchen Maſſe ausgefüllt bleiben, die nun Alles natürlich weit feſter und ſchwerer macht. Unvoll— ſtändig verſteinerte Gebilde zerfallen jedoch an der Luft leicht wieder. — Die Chemie (Zer— ſetzungskunſt) kann auch künſtliche Verſteinerungen bereiten, und natürliche durch Aus— ziehen der mineraliſchen Theile mit Hilfe von Säuren wieder in den urſprünglichen Zus ſtand verſetzen. rg 33 Die nun noch folgenden Affen der alten Welt find ſämmtlich ge: ſchwänzt, und alle mit nackten Geſäßſchwielen verſehen, die ihnen offenbar das aufrechte Sitzen auf Baumäſten oder ſonſt erleichtern: indem fte das Abgleiten verhindern helfen und das Gefühl in dieſen Theilen ſehr erhöhen. Die Gattungen mit runden, menſchenähnlichen Köpfen beſitzen zum Theil einen Luftſack, wie die Siamang's, haben aber meiſt Backentaſchen. Letztere beſtehen in einer mäßigen Erweiterung der dicken, dehnbaren Backen— haut, welche den Thieren geftattet, einen ziemlichen Vorrath von Nahrungs- mitteln (3. B. Nüſſe und allerhand kleinere Früchte, Eier ꝛc.) zwiſchen die Zähne und die Backen zu ſtopfen, ohne hierdurch am Freſſen gehindert zu werden: indem ſie, zu dieſem Behufe die einzelnen Stücke zu gelegener Zeit herausnehmen. Dieſe Einrichtung, die ſich nur bei Affen der alten Welt vorfindet, kömmt den Thieren ganz beſonders dann zu Statten, wenn ſie beim Aufſuchen ihrer Nahrung auf der Erde und beſonders in einiger Ent— fernung vom Walde, durch Menſchen oder Raubthiere in die Flucht gejagt werden, wo ſie dann aller vier Hände zum Laufen bedürfen. Dem gemäß iſt ganz Afrika, welches nach Verhältniß am ärmſten an Wäldern iſt, ganz vorzugsweiſe reich an Affen mit Backentaſchen. Dieſelben zeigen faſt ſämmt— lich einen ziemlich unterſetzten Gliederbau. Im Norden jenes Welttheiles lebt der Magot (Inüus ecaudätus), oder der gemeine türkiſche Affe, deſſen Schwanz gewöhnlich ganz überſehen wird: da er bloß aus einer kleinen, warzenähnlichen Hervorragung beſteht. Dieſe Art, eine der gewöhnlichſten bei faſt allen Thierführern, iſt von gelbbräunlicher, ſchwach ins Grünliche ſpielender Farbe, und hat die Größe eines zwei- bis dreijährigen Kindes. Sie läßt ſich vorzugsweiſe zu mancherlei Künſten, namentlich zum Schwenken und Tanzen auf einem Seile nach Art der Seiltänzer, abrichten. Von einigen weni— gen aus der Gefangenſchaft entkommenen ſtammt eine kleine Anzahl dieſer Affen her, welche ſeit einer Reihe von Jahren die Felſen von Gibraltar bewohnt: den einzigen Punkt unſeres Welttheiles, der gegenwärtig Thiere dieſer Ordnung beſitzt. Die Macaco's (Salmacis, Macäcus!) find ähnliche Thiere aus Nord— und Mittelafrika, mit kurzen oder ſehr kurzen, aber ſtets deutlichen Schwän— * . 36 Säugethiere; 2te Ordn.: Affen; zen.“) Einer davon heißt nach der Bildung dieſes Theiles mit Recht der Schweinsſchwanzaffe. (S. nemestrina.) Manche haben eine ſehr ſchöne Färbung und Zeichnung. Der Mangabei (S. aethiops) iſt matt rußſchwarz mit weißen Augenlidern. Ein anderer hat ein ſchwarzes Geſicht und eine ſchnee— weiße Naſe. Alle zeichnen ſich vor vielen Affen der alten Welt, die überhaupt von roheren Sitten zu ſein pflegen, als jene der neuen, durch ungewöhnlich hef— tige Begierden und ungezogenes Weſen aus. ; Die fonft ähnlichen Affenarten mit langen Schwänzen, welche die Hälfte des Geſammtlängenmaaßes betragen, begreift man unter dem, etwas wunderlichen Na⸗ men Meerkatzen (Cercopithécus): wahrſcheinlich, weil fie über das Meer zu uns kommen und mindeſtens eben ſo lange Schwänze wie die Hauskatzen beſitzen, die ſie zum Theil auch an Körpergröße nicht bedeutend übertreffen. Es giebt ihrer viele in Afrika und mehrere in Aſien. Sie zeichnen ſich alle durch beſondere Munterkeit und großes Geſchick im Springen aus. Dabei kommt ihnen, wie den noch folgenden, ohne Zweifel auch der Schwanz zu Statten: indem er ſie vermöge ſeiner Länge im Gleichgewichte erhalten (balanciren) hilft. Die meiſten werden leicht heftig, und im Alter oft bösartig. Eine Art, die namentlich Ara— bien bewohnt, heißt die grüne Meerkatze. (C. sabaeus.) Denn ihr heller und dunkler geringeltes Haar fällt oberhalb, ohne völlig grün zu ſein, doch ſtärker ins Grünliche, als bei irgend einem anderen Weſen dieſer Klaſſe, in welcher eine wirk— lich grüne Farbe gar nicht vorkommt. Ihr Geſicht iſt ſchwarz. Eine zweite Art, die rothe Meerkatze (C. patas) in Senegambien, zeigt oberwärts faſt überall eine lichte Roſtfarbe. Eine dritte, bräunliche in Bengalen hat langes, ſchwärzliches Kopfhaar, welches unterwärts ſich überall ſtraff nach Außen richtet, dagegen oben ſpitz in die Höhe ſteht. Sie heißt davon der Affe mit der Chineſermütze. (C. Sinicus.) Ein paar meerkatzenartige Thiere in dem wärmſten Theile von Indien ſind die Naſenaffen. (Rhinalazon, Nasälis!) Sie zeichnen ſich durch die unge⸗ wöhnliche Länge ihrer Naſe aus, die bei einem, dem Kahau, (ſo genannt von feinem lauten Geſchrei, Rh. nasica, Nas. larvätus,) zu einer Art von langem Rüſſel wird, da ſie mit der Spitze vorn beinahe eben ſo tief herabreicht, wie das Kinn. Ihre Größe macht, daß das Thier ſeine Nahrung nicht auf geradem Wege und von vorn zum Munde führen kann, ſondern ſie von unten her und von der Seite hineinbringen muß. Letzteres ſcheint aber durch eine beſondere Größe des Mundes erleichtert. Die Naſenlöcher ſind vorn an der Spitze durch eine tiefe Furche getrennt. Die Farbe des Thieres iſt meiſt rothbraun. Bei der zweiten Art überſchreitet die Länge der Naſe nur wenig die einer menſchlichen Naſe von etwas mehr als gewöhnlicher Höhe. An beiden ſieht man wieder deutlich, daß alle Theile des menſchlichen Geſichtes, wie überhaupt des Kopfes, in ihrer edle— ren, höher ausgebildeten Geſtalt, ſchon irgendwo bei den Affen auf ähnliche Weiſe vorgebildet find: nur freilich meiſt in zu weit ausgedehntem Maaßſtabe.““) ) Viele Affen der alten Welt mit längeren Schwänzen gewöhnen ſich in der Gefan⸗ genſchaft, wenigſtens in Käfigen, leicht das Benagen ihrer Schwänze an. (Wahrſcheinlich, weil die Ausdünſtung und ſonſtige Einwirkung ihres Urins und des übrigen Unrathes in den Käfigen, die doch nicht immerfort gereinigt werden können, ihnen vorzugsweiſe an den Schwänzen ein ſtarkes Jucken veranlaßt, welches ſie anfänglich durch Kratzen, und, wenn es noch ärger geworden iſt, durch Beißen zu lindern ſuchen wollen.) Daher findet man in Sammlungen nicht ſelten ſolche verſtümmelte, die man nach der Kürze ihrer Schwänze für Macaco's zu halten Be fein möchte, während fie eigentlich zu den folgenden gehören. *) Man muß nämlich bei Betrachtungen dieſer Art nie vergeſſen: daß, wenn man auch der leichtern Verſtändlichkeit wegen den Gang der naturgeſchichtlichen Betrachtung ge— a) wahre A.: Schlankaffen. 37 § 34. Mehrere Affenarten, die zuſammen 3 Gattungen zu bilden ſcheinen, und faft noch langſchwänziger als die Meerfagen find, hat man wegen ihres langgeſtreckten, zarten Gliederbaues Schlaukaffen genannt. Sie ſcheinen ſämmtlich keine Backentaſchen zu beſitzen, mögen deren aber auch nicht bedürfen: da ſie bloß die waldreichſten Gegenden von Südaſien und Mittelafrika bewohnen. Dafür haben aber wenigſtens die Arten der zweiten Gattung, und wahrſcheinlich auch die der beiden anderen, einen eigenthümlich getheilten Magen, von welchem man nicht ohne Grund annimmt: daß er ſie in den Stand ſetze, ihre Speiſe nach einiger Zeit min— deſtens theilweiſe wieder aufzuwürgen, um ſie noch einmal zu zermalmen (wiederzukauen). Demnach würden ſie nöthigenfalls doch eine größere Menge von Speiſe, welche andere Affen in kahleren Gegenden häufig aus der Ferne holen und dann in den Backentaſchen nach Hauſe bringen, gleich ihrem Magen einverleiben können, um das weitere Kauen ſpäter mit Ruhe nachzu— 5 0 7 N langen Glieder erleichtern ihnen natürlich das Klettern ganz vorzüglich. Ein ſolches Thier iſt der hellröthliche Croo oder Mützenaffe (Presbyltis miträta) auf Java und Sumatra, deſſen Kopfhaar eine Art kleiner, ſpitzer Haube bildet. Er hat vor allen Affen beider Welten jene eigenthümliche, ſenkrecht-gerad— linige Richtung der Stirn und Naſe voraus, welche man beim Menſchen unter der Benennung „griechiſches Profil“ verſteht und mit Recht als vorzüglich ſchön anſieht. Doch iſt dieſelbe hier freilich etwas zu weit getrieben, und die Naſe unten gar zu platt und zu niedrig. Bei den eigentlichen Schlankaffen (Semnopithecus) haben Stirn, Augen— braunen und Obertheil der Naſe wieder die gewöhnliche, mehr aufgeworfene Form, und der Vorderdaum iſt noch etwas kleiner. Sie ſind in Indien zu Hauſe. Eine Art, der Houlmann oder Mandi, (S. Entellus,) wird anſehnlich groß, iſt ſtrohgelblich von Farbe, mit ſchwarz-violettem Geſichte, Kehle und Händen, hat einen großen Bart, und trägt auf oder über den Augenbraunen ein Paar lange, dunkle, borſtige Haarbüſchel, faſt wie ein Paar Hörner. Sie wird von den Hindu's verehrt und hat daher das Vorrecht, ſich in ihren Gärten, oder ſelbſt in den Häuſern, alle beliebigen Freiheiten herauszunehmen. Denn ſie halten dieſe Affen für verzauberte Prinzen, verehren ſie als Götter und laſſen, ſo lange ſie es irgend hindern können, um Alles in der Welt nicht zu, daß Jemand einen davon tödte. Manche Arten mit noch bunteren Farben nennt man auch wohl Kleider— affen: weil ſie ſich faſt wie Kinder in recht bunten Anzügen ausnehmen. So vor allen der Due (S. Nemaeus) in Cochinchina. Er hat ein gelbliches Geſicht mit weißlichem Rundbarte, ſo wie einen dergleichen Unterrücken und Schwanz; ſonſt ſieht er nach der Vertheilung ſeiner Farben ſo aus, als ob er eine ſchön dunkelgrauliche Jacke mit weißen Vorderärmeln, ſchwarze Handſchuhe, kurze ſchwarze Beinkleider (bis zu den Knieen), lange braunrothe Strümpfe und ein dergleichen Halstuch oder Kragen trüge. Stummelaffen (Colöbus) heißen 3 Arten ſchöner Schlankaffen des mitt— leren Afrika wegen ihrer, gleichſam verſtümmelten Vorderhände, welchen der Dau— men fehlt. Sie ſind ſchwärzlich oder kohlſchwarz, und ſonſt kurz behaart; aber der Schwanz, deſſen Endhälfte längeres Haar trägt, als bei anderen Affen der alten Welt, und ein noch länger behaarter Theil des Körpers, ſind bei zweien weiß. Einer hiervon, der gemähnte (C. polycomus) in Guinea, trägt am wöhnlich von oben 1 der ganze Bildungsgang in der Schoͤpfung doch eigentlich von unten, alſo von dem Unvollkommenſten, ausgeht. N “ 38 Süngethiere; 2te Ordu.: Affen; Kopfe und Halſe eine Mähne von äußerſt langem, weißlichem Haare. Bei dem anderen, der in Abyſſinien lebt und dort Guereza genannt wird, (C. guereza,) erinnern die weiße Stirn, Schläfe, Backen, Halsſeiten und Kehle an die weißen Kopfzeuge mancher Nonnen: während er wegen der ſehr langen, herabhängenden Haare der ganzen Leibesſeiten und des Unterrückens mit einem weißen, langhaari— gen Pelzmäntelchen behangen ſcheint. [S 35. Hundsköpfe oder gewöhnlich Waviane heißen eine kleine Anzahl von Affen mit langer Schnauze, die ihre Köpfe denen von Hunden und Bären, nicht aber denen der übrigen Affen und noch weniger einem Menſchengeſichte ähnlich machen. Sie ſind von anſehnlicher Größe, dabei ſtärker, plumper und kürzer von Gliedern, als alle übrigen, und nähern ſich den Raubthieren ſchon in jeder Hinſicht mehr, als irgend ein wahrer Affe der alten Welt. Sehr lange, große, raubthierartige Eckzähne ſetzen ſie in den Stand, ihr Gebiß mit größerem Erfolge zu gebrauchen. Dieß mag aber für ſie auch nothwendiger, als für alle übrigen, ſein: da ſie mehr, als irgend einer von dieſen, waldarme und zum Theil faſt baumloſe, meiſt gebirgige, felsreiche Gegenden bewohnen, wo ſie nicht ſo ſchnell und ſicher eine Zu— fluchtsſtätte finden. Am zahlreichſten ſind ſie in den waldärmeren, ſüdlichſten und nördlichſten Theilen von Afrika; außerdem erſtreckt ſich ihre Verbreitung nur noch auf die angrenzenden Striche von Aſien. Ihre Nahrung ſcheint unter Anderem auch in verſchiedenen, ſaftigen Wurzeln zu beſtehen. Wie ges ſchickt ſie ſich derſelben zum Theil zu bemächtigen wiſſen, ſah man an einem gezähmten. Dieſer pflegte namentlich bei rübenartigen in trockenem, feſtem Boden, wenn er ſie nicht an dem Kraute herauszerren konnte, dieſes abzu— reißen, die Erde um den oberſten Theil der Wurzel wegzukratzen, dann ſich niederzubücken, den Obertheil der Wurzel recht feſt mit den Vorderzähnen zu faſſen, die Vorderhände etwas aufzuſtemmen und ſich nun mit dem Hinter- körper nach vorn zu überſchlagen, (einen Purzelbaum zu ſchießen.) Hier- durch erhielt die Wurzel ſtets einen ſolchen Ruck, daß er fie bei feinem Wie- deraufraffen faſt immer zwiſchen den Zähnen hatte. Im Ganzen genommen, und einzelne Ausnahmen abgerechnet, bleiben die Paviane die wildeſten, un— bändigſten, ſtärkſten und widerwärtigſten aller Affen. Ein beſonders großer Umfang der dicken Geſäßſchwielen vermehrt ihre Häßlichkeit noch. Der ſonderbarſte und häßlichſte bleibt der abenteuerliche Mandril. (Mai- mon [?] mormon.) Seine Schnauze iſt in der Jugend ſchwärzlich, mit ſeichten Falten auf den Backen, und von mäßiger Länge; im mannbaren Alter wird ſie allmählig ſehr auffallend lang, zumal bei den Männchen. Die Naſe iſt dann blutroth; die Backen ſind himmelblau, und ſchräg von der Naſe nach der Seite zu von tiefen Furchen durchzogen, mit breiten Erhabenheiten dazwiſchen, welche in ſtarken Anſchwellungen der Backenknochen beſtehen. Die Farbe iſt grünlich-dun— kelbraun, ein ſpitzer Kinnbart gelblich; das Kopfhaar ſteht von beiden Seiten nach der Mitte wie eine kurze, ſpitze Perücke in die Höhe geſträubt. Mit minder auf— fallenden Sonderbarkeiten ausgeſtattet, daher dem jüngeren Mandril ähnlich, er— ſcheint der Dril. (M. leucophaeus.) Beide haben nur ſehr kurze Schwänze. Bei den ſchlechtweg fo genannten Pavianen (Cynocephälus) find dieſel⸗ ben länger, zum Theil faſt ſo lang wie der Leib ohne den Kopf; und die Schnau— zen glatt, daher denen von Hunden am meiſten ähnlich. Eine ganz braunſchwarze Art in Südafrika iſt der Choacma der Hottentotten, mit einem großen Haarbü— ſchel am Schwanze und mit langer Halsmähne. (C. ursinus s. Sphingiola.) Grünlichgrau mit ſchwarzen Händen, mit einem Barte und mit einer Art Perücke 4 a) wahre A. der neuen Welt. 39 von ſehr langem Haare iſt der Lowando in Perſien, Arabien und Aethiopien. (C. Hamadryas.) [8 36. 2te Zunft: Wahre Affen der neuen Welt. Sie haben eine breite Naſenſcheidewand, ſo daß ihre Nafenlöcher weit auseinander ſtehen, und zugleich überall einen Backenzahn mehr, (nämlich t.) Es giebt unter ihnen keine ungeſchwänzte, da fie hierzu überhaupt nicht mehr men— ſchenähnlich genug organiſirt ſind; ferner keine mit Geſäßſchwielen, da die meiſten in ihrem Wickelſchwanze das beſte Hülfsmittel zum Feſthalten unter allen Umſtänden beſitzen; endlich auch keine mit Backentaſchen, die ihnen bei ihrem beſtändigen Aufenthalte in meiſt ununterbrochenen Wäldern unnütz ſein würden. Denn Amerika (oft die neue Welt genannt) wird meiſt überall dergeſtalt entweder von unermeßlichen Wäldern, oder von eben ſo ausgedehn— ten Steppen bedeckt, daß ſeine Vierhänder ihre Nahrung hinlänglich in jenen finden können. Sie ſind zum Theil weniger lebhaft, als die der alten Welt, aber auch faſt ohne Ausnahme von weit ſanfterer Gemüthsart. Die Mehrzahl von ihnen beſitzt Greif- oder Wickelſchwänze. Dieſe unterſcheiden ſich hier, wie überall, von ſchlaffen, nicht zum Greifen geeigne— ten, meiſt leicht durch die ungewöhnliche Stärke ihrer Muskeln, Sehnen und Wirbel und durch ihre Behaarung, die nicht bloß überall kurz oder ziemlich kurz iſt, ſondern häufig noch am unteren Ende einen langen, ganz kahlen, runzeligen Streifen frei läßt. Dieſer trägt ſehr bedeutend zur Vermehrung jener Greifkraft bei, die mit einer langen, buſchigen Behaarung der Schwänze überhaupt geradezu unvereinbar ſein würde. Am häufigſten machen die Thiere Gebrauch von derſelben beim Sitzen auf Baumäſten: indem ſie dieſe mit der Spitzenhälfte des Schwanzes umſchlingen. Sie können ſich damit ſo feſthal— ten, daß ſie ſelbſt bei der ſchwerſten Verwundung und im Todeskampfe nicht loslaſſen; vielmehr pflegen die, ſo im Sitzen geſchoſſenen häufig erſt nach ein Paar Stunden (wenn der Leichnam ſeine Erſtarrung verliert und Alles an ihm ſchlaff wird) herabzufallen. Ueberhaupt können ſie den Schwanz fo viel- fach als Greiforgan benutzen, daß ſie in Käfigen eine auswärts hingelegte Frucht damit faſſen und hineinnehmen, auch z. B. den Finger eines Menſchen empfindlich drücken können. Er dient ihnen nicht bloß überhaupt gleichſam als fünfte Hand, ſondern bleibt ihnen ſogar weit unentbehrlicher, als die Vorderhände. Letzteres zeigt ſich namentlich bei Schußwunden: indem eine bedeutende Verletzung deſſelben fie mehr, als jede andere, am Entkommen hin= dert. Die jungen Thiere halten ſich auf der Flucht, wo ſie ohnehin ebenſo, wie die Jungen von anderen Affen, die Mütter mit den Armen umſchlingen, mit dem Schwanze auch noch am Halſe oder Schwanze derſelben feft. #) „) Daher fallen fie ſelbſt dann nicht ganz herab, wenn fie einmal die Arme loslaſſen, oder wenn die Mutter fie beim Durchſchlüpfen zwiſchen zu eng ſtehenden Baumäſten abftreift. Letzteres hat aber wahrſcheinlich zur Entſtehung einer recht albernen Fabel beigetragen. Dieſer zufolge ſollten zuweilen eine Menge ſolcher Affen ſich gegenſeitig an den Haͤlſen eder ſonſt umſchlingen, ſo eine lange Kette bilden und dieſe ſich nun, an einem hohen Baumaſte über dem Waſſer aufgehenkt, ſo lange hin- und herſchwenken, bis der unterſte einen Baumaſt an dem entgegengeſetzten Ufer erreichte und dann die übrigen hinüberzöge! — Begreiflicher Weife müßte hierbei das Gewicht der vielen übrigen nothwendig wenigſtens den oberſten erwürgen, oder ihm Schwanz und Glieder ausreiſſen, und dann in beiden Fällen die ganze Geſellſchaſt herabſtürzen. Auch macht die außerordentliche Große vieler Baͤume in jenen * 40 Saͤugethiere; 2te Ordn.: Affen; Die Gattungen mit dem erwähnten, kahlen Endſtreifen an der Unterſeite des Schwanzes halten ſich mit ihm und den Hinterhänden oft ſogar beim Trin— ken an: indem ſie ſich zu dieſem Behufe bloß auf ſolche Baumäſte begeben, die recht tief über das Waſſer niederhängen, wo ſie dann mit herabgeſenktem Vorderkörper das Getränk einſchlürfen. Ueberhaupt verlaſſen ſie die Bäume ſo wenig, daß ſie vielleicht kaum nach Monaten einmal die Erde betreten; ja, man meint, daß manche dieſes zeitlebens nicht thun. Hierher gehören zuerſt die Spinnen- oder Klammeraffen, bei denen der Vorderdaum entweder ganz fehlt, wie bei den Stummelaffen in Mittelafrika, oder doch nur durch einen ganz kurzen Stummel angedeutet wird. Erſtere (At@les) haben ſtraffes, ſchwarzes Haar; letztere (Eriödes) weicheres, faſt wolliges, von lich— ter Farbe. Alle zeigen einen noch geſtreckteren Gliederbau, als die Schlankaffen, ſehen aber durchaus nicht hübſch aus. Bloß in den heißeſten Gegenden iſt es ihnen warm genug. Sie gedeihen daher ſelten und nur bei Anwendung großer Sorgfalt längere Zeit in Europa; die meiſten ſterben ſchon auf der Ueberfahrt. Beides gilt in noch höherem Grade von dem ſeltenen Wollhaaraffen. (Lagothrix.) Er iſt mehr unterſetzt, mit einem ſehr weichen, aſchgrauen Pelze verſehen, und entbehrt eben ſo wenig des Vorderdaumens, wie alle ſeine noch fol— genden Ordnungsverwandten aus der neuen und alten Welt. = Die Brüllaffen oder Guariba’s (Mycetes, Stentor) würde man bei ähn— licher Geſtalt leicht an dem ſteiferen Haare erkennen; noch beſtimmter jedoch un— terſcheidet man ſie von ſämmtlichen Affen an der Dicke ihres Oberhalſes. Dieſe rührt von der unverhältnißmäßigen Größe ihres Kehlkopfes, oder vielmehr von einer Art knöcherner Trommel am Zungenbeine her, die mit dem Kehlkopfe in Verbin— dung ſteht und ein beſonderes Schallorgan bildet: indem ſie die Stimme gewaltig verſtärkt. Zu ihrem Schutze wurde zugleich noch eine außerordentliche Höhe des Unterkiefers erforderlich, die dem ganzen Kopfe ein außergewöhnliches, pyramiden— förmiges Anſehen giebt. Die Stimme dieſer Thiere ſoll an Stärke die der größ— ten Ochſen übertreffen, obwohl die größten von ihnen am Körper kaum einem Fuchſe überlegen ſind. Am häufigſten laſſen ſie ſich des Morgens, bereits vor Aufgang der Sonne, und des Abends nach dem Untergange derſelben, hören: in— dem gewöhnlich einer, gleichſam als Vorſänger, ſeine Stimme erhebt, worauf die übrigen wie im Chore einfallen.) Man kann dann ſolche Brüllaffenverſammlun— gen wohl eine Viertelmeile weit ſchreien hören. Die bekannteſte Art (M. ursi- nus) iſt von ſchöner, dunkel rothbrauner Farbe; andere ſehen meiſt ſchwarz aus. Mehrere haben einen nicht langen, aber ſehr dichten Bart, der ihren Hals nach oben zu noch dicker macht. Der Bauch iſt meiſt nur ſchwach behaart und dick aufgetrieben. Denn ſie verzehren, gleich den Klammeraffen, mindeſtens eben ſo viel Baumblätter, als Früchte; jene aber machen wegen des geringeren Gehaltes an Nahrungsſtoff ein längeres Verbleiben derſelben in ihren Eingeweiden nöthig, welches wieder eine größere Ausdehnung der letzteren erfordert. Es ſind ziemlich weichliche, dabei träge und langſame Thiere. Urwäldern ein ſolches Verfahren meiſt ganz unnöthig: da ſie mit ihren ungeheueren Aeſten meiſt über kleinere Gewäſſer hinweg-, von einem Ufer zum andern reichen; über Flüſſe von einiger Breite aber würde natürlich ſelbſt eine lange dergl. Kette von Affen doch nicht über⸗ ſetzen können. In der That ſteht es erfahrungsmäßig feſt, daß gerade in Amerika nicht ſelten Flüſſe von mäßiger Breite die beſtimmte Grenze für die Verbreitung mancher Affen: arten abgeben: ohne Zweifel, weil dieſelben bei ihrer Unfähigkeit, zu ſchwimmen, eben gar nicht von einem Ufer auf das andere gelangen können. ) Ebenſo, wie bei dem Bellen eines Hundes, bei dem Blöken eines Schaafes oder dem Brüllen einer Kuh gewöhnlich bald auch mehrere andere damit nachfolgen. a) wahre A. der neuen Welt. 41 Nicht ſo die kleineren, niedlichen und ſehr artigen Winſelaffen, (Cebus,) die zum Theile bis tief nach Paraguay hinabgehen, deren Wickelſchwanz ſchon keine kahle Stelle hat, und die ihre feine, zart klagende Stimme meiſt ſehr häufig er— tönen laſſen. Dieſe ſind unſtreitig die angenehmſten, zähmbarſten und zuthulich— ſten aller Affen: indem ſie ſich ſelbſt gegen Kinder, wie gegen ihres Gleichen, ge— wöhnlich äußerſt gefällig und liebenswürdig benehmen. Außer ſaftigen Früchten, bei deren Verzehren ſie eben ſo zierlich als ſauber zu Werke gehen, lieben ſie In— ſekten und deren Larven noch mehr, als die meiſten bisher genannten Affen. An gefangen gehaltenen haben es daher Naturforſcher und Naturalienſammler ſchon er— lebt: daß ſie ihnen die gemalten Inſekten aus koſtbaren Kupferwerken herausriſſen und zerkauten, oder die aufgeſpießten aus den Käſten nahmen und zu ihrem eige— nen Verderben theilweiſe ſammt den Nadeln verzehrten. Sie werden in Amerika meiſt Cai's oder Sai's, ſonſt auch häufig Saju und Sapaju's genannt. Wegen ihrer Farbe, die meiſt ſchön dunkelbraun iſt mit hellerem, graulicherem Kopfe, begreift man bei uns mehrere unter der Benennung Kapuziner-Affen: be⸗ ſonders einen, (C. capucinus.) Bei den meiſten ſträubt ſich das Kopfhaar längs dem Scheitel gegen einander, oder ſonſt in die Höhe. Einer, der Cai-te der Braſilianer, heißt der gehörnte Sajou oder Poſſenreiſſer, (C. fatuellus,) wegen zweier aufrechten Haarbüſchel von anſehnlicher Höhe, die ſeine Stirn 938 IS 3%. Die übrigen Vierhänder Amerika's bewohnen meiſt wieder nur die heiße- ſten Landſtriche und haben ſämmtlich dünnere, ſchlaffe, durchaus nicht zum Greifen geeignete Schwänze. Dieſe zeigen dann aber meiſt um ſo längeres Haar, und tragen daher hauptſächlich nur zur Erhaltung des Gleichgewich— tes beim Springen der Thiere auf Bäumen bei. Bei manchen Arten ſind dieſelben nur von mittlerer Länge; bei einigen wenigen kann man ſie ſogar geradezu kurz nennen. Dieß namentlich bei den Vakari's (Cercoptöchus), die keinen Bart beſitzen. Sie mögen wohl eine Trennung von denjenigen Arten verdienen, welche man vorzugsweiſe unter dem Namen Fuchsſchwanz- oder Schweif-Affen (Pithecla) verſteht. Bei dieſen iſt der buſchige Schwanz, welcher dem der Füchſe ähnelt, doch ungefähr ſo lang, wie der Rumpf, (der Körper ohne den Kopf.) Ein Paar Arten erſcheinen in eben ſo langes, als grobes, trocken anzufühlendes und wie verbrannt ausſehendes Haar geklei— det, beſitzen keinen Bart, und kurzes, lichtes Kopfhaar. Letzteres hat bei faſt allen an verſchiedenen Stellen eine verſchiedene Länge, und ſträubt ſich theils büſchelweiſe, theils tourenartig in die Höhe: ſo daß es auf ſehr poſſierliche Weiſe an manche künſt— liche Friſuren, oder ſelbſt an die Tonſuren von Mönchen erinnert. Mehrere tra— gen überdieß noch Backen- oder Kinnbärte, oder beide zugleich, von langen, äußerſt dichten und ſtarken Haaren, die ſo regelmäßig gewachſen und ſtets in ſo trefflicher Ordnung ſind, als ob ſie ſorgfältig gekämmt, gebürſtet, gewichſt, oder gar mit einem Brenneiſen künſtlich zu Locken geformt wären. Manche ſolche Thiere kann man wirklich, ſelbſt im bloß ausgeſtopften Zuſtande, faſt gar nicht ohne Lachen an— ſehen. Eine Art hiervon heißt der Händetrinker, (P. chiropötes ;) weil fie, um ihren ſehr langen Kinnbart beim Trinken nicht naß zu machen, nicht auf die, bei anderen Affen gewöhnliche Weiſe (gebückt und ſchlürfend) trinkt, ſondern das Waſſer ſitzend mit den hohlen Händen ſchöpft. Indeß mögen es wohl auch die meiſten übrigen ebenſo machen. Sanguine (Callithrix) nennt man am häufigſten eine Anzahl kleiner, nied— licher Affen derſelben Gegenden, die mit den Winſelaffen ſonſt in jeder Hinſicht die 42 Säugethiere; 2te Ordn.: Affen; größte Aehnlichkeit haben, und ſich faſt bloß durch den ſchlaffen Schwanz von ihnen unterſcheiden. Mehrere zeichnen ſich bei dunkler, zum Theil ſchwarzer Ge— ſammtfarbe durch ſchön weiße Hände, zum Theil auch durch ein Halsband oder einen Stirnſtreif von dieſer Farbe aus. Einen nahen Verwandten von ihnen, den Saimiri, (Chrysöthrix sciurea,) macht ſein ausnehmend langer Hinterkopf kenntlich. Man muß ihn trotz ſeinem zweiten Namen „Eichhornaffe“ nicht mit den, noch weit kleineren, eigentlichen Eichhornäffchen verwechſeln, die bloß an den Hintergliedmaßen Hände haben und ſchon zu den Halbaffen gehören. Er iſt ſchön olivengrau mit blauſchwarzer Schnauze; ſeine hell gelbrothen Vorderarme und Unterſchenkel nehmen ſich wie lange Hands ſchuhe und Strümpfe von dieſer Farbe aus. Die merkwürdigſten Vierhänder der neuen Welt dürften wohl die Nacht— affen (Nyetipithecus) fein, deren eine Art, Duruculi und Mirikina genannt, vielleicht die einzige überhaupt iſt und häufig bis nach Paraguay hinabgeht. Sie hat einen beſonders kleinen, ziemlich katzenartigen Kopf mit ſehr kurzen äußeren Ohren, aber mit ſehr weiter Gehöröffnung und mit gewaltig großen, gelben Augen. Letztere werden vom Tageslichte ſo geblendet, daß ſie nur des Abends und des Nachts zum Sehen taugen. Dann ſieht man ſie aber auch nicht bloß häufig ſtark leuchten, wie zuweilen die der Katzen und Hunde; ſondern ſie laſſen auch ſehr oft, beſonders bei recht lebhafter Aufregung des Thieres durch Hunger o. dergl., ein ſo ſtarkes, eigenes Licht ausſtrömen, daß ſie ihm kleinere Gegenſtände auf die Entfernung von mehr als einer halben Elle deutlich beleuchten. Es beſitzt demnach in ihnen gleichſam ein Paar kleine Blendlaternen. Bei Tage hält es ſich beſtändig (meiſt paarweiſe) tief in Höhlen von Bäumen, ſelten zwiſchen den dichteſten, ſchattigſten Aeſten derſelben verborgen, und ſchläft dann ſehr feſt. Des Nachts klettert es ſehr lebhaft umher, und ſpringt auch ſehr gut: da ſeine Hin— terbeine ſchon etwas länger ſind, als die von anderen wahren Affen. Thieriſche Speiſe, namentlich Inſekten und Eier, zieht es Früchten und anderen Pflan- zenſtoffen vor. Es überraſcht z. B. gern kleine Vögel im Schlafe, rupft ihnen, bevor es ſie frißt, die Federn aus, und läßt ſich in der Gefangenſchaft ſogar lange Zeit mit rohem Rindfleiſch o. dergl. erhalten. Somit nähert es ſich bereits mehrfach den Raubthieren und den, ihnen verwandten Halbaffen der alten Welt. Sein Pelz iſt dicht, mäßig lang und wollig, alſo gewiß ziemlich warm. Aber wegen der bekannten verhältnißmäßigen Kühle, welche ſelbſt in den wärmeren und wärmſten Gegenden der Welt (innerhalb und in der Nähe der Wendekreiſe) wäh— rend der, faſt immer gleich-langen Nächte zu herrſchen pflegt, mag ihm derſelbe bei ſeinem vollkommenen Nachtleben recht wohl zu Statten kommen. Seine Farbe ſieht oben grau, unten gelbröthlich aus, mit zwei weißen Flecken über den Augen und mit drei ſchwarzen Streifen, die ſich von der Naſenwurzel und den äuße— ren Augenwinkeln nach dem Hinterkopfe hinziehen. (Nyct. s. Aotus trivirgätus 8. felinus.) [S 38. 2te Unterordn.: Halbaffen oder Aeffer. Sie führen ſtets wenigſtens an einem oder zwei Fingern der Hinterhände, manche an mehreren, eine ziemlich lange und ſpitze Kralle. Auch ſonſt entfer- nen ſie ſich von den wahren Affen durch eine, mehr oder weniger merkliche Annäherung an die Raubthiere und Nager. Keiner von ihnen hat Backen— taſchen oder Geſäßſchwielen. Die Gattungen der Iſten Zunft, welche nur einen kleinen Theil der alten Welt bewoh— nen, beſitzen übrigens wenigſtens immer noch vier wirkliche Hände. Da— b) Halbaffen: mit 4 Händen. 43 bei find ihre Nägel (mit Abrechnung der ſpitzen Kralle am Zeigefinger der hinteren) ſo vorzugsweiſe platt, wie bei keinem von allen wahren Affen: ja noch flacher, als ſelbſt beim Menſchen. Bloß die Ohren kommen zum Theil noch denen von wahren Affen ziemlich nahe. Selten gilt dieß auch mit von der Zahl und Bildung der Vorderzähne, die hier überhaupt bei den verſchie— denen Gattungen ſehr verſchieden ſind. Die langen, ſpitzen Eckzähne und die ſpitzhöckerigen Backenzähne ſtehen meiſt denen von Raubthieren eben ſo nahe, wie jenen von Affen. Das Geſicht hat gar nichts Menſchenähnliches mehr; vielmehr iſt die Schnauze der meiſten ſo langgezogen und ſpitzig, daß man fie deßhalb mit dem gemeinſchaftlichen Namen Fuchsaffen belegt. Sie ſind überhaupt halbe Raubthiere, und meiſt nächtliche Geſchöpfe, deren Le— bens- und Nahrungsweiſe mitteninne ſteht zwiſchen jener der Füchſe und der wirklichen Affen. ä Einige kann man jedoch in ihrer Art noch mit den ungeſchwänzten und kurzſchwänzigen Affen der alten Welt vergleichen. Ja, die zwei erſten Gattungen, die Lori's und Poukan's, theilen mit den Orang-Outangs nicht bloß das Vaterland, ſondern auch die langen, dünnen Arme und die röth— lichbraune Farbe. Doch hat der Lori oder kleine Faulaffe (Stenops tardigrädus) auf der Inſel Ceplon, deſſen Gang man als ſehr langſam ſchildert, nur ungefähr die halbe Größe eines gewöhnlichen Eichhörnchens: nämlich eine Länge von 5 — 72“. Er ſcheint völlig ſchwanzlos, und hat ziemlich große Ohren, jedes inwendig mit drei klappenartigen Hervorragungen, mit denen er wahrſcheinlich bei Tage die Oeffnung des Gehörganges verſchließt, um nicht ſo leicht durch Geräuſch in der Nähe ſeiner Schlupfwinkel aus dem Schlafe geweckt zu werden. Die Poukane (Nyeticebus) in Bengalen und auf Java find ihm ſonſt ähnlich; nur haben ſie einen zwar kurzen, aber ſehr deutlichen Schwanz, kurze, faſt ganz in dem weichen Haare verſteckte Ohren, und ziemlich die Größe unſe— res Eichhörnchens. Hinſichtlich der Größe ihrer Augen gleichen ſie und der Lori ganz den Nachtaffen der neuen Welt. Der Indri, (Lichanöôtus,) mit anſehnlichen, rundlichen Ohren und ge— wöhnlichen Armen, übertrifft an Größe einen Fuchs; er iſt ſchwärzlich mit weißem Hintertheile, und ſehr kurz geſchwänzt, gleichſam der Magot unter den Halbaffen. Sanft von Gemüthsart, wie alle Halbaffen, läßt er ſich leicht zähmen, ja, wie man ſagt, ſogar zur Jagd abrichten. (2) Seine Heimath iſt Madagascar. [§ 39. Dieſe große Inſel bildet, gemeinſchaftlich mit den Gruppen der benach— barten kleineren Eilande, auch das Vaterland der meiſten übrigen Halbaffen, während ſie trotz der Nähe des Feſtlandes von Afrika keinen einzigen wahren Affen beſitzt: obgleich manche von dieſen (wenigſtens Paviane) dort bis an die äußerſte Südſpitze hinabgehen. Jene ſind nun aber ſtets langgeſchwänzt. Am kürzeſten, kürzer, als der Leib, iſt der Schwanz noch bei dem Potto (Perodicticus) in Guinea, an welchem die beſondere Kürze des Zeigefingers der Vorderhände auffällt. Er iſt ein Nachtthier, und von Farbe braunroth, in der Jugend grau. Klein, mit einem Schwanze von der Länge des Leibes und mit ſehr großen Augen, iſt der Wollmaki oder langſchwänzige Indri (Iropöcus laniger) auf Madagascar: ausgezeichnet durch weiches, gelbröthliches Wollhaar, welches ſich zu 44 Saͤugethiere; 2te Ordn.: Affen; dicken, verfilzten Lockenbüſcheln kräuſelt; mit weißem Hinterrücken und ſchwarzem Schnauzenflecke. Am bekannteſten und zahlreichſten ſind die eigentlichen Maki's oder Fuchs— affen (Lemur) auf Madagascar, Anjouan und den übrigen benachbarten Inſeln. Sie haben reichlich die Größe von Hauskatzen und Füchſen, und beſitzen im Un— terkiefer 6 ſonderbare, lange, ſchmale, faſt gerade und wagerechte Vorderzähne, die beinahe wie die Zähne eines recht dichten Kammes ausſehen und den Thieren auch die Dienſte eines ſolchen, beim Abſuchen des ſie plagenden Ungeziefers, ver— richten ſollen. Ihre Schwänze ſind eben ſo lang, wo nicht länger, als Kopf und Leib zuſammen. Bei mehreren Arten von röthlicher, bräunlicher oder graulicher Farbe ſind dieſelben einfarbig; doch Eine, der Mokoko, (L. catta,) zeigt daran ſehr ſcharf gezeichnete, ſchwarze Ringe, wie die Katzen, Coati's und ähnliche Raub— thiere. Der auffallendſte nach feiner Färbung iſt der Vari, (L. macäco.) Er hat faſt überall langes Haar, beſonders an den Backen und Ohren, die gleich den Beinen und dem Schwanze meiſt ſchwarz ſind, während faſt alles Uebrige ſchnee— weiß ausſieht. Abweichend durch eine kurze Schnauze, wie überhaupt durch einen katzenähn— lichen Kopf, find die kleineren Rollmaki's, (Chirogäle,) deren eben fo langer, dicker Schwanz kaum recht zum Greifen geeignet ſcheint, wohl aber ſich nach ſei— ner ganzen Länge auf- oder in einander rollt. Es giebt wahrſcheinlich nur zwei Arten: beide gleichfalls auf Madagascar. [S 40. Die merkwürdigſten und ſonderbarſten aller Halbaffen mit vier Hän— den find aber wohl einige kleine, nächtliche Thiere mit großen Augen, kur⸗ zen Schnauzen und mächtigen Springbeinen, die ſie befähigen, in langen Sätzen zu hüpfen. Der einzige Fall einer Verbindung von langen Hinterbeinen mit wirklichen Händen! *) Sie ſcheinen ſich hauptſächlich von Inſekten und deren Larven zu nähren: indem fte unter den Halbaffen, als den überhaupt mit den Raubthieren verwandten Vierhändern, ins Beſondere die Inſektenraubthiere vorſtellen. Beinahe das kleinſte dieſer Weſen, mit den noch am wenigſten auffallenden Beinen, iſt der Zwerg- oder Maus maki (Microcebus murinus) auf Mada⸗ gascar: von aſchgrauer Farbe, und wenig größer, als unſer kleiner Siebenſchläfer. (Länge 53“, ohne den, etwas kürzeren Schwanz.) Größer, mit noch größeren Augen und ſehr großen, ziemlich breiten, faſt haſenartigen Ohren, ſind die Galago's (Otolienus) am Senegal. Sie haben einen ſehr langen, dicken Schwanz, zum Theil mit einem Endbüſchel von länge— rem Haare, und Hinterbeine, welche vornehmlich die auffallende Länge des Fuß— blattes ſo groß erſcheinen läßt. Faſt alles dieß wird aber noch bedeutend auffallender bei einem Geſchöpfe auf den moluckiſchen Inſeln, welches ohne den Schwanz kaum 4“ lang werden ſoll: ſo daß es nicht bloß das kleinſte, ſondern auch das ſonderbarſte aller affenartigen Thiere iſt und bald Tarſer, (Langbein,) bald Geſpenſtthier (Tarsius spectrum) heißt. Sein äußerſt langer Schwanz trägt nur am Ende langes, rauhes Haar. Am Kopfe verſchwindet alles Uebrige faſt gegen die ungeheuren Augen und die mächtigen, faſt eben ſo breiten, als langen Ohren. An den Hinterhänden ſteht bei ihm auch noch auf dem Mittelfinger eine ſpitze Kralle. ) Wenigſtens in der gegenwärtigen Schöpfung. Ein ähnlicher Fall fand ſich font bei den bereits ausgeſtorbenen Händethieren unter den Raubbeutelthieren. b) Halbaffen: mit 2 Händen. 45 = [S 41. 2te Zunft: Halbaffen mit bloß zwei Händen. Bei ihnen ſind ſchon ebenſo, wie bei den vollkommenſten unter den Nagethieren, ſonſt alle Zehen beider Gliederpaare mit Krallen verſehen; nur der Daum der hinteren trägt noch einen flachen Nagel. Ihre Schwänze ſind lang, oder ſehr lang, aber ſchlaff, und ſtark behaart. Mit der Größe der Eichhörnchen verbinden ſie eine Bildung und Haltung, welche zwiſchen der von letzteren und den wahren Affen mitteninne ſteht. Dieſer Aehnlichkeit halber wird ihnen faſt allgemein die Benennung Eichhornäffchen beigelegt. Ihre Naſenſchei— dewand iſt breit, wie bei den wahren Affen der neuen Welt, deren heißeſte Ge— genden auch ſie mit ihnen bewohnen. Ihre Geſichterchen haben jedoch nur wenig Menſchenähnliches. In der Zahl der Zähne ſtimmen ſte mit den Affen des alten Feſtlandes überein. (Backenzähne =.) Es ſind ſehr geſellige und muntere Thierchen, von durchaus harmloſer Gemüthsart, ſehr furchtſam, und von ſehr zärtlicher Körperbeſchaffenheit. Es gelingt daher nur äußerſt ſelten, fie nach Europa zu bringen, und faſt nie, fie hier längere Zeit am Leben zu erhalten. Denn ſelbſt in dem heißen Brafilien legt ſich des Nachts, oder ſonſt bei etwas kühlerer Witterung, die ganze kleine Geſellſchaft auf einen Klumpen zuſammen, um ſich gegenſeitig zu wärmen. Ihre feine Stimme klingt wie das Zwitſchern kleiner Vögel. Zur Nahrung wählen ſie allerhand kleine Früchte und Inſekten. Ihre hauptſächlichſten und durchgreifendſten Unterſchiede unter einander liegen in der verſchiedenen Länge ihrer Zehen, nach welcher ſie ſich deutlich in zwei ſehr beſtimmte, kleine Hauptgruppen theilen. Dieſe muß man we— nigſtens vorläufig als wirkliche, ächte Gattungen betrachten. *) Manche Arten, die man Titi's oder gewöhnlicher Uiſtiti's (Hapäle s. Iacchus) nennt, tragen an den ziemlich kurzen Ohren oder hinter denſelben lange, hängende Haarbüſchel von dunkler oder ſehr heller Farbe, welche das Junge be— nutzen ſoll, um ſich deſto beſſer an der Mutter feſt halten zu können. Ihre Schwänze zeigen meiſt dunkle und helle Ringe. Ihre Finger ſind an beiden Fuß— paaren von mäßiger Länge; die Farbe dunkel, oft ſchwärzlich, oder nur mit Grau und Weißlich gemiſcht. Bloß Eine, das Silber äffchen, (H. argentäta,) iſt ganz weiß mit ſchwarzbraunem Schwanze, und hat nirgends lange Haare. Andere, die ſich durch Zehen von bedeutender Länge auszeichnen und hierin dem Fingerthiere unter den Nagern am nächſten kommen, führen gewöhnlich den Namen Tamarin's. (Midas.) Ihnen hängen meiſt am Halſe und Hinterkopfe lange, mähnenartige Haare von heller (3. B. gelbrother) Farbe herab, während das Uebrige gewöhnlich ſchwarz iſt. Den Haarkragen ſollen ſie bei jeder ſtarken Gemüthsbewegung aufrichten. Eine Art von der Größe des Eichhörnchens, mit beſonders langem, röthlichgelbem, faſt goldfarbigem Haare überall, heißt Löwen— äffchen. (M. Rosalia.) *) Bei genauerer Prüfung möchten diefelben jedoch, theils nach der verſchiedenen Bil: dung ihrer Vorder- und Eckzähne, die übrigens mehr oder weniger mit von Altersver— ſchiedenheiten abhängt, theils nach manchen Aeußerlichkeiten, in mehrere Gattungen zer— fallen, die wahrſcheinlich zwei kleine Famillen geben dürften. - 46 Saͤugethiere 3te Ordn.: mit Flughäuten; 3° Ordnung: Thiere mit Flughäuten. 1 4 Man pflegt ſie gewöhnlich zunächſt hinter die Affen zu ſtellen: weil die Weibchen ebenſo, wie jene der Affen, ihre Milchorgane an der Bruſt tragen, und weil man beſonders eines von ihnen, den ſo genannten fliegenden Mali aus Oſtindien, als einen nahen Verwandten der Halbaffen betrachtet. Sie ſind aber hierzu eigentlich viel zu reich an beſonderen Eigenthümlichkeiten; namentlich ſtehen ſie in mancher Beziehung den Vögeln näher, als irgend ein anderes Säugethier. Daher haben ſie auch ſchon manche Naturforſcher zunächſt vor die Vögel geſtellt. (In der älteſten Zeit ſah man ſie ſogar gerade— zu für eine Art beſonderer Vögel mit Haaren an.) Zwiſchen den Vorder- und Hinterbeinen jeder Seite, und, wenn ein Schwanz vorhanden iſt, auch zwiſchen dieſem und den Hinterbeinen, deren Zehen ſtets nach hinten gekehrt ſtehen, ſpannt ſich eine dünne, meiſt ganz nackte Verlängerung der Körperhaut als ſo genannte Flughaut aus, deren erſteren Theil man die Seiten- und deren zweiten man die Schwanz flughaut nennt. Letztere hilft beim Fluge gewöhnlich ein langer, knorpeliger Fortſatz der Ferſe (Sporn genannt) in beſſerer Spannung erhalten. Beide dienen dem Thiere dazu, um ſich, gleich den Vögeln, in der Luft zu erhalten und nach Belieben in derſelben fortzubewegen. Indem es durch Ausſtrecken der Beine ſeine Flughäute entfaltet, und durch die Bewegung derſelben den Umfang der Flughaut bald vergrößert, bald verkleinert, vermag es ſeinen Flug eben ſo ſicher und häufig noch ſchneller zu regieren, als bei Weitem die meiſten Vögel. Nur das Thier der Iſten Unterordnung, der Fliegmaki, der wegen ſeiner behaarten Flughaut auch Pelzflatterer genannt wird, ſoll jnoch mehr flattern, als flie— gen, alſo nur kürzere Strecken in der Luft zurücklegen. Bei ihm ſind aber auch die Zehen beider Fußpaare, obwohl ſie vollſtändig durch eine ähn— liche Haut mit einander verbunden werden und ſämmtlich ſcharfe Nägel zum lnhängen und Klettern auf Bäumen beſitzen, doch ſämmtlich nur kurz, wie bei anderen Thieren. Dieß macht allerdings den Umfang der Seiten— flughaut vorn um Vieles geringer, als bei den, mit ſo langen Vorderzehen begabten, wahren Flederthieren. Indeß iſt dafür, bei der anſehnlichen Länge ſeines Schwanzes, auch wieder eine ſehr anſehnliche Schenkelflughaut vorhan— den; und der Bau ſeiner Glieder ſcheint wohl kräftig genug, um ihn mit großer Leichtigkeit mindeſtens ungleich weiter durch die Luft zu tragen, als etwa ein flatterndes Eichhörnchen oder Beutelthier. N Er lebt frei auf Bäumen: theils von Inſekten und kleinen Vögeln oder Säugethieren, die er als nächtliches Thier im Schlafe überfällt; theils von ſaftigen Früchten. Von feinen + Vorderzähnen find die im Unterkiefer dünn, und von höchſt ſonderbarer, kammartiger Geſtalt, ſehen daher wenigſtens entfernt denen der Maki's ähnlich. Die Eck- und Backenzähne nähern ſich denen der übrigen, wah— b) eigentliche Flederthiere. 47 ren Flederthiere: vor welchen der Fliegmaki, nach Art einiger flatternden Eichhörn⸗ chen und Beutelthiere, den Beſitz eines Stückes von Flughaut zwiſchen den Schul⸗ tern und den Halsſeiten voraus hat. Der Kopf gleicht ziemlich dem mancher ſo genannten fliegenden Hunde. Der Körper ſteht an Größe dem einer tüchtigen Haus— katze nicht nach; die Beine ſind länger, als bei dieſer. Man weiß nicht gewiß, ob es bloß Eine Art (Galeopithecus rufus) giebt, die im Alter nur einfach roth— braun iſt, in der Jugend aber fahlbraun, mit ſchwarzen Querſtreifen ausſieht; oder, ob letztere eine beſondere Art (6. variegätus) fein mag. Sie leben auf den Molucken, Philippinen und einigen benachbarten Inſeln. 6 Is 43. 2te Unterordn: Eigentliche Flederthiere. An ihren Vor— derfüßen iſt nur der, für ſich ſtehende Daum kurz, für ſich beweglich und mit einem gekrümmten Nagel verſehen: ſo daß er in gewiſſen Fällen zum Auf— hängen, ſo wie zum Klettern in Höhlen ꝛc., dienen kann. Die vier übrigen Vorderzehen ſind ungeheuer lang, ohne Nägel, und mit in die Sei— tenflughaut verwebt, die hierdurch eine noch viel weitere Ausdehnung er— hält. *) Deshalb, und weil die kurzen, ſämmtlich getrennten Hinterzehen mit feinen, ſcharfen Nägeln ſtets nach hinten gekehrt bleiben, hängen ſich die Thiere im Zuftande der Ruhe jederzeit mit den Hinterfüßen auf: ſo, daß der Kopf abwärts gekehrt iſt, und der Körper größten Theils von der Flughaut eingehüllt wird. Es ſind meiſt nächtliche Weſen, die ſich bei Tage in Baum— höhlen, unter loſer Baumrinde, in Holzhaufen, oder unter dem Gebälke von Dächern verbergen. Manche Arten, die gern geſellig leben, ſtecken hier bis— weilen zu Hunderten bei einander; auf Kirchenböden, ſo wie in den Pyra— miden und ſonſtigen Grabgewölben von Aegypten, liegt der, freilich ſeit Jahr— hunderten angeſammelte Unrath von ihnen zum Theil 1 — 3 u. m. Fuß hoch aufgehäuft. Sie ſind ſehr zahlreich an Gattungen und Arten, und finden ſich, mit Ausnahme der kälteſten Gegenden, auf der ganzen Erde verbreitet. Vor— zugsweiſe häufig ſind ſie in wärmeren und heißen Ländern, aber nur ſpar— fan auf Neuholland. **) In Betreff der kleinen Vorderzähne, von denen im Alter nicht ſelten mehrere ausfallen, und hinſichtlich der großen Eckzähne, deren überall 1 ſteht, ſtimmt ihr Gebiß mit dem von wahren Raubthieren überein; die feinzackigen Backenzähne gleichen meiſt denen von Inſektenraͤu— bern. Gleich dieſen, leben bei Weitem die meiſten ausſchließlich von Inſekten; nie aber von Fleiſch oder Speck, bei welchem eingeſperrte verhungern. Es *) So erſcheinen ihre Vordergliedmaßen als eigenthümliche Mitteldinge zwiſchen Affen— händen (ſammt Armen) und Vogelflügeln. %) Dort giebt es nämlich in den Bäumen, die meiſt ſehr hoch, ſehr ſchlank und von äußerſt feſtem, zähem Holze find, nur ſelten paſſende Höhlen zum Verſteck für dieſe Nächt— linge während der Tageszeit. (Denn, wo ſich ja dergleichen durch Faͤulniß bilden, brechen die, dort fo häufig tobenden, gewaltigen Stürme einen ſolchen Baum ſehr bald an der hohl gewordenen Stelle ab.) Daher erklärt es ſich wohl, warum Neuholland außer einer oder ein Paar Arten fliegender Hunde, die frei auf Bäumen leben, keine anderen Fle— derthiere beſitzt, als eine größere Anzahl von Hufeiſennaſen, die ſich bei Tage ausſchließ— lich in Felſenhöhlen aufhalten, welche ſie auch dort in hinreichender Menge finden. 48 Saͤugethiere; Ite Ordn.: mit Flughäuten; geſchieht lediglich um der Waͤrme willen, wenn bei uns manche im kalten Herbſte bisweilen einen Zufluchtsort in Schornſteinen ſuchen. Ihr Gefühl, deſſen Hauptſitz die ungemein nervenreiche, auch von Blutgefäßen durchzugene und meiſt überall nackte Flughaut bildet, iſt ganz erſtaunlich fein. Ein berühm— ter Naturforſcher (Spallanzani) glaubte ihnen deßhalb, außer den gewöhnli- chen 5 Sinnen, noch einen ſechſten zuſchreiben zu müſſen: weil er bemerkte, daß ſie beim Fliegen auch in den engſten Räumen, zwiſchen Baumzweigen u. ſ. w., nie anſtoßen. Sie müſſen alſo die Gegenſtände ſchon in ziemlicher Entfernung fühlen. Trotz der Kleinheit ihrer Augen muß auch das Geſicht wenigſtens bei denen mit kleineren Ohren, die alle bereits früher in der Dämmerung auf den Fang kleiner Inſekten ausfliegen, ſehr gut ſein. Von manchen mit ungewöhnlich großen Ohren, die gewöhnlich erſt im tiefen Abenddunkel und bei völliger Nacht umherfliegen, liegt es jedoch außer Zwei— fel: daß fie bei ihrer Jagd auf Inſekten, von welchen auch die kleinſten durch ihren Flug ein feines Summen oder Schwirren erregen, wohl mehr ihrem erſtaunlich feinen Gehöre folgen, um dieſelben in den Falten ihrer Flughaut wie in einem Netze zu fangen, aus welchem ſie ſie dann, bei der bewunderungswürdigen Gelenkigkeit ihres Halſes und Körpers, augenblicklich mit dem Munde herausnehmen und verzehren. Bei den meiſten erſcheint ein knorpeliger Vorſprung am Untertheile der Ohrmuſchel, der bei anderen Thie— ren nur klein iſt, zu einem anſehnlichen, dünnen Lappen oder Blatte verlän— gert. Man nennt dieß den Ohrdeckel: weil die Thiere vermittelſt deſſelben bei ihrer Ruhe am Tage den Gehörgang ſo weit verſchließen, daß das Ge— räuſch um ſie her ihr feines Hörorgan weniger beläſtigt, ſie alſo auch weniger ſtört, als dieß ſonſt der Fall ſein würde. In kälteren Ländern wer— den dieſe, außerordentlich gefräßigen Geſchöpfe zum Herbſte ungewöhnlich fett, und ſcheinen dann wenigſtens theilweiſe nach Art der Vögel auszuwan— dern. Die zurückbleibenden halten, ohne völlig zu erſtarren, und meiſt in Ge— ſellſchaft, indem ſie ſich gegenſeitig wärmen, eine Art Winterruhe, d. h. einen nicht ſelten unterbrochenen Winterſchlaf: am liebſten in Kellern, Bergwerken, oder wo es ſonſt im Winter wärmer bleibt. Im zeitigen Frühlinge, wo ſie wieder ſehr mager und deßhalb der Speiſe ſehr bedürftig ſind, die Inſekten aber ſich in kalten Nächten noch wieder verkriechen, müſſen ſie zuweilen auch bei Sonnenſchein, ſelbſt in der Mittagsſtunde, umherfliegen. Späterhin ſon— dern ſich bei allen geſellig lebenden die Weibchen von den Männchen ab, um mit einander ihre Jungen zu werfen. Dieſe, deren in der Regel jedes Weibchen nur Eines bringt, bleiben ſo lange, bis ſie faſt halbwüchſig ſind, auch beim Ausfliegen der Mutter feſt an derſelben hängen, und werden ſo ſaugend mit herumgetragen. Bei allen ſchwitzt aus mehreren Drüſen im Ge— ſichte ein tälgartiger, übelriechender Stoff aus, welcher beim Putzen und Lecken ihres Körpers Haar und Flughaut überall fettig macht, ſo daß von beiden das Waſſer leicht abläuft. Ein ſanfter Regen hindert ſie daher im b) eigentl. Flederthlere: ohne Naſenblätter. 49 Fliegen nicht; wohl aber ein heftiger, weil große Tropfen nicht bloß ihrer zarten Flughaut empfindlich werden, ſondern ſie auch durch ihre Schwere niederziehen. Nur ein ſtarker Wind iſt ihnen mehr zuwider, als den Vögeln: weil er ſich in ihren ungetheilten Flughäuten ſtärker fängt, als in den, aus vielen vereinzelten Theilen (Schwungfedern) zuſammengeſetzten Flügeln der Vögel. [s 44. Iſte Zunft. Bei der Mehrzahl von ihnen erfcheint die Schnauze vorn glatt, ohne beſondere Hautanhängſel (Naſenblätter.) Die ſo genannten fliegenden Hunde haben einen hundeartigen Kopf, kleine Ohren ohne Deckel, und zeichnen ſich meiſtens vor allen übrigen durch den Beſitz eines Nagels am Zeigefinger der Vorderglieder, ſo— wie durch ſtumpfhöckerige Backenzähne aus. Ihre Heimath ſind die heißen Gegenden der alten Welt, zum Theil auch noch Auſtralien. Sie nähren ſich (zum Nachtheile der Einwohner und allein unter allen Flederthieren) entwe— der lediglich, oder doch hauptſächlich, von wohlſchmeckenden, ſaftigen Baum— früchten. Dieß macht ihr Fleiſch wohlſchmeckend, und man ißt ſie gern. Die Mehrzahl gleicht oder übertrifft gewöhnliche Ratten an Größe des Kör— pers; manche klaftern mit ausgeſpannten Vorderbeinen über 2 Ellen in die Breite (Flugweite)ß. Sie find mehr Tag- und Dämmerungs⸗, als Nacht— thiere, folglich der Ohrdeckel wohl nicht bedürftig, und zum Theil recht hübſch gefaͤrbt: z. B. braun mit Roſtroth und Gelb. Manchen der größten, die man Rouſſetten (Pteröpus) nennt, fehlen Schwanz und Schwanzflughaut. Bei andern iſt Beides nur klein. Die kleinſte Art, der Kiodot, (Macroglossus minimus,) wird von man⸗ chen einheimiſchen Fledermäuſen an Größe übertroffen. Ihre ſehr lange Schnauze verbirgt eine eben ſo lange, herausſtreckbare Zunge zum leichteren Aufſaugen der Fruchtſäfte. Bei einigen größeren, auf die man jetzt den Namen Harpyjen (Cephalötes und Harpyja) überträgt, mit Schwänzen und anſehnlicher Schwanzflughaut, geht die geſammte Flughaut nicht wie ſonſt von den Seiten des Leibes und der Beine aus; ſondern ſie erſcheint nur in einem ſchmalen Streifen längs dieſer und dem Rücken befeſtigt, ſo daß ſie gleichſam wie ein großer, ihnen umgehängter Mantel auf ihnen liegt. Alle übrigen Flederthiere genießen bloß Inſekten, und jedes einzelne der— ſelben macht ſich uns durch Vertilgung von vielen Tauſenden derſelben in hohem Grade nützlich. ö [s 45. Eine mäßige Anzahl von ſehr ſchnell fliegenden Arten wärmerer Gegen— den mit ſehr kräftigen Beinen, dicken Flughäuten und ſtarken Schwänzen werden merkwürdig durch einen mehr oder weniger deutlich abgeſonderten Daumen an den Hinterfüßen, die hiernach eine Art von Händen vor— ſtellen. Ihres faltigen, dickhäutigen Geſichtes wegen hat man ſie Grämler De und ihre aufgeworfene Schnauze mit der von Fleiſcherhunden ver— ichen. 0 Eine davon auf den oftindifhen Sundinſeln (Chiropëtes torquätus) mit be⸗ ſonders ſtarken Hinterbeinen, die faſt ohne Flughaut ſind, iſt faſt nackt, bloß mit einer Art Halskrauſe von Haaren. (Cheiromeles!! torqu.) Eine andere, mit undeutlich getrenntem Hinterdaume, (Dysöpes s. Dinops Cestöni,) zeigt ſich bisweilen in Oberitalien. Südamerika bewohnen mehrere dergl. Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 4 50 Säugethiere; 3te Ordn.: mit Flughäuten, [Ss 46. Die meiſten übrigen Flederthiere ohne Nafenblätter haben einen gar nicht weiter abgefonderten Hinterdaumen und einen mehr oder minder langen Schwanz, der meiſt bis zur Spitze in der Schenkelflughaut ſteckt. Manche Gattungen von ihnen zählen Arten faſt in allen Gegenden der Erde; und ſelbſt manche einzelne Arten beſitzen eine ſehr weite Verbreitung. So beſonders die Gattung der eigentlichen Fledermäuſe. (Vespertilio.) Von ihr zählt man ſchon in Deutſchland an, wo nicht über 20 verſchiedene Arten, unter welchen die rothgefärbten am früheſten, die dunkel ſchwärzlichen ſchon ſpäter, die ganz licht graulich gefärbten aber mit größeren, dünneren Ohren am ſpäteſten fliegen. Die größte davon iſt die hellgraue rattenartige, (Vesp. murinus,) oft mit 13“ Flugweite; die kleinſte die braunröthliche Zwergfledermaus, (V. pygmaeus,) kaum über 7“ breit, die man bei ihrem Herumfliegen um Baumwipfel leicht für einen großen Schmetterling hält. Die Waſſerfledermaus, (V. Daubentonii,) auch nur klein, fliegt faſt beſtändig ganz tief über ſtillen Gewäſſern einher; ſelten zwiſchen Baumreihen, (in Alleen.) Einige ſonſt ähnliche deutſche Arten (Synötis und Plecötus) haben Ohren, die vorn über der Stirn mit ihrem unteren Vorderrande etwas an einander ge— wachſen ſind. Hierzu müſſen dieſelben natürlich ſtets von anſehnlicher Größe ſein: wie bei einer ſchwärzlichen, mit Weiß gleichſam bereiften, welche man ge— wöhnlich die kurzmäulige Fledermaus nennt. (Vespert. barbastellus.) Wahr- haft ungeheuer aber, größer als bei irgend einem anderen Geſchöpfe, erſcheinen die Ohren bei der mit Recht fo genannten großohrigen, (Vesp. auritus,) wo fie faſt eben ſo lang ſind, wie das ganze Thier ohne den Schwanz. Sie iſt überall gemein, und von Farbe hell fahlgrau. *) Die Wälder von Braſilien beherbergen in der Nähe von Bächen ein Paar kleine, ziemlich kurzohrige Fledermäuſe mit einem weichen, beweglichen Rüſſel, faſt wie der der Spitzmäuſe. (Proboscidea!) Dort entdeckte der Prinz Max von Neuwied auch den wunderlichen Klap— penſchwaz (Dielidürus albus) eine kleine, ſehr langhaarige, weiße Fledermaus ohne Schwanz, die ſtatt des letzteren (man weiß nicht, wozu?) ein Paar ſonderbare kleine hornartige bewegliche Klappen oder Kapſeln trägt. An den fo genannten Nächtlingen (Nyeteris) in Afrika läuft eine lange, tiefe Furche von der Naſe zur Stirn. Sie können ſich das Herumfliegen auf eine ganz eigene Weiſe durch Aufblähen ihrer Haut erleichtern: indem ſie zuerſt die Lippen und die, mit einem kammförmigen Rande oder Deckel verſehenen Na- ſenlöcher feſt zuſchließen, und nun eine Portion Luft aus der Lunge in die Mund— höhle blaſen, aus welcher dieſelbe alsdann durch ein Paar kleine, inwendig in der Backenhaut befindliche Oeffnungen zwiſchen den Körper und die, nur locker an demſelben befeſtigte Haut dringt, die ſich hierdurch faſt wie ein kleiner Luftballon aufbläht. [s 47. 2te Zunft. Bei den Flederthieren mit Naſenblättern, die aus einer ähnlichen, dünnen, kahlen Haut wie die Ohren beſtehen, er— hält das, ohnehin ſchon jo feine Gefühlsorgan auch durch dieſe Anhängfel ) Diefe Art war es namentlich, die, von einem Beobachter des Nachts im Zimmer frei gelaſſen, demſelben, wenn er mit dem Munde das Summen einer Fliege nachahmte, aus bedeutender Entfernung geraden Weges ins Geſicht flog, um das vermeinte Inſekt zu fan— en. Ein deutlicher Beweis, daß ſich wenigſtens ſolche Arten bei ihren Jagden tief in der Nacht vorzugsweiſe nach dem Gehöre richten müſſen. Uebrigens trägt auch die außerordent— liche Ausdehnung und Feinheit der Ohren noch gar ſehr viel bei zur Erhöhung des er— ſtaunlich feinen Gefühls dieſer Thiere für alle Gegenſtände in ihrer Nähe. p) eigentl. Flederthiere: mit Naſenblättern. 51 wieder noch einen bedeutenden Zuwachs. Ihr Nutzen in dieſer Hinſicht geht daraus hervor, daß das Abſchneiden derſelben die Thiere viel unſicherer im Fluge zwifchen Baumzweigen und dergl. macht. Die Zahl der Blätter iſt verſchieden: bald 1, bald 2, bald 3; ihre Geſtalt am häufigſten die einerLanzette. Zu den Gattungen mit Einem ſolchen Blatte gehört das höchſt ſeltſame Larven- oder Geſpenſtgeſicht, (Mormops,) auf den an— tilliſchen Inſeln. Nicht genug, daß fein großes Naſenblatt unten völlig mit den mächtig großen Ohren zuſammenfließt, hängt auch an der Unterlippe noch ein ähnlicher Lappen mit 3 Zipfeln, und in deren Mitte ſteht eine fleiſchige, kronenartige Warze. Bei denen mit 2 Blättern liegt faſt immer das eine Blatt flach und iſt rundlich, oder von der Geſtalt eines Hufeiſens; das andere ſteht aufrecht und iſt oben zugeſpitzt. Die bedeutendſten Geſchöpfe dieſer Gruppe, wiewohl doch kaum größer, als manche unſerer deutſchen Fledermäuſe, und an Geſtalt den fliegenden Hunden ähn— lich, find die berüchtigten Vampyre oder Blutſauger aus Südamerika. (Phyl- lostöma.) Sie ſetzen ſich gern anderen großen Säugethieren, ſelten ſchlafenden Menſchen, ganz leiſe an haarloſe, unbedeckte oder wunde Stellen des Körpers, um mit ihrer langen Zunge, die voll ganz feiner, rauher Spitzen iſt, die Haut unmerklich blutig zu lecken. Der Hauptnachtheil hiervon liegt weniger im Verluſte desjenigen Blutes, welches ſie dann vermittelſt ihrer warzigen Lippen wirklich aus— ſaugen, als in dem Abgange einer viel größeren Menge, welche durch Nachbluten ausfließt; dann in der ſpäteren, öfteren Wiederholung des Saugens an den einmal angegriffenen Stellen; und ganz beſonders in dem Umſtande, daß dort manche Inſekten gern ihre Eier in ſolche eiternde Wunden legen, in welchen nun Maden entſtehen. Eine lächerliche Fabel war es, daß dieſe Vampyre beſonders die Men— ſchen durch Fächeln mit ihren Flügeln im Schlafe zu erhalten, oder gar erſt ein— zuſchläfern verſuchen und das Saugen im Fluge verrichten ſollten. [s 48. Auch unter den Flederthieren mit Naſenblättern, deren Geſtalt und Größe zum Theil mannigfaltig wechſelt, giebt es wieder mehrere Gattungen mit vorn etwas zufammengewachſenen Ohren. So unter andern eine mit zwei Blättern, die aber beide aufrecht ſtehen, (Nyectophilus;) ganz beſonders aber mit drei Blättern in heißen Erdſtrichen der alten Welt die geſpenſterhaften Herz- und Leiernaſen, (Megaderma,) ſo genannt von der Geſtalt des aufrechtſtehenden vorderſten und größten Blattes, mit einer großen Schwanzflughaut ohne Schwanz. Dieſe haben zum Theile ſogar einen blattähnlich-ausgezackten Ohrdeckel. Am gänzlichen Mangel des letzteren erkennt man die zahlreichen, meiſt ſehr klei⸗ nen Hufeiſennaſen, (Rhinolöphus, ) mit einem hufeifenartig- geftalteten, wage— rechten oder ſchrägen Hauptblatte und mit mehreren, ſehr verſchiedenartigen, oft höchſt wunderlichen und ſchwer zu unterſcheidenden, aufrechten Blättern oder Hautan— hängſeln im Geſichte, die, wie es ſcheint, manchen Arten jede Ausſicht nach vorn benehmen müſſen. Obwohl faſt über alle Länder verbreitet, kommen ſie doch nicht in jeder Gegend vor. Denn ſie ſcheinen trotz ihrer zarten Behaarung bei Tage immer nur Felſenhöhlen zu bewohnen, in denen es doch ſelbſt im wärmſten Soms mer ſo auffallend kühl zu ſein pflegt, in die aber das Geräuſch der Oberwelt ſo wenig eindringt, daß ſie freilich der Ohrdeckel ſehr wohl entbehren können. So die größere und kleinere Art, (Rh. hipposideros und Rh. ferrum equinum,) in faſt allen gebirgigen Theilen von Deutſchland. f 4 * 52 Säugethiere; 4te Ordn.: Raubthiere; te N fi 2 A Ordnung: Raubthiere. 18 45 Ihre Nahrung beſteht meiſt in anderen Thieren, die ſie gewöhnlich ſelbſt tödten. Sie haben noch alle drei Arten von Zähnen, aber nie— mals Hände, ſondern nur Pfoten oder Tatzen. Unter letzteren verſteht man vorzugsweiſe die, mehr oder weniger dem Plattfuße des Menſchen ähn⸗ lich gebildeten Hinterfüße der ſo genannten Sohlenſchreiter unter den wahren Raubthieren; ſeltener auch die, ganz ähnlich gebauten der Inſektenräuber. Die Jungen kommen bei allen Raubthieren blind zur Welt: indem ihre Augenlider ſich erſt nach einiger Zeit, bei den größeren gewöhnlich in etwa 9 — 12 Tagen, öffnen. f 5 Iſte Unterordn. Eigentliche Naubthiere oder Fleifchfrefier nennt man die, welche ſich der Mehrzahl nach hauptſächlich von dem Fleiſche von Wirbelthieren nähren. Man unterſcheidet ſie von den Inſektenfreſſern leicht daran, daß ſie alle kleine Vorderzähne und ſehr große, etwas ge— bogene Eckzähne — haben, mit welchem ſie die von ihnen angefallenen größeren Thiere gewöhnlich vorn unter dem Halſe, kleinere an der Bruſt faſſen, um fie zu erwürgen oder zu erdrücken. Man nennt fie häufig Hunds⸗ zähne. Die des Unterkiefers legen ſich bei geſchloſſenem Munde in einen Zwiſchenraum vor denen im Oberkiefer hinein. Einen oder mehrere kleinere Backenzähne hinter den Eckzähnen, die wegen überwiegender Größe der letz— teren und ihrer Wurzeln ſich (ebenſo wie die Vorderzähne) nicht ſtärker ent- wickeln können, nennt man falſche Backen- oder Lückenzähne. Viele Arten treten mit dem ganzen Hinterfuße von den Zehen bis zur Ferſe auf, oder heben letztere nur zum Theil ein wenig beim Gehen. Sie ſchreiten alſo gewöhnlich auf der ganzen Fußſohle einher, die bei faſt allen kahl erſcheint. Hiervon der Name der Iſten Zunft: Sohlenſchreiter. Die Zahl ihrer Zehen, die nie— mals wirkliche Schwimmhäute beſitzen, beträgt ohne Ausnahme 5, 5. Es ſind im Allgemeinen die am höchſten entwickelten Thiere der ganzen Ord— nung, die dem Menſchen und den Affen noch am nächſten ſtehen und beiden ſelbſt in Betreff der Nahrung am meiſten ähneln. Bei Weitem die Mehr- zahl zieht nämlich eine gemiſchte Nahrungsweiſe, oder ſelbſt den faſt aus- ſchließlichen Genuß von Pflanzenkoſt, dem eigentlichen Raubleben vor; nur ſehr wenige ſcheinen ſich an Fleiſch allein zu halten. Die meiſten klettern leicht und oft auf Bäume, von welchen ſie dann etwas ſchräge rücklings herabſteigen. Obenan ſtehen in jeder Beziehung die 50. Bärenartigen Thiere im engeren Sinne: d. h. alle jene lun ſchel⸗ nenden, etwas hochbeinigen Geſchöpfe mit kleinen Augen und kleinen, rund⸗ lichen Ohren, die ſich leicht durch ihre bedeutende Körpergröße und meiſtens durch einen ganz kurzen, kaum bemerkbaren Schwanz- a) wahre Raubth.: Sohlenſchrelter. 53 ſtummel kenntlich machen. Alle führen beſonders an den Vorderzehen lange Krallen. Sie konnen ſich alle mit Leichtigkeit auf die Hinterfüße auf⸗ richten, um ſo entweder ihren Raub mit den Vordertatzen niederzuſchlagen und beſonders ihm das Kreuz zu lähmen, oder einen Feind auf gefährliche Weiſe zu umarmen. Es ſind einſam lebende, düſter und mürriſch ausſehende, aber meiſt weder bösartige, noch raubſüchtige Geſchöpfe, die gewöhnlich bloß im höheren Alter zuweilen andere Säugethiere, und faſt nur, wenn ſie ge— reizt werden, Menſchen angreifen. Die Mehrzahl begnügt ſich meiſt gern mit Beeren und anderen Früchten aller Art, mit ſaftigen Wurzeln, die ſie mit Hülfe ihrer großen Krallen leicht ausſcharren, und mit mancherlei weichen Kräutern. Ganz beſonders begierig find fie nach Ameiſen nebſt deren Pup— pen, und noch lüſterner nach dem Honige der wilden Bienen, Hummeln ꝛc. nebſt deren Brut. Den Winter bringen die, welche in nördlichen Gegenden leben, ebenſo, wie faſt alle übrigen Sohlenſchreiter kälterer Erdſtriche, gern in ununterbrochener Ruhe und in der Verborgenheit, größten Theils ſchlafend, aber ohne zu erftarren, zu. Hier werfen dann auch die Weibchen gegen das Frühjahr hin ihre Jungen, die übrigens ſchon bei der Geburt keines⸗ wegs (wie man ſonſt fabelte) formloſe Fleiſchklumpen ſind, welche erſt durch das Belecken der Mutter ihre Geſtalt bekommen müßten! Der Palmenbär, (Helarctus malayänus,) auf der Halbinſel Malacca und den großen Sundinſeln, hat kurzes, ſchwarzes Haar, aber eine braungelbe Kehle und Schnauze. Letztere iſt kürzer und das Gebiß ärmer an Backenzähnen, als bei den übrigen Bären; die Zunge aber ganz beſonders lang. Er klettert häu— fig und ohne Beſchwerde auf die hohen, ſchlanken, aſtloſen Palmbäume, (welche die Einwohner ſelbſt nicht ohne große Mühe, oft nur mit zuſammengebundenen Beinen, zu beſteigen vermögen,) um theils die Früchte derſelben, theils die eßba— ren, jungen, markigen Gipfel und Blattſchößlinge (den fo genannten Palmenkohl) zu verzehren. So richtet er namentlich in den Pflanzungen von Kokuspalmen oft große Verwüſtungen an. Die eigentlichen Bären im engſten Sinne (Ursus) beſchränken ſich ſonſt auf die gemäßigten und kälteren waldreichen Gegenden der alten und neuen Welt; nur hier gehen ſie in Gebirgsländern auch tiefer ſüdwärts, bis hinab auf die Andes von Südamerika. Der gemeine europäiſche oder Landbär, (U. arctos,) der ſonſt überall in Europa gewöhnlich war, iſt jetzt in den meiſten bebauten Land— ſtrichen, beſonders in ebenen Gegenden, ausgerottet. In den Gebirgen der Schweiz, Baierns, Tyrols, Ungarns und Spaniens findet er ſich nur ſelten; das nördliche Schweden, Polen, beſonders aber Rußland und Sibirien, haben ihn noch häufig. Sein langzottiger Pelz wird im höheren Alter, wo das Thier eine Länge von 51 — 6“ erreicht, gewöhnlich ſchwarz oder dunkelbraun. Früher iſt er lichter oder röthlich- und graubraun; zuweilen mit vielen weißlichen Haarſpitzen, ſelten ſtark weißlich überhaupt; in der Jugend öfters mit einem halben oder unvollſtän— digen, weißen Halsbande, welches ſich ſpäterhin gewöhnlich verliert. Hiernach hat man ihm zum Theil die verſchiedenen Namen: ſchwarzer, rother, grauer, Silber— oder Ringelbär, beigelegt, die nach neueren Erfahrungen keineswegs verſchiedene Arten bezeichnen. Ein Gleiches gilt von den Benennungen: Honig- oder Zeidel-, Pferde-, Ameiſen- und Grasbär ꝛc. Obwohl erſtaunlich ſtark, und gereizt oft ſehr grimmig, ſcheint er doch Menſchen ſelbſt dann nur höchſt ſelten wirklich zu tödten. Gezähmt, wird er hauptſächlich durch einen eiſernen Ring im Naſenknor— pel regiert und ſo noch öfters, zum Tanzen abgerichtet, zur Schau umhergeführt. Weit geſchickter, als man ihm zutrauen möchte, weiß er im Spätherbſte an hoh⸗ 54 Siugethiere, 4te Ordn.: Raubthiere; len Ufern, unter und an den Wurzeln umgefallener Bäume u. dergl. ſich aus einer Menge abgebrochener Zweige von Nadelholz einen dichten, hüttenartigen Bau mit dicken Wänden (Winterlager) zu bereiten, den er dann inwendig warm mit Laub und Moos ausfüttert, und deſſen Eingang er zuletzt bis auf eine kleine Oeffnung verſetzt. Hier verbringt er (das Weibchen mit ſeinen 2 — 3 Jungen deſſelben Jahres) den Winter in Ruhe: indem er häufig, wie zum Zeitvertreibe, an den Sohlen ſeiner Tatzen leckt und ſaugt, die ſich hiervon erſt erweichen, dann häuten und jederzeit für einen vorzüglichen Leckerbiſſen gelten. Ueberhaupt wird ſein wohlſchmeckendes Fleiſch überall gern gegeſſen, und das Fett an Speiſen, ſo— wie die Haut als vorzügliches Pelzwerk benutzt. — Der ſchwarze nordamerika— niſche Bär, gewöhnlich Baribal genannt, (U. americänus,) mit gelblichen Augens braunflecken, ſcheint eine gleiche Lebensart zu führen. Dagegen ſoll der rieſenhafte und grimmige graue Bär (U. ferox s. U. griseus) der dortigen Nordweſtlän⸗ der weit furchtbarer, als beide, und ein faſt eben ſo gieriger Räuber ſein, wie der gefürchtete, gewaltige Eisbär. (Thalassarctus maritimus.) Dieſer ber wohnt die unabſehbaren, grauſigen Eisfelder an den öden Küſten der nördlichſten, Polarländer, Grönlands, Spitzbergens und Novaja-Semlja's: von wo er ſonſt zu— weilen auf großen Schollen von Treibeis nach Island, Lappland ꝛc. gelangte. Er hat behaarte Fußſohlen und iſt (wie ſo viele warmblütige Geſchöpfe der kälteſten Erdſtriche) überall weiß, bloß mit ſchwarzer Naſenſpitze; mit einem kleinen Kopfe an dem lange Halſe, die er im Stehen häufig beide ſammt dem Vorderkörper von einer Seite zur andern wiegt. Einen großen Theil der dortigen, monatelangen, ein— ſamen Winternacht muß auch er, meiſt ſchlafend, in einer Höhle zubringen, die er ſich in den Schnee ſeiner Eisberge ſcharrt. Sein langer, ziemlich weichzottiger Pelz iſt ungemein dicht und trotzt der grimmigſten Kälte; und ſeine innere Wärme iſt ſo groß, daß man bei uns einen gefangen gehaltenen, um ihn abzukühlen und geſund zu erhalten, ſchon bei geringer Sommerwärme mehrmals des Tages mit dem kälteſten Brunnenwaſſer begießen muß, und daß ſelbſt bei mäßiger Herbſt— oder Frühlingskühle der Hauch aus Rachen und Naſe ihm wie der Rauch aus einem kleinen Schornſteine aufſteigt. In der Gefangenſchaft, wo er faſt unbe— zähmbar bleibt, mag er freilich auch Brod und rohe Pflanzenſtoffe verſchiedener Art; an ſeinem urſprünglichen Wohnorte kann er wegen des Mangels an Pflan— zen nur von allerlei Seethieren leben. Er beſchleicht dort ſchlafende Seehunde auf - dem Eiſe, oder lauert ihnen bei ihrem Auftauchen zum Athmen in den Spalten der Eisſchollen auf; plündert die Neſter der auf Felſen brütenden Seevögel; und frißt die vom Meere ausgeworfenen, todten Fiſche, oder verfolgt als geübter Schwimmer und Taucher große lebende. Auch lieſt er weichere Schalthiere auf, und fällt gierig über alle, von den Schiffern zurückgelaſſenen Ueberbleibſel von Walfiſchen, Delphinen und Robben her. Er ſoll zuweilen ſogar die Boote der Grönlandsfahrer angreifen, und im Falle der Noth ſelbſt einen Kampf mit dem rieſengroßen Wallroſſe nicht ſcheuen. f T Die früheren Zeiten unſerer Schöpfung ſcheinen vorzugsweiſe reich an baͤrenartigen Thieren geweſen zu fein. Viele Knochenhöhlen in Deutſchland, Frankreich ꝛc. enthal⸗ ten verſieinerte Ueberreſte von mehreren Arten, die man daher auch wohl Höhlen— bären nennt. (Spelaearetus.) Sie waren hauptſächlich dem gemeinen (Land-) Bären ähnlich, nur zum Theile merklich größer, und wahrſcheinlich mehr Fleiſchfreſſer, ſcheinen aber ſehr früh ihre falſchen Backenzähne verloren zu haben. £ Tief ſchwarz, mit kurz behaartem Geſichte, doch fonft mit langzottigem Haare, beſonders hinter den Ohren, iſt der Kefzenbär (Prochilus ursinus) in ben Ge: birgen Oſtindiens, der früher höchſt unpaſſend „bärenartiges Faulthier“ genannt a) wahre Raubth.: Sohlenſchreiter. 55 wurde. Er hat ſehr lange Naſenflügel und eine nicht minder lange, vorſtreckbare Oberlippe, (Lefze,) mit welchen beiden er beim Graben nach Wurzeln Mund und Naſe gegen das Eindringen von Erde verſchließt. Dort lebt auch der Schweins- oder Nüffelbär, (Syarctus [Arctönyx!] colläris,) der Bali-Souar (d. h. das Sandſchwein) der Malaien: ein wunder⸗ liches Thier mit einem völligen Schweinsrüſſel, einem Schweinsſchwanze und ähn— licher, grunzender Stimme, ſonſt aber völlig Bär. Seine Farbe iſt ſchmutzig gelb, mit einem ſchrägen ſchwärzlichen Streifen an jeder Schulter. [s 51. $ Alle übrigen kletternden Sohlenſchreiter find bedeutend kleiner, ewöhnlich nur wie Füchſe oder Katzen, und zum größeren Theile nur mit furzen Krallen, aber die meiſten mit einem langen oder ſehr langen Schwanze verſehen, der ſich bei einigen ſogar wickelt. Ziemlich kurz bleibt derſelbe, außer beim Vielfraße, nur noch bei den Waſchbären, Raton's oder Schupp's (Procyon) in den ſumpfigen Wäldern und flußreichen Gegenden von Amerika. Dieſe Thiere haben die Ge— wohnheit, wo möglich alle ihre Nahrungsmittel im Waſſer und, wenn ihnen die— ſes mangelt, wenigſtens trocken, mit den Pfoten abzureiben: wahrſcheinlich, weil theils die letzteren ſelbſt, theils die Krabben und Krebſe, die eine Lieblingsſpeiſe von ihnen ausmachen, gewöhnlich mehr oder weniger mit Schlamm beſchmutzt ſind. Es ſind ſehr gewandte Geſchöpfe; nach Sitten, Haltung und Benehmen gleichſam Mitteldinge zwiſchen Bären, Affen, Füchſen und Katzen: mit geringel— ten Schwänzen, wie letztere, mit lichtem Kopfe und einem bräunlichen, breiten Querſtreifen durch die Augen. In heißen Gegenden haben ſie hin und wieder Nachbarn an den gelblichen, katzenartigen Kinkajou's oder Potto's, (Cercoleptes,) die einen Wickelſchwanz wie der der Brüllaffen beſitzen, auch ſonſt in ihrem ganzen Weſen viel Affenähn— liches verrathen ſollen, und ein ähnliches Leben führen, wie die dortigen Nachtaffen. Gleichfalls wickelnde Schwänze bemerken wir in Südaſien an den ſchwärz⸗ lichen, lang- und grobhaarigen Benturong's oder Bärenmardern, (Arctictis;) nur daß dieſe wieder bedeutend größer ſind und an den Ohren gewöhnlich Haar— büſchel tragen. Eine eigenthümliche Art Rollſchwanz ohne kahle Stelle ſcheinen dort die zahl— reichen und meiſt ſchönen Pugune oder Palmenmarder (Paradoxürus) zu bes figen. Denn er ſoll ſich nur rollen, ohne feſtgreifen zu können. Ihre Färbung und Zeichnung erinnern bald an die Katzen, bald an die Marder, bald an ihren theilweiſen Landsmann, den prächtigen Panda oder Chitwa, (Arctae- lürus fulgens,) der hoch oben an den Bächen des Himalaya-Gebirges in der Nähe der Schneegränze wohnt. Dort mag er denn um der Kälte willen wohl jener dichten, wolligen Behaarung bedürfen, welche die Sohlen ſeiner katzenartigen, mit beweglichen Krallen verſehenen Füße bekleidet: obwohl er, trotz dem, mit der ganzen Sohle auftritt. Er iſt oben herrlich zimmtbraun, hinten ins Goldfarbige übergehend, mit weißer Schnauze und Ohren; unterhalb ſchwarz; der ſchlaffe Schwanz mit zimmtfarbigen, braunen und hellgelben Ringen. Man hält ihn für das am ſchönſten gefärbte Säugethier. Bei den Coati's oder Naſenthieren (Nasüa) geht der lange Kopf mit klei⸗ nen Augen und Ohren zuletzt in einen förmlichen Schweinsrüſſel über; fonft ſehen fie faſt wie rothe oder braune Füchſe mit langkralligen Bärenfüßen und mit lan: gen, ſchlaffen, überall ſchön geringelten Katzenſchwänzen aus. Eine Art lebt ge— ſellig, (N. sociabilis;) die andere einſam, (N. solitaria.) So ziehen fie, 56 Säugethterez 4te Ordn.: Raubthiere; meiſt bei Tage, tief in den feuchten Urwäldern des waͤrmeren Amerika umher, klettern eben ſo gut, als ſie graben, durchſuchen die Baumäſte nach Vogelneſtern mit Eiern oder Jungen, ſchnüffeln in alle Ritzen hinein, und durchwühlen mit ihrem höchſt beweglichen Rüſſel beſonders die Wurzeln und Höhlen oder faule Rinde der Bäume, ſowie die Lauberde des Waldes nach Inſekten, Larven, Wür⸗ mern, kleinen Wurmſchlangen u. dergl., die ihnen leicht ihr äußerſt feiner Geruch verräth. Indeß verzehren ſie nicht minder allerhand Pflanzenſtoffe, wie die bisher genannten Sohlengänger. S 52. Ein Paar andere Gattungen kletternder Sohlenſchreiter, mit wiefel: ähnlichen Köpfen, Gebiſſen und ähnlichen kurzen Krallen, ſcheinen dagegen lediglich auf Raub angewieſen und ſind kaum minder blutdürſtig, als die wirklichen wieſelartigen Thiere unter den Zehenläufern, denen ſie auch durch Verbreiten eines üblen Geruchs ähnlich werden. Das eine find die ſüdamerikaniſchen Griſon's oder Tayra's, (Galietis,) dem Aeußeren nach faſt ganz wie Marder und Iltiſſe, namentlich ziemlich fo Eurze beinig, nur eben Sohlenſchreiter und zum Theil auch größer; Geſchöpfe, die vor Allem ebenſo Hauptfeinde von Eidechſen, Krokodilen und anderen Amphibien zu ſein ſcheinen, wie dieß in der alten Welt die Ichneumon's unter den Zibeththieren ſind. Das andere iſt der nordiſche Järf oder Vielfraß, (Gulo boreälis,) den man mit ſeinem mißverſtandenen gewöhnlichen Namen, und noch mehr mit dem dazu erſonnenen Mährchen, großes Unrecht thut.“) Denn er iſt keineswegs uns mäßig, und kein ſtärkerer Freſſer, als ähnliche Raubthiere, hat alſo auch gar nicht nöthig, ſich zwiſchen ein Paar nahe ſtehende Bäume oder Steine einzuklemmen, um ſo ſeinem angeſpannten Leibe etwas Luft zu machen. Er hat faſt die Größe, die Geſtalt und den kurzen Schwanz unſeres Dachſes, trägt aber noch längeres, weicheres Haar von ſchwarzbrauner Farbe; auf dem Rücken ſteht ein großer dunkel⸗ brauner Fleck mit breiter röthlichgelber oder gelbröthlicher Einfaſſung, faſt wie ein Sattel mit Schabracke. Sein Wohnort ſind die Alpen von Norwegen, das nörd— lichſte europäiſche Rußland und vorzüglich Sibirien; wahrſcheinlich auch Nordamerika. Denn die dortige Wolverene oder der Quickhatch (G. luscus), der Hauptfeind der Biber, dürfte wohl nicht von ihm verſchieden ſein. Seine Hauptnahrung machen kleine Nagethiere, beſonders die Lemminge aus. Doch beſitzt er Muth, wenn gleich ſelten Schnelligkeit genug, um auch größere anzugreifen, und ſoll aus einem Hin⸗ terhalte zuweilen ſogar Renthiere überfallen. N T Früher haben in Deutſchland zwei Arten von Vielfraßen gelebt, die jetzt nirgends mehr vorhanden ſind. [$ 53. Bei den noch übrigen Sphlenfchreitern, mit kurzen Beinen, langem grobem Haare und weit kurzen Schwänzen, eignen ſich die langen, ſtar⸗ ken, wenig gebogenen Krallen gar nicht zum Klettern, aber deſto beſſer zum Scharren nach Nahrung und zum Ausgraben von tiefen Erdhöhlen, in welchen ſich die Thiere bei Tage verbergen. Alle verbreiten einen ſehr üblen Geruch. Bei den meiſten rührt derſelbe eben ſo, wie bei den wieſelartigen ) Das Wort fjäll bezeichnet in der ſchwediſchen, eben jo wie field in der norwegi— ſchen Sprache, (welche mit der deutſchen großen Theils nahe verwandt ſind und überall f ſchreiben, wo wir v gebrauchen,) gerade daſſelbe, was wir Alpen nennen: nämlich jedes Gebirge mit bleibendem Schnee im Sommer; und fras, welches mit unſerem „freſſen“ gar nichts zu thun hat, ſoll mehrere kleine Raubthiere (oder im Finnländiſchen einen Bes wohner?) bedeuten. a) wahre Raubth.: Sohlenſchreiter. 57 Thieren unter den Zehenläufern, von einem beſondern Safte her; dieſer iſt in ein Paar Drüſen am Ende des Maſtdarmes enthalten, und vermiſcht ſich dann ſtets mit dem abgehenden Unrathe: beſonders, wenn das Thier geäng— ftigt wird. Nur bei den Dachſen (Meles) kömmt der Geruch, wie bei den Zibeththieren, von einem ſchmierigen fettartigen Stoffe in einer beſonderen Vertiefung zwiſchen Schwanz und After, die man Riechtaſche nennt.) Der gemeine Dachs, ohne genügenden Grund bald Hunde-, bald Schweinedachs genannt, (M. taxus,) wohnt in faſt ganz Europa und Mittelaſien in waldigen Gegenden; ein zweiter (M. Ja- bradorica) lebt ebenſo hin und wieder in Nordamerika. Jener zumal gräbt ſich ſehr tiefe Erdhöhlen mit mehreren (zuweilen wohl 10—12) Ausgängen, und tief am Ende mit einem keſſelförmigen, weich ausgefütterten Schlafgemache, deſſen Zugang ganz beſonders eng bleiben muß. Die Dachſe ſind von Farbe grau und röthlich-weiß, unten ſchwarz, und ſehr einſame, ſchüchterne Thiere, jedoch im Noth— falle auch höchſt muthig, wehrhaft, dabei ſehr froſtig, und rein nächtliche Geſchöpfe. Im Sommer verzehren ſie Thiere aller Art, beſonders Käfer, Larven und Schnecken, deren erſtere ſie ſelbſt aus Aeſern hervorſuchen, verſchonen aber die auf der Erde befindlichen Vogelneſter mit Eiern und Jungen, fo wie kleine junge Hafen ꝛc. gleichfalls nicht. Zum Herbſte halten ſie ſich mehr noch als ſonſt an wilde Mohr— rüben und andere, theils wildwachſende, theils gebaute Wurzelgewächſe; an Eicheln, Buchnüſſe, Beeren ꝛc., und beſonders an abgefallenes Obſt. Hiervon bekommen ſie dann ein ſehr fettes, aber ſüßlich ſchmeckendes Fleiſch. Aehnliche Geſchöpfe, nur mit noch größeren, dickeren Krallen und mit Fürs zerer Schnauze, find die Ratel's oder Honigdachſe (Melitöryx, Mellivora!) in Südafrika und Südaſien: wahrſcheinlich zwei verſchiedene Arten; oben hellgrau, unten ſchwarz, beide Farben durch eine weiße Linie getrennt. Ihre Lieblingsſpeiſe beſteht in dem Honige und der jungen Brut ſolcher wilden Bienen und Hummeln, die ihre Neſter in der Erde angelegt haben. Den Inhalt derſelben ſieht man ſie dann öfters friedlich mit dem Honigkuckucke theilen, welcher ihnen dieſelben häufig durch ſein Geſchrei verräth: da er ſie zwar leichter auffindet, aber nicht ausgraben kann. Der Telagon oder Stinkdachs (Mydaon, Mydaus!) auf den hohen Bergen von Java und Sumatra iſt viel kleiner und von Farbe ſchwärzlich, mit einem weißen Rückenſtreifen; er hat eine Rüſſelſchnauze und kann einen ganz unerträg— lichen Geſtank von ſich geben. Daher gleicht er, den ſehr kurzen Schwanz abge— rechnet, beinahe ganz 5 manchen wirklichen Stinkthieren Amerika's. Dieſe haben alle bedeutend lange und ſehr ſtarke, ungewöhnlich buſchige Schwänze, und ſehr langes, ſtraffes, ſchwarzes Haar, gewöhnlich nur mit einem weißen Rückenſtreifen, der auf der Stirn anfängt, nach hinten immer breiter wird, und zuletzt faſt den ganzen Schwanz einnimmt. Bei manchen Arten, wo er ſehr breit iſt, wird er wieder durch einen oder mehrere ſchwarze Längeſtreifen getheilt. Der Vorderleib ſteht merklich niedri— „) Recht albern war die Fabel: daß die Dachſe bei ihrer Winterruhe ihre Schnauze iu dieſen fo genannten Fettbeutel ſteckten, um ſich das Fett aus dem Leibe zu ſaugen und ſich davon zu erhalten. Denn Erſteres würde ihnen ja das Athmen benehmen; das Fett aber verſchwindet bei dem Mangel an Nahrung von ſelbſt, indem es der Körper als ſolche ver⸗ braucht; und die zuſammengekrümmte oder gekugelte Lage nehmen alle Thiere mit etwas gewandtem Körperbaue an, wenn ihnen kalt iſt, um ſo die Wärme ihres Körpers und ihrer Gliedmaßen beſſer zuſammenzuhalten. Dieß ſehen wir täglich an Hunden und Katzen, die im Liegen nur dann alle Viere von fich ſtrecken, wenn ihnen zu warm iſt. 58 Saͤugethiere; 4te Ordn.: Naubthiere; ger auf den Beinen als der Hintertheil. Der Uebelgeruch, welchen dieſe Geſchoͤpfe vorzüglich dann verbreiten, wenn fie in der Angſt mit aufgehobenem Schwanze ihren Unrath von ſich ſpritzen, — gleichſam ihre Hauptſchutzwaffe, ſoll ſo überaus heftig und durchdringend ſein, daß er ein Haus, in welchem ein ſolches Thier ſich deſſelben entledigt hat, trotz aller Reinigungsverſuche auf lange Zeit unbewohnbar macht. Damit beſudelte Kleider können kaum auf irgend eine Weiſe je wieder brauchbar gemacht werden; und die Geruchsorgane von Jagdhunden, welche ſpäter— hin nie wieder zur Verfolgung eines ſolchen Thieres zu bewegen ſind, greift ſeine beiſſende Wirkung dermaßen an, daß ſie ſich wie unſinnig herumwälzen, mit der Naſe in die Erde wühlen und dergl. Ein Hund, der bereits vor 8 Tagen von einem Stinkthiere beſpritzt und in der Zwiſchenzeit mehr als zwanzig- Mal gewa— ſchen und mit Sand abgerieben worden war, verpeſtete doch noch das ganze Haus; und getrocknete, ausgeſtopfte Felle verbreiten nach mehreren Jahrzehenden immer noch einen höchſt widerwärtigen Schwefel- und Knoblauchsgeruch. Bei ungefähr der Hälfte der Arten, die wir Stinkthiere ſchlechtweg nennen wollen, (Mephitis,)- läuft der kleine Kopf in eine kurze Schnauze aus. Andere, die Mapurito's, Conepatl's oder Rüſſelſtinkthiere, (Rhinozölis 8. Thiosmus,) zeichnen ſich durch eine Art vortretenden, rundlichen Rüſſel . [Is 54. 2te Zunft: Fingerläufer oder Zehengänger. Sie treten beim Ge— hen nur mit den Zehen auf, nie mit der ganzen Fußſohle. Letztere iſt daher bei faſt allen, und zwar meiſtens ſehr dicht, mit Haaren bewach— fen; bloß die Zehenballen bleiben faſt immer nackt. Erſt bei ihnen tritt die wahre, fleiſchfreſſende und blutgierige Natur der Raubthiere ſo entſchieden hervor, daß viele Arten, wenigſtens im freien Zuſtande, nie etwas von Pflan- zennahrung genießen. Ihre vorderen Backenzähne find daher mit vorzugs« weile ſcharfen Kanten und die hinteren mit ſcharfen Spitzen zum Zerkauen von Fleiſch, ſo wie zum Zerſprengen und Zermalmen von Knochen, verſehen. Ziemlich die Hälfte von ihnen erſcheint vorzugsweiſe zum Springen und raſchen Laufen gemacht, und beſitzt hohe oder ziemlich hohe Beine mit bloß 4 Zehen an den Hinterfüßen. 1 So zuvörderſt die katzenartigen Thiere, kenntlich an der kurzen, abſchüſſigen Schnauze, die nur für eine kleine Anzahl von Baden- zähnen G— oder 2) Raum darbietet. Die Hauptwaffe dieſer Räuber, die ſich alle durch die ausnehmendſte Gewandtheit des ganzen Körpers und durch eine unübertreffliche Schnellkraft ihrer Beine auszeichnen, bleiben die ſtarken, aber ſchmalen, gekrümmten Krallen, unter welchen ein weiches, elaſti— ſches Fleiſchpolſter liegt. Um fie unverletzt und ſtets recht geeignet zum Zu- greifen beim Klettern auf Bäumen, wie beim Angriffe auf andere Thiere zu erhalten, können ſie dieſelben in eigenthümliche, häutige, jo genannte Nagel⸗ ſcheiden zurückziehen. Sie nähren ſich meiſt nur von warmblütigen Thieren, die fie ſelbſt fangen und entweder mit äußerſter Vorſicht ganz leiſe beſchlei— chen, oder von einem Verſteck aus mit größter Geduld ſo lange belauern, bis ſie ſie dann gewöhnlich mit Einem großen Satze vollends erhaſchen. Mit ihrer rauhen, ſcharfwarzigen Zunge können ſie die Haut blutig und die Kno— chenhaut ꝛc. von den Knochen ablecken. Die Pupille (Sehöffnung) der mei⸗ ſten zieht ſich bei hellem Tageslichte nicht zu einem kleinen Kreiſe, ſondern in einen ſchmalen ſenkrechten Strich zuſammen. Sie zählen beſonders in hei⸗ 3) wahre Naubth.: Bingerläufer. 59 ßen Ländern fehr viele Arten, darunter die größten und gefürchtetften aller wahren Raubthiere. Obenan ſteht der majeſtätiſche, von je her als König der Thiere betrachtete Lowe, (Leo. vulgäris,) mit ziemlich oder (das Männchen) mit anſehnlich großem, etwas vier— eckigem Kopfe und runder Pupille. Er iſt noch ohne Klettertalent: von einfach braungelber Farbe; mit einer Haarquaſte am Ende des Schwanzes, die eine harte, faſt ſtachelähnliche Spitze verbirgt. Das Männchen erſcheint am Hinterkopfe und allenthalben am Halſe mit einer Mähne von ſehr langem Haare geziert, die bei vielen ſehr dunkel wird, bei manchen ſogar noch als ein breiter und ganz ſchwar— zer krauſer Streif längs der ganzen Bauchkante fortläuft, uud nur manchen aſia⸗ tiſchen (z. B. denen von Guzurate) meiſt oder ganz fehlt, ſonſt aber keine be— ſtimmte bleibende Unterſchiede nach den Landſtrichen zeigt. Die Jungen kommen mit einer ſchwach röthlich gefleckten Behaarung zur Welt. In alten Zeiten gab es Löwen in Griechenland; jetzt haben die Verfolgungen mit Schießgewehr ſie ſelbſt in vielen Theilen des nördlichen Afrika ſelten gemacht. Auch im ſüdlichen Aſien, bis nach Indien hin, giebt es nicht mehr viele; nur die wärmeren oder heißen Gegenden des ganzen übrigen Afrika beſitzen ſie noch in bedeutender Anzahl, zum Theil in Schrecken erregender Menge. Alle kleinere und größere Wiederkäuer und ſonſtige Hufthiere ſind vorzugsweiſe den Angriffen dieſes gewaltigen Raubthieres ausgeſetzt, welches nicht ſelten ſogar den ſo großen, ſtarken und wehrhaften afrika— niſchen Büffel bezwingen ſoll: indem es ihm mit einer Vordertatze die Naſe zuhält, während es ihn mit den Krallen der anderen in der Seite packt und durch ſeine Schwere niederzudrücken ſucht. Sein lautes Brüllen, faft wie ferner Donner klin— gend, macht alle Säugethiere in der Nähe vor Schrecken zittern. Ganze Meuten der größten Hunde, die man auf ihn hetzt, erwartet der Löwe nicht ſelten ganz ruhig und wirft dann ſtets einige der erſten Angreifer mit blitzesſchnellen, faſt un— bemerkbaren Schlägen feiner Vordertatzen leblos nieder. Er kann Kühe und ſelbſt Pferde fortſchleppen, und Sprünge von 10 Ellen Weite machen. Ungereizt, oder ohne den nagendſten Hunger, greift er den Menſchen ſelten an; auch wenn er ſich bereits zum Sprunge auf denſelben gebückt oder niedergelegt hat, läßt er ſich, leich— ter noch als andere Raubthiere, durch ruhiges Stillſtehen deſſelben in recht würde— voller Haltung und durch unverwandtes ſcharfes Anblicken vom wirklichen Angriffe abhalten. Nur einer oder der andere zeigt, ohne Zweifel in Folge früherer Erfah— rung, zuweilen ein hartnäckiges Verlangen nach Menſchenfleiſch, zumal nach dem der Landeseingebornen. Im Bewußtſein ſeiner ungeheueren Kraft läßt ſich der Löwe bei richtiger Behandlung, ſelbſt alt eingefangen, noch zähmen. Er wird dann feis nem Herrn oder Wärter ſehr ergeben, und bleibt dankbar gegen einen Wohlthäter, den er nach mehreren Jahren der Trennung noch wiedererkennt. Hier verſchont er auch nicht ſelten großmüthig kleinere, ihm zur Speiſe vorgeworfene Thiere, z. B. Hunde. Schon mancher hat mit einem ſolchen zitternden Schlachtopfer ſpäterhin eine warme, unzertrennliche Freundſchaft geſchloſſen, und bis an den Tod in engſter Gemeinſchaft mit ihm zuſammengelebt. Indeß ſind feine Herzhaftigkeit und Groß— muth im freien Zuſtande nicht ſelten weit über Verdienſt geprieſen worden. 7 Außer den Ueberreſten mancher anderen katzenartigen Thiere liegen in mehreren Höh⸗ len und Sandlagern Europa's, beſonders Deutſchlands und Frankreichs, auch häufig verſteinerte Knochen von mindeſtens 3 verſchiedenen, jetzt ausgeſtorbenen Löwen: Ar: ten umher, die alſo früher dieſe Gegenden bewohnt haben müſſen. [s 55. Als Katzen im engeren Sinne (Felis) können wir alle übrigen katzenartigen Thiere mit langen Schwänzen, beweglichen Krallen und länglicher Pupille betrach— ten: da ſie ſich hauptſächlich nur durch Größe, Farben und Zeichnung von einan— 60 Saͤugethierez 4te Ordn.: Naubthiere der unterſcheiden. Sie haben ſämmtlich kleinere, rundliche Köpfe; und alle, beſon— ders die kleinſten, können mehr oder weniger gut klettern. Der Kuguar oder Puma (F. concölor) wird häufig amerikaniſcher Löwe genannt: weil man in ſei⸗ ner einfachen, hell röthlichfahlen oder gelbbräunlichen Färbung Aehnlichkeit mit dem wahren, afrikaniſchen Löwen findet. Er iſt jedoch ſehr viel kleiner, mit vorzugs⸗ weiſe kleinem Kopfe; überhaupt weit ſchwächer, ſchlanker, mit viel höheren, ſchwä— cheren Beinen, und noch leichter zu zähmen. Indeß wird er doch hinſichtlich des kleineren Heerdenviehes ſehr gefürchtet, weil er oft muthwillig mordet, um ſich, wo möglich, mit Blut allein zu ſättigen. Dem Menſchen wird er nie gefährlich. — Um ſo mehr gilt aber Beides von dem berüchtigten, eben ſo großen, als ſtarken, bengaliſchen oder Königs-Tiger (F. tigris), dem Sinnbilde von Grauſamkeit, Mordſucht und Blutdurſt, dem Schrecken des Menſchen, wie der geſammten grö— ßeren Thierwelt. Denn er iſt wahrhaft wüthend im Hunger, obwohl geſättigt und von Blut berauſcht, öfter träge und feig, als gefährlich. Von ihm ſteht es beſon— ders als ausgemacht feſt, daß er, ſobald er einmal Menſchenfleiſch gekoſtet hat, ſich dieſe Leckerei auch gern wieder zu verſchaffen ſucht, und dann vorzugsweiſe auf Menſchenraub ausgeht: indem er ſich an Landſtraßen, Flüßen und Kanälen, die durch Wälder gehen, in Hinterhalt legt. Deßhalb ſtellen die indiſchen Fürſten ſehr oft hauptſächlich um ſeinetwillen ungemein großartige Treibjagden an, wo viele Tauſende von Soldaten und anderen Menſchen die Thiere mit Trommelſchall und lautem Getöſe aller Art aus weiten Bezirken zuſammenbringen. Da ſucht man zuletzt die Tiger mit Schießgewehr, gewöhnlich von abgerichteten muthigen Elephan— ten herab und mit Hülfe derſelben, zu erlegen: indem dieſe dem Tiger, wo es nöthig iſt, mit Tritten, Stößen und Schlägen zu Leibe gehen. Hierbei wird in— deß letzterer, wenn es ihm gelingt, den Elephanten am Rüſſel zu faſſen, doch noch Sieger. Man findet den Tiger am größten und böſeſten in Oſtindien, namentlich in Bengalen; aber nicht ſelten auch in den benachbarten Theilen des Feſtlandes von Aſien. Ja, er ſtreift, da er im Sommer oft große Wanderungen zu machen ſcheint, einzeln zuweilen bis in das ſüdliche Sibirien hinauf, und iſt mitunter auch ſchon an den Kaukaſus herübergekommen. Seine Farbe iſt oben gelbroth, unter— wärts und an den langhaarigen Backen graulich weiß, überall mit fingerbreiten, nicht eben dicht geſtellten Querſtreifen. — Panther oder gefleckte Katzen können mehrere große Arten in den wärmeren und wärmſten Landſtrichen beider Welten heißen, die ungefähr die Größe des Wolfes haben, und bei denen auf gelblicher Grundfarbe ſchwärzliche, roſettenartige oder fo genannte Ringflecke (etwa 5—6 rund» liche Flecke in einem Kreiſe dicht bei einander) ſtehen. Eine ſolche, und zwar die größte und gefährlichſte von ihnen, iſt der Jaguar, (F. onca,) welcher deßhalb, und weil er faſt alle wärmeren und heißen Gegenden des neuen Feſtlandes bewohnt, häufig amerikaniſcher Tiger genannt wird: obwohl er dem Tiger weder an Größe, noch in der Zeichnung gleicht. Denn er trägt auf gelbröthlichbrauner Grundfarbe gewöhnlich 4 Fleckenreihen an jeder Seite. Er begnügt ſich zwar gewöhnlich mit Einem Schlachtopfer, ſobald es nur von hinreichender Größe iſt, ähnelt ſonſt aber dem wirklichen Tiger der alten Welt in Muth, Kraft und Gewohnheiten. Als geſchickter Schwimmer wohnt er eben ſo gern, wie jener, an Flüßen und in den Rohrdickichten ſumpfreicher Wälder, verliert in bewohnten Gegenden ebenſo ſeine ſonſtige Scheu vor Menſchen, und bekömmt nach einem glücklichen Angriffe auf ſie leicht ein gleiches Gelüſt nach Menſchenfleiſch. Dieß macht ihn dann beſonders den Schiffern am Lande, wie ſelbſt auf Kähnen nahe am Ufer, und vor Allem den Eingebornen oder Negerſclaven um ſo gefährlicher, da er, im Gegenſatze zu allen übrigen größeren Raubthieren, ſelbſt das Feuer nicht ſcheut. Hier beſchleicht er a) wahre Raubth.: Fingerlaͤufer. 61 denn namentlich gern den Capybara, jenes große, unter dem Namen Waſſerſchwein bekannte Nagethier des ſüdlichen Amerika; nimmt auch Schildkröten, deren Fleiſch er mit den Krallen aus ihrem ſchützenden Panzergehäuſe zu ziehen verſteht; und fängt ſogar Fiſche, die er mit einer Tatze eben ſo geſchickt, wie unſere Hauskatze, heraus an's Ufer wirft. Die Affen verfolgt er in Wäldern noch leichter, als der Kuguar, von Baum zu Baum. Doch macht er hier, wie auf den Steppen, ges wöhnlich die Rehe und Hirſche, noch mehr das junge Rindvieh und die wilden (oder eigentlich nur verwilderten) Pferde, zum Hauptgegenſtande ſeiner Jagd. Da— bei iſt er ſtark genug, um von zwei zahmen Pferden oder Maulthieren, die mit den Beinen zuſammengekoppelt ſind, das eine, bereits getödtete, trotz dem angſtvollen Sträuben des lebenden eine ziemliche Strecke fortzuſchleppen. — Der eigentliche Panther, (F. pardus s. panthera,) der nach Farbenzeichnung und gewandter Beweglichkeit mit Recht für die zierlichſte aller Katzen gilt, und der Leopard, (F. leopardus,) beide in der alten Welt zu Hauſe und wegen ihrer Aehnlichkeit bald mit einander, bald mit verwandten Arten verwechſelt, unterſcheiden ſich haupt— ſächlich durch die verſchiedene Länge des Schwanzes, die beim Leoparden viel gerins ger iſt. Auf ihrem röthlichgelben, zuweilen ſehr lichten oder weißlichen Felle ſtehen gewöhnlich an jeder Seite 6 — 7 oder 8 Reihen von Augen- oder Ningfleden.*) Ihre geringere Größe und Kraft geſtatten ihnen nur Angriffe auf kleinere zahme Säugethiere und wilde von ähnlicher Größe: worunter beſonders Gazellen und ſonſt antilopenartige Wiederkäuer gehören. Dem Menſchen thun ſie von ſelber nie Et— was zu Leide. — Ihre Stelle in Amerika nehmen zwei oder mehrere, noch min— der furchtbare, aber kaum minder ſchöne Arten ein: der Jaguarundi, (F. mitis,) der einem kleinen Panther ähnlich ſieht; und der Ocelot,“) (F. pardälis,) deſſen Ringflecke ſich ſtellenweiſe fo in die Länge ziehen, daß fie bald in Streifen übers gehen, bald ſchleifenartig werden. — Dieſen 4 Arten ähnlich, daher ſowohl von ihnen wie unter einander nur ſchwer mit Sicherheit zu unterſcheiden, daher zwei— felhaft, ſind mehrere kleinere buntgezeichnete, langſchwänzige katzenartige Thiere in wärmeren Gegenden der alten Welt, weniger in denen der neuen. — Nur hier giebt es, und zwar in der Südhälfte, außer dem großen Kuguar noch mehrere kleine einfarbige: zum Theile wenig größer, als unſere eigentliche, gemeine oder Haus-Katze. (Felis catus.) Letztere, die jetzt überall ſchon lange als nützliches Hausthier zur Vertilgung der Ratten und Mäuſe gehalten wird, ſoll zum Theile von einer in Oberägypten und Abyſſinien einheimiſchen Art, der zartpfötigen Katze, (F. maniculäta,) herſtammen. Sie ſteht aber jener wilden Art, die jetzt in den Wäldern Deutſchlands nur noch hin und wieder zu finden iſt, wohl meiſt wenigſtens eben ſo nahe, und kommt ihr zwar nicht leicht in der Größe, wohl aber häufig ganz in der Farbe gleich. Dieſe iſt gelblichgrau mit Einem, häufiger mit 3 oder 5 Rückenſtreifen und einigen Seitenſtreifen, die, ſammt den Lippen, den Fußſohlen, der Schwanzſpitze und einigen Ringen vor derfelben, ſchwarz find. Der Schwanz iſt kürzer und dicker als bei der Hauskatze; auch wird er nicht hin— ten dünner, wie bei dieſer. Letztere iſt häufig ganz ſchwarz, ſelten überall rein weiß, am häufigſten gefleckt: und zwar das Weibchen oft, das Männchen nur höchſt ſelten oder faſt niemals mit 3, oder gar 4 Farben. Selten ſieht man ſie bei ) Dürch Verdunkelung der Farben arten ſie zuweilen ebenſo, wie der Jaguar, ins Mattſchwarze aus, mit dunkelſchwarzen, nur gegen das Licht hin ſichtbaren Flecken. Etwas Aehnliches werden wir bei dem gemeinen Wolfe und Fuchſe ſehen; und von unſeren Eich— hörnchen, Wanderratten und Mäuſen, von dem nordiſchen Haſen, vom Rehe, auch wohl vom Hamſter, ift das Naͤmliche gewiß, und zum Theile längſt bekannt. Vergl. Foben ©. 10. ) Eigentlich wohl Ongelot, d. h. die kleine Onge, kleine Unze oder der kl. Jaguar. 62 Saͤͤugethiere; 4te Ordn.: Raubthiere; uns blaͤulich aſchgrau ohne Flecken und langhaarig; die angorlſche oder Seidenkatze, mit ſehr langem und weichem Haare, iſt gewöhnlich ganz weiß oder iſabellfarbig. Die Hauskatze hängt in der Regel weit mehr an dem Hauſe, als an den Bewoh— nern. Auf dem Lande gewöhnt ſie ſich ſehr leicht, zum Mäuſefange weit auf das Feld hinauszugehen, zieht dann aber bald Vögel und junges Wild den Mäuſen vor, und überfällt ſogar erwachſene Haſen im Schlafe. Auch verwildert ſie dann beſonders in Walddörfern leicht: bald nur halb, indem ſie gegen den Winter auf die Gehöfte zurückkehrt; bald ganz. Im Winter erträgt ſie in wunderbarem Grade den ſchnellſten und häufigſten Wechſel von grimmiger Kälte und ſprühender Ofen— wärme, und verſengt ſich auf Feuerheerden oder Kaminen nicht ſelten an glühenden Kohlen. Ihr Fell iſt ſehr elektriſch: ſo daß es, mit der Hand geſtrichen, zuweilen ordentlich kniſtert; beſonders, wenn man es rückwärts ſtreicht. So vorzüglich im Sommer bei ſchwüler Gewitterluft, und im Winter bei großer Kälte. Ihre Au- gen ſieht man im aufgeregten Zuſtande und im Finſtern öfters leuchten. Manche Perſonen haben einen eigenthümlichen, angebornen und daher unbeſiegbaren Wi— derwillen gegen Katzen, und eine ſo reizbare, krankhafte Empfindlichkeit gegen die Ausdünſtung derſelben, daß ſelbſt die ganz unbemerkbare Anweſenheit einer Katze in einem Zimmer ihnen Angſt, Beklemmung und Uebelkeit verurſacht. Viele Katzen ſind falſch und tückiſch, aber auch klug und gelehrig. Kleine Kinder in Wiegen ſind ſchon öfters von Katzen, die ſich ihnen (wahrſcheinlich um der Wärme willen) über Hals und Geſicht legten, erſtickt und dann zuweilen ſogar angefreſſen worden. Gleich manchen anderen Raubthieren, die urſprünglich Pflanzennahrung ebenſo verſchmähen, zeigen die Katzen doch eine ganz eigenthümliche Vorliebe zu manchen ſtarkriechenden und ſcharfſchmeckenden Kräutern, die ſie beriechen, zerbeiſſen, auskratzen, oder durch Reiben und Wälzen zerſtören: z. B. Katzenminze, Marum verum, auch Baldrian. Selten mag eine zahme außer mehligen, mit Fett oder Milch angemachten Speiſen ſonſt etwas von Pflanzenkoſt. Weil dieß Alles ſich ſchwerer verdaut, als Fleiſch, ſo haben die zahmen, die man daran gewöhnt, all— mählig einen, faſt um die Hälfte längeren Darm bekommen, als die wilden. 6 [$ 56. Luchſe (Lynx) nennt man einige beſonders hochbeinige und mehr als ge— wöhnlich raſche Katzen mit kurzen Schwänzen, die höchſtens bis zur Ferſe, gewöhn— lich aber kaum bis in die Kniekehle reichen, und mit pinſelartigen Haarbüſcheln an den Ohren. Ihr Pelz iſt entweder faſt einfarbig, oder doch nur ſchwach und blaß mit etwas dunkler Farbe (pantherartig) gezeichnet.) Der Schwanz endigt dann mit ein Paar dunklen Ringen. Obgleich nur von der Größe ſtarker Füchſe bis etwa zu der eines kleinen Wolfes, ſind ſie doch gleichſam die Tiger und Panther für die, von ihnen bewohnten, bloß gemäßigten und beſonders für die kalten, nördlichen Gegenden der alten und neuen Welt. Bei dem geringeren Reichthume derſelben an Thieren müſſen jedoch die Luchſe ihren Raub viel mühſamer in weiteren Bezirken erjagen, und den fliehenden nicht ſelten größere Strecken in gewaltſamen Sprüngen verfolgen. Daher bedurften ſie einer größeren Geſchwin— digkeit und Ausdauer im Laufen, als andere Katzen, und jener erſtaunlichen Schnellkraft der Beine, welche z. B. den gemeinen Luchs (L. cervaria, Felis lynx) in den Stand ſetzt, im Augenblicke, ohne vorhergegangenes Ausholen, Sprünge von vollen 3 Mannshöhen aufwärts zu thun. Er bewohnt noch alle die— jenigen Gegenden Europa's, in welchen es Bären giebt; ebenſo die entſprechen⸗ den von Aſien, und vielleicht ſelbſt manche Striche von Nordamerika. Seine ) Nach dem gewöhnlichen, aber falſchen Ausdrucke „getigert.“ a) wahre Raubth.: Fingerläufer. 63 gewöhnlichſte Beute bleiben Hafen und größeres Waldgeflüͤgel. Doch find auch Rehe, Schaafe, Ziegen, junge Hirſche, und im Norden Renthiere feinen Ver— folgungen ſo ausgeſetzt, daß die Jäger das Einſchleichen eines Luchſes in ihr Jagdrevier gewöhnlich leicht an der beſtändigen, ängſtlichen Unruhe der größeren Wildarten erkennen. Daher z. B. ſeine Namen Hirſchkatze, Hirſch- und Kälber⸗ luchs. Die in Skandinavien gebräuchlichen Benennungen Wolfs-, Fuchs- und Katzenluchs ſollten zwar 3 verſchiedene Arten bezeichnen; bei genauerer Prüfung ſcheinen es aber bloße Farbenabänderungen zu ſein, die ſo unbeſtimmt wechſeln, daß zuweilen die Jungen (deren gewöhnlich 2 find) und die Mutter jedes zu einer anderen Art würden gehören müſſen. Die Farbe iſt nämlich im Sommer licht grauröthlich, im Winter hell röthlich- oder bräunlich grau; Beides bald mit deut— lichen, bald mit ſehr ſchwachen oder kaum bemerkbaren dunkleren Panther- oder Kreisflecken, die bloß auf der Außenſeite der Beine deutlich zu bleiben pflegen. — Nordamerika ſcheint mehrere beffer unterſchiedene Arten zu beſitzen. Ein kleiner Luchs, dabei der ſüdlichſte und langſchwänzigſte von allen, iſt auch der Carakal, (L. caracal,) rothgrau ohne Flecken und Ringe. Er findet ſich von Perſien bis an den Senegal. Die Gueparden oder Jagdpanther (Cynaelürus) gleichen ſonſt völlig den wirklichen Panthern und Leoparden, zeichnen ſich aber vor allen katzenartigen Raub— thieren durch mehr hundeähnliche Füße mit unbeweglichen, nicht zurückziehbaren Krallen aus. Sie können daher zwar nicht klettern, ſcheinen jedoch an Gewandt— heit und Schmiegſamkeit des Körpers, ſo wie an Vorſicht und Schlauheit beim Beſchleichen ihres Raubes, allen übrigen wo möglich noch überlegen. Daher wer— den ſie beſonders in Perſien und Arabien, bis nach Indien hin, vermöge ihrer ausnehmenden Zähmbarkeit, Gelehrigkeit und Anhänglichkeit an ihren Herrn zur Jagd abgerichtet. Namentlich bedient man ſich ihrer zum Fange der ſchnellen und ſchüchternen Gazellen, denen in den freien, offenen Steppen mit Schießgewehr ge— wöhnlich gar nicht beizukommen iſt. Die Gueparden aber, deren man gewöhnlich mehrere in verſchiedenen Richtungen auf eine Gazellenheerde losläßt, kriechen mit bewunderungswürdiger Vor- und Umſicht, oft mit weiten Umwegen, auf dem Bauche im Graſe, hinter Kräuterbüſchen u. dgl. ſo nahe an die Schaar heran, daß häufig einer von ihnen eines der Thiere in ihrer Verwirrung mit einigen Sprüngen vollends erhaſcht und die fliehenden übrigen ſeinen Gefährten zutreibt. Der gemeine oder gemähnte Guepard, (C. jubätus,) auch wohl Unze genannt, hat etwas längeres, ſteifes Haar auf der Kante des Halſes, vom Kopfe bis hinter die Schultern, und zuweilen eine ſehr licht gelbliche Grundfarbe. Ein zweiter (C. guttätus s. chalybeätus) pflegt dunkler zu fein. Sie ſollen auch im nördlichen Afrika vorkommen, und ſcheinen bereits den alten Griechen und Römern zur Zeit Alexanders des Großen bekannt geweſen zu fein. *) [$ 57. Ein Paar andere Gattungen hochbeiniger Fingerläufer, die gleich— falls jede Pflanzennahrung verſchmähen, wie die Katzen, auch wenig oder kaum mehr Backenzähne beſitzen, als ſie, dagegen unbewegliche Krallen füh— ren, find die hyänenartigen. Sie zeichnen ſich vor allen übrigen Raub— thieren durch einen niedrigen und ungewöhnlich ſchwachen Hintertheil des Leibes aus, der ihren Rücken abſchüſſiger macht: und dieß um ſo mehr, weil ſie zugleich die Hinterbeine immer mehr oder weniger eingeknickt halten, ſo daß ihr Gang ſchleppend wird und der Körper kreuzlahm ſcheint. Um ſo ſtärker und kräftiger iſt dafür der ganze Vordertheil des Leibes, in *) Unter dem Namen Iweg (thoes). 64 &äugethiere,; ate Ordn.: Raubthiere; welchem ſte bei ihrer Lebensweiſe einer vorzüglichen Stärke zum Anſtemmen und Zerreiſſen ihrer Nahrung bedurften. Diese beſteht bei der einen Gattung, den Hyänen ſelbſt, (Hyaena,) vorzugsweiſe in den Aeſern geſtorbener Thiere, und dann in dem, was die großen Katzen, deren Raubzügen ſie gern folgen, von ihrer Beute übrig laſſen: alſo meiſt in Knochen, oft nur mit wenigem Fleiſche und der Haut. Dieſe Gerippe werden von den Hyänen bei der beiſpielloſen Stärke ihres Halſes leicht auseinander gezerrt, und auch die ſtärkſten Knochen vermittelſt der ungemein ſtarken Zähne in ihren außerordentlich kräftigen Kinnbacken ſammt und ſonders ohne Beſchwerde zermalmt. (Die ſtark nährende Knochengallerte, welche fie enthalten, wird dann von den, mit einem beſonders ſcharfen Magenfafte erfülls ten Verdauungswerkzeugen ausgeſchieden und aufgeſogen, und die nahrungsloſe Kalk— maſſe fortgeführt.) Erſt beim Mangel ſolcher Nahrung greifen die Hyänen wehrs loſe lebende Thiere, nie aber Menſchen oder höchſtens kleine Kinder an, und graben nicht ſelten lieber die Leichen an Begräbnißplätzen aus. Denn ſie ſind, tretz der ungeheuren Kraft ihrer Beißwerkzeuge, eigentlich feig, und daher auch offenbar mehr ihrer Furchtſamkeit und Dummheit wegen, als in Folge von Bosheit, Blutdurſt und vermeinter Grauſamkeit, ſchwer zu zähmen. Sie haben große Ohren, eine ziemlich kurze, dicke, ſchwärzliche Schnauze, bloß 4 Zehen und die Größe eines Wolfes. Ihre rauhe Zunge ähnelt der von Katzen und Zibethkatzen. Die ge— ſtreifte Hyäne, (H. striäta,) weißlich mit dichten ſchwarzen Querſtreifen und langen Mähnenhaaren längs der ganzen Rückenkante, bewohnt Südaſien von In⸗ dien her nebſt ganz Afrika. Die gefleckte, (H. crocüta,) ſchmutzig gelb mit runs den, ſchwarzbraunen Flecken, lebt nur im ſüdlichen Afrika. Ebenſo die ſeltene, faſt einfarbig braune oder Strand-Hyäne, (II. fusca,) die bloß etwas geſtreifte Beine hat. N { In der Vorzeit beſaß Europa, namentlich ſelbſt Deutſchland, neben feinen damaligen zahlreichen Löwen auch mehrere Arten von Hyänen, die zum Theile größer waren, als die jetzt lebenden. Man gräbt in Höhlen und ſonſt ſehr häufig verſteinerte Schädel nebſt anderen Knochen von ihnen aus. Der geſtreiften Hyäne ſehr ähnlich, aber nicht viel größer als ein Fuchs, mit 5, 4 Zehen, wie dieſer, und mit einer ähnlichen ſpitzigen Schnauze verſehen, iſt die afrikaniſche Civett-Hyäne, der Erdwolf der dortigen, holländiſchen Kap-Co⸗ loniſten. (Geocyon s. Proteles!) Ein höchſt ſonderbares Raubthier wegen feis nes wunderlichen Gebiſſes, in welchem die Vorder- und Eckzähne ſehr ſtark, die ſpitzen Backenzähne aber ſo beiſpiellos klein und ſo weitläufig geſtellt ſind, daß ſie dem Thiere unmöglich viel zum Kauen dienen können. Indeß ſcheint es ſie hierzu bei ſeiner eben ſo eigenthümlichen Nahrungsweiſe auch kaum zu brauchen. Denn es lebt hauptſächlich von ganz jungen, erſt kürzlich gebornen Wiederkäuern, deren Fleiſch, Haut und Knochen dann noch eben ſo weich und daher eben ſo leicht zu verdauen, als leicht zu zerreiſſen ſind; deßhalb folgt es vorzugsweiſe gern den großen, wandernden Gazellenheerden. Nicht minder ſoll es jedoch den fettſteißigen Schaafen der dortigen Koloniſten des Nachts ihre ſonderbaren Fettklumpen an dem Obertheile ihrer Hinterkeulen abreißen. [S 58. Die hundeartigen Raubthiere haben gleichfalls nur 4 Hinter und meiſt 5 Vorderzehen, wie die Katzen, und einen ebenen Rücken, wie fie, bekommen aber wegen der großen Anzahl ihrer Backenzähne (= eine längere Schnauze, als die übrigen Zehenläufer. Sie beweiſen mehr Schnelligkeit und Ausdauer im Laufen, als irgend ein anderes Raubthier, können jedoch mit den unbeweglichen, ſich abnutzenden Krallen weder Flet= tern, noch ihren Raub ſicher fafſen Deßhalb müſſen ſie ſich zum Tödten a) wahre Raubth.: Fingerläufer. 65 deſſelben lediglich ihres Gebiſſes bedienen. Letzteres eignet fich weit weniger zum Kauen von Knochen, als jenes der Hyänen, obwohl viel beſſer, als das der Katzen; ſie freſſen daher gewöhnlich nur die weicheren oder ſchwä— cheren mit. Zu Pflanzenſtoffen greifen die meiſten nur im Falle der Noth; an mehlhaltige gewöhnen fte ſich in der Gefangenſchaft. Aas und ſonſt todte Thiere gehen fie beſonders im Winter an. Ihr ungemein feiner Ger ruch iſt Dasjenige, was ſie beim Aufſuchen ihres Raubes hauptſächlich leitet. Die Füchſe (Vulpes) ſtehen den Katzen noch am nächſten wegen ihrer länglichen Pupille, der niedrigeren Beine, des gewandten Körpers und des langen, beweglichen, buſchigen Schwanzes, der auf der Erde nachſchleppen würde, wenn ſie ihn nicht ſtets etwas höben oder ausſtreckten. Sie wohnen auf der ganzen Erde, graben ſich Höhlen, ſind ſehr liſtig und verbreiten, ohne eine Riechtaſche zu haben, einen ſchärferen unangenehmen Geruch, als ihre Verwandten. Ihren Fraß machen nächſt kleineren Wirbelthieren aller Art, beſonders warmblütigen, auch bisweilen Inſekten und deren Larven aus. Der gemeine, Birk- oder Rothfuchs, (Canis vulpes,) lebt in ganz Europa, in Aſien und wohl auch in einem großen Theile von Nordamerika. Er iſt im Sommer gewöhnlich oben gelbroth, im Win— ter mit vielen lichteren Spitzen; unterwärts und am Schwanzende grauweiß; die Füße ſind unten und die Ohren hinten ſchwarz. Nicht ſelten wird er jedoch am Bauche ſchwärzlichgrau, oder im Süden Europa's ſelbſt grauſchwarz, und bekömmt dann überall mehr ſchwärzliche Haarſpitzen. (Brandfuchs.) Selten nehmen dieſe, beſonders auf dem Rücken, ſo zu, daß ſie hier und auf den Schultern eine Art ſchwarzes Kreuz bilden. (Kreuzfuchs.) Noch weit ſeltener wird das ganze Thier ſchwärzlich, mit weißlichen Haarſpitzen an den Seiten. (Schwarzer Fuchs.) Am häufigſten geſchieht Beides in den Wildniſſen des höheren Nordens, beſonders Amerika's: wo auch im kalten Winter zum Theile ſogar die Zehenſohlen überall mit Haaren bewachſen. Bei Stockholm, wo ſich Jemand ein Paar junge ſchwarze Füchſe verſchafft hatte, um von ihnen wegen der außerordentlichen Koſtbarkeit des Felles Junge zu ziehen, gebar das Weibchen beim erſten Wurfe nicht ſchwarze, ſondern gewöhnliche rothe Füchſe und einen Kreuzfuchs. Das nächſte Mal warf es mehr Kreuzfüchſe, als rothe; dann mehrere Kreuzfüchſe nebſt einem ſchwarzen; und erſt nachher immer mehrere von dieſen. Hierdurch war am beſten die Meis nung Vieler widerlegt, die da glaubten: rothe, Brand-, Kreuz- und ſchwarze Füchſe ſeien drei oder vier beſondere Thierarten. Der Fuchs gilt mit Recht für das Sinnbild der höchſten Liſt, Schlauheit und Vorſicht; mit der Erzählung von allen feinen Ränken und Pfiffen könnte man ganze Bücher anfüllen. Aus Vor⸗ ſicht gräbt er ſich ſtets mehrere Baue, um nach Umſtänden wechſeln zu können: im Sommer vorzüglich gern im Getreide. Jedoch ſoll er, um ſich dieſe Mühe zu erſparen und gleichwohl einen recht ſchönen, großen Bau zu bekommen, öfters den eben ſo reinlichen, als eigenſinnigen Dachs aus dem ſeinigen vertreiben: in— dem er letzteren in Abweſenheit des Eigenthümers wiederholt durchkriecht und auf alle Weiſe verunreinigt. Um ſich weniger zu verrathen, zumal, ſo lange ſeine Jungen noch klein ſind, ſcheint er namentlich Hausgeflügel weit ſeltener in der Nähe ſeines Baues zu rauben, als bei entlegeneren Dörfern; und er wird hier zuweilen eben ſo unglaublich dreiſt, wie er ſich bei Verdacht irgend einer Art vor— ſichtig zeigt. Späterhin iſt er hierin weniger bedenklich. Obwohl, er dem Lands manne und Forſtwirthe durch Vertilgung einer Unzahl von Mäuſen nützlich wird; ſo iſt doch auch keine Art wilden und zahmen Geflügels, beſonders was auf der Erde ſchläft oder brütet, und kein kleineres Säugethier vor ihm ſicher. Er ver— ſchont ſelbſt Katzen nicht, die er ſogar vorzugsweiſe gern frißt; am wenigſten Gloger, allgem. Naturgeſchichte 5 66 Säugethiere; 4te Ordn.: Raubthiere; Haſen und Kaninchen oder junge Rehe; ja, bei hohem Schnee mit einer ſchwachen Kruſte, welche ihn trägt, beſchleicht er ſogar alte Rehe. Fiſche, Krebſe und Ho— nig von Erdbienen und Hummeln gehören zu ſeiner Lieblingsſpeiſe; und man hat ihn, um erſtere bequem zu erlangen, zuweilen ſchon lange, am Ufer hingeſtellte Fiſchernetze ganz ſacht mit den Zähnen aus dem Waſſer ziehen ſehen, um ſich ſo die gefangenen an's Land zu ſchaffen. Weintrauben, gute, ſüße Waldbeeren und ſüßes Obſt, namentlich Pflaumen, munden ihm gleichfalls recht gut. Er hat ein unglaublich zähes Leben, und ſehr elektriſches Haar, beſonders am Schwanze. Jung aufgezogen, wird er zuweilen außerordentlich zahm, ſpielt dann gern mit Kindern und Hunden, und paart ſich zuweilen ſogar mit letzteren. Doch nimmt er, ſobald er ſich nur irgend unbemerkt glaubt, gewiß jede Gelegenheit wahr, um von Geflügel oder Eiern u. dergl. in größter Geſchwindigkeit wegzuſtehlen, was er nur erwiſchen kann: obwohl er ſich vorher und nachher immer zum Verwundern unſchuldig zu ſtellen weiß. — Ein lichter gefärbter Verwandter von ihm, der Corſak oder Steppenfuchs, (V. corsac,) in den waſſerarmen und oft geradezu waſſerloſen Wüſten von Mittelaſien, iſt, gleich vielen anderen Thieren ſolcher Ges genden, des Trinkens fo völlig entwöhnt, daß ein gefangener ſelbſt bei der glühend— ſten Sommerwärme nie Waſſer trank. Nur Milch mochte er zu allen Zeiten. — Im höheren Norden beider Welten, von den norwegiſchen Alpen aufwärts, giebt es zwei, einander ſehr ähnliche Fuchsarten (V. lagöpus und V. isatis) mit ſtets behaarten Fußſohlen, deren ſie allerdings theils zum Schutze gegen die Kälte, theils zum ſicheren Gange auf dem Eiſe und gefrornen Schneee bedürfen. Man nennt ſie nach ihrem Wohnorte Eis-, Polar- und Stein füchſe; von ihrer Farbe aber weiße und veränderliche, auch wohl Blaufüchſe: weil ſie zum Winter weiß werden, zum Sommer dagegen wieder eine dunkle, einfach graubraune Farbe bekommen, die zuweilen ins Bläuliche ſpielt. Letzteres geſchieht beſonders dann, wenn fie (wie dieß bei jüngeren und ſüdlicher wohnenden Thieren mitunter vor- kömmt) dieſelbe zum Winter doch ausnahmsweiſe nicht mit der weißen vertauſchen. Dieſe Füchſe ſind dem gemeinen an Liſt ziemlich gleich, und an Unverſchämtheit ihm meiſt noch überlegen, aber merklich kleiner. Sie haben auch kleinere, run— dere Ohren, als er, einen kürzeren Schwanz, und tragen einen erſtaunlich dicken Winterpelz. — Größer als gewöhnlich ſind dagegen die Ohren bei den, meiſt ganz licht (wie der Flugſand der Wüſten) gefärbten Steppenfüchſen des nördlichen und mittleren Afrika. Vor Allem erſcheinen ſie gewaltig groß und breit bei dem Fennek der Araber, (V. cerda,) einer kleinen, ganz licht ſtrohgelben Fuchsart, die nur die Größe einer gewöhnlichen Hauskatze erreicht. N Is 59. Wölfe, (Canis,) und wenn ſie wieder etwas kleiner ſind, Schakale, nennt man alle größeren hundeartigen Thiere mit kürzerem, bloß bis an die Ferſe reichendem, hängendem Schwanze, dickerer Schnauze und runder Pupille. In Afrika, dem Vaterlande der Hyänen, giebt es keine Wölfe; in Amerika keine Schakale. Obgleich fähig, etwas zu ſcharren, graben fie ſich doch beide keine Erd— höhlen (Baue) wie die Füchſe. Sie ſind auch weniger liſtig, obgleich noch ge— fräßiger, und ziehen daher gern geſellſchaftlich auf Raub aus, um die gejagten Thiere einander gegenſeitig zuzutreiben. Im freien Zuſtande leben ſie bloß von Raub und Aas, ja, wo möglich, nur von Säugethieren und Vögeln. Der ge— meine Wolf (C. lupus) iſt von der Größe eines mittleren Fleiſcherhundes; ſein Oberhaar im Sommer auf roſtbraunem, im Winter auf rothgrauem Grunde gelblichweiß und ſchwarz gemiſcht; der Bauch graugelblich. Selten artet er, gleich dem gemeinen Fuchſe und vielen anderen Säugethieren, faſt ganz ins Schwärz— liche aus. (Schwarzer Wolf, C. Lycäon!) In Sibirien und dem höheren a) wahre Raubth.: Fingerläufer. 67 Norden von Amerika bekömmt auch er zum Winter, gleich vielen anderen dorti— gen Säugethieren, eine weit hellere Farbe, als je bei uns. Er iſt das gierigſte und gefürchtetſte Raubthier unſeres Welttheiles, den er ſonſt faſt überall in Menge bewohnte, während er in Großbritanien ſchon ſeit langer Zeit völlig ausgerottet, in Deutſchland aber, beſonders in den ebenen Gegenden, wenigſtens ſeit einer Reihe von Jahren wieder ziemlich oder ganz vertilgt iſt. In faſt allen übrigen Län— dern bewohnt er zumal die gebirgigen und waldreichen Striche, oder Steppenflächen mit Sümpfen und Rohrgehegen immer noch mehr oder weniger zahlreich, und beunruhigt nächſt allen Arten von Wild auch das zahme Vieh jeder Art, vorzugs— weiſe die Schaafheerden. Im Sommer und einzeln flieht er den Menſchen; im Winter greift er Kinder, bei großem Hunger und in Geſellſchaft Erwachſene an, und fällt, in größere Rotten vereinigt, ſogar Reiter und Reiſende auf Schlitten an. Er holt dann oft die Hunde von den Ketten weg, und gräbt ſich in ſchlecht gebaute Viehſtälle unter den Thüren oder ſonſtwie hinein. Bei Rindvieh und Pferden muß er ſich in der Regel mit Kälbern und Füllen begnügen, deren Müt— ter ihn mit den Hörnern und Hufen nicht ſelten glücklich zurückweiſen. Feuer— brände, glühende Kohlen, Schellengeläute und ähnliche Töne, ſo wie das Spielen von Streichinſtrumenten, ganz beſonders aber das Blaſen auf ſchmetternden metal— lenen, z. B. Trompeten, vertreiben ihn. Auch ſoll er z. B. einen ſtarken, auf den Schnee hinter einem Schlitten herſchleppenden Strick ſcheuen: (wahiſcheinlich aus inſtinktmäßiger Furcht, wegen der Aehnlichkeit deſſelben mit einer großen Schlange;) ja, ſelbſt einen, quer über eine offene Stallthür geſpannten Strick ſoll er nicht leicht überſpringen. Sein übelriechendes Fleiſch frißt kein anderes Thier, als wieder ein Wolf. In der Gefangenſchaft gewöhnen ſich junge Wölfe an gleichzeitig mit aufgezogene Hunde, und vermiſchen ſich dann leicht mit ihnen; ſie bleiben aber gewöhnlich heimtückiſch, und werden nur ſelten zuverläßig zahm gegen den Menſchen. Doch kennt man auch Beiſpiele von dem Gelingen einer vollkommnen Zähmung. Ein ſolcher Wolf in Schweden bewies ſich eben ſo an— hänglich, treu und aufmerkſam gegen ſeine Herrſchaft und deren Geſinde, eben ſo zutraulich ſelbſt gegen Fremde, und doch nach Umſtänden eben ſo wachſam, beſorgt und jeden Augenblick zur herzhafteſten Vertheidigung bereit, wie der beſte Hund. — Der gemeine Schakal oder Goldwolf, (C. aureus,) ähnlich gefärbt, nur weniger ins Röthliche ſpielend, ſteht der Größe nach zwiſchen dem Wolfe und Fuchſe mitteninne. Er lebt beſonders im ſüdlichen Aſien bis nach Indien hin; auch findet er ſich im nördlichſten Afrika: wogegen das ſüdliche wieder andere Arten beſitzt. Sein Zufluchtsort ſind gewöhnlich Felsklüfte, aus denen er des Abends mit Geheul und meiſt heerdenweiſe hervorkömmt, um theils zu rauben, theils die hinausgeworfenen Aeſer geſtorbener Thiere verzehren zu helfen. Er läßt ſich nicht bloß ſehr leicht zähmen, ſondern wird auch ſo treu, gehorſam und anhänglich an ſeinen Herrn, wie der Haushund. Mit letzterem allein hat er auch die beſondere Eigenthümlichkeit gemein, daß die männlichen Thiere, ſobald ſie erwachſen ſind, alſo ungefähr von dem Ende ihres erſten Lebensjahres an, beim Harnen ſtets ein Hinterbein in die Höhe heben. Deßhalb, und weil ſich wenigſtens jetzt nirgends eine entſchieden wilde Stammraſſe S 60. des Haushundes (Canis familiäris) vorzufinden ſcheint, hat man faſt auf den Gedanken gerathen müſſen: daß derſelbe urſprünglich vom Schakale herſtamme, und theils in Folge ſeines eingeſchränkten Zuſtandes, theils durch kreuzweiſe und deßhalb fruchtbar gewordene Vermiſchung mit dem Wolfe und Fuchſe, allmählich ſeine jetzigen, vielfachen Abänderungen von Geſtalt und Größe angenommen habe. In der That ſehen die Haus- und Hirtenhunde der Kir— 5 * 68 Saugethierez 4te Ordn.: Raubthiere; giſen im füdweftlihen Sibirien dem Schakale in hohem Grade ahnlich. Ebenſo giebt es häufig im ſüdlichen und mittleren europäiſchen Rußland, ſelten in Deutſchland, kleine, rothe Spitzhunde, die faſt wie Füchſe ausſehen. Manche mittelgroße Dorfhunde in mehreren Gegenden Deutſchlands, namentlich ſolche, die ſehr viel im Freien leben, ſehen dagegen kleinen Wölfen ſo ähnlich, daß ſie, in Gegenden, wo es Wölfe giebt, im Walde betroffen, gewiß für junge Wölfe todtgeſchoſſen werden würden. Bei faſt allen Hunden biegt, oder ringelt ſich der Schwanz mehr oder weniger nach oben: gewöhnlich von der rechten nach der linken Seite. Sowohl das Entſtehen, wie das Reinerhalten vieler Raſſen von Hunden erklärt ſich durch die Umſtände und vorzüglich durch die Sorgfalt, welche der Menſch hierauf verwandte. Denn man kann zu gewiſſen Zwecken im⸗ mer nur Hunde von einer gewiſſen Geſtalt, Größe ꝛc. gebrauchen; daher wählte man hierzu ſtets von jungen Thieren die am beſten paſſenden aus, zog von die⸗ ſen wieder bloß die am meiſten geeigneten Jungen auf u. ſ. f. So mußten ſich allmählig die Raſſen immer mehr ausbilden. Ausgezeichnet, ja beiſpiellos ſind: die Liebe und treue Anhänglichkeit der Hunde an ihren Herrn; der Muth und die Wachſamkeit der meiſten, da, wo ſeinem Leben oder ſeinem Eigenthume Ge— fahr droht; ihre Ausdauer und der unermüdliche Eifer, ihm zu dienen; fo wle die Klugheit und Gelehrigkeit derjenigen, bei welchen es einer beſonders forgfältis gen Abrichtung bedarf. Nur ein großes, bändereiches Werk würde alles wichtige Bekannte hierüber ſammeln und enthalten können. Merkwürdig bleibt übrigens der Umſtand: daß die, durch Abrichtung begründete, höhere Entwickelung mancher urſprünglichen, natürlichen Anlagen der Hunde endlich zu einer Art von künſtlichem Inſtinkte (angewöhntem Naturtriebe) wird, der ſich dann ſtets mehr oder weniger beſtimmt von den Eltern auf die Jungen fortpflanzt. Dieß zeigt ſich am deut⸗ lichſten bei allen zur Jagd gebrauchten Hunderaſſen, die ſich ſämmtlich durch große, hängende Ohren kenntlich machen. Obenan ſtehen hierin, wie überhaupt, ohne Zweifel die Hühner- oder Vorſtehh unde: die dem Jäger mit größter Behutſamkeit Repphühner, Wachteln, Schnepfen, Haſen und anderes kleines Wild aufſuchen, durch ruhiges Stillſtehen vor demſelben den Ort bezeichnen, wo es ſich befindet, und dann das erlegte herbeibringen (apportiren), das bloß verwundete aber verfols gen und fangen. Die ſchönen, kleinen englifhen Wachtelhunde können denſelben Dienſt nur in Betreff der kleinſten Federwildarten verrichten. Sonſt hielt man auch Hunde, die bloß verwundetes Wild verfolgten. Sie wurden Schweißhunde genannt: weil fie hierbei den, von demſelben verlornen Blutstropfen (in der Jägers ſprache Schweiß genannt) nachgingen. Von den ſo genannten engliſchen und fran⸗ zöſiſchen Jagd-(Parforce-) Hunden hielten ſonſt große Herren ganze Schaaren, (Meuten,) oft von mehr als hundert Stücken. Dieſe ſtellte man hin und wieder in kleinen Abtheilungen auf, um dann einen, von reitenden Jägern aufgeſuchten Hirſch auf höchſt unmenſchliche Weiſe ſo lange von ihnen herumjagen zu laſſen, bis er vor Ermattung nicht mehr weiter konnte. Die gewöhnlichen, eigentlichen Jagdhunde, (Bracken oder hochbeinigen Dachſe,) ſcheuchen Haarwild aller Art aus ſeinem Verſteck im dichten Walde auf, und treiben es, indem ſie öfters ihre Stimme hören laſſen, ſtundenlang und oft meilenweit umher, bis es wieder an feinen gewohnten Aufenthaltsort zurückkehrt oder fonft den verſteckt ſtehenden Jägern zum Schuſſe kömmt. Aber zu große und zu raſche ſetzen das Wild zu ſehr in Furcht, und vertreiben es ſo am Ende ganz. Deßhalb ſoll man ſie nur in ſehr waldigen Gegenden gebrauchen, und nimmt ſtatt ihrer nicht felten lieber gewöhn— liche (kurzbeinige) Dachſe. Dieſe ſind unſtreitig die muthigſten und wehrhafteſten aller Hunde: weil ihre Unfähigkeit, ſchnell zu entfliehen, fie zwingt, ſich bei An⸗ a) wahre Naubth.: Fingerläufer. 69 griffen ſtets auf ihr Gebiß zu verlaſſen. Man läßt fie befonders in die Baue der Füchſe und Dachſe kriechen, wo ſie den Fuchs oder Dachs in ſein Bett (den Keſſel) am hinterſten Ende der Röhre treiben und ihn dann fortwährend anbellen, alſo gleichſam belagern. Hierdurch zeigen ſie dem Jäger die Stelle an, auf wel— cher man in die Tiefe graben (den Einſchlag machen) muß, um zu dem Thiere zu gelangen und ſich ſeiner zu bemächtigen. Alle dieſe Hunde richten ſich auf der Jagd hauptſächlich, oder meiſt allein, nach ihrem Geruche, der erſtaunlich ſcharf iſt; und es bleibt eigen, daß in heißen Ländern die, aus Europa dahin gebrachten ſchnell immer mehr an Brauchbarkeit verlieren. Die ſchlanken, äußerſt hochbeini— gen Windhunde dagegen, die am ſchönſten geſtalteten von allen, riechen ſchlecht und machen beim Jagen nur von ihrem ſcharfen Geſichte Gebrauch. Sie holen auf dem Freien ohne Schuß und oft mit Windesſchnelle beſonders Haſen, aber auch Füchſe u. dergl. ein, und beiſſen ſie todt. Sonſt ſind ſie nachtheilig, aber ſehr anwendbar in Steppen. In den ruſſiſchen beſitzt man beſonders große, mit ſehr langem, meiſt weißem Haare, die wunderſchöne Thiere ſind. (Manche kleine, oder ſehr kleine, mit kurzem Haare, hält man bei uns bloß ihrer Schönheit wegen als Zimmerhündchen. Nicht ſelten findet man in gleichem Falle ſolche ſo genannte türkiſche: mit dicker, ganz nackter, meiſt röthlich- oder leberbrauner Haut. Sie ſcheinen aus Afrika zu ſtammen.) Der großen, theils ziemlich leichten, theils ſchwerer gebauten Hetzhunde bediente man ſich ehedem mehr, als jetzt, zum Fans gen und Feſthalten der wilden Schweine und Bären. Ein Paar von ihnen ſuch— ten dieſelben zuvörderſt bei den Ohren zu faſſen, damit die übrigen ſie anderwei— tig anfallen und abwürgen konnten; oder, bis die Jäger herbeikamen, um ſie mit langen Dolchen (Hirſchfängern) oder Spießen todt zu ſtechen. In anderen Welt— theilen hetzt man ſie zum Theile noch jetzt auf Hyänen, große Katzenarten und andere Raubthiere, ſelbſt auf Löwen und Tiger. Aehnliche Dienſte leiſten bei zahmen Thieren, jedoch ohne ſie zu verletzen, die Fleiſcherhunde oder Bullenbeiſſer, (die man nicht ſelten auch ſtatt jener gebrauchte,) die größten und gutmüthigſten von allen Hunden, mit dicker Schnauze und aufgeſchwollenen, hängenden Lippen. Bul— lenbeiſſer im Kleinen, von hübſcherer Geſtalt, aber mit häßlichem Kopfe und meiſt noch ſchlechteren Sitten, find die kurzſchnauzigen Mopſe, die widerwärtigſten aller müßigen und nutzloſen Schooß= oder Stubenhunde. Gleichfalls den Bullenbeiſſern ähnlich, aber groß, meiſt ſchön gebaut und vortreffliche Wächter, ſo wie beherzte Vertheidiger ihres Herrn, ſind die ſo genannten engliſchen Doggen. Sie laſſen, ebenſo wie manche Hühner- und andere kluge Hunde, in Abweſenheit ihres Herrn zwar jeden Fremden ruhig in ſein offenes Zimmer hinein, aber nicht wieder her— aus. (Unter ihnen und den Hühnerhunden giebt es zuweilen, unter den übrigen dickſchnauzigen Raſſen ſehr ſelten, ſo genannte Doppelnäſer. Dieß ſind Ausartun— gen mit geſpaltener Naſe, d. h. mit einer tiefen Rinne von der Stirn bis an's Ende der Schnauze, in welche man vorn manches Mal einen Mannsdaumen be— quem zwiſchen die Naſenlöcher hineinlegen kann.) Den Doggen in Bau und Größe verwandt, mit ſchöneren Köpfen, dünnerer Schnauze und langem, dichtem Haare ſind die Newfoundländer: eine höchſt gelehrige und treue Raſſe, die ſich, wie man glaubt, erſt auf der Inſel Newfoundland gebildet hat. (Bei der Ent— deckung von Amerika fand ſich bloß in Mexiko ein kleiner, nicht bellender, nackter Hund vor, welchen die Eingebornen ſchlachteten; ebenſo ein ähnlicher in Peru.) Eine etwas größere Verbindungshaut zwiſchen den Zehen macht den Newfoundlän— dern das Schwimmen beſonders leicht. Man hält ſie daher vorzugsweiſe auf Schiffswerften und in Hafenſtädten auf den Schiffen: wo fie, meiſt unaufgefors dert, jeden ins Waſſer gefallenen Menſchen zu retten ſuchen, und manchen ſchon 1 u ae ate Ordn.: Naubthiere; geſunkenen durch Untertauchen aus einer Tiefe von mehreren Ellen heraufholen. Von ihnen und von engliſchen Doggen ſtammen wahrſcheinlich jene herrlichen geoßen Hunde in den Klöſtern (Hofpitien) auf den rauhen, unwirthbaren Höhen des St. Bernhard und St. Gotthard in der Schweiz her, denen Hunderte von verirrten Reiſenden die Rettung ihres Lebens verdanken. Sie werden von den li breichen dortigen Mönchen (Hoſpitaliten) eigens zu dieſem Behufe gehalten und bei Schneegeſtöber, Nebel und ſonſtigem Unwetter hinausgelaſſen, um die Gegend meilenweit zu durchſtreifen und unermüdlich die Spur aller, von der Landſtraße abgekommenen oder ſonſt verirrten Reiſenden aufzuſuchen und zu verfolgen. Die noch Lebenden führen ſie dann freudig und mit freundlichen Geberden in die gaſt⸗ und menſchenfreundlichen Herbergen jener frommen Einſiedler; beim Auffinden von Ermatteten oder bereits Erſtarrten (Erfrorenen) aber kehren ſie eiligſt zurück, um mit traurigem Geheule Hülfe zur Rettung herbetzuholen und zu den Verunglück⸗ ten zu leiten. — Bei den noch folgenden Hunderaſſen ſtehen die Ohren gerade, oder nur die Spitze iſt hängend. Der Schäfer- oder Hirtenhund bleibt bei jeder grö— ßeren Anzahl zahmen Viehes faſt unentbehrlich. Er hilft dem Hirten die Heerde zuſammenhalten, und von Getreide oder ſonſtigen Feldfrüchten abwehren, und lei⸗ ſtet ihm hierbei viel wirkſamere und raſchere Dienſte, als mehrere menſchliche Ges hülfen. Die großen Schäferhunde in Ungarn, den Abruzzen, Pyrenäen, und wo es ſonſt viel Wölfe giebt, fallen dieſe bei ihren Angriffen auf die Heerde muthig an; und zweie von ihnen reichen hin, um den größten Wolf zu erwürgen. Um ſie nach Möglichkeit zu ſchützen, pflegt man ſie mit einem Stachelhalsbande zu verſehen. Auch hält man meiſtens bloß weiße: damit der Wolf ſie weniger leicht von den Schaafen unterſcheiden, der Hirt aber ſie beim Kampfe mit einem Wolfe erkennen und hülfreich unterſtützen kann. Die Pudel find wegen ihrer Gelehrigkeit und Treue faſt zu Allem zu gebrauchen. Sie erlernen eben fo licht beluſtigende Spie lereien, wie nützliche Dinge: z. B. meilenweit auf der Spur ihres Herrn zurück⸗ gehen, um einen von ihm verlornen Gegenſtand zurückzubringen. Merkwürdig macht ſie die beſtändige Dauer ihres langen, krauſen Haares, das, weil man es ihnen wiederholt abſcheert, ebenſo, wie die Wolle der Schaafe, niemals ausfällt. Faſt alle Hunde, die Windſpiele abgerechnet, ſind mehr oder weniger aufmerkſame Wächter; beſonders die kleineren und namentlich die Spitze. Solche, die man deßhalb beſtändig an der Kette hält, thun, wären ſie auch noch ſo böſe, Nieman⸗ den etwas zu Leide, wenn Halsband oder Kette reißt; ſolche aber, die bei Tage eingeſperrt und regelmäßig des Nachts losgelaſſen werden, um Gärten, große Ge— höfte oder dergl. zu bewachen, ſind dann faſt ſchlimmer, als hungerige Wölfe, und zerreiſſen Alles. Furcht und Beſorgniß eutweder für ſich und die Ihrigen, oder für das Eigenthum ihres Herrn, geben alle Hunde, beſonders die ſchwächeren, durch Bellen zu erkennen. In ſehr menſchenarmen Ländern, wie Grönland und Kamtſchatka, wo die Hunde ſelten einen Fremden ſehen und die Armuth, wie die Ehrlichkeit der Bewohner kein Wachen erforderlich macht, bellen die Hunde ſelten, oder faſt nie: obwohl ſie oft heulen. (Eben ſo ſelten thun es bei uns die Wind⸗ hunde.) Die Hunde der Bewohner von Congo und manchen Südſee-Inſeln, wo man ſie nur als Schlachtvieh hält und häufig mit den Schweinen aufzieht, haben natürlich noch weniger Veranlaſſung zum Bellen. Schon bei uns ziehen die Hunde zuweilen, vor kleine Wagen geſpannt, Laſten, die für ihre Größe erſtaunlich ſind. Im höchſten Norden von Aſien und Amerika, wo ſie zum Theile (wie die dortigen Füchſe) behaarte Fußſohlen bekommen und einen außerordentlich langen, dichten Winterpelz tragen, gebraucht man ſie dann allgemein als Schlittenzugvieh. Im öſtlichen Sibirien werden auf dieſe Weiſe ſelbſt die Reiſenden und Waaren von a) wahre Raubth.: Fingerlaufer. x 70 der Poſt befördert. Man hält zu dieſem Behufe auf den Stationen eine große Menge Hunde, und füttert ſie meiſt mit halbfaulen Fiſchen, die man dort im Sommer in größter Menge fängt und für die Hunde in Gruben aufbewahrt. Im Sommer läßt man ſie meiſt frei. Sie nehmen dann wieder mehr ihre ur— ſprüngliche Raubthiernatur an, und ſorgen ſo gewöhnlich ſelbſt, durch gemeinſchaft— liche Jagd oder durch Fiſchfang in den Flüßen, für ihren Lebensunterhalt. Die Mohamedaner, die alle todten Thiere unvergraben hinauswerfen, verabſcheuen zwar die Hunde nach den Vorſchriften ihrer Religion als unreine Thiere, und dulden ſie daher in ihren Häuſern nicht; ſie ſchätzen ſie aber wegen des Verzehrens der Aeſer, und füttern ſie oft, zum Theil regelmäßig, bauen ihnen auch nicht ſelten ſogar Hütten. In allen Ländern unter ihrer Bothmäßigkeit leben in Städten und Dörfern auf dieſe Weiſe eine Menge von Hunden in halbfreiem Zuſtande. Im Süden von Paraguay giebt es viele Rotten ganz verwilderter Hunde, die meiſt in Höhlen wohnen und völlig vom Raube leben. In allen dieſen Ländern, wo die Menge der Hunde zum Theile noch größer iſt, als bei uns, das Zahlver— hältniß der Thiere von beiderlei Geſchlecht aber der Natur überlaſſen bleibt, fo daß beide ungefähr gleich find, kennt man die Tollwuth oder Waſſerſcheu der Hunde meiſt nicht einmal dem Namen nach. Bei uns dagegen, wo gewöhnlich auf Dutzende von männlichen Hunden kaum Eine Hündinn kömmt, werden nicht ſelten einzelne Hunde von jener gefährlichen, jederzeit tödtlichen Krankheit befallen und beiſſen dann nach allem Lebenden. Hierdurch verbreitet ſich das Uebel häufig nicht bloß unter den Hunden ſelbſt weiter; ſondern es geht auch ebenſo auf andere Thiere und auf Menſchen über, und führt dieſelben, wenn nicht bei Zeiten Gegen— mittel angewandt werden, einem qualvollen Tode zu. — Unter ſich ſind die Hunde meist neidiſch und gierig: und ein ſchon geſättigter frißt öfters noch neuerdings weiter, bloß um einem andern nichts übrig zu laſſen. Selbſt bei der größten Hitze und Anſtrengung gerathen ſie niemals in Schweiß. Doch hauchen ſie dann um ſo mehr Feuchtigkeit mit dem Munde aus. Beim Trinken werfen ſie durch löffel— artige Biegung des Zungenrandes die Flüßigkeit gleichſam biſſenweiſe in den Rachen. Bei bevorſtehenden Wetterveränderungen wird ihre Ausdünſtung meiſt ſtärker und ſchärfer. Nicht eben dann, ſondern wenn ſie harte, ſplitterige Knochen gefreſſen haben, die ihnen Beſchwerde im Magen verurſachen, verſchlingen ſie ungekaut einige Grasblätter; im Winter auch wohl ein Paar Heu- oder weiche Strohhalme. Dieſe hüllen dann im Magen und in Folge der Bewegung deſſelben die ſtechenden Kno— chenſplitter ein, und führen fie fo ohne Nachtheil durch die Eingeweide fort. Im Süden und tieferen Inneren von Afrika hauſt der ſchnelle, hochbeinige Simir der Araber oder Hyänenwolf, (Lycaon pictus,) der fo genannte wilde Hund der holländiſchen Kapkoloniſten, den man lange für eine wirkliche Hyäne hielt, weil er einen ähnlichen Kopf hat und ebenſo nur 4, 4 Zehen beſitzt. Aber fein Rücken und Hintertheil ſind durchaus nicht ſchwach oder abſchüſſig, und ſein Gebiß gleicht beinahe dem des Wolfes. Seine Farbe iſt ochergelb und röthlich- oder fahlbraun, ſtellenweiſe ins Weiße übergehend, mit unregelmäßigen ſchwarzen Flecken und Strei— fen. Er iſt daher eines der ſchönſten, veränderlichſten und bunteſten Säugethiere; dabei eben ſo räuberiſch, als raſch. Seine Jagden ſtellt er heerdenweiſe an, und ſoll zuweilen ſelbſt Menſchen nicht verſchonen. Den Ochſen nähert er ſich, um ihren Hörnern auszuweichen, zuerſt von hinten; und einer oder zwei ſuchen ſie dann beim Schwanze feſtzuhalten. Hierdurch fügen fie den armen Thieren, auch wenn dieſe ſich ihnen noch entreißen, doch nicht ſelten einen ſehr empfindlichen Nach— theil zu: indem ſie ihnen die Schwänze abbeiſſen, deren ſie in jenen heißen Ländern zum Abwehren ſtechender Inſekten ſo nöthig bedürfen. U 72 Säugethiere; 4te Ordn.: Raubthtere; S. 61. Bei den Zehenläufern mit niederen Beinen verbindet ſich mit einem beſonders ſchlanken, geſtreckten Körper faft immer der Beſitz von 5, 5 Zehen und ein vorzügliches Klettertalent. Sie ſind raubfüchtig in hohem Grade, ja meiſt blutdürſtiger, als alle übrigen Raubthiere: indem ſie fo lange als möglich fortmorden, und von Pflanzenſtoffen nur zum Theil Beeren oder ſüßes Obſt mögen. Ihre Gewandtheit iſt außerordentlich groß. Dahin gehören zuerſt die viverrenartigen oder Zibeththiere wärmerer Länder: mit länglichem Kopfe, meiſt mit beweglichen (zurückziehbaren) Krallen, und ſtets mit einer Aftertaſche, deren Riechſtoff, Zibeth ge— nannt, bei manchen einen angenehmen Geruch verbreitet. Da derſelbe früher theils als Arzneimittel, theils zum Räuchern benutzt wurde; ſo hielt man ſolche Thiere damals in Käfigen, um denſelben öfters vorſichtig mit einem Ohrlöffel herauszunehmen. Die Zunge iſt bei allen rauh, wie bei den Katzen. Die Zibethkatzen oder Genetten, (Odmaelürus,) mit ganz beweglichen Krallen, ſehen, bis auf den fuchsähnlichen Kopf, faſt wie manche unſerer ſchön gezeichneten, gelbgrauen Hauskatzen aus. Sie haben auch eben ſo ſchmale Pupillen, und überall weiches Haar. Z. B. die gewöhnliche, eigentliche Genette, (Viverra genetta,) die, von Spanien oder Südfrankreich an, ganz Afrika bewohnt. Das ähnliche, aber kleinere, mit ſchönen Reihen von runden Flecken gezeich— nete Katzenfrett, (Bassäris astũta,) in Mexiko, iſt das einzige Zibeththier der neuen Welt. Die Civetten (Viverra) find etwas hochbeiniger und größer, als die Ges netten, mit weniger zurückziehbaren Krallen und rundlicher Sehöffnung. Den Rückgrath hinab läuft eine Art Mähne von gröberem Haare. Bei den Man guſten, Mungo's oder Ichneumon's, (Herpestes,) die meiſt eine ungewöhnlich große After- oder Riechtaſche beſitzen, nur wirklich heiße Land: ſtriche bewohnen und hauptſächlich von Amphibien und deren Eiern leben, iſt am häufigſten überhaupt die ganze, ſehr lange, aber dünn ſtehende Behaarung unge— wöhnlich rauch. Dieſer Umſtand trägt wahrſcheinlich dazu bei, den- giftigen Schlan⸗ gen, auf deren Bekämpfung und Vertilgung ſie vorzugsweiſe gern ausgehen, die Gegenwehr zu erſchweren oder zu verleiden, und die Wirkung ihrer Biſſe zu mil dern. Gegen letztere ſollen ſich die Manguſten dadurch ſichern, daß ſie dann, einem angeborenen Naturtriebe folgend, ſofort von der Wurzel einer Pflanze freſſen, welche auch die Einwohner hierdurch als Arznei gegen die Folgen von Schlangenbiß kennen gelernt haben. (Schlangenwurz, Ophiorrhiza.) Daher hält man die Manguſten, die übrigens zum Theil kleiner, als unſer Iltis, und nicht leicht größer, als Mar— der ſind, ebenſo um der giftigen Schlangen, wie um der Ratten und Mäuſe wil⸗ len, gern in Häuſern, wie bei uns die Katzen. Der kleine, graue, ägyptiſche, (H. ichneumon,) auch Pharaonsratze genannt, wurde ehedem von den Bewohnern Aegyptens ſehr hoch in Ehren gehalten: weil er beſonders die Eier der Krokodile, deren es damals ſehr viele dort gab, ſo eifrig aufſuchte und verzehrte. Ein Paar ſonſt ähnliche Geſchöpfe aus Südafrika hat man Fuchsfrette (Cynictis) genannt: weil ſie nicht bloß eine fuchsähnliche, röthliche Farbe, ſondern auch bloß 5, 4 Zehen und wieder etwas höhere Beine haben. Sie klettern ſchwerlich je. Die Surikatte oder das Schnarrthier, (Rhyzaena,) welche theils auch dort, theils mehr im Innern von Afrika lebt, zeigt ſogar nur 4, 4 Zehen, wie die Hyänen und der Hyänenwolf. Die langen Krallen derſelben ſind unbeweglich und zum Graben eingerichtet. Seine Schnauze endet rüſſelartig. a) wahre Raubth.: Fingerläufer. 73 ö N ö [S. 62. Unbeweglich, aber ſtark gekruͤmmt und meiſt kurz, find die Krallen bei den wieſelartigen Zehenläufern, die wegen aus nehmender Kürze der Beine ſtets hüpfend (im Galop) gehen müſſen. Ihre Zunge ift glatt, die Schnauze kurz, und die Zahl der Backenzähne gering. Der ſehr lang- geſtreckte Körper, kaum dicker, als der Kopf, geſtattet ihnen, beim Verfolgen ihres Raubes durch ſehr enge Löcher und Ritzen zu kriechen. Die meiſten ziehen Vögel und deren Eier allem Anderen vor, und morden mit faft uner— Tr Blutdurſte gewöhnlich fo lange fort, als fich etwas Lebendes um ie her regt. Die Marder, (Martes,) meiſt dunkelbraun mit lichterem, graulicherem Kopfe, und bloß in gemäßigten oder kalten Gegenden zu Hauſe, ſind die größten; ſie klettern am beſten, und können mit Hülfe ihres langen und ſchön buſchigen Schwan— zes auf Bäumen leicht von Aſt zu Aſt ſpringen. Auf dieſe Weiſe verfolgt bei uns der Wald⸗ oder Edelmarder (M. sylvestris) die Eichhörnchen nicht ſelten ſo lange, bis ſie ihm zuletzt ermüdet zur Beute werden. Er hat eine dottergelbe Kehle, giebt ein ſchönes Pelzwerk, und wählt nur große Wälder zum Aufenthalte. Der Haus- oder Steinmarder dagegen, (M. foina,) mit weißer Kehle und minder ſchönem, mehr graulich braunem Balge, quartirt ſich überall in Städten und Dörfern auf Böden oder ſonſt in abgelegenen Theilen von Gebäuden, nicht ſelten ſelbſt in kleinen Gartenhäuſern, ein. Von hier geht er, wie es ſcheint, nach Art des Fuchſes, mehr nach entfernteren Orten hin, als in der nächſten Umgegend, auf Raub aus, und richtet nicht ſelten vollſtändige Niederlagen in den Tauben— ſchlägen und Hühnerſtällen an. Im kargen, ſchneereichen Winter muß er gewöhn— lich in Gärten und nahen Wäldern die ganze Nacht ohne Aufhören mühſam baum⸗ auf und baumab ſteigen, um hin und wieder ein ſchlafendes Vögelchen zu über— raſchen. Im Sommer und Herbſte nützt er, gleich allen wieſelartigen Thieren, ſehr bedeutend durch Vertilgen von Mäuſen, macht ſich dann aber auch den Gärt— nern in hohem Grade verhaſſt durch ſeine große Liebhaberei zu ſüßen Kirſchen, Weintrauben und grünen Pflaumen. — Der Zobel, (M. zibellina,) in Sibirien und vielleicht auch in Nordamerika, iſt ein etwas kleinerer Marder ohne ſo hellen Kehlfleck, mit etwas größeren Ohren und behaarten Zehenſohlen. Sein berühmtes, herrliches Pelzwerk wird, wie bei anderen Säugethieren Aſiens, je weiter nach Oſten zu immer dichter und ſchöner, aber gewöhnlich auch heller von Farbe: weil die Kälte des Winters weiter nach Oſten hin immer größer wird. — Bei den Mardern enthalten die Kiefer — Backenzähne, faſt wie bei den Zibeththieren; und der, in den Afterdrüſen am Ausgange des Maſtdarmes enthaltene Stoff ver— breitet einen deutlichen, ziemlich angenehmen Biſamgeruch. Bei den Iltiſſen und eigentlichen Wieſeln (Mustela) dagegen riecht derſelbe ſehr ſcharf und unangenehm nach Knoblauch, und etwas nach Schwefel; die Zahl der Backenzähne aber beträgt bloß 4. Der kürzere Schwanz iſt wenig oder gar nicht buſchig, und die Neigung der Thiere zum Klettern weit geringer. Dafür kann der, überall wegen ſeines ſtinkenden Geruchs verſchrieene, gemeine Iltis oder Stänkerratz (M. putorius) ziemlich gut graben und ſchwimmen. In Europa iſt er bräunlichgelb mit ſchwärzlichen Haarſpitzen, weißer Naſe und Ohrrändern, unten ſchwarzbraun; die ſibiriſchen ſehen meiſt ſehr viel lichter aus. In Hühnerſtällen u. drgl. begnügt er ſich gewöhnlich damit, Ein Thier zu tödten und fortzuſchleppen. Er findet ſich überall beſonders an kleinen, fließenden Gewäſſern mit hohen Ufern und alten hohlen Weiden, Stöcken, in Steins und Holzhaufen; denn er frißt auch Fröſche und vorzüglich gern Fiſche, die er im Winter recht gut durch bie 74 Säugethiere; 4te Ordn.: Raubthiere; Wuhnenöffnungen im Eiſe aus Fiſchhältern heraufzuholen verſteht. — Ein naher Verwandter von ihm, oder, wie man früher glaubte, eine bloße lichte Farbenaus— artung, iſt das hell röthlichgelbe Frettchen. (I. furo.) Es ſoll urſprünglich aus dem nördlichen Afrika ſtammen; jetzt wird es im ſüdlichen Europa, ſo wie hin und wieder im mittleren, völlig als Hausthier gehalten und zur Jagd auf die wilden Kaninchen benutzt: indem man es, gewöhnlich mit einem kleinen Glöckchen verſehen, in die Baue deſſelben hineinſchlüpfen läßt. Die meiſten treibt es heraus, wo ſie dann entweder in vorgeſtellte Netze gerathen, oder ſonſt den Menſchen in die Hände fallen. Doch überraſcht es nicht ſelten auch einige, beſonders Junge, darinnen, welchen es dann, wie andere wieſelartige Thiere, das Blut ausſaugt. Hiervon wird es aber gleichſam berauſcht und ſchläfrig, ſo daß es oft nicht ſo bald wieder zum Vorſcheine kömmt. Dann braucht man ihm nur ſein gewöhnliches, weich ausge— polſtertes Schlafkörbchen in den Bau zu ſetzen, um es nach einiger Zeit, meiſt ruhend, in demſelben wiederzufinden. — Der Nörz oder Menk (M. Iutreöla) iſt ein Iltis mit weißem Kinne oder Lippen, nicht ſelten auch mit einem dergleichen Kehlflecke oder Streifen; ſonſt aber durchgängig von ſchön brauner Farbe, wie ein Fiſchotter. Deßhalb hat man ihn auch kleinen Fiſchotter, ſo wie von ſeinem Aufenthalte in tiefen Erlenbrüchen und von einer ſeiner Lieblingsſpeiſen Sumpf— und Krebsotter genannt. In der That hört ſeine Verbreitung mit der des gemei— nen Krebſes, am Ural und ſonſt auf der weſtlichen Grenze von Sibirien, auf: wiewohl er im ganzen europäiſchen Rußland, durch Polen hindurch bis herüber nach Schleſien und in Lappland vorkommt. Die ſchönen Felle kommen in großer Menge aus Nordamerika; und der dortige Viſon iſt offenbar daſſelbe Thier. — Die Pe— ruaska, Peruiska oder der Tigeriltis, (M. sarmatica,) iſt dunkelbraun mit un⸗ regelmäßigen, gelblichen oder weißen Streifen. Von ſeinem Vaterlande wird er auch ruſſiſcher oder polniſcher Iltis genannt. — — Unter eigentlichen Wieſeln im engeren Sinne verſteht man die kleinſten und ſchlankſten aller wahren Raub: thiere, jene unermüdlichen Mäuſejäger, die ihre Beute unabläſſig bis in ihre engen unterirdiſchen Wohnungen verfolgen, und dadurch in mäuſereichen Jahren dem Landmanne unberechenbaren Nutzen ſchaffen. Leider fallen ſie aber auch nicht ſelten mit beiſpielloſem Muthe weit größere, nützliche Thiere an, beiſſen ſich ihnen, blut— ſaugend mit ihrem ſcharfem Gebiſſe feſt an die Kehle oder in das Genick an, und laſſen nicht nach, bis das Thier endlich hinſtürzt. Das Hermelin, (M. erminea,) mit ſchwarzer Endhälfte des Schwanzes, erreicht noch die Länge einer gewöhnlichen Ratte. Schon in Deutſchland, noch mehr aber weiter nördlich und öſtlich, wird es zum Winter weiß; die ſibiriſchen geben dann ein gutes Pelzwerk, welches man ſonſt beſonders zu den Staatsmänteln fürſtlicher Perſonen verwandte. Im Som⸗ mer iſt es ſtets oberhalb braun, und in Südeuropa bleibt es immerfort ſo; bei uns ſieht man gewöhnlich nur in gelinden Wintern einzelne braune. Es fällt mitunter ſogar alte Haſen und junge Rehe, ſo wie Hühner und andere zahme und große Waldvögel an. — Das kleine oder gemeine Wieſel, (M. vulgäris, ) mit kürzerem, einfarbigem Schwanze und kurzem Haare daran, bleibt zwar bei uns braun, nimmt aber ſchon im ſüdlichen Schweden regelmäßig ein weißes Win⸗ terpelzchen an. Obwohl ſelbſt am Leibe kaum dicker, als eine mittelgroße Maus, weiß es doch in Gehöften, wohin es zum Winter öfter kömmt, mit der größten Ratte fertig zu werden. Hühnereier, die es nicht in ſeinen kleinen Mund nehmen kann, ſoll es ſich wirklich unter das Kinn einklemmen und ſie ſo forttragen. Die Zorillen oder Kralleniltiſſe (Ozolictis, Ietönyx) ſind langkrallige wie ſelartige Thiere in Afrika und Kleinaſien, die an Geſtalt, Farbe, Zeichnung und p) Inſekten raͤuber. 75 ſelbſt hinſichtlich des Uebelgeruches faſt ganz den meiſten Stinkthieren der neuen Welt gleichen. f Bei dem, ſonſt ähnlichen Rüſſeliltiſſe (Rhinogäle, Melogäle!) in Indien (Pegu) kömmt noch eine vortretende Schnauzenſpitze hinzu, wie bei den Rüſſel— ſtinkthieren. IS 63. Die Fiſchottern find große, oben ſchön braun, unten lichter gefärbte, überall verbreitete, wieſelähnliche Thiere mit erſtaunlich ſcharfem Gebiſſe und unten etwas platt gedrücktem Schwanze, die ſich von Fiſchen nähren, ſich daher ſtets an Ge— wäſſern aufhalten und eben ſo gut tauchen, als ſchwimmen. Die meiſten haben deßhalb zwiſchen den Zehen anſehnliche Schwimmhäute. So die gemeine Fiſchotter, (Lutra vulgäris,) von der Größe eines mittels mäßigen Hundes, an allen größeren ſüßen Gewäſſern Europas und Aſiens, beſon— ders an Flüßen, und ſelbſt auf zahlreichen kleinen Inſeln (Scheeren) des Meeres in der Nähe des Landes. Sie fiſcht gewöhnlich nur des Nachts, beſonders bei Mondſchein, und geht dabei in Flüßen immer dem Strome entgegen. Im Winter begiebt ſie ſich, von Wuhnen oder ſonſt offenen Stellen aus, weit unter das Eis, und kann dann mehrere Minuten lang unter dem Waſſer bleiben. Wegen ihres beträchtlichen Schadens an der Fiſcherei wird ſie in allen ſtark bewohnten Gegenden ſehr gehaßt und von den Jägern verfolgt. Aber ſie iſt äußerſt ſchlau, aufmerkſam und vorſichtig, daher ſchwer zu ſchießen und zu fangen, und hält ſich bei Tage entweder in kleinen Bauen (Höhlen) am Ufer, unter den ausgewaſchenen Wurzeln großer Bäume, oder hinter Bretterverſchlägen u. dergl. von Uferbauten, Wehren ꝛc. verborgen. Jung aufgezogen, iſt ſie ſehr unterhaltend und zum Spielen geneigt, wird leicht befreundet mit Hunden, und ſehr zahm. Sie beweiſt ſich dann ſo gelehrig, daß ſie ſich wie ein Hund zu allerhand Dingen, z. B. zum Apportiren und beſonders zum Fiſchfange, abrichten läßt. Stets auf dem Lande gehalten und mit Milch und Brot gefüttert, kann fie ſich nicht bloß der Fiſche, ſondern auch ihres urſprünglichen Elementes ſo entwöhnen, daß ſie erſtere ganz verſchmäht und, ins Waſſer geworfen, nichts Eiligeres zu thun hat, als ängſtlich wieder ans Land zu ſchwimmen. Immer bleibt dann auch bei ihr, wie bei Hunden, Katzen und vielen anderen Thieren, die wirkſamſte Strafe für irgend ein Vergehen das Begie— ßen mit Waſſer: da ihr dickes, zähes und dicht behaartes Fell ſie Ruthenhiebe u. dergl. wenig empfinden läßt. Daſſelbe giebt ein gutes, ſehr dauerhaftes Pelzwerk, welches das ganze Jahr hindurch faſt gleichen Werth behält: weil für ſie, bei ihrem ſteten Aufenthalte entweder in der Erde, oder im Waſſer, der Wechſel der Jahreszeiten hinſichtlich der Wärme viel weniger Unterſchied macht, als für andere Thiere. — Die übrigen Fiſchottern mit Schwimmhäuten ſind meiſt in wärmeren Gegenden zu Hauſe; und die Mehrzahl iſt viel größer, als die unſerige. Die Arten laſſen ſich aber ſchwer von einander unterſcheiden. In Südafrika und auf den großen Inſeln von Südaſien giebt es mehrere, theils kleinere, theils eben fo große Fiſchottern, die man Barang's (Aönyx) nennen kann, und denen nicht bloß die Schwimmhäute faſt oder ganz fehlen; ſondern die auch mit der Zeit an den meiſten Fingern, wo nicht an allen, die Nägel verlieren, die doch ſonſt für Raubthiere unentbehrlich ſcheinen. 8 64 2te Unterordn.: Juſektenfreſſende Naubthiere. Sie leben in der Regel nur von Inſekten, Larven und Würmern. Doch freſſen alle ge— legentlich und nach Umſtänden recht gern Fleiſch von Wirbelthieren aller Art; und wohlſchmeckende Früchte verſchmähen manche gleichfalls nicht ganz. 76 x Saͤugethiere; 4te Ordn.: Raubthiere; Ihte Vorder- und Eckzähne find der Geſtalt und Zahl nach außerordent⸗ lich verſchieden; nur kommen erſtere niemals, letztere ſelten, denen der wahren Raubthiere der Zahl und Geſtalt nach gleich. Von den Backenzähnen, die weit feinere Spitzen haben, bleiben die vorderen gleichfalls beſtändig kleiner, (falſche Backenzähne.) Die Thiere ſelbſt ſind klein, meiſt ſogar ſehr klein. Sie ſchreiten, mit Ausnahme der ſehr wenigen hüpfenden, wieder ſämmtlich auf der ganzen Sohle. Die Zahl ihrer Zehen beträgt faſt immer 5, 5. Iſte Zunft. Gehende Inſekten⸗Naubthiere. Sie enthalten die größere Anzahl der Gattungen, und halten ſich meiſt, manche beſtändig, auf der Erde auf, haben daher Füße mit kurzen oder nur mittelmäßigen Krallen, die zum Gehen, nicht zum Graben eingerichtet ſind. Letzteres vermögen bloß einige und in geringem Grade. Man betrachtet die Inſekten⸗ freſſer mit Recht als Uebergangsglieder von den Raubthieren zu den Nagern. In der That wiederholen faſt alle Grundgeſtalten, welche unter dieſen vor- kommen, ſich auch bei ihnen. Einige z. B. konnen, wie die Eichhörnchen, gut klettern, aber nicht graben. Sie nehmen ihren Aufenthalt ebenſo ganz vorzugsweise auf Bäu⸗ men, um dort vorzüglich nach Inſekten zu jagen. Solche Geſchöpfe ſchei— nen übrigens bloß die heißen Gegenden von Aſten zu beſitzen. Die Tupaja’s (Cladobätes) auf den großen Inſeln von Oſtindien, ſehen mit ihren langhaarigen Schwänzen äußerlich faſt ganz und gar manchen kleinen Eichhörnchen, oder noch mehr unſeren Siebenſchläfern ähnlich. Die Farbe iſt bei zweien oben braun, mit einem ſchrägen, gelblichen und röthlichen Schulterſtreifen; bei der dritten roſtroth, wie die unſeres gemeinen Eichhörnchens. Ein verwandtes Thier mit grobem Haare und kahlem, rattenähnlichem Schwanze in den Wäldern der Halbinſel Malacca, welches die Einwohner Tikus-Ambang nennen, (Gymnüra,) ſieht dagegen ganz wie eine langſchnauzige Ratte von mehr als gewöhnlicher Größe aus. Hiernach entſpricht es offenbar den Klettermäuſen. 65 Die Spitzmäuſe, welche dieſen Namen von ihrer mäuſeähnlichen Geſammtgeſtalt und der ſpitzen Rüſſelſchnauze führen und ſchon nicht mehr klettern, bilden ebenſo eine Wiederholung unſerer wühlenden, kurzſchwänzigen Feldmäuſe. Sie wühlen mit Rüſſel und Pfoten in lockerem Boden, im Graſe, unter dem Laube u. dergl. nach Inſekten und Würmern, brauchen alſo nur ganz in der Nähe zu ſehen, und haben daher ungewöhn— lich kleine Augen. Ebenſo laufen ſie auch gern in Maulwurfsgängen und ähnlichen Höhlen umher, um die hineingefallenen Thierchen zu verzehren. Sie bedürfen hiervon bei ihrer ungeheueren Gefräßigkeit jeden Tag mindes ſtens eben ſo viel, als ſie ſelbſt wiegen. An den Zehen und Fußrändern ſtehen kamm⸗ oder bürſtenähnliche Reihen von kurzen, fteifen, etwas platten Haa⸗ ren, die ohne Zweifel zum Wegſchieben des Bodens und bei manchen auch zum Schwimmen dienen: daher ſie gewöhnlich Schwimmhaare oder Schwimm⸗ bürſten genannt werden. Eine Drüſe an jeder Seite des Leibes ſondert, um Einſchmieren des Haares gegen das Eindringen der Näſſe, eine ölige lüßigkeit ab, deren ſtarker, gewöhnlich biſamähnlicher Geruch den meiſten b) Infeftenräuber: gehende 77 fleiſchfreſſenden Raubthieren (namentlich Hunden und Katzen) ſo zuwider iſt, daß ſie die von ihnen gefangenen Spitzmaͤuſe meiſt unverzehrt liegen laſſen. Ihre ſehr langen Vorderzähne, , machen ihr Gebiß dem von wahren Na— gern ſehr ähnlich. Solche Spitzmäuſe, die gern im Trocknen bleiben, haben noch deutlich ſichtbare Ohren; und zwiſchen den kurzen Haaren ihres Schwanzes ſtehen mehrere, ringför— mige Reihen von längeren. So bei uns die weiß zähnige, (Crocidüra leu- eödon,) oben aſchgrau, unten weiß. — Eine, ihr ſonſt ſehr ähnliche in Oberitalien, die etruriſche, (Cr. etrusca,) ſoll beinahe, wenn nicht wirklich, das kleinſte Säugethier ſein. — Dagegen erreicht eine ſchöne, ganz blaß graue indiſche, die Biſam-Sp., (Ur. moschäta,) die Länge einer Hausratte. Sie verbreitet einen ſo durchdringenden Biſamgeruch, daß ſie zuweilen die Einwohner faſt aus den Häuſern vertreibt. Selbſt eine bloße ausgeſtopfte Haut erfüllt noch nach mehreren Jahren ein Zimmer oder ſonſtiges Behältniß binnen wenigen Stunden mit einem ſtarken Moſchusdufte. Bei anderen, mit etwas längerem Rüſſel, liegen die Ohren ſchon faſt unter den Haaren verſteckt; dem Schwanze fehlen jene längeren Zwiſchenhaare, und ihre Zähne haben alle rothbraune Spitzen: Beides faſt wie bei den Waſſerſpitzmäuſen. Sie leben jedoch nur an feuchten Orten, nicht im Waſſer. Z. B. die dunkelbraune, gemeine Sp., (Sorex arankus;) und die langköpfige Zwergſp., (S pygmaeus,) mit langem und langbehaartem Schwanze. Letztere ſcheint wirklich das kleinſte Säugethier. Sie wird, völlig erwachſen, ohne den Schwanz nur etwa 1% 10 lang, und wiegt nur ſo ſchwer, wie höchſtens 40 Gerſtenkörner. Die Waſſerſpitzmäuſe (Crossöpus) kommen wenig auf dem Lande umher; denn ſie nähren ſich hauptſächlich von Waſſerinſekten, deren Larven, Blutigeln und Fiſchbrut. Sie halten ſich an Bächen und Teichen auf, haben daher zur Erleich— terung des Schwimmens größere Haarbürſten an den größeren, breiteren Füßen, und können ihre Ohren, die ohnehin ganz verſteckt liegen, beim Untertauchen durch 3 Klappen feſt verſchließen. Die Desman's oder Wychuchol's (Mygäle) find zwar ähnlich, aber ſchon ganz zum Leben im Waſſer geſchaffen. Die Füße haben wirkliche Schwimmhäute, und ſehr große Schwimmbürſten zugleich; und der kahle Schwanz erſcheint an den Seiten ruderartig zuſammengedrückt, wie bei den Biberratten unter den Nagern. Die Schnauze endigt mit einem ſehr langen, herabhängendem Rüſſel. Die ruſ— ſiſche Art, (M. moschäta,) an der Wolga, dem Don ꝛc. und den daſigen Land— ſeeen, führt wegen ihrer Größe (17 + 9) und des ſtarken Moſchusgeruchs auch den Namen Biſamratte. Eine kleinere (M. pyrenaica) wohnt im ſüdlichen Frankreich, am Fuße der Pyrenäen. S. 66. Die Inſektenräuber mit Stacheln oder ſtachelaͤhnlichen Haa— ren auf dem Oberleibe, werden gewöhnlich im Allgemeinen Igel genannt. Es giebt deren nur in der alten Welt, und mehr in gemäßigten und kälte⸗ ren, als heißen Gegenden. Sie ſind faſt überall Winterſchläfer. Kopf, Beine und Unterſeite bedeckt ſtets grobes, borſtenartiges Haar. Bei den eigentlichen Igeln (Erinaceus) umgiebt die Naſenlöcher ein kamm⸗ artiger Rand; und auf dem ganzen Oberkörper bis an den Hinterkopf ſtehen bloß harte Stacheln allein. Unter dieſen liegt ein außerordentlich ſtarker, dicker und dehnbarer Hautmuskel, welchen das Thier in Gefahr, indem es ſich wie eine Kugel zuſammenrollt, ſo über ſich wegzieht, daß nur eine kleine runde Oeffnung (für die Naſe, zum Athmen) bleibt, und die Stacheln ſich nach allen Seiten hin ſträuben. 78 Singethiers; dig Ordn: Nanbthiere; In dieſem Zuſtande, welcher es für alle Raubthiere unangreifbar macht, beharrt das Thier, allen erſinnlichen Schmerzen und Qualen zum Trotze, ſo hartnäckig, daß es nur ins Waſſer geworfen, oder ſonſt in Gefahr zu erſticken verſetzt, den— ſelben verläßt. Denn ſeine, nicht ſtarken Vorder- und Eckzähne und die kurzen Krallen können ihm nur bei feinen eigenen Angriffen auf Mäuſe, junge Neſtvö— gel, Fröſche, Blindſchleichen und Schlangen als genügende Waffen dienen. Noch weiß man nicht, ob auch die anderen Arten ein ſo unglaublich zähes Leben und namentlich eine fo wunderbar giftfeſte Natur haben, wie unſer europäiſcher. (E. europaeus.) Dieſen tödten kaum ein halbes Dutzend Schrotſchüße, von deren jedem vielleicht ein Reh ſterben würde. Spaniſche Fliegen, deren Eine ſchon Hunden und Katzen gräßliche Schmerzen verurſacht, ſind ihm eine Lieblingsſpeiſe; und er frißt fie dutzend- oder ſelbſt ſchockweiſe auf einmal. Die giftige Kreuz— otter greift er unabläſſig an, wo er ſie trifft; und alle Biſſe ihrer Giftzähne, die er ſammt dem ganzen Kopfe mit auffrißt, bringen für ihn nicht die mindeſte üble Folge hervor. Selbſt mit Pflanzen- und mineraliſchen Giften hat man ihn zum Theile vergebens zu tödten geſucht. Als Vertilger der Mäuſe hält man ihn zu— weilen in Häuſern, Kellern oder Scheuern. In Zimmern machen ihn ſein eigen⸗ thümlich ſchweres, tappendes Auftreten und ein ſtarker Biſamgeruch läſtig. Im Herbſte, wo er zuletzt ganz erſtaunlich fett wird, liebt er das abgefallene Obſt ſehr; und man erzählte ſonſt wohl, daß er ſich unter den Bäumen wälze, um daſſelbe auf ſeine Stacheln zu ſpießen und ſich ſo einen Vorrath davon nach Hauſe zu tragen.“) Winterſchlaf hält er in einem recht hübſchen, großen, kuge— lichten Neſte von Laub in dichten Hecken oder Waldgeſträuch. Die Jungen kom⸗ men glatt zur Welt; aber binnen 24 Stunden keimen ihre Stacheln ſchon 3 Zoll lang hervor. An einen wirklichen Unterſchied zwiſchen Hundsigeln und Schweinsigeln iſt nicht zu denken. — Der großohrige J., (E. auritus,) klei⸗ ner als der unſrige, findet ſich in Aſien und dem nördlichen Afrika. Andere Ar— ten giebt es im ſüdlichen Afrika; jedoch, wie es ſcheint, keine im mittleren. Die Inſel Madagascar beſitzt nicht bloß eine verſchiedene, wiewohl ziemlich ähnliche Thiergattung, (Hericülus,) die zwiſchen dieſer und der folgenden mitten— inne ſteht; ſondern es leben dort auch noch die kleinen, bedeutend verſchiedenen, ſehr langſchnauzigen, ſchwanzloſen Bor— ſtenigel. (Centetes.) Bei ihnen beſteht die Bedeckung oberhalb bloß aus ſehr langen, weichen, faſt nur borſtenähnlichen Stacheln, die zu weich und biegſam ſind, um wirklich ſtechen zu können. Somit würde es den Thieren kaum etwas nützen, wenn fie ſich auch zuſammenkugeln könnten. Dafür mag ihnen wahr ſcheinlich ihr Gebiß Erſatz leiſten, welches beſonders durch die langen, ſtarken Eck— zähne ſchon viel Aehnlichkeit mit dem von wahren Raubthieren gewinnt. Die Weite ihres Rachens, eine Folge des ungewöhnlich langen Kopfes, läßt ſie gewiß um fo leichter von den Zähnen Gebrauch machen. Indeß ſchützt fie, bei ihrer gerin— geren Größe und in einem warmen Lande mit üppigem Pflanzenwuchſe, wohl auch ſchon mehr die Verborgenheit. Sie erſtarren gleichwohl in den kühleren Monaten, der Regen- oder dortigen Winterzeit. Ihre Lebensweiſe mag mehr wühlend, etwa wie die der Spitzmäuſe ſein. Zwei Arten ſind graugelblich, mit braungeringelten Stacheln (oder Borſten); die dritte mit einigen ſchwärzlichen Längeſtreifen über den ganzen Leib. . ) Er würde es aber natürlich entweder hier nur ſchwer, oder gar nicht wieder los: bringen, wenn es gut feſtſteckte; oder es ſchon unterwegs verlieren, wenn dieß nicht der 9115 fauler Auch müßte daſſelbe, fo vielfach von den Stacheln angebohrt, jedenfalls ſehr ald faulen. N b) Inſektenräuber: grabende. 79 5 [$ 67. Von ſolchen Inſektenfreſſern, die wegen bedeutend längerer Hinter-, als Vorder-Beine einen hüpfenden Gang, wie die bekannten Springmäuſe, haben und damit im Nothfalle ſehr weite Sätze thun können, mag es wohl auch mehrere Gattungen geben. Indeß kennt man bis jetzt bloß Eine, und auch dieſe ſeit nicht langer Zeit. Es ſind die fo genannten Nüffelhüpfer, (Rhinomys s. Macroscelis,) aus den ebenen und hügeligen, etwas felfigen oder mit Buſchwerk verſehenen Gegenden des ſüdlichen und nördlichen Afrika. Sie haben einen dünnen, ſehr lang vorſte— henden Rüſſel, ſonſt aber faſt ganz das Anſehen von Springmäuſen: große Augen und Ohren, einen langen, kurzbehaarten Schwanz, und ein ähnlich weiches Haar von gelbbräunlicher Farbe. Ihre Leibesſtärke iſt ungefähr die unſerer größeren Feld— mäuſe, oder der zierlichen Waldmaus. I$ 68. 2te Zunft. Mehrere Gattungen, die grabenden oder maulwurfs— artigen In ſektenfreſſer find ebenſo, wie die Maulwurfsmäuſe unter den Nagern, ganz und gar zum Scharren und zu einer unterirdiſchen Le— bensweiſe gemacht, aber durchaus nicht zum Gehen geeignet: weil ihre äußerſt kurzen, obwohl ſtarken Vorderbeine nicht nach unten, ſondern nach der Seite gerichtet ſtehen. Dieß erleichtert ihnen jedoch um ſo mehr das Arbeiten in der Erde: wo ſie in weiten Umkreiſen, bald ſeicht, bald tief, eine Menge ſich kreuzender Gänge wühlen, die ſie immer aufs Neue durchſuchen und häufig erweitern, um die hineinfallenden Inſekten, deren Larven und beſonders Regenwürmer zu erbeuten. Einen Theil der losgekratzten Erde drücken ſie gewöhnlich an den Seiten feſt; einen Theil ſtoßen ſie beſonders da, wo ſie in der Tiefe ihre Ruheplätzchen (Wohnkam— mern) anlegen, in großen Haufen auf die Oberfläche heraus. Sie freſſen nur thieriſche Stoffe. Ihre Augen ſind ſo erſtaunlich klein und liegen ſo tief unter den Haaren verborgen, daß ſie wohl ſchwerlich noch irgendwie zum Sehen taugen können. Indeß würde dieß ja in ihren Gängen unter der Erde, wohin kein Licht dringen kann, ohnehin unmöglich ſein; und an's Tageslicht, oder überhaupt auf die Oberfläche der Erde, kommen ſie ſelten oder nie. Aeußere Ohren fehlen ihnen ganz, und ſelbſt die kleine Oeffnung des Gehörganges wird von den Haaren verſteckt. Gleichwohl hören fie fehr fein, und vernehmen z. B. den leiſeſten Tritt eines Menſchen über ihnen: weil die Erde die hierdurch entſtehende Erſchütterung und den Schall ſo ſtark fortleitet.“) Von den 4 hierher gehörigen Gattungen, deren keine die heiße Zone bewohnt, haben 3 ungemein breite und ſtarke Vorderfüße, die faſt wie Menſchenhände ausſehen, mit ſehr kurzen Fingern und ſehr langen, geraden und ſtarken Nägeln, die vorn ſchaufelartig werden; ferner eine lange Schnauze mit ziemlich dünnem Nüſſel; und einen kurzen oder mit— tellangen, faſt kahlen Schwanz. Unſer Maulwurf (Talpa europaea) kommt in Betreff feiner L Vorder— und der großen Eckzähne den wahren Raubthieren ſehr nahe. Er ſcheint nächſt dem größten Theile von Europa nur einen kleinen Theil von Aſien zu bewohnen, *) Man vergl. hierzu S. 22. * 80 Säugethiere; 4te Ordn.: Raubth.: Inſektenfreſſer. und ſollte wohl eigentlich Mullwurf heißen.“) Er iſt, fo viel man weiß, von allen Thieren das gefräßigſte, und ſeine Verdauungskraft gränzt an's Unglaubliche. Gefangen gehaltene bedürfen täglich 3 — 4 Mal eines Haufens von Regenwür⸗ mern, ſo groß und ſchwer, wie ſie ſelbſt; in Geſellſchaft eingeſperrt, freſſen die ſtärkeren die ſchwächeren auf; und der letzte, der in ſolchem Falle übrig blieb, zeigte nicht bloß 6 Stunden, nachdem er feinen nächſt-ſtärkſten Vorgänger aufgefreſſen hatte, bereits wieder lebhaften Hunger, ſondern war auch nach 12 Stunden wirk— lich verhungert. Hiernach müßte der Nutzen, welchen der Mullwurf durch Vertil— gung von Regenwürmern und ſchädlichen Inſekten ſtiftet, kaum zu berechnen ſein, wenn er nicht durch ſein Wühlen und durch das Aufwerfen von Erdhaufen eine Menge nützlicher Pflanzen in die Höhe höbe, oder umwürfe, und damit beſonders in Gärten, auf Feldern und Wieſen bald in hohem Grade läſtig, bald wirklich ſchädlich würde. Sein ſchwärzliches Fellchen ſchimmert wie Sammt; doch artet er nicht ſelten ins Gelbliche oder Weißliche aus. Im Nothfalle, wie beim Austreten von Gewäſſern, kann er recht gut ſchwimmen. 5 Noch mehr mag dieß aber der Fall ſein bei den Waſſermullwürfen (Scalops) in Nordamerika, wo Ueberſchwemmungen ſo häufig eintreten. Sie ſind äußerlich ganz dem unſrigen ähnlich, nur größer, mit einer etwas ſtärkeren Haut (einer Art Schwimmhaut) zwiſchen den Hinterzehen; ihr Gebiß iſt jedoch ein ganz anderes. Es beſteht durchgängig aus faſt gleich langen Zähnen, fo daß ſich nas mentlich die Vorder- und Eckzähne kaum von einander unterſcheiden laſſen. Dagegen iſt das Gebiß der beiden dortigen Sternrüſſel (Rhinaster s. Condylüra) wieder mehr dem unſeres Mullwurfes ähnlich. Das Ende ihrer Rüſſelnaſe umgiebt jedoch ein wunderlicher Kranz von länglichen, ſchmalen Haut— ſtreifchen, welche das Thier trichterartig nach vorn zuſammenlegen, oder wie die Randblätter einer ſo genannten Sternblume (Aſter, Sonnenroſe od. dergl.) ausbreiten kann. Letzteres muß es ohne Zweifel beim Graben thun; Erſteres findet im Zuſtande der Ruhe Statt. Der Nutzen dieſes ſonderbaren Organs kann wohl nur eine Erhöhung des feinen Gefühls ſein. Der Schwanz iſt ſchon ziemlich lang, aber im Leben keineswegs merklich knotig, wie man ſonſt glaubte; er wird dieß erſt durch Trocknen beim Ausſtopfen. Die Thiere der vierten Gattung haben eine ganz kurze, breite, oben platte und vorn gleichſam ſchneidende, hartknorpelige Schnauze, alſo keinen eigentlichen Rüſſel; gar keinen Schwanz; und nur 3 oder 4, zum Theil verkümmerte Vorderzehen von außerordentlich verſchiedener Größe, mit ‚ ungeheueren, krummen und ſpitzen Krallen. Man nennt die kleinen, ſeltſam geſtalteten Geſchöpfe Goldmaulwürfe, (Chrysochlöris,) wegen des außerordentlich ſchönen Goldglanzes ihres Haares. Dieſes iſt zwar eigentlich braun, aber mit lebhafterem Schiller, als das von irgend einem anderen Säugethiere: indem es, faſt wie das metalliſch-glänzende Gefieder mancher der prächtigſten Vögel heißer Länder, theils ins Goldgelbe, theils in Regen— bogenfarben ſpielt. Bei dem ſteten Aufenthalte der Thierchen unter der Erde, alſo in ganz unbeleuchteten Räumen, eine um ſo überraſchendere Eigenſchaft! Alle 3 Arten bewohnen das ſüdliche Afrika. Es ſind die einzigen mullwurfsartigen Geſchöpfe dieſer Ordnung auf der ſüdlichen Halbkugel. „) Denn nicht mit dem Maule allein, ſondern mit dem ganzen Vorderkörper, wirft er fein zerbröckelte Erde oder Staub, ſonſt Mull genannt, (wovon Gemülle,) heraus! — 5te Ordn.: Beutelthiere; a) raubende. - 81 3" Ordnung: Beuteltbiere Zi 3 55 W § 09. Sie zeichnen ſich durch eine höchſt ſeltſame Eigenthümlichkeit aus, die ihnen eine merkwürdige, wenn gleich nur theilweiſe Aehnlichkeit mit den Vögeln giebt. Die Weibchen bringen nämlich ihre Jungen ſehr früh und daher in ſehr unvollkommenem Zuſtande zur Welt: indem ſie faſt bloß wie kleine lebende Fleiſchklumpen erſcheinen, oder den Jungen aus halb-ausge— brüteten Vogeleiern ähnlich ſehen. Daher müſſen ſie dieſelben auch, fo zu ſagen, erſt reif brüten: indem ſie ſie lange Zeit hindurch beſtändig in einer warmen, von der Haut gebildeten Taſche am Unterleibe mit ſich herumtra— gen. Dieſer ſo genannte Trage- oder Zitzenbeutel, in welchem ſich die Milchwarzen befinden, dient ihnen gleichſam als angebornes Neſt. Die kleine Oeffnung deſſelben an ſeinem oberſten Ende halten ſie dabei gewöhn— lich durch ein Paar, in der Mitte des Bauches befindliche Knochen (Beu- telknochen) feſt zugezogen. N Man kann alle Beutelthiere, namentlich die Männchen, denen jener Beutel ſelbſt fehlt, obwohl auch ſie die ihn ſtützenden Knochen beſitzen, immer leicht an den Hintenfüßen erkennen. Denn entweder mangelt ihnen am Daumen derſelben der Nagel; oder, wenn der Daum ſelbſt fehlt, ſo ſind die zweite und dritte Hinterzehe bis zu den Nägeln mit einander verwachſen: ſo daß es dann ſcheint, als ob ſtatt beider Zehen bloß Eine Zehe mit 2 Nägeln vorhanden wäre. Nicht ſelten findet ſogar Beides zu— gleich Statt. | Eine Hälfte der Beutelthiere erſcheint durch Gebiß und Lebensart fehr nahe mit den Raubthieren und Halbaffen, die andere eben ſo nahe mit den Nagethieren verwandt. Hiernach zerfällt die ganze Ordnung in 2 Gruppen: fleiſchfreſſende oder Kauf - und pflanzenfreffende over Nagebeutel- thiere. Nur von letzteren wohnen einige wenige auf den ſüdlichſten Inſeln von Aſien, und von erfteren mehrere in Amerika; alle übrigen find in Auſtralien zu Haufe, welches faſt gar keine andere Landſäugethiere beſitzt. “) Ehedem hat es deren jedoch ſelbſt in Europa gegeben: wenigſtens ſolche von der erſten Unterordnung. [S 70. Iſte Unterordn.:: Raubbeutelthiere. Sie haben ſämmtlich eine lange oder ſehr lange Schnauze, daher eine größere Anzahl von Bak— kenzähnen, als die meiſten wahren Raubthiere, und faſt immer auch mehr Vorderzähne; jedoch ähnliche Eckzähne ꝛc. Selten ſtehen aber die Zähne in dicht geſchloſſener Reihe. Dieß gilt ſelbſt nur von einigen Gat— tungen der *) Wenn daher bei anderen Landfäugethieren nicht ausdrücklich bemerkt wird, daß fie Auſtralien mit bewohnen; ſo verſteht es ſich hiernach immer von ſelbſt, daß ſie dort feh— len. Umgekehrt iſt bei den Beutelthieren ſtets anzunehmen, daß ſie nur hier zu Hauſe ſind, ſobald nicht ausdrücklich Amerika oder Südaſien als Vaterland bezeichnet werden. Gloger, allgem. Naturgeſchichte. . 6 82 Siängethiere; 5te Ordn.: Beutelthlere; Iſten Zunft, die wir wahre raubende Beutelthiere nennen wol- len: weil ſie in jeder Hinſicht den wirklichen, fleiſchfreſſenden Raubthieren der vorigen Ordnung noch am meiſten entſprechen. Sie machen ſich ſämmt— lich durch kurze Krallen an beiden Fußpaaren kenntlich. Die amerikaniſchen, mit 2 Vorderzähnen, erkennt man wieder bald an ihrem großen, deutlich abgeſonderten, affenähnlichen Hinterdaume und an dem langen, kahlen Schwanze. Letzterer hat ihnen den Namen Beutel- ratten verſchafft, und beſitzt gewöhnlich ebenſo, wie bei vielen dortigen Affen, eine bedeutende Wickelkraft. Die Mehrzahl kömmt den Ratten auch an Größe ungefähr gleich. Einige, die man Cayopollin's oder Rückenträger (Asägis s. Notagögus) nennen könnte, werden gleich vornweg merkwürdig als alleinige Ausnahme von der wichtigſten Regel: indem ihre Weibchen keinen Beutel haben, ſondern ſtatt deſſen bloß ein Paar leichte Hautfalten beſitzen. Sie müſſen alſo wohl ohne Zweifel ihre Jungen bereits in einem reiferen Zuſtande gebären, der das Nachreifen der⸗ ſelben in einem Tragebeutel unnöthig, folglich auch dieſen ſelbſt entbehrlich macht. Sie tragen dieſelben öfters ſchon dann, wenn fie noch ziemlich klein find, auf dem Rücken mit herum: indem dieſelben ihre Schwänzchen um den zurückgebogenen Schwanz der Mutter ſchlingen.“) Sie ſcheinen ſtets nur ein kurzes, einfaches Wollhaar ohne längeres Oberhaar dazwiſchen (ohne Grannen) zu beſitzen. Dieß würde ſie, namentlich im männlichen Geſchlechte, am beſten von den gewöhnlichen, ächten Beutelratten (Didelphys) auszeichnen, bei denen ſich das Gegentheil von dem Allen findet: darunter vor Anderem ein wirklicher, großer Tragebeutel. Manche Arten, z. B. die ſehr langhaarige virginiſche B., (D. virginiäna,) häufig Opoſſum genannt, erreichen faſt die Größe einer gewöhn— lichen Hauskatze; andere kommen nur etwa unferen großen Feldmäuſen bei. Dieſe mögen auch Inſekten verzehren; die größeren ſind faſt eben ſo blutdürſtig und eben fo gefährlich für die Hühnerhöfe, wie bei uns Marder oder Wieſel. Sie ſollen auch ſaftige Früchte verzehren. Alle werfen viel Junge. T Früher hat es ſelbſt in Europa (3. B. in Frankreich und England) theils wirkliche Bleutelratten, theils ähnliche Thiere von beſonderen Gattungen gegeben. Der Yapok (Chironectes) in Surinam und Braſilien hat eine viel kürzere Schnauze, große Backentaſchen und vollſtändige Schwimmhäute an den Hinter füßen. Somit iſt er das einzige, nicht bloß überhaupt des Schwimmens fähige, ſondern auch offenbar dazu beſtimmte Säugethier mit Händen! — Noch ſeltſamer würde übrigens dieſer Verein von Eigenſchaften ſein, wenn ſein Schwanz ein Wickelſchwanz wäre: was aber nicht der Fall zu ſein ſcheint. Er iſt ſchwarzbraun, mit 3 breiten, in der Mitte unterbrochenen, hellgrauen Querſtreifen über den Rücken. (Ch. variegätus.) N Is 71. Mehrere Gattungen in Neuholland, mit bloß — Vorderzähnen und be: haarten Schwänzen, vertreten dort die Stelle der Zehenläufer unter den wahren Raubthieren der übrigen Welt. Jede von ihnen wiederholt mehr oder weniger nach Eigenſchaften und Lebensweiſe eine oder mehrere Gattungen von dieſen; nur ſind ihre Köpfe ſtets länger. 8 Der Beutelwolf (Peralöpex, Thylacinus!) hat, wenn man die noch lang⸗ geſtrecktere Schnauze abrechnet, faſt die Größe, das Anſehen und das Gebiß eine 9 Einer Art hat man davon den, freilich ganz verkehrt angewandten Namen „ſurina⸗ miſcher Aeneas“ gegeben. f a) raubende B.: inſektenfreſſende. 83 kleinen Wolfes oder eines Schakals, mit einiger Annäherung an die Füchſe. Auch die Zahl der Zehen (5, 4) iſt dieſelbe. N Die Tapoa's oder Beutelmarder (Dasyürus) würden bis auf die höhe— ren Ohren den Mardern entſprechen, wenn nicht die etwas höheren Beine und der Mangel des Hinterdaumens ſie zugleich den Katzen ähnlich machten. Die Kopfbildung entſpricht der der Zibethkatzen. Der ausnehmend hübſche Pelz zeigt bei mehreren Arten auf ſchwärzlichem, bei Einer auf licht- oder röthlichbraunem Grunde ſchöne Reihen von regelmäßigen, runden, rein weißen Flecken. Die kleinen, nicht bunt gezeichneten Taſchenwieſel (Ascogäle, Phasco- gäle!) gleichen der Größe nach und hinſichtlich des kürzeren, kaum merklich buſchi— gen Schwanzes unſerem Hermeline und dem kleinen, gemeinen Wieſel. Ja ſie find zum Theile ſogar noch kleiner, als dieſes, und haben auch 5, 5 Zehen. 7 Von einer höͤchſt merkwürdigen Gattung raubender Beutelthiere, die man wegen ihrer ſehr auffallend geſtalteten Hinterhaͤnde mit ſtark zurückgekrümmtem Daume Hände— thier (Chirotherium) genannt hat, entdeckte man zuerſt in Deutſchland, (bei Hild— burghauſen,) dann in England, mehrfache Ueberreſte ganz eigenthümlicher Art. Es find dieß nämlich Fußſpuren (Fährten) in fo genanntem buntem Sandſteine, welche die Thiere bei ihrem Herumhüpfen in denſelben eingedrückt hatten zu einer Zeit, wo er noch weich und eigentlich nichts Anderes war, als ein dicker, allmählig an— geſpülter, mit feinem Triebſande vermiſchter Uferſchlamm.“) Jene Thiere müſſen, nach der Größe ihrer Hinterfüße zu ſchließen, an Körpermaſſe die größten jetzt lebenden Beutelthiere (einige Känguruh's) noch übertroffen haben, und mögen hierin etwa den Bären gleich gekommen fein. Ihre Vordergliedmaßen waren, wie die kleinen Fußabdrücke zeigen, ſo viel kleiner und ſchwächer, als die hinteren, daß ihr Gang ohne Zweifel, wenn nicht immer, doch für gewöhnlich ein hüpfender ſein mußte. 5 [s. 73. 2te Zunft. Von inſektenfreſſenden Beutelthieren oder folchen Gattungen, die man als Wiederholungen von Inſektenraubthieren betrachten und von den übrigen leicht durch ihre langen oder ziemlich lan— gen Krallen unterſcheiden kann, mag es wahrſcheinlich ebenfalls mehrere geben, oder früherhin gegeben haben. Jetzt kennt man freilich nur erſt we— nige Gattungen. Bei dieſen find alle Zähne beſonders weitläufig geftellt, und die Eckzähne ſtärker entwickelt, als bei den meiſten Inſektenraubthieren. Eine davon, die ausnehmend ſchön und wieder fähig zu klettern iſt, ſich hauptſächlich von Ameiſen nährt, und wahrſcheinlich eine ganze Familie mit auffallend langgeſtreckter Schnauze, (Myrmecobius,) würde man Beu— tel⸗Tupaja nennen können: da fie ebenfo, wie die Inſektenraubthiere dieſes Namens, viel zu klettern ſcheint. Indeß kann ſie mit ihren längeren Krallen auch ſchon etwas graben, und trägt einen noch buſchigeren, langhaarigeren Schweif. Ihre Zunge kann ſie lang hervorſtrecken. Ihr Vorderleib iſt gelbröthlich; der Hinterleib braun mit dichten, breiten, gelblichweißen Querſtreifen. (M. fasciätus.) *) Beim ſpateren Erharten deſſelben, welches (wahrſcheinlich in Folge eines plötzlichen Zurücktretens des Waſſers) ſehr, ſchnell erfolgt fein mag, blieben dieſe Fährtenvertiefungen unverſehrt und offen. Als je⸗ doch ſpäterhin, bei neuem Uebertreten des Waſſers, ſich eine ähnliche Schlammſchicht darüberlegte, wurden jene Vertiefungen von dieſer neuen Schicht mit ausgefüllt. Gegenwärtig bilden zwar beide Schichten zuſam⸗ men nur Eine Maſſe; jedoch ſo, daß die großen herausgebrochenen Stücke (Sandſteinblöcke) ſich bei vorſich⸗ tiger Behandlung noch ziemlich, leicht wieder in je 2 Platten trennen laſſen, welche jene 2 urſprünglichen Schlammſchichten ſind. Von dieſen Platten ak nun eine (die untere) die wirklichen Spuren, d. h. die von den Füßen der Thiere gemachten Eindrücke ſelbſt; auf der anderen zeigen ſich genau entſprechende Erha⸗ benheiten, welche in die Spurvertiefungen paſſen. Denn ſie ſind auf eine ähnliche Weiſe durch Darüberlegen und Eindrücken von Schlamm in dieſelden entſtanden, wie man durch Aufdrücken von Siegellack, Wachs oder dergl. auf ein Pettſchaft die vertiefte Zeichnung (Gravirung) des letzteren in einem erhöhten Abdrucke erhalt, 6 ** 84 Saäugethiere; ste Ordn.: Beutelthiere: Eine zweite, nicht kletternde, aber gut grabende und zugleich etwas zum Hüpfen gemachte Familie mit abweichend gebildeten Hinterfüßen repräſentiren, wie es ſcheint, die Kalubu's oder Walabaten, (Thyläeis,) die man ſehr unpaſſend Beutel⸗ dachſe (Perameles !) genannt hat. Es find kleine, ebenfalls ſehr langſchnauzige Thiere von der Größe mittelmäßiger oder ſtarker Ratten, mit kürzeren, faſt kahlen oder ſehr kurz behaarten Schwänzen. Lange Scharrkrallen zeugen von ihrer unterirdi— ſchen Lebensweiſe; anſehnlich lange Hinterbeine befähigen ſie zu einem mehr oder weniger hüpfenden Gange. Sie nähern ſich ſchon weſentlich den Geſchöpfen der [s 74. ten Unterordu., den pflanzenfreſſenden oder Nage-Beutelthieren, durch die völlige Vereinigung (Verwachſung) ihrer zweiten und dritten Hinterzehe, welche von nun an als allgemeine Regel gilt. Hierzu kommt dann gleichzeitig noch die überwiegende Größe der vier— ten Zehe, welche hierdurch den Anſchein gewinnt, als ob ſie eigentlich die mittlere wäre; ſo wie die, ſehr nach hinten gekehrte Stellung des Hinterdau— mens, (infofern derſelbe vorhanden iſt.) Alles dieß giebt den Hinterfüßen dieſer Thiere auf den erſten Hinblick eine merkwürdige Aehnlichkeit mit vielen . Vogelfüßen. Von Vorderzähnen, welche ſtets, aber nicht ganz, denen der Nagethiere ähnlich ſehen, ſind beſonders oben außer den 2 großen, mittleren auch neben- oder hintenan noch 2 oder 4 kleinere vorhanden. Ebenſo feh— len die Eckzähne beinahe nie. Demgemäß wählen die meiſten hierher gehöͤ— rigen Thiere, namentlich die der beiden erſten Familien, auch noch nicht Früchte, Blätter und ſonſtige Pflanzenſtoffe allein zur Nahrung, ſondern freſſen nebſtbei nicht ſelten Inſekten. In die f Wi ifte Zunft werden diejenigen Gattungen zu ftellen fein, welche noch klettern, oder bloß gehen, aber nicht hüpfen können: indem ſie keine Springbeine beſitzen. An denen der 3 erften Familien iſt der Hinter— daum ſehr ſtark und ſteht weit abgeſondert. Dieſer Umſtand und die kurzen, gekrümmten, ſcharfen Krallen beider Fußpaare erleichtern ihnen gar ſehr das Klettern auf Bäumen, welche den Gattungen der erſten und zwei— ten Familie faſt ausſchließlich zum Aufenthalte dienen. Bei den kurzohrigen Gefchöpfen der erſten, die meiſt die Größe von Katzen haben, und deren Haut an den Seiten des Leibes nichts Ungewöhn— liches zeigt, kömmt hierzu noch ein langer Wickelſchwanz. Dieſer iſt bei den Kuskus (Balantia) der Molucken ſonſt überall nackt, und bloß ein Stück ſeines Wurzeltheiles behaart. Es ſind ſehr furchtſame, nächt— liche Thiere, deren Sehöffnung am Tage (wie bei den meiſten Raubthieren mit beweglichen Krallen) länglich erſcheint. Sie hängen ſich, theils um zu ruhen, theils bei Gefahr, lange Zeit an Baumäſten auf. Manche find groß-gefledt; manche einfarbig. Bei Einer Art iſt, ſonderbar genug, das Männchen ganz weiß, oder röthlichweiß; das Weibchen dagegen rothbraun oder braunroth, mit einer dunkleren Rückenlinie. (Ein Farbenunterſchied, wie er ſich ſelbſt bei Vögeln kaum oder nur ſelten, bei Säugethieren nirgends wiederfindet!) p) pflanzenfreſſende B.: kurzbeinige. 85 Die Phalanger Auſtraliens (Cercartétus) tragen am Schwanze faſt über: all eine kurze, dichte Behaarung; und ſeine Endhälfte pflegt durch ihre helle Farbe (Gelb oder Weiß) abzuſtechen. Zu ihnen gehört, wie es ſcheint, auch das Zwerg— Kuskus, (Phalangista! nana, ) das kleinſte aller Beutelthiere, welches kaum die Größe einer Hausmaus erreicht. Die Whataporuh's (Psilogrammürus) find ähnliche Thiere mit größeren Ohren, aber faſt von der Größe der Füchſe, und mit einem oberwärts langbe— haarten Schwanze, deſſen Wickelkraft ſich nur durch einen ſchmalen kahlen Strei— fen längs ſeiner ganzen Unterſeite zu erkennen giebt. Sie ſind oben dunkel von Farbe, mit etwas fuchs- oder hundeähnlichen Köpfen. (Phal. vulpina und Phal. canina.) 75. Einige ſonſt ähnliche Beutelthiere mit allenthalben langbehaartem, ſchlaf— fem Schwanze nennt man flatternde B. oder Luftſpringer: weil die Haut ihres Leibes an den Seiten und beſonders gegen die Beine hin ſich auf ähnliche Weiſe, wie bei manchen Eichhörnchen, zu einer ſo genannten Flug⸗ oder vielmehr Flatterhaut erweitert. Obwohl ſie mit derſelben keineswegs eigentlich fliegen können; ſo dient ſie ihnen doch, wenn ſie mit aus— geſtreckten Beinen von einem Baume oder Aſte zum andern fpr.ngen, gewif- ſermaßen als Fallſchirm, um ſie länger ſchwebend zu erhalten und hiernach bedeutend weiter durch die Luft zu tragen, als dieß ohne ſie möglich ſein würde. b Das größte dieſer Geſchöpfe iſt der, beſonders den Whataporuh's nahe ſte— hende, taguanartige Luftſpringer oder das Hepunaruh, (Petaurista taguanoi- des:) oft größer, als die ſtärkſte Katze, mit einem Stücke Flatterhaut ſelbſt an den Seiten des Halſes. Das kleinſte bleibt ohne Zweifel der niedliche Zwergflatterer, (Cereo— ptenus pygmaeus:) ein ſehr zarthaariges Thierchen, höchſtens wie eine Haus— maus, an deſſen ſonſt ganz kurzbehaartem Schwanze zu beiden Seiten langes, bürſtenartig ſteifes Haar herausſteht, wie die Fahnen an einer Vogelfeder. Das ſonderbarſte von allen möchte aber wohl der eichhornartige, oder vielmehr ſiebenſchläferähnliche Fingerflatterer (Xenochirus sciur&us) fein: nicht ſowohl wegen der Größe feiner Flatterhaut, welche ſich längs der Vorderbeine in einem Lappen bis an den kleinen Finger fortſetzt; als vielmehr darum, weil der letztere, im Widerſpruche mit ſeinem Namen und mit der ſonſt überall herrſchenden Regel, gerade der größte und längſte von allen iſt. S 76. Als eine dritte Familie kann man vielleicht 2 Gattungen zuſammenſtel— len, die ſich vor allen übrigen Beutelthieren durch den Mangel des Schwanzes kenntlich machen, aber freilich in mancher anderen Beziehung bedeutend von einander abweichen. Die eine davon iſt der wunderliche, weißgraue Koala, (Lipürus eiueréus,) deſſen Hinterfüße mit beſonders ſtarken Krallen ſonſt denen ſeiner Vorgänger glei— chen, während die Zehen der vorderen ſich ſo in 2 Gruppen theilen, daß 2 davon ſich nach innen, 3 (und zwar die längeren) nach außen kehren.“) Eine Einrich— tung, die ihm beim Klettern auf Bäumen ſehr weſentliche Dienſte zum Feſthal— ten an dünnen Zweigen leiſten mag. Die Mutter trägt ihr Junges, nachdem es ) Auf die nämliche, ſeltſame Weiſe, wie bei den, ganz zum Klettern geſchaffenen Chamäleon's unter den eidechſenartigen Amphibien. er Saͤugethiere; 5te Ordn.: Beutelth.; b) pflanzenfr. bereits etwas herangewachſen iſt, häufig auf dem Rücken mit umher: indem daſ⸗ ſelbe mit ſeinen Vorderbeinen ihren Hals umſchlungen hält. | Die andere Gattung ift der Wombat. (Phascolomys.) Seine langen und ziemlich geraden Scharrkrallen, beſonders die an den kurzen und wie gewöhnlich geftellten Vorderzehen, und der Mangel des Daumens an den Hinterfüßen, machen ihn durchaus unfähig zu klettern. Er iſt das einzige Beutelthier mit völlig nager— ähnlichem Gebiſſe: indem dieſes nur 2 Vorder- und gar keine Eckzähne enthält. Seine Wohnung ſind Erdhöhlen; ſeine Nahrung Gras und Kräuter. IS. 77. 2te Zunft. Eine ziemlich anſehnliche Zahl pflanzenfreſſender Beutel— thiere, die känguruhartigen, müſſen ſich, ihrer kurzen Vorderbeine wegen, gewöhnlich in großen Sprüngen auf den ſehr langen und ſtarken hinteren fortſchnellen. Bei der Mehrzahl wirkt hierzu auch der lange und ſtarke, kurzbehaarte Schwanz mit. Sie zählen unter ſich die größten, jetzt lebenden Gefchöpfe der Ordnung, und werden nach der Bildung der Füße bei näherer Betrachtung vielleicht auch 2 Familien ausmachen. Die wirklichen Känguruh's ſelbſt (Halmatürus) gleichen in Betreff des Kopfes, der Ohren und des ſehr gelenkigen übrigen Vorderleibes eben ſo ſehr, oder noch mehr unſeren Rehen, als den Haſen; nur können ſie ſich ihrer weit kürzeren Vorderbeine, die ſämmtlich gleichmäßig entwickelte Zehen und lange, ſtarke Krallen haben, recht geſchickt als Hände bedienen. Ihr Hinterleib iſt jedoch ſo unförmlich dick, ſchwer und ſteif, und beſonders der Schwanz bei den meiſten ſo beiſpiellos dick und ſtark, wie bei keinem anderen Säugethiere. Letzterer muß ihnen beim Springen auf den Hinterbeinen, mit welchen ſie häufig ungeheure Sätze thun, gleichſam als Balancirſtange dienen, um dem, nach vorn ſinkenden Vorderleibe das Gegengewicht zu halten. Wahrſcheinlich trägt er auch zum kräftigeren Fortſchnellen ſelbſt mit bei. Für gewöhnlich, namentlich im ruhigen Zuſtande, beim Freſſen, Spielen und gegenſeitigen Liebkoſen, gebrauchen ſie ihn als Stütze: indem ſie auf ihm und den Sohlen der Hinterbeine mehr oder weniger aufrecht, wie auf einem großen Dreifuße ſitzen. Ihr Wohnort ſind freie, oder mit einzelnem, niedrigem Geſträuche verſehene, grasreiche Gegenden. Ihre Farbe iſt theils röthlich-, theils graubraun; am Schwanze, an den Beinen und der Schnauze gewöhnlich dunkler oder ſchwärzlich. Die kleineren Arten, von welchen ein Paar auf den moludifchen Inſeln wohnen, ſind an Größe doch den Haſen immer noch bedeutend überlegen. Die beiden größten übertreffen, ſchon wegen des unverhältnißmäßig großen Hinter⸗ theiles, unſere größten Schaafe. Aufrecht ſitzend, ſind ſie faſt mannshoch. Eines davon, das gewöhnliche graubraune, welches man öfters, wenn gleich ſelten recht groß, in Menagerien ſieht, heißt daher auch das Rieſen-K.! (H. gigantéus.) Und doch iſt das einzige Junge, welches das Weibchen wirft, bei der Geburt nicht größer, als eine Hausmaus! Es bleibt faſt ein halbes Jahr lang im Zragebeutel der Mutter, guckt aber dann ſchon oft, beſonders wenn dieſe ruhig da ſitzt und frißt, ganz munter mit dem Vorderleibe hervor: theils um ſich umzuſehen, theils um ſelbſt mitzufreſſen. Auch geht es zuweilen ganz heraus. Bei drohender Ge— fahr wird es dann jedoch, fo lange es noch im Beutel Raum genug findet, von, der Mutter ebenſo, wie bei den übrigen Beutelthieren, ſchnell wieder hineingeſteckt. Man hat dieſe Art nach Europa verpflanzt, und zieht ſie beſonders in England, wo der Winter ſo gelind zu fein pflegt, häufig in Thiergärten. Auf den Gras- ebenen Neuhollands macht ſie, wie überhaupt die Känguruh's, das Hauptwild 6te Ordn.: Nagethiere. 87 aus. Sie werden dort gewöhnlich mit Windhunden gejagt, wehren ſich aber nicht ſelten tüchtig durch Schlagen mit einem Hinterbeine, beſonders mit der großen, ſtarken Kralle ihrer vierten (größten) Zehe, ſo wie durch Drücken und Kratzen mit den Vorderbeinen, zum Theil auch durch Beiſſen. Von den Poturuh's, (Hypsiprymnus,) mit viel dünnerem Schwanze und lange nicht fo großen Hinterbeinen, erreicht kaum eines die Größe von Hafen. ° Die gewöhnliche, mäuſegraue Art, (H. murinus,) häufig Känguruhratte genannt, gleicht ſogar nur einer großen Ratte. Alle haben eine ſpitzere Schnauze, als die Känguruh's; kürzere und rundlichere, mehr rattenähnliche Ohren; an den Vorder— beinen längere und geradere Krallen zum Scharren, aber kleinere, verkümmerte Seitenzehen; und ſtets etwas, meiſt ſogar bedeutend kürzere Hinterbeine. Dieß macht ihren Gang weniger hüpfend. 6" Ordnung: Nagethiere. 8 a [S. 78. Sie beflten außer den Backenzähnen bloß noch Vorderzähne: und zwar faft immer 2. * Dieſe find ſehr groß, beſonders die unteren, im Leben etwas beweglich, überall faſt gleich dick, und an den Seiten zu— ſammengedrückt. Sie ſtecken ihrer Länge wegen ſo tief in den Kiefern, daß zwiſchen ihnen und den Backenzähnen eine große Lücke bleibt, unter welcher ſich ihr Wurzeltheil hinerſtreckt. Da letzterer nicht für ſich deutlich unterſcheidbar oder abgeſondert, und nach unten zu offen iſt; fo pflegt man ſie auch wohl ebenſo, wie Backenzähne von ähnlicher Beſchaffen— heit, wurzelloſe Zähne zu nennen. Ihr offener, hohler Theil wird weit hinauf von einer röthlichen, markähnlichen Maſſe erfüllt, die man Zahnbrei nennt, und die nicht allein den Zahn ernährt, ſondern auch von unten her Stoff zum Nachwachſen Desjenigen liefert, was oben durch den Gebrauch abgenutzt wird. Dieſes Abnutzen muß um ſo ſtärker ſein, weil die Nahrung vieler Nager ſo häufig, zum Theil ausſchließlich, in mehr oder weniger har— ten Pflanzenſtoffen beſteht und die Vorderzähne nicht bloß zur Zerkleinerung derſelben eben ſo viel thun, wie die Backenzähne, ſondern häufig auch die— ſelbe noch zuvor aus harten Kernen oder Schaalen u. dergl. herausholen müſſen. Sie haben daher vorn ſtets eine fehr ſcharfe, meißel- oder ſtemm— eiſenähnliche Schneide. Für die Erhaltung der letzteren iſt dadurch geſorgt: daß ihre Maſſe überhaupt an der Vorderſeite ſehr hart und immer nur hier mit dem ſonſt gewöhnlichen, feſten, ſchützenden Ueberzuge aller Zähne, dem ſo genannten Zahnſchmelze, verſehen iſt; während der hintere Theil viel weicher iſt, ſo daß er durch die Reibung der oberen und unteren Zähne, theils an einander, theils an den zernagten Speiſen, ſich viel ſtärker abnutzt, als der vordere. Ihre Farbe iſt vorn, fo weit der Schmelz reicht, gewöhn— *) Genauer betrachtet, und nach ihrer Lage in den Kieferknochen, ſollen dleſelben eigentlich wehl Eckzähne fein, und die Vorderzaͤhne ſollen fehlen; indeß nimmt man Beides jetzt noch allgemein ſo, wie auch wir es hier thun wollen. 88 Säugethiere; 6te Ordn.: Nager; lich röthlichgelb, gelbroth oder röthlichbraun. Der Unterkiefer iſt fo an den Oberkiefer befeſtigt, daß er ſich leicht vorwärts und rückwärts, aber nicht ſeitwärts bewegt. Bei faſt allen Nagern erſcheint ver Hintertheil des Leibes ſtärker aus⸗ gebildet, als der vordere. Sie ſind ſehr fruchtbar, und die einzigen Säuge— thiere, welche regelmäßig alle Jahre mindeſtens zweimal, gewöhnlich noch öfter, Junge werfen. Dieſe kommen meiſt nicht allein blind, ſondern bei ſehr vielen, namentlich bei den kleinſten, auch nackt zur Welt; ſie wachſen aber dennoch ſehr ſchnell heran. — Manche zeigen einen bedeutenden Kunſt— trieb bei Anlegung künſtlicher Wohnungen. Nach ihrer Nahrung, die bei der Mehrzahl bloß in Pflanzenſtoffen, bei der kleineren Anzahl in Gegenſtänden aus dem Pflanzen- und Thierreiche zugleich beſteht, und nach der ſich auch die Bildung der Backenzähne richtet, kann man die ganze Ordnung in 2 Unterordnungen zerfällen. Doch ſind die Glieder derſelben äußerlich nicht immer leicht zu unterſcheiden. Iſte Unterordn.: Allesfreſſende Nager. Sie verzehren nach Umſtänden und hauptſächlich nach Maßgabe der Jahreszeit allerlei Inſekten nebſt deren Larven, Vogeleier und das Fleiſch von jungen Vögeln oder klei— nen Säugethieren meiſt eben ſo gern, oft noch lieber, als Pflanzenſtoffe. Un— ter letzteren geben ſie Früchten und Fruchtkernen jederzeit den Vorzug vor Gras oder Kräutern und Baumknospen. Die Oberfläche ihrer Backenzähne iſt höckerig. Sie haben nie eine beſonders dicke und hohe Schnauze, nie Schwimmhäute, niemals eigentliche Springbeine, nie Krallen von außerordentlicher Länge, und niemals hufähnliche Nägel. Die Zahl ihrer Zehen beträgt eigentlich ſtets 5, 5; doch iſt der Vorderdaum faſt immer nur ein kurzer und oft nagelloſer Stummel, der nicht ſelten ſo⸗ gar unter der Haut verborgen liegt. Ihre Backentaſchen ſind, wenn ſie deren beſitzen, ſtets innere: d. h. ſie beſtehen bloß aus einer feinen, blaſen— ähnlichen, faltigen Erweiterung der inwendigen Backenhaut, mit welcher ſich beim Anfüllen derſelben auch das äußere Fell an dieſen Stellen ausdehnt. Sie dienen lediglich zum Eintragen von Nahrungsvorrath. 8 Dieſe Unterordnung umfaßt die eichhörnchenartigen Thiere, mit ziem— lich oder ſehr langen, behaarten Schwänzen und mindeſtens 34, nicht ſelten 3-3, Backenzähnen; und die Kane mit kahlen oder, wenn 4. 4 fie ja behaart find, kurzen Schwänzen und mit — Backenzähnen. [s 79. Ifte Zunft. Eichhörnchenartige Nager. Sie gebrauchen alle ſehr geſchickt und mehr, als die mäuſeartigen Thiere, ihre Vorderfüße als Hände: indem ſie beim Freſſen kleine Gegenſtände damit in die Höhe heben, feſthalten und hin und her drehen, um ſie den ſcharfen Vorderzähnen ent— gegenzuſchieben. Sie ſitzen dabei meiſt, wie auch häufig ſonſt, mit aufgehobe— a) Allesfreſſende: eichhörnchenartige. 89 nem Schwanze aufrecht. Im Laufen ſtrecken fie letzteren ſtets nach hinten aus. Denen, welche klettern, (was ſie mit Ausnahme der Murmelthiere ſämmtlich thun,) erleichtert der Schwanz überdieß das Springen von einem Aſte oder Baume zum anderen: indem er ihnen als eine Art Fallſchirm dient; beſonders, wenn ſeine langen Haare nach beiden Seiten zu faſt wie die Fahnen einer Vogelfeder (zweizeilig) auseinander ſtehen. Die Thiere ziehen meiſt Fruchtkerne, von denen ſie ſich faſt alle im Herbſte an verborgenen Orten Magazine anlegen, allen übrigen Pflanzen— ſtoffen vor. Mit bewunderungswürdiger Leichtigkeit zernagen ſie die harten Schaalen von Nüſſen, ſo wie von den Kernen der Kirſchen, Pflaumen und ähnlicher Steinfrüchte, deren eigentliches Saamenkorn ſie dann mit den Vorderzähnen des Unterkiefers ſehr geſchickt durch eine, verhältnißmäßig ſehr kleine Oeffnung herauszubohren verſtehen. Die kletternden haben überall kurze, gekrümmte Krallen, und vorn am Daumſtummel einen ganz flachen Nagel. Sie ſind die am höchſten ausgebildeten Weſen der Ordnung: zumal g jene ſehr merkwürdige Gattung, die man Fingerthier (Chiromys) und von ihrem kläglichen Geſchrei häufig Aye-Aye genannt hat. Denn das Thier beſitzt ſo— gar Hinterfüße mit abgeſondertem Daumen und mit flachem Nagel auf demſelben, hat alſo wirkliche Hände, wie die Affen, und zugleich einen vollſtändigen Vorder— daumen. Dabei ſind beſonders ſeine Vorderfinger, namentlich der ſehr dünne und faft nackte mittlere, nach Verhältniß mindeſtens eben fo lang, wie bei den Tama— rin's unter den Eichhornäffchen der neuen Welt. Daher ſein erſter Name. Es iſt ein nächtliches, faſt bloß von Inſekten lebendes Geſchöpf, von der Größe eines Haſen, mit langem, rundlichem Schwanze und ſelbſt mit etwas affenähnlichem Kopfe. Seine Heimath iſt die Inſel Madagascar, auf welcher es (wie wir ſchon geſehen haben) gar keine wahren Affen giebt. Mehrere kleine Eichhörnchen in heißen Gegenden, die man Guerlinguet's nennt, (Macroschus, Macroxus!) haben mit dem Fingerthiere noch die, gleichför— mig rundum geſtellte Behaarung des Schwanzes gemein. Z. B. das braſiliſche E. oder G. (Sciürus aestüans) ohne Streifen; und zwei auf Sumatra, mit 3 oder 4 ſchwarzen Längeſtreifen. Bei den wahren Eichhörnchen (Sciürus) laufen die Schwanzhaare an den Seiten ſehr deutlich zweizeilig aus einander. Mehrere Arten kälterer Gegenden tragen an den Ohren beſonders im Winter lange, aufwärts ſtehende Haarbüſchel, von welchen man, weil man fie Hörnern ähnlich finden will, auch wohl den gewöhn— lichen deutſchen Namen der Thierchen ableitet.) So das gemeine E. (Se. vul- *) Dieß ſcheint jedoch (wie andere zum deutſchen Sprachſtamme gehörige, aber mit der Zeit minder veränderte Völkerſprachen zeigen) auf Mißverſtändniß und Verdrehung zu beruhen. Wahrscheinlich hat der Name urſprünglich Ech-Hermli, d. h. Eich-Hermelin, geheißen. Denn das Verkleinerungswort Hermli oder Herreli, wahrſcheinlich aus Oer— reli (von Orre) entſtanden, ſcheint ehemals ſehr verſchiedenartige kleine Thiere bedeutet zu haben, die knurrende oder pfauchende, blaſende Töne von ſich geben. (So heißt im Schwe— diſchen Orre ſchlechtweg der Birkhahn, dagegen Ekorre [von ek, Eiche] das Eichhorn, und beide Wörter ſind männlich: während das Wort horn auch in dieſer Sprache und im ächlichen Geſchlechte daſſelbe bedeutet, wie in unſerer. Mit dem beſtimmten Artikel ver: ehen, der im Si wediichen den Wörtern angehängt wird, lautet das Wort Ekorren, Idas 90 Säugethiere; te Ordn.: Nager; gäris.) Es flieht im Sommer gewöhnlich rothbraun oder braunroth aus; im Win: ter meiſt röthlich-graubraun oder rothgrau, häufig mit einer rötheren oder graueren Einfaſſung gegen den weißen Bauch zu. Indeß ſieht man, zumal im Sommer, auch ſchwarzbraune oder faſt ſchwarze, öfters mit grauem, bräunlichem oder röth— lichem Seitenſtreife, (Sc. alpinus!); und zwar finden ſich nicht ſelten ganz ver— ſchiedene Färbungen unter Jungen von Einem Wurfe. Im höheren Norden von Europa und beſonders von Aſien bekommen auch dieſe Thierchen viel längeres Winterhaar, das bald mehr eine graubraune, bald eine braungraue oder aſchgrau— liche Farbe zeigt; ſie geben dann das hübſche, unter dem Namen Grauwerk oder Veh bekannte Pelzwerk. Es ſind ungemein muntere und ſtets lebhafte, daher ſehr unterhaltende Geſchöpfe; auch leicht zähmbar, aber zuweilen doch beiſſig; voll Neu— gier, und dennoch liſtig; dabei mit bedeutendem Kunſttriebe begabt. Draußen bauen ſie ſich ſtets, gewöhnlich paarweiſe und oft ziemlich weit von einander entfernt, mehrere Neſter aus Laub und Moos: bald ganz frei auf Bäumen, bald auf einer Unterlage von einem großen Vogelneſte; ſeltener in einer weiten Baumhöhle. Im erſteren Falle laſſen ſie an jedem Neſte 2 Eingänge, halten aber von dieſen, je nach der Richtung des Windes, immer den einen verſtopft. Ihre Jungen tragen ſie bei bemerkter Gefahr ſogleich aus dem einen Neſte in ein anderes; und von dem Jäger oder ſonſt verfolgt, fahren ſie gewöhnlich blitzſchnell auf die entgegen— geſetzte Seite eines Baumſtammes. Hier pflegen ſie ſich dann auch beim Weiter— klettern ſorgfältig ſo zu halten, daß ſie zwar den Verfolger genau beobachten können, aber ſelbſt gewöhnlich nur mit einem Theile des Kopfes ſichtbar werden. — Ein großes oſtindiſches E. (Se. maximus) gleicht am Leibe einer Katze. — Das innere und ſüdliche Afrika beſitzen in ihren dürren, baumarmen Gegenden mehrere, zum Theil geſtreifte Arten mit eben fo trocken-ſtraffem, borſtenartigem Haare. [§. 80. b Die niedlichen Erdeichhörnchen (Tamias) find gewöhnlich braun und roth— braun, mit einigen ſchwarzen und hell gelblichen Längeſtreifen auf dem Rücken, und haben Backentaſchen. Denn ſie bewohnen bloß die kälteren Gegenden von Oſteuropa, Mittelaſien und Nordamerika, wo der ungewöhnlich lange und ſehr ſchneereiche Winter das Eintragen eines reichlichen Vorrathes von Nahrungsmitteln überall ganz beſonders nothwendig macht. Ihre Magazine legen ſie gewöhnlich unter den Wurzeln von Bäumen an, auf welchen ſie ſich viel weniger aufhalten, als auf dem Boden. Denn ſie gränzen hierin ſchon an die Murmelthiere. Mehrere andere eichhörnchenartige Thiere der nördlichen Erdhälfte, die ſich, gerade umgekehrt, beſtändig auf Bäumen halten, nennt man fliegende oder richtiger Flattereichhörnchen, (Pterömys:) weil bei ihnen die Haut an den Seiten des Leibes, zum Theil auch des Halſes, auf ähnliche Weiſe wie bei manchen Beutelthieren zu einer Flatterhaut ausgedehnt iſt, ſo daß ſie mit ausgeſpreizten Beinen weit durch die Luft ſpringen können. Eine ganz kleine, hellgraue Art mit weißem Bauche und ſehr zartem Haare, (Pt. volans,) lebt einzeln ſchon in den Birkenwäldern von Polen und Rußland bis Lappland, mehr aber in Sibirien. Sie erhält ſich den Winter über hauptſächlich von Baumknospen. Ein Paar andere, Aſſapan und Polatouche genannt, giebt es in Nordamerika. Mehrere bewohnen Oſtindien. Unter dieſen iſt eine, der Taguan, größer als eine Katze. Eichhörnchen,) was dann bei der, den Schweden eigenen, etwas ſchnellen Ausſprache faſt genau fo klingt, wie das „GEechhorn“ unſerer Landleute. Hiernach können nun natürlich die, für die beiden folgenden Gattungen nicht ſelten gebrauchten Namen „Backenhörnchen“ uud „Flughornchen“ nicht anders, als geradezu wi— derfinnig, erſcheinen. PR a) Allesfreſſende: eichhoͤrnchenartige. 91 Einige gut kletternde Nager dieſer Abtheilung, die meiſt nur gemäßigte Ge— genden der alten Welt bewohnen, hat man Schläfer, auch wohl Schlafmäuſe oder gewöhnlich Siebenſchläfer (Myoxus) genannt: weil ſie bereits zeitig im Herbſte in Erſtarrung verfallen und ſo, feſt zuſammengekugelt, bis in den Frühling hinein fortſchlafen. Dieß liegt ſo in ihrer Natur, daß eine Art, die in dem heißen Afrika wohnt und dort ohne Zweifel das ganze Jahr hindurch wach bleibt, doch, als man ſie nach Frankreich gebracht hatte, ebenſo in Schlaf verfiel. Nach Ge— ſtalt, Größe und Farbe ſind die Schläfer Mitteldinge zwiſchen Eichhörnchen und Mäuſen; dabei bloß nächtliche Thiere, und ſehr begierig nach Fleiſch. Die größte Art, mit dem am ſtärkſten behaarten, unten zweizeiligen Schwanze, iſt der aſch— farbige graue Schl., (M. glis,) der vorzüglich Eichenwälder liebt. Er wird im ſüdlicheren Europa gern gegeſſen; und von den leckeren alten Römern wurde er ſogar in beſonderen Behältniſſen (glirariis) ordentlich gemäſtet. Man nennt ihn auch Eichelſchläfer, große Haſelmaus oder Ratz, (aber nicht Ratte oder Ratze !). Daher das Sprichwort: „ſchlafen wie ein Ratz.“ — Der Gartenſchl. (M. ni- téla) iſt rothgrau und grauröthlich, mit einem ſchwärzlichen Streifen durch die Augen. Er thut in Gärten nicht ſelten bedeutenden Schaden an den beſten Früch⸗ ten, namentlich an den Obſtſpalieren. — Der kleinſte iſt der Haſel-Schl., (N. muscardinus s. avellanarius,) oder die rothe Haſelmaus, von hell fuchsrother Farbe und mit dem am wenigſten behaarten Schwanze. Er beſitzt den meiſten Kunſttrieb zum Erbauen eines kleinen, dem der Eichhörnchen ähnlichen Mie Solche eihhörnchenartige Nager, die gar nicht klettern, mit langen, wenig gekrümmten Scharrkrallen, ſelbſt an dem Daumſtummel der Vorderfüße, mit kürzeren Schwänzen und rauherem Haare, nennt man gewöhnlich Murmelthiere. Sie ſind bloß Tagthiere, munter und ſehr e beg Alle graben ſich Erdhöhlen mit 2 oder mehreren Eingängen, die ie bereits früh im Herbſte von innen her mit Erde verſtopfen, um ſich zur Ruhe zu begeben. Denn ſie find ganz vorzugsweiſe Winterſchläfer; und ein länger andauerndes Erſtarren, ſo wie die hiermit verbundene tiefe Ruhe ihres geſammten Organismus, ſcheint für ſie unentbehrlich. Solche, die man in der Gefangenſchaft entweder gar nicht, oder nur wochenlang hat ſchlafen laſſen, ſterben dann gewöhnlich im Frühjahre trotz aller Pflege bin⸗ nen kurzer Zeit. Sie können ſich vermöge ihres Aufenthaltes hauptſächlich nur von Gras und Kräutern, ſo wie ſpäterhin von Körnern nähren, und ſcheinen thieriſche Speiſe weniger zu lieben, als ihre Vorgänger. Einige größere und unterſetztere Arten, mit ſehr kurzen, aber doch noch ſicht— baren äußeren Ohren und ohne Backentaſchen, nennt man Murmelthiere, — — :) wahrſcheinlich nach den Tönen der bekannteſten Art, des Alpen-M. 's. A. marmöta.) Dieſes iſt von Farbe dunkel gelbgrau, mit ſchwärzlicherem Kopfe, und wird an Größe einer kleinen Katze gleich. Es bewohnt die ſtillen, einſame n Hochgebirge Europa's, von dem ſüdlichſten Deutſchland bis nach Oberitalien und Spanien, nebſt den höchſten Theilen der Karpathen in Ungarn. Dort ſteigt es überall, von der Grenze des Holzwuchſes an, ſo weit in die eigentlichen Alpen hin— auf, als noch alljährlich für einige der wärmſten Sommermonate der Schnee ſchmilzt. Es trägt dann abgebiſſenes, getrocknetes Gras und Kräuter (Heu) in ſeine Höh— len: wohl mehr, um daraus in dem weiten Keſſel derſelben ein bequemes Lager für die Familie, oder für eine größere Geſellſchaft (von 6 — 15 Gliedern) zu be— reiten, als in der Abſicht, davon zu zehren. Vor Anfang des Winters gräbt man ſie häufig aus, um theils ihr wohlſchmeckendes Fleiſch zu eſſen, theils die jüngeren 92 Säugethiere; 6te Ordn.: Nager; | Thiere zu zähmen und zu allerhand kleinen, unterhaltenden Künſten abzurichten. Mit ſolchen dreſſirten ziehen dann beſonders aus dem armen Savoyen viele arme, kleine Knaben (Savoyarden) ſchutzlos und dürftig in die Welt hinaus, beſonders nach Paris und anderen großen Städten, um ſich theils durch das Vorzeigen der Künſte ihrer Thierchen (Marmotten), theils durch Singen vor den Häuſern gut— müthiger, wohlhabenderer Menſchen und durch allerhand kleine Dienſtleiſtungen, allmählig ein geringes Vermögen zur Erwerbung eines kleinen Haus- und Grund— beſitzes in ihrer Heimath zu verdienen. — Der Bobak (A. baibac) iſt ein ähn⸗ liches, faſt noch größeres Murmelthier von röthlicherer Farbe und mit rothbraunen Backen, in den Ebenen und Sandhügeln von Polen, Galizien, Rußland und einem großen Theile Sibiriens. Die Getreidefelder haben an ihm häufig einen ſehr ſchlimmen Gaſt. — Nordamerika beſitzt auf ſeinen Steppen und manchen niedrigen, kahlen Felsgebirgen mehrere ſolcher Arten: darunter ein ſchwärzliches. (A. empétra.) Andere, meiſt bedeutend kleinere und ſchlankere Thierchen ohne Ohrmuſcheln, aber mit Backentaſchen, nennt man Zieſel. (Citillus s. Spermophilus.) So das gemeine Z. oder die Sandmaus, (Arctömys eitillus,) an hohen Feldrainen in den offenen Gegenden des öſtlichen Europa's, von Schleſien bis nach Sibirien: faſt ſo groß wie ein Eichhörnchen; unten gelblich, oben jedes Haar trübgrau und gelb gemiſcht. Es wird ungemein ſchnell zahm, thut aber hin und wieder durch ſeine Menge dem Getreide Schaden. Gegen Kälte iſt es ſo empfindlich, daß ſchon ein leichtes Begießen mit friſchem Waſſer hinreicht, es ſogleich in einen faſt leb— loſen Zuſtand zu verſetzen, aus welchem es ſich erſt nach einiger Zeit bei erfolgender Wiedererwärmung erholt. — An mehreren, einander ſehr ähnlichen, ſüdruſſiſchen und ſibiriſchen Arten laufen die gelblichen Ringe der Haare mehr in Geſtalt von Tropfen zuſammen, die meiſt reihenweiſe bei einander ſtehen. Auch in Nordamerika giebt es mehrere. Darunter iſt das ungemein ſchöne dreizehnſtreifige (Sp. tredécim-lineatus) auf dem kaſtanienbraunen Rücken mit breiten, gelben und ſchwarzen Streifen geziert, welche letztere zum Theile wieder weißliche Punktſtreifen haben. [s 82. 2te Zunft. Mäuſeartige Nager. Ihr Gebiß enthält faſt immer bloß — Backenzähne; ihr Schwanz trägt meiſt nur eine kurze oder ſehr kurze, in ringförmigen Reihen ſtehende Behaarung. Sie halten ihn gewöhnlich nach hinten ausgeſtreckt. Alle können wenigſtens ſo viel graben, um ſich Erdhöhlen zur gewöhnlichen Wohnung zu bereiten. Alle im Freien lebenden mäuſeartigen Thiere, ſo wie andere theils auf, theils in der Erde wohnende Nager, ſelbſt die Hafen, vermehren ſich vor— zugsweiſe ſtark in trockenen Sommern: namentlich, wenn keine Platzregen fallen. Denn letztere tödten, indem ſie beſonders ihre Erdlöcher überſchwem— men, meiſt ihre Nachkommenſchaft, ebenſo, wie die junge Brut der auf dem Boden niſtenden Vögel ꝛc. 5 Bei einigen, die man Klettermäuſe nennt, iſt der Schwanz lang und ſtark, mit ringförmigen und ſchuppenähnlichen Hauteinſchnitten, und mit ganz kurzen, aber ſteifen, faſt ſtechenden Borſtenhaaren. “) Dieſe machen ſeine Oberfläche ſo rauh, daß die Thiere ſich ſeiner beim Klet— f *) Deßhalb, nicht weil er irgend giftig wäre, freſſen die Katzen bei den größeren (den Ratten) gewöhnlich den Schwanz nicht mit! Aber Letzteres eben mag die Meinung erregt haben, daß er giftig fei. E — a) Allesfreſſende: maͤuſeartige. 93 tern zum Anſtämmen, und an kleinen Zweigen oder dergl. ſogar zum leichten Umſchlingen bedienen können: obwohl er keineswegs je ein wirklicher Greif— oder Wickelſchwanz iſt. Beim Freſſen ſitzen ſie gern aufrecht. Unter ſie gehört ohne Zweifel die, noch nicht lange entdeckte, wahrſcheinlich Oſtindien bewohnende Händemaus, (Pithecochirus:) ein, ſonſt ganz unſeren größeren Hausmäuſen ähnliches Geſchöpfchen, aber mit einem abgeſetzten Hinterdaume, wie das Fingerthier. Mit am meiſten mag der Schwanz den erwähnten Dienſt bei den kleinen Baummäuſen (Dendrömys) in Südafrika verrichten, die ſich fo viel auf Bäu— men aufhalten, daß ſie ſich daſelbſt künſtliche Neſter bauen. Weniger geneigt und geſchickt zu Beidem ſind die, faſt in der ganzen Welt verbreiteten, gewöhnlichen Mäuſe, (Mus,) deren größere Arten man Ratten nennt. Die erſte hiernach, und die ſchlimmſte, iſt die kaninchengroße oſtindiſche oder Rieſen-R., (M. giganteus,) eine furchtbare Plage des Landes. — Die ge: meine, ſchwarze, oder Hausratte, (M. rattus,) von ſchwarzgrauer Farbe, mit großen Ohren und einem Schwanze von der Länge des Leibes, war ſonſt (wie man ſagt, erſt ſeit dem Mittelalter her) faſt überall in Europa in großer Menge als ein läſtiger Hausbewohner vorhanden. Seit einer Reihe von Jahren hat ſie, wahrſcheinlich durch die noch größere und bösartigere Wanderratte verdrängt, oder (richtiger) von ihr vertilgt, in den meiſten weſtlichen Gegenden unſeres Vaterlandes bedeutend abgenommen; in manchen öſtlichen (3. B. Schleſien) ſcheint ſie bereits entweder ganz verſchwunden, oder iſt wenigſtens ungemein ſelten geworden. Sie ſteigt in Häuſern und Waarenmagazinen nicht ſelten ein oder mehrere Stockwerke hinauf. — Dagegen hält die, weniger zum Klettern, aber deſto mehr zum Graben geeignete und vortrefflich ſchwimmende Wanderratte (M decumänus) ſich faft immer nur auf ebener Erde. Sie findet ſich jetzt meiſt überall in läſtiger, zum Theil beunruhigender Menge, gewöhnlich in Pferdeſtällen, Abtritten, Schlachthäu— ſern u. dergl.; beſonders in der Nähe des Waſſers. Daher wird ſie auch häufig Waſſer⸗R., von ihrer gelbbräunlichen Farbe aber braune R., und wegen ihres allmähligen Eindringens aus dem Oſten (ſeit der Mitte des vorigen Jahrhunderts) Wanderratte genannt. Ihre Augen und Ohren ſind kleiner, als die der ſchwarzen Ratte: letztere ragen nicht weit aus den Haaren hervor; und der Schwanz iſt kür— zer, als der Leib. Ihre Gefräßigkeit, vor Allem ihr Gelüſt nach Fleiſch oder ſonſtiger thieriſcher Nahrung, ſo wie ihre Zudringlichkeit und Dreiſtigkeit, ſind noch weit größer. Alles, was der Menſch für ſich und die meiſten ſeiner Hausthiere als Nahrungsmittel benutzt, wird von ihr ſowohl im rohen Zuſtande, wie bei künſt— licher Zubereitung verzehrt. In Pferdeſtällen unterwühlt ſie Fußböden, zerbeißt die Bohlendielung, und frißt ſich nöthigen Falls ſogar allmählig durch alte, aus Ziegeln beſtehende Grundmauern. Hier verunreinigt ſie den Thieren das Futter, ſelbſt noch in den Krippen, oder ſucht ſie von denſelben zu verſcheuchen, indem ſie ihnen beiſ— ſend und quiekend nach dem Kopfe ſpringt. In Mühlen, Brennereien u. dergl. nagt ſie nicht ſelten den recht fetten, auf der Maſt liegenden Schweinen Löcher in den Speck; und Gänſe, die zum Mäſten gewöhnlich in ſehr enge Behältniſſe ge— ſperrt werden, frißt ſie in Geſellſchaft zuweilen bis auf die Knochen und Federn auf. An Teichen und ſonſtigen Gewäſſern, die ſie, wenigſtens den Sommer über, ſelbſt im Freien gern bewohnt, kann in Folge ihrer Mordanfälle oft nur ſehr wenig von dem jungen Waſſergeflügel aufkommen. Fluß- und Seehäfen liebt ſie beſon— ders, ſchwimmt auf die Schiffe, und iſt auf dieſe Weiſe noch mehr und noch ſchnel— ler, als die ſchwarze Ratte, über die ganze Welt, mit Einſchluß der Südſeeländer, 94 1 Saugethterez öte Ordn.: Nager: verbreitet worden.“) — Faſt eben fo weit tft die Hausmaus (N. muscülus) herumgekommen: indem ſie ſich bei ihrer Kleinheit überall leicht und unbemerkt in Häuſern einquartirt, hier allerhand Verſteck ſucht, und ſo gar oft von den Bewoh— nern ſelbſt mit Waarenballen und Geräthſchaften herumtransportirt wird. Sie iſt nach Geſtalt und Farbe ganz die Hausratte im Kleinen; in Mühlen ſoll man ſie häufiger, als ſonſtwo, in der Farbenausartung als Kakerlak (weiß mit rothen Augen) finden. In manchen, recht warmen, trockenen Sommern zieht ſie ſich oft wieder ins Freie, auf Getreidefelder. Auch ſie geht alles für den Menſchen Genießbare an: vorzüglich weiche, ſaftige und ſüße Sachen, fette und gebratene Fleiſch- und Backwaaren. Indeß kommt bei ihrer Kleinheit meiſt weniger die Menge des Verzehrten in Betracht, als der Eckel, welchen ihr Herumlaufen auf den Eßwaaren, ſo wie das Verunreinigen derſelben mit ihrem Unrathe und zumal mit dem widerlich riechenden, beizend-ſcharfen Urine erregt. Durch letzteren zerſtö— ren ſie beſonders nicht ſelten die Farben an Kleidungsſtücken. In Bienenſtöcken, in welche ſie ſich zum Winter, wo die Bienen ſtill liegen, ſehr gern unten an ſchadhaften Stellen einfreſſen, verderben fie durch Beides zuweilen vollends allen Honig, den fie nicht verzehren. Einzelne hat man trotz ihrer Furchtſamkeit mits unter ebenſo, wie Ratten, in hohem Grade gezähmt: fo daß fie auf einen beſtimm— ten Zuruf aus ihren Löchern hervorkamen, um aus der Hand zu freſſen ꝛc. — In Wäldern, auf Feldern und in Gärten, den Winter über ſelbſt in Scheuern, wohnt beſonders in bergigen Gegenden eine ſehr niedliche, etwas größere Maus, die Wald- oder langſchwänzige Feldmaus, (M. sylvaticus:) mit größeren Ohren und Augen, längerem, dünnerem Schwanze, ſchön gelbbraunem Rücken und ſchnee— weißer Unterſeite. Gefangen gehalten, baut ſie ſich gern und mit großer Sorgfalt ein ſehr ſauberes Neſtchen aus Laub, Moos und anderen weichen Stoffen. — Andere Mäuſe ſehen, ihrer kürzeren Ohren und kleineren Augen wegen, der Geſtalt nach mehr der Wanderratte ähnlich. So die Brand- oder Erbſen m., (M. agra- rius:) röthlichbraun, oder im Sommer oft ſchön braunroth, mit einem ſchwarzen Rückenſtreifen, die man überall in Deutſchland auf Feldern ſieht. Ferner die äuſ— ſerſt niedliche, meift feltene Zwerg-M., (M. minütus,) von ähnlicher Farbe, je— doch ungeſtreift. Sie iſt, ſo viel man weiß, das kleinſte und wohl auch das kunſt⸗ fertigſte aller Nagethiere. Denn ſie begnügt ſich im Sommer häufig nicht mit ihrer gewöhnlichen, unterirdiſchen Winterwohnung, ſondern legt ſich bald auf dem Boden ſelbſt ein großes, künſtlicheres, wohl verſtecktes, kugelrundes Neſt aus Ge— treideblättern und den feinſten Grashälmchen an; bald nimmt ſie ähnliche Stoffe nebſt Diſtelwolle, um ſich ein ſolches ſchon mit mehr Schwierigkeit über dem Bo— den, auf Diſteln und Strauchwerk, zu bauen. Ja, bisweilen ſteigt ſie an trockenen Teichrändern bis zu den Spitzen der grünen Rohrhalme hinauf, um dieſe durch Einſchnitte mit ihren Vorderzähnchen umzuknicken, und dann aus den wolligen Aehren mehrerer Halme einen warmen, hohlen Ball zu bilden, welchen fie bewuns derungswürdig geſchickt mit den Blättern der Rohrhalme umwickelt, nachdem ſie ) Entweder bei beiden, oder wenigſtens entſchieden bei der ſchwarzen, tritt zuweilen ein ſeltſamer Vorfall ein, der zugleich auf höchſt merkwürdige Weiſe Zeugniß von der großen Liebe und Sorgfalt dieſer Thiere unter einander ablegt. Bisweilen nämlich verwickeln und verbinden (verkleiſtern) ſich die Schwänze der jungen Thiere in Einem Neſte vermöge einer kleberigen Feuchtigkeit, die an denſelben ausſchwitzt, dergeſtalt, daß ſie nicht von einander loskommen, folglich auch ihren Schlupfwinkel nicht verlaſſen und ſich keine Nahrung ſuchen können. Letztere wird ihnen dann in dieſem hülf⸗ loſen Zuſtande, in welchem man fie Rattenkönige nennt, theils von ihren nächſten Angehörigen, theils (ſpaterhin) vielleicht ſelbſt von fremden Artsverwandten zugetragen. a) Allesfreſſende: mäufeartige. 2 95 dieſelben, ohne fie von den Halmen zu trennen, vorſichtig in lange, ſchmale, baͤnd— chenartige Streifen zerſchnitten hat, ſo daß dieſe das Ganze, wenn auch nicht für lange Zeit, doch ein paar Wochen hindurch und überhaupt ſo lange zuſammenhalten, bis die Jungen es verlaſſen. Trotz ihrer Kleinheit hat ſie ein ſo unverträgliches und bösartiges Naturel, daß mehrere, die man zu einander einſperrt, einander ſelbſt bei hinreichender Nahrung todt beiſſen und auffreſſen. Die Stachelmäuſe, (Acosminthus,) in Nordafrika und dem ſüdweſtlichſten Aſien, haben völlig die Geſtalt von vergrößerten Hausmäuſen; nur tragen ſie auf dem Rücken flache, ziemlich harte Stacheln, faſt wie die Stachelratten unter den pflanzenfreſſenden Nagethieren der neuen Welt. Eine Art (Mus cahirinus) iſt oben grau; die andere (I. dimidiätus) röthlichbraun, unten ſchön weiß. Nordamerika beſitzt eine ſehr kunſtfertige Klettermaus mit Backentaſchen, (Peromyscus arbor&us, [Crie@tus myodes!! Gapper],) die faſt beſtändig auf Bäumen lebt, ſich hier ein Neſt baut, und Vorrath in Höhlen derſelben einträgt. [§. 83. Unter Wühlmäuſen verſteht man gewöhnlich ſolche mäuſeartige Nas ger, die zwar noch keine eigentliche Scharrkrallen beſitzen, aber doch ſchon viel und geſchickt in der Erde wühlen. Dafür können fie nicht klettern: weil weder ihr kurzer oder nur mittellanger Schwanz, der überall dicht mit kurzen, weicheren Haaren beſetzt iſt, noch die kürzeren Füße, ſie dazu geſchickl machen. Sie ſitzen auch beim Freſſen ſelten oder nie halb- aufrecht. Bei den meiſten find, wie gewöhnlich bei grabenden Thieren, Augen und Ohren klein. Bloß die kap'ſche Ohrmaus (Otömys) zeichnet fi, bei einem Schwanze von mittler Länge, durch Ohren von ungewöhnlicher Länge und Breite aus. Merkwürdig genug zeigen die Backenzähne dieſes Thierchens ihrer ganzen Bildung nach eine vollkommene Aehnlichkeit mit denen der Elephanten. Erdwühler (Hypudaens) oder Wühlmäuſe ſchlechtweg, ferner Reut- und Stoßmäuſe, oder Feldmäuſe im engeren Sinne, nennt man vorzugsweiſe die be— kannteſte Art von jenen dickköpfigen, kurzſchwänzigen Mäuſen, die auf unſeren Fel— dern nicht ſelten anſehnliche Haufen loſer Erde herausſcharren und ſtoßen. Ihre Füße machen ihnen, da ſie etwas ſeitwärts ſtehen, ſogar das Laufen auf flachem Boden, ſobald derſelbe nicht völlig eben iſt, und ganz beſonders im Graſe, ſehr beſchwerlich, erleichtern ihnen dafür jedoch um ſo mehr das Fortkommen in ihren unterirdiſchen Gängen. Der Sicherheit wegen legen ſie ſich daher auch über der Erde, im Graſe, Getreide, in Wieſenkräutern u. dergl., durch Abbeiſſen der Halme nach allen Richtungen hin lange, glatte und immer ſorgfältig rein erhaltene, rin— nenartige Gänge, gleichſam Straßen, an, auf welchen ſie im Falle der Gefahr mit großer Behendigkeit nach ihren Wohnhöhlen zurückeilen. Durch das beſtändige Abbeiſſen vieler nützlichen Pflanzen zu dieſem Behufe ſchaden ſie überall noch weit mehr, als durch Das, was ſie freſſen, und überhaupt weit mehr, als andere Mäuſe. Da ſie aber nicht hüpfen können, ſo kann man ſie, wenn ſie ſich zu ſehr vermehrt haben, leicht in ſenkrechten Löchern fangen, die man mit einem großen, eiſernen Bohrer hin und wieder auf ihren gangbarſten Wegen in die Erde bohrt. So namentlich die, bei uns überall gemeine, gewöhnlich ſo genannte kurzſchwänzige Feldmaus, (H. arvälis,) die indeß merklich größer als die Hausmaus iſt, mit einem Schwanze von der Länge des Kopfes, und von aſchgrauer Farbe. In beſon— ders mäuſereichen (fo genannten Mäuſe-) Jahren hat man fie zur Herbſtzeit aus: wandern und dann, zumal des Nachts, ſchaarenweiſe über große Flüße (z. B. ſelbſt 96 Saugethiere; 6te Ordn.: Nager; Allesfreſſende. über den Rhein in Mitteldeutſchland) ſchwimmen geſehen. Wahrſcheinlich iſt auch ſie auf dieſe Weiſe, ebenſo, wie mehrere andere kleine Nager, früher aus Aſien her zu uns eingewandert. — Dort lebt in den Wüſteneien von Sibirien eine nahe Verwandte von ihr, die man Wurzel- oder Spar-M. (II. oeconomus) genannt hat: weil ſie ſich im Herbſte einen bedeutenden Vorrath von Wurzeln verſchiedener, kleiner, zum Theil eßbarer, zum Theil aber auch giftiger Zwiebelgewächſe einträgt, den ihr die Jakuten (mit Ausnahme der letzteren) häufig wegnehmen. — Eine größere Art, mit bedeutend längerem Schwanze, und meiſt von dunkel ſchwarzgrauer oder ſchwärzlicher Farbe, (H. amphibius,) wird bei uns gewöhnlich Waſſerratte genannt: weil ſie ſich vorzugsweiſe gern an Bächen und Gräben, oder ſonſt am Waſſer und in tiefen Gründen aufhält. Sie macht nicht ſelten ähnliche, weitläu— fige Gänge unter der Erde, wie der Maulwurf; oder fie benutzt die von dieſem angelegten Röhren, um beſonders zu nend Wurzeln zu gelangen, die ſie na— mentlich im Winter verzehrt. [§. 84. Die Hamſter, (Oricetus,) in Mitteleuropa und Aſien, find kurzſchwänzige, den Wühlmäuſen ähnliche Thiere mit Backentaſchen, welche ſie nach erfolgtem Reifen der Feldfrüchte fleißig zum Eintragen von Aehren, Schoten und Hülſen ıc. benutzen. Alles dieß ſtopfen ſie mit den Vorderpfoten ins Maul, und von da mit Hülfe der Zunge in die Backentaſchen; und zu Hauſe leeren ſie dieſe ebenſo durch Drücken mit den Pfoten wieder aus. Ihr Bau hat eine enge ſenkrechte Oeffnung (das Fallloch) zum ſchnellen Eingange, und eine ſchräge oder wagerechte Röhre zum Ausgange. In der Tiefe befinden ſich mehrere Vorrathskammern, wo das Eingetragene, ſorgfältig von Spreu und Hülſen gereinigt und meiſt ſauber ſortirt, aufbewahrt liegt. Bei dem gemeinen H. (Cr. frumentarius) beträgt das Ganze, obwohl er doch als Winterſchläfer nur den Herbſt hindurch davon zehrt und den Reſt für den Frühling aufhebt, doch nie unter einem Viertel-, und häufig weit über einen halben Scheffel. Daher kann er da, wo er recht häufig iſt, (wie im Gothaiſchen,) großen Schaden anrichten. Seine Heimath erſtreckt ſich vom mittleren Sibirien bis an den Rhein. Er hat die Größe einer Ratte, und ift- oben braun, unten ſchwarz, am Kopfe und in den Seiten röthlich, mit je einem großen, runden, gelblichen Seitenflecke an Backen, Hals und Bruſt. (Zuweilen artet er beinahe, ſelten völlig, ins Schwarze aus.“) Die Fellchen von ihm geben ein höchſt zierliches, kurzes und ſehr leichtes Pelzwerk, das aber natürlich eben ſo wenig dauerhaft, als warm iſt. Als ein höchſt ungeſelliges, futterneidiſches, zän— kiſches, beiſſiges und dabei ſehr muthiges, zorniges Thier, gilt er nicht mit Unrecht für ein Muſter von Habſucht, Geiz und Eigennutz. — Oſteuropa und das ge— ſammte mittlere Aſien, bis nach Perſien hinab, bewohnen mehrere kleinere Arten von einfach bräunlicher, röthlicher oder graulicher Farbe, die meiſt nicht viel mehr als die Größe von Mäuſen erreichen. [S 85. Eine nicht bedeutende Anzahl mäuſeartiger Thiere von ähnlicher Größe in den gemäßigten und kälteſten Landſtrichen der alten und neuen Welt haben anſehnlich lange und ziemlich gerade Krallen zum Graben. Sie führen den gemeinſchaftlichen Namen „Lemminge“, und zeichnen ſich leicht durch ihren kurzen, reichbehaarten Schwanz aus, der oben etwas flach ſcheint und 43 dem der 1, Wel ähnelt. ) Dieß iſt ganz entſchieden. Dagegen mag der ſchwarze Hamſter vom Kaukaſus mit- einem ganz kurzen, unter den Haaren verſteckten Schwanze (Cr. nigrieans) wohl eine be: ſondere Art ſein. b) pflanzenirefjende. 97 Die bekannteſte Art ift der, ſchön bunt gefärbte europäiſche oder eigentliche, norwegiſche Lemming, (Lemmus norvegicus,) der die Alpen der ſkandinaviſchen Halbinſel, bis weit in den Polarkreis hinauf bewohnt: mit ſehr breitem, viereckigem Nagel auf dem Stummel des Vorderdaumens. Sein Fell iſt rothgelb, mit großen, unregelmäßigen, halbmondförmigen, ſchwarzen Flecken; nach unten zu gelblichweiß. In manchen Jahren, wenn ein trockner Sommer ihrer Vermehrung ſehr günſtig geweſen iſt, wird ihre Menge ſo groß, daß ihr Wohnort ihnen fernerhin nicht mehr hinreichende Nahrung bieten würde. Dann wandert die Mehrzahl in ungeheueren Zügen, wo möglich immer geradeaus, durch Wälder, Felder und Flüße fort, bis allmählig immer mehrere durch Raubthiere, die ihnen nachfolgen, getödtet werden, oder ſonſt zu Grunde gehen. Gewöhnlich ziehen ſie, beſonders die weſtlich woh— nenden, von den Alpen herab dem nahen oder wenig entfernten Meere zu, ſtürzen ſich ohne Scheu hinein, als ob fie es überſchwimmen wollten, werden hier aber ſämmtlich binnen Kurzem entweder lebend von Raubfiſchen verſchlungen, oder müſ— fon entkräftet in den Wellen ertrinken. So iſt wie mit Einem Schlage die Ueber— zahl vernichtet, und es ſind Raum und Lebensunterhalt für die zurückbleibenden gewonnen. N Theils auf dem Ural und anderen Gebirgen, theils auch in tieferen Ge— genden Sibiriens, giebt es 3 oder 4 andere Arten mit kleinen, rundlichen oder ſpitzigen Daumnägeln und von einfacherer Färbung, (Lagürus,) die zum Theile nicht weniger zum Wandern geneigt ſcheinen. 3. B. L. migratorius. Von den nordamerikaniſchen Lemmingen zeichnen ſich manche durch ein Paar höchſt ſonderbare (gleichſam doppelte) Vorderkrallen aus, die 2 oder gar 3 Spitzen über einander zu haben ſcheinen, weil ſie unter den Nägeln große, harte Ballen— hervorragungen beſitzen. Sie können daher Gabelkraller (Dicrostonyx) heißen. Andere haben zwar einfache Grabenägel, aber hamſterähnliche (innere) Backen— taſchen: die Taſchenlemminge. (Geömys.)*) [s 86. 2te Unterordn.: Pflanzenfreſſende Nagethiere. Ihre Nahrung beſteht lediglich in Pflanzenſtoffen. Ein meiſt ziemlich leicht unterſcheidendes Kennzeichen für ſie liegt in der höheren und dickeren Schnauze, mit welcher ſich gewöhnlich der Beſitz von Schwimmhäuten, Stacheln, Springbeinen, ſehr großen Scharrkrallen oder hufartigen Nä— geln verbindet. Mehrere mit Stacheln abgerechnet, kann keines von ihnen klettern. Backentaſchen haben zwar mehrere; dieſelben find aber (mit Ausnahme des Paka unter den Hufnagern oder Halbhufern) ſtets äußere. Jede ſolche Taſche bildet einen großen, meiſt weit an dem Halſe hinab- oder bis zu den Schultern reichenden Hautſack, der inwendig, wie auswendig mit kur— zen, dichten Haaren bewachſen iſt und ſich an den Seiten des Kopfes, etwas nach unten zu, öffnet. Die Thiere ſollen ſich ihrer nicht bloß zum Eintragen von Speiſevorrath, ſondern auch zum Herausſchleppen von Sand und lockerer Erde aus ihren Gängen und Höhlen bedienen. — Als Iſte Zunft können wir diejenigen Familien aufſtellen, deren Gattun— gen an allen Zehen krallenartige Nägel mit mehr oder weniger ) Wohl zu unterſcheiden von einer, zum Theil ebenſo (Geomys) genannten Gattung unter den maulwurfsartigen Mäuſen, deren Backentaſchen äußere find. (Diplostoma.) Gloger, allgem. Naturgeſchichte 7 98 Säugethiere; 6te Ordn.: Nager; ſcharfer Spitze, nie aber hufähnliche, ſtumpfe beſitzen. Sie umfaſſen bei Weitem die Mehrzahl, und finden ſich ebenſo in der alten, wie in der neuen Welt. | Zu den größten Geſchöpfen der Ordnung gehören die, ſtets am, oder im Waſſer lebenden und meift wegen ihres Kunſttriebes berühmten biberartis gen, mit Schwimmhaaren oder wirklichen Schwimmhäuten an den Hinterfüßen, beſonders zwiſchen den 3 mittleren Zehen, und mit kahlem Schwanze. Sie haben, wie faſt alle viel im Waſſer lebend en Säugethiere, bloß kleine, kurze, vom Pelze verſteckte Ohren. Bei dem röthlichbraunen Ondatra oder der Biberratte (Fiber zibethicus) find die Schwimmhäute ſehr kurz und unvollſtändig; doch beſitzt das Thier außer dem noch dichte Haarwimpern oder Schwimmbürſten, und einen langen, von der Seite ſtark zuſammengedrückten Ruderſchwanz. Es wohnt beſonders in Kanada geſellſchaftlich an Sümpfen und häufig austretenden, ſtehenden Gewäſſern. An den Ufern derſelben baut es ſich, meiſt familienweiſe, gewölbte, backofenähnliche Hütten aus Schlamm, Binſen, Rohr und ähnlichen Waſſerpflanzen, mit unterirdi⸗ ſchen Ausgängen nach dem Waſſer zu, durch welche es zu ſeiner Lieblingsnahrung, den Wurzeln des Kalmus (2!) und anderer Waſſerpflanzen, gelangt. Den Beſitz von beſonderen, ſackähnlichen Höhlungen in der Nähe des Afters, die einen ſchmierigen, nach Zibeth oder Biſam riechenden Stoff abſondern, theilt es [8 87. mit den wirklichen Bibern, (Castor,) bei welchen dieſer Stoff, der ſehr ſtark, aber ziemlich widerlich riecht, als ein koſtbares, ſtärkendes Arzneimittel geſchätzt wird. Die Schwimmhaut der Hinterfüße iſt bei ihnen vollſtändig; der Nagel an der zweiten Zehe derſelben gleichſam doppelt; und der ziemlich kurze Schwanz von oben her breit, alſo platt gedrückt. Er ſieht daher, vermöge der ſchuppenähnlichen Eins drücke ſeiner Haut, faſt wie ein Stück Fiſch aus. Noch ſcheint es ungewiß, ob der nordamerikaniſche B. wirklich von dem in Europa und Nordaſien lebenden (C. fiber) verſchieden iſt. Beide find einfach röthlichbraun. Jener kommt öfters glänzend ſchwarz vor; dieſer iſt das größte Nagethier der alten Welt. In Europa giebt es nur in ſehr waldreichen, wenig cultivirten Gegenden noch Biber: in Deutſch— land vielleicht nur hin und wieder in Baiern und Oeſtreich, im Magdeburgiſchen und in der Provinz Preußen. Denn wegen des außerordentlichen Schadens, wel— chen fie dem jungen Laubgehölze an Flüßen zufügen, werben fie faft überall ſehr verfolgt. Sie nähren ſich nämlich bloß von der ſaftigen Rinde junger Bäume und Sträucher, beſonders der Weiden und Espen, die ſie gewöhnlich, um ſie bequem abnagen zu können, zuvörderſt mit ihren gewaltigen Vorderzähnen, etwa 4 Elle hoch über dem Boden, abbeiſſen. Einen Theil davon zerſchroten ſie dann nicht ſelten ebenfo in Stücke von 2 — 3 Ellen Länge, die fie oft mit vereinigten Kräf— ten nach dem Waſſer ſchleppen, und ſchwimmend auf demſelben als Vorrath nach ihren Wohnungen hinabſchaffen: wo derſelbe, damit er friſch und ſaftig bleibt, beſtändig in und unter dem Waſſer gehalten wird. Sie gehen daher ſtets von ihrem Wohnſitze aus ſtromaufwärts ſowohl nach Nahrung, wie nach Baumateria⸗ lien aus, um Beides leicht ſtromabwärts flößen zu können. An Orten, wo es ihrer nur wenige giebt, wohnen dieſe entweder bloß in ein fachen, ſelbſtgegrabenen Uferhöhlen, deren Ausgang ins Waſſer führt; oder ſie bauen ſich an hohen Ufer— rändern kleine, bald ein-, bald zweiſtöckige Hütten. Letztere ſollen zuweilen noch einen Nothausgang auf das Land haben. Sie beſtehen aus ellen- oder faſt manns⸗ langen Ruthen, die ſchräge in einem Kreiſe zuſammengeſteckt, oben ſanft übergebo— gen und mit anderen, dazwiſchen geſteckten ſo durchflochten werden, daß durch 2 b) pflanzeufreſſende: mit Stacheln. 99 Hinzuthun von Schlamm, Sand oder ſonſt weicher Erde, Schilf u. dergl. eine gewölbte, backofenförmige Decke entſteht, deren Feſtigkeit nach dem Trocknen ſehr bedeutend wird. Da, wo es der Biber ſehr viele giebt, leben ſie nicht bloß geſellig, ſondern bauen ſich auch in Gemeinſchaft größere Hütten, und gern in großer Anzahl zu einander: ſo daß die Indianer in Nordamerika ſolche Colonien „Biberdörfer“ nennen. Gewöhnlich erſtreckt ſich der Bau ein Stück in langſam fließendes Waſ— ſer hinein: um eine ruhigere Bucht (einen Winkel deſſelben) zu einem ſtillen Bade— platze abzudämmen. Das Ganze ruht dann beinahe ſtets auf einer feſten Unter— lage von großen, umgeſunkenen und mit ihren Aeſten verſandeten Baumſtämmen, welche dem Ganzen ſo viel Halt und Dauerhaftigkeit geben, daß es ſelbſt dem Andrängen des Stromes bei mäßigem Anſchwellen deſſelben öfters noch glücklich widerſteht. Uebertrieben und lächerlich im höchſten Grade waren aber die früheren Erzählungen über dieſe Bauten, welche denſelben eine Feſtigkeit zuſchrieben, wie ſo häufig ſelbſt Wehre und andere Waſſerbauten, die von Menſchen mit außer— ordentlichem Aufwande von Zeit, Mühe, Kräften und Kunſt ausgeführt werden, ſie trotz dem Allem nicht beſitzen. Sollten doch die Biber gar ihren Schwanz, der ihnen in der That zum Glattſtreichen des Lehmes an den Wänden ihrer Baue zu dienen ſcheint, zum Einſchlagen und Feſtrammen von Pfählen gebrauchen; — und was des Unſinns mehr war! Sie verſchneiden (zerbeiſſen) übrigens zu dieſen Bauten, bei deren Ausführung Alles mit einer bewunderungswürdigen Ordnung zu Werke geht, eine ſehr große Menge Reiſig und jüngeres Holz von Fingers- und Armsdicke bis zu dem Umfange eines Mannesſchenkel. Beim Fällen ſolcher ſtär— keren Stämme wiſſen ſie ſich immer klüglich ſo zu ſtellen, und ſo gut in Acht zu nehmen, daß ſie von denſelben im Fallen nicht gequetſcht, oder ſonſt beſchädigt werden. Zahm gehaltene Biber verbauen und verſchmieren, weil ihnen die mindeſte Zugluft zuwider iſt, in größeren, freieren Behältniſſen alle Thürritzen und ſelbſt das Schlüſſelloch wiederholentlich mit Ruthen, Baſt und Erde. Sie ſitzen und ruhen, zumal in ihren Hütten, ſtets am liebſten ſo, daß ihr Schwanz ins Waſ— ſer hängt. Letzteres wünſchen ſie auch in der Gefangenſchaft fortwährend zu ha— ben. Im Freien, in ihren Bauen, ziehen ſie ſich beim Steigen und Fallen deſ— ſelben aus dem einen der 2 — 3 Stockwerke ihrer Hütten in das andere; und hier von Raubthieren oder Menſchen verfolgt, flüchten ſie ſtets, wie alle zum Schwimmen geeigneten Thiere, eilends dem Waſſer zu. Ihre Felle geben ein ſehr geſchätztes Pelzwerk. Die Schwimmmäuſe (Hydrömys) bleiben merkwürdig durch ihr Waters land: Neuholland. Sie ſind den Biberratten ähnlich, jedoch größer, dunkler ge— färbt, am Bauche gelb, mit rundem Schwanze und vollſtändigen Schwimmhäu— ten zwiſchen den 3 mittleren Hinterzehen. [$ 88. Größer, als die Zahl der ſchwimmenden, iſt die der pflanzeufreſſen— den Nagethiere mit Stacheln. Die letzteren nehmen auch hier, wie überhaupt immer, bloß die Oberſeite des Körpers bis hinten an oder auf den Kopf ein; nur zuweilen noch die Oberſeite der Füße und einen Theil des Schwanzes. Alles Uebrige wird von Borſten bedeckt. Die Thiere können ſich nicht zuſammenkugeln; wohl aber ſträuben ſie, feindſelig ange— griffen, dem Angreifer ihre Stacheln entgegen: indem ſie ſich mit dem Bauche irgendwo andrücken, ſich mit den Beinen und Krallen feſthalten und ihre dicke, ſehr empfindliche Schnauze unter der Bruſt verſtecken. Bei denen in der alten Welt ſtehen nie Borſten oder Haare zwiſchen den ſehr langen, meiſt runden Stacheln; und ein großer 7 * 100 Saͤugethiere; 6te Ordu.: Nager; Buf ch von letzteren nimmt das Ende des Schwanzes ein. Die Krallen ſind ſehr lang, zum Graben. Das größte iſt das, von ſeiner grunzenden Stimme ſo genannte Stachel— ſchwein, (Hystrix eristäta,) wenig kleiner, als der Biber. (Länge 2’ 6 J.) Auf dem Hinterkopfe trägt es einen Buſch von ſehr langen und eben ſo ſtarken Borſten, welche in die noch größeren, faſt eine halbe Elle langen, ſchwarzbraun— und weiß geringelten Stacheln des Rückens übergehen. Auch der ſehr kurze Schwanz wird ganz von einem großen, mehr weißlichen Buſche dicker Stacheln überzogen, welcher den geſammten Hintertheil des Thieres ſchützt. Sonſt ſieht daſſelbe ſchön dunkel graubraun aus. Es lebt von Italien, Spanien und Grie⸗ chenland an bis zur Südſpitze von Afrika und im Südweſten von Aſien: am lieb⸗ ſten von Wurzeln und vielerlei abgefallenen Früchten. Die ſcharfen, giftigen Wurzeln der afrikaniſchen Schlangenwurz *) find ihm eine Leckerſpeiſe. In Zorn oder Furcht geſetzt, macht es, indem es ſeine Stacheln zum Aufſträuben in Be— wegung ſetzt, ein raſſelndes Getöſe. Sie ſtecken, beſonders zu manchen Zeiten, ziemlich locker in der Haut. Muthige Hunde bohren ſich daher beim Angriffe nicht ſelten die dünne, platte Spitze derſelben ſo tief in die Naſe, daß ſie mit der Wurzel ausgehen. Daher der alberne Glaube, das Thier könne ſeine Stacheln nach Belieben gegen ſeine Feinde abſchießen! — Ein Paar ähnliche Stachelnager in Oſtindien hat man Aehrenſchweife (Atherürus) genannt: weil fie am Ende ihres längeren Schwanzes ſolch' einen Büſchel von Stacheln tragen, die mit ihrem verdickten Wurzeltheile faſt wie die Körner und Grannen einer Getreideähre ausſehen. Die etwas platten Rücken⸗ ſtacheln zeigen eine durchgehende Längsfurche. Bei den Stachelthieren der neuen Welt find, fo lange fie nicht beun⸗ ruhigt werden, die geſammten Stacheln meiſt wenig ſichtbar: indem lange, zwiſchen ihnen ſtehende Haare ſie größten Theils verdecken. Einige Arten mit faſt lauter runden Stacheln, die ſich hauptſächlich von Baumfrüchten, Blät: tern, oder im Nothfalle ſelbſt von Rinden nähren, klettern ſehr gut. Hierbei ſtützen ſie ſich häufig auf ihren ziemlich langen, dicken Schwanz, deſſen ganze Unterſeite an der Wurzel äußerſt dicht mit abgeſtutzten, bürſtenartigen Borſten— ſtacheln oder Stachelborſten bedeckt iſt, welche das Abgleiten deſſelben beim An— ſtämmen an glatte Baumrinden verhüten, und ſomit auch das Herabgleiten des Thieres ſelbſt verhindern. So in Nordamerika der träge Urſon, (Erethizon,) mit mäßigem, nicht- wickelndem Schwanze; dunkelbraun von Farbe, mit weißlichen Stacheln. Ferner in Südamerika die noch trägeren, ſehr langſamen Coendu’s, (Sphin- gürus,) mit längerem Wickelſchwanze, der ſich aber nicht, wie ſonſt überall, nach unten zu umrollt, ſondern nach oben greift. (Letzteres muß er offenbar wegen der Stachelbürſte an feiner Unterfeite!) Ebenda, nur mehr außerhalb der Wälder, oder ſelbſt weit auf dem Freien, in Erdhöhlen, wohnen auch die kahlſchwänzigen, mitunter ſchön gefärbten Lan— zenthiere. (Loncheres et Enchömys; Echimys!) Man nennt fie von der Größe und Geſtalt ihres Körpers und Schwanzes gewöhnlich Stachelratten. Ihre Stacheln ſind theils eigenthümlich platt, einem Lanzeneiſen oder einer Lanzette ähnlich; theils noch dazu unten ſtark ausgehöhlt, ſo, daß man ſie nicht unpaſſend ) Der beliebten, bei uns unter dem Namen Colocaſia bekannten Zimmerpflanze, (Calla [Richardia] aethiopica.) ä v) pflangenfreffenbe: hafenartige. 101 mit Weizenſpreu verglichen hat. (3. B. bei L. paleacea.) Indeß giebt es auch ſolche Arten, die faſt gar nichts mehr von wirklichen Stacheln zeigen. Eines dieſer Thiere, welches deren noch wirklich trägt, zeichnet ſich durch große Backentaſchen an der Außenſeite ſeiner Wangenhaut aus. Es heißt deßhalb Taſchen- oder Backenſtachelthier, (auch wohl Stachelhamſter [Crichtus! ano- mälus.]) [S 89. Einer kleinen Gruppe bloß pflanzenfreſſender Nagethiere mit langen, buſchigen Schwänzen, welche der ſüdlichen Erdhälfte angehö— ren, legt man gewöhnlich den, freilich etwas zweideutigen Namen Hafen: mäuſe bei: weil ſie einige Aehnlichkeit mit den Ratten, (alſo mit großen Mäuſen,) noch mehr aber mit den Haſen und Kaninchen beſitzen. Doch ſcheint, ſobald man das Klettern abrechnet, gewiß auch ihre Aehnlichkeit mit den Eichhörnchen nach Geſtalt, Haltung und Größe kaum geringer. Die Zahl ihrer Backenzähne iſt ziemlich dieſelbe, (z) Haltung des Schwanzes und ſonſtiges Benehmen beim Freſſen ſcheinen ganz dieſelben. Ihre Schnurrbarthaare erreichen eine beſonders auffallende Länge. Sie neh— men ihren Aufenthalt bloß in baumloſen Gegenden mit Gras und kurzen Kräutern, wie mehrere Haſen; manche, die wenig oder gar nicht zu graben ſcheinen, wohnen zwiſchen und unter Felſen auf hohen, ſteinigen Bergen. Das bekannteſte von ihnen iſt das Chinchilla, (Tſchintſchilja, Eriomys,) auf den rauhen, kahlen, ſtrauchloſen Felsgebirgen von Peru und Chili, (den Cor— dilleras,) in einer Höhe, wo ſelbſt mitten im Sommer noch häufig ſtarke Nacht— reife fallen. Es iſt wenig kleiner, als ein Kaninchen, oben ſchön hell bläulich— aſchgrau mit vielen ſchwärzlichen Haarſpitzen, und berühmt wegen ſeines wunder— ſchönen, beiſpiellos feinen Haares, welches an Zartheit mit den dünnſten Fäden ungeſponnener oder wiederaufgedrehter Seide wetteifert. Doch ſoll es hierin von einem kleineren, rothbraunen Thierchen daſelbſt (Chinchilla! lanigera) noch übertroffen werden. a Die Vis cacha's oder Pampas-((Steppen-) Hafen (Lagostömus) auf den Grasebenen (Pampas) des ſüdlichſten Amerika's, namentlich Patagoniens, bekleidet dagegen wieder gröberes Haar, ähnlich dem unſerer Haſen, welchen ſie an Größe und Geſtalt nahe ſtehen. Schnell reitende Perſonen, beſonders die Hirten der dortigen ungeheuren Heerden von halbwildem Rindvieh, die, um letztere zuſammenzu— halten, ſtets beritten ſein müſſen, verunglücken nicht ſelten dadurch, daß ihre Pferde den Boden über den langen, großen Erdgängen der Viscacha's durchtreten, und ſich nun mit einem oder ein Paar gebrochenen Beinen überſtürzen. Ein hierher gehöriges Thier mit ähnlichem Haare von aſchgrauer Farbe und von der Größe des Eichhörnchens, dem man zum Theile den wenig paſſenden Namen „langſchwänziges Kaninchen“ beigelegt hat, (Hapalötis, Conilürus!!) würde ſchon deßhalb erwähnenswerth bleiben, weil fein Vaterland Neuholland iſt. Doch macht es auch ſein Kunſttrieb merkwürdig. Es flicht ſich nämlich, da es keine Höhlen gräbt, aus getrockneten Grasblättern und Halmen ein ſchönes, ku— gelichtes Neſt mit kleiner Eingangsöffnung, in welches es ſich den Tag über verſteckt. [s 90. Alle haſenartigen Nager im engeren Sinne zeichnen ſich vor den übrigen Thieren der Ordnung durch den Beſitz von + Vorderzähnen aus, deren kleineres, zweites Paar nicht neben, ſondern (wie bei vielen nagenden Beutelthieren) hinter dem erſten ſteht. Auch haben ſie von allen 102 Säugethiere; 6te Ordn.: Nager; Nagern die meiſten Backenzähne: GC.) der erkennt man ſie leicht an den dichtbehaarten Fuß- und Zehenſohlen, deren elaſtiſche Be— deckung ihnen zu einem eben ſo leichten, als leiſen Gange auf hartem, ge— frornem oder ſonſt feſtem Boden, wie auf lockerem, ſandigem verhilft. Ohne denſelben würden dieſe ganz wehrloſen Geſchöpfe, die gegen ihre Feinde nicht einmal ihr Gebiß zu gebrauchen wagen, letzteren noch viel öfter zur Beute werden, als dieß ohnehin gefchieht. F) Man hört fie faſt immer nur dann, wenn ſie ſehr angeſtrengt laufen. Von ihren Eingeweiden bleibt beſonders der ungemein große, eben ſo lange, als dicke Blinddarm merkwürdig, der allein ſchon ihre rein pflanzenfreſſende Natur verrathen würde. Die größten überhaupt ſind die eigentlichen Haſen, (Lepus,) mit langen, ſehr dicht-, aber kurzbehaarten Ohren und kurzem, dem der Hirſche ähnlichem Schwanze. Ihre bedeutend längeren Hinterbeine machen ihren Gang hüpfend, und geſtatten ihnen, gewaltige Sprünge zu thun und ſehr ſchnell auf ebenem Boden hin oder bergan zu laufen. Beim bergab Laufen dagegen überſchlagen die Thiere ſich in der Angſt, beſonders an recht abſchüſſigen Stellen, ſehr leicht, und ſuchen deßhalb über letztere, wo möglich, ſchräg oder in einer Schneckenlinie hinab zu kom— men. Die Arten in den Sandwüſten von Afrika haben noch größere Ohren, als die unſrigen, müſſen daher ohne Zweifel auch ein noch leiſeres Gehör beſitzen, und tragen dabei eine lichtere, der des Steppenſandes ähnliche Farbe. Dieſe pflegt bei ihnen, als wehrloſen Thieren, überhaupt ſtets ſehr glücklich zu ihrer Umgebung zu paſſen. Sie graben nämlich alle keine Höhlen, ſondern kratzen ſich bloß eine kleine, glatte Vertiefung (ein Lager) zur Aufnahme ihres ſtärkeren Hintertheiles, und lie⸗ gen darin den Tag über ruhig auf dem Bauche ſtill, den Kopf tief auf die vor: geſtreckten Vorderbeine gelegt. In dieſer Stellung gleichen ſie bald einem Erd— klumpen, bald einem kleinen Haufen von Queckenwurzeln, Heu, Stoppeln oder anderen, halbtrocknen Pflanzenſtoffen: und zwar ſo täuſchend, daß man ſie ſelbſt ganz auf dem Freien gewöhnlich nicht eher gewahrt, als bis ſie aufſpringen, um davon zu eilen. Dabei lehrt namentlich hier ihr Inſtinkt (Naturtrieb) ſie eine ganz beſondere Liſt, um an freien Orten den Füchſen und anderen ſolchen Feinden, welche ihnen vermöge ihres feinen Geruchs gewöhnlich auf ihrer Spur nachfolgen, das Auffinden in ihrem Lager zu erſchweren. Sie rennen nämlich (wie man auf dem Schnee an ihrer Spur ſehen kann) zuerſt in kurzen Sätzen eine Strecke weit an dem, zum Lager auserſehenen Platze vorbei, machen dann einige große Kreuz— und Querſprünge, welche das Geruchsorgan ihrer Feinde verwirren, und gehen dann wieder ſacht genau auf ihrer Spur zurück, bis in die Nähe des erwählten Plätzchens, um ſich nun plötzlich mit einem oder ein Paar tüchtigen Kraftſprüngen auf daſſelbe hinzuſchnellen. Uebrigens beſitzen ſie auch ſelbſt einen ſehr ſcharfen Geruch, haben aber ein ziemlich ſchwaches Geſicht, beſonders bei Tage. Als ganz ſchutz- und wehrloſe Geſchöpfe, die gewöhnlich nicht einmal zu beiſſen verſuchen, ſind ſie äußerſt furchtſam, und ſuchen bei Gefahr ihr Heil in ſchleuniger Flucht. *) Hiervon überzeugt man ſich am deutlichſten auf derjenigen Art von Jagd, welche mit dem Namen „Anſtand“ bezeichnet und des Abends, gewoͤhnlich am Rande eines Wald⸗ ſtückes und ganz ſtill ſtehend, ausgeübt wird. Da glaubt der unerfahrene, angehende Jäger, nach einem ſtarken, trappelnden Ge— räuſche, welches er hinter ſich vernimmt, ein Reh, wo nicht einen jungen Hirſch, einen Wolf oder ſonſt ein großes Thier hinter ſich zu hören: während es nur eine Maus iſt, die raſch über und durch abgefallenes Laub läuft. Dagegen ficht er dann einen, vielleicht hundertfach größeren, oder wenigſtens um fo viele Mal ſchwereren Hafen plotzlich ganz unvermuthet dicht neben ſich sitzen, ohne daß er vorher das Mindeſte von ihm gehört hat, obwohl der⸗ ſelbe über den naͤmlichen Blätterwuſt weggegangen iſt, auf welchem die Maus herumlief. v) pflanzenfreſſende: haſenartige. 103 Unter einander ſelbſt ſchlagen fle ſich zuweilen ſowohl beim Spielen, wie aus Zorn gegenſeitig mit den Vorderpfoten, von denen fie ſonſt nie einen geſchickteren Ger brauch zu machen verſtehen. Gezähmt und etwas abgerichtet, können ſie jedoch auf dieſe Weiſe Trommeln ſchlagen. Ihre Jungen, deren ſie 3 — 4 Mal im Jahre gewöhnlich 3 — 4 bringen, kommen eben fo vollſtändig entwickelt zur Welt, wie die der Hufthiere. Sie haben bereits offene Augen, tragen eine vollkommene Behaarung, und können ſich im Falle der Noth bereits nach Verlauf weniger Tage ſelbſt erhalten. Unſer gemeiner H., (L. timidus,) mit röthlicher Bruſt, findet ſich überall in Deutſchland, wie in dem übrigen mittleren und ſüdlichen Europa; aber weder in Schweden und Norwegen, noch im nördlichen Rußland. Er wird in Gebirgen gewöhnlich viel größer, als im flachen Lande, und geht dort überall ſo weit hinauf, als der Holzwuchs reicht. Am zahlreichſten wohnt er jedoch auf Feldern, beſonders in fruchtbaren und wohlbebauten, etwas hügeligen Gegenden. Hier thut er im Sommer an Getreide, Raps und anderen Feldfrüchten wohl nur dadurch Schaden, daß er, wenn ſie hoch aufgewachſen ſind, auf großen Ackerſtücken hin und wieder durch Abbeiſſen der Halme kleine Wege zum bequemen Hin- und Hergehen anlegt. (Haſenſteige.) Fetten Klee und junge Saat zieht er dann allen anderen Gewächſen des Feldes und Waldes vor. Im Winter, wo er bei hinreis chender Nahrung ſtets um ſo fetter und ſein Balg um ſo dichter wird, je höher die Kälte ſteigt, ſcharrt er den lockeren Schnee weg, um zu der grünen Saat und den Blättern der Oelgewächſe, beſonders des Winterrapſes, zu gelangen. An letzterem, noch mehr aber am Winterkohle in den Gärten, ſchadet er dann bedeu— tend. Wenn hingegen der Schnee eine harte Kruſte bekommen hat, ſo muß er ſich meiſt ſehr kümmerlich mit Rinde behelfen, und viele gehen dabei vor Hunger zu Grunde. Er benagt und zerbeißt dann in Gärten vorzugsweiſe die jungen Aepfel⸗ und Pflaumenbäumchen, ſo wie im Freien vor Allem die Schlehen- oder Schwarzdornſträucher; weniger den Weißdorn, die Espen ꝛc.) — Der veränder⸗ liche H. (L. variabilis) hat etwas kürzere Ohren, und bekömmt nie die röthliche oder roſtfarbige Bruſt. Im Sommer ſieht er einfach graubraun, im Winter ge— wöhnlich ganz weiß aus; mit Ausnahme der Ohrſpitzen, die an der Hinterſeite immer ſchwarz bleiben. Im ſüdlichſten Skandinavien werden indeß vorzüglich diejenigen, welche in dichten Wäldern hauſen, alſo mehr geſchützt wohnen, häufig bloß licht bläulichgrau oder grauweiß. (Mohnhaſen.) Hin und wieder in den öſtlichen und ſüdlicheren ruſſiſchen Provinzen ſieht man dann weiße mit vielen eingemiſchten grau⸗ oder gelbbraunen Haaren. Die irländiſchen, (auch die ſchottiſchen?) die keine beſondere Art zu ſein ſcheinen, legen in jenem ungewöhnlich milden Inſelklima, wo entweder nur ſelten Schnee fällt, oder nie für die Dauer liegen bleibt, gar keine helle Wintertracht an. Dafür ſollen aber die im äußerſten Norden, z. B. auf Grönland, ihre weiße Farbe ſelbſt in den wenigen dortigen Sommermonaten behalten. Als ſeltene Ausnahme, jedoch öfter, als der unſerige, trägt der verän— derliche einen durchaus mattſchwarzen Pelz; wenigſtens im Sommer. In Sitten und Lebensweiſe gleicht jener dieſem völlig. Nur ſoll er ganz vorzugsweiſe furcht⸗ ſam und flüchtig zu ſolchen Zeiten ſein, wenn entweder früher als gewöhnlich im Herbſte, oder ſpäter als ſonſt im Frühlinge, nochmals Schnee fällt, bevor er ſeine weiße Wintertracht angethan, oder nachdem er dieſelbe bereits wieder abzulegen angefangen hat: indem er dann gleichſam inſtinktmäßig zu fühlen ſcheint, daß er *) Scherzluſtige Perſonen und betrügeriſche Ausſtopfer von Thieren haben früher zu⸗ weilen ausgeſtopften Haſen ein Paar kleine Rehgeweihe ſo geſchickt aufgeſetzt, daß Andere dieſelben für natürlich und angewachſen hielten. Hierdurch iſt die ehemalige Fabel von dem Daſein gehörnter Haſen entſtanden. ' 104 Säugethiere: 6te Ordn.: Nager; mit ſeiner Kleidung nicht recht zu feiner Umgebung paßt, und fie ihn daher leich— ter den Blicken ſeiner Feinde verräth. Er gräbt ſich noch tiefer, als zuweilen der unſerige, in den Schnee ein, oder läßt ſich ruhig von dieſem bedecken und verwehen. Seine Verbreitung fängt meiſtens da an, wo die des gemeinen aufhört: am Nord— ende der Provinz Preußen, in Lithauen und dem ſüdöſtlichen Rußland nebſt ganz Sibirien; dann auf den hohen Gebirgen des ſüdlichen Europa's und Deutſchlands (namentlich der Schweiz und Baierns) in der Region der Alpen, von der Holz— grenze aufwärts. — Eine oder ein Paar Arten von Haſen in den wärmeren und heißen Landſtrichen von Nord- und Südamerika, z. B. der braſiliſche, (L. ta- peti,) ſehen dem unſerigen ſehr ähnlich, find aber noch nicht halb fo groß, und wenig zahlreich, zum Theil ſogar ſelten. Mehrere große Arten bewohnen die wär— meren Striche unſeres Feſtlandes. [s 91. Das Kaninchen (L. cunicülus) verdient, wie es ſcheint, mit vollem Rechte eine Trennung von den Hafen als beſondere Gattung, (Cunicülus dasypus,) die ſich äußerlich am leichteſten durch ihre kahlen Ohren von geringerer Länge unter— ſcheiden läßt. Seiner merklich kürzeren Hinterbeine wegen kann das Kaninchen bloß in weniger langen Sätzen hüpfen; dagegen beſitzt es eben ſo viel Neigung, als Geſchick zum Graben, und wohnt daher beſtändig in großen, weitläufigen, un— terirdiſchen Bauen; ferner gebiert es, gleich den meiſten übrigen Nagethieren, ſtets nackte und blinde Junge, deren Augen ſich erſt zu öffnen anfangen, wenn junge Haſen von gleichem Alter bereits ſelbſtändig für ſich ſorgen. Gewiß ein ſehr we— ſentlicher Unterſchied in der ganzen Entwickelungsweiſe beider! Dabei iſt die Frucht— barkeit des Kaninchens noch bedeutender: Jowohl was die Zahl der Würfe in jedem Jahre, (4 - 5,) als was die Zahl der Jungen von jedem Wurfe (4 —8) betrifft. Gezähmt hält man es häufig in Viehſtällen, die es jedoch leicht gar zu ſehr unter: gräbt; daher beſſer in beſonderen Gemächern. Man hat es hier in vielen Farben: theils in der urſprünglichen aſchgrauen mit röthlichem Genicke; theils weiß, ſchwarz, iſabellfarbig, bräunlich; oder bunt, von Einer dieſer Farben mit Weiß. Eine ſolche, aus Kleinaſien ſtammende Ausartung, das angoriſche K., gewöhnlich Seidenhaſe genannt, zeichnet ſich durch ſehr langes, weiches, ſeidenartiges Haar aus, welches man ihm abkämmt, um daraus (mit Wolle) feines Garn zu ſehr leichten Geweben zu ſpinnen. Urſprünglich wild findet ſich das Kaninchen wohl nur in den trockenen, mit gewürzhaften Kräutern bewachſenen Hügelſtrichen des ganzen ſüdlichen Europa's, und vielleicht des nördlichen Afrika's, beſonders an den Meeresküſten. Indeß hat es der Menſch bereits vor mehreren Jahrhunderten auch ſonſt weiter verbreitet und wieder verwildern laſſen. So lebt es jetzt hin und wieder noch im ſüdlichen und mittleren Deutſchland, ſo wie in vielen ſandigen Stranddünen und auf manchen kahlen Inſeln des nördlichen; auch häufig an den Küſten von England. An frucht— baren und bebauten Orten, wo es durch ſeine ungeheuere Vermehrung zu einer wahren und ſchwer zu beſeitigenden Landplage werden kann, hat man es jedoch meiſt wieder auszurotten ſuchen müſſen. Die Zwerghaſen, Pfeifhaſen oder Schoberthiere (Lagömys) find kleine haſenartige Nager des Nordens ohne Schwanz, mit kurzen, rundlichen Ohren und nicht eben langen Hinterbeinen, von der Größe mäßiger Ratten und großer Mäuſe. (Deßhalb nannte man ſie früher auch wohl Haſenmäuſe.) Sie laſſen häufig eine pfeifende Stimme hören, die faſt wie die Lockſtimme mancher Vögel klingt, und ſammeln ſich den Sommer und Herbſt über mit großem Fleiße einen bedeutenden Vorrath von Heu in Schobern als Nahrung für den Winter: indem ſie Gras und feine Kräuter abbeiſſen, dieſelben ſorgfältig trocknen und dann in runde Haufen aufthürmen, von welchen der Regen abläuft. Im Winter gehen ſie dann unter b) pflanzenfreifende: Springmaͤuſe. 105 dem Schneee von einem zum anderen. Leider werden aber die armen Gefchöpfe beſonders dann nicht ſelten ihres mühſam zuſammengebrachten Eigenthums von den Menſchen beraubt. Denn die Schober bleiben auch bei mäßigem Schneee noch ſichtbar; und verirrte Reiſende zu Pferde, namentlich Zobelfänger und andere ſo genannte Pelzjäger, nehmen alsdann dieſes vortreffliche Heu gern zum Futter für ihre Thiere. Drei Arten, deren eine bei den Mongolen Ogotona heißt, (L. ogo- tona,) bewohnen die kahlen Gebirge des öſtlichen Sibiriens; eine vierte die Fels— (Rocky⸗) Gebirge Nordamerika's. 7 Unter den verſteinerten Knochenreſten des ſüdlicheren Europa's finden ſich auch Kno— chenreſte von Schoberthierarten, die folglich dort gelebt haben müſſen. Eben— ſo ſind foſſile (verſteinerte) Knochen von Kaninchen, Bibern und mäuſeähn⸗ lichen Thieren, ſo wie von manchen anderen Nagern, bald häufiger, bald ſeltener; und fie rühren zum Theile von noch lebenden, gewöhnlich aber von ausgeſtorbenen Arten her. Auch kennt man bereits mehrere dergl. Gattungen, von welchen jetzt gar keine Art mehr exiſtirt. Palaeömys, Theridomys (), Chelödon, Wee S 92. Solche Nager, die, weil ihre Hinterbeine bedeutend oder viel länger, als die vorderen ſind, ſich gewöhnlich und in Gefahr immer nur in großen, weiten Sprüngen fortbewegen, pflegt man unter den Namen Springhaſen und Springmäuſe zu begreifen. Sie haben alle ſehr lange Schwänze mit kurzer, dichter Behaarung. Ihren Wohnort machen ausſchließlich bloß ſandige und ſtraucharme Gegenden oder wirkliche Steppen aus, die allein Geſchöpfen von ſolcher Bewegungsweiſe den nöthigen Spiel— raum und einen paſſenden Aufenthalt gewähren. Daher giebt es bei Wei— tem die meiſten in Afrika und Mittelaſien, nur wenige in Amerika. Unſe— rem Welttheile, mit Abrechnung des ſteppenreichen Südrußlands, fehlen ſie ganz; ebenſo dem höheren Norden der übrigen. Alle haben große Augen und Ohren. Sie gehen erſt des Abends und vorzüglich des Nachts aus ihren Höhlen im Sande hervor, deſſen gelbliche und grauliche Farbe ſtets auch die ihres zarten, weichen Haarpelzchens iſt. Schenkelthiere oder Springmäuſe (Meriönes) nennt man gewöhnlich die zahlreichſten und kleinſten, die nicht bloß vermöge ihrer geringeren Größe, fondern auch der ganzen Geſtalt nach, den Mäuſen oder kleinen Ratten noch am nächſten ſtehen: indem ſie nur etwas längere Hinterbeine und meiſt noch längere Schwänze beſitzen. Sie können daher nach Umſtänden noch eben ſo gut, wo nicht beſſer, auf allen Vieren gehen, als bloß auf den Hinterbeinen ſpringen. Mehrere ähnliche Geſchöpfchen bewohnen einzeln die nördlicheren und noch ſparſamer die ſüdlichen Striche der neuen Welt. g Unter Springhaſen (Dipus) verſteht man dagegen jene wunderlichen, etwas größeren Geſtalten der alten Welt, welche die Araber Jerboa's nennen, von der Größe kleiner Ratten bis faſt zu der eines Kaninchens: mit langen, haſenähnlichen Ohren; mit ungeheuren Schnurrbarthaaren an den plumpen, ſehr dickſchnauzigen Köpfen; und mit ungemein langen Hinterbeinen, die mindeſtens 5 — 6 Mal fo lang ſind, als die ziemlich langkralligen vorderen. Letztere dienen entweder bloß als Hände beim Graben oder Freſſen; oder fie treten nur bei der allerlangſamſten Fort— bewegung mit auf. In der Regel, und zumal da, wo es irgend eilig gehen full, ſpringen die Thiere bloß auf den Hinterbeinen fort: häufig in Sätzen von 5 — 6 El: len Weite, wobei der lange Schwanz den Dienſt einer Balancirſtange leiſtet. Man vergleicht dieſen auch nicht unpaſſend mit einem Pfeile: da ſein Endviertheil ſonſt eine lange, zweizeilige, ſchwärzliche Behaarung trägt, zuletzt aber mit Einem 106 Säugethlere; 6te DOrbn.: Nager; Male in reines Weiß uͤbergeht, welches die Spitze einnimmt. Die Arten bilden wahrſcheinlich, beſonders nach der Zahl der Hinterzehen, welche 3 — 5 beträgt, meh: rere Gattungen, die ſich zugleich bedeutend im Zahnbaue unterſcheiden. Unter denen mit 5, 5 Zehen hat eine kleine Art vom See Aral (D. platyürus) einen kürzeren und faſt überall etwas breit gedrückten, jedoch kürzer zweizeilig- behaarten Schwanz von ziemlich platter, ruder- oder lanzettähnlicher Geſtalt. (Pygeretmus) Längere, ſonſt durchaus runde Schwänze von der vorhin beſchriebenen Geſtalt haben, nebſt allen noch übrigen, mehrere andere mit 5, 5 Zehen, jetzt Alakdaga genannt. (Beloprymnus.) Bloß bei Einer Art, welche die Wüſte von Libyen bewohnt, beträgt die Zahl der Hinterzehen 4. (Scartürus.) Mehrere andere haben deren nur 3: indem ihnen jene kleinen, ſtets hoch ſtehenden Afterzehen beide fehlen. (Dipus.) Das ſeltſamſte und zugleich das größte aller ſpringenden Nagethiere iſt der Hüpfer oder kap'ſche Springhaſe (Pedétes) im ſüdlichen Afrika: gleichſam ein Mittelding zwiſchen den vorigen Thieren und den Känguruh's. Er hat ziemlich die Geſtalt von jenen, aber die Größe eines Haſen; einen ſehr langen, dicken, ziem— lich langhaarigen Schwanz; und dreimal fo lange Hinter-, als Vorderbeine. Die hinteren zeigen nur 4 Zehen mit ſtumpfen, faſt hufartigen Nägeln, die vorderen 5 mit gewaltigen Scharrkrallen; und das Weibchen beſitzt am Bauche einen Beu— tel, wie die Känguruh's: nur daß die Milchwarzen nicht in, ſondern über demſel— ben liegen. Seine Farbe iſt oben hell röthlichbraun, unten ſchmutzig weiß. [s 93. Maulwurfs- oder richtiger Mullwurfsmäuſe hat man ſehr bezeich⸗ nend eine nicht unbedeutende Anzahl von Nagern in den Steppengegenden der alten und neuen Welt wegen ihres beſtändigen, mullwurfsähnlichen Le— bens unter der Erde genannt. Ihre Vorderzähne ſind noch größer, als die von irgend einem anderen Geſchöpfe dieſer Ordnung: indem ſie gewöhn— lich ſelbſt bei geſchloſſenen Lippen noch weit aus dem Munde her— vorſtehen. Sonach können die Thiere die knolligen oder zwiebelartigen Wurzeln, von welchen ſie ſich ausſchließlich nähren, gleich vorläufig damit benagen, um ſie von Erde zu reinigen, ohne daß ſie von letzterer Etwas mit in den Mund bekommen. Sie haben meiſt eben ſo kleine, oder ſogar noch kleinere Augen, als die Mullwürfe; denn bei einigen werden ſogar die bloßen Spuren derſelben noch von der Kopfhaut überzogen, ſo daß alſo die Thiere nothwendig völlig blind fein müſſen. In gleichem Verhältniſſe neh- men die äußeren Ohren ab, deren Stelle gewöhnlich bloß der kleine, unter den Haaren verſteckte Gehörgang andeutet. Die Schwänze ſind bei einigen ziemlich lang, mit kurzen Haaren; bei anderen kurz, am Rande mit ſteifem, zweizeiligem Borſtenhaare, ähnlich dem der, meiſt gleichzeitig vorhandenen Scharrbürſten an ihren Fuß- und Zehenrändern. Das nördliche Amerika bringt mehrere Gattungen (3, 4 oder 5) mit ſehr großen, zum Theile wahrhaft ungeheuren, äußeren Backentaſchen hervor, welche die Thiere hauptſächlich mit zum Heraustragen des locker gewordenen Sandes aus ihren tiefen, unterirdiſchen Gängen benutzen ſollen. (Innere Badentafchen, wie mehrere andere Nager der alten und neuen Welt ꝛc. ſie zum Eintragen von Körnern, Aehren, Fruchtkernen und anderen ſauberen Gegenſtänden beſitzen, müßten für die gegenwaͤrtigen Thiere, deren Nahrung vor Allem in Wurzelwerk beſteht, die große Unannehmlichkeit ha⸗ ben, daß ſie beim Fortſchaffen derſelben ſtets eine Menge Sand und Erde in den Mund bekämen.) b) pflanzenfreſſende: Halbhufer. 107 Die Krallen ſind bei der kleineren Anzahl kurz und maͤßig ſtark; bei der Mehrzahl aber ſehr lang, fo daß fie zum Theile denen der Thiere uns ſerer folgenden Ordnung wenig nachgeben. Die meiſten Gattungen ent— ſprechen durch eine ziemlich ſchmale Schnauze mehr den gewöhnlichen und Waſſermullwürfen; nur einige erinnern durch ihren breiter endigenden Vor— derkopf deutlich an die Goldmullwürfe. g Am nächſten haben wir unter allen den aſchgrauen, breitſchnauzigen Zokor, Slepez oder Zemni (Spalax typhlus), der von Ungarn an faſt alle Sandfelder des geſammten ſüdöſtlichen Europa's bewohnt. Seine ganz verkümmerten und von dem Felle überzogenen Augen rechtfertigen vollkommen ſeinen gewöhnlichen Namen Blindmaus. Er hat ziemlich die Größe unſeres Mullwurfes, und gehört zu den Gattungen ohne Ohrmuſcheln und mit kurzen Nägeln. In Südafrika, wo es mehrere andere Gattungen und Arten giebt, die theils kurze, theils lange Krallen und theils ſichtbare, theils verſteckte, oder gar keine Ohrmuſcheln haben, macht ſich vor allen der große, langkrallige, weißgrauliche Sands moll (Sandmullwurf) der dortigen Holländer (Bathyergus maritimus) eben fo verhaßt, wie in Südamerika die Viscacha's: indem er den ſandigen Boden, beſon— ders am Meeresufer, meilenweit ſo tauſendfach durchgräbt, daß Menſchen und Zug— vieh ſehr häufig durchtreten und in ſeine Gänge fallen. Dieſe gehen ſehr tief, und ſind ſehr weit, da er ſelbſt an Körperſtärke ein Kaninchen übertrifft. Die Zahl aller bekannten Gattungen beläuft ſich bereits auf mindeſtens 15. Merkwürdig genug, ſcheint keine von allen dem heißen Mittelafrika, und noch weniger irgend eine dem ganzen ſüdlichen Aſien anzugehören. 8 91. 2te Zunft: Halbhufer. So hat man eine kleine Anzahl von Nage— thieren genannt, weil ſie ſich durch eine hufähnliche Bildung aller Nägel, zum Theil auch durch ihre geſammte Geſtalt, ſchon mehr oder we— niger den Hufthieren anſchließen. Sie können eben ſo wenig graben, wie letztere, und müſſen ſich daher ſtets auf der Erde aufhalten; aber diejenigen, welche mit einem kurzen Schwanze verſehen ſind, gebrauchen beim Freſſen die Vorderfüße noch öfters wie Hände, indem ſie dann auf den hinteren ſitzen. Gras ſcheint wohl bei allen die Hauptnahrung. Ihre Jungen ſind bei der Geburt ſchon mindeſtens eben ſo ſehr, oder noch mehr entwickelt, als jene der wirklichen Hufthiere und der Haſen. Sie bringen bereits ein voll— ſtändiges Gebiß mit zur Welt, und fangen daher mit dem Saugen zugleich auch ſofort an, ſelbſt zu freſſen. Die Verbreitung der Hufnager, die nur Eine Familie bilden, beſchränkt ſich gegenwärtig bloß auf das wärmere Amerika. Der größte von ihnen, ſo wie überhaupt das größte Nagethier, iſt der Ca— pybara oder Gapy-igua, (Hydrochoerus,) wegen feines beſtändigen Aufenthaltes nahe an den Ufern der Flüße und wegen ſeiner Größe auch Waſſerſchwein genannt. Er lebt geſellig, iſt etwas träg und langſam, ſchwimmt aber ſehr gut. Bei jeder Verfolgung durch Feinde, (zu denen, ſeines wohlſchmeckenden Fleiſches wegen, vor— zugsweiſe die Jäger gehören,) flüchtet er daher ſogleich dem Waſſer zu, taucht nö— thigen Falls unter, und ſchwimmt mit Leichtigkeit über die breiteſten Ströme: ob— wohl er ſich ſonſt nicht im Waſſer aufhält. Er hat gar keinen Schwanz, kurze Beine und nur 4, 3 Zehen. Ebenſo N 108 Säugethiere; ite Ordn.: Kraller; die Savien, (Cavia,) deren eine Art man wegen ihrer grunzenden und quie— kenden Stimme, und weil ſie von den Spaniern über das Meer zu uns gebracht worden iſt, gewöhnlich Meerſchweinchen nennt. (C. porcellus.) Viele Leute in Europa, beſonders in Deutſchland, unterhalten ſie ſeitdem gezähmt in Stuben oder warmen Kammern, mit Pflanzenſtoffen aller Art, im Winter meiſt mit Heu und dem Abgange von Gemüſe, und verzehren ihr Fleiſch. Sie vermehren ſich hier ſehr ſtark, ſelbſt im Winter. Ihre Farbe iſt gewöhnlich weiß mit großen, unregelmäßigen, rothgelben und ſchwarzen, oder bräunlichen Flecken. Sonderbarer Weiſe kennt man das Thierchen jetzt gar nicht in ſeinem urſprünglichen Zuſtande; denn auch diejenigen gegenwärtig bekannten wilden, welche ihm noch am meiſten ähneln, bilden doch verſchiedene Arten. Dieſe ſehen graubraun aus, und wohnen in felſigen Gegenden von Braſilien. Zwei andere Gattungen haben nicht bloß einen kurzen, dünnen, kahlen Schwanz und 5 Vorderzehen, ſondern auch höhere Beine, daher einen ſchnelleren Lauf. Bei den Aguti's, (Dasyprocta,) die man nicht ſelten ſehr mit Unrecht braſilianiſche Haſen nennt, ſind die dreizehigen Hinterbeine ſogar noch bedeutend länger, als die vorderen: ſo daß ſie nöthigen Falls tüchtige Sprünge machen können. Ihre ſtraf— fen, langen Haare ſind olivenfarbig, oder vielmehr grünlichbraun und röthlichgelb geringelt, ſo daß mehrere Arten merklich ins Grüne fallen; auf dem Hinterrücken ſteht noch weit längeres, röthliches Haar. Die großen, nackten Ohren ſehen faſt wie Affenohren aus; Leib und Beine beinahe wie die der Rehe, Moſchusthiere oder ähnlicher Wiederkäuer. Manche Arten gleichen an Größe unſerem Haſen, andere dem Kaninchen. Ihr Fleiſch wird, namentlich auf den Antillen, kaum weniger geſchätzt. Der ſchöne und ſeltnere Paka (Coelogenys) trägt ſogar faſt das Kleid vieler jungen und mancher alten Hirſche und Rehe: indem es auf braunem Grunde an den Seiten mehrere Reihen von runden, gelblichweißen Flecken zeigt. Er hat zwar nur kleine, aber ſehr merkwürdige Backentaſchen, die einzig in ihrer Art ſind. In dem Kiefer (Knochen) jeder Backe befindet ſich nämlich eine kleine, mit Haut aus— gekleidete Höhle: wie es ſcheint, zum längeren Aufbewahren eines geringen Speiſe— vorrathes. 7° Ordnung: Krallenthiere [S. 95. oder Kraller. Mit dieſem Namen werden wir, ihrer ſehr langen, zum Theile wahrhaft ungeheueren Krallen wegen, am paſſendſten eine merkwür— dige Reihe ſäugender Geſchöpfe bezeichnen, denen die Vorderzähne und meiſt auch die Eckzähne fehlen, und die man deßhalb ſonſt gewöhnlich mit den Benennungen „Zahnlückige, Wenigzähnige“ oder „Zahnloſe“ belegt. Aber keiner dieſer Namen paßt ſo, wie der unſerige, auf alle hierher gehörige Thiere. Denn nur die wenigſten von ihnen ſind wirklich zahnlos, und die meiſten übrigen auch nicht ärmer an Zähnen überhaupt, als ſehr viele andere Säugethiere; ja Eines von ihnen (das Rieſen-Tatou) beſitzt deren überhaupt ſogar mehr, als irgend ein anderes Landſäugethier, und kaum weniger, als ſelbſt die zahnreichſten Delphine unter den Säugern des Meeres. Die wirklich vorhandenen Zähne, die alſo meiſt nur Backenzähne ſein können, beſtehen bei allen aus weicherer Maſſe, die an den Seiten nur a) pflanzenfreſſende: mit Haaren. 109 dünn oder faſt gar nicht mit Schmelz überzogen erſcheint. Sie reiben ſich daher meiſt flach ab, zeigen überhaupt keine ordentliche Krone und Wurzel, und haben eine mehr ſtiftartige Geſtalt. | Gegenwärtig bewohnen dieſe Thiere alle nur wärmere und heiße Ge— genden, beſonders der neuen Welt. Es ſind plumpe und träge, einſam lebende Geſchöpfe von äußerſt zäher Lebenskraft; von ſchleppendem Gange, mit weit an einander feſtgewachſenen Zehen, die jeder Fähigkeit zu unab— hängiger Bewegung für ſich entbehren, und mit Krallen, die ſich hauptſäch— lich nur entweder zum Graben, oder zum Klettern eignen. Man kann ſie beſonders nach ihrer Nahrung in 2 Hauptgruppen (Unterordnungen) theilen. Iſte Unterordn.: Pflanzeufreſſende Krallenthiere. Sie haben einen kleinen Kopf mit kurzer Schnauze, aber ſtarken Kiefern und einen kaum bemerkbaren Schwanz. Ihre Verbreitung ſcheint ſich zu allen Zeiten bloß auf Amerika beſchränkt zu haben. Die jetzt noch lebenden können entweder eine beſondere Iſte Zunft ausmachen; oder fie müſſen in jedem Falle wenigſtens eine Familie für ſich bilden. Sie tragen keine Panzer, ſondern am ganzen Leibe ſehr langes, gro— bes und etwas zottiges Haar von röthlich- und grau- oder dunkelbrauner Farbe, welches noch die meiſte Aehnlichkeit mit der Behaarung der hirſch— artigen Thiere hat, ſich aber beinahe ſo grob und trocken anfühlt, wie fei— nes Heu. Ihr Geſicht zeigt eine merkliche Affenähnlichkeit. Sie halten ſich faſt beſtändig auf Bäumen auf, von deren Blättern allein ſie ſich nähren, und die ſie, da ſie gar nicht trinken, auch nur ſehr ſelten, oft wochenlang nicht verlaſſen. Die ungeheueren Krallen ihrer langen, feſt zuſammenge— wachſenen Zehen liegen faſt unbeweglich nach unten und hinten gegen die Fußſohle zurückgelegt: ſo daß ſie mit den Zehen zuſammen gleichſam einen großen Haken bilden, der ſich niemals gerade biegen kann. Daher klettern fie vermittelſt derſelben nicht bloß leicht und mit unfehlbarer Sicherheit, be— ſonders an dünneren Aeſten, ſo, daß der Körper nach unten hängt; ſondern ſie ruhen und ſchlafen auch ſo. Ueberhaupt bringen ſie faſt ihr ganzes Leben in dieſer hängenden Stellung zu, für welche fte fo ganz geſchaffen find, daß ſie ſelbſt im Schlafe gar nicht herabfallen können. Nur wenn ſie an dicken, aftlofen Stämmen oder an ſtarken, zweigloſen Aeſten in die Höhe, oder rück— wärts herabſteigen, nehmen ſie eine ſenkrechte Richtung an: indem ſie den Gegenſtand mit ihren langen Beinen umfaſſen, deren Innenſeite daher nur kurzbehaart iſt. Ebenſo klammert ſich das, gewöhnlich etwas weißgefleckte Junge der Mutter faſt beſtändig um den Hals und Rücken an. Auf der Erde berühren ihre Hinterfüße den Boden beim Auftreten bloß mit dem äußeren Rande der Sohle; und die, meiſt viel bedeutendere Länge der Vor— derbeine nöthigt fie dann, ſich hauptſächlich auf den Ellenbogen fortzuſchje— ben. Dabei ſtehen die Hinterbeine wegen der Breite des Beckens (der Hüf— tengegend) ſo weit nach außen gerichtet, daß ſie die Kniee nicht zuſammen— bringen können. Dieſer eben ſo unbehülfliche, als beiſpiellos langſame Gang auf der Erde hat ihnen mit Recht die Benennung Faulthiere zugezogen. 110 Siugethiere; 7te Ordn.: Kraller; Auf Bäumen find fie jedoch viel ſchneller. ) Auf Schiffe gebracht, klettern fie trefflich an Maſten und Tauwerk herum; und von da ins Waſſer gewor— fen, ſchwimmen ſie zum Verwundern gut. 2— 3 Arten der jetzt lebenden Faulthiere, von ihrem kläglichen Geſchrei Ai's genannt, (Bradypus,) haben 3, 3 Zehen, und faſt eben fo lange Hinter-, als Vorderbeine; dabei — Zähne, deren keiner einem Eckzahne ähnlich ſieht. Der gemeine oder wahre Ai (B. tridactylus) iſt ziemlich einfarbig. Eine zweite Art, der Ai mit dem Halsbande, (B. torquätus,) zeichnet ſich durch einen Halbring von beſonders langen, ſchwarzen Haaren am Hinterhalſe aus. Beide gleichen an Größe des Körpers ungefähr den Füchſen. N Ein noch unvollkommeneres, noch elenderes Weſen, ſcheint der viel ſeltnere und etwas kleinere Unau oder Krüppler, (Choloepus didactylus:) indem er gar nur 2, 3 Zehen beſitzt, und ſeine Hinterbeine um Vieles kürzer ſind, als die gewaltig langen vorderen. Vor feinen — Badenzähnen ſteht überall ein größerer, der ziemlich einem Eckzahne gleicht. Sein kürzeres Haar iſt etwas hübſcher und weicher. [$ 96. + In früheren Zeiten, vielleicht vor Jahrtauſenden, beſaß Amerika noch einige andere, höchſt merkwürdige Faulthiere von rieſenhafter Größe, mit weit kürzeren, ebenmäßigen Beinen und mit einer größeren Anzahl von Zehen (5, 5 oder 5, 4), deren Krallen auch gerade ausgeſtreckt, wenngleich nicht an allen Zehen vorhanden waren. Theils deßhalb, theils wegen ihrer ungeheueren Körpermaſſe, die ſie offenbar auch für die größten Bäume viel zu groß und viel zu ſchwer machte, konnten ſie bloß auf der Erde leben: wo ſie ſich ohne Zweifel von Gras und Kräutern, vielleicht auch von ausgekratzten, ſaftigen Pflanzenwurzeln nährten. Bei ihrem gänz— lichen Mangel an ſolchen Zähnen und Krallen, die ſich zur Vertheidigung hätten eignen können, oder wegen ihres Ungeſchickes zum Gebrauche der letzteren, bedurften ſie aber hier trotz ihrer Größe eines zweckmäßigen Schutzes gegen ihre Feinde, deren Blicken ihre gegenwärtigen kleineren Ver— wandten auf ihren dichtbelaubten Bäumen um ſo leichter entgehen, je mehr ſie ſich im ruhenden Zuſtande unter die langen, von den Aeſten derſelben herabhängenden Flechten zu verſtecken pflegen. Deßhalb trugen jene wun— derlichen Rieſen der Vorwelt einen ungeheueren, dem der Gürtelthiere ähnlichen Panzer, deſſen Grundlage größten Theils aus einer, mehr als fauſtdicken Knochenmaſſe beſtand. Dieſe mußte ihrem Körper ein ſo unge— heueres Gewicht geben, wie vielleicht nach Verhältniß der Größe kein ande— res Wirbelthier ſie beſitzt oder je beſeſſen hat. Um jedoch eine ſolche Maſſe zu tragen, wurde natürlich eine beiſpielloſe Stärke der Gliederknochen erfordert. j Und in der That haben namentlich die Schenkel- und Schienbeinknochen des fo ges nannten Rieſenfaulthieres, (Megatherium,) welches die Höhe eines Nashornes (6 — 7) und faſt die Länge eines Clephanten (12) erreichte, eine fo ungeheuere Dicke, daß die entſprechenden, ſo gewaltigen Knochen der genannten Thiere gegen die ſeinigen noch zart und ſchlank erſcheinen. Am beſten ſieht man dieß an einem beinahe vollſtändigen, verſteinerten Gerippe, welches gegen das Ende des vorigen ) Völlig unwahr ift es, daß fie ſich je, zuſammengekugelt, von den Bäumen herab- ſtuͤrzen ſollten; und lächerlich die Behauptung, daß fie einen Baum, bevor fie ihn ver⸗ ließen, ganz kahl fräßen! Letzteres würden, bei der außerordentlichen Fruchtbarkeit des Pflanzenwuchſes in den heißen Gegenden von Amerika, ſogar mehrere Faulthiere zuſam— men nicht vermögen, (wenigſtens nicht bei einem großen Baume:) weil das Laub viel zu ſchnell wieder nachwächſt; und auf kleinen Bäumen halten fie ſich ſelten oder nie auf. b) thierfreſſende: ungepanzerte. ö 111 Jahrhunderts an den Ufern eines Flußes bei Buenos-Ayres, theilweiſe vom Waſſer frei geſpült, im Sande aufgefunden wurde und jetzt die Hauptzierde der Naturalien ſammlung zu Madrid bildet. Das Thier muß zu ſeiner Zeit auf jenen unermeß— lichen Grasfluren Südamerika's in ziemlicher Anzahl gelebt haben: da man nun dort ſchon hin und wieder Knochen von ihm, gewöhnlich gleichzeitig mit Panzer— ſtücken, gefunden hat. + Ein kleineres, jedoch ſonſt ähnliches Ungethüm der Vorwelt, das Großkrallen— thier, (Megalönyx,) bewohnte die ungeheueren Ebenen Nordamerika's, da, wo jetzt der Miſſouri fließt. Es ſcheint zwar nur etwa die Größe eines Ochſen erlangt zu haben, hatte aber nicht bloß viel längere, krümmere Krallen, ſondern auch merk— lich anders geſtaltete Backenzähne. s 97. 2te Unterordn.: Thierfreſſende Kraller. Sie haben ſämmtlich ziemlich oder ſehr lange, ſtarke Schwänze, mäßig oder ſehr lange Schnauzen, und ſämmtlich mehr oder weniger lange, vorſtreckbare Zun— gen. Ihre Bedeckung beſteht nach Verſchiedenheit der Familien theils bloß in Haaren; theils in einem Panzer von Hornſchuppen oder Knochenſchildern mit ſehr wenigen Haaren dazwiſchen. Die Nahrung machen wenigſtens hauptſächlich, wenn nicht ausſchließlich Thiere, zumal kleine wirbelloſe, aus. So vor allen bei den Gattungen der Iſten Zunft, den ungepanzerten, die überall mit Haaren bedeckt ſind, und die man von ihrer, meiſt ausſchließlichen Nahrung ins Geſammt Ameiſenfreſſer zu nennen pflegt. Die Mehrzahl von ihnen iſt völlig zahnlos, und gehört der neuen Welt an. Dieſe haben Köpfe mit ſehr kleinem Schädeltheile und ungemein langer Schnauze, aber doch einen ſo ungewöhnlich kleinen Mund, daß die Oeffnung deſſelben nur hinreicht, um die ungemein lange, wurm— förmige, ſchleimige, ſehr weit vorſtreckbare Schnellzunge durchzulaſſen, die ſie in dem Gewimmel der Ameiſen herumwälzen, und dann mit den angeklebten in den Rachen zurückziehen. Ihre Ohren ſind klein, oder ſehr klein. Die Krallen liegen auf ähnliche Weiſe gegen die Fußſohle zurückgeſchlagen, wie bei den Faulthieren: ſo daß ſie ſich am Boden auf ähnliche Weiſe kriechend und langſam fortſchleppen. a Unter dieſen zahnloſen amerikaniſchen Gattungen übertrifft der Vurumi oder große, gemähnte Ameiſenfreſſer (Myrmecophäga jubäta) mit beiſpiellos langer Schnauze und 4, 5 Zehen noch an Größe, wiewohl nicht an Höhe, alle lebenden Thiere der Ordnung. Denn er kommt an Länge dem größten Fleiſcherhunde bei. Gleichwohl lebt er von Nichts als Ameiſen oder Termiten?, deren große, feſte, oft mannshohe, backofenähnliche Erdhaufen er vermittelſt ſeiner ungeheuer langen Kral— len mit Leichtigkeit aufreißt und aus einander wirft, um auch zu ihren Puppen und Larven zu gelangen. Er trägt an Kopf und Beinen ganz kurzes, ſonſt aber überall faſt beiſpiellos langes Haar, beſonders am Bauche und Schwanze. Es fühlt ſich wie Heu an, und iſt meiſt weißlich mit ſchwarzbraun geringeltem Ende. Er bewohnt vorzüglich die großen Steppen von Paraguay und Braſilien, und kommt wenig in die angrenzenden Wälder. Bäume beſteigt er nie. Ein Paar andere dort lebende, kleinere Arten, mit kräftigen und am Ende nackten Wickelſchwänzen, halten ſich dagegen faſt beſtändig auf Bäumen auf: weil ſie vorzugsweiſe ſolchen Ameiſen nachſtellen, welche hier entweder in ah in faulem Holze, oder unter lofer Rinde wohnen, indem fie meift von thoniger Erde bedeckte Gänge an den Bäumen hinauf anlegen. Beim Oeffnen und Zerkratzen 112 Saͤugethiere; 7te Drtn.: Kraller; der einen, wie der anderen mit den Krallen der Vorderbeine, halten jene ſich dann mit den hinteren und dem Schwanze feſt. Der Tamandua (Dryöryx) hat 4, 5 Zehen wie der Yurumi, gleiches Vaterland und gleichfalls einen ſchrägen, ſchwärzlichen Längsſtreifen an den Schultern, trägt aber weniger langes und grobes Haar, und erreicht noch ziemlich die Größe eines Fuchſes. Der ihm ſonſt ähnliche Zwergameiſenfreſſer hingegen, (Eurypterna di- dactyla,) der in den Wäldern von Guyana wohnt, beſitzt bloß 2, 4 Zehen, hat eine mäßig lange Schnauze, und erreicht kaum die Größe eines Eichhörnchens. Er trägt ein nicht langes, elaſtiſches, ſeidenhaft glänzendes, etwas krauſes, wollig auss ſehendes Haar. Ueberall 5 — 7 ſtiftähnliche Backenzähne, deren Inneres einen röͤh— renförmigen Bau faſt wie ſpaniſches Rohr zeigt, beſitzt nur Eine Art im ſüdlichſten Afrika, der Aemſenſcharrer, (Oryeteröpus capensis,) bei dem überhaupt faft Alles bedeutend anders iſt. Denn er hat einen ziemlich weitgeſpaltenen Mund mit breiterer Zunge; große, aufwärts ſtehende Ohren; und gerade Beine mit aus— geſtreckten, etwas ſtumpfen und breiten Krallen. Sein Haar iſt lang und borſtig; ſeine Größe faſt die eines kleinen Schweines. Zur Nahrung nimmt er wahrſchein— lich nicht bloß Ameiſen, ſondern Erdinſekten aller Art, Larven, Würmer, und viel— leicht ſelbſt kleine Wirbelthiere. Is 98. 2te Zunft: gepanzerte thierfreſſende Kraller. Kopf, Leib, Füße und meiſt auch der Schwanz werden bei ihnen ſtets durch eine harte, feſte Decke beſchirmt, die bald hornartig, bald mehr knochig iſt. Nur mäßig lange Schnauzen mit eben ſo zahnloſem Munde und langer Schnellzunge, wie die Ameiſenfreſſer der neuen Welt, beſitzen die jetzt leben— den Schuppenthiere oder Pangoline, die in der alten Welt offenbar die Stelle der Ameiſenfreſſer vertreten. Denn ſie genießen dieſelbe Nahrung, zeichnen ſich aber durch einen dicken, hühnerähnlichen Magen aus. Ihr Kopf iſt von Schildern überzogen. Sonſt bekleidet ſie überall ein Panzer von großen, feſten Hornſchuppen, welche meiſt denen eines Tannen- oder Fichtenzapfens gleichen, auch ebenſo dachziegelartig über einander liegen, und zwiſchen denen bloß aus den Zwiſchenräumen ganz einzelne Borſtenhaare hervortreten. Auf dem ſehr ſtarken, etwas breitgedrückten Schwanze find die Hornplatten am größten, und die am Rande deſſelben kantig. Er mißt theilweiſe weniger oder nicht mehr in die Länge, als der Körper: z. B. bei dem großen javaniſchen Sch. (Manis javanica.) Zum Theil iſt er länger und die Schnauze etwas dünner: wie bei dem langſchwänzigen afrikani— ſchen (M. macroüra) am Senegal, in Guinea und dem Innern von Südafrika. Von dieſem beſonders iſt es gewiß, daß es ſich bei Verfolgung zuſammenrollt: indem es den breiten Schwanz von unten her über den Kopf weglegt, und die Beine unter denſelben einzieht; wobei ſich die ſcharfrandigen Schuppen etwas auf— ſträuben. Hierzu ſcheint eine beſondere Einrichtung an dem Endknorpel ſeines Bruſtbeines mitzuwirken. a In früheren Zeiten hat es im fühlichen Frankreich und ſonſt hin und wieder Ge— ſchöpfe gegeben, die wahrſcheinlich auch völlige Schuppenthiere waren, oder wenig— ſtens eine ähnliche, ſchlanke und kurzheinige Geſtalt und ähnliche Krallengelenke be— ſaßen, aber nicht bloß eine rieſenhafte Größe erreichten, ſondern in ihren Kiefern auch Backenzähne trugen, wie der kap'ſche Aemſenſcharrer. (Dolichotherium.) Man ſchließt aus den ſtückweiſe aufgefundenen, verſteinerten Ueberreſten von ihnen; daß fie wohl eine Geſammtlaͤnge von 10 — 12“ oder noch darüber erreicht haben mögen, b) thierfreffende: Gürtelthiere. 118 Is 99. Eine ziemliche Anzahl gepanzerter Krallenthiere in Südamerika beſitzt ſämmtlich eine kürzere Schnauze mit Zähnen, (gewöhnlich mit — oder — Backenzähnen;) desgl. einen weiteren Rachen und eine breitere Zunge. Man nennt fie Gürtelthiere, (Armadille,) weil ihr Panzer in der Mitte des Leibes aus gürtelartigen Knochenringen beſteht, die ſich bei der Bewegung des Thieres mehr oder weniger über einander ſchieben. Vorder- und Hinterleib ſtecken gewöhnlich jeder in einem großen, unbeweglichen Banzerftüde: dem Schulter- und Hüften- oder Hinterſchilde. Aus dieſen ragen die Beine, ſo wie der, oben mit Schildern belegte Kopf und der, gewöhnlich mit Gürteln bedeckte Schwanz hervor. Den Panzer überzieht eine dünne hornähnliche Oberhaut. Bei Gefahr graben die Thiere ſich mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit in die Erde, und wiſſen ſich dann mit den Beinen ſo gut in derſelben feſt zu halten, daß, man ihnen eher den Schwanz abreiſſen, als ſie an demſelben hervorziehen k ann. Bei Tage verbergen ſie ſich in Höhlen, wovon ſie ſich gewöhnlich ſchon jede dritte oder vierte Nacht eine neue verfertigen, Ihre Nahrung beſteht, wie man ſagt, nicht bloß in allerhand Inſekten, Larven und Würmern; ſondern gelegentlich auch in kleinen Wirbelthieren und Aas, (welches ſie aber vielleicht mehr um der Inſekten willen auffuchen, ) und ſelbſt in abgefallenen, ſaftigen Früchten. Die kleinſte Art iſt das wunderliche Kuiraßthier oder der Schildträger (Chlamyphörus truncätus) in Chili, kaum größer, als unſer Mullwurf. Es weicht von allen übrigen Gürtelthieren ſehr weſentlich durch den geringen Umfang, die Geſtalt und ganze Bildung ſeines Panzers ab. Denn es trägt bloß auf dem Rücken ein faſt viereckiges, hinten abgeſtutztes Deckſchild aus lauter gürtelartigen Querreihen von kleinen, viereckigen, ſchuppenähnlichen Panzerſtücken, welches ſchon die Seiten des Leibes frei läßt. Dieſe einförmige Zuſammenſetzung und überhaupt die ganze, überall gleichmäßige Bildung des Panzers, ſo wie auch die breitgedrückte Geſtalt des Schwanzes, den es gewöhnlich unter den Leib zurückgeſchlagen hält, nähern es noch deutlich den Schuppenthieren. Dadurch hingegen, daß ſein Körper unten dicht mit langen, ſeidenartigen Haaren bewachſen iſt, ſchließt es ſich offenbar den Ameiſenfreſſern an: beſonders dem kleinen. Mit den hohen, ſchmalen, zuſam— mengedrückten Krallen an feinen 5, 5 Zehen kann es ſo gut graben, daß es größ— ten Theils, wie die Mullwürfe, unter der Erde leben ſoll. Den Gegenſatz zu ihm, in Betreff der Bepanzerung, macht der, gleichfalls nicht große und ziemlich ſeltene Apar, oder das Kugelthier, der Roll-Tatou. (Tolypeutes globülus.) Sein ſehr kurzer Schwanz iſt kleiner, und die Zahl der Leibgürtel (3) geringer, der Umfang des Rücken- und Hüftenſchildes aber größer, als bei irgend einem anderen Gürtelthiere: ſo daß, wenn er ſich wie ein Igel zuſammenkugelt, beide ihn ebenſo, wie dieſen ſein dicker Hautmuskel mit den ſpitzen Stacheln, völlig einſchließen und ſchützen. Denn feine Beine mit 4, 5 Zehen ſcheinen zu ſchwach, um ihm ein ſo raſches Eingraben in die Erde und ein ſicheres Feſthalten in derſelben zu geſtatten. Bei den übrigen Tatou's wechſelt die Zahl der Gürtel je nach Verſchiedenheit der Gattungen und Arten von 6 — 18 oder 203 und verſchiedene Thiere von ei— nerlei Art können bei den geringeren Gürtelzahlen um 1, bei den größeren um 2 — 3 von einander abweichen. Mehrere Arten haben 5, 5 Zehen. Unter dieſen beſitzt der Tatou-Poyou oder Encoubert, (Pseudotroctes setösus,) nicht bloß eine ziemlich ſtark behaarte, 4 Unterſeite; fondern er N auch ſchon oben 2 wirkliche Vorderzähne, Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 8 114 Säugethtere; Ste Ordn.: Schnabelth lere; Mehrere andere Tatou's mit derſelben Zehenzahl haben wieder nur Backen⸗ zähne, und zwar in gleicher Anzahl: (= oder g.) Man nennt fie häufig Cabaffu’s. (Arizostus; Dasypus!!), Eines davon, das kahlſchwänzige C., oder der Tatou-Ay, (D. gymnürus, ) mit faſt nacktem, runzeligem Schwanze und 12 Gürteln, wird bedeutend groß, und ſieht mit ſeinen großen, breiten, ſchlotternden Ohren faſt wie ein kleines Rhinoceros (Nashorn) ohne Horn aus. Kleiner, mit derſelben Zahl von Backenzähnen verſehen, find mehrere Armas dille mit 4, 5 Zehen. Hiervon ſind beſonders vorn die 2 mittleren größer und faſt einander gleich, die ſeitlichen kleiner und weiter zurückgerückt: fo daß fie ſchon an die Afterzehen vieler Hufthiere erinnern. (Zonoplites.) Nur Eine Art mit gleichfalls 4 Vorderzehen, das Rieſen-Tatou Coly- gomphius gigas, Priödon!) erreicht nicht allein die Größe eines mittelmäßigen Schweines, ſondern wird auch merkwürdig durch die ungewöhnliche Menge ſeiner Zähne, die natürlich eine ſehr lange Schnauze nothwendig machen. Es beſitzt deren, obwohl es weder Vorder-, noch Eckzähne hat, dennoch überhaupt mehr, als irgend ein anderes Landſäugethier. Ihre Zahl beträgt nämlich gewöhnlich 214. oder zuſammen 96 — 98. Ordnung: Schnabelthiere. 8 100. Ihr Kopf läuft vorn nicht in eine weiche Schnauze mit beweglichen Lippen aus, wie bei anderen Säugethieren; ſondern er endigt mit einer Art von giemlich hartem Schnabel, der auf ähnliche Weiſe, wie bei manchen Waſſervögeln, (z. B. den Enten und Schnepfen,) mit einer dün⸗ nen, fein-fühlenden Nervenhaut überzogen iſt. Dieß giebt ihnen eine gewiſſe Aehnlichkeit mit den Vögeln. Doch iſt dieſe keineswegs größer, vielmehr eher geringer, als ſie in manchen anderen Punkten bei anderen, bereits in Betracht gezogenen Säugethieren war. Wenn ſie daher auch immerhin mit Recht eine beſondere Ordnung der Säugethiere ausmachen müſſen; fo dür⸗ fen ſie doch keineswegs von dieſen getrennt und als beſondere Klaſſe aufge— ſtellt werden. Die Hauptgründe, warum Letzteres von Seiten einiger Naturforſcher geſchah, waren: der Mangel an Lippen, aus welchem man ſchloß, daß die Jungen nicht ſaugen könnten; und der, hierdurch unterſtützte Glaube, daß dieſe auch gar nicht lebendig geboren würden, ſondern daß die weiblichen Thiere Eier legten, wie die Vögel, und dieſelben wahrſcheinlich ebenſo aus- brüteten. Nunmehr iſt jedoch das Gegentheil von Beidem ſchon längſt zur völligſten Gewißheit gebracht. Sie gebären eben fo gut, wie andere Säuge- thiere, lebende Junge, die ſie ebenſo mit Milch ernähren; und das Saugen iſt denſelben recht wohl möglich, da ihr Schnabel alsdann noch um Vieles weicher und deßhalb biegſam iſt. Ohne einen Beutel zu beſitzen oder zu bes dürfen, haben doch beide Geſchlechter mit den Beutelthieren die Beutelknochen gemein. Sonſt ſtehen fie in jeder Hinſicht den Krallern am nächften. Ihre Beine ſind äußerſt kurz. * Schwimmſchnabelthier. 115 Ihre Heimath iſt bloß das, an wunderlichen Naturerzeugniſſen ſo reiche Neuholland. Ihre Nahrung beſteht, wie die der Kraller, in Inſekten, Lar— ven oder ſonſt ähnlichen, kleinen Thieren. Sie haben eben ſo lange Krallen zum Graben, beſonders an den Vorderfüßen; an den hinteren ſtehen aber die Zehen ebenſo nach hinten gerichtet, wie bei den Fleder- und Seeſäuge— thieren. Vorzüglich die Männchen tragen in der Ferſengegend einen eigen— thümlichen, geraden, fo genannten Sporn, der aus Hornmaſſe beſteht, wie der Sporn an den Füßen der Haushähne, aber ſeiner ganzen Länge nach hohl iſt, wie die Giftzähne der Schlangen und der Stachel der Bienen. An feiner Spitze befindet ſich eine kleine Oeffnung zur Ausführung einer Flüßig— keit aus einer großen, an ſeiner Wurzel befindlichen Drüſe. Letztere hielt man lange Zeit für eine Giftdrüſe, und den ganzen Apparat für eine ähn— liche Giftwaffe, wie die Giftzähne der Schlangen und der Stachel von Bie— nen, Hummeln und Wespen. Seine wahre Beſtimmung, oder ſeinen Nutzen für die Thiere kennt man noch nicht; jedoch iſt ſo viel gewiß, daß ſie ſich ſeiner nicht zur Vertheidigung oder Gegenwehr bedienen, die ſie überhaupt nicht verſuchen. Bei den Weibchen iſt er viel kleiner, und das ganze Organ ſcheint wenig ausgebildet. ® e. Die Zahl der Schnabelthiere mag ehedem wohl größer nach Gattungen und Arten geweſen fein, als jetzt. Gegenwärtig kennt man bloß 2 Gattun⸗ gen, die aber bedeutend genug von einander abweichen, um für Glieder zweier Unterordnungen gelten zu können. Die erſte bildet das, gewöhnlich ſchlechtweg ſo genannte Schnabelthier, (Ornithorhynchus paradoxus,) welches man füglich und bezeichnender Schwimm— oder Entenſchnabelthier nennen könnte. Denn ſeine Schnabelſchnauze iſt mindeſtens eben ſo breit, oder vielmehr noch breiter und flacher, als die Schnauze unſeres Hechtes und als der Schnabel irgend einer Ente, mit welchen man ſie gewöhnlich vergleicht. An den Rändern beider Kiefer ſtehen, zumal hinten, ähnliche ſchmale, querlaufende Erhabenheiten (Blätterzähne), wie bei den Enten und Schwänen; beide ſchließen eine ähnlich gebildete, breite und fleiſchige Zunge ein; und die Na- ſenlöcher ſtehen faſt ebenſo in der Mitte des oberen. Doch beſitzt das Thier auch in beiden einige (22) wirkliche Zähne. Es find Backenzähne, mit platten Kronen, aber faſt nur im Zahnfleiſche feſtgewachſen, und von ſo eigenthümlicher Beſchaffen— heit, daß man ſie gewöhnlichem Horne, oder dem ſo genannten Fiſchbeine, eben ſo ähnlich finden kann, wie den Zähnen des kap'ſchen Aemſenſcharrers. An der Schnabelwurzel, beſonders um die Rachenöffnung, tritt ein langer, dünner und weicher Hautrand vor. Die Augen ſind klein; Ohren nicht bemerkbar. Zwiſchen den Zehen ſitzen ungemein große und äußerſt dehnbare Schwimmhäute, die, wenn ſie ausgeſpannt ſind, eine Art Teller bilden, deſſen Rand an den vorderen bis über die Mitte, an den hinteren ſogar weit über die Spitzen der Krallen hinausreicht. Letztere ſind breit, flach und ſehr gerade, denen des Bibers ähnlich. Der ziemlich lange, etwas platte Schwanz ſteht nach Geſtalt und Größe mitteninne zwiſchen dem des Bibers und der Robben, (Seehunde.) Unten iſt er kahl, wie bei jenem; oben mit Haaren bewachſen, wie bei dieſen. Der geſammte, ſehr dichte Pelz gleicht eben ſo ſehr dem Felle der Spitzmäuſe und Fiſchottern, wie dem mancher Robben. Seine Farbe iſt (wahrſcheinlich nach Verſchiedenheit der wärmeren oder 8 * ME kühleren Jahreszeit) zuweilen röthlichbraun, (O. rufas,) gewöhnlich aber dunkel aſchgrau, unten ſtets heller. Die Thiere halten ſich beſtändig an, oder in großen Teichen und in den ſtillen Buchten langſam ſtrömender Flüße auf. Sie graben ſich an den Ufern tiefe Röhren als Wohnung aus: wobei ſie ohne Zweifel den freien, unter den Nägeln vorragenden Theil ihrer Schwimmhäute einziehen müſſen. Ihre Nahrung, allerhand Waſſerinſekten, Larven und Würmer, ſuchen fie im Waſ— ſer: wo ſie mit eben ſo bewunderungswürdiger Schnelligkeit und Gewandtheit tauchen, als ſchwimmen, und nach Art der Enten überall, bald auf der Oberfläche, bald in der Tiefe, nach Futter umherſchnattern, mit dem Schnabel den Schlamm durchwühlen u. dergl. Sie ſcheinen mehr Tag-, als Nachtthiere. Ihr äußerſt geſchmeidiger und beweglicher, dabei aber doch kräftiger Körper- und Gliederbau macht, daß ſie ſich z. B. in einem Zimmer zwiſchen den Wänden und nahe ſte— hendem Hausgeräthe oder dergl. in die Höhe zu arbeiten vermögen. Die Echidna's oder Ameiſenigel (Tachyglossus, Echidna) wird man paſſender mit der Benennung Stachelſchnabelthiere bezeichnen. Sie ſind, gleich den Igeln und Stachelnagern, ſonſt mit Borſten, auf dem Rücken aber mit langen und ungewöhnlich ſtarken, rundlichen Stacheln bedeckt. Sie kugeln ſich beim ge— ringſten Geräuſche ebenſo zuſammen, wie die Igel, und ſollen auch periodiſch in Erſtarrung verfallen. Ihr nicht großer Kopf erſcheint hinten kaum von dem dicken Halſe abgeſetzt, und endigt vorn in eine ſonderbar lange und dünne Schnabelſchnauze mit ſehr kleiner Mundöffnung, zum Herauslaſſen der langen, klebrigen Schnell⸗ zunge. Beide erinnern eben ſo ſehr, wie die Nahrung, welche hauptſächlich in Ameiſen beſtehen ſoll, an die Ameiſenfreſſer der neuen Welt. Doch ſcheinen die Thiere ſchon wegen der ausnehmenden Kürze ihrer Beine ein vorzugsweiſe unter⸗ irdiſches Leben führen zu müſſen. Die wunderlich gebildeten Krallen find ſehr lang, ziemlich ſchmal, ziemlich ſtark gekrümmt und von ſehr verſchiedener Länge; die Zehen ſehr kurz, ohne Spur von Schwimmhaut. Im Ganzen ſehen die Füße mehr den Vorderfüßen der Goldmullwürfe, als jenen der eigentlichen Krallenthiere ähnlich. Ein Schwanz iſt kaum vorhanden, und der ganze Hinterleib im Vergleiche mit dem Vordertheile ſehr ſchwach. Es giebt 2 Arten, (T. bystrix und T. se- tösus,) die ſich zwar nicht in Betreff der Borſten und Stacheln, wohl aber ſehr bedeutend und weſentlich in der Größe und Bildung ihrer Hinterkrallen, beſonders der längſten an dem zweiten Finger, unterſcheiden. Sie ſcheinen ſelbſt im Innern 55 Neuholland Ian und finden ſich wahrſcheinlich nur in manchen hochgelegenen egenden. 116 Saäugethlere: Hufthiere; Huf t i 15 > f hi eve. 18 102 Sie bilden die zweite große Hauptabtheilung der Landſäugethiere, und machen ſich durch große, ſtumpfe Nägel kenntlich, die man Hufe nennt, und die nicht bloß oben auf dem Endtheile des letzten Zehengliedes feſtſitzen, ſondern entweder dieſes, oder gewöhnlich die ganze Zehe ſelbſt, über- ziehen. Ihre Beine ſind bloß zum Gehen, häufig zu einem ſchnellen Laufe geeignet, ſonſt aber ſteif und zu allen ſchwierigeren Verrichtungen ungeſchickt. Bloß das Schwimmen wird allen Hufthieren vermöge ihres Körperbaues leicht, oder ſehr leicht: obwohl die meiſten es doch nur im Falle der Noth thun. Ihre Jungen ſind gleich bei der Geburt ſehr entwickelt. Sie können meiſt binnen Kurzem der Mutter folgen; nur die jungen Wiederkaͤuer und gte Ordn.: nicht-wiederkauende Mehrhufer. 117 Einhufer, deren Beine nach Verhältniß zum Körper ſtets merklich höher find als jene der alten, bedürfen gewöhnlich 1 oder 2 — 3 Tage, um ſich auf den Gebrauch derſelben einrichten zu lernen. Dieß liegt größten Theils an der, verhältnißmäßig ungewöhnlichen Länge der unteren Theile ihrer Glied— maßen, und an der Kürze der oberen. Es gehören hierher die größten Landſäugethiere und die nüglichften Haus— thiere des Menſchen. Sie zerfallen nach dem Baue ihrer Füße, namentlich nach der Zahl ihrer Zehen, ſo wie nach der Beſchaffenheit ihres Gebiſſes und ihrer Ver— dauungswerkzeuge, in 3 Ordnungen. Von dieſen kann man die beiden erſten zuſammen Mehrhufer nennen. Denn ſie haben ſtets mehr als Eine Haupt— zehe, deren Nägel man Haupthufe nennt. Außer dieſen beſitzen ſie gewöhn— lich noch mehrere Neben- oder Afterzehen, die höher am Fuße eingelenkt ſtehen und kleiner ſind, daher beim Gehen auf feſtem, ebenem Boden nicht mit auftreten, und deren Hufe man After- oder Nebenhufe, auch wohl After— klauen nennt. Bei den Einhufern iſt dagegen nur Eine Hauptzehe, und bei den noch lebenden nur Ein Huf vorhanden; beide ſind aber dafür natürlich um ſo größer. 9 Ordn.: Nicht- wiederkauende Mehrhufer. Mit dieſem Namen können wir auf durchaus paſſende Weiſe diejenigen Thiere bezeichnen, die man bis jetzt immer nur theilweiſe paſſend Vielhufer und Dickhäuter nannte. Denn allerdings haben viele von ihnen, aber doch nicht alle, eine dickere Haut, als andere Thiere von ähnlicher Größe: und die Zahl der Zehen und Hufe beträgt ſchon bei manchen jetzt lebenden nicht mehr, als bei den meiſten Wiederkäuern; bei manchen ausgeſtorbenen war fie ſogar geringer, als bei der Mehrzahl von dieſen. Indeß bleiben folgende Unterſcheidungsmerkmale beider Ordnungen feſt ſtehen. Die Wiederkäuer haben ſtets eine gerade und an beiden Fußpaaren gleiche Zehenzahl: nämlich entweder bloß 2, 2 Hauptzehen, oder zugleich. noch 2, 2 Nebenzehen; und ihr Gebiß enthält im erſteren Falle gewöhnlich 2, im letzteren — Vorderzähne. Bei den nicht- wiederkauenden Mehr— hufern wechſeln zwar Zahn- und Zehenzahl auf höchſt mannichfaltige Weiſe; aber beide zuſammen erſcheinen regelmäßig anders, als bei den Wie— derkäuern, und letztere iſt nicht ſelten entweder ungerade, oder vorn und hinten verſchieden. [s 103. Iſte Unterordn. Die elephantenartigen Thiere, die koloſſalſten unter den Landbewohnern der Jetztwelt, wie der Vorzeit, zeichnen ſich vor allen übrigen Säugethieren durch ihre ungeheuer lange, zu einem be— weglichen Greifrüſſel umgeſtaltete Naſe aus; und ſie unterſcheiden ſich von allen Hufthieren durch die große Zahl ihrer Zehen, (5, 5.) 118 Saͤugethiere; hte Drd.: nicht-wiederkauende Mehrhufer; Dieſe treten zwar ſämmtlich auf, ſind aber ſo kurz, und werden ſo weit von der Haut verhüllt, daß äußerlich bloß ihre ſtumpfen Hufe ſichtbar bleiben. Letztere liegen wie dicke, rundliche Platten auf, und ſind gewöhnlich auch ſelbſt nicht einmal an allen Zehen vorhanden: namentlich an den Hinter- füßen, und beſonders im höheren Alter. Der ungemein dicke, kurze, hinten etwas niedrigere Körper ruht auf eben ſo ſtarken, im Stehen ſehr gerade ge— haltenen, gleichſam ſäulenförmigen Beinen. Der kurze Hals iſt ſehr dick, um mit Leichtigkeit den großen, rundlichen Kopf mit den kleinen, liſtig aus- ſehenden Augen und den großen, hängenden Ohren tragen zu können. Denn wegen der außerordentlichen Stärke der Kinnbacken, welche die großen, ſchwe— ren Zähne enthalten, und wegen der hierzu nothwendigen Stärke des Schä— deltheiles, fällt der Kopf ungemein ins Gewicht. Bei den noch lebenden Arten ſind gewöhnlich bloß die Spitze des dünnen, bis nahe an die Ferſen reichenden Schwanzes und die Lippen mit einzelnen Haaren beſetzt; ſonſt iſt die ungewöhnlich dicke und feſte, aber dennoch ziemlich empfindliche Haut völlig nackt und gewöhnlich ſchwarzgrau. Das Zahnſyſtem iſt, zumal bei den jetzt noch lebenden, einfacher und ärmer, als ſonſt bei irgend einem, überhaupt mit Zähnen verſehenen Land— thiere; ja, es wird hierin nur von dem einer eben ſo rieſenhaften Seekuh unter den Meerſäugethieren übertroffen. Erſt mit, oder kurz vor dem Ein⸗ tritte des mannbaren Alters wachſen den Thieren oben 2 lange, weit her— ausſtehende, rundliche Vorderzähne (Stoßzähne) hervor. Eckzähne fehlen ihnen ſtets; und von Backenzähnen iſt der Regel nach, wenigſtens im mann— baren Alter, nur — vorhanden. Der Wechſel der letzteren geſchieht auf ſehr eigenthümliche Weiſe, durch Vorſchieben derſelben in ſchräger Richtung von hinten nach vorn: indem fie das ganze Leben hindurch fortwachſen, und das oben Abgenutzte ſtets von hinten und unten her wiedererſetzt wird. Da dieß aber höchſt langſam vor ſich geht, ſo ſtehen deren allerdings häufig theilweiſe zwei an der Stelle des ſonſtigen Einen da. Die Nahrung dieſer Thiere ſind Gras, hohe Kräuter und dünnere, mit Laub verſehene Strauch- und Baumzweige oder ähnliche Pflanzenſtoffe, die ſie ſtets mit dem Rüſſel anfaſſen und umſchlingen, um ſie büſchelweiſe aus— zureiſſen oder abzubrechen, dann zuvor ein- oder mehrmal gegen die Beine ſchlagen, um die etwa daran befindlichen Inſekten, Staub oder dergl. abzu— ſchütteln, und nun erſt in einen großen Biſſen zuſammenballen, um ſie ſo in den Mund zu ſtecken. Auf dieſe Weiſe, wie überhaupt bei faſt allen Gelegenheiten, bedienen ſie ſich ihres Rüſſels fortwährend als einer Hand, mit einer Sicherheit, Gewandtheit und Umſicht, die in Erſtaunen ſetzen. Schon die Jungen drücken damit, während ſie mit den Lippen ſaugen, das Euter der Mutter, um die Milch herauszupreſſen. Beim Trinken ziehen ſie die Flüßigkeiten, indem ſie einſtweilen mit dem Munde athmen, durch die Naſenlöcher in den Rüſſel hinauf, biegen denſelben mit der Spitze in den 7 a) elephantenartige: Mammuthe. 119 Mund um, und laſſen nun das Getraͤnk in dieſen hinablaufen, oder bla— ſen es durch leiſes Ausathmen hinein. Ebenſo nehmen ſie, um ſich abzu— kühlen, Häufig Waſſer in den Rüſſel, und ſpritzen es ſich, ſtärker ſchnau— bend, uͤber den ganzen Körper. In Ermangelung deſſelben, oder wenn ſie ſich bereits damit benetzt haben, ſollen ſie Staub in den Rüſſel einziehen, und dieſen dann allerwärtshin über ſich wegblaſen; oder ſie beſpritzen ſich auch bald mit recht ſchlammigem, breiartigem Waſſer, um ſich hierdurch einen naſſen Ueberzug zu geben, welcher ſie längere Zeit ebenſo kühlt, wie vor den Stichen der Inſekten ſchützt. Beim Schwimmen, wo fie faft ganz ins Waſſer verſinken, halten fie den Rüſſel hoch aufwärts, und können fo ſtets frei athmen. Beim Spielen, fo wie in ſcherzhaften und ernſten Käm— pfen, ſchlagen ſie damit um ſich. Sie können ſo einem Menſchen den Kopf abſchlagen, oder ihn, ſo wie andere Feinde von ähnlicher Größe, faſſen und erdrücken, und ſie dann entweder weit von ſich ſchleudern, oder unter ſich niederwerfen, um ſie mit den Füßen zu zerſtampfen. Um größere Hinderniſſe zu überwinden oder aus dem Wege zu räumen, wenden fie auch häufig ihre Stoßzähne an. So will man namentlich geſehen haben, daß mehrere Ele— phanten einen, bei dunkler Nacht in eine Grube geſtürzten Kameraden zu befreien ſuchten: indem ſie knieend mit ihren Stoßzähnen die Ränder der Grube zerwühlten und die losgebohrte Erde hinabwarfen, um dem Verun— glückten einen Ausweg zu bahnen. [$ 104. Manche elephantenartige Thiere der Vorwelt, die man jetzt gewöhnlich Mammuthe nennt, beſaßen in der Regel — Backenzähne mit einer mäßigen Anzahl von großen, rundlichen Höckern. Letztere hatten anfänglich die ſehr unrichtige Meinung erregt: daß dieſe Thiere, welche die Elephanten unſerer Zeit meiſt noch an Größe übertroffen haben müſſen, ſich (im Gegenſatze zu dieſen) wenigſtens theilweiſe von Fleiſch genährt ha— ben möchten! Sie haben zahlreich auch das neue Feſtland bewohnt, wo es jetzt kein elephantenartiges Thier mehr giebt, und waren nicht minder ſelbſt in unſerem Welttheile zu Hauſe. Sie verdienen gewiß eine Tren— nung in mehrere Gattungen. + Eines von ihnen, das Vierzahn-Mammuth, (Tetracaulodon mastodontodes, Mastodon longirostris,) von welchem man bereits eben ſo häufig in Deutſchland, wie in Nordamerika, verſteinerte Schädel aufgefunden hat, das größte von allen, mag wohl 19 — 20° in der Länge gemeſſen haben. Es trug in jedem Kiefer ein Paar Stoßzähne (alſo 3 Vorderzähne) von ungeheuerer Größe, zu deren Aufnahme wegen ihrer gewaltigen Wurzeln natürlich auch ſehr lauge Kiefer erfordert wurden. T Letztere theilte mit ihm noch ein anderes, welches man füglich Schnabel-Mam⸗ muth nennen kann, (Gamphotherium angustidens,) obwohl bei ihm die unteren Stoßzähne ſelbſt nicht bloß klein blieben, ſondern auch nur in der Jugend vorhan— den waren und dann bald für immer ausfielen. Unter den übrigen oder eigentlichen Mammuthen, (Mastodon,) mit kürzeren Kies fern, deren Backenzähne zugleich breiter, aber mit wenigeren Höckern verſehen wa⸗ ren, ſcheint doch ſelbſt dasjenige, welches man Rieſenmammuth (M. giganteus) rg hat, nie jo groß, wie das ſpäter entdeckte vierzähnige, geworden zu fein. 8 glich dem Elephanten, war aber mehr langgeſtreckt. Im Unterkiefer ſcheinen fie ſaͤmmtlich bloß in der Jugend unvollkommene Stoßzähne beſeſſen zu haben. — Den früheren und gegenwartigen 120 Saͤugethierez hie Ordn. nicht-wiederkauende Mehrhufer; ü [S 105. elephantenartigen Thieren im engeren Sinne fehlen dagegen ſelbſt dieſe Keime; und ſie haben überdieß gewöhnlich bloß — flachen und gefurchten Backenzahn. Auch ſcheint von ihnen nie eine Art die neue Welt bewohnt zu haben; früher waren aber mehrere, jetzt ausgeſtor— bene, ſelbſt in Europa vorhanden. f T Eine davon, deren Ueberbleibſel man in Italien, beſonders im Thale des Arno, findet (Elephas meridionalis,) könnte füglich Schnabelelephant heißen: da ſie ſich durch ihre langen Kiefer offenbar dem Schnabelmammuthe näherte. Sie mochte wohl generiſch (als Gattung) von den beiden jetzt lebenden und mehreren damaligen verſchieden ſein. Manche Naturforſcher haben auch ſchon die beiden gegenwärtigen, obwohl ſie offenbar weniger von einander abweichen, als zwei beſondere Gattungen betrachtet. Der afrikaniſche Elephant, (Elephas africänus,) mit rundlichem Kopfe und gewölbter Stirn, trägt in beiden Geſchlechtern ſehr große Stoßzähne, deren jeder zuweilen ein Gewicht von mehr als 3, oder 34 Centner erreichen ſoll; feine Backen⸗ zähne zeigen rautenförmige (ſchiefvierſeitige) Querleiſten, die längs der Mitte mit den Spitzen ihrer breiteren Seiten an einander ſtoßen; die hängenden Ohren ſind außerordentlich groß; die Füße haben gewöhnlich nur 4, 4 Hufe, die hinteren ſogar zuweilen nur 3. Er ſcheint auch im Ganzen nicht kleiner zu ſein, als der oſtin— diſche. (Gewöhnlich haben beide eine Länge und Höhe von ungefähr 10°, ſelten 12 — 130; einzelne ſollen zuweilen die Höhe von 15 — 16 erreichen, oder wenige ſtens bei dem indiſchen früher erreicht haben.“) Gegenwärtig wird der afrikaniſche nie zur Zähmung eingefangen. Er iſt daher in neuerer Zeit nur höchſt ſelten einmal lebend nach Europa gebracht worden, ſcheint ſich dann aber nicht weniger klug be— wieſen zu haben, als ſein Verwandter aus Indien. Früher wurde er ohne Zweifel eben ſo gut abgerichtet, wie dieſer. Denn diejenigen Elephanten, deren Hannibal, der berühmte Heerführer der Carthaginenſer, und Pyrrhus, der König von Epirus, ſich in ihren Kriegen mit den Römern in Spanien und Italien ꝛc. bedienten, konnten offenbar nur afrikaniſche ſein: welche die, zu jener Zeit weit minder be— völkerten Landſtriche von Nordafrika damals noch zahlreich, und ſo weit es Wald gab, bewohnen mochten, während ſie ſich jetzt überall erſt weiter im Innern dieſes Welttheiles bis hinab an die nördlichen Bezirke der Capcolonien vorfinden. In der Lebensart gleichen beide einander. Gegenwärtig macht man auf die afrikaniſchen zum Theile wegen des Fleiſches Jagd, wovon das des Rüſſels und der Füße ſtets für eine Delikateſſe gilt; vorzüglich aber wegen der großen Stoßzähne, die man Elfenbein nennt. Im Süden erlegt man ſie gewöhnlich mit ſchweren und härteren (mit Zinn verſetzten) Bleikugeln aus ſehr ſtarken Schießgewehren: wobei man, um das Herz zu treffen, bloß richtig auf den hinterſten Zipfel der ungeheues ren, hängenden Ohren zu zielen braucht. Aber die Größe und Stärke der Thiere, ihre Klugheit und die Wuth, in welche ſie gewöhnlich eine, nicht ſofort tödtliche Wunde verſetzt, dann ihre gar nicht unbedeutende Schnelligkeit im Laufen, machen dieſe Jagd oft ſehr gefährlich. Denn bei ihrer gewaltigen Größe hindert der, nur dem Anſcheine nach ſo plumpe Körper ſie keineswegs ſo ſehr im Laufen, daß ſie nicht zuweilen ſelbſt einen Reiter auf einem guten Pferde einzuholen vermöchten. 9) Dieſe Verſchiedenheit der Angaben rührt wohl zum Theile mit von dem langen Wachsthume der Elephanten her, welches ſich mindeſtens bis in das 15te oder 20ſte Jahr erſtrecken ſoll und, je nach dem vorhandenen Reichthume an Nahrung, in verſchiedenen Ges genden verſchieden iſt; — und von der bedeutenden Verſchiedenheit des Ellenmaaßes bei den verſchiedenen Völkern. Sie wird um fo leichter erklärlich, wenn in dieſem Falle den höchſten Angaben ein kleinerer Maaßſtab zum Grunde gelegt war. Fi, Daher fangen beſonders manche unkultivirte Völker fie meiſt in tiefen, verdeckten Gruben, die auf ihren gewöhnlichen Wegen aus dem Walde nach dem Waſſer zu angelegt werden. ) elephantenartige: lebende. 3 121 T Hin und wieder im Rheinthale liegen die Ueberreſte einer vorweltlichen Elephanten— art, welche in der Bildung der Backenzähne, und wahrſcheinlich auch noch in ande- ren Stücken, große Aehnlichkeit mit der noch lebenden afrikaniſchen beſaß. (Ele- phas priscus.) [S 106. Bei dem aſiatiſchen oder indiſchen E., (E. indieus, Loxodonta! ind.) ſte⸗ hen die viel kleineren Stoßzähne ſelten weiter, als höchſtens armeslang, aus dem Munde hervor; und die Backenzähne zeigen nur ſchmale, oder faſt halbmondförmige, etwas gewellte Querleiſten, die überall weit von einander getrennt ſtehen. Die Ohren ſind viel kleiner, als bei dem afrikaniſchen; der Kopf iſt länglicher, und die Stirn vertieft. An ſeinen Füßen werden gewöhnlich 5, 4 Hufe ſichtbar. Er be⸗ wohnt faſt das geſammte oſtindiſche Feſtland, und die größeren, weſtlichſten Inſeln, Sumatra und Ceylon: von wo man viele, gezähmt und abgerichtet, nach dem feſten Lande ausführt. Hier werden namentlich die weißen, die allerdings nur ſehr ſel⸗ tene Ausartungen find, ungemein hoch geſchätzt, (fo daß ſich z. B. der König von Siam öffentlich den Titel „Beſitzer vom weißen Elephanten“ beilegt,) und mit ungeheueren Summen bezahlt. Auf den höheren Gebirgen daſelbſt ſollen die Ele— phanten kleiner und faſt überall ziemlich dicht mit grobem Haare bedeckt ſein. ö Das Einfangen derſelben geſchieht gewöhnlich im Großen; es erfordert daher das Zuſammenwirken vieler Menſchen, und eben ſo viele, als großartige Vorbereitungen. Gewöhnlich lockt man die wilden E. durch gezähmte in große Verzäunungen, die ſehr feſt aus ungeheuren Pfählen (Paliſſaden) gemacht find, äußerlich noch mit einem Verhaue von den größten, umgefällten Bäumen des Waldes umgeben werden und inwendig in mehrere Abtheilungen getrennt ſind. Jüngere, noch nicht völlig er— wachſene Thiere zähmen fich. bald und ſehr leicht; ältere ſchwerer und langſamer. Jederzeit bedarf es hierbei vor Allem der Hülfe von bereits gezähmten Elephanten, deren zwei dann je einen wilden zwiſchen ſich nehmen müſſen, um ihn entweder durch Liebkoſungen gleichſam zur Ruhe und Folgſamkeit zu überreden, oder bei jeder Widerſpenſtigkeit mit Schlägen und Stößen zu züchtigen. Namentlich müſſen ſie ihm zum Theile ſelbſt die großen Stricke um- und überwerfen helfen, mit welchen er um Hals und Beine gefeſſelt wird, um ihn dann an denſelben fefthal- ten, fortführen und in einen Stall bringen zu können. Hier bewirken theils ihr Beiſpiel, theils Hunger und Durſt, und die vorſichtige, gute Behandlung des Menſchen ſehr bald eine vollſtändige Zähmung: da die E. bei ihrem angebornen, für Thiere wirklich bewunderungswürdigen Verſtande ſich leicht in Alles fügen lernen. Sie tragen dann theils ungeheuere Laſten von Waaren, theils Geſellſchaften von mehreren Perſonen: meiſt in einer Art von Zelt, oder auf einer ſophaartigen, ge— polſterten Unterlage, die auf ihrem Rücken befeſtigt wird. Im Kriege ſetzte man ihnen ſonſt immer kleine hölzerne Thürme mit Soldaten auf, die von dort herab die Feinde angriffen, während die Elephanten ſelbſt ſie umrannten, niederſtießen und zertraten, oder mit den Rüſſeln niederſchlugen u. dergl. Die Herren oder Führer der Elephanten (Kornak's) reiten denſelben auf dem Halſe, und regieren ſie mit Worten, ſtrafen fie auch bisweilen mit einem Stachelſtocke, oder mit einer klei- nen Peitſche. Zuwellen gebraucht man ſie noch als Handlanger beim Schiffsbaue. Ein Elephant kann da oft mehr leiſten, als ein halbes Dutzend Menſchen mit Hebebäumen, Rollen und anderen Werkzeugen: indem er z. B. jeden ihm bezeich— neten, mit einem Stricke umſchlungenen Balken oder dergl. mit eben; ſo viel Geſchick, als Kraft aus einem großen Haufen hervorzieht, dadurch, daß er die übri⸗ 122 Säugetbiere; Hte Ord. nicht-wiederkauende Mehrhufer; gen fortſchiebt oder wegrollt und ſie dann wieder zuſammenräumt. Er wird dabei nie auf eine Brücke oder dergl. treten, ohne vielfach ihre Feſtigkeit erſt durch allmähliges, leiſes Auftreten mit Einem Fuße, dann mit dem andern u. ſ. w., geprüft zu haben. Mit der Spitze des Rüſſels kann er Knoten in Stricken auf: löſen, und ſehr kleine Gegenſtände von der Erde aufheben. Im Freien faßt er mit demſelben öfters belaubte Zweige, und in der Gefangenſchaft Stroh, um Bei: des förmlich als Fliegenwedel zu gebrauchen, oder es ſelbſt als Bürſte und Wiſchtuch anzuwenden. Er lernt damit die Schlüſſel in Schlöſſern umdrehen, und ſogar Pfropfen (Stöpſel) aus Flaſchen ausziehen. Bier, Wein, Arak und andere ſtarke Getränke liebt er ſehr; und das Vorzeigen einer Brandweinflaſche, gleichſam als Verſprechen auf ihren Inhalt, kann ihn, mag er auch noch ſo müde ſein, zu den größten neuen Anſtrengungen bereit machen. Doch erwartet und verlangt er zu ſeiner Zeit auch die Erfüllung des Verſprochenen, und weiß ſich im entgegengeſetzten Falle leicht empfindlich zu rächen. Ueberhaupt zeigt er ein vortreffliches Gedächt— niß, und vergißt Wohlthaten nie, Beleidigungen von einiger Bedeutung ſelten, oder erſt nach langer Zeit. Dabei weiß er oft mit bewunderungswürdigem Scharf: blicke aus einem größeren Haufen den eigentlichen Thäter herauszufinden. Vor Mäuſen ſcheint er, trotz ihrer Kleinheit, in der That eine inſtinktmäßige Furcht zu hegen: wahrſcheinlich, weil eine ſolche, die, während ſeines Schlafens auf der Erde, eine der Oeffnungen ſeines Rüſſels (Naſenlöcher) als Schlupfloch benutzte, ihm ohne Zweifel höchſt unangenehme und gefährliche Zufälle erregen müßte; und er ſoll beim Anblicke eines ſo unbedeutenden Geſchöpfes in Zittern gerathen. T Der größte unter mehreren Elephanten der Vorwelt war vermuthlich einer mit ähn⸗ lichen Backenzähnen, wie der indiſche, aber zugleich mit ungeheueren Stoßzähnen, welche noch länger waren, als die des größten afrikaniſchen, und ſich zuweilen ſtark nach oben bogen. (E. primigenius.) Knochen und beſonders Zähne von ihm findet man hin und wieder in Europa: zumal in Rußland, deſſen Bewohner ihn unter dem Namen Mammuth verſtehen. Aber ganz beſonders giebt es deren eine faſt un⸗ glaubliche Menge in Sibirien, von wo ſie auch an die äußerſte Nordweſtküſte von Amerika hingeſchwemmt worden zu ſein ſcheinen. Ein Theil des aſiatiſchen Eismeeres führt davon den Namen Knochenmeerenge; und manche der dortigen Küſtenſtrecken und kleineren Inſeln beſtehen, nächſt Kies und Eis, faft ganz aus Knochenreſten die⸗ ſes Thieres. Die Stoßzähne kann man haͤufig noch wie gewöhnliches Elfenbein verarbeiten.) Ja, am Ausfluße der Lena entdeckten im Jahre 1799 einige Jakuten im Eiſe ſogar noch ein eingefrorenes und daher vollkommen erhaltenes, männliches Thier dieſer Art, welches dort in Folge der ununterbrochenen Kälte vielleicht Jahr— tauſende lang unverweſt geblieben und dann erſt durch einen Riß beim Thauen des Eiſes theilweiſe entblößt worden war. 7 Jahre ſpäter fand ein, dorthin gereiſter Naturforſcher (Adams) noch viele Theile des Körpers mit grobem, dichtem Woll⸗ haare bedeckt, welches am Rückgrathe hin ſo lang war, daß es hier eine Art Mähne bildete. Von dem Gerippe fehlte bloß ein Vorderfuß; aber die Stoßzähne hatten die Jakuten abgeſägt, und mit dem Fleiſche ihre Hunde gefüttert; und die Eisbä⸗ ren hatten Stücke von der Haut nebſt Ballen von Haaren in den Boden verſcharrt. So konnte man nach Jahrtauſenden noch den ziemlich friſchen Leichnam eines Thie⸗ res unterfuchen, deſſen Tod ſchon vor einem unberechenbaren Zeitraume erfolgt war, und Haut und Haare von ihm den Sammlungen von jetzt lebenden Geſchöpfen ein⸗ verleiben, die zum Theile nach einer ſo ungeheueren Reihe von Jahren mit dem Fleiſche eines ſo frühen Vorgängers ihren Hunger ſtillten. Is 107. 2te Unterordn.: Nicht- wiederkauende Mehrhufer ohne Stoß⸗ zähne. Unter dieſer Rubrik reihen ſich naturgemäß alle noch übrigen Thiere der Ordnung zuſammen: indem ſie ſich dadurch gemeinſchaftlich von den ) Manche ſteinhart gewordene, die ſtark von aufgeloſten Eiſentheilen (Ocher) durchdrungen find, neh⸗ men dürch Glühen eine himmelblaue Farbe an und geben dann die fo genannten falſchen Türklfe. b) ohne Stoßzähne: tapirartige. 123 elephantenartigen Thieren unterſcheiden. Doch find gleichwohl auch ihre Verſchiedenheiten unter einander ſelbſt wieder ſo bedeutend, daß ſie hiernach wieder in 2 Zünfte zerfallen. Iſte Zunft. Den Namen Vielhufer, welchen man bisher gewöhn— lich der ganzen Ordnung beilegte, würden, wenigſtens nächſt den Elephanten, noch am meiſten diejenigen Thiere der Ordnung verdienen, deren Füße ſtets mehr als 2, 2 (nämlich mindeſtens 3, 3) Hauptzehen und Haupt- hufe beſitzen, neben welchen nur ſelten oder nie Afterzehen (hohere, nicht auftretende) und Afterhufe vorhanden ſind. Sie ſcheinen ſich ſämmtlich noch ebenſo, wie die Elephanten, bloß auf Pflanzennahrung zu verlegen: obgleich ein Theil von ihnen ſowohl im Gebiſſe, wie dem Aeußeren nach weit we— niger Aehnlichkeit mit dieſen, als mit den allesfreſſenden ſchweineartigen Thieren, beſitzt. ö Dieſer Theil bildet die Familie der tapirartigen Gefchöpfe, ausge zeichnet durch einen beſonders anſehnlichen Rüſſel, der zwar bei Wei⸗ tem kein ſo vollendeter Greifrüſſel iſt, wie bei den Elephanten, aber doch ein ganz anderer, als jener der Schweine und mancher fleiſchfreſſenden Raub⸗ thiere. Denn er ragt, völlig ausgeſtreckt, doch um ein Drittel oder beinahe um die Hälfte der Kopflänge über den Unterkiefer vor: und wenn er auch weder dazu dienen kann, um etwas in den Mund zu ſtecken, noch dazu zu dienen braucht; ſo mag er ſich doch recht wohl zu einem Theile der übrigen, geringeren Verrichtungen eignen, zu welchen die Elephanten den ihrigen be⸗ nutzen. Sonſt kann man ihn am paſſendſten mit dem der Rüſſelhüpfer und Desman's unter den Inſektenräubern vergleichen. Das Gebiß enthält „ Vorderzähne, — Eckzahn und —— Backenz. Es hat ſomit der Zahl nach die größte Aehnlichkeit mit dem mancher wahren Raubthiere: nur ſind die Eckzähne lange nicht ſo groß, zum Theile nicht länger, als die übrigen; und die, mehr ſtumpfhöckerigen Backenzähne find von ähnlicher Ge- ſtalt, wie bei den Känguruh's. Der Schwanz iſt ſehr kurz, kürzer als ge- wöhnlich bei den Schweinen, und die ganze Geſtalt zwar ſonſt ziemlich ähn— lich, doch aber die Gelenkigkeit und Beweglichkeit des Körpers ungleich größer. Bei den Tapiren ſelbſt (Rhinochoerus s. Tapirus) beträgt die Zahl der Zehen 4, 3, und keine davon iſt eine Afterzehe. Die = Backenzähne zeigen geradlinige Querhügel. Die Haut erſcheint überall mit Haar bewachſen. Dieſes iſt bei dem gemeinen T. oder Anta (T. americänus) kurz, verlängert ſich jedoch auf der Halskante bis zu den Schultern zu einer kleinen, ſteifen Mähne; es ſieht im Alter einfach und ziemlich hell braun aus. Die Jungen ſind nicht bloß viel röthlicher, ſondern auch mit weißen Flecken und am Leibe mit 4 unterbrochenen Längeſtreifen geziert, faſt wie unſere jungen wilden Schweine. An Höhe gleicht der T. einem kleinen Eſel, mißt jedoch über 57 in die Länge. Er lebt in den Ebenen des ganzen ſüdlichen Amerika bis hinab nach Paraguay in ſumpfigen Wäl- dern, beſonders an Flußufern. Denn er iſt ein guter Schwimmer, und im Noth— falle fähig zu tauchen; überhaupt ein ſolcher Freund des Waſſers, daß er ſich zu— weilen halbe Tage lang darin wälzt. Trockene Orte beſucht er nur ſelten. Er iſt mehr Tag⸗, als Nachtthier, klug und vorſichtig, aber leicht zähmbar und dann ſehr anhänglich. Seine Nahrung ſind verſchiedene, meiſt weiche, Sumpf- und Waſſer⸗ pflanzen; doch auch Blätter, Knospen und junge Triebe von Sträuchern. In Yen “ ‘ U 124 Saͤugethiere; gte Ordn.: nicht-wiederkauende Mehrhufer; bewohnten Gegenden ſchadet er häufig durch feine große Vorliebe für Melonen und Zuckerrohr. Der etwas größere Berg-T. oder Pinchaque (T. andicöla) bewohnt, obwohl er ſich bei Verfolgung ebenfalls gern in's Waſſer flüchten ſoll, viel trocknere und kühlere Gegenden, nämlich die hohe und höchſte Waldregion der Andes, (Cor⸗ dilleras.) Dem gemäß trägt er viel längeres und recht dichtes, wolligeres oder faſt zottiges Haar, welches eine ſchwarzbraune Farbe hat und keine Mähne bildet. Seine Schnauze iſt länger. Der indiſche T. oder Mayba, (T. indieus,) in den Wäldern der Inſel Sumatra und der Halbinſel Malacka, hat mindeſtens dieſelbe Größe, gleichfalls keine Mähne und ſchwarzes Haar, das aber wieder ſehr dünn ſteht und kurz iſt. Seine Ohrränder, ſo wie ein pferdedeckenartiger Fleck auf dem ganzen Hinterrücken ſind weiß. Die Jungen haben oben gelbe, unten weiße Flecken und Streifen. g 1 Ehedem beſaß nicht bloß auch unſer Welttheil wirkliche Tapire, von deren einem (T. priscus) Knochenreſte bei Eppelsheim in Aheinheſſen ꝛc. begraben liegen; fon: dern mehrere Länder Europa's, beſonders Frankreich, wurden auch noch von andes ren Gattungen tapirartiger Thiere bewohnt, die gegenwärtig nirgends mehr eriſti— ren. Hierunter gehörten 8 F die zahlreichen und häufigen Paläotherien oder fo genannten Olimsthiere. (Palaeo- therium.) Sie glichen im Kopfbaue ziemlich dem Pinchague, waren jedoch theils viel größer, theils kaum einem Schaafe gleich, und hatten ſtets 7-3 Vackenzaͤhne mit Halbmonden, ähnlich denen der Nashörner. Auch ſcheint ihre eine Vorderzehe eine bloße Afterzehe geweſen zu ſein. 1 Die viel ſelteneren und meiſt eben fo großen Lophiodonten oder Hügel zähne (Lo- phiodon) beſaßen gleichfalls 7-7 Backenzaͤhne; aber die Kronen der vorderſten im Unterkiefer waren mit einer Längsreihe von Höckern, die hinteren mit 2 — 3, Quer⸗ hügeln verſehen. + Bei den, ihnen ſonſt ähnlichen Dreimondzähnen (Trimenodon) betrug nicht allein die Zahl der Backenzähne bloß 2-7, wie bei den Tapiren; ſondern die hinterſten des Unterkiefers glichen auch denen der Tapire in der Geſtalt, während die vorder— ſten mit Halbmonden bezeichnet waren. (Loph. tapirotherium.) Die Größe der Thiere war eine ähnliche. [s 108. Den nashornartigen Thieren, die ſämmtlich immer nur die alte Welt bewohnt zu haben ſcheinen, mangeln durchgängig die Eckzähne, theilweiſe auch die Vorderzähne. Alle haben — Backenzähne, die oben zum Theile höckerig, unten mit mondförmigen Erhöhungen und Falten ver— ſehen ſind. f Ihr Name rührt von der, auf der Naſe ſitzenden Hornwaffe der Mehrzahl her. Dieſe unterſcheidet ſich von den, ſonſt ähnlichen Hörnern der rinderartigen Wiederkäuer ſehr weſentlich darin, daß ſie durch und durch aus reiner, wirklicher Hornmaſſe beſteht: (d. h. aus zuſammengeklebten Haa⸗ ren, welche durch thieriſchen Leim feſt zu einer dichten Maſſe verbunden find.) Sie enthält alſo Nichts von Knochen, und hat überhaupt mit dem ganzen Knochenſyſteme gar Nichts zu thun, ſondern iſt lediglich ein Erzeug⸗ niß der Haut. Nur vermittelſt dieſer ſitzt ſie auf den großen, dicken, rauhen Naſenknochen feſt, und kann daher auch mit derſelben beim Bewegen der Schnauze ein wenig hin und hergezogen werden. Die Hörner der Weibchen ſind ſtets kleiner. Ganz ungehörnt, mit einer Schnauze von gewöhnlicher Bildung, und überall dicht behaart, find die Daman's, (Hyrax,) die Klippſchliefer (Felſenſchlüpfer) oder Klippdaſſen (Felſendachſe) der Holländer am Kap; die kleinſten aller jetzt le⸗ benden ſo genannten Vielhufer. Sie haben die Größe des Kaninchens, und be⸗ wohnen bloß kahle, felſige Gebirge des ſüdlichen und nördlichen Afrika's, ſo wie b) ohne Stoßzähne: nashornartige. 125 Syriens und Arabiens; denn als ſehr furchtſame, durchaus wehrloſe Geſchöpfe bedürfen ſie ſtets einer nahen Gelegenheit zum Verſtecken in Felsſpalten und Stein— trümmern c. Von ihren + Vorderzähnen ſtehen oben die beiden äußeren etwas zurückgerückt, und ſind ſchwach zugeſpitzt; ſie ſehen daher faſt wie Eckzähne aus, für die man ſie auch bisher gewöhnlich angeſehen hat. Die Daman's gleichen den Thieren der vorigen Familie noch durch den Beſitz von 4, 3 Zehen. Die innere Hinterzehe zeigt jedoch eine ſonderbare Art langer, etwas gebogener, unten ausge— höhlter Kralle; und die übrigen tragen oben auf der Spitze ſämmtlich ſehr eigen— thümliche Nägel, die recht flachen, verſchnittenen Menſchennägeln faſt ähnlicher ſe— hen, als Thierhufen. 7 Einer zweiten Gattung ſolcher nashornartigen Thiere ohne Horn hat man den Na⸗ men „Thier Ohnehorn“ (Acerotherium) beigelegt. Sie hatte zwar noch dieſelbe Zehenzahl, wie die Daman's, trug aber wahrſcheinlich ſchon anders geſtaltete, huf— artige Nägel, und theilte mit mehreren wirklichen Nashörnern die bedeutende Größe und den Beſitz von bloß 3 Vorderzähnen. Es hat mehrere dergl. Arten in Europa und zugleich in Aſien gegeben. (K. incisivum u. a.) [S 109. Alle ſolche Weſen, denen der Name Nashörner wirklich gebührt, haben bloß 3, 3 Zehen, einen plumpen, ſchweren Körper mit kurzen Beinen, einen großen Kopf mit dicker, verlängerter Oberlippe, einen kurzen oder ziemlich kurzen Schwanz, und eine faſt haarloſe Haut wie die Elephanten. Aber die Zahl ihrer Hörner, ſo wie die der Vorderzähne, iſt verſchieden. Ihre kleinen Augen liegen ſehr tief in den Höhlen, fo daß fie bloß nach der Seite hinſehen. Sie ſcheinen nach Umſtän— den eben ſo wohl trockene, als ſumpfige Gegenden zu bewohnen. — Ein Paar aſiatiſche Arten haben + Vorderzähne, wovon oben die ſeitlichen, unten die mittleren klein find, und bloß 1 Horn. (Rhinoceros.) Man ſchildert fie als plumpe und träge, friedliche und ſcheue Thiere, die, zumal ungereizt, keinem anderen Geſchöpfe ein Leid zufügen. Eines davon auf dem Feſtlande von Indien, beſonders in den Gegenden jenſeits des Ganges, (R. indicus s. unieornis,) zeichnet ſich vorzugsweiſe durch ihre beſonders dicke (meiſt 14 ſtarke) und auffallend faltige Haut aus. Dieſe ſcheint nur dadurch die nöthige Beweglichkeit zu erhalten, daß ſie durch tiefe Querfalten, in welchen ſie dünner und weicher iſt, ſowohl am Halſe, wie vor, auf und hinter den Schultern, vor und zwiſchen den Hinterbeinen hin, gleichſam in mehrere große Panzerſtücke abgetheilt wird. Sie erinnert hierdurch mehr oder weniger an die ähnliche Theilung in den Panzern der Gürtelthiere. Die Höhe des Thieres an Schultern und Rücken iſt die eines großen Ochſen; ſeine Länge und Stärke ſind jedoch viel bedeutender. — Das javaniſche N. (Rh. javanicus s. sondaicus) hat minder ausgezeichnete Falten; aber die ganze Haut feines Kör— pers iſt dicht mit eckigen, in der Mitte etwas vertieften Höckerchen beſetzt, faſt wie die Panzerſtücke mancher Armadille, (Gürtelthiere.) Beim Weibchen ſoll das Horn bloß in einem halbeiförmigen Vorſprunge beſtehen. Das etwas kleinere N. von Sumatra (Rh. sumatrensis) hat eine ziems lich dünne, ſchäbige Haut, die überall etwas, an den Beinen ſogar ziemlich dicht, mit langen, ſteifen Haaren beſetzt, aber wenig gefaltet iſt: indem ſie nur hinter den Schultern eine deutliche Falte zeigt. Dafür trägt es jedoch eine doppelte und viel wirkſamere Waffe: nämlich 2 Hörner hinter einander, das bedeutend lange größere zuerſt, das kleinere zuletzt. Die Zahl feiner Vorderzähne beträgt bloß , wie bei dem Ohnehorn der Vorzeit; auch ſind ſie eben ſo groß, und die unteren hierin faſt denen von Nagethieren ähnlich. Dieß Alles zuſammengenommen, giebt ihm gewiß hinlängliche Anſprüche auf Trennung als beſondere Gattung. (Dicerorhinus.) Daſſelbe gilt von 2 afrikaniſchen Arten, (Opsiceros,) die zwar gleichfalls 2 Hörner haben, aber gar & Vorderzähne beſitzen. (Wenigſtens find dieſelben * 126 Saͤugethterez 9te Ordn.: nicht-wiederkauende Mehrhufer; durchaus unbrauchbar, und nicht einmal ſichtbar: da fie ſtets bloße Keime bleiben und nie aus den Kiefern hervorbrechen. Nur wenn man die Knochen an dieſer Stelle aufſägt, oder ſonſt öffnet, ſieht man, daß ihrer eigentlich T vorhanden find, wie bei den Arten mit Einem Horne.) Hier iſt denn auch die große, kappenartige Spitze der Oberlippe ganz vorzugsweiſe und weit mehr, als bei den Arten mit Vorderzähnen, entwickelt, und zu einer beſonderen Art von Greiforgan verlängert, um damit Pflanzen in den Mund zu ziehen: da die Thiere bei dem Mangel der Schneidezähne ſich natürlich der Backenzähne eben ſo wohl zum Abbeiſſen, wie zum Kauen bedienen müſſen. Ihr Geruch iſt noch ſchärfer, als ihr Gehör. Es ſind eben ſo ſtarke, als gefährliche Ungeheuer, die, wenn ſie gereizt worden ſind, oder wenn auch nur ein ihnen fremdes und bedenklich ſcheinendes Geräuſch fie aufs geregt hat, meiſt Alles, was ihnen vorkömmt, oder feindlich ſcheint, in blinder, ungeſtümer Wuth mit überraſchender Schnelligkeit und unglaublicher Stärke nieder⸗ zurennen ſuchen. Oft ſollen ſie, wenn ſie ihren Feind nicht ſehen, mit den Hör— nern die Erde aufwühlen, oder damit ſelbſt im Fortſtürzen Furchen in den Boden ziehen. Daher machen ſie nicht allein bei der Jagd auf ſie die größte Vorſicht oder Schnelligkeit nöthig, ſondern können auch zuweilen ſelbſt ruhigen Wagenzügen, oder dem Geſpanne friedlicher Reiſenden gefährlich werden. Man muß ſie äußerſt leiſe, meiſt auf der Erde kriechend, zu beſchleichen ſuchen, oder ihnen des Nachts an ihren Trinkplätzen auflauern, und darf nur aus ſehr geringer Entfernung nach dem Auge ſchießen. Sonſt gehen die Kugeln entweder gar nicht durch die, erſtaun⸗ lich dicke und zähe Haut; oder ſie dringen doch nicht tief genug ein, um zu tödten. Das gewöhnlich fo genannte zweihörnige Rh., (Rh. africänus s. bicornis,) der Abada oder Eargatan der Bewohner von Mittelafrika, mit faltenloſer Haut, ſcheint faſt überall in dieſem Welttheile vorzukommen. Ein viel größeres iſt das krummſchnauzige, (Rh. simus,) mit wenig bemerkbaren Falten, auf den weiten Steppen Südafrika's. SE, + In früheren Zeiten wurde ſelbſt Europa ſehr zahlreich von Nashörnern mit 1 Horne und mit Schneidezähnen, fo wie von ſolchen mit 2 Hörnern und ohne Schneidezähne bewohnt. Unter jenen ſcheint eines (Rh. minimus) an Größe ein Schwein nicht übertroffen zu haben. Das merkwürdigſte bleibt eine ſehr große und ſehr weit ver⸗ breitete Art mit 2 ungemein langen Hörnern und ſehr langem Kopfe, (Rh. ticho- rhinus.) Von ihr wurde im J. 1771 (1751?) in dem gefrorenen Sande an den Ufern des Flußes Wilhui in Sibirien ein faſt unverſehrtes Thier mit allem Fleiſche auf⸗ gefunden, deſſen Haut noch ein dickes Zottenhaar bedeckte. [s 110. Als eine beſondere Familie von ſo genannten Vielhufern mit lauter auftretenden (Haupt-) Zehen muß man, ihrer mehrfachen Eigenthümlichkeiten wegen, die hippopotamusartigen Thiere aufſtellen, von denen freilich nur noch Eines, das fo genannte Nilpferd, eriftirt. Die Zehenzahl (4, 4) kommt der bei den Elephanten am nächſten. Die Zahl der Zähne iſt oder war, meiſt oder faſt dieſelbe, wie bei den tapirartigen Thieren; aber die Größe und das Verhältniß derſelben unter einander ſind beide ganz anders. Die Kiefer haben überhaupt, zumal nach vorn, eine ganz ungeheuere Dicke und Schwere. Die Vorderzähne ſind ſehr lang, beſonders die beiden mittleren, und ſehr rundlich geformt; die Eckzähne erſcheinen nicht min« der groß, und ſtehen (recht ihrem Namen gemäß) weit in eine vorfprün« gende Ecke der ungeheueren Kieferknochen herausgerückt, beſonders die un⸗ teren. Um ſie zu bedecken, was ſchon zum Abhalten des Waſſers beim Un⸗ tertauchen der Thiere nothwendig blieb, wurden ſo gewaltig große und dicke, bewegliche Lippen erforderlich, wie kein anderes Thier ſie beſth. Die unge⸗ wöhnliche Ausdehnung derſelben macht die, vorn wie abgeſtutzte Schnauze Sr b) ohne Stoßzähne: hippopotamusartlge. 127 viel breiter, als der ganze übrige Kopf iſt. Letzterer bekommt hierdurch über- haupt, zumal bei der Kleinheit der Augen und Ohren, ein höchſt unförm- liches, wahrhaft abenteuerliches, vierkantiges Anſehen; und der Rachen öff— net ſich erſtaunlich weit. Der Körper ruht auf den ſehr kurzen, dicken Bei⸗ nen wie eine höchſt plumpe, tonnenartige Fleiſchmaſſe, die, von einer dicken, kahlen Haut überzogen, mit einem kurzen Schwanze endigt. So namentlich bei dem Hippopotamus oder Flußthiere (Hippopotämus am- phibius) unſerer Zeit, der ohne Zweifel der Behemoth der Bibel iſt, und früher im Nil überall ſehr häufig war: fo daß er ſchon in der älteſten Zeit, lediglich um ſeiner entfernt ähnlichen Stimme willen, den höchſt unpaſſenden Namen Nilpferd, oder Flußpferd erhielt, der ganz zu verwerfen iſt. Jetzt bewohnt er nur noch die fernſten, oberſten Theile jenes Flußes, und zahlreicher die übrigen großen Ströme von Mittel⸗ und Südafrika, bis hinab zur Kapcolonie, wo er von den Holländern fälſchlich Seekuh genannt wird. Er weidet gewöhnlich am Lande, hauptſächlich des Nachts, und thut vorzüglich in nahe gelegenen Reisfeldern unermeßlichen Schaden durch ſeine Gefräßigkeit; noch mehr aber dadurch, daß er bei der koloſſalen Schwere ſeines Körpers Alles tief in Grund und Boden tritt, oder mit ſeinem Hängebauche niederſchleift. Denn er erreicht häufig eine Geſammtlänge von 13 — 147, und hat dann allein eine Fleiſchmaſſe, wie 4 — 5 große Ochſen: die ungeheueren, faſt eiſen⸗ harten und bleiſchweren Knochen ungerechnet. Bei Tage ruht er meiſt im Schilfe u. dergl. verborgen, im flachen Waſſer, am Ufer, oder noch lieber auf ſtillen Inſeln. Denn er iſt ganz vorzugsweiſe Waſſerthier: daher auf dem Lande wunderſam plump, obwohl mitunter noch raſch genug; dagegen in ſeinem Elemente ſehr gewandt, ein trefflicher Schwimmer und Taucher, der erſt nach langen Zwiſchenräumen einmal wieder die Naſe zum Athemholen heraufzubringen braucht. (Ohne Zweifel, weil er dann jedesmal ſchon in der ungeheueren Schnauze, zwiſchen den Lippen und Zähnen ꝛc., viel Luft mit hinunter nimmt.) Hier wird er, gereizt, bei ſeiner furcht⸗ baren Stärke ſehr gefährlich: indem er dann nicht ſelten ſogar größere Kähne. um⸗ wirft, und kleinere nicht bloß unter das Waſſer zieht, ſondern auch mit ſeinen ungeheueren Zähnen zertrümmert. Er wird daher nicht ohne bedeutende Gefahr, gewöhnlich durch Lanzenſtiche und durch Einwerfen großer Harpunen, getödtet. Gewöhnliche Flintenkugeln dringen höchſtens an der weicheren Schnauze durch. Sonſt bleiben ſie, ſelbſt auf die Entfernung von wenigen Schritten abgeſchoſſen, faſt wirkungslos in der ungeheueren Haut ſtecken. Zuweilen verſetzt auch ſchon ein bloßes ungewohntes Geräuſch ihn in Wuth: und man hat geſehen, wie ein Dips popotamus mehrere Stück Rindvieh zerknirſchte, die in der Nähe eines Waſſerrades angebunden waren. Die Felder der Einwohner von Mittelafrika, unmittelbar dicht an den Ufern großer Flüße, leiden oft jämmerlich unter ſeinen Verheerungen. T Unter mehreren vorweltlichen Arten, von denen man beſonders in Frankreich viel verſteinerte Ueberreſte aufzuweiſen hat, glich eines dem noch lebenden H. an Größe. Andere waren kleiner: ja eine nicht einmal fo groß, wie ein Schwein. Alle trus gen gleich ihm 1 Vorderzähne. Dagegen hat es früher in Mittelaſien eine merkwürdige Art (H. sivalensis) oder vielleicht mehrere gegeben, die man offenbar ſchon wegen der größeren Anzahl ihrer Vorderzähne (8) als beſondere Gattung (Potamotherium) betrachten muß. Dieſe fand hierin theils den Tapiren näher, theils den Gefchöpfen der folgenden Zunft, namentlich den ſchweineartigen. [s 111. 2te Zunft. Nicht Wiederkäuer mit wiederkäuerartigen Füßen. Dieſer Name wird am beſten alle diejenigen Thiere aus der Ordnung der Dickhäuter (Vielhufer) bezeichnen, die ſich meiſt weder in ‘ ; „ 128 Säugethiere; gte Ordn.: nicht- wiederkaueude Mehrhufer; der Zahl, noch in der Bildung ihrer Zehen und Hufe von den Wiederkäuern als den gewöhnlich ſo genannten Zweihufern unterſchei— den: indem ſie alle bloß 2 Haupthufe beſitzen, über welchen gewöhnlich eben fo viele Afterhufe ſtehen, die aber manchen auch fehlen. Nur Eine Gattung der Jetztwelt und ein Paar der Vorzeit weichen durch die ungerade, und zum Theil auch ungleiche Zahl ihrer Afterhufe von den Wiederkäuern ab. In jeder anderen Beziehung bleiben ſie den Charakteren der Ordnung treu. Alle noch lebende Geſchöpfe dieſer Zunft, nebſt einigen bereits ausge— ſtorbenen, begreift man gewöhnlich unter dem Namen ſchweineartige Thiere. Man erkennt ſie leicht an der langen Schnauze, die ſich in einen knorpeligen Wühlrüſſel verlängert und bei einigen ſehr breit erſcheint. Dieſe letzteren vielleicht abgerechnet, nähren ſich wahrſcheinlich alle ſchweineartigen Thiere nicht weniger gern von thieriſchen Stoffen aller Art, die fie gewöhnlich am oder im Boden finden, als von knolligen, zwiebelarti— gen, oder ſonſt dicken und ſaftigen Pflanzenwurzeln, von abgefallenen Baum früchten aller Art, von weichen Schwämmen (Pilzen) u. dergl. Sogar Aas, welches fie beſonders nach Inſekten und Larven durchwühlen, und den Un⸗ rath anderer Säugethiere, verſchmähen ſie nicht; den Mäuſen z. B. graben ſie eben ſo ſehr um ihrer ſelbſt, wie um ihres Körner- und Wurzelvorrathes willen nach. Aber bloßes, gewöhnliches Gras und ſolche Kräuter, die nicht weich und ſaftig ſind, laſſen ſie wo möglich unberührt. Beim Aufſuchen ihres Fraßes von beiderlei Art, beſonders unter der Erde, leitet ſie häufig ihr höchſt feiner Geruch. Sie ſind phlegmatiſch und ruhig, kräftig, viel öfter muthig, trotzig und zur Gegenwehr bereit, als furchtſam: zumal die größeren Arten und die männlichen Thiere. Letztere beſonders beſitzen ge- wöhnlich furchtbare Waffen ihren ſtarken, mehr oder weniger kantigen und oben zugeſchärften Eckzähnen (Hauern), die ſich alsdann ſämmtlich mehr oder weniger nach oben und nach außen biegen. Mit dieſen ſchlagen (hauen) fie durch eine kraftige Bewegung des Kopfes nach der Seite, um fo ihrem Feinde den Bauch aufzuſchlitzen, oder ihm ſonſt bedeutende Verletzungen bei— zubringen, denen nicht ſelten auch die ſtärkſten und muthigſten Jagdhunde auf der Stelle erliegen. Daher war der Betrieb der Jagd auf ſie beſonders vor Erfindung des Schießgewehres häufig mit Gefahr verbunden. Die Weibchen und alle diejenigen Arten, deren Eckzähne kürzer (keine Hau— zähne) find, können zwar nicht ſo um ſich ſchlagen (hauen), aber doch zu— weilen gefährliche Biſſe verſetzen. N Sie bewohnen bloß gemäßigte, wärmere und heiße Gegenden der alten, weniger der neuen Welt, und find von allen Hufthieren die fruchtbarſten. Die Weibchen werfen in der Regel nicht weniger, als 4 — 6, oder ſelbſt 8 Junge auf Einmal. Ihre Bedeckung beſteht aus ſehr grobem Oberhaare, (Borſten) mit weicherer, etwas krauſer Unterwolle bei denen in gemäßigten Gegenden. Die eigentlichen Schweine im engeren Sinne (Sus) haben 2. Vorderzähne und — höderige Backenzähne, wie die Tapire, obwohl von anderer Bildung; das bei einen geringelten Schwanz. Früher gab es ſchon in Europa allein mehrere Arten; jetzt lebt davon, wie es ſcheint, nur noch Eine, ſowohl in Mittel- und Südeuropa, als auch im ganzen mittleren Aſien: das gemeine wilde Schw., (S. scrofa,) die Stammart des zahmen. Jenes, im männlichen Geſchlechte Hauer b) ohne Stoßzähne; ſchweineartige. 129 oder Eber, im weiblichen Bache oder Sau genannt, hat aufrecht ſtehende Ohren und eine dunkel-, ſchwarz- oder graubraune Hauptfarbe, faſt überall mit lichteren Spitzen, beſonders am Kopfe. Die Jungen (Friſchlinge) ſehen anfangs mehr grau aus mit breiten, gelblichweißen Längeſtreifen. Wegen des großen Schadens, welchen dieſe gefräßigen und dreiſten Thiere auf Feldern beſonders den Kartoffeln, Rüben und allem anderen Wurzelwerke zufügen, duldet man ſie gegenwärtig nur noch hin und wieder an weniger fruchtbaren Orten, in ſehr weitläufigen, ſumpfigen Waldun— gen. Hierunter eignen ſich vorzüglich die mit vielen Eichen und Buchen, deren herabgefallene Früchte (Eicheln und Bucheckern) eine ſo gedeihliche Herbſt- und Winternahrung für die Schweine abgeben, daß man gern auch Heerden von zahmen eine Zeit lang in die Wälder treibt. Die zahmen haben meiſt hängende, oder halbhängende Ohren, und gewöhnlich eine weiße, aber ſehr ſchmutzige Farbe, häufig mit ſchwarzen Flecken; ſeltener ſind die gewöhnlichen ganz ſchwarz, noch ſeltener braun oder braunroth. Die engliſchen und die jütländiſchen, mit langgeſtrecktem Körper, gekrümmtem Rücken und hohen Beinen, zeichnen ſich durch ihre vorzügliche Größe aus. Die viel kleineren ſo genannten türkiſchen, in mehreren an die Tür— kei gränzenden Ländern Südeuropa's, haben meiſt kurzes, bräunliches oder ſchwarzes Haar, kürzere Köpfe und Beine, und mehr aufrecht ſtehende Ohren. Es kömmt bei ihnen häufiger, als bei anderen Raſſen, eine Ausartung vor, die man ihrer zuſammengewachſenen Hauptzehen wegen einhufige Schweine nennt. Die ähnlichen polniſchen ſind meiſt röthlich. Am meiſten weichen die chineſiſchen ab, die man wegen ihres vorzugsweiſe trefflichen, feſten, (kernhaften,) aber gleichwohl nie zähen Fleiſches auch bei uns hin und wieder gern zieht. Ihr Schwanz iſt ſteif, (nicht geringelt,) und hängend. Der dicke Bauch hängt wegen der Kürze der Beine faſt bis auf die Erde; die ſehr dünn ſtehenden Borſten ſind ohne Grundhaar, und faſt immer glänzend ſchwarz. Bei dem guineiſchen Schweine, mit feinen, rothbraunen Borſten und langen Ohren, erreicht der Schwanz faſt den Boden. Häufig hat man die Raſſen mit einander vermengt. Am zahlreichſten hält man dieſe, jetzt nach faſt allen Gegenden der Welt verbreiteten Thiere in weniger dicht bewohnten, ebe— nen und ſumpfigen Ländern, wo man ſie zum Sommer großen Theils ſich ſelbſt überlaſſen kann. Sie freſſen dann z. B. in Ungarn beim Austrocknen ſtehender Gewäſſer eine Zeit lang oft mehr Fiſche, Fröſche, Froſchlarven u. dergl., als Pflan— Zzenſtoffe. Im nordöſtlichſten Sibirien, wo man zum Theile faſt bloß Fiſche zum Futter für ſie hat, bekommen ſie einen viel weicheren, thranartigen Speck. Das Weibchen wirft zweimal des Jahres, gewöhnlich 8 — 12, oder gar 14 Junge. Während des Säugens iſt es dann vorzugsweiſe gefräßig; und beinahe alljährlich hört man von mehreren Fällen, wo ſolche zahme Schweine kleine, in Wiegen, oder auf der Erde liegende, aufſichtslos gelaſſene Kinder gräßlich verſtümmelt, oder völ— lig aufgefreſſen haben. In Gegenden, wo man ſehr große Heerden von Schweinen hält und ſie den Sommer hindurch beſonders in Wäldern hüten läßt, kennen die— ſelben gewöhnlich bloß ihren Hirten, entwöhnen ſich aber ſonſt der Menſchen faſt ganz; ſie greifen daher beſonders ſolche Perſonen, die irgendwie eines von ihnen reizen, gemeinſchaftlich an, und werden dann nicht ſelten höchſt gefährlich. Die recht großen und alten Männchen ſind überhaupt oft bösartig; und man darf ſie daher weder zu alt werden, noch frei herumgehen laſſen. In dem Fette (Specke) unter der Haut der zahmen ſitzen häufig kleine, blaſenartige Eingeweidewürmer, die ſo genannten Finnen, welche das Fleiſch ſüß und eckelhaft machen. Die wilden, deren Fleiſch ſtets ſüßlich ſchmeckt, leiden daran nicht. — Eine zweite Art, oder wahrſcheinlich eine beſondere Gattung, in den Wäldern der Inſel Madagascar und des Vorgebirges der guten Hoffnung, heißt das Maskenſchwein (Sus larvätus): Gloger, allgem. Naturgeſchichte, 9 2 130 Saugethterez gte Ordn.: nicht-wiederkauende Mehrhufer; weil ſie auf jeder Backe einen großen, rundlichen, nackten Knollen trägt. Die Grundlage deffeiben macht die gewaltige Wurzelhöhle aus, in welcher der große Eckzahn jeder Oberkieferhälfte ſitzt. [$ 112. In den Wäldern von Neuguinea lebt der Behne der Papusindianer, (Capriscus papuensis,) merkwürdig als das einzige, urſprünglich einheimiſche Hufthier von Auſtralien. Er iſt ein kleines, ſchlank geſtaltetes Schwein, dem ge⸗ meinen verwandt, aber mit ſehr kurzem Schwanze, ohne Hauer, (vortretende, ver— längerte Eckzähne,) und bloß mit > Backenzähnen. Im Alter ſieht er röthlich— braun aus; in der Jugend dunkelbraun mit 5 rothgelben Rückenſtreifen. Der Babi-Ruſa oder Hirſcheber der Malayen, (Choereläphus, Porcus!) iſt ein großes, aber eben nicht ſchlankgebautes Schwein der oſtindiſchen Sundin⸗ ſeln von ähnlicher Geſtalt, wie das unſerige; er hat aber nur — Backenzähne, wie der Behne und die Schweine der neuen Welt, und bloß + Vorderzähne, wie letztere. Die Haut iſt dick, das Haar ſehr kurz. Das Männchen zeichnet ſich durch ſehr ſtark gekrümmte, rundliche Eckzähne aus, die von ungeheuerer Länge, aber nur von geringer Dicke und ſo ſehr nach oben und hinten gebogen ſind, daß ſie wohl ſchwerlich, ohne Gefahr ſie abzubrechen, als Waffe benutzt werden dürfen. Die beiden oberen wachſen geradezu durch die Kopfhaut heraus. Das Thier ſcheint weniger auf thieriſche Koſt zu halten, als das Hausſchwein, und weniger zu wüh— len, ſondern mehr von großen, ſaftigen Pflanzen, Reis u. dergl. zu leben. Die Biſam- oder Nabelſchweine (Dicotyles) im wärmeren Amerika find ohne Schwanz und bekommen niemals lange Eckzähne. Sie haben bloß 4, 3 Hufe, ſehr lange, ſteife, wenig borſtenartige Haare, und auf der Mitte des Rückens eine große, nabelähnliche Drüſe, die eine gelblichweiße, ſtark nach Biſam riechende, fet— tige Maſſe abſondert. Dieſelbe muß nach dem Tode des Thieres ſchnell von dem Jäger ausgeſchnitten werden, weil ſich der Geruch ſonſt dem ganzen Fleiſche mit— theilt. Eine Art (D. torquätus) mit einem ſchrägen, weißlichen, halsbandartigen Streifen vom Halſe zur Schulter, heißt dort Pekari. Die zweite, etwas größere, mit weißem Unterkiefer und Oberlippe, (D. labiätus,) wird Tajaſſu oder Tagnikati genannt. Beide leben ſehr geſellig, zum Theil in Rudeln (Heerden) von 60 und noch mehr Stücken. [$ 113. Dagegen ſcheinen die ſonderbaren, großen und ſtarken, breitrüffeligen Warzenſchweine Afrika's eben ſo ungeſellig, als bösartig. Ihre ſehr breite Schnauze und ein oder ein Paar knollige Auswüchſe oder Haut⸗ lappen auf den Backen geben ihren großen Köpfen ein eben ſo wunder— liches, als häßliches Anſehen; und die ſehr großen, ungemein dicken, feit- wärts ſtehenden Eckzähne beider Geſchlechter bilden eine furchtbare Waffe. Die dicke Haut iſt größten Theils faſt nackt, aber mit einer ſehr langen Mähne vom Oberkopfe über den ganzen Rücken hinweg; der Schwanz iſt ziemlich lang und hängend; die Füße haben 4, 4 Zehen. Ihre weniger zahlreichen Backenzähne (1-4 oder 3) zeigen eine bedeutende, unverkenn⸗ bare Aehnlichkeit mit denen der Elephanten, und werden namentlich auch beim Wechſeln auf ähnliche Weiſe von hinten nach vorn geſchoben. Ihre Nahrung ſoll vorzugsweiſe in Wurzeln beſtehen, deren Auswühlen wahr— ſcheinlich die kraftvollen Hauzähne erleichtern. Der Haroya (Phacochoerus barbätus, Ph. africänus!) im mittleren Afrika, hat Vorderzähne, trägt am Schwanzende einen Haarbüſchel, und am Rande der Oberlippe einen rückwärts gekehrten Schnurrbart von weißen Borſten. Dinotherten. 131 Dem Emgallo (Dinochoerus aethiopieus) fehlen die Vorderzähne ganz; ſein Schwanz iſt kahl; und die ſeltſame Bildung ſeines Kopfes wird noch aben— teuerlicher durch eine Art weichen, ſchlotternden Hautſack unter den Augen. Er ſcheint mehr dem ſüdlichen, als dem mittleren Afrika anzugehören. Dort ſollen die Hottentotten und Kaffern ihn faſt mehr fürchten, als den Löwen. T Mehrere Gattungen ſchweineartiger Thiere find bereits längſt von der Erde ver ſchwunden. Einige davon in Europa, mit ſchmalem Rüſſel, hatten theils Aehnlichkeit mit dem gemeinen Schweine, (Hyotherium,) theils mit den amerikaniſchen Biſam— ſchweine, (Anthracotherium.) Andere in Indien (Choerotherium) waren offenbar näher mit den breitrüſſeligen Warzenſchweinen verwandt. [$ 114. T Zugleich exiſtirte früher in Europa noch eine ganze Familie (4 — 5 Gattuns gen) von ſehr eigenthümlichen Nichtwiederkäuern ohne Nüſſel und mit kurzen Eckzähnen, die Einige deßhalb Baarmundthiere ge— nannt haben. Nach ihrer Fußbildung, oder wenigſtens nach der Zehenzahl, verdienen ſie den Namen Vielhufer zum Theile noch weniger, als die ſchwei— neartigen Thiere. Denn, wie es ſcheint, beſaß nur Eine Gattung außer den beiden Hauptzehen noch 2, 2 Afterzehen; eine andere 2, 1 dergl.; eine dritte nur 1, 1; eine vierte bloß 1, 0. Ja Einer mangelten die Afterzehen ganz, ſo daß (wie bei den kameelartigen Wiederkäuern) nur die beiden auftre— tenden Hufe vorhanden waren. Dagegen zeichneten ſie ſich vor allen Huf— thieren durch ein ſehr vollkommenes, gleichmäßig entwickeltes Gebiß aus: indem ihre Zähne alle von gleicher, oder faſt gleicher Länge waren, und ſich ſo regelmäßig an einander anſchloſſen, daß man das Ganze mit dem Zahn— ſyſteme der Affen, oder ſelbſt des Menſchen, verglichen hat. Es enthielt E Vorderz., 4 Eckz. und — Backenz. Dieſe Geſchöpfe möchten zum Theile die kleinſten aller Hufthiere geweſen ſein; denn ein Paar ſcheinen kaum die Größe eines Igels gehabt zu haben. Andere glichen wahrſcheinlich an Schlankheit des Körperbaues einer Gazelle, näherten ſich alſo hierin den am ſchönſten gebauten Wiederkäuern. Sie haben ohne Zweifel bloß von Pflan— zenſtoffen gelebt. Unter die merkwürdigſten und größten Säugethiere der Vorwelt gehörten offen— bar die räthſelhaften Dinotherien. (Dinotherium.) Eine Gattung, von der man leider noch Nichts weiter mit Gewißheit kennt, als mehrere Kiefer und Schädel: ſo daß es ſich noch nicht mit Sicherheit ausmachen läßt, ob ſie (wie es wahrſcheinlich iſt) zu den ſo genannten Vielhufern, oder vielleicht gar zu den Seekühen gehörten. 7 Ihre Backenzähne (5-3) ähnelten denen des Manati unter dieſen, glichen aber noch mehr denen der Tapire unter jenen. Die Kiefer waren noch länger und vorn viel ſtärker gebogen, als bei dem Vierzahn-Mammuthe; und der obere ging ohne Zweifel in einen ähnlichen, langen Rüſſel aus. Doch beſaß nicht er, ſondern der untere 2 lange und kräftige, faſt ganz nach unten gerichtete Stoß⸗ zähne, die wahrſcheinlich den Thieren beim Gewinnen ihrer Nahrung eine wefent- liche Mithülfe gewährten. Ihre Größe ſcheint die der Elephanten und Mammuthe geweſen zu ſein. Ueberreſte von ihnen liegen in Deutſchland, Frankreich, Lithauen ze. begraben. T Gleichfalls gebogene und ſehr lange Kiefer mit 3-3 Backenzähnen, jedoch ohne Vor— derzaͤhne, hatte eine minder große und fehr ſeltene, andere Gattung (Elasmothe- rium) im ſüdlichen Rußland. Ihre Backenzähne zeigten aber mehr die Bildung von denen der Pferde und allenfalls der Nashörner. 9 * 132 Sängethiere; 1088 Ordn.: Wiederkäuer; 10° Ordnung: Wiederkäuer. [s 115. Sie haben, wie ſchon früher angefuͤhrt wurde, ſtets eine gerade und an beiden Fußpaaren gleiche Zehenzahl: nämlich entweder bloß 2, 2 Hauptzehen, oder zugleich noch 2, 2 Nebenzehen; und ihr Gebiß ent— hält im erſteren Falle gewöhnlich =, im letzteren ſtets L Vorderzähne. Ihr Name ſchreibt ſich von der Eigenthümlichkeit her, alle gröbere, nur flüchtig zerkaute Nahrung wieder aus dem Magen in den Mund zu bringen, um ſie noch einmal zu kauen. Zu dieſem Behufe ſind Schlund und Magen auf eine ſehr eigenthümliche und bewunderungswürdige Weiſe eingerichtet. Der Schlund bildet, außer dem gewöhnlichen oder Hauptkanale zum Durchlaſſen der grob zerkauten Speiſe, auch noch eine beſondere Art von Rinne, (Schlundrinne,) welche nur fein zerkaute Nahrung aufnimmt und hinabgleiten läßt. Sie beſteht aus Längewülſten der Muskel- und Schleimhaut, welche durch Aneinanderlegen ihrer Ränder beim Durchgleiten eines Biſſens jedesmal einen Kanal bilden. Der Magen hat 4 Abtheilungen; man pflegt ihn darum auch wohl als einen vierfachen zu betrachten und zu bezeichnen. Die erſte Abtheilung iſt die größte, und heißt der Hauptmagen, Panſen oder Wanſt. Er iſt inwendig gleichſam wieder in vier Höhlungen abgetheilt und mit langen, kegelförmigen Warzen beſetzt. Man kann ihn mit dem Kropfe der Vögel vergleichen: indem er zum Erweichen der Speiſe dient. In ihn gelangt alles gröbere Futter auf die gewöhnliche Weiſe durch den Schlund. Gleichſam bloß einen kugeligen Anhang zu ihm bildet der kleine Netzmagen, gewöhn— lich Haube oder Mütze genannt, mit ſehr nett ausſehenden, ſechseckigen Zel— len. Er ballt das erweichte Futter in Biſſen zuſammen: worauf es ſo durch Aufſtoßen wieder durch den Schlund in den Mund gelangt. *) Nachdem es hier zum zweiten Male gekaut und nun ſo viel als möglich zerkleinert worden iſt, gleitet es durch die Schlundrinne in die kleinſte, dritte Abthei— lung des Magens, den Falten- oder Blättermagen hinab. Dieſer wird wegen ſeiner hohen, mit kleinen Wärzchen beſetzten Blätter von verſchiedener, regelmaͤßig abwechſelnder Breite, die faſt wie die Blätter eines Buches der Länge nach über einander liegen, auch ſelbſt das Buch oder der Kalender, und, weil man ihn ſeiner Geſtalt nach mit einem zuſammengekugelten Igel vergleicht, auch wohl Igelmagen genannt. Aus ihm geht allmählig Alles in den vierten, den Labmagen, über, der auch Rahm- oder Fettmagen ) Wahrſcheinlich bilden ſich urſprünglich nur in ihm zuweilen jene rundlichen, trocke⸗ nen, faſt ſteinharten Ballen, die man unter dem Namen Bezoare kennt: ein krankhaftes Erzeugniß der Eingeweide, welches aus abgeleckten und zuſammengeballten Haaren und manchen, damit vermengten, unverdaulichen Theilen der Nahrung beſteht. a) kameelartige: eigentliche Kameele. 133 heißt und erſt den Mägen der übrigen Thiere gleicht. Er iſt nur wenig kleiner, als der Panſen, und von länglich-birnförmiger Geſtalt, bloß mit mehreren großen, wulſtigen Längsfalten. Zum Wiederkauen benutzen die Thiere die Zeit der Ruhe. Gewöhnlich bringen ſie damit den größten Theil des Tages hin: da ſie meiſt hauptſächlich bei Nacht nach Nahrung aus— gehen, um ſchnell eine ſo große Menge davon als möglich in ihren erſten Magen zuſammenzubringen, und ſich dann als furchtſame, meiſt wehrloſe Geſchopfe wieder in die Verborgenheit zurückziehen. Solche Nahrung, die ſchon an und für ſich fein iſt, oder ſogleich klein gekaut wird, kauen ſie nie zum zweiten Male; ſondern ſie gelangt ſogleich durch die Schlundrinne in den dritten Magen. (Z. B. bei zahmen Wiederkäuern Kleie, Träber, ge— ſchrotenes Getreide u. dergl.) Ebenſo fangen junge Thiere erſt dann an, wiederzukauen, wenn ſie gröbere Nahrung zu freſſen angefangen haben; und erſt von da an bildet namentlich der Banfen ſich aus. Bis dahin iſt eigent— lich nur der Labmagen in Thäligkeit. [$ 116. Iſte Unterordu.: Kameelartige Wiederkäuer. Ihrer geringen Anzahl ungeachtet verdienen ſie wegen ihrer bedeutenden Abweichungen von allen übrigen Thieren der Ordnung, ſowohl im Fußbaue, wie dem Gebiſſe nach, vollkommen die Aufſtellung als beſondere Unterordnung. Sie haben niemals Afterzehen; und die beiden Hauptzehen werden nicht überall, ſondern nur an der Spitze von Hufen umgeben, die nicht allein kan— tiger und ſpitziger als gewöhnlich, ſondern auch etwas gebogen ſind, ſo daß ſie ſich noch einigermaßen den Krallen mancher früheren Säugethiere nähern. Man kann ſie daher wohl als uneigentliche Hufe betrachten, und ſomit die kameelartigen Thiere als Wiederkäuer mit uneigentlichen Hufen bezeichnen. Der ganze Sohlentheil ihrer Zehen iſt weich und ſchwie— lig, einem Fleiſchkiſſen ähnlich. Ihr Gebiß enthält ſtets kleine, kegelförmige Eckzähne in beiden Kiefern und = Vorderzähne. Letztere erlauben den Thieren das Weiden auf jede beliebige Weiſe: während die übrigen Wiederkäuer dieß nur auf Eine Weiſe (durch Zupfen von unten nach oben, oder von hinten nach vorn) zu thun vermögen. Zugleich machen ſie es ihnen leicht, Holzzweige und andere feſte Dinge abzubeiſſen und zu zerklei— nern: indem die des einen Kiefers denen des anderen faſt ſo entgegenwirken, wie bei den Nagern. Die Zahl der Backenzähne iſt geringer, als bei allen übrigen Wiederkäuern, und größer im Ober-, als im Unterkiefer, während ſie bei den übrigen ſtets in beiden Kiefern gleich iſt. Auch haben dieſelben eine andere Geſtalt, und nähern ſich hierin denen der vorhergegangenen Ordnung. Bei den, ziemlich langgeſchwänzten Kameelen im engeren Sinne, die urſprünglich bloß die ſandigen Gegenden von Aften und Afrika hervor— bringen, beträgt ihre Zahl —. Die Zehen find hier kurz, mit ſehr klei— nen Hufen am Ende und mit ſehr weicher Sohle, welche ſich eben ſo gut 134 Säiugethtere; tote Ordn.: Wiederkäuer; g zu einem leiſen und ſicheren Gange im Sande eignet, wie ſie das Gehen auf 1 Boden und beſonders auf ſteinigem Grunde beſchwerlich und ſchmerz⸗ haft macht. Die Beine ſind hoch, und erforderten, da die Thiere meiſt auf der Erde ſelbſt weiden, einen beſonders langen Hals. Letzterer krümmt ſich, beſonders im ruhigen Stehen, zuerſt tief nach unten hin, und richtet ſich dann in die Höhe. Er trägt einen kleinen Kopf mit ſehr kurzen, wie ab— geſchnittenen Ohren und mit langer, ſehr beweglicher, tief geſpaltener Ober— lippe. Häufig dient bei gezähmten feine Krümmung einem Reiter, ges wöhnlich dem Führer, als Sitz. Dieſe Thiere ſind die größten Wiederkäuer, (obwohl noch gerade nicht die höchſten,) und nach gewöhnlichen Begriffen die häßlichſten von allen, gewiß aber die ſonderbarſten. Man findet ſie jetzt nirgends mehr wild, aber in allen Sandwüſten von Nordafrika und Süd— aſien als Hausthiere, die zum Tragen großer Laſten gebraucht werden. Das Befeſtigen derſelben auf ihrem hohen Rücken, der befonders hinten abſchüſſig wird, begünſtigen ein oder 2 hohe, langbehaarte Höcker (Buckel), die bloß aus einer ſehnigen Fettmaſſe beſtehen, daher mit der Wohlbeleibtheit oder Magerkeit des ganzen Thieres etwas zu- und abnehmen. Zum Behufe des Bepackens oder Aufſetzens müſſen die Thiere ſich, ihrer großen Höhe we— en, auf Befehl ihres Herrn erſt auf die Kniee, dann auf den Bauch nieder— aſſen. Sie können ſehr lange (häufig 8 — 14 Tage) Durſt ertragen: weil ihnen ein beſonderer, zelliger Anhang an ihrem erſten Magen als Waſſer⸗ behälter dient, in welchem ſich lange Zeit hindurch immer wieder Flüßigkeit zum Anfeuchten des genoſſenen Futters ſammelt. Sie trinken dann aber auch ganz erſtaunlich viel auf Ein Mal. In Ermangelung von Gras und anderer zarten Speiſe begnügen ſie ſich gern mit allerhand harten, trockenen und ſtacheligen Gewächſen, wie unfruchtbare Sandwüſten ſie hervorbringen. Sie ſind daher in jeder Beziehung ganz zum Leben und Umherſchweifen in dieſen geſchaffen; und die Araber pflegen mit Recht beſonders das mit Einem Höcker oder den Dromedar (Dromedarius africanus, Cam&- lus dromedarius) in ihrer bilderreichen Sprache „das Schiff der Wüſte“ zu nennen: weil ohne daſſelbe dem Menſchen das Bereiſen und vielleicht ſelbſt das Bewohnen mancher unermeßlichen Sandſtrecken von Nordafrika geradezu unmöglich werden würde. Man hält es übrigens auch im Süden von Aſien bis nach Indien hin. Die von den Arabern (Mauren) in Spanien eingeführten ſcheinen jetzt wieder abgeſchafft, oder eingegangen zu ſein. Dagegen hält man in neuerer Zeit einige Hunderte in Oberitalien, in der Nähe von Piſa. Bei dieſen hat ſich doch die alte Behauptung bewährt: daß Pferde, die nicht an Kameele gewöhnt ſind, ſich vor ihnen fürchten und bei ihrem Anblicke ſcheu werden. Die Dromedare legen täglich mit Leichtigkeit Strecken von 20 Stunden Weges zurück; im Falle der Noth noch viel mehr. Ge— ſang oder Muſik anderer Art treiben ſie, ſelbſt wenn ſie ſchon ermüdet ſind, zu noch größeren Anſtrengungen an. Manche leichter gebaute werden bloß zum Reiten gebraucht. Der Scheitel der Dromedare iſt niedrig; und zur Begattungszeit, wo fie zuweilen eben fo ſtörriſch, böſe und beiſſig werden, wie fie ſonſt lenkſam und zahm ſind, tritt beſonders bei den Männchen aus dem Mundwinkel eine große, rothaderige Blaſe heraus, die ſonſt viel kleiner iſt und am Gaumen ſitzt. Dem größeren und kräftigeren Trampelthiere oder zweihöckerigen, aſiatiſchen Kameele, (Camélus bactriänus,) mit hohem Scheitel und dünnerer Schnauze, mangelt dieſe Blaſe. Der anſehnliche Raum zwiſchen ſeinen beiden, ſehr hohen Fettbuckeln giebt einen natürlichen Sattel ab, der einen ſehr feſten Halt gewährt, € a) fameelartige: Hirfchfameele. 135 Seine gewaltige Größe, gegen die ein Pferd wie ein Zwerg erſcheint, ſetzt es in den Stand, eine Laſt von 12 — 1500 Pfund zu tragen. Ein langes, dichtes, dunkel gelblichbraunes Haar, welches an dem Halſe, den Höckern und Vorderbeinen mähnenartig oder in großen Büſcheln herabhängt und beim Liegen die kurzbehaar— ten Beine bedeckt, ſchützt es gegen die, oft bedeutende Kälte des Winters in vielen Gegenden ſeines Verbreitungsbezirks. Dieſer erſtreckt ſich bloß über Mittelaſien, von den ſüdöſtlichen Grenzen Europas bis an die von China. s 117 Ein Paar kleinere kameelartige Thiere auf den rauheſten Hochebenen und Gebirgen des ſüdlichſten Amerika's in der Nähe der Schneeregion haben keinen Buckel und lange Zehen, ziemlich lange Ohren, einen kurzen Schwanz und bloß — Backenzähne. Sie verdienen wegen ihrer ſchönen, ſchlanken Geſtalt den Namen Hirſchkameele. Von ihrem langen, feinen Wollhaare, welches im Liegen ſtets über die ſorgfältig untergeſchlagenen, äußerſt kurzbehaarten Beine hinweghängt, nennt man ſie häufiger Schaaf— kamele. Sie ſind in allen Bewegungen ſehr gewandt und zierlich, und be— ſonders geſchickt zu hohen Sprüngen. Was ſie ausnehmend merkwürdig macht und, wie es ſcheint, ſelbſt vor den Kameelen der alten Welt auszeich— net, iſt die Fähigkeit, das Wiederkauen oder das Aufſtoßen der Speiſe nach Willkür einzurichten. Denn man ſieht ſie häufig, bald im Zorne, bald im Scherze, einen Biſſen erweichtes Futter heraufwürgen, um es, mit Speichel und ähnlichem flüßigem Stoffe vermiſcht, oft mehrere Schritte weit ihrem Gegner in's Geſicht zu ſchleudern. (Früher hielt man dieſen ſcharfen und ſehr übelriechenden Auswurf mit Unrecht für bloßen Speichel.) Jetzt ſcheint bloß noch Eine Gattung (Auchenia) mit 2 Arten zu exiſtiren, deren eine gewöhnlich Llama, (ſprich Ljama.) oder wild Guanocko, gezähmt auch Moromoro und Pako heißt. (A. lama.) Wild ſieht ſie ſchön röthlichbraun aus, mit graulichen Beinen und ſchwarzem Geſichte. Gezähmt iſt ſie bald ſo; bald dunkelbraun, oder licht aſchgrau und weißlich mit ſchwarzen Flecken; nicht ſelten auch ganz weiß. Von letzterer Farbe iſt gewöhnlich eine kleinere, kurzbeinige Raſſe mit Haar von ungeheuerer Länge, welches zuweilen faſt bis zur Erde hängt. Man gebraucht die Llama's in den öden Gegenden ihres Vaterlandes (Peru und Chili) zum Laſttragen, beſonders in Höhen, wo Pferde und Eſel nicht mehr gedeihen wollen, und hat ſie zu dieſem Behufe ſelbſt nach Mexiko eingeführt. Doch ſind ſie theils zu ſchwach, da ſie höchſtens die Größe eines gewöhnlichen Hirſches errei— chen; theils werden ſie häufig eigenſinnig oder ungeduldig, und laufen dann vor— züglich gern den, ihnen begegnenden Heerden von wilden nach. Im Hochlande von Peru und Chili, wo meiſt an Ackerbau nicht zu denken iſt, waren ſie ehedem die einzigen Hausthiere, die ihren Herrn nicht bloß mit Fleiſch und Milch zur Nah— rung, ſo wie mit Haut und Wolle zur Bekleidung, ſondern auch mit Brennma— terial verſorgten, und noch verſorgen: indem man ihren Unrath ebenſo, wie den der Kamele, getrocknet, ſtatt des, dort meiſt ganz mangelnden Holzes zur Unterhaltung des Feuers benutzt. — Eine noch bedeutend feinere Wolle von hell gelblichbrauner Farbe, welche ſich an Zartheit dem Seidenhaare der dortigen Chinchilla nähert, befigt das niedliche Vicunja oder die Vigogne. (A. vicunna.) Es wird nicht viel größer, als ein Reh, lebt bloß wild und hält ſich noch höher in kleinen, fel— ſigen Gebirgsthälern auf. Man nennt es dort häufig auch „wildes Schaf“, und ſtellt große Treibjagden an, um es zu fangen und zu berupfen, oder zu tödten. Denn ſeine Wolle giebt einen Handelsartikel ab, der aber ſehr wenig zu haben iſt weßhalb man ihn entweder ſtark mit anderer Wolle vermengt, oder dieſe unter * > * - 136 Saͤugethiere; 10te Ordn.: Wiederkäuer; . feinem Namen verkauft. Jung aufgezogene Thiere werden fo ungemein zahm und anhänglich, wie Hunde. 1 . [S. 118. 2te Unterordn.: Wiederkäuer mit wahren Hufen. Sie haben an den Füßen nicht bloß große, ſtumpfe Hornſcheiden, welche faſt die ganze Zehe einſchließen; ſondern ſie beſitzen auch (mit einer einzigen Ausnahme) ſtets 2, 2 Afterzehen und ſtets L Vorderzähne. Dieſe ſetzen ſie nicht allein faſt gänzlich außer Stand, ſich durch Beiſſen zu vertheidigen; ſondern ſie bedingen auch ein weſentlich anderes Verfahren beim Abrupfen von Gras u. dergl. Denn ſie können hiernach natürlich ihre Nahrung, nach— dem fie dieſelbe mit den Lippen gefaßt haben, bloß durch einen Druck mit dem Kopfe nach vorn und nach oben zu abrupfen: da ſie nur auf dieſe Weiſe eine Wirkſamkeit ihrer Vorderzähne zum Abſchneiden des Gefaßten er— zielen können. Alle noch lebende Arten beſitzen — Backenzähne. Manche führen auch noch Eckzähne; aber gewöhnlich bloß im männlichen Geſchlechte und ſtets nur im Oberkiefer. Das Fett aller Wiederkäuer mit wahren Hufen nimmt beim Gerinnen eine beſondere Feſtigkeit und Härte an, und wird Talg genannt. Es dient als entzündungswidriges (Wund-) Mittel und als Brennmaterial zu künſtlicher Beleuchtung. (Talg- oder Unſchlittlichte.) Iſte Zunft. Einige wenige ungehörnte Gattungen ſchließen ſich eben durch den Mangel von Kopfwaffen noch jenen mit uneigentlichen Hufen an. Der Mehrzahl von ihnen leiſten dafür jedoch, beſonders im männlichen Ge— ſchlechte, die langen und ſcharfen, weit hervortretenden und ſanft nach hinten gebogenen Eckzähne des Oberkiefers Erſatz, die ſich ſehr wohl zur Gegenwehr eignen. Bei den Weibchen bleiben dieſelben kürzer. Zwei oder drei Gattungen einer früheren Schöpfungszeit ſcheinen ſchon darum bemerkenswerth, weil ſie eine größere Anzahl von Backenzähnen be⸗ ſaßen, als alle jetzigen Wiederkäuer, und beſonders als die kameelartigen Thiere: nämlich — . Der leere Raum zwifchen dieſen und den Vorder- zähnen war daher bei ihnen viel geringer, als gewöhnlich. T Einige Arten hatten noch keine verlängerten Eckzähne, und glichen an Größe ungefähr den Rehen. (Dorcatherium.) T Indeß ſcheinen auch manche größere hierher gehört zu haben. (Palaeomeryx.) Von beiden weiſen beſonders Deutſchland und Frankreich Verſteinerungen auf. 18 119 Die noch jetzt lebenden ungehörnten Wiederkäuer mit wahren Hufen und mit der ſonſt gewöhnlichen Anzahl von Backenzähnen (=) find dagegen bloß das Eigenthum des mittleren und noch mehr des ſuͤdlichſten Aſtens. Sie haben ſehr kurze Schwänze; und die Eckzähne der Männchen treten ſtets weit aus dem Munde hervor. Es giebt nur wenige Arten. Man bezeichnet ſie häufig gemeinſchaftlich mit dem Namen Moſchus⸗ thiere: obwohl nur Eines von ihnen, das eigentliche oder tibetaniſche Moſchusthier, (Moschus moschiférus,) dieſen Namen verdient. Denn nur bei ihm trägt das Männchen einen großen, rundlichen, inwendig ſehr faltigen Hautbeutel voll jener dicken, ſchmie— b) mit wahren Hufen: dichthoͤrnige. 137 rigen Maſſe, welche, getrocknet, unter dem Namen Moſchus oder Biſam als koſt⸗ bares, ſtärkendes Arzneimittel für ſehr geſchwächte Kranke benutzt wird. Manche Perſonen lieben ſie auch des Geruches ſelbſt wegen. Dieſer iſt ſo ungewöhnlich ſtark: ſo daß er ſich faſt nie wieder ganz aus einem Gefäße verliert, in welchem ein ſolcher Moſchusbeutel längere Zeit aufbewahrt worden iſt. Selbſt ein Schrank, in welchem man letzteren auch nur ein paar Stunden offen liegen läßt, behält jahrelang Spuren davon. Das Thier hält, ſeiner Größe und Geſtalt nach, das Mittel zwiſchen einem Rehe und einer Ziege. Es hat ähnliches, grobes und brü— chiges, graubraunes Haar und faſt keinen Schwanz, wie erſteres, aber ſtarke Beine, wie letztere, und zeigt gleiche Fähigkeit zum Springen über Abgründe. Seine Af— terhufe ſind auch größer, namentlich länger und ſpitzer, als die von irgend einem anderen Wiederkäuer: ohne Zweifel zum beſſeren Anſtemmen an kahlen Felſen und auf glatten Eis- und Schneefeldern. Denn es lebt bloß in den höchſten gebirgigen und waldigen Theilen von Süd- und Mittelaſien. Die übrigen Arten zeichnen ſich durch hohe und ganz ungemein dünne Beine mit ſehr kleinen Afterhufen aus, leben aber auch nur in flachen Gegenden, in den Wäldern der großen Inſeln von Indien. Man nennt ſie gewöhnlich Zwerghirſch— chen. (Lagonebrax.) Sie haben nicht allein faſt Schwänze wie die Hafen, ſondern auch höchſtens oder kaum die Größe von dieſen: z. B. das javaniſche. (Mosch. javanicus.) Ja eines auf Ceylon, die Meminna, (. meminna,) das kleinſte aller Hufthiere, gleicht an Körperſtärke nicht einmal unſerem Eichhörnchen; und ſeine äußerſt langen Beine haben unten kaum die Dicke einer gewöhnlichen Schreibfeder. Dieſe Thierchen können damit erſtaunlich ſchnell laufen, und ſollen nicht bloß äußerſt furchtſam, ſondern auch ſehr liſtig fein. Man erzählt, daß fie, verfolgt, oft weit in die Höhe ſpringen, um ſich mit ihren langen Eckzähnen an Sträucher oder niedrige Baumäſte zu hängen und dann ihren Feind unter ſich weglaufen zu laſſen. In Schlingen gefangen, ſollen ſie ſich todt ſtellen, um nach— her, wenn man ſie aus denſelben herausgelöſt hat, unvermerkt zu entſpringen. [§ 120. 2te Zunft. Dichthörnige Wiederkäuer nennt man gewöhnlich alle Weſen dieſer Ordnung mit ſolchen Kopfwaffen auf der Stirn oder dem Scheitel, die nirgends hohl ſind und durchgängig aus Knochen— maſſe allein, ohne Ueberzug von wirklicher Hornmaſſe, beſtehen. Nur bei Einer Gattung unſerer Zeit ſind die Hörner bei beiden Ge— ſchlechtern vorhanden, kurz, oben platt abgeſtutzt und überall mit einer dün— nen, kurzbehaarten Haut überzogen: nämlich bei der Giraffe, die man auch wohl Kameelpardel nannte. (Camelopardälis.) Sie wohnt im Innern von Afrika, und iſt das höchſte überhaupt gekannte Land— thier, ſo wie eines der ſchönſten und ſonderbarſten zugleich. Sie bildet ein eben ſo ſeltſames, als ſchönes und zugleich eigenthümliches Mittelding zwiſchen Kameelen, Hirſchen ꝛc. Ihre Höhe beträgt bis an das Ende der kurzen, oben abgeſtutzten Hörner gewöhnlich 12 — 14, nicht ſelten 167, und ſoll zuweilen bis auf 187 ſtei— gen. Ein Mann von gewöhnlicher Größe kann ihr bequem unter dem Leibe, oder zwiſchen den Vorderbeinen hindurchgehen; und die, welche ſonſt im Thiergarten zu Paris unterhalten wurden, konnten, wenn ſie in der Stadt herumgeführt wurden, den Bewohnern des erſten Stockwerks der Häuſer die dargebotenen Leckereien aus den Händen nehmen. Ihr Kopf iſt ſo klein, wie der der Kameele, aber ſchön ge— ſtaltet; bei den Männchen ſteht noch eine knochige Erhabenheit, wie ein kürzeres, - 138 Siugethiere; 10te Ordn.: Wiederkäuer; drittes Horn mitten über den Augen. Ihr ziemlich langer Schwanz wird am Ende buſchig. Ueber die Halskante hinab läuft eine kurze, bräunliche Mähne. Die ganze Behaarung iſt oberhalb gelblich, mit großen, mehr eckigen, als rundlichen, dunkelbraunen, pantherartigen Flecken. Die Füße ſind ohne Afterzehen, wie die der Kameele; aber die Zehen kurz mit großen Hufen. Ihre Nahrung machen ganz vorzugsweiſe die Blätter von Mimoſen und anderen, mit unſeren Akazien verwand— ten Bäumen aus; und ihr ganzer Bau iſt auf das leichte Erlangen derſelben be— rechnet. Die Beine ſind ungemein hoch; und die Bruſt iſt ſehr ſtark, um den außerordentlich langen und unten ungemein ſtarken, geraden Hals zu tragen. Die Zunge iſt beſonders lang und beweglich: wahrſcheinlich, um das Laub von noch höheren Zweigen der Bäume zu faſſen und beim Abfreſſen zu halten und herabzu— ziehen. Der viel ſchwächere Hintertheil des Körpers macht den Rücken von den Schultern an ſtark abſchüſſig, und bewirkt, im Vereine mit der Steifheit der lan— gen Beine, einen höchſt ſeltſamen Gang, der aber raſch fördert. Derſelbe iſt ein fortwährendes, weit ausgreifendes Galopiren mit ſteifen Beinen, welches ſich um ſo lächerlicher ausnimmt, je ſchneller das Thier läuft: indem alsdann bei jedem Satze der ungeheuere Hals um ſo weiter nach hinten und vorn überſchlägt. In die Höhe gerichtet, macht er die Giraffe auch im Liegen zu einer gar ſonderbaren Geſtalt. Das Niederlegen geht wegen der Länge der Beine nur langſam und beſchwerlich von Statten. Ebenſo das Aufſtehen. Das Weiden auf der Erde wird ihr nur im höheren Graſe u. dergl. möglich. rg 121. T Mit der Giraffe verwandt, aber zum Theile ganz anders gebaut, wäre, wie Manche glauben, das rieſen- und räthſelhafte Sivathier (Sivatherium) geweſen: fo ges nannt nach dem Fundorte der erſten verſteinerten Reſte von ihm, einem Thale der Sivalik-Kette im Himalayagebirge. *) Es war offenbar kurzhalſig und mit einem ſehr großen, ſchweren Kopfe verſehen, der wahrſcheinlich in einen Rüſſel endigte und ähnliche 4 Hörner, wie die der Giraffe, trug. Es dürfte daher wohl beſſer Vierhornthier oder Wunderthier (Thaumatherium) zu nennen fein. T Vielleicht ſtanden der Giraffe auch manche hirſchartige Thiere der Vorwelt nahe, von welchen man glaubt, daß ſie ihre Hörner nie abwarfen. (Aboloceros.) Sie haben zahlreich das ſüdliche Frankreich bewohnt. 8 122. Bei den hirſchartigen Thieren unſerer Zeit ſind faſt immer die Weibchen ungehörnt. Sie unterſcheiden ſich dann von den, oft gleichfalls ungehörnten Weibchen der Wiederkäuer mit hohlen Hörnern nur durch eine Stelle mit längerem, bürſtenähnlichem Haare [Roſe] über den Knöcheln der Hinterbeine: gewöhnlich an Einer, ſelten an beiden Sei— ten derſelben. Die Hörner der Männchen, wegen ihrer meiſt äſtigen Geſtalt Geweihe genannt, werden (gewöhnlich) alljährlich einmal gewechſelt: und zwar bei älteren Thieren ſtets früher, als bei jüngeren derſelben Art. Jedes ſteht auf einer, meiſt wenig bemerkbaren, bleibenden, mit Haut überzogenen Erhabenheit der Stirn, die oben platt iſt, und die man Roſenſtock nennt. Zu einer beſtimmten Zeit des Jahres wird die Verbindung beider lockerer, und das Horn fällt dann ab. Von nun an regt ſich in dem benachbarten Theile des Kopfes eine außerordentliche Lebensthätigkeit. Die oberſte Seite des Roſenſtockes, wo das Geweih ſaß, überzieht ſich von den Seiten her leichfalls mit einer behaarten Haut, der eine Menge Nahrungsſäfte zu— römen. So bildet ſich binnen Kurzem ein rundlicher, gallertartiger und *) Der Name des Thieres iſt in jeder Hinſicht ſchlecht gewahlt; da er gleich vorweg eine Verwechſe⸗ lung des Landes oder der Wüſte Siwa mit der Gebirgskette Sivalik veranlaßt. 0 pb) mit wahren Hufen: dichthörnige. 139 und blutreicher Knollen (Kolben) mit ſehr ſtarken Adern, der ſich fortwaͤh⸗ rend nach oben zu verlängert: indem er faſt wie eine Pflanze wächſt, und zum Theile Seitenäſte bekömmt. Sein Gehalt an feiner Kalkmaſſe, der im Anfang äußerſt gering war, ſo daß ſich das Ganze weich anfühlte, nimmt nun immer mehr zu, und giebt fo dem Geweihe mit jedem Tage mehr Feſtig— keit und Härte. Erſt wenn es hierdurch bis in die äußerſten Spitzen hin— aus ſo dicht und hart geworden iſt, daß es den härteſten Knochen an Fe⸗ ſtigkeit gleicht, iſt es, wie man zu ſagen pflegt, reif. Nun ſchrumpft die kurzbehaarte Haut, mit welcher es bis dahin überzogen war, zuſammen: ins dem alle die großen Blutadern, welche ihr Nahrung zuführten, und welche für immer noch tiefe, furchenähnliche Eindrücke in ſeiner Knochenmaſſe zu⸗ rücklaſſen, nunmehr vertrocknen. Hierbei ſcheinen die mitabſterbenden Ner— ven dem Thiere ein bedeutendes Jucken zu erregen: daher es durch wieder— holtes, lebhaftes Reiben und Schlagen der Hörner an Strauchäſte u. dergl. nicht bloß die Rinde von dieſen, ſondern auch die Haut von den Hörnern abſtreift, bis dieſe endlich frei als eine bräunliche, zum Theile ſchwarzbraune Knochenmaſſe daſtehen. Die kleinen, knochigen Erhabenheiten derſelben, be— ſonders an der Wurzel, nennt man Perlen. Jedes einzelne Horn, nament- lich der Haupt- oder Stammtheil deſſelben, heißt Stange; die einzelnen Zweige heißen Zacken oder Enden. Mehrere, nahe bei einander ſtehende Enden am oberſten Theile bezeichnet man mit dem Ausdrucke Krone; ab— . breite Enden nennt man Schaufeln. Der unterſte und vorderſte lſt mancher folcher Geweihe wird, weil er ſich über das Geſicht und nament⸗ lich über die Augen herabneigt, Augenſproſſe genannt. Er iſt der Haupttheil der geſammten Kopfwaffe. Geweihſtangen ohne Aeſte nennt man Spieße; ſolche mit bloß Einem Aſte Gabeln. Die Hirſcharten der ge— mäßigten und kälteſten Gegenden haben ſtets bedeutend größere Geweihe, als die gleich großen in heißen Ländern. Letztere ſcheinen dieſelben auch unregel⸗ mäßiger, d. h. nach unbeſtimmten und längeren Zeiträumen, zu wechſeln. (Wahrſcheinlich wegen des viel geringeren Einflußes, welchen der, zum Theile weniger merkliche Wechſel der Jahreszeiten dort ausübt.) Alle haben einen kurzen oder ſehr kurzen, haſenähnlichen, oder kaum bemerkbaren Schwanz. Die meiſten hirſchartigen Thiere nehmen ihren Aufenthalt ganz vorzugs- weiſe in Wäldern mit fruchtbarem oder ſelbſt ſumpfigem Boden, beſonders in größeren; und ſie beſuchen nur von hieraus, gewöhnlich des Nachts, Wieſen, Felder und ſonſt freie, grasreiche Gegenden. Afrika, welches ſo auf⸗ fallend reich an Wiederkäuern mit hohlen Hörnern, aber freilich nach Ver- hältniß ſehr arm an Wäldern iſt, beſitzt von hirſchartigen Thieren auch nicht Eines. [§ 123. Bei Vielen derſelben finden ſich dicht am vorderen Augenwinkel tiefe Hautfalten, die man Thränenhöhlen nennt: weil bei uns an dieſer Stelle die Thränen ausfließen. Sie enthalten (wahrſcheinlich, um ſtets gefügig zu bleiben) einen talgaͤhnlich-ſchmierigen Stoff, den man, wenn er ſich klum⸗ penweiſe verhärtet, Hirſchthränen nennt. Es ſcheint, daß ſie nicht bloß überhaupt mit der Naſe in Verbindung ſtehen, ſondern auch dem Thiere bei anhaltender Verfolgung das Athemholen erleichtern. Denn man kann es an ſchnaubenden zahmen Hirſchen oft deutlich ſehen, wie ſie durch die Thränen— ſäcke Luft ausſtoßen. Faſt alle größeren haben Augenſproſſen. (So namentlich unter den ſpaͤter folgenden die erften.) Die kleineren dagegen, von der Größe unſeres 140 Saͤugethierez tote Ordn.: Wiederkäuer; | Rehes und etwas darüber, beſitzen dergl. ſelten oder nie. Wir betrachten fie hier zunächft. Die Muntjack's (Styloc&ros) find kleine, merkwürdige, oſtindiſche Hirſche, ungefähr von der Größe unſeres Rehes. Die Männchen haben ſehr lange, hervor— ſtehende Eckzähne im Oberkiefer, wie die Moſchusthiere, und tragen ihre kleinen Geweihe auf ungewöhnlich hohen Roſenſtöcken, die mit Haut und Haar überzogen ſind, daher den Hörnern der Giraffe ſehr ähnlich ſehen. Spießrehe (Passalites) kann man einige kleine Hirſche in Südamerika nennen, deren Köpfe zum Theile denen der Schaafe ähnlich ſehen, und deren Hör— ner nie einen Seitenzacken bekommen, alſo ſtets einfache Spieße bleiben. Ihrer Kürze wegen kann man auch dieſe mit den Giraffenhörnern vergleichen. Bei dem Guazasbira, (P. nemorivägus,) welcher kleiner als unſer Reh iſt, bemerkt man die Hörnchen kaum: da fie bloß 2 — 4“ lang werden. Unter Mazamen (Dorceläphus) verſteht man einige größere Hirſche Ame— rika's mit größeren, äſtigen Geweihen, aber gleichfalls ohne Augenſproſſen. Die Stangen derſelben biegen ſich in der Mitte ſtark nach außen, und mit der Spitze nach innen, faſt wie die lyraförmigen Hörner mancher Gazellen. In der That leben auch mehrere dieſer Hirſche ebenſo, wie die meiſten gazellenartigen Thiere, weniger in Wäldern ſelbſt oder tief im Innern derſelben, als in deren Nähe oder an den Rändern derſelben. Ja, in Südamerika giebt es eine Art, die man mit Recht Feld- oder Steppenhirſch (Cervus campestris) nennt: weil ſie ſich beſtändig nur auf freiem, trocknem Boden mit hohem Graſe aufhält und Wälder ſo verabſcheut, daß ſie, ſelbſt von Menſchen und Hunden in die Enge getrieben, lieber zwiſchen dieſen hindurchläuft oder über ſie hinwegſpringt, als ſich ins Gebüſch begiebt. Sie iſt noch ſchneller, zierlicher und feiner gebaut, als der europäiſche Edelhirſch, auch von lichterer Farbe, und giebt einen ſehr ſtarken und unangenehmen Geruch von ſich; beſonders das Männchen, deſſen Fleiſch dadurch ungenießbar wird. Zur Begattungszeit ſpürt man denſelben da, wo ein ſolches Thier vorübergegangen iſt, nach einer guten Viertelſtunde noch. — Der dortige Sumpfhirſch (C. pa- !adösus) iſt noch größer und ſchöner. Er kommt äußerſt ſchnell in Sümpfen fort, wird aber leicht von guten Pferden eingeholt, wenn es mehreren Reitern gelingt, ihn auf trockenen Boden zu jagen. — In Nordamerika giebt es mehrere Arten von Mazamen. Die bekannteſte davon, etwas kleiner als unſer Dammhirſch, iſt der virginiſche H., (C. virginiauus.) deſſen Heimath ſich von Cayenne bis Kanada erſtreckt. Man ſagt: er ſei der erklärteſte Feind der Klapperſchlangen und ſehr geſchickt darin, ihnen mit den Vorderfüßen wiederholentlich und in Zwiſchen— räumen kräftige Tritte und Schläge zu verſetzen, ſo lange, bis er ſie endlich tödtet. Bei der langſchwänzigen Maz. (C. macroürus) reicht der Schwanz bis in die Kniekehlengegend. Die langohrige (C. macrötis) zeichnet ſich durch die Größe ihrer äußeren Gehörwerkzeuge aus. Unſer Reh, (Capreolus europaeus,) welches gleichfalls keine Augenſproſſen hat, aber ziemlich gerade Geweihe trägt, erkennt man leicht an dem kaum bemerk— baren, warzenähnlichen Schwanze. Es iſt ſehr hochbeinig und fein gebaut; im Sommer hell braunroth, im Winter gelblich-graubraun; als Ausartung zuweilen ſchmutzig weiß, mattſchwarz oder gelblich, ſelten aſchgrau oder gefleckt. In der erſten Jugend trägt es ein ſchön rothbraunes Kleid mit mehreren Reihen rund— licher weißer Flecken. Die Hörner der Männchen (Böcke) ſcheinen während des Wachſens, fo lange fie noch weich find, ſehr leicht verletzbar; und fie nehmen dann häufig allerhand Unregelmäßigkeiten an, die zuweilen zu einer völligen Wer: b) mit wahren Hufen: dichthoͤrnige. 141 bildung führen. In verſchiedenen Sammlungen zeigt man eine Menge ſolcher verkrüppelter Rehgehörne. Die Weibchen (Rieken) tragen den Kopf, ebenſo wie die der meiſten hirſchartigen Thiere, immer niedriger, als die Männchen, die ihn ſtets um ſo höher halten müſſen, je ſchwerer ihr Geweih iſt. Die Rehe leben bloß paar- oder familienweiſe. Das Weibchen bringt, obwohl die Begattung ſchon im Auguſt, alſo früher als bei dem weit größeren Edelhirſche erfolgt, doch erſt zu gleicher Zeit, nämlich im Mai oder Juni, ſeine Jungen: gewöhnlich 2, (Männchen und Weibchen;) ſelten 3 oder bloß 1. Die Rehe ziehen ſich zwar an heißen Sommertagen gern in Sümpfe zurück, wälzen ſich aber nie darin, und lieben vor allem Anderen dichtes junges Gehölz; beſonders ſolches, wo Saatfelder oder Wieſen in der Nähe liegen. Im Winter bei Schnee müſſen ſie häufig bloß von weicheren Holzſpitzen, Tannenzweigen und Rinde leben. Die von Espen (Zitter-) und ans deren Pappeln lieben ſie dann ſo, daß ſie gefällte Bäume oft ganz abſchälen. An Zierlichkeit, Leichtigkeit, Flüchtigkeit, Schlauheit und Vorſicht, ſo wie an Schärfe der Sinne, übertreffen ſie den Hirſch bei Weitem. Sie brechen daher auf großen Jagden bei dem geringſten Geräuſche von Seiten der Schützen häufig eben ſo bald unaufhaltſam durch die, ihnen meiſt nicht gefährlichen Treiber, wie der liſtige Fuchs. Gezähmt werden ſie leicht, und ſind dann allerliebſte Geſchöpfe. Sie begleiten häufig ihren Herrn oder ſonſtige Bekannte in den Wald, beſuchen hier auch nicht felten ihre wilden Genoſſen, und kehren nach tage- oder wochenlanger Abweſenheit wieder zurück. Nur die Männchen werden vom dritten Jahre ab gewöhnlich ge— ſtößig, und ſuchen dann oft muthwillig zu verletzen. Wenn fie hier zuweilen ges kochtes und beſonders gebratenes Fleiſch verzehren, ſo iſt dieß bloß dem Salzgehalte und Geſchmacke deſſelben zuzuſchreiben. Denn Salz lieben ſie gleich allen Wieder— käuern ſehr; und mit ſo genannten Salzlecken (trocknen Klumpen von Lehm, der vorher mit Salz durchknetet, oder mit Heeringslacke angemacht worden iſt) kann man Rehe, Hirſche und Damhirſche ꝛc. leicht immer wieder an beſtimmte Orte hinlocken. Das Reh bewohnt nur Europa, und zwar mit Ausſchluß der ſüdlichſten und nördlichſten Theile. — Im öſtlichen Rußland tritt ſchon die zweite jetzt lebende Art, der Ahu der Perſer oder das große Reh, (C. pygargus,) an feine Stelle, welches die Größe eines Damhirſches hat und die Weſthälfte des mittleren Aſiens bewohnt. 9 | T Um ſo größer ſcheint die Zahl der Reharten in der Verzeit, und ganz beſonders in Frankreich, geweſen zu ſein. Hier gräbt man hänfig die Knochen von mehreren, zum Theile ſehr kleinen aus. [s 124. Die eigentlichen Hirſche, (Cervus,) die Sinnbilder von Zierlichkeit und Schnelligkeit, gehören bloß der nördlichen Erdhälfte an. Die Männchen führen ſtets lange Augenſproſſen und gewöhnlich ſpitze Enden an den Geweihen. Letztere ſind ſtets ſehr anſehnlich bei den Arten in kälteren und gemäßigten Gegenden. Mehrere in Oſtindien dagegen, die zum Theile ſchwarzbraun von Farbe ſind und faſt die Größe eines Pferdes erreichen ſollen, tragen doch viel kleinere und weit minder zackenreiche Geweihe, als unſer gemeiner Roth- oder Edel-H. (Cervus eläphus.) Dieſer iſt von der Höhe einer tüchtigen Kuh, aber nicht halb ſo dick, mit ſchönem, langem Halſe. Letzterer ſchwillt bei dem Männchen, welches ihn häufig ſehr ſtark nach oben gebogen hält, zur Brunft- oder Brunſt- (Begattungs-) Zeit, die bei uns auf den September fällt, von dem häufigen, brüllenden Schreien ſtark an, und bekommt dann auch nicht ſelten längeres, ſchwärzliches Haar. (Brandhirſch.) Sonſt ſieht der Hirſch im Sommer rothbraun oder braunroth, im Winter graubraun aus. Die Jungen (Kälber) ſind röthlich oder falb, mit mehreren Reihen von runden, weißen Flecken. Das Weibchen (Thier) bringt gewöhnlich nur 1. Man 142 Säugethiere; 10le Ordn.: Wiederkäuer; hat Beiſpiele, daß es im höheren Alter, wo dieß ganz aufhört, nicht bloß wie das Männchen Eckzähne (Haken) im Oberkiefer bekommen, ſondern ſogar kleine Geweihe aufgeſetzt hat. Die Hörner der Männchen haben jetzt ſelten mehr als 16 Enden (Zacken) an beiden Stangen zuſammen. Früher ſtieg die Zahl derſelben häufig weit höher: und man bewahrt die Abbildung eines ungeheueren Geweihes von 66 Enden auf. Nicht ſelten zeigt die eine Stange ein Ende weniger, als die andere. Im erſten Jahre, wo der Hirſch bloß einfache Stangen ohne Zacken (Spieße) trägt, heißt er Spießer; im zweiten Jahre Gabler, wegen eines Zackens, welcher dem Spitzentheile ſeiner Geweihe das Anſehen von Gabeln giebt. Im dritten Jahre wachſen die Augenſproſſen hervor; und in mehreren folgenden Jahren nimmt die Zahl der Enden meiſt um 1, bei vorzüglich guter Nahrung auch wohl um 2 an jeder Stange zu. Nach ſehr harten, langen Wintern erleidet jedoch das Steigen der Zahl nicht ſelten eine Ausnahme; ja, bei recht alten Hirſchen tritt dann zuweilen ſogar eine Abnahme ein. Uebrigens weichen zwar auch hier, wie bei allen hirſchartigen Thieren mit äſtigen Geweihen, die verſchiedenen männlichen Thiere gleichen Alters bedeutend in Größe und Geſtalt der Geweihe von einander ab; doch wächſt jedem das neue, auch wenn es ſich vergrößert, in derſelben Geſtalt wieder, welche das alte beſaß. Bei uns geſchieht das Abwerfen derſelben bei den meiſten und älteſten Thieren im Monat Februar, welcher davon Hornung (Zeit des Hörnerwechſels) heißt. Sonſt war der Rothhirſch zahlreich in allen Ländern Europa's bis hinauf in das mittlere Schweden; jetzt findet er ſich meiſt viel ſelte— ner, und nur in ſehr ausgedehnten Wäldern mit Sumpfſtellen, oder auf Gebirgen. Manchen Ländern fehlt er bereits ganz. In der Schweiz iſt er jetzt völlig aus⸗ gerottet; und von Britanien bewohnt er bloß wenige der nördlichſten, gebirgigen Theile: außer da, wo man ihn in Thiergärten hält. Nächſt einem Theile von Mittelaſien findet er ſich nur noch in der Berberei, wo er jedoch ebenſo, wie auf Sardinien und Corſika, viel kleiner iſt, als bei uns. Außer der Begattungszeit halten ſich gewöhnlich die Männchen und die Weibchen in abgeſonderten Heerden zuſammen; bloß ſehr alte, ſtarke Männchen (Capitalhirſche) leben gern allein. Zur Begattung geſellen die Männchen ſich kleinen Heerden von Weibchen bei, und £reis ben andere, ſchwächere Männchen von dieſen fort. Gleich ſtarke kämpfen dann oft lange Zeit wüthend mit einander. Sie holen hierzu oft mehr als 20 Schritte weit aus, um ſich nun im ſchnellſten Laufe mit aller Gewalt auf einander zu ſtürzen, und ſich die Zacken ihrer Geweihe gegenſeitig in den Leib zu rennen. Hierbei haben zuweilen ein Paar, deren Geweihe einander recht ähnlich gebildet waren, die Zacken derſelben ſo gewaltſam und feſt zwiſchen einander hineingeſchoben, daß ſie ſich nicht wieder von einander losmachen konnten, und ſo beide elendiglich umkommen mußten.“) Eicheln, Roßkaſtanien und andere bittere Früchte, welche auch die Rehe, ſo wie die wilden und zahmen Schweine lieben, Brunnenkreſſe und ähnliche bittere oder ſcharfe Kräuter, ſelbſt manche Pilze, (Schwämme,) ſind dem Hirſche Lieblingsſpeiſen. Er ſetzt leicht und mit an den Leib gezogenen Vorderfüßen über eine 4 Ellen hohe Mauer, ſchwimmt ohne Weiteres durch breite Flüße, und wälzt ſich im Sommer gern in Sümpfen, (die er überhaupt nur ungern entbehrt,) um von Schlamm eine naſſe, kühlende und gegen Mückenſtiche ſchützende Decke über ſich zu bilden. Die Haufen der großen Roßameiſen in Schwarzwäldern zer⸗ tritt er häufig, um mit Wohlbehagen den ſcharfen, angenehmen Geruch aus den⸗ *) In mehreren großen Sammlungen bewahrt man die Köpfe ſolcher verunglückten Kaͤmpferpaare auf, deren Geweihe noch ſo feſt unter einander verſchlungen ſind, daß keine menſchliche Gewalt ſie aus einander ziehen kann. b) mit wahren Hufen: dichthörnige. 143 ſelben einzuziehen. Gezähmte Männchen ſind zur Brunftzeit oft böſe und tückiſch; ſchon mehr als Eines hat dann feinen Wärter angefallen und umgebracht. Früher ſollen vornehme Leute zuweilen mit einem Geſpanne ſchöner zahmer Hirſche gefahren ſein; und Kunſtreitergeſellſchaften führten ſonſt gewöhnlich einen wohlabgerichteten Hirſch mit ſich umher, der nicht bloß Knaben auf ſich reiten laſſen, ſondern auch durch Reifen und Papierwände ſpringen und ſelbſt über, oder durch ein kleines, ſprühendes Feuerwerk hinwegſetzen mußte. — Dem gemeinen H. nahe verwandt, aber größer, ſind eine oder ein Paar Arten in Nordamerika, gewöhnlich Wapiti genannt. (C. canadensis.) — Ein ſchöner, wahrſcheinlich ſchon den Alten bekann— ter Hirſch, den man zuweilen in den Thiergärten reicher Leute ſieht, mit ähnlich gebildetem, aber kleinerem Geweihe, als der unſerige, iſt der indiſche Ayxis-H. (C. axis.) Er erlangt nur die Größe des Damhirſches, mit welchem er auch den längeren Schwanz und die ähnliche, weißgefleckte Zeichnung gemein hat. — Aber der Damhirſch ſelbſt (C. dama) trägt ſowohl an ſeinen doppelten Augenſproſſen, wie beſonders an der Spitze der Geweihe, breite, ſchaufelförmige Enden. Seine Geſtalt iſt weit minder ſchlank und ſchön, als die des gemeinen; namentlich ſind Hals und Beine kürzer. Er war urſprünglich wohl kaum in Europa zu Hauſe, ſondern ſtammt aus dem ſüdweſtlichen Aſien, wo er bis China gehen ſoll, und aus dem nördlichen Afrika. Doch iſt er nach und nach beſonders in den gemäßigten Landſtrichen unſeres Welttheiles eingewöhnt worden, und macht hier nun ſchon ſeit Jahrhunderten den Hauptbeſtand der Thiergärten aus: wo man ihn ſeines zarteren Wildpretes wegen nach Verhältniß höher hält, als den Edelhirſch. Hier hat er, als halbes Hausthier, verſchiedene Ausartungen der Farbe angenommen. Er kömmt da, zumal im Winter, nicht ſelten einfarbig ſchwarzbraun oder mattſchwarz, braun überhaupt und ganz weiß, ſelten unregelmäßig ſcheckig vor. Die ſchönſten bleiben jedoch immer die mit der urſprünglichen Färbung und Zeichnung. Dieſe trifft man beſonders im Sommer am häufigſten bei den verwilderten an, welche von den aus Thiergärten entkommenen, oder vorſetzlich ausgelaſſenen und nun im Freien gehegten abſtammen. Der Damhirſch iſt nicht bloß kleiner und ſchwächer, fo wie minder ſchnell und ſtürmiſch, als der Edelhirſch; ſondern auch ſtets gutmüthiger und zähm⸗ barer. Daher werden die Männchen in Thiergärten ſelbſt zur Brunftzeit ſelten oder nie den Menſchen gefährlich. Er liebt weder ſumpfige Orte, noch vorzugs— weiſe Tannenwälder, die es bekanntlich in Afrika gar nicht giebt. Die Benennung Tann⸗H., urſprünglich wohl aus Damhirſch entſtanden, ſchreibt ſich ohne Zweifel bloß aus der allmähligen Verdrehung des lateiniſchen Wortes dama her. T Unter der großen Zahl ausgeſtorbener Hirſche mit Geweihen von verſchiedener Bil— dung hat es auch rieſenhafte Damhirſche gegeben. [S 125, Das Elenn oder Elch, (Alceläphus alce,) gewöhnlich Elennthier genannt, iſt jetzt die einzige Art feiner Gattung und das größte, fo wie das unzierlichſte Geſchöpf der geſammten Familie. Es hat die Höhe eines mittelmäßigen Pferdes; einen langen, ſehr dickſchnauzigen Kopf mit großer Oberlippe und kleinen Augen; lange, faſt eſelartige Ohren; und einen kurzen, dicken, oder vielmehr hohen, faſt ſchwanzloſen Leib. Seine Farbe iſt ſonſt dunkel graubraun, an den ſehr hohen Beinen aber ſchmutzig weißlich. Der kurze, dicke Hals macht, daß es mit der Schnauze für gewöhnlich den Boden nicht erreicht. Daher kann es nur entweder hohe Gräſer und Kräuter abweiden, oder mit ſeinen (unteren) Vorderzähnen Laub von Sträuchern abſtreifen und die Rinde von jungem Gehölze abſchälen. Hier— durch verdirbt es in den Waldungen ſo viel, daß man es ſchon deßhalb in neuerer Zeit immer mehr ausgerottet hat. Ehedem war es in ganz Deutſchland und allen Ländern Europa's und Aſiens von ähnlicher und nördlicherer Lage zahlreich. Jetzt 144 Säugethiere; 10te Ordn.: Wiederkäuer; findet ſich auf eigentlich deutſchem Boden nur noch eine kleine Anzahl von Elenn⸗ thieren in den einſamſten, öſtlichſten Wildniſſen der Provinz Preußen: wo ſie, um ihre völlige Vertilgung zu verhüten, ſeit geraumer Zeit auf landesherrlichen Befehl gehegt werden. Denſelben Entſchluß haben jetzt aus demſelben Grunde auch viele Jagdfreunde im mittleren und nördlichen Schweden gefaßt. Die wald- und ſumpf⸗ reichen Striche von Rußland haben das Elenn häufiger, die von Nordamerika hin und wieder in Menge aufzuweiſen. Es verſteht ſehr gut über tiefe, gefährliche Sümpfe mit jener trügeriſchen Decke von Torf- und Moorboden zu ſetzen, ohne dabei mit ſeinen langen Beinen durchzubrechen und zu verſinken, oder ſtecken zu bleiben: indem es ſich auf die eine Seite legt, dann fortwährend die Vorder- und Hinterbeine, zum Theil auch den Kopf, gegen einander ſchnellt und ſich ſo weiter ſchiebt. Unkundige Zuſchauer haben dieſe eigenthümlichen Bewegungen ſonſt für Krampfanfälle, alſo für Aeußerungen eines kranken Zuſtandes angeſehen; und aber— gläubiſche Leute meinten deßhalb, daß Ringe u. dergl., aus der Hornmaſſe von Elennshufen gedrechſelt, wohl ein Schutzmittel gegen Krämpfe bei Menſchen, na— mentlich gegen die fallende Sucht (das häufig ſo genannte Elend) abgeben möchten. Statt alſo den intereſſanten Inſtinkt (Naturtrieb) des Thieres zu bewundern, bedauerte man es über ſein vermeintes Elend, mißdeutete ſeinen Namen dahin, und vergaß, daß derſelbe eigentlich ſeine Größe und Stärke bezeichnen ſollte! — Die Rene, (Tarandus,) gewöhnlich Rennthiere genannt, zeichnen ſich vor allen anderen hirſchartigen Geſchöpfen ſchon durch den Beſitz von Hörnern in bei— den Geſchlechtern aus, die noch dazu ſehr groß, (obwohl bei den Weibchen etwas kleiner,) und mit dem Obertheile nach vorn gebogen find. Jetzt giebt es davon nur noch das gemeine Renthier, (T. rangifer,) im hohen Norden der ganzen Welt, mit Abrechnung von Island und den benachbarten Inſeln.“) Es iſt grau— braun mit lichterem, langbehaartem Halſe; im Winter hell grau mit weißlichem Halſe. Die im ſehr hohen Norden und die gezähmten ſind oft ganz weiß. Das Ren wird kaum ſo hoch, wie eine kleine Kuh. Seine ganze Geſtalt iſt mehr rinder-, als hirſchartig: beſonders der ſtarke, meiſt gerade ausgeſtreckte Hals und die großen Hufe. Letztere erleichtern ihm bei ihrer Breite ebenſo das Gehen auf Felſen, wie ſie das Einſinken in Sumpf und Schnee vermindern. Beim raſchen Laufen erregen die großen und etwas locker befeſtigten Afterzehen, durch Zuſammenſchlagen ihrer Hufe mit einander und mit den Haupthufen, fortwährend ein ſtarkes Knacken oder Klappern. Wild lebt das Renthier in kleinen und großen Heerden, die in Europa zum Winter nach den Wäldern und Thälern herabgehen, in den ebenen Gegenden des öſtlichen Sibiriens und nördlichen Amerika's aber dann oft weit nach Süden ziehen, und zum Frühlinge ebenſo wieder zurückwandern. Gezähmt, ſind dieſelben ihrer ſteten Beweglichkeit wegen auf der Weide ſehr ſchwer zu hüten: beſonders, wenn das Erſcheinen und Summen. der Renthierbremſen fie in Furcht ſetzt. Sie ſind der größte Reichthum und die unentbehrlichſten, nicht ſelten ſogar die einzigen Hausthiere der Lappländer, Samojeden, Tunguſen, Eskimo's und an⸗ derer Bewohner des unwirthbaren Nordens, wo längſt aller Ackerbau aufgehört hat. Dort vertreten ſie nicht bloß die Stelle des Rindviehes, ſondern im Winter auch die der Pferde als Zugvieh. Doch werden ſie weniger zahm, als beide. Die Weib— chen (Kühe), deren Milch ſehr dick und fett, aber nur in geringer Menge vorhan— *) Sein Name muß durchaus nur Renthier und nicht Rennthier geſchrieben werden. Denn er lautet in allen ſkandinaviſchen Sprachen, ebenſo, wie in der altdeutſchen, bloß Ren, (ren,) nur ſehr ſelten mit dem Zuſatze Thier oder Hirſch, (Djur oder Hjort.) Mit Rennen, (ſchwediſch ränna,) wovon man ihn gewoͤhnlich ableitet, hat er ganz und gar nichts zu thun! — b) mit wahen Hufen: hohlhörnige. 145 den iſt, müſſen zum Melken förmlich eingefangen und angebunden, oder feſt gehal— ten werden. Viele Männchen, beſonders die größten, gewöhnt man, ſehr kleine, niedrige Schlitten zu ziehen, in denen nur Ein Menſch ſitzen kann. Mit dieſen legen ſie zwar raſch genug bedeutende Strecken zurück, beweiſen aber keineswegs die ihnen oft zugeſchriebene, fabelhafte Schnelligkeit, und machen oft ſelbſt einem ge— ſchickten und aufmerkſamen Lenker viel zu ſchaffen. Der Nordländer wirft Nichts von ihnen unbenutzt hinweg. Im Frühlinge und Sommer, wo ſie meiſt von Kräutern leben, freſſen ſie zuerſt mit beſonderer Begierde die ſcharfgiftigen Hahnen— fußarten; und ſpäter ebenſo, bis zur Berauſchung, die noch viel giftigeren Fliegen— pilze. Im Winter leben fie theils von Tannenzweigen und Rinden, theils beſon— ders von dem vielbekannten Renthiermooſe. So nennt man gewöhnlich eine große, bitter ſchmeckende und ſehr nahrhafte Flechtenart, deren Heil- und Nährkraft nicht ſelten auch der Menſch benutzt, und die die Rene mit ihren Hufen, oder mit den ſchaufelförmigen Enden ihrer langen Augenſproſſen unter dem Schneee hervorſcharren. Den zahmen müffen die Eigenthümer dann durch Fällen von Bäumen, und da, wo es keine mehr giebt, durch Wegſchaufeln des Schnees zu Hülfe kommen. Es ſcheint unzweifelhaft, daß zu Cäſars Zeit im größten Theile von Deutſchland wilde Rene einheimiſch waren; und doch bleibt es auch gewiß, daß ſie jetzt, wo allerdings das Klima vieler Länder von Europa ungleich milder geworden iſt, ſchon auf den hohen Gebirgen des ſüdlichen Norwegens nicht mehr gedeihen wollen. Selbſt auf den höchſten Bergzügen von Schottland, deſſen Klima freilich (wie das aller Inſelländer) vorzugsweiſe mild und gemäßigt iſt, hat man ihre Eingewöhnung und Verbreitung vergebens verſucht: indem ſie ſich nicht allein nicht vermehrten, ſondern auch binnen Kurzem ſämmtlich ausſtarben. i T Ein Renthier der Vorwelt, deſſen Ueberbleibſel man beſonders häufig in den Torf— mooren von Irland findet, war höchſt wahrſcheinlich der Rieſenhirſch, (Cervus euryceros,) mit Geweihen von 8“ Höhe und 10 — 13 Breite von der Endſpitze einer Stange bis zu jener der anderen. S 126. Zte Zunft. Hohlhörnige Wiederkäuer. Jede ihrer Kopfwaffen beſteht aus einem ſtarken, mehr oder weniger langen Vorſprunge der Stirn— beine, dem ſo genannten Hornzapfen, mit einem darauf ſitzenden Ueberzuge von wirklicher Hornmaſſe. Der letztere erſcheint daher un— ten ſtets auf einen großen Theil ſeiner Länge hohl, ſobald er von dem Kno— chenkerne abgelöſt iſt. Wie alles wahre Horngebilde, hat man auch ihn eigentlich als zuſammengeſetzt aus feſt verbundenen, durch thieriſchen Leim verkitteten Haaren zu betrachten. #) Bei ſolcher Beſchaffenheit können die Hörner natürlich niemals gewechſelt werden. Am häufigſten ſind ſie in bei— den Geſchlechtern vorhanden; und die Keime zu ihnen werden bereits nach der Geburt, wenn nicht ſichtbar, doch fühlbar. Sie dienen, wenn ſich ihre Spitzen nach oben kehren, zum Einbohren von unten herauf und aus der Nähe; wenn ſie ſeitwärts oder nach hinten gehen, zum Anrennen und Stoßen aus der Ferne; wenn ſie aber ſehr lang, dünn und faſt gerade ſind, haupt— ſächlich zum Durchbohren von hinten aufſpringenden Feinden. g ) Daher würden dieſen Hörnern unter den dichthörnigen Thieren der Ordnung die Hörner der Giraffe, oder die bloßen hohen Roſenſtöcke der Muntjackhirſche, am näch— ſten ſtehen; oder ſie würden vielmehr beiden gleichen, wenn die Haut, welche ſie überzieht, mit dem Haare ſelbſt durch Zuſammenkleben verſchmolzen und ſo in Horn verwandelt wäre. Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 10 146 Saͤugethlere; 10te Ordn.: Wiederkäuer; Bei der Familie der rinderartigen Thiere ſind die Hörner glatt, oder wenigſtens ohne deutliche Ringe, und rundlich, oder doch nur am Grunde breit; dabei auch ſtets etwas oder ſtark gebogen. Aber ſolche mit hakenförmig umgebogenem Ende kommen hier doch eben jo wenig, wie ganz gerade vor. Diefe Thiere bewohnen gegenwärtig außer dem alten Feft- lande bloß noch einige nördliche Theile des neuen. Die eigentlichen Rinder (Bos) machen ihre breiten Hufe und der lange, mit einem Endbüſchel verſehene Schwanz kenntlich. Die ſchlotterige, locker hängende Haut längs des ganzen Unterhalſes bildet, beſonders bei den Männchen, die fo ges nannte Wamme oder Kehlwamme. Die bekannteſte und jetzt am weiteſten verbrei⸗ tete Art iſt das gemeine oder Hausrind, im Ganzen wohl das nützlichſte aller Hausthiere, welches man jetzt faſt überall gezähmt findet. (Mit Ausnahme der allerkälteſten Gegenden, wo das Renthier ſeine Stelle vertritt.) Sein Urſtamm, der jetzt nirgends mehr zu exiſtiren ſcheint, iſt noch kaum mit Sicherheit beftimmt.*) Er ſcheint auch bei uns ſonſt in Menge wild gelebt zu haben: da unter den ver⸗ ſteinerten Rinderknochen in den meiſten Ländern Europa's ſolche vorkommen, welche zunächſt mit denen unſerer Hausthiere übereinſtimmen. Letztere zeigen ſehr verſchie— dene Farben: (am ſeltenſten eine fahle oder grauröthliche, mit ſchmalen und ziemlich dichten, langen [tigerähnlichen! Querſtreifen.) Sie bilden in verſchiedenen Ländern oft ſehr verſchiedene Raſſen. Die hoch nordiſchen find ſehr klein; die in Holland und den niedrigen, flachen Gegenden von Norddeutſchland groß und ziemlich hoch— beinig. Die in Tyrol, Steyermark und anderen Ländern ſind eben ſo groß, als ſtark gebaut, niederbeinig mit kurzen Köpfen, ſehr großer Wamme und hoch auf⸗ geſetztem Schwanze; am häufigſten rothbraun, oder ſonſt einfarbig. Wegen des vorzüglichen Milchreichthums der Kühe führt man ſie noch jetzt häufig nach Deutſch⸗ land und anderen Ländern ein. Ihnen ähneln bis auf die höheren Beine die ſpa— niſchen, deren Männchen man dort beſonders früher, häufiger als jetzt, zu den eben ſo grauſamen und gefährlichen, als großartigen und rohen Stiergefechten verwandte. Die Rinder der großen Heerden auf den Steppen von Ungarn, denen meiſt auch die polniſchen nahe kommen, ſind gewöhnlich hell aſchgrau mit großen Hörnern, und zeichnen ſich gewöhnlich durch eine merkwürdige Größe aus, die wegen der Höhe ihrer Beine um ſo mehr auffällt. Aehnliche, jedoch minder große Rinder von etwas dunklerer Farbe, aber mit noch größeren Hörnern, giebt es in vielen Strandgegenden von Mittel- und Oberitalien, zumal in den großen Sümpfen un⸗ weit des Meeres, (den Maremmen.) Sie leben zum Theil in halbwildem Zuſtande. Hörner von wahrhaft ungeheuerer Größe ſollen vor allen die großen, ſchlankgeſtal⸗ teten abyſſiniſchen haben. Eine bemerkenswerthe Raſſe, oder Ausartung des gemei- nen Rindes, ſcheint auch das Zebu oder Buckelrind, im ganzen ſüdweſtlichen Aſien: mit einem anſehnlichen Fetthöcker auf den Schultern; mit ſehr großer Kehlwamme, und häufig mit beſonders großen, hängenden Ohren, faſt nach Art mancher dor⸗ tigen Hausziegen. An Größe ſteht es bald dem ſtärkſten gemeinen nicht nach, bald iſt es weit kleiner; ja, zuweilen ſoll es kaum größer ſein, als ein Schwein. Bisweilen fehlen ihm die Hörner. Auch in Schottland hat ſich eine Ausartung von gewöhnlichem Rindvieh ohne Hörner erzeugt, die man, ihrer Gefahrloſigkeit wegen, bald auch weiter ausgeführt hat. Die meiſten Rinder giebt es jetzt in den weitläufigen Niederwaldungen und noch mehr auf den unabſehbaren Grasfluren ) Denn, ob die weißen Rinder mit ſchwarzen Ohren, welche noch vor nicht gar lan- ger Zeit manche einſame Gegenden der ſchottiſchen Hochlande bewohnten, und die ähnlichen auf der Inſel Tinian im Süden von Aſien, noch für urſprünglich wilde zu halten feier, bleibt mindeſtens ſehr zweifelhaft! — N b) mit wahren Hufen: hohlhoͤrnige. 147 mancher Länder Südamerika's, wo es bei der Entdeckung dieſes Welttheiles nirgends ein rinderartiges Thier gab. So namentlich in Paraguay und noch weiter ſüd— wärts. Dort haben die entkommenen, oder von den Spaniern ausgeſetzten ſich jetzt längſt dermaßen vermehrt, daß Heerden von Tauſenden ganz frei in den Steps pen umherſchwärmen, wo ſie nun als Wild gejagt werden. Die meiſten der da— ſigen Coloniſten beſitzen faſt unzählbare, halbwilde Heerden, die in großen Abthei— lungen, gewöhnlich jede zu mehreren 1000 Stücken, von mehreren berittenen Hirten (Vacqueiro's) gehütet und zuſammengehalten werden. Dort hält Jedermann nur einige wenige zahme Kühe um der Milch willen in der Nähe ſeines Gehöftes; die übrigen werden, ihrer Wildheit wegen, nie gemolken, ſondern nur des Fleiſches hal— ber, (welches man, meiſt getrocknet, als Schiffsvorrath ausführt,) mit Wurfſchlingen gefangen und dann mit Lanzen niedergeſtochen. Oft nimmt man ſogar nur die Häute und Hörner, die alljährlich zu Millionen nach Europa ausgeführt werden, und überläßt die Körper den Raubthieren. Bei uns benutzt man mehr oder we— niger Alles von ihnen zu verſchiedenen Zwecken. Die Kühe, ganz beſonders aber die Ochſen, (verſtümmelten Stiere,) ziehen ſehr häufig auch, zwar langſam, aber mit großer Kraft und Ausdauer, den Wagen, Pflug und ſonſtiges Ackergeräth des Landmannes. — Noch beſſer dient hierzu der Büffel, (B. bubälus,) im ganzen wärmeren Aſien und im Süden von Europa bis nach Italien, wohin er von dort her eingeführt worden iſt. Er hat ſtärkere, mehr nach der Seite herabgebogene und an der Wurzel etwas breitere Hörner, iſt gröber und plumper von Gliedern, aber deßhalb auch ſtärker; mit weit dickerer Haut und grobem, dünn ſtehendem Haare von ſchwarzer Farbe. Er liebt vornehmlich ſumpfige Gegenden, und iſt mit den harten, rauhen Gräſern derſelben, ſo wie überhaupt mit gröberem Futter zu— frieden, aber auch viel ſtörriſcher und unlenkſamer. Daher muß man ihm (wie den gezähmten Bären) den Knorpel der Naſenſcheidewand durchbohren, um ihn vermittelſt eines Strickes an einem hindurch gezogenen, eiſernen Ringe zu lenken. Dennoch iſt er an heißen Tagen oft ſchwer wieder aus dem Waſſer zu bringen, wo er ſich gern ſtundenlang baden und im Schlamme wälzen will. Hochroth gefärbte Kleidungsſtücke ſetzen ihn in Wuth; und ein Menſch, welcher dergleichen trägt, geräth einer Heerde von Büffeln gegenüber leicht in die größte Lebensgefahr. Die Milch der Büffelkuh iſt viel dicker und nahrhafter, als die der gemeinen, aber lange nicht ſo reichlich vorhanden. — Die ſumpfigen Wälder von Südafrika bewohnt ein ähnlicher, faſt noch größerer Büffel von brauner Farbe mit noch weit breiteren Hörnerwurzeln: der kap'ſche B. (B. caffer.) — Das gebirgige Feſtland von Indien ſcheint mehrere Arten zu beſitzen, die zum Theile nicht minder groß, oder noch größer ſind, zum Theile dem gemeinen Rinde näher treten. Merkwürdig iſt hierunter eine kleinere Art auf den höchſten Bergſpitzen von Tibet, der Jak oder das grunzende Rind, (Bos grunnlens,) fo genannt von feiner ſchweineartigen Stimme. Er hat plattere Hörner, als der gemeine Büffel, und trägt, zum Schutze gegen die Kälte eines ſo rauhen Wohnortes, ſehr dichtes und langes, ſchwarzes Haar, welches bis über die fo genannten Kniee (Handgelenk und Ferfe) herabfällt. Die Schwänze von ihm geben die bekannten, fälſchtich fo genannten Roßſchweife, welche dort zu Fliegenwedeln benutzt und beſonders nach der Türkei ausgeführt werden, wo die höheren Staatsbeamten bei ihrem feierlichen öffentlichen Erſcheinen dergleichen vor ſich hertragen laſſen. Deßhalb zieht man, um die Haare nach Belieben färben zu können, vorzüglich ſolche Thiere mit weißem Schwanze und Rückenſtreife. Denn man hält ſie dort auf den rauhen Gebirgen überall, zum Theil auch noch in höheren Gegenden des ſüdlichen Sibiriens, als völlige Haus— thiere. — Unter Uren, Ur- oder Auerochſen, (B urus, ) verſteht man gegenwärtig 10* 148 Säugethiere; 10te Ordu.: Wiederkäuer; meiſt den ehemaligen Urſtamm unſerer zahmen Rinder, die jetzt ſelten die Größe von jenem erreichen. (Ein verſteinertes Gerippe von ihm mißt 53“ in die Höhe.) Sonſt meinte man damit eine andere, weſentlich verſchiedene Art, die auch den deutſchen Namen Biſon, oder vielmehr Wiſent trug, und den flavifchen Namen Zubr führt. (Bos bison, B. urus.) Sie iſt, ohne einen eigentlichen Höcker zu haben, an den Schultern etwas höher und bedeutend ſtärker, als am Kreuze; düſter— oder gelblich-graubraun von Farbe, mit längerem, krauſem Haare (einer Art Mähne) am Vorderleibe und Halſe; mit ziemlich kurzen Hörnern, die am Grunde weit aus einander ſtehen; mit kurzem, dickem Kopfe und kurzen, rundlichen Ohren. Die Stiere, mit einem kurzen, herabhängendem Barte am Kinne, ſollen an den Schul— tern eine Höhe von 67 erreichen. Dieſe Art iſt daher jetzt das größte Landthier Europa's, deſſen mittleren Theil ſie ehedem überall bewohnte. Jetzt iſt ſie hier ſonſt überall ausgerottet: nur in einem ungeheueren, ſumpf- und wieſenreichen Walde in Lithauen (der Bialowiczaer Heide) exiſtirt noch eine Anzahl von ungefähr 3 — 500 Stücken, die, um die Art nicht völlig ausrotten zu laſſen, auf Befehl der ruſſiſchen Regierung im Winter mit Heu gefüttert und ſo ſtreng gehegt wer— den, daß ohne ausdrückliche kaiſerliche Erlaubniß auch nicht Ein ſolches Thier erlegt werden darf. Gleichwohl nehmen ſie doch an Zahl eigentlich kaum, oder gar nicht wieder zu: weil zuweilen die Bären, und in ſtrengen Wintern mit hohem, kruſti— gem Schneee beſonders die Wolfsheerden den jungen Thieren gefährlich werden. Außerdem giebt es Auer bloß noch am Kaukaſus. Zur Zeit der Einfälle der alten Römer in Deutſchland, und noch mehrere Jahrhunderte ſpäter, waren ſie hier ſo häufig, daß das Erlegen eines ſolchen Thieres mit Wurfſpieß und Lanze für die erſte und ehrenvollſte Mannesthat eines muthigen deutſchen Jünglings galt. Denn, obgleich furchtſam an ſich, ſind ſie doch gereizt oft grimmig, und mußten daher bei ihrer gewaltigen Stärke gefährlich ſein. Die Stiere ſollen einen Wolf nicht bloß niederſtoßen und mit ihren Hörnern durchbohren, ſondern ihn auch damit in die Höhe werfen und wie einen Ball wieder auffangen, bis er völlig zerſchmettert iſt. Ihr geſuchteſtes Futter iſt das Ruchgras. Sie ſelbſt, beſonders die Männchen, dünſten einen ſtarken Moſchusgeruch aus. Von den zahmen Rindern weichen ſie nicht allein in jeder Hinſicht bedeutend ab; ſondern beide zeigen ſogar den entſchie— denſten Widerwillen gegen einander. Gefangen gehaltene Auer mögen ſich mit dem Hausrinde nicht vermiſchen; ja, ſelbſt eingefangene Auerkälber wollten an zahmen Kühen nicht ſaugen, obwohl ſie es an Ziegen thaten. — Kleiner, aber ſonſt ſehr ähnlich, mit ſtärkerem Schulterhöcker, kürzeren Beinen und noch einem Paare Rippen mehr (15), iſt der amerikaniſche Biſon, (B. americänus,) dort ge— wöhnlich Büffel genannt. Von ihm hat man einen gezähmten Stier ſchon mit einer gemeinen Kuh gepaart; ihre Jungen (Baſtarde) bekamen zwar die längere Mähnenwolle, nicht aber den Schulterhöcker. Er bewohnt nicht ſowohl die Wälder und Waldränder, als vielmehr die ungeheueren Wieſen der inneren und weſtlichen Gegenden des gemäßigteren Nordamerika's bis hinab auf die Hochebenen von Mexiko. Er lebt geſellig, ſtellt nach Maaßgabe der Jahreszeiten häufig große Wanderungen an, und vereinigt ſich beſonders dann häufig zu unzählbaren Heerden. Dieſe ſuchen die indianiſchen Jäger, gewöhnlich zu Pferde, aus einem weiten Umkreiſe mit großem Lärme in Schluchten zwiſchen ſteilen Felſen zu treiben: wo dann die hinteren, von den Jägern geſcheucht, immer weiter nach vorn drängen, ſo daß die vorderſten in den Abgrund hinabſtürzen müſſen und durch den Fall ſterben. [S 127. Hoch im Norden jenes Welttheiles, von den kahlen Gebirgen der Hudſonsbai bis hinauf auf die rauhen Hügel von Grönland, lebt als Gefährte des Renthieres und auf ähnliche Weiſe das wunderliche, kleine Schaafsrind. (Criotaurus mo- b) mit wahren Hufen: hohlhoͤrnige. b 149 schätus, Ovibos! m.) Es kommt an Größe kaum einer kleinen Kuh gleich, iſt kurzbeinig und ſieht in der Geſtalt des Kopfes, ſo wie überhaupt, mehr einem Schaafe ähnlich. Sein Schwanz iſt ganz kurz, wie bei den wilden Arten von Schaafen; das feine und äußerſt dichte, wollartige Haar hängt bis nahe an die Erde herab. Die Hörner ſtehen ſeitwärts gerichtet, und biegen ſich bis über die Mitte tief nach unten. Sie ſind beſonders bei den Männchen an der Wurzel ſo flach und merkwürdig breit, daß ſie hier faſt die ganze Stirn bedecken und auf der Mitte derſelben in einer geraden Linie zuſammenſtoßen. Das Weibchen hat, wie bei den Schaafen, kleinere Hörner, die auch mehr getrennt ſtehen. Dabei wählen die Thiere, nach Art der wilden Schaafe, bloß felſige Gegenden zum Auf— enthalte, und klettern hier eben ſo geſchickt und raſch, wie jene und wie die Ziegen: indem ihre Hufe ganz eigenthümlich dazu eingerichtet ſcheinen. Ein ungewöhnlich ſtarker Moſchusgeruch, welcher das Fleiſch der Alten faſt ungenießbar macht, hat den Namen Biſamſtier, oder Biſamrind veranlaßt. Eine noch ſonderbarere Gattung rinderartiger Thiere find die Gnu's (Cato- blepas) in Süd⸗ und Mittelafrika. Sie haben unten gleichfalls breite, aber ſtark nach vorn hängende und mit den Spitzen ſehr ſtark rückwärts gekrümmte Hörner, die ihnen als furchtbare Waffen dienen: indem ſie vermittelſt des kurzen, kräftigen Halſes mit geſenktem Kopfe nach oben ſtoßen, um ſo ihrem Gegner den Leib auf— zureiſſen. Den großen, lang behaarten Schwanz und die ſteife, pferdeähnliche Nackenmähne abgerechnet, haben ſie in ihrer Art Aehnlichkeit mit den Elenthieren unter den Hirſchen. Ihr Kopf iſt hoch, aber ſchmal, nur an der Schnauze etwas breiter. Er trägt hinter dem Kinne einen deutlichen, ſtraffen Bart, und auf der Naſe hinauf, ſo wie um die Augen her und an der Stirn ſonderbaare Haarwülſte. Die Beine ſind hoch und ſchlank. Sie gewähren dieſen Thieren eine ſolche Schnel— ligkeit und ſo viel Geſchick in allen Bewegungen, daß man ſelbe für die flinkſten Läufer der ſüdafrikaniſchen Steppen und für noch zierlicher, als die Antilopen hält. Sie laſſen ſich daher nur ſehr ſchwer erlegen; und ſelbſt jung eingefangene ſind kaum irgendwie zu zähmen, ſondern bleiben ſtörriſch und boshaft. Man kennt 3 Arten. Ihr Haar iſt kurz und braun, mit dunkleren Haarwülſten am Kopfe und ſchwarzem Barte; bei der einen ſehen Schwanz und Mähne weiß oder weißlich aus. § 128. Zwei Gattungen von Wiederkäuern der nördlichen Erdhälfte verſteht man gewöhnlich unter der Benennung ziegenartige Thiere. Sie haben im wilden Zuſtande ſtets einen kurzen Schwanz und kantige Hörner mit mehr oder weniger tiefen, ringartigen Furchen bis gegen die Spitze hin. er Männchen ſind von ſehr bedeutender Länge, die der Weibchen aber viel kleiner. Sie leben urſprünglich nur auf Gebirgen, wo fie mit ihren harten, ſchma— len Hufen und kräftigen, gelenkigen Beinen ſehr gut auf den Felſen umher— ſpringen und ſich nicht ſelten über weite Abgründe wegſchnellen. Ihr län— geres, rauheres Oberhaar birgt vorzüglich bei denen der gemäßigten Erdgür— tel eine weiche, warm haltende Wolle. Die Schaafe (Oris) tragen keinen Bart. Ihre Hörner haben 3 oder 4, zum Theil verrundete Kanten ohne Knoten, und ſtehen in ſpiralen (ſchlangen- oder pfropfenzieherartigen) Windungen nach der Seite. Der Muflon (Ovis musimon) bewohnt noch in kleinen Heerden die höchſten Gebirge Creta's, Sardiniens, Cor— ſika's und der Grenzprovinzen von Portugal. Er hat eine bräunliche Farbe und die Größe des gemeinen, zahmen Schaafes. Seine Stimme iſt dieſelbe; und er läßt ſich durch das Blöken der Hausſchaafe leicht zum Fange herbeilocken. Zuwei— 150 € äugeihiere; 10e Ordn.: Wiederkäuer; ‚ len miſcht er ſich auf der Weide auch ſelbſt unter fie. Gezähmt, hält er ſich ſtets zu ihnen, und zeugt fruchtbare Junge mit ihnen. Darum hat man wohl Urſache, ihn, wenn nicht für den Stammvater der Schaafe überhaupt, doch für den Ur— ſtamm der meiſten europäiſchen anzuſehen. Ihm ähnlich, nur zum Theile größer und mitunter ſchwer zu unterſcheiden, ſind andere Arten wilder Schaafe auf den Gebirgen von Griechenland, Kleinaſien, Perſien (2) und Südſibirien. Der Argali, (O. ammon,) auf den Alpen von Oſtſibirien bis nach Kamtſchatka, erreicht faſt die Größe eines Damhirſches und übertrifft denſelben an Schönheit der Geſtalt. Die weſtlichen Bergketten von Nordamerika, bis hinab nach Californien, bringen ein Paar ähnliche Arten hervor. Die höchſten Gebirge des nördlichen Afrika's beſitzen das, faſt noch größere Mähnenſchaaf, (O. trageläphus,) mit kurzem, braunem Haare, aber langen, ſchwarzen Haarbüſcheln an den Knieen und Backen, und mit ähnlicher Nackenmähne. Vielleicht haben mehrere von den Arten der alten Welt, jede in ihrem Vaterlande, durch Zähmung Hausthiere gegeben, die ſich bei ihrer weiteren Verbreitung durch die Menſchen und im eingeſchränkten Zuſtande immer mehr veränderten und durch mehrfache Kreuzung endlich fruchtbare Baſtarde mit einander gaben. Denn jetzt ſcheinen ſich alle Raſſen zahmer Schaafe, trotz ihrer außerordentlichen Verſchiedenheiten, ohne Weiteres mit einander zu vermiſchen. Kein anderes Hausthier, den Hund abgerechnet, zeigt ſo große Abweichungen in Geſtalt, Größe, Bedeckung ꝛc., wie die zahmen Schaafe in verſchiedenen Gegen— den der Welt. Bei den meiſten hat ſich der Schwanz gegen jenen der wilden um mindeſtens das Drei- oder Vierfache verlängert. Viele haben die Hörner entweder ganz, oder doch im weiblichen Geſchlechte abgelegt. Nur die auf Island und in wenigen anderen Ländern haben deren gewöhnlich eine größere Anzahl: meiſt 4, nicht ſelten auch 3 oder gar 5, und von geraderer Richtung. Dieſe nähern ſich meiſt auch den urſprünglichen, wilden Arten durch kürzere Schwänze und durch längeres, bräunliches Oberhaar zwiſchen ihrer Wolle, welche durch erſteres gegen Näſſe geſchützt wird. Sie bedürfen freilich einer ſolchen doppelten Bedeckung um ſo mehr, da ſie bei dem, nach Verhältniß allerdings milden Klima, und weil es an Holz zum Bauen von Ställen für ſie fehlt, ebenſo den ganzen Winter im Freien zubringen, wie die auf den Färöern. “) Der große, ſehr lang- und grob: wollige Zakel, oder das ſo genannte cretiſche Schaaf, welches man ſchon häufig in Ungarn findet, zeichnet ſich durch ungemein lange, eng ſpiralförmig gewundene Hörner aus, die dem Thiere beſonders dann ein ſchönes Anſehen geben, wenn ſie nicht nach der Seite, ſondern nach oben ſtehen. Trockene Gegenden mit gewürz— haften und ſalzhaltigen Pflanzen ſagen zwar den Schaafen überall ganz vorzüglich zu, und ſie gedeihen da immer vortrefflich; doch iſt dieß ganz vorzüglich der Fall auf manchen Hochebenen von Mittelaſien und Südafrika, wo einzelne Theile ihres Körpers ſich mit einer Maſſe von Fett überfüllen. In beiderlei Landſtrichen giebt es theils die berühmten fettſchwänzigen Schaafe mit langem, oft faſt ſchleppendem und ſehr dickem, von Fett ſtrotzendem Schwanze; theils ſo genannte fettſteißige, ohne Schwanz, oder mit einem kaum bemerkbaren Stummel deſſelben, und mit einer Art von dickem Fettpolſter zu jeder Seite deſſelben auf den Keulen. Die Rirgiſen im ſüdweſtlichen Sibirien ꝛc. beſitzen zum Theil ungemein große, meiſt ungehörnte Schaafe mit grober Wolle und hängenden Ohren, die auf ihren hohen Beinen faſt einem kleinen Eſel an Größe gleichen. Von ähnlicher Größe, und mit *) Für heißt im Däniſchen das Schaaf; ö bezeichnet in allen ſkandinaviſchen Spra⸗ chen eine Inſel; und färder (der Plural ohne Artikel) bedeutet demnach Schaafinſeln. 5 14 Deutſchen fo häufig gebrauchte Benennung „färsiſche Inſeln“ iſt daher vollig widerſinnig! — b) mit wahren Hufen: hohlhörnige. N 151 rauhem Haare bedeckt ftatt der Wolle, welche ihnen die Hitze ihres Vaterlandes uner— träglich machen würde, find die Schaafe in Guinea und dem übrigen mittleren Afrika. Mit Einem Worte: je wärmer das Klima iſt, um ſo mehr geht die Wolle der Schaafe in ſtraffes und kürzeres Haar über; und um ſo mehr nimmt ſie bei dem, meiſt ununterbrochenen Aufenthalte der Thiere im Freien eine röthlichbraune, oft ſehr dunkle, oder faſt ſchwärzliche Farbe an. Schon am kaspiſchen Meere, z. B. um Aſtrachan, hält man Schaafe mit dichtem, krauſem, glänzend ſchwarzem Haare, (ähnlich dem mancher Pudel,) deren Felle man unter den Namen Aſtrakan als hübſches Pelzwerk anwendet. Noch viel ſchöner, namentlich weit feiner, zarter und krauſer, iſt aber das glänzend ſilbergraue Haar mancher Schaafe auf der Halb— inſel Krimm, deren junge Lämmer beſonders die, unter dem Namen Krimmer be— kannten Fellchen geben. In der großen Lüneburger Heidenſteppe und in manchen benachbarten Gegenden giebt es Tauſende von Heerden kleiner, grobwolliger Schaafe, die ſo genannten Heideſchnucken, an denen man hauptſächlich das wohlſchmeckende Fleiſch ſchätzt. Letzteres gilt überall um ſo mehr, je heißer die Gegend, je minder culturfähig der Boden und je weniger gewerbthätig die, fie bewohnenden Menſchen ſind. In Mitteleuropa und auf den Bergebenen von Spanien hält man vor Allem auch Schaafe mit äußerſt feiner, dichter Wolle, die man den Thieren im Frühjahre, ſelten noch einmal im Herbſte abſcheert, um ſie zu verſpinnen und zu Tuch zu verarbeiten. Dieſes beſtändige Abſcheeren, ſeit Jahrtauſenden fortgeführt, hat bei den Schaafen ebenſo, wie bei den Pudeln unter den Hunden, alle ſon— ſtige Neigung des Organismus der Säugethiere, alljährlich zweimal das alte Haar abzuwerfen und neues hervorzubringen, unterdrückt. Selbſt ſolche Schaafe, die man z. B. in Thiergärten ausſetzt, wo fie ſich gern zu den Damhirſchen halten und das ganze Jahr hindurch, ſich ſelbſt überlaſſen, im Freien bleiben, werfen ihren Wollpelz, ſo ungeheuer lang und dicht er dann auch wird, mehrere Generationen hindurch noch nicht ab. Nicht ſelten geſchieht dieß jedoch in Folge von Krankhei— ten, denen das Schaaf auch bei der beſten Pflege in Ställen leicht unterworfen iſt. Die letztere hat es bei uns überhaupt ſo erſtaunlich verweichlicht, daß man es z. B. ſo viel als möglich vor jedem Regen verwahren muß. In Spanien läßt man es dagegen meiſt immer im Freien; und die dortige, ſcharfe Winterluft trägt ohne Zweifel mit zur Erzeugung jener ſchönen, dichten und feinen Wolle bei, welche die dortigen Schaafe (Merino's) einſt fo berühmt machte. Jetzt has ben ſie allerdings viel von ihrem hohen Rufe eingebüßt. Denn nach Einführung derſelben in England und Deutſchland iſt man beſonders hier (namentlich in Sach— fen, Schleſien ꝛc.) durch fortgeſetzte, ſorgfältige Auswahl der Zuchtthiere allmählig dahin gelangt, noch feinwolligere Schaafe zu erziehen, als jene. Die ausnehmend große Vorliebe der Schaafe zu Salz oder geſalzenem Waſſer, welche ihnen beide ſehr wohl bekommen, macht, daß manche einander gegenſeitig um des Schweißes willen (der bei allen Geſchöpfen ſalzhaltig iſt) belecken. Allmählich gewöhnen ſie ſich hierbei jedoch auch das Abzupfen und Verſchlingen der Wolle an, wovon die jungen Lämmer öfters ſterben. (Wollfreſſer.) Denn, wie überhaupt, erben ſich beſonders bei ihnen die meiſten Fehler leicht fort. So unter andern das ſo ge— nannte Traberübel: eine eigenthümliche Neigung vieler von ihnen, faſt beſtändig unruhig umherzulaufen, ohne gehörig zu freſſen, ſo daß ſie natürlich ſchlecht ge— deihen. Hierin zeigt ſich freilich recht deutlich die, ſprichwörtlich gewordene Dumm⸗ heit dieſer Thiere. Ebenſo bei Feuersbrünſten oder ſonſtigen Gefahren: wo ſie ſich meiſt in eine unbewegliche Maſſe zuſammendrängen, ohne den offenen Aus— weg zur Rettung zu ſehen. Am beſten folgen ſie überall, beſonders die älteſten (Leithammel) dem Rufen, Händeklatſchen, Schnalzen oder Pfeifen ihres Hirten; . 152 Eäugethiere; lote Ordn.: Wiederkäuer; und mehr Furcht, als jedes andere Weſen, verurſacht ihnen im Freien gewöhn⸗ lich ſein Hund, mit dem ſie im Stalle meiſt in beſter Freundſchaft leben. | x 4 92 [s 129. Bei den Ziegen (Capra) hängt am Kinne ein langer, dicht-haariger Bart; ihre Hörner zeigen vorn eine ſcharfe, knotige Kante und biegen ſich halbmondför— mig nach hinten, wenig nach außen. Sie bewohnen (urſprünglich) bloß die alte Welt, leben meiſt noch höher auf Gebirgen, und ſind noch geübter im Beſteigen von Felſen, als die wilden Schaafe. Man nennt ſie daher im wilden Zuſtande gewöhnlich Steinböcke. Ihre Farbe iſt dann meiſt rothgrau oder röthlichbraun, (im Sommer lichter,) mit ſchwarzem Rückenſtreife und ſchwärzlichen Flecken um die weißlichen Knöchel der Füße. Außer einer Art in Europa und einer oder zweien im mittleren Afrika ſcheint es mehrere in Süd- und Mittelaſien zu geben. Der europäiſche Steinbock, (©. ibex,) merklich größer, als ein zahmer Ziegenbock, bewohnte ſonſt nicht felten die höchſten Alpen der Schweiz, Salzburgs, Tyrols ꝛc.; aber die unabläſſigen Verfolgungen der Jäger haben ihn immer mehr bis auf die unzugänglichſten Gletſcherfelſen zurückgedrängt, wo der wenig unterbrochene, blen— dende Eindruck der, von den glänzenden Schneeflächen und Eisfeldern zurückge— worfenen Sonnenſtrahlen die meiften allmählig blind macht, bis fie fo am Ende durch einen Sturz von den Felſen ihren Tod finden. Daher iſt die Art nament— lich dort bereits dem Ausſterben nahe, und nur noch ſparſam in der öden Berg— kette um den Montblanc und Monteroſa zu finden. Doch ſoll er, freilich gleich— falls nur in ſehr geringer Zahl, auf den Karpathen und den höchſten Bergen der Buckowina zu Hauſe ſein. Die Jagd auf ihn bringt noch mehr Gefahr für die Jäger mit ſich, als die, längſt deßhalb bekannte Gemſenjagd. Wahrſcheinlich iſt nicht er, ſondern eine andere Art des ſüdweſtlichen Aſiens (C. aegägrus) der Urſtamm der Hausziegen. (C. hireus.) Letztere werden, wegen ihrer ausgezeich— net reichlichen Milch, beſonders von ärmeren Leuten in gebirgigen Gegenden gehal— ten: wo bei dem größeren Reichthume an Wäldern ihre Neigung, junge Laubholz— ſtämmchen zu benagen, weniger nachtheilig wird, als anderswo. Die Männchen verbreiten einen ſehr ſcharfen, unangenehmen Geruch, der vielen Thieren zuwider, den Pferden aber ſehr angenehm iſt. Da man von den Ziegen bloß die Milch, die Haut und (mit Ausnahme der alten Männchen) das Fleiſch benutzen kann; ſo hat man ſie weder nach Norden zu, noch nach Süden hin ſo weit und in ſol— cher Menge verbreitet, wie das Schaaf. Bloß in der Levante, z. B. in der Ge— gend von Angora ꝛc., und auf den Gebirgen von Indien, namentlich von Kaſche— mir, Tibet ꝛc. finden ſich Ziegenraſſen mit langem und ſehr feinem, feidenartis » gem Haare, (angoriſche,) oder mit noch feinerem, wolligem, (tibetaniſche oder Kaſchemirziegen.) Aus der Wolle der letzteren macht man dort die ſehr feinen Gewebe, namentlich die koſtbarſten, großen Umſchlagetücher für Damen. Deßhalb hat man dieſe Ziegen, deren Böcke zuweilen ungeheuere Hörner haben, in neues rer Zeit nach Frankreich, der Schweiz und den Pyrenäen ꝛc. eingeführt, und fie öfters auch mit weißen einheimiſchen gepaart. Unter letzteren giebt es faſt alle Farben und vielerlei Zeichnungen. Den Weibchen fehlen zuweilen die Hörner. Die ägyptiſchen haben zum Theile ſehr ſonderbare Schnauzen und ſehr große, hän— gende Ohren. Im Ganzen pflegen jedoch die Ziegen, da man fie keiner fo Fünft- lichen und ſorgfältigen Behandlung unterwirft, nach dem Himmelsſtriche ꝛc. viel weniger abzuändern, als die Schaafe. s 130. Alle noch übrige Wiederkäuer mit hohlen Hörnern begreift man unter dem Namen Antilopen oder gazellenartige Thiere. Ihre Hörner find b) mit wahren Hufen: hohlhoͤrnige. 153 entweder geringelt, wenigſtens an der Wurzel; oder ſie ſtehen ge— rade nach oben. Den Weibchen mangeln ſie bei vielen ganz. Einige ha— ben Haarbüſchel an den Knieen; aber keines beſitzt über den Knöcheln der Hinterbeine die bürſtenartigen Haarwülſte (Roſen) der hirſchartigen Thiere. “) Von der großen Menge der hierher gehörigen Arten beſitzt das ge— ſammte wärmere Afrika gar keine, Europa nur ein Paar, Nordamerika we⸗ nige, Mittel- und Süvaften fehon mehrere; beinahe 5; davon gehören in Afrika zu Hauſe. | ” Nur die kleinſten Arten, oder manche in Wäldern lebende, halten ſich einzeln. Die, welche felſige Orte bewohnen, und die Mehrzahl der beſon— ders großen Arten, bilden kleine Heerden. Die minder großen auf den Step⸗ pen ſind noch geſelliger, wandern zum Theile und vereinigen ſich, beſonders in Südafrika, häufig zu Schaaren von vielen Tauſenden, denen alsdann eine Menge Raubthiere nachziehen. a | Auf den Steppen (Savannen, Prairieen) des weſtlichen Nordamerika's leben die Cabril's oder Gabelhörner. (Dieranocéros.) Sie nähern ſich noch vor allen übrigen den Hirſchen, deren Bau und Schnelligkeit ſie auch beſitzen, durch ihre Hör— ner. Dieſe gleichen zwar ſonſt faſt denen der Gemſen, laufen aber vorn an der Wurzel in einen großen, breiten, ſchaufelartigen Vorſprung aus, der gleichſam eine Art von Augenſproſſe vorſtellt und noch ſonſt an die gabelförmigen Geweihe mancher Hirſche erinnert. Die Gemſen (Cemas, Rupieäpra!) leben zwar theils dort, theils in Europa, jedoch nur auf hohen, felſigen Gebirgen. Sie haben faſt die Geſtalt der Ziegen, und die Lebensweiſe der Steinböcke; aber kurze, rundliche Hörner, die meiſt ſehr gerade auf dem Kopfe und dicht bei einander ſtehen, mit einer ſtark hakenförmi— gen, nach hinten gebogenen Spitze. Die gemeine oder europäiſche G. (C. ru- picäpra) iſt ſchwarzbraun, und wird im Winter graubraun; ihr Kopf ſieht gelb: lichweiß aus, mit einem dunkelbraunen Streifen durch die Augen. Sie bewohnt alle Hochgebirge des europäiſchen Feſtlandes, die nahe an, oder in die Schneeregion reichen, und geht nordwärts bis auf die Karpathen. Doch nimmt ſie durch die ſteten Verfolgungen an Zahl immer mehr ab, oder wird für den Sommer immer weiter hinauf an die unzugänglichſten Stellen zwiſchen die Eis- und Schneefelder zurückgedrängt. Die Jagd auf ſie iſt meiſt eben ſo gefährlich, als für ſehr viele jugendliche Gebirgsbewohner anziehend, und wird bei Manchen zu einer wahren Leidenſchaft. Denn die Gemſe iſt ſehr klug, vorſichtig und äußerſt wachſam, läßt ſich daher gewöhnlich nur mit großer Umſicht, Anſtrengung und Ausdauer über— liſten. Eben ſo ſchnell im Laufen, als geübt im Klettern auf Felſen und im Springen über Abgründe, iſt ſie mit allen Schluchten, Höhlen und anderen Schlupfwinkeln ihres Wohnortes bekannt, der ſchmalſten Felſenſteige gewöhnt, und fähig, ohne Wanken an jähen Felswänden und ſchwindelnden Abgründen feſt auf einem Raume zu ſtehen, der kaum hinreicht, um darauf ihre 4 Füße zu ſetzen. Um ihr nachzufolgen, muß der Gemſenjäger meiſt ſehr große Umwege machen, häufig mit Lebensgefahr und mit Hülfe von ſtacheligen Eiſen unter den Schuhen (Steigeiſen) auf- und abklettern, ſich mittelſt eines langen Stockes (Alpenſtockes) über Klüfte und Abgründe ſchwingen, und ſich auf die unſichere, brüchige Kruſte ſchmelzender Schneefelder und Gletſcher wagen ꝛc. Daher kommen in der Schweiz faſt alljährlich eine Anzahl von Gemſenjägern auf höchſt elende Weiſe, durch Hun— ) Hiernach fallt es nicht ſchwer, auch die ungehörnten Weibchen beider von einander zu unterfcheiden, 154 Säugethiere; 10te Ordn.: Wlederkäuer; hohlhörnige. ger oder Hinabſtürzen in Schluchten um: indem ſie ſich bel den, häufig ſo ſchnell eintretenden, dichten Nebeln verirren und daher den Rückweg nicht finden, oder irgendwo durchbrechen, abgleiten und ſich nun zerſchmettern. Wohl ihnen, wenn ſie hierbei wenigſtens noch einen augenblicklichen Tod finden und nicht etwa mit gebrochenen Gliedern nach tagelanger Qual Hungers ſterben, oder vor Froſt um⸗ kommen müſſen! Man hat Gemſenjäger gekannt, die ſelbſt erzählten, daß ihr Vater und Großvater auf ſolche Weiſe ihr Leben geendet hatten, und die ſich zu— letzt daſſelbe Schickſal vorausſagten, gleichwohl aber doch von dieſer gefährlichen Jagd nicht abließen. [$ 131. Eine ähnliche Lebensweife, wie die Gemſen, führen noch manche Antilopen mit ganz geraden, ſpitzen Hörnern im ſüdlichen Afrika, welche die dortigen Hol— länder deßhalb Klippſpringer nennen. (Oriträgus.) Gerade, oder ſelbſt etwas nach vorn gebogene und ſpitzige, kurze Hörner ha— ben auch die niedlichen, ſchlanken, afrikaniſchen Zwergantilopen, (Minytragus,) deren kleinſte Arten nicht einmal die Größe eines Haſen erreichen. Sie wohnen meiſt in Buſchwäldern von Ebenen und Niedergebirgen. Die merkwürdigſte von allen mit geraden Hörnern, die aber nur beim Männ⸗ chen vorhanden ſind, iſt, ſchon wegen der Zahl derſelben, die rehähnliche Chikarra oder das Vierhorn (Tetraceros) im Himalaya. Das kleinere, vordere Paar ihrer Hörner ſteht nahe beiſammen und dicht über, oder faſt zwiſchen den Augen. Man kann es daher wohl mit dem (gewöhnlich ſo genannten) dritten Horne der männlichen Giraffe vergleichen. Die nächſte Aehnlichkeit fand ſich aber wahrſchein⸗ lich bei dem rieſigen, vorweltlichen Siwathiere. Ziemlich gerade, oder nur ganz ſanft nach hinten gebogen, dabei ausnehmend lang, dünn, ſpitz und ſehr weit hinauf geringelt, ſind bei beiden Geſchlechtern die Hörner der großen Oryre, (Oryx s. Addax,) die ſich mit denſelben fo gut vertheidigen, daß ſie durch heftiges Zurückſchlagen des Kopfes manche der größten, katzenartigen Raubthiere, die ihnen von hinten am Rücken aufgeſprungen ſind, damit ſpießen. Daher hat man öfters die Leichname oder Skelette eines ſolchen Oryr und eines Leoparden oder Panthers neben einander gefunden. Denn die Größe der Oryre iſt mindeſtens die der Kühe: (z. B. bei dem ſchönen weißen O. (Ant. leucoryx) in Nordafrika, der von milchweißer Farbe iſt, mit einem ſchö— nen, großen, ſonderbar eckigen, rothbraunen Flecke auf der Naſe.) Ihr Schwanz iſt eben ſo lang, wie jener der Kühe, aber die Geſtalt viel ſchlanker, und das Haar ſteht am Halſe und Rücken hin und wieder von 2 Seiten wulſtartig gegen einander gekehrt. Der ſüdafrikaniſche graue O., mit ſchwarzen und weißen Flek— ken über den Knöcheln, erreicht die Höhe eines kleinen Pferdes. (Aut. or&as.) Am nächſten mit den Rindern verwandt nach Geſtalt und Größe, beſonders in der Bildung der Hörner und durch ihre breiten Hufe, find die Büffelanti— lopen, (Damälis,) in Südaſien und dem größeren Theile von Afrika. Die ſchönſten, ſchlankſten und flüchtigſten von allen ſind aber die eigentlichen Gazellen, (Antilope,) die von jeher deßhalb berühmt waren: fo, daß fie bei den Perſern und namentlich bei den Arabern mit Recht als Sinnbilder von Reiz und Zierlichkeit gelten. Ihre Hörner, die bei den Weibchen kleiner ſind, gehen erſt ziemlich gerade nach oben, biegen ſich dann bedeutend nach außen, hierauf wieder nach innen, kehren ſich aber mit den Spitzen wieder ſo weit auswärts, daß ſie ſtets recht deutlich, ja bei manchen Arten faſt genau, die Geſtalt einer Leier der \ Alten (Lyra) nachahmen. Ihre Schwänze find nicht lang, mit ſtarkem Haare an der Endhälfte. Der Körper erſcheint unterwärts und hinten meiſt ſchneeweiß; der Alte Ordn.: Einhufer. | 155 Rücken fahls, hell⸗ oder röthlichbraun, beſonders vorn; ein dunklerer Streif zieht ſich an den Seiten des Kopfes und des Leibes hin. So ungefähr die gemeine G. (A. gazella,) und mehrere ihr ähnliche: merklich größer, als unſer Reh, und noch weit ſchlanker. Eine ſüdafrikaniſche Art, der Springbock (A. Euchöre) der Holländer, beſitzt längs dem ganzen Hinterrücken eine große Hautfalte mit langem, weißem Haare. Sie hat die Gewohnheit, im ſchnellen Laufen nach einer größeren oder kleineren Strecke immer wieder einen, oder ein paar weite und meh— rere Ellen hohe Sätze zu thun: meiſt, wie es ſcheint, ohne beſonderen Grund, bloß aus Luſtigkeit und Wohlbehagen; ſelten, um über ihre Vorgängerinnen hinweg— zuſpringen. Dieß gewährt beſonders bei großen, im Wandern begriffenen Heerden, die oft viele, viele Tauſende zählen, einen ſehr eigenthümlichen, ſchönen Anblick. Denn bei jedem ſolchen Sprunge des Thieres dehnt ſich, durch die Biegung des Rückens und das Schnellen der Hinterbeine, die Rückenfalte mit ihrem weißen Haare weit aus, und bildet ſo einen großen hell leuchtenden Fleck. Anmerkung. Die Nachrichten neuerer, vorurtheilsfreier Reiſenden in Mittelafrika ſprechen immer mehr für die Exiſtenz eines fo genannten Einhornes: d. h. eines Huf— thieres mit einem einzelnen, langen, geraden Horne mitten auf der Stirn, welches ſeit länger als einem halben Jahrhunderte für ein bloß fabelhaftes Geſchöpf galt. Gewiß iſt die Sache jedoch noch nicht. Die Erzählungen der Eingebornen ſchildern das Thier dem Aeußeren nach zum Theil einem Pferde, mein jedech einer großen Antilope ähnlich. 11° : Ei ! Ordnung: Einhufer 18 132 Sie haben, da ſie bloß zum ſchnellen Laufen gemacht ſind, unter allen Thieren den einfachſten Fußbau: indem von ihren Zehen überall bloß Eine vollſtändig vorhanden iſt. Dieſe iſt jedoch ſo ſtark, und ihr Huf bildet eine ſo große Hornſcheide, daß das ganze Gewicht des Körpers leicht darauf ruht. Sonſt unterſcheiden die Einhufer ſich äußerlich nicht von den meiſten Wiederkäuern. Ihre Nahrung iſt die nämliche, und die Zahl ihrer Backenzähne die— ſelbe (5); auch die Bildung der letzteren iſt ähnlich. Aber fie haben L Vor— derzähne, auch meiſt Eckzähne, wenigſtens die Männchen; und ihr Magen iſt einfach. Seine Thätigkeit und Verdauungskraft, ſo wie jene der übrigen Eingeweide, werden durch die Weite der Gedärme und namentlich durch die Größe des Blinddarmes unterſtützt: indem hierdurch der genoſſenen Speiſe ein längerer Aufenthalt in der Bauchhöhle geſtattet wird. Sie ſind zunächſt offenbar zum Aufenthalte in kahlen, offenen Gegen— den beſtimmt. Die meiſten ſcheuen im freien Zuſtande Wälder und Gebüſch aller Art, in denen ihre Sicherheit zu oft gefährdet ſein würde. Feindlich angegriffen, vertheidigen ſie ſich durch kräftiges Ausſchlagen mit den Hinter— beinen; nach Umſtänden auch durch Treten (Hauen) mit den vorderen. Außer der Hauptzehe ſitzen bei allen unter der Haut, etwas höher an den Beinen, überall noch Spuren von 2 oder 3 Nebenzehen. T Dieſe trugen bei manchen ausgeſtorbenen Arten, die nicht minder häufig im Norden der neuen Welt gelebt zu haben ſcheinen, ohne Zweifel auch — 156 Säugethiere; Ute Ordn.: Einhufer. wirkliche, äußerlich ſichtbare Afterhufe. Denn bei den verſteinerten Ueberbleibſeln einer Gattung, die man + Pferdethier (Hippotherium) genannt hat, ſieht man an denſelben deutliche Gelenk⸗ flächen für kleine Afterhufe, deren die Vorderfüße 3 beſaßen. Das ſchlanke Pfth. (H. gracile) glich an Größe einem mittelmäßigen Pferde, muß aber einen noch weit ſchlankeren Gliederbau beſeſſen haben, als ein jetziges Pferd von der ſchönen und äußerſt ſchlanken perſiſchen Raſſe. ie Sandgruben von Eppelsheim in Rheinheſſen ſind die Gräber von Tauſenden ſolcher Thiere. (Eine mindeſtens eben ſo große Menge von Pferdeknochen, die wahrſcheinlich hierher gehören, findet ſich im ſüdlichen Frankreich, beſonders in den Sanddünen des Meeres; und eine noch größere Maſſe liegt hin und wieder in Nordamerika aufgeſchichtet.) Eine zweite, kleinere Art (H. nanum) kam nur einem Eſel bei. Is 133. Jetzt leben pferdeartige Thiere oder Einhufer bloß noch in der alten Welt, und zwar in gemäßigten oder warmen Ländern. Die Afterhufe fehlen ihnen; die Stellen am Ende der Spuren ihrer Nebenzehen, wo die— ſelben ſitzen ſollten, werden bloß durch Hornwarzen der Haut bezeichnet. Solche Warzen beſitzt das gemeine Pferd (Equus caballus) an beiden Fußpaaren: (2, 2.) Außerdem zeichnet es ſich durch ſeinen ſchönen, überall mit langen Haaren bewachſenen Schweif und durch eine längere, hängende Mähne auf der Halskante aus. Es ſcheint ſich nirgends mehr eigentlich wild zu finden. Denn die frei lebenden hin und wieder in den Steppen des ſüdweſtlichen Sibiriens ſind eigentlich nur verwilderte Nachkommen von entlaufenen zahmen; ebenſo die große Menge von Heerden in den Steppen des ſüdlichſten Amerika's, welches bei ſeiner Entdeckung nirgends einhufige Thiere, weder zahme, noch wilde, aufzuweiſen hatte. Jene ſo genannten wilden, die man ſonſt im öſtlichen Europa häufiger, als jetzt, heerdenweiſe auf die Viehmärkte trieb, ſind nur Thiere aus den ſo genannten wil— den Stutereien der Moldau, Wallachei und der ſüdruſſiſchen Steppengegenden. Hier leben ſie meiſtens bis zu ihrem dritten oder vierten Jahre, ſich ſelbſt über- laſſen, im Freien: indem ſie bloß beaufſichtigt und im ſtrengen Winter mit Heu gefüttert werden. Eingefangen und zahm gemacht, geben ſie beſonderes kräftige und dauerhafte Reit- und Wagenpferde. Sonſt zieht man meiſt überall die Pferde faſt ausſchließlich in Ställen auf: wo ſie dann allerdings vollkommene Hausthiere ſind, aber auch ſehr verweichlicht werden und vielen Krankheiten unterworfen ſind. Die Raſſen ſind nicht bloß nach den Himmelsſtrichen ſehr verſchieden an Geſtalt und Größe; ſondern man hält zum Theil auch, je nach ihrer Beſtimmung, ſehr verſchiedene in einem und demſelben Lande. So vorzugsweiſe in England. Die Pferde der berühmten, großen Londoner Brauereien ſind die größten und ſchwerſten, aber auch kräftigſten Koloſſe, die man kennt: mit dem Rücken mindeſtens 7 Fuß hoch. Hinter ihnen kommen die der niederländiſchen Frachtfuhrleute. Manche deutſche Küſtengegenden erzeugen gleichfalls große Pferde. Die auf Sardinien und Koörſika find, wie faſt alle dortige Säugethiere, merklich kleiner, als die des Feſtlandes. Daſſelbe gilt von vielen in Rußland, und von beinahe allen auf den Gebirgen von Norwegen, wo ſie auch überall viel längeres Winterhaar bekommen. Die auf Island, den Färöern und ſhetländiſchen Inſeln werden kaum größer, als Eſel, und müſſen das ganze Jahr hindurch im Freien bleiben; ſie haben daher ein langes, etwas krauſes, dem mancher Pudel ähnliches Haar. Von ſolchen nor— diſchen ſtammen die kleinen Reit- und Wagenpferde für Damen und Kinder her, deren Gebrauch beſonders in England Mode iſt, und die häufig von Kunſtreitern zu allerhand ſcherzhaften Kunſtſtückchen abgerichtet werden. Die leichteſten und ſchnellſten, aber keineswegs die ſchönſten Pferde in Europa ſind die engliſchen Wett— renner (Vollblutpferde), die man immer mehr auf das Feſtland einführt, um Alte Ordn.: Einhufer. 157 durch Vermiſchung mit ihnen die hier einheimiſchen zu verbeſſern und leichtere Reit— pferde zu ziehen. (Halbblut-Pferde.) Raſch, dauerhaft und gut ſind die Pferde von Ungarn und andern Steppenländern; groß, ſtark und ſchön, mit ſtark geboge— nen Naſen, herrlichen Schweifen und langen Mähnen die ſpaniſchen. Ihre vor— züglichen Eigenſchaften rühren offenbar von der Vermiſchung der altſpaniſchen Raſſe mit der ächten arabiſchen zur Zeit der Herrſchaft der Mauren über jenes Land her. Die arabiſchen, die von den perfifchen oft noch übertroffen werden ſollen, gelten für die ſchönſten von allen. Sie ſind von der vortrefflichſten, zierlichſten Haltung, und wohl auch die ſchnellſten, ſobald es ſich um das Durchlaufen großer Strecken und überhaupt um beſondere Ausdauer handelt. Ihr Haar iſt ſo kurz und ihre Haut ſo dünn, daß überall der ſchöne, feine Bau der Knochen hindurchſpielt: zumal, da ihre Herren ſie eben ſo mäßig im Futter halten, wie ſie ſelbſt zu leben gewohnt ſind. Doch unterſcheiden auch die Araber, ohne Zweifel die beſten Pferdekenner der Welt, unter ihren Pferden mehrere Raſſen von verſchiedener Güte. Die beſſe— ren verkaufen ſie ſtets mit ihrem Stammbaume, welcher die Namen ihrer geſamm— ten Voreltern enthält; und den der vorzüglichſten Naffe. führen fie bis auf die Stuten ihres Religionsſtifters Mahomed hinauf. Nicht bloß ſie, ſondern auch die Koſacken und andere Bewohner von Wüſten und Steppen, beſchäftigen ſich mit den Pferden als einer, für ſie unentbehrlichen Thierart von Jugend auf ſo angelegent— lich und viel, und haben ſie in ihren Zelten ſtets ſo nahe um ſich, daß ſelbe faſt wie Hunde an ſie gewöhnt ſind und (gleich dieſen) auf Wort, Ruf und Zeichen folgen, auf ihr Pfeifen ſofort herbeieilen c. — Ueberhaupt zeigen die Gelehrigkeit der Pferde und ihr natürlicher Verſtand ſich für Thiere ſtets im beſten Lichte, ſo— bald der Menſch ſich in dieſer Hinſicht viel mit ihnen befaßt. Unter den ange— bornen Fähigkeiten ſticht beſonders der ausgezeichnete Ortsſinn oder die Fähigkeit her— vor, ſich ſelbſt in finſterer Nacht überall, wo ſie nur überhaupt Einmal gegangen ſind, wieder zurecht zu finden, ſobald nur der Reiter ſich ihnen überläßt. Ihre Farbe iſt ſehr verſchieden, aber ſelten gefleckt. Die verwilderten ſind am häufigſten röthlichbraun oder falb, mit einem ſchmalen, dunkleren Rückenſtreifen und mit ſchwarzem Schweife und Mähne. Ihr Kopf iſt gewöhnlich das am wenigſten Hübſche an ihnen. Sie halten ſich unter Anführung eines alten Hengſtes in klei— nen Heerden zuſammen, die meiſt aus Stuten mit ihren Füllen beſtehen. Aus dieſen treten ſpäter jüngere Hengſte aus, und ſammeln allmählig ebenſo eine An— zahl junger Stuten um ſich. Die Männchen gehen überall voran und ſuchen oft die Heerde zu vertheidigen; die Jungen werden bei Gefahren in die Mitte genom— men. Im Süden von Amerika iſt die Menge ſolcher wilden Pferde ſo erſtaunlich groß geworden, daß man jährlich Tauſende bloß um der Häute willen tödtet. Je— der dortige Kuhhirte kann ſich leicht eine beliebige Anzahl einfangen, um ſie bei der Ausübung ſeines Geſchäftes als Reitpferde zu benutzen. Ueberhaupt geben dort nur Zähmung und Abrichtung den Pferden einen gewiſſen Werth, obgleich beide von der Art ſind, daß auch der beſte europäiſche Reiter ſchwerlich lange auf ihrem Rücken würde bleiben können. Die Patagonier ſieht man jetzt faſt beſtän— dig zu Pferde; auch mehrere Nationen unter den Indianern von Nordamerika, in deſſen Steppen es jetzt gleichfalls hin und wieder verwilderte Pferde giebt, reiten ſehr viel. Die Engländer ſind zuerſt auf den Gedanken gerathen, den Pferden durch eine eben ſo grauſame, als langwierige Operation die Schwänze zu ſtutzen und ſie zum Hochtragen derſelben zu zwingen, in der wunderlichen Meinung, die Natur durch eine Verſtümmelung zu verſchönern! (Engliſiren.) Der einzige Nutzen davon iſt aber nur etwa der, daß ſie im Sommer beim Abwehren der Fliegen die mit ihnen umgehenden Perſonen nicht damit ins Geſicht ſchlagen können. Dagegen * 158 Säugethierez 11te Ordn.: Einhufer. hat es den großen Nachtheil, daß die armen Thiere den Stichen der ſie quälenden Bremſen und Mücken faſt ſchutzlos ausgeſetzt ſind: ſo daß ſie noch viel unruhiger werden müſſen, um dieſelben durch fortwährendes Stampfen und Schütteln zu vertreiben.“) Im Süden von Europa, namentlich in Spanien, in den urſprünglichen Kolonieen der Spanier in Amerika, zum Theil auch im Morgenlande, zieht man Baſtarde von Pferden und Eſeln. Dieſe verbinden in gewiſſem Grade die guten Eigenſchaften beider Eltern mit einander. Solche, die, wie gewöhnlich, einen Eſel— hengſt zum Vater und eine Pferdeſtute zur Mutter haben, werden Maulthiere (mulus) genannt. Sie ſehen faſt ganz wie Pferde von geringerer Größe, mit et— was längeren Ohren und ſpärlicher behaarten Schwänzen aus: zumal, da ihre Farbe gewöhnlich röthlichbraun iſt, weil man vorzugsweiſe gern Stuten von dieſer Farbe wählt. Man hält die Maulthiere am häufigſten in Gebirgen und gebraucht ſie, je nach Verſchiedenheit des Landes oder der Gegend und der Perſonen, bald mehr zum Reiten, bald zum Fahren, bald vorzugsweiſe zum Tragen von Laſten. Ihre Geduld, Ruhe, Folgſamkeit und Zuverläßigkeit machen ſie beſonders als Laſtthiere ſehr ſchätzenswerth; und die Maulthiertreiber verrichten als beſonderer Gewerbeſtand in den gebirgigen Gegenden von Spanien auf andere Weiſe Daſſelbe, was bei uns die Fuhrleute thun. Von kleinen Pferdehengſten und großen Eſelſtuten fallen, meiſt nur zufällig, die fo genannten Mauleſel, (hinnus, ) die gewöhnlich viel klei⸗ ner bleiben und ſo häßlich ſind, daß man ſie nirgends gern hat. Beide pflanzen ſich noch weniger fort, als andere Baſtarde: nämlich auch nicht mit den beiden Stammarten. a [s 134. Die übrigen jetzt vorhandenen Einhufer haben nicht bloß einen kürzeren, dem der Kühe ähnlichen Schwanz, mit einem bloßen Haarbüſchel am Ende; ſondern es mangeln ihnen auch die Hornwarzen (äußeren Spuren von Afterzehen) an den Hinterbeinen. Einige Naturforſcher betrachten ſie daher als Thiere einer beſonde— ren Gattung, unter dem Namen Eſel. (Asiaus.) Nicht eben das bekannteſte von ihnen, wohl aber dem Pferde noch am meiſten ähnlich, ſelbſt in Betreff des Schwanzes, ift das fo genannte wilde Maulthier der Alten, oder der Dfiggetäi der Mongolen, (Equus hemiönus,) welcher in der That wie ein Maulthier von der gewöhnlichen, röthlichbraunen Farbe ausſieht. Er bewohnt die Wüſten von ganz Mittelaſien bis hinab auf manche Hochebenen des nördlicheren Indiens. An mehreren, die in neuerer Zeit nach Europa gebracht worden ſind, hat man allge— mein eine ganz ausnehmende Zierlichkeit, Lebhaftigkeit und Schnelligkeit bewundert. Doch kommen alle dieſe angenehmen Eigenſchaften in mindeſtens gleichem Grade auch der wilden Stammraſſe des gemeinen Eſels (E. asinus s. onäger) zu. Dieſe ſieht auf dem Rücken hell röthlichbraun, an den Seiten ſchön ſilbergrau aus, mit einem ſchmalen, ſchwarzen Streifen über den Rückgrath hinab und quer über die Schultern. Ihre Ohren find allerdings etwas lang, aber ſchön geformt, were den auch hübſch getragen und harmoniren überhaupt ganz mit dem vortrefflichen, leichten und ſchönen Körperbaue. Die wilden Eſel ſind zum Theil in denſelben Gegenden, wie der Dſiggetäi, zum Theil etwas ſüdlicher und weſtlicher zu Hauſe. So namentlich noch auf den Gebirgen und Bergebenen von Perfien, wo fie Kulan heißen, bis gegen das kaspiſche Meer. Dort gilt das Erlegen eines wilden Eſels, ſowohl ſeiner Schnelligkeit, wie ſeiner Vorſicht und Schlauheit halber, bei den Jä⸗ gern als Beweis eines vorzüglichen Geſchicks, oder eines beſonderen Glücksfalles. Jung eingefangene Männchen gebraucht man ſpäterhin gern zur Fortpflanzung, ) Es war daher ganz richtig berechnet, wenn ein anderer, geſcheuterer Engländer, der Weide für Pferde ausbot, für einen ſolchen Stutzſchwanz nur halb fo viel Weidegeld ver- langte, wie für einen Langſchwanz. 8 11te Ordn: Einhufer. 159 zur weſentlichen Verbeſſerung und Verſchönerung der Zucht der zahmen. Letz— tere ſind denn freilich, beſonders in unſeren nördlichen Ländern, wo es ihnen viel zu kalt iſt, in jeder Hinſicht, in Betreff der Größe, Geſtalt, Schnelligkeit und Klugheit, ſo herabgekommen, daß ſie gewöhnlich gerade als Muſter vom Gegen— theile angeſehen werden. Ohren und Kopf ſind meiſt unförmlich groß, erſtere oft hängend; der Leib iſt dick, das Haar ziemlich lang und ſtruppig, und die Farbe am häufigſten einfach dunkelbraun oder bräunlichgrau, ohne Rückenkreuz. Letzteres fehlt denen in Südeuropa, die größer, hübſcher geſtaltet und mehr grau ſind, nur ſelten. Sie taugen vermöge ihres ſtärkeren Kreuzes beſſer zum Laſttragen, als die Pferde, gehen auch viel ruhiger und ſicherer, beſonders im Gebirge, ſelbſt an ge— fährlichen Abgründen. Dabei begnügen ſie ſich mit ſchlechterem, gröberem Futter, freſſen ſelbſt die ſtacheligen Diſteln gern, und find wenigeren Krankheiten unters worfen. Ihre Milch iſt ungemein dick, daher ſehr nahrhaft, und namentlich heilſam für ſchwindſüchtige Perſonen. Deßwegen hält man beſonders an manchen Geſund— brunnen ganze Heerden milchender Eſelinnen. Das Fleiſch gilt überhaupt für wohl— ſchmeckend, und wird unter Anderem zu den beſten italieniſchen (Salami-) Würſten benutzt. Zuweilen werden die Eſel doch ſtörriſch und ungehorſam: am häufigſten in größeren oder ſonſt geräuſchvollen Städten. Die Urſache hiervon ſcheint in ih— rem feinen Gehöre zu liegen, welches durch zu großen Lärm empfindlich beläſtigt wird. In der That hat das Verſtutzen der Ohren, welches man in England hin und wieder anwendet, ſich als gutes Gegenmittel bewährt. — Nord- und Mittels afrika ſcheinen (wenigſtens jetzt) nirgends einen wilden Einhufer zu beſitzen; dage— gen hat der Süden dieſes Welttheiles deren 3. Dieſe ſind ſämmtlich von etwas bedeutenderer Größe, als die ſtärkſten ſüdeuropäiſchen Eſel, jedoch mit Ohren wie jene der Pferde. Hiervon lebt das Quacha (E. quagga) in Heerden auf den Ebenen, gewöhnlich mit Straußenheerden zuſammen. Letztere ſcheinen vermöge ih— res außerordentlich ſcharfen Geſichts für beide zu wachen, (denn ſie ergreifen bei Gefahr gewöhnlich zuerſt die Flucht,) und finden dafür eine angenehme Nahrung in manchen großen Inſekten, welche der Unrath der Quacha's herbeizieht. So hält ein beiderſeitiger Vortheil ſie bei einander. Das Quacha hat ſeinen Namen von der faſt bellenden Stimme, die gerade wie der Ton klingt, welchen ein, ſtark auf das Eis geworfener und dann auf demſelben hingleitender Stein erregt. Seine Farbe iſt braun; nur am Hintertheile weißlich mit breiten, dunkelbraunen Streifen. — Das ſeltene Bergzebra (E. montänus) zeigt auf gelblichem oder weißlichem Grunde ſonſt überall dichte und breite, dunkelbraune Querſtreifen, bloß mit Abrechnung des größten, unteren Theiles der Beine. — Bei dem gewöhnlichen oder eigentlichen Zebra (E. zebra) erſcheinen auch noch die Beine bis zu den Hufen rundum mit Querſtreifen geziert, die hier ſchmäler ſind, als am Körper, und am Kopfe noch feiner werden. Es würde leicht das ſchönſte aller Säugethiere ſein, wenn ſeine Geſtalt nicht mehr Aehnlichkeit mit der eines zahmen Eſels hätte, als mit der ei— nes ſchön gebauten Pferdes. Indeß ſtellt man es deßhalb gern in Europa zur Schau, hat auch ſchon von ihm und dem Eſel Baſtarde gezogen. Seines eigen— ſinnigen, furchtſamen und zum Theile ſehr tückiſchen, boshaften Weſens halber iſt jedoch, wie es ſcheint, ſelbſt bei jung eingefangenen noch nirgends eine wirkliche Zähmung gelungen. *) Es bewohnt meiſt Ebenen. *) Wehrloſe Thiere, zumal größere und ältere, ſchweben in der Gefangenſchaft aus an— geborner Furchtſamkeit in fortwährender Angſt vor dem Menſchen und ſeinen Umgebungen: während Löwen, Tiger und Bären im Bewußtſein ihrer Kraft ruhig erwarten, was da kommen ſoll. Daher werden dieſe, ſelbſt alt gefangen, bei guter Behandlung oft binnen wenigen Monaten zahmer, als manche Hufthiere in 2 — 3 Generationen. 160 Säugethiere: (floſſenfüßigez) 12te Ordn.: Robben; Floſſenfüßige oder Seeſängethiere. [s 135. Sie find fo ganz zum Leben im Waſſer geſchaffen, daß fie mit äußerſt wenigen Ausnahmen bloß das Meer bewohnen; und viele können durchaus nie das Waſſer verlaſſen. Ihr Vorderkörper iſt ſehr ſtark, und der Hals beſonders dick; der Hinterleib viel ſchwächer, aber langgeſtreckt und äußerſt biegſam. Denn er hat, gleichſam als Steuerruder, hauptſächlich die Bewe— gung des Ganzen im Waſſer zu lenken. Die ſehr kurzen Gliedmaßen, zumal die hinteren, deren Zehen ſtets rückwärts gerichtet ſtehen, vertreten hierbei die Stelle der eigent— lichen Ruder. Sie haben vor Allem die eigentliche Fortbewegung zu bewir— ken. Von den Schwimmfüßen derjenigen Landſäugethiere, welche unter die— ſen noch am meiſten zum Aufenthalte im Waſſer geſchaffen ſind, unterſchei— den ſie ſich überdieß immer noch leicht durch das ganz andere Verhältniß ihrer Zehen. #) Denn bei bloßen Schwimmfüßen find ebenſo, wie überhaupt bei den Füßen der Landthiere, die mittleren Zehen ſtets die längſten: bei Floſſenfüßen dagegen findet entweder gerade das Gegentheil hiervon Statt; oder die Länge der Zehen nimmt von außen nach innen zu in regelmäßiger Stufenfolge ab, ſo daß diejenige Zehe, welche beim Schwimmen des Thie— res dem Leibe zunächſt ſteht, von allen die kürzeſte iſt. Dieſe ganze Abtheilung (Unterklaſſe) umfaßt zuſammen 3 Ordnungen. 12te Ordnung: Robben oder ſeehundsartige Geſchöpfe. Sie entſprechen den eigentlichen Raub— thieren unter den Landſäugern, und zeichnen ſich vor den übrigen Waſſer— ſäugern durch den Beſitz wirklicher Hintergliedmaßen aus, die über— all durch Knochen geſtützt werden und noch überall mit Fingern und Nägeln verſehen ſind. Das Gebiß ähnelt dem der wahren Raubthiere. Nur reicht die Zahl ihrer Vorderzähne höchſtens auf —, und ſinkt bei manchen auf; auch iſt der Unterſchied der Backenzähne unter einander viel geringer. Die Nahrung beſteht bei allen, mit Ausnahme des Walroſſes, entweder bloß aus Fiſchen, oder zum Theile mit in Krebſen. Nach beiden tauchen ſie eben ſo häufig, als lange unter. Ihr Vorderleib iſt beſonders ſtark, dagegen der Hinterleib um fo ſchwächer und langgeſtreckter; und die Hinterbeine ſtehen ſo an einander gerückt, daß nur der kurze oder äußerſt kurze Schwanz Raum zwiſchen ihnen behält. Die platte, meiſt ſtumpfe Schnauze enthält längliche, „) Abgeſehen von der eben erwähnten Richtung der Hinterzehen, die unter den Land⸗ ſäugethieren (d. h. unter allen jenen ohne Floſſenfuͤße) ſich lediglich bei den Schnabel⸗ und Flederthieren vorfand. a) mit getrennten Vorderzehen: bloß hinten m. Floſſenfüßen. 161 halbmondförmige, wahre Naſenlöcher, deren Ränder ſich beim Unter— tauchen ſchließen, um das Eindringen von Waſſer zu verhindern. Dahin— ter ſtehen mehrere Reihen Bartborſten von ungewöhnlicher Länge und Stärke. Die Augen ſind groß und ſtark hervortretend; die Ohren entweder ſehr klein und zugeſpitzt, oder nur durch einen Hautrand angedeutet und wie abge— ſchnitten. Der lange Hals wird zumal gegen die Bruſt hin außerordent— lich ſtark. | Saft überall liegt unter der Haut eine ſtarke Fettſchicht, die eben fo arm an Blut, wie der übrige Körper reich daran iſt. Sie ſcheint die Thiere in kalten Ländern oder Jahreszeiten viel wirkſamer gegen die Kälte des Waſ— ſers und der Luft zu ſchützen, als ihr gar nicht langes, ſtraffes, nicht dich— tes, wenig oder gar nicht mit Unterwolle vermiſchtes Haar. Dieſes erhält aber wahrſcheinlich von dem, durch die Haut ausſchwitzenden Fette die Faͤ— higkeit, jedem Eindringen des Waſſers zu widerſtehen. Die jungen Thiere, welche ſtets am Lande geboren und geſäugt werden, wo ſie mehrere Wochen lang auf der kühlen Erde, auf nackten Felſen, oder gar auf dem Eiſe liegen müſſen, bedeckt dagegen ein ganz verſchiedenes, langes, dichtes und wolliges Haar, welches gut wärmt, aber ſtark Waſſer zieht. Mit demſelben ins Meer geworfen oder gefallen, ſinken ſie daher bald unter, und ertrinken oder erfrieren, ohne ſich durch Schwimmen retten zu können. Sie gehen darum nicht eher ins Meer, als bis ſie nach einigen Wochen jene wollige Bedek— kung abgelegt und das Haar der Alten angenommen haben. Je nach der Beſchaffenheit ihrer Füße, auf deren bedeutende Verſchie— denheit man bei ihrer Eintheilung meiſt viel zu wenig Gewicht gelegt hat, zerfallen ſie in mehrere, ſehr beſtimmt geſchiedene Gruppen. [§ 136. Iſte Zunft: Robben mit getreunten, deutlich ſichtbaren Vorderzehen. Sie ſind noch am wenigſten zum beſtändigen Aufenthalte im Waſſer gemacht, und gehören auch vorzugsweiſe der nördlichen Erdhälfte an, die nach Verhältniß viel reicher, als die ſüdliche, an Land iſt. Auf letzterem können ſie mit mehr Leichtigkeit umherkriechen, als die Gattungen mit verwachſenen Vorderzehen. Doch beſuchen auch ſie daſſelbe bloß, um da zu ruhen, und halten ſich hierbei ſtets ſo nahe als möglich am Meere. Ein Paar Gattungen mit einem längeren Schwanze, als die übrigen, und mit deutlichen äußeren Ohren, nähern ſich den wirklichen (Land-) Raubthieren noch dadurch, daß bloß ihre Hintergliedmaßen wahre Floſſen von mäßiger Größe ſind. Die Vorderbeine endigen in Pfoten mit kurzen Zehen, und mit Nägeln, die ſogar etwas beweglich ſein ſollen, und haben nackte, ſchwielige Sohlen. Man hat ſie daher nicht unpaſſend mit den Füßen der katzenartigen Raubthiere verglichen; aber ſehr mit Unrecht wurde von den 2, jetzt bekannten Gattungen die länger bekannte erſte, die Meerotter, (Enhydris,) zu den wirklichen Raubthieren neben die Fiſch— ottern geſtellt. In der That erſcheint zwar das Thier in gewiſſem Grade, nament— lich nach der Beſchaffenheit ſeines Haares und wegen ſeines längeren Schwanzes, Gloger, allgem. Naturgeſchichte, 11 162 Säugethtere: (floſſenfüßlgez) 12te Ordn.: Robben; als ein Mittelding zwiſchen Fiſchottern und Robben; doch ſteht es letzteren in je⸗ der Hinſicht näher. Auch enthält ſein Gebiß, trotz mancher Aehnlichkeit mit dem der Fiſchottern, nur + Vorderzähne: während alle wahre Raubthiere deren ohne Ausnahme — beſitzen. Die Verbreitung der Seeotter erſtreckt ſich von der Nord⸗ oſtküſte Aſiens bis gegenüber auf die, unter ruſſiſcher Herrſchaft ſtehende Nordweſt⸗ küſte von Amerika. Hier, wie auf den kuriliſchen und alsutiſchen Inſeln, iſt fie nicht mehr häufig, auf Kamtſchatka faſt ausgerottet. Denn ihr ſchöner, dichter Pelz, der im Alter ſchwarzbraun und bloß am Kopfe heller oder faſt weißlich aus⸗ ſieht, bei den Jungen aber lichter iſt, wurde ſonſt vorzüglich von den Chineſen ſehr hoch geſchätzt, und deßhalb in großer Menge nach China eingeführt. Daher hat ſich die Zahl dieſer Thiere durch übermäßige Verfolgungen außerordentlich ver⸗ mindert. Sie leben zwar ohne Zweifel mehr an und auf dem Lande, als irgend ein Seehund, und gehen nicht fo weit auf das Meer hinaus; doch gleichen ſie den Robben ſonſt weit mehr, als den Fiſchottern. Sie ſcheinen ſich großen Theils von Krabben und Krebſen zu nähren, und halten ſich meiſt bloß paarweiſe, nie in Heerden. Männchen und Weibchen ſollen ſich unter einander, wie gegen ihre Jun⸗ gen, ganz beſonders liebevoll und zärtlich benehmen. Eine zweite, noch ſehr wenig bekannte Gattung (Plerüra, Pteronüra!) nä⸗ hert ſich ſchon etwas mehr den eigentlichen Is 137. Robben, deren Vorderfüße zwar gleichfalls noch getrennte Ze— ben beſitzen, aber doch ſchon floſſenartig geſtaltet find Ihr Schwanz iſt äußerſt kurz; das Haar ſtraff. Aeußere Ohren fehlen ihnen. Die Zahl der Vorderzähne wechſelt, je nach Verſchiedenheit der Gattungen, von bis zu = Die meiſten Arten, wenigſtens die bekannteſten, find ſanfte, äußerſt kluge und über Erwarten gelehrige Thiere, die ſich in der Gefangen— ſchaft faſt eben ſo leicht und gut wie Hunde zu allem Dem abrichten laſſen, wozu fie ihr Körperbau nicht unfähig macht. *) Am bekannteſten find die eigentlich fo genannten Robben, oder Seehunde. (Phoca, Calocephälus!) Sie haben T Vorderzähne, kurze, rundliche Schnauzen und überall ſtarke Krallen. Ihre Länge beträgt nach Verſchiedenheit der Arten gewöhnlich 3-5“, felten über 6“. Die gemeinſte Art in den mitteleuropäiſchen Meeren (Ph. vitulina) wird, ihrer blökenden Stimme wegen, häufig Seekalb genannt. (Ein Name, der aber von Fiſchern und Seeleuten nicht ſelten auf alle Robben über— haupt angewendet wird.) Die Farbe dieſer Art iſt oberwärts graubraun oder braungrau, häufig mit rundlichen, dunklen Flecken; unten weiß. Mehrere andere find auf dem Rücken einfarbig, bräunlich- oder aſchgrauz manche ändern in der Zahl und Größe der Flecken ſehr ab. Eine oder ein Paar ſpielen ins Grünlichez und eine oder die andere nordiſche ſcheint im Winter weiß zu werden. Unter denen mit + Vorderzähnen zeichnet ſich eine Art, die Spitzrobbe, durch ihre ſchmale Schnauze und die kleinen, ſchwachen Krallen aus. (Steno- rhynchus leptonyx.) *) Merkwürdig bleibt es, daß auch das (gewöhnlich To genannte) kaspiſche Meer und andere große, ſalzige Landſeeen von Mittelaſien, namentlich der Aral und Baifal, noch Robben dieſer Familie beſitzen. Man pflegt ihr Vorkommen daſelbſt, ſo wie das von manchen Fiſchgattungen, die ſonſt gleichfalls regelmäßig nur in Meeren wohnen, mit als Beweiſe für den Satz anzuführen: daß ein großer Theil von Inneraſien, den jetzt meiſt Sandwüſten mit ungemein ſalzhaltigem Boden einnehmen, ehedem wirklicher Meeresgrund war; und daß jene Seeen nur Ueberbleibſel wirklichen Meerwaſſers find, deſſen thieriſche Erzeugniſſe ſich theilweiſe noch in ihnen forterhalten haben. b) mit undeutlichen Vorderzehen. 163 Die phoca der Alten war vermuthlich zunächſt die Mönchsrobbe des Mittelmeeres, (Pelagocyon monächus,) welche Hinterfüße ohne Nägel hat und uns ten weiß, oben einförmig ſchwärzlich ausſieht. Sie erreicht eine Länge von 7—8“. Eine oder ein Paar eben ſo große Robbenarten der norwegiſchen und grön— ländiſchen Küſten werden wegen der ſeltſamen, häutigen Bildung ihrer Naſe, die beſonders bei den Männchen ſehr auffällt, gewöhnlich Klappmützen genannt. (Cystophöra; Stemmatöpis, Stemmatöpus!) Der Naſentheil ihrer Schnauze und mit ihm die Naſenhöhlen ſind merkwürdig erweitert, und ſtehen in Verbindung mit einer dicken, blaſenartigen Haut, die bei den Männchen hinten bis auf den Scheitel reicht, und hier, wenn ſie aufgebläht wird, faſt das Anſehen einer etwas nach vorn gerückten Mütze hat, während ſie vorn den beiden Naſenflügeln die Ge— ſtalt von ein Paar Schläuchen oder Würſten giebt. Dieſes Aufblafen geſchieht durch Verſchließen der Naſenlöcher und durch ein, darauf folgendes Einſtrömen von Luft aus der Lunge: theils im Zorne, theils ſonſt als Ausdruck leidenſchaftlicher Gemüthsbewegung. Wahrſcheinlich erleichtert es jedoch auch das Untertauchen und das Athmen unter dem Waſſer: indem ſo das Ganze zur Aufbewahrung einer Portion Luft dienen kann. Nach erfolgtem Ausſtrömen derſelben fällt die Haut wieder zuſammen. Die größte von allen Robben iſt die Mirounga der Eingebornen von Neu⸗ holland, die rieſenhafte Rüſſel⸗ oder Elephanten robbe. (Physorhinus probo- scideus.) Sie hat nur — Vorderzähne, und zeigt, bei einer ſonſt der der Klapp⸗ mützen ähnlichen Bildung der Naſe, vorn noch einen rüſſelartigen Fortſatz an der: ſelben, welcher beim Aufblähen eine bedeutende, weiche Verlängerung bildet. Ihre graulichen Haare, ſo wie die Nägel der Vorderfüße, ſind ſehr kurz. Sie bewohnt im Sommer die wüſten Inſeln am Südpole und die Ränder des dortigen Polar— eiſes, zieht jedoch gegen Eintritt des Winters ſchaarenweiſe aufwärts, nach der Süd— küſte von Neuholland. Ihre Länge beträgt über 20 oder gar bis 30“, und ihr Umfang an der Bruſt 15 — 18% Sie iſt ein Hauptgegenſtand des Robben- und Walfiſchfanges im Südmeere, zu welchem beſonders die Engländer und Nord— amerikaner jetzt alljährlich mehrere Schiffe nach den fernſten Theilen der Südſee chicken. [s 138. 2te Zunft. Manche Robben haben ſehr undeutliche Vorder⸗ zehen: indem dieſelben überall fo mit Haut überzogen find, daß die Vor⸗ derfüße faſt wie Fauſthandſchuhe ausſehen und daher äußerlich ſchon Floſſen ähnlicher Art vorſtellen, wie die mancher Fiſche, oder wenigſtens wie jene der bald folgenden Seekühe und der Walthiere. N Man nennt dieſe Thiere gewöhnlich Ohrrobben. Denn die meiſten gleichen durch den Beſitz kleiner, ſpitziger Ohren den Meerottern. In der Zahl der Vorderzähne (faſt immer ) ſtimmen fie gewöhnlich mit ihr und manchen ohrloſen Robben überein, ohne die theilweiſen Sonderbarkeiten der— ſelben zu beſitzen. Ihre Schwimmhäute an den Hinterfüßen ſind aber weit größer, als bei dieſen, und reichen weit über die langen, geraden Nägel derſelben hinaus. Sie ſind alſo noch mehr zum Waſſerleben gemacht. In der That iſt auch gerade die, ſo ungemein waſſerreiche Südhälfte der Erde nebſt den Küſten und Inſeln jener ungeheueren Meeresräume, die zwiſchen der Weſtſeite von Amerika und den übrigen Welttheilen liegen und zum Theile den Namen des ſtillen Meeres führen, faſt ausſchließlich die Heimath aller. Es gehören dahin: 11 * 164 Säugethiere: (flofenfüßige,) 13te Ordu.: Seefühe; Die kleinen Ohrrobben ſchlechtweg, (Otaria!) die zum Theile kleiner find, als die kleinſten von denen ohne Ohren, und mit ähnlichem Kopfe. Ferner der große Seebär oder die Bärenrobbe, (Arctocephälus ursinus,) fo genannt von der bärenähnlichen Schnauze, an der Küſte von Kamtſchatka. Dann die breitſchnauzigen, gelblichen oder rothfahlen Seelöwen, Löwen- oder Mähnenrobben des ſtillen Meeres: (Pontoleo, Platyrhynchus!) wahrſcheinlich 2 Arten, deren Männchen am ganzen Halſe eine deutliche Mähne von langem, gelocktem Haare tragen und eine Länge von 127 erreichen. Man bezeichnet ſie häufig noch mit dem Namen der gemähnten Seelöwen, (Phoca jubata,) zum Un⸗ terſchiede von der Rüſſelrobbe, welche man bald den glatten Seelöwen, bald den Seeelephanten nennt. ö Die kenntlichſte und ſonderbarſte aller Robben aus dieſer Familie und die ein⸗ zige hiervon, welche die nordeuropäiſchen Meere, ſo wie überhaupt das Polareis um den geſammten Nordpol herum bewohnt, iſt das Walroß. ) (Trichechus ros- märus.) Es iſt ſchmutzig weißlich, oder matt gelbbräunlich von Farbe, ohne ſicht— bare Ohren und faſt ohne Schwanz. Sein Kopf iſt klein, mit vielen, ſehr ſtar⸗ ken, faſt ſtachelähnlichen Bartborſten an der Schnauze. Die Jungen haben eine Zeit lang — ſpäter Vorderzähne: indem dieſelben bald verdrängt werden und dann meiſt ausfallen. Denn bald wachſen die ungeheueren Eckzähne des Ober— kiefers mehr als fußlang zu einem Paare großer, beinahe gerader Hauer heraus, de— ren ſich das Thier bedient, um die Auſtern, Miesmuſcheln und andere, oft tief im Waſſer ſitzende Schalthiere, namentlich zweiſchalige, (Muſcheln,) welche ſeine faſt ausſchließliche Nahrung find, von den Felſen abzuſtreifen, oder loszuhauen und aus deren Spalten hervorzuziehen. Ihre Größe und außerordentliche Schwere machen die außerordentliche Stärke der Knochen des Oberkopfes nothwendig, und be— wirken die große Breite der Schnauze. Ihre ſtete Reibung an den beiden unteren hindert dieſe ſo in ihrer Entwickelung, daß ſie faſt bloß den Backenzähnen gleichen. Letztere, die ſehr einfach find, mußten zum Zerkauen der eigenthümlichen Nahrung beis ſpiellos ſtark und hart ſein; ebenſo die, ſie beherbergenden Kieferknochen. In dieſer Beziehung, ſo wie in Betreff der Nahrung, kann man das wunderſame Geſchöpf am paſſendſten mit den Hyänen unter den Raubthieren des Landes vergleichen. Seine Länge ſoll 15 — 20“ betragen. Auf Felſen, oder ſonſt am Lande und beſonders auf dem Eiſe hackt es ſich mit ſeinen Hauern ein, um ſo ſeine koloſſale Körpermaſſe ſchleppend bequemer nachzuziehen. Es würde in jenen auch furchtbare Waffen beſitzen, wenn es von Natur bösartiger wäre, als es gewöhnlich zu ſein ſcheint. In der Regel wartet es zwar den Angriff ab, wird aber doch bei einiger Vorſicht ohne beſondere Gefahr erlegt. Am wüthendſten vertheidigen die Mütter ihre Jungen. An manchen Orten in der Nähe des Meeres gräbt man verſteinerte Knochen von . aus, die vielleicht zum Theile von den jetzt lebenden ſehr verſchieden gewe— ſen ſein mögen. [s 139. Die Seekühe haben ſonſt noch ziemlich die Geftalt von Robben, unter welchen das Walroß früher zu ihnen gezählt wurde; aber ſie theilen bereits 13 Ordnung: Seekühe. *) Sein deutſcher Name ſcheint, fo wie er gegenwärtig lautet, auch etwas nach Ver: drehung zu klingen! — Mit Unrecht ſchreibt man ihn gewöhnlich „Wallroß.“ — mit Backenzähnen allein. 165 mit den Walen oder Walfiſchen den Mangel wahrer Hinterglied— maßen, die durch eine fiſchähnliche, aber wagerecht liegende Schwanzfloſſe erſetzt werden. Manche haben fie daher „grasfreſſende Wale“ genannt. Indeß zeigen ſte noch wirkliche Naſenlöcher, nebſt einer mehr oder we— niger behaarten Haut, oder wenigſtens Barthaare; und ſie unterſcheiden ſich überhaupt in faſt allen übrigen Punkten ſo weſentlich von den Walen, daß es gewiß ſehr unpaſſend war, ſie mit denſelben in Eine Ordnung zufam— menzuſtellen. Ihre Nahrung beſteht nämlich, im geraden Gegenſatze zu den Walen, faſt durchgängig in verſchiedenen, unter dem Namen Seegras bekannten Tangarten, oder in Gras und anderen Landpflanzen, die nahe am Ufer ſtehen. Denn die Seekühe können meiſt, wiewohl nur mit Mühe, das Waſ— ſer verlaſſen, um in der nächſten Umgebung deſſelben zu weiden: wobei ſie allerdings nur ſehr unbehülflich fortrutſchen. Ihr Wohnort iſt meiſtens das Meer um die Mündungen großer Ströme, in welchen ſie zuweilen ziemlich weit landeinwärts gehen. Denn ſie ſcheinen zum Trinken ſüßes Waſſer ent— weder zu bedürfen, oder daſſelbe wenigſtens vorzuziehen. Sie beſitzen, im Gegenſatze zu den Walen, noch das Vermögen zu kauen; die Weibchen tra— gen ihre Milchorgane an der Bruſt, und fäugen ihre Jungen auf gewöhn— liche Weiſe ꝛc. Ueberhaupt bilden ſie, im Ganzen genommen, eine eben ſo deutliche Wiederholung der höher organiſirten und nicht- wiederkauenden Hufthiere unter den Landſäugethieren, wie die Robben eine Wiederholung der Raubthiere ſind. In Europa giebt es jetzt keine Seekühe mehr. Die Zahl ihrer Gattun— gen und Arten iſt gegenwärtig überhaupt nur ſehr gering; früher war ſie viel bedeutender. Die bis nun bekannten Gattungen der Jetztwelt und der Vorzeit weichen zumeiſt ſo merklich von einander ab, daß faſt jede für ſich als Grundlage einer beſonderen Familie betrachtet werden zu müſſen ſcheint. Die Thiere der erſten Familie entſprechen nicht bloß durch die außer— ordentliche Armuth ihres Gebiſſes, welches nur in — Backenzahne beſteht, ſo wie durch die Geſtalt von dieſem, ſondern auch durch ihre un— gewöhnliche Körpergröße und durch eine nackte, ungemein dicke Haut den Elephanten. In dem gänzlichen Mangel an Vorderzaähnen kommen fie da— gegen manchen Nashörnern gleich. Aus dieſem Grunde wurde, wie bei letz— teren, ohne Zweifel auch bei ihnen der Mangel eines Rüſſels zum Einneh— men der Speiſen durch eine Verlängerung und ſehr bewegliche Bildung der Lippen erſetzt. Hierher gehörte, als einzige bekannte Gattung, das Borkenthier, (Rhytina boreälis s. Stelléri,) welches ſonſt an den Küſten von Kamtſchatka und den Ku— rilen wohnte. Sein Name bezieht ſich auf die eigenthümliche Beſchaffenheit ſeiner ungeheueren Haut, deren äußerſter Theil (die ſo genannte Oberhaut) ſo hart, rauh und riſſig war, daß er der Rinde (Borke) mancher Bäume ähnlich ſah; während das Uebrige beim Durchſchneiden gleichſam aus verfilzten und zuſammengeklebten, oder mit einander verwachſenen Haaren zu beſtehen ſchien. Bloß die Schnauze 166 Säugethiere: Cfloffenfüßige;) 13te Orbn.: Seekuhe; umſtanden einzelne, ſehr dicke Bartborſten. Der Zahn ſaß in einer ſeichten Ver⸗ tiefung des Kiefers, erinnerte an die Zähne des Schwimmſchnabelthieres, und hatte eben ſo viel, oder faſt mehr Aehnlichkeit mit einer Reihe von Hornplatten, oder mit Fiſchbein, als mit einem ſonſtigen, gewöhnlichen Mahlzahne. Das Thier wurde 20 — 23 lang, und wog dann 5 — 8000 Pfund. Man hat aber ſeit länger als einem Jahrhunderte, wo ein berühmter deutſcher Naturforſcher in ruſſiſchen Dienſten (Namens Steller) jene entlegenen Gegenden bereiſte, ſchnell eine immer größere Abnahme dieſer Thiere bemerkt. Damals traf man noch hin und wieder ein Pärchen von ihnen, gewöhnlich mit einem größeren (älteren) und einem Eleis neren Jungen, und hatte zuweilen Gelegenheit, die rührende Liebe zu bewundern, mit welcher das Männchen ſeinem, mit Harpunen gefangenen und todt aufs Land gezogenen Weibchen lange eben ſo beharrlich, als traurig nachfolgte: indem es ſelbſt auf die wiederholten Schläge der Schiffsleute nicht wich, und gewöhnlich erſt nach mehreren Tagen den Platz verließ. In neuerer Zeit hat man, trotz allem Eifer, vergebens nach einem geſucht; ſie ſcheinen durch zu häufige Verfolgungen nunmehr völlig ausgerottet.) Denn ihr wohlſchmeckendes Fleiſch wurde ebenſo gegeſſen, wie das der übrigen Seekühe; und die ganze Haut gab, oben aufgeſchnitten und durch Holz ausgeſpreizt, einen vortrefflichen Kahn. Am Ende der Bruſtfloſſen ſaß ſtatt der Nägel eine Art hufähnlichen Knorpels. [S 140. Die übrigen Seekühe haben ſtets eine merklich größere Anzahl von Backenzaähnen. Bei manchen biegen ſich die Kiefer knieförmig, und der obere trägt, ähnlich wie bei den Elephanten, 2 lange Vorderzähne. Dieſe werden jedoch auf ähnliche Weiſe von ſehr langen Lippen bedeckt, wie beim Hippopotamus; und die Schnauze wird hierdurch auch bei ihnen vorn bedeutend breit. Ihre Vorderfloſſen zeigen keine Nägel als äußerliche An— deutung der 5 Zehen. Eine ſolche Gattung, von den Malaien Dujung oder Dugong (d. h. See— kuh) genannt, lebt mit 2 — 3 Arten theils in den heißen Meeren von Aſien, bes ſonders an den Philippinen, theils um Neuholland. In der Jugend ſoll fie eine Zeit lang = oder = Vorderzähne haben. Die Zahl ihrer Backenzähne iſt dann >>, fpäter nur 34. Den Körper bedeckt kurzes Haar. Man hat ihr den Nas men Seemaid (Meermädchen, Seejungfer, Halicöre) gegeben: um auf jene alten, fabelhaften Erzählungen hinzudeuten, denen gemäß es im Meere hin und wieder Geſchöpfe mit mehr oder weniger menſchenähnlichem Vorderkörper geben ſollte. Allerdings mögen hierzu die Seekühe, noch mehr aber wohl die Robben, von ferne geſehen, Veranlaſſung geliefert haben: wenn ſie zuweilen, beſonders beim Spielen, mit ſenkrechtem Vorderkörper auftauchen.“) a + Wahrſcheinlich von großen Fluthen der Vorzeit angeſchwemmt, liegen in Frankreich hin und wieder verſteinerte Kieferknochen, die man früher bloß in Bruchſtücken kannte und damals einem ausgeſtorbenen Hippopotamug ; A Sie gehörten jez doch einer Gattung von Seekühen an, die man Seekuhthier (Halibutherium) *) Demnach dürfte in der That aller Grund vorhanden fein, fie künftig in der Reihe der ausgeſtorbenen Thiere aufzuführen. 71 i % Vorerwähnter Steller verſichert, damals an der Nordweſtküſte von Amerika noch ein Thier von 5° Länge geſehen zu haben, welches er Seeaffe nennt, und welches wohl nichts Anderes geweſen ſein kann, als eine kleine, ſeitdem nicht wieder geſehene Gattung von Seekühen. (Hydropithecus simia; Manatus simia Illig.) Es hatte den Kopf eines Hun⸗ des, kurze, aufrechte, zugeſpitzte Ohren, große Augen, dichtes, oben graues, unten röth⸗ liches Haar nebſt langen Barthaaren, und einen dicken, hinterwärts ſchlankeren Körper mit einer gegabelten Schwanzfloſſe. Es ſchien demnach eine, gewiſſermaßen den Ohrrobben ſich naͤhernde Seekuh zu ſein, und war ein munteres, zum Spielen geneigtes Thier. 14te Ordn.: Wale. f 167 nennen kann, und die ſonſt den Dugongs aͤhnlich war, nur daß ihre hippopotamus⸗ ahnlichen Backenzaͤhne der Form nach ſchon den Uebergang zu denen ihrer nächſt folgenden Ordnungsverwandten machten. S 141. Bei dieſen ſteht in beiden Kiefern eine noch größere Anzahl von Bak— kenzaͤhnen, welche in der Geſtalt jenen der Tapire ſehr nahe kommen; aber Hauer oder Stoßzähne fehlen, und die Kiefer laufen geradeaus. Ihre Schwanzfloſſe weicht von der aller übrigen Seekühe durch ihre lang- ovale Geſtalt ab. Ebenſo unterſcheiden ſich ihre Vorderfloſſen durch den Beſitz von 4 ſtumpfen Nägeln, welche das Ende ihrer, ſelbſt unſichtbaren Zehen bezeichnen; nur der Daum hat keinen. Hierher gehören jetzt bloß die Manati's oder Lamantine, (Manätus!) an den Küſten des atlantiſchen Oceans. Die Zahl ihrer Backenzähne beträgt gewöhn— lich 2, ſoll ſich jedoch anfänglich auf 44 belaufen. Von Vorderzähnen find auch bloß in der früheſten Jugend 2 ſehr kleine im Oberkiefer vorhanden; einen Theil ihrer Verrichtungen beim Einnehmen der Nahrung müſſen die langen Lippen übernehmen. Die Haut erſcheint nur mit einzelnen Borſten beſetzt. Ein Manati mit länglichem Kopfe, welcher um die Mündungen der großen Flüße an der Weſt— küſte von Afrika lebt, ſcheint nicht über 8° lang zu werden. (M. senegalen- sis.) Eine zweite Art mit kürzerem Kopfe, in den heißen Gegenden an der Oft: küſte von Südamerika, fol 15—20“ lang und mehrere Tauſend Pfund ſchwer werden. (M. americanus s. austrälis.) Dieſe lebt geſellig und geht im Ama— zonenſtrome, dem Orenoko ꝛc. nicht ſelten mehr als 100 Meilen landeinwärts: zus weilen ſo weit, bis Waſſerfälle ihrem Hinaufſteigen Grenzen ſetzen. Vorzugsweiſe merkwürdig und werth, gleichfalls eine beſondere Familie zu bilden, ſcheint wegen ihrer bedeutenden Abweichungen von allen übrigen Seekühen in Gebiß, Nahrung und Aufenthalt eine kleinere, langſchnauzige Art in den großen ſüßen Gewäſſern (Flüßen und Landſeeen) des tiefen Inneren von Amerika: die Inia einiger dortigen Eingebornen. (Inla boliviensis.) Ihr Kopf iſt eben ſo geſtreckt, wie bei vielen Delphinen, und der ganze Mund in beiden Kiefern ebenſo mit ſpitzen, ſehr gleichförmigen Zähnen verſehen; die Haut iſt nackt, und bloß die Gegend des Mundes mit einzelnen, dicken Haaren beſetzt; der Hinter— rücken zeigt einen kleinen Höcker, welcher als Andeutung der Rückenfloſſe mancher Del— phine zu betrachten ſein dürfte. Dieſen nähert ſich das Thier auch dadurch, daß es, im ſchroffſten Gegenſatze zu allen übrigen Seekühen, bloß von Fiſchen lebt. Hier— nach würde es unter den nicht- wiederkäuenden Hufthieren noch am meiſten denje— nigen Schweinen gleichen, welche thieriſche Nahrung lieben; in Betreff der gleich— mäßigen Länge ſeiner Zähne aber würde es mehr der ausgeſtorbenen Familie binter den Schweinen entſprechen. te 18 14 Ordnung: Wale. 8 142. Ihrer ganz fiſchaͤhnlichen Geſtalt und Lebensart wegen werden die Walthiere häufig auch Walfiſche genannt. Ihre Haut zeigt nirgends eine „Spur von Haar. Statt der Hintergliedmaßen haben ſie ſtets eine flachlie- gende Schwanzfloſſe mit 2, breit aus einander ſtehenden Spitzen; und ihre Naſenlöcher ſind in Spritzlöcher umgeſtaltet. Dieſelben ſtehen meiſt bedeutend vom Schnauzenende zurückgerückt, faſt auf der Stirn, ſind nicht » 0 168 Säugethiere: (floſſenfüßige;! 14te Ordn: Wale; verſchließbar, und laſſen daher beim Untertauchen des Thieres ſtets eine Portion Waſſer in den inneren Raum der Naſe eindringen. Deßhalb bleibt es beim Athmen oder ſonſtigen Wiederauftauchen des Thieres ſtets das erſte Geſchäft deſſelben, durch Schnauben (durch Heraustreiben von Luft aus der Bruft- und Mundhöhle) das fo eingedrungene Waſſer wieder herauszuſchaf— fen. Dieſes ſteigt oder ſpritzt dann oft ſtrahlartig in die Höhe: obwohl fel- ten oder nie fo hoch, wie man früher erzählte. Man nennt dieſes Ausath— men oder Waſſerauswerfen gewöhnlich das Blaſen der Wale. Keines dieſer Geſchöpfe kann jemals aus freiem Willen das Waſſer verlaſſen, oder daſſelbe vom Lande aus wiedergewinnen. Von dem Meere bei Sturmfluthen an's Ufer geworfen, oder ſonſt in zu ſeichtes Waffer geführt, müſſen daher die größeren allmählig elendiglich Hungers ſterben, oder ſonſt an Entkräftung zu Grunde gehen. Ihre Nahrung machen lediglich thieriſche Stoffe, bei den meiſten Fiſche aus. Völlig unfähig, mit ihren, ſehr mangelhaft eingelenkten Kiefern die zum Kauen nöthigen Bewegungen zu machen, müſſen fie ihre Speiſe nach Art faſt aller Fiſche und der meiſten Amphibien ganz verſchlingen. Der Mangel von Lippen ſetzt ihre Jungen außer Stand, zu ſaugen. Dafür be— ſitzen die Weibchen an ihren Milchorganen, welche dicht bei einander am hinterſten Theile des Bauches liegen, eine ſehr merkwürdige Einrichtung, um den Jungen, wenn ſie Nahrung verlangen, die Milch vermittelſt beſon— derer Muskeln ſelbſt in den untergehaltenen, offenen Mund zu ſpritzen. Sie ſcheinen, gleich den Seekühen, nie mehr als Eines zu gebären. Bei manchen wird die äußere Aehnlichkeit mit den Fiſchen, außer dem anſcheinenden Mangel des Halſes, noch durch den Beſitz einer, bald niedri— gen, bald hohen Rückenfloſſe oder Finne geſteigert, die, wie bei den Fiſchen, nicht ſowohl zur Fortbewegung, als zum Aufrechterhalten des Thieres im Waſſer dient und ihm das Durchſchneiden des letzteren erleichtert. Je größer hierdurch, oder ſonſt, die Aehnlichkeit eines Walthieres mit den wirklichen Fi— ſchen wird, um ſo unvollkommener wird es als Säugethier ſein. Daher ſind Wale mit Rückenfloſſen, obwohl noch beſſer zum Schwimmen geeignet, doch ſtets für unvollkommener organiſirt zu halten, als ſolche ohne dieſelben. Iſte Unterordn.: Zahnwale. Ihre Kiefer find gewöhnlich beide mehr oder weniger mit Zähnen beſetzt; jedoch gehen bei manchen, welche ſehr arm daran ſind, die wenigen überhaupt vorhandenen im Alter zuweilen vollends verloren. Indeß kann man ſie auch dann immer noch von den zahnlofen oder Bartenwalen leicht daran unterſcheiden, daß fie nur Ein Spritzloch beſitzen: indem beide Naſenlöcher ſich nach aan zu in Eine, gemeinſchaftliche Oeffnung vereinigen. Iſte Zunft: Delphinartige Wale. Sie könnten füglich vr kleinköpfige heißen: da ihr Kopf, wiewohl immer noch ſehr groß an fich a) Zahnwale: Delphinartige. 169 und im Verhaͤltniſſe zum Körper, dennoch klein iſt im Vergleiche mit dem der Potfiſche und Bartenwale. Sein Maaß beträgt zuweilen kaum den ſechsten und nicht leicht über den fünften Theil der Geſammt— länge. Ihre Augen ſind bei Weitem nicht ſo klein, wie jene der großköpfi— gen Wale. Die Delphine ſind im Ganzen auch die kleinſten Thiere der Ord— nung, und von allen die ſchnellſten im Schwimmen. Sie leben faſt alle geſellig, oft in Heerden von 100 Stücken und darüber. Es ſind meiſt kluge und aufmerkſame, aber mehr zutrauliche, als ſchüchterne Thiere. Man kennt, namentlich aus älteren Zeiten her, Beiſpiele, wo in Seehäfen einzelne Del— phine, die hier überhaupt ſchon an Menſchen gewöhnt waren, durch Füt— tern und Liebkoſungen am Ende ſo zahm wurden, daß ſie auf einen beſtimm— ten Ruf herbeikamen, mit ſich ſpielen und es ſogar ruhig geſchehen ließen, daß eine bekannte Perſon ſich auf ihren Rücken ſetzte. Bei den meiſten, die man vielzähnige Delphine nennen kann, iſt die Zahl der Zähne groß, oder ziemlich groß: indem ſie, je nach Verſchie— denheit der Gattungen, auf jeder Seite beider Kiefer zwiſchen 9 — 30, oder gar noch darüber beträgt; je nachdem nämlich die Länge der Schnauze bedeutender, oder geringer iſt. Indeß ſtimmen ſelbſt Delphine von einer und derſelben Art hierin nicht genau mit einander überein: zumal, da vielen im ſpäteren Alter ein Theil der Zähne ausfällt. [$ 143. Es giebt vorzugsweiſe unter den vielzähnigen mehrere Arten ohne Rückenfloſſe, die, nach der ſehr abweichenden Geſtalt ihrer Schnauzen und der ſehr verſchiedenen Zahl ihrer Zähne, leicht beinahe eben ſo viele Gattungen bilden möchten. a Die kleinſte hiervon (kaum 6° lang) ſcheint eine Art in dem Meere um den Südpol, (Delphinaptérus! Peronii,) mit dünner Schnauze, mit etwa 40 Zähnen in jedem Kiefer, und ohne Spur von Rückenfloſſe. (Lissodelphis.) Ihre Farbe iſt blauſchwarz, unten ſilberweiß. Die bekannteſte iſt jedoch die 12 — 18° lange Beluge, der Weißfiſch der Grönlandsfahrer, fo genannt von ihrer unvermiſchten, gelblichweißen Farbe. (Ar- gocetus leucas; Delphinaptérus! leuc.) Ihre kurze, ſtumpfe Schnauze enthält bloß — Zähne; und die Stelle oder Spur der Rückenfloſſe wird bereits durch eine leichte, kantige Erhabenheit angedeutet. Die Delphine mit vielen Zähnen und mit Rückenfloſſen machen bei Weitem die Mehrzahl aus. Sie finden ſich in allen Meeren; manche ſteigen jedoch in den größten Flüßen heißer Länder weit landeinwärts in ſüße Gewäſſer hinauf. Eigentliche Delphine (Delphiaus) nennt man jetzt gewöhnlich die Arten mit einem gewölbten Kopfe von mittlerer Länge, deſſen ſchmale Schnauze vorn niedergedrückt iſt und von der gewölbten Stirn durch eine Furche getrennt wird. Ihre anſehnlich hohe Rückenfloſſe ſteht entweder mitten zwiſchen dem Kopfe und Schwanze, oder letzterem etwas näher. Dahin gehört als der bekannteſte der ge— meine D., (D. delphis,) 7 — 8° lang, mit 2 — + Zähnen auf jeder Seite. Rücken und Floſſen ſehen ſchwarz aus, das Uebrige weiß. Der mondfleckige D. (D. lunätus) an der Küſte von Chili iſt unten weiß, oben blaß braunköthlich 170 Saͤugethiere; (floſſenfüßige;) 14te Ordn.: Wale; mit einem halbmondförmigen, braunen Flecke vor der Rückenfloſſe. Er ſoll hoͤch⸗ ſtens 3“ lang werden; der Zwergdelphin (D. minimus) in dem Meere um die Salomonsinſel gar nur 27. Unter Meerſchweinen (Phocaena) verſteht man mehrere Delphine mit einer, zum Theil noch höheren Rückenfloſſe und kurzer, gewölbter Schnauze. Da— runter gehört, als kleinſtes Walthier Europa's, das gemeine M., der Tümmler oder Niſſer, (Ph. commünis,) 4 — 5“ lang, mit 22 — 22 Zähnen auf jeder Seite. Ferner jedoch auch der Butt'skopf oder Grampus (Ph. orca) mit äußerſt hoher Rückenfloſſe und I— Zähnen. Er iſt einer der größten Delphine, wird 20 — 30“ lang, und ſoll der gefürchtetſte Feind der rieſenhaften eigentlichen Walfiſche (Bartenwale) ſein, die er haufenweiſe angreifen ſoll, um ſie nach langem Umher— jagen zu tödten und zu verzehren. — 2 Seine Oberſeite iſt ſchwarz, die Unter— ſeite und ein Fleck über den Augen weiß. f Manche Delphine mit Rückenfloſſen zeichnen ſich, bei eben fo. zahlreichen Zähnen wie die vorigen, durch eine ungewöhnlich lange und ſehr ſchmale Schnauze ohne Furche vor der Stirn aus. Sie verdienen daher den Namen Schnabel— delphine. (Rhamphocetus; Delphinorbynchus!) Der gekrönte Schd. (Rh. coronatus) iſt ganz ſchwarz, mit zwei gelben, in einander ſtehenden Kreifen auf der Stirn, und von allen bekannten Delphinen der größte. Er erreicht eine Länge von 30 — 367. Seine Heimath iſt das Eismeer um Spitzbergen. Eine oder ein Paar nicht große in Süd- und Nordamerika ſind oben graulich, oder ganz weiß. Am bemerkenswertheſten bleibt ein aſiatiſcher Schnd. von grauer und unten glänzend weißer Farbe, der Sufuk der Oſtindier: weil er regelmäßig den Gan⸗ gesſtrom, alſo ſüßes Waſſer, bewohnt. Länge 5 — 7. Eine noch wenig bekannte, den gewöhnlichen Delphinen ähnliche Walart des Mittelmeeres, (Dipterocetus, Oxyptérus, D. Mongitori,) fol zwei Rückenfloſſen beſitzen. Desgleichen eine zweite im großen Oceane unter dem Aequator: der Nas— horndelphin, (D. rhinoceros,) bei welchem die erſte Rückenfloſſe bereits vorn auf der Stirn ſtehen und deßhalb an ein Horn erinnern ſoll. IS 144. Einige wenige, zum Theile noch unſicher gekannte, delphinartige Wale haben einen zahnloſen Unterkiefer und zugleich nur ſehr wenige Zähne im Oberkiefer. N Der Urganant (Epiödon urganantus) im Meere von Sicilien ſoll mehrere Zähne im Oberkiefer beſitzen und keine Rückenfloſſe haben. 8 Der ſehr ſchlanke Anarnack (Ancylödon anarnacus) der Eskimo's, in dem Meere von Grönland, hat dagegen überhaupt bloß zwei Zähne, vorn im Oberkiefer, und ſchon eine kleine Rückenfloſſe. Dem ſonderbaren Gaumenzahne, der gewöhnlicher der Butzkopf genannt wird, (Uranodon,) im nördlichen atlantifchen Oceane, fehlen die Zähne in den ei⸗ gentlichen Kiefern ganz. Dafür iſt der Gaumentheil feines Oberkiefers mit ſtachel— artigen Zähnen beſetzt. Der bekannteſte und räthſelhafteſte aller delphinartigen Wale mit wenigen Zähnen bleibt der Narwal oder das Seeeinhorn. (Monodon monoceros.) Er hat in der Jugend einige kleine Vorderzähne, die aber verloren gehen, ſobald die höchſt wunderlichen, langen Eckzähne des Oberkiefers hervorbrechen. Dieſe ſind ganz gerade, nicht im Mindeſten gekrümmt, aber faſt wie ein Strick (von der Rechten zur Linken) gedreht; dabei äußerſt hart und daher ſehr feſt, obwohl nach Verhält— niß dünn, mit wenig ſpitzem Ende. Sie entwickeln ſich bei den Weibchen beide nur ſelten oder nie, und bei den Männchen nur höchft ſelten beide in gleichem Grade. Faſt immer bleibt der eine in ſeiner Kieferhöhle verborgen, während der a) Zahnwale: großföpfige. 171 andere bei einem Thiere von 12 — 16“ zu der ungeheueren Länge von 7 — 9“ er: wächſt. Man gebraucht ihn, gleich den Zähnen des Walroſſes, in vielen Fällen ſtatt Elfenbeines, beſonders zum Anfertigen künſtlicher Zähne für Menſchen. Wozu er dem Thiere dienen mag, bleibt noch ein Räthſel. Als Waffe ſcheint es ihn, mindeſtens für gewöhnlich, nicht zu gebrauchen; und am wenigſten möchte es ſich deſſelben gegen die eigentlichen Wale bedienen. Denn es ſcheint ihre Geſellſchaft zu lieben, und überhaupt ein eben ſo harmloſes, als munteres, behendes und ge— ſelliges Thier zu ſein. Seine Truppe pflegen meiſt nur entweder aus Weibchen, oder aus Männchen zu beſtehen. Seine Hauptnahrung machen, wie es ſcheint, die unter dem Namen der Dintenfiſche bekannten Weichthiere aus. In ſeinem Magen hat man, trotz der Kleinheit ſeiner Mundöffnung, außer Reſten von ande— ren Fiſchen, auch ſolche von den großen, breiten Rochen gefunden. Seine Farbe iſt in der Jugend einfach ſchiefergrau; im Alter weißlich, mit kleinen grauen, bräunlichen oder mattſchwarzen Flecken. An der Stelle der Rückenfloſſe ſteht ein langer, aber nicht hoher, ſchmaler Hautkamm. [s 145. 2te Zunft. Großköpfige Zahnwale. Man nennt fie gewöhnlich Potfiſche oder Cachelot's. Die ungeheuere Größe ihres Kopfes, welcher ein Viertheil ihres Leibes beträgt, dann ihre ungewöhnliche Größe über— haupt, und die gewaltige Weite ihres Rachens, machen fie den Bartenwalen verwandt; ebenſo die Kleinheit der Augen und die noch bedeutendere Dicke des Oberkiefers. Dieſer hat am Rande eine Reihe großer Vertiefungen, die zum Theil im Grunde ganz kleine Zähne enthalten, gewöhnlich derſelben je— doch entbehren und dann eigentlich nur dazu dienen, um beim Schließen des Mundes die zahlreichen, großen, lang -kegelförmigen Zähne des Un— terkiefers aufzunehmen. Das Spritzloch liegt weiter vorn an der Schnauze, als bei andern Walen: ohne Zweifel wegen der anderweitigen Beſchaffen— heit des Kopfes. Nicht bloß der letztere nämlich, der vorn hoch aufgeſchwollen erſcheint, ſondern auch die ſtärkſten Theile des Körpers, enthalten tief unter ihrer dik— ken Speck- und Sehnenlage eine bedeutende Anzahl großer Zellen und Ka— näle voll einer ölartigen, faſt geruchloſen Thranmaſſe, die beim Erkalten ge— rinnt, dann wie ſchoͤner, weißer, harter Talg ausſieht und ſtatt des letzte— ren benutzt wird. Sie kommt unter dem Namen Walrath (Sperma ceti) in den Handel. Ebenſo eine feſte, trockene, wohlriechende Maſſe von grauer Farbe, Ambra genannt, welche ſich hin und wieder in den Eingeweiden die— ſer Thiere (beſonders im Blinddarme) angehäuft findet, ſehr leicht iſt und zuweilen in großen Klumpen auf dem Meere ſchwimmend wahrgenommen wird. Man hält fie, wahrſcheinlich nicht mit Unrecht, für unverdaute Ueber— reſte von der Lieblingsnahrung der Potwale. Dieſe beſteht vor Allem in ſo genannten Dintenfiſchen oder Sepien, einer Gruppe von Weichthieren mit einer Höhlung in ihrem Körper, die einen ſchwarzbraunen, ſtark nach Mo— ſchus riechenden Saft enthält. Von letzterem mögen namentlich Farbe und Geruch des Ambra's herrühren. Doch behauptet man, (ob mit Recht?) daß dieſer Stoff ſich auch ſonſt in beſonderen Zellen oder Höhlen abgeſondert vorfinde. Namentlich ſoll eine dergleichen von der Größe einer Rindsblaſe zwiſchen Nabel und After liegen, und eine ölige, dunkel orangerothe Flüßig— keit enthalten, welche noch ſtärker riecht, als die in ihr ſchwimmenden Am— 172 Saͤugethlere: (Clofenfäpige;) 14te Oidn.: Wale; brakugeln. Daß die Potfiſche auch nicht bloß Seehunde, kleine Delphine und junge Haifiſche verſchlingen, ſondern ſelbſt den größten eigentlichen Walz fiſchen (Bartenwalen) den ärgſten Schrecken einzujagen im Stande ſein ſoll— ten, wird nach neueren Erfahrungen doch ſehr zweifelhaft. Am häufigſten führt den Namen Potwal in der Sprache der Holländer ein Thier dieſer Familie ohne eigentliche Rückenfloſſe, aber mit einer bedeutenden, floſſenähnlichen Erhabenheit an der Stelle derſelben. (Catodon macrocephälus.) Es wird merkwürdig durch die einſeitige Bildung des Kopfes, welchem das Eben— maaß fehlt: indem das Spritzloch nicht mitten auf der Längslinie deſſelben, ſondern ſchief nach der linken Seite hingerückt ſteht, auf welcher (offenbar in Folge deſſen) auch das Auge bedeutend kleiner und minder entwickelt iſt, als jenes der rechten Seite. Eine ſonderbare Abweichung von dem gleichmäßigen (ſymmetriſchen) Baue faſt aller Thiere! Die Farbe iſt oben faſt ſchieferſchwarz, unten weißlich. Das Thier ſcheint jetzt weit häufiger in den Meeren um den Südpol, als um den Nordpol. Dort werden ihrer gegenwärtig von den Walfiſchjägern ſehr viele gefan— gen, d. h. durch Einwerfen von langen Eiſen mit Widerhaken (Harpunen) getödtet. Sie leben meiſt in großen Heerden, die gewöhnlich nur von Einem der wenigen al— ten Männchen geleitet werden. Letztere werden auch häufig einzeln geſehen. Sie erlangen eine Größe von 807 während die Weibchen ſelten die Hälfte dieſes Maa— ßes überſteigen. Mit dem Aufſuchen ihrer Nahrung beſchäftigt, tauchen ſie ge— wöhnlich 10 — 15, nicht ſelten ſogar 20 Minuten lang unter, bevor ſie wieder eine Zeit lang heraufkommen, um zu blaſen, (d. h. das eingedrungene Waſſer aus dem inneren Raume der Naſe auszuſpritzen,) und dann eine Zeit lang ruhig fortzuathmen. 8 Andere Caſchelot's (Physeter) zeigen Nichts von jener unregelmäßigen, dem Ebenmaaße wiederſtreitenden Kopfbildung, und haben eine ſehr hohe, lange Rücken— floſſe. Die Niederländer haben ſie, wahrſcheinlich wegen der faſt geraden, ſenkrech— ten Richtung der letzteren, Maſtfiſche genannt: indem ſie an die Maſtbäume der Schiffe erinnert. Am bekannteſten hierunter iſt der eigentliche Maſtf. oder Mular, (Ph. tursio,) der im nördlichen Oceane und dem Mittelmeere wohnt. Er hat hinter der Rückenfloſſe 1 — 3 Höcker, etwas gekrümmte, nicht ſpitze Zähne von ungleicher Länge, und ſcheint das größte aller bekannten Thiere: indem er eine Länge von 100°, oder gar noch darüber erreichen fol. Doch ſoll eine, von Manz chen freilich für unſicher gehaltene, zweite Art, mit geraden, ſpitzen Zähnen, (Ph. orthödon,) deren Rückenfloſſe näher am Schwanze ſteht, kaum kleiner fein. f [S 146. 2te Unterordn.: Bartenwale. Ihre zwei Spritzlöcher ſtehen auch äußerlich getrennt. Sie haben keine Zähne; ſondern am Rande des Gaumens im Zahnfleiſche ſtehen anſtatt derſelben die ſo genannten Barten. Hierunter verſteht man eine lange Reihe von harten und meiſt faſt ſenkrechten Hornplatten an jeder Seite, die ebenſo, wie alle Haare oder Stacheln, mit einem weicheren, knorpelähnlichen Wurzeltheile in der Haut und dem Fleiſche feſtſitzen, während ſie am anderen Ende ſich in lange, dünne, denen eines Pferdeſchweifes Ähnliche Haare auflöſen. *) Dieſe haͤn— „) An ihnen kann man daher deutlicher, als ſenſt irgendwo, bemerken, daß wahre Hornmaſſe eigentlich ſtets aus ſeſt verbundenen, zuſammengewachſenen Haaren beſteh t. Der harte, mittlere Theil von ihnen kommt unter dem doppelt unrichtigen Namen „Fiſch— b) Bartenwale. 173 gen bei geoͤffnetem Munde beſonders ſeitwaͤrts am Kieferrande tief herab. Sie leiſten dem Walfiſche, der wegen ſeines engen Schlundes bloß kleine Thiere zu verſchlingen vermag, einen höchſt weſentlichen Dienſt beim Einneh— men ſeiner Nahrung, die nicht in Fiſchen, ſondern gewöhnlich nur in ver— ſchiedenen nackten Weichthieren und ähnlichen kleinen Seegeſchöpfen beſteht. Der Walfiſch braucht da, wo er ſolche in Menge antrifft, bloß ſeinen un— geheuer weiten Rachen zu öffnen, um ſo mit dem einſtrömenden Waſſer zu— gleich eine mehr oder minder große Anzahl derſelben in den Mund zu be— kommen. Er treibt dann, indem er die Kiefer allmählig ſchließt, das Waſ— ſer auf beiden Seiten zwiſchen den herabhängenden Bartenhaaren heraus, die zwar wie ein Haarſieb oder Seihetuch das Waſſer, nicht aber die in demſelben enthaltenen Thierchen hindurchlaſſen. Die unförmliche Größe des Kopfes und das Verhältniß deſſelben zum Körper, ſo wie überhaupt die ganze Geſtalt, ſind ziemlich dieſelben, wie bei den Potfiſchen. Doch erſcheint die Schnauze nie ſo ſtumpf abgeſtutzt; der Oberkiefer iſt weniger dick; der untere dagegen höher. Die Spritzlöcher ſte— hen hoch an der Stirn; die Schwanzfloſſe iſt größer, der Leib ſchlanker. Vorzugsweiſe Walfiſche ſchlechtweg (Balaena) heißen gewöhnlich diejenigen Bartenwale, deren Rücken der Floſſe entbehrt. Ihr Rachen macht wegen der ſtar— ken Krümmung der Kiefer, an den Seiten eine bedeutende Biegung nach oben, und vorn eine auffallend ſtarke nach unten. Dazu gehört der, meiſt ſchwärzliche, ge— meine Wlf., (B. mysticetus,) der jedoch im Alter öfters grau und zum Theile weißlich ausſieht. Seine Erlegung iſt der Hauptgegenſtand der Seefahrt nach dem hohen Norden, wo jedoch die immerwährenden Verfolgungen ihn bereits ſehr ver— mindert haben. Ehedem ſoll er 80 — 100° lang geworden fein. Jetzt fängt man unter mehreren Hunderten kaum Einen von mehr als 60“ L.; und einer von 70, deſſen längſte Barten dann 15° meſſen, wied ſchon als außerordentliche Seltenheit betrachtet. Das Gewicht eines ſolchen von 60“ berechnet man auf 200,000 Pfund, alſo eben ſo hoch, wie das von 200 Ochſen oder 30 Elephanten. Das Fiſchbein allein, aus mehr als 300 Blättern beſtehend, wiegt dann über 3000 Pfund. Den größeren getödteten fährt man auf dem Waſſer oft mit kleinen Booten (Schalup— pen) in den Rachen, um die Barten bequem auszuhauen. Im Leben kann ein ſolcher mit Leichtigkeit durch einen Schlag mit ſeinem Schwanze das größte Boot in die Tiefe werfen, oder hoch in die Luft ſchleudern, und große Schiffe, unter de— nen er mit dem Rücken wegfährt, durch einen ſtarken Ruck umſtürzen. Daher bleiben die Verrichtungen der Walfiſchjäger ſchon deßhalb mit Gefahren verbunden, die noch bedeutend geſteigert werden durch ſo mancherlei Unfälle, welche die Schiffe zwiſchen den ungeheuren Maſſen von Treibeis bedrohen. Und nur in der grauſigen Nachbarſchaft von dieſem gilt, wenigſtens in den Meeren um den Nordpol, der Walfiſchfang noch für hinlänglich lohnend. Jede hierbei gebrauchte Harpune iſt im Boote an ein Seil (Tau) von ungewöhnlicher Länge befeſtigt, welches über eine Rolle gewunden iſt und nach dem Anwerfen der Harpune mit außerordentlicher Schnellig— keit abgewunden werden muß, damit der verwundete Walfiſch nicht bei ſeiner nun— mehrigen, eiligen Flucht in die Tiefe das Boot ſelbſt mit in den Abgrund reißt. Es dient zum ſteten Wiederauffinden des verwundeten oder ſterbenden Thieres, wenn die Harpune tief genug eingedrungen war, um gut zu faſſen; und es verhindert das bein“ in den Handel. Selbſt an dieſem kann man, wenn es durch langen Gebrauch ſchlecht zu werden angefangen hat, noch ſehr gut wahrnehmen, wie es ſich in Haare trennt. 174 Saͤugethiere: (fleſſenfüßige;) 14te Ordn.: Wale; Verlorengehen der letzteren, wenn es dem Thiere gelungen iſt, ſie abzuſtreifen oder ſich wieder auszureiſſen. Ihrer bedeutenden Schwere wegen können die Harpunen, da ſie aus freier Hand geworfen werden müſſen, nur aus der geringen Entfernung von wenigen Schritten geſchleudert werden; und es gehören dazu immer viel Kraft und Uebung von Seiten der dazu beſtimmten Männer. (Harpunirer.) Gewöhnlich reichen 3 — 4 wohl angebrachte Harpunen, die man dem Thiere bei feinem end⸗ lichen Wiederauftauchen beizubringen ſucht, hin, um es, gewöhnlich nach einer Jagd von 1 — 2 oder 3 Stunden, im glücklichſten Falle ſogar binnen 2 Stunde, zu tödten. Denn, ſobald nur Eine Harpune gut eingegriffen, d. h. außer der dicken, ſchwammigen und ziemlich weichen Haut auch die dicke Specklage des Thieres durch— drungen hat, bringen der außerordentliche Reichthum der Wale an Blut in den mei⸗ ſten Theilen ihres Körpers und der raſche Umlauf deſſelben das Verbluten weit ſchneller hervor, als dieſes nach Verhältniß bei irgend einem Landthiere der Fall ſein würde. Einmal von einer Harpune gut getroffen, gilt daher der Walfiſch faſt immer für ſo gut, als erbeutet. Meiſt entkommen nur ſolche, die, beim erſten Angriffe durch einen verunglückten Wurf geſtreift und ſtark erſchreckt, ſogleich ſehr weit entfliehen und ſo eine Zufluchtsſtätte unter dem Eiſe erreichen. Manche un⸗ bedachtſame, oder unvernünftige und habſüchtige Walfiſchfänger ſuchen den Weib— chen, deren Zahl geringer iſt, als die der Männchen, zuerſt das etwa noch bei ih— nen befindliche Junge zu tödten, obwohl letzteres dann noch gar keinen Speck zu haben pflegt: bloß weil ſie dann, bei der zärtlichen Liebe der Mutter für daſſelbe und trotz ihrem anfänglichen Toben, auch dieſer ſelbſt gewiß ſein dürfen. Bei älteren Thieren enthalten die ungeheueren Speckmaſſen in kleinen Zellen ſchon eine flüßige, ölartige Maſſe, den ſo genannten weißen oder feinen Thran, der von ſelbſt ausfließt. Der gewöhnliche Fiſchthran wird größten Theils durch Ausbraten des Speckes (Sieden) gewonnen. a 275 Die Bartenwale mit einer Rückenfloſſe (Rückenfinne) werden um dieſer willen meiſt Finnfiſche genannt. (Balaenoptera!) Sie haben wahrſcheinlich alle eine gefaltete, mit tiefen Längsfurchen durchzogene Bruſt, ſo daß ſie noch paſ— ſender Faltenwale (Piychocetus) heißen können. Ihr Kopf iſt kürzer und nie— driger; die Rachenöffnung läuft ziemlich gerade; die ganze Geſtalt iſt ſchöner und ſchlanker, daher denn auch die Menge ihres Speckes geringer, und das Fiſchbein kürzer. Deßhalb, fo wie ihrer Schnelligkeit und Wildheit wegen, machen die Wal: fiſchjäger nur ſelten Jagd auf fie, die überdieß viel gefährlicher iſt, als die auf ges wöhnliche Walfiſche. Denn ſie ſind noch größer, als dieſe, wenigſtens bedeutend länger: indem ſie noch jetzt nicht ſelten eine Länge von 100“ und darüber erreichen ſollen. Es giebt wahrſcheinlich mehrere Arten, mehr, als von ſolchen ohne Rücken— floſſe; ſie ſind aber noch faſt eben ſo unbeſtimmt und ſchwer zu unterſcheiden. Die des Mittelmeeres, und noch mehr jene in den Südmeeren, ſcheinen verſchieden von denen des Eismeeres und des gemäßigten atlantiſchen Oceans. Bei heftigen Stürmen find mehrmals ſolche von bedeutender Größe (bis 80’) an den Küſten von Mitteleuropa geſtrandet. Sie führen häufig auch den Namen Rorqual und Jubarte. (B. borealis, B. boops, B. rosträta, B. muscülus.) > Die Vorwelt beſaß mehrere Bartenwale, deren Größe ſtets gering blieb. Ein ver⸗ ſteinertes Gerippe von dem kleinſten derſelben, (B. Cortesii,) welches man für das eines alten Thieres zu halten allen Grund hat, mißt wenig über 12. + Damals gab es auch mindeſtens Eine beſondere Gattung von jetzt ausgeſtorbenen Walthieren, (Ziphius!) die theils mit dem Gaumenzahne unter den Delphinen, theils mit den Potfiſchen verwandt waren. + Ferner lebten früher manche Arten von Delphinen, die jetzt ausgeſtorben find. St Is 1. Sie haben einen hornartigen Schnabel mit Safenlöchern an der Wurzel und ohne Zaͤhne, einen mit Federn bedeckten Körper und nur hinten Füße mit deutlichen Zehen, deren gewöhnlich (aber auch höchſtens) 4 ſind. Ihre Vordergliedmaßen ſind zu Flügeln umgeſtaltet und meiſt zur Bewegung in der Luft beſtimmt. Die ſehr unvollkommenen Finger derſelben werden durch eine dicke, feſte Haut eng verbunden, und ſind daher unbeweglich. Sie tragen an ihrer Hin⸗ terfeite die Schwungfedern, welche den Vogel, wenn er die Flügel aus- breitet und mehr oder weniger auf- und abſchlägt, in der Luft erhalten und forttragen. Zunächſt an der Spitze, am Finger- und Handtheile, ſitzen die großen Schwingen oder die Schwungfedern erſter Ordnung: gewöhn— lich 10. Den Vorderarm bis zum Ellenbogengelenke nehmen die kleineren der zweiten Ordnung ein. Die, gewöhnlich noch kürzeren und ſchwäche— ren, ähnlichen Federn längs dem Oberarme (Schulterfedern) bilden den Schulterfittig. An der Vorderſeite der Flügel, vor der Spitze, giebt es noch eine geringe Anzahl kleiner ſchwingenartiger Federn, die auf dem Daume ſtehen und den Eckfittig oder Afterflügel ausmachen. Den Wurzeltheil (Kiel) aller Schwungfedern, ſo wie den ganzen übrigen Arm nach vorn zu, bedecken auf ſeiner oberen und unteren Seite mehrere Reihen kleiner Federn, die hiervon Deckfedern heißen. Es giebt Deckfedern erſter Ordnung, die größten; Deckfedern zweiter Ordnung, ꝛc. Die ganz kleinen, kurzen am Vorderrande heißen zum Theile Flügelbugfedern. Der innere Bau der Vögel ähnelt noch ſehr dem der Säugethiere. In— deß iſt bei ihnen kein ordentliches Zwerchfell, als Scheidewand von Bruſt⸗ und Bauchhöhle, vorhanden. Auch haben die Vögel keine Harnblaſe; und der After dient als gemeinſchaftlicher Ausführungsgang ſowohl für die flüßi⸗ gen, wie für die feſteren unbrauchbaren Theile der Nahrung. Der Umlauf des Blutes ſcheint bei den Vögeln noch ſchneller zu geſchehen, als bei den Säugethieren; und die Wärme deſſelben iſt, zum Theile ſchon deßhalb, noch etwas größer. 176 Vogel. Auch ihre Sinneswerkzeuge ſind bedeutend verſchieden eingerichtet; und die Empfänglichkeit derſelben iſt theils geringer, theils größer. Die Zunge iſt bei Weitem bei den meiſten mehr von hornartiger, als fleiſchiger Beſchaffenheit. Sie wirkt daher faſt bloß zum Verſchlucken der Speiſe, aber bei den meiſten wenig oder gar nicht als Geſchmacks organ; ja bei manchen Gattungen iſt ſie ſo klein, und liegt ſo weit hinten, daß ſie ſelbſt jenen erſten Dienſt nur unvollkommen oder kaum zu verrichten vermag, oder zu verrichten braucht. Der Geruch erſcheint bei den meiſten Vögeln im Vergleiche mit den Säugethieren ebenfalls ſchwach. Denn das Meiſte von Dem, was man ſonſt von der erſtaunlichen Feinheit des Geruches man— cher aasfreſſenden Raubvögel erzählt hat, ſcheint ſich, nach neueren Erfah— rungen, nicht zu beſtätigen. Vielmehr ſoll die, allerdings bewunderungswür— dige Leichtigkeit, mit welcher ſie todte Thiere auffinden, wenigſtens bei der Mehrzahl, lediglich auf einer ganz erſtaunlichen, faſt unbegreiflichen Schärfe ihres Geſichts beruhen. Dieſe kommt überhaupt wohl allen Vögeln in einem Grade zu, von welchem ſich bei Säugethieren nirgends ein Beiſpiel finden möchte. Gleichwohl erſcheint der Bau ihrer Augen ſchon einfacher, und hiernach weniger vollkommen, als bei den meiſten Säugethieren. Alle Vögel hören auch gut, und manche nächtliche ganz vortrefflich: obwohl ſie ſämmtlich ein bedeutend einfacheres inneres und gar kein äußeres Ohr (keine eigentliche Ohrmuſchel) beſitzen. Bei faſt allen (abgerechnet die Geier unter den Raubvögeln, ſo wie mehrere Hühnergattungen und einige wenige ſperlingsartige Vögel mit kahlen Köpfen) wird der äußere Gehörgang mit von Federn bedeckt. Dieſe ſind aber hier ſteifer, weniger dicht (ärmer an Fäſerchen) und härter, als auf dem übrigen Kopfe. Somit verhüten ſie zwar das Hineinfallen von Sand u. dergl., hindern aber das ſtete Eindringen der, von dem Schalle bewegten Luft keineswegs; ſondern ſie begünſtigen vielmehr vermöge ihrer Härte die Bewegung derſelben, alſo auch die Fortpflanzung der Schallwellen in das innere Ohr. Dagegen würde das Vorhandenſein von äußeren Ohren den Widerſtand der Luft vermehren, alſo die Bewegung in derſelben erſchweren. I 2. Nicht bloß der ganze äußere, ſondern großen Theils auch der innere Bau der meiſten Vögel erſcheint nämlich auf die Bewegung im Fluge berechnet: da das Vermögen, zu fliegen, nur wenigen von ih— nen mangelt. Der Vogel ſoll auf ziemlich ähnliche Weiſe die Luft durchſchneiden, wie ein Ruderſchiff oder vielmehr wie ein Fiſch das Waſſer: indem ihm hierbei die Flügel gleichſam als Ruder dienen und die eigentliche Fortbewegung be— wirken, während der Schwanz als Steuerruder ihm die gewünſchte Rich— tung geben oder ihn in derſelben erhalten hilft. Zu dieſem Zwecke mußte zu— vörderſt Alles, was hinderlich ſein konnte, vermieden werden oder fern blei— Vogel. 15 177 ben. Deßhalb liegen die Federn alle von vorn nach hinten gerichtet: weil ſte ſonſt beim Fliegen ſich der Luft entgegenſträuben würden. Alle Vögel fliegen daher, ſo lange es von ihrem Willen abhängt, ſtets entweder dem Winde entgegen, oder ſo, daß er ihnen nur von der Seite kömmt, nicht aber von hinten her in die Federn weht. Denn die mit ſchwachen Flugwerkzeu— gen begabten werden in letzterem Falle von einem ſtarken Winde leicht aus ihrer Richtung geworfen. Alle Kanten, Ecken und ſonſtigen Unebenheiten des Körpers, die bei dem Widerſtande der Luft hinderlich werden könnten, werden ſo von den Federn bedeckt, daß das Ganze überall gerundet erſcheint. (Daher iſt auch die Geſtalt eines gerupften Vogels eine ganz andere, als die eines befiederten: während die eines Säugethieres mit und ohne Haare meift ziemlich dieſelbe bleibt.) Ferner iſt nicht blos der feſteſte Theil aller Federn (die Spule) hohl, und der übrige Theil ſchwammig, oder ſonſt ſo leicht, als möglich; ſondern es bleiben auch allenthalben kleine leere Räume zwiſchen den Federn. Schon dadurch alſo, daß dieſe zwar den ganzen Vogel um Vieles größer, aber doch nur wenig ſchwerer machen, muß ihm der Flug fehr erleichtert werden. Außerdem enthalten jedoch alle Höhlungen ſeines Leibes, beſonders die Bruſt, wieder eine bedeutende Anzahl von leeren Räumen (Luft: zellen), deren Umfang der Vogel beim Auffliegen durch ſtärkeres Einathmen noch vergrößert. So wird ſein Körper abermals verhältnißmäßig leichter: indem er einen größeren Umfang gewinnt, ohne dadurch an Gewicht zuzu— nehmen.) Da ferner alle Kalkmaſſe zu den Knochen eines Vogels ſehr fein und dicht, alſo auch ſehr feſt iſt, und folglich nach Verhältniß überall ſehr dünne Schichten bilden kann, ohne doch an Haltbarkeit zu verlieren; ſo konnten faſt alle Knochen ſehr porös (reich an kleinen Zwiſchenräumen oder Zellen) ſein. Schon dieß macht ſie über allen Vergleich leichter, als die von Säugethieren. Endlich wird aber zu demſelben Zwecke auch das hohle In— nere der ſtärkſten, nämlich der meiſten Röhrknochen, (in den Gliedmaßen,) nicht von Mark, ſondern bloß von Luft ausgefüllt. **) Ein Vogel fliegt um ſo ſchneller und leichter, je länger und zugleich ſchmäler ſeine Flügel ſind: weil er ſo mit denſelben um ſo mehr Luft faſſen und dieſe gleichwohl leicht mit ihnen durchſchneiden kann. Solche Vögel halten daher auch das Fliegen meiſt ſehr lange, ohne Unterbrechung, aus. Kurze Flügel erfordern ein um ſo öfter wiederholtes Schlagen, fördern daher zwar meiſt ſchnell, ermüden jedoch um ſo eher. Der Flug ſolcher Vögel iſt, wegen der nothwendigen Härte ihrer Schwingen, meiſt rauſchend, und we— ) Denn die, beim Fliegen eingeathmete, größere Luftmenge kann vermöge ihres höchſt geringen Gewichtes hier um ſo weniger in Betracht kommen, da ſie ſich, bei ihrer ſoforti⸗ gen Erwärmung, im Körper ſelbſt noch weiter ausdehnt, folglich noch dünner und leichter wird, als die das Thier umgebende äußere Luft. t ) Dieſe Luft ſteht, was die Flügelknochen betrifft, mit den Luftzellen der Bruſt in Verbindung. Hieraus erklärt ſich die überraſchende Erſcheinung, daß ein Vogel, dem ein großer Flügelknochen zerſchoſſen iſt, gewöhnlich nicht erſtickt, wenn man ihm auch Schnabel und Naſenlöcher feſt zuhält: weil er durch den offenen Flügelknochen athmet. Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 12 178 . Vögel. gen des erforderlichen Kraftaufwandes keiner ſchnellen Wendungen fähig. Er geht daher gewöhnlich nur gerade aus. Vögel mit langen und zugleich breiten Flügeln haben den leiſeſten und daher anhaltendſten, obgleich nicht eben den anſcheinend ſchnellſten. Flug. Denn, weil ſich natürlich wegen der Größe der Flugwerkzeuge keine ſehr raſche Bewegungen mit denſelben machen laſſen, aber jede doch eine bedeutende Strecke weit fördert, und keine eine be— ſondere Anſtrengung des Thieres nöthig macht; ſo legt daſſelbe binnen Kur— zem einen ſehr anſehnlichen Raum zurück, ohne davon ſelbſt nach längerer Zeit zu ermüden. *) is 3. In der Haut der Vögel, auf welcher ſich auch bei größter Anſtrengung kein Schweiß zeigt, ſtehen die Federn in regelmäßigen Reihen, fo, daß die oberſten allenthalben dachziegelartig über einander liegen. Letztere nennt man O berfedern, und, weil ſie den Contour des Vogels (den Umriß feiner Geftalt) beſtimmen, auch Contourfedern. Sie ſind faſt überall in beſondere, lange, bald ſchmale, bald breitere Streifen vertheilt, die man Federfluren nennt. Zwiſchen dieſen befinden ſich ſo genannte Federraine, d. h. Zwiſchenräume, die bloß kürzere, wollige Federn von ganz anderer Beſchaffenheit tragen. Letz— tere begreift man unter der Benennung Dunen oder Flaumfedern. Sie beſtehen außer dem Kiele bloß aus einer lockeren, kugelähnlichen, weichwolli— gen Maſſe, deren einzelne Theile (Faſern) nirgends feſt zuſammenhängen. Ihr Zweck iſt, den Körper warm zu halten. Sie ſind daher weit häufiger, dichter und länger bei Vogelarten kalter Gegenden, als bei ſolchen in gemä— ßigten oder heißen Ländern; ebenſo erſcheinen Waſſer- und namentlich Schwimmvögel reicher daran, als die meiſten Landvögel. Kiel heißt der hohle Wurzeltheil aller Federn, mit welchem ſie in der Haut feſtſitzen. Er iſt, ſo lange die Feder wächſt, von einer markähnlichen, ſehr blutreichen Maſſe erfüllt, welche die Feder ernährt, indem ſie Säfte aus der Haut an ſich zieht. (Die vertrockneten häutigen Ueberbleibſel jener Maſſe nach vollendetem Wachsthume pflegt man die Seele der Feder zu nennen.) Aus dem Kiele oder der Spule, als der Wurzel, geht bei allen Oberfedern der Schaft hervor, welcher gleichſam als Stamm dient: indem er auf beiden Seiten als Aeſte und Zweige die Fahnen trägt. Letztere find an den Fe— dern des Kopfes, Halſes und Leibes beide einander gleich. An den meiſten Federn der Flügel, beſonders an den größten, und an den größten Federn des Schwanzes, iſt die nach außen ſtehende Fahne weit ſchmaler, als die nach innen gekehrte, und zugleich härter. Beide Fahnen beſtehen jederzeit wieder aus einzelnen, zuſammengedrückten, biegſamen, meiſt dicht an einander liegen den Streifen, (Faſern,) die ſich faſt immer wieder noch ein oder zwei Mal auf ähnliche Weiſe in haarähnliche, aber kleinere und meiſt weichere Zweige ) Dieſe allgemeinen Bemerkungen über die Flügel der Vögel und über die, hierdurch bedingte Art ihres Fluges werden auch künftig, bei der Beſchreibung beider, überall zu berückſichtigen ſein. Vogel 0 179 (Fäſerchen) theilen.“*) Die letzten Fäſerchen, die gewöhnlich nur an den größten Federn größerer Vögel für das unbewaffnete Auge ſichtbar bleiben, greifen mit ihren hakenartig gekrümmten Enden ſo über einander hin und in einander hinein, daß die ganze Feder dadurch einen ziemlich feſten Zuſammen— hang gewinnt. Dieſen muß der Vogel im Leben durch häufiges Ordnen (Putzen) ſeines Gefieders ſorgfältig zu erhalten ſuchen. Denn ohne denſel— ben würden die Regentropfen oder ſonſtiges Waſſer durchdringen, und ihm die Dunen nebſt der Haut naß machen. Zur Verhütung deſſen trägt bei faſt allen Vögeln auch die öftere An— fettung des Gefieders ſehr viel bei. Dieſe bewirkt der Vogel, indem er beim Ordnen ſeiner Federn mit dem Schnabel häufig auf die ſo genannte Oel- oder Steißdrüſe über der Wurzel ſeines Schwanzes drückt, wodurch er ſich die feine, ölige, von derſelben abgeſonderte Flüßigkeit auf den Schnabel ſchmiert, mit welchem er nun fein Federkleid nach und nach allenthalben be— ſtreicht. Die meiſten Vögel baden ſich im Waſſer: theils, um ihr Gefie- der zu reinigen, theils, um ſich zu erfriſchen. Manche thun es, beſonders im heißen Sommer, mehrere Mal des Tages, und die Schwimmvögel nicht ſel— ten ſogar im Winter. Doch unterlaſſen es alle hühnerartigen und die mei— ſten Raubvögel, fo wie einige größere Sumpf- (Wad-) und manche kleinere Landvögel; ihnen genügt zum gelegentlichen Reinigen ihres Kleides der Re— gen. Nach Beidem erfolgt ſtets ein neues Anfetten der Federn. Die Hühner und manche kleinere Landvögel wälzen ſich, ſtatt des Badens im Waſſer, bei heißem Wetter längere Zeit im Staube, werfen denſelben durch Einwüh— len über ſich her, und ſchütteln dadurch auch viele der fie plagenden kleinen Schmarotzerinſecten von ſich ab. Anmerkung. In der Gefangenſchaft, wo man es den Vögeln ſo häufig an der nöthigen Gelegenheit zum Baden im Waſſer fehlen läßt, erkranken viele an Verſtopfung jener Steißdrüſe: weil ſie demnach wenig Veranlaſſung haben, dieſelbe auszudrücken. Dann vereitern gewöhnlich die ernährenden Gefäße derſelben nach innen zu, und das Thier ſtirbt endlich, trotz einem faſt unabläßigen Freſſen, an der Auszehrung. Iſt die Krankheit noch nicht zu weit vorgeſchritten, ſo heilen ein wiederholtes, ſanftes Ausdrücken der Drüſe und ein tüchtiges Beſpritzen oder gewaltſames Baden des Vogels dieſen noch häufig; beſonders, wenn er, wie ge— wöhnlich, Beides dann ſehr bald auch noch von ſelbſt thut. 8 4. Alle Vögel wechſeln jährlich ein Mal ihr geſammtes Feder— kleid: bei Weitem die meiſten zu Ende des Sommers, oder mit Eintritt des Herbſtes. Man nennt dieſes Mauſern, in manchen Gegenden auch Rauhen. Nach Umſtänden heißt und bleibt dieß wenigſtens die Hauptmau— *) Hiernach erſcheinen alle Federn, beſonders die des Körpers, gleichſam aus einer Menge einzelner Haare zuſammengeſetzt, die ſich regelmäßig unter einander veräſteln; und ſie verhalten ſich ſomit zu den Haaren der Säugethiere ungefähr ſo, wie ein Bäumchen mit ſeinen Aeſten und Zweigen zu einem Binſenhalme, oder zu einem ähnlichen ſchlanken Gewächſe ohne beide. (Bei den Inſecten werden wir übrigens jedoch auch wirklich aͤſtige Haare kennen lernen.) 12* 180 Vögel. ſer. Viele Waſſervögel und manche kleine Landvögel mauſern nämlich im Frühjahre zum zweiten Male. Doch erſtreckt ſich dieſe Mauſer ſtets nur auf das geſammte kleine Gefieder, nebſt den 2 oder 3 hinterſten Schwin— gen und den beiden mittelſten Schwanzfedern, die bei den meiſten Bewegun— gen des Vogels, namentlich im Fluge, beide der meiſten Reibung und daher auch der ſtärkſten Abnutzung ausgeſetzt find, ſo daß ſie einer Erneuerung vorzugsweiſe bedürfen. Von ſolchen Gattungen ſagt man: ſie haben eine Frühlingsmauſer. Bei denjenigen Wad- und Schwimmvögeln, die auf ſolche Weiſe zwei Mal mauſern, ſo wie auch bei einigen dergl. Landvögeln, bekömmt das (kleine) Gefieder in der Frühlingsmauſer meiſt eine mehr oder weniger verſchiedene, zum Theile ganz abweichende Färbung. Man nennt dann ein ſolches Kleid gewöhnlich das Hochzeitskleid: weil kurz darauf die Paarungszeit eintritt. Sonſt heißt es das Frühlings- oder Som- mer⸗, das andere das Herbſt- oder Winterkleid. Immer erfolgt bei der Mauſer überhaupt das Ausfallen der einander entſprechenden Federn auf beiden Seiten ſehr regelmäßig, beſonders an den Flügeln und dem Schwanze. Denn hier würde der Verluſt einiger Federn bloß auf der einen Seite allein, und namentlich an Einem Flügel, ſtets verurſachen, daß der Vogel mit die— ſem bedeutend weniger Luft faſſen würde, als mit dem anderen. Dann würde er aber ſehr bald auf dieſer Seite ſinken, nun in ſchräge Richtung gerathen und herabfallen. (In der That kann ein Vogel, dem beide Flügel ſtark, aber gleichmäßig verſtutzt worden find, gewöhnlich noch fliegen: obwohl natürlich nur mit größerer Anſtrengung, daher nur kürzere Strecken; dagegen ein ſolcher, welchem nur Ein Flügel mäßig verſchnitten iſt, meiſt gar nicht.) Auch fallen beſonders die Schwingen immer nur einzeln, nie paarweiſe neben einander, aus. *) Sonſt würden die Zwiſchenräume zwiſchen den übrig bleibenden zu groß werden und beim Fliegen zu viel Luft durchlaſſen. Bei faſt allen Vögeln, mit Abrechnung der Raubvögel und weniger an— deren, iſt das erſte Federkleid (Neſtgefieder oder Jugendkleid) viel zar— ter und weicher, daher auch minder dauerhaft, als das ſpätere. Deßhalb legen die meiſten Vögel, mit Abrechnung der eben genannten, daſſelbe ſchon kurze Zeit nach dem Ausfliegen ab. Kein Vogel bringt übrigens bei ſeinem Ausſchlüpfen aus dem Eie gleich Federn mit; ſondern die meiſten ſind dann bloß mit Dunen bedeckt, und viele faſt, manche ganz nackt. Jene haben dann bereits offene Augen; und die Gliedmaßen, ſo wie überhaupt alle Theile des Körpers, ſtehen bereits in einem paſſenden Größenverhältniſſe zu einander. Solche Junge können entweder ihre Nahrung ſofort und ohne beſondere Hülfe der Eltern ſuchen, die ſie hierbei nur, wie überhaupt, leiten; oder letztere brauchen ihnen bloß Futter zuzutragen, indem ſie es dann ſchon ſelbſt ) Eine bedeutende, durch beſondere Gründe bedingte oder unſchädlich gemachte Aus⸗ nahme hiervon findet bloß bei den entenartigen Voͤgeln ſtatt. Das Nähere hierüber bei dieſen felbft, _ Bögel. 181 zu ſich nehmen. Indeß entwickeln ſich alle ſolche Vögel nur langſam weiter. Dagegen geht dieß um ſo ſchneller bei allen jenen, die faſt nackt ausſchlüpfen, obwohl ſie dann noch ſehr wenig und ſehr ungleichmäßig entwickelt erſchei— nen: indem ſie noch blind, die Augen beſonders unförmlich groß, Körper und Gliedmaßen aber gegen den Kopf überhaupt ſehr klein ſind. Ihre Eltern müſſen ſie ätzen, d. h. ihnen das Futter nicht bloß zutragen, ſondern auch, wenigſtens zu Anfange, ſelbſt in den Mund ſtopfen. Eine Eigenthümlichkeit, die nirgends bei anderen Thieren wieder vorkömmt. — [ 5. Solche Vögel, welche das ganze Jahr hindurch ihren Wohnort nicht ändern, nennt man Standvögel. Andere, die nur kurze Strecken und meiſt bloß nach Umſtänden wandern, heißen Strich vögel; diejenigen, welche hingegen regelmäßig weit fortziehen, Zugvögel. Sehr viele Vögel der kälteren und gemäßigten Erdgürtel können ſich nämlich ihrer Nahrung wegen, zum Theil auch aus anderen Gründen, nicht das ganze Jahr hindurch in derſel— ben Gegend aufhalten. Solche ziehen daher theils vor, theils mit Eintritt der kälteren Jahreszeit, und theils für längere, theils für kürzere Zeit, mehr oder weniger weit nach wärmeren Landſtrichen: die Inſektenfreſ— ſer, weil die Inſekten ſich ſchon mit Eintritt der kühleren Jahreszeit allmäh— lig verkriechen und ſpäter meiſt ganz verſchwinden; diejenigen, welche von Sämereien leben und dieſelben auf der Erde ſuchen, deßhalb, weil dieſe im Winter meiſt tiefer Schnee bedeckt; und die Sumpf- und Schwinmvögel, weil Sümpfe und Gewäſſer dann meiſt zufrieren, Inſekten, Larven, Würmer, Amphibien und Fiſche aber, von welchen ſie leben, ſich meiſt ſchon früher verkriechen, oder mehr nach der Tiefe ziehen. Auch viele Raubvögel müſſen theils aus denſelben Gründen mit fort, theils darum, weil ſie ſelbſt von ſol— chen Zugvögeln leben; und diejenigen, welche ſich z. B. von Mäuſen näh— ren, wenigſtens theilweiſe bei hohem Schneee, weil derſelbe ihnen die Gegen— ſtände ihrer Räubereien unſichtbar macht. Bei manchen Arten wandern meiſt bloß die Weibchen und jungen Vögel, oder letztere nur allein fort: ohne Zweifel, weil der Nahrungsmangel für fie Fein fo allgemeiner wird; und weil die älteren Vögel, beſonders die Männchen, ſowohl gegen ihn, wie gegen Kälte mehr abgehärtet ſind. Wenn mit Eintritt des Frühlings jene ungünſtigen Umſtände ſich wieder ändern; dann kehren alle Vögel, von einem wunderbaren Naturtriebe ſicher geleitet, genau wieder an den Platz zurück, wo ſie im vorigen Jahre gebrütet haben, oder ſelbſt ausge— brütet worden ſind. *) Dieß beurkundet eine ganz erſtaunliche Entwicke— lung des ſo genannten Ortsſinnes, die nirgends ihres Gleichen findet. „) Nicht bloß den Schwalben und weißen Störchen, die man am leichteſten beobachten kann, weil ſie in, an oder auf unferen Häuſern brüten, ſondern auch denjenigen anderen Vo— geln, auf die man in Gärten oder ſonſt genauer Acht giebt, kann man es im Frühlinge ſogleich ankennen: daß es dieſelben ſind, die bereits voriges Jahr dieſelben Wohnplätze inne hatten. Doch hat man ſich hiervon auch wiederholt und noch ſicherer durch das Einfangen derſelben und durch Anlegen und Prüfen verſchiedener Zeichen überzeugt. 182 2 Bügel. Ohne dieſe eigenthümliche Gabe des Gedächtniſſes, welches fie jo, oft mehrere Hunderte von Meilen weit, genau dieſelbe Stelle wiederfinden lehrt, würde die Vertheilung der meiſten Vögel über ſolche Erdſtriche lediglich vom Zu— falle abhängen. Dann würde ſie aber gewiß oft ſehr unregelmäßig ausfallen: und während an manchen Orten die nützlichen Folgen ihres Daſeins ganz vermißt werden würden, könnte an anderen Stellen ihre Menge ſo groß wer— den, daß die daſelbſt vorhandene Nahrung am Ende nicht für ſie zureichte. Folglich blieb ihre Wiederkehr nach einer beſtimmten Regel durchaus noth- wendig. Nur die jüngeren, vorjährigen ſcheinen es mit der Rückkehr an ih- ren Geburtsort minder genau zu nehmen, und überhaupt ſtets erſt einige Zeit umherzuziehen, bevor ſie einen Platz zur Anft edelung wählen. Durch ſie erfolgt daher auf dieſe Weiſe zum 1 5 noch jetzt eine allmählige, weitere Verbreitung vieler Arten. — Jeder einzelne Vogel, ſo wie jede Vogelart, wird da als einheimiſch be— trachtet, wo ſie ſich im Laufe der wärmeren Jahreszeit aufhalten und fort— pflanzen. Denn nie geſchieht Letzteres bei Zugvögeln da, wo ſie im Winter eine Zufluchtsſtätte geſucht haben. Viele Arten, die eine weite Verbreitung haben, ſind regelmäßig Zugvögel in nördlichen Ländern, dagegen nur unbe— ſtimmt wandernde oder Strichvögel in gemäßigten Gegenden, und Standvö— gel in wärmeren. Die meiſten dergl. ſuchen hier aber doch einen kühleren Wehnort auf höheren Gebirgen, wenn fie ſonſt auf geringeren Höhen, oder ſelbſt auf Ebenen wohnten. Je milder das Klima eines Welttheiles, oder ſonſt einer größeren Län⸗ dermaſſe iſt; um ſo weniger haben der Zug der Vögel und ihre Verbrei— tung daſelbſt Auffallendes. Dieß zeigen, im Vergleiche mit Europa, Aſien und Amerika unter gleichen geographiſchen Breiten. Da es dort, zumal in Nord— amerika, den Sommer über viel wärmer, aber zum Winter doch weit käl— ter iſt, als bei uns; ſo müſſen manche nordiſche Vogelarten, welche dort und zugleich in Europa wohnen, dort immer viel weiter wandern, als hier, ehe fie einen paſſenden Winteraufenthalt finden. Dagegen rücken dort, in Folge der weit größeren Wärme im Sommer, dann auch wieder manche ſüdliche viel weiter aus den Gegenden zwiſchen den Wendekreiſen herauf, als hier auf dem öſtlichen Feſtlande. So beherbergen namentlich manche der Verei— nigten Staaten von Nordamerika nach Maßgabe der Jahreszeit eben ſo gut hochnordiſche Vögel, die nahe an der Gränze, oder gar ſchon innerhalb des nördlichen Polarkreiſes gebrütet haben, wie ſo genannte tropiſche oder ſub— tropiſche: d. h. ſolche, die eigentlich den Gegenden innerhalb oder in der Nähe der Wendekreiſe angehören. *) Bei jeder Vogelart, die überhaupt wandert, ſcheint es Regel, daß überall, wo das Wandern bei ihr Statt findet, ihre Einzelweſen (Indivi— 2. Florida 3 B. und die übrigen fühlichen Freiſtaaten haben im Winter oft noch die Schneeeule; im Sommer Papageien und Kolibri's ı. Vogel. a 6 / 183 duen) fämmtlich in angemeſſenem Grade fortrüden: die ſüdlicheren kürzere, die nördlicheren weitere Strecken.“) Daher find von ſehr vielen Vo— gelarten diejenigen Stücke, welche wir noch im Winter bei uns ſehen, doch wieder ganz andere, als jene, die im Sommer um uns her gewohnt haben. Es läßt ſich deßhalb natürlich oft ſchwer, oder gar nicht beſtimmen, welches Strich- oder Zugvögel ſeien; beſonders, da in vielen Ländern manche Arten nicht regelmäßig fortziehen, ſondern bloß in manchen, ihnen vorzugsweiſe un— günſtigen Wintern. Bei faſt allen ſolchen Arten, (die eben nicht Ein für alle Mal Zugvögel ſind,) wandern die jüngeren Individuen vorzugsweiſe vor den älteren, und unter dieſen wieder die weiblichen vor den männli— chen. Daher giebt es z. B. nordiſche oder weiter öſtlich wohnende, von de— nen wir nicht ſelten junge oder jüngere, ſelten ältere, und nur ſehr ſelten ein— mal recht alte männliche Individuen bei uns zu ſehen bekommen. Während der ganzen Dauer der Wanderungszeit findet bei allen wirklichen Zugvögeln eine große Aufregung und wunderbare Steigerung der körperlichen Kräfte Statt, die zum Theil allerdings durch eine größere, kurz vorher eingetretene Wohlbeleibtheit unterſtützt wird. Beſonders die klei— neren und ganz kleinen halten dann mit Leichtigkeit faſt unglaubliche An— ſtrengungen aus. Selbſt manche Landvögel, die nur mäßig gut fliegen kön— nen, überfliegen dann in Europa nicht bloß die Oſt- und einen Theil der Nordſee, ſondern ſogar das Mittelmeer und die noch größere Meeresſtrecke, welche die Inſel Island von dem übrigen Europa trennt, in Einem Fluge, ohne ſich Einmal zum Ausruhen auf das Waſſer niederlaſſen zu können. Beim Antritte ſolcher Reiſen kömmt den meiſten gewöhnlich ein außerordentlich feines Vorgefühl für bevorſtehende Witterungsverhältniſſe ſehr zu Statten: indem es ſie abhält, ſich uber das Meer zu wagen, wenn eben Stürme ein— treten ſollen. Doch gehen, wenn letztere ſich zuweilen plötzlich erheben oder ſchnell ihre Richtung ändern, durch ſie manches Mal viele Tauſende ſolcher kleinen Wanderer zu Grunde. Hierdurch erklärt ſich die bekannte Erſchei— nung: daß manches Jahr eine oder die andere, ſonſt gewöhnliche Vogelart gerade nach einer beſtimmten Gegend in unerwartet geringer Anzahl wieder— kehrt und ſich dann nur allmählig wieder vermehrt. Ohne Zweifel ſind dann ihre meiſten Mitglieder auf ſolche Weiſe umgekommen. — Wie tief übrigens der Trieb zum Wandern in der Natur jedes Zugvogels liegt, und wie beſtimmt er daher zu beſtimmten Zeiten des Jahres in ihm erwachen muß, beweiſt die, oft wochenlang fortdauernde Unruhe, die ſolche Arten ſelbſt in der Gefangenfchaft, beſonders des Nachts, äußern. Denn faſt alle kleineren und wehrloſen Arten wandern ausſchließlich des Nachts: ohne Zweifel, weil ein anderer Naturtrieb (Inſtinct) ſie anleitet, diejenige Zeit zu wählen, wo die Finſterniß ſie den Nachſtellungen ihrer Feinde entzieht. *) In Oſteuropa wenden ſich viele Zugvögel im Herbſte ſtark nach Wellen zu 184 Bögel. [s 6. Unter allen Wirbelthieren beſitzen die Vögel den meiſten Kunfttrieb. Sie wenden denſelben aber meiſt ausſchließlich nur zur Fortpflanzungszeit, nämlich zum Anlegen von Wohnungen und um ihrer Jungen willen an, die ſie zärtlicher lieben und viel mühſamer pflegen, als dieß irgendwo bei Wir⸗ belthieren anderer Klaſſen der Fall iſt. Nach der Art, wie dieſer Kunſttrieb bei verſchiedenen Gattungen ſich äußert, hat man die Vögel auch in dieſer Beziehung auf beſondere Weiſe eingetheilt und benannt: wie wir bei den ein— zelnen Ordnungen und Familien ꝛc. ſehen werden. Nicht minder ausgezeichnet, ja einzig in ihrer Art, iſt bei den meiſten Vögeln (mit Ausnahme der wenigen, welche in Vielweiberei leben) die treue, bleibende Anhänglichkeit der Gatten an einander. Denn es unter— liegt keinem Zweifel: daß ihre Verbindung im freien Zuſtande der Regel nach, d. h., wenn keine gewaltſame Störung eintritt, für ihre geſammte beiderſeitige Lebensdauer fortbeſteht. Ja, bei manchen ſcheint nicht ſelten der überlebende Theil ſogar nach dem Tode des anderen noch ein oder mehrere Jahre, zuweilen vielleicht ſein ganzes übriges Leben hindurch, im Wittwenzuſtande zu verharren. Dieſer Umſtand giebt im Allgemeinen dem ganzen ehelichen Verhältniſſe bei dieſen vernunftloſen Thieren etwas ſo Rei— nes und Edles, wie dieß leider ſelbſt bei Menſchen ſo häufig nicht der Fall iſt; und es ſtellt, in Verbindung mit ihrer aufopfernden Sorgfalt bei Erzie— hung ihrer Jungen, die Vögel in gemüthlicher oder, wenn man will, ſitt— licher Hinſicht viel höher, als alle übrigen Thiere. Allenthalben finden wir, (dieß kann nicht oft genug wiederholt werden!) die überzeugendſten Beweiſe von der allſeitigen Harmonie, welche überall in der Natur herrſcht, und von der Zweckmäßigkeit aller Einrichtun— gen in derſelben, ſelbſt in anſcheinend minder bedeutenden Stücken. Dieß gilt bei den Vögeln ganz vorzüglich von der Färbung, an der man gerade hier recht deutlich ſieht, wie vielfach und harmoniſch auch ſie in das Leben und Weſen der Dinge und überhaupt in die Verhältniſſe des Ganzen eingreift. Viele Vögel tragen, wie fchon erwähnt wurde, ſolche Farben, welche ſie gegen ihre Umgebungen wenig oder gar nicht abſtechen laſſen. So werden ſie, wenigſtens im Zuſtande der Ruhe, dem Blicke ihrer Feinde nur wenig bemerkbar. Bei anderen, wo nur allein die Weibchen brüten, die natürlich hierbei am wenigſten im Stande ſind, den Nachſtellungen ihrer Feinde zum Voraus auszuweichen, gilt ein Gleiches bloß von ihnen und den Jungen. In der That kann man bei allen denjenigen Gattungen oder Arten, wo beide Geſchlechter irgendwie auffallend durch Farben und Zeichnung, oder gar durch Gefiederbildung, von einander abweichen, mit Sicherheit annehmen: daß entweder nur die Weibchen allein ſich dem Brütgeſchäfte unterziehen; oder daß I höchſtens bloß für kurze Zeit von den Männchen darin abgelöft werden. Nicht ſelten ſind übrigens auch da, wo die Gatten einander glei— chen, die Jungen ſehr bedeutend, ja zuweilen außerordentlich, von ihnen Bögel. W 185 verſchieden. Der Vortheil hiervon bleibt auch in dieſem Falle derſelbe. Ebenſo ſcheint ein ſolcher, wie ſchon oben geſagt wurde, überall da einzutre— ten, wo durch eine doppelte Mauſer ein bedeutender Unterſchied zwiſchen Sommers und Winterkleid entſteht. — Ja, dieſelbe zweckmäßige Uebereinſtimmung in Allem erſtreckt ſich offen— bar ſelbſt auf die Färbung der Eier. Bei dieſen würden, wenn ſie in offenen und nicht außerordentlich gut verſteckten Neſtern lägen, natürlich alle ſehr helle, oder ſonſt auffallende Farben und gänzliche Farbloſigkeit (Weiß) allzu ſehr den ſcharfen Blick mancher Feinde auf ſich ziehen. Dem entſprechend legen z. B. faſt immer nur ſolche Vögel rein weiße, Eier, welche in finſteren Erd-, Felſen- oder Baumhöhlen brüten: z. B. die Uferſchwalben, Eis vögel, Bienenfreſſer und Spechte, der Hausrothſchwanz ꝛc.; oder ſolche, die beinahe völlig geſchloſſene Neſter verfertigen, an welchen bloß ein kleines Einflugsloch offen bleibt: wie die Hausſchwalbe und Beutel- meiſe. Ferner ſolche, die überhaupt nur wenige Eier legen und gleich nach dem Legen des erſten ſchon zu brüten anfangen: wie die Tauben, die Tölpel und manche andere Schwimmvögel; dann die meiſten Nachtvögel, die bei Tage gleichfalls ſtets auf den Eiern ſitzen bleiben; endlich viele der größeren Raubvögel, ſo wie die Reiher, Störche und manche andere große mf wehrhafte Vögel, auf deren Neſter nicht leicht ein Feind einen An— griff wagt. e Bald das Eine, bald das Andere gilt mehr oder weniger auch bei ſol— chen Vögeln, deren Eier zwar nicht ganz weiß, aber doch nur wenig mit Roth oder anderen Farben gefleckt und geſtreift ſind: z. B. bei der Mehrzahl der Meiſen, den Kleibern, dem Baumläufer; ferner bei anderen, wo dieſelben ſchön und auffallend blau, grün ꝛc. ausſehen, wie bei unſerem Staare, dem Gartenrothſchwanze, den Steinſchmätzern. Doch kommen die letzteren Färbungsarten auch bei den Eiern ſolcher Vögel vor, welche Neſter aus grünem Mooſe bauen, wie die Hecken— braunelle, oder faſt ohne Neſt im Graſe ꝛc. brüten, wie der gewöhnliche Faſan und das gemeine Repphuhn. Viele Arten, die ihre Neſter aus weißlichen, oder ſonſt lichten und etwas bunten Stoffen bauen, wie der Pirol, oder dieſelben wenigſtens mit ſolchen ausfüttern, wie die Mehrzahl der finkenartigen Sänger, haben auch meiſt Eier von weißer, weißlicher, trüb gelblicher, oder ſonſt lichter Grundfarbe, und mit mehr oder weniger dichter Zeichnung von röthlicher, bräunlicher, grauer, oder ſonſt dunkler Farbe. Bei den Waldſchnepfen namentlich, und bei den meiſten hühnerarti— gen Vögeln, die im Walde auf etwas zuſammengeſcharrtem, altem Laube brüten, welches in Folge der Fäulniß bereits gelblich oder bräunlich gewor— den iſt, ſind die Eier gewöhnlich faſt wie dieſes: gelblich oder bräunlich, und braun- oder rothbunt. In den Neſtern der Lerchen, welche zwiſchen Erdklöſen bloß auf we— nigen, trockenen, erdfarbigen Hälmchen brüten, liegen Eier, die vermöge ihrer Farbe und Zeichnung ſelbſt kleinen Erdklümpchen gleichen. Die Eier der Strandpfeifer und vieler anderen Ufervögel, welche ſtatt des Neſtes nur ein Grübchen ausſcharren, ſehen dem ſie umge— benden Uferſande, oder den umherliegenden Steinchen in Größe, Farbe 186 Vogel. und Zeichnung ſo täuſchend aͤhnlich, daß man ſie beinahe verkennen muß, und daß ſelbſt ein geübter Blick, der fie einmal zufällig entdeckte, fie dennoch ſpäter oft mit aller Mühe kaum wieder bemerkt. Einige Hühner, deren Eier lichter als gewöhnlich ſind, ſcharren unter Geſträuch und dergl. einen großen Haufen altes Laub und Gras zuſammen, mit welchem ſie bei ihrem Davongehen die Eier bedecken ſollen. Indeß geſchieht Letzteres wahrſcheinlich zum Theil ebenſo mehr von ſelbſt, wie bei den kleineren entenartigen Vögeln, bei welchen die Eier eine lichte, grünlichweiße Farbe haben. Auch bei dieſen wählen nämlich die Weib— chen nicht bloß einen größeren Klumpen von alten Pflanzen als Neſtſtoffe; ſondern ſie häufen dieſe auch, wenn ſie legend oder brütend darauf ſitzen, ſo geſchickt um ſich herum auf und ziehen zugleich die, um ſie herſtehenden, lebenden Pflanzen ſo ſorgfältig und geſchickt über ſich hin, daß man in der Regel weder von ihnen ſelbſt, noch auch nach ihrem Abfliegen von den Eiern Etwas ſieht. [$ 7. Alle Vögel (faſt ohne Ausnahme) müſſen ihre Eier bebrüten, um den, in denſelben enthaltenen Keim zu dem Jungen durch fortgeſetzte Mittheilung ihrer eigenen Körperwärme zum Leben zu erwecken, und ſeine Entwickelung zu befördern. Den Landvögeln, deren Gefieder überhaupt weni— ger feſtſitzt, ſcheinen zu dieſem Behufe die großen Federn mitten am Bauche bis nach der Bruſt hin von ſelbſt auszufallen. So können die Eier hier in unmittelbare Berührung mit der Haut kommen, die gleichzeitig anſchwillt: wodurch ſie reicher an Säften und zugleich auch an Wärme wird. Die Waſſer⸗, und beſonders die Schwimmvögel, rupfen ſich zu demſelben Zwecke von ihrem feſter ſtehenden Gefieder bald nur an Einer Stelle, mitten am Bauche, bald an zweien zur Seite deſſelben die Oberfedern, manche auch noch einen Theil der Dunen aus. Man nennt dieſe Stellen, die ſtets eine läng— lich-runde Geſtalt haben, Brütflecke. Beim Brüten ſchiebt der Vogel nicht bloß die Eier, deren Zahl gewöhnlich in einem beſtimmten Verhältniſſe zur Zahl der Brütflecke ſteht, immer ſorgfältig in dieſe hinein; ſondern er dreht auch die Eier, um ſie gleichmäßig von allen Seiten zu wärmen, nach einem gewiſſen Zeitraume immer wieder alle der Reihe nach um. (Gewöhnlich mehrmals des Tages.) Bei denjenigen Gattungen, wo die Männchen den Weibchen einen bedeutenden Theil des Brütgeſchäftes abnehmen, haben beide Geſchlechter Brütflecken; bei anderen bloß die Weibchen. Alle Vogelweibchen brüten am ämſigſten und mit der größten Auf— opferung gegen das Ende der Brütezeit, wo die bald ausſchlüpfenden Jun— gen mehr Wärme bedürfen. Im Anfange geben alle Vögel den Eiern eine geringere. *) Sobald die Jungen dem Ausſchlüpfen nahe, oder gar die erſten bereits heraus ſind, darf das Brüten nicht mehr unterbrochen werden. (Sonſt würden ſie, da ſie dann alle feucht ſind, leicht an Erkältung ſterben.) Daher ) Daſſelbe muß forgfältig auch da beobachtet werden, wo man, wie in Aegypten, die Jungen in den Eiern der Hühner durch künſtliche Wärme in großen, bejenders dazu eingerichteten, fo genannten Brütöfen zu entwickeln ſucht, (künſtlich ausbrüten läßt!) Voͤgel. 187 kann man um dieſe Zeit viele kleine Vögel faſt, oder wirklich mit den Hän— den auf den Eiern fangen; und die brütenden Repphühner, Faſanenhennen ce. laſſen ſich in ſolchem Falle nicht felten lieber von der Senſe des Mähers den Kopf abhauen, oder ſich ſonſt bedeutend verletzen, ehe ſie die Eier ver⸗ laſſen. — Die meiſten Landvögel brüten mit ſehr kurzen Unterbrechungen. Diejenigen, wo Männchen und Weibchen regelmäßig (gewöhnlich zweimal des Tages) mit einander abwechſeln, thun es meiſt ſogar ohne Unterbrechung. Nur wenige Landvögel, z. B. die Schwalben, aber viele Strandvögel unter den Wadern und manche Schwimmvögel, dürfen ſich doch, ohne Nachtheil für das Gedeihen der Jungen in den Eiern, größere Unterbrechungen zum Aufſuchen ihres Futters geſtatten. Dagegen müſſen alle diejenigen Landvögel, deren Junge nackt auskriechen, noch längere Zeit hindurch, wenn gleich nicht ſo anhaltend, bei Tage eine Art von Nachbrütung fortſetzen, um die zarten Kleinen vor der Kühle zu ſchützen. (Des Nachts ſitzen dann ohnehin alle Tagvögel auf, oder neben ihnen.) — Die ganze Dauer der eigentlichen Brütezeit beträgt bei den kleinſten einheimiſchen Vögeln 12— 13 Tage; bei manchen noch kleineren in heißen Gegenden wahrſcheinlich etwas weniger. Bei denen von mittlerer Größe währt fie 3—4, bei den größten 6—8 Wo— chen. Nur bei einigen wenigen Schwimmvögeln iſt die Dauer der Brütezeit viel länger, als man nach der Größe ihrer ſelbſt, fo wie nach der ihrer Eier, vermuthen ſollte. [s S. Den wichtigſten unmittelbaren Nutzen gewähren dem Menſchen viele Vögel durch ihr Fleiſch und ihre Eier; nächſtdem manche Schwimmvögel auch durch ihre Federn: z. B. die Gänſe. Von den Schwänen gebraucht man die ganze gegerbte Haut nach Entfernung der großen Federn als ein Pelzwerk, deſſen weiche Dunen äußerſt warm halten. Daſſelbe geſchah be— ſonders früher in Südeuropa auch mit den Häuten der Geier und anderer großen Raubvögel. Die großen Federn des afrik. Straußes, der Paradies⸗ vögel, Pfauen, Haushähne dienen im Ganzen zum Schmucke. Die man— cher andern verarbeitet man zu ſchönen Geflechten, oder beim Verfertigen künſtlicher Blumen ꝛc. Bei anderen liefern ganze Stücke der Haut, mit den Federn gegerbt, eine Art ſchönen Pelzwerks. — Viel höher, als alles Andere, ift aber gewöhnlich der unberechenbare Vortheil anzuſchlagen, welchen die inſektenfreſſenden, oder ſonſt von allerhand kleinen Thie— ren lebenden Vögel auf Feldern, in Gärten und Wäldern durch Vertilgung unzähliger, pflanzenfreſſender Larven oder ſonſt nach⸗ theiliger Inſekten bewirken, und der, welchen manche Raubvögel durch Verfolgung von Mäuſen auf Feldern und Wieſen ſtiften. Anmerkung. In der Vögelwelt zeigt ſich uns recht deutlich eine, meiſt ſehr natürliche Sonderung in 2 Unterklaſſen, die deßhalb auch bereits ſeit langer Zeit als allgemein angenommen feſtſtehen. Dagegen ſcheinen aber die Charaktere der Ordnungen, Zünfte, Familien ꝛc. entweder viel weniger ſcharf hervortre— tend und minder beſtimmt, als bei den Säugethieren, oder wohl auch weniger beſtändig. Daher iſt man mit den nöthigen Vorunterſuchungen und allgemeinen Betrachtungen zu einer guten Eintheilung der Vögel noch lange nicht weit genug vorgeſchritten, um ſie mit ähnlicher Sicherheit und Genauigkeit 188 Vogel: Landvögel; Lie Ordn.: Paarzeher; in eine ſyſtematiſche Reihe bringen zu können, wie die Säugethiere. Indeß muß man dieß natürlich immer ſo gut zu thun verſuchen, als eben die Umſtände es geſtatten. Ie Huterklaſſe: Landvögel. is 9. Ihre Beine ſind von oben her bis mitten auf, nicht ſelten bis über die Ferſen herab beſiedert.*) Zuweilen erſcheinen ſogar noch die Zehen mit Federn bewachſen. Bei einigen wenigen aber, wo die Beine Unter— ſchenkel oder Schienbeine) noch ein Stück über der Ferſe nackt bleiben, ſind 2 Zehen (die mittlere und äußere) zur Hälfte mit einander verwachſen: was bei keinem Waſſervogel vorkömmt. Sie halten ſich an allerlei Orten auf dem Lande auf, und gehen hier ihrer Nahrung nach. Nur wenige wohnen gern oder beftändig am Waſſer, indem ſie hier ihren Lebensunterhalt ſuchen; aber ſelbſt von dieſen beſitzen bloß äußerſt wenige das Vermögen, zu ſchwimmen und zu tauchen. 1 Ordnung: Paarzehige Vögel. Man wird ſie mit Recht im Allgemeinen als die am höchſten entwickel— ten Vögel zu betrachten haben: ſchon weil zu ihnen diejenigen Gattungen gehören, welche in ihrer Art den Affen unter den Säugethieren entſprechen. An ihren Füßen ſtehen die Zehen faſt jederzeit paarweiſe: 2 nach vorn, 2 nach hinten gekehrt; mit Ausnahme einiger wenigen Fälle, wo deren überhaupt nur 3 vorhanden find. (Bei einigen Spechten.) Weil viele dieſer Vögel klettern, ſo nannte man ſonſt ſolche Füße über— haupt Kletterfüße, und die Thiere ſelbſt Klettervögel. Beide Namen ſind jedoch auf eine bedeutende Anzahl von ihnen gar nicht anwendbar: während ſie, umgekehrt, auf manche andere, nicht hierher gehörige Gattungen vollkom— men paſſen. Deßhalb wird der oben gebrauchte Name entſchieden den Vor— zug verdienen. { Ite Unterordu.: Kletternde Paarzeher. Sie zeichnen ſich ins Geſammt durch ſehr harte und ſtarke, oder ziemlich ftarfe, zahnloſe (nicht- ausgezackte) Schnäbel aus, und bilden 2 Zünfte. Dieſe haben zwar vor den übrigen Paarzehern gemeinſchaftlich die Neigung und Fähigkeit zum Klet— tern überhaupt voraus; ſie üben dieſelbe aber nicht bloß auf ganz verſchie— denartige Weiſe aus, ſondern weichen auch hinſichtlich der Nahrung faſt voll— *) Hebel darf man eben fo wenig, Dr bei den meiften Saͤugethieren, vergeſſen: daß die eigentliche Ferſe das, im gemeinen Leben fälſchlich fo genannte Knie iſt. (Vergl. oben S 14-15) a) kletternde; papageiartige. 189 kommen von einander ab. Dieß beruht auf einer großen Verſchiedenheit der Freß⸗ und Bewegungswerkzeuge beider. Die Gattungen der [$ 10. Iten Zunft, die papageienartigen Vögel, haben ſtets am Grunde des Schnabels eine dünne und ziemlich weiche, ſo genannte Wachshaut, in deren Umfang die Naſenlöcher liegen. Ihr Unterkiefer iſt ſtark gebogen, bei faſt allen auch der obere; und der letztere erſcheint in höherem Grade beweglich, als bei anderen Vögeln.“) Aber auch die Ein— lenkung und Beweglichkeit des Unterkiefers iſt vollkommener, als ſonſt bei Vögeln. Deßhalb kömmt die ganze Art und Weiſe der Papageien, ihre Nahrung, ſie mag hart oder weich ſein, vermittelſt der ſcharfen Kieferränder in ganz kleine Stücke zu zernagen, dem Kauen der meiſten Säugethiere of— fenbar näher, als die Freßweiſe irgend eines anderen Vogels. Zugleich iſt die Höhlung des Mundes, und mit ihr die Zunge, bei faſt allen runder, weicher und empfindlicher, überhaupt beſſer ausgebildet, als ſonſt irgendwo bei einem befiederten Weſen. Mit Recht nannten deßhalb ſchon die alten Griechen **) die ihnen bekannte Papageiart den „Vogel mit der Menſchen— zunge.“ In der That ſcheinen die Papageien vielleicht die einzigen Vögel, welche mit ihrer Zunge vollkommen ſchmecken und lediglich durch den Ge— ſchmack ihre Speiſen prüfen. Zu der beſchriebenen Beſchaffenheit der Zunge, wie zu dem erwähnten Baue der Mundhöhle, kommt der Beſitz zahlreicher Muskelpaare, welche theils den Kehlkopf in Bewegung ſetzen, theils die Luftröhre verlängern und ver— kürzen. Dieß Alles zuſammen wirkt dahin, den Papageien ein deutliches Nachſprechen menſchlicher Worte leichter zu machen, als jedem anderen Vo— gel: abgerechnet ſolche Arten, deren eigenthümlich ſtörriſches, eigenſinniges Weſen ihrer Gelehrigkeit Eintrag thut. Uebrigens haben jedoch ſonſt keines— wegs alle wohllautende Stimmen. Ihr Kopf iſt groß und ziemlich eckig, mit etwas flacher Stirn und faſt eben ſo flachen Backen. Sie zeichnen ſich u. A. noch durch die höchſt ſel— tene Fähigkeit aus, ihre Sehöffnung (den Augenſtern) willkürlich erweitern und verengen zu können. An geiſtigen Fähigkeiten ſcheinen ſie gleichfalls allen Vögeln überlegen; und ihre körperliche Gewandtheit zeigt ſich im Gan— zen ſo vielſeitig, wie bei keinem anderen. Sie können mäßig gut fliegen, und ſchreiten erträglich gut, zum Theile ſogar mit Zierlichkeit, auf der Erde ein— her. Am leichteſten, gewandteſten und häufigſten bewegen ſie ſich jedoch ſtei— ) Diefe Beweglichkeit des Oberkiefers kömmt jedoch in gewiſſem Grade allen Vögeln ohne Ausnahme zu; und manchen körnerfreſſenden iſt ſie in hohem Grade eigen. Hiervon kann man ſich im Zimmer bei den Kanarienvögeln, Finken, Sperlingen und dergl. leicht überzeugen, wenn man ſie beim Schälen ihres Futters beobachtet; ebenſo ſelbſt noch an jedem todten Vogel, wenn man bei geſchloſſenem Schnabel mit den Fingern gleichzeitig auf den Unterkiefer und Oberkopf drückt: indem ſich alsdann der Oberkiefer vorn in die Höhe hebt. ) Namentlich Ariſtoteles. 190 Vögel; tte Ordn.: Paarzeher; gend, an den Zweigen und dünnen Aeſten der Bäume: indem ſie dieſelben N mit den kräftigen, unterhalb flachen und weichen Zehen ihrer ſtarken Füße umfaſſen. Den Schnabel gebrauchen ſie hierbei gleichſam als einen dritten Fuß: indem ſie ſich faſt immer zuerſt mit dem langen Haken des Oberkiefers anhängen und daran fo lange feſthalten, als fie mit dem einen Fuße fort ſchreiten. Auf dieſe Weiſe klettern ſie ausgezeichnet gewandt, im Falle der Noth auch ſchnell, und mit gleichem Geſchicke und gleicher Sicherheit nach unten, wie nach oben oder nach der Seite. Zuweilen laſſen ſie ſich ſogar rücklings herab. Dagegen können ſie wegen der geringen Länge und Schärfe ihrer rundlichen Krallen, die ſich zum feſten Eingreifen in Rauhigkeiten der Rinde nicht eignen, niemals ſo an Stämmen und dicken Aeſten umherſteigen, wie die Spechte und die meiſten anderen kletternden Vögel. Letzteres würde ihnen übrigens auch Nichts nützen: da ſie ſich, gleich den Affen unter den Säugethieren, meiſt bloß von Früchten, beſonders von ſüßen, ſaftigen, und zum Theile von Sämereien nähren, die ſie faſt immer bloß an den Zweigen und Aeſten finden. Dafür vermögen ſie, ſich an dieſe überall nach Belieben mit den Füßen ſo anzuklammern, daß ſie ſelbſt beim heftigſten Schaukeln derſelben durch den Wind noch feſt hängen bleiben. Ferner können nur ſie allein unter allen Vögeln, auf Einem Fuße ſtill ſitzend, den anderen nach Belieben und mit größter Sicherheit, ſo lange ſie wollen, als Hand gebrauchen, um damit ihren Fraß zum Munde zu führen und ihn ſo zum bequemeren Benagen feſt zu halten. Sowohl dieſe Gewohnheit, wie überhaupt ihr ganzes Weſen und Benehmen, machen fie meift in ihrer Art den Affen ſo ähnlich, als dieß überhaupt bei Geſchöpfen zweier, an ſich ſo bedeutend verſchiedenen Thierklaſſen möglich iſt. Namentlich gilt dieß auch von ihrer wunderlichen Art und Weiſe, bei leidenſchaftlicher Aufregung mit dem Kopfe zu nicken, denſelben mit dem Halſe raſch hin- und herzuwenden und zu drehen, oder ſich durch ſchnelles, tiefes Bücken und Wiedererheben des ganzen Körpers zu beluſtigen. Manche ſind eben ſo reizbar und zum Zorne geneigt, wie viele Affen, und zeigen ſich beſonders boshaft und biſſig gegen fremde Perſonen. Ihr Schnabel iſt ein ſo kräftiges Beißwerkzeug, daß ſie ſtark damit verwunden können und in der Gefangenſchaft mit Leichtigkeit alles gewöhnliche Holzwerk zernagen. Man muß ihnen daher ſolche Käfige geben, welche lediglich aus Metall beſtehen. Gleich den Affen, ſcheint auch den Papageien ein eigentlicher Kunſttrieb zu mangeln. Sie ſollen entweder in großen Baumhöhlen, oder in Vertiefun- gen zwiſchen dicken Aeſten, auf einer ſchlechten und geringfügigen Unterlage brüten. Männchen, Weibchen und Junge unterſcheiden ſich oft wenig oder gar nicht von einander. Dagegen ändern manche bei langer Gefangenſchaft um ſo mehr zufällig ab. Denn ſie gehören zu denjenigen Vögeln, welche ein ungewöhnlich hohes Alter erreichen. (Manche ſollen im Freien wohl 100 Jahre und darüber leben.) Es giebt an, oder vielleicht noch uber a) kletternde: papagelartige. 191 200 Arten. Dieſe wohnen faſt alle, gleich den Affen, zwiſchen den Wende— kreiſen und in deren Nähe; bloß in Amerika gehen einige wenige noch merk— lich weiter nach Süden und Norden. Sie ſind gewöhnlich ſchön gefärbt, und die meiſten mehr oder weniger bunt: in der Regel mit grüner Haupt— farbe. Beides zuſammen gleicht, zumal bei den kleineren Arten, meiſt ſo ſehr dem lichten Grün der von ihnen bewohnten Bäume mit bunten Blüthen und Früchten, daß ſie, ſtill ſitzend, ſchwer auf denſelben zu entdecken ſind. In Neuholland, welches gerade die ſchönſten und bunteſten Arten beſitzt, deſſen Bäume aber meiſt nur dünn ſtehendes und düſter gefärbtes Laub tragen, wäh— rend viele um ſo ſchönere Blüthen bringen, — in Neuholland giebt es auch die wenigſten grünen Papageien. — *) N Die Mehrzahl iſt ungehäubt, d. h. ohne verlängerte Kopffedern. Bei dieſen allen zeigt auch der Schnabel die einfachſte Bildung, überall die ſtärkſte Rundung, und oben den am wenigſten langen Haken. s 11. Eine ziemliche Anzahl von Arten, die wahrſcheinlich mehrere Gattungen bilden und bloß den heißeſten Gegenden anzugehören ſcheinen, haben gerade, oder nur etwas abgerundete Schwänze. (D. h.: im erſteren Falle ſind alle Federn gleich lang, ſo daß das Schwanzende eine gerade Linie bildet; im zweiten werden ſie nach mitten zu etwas länger, wo dann der Schwanz am Ende eine ſanfte Bogenlinie beſchreibt.) Hierher gehören zuvörderſt jene mittelgroßen Arten der alten Welt, die man gewöhnlich Papageien ſchlechtweg nennt. (Psittäcus.) Die Arten der neuen Welt, wo es die meiſten giebt, begreift man (mit Beziehung auf jenen bekannten gewaltigen Strom ihrer Südhälfte) am häufigſten unter der Benennung „A ma— zonenpapageien.“ Dieſe ſind ſämmtlich grün mit etwas bunter, zuweilen ſehr unbeſtändiger Zeichnung: mit Gelb, Roth, Blau oder Veilchenfarbe am Kopfe, Rücken und Unterleibe, zum Theil auch auf den Flügeln, oder am Schwanze ꝛc. In Afrika wohnen dagegen mehrere grauliche, oder bräunliche; darunter der aſch— graue P. oder Jako. (Ps. erithäcus.) Er ſieht überall ſchön aſchgrau, im Ge: ſichte weißlich aus, mit hochrothem Schwanze, gehört alſo zu den bloß mäßig hübſchen. Nichts deſto weniger ziehen ihn die meiſten Liebhaber doch allen übrigen vor, wegen ſeiner Sanftmuth und großen Gelehrigkeit; wegen der außerordentlichen Genauigkeit und Reinheit, mit welcher er ſchnell die menſchliche Stimme nachahmen lernt; ſo wie wegen der ſeltenen, überraſchenden Schönheit und Reinheit ſeiner pfeifenden und flötenden Naturlaute, die gegen das rauhe, widerliche Geſchrei vieler anderen ſo höchſt vortheilhaft abſtechen. Man ſieht und hört ihn, beſonders im Anfange, häufiger als andere gleichſam in leiſem Selbſtgeſpräche da ſitzen: indem er ſich die gelernten Wörter von ſelbſt wiederholt, alſo ſeine Aufgabe gleichſam einübt, oder ſich ſelbſt damit unterhält. ) Dem Umſtande, daß die Pflanzenwelt jenes Feſtlandes und feiner Inſelgruppen fo vorzugsweiſe viel Bäume mit ſehr honigreichen Blüthen zählt, entſpricht die Thatſache: daß auch nur dort die Vogelwelt ſo auffallend reich iſt an ſolchen Gattungen mit pinſelartig gebildeter Zungenſpitze, die fo vorzugsweiſe zum Einſaugen jener Honigſäfte, wie zum Herausziehen der kleinen, in den Blüthen herumwühlenden und deren Befruchtung befördernden Inſecten dient. Dem angemeſſen, ſcheint auch bloß Auſtralien einige ganz kleine Papageien zu beſitzen, deren Zungen von ähnlicher Beſchaffenheit (pinſelähnlich) ſein ſollen. 1 192 Voͤgelz lie Ordn.: Paarzeher; Die kleinſten von allen, dabei gleichfalls meiſt grün und mitunter nur wenig bunt, find die Zwerg- oder Sperlingspapageien. (Nanödes; Psittacula!) Die Mehrzahl übertrifft in der That unſere Sperlinge wenig, oder gar nicht an Größe. Einige ſind eben ſo berühmt, als geſchätzt, wegen der außerordentlichen Liebe, mit welcher Männchen und Weibchen einander zugethan ſind. Z. B. bei dem, deßhalb ſo genannten Zärtlichkeitsvogel. (Ps. pullarius.) Im Käfige ſitzen beide Gatten entweder höchſt zärtlich und liebkoſend dicht bei einander, ſchnä— beln ſich und putzen eines das andere, oder gehen mit einander an den Freß- und Trinknapf ꝛc. So verrichten ſie faſt Alles gemeinſchaftlich oder gleichzeitig, ſind überhaupt ihr ganzes Leben hindurch unzertrennlich, und wenn eines von beiden ſtirbt, ſo folgt ihm das andere gewöhnlich binnen Kurzem vor Gram auch in den Tod nach. Daher verdienen ſie mit Recht ihren franzöſiſchen Namen Inſepara— bles (die Unzertrennlichen) und die Ehre, als ſchönes Sinnbild inniger Liebe und ehelicher Treue zu dienen. [s 12. Weit größer iſt die Anzahl der glattköpfigen Papageien mit länge— ren und ſtärker abgeſtuften Schwänzen, die man keilförmige oder lang- keilförmige nennt, ſobald ihre mittleren Federn bedeutend länger, als die ſeit— lichen ſind. Bei der Mehrzahl erſcheinen die Backen noch ebenſo mit Federn 1 wie bei den vorhergehenden; und die Größe iſt höchſtens mit— telmäßig. 5 Auf diejenigen Arten beider Welten, deren mäßig langer Schwanz ziemlich gleichförmig Zabgeſtuft erſcheint, pflegt man den franzöſiſchen Namen Perruche (Perrüſch, Conũrus) und den engliſchen Parkit“) überzutragen. Die meiſten haben eine mittlere Größe; nur wenige eine bedeutende, oder geringe. Außer vielen grünen in den übrigen Welttheilen giebt es z. B. in Amerika (Braſilien) einen faſt ganz citronengelben, (C. luteus,) der dort Guaruba und Aratinga genannt wird.“) Ein anderer auf Borneo (C. borneus) iſt hell ſcharlachroth und gelb. — Manche Arten haben bloß die Größe der Inſeparables. Einige hat man Pfeilſchwänze, oder Pfeilſchwanzſittige (Palaeornis!) genannt: weil in ihrem Keilſchwanze, der ſonſt ungefähr die Länge des Kopfes und Leibes hat, die beiden mittelſten Federn noch weit über die übrigen hinausreichen. Sie ſind beſonders zierlich geſtaltet, aber meiſt eigenſinnig, daher wenig gelehrig. Keiner von ihnen iſt groß, und alle bewohnen lediglich Indien und Neuholland. Einer führt den Namen Alexanders-Pap., (Ps. Alexandri,) weil man glaubte: daß er zuerſt durch jenen großen König der Macedonier von ſeinem berühmten Heereszuge nach Indien mit nach Europa gebracht worden, und ſomit überhaupt der erſte den Europäern bekannt gewordene Papagei ſei. Er iſt ſchön grün mit rothem Schnabel, ſchwarzem Kehlflecke und röthlichem Halsbande. Bei 2 — 3, ſonſt ähnlich gebildeten Arten, (z. B. Ps. haematodes [cyano- cephälus et moluceänus!] ꝛc.) ſollen unter der Spitze der Zunge einige Borſten ſtehen. Daher ihr Name Haarzüngler. (Trichoglossus.) . Breitſchwänze (Platycercus) heißen einige wenige, meiſt ſehr bunte, von den Inſeln Südaſiens und Neuhollands, wegen des anſehnlichen Querdurchmeſſers ihrer Schwanzfedern. Nur ein Paar davon, die noch ins Beſondere Waſapapa— geien genannt werden, ſind groß und ſchwärzlich oder düſter braun, und leben ) Nach dem franzöſiſchen perroquet. **) Seinen wohlklingenden letzteren Namen konnte man vielleicht auf die ganze Gat⸗ tung anwenden. w — — a) kletterndet: papageienartige. 193 auf Madagascar und den bourboniſchen Inſeln. (Ps. niger s. Vasa und Ps. ma scarinus.) — Ein Paar andere mit rother Hauptfarbe nennt man Lori's. Einer davon, der blauſteißige, (Ps. scapulätus s. eyanopygus & garrülus,) gilt, trotz einem gewiſſen Eigenſinne und biſſigen Weſen, nicht bloß für beſonders gelehrig und zuthulich gegen ſeinen Herrn, ſondern wird auch wegen ſeiner ſchönen Naturſtimme und vorzüglichen Sprechluſt geſchätzt. Er hat einen ſchwarzen Schei— tel, grünen Schwanz, und grasgrüne Flügel mit ſpangrünem Schulterflecke. Die waldärmeren Gegenden von Neuholland beſitzen noch zwei bis drei nicht große, ſchlank geſtaltete, langſchwänzige Papageien von grüner, theilweiſe ſchwarz gefleckter Farbe mit wenig Gelb oder Roth, die ſich durch einen kleineren Schnabel, als gewöhnlich, ſo wie durch dünnere Zehen und etwas höhere Beine auszeichnen. Man nennt fie Erdſittiche, (Pezopörus:) weil fie ſich, gegen die Gewohnheit der übrigen, mehr auf der Erde, namentlich im Graſe aufhalten, als auf Bäumen. Sie laufen nicht bloß mit größerer Leichtigkeit auf dem Boden, als alle ſonſt be— kannten; ſondern ſie bewegen ſich auch, gleich manchen ihrer vorigen, bunteren Landsleute, ſchon auf den Bäumen oder an den Käfigwänden ꝛc. ausgezeichnet flink und mit auffallender Zierlichkeit und Gewandtheit. Ein ſehr eigenthümlicher Papagei bleibt gewiß der geradſchnäbelige Ara— ſittig, (Psittacara [I] rectirostris,) deſſen Vaterland das meiſt waldloſe Chile iſt, von ſchmutziggrüner Farbe mit braunrothem Schwanze und Stirnſtreife, und mit bunten Schwingen. Er gleicht der Geſtalt nach ſonſt den Perruchen, (Sittie chen,) unterſcheidet ſich aber von allen Papageien ſehr auffallend durch die, faſt ganz gerade Richtung ſeines Oberkiefers. Dieſe abweichende Bildung des letzteren ſteht ohne Zweifel in naher Beziehung zu der Lebensweiſe des Vogels: indem er dieſem z. B. das Bohren in die Erde geſtatten, alſo vielleicht das Ausgraben von ſaftigen, knollen- oder zwiebelähnlichen Pflanzenwurzeln erleichtern mag; wogegen er jedoch offenbar zur Beihülfe beim Klettern untauglich iſt. — Die übrigen ſo genannten Araſittiche (Psittacara) der neuen Welt unter— ſcheiden ſich ſonſt nicht von den Sittichen der alten Welt, außer durch die, oft wenig auffallende Nacktheit ihrer Augengegend. Hierdurch nähern ſie ſich den großen und ſchönen, meift ſehr bunten Ara's, (Araclanga, Ara!) die aus: ſchließlich das wärmere Südamerika bewohnen. Sie haben ganz kahle oder fat kahle Backen, auf denen bloß einige ſchräge Reihen kleiner Federchen und häufig auch Hautfalten ſtehen. Sowohl ihr gewöhnlicher Name (Ara's), wie die Benen— nung „indianiſche Raben“, beziehen ſich auf ihr lautes, grobes, oft knarrendes, widerliches Geſchrei. Sie gehören zu den größten und theilweiſe auch zu den ſchönſten Geſchöpfen dieſer Vogelzunft, ohne gerade ſehr bunt zu ſein. [S 13. Eine nicht ſehr große Anzahl von anſehnlichen, oder bedeutend gro— ßen Papageien mit mehr oder weniger verlängerten Federn des Ober— kopfes (Hauben) begreift man unter dem gemeinſchaftlichen Namen Ka— katu's. Sie machen ſich zugleich durch ihren, am Rücken zweikantigen, großen und beſonders ſtark gekrümmten Oberkiefer kenntlich. Ihr Vaterland beſchränkt ſich auf die moluckiſchen Inſeln und das nördliche Auſtralien. Die eigentlichen Kakatu's, (Plissolöphus, ) mit kurzen, geraden Schwän— zen, find herrlich weiß, die meiften bloß mit röthlichem oder gelblichem Anfluge an der Schwanzwurzel, wie auf der Innenſeite der Flügel, beſonders aber an der Haube, die aus 2 Reihen von aufrichtbaren Federn beſteht. Die Spitzen der letz— teren hängen bei mehreren Arten, den größten, nach hinten; bei zweien kräuſeln ſich die ausnehmend langen, hochgelben Spitzen etwas nach oben und vorn. Die Gloger, allgem. Naturgeſchichte 13 194 Vögel; tte Ordn.: Paarzeher; 5 f Vögel ſpielen ganz befonders häufig und ſehr nett damit: indem fle fie bald ganz niederlegen, bald hoch aufrichten. Gut behandelt und mit Neckereien verſchont, gehören die Kakatu's zu den ſanfteſten, zähmbarſten Papageien. Sie lernen ſehr wohlklingend ſprechen, und laſſen zuweilen ihre angenehme Lockſtimme hören, die bei manchen zart gedehnt, wie ihr Name (Kakatu) klingt. Noch größer, ſchon wegen ihrer längeren, breitfederigen, abgerundeten Schwänze, deren Wurzelhälfte hochroth oder gelblich iſt, erſcheinen die ſonderbaren neuholländi— ſchen, ſonſt ganz dunkelfarbigen, ſchwarzen oder Bartkakatu's, (Calyptorhynchus,) bei denen faſt der ganze Unterſchnabel in den langen, breiten, nach vorn gerichteten Backenfedern verſteckt liegt. Sie ſollen ſich vorzugsweiſe von Wurzeln nähren. Wohl die ſonderbarſten aller Papageien find aber die oſtindiſchen Rüſſelpapa— geien, oder beſſer Rüſſelkakatu's. (Microglossus.) Ihr Schwanz iſt kurz, wie bei den gewöhnlichen Kakatu's, ihr Federbuſch jedoch aus langen, ſchmalen Federn zuſammengeſetzt. Sie haben nackte Wangen, wie die Ara's, dabei jedoch einen außerordentlich großen, ſehr gekrümmten Oberſchnabel, (wovon ihr Name!) und eis nen ſehr kurzen Unterkiefer, die beide nicht ganz an einander ſchließen. Ihre Zunge iſt walzenförmig, mit einem kleinen, hornigen Endſtücke von der Geſtalt einer kleinen, geſpaltenen Eichel; ſie kann weit aus dem Schnabel herausgeſtreckt werden. Ihre Beine ſind, wie die der Waſſervögel, noch etwas über der Ferſe nackt. Beim Gehen ſollen ſie mit den kurzen, platten Fußblättern (Tarſen) auftreten, alſo gleich— ſam auf der Sohle ſchreiten. Ein ſolcher Gang kann natürlich nur ſehr unbeholfen und ſchleppend ſein; dafür mögen ſie um ſo beſſer klettern können, und hierzu ein vortreffliches Hülfswerkzeug in dem langhakigen Schnabel beſitzen. [s 14. Ste Zunft: Spechtartige Paarzeher. Ihnen fehlt die Wachs— haut; und der Schnabel iſt faſt oder ganz gerade, kantig, äußerſt feſt und hart. Die Füße haben rundliche, nicht eben weiche und am Ende kaum dünnere Zehen mit gekrümmten und ſtark zuſammengedrückten, ſehr har— ten und ſcharfen Nägeln zum Feſtkrallen an und in die Rauhigkeiten der Baumrinde. Denn ſie klettern, im Gegenſatze zu den Papageien, vorzugs— weiſe an Stämmen und großen Aeſten; dagegen nie von Zweig zu Zweig: obwohl ſie ſich hier beim Sitzen und Hüpfen gleichfalls ſehr feſt anklammern können. Sie niſten in Baumhöhlen, die ſie zu dieſem Behufe theils erwei— tern und ausrunden, theils ganz neu anlegen. Deßhalb und aus ähnlichen Gründen ſcheinen ſie eben ſo wenig in Au— ſtralien zu wohnen und wohnen zu können, wie die meiſten Flederthiere. *) Einige Gattungen, die faſt in allen Punkten zwiſchen den Papageien und Spechten mitteninne ſtehen, begreift man gewöhnlich unter dem gemein— ſchaftlichen Namen Schnurr- oder Bartvögel. Denn ſie zeichnen ſich meiſt nicht bloß vor den genannten beiden, ſondern auch vor beinahe allen übrigen Vögeln, durch ungewöhnlich lange und auffallend ſtarke, nach vorn gerichtete Bartborſten aus, von welchen je ein Büſchel hinter jedem Naſenloche und Mundwinkel und ein fünfter am Kinne ſteht. Man könnte die Thiere füglich auch dickſchnäbelige ſpechtartige Vögel nen— nen, wegen der bedeutenden, zum Theil ungewöhnlichen Stärke ihres Schna— bels, deſſen Wurzeltheil an der Seite aufgetrieben (gleichſam angeſchwollen) ) Vergl. oben S. 47, und weiter unten S. 196. a) kletternde: ſpechtartige. 195 erſcheint und der haufig eben ſo gut zum Hacken, wie zum Beiſſen gebaut ſcheint. Er läßt ſie ihre Nahrung, die meiſt in Früchten, Fruchtkernen und Inſekten zugleich beſteht, mit großer Leichtigkeit, bald auf die eine, bald auf die andere Weiſe zermalmen. Ihre Schwanzfedern ſind kurz oder ziemlich kurz, dabei alle von ziemlich gleicher Länge, und nicht ſteif wie gewöhnlich bei den Spechten. Die meiſten Arten haben eben ſo ſchöne, bunte und theil— weiſe glänzende Farben, wie die Papageien, deren heiße Heimath ſie theilen. Die ſchönſten bewohnen die alte Welt, beſonders Indien. Manche amerikaniſche ſind aber nicht ſchön; ſie heißen Großköpfe, oder in Braſilien Tamatia's, (Capito:) Erſteres wegen ihres plumpen, unförmlichen Kopfes. Ihr ziemlich langer und zuſammengedrückter (ſchmaler) Schnabel hat noch eine übergekrümmte Spitze. Sie ſcheinen ſich faſt bloß von Inſekten zu nähren. Es ſind einſame, nächtliche, bei Tage ſchläfrige und traurig ausſehende Geſchöpfe. Andere, die meiſt eine ſchöne Färbung tragen und in beiden Welten leben, haben kürzere, geradere Schnäbel, und heißen Bartvögel ſchlechtweg. (Bucco.) Sie ſind lebhafter Natur, und halten ſich meiſt truppweiſe zuſammen. Die ſchönſten mit den längſten Bartborſten (Pogonias) wohnen in Afrika und Indien. Sie werden von den Franzoſen Barbicans genannt, was gleich— ſam Toucan-Bartvogel bedeuten ſoll: weil ihre gewaltig dicken, kantigen und ge— furchten Schnäbel auf jeder Seite einen oder mehrere Zähne, ähnlich jenen der Toucane oder Pfefferfreſſer, beſitzen.) Sie freſſen unter allen Bartvögeln am meiſten Früchte, ſollen aber ſelbſt kleine Vögel anfallen. [$ 15. Den eigentlichen ſpechtartigen Vögeln im engeren Sinne man- geln ſtets jene langen Bartborſten. Ihr Schnabel iſt faſt immer völlig gerade und nicht beſonders dick, aber härter, als bei irgend einem anderen Vogel; gewöhnlich ſechskantig und oben etwas gefurcht. Vorn iſt er ſtets ſo zuſammengedrückt, daß ſeine Spitze viel höher als breit erſcheint: wodurch ſie die Geſtalt eines Keils, oder einer ſchmalen Art erhält. In der That leiſtet er dem Vogel die Dienſte von beiden: indem derſelbe mit bewun— derungswürdiger Kraft theils die Rinde der Bäume, theils das alte, etwas morſch gewordene oder faule Holz zerhaut, um die darunter verborgenen oder darin lebenden Inſekten und Larven hervorzuholen. Erſtaunlich iſt hierbei beſonders dieß: wie ſein, allerdings ſehr feſt gebauter, mit ſehr harten Kno— chen verſehener Kopf, vorzüglich aber das Gehirn, ſo ohne den mindeſten Nachtheil die gewaltige Erſchütterung vertragen können, welche nothwendig jeder, ſo aus allen Kräften gethane Schlag hervorbringen muß! Gewöhn— lich ſieht man die Spechte wiederholentlich, jedes Mal nach einer Zahl von Schlägen gegen die Rinde, aufmerkſam den Baum umkreiſen, um diejenigen Inſekten zu erhaſchen, welche das Getöſe und die Erſchütterung erſchreckt und zur Flucht bewogen haben. Ihr ſcharfer Geruch verräth ihnen ſelbſt noch die tief verborgen ſitzenden; und kein Specht geht einen völlig geſunden Baum an, weil er hier nutzlos Mühe und Zeit verſchwenden würde: da bloß der ) Gewöhnlich belegt man nämlich bei den Vögeln, welche bekanntlich nie eigentliche Zähne beſitzen, mit dieſem Namen bloße hervorſtehende Zacken des Hornüberzuges an den Schnabelrändern: weil dieſelben in gewiſſem Grade die Stelle wirklicher Zähne vertreten. 13 * — 196 Voͤgel; 1te Ordn.: Paarzeher; kranke Baum Larven oder Würmer enthält. Um auch ſolche zu erreichen, welche ſich tiefer in Ritzen oder Höhlen verſteckt halten, beſitzen die Spechte eine außerordentlich lange, aber weit vorſtreckbare, wurmförmige, klebrige Zunge mit ſcharfer, ſtechender Hornſpitze. Letztere iſt die kleine, eigentliche Zunge, und dient zum Anſpießen weicher Larven. Das Uebrige beſteht, außer der faltigen Haut, welche von den Speicheldrüſen aus beſtändig mit einem klebrigen Schleime übergoſſen wird, nur aus den langen, dünnen, elaſtiſch-— biegſamen Aeſten des Zungenbeines. Dieſe ſtrecken, nach vorn geſtoßen, die Zunge aus dem Schnabel heraus: bei den ſchwarzen und bunten Arten min⸗ deſtens noch eben ſo weit, bei manchen grünen wohl viermal ſo weit, als der Schnabel ſelbſt lang iſt. Im Zuſtande der Ruhe legen ſie ſich zu beiden Seiten des Hinterkopfes hinauf, und reichen dann bei manchen Arten jedes mit feiner Spitze bis hinter das Naſenloch. So kann der Specht vermit- telft feiner Zunge in Höhlen mit kleinem Eingangsloche überall herumfühlen, um kleine oder harte Thierchen an dieſelbe ankleben zu laſſen, größere und weichere aber mit der Spitze derſelben anzuſpießen. f Faſt alle Spechte halten ſich bloß in Wäldern mit großen, alten Baͤu— men, oder ſonſt an baumreichen Orten auf. Die Zahl ihrer Arten iſt ſehr groß: am reichſten an ihnen ſind waldreiche, heiße Länder; daher iſt dieß Afrika ſchon weniger. Ihre Verbreitung reicht ſonſt in allen Gegenden der Erde, auf Gebirgen, wie im Flachlande, und im Süden, wie im Norden ſo weit, als es Baumwälder giebt: nur Auſtralien, deſſen Bäume doch größten Theils ſo ungemein hoch werden, beſitzt gleichwohl keine Spechte. Indeß ſcheint die Rinde der dortigen Bäume meiſtens zu glatt, als daß die Spechte ſie ſollten bequem beklettern können; und ſie wachſen zu ſchlank, als daß ihre Stämme denſelben hinlänglichen Raum zum Anlegen geräumiger Niſt- und Schlafhöhlen geben könnten. Endlich ſcheint auch ihr Holz gewöhnlich viel zu hart hierzu, ſo wie zu feſt für viele Inſektenlarven, daher auch, ſammt der Rinde, zu arm an dieſen. Ueberdieß würden die, dort ſo häufig wüthenden Stürme die hohlen und dünnen Bäume überall, wo Höhlen durch Fäulniß entſtan— den, oder von den Vögeln angelegt worden wären, ſehr bald abbrechen. Das Auszimmern derſelben durch die Spechte muß wegen der Enge des Raumes, in welchem ſie das Hacken beſonders im Anfange verrichten müſſen, mit Recht für eine bewunderungswürdige Arbeit gelten. Sie ſind von allen Vögeln die geſchickteſten Zimmererz und ihre Neſthöhlen erſcheinen ſo re— gelmäßig und rund, wie gedrechſelt. Bloß aus Mangel an Zeit zur ſoforti— gen Bereitung einer beſonderen künſtlichen Höhle übernachten ſie da, wo ſie auf dem Striche eben hingekommen ſind, in einer natürlichen, wie ſie die— ſelbe gerade finden. Sobald ſie ſich aber nur ein paar Tage irgendwo auf— 0halten, legen ſie ſich entweder eine ganz neue an; oder ſie arbeiten ſich eine ſchon vorgefundene nach Wunſche um. Hierin ruhen fie dann ſicher vor ihren Feinden, und geſchützt gegen Unwetter jeder Art. — Ihr Futterneid ’ a) kletternde: ſpechtaͤrtige. 197 macht ſie ungeſellig; und wo ein Specht einen anderen von gleicher Art oder gleicher Größe hacken hört, kömmt er eilig herbeigeflogen, um den Nebenbuhler zu vertreiben. Daher kann man oft ſelbſt die ſcheueren, größeren Arten durch genaues Nachahmen ihres Klopfens zum Schuße heranlocken. Sonſt find fie gewöhnlich fo liſtig, beim Erblicken eines Feindes (zumal eines Jägers) ſich ebenſo, wie die Eichhörnchen, ſtets auf die entgegengeſetzte Seite des Stammes zu flüchten, um hier entweder ungeſehen weiter hinaufzuflettern, oder, durch den Stamm gedeckt, unbemerkt fortzufliegen. Is 16. Bei Weitem die Mehrzahl der Spechte erſcheint mit ſtark keilförmigen, elaſtiſchen Schwänzen von 10 Hauptfedern und 2 kleinen, höher liegen— den Nebenfederchen verſehen. Erſtere ſind eigenthümlich feſt und hart, aber doch ſehr biegſam, am Ende ſpitziger zulaufend, mit ausgehöhlten Schäften, und hier überhaupt rinnenförmig, beſonders die 4 — 6 mittleren. Sie dienen den Vögeln nicht bloß als Stütze beim Hacken, oder ſonſt beim Sitzen an Stämmen, ſondern auch zum Fortſchnellen beim Klettern. Hierbei ſind ſie einer Seits geradezu unentbehrlich, weil der Vogel ſich nicht ſchreitend, ſon— dern hüpfend fortbewegt: indem er beide Füße zugleich losläßt, nachdem er ſich mit dem angeſtemmten Schwanze emporgeſchnellt hat, um ſo einen kleinen Sprung zu machen, worauf er ſich wieder mit beiden Füßen gleichzeitig an— krallt. Doch beſtimmen ſie anderer Seits auch die Richtung ſeiner Bewe— gung. Sie geſtatten ihm nämlich bloß das Klettern gerade, oder etwas ſchräge nach oben zu und nach der Seite hin, ſo wie allenfalls rückwärts; während ſie das Herabſteigen kopfüber (von oben nach unten) Ein für alle Mal hindern. Denn in dieſem Falle müßte natürlich ihr Abſchnellen den Vogel gerade herabwerfen. Er ſtreicht, beſonders beim raſchen Klettern, ſo hart mit ihnen auf, daß man ſie in der Nähe bei jedem Fortruſchen vernehm— lich an der Rinde rauſchen hört. Alle Spechte von grüner Farbe halten ſich mehr als die übrigen auf der Erde auf, wo ſie vorzugsweiſe die Haufen der Ameiſen beſuchen, um dieſe ſelbſt, wie ihre Puppen (die fälſchlich fo genann— ten Ameiſeneier) zu verzehren. Bei den zwei grünen curopäiſchen, wahr— ſcheinlich auch bei den übrigen, haben die Männchen beſondere, ſchöne, bei— nahe wie Lachen klingende Frühlingslaute, gleichſam an der Stelle eines Ge— ſanges. Bei allen bekannteren von denen, welche man Schwarz- und Bunt— ſpechte nennt, wenigſtens bei den europäiſchen, nicht aber bei den grünen oder grünlichen, erſetzen die Männchen im Frühlinge den Mangel eines Geſanges, (der ausſchließlich nur den Vögeln der dritten Ordnung zukömmt,) gleichſam künſtlich durch ein ganz eigenthümliches Getöſe, welches man das Schnurren der Spechte nennt. Sie hängen ſich nämlich, je nach Verhältniß ihrer Größe, an einen ſtärkeren oder ſchwächeren, dürren, ſenkrechten Gipfelaſt und hämmern ſo zuweilen halbe Stunden lang, mit kurzen Unterbrechungen, ſchnell in mäßigen, abgemeſſenen Schlägen auf denſelben los. Die zitternde Bewe— gung, in welche er hierdurch verſetzt wird, giebt, mit dem Schalle von jenen Schnabelhieben dazwiſchen, eine Reihe gleichmäßig ſchnurrender Laute von mehr oder minderer Stärke, je nach der Größe der haͤmmernden Spechtart. Die größte in der alten Welt ſcheint unſer gemeiner Schwarzſpecht, (Pi— eus Martius,) von der Größe einer Dohle und ganz ſchwarzer Farbe; das Männ— chen mit rothem Oberkopfe, das Weibchen mit einem rothen Flecke im Nacken. Er bewohnt die großen Schwarzwälder oder gemiſchten Gehölze von Europa und 198 Vögel; 1te Ordn.: Paarzeher; Sibirien, beſonders in Gebirgen, und iſt gewöhnlich ſehr ſcheu. — Der größte von allen jedoch, am Leibe größer als eine Krähe, iſt der Königsſpecht (P. prineipalis) in Nordamerika, deſſen Urwälder, fo reich an Eichen, Buchen, Eſchen, Pappeln, Ahornen und Nadelhölzern verſchiedener Arten, insgeſammt wohl auf dem ganzen Erdboden die älteſten, ſtärkſten und namentlich härteſten Rieſenſtämme be- ſitzen. Er iſt ſchwarz mit halb weißen Flügeln und Schnabel; ſein Kopf glänzend hochroth mit ſpitzer Haube. — Mehrere kleinere europäiſche, von ſchwarzer Haupt— farbe mit weißlichem Bauche, weißbunten Flügeln und meiſt rothen Oberkopf- und Afterfedern, begreift man nebſt vielen ausländiſchen unter dem Namen Bunt: ſpechte. Davon hat der kleinſte bei uns (P. minor) nur die Größe einer Lerche. Manche Spechte heißer Gegenden kommen an Mannigfaltigkeit und Schön: heit der Farben den Papageien nahe, beſonders, wenn Grün und Gelb darin gleichmäßig vorherrſchen. a Zwei faſt ganz grüne Arten bei uns ſind: der, gewöhnlich ſo genannte Grünſpecht, (Picus viridis,) mit rothem Oberkopfe; und der Grauſpecht, (P. canus,) mit graulichem Oberkopfe und bloß rothem Scheitel. Sie haben wahr— ſcheinlich unter allen Spechten die längſten Zungen, halten ſich meiſt in Laubwäl— dern auf, und gehen vorzugsweiſe den Ameiſen nach. In den Steppen von Südamerika, beſonders da, wo dieſelben an Waldrän— der gränzen, leben hin und wieder eine unbeſchreibliche Menge von Ameiſen ſehr verſchiedener Art und Größe, die mächtige, hütten- oder backofenähnliche, mehr als mannshohe Haufen aufführen. Dort giebt es denn fo genannte Erdſpechte, (Soröplex,) die ſelten oder gar nicht auf Bäume kommen, ſondern mehr auf dem Boden herumhüpfen, ganz beſonders aber an den Ameiſenhaufen herumklettern, mit ihren längeren, etwas gebogenen Schnäheln die ſtarke und mitunter ſehr feſte, tho— nige Decke derſelben zerhauen und im Frühlinge ſich das Innere ſolcher Haufen, welche die Ameiſen verlaffen haben, zum Brüten einrichten. Auch fie haben übri— gens eine grünliche, nur mehr gelb und ſchwarz gemiſchte Farbe. Z. B. der Feldſpecht. (Picus campestris.) 5 40 Einige wenige Arten von ſehr mäßiger Größe, die ſonſt in Geſtalt und Farbe den Buntſpechten gleichen, könnte man Stummelſpechte (Pipodes, Picoides!) nennen: weil ihren Füßen eine der beiden Hinterzehen fehlt. Die, welche in Eu— ropa vorkömmt, heißt gewöhnlich der dreizehige Buntſpecht. (P. tridactylus.) Sie ſieht ſchwarz und fein weißbunt aus, mit glänzend gelbem Scheitel im männ— lichen und filberweißem im weiblichen Geſchlechte. Ihren Wohnort nimmt fie ent: weder im höheren Norden, oder auf Gebirgen: und zwar immer vorzugsweife an ſolchen Orten, wo in Folge großer Waldbrände, oder durch die Zerſtörungen der Bor— kenkäfer (Wurmtrockniß) größere Strecken Nadelholz abgeſtorben, oder ſonſt dürr geworden find. — Eine ziemlich ähnliche Art giebt es in Nordamerika, und meh⸗ rere in Indien. s 17. Eine geringe Anzahl ſehr kleiner, grünlich gefärbter Spechte in heißen Gegenden, die man Zwergſpechte nennt, gleichen theilweiſe den Bartvö— geln. Sie unterſcheiden ſich nämlich von den übrigen Spechten durch einen ſehr kurzen, runden Schwanz, der aus weichen Federn ohne alle Schnellkraft beſteht. Dieß macht ihn natürlich zum Anſtemmen völlig un— tauglich. Daher müſſen dieſe Vögelchen, die am Körper kaum einen Zeiſig übertreffen, nothwendig ohne Beihülfe des Schwanzes klettern: ſo etwa, wie dieß unter unſeren kletternden Singvögeln der Blauſpecht oder Kleiber thut. Dafür können ſie jedoch wahrſcheinlich eben ſo gut, wie dieſer, nach allen p) nicht-kletternde: großſchnaͤbelige. 199 Richtungen hin, alſo auch von oben nach unten klettern: eben weil ihnen der weiche Schwanz hierbei kein Hinderniß verurſachen kann. Die ſüdamerikaniſchen Zwergſpechte, (Picumnus,) die manche Naturforſcher ſehr irriger Weiſe mit den Wendehälſen verbinden wollten, ſind grünlichbraun, und beſitzen wieder ebenſo 4 Zehen, wie die meiſten ſteifſchwänzigen Spechte. (Z. B. P. exilis.) N Einer äußerſt kurzſchwänzigen Art auf Java, dem Afterſpechtchen, (Pic. abnormis,) welches oberhalb ſchön grün ausſieht, fehlt dagegen ebenſo, wie den Stummelſpechten, die eine Hinterzehe. is 18. Ste Unterordu.: Nicht⸗kletternde Paarzeher. Sie halten ſich zwar meiſt gleichfalls ſehr viel, ja manche faſt immer auf Bäumen auf, haben aber weder die ſtarken, gekrümmten, zuſammengedrückten und ſcharfen Krallen der ſpechtartigen Vögel; noch die ſtarken Füße, oder die dicken, weichen, zum Greifen eingerichteten Zehen der Papageien. Da— her können ſie weder wie dieſe an den Zweigen, noch wie jene an Stämmen und dicken Aeſten klettern, ſondern ſich höchſtens eine Zeit lang an beide an— hängen. Doch ſcheint ſelbſt dieſes bloß von den Gattungen mit kurzen Fü— ßen zu gelten. Die mit längeren hüpfen nur theils auf Bäumen, theils auf dem Boden, oder ſchreiten auf letzterem. Die mit kurzen Beinen können bloß das Erſtere. Ihre Schnäbel find nie zum Hacken und nur felten zum kräftigen Beiſſen gemacht, ſelbſt wenn ſie ſehr groß ſind. Einen wirklichen Kunſttrieb beſitzen ſie nicht; ja die meiſten bauen überhaupt gar kein Neſt. Die Gattungen der Iſten Zunft haben noch ſtets ächt-paarige Zehen: indem 2 der- ſelben ſtets unveränderlich nach hinten gerichtet bleiben. In den übrigen Stücken ſind ſie aber gar ſehr von einander verſchieden; und es hält daher ſehr ſchwer, ſie zweckmäßig zu ordnen. Ein Paar Gattungen in den Wäldern des wärmeren Amerika's kann man eben fo paſſend zahnſchnäbelige oder großſchnäbelige, als leichtichnä- belige Paarzeher und Federzüngler nennen. Ihre Schnäbel haben nämlich ſtets ſägeartig-ausgezackte Kieferränder und zugleich eine fo un— gewöhnliche Größe, wie bei keinem anderen Vogel. Gleichwohl ſind ſie aber zum Verwundern leicht: weil nicht bloß ihre Aushöhlung (der Mund) fehr weit iſt, fondern auch ihre Hornmaſſe nur aus ſehr dünnen Blättchen beſteht, zwiſe hen welchen ſich eine Menge großer, leerer, bläschenar— tiger Zellen befinden. Ihre ſehr große, lange und dünne Zunge endlich, mit ſchwachen, hornigen, fanft ausgezackten Rändern, ähnelt der Geſtalt nach wirklich manchen langen, geraden Federn. Außerdem heißen die Vögel häufig auch Pfefferfreſſer: weil man glaubte, daß unter die weichen, ſaftigen Früchte, von welchen fie großen Theils leben, auch die brennend -ſcharfen, länglich kegelförmigen, rothen (Beeren!) des bekannten ſpaniſchen Pfeffers gehörten. Von Thieren verzehren ſie nicht bloß Inſekten und beſonders große Larven derſelben, ſondern auch Vogeleier und junge Vögel, ſo wie (namentlich in der Gefangenſchaft) Mäuſe oder ſonſt ähnliche, kleine Säugethiere. Dieſe können fie, bei der Unmöglichkeit, ftarf zuzubeiſſen, bloß durch öfteres Quet— ſchen mit dem Schnabel zum Verſchlucken vorbereiten, um ſie dann unzer— 200 > Bögel; tte Ordn.: Paarzeher; ſtückt hinunterzuwürgen. Sie beſitzen wohl nur inſofern eine Spur von Klettertalent, als ſie ſich mit den Füßen an Zweigen aufhaͤngen können. Feſt ſchlafend, machen fie eine ſehr drollige, wunderliche Figur: indem fie den, etwas langen Schwanz ſo weit auf den Rücken und nach vorn, den Kopf aber ſo ganz nach hinten legen, daß die Schnabelſpitze weit über das hin— tere, die Schwanzſpitze über das vordere Ende des Leibes hinausragt. Die größten mit den ungeheuerſten Schnäbeln, welche beſonders vorn ſchmal werden und viel höher find, als der Kopf, heißen Toucane. (Rhamphastos.) Ihre Farbe iſt ſchwarz, mit weißem, gelbem oder rothem Vorderhalſe, und ge— wöhnlich mit einem dergleichen Bande über die Oberbruſt und den Steiß. Man benutzt dieſe ſchönen, ſeidenhaft glänzenden, bunten Federparthien zu allerhand Schmuck. Die Aragari's (Pteroglossus) find kleiner, mit kleineren und weniger ſtark zuſammengedrückten Schnäbeln, die gewöhnlich ſchwarz und weiß geſtreift ausſehen. Sonſt tragen ſie theils ähnliche, theils buntere Farben, die zuweilen nach dem Geſchlechte bedeutend verſchieden ſind. is 19. Alle noch übrigen Paarzeher erſcheinen meiſtens mit viel kürzeren und kleineren Schnäbeln verſehen, die aber ſonſt ziemlich verſchieden ge— bildet ſind, und weichen überhaupt in vielen Stücken ſowohl unter einander ſelbſt, wie von den vorigen ab. Nur etwa drei Gattungen zeigen noch eine theilweiſe Aehnlichkeit theils mit den letzteren, theils mit den Spechten. Die Wendehälſe (Iynx) haben auch ganz die lange Schnellzunge der letz— teren. Deßhalb kann man gefangen gehaltenen z. B. Ameiſenpuppen immerhin zwei bis drei Zoll weit außerhalb ihres Käfiges hinſtellen, und ſie werden dieſelben immer noch mit der Zunge anſpießen und ſo verzehren können. Dagegen taugen die Nägel ihrer, ſonſt ähnlichen Füße gar nicht zum Klettern, ſondern höchſtens zum Hinaufrutſchen an ſchrägen oder faſt wagerechten Aeſten, nie aber zum Steigen in ſenkrechter Richtung. Zugleich ſind ihre Schwanzfedern, deren Zahl dieſelbe und deren Verhältniß ähnlich wie bei den Spechten iſt, von beſonderer Weiche, ebenſo, wie das ſehr zart gebaute und gefärbte, fein punktirte übrige Gefieder. Hiernach würden ihnen dieſelben auch durchaus nicht zum Anſtemmen beim Klettern dienen können. Sie halten ſich daher viel auf der Erde auf: zumal um die Haufen der Ameiſen, die ſie, nächſt den Puppen derſelben, am liebſten freſſen. Ihr Schnabel ähnelt zwar etwas dem der Spechte, taugt aber nur zu einem ſchwachen Hacken in die Erde. Deßwegen können ſie zum Brüten bloß ſolche Baumhöhlen wählen, die von Spechten verfertigt, oder durch Fäulniß von ſelbſt entſtanden und ſchon ſo beſchaffen ſind, daß ſie Nichts zu zimmern brauchen. Ihr Hauptname bedeutet faſt in allen Sprachen Daſſelbe. Sie verdanken ihn der eigenthümlichen Beweglichkeit ihres Halſes, die ihnen ein ſeltſames Ausſtrecken, Krümmen und Umherdrehen deſſelben geſtattet, fo daß nicht bloß der Schnabel ſehr häufig auf den Rücken gekehrt ſteht, ſondern der Kopf ſich überhaupt faſt in einem vollſtändigen Kreiſe herumbewegt. *) Sie machen von ihr beſonders dann Gebrauch, wenn ſie böſe werden: (was übrigens ſelten geſchiehtz) am meiſten aber, wenn man fie gefangen in der Hand hält, um ſich zu befreien. Auch thun es Männchen und Weibchen im Frühjahre ſpielend, oder um ſich gleichſam zu begrüßen, und unter ſeltſamen Verbeugungen. Außer dem gemeinen W. (I. torquilla) in Europa, Mittelaſien und Nordafrika giebt es nur noch einen zweiten, meiſt ſehr ähnlichen in Südafrika. Jener läßt nach ) Den Alten kam dieſe Fähigkeit fo außerordentlich vor, daß fig den Voͤgeln Zauber: kräfte zutrauten und glaubten, es ſeien verwandelte Zauberinnen. b) nicht-kletternde: luckuksartige. 201 ſeiner Rückkehr im Frühlinge oft ein recht lautes Geſchrei hören, welches jenem des Lerchenfalken ſehr ähnelt. i Die Ani's oder Madenfreſſer, (Crotophäga,) im wärmeren Amerika, haben einen Schnabel, der zwar nur von der Länge des Kopfes iſt, aber ſich doch etwas dem der Toucane nähert: indem er oben, beſonders in der Mitte, ſehr ſtark zuſammen— gedrückt erſcheint, ſo daß er hier ziemlich hoch iſt und am Rücken ſchmalkantig wird, und deſſen Inneres hier auch Zellen enthält. Seine Geſtalt ſcheint es ihnen leicht zu machen, die Haare oder Wolle der größeren Säugethiere aus einander zu legen, um beſonders die Zecken Golzböcke) aus denſelben herauszuſuchen, die ihnen wahrſcheinlich ihr Geruch verräth. (Daher ihr, nicht paſſender, deutſcher Name.) . Indeß ſollen ſie, außer manchen anderen Inſekten, auch kleine Amphibien und ſelbſt Früchte verzehren. Es giebt zwei, oder vielleicht drei Arten, alle von ſchwarzer Farbe, mit breiten, etwas metalliſch glänzenden Federſäumen, ziemlich langen Schwanzfedern und hohen Beinen. Sie leben in den freieren Gegenden (Sa— vannen) und am Rande der Waldungen, am liebſten bei weidenden Viehheerden. Ihre Neſter bauen ganze Geſellſchaften auf Bäumen, und zwar auf eine gemein— ſchaftliche Unterlage ſo dicht an einander, daß ſie gleichſam ein großes, gemein— ſchaftliches Ganzes bilden. Die Curuku's oder Nagevögel (Trogon) führen ihren erſten Namen nach ihrem Geſchrei; den zweiten von dem theilweiſen Gebrauche ihres nicht langen, aber breiten und ſehr ſtarken, äußerſt harten Schnabels mit gekrümmtem Ober— kiefer und mit überall ſägeförmig —ausgezackten (gezähnten) Kieferrändern. Ihr Rachen iſt ſehr weit; der Kopf flach; das Auge groß. Am Munde ſtehen deut— liche Bartborſten. Ihre äußerſt kurzen Füße ſind ſehr klein, faſt bis zu den Zehen befiedert und zum Gehen völlig untauglich. Sie halten ſich daher nur auf Bäu— men auf, wo ſie als nächtliche Vögel des Abends und Morgens zwiſchen den nie— drigſten Zweigen hin und her fliegen, um Jagd auf Inſekten zu machen. Sie haben lange und ganz beſonders breite, eigenthümlich abgeſtufte, zum Theil auch wie abgeſtutzte Schwänze mit weißen, fein ſchwarz gebänderten Seitenfedern. Die mittleren, und der größte Theil des Oberkörpers, zeigen auf goldgrünem Grunde einen herrlichen Metallglanz: wenigſtens bei den amerikaniſchen Arten. Dieſe haben auch mehr Schnabelzähne, als jene der alten Welt. Ein Theil ihres ſehr weichen Gefieders iſt meiſt äußerſt zart ſchwarz geſtreift oder marmorirt. Der prächtigſte iſt der Pfauenc., (Tr. pavonius,) fo genannt, weil er mit den Pfauen unter den Hüh— nern die außerordentliche Länge der oberen Deckfedern des Schwanzes theilt, in wel— chem ein Paar ſehr lange Mittelfedern ſtehen. Er bewohnt das innere Braſilien. Die, meiſt etwas kleineren Jacamar's oder Glanzvögel, (Galbüla,) gleichen ſonſt in Allem ſehr den Curuku's; nur iſt ihr Schwanz viel ſchmäler und keil— förmig zugeſpitzt, und der Schnabel ganz anders: nämlich ſehr lang, ſchmal, kantig und ſpitzig, dem der Eisvögel ähnlich. Letzteren gleichen ſie überdieß durch die halbe Verwachſung ihrer Vorderzehen. Einer Art, die füglich Stummel-Glanzvögel heißen könnte, fehlt, wie manchen Spechten, die zweite Hinterzehe. (Airb. - Rx .) 8 20 Die Mehrzahl der nicht -kletternden Paarzeher hat man gewöhn— lich unter dem Namen der kuckuksartigen Vögel begriffen, obwohl auch ſie in vielen Stücken gar ſehr von einander abweichen. Denn außer der Nahrung, welche aus Inſekten beſteht, kommen ſie gewöhnlich bloß darin mit einander überein, daß ihre Kiefer, namentlich an der Spitze, beide etwas gebogen ſind. Aber ſelbſt dieſes Kennzeichen gilt kaum bei den 202 Vogel; Ite Ordn.: Paarzeher; merkwürdigen, kleinen Honigweiſern, oder, wie man gewöhnlich zu fagen pflegt, Honigkuckuken. (Prodôtes; Indicator.) Sie leben nur im ſüdlichen Afrika. Ihre Namen rühren davon her, daß ſie die Neſter von Bienen und Hummeln, welche ſie nicht ſowohl des Honigs wegen, als vielmehr um der jungen Brut willen aufzuſuchen ſcheinen, beſonders in den Fällen ſchreiend umſchwärmen, wenn ſie des zu engen Einganges wegen nicht zu denſelben gelangen können. Hierdurch machen ſie ſehr häufig nicht bloß die Menſchen, ſondern auch den Honigdachs auf dieſelben aufmerkſam. Letzterer weiß ſich der Neſter und ihres Inhaltes wenigſtens dann, wenn fie ſich auf der Erde befinden, durch Ausgraben leicht zu bemächtigen, und. läßt auch den kleinen Verräthern derſelben ihren Theil an der Beute; der Menſch thut gewöhnlich unter allen Umſtänden Beides. Eine ungewöhnlich dicke und feſte Haut ſchützt die Honigweiſer vor den Stichen der Bienen; doch ſollen dieſe ſie in die Augen zu ſtechen ſuchen, und fo zuweilen einen tödten. [2 *)] Die Honig⸗ weiſer beſitzen von allen kuckuksartigen Vögeln die kürzeſten und geradeſten Schwänze, ſo wie die kürzeſten, rundeſten und ſtärkſten Schnäbel. Letztere nähern ſich denen mancher finkenartigen Singvögel. 5 Dagegen zeigen die größeren, zum Theile ſehr anſehnlichen Spornfüße, Ler— chen- oder Spornkuckuke, (Centröpus, Corydonyx,) einen hohen, ſtark zufam— mengedrückten Schnabel, welcher etwas dem der Madenfreſſer ähnelt. Ihre Beine find ziemlich hoch und kräftig; und an ihrer Haupthinterzehe (dem Daumen) fteht ein ſo genannter Lerchenſporn, d. h. ein langer und ganz gerader Nagel. Wie die Lerchen und alle ſonſt mit ſolchen Nägeln verſehene Vögel, halten auch ſie ſich beſtändig oder faſt beftändig auf der Erde auf. Ihr Gefieder beſitzt eine ganz vorzügliche Feſtigkeit; namentlich zeigt das geſammte kleinere, beſonders am Kopfe und Halſe, gar merkwürdig harte, faſt ſtechende Schäfte. Ihr Vaterland ſind Afrika, Südaſien und Auſtralien. ö 6 Einige noch hochbeinigere Vögel des wärmeren Amerika's kann man Erd- oder Stelzenkuckuke (Geococeyx) nennen. Ihre merklich gebogenen Schnäbel find ziemlich lang; ebenſo der Schwanz. Wegen ihres Lebens auf dem Boden, und zum Theile ſelbſt in Betreff ihrer Geſtalt, hat man ſie mit kleinen Faſanen ver— glichen: z. B. den mexrikaniſchen Stk., (G. viaticus,) der zwiſchen dem nie⸗ deren Geſträuche der dortigen Hochebenen lebt. Ein ähnlicher Vogel in Südamerika hat den Namen Eidechſenfänger (Saurothera vetüla) erhalten: weil er nächſt Inſekten vorzugsweiſe gern kleine, beſchuppte, vierbeinige Amphibien verfolgen ſoll. Mehrere ſchön gefärbte und zierlich geſtaltete füdafiatifche, die man; Malcoh a's (Melias, Phoenicophäus) nennt, ſollen von Früchten leben. Sie haben einen an der Wurzel dicken Schnabel, nackte Augenkreiſe und mäßig hohe Beine. [S 21. Während die Honigweiſer, und, wie es ſcheint, auch noch mehrere an- dere Gattungen, immer noch zwölf Schwanzfedern hatten, wie überhaupt die Mehrzahl der Vögel, beſitzen die beiden jetzt folgenden Gattungen von kuckuksartigen deren bloß zehn: alſo noch weniger, als die Spechte und Wendehalſe, (bei welchen das 6te Paar doch wenigſtens durch die zwei klei— ) Fräßen die Honigweiſer beim Verzehren der Bienenbrut zugleich bedeutend viel Honig mit, oder lebten ſie ſonſt vorzugsweiſe von ſolchen Inſekten, deren Magen ſtets mehr oder weniger mit demſelben angefüllt iſt; fo würde gewiß auch in ihrem Blute Honig genug enthalten ſein, um dann auch ihnen als Gegengift gegen die entzündliche Wirkung der giftigen Bienenſtiche zu dienen (Vergl. hierüber die Gattung Bienenfreſſer.) b) nicht-kletternde: kuckuksartige. 203 überhaupt vorkommende Zahl. Ziemlich viele Arten, welche auch ſchon gemäßigteren Gegenden, ſowohl der neuen, wie der alten Welt angehören, können wegen des lockeren Gefieders und der etwas verlängerten Scheitelfedern füglich Häherkuckuke heißen. (Coceystes; Coceyzus!) Sie freſſen nicht felten Beeren und ſonſt kleine, faftige Früchte. Vor den eigentlichen Kuckuken, denen ſie unter allen bisher genannten noch am nächſten ſtehen, zeichnen ſie ſich überdieß durch etwas höhere und ſtärkere Beine, kürzere Flügel und längere, ſchmälere, ſtark keilfö'rmige Schwänze aus. Ihre Hauptver⸗ ſchiedenheit bleibt jedoch die, daß ſie Neſter bauen und ſelbſt brüten, wie andere Vögel. Von Einem, der grau ausſieht mit röthlichweißer Unterſeite, (C. glanda- rius,) hat einmal ſchon ein Pärchen den Sommer in der Lauſitz zugebracht. Die eigentlichen Kuckuke (Cucülus) find höchſt merkwürdig und von Alters her berühmt wegen der abweichenden Gewohnheit, nicht ſelbſt zu brüten, ſondern ihre Eier ſtets ſolchen kleinen Vögeln in die Neſter zu legen, die ihre Jungen mit Inſekten auffüttern. *) Der Grund hierzu liegt ohne Zweifel zunächſt, wenn gleich nur mittelbar, in ihrer Nahrung. Dieſe beſteht nämlich ganz vor— zugsweiſe in den langhaarigen Raupen der Bärenſpinner und ähnlicher Nachtſchmet— terlinge, die von anderen raupenfreſſenden Vögeln verſchmäht werden, deren Ver— mehrung aber doch ebenfalls zweckmäßig eingeſchränkt werden muß, wenn ſie nicht allzu nachtheilig werden ſollen. Da nun ihre langen Haare gewöhnlich mehr Raum einnehmen, als der übrige, ſaftige und nahrhafte Theil der Raupe, dabei aber gar keinen Nahrungsſtoff enthalten, ſondern ſpäterhin als unverdaulich wieder aus— geworfen werden; fo find die Kuckuke genöthigt, Schlund und Magen fortwährend mit einer Maſſe von Speiſe anzufüllen, die gleichwohl im Ganzen nach Verhältniß nur wenig wirklich nährenden Stoff enthält. Deßhalb mußte beſonders der Magen ſehr groß ſein, um eine hinreichende Menge derſelben faſſen zu können. Hierdurch wird natürlich der Raum für die übrigen Eingeweinde beengt; und dieſer Umſtand übt vor Allem ſeinen Einfluß auf die Ausbildung der Eier aus. Dieſe bleiben nämlich erſtens nach Verhältniß außerordentlich klein: (die des unſerigen, welcher faſt die Größe einer Taube hat, ſind kaum größer, als die eines Hausſperlinges;) zweitens brauchen ſie auch ſehr lange Zeit zur Entwickelung, ſo daß nur alle 6 bis 8 Tage je Eines gelegt wird. Demnach vergeht hiermit, da jedes Weibchen jährlich 4—6 Eier legt, ein Zeitraum von 4—6 Wochen. Sollten nun die Kuckuke ſelbſt brüten, ſo würden durch den Einfluß der Witterung die erſten Eier meiſt längſt verdorben ſein, bevor die letzten gelegt würden. Daher iſt ihren Weibchen der eigenthümliche Trieb (Inſtinct) eingepflanzt, ſolche Neſter von inſektenfreſſenden Vögeln aufzuſuchen, die ſo eben friſch gebaut und mit den erſten Eiern verſehen ſind; und es beſitzt ein eben ſo erſtaunliches Geſchick darin, ſie ſelbſt an den ver— borgenſten Standorten zu entdecken, wie ein vortreffliches Gedächtniß, um die ein— mal entdeckten nach Erforderniß der Umſtände immer wieder aufzufinden. Auf ſolche, die (wie gewöhnlich) oben offen ſind, läßt es ſich bequem nieder, um ſitzend ſein Ei (jedesmal und in jedes Neſt nur Eins) zwiſchen die Eier der wirklichen Neſteigenthümer hineinzulegen. Doch ſcheint es hierbei immer ſehr ſtill und be— hutſam zu verfahren, und die ganze Sache gleichſam verſtohlen abzumachen, um ſich der Aufmerkſamkeit und dem gehäſſigen Geſchrei der kleinen Vögel zu ent— neren, unvollkommenen Seitenfedern angedeutet war,) folglich die geringſte *) Eine Sonderbarkeit, die, ſoviel man weiß, nur ein einziger, ſonſt ganz und gar ver: ſchiedener Vogel in Nordamerika, der, wegen ſeines häufigen Aufenthalts in der Nähe der Rinderheerden gewöhnlich jo genannte Kuhfink, (leterus [!] pecoris,) in jeder Bezie— hung mit den Kuckuken theilt! — ‘ 204 Vogel; tte Ordu,: Paarzeher; ziehen.) Auch muß es immer mit Behutſamkeit zu Werke gehen, um die ſchon in dem Neſte befindlichen, eigenen Eier der Vögel nicht zu zerſchlagen oder heraus— zuwerfen: weil dieſe ſonſt gewöhnlich das Neſt verlaſſen, oder (im erſteren Falle) verlaſſen müffen. **) Die meiſte Bewunderung verdient aber fein Verfahren, wenn es ſich darum handelt, fein Ei in ein Neſt von Bachſtelzen oder Rothſchwänzen zu bringen, die meiſt in Baum- oder anderen Höhlen brüten; ferner in die back— ofenförmig geſtalteten Neſter der ſo genannten Laubvögelchen und des Zaunkönigs; oder in die, ſorgfältig zwiſchen dichten Fichtenäſten befeſtigten, ſchwer zugänglichen, beutelförmigen Neſter der Goldhähnchen. Denn dieſe haben gewöhnlich alle nur ein ſehr kleines Einflugsloch, welches oft kaum den Kopf unſeres Kuckuks durch— läßt. In ſolchen Fällen ſetzt ſich denn das Kuckuksweibchen zum Legen auf die Erde nieder, und nimmt das hervorgekommene Ei in ſeinen weiten Rachen, um es fo vorſichtig in das, von ihm gewählte Neſt der Art zu tragen. ***) Die Fe— ſtigkeit der Schale, welche bei einem Kuckukseie viel bedeutender iſt, als bei anderen Vogeleiern von gleicher Größe, macht, daß es ſich alsdann beim Hinabgleiten nicht leicht zerſchlägt. Die Eigenthümer des Neſtes müſſen nun das Kuckuksei mit den ihrigen zugleich ausbrüten, und füttern das, bald ſtark heranwachſende, große Stief— kind mit äußerſter Sorgfalt, ja nicht ſelten mit einer, faſt ihre Kräfte überſteigenden Anſtrengung, auf. Damit ſie aber demſelben nun ihre ganze Sorge allein zuwen— den können, iſt, oder wird auf eine ganz eigene Weiſe für das Hinwegſchaffen ihrer mitausgebrüteten, eigenen Kinder geſorgt, über denen ſie ſonſt das untergeſchobene fremde ſehr bald vergeſſen würden. Der junge Kuckuk iſt nämlich entweder bald von Anfang der ſtärkere, oder wird bald der ſtärkſte; und er beſitzt und befolgt dann unabläßig, ſchon in den erſten Tagen, einen ſehr eigenthümlichen, feindſeligen Trieb, um ſeine kleine Nachbaren über den Rand des Neſtes hinauszuwerfen, wo fie alsdann bald vor Kälte und Näſſe umkommen müſſen. +) In gewöhnlichen, oberhalb offenen Neſtern bewirkt er dieß leicht dadurch, daß er unter ſie kriecht, dann ſich erhebt und rückwärts geht, und ſie ſo in die Höhe hebt. In den ge— ſchloſſenen Neſtern der vorerwähnten Vögel, wo ihm dieß immer ſchwer werden, „) Wahrhaft albern war der Glaube, daß dieſe ſich über die, ihnen durch den großen Vogel widerfahrene Ehre freuen ſollten! — R Das Benehmen aller unſerer kleineren Vögel, und vorzugsweiſe der inſektenfreſſenden, zeigt im Gegentheile: daß fie den Kuckuk inſtinctmaßig noch mehr haſſen und verabſcheuen, als ſie ihn vielleicht im erſten Augenblicke (wegen ſeiner theilweiſen Aehnlichkeit mit man— chen kleinen Raubvsgeln) fürchten mögen. ) Auch hiervon fabelte man früher das Gegentheil. n) Zuweilen, wenn das Ei doch früher zum Legen reif und wirklich gelegt worden iſt, als das Kuckuksweibchen ein paſſendes Neſt für daſſelbe aufgefunden hat, ſcheint es das Ei länger und weiter herumzutragen, um es unterzubringen; und es mag ſich dann aus Be⸗ ſorgniß für daſſelbe weniger ängſtlich als ſonſt, namentlich vor den Nachſtellungen des Jä— gers, in Acht nehmen. So hat man denn theils das Weibchen des unſerigen, theils die von manchen afrikaniſchen Arten, mehrmals mit einem Eie im Rachen geſchoſſen, oder nach dem Schuſſe ein ſolches, ihm beim Fallen entglittenes neben dem tedt herabgefallenen Vogel auf der Erde gefunden. Dieß hat, weil man das Ei für ein fremdes hielt, ohne Zweifel mit zur Entſtehung der falſchen Meinung beigetragen, als ob die Kuckuke, nach Art der Elſtern, Krähen und Häher, anderen Vögeln die Eier austränken! — Dagegen pflegen dieß die Häherkuckuke wirklich zu thun. — +) Bei unſerem Kuckuke, der vorzugsweiſe gern in der Nähe von Flüßen und Teichen. wohnt, wählt das Weibchen hier vor Allem gern die Neſter der Rohrſänger, welche meiſt fo zwiſchen Rohrſtengeln, oder ſonſt über dem Waſſer und Sumpfe oder über naſſem Schlamme angebracht ſind, daß ihre Jungen, wenn der junge Kuckuk ſie hinauswirft, gewöhnlich ſo— fort ertrinken müſſen, oder ſonſt ſchnell zu Grunde gehen. b) nicht-kletternde: kuckufsartige. 205 und in Baumhöhlen, wo es ihm geradezu unmöglich ſein würde, wird er in dieſem Streben ohne Zweifel auf die wirkſamſte Weiſe durch ſeine wirkliche Mutter (das Kuckuksweibchen) unterſtützt, oder der Mühe durch fie ganz überhoben. Dieſelbe ſcheint nämlich nicht bloß überhaupt ſtets eine gewiſſe Ueberwachung der, von ihr benutzten Neſter auszuüben; ſondern ſie mag nöthigen Falls auch die kleinen an— deren Jungen, bei ihrem nächſten Erſcheinen am Neſte nach dem Ausſchlüpfen der— ſelben, fortſchleppen. Denn es bleibt ausgemacht, daß dieſe ſtets auch da, wo der junge Kuckuk ſie nimmermehr würde herauswerfen können, regelmäßig und gleich binnen der erſten Tage eben ſo ſpurlos verſchwinden, wie aus Neſtern auf dem flachen Erdboden, wo ſie doch, von dem jungen Kuckuke hinausgedrängt, überall Raum genug fänden. — So wird und muß denn, um Einen jungen Kuckuk zu erhalten, ſtets das Leben mehrerer anderer, kleiner inſektenfreſſender Vögel geopfert werden. *) Wenn man aber zuweilen 2 Kuckukseier in Einem Neſte gefunden hat, fo rührte dieß offenbar nur daher: daß zwei, einander nahe wohnende Kuckuksweibchen zufällig daſſelbe Neſt aufgefunden und benutzt hatten. Den kleinen Vögeln koſtet die Gefräßigkeit ihres großen Pfleglinges oft ſo viel Anſtrengung, daß ſie dabei ſelbſt ganz mager werden: namentlich die winzigen Zaunkönige und Goldhähnchen. Denn bei ihrer Kleinheit können dieſe ihm natürlich auch ſelbſt nur kleine Thierchen bringen, und vermögen daher gar nicht genug herbeizuſchaffen. Dennoch hängen ſie mit der aufopferndſten Liebe an ihm. Wenn er bereits das Neſt verlaſſen hat, (was er ſchon zeitig thut, längſt, bevor er noch im Stande iſt, ſich ſeine Nahrung ſelbſt zu ſuchen,) um etwas herumzuflattern; fo folgen fie ihm nach, während ums gekehrt ſonſt ihre eigenen Jungen ihnen zu folgen pflegen. Hierbei erregt er denn durch ſeinen ungewohnten Anblick häufig das Erſtaunen und die Neugier anderer kleiner Vögel. Dieſe kommen dann oft ſchreiend herbei, um ihn zu betrachten; aber keinesweges, wie man ſonſt glaubte, um ihn füttern zu helfen! Eine Meinung welche nur dadurch entſtanden iſt, daß um dieſe Zeit die meiſten anderen Vögel gleichfalls ſchon ausgebrütet haben, und die inſektenfreſſenden dann faſt immer mehr oder weniger Inſekten im Schnabel halten, die ſie ihren Jungen bringen wollen. Aber keinem von ihnen, außer ſeinen Erziehern, fällt es jemals ein, dieſen Speiſevorrath dem jungen Kuckuke anzubieten, mag derſelbe auch noch fo ſehr nach Futter ſchreien.““) Beſtändig nach Speiſe verlangend, fährt dieſer den ihn fütternden Pflegeeltern ſtets ſo gierig mit dem Kopfe entgegen, daß er zu— weilen den Kopf der kleinen Thiere zur Hälfte mit in ſeinen großen Rachen zieht. Oberflächliche Beobachter haben dieß ſonſt dafür angeſehen, als ob der junge Kuckuk nun ſeine Pfleger verſchlingen wolle. Daher die Fabel, daß er, ſtatt des Lohnes, ſie zuletzt ſelbſt verzehren ſollte, und das Sprüchwort, welches ihn mit Unrecht als Muſter von Undank aufſtellt! Das unſinnigſte der vielen Mährchen über un— ſern K. (C. canörus,) der auch gemeiner oder grauer heißt, bleibt aber wohl dieſes: daß er gegen den Winter hin, (wo er ſchon ziemlich zeitig fortzieht,) ſich in einen Raubvogel verwandle. Dieß beruht ohne Zweifel auf ſeiner Aehnlichkeit mit mehreren kleinen Raubvögeln aus der Zahl der Edelfalken, die gerade dann theils überhaupt erſt bei uns erſcheinen, theils mehr in die Nähe der Menſchenwohnungen zu kommen anfangen, und nun alſo häufiger bemerkt werden, von denen ihn jedoch ) Dieß beträgt für die jährliche, in 4 bis 6 Jungen beſtehende Nachkommenſchaft eines Kuckukspaares immer mindeſtens an 20, und gewöhnlich über 30. **) Selbſt ſolche Arten, die (wie die Grasmücken) in der Gefangenſchaft aus Mitleid zuweilen ganz fremden jungen Vögeln Futter reichen, laſſen den jungen Kuckuk verhungern, wenn man ihn, mit oder ohne Meſt, nach einer entlegenen Gegend bringt, wo fie Junge haben, ſeine wirklichen Pflegeeltern aber ihn nicht finden können. 5 206 a Vogel; 1te Ordn.: Paarzeher. Schnabel und Füße himmelweit unterſcheiden. Er iſt gewöhnlich aſchgrau; am Bauche weiß mit feinen, ſchwarzen Querſtreifen; und an den Schwanzfedern ſchwärzlich, mit winkeligen, weißen Flecken. Die Jungen find dunkler, mit röth⸗ lichen und zum Theile weißlichen Querflecken. Einjährige Vögel aber, wenigſtens die weiblichen, ſehen bei uns zu Lande bisweilen, und höher im Norden, wie tiefer im Süden öfter, braunroth aus mit ſchwarzbraunen Querbinden, ſtatt einfach grau. Man nannte ſie daher früher meiſt braune Kuckuke, zuweilen auch rothbraune, (C. rufus,) und hielt ſie für eine beſondere Art. Die ganze Gattung hat ihren Namen von dem eigenthümlichen Laute der Stimme, welchen das Männchen der gemeinen Art von ſeinem Erſcheinen bei uns (gewöhnlich zu Ende des April) bis um Johannistag hören läßt. Bei dem Weibchen, welches ſich nicht oft vernehmen läßt, klingt dieſelbe nie ſo, ſondern wie eine Art Lachen; und bei anderen Arten iſt ſie in beiden Geſchlechtern wieder anders. Es giebt deren in heißen Gegenden der alten Welt mehrere: darunter einige kleinere mit kürzeren, weniger keilförmigen Schwänzen, die man wegen ihres ſchönen, metalliſch glänzenden und in verſchiedenen Farben ſpielenden Gefieders Goldkuckuke nennt. — Neuere Erfahrungen über den einheimiſchen ſcheinen noch zu ergeben, daß bei den Kuckuken Ein Weibchen gewöhnlich mehrere Männchen habe. Ein bei Vögeln, ſo viel bekannt, beiſpielloſer Umſtand, von dem bei manchen Gattungen einer anderen Ordnung (der Hühner) wohl das Gegentheil vorkömmt! Die ſpröden, brüchigen Haare der, von den Kuckuken verzehrten Raupen hängen und bohren ſich durch die Bewegung des Magens nicht ſelten in großer Menge, wiewohl ohne Nachtheil, in die empfindungsloſe innere (Horn⸗) Haut des Magens ein.) Dann ſieht derſelbe innerlich zuweilen wie die behaarte Haut einer Maus oder ſonſt eines kleinen Säugethieres aus. Der fo genannte Fratzen vogel (Seythrops) in Neuholland iſt, wenn man die etwas lichtere Färbung abrechnet, gleichſam unſer Kuckuk im Großen. Am Leibe kommt er einer mäßigen Henne gleich, hat aber einen bedeutend größeren Schnabel, als die gewöhnlichen Kuckuke, mit eigenthümlichen Furchen und Streis fen auf demſelben. ! Is 22. Ste Zunft: Nicht-Eletternde Paarzeher mit Wendezehen. Bei ihnen ſtehen die Zehen nicht immer paarweiſe; ſondern die äußere von den beiden hinteren kann beliebig auch nach vorn geſchlagen werden. Dieſes mag (etwa wie bei den Eulen unter den Raubvögeln) beſonders beim Gehen oder Zugreifen, und das Gegentheil im Sitzen, geſchehen. Ihre Beine find hoch, oder ziemlich hoch; ihre Schwänze lang, keilförmig und meiſt breit federig. Das Gefieder erſcheint meiſt nicht weniger ſchön gefärbt, ja zum Theil noch geſchmackvoller gezeichnet, als das der Papageien, und iſt ge— wöhnlich von weit zarterer Bildung. — Es giebt nur wenige Gattungen, die ſämmtlich den waldigen Gegenden von Süd- und Mittelafrika angehören, und faſt bloß von Baumfrüchten zu leben ſcheinen. Sie haben ſchon einige Aehnlichkeit mit manchen jener merk⸗ würdigen, auf Bäumen lebenden Hühner, die eben fo ausſchließlich das wär⸗ mere Amerika bewohnen, wie die gegenwärtigen Vögel lediglich dem entſpre— chenden Theile unſeres Feſtlandes angehören. Die Turako's (Corythäix) erinnern durch ihre gezähnten, wiewohl etwas anders geformten Schnäbel lebhaft an die Curuku's. Ihre ſchönen, ſeitwärts zus ) Nicht aber in den weichen, drüſen- und empfindungsreichen Vormagen! 2te Ordn.: Naubvögel, 207 ſammengedrücken Hauben, die aus mäßig langen, von beiden Seiten gegen einander gekehrten Federn beſtehen, gleichen in der Bildung jenen der ſo genannten Fels⸗ hühner oder Felſenhähne in Südamerika.“) Der ſüdafrikaniſche T. (C. Persa) iſt herrlich grün, mit weiß eingefaßter Haube und karmoiſinrother Innenfahne der Schwungfedern; ſein Schwanz iſt ſchwärzlichgrün. Andere Arten haben mehr Roth, Violet u. dgl. Ebenſo eine zweite, ähnliche Gattung, die Helmvögel, Piſang- oder Muſafreſſer, (Musophäga) in Senegambien, bei denen aber die Schnabelwurzel in eine Art Hornſcheibe übergeht, welche die Stirn bedeckt. Sie leben vorzugsweiſe von den köſtlichen Früchten des Piſangs, den ſo genannten Bananenfeigen. Als Weſen einer dritten Gattung iſt ein dortiger, unter dem Namen brau— ner Turako bekannter Vogel (Mus. senegalensis) zu betrachten. Denn er hat weder Schnabelzähne, noch einen Stirnhelm, und trägt eine ſchmalfederige, nach hinten hängende Haube von gewöhnlicher Bildung. Sein Gefieder ſieht beinahe bloß dunkel lerchen-farbig aus. 2 Ordnung: Raubvögel. [S 23. Man erkennt ſie an dem kräftigen und am Ende ſtark gekrümmten (hakenförmigen) Schnabel mit einer Wachshaut an der Wurzel, und an den großen, ftarfen, meiſt runden, ſtark gekrümmten Krallen. Von den Zehen iſt, wie bei der Mehrzahl der noch kommenden Vögel, bloß Eine nach hinten gerichtet. Von den Unterſchenkeln hängen faſt immer noch mehr, als bei den Vögeln der vorigen Ordnung, eine Anzahl langer Federn bis über die Ferſen herab, die man mit Hoſen vergleicht. Die Raubvögel nähren ſich hauptſächlich von dem Fleiſche anderer Thiere, welches ſie mit dem Schnabel zerbeiſſen oder zerreiſſen. Um theils ihre Beute zu ereilen, theils ſie in einem weiten Umkreiſe aufſuchen zu können, bedürfen ſie ſämmtlich eines guten, viele eines ganz vorzüglichen Flugver— mögens. Daher ſind ihre Flügel ſtets kräftig gebildet, und durften niemals eigentlich kurz ſein. Die Männchen ſind bei ihnen, im Gegenſatze zu faſt allen Wirbelthieren, bedeutend kleiner, als die Weibchen: nicht ſelten um ein Dritttheil. Einen beſonderen Kunſttrieb beſitzen ſie ſämmtlich nicht, und manche machen gar kein Neſt. Diejenigen, welche ein ſolches bereiten, ſind Plattformenbauer: d. h., ſie ſchleppen auf Bäumen oder Felſen meiſt einen Haufen grober Stoffe zuſammen, um daraus für ihre Eier eine flache Unter— lage zu bereiten, die ſelbſt in der Mitte nur eine ſehr geringe Vertiefung er— hält. Das Baumaterial tragen ſie, allein unter allen Vögeln, nicht im Schnabel, ſondern mit den Füßen herbei. Die Vermehrung der meiſten, be— ſonders der größten, iſt ſchwach, die Geſtalt ihrer Eier gewöhnlich ſehr rund. Bei den größten Arten beträgt die Zahl derſelben gewöhnlich nur 2, höchſtens 3, ja nicht ſelten bloß 1. Ihre Jungen kommen ſehr entwickelt, mit offenen ) Die aber tretz ihrem Namen ganz und gar keine Hühner find! 208 Vögel; 2te Ditn.: Raubvogel. Augen und überall mit dichter, warmer Wolle bedeckt, aus dem Eie; ſie brau— chen aber beſonders lange Zeit zu ihrer weiteren Entwickelung. Die Eltern tragen ihnen Futter zu, ohne ſie ätzen zu dürfen, müſſen ſie jedoch ſelbſt nach dem Ausfliegen noch lange mit Futter unterſtützen: da ſie ſich gewöhnlich erſt nach mehreren Monaten ſelbſtändig erhalten lernen. te Unterordn.: Edle Naubvögel. So nennt man alle jene, die ſich hauptſächlich, oder meiſt ausſchließlich, von dem Fleiſche ſolcher Wirbel— thiere nähren, welche ſie ſelbſt gefangen und getödtet haben. Zu dieſem Behufe bedurften ſie, im Gegenſatze zu den unedlen, beſonders großer und ſcharfer Krallen, die ſämmtlich in gewiſſem Grade beweglich ſind, und vor— zugsweiſe ſtarker Beine mit kräftigen Muskeln und Sehnen. Denn die— ſelben bilden ihre alleinigen Angriffs- und Vertheidigungswaffen: da ſie ſich des Schnabels nur zum biſſenweiſen Zerſtücken ihrer Beute bedienen. Kleine Thiere ergreifen ſie überhaupt bald mit Einem Fuße, bald mit beiden zugleich, um ſie zu erdrücken. Größere Säugethiere, Amphibien und Fiſche faſſen ſie gewöhnlich mit beiden Füßen an den Seiten des Leibes, in der Gegend der Rippen, um ſie durch Zuſammendrücken, ſo wie meiſt durch Eingreifen der Krallen bis in die Lungen und Eingeweide, theils zu erſticken, theils durch Verbluten nach innen zu zu tödten. Größeren Vögeln ſuchen ſie meiſtens die Krallen des einen Fußes am Rücken einzuſchlagen, und ihnen mit dem anderen den Hals zuſammenzudrücken: worauf ſie ihnen gewöhnlich mit dem Schnabel die Gurgel, (Luftröhre,) oft ſammt einem Theile des Schlundes, ausreiſſen. Wenn die Adler oder die großen Eulen z. B. Katzen, Füchſe, Wieſel und ſonſt kleine Raubthiere, oder andere wehrhafte, mit guten Beiß— werlzeugen begabte Säugethiere anfallen; fo bleibt es ſtets ihr erſtes und nothwendigſtes Geſchäft, dieſelben ſo mit einem Fuße am Kopfe zu faſſen, daß ſie ihnen mit aller Gewalt den Mund zuhalten, um ſie wehrlos zu machen, während ſie ſich ihnen mit dem anderen (wie immer) zwiſchen den Rippen einkrallen. Die kleineren und kleinſten Gattungen freſſen alle entweder zu— weilen ſelbſt Inſekten, oder ſie füttern wenigſtens ihre Jungen damit. So lange letztere noch klein und zart ſind, kommen die Alten der ſchwachen Ver— dauungskraft derſelben dadurch zu Hülfe: daß ſie das für ſie beſtimmte Fleiſch erſt biſſenweiſe ſelbſt verſchlingen und längere Zeit im Kropfe erweichen, dann halb verdaut wieder aufwürgen und es ſo den Jungen vorlegen. Späterhin— tragen ſie ihnen friſch getödtete, und, wenn ſie bereits ſtärker geworden ſind, halblebende Thiere zu: damit ſie an ſolchen das Tödten und Fangen einer Beute allmählig ſelbſt erlernen. Doch erlangen ſie hierin ſämmtlich erſt län— gere Zeit nach dem Ausfliegen, durch häufigere Uebung, das nöthige Geſchick, und mit demſelben die Fähigkeit, ſich ſelbſtändig zu erhalten. Alle edle Raubvögel verſchlucken beim Freſſen auch mehr oder weniger Haare und Federn, die ebenſo, wie Inſektenflügel und Beine, unverdauliche Dinge ſind und entweder nur ſehr wenigen, oder meiſt gar keinen Nahrungs— a) edle: falfenartige. 209 ſtoff enthalten. Alles dieß ſondert daher, gewöhnlich mit einigen Knöchelchen, nach erfolgter Verdauung des Uebrigen, im Magen ſich als längliche oder rundliche Ballen (Gewölle) ab, die bei den Tagraubvögeln gewöhnlich am nächſten Morgen, bei den nächtlichen am folgenden Abende vor dem Aus— fliegen, wieder aufgewürgt und fortgeſpieen werden. Obwohl Letzteres den Vögeln einige Anſtrengung zu koſten ſcheint, fo bleibt doch der ganze Vor— gang durchaus erforderlich zur Erhaltung ihrer Geſundheit: weil das Ganze, wegen der gleichzeitigen Entfernung von Magenſchleim und dergl., weſentlich zur Reinigung ihrer Verdauungsorgane beiträgt. Man darf es daher ſolchen Raubvögeln in der Gefangenſchaft mit dem Rupfen oder Abziehen der, ihnen zur Speiſe vorgelegten Thiere ja nicht zu bequem machen! Denn ſie erkran— ken allmählig, wenn man ſie längere Zeit ſo mit bloßem, reinem Fleiſche füttert, daß ihnen gar keine Gelegenheit gegeben iſt, auch etwas Haare oder Federn zu verſchlingen. — Die ; [s 24. Ite Zunft edler Naubvögel bilden die falkenartigen. Man nennt ſie häufig auch Tagraubvögel, weil fie entweder nur bei Tage, oder doch wenigſtens nicht in tiefer Nacht, nach Beute ausfliegen, und un— terſcheidet ſie von den eulenartigen oder Nachtraubvögeln leicht an dem ſo genannten Augenbraunenknochen. Dieſer beſteht aus einem anfehnli- chen, dünnen, aber breiten Knochen vorſprunge, welcher fo weit über das Auge ſelbſt vortritt, daß dieſes durch ihn von oben her mehr oder we— niger gegen Alles, beſonders aber gegen zu ſtarken, blendenden Einfall des Sonnenlichtes, geſchützt iſt. Füße und Wachshaut des Schnabels ſind meiſt gelblich oder hochgelb, und die Krallen ſchwarz. | Obſchon die falfenartigen Vögel überhaupt zu den edlen Raubvögeln gehören, weil ſie ſich von lebenden Thieren nähren; ſo unterſcheidet man doch gewöhnlich ins Beſondere wieder zwiſchen edlen und unedlen falkenartigen Vögeln. Unter den edlen verſteht man alsdann nur diejenigen Gattungen, welche ſchnell genug ſind, um ihre Beute noch einzuholen, wenn ſie ſich im Laufe oder Fluge befindet; unter unedlen aber die, welche bloß ſtillſitzende Thiere zu fangen vermögen. Doch laſſen ſich dieſe Unterſchiede nicht immer ſo ganz beſtimmt feſthalten. f Zuerſt müſſen wir ſämmtliche Adler, die, außer ihrem längeren, erſt an der Spitze gebogenen Schnabel, meiſt ſchon durch ihre anſehnliche Größe kenntlich werden, und ſtets einen abgerundeten, nie einen gabelförmigen Schwanz haben, von denjenigen ausſcheiden, deren Schnabel meiſt ſchon von der Wurzel an gebogen erſcheint. Die ſchnellſten und (nach der eben gegebenen Erklärung) die edelſten Falken unter den ſo übrig bleibenden zeichnen ſich vor den langſameren und unedlen durch lange, dünne, ſehr gelenkige Zehen mit beſonders ſtarken, weit hervortretenden Gelenkballen an den Sohlen derſelben aus, die Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 14 210 Voͤgelz 2te Ordn.: Raub voͤgelz ihnen das Feſthalten ihrer Beute erleichtern. Ihr Gefieder iſt feſter und liegt glätter an, als das der übrigen. Beſonders hart und ſteif ſind ihre Schwung- und Schwanzfedern, die nur hierdurch zu einem jo raſchen Fluge tauglich werden. Ä — Edelfalken im engſten Sinne des Wortes (Falco, Rhynchödon) werden dann endlich wieder diejenigen Arten genannt, deren rundlicher, überall gewälbter d Schnabel vor der Spitze des Oberkiefers einen Zahn (eine vortretende Ecke) beſitzt, dem im Unterkiefer noch ein entſprechender Ausſchnitt gegenüberſteht. In ihren Naſenlöchern tritt mitten ein vorſtehendes Knötchen heraus. Die Füße ſind ſtark, aber nicht beſonders hoch; die Flügel lang und ſchmal; der Schwanz ziemlich lang, etwas keilförmig und nach dem Ende zu überhaupt ſchmäler. Sie ſtoßen von oben her in ſchiefer Richtung und mit ſolcher Gewalt auf ihre Beute nieder, daß ſie beim Stoßen nach einem auf der Erde ſitzenden Thiere ſich die Schwung- und Schwanzfedern zerbrechen und leicht auch die Beine verſtauchen oder ſich ſonſt be— ſchädigen würden. Daher verfolgen ſie meiſtens nur fliegende Vögel; oder ſie ſu— chen außerdem bloß zuweilen ſolche zu ergreifen, die ſie hoch und frei auf Bäumen ſitzend finden, und hier unvermuthet überraſchen können. Alles, was ſtill auf dem Boden ſitzt oder läuft, iſt vor ihren Angriffen ſicher. Deßhalb ſtürzen alle im Fluge begriffene Vögel bei ihrem Erſcheinen inſtinctmäßig ſo eilig als möglich zur Erde, oder werfen ſich in das dichteſte Gebüſch. Die auf der Erde befindlichen wagen es gewöhnlich unter keiner Bedingung, aufzufliegen, fo lange fie einen Edel: falken in ihrer Nähe wiſſen. Deßhalb laſſen die letzteren ſich im Freien zuweilen unbemerkt in geringer Entfernung von gelagerten Repphühnern u. dgl. nieder, und warten ſo Stunden lang ganz ruhig, bis jene freiwillig auffliegen, um ſo eines der arglos gewordenen Thiere zu erhaſchen. Dieſer ihrer Schnelligkeit und der an— genehmen Geſtalt wegen wurden ſie ehedem ganz vorzugsweiſe zur Jagd auf aller⸗ hand Vögel abgerichtet, und wegen ihrer Gelehrigkeit beſonders hochgeſchätzt. Für die werthvollſte Art galt die ſtärkſte und größte, welche daher noch jetzt den Namen Jagdfalke führt, und im weiblichen Geſchlechte am Körper faſt einer kleinen Gans gleicht. Die alten Vögel, beſonders die Männchen, werden in Grönland und dem nördlichen Aſien häufig beinahe ganz weiß, mit einer geringen oder mäßi— gen Anzahl brauner Flecken auf der Oberſeite. Daher die Benennung weißer F. (F. candicans.)“) Außerdem wurde dieſe Art ſonſt auch der isländif che Falke (F. islandicus) genannt: weil die meiſten der damals gebrauchten von jener Inſel gebracht wurden, nach welcher durch einen langen Zeitraum alljährlich ein beſonders eingerichtetes Schiff der däniſchen Regierung (das Falkenſchiff genannt) auslief, um die gefangenen herüberzuholen. Indeß kommt dieſe Art auch ſonſt in den felſigen Gebirgen des höheren Nordens vor. Jüngere Vögel, oder ſolche, welche ein milderes Klima bewohnen, z. B. die meiſten europäiſchen, ſind oben dunkelbraun mit erb⸗ ſengroßen, weißlichen Querflecken; unten weißlich mit dunkelbraunen Schaftflecken. Bei manchen alten wird der Grund oben bläulichgrau oder ſchieferfarbig. Man richtete ſie auf alle größeren jagdbaren Vögel ab, namentlich auf die ſcheueſten: als Trappen, Kraniche und Reiher. — Kleiner und ſchwächer iſt der Tauben-, Pil⸗ grims⸗ oder Wanderfalke, (F. peregrinus:) den man auf fo große Vögel meiſt paarweiſe und nur auf kleinere einzeln losließ. Er ſcheint übrigens nicht ſowohl beſonders auffallende Wanderungen anzuſtellen, als vielmehr auch ſchon ohne ) Solche wurden, wenn ſie gut abgerichtet waren, zur Zeit der Falknerei ihrer beſon⸗ deren Schönheit wegen mit ungeheueren Preiſen bezahlt: weil ihre Abrichtung natürlich ſchon in Folge ihres höheren Alters weit ſchwieriger blieb. a) edle: falfenartige. 211 dieſe faſt in der ganzen Welt zu Hauſe zu ſein: indem er in heißen Ländern wenigſtens die hohen Gebirge bewohnt. Er ſtößt vorzüglich auf Tauben und Hühner, und ſcheint, gleich dem vorigen, immer nur auf Felſen zu niſten. — Eine noch etwas unſichere Art, die zwiſchen beiden in der Mitte ſteht, hat man Schlacht oder Würgfalke (F. laniarius) genannt. — Faſt der kleinſte bei uns, und hier ohne Zweifel der ſchnellſte von allen Raubvögeln, ja unter Umſtänden vielleicht das ſchnellſte aller befiederten Weſen überhaupt, iſt der Lerchenfalke. (F. subbuteo.) Denn er fängt die ſchnellſten Vögel, deren Schnelligkeit natür— lich durch die unbeſchreibliche Angſt vor ihm noch geſteigert wird, im Fluge. Den Frühling und Herbſt hindurch, ſo lange die Felder meiſt kahl ſind, lebt er aller— dings hauptſächlich von Feldlerchen; im Sommer dagegen, wo dieſe ſich mehr im Getreide und Graſe verſtecken, vorzugsweiſe von Rauchſchwalben; ja, er erjagt dann nicht ſelten die noch viel ſchnelleren Thurm- oder Mauerſchwalben, (Segler.) Freilich thut er dabei ebenſo, wie die übrigen Raubvögel, gar manchen Fehlſtoß: weil er den verfolgten Vogel immer erſt neuerdings wieder zu überſteigen ſuchen, folglich in derſelben Zeit einen ungleich größeren Raum zurücklegen muß, als jener, der überdieß zuletzt, beim völligen Herannahen ſeines Feindes, den Krallen deſſelben durch unerwartete, ſchnelle Wendungen zu entgehen ſucht. Der Lerchenfalke wird daher auch Schwalben- und häufig Baumfalke genannt: Letzteres, weil er ſtets auf Bäumen horſtet, (niſtet.) Er ſieht oben ſchieferfarbig, unten heller aus, mit. weis ßen Backen und Kinne, und hat bräunlichrothe Hoſenfedern. Seine Flügel ſind länger und ſchmäler, als die aller übrigen Edelfalken, und reichen noch über das Ende des Schwanzes hinaus. — Kleiner und bräunlicher, als er, dabei gleichfalls ſehr ſchnell, iſt der, mehr nordiſche Zwergfalke. (F. aesälon.) Er beſitzt eine ſolche Gewandtheit, daß er, gefangen gehalten, ſelbſt im engſten Zimmerraume kleine todte Vögel, die man ihm zuwirft, im Fliegen auffängt. Draußen verfolgt er kleine Vögel von anderen Gattungen innerhalb und in der Nähe von Wäldern und Gebirgsfelſen noch häufiger, als der Lerchenfalke. Denn dieſer bewohnt am liebſten freie, ebene Gegenden, und zieht mit den Lerchen nach Süden: während die anderen gewöhnlich erſt zum Winter bei uns eintreffen. — Wärmere und heiße Gegenden befitzen von Edelfalken zwar mehrere Arten, aber doch lange nicht fo viele, wie von anderen Raubvögeln. [$ 25. Die Habichte (Phabotypus, Astur! Daedalion!) und die Sperber übertreffen die Edelfalken in mancher Hinſicht noch bedeutend an Gier und Geſchick zum Rauben. Denn wenn ihre kürzeren und doch kräftigen Flügel ihnen auch nicht gleiche Aus— dauer im Fluge geſtatten; ſo ſetzen ſie ſie dafür in den Stand, ſich um ſo ſchneller zu ſchwenken, ihren Flug leichter zu mäßigen und denſelben überhaupt beſſer zu re— gieren. Daher können ſie zwar allerdings nicht ſo weit, wie jene, im Freien nach Raub umherziehen, ſondern müſſen ſich mehr in und an Wäldern oder Baumpar— thieen u. dergl. halten; hier verfolgen ſie aber Vögel und Säugethiere mit eben ſo erſtaunlicher Gewandtheit, als Schnelligkeit im Fliegen, wie im Laufen und Sitzen, und ergreifen ſie mit gleicher Sicherheit von der Seite und von vorn, wie von oben und hinten: ja, zuweilen drehen fie, bei einem plötzlichen Ausweichen ihres Schlachtopfers nach oben, ſich mit erſtaunlicher Gewandtheit auf ein paar Augen— blicke gleichſam in der Luft um, und ergreifen daſſelbe ſo von unten. Somit rettet die Thiere meiſt Nichts vor ihnen, als die ſchleunigſte Flucht in ein gutes Verſteck. Ein faſt unglaublicher Schreck ergreift daher bei ihrem Erſcheinen den größten Theil der Vogelwelt; und manche der weniger geſchickten Flieger (z. B. Nepp- hühner u. dergl.) ſtoßen ſich auf der Flucht vor ihnen zuweilen vor Angſt an Bäu— men, Felſen oder Gebäuden todt. Der Hühner- oder Tauben-Habicht (Falco 14 * 212 Vogel; 2te Ordn.: Raubvögel; palumbarius) verfolgt außer Hühnern aller Art vorzüglich die wilden und zahmen Tauben, von welchen er die letzteren im Winter beſonders auf den Höfen von Walddörfern nicht ſelten durch die Fenſterſcheiben jagt, deren Geklirr ihn kaum zu— rückſchreckt. Er kömmt am Körper dem größten Hahne gleich. Vom zweiten Jahre ab ſieht er bläulich graubraun aus, mit grauweißem Bauche und ſchwärzli— chen, wellenförmigen Querbinden auf demſelben; im erſten Jahre röthlich-graubraun mit röthlichen Federeinfaſſungen, und am Bauche ſchmutzig roſtröthlich, mit braunen Längsflecken. Er bewohnt faſt die ganze nördliche Erdhälfte. Eine ihm ſehr ähn— liche Art lebt in Südafrika. — Merkwürdig wegen ſeiner Farbe als Bewohner eines wärmeren Himmelsſtriches, bleibt ein faſt ganz weißer Habicht (F. albus) auf Neuholland. Er ſteht dem unſerigen an Größe nach, und ſoll ſich von Fiſchen nähren. (2) — Bei den Habichten ſind die Füße eben ſo ſtark, aber höher, als bei den Edelfalken; ihr Schwanz iſt länger, breiter und weicher; der Schnabel zu— ſammengedrückt, und der ſo genannte Zahn deſſelben nur undeutlich. Die Sperber (Nisus) gleichen ihnen fonft völlig, find aber bedeutend klei— ner, ja manche in wärmeren Gegenden nicht größer, als eine Amſel; zugleich ſind auch ihre merklich dünnen Beine ſehr hoch. Bei unſerem gemeinen Sperber oder Finkenhabichte (Falco Nisus) kommt das Weibchen bald am Leibe der größ— ten Taube, bald nur einer kleineren gleich, und hat die Farbe des alten Hühner— habichts. Das Männchen ſieht dagegen vom dritten Jahre ab ſchön bläulich-aſch— grau aus, mit rothbraunen Querbinden am Bauche, die im ſpäteren Alter häufig ſchön bräunlichroth oder roſtfarbig werden. Es verfolgt am häufigſten nur allerhand kleine Vögel, namentlich die Finken. Das weit ſtärkere Weibchen greift auch grö— ßere an, z. B. Tauben und Repphühner, die es doch an Körpergröße und noch mehr an Schwere übertreffen. Sperber und Habichte horſten beide auf Bäumen, auf deren niedrigeren Aeſten ſie gewöhnlich ihren Sitz nehmen: indem ſie auch bloß niedrig fliegen. Sie ſind nebſt den Edelfalken die ſchädlichſten von allen für unſer Federwild und Hausgeflügel, und werden daher, gleich jenen, von den Jägern mit Recht unabläßig verfolgt. Der hohen Beine wegen wollen manche Ornithologen den Sperbern auch manche andere Raubvögel wärmerer Länder zuzählen, deren Zehenbau jedoch we— ſentlich verſchieden ſcheint. Eine ſchöne Art davon in Südafrika, oben hellgrau, am Steiße und Bauche weiß mit graubraunen Wellenlinien, dabei mit hochrother Wachs- und Fußhaut, heißt Singfalke oder Singſperber, (F. musicus:) weil ſie ſich vor allen Raubvögeln durch einen wohlklingenden Geſang auszeichnen ſoll. Doch ſind dieß wahrſcheinlich bloß angenehme, häufig erklingende Laute anderer Art: (3. B. Locktöne;) und der Name dürfte hiernach kaum mehr Grund haben, als die Benennung Singſchwan bei einem bekannten nordiſchen Schwimmvogel. is 26 Alle noch folgende falfenartige Vögel haben ſchon kürzere Zehen, und an den Sohlen derſelben bloß kleine, zum Theile kaum bemerkbar vor- ſtehende Gelenkballen. Sie gelten entweder nur für halbedle, oder ge— radezu für unedle Falken. Denn ſie fangen meiſt nur ſtill ſitzende, oder langſam kriechende Thiere. Von laufenden und fliegenden können ſich die meiſten nur ſolcher Individuen bemächtigen, die krank und ermattet, oder noch zu jung und zu wenig geübt im Fluge, oder aus ſonſt einem Grunde des Gebrauchs ihrer Kräfte nicht recht mächtig ſind. Manche, die man ſonſt noch zu den Edelfalken im engſten Sinne rechnete, gleichen dieſen zwar im Schnabelbaue ganz, unterſcheiden ſich aber nicht bloß durch die kürzeren Zehen, ſondern gewöhnlich auch durch etwas längere und breitere a) edle: falkenartige. 213 Schwänze und Flügel mit weicheren Federn, ſo wie überhaupt durch weicheres, lockreres Gefieder. Letzteres wird bei ihnen, wie bei faſt allen noch folgenden, eine Miturſache des langſameren Fluges. Man nennt ſie Röthel- oder beſſer Rüttel— falken. (Finnunculus; Cenchris!) Erſteres bezieht ſich auf ihre Farbe; Letzte— res auf ihre Gewohnheit, zu rütteln. Hierunter verſteht man bei Raubvögeln überhaupt die Sitte, über einer, ruhig auf der Erde ſitzenden Beute bald nur einige Augenblicke, bald auch länger, mit raſch geſchlagenen Flügeln gleichſam in der Luft ſtill zu ſtehen, oder vielmehr ganz unbedeutend hin und her zu ſchwanken, um deſto ſicherer auf das Thier zu zielen. Hierdurch ſuchen ſie genau in ſenk— rechte Richtung über dem Thiere zu kommen: ſo daß dieſes, wenn ſie ſich dann plötzlich mit angelegten Flügeln, vorgeſtreckten Füßen und geöffneten, zum Zugreifen ausgeſpreizten Zehen auf daſſelbe herabfallen laſſen, ihnen jedesmal ſicher in die Krallen gerathen muß, ſobald es nicht gerade noch während ihres Falles ſelbſt eine Bewegung vor- oder ſeitwärts gemacht hat. Die Rüttelfalken nähren ſich zum Theile von größeren Inſekten und kleinen Amphibien; lieber freilich von kleinen jungen Vögeln. Am häufigſten leben ſie aber von Mäuſen, durch deren Ver— tilgung ſie ebenſo, wie viele andere Raubvögel, unſeren Feldern und Wieſen in hohem Grade nützlich werden. Es gehört dazu der gemeine Rüttel- oder Thurmfalke, (Falco tinuncülus,) der gewöhnlich Rüttelweibchen genannt wird.“) Ein faſt allgemein bekannter Raubvogel, welcher nicht allein faſt alle Thürme in Städten, oder Burgruinen und Felswände im Gebirge bewohnt, ſondern häufig auch verlaſſene Krähenneſter in Feldhölzern in Beſitz nimmt. Er iſt oben röthel— farbig, mit dreieckigen, ſchwärzlichen Flecken beim Männchen, und mit ſchwarzbraunen Querbinden beim Weibchen und den Jungen. — Sehr ausgezeichnet durch rothe oder rothgelbe Füße und Wachshaut, ſo wie durch eine ſehr große Verſchiedenheit der beiden Geſchlechter, iſt der, etwas kleinere, rothfüßige Rüttel- oder Abend» falke. (F. rufipes s. vespertinus.) Man ſieht ihn häufig noch ſpät in der Dämmerung mit der Jagd auf Heuſchrecken und große, herumſchwärmende Käfer beſchäftigt, die er im Fluge fängt. Da, wo er zahlreicher lebt, (z. B. in Ungarn) verbinden ſich zuweilen mehrere Paare mit einander, um, ſtatt ſich ſchlechte Neſter ſelbſt zu bauen, oder mit verlaſſenen Krähenneſtern fürlieb zu nehmen, gemein— ſchaftlich und der Reihe nach eben ſo viele Paare von Elſtern aus ihren ſchönen, ſicheren und bequemen Neſtern zu vertreiben, die ſie alsdann für ſich benutzen. Die Milane oder Gabelweihen (Milvas) ſind anſehnlich große Vögel, mit längeren und an den Spitzen ſchmäleren, ſonſt aber breiteren Flügeln, als die Edel— und viele andere Falken, und mit langen, breiten, gabelförmig ausgeſchnittenen Schwänzen. Sie fliegen daher äußerſt leicht, ſchön und anhaltend, und ziehen ſo in weiten Kreiſen über Feldern, Wieſen und Gewäſſern in der Nähe großer Wälder einher, um kleinen Wirbelthieren aller Art, beſonders jungen Haſen, Mäuſen und jungem Geflügel, nachzuſtellen. Daher bei uns auf dem Lande ihr Name „Hüh— nelgeier.“ Doch ſind ſie dabei feig; und eine muthige alte Henne oder Gans ver— treibt ſie nicht ſelten durch Geſchrei, Aufſpringen und Flügelſchläge von ihren Jungen. Ihre Beine ſind kurz und nicht ſtark. Sie können ſich daher nicht gut auf die Erde niederſetzen: weil es ihnen hier ſchwer fällt, den großen Schwanz und die langen Flügel zurecht zu legen. Ein längerer, bloß an der Spitze gekrümmter Schnabel und ziemlich lange, ſpitze Halsfedern nähern ſie den Adlern. Der eine bei uns heißt nach ſeiner Farbe der rothe, (Falco milvus,) und hat einen weiß— lichen Kopf. Der andere (M. fusco-ater) iſt röthlich-ſchwarzbraun, hat einen ) Statt Rüttelweihchen, d. h. kleine Rüttelwelhe. 214 Bögel; 2te Drin.: Nanbvögel; minder tief gegabelten Schwanz, und findet ſich faſt in der ganzen alten Welt vor. Er hält ſich vorzugsweiſe gern an Gewäſſern auf, weil er am liebſten matt gewordene Fiſche fängt. Doch verſchmäht er todte Thiere im Nothfalle eben fo wenig, wie der vorige. Wärmere Erdſtriche, beſonders Amerika, beſitzen kleinere milanenartige Raub— vögel von anderer Farbe (3. B. graue) mit noch tiefer gegabelten Schwänzen, die zum Theile ſcheerenförmig ſind, (d. h. einer großen, halb offenen Scheere ähnlich ſehen.) Hiernach könnten ſie eben ſo paſſend Scheeren- oder Schwalben weihen (Jetinia) heißen, wie die Milane des alten Feſtlandes Gabelweihen. Denn fie vermitteln offenbar auch den Uebergang von den Raubvögeln zu den ſchwalben— artigen. [$ 27. Die nützlichſten aller falkenartigen Raubvögel dürften die Buſſarde oder Bußaare (Butéo) fein, die nach ihrer Hauptnahrung gewöhnlich Mäuſeaare, oder Mäuſefalken und Mauſer genannt werden. Ihr Schnabel ähnelt ziemlich dem der Habichte: ihre Füße ſind jedoch viel ſtärker und plumper; ihre Flügel weit länger und breiter zugleich. Im Ganzen haben ſie zwar ein trauriges und ſchwerfälliges Anſehen, aber doch einen leichten, wiewohl nicht raſchen Flug. Sie ſitzen entweder anſcheinend träg und unbeholfen auf Feldbäumen, Grenzſteinen, oder ſonſt an er— höhten Plätzen, um ſich nach Beute umzuſehen; oder ſie ziehen zu gleichem Zwecke in großen Kreiſen hoch in der Luft und meiſt über dem Freien umher, beſonders, wenn ſich ihnen keine ſolche bequeme Warten (Plätze zum Auflauern) darbieten. Deßwegen handeln die Landleute in mäuſereichen Herbſten und Wintern ganz zum Vortheile ihrer Felder und Wieſen, wenn ſie auf ſelben hin und wieder Stangen mit aufgebundenen Strohwiſchen umherſtecken: damit letztere bei Tage von den Buſſarden, und des Nachts von den Eulen, gleichſam als Wachpoſten zum Umſehen benutzt werden können. Es wird von beiden alsdann eine viel größere Menge von Mäuſen vertilgt. Eben ſo gefräßig, als unnöthiger Bewegung abhold, werden die Buſſarde, deren einer täglich oft mehr als 20 Mäuſe verſchlingt, im Herbſte ge— wöhnlich ſehr fett. Dem kleinen Wilde, welches ſie freilich wohl noch lieber freſſen f würden, können ſie ſelbſt (unmittelbar) nur ſelten Schaden zufügen; und der Jäger ſollte fie daher, dem Landwirthe zu Gefallen, billig ſchonen. Doch werden ſie, und zum Theil auch die Milane, namentlich dem Federwilde oft mittelbar ſchädlich durch eine eigenthümliche, zudringliche Schmarotzerei bei den großen Edelfalken. Es iſt nämlich eben ſo gewiß, als merkwürdig: daß dieſe muthigen, ſchnellen und ge— wandten Vögel den ſchönſten, eben erbeuteten Faſan, oder das kaum gefangene Repphuhn ohne Weiteres den feigen, trägen und plumpen Buſſarden überlaſſen, ſobald dieſelben zudringlich und meiſt ſchreiend herankommen, um jenen einen ſol- chen Leckerbiſſen abzunehmen. Auf dieſe Weiſe müſſen nun die Edelfalken an Orten, wo ſie zufällig von vielen Buſſarden umgeben ſind, zuweilen erſt mehrere von dieſen abfüttern, bevor ſie ſelbſt ihren Hunger ſtillen können, und ſehen ſich demnach gezwungen, viel mehr Federwild zu morden, als ſie ſonſt thun würden. Der gemeine Buffard (B. vulgaris) hat bloß halbbefiederte Beine, gewöhnlich einen gelblichweißen Bauch mit breiten, ſchwärzlichen Querſtreifen, und faſt überall hellere Federränder. Sonſt aber wechſelt er gar merkwürdig in der Farbe: näme lich von Schwarzbraun durch alle Grade von Dunkel-, Hell- und Röthlichbraun bis zu Weiß mit ſparſamen braunen Flecken. Die hellſten und dunkelſten Abänderungen ſind die ſeltenſten. Seine Stimme ähnelt dem gedehnten Miauen einer Katze. Er iſt bei uns der Hauptfeind der Mullwürfe, deren er ſich dadurch bemächtiget, daß er ſich auf die Erde dicht neben ihre friſcheſten Haufen niederläßt, und hier oft ſtundenlang auf das Aufſtoßen des Mullwurfes wartet, um das Thier als— a) edle: falkenartige. 215 dann, ohne es zu ſehen, mit einem Fuße durch den, von ihm hervorgearbeiteten, lockeren Boden hindurch zu ergreifen. Davon findet man im Herbſte ſeine Füße beinahe immer mit Erde beſchmutzt. — Zu dieſer Zeit zeigt ſich alljährlich bei uns, bisweilen in Menge, der nordiſche rauchbeinige B. (B. lagöpus.) Er ſieht in der Färbung ſonſt manchen weißlichen Stücken der vorigen Art gleich, macht ſich aber gewöhnlich ſchon von ferne durch ſeinen ſchwarzbraunen Bauch und Schwanzſaum kenntlich; in der Nähe unterſcheidet er ſich auch durch die ganz (bis zu den Zehen) befiederten Beine. Letztere machen ihn den meiſten Adlern ähnlich, die überhaupt den Buſſarden mehr oder weniger nahe ſtehen. Seine geo— graphiſche Verbreitung hat das Merkwürdige: daß er, während er ſonſt nur dem Norden unſerer Erdhälfte angehört und hier ſchon höchſt ſelten bis nach Oberitalien hinabzieht, doch im ſüdlichſten Afrika wieder vorzukommen ſcheint. [S 28. Den Buſſarden nahe verwandt, nur noch weniger kräftig bewaffnet, und beſſer zum Gehen auf der Erde gemacht, als andere Raubvögel unſeres Welttheiles, ſind die Wespenfalken oder Honigbuffarde. (Pernes! [Pternes?] Pterochalinus.) Sie machen ſich vor Allem leicht dadurch kenntlich, daß ihre Zügel *) nicht wie ſonſt mit dünnen und lockeren, haarartigen Borſtenfederchen bewachſen ſind, ſondern von dichten, feſten und ſcharfbegrenzten, gleichſam ſchuppenartigen Federn bedeckt werden, welche dieſe, ſonſt ſo empfindlichen Stellen gegen die Stiche der Wespen, Hummeln und Bienen ſichern. Denn eine Lieblingsnahrung dieſer Raubvögel, die ſonſt die Lebensart von Buſſarden führen, jedoch ſchon überhaupt mehr Inſekten und Amphibien verzehren, beſteht in der Brut (den Larven) jener ſtechenden In— ſekten. Sie wiſſen die, meiſt in der Erde befindlichen Neſter derſelben ſehr gut aufzufinden und aufzuſcharren, um zu den Brutwaben zu gelangen: da es ihnen eigentlich bloß um die Larven, nicht um Honig und Wachs zu thun iſt. Denn von Beidem verſchlingen ſie nur gelegentlich einen kleinen Theil mit. Die alten Hummeln, Wespen und Bienen, welche ſie dabei zornig umſchwärmen, ſchütteln fie theils durch Schlagen mit den Flügeln, oder fonftwie, von ſich ab; theils freſſen ſie bie, welche ſie erhaſchen können, mit auf, nachdem ſie ihnen das Hinterende des Leibes mit dem Stachel abgebiſſen und weggeworfen haben. Der europäiſche Wespenf. (Falco apivörus) ändert nach Geſchlecht und Alter ſo merkwürdig in Zeichnung und Farbe ab, wie kein anderer bekannter Raubvogel. Er hat mit den meiſten Adlern und manchen anderen Tagraubvögeln, welche (oder wenn ſie) auf Bäumen brüten, die Gewohnheit gemein, ſein Neſt zum Oefteren mit grünen, eigens hierzu abgebrochenen Tannen- oder Birkenzweigen zu beſtecken. Außer ihm kennt man noch eine Art von Java, deren Kopf eine Haube trägt. Die Weihen (Circus) ſind ſchön geſtaltete, äußerſt ſchlanke, halbedle Falken, welche dem Schnabel und Halſe nach vergrößerte Sperber vorſtellen. Durch lange und breite, obwohl ſpitze Flügel, die ſie im Fluge gekrümmt halten, ſchließen ſie ſich jedoch mehr den Buſſarden an. Ihr weiches Federkleid überhaupt, dann ganz eigenthümlich ſteifes Gefieder am Hinterkopfe, welches um die Ohren ſchon eine Art von ſo genanntem Schleier bildet, und ein halb nächtliches Weſen, nähern ſie den Eulen. Sie ſtreichen nämlich weniger bei Tage, als in der Morgen- und Abenddämmerung, niedrig wie die Eulen über Feldern, Wieſen und Sümpfen nach Beute umher: zwar raſcher, als die Buſſarde; aber doch nicht ſchnell genug, um geſunde und alte Vögel im Fluge, oder raſch laufende Säugethiere im Laufen zu fangen. Ganz beſonders lieben ſie die Eier von ſolchen Vögeln, welche auf dem Boden brüten; und die bei uns lebenden Arten verſuchen die Kräfte ihres Schnabels „) Der weiche Raum zwiſchen dem Auge und Nafenleche jeder Seite. 6 Vögelz 2te Ordn: Raubvogel; ſogar, wiewohl vergebens, an den Eiern der wilden Gänſe. Sie halten ſich ge— wöhnlich fern von Wäldern, oder ſetzen ſich wenigſtens nicht auf Bäume. Denn, obwohl ſie weder gern, noch mit beſonderem Geſchicke hüpfen, ſo laſſen ſie ſich doch nicht bloß, allein unter allen Falken, regelmäßig nur auf den Boden nieder, ſondern ſie brüten auch da. Den Weibchen zweier einheimiſchen, der Korn- und Wieſenweihe, (C. pygargus und C. cinerac&us,) die beide in Getreidefeldern oder auf Graswieſen horften, und deren Männchen ſchön weißlich- oder hell aſch— grau ausſehen, kömmt hierbei ohne Zweifel ihre ganz verſchiedene, unhübſche, ler— chenartige oder dunkel bräunliche Färbung zu Statten. Dieſe macht ſie nämlich einem Haufen faulen Gewürzels, Heues oder ſonſtiger alter Pflanzenſtoffe ſo ähn— lich, daß ſelbſt Krähen und Elſtern (die ſie gewiß beſtändig im Brüten ſtören würden, da ſie überhaupt alle langſameren und minder ſtarken oder gewandten Raubvögel unabläßig necken und verfolgen) ſie ſo im Sitzen auf den Eiern nicht erkennen, oder gar nicht bemerken. — Bei der Sumpf- oder Roſtweihe, (C. aeruginösus,) welche in Sümpfen horftet, find Männchen und Weibchen einander faſt gleich, und ſehen mit ihrer, theils roth-, theils ſchwarzbraunen und gelbröth— lichen Farbe den ſie umgebenden Gegenſtänden ähnlich. A Unter den vielen Gattungen falkenartiger Raubvögel aus heißen Gegenden, deren manche auch ſehr reich an Arten find, fallen die Hakengare (Cymindis) in Südamerika durch einen wunderſam langen und ſtark gekrümmten Oberſchnabel bez ſonders auf. 8 29 Eine bedeutende Anzahl der größten und ſtärkſten falkenartigen Vögel begreift man unter der gemeinſchaftlichen Benennung Adler. Noch beſſer würde aber die Bezeichnung adlerähnliche Raubvögel fein. Ihre ges meinſchaftlichen Kennzeichen ſind: ein langer, erſt gegen die Spitze hin gebogener Schnabel; etwas lange, zugeſpitzte Nacken- und Hals— federn, die im Leben oft geſträubt ſtehen; ein Schwanz von mäßiger oder ſelbſt geringer Länge, der gewöhnlich abgerundet, ſelten gerade oder keil— förmig iſt, aber nie ausgeſchnitten und noch weniger je gabelförmig er— ſcheint. Ihre Füße find immer ſtark; und ihr ganzer Bau erſcheint kräftig, zuweilen ſogar etwas plump. Beides, ebenſo wie die Geſtalt des Schnabels, macht ſie ſchon mehr oder weniger den Geiern und ſonſtigen unedlen Raub— vögeln verwandt. Auch verſchmähen in der That alle größeren, die von Landthieren allein, oder von ſolchen nebſt Amphibien und Fiſchen zugleich leben, bei einigem Hunger friſches Aas nicht. Sie werden daher nicht ſelten theils bei demſelben (auf ſo genannten Luderhütten) geſchoſſen, theils mit einem Stücke Fleiſch als Lockbiſſen (Köder) in Fuchseiſen gefangen. Alle haben vermöge der anſehnlichen Länge und Breite ihrer Flügel einen leichten und ſchoͤnen, oft auch hochgehenden Flug: der ihnen aber doch nur manche Säu— gethiere im Laufen und größere, etwas ſchwerfällige Vögel im Fluge zu fan— gen geſtattet. Er hat, in Verbindung mit dem Muthe und der Kraft der meiſten, ihnen die Ehre verſchafft, als Könige der Vogelwelt angeſehen zu werden, und als Sinnbilder für mancherlei Großes und Erhabenes zu dienen. Obenan ſtellt man gewöhnlich, und in jeder Hinſicht mit Recht, die eigent— lichen Adler. Man nennt ſie daher auch vorzugsweiſe „edle Adler,“ gewöhnlich jedoch nur Adler geradeweg, oder wegen ihrer, bis an die Zehen befiederten Füße Rauchfußadler. (Aquila.) Die Heimath der größten, wie überhaupt das Vaters land der meiſten großen Adler, ſind vorzugsweiſe der höhere Norden und die ge— mäßigten Gegenden unſerer Erdhalbkugel. Weniger ſchon bewohnen ſie die ſüd— a) edle: falkenartige.— 217 lichen gemäßigten und wärmeren Erdſtriche; und heiße Gegenden haben meiſt bloß kleinere Arten. Bei den mehrſten iſt ein ſchönes Braun die Hauptfarbe. Der Gold⸗ oder Steinadler (A. fulva s. chrysaetus) hat braun- oder gelbröthliche Hinterkopf⸗ und Halsfedern, und meiſt einen weißen Schwanz mit breitem, ſchwarzbraunen Ende: wovon er auch der ringſchwänzige heißt. Er gilt mit Recht für die ſchönſte Art und vorzugsweiſe für den König der Vögel, deren größere und größte Arten nächſt Haſen bei uns am häufigſten ſeinen Angriffen erliegen müſſen. Doch muß er freilich im Nothfalle zuweilen mit Hamſtern und großen Mäuſearten fürlieb nehmen. Er iſt auf den Gebirgen des nördlichen und mittleren Europa's und Aſiens, theilweiſe ſelbſt im waldreichen Flachlande, keine Seltenheit; beſonders im Winter. Dagegen ſcheint er ſelten in Nordamerika. Die Kirgiſen und manche ihrer Nachbaren, die noch gegenwärtig ſehr warme Freunde der Falken— jagd ſind, richten ihn zum Theil auf Wölfe ab, die er dann, indem er ſich ihnen auf den Kopf feſtſetzt, ſo im Laufen aufhält, daß die, ſtets reitenden Jäger ſie leicht einholen und tödten können.) — Mehr im Süden unſeres Welttheiles, zuweilen auch ſchon im Süden unſeres Vaterlandes, lebt der, dem Steinadler ähnliche, jedoch minder ſchön und edel ausſehende Königsadler, (A. imperialis,) der über— dieß an den Füßen ſchlechter bewaffnet, dagegen aber mit einem viel dickeren Schnabel verſehen iſt. An ſeinem, etwas kürzeren und geraden Schwanze wird nichts Weißes ſichtbar. Dafür ſtehen bei alten Vögeln nicht ſelten einige weiße oder gefleckte Federn in der Schultergegend. Bei jüngeren zeigt faſt das ganze Gefieder große, lichte, gelbliche Schaftflecke. — Daſſelbe iſt, wiewohl in geringerem Grade, der Fall bei dem kleineren, ſchwächlicheren und hochbeinigeren Schreiadler, (A. naevia,) deſſen Grundfarbe alsdann ſchön röthlich-ſchwarzbraun zu fein pflegt, während ältere Thiere ziemlich einfach braun ausſehen. Er führt ſeinen gewöhn— lichen Namen von der Gewohnheit, öfter als andere feine helle, faſt bellende Stimme ertönen zu laſſen. Sonſt heißt er auch noch Entenſtößer, oder Schellen— tenadler: weil er vorzüglich gern auf wilde Enten Jagd machen ſoll. In der That ſcheint er flache Waldgegenden mit großen Teichen und Landſeeen am liebſten zum Wohnorte und Horſtreviere zu wählen. — Noch weit kleiner, als er, dabei auch faſt überall ſelten, und zumal bei ung, ift der Zwergadler, (A. minüta,) der an Größe einen Buſſard nicht übertrifft. Sonſt ſieht er jedoch im ausge— färbten Gefieder beinahe wie ein Steinadler im Kleinen und mit dunklem Schwanze ohne weißen Wurzeltheil aus. — Ein herrlicher Adler von gleicher Größe und ähnlicher Farbe wie unſer Stein- und Königsadler, jedoch noch ſchöner und etwas hochbeiniger, mit viel längerem, ſtark keilförmigem Schwanze, iſt der große neu— holländiſche, (Aquila fucösa,) ein Hauptfeind der Känguruh's. Habichts- oder noch paſſender Sperber-Adler (Morphnus) nennt man mehrere kleinere, rauchfüßige, zum Theile mit Federhauben geſchmückte und meiſt braun gefärbte Adler mit kurzen Flügeln und etwas längerem Schwanze: weil ſie *) In Steppenländern, wie das ihrige iſt, und in manchen Theilen der Berberei, fo wie überhaupt in flachen, waldarmen Landſtrichen, war die Falkenbaize ganz beſonders an ihrem Orte, und iſt dort meiſt noch jetzt im Gebrauche: namentlich zur Jagd auf die eben ſo ſchüchternen, als flüchtigen Steppengazellen, denen man häufig auf keine andere Weiſe beikommen kann, als, indem man von ferne einen oder ein Paar Falken auf ſie losläßt, die einer von ihnen auf den Kopf fliegen und ſie entweder an den Augen verletzen, oder ihr durch Flügelſchläge die Ausſicht benehmen, bis die Reiter mit Schießgewehren nachkommen. Adler und Falken find aber hierzu ſehr bald dadurch gewöhnt, daß man das, für fie be— ſtimmte Fleiſch ſtets auf den Kopf eines ſolchen ausgeſtopften Thieres befeftigt und daſſelbe, während ſie freſſen, auf Rollen oder kleinen Rädern fortzieht. So an die Bewegung des ausgeſtopften Thieres gewöhnt, lernen ſie auch lebende im Laufen verfolgen. 218 Bögel; 2te Ordn.: Raubvogel; 4 £ ſich ihrer hohen, oft ſehr dünnen Beine wegen ebenſo zu den übrigen und nordi— ſchen Adlern verhalten, wie die Sperber zu den Habichten, und wie dieſe beide zu den Edelfalken. Sie gehören ſämmtlich der wärmeren Zone an. Ein ſolcher Adler ohne Haube auf der Inſel Java (F. niveus) ſieht blendend weiß aus, mit gro- ßen, ſchwarzen, weiß geſäumten Federſpitzen auf Rücken und Flügeln. [$ 30. Die größten, plumpſten und geierähnlichſten von allen Adlern, mit den dickſten Füßen und den größten Schnäbeln, aber mit den kleinſten Köpfen, bleiben die Seeadler. (Haliaétus.) Ihre Fußwurzeln find bloß halbbefiedert: da ganz befie— derte ſich beim Eingreifen ins Waſſer zum Behufe des Fiſchfanges immer zu ſtark benetzen und ihnen daſſelbe überhaupt erſchweren würden. Sie ſcheinen ſich nicht vor dem vierten oder fünften Jahre völlig auszufärben, obwohl ſie ſich nicht ſelten ſchon früher fortpflanzen. Dann ſehen ſie faſt einfarbig braun aus, mit weißen Schwänzen und gelben Schnäbeln: wogegen ſie in der Jugend ſchwarze Schnäbel, und ſowohl am Schwanze, wie am Leibe, unregelmäßige ſchwarzbraune und weiß— liche Flecken oder Streifen haben. Während des Federwechſels ſelbſt, wo friſche dunkle Federn zwiſchen den verblichenen alten zum Vorſcheine kommen, haben ſie längere Zeit ein ſehr buntſcheckiges Anſehen. Denn ihre Mauſer geht, wie jene der meiſten größeren Tagraubvögel, gewöhnlich ſehr langſam von Statten. Sie wohnen und horften am liebſten und häufigſten an felſigen Meeresküſten; nächſtdem an bewaldeten Landſeeen und an manchen der größten Flüße. Denn ſie nähren ſich vorzugsweiſe gern von großen Fiſchen, die ſie aber nur dann fangen können, wenn ſie beſonders hoch im Waſſer ſtehen. Doch freſſen ſie am häufigſten die, vom Meere ausgeworfenen todten, nebſt anderen an das Ufer geſpülten Seethieren aller Art: indem ſie für unſeren kühleren Norden, wo todte Körper weder ſo häufig vorhanden zu ſein pflegen, noch ſo ſchnell verweſen, wie in wärmeren Gegenden, ſo weit als nöthig die Stelle der dortigen Geier vertreten. Gegen den Winter begeben ſich gewöhnlich bloß die jüngeren (noch nicht ausgefärbten) Vögel land⸗ einwärts: wo ſie zwar vorzugsweiſe dem Zuge großer Gewäſſer folgen, aber doch auch ganz beſonders Haſen und nicht ſelten junges größeres Haarwild (Reh- und Hirſchkälber, Friſchlinge uf. w.) anfallen; zumal, wenn ihrer zwei oder mehrere bei ein— ander find. Die in Europa und der Nordhälfte von Aſien heimiſche Art horſtet auf den Gipfeln hoher Strandklippen in dem, von Seevögeln ſo reichlich belebten, höheren Norden nicht ſelten über Taufenden von Schwimmvögelpaaren, die ſich durch das Aus- und Einfliegen des mächtigen Feindes über ihnen ſehr wenig ſtören laſſen. Es ſcheint, als kennten ſie ſeine Gewohnheit, ſeinen Raub mehr in der Ferne zu ſuchen. Man nennt ihn gewöhnlich den weißſchwänzigen See— adler, (H. abicilla,) nicht ſelten auch Beinbrecher. (Falco ossifrägus.) Die ausgefärbten Vögel ſind graubraun, mit lichterem Kopfe und Halſe. Dagegen er— ſcheinen dieſe Theile beide ſchneeweiß bei dem ausgezeichnet ſchönen, tief dunkelbraun gefärbten, weißköpfigen S. des nördlichen Amerika's, (Hal. leucocephälus, ) der namentlich bei den Bewohnern der dortigen Vereinigten Freiſtaaten in ſinnbildlicher Hinſicht dieſelbe Stelle vertritt, wie bei uns der Steinadler. Dort lebt häufig auch der kleinere, im Fangen der Fiſche ungleich geübtere Fiſchadler, der an dem weiß— köpfigen Seeadler einen ſehr böſen, gewaltthätigen, räuberiſchen Nachbar hat. Da letzterer faſt eben ſo gern Fiſche frißt, wie der Fiſchadler ſelbſt, ſie aber viel weniger gut zu fangen verſteht; ſo ſucht er jenen beſtändig im Auge zu behalten und all' ſein Thun und Treiben zu beobachten, um, wenn jener einen Fiſch erbeutet hat, ihm den— ſelben durch Verfolgen, Schreien, Stoßen und Flügelſchläge endlich abzuzwingen. Der eigenthümliche, wechſelreiche Kampf, den hierbei gewöhnlich beide längere Zeit in der Luft mit einander führen, das gewandte und ausweichende Widerſtreben des klei— a) edle: falkenartige. 219 neren, ſchön fliegenden Fiſchadlers, der zwar viel raſcher iſt, ſich aber durch die ſchwere Beute in ſeinen Klauen vielfach gehindert fühlt, und das immer wieder— holte Heranſtürmen des viel gewaltigeren, aber auch ſchwerfälligeren Seeadlers, dem ſeiner Seits noch keine Laſt den Flug und Kampf erſchwert, ſollen ein höchſt anziehendes Schauſpiel gewähren. 5 Von allen Adlern mit der merkwürdigſte, theils wegen feiner beiſpiellos kraft⸗ vollen Angriffswaffen, welche die aller übrigen Raubvögel ins Geſammt an Stärke ſehr weit übertreffen, theils darum, weil er theilweiſe bereits den Uebergang zu den Eulen macht, bleibt der mittelamerikaniſche Eulenadler, Harpyjenadler oder Faulthiertödter. (Nothrophontes Harpyja; Falco destructor.) Er iſt merklich größer, als der Steinadler, mit der Fußbefiederung der Seeadler. Aber feine Aus ßere Zehe iſt ſchon eine vollkommene Wendezehe, wie bei den Eulen: auch geben nicht bloß die langen Backenfedern, wenn er ſie im Zorne aufſträubt, ſeinem Geſichte faſt das Anſehen eines vergrößerten Uhu's; ſondern er trägt zugleich am Hinterkopfe zwei Büſchel von langen, abgeſtutzten Federn, welche dann wie ein Paar Hörner ſenkrecht in die Höhe ſtehen, ähnlich den Federohren vieler Eulen. Sein Kopf iſt ſchön grau; die Bauchſeite hellgrau, mit ſchwarzer Bruſtbinde; der Schwanz grau, mit ſchwarzen Bändern; der Oberleib braunſchwarz. Uebertrieben ſcheint wohl die Meinung, daß er im Stande ſein ſollte, durch einen Hieb mit ſeinem furchtbaren Schnabel einem Menſchen den Schädel zu ſpalten. Dagegen kann er vermöge der ungeheueren Stärke ſeiner Beine (deren Fußwurzeln im Leben eine Dicke wie der ſchmälere Durchmeſſer von der Handwurzel eines Mannsarmes haben, ſo daß man ſie auf den erſten Hinblick für krankhaft angeſchwollen hält,) wohl junge Mazamen, Spießrehe und ähnliche hirſchartige Thiere zwiſchen ſeinen fürchterlichen Krallen da⸗ vontragen. Seine Hauptnahrung bleiben jedoch die Faulthiere, deren merkwürdig zähes Leben allerdings ſo ganz außerordentliche Angriffswaffen ſeiner Seits um ſo mehr erfordert, weil er denſelben bei ihrer gewöhnlichen, hängenden Stellung an Baumäſten doch wahrſcheinlich immer nur von oben her beikommen kann: ſo daß ihre mächtig langen Arme mit den gewaltigen Krallen ſich ihm beſtändig als eine höchſt wirkſame Vertheidigungswaffe entgegenſtrecken, deren Kräften unter allen Vögeln nur er zu trotzen vermag, der ſo vorzugsweiſe zum Kriege gegen ſie ge— ſchaffen erſcheint. Gefangen bezeigt er ſich ſo trotzig, wie kein anderer. [S 31. Der Fiſchadler (Pandion [I] haliaétus) erreicht dem Leibe nach faſt die Größe einer Gans, hat jedoch ſehr lange, noch über den Schwanz hinausreichende, ſchmale und am Ende gekrümmte Flügel, die ihm einen eben ſo leichten, als zier— lichen Flug gewähren. Der Farbe nach ſieht er von unten und vorn her beinahe ganz weiß aus, mit ſchwarzbraunem Oberkörper und einem breiten dergl. Streifen durch die Augen. Ein beſonders kurzes, knappes und feſtes Gefieder und der gänzliche Mangel von herabhängenden Federhoſen, welcher ihn vor allen Raubvögeln auszeichnet, erleichtern ihm beim Fiſchfange das Hinabfahren ins Waſſer, (Unter— tauchen,) ſo wie das Zugreifen in demſelben. Nicht minder befördern Letzteres ſeine ganz runden, höchſt ſpitzigen Krallen, die von ungeheurer Größe und beinahe halbcirkel⸗ förmig gebogen ſind. Ungemein dicke, äußerſt kräftige, kurzzehige Füße, von hell graublauer Farbe, machen ihm das ſichere Erfaſſen der Fiſche und das Durchbohren ihrer elaſtiſchen Schuppendecke möglich: während eine wunderbare Rauhigkeit der Zehen das Entgleiten der glatten, zappelnden Beute hindert. Denn die Schuppen ſeiner Fußhaut ſind beſonders an den Sohlen mit äußerſt harten und ſcharfen Erhaben— heiten beſetzt, (zumal an der Seite des letzten Sohlenballens, wo mehrere längere faſt wie ein Häufchen Dörner bei einander ſtehen,) ſo daß man mit der getrockneten Fußhaut ohne Schwierigkeit, faſt wie mit einer groben Feile, weiches Holz raſpeln 220 Bögel; 2te Ordnu.: Raubvogel; kann. Indeß machen Fiſche auch fo ausſchließlich feine Nahrung aus, daß er ſelbſt in der Gefangenſchaft alles Andere verſchmäht. Nur dann mag er ſich bis— weilen zu einer Ausnahme bewogen und zum Angriffe auf Amphibien gezwungen ſehen, wenn zu der Zeit, wo er Junge zu verſorgen hat, die Gewäſſer ſich durch heftigen Regen für längere Zeit ſo trüben, daß die Fiſche ſeinem Blicke entzogen bleiben. (Warmblütige Thiere greift er höchſt wahrſcheinlich nie an: da z. B. Waſſer⸗ und Landvögel bei feinem Erſcheinen nicht die mindeſte Furcht verrathen.“) Nach Beute ausziehend, ſchweift er ſehr aufmerkſam an Flüßen auf und ab, oder ſchwebt über Teichen einher, bis er einen hoch ſtehenden größeren Fiſch erblickt. Dann flattert (rüttelt) er zuvörderſt, um ſicherer zu zielen, eine Zeit lang über demſelben: gewöhnlich ſo, daß ſein Kopf und jener des Fiſches nach gleicher Rich— tung ſtehen, um jede Fortbewegung des letzteren zu bemerken. Glaubt er endlich, ſicher gezielt zu haben, ſo fällt er mit angelegten Flügeln und vorgeſtreckten Beinen ſenkrecht herab, daß das Waſſer hoch und laut klatſchend über ihm zuſammen— ſchlägt, er ſelbſt alſo völlig unterfährt und für einige Augenblicke verſchwunden bleibt. Hat der Fiſch nicht noch in dem Augenblicke ſeines Falles ſeinen Platz verändert; ſo kommt der Fiſchadler bald wieder, mit ihm in den Krallen, zum Vorſcheine. Hierauf macht er im Weiterfliegen einige Mal zitternde Bewegungen mit den Flügeln und dem ganzen Leibe, um die, in ſeinem Gefieder hängen ge— bliebenen Waſſertropfen abzuſchütteln, und trägt dann ſeine Beute an einen ſicheren Ort. Da, wo das Waſſer etwas getrübt iſt, oder theilweiſe von Waſſerpflanzen erfüllt wird, beurtheilt er die Größe eines Fiſches nicht immer richtig: weil er dann häufig nur den Kopf ſehen kann, und dieſen für das Ganze hält. Da ſtößt er denn zuweilen auf zu große Fiſche, die ihn nun, weil er ſeine Klauen nicht ſchnell wieder losmachen kann, mit in die Tiefe hinunterziehen und erſäufen. Ihr zähes Leben macht, daß ſie dann gewöhnlich trotz der Verwundung nicht ſterben, obwohl ſie nun ſeinen Körper ſo lange mit ſich herumſchleppen müſſen, bis derſelbe, durch die Fäulniß zerſtört, ſtückweiſe abfällt. Dieß geſchieht zuletzt in den Ferſengelenken: während die Füße, vermöge der außerordentlichen Feſtigkeit ihrer Schuppenhaut, ſehr lange unverweſ't bleiben. Auf dieſe Weiſe hat man ſchon mehrfach alte Hechte und Karpfen von ungewöhnlicher Größe gefangen, die hinten am Kopfe ein Paar Hörner zu tragen ſchienen, welche ſich bei genauerer Unterſuchung als die, mit den Krallen feſtſteckenden und gleichſam eingewachſenen Füße eines, ſo verunglückten Fiſchadlers erwieſen. Merkwürdig bleibt noch die weite Verbreitung dieſes Vogels. Denn, obwohl er ſonſt nirgends ſo häufig ſein mag, wie in Nordamerika, ſo ſcheint er doch, mit Abrechnung eines Theils von Südamerika und Neuholland, in der ganzen Welt vorzukommen. In gemäßigten und kälteren Gegenden kann er aber freilich nur Zugvogel ſein. „) Im wärmeren Nordamerika bauen gar zuweilen ganze Geſellſchaften von Purpur⸗ atzeln (bootſchwänzigen Maisdieben) ihre Neſter an den Seiten des ſeinigen: da er daſſelbe ebenſo, wie andere Adler, gern ſo lange als möglich benutzt und jedes Jahr einen Theil friſcher Bauſtoffe auflegt, ſo daß es mit der Zeit oft mannshoch wird, wo es dann einer länglichen, aufrecht auf dem Baume ſtehenden Tonne ähnlich ſieht. Zuverläſſige Beobachter haben ſich dort und anderswo überzeugt: daß bei ihm und den meiſten übrigen Adlern ſelbſt in dem Falle, wenn von einem Pärchen ein Gatte weggeſchoſ— ſen worden, oder ſonſt zu Grunde gegangen iſt, der überlebende zum nächſten Frühlinge mit dem neugewählten wieder gern an den alten, früher bewohnten Horſt zurückkehrt. Auf dieſe Weiſe können und mögen Horſte, die man ſeit mehreren Menſchenaltern bewohnt weiß, in⸗ zwiſchen zu wiederholten Malen unvermerkt die Beſitzer gewechſelt haben; und man ſieht hieraus die Unſicherheit der Schätzung ein, wenn man, wie es ſo haͤufig geſchehen iſt, von der Zeit der Bewohnung eines Horſtes geradehin auf das Alter der denſelben bewohnenden Vögel ſchließt. — 4 a) edle: eulenartige. 221 Größer als er, jedoch minder langflügelig und weniger ſchlank, dabei durch weißwollige Augenkreiſe ausgezeichnet, iſt der europäiſche Natternadler, (Cir- . ea@tus leucopsis,) deſſen Nahrung in der Regel bloß in Amphibien, befonders in Schlangen, bei uns wo möglich in Ringelnattern, beſteht. Sein Gefieder iſt viel länger, beſonders ſehr lang am Hinterkopfe, und oben heller; unten mehr bräunlich gefleckt, und hier in der Jugend ganz rothbraun. Seine, gleichfalls bläulichen Füße haben auch kurze Zehen; (zwiſchen längeren würden ihm die gefangenen Schlangen ihres dünnen Körpers wegen leichter entgleiten;) aber die Fußblätter ſind höher, und ihre Haut iſt zwar gleichfalls rauh, aber doch nicht kratzend. Bei ihm, fo wie bei feinen Gattungsverwandten, muß der Scharfblick der Sehwerkzeuge, der überhaupt bei allen Raubvögeln ſo bewundernswürdig erſcheint, ganz vorzüglich groß ſein, um die, gewöhnlich mehr oder weniger im Graſe verborgenen Schlangen zu erſpähen. Er ſcheint nicht einmal ganz Europa zu bewohnen, und nirgends eigentlich gemein zu ſein. — In wärmeren Erdſtrichen, wenigſtens in jenen der alten Welt, giebt es mehrere Arten, von denen einige noch merklich größer ſind: ebenſo, wie viele dortige Schlangen die unſeren an Größe ſehr bedeutend übertreffen. Uebrigens ſcheint es zu bezweifeln, daß dieſe Adler giftige angreifen. Wenigſtens hat man in dem Magen des unſerigen noch keine Ueberbleibſel von ſolchen gefunden, wohl aber ſchon einen dabei gefangen, als er, raſch genug, nach einer Taube ſtieß. i [$ 32. 2te Zunft: Eulenartige Naubvögel. Man nennt fie gewöhnlich, obgleich nicht allgemein paſſend, nächtliche und weichfederige Ro. Sie unterſcheiden ſich von den falkenartigen oder Tagraubvögeln durch den Man— gel eines beſonderen, als Decke vortretenden Augenknochens, (der auch, wenigſtens der Mehrzahl, bei ihrer nächtlichen Lebensweiſe überflüßig ſein würde;) ferner meiſt ebenſo durch die auffallende Größe der Augen ſelbſt, wie durch die Richtung derſelben nach vorn. Beides kommt ihnen in der Dämmerung und des Nachts, zum Auffaſſen des wenigen, dann vorhandenen Schimmer- oder Mondlichtes, vortrefflich zu Statten. Die Richtung derſel— ben nach vorn würde übrigens auch ſchon eine nothwendige Folge von der Breite ihres Hinterkopfes ſein, welcher eines mehr als gewöhnlichen Umfan— ges bedurfte, um die großen (inneren) Gehörwerkzeuge zu faſſen. Eine be— deutende Ausdehnung der letzteren aber blieb den Eulen zum Auffinden ihrer Hauptnahrung unentbehrlich. Sie leben nämlich hauptſächlich, ja die meiſten faſt ausſchließlich, von kleinen nächtlichen Säugethieren, namentlich von mäuſeartigen, die ſie häufig eben ſo ſehr, oder vielleicht noch mehr, mit Hülfe ihres Gehörs, als ihres Geſichts entdecken: indem ſie auf eine, nach Verhältniß erſtaunliche Entfer— nung die feine Stimme derſelben vernehmen, (durch deren Nachahmung man ſie auch von Weitem zum Schuße herbeilocken kann,) theils ſogar das feine Geräuſch hören, welches jene beim Freſſen mit den Zähnen, oder beim Lau— fen im trockenen Graſe verurſachen. Denn man hat geſehen, wie Eulen, die im Spätherbſte oder Winter über Wieſen und Waldblößen mit handlangem, dürrem Graſe herumſchwebten, wiederholt in letzteres herabſtürzten und ſich bald darauf, gewöhnlich mit einer quiekenden Maus in den Krallen, wieder 222 Vogel; 2te Ordn.: Raubvogel; erhoben. Da fie dieſe nun unter ſolchen Umſtänden unmöglich geſehen has ben konnten; ſo mußten ſie den Platz, wo dieſelbe ſich befand, lediglich durch genaues Aufpaſſen auf ihr Raſcheln im trockenen Graſe errathen haben. x) Um beim Zugreifen die elaſtiſch-zähen und daher nach Verhältniß ihrer Größe ſo feſten Häute der kleinen Säugethiere leichter zu durchbohren, haben die Eulen ſpitzigere und ſchärfere Krallen erhalten, als ſelbſt die edelſten Tag— raubvögel. Die äußere Zehe, welche ſich auch bei letzteren durch größere Beweglichkeit vor den übrigen auszeichnet, iſt bei ihnen ſchon eine Art Wen— dezehe. Sie ſteht im Sitzen meiſt ziemlich nach hinten gekehrt, wird aber beim Zugreifen nach vorn gerichtet. Bei den meiſten Eulen, beſonders bei den größeren, ſind nicht allein die Fußblätter, ſondern auch noch die Zehen ſelbſt, mit dichten Federn bedeckt, welche die Füße vor den Biſſen der gefan— genen Thiere ſchützen. b Bei allen liegen im Geſichte, zunächſt um die Augen her, viele längere, mehrfach getheilte, (zerſchliſſene,) harte und glatte Federn, die man mit den Speichen eines Rades um die Achſe deſſelben, oder mit einem ſehr flachen Trichter vergleichen kann. Man nennt ſie die Augenkreiſe. Sie ſind meiſt von lichter Farbe, und ſcheinen vorzüglich eben dann das Sehen im Dunk— len zu befördern: indem ſie eine größere Menge von Lichtſtrahlen auffangen und dieſelben in das Auge leiten. Mehrere Reihen längerer Federn, die wie— der noch feſter ſind, überall ein ſehr dichtes Gefüge zeigen und ſich mit dem Ende ſtark umbiegen, ſtehen um die Ohren zu beiden Seiten des Hinterkopfes herab, oder laufen zuweilen ſogar bis vorn unter das Kinn fort, und reichen dann oben auf dem Scheitel zuſammen. Man begreift ſie unter dem Namen Schleier der Eulen. Sie tragen offenbar zum Verſchärfen des Gehörs bei: indem ſie vermöge ihrer Feſtigkeit die Bewegung der Luft durch den Schall beſonders leicht annehmen und nach dem Innern des Ohres fortleiten. Letz— teres iſt ſtets um ſo mehr ausgebildet, und ſeine Oeffnung, ſo wie Schleier und Augenkreiſe, find ſtets um fo größer, je mehr eine Eulenart zum Aus- fliegen die tiefe Stille der Nacht und die ſtärkere Dunkelheit abzuwarten pflegt. In gleichem Grade wächſt alsdann auch die, faſt allen Eulen ei— genthümliche Weiche des übrigen Gefieders, (deſſen Schäfte ſehr gebrechlich ſind und bei etwas harter Berührung ein leiſes Kniſtern erregen,) und ganz beſonders die Zartheit der Schwungfederfahnen. Sie macht den Flug dieſer Vögel meiſtens faſt unhörbar leiſe: ſo, daß ſie, trotz der Stille der Nacht, nicht bloß ſchlafende Vögel, ſondern auch die kleinen, ſo fein hörenden Säu— gethiere unvermerkt überraſchen können. Indeß iſt ſie zugleich die Hauptur— ſache, warum ihr Gefieder viel leichter von Näſſe durchdrungen wird, als das aller übrigen Vögel. Deßhalb fliegen die (meiſten) Eulen ſelten oder nie bei ) Ungleich leichter müßte ihnen das Fangen derſelben meiſt in Waͤldern werden, (wo das Laufen elner Maus auf abgefallenem Laube ſich oft zum Verwundern ſtark hörbar macht:) wenn ihnen hier nicht fo häufig der dichte Wuchs des Gehölzes den Zugang erſchwerte. a) edle: eulenartige. 223 Regen oder in ſtürmiſchem Wetter aus. Um jedoch alsdann nicht ganz hun⸗ gern zu müſſen, benutzen ſie, vermöge ihres ungemein feinen Vorgefühls für Witterungs veränderungen, ſtille und beſonders mondhelle Nächte zum Einſam— meln eines Vorrathes von Nahrung. Die Ueberbleibfel von größeren Saͤu— gethieren wickeln ſie dann immer wieder ſorgfältig in den Balg ein, und be— wahren dieſelben ſo vor den Fliegenmaden, wie vor dem Austrocknen durch die Luft. Sie reiſſen ſtets mit dem Schnabel große Stücke von ihrer Beute ab, um bei der beſonderen Weite ihres Rachens und Schlundes gewaltige Biſſen mit ſehr unzierlicher Anſtrengung hinunterzuwürgen. Durch wiederholtes ſtarkes Zuſammendrücken der Kiefer bringen ſie im Zorne eigenthümliche, knackende Laute hervor, die man das Knappen nennt. Kunſttriebe fehlen ihnen ganz. Daher wählen fie zum Horſten entweder a alte, verlaſſene Neſter von anderen Vögeln; oder ſie legen ihre Eier nur ohne weitere Unterlage in weite Baumhöhlen, Felsklüfte und ſonſtige Schlupfwin— fel. *) Die Eier find bei allen weiß und ganz beſonders rund. Die Eulen ſind der Hauptgegenſtand des Haſſes und der Verwunderung für die meiſten anderen Vögel, wenigſtens für die Landvögel, vor allen aber für die krähen- und falkenartigen. Die meiſten derſelben pflegen ſie, ſobald ſie ja ſich bei Tage irgendwo ſehen laſſen, unter lautem Geſchrei zu necken und zu verfolgen: gleich als wollten ſie ſich dann, wo jene vom Lichte ge— blendet werden, ſo gut als möglich rächen für die Gefahr, welche vielen von ihnen die nächtlichen Ueberfälle derſelben bereiten können. Schon darum halten ſich die Eulen faſt alle bei Tage ſo gut als möglich verſteckt. Sobald ſie ſich aber ja dennoch bemerkt wiſſen oder glauben; ſo ſuchen ſie ſich durch Andrücken an einen Baumaſt, Stein oder dergl. und durch recht knappes Anlegen ihres Gefieders ſo klein als möglich zu machen, um wieder unkennt— lich zu werden. Eine bemerkbare Ausnahme hiervon, wie in mehreren anderen Stücken, findet aber bei denjenigen Arten Statt, die man von ihrer weſentlich abwei— chenden Lebensweiſe [$ 33. Tageulen nennt: weil fie, im Gegenſatze zu den übrigen, nach Art der falkenartigen Raubvögel bei Tage nach Beute umherfliegen, dabei gewöhnlich den hellſten Sonnenſchein nicht ſcheuen, und mit Einbruch der Dämmerung zur Ruhe gehen. Ihre eigentliche (Sommer-) Heimath bleibt ausſchließlich der höhere und höchſte Norden: wo es zum Theil eine Menge mäufeartiger Thiere giebt, ſo daß die feindliche Wirkſamkeit der Eulen gegen ſie nicht zu entbehren ſein würde; wo aber im Sommer die Tage ebenſo, wie im Winter die Nächte, oft wochenlang ununterbrochen fortdauern. Dort würden dann Eulen, welche nur des Nachts zu fliegen im Stande wären, ganz beſonders „) Der Umſtand, daß fie alle das Fleiſch ven eingetragenen Ratten, Hamſtern ꝛc., und größere das ven Hafen oder ähnlichen Säugethieren, aus den Bälgen herausſchälen und letztere dann gewöhnlich umherliegen laſſen, erregt allerdings häufig den Anſchein, als ob ſie ſich und ihren Jungen eine warme Pelzdecke hiervon bereiten wellten. Dem iſt aber nicht ſo. 224 Voͤgel; 2te Orbn.: Raubvögel; aber die Jungen derſelben, offenbar von einer Nacht zur anderen Hungers ſterben müſſen. Daher beſitzen jene Gegenden zuletzt bloß Tageulen: obwohl nicht zu verkennen iſt, daß überhaupt, zumal weiter nach Norden hin, auch manche Nachteulen ſich im Sommer mehr als ſonſt an helleres Licht gewöh⸗ nen. Die Tageulen beſitzen und bedürfen daher, dem eben Geſagten gemäß, nur kleinere Augen und kleinere Federkreiſe um dieſelben, ſo wie kleinere Ohröffnungen und minder entwickelte Schleier, als die Nachteulen. Dieß macht überhaupt ihre Köpfe kleiner. Ferner brauchten ſie keinen ſo leiſen Flug, folglich auch kein ſo weiches Gefieder; ſondern um— gekehrt ein feſteres und härteres, um ſchneller und gewandter die Luft zu durcheilen. Daher ſind ihre Flügel kürzer; aber die Schwänze meiſt länger, letztere alſo mehr dazu gemacht, dem Fluge die Richtung geben zu helfen, als bei den Nachteulen. Die Verbreitung der meiſten unter den wenigen be— kannten Arten reicht um den ganzen Nordpol herum. 8 Die Schneeeule (Strix nivea, Surnia! Str. nyctea!) hat einen ziemlich kurzen Schwanz und ſo ungemein ſtark befiederte Füße, daß an den Zehen nur ungefähr die Endhälfte der Krallen aus den Federn hervorragt. Sie kann daher auch hiernach der grimmigſten Kälte trotzen. In der Färbung gleicht ſie vielen alten Jagd- (isländiſchen) Falken.“) Denn fie ſieht weiß aus, mit wenigen, matt ſchwarzbraunen Querflecken oder Wellenſtreifen, die ſich bei recht alten Männchen faſt ganz verlieren. Demnach iſt ſie eine der ſchönſten Eulen, und nächſt dem Uhu von allen die größte: nämlich das Weibchen, wenigſtens dem Gefieder nach, größer, als die ſtärkſte Gans. Sie bewohnt eigentlich die ganz kahlen, felſigen Gebirge des Nordens, und kann ſich darum ſelbſt im Winter, wo ſie zuweilen bis zu uns herabkömmt, in waldigen Gegenden oft lange nicht zum Aufſetzen auf Bäume entſchließen. In Sibirien und Nordamerika geht ſie zu jeder Zeit viel weiter nach Süden, als in Europa, und ſoll ſich an den Waſſerfällen des Niagara nicht ſelten mit Fiſchfang beſchäftigen. Sonſt ſind ihre Hauptnahrung im Sommer die verſchiedenen Lemmingarten; im Winter, wie man ſagt, auch Haſen u. dergl. Selten oder nie fängt ſie aber Schneehühner oder ähnliche Vögel. Wohl die ſchönſte aller Eulen bleibt die Sperbereule, (Ulüla nisoria,) mit langem und breitem, keilförmigem Schwanze und auffallend kurzen Fußblättern. Unten ſieht ſie weiß aus, mit ſchwärzlichen Querwellen, wie ein Sperber oder Habicht; oben ſchwarzbraun, mit ſchönen weißen Tropfen auf dem Kopfe, und ſonſt noch mit verſchiedenen großen, theilweiſe in Haufen oder Reihen geſtellten, weißen Flecken. Sie iſt am Leibe kaum viel größer, als eine Elſter, der ſie ſogar in der Haltung ähnelt: indem ſie öfters den Schwanz faſt ebenſo nach oben ſchlägt und dergl. Wir ſehen ſie ſchon öfter bei uns. Um ſo ſeltener beſucht uns dagegen die ähnlich geſtaltete, aber weit größere und faſt wie manche Nachteulen gefärbte Habichtseule. (Strix accipitrina.) Intereſſant wegen ihrer Kleinheit iſt die bräunliche, am Kopfe etwas gelblich punktirte Sperlings- oder Zwerg-Tageule, (Str. pygmaea,) deren Weibchen kaum die Größe eines Staares erreicht. Sie bewohnt, außer dem höheren Norden von - Europa, gar nicht ſelten noch die Gebirgswälder von Deutſchland, der Schweiz ꝛc., wird aber meiſt ihrer Kleinheit wegen nur ſehr wenig bemerkt. Trotz derſelben fürchten die nämlichen kleinen Vögel, die ohne Scheu manche weit größere Nacht— 9 Bei uns haben unkundige Jäger fie in der That ſchon öfters für einen großen wei— ßen Habicht oder Falken angeſehen. 5 i a) edle: eulenartige. 225 eule necken und verfolgen, ſich lebhaft vor ihr: weil ſie ſchnell und gewandt genug iſt, um leicht einen von ihnen für ſolchen Vorwitz mit dem Tode zu beſtrafen. Uebrigens fliegt ſie nach Mäuſen, Käfern und anderen größeren Inſecten doch öf— ters noch während der Dämmerung herum. In Nordamerika ſcheint es eine, oder vielleicht mehrere Tageulen zu geben, die Tagohreulen (Aibryas) heißen möchten: da fie bei ähnlicher Geſtalt, wie die Sperbereule, nicht bloß ziemlich die Färbung mancher Nachteulen beſitzen, ſon— dern auch, gleich vielen von ihnen, recht anſehnliche Federohren tragen. (Z. B. Str. arctica Richards.) [(s 34. Unter Nachteulen überhaupt verſteht man alle jene Arten, welche bloß des Nachts ihren Geſchäften nachgehen und hiervon höchſtens im Noth— falle, bei trübem Wetter und im dunklen Walde, eine Ausnahme machen: weil helles Tageslicht ſie meiſtens ſo blendet, daß ſie, gewalſam aufgeſtört, meiſt eilig wieder einen neuen Zufluchtsort ſuchen müſſen. Selbſt diejenigen, bei welchen dieß noch am wenigſten der Fall iſt, ziehen bei Tage wenigſtens nicht auf Raub aus. Sie haben ſämmtlich große Augen und überhaupt große Köpfe, kurze Schwänze, anſehnlich lange Flügel und ein äußerſt weiches Gefieder. Die Größe der Ohröffnung, ſo wie der Augenkreiſe und des Schleters wechſeln bedeutend, je nach Verſchiedenheit der Gattungen. Diejenigen, deren ar ſämmtlich von ziemlich gleicher Länge find, werden glattköpfige Nachteulen oder Käuze genannt, und ftehen den Tageulen noch am nächſten. Oft behält man den Namen Kauz oder gemeines Käuzchen, (Athene, Str. noctüa) ins Beſondere für eine ziemlich kleine Eulenart vor, die ziemlich kahle, nur ſparſam mit Federchen bewachſene Zehen hat und nicht allein der Farbe nach gleichſam eine Zwergtageule im Großen iſt, ſondern auch weder ſo weite Ohr— öffnungen, noch gar ſo große Augen beſitzt, wie die meiſten übrigen Nachteulen. Sie wird daher vom Tageslichte weniger geblendet. Deßhalb gebraucht man ſie beſonders in Südeuropa, wo ſie zahlreicher vorkömmt, als bei uns, ſehr häufig zum Herbeilocken kleiner Vögel: indem der Vogelſteller ſich in einer Hütte oder im Geſträuche verbirgt, nachdem er das Käuzchen in der Nähe (mit einer Schnur an den Füßen) auf eine Stange geſetzt und Leimruthen um daſſelbe her ausgeſteckt hat. Die ſon— derbaren Bewegungen des Käuzchens erregen und erhalten dann ſehr bald die Auf— merkſamkeit faſt aller kleinen Vögel umher: während andere Nachteulen, deren grö— ßere Augen vom Tageslichte mehr geblendet werden, ſich gewöhnlich nach kurzer Zeit ruhig hinlegen, ſo daß ſie entweder gar keine Vögel herbeiziehen, oder wenig— ſtens die Aufmerkſamkeit derſelben nie lange rege erhalten. Darum können ſolche zum Vogelfange nicht taugen. Das gemeine Volk giebt theils dem Käuzchen, welches mehr in oder bei Menſchenwohnungen, als im Walde lebt, theils auch an— deren Nachteulen, beſonders der Schleiereule auf unſeren Kirchthürmen, die Namen Todtenvogel oder Todeule. Man ſah nämlich früher das Ertönen ihrer Stimme in der Nähe von ſolchen Wohnungen, wo kranke Perſonen lagen, häufig als Vor— herſagung von dem Tode derſelben an.“) Hierzu trug ohne Zweifel der Umſtand bei, daß ſie in recht dunklen Nächten allerdings nicht ſelten vorzugsweiſe um ſolche Häuſer herumfliegen: weil die Krankenzimmer dann gewöhnlich erleuchtet ſind. Denn alle nächtliche Thiere, die überhaupt fliegen können, fliegen bei recht finſterer Nacht *) Beſonders, da fie nicht ſelten wie kuwitt, kuwitt klingt, worin der Aberglaube in unſerer Sprache die ſchauerliche Aufforderung „komm mit, komm mit“ zu hören glaubte. ’ Gloger, allgem. Naturgeſchichte 15 226 Vögel; 2te Ordn.: Raubvögel; gern nach dem Lichte und ſonſt in die Nähe von Feuer / weil ſie natürlich hier beſſer ſehen. Nachteule ſchlechtweg, oder Baum- und Waldkauz, (Nyctäle, Strix alüco & Str. stridüla,) heißt eine größere, äußerſt dickköpfige Art mit ſtark befiederten Zehen, bei welcher die Weibchen auf hellerem Grunde gewöhnlich eine aſchgraue, die Männchen eine bräunliche oder roſtrothe, theils feine, theils gröbere Zeichnung beſitzen. Im Frühlinge verurſacht ihre dumpf heulende Stimme im einſamen Walde manchem nächtlichen Wanderer Bangigkeit und Furcht. 8 35 Den Städtern wird dann, und häufig noch wieder im Herbſte, die ſonderbar ſchöne Perl- oder Schleiereule (Hybris, Str. ſlamméa) läſtig durch ein kreiſchen⸗ des, oder faſt krähendes Geſchrei, mit welchem ſie oft von einem Kirchthurme zum anderen fliegt: da ſie ausſchließlich entweder hier, oder ſonſt in Gebäuden, ihren Wohnplatz aufſchlägt. Sie vorzugsweiſe hat ehedem, mehr als andere Eulen, den Glauben an Geiſtererſcheinungen, Todtenſpuck und ſonſtigen Aberglauben theils er— regen, theils fördern helfen: indem fie mitten in finſteren Nächten oft ſtunden— lang auf Einer Stelle, auf Kirchen oder ſonſt in -einſamem Gemäuer ſitzend, ein ganz eigenthümliches Pfauchen oder hohles Schnarchen hören läßt, welches nicht bloß genau ſo klingt, wie das tiefe Athmen eines ſchlafenden Menſchen, ſondern auch in ganz gleichen Zwiſchenräumen zu ertönen pflegt. Kein Wunder alſo, wenn man es damals auch mit dem Stöhnen von Sterbenden verglich, und ſeinen Ur— ſprung den nächtlich umherirrenden Geiſtern von Abgeſchiedenen zuſchrieb! Sonſt iſt die Schleiereule jedoch ein fo wenig furchtbares Thier, daß fie auf Taubenſchlä-⸗ gen nicht ſelten friedlich mitten unter den Tauben wohnt, die ſie gar nicht fürch— ten, da ſie ihnen Nichts zu Leide thut, ſondern meiſt lediglich den Mäuſen nach— ſtellt. Ihren gebräuchlichſten Namen führt ſie von der ungewöhnlich ſtarken Ent— wickelung des Schleiers, der bei ihr das ganze Geſicht umgiebt und im Leben durch Zuſammenziehen oft eine herzförmige Geſtalt annimmt. Kirchen- und Thurmeule heißt ſie von ihrem Wohnorte, den ſie faſt in allen gemäßigten und warmen Ge— genden der Welt ſtets in der Nähe der Menſchen zu nehmen ſcheint, obwohl ſie doch in Betreff ihrer Nahrung ganz und gar nicht von ihnen abhängt. Perleule nennt man ſie nach der ſchönen Zeichnung ihres höchſt weichen Gefieders, welches oberhalb auf aſchgrauem, unterhalb auf gelbröthlichem oder faſt ſeidenweißem Grunde überall Längsreihen von ſchwarzen und weißen Punkten zeigt, die w feine Perlenſchnüre ausſehen. Sie ſteht gewöhnlich in noch geraderer, aufrechter Hal tung angelehnt da, als andere Eulen. Ihre Beine ſind hoch, und nur wenig befiedert: beſonders an den Zehen, die faſt wie eben fo viele Stücke von einem Ratten— ſchwanze ausſehen. Der innere Rand ihrer mittleren Vorderzehe iſt erhaben, ſcharf und meiſt kammartig gezähnelt: vielleicht zum Feſthalten der Fiſche, die ſie zuwei⸗ len fangen ſoll.? — Eine kleinere, noch hochbeinigere und ſehr merkwürdige Eule, welche noch eine halbe Tageule zu ſein ſcheint, iſt die Erd- oder Minireule. (Str. cunicularia.) Ihr Name bezieht ſich jedoch nur auf die eigenthümliche, durch die Umſtände ge— botene Wahl ihrer Wohnungen; er ſoll keineswegs ein Geſchick andeuten, fi dieſe etwa durch Graben ſelbſt zu bereiten. Sie ſcheint nämlich zwar über faſt ganz Amerika verbreitet, beſchränkt ſich aber ganz ausſchließlich auf Steppengegenden, wo ſie bei Tage im Norden die verlaſſenen Höhlen von Murmelthieren, im Süden jene der Viscacha's und anderer größeren Nagethiere bewohnt und des Nachts auf kleinere, namentlich auf Mäuſe, Jagd macht. Auch ſie iſt vielleicht als Gattung für fi) (Speotyto) hinzuſtellen. 7 5 a) edle: eulenartige. 227 Braſilien bringt Eulen von noch geringerer Größe hervor, als unſere Zwerg— tageule. Manche ſollen hierin einen Sperling nur wenig übertreffen. Sie mögen ſich wahrſcheinlich mehr von Raupen und Käfern, oder ſonſt von Inſecten und Larven nähren, als von Wirbelthieren. [$ 36. Ziemlich viele Nachteulen haben über und etwas hinter den Ohröff- nungen eine kleine Anzahl längerer Federn, die halb niedergelegt und wieder aufgerichtet werden können, und dann ſo hinter einander ſtehen, daß ſie an jeder Seite einen Büſchel bilden. Weil dieſe nun beide zu— ſammen faſt wie die Hörner mancher Säugethiere und beſonders wie die äu— ßeren Ohren der meiſten ausſehen; ſo heißen die Vögel davon Horn-, oder gewöhnlich Ohreulen. In der That tragen dieſe ohrähnlichen Federbüſchel gewiß auch nicht unweſentlich, wiewohl nur mittelbar, zur Verſtärkung des Gehöres bei. Denn an ihrer Wurzel befinden ſich unter der Haut ziemlich ſtarke Nerven, welche nach der Oeffnung des wirklichen Ohres hinlaufen, und ſomit offenbar die Erſchütterung, welche die, durch den Schall in Bewegung geſetzte Luft an den Federohren hervorbringt, bis in das Innere des wahren Ohres fortpflanzen. Hiernach ſcheinen alſo die Federohren dieſen Vögeln ei— nen ähnlichen Dienſt zu leiſten, wie manchen Menſchen künſtliche, ſo genannte Hörmaſchinen. Und wirklich haben manche ſolcher Eulen, bei welchen die Ohröffnungen von minder auffallender Größe ſind, wahrſcheinlich zum Erſatze dafür, gerade um ſo größere Federohren. So die größte aller bekannten Eulen, der Uhu oder die Adlereule. (Bubo maxi- mus, Strix bubo.) Er hat, wenigſtens im weiblichen Geſchlechte, die Größe ei— nes Steinadlers, dem er ſonſt an Kraft mindeſtens gleicht. Sein Oberleib ſieht ſchwarzbraun und trüb ochergelb gemiſcht aus, mit größten Theils ſchwarzen Feder— ohren; der Unterleib gelblichsroſtfarben mit ſtarken dunkelbraunen Schaftflecken und feineren Querwellen. Sein gewöhnlicher Name, ſo wie die ähnlichen Puhu, Schuhu, Schufut u. ſ. w., drücken ziemlich genau ſeinen tiefen, hohlen, faſt heu— lenden Paarungsruf aus. Mit dieſem, der oft noch ſehr verſchiedentlich wiederhallt, erfüllte der Uhu früher da, wo er häufig war, beſonders in den erſten Frühlings— nächten nicht ſelten auf eine, für Furchtſame grauſenhafte Weiſe die Wälder. In— dem dieſe Töne theils von Männchen und jüngeren Vögeln überhaupt höher und ſchwächer, von Weibchen und älteren tiefer und ſtärker klangen, theils ſonſt nach Umſtänden und nach dem Grade der Entfernung bald kürzer oder gedehnter, bald anderweitig verſchieden ausfielen, wollte der Aberglaube des gemeinen Volkes darin bei ihrem wiederholten Durcheinanderklingen bald den allbekannten Erkennungsruf der Jäger, (Huphup, Hophop oder Hoho,) bald das Bellen von Hunden und das dumpfe Traben von Pferden od. dergl. wiederfinden. So entſtand die Fabel von dem nächtlichen Treiben des ſo genannten wilden Jägers oder wüthenden Heeres, nach welcher die Geiſter verſtorbener Jäger, welche im Leben die Jagd ſchonungs— los überall und zu allen Zeiten ausübten und dabei ſelbſt die mühſam erbauten Feldfrüchte armer Unterhanen leichtſinnig zerſtörten, zur Strafe dafür auch nach dem Tode noch ruhelos in den Wäldern und ſonſt umherjagen müßten. Der Uhu hauſt, in Europa nebſt einem großen Theile von Aſien, in Felshaufen und Burg— ruinen in Gebirgswäldern; hin und wieder ſelbſt auf faſt kahlen Felsgebirgen: wie am Strande von Norwegen, wo abergläubiſche Schiffer ſeinen Ruf dem Geiſte ei— nes ertrunkenen Kameraden zuſchreiben, der „ein Boot, ein Boot“ rufe. Selten oder faſt nie findet er ſich in ebenen Wäldern, die nicht wenigſtens höhlenreiche Steinbrüche oder wüſtes Gemäuer enthalten. Er lebt mehr, oder wenigſtens lieber, von Haſen, jungen Rehen, Hirſchkälbern, Auer- und eee ſonſt nutz⸗ 15 228 Vogel; 2te Ordn.: Raubvogel; barem Wilde, als von Ratten, Hamſtern, Mäuſen, Krähen und ähnlichen, theils unnützen, theils ſchädlichen Thieren. Daher wird er wegen ſeiner Schädlichkeit für den Wildſtand mit Recht meiſt eben ſo eifrig verfolgt, wie die ſämmtlichen übri⸗ gen Eulen wegen ihres Nutzens für Felder, Wieſen und Wälder überall geſchützt und gehegt werden ſollten. Und gewiß würde er ſelbſt in Gebirgen längſt in vie— len Gegenden ganz ausgerottet fein, wenn nicht die Jäger manches Paar, deſſen Horſtplatz ſie kennen, abſichtlich ſchonten, um ihm die halb erwachſenen Jungen aus⸗ nehmen zu können. Dieſe werden dann aufgezogen und gezähmt, um ſie auf der ſo genannten Uhu- oder Krähenhütte zum Anlocken von Raubvögeln und Krähen zu benutzen, die ſich alsdann meiſt auf naheſtehende, kahlgemachte Bäume nieder laſſen, und hier von dem, in der Hütte verborgenen Jäger herabgeſchoſſen werden. Doch würde der Uhu ſich hierzu ſehr ſchlecht oder gar nicht eignen, wenn er nicht überhaupt, beſonders aber beim Herannahen ſeiner Feinde, eine ziemliche Lebhaftig⸗ keit und Regſamkeit zeigte, durch die er immer von Neuem ihre Neugier und ih— ren Zorn reizt. Dieß würde aber nicht der Fall ſein können, wenn ſeine Augen ſo empfindlich gegen das Tageslicht wären, wie z. B. jene der 8 37. mittleren oder Waldohreule, (Otus sylvestris,) die ihm ſonſt ähnlich ſieht, aber viel lichter gefärbt und um ſehr Vieles kleiner iſt. Sie bewohnt vorzüglich gern Schwarzwälder, wo ſie in alten Krähenneſtern brütet, und vereinigt ſich im Winter zuweilen zu kleinen Geſellſchaften. | j Ein feltener Vogel bleibt für Deutſchland die niedliche, in Südeuropa faſt überall gemeine Zwergohreule. (Scops Ephialtes.) Sie gleicht nur etwa einer Amſel an Größe, trägt ſehr kurze, etwas breite Ohrbüſchel, und zeigt eine grauliche, äußerſt fein mit Roth- und Schwarzbraun gezeichnete Färbung. Ihre Füße ſind bloß mit kurzen Federchen bewachſen, und die Zehen faſt kahl: *) während jene der übrigen Ohreulen meiſt allenthalben, mit Ausnahme der Zehenſohlen, dicht befiedert ſind, namentlich jene der deutſchen Arten. Zu letzteren gehört noch die kurzöhrige oder Sumpfohreule, (Strix bra- chyötus:) mit ſchwärzlichen Augenkreiſen, die bloß am Rande weißlich werden, und mit drei oder vier Ohrfedern, die ſo kurz ſind, daß ſie im Leben häufig, im Tode faft immer, niedergelegt erſcheinen, und dann nur bei genauerer Unterſuchung zu entdecken ſind. Dafür ſind denn ihre wirklichen Ohren und die Ohrdeckel um ſo größer. Nicht bloß durch Färbung und Zeichnung, die in einem hellen, ochergelb⸗ lichen Grunde und meiſt in einfachen, braunen Schaftſtrichen beſtehen, ähnelt fie den Weibchen mancher Weihen; ſondern ſie gleicht dieſen auch dem Aufenthalte nach. Denn man findet ſie jederzeit auf der Erde, (wo ſie auch brütet:) den Sommer über im Getreide, oder im Riedgraſe der Wieſen; den Winter hindurch theils hier, beſonders an ſumpfigen Stellen, theils in niederem Geſträuche an Laub— wald: und Wieſenrändern. Doch begegnet man ihr im Sommer bei uns nur ſel⸗ ten: da ſie dann meiſt höher nördlich lebt, von wo ſie namentlich in mäuſereichen Herbſten in Menge zu uns kömmt, auch noch weiter nach Süden zieht. Indeß ſcheint ſie nicht bloß rundum auf der nördlichen Erdhälfte vorzukommen, onder | ſelbſt in den entſprechenden Gegenden der ſüdlichen Halbkugel. Eine große Ohreule in Südaſien, die nach ihrer Färbung und auch ſonſt dem uhu 5 ſehr ähnlich ſieht, aber weit ſchlanker iſt, (Nyetattus, Strix aquilina Licht., ſcheint ſehr merkwürdig wegen ihrer völlig kahlen und ziemlich rauhen Beine, deren harte, 4 ) Wahrſcheinlich in RL TORE mit ihrer Nahrung, die weniger in biffigen Mäuſen, als in wehrloſen Inſekten beſtehen mag. p) unedle: falkenähnliche un. 229 knötchenartige Schuppen mit höchſter Wahrſcheinlichkeit darauf ſchließen laſſen: daß ſie, wenn nicht einzig und allein, doch gewiß großen Theils von Fiſchen leben möge, wie der Fiſch- und die Seeadler, theilweiſe vielleicht von Waſſerfröſchen und ähnlichen glatten Amphibien. Is 38. 2te Unterordn.: Unedle Raubvögel. Dahin rechnet man nun alle ſolche, die ſich in der Regel nur von todten Thieren nähren, welche fie auf der Erde finden: fo daß ihnen auch ſchwächere Angriffswaffen an den Füßen genügen; wogegen für fie eine größere Fertigkeit im Gehen er- forderlich bleibt. Ihre Krallen ſind viel kleiner, ſchwächer, ſtumpfer und minder gebogen, als jene der edlen gefiederten Räuber, und wenig oder gar nicht beweglich. Daher taugen fte allerdings wenig zum Greifen, find aber auch viel minder hinderlich bein Gehen. Die Hauptwaffe der meiſten, oder faſt aller hierher gehörigen Vögel bleibt ein größerer, harter, zuvörderſt geradeaus laufender und bloß an der Spitze ſtark gebogener Schnabel mit vorzugsweiſe ſcharfen Schneiden, der ſie in den Stand ſetzt, kräftig zuzubeiſſen. Hierdurch wird es ihnen leicht, die Haut großer, todter Säugethiere, auf welche ſie meiſt hauptſächlich angewieſen ſind, mit Behendigkeit zu zerreiſſen. TTyheilweiſe Ausnahmen hiervon finden allerdings bei zwei Gattungen Statt, welche wir als erſte Zunft voranſtellen wollen. Ihnen dürften dann ſpäterhin leicht noch mehrere andere zuzugeſellen ſein, die bisher ſtets ihren Platz unter den falkenartigen edlen Raubvögeln fanden und im Ganzen noch nicht genügend beobachtet worden ſind: indem die meiſten ihre Heimath im wärmeren Amerika haben. Ite Zunft: falkenähuliche unedle Naubvögel. Sie zeichnen ſich vor den übrigen (den geierartigen) theils durch einen faſt oder wirklich überall befiederten Kopf, theils durch ihre Beine aus, die entweder kurz, viel kürzer, als bei jenen, und bis zu den Zehen befiedert, oder ge— rade ungewöhnlich hoch und bis zu den Ferſen kahl ſind. Ihre Ver— breitung beſchränkt ſich auf die alte Welt. Es können hierher (wie ſchon bemerkt) gegenwärtig bloß zwei Gattungen gehören, die mehrfach ſo bedeutend und weſentlich von einander abweichen, daß jede für ſich wieder eine beſondere Familie darzuſtellen ſcheint. Denn ſie erſcheinen in manchen Stücken einander gerade entgegengeſetzt. Der ſo genannte Geieradler, Bart- oder Lämmergeier, (Gypaetus barba- tus,) bewohnt die höchſten, bereits in die Region des ewigen Schneees hinauf: ragenden Gebirge (Alpen) von Baiern, Tyrol und der Schweiz, bis hinab gegen das Kafferland, ſo wie von den Pyrenäen bis auf den Himmalaya und an den See Balkal. Seine Naſenlöcher bedecken ſtets lange, ſchwarze Borſtenfedern, von denen auch ein großer, bartähnlicher Büſchel am Kinne herabhängt. Seine Farbe iſt in der Jugend überall ſchwarzbraun; im Alter dagegen bloß oben ſchwärzlich mit weißlichen Federſchäften, unterwärts aber, ſo wie an dem, etwas wolligen Kopfe ſchön trüb-röthlichgelb. Seine Beine ſind bis zu den Zehen befiedert. Sie wür— den ihn den wahren (rauchfüßigen) Adlern, die er ſämmtlich an Größe weit über— trifft, zur Seite ſtellen, wenn ſie nicht bei Weitem kürzer, ſchwächer und mit 230 Vögelz 2te Ordn.: Nanbvögel; Krallen verfehen wären, die nur wenig Kräfte zum Angriffe beſitzen. Mit Bequem: lichkeit und zum Ausruhen kann er ſich der Regel nach bloß auf Erhöhungen, na⸗ mentlich auf Felſen ſetzen, auf denen er gewöhnlich ein ganz abgelegenes Plätzchen hoch oben zwiſchen den einſamſten Gletſchern und Schneegefilden ſucht. Beim Nies derlaſſen auf flachen Boden fällt es ihm der kurzen Füße wegen immer ſchwer, feine gewaltigen Flugwerkzeuge zurechtzulegen, deren Federn noch härter, feſter und ſteifer ſind, als das meiſte übrige Gefieder. Ein langer, breitfederiger, keilförmiger Schwanz und ſehr lange, ſchmale, am Ende ſpitzige Flügel machen ihn theils den Edelfalken, theils den Milanen ähnlich. ) Beide zuſammen ſetzen ihn in den Stand, ſich eben ſo ſchnell, als leicht in der Luft fortzubewegen, um nöthigen Falls ſehr weit umherzuſtreifen. Mit großer Kraft und lautem, toſendem Flügelrauſchen, welches ſeine furchtſamen Schlachtopfer erſchreckt, ſtößt er auf Lämmer, Schaafe, Ziegen, Gemſen, Steinböcke und Kälber, ja zuweilen ſelbſt auf Kühe: doch immer nur dann, wenn ſie nahe an Abgründen ſtehen, und um ſie ſchnell in dieſe hinab— zuſtürzen, damit fie. entweder ſofort vom Falle ſterben, oder ſich doch ſehr ſtark beſchädigen, ſo daß er ſie dann leicht vollends umbringen kann. Befindet ſich von Thieren, auf die er ſein Augenmerk richtet, gerade keines in der Nähe ſolcher ge— fährlichen Stellen; ſo läßt er ſich unbemerkt in ihrer Nähe nieder, um ſo ruhig, oft Stunden lang, den Augenblick abzuwarten, wo ſich eines oder mehrere einer Felswand genähert haben. Gewöhnlich reicht alsdann, da er ſtets von der Land— ſeite her auf ſie zufliegt, ſchon ſein geräuſchvolles Erſcheinen hin, um zu bewirken, daß nicht bloß einzelne Thiere, ſondern oft (namentlich bei Schaafen) mehrere von einer ganzen Heerde, vor Schreck hinabſtürzen. Wo nicht, ſo klammert er ſich ei— nem der ſo geängſtigten Thiere auf dem Kopfe oder Halſe an: bis daſſelbe, durch ſeine Flügelſchläge am Sehen gehindert, und überhaupt in die größte Beſtürzung verſetzt, entweder ausgleitet, oder geraden Weges der gefährlichen Tiefe zurennt. Demnach iſt ſeine Angriffe eine ganz eigenthümliche, und von der aller edlen Raubvögel weſentlich verſchieden! Er frißt ſomit zwar für gewöhnlich nicht gerade wirkliches Aas, wie die Geier und wie überhaupt die unedlen Räuber, obwohl er daſſelbe im Falle der Noth nie verſchmäht; aber er macht doch gleichſam erſt ſeine Beute dazu. Beſonders läßt ſich dieß in dem Falle ſagen, wenn ſich auf ſolche Weiſe mehrere Thiere einer Heerde durch Hinabfallen zerſchellen: wo er dann oft viele Tage lang von ihnen zu zehren hat. Indeß ſoll er auch Murmelthiere, Katzen, kleine Hunde, Füchſe und dergl. mit den Krallen packen, und ſie theils hierdurch, theils mit dem Schnabel tödten. Seinen Jungen mag er die Speiſe theils (wie die edlen Raubvögel) mit den Füßen, theils (wie die unedlen) im Kropfe zutragen. Zur Winterszeit läßt er ſich durch friſches, auf den Schnee ge— ſchüttetes Blut anlocken und leicht in Fuchseiſen oder dergl. fangen. Vermöge der beſonderen Weite ſeines Rachens kann er ungeheuere Stücke verſchlingen, und nicht bloß handlange Röhrknochen, ſondern auch fauſtgroße Gelenkköpfe von denſel— ben hinunterwürgen. Denn, faſt wie die Hyänen unter den Säugethieren, ſcheint er Knochen nicht weniger, als Fleiſch zu lieben, und ſie gleichſam als Leckerbiſſen, ſo wie als Magen⸗Reizmittel zu verſchlingen. Selbſt die härteſten ſcheint er mit Leichtigkeit zu verdauen. In der Gefangenſchaft verſchlingt er, wenn er längere Zeit gar keine bekommen hat, zuweilen die vertrocknetſten und ſplitterigſten, welche ſelbſt die Hunde nicht freſſen mögen; und in der Freiheit nimmt er die allzu gro— ßen, namentlich Röhrknochen, in den Füßen mit in die Luft hinauf, um ſie aus der Höhe auf Felſen herabfallen zu laſſen, bis fie ſich in genießbare Stücke zer- ) Kopf- und Schnabelform erinnern deutlich an die Fregattvögel unter den pelikanar— tigen Schwimmvögeln. 1 ) unedle: falkeuähnliche un. 231 ſchlagen. Selbſt gefangene verſuchen es, mit ſolchen Knochen in Ställen u. dergl. aufzufliegen.) 5 [§ 29. Kaum minder intereſſant iſt der, gleichfalls ſehr anſehnliche Schlangen— freſſer, Sekretär, Kranich- oder Stelzengeier, (Gypogeränus serpentarius,) der ehedem zu den falkenartigen Vögeln gerechnet wurde. Er iſt ein Bewohner der offenen, waldarmen Gegenden von Südafrika. Seinen erſten Namen führt er von ſeiner Hauptnahrung; den zweiten von einer Reihe langer und immer länger wer— dender Federn, welche hinter jedem Ohre herabhängen; den dritten und vierten von der bedeutenden Länge ſeiner ſtarken, kräftigen, kurzzehigen Beine, ſo wie über— haupt von ſeiner Geſtalt. Denn beide machen ihn zu einer Art Mittelding zwi— chen den Raub- und manchen Sumpf- oder Wadvögeln. Sein breiter, keilförmi— er Schwanz enthält zwei beſonders lange, weit vorſtehende Mittelfedern; und faſt der ganze Vogel hat eine hübſche, eigenthümlich graue Färbung. Seine Flügel * find nicht beſonders lang, (da er faſt ebenfo zum Laufen, wie zum Fliegen beſtimmt, ſcheint ) aber ſehr kräftig, zum Schlagen gemacht, mit harten Schwingen verſehen und vorn am Buge mit einem ſtachelartigen Vorſprunge oder Knoten bewaffnet. Er fliegt und läuft abwechſelnd, oft weit auf dem Freien, nach Amphibien und vor Allem nach giftigen Schlangen umher. Dieſe greift er eben ſo muthig, als ge— ſchickt und vorſichtig an: indem er ſie, wenn ſie ſich flüchten, bald ſpringend, bald fliegend verfolgt, und, ſobald ſie ſich zur Wehr ſetzen, dicht vor ihnen in die Luft ſpringt oder aufflattert, um fie dann beim Wiederherablaſſen bald kräftig mite den Füßen zu treten, bald mit den Flügeln zu ſchlagen und ganze Strecken fortzuſchleu— dern, bis er ſie endlich, wenn er ſie ſo matt gemacht hat, durch Schnabelhiebe vollends tödtet. Dabei hält er ihnen häufig einen ſeiner Flügel, in deſſen Federn ſie ja ohne Nachtheil für ihn beiſſen können, ausgebreitet, gleichſam als Schild entgegen. Hierdurch ſucht er vorzüglich ſeinen Kopf zu ſchirmen, deſſen nackte Au— gengegend übrigens ſchon durch die ſehr langen und ſtarken, faſt ſtacheligen Augen— wimpern vor den Biſſen der Schlangen geſchützt zu werden ſcheint: während ſeine Beine durch ihre ungewöhnlich dicken, rauhen Schuppen und Schilder davor ge— ſichert ſind. Wegen ſeines unermüdlichen Eifers im Verfolgen giftiger Schlangen, und um dieſe von ihm wegfangen zu laſſen, haben ihn in neuerer Zeit die Englän— der auf manchen Inſeln von Weſtindien einzubürgern geſucht; doch bisjetzt, wie es ſcheint, ohne günſtigen Erfolg. Theils zu demſelben Behufe, theils zum Vergnü— gen, halten ihn die Bewohner des Inneren der Kapkolonie gern gezähmt auf ihren Höfen. Hier verfahren dann ſelbſt die jung aufgezogenen Vögel, welche noch keinen ſolchen Kampf mit Schlangen beſtanden haben, jenem angebornen Naturtriebe ge— mäß mit den Gedärmen von Thieren, welche man ihnen als Speiſe vorwirft, auf. ganz ähnliche Weiſe: indem ſie dieſelben (ohne Zweifel ihres ſchlangenähnlichen Anſehens wegen) erſt lange Zeit treten, bevor ſie ſie zerſtücken und verſchlingen. Hierher ungefähr dürften wahrſcheinlich (und zwar als beſondere Fa— milie) noch manche, bis jetzt zu den falkenartigen gezählte Gattungen von Raubvögeln zu ſtellen fein, die zwar den Falken ähnlicher ſind, als der Schlangenfreffer, deren Krallen aber kaum noch beweglich zu ſein ſcheinen: ſo daß ſie ſich ebenſo hierin, wie durch ihre, größten Theils ſehr abweichende Lebensweiſe, mehr den unedlen Raubvögeln, ja zum Theile ſelbſt manchen ) Er verdient alſo vollkommen den berühmten Namen Beinbrecher, welchen man jetzt gewöhnlich anf die Seeadler bezieht. Auch mögen die Alten wohl nicht dieſe, ſondern ihn damit gemeint haben: da er damals ohne Zweiſel häufiger vorhanden und noch nicht ſo in die fernen Gebirge zurückgetrieben war, wie jetzt. 232 Vögelz 2te Ordn.: Raub vögel? 2 hühnerartigen Vögeln nähern würden, deren einigen ſie ſich ebenſo, wie manchen Geiern, durch kahle Stellen am Kopfe und beſonders an der Kehle anſchließen. 1 it Sie finden fih ganz vorzugsweiſe in der neuen Welt vor. Die meiſten werden, bei gehöriger Beobachtung, in ihrer Lebensweiſe viel Intereſſan⸗ tes, von dem Weſen und Treiben anderer Raubvögel Abweichendes zeigen. ! Is 40. 2te Zunft: Aasfreſſende Naubvögel. Ihre Füße RN ſich zwar ziemlich gut zum Gehen, ſind aber weder ſonderlich hoch und ſtark, noch je bis zu den Zehen befiedert. (Die Befiederung reicht höchftens etwa bis auf die Hälfte der Fußblätter.) Ihre Flügel ſind ſehr lang, mit beſonders langen Vorderarmknochen, und zugleich breit. Sie gewähren ihnen, ſobald ſie einmal im Zuge ſind, einen ſehr leichten und daher ausdauernden 7 Flug, zu welchem fie ſich in Schneckenkreiſen oder Schraubenlinien erheben: oft ſo hoch, daß ſie, trotz ihrer anſehnlichen, meiſt ſogar bedeutenden Größe, zuletzt nur noch als kleine, bewegliche Punkte erſcheinen. So ziehen ſte, gewöhnlich in Geſellſchaften, meilenweit nach Nahrung umher, die meiſt ausſchließlich in Aas jeder Art beſteht. Sie entdecken vermöge ihres, faſt unglaublichen Scharfblickes todte Thiere, ſobald dieſelben nur frei daliegen, in Staunen erregender Ferne: indem ſie ſelbe meiſt wunderbar gut von bloß ruhenden oder ſchlafenden lebenden zu unterſcheiden vermögen. Nur ſterbende, die be— reits halb todt ſind, ſo daß ihnen die Kräfte zum Widerſtande fehlen, greifen ſie mit ihren ſcharfen Schnäbeln gierig an, um ſie vollends zu tödten. An geſunde lebende dagegen wagen fie ſich bloß im äußerſten Nothfalle, und ge⸗ wöhnlich nur dann, wenn mehrere einander beiſtehen können; ja, manchen ſcheint ſelbſt ein, nach Verhältniß kleines und gar nicht wehrhaftes, lebendes Weſen noch wahre Furcht einzuflößen. Sie bewohnen in der Regel lediglich wärmere Gegenden der Erde, und am zahlreichſten die heißen. Wegen der Schnelligkeit, mit welcher daſelbſt todte Körper in Fäulniß übergehen und dann durch ihre Ausdünſtungen die Luft verpeſten, müſſen die Gegenwart und Gefräßigkeit dieſer Vögel ſich al— lerdings ſtets um fo mehr als höchſt nützlich bewähren, je weniger dort mei— ſtens die Menſchen überhaupt geneigt, oder zeitig genug im Stande ſind, die Körper todter Thiere durch Vergraben oder Verbrennen unſchädlich zu machen. *) Sie ſchälen das Fleiſch der Thiere meiſt aus dem Balge heraus, ohne Haare oder Federn mit zu verſchlingen; daher werfen auch die meiſten kein Gewölle. Kleinere Knochen, die ſie etwa mit verſchlucken, verdauen ſie auch. Von größeren nagen ſie aber gewöhnlich nur das Fleiſch ſo genau ab, als wenn es mit einem Meſſer losgeſchabt wäre. Ihre Mahlzeit beginnen ſie ſtets mit den Eingeweiden, die vermöge ihres Reichthums an Säften auch am ) Deßhalb hat man dieſe Vögel fcherzweiſe, aber recht paſſend, als die erſten Polizei— bedienten der Natur bezeichnet, und ſchätzt ſie in heißen Erdſtrichen überall ſo hoch, daß in manchen Ländern bedeutende Strafen auf ihre Tödtung geſetzt find, b) unedle: aasfreſſende. 45 233 ſchnellſten in Faulniß gerathen und ſehr bald üble Gerüche verbreiten. In— dem dieſelben nun von dieſen Vögeln mit allem Inhalte verſchlungen wer— den, ſind ſie ſofort, und jedesmal zuerſt, unſchädlich gemacht. Ein ſo häufiger, faſt alltäglicher Genuß übelriechender Speiſen giebt auch den Vögeln ſelbſt, durch und durch einen ſehr eckelhaften Aasgeruch, den ſogar ihre Federn und die trockenen Häute noch Jahre lang behalten. Aus ihren Naſenlöchern fließt überdieß, oft tropfenweiſe, eine gleichfalls übelriechende Feuchtigkeit. Dieſe ſcheint wenigſtens bei den größeren, ohne Zweifel ſehr feinriechenden Arten der alten Welt dazu beſtimmt, die Naſe ſtets feucht zu erhalten, damit die Ge— ruchsorgane ſtets recht empfänglich bleiben. Da ſie meiſtens nur von großen Thieren leben, die ſie nicht ſtückweiſe forttragen können, und da ihre Füße wenig zum Feſtgreifen taugen; ſo können ſie ihren Jungen das Futter bloß im Kropfe zutragen, und dieſelben überhaupt nur mit großer Beſchwerde und Aufopferung groß ziehen. Daher bringen ſie gewöhnlich nicht mehr als Eines, höchſtens zwei auf. Sie können noch länger Hunger aushalten, als die übrigen Raubvögel. Haben ſie aber dann irgendwo reichliche Nahrung ge— funden, ſo füllen ſie ſich nicht ſelten Magen und Kropf dermaßen damit an, daß ſie nur mit Mühe und großer Anſtrengung aufzufliegen vermögen. Daher können fie, jo überraſcht, zuweilen trotz ihrem ſcharfen Schnabel - ziemlich leicht überwältigt und gefangen werden. Bei den Aeſern vertragen ſich nicht bloß verſchiedene Gattungen und Arten ſehr gut mit einander, ſondern ſelbſt mit Hunden, Schafalen und anderen vierfüßigen Aasfreſſern.— 8 41 Manche Arten der alten Welt heißen vorzugsweiſe geierartige Vögel ſchlechtweg. Ihre Naſenlöcher ſtehen nicht bloß nahe an der Schnabelwurzel, ſondern ſie ſind auch fonft ähnlich wie bei allen edlen Raubvögeln beſchaffen, nämlich nicht durchbohrt. (D. h., ſie gehen nicht ſo von beiden Seiten des Schnabels gegen einander, daß man von einer Seite zur anderen hindurchſehen könnte.) Ihre Schnäbel ſelbſt ſind immer groß und ſtark. Ihre Schwänze beſtehen aus 14 Federn, die aber meiſt an den Spitzen ſehr beſtoßen und dadurch verkürzt ſind: weil die Vögel bei dem Heißhunger, mit welchem fie gewöhnlich über ihren Fraß herfallen und, nach hinten geſtemmt, Stücke losreiſſen, ſehr häufig mit dem Schwanze hart gegen den Boden fahren. Ihr Kopf und ein großer Theil des Halſes ſcheinen, von ferne geſehen, kahl zu ſein: weil ſie nur mit äußerſt kurzen Fe— derchen bewachſen ſind. Gewöhnliches, langes Gefieder an dieſen Theilen würde aber nicht zu ihrer Gewohnheit paſſen, den von ihnen zu verzehrenden, meiſt großen oder ſehr großen Säugethieren zuerſt ein Loch in den Leib zu hacken und mit dem langen, dünnen Halſe hineinzufahren, um die Eingeweide herauszuzerren. Denn lange Federn würden ſich natürlich hierbei ſehr ſträu— ben, und ganz mit Blut oder dgl. beklebt werden. Den alten Vögeln, welche den Angriff beginnen und jenes Geſchäft zum Vortheile der ganzen Geſell— ſchaft übernehmen, kömmt hierbei auch noch die Beſchaffenheit ihrer Kopf— und Halsfederchen zu Statten. Dieſe haben nämlich ſehr dünn ſtehende, harte, borſtenähnlich anzufühlende Fahnen, die alſo bei Weitem nicht ſo leicht von Schmutz zuſammenkleben, wie die zarten und weichwolligen der Jungen. E 234 Vogel; Ae Ordu.: Raub vögel; Indeß können dieſelben freilich auch viel weniger warm halten, wenn Vögel jeden Alters nach erfolgter Sättigung und zum Uebernachten in nahe Gebirge, oder ſonſt nach kühlen Felsparthieen fliegen, um daſelbſt ungeſtört zu ver— dauen und auszuruhen. Dafür beſteht die Federkrauſe, welche Junge und Alte dicht über der Wurzel des Halſes tragen, und in welche ſie im Zuſtande der Ruhe Kopf und Hals zurückziehen, bei den Alten aus warmen und weichen, wollenartigen Federn, welche nur mäßig lang ſind und ſich rück— wärts umbiegen: fo, daß fie einer weißen Halskrauſe von Pelzwerk (z. B. einer ſo genannten Schwanenfraiſe) ähnlich ſieht; während die jungen Vögel, bei denen ſchon die übrigen, zartwolligen Kopf- und Halsfederchen dieſe Theile viel beſſer wärmen, eine ganz anders gebaute, lang- und ſchmalfederige Halskrauſe beſitzen, welche faſt wie das aufgeſträubte Halsgefieder kämpfender Haushähne ausſieht. \ i Alles dieß gilt vorzugsweiſe von denjenigen Arten, die man Geier im engften Sinne des Wortes, oder auch Kragen- und Krauſengeier (Vultur) nennen mag, und bei denen es vier bis fünf Jahre zu dauern ſcheint, bevor das Gefieder der jüngeren, welches überhaupt länglicher iſt, am Kopfe, am Halſe und an der Hals— krauſe allmählig jenem der alten Vögel gleich wird. Man erkennt ſie in jedem Al— ter leicht an dem kleinen, länglichrunden Kopfe, welcher kaum dicker iſt, als der Oberhals. Auch zeichnen ſie die beſondere Länge und Dünne des letzteren aus, welcher hierin dem Halſe der Schwäne ähnelt und ſich mit gleicher Leichtigkeit S⸗förmig oder ſchlangenartig bewegt. Die bekannteſte Art, deren Vaterland nächſt Südeuropa noch ganz Afrika und das wärmere Aſien zu fein ſcheinen, heißt gewöhn— lich der weißköpfige Geier, (V. leucocephälus s. fulvus:) weil bei ihr in der Jugend die Kopf- und Halswolle, ſo wie ſpäter die Halskrauſenfedern, faſt rein weiß erſcheinen. Sonſt iſt ihre Farbe meiſt röthlichbraun in der Jugend, und wird immer mehr licht- graubraun, je älter fie werden. Dieſe Art iſt von allen Aasraubvögeln diejenige, welche noch am öfteſten nach Deutſchland heraufkömmt. Denn faſt alljährlich wird hier ein oder der andere ſolche Vogel geſehen, oder ge— ſchoſſen, und dann gewöhnlich fälſchlich mit dem Namen Lämmergeier belegt, un— ter welchem man in der Regel auch die gefangen gehaltenen zur Schau umher— führt. In beſonders warmen Sommern hat man ihrer ſchon öfter 10 bis 20 bei einander geſehen. Doch kommen ſie immer nur in den heißeſten Monaten zu uns: und zwar, wie es ſcheint, bloß junge oder jüngere (ein- bis zweijährige) Vögel, die alſo noch nicht zur Fortpflanzung reif ſind. Solche Verirrte müſſen dann hier, wenn ſie einzeln ſind, gewöhnlich aus Mangel an Aas kleinere, junge und ſchwä— chere, oder von Krankheit ermattete Thiere anfallen. Größere Geſellſchaften wagen ſich alsdann jedoch auch an größere Geſchöpfe, z. B. an Rehe. 8 Noch größer, als ſie, ſind mehrere ganz dunkel gefärbte Arten mit viel grö— ßeren Köpfen und Schnäbeln, und mit kürzeren, kaum zur Hälfte kahlen Hälſen, die man zum Theile Mönchs- oder Kuttengeier (Aegypius) genannt hat: weil die längeren, nach vorn gerichteten Federn, welche den Unterhals beſonders an ſei— ner Hinterſeite umgeben, ſchon im gewöhnlichen Zuſtande ſo weit nach vorn und oben reichen, daß ſie den Oberhals und Kopf nach Art einer Mönchskutte umge— ben. Außerdem ſteht auch noch ein, zum Theil ſehr anſehnlicher Büſchel langer, geſträubter Federn an jeder Schulter in die Höhe. So bei dem, gewöhnlich ſo genannten grauen Geier, (Ae. cineréus,) der aber häufig und weit paſſender der ſchwarzbraune heißt: da ſeine Farbe allenthalben ſchon ein grauliches Schwarz— braun, oder ein ſchwärzliches Graubraun iſt. Er kömmt viel ſeltener nach Deutſch— land: bald für ſich, bald in Geſellſchaft von weißköpfigen Kragengeiern. Eine b) unedle: ansfreffende, 235 zweite Art, welche ihm ähnlich ſieht und nicht ſelten mit ihm verwechſelt wurde, aber mit noch ſtärkerem Schnabel und zugleich größer am Körper, iſt der ſchwarze Geier, (Ae. niger,) der Nordafrika bewohnt und von dort aus nicht häufig das ſüdliche Europa beſucht.— 8 42 Den Namen Aasvögel führen jetzt nicht ſelten vorzugsweiſe alle die— jenigen unedlen Raubvögel, deren Naſenlöcher durchbohrt ſind, d. h., deren Schnäbel zwiſchen dieſen eine völlig durchſichtige Scheidewand haben. Sie ſind, im Ganzen genommen, noch unedler, als die Geier; und man nimmt in ihrem Baue und Weſen, beſonders in der Bildung der Füße, zum Theil eine noch deutlichere Annäherung an die Hühner wahr, als bei jenen. Die in der alten Welt haben, gleich den Geiern, 14, die in der neuen, wie es ſcheint, immer nur 12 Schwanzfedern. Unter letzteren ſteht aber den wirklichen Geiern, namentlich in Betreff ſeiner Schnabelbildung, der ſo genannte Geierkönig (Gyparchus papa) am nächſten: indem er mit einem ähnlichen Kopfe, wie die Kuttengeier, einen weit hinab kahlen Hals und eine Feder— krauſe, faſt wie jene der Kragengeier, verbindet.“) Doch zeichnet er ſich ſchon von Weitem durch einen ſchmalen, nach der Seite hängenden, faſt nierenförmig geſtal— teten Fleiſch- oder Hautlappen aus, der auf der Wachshaut feines Schnabels ſteht, und den man mit einer Krone verglichen zu haben ſcheint. Er trägt helle und zum Theil eigenthümlich bunte Farben, die namentlich ins Goldgelbe ſpielen. Sein Vaterland ſind bloß die heißeſten Gegenden der neuen Welt. Seine Größe gleicht nur etwa der eines männlichen Steinadlers. Einen längeren Schnabel, kürzeren Hals mit breiter Krauſe von ziemlich kur— zen, weißen Federn und ſchwarzes Gefieder mit weißem Hinter- und Innentheile der Flügel, hat der berühmte, oder vielmehr berüchtigte Condor. (Sarcoramphus gryphus.) Kopf und Hals bis zur Federkrauſe ſind bei ihm völlig nackt, oder wenigſtens nur mit ganz einzelnen, kaum bemerkbaren Härchen bewachſen; und die Haut beider iſt faſt überall auf ähnliche Weiſe warzig, weich und faltig, wie bei einem Truthahne, daher ſchlotternd, faſt wie die Wamme eines Stieres, und meiſt röthlichbraun von Farbe. Bei ihm trägt nur das Männchen einen ziemlich hohen Fleiſchkamm, welcher ſonſt jenem des Geierkönigs ähnlich, aber dicker, daher ſteifer und zugleich länger iſt, ſo daß er mit ſeiner Unterkante vorn auf dem Schnabel— haken und hinten mitten auf dem Kopfe ruht.“) Auf dieſen Vogel hat man frü— her, mit Beziehung auf den fabelhaften Greif der Alten, die Benennung Greif— geier angewandt: weil die Schilderungen mancher früheren Reiſenden ſeine Größe außerordentlich übertrieben. Denn er iſt zwar unſtreitig nicht allein der größte Raubvogel der neuen Welt, ſondern auch wohl der größte fliegende Vogel derſel— ben; doch übertrifft er an Größe nicht leicht unſeren grauen Geier. Er gleicht alſo noch kaum den größten europäiſchen Weibchen des Geieradlers oder wirklichen Lämmergeiers, deſſen Stelle er dort zum Theile zu vertreten ſcheint. Er bewohnt nämlich nicht bloß die höchſten Theile jener ungeheueren, faſt endloſen Gebirgskette, welche die Weſtſeite von ganz Südamerika bis in die ſüdlichen Länder von Nord— amerika durchzieht; ſondern er ſcheint auch, wenngleich kaum mit ſolchem Muthe wie der Geieradler, doch viel häufiger als die Geier der alten Welt, und auf ähn— liche Weiſe wie jener, die größeren Säugethiere jener hohen Gegenden anzufallen: „) Somit beſitzt Amerika, gleichſam als Erſatz für die ihm mangelnden wirklichen Geier, wenigſtens die geierartigſten Aas vögel. *) Von dem Fleiſchkamme der Haushähne unterſcheidet ihn demnach nicht bloß fein glatter, nicht ausgezackter Rand, ſondern auch die langgezogene Geſtalt. 236 Voͤgel; 2te Ordn.: Raubvögel. z. B. kranke Llama's, ermattete und daher von den Reiſenden zurückgelaſſene Maul: thiere; beſonders aber die kleinere, unter dem Namen Vigogne bekannte Llamaart.“ Doch bleiben ſeine Hauptnahrung immer todte, oder bereits im Sterben begriffene Thiere. Wahrhaft bewunderungswürdig und größer, als bei irgend einem anderen lebenden Weſen, erſcheint die eigenthümliche Fähigkeit ſeiner Lungen, ſich binnen äußerſt kurzer Zeit höchſt verſchiedenen Umſtänden anzupaſſen: fo daß er im Ver: laufe von ein paar Stunden ebenſo die dünnſte und kälteſte Luft, wie die dichteſte und wärmſte, einzuathmen vermag. Am Chimboraſſo, und anderen meilenhohen, von ewigem Schneee bedeckten Bergen in deſſen Nähe, ſchwebt er häufig noch in einer Höhe, wo dem Menſchen wegen der ungemeinen Dünne der Luft das Blut wiederholt, nicht bloß aus Bruſt und Naſe dringt, ſondern auch tropfenweiſe ſelbſt aus den Augen und Ohren quillt. Dennoch haben dort zuverläßige europäifche Reiſende (z. B. Alexander v. Humboldt und Bonpland) beim Beſteigen jener Berge noch Condor's weit über ſich geſehen, die ihnen nur wie kleine Punkte erſchienen, alſo gewiß noch um ganze Viertelmeilen höher ſchwebten, dann aber ſich wieder in. Schneckenkreiſen bis tief in die warmen Thäler hinabſchwangen, oder ſich am ſtei— len, weſtlichen Abhange der Anden (z. B. am Pichincha) allmählig faſt bis an's Meeresufer hinabſenkten: fo daß fie auf dieſe Weiſe binnen kurzer Zeit in ſenk— rechter Linie faſt alle Klimate durchſtreiften. Bei dieſem eigenthümlichen weiten Herumſchweifen nach Fraß kommt ihrem erſtaunlichen Scharfblicke noch die, meiſt eben ſo außerordentliche Reinheit jener dünnen Luft zu Hülfe, die auch dem Auge des Menſchen eine ſonſt nirgends geahnte Schärfe des Blickes in die Ferne (wohl dreimal ſo weit, wie auf unſerem Flachlande) geſtattet. f . Urubu's oder Aura's (Cathartes) heißen von den Aasvögeln der neuen Welt jene ziemlich kleinen, ſchwarzbraunen oder ſchwarzen Geſtalten ohne Schnabelkamm, die man dort beinahe in allen freien Ebenen oder Hügelgegenden der heißen Zone das ganze Jahr hindurch heerdenweiſe antrifft, und die, wenigſtens für die Dauer der wärmeren Jahreszeit, auch bis in alle ſüdlichen und nördlichen gemäßigten Striche hinaufgehen: fo, daß fie alsdann z. B. nach dem ſüdlichen und mittleren Theile der Vereinigten Freiſtaaten gelangen. Sie gleichen dem Condor und Geierkö— nige noch ziemlich in der Geſtalt ihrer Schnäbel; ferner in der Zahl ihrer Schwanz— federn, und durch das abgerundete Schwanzende. Dagegen fehlt ihrem Halſe, der bloß vorn zur Hälfte kahl erſcheint, von da aber bis gegen den Hinterkopf hinauf mit etwas langen, ſich ſträubenden Federn bewachſen iſt, die eigentliche Federkrauſe ſtets ebenfo, wie dem [$ 43. aller Aasvögel der alten Welt. Bei dieſen hat der kahle Hals- theil einen faſt noch geringeren Umfang; der Schwanz zählt 14 Federn; und der Schnabel zeigt eine längere, dünngezogene Geſtalt. Sie charakteriſiren ſich hiernach wohl hinreichend als beſondere Familie. Eine oder zwei Arten davon (Neöphron!!) find gleichfalls braun, hierin alfo jenen der neuen Welt noch ähnlich; dabei kaum größer, als Buſſarde, mit ziemlich kurzem und geradem Schwanze. Z. B. der, bisher fo genannte Mönchsgeier. (Cath. monächus; Necrosyrtes m.) 8 Dagegen ſieht ein anderer, von der Größe einer ſtarken Gans, bloß während ſeiner Jugendzeit ſchwarzbraun, ſpäterhin aber nur ſchmutzig röthlich- oder gelblich— weiß aus mit ſchwarzen Vorderſchwingen. Er heißt daher der kleine weiße oder ſchwarzſchwingige Geier; und, weil er beſonders von den alten Egyptern hochgeehrt und ſehr ſorgfältig gehegt wurde, der egyptiſche Aasgeier. (Perenoptérus an- tiquorum.) Die Türken und Araber nennen ihn Rachamach und Alimoche. (Spr. 3te Ordn.: Singvsgel. 237 Alimoſch.) Er zeichnet ſich durch ſeinen anſehnlichen, keilförmigen Schwanz, fo wie durch einen merklich langen und beſonders in der Mitte dünnen Schnabel Ana: Die größere, mit einer viel weicheren Haut überzogene Wurzelhälfte des letzteren ſcheint dazu beſtimmt, dem Vogel durch ihr feines Gefühl einen Theil feiner Nah⸗ rung aufſpüren zu helfen: indem er allerhand Schmutz, ſelbſt Straßenkoth und den Unrath von Säugethieren und Menſchen, durchwühlt, um theils Stücke wegge— worfenes Fleiſch, oder ſonſtige faule Ueberrefte von Thieren, theils Würmer und Aaskäferlarven daraus hervorzuziehen. Im Falle der Noth verſchlingt er jedoch eine Maſſe ſolcher Unreinigkeiten ſelbſt, und rechtfertigt daher die. enennung Koth⸗ geier und Kothjäger. Er liebt, wahrſcheinlich der ausgeworfenen Fiſche und See— thiere wegen, beſonders die Meeresküſten, und bewohnt ganz Afrika nebſt dem ſüd⸗ weſtlichen Aſien; auch das ſüdliche, beſonders aber das ſüdweſtliche Europa. In Alexandrien, Kahira, Konſtantinopel und anderen großen Städten unter Bothmäßig— keit der Muhamedaner giebt es Vermächtniſſe, von deren Zinſen er nebſt anderen Geiern und Hunden während der kühleren Jahreszeit, wo weniger Thiere ſterben, mit Eingeweiden und ſchlechtem Fleiſche gefüttert wird: damit ſie ſich nicht aus Mangel an Nahrung aus der Gegend fortgewöhnen, ſo daß man im Sommer, wo man ihrer Hülfe wieder mehr bedarf, auch ſicher auf ihre Gegenwart rechnen darf. Dort findet man daher auch ihn ſtets in Haufen von Dutzenden; und er iſt da faſt ſo zutraulich, wie Hausgeflügel. Im übrigen ſüdlichen Europa dagegen, wo man ihn nicht ſelten verfolgt, beweiſ't er ſich, gleich den wirklichen Geiern, viel vorſichtiger und oft ſehr ſcheu. Ein Paar niſtete mehrere Jahre bei Genf in der ſüdlichen Schweiz; ſonſt ſcheint er noch nirgends in Deutſchland bemerkt wor⸗ den zu ſein. 3° Ordnung: Singvögel. is 44 Singvögel, zum Theil auch ſperlingsartige, nennt man eine unge⸗ mein große Anzahl von kleinen, oft ſehr kleinen und höchſtens mittelgroßen Landvögeln, die an ihrem unteren Kehlkopfe 5 beſondere Muskel— paare beſitzen, welche durch ihre Verlängerung und Verkürzung auch die Luftröhre verlängern oder zuſammen- und den Kehlkopf auf- und abziehen. Da dieſelben hierdurch hauptſächlich zur Erzeugung einer mehr oder minder bedeutenden Reihe von Stimmlauten beitragen, die, weil ſie in einem gewiſſen Zuſammenhange mit einander und meiſt ſchnell hinter einander ausgeſtoßen werden, der Geſang der Vögel heißen; fo nennt man fie, zuſammengenom— men, den Singmuskel-Apparat. Derſelbe kömmt jedoch allerdings auch manchen Gattungen und Arten zu, die nur einen ſehr ſchlechten Geſang be— ſitzen, welcher dieſen Namen kaum verdient. Aeußere Kennzeichen, welche den Beſitz ſolcher Stimmwerkzeuge und ſomit auch den Charakter der Thiere als Singvögel zu erkennen geben, liefern Füße und Schwanz. An jenen ſitzen immer 4 Zehen. Dieſe ſtehen alle gleich hoch, (liegen in Einer Ebene;) und nur Eine davon, die ſtärkſte, mit dem größten Nagel verſehene iſt nach hinten gerichtet; von den 3 vorderen aber find die mittlere und äußere etwas zuſammengewachſen, (ſo, daß fte bis zum erften Ge⸗ lenke der letzteren vereinigt ſind.) Der Schwanz enthält immer 12 Federn. 238 Voͤgel; Obwohl beide Geſchlechter den erwähnten Singapparat beſitzen; ſo ſingen doch bei faſt allen nur die Männchen. Auch thun ſie es der Regel nach bloß im Frühlinge, während der Paarungs- und Brütezeit: wie es ſcheint, ſehr häufig zu dem Zwecke, den brütenden Weibchen hierdurch ein ſo be— ſchwerliches und einförmiges Geſchäft zu erheitern. Nur im erſten Herbſte ihres Lebens verſuchen ſich nicht allein die jungen, im letzten Frühlinge ausge— brüteten Männchen darin; ſondern häufig auch die jungen Weibchen, welche dann meiſt vom nächſten Jahre ab, und ſobald ſie einmal gebrütet haben, nie wieder etwas Geſangähnliches hören laſſen. Doch machen einzelne wieder eine Ausnahme hiervon im höheren Alter, wenn bereits ihre Eierſtöcke leer und fte ſomit zur Fortpflanzung untauglich geworden find. Irrig iſt die Meinung, daß es in wärmeren und heißen Ländern ſonſt nach Verhältniß überhaupt eine geringere Anzahl ſchön ſingender Vögel geben ſolle, als in gemäßigten. Vielmehr möchte weit eher das Umgekehrte Statt finden! Aber der Umſtand, daß dort gewöhnlich eine größere Menge von Vögeln anderer Ordnungen mit anderen, zum Theil überwiegend ſtarken Stimmen hinzukömmt, läßt aller— dings die Geſänge von jenen weniger hervorſtechen, als bei uns, wo gerade die Zahl der Singvögel meiſt ſo überwiegend iſt. 8 45 41 Bemerkung. Hierbei iſt hinſichtlich der Singvögel im Allgemeinen die beachtungswerthe Erfahrung zu erwähnen: daß die Vorzügllchkeit des Geſanges ſich bei vielen theils nach anderen Umſtänden, theils beſonders klimatiſch, verſchieden zeigt. Indeß liegen die Gründe dieſer Erſchei— nung nicht eben fern. Jedem Singvogel iſt urſprünglich nicht eigentlich ein beſtimmter Geſang angeboren, (d. h. nicht ſo inſtinctmäßig eingeprägt, wie z. B. ſeine Kunſt⸗ triebe;) ſondern es iſt ihm nur die Fähigkeit und natürliche (körperliche) Anlage verliehen, Geſänge gewiſſer Art, wenn nicht ausſchließlich, doch vorzugs weiſe, mit mehr oder weniger Leichtigkeit und Vorliebe, zu erler— nen: indem er ſowohl die Töne ſelbſt, wie ihre Verbindung mit einander, ſeinem Gedächtniſſe einprägt und zu ſeiner Zeit ſeine Stimmorgane ſorgfältig darauf einübt, dieſelben zu wiederholen. Die erſten Verſuche dieſer Art, die gewöhnlich nur ganz leiſe erfolgen und ſehr ſtümperhaft ausfallen, oder fremdartig klingen, nennt man das Stimmen, Studiren oder Dichten der Vögel. Man hört es nicht allein faſt immer im Herbſte von den jungen, im Frühlinge deſſelben Jahres ausgebrüteten Männchen, die jetzt zum erſten Male Dasjenige aus der Erinnerung zu wiederholen ſuchen, was ſie bereits im Neſte von ihren Vätern oder deren Nachbaren gehört hatten; ſondern gewöhnlich auch von Männchen jeden Alters gleich nach der Ankunft im Früh— linge. Denn ſelbſt die älteren hat, wie man deutlich wahrnimmt, die län— gere Zeit des Feierns mehr oder weniger aus der ſonſtigen Uebung gebracht. So erklärt einer Seits die Vorliebe, mit welcher der junge Singvo— gel zunächſt immer die Lieder ſeiner nächſten Angehörigen auffaßt und wiedergiebt, ſich ſchon aus feiner körperlichen Anlage und aus den Um— ſtänden. Anderer Seits kann es hiernach nicht Wunder nehmen, ſondern zeugt nur von beſonderer Fähigkeit: wenn viele außerdem noch manche fremde, anderen Vogelarten eigene Melodien oder künſtliche Muſikſtücke zu⸗ 3te Ordn.: Singvoͤgel. 239 lernen; oder wenn ſie, von allen Vögeln ihrer Art getrennt, überhaupt nur Fremdes oder Künſtliches erlernen. Zugleich ſtellt er; die alljährlich wieder- kehrende, anhaltende Uebung ſich als Grund heraus, warum die älteſten Vögel einer jeden Art der Regel nach die beſten Sänger ſind: da ſie na— türlich die geübteſten ſind. Nun herrſcht aber ferner bei den meiſten Singvögeln unverkennbar ein gewiſſer Ehrgeiz, verbunden mit einem natürlichen Gefühle für muſi— kaliſchen Wohlklang. Beide erzeugen den Wunſch und das Streben, anderen Männchen derſelben Art im Geſange nicht nachzuſtehen, ſondern ſie, wo möglich, zu übertreffen. Daher jener eigenthümliche Trieb und Wett— eifer, ſich beim Lernen und Nachahmen immer vorzugsweiſe die beſſeren und beſten Sänger zu Muſtern zu nehmen! Letztere werden aber ſtets am zahl— reichſten da zu finden ſein, wo eine Vogelart überhaupt am zahlreichſten vor— handen iſt: weil es natürlich hier auch viele ſolche Vögel geben wird, die mit einem höheren Alter zugleich eine vorzügliche Kehlfertigkeit erlangt haben. Folglich wird eine Vogelart im Allgemeinen ſchon deßhalb in verſchiedenen Gegen— den etwas verſchieden ſingen können, und in dieſem Falle dort am beſten fingen müſſen, wo die Zahl ihrer Individuen am größten iſt. In der That gilt dieß nicht allein bei manchen ausgezeichneten, ſondern ſelbſt bei einigen mittelmäßigen Sängern als thatſächlich erwieſen: z. B. bei den Buch— finken, Feldlerchen, und beſonders bei den Nachtigallen; bei letzteren zumal in ſolchen Ländern oder Landſtrichen, wo man ſie auf Befehl der Regierungen ſorgfältig hegt. Nicht minder deutlich erkennt man jedoch in dieſer Beziehung auch noch einen mittelbaren Einfluß des Klima's auf die Qualität des Geſanges. Eine Erſcheinung, die ſich auf folgende Weiſe erklären läßt: Bei der leicht erregbaren Natur der, meiſt zarten, und daher doppelt empfindſamen Singvögel übt die Beſchaffenheit der Luft um ſie her, wie überhaupt die des Tunſtkreiſes, einen noch mächtigeren Einfluß auf ihre körperliche und geiſtige Stimmung aus, als ſchon auf die von uns Men- ſchen. *) Vermöge eines ſolchen günſtigen Einflußes nun fingen für ge— wöhnlich alle Vögel am eifrigſten beim Erwachen des Tages und während der erſten Morgenſtunden: namentlich dann, wenn zugleich Heiterkeit des Himmels herrſcht. Denn letztere trägt zum Erhöhen ihrer guten Laune ſo viel und jo vorzugsweiſe bei, daß die erwähnte Regel hinſichtlich der Ta- geszeiten ſich auch nicht ſelten umkehrt. (Wenn es nämlich des Morgens trüb und regneriſch war, ſo daß ſich faſt kein Vogel hören ließ, und ſpäter— hin klärt es ſich auf; ſo iſt der erſte freundliche Sonnenblick hinreichend, um die geſammte Vogelwelt freudig aufzuregen und ihrem frohen Eifer alle Melo— dieen zu entlocken.) Nun iſt aber das Klima verſchiedener größeren und klei— neren Landſtriche gerade in dieſer Beziehung ſehr verſchieden. In Britannien z. B., und ſonſt in den nordweſtlichen Küſtengegenden Europa's, erſcheint der Luftkreis gewöhnlich nebelig; tiefer im Inneren unſeres Welttheiles, beſonders ) Wie bedeutend aber der letztere nicht bloß im Einzelnen, ſondern ſogar im Großen iſt, geht daraus hervor: daß alle Aerzte, oder ſonſtige Phyſiologen und Anthropologen, theils den Geſammt⸗ Character ganzer Nationen, theils gewiſſe Hauptzüge des— ſelben, (3. B. den Ernſt der Niederländer die Neigung zu Trübſinn bei den Engländern, die Reizbarkeit und Fröhlichkeit der Süd- und Oſteuropäer,) hauptſächlich aus dem Klima und namentlich aus den nämlichen Eigenthümlichkeiten deſſelben herleiten, welche wir bald als ſo einflußreich auf die Singvögel kennen lernen werden. N 240 Vogel; nach Oſten zu, wird er häufiger klar und heiter; ja, im höheren Norden, fo wie in Sibirien, bleibt er entweder den größten Theil des Jahres hindurch, oder wenigſtens den ganzen Sommer über, vollkommen heiter. Hiernach ſind alſo in dieſen verſchiedenen Ländertheilen für dieſelben Arten von Singvögeln die Häufigkeit der Veranlaſſung zu einer frohen Stimmung, und mit dieſer auch die Neigung zum Singen, folglich ebenſo die Gelegenheit zur Erwerbung einer größeren Uebung, in ſehr hohem Grade verſchieden. Bei gehöriger Erwägung dieſer Ver— ſchiedenheiten kann es aber gar nichts Auffallendes haben: wenn dieſelben Vogelarten in England, auf den Färöern ꝛc. meiſt viel ſchlechter ſingen, als bei uns, und bei uns zum Theil immer noch nicht ſo gut, wie in Sibirien; ferner, daß die Vogelſteller bei uns, noch mehr aber die um Moskau und Petersburg, im Frühlinge von den Feldlerchen immer am liebſten die zuerſt angekommenen als Sänger für die Zimmer der Liebhaber einfangen, die ſpä— ter eingetroffenen aber viel weniger ſchätzen: weil jene erſten immer die dem höheren Norden und dem Oſten angehörigen find, welche ſich durch die Vorzüg— lichkeit ihres Geſanges auszeichnen. IS 46. Endlich ſcheint jene ſo intereſſante, als eigenthümliche, allſeitige Har— monie, die wir in der Natur überall gewahren, ſich ſelbſt durch eine gewiſſe Uebereinſtimmung zwiſchen dem allgemeinen Charakter der Oertlich— keiten, welche eine Vogelart zu bewohnen pflegt, und dem Geſammtaus⸗ und Eindrucke ihres Geſanges kund zu geben. Bei mehreren Vögeln unſeres Welttheiles, die entweder auf verfallenen Burgen, oder noch lieber auf ſchroffen, zerriſſenen und zerklüfteten Felſen, auf Steinhaufen und Lavatrümmern leben, welche ſie meiſt hoch auf rauhen, nebelhaft-düſteren Gebirgsrücken fuchen, (wie der Hausrothſchwanz, der Al- penflüevogel, der Schneeammer und der Schneefink,) entſpricht der Charakter der eigenthümlichen, meiſt ſonderbar abgebrochenen und zum Theile gleichſam zerriſſenen, ernſten Geſänge in ſehr auffallendem Grade dem Charakter ihrer Wohnorte. Am flachen, kahlen Strande des Meeres und auf feinen armſeli— gen Dünenhügeln mögen faſt überall in der Welt nur ſehr wenige Singvögel wohnen: und hierunter bei uns, nach der Feldlerche, keiner der vorzüglicheren. Faſt noch wenigere finden ſich an felſigen Seeküſten und auf Strandklippen oder Scheeren: wo das wüſte, theils klagende, theils krächzende und rauhe, meiſt ununterbrochene Geſchrei vieler Tauſende von da brütenden Meven, Scharben, Lummen und anderen ſchwimmenden Seevögeln in düſterem Ein— fange ſteht mit der drohenden Brandung der Meereswogen und dem un— heimlichen Sauſen der Winde. In jenen armen, ſandigen Landbezirken bei uns, die oft nur Haidekraut und dürftige, einförmige Kieferwaldung hervor- bringen, vernimmt man hauptſächlich den traurig-ernſten Geſang der Miſtel⸗ droſſel und die rührend-ſchwermüthigen Töne der Haidelerche. Wo hingegen eine größere Fruchtbarkeit des Bodens der Pflanzenwelt ein erfreulicheres An⸗ ſehen giebt: da nimmt auch die befiederte Welt mit ihren Lauten immer mehr den Charakter von Heiterkeit, Laune und gefälliger Abwechſelung an. Dort, wo einem genügend bewäſſerten Boden ſchon faſt überall freudiges, mannic)- faltiges Grün entkeimt und ſaftiges Geſträuch verſchiedener Art, oder man⸗ cherlei Laubholz wächſt: dort wohnen in viel größerer Menge auch Sänger mit freudiger klingenden Melodieen, die entweder jede ſchon an und für ſich Abwechſelung beſitzen, oder doch, ſo von allen Seiten durch einander tönend, ſelbſt Mannichfaltigkeit erlangen und gewähren. Nur in vorzugsweiſe be— zte Ordn.: Singvögel. 241 günſtigten Lagen, die mit dem üppigſten und freudigſten Pflanzenwuchſe von mancherlei Art prangen, oder wo ſonſt theils durch die Natur, theils durch Kunſt eine reiche, dem inneren und äußeren Sinne wohlthuende Abwechſelung herrſcht, finden wir jene beſonders beluſtigenden und unterhaltenden Sänger, die ſich häufig nicht damit begnügen, ihre munteren eigenen Lieder vorzutra— gen; ſondern die ihre vorzügliche Kehlfertigkeit auch gern dazu benutzen, um, gleichſam aus Neckerei und wie in fröhlichem Uebermuthe, ſowie häufig in bunteſter Reihenfolge, die Gefänge vieler anderen Singvögel nachzuahmen und zum Theil auch noch ihre ſonſtigen Stimmen darein zu verflechten. Jene viel bewunderten Urwälder des wärmeren und heißen Amerika's endlich, in welchen die üppige Mannichfaltigkeit des Pflanzenwuchſes meiſt alle Vorſtel— lungen eines Eingebornen unſeres Welttheiles überſteigt, haben eine ſolche Menge von allerhand dergleichen Vögeln aufzuweiſen, die bald durch ihre, ſchon oft höchſt ſonderbaren, eigenen Stimmen, bald noch durch täuſchende Nachahmung von mancherlei fremden Lauten, das Gehör des Beobachters ſo in Anſpruch nehmen, daß derſelbe ſich erſt nach längerer Zeit und durch vielfache Uebung darüber zurecht finden lernt. [S 47. Die Singvögel haben, im Ganzen genommen, unter allen die größten Köpfe, und am Kopfe und Halſe die größten, alſo der Zahl nach die we— nigſten Federn. Ihre Jungen ſind, nächſt jenen der beiden folgenden Ord— nungen, beim Auskriechen weniger entwickelt, als die aller übrigen Vögel; ſie bilden ſich jedoch auch um eben ſo viel ſchneller aus. Alle bauen Neſter, und dieſe ſind nur bei wenigen kunſtlos. Denn keine andere Ordnung läßt ſich in Betreff der Kunſttriebe irgendwie mit der gegenwärtigen verglei— chen, die wirkliche Künſtler aller Art zählt. Alle bedienen ſich des Schna— bels nicht bloß zum Herbeiſchaffen der Bauſtoffe, welche bei den meiſten bloß das Männchen allein aufſucht und dem Weibchen zuträgt; ſondern auch zum Verarbeiten derſelben. Letzteres bleibt meiſt überall das ausſchließliche Ge— ſchäft des Weibchens, welches demnach die Rolle des eigentlichen Künſtlers und Baumeiſters übernimmt. Nur bei denjenigen Gattungen, welche man (mit Hindeutung auf das mehr oder weniger ähnliche Verfahren menſchlicher Baukünſtler oder Handwerker) als Minirer, Maurer, Töpfer oder Cemen— tirer und Zimmerer bezeichnet, pflegen ſich meiſt beide Geſchlechter gleichmäßig in die Arbeit zu theilen. *) f Einige nennt man nämlich Minirer: weil fie an ſteilen Ufern durch Hacken mit dem Schnabel Erde losarbeiten, die ſie mit den Füßen hinter ſich herausſcharren, und ſo mehr oder weniger lange, enge Röhren verfertigen, deren hinteres Ende fie backofenförmig erweitern, um fo die eigentliche Neft- höhle zu bilden. (Z. B. die Uferſchwalbe, nebſt den Eisvögeln, Bienen— freſſern und mehreren anderen Gattungen der folgenden Ordnung.) Andere betrachtet man gleichſam als Maurer: weil ſie als Hauptma— ) Uebrigens iſt jedoch bei Weitem kein Singvogel in ſolchem Grade Zimmerer, wie unter den Paarzehern die Spechte. Denn manche (wie die Waldmeiſen und Kleiber) kön⸗ nen ſich zwar vorgefundene natürliche Höhlen in faulen Baumſtämmen durch Hacken er⸗ weitern und ſchön zurunden; aber faſt keiner hat ſo viel Kraft im Schnabel, um ſich eine ſolche von Grund aus ſelbſt zu verfertigen. Gloger, allgem, Naturgeſchichte 16 242 Vogel: terial zu ihren Neſtern runde Klümpchen von weicher, meiſt ſchlammiger oder thoniger Erde gebrauchen, die alsdann beim Austrocknen und Verhärten eine Art feſter Mauer geben. Dieſe Klümpchen überziehen und vermiſchen fie je- doch, nachdem ſie dieſelben mit dem Schnabel zuſammengeballt haben, immer noch mit einem klebrigen Speichel, welcher ſich bloß zur Niſtzeit bei ihnen ab⸗ ſondert und die Stelle des Mörtels (Kalkes oder Cements) vertritt. Denn nur er bewirkt, daß jene Erdklümpchen, die häufig noch mit feinen Hälmchen durchknetet werden, ſehr feſt, ſowohl an einander ſelbſt, wie an Felſen, Mau⸗ ern oder dergl. haften. *) Hier werden fie fo angebracht, daß fie theils bloß ſeitwärts feſtkleben, theils auch unterwärts aufſtehen und von oben her ſtets durch einen Vorſprung gegen Regen geſchützt werden, der ſie natürlich ab— weichen würde. (So bauen bei uns die meiſten eigentlichen Schwalben.) Den Maurern nähern ſich in Betreff des Kunſttriebes diejenigen, meiſt ausländiſchen Singvogelgattungen, welche man gleichſam als Töpfer oder Backofenſetzer anſieht: weil fie ähnliches (erdiges) Material ohne Beimi— ſchung von Hälmchen, alſo mehr im Ganzen, verarbeiten und es zuletzt mit dem Schnabel überall glatt ſtreichen. (Bei uns kann bloß der Kleiber als Töpfer gelten.) — Minirer, Maurer und Töpfer geben jedoch ſämmtlich den Eiern ſelbſt unmittelbar noch eine weichere und wärmere, aber ziemlich kunſt— loſe Unterlage von Hälmchen und Würzelchen; zum Theil auch von Haaren oder Federn. a | Ihnen gleichen daher theilweiſe (nämlich bloß in dieſer Beziehung!) die ſo genannten Erdniſter. Hierunter begreift man ſehr viele Vögel der ge— genwärtigen und zugleich viele der folgenden Ordnungen, die, ohne jenes Minir-, Töpfer- oder Maurertalent zu beſitzen, bloß eine kleine Grube in den Boden feharren, oder ſich eine ſchon vorhandene aufſuchen und zurunden, um ſie dann auf ähnliche Weiſe mit etwas Gewürzel, Hälmchen oder Laub auszulegen. (Z. B. die Lerchen und Pieper, die Wieſenbachſtelze und viele Hühner 26.) f w Dieſen gleichen in Betreff des geringeren Kunfttriebes die meiſten Höh— lenbrüter: indem fie ein ähnliches Geniſt in bereits vorgefundenen Baum- oder Erdlöchern, in Felſenritzen, oder zwiſchen Steinen u. dergl. zuſammen— tragen. (Z. B. die Sperlinge, Baumläufer, Rothſchwänze, Steinſchmätzer; ferner die Waldmeiſen und Kleiber, die jedoch zugleich in gewiſſem Grade Zimmerer oder Töpfer ſind; und unter den Vögeln der folgenden Ordnung die Segler oder Mauerſchwalben, gleichſam die Kleiſterer oder Papparbei— ter in der Vogelwelt.) Viel kunſtreicher zeigen ſich dann ſchon wieder die Korbflechter. So nennt man, freilich nicht ſtreng richtig, alle die, welche zwiſchen Baum- oder Strauchzweigen ein rundes, inwendig meiſt halbkugelförmiges Neſt aus Hal— men, Grasblättern u. ſ. w. verfertigen, deſſen Inneres ſie ſtets mit feineren Stoffen dieſer Art, oder mit Pferdehaaren, zarten Würzelchen u. dergl. aus- legen. (So die Grasmücken, Ammern und viele andere.) Als die kunſtreich— ſten Korbflechter find diejenigen Vögel zu betrachten, die (wie bei uns der Pirol und die Rohrſänger) ihre Neſter bloß oben am Rande und an den Seiten zwiſchen Aeſten, Zweigen oder Rohrhalmen befeſtigen, ſo daß ſie unten *) Ueberhaupt kommt der Speichel, als Bindemittel, bei vielen fo weſentlich in Anz wendung, daß ſie ohne ihn geradezu außer Stande ſein würden, ihren Kunſttrieb auszu⸗ üben. Daher ſind die Schlunddrüſen, welche ihn hauptſächlich liefern, um dieſe Zeit ungewöhnlich ſtark angeſchwollen. Ile Ordn.: Singvögel. 243 frei haͤngen. Manche größere (wie die krähen- und droſſelartigen) ſind in 1 8 5 Grade Korbmacher und Töpfer oder Maurer zugleich: indem fie hren korbförmigen Neſtern drei Lagen von Bauſtoffen geben, deren mittlere fig nn Erde beſteht, welche dem Ganzen eine bedeutende Fe— igkeit verleiht. « Ziemlich viele Singvögel verarbeiten Hälmchen, Würzelchen und Moos, nebſt Haaren oder Federn, überhaupt ähnliches Material wie die Korbflech- ter, zwar ſonſt auf ähnliche Weiſe wie dieſe, aber zu größeren, runden, back⸗ ofenförmigen Neſtern mit kleinem Einflugsloche. Sie ſind alſo gleichſam Ku— gelbauer, oder Hütten⸗ und Backofenverfertiger auf andere Weiſe. (Z. B. die Laubvögelchen, der Zaunkönig und Waſſerſtaar.) Die kunſtreichſten Neſtbauer bei uns, wie fonft in gemäßigten Erdſtri— chen, bleiben die ſo genanmen Filzmacher. Dieſe wenden eine Menge der feinſten Hälmchen, Würzelchen, Baſtfaſern u. dergl., zum Theil auch Moos an, welche die meiſten vorher ſorgfältig in kleinere Stücke zerbeiſſen oder zerzupfen. Dieß Alles wiſſen ſie mit Hülfe von Thierhaaren, klebriger Pflanzenwolle, Spinnengeweben und anderen Inſektengeſpinnſten ſo zart und feſt mit einander zu verbinden, daß ein ſehr dichtes und warmes, zwar dehn⸗ bares, aber doch feſtes Ganzes entſteht, welches ſich in der That am paſ— ſendſten mit dichtem, lockerem Filze vergleichen läßt. F) Die Form ihrer Ne— ſter ſelbſt iſt nach Verſchiedenheit der Gattungen ſehr verſchieden. Bald ſind ſie napfförmig, und inwendig halbkugelig, wie bei den Korbflechtern, (3. B. bei den Finken und Zeiſigen;) bald eiförmig oder fonft länglich, bloß oben mit einem kleinen Eingangsloche, (wie bei der Schwanzmeiſe und den Goldhähnchen;) bald beutelförmig, nämlich unten weit und nach oben zu, wo ſich der Eingang befindet, enger, (wie bei der Beutelmeiſe.) Die napfförmigen ſtehen gewöhnlich mit ihrem Boden auf Baumäſten, und ſind an den Seiten zwiſchen Zweigen mit Speichel gleichſam feſtgeklebt; die länglichen ſind theils ebenſo, theils bloß an den Seiten befeſtigt, und dann unterhalb mehr zugeſpitzt; die beutelförmigen hängen ſtets mit dem oberen Ende, welches meiſt aus Pflanzenfaſern beſteht und faſt wie ein Strick zu— ſammengedreht iſt, an den äußerſten Zweigſpitzen von Aeſten, ſehr häufig über dem Waſſer. Die erſteren beiden werden von den Vögeln dem Blicke ihrer Feinde unkenntlich gemacht durch einen Ueberzug, welchen ſie aus den, auf dem Baume ſelbſt wachſenden Flechten und Moosſtengelchen bereiten, fo daß ſie wie ein Rindenknoten, oder wie ein kurzer, dürrer Aſtſtummel ausſehen; die freihängenden aber ſind an dem für ſie gewählten Platze wenigſtens den Angriffen der Säugethiere, Schlangen und überhaupt faſt aller nicht fliegen— den Feinde entrückt. Ihre Herſtellung erfordert ſchon darum eine weit größere Kunſtfertigkeit und ein größeres körperliches Geſchick der Erbauer überhaupt, weil der Bau von oben beginnen und von dem Vogel faſt durch— gängig in hängender Stellung ausgeführt werden muß. Den erſten Rang unter den Künſtlern der geſammten höheren Thierwelt nehmen aber, zum Theile ſchon mit aus dieſem Grunde, die Weber oder ) Die Wärme defjelben, welche eine Folge feiner Dichtigkeit und der geringen Waͤrme— leitungskraft ſeiner Stoffe iſt, macht ſolche Neſter weniger geeignet für heiße Gegenden. Dort iſt daher die Zahl der filzbereitenden Voͤgel im Ganzen gering. Umfaßt fie doch ſelbſt bei uns meiſt nur ſolche, die entweder ſchon zeitig im kühleren Frühlinge ni⸗ ſten, (wie die Finken;) oder die über dem Waſſer, alſo in der abkühlenden Ausdünſtung deſ— ſelben bauen, (wie die Beutelmeiſe.) 16 * 244 Vögel: dte Ordn.: Singvoͤgel; Webevögel ein. Es giebt deren bloß in den warmen und wirklich heißen Ge⸗ genden der Welt, wo überhaupt die Zahl der vorzugsweiſe kunſtreichen Neſt⸗ bauer immer größer wird. *) Ihre Neſter beſtehen der Hauptſache nach, ja nicht ſelten allein, aus langen, baſtartigen Pflanzenfaſern, oder aus ſehr dün⸗ nen, biegſamen Grashalmen und ſchmalen Grasblättern, welche die Vögel ſich wahrſcheinlich meiſt erſt ſelbſt in gewiſſem Grade zubereiten müſſen. Dieſe verſtehen dieſelben bewunderungswürdig geſchickt ſo mit einander zu ver⸗ flechten, daß das Ganze ein ähnlich regelmäßiges, wiewohl nicht ſo dichtes Ge⸗ webe (Flechtwerk) bildet, wie grobe Leinwand oder dichtes Fliegengitter und ähnliche, künſtlich von Menſchenhänden und Maſchinen verfertigte Zeuge; oder vielmehr, wie recht feines, lockeres Binſen-, Fußteppich- und Baſtdecken⸗ geflecht. Alle ſolche Neſter ſind hängende, oft mit ſehr langem Aufhänge⸗ bande; ihre Form iſt ſtets beutelartig, aber doch ſehr verſchieden. Manche ſehen gewöhnlichen, zugezogenen, rundlichen Beuteln ähnlich; andere wieder ellen⸗ langen Keulen, oder armslangen, dünnen Flaſchen, oft ſolchen mit gebogenen Hälſen, oder Flaſchenkürbiſſen u. dergl. Ihr Inneres bietet gewöhnlich einen ſehr anſehnlichen Raum dar. **) Die Wände ſind mei⸗ ſtens dünn und luftig, zuweilen faſt wie Fliegenfenſter; die Ausfütterung iſt gering: da eine größere Dichtigkeit und Wärme beider den Alten, wie den Jungen, bei der Hitze des Klima's ſehr oft läſtig werden würde. Indeß giebt es doch auch dort manche, vorzüglich kleine und nicht eben ſonderlich kunſtfertige Arten, die ſich wärmere Neſter bereiten, und die man füglich als Watten macher betrachten kann: indem ſie auf eine geringfügige Unterlage von anderen Stoffen auf Baumäſten, oder ſogar zwiſchen Blättern derſelben, Ballen von ausgezupfter Baum- oder ähnlicher Pflanzenwolle brins gen, welche ſie an der Außenſeite überall mit ihrem klebrigen Speichel be⸗ feuchten und ſo gleichſam ankitten. Uebrigens finden in Betreff der ſo aufgeſtellten Hauptarten des Neſtbaues ſehr mannichfaltige Abſtufungen und zum Theil vollkommene Uebergänge Statt: ſo daß manche Gattungen in Betreff ihres Kunſttriebes entweder in keine dieſer Abtheilungen genau paſſen, oder (wie ſchon gezeigt) zu gleichem Anz theile unter zwei, oder gar drei derſelben gebracht werden könnten. ) Denn die, immer größer werdende Zahl der Affen, Katzen, kletternden Eidechſen, Schlangen und anderer, von Natur geſchickter und gewandter Räuber, deren Augenmerk oft vorzugsweiſe auf die Eier und Jungen der Vögel gerichtet iſt, macht dort auf das Ver⸗ legen der Neſter ſo viel als möglich nach den äußerſten Spitzen der Aeſte hin immer noth⸗ wendiger. Letzteres ſetzt aber ſtets einen weit höheren Grad von Kunſtfertigkeit im Bauen derſelben voraus, als das Anbringen derſelben auf den meiſten anderen Stellen erfordert. Gleichzeitig machen jedoch dort auch ſchon die viel mannichfaltigeren Verhaͤltniſſe der da⸗ ſigen, reicheren Pflanzenwelt, von welcher fo ungemein viele Vögel, wie andere Thiere mit⸗ telbar und unmittelbar abhängen, für ſehr viele einen vollkommneren Bau und die Faͤhig⸗ keit zu viel geſchickteren Bewegungen ꝛc. nöthig, als gewöhnlich bei uns oder ſonſt in ge— mäßigten Gegenden. So kömmt überall in der Natur ein Umſtand und Verhältniß oder Er; forderniß dem andern entgegen. ) Dieſen, fo wie einen doppelten Ein- und Ausgang, (den einen nach oben zu, den anderen tief unten,) erfordert bei manchen ſchon die außerordentliche Länge zweier oder mehrerer Federn, welche bald den Schwanz beider Geſchlechter zieren, bald nur jenen der Männchen allein (zum Theile ſogar nur während der Fortpflanzungszeit) auszeichnen. Denn ſie machen es den Vögeln unmöglich, ſich, wenn ſie herausfliegen wollen, innerhalb des Neſtes rückwärts umzudrehen. a) hartfehnäbelige g 245 Bei der Kleinheit der meiſten Singvögel und dem ſchwächlichen Baue ſehr vieler wird ganz vorzüglich bei ihnen das Ertragen jener Anſtrengungen, welche vielen ihre weiten Wanderungen koſten, um fo mehr unſerer Bewun— derung werth. N So groß auch gerade hier die Menge der Gattungen und Arten, und ſo mannichfaltig die Verſchiedenheit iſt, welche dieſelben in Geſtalt, Aufent— halt und Lebensweiſe darbieten: ſo gehen doch alle dieſe Verhältniſſe im Ganzen und nach allen möglichen Abſtufungen eben ſo allmälig, als voll— ſtändig in einander über. Deßhalb wird eine gute ſyſtematiſche Ein— theilung der geſammten Ordnung beſonders hier äußerſt ſchwie— rig: noch viel ſchwieriger, als bei den, ihr entſprechenden Nagern unter den Säugethieren. Wir verſuchen es, ſo viel als möglich mit ſorgfältiger Be— rückſichtigung der geſammten Bildung, wie der Nahrung und Lebensart, auf folgende Weiſe: [$ 48. lte Unterordn.: Hartſchnäbelige Singvögel. Unter dieſer Rubrik laſſen ſich zuvörderſt ziemlich paſſend und ziemlich ausſchließlich alle jene Gattungen vereinigen, welche theils von Körnern und anderen feſten Pflanzenſtoffen allein leben, theils ſich, wie die Mehrzahl, von ſolchen und von Infekten nebft deren Larven zugleich nähren. “) Denn bei den einen, wie bei den anderen, mußte der Schnabel nothwendig eine mehr oder weniger bedeutende Härte, Feſtigkeit und theilweiſe Schärfe beſitzen, um Pflanzenſtoffe, die gewöhnlich nicht ganz verſchluckt werden kön— nen, ſondern zuvor entweder geſchält, oder durch Hacken und Beiſſen zerklei— nert werden müſſen, gehörig zu bearbeiten und zum Genuße vorzubereiten: während alle diejenigen Gattungen, welche hauptſächlich von Inſekten, Larven und Würmern leben, oder neben dieſen bloß Beeren und andere weiche Früchte verzehren, ihre Nahrung meiſt ganz verſchlingen können, oder ſie nur leicht zu zerquetſchen brauchen, und demnach alle bloß eines ſchwächeren und weicheren Schnabels bedurften. Indeß werden auch manche, von beſon— ders harten Inſekten lebende ſich aus gleichem Grunde hier anſchlie— ßen: weil auch ſte unter ſolchen Umſtaͤnden einer größeren, ja zum Theile bedeutenden Feſtigkeit des Schnabels bedurften. Faſt alle körnerfreſſenden haben, um zu dieſem Behufe mehr Kräfte zu beſitzen, ſtärkere und feſtere Kopfknochen, als die bloßen Inſekten— freſſer, aber kleinere Augen. 8 Ihr Magen iſt kräftig genug gebildet, um die Köpfe, Beine, Flügel und andere harte oder ſonſt feſte Theile von Inſekten und Larven, die ſie einmal mitverſchlingen, auch mitzuzerreiben: während die eigentlichen Inſektenfreſſer alle ſolche Dinge, als für ſie unverdaulich, in Ballen wieder auswürgen, wie „) Ohne jene beſtändigen Uebergänge und Mittelſtufen, welche ſich auch hier überall vorfinden, würde dieſe Eintheilung ſogar eine vollkommen befriedigende ſein. 246 Vögel: 3te Ordn.: Singvögel; die edlen Raubvögel das fo genannte Gewölle. Doch ſuchen die Koͤrner— freſſer von Inſekten, ehe ſie dieſelben verſchlingen, gewöhnlich Beine und Flü⸗ gel durch Stauchen (Stoßen gegen den Boden oder gegen Baumäſte) abzu⸗ machen. Von Inſektenfreſſern können dieß nur einige, mit ſtärkeren Schnä⸗ beln: z. B. die Würger. 4 * Während die Inſektenfreſſer bei uns und ſonſt in gemäßigten oder kalten Erdſtrichen mit ſehr wenigen Ausnahmen Zugvögel ſein müſſen, können die körnerfreſſenden meiſt entweder Stand- und Strichvögel bleiben; oder ſie brauchen zum Theile nur dann auszuwandern, wenn die Erde überall von Schnee bedeckt iſt, ſo daß ſie wenigſtens die ausgefal⸗ lenen Sämereien nicht finden können. Diejenigen Gattungen, welche ſich dieſelben von den Bäumen, Sträuchern oder Stauden ſelbſt holen, oder im Falle der Noth Knospen verzehren, bleiben gewöhnlich das ganze Jahr hin— durch an ihrem Wohnorte. Ite Zunft: Finkenartige Vögel oder Saamenſchäler. Ihre Schnäbel ſind meiſt ziemlich, nicht ſelten ſehr dick, dabei ſtets an den Seiten am härteſten. Hier haben beide Kiefer beſonders ſcharfe Schneiden, von welchen die des unteren nach innen zu mehr oder we— niger eingezogen (verengt) ſind, und vermittelſt deren der Vogel alle eigent— lichen Saamenkörner aus ihrer Hülſe oder Schale, die er nicht mitfrißt, be— freit: indem er je ein Korn zwiſchen dieſelben nimmt und es mit Hülfe ſeiner ziemlich weichen, fleiſchigen, ſehr beweglichen Zunge in diejenige Richtung ſchiebt, in welcher es dem Drucke und der Schärfe der Schnabelſchneiden am wenigſten zu widerſtehen vermag. Am ſchnellſten gelingt dieſes bei öligen Sämereien, (von Pflanzen mit 2 fo genannten Saamenlappen,) die meiſt eine rundliche, oder bloß längliche Geſtalt haben, und deren Schale aus zwei, Hälften beſteht. Sie werden auf dieſe Weiſe ſtets ſo in den Schnabel ge— legt, daß die Linien, wo beide Schalenhälften an einander gewachſen ſind und daher auch leichter aus einander gehen, genau unter die Kieferſchneiden zu liegen kommen; und nun bedarf es nur eines mäßigen Druckes der letzteren auf dieſe Anwuchsſtellen, um zu bewirken, daß beide Theile der Hülſe von einander platzen. So iſt das Korn aus der Schale gelöſt, deren beide Hälf— ten übrigens meiſt unverletzt bleiben und fortfallen. Etwas ſchwieriger und langwieriger wird das Schälen bei den, meiſt länglich geformten, mehligen Sämereien der Gräſer und mancher anderen Gewächſe mit bloß Einem Saa— menlappen, die gewöhnlich nur auf Einer Seite eine rinnenartige Längsver— tiefung haben, und deren Inneres feſt an die Schale angewachſen iſt. Auch ſie müſſen zuerſt auf ähnliche Weiſe der Länge nach ſo in den Schnabel gelegt werden, daß eine der Kieferſchneiden ihre Längsrinne trifft. Hierdurch wer— den ſie aber in zwei Theile geſpalten, deren einer nun mit Hülfe der Zunge ferner fo gelegt und gedreht wird, daß in Folge feiner allmähligen Zerquet- ſchung ſein mehliges Inneres von der Schale getrennt wird, die hierbei a) hartſchnäbelige: Saamenſchäler. 247 mehrfach in Stücken geht. Je größer und härter beſonders im erſteren Falle die Sämereien oder Fruchtkerne ſind; um ſo ſtärker, dicker und härter iſt auch ſtets der Schnabel und um ſo größer überhaupt der Kopf ſolcher, ſie verzeh— render Vögel. [§ 49. Mehrere Gattungen können kletternde Saamenfreſſer heißen. Denn ſie pflegen alle bald mehr, bald weniger häufig an Zweigen von Baͤumen und Sträuchern entweder wirklich zu klettern, oder wenigſtens ſich anzuhän— gen, um die Sämereien derſelben abzubeiſſen, oder ſie aus den Kätzchen, Saamenzapfen und dergl. herauszubohren. Hierzu iſt die Form ihres Schnabels etwas ſchmal, (von der Seite zuſammengedrückt.) Ihre Füße ſind nicht hoch; ihre Krallen etwas länger und ſpitzer, als bei anderen; ihre Schwänze kurz, oder ziemlich kurz, und bald abgerundet, bald gerade, etwas ausgeſchnitten oder ſeicht gegabelt. Ihre Flügel durften nicht kurz ſein, weil ſie oft täglich ziemlich weit nach Futter umherziehen müſſen. Sie be— wohnen meiſt gemäßigte und kalte Gegenden, oder Gebirge in wärmeren: weil gewöhnlich nur dort Zapfenbäume und ſolche, die Saamenkätzchen tragen, ein hinreichender Menge und maſſenweiſe bei einander wachen. Die Kreuzſchnäbel (Loxia) müſſen wir unter den Singvögeln der nörd— lichen Erdhälfte wohl für die am meiſten ausgebildeten halten: da ſie von allen die meiſte Aehnlichkeit mit den Papageien zeigen, welchen wir überhaupt für die am vollkommenſten organiſirten Vögel erkannten. Zugleich gehören ſie in mehr als Einer Hinſicht zu den merkwürdigſten, die es überhaupt giebt. Ihren Namen führen ſie von dem, ganz eigenthümlichen Unterkiefer ihres Schnabels, der ſo lang und dabei vorn ſo ſtark nach oben gebogen iſt, daß er hier nicht wie bei anderen Vögeln in den Oberkiefer hineinpaßt, ſondern mit ſeiner Spitze auf der einen Seite (kreuzweiſe) an demſelben vorbeigeht.) Wermöge feiner ausgezeichneten Beweglich— keit dient er jedoch gerade fo ganz vortrefflich zum Hervorholen der Saamen aus den Fruchtzapfen der Nadelbäume, welche in der Regel die einzige Nahrung der Kreuz— ſchnäbel ausmachen.“) Denn, indem ſie zuerſt den Oberkiefer zwiſchen je zwei Schuppen derſelben hineinzwängen und die eine derſelben nach dem Stiele des Zapfens umbiegen, oder ſie abbrechen, holen ſie hauptſächlich mit dem Unterkiefer das, tief am Grunde beider Schuppen liegende Saamenkorn hervor, welches ſie nun erft ſchälen und verzehren. Die verhältnißmäßige Größe und Stärke des Schna— bels, ſo wie die Größe der Vögel überhaupt, richten ſich bei den drei bekannten Arten ganz nach der Stärke der Schuppen an den Zapfen derjenigen Nadelholz— gattung, deren Saamen ſie den Vorzug vor den übrigen geben. Die größte und ſtärkſte, mit dem dickſten Schnabel und kräftigſten Kopfe, iſt der Kiefer-Kreuz— ſchnabel, (L. pytiopsittäcus,) der hauptſächlich auf die harten, dickſchuppigen, holzi— gen Zapfen der verſchiedenen Kieferarten hingewieſen erſcheint. Er bewohnt daher ) Bei einem und demſelben Vogel ſchlägt derſelbe allerdings ſtets auf dieſelbe Seite über: da der Grund zu dieſer Bildung, welche das einzige Beiſpiel von Aſymmetrie (Man— gel an Ebenmaaß) in dieſer Thierklaſſe zu fein ſcheint, bereits von der Entwickelung des Jungen im Eie herrührt. Sonſt iſt jedoch dieſes Ueberſchlagen nach rechts oder links etwas ganz Zufälliges, und hat durchaus keine Beziehung auf die Arts- oder Geſchlechtsunter— ſchiede der Thiere. Dabei iſt regelmäßig diejenige Seite des Kopfes, nach welcher der e überſchlägt, in Muskeln und Knochen ſtärker entwickelt, und daher kräftiger, als ie andere. **) Nur in Ermangelung des Nadelbaumſaamens, z B. im Käfige, freſſen die Kreuz: ſchnäbel andere ölige Sämereien: am liebſten Hanf, fo wie die Kerne von Ebereſch- und manchen anderen Beeren. 248 Vögel: 3te Ordn.: Singvögel; meiſt nur Ebenen, wo die meiſten derſelben wachſen. Merklich kleiner, mit viel ſchmälerem, dünnerem Schnabel iſt der, faſt überall vorkommende Fichtenkreuz⸗ ſchnabel, (L. curvirostra,) welcher die großen, aber ziemlich weichſchuppigen Zapfen der Fichten und Tannen zerarbeitet, deren Saamen er wo möglich allein nachgeht. Er mag immer nur im Nothfalle zu jenen der Kiefern greifen: weil er die Schuppen derſelben nicht auszubrechen oder umzubiegen vermag, ſondern ſie, um zu ihrem Saamen zu gelangen, mit großer Anſtrengung zerbeiſſen muß. Noch kleiner und ſchwächer, kaum größer als ein Sperling, aber der ſchönſte, iſt der weißbindige, (L. taenioptera, L. leucoptera!) mit zwei breiten, ſchneeweißen Flügelſtreifen, der aber ſelten zu uns kommt. Denn er bewohnt wahrſcheinlich die Gebirge von Mittel⸗ und Nordaſien, deren Höhen großen Theils der gemeine, in Europa nicht häufige Lärchenbaum überzieht. In Menge aber findet er ſich hin und wieder in Nordamerika: da letzteres in ſeinen unermeßlichen Waldſtrichen nicht bloß eine Menge von Lärchenbäumen verſchiedener Arten beſitzt, ſondern auch manche Fichten mit ähnlichen kleinen, weichen Zapfen, wie jene der Lärchen, hervorbringt, deren dünnen Schuppen die Kräfte ſeines Schnabels angemeſſen ſind. — Bekanntlich hängt aber das Gerathen oder Mißrathen aller dieſer Saamen, folglich auch des Lebensunterhaltes für die Kreuzſchnäbel, zunächſt immer von dem Einfluße der Witterung während der Blühezeit der Bäume ab. Beides fällt daher nicht bloß in einem und demſelben Landſtriche in verſchiedenen Jahren ſehr verſchieden aus: ſondern es kann und muß ſogar im Laufe eines und deſſelben Jahres in verſchiedenen, zum Theil an einander grenzenden Landſtrichen ſehr verſchieden ſein. Dazu kommt noch: daß auch das Reifen des Saamens, ſo wie das allmählige Voneinandergehen der Zapfenſchuppen und das hiernach beginnende Ausfallen des Saamens, theils nach der geographiſchen Lage verſchiedener Länder, theils nach der (ebenen oder gebirgi— gen) Beſchaffenheit ihres Bodens, auf verſchiedene Zeiträume des Jahres treffen. Deßhalb müſſen die Kreuzſchnäbel ihren jedesmaligen Aufenthalt nach Maaßgabe dieſer Umſtände wählen, und meiſt eben ſo häufig, als unbeſtimmt damit wechſeln. Somit führen ſie ein unſtät herumziehendes, oder, wie man es nicht unpaſſend ge⸗ nannt hat, ein zigeunerartiges Leben: indem ſie ohne Unterſchied der Jahreszeit überall nur ſo lange verweilen, als ſie Nahrung daſelbſt finden. So viel bekannt, ſind ſie daher von allen Vögeln die einzigen, welche eigentlich gar keine beſtimmte Heimath beſitzen: indem ſie ſich nicht bloß mit ihren Wanderungen, ſondern meiſt auch mit ihrer Fortpflanzung an keine beſtimmte Zeit und Gegend binden. Ueberall nämlich, wo eine Art von Kreuzſchnäbeln einen bedeutenden, für längere Zeit aus⸗ reichenden Nahrungsvorrath in dem Saamen der, ihr vorzugsweiſe zuſagenden Na- delholzgattung findet, dort erſcheinen dann bald größere Geſellſchaften von ihr, die ſich nun hier anſiedeln: da in Folge des reichlichen Futters ſtets binnen Kurzem auch der Fortpflanzungstrieb in ihnen erwacht. Daher hat man namentlich die größeren Arten ſchon in allen Monaten des Jahres brütend gefunden. Ja, ſie ni⸗ ſten ſogar gerade am öfteſten in den Wintermonaten: wo die Schuppen der meiſten Nadelholzzapfen bereits anfangen, ſich von ſelbſt zu öffnen, ſo daß ſich ihnen die Nahrung dann am bequemften darbietet. Damit aber in dieſem Falle die Eier nicht von der Kälte verderben, bleibt das Weibchen ſchon gleich nach dem Legen des erſten fortwährend auf dem Neſte ſitzen, fo lange, bis alle Jungen ausgekrochen und et⸗ was herangewachſen ſind: indem es während dieſer Zeit von dem Männchen ebenſo, wie ſpäterhin die Jungen ſelbſt, mit geſchältem und im Kropfe eingeweichtem Na⸗ delholzſaamen gefüttert und getränkt wird. Die jungen Vögel, die (wie gewöhn— lich) bereits kurze Zeit nach dem Ausfliegen das Neſtkleid ablegen, können, ſobald nur der eben vorhandene Futtervorrath noch fernerhin zureicht, ſich auch gleich, a) hartſchnäbelige: Saamenfchäler. 249 nachdem ſie dieſe erſte Mauſer kaum vollendet haben, bereits ſelbſt fortpflanzen: während ſonſt bei allen anderen Vögeln bis dahin mindeſtens faſt ein ganzes Jahr vergeht.) Da nun überhaupt die Kreuzſchnäbel zu ſo verſchiedenen Zeiten zur Welt kommen, dieſer Zeitpunkt aber auch ſpäterhin ſtets mehr oder weniger Ein— fluß auf den Eintritt der Mauſer behält; ſo findet man überhaupt zu allen Zeiten des Jahres mauſernde. Zuweilen iſt dieß ſogar der Fall mit brütenden. Ein Um⸗ ſtand, der als beiſpiellos in ſeiner Art daſteht und gewiß um ſo mehr Bewunderung verdient, wenn man den Aufwand von Nahrungsſtoff und überhaupt von körper— lichen Kräften bedenkt, welchen eben ſchon der Federwechſel allein erfordert! Die jungen Vögel find grünlich — braungrau, mit ſchwarzbraunen Schaftflecken. Die Weibchen, welche nicht ſelten auch ſingen, werden nach der erſten Mauſer und für immer grünlich. Die Männchen hingegen ſehen alsdann bald grün- oder röthlich— gelb, bald gelbröthlich, ſelten ſchon röthel- oder faſt johannisbeerroth aus. Letzteres ſind aber die Farben, welche ſie dann im Freien, von der zweiten oder dritten Mauſer an, Zeit Lebens behalten: während fie dieſelben in der Gefangenſchaft nicht allein nie— mals anlegen, ſondern ſie hier ſogar ſtets bei der erſten Mauſer wieder ablegen, um ſie neuerdings mit dem früheren röthlichen Gelb zu vertauſchen; ſelbſt, wenn man ſie faſt fortwährend der Luft ausgeſetzt läßt. Somit erſcheint die Verſchie— denheit der Geſchlechter in Betreff der Färbung hier größer, als bei allen anderen Vögeln gemäßigter und kalter Gegenden, und faſt eben ſo groß, wie bei manchen Gattungen heißer Länder. Den Papageien der letzteren ähneln die Kreuzſchnäbel vollkommen in ihrer ganzen Art und Weiſe, mit Hülfe des Schnabels an Zweigen herumzuklettern, und in der Gewohnheit, zur Uebung und Abnutzung deſſelben al— les weiche Holzwerk zu benagen.“) Deßhalb hat man fie nicht mit Unrecht als die Papageien des Nordens betrachtet, den ſie überall bewohnen, wo und ſo weit Nadelgehölze noch anſehnliche oder große Waldungen bilden. [S 50. Noch näher ſteht aber den Papageien, ſelbſt in Betreff der Farbe, eigentlich ein Vogel der ſüdlichen Erdhälfte, der ſo genannte Sittich- oder Papageifink. (Sittacodes; Psittirostra!) Er iſt von der Größe des Kieferkreuzſchnabels, und ſieht, wie mehrere Papageien, grün aus mit hellgelbem Kopfe. Sein Schnabel, mit langem, gekrümmtem Oberkiefer und nicht gekreuztem, kurzem Unterkiefer, ſteht faſt mitteninne zwiſchen jenem der Papageien und dem der Kreuzſchnäbel. Der Vogel vertritt die Stelle der letzteren für die ſüdliche Halbkugel wahrſcheinlich ebenſo und eben— da, wie und wo daſelbſt die, unſeren Schwarzholzarten verwandten Araukobäume ***) dieſe ſelbſt erſezen. Früher kannte man ihn bloß als einen ziemlich ſeltenen Be— wohner von Auſtralien: während jene Baumgattung, nach einer Provinz von Chili (Arauko) benannt, zuerſt in Südamerika gefunden worden war. Die nahe liegende Vermuthung, daß der Papageifink auch hier zu Hauſe ſein möchte, hat ſich in neue— ſter Zeit beſtätigt. Die Gewißheit hiervon aber ſpricht wohl um fo mehr dafür: daß er auf ähnliche Weiſe von dem Saamen dieſer Bäume abhängen möge, wie die Kreuzſchnäbel von dem Saamen unſerer Nadelhölzer abhängen, je weniger ge— rade Amerika und Auſtralien ſonſt irgend eine Gattung, oder gar eine und dieſelbe Art von Landthieren, mit einander gemein zu haben ſcheinen. ) Wenigſtens im freien Naturzuſtande; aber freilich nicht beim Hausgeflügel. ) Hierdurch bewahren fie, wie überhaupt alle Vögel, deren Schnabel zum Beiſſen oder Hacken eingerichtet iſt, denſelben in der Gefangenſchaft vor zu ſtarkem Wachſen und vor den, gewöhnlich leicht hieraus entſtehenden Verunſtaltungen, die, wo ſie eintreten, nicht ſelten beim Freſſen hinderlich werden. ) Daher auch wohl Arauko-Kiefern genannt, (Araucaria.) 250 Vögel: 3te Ordn.: Singvögel; Als theilweiſe nächſter Verwandter der Kreuzſchnäbel auf der Nordhälfte der Erde gilt der Fichten- oder Hakenfink. (Strobilophäga; Fringilla enucleä- tor; Corythus en.) Er heißt daher auch häufig Hakenkreuzſchnabel, oder Haken: kernbeiſſer: weil fein Schnabel, deſſen etwas herabgekrümmter Oberkiefer faſt dop— pelt ſo lang wie der untere iſt, gleichſam aus dem eines Kreuzſchnabels und jenem eines Gimpels zuſammengeſetzt ſcheint. Die Farbe des kleinen Gefieders iſt bei den Männchen faſt überall ſchön hoch roſenroth; bei den Weibchen und jüngeren Männchen trüb röthlich b ochergelb. Die Spitzen der Flügeldeckfedern bilden zwei breite, trübweiße Binden. Seine eigentliche Heimath müſſen die ſtillen, einſamen Wälder des ſehr hohen Nordens beider Welten ſein; und er mag ſich wahrſchein— lich ſehr ruhig verhalten: da man noch immer nicht recht weiß, wo er eigentlich brütet. Der Regel nach ſcheint er ſelbſt im Winter nur wenig zu wandern. Bloß zuweilen, nach Zeiträumen von 8, 10 bis 20 Jahren, drängt Nahrungs: mangel eine mehr oder weniger bedeutende Anzahl kleiner Schaaren bis nach Nord— und Mitteldeutſchland herab. Dieſe zeigen dann durch eine merkwürdige, ans Un— glaubliche gränzende Einfalt, daß ſie mit dem Menſchen, wie mit den ihnen von dieſem drohenden Gefahren aller Art, völlig unbekannt ſind: indem ſie ſich beſon— ders zu Anfange ſehr leicht auf jede Weiſe berücken und fangen laſſen. Manche kann man faſt mit den bloßen Händen ergreifen, oder mit Stöcken und Stangen. von Sträuchern und Bäumen, woa ſie freſſen ſitzen, herunterſchlagen. Sonderbar genug, beweiſen auch hier, ebenſo wie bei den Seidenſchwänzen und manchen ähn— lichen, als dumm bekannten Vögeln, die einzelnen von der Geſellſchaft abgekommenen Individuen ſich um Vieles klüger, als eine ganze Schaar.) Denn hier ſcheint ſich jeder einzelne Vogel getroſt auf die übrigen zu verlaſſen. [S 51. Die Zeiſige (Acanthis) ſind wieder gleichſam verkleinerte Kreuzſchnäbel mit eben ſo ſchmalen, aber ganz geraden und daher nicht gekreuzten Kieferſpitzen. Letz— tere machen, da ſie hiernach nicht zum Anhaken taugen, daß ihnen das Klettern weit weniger leicht fällt, als den Kreuzſchnäbeln. Doch können ſie ſich mit den Füßen ſehr gut an dünne, ſchwankende, oder niederhängende Zweige ſolcher Bäume anklammern, von deren Saamen ſie ſich vorzugsweiſe gern nähren. Dieß ſind kätzchentragende Laubhölzer, namentlich Erlen und Birken, deren Saamen fie zwi— ſchen den minder ſtarken und viel gerader ſtehenden Schuppen der Fruchtkätzchen viel leichter herausbohren können, als die Kreuzſchnäbel jenen der Fichten und Kie— fern aus den Zapfen. Da aber ſolche Bäume, außer den kalten und gemäßigten Gegenden der nördlichen Erdhälfte, nur noch in manchen hochgelegenen Gegenden oder Gebirgen von Amerika wachſen; ſo giebt es auf der ſüdlichen Halbkugel auch bloß hier Zeiſige, aber keine in Afrika, Südaſien oder gar Auftralien. *) Der gemeine, grüne oder Erlenze iſig (Fringilla spinus) hat im männlichen Geſchlechte einen ſchwar— zen Oberkopf und ein kleines Kinnfleckchen. Der bräunliche Tſchätſcher, Tſchit— ſcherling, oder Birkenzeiſig dagegen (Fr. linaria) zeigt in beiden Geſchlechtern ein karmoiſinrothes Kopfplättchen und ein ſchwarzes Kinn. Bei beiden deuten die Hauptnamen ihre Hauptnahrung an. Doch heißt letzterer auch Flachs- oder Lein— ) Umgekehrt iſt es bei allen klügeren und ſchüchternen Vögeln. Von ſolchen laſſen ſich vereinzelte Exemplare bei Anwendung der gehörigen Vorſficht noch am eheſten hintergehen; während ganze Geſellſchaften bei jeder ihnen drohenden Gefahr nur um ſo früher die Flucht ergreifen: weil da jeder einzelne ebenſo den Wächter für alle, wie für ſich ſelbſt macht. 8 %) Hier und namentlich in Neuholland, wo die Zahl ſolcher Gewächſe, die ölhaltige und nicht allzu feine Saamen bringen, nach Verhällniß ſehr gering zu ſein ſcheint, können natürlich überhaupt auch nur ſehr wenige finkenartige Vögel leben. a) hartſchnäbelige: Saamenſchäler. 251 Zeiſig, weil er Flachs- oder Leinſaamen noch mehr liebt, als faſt alle anderen fin- kenartigen Vögel. Er bewohnt eigentlich den hohen Norden: wo ſowohl auf Ge— birgen, wie gegen den Pol hinauf, Birken den letzten Holzwuchs bilden.“) Zu uns kömmt er gewöhnlich nur einen, oder den anderen Winter: wahrſcheinlich bloß dann, wenn der Birkenſaame dort nicht gerathen iſt. Der Erlenzeiſig frißt ſonſt noch am liebſten Fichtenſaamen. Dieſen kann er jedoch nicht aus den Zapfen hervorholen, ſondern bloß den bereits ausgeflogenen von der Erde, oder von den Aeſten aufleſen. Sein, ohnehin kleines Neſt bringt er ſo hoch im Gipfel der Fich— ten oder Tannen, und auf den mooſigen Aeſten verborgen an, daß es nur äußerſt ſchwer zu finden iſt. Früher trug man ſich daher mit allerhand Fabeln über die vermeinte, gänzliche Unſichtbarkeit deſſelben. In der Gefangenſchaft lernt er, an ein feines Kettchen gelegt, mancherlei Kunſtſtückchen: z. B. ſein Futter in einem kleinen Wagen mit den Füßen über eine kleine Brücke zu ſich heranziehen; oder den Deckel eines Käſtchens, in welchem es liegt, aufheben und offen halten; ſein Trinkwaſſer in einem Fingerhute aus einem größeren Gefäße ſchöpfen und zu ſich hinaufziehen u. ſ. w. Noch gelehriger, wiewohl zu Anfang viel eigenſinniger und halsſtarriger, be— weiſt ſich der ſchön gefärbte, bunte Stieglitz oder Diſtelzeiſig, (Fr. carduelis,) mit einem ſchönen, hochgelben Streifen auf den tiefſchwarzen Flügeln. Er bohrt mit ſeinem längeren und weniger ſchmalen Schnabel am liebſten den Saamen aus den Fruchtköpfen der Diſteln und Kletten. Hierdurch thut er der Vermehrung der erſteren, welche auf Aeckern häufig ein höchſt läſtiges Unkraut ſind, ſo bedeu— tenden Eintrag, daß er deßhalb recht gehegt zu werden verdiente. Aber freilich nimmt er Salatſaamen auch gar zu gern. Er ſingt zugleich ſehr hübſch, faſt wie in Harfentönen. Die beiden vorigen dagegen können dieß nur zwitſchernd oder quäkend, und überhaupt ſchlecht. i [S 52. Die noch kommenden finkenartigen Vögel, deren Zahl beſonders in heißen Ländern außerordentlich groß wird, können meiſt, oder vielleicht ſämmt— lich, nicht eigentlich klettern. Sie zeichnen ſich durch einen mehr oder weniger kegelförmigen (wenig oder gar nicht zuſammen gedrückten) Schnabel aus, deſſen Kiefer beide an den Seiten gewölbt ſind. Der— ſelbe geſtattet ihnen daher nur, ſich entweder von ausgefallenen Sämereien zu nähren, welche ſie auf der Erde finden, oder ſich an ſolche zu halten, die weniger tief zwiſchen den Saamenhüllen verborgen liegen, alſo leichter her— vorzuholen find. Die Mehrzahl geht daher ihrer Nahrung mehr auf der Erde nach, als auf Bäumen oder Sträuchern; und die meiſten beſchränken ſich auf ölhaltige Saamen. Zugleich ſcheinen ſie auch faſt ſämmtlich mehr oder weniger mit auf Inſekten angewieſen. Denn die Gattungen mit den dickſten Schnäbeln, welche ſonſt meiſt von den härteſten Saamenkörnen leben, füttern eine Zeit lang we— nigſtens ihre Jungen damit, die im Anfange ſo feſte Speiſen noch nicht vertragen würden; und die mit dünneren Schnäbeln ziehen meiſt Inſekten und Larven, ſo lange ſie deren haben können, allem Geſäme vor. Eine Aus— nahme hiervon machen bloß die kurzſchnäbeligen, gewandten und leicht fliegenden Hänflinge, (Li- nöta!) die ihren Namen von ihrer Vorliebe für den ſüßſchmeckenden und von beinahe allen Saamenſchälern ſehr gern gefreſſenen Hanfſaamen führen; ferner die Gimpel nebſt manchen Ausländern. Sie ziehen nämlich ſelbſt ihre, Jungen ledig: *) Namentlich die kleine, bloß ſtrauchartige Zwergbirke, (Betula nana.) 252 Vögel: 3te Ordn.: Singvögel; lich mit Sämereien auf; nur wählen ſie anfänglich ſtets die kleinſten und zarte⸗ ſten für fie aus. Bei den zwei- und mehrjährigen Männchen des gemeinen, eis gentlichen, oder Bluthänflinges (Fring. cannabina) mit röthlich- oder zimmt⸗ braunem Rücken, wird das matte, ſchmutzige, ins Violette ſpielende Roth, welches im Herbſte ihre Kopfplatte und Bruſt einnimmt, durch die verſchönernde Mitwir⸗ kung von Luft und Licht im Frühlinge und beſonders im hohen Sommer zu ei— nem hohen, glänzenden Blutroth: doch entweder nur im Freien, oder höchſtens bei friſch gefangenen, wenn man ſie fortwährend der Luft und Sonne ausgeſetzt läßt. Nach der Mauſer kommt dieſe Prachtfarbe bei länger gefangen gehaltenen nie wie⸗ der. Noch weniger zeigt ſie ſich je bei jung aufgezogenen: die man daher, nebſt den jüngeren und weiblichen Vögeln, häufig Grauhänflinge nennt. Die inſtinet⸗ mäßige Vorſicht für ihre Jungen geht bei ihnen (und wahrſcheinlich auch bei den wenigen übrigen Hänflingen und manchen anderen Finken) ſo weit: daß die Alten, wenn ſie vom Neſte weg- und nach neuer Nahrung ausfliegen, allen inzwiſchen den Jungen entfallenen Unrath verſchlucken, um denſelben in bedeutender Entfernung wieder von ſich zu ſpeien. So kann ſich das Neſt wenigſtens nicht durch ihn den lauernden Raubthieren verrathen. — Eine Hänflingart, welche urſprünglich von den kanariſchen Inſeln ſtammt und daher gewöhnlich Kanarienvogel genannt wird, (Fr. canariensis,) hat man wegen ihres ſchönen, ſchmetternden und ſtarken Ge⸗ ſanges bereits vor ziemlich langer Zeit nach Europa eingeführt: wo man ſie jetzt, mit Ausnahme des höchſten Nordens, überall zum Vergnügen gezähmt hält. Sie iſt nächſt mehreren Arten hühner-, tauben- und entenartiger Vögel das einzige bes fiederte Weſen, welches der Menſch zu einem völligen Hausthiere gemacht hat: ſo daß ſie ſich nicht bloß in der Gefangenſchaft fortpflanzt, ſondern leicht auch mit Hänflingen, Stieglitzen, Zeiſigen, zuweilen ſogar mit noch anderen finkenartigen Vögeln, Baſtarde giebt. *) Ihre Farbe, in der Freiheit bei den Männchen grün⸗ lich, mit gelder Bruſt, bei den Weibchen mehr grünlich-grau und matter gelb, iſt jetzt meiſt in gelbliches Weiß, oder helles Gelb ausgeartet. — Eine grüne Haupt⸗ farbe mit gelbem Flügelrande hat auch der Grünhänfling, (Fr. chloris,) der aber durch ſeinen größeren Schnabel, plumperen Leib und kürzeren Schwanz bereits den Uebergang zu den Kernbeißern bildet, und in dieſen Stücken beinahe dem Steinſperlinge gleicht. Er verurſacht unter allen den meiſten Unfug auf Hanfſtücken. Kaum Ein oder ein Paar finkenähnliche Vögel anderer Länder haben einen ſo eigenthümlich kurzen und runden, faſt kugelähnlich gewölbten Schnabel und eine fo rundliche Zunge, oder eine fo gewölbte Mundhöhle, wie unſer Gimpel. (Pyr- rhüla vulgäris; Fring. pyrrhula.) Dieſer wird, wie es ſcheint, hauptſächlich eben hierdurch in den Stand geſetzt, künſtliche Melodien, oder ſonſtige kleine Muſik⸗ ſtücke, welche man ihm täglich mehrmals ſorgfältig mit dem Munde vorpfeift, in ſo reinem, klarem, flötendem Tone nachzuſingen, wie kein anderer Vogel.“) Ohne jenen Umſtand würde dieſe feine Geſchicklichkeit um fo auffallender erſcheinen müſ⸗ ſen, je ſchlechter und unangenehmer ſein heiſerer, knarrender und abgebrochener Na⸗ „) Hierzu muß man übrigens weibliche Kanarienvögel wählen, fo daß die Männ⸗ chen ven den fremden Arten ſind. Denn die Weibchen der letzteren mögen ſich, beſon⸗ ders, wenn fie bereits ein oder gar mehrere Mal im Freien gebrütet haben, nur höchſt un⸗ gern oder gar nicht zum Anlegen eines ſo gezwungen eingerichteten Neſtes entſchließen. ) Doch muß man ihn zu dieſem Behufe ebenſo, wie Kanarien- und andere junge Vö⸗ gel, welche künſtliche Melodien oder fremde Geſänge erlernen ſollen, ſchon früh aus dem Reſte nehmen und vollends auffüttern. Sonſt mengt er, wenn er bereits ſeinen Vater, oder deſſen Nachbaren ſingen gehört und ſeinem Gedächtniſſe die Töne derſelben eingeprägt hatte, dieſe ſtets in das Gelernte mit ein: wodurch er dann ein ganz unleidlicher Stümper wird. a) hartſchnäbellge: Saamenſchaͤler. 253 turgeſang iſt, welcher an die Töne eines Webeſtuhls, oder an das entfernte Knarren eines ungeſchmierten Schiebkarrenrades erinnert. Ehedem wurden beſonders aus Thüringen eine Menge ſolcher künſtlich abgerichteter Gimpel nach Rußland und anderen Ländern ausgeführt: wo man ſie mit hohen Preiſen bezahlte, obwohl die meiſten bloß nach kreiſchenden Drehorgeln (Flageolet's) oder ähnlichen ſchlechten In— ſtrumenten eingeübt waren. Kopfplatte, Flügel und Schwanz des Gimpels ſind glänzend ſchwarz. Das ſchöne, ſeidenhafte übrige Gefieder iſt beim Männchen oben licht aſchgrau, unten leuchtend hellroth; beim Weibchen oben tief bräunlich -aſchgrau, unten röthlichgrau. 8 53 Die Kernbeiſſer (Coccothraustes) ſind Finken mit ziemlich kurzen Flügeln und Schwänzen, plumpem, ſtarkem Leibe und noch ſtärkerem, dickerem Kopfe. Letzter mußte freilich fo kräftig fein, um dem gewaltig dicken und harten Schnabel in feiner Wirk— ſamkeit den gehörigen Nachdruck zu geben. Dadurch wird es abek auch dem, bei uns einheimiſchen, gemeinen oder Kirſch-Kernbeiſſer (Fring. coccothraustes) ein Leichtes, die härteſten Kerne der Kirſchen (ſowohl der Garten-, wie der kleinen wilden Traubenkirſchen) ſammt jenen der Hartriegel- und ähnlicher Beeren, mit derſelben Schnelligkeit und Bequemlichkeit zu zerſpalten, um zu ihrem Saamenkerne zu gelangen, wie ein Kanarienvogel die Hanfkörnchen öffnet. Letztere nimmt übri— gens der Kirſchkernbeiſſer, wo er ſie draußen findet, eben ſo gern, wie im Käfige, wo man ihn gewöhnlich damit füttert. Das Fleiſch der Kirſchen und Beeren wirft er jederzeit hinweg. Er iſt am Kopfe und Leibe bedeutend größer, als ein Sper— ling, und von Farbe größten Theils ſchön braun. Seine Flügel zeichnen ſich durch einen breiten weißlichen Streifen, noch mehr aber durch die Geſtalt ihrer ſtahlblauen Schwungfedern zweiter Ordnung aus, deren Endſtück breit und ſchiefeckig ausge— ſchnitten iſt. f Die eigentlichen Finken (Fringilla) haben einen länglichen, an den Seiten weiter übergewölbten, ganz geraden Schnabel; und über ihre ſchwärzlichen Flügel lau— fen zwei breite, weiße Querſtreifen. Einer ihrer gewöhnlichſten Stimmlaute (pink pink oder fink fink) hat ihren Namen veranlaßt, der in faſt allen übrigen Spra— chen ähnlich klingt. Es ſind Zugvögel. Sie ſuchen Sämereien auf dem Boden; noch lieber jedoch Raupen und ſonſt allerhand Inſecten hier, wie auf Bäumen, auf deren wagerechten oder wenig ſchrägen Aeſten ſie ſehr zierlich und gewandt um— herlaufen. Sie ſind ſehr geſchickte Filzmacher; und ihre napfförmigen Neſter glei— chen, von unten geſehen, den Stümpfen abgeſägter Baumäſte. Bei dem gemei— nen oder Buchfinken (Fr. coelebs) ſehen die Männchen unten hell weinröth— lich, oben ſchön braun aus, mit grünem Unterrücken und graublauem Kopfe. Die Weibchen ſind unterwärts lichter, oberhalb ſchmutziger, mit zwei braunen Länge— ſtreifen auf dem Kopfe. Erſtere ziehen im Herbſte allein und meiſt ungefähr 14 Tage ſpäter fort, als letztere, und kommen gegen Ende des Winters, oder im zeitigen Frühlinge, um eben ſo viel früher wieder zurück.“) Bei keinem anderen Zugvogel findet dieſer Unterſchied in ſolchem Grade Statt, wie beim Buchfinken. Die Männchen ſind überall beliebt wegen ihres ſchönen, ſchmetternden und gewiſſer— maßen ſprechenden Geſanges, den man ſeiner ſcharf abgeſtoßenen Töne wegen mei— ſtens Schlag zu nennen pflegt. Da er aber bei verſchiedenen Männchen merklich verſchieden klingt, und zum Theile wieder in anderen Gegenden anders iſt; ſo hat man nach der Aehnlichkeit, welche der Klang ſeiner Endſylben mit manchen Wor— ten oder kurzen Sätzen unſerer Sprache zeigt, ſowohl ihm ſelbſt, wie den Vögeln, ) Daher der Speciesname coelebs: weil die Männchen jedes Jahr ungefähr 4 Wochen lang ohne Weibchen ſind, und umgekehrt. a 254 Vögel: Ite Ordn.: Singvögel; welche ihn hervorbringen, verſchiedene Namen gegeben, von denen ein großer Theil ziemlich ſeltſam erſcheint. Manche Arten des Schlages fanden beſonders früher in einigen Gegenden (z. B. in den Fabrikdörfern von Thüringen) ganz außerordentli⸗ chen Beifall. Man hat Beiſpiele, daß dort ſelbſt arme Lohnarbeiter, die ihr Ta⸗ gewerk beſtändig an die Stube feſſelt und ſo im Genuße der freien Natur hindert, einen Finken, der als vorzüglicher Schläger galt, mit mehreren Thalern bezahlten; ja, ein Bauer ſoll einmal gar eine Kuh für einen ſolchen gegeben haben! Damals wandten manche leidenſchaftliche Liebhaber häufig ein verabſcheuungswürdig grauſa— mes Mittel an, um den Schlag ihrer Finken recht viel hören zu können: indem ſie die armen Thierchen, nachdem ſie hinlänglich in ihren Käfig eingewöhnt waren, um Futter und Waſſer im Finſtern finden zu können, unnöthiger Weiſe blendeten. (Gewöhnlich durch Ausſtechen der Augen vermittelſt eines glühenden Drahtes.) Nun fangen die Vögelchen freilich ſchon aus Langeweile, und weil fie keinen Un- terſchied der Jahreszeiten ſahen, ſtets um ſo eifriger und länger; aber durch bloßes, immer zunehmendes Verdecken des Käfigs würde man denſelben Zweck ziemlich eben ſo gut und ohne ſolche Unmenſchlichkeit haben erreichen können. Auf die lebhafte Eiferſucht der Männchen, deren jedes im Frühlinge einen beſondern Bezirk ein— nimmt und in dieſem kein anderes leidet, gründet ſich eine ſehr leichte Fangmethode, welche man den Finkenſtich nennt. Wenn man nämlich unter einem Baume, auf welchem ein freies Männchen ſitzt und ſingt, oder ſonſt in ſeinem Bereiche, ein gefangenes Männchen mit gebundenen Flügeln und mit einem, nach hinten hin- ausſtehenden Leimrüthchen laufen läßt; ſo fliegt (ſtößt oder ſticht) jenes zornig auf dieſes herab, um daſſelbe zu vertreiben, bleibt aber bei der hierdurch entſtehenden Balgerei an dem Vogelleime hängen und iſt gefangen.) So kann ſich ein ge⸗ übter Vogelſteller meiſt jedes Männchens bemächtigen, welches er ſeines Geſanges halber gerade wünſcht; und ſchon hierdurch mögen die guten Schläger, beſonders in manchen Gegenden, immer geringzähliger geworden ſein.“) — Die zweite, nor— diſche Art iſt der Bergfink, (Fring. montifringilla,) mit weißlichem Unterrücken; ſonſt auf dem Oberkörper braungrau und ſchwarz, mit roſtgelblicher Bruſt und Schultern. Er kommt im Herbſte zu uns, und wird wegen ſeiner quietſchenden Lockſtimme gewöhnlich Quäker genannt. Obgleich draußen ſehr zur Geſelligkeit ge— neigt, zeigt er doch in der Gefangenſchaft ein höchſt zänkiſches Weſen. Einige wenige größere, aber ſonſt ähnliche Arten mit längeren Flügeln nennt man Erdfinken, (Geospiza:) weil fie faſt beſtändig auf der Erde leben, und ſich bloß auf Steine und Felſen, aber ſelten oder nie auf Bäume und Sträucher ſetzen. An ihren gewöhnlichen Aufenthaltsörtern kann übrigens Beides meiſt gar nicht geſchehen. Denn ſie brüten entweder tief im Norden, oder hoch auf Gebir— gen, in Regionen, wo der Holzwuchs endet und die Linie des bleibenden Schneees beginnt. Die bekannteſte Art, welche hoch auf den rauhen Alpen der Schweiz und des übrigen ſüdlichen Europa's zwiſchen Gletſchern und Schneefirnen wohnt, heißt daher auch Schneefink. (Fring. nivälis.) Sie ſieht mit ihren, meiſt weißen, ſchwarzgeränderten Flügeln und Schwanze, dem braunen Rücken, dem hellaſchgrauen Kopfe und der weißen Unterſeite, ſelbſt faſt wie ein kleiner Schneefleck aus. Ihre Füße ſind ſtark, an den Sohlen rauh, mit etwas langen, faſt geraden Nägeln, alſo ganz zum Laufen gemacht. *) Die Feldlerchen männchen laſſen ſich im Frühlinge aus demſelben Grunde, und eben ſo leicht, auf den Stich fangen; ferner im Winter oft die Miſteldroſſeln auf miſtel⸗ reichen Kiefern. Doch iſt die Urſache bei letzteren offenbar mehr Futterneid. *) Man vergleiche hierzu die Bemerkungen S. 239. a) hartſchnäbelige: Saamenſchaͤler. 255 § 54. Die Sperlinge, (Passer s. Pyrgita,) welche mit rundlichem, etwas läng⸗ lichem, ziemlich ſtark gewölbtem Schnabel ziemlich kurze Flügel und Schwänze verbinden, erkennt man leicht an der eigenthümlich geſtreiften Zeichnung ihrer Rückenfedern. Die innere Hälfte derſelben zeigt nämlich einen großen, ſchwärzli— chen Längsſtrich, während die äußere ebenſo einen lichten Streifen trägt.“) In Er— mangelung jenes höheren Kunſttriebes, welchen ſonſt die meiſten finkenartigen Vö— gel beſitzen, brüten die unbeholfeneren Sperlinge faft immer in Baum- oder Fels— höhlen und ähnlichen Schlupfwinkeln, auf einer Menge von unordentlichem Geniſte, oder in den verlaſſenen, oberwärts ſchön zugebauten Neſtern von Elſtern und Eich— hörnchen. Sie halten ſich mehr auf der Erde, als auf Bäumen auf. Aufß letzte— ren ſuchen ſie bloß Räupchen und mancherlei Inſekten, ſo wie ſpäterhin ſüße Kir⸗ ſchen, die ſie, nächſt Weintrauben und ähnlichen ſüßen Beeren, vorzugsweiſe lieben. Auf einen mäßigen Mitgenuß derſelben werden ſie ſich in den Augen des Billig— denkenden durch die Vertilgung einer Menge von Laubverderbern und Blüthenzer— ſtörern, welche ſie im Laufe des Frühjahrs für ſich und ihre Jungen hinwegfangen, wohl ein gewiſſes, unbeſtreitbares Anrecht erwerben. Doch iſt nicht zu leugnen, daß die Hausſperlinge (Fring. domestica) beſonders über die frühen Kirfchen- ſorten mit einer Dreiſtigkeit und Ausdauer herfallen, welche den Beſitzer um fo mehr aufbringen, je weniger ihnen Popanze und Scheuchen irgend einer Art für die Dauer Einhalt zu thun vermögen. Dieß geht ſo weit, daß zuweilen Nichts für den Eigenthümer übrig bleibt, wenn er ſich nicht entſchließt, entweder den gan— zen Baum, oder wenigſtens einen großen Theil deſſelben, mit einem Netze zu um— hängen: was gewöhnlich das einzige Mittel iſt, um dieſen eben ſo vorſichtigen, als unverſchämten Dieben bleibende Furcht einzuflößen. Nur im Süden von Europa und einem Theile von Aſien, ſo wie im nördlichen Afrika, wohnt der Hausſperling auch häufig auf und in Felſen oder Ruinen, zwiſchen Fruchtfeldern und Weinber— gen. Sonſt ſchließt er ſich überall von freien Stücken dem Menſchen an, und theilt mit ihm ſeine Wohnung, in deren Nähe er ſelbſt im rauhen Winter einige Getreidekörnchen, Brotkrümchen, Fleiſchbröckchen, oder Stückchen gekochten Gemüſes zur kärglichen Friſtung ſeines Lebens findet. In dem noch rauheren tieferen Nor— den Europa's, ganz beſonders aber in Sibirien, läßt es ſich mit hiſtoriſcher Ge— nauigkeit nachweiſen: daß und wie der Hausſperling ſich bald nach der Einführung und Verbreitung des Getreidebaues dort eingefunden und dann ſchnell immer wei— ter verbreitet hat. Durch die beſtändige Nähe des Menſchen, der ihm aus man— cherlei Gründen häufig nachſtellt, und durch die ſtete ſorgfältige Beobachtung aller für ihn hieraus entſpringenden Gefahren, hat ſich der Hausſperling eine bewunderungs— würdige Klugheit und Vorſicht angeeignet. Dieſe macht es, namentlich bei den alten Vögeln, dem Menſchen meiſtens ſchwer, oder faſt unmöglich, ſie auf irgend eine Weiſe zu berücken, um ſie zu fangen. Beinahe immer ſind es nur die Jun— gen oder jüngeren, welche im Anfange noch dann und wann im Fallen gehen, oder ſich durch volle, mit Vogelleim beſchmierte Getreideähren anführen laſſen. In Städten, wo es ihnen den Winter hindurch ſonſt meiſt an warmen Zufluchts— ſtätten gebricht, kriechen ſie des Nachts häufig in Schornſteine über Küchen und geheizten Zimmern, um da auf hin und wieder eingeſchlagenen Nägeln, auf Mauer— vorſprüngen oder dergl. zu übernachten. Hiervon ſieht man ſie oft ſtark mit Ruß beſchmuzt, den ſie aber bei nächſter Gelegenheit durch Baden im Waſſer oder Schneee abzuwaſchen ſuchen. Denn alle Sperlinge haben das Eigene, daß ſie ſich 1 — nn ER * ) Dieß giebt im Leben, oder jo lange fonft die Federn in gehöriger Ordnung liegen, große, regelmäßige, ſchwärzliche und gelbliche oder röthliche Längslinien auf mehr erdfah— lem Grunde, und bewirkt die fo genannte Sperlings- oder Ammerfarbe. 256 Vögel: 3te Ordn.: Singvögel; nach Umſtänden ſowohl im Waſſer, wie im Schneee und Staube baden. Der Hausſperling heckt jährlich drei bis vier Mal, vermehrt ſich daher ſtark, und nimmt alsdann ganz beſonders gern die Neſter der Hausſchwalben in Beſitz, quartirt ſich ſogar in Taubenhäuſern ein, und ſiedelt ſich nicht ſelten zu vielen Paaren zwiſchen dem ſperrigen und dornigen Reiſerwerke an, welches die Grundlage großer, alter Storchneſter bildet, u. dergl. m. Das Weibchen ſieht oberhalb meiſt erdfahl, un— ten grauweiß aus, und bleibt ſich unter allen Himmelsſtrichen gleich. Das Männ⸗ chen unterſcheidet ſich ſtets durch einen kleinen ſchwarzen Kehlfleck, welcher bei recht alten viel größer wird; ferner durch zwei rothbraune Streifen an den Seiten des bläulich-aſchgrauen Oberkopfes, durch braunrothe Schultern und einen röthlicheren Rücken. Bei vielen Männchen in Italien, Spanien und Nordafrika entwickeln die ſchwarze und rothbraune Farbe ſich durch günſtigen Einfluß des Klima's ebenſo, wie bei anderen Vögeln, viel ſtärker. Beide breiten ſich dann häufig ſo weit aus, daß die Seiten des Leibes noch ſchwarz gefleckt werden, Oberkopf und Hals aber rothbraun erſcheinen. Dann ſehen die Vögel, am Kopfe und Oberhalſe dem etwas kleineren Feldſperlinge (Passer campestris, Fring. montäna) ähnlich, bei welchem beide Geſchlechter einander gleichen und ſtets eine kupferröthliche Kopfplatte tragen. Er wohnt entweder in hohlen Bäumen, weiter draußen auf den Feldern und an Waldrändern, oder in Gärten. Bei uns findet er ſich den Sommer über ſelten oder nie auf Höfen, und kömmt ſelbſt im harten Winter nicht leicht in ei— gentliche Städte; in Schweden und Norwegen zwingt ihn, bei der Härte des ſchneereichen Winters, der Mangel an Nahrung immer ſehr bald zu Beidem. Er hält ſich noch lieber in Geſellſchaften, als der Hausſperling, und vereinigt ſich dann nicht ſelten mit dieſem, dem er jedoch an Klugheit außerordentlich nachſteht. Beide Arten richten ſo, zu Schaaren von Hunderten vereinigt, ſtellenweiſe recht em— pfindlichen Schaden am reifenden Getreide, beſonders aber im Hirſe und auf fol- chen Gerſtenfeldern an, wo die Körner noch weich und ſaftig (milchig) ſind. Doch wird dieß eigentlich nur darum fo bemerkbar, weil fie gewöhnlich längere Zeit hin— durch immer wieder an dieſelben Stellen einfallen. Aber der hierdurch Benach— theiligte vergißt darüber gewöhnlich ebenſo die vielen Tauſende von ſchädlichen In: ſekten und Larven, wie die Millionen kleiner Saamen von Hirſegras und einer Menge anderer läſtiger Unkräuter, die jede einzelne Sperlingsfamilie im Lauf eines Jahres verzehrt, und deren Vertilgung meiſtens gar nicht in der Macht des Men- ſchen liegt, wohl aber nach der weiſen Einrichtung der Natur einen hauptſächlichen Nebenzweck fo vieler munteren und nützlichen befiederten Weſen bildet. — Dem weiblichen Hausſperlinge ähnlich, nur mit dunkleren Federeinfaſſungen am Unterleibe und mit einem hellgrauen Fleckchen unter der Kehle gezeichnet, iſt der Stein— ſperling. (Passer petronius.) Er bewohnt einſame Felswände oder Burgruinen zwiſchen den Getreidefeldern des wärmeren Europa's, und geht nur einzeln noch bis ins ſüdliche Deutſchland herauf. Er ſoll nicht bloß viel menſchenſcheuer, als Hausſperling, ſondern auch noch bedeutend ſchlauer ſein. [S 55. In Amerika giebt es weder Sperlinge, noch auch wahre Ammern, die, wie ſchon geſagt, erſteren hinſichtlich der Nahrung (Inſekten und mehlige Sämereien) am nächſten kommen. Doch wird der größte Theil von Nordamerika, welcher an Hirſegräſern und ähnlichen Pflanzen mit mehlhaltigen Körnern beſonders reich zu fein ſcheint, von einer bedeutenden Anzahl ſolcher Finkenarten bewohnt, die füglich Ammerfinken heißen könnten: indem fie zwar im Schnabel beinahe den eigent⸗ lichen Finken gleichen, in der Geſtalt ihrer Füße aber den Ammern ganz nahe kommen, während ſie in Betreff der Zeichnung dieſen und den Sperlingen ſo ähnlich ſehen, daß ſchon die, dorthin einwandernden Europäer fie mit dem Na- a) hartichnäbelige: Saamenfcäler. 257 men Sperlinge belegten, welchen ſie bei den Einwohnern von europäiſcher Abkunſt noch jetzt führen. Auch ſonſt iſt die neue Welt faſt überall reich an finkenartigen Vögeln, deren viele gleichfalls mit ſchönen Farben geziert ſind. Bei manchen kommen noch eine wohllautende Stimme und ein reicher Geſang hinzu. 3. B. bei dem fo genannten Kardinale, (Fring. cardinälis,) der bloß eine ſchwarze Einfaſſung um den Schnabel beſitzt, ſonſt aber allenthalben in ſchönes, lichtes Roth gekleidet erſcheint und auf dem Kopfe eine ſchöne, ſpitze Haube trägt. Er iſt ein Bewohner der ſüd⸗ lichen Vereinigten Staaten Nordamerikas. Einen andern Finken dort hat man einem Dominikaner-Mönche ähnlich finden wollen und ihn ſo genannt: weil er oben ſchwarz, unten weiß iſt, mit ſammtartig befiedertem, rothem Kopfe und Vorderhalſe. (Fring. dominicana.) Die hochgelegenen weſtlichen Gegenden Südamerika's, namentlich Chile, beſitzen in den fo genannten Pflanzenmähern (Phytotöma) eine ganz eigenthümliche Vogelgattung, die nahe mit den finkenartigen Sängern verwandt ſcheint: obwohl ſie durch eine Sonderbarkeit abweicht, welche ſonſt unter den Singvögeln ohne Bei— ſpiel iſt und ſich überhaupt bloß bei einer Gattung der folgenden Ordnung, ſo wie bei zweien der Paarzeher, ungefähr wiederholt. Die Schneiden ihrer Kiefer ſind nämlich längs der ganzen Seite hin durch ſcharfe Einſchnitte ſägenartig ausgezackt, oder, wie man gewöhnlich ſagt, gezähnelt. Dieß giebt der Wirkung ihres Schna— bels eine beſondere Schärfe; freilich zum großen Leidweſen aller Garten- und Acker⸗ bau treibenden Einwohner! Denn dieſe Vögel, die ganz vorzugsweiſe auf das Grün von jungen oder ſonſt zarten, ſaftigen Pflanzen angewieſen zu ſein ſcheinen, richten auf bebauten Plätzen, in jungen Anſaaten verſchiedener Art, oft bedeutende Ver— wüſtungen an: indem ſie eine Menge junger Pflanzen, zum Theile ganz zwecklos, dicht über der Wurzel abbeiſſen und viele, die ſie nicht aufzehren können, unbenutzt liegen laſſen. Daher ihr Gattungsname.) 5 56 8 In wärmeren Gegenden des Erdballs, wo die Menge ſolcher ian. zen, welche harte Saamenkörner tragen, meiſt ſehr bedeutend wird, giebt es unter der großen Menge dortiger finkenartiger Vögel ziemlich viele mit ähnlich ſtarkem, ſcharfem und ſehr hartem Schnabel, wie der unſeres Kern— beiſſers. Ganz beſonders gilt dieſes für die alte Welt. Bei manchen ſind aber die Schnäbel noch gleichſam aufgeſchwollen, und blut— roth oder ſonſt brennend hell gefärbt. So namentlich bei den aſiatiſchen; auch bei manchen auſtraliſchen, deren Zahl jedoch überhaupt gar nicht bedeutend iſt.“) Es giebt hierunter auf beiden Feſtländern einzelne ſehr kleine Arten, welche an Größe kaum unſeren Zaunkönig übertreffen. Viele haben ein äußerſt zartes, ſeidenweiches und oft ſchön gefärbtes Gefieder, das nicht ſelten auch eine zierliche, ſchön tropfen— artige oder ſchuppenähnliche Zeichnung in heller und dunkler Farbe trägt. Hiervon nennt man die in der alten Welt lebenden zum Theile Bengali's und Aman— daven. Thierführer bringen ſie ihrer Zierlichkeit wegen nicht ſelten bis zu uns. Mehrere lieben zur Nahrung vorzugsweiſe den Saamen des Reiſes, und nähern ſich hierdurch, da derſelbe mehlig und die Pflanze ſelbſt eine Grasart iſt, unſeren Sperlingen. Einer führt davon vorzugsweiſe den Namen Reisfreſſer oder Reis— fink. (Fring. oryzivöra.) Einige andere, die Süd- und Mittelafrika bewohnen, und denen manche ame— *) Bei uns thun die Sperlinge auf Erbſen-, Gurken- und Gemüſebeeten zuweilen Daſſelbe, aber weder ſo häufig, noch in entfernt ähnlichem Grade. *) Den wahrſcheinlichen Grund haben wir S. 250 geſehen. Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 17 258 Vögel; te Orden: Singvögel; rikaniſche ſich wenigſtens im Baue der Füße nähern, zeichnen ſich, außer der größer ren Stärke der letzteren, noch beſonders durch die Länge ihrer Zehen und durch die Größe ihrer, nicht ſehr gebogenen Nägel aus. Sie mögen eine ſolche Beſchaffen— heit beider zum Anhalten bedürfen: da ſie vorzugsweiſe im Rohre leben, oder da, wo andere ſehr hohe Grasarten nebſt ähnlichen, meiſt aſtloſen Pflanzen in Maſſen bei einander wachſen. Sie ſind (was freilich überhaupt faſt alle Rohrvögel noth— wendig ſein müſſen) kunſtreiche Neſtbauer: indem ſie unter den befiederten Künſt— lern faſt ausſchließlich jene Abtheilung bilden, welche wir bereits früher nach der Anwendung ihrer Kunſttriebe als Weber bezeichnet haben.) Weber, Webevögel oder Webefinken (Ploceus) find daher auch die Benennungen, unter welchen man eine mäßige Anzahl ſolcher Arten als beſondere Gattung zuſammenfaßt. Sie üben ſogar, wenigſtens in der Gefangenſchaft, ihr Talent oft ohne wirklichen Zweck, alſo, wie es ſcheint, zur bloßen Unterhaltung für ſich aus: indem ſie alle Fäden, Halme, Grasblätter u. dergl., welche ſie bekommen können, ſo ſchön zwiſchen die Drähte oder Holzſtäbchen ihres Käfigs flechten, daß ſie letztere gleichſam als die Grundfäden ei— nes wirklichen Gewebes benutzen und die erſteren nun als Einſchlag durchziehen, bis ſie zuletzt eine ganze Käfigwand auf ſolche Weiſe durchflochten und ſie einer Baſt⸗ oder Mattenwand ähnlich gemacht haben. **) Einen Theil von ihnen, oder wenigſtens manche nahe Verwandte, könnte man füglich Sammetfinken nennen: weil bei ihren Männchen während der Fortpflan— zungszeit entweder faſt alles kleine Gefieder, oder wenigſtens das von Hals und Bauch, gleichſam aufgedunſen erſcheint, ſo daß es wie der ſchönſte, weichſte Sammt von ſchwarzer und Scharlach-Farbe (oft in grellem Abſtiche gegen einander) ausſieht und ſich äußerſt zart anfühlt; während es nicht bloß bei den Weibchen jederzeit, ſondern außer der Fortpflanzungszeit auch bei den Männchen, ganz ſchlicht braun mit helleren Säumen (faſt lerchenfarbig) erſcheint, und dann auch nur das ſchlichte Gefüge anderer, gewöhnlicher Vogelfedern zeigt. Demnach müſſen hier ebenſo, wie bei einigen der folgenden, wenigſtens die Männchen zweimal jährlich mauſern. Merkwürdiger, als dieſes, bleibt aber bei ihnen als Singvögeln der Umſtand, daß ſie wirklich in Vielweiberei zu leben ſcheinen. Vorzugsweiſe behauptet man Letzte— res von einigen, denen vor der Fortpflanzungszeit mitten im Schwanze zwei oder mehrere Federn ausfallen, wofür ihnen ſogleich andere, ſehr breite von ungewöhn— licher Länge (zum Theil wenigſtens vier bis ſechsmal ſo lang, wie der ganze übrige Vogel) wieder wachſen. Dieſe übermäßige Zierde erſchwert ihnen denn natürlich das Fliegen gar ſehr, beſonders bei ſtärkerem Winde. Darum können die ſo ge— ſchmückten (Männchen) ſich alsdann nie weit von den Weibchen und den Neſtern entfernen; und es ſcheint wirklich, als hätte eben hauptſächlich für Letzteres auf dieſe Weiſe geſorgt werden ſollen! — Mehrere kleinere mittelafrikaniſche Formen mit einigen, mindeſtens eben ſo langen und breiten, zum Theile dütenartig eingerollten oder dachähnlich geſtellten, mittleren Schwanzfedern haben kleinere Schnäbel und Füße. Man hat ſie irrthüm— ) In der allgemeinen Auseinanderſetzung über die Baukunſt der Singvögel, S. 243. **) Wenn dieß übrigens in Europa, und namentlich in Deutſchland gerade zum Herbſte und Winter geſchah; ſo konnte dieß allerdings für den erſten Augenblick befremden, aber nicht bei genauerer Erwaͤgung. Denn Herbſt und Winter auf unferer Erdhälfte treffen befannt- lich mit dem Frühlinge und Sommer der ſüdlichen Halbkugel, welche die Webevögel bewoh— nen, zuſammen; und es bleibt eine fo feſtſtehende, als anziehende Erfahrung, daß die dor— tigen Thiere und Pflanzen ihre Paarungs- und Blühezeit auch bei uns ge⸗ nau ebenfo beibehalten: und zwar entweder für immer, oder wenigftens fo lange, bis ſie durch eine Reihe von Generationen hindurch allmählig vollkommen bei uns eingewöhnt (acclimatiſirt) find. a) hartſchnäbelige: Saamenfhäler. 259 lich Wittwen (Vidüa) genannt, und diefen Namen auf den Umſtand gedeutet: daß die Männchen einen großen Theil des Jahres hindurch, wo jener Schmuck ih- nen fehlt, (indem die langen Federn durch kurze erſetzt ſind,) gleichſam in Trauer erſcheinen. Eigentlich hat aber der Name Whida-Finken heißen und ſich auf das Land beziehen ſollen, aus welchem einſt europäiſche Sammler die erſten ſolchen Vögel erhielten, oder mitbrachten. 8 57 Alle wärmeren Theile Amerika's beherbergen noch eine Menge hartſchnä— beliger ſaamenſchälender Singvögel, welche man gewöhnlich von den Finken trennt und unter dem Namen Tangaren (Tanägra) begreift, zuweilen auch Merlen genannt hat. Bei ihrer großen Menge weichen ſie auf der einen Seite ſo mannichfach untereinander ſelbſt ab, und nähern ſich auf der andern Seite vielen Finken der alten und neuen Welt ſo ſehr, daß zuletzt für beide weder eine beſtimmte Gränzlinie, noch ein recht unterſcheidender Character übrig bleibt. Einige, denen man theilweiſe die Titel von Biſchöfen und Erzbiſchöfen bei— legt, (Tanägra episcöpus u. T. archiepiscöpus,) beſitzen ein zartes, ſeidenhaftes Gefieder und tragen in beiden Geſchlechtern zarte, nicht grelle Farben. Sie kön— nen daher am füglichſten Seidentangaren heißen. Bei anderen, den Sammet-Tangaren, (Rhamphocoelus,) zeichnen ſich beſonders die Männchen durch das, ſehr dick aufgeſchwollene, hintere Ende ihres Unterkiefers aus. Gegen ihre ſchön ſchwarzen Flügel und Schwänze ſtechen ſehr lebhaft das brennende Hochroth und ähnliche Farben ab, welche den größten Theil ihres glänzenden, harten, faſt ſtrohartigen kleinen Gefieders einnehmen, das ſich überall ſträubt und wie mit einer Scheere beſchnitten ausſieht. Die Weibchen ſind einfach braun, oder röthlichbraun, nur unterwärts mehr ins Röthliche ſpielend, und mit einem Gefieder von gewöhnlichem Gefüge. Bei zwei oder drei Arten, die ſchon minder heiße Gegenden bewohnen und überall gewöhnliches, glattes Gefieder tragen, (z. B. Tanägra mississippensis,) weichen die Geſchlechter in Betreff der Färbung noch auffallender von einander ab. Die Männchen ſehen hier nämlich ſchön hellroth aus, mit ſchwarzbraunen Flügeln; die Weibchen dagegen hellgrün, mit olivenfarbigen Flügeln.“) An einigen kleineren, die man zum Theile Muſikanten (Euphöne) nennt, finden ſich mit einem ſehr ausgezeichneten, umfangreichen, wohltönenden Geſange noch bunte, ſchön abſtechende, theilweiſe metalliſche Farben vereinigt, welche beiden Geſchlechtern gleichmäßig zukommen. Dasjenige, was fie am merkwürdigſten macht, iſt die, gewiſſermaßen umgekehrte Einrichtung oder Eintheilung und Ausbil— gung ihrer Verdauungswerkzeuge. Ihr Kropf oder Vormagen erſcheint nämlich ſehr groß, weit und muskelkräftig, ſo daß man ihn eher für den wirklichen Magen halten möchte; letzterer dagegen iſt ſo klein, daß er gegen jenen ganz unbedeutend ſcheint. is 58. Gleichfalls ein Eigenthum der neuen Welt, beſonders der wärmeren und heißen Gegenden, ſind die munteren, wegen ihrer Geſelligkeit ſo genannten Hordenvögel, die faſt alle nicht bloß das übrige Jahr hindurch in großen Schaaren fliegen, ſondern gewöhnlich auch dicht bei einander brüten: ſo daß man nicht ſelten einen Baum mit einer Menge ihrer ſchönen, beutelförmigen ) Beſchaffenheit und Vertheilung diefer fo auffallenden, geraden Gegenſätze der Farben erinnern an die ähnliche Geſchlechtsverſchiedenheit bei den Kreuzſchnäbeln, (S. 249,) find aber hier noch characteriſtiſcher. 17 * 260 Vögel: te Ordn.: Singvögel; Neſter behangen ſteht. Somit find fie ihrem Kunſttriebe nach, zum Theil aber auch hinſichtlich des Schnabelbaues, nahe Verwandte der Webervögel in Afrika. Durch ihre Größe jedoch, wie durch ihre Farbe, die wenigſtens bei den Männchen größten Theils ſchwarz iſt, nähern fie ſich zugleich mehr oder weniger den Raben und Krähen. Letzteres gilt wahrſcheinlich in glei⸗ chem Grade auch von dem Gebrauche ihres Schnabels, der ſich durch die völlige Geradheit ſeiner Kiefer und durch eine rein kegelförmige Geſtalt noch mehr auszeichnen würde, wenn er nicht an den Seiten doch etwas zuſammengedrückt wäre. Seines ſehr ſpitzen Endes wegen, und ver⸗ möge ſeiner beſonderen Härte, ſcheint er nämlich ſchon eben ſo geeignet zu einem krähenartigen Hacken in die Erde, oder ſonſt, z. B. in die feſten Aeh⸗ ren des Maiſes, wie er ſich zum Schälen der Körner deſſelben und anderer Pflanzenſaamen nach Art der Finken, Kernbeiſſer ꝛc. ſchicken mag. Man wird ſie daher mit Recht als Uebergang von gegenwärtiger Zunft zu jener der krähenartigen Vögel betrachten. Sie ſtiften zwar alle durch Inſekten— fraß im Frühlinge und Sommer einen bedeutenden Nutzen, der ſich allerdings in ſeinem Erfolge weniger augenfällig macht; doch richten viele, beſonders die mittleren und größeren, im Herbſte zuweilen gewaltige Verwüſtungen auf den Mais- und Reisfeldern an. Daher ſind ſie faſt überall unter dem Na⸗ men Maisdiebe ſo verſchrieen, daß man ſie nach Möglichkeit verfolgt, oder wenigſtens von Feldern mit reifender Frucht zu verſcheuchen ſuchen muß. Zu ihnen ſcheint, trotz ſeiner geringen Geſelligkeit und als nächſter Verwand⸗ ter der finkenartigen Körnerfreſſer, denen man ihn häufig beigezählt hat, ein ſehr intereſſanter Bewohner der ſüdlichen und mittleren Vereinigten Freiſtaaten von Nord⸗ amerika zu gehören, den man dort, nach ſeinem Lieblingsaufenthalte in der Nähe von Rindviehheerden, allgemein Kuhvogel oder Kuhfink nennt. (Fringilla pecoris; Ieterus pecöris.) Durch gänzlichen Mangel jedes Kunſttriebes würde er natürlich unter ſo kunſtgeübten Verwandten ſchon an und für ſich gar ſonder⸗ bar abſtechen, auch wenn nicht der eigenthümliche Grund, durch welchen derſelbe für ihn unnöthig wird, ihn noch weit merkwürdiger machte. Er iſt nämlich, ſo viel bekannt, nächſt den wahren Kuckuken der einzige Vogel, welcher, anſtatt ſelbſt ein Neſt zu bauen und zu brüten, ſeine Eier ſtets in die Neſter anderer, von Inſecten lebender Vögel legt. ꝛc.“) Abgerechnet den einzigen Umſtand, daß ſein Weibchen gewiß nicht im Stande iſt, zu dieſem Behufe ein Ei jemals im Schna⸗ bel in das gewählte Neſt zu tragen, verfährt daſſelbe ſonſt nicht bloß ſelbſt genau ebenſo, wie die Weibchen der Kuckuke; ſondern auch das Junge ſucht ſich ganz auf dieſelbe Weiſe ſeiner Stiefgeſchwiſter zu entledigen u. ſ. w. Seltſame Aehn⸗ lichkeit zwiſchen ſonſt fo verſchiedenen Vögeln! In der Größe gleicht der Kuhvogel beinahe einem Staare. Das Männchen ſieht einfach blauſchwarz, oder ſtahlblau aus, das Weibchen graulich-dunkelbraun; beide am Kopfe mit lichteren Schimmer. Alle die übrigen, wahren Hordenvögel haben einen längeren, ſcharfſpitzigeren, weniger finkenähnlichen Schnabel. Bei den meiſten iſt derſelbe an der Stirn von gewöhnlicher Bildung. Hier⸗ unter ſind manche in einfaches, ſchimmerndes Schwarz gekleidet, andere nur wenig bunt. Z. B. der eigentliche Maisdieb, (Leistes phoenickus s. Ietèrus phoen.,) den man häufig Commandeur nennt: wahrſcheinlich, weil man einen hochrothen, *) Für die neue Welt, wo ſolche Kuckuke fehlen, bleibt er daher überhaupt der einzige Vogel mit dieſem ſeltſamen Triebe. Schon deßhalb würde er mit Recht eine Gattung für ſich (Hypobietis) bilden müſſen. a) hartſchnäbelige: Saamenſchäler. R 261 nach unten zu weißlich eingefaßten Schulterfleck bei ihm mit den Schulterklappen oder Epauletten der Soldaten vergleicht. Mehrere andere werden Gilbvögel (Xanthornus) genannt. Sie zeigen mehr oder weniger von einer ſchönen hochgelben Farbe: beſonders an den Flügeln und der Schwanzſpitze, oder am Halſe und Bauche ꝛc. Hierdurch, ſo wie durch eine theilweiſe grüne Färbung ihrer Weibchen, gleichen ſie in gewiſſem Grade den Pirolen der alten Welt, zu welchen man ſie daher früher auch rechnete. Bei der Minderzahl, zu welcher aber die größten Arten mit nicht ſehr bun⸗ tem Kleide gehören, ſetzt ſich der Schnabel nach der Stirn zu in eine anſehnlich breite, hinterwärts abgerundete Hornplatte fort. Man nennt ſie, wahrſcheinlich mit Bezug auf dieſe Auszeichnung, Kazicken. (Cassicust) “) Gewöhnlich iſt bloß die Spitze ihres Schwanzes gelb; alles Uebrige meiſt ſammetſchwarz, ſeltener ein Theil ſchön braunroth. Endlich gehören hierher auch noch die ſchwarzen, herrlich glänzenden, faſt el— ſterartigen Bootſchwänze, (Scaphura, Quiscäla,) mit dünnerem Schnabel ohne Stirnſchild und mit einem, ſonſt den Elſtern ähnlichen Schwanze, deſſen Seiten— federn aber höher liegen, als die mittleren: ſo daß derſelbe wie eine breite, offene Rinne, oder wie ein kleiner Kahn (Boot) ausſieht. 8 59 Eine recht eigenthümliche Familie, die ſich meiſt ſcharf von den übrigen Saamenſchälern abſondert, bilden die ammerartigen Vögel. Aeußerlich bezeichnen fie Schon die ſchmale Geſtalt des Oberkiefers, jo wie die größere Breite und Höhe des Unterkiefers, welcher ſich am Mundwinkel ſehr ſteil und etwas ſtumpfeckig herunterbiegt. Noch ſchärfer charakteriſirt fie der Beſitz eines, mehr oder weniger hohen und ſcharfen, (aber natürlich nur bei offenem Munde ſichtbaren) Knochenvorſprunges am Gaumen, welchem gegenüber ſich die Schneidenränder des Unterkiefers durch Einziehen nach innen zu bedeutend verengern. Tieſe Bildung macht, daß ein Getreidekorn, nachdem es mit Hülfe der Zunge ſeiner Länge nach und auf ſeine gewölbte Seite an jene Stelle des Unterkiefers gelegt worden iſt, mit der Längsfurche ſeiner anderen (jetzt nach oben gekehrten) Seite genau unter den erwähnten Gaumenhöcker zu liegen kommt. In dieſer Lage iſt dann bloß ein mäßiger Druck des letzteren erforderlich, um bei einer kräftigen Bewegung zum feſteren Schließen der Kiefer das Korn ſofort mit Leichtigkeit in zwei oder mehrere Stücke zu zerſprengen, deren mehlige Theile der Vogel nunmehr leicht vollends von der feſten, kruſtenähnlichen Schale ablöſt. Außer Inſekten, welche ſie allem Uebrigen vorziehen, beſchränken die Ammern, ſo lange ſie die Wahl haben, ſich lediglich auf die mehligen Saamen von Getreide, Hirſe- und ſonſtigen Grasarten. Zu kleinen ölhaltigen greifen die meiſten bloß im Falle der Noth. Zwei oder drei Arten, welche den Sommer weit oben in der arctiſchen Po— larregion beider Feſtländer zubringen, führen wegen des langen, geraden Nagels ihrer Hinterzehen, welcher einem ſo genannten Lerchenſporne ähnelt, die Namen Sporner oder Spornammern. (Plectrophänes.) Sie find bloß Erdvögel, wie die Lerchen, gleichen in Betreff ihrer Füße, Flügel und Schwänze den Erdfinken, und haben unter den Weſen dieſer Familie den kleinſten Schnabel mit dem klein— ſten Gaumenhöcker. Erſtere find ihrem beſtändigen Aufenthalte am Boden oder „) Wenigſtens ſoll der ſyſtematiſche (lateiniſche) Name keine bloße Uebertragung des Titels Kazicke (Stammeshäuptling eder König) ins Lateiniſche durch bloße Bildung einer lateiniſchen Ausgangsſylbe ſein; ſondern er ſoll ſich, von cassis abgeleitet, auf das Stirn— ſchild oder Helmſtück beziehen. 262 Bögel; 3te Ordn.: Singvögel; auf Felſen eben fo angemeſſen, wie letztere paſſend für die kleinen Geſäme der, meiſt auch ſelbſt fo kleinen, hoch- nordiſchen Pflanzen. Der Schneeſporner, (Pl. nivälis, Emberiza niv.,) gewöhnlich Schneeammer genannt, ſieht im höhe— ren Alter, zumal den Sommer hindurch, faſt ganz weiß aus, nur mit ſchwarzem Rücken und ſchwarzen Flügel- und Schwanzſpitzen; im Winter dagegen, beſonders als jüngerer Vogel, oben mehr röthlich- und erdbraun (wieſelfarbig) ſtatt weiß. Er bewohnt, von Island und dem nördlichften Norwegen an, die kahlen und trau— rigen Felſen zwiſchen den Schnee- und Eiswüſten des alleräußerſten Nordens, ſo weit hinauf, als je europäiſche Reiſende gekommen und wo längſt meiſt alle übrigen Singvögel verſchwunden ſind. In jenen Einöden muß er, nach Verhältniß der Ausdehnung derſelben, in überſchwenglicher Menge vorhanden ſein: da er beim Ein— tritte des Winters, nach dem erſten bedeutenden und bleibenden Schneee, in ſo großen Schaaren ſüdwärts kömmt, daß er namentlich die milderen Inſeln der Nord— ſee und manche andere Länder unter ähnlicher Breite gleichſam überſchwemmt. Bis nach Süddeutſchland ſtreift er jedoch bloß in den allerſtrengſten, ſchneereichſten Win— tern. Denn, obwohl kaum einer Lerche an Größe überlegen, trotzt er doch in ſei— nem warmen Gefieder ganz leicht auch der grimmigſten Kälte, ſobald ihm nur hie und da ein kleines, bloß gewehtes Bodenſtreifchen einige Körnchen darbietet. — Der Lerchenſporner (Ember. calcaräta) iſt eine etwas kleinere Art von mehr lerchenähnlicher, aber dunklerer Färbung, die beſonders am Nacken ins Roſtrothe und am Kopfe des Männchens ins Schwarze fällt. Sein Wohnplatz ſcheinen mehr die bloßen, ſchneefreien, niederen Bergebenen oder Thäler und flache, kahle Einöden am Strande des Nordens. Dieſe findet er vorzüglich in Aſien, wo er deßhalb auch häufig iſt; dann in einem großen Theile von Nordamerika; aber nur wenig in Europa, wo er auch nirgends zu brüten feheint.*) is 60 Die übrigen Ammern, mit größerem Schnabel und Gaumenhöcker, haben kür— zere Flügel, längere, ſchmälere Schwänze und kurze, gebogene Nägel. Man be— trachtet ſie als wahre Ammern, (Emberiza,) und nennt ſie Strauchammern, weil die meiſten ihren Aufenthalt gern im Niederwalde, oder ſonſt im Geſträuche nehmen. Außer Europa bis Nordafrika erſtreckt ſich ihre Verbreitung, wie es ſcheint, faſt nur noch über Mittel- und Nordaſien, wo ſie beſonders zahlreich an Arten ſind. Sie nähern ſich faſt ebenſo den Sperlingen unter den finkenartigen Vögeln,“) wie die Spornammern ſich den Lerchen und Finken anſchloſſen. Doch beweiſen ſie weit mehr Kunſttrieb, und bauen aus feinen Halmen recht hübſche, napfförmige Neſter mit dicken Wänden und mit einer ſehr netten Ausfütterung von Pferdehaaren. ““) Ihre Eier laſſen ſich von jenen der meiſten übrigen Vögel ) Die wenigen, welche im Herbſte und Vorwinter bei uns erſcheinen, kommen wahre ſcheinlich aus Aſien: indem fe auf ihrem Zuge ebenfo, wie die meiſten übrigen gefie— derten Wanderer unſeres Feſtlandes, jenem milderen Luftſtrome folgen, welcher ſich dann bei jedem Wehen des Weſtwindes vom atlantiſchen Meere aus weit über Europa verbreitet und ſo weſentlich dazu beiträgt, den Weſtgegenden deſſelben eine viel mildere Temperatur zu verleihen, als den öſtlichen. **) Vergl. oben S. 255. *) Gicht irgend Etwas Zeugniß von der wunderbaren Schärfe des Geſichts ſinnes bei den Vögeln; ſo iſt es die faſt unglaubliche Leichtigkeit, mit welcher die meiſten künſtli— chen Neſtbauer ſo viele, einzeln verſtreute Thierhaare, die ſie zum Baue ihrer Neſter verwenden können, beſonders Schwanzhaare von Pferden und Kühen, ſelbſt da noch auffinden müſſen, wo man kaum an die Möglichkeit hiervon glauben ſollte. Macht man ſich nämlich einen ungefähren Ueberſchlag von der Menge ſo benutzter Haare in den Neſtern ſo vieler kleiner Vögel, die nicht bloß weit entfernt von Dörfern, auf Feldern und im Feldgeſträuche, ſondern ſelbſt tiefer in Wäldern hecken; jo fühlt man a) hartſchuäbellge: Saamenſchäler. 263 des Inlandes leicht an den zahlreichen, ſchönen, langen, dunklen Adern und Zügen unterſcheiden, welche einen hellen, grauweißen, röthlichen, oder ſchwach bräunlichen Grund durchziehen. Die Geſänge ſämmtlicher Ammermännchen zeichnen ſich durch Einfachheit aus. Unſere bekannteſte Art iſt der Goldammer, (E. citrinella,) mit hellgelbem Grunde am Kopfe und ganzen Unterleibe. Er belebt als Stand» vogel faſt alle unſere Wälder und Feldgebüſche, und kömmt bei etwas hohem Schneee auf die Höfe aller Dörfer, unter die Sperlinge; zuweilen ſelbſt in die Städte. Der Gartenammer (E. hortuläna) wohnt zwar bei uns gerade nicht in Gärten, ſondern am liebſten auf Straßenbäumen in offenen Feldgegenden, liebt jedoch im Süden Europa's die Weingärten. Daher wohl fen Name. Er iſt ſchon etwas kleiner, mit grünlichgrauem Kopfe und hell rothbräunlichem Bauche. Früher ſoll er ſeines ausnehmend wohlſchmeckenden Fleiſches halber ſehr hochgeſchätzt und namentlich in Italien, ſo wie auf der Inſel Cypern, mit großem Aufwande künſtlich gemäſtet worden ſein: wo ihn dann reiche Leckermäuler zuweilen mit unge— heueren Preiſen bezahlt haben ſollen. Hierbei muß es denn auffallen, daß dieſer Vogel unſeren Vogelſtellern ſelbſt da, wo er ſehr gewöhnlich iſt, (wie hin und wieder in Schleſien) immer nur höchſt ſelten einmal und, wie es ſcheint, mehr zu— fällig, ins Garn geräth. Er müßte alſo entweder nach ſeinem Wegzuge von hier, oder überhaupt im Süden, unendlich viel leichter zu fangen ſein; oder derjenige, welchen man im Süden oft zu Tauſenden einlegt und verſchickt, müßte ein ganz anderer ſein! In der That trägt man, der Güte ihres Fleiſches wegen, bei uns den Namen Ortolan ſehr häufig auch noch auf diejenigen beiden Ammerarten über, welche wir theils das ganze Jahr hindurch, theils bloß im Sommer bei uns ſehen. Letzteres iſt der Fall mit dem Rohrammer; Erſteres mit dem Gerſten— oder Grauammer, (E. miliaria,) der eigentlich vielleicht der wahre Ortolan, die miliaria der alten Römer, ſein mag. Er hat vollkommen die Größe und beinahe ganz die Farbe einer Lerche, hält ſich meiſt ebenſo an der Erde auf, und niſtet nicht ſelten an Stellen, wo es faſt gar keinen Baum oder Strauch, ſondern nur hohe Staudengewächſe giebt. Sein Geſang beſteht in einer Art ſonderbarem, krei— ſchendem Triller, in welchem man ebenſo ein L, wie ein M (beides unter einander) hört. Derſelbe hat ſo viel Aehnlichkeit mit dem Quietſchen eines Weber- oder Strumpfwirkerſtuhles, daß man den Vogel hin und wieder Strumpfwirker nennt. Er beſitzt von allen Ammern den ausgezeichnetſten Schnabel mit dem größten Gaumenhöcker. Der Rohrammer (E. schoeniclus) beſitzt roſtrothe Vorderflügel; und das Männchen zeigt im Frühjaͤhre einen ſchwarzen Kopf und Kehlfleck mit weißer, halsbandähnlicher Einfaſſung. Das Weibchen ſieht der Farbe nach faft wie ein Sperling aus, nur etwas röthlicher. Daher giebt man dem Vogel häufig den Namen Rohrſperling: obwohl er übrigens nie im eigentlichen Rohre ſelbſt, ſondern auf naſſen Wieſen und neben Teichen im Sumpfgeſträuche lebt, wo aller— dings meiſt mehr oder weniger Rohr wächſt. Sein Geſang klingt ſonderbar, gleich— ſam ſtammelnd; aber nicht ſo, daß er füglich Anlaß zu dem bekannten Sprich— worte gegeben haben könnte!“ [s 61. Den wirklichen Saamenſchälern, namentlich den Ammern, am nächſten ſtehen in mehreren Punkten, beſonders nach der Wahl ihrer Nahrungsmittel, ſich gedrungen, anzunehmen, daß faft kein ſolches draußen verlorenes Haar unbenutzt bleiben koͤnne, vielmehr fait alle von jenen kleinen befiederten Baumeiſtern aufgefunden werden müſſen. Denn, ohne jene Ueberzeugung durch den Augenſchein vor den Neſtern ſelbſt, würde man kaum glauben: daß überhaupt ſo viele dergl. Haare draußen verloren gehen, oder ſonſtwie hinauskommen ſollten. 9 Letzteres hat ohne Zweifel der große (droſſelartige) Rohrſänger gethan. 264 Vögel: zte Ordn.: Singvögel; die lerchenartigen Singvögel. Man könnte fie füglich als Spelzer oder Quetſcher bezeichnen. Denn ſie pflegen die Körner an ſich meiſt ganz und ungeſchält zu verſchlucken: da ihr Schnabel der hierzu nöthigen ſcharfen Schneidenränder, Gaumen vorſprünge ꝛc. entbehrt. Aber ſolche Saa⸗ men, die, wie jene der Hirſen-, Hafer- und mancher ähnlichen Grasarten, ſelbſt nach dem Ausfallen noch von einer lockeren Hülſe (Spelze) eingefchlof- ſen bleiben, ſuchen ſie durch anhaltendes Quetſchen mit dem Schnabel, oder durch Stoßen gegen Steine und den harten Boden, von jener zu befreien. Unter den ölhaltigen Geſämen ſagen ihnen nur die kleinſten zu. Inſekten geben auch ſie ſo lange als möglich den Vorzug. Sie bewohnen die freien Gegenden des geſammten alten Feſtlandes, und nur Eine Art einen Theil des nördlichen Amerika's, aber keine das ſüdliche. “) Ihrem beſtändigen Leben auf dem Boden angemeſſen ſind die lange, meiſt ſehr lange, ganz gerade Kralle ihrer Hinterzehe, und die gleichfalls ſchwache Biegung der übrigen Nägel: die, wenn ſie ſtärker gekrümmt wären, ſich oft mit ihren Spitzen in den Boden einkrallen und ſo die Schnelligkeit ihres Laufes beeinträchtigen würden. Letzterer geſchieht immer ſchrittweiſe und in langen Abſätzen, faſt wie bei den Hühnern. Gleich dieſen pflegen die Lerchen, welche ihnen von allen Singvögeln überhaupt am nächſten ſtehen, ſich immer bloß im Staube zu baden, und ſuchen ſich bei Gefahren oft tief an den Boden in ein Grübchen, oder an die nächſte Erdſcholle anzudrücken, um ſich ſo dem Blicke ihrer Feinde zu entziehen. Um ihren, meiſt ſehr an— genehmen, wechſelreichen Geſang ebenſo, wie die meiſten anderen Sänger, von der Höhe aus ertönen zu laſſen, ſteigen die meiſten Lerchen vermöge ihrer langen, ſpitzen Flügel, welche wegen der Größe ihrer letzten Schwungfe— dern zugleich anſehnlich breit ſind, beinahe ſtets in die Luft. Hier ſchwingen fie ſich dann, trillernd und langſam flatternd, zu einer ſehr bedeutenden Höhe auf, wo manche nun ſtundenlang umherſchweben. Jene wärmeren und heißen Erdſtriche, welche härtere und größere Sämereien für kleine finkenartige Vögel mit beſonders harten und großen Schnäbeln hervor— bringen, ernähren mit den größeren mehligen Saamen mancher anderen Pflanzen auch mehrere Arten von Lerchen mit viel ſtärkeren, höheren und ungleich härteren Schnäbeln, als die unſerigen. Eine paſſende Benennung für ſie wird das Wort Ammerlerchen fein. (Corydon; Melancorypha!!) Meiſt auf Flächen mit leich— tem, loſem Sande wohnend, wo ſie leicht durchtreten, pflegen ſie beſonders lange Nägel, aber kurze Zehen zu haben: ſo daß die, darein verſunkenen Füße ſich doch immer leicht wieder herausziehen. Eine davon in Südeuropa und Nordafrika, die einzeln ſchon nach dem Süden Deutſchlands herauf kömmt, heißt Ring- oder Ka⸗ landerlerche. (Alauda calandra.) Sie iſt gleichſam unſere Feldlerche vergrö— ßert, mit dickerem Schnabel und Kopfe, und mit einem ſchwarzen, halbringähnlichen Flecke auf jeder Seite des Halſes. Man rühmt nicht bloß ihren ſchönen, eben ſo lauten, als klaren, eigenen Geſang, ſondern auch das bewundernswürdige Nach— ahmungstalent, mit welchem ſie die Geſänge faſt aller um ſie her wohnenden Vö— gel wiederholt und häufig noch ſonſt viele andere Töne nachäfft. Die, noch etwas ſtärkere Mohren- oder ſchwarze Ammerlerche, (A. nigra, ) auf den ſchwarzgrun⸗ digen Salzſteppen der Tatarei ꝛc., ſieht im Sommer ganz ſchwarz aus. (Ihr friſch vermauſertes Gefieder zeigt helle, gelbbräunliche Ränder, die ſich ſpäterhin Dort mag in den Steppen wohl der faſt allgemeine, für fie zu üppig-hohe Gras— wuchs das Hanpthinderniß ihrer Verbreitung daſelbſt fein. a) hartſchnäbelige: Spelzer. 265 abreiben.) Sie foll ſich im Herbſte bisweilen noch zu uns verftreichen, und ſcheint auch den Süden von Afrika zu bewohnen, kömmt aber doch nirgends zwiſchen inne vor. *) § 62. Die eigentlichen Lerchen, (Alauda,) mit dünnem, nicht hohem Schnabel, bewohnen vorzüglich gemäßigte und kältere Länderſtriche. Zu ihnen gehört zuvör— derſt die Alpenlerche, (A. alpestris,) bei uns freilich nur ein ſeltener Herbſt— oder Wintergaſt. Denn ſie bewohnt im Sommer mehrere Gebirgszüge Mittel— aſiens, vom Ural ab, ſo wie die offenen, ſandigen Strandgegenden des aſiatiſchen Eismeeres. Außerdem beſitzen ſie auch die entſprechenden Theile von Nordamerika: und zwar, wie es ſcheint, ſogar noch die großen, kahlen, über weiten Hochebenen liegenden Schneegebirge von Mexico. Der Lerchenfarbe miſcht ſich bei ihr ein ro— ſenröthlicher Schimmer bei. Stirn und Wangen nebſt der Einfaſſung des ſchwar— zen Kehlfleckes ſind ſchwefelgelb; und über dem Auge kann ſie auf jeder Seite ei— nige längere, ſchwärzliche Federchen wie ein Paar Hörnchen erheben. — Eine ſehr ähnliche, aber größere Art (A. bicornis) findet ſich hoch auf dem beſchneiten Rük— ken des Sinai. — Europa und Nordaſien beſitzen allenthalben die allbekannte und allbeliebte Feldlerche, (A. arvensis,) die wieder bei uns erſcheint, ſobald der Schnee wegthaut, um faſt alle unſere Felder und die meiſten Wieſen bis hoch hin— auf gegen die Schneegränze der Gebirge zu beleben. Sie gilt mit ihrem anſpre— chenden, ſchmetternden und wirbelnden Geſange als liebliche Botin des Frühlings. Leider werden jedoch faſt überall, namentlich auch in manchen Gegenden von Mit— teldeutſchland, (vor Allem um Leipzig,) jeden Herbſt viele Tauſende, ja zuweilen wohl Millionen, weggefangen und rückſichtslos hingeopfert, um durch den Wohl— geſchmack ihres Fleiſches den Gaumen von Leckermäulern zu kitzeln. Die ergiebigſte und leichteſte Fangart, beſonders in recht finſteren Nächten, iſt jene mit großen, langen Schleppnetzen, (Nachtgarnen,) in welche die, ſchaarenweiſe auf den Feldern übernachtenden und plötzlich aus dem Schlafe aufgeſtörten Lerchen ſich beim Auf— fliegen verwickeln. Die merkwürdigſte Methode, die zugleich das meiſte Geſchick erfordert, aber nur bei Tage anwendbar bleibt, ſcheint der Fang vermittelſt des ſo genannten Lerchenſpiegels. Dieſer iſt jedoch Nichts weiter als ein längliches Stück Holz, an deſſen breiterem Obertheile eine mäßige Anzahl von Spiegelglasſcherben ſo eingeſetzt ſind, daß ſie bei anhaltendem Herumdrehen des ganzen, wunderlichen Inſtruments ein gewiſſes, flimmerndes Blinken oder Flirren erregen. Letzteres muß auf die Lerchen einen ganz eigenthümlichen Reiz der Neugier und Verwun— derung ausüben: indem ſie alsdann, meiſt einzeln in der Luft umherziehend, ſich dem Spiegel nähern und dicht bei demſelben vorbei- oder herumfliegen. **) Hierbei *) Einen ziemlich ähulichen Fall kennen wir vom vauchfüßigen Buſſarde. (S. 215.) n) Dieß ſcheint für den Augenblick allerdings ſehr räthſelhaft. Indeß verhält es ſich damit höchft wahrſcheinlich jo: Die meiſten Vögel (mit Abrechnung derer, welche ſich bloß von Fleiſch, Fiſchen oder ſaftreichen Inſekten und Larven nähren) bedürfen des Trinkens, oder im Winter des Schneees, zur Löſchung ihres Durſtes: wozu ihnen im Sommer nur theilweiſe das Ab— nehmen der Thautropſen von Pflanzen genügt. So auch die Lerchen, unter welchen man eben die gemeinen um Mittag und fpäter oft ſehr weit zur Tränke fliegen ſieht. Für ſie muß alsdann, da fie Häufig mitten in weitläufigen, trockenen Feldern wohnen, das kleinſte Grübchen voll Regen- oder Quellwaſſer, welches fie von einiger Höhe aus ſchon ſehen, fernhin im Sonnenſcheine blinken, oft ein höcylich angenehmer Fund fein, der fie von Weitem herbeilockt. Und für einen ſolchen mögen die durſtigen Vögel den flirrenden Lerchenſpiegel anſehen. N A Daher gewöhnlich, wenn fie herbeigekommen find und ſich getäuſcht finden, ihr, meiſt wiederholtes Herumfliegen um denſelben, und die Erfahrung: daß fie nur bei ſchönem, warmem Wetter, und wenn es ſonſt ihnen wohlgeht, nach dem Spiegel fliegen, bei fühler 266 Bögel; Ite Ordu.: Singvögel; werden fie nun von dem Vogelfteller mit beſonderer Fertigkeit aus der Luft herab— gerückt, d. h. von ausgeſpannten Netzen, welche er ſehr raſch über ſie wegſchlagen läßt, bedeckt. — Merklich kleiner und zarter, als die Feldlerche, mit kürzerem Schwanze, der an den meiſten Federn einen weißen Fleck zeigt, fo wie mit etwas mehr Weiß an Wangen, Hinterkopf und Schultern, iſt die Wald-, Baum- oder Haidelerche, (A. arborea,) eine der vortrefflichſten Geſangskünſtlerinnen der Vogelwelt! Sie nimmt ihren Aufenthalt gern auf großen, trockenen Rodeplätzen und Waldblößen, beſonders im Nadelwalde, am liebſten in den einſamen, dürren, ſtellenweiſe mit Haidekraut bewachſenen Kieferhaiden unſerer unfruchtbarſten Sand— gegenden; und das Männchen hat die Gewohnheit, beim Singen, ſo bald es ſich nicht damit in die Luft erhebt, auf Bäumen zu ſitzen, beſonders des Nachts. Schon ihre Lockſtimme und die übrigen gewöhnlichen Töne klingen ausnehmend zart und wohllautend. Ihr wirklicher, voller Geſang aber beſitzt, bei dem herrlich— ſten Klange ſeiner Töne, etwas ſo eigenthümlich Zartes, Weiches, Schwermüthiges und wahrhaft Rührendes, daß er in dieſer Hinſicht unter allen näher bekannten Vogelgeſängen als einzig in ſeiner Art daſteht: indem er, ohne beſonders ſtark zu ſein, an eigenthümlicher, unwillkührlich ergreifender Kraft ſelbſt den Schlag der be— ſten Nachtigall unendlich weit übertrifft, da letzterer bei allen ſeinen Vorzügen und Schönheiten doch gegen jenen meiſt nur hart, wild und roh erſcheint. Sie ſingt auch öfters bei Nacht. Im Herbſte, beim Fange der Feldlerchen auf ſandigen Stoppeläckern unweit von Wäldern, fällt leider auch dieſes, ſo einnehmende Thier— chen nicht ſelten in das Garn eines Vogelſtellers. Uebrigens erſchwert die weit größere Zärtlichkeit ſeiner Körperbeſchaffenheit den Liebhabern ſeine Erhaltung in der Gefangenſchaft gar ſehr. Auch ſingt es hier niemals ſo ſchön, wie in der Freiheit. — Seinen gewöhnlichen Namen „Haidelerche“ führt bei dem gemeinen Manne, beſonders in ſolchen Gegenden, wo es ſelbſt nicht vorzukommen pflegt, ſehr häufig, aber ganz mit Unrecht eine dritte Art, welche den Winter über bei uns bleibt: die Kuppen⸗ oder Haubenlerche, (A. eristäta,) die ſich zwar ebenfalls durch hübſche Stimmlaute und einen guten Geſang auszeichnet, letzteren aber meiſt nicht häufig übt. Auch ſie hält ſich bloß an trockenen Stellen und am liebſten auf ſandigem Boden auf, weilt aber beſonders gern an Fahrſtraßen in der Nähe von Städten und Dörfern, weit entfernt von Wäldern. Ihr höchſt ſchlichtes, faſt ganz ſtaub— farbiges Federkleid macht es oft ſchwer, ſie im Stillſitzen von trockenem Straßen— boden und kahlem Ackerlande zu unterſcheiden. Nur ihr kurzer Schwanz und die ſpitzfederige Haube oder Holle ſehen größten Theils ſchwärzlich aus. Durch ihren dünnen, größeren, ſanft gebogenen Schnabel, welcher ziemlich die Länge des Kopfes hat, vermittelt ſie bereits den Uebergang zu | den langſchnäbeligen und hochbeinigen Sand-, Stelzen- oder Wüſtenlerchen (Thinotretis, Certhilauda!!) der großen dürren Sandſteppen Afrika's. Bei die— ſen iſt aber der Schnabel wohl doppelt ſo lang, wie der Kopf. Er mag demnach ein recht bequemes Werkzeug ſein, um nicht bloß Inſekten und deren Larven, ſon— dern auch die kleinen Knollen mancher zarten Zwiebelgewächſe oder dergl., tief aus dem Sande herauszubohren, in welchem dieſe Vögel auf ihren hohen, ſehr kurz— zehigen Beinen mit Leichtigkeit und faſt wie auf Stelzen einherwaden. Eine — oder ſonſt ſchlechter, zumal regneriſcher Witterung dagegen ihn gar nicht achten! Natürlich, weil fie alsdann des Waſſers theils weniger bedürfen, theils deſſen überall finden — Auf eine ſolche, jetzt ganz vergeſſene Berechnung ganz einfacher und natürlicher Um— ſtände hat vielleicht auch der erſte Anwender des Lerchenſpiegels als guter Naturbeobachter ſeine Erfindung begründet: dafern ihn nicht etwa, wie ſo häufig ein reiner Zufall auf die Wirkſamkeit derſelben geführt hat! a) hartfehnäbelige: hackende. 267 ſolche Art, die zweiſtreifige, (Al. bifasciäta s. deserti,) mit zwei breiten weißlichen Flügelbinden, hat überdieß ganz dieſelbe, eigenthümlich rothgelbliche oder lehmröthliche Farbe, wie der Triebſand jener grauſigen, endloſen Wüſten, die einen ſo großen Theil von Nordafrika dieſſeits des Aequators bedecken. — Eine zweite, nach ihrer Lockſtimme Sirli genannt, (A. africana,) welche in Süd- und Nord- afrika, wahrſcheinlich meiſt auf feſterem Boden wohnt, und bisweilen einzeln nach Südfrankreich herüberſtreift, gleicht an Färbung und Zeichnung mehr unſerer Feld— und Haubenlerche. * S 63 Einige wenige Singvögel, welche gleichfalls Saamenfreſſer ſind, ſo lange ſie nicht Inſekten genug haben können, und welche ſich im Ganzen noch den Lerchen und Ammern am nächſten anſchließen, die braunellenartigen, möchte man bloß als Beiſſer bezeichnen: da ſie die kleinen, oder meiſt ſehr kleinen Sämereien, welche fie verzehren, immer bloß mitten durchbeiſſen. Denn ihr ziemlich ſchwacher Schnabel, der an den Naſenlöchern nach oben zu einen ſtark vorſtehenden Knorpelrand zeigt, hat bloß ſcharfe aber nirgends übergewölbte Schneiden. Er kann daher, da er auch ſonſt ganz einfach (ohne Gaumenhöcker od. dergl.) iſt, zum Auslöſen von Saamen aus den Schalen nicht dienen. Hierher gehört der Fluh- oder Flüevogel der Alpen, häufig auch Flüelerche genannt. (Laiscöpus s. Accentor alpinus.) Er hat ziemlich die Geſtalt und Größe, ſo wie oberhalb die Zeichnung einer Feldlerche, nur eine mehr aſch- oder ſteingraue Farbe; dabei eine weiße, fein ſchwarzgefleckte Kehle, und ziegelrothe Flecken in den Seiten. Auch die Füße ähneln, bis auf die kurzen, gekrümmten Nägel, denen einer Lerche. Seine Heimath erſtreckt ſich von den Alpenzügen Süd— europa's bis auf einige der höchſten Gipfel des Rieſengebirges. Seinen Wohnplatz nimmt er, von der Gränze des Holzwuchſes an bis weit hinauf in die rauhen Alpen, auf zerriſſenen und zerklüfteten, zacken- und ſpaltenreichen Felſen, oder in Trümmerhaufen von Steinen (Geſchieben oder Schollengeröll): wo er, herumlaufend, alle Ritzen nach Inſekten durchſucht. Er iſt der beſte Sänger der Hochgebirge, der ſich mit einer ſchönen, lauten Stimme, jedoch in ſehr abgebrochenen Sätzen hören läßt; ſonſt aber ein ſtiller harmloſer Vogel, der ſich wenig bemerkbar macht. Seine nächſte Verwandte, die viel kleinere Braunelle, (Accentor modu- läris,) mit kürzeren Flügeln und ſchmälerem Schwanze, möchte doch wohl als Gattung von ihm verſchieden ſein. Denn ſie verhält ſich faſt ganz ſo zu ihm, wie die Strauchammern zu den Spornammern, deren Stelle der Flüevogel auf den Alpen von Süd- und Mitteleuropa zum Theile vertritt. Die Braunelle hat faſt die Farben eines Sperlings, mit ſchiefer- oder eiſenfarbigem Vorderkörper; da— her ihre Namen „Eiſenſperling“ und „Heckenſperling.“ Sie durchkriecht nämlich im Herbſte alle dichte Hecken, todte Zäune u. dergl., begiebt ſich aber mit Eintritt des Frühlings bald in junges, dichtes Tannen- und Fichtengehölz, beſonders nach gebirgigen Gegenden. Ihr lateiniſcher Speciesname bezieht ſich auf ihren kurzen, hübſchen, aber ziemlich einförmigen Geſang, deſſen Töne, in drei oder vier kurze Strophen getheilt, faſt mit der Regelmäßigkeit einer muſikaliſchen Tonleiter immer tiefer ſinken. [$ 64. 2te Zunft: Hackende Singvögel mit hartem Schnabel. Die Schneiden ihrer Kiefer, welche meiſt beide von faſt gleicher Länge und gerade ſind, oder nur ſchwach gebogen erſcheinen, haben zwar eine ziem— liche Schärfe, ſind aber nirgends ſo nach innen zu eingebogen, daß ſie zum 268 3te Ordn.: Singvögel; Schälen von Geſämen tauglich würden. Die Kraft ihres Schnabels liegt vor Allem in feiner vorzüglichen Härte, die, zumal an der Spitze, noch grö- ßer zu ſein pflegt, als bei den Saamenſchälern. Daher können ſie mit mehr oder minder bedeutender Kraft allerhand Gegenſtände aus der Erde, oder fenft, durch Hacken hervorholen, und ſolche, die zum Verzehren im Ganzen zu groß, oder zu feſt ſind, in genießbare Brocken zerkleinern, oder von Ge— ſämen die Schale abſprengen, um zu ihrem genießbaren Kerne zu gelangen. Kleine, bewegliche Dinge nehmen ſie hiebei zwiſchen und unter die Zehen bei— der Füße, um ſie, etwas ſchief darauf ſtehend, feſtzuhalten und ſo deſto ſiche— rer darauf loshauen zu können. Ihre Naſenlöcher, die zu ſehr ſcharfen Ge— ruchsorganen führen, werden faſt immer von dichten, darüber hinwegliegenden Borſtenfederchen ſo zugedeckt, daß ſie bei dieſem Hacken Nichts in dieſelben hineinſpringen und ſie verſtopfen kann. Trotz ihrem Singmuskelapparate beſitzt keine der hierher gehörigen Gat— tungen einen Gefang, den man auch nur als mittelmäßig bezeichnen könnte. Die meiſten laſſen anſtatt deſſelben bloß wiederholt ihre ſonſtigen Stimmen, oder wenige andere, großen Theils nicht eben wohllautende Töne hören. So namentlich die krähenartigen Vögel. Bei ihnen war es daher auch, bevor man ihre Geſangswerkzeuge durch anatomiſche Unterſuchungen aufgefunden hatte, Niemanden eingefallen, ſie für Singvögel zu halten. Sie ſind, im Ganzen genommen, die größten und kräftigſten Geſchöpfe der ganzen Ordnung; und man kann ſie hieran beſſer, als an dem, hin- ten etwas weniger breiten Schnabel, von ihren nächſten Verwandten, den meiſenartigen Vögeln, unterſcheiden. Doch haben ſie rundliche, wenig auffallende, letztere hingegen große, breite Zehen- und Sohlenballen. Die ganze Lebensart der meiſten, namentlich ihre Vorliebe für Fleiſch und Eier von Wirbelthieren, geben ihnen, wenigſtens nächſt den Würgern, unter allen Weſen dieſer Ordnung noch die meiſte Aehnlichkeit mit manchen Raub- vögeln, namentlich mit den unedlen. Da ihre Füße und Krallen nicht wie bei den Raubvögeln die nöthige Kraft zum Tödten der Thiere haben; ſo ge— brauchen fie bei größeren ſtets die Vorſicht, denſelben zuerſt die Augen aus- zuhacken, um ſich ihrer gewiß zu verſichern. Ein Inſtinct, der fo feſt in ih- rer Natur liegt, daß ſie dieſe Maaßregel ſogar auch auf größere Aeſer jeder Art ausdehnen. Alle finden ihre Nahrung hauptſächlich, die Mehrzahl ſogar ausſchließlich auf dem Boden. Hier gehen die meiſten und größten in gra- vitätiſchem, abgemeſſenem Schritte einher, und hüpfen nur in Eile zuweilen mit ſchnellen Sätzen; die kleineren haben ſtets einen hüpfenden Gang. Auf Bäume begeben ſich die größten gewöhnlich bloß, um da zu ruhen: da ſie, eigentlich zum Gehen gemacht, ſich zur Fortbewegung auf den Aeſten zu un⸗ beholfen fühlen. Bloß gute Baumfrüchte können ſie ſonſt dahin ziehen. An ihren Schwungfedern verſchmälert ſich die kleinere (End-) Hälfte plötzlich ſo, daß zwiſchen denſelben von da an beim Ausbreiten des Flügels anſehnliche Zwiſchenräume bleiben. Dieß macht, wegen des ſtarkeren Durch— ſtreichens der Luft, den Flug dieſer Vögel viel ſauſender und etwas ſchwan— kender, als er ſonſt ſein würde. In der Gefangenſchaft lernen mehrere mit ziemlicher Leichtigkeit menſchliche Worte nachſprechen. Hier zeigt und ent- a) hartfchnäbelige: Dadende 269 wickelt ſich auch ganz beſonders jene eigenthümliche und, wie es ſcheint, allen krähenartigen Vögeln ſchon im freien Zuſtande gemeinſame Vorliebe für glänzende Dinge aller Art: als Juwelen, Münzen, goldene, ſilberne oder ſonſt glänzende metalliſche Gegenſtände, Porzellanſtückchen, Glasſcherben u. dergl., die fie draußen gern in ihre Neſter tragen. F) In der Gefangenſchaft pflegen ſie ſolche Sachen, meiſt unbemerkt, zu verſchleppen und ſie dann, mitunter hau— fenweiſe, nach einem verſteckten Plätzchen zu bringen, wo ſie lange Zeit ihre beſondere Freude an dieſen, für fie ganz unnützen Schätzen haben, bis fie der— ſelben doch am Ende überdrüßig werden, oder ſie ſonſt vergeſſen. *) Die meiſten werden auf der einen Seite durch Vertilgung von Mäuſen und einer großen Menge ſchädlicher Inſekten oder Larven in hohem Grade nützlich. Doch ſchaden ſie auf der andern durch das Tödten junger Haſen, Repphühner und anderer kleinen nutzbaren, wilden und zahmen Thiere; ganz beſonders aber durch Aufſuchen und Austrinken von Vogeleiern, auf welche ſie vor— zugsweiſe erpicht find. Sie werden daher von den Jägern meiſt eifrig, leider gewöhnlich ohne den gehörigen Unterſchied und daher zum Theile mit Un— recht, verfolgt. S 65. Die eigentlichen Raben und Krähen (Corvus) machen ſich bei ſtarken Geh: füßen durch ihren vorzugsweiſe kräftigen Schnabel, einen mittellangen, ſchwach ab— gerundeten Schwanz und anſehnlich lange Flügel kenntlich. Ihr Flug iſt ſchneller, als er gewöhnlich ſcheint, und ziemlich leicht. Er kann daher auch nach Erforder— niß recht ausdauernd ſein; und ſie ziehen von Wäldern, Felſen, Thürmen oder ähnlichen Niſt- und Ruheplätzen aus große Strecken, oft meilenweit, auf Feldern, Wieſen oder ſonſt im Freien, an Ufern von Gewäſſern ꝛc. nach Nahrung umher. (Dieſes Bedürfniß einer gewiſſen Abwechſelung des Einen mit dem Anderen mag wohl der Hauptgrund ſein, warum gerade nur Südamerika, welches vor der An— kunft der Europäer größten Theils entweder bloß unermeßliche und faſt ununter— brochene Wälder, oder noch ausgedehntere, einförmige Grasſteppen enthielt, weder Raben und Krähen, noch Elſtern befist.) Dem Mangel an Geſchick, manchen großen Laubinſekten, die ſie lieben, namentlich Maikäfern, auch da, wo dieſelben in Menge zu finden ſind, auf den Bäumen ſelbſt oder gar auf Sträuchern nachzu— gehen, wiſſen dieſe Vögel durch Liſt abzuhelfen. Indem ſie ſich nämlich auf die Aeſte ſetzen und dieſe durch lebhaftes Schlagen mit den Flügeln in ſtarke, ſchwan— kende Bewegung bringen, bewirken ſie, daß die Käfer in Folge der Erſchütterung herabfallen: worauf ſie dieſelben mit Bequemlichkeit von der Erde aufleſen. Bei den geſellig lebenden ſchüttelt auf dieſe Art wechſelsweiſe ein Theil der Schaar für den anderen, der inzwiſchen ſchmauſt; bei denen, welche ſich nur paar- und fami— ) Daher die alte Volksſage: daß die Neſter der Raben Schätze enthielten. ) Dieſe merkwürdige und ſonderbare Neigung, in Folge deren leicht Dienſtboten oder ſonſt verantwortliche Perſonen in ganz unverſchuldeten Verdacht gerathen können, ſcheint für den erſten Augenblick unerklärlich. Indeß hängt ſie wahrſcheinlich mit der Begierde zuſammen, mit welcher alle dieſe Vögel die fchön gefärbten und ſämmtlich metalliſch-glän⸗ zenden, großen und kleinen Laufkäfer verfolgen, die ihnen, zumal bei Sonnenſchein, eben durch ihren lebhaften Glanz ſchon von Weitem ins Auge fallen. a Uebrigens iſt es allerdings nicht Seltenes, im Winter bei hohem Schneee, wo die Ne⸗ belkrähen jo häufig nach Städten und Dörfern kommen, im Magen der geſchoſſenen kleine Scherbenſtücken von thönernen Kochtöpfen zu finden, welche dann meiſt auf der inneren Seite noch ihre Glaſur haben. Die Veranlaſſung hierzu liegt aber gewiß lediglich in dem Mangel an grobem Sande und kleinen Steinchen, welche dieſe Vögel ſonſt das ganze Jahr hindurch zur Beförderung der Verdauung im Magen (durch Reibung) zu verſchlucken pfle- gen. Statt der Steinchen müſſen ſie dann, wenn ſie des hohen Schneees wegen keine fin— den können, ſolche Scherbenſtückchen wählen. 270 Bögel; Ite Ordn.: Singvögel; lienweiſe zuſammenhalten, thun es die Gatten einer dem anderen, und die Alten den erwachſenen, flugbaren Jungen. Sie zeigen ſelbſt vor den ſchnellſten falkenartigen Raubvögeln, den größeren Edelfalken und Habichten, keine ſonderliche Furcht. Ihr Inſtinkt ſagt ihnen, daß ihnen dieſelben nicht leicht gefährlich werden: zumal wenn ſie, in Flüge verſammelt, einander beiſtehen können, um den Angreifer durch ihr Geſchrei und tobendes Umſchwärmen zu verwirren, und dann zu vertreiben. Allen ſchwerfälligeren, unedlen Falken, die Adler nicht abgerechnet, ziehen ſie ſogar neckend nach: (da ſie ſelbſt jenen theils zu ſchnell fliegen, theils zu gewandt im Schwen— ken ſind;) und zwar ſo gern, lange und weit, daß ſie ſie nicht ſelten ſehr bedeutend in ihren Jagden ſtören: indem hierdurch die ſchwächeren, wehrloſen Vögel auf— merkſam werden und ſich beſſer in Acht nehmen. Auf ſolche Weiſe machen unter den krähenartigen Vögeln beſonders ſie (und unter den übrigen wirklichen Sing— vögeln die Würger, Bachſtelzen und Schwalben) gleichſam die Wächter und War— ner der übrigen Vogelwelt, namentlich der Landvögel. — Der gemeine oder Kolk— rabe, (C. corax,) ſo genannt nach ſeiner Stimme, hat am Körper beinahe die Größe eines Haushahnes, und durchgängig eine ſchwarze, matt ins Grünliche ſchim— mernde Farbe. Er wohnt auf unſerer Erdhälfte meiſt überall, bis hinab gegen die heiße Zone: auf den Ebenen gewöhnlich bloß am Rande großer Wälder, wo er ſich zum Niſten ſtets die älteſten und höchſten, meiſt unerſteiglichen Bäume aus— ſucht.) Auf den Alpen dagegen, fo wie im höheren Norden am Strande, hauſt er auf ſteilen Felſen. Bei uns macht er ſich dem Jäger in hohem Grade verhaßt durch die Begierde, mit welcher er junge Haſen und junges Federwild verfolgt: in— dem er nach Art vieler Raubvögel, gewöhnlich paarweiſe, kreiſend über Feldern und Wieſen nach Beute umherzieht; wobei er, hier an Verfolgungen mit Schießgewehren gewöhnt, faſt allen Nachſtellungen durch Schlauheit, Scheu und Vorſicht zu entgehen weiß. Noch läſtiger wird er im hohen Norden: wo er nicht bloß außerordentlich häufig iſt, ſondern auch wegen des viel ſeltneren Gebrauches von Pulver und Blei meiſt un— beſchreiblich dreiſt wird. Dort raubt er daher nicht bloß den, für die Einwohner ſo wichtigen Seevögeln die Eier und Jungen, ſondern ſtiehlt jenen auch die, zum Trocknen aufgehängten Fiſche hinweg.“) Auf Island, den Färöern, ſhetländiſchen und anderen nordweſtlichen Inſeln, wo bei der Milde des Klima's die Schafe meiſt das ganze Jahr hindurch, ſich ſelbſt überlaſſen, im Freien bleiben, hackt er Hun— derten von jungen, eben gebornen Lämmern, die erſt nach einigen Tagen des Ge— brauches ihrer Füße mächtig werden, die Augen aus. Ja, nicht ſelten ſollen ihrer mehrere mit einander dieß ſogar mit ſchwachen, oder kränklichen alten Schafen verſuchen, die ihnen alsdann, ſo geblendet, ſehr bald durch einen Sturz von den Felſen zur Beute werden. Am Strande des Meeres, wie an den Ufern ſüßer Gewäſſer, geht er den ausgeworfenen Waſſerthieren aller Art eben ſo gern nach, wie die, ihm ſo nahe verwandte Raben- oder Nebelkrähe. Gleich ihr verſteht er ) Letzteres verſtehen naͤchſt ihm vorzüglich die Elſtern und gewöhnlich auch die Krähen ſo vortrefflich, daß in der Regel ſelbſt der menſchliche Verſtand ihre Klugheit und Umſicht kaum zu überbieten vermögen würde. Da, wo ſie zwiſchen vielen Bäumen die Wahl haben, findet man ihre Neſter faſt im— mer auf ven höchſten, mit den dünnſten und gebrechlichſten, aber am dichteſten verwachſenen Wipfeln. Unter Kiefern in geſchloſſenen Beſtänden ſuchen ſie regelmäßig ſolche aus, die am weiteſten hinauf einen ganz glatten Stamm haben. Dagegen wählen ſie in Fichten- und Tannenwäldern gerade umgekehrt diejenigen Bäume, welche ihrer ganzen Länge nach ſo dicht mit Aeſten beſetzt ſind, daß das Erſteigen derſelben nicht bloß dem Menſchen, ſon— dern auch faſt allen größeren Raubthieren unmöglich wird. 1 ) Somit liefert er, ſammt feinen Verwandten, überall mehr als hinreichende Beweiſe zur Bewährung des Sprichwortes: „ſtehlen wie ein Rabe.“ a) hartſchnadelige: hackende. 271 größere lebende Schalthiere, namentlich Muſcheln, die ihre Gehäuſe nicht öffnen wollen, und markhaltige Röhrknochen entzweizuſchlagen: indem er, ſie nöthigen Falls zu wiederholten Malen, im Schnabel, oder zwiſchen den Zehen hoch mit ſich in die Luft hinaufnimmt und ſie von da auf Felſen herabfallen läßt. Jung ausge— nommen und gezähmt, lernt er menſchliche Worte, oft mit großer Deutlichkeit, nachſprechen. (Schon mancher konnte dann die Stimme ſeines Herrn ſo täuſchend nachahmen, daß Dienſtboten ſich häufig von Letzterem mit Namen gerufen glaubten, während es bloß der Rabe gethan hatte.) — Faſt nur hierin allein bildet die, ihm ſonſt in allen Stücken ſehr ähnliche, wiewohl merklich kleinere, gemeine oder Aas— Krähe (C. cornix et C. coröne) den Gegenſatz zu ihm. Wohnort und Lebens— art ſind bei ihr im Ganzen dieſelben. Daher bleibt auch der Schade, welchen ſie anrichtet, faſt der nämliche, bloß nach geringerem Maaßſtabe. Der Nutzen aber, den ſie ſtiftet, iſt größer, und ihr Weſen überall viel weniger ſcheu, im harten Winter ſogar dreiſt. Sie bildet je nach dem Klima zwei, in der Färbung meiſt ſehr verſchiedene Hauptabänderungen. Dieſe glaubte man früher um ſo mehr für zwei ſelbſtändige Arten halten zu müſſen, je mehr ſie in ſehr vielen Gegenden zu— gleich beſtimmte Raſſen auszumachen ſcheinen: da ſie nach Verhältniß nur ſelten ſtufenweiſe in einander übergehen. Die eine, gewöhnlich Rabenkrähe genannt, erſcheint nach ihrer ganz ſchwarzen, nur ſchwach grünlich ſchimmernden Farbe gleich— ſam als ein Kolkrabe im Kleinen. Die andere, die Nebel-, Schild- oder Sat— telkrähe, iſt am ganzen Leibe aſchgrau, und ſieht bloß am Kopfe bis vorn auf die Bruſt herab, dann an Flügeln, Schwanz und Beinen ſchwarz aus. Erſtere bewohnt mehr den Süden von Europa, wo die graue größten Theils unbekannt iſt: da ſie gewöhnlich ſelbſt das ſüdliche Deutſchland bloß zum Winter beſucht. Weiter nach Norden zu kennt man dagegen nur ſie. Am Strande des aſiatiſchen Eis— meeres, welches ſie das ganze Jahr hindurch bewohnen kann, (weil das Meer dort wegen der großen, daſelbſt herrſchenden warmen Strömungen doch ſelten zufriert,) giebt es ſogar eine noch viel hellere Farbenabänderung von ihr. Ganz anders ver— hält ſich dieß Alles, ſchon aus climatiſchen Gründen, im ganzen mittleren Aſien, namentlich im ſüdlichen Sibirien bis nach Kamtſchatka hin. Denn, trotz der ſüd— licheren Lage, wird theils wegen der viel höheren Erhebung des Bodens, welchen gewöhnlich ſchon ſein bedeutender Salzgehalt noch kälter macht, als er ohne dieſen ſein würde, theils wegen der großen Entfernung von allen jenen mildernden (im Sommer kühlen, im Winter lauen) Seewinden, die Kälte dort in dem ſehr langen Winter ſo ſtreng, und der Schnee liegt meiſtens ſo hoch, daß faſt alle Vögel dort ungleich weiter nach Süden wandern müſſen, als unter gleichen Breiten in Eu— ropa: bis ſie dann endlich, meiſt erſt jenſeits der höchſten Gebirge der Erde, faſt plötzlich in ein ſehr warmes Klima gelangen. Da nun dieſe Nothwendigkeit, ſo weit zu wandern, dort unter anderen auch die gemeine Krähe trifft, der Sommer aber wieder in ganz Sibirien ſo heiß iſt; ſo leuchtet es ein, daß diejenigen Krähen, welche den Sommer dort zubringen, im Grunde das ganze Jahr, wenn gleich an verſchiedenen Orten, doch ſtets in ſehr warmer Temperatur verleben müſſen. Folg— lich find dieſelben Urſachen, welche in Südeuropa und Nordafrika ꝛc. eine Verdun— kelung, Verſchönerung und ſonſtige weitere Ausbildung ihrer Farbe bewirken, für ſie, wie für viele andere Vögel, auch dort vorhanden; ja ſie treten dort zum Theil ſogar in noch höherem Maaße hervor. Es kann alſo nur als ganz regel- und naturgemäß erſcheinen, wenn auch die gemeine Krähe dort zuletzt überall bloß in der rein ſchwarzen Färbung vorfömmt. *) Dabei iſt es jedoch gewiß, daß ein gro— ) In der That erlangen ſolche Vögel, welche der mittlere und öſtliche Theil von Aſien mit dem Süden Europa's und dem Norden Afrika's gemein hat, namentlich 272 Vögel: 3te Ordn.: Singvögel; ßer Theil des weſtlichen Sibiriens zugleich eine Menge von Mittelftufen zwiſchen der Färbung von Raben- und Nebelkrähen beſitzt. Dieſe Erfahrung muß um ſo merkwürdiger gerade darum erſcheinen: weil dieſe Mittelfärbungen ſonſt (3. B. in Norddeutſchland) ſelbſt in denjenigen Landſtrichen ſelten bleiben, wo Raben- und Nebelkrähen zahlreich neben einander wohnen und ſich häufig ebenſo ohne Unter— ſchied, wie ohne Noth, mit einander verpaaren. Denn überall wiederholt ſich hier die Wahrnehmung: daß die Jungen ſolcher gemiſchten Paare ihrer Farbe nach in der Regel zur Hälfte dem Vater, zur Hälfte der Mutter gleichen; und daß immer nur einzelne (meiſt bei ungerader Zahl) eine Mittelfärbung tragen, oder, wie man ſonſt meinte, Baſtarde würden! — Hin und wieder in Deutſchland, wo (wie in Schleſien) die Rabenkrähe kaum, oder vielleicht gar nicht vorkommt, verwechſelt man mit ihr häufig *) die viel ſchönere und auch ſonſt ſehr verſchiedene Saat— krähe. (C. krugilégus.) Dieſe unterſcheidet ſich aber ſehr leicht ſchon von ferne durch den herrlichen, ſtahl- und veilchenblauen Glanz ihres Gefieders; in der Nähe auch durch den längeren, rundlicheren Schnabel und die weichen, zerſchliſſenen (nur locker zuſammenhängenden) Kehlfedern.“) Im Alter kömmt hierzu noch der Man— gel aller Naſenborſtenfedern, ſo wie die Kahlheit und das graue, ſchäbige Ausſehen der ganzen Schnabel- und Kinngegend. Beides iſt eine Folge der eigenthümlichen Art und Weiſe, wie nur dieſe Krähe den größten Theil ihrer Nahrung fucht. Denn anſtatt, wie alle übrigen Vögel dieſer und der folgenden Familie, die in der Erde verborgene Nahrung, welche ſie ihr ſcharfer Geruch aufſpüren läßt, durch Hacken (alſo mit wiederholten, kräftigen Schnabelhieben) hervorzuholen, bohrt ſie zur Saatzeit erweichte, keimende Getreide- und Hanfkörner, noch mehr aber das ganze Jahr hindurch Regenwürmer, Engerlinge und ſonſtige Inſektenlarven aus derſelben heraus: indem ſie ihren Schnabel mit großer Kraft, oft ſo weit, als der— ſelbe nur reichen will, in den Boden ſtößt und ihn ſo ganz vorzugsweiſe in die, die Zugvögel, dort überhaupt meiſt eine ähnliche, ja häufig eine noch bedeutendere, Entwickelung und Verſchönerung ihrer Farben und Zeichnung, als hier. (So wird eine bloße, dunkle Aſchfarbe häufig zu Schieferfarbe oder Schwarz. Aus lichtem, ſanft ins Weißliche übergehendem Grau entſteht oft ſchönes, reines Weiß. Roſtgelb wird zu Roſtroth; und wirkliche Roſtfarbe, die ſich durch Einfluß der Wärme ſtets höher entwickelt und weiter verbreitet, ja ſich mitunter auch wohl erſt neu erzeugt, ſteigert ſich bis zu ſchönem, feurigem Rothbraun.) Das Gegentheil geſchieht, ganz entſprechend, bei ſolchen Arten, die entweder ſchon überhaupt Standvögel find und bleiben, oder dieß wenigſtens im höheren Alter und na⸗ mentlich im männlichen Geſchlechte werden. (Wie der Uhu, die Schneeeule und der Jagd— falke.) Bei ihnen wird das Gefieder dann immer heller, (oft zu einem faſt fleckenlo⸗ ſeren Weiß,) je weiter ſie im fernen Nordoſten von Aſien wohnen: weil hier bei der immer furchtbarer werdenden Kälte und der langen, immer zunehmenden Dauer des Win— ters auch diejenigen Verhältniſſe, welche die Entwickelung der Farben hemmen, immer ſtärker hervortreten: nämlich verminderte Thätigkeit der Haut, als des, den Färbeſtoff be⸗ reitenden Organs; und verkürzte Einwirkung des Lichtes, als der, alle Ausbildung der Far⸗ ben vermittelnden, äußeren Kraft. Ueber die noch größere Wirkſamkeit dieſer wichtigen Außendinge auf die Süuge- thiere, die ſich dem Einfluße derſelben ſelten oder nie durch bedeutende Wanderungen ent⸗ ziehen können, find zu vergleichen S. 9, S. 63, S. 65, S. 66-67, S. 74, S. 90, S. 103. Bei ihnen treten die Folgen hiervon fogar doppelt ſcharf hervor: weil ihr regel- mäßiger und allgemeiner, doppelter Haarwechſel ſie der Wirkung beider Gegenſätze, der glühenden Hitze des Sommers und der eiſigen Kälte des Winters, in gleichem Grade zu: gänglich macht. s „) Beſonders im erſten Jugendgefieder. —) Nicht bloß bei der vorhergehenden und dem Raben, ſondern auch bei der Dohle und den Elſtern, erſcheinen dieſelben viel breiter, härter und pfeilförmig-Zugeſpitzt. a) hartſchnäbelige: hackende. 273 meiſt geradeunter laufenden Gänge der Regenwürmer hineinzwängt.“) Hierdurch werden ihre Naſenborſten, die bei allen jungen Saatkrähen eben ſo gut vorhanden ſind, wie bei irgend einem anderen krähenartigen Vogel, nach und nach völlig ab— gerieben: ſo, daß ſie dann, ſammt den Geſichtsfedern, ſpäteſtens eine Zeit lang nach der erſten Mauſer für immer vernichtet und ſchon im Keime erſtickt werden. Bei ſolchen Vögeln, welche Gegenden mit feſterem, härterem oder ſteinigem Boden bewohnen, geſchieht dieſes Abnutzen viel früher, als bei denen, welche bloß in wei— chere, leichte, ſandige Erde zu bohren brauchen. Oertlichkeiten dieſer Art ziehen ſie jenen der erſteren Art gern vor. Sie ſind die einzigen Vögel unſeres Bin— nenlandes, welche uns, bei einem ſtets geſelligen Leben, durch ihr Niſten in großen Schaaren, die oft viele Tauſende von Paaren zählen, einen ungefähren Begriff ge— ben können von dem regen Leben und Treiben in den Kolonieen mancher Seevögel am Meeresſtrande. An der, einmal zum Heckplatze gewählten Waldſtelle hängen ſie mit ſeltſamer, hartnäckiger Vorliebe, wie vielleicht kein anderer Vogel. Da hel— fen weder Scheuchmittel irgend einer Art, noch das Herunterwerfen der Neſter, deren gewöhnlich mehrere (auf großen Laubholzbäumen nicht ſelten 30 bis 40) auf Einem Baume ſtehen; weder das Ausnehmen oder Herabſchießen der meiſten Jun— gen, noch das Tödten einzelner, weniger vorſichtiger Alten. Nichts vertreibt ſie, ſo lange ſie nicht von ſelbſt wegziehen: was höchſt ſelten geſchieht. Allerdings thun ſie, beſonders im Frühlinge, ſo lange es noch wenig Inſekten giebt, oft großen Schaden an friſch geſätem Getreide: vorzüglich am Hafer, als dem am früheſten geſäten; und noch mehr am Hanfe, von dem ſie in der That zuweilen gar Nichts übrig laſſen.“) Doch nützen fie gewiß noch weit mehr durch das Verzehren uns zähliger Inſekten und ſchädlicher Larven. Sie verdienen daher gewiß eher gehegt, als verfolgt zu werden. Denn dem jungen, zahmen oder wilden Geflügel ſchaden ſie durchaus nicht: da ſie ſelbſt Aas nur gelegentlich, um der darin lebenden Ma— den oder Käfer willen, durchſuchen. Freilich thun ſie aus dieſem Grunde auch wenig oder gar Nichts zur Vertilgung der Mäuſe. Das Fleiſch der Jungen, de— nen man am beſten kurzweg die Haut abzieht, giebt, zumal gebraten oder gebacken, ein gar nicht übles Gericht; und die Eier ſollen vorzüglich ſchmackhaft ſein. — Bedeutend kleiner, als die Saatkrähe, mit etwas kurzem Schnabel und graulich— ſchwarz von Farbe, mit lichter grauem Nacken, iſt die, faſt eben ſo geſellige Thurm— krähe oder Dohle. (C. monedüla.) Sie iſt wenig größer, als eine Taube, und oft kaum weniger raſch im Fluge: ſo daß, wenn ihre kleineren Schaaren ſich im Herbſte mit den großen Flügen der Saatkrähen vereinigt haben, ſie um der letzteren willen beim Umherziehen in der Luft entweder viel langſamer fliegt, als ſonſt, oder nicht ſelten auf das Nachkommen von jenen wartet. Beide übernachten dann mit einander in Wäldern. Sonſt bewohnen die Dohlen ſtets nur ſchroffe, ſpaltenreiche Felswände und Gebirgsſchluchten, oder noch lieber große, alte Kirchen und Thürme in Städten: von wo aus ſie gleichwohl klüglicher Weiſe höchſt ſelten, oder nie auf die Straßen herabkommen, aber gern und um ſo dreiſter die Süßkirſchbäume in den Gärten der Vorſtädte plündern. Große gothiſche Gebäude haben ſie am lieb— ) Daher hinterläßt fie an ſolchen Stellen, wo fie Nahrung geſucht hat, bloß eine Menge enger, glatter, einfacher Löcher, die wie mit einem ſpitzen Stocke gebohrt ausſehen: während die übrigen Krähen ze. in gleichem Falle ſtets viel weitere, trichterförmige Gruben machen, aus denen fie losgehackte Erde brockenweiſe umherwerfen. % Um Krähen, Dohlen, Elſtern ꝛc.-von ſolchen Orten, wo ſie Nachtheil verurſachen, abzuhalten, braucht man in der Regel bloß einen oder mehrere geſchoſſene ihrer eigenen, oder einer verwandten Art an Stangen aufzuhängen. Das Beiſpiel der, im Winde bau⸗ melnden ſchreckt dann die übrigen gewöhnlich bald ab; nur bei den Saatkrähen, als den minder klugen, wirkt das Mittel nicht immer, wenigſtens nicht jedes Mal nachhaltig. Gloger, allgem. Naturgeſchichte 18 274 Bögel: Ite Ordn.: Singvögel; ften: weil theils die Verzierungen an denfelben, theils die offenen Rüſtlöcher, ihnen die bequemſten Neſthöhlen darbieten; und es iſt offenbar der Mangel an letzteren, welcher ſie von kleinen Dorfkirchen fern hält. Jung ausgenommene werden ſehr zahm und lernen gut ſprechen. — Nordamerika bewohnen, außer dem gemeinen Raben und der gewöhnlichen (Aas-) Krähe noch mehrere andere Arten, die theils jenem, theils dieſer, theils der Dohle ähneln. — Südafrika beſitzt eine nähere Ver— wandte der Saatkrähe, (C. capensis;) ferner auch die ſchöne weiße Kr. der dor— tigen Koloniſten. (C. scapulätus.) Letztere gleicht ſonſt unſerer Nebelkrähe: nur daß ſie ſchön weiß ausſieht, wo letztere aſchgrau iſt. Bei ihr geht ſogar das Weiße zuweilen ebenſo ins Schwarze über, wie bei der unſerigen das Graue. Sehr ausgezeichnet und gewiß als generiſch (der Gattung nach) verſchieden zu betrachten, iſt die dortige Ring- oder Adlerkrähe, die noch paſſender Geier— rabe heißen möchte. (Archicörax; Corv. albicollis.) Denn ihr ausnehmend ſtarker und ungewöhnlich hoher Schnabel iſt ſeitwärts auffallend ſtark zuſammengedrückt, ſo daß er, von der Seite geſehen, lebhaft an die Schnäbel mancher Adler und Geier mahnt. Dieſe ſeine Bildung muß ihn im höchſten Grade zu einem kraftvollen Hacken in die Erde, wie in das Fleiſch von Thieren aller Art, geſchickt machen. Seine Spitze und ein ſchöner halber Ringkragen hinten am Unterhalſe ſind weiß; alles Uebrige an dem Vogel ſieht glänzend ſchwarz aus. [S 66. Umgekehrt, vorzugsweiſe ſchwach, daher namentlich dem mancher Droſſeln ähn— lich, und gelb von Farbe, iſt der Schnabel der Alpendohle oder Schneekrähe, der man um ſeinetwillen auch den Namen Dohlendroſſel beilegt.*) (Pyrrhocorax alpinus; Corv. pyrrhocörax.) Die Füße ſtechen bei ihr, wie bei der nächſtfolgenden, durch eine lebhaft hochrothe Farbe hervor. Ihre Heimath umfaßt bloß die höchſten Mittelgebirge von Südeuropa und Kleinaſien: in Deutſchland bis herauf nach Baiern; und außerdem jene von Britannien. Zu eigenlichen Wohn- und Niſt⸗ plätzen wählt ſie, gleich der Dohle, welcher ſie im Betragen ganz ähnelt, ſchaaren— weiſe die jäheſten und gefährlichſten Felsabſtürze und Thalſchluchten: von wo aus ſie, meiſt in lärmenden Truppen, die kahlen Bergfluren an und über der Gränze des Holzwuchſes durchſtreift. Hochroth mit weißlichen Naſenfedern, dabei länger, runder und dünner, als bei irgend einem anderen krähenartigen Vogel, daher wieder zum Bohren geeignet, finden wir den Schnabel der Stein- oder Alpendohle. (Gracülus eremita; Corv. gra- cülus.) Da derſelbe ſich, vermöge ſeiner merklichen Biegung und breitlich-ſtum— pfen Spitze, etwas dem eines Wiedehopfes nähert, fo hat man fie auch Thurm— wiedehopf genannt. Ihr ſchwarzes Kleid ſchimmert noch weit ſchöner, als das der Saatkrähe, in Veilchenblau und Purpurfarbe. Ihre langen Flügel überragen den kurzen, breiten Schwanz, und geſtatten ihr einen ſehr raſchen Flug, welcher es ihr leicht macht, in ihrer rauhen, armen Heimath weit nach der kärglichen Nahrung um— herzuſchwärmen. Denn ſie wohnt auf ähnlichen Felswänden, wie die vorige, aber faſt immer nur paarweiſe, und meiſt noch bedeutend höher in den Alpen; ſelten auf den Thürmen einſamer Bergdörfer. Bei dem milden Klima von Weſteuropa kömmt auch ſie noch auf den Gebirgen von Schottland vor: während ſie auf dem Feſtlande nur bis in die Schweiz heraufgeht. In Aſien findet man ſie auf dem Kaukaſus, ja ſelbſt noch auf den Alpen um den See Balkal. Während die bis hierher aufgeführten krähenartigen Vögel alle mit einer ges wiſſen Gravität ſchrittweiſe gehen, und ſich bloß mitunter zuweilen ſpringend be⸗ wegen, haben die noch folgenden, deren Füße auch dünner ſind, ſtets einen hüpfen⸗ ) Richtiger würde freilich das Wort Droſſeldohle fein. a) hartſchnäbelige: hackende. 275 den Gang. Darunter zuvörderſt die Elſtern. (Pica.) Man unterſcheidet ſie leicht an dem langen und ziemlich breiten, ſtark keilförmigen Schwanze, den ſie am Boden ſtets etwas hoch halten müſſen, und der ihnen beim Fliegen in ſtarkem Winde einige Beſchwerde macht: weil ſie alsdann, durch den bedeutenden Druck der Luft auf denſelben, nicht ſelten aus der gewünſchten Richtung kommen. Sie zeigen nicht bloß einen ähnlichen Schnabel, ſondern auch dieſelbe Nahrungsweiſe und namentlich eine gleiche Begierde nach Fleiſch, Vogeleiern ꝛc., wie die meiſten eigentlichen Krähen und Raben.) Dagegen verbieten es ihnen die viel kürzeren Flügel und der ſchwere Flug, ſo weit umherzuſtreifen. Theils deßhalb, theils aus Furcht vor den großen Habichten und Edelfalken, ſo wie überhaupt aus Beſorgniß vor Nachſtellungen, halten fie ſich gewöhnlich in der Nähe von Wäldern, oder we— nigſtens von Bäumen und Geſträuch. Denn ſie übertreffen, wenn nicht den Naben, doch alle Krähen und ſämmtliche übrige Verwandten an Liſt, Schlauheit und Vorſicht ebenſo, wie an Kunſtfertigkeit. Ihre großen Neſter, welche ſie inwendig mit einer ſchönen Auspolſterung von feinem Gewürzel verſehen, umgeben ſie äußerlich nicht bloß überall mit einer Menge ſtacheliger oder zackiger Reiſer; ſondern ſie überwölben auch das Ganze noch mit einer leichten, aber hohen und feſten, ſchützenden Decke von Dor— nen, ſo daß nur zwei, knapp angemeſſene Zugänge als Fluglöcher offen bleiben. Dieſe erſparen ihnen nicht allein das, ſonſt zum Wiederherausfliegen erforderliche Umwenden, welches der lange Schwanz ſo ſehr erſchwert; ſondern ſie laſſen ihnen auch, bei Angriffen von der einen Seite, immer noch das Entkommen auf der anderen zu. Eine ſehr tief -napfförmige Aushöhlung der Neſter verhütet, auch wenn dies ſelben auf ſehr dünnen, unerſteiglichen Baumwipfeln ſtehen, ſelbſt noch beim hef- tigſten Schwanken durch ſtarken Wind das Herausfallen ihrer Eier und Jungen. Buſſarde und ähnliche, ſchwerfällige Raubvögel necken und verfolgen auch ſie mit vieler Zudringlichkeit. Die europäiſche, Garten- oder gemeine Elſter (Pica eu- ropæa, Corvus pica,) hat bei matt ſammtſchwarzem Ober- und Vorderleibe einen weißen Unterleib und Flügelſtreifen, nebſt größten Theils weißen Innenfahnen der Flügel. Letztere glänzen ſchön bläulich-ſtahlgrün; und der Schwanz ſchillert, be— ſonders am Ende, noch ſchöner in Purpur- oder Kupferfarbe und Goldgrün. Sie lebt faſt allenthalben im nördlichen und mittleren, (aber nicht im ſüdlichen) Europa, ſo wie unter gleichen Breiten in Aſien und einem Theile von Nordamerika: ge— wöhnlich in Feldhölzern und Gärten. Am häufigſten iſt ſie um ſolche Dörfer, deren Einwohner viel Flügelvieh halten. Auch hier beobachtet ſie immer große Vorſicht und geht, trotz ihrem, ſonſt etwas geſchwätzigen Weſen, nach Umſtänden auch ſehr ſtill und ſchweigſam zu Werke: ſo daß man z. B. ſehr häufig das Vor— handenſein eines Neſtes von ihr nicht eher bemerkt, als bis entweder die Jungen ausfliegen, oder die Alten gar zu gierig über die jungen Hühner und Entchen her— fallen. Unter allen Vögeln bei uns beginnen ſie ihren Bau mit am früöheſteſten: gewöhnlich ſchon im Februar. s 67. Die Häher (Glandarius) tragen überall ſehr weiches, zerſchliſſenes, lockeres Gefieder, welches ſich beſonders auf dem Kopfe mehr oder weniger zu einer, leicht aufrichtbaren Holle verlängert. Sonſt beſitzen ſie etwas kürzere Schnäbel, kürzere, bloß abgerundete Schwänze und mindeſtens eben ſo kurze, oder noch kürzere Flügel, als die Elſtern. Deßhalb ſind ſie noch viel weniger, als dieſe, dazu gemacht, weit auf dem Freien zu leben. In der That überfliegen ſie alle größeren freien Räume ſelbſt auf dem Striche und Zuge mit einer gewiſſen Haſt und Aengſtlichkeit, und beſchränken ) Darum haſſen und verfolgen alle Jäger und Beſitzer von Hausgeflügel auch fie mit mindeſtens gleichem Eifer; freilich aber, zumal die alten Vögel, ſelten mit Erfolg. 18 * 276 Vögel; gte Ordn.: Singvögel; ſich gewöhnlich auf gemiſchtes, abwechſelndes Gehölz. Da ſie jedoch auch tief in Wäldern leben können; ſo würde, bei der unermeßlichen Ausdehnung der letzteren über den größten Theil von Südamerika, ſchon hiernach ihrer Verbreitung daſelbſt nichts im Wege ſtehen. Doch liegt dieß zugleich mit an ihrer Nahrungsweiſe. Sie ſind nämlich einer Seits, den Frühling und Sommer hindurch, eben ſo räu— beriſch und begierig nach Fleiſch, wie die Elſtern und Raben, und zerſtören deßhalb eine Menge von Bruten anderer Vögel, theils durch Austrinken der Eier, theils durch Fortſtehlen der Jungen. Anderer Seits verzehren ſie im Herbſte und Win— ter nebſt mancherlei Beeren auch ſehr gern die harten Früchte mancher Bäume, namentlich der Eichen und Buchen. *) Von beiden, wie auch von Haſelnüſſen, tragen ſie ſich im Herbſte an verſchiedene Oerter, unter Baumwurzeln oder Steine, in alte hohle Stöcke u. dergl., kleine Haufen als Vorrath für den kargen, ſchnee— reichen Winter zuſammen. “) Doch wiffen fie dieſelben mit Hülfe ihres feinen Geruches im Falle der Noth ſelbſt unter dem Schneee noch aufzufinden. Sowohl zum Eintragen, wie zum Erweichen derſelben dient ihnen dann ihr, beſonders wei— ter Kropf, deſſen Inhalt ſie immer mit Leichtigkeit wiederaufwürgen, um die Früchte entweder in ihre Magazine niederzulegen, oder dieſelben, wenn ſie hungrig ſind, durch Hacken zu öffnen und den zerkleinerten Kern zu genießen. Sie ſind lange nicht ſo gute und mühſame Baukünſtler, wie die Elſtern. Namentlich mangeln ihren Neſtern jene ſtachelige Umwallung und die Decke von Dornen. Indeß ſind hier auch beide um ſo entbehrlicher, je leichter die Vögel das, nach Verhältniß kaum zum dritten oder vierten Theile ſo große Ganze gut verborgen anbringen können, und anzubringen wiſſen. Der gemeine, europäiſche Häher (Gl. pictus, Corvus glandarius) trägt ein nettes, eigenthümlich grauröthliches Kleid mit ſchwarzem Schnurrbarte, Schwanze und Flügeln, deren meiſte Deckfedern ſehr ſchöne, feine, bläulichweiße, himmelblaue, dunkelblaue und blauſchwarze, wellenartige Querbinden zeigen. Er wird gewöhnlich Eichel, Holz- oder Nußhäher, Nußhacker, Buchelt, und weil er ſich im Herbſte oft ſehr laut macht, Holzſchreier genannt. Seine vielfach ab— wechſelnde Stimme klingt alsdann nicht ſelten wie das Miauen der. Katzen und Buſſarde. Im Frühjahre ahmt er zuweilen auch die Stimmen anderer, größerer Vögel und ſelbſt die mancher Säugethiere nach. Dem Jaäger zeigt er noch häu— figer, als die Elſtern und Krähen, allerlei Wild, beſonders Füchſe und andere größere Raubthiere, durch ſein lautes Geſchrei an. Doch verräth er häufig ebenſo dem Wilde das Heranſchleichen des Jägers. Auch ſtiehlt er dieſem gern die, als Lock— ſpeiſe vorgehängten Ebereſchbeeren, oder noch lieber die gefangenen Vögel, aus den Dohnen: wobei er freilich bisweilen ſelbſt in einer Schlinge hängen bleibt. Außer ganz Europa, von wo er zum Winter theilweiſe nach Nordafrika hinüberzieht, verbreitet er ſich über die entſprechenden Theile von Aſien: nur den äußerſten Norden beider Welttheile abgerechnet. — Denn hier, ſo weit es Waldungen giebt, erſetzt ihn der rothſchwänzige H., von den abergläubiſchen Bewohnern des nördlichen Skan— dinaviens „Unglückshäher“ oder „Unglücksvogel“ genannt. (Gl. infaustus; Corvus ) Beide Baumgattungen fehlen dem größten Theile von Afrika: während Nordamerika beſonders reich an verſchiedenen Eichen iſt, und mehrere Buchen arten, zum Theile von ſtrauchartiger Form, als Hauptwaldung die oberſten bewachſenen Höhen vieler Gebirge von Südamerika überziehen. Demnach kann es nicht überraſchen: daß die Häher, während ſie in Afrika (mit Abrechnung der nördlichſten Striche) meiſt fehlen, in Amerika nicht bloß überall zu Haufe find, ſondern auch gerade in Südamerika (alfo gegenüber von Afrika) fo vorzugsweiſe zahlreich an Arten und ſchön von Farben hervortreten. . Da ſie dieſe Magazine öfters nicht wiederfinden, auch wohl, wenn kein hoher Schnee fällt, ihrer Vorräthe nicht bedürſen, oder ſie vergeſſen; ſo wirken ſie auf dieſe Weiſe nicht ſelten zur Anpflanzung und Weiterverbreitung ſolcher Bäume mit. A a) hartſchnäbelige: hackende. 277 & Lanius inf.) Dieſer iſt graubraun, am Oberkopfe ſchwarzbraun, an Schwanz, Schultern und Bauch roſtroth oder fuchsröthlich. Er muß nicht ſonderlich weit nach Süden wandern: da er z. B. nur höchſt ſelten einmal nach Deutſchland zu kommen ſcheint. Sein Betragen fanden manche Beobachter ſchon ſehr jenem der Meiſen ähnlich, zu welchen die Häher überhaupt den nächſten Uebergang bilden. Die Benennung Nußknacker (Caryocatactes, Nucifräga) wendet man ge— genwärtig vorzugsweiſe auf einen beachtungswerthen krähenartigen Vogel an, der ſeiner Geſtalt nach mehr den Krähen, als den Hähern gleicht, aber einen runderen und an der Spitze breiteren Schnabel als beide beſitzt. Er zieht nämlich Haſel— nüſſe im Herbſte jeder anderen Speiſe vor, und kann dieſelben, nachdem er ſie im Kropfe eingeweicht und dann wieder ausgeſpieen hat, mit Leichtigkeit öffnen. Letz— teres ſcheint er nicht allein durch Hacken, ſondern auch mit durch Drücken zu be— wirken. Denn er beſitzt, außer einer runden Vertiefung im Oberkiefer, zugleich noch eine ſchmale, (gerſtenkornartige,) harte Erhöhung von anſehnlicher Größe am Kinntheile des Unterkiefers.) Beide ſcheinen aber zuſammengenommen, nur in umgekehrter Lage, Daſſelbe, was bei den Ammern der Gaumenhöcker und die ver— engerten Schneiden des Unterkiefers als Quetſch- und Schälorgane vorſtellen. Es giebt wahrſcheinlich bloß die Eine, ſchön gefleckte Art, welche bei uns häufig mit dem Namen türkiſcher Nußhäher belegt wird. (C. guttätus; Corvus caryoca- tactes.) An ihrem Schnabel nimmt man bei verſchiedenen Stücken, durch alle Abſtufungen hindurch, eine ſehr merkwürdige Verſchiedenheit in Betreff der Länge und Stärke wahr: indem derſelbe bei manchen faſt nur halb ſo lang, aber beinahe doppelt ſo hoch und dick, wie bei anderen, erſcheint. Die Färbung iſt, mit Ab— rechnung der rein ſchwarzbraunen Kopfplatte, ſchön dunkelbraun mit einem länglich runden, nach hinten breiter werdenden (tropfenförmigen) Schaftflecke an jeder Fe— der; nur Flügel und Schwanz ſind ſchwarz, die breite Spitze des letzteren und der After weiß. Von Mitteleuropa ſind bloß die bedeutenderen Gebirge die eigentliche Heimath des Vogels. Seinen liebſten Aufenthaltsort bilden, namentlich in der Schweiz, die dortigen Arven- (Zirbelkiefer-) Wälder: weil er die großen Saamen dieſer Baumart (Zirbelnüßchen) ſo gern frißt, daß er häufig ſogar die geſäten wie— der aus der Erde holt und hierdurch das Anlegen ſolcher Waldungen zuweilen ſehr erſchwert. Minder bergige Gegenden ſcheint er erſt hoch im Norden zu bewohnen. Flache beſucht er nur in manchen Herbſten, nach ſehr unbeſtimmten Zeiträumen, aber zuweilen in beträchtlicher Anzahl: ſo daß ſein Erſcheinen dann allerdings auf— fällt. Früher konnte daſſelbe um ſo leichter abergläubiſche Meinungen erregen, je wunderlicher zum Theile ſein Betragen iſt. Denn er beweiſt ſich meiſt eben ſo einfältig, d. h. dumm-zutraulich, als gefräßig, und dabei fo fleiſchgierig, wie irgend ein krähen⸗ oder meiſenartiger Vogel. Anmerkung. Genauer betrachtet, und nach dem Reichthume ihrer bisherigen Gat⸗ tungen erwogen, werden die krähenartigen Vögel ohne Zweifel bald zu einer beſon⸗ deren Zunft erhoben werden müſſen; und dieſe wird dann in mindeſtens drei oder vier Fa⸗ milien zerfallen, deren Grundformen theils die Häher, theils die Elſtern, theils die übri— gen krähenartigen Vögel mit Einſchluß des Nußknackers, bilden müſſen. Auch hier, wie in faſt allen Familien der Vögel mit Singmuskelapparat, finden ſich jedoch zahlreiche Ueber- gänge zu anderen Familien und Zünften, ſo wie beſtändige Annäherungen ſelbſt an manche andere Ordnungen. **) Einige Formen ſtreifen noch deutlicher, als die hier aufgeführten, an die Raubvögel. (Eine füdliche Elſter z. B. theilt mit den Geiern und Aasvögeln ſogar den kahlen Kopf und Hals.) Mehrere gränzen an die Droſſeln und Würger ic. ) Um der letzteren willen mußte feine Zunge vorn tief geſpalten ſein. ) Wir kommen auch hierdurch wiederholt auf die fruheren Bemerkungen (S. 187 und S. 247) zuruck. 27 Vögel: Ite Ordn.: Singvoͤgelz 278 9 9 [8 68. Die nächſten Verwandten ihrer Mehrzahl bleiben jedoch die meiſenar— tigen Vögel. Denn dieſe find im Kleinen und für Bäume, Strauchwerf oder Rohr beinahe ganz Daſſelbe, was die krähenartigen im Großen und mehr für den ebenen Boden, oder für freie Gegenden und Waldgrund wa— ren. *) Die Beſtimmung der meiſenartigen erſcheint fo vorzugsweiſe, oder faſt ausſchließlich, für ein Leben unter jenen Verhältniſſen berechnet, daß die— ſelbe, da ſie alle nur ſelten und manche faſt gar nicht auf die Erde kommen, ſtets ein mehr oder minder entſchiedenes Klettertalent verlangte. Letzteres aber for— dert wieder eine größere Ausbildung und Schärfe ihrer Nägel, ſo wie eine viel bedeutendere Größe und Breite der Zehenballen, zum Anhalten nicht bloß an Rauhigkeiten von Baumrinden und zum Theile von Felſen, 1 gewöhnlich auch zum Umkrallen von glätteren Zweigen oder Schilf— almen ꝛc. Alle hierher gehörige Vögelchen zeichnen ſich durch eine bewunderungswür— dige Munterkeit und durch eine ſolche Lebhaftigkeit ihrer Bewegungen aus, wie ſelbe kaum irgendwo ſonſt in der Vogelwelt wieder gefunden werden. Beide ſind eine nothwendige Folge ihrer Nahrungsweiſe. Denn ſie leben ſo viel als möglich von den kleinſten Inſekten, nebſt deren Larven und Püppchen, noch lieber jedoch von den Eiern derſelben, beſonders von jenen der Schmet— terlinge: überhaupt alſo von den kleinſten thieriſchen Gegenſtänden. Deßhalb müſſen ſie, um ſich zu ſättigen, faſt den ganzen Tag unabläßig mit dem Auf— ſuchen ihrer Nahrung beſchäftigt fein. Sie ſtiften aber dadurch auch, na— mentlich in Wälbern und Gärten, einen ſo beträchtlichen Nutzen, wie kein anderer Vogel: weil jedes einzelne von ihnen täglich im Durchſchnitte meh— rere Hunderte, ja nicht ſelten wohl Tauſende, von ſchädlichen Inſekten ſchon im Keime (als Eier oder ganz junge Lärvchen) vertilgt. *) Eine faſt un⸗ endliche Abwechſelung gewährt die Betrachtung jener unzählig verſchiedenar— tigen Stellungen, in welchen die meiſten bald ſo, bald ſo an Rindenknorren, morſchen Aſtſtummeln und ſchwankenden Zweigen, oder Rohrhalmen kleben und ſich anhäkeln, um die Lärvchen und Gier der verfchiedenartigften Laub— verderber und Blüthenzerſtörer aus allen Ritzen, Höhlen, Aſtgabeln, Blatt— winkeln und ſonſtigem Verſtecke hervorzuholen, oder ſelbſt aus Blattknospen und Blüthen der Bäume herauszupicken. Sie ſind überall Strich-, aber faſt nirgends eigentliche Zugvögel, und ſehr viele bleiben auch den Winter über bei uns. Denn ihr dichtes, langes Federkleid hält ſie ſo warm, daß ſie ohne Beſchwerde der grimmigſten Kälte trotzen können und bei derſelben noch alle ihre ſonſtige Munterkeit behalten: weil jene allein fie nie im Aufſuchen ihrer Nahrung hindert. Aber häufige und ſtarke Winternebel bringen ihnen meiſt bittere Noth, und in Laubwäldern oft die Gefahr, Hungers zu ſterben: in— dem ſie an den Zweigen der Bäume und Sträucher den ſo genannten Rauh— *) In dem Kreiſe beider Familien (oder vielleicht richtiger „Zünfte“) entdeckt man ſehr bald, als beſonders hervorſtechend, gewiſſe, einander gegenſeitig faſt genau entſprechende Grundgeſtalten. Dieſe dienen gleichſam als Mittelpunkte, um welche wieder andere ſich als Bildungsabänderungen und Nebenformen von jenen anreihen. *) Sie verdienen daher, noch vor allen anderen Inſektenfreſſern, auf das Sorgfältigſte geſchont und nach Möglichkeit gehegt zu werden; und es giebt nichts Verderblicheres für unſere Gärten und Wälder, als jenen ſträflichen (faſt möchte man ſagen — fündhaften) Leichtſinn und Unbedacht, mit welchem, gleich fo vielen anderen Inſektenvertilgern, nicht ſelten auch die Meiſen in Menge weggefangen und getödtet wer— den, um als ein ſo kleiner, wenn auch ſehr zarter Biſſen das Gelüſt leckerer Feinſchmecker— zungen zu befriedigen. a) hartſchnäbelige: hackende. 279 reif (Duftfroſt) erzeugen, welcher alsdann faſt überall die Inſekteneier und Püppchen unſichtbar macht. *) [ 69. Die eigentlichen Meiſen (Parus) werden auch Waldmeiſen genannt: weil ſie ſich den größten Theil des Jahres hindurch bloß in Waldſtücken und Gärten mit großen, oder ſonſt alten, theilweiſe hohlen Bäumen aufhalten mögen. Sie können, als die größten und ſtärkſten, auch kleine Stückchen dünner, lockerer Rinde, unter welcher ſie Inſekteneier ſehen oder riechen, vollends loshämmern, um ſich dieſer zu bemächtigen. Ebenſo verſtehen ſie Baumlöcher, in welchen ſie auf einer kunſtloſen Unterlage brüten, durch theilweiſes Heraushacken des alten, morſchgewor— denen Holzes zu erweitern und ſehr nett auszuzimmern. Ganz im Einklange mit ihrer ſo außerordentlichen Nützlichkeit, vermehren ſie und die Schwanzmeiſen ſich ſo ſtark, wie ſolches, mit Abrechnung der meiſten hühner- und entenartigen Vögel, bei keinem anderen befiederten Weſen der Fall iſt. Ebenſo, wie ſie, unter den meiſenartigen Vögeln mit den größten Schnäbeln, den längſten Flügeln und nur mittellangen Schwänzen begabt, gleichſam die Krähen und Raben vorſtellen; ebenſo nähern ſie ſich auch beiden am meiſten durch eine gewiſſe Raubgier und Blutdür— ſtigkeit ihres Temperaments. Denn ſie hacken ſchon im Freien kleinen Vögeln, welche ſie todt oder ſterbend in Dohnenſchlingen oder ſonſt gefangen finden, ſehr gern den Schädel auf, um ihnen das Gehirn auszufreſſen, oder verzehren auch, zumal im Winter, oft noch einen Theil ihres Fleiſches mit. Gefangen gehalten aber, greifen ſie um jener Leckerei willen, beſonders wenn ihrer mehrere bei einan— der find, nicht bloß kleine und kränkliche, oder ſonſt ſchwaͤche, lebende Vögel an; ſondern ſie fallen ſogar über geſunde und zuweilen ſelbſt über größere, als ſie ſelbſt find, her. Mitunter verfchonen fie alsdann auch Kranke von ihres Gleichen nicht. Fleiſch aller Art klauben und picken ſie hier immer ſehr rein von den Knochen ab, und gewöhnen ſich überhaupt ſehr bald, alles dem Menſchen Genießbare zu freſſen: beſonders, was gebraten, oder gekocht und fett iſt. Oelige Körner, kleine, wie große, zumal Hanf- und Sonnenblumenſaamen, Gurken- und Kürbiskerner ꝛc. mögen ſie den Herbſt und Winter durch allenthalben gern, und wiſſen dieſelben ſehr gut zwiſchen den Füßen zu öffnen oder klein zu hacken. Desgleichen halb- geöffnete Haſel- und Wallnüffe. *) Große Raupen und ſonſt größere Inſekten tödten ſie häufig, ohne ſie völlig aufzuzehren: indem ſie ihnen bloß die Eingeweide heraushacken. Die unſerigen haben ſämmtlich einen ſchwärzlichen Schnabel und Kehlfleck, weiße Backen und bleifarbige Füße. Die größte davon, ſo wie die räu— beriſchſte unter beſagten Umſtänden, iſt die Kohlmeiſe, (P. major,) häufig auch Finkmeiſe genannt: weil einer ihrer Locktöne genau dem fink, fink unſeres Buch— finken ähnelt. Sie ſieht oberhalb ſchön grün aus, mit bläulichen Flügeln und Schwanze, am Kopfe grünlichſchwarz; am Unterleibe gelb mit breitem, ſchwarzem Mittelſtreife. Wie man ſagt, ſoll ſie in Zimmern bisweilen kleinen ſchlafenden Kindern gefährlich werden: indem ſie denſelben nach den Augen hackt. Manche Bienenbeſitzer wollen es ihr ſehr verübeln, daß ſie im Herbſte und Winter zuweilen an Bienenſtöcke oder Körbe geht und da eine, oder die andere, durch ihr Pochen her— ) Zum Glücke ſchütteln ſie, ſobald er nicht gar feſt angefroren iſt, von den kleineren Zweigen gewöhnlich einen Theil beim Anhängen ſelbſt durch ihr Gewicht herunter. **) An letzteren, wenn man fie mit einem Faden an der Decke aufhängt, liefern die poſſierlichen Vögelchen einen eben fo bewundernswürdigen, als unterhaltenden Beweis ihrer Fähigkeit, mit den Füßen nach oben angeklammert, in der Schwebe zu hängen: indem fie häufig, ohne von Schwindel befallen zu werden, mehrere Minuten lang hackend an der, ſchnell mit ihnen hin- und herbaumelnden Nuß angekrallt bleiben, um den Kern derſelben herauszuholen. 280 Vögel; ste Ordn.: Singvögel; vorgelockte Biene zerſtückt, um ſie (wohlweislich ohne den Stachel!) zu verzehren. Sie überſehen aber hierbei: daß die Meiſe eigentlich zunächſt um der Spinnen und anderer, den Bienen oft verderblich werdender Inſekten willen dahin kömmt. Ihr ähnlich, jedoch merklich kleiner und noch zierlicher gefärbt, mit ſchöner blauen Flü- geln, Schwanze und Oberkopfe, fo wie mit einem blauſchwarzen, kurzen Längs— ſtreife an der Bruſt, iſt die viel zartere und weit zärtlichere Pimpel- oder Blaus meiſe, (P. coerul&us,) eine beſondere Freundin von Birken- und Erlenſaamen. Beide Arten niſten in faſt allen größeren Gärten mit alten hohlen Bäumen, ſo wie in derartigen Laubwäldern. Dagegen wählt die, faſt eben fo kleine Sumpf- meiſe (P. palustris) hierzu immer nur ſolche Baumgruppen, welche dicht an Ges wäſſer ſtoßen: am liebſten die größeren, alten Kopfweidenpflanzungen. Sie iſt von oben bräunlich -aſchgrau, mit ſchwarzer Kopfplatte, an der Unterſeite weiß, und geht ſehr begierig dem Hanfſaamen und den Sonnenblumenkernen nach. Ihre Verbrei⸗ tung erſtreckt ſich nicht allein, wie bei den vorigen und der Tannenmeiſe, auf den größten Theil von Europa und Aſien, ſondern begreift, wie es ſcheint, noch die Waldgegenden von beinahe ganz Nordamerika mit ein. Ihr gleicht, mit Abrechnung des größeren ſchwarzen Kehlflecks, beinahe ganz die Haubenmeiſe, (P. crista- tus;) nur ziert ſie, gleich einer ihr nahe ſtehenden Art auf den Gebirgen von Mexiko, eine hohe, ſpitze Haube von ſchwärzlichen, weißlich eingefaßten Federn. Sie nimmt jedoch ihren Aufenthalt, gerade umgekehrt, bloß in hohen, alten Nadel— hölzern, und zwar am liebſten in trockenen, ſandigen Kieferhaiden. Weniger in dieſen, als in düſteren, weit ausgedehnten Tannen- und Fichtenwäldern, heckt zahlreich die Tannenmeiſe. (P. ater.) Sie iſt die kleinſte von allen, mit graubläulichem Oberleibe, blauſchwärzlichem Kopfe und Halſe und trüb gelblichweißem Bauche. Von Pflanzenſtoffen genießen beide nur Tannenſaamen. — In Afrika, deſſen größ⸗ tem mittlerem Theile die Meifen ganz zu fehlen ſcheinen, kommen gegen das Vor— gebirge der guten Hoffnung hin wieder ein Paar große Arten zum Vorſcheine. Eine davon iſt aber vielleicht nicht verſchieden von der ſüdeuropäiſchen Trauermeiſe, (P. lugübris,) die ſelbſt gleichſam eine vergrößerte Sumpfmeiſe vorſtellt. Eine zweite, noch größere, mit vorzugsweiſe ſtarkem Schnabel, ſoll mehr zerriſſene und mit Geſträuch bewachſene, ſpaltenreiche Felsparthien, als wirklichen Wald bewohnen. — In Amerika fehlen die Meiſen nicht bloß den Gegenden zwiſchen den Wende— kreiſen, ſondern auch der geſammten Südhälfte. [s 70. Bei den kleinen Schwanzmeiſen (Aegithälus) erinnern das kurze Schnä⸗ belchen, die kurzen Flügel und der ſehr lange, ſehr keilförmige Schwanz in ihrer Art lebhaft an die Elſtern. Auch das faſt gänzliche Verſchmähen aller Pflanzennahrung, ſo wie der ausgezeichnet kunſtreiche Neſtbau, ja ſelbſt das ſehr frühe Niſten der unſerigen, ſprechen für dieſen Vergleich. Bei ihr, oder der gemeinen Art, (Pa- rus caudätus,) der ſich übrigens auch ſonſt keine andere recht paſſend anreihen will, kömmt hierzu noch ein ſchwärzlich- und weiß buntes Federkleid, an welchem bloß Rücken und Bauch ins Röthliche ziehen. Kopf und Hals ſind weiß; die, oben ſtark angefchwollenen Augenlider pomeranzengelb. Sie hält ſich, da fie weder ſchnell, noch hoch fliegen kann und deßhalb nur ſelten die Kronen großer Bäume beſteigt, immer bloß in Nieder- und Laubwaldungen oder gemiſchten Gehölzen auf: am liebſten in der Nähe von Flüßen. Ihr Neſt ſteht gleichfalls bloß ein paar Ellen, bis zu zwei oder drei Mannslängen, über der Erde, und ruht gewöhnlich, ſeitwärts an den Stamm gelehnt, auf einigen wenigen, dünnen Nebenzweigen. Kein Vogel unſeres Welttheiles, und wahrſcheinlich noch weniger irgend einer des Auslandes, bewährt ſich als ein ſo geſchickter und ſorgſamer Filzmacher, wie ſie. Zugleich verfertigt und bedarf wohl kein befiederter Baukünſtler dieſer Art nach a) hartſchnaͤbelige: hackende. 281 Verhaͤltniß ein fo großes Neſt, wie fie es für ihre merkwürdig zahlreiche Nach— kommenſchaft haben muß. (Denn ſie legt gewöhnlich 10—12 Eier, zuweilen ſo— gar noch mehr.) Bei feiner länglich-eiförmigen Geſtalt, mit einem ganz engen Flug— loche nahe unter ſeinem oberen Ende, hat ihr Neſt vermöge ſeiner ungewöhnlichen Höhe mindeſtens die vier-, oder fünf- bis ſechsfache Größe eines Finkenneſtes: ob— wohl ſie ſelbſt am Leibe noch nicht halb ſo groß iſt, wie unſer Buchfink. Dabei weiß ſie ſich vortrefflich nach den Umſtänden und der Jahreszeit zu richten. Denn bloß das Neſt zur erſten Brut, welches ſie gewöhnlich ſchon im rauhen März, wenn in Wäldern und Gärten noch Alles kahl iſt, vollendet und nicht ſelten bereits gegen Ende Februars zu bauen anfängt, baut ſie ſo ſchön, ſo trefflich feſt und warm, und bemüht ſich, es durch einen Ueberzug von Baumflechten unkenntlich zu ma— chen. Späterhin, im freundlichen und warmen Mai oder Juni, wo ſie es leicht im ſchattigen Grün der Blätter, oder im dichten Gewirre von Hopfenranken und dergl. gut verbergen kann, läßt ſie jene Bekleidung als nutzlos oder nachtheilig hinweg, macht das Ganze überhaupt viel dünner, alſo kühler, und verbaut haupt— ſächlich bloß grünes Moos dazu. Auf ähnliche Weiſe, nur noch einfacher und leichter, ſo wie oberwärts offen, baut in tiefem Sumpfgeſträuche, zwiſchen Rohr ꝛc. die eigenthümlich zierliche Bart— meiſe. (Hypenites barbatus; Parus biarmieus!!) Demnach verhält fie auch in dieſer Beziehung, wie in Betreff der Nahrung ꝛc. ſich ebenſo zur Schwanz— meiſe, welcher ſie in der Geſtalt ähnelt, wie ſich die Häher zu den Elſtern ver— hielten. Ihr Gefieder iſt mindeſtens eben ſo ſchön ſeidenartig-weich, wie bei den Hähern, ja theilweiſe ſogar von ähnlicher Färbung, wie beim Eichelhäher; und auch ihre Hauptnahrung machen den Spätherbſt und Winter über, ſo wie im Kä— fige, meiſt Pflanzenſtoffe aus: nämlich die Saamen von Rohr, Schilf und ähn— lichen Waſſergewächſen. Zum Feſthalten an den ſtarken Halmen und Stengeln derſelben hat ſie, gleich der folgenden Art, längere Zehen, als die übrigen Meiſen, mit beſonders langen Nägeln. An ihrem Schnabel biegt ſich der Oberkiefer vorn weiter herab, als ſonſt. Ihre Farbe iſt ſchön gelbröthlich, auf den Flügeln mit einigen ſchwärzlichen und weißlichen Längeſtreifen. Das Männchen ſieht am Kopfe ſchön hellgrau aus, an der Bruſt matt roſenfarbig, an den unteren Schwanzdeckfedern ſchwarz; und feine Zügel *) nehmen einige ſehr lange, herabhängende, gleichfalls tief— ſchwarze Federchen ein. Dieſe bilden den ſonderbaren, großen, ſpitzen Knebelbart, von welchem das Vögelchen ſeinen Namen führt. Am Weibchen ſind dieſelben zwar ebenfalls vorhanden, aber kürzer und von gleicher Farbe, wie die benachbarten Theile, und werden deßhalb nur wenig bemerkbar. Als Stubenvögel empfehlen ſich beide (mehr noch, als durch ihre Schönheit) durch ihre ungemein zärtliche, faſt rührende Anhänglichkeit an einander. Sie ſind hierin gleichſam die Inſeparables unſeres Welttheiles. Ruhend, ſitzen ſie faſt immer ganz dicht an einander gerückt; und im Schlafen deckt das Männchen ſein Weibchen ſtets liebreich mit einem Flü— gel zu. Umgekehrt, wird es dann auch wieder, wenn es krank iſt, ebenſo von die— ſem zugedeckt. Zu uns bringt man ſie gewöhnlich aus England, Holland, Ungarn und Südrußland. Denn dort ſind ſie in den rohrreichen Niederungen an den Mündungen der Flüße, ſo wie an Sümpfen mit ſalzigem Waſſer, eben ſo ge— wöhnlich, wie ſie im Innern von Deutſchland ſelten bleiben. [ 71. Oerter von gleicher Beſchaffenheit ſucht, mehr im Oſten und Süden unſeres Welttheils und in Mittelaſien, die winzige, kunſtberühmte Beutelmeiſe, dort gewöhnlich Remiz oder Remes genannt. (Pendulinus minimus; Parus pendu- *) Die, ſchou mehrfach erwähnte Stelle zwiſchen Auge und Naſenloch. 282 Vogel: Ze Ordn.: Singvögel; Iinus.) Sie iſt die kleinſte aller Meiſen, röthlichbraun von Farbe, faſt wie die reifen oder verbleichenden Aehren des Rohres, aus denen auch ſie während der rauhen Zeit des Jahres den Saamen als ihr Hauptfutter herauspickt. Ganz hierzu geeignet erſcheint ihr dünner und völlig gerader, etwas längerer Schnabel mit gleichlangen Kiefern, der, ſammt dem kurzen, faſt geraden Schwanze, ſie faſt in daſſelbe Verhältniß zur Bartmeiſe ſtellt, wie der Nußknacker zu den Hähern ſteht. Ihr Neſtbau verräth eine ſo geſchickte Filzmacherin und Weberin zugleich, daß kaum ein anderer Vogel gleich geübt in dieſer doppelten Kunſt ſein möchte, und zeigt eine Baumeiſterin, die es wahrſcheinlich allen übrigen Vögeln dieſſeits des nördlichen Wendekreiſes zu— vorthut. Denn ihr großes und beſonders nach unten zu wolliges, aus Weiden-, Diſtel— und Rohrwolle ꝛc. verfertigtes Neſt, welches man nicht unpaſſend mit einem gro— ben, dicken, etwas troddeligen Strumpfe vergleicht, hängt ſie oben mit Hülfe von langen, dünnen, feſt in das Ganze verwebten Baſtſtreifen und ähnlichen Pflanzen— faſern, welche ſie zu einer Art von Strick zuſammengedreht und ſehr haltbar um einen dünnen Baumzweig geſchlungen hat, ſo weit über dem Waſſer auf, daß we— der von hier aus, noch vom Lande her, ein Feind zu demſelben gelangen kann. Unſerer Schwanz- und Bartmeiſe der Geſtalt nach faſt in gleichem Grade ähnlich, wiewohl anders gefärbt, iſt ein Vögelchen aus Neuholland, der Flor— ſchweif, (Malacürus,) deſſen Schwanzfederfahnen fo ſeltſam dünn ſtehende Faſern zeigen, daß ſie völlig durchſichtig erſcheinen und ſich zu denen anderer Vögel in dieſer Beziehung etwa ſo verhalten, wie bloßer Flor oder dünnes Schleiergewebe zu Leinwand. ö Theilweiſe verwandt mit der Beutelmeiſe erſcheinen die Gold hähnchen. (Re- gülus.) Deßhalb möchte man ſie hier anreihen: obwohl ſie nur noch ſehr wenig Kraft zum Hacken beweiſen, und ſich auch lange nicht ſo gut, wie die Meiſen, an Zweige hängen können, ſondern in manchen Stücken bereits mehr denjenigen weich— ſchnäbeligen Singvögeln nahe kommen, welche man vorzugsweiſe mit dem Namen Sänger oder ſängerartige Vögel belegt. Man unterſcheidet ſie von allen übrigen Vögeln ſehr leicht an der eigenthümlichen Bekleidung ihrer Naſenlöcher, deren jedes von einer einzelnen, großen Borſtenfeder bedeckt wird. Ihre Scheitelfedern ſind verlängert. Sie bilden daher, wenn ſie aufgeſträubt werden, gleichſam ein Krönchen, welches dem Kamme eines Haushahnes ähnelt: indem ein. breiter Längeſtreif des Oberkopfes, beſonders bei den Männchen, ſchön hell und hoch gefärbt erſcheint. Den Jungen fehlt dieſe Auszeichnung noch. Der Oberleib iſt jederzeit ſchön grün— lich, faſt wie bei den Laubvögelchen unter den Sängern; die untere Seite grün— lichweiß. Es ſind die kleinſten und mit die zierlichſten Vögelchen unſeres Welt— theiles, und wahrſcheinlich überhaupt des alten Feſtlandes. Ihre Verbreitung er— ſtreckt ſich bloß über die kälteren und gemäßigten Gegenden der nördlichen Erdhälfte. Denn ſie bleibt genau auf dieſelbe Weiſe, wie bei den Kreuzſchnäbeln, obwohl aus ganz anderen Gründen, an die Verbreitung der Nadelhölzer gebunden. Die Goldhähnchen bewohnen nämlich den Frühling und Sommer hindurch immer die großen, alten Waldungen von dieſen, nähren ſich aber lediglich von den kleinen, auf denſelben lebenden Inſekten oder Lärvchen, und beſonders von Inſekteneiern. Hierin gleichen ſie alſo den Meiſen, in deren Geſellſchaft das Eine der unſerigen den ganzen Herbſt und Winter über herumzieht. Dann kommen ſie zwar auch in Laubwälder und Gärten, verweilen aber hier doch ſtets vorzugsweiſe lange und gern auf jedem einzelnen Nadelbaume oder Wachholderbuſche. Es ſind gegen den Menſchen äußerſt zutrauliche, gegen Kälte wunderbar abgehärtete, aber ſonſt ſehr zärtliche Geſchöpfchen; dabei treffliche Baukünſtler, die ihre ſchönen, filzartig-zu— ſammengewebten und nach Verhältniß großen, länglichen Neſtchen bloß ſeitwärts 8) hartſchnäbelige: eigentlich kletternde. 283 befeſtigen und ſo verſteckt zwiſchen den herabhängenden Zweigen großer Fichtenäſte an— zubringen wiſſen, daß zu gleichnoch die langen, auf den Aeſten wachſenden Bartflech⸗ ten fie überdecken helfen. Bei dem, überall gewöhnlichen gelbköpfigen G. (KR. ſlavicapillus) iſt das, ſchwärzlich eingefaßte Scheitelkrönchen des Männchens röth— lich-goldgelb, das des Weibchens hellgelb. Bei dem viel ſelteneren, noch hübſche— ren und noch etwas kleineren feuerköpfigen, (R. ignicapillus,) welches ſich durch einen großen weißlichen Streifen über jedem Auge kennbar macht, hat ſchon das Weibchen einen feuergelben, das Männchen aber einen glänzend feuerrothen Mittelſcheitel. — Bei einer der zwei oder drei nordamerikaniſchen Arten (R. ca— lendula) ſieht derſelbe hochroth, faſt rubinfarbig aus. is 72 Eine kleine, intereſſante Gruppe, die hierher noch am beſten paßt, bilden die eigentlich kletternden Singvögel, welche noch eben ſo wenig, wie die übrigen hackenden, ſonderliche Gaben als Sänger beſitzen und im Schnabel— baue denſelben theils nahe kommen, theils auch weit von ihnen, wie unter einander ſelbſt, abweichen. Alle zeichnen ſich durch kräftige und beſonders lange Zehen und meiſt noch längere, ſtark gebogene Naͤgel aus, die beim Klettern beide weit genug ausgreifen, um die Vögel an den Rauhigkeiten von Baum— ſtämmen, oder ſonſt an ſenkrechten Flächen, mit Sicherheit feſtzuhalten. Sie bleiben ins Geſammt Höhlenbrüter. Doch ſind unter denen mit weichfederigen Schwänzen die, ziemlich zahlrei— chen Arten der erſten Gattung, der Kleiber, (Sitta,) außerdem noch in gewiſſem Grade Töpfer und Zimmerer zugleich. Man nennt ſie häufiger Blauſpechte und Specht— meiſen: theils wegen der hell graubläulichen Farbe ihrer Oberſeite, theils nach ih— rer Geſtalt und Lebensweiſe. Ihr großer, ſtarker Schnabel gleicht mehr noch je— nem der Spechte, als der Meiſen, denen ſie an Größe meiſt überlegen ſind; und er dient, wenn auch weniger, als bei jenen, doch viel beſſer, als bei irgend einer von dieſen, zum Loshacken dünner Baumrinde und zum Oeffnen von Sämereien oder kleinen harten Früchten. Alle ſolche Dinge klemmen aber dieſe munteren, wirklich zum Erſtaunen lebhaften Vögel ſelten nach Art der Meiſen und Krähen zwiſchen ihre Füße ein; ſondern ſie tragen dieſelben in irgend eine, ſchon vorgefun⸗ dene, natürliche, oder von ihnen ſelbſt zu dieſem Behufe verfertigte Ritze, Baum— ſpalte od. dergl., wo ſie dieſelben feſtſtecken, um ſie nun aufzuhauen. Hierbei neh— men ſie faſt immer eine verkehrte Stellung, mit dem Kopfe nach unten gerichtet, an: da ſie ſo allerdings noch mehr Kraft zu Schnabelſchlägen unter ſich hin her— ausbringen mögen, als dieß bei aufrechter Stellung der Fall ſein würde. Der Nothwendigkeit aber, letztere anzunehmen, überhebt ſie ihr kurzer, weichfederiger, jenem der Zwergſpechte ähnlicher Schwanz, der ihnen hiernach freilich nicht, wie den meiſten größeren Spechten, dem Baumläufer u. a. als Stütze dienen kann, ſie aber dafür auch nicht hindert, nach Umſtänden beliebig in allen Richtungen hin, aufwärts, abwärts und ſchräge, oder gerade nach der Seite, herumzuklettern. Letz— teres thun ſie überhaupt bald in kurzen, bald in weiten Sprüngen: meiſt an den Schäften und dicken Aeſten der Bäume, ſelten an dünneren Zacken, und faſt nie an Zweigen, ſondern ſtets am liebſten an den dickſten und älteſten Stämmen. Der älteſte Hochwald mit den ſtärkſten Bäumen iſt ihnen demnach der liebſte; und aus dem Reichthume, welchen der größte Theil des nördlichen Amerika's hieran beſitzt, erklärt ſich das Vorkommen der, verhältnißmäßig größten Zahl ihrer Arten daſelbſt. Zum Niſten bedürfen ſie, um Raum genug für ihre zahlreiche Nachkommenſchaft zu gewinnen, entweder großer und weiter natürlicher Baumhöhlen, die ſie ſich vol— 284 Voͤgelz Ile Ordn.: Singvögel; lends zurecht hämmern; oder ſie nehmen, (und zwar noch lieber,) die Neſt- oder Schlafhöhlen von Spechten ein. Gewiß nicht allein darum, weil bei beiden der Eingang viel weiter zu ſein pflegt, als dieß für ſie nöthig iſt, ſondern offenbar mehr, um ihren Feinden den Zugang zu ihrer Brut deſto ſicherer unmöglich zu machen, kleiben oder mauern ſie die Oeffnung ſtets mit Lehm, Thon oder ſonſt ſchmieriger Erde ſo weit zu, daß bloß ein kleines Loch übrig bleibt, welches nur eben knapp zum Durchſchlüpfen für ſie hinreicht. Das Austrocknen durch die Luft giebt nun der, mit dem klebrigen Speichel der Vögel vermiſchten Erde, welche durch dieſen erſt recht haltbar gemacht wird, ſehr bald die Feſtigkeit einer kleinen, dünnen Mauer. Die bekannteſte Kleiberart iſt die mit blaßröthlichem Bauche (S. europæa) in Nord-, Mittel: und einem Theile von Südeuropa.) Sie öff⸗ net, freilich nicht ohne Schwierigkeit, ſelbſt Haſel- und Wallnüſſe; mit Leichtigkeit aber Lindennüßchen, Sonnenblumen- und Hanfſaamen ꝛc. Ferner hackt ſie gern die Kerne aus den Ebereſch- und manchen anderen Beeren, und verträgt ohne Nachtheil ſelbſt die aus den Beeren des giftigen Taxus- oder Eibenbaumes. Den Kleibern noch am nächſten verwandt, d. h. dem Geſammtbaue nach ihnen am ähnlichſten, bleibt der ſchöne Fels- oder Mauerläufer. (Tichodroma phoenicoptera.) Seine großen, ſchwärzlichen Flügel mit anſehnlichen, runden, weißen Flecken auf der Innenfahne ihrer Schwungfedern zieren herrliche, hoch-car— moiſinrothe Deckfedern. Sein langes, ſeidenhaft-zartes kleines Gefieder, welches er zweimal mauſert, ſieht im Sommerkleide oberhalb ſchwärzlichgrau, unten ſchwärz— lich aus; im Wintergewande iſt daſſelbe oberwärts hellgrau, unten grauweiß mit einem kleinen, ſchwärzlichen Kehlflecke. Er bewohnt zum Sommer paarweiſe die größten und ſchroffſten, riſſigſten Felswände hoch auf den Alpen von Süd- und Mitteleuropa, nicht ſelten noch tief zwiſchen Gletſchern und Schneefeldern. Dort ſieht man ihn faſt unaufhörlich, bald in kurzen, bald in weiten Sprüngen und oft mit Beihülfe ſeiner breiten Flügel, (alſo halb flatternd,) auf ähnliche Weiſe her— umklettern, wie im Walde die Kleiber an Baumſtämmen. Denn gleich ihnen kann auch er ſich, obwohl er gewöhnlich ebenfalls von unten beginnt, nach Belie— ben überallhin bewegen. Hierbei ſetzen ſeine ungemein langen Zehen und die nicht minder großen Nägel ihn in den Stand, einen verhältnißmäßig bedeutenden Raum zu übergreifen, um jede Rauhigkeit der Felſen, oder die ſtellenweiſe Flechtenbeklei— dung derſelben, zum Feſthalten zu benutzen und hiernach mit Leichtigkeit an ſenk— rechten, ſchiefen und ſelbſt überhängenden Flächen umherzuwandeln, wo kein ans derer Vogel und kein Säugethier fortzukommen vermöchte. So fängt er Spinnen, Flie— gen und ſonſt Inſekten aller Art. Er kann dieſelben aber mit ſeinem ſehr langen, dünnen, ſanft gebogenen Schnabel um ſo leichter ſelbſt aus den engen Ritzen und zwiſchen den Flechten, oder aus dem Mooſe hervorziehen: weil er zugleich eine lange, denen mancher Spechte ähnliche Schnellzunge mit feinen Wiederhäkchen an der hornartigen Spitze, zum Anſpießen der weicheren Thierchen, beſitzt. Die erſten bedeutenden Schneefälle im Herbſte drängen ihn tiefer nach den Thälern: wo er dann ſelbſt in Städten nicht ſelten ebenſo die Außenwände von Kirchen, Thür— men, Burgruinen und ſonſtiges altes Gemäuer beklettert. Einer oder der andere verſtreicht ſich auch wohl mehr nördlich: zuweilen bis auf die, ſeltſam ſchroffen Felſenparthieen mancher Gegenden von Sachſen. [s 73. Bei den noch folgenden Gattungen ſind die Schwänze ſteif und ela— ſtiſch, (ſchnellkräftig,) dienen daher beim Klettern als Stütze. ) Ihre Verbreitung mag nicht über den Ural hinreichen. Denn die ſtbiriſche, ja ſelbſt ſchon die in Griechenland und Dalmatien, ſcheinen andere Arten. a) hartſchnäbelige: eigentlich kletternde. 285 Nicht ſo große, aber ſonſt denen der Mauerklette ähnliche Füße zeigt unſer kleiner, niedlicher Baumläufer. (Certhia familiaris.) Sein Schnabel iſt et was kürzer und ſchmäler, aber gleichfalls gebogen, und taugt ebenſo bloß zum Her⸗ vorholen von kleinen Inſekten und deren Eiern aus den engen Ritzen von Rinden und Baumflechten ꝛc. Die weit kürzeren, ſchmäleren Flügel dagegen, und beſon— ders der anſehnliche, keilförmige, ſehr elaſtiſche Schwanz, gleichen ſo vollkommen jenen der meiſten Spechte, daß namentlich der letztere ſich lediglich durch eine voll— kommnere Entwickelung ſeines äußerſten (6ten) Federpaares unterſcheidet. Er be— dingt ſomit natürlich auch genau dieſelbe Art zu klettern, und überhaupt dieſelbe Bewegungsweiſe. Aber nicht bloß hierin, ſondern ſogar in der liſtigen Art und Weiſe, ſich dem Auge ſeiner Feinde, ſo wie jenem des menſchlichen Beobachters, durch wiederholtes Hinumkriechen an die entgegengeſetzte Seite des Stammes zu entziehen, um zuletzt unbemerkt zu entfliehen, gleicht der harmloſe und ſonſt ge— wöhnlich ſo zutrauliche Baumläufer den ſchlauen Spechten. Doch Eines geht ihm, wegen der Schwäche ſeines Schnabels, völlig ab: die Fähigkeit, Rinden loszuhäm— mern; noch mehr aber die Kraft, Höhlen auszuzimmern. Darum muß er, wenn er keine verlaſſene kleine Spechthöhle findet, als kunſtloſer Höhlenbrüter mit einer natürlichen fürlieb nehmen. Die Federn ſeines Oberleibes ſind gelblich-graubraun, jede kleine mit einem weißlichen Tropfenflecke; jene der ganzen Unterſeite ſeiden— weiß, aber häufig vom Anſtreichen an Nadelholzſtämme mit Harz beſchmutzt. Er ändert ſehr bedeutend in der Länge des Schnabels ab; weniger in der Größe der Krallen. Sonſt ſcheint er in ganz Europa, wie ſelbſt in Aſien und Nordamerika unter gleicher Breite, derſelbe.“) | Von jenen zahlreichen Vogelarten des waldigen heißen Amerika's, welche die meiſten Naturforſcher ins Geſammt unter dem Namen Baumhacker (Dendro- colaptes) zuſammenfaſſen, ſcheinen die Mehrzahl im ganzen Baue, ja manche ſelbſt der Farbe nach, vergrößerte Baumläufer, und mögen deſſen Stelle in den üppigen Urwäldern daſelbſt mehrfach erſetzen. Sonſt zeigen ſie ſtandhaft die be— ſondere Eigenthümlichkeit, daß vorn ihre Mittel- und die eine Seitenzehe genau gleiche Länge haben. Dagegen weichen ſie im Schnabelbaue auf ſolch' auffallende und merkwürdige Weiſe ab, daß ſich hiernach eine ganze Reihe von Gattungen ergeben, die eigentlich zuſammen eine für ſich abgeſchloſſene, ſehr gut charakteriſirte Familie bilden. Aber nur wenige rechtfertigen den Namen Baumhacker durch ei— nen dicken, ziemlich ſpechtartigen, oder kleiberähnlichen Schnabel. (Z. B. D. pi- cus.) Bei den meiſten iſt derſelbe viel dünner: bei einigen dem Schnabel der Meiſen und Droſſeln ähnlich; bei einer kleineren, grünlichen Art (PD. sylvia) ſchon völlig ſängerartig, (d. h. dem unſerer Nachtigallen und Grasmücken gleich.) An manchen anderen wird er länger und ſanft gebogen. Ja, bei einer ſehr merkwür— digen Art, (D. procurvus,) wo er ſich anderweitig ſehr jenem des Baumläufers nähert, iſt er ſogar noch länger und zugleich um Vieles ſtärker gebogen, als bei dem Mauerläufer. Ohne Zweifel muß alſo der Vogel mit ihm eben ſo gut In— ſekten aus tiefen Baumritzen hervorlangen können, wie letzterer ſie aus den Spal— ten von Felſen und Mauerwerk herausholt. Ganz paſſend erſcheint daher, wegen feiner Aehnlichkeit mit einem recht krummen Säbel, der Name Säbelſchnabel. (Xiphorhynchus nasica.) 8 74 Endlich ſchließt ſich hier, im Ganzen genommen, auch die große Menge ) Vielleicht iſt ſogar der, etwas dunklere, merikaniſche mit etwas rötherem Unter— rücken nicht eigentlich verſchieden, ſondern bloß in Folge des wärmeren Klima's etwas ver— ſchönert. (Vergl. S. 271 u. 272, Note.) 286 Vogel: Zte Ordn.: Sing voͤgel; jener niedlichen, oft ſehr kleinen Vögelchen heißer Gegenden an, welche man ins Geſammt unter der Bezeichnung Honigſauger (Nectarinia) verſteht. Sie haben weiche Schwanzfedern, ohne Schnellkraft, und ſämmtlich ſpitze, mehr oder weniger gebogene Schnäbel mit gleich langen Kiefern, die ſich bei ihrer geringen Härte allerdings weder zum Hacken, noch zum Beiſſen ſonderlich eignen, ſondern mehr zum Bohren dienen. Dieſelben ber— gen ſtets anſehnlich lange, rundliche, am Ende pinſelförmig zerheilte Zungen, mit welchen die Vögel theils den Honigfaft, theils die ganz kleinen, dieſem nachgehenden Inſekten aus vielen größeren Blumenkronen, beſonders aus denen von Bäumen und Sträuchern, hervorholen. Eine Verrichtung, zu welcher ſie der Regel nach weder eines beſonderen Klettertalentes und eines elaſtiſchen Schwanzes, noch eines ſolchen Geſchickes zum Anklammern, wie unſere Meiſen, bedürfen. Nur wenige Arten tragen ein dunkelfarbiges, oder ſonſt unſcheinbares Kleid. Die meiſten zeichnen bei grüner, oft metalliſch glänzender Hauptfarbe ſich ſtellen— weiſe, beſonders am Halſe, durch eben ſo ſchöne und glänzende, rothe, blaue, gelbe, violette oder ſonſt prunkende Farben aus, wie ſo viele jener reizenden Blüthen, welche ſie ämſig nach Nahrung durchwühlen. Amerika beſitzt ihrer nur ſehr we— nige, und darunter keinen der ſchönſten. Erſteres hat ohne Zweifel ſeinen Grund in dem fparfameren Vorkommen ſolcher Pflanzen mit honigreichen Blüthen, die nicht bloß in größerer Anzahl (büſchel-, trauben- oder ährenweiſe) bei einander wachſen, ſondern auch ſo aufrecht an feſten, ſteifen Stielen ſtehen, daß ſie den Schnäbeln der Honigſauger im Sitzen und von oben her leicht zugänglich wer— den.) Im ſüͤdlichen und mittleren Afrika wird die Anzahl beider ſchon merklich größer. Im Süden von Aſien ſteigern ſich dieſelben noch mehr; und in ganz Auſtralien ſcheint ſie nach Verhältniß mindeſtens nicht geringer. Ja, eben hier wird der Beſitz einer pinſelförmigen Zunge ſogar mehr oder weniger gewöhnlich, oder faſt zur Regel, ſelbſt bei ſolchen kleinen Vögeln, deren Verwandte anderswo glatte Zungen von gewöhnlicher, einfacher Bildung befigen. **) Dort ſcheinen denn beſonders die Blüthen der, daſelbſt meiſt ſo zahlreichen, myr— tenartigen Bäume und Sträucher Dasjenige, was den Honigſaugern reichliche Nahrung von beiderlei Art bietet. Manche von denen der alten Welt zeichnen ſich, außer ihrer ſonſtigen Schön— heit, noch durch zwei lange, oft ſehr lange, ſchmale Mittelfedern im Schwanze aus. Einige wenige tragen auch kleine Federbüſchel am Kopfe, oder Halſe ꝛc. Unter jenen in Südafrika, beſonders aber unter denen von Neuholland, giebt es mehrere größere mit ſehr ſteifen, harten, zugeſpitzten, faſt ſtechenden Stirnfedern. (Philedon.) Letztere ſcheinen fie, im Vereine mit ſteifen, faſt ſtachelartigen Zügel— federborften und Augenwimpern, gegen die Stiche der Bienen, Hummeln und ähn— licher größerer, Honig ſuchender Inſekten zu ſchützen, denen ſie zumal in größeren Blüthen oft genug begegnen mögen, die ihnen natürlich aber ſehr bald weichen und weichen müſſen. ) Einige, welche die ſüdöſtlichſten Inſeln von Aſien nebſt einem Theile von Polyneſien bewohnen, hat man wegen ihres langen, ſtark gekrümmten und etwas *) Das gerade Gegentheil in jeder Hinſicht werden wir ſpäterhin bei den, bloß Amerika bewohnenden Kolibri's finden. *) Zu vergleichen oben S. 191, Note. ) Mehrere andere, größere neuholländiſche Vögel, die ſchon weniger nahe Verwandte der Honigſauger zu fein ſcheinen und wahrſcheinlich eine andere Lebensweiſe führen, (Crea- a) hartſchnäbelige: würgerartige. 287 ſchmalen Schnabels Sichelvögelchen oder Senſenſchnäbel (Drepanis) genannt. Die meiſten tragen, wenigſtens theilweiſe und mit Abrechnung der dunklen Flügel, ein brennend hellrothes Kleid. Einer davon, oder wenigſtens ein naher Verwandter von ihnen, iſt berühmt wegen der herrlichen, kleinen Scharlachmäntel und ſonſtigen Beklei— dungsſtücke, welche die Bewohner der Sandwichsinſeln ziemlich kunſtreich aus ſei— nen Federn zuſammenreihen und als große Koſtbarkeit ſehr hoch halten. (Cexthia S. Nectarinia vestiaria.) s 75. Endlich giebt es noch eine Gruppe von ziemlich hartſchnäbeligen Singvögeln, die man beiſſende nennen lönnte, die jedoch ihren ftarfen Schnabel niemals zum Schälen oder Zerkleinern von pflanzlicher Speiſe an— wenden: da ſie ſich lediglich von Thieren nähren. Sie ſind unter dem Na— men würgerartige Vögel bekannt, und gelten unter den Geſchöpfen dieſer Ordnung mit Recht als die nächſten Verwandten der edlen falkenartigen Raubvögel. Ihr Oberſchnabel läuft ebenſo in eine ſtark herabgekrümmte chakenförmige) Spitze aus, welche weit über das Ende des Unterkiefers vorragt und neben welcher ſich auf jeder Seite ein, mehr oder weniger deutlicher, zahnartiger Vorſprung, faſt wie bei den Edelfalken, be— findet. Beide leiſten dieſen Vögeln, deren liebſte und häufigſte Nahrung in Käfern, oder ſonſt in größeren Inſekten mit feſter Bedeckung beſteht, beim Zerſtücken derſelben vortreffliche Dienſte zum Durchbrechen jener harten, ge— wölbten Bedeckung, ſo wie zum Abbeiſſen der Flügeldecken und Beine, welche fie, als zu trocken und daher unverdaulich oder nahrungslos, wegwerfen. Sie ſuchen ihre Beute auf Bäumen und Sträuchern, oder nehmen ſie von der Erde auf, ohne jedoch viel auf dieſer herumzuhüpfen. Deßhalb wählen fie faſt immer niedrige Gipfel, oder freiere Aſtſpitzen zu Sitzplätzen, um ſich von hier aus beſſer nach Inſekten umſehen zu können. Am meiſten ſtellen ſie den größeren Lauf- und Dungkäfern nach. Wenn ſie deren mehrere zu einer Zeit finden und fangen können, wo ſie gerade aus Mangel an Hunger Nichts zu verzehren im Stande ſind; ſo pflegen ſie dieſelben einſtweilen als Vorrath auf Dörner, oder an dürre, hervorragende Aſtſpitzen zu ſpießen. Doch vergeſſen ſie dann nicht ſelten eine ſolche Mahlzeit über Dem, was ſie ſpäter bei der Wiederkehr ihrer Eßluſt Neues finden. *) Viele, wo nicht die Mehr— zahl, fangen aber auch gern kleine Fröſche, Eidechſen und Mäuſe, oder fallen über die Jungen von anderen, kleineren Vögeln her. Dieß Alles ſpie— ßen fie alsdann, weil ihre Füße nicht viel Kraft zum Feſthalten beſitzen, entweder gleichfalls an Dornen auf, oder klemmen es zwiſchen zwei oder drei engſtehende, dünne Gabeläſte, um ſo bequem Stücke abreiſſen und das Ganze gemächlicher verzehren zu können. *) Von dieſem Abwürgen kleiner Wirbelthiere ſchreibt ſich die gebräuchlichſte Benennung der Vögel her. Ih— rer Geſtalt nach ſtehen ſie mitteninne zwiſchen Elſtern und Droſſeln. Letzteren gleichen ſie überhaupt in der Größe; den erſteren ähneln ſie mehr in ihrem Weſen. Durch beſondere Wachſamkeit, äußerſt ſcharfen Blick und dreiſten dion!!) zeichnen ſich durch eine, beſonders unter den Singvögeln ſeltene Sonderbarkeit aus: nämlich durch mehr oder weniger kahle Köpfe, zum Theile mit Fleiſchläppchen am Mund— winkel u. dergl. Bei einem davon (Phil. corniculatus) ſteht eine ſolche, mit Haut über— zogene Erhohung an der Stirn, und ähnelt demnach einem Horne etwas. ) Früher hegte man den lächerlichen Glauben, daß fie bei dieſem Aufſpießen gerade die Zahl 9 beobachteten! Daher in der Volksſprache ihr Name „Neuntödter.“ **) Fröſche ſpießen fie, wahrſcheinlich, weil ſich die zähe Haut derſelben zu ſchwer durch— bohren würde, ſtets mit dem Maule (d. h. in den geöffneten Rachen) auf. 288 Vögel; Ite Ordn.: Singvögel; Muth nämlich nützen auch ſie ſehr Häufig anderen Vögeln: indem fie die Annäherung von Raubbögeln, oder ſonſt gefährlichen Thieren durch lautes Schreien ankündigen und manche unbeholfenere ſelbſt eine Strecke weit ver— folgen. Hierdurch wird denn ſogleich Alles um ſie her aufmerkſam, und iſt nun beſſer auf ſeiner Hut. Bei den meiſten größeren Würgern ſcheint der eigene Geſang nicht von Bedeutung. Die kleineren beſitzen nicht bloß einen beſſeren ſelbſt; ſondern ſie ahmen meiſt auch vorzugsweiſe gern, oft mit täuſchendem Geſchicke, die Geſänge anderer Vögel nach. Doch thun ſie dieſes im freien Zuſtande nicht ſo häufig, wie in der Gefangenſchaft: wo nicht bloß ſie allein, ſondern auch beinahe alle andere Singvögel, ſich aus Langeweile und zu ihrem eigenen Zeitvertreibe öfter und längere Zeit hindurch hören laſſen, als draußen. Schon der letztere Umſtand widerlegt die Anſicht: daß fie es im Freien aus der Abſicht thäten, kleine Vögel vertraulich herbeizulocken, (ſo daß dieſe ihres Gleichen zu finden glaubten,) um ſie nachher deſto leichter heimtückiſch überfallen und tödten zu können. [S 76. Eigentliche Würger ſchlechtweg (Lanius) heißen die bei uns wohnenden vier, ſammt ihren nächſten auswärtigen Verwandten. Ihre Flügel ſind mäßig, ihre Schwänze lang und keilförmig: letztere Beides am ſtärkſten bei den größeren Arten. Die erſte hiernach iſt der große graue W., Bergelſter, oder Wächter, (L. excubitor:) hell aſchgrau, unten trübweiß; an Schwanz und Flügeln ſchwarz, mit weißen Spitzen, und mit großem ſchwarzem Streife durch die Augen. Er bewohnt die Feldhölzer von beinahe ganz Europa und von Nordaſien, vielleicht auch Nordamerika, und bleibt den Winter über bei uns: während die drei anderen ſchon zeitig fortziehen und ſpät wiederkommen. Er lebt dann ausſchließlich theils von kleinen Vögeln, die in der That wenig Furcht vor ihm verrathen; theils, ſo lange kein Schnee liegt, von Feldmäuſen. Daß namentlich er die erſteren weder um dieſe Zeit, wo er ſie doch am häufigſten fängt, noch ſonſt, durch Nachahmen ihrer Geſänge an ſich zu locken ſucht, oder zu locken braucht, geht daraus hervor: daß er nicht allein überhaupt nicht viel und den Winter über gerade am wenigſten ſingt, ſondern auch von allen einheimiſchen ſich am wenigſten auf jene Nachäfferei verſteht, oder verlegt. Umgekehrt verhält Beides ſich bei ſeinem nächſten Verwand— ten, dem kleinen grauen oder ſchwarzſtirnigen W., (L. minor,) welcher etwas kleiner und dunkler grau iſt, im Frühjahre mit ſehr breitem, ſchwarzem Stirn— und Augenſtreife und zart roſenröthlicher Bruſt; dabei mit kürzerem, aber dickerem Schnabel. Er beraubt ſelten oder nie die Neſter kleiner Vögel, ſondern begnügt ſich mit Inſekten, ſingt viel beſſer und fleißiger, und macht nicht ſelten Gebrauch von jenem Nachahmungstalente. Hierin gleicht ihm der rothköpfige W., (L. ruficeps,) welcher dunkelbraun und unten gelblichweiß ausſieht, mit weißem Flügel— ſchilde und rothbraunem Oberkopfe. Beide wohnen und niſten auf Garten-, Stra— ßen⸗ und Feldbäumen: beſonders gern auf recht alten wilden Birnbäumen. Das gegen iſt der rothrückige W. oder Dorndreher, (L. spinitorquus,) welchen man faſt in allen größeren Dornhecken, an Wieſenrändern und Waldſäumen im bloßen Geſträuche niſtend antrifft, zwar der kleinſte, aber nach Verhältniß ſo raubgierig, wie der große; dabei ein fleißiger Sänger und guter Nachahmer. Das Männchen ſieht am Kopfe dem großen W., an der Bruſt dem ſchwarzſtirnigen ähnlich, hat jedoch einen ſchön rothbraunen Rücken. Das Weibchen, welchem die Jungen ähn— lich ſehen, iſt bedeutend verſchieden: oben röthlichbraun, unten gelblichweiß, und fein graubraun gewellt. Es legt, merkwürdig genug, in ſeinen jüngeren Jahren hell grünliche oder grünlichweiße Eier, mit einem Kranze von olivenfarbigen und b) weichſchnäbelige: gehende. 289 aſchgrauen Flecken; ſpäterhin dagegen ſehr ſchöne, hell röthliche oder röthlichweiße, mit braunrother und rothgrauer oder faſt violetter Zeichnung. Zum lebhaften Ver— druße der Gärtner machen dieſe Art, noch mehr aber die beiden vorigen, ſich in Blumen- und botaniſchen Gärten ausnehmend gern an manche zarte, ſtark- und wohlriechende, ſaftarme Pflänzchen, beſonders an ſolche mit etwas wolligen Sten— geln, die ſie abbeiſſen, um ſie mit zu ihren, ziemlich artigen, wohlgebauten Neſtern zu verwenden. Die Zahl der fremden würgerartigen Vögel aus dieſer und anderen Gattungen iſt ſehr bedeutend. In Südamerika, welches meiſt allzu waldreich iſt, mangeln die, immer nur für etwas freie Gegenden geſchaffenen, eigentlichen Würger ganz. Es beſitzt aber für das Strauchwerk oder den Untertheil ſeiner majeſtätiſchen Urwälder, deren viele in drei Abſtufungen Buſchholz, Baumwald und hohen Palmenwald über einander enthalten, die Batara's oder Strauchwürger, (Thamnophilus,) de⸗ ren merklich kürzere Flügel und längere Schwänze ganz zu ſolchem Aufenthalte in tiefem Niederwalde paſſen. Bei mehreren zeigen die Männchen eine ſchwarze, die Weibchen eine roſtröthliche oder rothbraune Grundfarbe. Ein Geſchlechtsunter— ſchied, wie ſolcher überhaupt nicht häufig iſt, nach Verhältniß aber 1 85 in der neuen Welt noch am öfteſten vorzukommen ſcheint. An dem kurzen, ſehr hohen und vorzüglich harten Schnabel, ſo wie an einer hohen, zuſammengedrückten Haube des Kopfes, erkennt man zwei oder drei wür— gerartige Vögel von den Eilanden Südaſiens und Auſtraliens. Man hat ſie Mei— ſenwürger (Sparactes) genannt: weil ſie nicht bloß der Geſtalt, ſondern auch der Zeichnung und Farbe nach beinahe wie unſere Blau-, Kohl- und Haubenmeiſe in vergrößertem Maaßſtabe ausſehen. Von den übrigen Ausländern gehen manche kleinere faſt unmerklich zu meh— reren der folgenden Singvögelgruppen über. [S 77. 2te Unterordn.: Weichſchnäbelige Singvögel. Ihre Schnä— bel, denen man in der Regel die ungleich geringere Härte, Feſtigkeit und Schärfe ihrer Hornmaſſe ſogleich anſieht, haben meift entweder gar keinen, oder nur einen ſehr kleinen, kaum merklichen, zahnartigen Ausſchnitt vor der Spitze des Oberkiefers. Dabei tritt letztere zwar ſtets etwas, nie aber ſo weit, über das Ende des Unterkiefers vor, wie bei den Würgern. Niemals haben beide Kiefer gleiche Länge. Zur Nahrung nehmen die hierher gehörigen Gattungen niemals Körner: ſondern theils bloß Inſekten, Larven und Würmer; theils auch noch Beeren nebſt ähnlichen, ſaftigen Früchten, welche ſie, ſobald dieſelben nicht zu groß ſind, ganz hinunterſchlucken. Die Häute (Schalen) der Beeren und die Kerne derſelben ballen, nachdem ihr Fleiſch verdaut worden iſt, ſich im Magen zu kleinen Klumpen zuſammen, welche nun als unverdauliche Maſſen wieder aufgewürgt und durch den Schnabel ausgeworfen werden. Daſſelbe geſchieht mit den Flügeln, ſo wie meiſt mit den Flügeldecken und Beinen der Inſelten, wenn dieſelben nicht bereits vor dem Verſchlingen abgeſtoßen und entfernt worden ſind; ferner mit den Köpfen und feſteren Häuten von Raupen und anderen Larven. Iſte Zunft: Gehende weichſchnäbelige Singvögel. Wir wer⸗ Gloger, allgem. Naturgeſchichte 19 290 Bögel; Ite Ordn.: Singvögel; den hierunter, im Gegenſatze zu den flatternden und fliegenden, alle diejenigen Gattungen zu verſtehen haben, welche ihre Nahrung beſtändig, oder wenig— ſtens der Regel nach, nicht aus der Luft ſchnappen, ſondern derſelben theils. am Boden, theils auf den Aeſten und Zweigen von Bäumen und Sträuchern nachgehen. Da ſie dieſes theils hüpfend, theils im Schritte thun müſſen; ſo mußten ihre Beine im Ganzen viel höher, ſtärker und kräftiger ſein, als jene der anderen. Zum Aufleſen der Speiſe bedurften ſie immer noch eines etwas längeren und meiſt ſpitzigeren Schnabels, der zugleich auch noch etwas feſter, an ſeiner Wurzel aber ſchmäler iſt, als bei den übrigen: weil hier eine größere Breite deſſelben nur für jene Gattungen er— forderlich blieb, welche ihre Nahrung gewöhnlich aus der Luft aufſchnappen. Aus demſelben Grunde konnten die, bei faſt allen vorhandenen Schnurrhaare oder Bartborſten, hinten an der Oberſeite der Mundwinkel, hier viel kleiner ſein: wie fie denn in der That bei vielen faſt unbemerkbar kurz find. *) Am beſten und ſtandhafteſten charakteriſirt erſcheinen die bloß ſchrei— tenden weichſchnäbeligen Singvögel: indem ſie entweder ganz be— ſonders ftarfe Füße zeigen, oder, wenn dieſes nicht der Fall iſt, faſt immer aus gezeichnet lange Hinterſchwingen beſitzen, deren einige den größten vorderen an Länge entweder gleichkommen oder wenig nachſtehen. Von dieſen zwei Fällen findet der erſte bei denjenigen Gattungen ſtatt, welche man zuſammen unter der Benennung ſtaarähnliche Vögel begrei⸗ fen kann. Die bedeutende Höhe ihrer Beine, noch mehr aber die vorzügliche Stärke derſelben, ſo wie die kräftige Bildung der rundlichen, rauhſohligen Ze— hen und der Nägel, machen ſie eben ſo kenntlich, als fähig, ſehr viel auf dem Boden umherzugehen. Die Mundwinkel der meiſten fallen bei geöffne— tem Schnabel durch eine ſtumpfe, aber deutliche Ecke auf, mit welcher ſie ſich am Rachen ſchnell herabbiegen. Bei dieſen iſt der, etwas kantige Schnabel eben ſo breit, oder noch breiter, als hoch. Sie gehören ins Geſammt noch weniger zu den eigentlich kleinen Vögeln dieſer Unterordnung, als zu den größten derſelben. Als Nahrung wählen ſie faſt ausſchließlich nur Inſekten, Larven und Würmer. Sehr ſelten, oder bloß ausnahmsweiſe, verzehren meh— rere noch Weinbeeren, ſüße Kirſchen oder ſonſt kleine, wohlſchmeckende, ſaft— reiche Früchte; und bloß dieſe holen ſie alsdann in der Höhe. Alles Uebrige wird am Boden geſucht. Sie brüten ſämmtlich in Höhlen; die meiſten auf einer kunſtloſen Unterlage. Alle haben kurze, oder doch ziemlich kurze Schwänze; aber die meiſten ziemlich lange, ſpitze Flügel. Dieſe fliegen daher mit Leich— tigkeit weit nach Nahrung aus, führen ein ſehr geſelliges Leben, und brüten gern zu mehreren Paaren, oft viele, nahe bei einander. s 78. Die eigentlichen Staare, (Sturnus,) mit dem länglichſten, ſpitzigſten Kopfe unter allen Singvögeln, beſitzen unter denen ihrer Familie den längſten und breiteſten Schnabel, mit beſonders flachgedrückter, rundlich-ſtumpfer Spitze. Sie können mit demſelben ziemlich gut, namentlich nach Regenwürmern, in die Erde 1 Ohne die gewöhnlichen, mehrfach erwähnten Mittel- oder uebergangsſtufen würden dieſe Eintheilung und die eben genannten Kennzeichen nicht bloß, wie jetzt, für die meiſten Fälle, ſondern fuͤr alle hinreichen. b) weichſchnäbelige: ſchreitende. 291 bohren: nachdem ſie, gleichfalls mit ihm, die erdigen Unrathhäufchen über den Röhren derſelben bei Seite geſchoben haben. Auf Wieſen beſonders wenden ſie breite, daniederliegende Pflanzenblätter nach den, auf der Unterſeite derſelben ſitzen— den, nackten Schnecken u. dergl. (welche hier Schutz vor der Sonne ſuchen, und welche den Staaren ihr Geruch verräth) ſehr geſchickt mit dem Schnabel um: in— dem ſie denſelben geſchloſſen darunter, oder dazwiſchen ſtecken und ihn dann, wie einen Zirkel, weit aufſperren. Auf gleiche Weiſe durchſuchen ſie die Wolle der Schafe nach den läſtigen Zecken, (Holzböcken,) ſo wie die Borſten, oder Behaarung anderer großer Hausthiere nach verſchiedenen, dieſe plagenden Hautinſekten; und gefangen gehaltene, die man frei in Zimmern herumlaufen läßt, bohren und zirkeln ſo die weiteren Dielenritzen häufig ihrer ganzen Länge nach auf, um mit der ſtau— bigen Erde zwiſchen denſelben auch die, in letzterer wohnenden Flohlarven u. dergl. herauszuholen. Junge und alte Vögel unterſcheiden ſich außerordentlich in der Geſtalt und Bildung ihres geſammten kleinen Gefieders. Bei jenen iſt daſſelbe vor der erſten Mauſer von gewöhnlicher Geſtalt: nämlich weich, rundlich, breit und glanzlos. Nach derſelben wird es feſt, metalliſch-glänzend und kaum halb ſo breit, aber mindeſtens doppelt ſo lang, wie vorher: ſo daß nun alle Federn läng— lich und zugeſpitzt erſcheinen. Von den Männchen gilt dieſes ſtets in noch höhe— rem Grade, als von den Weibchen gleichen Alters, und von den Vögeln höheren Alters wieder mehr, als von ein- und zweijährigen. Bei der gemeinen, euro— päiſchen Art (St. vulgaris) wirkt überdieß das Klima hierauf ein: indem die nor— diſchen (z. B. jene auf den Färöern) nie fo langes Gefieder erhalten, wie ſehr viele in Deutſchland, die ſelbſt wieder ſelten oder nie ein ſo langes tragen, wie die ſüdeuropäiſchen.) Die Jungen find ſtets einfach graubraun mit lichterem Vorderhalſe. Die Alten ſehen ſchön ſchwarz aus, ſtark ins Grüne, Stahlblaue und Veilchenfarbige ſchillernd, oben mit bräunlichen, unten mit weißlichen, drei— eckigen Federſpitzen, die mit dem Alter und gegen den Sommer hin immer kleiner werden, bis ſie zuletzt verſchwinden. Kleine Laubholzwälder, Wieſengründe und Viehweiden mit alten, hohlen Eichen bewohnen dieſe Vögel am liebſten. Da, wo es der Umgebung mancher Dörfer an großen Bäumen ſolcher Art gebricht, gewöh— nen die Bewohner derſelben die Staare als halbe Hausthiere in ihre Gärten ein: indem ſie ihnen tiefe, längliche Käſtchen mit einem kleinen Flugloche auf die Bäume hängen. In dieſen niſten die Staare gern, und man nimmt ihnen dann minde— ſtens Ein, gewöhnlich aber zwei Mal die Jungen aus. So zieht man, indem man ſie zu einer dritten Brut zwingt, in jeder Hinſicht doppelten Nutzen von ihnen: da ſie alsdann natürlich auch deſto mehr ſchädliche Larven und Gewürm für ihre Jungen verbrauchen. Das Fleiſch der Alten ſchmeckt etwas bitter. Bereits im Sommer rotten die Jungen der erſten Brut, ſpäterhin aber Jung und Alt, ſich zu Schaaren zuſammen, die im Herbſte oft viele Tauſende zählen, gewöhnlich von einer Viehheerde zur anderen ziehen und ſich nicht ſelten noch den Saatkrähen, Dohlen, Kibitzen und anderen geſelligen Vögeln anſchließen. Zur Nachtruhe flie— *) Die färöiſchen wandern bei der Milde des dortigen Winters häufig gar nicht aus. Ihnen mag dann ihr kürzeres, aber breiteres und deßhalb beſſer warmhaltendes Ge— fieder wohl zu Statten kommen: während für die übrigen das ſchmale und minder warme ftets um fo mehr genügt, je weiter ſüdlich ihr Wohnort liegt. Jene auf Sardinien, deren Männchen ihre ausnehmend langen und ſchmalen Hals⸗ federn beim Singen vorn zu einer Art von Bart aufſträuben können, haben aus dieſem Grunde die meiſten Vogelkenner für eine beſondere Art halten zu müſſen geglaubt und ſie einfarbige Staare (St. unicolor) genannt. Dieſe Anſicht iſt jedoch wahrſcheinlich un⸗ richtig: da auch ſchon manche in Deutſchland, und noch mehrere in den warmen, freien Ge— genden Ungarns, jenen ſehr nahe kommen. 19 * 292 Vögel; Z3te Ordn.: Singvögel; gen ſie dann jedes Mal klüglich, und, wenn es ſein muß, unverdroſſen meilenweit, in das dichte Rohr eines Teiches: wo ihnen die, von ihrem Gewichte ſich nieder— beugenden Rohrhalme einen eben ſo bequemen, als gegen Ueberfälle von Feinden jeder Art ſichernden Sitz gewähren. Ihr ziemlich lautes und ſehr anhaltendes durch einander Schwatzen, Singen und Schreien vor dem Einſchlafen giebt dann ein Getöſe, faſt wie das Plätſchern eines Springbrunnes oder kleinen Waſſerfalles. Ihr Geſang bleibt überhaupt ſtets ein ſeltſam buntes Gemiſch aus höchſt verſchie— denartigen Tönen, von welchen viele ſehr ſonderbar, aber nur wenige laut und hübſch klingen. Jung aufgezogene Staare lernen gut ſprechen, und beweiſen eine fo ausnehmende Klugheit, wie kaum ein anderer Vogel. Sie lernen z. B. ſehr bald die gute oder ſchlimme Laune ihres Beſitzers aus ſeinen Mienen erkennen, und ſich trefflich darnach richten, werden ganz vertraut mit den größten Hunden, welche ſich ſehr gern die Flöhe von ihnen abſuchen laſſen, und wiſſen ſich beſtän— dig zu unterhalten oder zu beſchäftigen. is 79. Den Staaren, deren Stelle fie für heiße Gegenden meiſt vertreten, ſehr ähn— lich nach Körperbau und Federbildung, aber Mitteldinge zwiſchen ihnen und den Droſſeln im Schnabelbaue, ſind die Staaramſeln oder Heuſchreckenfreſſer. (Acridotheres s. Gracüla.) Man hat fie auch Vieh- oder Hirtenvögel genannt, weil ſie ſich noch lieber, als die Staare, bei oder unter Viehheerden aufhalten, und ſchätzt ſie überall ſehr wegen ihres Eifers in der Verfolgung von Heuſchrecken, deren gefräßigen, ziehenden Schwärmen faſt immer auch Schaaren von ihnen nach— folgen. Sie ſcheinen häufiger, als die Staare, kahle Steppen zu bewohnen und da in Felſenſpalten zu brüten. Eine Art, welche man einzeln ſchon in faſt allen Ländern Europa's, zuweilen allein, gewöhnlich jedoch unter den Staaren, geſehen hat, kömmt nicht ſelten ins ſüdliche und noch häufiger in das ſüdöſtliche Gebiet unſeres Welttheils. Bei uns meint man fie gewöhnlich unter dem Namen ro— ſenfarbige Droſſel. (Turdus roséus.) Alt ſieht fie nämlich am Leibe hell ro— ſenfarbig aus, mit ſanft glänzendem, ſchwarzem Schwanze, Flügeln, Halſe und Kopfe, den eine ſchöne, lange, nach hinten niederhängende, ſchmalfederige Haube ziert. Die ungehäubten Jungen ſehen aber denen unſeres Staares zum Verwech— ſeln ähnlich. — Mehrere indiſche Heuſchreckenfreſſer zeigen auch ein eben ſo ſchma— les und mindeſtens eben fo harſches Gefieder, wie letzterer es als ausgefärbter Vo— gel trägt. Von Amerika, deſſen Südhälfte kaum einen wirklich ächten ſtaarähnlichen Vogel aufzuweiſen haben dürfte, beſitzen die unermeßlichen, freien Wieſengründe und Steppenſtriche der gemäßigten Nordhälfte in dem louiſianiſchen Feld- oder Wieſenſtaare (Sturnus ludovicianus) eine befondere, wohl als Gattung ver— ſchiedene Art, welche mehr Erdvogel ſcheint, als die bisherigen. (Pedopsäris.) Sie ſieht auch ſchon, dem entſprechend, oben faſt lerchengrau oder ammerfarbig aus. Unten iſt fie hochgelb, mit einem ſchwarzen, halbmond- oder faſt hufeifen- förmigen Flecke am Unterhalſe. [S 80. An den Füßen unſerem Staare ähnlich, nur noch bedeutend kräftiger und mit kürzeren, gekrümmten Nägeln verſehen, aber ſonſt in faſt allen Stücken von ihm verſchieden, ſo wie überhaupt vielſeitig von allen Singvögeln abweichend, erſcheint der Waſſerſchwätzer (Cinclus aquaticus) unſerer Gebirgsſtriche, dort gewöhn— lich Waſſeramſel und ſonſt auch Waſſerſtaar genannt. Er gehört zu einer der merkwürdigſten Vogelgattungen, die es überhaupt giebt: indem er, ſo zu ſagen, Sing-, Wad- und Schwimmvogel zugleich iſt, und zwar beinahe eben fo ſehr das Eine, wie das Andere. Denn er beſitzt den Singmuskelapparat, und läßt p) weichfcehnäbelige: ſchreitende. 293 ſeinen gar nicht üblen, ziemlich mannichfaltigen Geſang nicht ſelten bereits ſehr früh im Jahre, nämlich an heiteren Wintertagen, bei Schnee und Eis, hören. Ferner bewährt er fich als kunſtreicher Baumeiſter, und macht, ſchon ungeſtört, alljährlich zwei Bruten: was, wenigſtens in der Regel, nur Singvögel thun.“) Nicht bloß fein, weder langer, noch ſtarker und gar nicht ſtaarähnlicher Schnabel, fondern ſelbſt ein großer Theil ſeiner Färbung, ähneln ſehr jenen der Lummen unter den Schwimm— vögeln. Die Einrichtung ſeiner länglichen, verſchließbaren Naſenlöcher, mit kurzer, dichter Befiederung an ihrem oberen Rande, iſt ſogar genau dieſelbe. Sein äu— ßerſt dichtes, warmes, derbes und ſehr elaſtiſches Kleid, mit ziemlich weichen Ober— federn und ſehr zahlreichen Dunen, (Flaumfedern,) ſieht und fühlt ſich ganz ebenſo an, wie bei den meiſten wahren Tauchern unter den Schwimmvögeln; und feine ungewöhnlich große Bürzeldrüſe ſondert eben ſo reichlich das, zur Anfettung deſſel— ben beſtimmte Oel ab. Der ganze Körper, welcher ſonſt bei Landvögeln ſtets rund— lich, oder von den Seiten zuſammengedrückt erſcheint, zeigt unterwärts auch bei ihm jene breitliche und flache Geſtalt, welche ihn bei allen wahren Schwimmvögeln eben erſt zum Ruhen und Fortbewegen auf dem Waſſer geſchickt macht. Flügel und Schwanz ſind beide ſo kurz, wie bei den meiſten wahren Tauchern unter den Schwimmvögeln; und letzterer wird nicht bloß ſtets etwas gehoben getragen, ſondern im Laufen auch häufig eben ſo ſchnell ruckweiſe aufgehoben und geſenkt, wie bei vie— len Strandvögeln unter den Wadern. Der Vogel hält ſich aber auch beſtändig mindeſtens eben ſo ausſchließlich am Waſſer auf, wie irgend ein Strandläufer: in— dem er bloß nothgedrungen, auf dem Striche oder Zuge, zuweilen über Land fliegt, ſonſt aber ſtes dem Laufe von Bächen folgt. Auf Bäume oder Sträucher ſetzt er ſich nie: obwohl er ſtets am liebſten an recht düſter beſchatteten Stellen der Waldbäche verweilt. Beim Aufſuchen ſeiner Nahrung, die gewöhnlich bloß in Inſekten, Larven und ſehr kleinen Gehäuſeſchnecken, ſelten in ganz jungen Fiſchen beſteht, läuft er bald ſchnell auf dem Uferſande, ſo wie auf und zwiſchen Steinen umher; bald wadet er bis an den Bauch, und zuletzt bis an den Kopf, ins Waſſer ſelbſt, um ſie von der Oberfläche deſſelben aufzufiſchen, oder mit untergetauchtem Kopfe die auf dem Grunde befindlichen zu fangen.“) An tieferen Stellen ſchwimmt er ſo— gar nicht ſelten danach umher, oder taucht, gleich dem geübteſten Schwimmer, tief danach unter, und gebraucht dabei, nach Art der Lummen, ſeine ausgebreiteten Flügel als Ruder. Wie manche wirkliche Schwimmvögel, liebt auch er die rau— ſchendſten Stellen am meiſten: ohne Zweifel, weil hier beſonders die kleinen, ins Waſſer gefallenen, oder ſonſt von demſelben mitfortgeführten Inſekten ſich am we— nigſten wieder herauszuarbeiten vermögen. Er taucht aber nicht bloß mit Leichtig— keit ſelbſt im ſtärkſten Strudel unter, ſondern geht auch mit ſo bewunderungswür— diger Kraft dem heftigſten Strome entgegen, daß er nicht ſelten oberhalb von „) Geſtört, machen allerdings meiſt auch alle andere Vögel Anſtalten zu einer zweiten Brut: jedoch viele bloß in dem Falle, wenn ſie gleich die Eier verloren; nur wenige auch dann noch, wenn ſie bereits Junge hatten. ) Es ſteht allerdings feft, daß er wirklich eine Strecke weit (fo lange, wie er das Athmen verhalten kann) tief auf dem Boden unter dem Waſſer fortzugehen vermag, ohne von letzterem gewaltſam in die Höhe gehoben zu werden. Doch kann ihm dieß ohne Zwei— fel bloß da gelingen, wo der Boden (wie es freilich in Gebirgsbächen meiſtens zu fein pflegt) überall mit kleinen Steinen bedeckt iſt, an denen er ſich beim Weiterſchreiten mit den Zehen feſthalten kann. Da aber Letzteres keinem anderen Wad- oder Tauchvogel möglich wird; ſo müſſen ſie freilich, weil ihr Körper ſtets leichter als eine gleiche Menge Waſſer iſt, von dieſem ſtets, ſelbſt gegen ihren Willen, wieder aufwärts getrieben werden, ſobald die Wirkung ihrer ge— wöhnlichen Anſtrengung zum Unterfahren (Tauchen) aufhört. 294 Vögel; Ite Ordn.: Singvögel; Wehren und kleinen Waſſerfällen aus der tobendſten Fluth wieder emporkömmt. Oft ſpringt er von einem Steine aus plötzlich in dieſelbe hinab, beſonders, wenn er von einem Menſchen recht unvermuthet überraſcht wird, und geht dann entweder theils laufend, theils ſchwimmend, eine Strecke weit unter dem Waſſer fort; oder er verkriecht ſich zwiſchen großen, hohl an einander lehnenden Steinen. So ver— ſchwindet er dann oft: man weiß nicht, wohin? Ein Gleiches thut er vorzüglich des Nachts, wenn er zufällig von feinem Ruheplätzchen in einer Fels- oder Ufer— höhle aufgeſtört wird. Sogar die, noch nicht flugbaren Jungen ſuchen ſich nöthis gen Falls auf dieſe Weiſe aus dem Neſte zu retten. Letzteres iſt ſehr groß, faſt kugelrund, mit einer kleinen Oeffnung zur Seite, und theils aus gewöhnlichem Mooſe, theils aus trockenen Halmen gebaut; äußerlich bisweilen mit einer Schicht von dem bekannten, naſſen Waſſermooſe. Er bringt es bald in Uferlöchern verſchie— dener Art an, bald unter hölzernen Brücken, in Wehren oder ſonſtigen Waſſer⸗ bauten. Beſonders gern wählt er immer die Schaufelkäſten von alten, oder ſonſt lange ſtillſtehenden Mühlrädern: wo es freilich, ſchon darum, weil es ſich dann ſtets über dem Waſſer befindet, ſeinen Feinden am wenigſten zugänglich wird. Merkwürdig iſt da immer ſeine Größe, und wunderbar ſeine Stellung. Denn es ſteht alsdann, zum Schutze gegen Regen und vor dem Blicke feindlicher Weſen, jederzeit in einem der abwärts gekehrten (vermöge der Stellung des Rades nach unten gerichteten) und daher unterhalb offenen Schaufelkäſten: ſo daß es natürlich, wenn es kleiner wäre, nothwendig herausfallen müßte. An jungen Vögeln iſt die Oberſeite aſchgrau, die untere trübweiß mit halbmondförmigen, mattbrauen Flecken. Die Alten ſehen bei uns ſchieferfarbig aus, mit ſchwarzen Federrändern, welche ſich im Sommer zuweilen faſt ganz abnutzen; Kopf und Oberhals ſind umbrafarbig, Kehle und Vorderhals bis auf die Bruſt hinab weiß; der Bauch iſt ſchwarzbraun, bei ſolchen von höherem Alter gegen die Bruſt hin röthlichbraun. Manche aſiatiſche Waſſerſchwätzer, beſonders die weit öſtlich wohnenden, und die im Nordweſten von Amerika, ſehen dagegen überhaupt theils den jungen, theils den alten bei uns ähn⸗ lich, theils auch bedeutend verſchieden aus. Doch zeigen ſie hierin ſo allmählige Uebergänge, daß es gegenwärtig noch nicht auszumachen ſein dürfte: ob ſie bloß in Folge des Klima's abweichen, oder beſondere Arten ausmachen. Die Verbrei— tung des europäiſchen reicht von den Gebirgen Oberitaliens bis auf jene des Po— larkreiſes. In flachen Gegenden läßt er ſich ſogar auf dem Striche oder Zuge nur ſehr ſelten und bloß kurze Zeit ſehen. [s 81. Als eine zweite Familie von bloß ſchreitenden Sängern ſtellen ſich die bachſtelzenartigen Vögel zuſammen, die man eigentlich, mit einem rich⸗ tigeren Ausdrucke, Wedelſchwänze nennen müßte. *) Eine Bezeichnung, ) Der Name Bachſtelze rührt nämlich keineswegs davon her, daß die Vögel, welche ihn bei uns führen, auf hohen Beinen wie auf Stelzen einherſchreiten und großen Theils gern an Bächen leben: obwohl man ihn gegenwärtig faſt allgemein ſo ableitet. Er iſt vielmehr durch Verdrehung und Mißverſtändniß aus dem alt-germanifchen Wagſtärt und Wagzagel, oder Wagzahl (als Verkleinerungswort Wagzählchen) entſtanden! Benennungen, die ſich, zum Theil unverändert, noch in mehreren platt- oder niederdeutſchen Mundarten erhalten haben, (wo Zagel oder Zahl regelmäßig ebenſo den Schweif eines Thieres und das Ende einer langen Reihe bedeutet, wie ausnahmsweiſe in der Sprache unſeres Landvolkes,) und die in manchen ſtammverwandten Sprachen noch mehr oder weniger allgemein gebräuchlich ſind. (Wipp- oder Wag-stert im Holländiſchen, Wag-tail im Engliſchen, Wipp-stjert in den ſkandinaviſchen Sprachen.) Dieſer Ableitung gegenüber muß das Widerſinnige der, von Einigen gebrauchten Na⸗ men „Kuh-, Schaf-, Vieh-, Wieſen- und Ackerſtelze“ ꝛc. in die Augen ſpringen. b) weich ſchnäbelige: ſchreitende. 295 die mehr oder weniger gut auf alle paßt. Ihre Flügel zeichnen ſich ebenſo durch einige beſonders lange, den vorderſten gleichkommende Hinter- ſchwingen aus, wie jene der Strandläufer und ähnlicher Wad-, Sumpf— oder Ufervögel, denen ſich die Mehrzahl unſerer Wedelſchwänze in Aufenthalt und Lebensweiſe nähert. Denn auch ſie nähren ſich bloß von Inſekten und Larven, welchen die meiſten ebenſo am Rande von Gewäſſern und Sümpfen nachgehen. Hierbei ſchreiten ſie auf ihren hohen, oder ziemlich hohen, aber dünnen Beinen eben ſo leicht, als zierlich, und häufig ſehr ſchnell einher. Ihre Schnäbel ſind rundlich, pfriemenförmig und kürzer, als der Kopf. Ihre Mauſer iſt doppelt. ; Am bekannteſten find die, wenig zahlreichen, eigentlichen Wedelſchwänze oder Bachſtelzen, (Motacilla,) mit langem, etwas ſchmalfederigem, ſchwach abgerun— detem Schwanze, der am Rande weiß iſt, und den ſie am Boden faſt eben ſo be— ſtändig in die Höhe halten, wie ſie ihn häufig auf- und niederbewegen. Mit voll— ſtem Rechte betrachtet man ſie als wahre Muſter von Zierlichkeit, Behendigkeit und Gewandtheit. Es läßt ſich für ein befiedertes Weſen kein reizenderer Anſtand den— ken, als der, welchen jede ihrer Bewegungen ausdrückt. Sie haben, wenigſtens unter allen näher bekannten Vögeln, den am meiſten bogenförmigen Flug: indem ſie in hoch auf- und niederſteigenden Sätzen gleichſam durch die Luft hüpfen. Zwei der unſerigen, mit grauem Rücken und gekrümmtem Nagel an der Hinter— zehe, leben, ihrem gewöhnlichen Namen gemäß, ſtets bei oder an Gewäſſern, na— mentlich an fließenden, und niſten in Höhlen. Alle gehören übrigens bloß der alten Welt an. Dieß gilt ſo ausſchließlich, daß die, gewöhnlich ſogenannte weiße B., (M. alba,) welche doch ſelbſt die, von dem geſammten übrigen Europa fo weit entfernt liegende Inſel Island noch bis in die nördlichſten Theile hinauf ſehr zahlreich bewohnt, gleichwohl nie das ſo nahe angränzende Grönland beſucht, ſon— dern jeden Frühling und Herbſt jenen ungleich breiteren Meeresraum zwiſchen dort und dem übrigen Europa überfliegt. Ihr Vorderkopf und Bauch ſehen weiß, Hinterkopf und Vorderhals ſchwarz aus; doch wird an letzterem die Kehle bei der Herbſtmauſer weiß. Von den ſüdeuropäiſchen bekommen beſonders die älteren häufig einen ſchwarz gefleckten, zuweilen einen ganz ſchwarzen Rücken, und merklich ſchwär— zere Flügel mit rein weißen Federkanten.) Sie fehlt wohl kaum einem Dorfe mit Quellwaſſer, oder mit Bächen und Waſſerpfützen von einiger Bedeutung, we— der im Flachlande, noch in Gebirgen bis hinauf über den Holzwuchs. Sie folgt häufig dem ackernden Landmanne hinter dem Pfluge: weßhalb ſie auch ſelbſt Acker⸗ männchen heißt. Dabei niſtet ſie nicht ſelten auf Höfen, meiſt in Reiſigſchobern oder unter verworrenen Dachſchauben, ſo wie in Klafterhaufen auf Holzniederlagen ꝛc.; weiter auf dem Freien dagegen in alten Kopfweiden, oder ſonſt in niedrigen Baumhöhlen. Bei aller Zutraulichkeit iſt ſie klug, und trotz ihrer Kleinheit oft ſehr kühn im Vertrauen auf ihren gewandten Flug: indem ſie die meiſten Raub— vögel, deren Stößen ſie durch ſchnelle Schwenkungen ſehr geſchickt zu entgehen weiß, zu allen Zeiten, beſonders in Geſellſchaft, furchtlos unter lautem Geſchrei verfolgt und zuletzt oft wirklich vertreibt. So wacht ſie auch für andere Vögel mit: indem dieſe nun, durch ihren Lärm aufmerkſam geworden, auf ihre Sicher— heit denken.“) Gleich den Staaren übernachtet fie ſowohl vor, wie nach der *) In diefer Färbung, die ſich übrigens jedoch auch bei den oſtſibiriſchen und zumal an denen auf Kamtſchatka vorzugsweiſe ſtark und häufig entwickelt, galten die Vögel ſonſt, nach der Anſicht mancher Naturforſcher, unter dem Namen Trauerbachſtelze (M. Ingubris) als beſondere Art. ) Merkwürdig bleibt es: daß überhaupt alle Vögel, iv verſchledenarkig ihre Stim— men auch immer fein mögen, gleichwohl ihre Warnungslaute gegenſeitig ganz treff— 296 Vögel; 3te Ordn.: Singvögel; Brütezeit ſtets gar klüglich entweder im Rohre, oder wenigſtens in Geſträuch, welches tief im Waſſer ſteht, nie anderswo; und ſie ſcheut dann, um der Sicher— heit willen, in welcher ſie dort ſchlafen kann, einen Flug von bedeutender Weite nicht. — Etwas kleiner, kurzbeiniger und noch zarter gebaut, mit noch längerem Schwanze, ift die Gebirgs-Bachſtelze. (M. sulfurea s. boarüla!) Ein be⸗ wunderungswürdig ſchlankes und anmuthiges Vögelchen, mit röthlichgelbem Bauche im Herbſte, und mit hochgelber Unterſeite im Frühlinge, wo das Männchen noch einen kleinen ſchwarzen Kehlfleck bekömmt. Sie geht nordwärts nicht über die Gebirge Deutſchlands und Englands hinaus, und mag immer bloß in gebir— gigen Gegenden wohnen. Hier lebt ſie aber ſehr zahlreich, geht vom Fuße der Vorberge bis an die Gränze des Holzwuchſes hinauf, und brütet gewöhnlich in Uferhöhlen. Denn ſie hält ſich beſtändig an kieſigen, fließenden Gewäſſern auf: am liebſten an ſeichten Stellen, und zwar ſowohl in Dörfern, wie an fernen, ein ſamen Waldbächen. Beide Arten kehren zu uns zurück, ſobald die Gewäſſer auf— thauen. — Einige wenige andere Arten beſitzen zwar minder lange Schwänze, aber deſto höhere Beine, an deren Hinterzehe ein beſonders langer und faſt gerader, lerchenſpornartiger Nagel ſteht. Ihnen hat man eben jene wunderlichen Namen „Kuh⸗, Schaf- oder Viehſtelzen“ (Budptes) beigelegt: weil fie ſich, beſon— ders im Herbſte, gern und in kleinen Schaaren bei weidenden Viehheerden einfin— den, um Jagd auf die, um dieſelben ſich ſammelnden Inſekten zu machen. Sie kommen im Ganzen ſo wenig in Wälder, wie an fließende Gewäſſer: obgleich ſie gern in der Nähe von beiden, auf fruchtbaren Getreidefeldern und Wieſen mit ſumpfigem, ſtehendem Waſſer hecken. Sie tragen zum Brüten eine ſehr einfache Unterlage von Halmen in ein Grübchen des Bodens zuſammen, und ziehen ſich ſpäterhin meiſt an viel trocknere Orte. Dieſer großen, zeitweiſen Verſchiedenheit des Aufenthaltes entſpricht denn auch bei der einheimiſchen, gelben oder Wieſen— bachſtelze (M. flava) eine nicht geringere Verſchiedenheit der Kleider je nach der Jahreszeit. Bei ihrem Männchen erſcheint zum Frühlinge bloß der Oberkopf aſch— grau; (in Südeuropa, Nordafrika und Sibirien oft ſchwarz gemiſcht, ja zuweilen ganz ſchwarz.) Am Rücken dagegen iſt es ſo ſchön hellgrün und an der Unter— feite fo lebhaft hochgelb, wie das Gras der Wieſen und wie viele ihrer Blumen: namentlich wie die großen, flachen Blüthendolden jener hohen Sumpfwolfsmilch, auf welchen man es häufig, ſelbſt in der Nähe, kaum ſitzen ſieht. Bei der Mauſer im Spätſommer dagegen wird es oben ſchlicht olivengrau, unten ſchmutzig röthlich- und gelblichweiß. Das Weichen, welches ſelbſt den Frühling über faſt ſtets am Boden bleibt, trägt auch dann ein viel unanſehnlicheres Gewand. Gewohnt, auf flacher Erde zu über— nachten, zeigt dieſe Art, welche viele ebene Landſtriche in Menge bewohnt, weder den klugen Naturtrieb der weißen B., noch ihren Muth gegen Raubvögel. Sie verbreitet ſich bis an den Polarkreis und nach Mittelaſien. Hier gränzt ſie ſchon mit einer zweiten Art, der gelbköpfigen, (M. citreöla,) bei welcher im Sommer auch der geſammte Vorderkopf gelb, der Nacken aber ſchwarz und der Rücken grau ausſieht. Dieſe hält ſomit der Färbung, und wahrſcheinlich auch dem Wohnorte nach, das Mittel zwiſchen unſerer Wieſenbachſtelze und der gewöhnlichen weißen. a [S 82. Zwei bis drei ſchöne bachſtelzenartige Vögel von ſchwarzer Farbe mit einigen lich verſtehen, ſo daß alle das, durch dieſelben ausgedrückte Gefühl der Beſorgniß ſogleich nachempfinden. Hierin liegt, im Vergleiche mit den Säugethieren, ein ſehr bedeutender Vortheil, der ſie mit für manchen jener Nachtheile entſchädigt, welche aus ihrer, meiſt weit freieren Le— bene weiſe entſpringen. b) weichſchnäbelige: ſchreitende. 297 weißen Stellen, die an den Berggewäſſern von Indien leben, würden nach der, bisjetzt gebräuchlichen Benennungsweiſe Gabelſtelzen heißen können. Denn ihr ſehr langer, ſchmaler, mit weißen Spitzen gezeichneter Schwanz ſtellt, da ſeine bei— den Mittelfedern kaum zum dritten oder vierten Theile die Länge der äußerſten haben, eine mehr als gewöhnlich tiefe Gabel vor. Dabei ſteht er, wie der grie— chiſch-lateiniſche Gattungsname (Henicürus) beſagt, nach dem Verhältniſſe feiner Federn als einzig in ſeiner Art da: indem dieſe, von den zwei mittelſten aus, immer genau nach demſelben Maaße, nicht wie ſonſt nach ab- oder zunehmendem Verhältniſſe, länger werden.“) Gleichſam eine Mittelgattung zwiſchen Bachſtelzen und Lerchen, die ſich aber mit zahlreichen Arten faſt über den ganzen Erdkreis verbreitet, bilden die, nach dem Klange ihrer feinen Lockſtimmen benannten Pieper. (Anthus.) Sie be— ſitzen weder ganz das nette, muntere Weſen und den langen Schwanz der Bach— ſtelzen, noch den gar ſo raſchen, oft gleichſam dahin ſchießenden Lauf derſelben; noch tragen ſie ſich ganz wie die Lerchen, denen übrigens mehrere in Farbe und Zeichnung ebenſo gleichen, wie ſie in Schnabelbau und Nahrung mit den Bach— ſtelzen übereinkommen. Nur einige, die meiſt im Graſe leben, fallen ſtärker ins Grünliche. So der, licht olivenfarbige Baumpieper, (A. arboreus,) die Piep— oder Gereutlerche unſerer Jäger. Ein gar lieblicher Vogel, der hin und wieder an Wald- und Wieſenrändern lebt, am häufigſten jedoch trockene Rodeplätze, (Ge: reute,) oder ſonſtige Waldblößen bewohnt, auf unſeren Gebirgen bis zur oberſten Baumgränze hinaufgeht, und ſich überall ſehr gern auf Bäume ſetzt. Eine Sache, die ihm ſein mäßig langer und deutlich gekrümmter Daumnagel erleichtert. Von da aus läßt er im Frühlinge auch ſeinen herrlichen, zarten Geſang hören, welcher dem Schlage eines gut ſingenden Kanarienvogels außerordentlich ähnelt, und mit deſſen Schlußſätzen er ſich, langſam flatternd, in die Luft erhebt, um ſich ſo in einem Bogen behaglich auf einen nahen, anderen Baum zu ſchwingen. — Etwas kleiner und zarter, mit lebhafter grünlichem Grunde des Oberleibes, iſt der Wie— ſenpieper, (A. pratensis,) häufig Wieſenlerche genannt. Sein Hauptunterſchied von dem Baumpieper beſteht in einem langen, faſt geraden Nagel an der Hinter— zehe, welchen auch beinahe alle die übrigen Arten führen. Ihn ſieht man ſelbſt zur Frühlingszeit, (wo recht alte Männchen bei uns zuweilen, und in Nordafrika nicht ſelten, eine roſtröthliche Kehle bekommen,) gewöhnlich nur ſelten und ſpäter— hin niemals auf Bäumen. Während der Brütezeit wohnt er theils im Flachlande, auf feuchten, moorigen Kſchwarzgrundigen) Wald- oder Torfwieſen mit etwas Ge— ſträuch; theils an ſumpfigen und nicht ſelten faſt ganz kahlen Stellen von Gebir— gen, bis hinauf nach Island. Späterhin zieht er ſich häufig nach ganz trockenen, ja ſogar nach dürren, fandigen Orten: z. B. oft ſchaarenweiſe auf Kartoffeläcker und Rübenfelder. Sein Geſang, mit welchem er ſich gewöhnlich ſofort und ziem— lich hoch in die Luft erhebt, will nicht viel ſagen, und lautet ganz anders, als jener des Baumpiepers.“) — Ein beſſerer Sänger und merklich größer, jedoch im Herbſtkleide ihm ſehr ähnlich, nur etwas düſterer gefärbt, iſt der Waſſer-, Felſen-, Strand- oder Ufer pieper. (A. aquaticus, rupestris et litorälis.) Dies fer bewohnt einzeln, meiſt Jahr aus, Jahr ein, die Strandfelfen und Steindämme ) D. h., ihre Länge ſteigt nach arithmetiſcher, nicht, wie ſonſt bei Keil- und Gabelſchwänzen, nach geometrifcher Proportion. 3 ) Es bleibt überhaupt bemerkenswerth, daß Singvogelarten ſich gewöhnlich im Ge: fange um fo bedeutender von einander unterſcheiden, je mehr fie ſonſt einander gleichen. Manche, die einander wirklich zum Verwechſeln ähnlich ſehen, haben auch nicht Einen Ton oder Gang ihrer Geſänge mit einander gemein. 298 Bögel; gte Ordn.: Singvögel; mancher norddeutſchen Küſten, mehr ſchon die Scheerenriffe der ſkandinaviſchen, am zahlreichſten aber jene der holländiſchen und engliſchen, bis hinauf auf die Färöer, und geht wahrſcheinlich ſelbſt bis nach Nordamerika hinüber. Viel häufiger bezieht er jedoch für den Sommer alle höheren Gebirge von Mittel- und Südeuropa, über der Baumgränze: in Deutſchland von der Region der Knieholz-Kiefer, welche er in Menge belebt, bis weit auf die Felſenhaufen an den Gletſcherbächen der Hochalpen. Hier bekömmt er denn auch überall, mehr als nordwärts, ein deutlich verſchiedenes Sommerkleid: mit aſchgrauer Oberſeite und röthlichweißer, oder hell röthlicher, wenig gefledter Unterſeite. Im Herbſte muß er da natürlich auswan— dern. Er bezieht dann, zunächſt die Bachufer und Sumpfſtellen von benachbarten niederen Gebirgen, ſpäterhin z. B. in Oberitalien die naſſen, gräbenreichen Reis⸗ felder, oder ſonſt bewäſſerte Plätze. — In der Jugend faſt ganz der Feldlerche ähnlich, ſonſt aber viel weniger gefleckt, und ſtärker ins Gelbröthliche ſpielend, iſt der Brachpieper oder die Brachlerche. (A. campestris.) Er wohnt ziemlich vereinzelt auf dürren, ſandigen Waldblößen, trockenen Viehweiden und ſteinigen Brachfeldern, die an Waldungen gränzen. Ihm mangelt ein wirklicher Geſang ei— gentlich ganz. Anſtatt deſſelben läßt er, indem er in großen Bogen ziemlich hoch und weit umherfliegt, bloß ſeinen gewöhnlichen Lockton vernehmen. [$ 83. Hierher möchten, trotz der Kürze ihrer Hinter- und Vorderſchwingen, auch noch einige wenige kleine Vögel zu ſetzen ſein, die ſchon ihr Geſang merkwürdig macht, die aber theilweiſe freilich bereits den Uebergang zu den folgenden, hüpfen— den bilden: nämlich die Schwirr- oder Heuſchrecken vögelchen.“) (Psithyre- dus.) Denn ſie ſind allerdings mit den Piepern verwandt, und laufen häufig in ähnlicher, zierlicher Haltung, wie fie, ſchnell auf dem Boden zwiſchen großen Kräu⸗ tern umher: wobei fie ſich, wie faſt immer, zum Erſtaunen gut verborgen zu hal— ten wiſſen. Doch bewegen ſie ſich auch nicht minder oft, und mit gleich bewun⸗ derungswürdiger Gewandtheit, hüpfend im dichteſten Geſträuche, feuchten Graſe und dem üppigſten Pflanzengewirre fort: indem ihre ſonſtige Befähigung zu Bei⸗ dem noch erhöht wird durch eine vorzügliche Schnellkraft ihrer Fußmuskeln, deren Sehnen, beſonders über der Ferſe, ebenſo grätenartig hart (verknöchert) erſcheinen, wie bei den Hühnern. Kein Vogel kann ſie an Schnelligkeit und Schüchternheit, oder wenigſtens keiner an Vorliebe zu einer verſteckten Lebensweiſe übertreffen. Denn ſelbſt im Frühlinge wird ihr Daſein der Regel nach nur bemerkbar durch den höchſt ſonderbaren, ſchwirrenden Geſang der Männchen, welche hierbei ihren langen, ſtark keilförmig zugerundeten und ſehr breitfedekigen Schwanz mit ſehr langen Ober- und Unterdeckfedern, fächerförmig ausgebreitet halten. Doch laſſen ſie ſich auch damit faſt immer bloß des Nachts hören, in deren tiefer Stille ſich dann ihre feinen Töne merkwürdig weit vernehmbar machen. Dabei zeigen ſie ſich denn aber gewöhnlich ebenſo zum Verwundern ruhig und arglos, wie ſie bei Tage unruhig und ſchüchtern ſind: ſo daß man ſie alsdann, da ſie dabei zugleich öfters ziemlich frei auf vorragenden Strauchzweigen ſitzen, zuweilen faſt mit Hän- den greifen kann. Die ziemlich künſtliche Bauart ihrer Neſter, ſo wie ihre ganze Lebensweiſe, nähern fich jenen der Rohrſänger unter den hüpfenden Inſektenfreſſern. Nur ſehr wenige Jäger und ſogar nur wenige Naturfreunde kennen diejenige Art, welche gewöhnlich den Namen Heuſchrecken-Rohrſänger (Sylvia locustella) führt. Und doch bewohnt ſie faſt alle unſere größeren, recht verwachſenen, feucht grundigen, jungen Laubholzſchläge, und baut ſich zuweilen ſelbſt in recht üppig beſtandenen, von Dornhecken durchſchnittenen Waizenfeldern tief zwiſchen einigen ) Nicht zu verwechſeln mit den, früher (S. 292) beſprochenen Heuſchreckenfreſſern! b) weichſchnaͤbelige: hüpfende. 299 Halmen ihr Neſt. Der Geſang des Männchens beſteht lediglich aus einem feinen, ganz einförmigen Triller, welcher aber zur Brütezeit nicht ſelten 1 Minute und noch länger eintönig forterklingt und ſich, mit Abrechnung ſeiner langen Dauer, ſo wie der nächtlichen Zeit, genau ſo anhört, wie das Schwirren der großen grü— nen Feldheuſchrecke.) Färbung und Zeichnung des Vogels ſind die einer Lerche mit oberwärts grünlichem Grunde, oder vielmehr ziemlich genau jene des Wieſen— piepers: aber mit viel ſparſameren, ſchwärzlichen Bruſtflecken, die ſich bei recht al— ten ſogar faſt gänzlich verlieren. An den weißlichen, unteren Schwanzdeckfedern ſtehen große, dunkelbraune Schaftflecke. — Sonſt ganz ähnlich, nur ein Wenig größer und mit röthlichen unteren Schwanzdecken, welche bloß an der Spitze weiß— lich werden, iſt eine zweite Art in Sibirien und dem öſtlichen Theile von Mittel— europa, die ſich dem Wieſenpieper noch enger anſchließt durch eine längere, wenig gekrümmte Daumenkralle. (S. certhiola.) — Ebenſo gefärbte untere Schwanz— deckfedern, wie ſie, jedoch einen ungefleckten, düſter olivengrünen Oberleib und zahl— reiche, verwaſchene, grünliche Flecken an der Bruſt, zeigt eine dritte Art, welche man bis jetzt bloß an manchen größeren Flüßen Deutſchlands, Ungarns und Li— thauen's gefunden hat: der Fluß-Rohrſänger. (S. fluviatilis.) Sein nicht ſo ganz eintöniger Geſang gleicht beinahe dem, mehr abgebrochenen Schwirren mancher Cicaden nur daß er lauter klingt und zuweilen noch einen abwechſeln— deren Schluß, ähnlich jenem mancher Buchfinkenſchläge, bekömmt. — Beſſer hierher, als zu den wirklichen Rohrſängern, paßt ſchon nach ſeiner Gewohnheit, auf kleinen Sumpfinſelchen ſchrittweiſe umherzulaufen, der kleine, wegen ſeines Wohnortes merkwürdige Seggen-Rohrſänger. (S. cariceti & S. salicaria!) Er iſt ober- wärts bald mehr licht röthlichgrau, bald mehr roſtröthlich, überall mit ſchwarzbrau— nen Schaftſtrichen; auf dem Kopfe mit vier großen ſchwärzlichen und drei hellen Längsſtreifen; an Bruſt und Seiten weißlich mit feinen Schmitzchen; ſein Schwanz weniger lang und breit, als bei den übrigen Schwirrvögelchen. Sein Geſang lau— tet auch nicht ſo auffallend ſchwirrend. Seinen Aufenthalt nimmt er in den gro— ßen, hohen Seggengefilden (Riedgrasparthieen) von Moorſümpfen und größeren Teichen: wo er nur ſehr ſchwer aufzufinden iſt und ſein Neſt in einen ganz klei— nen Weidenbuſch ſetzt. IS 84. 2te Zunft: Hüpfende weichſchnäbelige Singvögel. Sie wer⸗ den kenntlich an der Kürze ihrer Hinterſchwingen und der geringen, oder wenigſtens nicht auffallenden Länge ihrer Schwanzdeckfedern, und ſcheinen ſich, obgleich manche von ihnen noch recht hohe Beine beſitzen, doch niemals ſchrittweiſe zu bewegen. Alle leben um ſo mehr auf der Erde, und laufen hier um ſo flinker einher, je höher und ſchlanker ihre Beine und je weniger breit die Ballen ihrer Zehen ſind. Dagegen erſcheinen letztere, zum Behufe eines leichteren Anhaltens an Zweigen, ſtets um fo breiter, flei= ſchiger und weicher, beſonders an der Wurzel der Zehen, je ausſchließlicher ſich die Vögel auf Bäumen und Sträuchern, oder an Rohrſtengeln u. dergl. aufhalten. Bei allen ſtehen über den Mundwinkeln deutliche Bartbor— — D Diefe läßt ſich indeß bloß bei Tage, ja in der Regel nur bei warmem Sonnen— ſcheine, und ſtets in viel kürzeren Abſätzen hören. Wenn aber doch bisweilen auch unſer Vögelchen Beides ebenſo macht: dann vermag ſelbſt ein geübter Naturbeobachter die Töne beider nicht immer mit völliger Sicherheit zu unterſcheiden! — 300 Vögel; Ite Ordn.: Singvögel; ſten. Indeß fallen dieſelben nie beſonders auf: wiewohl ſie ſtets länger ſind, als bei den ſchreitenden Gattungen. Eine ſehr beträchtliche Anzahl, die droſſelartigen Vögel, haben ge— wöhnlich wieder einen vorn ziemlich zuſammengedrückten (meſſerförmi— gen) und eben nicht ſchwachen Schnabel. Sonſt laſſen ſie ſich aber we— niger beſtimmt durch andere Merkmale, als durch eine ziemlich anſehn— liche Größe, von den übrigen unterſcheiden, zu denen ſie freilich auch mehrſeitig übergehen. Alle eigentlichen Droſſeln, (Turdus,) die man bei uns häufig als Walddroſſeln bezeichnet, zeigen einen nur mäßig langen, abgerundeten Schwanz und ziemlich anſehnliche Flügel. Letztere geſtatten ihnen noch einen ziemlich weiten und leichten Flug. Sie binden ſich daher nirgends ſo ſtreng an den Wald, um nicht, zumal im Frühlinge und Herbſte, auch mehr oder weniger auf Wieſen, oder ſonſt an ſolchen freien Orten umherzuſtreifen, wo ſie hervorgekrochene Regenwürmer, Schneckeneier, Fliegenmaden oder andere weiche Erdlarven im Graſe, oder in fau— lem altem Laube finden. Letzteres beſonders ſchieben, oder werfen ſie zu dieſem Zwecke ſehr oft mit dem Schnabel aus einander. Sobald die Inſektennahrung knapper zu werden beginnt, halten ſie ſich hauptſächlich an verſchiedenerlei Beeren, welche ſie dann auf Bäumen oder Sträuchern ſuchen, im Frühlinge aber, ſo bald es wieder Gewürm giebt, verſchmähen. In gemäßigten und nördlichen Gegenden lieben ſie meiſt vor allen übrigen die Beeren der Ebereſchen oder der (hauptſächlich nach ihnen ſo benannten) Vogelbeerbäume, mit welchen ſie der Jäger in die Schlingen feiner Dohnen lockt.“) Ihre Verbreitung umfaßt überhaupt mehr die waldreichen, aber nicht zu dicht bewachſenen, gemäßigten Erdſtriche, als heiße: in deren erſteren ſie, wie im hohen Norden, größten Theils Zugvögel ſind und ſein müſſen. Die größte Art bei uns, und wahrſcheinlich auch überhaupt, heißt oft Schnarre oder Schnärre, wegen ihres heiſer ſchnarrenden Locktones. Gewöhnlich nennt man fie aber Miſteldroſſel, (T. viscivorus,) oder Miſtler: weil fie be— ſonders in gelinderen Wintern, wo ſie häufig bei uns bleibt, hin und wieder gro— ßen Theils von den Beeren jenes merkwürdigen, unter dem Namen Miſtel be— kannten Schmarotzergewächſes lebt, welches in manchen älteren Gehölzen, zumal in großen alten Kieferwaldungen, mehr oder weniger häufig beſonders in den Spalten und Winkeln ſtarker Aeſte wächſt. Merkwürdig bleibt der unverkennbar enge, gegenſeitige Zuſammenhang, in welchem ihre Verbreitung und das Vorkom— men jener ſonderbaren Pflanzen mit einander ſtehen. Denn während ſie Europa, das Vaterland der gemeinen Miſtel, bis nach Norwegen und Finnland hinauf be— wohnt, mangelt ſie unter gleicher geographiſcher Breite in Sibirien, wo es keine Miſteln giebt, allenthalben. Auf dem Himalaya dagegen, ſo wie in den übrigen Hochlanden von Indien, wo unſere Miſtelart durch mehrere ähnliche Species erſetzt wird, kömmt auch die Miſteldroſſel wieder vor.““) Ebenſo am Kaukaſus ꝛc. In- dem ſie aber die Kerne der verſchlungenen Beeren unverdaut, gewöhnlich mit den, gleichfalls unverdaulichen Häuten derſelben, durch den Schlund wiederauswürgt, oder ſie vielleicht auch mit ihrem Unrathe wieder von ſich giebt, bewirkt auch faſt einzig und allein nur ſie die Verbreitung jener ſonderbaren Gewächſe: deren Beeren an und für ſich bei ihrem Abfallen gewiß nur ſelten an eine, zum Keimen und An— wachſen günſtige Stelle gerathen, jedenfalls aber dadurch faft nie auf andere Bäume } a Sie werden, im Gegenſatze zu allen kleineren Vögeln, die man gleichfalls zum Verſpeiſen fängt, gewöhnlich Großvögel genannt. **) Und zwar genau ſo gefärbt und gezeichnet, wie bei uns. b) weichſchnäbelige: hüpſende. 301 gelangen können, und deren Saamenkerne zum Anwachſen vielleicht auch meiſt je— ner Erhöhung ihrer Keimkraft bedürfen, welche allen, beim Freſſen ſelbſt nicht ver— letzten Pflanzenſaamen ein längeres Verweilen in dem Speiſekanale eines Thieres (durch Einwirkung der, in demſelben enthaltenen Säuren und Salztheile) gewährt.“) Der leimartig-zähe, ſehr klebrige Saft, welchen das Fleiſch dieſer Beeren enthält, verurſacht nämlich, daß viele dem Vogel (nach dem Wiederaufwürgen?) am Schna— bel hängen bleiben. Indem er dieſelben aber durch Wetzen oder Reiben des Schna— bels an den Aeſten und Zweigen abzuſtreifen ſucht, ſtreicht er deren viele ſo in die Rauhigkeiten der Rinde hinein, daß ſie nun bequem keimen und die aus ihnen entſtehenden Stauden, wie aufgepfropft, in das Holz hineinwachſen können. So muß er denn, natürlich zu ſeinem eigenen Beſten, gleichſam im Auftrage der Na— tur immer neuerdings wieder für die Erzielung von Gewächſen thätig fein, deren oft ſo viele auf Ein Mal beim Umhauen großer Bäume zu Grunde gehen, und deren Wiedererſatz faſt nur auf ſeiner Mitwirkung beruht! Der nicht lange Geſang der Miſteldroſſel, in welchem die unſerigen von den nordiſchen übertroffen werden, beſteht aus ſchönen, lauten, meiſt ſchwermüthigen Flötentönen. Ihr Oberleib ſieht hell olivenfarbig aus; der Unterleib gelblichweiß mit großen, rundlich- dreieckigen, ſchwarzen Flecken; die unteren Flügeldeckfedern weißlich. — Sonſt ähnlich, doch merklich kleiner und etwas dunkler, mit ſchmäleren Flecken an der Bruſt und mit röthlichgelben Deckfedern an der Unterſeite der Flügel, iſt die Zipp- oder Sing— droſſel, (T. musicus:) fo benannt, theils nach dem Klange ihres Locktones; theils, weil man ihr ſchönes, ziemlich mannichfaltiges Lied bei uns häufiger zu hören bekömmt, als das von anderen Droſſeln. Denn ſie iſt ein ſehr bekannter Vogel, welcher durch ganz Europa und Nordaſien in den meiſten, nicht zu kleinen oder zu trockenen, gemiſchten oder Laubhölzern brütet. Recht merkwürdig macht ſie eine beſondere Eigenthümlichkeit ihres Neſtes, welches ſie ziemlich niedrig auf Sträucher, oder tiefe Baumäſte ſtellt. Außerdem nämlich, daß daſſelbe bedeutend tief, (mehr als halbkugelartig-ausgehöhlt,) dabei dünnwändig und doch ſchön halt— bar, äußerlich aus Halmen und feinen Rüthchen gebaut iſt, enthält es zunächſt eine zwar ſchwache, aber ſehr gut feſtgeknetete Lage von lehmiger Erde, gleich den Neſtern anderer Droſſeln. Ueber dieſer liegt dann aber, ſtatt der ſonſt gewöhnli— chen Ausfütterung von weicheren Stoffen, noch eine dünne Schicht von zerbröckel— tem und klein gebiſſenem faulem Holze, welches durch den klebrigen Speichel des Vogels gleichſam zuſammengekittet iſt. Sonderbarer Weiſe bleibt dieſe ganze Erd— und Holzkruſte (man weiß nicht, ob in Folge eines öfteren Beſprengens mit Waſ— ſer oder Thautropfen, oder wodurch ſonſt?) lange Zeit beſtändig feucht: nämlich noch während der ganzen Brütezeit, wo doch außerdem ſchon die Wärme des Vo— gels ſie austrocknen müßte.“) — Wieder etwas kleiner, als die Singdroſſel, dabei ) Wenigſtens hat es, trotz aller Sorgfalt, Botanikern und Gärtnern nicht immer, ja manchen gar nicht, gelingen wollen, die Miſtel durch Einſtecken ganzer Beeren, oder durch Einpfropfen bloßer Kerne in die Rinde von Bäumen, künſtlich zu erziehen oder fortzupflan— zen: während die Miſteldroſſel dieſelben faſt überall, wo ſie einige Zeit nach dem Genuße derſelben hinkömmt, auf vielen großen Bäumen und mitunter ſelbſt auf Sträuchern leicht ausſät und verbreitet. Letzteres war ſchon den Alten bekannt. Da man aber damals die zähfaftigen Beeren der Miſtel zur Bereitung von Vogelleim benutzte; fo gebrauchten die Römer, zur Bezeich— nung eines Menſchen, welcher ſich durch eigene Schuld Unglück bereitete, das Sprüchwort: Turdus sibi ipse malum cacat. **) Dieſes könnte, da feuchtes, moderndes Holz unter gewiſſen Umſtänden im Finftern ein ſanftes, weißliches Licht verbreitet, wohl dazu beitragen, dem Innern dieſer Neſter zu— weilen einen phosphorifchen Schimmer zu verleihen Und hierauf möchte ſich dann jene 302 Vögel; Ste Ordn.: Sing vogel; oberwärts mehr olivenbraun, mit bräunlich-roſtfarbigen Federn in den Seiten des Leibes und unter den Flügeln, ift die hiernach benannte Rothdroſſel. (T. iliäcus.) Sie wird aber noch häufiger Weindroſſel genannt: nicht, als ob fie Weinbeeren und Weinberge beſonders aufſuchte; ſondern, weil ſie hauptſächlich im Weinmonate (October) ſchaarenweiſe zu uns kömmt, um dann fpäterhin noch weis ter ſüdwärts zu ziehen. Denn ſie brütet meiſtens erſt hoch im Norden: ſelbſt noch in manchen Bergthälern der baumloſen und ſehr ſtraucharmen Inſel Island. Gleichwohl kömmt weder ſie, noch ſonſt eine Droſſel des weſtlichen alten Feſtlandes, in Amerika vor. — Eine merklich größere Art, deren wahre Heimath im Ganzen ebenfalls mehr gegen Norden liegt, obwohl ſchon in manchen nördlichen Provinzen Deutſchlands kleine Geſellſchaften von ihr bei einander hecken, iſt der Ziemer oder Krametsvogel. (T. piläris.) Er ſieht auf dem Rücken dunkelbraun aus, an Schwanz und Flügeln ſchwarz; ſonſt oberhalb aſchgrau; an der Bruſt rothgelb mit ſchwarzen Flecken. Ihm gebührt mit vollem Rechte der Name Wachholder— droſſel: da Wachholder-(Krammets- oder Kranawets-) Beeren den Winter über, ſowohl bei uns, wie tiefer ſüdwärts, feine Hauptnahrung ausmachen, fo daß die vorhandene, größere oder geringere Menge derſelben ebenſo die Gränze ſeiner Wan— derungen, wie die Wahl ſeines Winteraufenthaltes beſtimmt. Er erſcheint dann häufig in noch größeren Flügen, als die Rothdroſſel, deren Züge ſich nicht ſelten mit den ſeinigen verbinden. — (Zu noch zahlreicheren Geſellſchaften, als beide, vereinigt ſich in Nordamerika eine dortige Art, von aſchgrauer Farbe, mit ſchwärz— lichem Kopfe und ungefleckt gelbröthlichem Unterleibe, deren Zug deßhalb ſo auf— fällt, daß fie davon Wanderdroſſel [T. migratorius] genannt wird. Einzelne ſolche Vögel ſollen durch Stürme ſchon öfters nach Europa herübergeworfen worden ſein.) — Die oberſte, freiere Waldregion unſerer Hochgebirge, beſonders die krüp— pelhaften Strauchparthieen der Krummholzkiefer, ſammt den felsreichen Wäldern des tieferen Nordens, bewohnt im Sommer die Schneeamſel oder Ringdroſſel. (T. torquätus.) Sie nähert ſich ſomit ihrem Aufenthalte nach bereits den Stein— droſſeln. Aeltere Vögel ſind mattſchwarz, mit einem rein weißen, fingerbreiten, ringkragenähnlichen Querſtreife vorn an der Oberbruſt; die jüngeren ſchwärzlichgrau— braun, und ihr Halsband weißgrau. Ganz junge (Neſtvögel) ſehen den Miſtel— droſſeln weit ähnlicher, als ihren Aeltern. Ihre Größe iſt ſtets nicht viel gerin— ger, als jene der Miſteldroſſel. — Bei der, etwas kleineren gemeinen Amſel oder Schwarzdroſſel (T. merüla) ſieht das Männchen einförmig kohlſchwarz aus, mit gelbem Schnabel und Augenlidern; das Weibchen dunkelbraun, an der Bruſt etwas lichter und röthlicher, mit dunkleren Flecken. Erſteres gilt mit ſeinen lauten, flötenden Tonſätzen als ein vorzüglicher Sänger. Zeitig aus dem Neſte genommen, lernt es auch künſtliche Tonweiſen nachpfeifen. Von allen bei uns vorkommenden Droſſelarten bleibt die Amſel die klügſte, vorſichtigſte und ſcheueſte: ſo daß es na— mentlich bei älteren Vögeln dem Jäger, wie dem Vogelſteller immer nur ſelten gelingt, ihrer habhaft zu werden, ſelbſt wenn in ſchneereichen Wintern der Mangel an Beeren fie in die bitterſte Noth verfegt. *) Denn ſie ſcheint bei uns gewöhnlich unbeſtimmte Erzählung der alten Römer zurückführen: daß es in Germanien, namentlich im hercyniſchen Walde, (auf dem Harzgebirge,) Vögel gebe, deren Neſter bei Nacht leuchteten. *) Anſtatt nämlich auf den Bügel (oder Steig) der Dohnen zu fliegen, wo fie gewöhn- lich mit dem Kopfe in eine Schlinge gerathen müßte, fett fie ſich meiſtens- auf den Bo den, oder auf einen nahen niedrigen Zweig, und flattert von da aus gegen die Dohne hin⸗ auf, um ſo die Beeren herabzuſtoßen und ſie dann gemächlich am Boden zu verzehren. Daher fangen ſich beſonders alte Vögel gewöhnlich bloß dann, wenn man noch ein Paar beſondere (jo genannte Flug-) Schlingen ganz dicht über die Beeren ſelbſt hängt, wo dann letztere ſie das Gefährliche der Sache nicht ſo leicht bemerken laſſen. b) weichſchnäbelige: hüpfende. 303 nicht auszuwandern, obwohl ſehr viele dann von Gebirgen und aus dem höheren Norden herabkommen. Dieſer ziemlich entſchiedenen Standvogelnatur, ſo wie ihrer Neigung, tief zurückgezogen im dichteſten Walddunkel und Dorngeheck zu leben, entſpricht eine geringere Länge ihrer Flügel, die merklich kürzer ſind, als jene ihrer geſammten europäiſchen Verwandten. Beides nähert ſie aber bereits [$ 85. manchen abweichenderen Droſſelarten der neuen Welt, welche ihre noch kürze— ren, zum Theile wirklich kurzen Flügel ſchon ganz zum Aufenthalte tief in den unermeßlichen Waldungen jenes Welttheiles beſtimmen. Sie würden daher erſt vor— zugsweiſe Strauch- oder Walddroſſeln heißen können. Denn ſie ſcheinen ſich auch vermöge der längeren, ſtärkeren, keilförmig -zugerundeten, Schwänze genau - ebenſo zu den unſeren zu verhalten, wie ihre Nachbaren, die Strauchwürger in den zuſammenhängenden Urwäldern des wärmeren Amerika's, ſich zu den eigentlichen Würgern im Norden der neuen und in der geſammten alten Welt verhielten. Faſt alle rühmt man als mit vortrefflichem Stimmvermögen und herrlichen Natur— geſängen begabt. Mehrere genießen, unter den befonderen Namen Spottdroſ— ſeln oder Spottvögel, (Mimetes, Mimus!) noch eines vorzüglichen Rufes wegen der, meiſt bewunderungswürdigen Fertigkeit, mit welcher ſie auch viele Lieder anderer Vögel wiedergeben, und ſelbſt die Laute mancher unbefiederten Geſchöpfe nachahmen: gleich als wollten ſie ein neckerhaftes Geſpött mit denſelben treiben. Vorzugsweiſe berühmt iſt in beiden Beziehungen jene nordamerikaniſche Art, welche darum auch vorzugsweiſe die Bezeichnung Spott- oder vielſtimmige Droſſel führt. (Turdus polyglottus.) Von ihr wird verſichert: daß fie durch Wiederholung ſehr verſchiedenartiger Thierſtimmen oft ſogar das erſtaunlich geübte Ohr der dortigen indianiſchen Jäger täuſche. Noch häufiger aber ſoll ſie Waid— männer von europäiſcher Herkunft irre führen durch ein ſehr gelungenes Nach— ahmen jener pfeifenden Laute, mit welchen mehrere, gemeinſchaftlich umherſtreifende Jagdfreunde einander gegenſeitig Zeichen zu geben pflegen. Selbſt Europäer, nicht bloß geborne Nordamerikaner, glauben jene Waldungen durch ihren Beſitz reichlich entſchädigt für den Mangel unſerer Nachtigallen und der vorzüglichſten übrigen Sänger unſeres Welttheiles. Dem Körper nach kömmt ſie unſerer Amſel nicht bei. Ihr Gefieder iſt bräunlich -aſchgrau, unten ſchmutzig weiß, auf der Bruſt mit jenen ſchwarzen Flecken, wie die meiſten wahren Droſſeln, Pieper und Lerchen ſie beſitzen. — Auf eine weit verbreitete zweite Art hat man, um auf ihre Kehlfer— tigkeit hinzudeuten, den berühmten Namen eines bezaubernd kunſtreichen Sängers und Dichters des alten Griechenlands übergetragen. (T. Orpheus.) — Alle be— kleidet ein ſo einfaches, röthliches, erdgraues, oder ſonſt beſcheidenes Gewand, wie manche der beſten gefiederten Tonkünſtler unſerer Erdſeite. Faſt durchgängig viel bunter gezeichnet, wiewohl nie mit eigentlich blendenden Farben geſchmückt, dabei gewöhnlich viel kleiner und kurzſchwänziger, finden wir eine ſehr große Menge anderer droſſelartiger Vögel des wärmeren Amerika's. Sie werden, trotz manchen bedeutenden Verſchiedenheiten ihrer Geſtalt ꝛc., gewöhnlich unter dem gemeinſchaftlichen Titel „Aemſenjäger“ oder Ameiſendroſſeln (My- iothera, Myothera!!) zuſammengefaßt: weil ihr hauptſächlichſter Lebensunterhalt die dortigen, meiſt in unſäglicher Menge vorhandenen Waldameiſen bleiben. Auch von ihnen ſind mehrere als vorzüglich begabte Sänger berühmt, obgleich zum Theile mehr dem Namen nach bekannt, als nach ſicheren Kennzeichen beſtimmt; z. B. die flötende Arada-Dr. (Turus arada.) Manche, deren äußerſt klare, helle Metallſtimmen oft Laute, wie jene der reinſten kleinen Silberglocken, hervor— bringen ſollen, nennt man deßhalb Glockenvögel. (Codonistris. 3. B. Turdus tinniens und Myioth. campanisona.) Viele treten allmählig faſt ununter— 304 Vögel; 3te Ordn.: Singvögelz ſcheidbar zu anderen, verwandten Singvögeln üder. Namentlich kommen manche den Strauchwürgern nahe. — Im Bereiche der öſtlichen Halbkugel haben lediglich die wärmeren Theile von Indien noch Ameiſendroſſeln (Pitta!!) aufzuweiſen. Die Mehrzahl derſelden zeich⸗ net ſich aber vor jenen der Weſthälfte durch lebhafteres und bunteres, zum Theile hochgrünes Colorit aus; ja, einzelne tragen ſtellenweiſe ſchon wahre Prachtfarben. Die meiſten ſind zugleich größer, mit ſtarken Schnäbeln, und von eben ſo ſonder⸗ barer Geſtalt, wie mit herrlichen Blüthenfarben geziert. Sie haben z. B. ſehr große, dicke Köpfe, ganz kurze Flügel und äußerſt kurze, zum Theile kaum be⸗ merkbare Schwänze, die ſie, gleich unſerem Waſſerſchwätzer, beſtändig aufwärts ge⸗ richtet tragen. Hierunter ſind einige bereits ſo hochbeinige Geſtalten, daß man ſie nur mit manchen Sumpfvögeln (Wadern) vergleichen kann. Ja, Eine oder ein Paar einfach-gefärbte, welche füglich Stelzendroſſeln (Colobathris, Grallina!!) heißen können, und wahrſcheinlich auch ſchon theilweiſe die Lebensart von Wad⸗ vögeln führen, theilen mit letzteren ſogar den Beſitz einer kleinen unbefiederten Stelle über der Ferſe. Eine Waderähnlichkeit, die ſelbſt unſerem Waſſerſchwätzer noch abgeht! — S 86. Manche freiere Gegenden dort, noch mehr aber ſolche im Süden von Afrika, beleben Schaaren von prachtvoll metalliſch-ſchimmernden Glanzdroſſeln. (Lam- protornis.) Bei manchen von ihnen zeigt das weiche und ſonſt einförmig-dunkle, ſchillernde Gefieder oft ſchwärzliche, glanzloſe (ſammetartige) Flecken. Der Schwanz aber, welcher vorzugsweiſe bei dieſen Arten faſt elſterähnlich-lang und ſehr breit⸗ federig iſt, ſcheint wegen des verſchiedenartigen, ſtreifenähnlich wechſelnden Glanzes von zahlreichen bunten, etwas vertieften Querbändern durchzogen. (3. B. Tur- dus nitens; T. en@us; Lampr. corusca etc.) . Südamerika beſitzt noch einen kleinen, kurzſchwänzigen droffelartigen Vogel von roſtröthlicher und unten röthlichweißer Farbe, der etwa die Größe einer Lerche hat, und deſſen wir als eines vorzüglichen Baukünſtlers noch gedenken müſſen. Er iſt, ſo viel man weiß, der ausgezeichnetſte Töpfer oder Maurer der Vogelwelt: ſo daß er mit Recht allgemein den Namen des Töpfers oder Ofenbauers führt.) (Ipno- domus; Turdus figülus.) Sein großes und ſehr feſtes, rundliches, backofenähn⸗ liches Neſt aus zäher, ſchön glatt geſtrichener Lehm⸗ oder Thonerde ſteht auf Bäu⸗ men, oder klebt vielmehr unter dicken Aeſten und Knorren derſelben. Es enthält nicht bloß die eigentliche, mit Halmen ausgelegte, runde Bruthöhle, ſondern ver⸗ längert ſich auch, wie der Obertheil eines Schneckengehäuſes, noch in einen halb⸗ zirkelförmigen bedeckten Gang, deſſen offenes, ſeitwärts oder nach unten zu gekehr⸗ tes Ende den Eingang bildet. So ſitzen Jung und Alt vor Nachſtellungen aller ſolcher Feinde geſichert, welche nicht ſchon ungewöhnliche Kräfte zum Abreiſſen und Zerſtören des ganzen, ſo haltbaren Gebäudes aufzubieten haben. Selbſt den lan⸗ gen, dünnen Baumſchlangen (Peitſchennattern) gelingt es ſelten oder nie, ſich fo weit durch die Windung jenes Ganges hineinzuſchmiegen. Manche, nicht große Droſſeln in gemäßigten und wärmeren Landſtrichen der alten Welt endlich haben etwas längere Flügel, aber kürzere Schwänze, als unſere Walddroſſeln. Sie werden, im Gegenfage zu dieſen, Steindroſſeln Petro cossyphus) genannt: weil fie beſtändig auf hohen Felſen, großen Steinhaufen u. dergl. leben, wo fie in Ritzen und Höhlen niſten. Eine hiervon, die Blauamſel oder bläuliche Stndr., (T. cyänus,) wohnt ſogar vorzugsweiſe gern auf Kir⸗ *) Bei den ſpaniſchen und pertugieſiſchen Einwohnern feines Vaterlandes furneiro, (ſprich: Furnehro,) bei den Franzeſen fournier, etc. b) weichſchnäbelige: hüpfende. 305 chen und anderen großen Gebäuden in Städten und Bergdörfern. Sie iſt gemein durch ganz Südeuropa, und findet ſich, freilich nur ſehr vereinzelt, noch an den ſüdlichſten Grenzpunkten von Deutſchland vor. Jung aus dem Neſte geholte Vö— gel werden jedoch um ihres vortrefflichen Geſanges willen, zu welchem noch eine bedeutende Nachahmungsgabe kömmt, öfters auch weiter herauf gebracht. Die Männchen zeigen auf ſchwarzgrauem Grunde ſchön laſur- oder pflaumenblaue Fe— derenden; die Weibchen ſind mehr graubraun. Noch hübſcher jedoch, wenigſtens bunter, und dabei eine faſt eben ſo gute Sängerin, iſt die rothſchwänzige Studr. (JT. saxatilis.) Sie erſcheint nur oberwärts der blauen ähnlich, am Steiße aber weiß: während Bauch und Schwanz, mit Ausnahme von 2 braunen Mittel— federn des letzteren, orangenfarbig oder roſtroth ſind. Hiernach gleicht ſie beinahe den Männchen des einen unſerer Rothſchwänze, die man überhaupt ſehr bald für nahe, verkleinerte Verwandte der Steindroſſeln erkennt. Sie bewohnt noch die Schiefer- und Sandſteingebirge von Ungarn und Böhmen, geht zuweilen auch et— was weiter nördlich. [S 87. Viele der noch übrigen hüpfenden Inſektenfreſſer begreift man unter dem Ausdrucke ſängerartige Vögel: weil zu ihnen jene zahlreiche, jetzt in mehrere Gattungen aufgelöſte Gruppe gehört, welcher man vorzugs⸗ weiſe den Gattungsnamen „Sanger“ beigelegt hat, indem fie unter ſich die vorzüglichſten befiederten Geſangskünſtler unſeres Welttheiles zählt. Die Größe der meiſten bleibt gering, oder ſehr gering. Ihre Schnäbel ſind nie recht meſſerförmig. Ihre hinterſten Schwingen und alle Schwanzdeck— federn erſcheinen nie beſonders lang; die eigentlichen Schwanzfedern aber ſehr ſelten lang, und wohl nie ſonderlich breit. *) Bloß diejenigen Arten, welche noch Geſträuch oder Wälder bewohnen, nähren ſich alle mehr oder weniger von mancherlei weichen, ſaftreichen Beeren. Solche, die auf Felſen, Steinhaufen und an ſandigen Orten leben, freſſen nur Inſekten. Amerika beſitzt von hierher gehörigen Vögeln zum Verwundern we— nige. Indeß möchte dieſer Welttheil auch allen jenen, welche auf nackten Felſen und kahlem Geſteine zu leben gewohnt ſind, meiſt zu wenig paſſende Aufenthaltsorte darbieten. Denn bei der erſtaunlichen Fruchtbarkeit ſeines Bodens wird, wenigſtens in tieferen, warmen Gegenden, kleineres Geſtein ſehr ſchnell von üppig aufſchießenden Gewächſen überwuchert; und größere Stein⸗ maſſen (wirkliche Felſen) überziehen ſich dort in Folge der, meiſt fo reichli- chen Feuchtigkeit der Atmoſphäre ſehr bald wenigſtens mit Flechten und Moos, deren verweſende Theile dann eben fo bald die nöthige, erdige Grund— lagen für einen verſtärkten Pflanzenwuchs liefern.“) (Eine Regel, die ge— wöhnlich bloß in ſehr hohen und rauhen Gebirgsregionen eine Ausnahme lei⸗ det!) Von ſolchen Vögeln dieſer Familie aber, welche ſich im Geſträuche und auf Bäumen aufhalten, würde die Mehrzahl den Wuchs des erſteren, zumal in heißen Gegenden, meiſt allzu dicht finden: während Palmen und ſonſtiger Hochwald über dem erſteren für ſie zu licht find; ebenſo, wie ein großer Theil des Baumwuchſes in gemäßigten Strichen gleichfalls wieder zu dünn und ſperrig für fie fein muß.“) (Sobald daher bei den nun folgenden Gattun— ) Wenigſtens ſchwerlich bei ſolchen Arten, welche man auch nach genauerer Prüfung noch als hierher gehörig erkennen mochte. — *) Dem entſprechend, ſahen wir auch bereits die Steindroſſeln dort mangeln. *) Vergleiche, im Gegenſatze hierzu, weiter unten die Bemerkungen über die Ver— breitung der flatternden Sing vögel daſelbſt. Gloger, allgem. Naturgeſchichte 20 306 Bögel; Ite Ordn.: Singvsdgel; gen Amerika nicht ausdrücklich mit als Vaterland genannt wird, ſind dieſel— ben ſtets als auf die alte Welt beſchränkt anzunehmen.) } Die Steinſchmätzer, (Saxicola,) mit anſehnlich hohen Beinen und ziem⸗ lich langen, ſchwärzlichen Flügeln, pflegen ihren kurzen und etwas breiten, gerade— abgeſchnittenen Schwanz ſehr häufig, etwas entfaltet, in die Höhe zu heben. Der— ſelbe zeigt gewöhnlich einen weißen Wurzeltheil, aber ein ſchwarzbraunes Ende und 2 ſolche Mittelfedern. Alle wahre Steinſchmätzer von grauer oder ſchwärzlicher Hauptfarbe leben auf ſteinigem oder felſigem Sandboden. Einige, die mehr grau— gelb, oder licht röthlichgrau ſind, bewohnen weite, dürre Sandwüſten von Afrika, welches überhaupt, ſeiner Bodenbeſchaffenheit gemäß, vorzugsweiſe reichlich mit Arten dieſer Gattung verſehen iſt. Alle hüpfen ſehr ſchnell, fliegen ziemlich leicht, ſetzen ſich gern auf die Spitzen der Steine, um ſich von da nach herumlaufenden Inſekten umzuſehen, fangen aber nicht ſelten auch fliegende aus der Luft hinweg, und laſſen, in Beſorgniß verſetzt, ſehr häufig ihre ſchmatzenden Locktöne vernehmen. Sie niſten und übernachten zwiſchen Steinen, in tiefen Erdlöchern, Felsſpalten ꝛc. und mauſern zweimal. Die gewöhnliche Art bei uns (S. oenanthe) ſieht im Frühlinge am Rücken hell aſchgrau, an der Bruſt blaß gelbröthlich aus. Zum Herbſte, wo ſie öfters kahle, umgepflügte oder ſteinige Aecker beſucht, wird ſie un— ten ſtärker röthlich, am Rücken röthlich-braungrau. Sonſt ſteigt fie auf unſeren kahlen Gebirgen bis über die Gränze des Holzwuchſes hinauf, ſcheint dabei aber füdwärts noch in manchen brennend-heißen Ebenen von Afrika nahe am Aequator zu wohnen, und geht nordwärts nicht bloß bis Island, ſondern bleibt auch die ein— zige Art, welche den nächſten Theil von Amerika, nämlich die kahlen Hügel Grön— lands, bewohnt. Die Kalkgebirge Südeuropa's beherbergen ein Paar ſehr ähnliche, mehr weiße Arten mit blaß röthlichem Rücken. Manche hohe Strandfelſen daſelbſt bewohnt eine viel größere ſchwarze, mit weißer Kopfplatte und faſt ganz weißem Schwanze. Sie heißt daher gewöhnlich der weißſchwänzige, und nach ihrer Lock— ſtimme der Lach-Steinſchmätzer. (S. leucüra s. cachinnans.) — Einige we⸗ nige kleine, dunkel oder lerchenähnlich gefärbte Arten hat man Wieſenſchmätzer (Pratincola) genannt: weil fie nicht dürre Orte, ſondern Wieſen, Waldränder und Felder mit einzelnem Strauchwerke bewohnen, wo ſie zum Sitzen und Umſehen hohe Stauden, oder Strauchſpitzen wählen. An ſolchen Orten findet man bei uns faſt überall den braunen oder rothkehligen Wf., (Sax. rubetra,) im Graſe, uns ter Sträuchern niſtend. [$ 88. Gleich nahe Verwandte der Steinſchmätzer, wie der Nachtigallen, ſind die Röthlinge oder Rothſchwänzchen. (Ruticilla.) Denn fie leben weder fo ſehr auf dem Freien, wie jene, noch ſo im Geſträuche, wie dieſe, und halten ſich häufig auch höher auf Bäumen und Gebäuden, oder Felſen auf, als beide. Ihre hell roſtrothen Schwänze würden beinahe denen der Nachtigallen gleichen, wenn ſie nicht mit je— nen der meiſten Steinſchmätzer ein Paar dunkelbraune Mittelfedern theilten. Sie haben die Gewohnheit, ſich oft, wie die Steinſchmätzer, wiederholentlich mit dem Vorderleibe tief niederzubücken, ſobald ſie in Angſt gerathen, und pflegen beſonders dann auch häufig den Schwanz in zitternder Bewegung von einer Seite zur an— dern zu ſchütteln. Hierbei ſtoßen ſie zugleich oftmals ihre ſchnalzenden und leiſe pfeifenden, oder flüſternden Locktöne aus. Daher die Nebenbenennung Whiſt— oder Mieftlinge. *) Ihre großen, kunſtloſen Neſter bringen fie in Höhlen an. *) Die Schreibart „Wüſtlinge,“ welche natürlich bloß auf das Bewohnen wüſter Der: ter bezogen werden könnte, ſcheint auf fälſchlicher Umdeutung zu beruhen. b) weichſchnäbelige: hüpfende. 307 Schwanz und Flügel abgerechnet, ſind hier beide Geſchlechter in Farben und Zeich— nung völlig verſchieden. Beim ſchwarzen oder Hausrothſchwanze (Sylvia ti- thys) ſieht das Männchen oben tief ſchieferfarbig aus, (im höheren Alter und wei— ter im Süden faſt ſchwärzlich oder mattſchwarz,) mit weißlichen Rändern an den Hinterſchwingen; unten vom Schnabel an ſchwarz. Das Weibchen erſcheint bloß überall grau. Jenes iſt ein eben ſo fleißiger, als mittelmäßiger und ſonderbarer Sänger. Denn von ſeiner Wiederkehr im zeitigen Frühlinge bis zu ſeinem Ab— zuge ſpät im Herbſte läßt es ſich, ſobald nur der Tag zu grauen beginnt, mit ei— nem wunderlichen, mehr krächzenden, oder wiehernden und kreiſchenden, als lauten Geſange vernehmen, deſſen Töne in ſeinem mittleren Theile immer nicht recht an— ſchlagen wollen, und dann ſo ſeltſam würgend klingen, als ob der Vogel ſich er— brechen wollte. In Städten der Ebenen bewohnt der Hausröthling viele hohe Ge— bäude aller Art, auf Dörfern auch manche verfallene kleinere. Ungleich zahlreicher belebt er in Gebirgen große, hohe Steindämme an Bachufern, und Felswände bis hinauf über den Holzwuchs. Gleichwohl ging vor noch nicht vielen Jahren kaum einer oder der andere nordwärts über die Gränze von Deutſchland hinaus. Seit 2 bis 3 Jahrzehenten iſt aber hier ſeine Zahl offenbar ſtark im Zunehmen begrif— fen, und einzelne kommen nun ſchon bis ins mittlere Schweden hinauf. Dem— nach liefert auch er Beweiſe dafür: wie nach und nach (wahrſcheinlich in Folge einer allmähligen, aus der ſteigenden Landeskultur entſpringenden Milderung des Klimas) manche Vögel immer weiter nach Norden hin vorrücken. — Das Garten— oder Buſchrothſchwänzchen (S. phoenicürus) bewohnt faſt überall Gärten und Waldränder mit hohlen Bäumen. Schon um dieſer willen kann es natürlich auf Gebirgen nur bis gegen das Ende der Baumregion aufſteigen, reicht dafür aber nordwärts noch in den Polarkreis hinein. Bei ihm ſieht das Männchen oben bläulichgrau aus, mit weißer Stirn; unten gelblichroth mit ſchwarzem Kehlflecke. (An füdlicheren bildet ſich die graue Farbe allmählig bis zu Schwärzlich, die roſtrothe zu Rothbraun aus.) Das Weibchen bleibt überall ſchlicht bräunlichgrau, und ſpielt unterwärts nur etwas mehr ins Gelbliche, als am Rücken. Hieran und an den bräunlichen Schwungfederſäumen kann man es leicht von jenem der vori— gen Art unterſcheiden, deſſen Bauchſeite grauer iſt, als der Rücken. Unredliche Vogelſteller verkaufen es, nachdem ſie ihm zuvor die zwei dunklen Mittelfedern des Schwanzes ausgezogen haben, unkundigen Liebhabern zuweilen für eine Nach— tigall. [§ 89. Bei den Erdſängern, wozu unſere Nachtigallen (Luscinia) gehören, bleiben die Beine noch mindeſtens eben ſo hoch, wie bei den Röthlingen und Steinſchmätzern. Ihre Schwänze ſind aber ſchon mehr abgerundet und etwas länger, werden auch ſelten in die Höhe gehoben, und hängen beim Sitzen auf Zweigen gewöhnlich ruhig abwärts. Ihrer Nahrung gehen im Ganzen auch ſie noch ebenſo auf der Erde nach, wie die, ihnen mehrfach nahe ſtehenden Walddroſſeln.“) Sie hüpfen dann am liebſten auf kahlem Boden unter hohem Geſträuche, in altem Laube u. dergl. umher: beſonders da, wo es friſch aufgelockerte Erde giebt, weil hier gewöhnlich Inſekten, Larven und Würmer zum Vorſcheine kommen.“) Ihre Neſter, meiſt kunſtlos aus trocknem, altem Laube und wenigen Hälmchen gemacht, ſtehen gewöhn— *) Amerika, welchem die Erdſänger fehlen, beſitzt, gleichſam zum Erſatze für fie, manche eben ſo kleine, wahre Droſſeln. **) Hierauf, nicht auf beſondere, wirkliche Neugier, gründet ſich der Umſtand: daß man ſie gewöhnlich durch Aufkratzen oder leichtes Umgraben eines kleinen Bodenfleckes zum Fange herbeilocken kann. 20 * 308 Vögel; 3te Ordn.: Singvögel; lich in einem Grübchen; ſelten niedrig über der Erde, auf Stöcken oder dicken Aeſten. Das Blaukehlchen oder die Waſſer-Nachtigall (Sylvia cyanecüla) theilt mit den Röthlingen die Grundfarbe der Schwanzfedern, und mit den Stein⸗ ſchmätzern die ſchwarzbraune Endhälfte derſelben. Sein Oberleib iſt dunkel grau: braun, der Bauch ſchmutzig weiß. Die ganze Kehlgegend des Männchens erſcheint ſchön glänzend - laſurblau, wird an der Bruſt von einer ſchwarzblauen und einer roſtrothen Querbinde begränzt, und zeigt gewöhnlich einen kleinen ſilberweißen Mittelfleck oder Stern. (Letzterer wird im Norden, Oſten und Süden häufig roſtröthlich.) Die Kehle des Weibchens dagegen iſt grauweiß, mit ſchwärzlichen, droſſelähnlichen Flecken, und ohne Glanz. Am erſten Jugend- (Neſt-) Kleide ſehen alle kleinen Federn ſchwarz aus, jede mit einem gelbröthlichen Tropfenflecke, wie bei ſämmtlichen jungen Erdſängern, Röthlingen, Steinſchmätzern und Droſſeln. Das Blaukehlchen wohnt in Deutſchland faſt überall an ſchlammigen Fluß- und Teichufern. Doch lebt es gewöhnlich ſo verſteckt, im dichteſten Gebüſche und dunklen Gewirre verſchiedener Uferpflanzen, daß ſein Daſein ſelbſt im Frühlinge dem eifrigen Naturbeobachter ſelten auf andere Weiſe bemerkbar wird, als durch den Geſang des Männchens, oder während deſſelben: weil es ſich dazu häufig etwas höher und freier hinſetzt, nicht ſelten auch mit einem kleinen Bogen ſingend in die Luft ſteigt. Sein Liedchen klingt nicht bloß größten Theils angenehm, ſondern wird auch nicht ſelten noch mit einzelnen Tönen oder ganzen Sätzen anwohnender Singvögel berei— chert. Einzelne machen ſogar den Schlag unſerer Wachtel nach; und viele miſchen gern einen Ton ein, welcher dem Zirpen einer Hausgrille (des fo genannten Heim⸗ chens) gleicht. Im Herbſte findet man den niedlichen, ſehr behenden und gewand— ten Vogel ſehr oft, weit von Waſſer und Wald, in Kartoffelſtücken oder ſelbſt in Kraut- und Kohlfeldern: wo er meiſt unbemerkt, mit der Schnelligkeit einer Maus, auf dem Boden forthüpft. Gebirgsthälern weicht er bei uns entweder ganz aus, oder meidet wenigſtens alle höheren: weil ſelbſt ihre Bachufer meiſt nur gemiſchtes oder Nadelholz enthalten, welches er verabſcheut. Anders wird dieß in Skandina⸗ vien, deſſen ſüdliche Theile er, ſonderbar genug, bloß auf dem Durchzuge berührt: während er hoch auf den Gebirgen von Norwegen und Lappland in ziemlicher Anzahl heckt. Dort bildet aber, nicht wie bei uns Nadelwald, ſondern Laubholz, aus niedrigen Weidenarten und Birkengeſträuch beſtehend, die oberſte Bekleidung aller Höhen, ſo weit überhaupt noch Holz wächſt. Somit findet alſo nicht bloß das Blaukehlchen, ſondern z. B. auch der Rohrammer, welcher ſich bei uns gleiche falls nie auf Gebirgen ſehen läßt, dort an Sumpfſtellen und Bächen noch eine Menge geeigneter Wohnplätze.) — Ein ſehr gefälliges Mittelding zwiſchen dem Blau- und unſerem Rothkehlchen iſt das ſibiriſche Roth-, oder Rubinkehlchen. (S. Calliope.) Denn mit der Geſtalt des erſteren verbindet es oberhalb, fo wie am Schwanze, beinahe die Färbung des zweiten; und ſeinen Vorderhals bedecken ſchön hellrothe (rubinfarbige) Federn von ähnlicher Bildung und gleichem Seiden— glanze, wie beim Blaukehlchen. Als Sänger ſcheint es keinem von beiden nach— zuſtehen. — Bei dem europäiſchen Rothkehlchen, (S. rubecüla,) welches einen kürzeren, breiteren Schnabel, runderen Kopf und geraderen Schwanz hat, als die übrigen Erdſänger bei uns, iſt der Vorderhals nur ſchlicht orangeroth; der ge— ſammte Oberleib und Schwanz grünlich -olivenfarben. Seine Verbreitung hört ) Ebenfo das Weiden-Schneehuhn: als welches nur dort, neben dem Fels- oder Alpen⸗Schneehuhne, die obere Holzgränze einnimmt; während es der entſprechenden Gebirgs⸗ region in Deutſchland überall mangelt, weil dieſelbe hier faſt bloß Nadelholz hervorbringt. Umgekehrt wird es hieraus erklärlich: warum der Waſſerpieper zwar unſere, nie aber die nordiſchen Hochgebirge bewohnt. (Siehe S. 297.98.) | b) weihfchnäbelige: büpfende. 309 oſtwärts bereits am Ural wieder auf. Es niſtet gewöhnlich auf älteren Holzſchlä— gen: beſonders, wo Baumſtrünke, faule hohle Stöcke, oder ſonſt altes Holzwerk umherſtehen und liegen; am liebſten an kleinen fließenden Gewäſſern, (denn es badet ſich ſo außerordentlich gern, wie kaum ein anderer Vogel,) und ſtets am häufigſten im Gebirge. Doch beſucht es nachher, vom Spätſommer an bis tief in den rauhen Herbſt, ſehr zahlreich auch ebene Wälder, Gebüſch, Hecken und größere Gärten aller Art; ja, einzelne trifft man noch in gelinden Wintern bei uns an. Indeß mögen dieß gewöhnlich nur ſolche ſein, welche zu ſpät aus Zimmern entlaſſen wor— den, oder ſonſt erſt wieder entkommen ſind. Denn viele Landleute und ſelbſt manche Bewohner von Städten halten den munteren, leicht zähmbaren Vogel, der etwas neugierig iſt und ſich daher leicht fangen läßt, zur Herbſtzeit gern eine Zeit lang in Stuben, um die Fliegen von ihm wegfangen zu laſſen. Sind dieſe aufgezehrt, ſo gewöhnt er ſich zuerſt an Fleiſchbröckchen, Speck, Butter, Rahmhäutchen und ähnliche thieriſche Speiſe. Späterhin frißt er dann auch mancherlei weiche, oder ſonſt leicht verdauliche Pflanzenſtoffe, und gewöhnt ſich bald, ſeine Speiſe ohne Scheu von Tellern und Schüſſeln auf dem Tiſche zu holen. Ein längerer Aufent— halt in engen Käfigen dagegen widerſtreitet zu ſehr ſeinem lebhaften und unruhigen Naturel, als daß er ſich darin auf die Dauer wohlbefinden könnte. So fleißig auch gewöhnlich die meiſten gefangen gehaltenen muſiciren; ſo hört man von ihnen doch faſt immer nur ein leiſes Gezwitſcher, welches mehr ein bloßes Dichten bleibt. Dieſes giebt aber nie eine rechte Vorſtellung von der Stärke, dem Klange, der Schönheit und überhaupt von dem wahren Charakter ihres vollen Frühlingsgeſanges im Freien. Letzterer iſt viel reicher an ſchönen, klaren Sätzen und lauten Grund— tönen, deren manche ſo ernſt, ſchwermüthig und rührend klingen, wie man es nach dem ſonſtigen Weſen des Vogels ſchwerlich vermuthen würde. Mit ſeinen, mehr als gewöhnlich großen Augen muß derſelbe auch ſehr gut im Dunklen ſehen; denn man ſieht und hört ihn gewöhnlich, beſonders zur Zugzeit, noch bei tiefer Däm— merung in Thätigkeit. Gleichwohl ſingt er doch lange nicht ſo häufig bei nächt— licher Weile, wie die vorhergehende Art und die beiden folgenden: obgleich letztere ſonſt weniger Dämmerungsvögel find, als er. Außer Hollunder-, Ebereſch- und mancherlei anderen, ſaftigen Beeren frißt das Rothkehlchen im Herbſte auch gern die feſteren, mit einer fleiſchigeren, gelbrothen Haut umgebenen Kerne aus den auf— geſprungenen Früchten der Spindelbäume oder Pfaffenhütchen, welche deßhalb oft Rothkehlchenbeerbäume oder Sträucher genannt werden. Sein, oft ſehr großes, meiſt aus grünem Mooſe verfertigtes Neſt baut es viel ſorgfältiger, als das Blau— kehlchen und die Nachtigallen, und ſtellt es gern in ſeichte Erdhöhlen, faule Stöcke u. dergl. — Zwei röthlichgraue Erdſänger, mit bräunlich-roſtrothem Schwanze ohne dunklere Mittelfedern, führen meiſt ausſchließlich den vielberühmten Namen Nach— tigallen. (Luseinia.) Beide ſchlagen ihren Wohnplatz nie an wirklich trockenen, oder wenigſtens nicht an dürren Orten, ſondern am liebſten in der Nähe von Waſſern auf. Sie finden ſich auch niemals im Gebirge, (ſelbſt nicht in bloßen Vorbergen,) und faſt immer nur in höherem Strauchwerke von Laubwald, oder im jüngeren gemiſchten Holze. Sonſt hat die Verbreitung der einen manches Eigen⸗ thümliche. Die gewöhnliche oder kleine N. (Sylvia juseinia) zeigt, bei einer heller röthlichen Oberſeite, ſtets eine ungefleckte, trüb: oder graulichweiße Bruſt. Sie ſcheint vornehmlich dem ſüdlichen, öſtlichen und mittleren Europa, mit Ein⸗ ſchluß von Britannien, anzugehören. In Deutſchland werden geeignete Plätze in Waldungen, ſo wie beſonders größere hecken- und gebüſchreiche Gärten, gewöhnlich nur von ihr, manche in Menge, bewohnt. Doch wird ſie in Norddeutſchland ſchon ſeltener; und in Schweden, ſelbſt im ſüdlichſten, ſcheint ſie bloß noch ſehr einzeln 310 Vögel; gte Ordn.: Singvögel; vorzukommen. Ihr herrlicher, klarer und oft wunderbar ſtarker, bald ſchmetternder oder trillender, bald zart klagender Geſang wird ſtets um ſo höher geſchätzt, je reicher er an längeren und ſanft gezogenen Tonſätzen iſt. Er hat ſie mit Recht fo allgemein beliebt gemacht, daß fie fat überall auf Befehl der Landesregierungen einen gewiſſen polizeilichen Schutz genießt, der ſie wenigſtens theilweiſe gegen die Habgier der Vogelſteller ſichert. So ganz vorzüglich in Holland: wo derſelbe meift um ſo ſtrenger ausgeübt wird, je geringer daſelbſt, wegen der Armuth dieſes Landes an Waldungen, nicht bloß ihre Zahl, ſondern auch die mancher anderen Waldvögel zu ſein pflegt. Je weniger es ſo einer Seits der menſchlichen Gewinnſucht da oder dort geſtattet iſt, jene geſetzlichen Beſtimmungen zu verletzen, oder zu umgehen: und je reicher dabei eine Gegend mit abwechſelnden, kleineren und größeren Gehölz— parthieen verſehen iſt; um ſo vortrefflicher pflegt dann, bei der größeren Menge ſolcher Vögel überhaupt, auch der Geſang ihrer Mehrzahl zu ſein: weil unter ſolchen Umſtänden natürlich immer beſonders viele Männchen ein höheres Alter erreichen, ſo daß ſie auch ihren Geſang immer mehr vervollkommnen können, und mithin um ſo beſſere Lehrmeiſter für die jüngeren abgeben. Denn bei keinem Singvogel nimmt man in ſolchem Grade jenen künſtleriſchen Ehrgeiz und das neidiſche Beſtreben wahr, es mit Aufbietung aller Kräfte anderen im Geſange gleich, oder wo möglich zuvorzuthun.“) Dieß zeigt ſich am ſtärkſten in der Ge— fangenſchaft. An manchen recht guten Schlägern, denen es trotz allem Bemühen nicht gelungen war, den Sieg über einen noch beſſeren Sänger ihrer Art davon— zutragen, oder einen Menſchen, der auf das Nachpfeifen ihres Geſanges beſonders eingeübt war, (wie einſt jener Jude, welcher gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in dieſer Beziehung Kunſtreiſen durch einen großen Theil von Deutſchland machte,) in der Stärke und Höhe der Töne zu erreichen, oder gar zu überbieten, hat man es erlebt: daß ſie nicht bloß von da an keinen Laut wieder von ſich gaben, ſondern auch dahinſiechten und binnen Kurzem, entweder aus Gram über den verlorenen Sieg, oder in Folge einer Verletzung ihrer Stimm- und Athemwerkzeuge durch übermäßige Anſtrengung, ſtarben. Deßhalb kann es in Zimmern leicht gefährlich werden, ihrer zwei zu einander zu bringen. In Deutſchland rühmt man vorzüglich den Geſang der Nachtigallen in den reizenden, faſt einem großen Garten gleichenden Umgebungen von Wörlitz ꝛc.: wo ſie auch, ſorgfältig gehegt, in großer Menge vorhanden ſind. Am ſchlechteſten iſt derſelbe in den ärmeren nördlichen Provinzen, beſonders in manchen Küſtenbezirken an der Oſtſee, welche auch bei ihrer, meiſt ſandigen Beſchaffenheit nach Verhältniß ſehr wenige dieſer Vögel beſitzen. Gleich nach ihrer Rückkunft im Frühlinge ſingen alle Männchen vorzugsweiſe fleißig des Nachts: ohne Zweifel, um die, alsdann noch auf dem Zuge begriffenen Weibchen, welche um mehrere Tage ſpäter eintreffen, dadurch aufmerkſam zu machen und herbeizuziehen. Jüngere Vögel, die ſich zum erſten Male um eine Gattin bewer— ben, und ſolche ältere, welche lange vergebens auf die ihrige warten, weil dieſelbe inzwiſchen zu Grunde gegangen iſt, fahren oft auch ſpäterhin noch längere Zeit fort, ſich bei nächtlicher Weile hören zu laſſen. Sonſt aber ſingen dann, wenigſtens anhaltend, nur noch wenige, die man deßhalb Nachtſänger nennt. Liebhaber ſchätzen dieſelben gewöhnlich beſonders hoch. Doch ſteht es einer Seits feſt, daß in der Gefangenſchaft alle Nachtigallen (theils in Folge ihrer Sehnſucht nach einer Ge— fährtin, theils aus langer Weile) mehr des Nachts und überhaupt fleißiger ſingen, als im Freien. Anderer Seits kann ein ſolcher, bei Nacht ſchlagender Vogel in dicht bewohnten Straßen der Städte ſehr vielen E zumal Kranken, leicht ) Pergleiche hierüber S. 239. b) weichfehnäbelige: hüpfende. 311 mehr Störung verurſachen, als Vergnügen gewähren. Zutraulich und arglos, wie ſie überhaupt zu ſein pflegt, wird die Nachtigall in buſchreichen Gärten, oder ſonſt in der Nähe des Menſchen, leicht ausnehmend zahm. Aber leider iſt ſie da auch häufig ſo unbeſorgt, wie kaum ein anderer, frei lebender Vogel. Denn ſie ſtellt dann ihr nachläßiges, bloß aus altem Laube verfertigtes und mit einer Lage von Hälmchen oder Gewürzel ausgefüttertes Neſt, (welches 4 — 6 Eier von geringer Größe und bräunlich-grüner, oder zuweilen grünlichbrauner Farbe enthält,) oft ſo wenig verborgen hin, daß Katzen, Marder und andere Feinde es häufig auffinden, und ihr bald eine Brut zerſtören, bald das brütende Weibchen ſelbſt wegfangen. — Etwas größer und allenthalben dunkler gefärbt, an der Bruſt gelblichgrau mit ver— waſchenen braungrauen Flecken, iſt der Sproſſer oder die große Nachtigall. (S. Philomela.) Er heißt auch Davidſchläger: weil er feine Locktöne, deren einer wie „Dawitt, dawitt“, der andere wie „Glockarrr, glockarrr“ lautet, oft in ſeinen Geſang einmiſcht. Ebenſo nennt man ihn häufig ungariſche, öſtreichiſche oder wie— ner, und polniſche Nachtigall: weil er aus dieſen Ländern, wo er faſt allenthalben zahlreich iſt und beſonders große, alte Weidengehege an Flußufern bewohnt, häufig entweder nach Deutſchland überhaupt, oder nach den übrigen Provinzen deſſelben eingeführt wird, wo man ihn gewöhnlich theuer bezahlt. Denn er ſcheint im Ganzen mehr Eigenthum des Oſtens und gemäßigteren Nordoſtens von Europa. Dabei kömmt er jedoch, merkwürdiger Weiſe, nicht bloß in den inneren und weſt— lichen Theilen unſeres Vaterlandes nur ſehr ſelten und ſtrichweiſe vor: (gewöhnlich bloß an tief gelegenen, überſchwemmt geweſenen Stellen;) ſondern auch manche der öſtlichen Provinzen, in deren Nachbarſchaft er ſowohl oſtwärts, wie ſüdwärts zahl— reich iſt, würde man vergeblich nach ihm durchſuchen. So z. B. Schleſien: von wo jedes Frühjahr mehrere Vogelſteller nach Polen und Poſen gehen, um dort Sproſſer zu fangen. Dagegen lebt er wieder häufiger, zum Theile neben und zwiſchen der gewöhnlichen Nachtigall, in Pommern, ſo wie in den übrigen nord— öſtlichen Theilen von Preußen. Selbſt im Süden von Skandinavien findet er ſich allgemein; die gewöhnliche N. dagegen faſt gar nicht. Da, wo beide unter einander wohnen, nimmt letztere ſehr häufig einzelne Töne und Gänge ſeines Schlages an. Sonſt klingt der des Sproſſers zwar ähnlich, tönt aber noch um mindeſtens eben ſo viel ſtärker und lauter, als der Vogel ſelbſt größer iſt. Es muß bei genauerer Erwägung wahrhaft Staunen erregen, wie ein ſo kleines Geſchöpf vermöge der beifpiellofen Kraft feiner Bruſt und Stimmorgane fo häufig und anhaltend mit ſolcher Gewalt Laute herausſtößt, welche ſelbſt eine völlig ungeſchwächte menſchliche Lunge für die Dauer kaum in gleicher Stärke hervorzubringen vermögen würde, und welche auf die Länge auch kein zart gewöhntes Ohr in verſchloſſenem, engem Zimmerraume ertragen möchte. *) Dieß giebt aber feinem Schlage, im Vergleiche mit dem weicheren, oft ſo lieblich klagendem Geſange der gewöhnlichen Nachtigall, den Charakter einer gewiſſen Heftigkeit, Rauhheit, Gewaltſamkeit und Härte: indem er das Ganze meiſt in gröbere, unzartere, oft gleichſam zerhackte Strophen zerreißt. Es liegt daher wohl lediglich an einer Beſonderheit des, in faſt allen Dingen ſo verſchiedenartigen Geſchmackes, oder an der Vorliebe für das Seltene und Fremde: wenn manche Liebhaber, beſonders in ſolchen Gegenden, wo keine Sproſſer einhei— miſch ſind, letztere den gewöhnlichen Nachtigallen vorziehen. — [§ 90. Die Rohrſänger oder Rohrſchirfe (Calamoherpe) ähneln den Erdfängern noch durch ſtark zugerundete, oder beinahe keilförmige Schwänze; ſie machen ſich ) Wenigſtens muß man hier einen recht eifrig und voll ſchlagenden Vogel gewöhnlich fo Hängen, daß fein Käfig ſich zur Hälfte außerhalb des geöffneten Fenſters befindet. 312 Bögel; te Ordu.: Singvögel; aber leicht kenntlich durch einen ſehr geſtreckten Kopf mit ſpitzer, flacher Stirn. Ihr Federkleid iſt oben meiſt olivenfarben, oder grünlich; an der Unterſeite röthlich— oder gelblichweiß. Es wird, gleich jenem der Grasmücken und Laubvögel, zweimal gewechſelt: weil es ſich bei ihrem beſtändigen, lebhaften Herumkriechen an Rohr, Schilf, Binſen, Riedgras und anderen, mehr oder weniger rauhen Waſſergewächſen natürlich ſtark abnutzt. Eine ſolche Lebens- und Bewegungsweiſe erfordert hier, wie überhaupt bei allen Rohrvögeln, eine ganz ausnehmende Gewandtheit und Schmiegſamkeit des Körpers, wie der Beine: weil ſie ſich faſt immer ſeitwärts, an ſehr aufrecht ſtehenden und oft völlig ſenkrechten Gegenſtänden, anhalten müſſen. Ein weiteres Erforderniß bleibt auch die Fähigkeit, an Binſen⸗, Schilf- und Rohr⸗ oder Grashalmen, ſoweit dieſe keine Blätter tragen, raſch trippelnd hinauf- und herabzuſteigen, ſo, daß ſie gleichſam auf- und abzugleiten ſcheinen. Sie niſten meiſt viel ſpäter, als andere Vögel: weil ſie immer nur zwiſchen junge, hoch aufgeſchoſſene Pflanzenſtengel bauen. Es dürfte ſchwerlich irgendwo geſchicktere und vorſichtigere Korbflechter geben, als ſie. Denn ſie winden aus langen Gras— blättern, Baſt und dünnen, geſchmeidigen Halmen eben ſo feſte, als künſtliche Ne— ſter zuſammen, die ſtets 1—3 oder 4“ hoch über dem Waſſer, oder doch über ſumpfigem Boden ſtehen: indem ſie ſo zwiſchen mehrere Rohrhalme oder ſenkrechte andere Pflanzenſtengel angebracht werden, daß letztere die Neſtwände durchbohren, ihre Blätter alſo das Hinabgleiten der Neſter verhüten helfen. So ſtehen dieſe dem Blicke fliegender Feinde verdeckt, und zugleich den Nachſtellungen faſt aller nicht fliegenden entrückt: da letztere ſie faſt immer nur vom Lande aus bedrohen könnten. Vor dem Herausgleiten bei ſtarker Bewegung der Pflanzen durch den Wind aber ſichert Eier und Junge die ausnehmend ſtarke Aushöhlung der Neſter. Denn dieſelben ſind beſonders dann, wenn ſie im wirklichen, hohen Rohre über tiefem Waſſer ſtehen, ſo ungewöhnlich tief napfförmig, daß ſie faſt einem halbof— fenen Beutel gleichen: indem ihr Rand ſich oben ſo ſtark einwärts biegt, daß die Eier ſelbſt beim heftigſten Schwanken des Rohres nicht über denſelben herausrollen können. Dieß gilt bei uns namentlich von jenen der zwei erſten Arten: des gro— ßen, oder droſſelartigen, und des Teich-Rohrſängers. (Sylvia turdina [tur- doides!!} und S. arundinacea.) Beide Vögel find zwar der Größe nach gewaltig verſchieden, gleichen einander jedoch faſt ganz im Aufenthalte und völlig in der Färbung, welche röthlich-olivengrau iſt mit licht ochergelber Unterſeite. Der erſtere iſt wenig kleiner, als unſer Staar oder die Weindroſſel, wurde daher früher ſelbſt Rohrdroſſel genannt, und bewohnt am liebſten die Ränder von mäßig großen Rohr— parthieen, welche an Sumpfgebüſch oder Kopfweiden gränzen. Unkundige verwech— ſeln ihn, unter dem gemeinſchaftlichen Namen Rohrſperling, oft mit dem Rohram— mer, wenigſtens feiner Stimme nach.“) Denn nicht von letzterem, ſondern vom Droſſel-Rohrſänger, rührt jener eben ſo laute, als wunderliche, einfache Geſang her, in deſſen abgebrochenen Tonſätzen einige ſtarke, faſt wie menſchliche Taufna⸗ men und grobe Scheltworte klingende Laute die Grundtöne bilden: wodurch das bekannte Sprüchwort, „ſchimpfen wie ein Rohrſperling,“ entftanden iſt.“) Viel ſchwächer, minder einförmig und weder ſo ſcharf abgeſtoßen, noch ſo ſprechend, klingt der Geſang des Teich-Rohrſängers, der ſelbſt kleiner ift, als ein Kanarien- vogel, und häufig noch tief in den Rohrdickichten großer Teiche oder langſam flie— „) Vergl. hierüber oben S. 263. ) Der ganze Geſang lautet nämlich ungefahr wie: für Für kär, (Kerl,) dore dore dore, (Dorothea,) karre karre karre, (Karl,) kai kei kei ki, (ein Dieb,) karra karra kied, (Karl ein Dieb,) u. ſ. w. Das Ganze erinnert zugleich mehr oder weniger an das Geſchrei von Fröſchen. b) weichſchnäbelige: hüpfende. 313 ßender Ströme wohnt. Beide füttern ihre Nefter bloß mit Rohr- und Grasrispen aus. — Der Sumpf-Rohrſänger (8. palustris) fällt nur ſtärker ins Gelb— licholivengrüne. Sonſt gleicht er dem Teich-Rohrſänger körperlich fo außerordentlich daß man ſie oft bloß an dem Unterrücken von einander unterſcheiden kann: indem derſelbe bei gegenwärtigem Vogel etwas grüner, bei den vorhergehenden beiden aber meiſt röther erſcheint, als der Oberrücken. Aufenthalt, Neſtplatz und Geſang dagegen haben faſt gar Nichts mit einander gemein. Denn der Sumpfrohrſänger bewohnt nie wirkliches Rohr, ſondern junges, lichtes, mit Rohrgras, Neſſeln oder ſonſt allerhand Sumpfgewächſen vermengtes und von Schlingpflanzen verſtricktes Ufer gebüſch, oder große Dornhecken am Waſſer ꝛc. Namentlich in jungen Weidenhe— gern an manchen Flüßen Deutſchlands, (3. B. in Schleſien,) iſt derſelbe eben ſo ausnehmend zahlreich, wie er für andere Provinzen als ſelten bezeichnet wird. Sein kleineres und minder kunſtreiches Neſt höhlt er weder ſo tief aus, noch giebt er demſelben je einen ſo ſtark übergebogenen Rand, bereitet es ſtets aus feineren Halmen, und füttert es nie mit Rohrähren, ſondern bloß mit feinen Grasrispen und Pferdehaaren aus. Auch baut er daſſelbe nie ins Rohr, oder ſonſt über tiefes Waſſer, ſondern immer neben letzteres, über ſumpfigen oder feuchten Boden, zwi— ſchen hohe Sumpfpflanzen. Sein Geſang klingt eben ſo ſchön, als mannichfaltig, und iſt nicht allein reich an eigenen Tönen, ſondern wird auch ſehr häufig noch mit fremden Lauten, oder ganzen Tonſätzen anderer, gut ſingender Nachbarn ver— ziert. — Faſt Daſſelbe gilt, wiewohl in geringerem Grade, vom Schilf-Rohrſän— ger. (S. phragmitis.) Bei ihm trägt jede Feder des tief olivenfarbigen Oberleibes ſchon einen dunkelbraunen, verwaſchenen Schaftfleck, welcher an den Federn des Oberkopfes, neben dem breiten, hell gelblichen Augenbraunſtreife, deutlicher hervor— tritt. Seinen Aufenthalt theilt der Vogel bald mit dem Sumpfrohrſänger; bald bewohnt er Weidengebüſch tief in Moräſten und auf bruchigen Torfwieſen. Das Männchen läßt ſeinen nicht üblen Geſang, in welchem mehrere Töne der Rauch— ſchwalbe vorkommen, gern von einem freien Zweige erſchallen. [S 91. Ein Rohrſänger ſeinem Körper- und Neſtbaue nach, aber verſchieden von allen durch einen faſt geraden Schwanz und etwas längere Flügel, ſo wie durch ſeinen Aufenthalt in hohen Buſchhecken und auf niedrigen Aeſten im Laub- oder gemiſch— ten Gehölze, iſt der Spötterling. (Sylvia hypoläis.) Ein ſehr beliebter und oft beſprochener Bewohner von vielen unſerer größeren Baumgärten: oben zart grünlich gefärbt. Er wird jetzt gewöhnlich gelbbäuchiger Laubvogel genannt, wegen ſeiner hell gelben Unterſeite, und weil er ſeinem Aufenthalte nach den folgenden, ächten Laubvögelchen ähnelt. Sonſt heißt er noch Baſtardnachtigall, wegen ſeines herrlichen, mannichfaltigen Geſanges: (obwohl dieſer gewöhnlich gerade mit dem Schlage einer Nachtigall Nichts gemein hat;) und Sprachmeiſter, ebenſo wie Spötterling, wegen ſeiner bewunderungswürdigen Fertigkeit, bald fremde Lieder, bald das Geſchrei anderer, zum Theile viel größerer Vögel nachzuäffen. Kein Vo— gel unſeres Welttheiles, ſelbſt nicht der Sumpfrohrſänger, kann ſich in dieſer Art von Aeußerung einer fröhlichen, neckiſchen Munterkeit und Laune mit ihm meſſen. Denn er pflegt nicht bloß im bunteſten Durcheinander die Tonweiſen ſeiner meiſten gewöhnlichen Nachbaren zu wiederholen; ſondern er kann auch etwas, ſo eben ge— hörtes, Neues (z. B. den Geſang einer vorüberfliegenden Rauchſchwalbe) augen: blicklich nachſingen. In gleicher Schnelligkeit ſucht er oft ſogar das Geſchrei vorüber— ziehender größerer Vögel nachzumachen, ſo gut es ſeine Stimmkräfte erlauben. Die Außenſeite ſeines künſtlichen, dünnwändigen, aber ſehr haltbaren Neſtes behängt er, wo möglich, ſtets mit Streifchen von der äußerſten, dünnen Oberhaut der Birken— rinde; oder, in Gärten, mit ſchmalen Papierſchnitzchen. Es ſteht etwa 2— 100 314 Vögel; Ite Ordn.: Singvögel; hoch über dem Boden, gleicht aber fonft völlig dem Neſte des Sumpfrohrſängers. Denn es ſchwebt, unterwärts frei und bloß an den Seiten befeſtigt, wie angeklebt, an und zwiſchen 3 —4 dünnen Aeſten oder Gabelzweigen. 0 Die ächten Laubvögelchen (Phyllopseustes, Phyllopneuste!!) find die kleinſten Arten dieſer Familie. Sie haben wieder rundlichere Köpfe, abgerundetere Schwänze und etwas längere Flügel, als die Rohrſänger. Von hinten betrachtet, gleichen fie mit ihrem grünlichen Oberleibe dem Laube von Bäumen und Sträu— chern, in welchem ſie leben. Nicht immer leſen ſie kleine Inſekten und Lärvchen, von welchen ſie ſich faſt allein nähren, bloß von den Zweigen ab, ſondern fangen auch ſchon häufiger, als die übrigen ſängerähnlichen Vögel, Mücken u. a. fliegende Thierchen aus der Luft hinweg. Sie niſten auf dem Boden. Ihre Neſter, haupt— ſächlich aus grünem Mooſe verfertigt, ſind ſchön backofenförmig zugebaut, mit ei— nem kleinen Einflugsloche zur Seite. Von ihnen beſitzt auch die neue Welt nicht bloß überhaupt mehrere Arten; ſondern hierunter ſogar unſeren Fitis oder Bir— ken⸗Laubvogel. (Sylvia trochilus!) Dieſer hat eine zart olivengrünliche Haupt— farbe, graugelbliche Füße und eine ſchwach ins Gelbliche ſpielende Bruſt. Sein zarter Lockton klingt, wie jener der folgenden Art, der erſten Hälfte ſeines Namens gleich. Er bewohnt alle Laubwälder mit mäßig hohem Unterholze, beſonders Bir— kengebüſch, ſo wie viele gemiſchte Gehölze und manche heckenreiche Gärten, die er im Frühlinge durch ſein kurzes, aber recht liebliches, zartes, etwas ſchwermüthiges Liedchen auf ſehr angenehme Weiſe belebt. — Nur unmerklich kleiner, als der Fitis, iſt der Weidenzeiſig oder Tannen-Laubvogel. (S. abietina; S. rufa!!) Er zeigt im Leben merklich dünnere, ſchwarzbraune Füße mit gelben Sohlen und meiſt einen, nur etwas mehr ins Röthlichgelbe ſpielenden Vorderhals. Sonſt gleicht er dem Fitis ſo ganz und gar, daß im ausgeſtopften Zuſtande (wo die Füße auch bei letzterem dunkler, und bei erſterem vom Durchſtechen der Beindrähte dik— ker werden) beide oft ſelbſt für den geübteſten Kenner kaum unterſcheidbar bleiben. Dagegen ſind ihre Wohnplätze gewöhnlich bedeutend und ihre Geſänge immer völ— lig verſchieden.) Denn der Weiden- oder Tannenlaubvogel liebt nicht allein viel ältere, düſtere Holzſchläge weit mehr, als junge, und hohes altes Weidengehölz ungleich mehr, als der Fitis; ſondern er zieht gewöhnlich auch gemiſchte Holzarten, oder jüngeren Tannen- und Fichtenwald, dem reinen Lau bholze vor. Sein, eben ſo einförmiger, als ſeltſamer Geſang macht ihn augenblicklich kenntlich: indem er bloß abgebrochen und gleichſam ſtammelnd 2—3 Töne wie „dilm, delm, demm“ oder „zilp, zalp“ mehrmals wiederholt. Zugleich iſt er, gegen den vorigen, nur in ſehr geringer Anzahl vorhanden. — Vielleicht noch weniger zahlreich, und meiſt auf größere Stangenholzbeſtände im gemiſchten, oder Tannen- und Buchenwalde be— ſchränkt, iſt eine ſehr hübſche dritte Art, mit rein weißem Bauche, ſchön hellgrü— nem Rücken, hellgelbem Vorderhalſe und einem breiten, gelben Streife über dem Auge. Sie heißt gewöhnlich grüner oder Wald-, und nach ihrem Geſange ſchwir— render Laubvogel. (8. sibilätrix.) Denn ihr kurzes, eben fo wohlklingendes, als eigenthümliches, pfeifendes Liedchen, mit welchem ſie gewöhnlich in einem kleinen Bogen von einem Baume oder hohen Strauche auf einen anderen hinflattert, beſchließt ein klarer, weit vernehmbarer, ſchwirrender Triller. [S 92. Die Grasmücken (Currüca) find ſämmtlich mehr oder weniger grau ges färbte ſängerartige Vögel mit etwas kürzerem, ſtarkerem und ſpitzigerem Schnabel *) Andere Beiſpiele von befenders großer Verſchiedenheit des Aufenthaltes und Ge⸗ ſanges bei ſolchen Singvogelarten, welche körperlich gerade die größte Aehnlichkeit mit ein⸗ ander beſitzen, waren der Sumpf- und Teichrohrſänger (S. 312—13) und früher (S. 297) der Wieſen- und Baumpieper. . b) weichſchnäbelige: hüpfende. 315 und mit etwas längerem, ſchwach ausgeſchnittenem Schwanze. Ihre grau— bläulichen Füße gleichen faſt ganz jenen der Meiſen, denen ſie auch durch eine beſondere Lebendigkeit und durch ihre Vorliebe für kleinere Laubinſekten, Inſekten— eier, kleine Raupen und andere Lärvchen nahe kommen. Da die meiſten Arten ſich am liebſten in ſtacheligen Gebüſchen aufhalten; ſo ſollte man ihren wunderlich ver— dorbenen jetzigen Namen lieber durch die, gegenwärtig bloß im Munde des Volkes gebräuchlichen Benennungen „Dornreich oder Dörnling“ erfegen.*) Sonſt nennt ſie der gemeine Mann noch eben ſo häufig, als ſchlecht paſſend „Fliegenſtecher.“ Kein Vogel beweiſt ſich ſo mißtrauiſch beim Neſte, wie die Grasmücken. Denn ſie pflegen ein ſolches mit bloßen Eiern noch ſehr häufig, ein erſt friſch gebautes aber faſt immer, ſchon in dem Falle zu verlaſſen, wenn ſie ein oder ein paar Mal einen Menſchen in der Nähe deſſelben bemerkt haben. Dieſes anſcheinend leicht— ſinnige Aufgeben einer beabſichtigten Brut wird ihnen jedoch ohne bedeutenden Zeit— verluſt nur durch den leichten, flüchtigen Bau der Neſter möglich. Dieſelben ſind nämlich zwar ziemlich geſchickt aus trockenen Halmen verfertigt, welche ihnen ein ſehr lichtes, weißliches Anſehen geben; aber dabei ſo dünn, daß man bei den et— was höher ſtehenden nicht ſelten am Boden mehr oder weniger hindurchblicken und die Eier in denſelben liegen ſehen kann. Gewöhnlich befinden fie ſich aber ziem— lich niedrig über der Erde. Außer faſt allen denjenigen Beeren, welche andere ſänger⸗ und droſſelartige Vögel im Spätſommer und Herbſte verzehren, freſſen die Grasmücken auch gern und ohne Nachtheil die von mehreren wirklich giftigen Ge— wächſen, (3. B. jene des gewöhnlichen Seidelbaſtes,) und ſolche von manchen an— deren Pflanzen, deren Genuß auf Menſchen und andere Thiere nachtheilig wirkt. Unſere kleinſte Art, mit dem unbedeutendſten Geſange, deſſen einen Satz Manche mit dem entfernten Geklapper einer Kinder-Windmühle vergleichen, heißt davon das Müllerchen, fonft aber Zaun-Grasmücke. (C. garrüla; Sylvia currüca.) Man findet ſie nämlich nicht ſehr häufig im Walde: außer da, wo es hier, oder auf Feldrainen, recht dichte Hecken von Schlehen und Weißdorn giebt; wohl aber ni— ſtet ſie faſt in jedem Garten mit Stachel- und Johannisbeer-Gebüſch, oder mit ſo genannten lebendigen (Hecken-) Zäunen. Hier ſieht man den flinken, niedlichen Vogel eben ſo gern wegen ſeines kirren Weſens, als wegen des Eifers, mit wel— chem beſonders er und der folgende die Geſpinnſte von Schmetterlingslarven (Rau— penneſter) durchſuchen, um deren Bewohner, gewöhnlich bald nach dem Auskriechen aus den Eiern, zu vertilgen. An beiden Arten ſticht das ſchöne Weiß der Kinn— gegend ſehr nett ab gegen die gelblich überhauchte, oder ſchwach roſenfarbige Bruſt, beſonders aber gegen den ſchön aſchgrauen Kopf. Darum nennt man die erſte, mit einfach bräunlich-ſchwarzgrauen Flügeln, häufig auch das kleine, die andere, mit breiten, roſtbraunen Schwingen aber das große Weißkehlchen. Letztere Art, auch noch Dorn-Grasmücke geheißen, (Sylvia cineraria,) fällt in der Jugend ) Es dürfte kaum einen ſchlagenderen Beweis von allmähligem, gedankenloſen Ge: wöhnen an ganz unpaſſende Worte geben, als den nunmehrigen allgemeinen Gebrauch des Namens Grasmücke, der ſo, wie er jetzt lautet, in jedem Betrachte ſinnlos bleibt! Denn weder halten ſich die Vögel im Graſe aufz noch haben ſie irgend Etwas mit den Mücken gemein. (Sie kommen ſogar nicht oft dazu, dergl. zu verzehren: da ſich ihnen dieſelben nicht eben häufig darbieten.) Entweder iſt das Wort allmählig aus Gärdsmyga oder Gärdsmyga entſtanden, wel— ches, zuſammengeſetzt aus gärd (Garten) oder gärd (Zaun) und smyga, (ſich ſchmiegen, hindurchſchlüpfen,) im Schwediſchen gegenwärtig unſeren Zaunſchlüpfer, Zaunkoͤnig oder Schneekönig bezeichnet; oder es müßte, was noch wahrſcheinlicher iſt, von gra (grau in der Sprache unſerer Landleute groo) und smyga herkommen In letzterem Falle würde es dann ſehr paſſend einen grauen Schlüpfer bedeuten. 316 Vögel; Ite Ordnu.: Singvögel; und nach der Sommermauſer oberwärts ſtark ins Roſtbraune. Sie bewohnt nicht leicht ſo kleine Gärten, wie die erſtere, wird aber dann gleichfalls bisweilen ſo zu— traulich, daß ſich das brütende Weibchen faſt mit bloßen Händen greifen läßt. Zwiſchen Fruchtfeldern und grasreichen Wieſen dagegen belebt ſie oft ſelbſt weniges, kleines Strauchwerk durch ihren munteren, ziemlich angenehmen Geſang, mit wel— chem ſie nicht ſelten eine mäßige Strecke weit in die Luft ſteigt. — Weitläufige— res Dorngebüſch, oder größere Brombeerhecken des Waldes, bewohnt in manchen Gegenden nur einzeln, in anderen zahlreich die ſchüchterne und weit größere Sper— ber-Grasmücke, (S. nisoria,) welche im Frühlingskleide wirklich faſt die Fär— bung eines weiblichen Sperbers trägt. Denn fie zeigt dann bei rein bläulich -aſch— grauem Oberkörper eine weiße, von ſchwarzgrauen Querwellen durchzogene Unter— ſeite; ſelbſt die Regenbogenhaut der Augen iſt bei ausgefärbten Vögeln hellgelb, wie beim Sperber. Am Jugend- und Herbſtkleide erſcheint die Unterſeite blaß gelbröthlich, bloß an den Seiten mit ſchwachen Wellenlinien. Auch dieſe Art ſingt recht gut, obgleich noch nicht ſo vorzüglich klar, mannichfaltig und ſchön, wie die graue oder Garten- und die ſchwarzſcheitelige oder Mönchs-Grasmücke. (S. hortensis und S. atricapilla.) Beide ſuchen ſchon weniger nach dörnerreichen Stellen, und halten ſich gern, nicht ſowohl in gewöhnlichen Gärten, als vielmehr in ſo genannten engliſchen oder Parkanlagen, in höherem, älterem, mit Bäumen ge— miſchtem Strauchgehölze auf; die letztere ſelbſt in jungen Fichten- und Tannen⸗ dickichten. Jene iſt einfach grünlichgrau, nur unterhalb bedeutend lichter. Die zweite, das Schwarzplättchen oder der Plattmönch, hat bei ſonſt gleicher Fär— bung im männlichen Geſchlechte eine ganz ſchwarze, im weiblichen und in der Ju— gend eine rothbraune Kopfplatte. Eine ſehr bemerkenswerthe Sonderbarkeit, welche außerhalb der Ordnung der Raubvögel nur höchſt ſelten wiederkehrt, bleibt der Um: ſiand: daß bei ihr das Männchen ſtets etwas kleiner iſt, als das Weibchen. Je— nes dient mit ſeinem lieblichen Geſange als ein ſehr geſchätzter Stubenvogel. — Unter den ſüdeuropäiſchen Grasmücken giebt es mehrere, die, obgleich bis jetzt ge— wöhnlich als verſchiedene Arten betrachtet, doch wohl nur klimatiſche Abänderun— gen unſerer Zaun- und Dorn-Grasmücke ſein möchten, deren zart roſenrothe Bruſtfarbe ſich durch Einfluß höherer Wärme und ſtärkeren Sonnenlichtes zu ei— nem, bald mehr, bald minder geſättigten Weinroth verdunkelt hat. Sie ſollten auch, ſammt einigen anderen, wirklich verſchiedenen ſüdlichen Arten, nackte, rothe Augenlider haben. Eine gehörige Betrachtung dieſer Stellen, zumal mit Hülfe eines Vergrößerungsglaſes, zeigt aber ſogleich: daß dieſelben bei allen keinesweges kahl, ſondern, wie gewöhnlich, mit kleinen Federchen bewachſen ſind, welche nur gleichfalls jene röthliche Färbung haben. [S 93. Die Schlüpfer oder Zaunſchlüpfer (Troglodjtes) find gar poffierliche, kleine oder ſehr kleine Vögelchen mit längeren, etwas gebogenen Schnäbeln und von bräun— licher Farbe mit dunkleren Querwellen. Sie haben nach Schnabelbau und Le— bensweiſe faſt eben ſo viel Aehnlichkeit mit den Baumläufern, wie mit den Erd— ſängern, aber zugleich auch mindeſtens eben ſo viel Eigenthümliches. Ihre ſehr runden Flügelchen ſind ſo ausnehmend kurz, daß ſie außerordentlich ſchnell ermüden: weßhalb ſie bloß kurze Strecken in Einem Fluge zurückzulegen vermögen. Mit dem Aufwärtsfliegen hält es noch ſchwerer: ſo daß ſie ſich z. B. nur ſelten auf Baumäſte über Mannshöhe erheben. Dafür geſtatten die, etwas hohen Beine und ziemlich großen Zehen ihnen nicht bloß ein ſehr raſches Hüpfen, welches dem ſchnel— len Laufe einer Maus ähnelt; ſondern Zehen und Nägel eignen ſich auch ſehr gut zum Anhalten an ſchiefen und rauhen Gegenſtänden aller Art. Dem gemäß hüpfen dieſe unermüdlich lebhaften Vögelchen beſtändig auf oder nahe an der Erde, zwir — b) welchſchnäbelige: hüpfende. 317 ſchen, auf und unter großen Baumwurzeln, alten Stöcken, Steinen oder dergl., in Reiſighaufen, Klafterholz, todten Zäunen, Dornhecken u. ſ. w. umher, gucken und ſchlüpfen dabei in alle Löcher hinein, und ſuchen beſonders in letzteren ſehr eilig Schutz vor allen wirklichen, oder vermeinten Gefahren. Denn ſie ſind eben ſo neu— gierig und vorwitzig, als furchtſam. Ihre Nahrung beſteht in ähnlichen kleinen Thierchen, wie jene der Meiſen und des Baumläufers. Sie ſind auch faſt eben ſo fruchtbar wie jene, und bauen ſich in niedrigen Höhlen aller Art gar künſtliche, backofenförmige Neſter von erſtaunlicher Größe, die inwendig aus Moos, äußerlich mit einem großen Wuſte von alten Blättern und dergl. beſtehen. Unſere Art, der Zaunſchlüpfer, Zaun- oder Schneekönig, (Tr. parvülus,) iſt nächſt den Gold— hähnchen der kleinſte Vogel Europas: oben röthlichbraun, am Schwanze röther, und unten lichter bräunlich; überall mit dunkelbraunen, nur in den Seiten auch mit weißlichen, dicht geſtellten Querbinden. Er heckt gern in den düſterſten und wü— ſteſten, alten Waldungen, hin und wieder auch in Gärten von ähnlicher Beſchaf— fenheit, beſonders an Gewäſſern, und am häufigſten im Gebirge; auf der baumlo— ſen Inſel Island dagegen in großen, mit etwas Geſträuch vermiſchten Steinhau— fen und Felstrümmern. Zum Herbſte und Winter, wo er bei uns verharrt, be— ſucht er die meiſten Orte mit recht dichten todten Zäunen, Gräben mit vielen al— ten Kopfweiden ꝛc. Er läßt ſich dann nicht ſelten bereits an ſonnigen Winterta— gen mit ſeinem, eben nicht langen, aber recht lieblichen und wunderbar ſtarken Ge— ſange hören, der ſchöne, hell pfeifende Laute mit einem klaren Triller enthält. Sein Neſt iſt jederzeit größer, als das einer Singdroſſel: oder vielmehr (ſchon wegen ſei— ner faſt kugelähnlichen Geſtalt) meiſt doppelt ſo groß. Ja zuweilen, wenn er eine beſonders weite Höhle gewählt hat, die nun ausgefüllt werden muß, nimmt es mit der Menge von mühſam zuſammengeſchlepptem Laube einen Raum ein, viel größer, als ein Menſchenkopf; und das Ganze iſt dann wohl zweimal ſo groß, wie das Neſt eines Nußhähers. Er geht oſtwärts bloß bis an den Ural, und ſüdwärts bis Kleinaſien. In dem übrigen Aſien und der geſammten alten Welt ſonſt lebt we— der er, noch eine andere Art. — Dagegen beſitzt Amerika dergleichen faſt überall in waldigen Gegenden: zuſammengenommen wohl 12 — 15 Arten. Hiervon ſehen mehrere der unſerigen, die ſogar in manchen Theilen von Nordamerika ſelbſt noch vorzukommen ſcheint, ſehr ähnlich. Andere ſind bedeutend größer und bunter, meh— rere auch mit viel längeren Schänbeln. Manche ſängerähnliche Vögel wärmerer Erdgürtel, deren einige mit ſchönen Farben prangen, mögen gleichfalls als beſondere Gattungen angeſehen zu werden ver— dienen. Auch ſie gehen theilweiſe mehr oder weniger zu jenen der vorhergehenden oder nachfolgenden Familien über. [§ 94. Eine ſehr mäßige Anzahl hüpfender Singvögel, welche man ſchon nach ihren kürzeren Beinen, längeren Flügeln und an den meiſt kürzeren, breiteren Schnäbeln als nähere Verwandte der Fliegenſchnäpper erkennt, kann man unter den Benennungen ſeidenſchwanzähnliche und pirolartige Vögel zuſammenfaſſen. Sie ſind Waldbewohner, betreten meiſt nur ſelten den Erdboden, beweiſen aber auch wenig Geſchick zum Springen auf Zwei— gen, ſondern legen ſelbſt kleinere Räume gewöhnlich flatternd zurück. Die ſeidenſchwanzartigen, an deren Schnäbeln man gedachte Kürze und eine größere Breite ſtets mehr oder weniger auffallend bemerkt, gehören weit mehr der neuen, als der alten Welt an. Die wenigen eigent⸗ lich nordiſchen Arten bekleidet ein langes, ſeidenartig-weiches Gefieder. Jene des wärmeren Amerikas zeichnen ſich oft durch ein, theilweiſe ftrohähnlich- feſtes, harſches und glänzendes aus, namentlich am Vorderhalſe. Ihre Größe 318 Bögel; 3te Ordn.: Eingvögel; fteigt von jener der Droſſeln bis zu der von Elſtern, Krähen und Dohlen. Sie leben wahrſcheinlich eben ſo ſehr, ja manche zu Zeiten offenbar mehr, von Beeren, als von Inſekten und Larven. 5 So namentlich die eigentlichen Seidenſchwänze (Bombyeilla) oder Hauben— droſſeln: deren ſchönes kleines, zart rothgraues und aſchfarbiges Gefieder ſich auf dem Vorderkopfe zu einer anſehnlichen, ſpitzen Holle verlängert und durchgängig weit mehr eine ſeidenhafte Bildung zeigt, als die großen, ſchwarzgrauen Schwanz- und Flü— gelfedern. Alle Schwanzfedern endigen mit einem breiten lichteren, bei 2 Arten ſchön hochgelben Querbande. An mehreren der, mit weißen Spitzen verſehenen, hinterſten Schwungfedern aber verlängert ſich bei beiden nach ihrer erſten Mauſer der Schaft in ein dünnes, lang —eiförmiges Hornplättchen von ſiegellack rother Farbe. Den Jungen mangeln dieſe Blättchen; bei den weiblichen Vögeln ſind dieſelben auch bloß an 3—6 Federn vorhanden; die männlichen haben fie grö— ßer und zahlreicher, gewöhnlich an faſt allen Schwungfedern zweiter Ordnung. Bei recht alten Männchen kommen ähnliche, jedoch viel kleinere dergl. Schaftfort— ſätze auch noch an den Schwanzfedern zum Vorſcheine. In Europa gehören die Seidenſchwänze eigentlich bloß dem hohen Norden an; in Aſien und Nordamerika reichen fie immer ſchon merklich weiter nach Süden. Doch gehen fie auf beiden Feſtländern im Sommer überall nur ſo weit herab, als beerentragende Sträucher, namentlich Heidel- und Brombeerſtauden oder Wachholderarten, noch in ſolchen Maſſen wachſen, daß ſie größere Landſtrecken in und an Waldungen überziehen. Denn Beeren aller Art, dieſe Haupterzeugniſſe unter den wenigen Fruchtarten des höheren Nordens, zu deren raſcher Zeitigung der dortige, meiſt eben ſo heiße, als kurze Sommer genügt, und die ſich daher nur dort in hinreichender Menge zur ausſchließlichen Ernährung ſolcher Vögel erzeugen, bleiben faſt das ganze Jahr hin— durch die liebſte, gewöhnlich ſogar die einzige Speiſe der Seidenſchwänze. Eine Ausnahme hiervon erzwingen die Umſtände bloß im Frühlinge, zur Brütezeit: wo die ſaftigen, nach ihrer Reife leicht abfallenden Beeren noch nicht wieder vorhanden, die länger ſtehen bleibenden der Wachholdern aber meiſt aufgezehrt ſind. Dann müſſen die Seidenſchwänze alſo theils ihre Jungen, theils auch ſich ſelbſt, mit verſchiedenen weichen Inſekten ernähren, welche ſie ſpäterhin lange Zeit nicht wieder berühren. Im Spätſommer kommen dann aber die, inzwiſchen gereiften, ſaftigen Beerenarten beſonders den zarteren jungen Vögeln ſehr gelegen. Den Winter hin— durch ſehen ſich gewöhnlich alle auf die ſaft- und nahrungsärmeren, feſthäutigen Früchte der Wachholderarten beſchränkt, die bei der Größe ihrer Saamenkörner nach Verhältniß wenig Nahrungsſtoff enthalten. Schon dieſer Umſtand allein würde aber nothwendig jene große Gefräßigkeit bedingen, durch welche die Seidenſchwänze verſchrieen ſind. Indeß kömmt auch noch eine beſondere, für pflanzenfreſſende Thiere durchaus ungewöhnliche Kürze, Glätte oder Geradheit, und Weite des Dar— mes hinzu. Dieſe bewirkt, daß namentlich ſolche Nahrungsmittel immer ſehr bald und oft kaum zur Hälfte verdaut wieder abgehen: weßhalb die Eingeweide immer ſehr bald wieder gefüllt ſein wollen.“) Zugleich mag auch der große Gehalt dieſer „) Bei anderen Thieren pflegt bekanntlich der Darm ſtets um fo länger, gekruͤmm⸗ ter, (faltiger,) oder überhaupt größer zu fein, je mehr dieſelben ihre Nahrung aus dem Pflanzeureiche beziehen: weil Pflanzenſtoffe, als Dinge, welche dem thieriſchen Organismus noch fremdartig find, vor ihrer Aufnahme in das Blut meiſt eines weit län⸗ geren Zeitraumes zur Verdauung, Zerſetzung und ſonſtigen Umwandlung bedürfen, folglich auch länger im Speiſekanale verweilen müſſen, als thieriſche Stoffe. (Vergl. S. 18; fer⸗ e über die Verſchiedenheit zahmer und wilder Katzen in dieſem Punkte, b) weichſchnäbelige: hüpfende. 319 Beeren an würzigem, erhitzendem Stoffe, welcher dem Fleiſche der Seidenſchwänze einen ſo gewürzhaften Geſchmack verleiht, mit zur Reizung ihres Appetits beitragen. Jedenfalls aber erzeugt theils er, theils die ganze, nicht eben leicht auflösliche Beſchaffen— heit jener Speiſe auch das Bedürfniß eines nicht minder reichlichen Getränkes. Bei der europäiſchen Art, (B. garrülus,) die übrigens auch durch ganz Nordaſien bis nach dem Weſten von Nordamerika fortreicht, bleibt es ſeltſam genug, daß ihre Sommerheimath für unſeren Welttheil noch immer nicht recht ermittelt iſt. Sie beſucht unſer Vaterland nur ſehr unregelmäßig: wahrſcheinlich nur in ſolchen Jahren, wo ihr Winterfraß im Norden wegen ungünſtiger Witterung zur Blüthe— zeit mißrathen iſt. Daher ſehen wir zuweilen bald kleine, bald größere Schaaren von ihr in zwei, oder gar drei, nach einander folgenden Wintern; während ſie dann wieder mehrere Jahre ganz ausbleibt.“) Für Südeuropa bleibt ihr Erſcheinen noch unbeſtimmter und ſeltener. Ihre Einfalt geht ſo weit, daß beinahe kei— ner den Lockungen einer Traube ſchöner Ebereſchbeeren in einer Dohne widerſteht, auch wenn er, kaum zehn Schritte davon, einen ſchon gefangenen Gefährten, mit dem Tode ringend, in den Schlingen einer anderen zappeln ſieht. Ja, wenn eine Dohne, in welcher bereits ein Todter baumelt, noch einige übrige Beeren enthält; ſo fliegt nicht ſelten noch ein zweiter dazu, und erwürgt ſich dann leicht ebenfalls. Das Sonderbarfte hierbei bleibt aber: daß ihre Dummheit gleichſam mit ihrer Zahl zu wachſen ſcheint! Denn einzelne Verirrte benehmen ſich (vielleicht aus Ban— gigkeit nach ihren verlorenen Gefährten) immer weit ſchüchterner, unruhiger und vorſichtiger, als ganze Schaaren. **) Bei dieſer Art, welche die Größe eines Staa— res erreicht, iſt der Bauch grau, und die Spitzen aller großen Schwungfedern ha— ben einen gelblichen und weißlichen Vorſaum. — Letzterer fehlt bei der, merklich kleineren, nordamerifanifchen Art, (B. americana,) deren Bauch ſchwefelgelb iſt. In den Vereinigten Freiſtaaten, wo ſie bereits in den mittleren Theilen niſtet und ihr ziemlich wohlgebautes Neſt auf Bäume ſetzt, giebt man ihr überall den Namen Cedervogel: weil man dort eine baumähnliche Wacholderart, welche rothes Holz beſitzt, ſehr uneigentlich „rothe Ceder“ nennt, ***) — Der dritten Art, mit hell- purpurfarbigem Schwanzende und Schulterflecke, (B. phoenico- ptéra,) mangeln auch die Hornplättchen der Hinterſchwingen. Sie lebt in manchen ſüdöſtlichen Theilen von Aſien bis herab nach Japan. § 95. Alle ſonſtigen näheren Verwandten unſerer Seidenſchwänze bewohnen das wärmere Amerika. Der kleinſte iſt der Schnapper oder Schwälbling, (Procnias hirundinacea,) von der Größe einer Lerche, mit ſchwalbenähnlichem Kopfe und Schnabel, und mit ſeidenartig-glänzendem Gefieder. Letzteres erſcheint am Männchen himmelblau, am Weibchen grasgrün; die Kinngegend ſchwarz. Die größten, theilweiſe einer Krähe oder gar dem Raben (?) gleich, find die Pioho's, (Threnoedus, Querülal) fo benannt nach dem Klange ihrer klagenden ) Früher, wo der Aberglaube des ungebildeten Volkes viele Erſcheinungen in der Na— tur auf ſeine Weiſe zu deuten ſuchte, betrachtete man das Erſcheinen dieſer eben ſo dummen und arglofen, als gefräßigen Geſchöpfe als Vorbedeutung von Krieg, Hungersnoth und verheerenden Krankheiten, (die beide natürlich ſehr häufig als Folgen des erſteren auftre— ten.) Daher ihre Namen „Kriegs-, Hunger-, Belt: und Sterbevogel.“ Andere glaubten, ſie kämen immer nach ſieben Jahren wieder: vielleicht, weil man vorzugsweiſe gerade in Deutſchland die Zahl 7 für eine unglückliche, Unheil bringende hielt! — *) Vergleiche hierzu S. 250: Hakenfink. ***) Cedar- bird; red cedar. — 320 Vögel; Ite Ordn.: Singvögel; Stimmen. Zwei Arten ſehen ſchwarz aus, mit ſcharlachrother Kehle. Eine dritte iſt ganz purpurroth; eine vierte grau. Die Cotinga’s oder Schmuckvögel (Ampelis!) und die meiſten übrigen find wieder bedeutend kleiner. Erſtere beſitzen ein weicheres, ſammetſchwarzes Hauptgefie— der, tragen aber, von dieſem ſcharf abgegränzt, mindeſtens an der Kehle und dem Hinterhalſe violette oder purpurfarbige, auf dem Rücken zum Theil auch himmel— blaue, blaugrüne, gelbe, oder ſonſt prächtige Glanzfedern von dem ſchon erwähnten, ſtrohartigen Gefüge. Letztere wurden ſonſt in den Klöſtern Braſiliens von den Nonnen zur Verfertigung künſtlicher Blumen und ähnlicher Gegenſtände des Schmuk— kes verwendet. Anders gefärbt, und vielleicht als Gattung verſchieden, iſt noch ein dortiger Vogel mit ähnlich gebildetem, oder noch härterem Gefieder, der aber zugleich ſteife, ſammetartige Kopffederchen trägt, und den man wegen ſeiner, theils helleren, theils dunkleren Scharlachfarbe mit einem Henkersknechte vergleicht. (Amp. carnifex.) An ſeinen Flügeln, welche ſammt dem Schwanze röthlich braun ausſehen, iſt vorn die Ate Schwungfeder viel kürzer, als die benachbarten, dabei etwas zurückgebogen und gleichſam hornartig. N ; Noch auffallender, theils wegen ihrer Federbildung, theils wegen großer Ver— ſchiedenheit nach Alter oder Jahreszeit, bleiben die beiden Pompadourvögel. (Xipholena.) Bei ihnen erſcheint, wenn nicht überhaupt im ausgefärbten Zu⸗ ſtande, doch jedenfalls im hochzeitlichen Kleide, das geſammte kleine Gefieder merk— würdig hart, fteif, glänzend und dabei zerſchliſſen, alfo unzuſammenhängend. Dem: nach würde daſſelbe offenbar ſehr leicht von Näſſe durchdrungen werden müſſen, wenn jene Glätte und Härte, welche ſeinen Glanz verurſacht, nicht eben auch in gleichem Grade geeignet wäre, ein gewiſſes Abprallen und ſchnelles Herablaufen der Waſſertropfen zu bewirken.) An ihren Flügeln zeigen dann alle größere Deckfedern eine mindeſtens gleiche, fiſchbeinähnliche Härte, Steifheit und Schnell— kraft, wie einige Schwanzfedern der meiſten Spechte. Auch ſind ſie alsdann ſchmal, mit rinnenförmig nach unten gebogenen Fahnen, und die größten, hinterſten ſäbel— förmig gekrümmt. Die Schwingen ſehen immer weiß aus mit ſchwärzlichen Spi—⸗ tzen. Alles übrige Gefieder zeigt nach der erſten Mauſer, oder wenigſtens zum Frühlinge, jene dunkle, ins Schwarzrothe fallende Purpurfarbe, welche man nach der berüchtigten Marquiſe von Pompadour benannt hat. Vor der erſten Mauſer, oder während der kühlen Jahreszeit, iſt daſſelbe nicht bloß ziemlich weich und überhaupt von gewöhnlicher Bildung, ſondern auch ganz anders gefärbt: nämlich dunkel bläu— lich -aſchgrau. g [$ 96. Araponga (Chasmorhynchus nudicollis) heißt bei den Bewohnern Bra: ſiliens ein verwandter, etwas größerer Vogel mit ſeidenhaftem Gefieder von ziemlich gewöhnlicher Bildung, welches bei den Jungen (und Weibchen?) ſchön grün iſt: während das Männchen, oder nach Anderen jeder alte Vogel, ganz weiß ausſieht, mit faſt nackter, hell bläulichgrüner Kehle. (An kahlen Hautſtellen eine ganz un⸗ gewöhnliche Färbung!) Seine Stimme klingt wie der Ton von dem Schlage ei— nes Hammers auf eine geſprungene Glocke. — Eine zweite Art von gleicher Fär— bung, aber mit befiederter Kehle, der Averano, (Ch. carunculätus,) trägt zwi⸗ ) Sollte die Angabe, daß fie daſſelbe bloß zur Begattungszeit trügen, ſich bewähren; ſo würde jener Uebelſtand überhaupt nicht leicht eintreten, weil ihr Niſten natürlich auf die heiße, trockene Jahreszeit fällt, wo es ſehr ſelten regnet. Das Nämliche würde dann auch von dem vorhergehenden Vogel und den Cotinga's gelten, wenn, wie Manche behaupten, auch bei ihnen nach der Fortpflanzungszeit beide Ger schlechter ebenſo, wie die Jungen, nur einfach braun oder grau ausſähen. b) weichſchnäbelige: hüpfende. 321 ſchen den Naſenlöchern einen langen, runden, ſehr fein befiederten Fleiſchlappen, welcher ebenſo ſeitwärts herabfällt, wie jener der Truthühner. Ein ſehr ſonderbares Glied dieſer Familie, in welcher die Seltſamkeiten der Bildung nicht endigen zu wollen ſcheinen, iſt noch der Guira-punga. (Amp. variegata!) An feiner nackten, fleiſchfarbigen Kehle hängen nämlich vom Kinne her eine Menge langer, dünner Fleiſchzäpfchen herunter, die wie ein Haufen kleiner NMhenwärmer ausſehen: fo, daß man ihn füglich Wurmbart (Eulopögon) nen— nen könnte. Er iſt weiß, an den Flügeln ſchwarz, mit röthlichbraunem Kopfe und Nacken. N Der Nacktkopf, (Gymnocephälus,) an Größe einer Dohle gleich, verbin— det mit einem weichen, röthlichbraunen Hauptgefieder von der Farbe heller Ta— baksblätter einen kahlen Vorderkopf und wulſtige Hinterkopffedern. Die Neger in Cayenne vergleichen ihn mit einem Kapuziner, und benennen ihn hiernach.“) Bei dem noch ſeltſameren Schirmträger (Cephaloptérus) erhebt ſich auf der Schnabelwurzel ein großer Schopf aus langen, aufgerichteten Federn, welche ſich oben weit ausbreiten und ſo wie ein Sonnen- oder Regenſchirm den Kopf be— ſchatten. Am Halſe zeigt ſich vorn ein nackter Kropf von himmelblauer Farbe, der aber ſeitwärts und beſonders unterhalb großen Theils von einer Federwamme bedeckt wird; und von der Unterbruſt hängt eine Art Federſchurz herab. Der Vogel iſt ſchwarz, von der Größe eines Hähers, und lebt truppweiſe, wie faſt alle Vögel dieſer Familie, in manchen ſumpfigen Wäldern von Braſilien. Eine Gattung der alten Welt, welche man auch noch hierher rechnen zu kön— nen glaubt, find die Raupenfreſſer. (Campephäga; Ceblepyris!!) Ihr Gefie— der iſt meiſt grau, oder ſchwarz und weiß, weicht zum Theil auch bedeutend ab nach Geſchlecht und Alter, zeigt aber ſonſt nichts Beſonderes oder Auffallendes, außer, daß die harten, etwas verlängerten Schäfte vieler kürzeren und gleichſam unvoll— ſtändigen Bürzelfedern ſtechend ſteif ſind. Eine Eigenthümlichkeit, welche ſonſt nicht wieder vorkömmt! Dieſe Vögel bewohnen Südafrika, die Inſeln von Oſtindien und Neuholland. Ihre Nahrung beſteht faſt lediglich in Raupen. [s 97. Endlich beſitzt die alte Welt, beſonders in heißen Gegenden, auch noch eine Gattung, deren Gefieder zwar nie dergleichen Sonderbarkeiten zeigt, die aber nach ihrer Lebensweiſe recht wohl hierher paßt: obwohl ein längerer, rundlicherer, etwas ſchärferer und nicht ſchwacher Schnabel fie von allen ſeidenſchwanzähnlichen Vögeln unterſcheidet. Es find die Pirole, (Oriolus,) fo oder ähnlich benannt in den meiſten Sprachen nach der ſchönen, flötenden Hauptſtimme des unſerigen, die zu— gleich, mit einigen Wiederholungen und Abänderungen, ſeinen Geſang ausmacht. Bei allen ſind die Männchen ſchön hochgelb, mit ſchwarzen Flügeln und Schwän— zen. Weibchen und Junge ſehen oben ſchön grün aus; unten graulichweiß; am Vorderhalſe weißgrau mit ſchwarzgrauen Droſſelflecken. Den Weibchen, welche al— lein brüten und hierbei, ſammt den Jungen, dem friſchen, ſie umgebenden Laub— werke gleichen, ſtehen die Männchen weit mehr, als jene der meiſten anderen Vö— gel, beim Bauen der ſchönen, künſtlichen, hell graulich ausſehenden Neſter bei.“) Dieſe werden in mäßiger Höhe auf Bäumen zwifchen den finger- oder daumſtarken Zweigen einer wagerechten Aſtgabel befeſtigt, und hängen daher faſt ebenſo in der ) Nämlich auf franzöſiſch Loiseau mon pere. *) Hierbei, fo wie überhaupt in Bezug auf das Nichtbrüten faſt aller derjenigen Männchen, welche in Farbe und Zeichnung bedeutend von ihren Weibchen abweichen, iſt nicht bloß hier, ſondern überall in Gedanken zu behalten, was darüber im Allgemeinen zu ſeiner Zeit (S. 184) bemerkt worden iſt. 5 Gloger, allgem. Naturgeſchichte 8 21 322 Vögel; ste Ordn: Singvögel; Schwebe, wie ein Henkelkorb: indem jene zwei Gabelzweige zu beiden Seiten durch den oberen Rand des Neſtes hindurchgehen. Das Ganze beſteht aus Baſt, großen Grasblättern und ähnlichen, ſehr geſchmeidigen, bänderartigen Stoffen, welche die Vögel im Anfange nur flatternd und fliegend zu beſeſtigen vermögen. Die mei— ſten, namentlich jene zur Außenſeite, müſſen von bedeutender Länge ſein: weil ſie hier, nachdem ſie mit dem klebrigen, als Kitt dienenden Speichel der Vögel be— feuchtet und dann zwei- oder mehrmals um einen der Zweige herumgewunden wor— den ſind, nicht bloß in einem tiefen, herabhängenden Bogen über den Raum zwi— ſchen beiden Aeſten fortreichen ſollen, ſondern auch noch ebenſo zu einem gleichen Um— ſchlingen des zweiten, gegenüber ſtehenden Zweiges zulangen müſſen. Das Innere wird mit Grasrispen und feinen Halmen ausgelegt. Es bildet einen ſehr tiefen, geräu— migen Napf mit ſtark umgebogenem Rande: ſo, daß Eier und Junge, nebſt dem darauf ſitzenden Weibchen, ohne Gefahr vom Winde hin- und hergeſchaukelt werden. Denn es liegt inſtinktmäßig in der Abſicht dieſer Vögel, ihre Neſter meiſt weit vom Stamme entfernt, gegen die Aſtſpitzen hin, anzubringen, um ſie wenigſtens allen kletternden Feinden ſo ſchwer erreichbar zu machen, als möglich. Gewöhnlich freſſen die Pirole verſchiedene größere, weiche Laubinſekten und Larven, beſonders Nachtſchmetterlinge und glatte Raupen. Späterhin nehmen ſie gern auch man— cherlei Beeren, wenigſtens ſüße oder ſonſt wohlſchmeckende. Doch verſchmäht der europäiſche (O0. galbüla) auch die ſcharfſaftigen Früchte unſerer Ebereſche nicht. Seine Lieblingsnahrung im Sommer bleibt aber das Fleiſch von ſüßen Kirſchen, an denen er bei ſeiner guten Eßluſt oft ſehr empfindlichen Schaden verurſacht.“) Nach ihnen ſucht er, ſobald die erſten zu reifen beginnen, familienweiſe die Obſtgärten heim, um mit eben ſo viel Liſt, und Vorſicht, als Dreiſtigkeit darüber herzufallen. Denn die ganze kleine Geſellſchaft (Familie) geht ſchon beim Ausfliegen danach, ganz beſonders aber beim Freſſen ſelbſt, ſo behutſam und ſtill zu Werke, daß ihre Gegenwart ſich alsdann höchſtens durch jenes öftere Raſcheln des Laubes verräth, welches das Herabfallen der weggeworfenen Kirſchkerne erregt. Gleich darauf aber werden fie oft wieder recht luſtig laut. Bei Zänkereien, und wenn fie einans der locken, vorzüglich bei ſchwüler, gewitterhafter Luft, (wo ihnen, als ſehr froſtigen Vögeln, immer beſonders wohl zu Muthe ift,) ſchreien fie häufig in krächzend-quä— kenden Tönen, welche faſt ſo klingen, wie das Geſchrei von zwei einander beiſſen— den Hauskatzen. Daher, und weil ſich kurze Zeit nachher nicht ſelten die heranzie— henden Gewitter wirklich entladen, ihr Scherzname „Regenkatze.“ Jene beſondere Vorliebe des Vogels für höhere Wärmegrade, welche ſchon den Alten (z. B. Ari— ftoteles) bemerkenswerth ſchien, übt einen ſehr bedeutenden Einfluß nicht bloß auf ſein jedesmaliges Erſcheinen und Verweilen, ſondern auch auf ſeine geſammte Ver— breitung aus. Denn er bringt ſelbſt in Griechenland bloß die heißeſten Monate des Jahres zu, verläßt unſere Gegenden ſchon im Auguſt wieder, und kehrt beinahe nie vor dem Mai zurück.““) Auf dem öſtlichen Feſtlande von Europa geht er weit gegen Norden hinauf, z. B. noch zahlreich jenſeits Petersburg: weil hier der Sommer eben ſo heiß, als kurz iſt. Auf der ſcandinaviſchen Halbinſel dagegen, wo bei der Nähe des Meeres häufigere Seewinde die Sommerwärme ſchon mehr ) Sauerkirſchen berührt er gar nicht. Dagegen richtet er in Südeuropa allenthalben faft eben fo arge Verwüſtungen an Feigen und Weintrauben an: beſonders, weil deren viele, einmal angefreſſen, vollends durch Fäulniß verderben. ) Häufig trifft dieß um Pfingſten, wo man wenigſteus jedes Jahr feinen Ruf ver— nimmt. Daher ſeine Benennung Pfingſtvogel. Golddroſſel heißt er nach der Hauptfarbe des Männchens, welches vom zweiten Jahre an blutrothe Augenringe und einen rothbraunen Schnabel befümmt. b) weichſchnäbelige: flatternde. 323 herabdrücken, findet man ihn nur ſehr wenig. Ganz weſtwärts endlich, wie in Holland und namentlich in Britannien, wo bekanntlich der Sommer nach Verhält— niß kühler iſt, als irgendwo auf dem feſten Lande, dort gehört der Pirol zu den außerordentlichſten Seltenheiten: ſo, daß man ſein Erſcheinen daſelbſt lediglich als Verirrung auf der Reiſe in Folge von Stürmen betrachtet. is 98 A3 te Zunft: Flatternde weichſchnäbelige Singvögel. Im Gan⸗ zen mit eben fo ſchwachen, als niedrigen Beinen verſehen, betreten ſie nicht allein bloß ſehr ſelten den Boden, ſondern hüpfen auch wenig auf Zweigen von Bäumen nach Nahrung oder ſonſt umher. Denn ſie fangen, wie ihr gemeinſchaftlicher Name Fliegenſchnäpper beſagt, meiſt nur flie— gend herumſchwärmende Inſekten, beſonders Zweiflügler, (Mücken und Flie— gen,) ſelbſt flatternd oder fliegend, aus der Luft hinweg: indem ſie denſelben, auf lichten Baumäſten und freien Wipfeln oder Zweigenden ſitzend, auf— lauern. Hierzu bedurften ſie nicht langer, aber an der Wurzel breiterer Schnäbel, ſo wie eines weiten Rachens, und ſteifer Bartborſten von anſehnlicher Länge, welche ihnen das Aufſchnappen ihrer bewegli— chen Beute erleichtern. Merklich längere und ſpitze Flügel aber, welche, ſtets zum raſchen Entfalten und Fortflattern bereit, immer nur locker gehalten werden und deßhalb etwas vom Leibe abſtehen, ſetzen ſie in den Stand, die erſpähten Thierchen mit der erforderlichen Schnelligkeit einzuholen, oder ge— wöhnlich denſelben entgegenzueilen. Bloß manche, in gemäßigten Gegenden wohnende Arten greifen im Spätſommer bisweilen zu Hollunder- und ähn— lichen weichen, ſaftreichen Beeren. Dergleichen Erdſtriche ſind jedoch im Ganzen nur arm an ihnen. Immer größer wird aber die Zahl ihrer Gattungen in wärmeren Erd— ſtrichen, und noch größer in den heißen, fruchtbaren oder feuchten Gegenden. Dort ſind ſie es vor allen, welche namentlich einem noch ſtärkeren Ueber— handnehmen jener Unzahl von Zweiflüglern mit Stechrüſſeln, vor deren un— aufhörlichen blutſaugeriſchen Angriffen weder Menſchen, noch Thiere ſich zu retten vermögen, wenigſtens noch einigermaßen Schranken ſetzen. Daß das, im Ganzen feuchtere, Amerika ihrer nach Verhältniß noch mehr ernährt, als die entſprechenden Theile der öſtlichen Erdſeite, hängt offenbar mit dem Um— ſtande zuſammen, daß die feuchteſten Oerter ſtets auch die meiſten Zweiflügler beſitzen: weil die Larven derſelben, wenn nicht im Waſſer ſelbſt, doch an feuchten Stellen leben. Die beſonders ſtarke Verbreitung der Fliegenſchnäpper in Nordamerika aber wird noch vorzugsweiſe begünſtigt durch dieſelbe Be— ſchaffenheit vieler dortigen Bäume und Sträucher, welche das Vorkommen mancher ſängerartigen Vögel daſelbſt theils ſehr beſchränkt, theils geradezu hindert.*) Das gänzliche, oft ſchon frühe Verſchwinden aller, den Fliegen— ) Nämlich durch den allzu lichten und ſperrigen, zweigarmen Wuchs ſehr vieler Holz— gewächſe. Vergl S. 305. 0 21 * 324 Vögel; 3te Ordn.: Singvögel; fängern zur Nahrung dienenden Inſekten mit Annäherung des Winters muß ſie nothwendig bereits für alle gemäßigten Erdſtriche zu Zugvögeln machen. Hier giebt es auch faſt immer bloß Gattungen h mit mäßig langen und geraden Schwänzen, welche ihre Beſitzer immer noch am beſten zum Aufenthalte auf Bäumen von etwas dichterem Wuchſe geeignet machen. Die gemäßigten Striche der alten Welt beſitzen bloß wenige Arten von Einer Gattung, welche deren auch ſonſt in allen Weltgegenden zählt und bloß den Namen Fliegenfänger (Muscicäpa) ſchlechtweg führt, mit kurzen Schnä— beln von mäßiger Breite: d. h., an der Wurzel von nicht viel größerer Breite, als Höhe. Sie niſten nach Umſtänden bald in Baumhöhlen, bald in Vertiefun— gen zwiſchen mehreren dichten Aeſten, bald im düſteren Gewirre kleinerer Zweige. Der gewöhnlichſte davon bei uns, der graue oder gefleckte, (M. grisöla,) baut ſo⸗ gar, da er gern um Wohngebäude und Viehſtälle lebt, nicht ſelten auf hervorra— gende Dachlatten, auf Spalierſtangen an Gewächshäuſern und dergl. Gegen die Gewohnheit anderer Fliegenfänger kömmt er ſpäterhin nicht bloß öfters aus Gärten und Wäldern nach Städten herein, auf einſame oder wüſte Gebäude; ſondern im Norden, wo er bis gegen den Polarkreis fortgeht, bezieht er in Gebirgen auch be— reits im Frühlinge manche Felſen mit etwas Gebüſch. Ja, hin und wieder ſteigt er dort ſogar noch hoch auf die kahlen Gletſcherfelſen empor. Er mauſert wahr— ſcheinlich bloß einmal, und ſieht ſtets bräunlich-aſchgrau aus, mit Längeflecken von gleicher Farbe am weißlichen Vorderhalſe. Nur ſein Jugendkleid zeigt an jeder Fe— der einen gelblichen Tropfenfleck: während Junge und Herbſtvögel der folgenden Arten einander gleichen. — Dieſe unterliegen nämlich einer doppelten Mauſer, welche beſonders den Männchen zwei ſehr verſchiedene Kleider bringt. Bei zweien von ihnen bilden die breiten weißen Ränder mehrerer Hinterſchwingen auf dem ſchwarzen Flügel einen ſo genannten Spiegelfleck. Sonſt erſcheinen ſie zum Herbſte olivenfarbig, mit grünlichweißer Bruſt; im Frühlinge unten rein weiß, oben ſchwarz mit weißem Stirnflecke. Beſonders gut nimmt ſich alsdann der einfach- ſchöne Halsband-Flf. (M. colläris) aus: indem feinen Hals ein voller, breiter, ſchnee— weißer Ring umgiebt. — Letzterer findet ſich nie bei dem gewöhnlichen ſchwarzen, ſchwarzgrauen, oder, Trauer-Flf. (M. luctuosa; M. atricapilla.) Dieſen wird man nur ſelten in Gärten finden, aber nicht leicht in einem größeren Flecke älte— ren Waldes mit hohlen Bäumen vermiſſen: beſonders nicht im gemiſchten und Nadelholze. — Letzteres beherbergt hin und wieder den eben ſo ſeltenen, als nied— lichen, kleinen oder rothkehligen Flf. (M. parva.) Deſſen Männchen würde im Frühlinge der Farbe nach völlig unſer Rothkehlchen im Kleinen ſein, wenn es nicht durch einen, an der Wurzelhälfte weißen Schwanz in gleichem Grade einem Steinſchmätzer ähnelte. In Oeſtreich und Ungarn, wo dieſe Art ſchon viel gewöhnlicher iſt, ſchätzt man daſſelbe auch wegen ſeines Geſanges, welcher bei den vorgenannten allen keine Beachtung verdient. — Unter den vielen Gliedern dieſer Gattung in heißen Län— dern ſehen manche den unſerigen ähnlich; andere ſtechen durch herrliche Farben hervor. [S 99. Dagegen fallen einige Arten daſelbſt ſchon mehr auf durch eine größere Breite und weit flachere Geſtalt ihres Schnabels: wovon ihr Name Breitſchnäbel. (Platyrhynchus.) Eine von denen, an welchen jener Charakter noch am wenig— ſten ausgeprägt ſcheint, der weißköpfige oder Nonnen-Breitſchnabel, (Pl. monächa s. leucocephälus?) iſt ſammtſchwarz mit ſchneeweißem Kopfe. a N b) weichſchnäbelige: flatternde. 325 Mehrere größere Fliegenfänger der neuen Welt, mit Schnäbeln von mehr oder weniger ähnlicher Bildung, ſehen oben braun aus, unten gelb, und tragen etwas längere Scheitelfedern von ganz ähnlicher Bildung und Färbung, wie die Krönchen unſerer Goldhähnchen. Sie wurden Tyrannen (Drymöonax, Tyrannus!) ge— nannt wegen der eigenthümlichen Art von Oberherrſchaft, welche ſie über viele ih— rer befiederten Waldnachbaren ausüben. Denn nach Art der Würger, zu welchen man ſie ehedem fälſchlich rechnete, leiden auch ſie nicht gern andere Vögel von gleicher oder ähnlicher Größe in ihrem Neſtbezirke, liegen daher bald mit dieſem, bald mit jenem im Streite, und verfolgen mit keckem Murhwillen ſelbſt viele Raubvögel, um dieſelben ſchreiend zu umflattern und zu verjagen. Durch Letzteres üben ſie denn allerdings in gewiſſem Grade auch die Pflichten von Schutzherren gegen ihre kleineren und ſchwächeren Nachbaren aus. Doch ſollen ſie denſelben nicht ſelten ihre Jungen auffreſſen, und zuweilen ſogar Aas verzehren. Alter die intereſſanteſten Fliegenfänger gehört ein kleiner, weißbäuchiger des ſüdlichen Amerika's, von grauſchwarzer und weißer Farbe im männlichen, aber licht bräunlicher im weiblichen Geſchlechte: der Hahnenſchweif. (Alectorurus gal- lus.) Die 2 mittleren Schwanzfedern, beim Weibchen wenig auffallend und ziem— lich flach liegend, zeigen beim Männchen eine ſchaufelähnliche Geſtalt, ſtehen wegen der Breite ihrer inneren, nach hinten etwas vortretenden und gebogenen Fahnen hoch (dachartig) in die Höhe, und laufen in vortretende, nackte Schaftſpitzen aus. Der Schwanz ſcheint aufgerichtet, wie der eines Haushahnes, getragen zu werden. [§ 100. Sämmtliche laugſchwänzige Fliegenfänger, d. h. alle Gattungen mit keil⸗, ſpieß- und gabel- oder gar ſcheerenförmigen Schwän— zen, bleiben ausſchließlich das Eigenthum heißer Erdſtriche. Denn bei ihrer Nahrungsweiſe bedürfen ſie zur ungehinderten Ausübung ihrer Beweglichkeit und Thätigkeit offenbar jenes weiteren Spielraumes, welchen gewöhnlich nur die Wipfelregion mancher Urwälder in heißeren Zonen, beſonders aber die luftigen, hoch erhabenen Kronen der meiſten Palmenſtämme, gewähren. Et— was höhere Füße, als jene ihrer Vorgänger, waren für ſie ſchon erforderlich, um das allzu häufige Aufſtreichen ſolcher Schwänze beim Sitzen auf Zwei— gen, beſonders aber beim Abfliegen von denſelben, zu verhüten. Zugleich mußten ſie beſſere Baukünſtler ſein: weil zum Brüten in Höhlen ſte ſchon die Länge ihrer Schwänze nicht geeignet macht. Am wenigſten auffallend erſcheint dieſe noch bei den, oben ſchwärzlichen Mennigvögeln (Phoenicornis) in Aſien, an deren mäßig langem Keilſchwanze die Außenfedern ebenſo, wie der Bauch und zwei oder drei Flügelbinden, eine ſchön mennigrothe oder rothgelbe Färbung zeigen. Auffallender iſt ſchon der Tſchitrek oder Paradies-Fliegenfänger (Museipeta eristäta s. paradisi) in Südafrika. Er trägt bloß für eine Hälfte des Jahres (wie es ſcheint in den kühleren, naſſen Monaten, welche unſerem Winter entſpre— chen, eine angenehm bräunlichrothe Hauptfarbe: während die andere Jahreshälfte hindurch dieſelben Stellen ſchön weiß ausſehen.“) Die feſten, etwas breiteren Federn ſeines Halſes und Kopfes, welche ſich hier zu einer großen, gewöhnlich nach hinten gerichteten Haube geſtalten, bleiben ſtahlblau. Ebenſo der Schwanz, in ) Dieß erinnert ſchon an die ähnliche Verſchiedenheit nach Geſchlecht (oder Alter) Hund Jahreszeit, welche wir unter den Vögeln ähnlicher Breiten auf der weſtlichen Erd— ſeite beim Araponga und Averano kennen lernten: deren Gefieder wir bald ungefaͤrbt (weiß), bald gefärbt (in letzterem Falle grün) fanden. Siehe S. 320. * 326 Vögel; àte Ordn.: Singvögel; welchem zwei ſchöne Mittelfedern mit dünnen Schäften und von mindeſtens drei= bis vierfacher Körperlänge einen flatternden Zierrath bilden.“) Die, mehr wattene _ oder korb⸗, als filzartigen Neſter des Vogels find ſeitwärts zwiſchen hohen Baum— zweigen befeſtigt. Sie gleichen hierin denen unſeres Spötterlings, oder jenen der Rohrſänger; doch giebt der lang herabhängende, etwas gekrümmte Untertheil ihnen beinahe die Geſtalt von verkehrt aufgehängten Nachtmützen. Bald mindeſtens eben ſo lang, bald etwas kürzer, aber von ausnehmend ſtar⸗ ken, ſteifen Schäften geſtützt, ſind die beiden äußerſten Schwanzfedern der Schee⸗ renſchwanz-Fliegenfänger (Psalidura) in Amerika, welche ein fo ungeheurer Gabelſchwanz mit fußweit aus einander ſtehenden Spitzen faſt bloß auf die freien Blatt⸗ wedel von Palmen, oder auf die weitſchichtigen, dürren Wipfel abſterbender Bäume zu verweiſen ſcheint. Dieſelben ſind gewöhnlich mit ſehr ſchmaler Außenfahne, aber mit ſehr breiter innerer verſehen. Bei manchen fängt aber letztere erſt da an, wo die nächſten übrigen Schwanzfedern zu Ende gehen. Zum Theil iſt dieſelbe auch von ſeltſamer Bildung. [S 101. Ate Zunft: Bloß fliegende Singvögel, gewöhnlich ſchwalben— artige genannt. Ihre ſehr kurzen und ſchwachen Beine taugen durch— aus gar nicht mehr zum Hüpfen, oder ſonſt zur Bewegung auf Bäumen; ſondern bloß zum Stillſitzen bei ihrem bisweiligen Ausruhen. Auch dienen ſie ihnen faſt eben ſo wenig zum Gehen am Boden: als wohin überhaupt nur manche Arten ſich dann begeben, wenn ſie daſelbſt an naſſen Stellen ſchlammige Erde zum Bauen ihrer Neſter holen. Ihre ſehr langen, ſpi— tzigen Flügel ſetzen ſie in den Stand, ohne Ermüdung mehrere Stunden hindurch, ja nicht ſelten faſt tagelang, ununterbrochen herumzufliegen: ſo, daß ſie faft alle ihre Geſchäfte im Fluge verrichten können. Dieß gilt fogar vom Trinken und Baden: indem ſie, langſam und ganz niedrig über dem Waſſer— ſpiegel hinfliegend, im erſteren Falle bloß mit dem Schnabel, im zweiten mit dem ganzen Kopfe und Halſe, ins Waſſer fahren und das hierdurch auf— gehobene dann, ſo gut es geht, über ſich wegſchütten. Ja, die Alten füttern auf dieſe Weiſe ſelbſt ihre, bereits ausgeflogenen Jungen: indem beide dann einige Augenblicke flatternd in der Luft ſtill ſtehen, und ſich dabei mit dem Vorderleibe gegen einander aufrichten. Ihr Schnabel iſt kürzer, der Ra— chen weiter, und der Kopf flacher, als bei irgend einem anderen Singvogel. So ſind ſie vortrefflich dazu ausgerüſtet, um, ſelbſt ohne beſonders große Bartborſten, kleine und mittelgroße, herumſchwärmende In— ſekten (beſonders Zweiflügler) aus der Luft aufzuſchnappen. Bloß bei küh— lem Regenwetter und heftigem, oder kaltem Winde, wo die Inſekten ſelbſt gewöhnlich in Ruhe bleiben und ſich beſonders mehr in der Tiefe halten müſ— ſen, fliegen deßhalb auch die Schwalben nicht allein viel niedriger, als ſonſt; ſondern ſie müſſen dann auch ſehr häufig ſtillſitzende Thierchen vom Graſe, oder von anderen niedrigen Gegenſtänden aller Art, hinwegnehmen. Die *) Ohne Beziehung auf ihr Vaterland hat mau auch mehreren anderen Vogelarten mit ſolchen, oder ähnlichen, langen Mittelfedern des Schwanzes einen, mit dem Worte „Para⸗ dies“ zuſammengeſetzten Namen zugetheilt. — v) weichſchnäbelige: bloß fliegende. 327 meiſten durchſchwaͤrmen, ſo viel als möglich, bloß freie Gegenden, beſon— ders ſolche in der Nähe von Gewäſſern, wo ſie ſo häufig die meiſten In— ſekten antreffen. Ihre Nahrungsweiſe macht es ſehr erklärlich, daß fie leichter, ſchneller und weiter umherwandern, als faſt alle andere Vögel. Mehrfach lächerlich muß hiergegen jene, noch immer nicht ganz verſchwundene Fabel erſcheinen: daß fie im Herbſte, ſtatt fortzuzichen, fi) ins Waſſer ſtürzen ſollten, um da im Schlamme zu überwintern. *) Indeß beruht die Entſtehung auch dieſes ſeltſamen Glaubens ebenſo, wie der Urſprung ſo vieler anderer Fabeln, nur auf mangelhafter Auffaſſung wirklicher Thatſachen. Erſtens nämlich übernachten unſere Rauchſchwalben im Herbſte gern im Rohre: wozu ſich häufig große Schwärme, ſchnell wirbelnd, auf einen Teich hinabſtürzen; und wobei auch manche Einzelne, durch andere zufällig von ihrem Sitze hinabgeſtoßen, ins Waſſer fallen und ertrinken. Dergleichen Verunglückte hat man nun eben als ſolche betrachtet, welche bei dem ver— meinten Verſenken umgekommen wären; und Letzteres ſelbſt wurde dann um ſo mehr als Zweck der ganzen Schaar angenommen, weil ſie am nächſten Mor- gen oft ſämmtlich verſchwunden (nämlich nach Süden abgezogen) waren. Ferner kriechen im Frühjahre bei ſpäten, harten Nachfröſten nicht ſelten viele, bereits zurückgekehrte Schwalben, von Hunger und Kälte ermattet, in Höhlen an Ufern: wo nun manche vollends verhungern, oder erfrieren. Solche halbtodte hat man dann um fo mehr für eben wiedererwachte Win— terſchläferinnen gehalten, weil ſie, noch zeitig genug aufgefunden und zwi— ſchen den Händen erwärmt, oder in geheizte Zimmer gebracht, ſich oft ſchnell wieder erholen. Keine wirkliche Schwalbe ſingt ſonderlich. Aber alle gehören mehr oder weniger zu den geſchickten Baukünſtlern: und zwar ſind ſie meiſtens nach Verſchiedenheit der Arten, ja manche Arten ſogar nach Maaßgabe der Um— ſtände, bald ausgezeichnete Mauerer, bald eben ſo fleißige Minirer. Im letz— teren Falle hacken, bohren und ſcharren ſie ſich in hohen Ufern Gänge von bedeutender Tiefe zu Brüthöhlen aus. Im erſteren tragen ſie kleine, rund— geknetete Schlammklumpen im Schlunde, wo dieſelben ſich ſchon von ſelbſt mit klebrigem Speichel überziehen, an eine höhere und vor jedem Regen ge— ſchützte Stelle von Felſen oder Mauern, um fie, mit feinen, zähen Halmen *) Kein Vogel (ohne Ausnahme) vermag bekanntlich, ſich für längere Dauer ins Waſ— ſer zu verſenken: am wenigſten ein ſolcher mit ſo ausgedehnten Flugwerkzeugen, wie die Schwalben, deren Gewicht jo beſonders gering iſt. (Denn das Waſſer, als ſchwererer flüſ— ſiger Körper, hebt ſie natürlich ſogleich wieder in die Höhe!) Noch weniger würde überhaupt ein warmblütiges Thier, zumal aber kein Vogel, im Stande ſein, längere Zeit unter dem Waſſer auszudauern: weil keines lange leben kann, ohne zu athmen, ihre Lungen aber durchaus unfähig find, hierzu die im Waſſer enthaltene Luft zu benutzen. Ueberhaupt würde ſchon die ganze Organiſation jedes Vogels einem Winterſchlafe, ſelbſt im Trockenen, widerſtreben. Ferner würde jene, zum Ertragen deſſelben nöthige Anz ſammlung von überſchüßigem und bereits organiſch-verarbeitetem Nahrungsvorrathe unter der Haut (als Fettſchicht) keinem eine ſo beſchwerliche und hinderliche Laſt ſein, wie den, ſo ganz zur leichten Bewegung in der Luft geſchaffenen Schwalben. ’ Endlich maufern alle Schwalben gerade in der Zeit, in welcher wir fie bei uns nicht ſehen. (Denn alte, wie junge, ziehen zum Herbſte im abgetragenen Kleide fort, und kehren mit einem friſch angelegten zurück.) Daß fie aber, ſelbſt wenn ein Winterſchlaf bei Vö⸗ geln überhaupt, oder gar im Schlamme unter dem Waſſer möglich wäre, hier und während deſſelben ſich mauſern ſollten, bleibt natürlich geradezu undenkbar! — 328 Vögel; Zte Ordn.: Singvögel; durchzogen, zu Neſtern zu verarbeiten, welche beim Austrocknen bald eben fo feſt, als hart werden. Das Innere füttern ſie ſo geſchickt, als warm, mit anderen Hälmchen, Federn und Thierhaaren aus. Letztere wickeln ſich den Jungen, welche ſich, wenn man ſie herausnehmen will, ſo gut als möglich an den Neſtſtoffen feſtzuhalten ſuchen, zuweilen mehrfach, wiewohl ohne Nach— theil, um die Beine. Daher das Mährchen: daß die Alten ihre Jungen, damit dieſelben nicht aus dem Nefte fallen ſollten, vermittelſt eines Pferde haares feſtbänden! — *) [S 102. Faſt ſcheint es, als möchten alle wahre Schwalben (Hirundo) zuſammen bloß Eine Gattung bilden: indem die verſchiedenen Arten ſowohl in der Form ih— rer Schwänze, wie ſelbſt in ihrer Niſtweiſe, mehr oder minder in einander übergehen. Alle eigentliche Minirſchwalben zeigen nur ſeicht gegabelte Schwänze und eine ſchlicht erdbraune, oder grauliche Farbe, wie jene kahlen Uferſtellen, auf oder an welchen ſie öfter ſitzen, oder ſich anhängen, um da entweder auf vorſtehenden bloßgeſchwemmten Strauchwurzeln auszuruhen, oder den Grund zu ihren Neſthöh— len zu legen. Bei der ſehr kleinen, gewöhnlichen Uferſchwalbe (H. riparia) läuft an der weißen Unterſeite ein graubraunes Querband über die Oberbruſt; und der ſeicht gegabelte Schwanz iſt einfarbig. Man findet ſie faſt auf der ganzen Nordhälfte der Erde, an den meiſten hohen Flußufern, mitunter ſelbſt an Teichen, ſeltener in Lehm- und Sandgruben nicht weit von Gewäſſern. Ueberall niſten wenigſtens immer mehrere Paare, zuweilen aber auch ſehr große Geſellſchaften ſo dicht bei einander, daß man meinen ſollte, die Pärchen müßten ſich oft gegenſeitig in ihre Höhlen verirren. Manche Ufer find dann fo vielfach von ihnen durchlö— chert, daß dieſelben bei ungewöhnlich hohem Waſſerſtande nicht ſelten, von dem eingedrungenen Waſſer durchweicht, einſtürzen und Hunderte junger Schwalben oder Eier zu Grunde gehen. “) Die Vögelchen kommen ziemlich ſpät an, und ziehen ſehr früh (bei uns gewöhnlich ſchon zu Ende des Auguſt) wieder fort. Doch reicht ihre Verbreitung bis hinauf in den Polarkreis, wo namentlich in Nordame— rika hin und wieder noch erſtaunliche Haufen von ihnen hecken. — Aehnlich, nur etwas größer, mit dunklerer, licht bräunlicher und trüb röthlicher Unterſeite, ſo wie mit einem weißen Flecke auf mehreren äußeren Schwanzfedern, iſt die Felſen— ſchwalbe. (H. rupestris.) Dieſe lebt im ſüdlicheren Europa, von der Schweiz an, geht wahrſcheinlich bis gegen die Südſpitze von Afrika fort, und bewohnt alte Bergſchlöſſer und Burgruinen, beſonders aber hohe Strandklippen, ſo wie manche Felſenreihen am Rande von Sandwüſten tiefer im Innern des Landes. [S 103. Alle mauernde Schwalben, von denen es in heißen Ländern viele Arten giebt, zeigen ein feſteres, glänzendes Gefieder von ſchwarzer, ſchön blau und ſtahl— grün ſchillernder Hauptfarbe. Davon macht eine, nicht bis an den Aequator reis *) Ven allen Singvögeln tragen, wie es ſcheint, nur fie allein den Unrath ihrer Jungen nicht fort; ſondern letztere entledigen ſich deſſelben über den Rand des Neſtes, oder durch den Eingang. Indeß kann dieß hier auch ganz ohne Nachtheil geſchehen. Denn be— fiederte Raubthiere pflegen, da ſie lediglich ihrem Geſichtsſinne folgen, auf ſolcherlei Anzei⸗ chen von dem Dafein junger Vögel nie zu achten; gegen die Angriffe vierfüßiger Räuber aber, welche ſich mehr durch ihren Geruch leiten laſſen, ſichert ſie von unten her faſt immer der ſenkrechte Abfall der Felſen oder Mauern, und von oben her jener ſelbe Vorſprung oder Ueberhang, welcher auch den Regen abhält. ) Sonſt werden dieſe Höhlen, ebenſo, wie jene aller übrigen Minirer, gewoͤhn⸗ lich hoch genug über dem Flußbette angebracht, um bei maͤßigem Anſchwellen des Waſſers immer noch unerreicht zu bleiben; zugleich aber tief genug unter dem oberen Rande des Ufers, um für kleine Raubthiere, Waſſerratten ꝛc. unzugänglich zu ſein. b) weichſchnäbelige: bloß fliegende. 329 chende Art der alten Welt ſich vor allen übrigen Singvögeln leicht kenntlich durch ihre Füße, welche bis zu den Nägeln (aber nicht an den Sohlen) dicht mit kur— zen, weißen Federchen bewachſen ſind. Es iſt die muntere, geſellige, zutrauliche und deßhalb von vielen Menſchen ſo gern geſehene Haus- oder Fenſterſchwalbe, (H. urbica,) nicht ſelten auch Mauer- und Stadtſchwalbe genannt: weil fie ſich ſo gut an nur wenig rauhe Mauerſtellen anzuklammern verſteht, und gewöhnlich in Städten befonders häufig iſt.“) Nicht ohne Verwunderung kann man es an— ſehen, wie ſie im Frühlinge, wenn die Bewohner der Häuſer ihr das vorjährige Neſt abgebrochen haben, doch immer noch mit aller Ruhe und Sicherheit, an den wenigen, übrig gebliebenen Lehmklümpchen feſtgekrallt, in hängender Stellung ruht und ſchläft. Nicht bloß ihre ganze Unterſeite, ſondern auch der Unterrücken, ſieht weiß aus. Der Schwanz erſcheint einfarbig, und noch ſchwach gegabelt, wie bei den vorhergehenden. Stärker gegabelt würde er (ſowohl bei jenen, wie bei ihr und bei an— deren auf ähnliche Weiſe niſtenden Arten) nicht bloß jenes Anklammern an ſenkrechte Flächen bei den Vorbereitungen zum Niſten erſchweren; ſondern er müßte auch beim Bauen die erforderliche, freiere Beweglichkeit beeinträchtigen. Denn ſie klebt ein run— des, ſonſt geſchloſſenes, halbkugelartiges Neſt mit kleinem Eingange ſtets äußerlich an Gebäuden oder Felſen an: am häufigſten in den oberen Ecken der Fenſter, an Fenſterkreuzen oder Geſimſen. In gar zu trockenen und allzu naſſen Sommern verſpätigt ſie ſich oft bedeutend mit dem Bauen. Denn im erſteren Falle kann ſie an manchen Orten längere Zeit hindurch keine recht zuſagende, naſſe Erde fin— den; während fie im letzteren den Bau ſchon der allzu feuchten Luft wegen oft gar zu lange unterbrechen muß, um ihre Mauer, die meiſt nirgends auf feſtem Grunde ruht, ſondern eben bloß an den Seiten feſtgekleiſtert iſt, gehörig austrocknen zu laſſen. (Deßhalb kann ſie einer Seits gewöhnlich bloß nach einem ſtärkeren Re— gen bauen; anderer Seits aber mag und darf ſie es auch wieder nur bei heiterem Wetter thun.) Da unter ſolchen Umſtänden die Jungen der zweiten Brut nicht ſelten erſt ſpät im September, alſo zu einer Zeit auskriechen, wo Mücken und Fliegen, Bremen ꝛc. ſchon knapper geworden find und der Termin zum Abzuge herangerückt iſt; ſo helfen alsdann die Jungen der erſten Brut den Aeltern fleißig beim Füttern ihrer kleinen Geſchwiſter, um dieſe ſchneller zur nahen Abreiſe groß zu ziehen. Daher jener, beſonders lebhafte Verkehr, welchen man gewöhnlich um Neſter mit ſolchen kleinen Spätlingen wahrnimmt! Auch ſonſt weiß dieſe Art, und theilweiſe ebenſo die Rauchſchwalbe, ſich nach den Umſtänden zu fügen. In man— chen Gegenden von Sibirien nämlich, wo es nicht bloß an Häuſern, ſondern häufig ſelbſt an Felſen zum Niſten für beide gebricht, machen ſie gemeinſchaftliche Sache mit der Uferſchwalbe. Jedes Pärchen bohrt ſich da in hohen, ſteilen Erdrändern am Waſſer einen Gang in die Erde, der aber nicht fo gerade fortläuft, ſondern ſich unter einem rechten Winkel nach der einen Seite krümmt und, von da an mit der Uferwand gleichlaufend, zur eigentlichen Brüthöhle führt. — Eine nord— amerikaniſche Art von ähnlicher Färbung, aber mit rother Stirn, (H. rufa Wils.,) niſtet auch geſellig und baut ein ähnliches, halbkugelförmiges Neſt, fügt demſelben aber noch eine kleine, gerade Röhre an, welche den Vögeln einen beque— men Sitzplatz gewährt, und dem Ganzen die Geſtalt einer kurzen, ſo genannten Retorte giebt. — Mehr auf Dörfern, oder meiſt nur in Vorſtädten, lebt die Rauchſchwalbe, (H. rustica,) mit braunrother Stirn und Kehle, ſchwarzblauem Bruſtbande, röthlichweißem Bauche und einem weißen Flecke auf jeder der 5 äu— ) Man muß ſie aber ja nicht mit der, gewöhnlich ſo genannten Mauerſchwalbe oder dem Thurmſegler verwechſeln, welcher zu den Gattungen einer, den Schwalben eniſprechen— den Familie der folgenden Ordnung gehört. 330 Voͤgel; 4te Dion: anomale Landv.; 8 ßeren Federn ihres Schwanzes. Letzterer erſcheint nach der erſten Mauſer ſo tief gegabelt, daß beim Männchen die äußerſte Feder jeder Seite wie ein Spieß oder Stachel herausſteht. Sie heißt daher auch Stachel-, Stall-, innere Haus- und Dorf⸗ oder Bauernſchwalbe. Denn ſie niſtet ſtets im Inneren von Gebäuden: auf Hausfluren, unter Schoppen od. dergl., und am liebſten in Viehſtällen. Sie benutzt aber ſtets einen Nagel, Balkenkopf oder ähnlichen Vorſprung als feſte Grundlage, welche das Neſt ſo ſicher hält und trägt, daß ſie faſt täglich ohne Verſäumniß daran arbeiten kann. Dabei iſt daſſelbe oberwärts ſtets offen, mithin der unteren Hälfte von dem Neſte der Fenſterſchwalbe ähnlich. Am Niſtplatze zeigt ſie keinen Trieb zur Geſelligkeit, wohl aber ſonſt; und kurz vor dem Abzuge verſammeln ſich nicht ſelten viele Tauſende zur gemeinſchaftlichen Reiſe. Von Raubvögeln kann bei uns bloß ihr Erbfeind, der Lerchenfalke, ihr Furcht einflößen und ſie in Schrecken ſetzen. Andere, ſo wie vierfüßige Raubthiere, umſchwärmt und verfolgt ſie lange und weit mit lautem Geſchrei, und ſtört ſie hierdurch häufig in ihren Jagden. Sie ſcheint faſt den ganzen Erdkreis zu bewohnen, und nur in Folge des Klima's unter manchen, zum Theile ganz entgegengeſetzten Himmels— ſtrichen einen ſtärker gefärbten Unterleib zu bekommen.“) Nicht bloß in Afrika nämlich, ſondern auch auf Kamtſchatka, ſieht derſelbe bei manchen, recht alten Vö— geln ſchön bräunlich-roſtroth aus, während er bei jüngeren ſtets lichter bleibt. — Mehrere Schwalben heißer Länder übertreffen die unſerigen bedeutend an Größe. Ale Ordnung: Anomale Landvögel.) [S 104. Es wird theilweiſe ſchon nicht immer leicht, die hieher gehörigen Thierfor— men von jenen der vorigen Ordnung, welcher ſie bis vor nicht langer Zeit zugezählt wurden, recht heſtimmt zu ſcheiden. Denn man kann bloß ſagen: daß ihre Zehen entweder völlig getrennt ſtehen, oder von den vor— deren 2 zur Hälfte vereinigt ſind, alſo nie auf die Art und in dem (geringeren) Grade verbunden erſcheinen, wie ſie dieß regelmäßig bei allen Gattungen mit unzweifelhaftem Singmuskel-Apparate waren. (Ja, auch letz— terer ſelbſt wird noch manchen von ihnen, wiewohl ſchwerlich mit Recht, zugeſchrieben.) Noch ſchwieriger bleibt jedoch die Aufgabe, einen recht bezeichnenden Namen zu erſinnen, der gleichmäßig auf alle Gattungen paßte. Da man ſonſt eben fie und die Singvögel zuſammen unter der Be⸗ nennung „ſperlingsartige“ begriff; fo läge allerdings der Ausweg am näch- ſten, ſie jetzt mit dem Namen „abweichende Sperlingsvögel“ zu be— zeichnen. Doch würde Letzteres auch wieder bedenklich ſein: weil einer Seits gerade die Sperlinge ſelbſt und deren nächſte Verwandte nicht mit hierher gehören; und weil anderer Seits auch die meiſten, wirklich hierher zu zäh- lenden Gattungen überhaupt gar zu bedeutend von den Sperlingen ꝛc. ab- weichen. *) Vergleiche hierzu S. 271-72. ) Anomale = ungewöhnliche, bedeutend abweichende. a) mit 2 verwachſenen Zehen. 331 Im Ganzen werden wir hier alle jene Landvögel zu umfaſſen haben, die weder zu den folgenden Tauben und Hühnern gehören, noch die Charak— tere der 3 vorhergegangenen Ordnungen beſitzen. “n) Deßhalb werden wir uns bei ihnen, wenigſtens theilweiſe, lediglich an ſo genannte verneinende Merkmale halten müſſen. Denken wir uns nämlich von der geſammten Unterklaſſe der Landvögel erſtens alle Gattungen mit paarigen Zehen, ſo wie alle Raubvögel und alle mit Singmuskel-Apparat ausgeſtatteten (d. h. die 3 vorausgegangenen Ord— nungen) hinweg; und laſſen wir dann auch noch die folgenden mit weicher, geſchwollener Haut über den Naſenlöchern (die Tauben) und alle mit knor— peliger Naſenhaut (die Hühner) bei Seite: fo bleiben uns die zu gegenwär— tiger Ordnung gehörenden Formen übrig. Einige hiervon (die Eisvögel und Bienenfreſſer) theilen dagegen mit den Waſſervögeln bereits den Beſitz einer nackten Stelle von anſehnlichem Umfange über der Ferſe. Doch unterſcheiden ſie ſich von allen ſogleich durch die halbe Verwachſung zweier Vorderzehen, welche bei den Waſſervögeln ſonſt immer getrennt ſtehen, obgleich ſie hier nicht ſelten durch eine Schwimmhaut verbunden werden. Entwickelungsweiſe und Geſammtbefiederung ſind hier im Ganzen ebenſo, wie bei den Singvögeln; doch ſcheinen die gegenwärtigen ſich, ungeſtört, faſt alle bloß einmal jährlich fortzupflanzen. Auch beſitzen nur manche ein, frei— lich recht entwickeltes Minirtalent. Alle übrige beweiſen entweder bloß einen ſehr untergeordneten Kunſttrieb, der ſich gewöhnlich mit einem ſehr ſchlechten Neſte begnügt; oder ſie brüten ſogar ohne dieſes in Höhlen, zum Theile ſelbſt nicht einmal auf einer geringfügigen Unterlage von zufällig da liegenden Stoffen. Eine durchgreifende Eintheilung ſcheint bei ihnen bloß nach dem Fußbaue möglich. te Unterordn.:: Anomale Landvögel mit 2 verwachſenen Vorderzehen. Wir können auf ſie recht füglich den Namen Heftzeher übertragen: (obgleich manche Naturforſcher unter der Benennung „gehef— tete Zehen“ eigentlich mehr die, immer nur auf einen kleineren Theil ihrer Länge vereinigten Zehen der Singvögel gemeint wiſſen wollten.) Ein Fußbau dieſer Art taugt ſehr wenig, oder meiſt gar nicht, zur Bewegung auf dem Boden, ſondern mehr zum Anhalten und theilweiſe zum Hüpfen auf Zwei— gen ꝛc. Die Fähigkeit, gut zu ſchreiten, ſchließt derſelbe wegen der man— gelhaften, ungleichſeitigen Stütze, welche jene beiden, faſt gar nicht ausſpreiz— baren Zehen gewähren, vollends ganz aus; und es hätte in dieſer Hinſicht für ſo gebaute Füße gar kein unpaſſenderer Kunſtausdruck (Terminus) erſonnen werden können, als das, früher allgemein gebräuchliche und leider auch jetzt noch immer nicht ganz vergeſſene Wort „Schreitfüße!“ — Nach Weſen und Verbreitung entſprechen die Vögel dieſer Ordnung in 5) Hierüber find zu vergleichen S. 188, S. 207 und S. 237. 332 Vögel; 4te Ordn.: anomale Landv.; mehr als Einer Hinſicht ebenſo den Krallenthieren unter den Geſchöpfen der vorigen Thierklaſſe, wie die Singvögel ſich mit den Nagern vergleichen ließen. Die Gattungen mit überall befiederten Fußblättern gehören, ebenſo wie die Kraller, ſämmtlich, die mit einer nackten Stelle über der Ferſe verſehenen aber größten Theils, den wärmeren und heißen Erdſtrichen an. [S 105. Ite Zunft: Kurzſchnäbelige anom. Landv. mit verwachſenen Zehen. Hierunter verſtehen wir alle jene, deren Schnäbel höchſtens eben fo lang, oder wenig länger, gewöhnlich aber kürzer oder viel kürzer ſind, als der Kopf. Im erſteren Falle ſind dieſelben dann viel breiter, als hoch. An den Beinen reicht die Befiederung bis zur Ferſe. Wenn überhaupt bei irgend einem, für jetzt zu dieſer Ordnung gerech— neten Weſen, ſo möchte gerade bei ihnen der Beſitz von Geſangs-Organen ſich noch am eheſten beſtätigen. Eine kleine Familie, die manakinartigen Vögel, zeichnen ſich durch ihren kurzen, gewölbten Schnabel aus, welcher gleichſam mitteninne ſteht zwiſchen dem mancher finkenartigen Singvögel und jenem der meiſten Hühner. Ihrer Nahrungs- und Lebensweiſe nach ſcheinen ſie theils beiden, theils mehr den Finken zu gleichen: nur daß ſie wahrſcheinlich eben ſo wenig, wie ſonſt ein Glied dieſer Ordnung, Saamenſchäler ſein, oder ſonſt ihre Speiſe auf ähnliche Weiſe zum Genuße vorbereiten möchten. Die eigentlichen Manakins, (Pipra!!) find kleine, kurzſchwänzige und kurz— flügelige Waldvögel des heißen Amerika's, mit etwas langem, lockerem Gefieder, von Meiſen- oder Zeiſiggröße. Sie führen jenen, aus dem Holländiſchen ſtam— menden Namen und die bezeichnendere, ächt deutſche Benennung Bartmännchen wegen der großen, ſchneeweißen Federn, welche bei manchen, zufällig am früheſten bekannt gewordenen Arten dem Kinne, zum Theil auch der Stirn, das Anſehen eines Greiſenbartes oder weißen Kopfhaares geben. Bei den meiſten ſehen die Männchen der Hauptfarbe nach ſchwarz aus, mit Hochroth oder Nothgelb auf dem Scheitel, oder am Kopfe und Halſe; bei vielen auch mit einer anderen hellen Farbe (3. B. Himmelblau) auf dem Rückenz oder mit Gelb am Bauche ꝛc. Die Weib— chen und Jungen ſind bei faſt allen nur einfarbig grün, wie das, ſie und ihre Neſter umgebende Laub. Bei einer Art (P. militäris) zieren den Schwanz 2 viel längere, ſchmale Mittelfedern. Die Geſammtzahl der Arten iſt bedeutend. Den indiſchen Archipelagus bewohnt in geringer Anzahl ein, zwiſchen den Manakins und der folgenden Gattung mitteninne ſtehender Vogel von herrlich ſmaragdgrüner Farbe in beiden Geſchlechtern, mit einem breiten Federkamme, welcher von der Stirn bis zum Nacken reicht. (Calyptoména viridis.) Er kömmt am Körper unſerer Amſel gleich. Einen ſchmäleren, aber viel größeren, höheren ſolchen Kamm, der ſich vorn bis gegen die Schnabelſpitze vorlegt und aus 2, gegen einander gekehrten Reihen von abgeſtutzten Federn beſteht, tragen die ſchönen, nach ihm benannten Felſen— hähne. (Rupicöla.) Dieſe find am Körper größer, als unſere Wachtel. Die Männchen, mit größeren Hauben geziert, ſehen herrlich orangegelb aus, mit langen, zerſchliſſenen, etwas gekrümmten Schwanzdeckfedern. Die Weibchen find einfach dunkelbraun. Letztere legen bloß 2 Eier, auf eine ſchlechte Unterlage aus feinen Zweigen, in Gruben oder tiefe Höhlen von Felſen an den Ufern und in den Betten großer Flüße in den höheren Gegenden von Mittelamerika. Sie ſollen a) mit 2 verwachſ. Zehen: groß ſchnäbelige. 333 ſich hauptſächlich von den Früchten mancher, auf den Felſen wachſenden Sträucher und Stauden nähren. Daß ſie jedoch auch, nach Art wirklicher Hühner, mit den Füßen in den Boden ſcharren ſollen, könnte jedenfalls nur wegen Inſekten und Larven geſchehen. Bei der bekannteſten Art, dem braſilianiſchen Fh. (Pipra rupicöla,) hat der Federkamm des Männchens einen dunkleren (rötheren) Vorſaum: wodurch er, ſammt dem ganzen Kopfe, eine noch größere Aehnlichkeit mit jenem des Touraco's in Südafrika erhält. Bei der, etwas größeren und noch ſeltneren, zweiten Art, (Rup. peruviana,) welche die Klippen mancher Bergſtröme im Innern von Peru und Mexiko bewohnt, iſt die Haube der Männchen ungeſäumt und etwas breiter. S 106. Eine noch kleinere zweite Familie, welche auch bereits zu den folgenden übergeht, bilden die niedlichen Plattſchnäbel nebſt ihren nächſten Ver— wandten. Es ſind inſektenfreſſende Vögel, welche gleichfalls nur den wärm— ſten Gegenden der neuen Welt oder dem indiſchen Archipelagus angehören: mit einem Schnabel, der wenigſtens faſt eben ſo lang, oder ſchon merklich länger iſt, als der Kopf, aber ſo ſtark niedergedrückt erſcheint, daß er min— deſtens doppelt, ja wohl drei- bis viermal ſo viel in die Breite mißt, wie in die Höhe. Sie nähern ſich durch ihn, wie durch ihre Nahrung, den Fliegenfängern. Nur haben ſie nicht ſo lange Flügel, dafür aber hö— here Beine. So ganz beſonders die wenigen eigentlichen Plattſchnäbel, (Todus,) mit Schnäbeln, viel länger, als der Kopf, und, wie man ſagt, auf der Erde niſtend. Der ſchönſte bleibt wohl der kleine grüne Plſchn., oder Tom-tit, (T. viridis, ) mit herrlich grünem Oberleibe und rubinrother Kehle. Auf den Antillen.“) Bloß die Sundinſeln und Neuguinea bringen jene eigenthümlichen, größeren, ſchön gefärbten und zartfederigen, breitköpfigen Weſen hervor, welche man nach der ſeltſamen Bildung ihres Schnabels Hornrachen nennen möchte. (Eurylaemus.) Derſelbe iſt kürzer, als der Kopf, an der Spitze übergekrümmt und leicht ausge— kerbt; ſehr ſtark, nicht kantig, und ſo auffallend breit, daß er an der Wurzel ſogar weit ſeitwärts über die Stirn wegragt, und daß die Rachenwinkel gleichſam wie dickwulſtige, hornige Lippen vorſtehen. Der weit geſpaltene Mund muß ein vor— treffliches Schnapporgan ſein. [$ 107. 2te Zunft: Großſchnäbelige Heftzeher. Ihre Flügel haben ſtets anſehnliche Ober- und beſonders lange Vorderarmknochen. Hierdurch be— kommen ſie einen hinreichenden Umfang, um ſelbſt den Gattungen mit Schwin— gen von bloß mäßiger Länge noch einen ziemlich leichten Flug zu geſtatten. Ihr Schnabel erſcheint ſtets bedeutend länger, als der, gleichfalls ziemlich oder bedeutend große Kopf. Er iſt am häufigſten ſtark von der Seite zuſammengedrückt, dann alſo hierin der Gegenſatz zu jenem der vorher— gegangenen Geſchöpfe. Dagegen macht er im Vereine mit ihren kurzen oder nur mäßig langen Füßen, ſie offenbar mehr einigen nicht klettern— den Familien oder Gattungen aus der Ordnung der Paarzeher ähnlich. Die großen, oft ſehr großen Calab's oder Horn- (Nashorn-) Vögel z. B., welche bloß den heißeſten, tropiſchen Gegenden der alten Welt „) Noch viel zwerghafter, ja ſelbſt kleiner als ein Goldhähnchen, dabei nicht eben fels ten, iſt der graue, (T. einereus,) mit ſchwarzer Kopfplatte und gelbem Bauche. Er ſoll jedoch einen ganz anderen Zehenbau haben, daher nicht hierher gehören. > 334 Vögel; 4te Ordn.: anomale Land v.; angehören und noch bis zur Ferſe befiederte Beine zeigen, entſprechen in mehreren Punkten den Toucanen oder Federzünglern (Pfefferfreſſern) der entſprechenden Gegenden von Amerika. Ihre Schnäbel ſind, wenn nicht im Ganzen, doch häufig faſt eben ſo groß, und dann auch (wegen ihres ganz ähnlichen inneren Baues) faſt eben fo leicht, wiewohl ſtets mit geringerer. Aushöhlung und mit kleineren, oder weniger zahlreichen, zum Theile wenig bemerkbaren Zähnen an den Schneiden. Sie ſcheinen daher überhaupt etwas mehr zum Hacken, nicht bloß, wie jene der Toucane, zum Quetſchen gemacht. Den meiſten Arten wächſt bereits kurze Zeit, nachdem ſie das Neſt verlaſſen haben, aus der Wurzelgegend des Oberkiefers ein ſonderbarer, bei verſchie— denen verſchieden geſtalteter Vorſprung heraus, welcher bis zum Eintritte des mannbaren Alters ſich allmählig weiter ausbildet, und dann mehr oder weni— ger an die bekannte Kopfwaffe der Nashörner unter den Säugethieren erin— nert. Doch kann er nie ſolche, oder ähnliche Dienſte leiſten: da er ſtets aus mindeſtens eben fo leichter, dünner und hohler, zellenreicher Hornmaſſe beſteht, wie der Hintertheil des Schnabels ſelbſt. *) Ihre Zunge iſt klein, und liegt tief in der Kehle. Ihre Nahrung gleicht aber doch im Ganzen wieder jener der Toucane: obwohl ſie ſich damit zugleich nach der Beſchaffenheit ihres Wohnortes richten. Denn die in den fruchtreichen Wäldern von Südaſien leben hauptſächlich von allerhand weichen Früchten; diejenigen, welche das waldärmere Afrika und namentlich die Ränder feiner Sandwüſten bewohnen, freſſen mehr Inſekten, Würmer, Mäuſe, junge Vögel, Amphibien ꝛc. Oft verſchmähen ſie ſelbſt Aas nicht. 5 Bei allen ſind die Schwingen nur mäßig, die ſtarken Federn des abge— rundeten Schwanzes dagegen ziemlich lang. Nur der Bauch und die Wurzel oder Seitenfedern des Schwanzes, ſel— tener auch der Hals und ein Theil der Flügel, find weiß, oder rothbraun 2«. Sonſt ſieht das Gefieder bei faſt allen ſchwarz aus, gewöhnlich mit ſchwa— chem oder mäßigem Glanze, wie bei den Raben und Krähen. Bei mehreren verlängert es ſich am Hinterkopfe zu einer flatternden, dünn ſtehenden Haube. Ueberhaupt zeigt es bei allen wirklich gehörnten eine noch lodrere und dabei ſteifere Bildung, als bei den Toucanen. Dieß rührt von der auffallenden Armuth des geſammten kleinen Gefieders an Faſern und Fäſerchen zweiten und dritten Ranges her, welcher macht, daß die Federn wie aus kurzen, glaͤnzenden Haaren zuſammengeſetzt erſcheinen: fo daß ſie Mitteldinge zwiſchen gewöhnlichen Vogelfedern und den ſonderbaren, pferdehaarähnlichen des indi— ſchen Kaſuars darſtellen. **) Ihre Augenwimpern werden von ganz ſteifen, faſt ſtechenden Haaren gebildet. Etwas minder rauh ſind einige Federchen um die nackten Augenkreiſe und um die, häufig nackte Kehlgegend. Bei den meiſten (mindeſtens 15) Arten, denen allen wenigſtens der Name Nashornvögel (Buceros) mit Recht gebühren würde, iſt das Schnabelhorn fehr deutlich, obwohl der Geſtalt nach ſehr verſchieden. Bei manchen hat daſſelbe gleiche, wo nicht größere Höhe, als der ungeheuere Schnabel ſelbſt. Ja bei einigen, die vielleicht als Gattung getrennt werden möchten und dann „) Ob, wie, und wozu er den Vögeln aber beſonders nütze, iſt noch unbekannt. *) Schon die außerordentlich geringe Wärmkraft eines fo beſchaffenen Federkleides, (deſſen Glätte aber, trotz ſeiner ſo mangelhaften Dichtigkeit, das Ablaufen des Waſſers während der Regenzeit ſehr zu befördern ſcheint,) würde dieſe Vögel nothwendig auf heiße Erdſtriche beſchränken. a) mit 2 verwachſ. Zehen: großſchnäbelige. 335 Mondhornvögel (Meniceros) heißen könnten, wird daſſelbe zugleich fo lang, daß es mit ſeinen, gewöhnlich mondförmig nach oben gebogenen Spitzen hinten ſo weit wie der Kopf, und vorn beinahe ſo weit, wie die Spitze des Schnabels, reicht. Bei mehreren iſt es noch außerdem an den Seiten tief gefurcht, und er— ſcheint theils in den Furchen, theils an ſeinen Enden roth, ſchwarz, oder ſonſt anders gefärbt, als der Schnabel, welcher bei einigen weiß, bei anderen gelb, bei noch anderen wenigſtens an der Wurzel roth ausſieht. Dieß Alles trägt natürlich noch bei, das Ausſehen dieſer ſonderbaren Vögel um ſo ſeltſamer zu machen. Ein ſehr ausgezeichneter, mit gehäubtem Hinterkopfe, kann Doppelhorn— vogel heißen. (Dichoceros cayätus; Buc. bicornis.) Denn er trägt nicht bloß ein großes, vorn ausgehöhltes Horn; ſondern daſſelbe läuft hier ſogar in 2 Enden (gleichſam 2 Hörner) aus: während es ſich hinten, ſtark abgeſtumpft, bis auf die Stirn zurücklegt. Bei einem anderen, welchen die Bewohner von Abyſſinien Abbagamba nennen, (B. abyssinicus s. carunculätus,) ſtehen um die nackte, veilchenblaue Kehle noch rothe Fleiſchwülſte; und an jedem Mundwinkel hängt ein dergleichen Fleiſch⸗ oder Hautlappen, ähnlich den Bartlappen der Haushähne. Der Vogel gehört mit zu den größten Arten: da er hierin einem Truthahne nahe kömmt. Sein Horn iſt weniger groß, faſt halbzirkelförmig hoch aufgebogen, gefurcht und oben gerade abgeſtutzt. Wahrſcheinlich werden auch noch andere Species, ſchon nach der anderweitig verſchiedenen Bildung dieſer wunderlichen Schnabelaufſätze, (die aber nicht die ein— zigen Abweichungen bei ihnen ſind,) generiſch zu trennen ſein. So namentlich mehrere, deren theils ſehr hohes, theils ſehr niedriges, meiſt oben quer gefurchtes Horn in Würfelform oder gleichſam fattelartig aufſitzt. (Rhinöplax.) 3. B. Buc. galeatus und B. plicatus. Drei bis vier kleineren Arten von der Größe der Elſtern und Krähen, mit kürzeren Beinen und mit weicherem Gefieder von gewöhnlicher Bildung, mangelt jede Andeutung von Schnabelhorn oder Stirnhöcker: ſo daß man für ſie am beſten den, an ſich bedeutungslofen Namen Calao's im engeren Sinne (Rhynchaceros) vorbehalten würde. Auch der Schnabel ſelbſt, deſſen Wurzel nicht einmal bei allen noch Seitenfurchen zeigt, iſt gewöhnlich um Vieles kleiner und ſchwächlicher, als bei den wirklich gehörnten, aber vorn härter. So entſteht ſchon ein ſehr bemerk— barer Uebergang zu den Gattungen der beiden folgenden Familien, namentlich zu den Motmot's der neuen Welt. [$ 108. Die Glieder zur Bildung einer zweiten Familie in dieſer Zunft liefern die eisvogelartigen Geſchöpfe, in anderen Sprachen wegen der Schön— heit und Nahrung ihrer Mehrzahl viel paſſender „Königsfiſcher“ genannt.“) Sie entſprechen den Glanzvögeln unter den Paarzehern. Von den Nashorn— vögeln behalten ſie noch die geringe, oder bloß mäßige Länge der ) In der That leben gewiß die Hälfte, wo nicht zwei Drittheile von ihnen, bald vorzugsweiſe, bald faſt ausſchließlich von Fiſchen. Dagegen befchränft ihre Verbreitung ſich ſo ſehr auf wärmere oder heiße Länder, daß der unſerige wohl der einzige ſein möchte, deſſen Aufenthalt noch ſolche Gegenden umfaßt, wo er die Gewäſſer einen großen Theil des Jahres hindurch mit Eiſe belegt findet. Daß er bei uns dann überhaupt erſt recht bemerkt wird, während ſonſt ihn ſeine ängſtliche Schüchternheit gewöhnlich unſeren Blicken entzieht, liegt an den Umſtänden. Denn wegen der Seltenheit von eisfreien Stellen zum Fiſchen muß er ſich dann an Fiſchhälter, oder ſonſt an Stellen begeben, wo Oeffnungen (Wuhnen) in das Eis gehauen werden und darum öfters Menſchen verkehren. 336 Voͤgel; 4te Ordn.: anomale Landv.; Flügel, deren vorderſte Schwingen eben ſo wenig eigentlich ſpitz, als lang erſcheinen. Mit den folgenden, ihnen viel näher verwandten Bienenfreſſern aber theilen ſie mehr oder weniger die ausſchließlich thieriſche Nahrung, und von äußeren Merkmalen den Beſitz einer, ziemlich weit nackten Stelle über der Ferſe, welche ſie bereits den Waſſervögeln ähnlich macht, ſo wie jene große Kürze der Beine, durch welche ſie beide faſt untauglich zum Gehen werden. Letzteres mögen ſie faſt nie verſuchen: außer, indem ſie mit Mühe, in kurzen Schritten und trippelnd, in ihren Niſt- oder Schlafhöhlen an den hohen Ufern von Gewäſſern ein- und auskriechen. Viele gehören nämlich zu den beſten und unverdroſſenſten Minirern: indem ſie oft mehrere Wochen hindurch angeſtrengt über ihren, gewöhnlich 2 — 3 Ellen langen Erdlöchern arbeiten, um dann in eine backofenförmige Erweiterung am Ende derſelben ihre ziemlich zahlreichen, ſehr ſtumpf geformten Eier zu legen, welche fleckenlos weiß und jo glatt wie Fünftlich polirt ausſehen. f Alle Eisvögel zeigen einen großen, plumpen Kopf mit ſehr weitem Ra— chen. Bei vielen erſcheint auch der Körper ſchon um des kurzen, zum Theile ſehr kurzen Schwanzes willen mehr oder weniger unförmlich. Das Gefieder der meiſten zieren aber ſchöne, bunte Farben, unter denen gewöhnlich ein glänzendes, metalliſches Grün, häufig auch Blau und Roth, hervorſtechen. Das Gefüge deſſelben ſſt bei der Mehrzahl etwas derb und glatt. Es läßt daher, wenn ſie nach ihrer Nahrung haben untertauchen müſſen, das Waſſer um ſo beſſer abfließen, da es zugleich ſehr ſtark von einer fettigen, talgartigen Ausſchwitzung der Haut durchdrungen iſt. Ihr langer, ftarfer, kantiger, meiſt völlig gerader und ſpitziger Schnabel iſt häufig am Ende noch fein gezähnelt. Er giebt ſomit ein vortreffliches Werkzeug zum Fangen, Todtbeißen, oder Spießen und Feſthalten der Fiſche, welche die Vögel unzerſtückt verſchlingen: nachdem ſie dieſelben (ebenſo, wie alle andere fiſchfreſſende Vögel in gleichem Falle) vorher ſo zu faſſen geſucht haben, daß der Kopf zuerſt hinabgleitet, Floſſen und Schuppen ſich alſo nicht ſträuben können. Ihre Zunge iſt un— gemein klein, daher kaum bemerkbar. Indeß mag es wohl einer Mitwirkung derſelben auch kaum bedürfen: da bei der Länge des hohlen Kinntheiles am Schnabel, der Dehnbarkeit ſeiner Haut und der Weite des Schlundes ſchon die, meiſt glatten Waſſerinſekten oder Larven, noch mehr aber Blutigel und Fiſche, leicht hinabrutſchen. Von letzteren verſchlingen die Eisvögel nicht ſelten noch ſolche, die halb ſo lang, wie ſie ſelbſt, und faſt eben ſo dick wie ihr Kopf ſind. Recht merkwürdig, obwohl durch die ganz ähnliche Nahrung leicht er— klärlich, bleibt die außerordentliche Uebereinſtimmung, welche in Betreff der Schnabelform zwiſchen den verſchiedenen Gattungen der Eisvögel und jenen der reiherartigen und ſtorchähnlichen Wadvögel herrſcht. Beide Gruppen ſte— hen, obgleich zu ſo verſchiedenen Ordnungen gehörig, hierin einander ſehr genau parallel gegenüber.“) Bei den gewöhnlichen, oder ſchlechtweg fo genannten Eisvögeln (Alcedo) gleicht der Schnabel beinahe völlig jenem der ächten Reiher und der kleinen Rohr— dommeln. Ihre Schwänze ſind höchſtens mäßig lang, ja nicht ſelten ganz kurz. Letzteres iſt z. B. der Fall bei dem gemeinen, europäiſchen, (A. ispida,) der ) Bei beiden iſt z. B. gewöhnlich auch die Zügelgegend nackt. Ohne Zweifel würde aber die ſonſt gewöhnliche, etwas borſtige Befiederung derſelben bei ihnen nach erfolgtem Untertauchen leicht eine Anzahl Waſſertröpfchen zwiſchen ſich behalten: wodurch die Aus— ſicht nach vorn beeinträchtigt werden würde. a) mit 2 verwachſ. Sehen: großſchnaͤbelige. 337 am Körper etwa einer ſtarken Feldlerche gleicht und ſchön grün ausſieht, mit roſtbräun— lichem Bauche, hellblauem Unterrücken und dunkelblauem Schwanze, und dem wahr— ſcheinlich die ſehr zahlreichen übrigen in wärmeren Ländern nach Aufenthalt und Lebensweiſe gleichen. Man findet ihn in Süd- und Mitteleuropa, im Flachlande, wie im niederen Gebirge. Am häufigſten ſcheint er allenthalben in dem milden Britannien, deſſen Bäche ꝛc. ſchon vermöge ſeiner Lage als Inſelland faſt alle vorzüglich reich an kleinen Fiſchen und junger Fiſchbrut ſind. Dagegen kömmt er nur höchſt ſelten im ſüdlichſten Skandinavien vor, wo unter gleicher Nordbreite ein ſchon ungleich ſtrengerer Winter die Gewäſſer bald mit Eis überzieht, welches dann natürlich dem Eisvogel meiſt alle Nahrung entzieht. Er beſucht mitunter Teiche und andere ſtehende Gewäſſer, wohnt aber ſonſt lieber an bewachſenen Flüßen und an tiefen Stellen fiſchreicher Waldbäche. Hier ſitzt er gewöhnlich, wohl verborgen, ganz niedrig über dem Waſſerſpiegel, auf einem weit niederhängen— den Zweige, ſeltener auf einem Pfahle oder Steine, um mit bewunderungswürdiger Ruhe und Geduld, oft ſtundenlang, auf kleine, nahe an die Oberfläche kommende Fiſche zu lauern. Hat er dann einen oder mehrere hoch genug in der Nähe er— blickt, ſo plumpt er ſchnell mit angelegten Flügeln, faſt wie ein Froſch, ins Waſ— ſer hinab, um den auserſehenen mit dem Schnabel zu faſſen: worauf er nach kur— zem Untertauchen wieder emporkömmt, um raſch nach einem trockenen Plätzchen zu fliegen und da ſeine Beute zu verſchlingen. Nicht ſelten muß er jedoch erſt von ſeiner dunklen, verſteckten Warte aus eine Strecke weit auf einen Haufen kleiner, im Sonnenſcheine ſpielender Fiſche zufliegen; und dann pflegt er, um ſicherer zu zielen, nach Art vieler Raubvögel einige Augenblicke in der Luft zu flattern (rüt— teln), bevor er ſich auf eines derſelben hinabſtürzt. Somit iſt er zwar ein guter Taucher, aber mehr ein Falltaucher, wie der Fiſchadler, als ein wirklicher Stoß— taucher nach Art vieler langſchwingigen Schwimmvögel: obſchon er, gleich dieſen, ſeine Beute ſtets mit dem Schnabel, nicht wie jener mit den Füßen, ergreift. Im Falle der Noth kann er ſogar etwas ſchwimmen. Doch mag er von dieſer Fähig— keit wohl nur im Winter öfter Gebrauch machen: wo er ſich natürlich bei hartem Froſte oft höchſt kümmerlich behelfen muß, ſich aber dennoch meiſt eher der Gefahr zu verhungern ausſetzt, als fortzieht!“) Seine Jungen füttert er großen Theils mit Inſekten auf: namentlich mit Waſſerjungfern, welche er alsdann häufig auch ſelbſt verzehrt und gewöhnlich dann wegfängt, wenn er ſie, im Begriffe, ihre Eier zu legen, oder ſonſt, auf hohen Waſſerpflanzen ſitzen findet. Ihre Flügel und Beine ꝛc., fo wie die Gräten und größeren Schuppen der verſchluckten Fiſche, wirft er, nachdem er das Fleiſch verdaut hat, als Gewölle wieder aus. Sobald die Niſthöhle fertig iſt, beſonders aber während der Lege- und Brütezeit, halten beide Gatten dieſe ausgeſpieenen Gräten ſorgfältig in der Bruthöhle zuſammen, um ſie als Unterlage für die Eier und Jungen zu benutzen. In ſolchen Löchern, wo ein Eisvogelpaar bereits mehrere Jahre hinter einander geheckt hat, wird oft die Menge derſelben um ſo bedeutender, weil hier auch noch die von den Jungen aus— gewürgten hinzukommen. Daher die halbwahre Erzählung: daß der Eisvogel ſein Neſt aus Fiſchgräten baue! — Einige, zum Theil weit verbreitete, fremde Arten erreichen die Körpergröße einer Taube. Indeß gehören dieſe gerade nicht zu den ſchöneren. ) Dieß ſcheint allerdings ſonderbar. Indeß braucht er für gewöhnlich eben bloß Strich-⸗, nicht Zugvogel zu fein; fpäterhin aber, wenn erſt wirkliche Noth eingetreten iſt, mag es ihm meiſtens ſchon an den nöthigen körperlichen Kräften zum Antreten einer grö— ßeren Wanderung fehlen: während alle wirkliche Zugvögel die ihrigen gewöhnlich ſchon bei Zeiten und überhaupt dann unternehmen, wenn ſie noch wohlbeleibt und daher kräftig ge— nug ſind. (Vergl. oben S. 183.) Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 22 338 Vogel; 4te Ordn.: anomale Land v.; [S 109. Um ſo kleiner und ſchöner gefärbt ſind bei gleichem Schnabelbaue jene drei indiſchen, welchen vorn die innere Zehe mangelt: fo daß fie Stummel-Eisvö⸗ gel heißen dürfen. (Geyeis.) Eine von ihnen führt bei den Javaneſen den Namen Meninting. Mehrere andere würde man allenfalls Storch ſchnäbler (Pelargopsis) nen: nen können. Denn ſowohl ihre, noch größeren und bedeutend ſtärkeren Schnäbel, die übrigens noch nirgends aufgetrieben erſcheinen, wie ihre dickeren Köpfe, gleichen mehr jenen der Störche. Vielleicht, daß ſie auch, gleich dieſen, mehr von kleinen Waſſerfröſchen, Froſchlarven, oder ſonſt von Amphibien leben, als von Fiſchen. Von manchen, mit etwas längeren Flügeln begabten und ſchön gefärbten Ar— ten, deren Schnabel ebenſo, wie jener der meiſten folgenden, ſchon einen deutlich aufgetriebenen (gleichſam angeſchwollenen) Unterkiefer zeigt, wird verſichert, daß ſie auch Krebſe und Krabben verzehren. Hiernach würden ſie eine Benennung, wie Krabbenſtecher, wohl rechtfertigen. (Parale Fon; Dacelo [!!] & Tanysiptera.) Bei einer hat man dieſes bereits durch den Artsnamen ausgedrückt. (Ale. can- crophäga.) Bei einer zweiten, (A. dea,) welche oben dunkel türkenblau mit ſchwarzem Rücken und unten weiß ausſieht, hat der Schwanz zwei lange Mittel⸗ federn mit größten Theils kahlem Schafte und bloß einem Stückchen Fahne am Ende. Alle bewohnen Afrika und Neuſeeland, hauptſächlich aber die Inſeln von Südaſien. Sie möchten wohl mit den Nachtreihern zu vergleichen fein. Dagegen entſprechen einige wenige Eisvögel Polyneſiens ſchon viel deutlicher den Savagou's, Kahnſchnäbeln oder Krabbenreihern des wärmeren Amerika's durch einen ſehr platten, dabei aber langen und am Ende ſtumpfen Schnabel, der nir⸗ gends kantig und merklich breiter als hoch iſt. Ein paſſender Name für ſie möchte daher das Wort Ruderſchnabel fein. (Coporhamphus; Todirham- phus!!) Sie wohnen auf den Geſellſchafts- und den übrigen Südſeeinſeln, deren Bewohner ſie zum Theile göttlich verehren, halten ſich in Wäldern auf, ſitzen gern auf den Stielen der Blattwedel von Cocospalmen, und leben hauptfächlic von Inſekten. Mit am meiſten abweichend ſcheint eine Art von Neuguinea, dort Torotoro genannt. (Syma ruliceps.) Denn ihr Schnabel, deſſen zuſammengedrückter Obertheil mit ſeiner, etwas gekrümmten Spitze über den gewölbten unteren hin— weggeht, iſt an den Schneiden beider Kiefer auf zwei Drittheile ſeiner Länge mit ſtarken, ſcharfen, rückwärts gerichteten Sägezähnen beſetzt. Hierdurch mahnt der— ſelbe offenbar an den Schnabel der, ſonſt mehr den Bienenfreſſern verwandten Motmot's der neuen Welt. Beſonders groß und ſehr auffallend ſind die, bloß Auſtralien und der Inſel Java zugehörigen Wald- oder Nachteisvögel. (Nycticeyx; Dacelo!) Plumpe, dickköpfige Geſtalten mit nicht kurzen Flügeln, deren kürzere und an der Wurzel breite, ſtark aufgeſchwollene Schnäbel mit deutlich übergekrümmter, hakenähnlicher Spitze des Oberkiefers wieder faſt ebenſo an die Savagous und Hornrachen er⸗ innern, wie fie auf manche Nachtſchwalben verweiſen; und deren grauliches, mat= tes, weiches Gefieder ſchon auf ähnliche Thätigkeit bei Nacht oder Dämmerung, fo wie auf ein Leben im Walde fern vom Waſſer hindeutet, wo fie nach Inſek⸗ ten jagen. [s 110. Die bienenfreſſerartigen Vögel bleiben unftreitig die nächſten Ver⸗ wandten der Eisvögel überhaupt, und ſind namentlich in der Niſtweiſe den am Waſſer lebenden völlig gleich, erſcheinen jedoch mehr auf die warmen und wärmſten Gegenden der Erde beſchränkt. Sie haben genau eben fo beſchaffene - a) mit 2 verwachſ. Zehen: großſchnäbelige. 339 Füße, wie die Eisvöge!l; aber ſtets ein feſteres, härteres Gefieder, minder große Köpfe, engere Mundöffnung und minder lange, jedoch feſtere, ſpitzige, ſanft gebogene Schnäbel, auch weit längere Zungen. Dabei ſind ihre Schwänze niemals kurz. Ueberhaupt zeigt ſich ihr Flugvermögen gewöhnlich weit ausgebildeter. Nur die Motmot's oder Houtou's, (Prionites,) deren wenige Arten (3) allein aus dieſer Familie die neue Welt bewohnen, haben noch ziemlich kurze Flü— gel. Sie können daher nicht ſonderlich fliegen, obgleich ſie ziemlich lange, abge— ſtufte Schwänze beſitzen, welche ihrer Geſtalt etwas Elſterartiges geben. Zwei vorzüglich lange Mittelfedern derſelben erhalten ein ganz eigenes Anſehen dadurch, daß ihre Schäfte vor dem Endtheile eine Strecke weit gänzlich von Bärten oder Fah— nen entblößt ſind. Ihr Gefieder, großen Theils grünlich, wie bei den meiſten wirklichen Bienenfreſſern, liegt auf dem bunt geſtreiften Oberkopfe eben ſo locker und verlängert, wie bei den Hähern. Ihr großer, ſtarker Schnabel iſt nicht bloß an den Rändern durchgängig ſcharf ſägenartig ausgekerbt, faſt wie bei den Touca— nen; ſondern er beherbergt ſogar eine Zunge von ähnlicher (federartiger) Bildung. Zudem nähren die Vögel ſich nicht von Inſekten allein; ſondern ſie verfolgen, gleich den Toucanen, ſelbſt kleine Vögel. Auch ſie brüten, wie die Bienenfreſſer, in Uferhöhlen. Da ſie hier aber gewiß nimmermehr vermögen, Höhlen auszuar— beiten, welche geräumig genug wären, um ihnen trotz der Länge ihrer Schwänze das Umdrehen zu geſtatten; ſo mögen und müſſen ſie höchſt wahrſcheinlich in noch höherem Grade, als die Bienenfreſſer, das Geſchick beſitzen, rückwärts herauszu— kriechen. [s 111. Die wirklichen Bienenfreſſer (Merops) werden in anderen Sprachen Wespenfreſſer, in der unſerigen auch wohl Immenwölfe genannt, von Imme — Biene. Nur äußerſt wenige Arten von ihnen bewohnen die gemäßigteren Gegen— den der alten Welt; ſehr viele aber finden ſich in den heißen vor: auch Eine davon auf Neuholland. *) Mit Schwingen von bedeutender, und mit Schwänzen von mehr als mittler Länge begabt, ſind ſie hinreichend zu einem raſchen und an— haltenden Fluge gerüſtet, um fliegend, faſt nach Art der Schwalben, nach man— cherlei größeren Inſekten umherzujagen. Doch ſuchen ſie dieſe nicht bloß während des Herumſchwärmens derſelben aus der Luft aufzuſchnappen, ſondern nehmen ſie auch mindeſtens eben ſo häufig von Pflanzen ab. Ganz vorzugsweiſe pflegen ſie viele derſelben im Flattern mit ihren langen, ſpitzen, faſt dreieckigen Schnäbeln aus Blumen und Blüthenbüſcheln hervorzuziehen, wenn ſie in beiden, und nament— lich auf Bäumen, nach Honig ſuchen. Denn in der That bleiben theils die Wespen, welche ſo viele ſüße Früchte zernagen, theils ganz beſonders die Bienen und Hummeln, ihre Haupt- und Lieblingsnahrung: und ſie ſind die einzigen Vö— gel, welche dergleichen Inſekten in beliebiger Menge mit ihren Stacheln verſchlin— gen, ohne von dem, in denſelben enthaltenen Gifte den mindeſten Nachtheil zu erfahren.“) Vor Stichen an die empfindlichſte und wohl in jeder Hinſicht ge— *) Dort wird der Zweck, einer gar zu ſtarken Vermehrung ſolcher ſtechenden Honig— inſekten durch Vögel in gewiſſem Grade Gränzen gezogen zu ſehen, wahrſcheinlich durch manche größere Honigſauger oder Verwandte derſelben erreicht, die, vorzugsweiſe an den Genuß von Honig gewöhnt, das Gegenmittel wider die Folgen der Stiche ſolcher Inſekten noch mehr bei ſich führen, als die Bienenfreſſer. (Vergl. S. 286 und S. 340.) 1 *) Andere Vögel, welche zuweilen Bienen oder verwandte Inſekten mit Waffenſtachel verzehren, freſſen, vor letzterem durch ihren Inſtinet gewarnt, niemals den, ihn verbergenden hinterſten Theil des Leibes mit. Solche aber, welche dieß zufällig (meiſt nur aus jugendlicher Unerfahreuheit) doch 22." 340 Vögel; de Ordn.: anomale Landv.; A fährlichſte Stelle, nämlich in der Nähe der Augen, ſcheinen ſie allerdings die zahl— reichen, äußerſt ſteifen, bürſtenartig ſtechenden Haare zu ſchützen, welche theils zwi— ſchen ihren Zügelfederchen und hinter den Augen am Rachen ſtehen, theils ihre Augenwimpern bilden. Lächerlich grundlos bleibt aber die, von den Meiſten an— genommene Meinung: daß dieſe Inſekten ſie überhaupt gar nicht ſtechen ſollten! [Denn bekanntlich behält ſelbſt bei einer ganz zerquetſchten und bereits völlig todt ſcheinenden Biene, Hummel oder Horniſſe ꝛc. das hinterſte Glied des Leibes noch längere Zeit eine bedeutende Reizbarkeit und einen hinreichenden Grad von Leben, um ſchon bei leiſem Drucke den Stachel noch ſchnell mit der, zum Verwunden nöthigen Kraft herauszuſchieben. Mithin müſſen wohl alle Thiere, welche ſolche ſtechende Inſekten ganz (d. h. mit Einſchluß des hinterſten Bauchgliedes) verſchlingen, nothwendig, wenn auch nicht jedes Mal, doch in der Regel, von denſelben geſto— chen werden: da ja die Natur denſelben den Stachel unſtreitig zur Vertheidigung gegen Feinde jeder Art verliehen hat.)] Daß jedoch etwa der Rachen, Schlund und Magen der Bienenfreſſer an ſich für dergleichen giftige Stiche nicht empfäng⸗ lich fein follten, ſcheint, ihrer ganzen Beſchaffenheit zufolge, gleichfalls nicht anzu— nehmen. Wohl aber ſcheint der ganze Körper dieſer Vögel, namentlich ihr geſammtes Blut- und Lymphſyſtem, überall in hinreichender Menge ein ſehr wirk— ſames Gegengift gegen alle Folgen jenes Inſektengiftes zu enthalten: nämlich Ho— nig. Denn letzterer iſt, wie bekannt, ein vortreffliches Mittel gegen die Wirkung des Stachelgiftes.“) Der Magen der Bienen und Hummeln enthält deſſen aber natürlich ſtets mehr oder weniger: da ſie meiſt eben während ihrer Beſchäftigung, denſelben aus den Blüthen zu ſaugen und nach ihren Zellen zu tragen, von den Bienenfreſſern weggefangen werden. Daher bleibt Honig, wenn auch nur zufällig, doch immer noch ein Hauptbeſtandtheil in der Nahrung der Bienenfreſſer, und hin— reichend, um ihren ganzen Körper zu durchdringen. Dieß beweiſt jener ausnehmend ſtarke Honiggeruch, welchen ſelbſt todte Vögel ſehr bald verbreiten.“) Die mei⸗ ſten Bienenfreſſerarten bekommen im Schwanze nach der erſten Mauſer zwei etwas längere Mittelfedern. Dieſe würden noch mehr dazu beitragen, ihnen das Um— drehen in ihren Bruthöhlen zu erſchweren. Sie beſitzen aber, ſo auffallend ſchlecht ſie ſich auch ſonſt zum Gehen ſtellen, das eigenthümliche Vermögen, mit beſonderer Leichtigkeit rückwärts zu trippeln, welches vorzugsweiſe die noch nicht flugbaren Jungen in den Niſtlöchern anwenden. Nach dem Füttern derſelben ſchieben jedoch einmal thun, fd dann immer verloren. Sie ſterben ſehr ſchnell, gewöhnlich ſchon nach einigen Minuten, ja zuweilen nach wenigen Augenblicken, in Folge der heftigen Wirkung des 1 indem ſie vermöge der, durch Stiche in den Schlund bewirkten Geſchwulſt erſticken. (Man hat Beiſpiele: daß auf ſolche Weiſe ganze Bruten gieriger, junger Enten, welche bei kühlem Wetter in der Nähe von Bienenſtöcken herabgefallene und auf dem Boden er⸗ 1 Bienen verſchlangen, ſich binnen Kurzem ſämmtlich ſterbend auf dem Rücken wälzten.) *) In der That würde ja hiernach ein jeder ſolche Fall von Nichtgebrauch des Sta— chels, als directe Abweichung von einer ganz unzweifelhaften Beſtimmung der Natur, (alfo gewiſſermaßen von einem Naturgeſetze im Kleinen,) ſchon als ein kleines fo genanntes Wun⸗ der zu betrachten ſein! — ) Wenigſtens nächſt Ohrenſchmalz, deſſen Anwendung die bereits ſichtbaren und ſchmerzhaft empfindlichen Folgen eines Bienenſtichs nicht bloß augenblicklich lindert, ſondern auch binnen Kurzem völlig befeitigt. 8 .) Der bekannte Reiſende le Vaillant, einer der beiten Naturbeobachter in Bezug auf die Vogelwelt, bemerkte es hieran beim Eintritte in ſein Reiſezelt ſelbſt im Dunkeln ſtets augenblicklich, wenn ſeine Jäger in ſeiner Abweſenheit geſchoſſene Bienenfreſſer daſelbſt nie— dergelegt hatten. b) frelzehige: ſchreitende. 341 auch die Alten beim Wiederabfliegen auf dieſe Weiſe noch eine kleine Strecke weit rückwärts fort. Daher die nun veraltete, mehr als lächerliche Fabel: daß die Bie— nenfreſſer überhaupt rückwärts flögen! Der gemeine, oder gelbkehlige, (M. apiaster,) von gelblichgrüner Hauptfarbe mit hell bläulichem Bauche und röthlich— braunem Rücken, hat etwa die Größe eines Staares. Er bewohnt Südeuropa nebſt einem großen Theile von Afrika, bildet noch in Ungarn (z. B. an der Do— nau) hin und wieder ſo zahlreiche Kolonieen, wie die Uferſchwalbe, kömmt aber ſehr ſelten und meiſtens bloß paarweiſe in das übrige Deutſchland herauf; noch ſeltener bis Schweden oder England. — Unter der ſehr bedeutenden Zahl der übrigen, zum Theile größeren Arten, welche meiſt eben ſo ſchön gefärbt und bunt ausſehen, giebt es ein Paar mit Hoch- oder Roſenroth als Hauptfarbe. Bei den meiſten bleibt aber letztere ein goldig ſchimmerndes Hellgrün. Manche kommen an Größe kaum einer Lecche gleich. Bei einigen find die 2 Mittelfedern des Schwanzes ſehr lang. Andere, die vielleicht zu trennen ſein würden, unterſcheiden ſich dagegen zu allen Zeiten durch einen gerade abgeſchnittenen Schwanz ohne verlängerte Mittel— federn. is 112. Ate Unterordn.: Freizehige anomale Landvögel. Sie kommen, bei mancher Verſchiedenheit im Fußbaue, doch alle darin überein, daß von ihren Zehen nirgends 2 mit einander verwachſen ſind, ſondern alle ſchon von der Wurzel ab getrennt ſtehen. (Die vorderen ſind alſo deutlicher geſondert, als die mittleren und äußeren bei den Singvögeln: obgleich ſie bei manchen ſchon auf ähnliche Weiſe, wie bei den Hühnern und Raubvögeln, mehr oder weniger durch eine ſo genannte Spannhaut verbunden werden.) Sie werden nach ihrer Hauptbewegungsweiſe, mit welcher ja nothwen— dig ihr geſammter Bau im Einklange ſtehen muß, im Ganzen 3—4, recht naturgemäße Zünfte geben, welche durchgängig mehr oder weniger manchen ähnlich benannten, ähnlichen Gruppen der weichſchnäbeligen Singvögel ent— ſprechen, ſich aber dabei auch theilweiſe noch ihren bereits aufgeführten Ord— nungsverwandten anſchließen. Ite Zunft: Schreitende anom. Jandv. mit freien Zehen; kennt⸗ lich durch Nägel, die entweder mäßig lang und beinahe völlig gerade, oder ſehr groß, ſtark und zugleich bedeutend gekrümmt ſind. Sie bil— den eine der eigenthümlichſten Gruppen, die es in der Vögelwelt giebt, und eine der kleinſten Zünfte. *) Ihre erſte Familie umfaßt nunmehr bloß die wiedehopfartigen Vö— gel, zuſammen nur Eine Gattung mit drei Arten. Dieſe nähern theils durch die Bildung ihres ſehr langen, aber nicht ſtarken, ſanft gebogenen Schnabels, theils durch ihre Art, denſelben zu gebrauchen, ſich bereits den ſchnepfenartigen Wadvögeln. Doch verweiſen ſie damit kaum weniger auf manche langſchnäbelige Lerchen. Mit letzteren haben ſie auch die faſt ge— raden, ächten Gangvogelkrallen gemein; und ſie beſitzen ſogar, gleich al— len wirklichen Singvögeln, eine vorzugsweiſe ſtarke Hinterzehe: während ſie ) Leicht möglich, daß fie in den Zeiten einer früheren Schöpfungsperiode zahlreicher an Formen waren, als jetzt. 342 Vögel; 4te Ordn.: anomale Land v.; 5 mit einigen wenigen, noch folgenden Ordnungsverwandten und Paarzehern die geringere Zahl der Schwanzfedern (zehn) theilen. Ihr Gefieder übertrifft an Lockerheit und Weiche noch jenes der Häher. S 113. Ihren gewöhnlichen deutſchen Namen Wiedehopf und die, zum Theil noch paſſenderen in den meiſten fremden Sprachen, zumal den lateiniſchen, (Upüpa,) führen ſie von dem hohlen, etwas dumpfen, aber doch ziemlich weit vernehmbaren, wie „hup hup“ oder „hop hop“ klingenden Paarungsrufe, welchen das Männchen der europäiſchen Art (U. epops) zur Frühlingszeit nicht ſelten hören läßt. Den Obertheil ihres Kopfes zieren 2 Reihen langer, gelbröthlicher Hollenfedern, jede mit einem ſchwärzlichen Flecke gegen die Spitze hin. Dieſe werden von dem Vogel im Zorne, oder bei ſonſtiger Aufregung wie ein kreisförmiger Fächer, oder wie ein recht großer Hahnenkamm hoch aufgerichtet: indem ſie alsdann vermittelſt der Muskeln an dieſer Stelle der Haut ſich ſo drehen, daß ſie von beiden Seiten mit ihren unteren (hinteren) Flächen gegen einander zu ſtehen kommen. Für ge— wöhnlich liegen ſie dagegen glatt niedergeſtrichen; und dann kehren ſie einander wech— ſelsweiſe ihre Ober- und Unterflächen ſo zu, daß ſie bloß Eine Reihe zu bilden ſcheinen und nur als ein, mäßig dicker Büſchel hinten hinausſtehen.“) Der lange, ſtumpfeckige Schnabel iſt vorn etwas weich und biegſam, daher weniger zum Hak— ken, als zum Wühlen und Bohren anwendbar. Zu Beidem verleiht der Umſtand, daß ſein Inneres faſt überall dicht (nicht rinnenförmig-ausgehöhlt) iſt, dem Vogel allerdings merklich mehr Kräfte; doch beſchränkt derſelbe auch die Ausdehnung der Mundhöhle lediglich auf den breiteren, hinterſten Theil des Schnabels. Hiernach bleibt aber bloß ein ſehr kleiner Raum für die Zunge übrig, welche deßhalb nur äußerſt klein ſein konnte. Um daher einen zu verſchluckenden Gegenſtand auf ſie und in den Schlund zu bringen, muß der Vogel denſelben, nachdem er ihn zwi— ſchen den Schnabelſpitzen aufgenommen hat, ſtets eine kleine Strecke in die Höhe werfen, um ihn beim Herabfallen mit weit geöffnetem Schnabel in dem unterge— haltenen Rachen oder Schlunde aufzufangen. Iſt ihm dieß, wie gewöhnlich, ge— lungen; ſo gleitet nun der Biſſen, durch oder ohne Mitwirkung der Zunge, leicht hinunter. Wo nicht, ſo muß der Vogel die Sache ſo lange wiederholen, bis es glückt. Das hierzu nöthige Schütteln und Stoßen giebt dieſer Art zu freſſen ei— nen ganz eigenthümlichen Anblick.“) Zur Nahrung wählt der Wiedehopf noch lieber kleine, weiche Inſektenlarven, namentlich Ameiſenpuppen, (Ameiſeneier!), als Ameiſen ſelbſt und andere kleine, oder mäßig große, vollkommene Inſekten. Jene ſucht er beſonders gern aus dem Unrathe der großen Hausthiere, ſo wie der grö— ßeren Wildarten, zuweilen ſelbſt aus faulenden Aeſern hervor; und er lebt deßhalb immer vorzugsweiſe gern in der Nähe von Viehweiden. Als ganz wehrloſer, äu— ßerſt furchtſamer Vogel hält er ſich, aus Beſorgniß vor Nachſtellungen, meiſt be— ſtändig in der Nähe von Bäumen, auf deren dickeren Aeſten er gern ausruht, oder wenigſtens nicht weit von Geſträuch, um ſich bei Gefahren raſch dahin flüch— ten zu können. Hat er ſich jedoch einmal weiter ins Freie hinaus gewagt und hier, mit eifrigem Freſſen beſchäftigt, die Annäherung eines ſchnell fliegenden falken⸗ artigen Raubvogels nicht, wie gewöhnlich, ſchon von ferne bemerkt; fo leitet ein bewunderungswürdiger Naturtrieb ihn an, ſich dem Scharfblicke deſſelben unkennt⸗ lich zu machen. Er wirft ſich dann nämlich beim Erblicken deſſelben ſofort platt auf die Erde nieder, entfaltet feinen ſchwarzen, mit breiter weißer Mittelbinde ge= ) So geben fie, zuſammengenommen mit dem langen Schnabel, dem Kopfe faſt die Geſtalt einer Pickhaue oder eines Spitzhammers. ) Sie ſcheint, fo viel bekannt, nur beim oſtindiſchen Kaſuare wieder vorzukommen. b) Freizehtge: ſchreitende. 343 zierten Schwanz, breitet ſeine anſehnlich großen ſchwärzlichen, graubraun, gelbröth— lich und weißlich gebänderten Flügel ſo weit aus, und ſtreckt ſie zugleich ſo ſtark vorwärts, daß ihre Spitzen ſich vorn beinahe berühren: während er den gelbröth— lichen Hals in die Höhe hält, um ſich immer behutſam nach ſeinem Feinde um— zuſehen. In dieſer höchſt ſonderbaren Stellung, in welcher man ihn wohl allen— falls für einen Lappen von altem, buntem Zeuche halten, nimmermehr aber für einen lebenden Vogel anſehen würde, bleibt er dann, ohne ſich ſonſt zu regen, ſo lange liegen, bis der Gegenſtand feiner Furcht ſich weit genug entfernt hat. *) Gezähmt, beweiſt ſich der Wiedehopf nicht minder klug, als unſer Staar. Nur liebt er bei ſeiner Froſtigkeit da, wo er frei im Zimmer herumgehen darf, zur Winterzeit die Ofenwärme ſo ſehr, daß ihm dann nicht ſelten ſein, etwas weicher Schnabel ſtark eindorrt und die Vordertheile beider Kiefer nun von einander ab— ſtehen. Er brütet, ohne ein wirkliches Neſt zu bauen, oder höchſtens auf einer ſehr ſchlechten Unterlage von Hälmchen, gewöhnlich in weiten, niedrigen Baum— höhlen, ſelten unter Wurzeln oder ſonſt in anderen Löchern, und ſcheint dabei we— nig Rückſicht auf die Umgebungen zu nehmen.“) Den Unrath ſeiner, zuweilen ziemlich zahlreichen Jungen räumt er nicht fort: ſo daß derſelbe ſtets einen ſtarken, aber widrigen Ameiſen- und Schmutzgeruch erzeugt. Von dieſem zieht das Ge— fieder der, darin ſitzenden Jungen ſo ſtark an, daß er ſich erſt längere Zeit nach dem Ausfliegen verliert: wogegen er bei den Alten ſtets viel ſchwächer bleibt, zur Herbſt- oder gar Frühlingszeit aber an keinem Wiedehopfe bemerkt wird. Noch vor ganz kurzer Zeit wurden bloß dieſer ſtarke Uebelgeruch und der Umſtand, daß die Jungen in der Neſthöhle jedem eindringenden Feinde ihren flüßigen Unrath entgegenſpritzen, als Grund betrachtet, warum alle Raubthiere vor einer ſolchen ſtinkenden Bruthöhle zurückzuſchrecken ſcheinen und die kleinen Wiedehöpfe gern in Frieden laſſen. Indeß hat ſich nunmehr gefunden: daß am Grunde ihres Bürzels noch eine Grube mit einer beſonderen Oeldrüſe ſteht, welche nur bei den Jungen, beſonders wenn ſie erſchreckt oder ſonſt gereizt werden, einige Tröpfchen einer höchſt widerlichen, heftig ſtinkenden Feuchtigkeit von ſich giebt. — In Afrika lebt faſt überall eine ſehr ähnliche, kleinere Art, von dunklerer Farbe und mit etwas verſchiedener Zeichnung: der afrikaniſche W. (U. africäna.) Dieſer theilt wahr: ſcheinlich alle Sitten und Gewohnheiten mit jenem. — Schwerlich dürfte Letzteres auch durchweg von der braunen, weißgehäubten, dritten Art, dem cap'ſchen W., (U. capensis,) gelten. [s 114. Eine zweite Familie, deren Glieder höchſt wahrſcheinlich gleichfalls ſchrei— ten und dann unzweifelhaft hierher gehören würden, find die Paradiesvö— gel. Mit Schnäbeln von einer Mittelform zwiſchen jenen der Elſtern, Droſ⸗ ſeln und Staare verbinden fte faſt alle, wenigſtens im männlichen Geſchlechte, mehr oder weniger ſtark verlängerte Federn in den Seiten des Lei⸗ bes, durch deren Ausdehnung allein ſchon die Größe ihrer ſehr hohen, langzehigen und großkralligen, unzierlich und plump ausſehenden Füße bedingt werden würde. Ihre Flügel ſind breit und ziemlich lang. Der breitfederige Schwanz iſt ziemlich kurz, und gerade abgeſchnitten. ) Beſonders unterhaltend wird es für einen Beobachter, ihm hierbei zuzuſehen, wenn mehrere, in Zwiſchenräumen ſchnell vorüberfliegende Tauben oder Dohlen ihn durch ihre flüchtige Aehnlichkeit mit den kleinen Edelfalken zu wiederholten Malen auf einige Augen— blicke täuſchen: indem er ſich dann zwar ſtets im erſten Schrecken niederwirft, aber, ſobald er feinen Irrthum erkannt hat, wieder aufſteht, ohne darum ein nahrungsreiches Plätz— chen ohne Noth zu verlaſſen. — ) In einer baumarmen Gegend von Sibirien fand ein berühmter Reiſender junge Wiedehöpfe in der Bruſthöhle von dem Aaſe eines Pferdes. 344 Vögel; Ate Ordn.: anomale Landv.; Ihr Name deutet auf die Schönheit ihres Gefieders, welche bei den Männchen ausnehmend groß, aber gewöhnlich doch geringer iſt, als die man— nichfaltigen und großartigen Sonderbarkeiten deſſelben. Der Kopf wird, na⸗ mentlich vorn, theilweiſe von äußerſt kurzen, ungemein dicht ſtehenden, ſammt⸗ artigen Federchen bedeckt. Hinterhals und Rücken tragen bei den Männchen großen Theils längere, ſtark glänzende und ganz ſteife Federn, die ſich faſt wie geſpaltenes Stroh anſehen und anfühlen, und als zwei oder mehrere große Büſchel etwas in die Höhe ſtehen. An der Stelle der 2 mittelſten Schwanzfedern ſtehen bei der Mehrzahl bloß ſehr ſtarke, harte, faſt oder ganz fahnenloſe und mehr oder weniger gebogene Schäfte. Die langen Weichen— federn haben gleichfalls ſehr ſtarke Schäfte, wenigſtens zunächſt ihrer Wurzel, dabei aber recht breite, wiewohl lockere, dünn ſtehende Fahnen. Im Sitzen und Gehen ruhen die Flügel auf ihnen; und ſie verdienen deßhalb hier mehr, als bei irgend einem anderen Vogel, den, ihnen von Manchen überhaupt beigelegten Namen „Tragfedern.“ Sonſt laſſen ſie ſich mehr oder weniger leicht auſſträuben und ausbreiten. Bei windſtillem Wetter ſcheinen ſie den Flug ebenſo zu erleichtern, wie ſie ihn bei windigem in hohem Grade er— ſchweren müſſen: weil ſie den Umfang des Vogels ſehr bedeutend vergrößern, ohne denſelben merklich ſchwerer zu machen. Die größeren Arten mit den längſten Seitenfedern ſollen mit Hilfe der letzteren beim Ziehen hoch durch die Luft, und namentlich bei ihren Wanderungen über das Meer, nicht ſelten einige Augenblicke vom Fliegen ausruhen. Es heißt nämlich: daß ſie nach einem recht ſtarken Flügelſchlage, welcher ſie dann eine große Strecke weit fortſchießen macht, die Flügel ordentlich zuſammenlegten, um ſo wiederholent— lich, wenn auch immer nur für kurze Zeit, die Anſtrengung zu unterbrechen, welche ſonſt das anhaltende, ſteife Ausbreiten der Flügel den Muskeln der letzteren verurfacht. Sie bewohnen hauptſächlich die Papu'sinſeln und Neu- guinen, von wo aus zu Zeiten beſonders die größeren nach den Molucken ziehen. Ueberall halten ſie ſich theils auf der Erde, theils auf Felſen, meiſt aber auf hohen, kahlen Baumwipfeln, oder großen, lichten Aeſten der Bäume auf: da es in dichterem Walde wenigſtens den größeren an dem nöthigen Spielraume zu ihrer Bewegung fehlen würde. Ihre Nahrung mag zumeiſt jener der Droſſeln und theilweiſe vielleicht der kraͤhenartigen Vögel gleichen. Sie ſollen beſonders gewürzhafte Früchte lieben. Die einfachſte Befiederung und droſſelartigſte Bildung zeigt noch der Sifilet (Sechsfädner) oder Ohren-Paradiesvogel. (Paradisea sexsetacea.) Er gleicht an Größe faſt einem Häher, und iſt ſammtſchwarz, mit einem glänzend goldgrünen Bruſtſchilde; dabei noch ohne kahle Schwanzfederſchäfte, und mit Weichenfedern, welche ebenfo, wie bei dem folgenden, nur etwa die dreifache Länge von denen an⸗ derer Vögel erreichen, zugleich auch von ziemlich feſtem Gefüge ſind. Aber an je— der Seite ſeines Kopfes ſtehen hinten 3 fadenähnliche, fingerslange, nackte Feder— ſchäfte, welche bloß an der Spitze ein breites, rundliches, goldgrünes Bärtchen tra— gen. (Otostylis; Parotia!!) Bei dem viel kleineren Manucoduata, (Göttervogel,) Königs: Paradiesvogel oder Schnirkelſchweife (Cireinürus) iſt das Männchen herrlich roth, an der Kehle gelb, am Bauche weiß; und die gleichfalls weißen, nicht ſtark verlängerten Seitenfedern, ſo wie ein Bruſtgürtel und die Endbärte der beiden ſehr langen, nackten Schwanzfederſchäfte, find glänzend grün. Letztere laufen zuerſt eine Strecke faſt gerade aus, biegen ſich dann weiter aus einander und krümmen ſich mit ihrem, nur einſeitig gebärteten Ende wieder ſpiralförmig nach innen: ſo daß das Endſtück b) freizehige: fehreitende. 345 einer jeden beinahe wie eine kleine, in der Mitte durchbohrte Scheibe ausſieht. Das Weibchen iſt rothbraun, unterwärts roſtgelb und braun geſtrichelt, mit gera— dem Schwanze. a [$ 115. Bei einer größeren Art, dem grünen Paradiesvogel oder Reifenſchweife, (Cricocercus, Paradisea magnifica,) find die Weichenfedern ſchon länger, mit dünn ſtehenden, weichen Bärten; die beiden, äußerſt ſtarken, mittleren Schwanz federn (Schäfte) aber faſt noch ſonderbarer, mit einem kleinen Barte an der einen Seite, und noch viel größer. Denn ſie biegen von da ab, wo die eigentlichen Schwanzfedern aufhören, ſich wie ein Paar Reifen in ovaler Richtung ſo weit ſeitwärts und nach vorn zu, daß ihre Spitzen bis gegen den Kopf vorreichen. Schon ihretwegen würde natürlich dieſer Vogel unmöglich auf dichten Bäumen leben, oder ſich zwiſchen hohen Pflanzen umher bewegen können: weil er hier mit denſelben alle Augenblicke, wie mit ein Paar großen, mächtig langen Haken, hängen bleiben müßte. Er ſieht unterhalb ſammtgrün, oben ſchön braun aus, mit einem Büſchel ſtrohartiger und ſtrohgelblicher Federn am Hinterhalſe und Oberrücken. An den eigentlichen Paradiesvögeln (Paradiséa) find die ſonderbaren Mittelfedern oder Federſchäfte des Schwanzes bei ähnlicher Größe zwar etwas nach außen, aber nicht nach vorn gebogen. Die Weichenfedern, welche man im gemei— nen Leben oft (wunderlich genug!) unter der Benennung „Paradiesvogelſchweife“ verſteht, ſind aber hier wohl dreimal ſo lang, wie der ganze übrige Vogel. Sie ſtehen in ſolcher Art ſchräge nach hinten und oben gerichtet, daß ſie, im Sitzen von der Seite geſehen, nicht bloß den wirklichen Schwanz einhüllen, ſondern auch beinahe die ganzen Flügel verdecken.“) Ihre Bärte erſcheinen faſt überall eben ſo breit, als locker, (dünn ſtehend,) und ſind weich: beſonders immer mehr an dem, immer ſchwächer werdenden und darum herabhängenden Ende. Um ſie her ſtehen nach unten zu kürzere, aber doch mindeſtens fingerslange, anders gefärbte, dunklere, ſchmale, fiſchbeinartig-harte und zum Theil rinnenartige Federn, ähnlich den fübel- förmigen großen Deckfedern an den Flügeln der Pompadourvögel. Ihre Beſtim— mung iſt offenbar die: jenen wunderſamen Zierrath, welchen bei bewegter Luft ſchon ſein ungeheuerer Umfang ſchwer macht, zu tragen, in die Höhe zu halten, und nöthigen Falls durch Andrücken flacher zuſammenlegen zu helfen. Selbſt ſchlaff nach unten hängend, oder von dem Vogel abſichtlich mehr gegen den Bauch herabgeſträubt, laſſen ſie auf jeder Seite den, ſonſt von ihnen getragenen Weichen— federbuſch ſich gleichſam beſenartig oder kugelähnlich in die Runde entfalten, d. h. überhaupt aus einander fallen. Hauptſächlich um dieſer ſchönen, wallenden Seiten— federn willen, die ſich beim leiſeſten Windeshauche bewegen, bereiten die Papu's und die Bewohner der Molucken die ganzen Vögel auf ſehr einfache Weiſe als Schmuck zu: indem ſie dieſelben bloß trocknen, nachdem ſie ihnen die Eingeweide herausgenommen und, damit ſpäterhin der Hals nicht abbricht, ein dünnes, feſtes Holz durch den Schnabel bis in den Leib geſchoben haben. (So kann man die Vögel mit dem Schnabel und Halſe auf Hüte u. dergl. ſtecken, oder ſonſt leicht befeſtigen.) Um das Ganze etwas kleiner und zum Gebrauche bequemer zu machen, ſchneidet man gewöhnlich den größten Theil der Flügel und faſt immer die großen, häßlichen Beine ab.“) Dieß hat früher Anlaß zu den allerſonderbarſten Mährchen gegeben. *) Einige Vogelkenner bezeichnen ſie deßhalb mit dem Kunſtausdrucke „Neben- oder Seitenſchweif.“ 5 %) Vollſtändige, zum Ausſtopfen brauchbare Paradiesvögel, oder gar bloße Häute von ihnen, bleiben daher für Naturalienſammlungen faſt unſchätzbar, und werden wohl zwanzig— bis fünfzigfach theuerer bezahlt, als die zum Schmucke zubereiteten. Nur die größten und 316 Bögel; 4te Ordn.: anomale Landv.; Manche glaubten z. B.: die Paradiesvögel hätten überhaupt keine Füße, müßten daher ihr ganzes Leben fliegend in der Luft zubringen; das Weibchen niſte, lege, brüte und erziehe ſeine Jungen auf dem Rücken des Männchens, und ähnlichen Unſinnes mehr. Andere wähnten gar: ſie beſäßen auch keine Flügel, und würden bloß von ihren langen Seitenfedern getragen, flögen alſo mit dem (vermeinten) Schwanze! — Die große Entfernung ihres Vaterlandes von Europa und die eben fo große Unſicherheit ſchon derjenigen Nachrichten, welche die alten Griechen und Römer zu ihrer Zeit und unter ſolchen Umſtänden z. B. aus Indien erhielten, wohin doch immer noch keine (lebende) Paradiesvögel gelangen, machen es wahr— ſcheinlich: daß die Arten dieſer Gattung der urſprüngliche Gegenſtand jener bekann— ten und bedeutungsreichen Fabel der Alten über den Vogel „Phönix“ geweſen ſein mögen. Stirn und Kehle erſcheinen wie mit ſehr kurzem, äußerſt dichtem, grünem oder ſchwärzlichem und mit Goldſtaub beſtreutem Sammt überzogen. Die Weib— chen find nicht bloß weniger ſchön und ſtellenweiſe anders gefärbt, als die Männ— chen; ſondern ſie entbehren auch der langen Weichenfedern, deren Daſein jedenfalls beim Brüten manche durchaus erforderliche Vorkehrungen und Bedingungen oder Vorſichtsmaßregeln unmöglich machen, oder ſehr große Unbequemlichkeit verurſachen würde. Ein neuerer franzöſiſcher Naturforſcher bemerkte bei einer großen Anzahl von Weibchen (und jüngeren Vögeln), deren er von der gewöhnlichen Art auf Neuguinea oft zwanzig auf Einem großen, hohen Baume ſitzen ſah, nur eine ſehr geringe Zahl von Männchen. Dieß läßt ſchließen, daß ſie wohl in Vielweiberei leben müſſen. Flügel und Schwanz ſind angenehm bräunlichroth, oder braun. Bei dem bekannteſten, gemeinen Pv. (P. apoda) und einer ihm nahe ſtehenden, aber kleineren, zweiten Art (P. papuensis) erſcheinen die Seitenfederbüſche mehr gelblich, oder bloß gelblich- und röthlichweiß. An dem, ſchon mehr verſchiedenen dritten, dem rothen Pu., (P. rubra,) deſſen Hinterkopf beim Männchen auch noch eine goldgrüne Haube ziert, ſind dieſelben ſchön roth; und manche der er— wähnten ſonderbaren, ſteifen Trag- oder Stützfedern laufen in kahle, platte, am Ende kreisförmig gedrehte Schäfte aus.“) [S 116. 2te Zunft: Flatternde anom. Landv. mit freien Zehen. Die Kürze ihrer Beine, deren Zehen nicht ſtark und deren Nägel ſtets ge— krümmt ſind, befähigt ſie ſchon wenig zum Hüpfen auf Zweigen und Aeſten; noch weniger aber taugen dieſelben zum Gehen, oder ſonſt zum Fortbewegen auf dem Boden. Auf dieſen begeben ſich die Vögel auch nur auf ganz kurze Zeit, um ein daſelbſt bemerktes Inſekt od. dergl. aufzunehmen. Für gewöhn- lich flattern ſie, mit ziemlich langen, ſpitzen Flügeln begabt, in der Höhe und auf ähnliche Weiſe nach Nahrung umher, wie die Fliegenfäͤnger. Mit letzteren am nächſten verwandt, und darum gewöhnlich neben ſie geſtellt, aber, wie es ſcheint, ſchon regelmäßig durch den Beſitz von bloß zehn Schwanzfedern verſchieden, find die Drongo's, denen, nach der Behauptung mancher Naturforſcher, ſogar noch ein angenehmer Geſang zu⸗ kommen fol, (2) Sie bewohnen Südafrika und die Küſtenländer des indi— reichſten Kabinette haben einzelne dergleichen aufzuweiſen. In allen Sammlungen ſindet man wenigſtens die meiſten Paradiesvögel und in klei⸗ neren gewöhnlich alle mit falſchen Beinen (von Krähen und ähnlichen Vögeln) aufgeſtellt. Deßhalb iſt ihr wirklicher Fußbau ſo wenig bekannt. „) Dieſe Art würde alſo durch ihre Färbung den (griechiſchen) Namen und die Be— ſchreibung des Phenix am meiſten rechtfertigen. b) freizehige: flatternde. 347 ſchen Oceans, ſind ſchwarz gefärbt, zum Theile mit ſtarkem Glanze, haben Schnäbel, ebenſo jenen der Würger, wie der Fliegenfänger ähnlich, aber be— fiederte Naſenlöcher, und tief ausgeſchnittene oder wirklich gegabelte, breit— federige Schwänze. Letztere zeigen bei den eigentlichen Drongo's (Dieroũrus, Edolius!) noch Seitenfedern von gewöhnlicher Bildung, oder bloß mit etwas nach außen gezogener Spitze. Nur bei dem malabariſchen, Paradies- oder Flaggen-Drongo (Dissemürus) ver— längern die beiden Außenfedern ſich erſt noch eben ſo weit in kahle, dünne, aber zähe Schäfte, und bekommen dann an der Spitze auf der Innenſeite wieder eine eigenthümliche, keilförmige, flatternde Fahne. [s 117. Die rakenartigen Vögel ſind nahe Verwandte der Bienenfreſſer, zu welchen ſie ſich im Ganzen ebenſo verhalten, wie die Fliegenfänger zu den Schwalben. Sie haben namentlich ein ganz ähnlich gebautes und ſelbſt mehr oder weniger ähnlich gefärbtes Gefieder, wie die Bienenfreſſer, und be— wohnen ebenſo bloß die alte Welt. Doch find ihre Beine bis zu den Fer— fen herab befiedert; die Zehen alle vollkommen getrennt; und nicht die beiden mittleren Schwanzfedern, ſondern die äußerſte jeder Seite, länger und an der Spitze ſchmäler, als die übrigen. Der Schnabel iſt kürzer, we— niger eckig und etwas minder ſcharf, dabei aber ſtärker und an den Spitzen beider Kiefer etwas herabgebogen. Steife Bartborſten ſind auch hier vor— handen; dagegen keine bürſtenartige, ſtechende Haare zwiſchen den Zügelfe— dern. Indeß nähren ſich die Vögel auch nicht von Inſekten mit Waffenſta— chel, ſondern von allerhand größeren ohne denſelben: z. B. von Heuſchrecken, Käfern, Schmetterlingen ꝛc., die freilich häufig auch den Bienenfreſſern mit zur Nahrung dienen. Aber ſie paſſen denſelben, von freien Aſtſpitzen und Baumwipfeln oder lichten Aeſten aus, ſitzend auf, um die vorüberſchwir— renden oder unter ſich erſpähten bald aus der Luft, bald von Pflanzen oder von der Erde wegzunehmen, ohne jedoch hier nach denſelben herumzuhüpfen. Ferner ergreifen ſie auch kleine Fröſche, um ſie durch Schlagen gegen den Boden zu tödten und dann zu verſchlingen. Sie hecken in weiten Baum- höhlen, machen jedoch kaum eine ſchlichte Unterlage für die Eier, und laſſen ihre Jungen ebenſo im Schmutze ſitzen, wie alle Vögel ohne Singmuskelap— parat, welche in Höhlen brüten. Bei den eigentlichen Raken, zuweilen auch Rollen genannt, (Coracias,) er: ſcheint der Schnabel ungefähr ſo lang, wie der Kopf, und an der Wurzel nicht beſonders breit. Die ſchöne europäiſche, oder Blaurake, (C. garrülus,) hell grünlichblau mit lederfarbigem Rücken und halb ſchwarzen, halb blauen Flügel— und Schwanzfedern, iſt die einzige Art, welche ſo weit nordwärts heraufreicht: in— dem ſie z. B. noch im ſüdlichen Schweden zahlreich die Ränder mancher kleinen, oder lichten Eichen- und beſonders Birkenwälder bewohnt. Doch müſſen letztere zugleich einzelne recht alte, hohle Eichen, Linden u. dergl. enthalten; oder es müſ— fen wenigſtens alte Feldbaume mit großen Höhlen in der Nähe fein. Sie lebt aber gewöhnlich nur in trockenen, ſandigen Gegenden, nie in der Nähe von wirk— lichen Gebirgen, kömmt eben ſo ſpät an, wie der Pirol, und reiſt wenig ſpäter ſchon wieder fort. Mit ihren Nachbaren liegt fie beinahe fortwährend im Streite, niſtet aber doch, trotz dem, faſt nie zu einzelnen Paaren, ſondern beinahe immer in kleinen Geſellſchaften. So kann ſie aber freilich der Annäherung feindlicher Thiere um fo eher wehren. Nur am Brüteplatze vernimmt man häufig ihre rauhe, laute, 348 Vögel; Ate Ordn.: anomale Land v.; ihrem Gattungsnamen ähnliche Stimme, welche man mit jener der Krähen ver— gleicht. Hiervon, und weil ſie zur Erndtezeit, vor, wie auf ihrem Wegzuge, ſich um der Heuſchrecken und kleinen Thaufröſche willen öfters familienweiſe nach den Garbenhaufen auf Feldern in der Nähe von Waldungen zieht, heißt ſie gewöhn— lich „Mandelkrähe.“ Ein ſehr bedenklicher, großer Mißdeutung fähiger Name, unter welchem man ſie ſelbſt in manchen naturgeſchichtlichen Lehrbüchern mit der viel größeren und himmelweit verſchiedenen Mantel-, Sattel- oder Nebelkrähe ver— wechſelt findet! Bei den, noch unvermauſerten jungen Vögeln iſt die äußerſte Schwanzfeder ſtets etwas kürzer, und wird erſt ſpäterhin etwas länger, als die übrigen. — Eine gleichgefärbte mittelafrikaniſche Art (C. abyssinicus) un⸗ terſcheidet ſich von der einheimiſchen, die übrigens vielleicht bis zu jener hinwandert, bloß durch ſehr lange Außenfedern des Schwanzes, welche bei recht alten Männchen mehr als noch einmal ſo lang wie die übrigen ſind; und durch merklich kürzere Flügel, die ſie aber auch nicht länger bedarf, da ſie entweder gar nicht, oder nicht weit zu wandern braucht. — Die wenigen übrigen, worunter eine eben ſo lang— ſchwänzige auf Java, ſind mehr grün, ſtellenweiſe auch dunkler oder weinroth. Letzteres, oder ein ſchönes Rothbraun, wird zur Hauptfarbe bei zwei Arten von jenen dreien, die man unter dem Namen Rollen (Eurystömus, Coläris!?) begreifen kann, und deren Schnabel weniger als halb ſo lang, an der Wurzel aber faft doppelt fo breit iſt, wie der unſerer Mandelkrähe ꝛc. [S 118. Den Rollen am nächſten im Schnabelbaue, und ihnen, wie den Raken, noch am nächſten im Baue der Zehen, aber nicht in der Richtung derſelben, ſtehen die, mehrfach räthſelhaften Klammervögel. Sie haben nicht lange Flügel, aber ſehr lange, ſteiffederige, ſehr ſtark keilförmige, oder beinahe pfeilförmig-zugeſpitzte Schwänze. Damit vereinigen ſie, faſt nach Art der Mauerſchwalben, ſo genannte Klammerfüße: d. h. ſolche, an denen ſelbſt der Daum (die Hinterzehe) ſich mehr nach vorn, oder mindeſtens nach der inneren Seite, ftatt nach hinten, kehrt oder drehen läßt, fo daß alſo dem Vogel nur eine hängende Stellung, durch Anklammern mit den ſcharfen Nä- geln, möglich wird: wobei bloß der hinterſte (Ballen-) Theil der Füße als Stütze und zum Gegendrucke dient. 5 Man kennt nur Eine genau hierher paſſende Gattung, mit 3—4, einander ſehr ähnlich gefärbten Arten aus Afrika (und Indien ?): theils unter dem Namen Klammervögel, theils unter der, nicht ſonderlich paſſenden Benennung Kegel— ſchnäbler. (Colius!!) Sie haben am Leibe kaum die Größe einer Lerche, und lockeres, zerſchliſſenes, aber nicht ſtraffes Gefieder, meiſt von eigenthümlich grauli— cher Farbe. Gewiß können ſie ſich nur auf Bäumen und Sträuchern aufhalten. Hier ſollen fie nicht allein nach Art der Papageien (2) klettern, ſondern ſogar in hängender Stellung an den Zweigen, viele dicht an einander gedrängt und mit dem Kopfe nach unten gekehrt, ſchlafen, (alſo wie in der vorigen Klaſſe die Fle— derthierel) und ihre Neſter in großer Zahl auf Einen Baum oder Strauch zu einander bauen. Sie gelten bei den Meiſten für Singvögel. Desgleichen eine eben ſo bekannte, als merkwürdige Gattung, deren Hinterzehe jedoch die gewöhnliche Richtung nimmt, während ihr Gefieder, den fürs zeren, aber ſtark abgeſtuften Schwanz abgerechnet, noch ähnliche Bildung zeigt: nämlich die Ochſenhacker. (!!Buphäga!) Bloß zwei, einander ſehr ähnliche Spe⸗ cies des heißen Afrika, von der Größe einer Amſel, und bräunlich mit graugelb— licher Unterſeite. Sie haben einen gelblichen, oder ins Rothe ſpielenden Schnabel b) freizehlge: bloß fliegende. 349 mit höherem und breiterem Unterkiefer, kaum ſo lang wie der Kopf, an der Wur— zel faſt walzenförmig, vor der ziemlich ſtumpfen Spitze aber gleichſam angeſchwol— len. Vermöge dieſer rundlichen Bildung geſtattet er dem Vogel, ſanft und ohne Schmerz für die leidenden Thiere an jene juckenden Geſchwüre zu drücken und zu reiben, in welchen auf dem Rücken von Rindern und ähnlichen großen Hufthieren die quälenden Bremſenlarven (Daſſeln) leben, um dieſe nach der Oeffnung der Beule zu treiben und fie alsdann leiſe herauszuziehen.“) Hierdurch geſchieht den damit behafteten Thieren eine ſolche Wohlthat, daß ſie beim Erſcheinen der, ihnen wohlbekannten Vögel ſich gewöhnlich ſofort ruhig niederlegen, oder wenigſtens gern ſtillſtehen, um denſelben das Erweiſen einer ſo wichtigen Dienſtleiſtung nach Mög— lichkeit zu erleichtern. Indeß begleiten die Ochſenhacker regelmäßig auch reiſende Karavanen, um die Kameele von ſolchen und ähnlichen, zum Theil wanzenartigen plagenden Inſekten und Larven zu befreien, welche ſich beſonders um die Höcker derſelben und ſonſt an vorzugsweiſe langhaarigen Stellen aufhalten. Das hierzu erforderliche Anhalten ſcheint dieſen Vögeln nicht bloß die Schärfe ihrer Nägel, ſondern auch die Stärke und merkliche Steifigkeit ihres Schwanzes zu erleichtern, mit welchem ſie ſich anſtützen können. [S 119. Ste Zunft: Bloß fliegende anom. Landv. mit freien Zehen. Unter dieſer Bezeichnung können wir alle noch übrige Geſchöpfe dieſer Ord— nung zuſammenfaſſen: weil ſie wegen der außergewöhnlichen Kürze ihrer Beine, welche ihnen jede Bewegung zu Fuße verſagt, meiſtens ſchon eben ſo ſehr, ja theilweiſe noch ausſchließlicher, auf das Fliegen hingewieſen ſind, wie unter den Singvögeln die Schwalben. Sie ſcheinen ſämmtlich nicht mehr als 10 Schwanzfedern zu beſitzen. Bei allen denjenigen, welche während der Tageszeit in Thätigkeit ſind, erleichtert die ausnehmende Kürze der Oberarm-Knochen den Muskeln und Sehnen ihrer Flugwerkzeuge die ſchnelle Bewegung derſelben, ſtets um ſo mehr, je härter und feſter bei ihnen zugleich die Fahnen und Schäfte der äußerſt langen, ſäbel- oder faſt ſenſenförmig gebogenen Vorderſchwingen ſind. Dieſe laſſen den Flügel ſo ſchmal, als lang erſcheinen: weil ſie, etwa von der dten oder Eten an, fo ſchnell, als bedeutend an Länge abnehmen. Die kleinſten und mehrfach intereſſanteſten Weſen dieſer Gruppe bleiben die Schwebevögel, gewöhnlich Colibri's, und wegen der Kleinheit ihrer Mehrzahl theilweiſe auch Fliegenvögel genannt. Sie ſind ſämmtlich Be— wohner von wärmeren und heißen Gegenden der neuen Welt, und berühmt wegen der Pracht und Sonderbarkeit ihres Gefieders, welches namentlich an der Kehle der Männchen häufig die Farben und den funkelnden Glanz der herrlichſten Edelſteine, oder den Farbenſchmelz der ſchönſten Blumen nach— ahmt. Alle werden kenntlich an den langen, oder ſehr langen, dünnen, rundlichen, faſt überall gleich dicken, wenig zugeſpitzten Schnäbeln. Ihre weiche und äußerſt lange Zunge kann durch eine ähnliche Einrichtung, wie bei den Spechten, weit hervorgeſtoßen werden. Dieß, und der ſonderbare Umſtand, daß ſie (dem Stech- und Saugrüſſel der mückenartigen Zweiflügler ) Ihr Vorkommen bloß in Afrika harmonirt offenbar mit dem ganz vorzüglichen Reichthume an größeren und meiſt ſehr geſellig lebenden, antilopenartigen Wiederkäuern, welcher gerade dieſen Welttheil überall da auszeichnet, wo ſeine freien Ebenen oder Berg— flächen nicht zu dürr und darum zu arm an Graswuchs find. — 350 Vögel; 4te Ordn.: anomale Land v.; ähnlich) faſt ihrer ganzen Länge nach in 2 rinnen- oder ſcheidenartige Theile geſpalten iſt, welche ſich zu einer Art von Saugröhre zuſammenlegen, befä— higt die Colibri's, mit größerer Leichtigkeit, als irgend ein anderer Vogel, theils Honigſaft aus Blumen zu ſaugen, theils auch eine Menge jener äu⸗ ßerſt kleinen Käferchen mit hervorzuziehen, welche, gleichfalls dem Honige und dem Blumenſtaube nachgehend, ſo weſentlich zur Befruchtung ſo vieler Blüthen mitwirken. n) Ihre, aufs Höchſte entwickelten Flugorgane aber ſetzen die Colibri's in den Stand, dieſes Honigſaugen nach Art der Däm— merungsſchmetterlinge ſchwebend im Fluge zu verrichten: indem ſie durch äußerſt ſchnelles Auf- und Niederſchlagen der Flügel ſich ſo lange, als ſie an einer Blume ſaugen, flatternd über, neben oder unter derſelben auf Einer Stelle in der Luft erhalten. Sie thun daher, nur auf andere Weiſe, ganz Daſſelbe, was die Honigſauger vermöge der, gerade entgegengeſetzten Bildung ihrer Bewegungsorgane im Sitzen vollbringen. Hierbei bleibt es denn ſehr beach— tenswerth: daß letztere, ſo zahlreich in manchen wärmeren Gegenden der alten Welt und beſonders Auſtraliens, ſelbſt die wärmſten Gegenden des neuen Continents nur in wenigen Arten bewohnen; während die große, mannich— faltige Menge der Colibri's bloß hier zu Hauſe iſt. Indeß hängt Beides unſtreitig mit gewiſſen Eigenthümlichkeiten der dortigen Pflanzenwelt zufam- men. Denn nur Amerika ſcheint eine jo beſonders große Anzahl ſolcher Ge- wächſe hervorzubringen, welche trichterförmige, oder ſonſt langröhrige, honig— reiche Blumen an langen, dünnen, niederhängenden Stielen tragen: fo, daß ſie den eigentlichen (kletternden) Honigſaugern unzugänglich ſind und bloß den ſchwebenden Colibri's erreichbar bleiben. **) Die Hauptfarbe der letzteren, und oberwärts die einzige der weiblichen Vögelchen, die hierin bei faſt allen Arten einander gleichen und deren Unter— ſeite meiſt einfach grauweiß ausſieht, bleibt gewöhnlich ein tiefes, ſchimmern— des, oft goldig blinkendes Metallgrün. Neben dieſem finden ſich jedoch vor— zugsweiſe am Kopfe und Halſe, je nach Verſchiedenheit der Arten, häufig noch eine oder mehrere der wunderbarſten und glänzendſten Prachtfarben. Nur bei manchen ſind auch am kleinen Gefieder einzelne Stellen ſammet— ſchwarz, oder ſonſt glanzlos. Sonſt iſt das Gefüge der, großen Theils ſchuppenartig-ſcharf begränzten Federchen meiſt ſo feſt und eigenthümlich glatt und glänzend, daß es wie mit einem funkelnden Metallguße überzogen ausſieht, oder ſtellenweiſe gleichſam aus buntfarbigen Metallblättchen zu beſte— hen ſcheint. (Eine Einrichtung, vermöge welcher es mehr, als jedes andere leichte und nicht beſonders fette Vogelgefieder, die Eigenſchaft beſitzt, Thau— und andere Waſſertropfen, welche von jenen niederhängenden Blüthen ſo oft beim erften Berühren derſelben auf dieſe Vögelchen herabrollen, immer ſchnell abgleiten zu machen!) Das Wunderbarſte an ihm bleibt jedoch der, fenft in der ganzen Vogelwelt nirgends in gleichem Grade vorkommende Abſtich, mit ) Daß die Colibri's von Honigſaft allein leben können, zeigt die Erfahrung: da man gefangen gehaltene lange Zeit lediglich mit ihm, oder mit Zuckerſaft, (3. B. mit Waſſer, in welchem recht viel Zucker zerlaſſen iſt,) ernähren kann. Indeß würden ſie gar nicht im Stande ſein, bloß den Honig allein herauszuſaugen, ohne mit demſelben auch mehr oder weniger von jenen Inſekten fortzunehmen. In der That findet man ihren kleinen Magen ſtets hauptſächlich mit ſolchen Thierchen angefüllt, die, als minder leicht verdaulich, viel längere Zeit im Magen verweilen müſſen, um daſelbſt gehörig zerrieben zu werden, als der bereits flüßige und daher bald fortgleitende Honig. ) Siehe im Gegenſatze hierzu die oben (S. 286) angeführte Bemerkung über die Verbreitung der Honigſauger. N bvh) freizehige: bloß fliegende. 351 welchem bei manchen Arten die Kopf- und beſonders die Kehlfedern in ver— ſchiedenen Farben ſpielen, je nachdem bei den wechſelnden Bewegungen des Vogels das Licht auf ſie fällt. Die Urſache hiervon ſcheint mit in der ver— ſchiedenartigen, oft ganz entgegengeſetzten, oder an beiden Seiten verſchiedenen Färbung jener Faſern und Fäſerchen zweiten und dritten Ranges zu liegen, aus welchen namentlich das kleine Gefieder beſteht, und von welchen je nach der Wendung und der hieraus enſtehenden Rückſpiegelung des Lichtes bald die einen, bald die anderen ſichtbar werden. Die Wirkung hiervon iſt, zumal im Sonnenſcheine, die: daß namentlich männliche Colibri's, wenn ſie in muthwilliger Neckerei, oder aus eiferſüchtigem Zorne einander in pfeilſchnel— lem Fluge umherjagen, oder, Honig ſuchend, von einer Blume zur andern eilen, meiſt gleichſam wie kleine Blitzſtrahlen dahinſchießen, oder beim Flat— tern auf Einer Stelle ein eben ſo lebhaftes, als ſchnelles, gleichſam Funken ſprühendes Blinken erregen. #) Ganz vorzugsweiſe mag dieſes der Fall fein bei manchen jener kleinen Arten, an deren Scheitel, Ohrgegend oder Hals— ſeiten noch eigenthümlich verlängerte Federn ſtehen, welche die Geſtalt von langen, ſpitzen Hauben, von weißen, oder röthlichen und bunten Ohrbüſchen, oder von flügel- und fächerförmigen Halskrägen annehmen. Es ſcheint über— haupt, als habe die Natur an dieſen niedlichen Geſchöpfen faſt alles, nur überhaupt Mögliche von Farbenſchmuck und von Seltſamkeit der Geſtaltung erſchöpfen wollen. Abgerechnet nämlich alles zu Leichte, Schwanke und Wallende, welches, als der reiſſenden Behendigkeit ihres Fluges widerſtrebend, ausgeſchloſſen bleiben mußte, bemerken wir am Gefieder der Colibri's nicht bloß die ſchärfſten Farbenabſtiche; ſondern wir finden bei ihnen auch faſt alle Abſtufungen und Sonderbarkeiten der Gefiederbildung und vorzüglich der Schwanzgeſtalt wieder, die wir bei der geſammten übrigen Vogelwelt in ver— ſchiedenen Ordnungen zerſtreut wahrnehmen. Namentlich die Bildung und Ausdehnung des Schwanzes durchlaufen bei der Menge von Arten, (deren man ſchon 70—80 kennt,) zuſammengenommen, alle Stufen von mäßig lan= gen, geraden bis zu den längſten und ſpitzigſten, oder breiteſten Keil-, Pfeil— und Gabel» oder Scheerenſchwänzen. An letzteren bemerkt man oft wunder— ſam breite Innenfahnen; ja zuweilen ſogar breite, flache Schäfte, welche bei mehreren Arten auch noch an mehreren ähnlich gebildeten und ftarf ge— bogenen, harten Vorderſchwingen vorfinden. Die Weibchen ſollen bloß 2 Eier legen. Sie ſcheinen geſchickte Watten- macherinnen zu fein: indem fie aus weicher, warmer Pflanzenwolle napfför— mige Neſterchen bereiten, deren Hauptſtoff, äußerlich mit ihrem klebenden Speichel überzogen und dann etwas mit Flechten oder Moos bekleidet, große Aehnlichkeit mit wirklicher Baumwollenwatte beſitzt. Er trägt vermöge ſeiner ganzen Beſchaffenheit gewiß ſehr weſentlich dazu bei, den Eiern jene Brüt- wärme, welche die Vögelchen ſelbſt ihnen bei der geringen Wärmkraft ihres Gefieders wohl nur in ſehr mäßigem Grade verleihen können, nach Möglich- keit zu erhalten. Man theilt ſie gewöhnlich in 2 Gattungen. Die eine, mit geradem Schnabel, nennt man Fliegenvögel, (Myiornis, Ornismyia!!, Orthorhynchus,) weil zu ihr die kleinſten Arten gehören. Sie umfaßt zugleich die größte Anzahl derſelben. Die kleinſte von allen, die aber wenigſtens in Sammlungen ſehr ſelten und dabei eine der am einfachſten gefärbten ) Deß halb hängen die jungen Indianerinnen ſich gern getrocknete Colibri's von fol chen Arten als Schmuck an die Ohren. 352 Vögel; 4te Ordn.: anemale Landv.; zu fein ſcheint, (Trochilus -minimus,) fol am Körper, wenn auch größer als eine Fliege, doch nicht größer als manche unſerer Hummeln fein: im Ganzen 15 lang, wovon der Schnabel 3 Sie würde alſo nicht bloß das kleinſte Weſen der Vogelwelt, ſondern auch das kleinſte warmblütige, wo nicht überhaupt das kleinſte Wirbelthier ſein! — Dagegen gleicht die größte Art, welche auch recht ſchön iſt und namentlich in Chili lebt, ſchon dem Körper nach vollkommen einem Sperlinge. — Sie übertrifft demnach noch eine andere, gleichfalls anſehnliche, welche Linné deßhalb Rieſen-Colibri (Tr. Gigas) genannt hatte. — Eine der herrlichſten bleibt der Rubin-C., (Tr. moschitus,) mit tief glänzend rubinrother Kopfplatte und mit einem Vorderhalſe, welcher aus glühendem Feuergelb und durch die prächtigſte Goldfarbe hindurch nicht bloß in das ſchönſte Grün, ſondern ſogar bis ins Schwarze ſpielt. Für die weniger zahlreichen Arten mit gebogenem Schnabel behält man die Benennung eigentliche Colibri's bei. (Trochilus!!) Zu den größten hierunter gehört der Topas-C., (Tr. Pella:) purpurbraun, mit ſchwarzem Oberkopfe und prächtig topasgelber, grün ſchillernder Kehle. Andere fallen durch einen weißen, blauen, oder glänzend kupferröthlichen und Eine durch ihren glänzend goldfarbigen Schwanz auf. Vor allen zeichnet jedoch eine mit ſchwarz und weiß geſchuppter Bruſt (Tr. nevius s. serrirostris) ſich bedeutend, wahrſcheinlich generiſch, durch ihren Schnabel aus: indem derſelbe an der Spitze ſtark gebogen, an der Wurzel gefurcht und an der Vorderhälfte beider Kinnladen mit feinen, rückwärts gerichteten Zähnchen beſetzt iſt. [$ 120. Eine zweite Familie von bloß fliegenden Geſchöpfen dieſer Unterordnung, die ſogar mehr als ſonſt irgend ein Landvogel zum faſt immerwährenden Fliegen beſtimmt erſcheinen, bilden die Segler oder Mauerſchwalben. Bevor man den Mangel des Singmuskelapparates bei ihnen kannte, wurden ſie ohne Weiteres zu den Schwalben gerechnet, welche ſie in der That für gegenwärtige Ordnung wiederholen. Denn fie ſtellen nach Nahrung, Kopf— und Schnabelbau noch Schwalben im höchſten Grade einſeitiger Aus— bildung und mit faft ebenſo geftalteten Flügeln, wie jene der Colibri's, dar. Doch ſind ihre Füße trotz ihrer Kürze, welche ihnen jede Fortbewegung auf flachem Boden unterfagt, mit fo ftarfen Zehen und fo kräftigen, ſchar— fen Nägeln verſehen, daß ſie ſich vortrefflich zum Anhalten an Mauern, Fel— ſen oder ſonſt an etwas rauhen, ſenkrechten Flächen eignen und daher, bei der beſonderen Richtung ihres Daumens, den Namen Klammerfüße auf das Vollkommenſte rechtfertigen. Die Vögel niſten, ſchlafen und ruhen näm— lich in Fels- oder Mauerlöchern, nach Umſtänden auch in Baumhöhlen, ſchwärmen aber gewöhnlich faſt den ganzen Tag über mit fo reiſſender Schnel- ligkeit, bald hoch, bald ziemlich niedrig, in der Luft umher, daß kein anderer Vogel in ſo erſtaunlichem Grade Raſchheit und Ausdauer des Fluges mit einander vereinigt. Auf die Erde kommen ſie, wenigſtens von freien Stücken, niemals; ſelbſt nicht, um Neſtſtoffe zu holen: da ſie die hierzu brauchbaren Dinge theils aus der Luft auffangen, wenn dieſelben bei windigem Wet— ter wirbelnd umhergetrieben werden, theils gelegentlich abnehmen, was davon an Baumſpitzen hängt oder klebt. Verletzte oder kränkliche Seg— ler bleiben, wenn fie herabgefallen find, außer Stande, ſich von ebenem Boden wieder emporzuarbeiten. Geſunde dagegen wiſſen ſich in ſolchem Falle ſehr bald durch einige ſtarke Flügelſchläge wieder zu heben. Sehr merkwür⸗ dig bleibt ihre Niſtweiſe. Unfähig, ſich anders als kriechend und mit Hilfe der halb ausgebreiteten Flügel mühſam in Höhlen fortzuſchieben, wählen fie b) freizehige: bloß fliegende. 353 nämlich gern breite und am liebſten nicht tiefe, aber weite, wagerechte Löcher, deren Boden und Eingang von dem öfteren Ein- und Auskriechen bald ſehr glatt zu werden pflegt. Da würden ſie denn, bei ihrem unbehilflichen und zu— gleich ungeſtümen Weſen, fortwährend in Gefahr kommen, die Neſtſtoffe ent— weder mit den Flügeln herauszuſchieben, oder ſie an den ſcharfen Krallen mit hervorzuziehen. Hierdurch aber würden ſie auch die Jungen mit heraus— zerren, oder bewirken, daß die Eier, trotz ihrer auffallend länglichen Geſtalt, nachrollten. Dieß Alles wird nun dadurch verhütet, daß ſie die dürren Halme, trockenen Baumblätter und Federn, welche ihr ſehr ſchlechtes Neſt bilden, ſtärker als irgend ein anderer Vogel mit einem dicken, klebrigen Spei- chel überziehen und hierdurch ſowohl unter einander ſelbſt, wie an den Bo— den und an die Wände der Höhle wie mit einem Kleiſter feſtkitten. So entſteht beſonders vorn am Eingange eine Art Wall, welcher das Heraus— gleiten der Eier und Jungen verhindert. — Sie ſind ziemlich zahlreich an Arten in heißen Gegenden. Ein Paar derſelben, die auch weit (zum Theile bis an den Polarkreis) nach Norden heraufreichen, bringen hier immer bloß einige der wärmſten Monate des Jahres zu. Sowohl die neue, wie die alte Welt bewohnen Arten von eigentlichen Seg— lern, (Cyps@lus,) mit mäßig ausgeſchnittenem, oder ſeicht-gegabeltem Schwanze ohne kahle Schaftſpitzen. Am bekannteſten davon iſt der gemeine, europäiſche S., die große Thurm- oder Mauerſchwalbe, (C. apus,) von einfach grünlich — mattſchwarzer Farbe mit weißgrauem Kinne. Ein lärmender, oft kreiſchend pfei— fender Bewohner nicht bloß ſehr vieler hohen Thürme in Städten und auf man— chen Dörfern, ſondern auch ſolchen niedrigen Gemäuers, an welchem ihm Nüft: löcher oder ſonſt ähnliche Oeffnungen bequeme Gelegenheit zum Niſten darbieten; ſelten in Gegenden, wo weit und breit Beides fehlt, zu einigen Paaren ſich an— ſiedelnd am Rande alter Eichenwälder. Nächſt beinahe ganz Europa ſcheinen auch Nordafrika und der größte, entſprechende Theil von Aſien ſeine Heimath. — Viel größer iſt der weißbäuchige Alpenſegler, (C. melba,) oder die große Felfen- ſchwalbe, mit hell graulichbraunem Oberleibe und breiter dergleichen Bruſtbinde. Er bewohnt Süd- und Nordafrika; (ob auch das mittlere?) In Europa bezieht er bloß entweder die Strandfelſen des ſüdlichen, oder zu wenigen Paaren noch manche alte Thürme von Bergſtädten, in größerer Anzahl aber viele hohe Alpen— felſen und Steinwände der Hochgebirge bis zur Schneegränze. So in Deutſch— land bis herauf nach Baiern, und bis auf einige Spitzen der Karpathen. — Eine faſt eben fo große, aber ſchlankere, ſchön gefärbte und gehäubte Art (C. comä- tus) bewohnt die großen Inſeln des tropiſchen Aſiens. Außer mehreren Gliedern dieſer Gattung, die wahrſcheinlich Uferfelſen noch überall vorziehen, beſitzen die waldreichſten Landſtriche Amerika's auch 3 und die moluckiſchen Inſeln 1 Art mit etwas kürzerem, geradem Schwanze, welche füglich Stachelſegler (Uranteris) heißen können. Denn bei ihnen laufen alle Schwanzfedern in ziem⸗ lich ſpitzige und ſehr ſteife, 3—4““ weit vorſtehende Schäfte aus, die ihnen zur Stütze dienen, wenn ſie ſich an die Rinde großer, alter Bäume anklammern, um ſo in die Löcher derſelben zu gelangen, und beſonders dann, wenn ſie in letzteren aufwärts kriechen müſſen, um dieſelben zu verlaſſen. Am auffallendften ſcheint dieſe Einrichtung bei der kleinſten und am weiteſten nördlich wohnenden Art, (Hirundo pelasgia,) welche kaum die Größe unſeres Mauerſeglers erreicht, und ſich bereits im ſüdlichen Theile der Vereinigten nordamerikaniſchen Freiſtaaten vorfindet. Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 23 354 Vögel; 4te Ordn.: anomale Landv.; [s 121. Die letzte Familie anomaler Landvögel begreift man, ihrer nächtlichen Lebensweiſe halber, gewöhnlich unter den Namen Nachtſchwalben oder Tagſchläfer. Ein äußerſt weiches, zartes Gefieder, welches im Gefüge, wie in Färbung und Zeichnung jenem der meiſten (nächtlichen) Eulen gleicht, giebt ihrem Fluge dieſelbe Geräuſchloſigkeit, wie bei dieſen: ſo daß die, meiſt großen Inſekten, welchen ſie nachſtellen, ſie nicht ſo leicht kommen hören. Dagegen läßt daſſelbe, zumal bei der eigenthümlichen Gebrechlichkeit feiner Schwung- und Schwanzfedern, niemals jene bewunderungswürdige Schnellig— keit und Ausdauer des Fluges zu, wie bei den Seglern. Sie müſſen ſich daher öfters niederthun, um dazwiſchen auszuruhen. Ihr Rachen iſt noch weiter, ihr Schnabel meiſt noch kleiner, als jene der Segler, und ihr Kopf mindeſtens eben ſo flach. Der äußere Gehörgang ſcheint eben ſo groß, wie bei den meiſten Eulen: ſo daß ſie ohne Zweifel den ſummenden Flug aller größeren Inſekten ſchon in der Ferne vernehmen, ſich alſo beim Verfolgen derſelben im tieferen, nächtlichen Dunkel auch mit hiernach richten können. Ihre Augen ſind, bei ſonſt gewöhnlicher (ſeitlicher) Richtung, aus demſelben Grunde mindeſtens eben ſo groß, wie jene der Eulen. Vermöge der äußerſt dünnen, zum Theile bloß häutigen Beſchaffenheit des Kopfgerüſtes reichen ſie gleichſam bis in den Mund: ſo daß man ſie bei geöffnetem Rachen von innen deutlich liegen ſieht. Die Vögel ſcheinen, gleich denen der folgenden Ordnung, bloß 2 Eier zu legen, die ähnlich lang geſtreckt ſind, wie jene der Segler, und ohne Neſt auf der bloßen Erde ausgebrütet werden. Hier ſieht man übrigens dieſe Vögel bei der Kürze ihrer Beine doch nie umhergehen: obwohl die meiſten ſich im ganzen Baue ihrer Zehen, ſo wie namentlich durch die Kürze und hohe Einlenkung der Hinterzehe, bereits den meiſten hühnerartigen nähern. Am ſtärkſten ſind noch die Füße, weniger aber die Flügel entwickelt bei den wunderlichen, ſüdaſiatiſchen Wulſtſchnäbeln, (Podargus,) deren Kopf Manche um ſeines ſeltſamen Ausſehens willen mit jenem von Kröten verglichen haben. Ihr, ſonſt ziemlich kurzer, etwas hakenförmiger Schnabel mit ſtark gewölbten und gleichſam aufgeblaſenen Kinnladen erſcheint nämlich gar ſonderbar breit, weil er den geſammten, weit geſpaltenen Rachen bis zu den Augen hin einfaßt, wird aber zur Hälfte, oder noch weiter, von langen, dünnen Federn bedeckt, welche in grobe, gekrümmte Borſten endigen. Er beſitzt hinreichende Kräfte zum Zerquetſchen oder Zerſtücken von Käfern und ähnlichen größeren Inſekten, nach welchen dieſe Vögel mehr in kurzem Fluge um Bäume u. dergl. umherflattern, nicht aber weit über Wieſen, Feldern und an Waldrändern herumfliegen mögen, wie dieſes die noch folgenden, eigentlichen Nachtſchwalben alle thun. Ihre Zehen ohne Bindehaut, und die glatten Ränder aller Nägel, laſſen auch ſchließen, daß ſie gewöhnlich und auf gewöhnliche Weiſe auf Baumäſten ſitzen mögen. Daſſelbe gilt, namentlich in der waldreichen neuen Welt, von mehreren Ar⸗ ten wirklicher Nacht ſchwalben. (Nyetibius.) Nur find bei dieſen allen die Schnä— bel klein, ja bei den meiſten faſt unbemerkbar; die Mundöffnung iſt gar bis hin- ter die Augen geſpalten; und die Flügel ſind viel länger, folglich zum anhaltenderen Fluge gemacht. Mehrere ſolche glattkrallige ſind, als ſchwalbenähnliche Vögel be⸗ trachtet, wahre Rieſen: namentlich eine, (Caprimulgus grandis,) die man, freilich mehr dem Flugapparate nach, (und auch dann nicht ohne Uebertreibung!) mit ei⸗ nem Uhu verglichen hat. Ihre ungewöhnliche Größe kann am beſten Zeugniß ges ben von der verhältnißmäßigen, außerordentlichen Größe mancher daſiger Schmet— terlinge, Käfer und ähnlicher Rieſen der Inſektenwelt, welchen dieſe gewaltigen b) freizehige: bloß fliegende. 355 Naht: und Daͤmmerungsvögel, zum Theile hoch in der Luft, an und über den Wipfeln der höchſten Bäume und Palmenſchäfte jener Rieſenwälder nachjagen. (3. B. C. aetheréus.) Die Mehrzahl der Arten, beſonders in der alten Welt, werden gewöhnlich Tagſchläfer und lächerlicher Weiſe auch wohl Ziegenmelker (Caprimulgus!) ge— nannt. Sie ſind alle nicht bloß viel kleiner; ſondern der Nagel ihrer Mittelzehe iſt nach innen zu auch mit einem breit vorſtehenden, dünnen, kammförmig ausge— zähnten Rande verſehen. Dieſer trägt gewiß viel dazu bei, das Abgleiten ihrer Füße in jener eigenthümlichen Stellung zu verhüten, welche ſie gewöhnlich auf dicken, wagerechten Aeſten von Bäumen einnehmen, um daſelbſt unbemerkt zu ru— hen. Sie ſetzen ſich nämlich nur ungern, gewöhnlich bloß im Nothfalle, auf dünne und etwas ſchräge Zweige: wo ſie dann nur ebenſo, wie alle andere Vögel, quer— über ſitzen (d. h. in kreuzweiſer Richtung gegen den Zweig Platz nehmen) können. Auf und zwiſchen dicken Aeſten dagegen, unter welchen ſie ganz oder faſt wage— rechte ſtets vorziehen, ſetzen ſie ſich niemals ſo, ſondern ſtets der Länge nach nie— der. So haben ſie, indem ſie ſich bei Gefahren ſo platt als möglich auf den Aſt niederdrücken, den Vortheil, daß ſie vermöge ihres ähnlich gefärbten, graulichen und bräunlichen, fein geſtreiften und grob gefleckten, eulenartigen Gefieders gewöhnlich unbemerkt bleiben und ſelbſt das geübteſte Geſicht leicht täuſchen. Sie leben jedoch nicht bloß an Rändern von Waldungen, ſondern ſelbſt in kahlen Strandgegenden. und zum Theil auf Steppen, ſtets aber gern an hügeligen Orten. So der ge— meine, oder europäiſche Tagſchläfer, (C. europæus,) welcher ebenſo, wie die meiſten übrigen, mit einem nicht kurzen, abgerundeten Schwanze die oben angege— bene Färbung und Zeichnung verbindet. In Südeuropa, wo man bei der Milde des Klima's ehedem noch häufiger, als jetzt, zahmes Vieh des Nachts im Freien ließ, kömmt er zur Dämmerungszeit und bei Nacht viel öfter, als bei uns, in die Nähe deſſelben: indem er manchen daſſelbe plagenden Inſekten nachgeht. Kleinere und furchtſame Thiere, beſonders Schafe oder Ziegen, mögen dann wohl bisweilen vor ihm, wie vor jeder ungewohnten nahen Erſcheinung, zurückſchrecken, wenn er ihnen, wie nicht ſelten, nahe bei oder über dem Kopfe herumfliegt: und zwar um ſo mehr, je weniger ſie ihn bei ſeinem leiſen Fluge vorher haben hören können. Nur ein gänzliches Verkennen dieſer Umſtände und ſeines ganzen Weſens hat ſei— nem Erſcheinen die abgeſchmackte Deutung geben können: daß er komme, um na— mentlich den Ziegen die Milch auszufaugen. *) Das Männchen giebt im Früh— linge nicht ſelten, ſtill auf einem Baume ſitzend, durch abwechſelndes Ein- und Ausathmen von Luft ein Paar, einander ſehr ähnliche, ſchnurrende Töne von ſich, welche faſt wie das Summen eines Spinnrades lauten. — Unter den ähnlich gefärbten und geſtalteten Tagſchläfern beginnt einer in Südamerika ſeinen Flug bereits längſt vor Einbruch der Nacht. (C. diurnus.) — Die Sandwüſten von Afrika und deren Nachbarſchaft beſitzen mindeſtens zwei Arten von mehr iſabell— gelber und gelbgraulicher Grundfarbe, welche ſie dem dortigen Boden eben ſo ähn— lich macht, wie viele andere auf der Erde lebende Thiere daſelbſt. Einzig in ihrer Art, und wohl generiſch-charakteriſtiſch, bleibt die Flügelbildung einer ſonſt ähnlichen, ſüdafrikaniſchen Nachtſchwalbe, des Segelfittigs. (Stelido- ptérus, Capr. longipennis.) Nahe beim Daumgelenke ihres Flügels, faſt zwiſchen den Schwungfedern, entſpringt nämlich ein höchſt ſonderbarer, kahler und ſehr ſtarker Fe— derſchaft, welcher doppelt ſo lang iſt, wie der ſonſtige ganze Vogel, und bloß an ſeiner „) Eine Meinung, welche Vielen mit Recht ſchon deßhalb unglaublich erſchien, weil ja in der freien Natur bekanntlich kein Vogel jemals in den Fall koͤmmt, Milch zu genießen. 23 * 356 Bögel; 5te Ordn.: Tauben. Spitze eine wimpelartig wehende Fahne trägt, faſt wie die äußerſte Schwanzfeder des Drongo's von Malabar. Dieß giebt dem Thiere natürlich eine ganz wunderſame Flügelbreite, muß auch wohl eigenthümlich auf ſeinen Flug wirken. Jedenfalls braucht es dazu faſt eben fo viel Raum, wie ein großer Buſſard oder Milan ꝛc. Und doch kann es ſich damit bei der Kürze ſeiner Beine gewiß auch nur unter gewiſſen Umſtänden, nicht überall, auf den Boden niederlaſſen. Eine, oder zwei andere, afrikaniſche Arten (Climacürus) zeichnen ſich vor allen ſchwalbenähnlichen Vögeln dieſer und der vorigen Ordnung durch ihren zuge— ſpitzten und auffallend ſtark abgeſtuften Schwanz aus. Sie nähern ſich aber hier— durch manchen Fliegenfängern. Dagegen haben zwei ſüdafrikaniſche wieder einen gabelförmigen, ächten Schwal— benſchwanz. Ja, im Süden von Amerika, z. B. in Paraguay, giebt es ſolche mit wahren Scheerenſchwänzen, deren Ausſchnitt an Tiefe die ganze übrige Länge des Vogels übertrifft. Bei der einen (Capr. psalürus) ſind die, zugleich anſehn⸗ lich breiten Außenfedern des Männchens wahrhaft ungeheuer. 5" Ordnung: Tauben. [$ 122. Ihr kurzer, oder nur mäßig langer, an der Spitze harter und hier oberwärts deutlich gebogener Schnabel fühlt ſich an der Wurzel viel . weicher an. Sein Oberkiefer iſt hinten etwas ſchmäler, als der untere, wel— cher hier etwas über ihn vorſteht; und jedes Naſenloch wird von einer weichen, gleichſam aufgeſchwollenen Haut bedeckt, welche die noch übrig bleibende, ritzförmige Oeffnung nach Umſtänden vollends verſchließen kann. Ihr Vorderkopf zeichnet ſich durch eine hohe, ſteil aufſteigende Stirn aus. Die Füße ſind ſtets vierzehig, eher ſtark, als ſchwach, mit kur— zen, ziemlich ſtumpfen Nägeln und ziemlich weichen Sohlen. Die Hinterzehe iſt zwar die kürzeſte und ſchwächſte, ſteht aber gewöhnlich noch eben ſo tief, wie die vorderen. Der Schwanz enthält gewöhnlich wieder 12, bei man⸗ chen auch ſchon 14 Federn. Die Tauben ware allerdings noch Vieles mit den beiden vorhergehen⸗ den Ordnungen, Manches aber mit den Hühnern gemein: ſo daß einige Na— turforſcher ſie zu jenen, noch mehrere aber zu dieſen gerechnet haben. Doch zeigen ſie zugleich ſo viele beſondere, nur ihnen zukommende Eigenſchaften, daß ſie gewiß mit Recht als eine für ſich beſtehende Ordnung betrachtet zu werden verdienen. Mit den wirklichen Singvögeln theilen fie die Art der Befiederung, na⸗ mentlich ihres Kopfes und Halſes; ferner den Zuſtand, in welchem ſie das Ei verlaſſen, ſo wie überhaupt ihre geſammte Entwickelungsweiſe, das Aetzen der Jungen und die Gewohnheit, fehon ohne Störung immer zwei- oder drei⸗ mal jährlich zu brüten. Auch baden ſie ſich entweder ebenſo, wie jene, im Waſſer; oder fie ſetzen ſich zu dieſem Behufe abſichtlich einem fanften Regen aus. (Man ſieht ſie dann oft wohlbehaglich auf einer Seite liegen: indem Tauben. 357 fie den Flügel der andern in die Höhe halten, um ſich fo eine Zeit lang von den fallenden Tropfen auch unter demſelben, an den Seiten des Leibes, be— netzen zu laſſen. #) Dagegen weichen ſie ſchon von den Singvögeln, wie von den meiſten übrigen, noch mehr aber von den, ſo vorzüglich fruchtbaren Hühnern ab durch die geringe Zahl ihrer Eier: als welche für eine Brut nie mehr als 2, ja bei manchen Arten gar nur 1 beträgt, wovon im erſten Falle das eine ſtets ein männliches, das andere ein weibliches Junges liefert. Dem Fuß— baue nach ſtehen ſie zwiſchen den zwei vorhergegangenen Ordnungen und den Hühnern in der Mitte, meiſt aber letzteren näher. Dieſen ähneln ſie auch in der Kleinheit des Kopfes, in der Länge des Halſes und im Baue des, mit vorzüglich ſtarken Bruſtmuskeln verſehenen Körpers. Im Beſitze eines beſonders großen, weiten Kropfes, fo wie im Baue des ſehr ftarfen, äußerſt muskulöſen Magens, deſſen bedeutende, auf Zerreiben berechnete Kraft auch ſie noch durch das Verſchlucken vieler gro— ben Sandkörner unterſtützen, gleichen ſie denſelben ſchon völlig. In der Nei— gung zum Genuße von Pflanzennahrung, welche ſie ebenſo, oder noch mehr als die Hühner, unzerſtückt verſchlingen müſſen, übertreffen ſie dieſelben ſogar ins Geſammt. Unter ihre beſonderen Eigenthümlichkeiten gehört erſtens ihre ſeltſame Art und Weiſe, zu trinken. Anſtatt nämlich, wie alle andere Vögel, etwas Waſſer vermittelſt der Schnabelſpitze aufzunehmen, um daſſelbe mit aufgeho— benem Halſe in den Schlund hinablaufen zu laſſen, ſtecken ſie ohne Weiteres den ganzen Schnabel und Vorderkopf bis an die Augen (nämlich ſo weit die Rachenöffnung reicht) ins Waſſer, und verſchließen gleichzeitig auch die Naſenlöcher vermittelſt ihrer weichen Deckhaut, um das Waſſer ohne Abſetzen in langen Zügen (ſo lange als ſie das Athmen zu unterdrücken vermögen) reichlich einzuziehen, alſo gleichſam in ſich hineinzupumpen. *) Ferner ſchei⸗ nen eigentlich bloß die Männchen eine wirkliche Stimme zu beſitzen, welche ſie jedoch nur als Paarungsruf benutzen und ſtets halb unterdrückt, mit ge— ſchloſſenem Munde, von ſich geben. **) Die Weibchen laſſen bloß im Un⸗ willen zuweilen ein gewiſſes innerliches Knurren vernehmen. Die Jungen ) Daſſelbe thun, wenn fie nicht beſonders hungrig, aber nicht gehörig mit Bade— waſſer verſehen ſind und ihr Gefieder ſchmutzig wiſſen, ſowohl zahme, wie gefangen gehal— tene wilde (und zwar ſchon junge, oder ganz jung aufgezogene) nicht ſelten auch dann, wenn man ſie beim Füttern z. B. ſanft mit Hirſe beſtreut. Offenbar deßhalb, weil ſie die kleinen, ſo auf ſie niederfallenden Körner für einen feinen Sprühregen halten. —) Diefe Methode erinnert am meiſten an das Trinken der, mit eben fo weicher, zum Verſchließen gemachter Naſenhaut verſehenen Einhufer unter den Säugethieren, und ſtimmt genau mit dem größeren Bedürfniſſe an Getränk überein, welches als eine ſehr natürliche Folge der feſten und trockenen Beſchaffenheit der Nahrung aller Tauben erſcheint. r) Indem ſomit die Männchen ihre Stimmlaute bloß in der Luftröhre und dem hin— teren Theile des Mundes bilden, alſo ſo genannte Kehllaute oder Gurgeltöne ausſtoßen, die nun (wegen der Schließung des Mundes) gleichſam wieder in das Innere hinabgewürgt werden, üben fie, fo zu ſagen, eine Art natürlicher Bauchrednerei aus. 358 Voͤgelz 5te Ordn.: Tauben; haben eine piepende Stimme, bei welcher fie auch gewöhnlich den Mund Hff- nen. Das Merkwürdigſte bleibt aber die eigene, nirgends in der Vogelwelt weiter vorkommende Art und Weiſe, wie für eine zweckmäßige Ernährung der Jungen im zarteſten Alter geſorgt iſt. Dieſelben würden nämlich, da ſie beim Auskriechen nach Verhältniß noch eben ſo klein, zart und ſchwächlich ſind, wie die Jungen beider vorigen Ordnungen, wegen der Schwäche ihrer Verdauungsorgane noch gar nicht im Stande ſein, die gewöhnliche, meiſt in ſo harten, unzerſtückten Körnern beſtehende Speiſe ihrer Aeltern zu ver— tragen: ſelbſt, wenn dieſe ihnen die kleinſten und zarteſten der von ihnen ge— noſſenen Sämereien, im Kropfe erweicht, einfüttern wollten. Da ſondert ſich denn zu Ende der Brütezeit und ſpäterhin mehrere Tage hindurch im Kropfe beider Alten und aus dem Blute derſelben ein dicker, breiartiger, weißlicher (käſiger) Stoff ab, ähnlich jenem, unter dem Namen Käſeſtoff bekannten, näh— renden Hauptbeſtandtheile in der Milch der Saͤugethiere. Mit ihm füttern die Tauben ihre Jungen zuerſt ausſchließlich, erſt ſpäterhin theilweiſe mit kleinen, vorher im Kropfe erweichten Körnern; dann immer mehr mit dieſen allein. Hierin ſind die Tauben alſo thatſächlich, wenn auch nicht der Form und dem Namen nach, halbe Säugethiere. *) Aber hier find es dafür auch beide Geſchlechter in faft gleichem Grade; ebenſo, wie fie beide mit faft glei— chem Eifer wenn auch nicht ganz gleich lange brüten. Indeß ſitzen die Männchen doch gewiß halb ſo lange täglich auf den Eiern, wie die Weibchen. Da die Tauben bei der Schwäche und Weichheit ihres Schnabels und dem Mangel deſſelben an ſcharf ſchneidenden Kieferrändern noch viel weni— ger, als die ſchwächſten hühnerartigen Vögel, im Stande ſind, ein Schälen, Zerkleinern oder ſonſtiges Zubereiten ihrer Speiſe zum Behufe des bequeme— ren Verſchluckens vorzunehmen; ſo freſſen fie nur höchſt ungern länglich geformte Körner mit ſcharfen Kanten oder Spitzen, weil ſolche ihnen natür— lich ein mißbehagliches Gefühl im Schlunde und Kropfe verurfachen. Um ſo mehr lieben ſie daher rundliche und glatte Körner aller Art. Manche ausländiſche verzehren hierunter auch gern ſtark gewürzhafte; ja, ſie freſſen ohne Nachtheil ſogar manche, mehr oder weniger giftige: z. B. bei uns zum Sommer in Menge jene der Wolfsmilcharten, deren Vermehrung ohne ihr Dazwiſchenkommen noch um Vieles ſtärker ſein würde. Zwiſchen mehligen und öligen machen fie weniger Unterſchied, obgleich fie erſtere vorziehen. Am begierigſten ſind ſie auf die mehligen, nahrhaften und meiſt ſehr runden, oder glatten Körner faſt aller hülſentragenden Pflanzen: der Erbſen, Widen, Er- 9 Denn der weſentliche Charakter des Säugens bei dieſen bleibt immer das Er⸗ nähren der Jungen mit einem flüßigen, aus den Säften des mütterlichen Körpers ſelbſt abgeſchiedenen Stoffe, (nicht mit Dingen, die von außen her genommen ſind und den Jun⸗ gen eingeſtopft, oder gar bloß vorgelegt werden, wie bei vielen Vögeln.) Das Einnehmen jenes Stoffes durch Saugen von Seiten der Jungen iſt bloß die Form, die übrigens auch, wie wir bei den Walen geſehen haben, ſelbſt eine bedeutende Veränderung erleiden, ja gleichſam eine Umkehrung erfahren kann. (Vergl. S. 8 und S. 168.) Dagegen waren die Beutelthiere in anderer Hinſicht halbe Vögel. (S. ©. 81.) a) Baumtauben. 359 ven, oder Wieſen- und Platterbſen, Linſen u. ſ. w. In Uebereinſtimmung mit dem ſpärlicheren Vorkommen ſolcher Gewächſe in gemäßigten und be— ſonders in kalten Gegenden, giebt es hier auch nur wenige Arten von Tau— ben. In wärmeren Ländern, wo die Zahl der erſteren überhaupt ſchnell immer weiter zunimmt, und wo es namentlich eine Menge großer, ſaamen— reicher, hülſentragender Bäume giebt, ſteigt auch die Zahl der daſelbſt ein— heimiſchen Tauben von allen Größen außerordentlich. So ganz beſonders in Südaſien und in ganz Auſtralien, der Heimath vieler beſonders prächtig gefärbten Arten. Manche Erdſtriche zeichnen ſich durch die außerordentliche Menge aus, in welcher ſie vorzugsweiſe eine oder die andere Art beſitzen. So vor allen ein großer Theil von Nordamerika, deſſen theils zahlreiche, theils in unüberſehbaren Maſſen bei einander wachſende Eichen- und Bu— chenarten mit ihren Früchten hin und wieder eine, faſt unglaubliche Anzahl ſolcher Vögel ernähren. N Gewohnt, wie die Tauben kälterer und gemäßigter Gegenden es ſind, ihr Futter bloß auf dem Boden zu ſuchen, wo ſie dann mit zierlichem An— ſtande einherſchreiten, müſſen ſie dort, wenigſtens ſobald und ſoweit Schnee fällt, hinwegziehen. [$ 123. Ite Unterordn.: Baumtauben. Außer dem härteren und etwas zuſammengedrückten, alſo höheren Schnabel macht ſie ganz beſonders der Bau ihrer Füße kenntlich: indem ihre Fußblätter kurz, die Zehen aber, beſonders an der Wurzel, dick und mit ſo breiten, weichen, wulſtigen Sohlen verſehen ſind, wie bei manchen Gattungen der vorigen Ordnung. (Z. B. wie bei den Nashornvögeln und anderen mit zwei verwachfenen Vor— derzehen.) Dieß, fo wie der Beſitz von kaum mittellangen Flügeln, eignet ſie ganz zu einem beſtändigen Aufenthalte auf Bäumen. Sie leben aber auch ſtets in Hochwäldern, gehören jedoch bloß der heißen Zone der alten Welt an, und nähren ſich lediglich von Baumfrüchten, welche ſie offenbar meiſtens erſt mit ihrem harten Schnabel loshaden müſſen. Ihre Zahl ſcheint nicht bedeutend. Die Hauptfarbe iſt, ihrem Aufent— halte gemäß, bei faſt allen (bei 9 unter 10) ſchön grün, faſt immer gras— oder papageigrün; das Uebrige mehr oder weniger papageiartig-bunt. Der Schwanz zählt, wenn nicht bei allen, wenigſtens bei manchen Arten 14 Fe— dern. Z. B. bei ; der Gewürztaube, (Dendrophassa aromatica, Columba ar.,) welche auf beinahe allen oftindifchen Inſeln wohnt und hauptfählih von Muskatnüſſen nebſt ähnlichen, ſtark gewürzhaften Fruchtkernen leben ſoll. Dieſe Nahrung mag wohl auch ihrem Fleiſche jenen ſchönen, gewürzhaften Geruch mittheilen, nach welchem eine andere, kleinere und buntere, nur am Unterleibe grün gefärbte Art von Su— matra den Namen wohlriechende T. (Col. olax!) erhalten hat. Eine grasgrüne afrikaniſche Species (C. calva) zeichnet ſich durch ihre nackte, gelb gefärbte Stirn und Augengegend aus. Vielleicht ſollte ſie von den übrigen mit gerade abgeſchnit— tenen oder ſchwach zugerundeten Schwänzen als Gattung geſchieden werden. (Vi- nägo; Treron.) we 360 Vögel; ste Ordn.: Tauben. Beſtimmter ſcheint dieſes der Fall bei der javaniſchen Keilſchwanz- oder Spießtaube, (Rhombüra, Col. oxyüra,) deren grauer, mitten durch eine ſchwarze Querbinde getheilter Schwanz ſonſt eigenthümlich rautenförmig geſtaltet erſcheint, während feine beiden zugeſpitzten Mittelfedern noch um 1“ weiter vor⸗ treten. s 124. 2te Unterord.: Gehende oder Erdtauben. Unter dieſer Bezeich- nung kann man füglich die geſammten übrigen Tauben zuſammenfaſſen: da ſie ihrer Nahrung alle bloß am Boden nachgehen, ja manche überhaupt nie auf Bäume kommen, ſich alſo hierin ſchon alle mehr den meiſten Hühnern nähern. Gleich dieſen beſitzen ſie rundliche Zehen, ohne breite Soh— len, eine ſchwächere und kürzere Hinterzehe und ſtets einen weicheren, daher an ſeiner Wurzel biegſamen Schnabel, der eben ſo breit, oder faſt breiter, als hoch erſcheint. Die Mehrzahl, mit bloß mäßig hohen Beinen, pflegt man ohne nähere Familienbezeichnung unter der allgemeinen Benennung Tauben ſchlechtweg zu verſtehen. Ihr Schnabel bleibt entweder kurz, oder wird höchſtens fo lang, wie der Kopf, iſt daher noch nicht auffallend biegſam. Die mei— ſten halten ſich zwar in Wäldern auf, wo ſie auf Bäumen ausruhen und niſten; ſie fliegen aber, wenn ſie dort nicht hinreichend Futter an dem abge— fallenen Saamen der Waldbäume finden, oft weit danach aufs Freie. Beim Erheben und ſchnellen Schwenken ſchlagen ſie gewöhnlich ihre kräftigen Flü— gel einige Mal fo hoch und ſtark über ſich zuſammen, daß fie ein laut Flat- ſchendes Geräuſch erregen. Die meiſten haben zwar angenehme Farben, viele auch eine ſchöne Zeichnung, aber nur ſelten mit vorherrſchendem Grün. Einige wenige Arten der Südſeeinſeln nähern ſich den Baumtauben noch da— durch, daß ihre Fußblätter bis gegen, oder an die Zehen dicht mit kurzen Feder— chen bewachſen ſind, alſo gleichſam mit Strümpfen ohne Fußtheil oder Schuhe be— kleidet ſcheinen. Deßhalb kann man ſie nicht unpaſſend Strumpftauben nennen. (Ptilonöpus.) Zwei davon mit grüner und gelber Hauptfarbe, die purpurfceis telige, (Col. purpuräta,) mit hell purpurfarbigem Oberkopfe, und die gel b— bäuchige, (C. xanthogastra,) mit weißem Kopfe und faſt überall gelber Unter— ſeite, zeichnen ſich auf eigenthümliche Weiſe durch ſteife Halsfedern mit gabelför⸗ mig-getheilter Spitze aus. Die Höckerſchnabeltaube daſelbſt (Rhagorhina, Col. auricularis) iſt weiß mit ſchwarzen Schwung- und Schwanzfedern. Sie zeigt eine nackte, laſur⸗ blaue Kehle; eine ſehr ſtark angeſchwollene, fleiſchig-kugelige Naſenhaut, die beis nahe wie eine Himbeere ausſieht; und nackte, rothe Kehllappen nebſt dergleichen Augenkreiſen. Beides nähert fie ſchon deutlich manchen Hühnern. [$ 125. Unter dem Namen Tauben in engſter Bedeutung (Columba) verſteht man gewöhnlich unſere zahmen, ſo wie die einheimiſchen wilden und noch eine bedeu— tende Menge anderer, verwandter Arten in faſt allen Erdſtrichen, beſonders in wär: meren: zuſammen vielleicht an 60 —70. Alle beſitzen einen nicht kurzen, faſt ges raden, oder meiſt wenig abgerundeten Schwanz und ſpitze Flügel von anſehnlicher Länge, welche gewöhnlich über zwei Drittheile des erſteren hinausreichen. Dieſe verleihen ihrer Bewegung in der Luft eine eben fo große Leichtigkeit, als Schnel: ligkeit. Den zahmen Tauben, (C. domestica,) welche man gegenwärtig bei uns in einer Menge von Herden b bi bungen und mancherlei anderweitigen Vers b) Gebende D. 361 ſchiedenheiten unterhält, ins Geſammt, — ſcheinen urſprünglich mindeſtens 2, we— ſentlich von einander verſchiedene Arten zum Grunde zu liegen, deren mehr oder weniger ausgeartete Nachkommen ſich aber gegenwärtig nicht ſelten mit einander vermiſchen: indem ſie (wahrſcheinlich in Folge mehrfacher Kreuzungen) auch frucht— bare Junge mit einander zeugen.“) Einer dieſer beiden Urſtämme ſcheint aus dem ſüdweſtlichen Aſien herzurühren, von wo man ſeine Abkömmlinge erſt in neue— rer Zeit (ſeit weniger als zweihundert Jahren) ſo allgemein über faſt ganz Europa verbreitet hat. Es ſind die eben ſo zierlichen, als raſchen, fluggewandten und hiernach benannten Tümmler oder Tummler (C. gyrätrix) mit ihren Verwandten: alle kennt lich an dem kurzen und gewöhnlich etwas ſchwächeren Schnabel, welcher viel kürzer iſt, als der Kopf; ferner an den kahlen Augenkreiſen, der beſonders hohen Stirn und dem niedlichen, runden Kopfe. Die gewöhnlichen oder eigentlichen Tümmler haben fonft die Geſtalt der gemeinen Feldtauben. Die Taubenliebhaber in Städten be— ſonders pflegen ſie letzteren vorzuziehen: theils, weil ſie weniger leicht ihren Schlag verlaſſen, um einen fremden zu beziehen, oder ſich ſelbſtändig auf Kirchen und Thürmen anzuſiedeln; theils, weil ſie, zu wiederholten Malen ſanft von ihrem Schlage fortgeſcheucht, oft ſtundenlang in Zirkel- oder Schneckenlinien zierlich über demſelben umherkreiſen. Andere hat man Mövchen genannt: weil fie, gleich den meiſten Arten der Mövengattung unter den Schwimmvögeln, bloß auf dem Rücken und am Hintertheile der Flügel blaugrau, ſchwarz ꝛc. gefärbt ſind, ſonſt aber weiß ausſehen. Sie zeichnen ſich immer durch ihre kleinere, kurze, gedrungene, aber doch angenehme Geſtalt, namentlich durch einen kürzeren Schwanz aus; und vorn am Halſe ſträuben ſich bei den meiſten 2 Reihen von Federn etwas ſeitwärts, oder halb rückwärts um. Hierdurch entſteht ihre ſo genannte Buſenkrauſe. An— dere, gewöhnlich türkiſche und ſpaniſche Tauben genannt, fallen bei ähnlicher Geſtalt durch beſonders hohe Beine und ſehr aufrechte Haltung, ſo wie häufig durch ihre vorzügliche Größe auf. Dabei ſind nicht bloß ihre kahlen, rothen Au— genkreiſe, ſondern auch die Naſendecke, ſo dickwarzig angeſchwollen, daß letztere nicht ſelten das Anſehen von zwei kleinen, weißlichen Pilzen bekömmt. (Offenbar ſchon eine theilweiſe Annäherung an die höckernaſige Baumtaube!) Im Ganzen tragen Tauben von der Tümmlerart nur ſelten Kronen, (d. h. die rückwärts gekrümmten, mit dem Ende nach vorn gekehrten Hinterkopffedern:) während ſelbe bei den ge— wöhnlichen (Feld-) Tauben häufig ſind und bald nur eine kleine, rundliche Spitz— haube bilden, bald eine größere Querkrone darſtellen. Indeß dehnt letztere ſich doch gerade bei manchen größeren Tümmlern ſehr weit aus: indem noch mehrere Feder— reihen an den Halsſeiten, bis gegen die Bruſt herab, ſich ebenſo nach vorn um— kehren, ſo daß ſie, von hinten geſehen, den ganzen Kopf und Hals verdecken. Solche Vögel heißen dann Kragen- oder Perückentauben. Bei ihnen geht je— doch eben hierdurch eine Haupteigenſchaft der Tümmler, der leichte und ſchnelle Flug, verloren: weil jene Breite ihres Vordertheiles und die verkehrte, der Luft entgegen geſträubte Stellung jener Federn ihnen das Durchſchneiden derſelben er— ſchweren. Das Nämliche gilt, wiewohl in geringerem Grade und in Folge der Schwanzbildung, von den ſo genannten hühnerſchwänzigen oder Pfauentauben. Eine noch merkwürdigere Raſſe, welche ſich aber ſchon mehr den gewöhnlichen Haustauben nähert, dafern ſie nicht bereits wirklich zu ihnen gehört! Sie beſitzen, bei gewöhnlich rein weißer, ſelten dunkler oder bunter Farbe, einen monſtrös ent— wickelten Schwanz: indem derſelbe, ſtatt aus 12, aus mindeſtens 16 oder 18, zu— ) Eine Erſcheinung, deren Abweichung von der, font in dieſer Hinſicht bei Baſtar— den geltenden Regel unter den Säugethieren ſchon ein Seitenſtück bei den Haus hunden fand! — (Vergl. S. 6 und S. 67.) we 362 Bügel; öte Ordn.: Tauben; 1 weilen ſogar aus 22 Federn beſteht. Dieſe große Zahl der letzteren, welche bei der anſehnlichen Breite derſelben zu ihrer Aufnahme zugleich eine größere Breite des Bürzels erfordert, verurſacht, daß ſie nicht füglich ſo flach wie gewöhnlich auf einan⸗ der liegen können, ſondern, je zahlreicher ſie werden, ſich in der Mitte um ſo mehr dach— artig erheben, wenn auch nicht ſo ſteil, wie bei den Haushühnern. Theils dieſe Stel— lung, theils die größere Schwere des Schwanzes, zwingt die Vögel, denſelben be— ſtändig etwas ausgebreitet und gehoben zu tragen. Doch kann man ſie deßhalb höchſtens mit einem radſchlagenden Truthahne, nicht aber mit einem Pfaue in ſol— cher Stellung, vergleichen. — Diejenigen Abänderungen zahmer Tauben, welche als reine Abkömmlinge der Feld- oder gewöhnlichen Haustaube zu betrachten ſind, haben einen längeren Schnabel und befiederte Augengegend. Sie bilden im Gan— zen weniger beſtimmte Raſſen, als vielmehr bloße Farbenabänderungen, über deren Schönheit und Werth der, häufig etwas wunderliche und eigenſinnige Geſchmack unſe— rer Taubenfreunde weder einig zu ſein, noch einig oder beſtändig zu bleiben pflegt. Au— ßer dem ſehr gewöhnlichen Beſitze von Kronen ſcheinen ſo bedeutende Ausartungen der Federbildung, oder Richtung bei den Haustauben nicht zu entſtehen. Dagegen kömmt bei ihnen häufig das Erſcheinen einer kurzen Befiederung der Fußblätter (Strümpfe) vor. Ja, nicht ſelten keimen nicht bloß auf dieſen, ſondern auch noch an den ganzen Zehen, beſonders nach der Seite zu, zwiſchen den Schuppen und Schildern der Oberſeite ziemlich oder ſehr lange Federn hervor. (Latſchfüße.) Manche ſolche Taube wird durch ſie bedeutend im Gehen gehindert: indem ſie, wenn dieſelben zu groß ſind, oft mit einem Fuße auf jene des anderen tritt. Der Beſitz ſolcher Federfüße, ſo wie einer großen Krone am Hinterkopfe und noch einer zweiten, kleinen, trichterähnlichen auf der Stirn, bleibt Regel bei einer ſehr merkwürdigen, etwas größeren Taubenraſſe, welche ſonſt vielen weiß- und ſchwarzbunten Feldflüchtern eben ſo völlig ähnelt, wie ſie in Betreff der Stimme ihrer Männchen von allen übrigen Haustauben abweicht: nämlich bei den ſo genannten Trommeltauben. Sie führen dieſen Namen nach dem eigenthümlichen, dumpf rollenden oder trom— melartigen Paarungsrufe der Männchen, welcher ganz anders klingt, als das ſo genannte Kollern oder Ruchſen ſowohl der gewöhnlichen Feld-, wie der tümmler— ähnlichen Haustauben. Sie übertreffen gewöhnlich alle zahme Tauben an Zutrau— lichkeit gegen die Hausbewohner. Am größten, und dabei gleichfalls ſehr eigen— thümlich, mit glatten Zehen und gewöhnlich ohne Krone, ſind die Kropftauben. Die Männchen beſonders pflegen ihren, ganz vorzugsweiſe großen Kropf durch Ein— blaſen von Luft häufig in ſolchem Grade aufzublähen, als ob derſelbe platzen ſollte: ſo, daß er allein meiſt eben ſo viel, oder gar noch mehr Raum einnimmt, als der geſammte Körper, und daß gewöhnlich der Hintertheil des Kopfes in ihm verſteckt liegt. Dieß erlaubt ihnen, im Fliegen bei ſtiller Luft oft längere Zeit mit hoch» gehaltenen und faſt unbewegten Flügeln, gleichſam wie ein kleiner mit Segeln be⸗ ſpannter Luftballon, einherzuſchweben. Dagegen macht aber die allzu große Leich— tigkeit des Kropfes zum ſchnellen Auffliegen oder raſchen Fortſtreichen und Wenden beſonders ſtarke, klatſchende Flügelſchläge nöthig. Auch kann der Vogel die ein⸗ mal hineingedrängte Luft nicht immer ſo ſchnell, als er wünſcht, wieder ausſtrömen laſſen. Deßhalb werden die Kröpfer viel häufiger, als andere Haustauben, nicht bloß von Windswirbeln gefaßt und fortgetrieben, oder herabgeworfen, ſondern auch leichter von Raubvögeln überraſcht und gefangen. Außer dem gewöhnlichen Nutzen welchen tz man von allen zahmen Tauben durch das wohlſchmeckende Fleiſch ihrer Jungen ziehen kann, ſind dieſelben vorzüglich berühmt durch die Brauchbarkeit mancher von ihnen zum ſchnellen Beſtellen ſchriftlicher Nachrichten an weit ent⸗ fernte Orte. Hierzu taugen unter gewiſſen Umſtänden und bei Anwendung der — b) Gehende T. 363 gehörigen Vorſichtsmaßregeln alle Ragen von ſchnell fliegenden Haustauben ohne Ausnahme; nicht bloß die, ſonſt vorzugsweiſe ſo genannten Brieftauben, eine Rage der Tümmlerart. Doch muß man zu dieſem Zwecke, wo möglich, Männ— chen und zwar ausſchließlich ſolche wählen, die bereits gepaart ſind, oder ſchon Eier und Junge haben. Solche Täuber ſchicken dann 2 Perſonen, welche auf dieſe Weiſe correſpondiren wollen, einander zu wiederholten Malen gegenſeitig in offenen Körben und bei Tage zu: ſo daß die Tauben namentlich das erſte Mal ſich während des ganzen Weges immer frei umſehen können.“) Die Liebe zu ih— ren Weibchen und ihre Sehnſucht nach denſelben bewirkt dann, daß ſie, ſobald ſie ſich frei fühlen, immer wieder zu denſelben zurückeilen; und ihr bewunderungs— würdiger Ortsſinn läßt wenigſtens die meiſten den Rückweg mit Sicherheit finden. Daß nicht alle wieder ankommen, liegt, dafern nicht ein zu langes Zurückhalten ihre Neigung und Erinnerung ſchon zu ſehr verwiſcht hat, der Regel nach gewiß nur an mißlichen äußeren Umſtänden. Denn manche werden von Raubvögeln weg— gefangen, andere durch ſie erſchreckt, verjagt, oder ſonſt vom rechten Wege abge— bracht. (Namentlich ſind alle diejenigen, welche unterwegs übernachten müſſen, gar vielerlei Gefahren ausgeſetzt.) Wieder andere ſind vielleicht ſchon bei ungün— ſtigem Winde ausgelaſſen worden.“) Viele werden im Verlaufe der Reiſe ſelbſt von ſolchem widrigen (Hinter-) Winde getroffen, wollen oder können aber nicht mit demſelben fliegen, ſondern einen günſtigeren Zeitpunkt abwarten. Sie geſellen ſich daher einſtweilen zu anderen, unterwegs gefundenen Taubenflügen, werden dann aber häufig von deren Beſitzern eingefangen, oder ſonſtwie von der Ausführung ihres Vorſatzes zur Rückkehr abgezogen. Um ſolchen Unfällen nach Möglichkeit vorzubeugen, jeden Aufenthalt zu verhüten und bei größeren Entfernungen dahin zu wirken, daß von mehreren ausgeſandten Tauben wenigſtens Eine zu gehöriger Zeit an ihren Beſtimmungsort gelangt, füttert und tränkt man ſie unmittelbar vor der Abreiſe vorzüglich gut. Auch verſieht man ſie in der Zwiſchenzeit immer reichlich mit Badewaſſer, damit ſie ihr Gefieder ſtets gehörig rein halten können: was immer ſchon zum guten Fliegen ſelbſt nothwendig bleibt. Sonſt würden ſie nach ihrer Freilaſſung beim Anblicke des erſten freien Waſſerſpiegels der Verſu— chung nicht widerſtehen können, ſich zuvörderſt tüchtig zu baden, dabei aber natür— lich wenigſtens ihre Briefſchaften verderben. Letztere dürfen, wie begreiflich, nie von bedeutendem Umfange ſein, um nicht den Flug zu erſchweren. Sie werden, damit dieß ſo wenig als möglich geſchehe, vermittelſt recht haltbarer Fäden ſorg— fältig unter die Flügel befeſtigt. Hier ſind ſie, wenigſtens in der Regel, zugleich dem Einfluße von Regen entzogen; doch kann man ſie zu mehrerer Sicherheit auch mit Oel oder Wachs tränken. In früheren Zeiten, namentlich vor Einrichtung der jetzt gebräuchlichen Poſtanſtalten, war eine ſolche Beförderung von Briefen durch Tau— ben in vielen Ländern nichts Ungewöhnliches: beſonders (bei der damaligen, langwieri— gen Art der Kriegführung) zwiſchen den Bewohnern belagerter Städte und ihren Freun— *) Beim Ueberſiedeln von einem Orte zum andern dagegen, beſonders, wenn die Ent⸗ fernung beider einige Meilen nicht überſteigt, muß man die Tauben, oder wenigſtens alle flüchtige Sorten, vorſichtig in wohl verdeckten Körben oder dichten Säcken fortſchaffen. Sonſt kehren fie, gewohnlich gleich beim erſten Ausfliegen daſelbſt, nach ihrem früheren Wohnorte zurück: zumal, wenn der neue Schlag oder Boden nicht nach ihrem Geſchmacke iſt; oder wenn ihr neuer Beſitzer ſie nicht ſo lange eingeſperrt hält, bis ſie wenigſtens wie— der gepaart find, oder ſchon Junge haben. Ja, manche kommen fogar, trotz dem, fpäterhin noch wieder. *) Denn weder kann man von der Tiefe aus die Richtung des Windes in jener Höhe, bis zu welcher eine Taube zu einer langeren Reiſe ſich aufſchwingt, immer ſicher beurthei— len, noch die Abſendung derſelben aufs Ungewiſſe hin verſchieben. 364 Vögel; ste Ordn: Tauben. den jenſeits des Lagers. Im Morgenlande iſt fie aus beiden Gründen noch fetzt mehr im Gebrauche. In Europa haben in neueſter Zeit Kaufleute wieder ange— fangen, fie zur ſchleunigen Beförderung wichtiger kaufmänniſcher Nachrichten zwi⸗ ſchen einigen großen Handelsſtädten zu benutzen. Zuletzt hat man für ſolche Wege und Fälle die Einrichtung ordentlicher Taubenpoſten in Vorſchlag gebracht: da eine jugendlich kräftige Taube das Fliegen mit kurzen Unterbrechungen faſt einen ganzen Tag lang aushalten und dabei auf jede Stunde 4—5 Meilen zurücklegen kann. In größeren Städten mit Kirchen und Thürmen, deren Mauern große Rüſtlöcher enthalten, und wo ein bedeutender Verkehr mit Getreide täglich viel Körner ver— loren gehen läßt, beweiſen die gewöhnlichen (Feld-) Tauben oft wieder ihre Nei— gung zur Ungebundenheit. Denn trotz dem ſehr hohen Grade von Zahmheit und Zutraulichkeit, zu welchem viele Taubenfreunde die ihrigen gewöhnt haben, ſuchen dort manche ſich der unmittelbaren Gewalt des Menſchen zu entziehen, um ſich, unabhängig von ihm, in ſolchem Gemäuer anzuſiedeln. Hiernach frägt es ſich: ob diejenigen wilden Tauben, welche man jetzt hin und wieder an Meeresufern von Mitteleuropa und zum Theil in einzelnen größeren Colonien ſelbſt auf den Strandklippen des nördlichen (bis auf die Färder hinauf) antrifft, noch urſprünglich wilde ſein mögen; oder ob ſie nur von ſolchen, bereits vor langer Zeit verwilderten ab— ſtammen? Aehnliche Gegenden in Südeuropa aber, vielleicht überhaupt die Küſten des ganzen Mittelmeeres, ſo wie manche Kalk-, Sandſtein- und Baſaltgebirge etwas weiter im Innern, bewahren gewiß noch gegenwärtig den wahren Urſtamm unſerer Feldflüchter, unter den Namen Stein- oder Felstaube. (C. livia.) Indeß laſſen ſogar dort wieder manche, wenigſtens nach ihrer Färbung, oder wegen theil— weiſer Befiederung ihrer Fußblätter, mehr auf einen ſolchen halbwilden Zuſtand ſchließen. Ueberall liebt dieſe Art recht große, finſtere Höhlen, wo fie allerdings vor Raubthieren und Menſchen am beſten geſichert bleibt, am meiſten. In den Gebirgen mancher öſterreichiſchen Küſtenſtriche bewohnt ſie gewiſſe ſehr tiefe und ganz unzugängliche, unterirdiſche Höhlen mit keſſelförmigem oder brunnenartigem Eingange in ſo großen Schaaren, daß der ganze Haufe, durch irgend ein Geräuſch (3. B. durch einen hinabgerollten großen Stein) erſchreckt, die Höhle beim Auf— fliegen mit einem wahrhaft donnerähnlichen Getöſe erfüllt. Die ächt wilden, welche ſich noch weniger, als die zahmen, jemals auf Bäume niederlaſſen mögen, ſcheinen ſämmtlich die Färbung mancher zahmen Feldflüchter zu beſitzen: nämlich ein ange⸗ nehmes Blaugrau mit glänzendem, grün und hellviolett oder weinroth ſchillerndem Halſe, weißem Unterrücken und ſchwarzen Spitzen am Schwanze und an den Schwungfedern, auf deren hinterſten ſich hiervon 2 große, bogige Streifen bilden. An vielen zahmen dagegen erſtreckt das Blaugrau des Oberrückens ſich bereits auch mit auf den Unterrücken. Sind dann vollends, wie oft, die ſchwarzen Flügelſtreife unvollſtändig, oder bloß zu zwei kurzen Flecken geworden; ſo gleichen ſolche Haus— tauben dem Aeußeren nach völlig unſerer gewöhnlichen, ſchlechtweg ſo genannten wilden, Holz- oder Hohltaube. (C. oenas.) Dieſe hat allerdings mit der vorigen Art noch einen größeren Hang zur Geſelligkeit und die Neigung gemein, jederzeit in Höhlen zu brüten. Sie unterſcheidet ſich aber höchſt weſentlich dadurch von ihr: daß ſie immer nur Baumhöhlen dazu wählt, ſich, um zu ruhen, ſtets auf Bäume ſetzt, und überhaupt entweder gern im Walde lebt, oder denſelben immer bald wieder aufſucht. Zur Gewöhnung als Hausthier würde fie fi ſchon deß⸗ halb entweder gar nicht geeignet haben; oder man würde faſt überall ihr Zurück— kehren in den wilden Zuſtand befürchten müſſen: und zwar gerade da am meiſten, wo man der Fels- (oder Feld-) Taube am ſicherſten iſt, nämlich in waldreichen Bezirken ohne Felſen und Gemäuer. Die Holztaube muß jetzt in vielen Gegenden b) Gehende T. 365 ſchon deßhalb immer feltener werden, weil bei der gegenwärtigen Bewirthſchaftung der Wälder alte, hohle Eichen und große Feldbäume mit hinlänglich geräumigen Höhlen zum Niſten für ſie meiſt immer ſeltener werden, daher auch ihre Vermeh— rung immer ſparſamer wird. Denn ſie kann (aus Rückſichten der Reinlichkeit) nicht zwei Mal in Einem Jahre dieſelbe Höhlung benutzen. — Bedeutend größer, als ſie und die vorige, überhaupt die größte Taubenart nicht bloß für Europa, ſondern auch wahrſcheinlich überhaupt dieſſeits des nördlichen Wendekreiſes, iſt die große Holz-, Ring- oder Ringeltaube. (C. palumbus.) Sie iſt bloß etwas dunkler, als die Holztaube, mit ſtärker weinrother Bruſt und weißem Vorderrande der Flügel. Ihren Hauptnamen führt ſie nach einem unvollſtändigen, von glänzend weißen Federſpitzen gebildeten Halbringe an jeder Seite des Unterhalſes, der jedoch nicht vor ihrer erſten Mauſer zum Vorſcheine kommt. Sie lebt gleichfalls in Wäl— dern, gewöhnlich nur in größeren, beſonders in Schwarzwäldern oder gemiſchten, und zeigt ſich meiſt in noch höherem Grade ſcheu und flüchtig, als andere wilde Tauben. Dennoch kann ſie, ſobald ſie nur nicht verfolgt wird, in manchen großen Gärten ſelbſt innerhalb der nächſten Umgebungen größerer Städte ſich auch über Erwarten leicht an die Nähe des Menſchen gewöhnen. Bewohnt ſie doch, ſogar zur Niſtzeit, regelmäßig die größeren Gruppen und Reihen alter Bäume auf man⸗ chen der belebteſten Plätze mitten in Paris! Ihr Neſt, flach, dünn und überhaupt ſchlecht gebaut, aus wenigen Ruthen und Halmen beſtehend, wie jene aller Tauben, bringt ſie in mäßiger Höhe auf Bäumen an. — Ebenſo S 126. die Turteltaube, (C. turtur,) bei Weitem die kleinſte der unſerigen. Sie hat unter dieſen bereits die kürzeſten Flügel, jedoch den längſten und am ſtärkſten zugerundeten, oder ſeicht abgeſtuften Schwanz. Durch Beides tritt ſie, gleich der folgenden Art, bereits manchen, jetzt als Gattung getrennten ausländiſchen näher; weßhalb manche Naturforſcher auch bereits eine beſondere Gattung (Turtur) für fie errichtet haben. Jung, ſieht fie eigentlich bloß dunkel graulichbraun aus mit rothbraunen Federſäumen und weißem Schwanzende. Die alten Vögel ſind aber ſehr hübſch: meiſt blaugrau und ſchieferfarbig; an den Rücken- und kleineren Flü⸗ gelfedern licht roſtbraun mit ſchwarzen Flecken; am Vorderleibe hell weinröthlich; an den Halsſeiten mit ähnlicher Zeichnung, wie die Ringeltaube, nur ſchwächer und auf ſchwärzlichem Grunde. Der Paarungsruf des Männchens, gewöhnlich als girrend bezeichnet, lautet faſt wie eine mehrmalige Wiederholung ihres lateiniſchen Namens. An und auf Straßen, welche durch Wälder gehen, findet man ſie zu— weilen ſehr wenig ſchüchtern; dagegen iſt ſie bei ihrem Neſte ſo mißtrauiſch, daß fie daſſelbe, fo lange es bloß Eier enthält, noch leichter als andere wilde Tauben ſchon in dem Falle verläßt, wenn ſie auch nur Ein oder ein paar Mal Menſchen in der Nähe deſſelben bemerkt hat. Sie geht nordwärts nicht über die Oſtſee fort, trifft auch ſpät wieder bei uns ein, und verläßt uns ſchon zeitig. — Ihr gleicht der Geſtalt und beinahe der Größe nach die Lachtaube, (C. risoria,) ſo benannt nach dem eigenthümlichen Paarungsrufe des Männchens; von eigenthüm⸗ lich grauröthlicher Farbe, mit röthlichgrauen Schwung- und Schwanzfedern und mit einfachem, ſchwarzem, ſchmalem, vorn nicht ganz zuſammenreichendem Hals— ringe. Bei uns ſieht man ſie überall bloß als beliebten und gewöhnlich äußerſt zahmen Stubenvogel: oft von noch lichterer Farbe, und zuweilen ganz weiß mit ſchwarzem Halsbande. Wild bewohnt ſie, wenigſtens gegenwärtig, nicht bloß das nordöſtliche Afrika und ſüdweſtliche Aſien, ſondern auch die ſüdöſtlichen Theile von Europa; ja man hat ſie in neueſter Zeit ſchon hin und wieder in ſandigen Ge— genden von Südungarn entdeckt. Eine ſtärker abweichende Gruppe, die ſich mit Abrechnung von Europa faſt 366 Bögel; ste Ordn.; Tauben; über alle gemäßigten und wärmeren Erdſtriche verbreitet, bilden die Keilſchwanz⸗ tauben. (Ectopistes.) Sehr rührige, muntere Vögel; zum Theil unvergleich— liche Herumſchwärmer, bei denen ein recht anſehnlicher, ziemlich lang zugeſpitzter und durch Entfalten weit ausbreitbarer Schwanz hinſichtlich der Flugkraft Dasje— nige zu erſetzen ſcheint, was ihnen an den, nur mäßig langen, aber ſehr kräftig gebauten Flügeln abgeht. Denn es möchte wohl kaum einen zweiten Vogel geben, der, um Futter für ſich und ſeine Jungen zu holen, nach Umſtänden in gleicher Zeit und in Einem Fluge täglich zwei bis dreimal ſolche Strecken zurücklegte, wie die, ſowohl hierdurch, wie durch die unbeſchreibliche Menge ihrer Individuen berühmte Wandertaube (Col. migratoria) im nördlichen Amerika, der geſelligſte aller Vögel. Sie lebt nämlich großen Theils von Eicheln, und hauptſächlich von Buch— nüſſen. Dieſe pflegen aber beide ſelbſt in den ausgedehnteſten Waldungen immer nur ſtrichweiſe in ſo unermeßlicher Menge zu gerathen, um Hunderttauſende oder gar Millionen ſolcher Taubenpaare, welche ſich da auf Einem Flecke von einigen Tau— ſend Schritten in die Länge und Breite zum Niſten anſiedeln, für mehr als einige Tage mit dem nöthigen Futter zu verſorgen. Daher müſſen die Vögel ſpäterhin, namentlich wenn die Jungen heranwachſen, bald immer weiter nach Fraß aus— ziehen und bald mehrere Stunden Weges, ja endlich wohl 6—8 oder gar 10 geogr. Meilen weit nach guten Futterplätzen hin- und zurückfliegen. Hierbei bilden ſie dann, obgleich ſich jedes Mal nur ein Theil der Alten von den Jungen entfernt, doch nicht ſelten Schaaren, welche trotz aller Eile mehr als Viertelſtunden brau— chen, um bei einem Orte vorbeizukommen, und welche ſich ſchon von ferne durch das betäubende, donnerähnliche Geräuſch ihres Fluges ankündigen, während ſie dann im Vorüberfliegen gleich einer langen, düſteren Wolke die Sonne verfinſtern. Auch an den Niſtplätzen ſelbſt, wo oft viele Dutzende ihrer Neſter (jedes mit bloß 1 Eie oder Jungen) auf Einem Baume ſtehen, macht das Geräuſch von dem im— merwährenden, klatſchenden Ab- und Zuflattern, das Knarren der von ihnen be— ſchwerten Aeſte ꝛc. beſtändig ein Getöſe, daß Menſchen ſich da faſt bloß durch Zei— chen mit einander verſtändigen können. Ja, beim Niederlaſſen ſolcher zurückkehren— der Flüge, oder großer, auf der Wanderung begriffener Züge, laufen ſogar die, eben daſelbſt weilenden Menſchen Gefahr: weil die Tauben ſich auf recht bequeme (wa— gerechte) dürre Aeſte nicht ſelten in ſolcher Menge niederlaſſen, daß dieſelben von der übermäßigen Laſt brechen. An den Niſtplätzen werden auf ſolche Weiſe Tau— ſende von Jungen und Eiern erſchlagen, oder herabgeworfen: ſo, daß nicht bloß eine Menge von Raubthieren eine bequeme Nahrung an ihnen finden, ſondern die Anwohner ſogar ihre Schweine dahin treiben, welche ſich davon ordentlich mäſten. Von den faſt erwachſenen, höchſt wohlſchmeckenden Jungen führt man viele, ſchwere Wagenladungen fort, um den größten Theil zu längerer Aufbewahrung zuzuberei— ten. So bringt das Anſiedeln einer ſolchen ungeheueren Taubenkolonie für längere Zeit ein unvergleichlich reges, mehrfaches Leben an den gewählten Platz und in ſeine Umgebungen. Noch auffallender werden aber dieſe Vögel oft durch ihren Zug ſpät im Jahre: wo Junge und Alte, an keinen Platz gebunden, natürlich noch viel weiter umherſtreifen können und häufig umherſtreifen müſſen. Dann währt es zuweilen halbe, oder faſt ganze Tage, bevor die unermeßliche Menge, in kleinere und in größere Haufen getheilt, die einander ſtets in mäßigen Entfernun⸗ gen nachfolgen, ſämmtlich vorbeipaſſirt iſt. Freilich ſind aber weder alle ſolche Ge— ſellſchaften, noch auch alle Brutkolonieen ſo zahlreich. An Körpergröße gleicht die Wandertaube ziemlich einer Haustaube. Sie iſt ſchön aſch- oder ſchieferblau, mit goldgrünem Nacken und röthlichbrauner Bruſt; die Schwingen und mittleren Schwanzfedern ſchwärzlich. — Eine der kleinſten und langſchwänzigſten Keil— b) Gehende: Hühnertauben. 8 367 ſchwanztauben, am Leibe kaum größer, als eine Feldlerche, und braungrau mit ſchwarzem, weiß eingefaßtem Vorderhalſe, die kap'ſche, lebt in Südafrika. (C. capensis.) s 127. Nicht bedeutend iſt die Anzahl jener intereſſanten Taubenarten mit hö— heren Beinen und längeren, dünneren, noch biegſameren Schnä— beln, welche man unter dem Namen Hühnertauben begreift: weil ſie, gleich den meiſten Hühnern, ſtets auf dem Boden leben und gar nicht auf Bäume gehen. Weder Schwanz, noch Flügel erreichen bei ihnen je die anſehnliche Länge, welche bald jener, bald dieſe bei manchen vorhergehenden beſaßen; ja, beide verdienen eigentlich kaum die Bezeichnung als mittel- mäßig lang. Es ſtehen hier ebenſo die größten, wie die kleinſten Arten der Ordnung. Letztere find immer hauptſächlich mit der Bezeichnung Erdtäubchen oder Sper— lingstauben gemeint. (Chamaepelia.) In der That giebt es davon ſowohl in Südafrika, wie beſonders in Süd- und Nordamerika ſolche, die faſt noch kleiner, oder wenigſtens kürzer ſind, als unſere Sperlinge: indem ſie kaum über 6“ oder nur 5½ —5“ meſſen. Ihre Hauptfarbe pflegt graulich- oder rothbraun zu fein, Einige größere und ſchönere in Südamerika und Weſtindien, mit wirklich kurzen Schwänzen, ähneln nach Geſtalt, Farbe und Zeichnung unverkennbar den ſüdeuropäiſchen rothen (eigentlich rothſchnäbeligen und rothbeinigen) Repphühnern, Steinhühnern und Felſenhühnern: ſo, daß man ſie ohne den Schnabel leicht einen Augenblick mit einem von dieſen verwechſeln, oder wenigſtens für nahe Verwandte derſelben anſehen könnte. Ueberdieß ſollen ſie gern ebenſo, wie dieſe, felſige Berge oder ſonſt ſteinigen Grund zum Wohnorte wählen, und ſcheinen hiernach überhaupt die eigentlichen, dort ganz fehlenden Repphühner zu erſetzen.“) Z. B. die Berg— taube, (C. montäna,) und die von Martinique. (C. martinica.) Eine der prächtigſten Arten bleibt die Hahnenfeder- oder nikobariſche Hahn— taube, (Phabalectryo, Col. nicobarica,) von herrlich goldgrüner Farbe mit wei— ßem Schwanze und bräunlichen Schwingen. Ihren Hals zieren, wie beim Haus— hahne, lange, herabhängende und aufſträubbare Federn von beſonders lebhaftem Glanze. Man findet ſie in mehreren Gegenden Indiens. Eine, gleichfalls anſehnliche aus Südafrika, die Kehllappentaube, (Creo- genys, Col. carunculäta,) ähnelt den Haushühnern durch die nackten Theile und Fleiſch— lappen ihres Kopfes. Sie iſt ſchiefergrau, auf Mantel und Flügel mehr ſilbergrau, an Bauch nnd Bürzel weiß, am Schwanze oben rothbraun. Dieſe Färbung nähert fie der größten aller Tauben, welche ſchon wegen ihrer Kopfzierde eine der merkwür— digſten bleibt, nämlich dem Goura oder der Kronentaube auf Java, Sumatra ꝛc. (Megapelia; Lophyrus! Col. coronäta.) Dieſe iſt faſt überall ſchieferblau, auf den Flügeln mit einem weißen Spiegelflecke und mit röthlich-, faſt purpurbraunen großen Deckfedern; auf dem Kopfe mit einer großen, hohen, fächerförmigen Haube. Letztere beſteht, wie bei den Wiedehöpfen, aus 2 Reihen langer, mit einer breiten Seite gegen einander gekehrten Federn, die aber nicht niedergelegt werden können, und deren fein zerſchliſſene Faſern auch beinahe eben ſo dünn ſtehen, wie jene an den Schmuckfedern von Paradiesvögeln und Silberreihern. Die Holländer, ſeit jeher vorzügliche Liebhaber von ſchönem Hausgeflügel, halten dieſe Taube theils in ) In der That ſcheint es dort ganz beſtimmt nur ſoche mit unſeren Repphühnern ver— b. . Vögel zu geben, welche ſich gern auf Bäume ſetzen; aber keine, die bloß am Bo— den leben. 368 Vogel; 6te Ordn.: Hühner. deren Vaterlande, theils ſelbſt in Europa gern gezähmt auf Hühnerhöfen. Leider ſcheint es hier noch nicht gelungen, ſie fortzupflanzen. 6° Ordnung: Hühner. § 128. Faſt alle hühnerartige Vögel beſitzen einen gewölbten, mit der Spitze vortretenden, harten, mehr oder weniger ſcharfen und ſonach zum Hacken rauchbaren Oberſchnabel mit einer knorpeligen, oder hornartigen Decke über jedem Naſenloche, welche dieſes größten Theils verſchließt, alſo beim Hacken in den Boden gegen das Eindringen von Sand . ſichert. Ihre Füße ſind ſtark, und immer wenigſtens bis zur Ferſe herab befie— dert; gewöhnlich mit nicht großen, ſtumpfen Nägeln und faſt immer mit kurzen, aber deutlichen ſo genannten Spannhäuten zwiſchen den Vorder— zehen. *) Letztere ſind ſtets am größten zwiſchen der Mittel- und Außenzehe. Sie, ſo wie Fuß- und Schnabelbau überhaupt, nähern die Hühner theilweiſe den Raubvögeln (wenigſtens manchen unedlen) eben ſo deutlich, wie mehrere andere Punkte ſie nicht bloß überhaupt von denſelben entfernen, ſondern ih— nen ſogar gerade entgegenſtehen laſſen. Der Schwanz, welcher hier alle Längenverhältniße durchläuft, enthält faſt immer mehr als 12, und nicht ſelten 18—20 Federn. Doch mangelt er manchen Gattungen heißer Länder auch wieder ganz. Alle beſitzen einen kleinen Kopf mit ſehr feſten Knochen, welcher, ſammt dem Halſe, von zahlreichen, aber kleinen Federn bedeckt wird. Der Körper iſt rundlich, ſchwer und fleiſchig: weil ihre Füße bedeutende Muskelkräfte zum Laufen bedürfen, und ebenſo die Bruſtmuskeln ausnehmend ſtark ſein müſſen, um die Flügel mit der nöthigen Kraft und Schnelligkeit in Bewe— gung ſetzen zu können. Denn die Kürze der letzteren bei den meiſten muß durch die Häufigkeit und Heftigkeit der Schläge mit denſelben erſetzt werden. Sie ſind vorn gewöhnlich ſtark abgerundet, d. h. ihre Vorderſchwingen an Länge weniger als ſonſt von einander ſelbſt und von den hinteren verſchie— den; dabei alle vorzüglich hart, feſt und meiſtens ſo gebogen, daß ſie ſich allenthalben dem Leibe anſchließen. Daher erſcheint der ganze Flügel unter⸗ wärts gewöhnlich ſtark muldenförmig ausgehöhlt. Das geſammte Gefieder zeichnet ſich faſt ebenmaͤßig durch Feſtigkeit und Kürze aus, weicht aber nicht allein nach Geſchlecht und Alter häufig in der Färbung, ſondern bei man— chen Arten ſelbſt in Geſtalt und Bildung ſo ſehr ab, wie kaum irgendwo ſonſt bei Vögeln. Denn es giebt Fälle, wo, etwa mit Abrechnung der Vor— derſchwingen, bei den Weibchen auch nicht Eine Feder genau ſo ausſieht, wie bei den Männchen; und da, wo beide einander ziemlich gleichen, pflegen die Jungen um ſo mehr von ihnen abzuweichen. *) Bloß zwei Arten machen hiervon eine Ausnahme: der Arumfreſſer oder Safa (Hoatzin) im heißen Amerika, und der Leierſchwanz in Neuholland. Hühner. 369 In der Stärke ihrer Fußmuskeln und Sehnen liegt für alle Hühner die Befähigung zu einem raſchen und nöthigen Falls lange anhaltenden, ſchritt— weiſen Gange. *) Kein hühnerartiger Vogel badet ſich im Waſſer. Indeß reicht ihr vielfaches Umherbewegen zwiſchen thauigen Pflanzen hin, ihr Ge— fieder ſtets unbemerkt von wirklichem Schmutze zu reinigen. Dagegen wälzen ſie ſich bei trockenem Wetter gern in friſch aufgekratzter, ſtaubiger Erde, welche ſie durch Reiben und Rütteln mit den Flügeln zwiſchen das Gefieder hinein— ſchieben, und dann heftig wieder abſchütteln: wie es ſcheint, um ſich abzu— kühlen; noch mehr jedoch offenbar zu dem Zwecke, um ſich von einem Theile jener kleinen Schmarotzerinſekten zu befreien, welche ſie nicht ſelten in Menge plagen. Bei Weitem die meiſten Hühner ſind für gewöhnlich auf gemiſchte Nah— rung angewieſen. Keine Art kann in der Jugend Inſekten, Larven und Wür— mer entbehren; und faſt alle ziehen dieſelben, ſo lange ſie ſich ihnen darbie— ten, der Pflanzenkoſt vor. Zu letzterer gehören nicht bloß allerlei Körner, beſonders mehlige, ſondern auch mancherlei weiches und zartes Grün: als junge Blätter, ſaftige Schößlinge und weiche, erſt keimende Pflänzchen ꝛc.; ferner Beeren und fleiſchige Früchte, deren Kerne ſie allerdings häufig mit— verzehren. Im Ganzen, und die thieriſche Nahrung abgerechnet, betrachtet man die Hühner mit Recht unter den Vögeln als Das, was unter den Säu— gethieren die Hufthiere und namentlich die Wiederkäuer waren. Denn alle Nahrung wird bei ihnen zuerſt längere Zeit in dem großen Kropfe erweicht, bevor fie in den äußerſt musfulöfen, ſehr dickwändigen, mit einer beſonders ſtarken und zähen inneren (Horn-) Haut ausgekleideten Magen hinabgleitet. Die außerordentliche Kraft des letzteren zum Zerreiben aller Speiſen wird noch durch die Mitwirkung vieler groben Sandkörner, oder kleiner Steinchen unterſtützt, welche dieſe Vögel (ebenſo, wie alle von Körnern lebende Sing— vögel, die Tauben und alle Pflanzenfreſſer der noch folgenden Ordnungen) zu dieſem Behufe inftinetmäßig verſchlucken und verſchlucken müſſen, wenn fie geſund bleiben ſollen. *) Große Blinddärme befördern bei ihnen, wie bei faſt allen pflanzenfreſſenden Geſchöpfen, die weitere Thätigkeit im hinteren Theile des Nahrungskanales. Nächſt den Raubvögeln ſind die Hühner die einzigen, welche ſich in gewiſſem Grade, wiewohl auf andere Weiſe, der Füße *) Ueberhaupt bleibt das Schreiten, ſchon von den Tauben an, die allgemein gültige Regel für die geſammte noch kommende Vogelwelt: mit Abrechnung mans cher Schwimmvögel, welche überhaupt gar nicht gehen können. **) Beides zuſammen bewirkt, daß z. B. kleine Münzen, welche man größeren Hühner: vögeln eingeſtopft hatte, binnen nicht langer Zeit beim Oeffnen ihres Magens völlig glatt gerieben und dünner geworden waren. Sogar kleine, mit Koͤrnern gefüllte Blechröhren er— ſchienen dann mehr oder weniger zuſammengedrückt und gebogen: wahrend die in ihnen be— findlichen Körner, als jener reibenden Thätigkeit entzogen, noch unverletzt waren. Dieſe Verſuche haben bewieſen: daß hier die auflöſende Wirkung des Magenſaftes zur Verdauung nur wenig beiträgt, alſo die mechaniſche Kraft des Magens faſt Alles thut; während bei Inſektenfreſſern beide Wirkungsarten häufig einander gleichſtehen, und bei eigentlichen Fleiſch— freſſern der Magenſaft faſt Alles thut. Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 24 370 | Bögel; 6te Ordn.: Hühner; zum Erlangen ihrer Nahrung bedienen: indem ſie Manches derſelben damit aus der Erde kratzen; wenigſtens die, welche ſich meiſt, oder gar allein, auf derſelben aufhalten. Manche Naturforſcher haben ſie deßhalb ins Geſammt Scharrvögel genannt. Höchſt merkwürdig und eben ſo unerklärlich, als ſicher ausgemacht, bleibt hierbei die Regelmäßigkeit, mit welcher dieſes Scharren geſchieht. Denn obwohl beide Füße dabei ſonſt unregelmäßig wechſeln, ſo führt doch, ſeltſam genug, der zweite jedes Mal genau ſo viele Striche gegen den Boden, wie der erſte deren ſoeben gethan hat. Alle näher bekannte Hühner zeichnen ſich durch große Fruchtbarkeit aus: indem die meiſten, ungeſtört, nicht unter 10—12 und manche noch bedeutend mehr Eier legen. Doch brüten die Weibchen hier eben ſo wenig, wie bei irgend einem Vogel, der nicht zu den Singvögeln oder Tauben gehört, ohne Störung je zweimal des Jahres. Bei keiner Art ſcheinen die Männchen brü— ten zu helfen. Ihre Neſter, bei den meiſten ſtets auf dem Boden angebracht, ſind eben ſo ſchlecht, wie jene der Raubvögel, obgleich tiefer und weicher: indem ſie bloß in einer mit Laub und Halmen ꝛc. ausgelegten Vertiefung beſtehen. Letztere kratzen die Weibchen mit den Füßen aus, und ſcharren alsdann die Ausfütterung hinein. Demnach bedienen ſie ſich dabei nach ihrer Weiſe ſo fehr der Füße, wie die Raubvögel. *) Die Jungen find beim Auskriechen ſchon weiter entwickelt, als die aller übrigen Landvögel, entwickeln ſich dafür aber deſto langſamer weiter. Sie bringen nicht bloß offene Augen, ſondern auch ſchon einen völlig proportionirt gebauten und überall mit dichter, war⸗ mer Wolle bedeckten Körper mit, können daher ſogleich laufen und ſich ihre Nahrung ſelbſt ſuchen. Die Aeltern brauchen ſie dabei nur anzuleiten, zu führen und zu beſchützen. Gegen Näſſe und Kühle geſchieht Letzteres zu An— fang längere Zeit auf eigenthümliche Weiſe: indem die Mutter, welche bei vielen (den polygamiſchen) überhaupt ganz allein für ſie ſorgen muß, ſich breit auf die Erde niederſetzt, ihr Gefieder auflockert und die Flügel etwas vom Körper abſtehend hält, ſo daß die Jungen bei ihr unterkriechen und ſich an ihr wärmen können. Die verhältnißmäßige Kleinheit derſelben beim Aus- kriechen macht, daß ſie ihre Bedeckung, bevor ſie erwachſen ſind, mindeſtens zwei— bis drei- und manche gar viermal wechſeln müſſen. Anfänglich weicht das Geſieder in Färbung und Zeichnung, häufig auch nach ſeiner Bildung, bedeu— tend von jenem der Alten ab. Zu allererſt, gewöhnlich bereits zu Ende der erſten oder mit dem Anfange der zweiten Woche ihres Lebens, wachſen ihnen die Schwung- und Schwanzfedern. Sie lernen daher, wiewohl zunächſt nur ſchwach, doch immer viel eher fliegen, als irgend ein anderer Vogel: obgleich fe im Ganzen gerade zu denjenigen gehören, welche eigentlich am ſchlechteſten und größten Theils nur ungern fliegen. Doch blieb jene Einrichtung bei ihrem gewöhnlichen, oder beſtändigen Aufenthalte auf der Erde nothwendig, ) Vergl. S. 207, unten. a) tiefdaumige. 371 um die Jungen nicht eine Zeit lang ihren zahlreichen Feinden geradezu preis zu geben. Bei der Annäherung eines ſolchen ſtiebt gewöhnlich die ganze kleine Geſellſchaft, die auf Einem Häufchen beiſammen gar zu ſehr bedroht ſein würde, auf den ängſtlichen Warnungsruf der Mutter oder beider Aeltern zuvörderſt ſo ſchnell als möglich, bald flatternd, bald laufend, aus einander; und diejenigen, welche ſich auf Bäume oder Sträucher ſetzen können, nehmen dann im Walde oder Gebüſche ſogleich ihre Zuflucht dahin, um ſich zu ver— ſtecken, oder regungslos auf einen Aſt niederzukauern. Die übrigen drücken ſich, ſo lange die Gefahr dauert, ſo tief und feſt im Graſe, Geſträuche, zwi— ſchen Steinen oder ſonſt auf dem Boden nieder, daß ſie faſt immer dem Blicke ihrer Feinde glücklich entgehen und gewöhnlich ſelbſt von den mit ſcharfem Geruche begabten nur ſelten aufgefunden werden. Am leichteſten würde Letzteres immer noch geſchehen, ſo lange ſie ganz klein ſind: weil dann Inſtinct und Erfahrung einander noch weniger ergänzen. Zum Erſatze dafür treibt jedoch ihre Aeltern gerade in dieſer Zeit ein anderer Inſtinct dahin an, bei der Annäherung von nicht-fliegenden oder ſchlecht fliegenden Feinden ſich ganz matt, oder halb lahm zu ſtellen, um Blick und Sinn derſelben mehr auf ſich ſelbſt zu lenken und ſie ſo von den Jungen abzuziehen. Gewöhnlich gelingt es ihnen ſehr gut, jene auf dieſe Weiſe zu täuſchen und hinter ſich fortzuloden, bis fie dieſelben weit genug von den Gegenſtänden ihrer älter— lichen Liebe und Sorge entfernt glauben, um das Zurückfinden ihrer Verfol— ger bis zu ihren Kindern ſo leicht nicht befürchten zu dürfen. Dann erſt fliegen ſie ſelbſt wieder, kräftig und munter, an den Platz zurück, wo ſie nun die Jungen durch frohen Zuruf ſchnell wieder zuſammenbringen. In der Zwiſchenzeit bleiben aber die zerſtreuten Kleinen fo ruhig an dem einmal ge- wählten Plätzchen liegen, daß Menſchen, (die ſich natürlich durch jene Ver— ſtellung der Alten meiſtens nicht täuſchen laſſen,) die Jungen gewöhnlich eher todt treten, als auffinden. Sehr häufig greifen auch die meiſten hühnerar— tigen Vögel jeden Alters zu dem nämlichen Mittel, um ſich entweder zu ver— ſtecken, oder doch unkenntlich zu machen. Die meiſten ſehen dann auf dem Freien einem Erdkloſe, Steine oder Häufchen alten Wurzelwerkes ähnlich. Die mit auffallenderen Farben aber folgen, wie es ſcheint, immer mehr dem Triebe, ſich wirklich zu verbergen. Gleich den Wiederkäuern unter den Säugethieren, liefern die Hühner unter allen Vögeln das wohlſchmeckendſte und geſündeſte Fleiſch. Deßwegen hat der Menſch ſich aus dieſer Klaſſe vorzugsweiſe Hühner zu Hausthieren gewählt. [is 129. Ite Unterordn.: Tief⸗ oder großdaumige Hühner. Ihre Hin⸗ terzehe iſt noch wohlentwickelt, daher groß, und ſteht entweder gar nicht, oder kaum höher am Fußblatte eingelenkt, als die vorderenz ſie bleibt auch noch gerade nach hinten gekehrt, ohne ſich nach innen zu wen— den. Eine ſolche Art des Fußbaues ſchließt dieſe Vögel 85 noch den vor⸗ 24 372 Vogel; 6te Ordn.: Hühner; hergegangenen Ordnungen an, und macht ihre Mehrzahl noch vorzugsweiſe zum Leben auf Bäume geſchickt. So namentlich die Glieder der ö Iten Zunft: die Baumhühner, ſämmtlich ausſchließliche Bewohner jener unermeßlichen Waldungen, welche den größten Theil des tropiſchen Ame— rika's überziehen. Ihre Zehen endigen mit nur mäßig langen, etwas gekruͤmmten Nägeln, welche minder ſtumpf find, als jene aller übri— gen Hühner. Nicht bloß dieſer Umſtand, wie überhaupt der vollkommnere Bau ihrer Zehen, ſondern ſelbſt Schnabelbildung und Nahrung, zeugen noch entſchieden von einer ziemlichen Annäherung an die Raubvögel. Sie hacken auch, noch weit lieber, als die meiſten übrigen größeren Hühnerarten, kleine Wirbelthiere (3. B. junge Fröſche, kleine Eidechſen, kleine Schlangen, Mäuſe, und die Jungen aus den Neſtern kleiner auf Bäumen heckender Vögel) tobt, um fie zu zerftüden und dann in großen Biſſen zu verſchlingen. Manche, wenn nicht alle, bedienen ſich dabei ſogar ihrer Füße nicht ohne ein gewiſſes Geſchick zum Feſthalten. Sonſt leben ſie hauptſächlich von Inſekten, Larven und Früchten der Bäume, auf welchen fie, wenigſtens der Regel nach, ſogar brüten: indem ſie hierzu den, oft ſchon theilweiſe mit abgefallenem Laube angefüllten Raum zwiſchen großen, dicken Aeſten benutzen. Mehrere ſcheinen ſehr geſellig, und faſt alle leicht zähmbar. b Bei einem dieſer Baumhühner finden wir ſogar noch Füße mit Ze⸗ hen ohne Spannhaut und mit gar nicht kurzen, wohlzugeſpitzten Nägeln; ferner ganz freie, ritzförmige Nafenlöcher ohne Knorpelhaut bei kurzem, dickem Schnabel; überhaupt einen Fuß- und Schnabelbau, welche faſt gleiche Aehn⸗ lichkeit mit jenem der Raubvögel und Turako's, wie mit dem von wirklichen Hühnern zeigen. Es iſt der wunderliche Arumfreſſer oder Saſa, (Opisthocdmus eristätus, Pha- sianus cr.!) gewöhnlicher unter dem Namen Hoatzin bekannt. Er trägt einen _ langen, ſchmalen, mehr hintenaus ſtehenden, als überhängenden, ziemlich ſteifen Fe⸗ derſchopf, iſt grünlichbraun, oder broncegrün, etwas weißlich geſtreift, am Bauche zimmtbraun, am Vorderhalſe und Schwanzende gelblich. Man ſieht ihn in Gui- ana, auf Bäumen in naſſen, überſchwemmten (d. h. öfteren Ueberſchwemmungen ausgeſetzten) Gegenden: wo er ſich vorzugsweiſe von den ſaftigen Blättern und beerenartigen Früchten einer Art aus der Gattung der ſcharfen, unter dem Namen Arum oder Aron bekannten Giftgewächſe nährt. Sein Fleiſch beſitzt, wahrſcheinlich hiervon, einen ſo ſtarken und widerlichen, bibergeilartigen Geruch, daß man ſich deſſelben bloß als Köder zum Fange mancher Fiſche bedient. [s 130. Die übrigen, hockoähnlichen Baumhühner verbinden mit ihrem tief- ſtehenden Daume und mit minder ſpitzen Nägeln ſchon wieder die Nafen- löcher und Spannhäute wahrer Hühner. Sie ſtehen der Geſtalt und Größe nach faſt in der Mitte zwiſchen Truthühnern und Faſanen, als deren Erfatz fie für die heiße Zone der neuen Welt zu dienen ſcheinen. Indeß be— ſteht ihr großer Schwanz, trotz ſeiner Breite, doch aus wenigeren (12 oder 142) ſteifen Federn, erſcheint auch bloß ſtark zugerundet. Der Schnabel iſt bald hoch und ſehr ſtark; bald ſchwächer, länger und mit weiterer Rachenſpalte. Letzteres gilt von den Jaku's oder Gouan's. (Penelöpe.) Augenkreiſe und Kehle ſind nackt; und letztere kann ſich beim Schreien und im Zorne aufblähen. a) tiefdaumige: großkrallige. 373 Der Schall der Stimme wird bei den bekannteren Arten durch die Länge und Bildung ihrer Luftröhre verſtärkt, welche vorher unter der Haut bis an den hinteren Rand des Bruſtbeines hinabſteigt, dann in die Höhe geht, von da aber ſich nochmals umbiegt und nun erſt zum Gabelknochen (am oberſten Ende der Bruſt gegen den Hals zu) fortläuft, um jetzt über denſelben hinweg in die Lungen hinabzuſteigen. Bei an— deren Arten bildet die Luftröhre außerhalb der Bruſt nur eine Art Schleife. Das Gefieder der meiſten iſt ſchwärzlich - olivenbraun, oder bronzefarben. Bei manchen verlängert es ſich am Hinterkopfe zu einem hängenden Federbuſche. Gleichfalls ein ſtarker Schreier, mit Stimmorganen von ähnlicher Länge und Lage, iſt wenigſtens das Männchen eines dortigen ähnlichen Huhnes, welches man nach ſeiner Stimme Parraqua, oder Catraca nennt. (Ortälis parraqua; Pha- sianus p.) Es ſieht metallbraun aus mit roſtbraunem, überall befiedertem Kopfe; unterwärts grauweiß. Die etwas zahlreicheren eigentlichen Hokko's, (Crax,) in Braſilien Mitu's genannt, gleichen an Größe beinahe weiblichen Truthühnern. Ihr ſtarker, hoher Schnabel erſcheint an feiner Wurzel faſt ebenſo, wie bei den Raubvögeln, mit einer großen Wachshaut, meiſt von gelblicher Farbe, belegt. Das Gefieder iſt ſchwarz, mit ſchönem, metalliſchem Glanze, hinten am Bauche bei den Männchen gewöhnlich weiß, bei den Weibchen roſtbraun; und nur letztere haben, wie es ſcheint, in ver— ſchiedenen Arten noch rothbraun gebänderte Flügel. Alle tragen auf dem Kopfe einen ſchönen, eigenthümlichen Buſch langer, ſchmaler, nach hinten liegender Federn, deren Enden ſich aber lockenartig nach oben und vorn umrollen. Ihre Luftröhre macht vor dem Eintritte in die Bruſt nur eine ſchwache Biegung. Man zieht in Braſilien mehrere dieſer Vögel gern und leicht auf Hühnerhöfen, und bringt von da auch manche, in den Farben zum Theile mehr oder weniger ausgeartet, nach Europa. Bei den einen bleibt der Schnabel immer glatt: wie bei dem gemeinen Hocko, oder Mitu-poranga. (Cr. alector!) — Bei anderen ſteht auf dem Schnabel der erwachſenen Männchen, oben an der Wurzel, ein mehr oder minder großer, kugelförmiger Höcker. So bei dem (wirklichen) Hoatzin der Mexikaner. (C. globicérus.) Einer trägt ſogar außerdem noch an jeder Seite des Unterſchna— bels eine gelbe Fleiſchkugel. (Cr. globulösus.) An den, fonft ähnlichen Pauxi's, (ſpr. Pauchi's, Urägis, Urax!) iſt der hochroth gefärbte Schnabel noch kürzer und dicker; und die Haut um ſeine Wurzel, ſo wie den größten Theil ihres Kopfes, bedecken kurze, dichte, ſammtartige Federn. Ihre Luftröhre läuft eben ſo weit außerhalb der Bruſt fort, wie bei den Jaku's, geht jedoch einfach auf der rechten Seite derſelben hinab, und an der linken wieder herauf. Eine Art, der Urumutum, (Urax urumutum, ) von der Größe einer Henne, ſcheint einen glatten Schnabel zu haben, und trägt eine Haube, jedoch von ungekräuſelten Federn. Bei einer großen zweiten Species, gewöhnlich Mitu ge— nannt, (Crax mitu,) erhebt ſich die Schnabelfirſte bereits zu einem vorſpringenden Kamme. Die dritte, (Cr. tuberösus,) wieder mit einer Haube geſchmückt, führt an der Schnabelwurzel fhon einen Höcker. Dieſer wird bei der vierten, dem eigentlichen Pauxi oder Steinſchnabel, (Cr. pauxi,) wo er eine eiförmige Geſtalt erhält, faſt ſo groß wie der Kopf, und iſt von Farbe hellblau, dabei hart wie Stein. Das Schwanzende von allen ziert eine breite ſchneeweiße Binde. [§ 131. 2te Zunft: Großkrallige Hühner mit tiefſtehendem Daume. Die wenigen Arten gehören alle den ſüdöſtlichen Theilen der alten Welt, oder dem Feſtlande von Auſtralien (Neuholland) an. Sie ſind bloß Erd— vögel, und zeichnen ſich nicht allein vor allen wahren Hühnern durch hohe 374 Vögel; 6te Ordn.: Hühner; Beine und Zehen von ungewöhnlicher Länge mit eben ſo langen, geraden und mehr oder weniger platten, ſtumpfen Nägeln aus; ſondern man bemerkt auch theilweiſe ſo wenig Hühnerartiges an ihrem Schnabelbaue, daß manche Naturforſcher ſie deßhalb anderen Ordnungen einverleiben zu müſſen geglaubt haben. Indeß verrathen doch ihre Flügel gerade wieder recht deutlich den Bau gewöhnlicher Hühnerflügel, wenngleich die Schwung⸗ federn minder hart und ſteif ſind. Einer Familie, bloß von Einer Art (dem Leierſchwanze) gebildet, mangeln wieder ebenſo die Spannhäute zwiſchen den Zehen, wie dem Arumfreſſer des heißen Amerika's: während Färbung, Kopf-, Körper- und Flügelbau, ja beim Weibchen auch die Schwanzbildung, lebhaft an die dor— tigen Jaku's erinnern. Dagegen werden die Nägel am Ende ſo breit, wie bei faſt keinem andern (keinem Land-) Vogel. Sonſt zeigt der Fußbau überhaupt viel Aehnlichkeit theils mit jenem der Singvögel, theils mit dem von Para⸗ diesvögeln, deren verwandtſchaftliche Beziehungen hier jedoch immer noch nicht ſo nahe liegen, wie ihr Vaterland. Indeß trägt das Männchen des Leierſchwanzes (Menüra superba) mitten in ſeinem ſchönen und ganz eigenthümlich gebildeten, ſehr langen und breiten, dunkel graubräunlichen Schweife erſtens zwei ſchmale, halbmondförmig aus einander gebogene und bloß an der Außenſeite gebärtete Federn, welche ziemlich den beiden wunderlichen, aber faſt ganz bartloſen, langen Mittelfedern im Schwanze der ges wöhnlichen Paradiesvögel entſprechen. Den größeren übrigen Theil des Schwanzes bilden 10 (oder gar 122) eben ſo lange, gerade Federn, die zwar auf beiden Seiten mit ungewöhnlich breiten Bärten beſetzt ſind, deren haar- oder fadenartige, glatte Faſern aber noch viel weitläufiger ſtehen, als jene an den langen Weichenfedern der ächten Paradiesvögel, und als am größten Theile der berühmten Prunk- (Deck-) federn über dem Schweife der Pfauen: nämlich beinahe ganz ſo, wie jene an den langen Schmuckbüſchen auf dem Rücken der meiſten weißen Reiher im Frühlinge. Sie machen beinahe den ganzen Schwanz unſeres Vogels ſo durchſichtig, wie feines, ſich kreuzendes Gitterwerk. Seine Hauptzierde bleiben aber zwei Randfedern, eine an jeder Seite. Dieſe tragen wieder bloß an der Innenſeite einen, freilich ſehr breiten Bart, auf welchem dunkle, mit einem gelbrothen Querſtreifen gezierte Stellen von gewöhnlichem Gefüge regelmäßig mit halb ovalen durchſichtigen ab» wechſeln, an deren Hauptfaſern die Nebenfaſern oder Fäſerchen zweiten und dritten Ranges wieder fehlen. Dieſe beiden Rand- und Hauptfedern ſtellen zuſammen genau die Form einer Lyra (der jetzt gewöhnlich ſo genannten Leier der Alten) dar: indem ſie ſich zuerſt ſanft aus einander und dann gegen einander biegen, mit den Enden aber, wo ſie auch ein Stück Außenfahne bekommen, wieder ſtark aus einander gehen. Von ihnen rührt der Name des Vogels her, der freilich bloß auf das Männchen paßt. Denn beim Weibchen iſt der Schwanz merklich kürzer und nirgends durchſichtig, ſondern ſtellt nur ein Mittelding zwiſchen dem eines weiblichen Faſanes und eines Jaku's vor: da er bloß breite, gegen das Ende hin verſchmä⸗ lerte Federn von gewöhnlicher Bildung mit etwas dünneren, zerſchliſſenen Rändern enthält. Ueberhaupt würde das Weibchen, welches ſonſt eben ſo einfach graubraun wie das Männchen ausſieht, zumal bei der dünnen, haarartigen Befiederung der Kehle, faſt einem Jaku gleichen: wenn nicht beide Kiefer des Schnabels faſt gerade und die Beine nicht ſo hoch wären. Letzteres blieb jedoch hier faſt ebenſo Erfor⸗ derniß, wie bei den Pfauen: weil der lange Schwanz ebenſo wagerecht getragen a) liefdaumige: großkrallige. 375 wird. Indeß ſoll ihn ſelbſt das Männchen nie ſo zierlich heben, oder gar radförmig ausbreiten.) Der Vogel bewohnt geſellig manche felſige Berge im Innern von Neuholland. 8 132. Kleiner, und kurzſchwänzig oder faſt ſchwanzlos, mit kürzerem, dün— nerem, aber mehr hühnerartigem Schnabel, mit ſehr großhäutigen Naſenlö— löchern und wieder mit Spannhäuten zwiſchen den ſehr langen Zehen, nur mit weniger breit auslaufenden Nägeln verſehen, ſind die ſo genannten Großfußhühner auf Neuguinea und dem indiſchen Archipel. Ihre Augen— gegend iſt gleichfalls kahl. Ihr Flügelgelenk zeigt einen kleinen Höcker: wie es ſcheint, als leiſe Andeukung der, unter dem Namen Flügelſporn bekannten Waffe mancher Wadvögel. Höchſt merkwürdig, und ausgezeichnet vor allen Vögeln ins Geſammt, bleiben dieſe ſeltſamen Hühner durch den überraſchenden Umſtand: daß ſie ganz entſchieden weder ſelbſt brüten, noch auch (wie die Kuckuke und der Kuhfink) ihre Eier anderen Vögeln zum Ausbrüten unterſchieben. Denn es ſteht nunmehr als völlig ausgemacht feſt, daß ſie Abends und des Nachts aus dem dichten Ufergebüſche, in welchem ſie ſonſt verſteckt leben, hervor— kommen, um die Eier vereinzelt in den freien Sand zu legen, wo ſie dieſel— ben bloß etwas in Laub verſcharren und dann ebenſo, wie die Amphibien, ihrem Schickſale überlaſſen. Die Jungen, welche nun ohne Brüten ausfrie chen, bleiben hier alſo mehr, als bei irgend einem anderen Vogel, auf ihre Selbſtändigkeit hingewieſen. Dieſe ſcheint aber wieder ſehr weſentlich durch einen Umſtand begünſtigt zu werden, welcher allein ſchon hinreichen würde, den Alten das Brüten unmöglich zu machen: nämlich durch die beiſpielloſe Größe der Eier, welche natürlich eine, nach Verhältniß eben ſo bedeutende Größe der Jungen ſchon beim Ausſchlüpfen zur Folge hat. Denn, obwohl keiner dieſer Vögel merklich größer iſt, als ein Repphuhn; fo ſollen die Eier doch wenig oder kaum kleiner ſein, als jene einer Gans! Eine Thatſache, die natürlich um ſo mehr auffallen muß, je kleiner nach Verhältniß die Eier der übrigen Hühner zu ſein pflegen. Wie es ſcheint, legen die Weibchen deren im Ganzen nicht weniger, als bei anderen hühnerartigen Vögeln, aber natürlich in weit längeren Zwiſchenräumen: da ſich dieſelben, wie begreiflich, bei ſo ungeheuerer Größe nur allmählich nach einander entwickeln können. Die Papu's und andere Urbewohner dieſer Eilande wiſſen im Sande ſehr gut die Stellen zu erkennen, wo ein ſolches Huhn ein Ei niedergelegt hat. Gewiß würden übrigens Eier und Junge in jeder Hinſicht noch viel mehr gefährdet ſein, wenn ſie nicht eben ſo einzeln lägen und lebten. Vier Arten von der erwähnten Größe und mit kurzem, aber deutlichem Schwanze kann man Großfüße oder Groß fuß hühner ſchlechtweg (Megapodius) nennen. Sie ſind theils aſchgrau und braun, oder ſchieferblau und kaſtanienbraun; theils dunkelbraun oder ſchieferſchwarz: die einen mit ſonſt befiedertem, oder ſelbſt gehäubtem Kopfe; andere mit nacktem oder faſt nacktem Kopfe und Kehlflecke oder Oberhalſe. Eine kleinere, rußbraune Art von bloß 5¼“ Länge ſieht faſt wie ein junges Hühnchen aus, und mag wohl als Gattung zu unterſcheiden fein. (Amelous; Alecthelia!!!) Denn ſie ſcheint gar keinen ordentlichen Schwanz zu haben: indem . Es ſcheint daher eine Verfälfhung der natürlichen Haltung des Vogels, wenn ihn die meiſten Abbildungen mit aufgehobenem Schweife vorſtellen: obgleich dieſer ſich natür— lich ſo am deutlichſten darſtellt. 376 Vögel; 6te Ordn.: Hühner; 8 an ſeiner Stelle bloß ſonderbar zerſchliſſene, haarartige Federn ſtehen, deren Bärte ihrer Theilung nach manchen doppelt- gefiederten Pflanzenblättern ähneln. [s 133. Ste Zunft: Tiefdaumige Hühner ohne Schwungfedern. Den Schluß dieſer Unterordnung werden ein Paar höchſt ſeltſame Vogelgattungen bilden müſſen, welche mehrfach ſo ſonderbare Geſchöpfe ſind, oder waren, und namentlich auch den Schnäbeln nach fo weit von anderen Hühnern ab- weichen, daß Manche fie lieber zu den Sumpfvögeln haben ſtellen wollen. Und allerdings theilen fie den gänzlichen Mangel des Flugvermögens, jo wie die Stellung ihrer Naſenlöcher mitten auf dem Schnabel, hauptſäch⸗ lich mit den ſtraußartigen Wadern. Doch weichen ſie gerade von dieſen durch die Kürze ihrer Beine und durch die ſtarke Entwickelung ihrer Hinterzehe gar zu weſentlich ab, gleichen ihnen auch zu wenig im Schnabel, als daß man ſie denſelben füglich nahe ſtellen dürfte. Zugleich unterſcheiden ſie ſich durch die, bis zur Ferſe reichende Befiederung ihrer Beine eben ſo ſehr von beinahe allen Wadvögeln, wie ſie hierin den Hühnern gleichen. Sie ſcheinen alſo wohl jedenfalls letzteren zugezählt werden zu müſſen, und nur gleichſam die Grundgeſtalt der ſtraußartigen Vögel für dieſe Ordnung zu wiederholen. Ihr gar zu langſames und unbehilfliches Weſen mochte ſie wohl ganz nothwen⸗ dig bloß auf die großen, mageren Grasplätze einiger weit feewärts liegenden, menſchenarmen und wenig oder gar nicht von großen Raubthieren bewohnten Inſeln verweiſen. — Die Zahl der Gattungen beträgt nur 2. Ja, ſelbſt hiervon gehört eine, + der Dodo, Dudu oder Dronte, (Didus,) mit langem, dickem, am Ende hakigem Schnabel, bereits zu den ausgeſtorbenen Thieren, deren Zahl bei den Vögeln viel⸗ leicht ſchon an ſich geringer iſt, als bei den Säugethieren, und von denen ſich jeden⸗ falls nur ſelten auf ähnliche Weiſe Meberbleibfel zum Nachweiſe für uns mochten erhalten können. Es hat wahrſcheinlich auch bloß Eine Art von Dronten (D. inep- tus) gegeben, die aber von den unkundigen damaligen Seefahrern ſo mangelhaft und verſchieden beſchrieben wurde, daß man ſpäterhin drei Arten annehmen zu müſſen glaubte. Sie fand ſich bloß auf Isle de France und den übrigen nahen (bourboni— ſchen) Inſeln an der Südoſtſeite von Afrika vor, wurde an Größe mit einem Schwane verglichen, und ihre Hauptfarbe als graulich beſchrieben, mit einigen wolligen, wal⸗ lenden, ſtraußartigen, gelblichen Federn an oder über der Stelle des Schwanzes, (und an den Flügeln?) Jetzt it fie ſchon lange auch dort nicht mehr zu finden: zunächſt wohl, weil ihre Hilfloſigkeit fie den allzu häufigen, oft muthwilligen Nach⸗ ſtellungen der erſten Koloniſten und der Matroſen hat erliegen laſſen. Seit mindes ſtens hundert Jahren und länger iſt dort entweder kein ſolcher Vogel mehr geſehen, oder wenigſtens keiner mehr nach Europa gebracht worden. In England beſaß man früher einen ausgeſtopften, der aber gegenwärtig nicht mehr vorhanden iſt. Nur ein ſchlecht erhaltener Kopf und ein Paar Füße werden noch in Sammlungen daſelbſt als koſtbare Ueberreſte aufbewahrt. In neueſter Zeit ſind jedoch aus den Lavalagern von Isle de France verſteinerte, oder halb verſteinerte Thierknochen nach Frankreich geſchickt worden, unter welchen man einen Schädel nebſt Bruſt-, Flügel- und Schen⸗ kelknochen dieſes Vogels erkannte. Die von ihm vorhandenen Abbildungen konnen, als bloße, oft leicht hingeworfene Copieen eines ſchlechten Bildes aus einem ſehr alten naturhiſtoriſchen Kupferwerke, (von Cluſius,) nur für ſehr unzuverläßig gelten. Doch mag es wohl richtig ſein, wenn ſie den Vogel in ziemlich wagerechter Haltung vorſtellen. Die zweite Gattung, mit ſehr langem, dünnem, etwas gebogenem Schnabel und ohne Spur von Schwanz- oder Flügelfedern, lebt, wie es ſcheint, auch nur in geringer Zahl, auf Neuſeeland, deſſen Eingeborne ſie, vermuthlich nach ihrer Stimme, Kiwi-kiwi nennen. (Apteryx austrälis.) Ein ziemlich langer Hals und ſchwacher Vorderleib, welche beide faſt unmerklich in einander übergehen, und b) hochdaumige u. da umloſe. 377 der dicke, breite Unterleib, geben dem Thiere eine wirklich abenteuerliche, gar nicht vogelähnliche Geſtalt: um ſo mehr, weil es ſich ſeiner kurzen, plumpen Beine halber faſt aufrecht hält, und halten muß. Man kann es hierin bloß mit den Pinguinen, hinſichtlich der Größe mit einer Gans, in Betreff der haarartigen, bräunlichen Federn aber mit dem neuholländiſchen Caſuare vergleichen. Seine Bewegung kann nicht anders als ſehr unbeholfen ſein. Auch würde es wahrſchein— lich in den meiſten anderen Gegenden längſt von Raubthieren ausgerottet worden, oder ſonſt vertilgt ſein, da es ganz wehrlos ſcheint. Denn eine Art von Haken an ſeine äußerſt kurzen Flügelſtummeln möchte wohl kaum als ſonderliche Waffe dienen können. [s 134. 2te Unterord.: Hochdaumige und daumloſe Hühner. Bei ihnen tritt die Hinterzehe nicht bloß ihrer Größe und Stärke nach ſehr weit gegen die übrigen zurück; ſondern ſie ſteht auch jederzeit in gleichem Maaße höher am Fußblatte eingelenkt, ſo, daß ſie den Boden nie ihrer ganzen Länge nach, ja häufig überhaupt gar nicht berührt. Zugleich erſcheint ſie mehr nach innen, nicht bloß nach hinten gewendet; und bei manchen Gattungen iſt ſie bereits völlig verſchwunden. Mit ihr nimmt in ſtufenweiſer Folge auch die Neigung und das Geſchick der Vögel, auf Bäumen zu ſitzen, ab, die Fähigkeit aber, ſchnell auf dem Boden zu lau fen, immer zu. *) 5 Alles, was über die Hühner im Allgemeinen geſagt worden iſt, gilt daher, inſofern es ſich auf das Leben am Boden bezieht, von allen hierher gehörigen Gattungen erſt vorzugsweiſe. Sie ſcharren ſämmtlich um jo häu— figer in die Erde; die Weibchen brüten ſtets auf derſelben, u. ſ. w. Wenn letztere während der Brütezeit die Eier verlaſſen, um fo eilig wie möglich die nothdürftigſte Nahrung zu ſich zu nehmen; ſo ſcharren manche vorſichtig einen Theil der, ſonſt ziemlich unordentlich herumliegenden Neſtſtoffe darüber hin, um fie den Augen ihrer Feinde zu entziehen. *) Viele beweiſen hierbei auch im höchſten Grade, mehr noch, als die Lerchen und andere fliegende Vö— gel, ein wirklich erſtaunliches Ortsgedächtniß. Denn mögen ſie auch noch ſo tief im hohen, gleichförmigen Wieſengraſe und Steppengeſtrüppe, oder auf bebauten und meiſt eben ſo einförmig ausſehenden Ackerſtücken brüten; immer wiſſen ſie zu Fuße, ſtill und unbemerkt, mit bewunderungswürdiger Sicherheit wieder zu ihren Neſtern zu gelangen: während es dem Menſchen, trotz ſeinem günſtigen, höheren Geſichtspunkte von oben und trotz Zählen und Zeichnen der Beete ꝛc., dennoch ſo häufig mißlingt, ein ſolches, zufällig entdecktes Neſt wiederaufzufinden. K* *) Beim Legen oder Brüten geftört, fliegen fie, wie faſt ) Deßhalb hat man auch Füße mit bloß 3, nach vorn gerichteten Zehen (natürlich ohne Schwimmhaut) fowohl bei ihnen, wie bei den Wadvögeln, mit Recht Lauffüße genannt. *) Vergl. hierzu S. 186. 9) Daſſelbe gilt nicht minder, oder gar noch mehr, von den meiften hühnerähnlichen Wadvögeln, die zum Theile fegar noch verſteckter im Riedgraſe, Schilfe u. ſ. w. leben und brüten, und noch ſeltener von freien Stücken fliegen. 378 Bögel; ste Ordn.: Hühner; alle gut laufende Erdniſter, wenn ſie nicht allzu plötzlich überraſcht werden, nie geraden Weges von dem Neſte auf, ſondern laufen erſt eine Strecke fort, bevor ſie ſich erheben. Ein Naturtrieb, welcher in den meiften Fällen das Auffinden des Neftes vereitelt. Alle jene, deren Männchen in Vielweiberei leben, müſſen für die Erziehung ihrer Jungen ganz allein Sorge tragen: weil ihre Gatten ſie ſelbſt bloß während der Paarungszeit des Morgens durch lautes Geſchrei (Balzen) herbeirufen, ſonſt aber 1 weder um fie, noch um die Eier und Jungen befümmern. Sie zerfallen nach der Länge ihrer Flügel, oder uchtiger ihrer Vorder⸗ ſchwingen, in 2 Gruppen. Ite Zunft: Kurzflügelige hochdaumige Hühner. Dieſe Bezeich- nung umfaßt alle jene Gattungen, welche man ſonſt auch wohl unter der Benennung „eigentliche Hühner“ begreift: nämlich die mit kurzen oder ziemlich kurzen Flügeln, deren vorzüglich harte Vorderſchwingen wenig oder kaum länger find, als die hinteren und dabei unter einander ſelbſt ſowohl hierin, wie in Betreff ihrer Stärke, keinen ſonderlich auffallenden Unterſchied darbieten. Bei einem ſolchen Flügelbaue kann der Flug dieſer Vögel, beſonders zu Anfang, nur mit einiger Schwierigkeit und mit bedeu⸗ tendem Kraftaufwande, durch raſche und derbe Flügelſchläge, geſchehen. Deß— halb verurſacht derſelbe beim Auffliegen ein ſtarkes, polterndes Getöſe, und ſpäterhin, wenn fie mehr in den Zug gekommen find, oder bereits eine ge- wiſſe Höhe gewonnen haben, ein pfeifendes Sauſen. Erſt dann wird er nicht bloß auffallend ſchnell, ſondern geht auch mit einer gewiſſen Leichtigkeit von Statten; nur daß er raſche Wendungen nicht zuläßt. Im Ganzen flie⸗ gen dieſe Hühner daher auch nur wenig, und ſelten aus freiem Willen, fon= dern meiſtens bloß in Folge äußerer Veranlaſſung, bei Verfolgung, oder ſonſt im Schrecken. Ziemlich viele von ihnen tragen (und zwar allein unter allen Vö⸗ geln) an der Hinterſeite ihres Fußblattes, etwas unter der Mitte deſſelben, einen fo genannten Sporn. *) Dieſer gleicht feiner Bildung nach vollfom- men den Kopfwaffen mancher hohlhörnigen Wiederkäuer: indem er auf einem geraden, kegelförmigen Knochenzapfen einen ſtarken, dünn zulaufenden, hor⸗ nigen Ueberzug trägt. Auch bedienen zumal die Männchen ſolcher Arten, bei welchen er eine bedeutende Länge erreicht, ſich bei ihren Kämpfen mit einander ſeiner oft wirklich als Waffe: indem ſie mit beiden Füßen ſenkrecht gegen einander aufſpringen, eines das andere damit zu kratzen oder nie— derzuſchlagen ſuchen, und, wenn Letzteres einem von beiden gelungen iſt, das ſiegende ſich auf den unterliegenden Gegner ſetzt, um denſelben nicht bloß *) Wohl zu unterſcheiden und ſehr abweichend von Dem, was man bei den Lerchen und manchen anderen Vögeln mit ähnlich gebildeten Nageln gleichfalls, aber ſehr uneigent⸗ lich Sporn nennt und, zur Vermeidung von Mißverſtändniſſen, gewöhnlich durch einen Zu⸗ ſatz (Lerchenſporn) naher bezeichnet. b) hochdaumige: kurzflügelige 379 durch Schnabelhiebe zu verwunden, ſondern ihm namentlich auch ſeine Sporen in Hals und Leib einzubohren. Die Weibchen, welche allerdings ſolche Kämpfe nicht unternehmen, haben ſtets kleinere, oft ſehr kurze Sporen. Indeß ſcheint der Hauptnutzen oder Zweck derſelben auch ein ganz anderer: nämlich der, bei bei dem tief niedergekauerten Sitzen auf Bäumen im Schlafe, zumal bei ſtürmiſchem Wetter, die Haltkraft der Hinterzehe, (welche vermöge der gerin— gen Größe derſelben ſehr bedeutend nicht ſein kann,) kräftig zu unterſtützen, um namentlich wenigſtens das gleichzeitige Abgleiten beider Füße zu ver— hüten. Denn eben nur ſolche Hühner, welche auf Bäume flüchten können, und dann der Sicherheit wegen auch ſtets zur Nachtruhe dahin auffliegen, tragen Sporen. Eine Regel, die ſo beſtimmt feſtſteht, daß ſogar, umgekehrt, in der alten Welt bloß die Perlhühner, in der neuen die Colin's u. einige Tina— mu's (2) aufbäumen, ohne Sporen zu beſitzen. Erſtere find aber nur mit ſehr kurzem, verſtecktem Schwanze verſehen, und letztere zum Theile völlig unge— ſchwänzt, folglich beide der gewaltſamen Einwirkung windiger Luft weniger ausgeſetzt, als die, ſämmtlich geſchwänzten Gattungen mit Sporen. Zugleich ſteht die Größe der Sporen offenbar ſtets in gewiſſem, angemeſſenem Ver— hältniſſe zu dem Umfange des Schwanzes. Denn ſie ſind nicht bloß kürzer bei allen Gattungen mit kleineren Schwänzen; ſondern auch der, oft ſehr große Unterſchied beider Geſchlechter Einer Art hierin ſtimmt überall vollkommen überein mit der, nicht ſelten ſo bedeutenden Verſchiedenheit beider in der Größe des Schweifes: z. B. bei den Faſanen, Pfauen, Haushühnern ꝛc. Nicht groß iſt übrigens die Zahl derjenigen Hühner, bei welchen der Schwanz ſeiner Kürze wegen unter den langen Bürzelfedern verſteckt liegt; noch geringer die Anzahl derer, welchen er wirklich fehlt. Bei den meiſten tritt derſelbe vielmehr ſehr deutlich hervor; und bei vie— len zeichnet er ſich durch eine ſehr bedeutende Länge aus. Die meiſten, wo nicht alle, richten denſelben namentlich im Frühlinge, wenn ſie ihren Weib— chen den Hof machen, zuweilen in ſtolzer Haltung und mehr oder weniger ausgebreitet (radförmig) in die Höhe; beſonders diejenigen, bei welchen er nach Verhältniß zu einer mäßigen Länge anſehnlich breit iſt. [s 135. Die Mehrzahl aller hochdaumigen Hühner mit ſichtbarem Schwanze, darunter faſt alle in gemäßigten und alle in heißen Erdſtri— chen lebende, haben unbeſiederte Fußblätter, und Zehen ohne kamm⸗ artig vorſtehende Hornſchuppen an den Seiten derſelben. Die mit Sporen verſehenen machen bei Weitem die Mehrzahl, wenigſtens der Gattungen, wenn nicht auch der Arten, aus. Sie gehen aber, wie es ſcheint, niemals um ihrer Nahrung willen auf Bäume: da ſie noch keine Knospen oder Blätter derſelben zu freſſen pflegen; weßhalb man ſie bei Tage ſelten dort gewahrt. Aſien, ganz vorzugsweiſe reich an Weſen dieſer Ordnung, beſitzt ausſchließlich die meiſten, eigenthümlichſten und ſchönſten Gattungen dieſer Familien, von deren mehreren die Männchen überhaupt zu den pracht— vollſten und intereſſanteſten aller befiederten Geſchöpfe gehören. *) ) Indeß iſt dieſe Schönheit für ſie, wenigſtens beziehungsweiſe, eine wirklich gefähr— 380 Vogel; ste Ordn.: Hühner; Die großeren Arten verzehren nächſt Inſekten und Pflanzenſtoffen oft Mäuſe, Fröſche und ſonſt kleine Wirbelthiere. Schon dieſes verbindet ſie wieder noch enger mit den Raubvögeln. Aber z. B. Dr, die Puter oder Truthühner, (Meleagris!) in den wärmeren und gemäßigte Gegenden von Nordamerika, theilen auch mit den dortigen Aasvögeln die Nacktheit des Kopfes und Oberhalſes, welche beide, ähnlich jenen des Condors, mit warzigen und theilweiſe faltigen Erhabenheiten bewachſen ſind; und mit letzterem haben ſie die ſchlotternde Kehlwamme gemein. Selbſt der längliche, hängende Fleiſchzapfen zwiſchen ihren Naſenlöchern mahnt, ſchon ſeiner Stellung nach, an die Fleiſchkämme des Geierkönigs und Condors. Im gereizten Zuſtande ſchwillt ſowohl er, wie die, ſonſt blauroth und hell bläulich gefärbten Halswarzen durch ſtärkeren Andrang des Blutes auf, verlängert ſich, und Beides wird nun hoch- oder blutroth: beſonders bei den Männchen, welche ſich oft ſehr zornig gegen einander gebehrden und, gleich manchen Wiederkäuern, durch den Anblick hochrother Farben noch mehr gereizt werden. Mitten auf der Oberbruſt ſteht ein fingersdicker Büſchel pferdehnarähns licher Borſten, der an recht alten Männchen wohl handlang wird. Das Gefieder zeichnet ſich noch mehr, als das mehrerer folgenden Gattungen, durch ſeinen breiten, faſt gerade abgeſchnittenen Endtheil und durch große Feſtigkeit aus. Hohe Beine mit nicht großen Sporen laſſen die Puter leicht und zierlich im langen Graſe und auf ſumpfigem Waldboden einherſchreiten. Auf Bäume ſetzt der gemeine (M. gallopävo) ſich freilich bei uns, im gezähmten Zuſtande, faſt nie: (weil er, wie Haushühner und Pfauen, deſſen hier aus mehreren Gründen abſichtlich entwöhnt wird;) im wilden aber des Nachts. Dort ſieht der Hahn ſchön dunkel bronze⸗ oder metallgrün aus mit dunklerem Rücken; am Schwanze braun mit ſchwarzer Binde vor dem weißen Endſaume; an den Schwungfedern gelblich und weißlich, ſchwarz gefleckt; an den Deckfedern theils kupferbraun, theils grün, mit ſchwarzer und weißer Endbinde. Die Henne iſt ſchlicht bräunlichgrau mit ſchwarzen, grau eingefaßten Federſäumen. Auch manche zahme Hähne ſehen noch recht hübſch aus, und den wilden ähnlich; die meiſten zeigen jedoch einen mehr bräunlichen, oder weißlichen Grund. Die erften Puter wurden im 16ten Jahrhunderte nach Europa gebracht, wo man ſie jetzt bis ins mittlere Schweden hinauf hält. In Deutſch— land nennt man ſie im gemeinen Leben meiſt fälſchlich „zahme Auerhühner“ oder gar „Auerhühner“ ſchlechtweg; zuweilen auch ſehr unrichtig kalekutiſche Hühner, oder Kalekuten. Eine Benennung, welche ſich urſprünglich auf die ähnlich klingen⸗ den, kollernden (gaudernden) Balzlaute der Hähne bezieht, aber Manchen auch zu liche Gabe. Denn ſie läßt ſie ihren Feinden immer viel leichter in die Augen fallen, als die Weibchen mit ihrem beſcheideneren Gewande: ſo daß bei ihnen gewiß mindeſtens dop— pelt oder dreifach ſo viel Männchen eine Beute der Raubthiere werden, als Weibchen. Daher, oder wenigſtens in Uebereinſtimmung hiermit, bleiben große, oder gänzliche Verſchiedenheit der Geſchlechter und Vielweiberei bei Hühnern, fo viel man weiß, ſtets gleichzeitige Erſcheinungen. Denn es ſteht namentlich bei ſolchen überall feſt: daß, obgleich die Zahl der Jungen beiderlei Geſchlechts zu Anfang entweder gleich, oder gerade die der männlichen größer iſt, (nie umgekehrt!) letztere doch bis zur nächſten Paarzeit hin bedeutend zuſammenſchmilzt und dann gewöhnlich um ſehr viel geringer ge⸗ worden iſt, als jene der Weibchen. Somit würde hier alſo die Vielweiberei, auch wenn ſie nicht bereits urſprünglich im Plane der Natur gelegen hätte, ſich gewiſſermaßen und bei vielen Gattungen ſchon von ſelbſt ergeben: indem die zahlreicheren Weibchen veranlaßt ſind, ſich auf den Ruf der wenigeren Männchen um dieſe zu verſammeln. Dadurch aber, daß die ſtärkeren, älteren Männchen gewöhnlich die meiſten einjährigen, wenn fie ſich auf ihren Balzſtätten den Hennen nähern, mit Erfolg bekämpfen und vertrei— ben, kann dieſes Verhältniß allerdings, wenigſtens im Ganzen, auch bedeutend mit zur Er⸗ zielung einer kräftigeren Nachkommenſchaft beitragen. . a b) hochdaumige: Furzflügelige. 381 der irrigen Meinung verleitet hat, als ob die Vögel aus Oſtindien, namentlich aus der Präſidentſchaft Kalkutta, ſtammten.) Man zieht fie, beſonders in manchen Gegenden von Frankreich und England, ihrer Größe und des wohlſchmeckenden Fleiſches wegen in Menge auf, treibt ſie dann ſchaarenweiſe auf Wieſen und Fel— der, und ſpäterhin ebenſo nach großen Städten zu Markte. Doch gelingt ihre Aufzucht nicht alle Jahre gut. Denn manchen Sommer ſterben ſehr viele Junge: vorzugsweiſe um die Zeit, wann ſie die Kopf- und Halswolle verlieren, dieſe Theile alſo kahl werden ſollen. Die Urſache hiervon liegt höchſt wahrſcheinlich darin: daß bei uns der Sommer häufig um eben ſo viel kühler und feuchter iſt, wie der Winter gelinder und kürzer zu ſein pflegt, als unter gleichen Breiten in Nord— amerika, wo dann übrigens die wilden Puter theils in tiefen, ſumpfigen Eichen⸗ und Buchenwäldern Schutz und Futter finden, theils auch (meiſt laufend) nach milderen Strichen auswandern. In England halten manche große Grundbeſitzer ſie in ihren weitläufigen Thiergärten oder Faſanerieen in halbwildem Zuſtande. Zahme Hennen gebraucht man theils wegen des Eifers, der Geduld und Sorgfalt, mit welchen ſie brüten und die Jungen führen, theils ihrer Größe wegen in unſeren (ſo genannten!) zahmen Faſanerieen gern zum Ausbrüten der Faſaneneier. Man bemerkt bei den Putern, zum Theile wohl ihrer Größe wegen, mehr als bei ande— ren Hühnern jenen eigenthümlichen, im gemeinen Leben ſo oft beſprochenen Unter— ſchied zwiſchen der Weiße, Weiche und Mürbe des Bruſtfleiſches gegen das dunk— lere, härtere und zähere der Schenkel. Ein Gegenſatz, welcher ohne Zweifel zunächſt mit in der ſeltenen, bei gezähmten beinahe ganz wegfallenden Thätigkeit der Bruſt— und Flügelmuskeln im Gegenſatze zu den, ſo vorzugsweiſe thätigen Schenkelmuskeln beruht, die natürlich hiernach einen ſtärkeren Zufluß von Blut bedürfen und erlan⸗ gen, alſo ſchon deßhalb in gleichem Grade eine dunklere Färbung annehmen müſſen, wie ihre Muskelfaſern nur zäher, feſter und ſehniger werden können.“) — Das Land um die Hondurasbai bewohnt ein Puter, noch weit ſchöner, als der wilde im nördlicheren Amerika, an Farbenpracht einem Pfaue ähnlich, mit blauen, gold— und rubinfarbig eingefaßten Augenflecken auf den Schwanz- (oder den größten Schwanzded=?) Federn. (M. ocelläta.) [s 136, Südaſien, in allen Theilen fo vorzugsweiſe reich an den ſchönſten Hühner— gattungen und Arten, beſitzt in den nördlichen, gebirgigen Strichen von Indien das ſonderbare Satyrhuhn. (Tragöpan Satyrus, Meleagris S.) Eine Mittelform zwiſchen Puter und Faſanen, von der Größe eines Haushahnes: mit ausdehnbarer, nackter Kehlwamme von blauer und orangerother Farbe, und mit faſt kahlem Kopfe, welcher beim Männchen hinter jedem Auge eine Art kleines, dünnes Horn trägt. Der Hahn ſieht herrlich hochroth aus, mit weißen, fein ſchwarz eingefaßten, runden Fleckchen; an den Flügel- und Bürzelfedern grau mit weißen Flecken. Das Weib⸗ chen und die Jungen ſind braun. Aehnlich geſtaltet, mit länglichem und breitem, ſtark zugerundetem Schwanze, *) Indianiſche Hühner heißen fie nur aus demſelben Grunde und mit demſelben Unrechte, aus und mit welchem man die Urbewohner von Amerika häufig Indianer nennt. Doch hat man bekanntlich, dieſes Unrecht erkennend, ſich auch längſt gewöhnt, zwiſchen Iu— dianer und (Oſt-⸗) Indier, indianiſch und indiſch, zu unterſcheiden. — *) Daher die Erſcheinung: daß jener Unterſchied ſowohl bei wilden Hühnerarten, wie bei anderen Vögeln von ähnlicher Lebensweiſe, immer weniger ſcharf hervortritt, als bei zahmen; auch z. B. bei den hänfiger fliegenden Repphühnern ſchon weniger, als bei den weniger fliegenden Faſanen und Wachteln; — ebenſo der Umſtand, daß Wildprät überhaupt dunkler gefärbt erſcheint, als das Fleiſch ähnlicher, zahmer Thiere, und jenes von Pferden dunkler, als das anderer Hausthiere; ferner bei Zugochſen mehr, als bei Kühen ze. 382 | Voͤgel; 6te Ordn.: Hühner; erſcheinen dort die fo genannten Federbuſchträger. (Lophophörus.) Dieſe kommen jedoch an Größe einer Truthenne nahe. Auch ſind bei ihnen, wie bei den Faſanen, bloß die Backen- und Augenkreiſe nackt und roth; der Oberſchnabel iſt beſonders langhakig, (vermuthlich zum beſſeren Herausbohren kleiner Zwiebel—⸗ gewächſe oder Wurzelknollen;) und der Kopf mit einem rückwärts hängenden Feder— buſche geſchmückt. Um des letzteren willen hat man ſie, wenig paſſend, mit den Pfauen verglichen. Denn nur bei Einer Art, wegen der glänzenden Schönheit ihres Männchens ſtrahlender Kopfbuſchträger (L. refulgens) genannt, zeigt jeder Federſchaft des Schopfes bloß ein blattähnliches, grünes Ende, welches, gleich dem Rücken und einem Flügelflecke, vortrefflich in Gold-, Kupfer-, Sapphir⸗ und Smaragdfarbe ſchillert, während die Unterſeite ſchwarz ausſieht. Bei der zweiten, dem ſchwarzen F., (L. Cuviéri,) mit ſtahlblauer Unterſeite und weißen Feder⸗ einfaſſungen auf dem Rücken, beſteht der ſchwarzblaue, tief herabhängende Kopfbuſch ſchon aus ſchmalen, bloß etwas zerſchlitzten Federn. Weibchen und Junge tragen bei beiden ein ſchlicht braunes, etwas mit Grau und Gelblich gemiſchtes Gewand. Scchon nähere, aber viel kleinere Verwandte der Pfauen, mit längeren Schwanz⸗ federn, als die bisher aufgeführten Gattungen, ſind die Chinquis oder Doppel⸗ fporne, (Diplectröpus, Polyplectron!) deren Männchen regelmäßig 2 Fußſporen tragen. Ehedem rechnete man fie wirklich zu den Pfauen. Ihre Schwanzzdeckfe— dern verlängern ſich jedoch noch ſehr wenig, und zeigen bei einer Art mit blauem Schwanze (D. chalcũürus) bloß gelbbraune und ſchwarze Querſtreifen. Aber eine zweite, der weißringelige Dſp., (D. albo-ocellätus,) trägt am Ende der⸗ ſelben ſchon runde, tief-blaue, von einem weißlichen Kreiſe umgebene (Augen-) Flecke. Und bei der dritten, dem ſonſt fo genannten zweiſpornigen oder tibeta— niſchen Pfaue, (Pavo bicalcarätus s. tibetänus,) ſtehen nicht bloß auf jeder von ihnen bereits 2 dergl. große, prächtig blaue, hell bräunlich eingefaßte Spiegel- flecke, ſondern auch an jeder Schulterfeder ein ähnlicher, kleinerer: während ſonſt die Oberſeite des Vogels bräunlichgrau ausſieht, mit ſchwärzlichen Strichen und weißen Punkten. [S 137. Die wirklichen Pfauen (Pavo) ſind jene großen Prachthühner, deren Namen in faſt allen neueren und alten Sprachen Europa's mehr oder weniger deutlich auf das unangenehme, langgedehnte Paarungsgeſchrei ihrer Männchen anſpielen. Man erkennt ſie ſchon an der ſchönen, eigenthümlichen Krone aus fingerslangen, nackten, bloß am Ende mit einem Stück Fahne bewachſenen Federſchäften, welche mitten auf dem Kopfe kreisförmig bei einander ſtehen und nach oben zu dütenförmig aus einander gehen. Ihre Backen, mit beſonderen, äußerſt kurzen, weißen Federchen bewachſen, ſind von ſchwarzen Längeſtreifen durchzogen. Der Schwanz ſelbſt iſt zwar ſchon faſt eben ſo lang, wie der ganze Vogel ohne ihn, dabei zugerundet und von einfach bräunlichgrauer Farbe; indeß verſchwindet er gleichwohl völlig unter ſeinen ungeheueren oberen Deckfedern. Dieſe verlängern ſich namentlich bei den Männchen, vom dritten Jahre an, ſo außerordentlich, daß die unterſten, als die längſten, den wirklichen Schwanz um mehr als das Doppelte überragen, und ihn daher oberwärts, wie ſeitwärts überall verdecken. Dafür werden ſie aber haupt⸗ ſächlich von ihm getragen. An allen beſteht regelmäßig der von anderen, kürzeren verdeckte Theil bloß aus langen, ſehr dünn geſtellten Faſern, ähnlich den meiſten Schwanzfedern des Leierſchweifes und den Weichenfedern der Paradiesvögel. (Eine Einrichtung, ohne welche das, ohnehin ſchon ſo ſchwere Ganze doch allzu ſehr ins Gewicht fallen würde.) Der ſichtbare Theil hat jenes eigenthümliche, man möchte ſagen Wollig-Metalliſche oder Metallſtaubähnliche, welches hier mindeſtens ebenſo, wie bei irgend einem anderen Vogel heißer Länder, in alle Arten von Gold- und b) hochdaumige: kurzflügelige. 383 Kupferfarbe ſpielt. Dabei find die am äußerſten Rande ſtehenden faſt ebenſo, wie die zwei Mittelfedern im Schwanze des Leierſchweifes, entweder bloß auf der äußeren Seite gebärtet, und ſäbelähnlich geſtaltet; oder der Bart der inneren Seite beſteht wieder bloß aus wenigen langen, vereinzelten Grundfaſern. In der Mitte, oder über drei Viertheile der Geſammtbreite im ruhenden Zuſtande, liegen der ganzen Länge nach mehrere Reihen, deren Endſtück kurz vor der Spitze je einen jener großen, herrlich blauen, mitten ins Schwarze verlaufenden Flecke zeigt, welche äußerlich heller und dunkler mit Kupfer- und Bronzefarbe eingefaßt ſind und unter dem Namen Pfauenaugen oder Augenſpiegel die Hauptzierde dieſer unvergleichlichen, mit Recht bewunderten Vögel bilden. Eigenthümliche, ſtarke Hautmuskeln des Unterrückens und der Schwanzgegend, welche hier ſtärker als bei allen anderen Vögeln ſind und ſein müſſen, können den wirklichen Schwanz und mit Hilfe deſ— ſelben auch den ganzen, wunderbaren Federzierrath ebenſo, wenn auch nicht ſo leicht, ſenkrecht in die Höhe heben und radförmig ausbreiten, wie bei den Putern und den meiſten anderen Hühnern: fo, daß nun die herrlichen Augenflecke auf goldgrü⸗ nem Hauptgrunde reihenweiſe in großen, faſt kreisrunden und nach hinten immer größer werdenden Bogen über das Ganze vertheilt ſtehen.“) Eine Pracht, wie ſie bei dem lebhaften Gold- und Metallſchimmer des Gefieders keine Kunſt des Malers treffend wiederzugeben vermag! Ein bezaubernder Anblick, den freilich der Vogel im Ganzen nur ſelten gewährt: nämlich bloß im Frühlinge, wenn er damit vor ſeinem Weibchen prunken will. Letzteres ähnelt dem Männchen nur in Betreff der Flügel und der Scheitelkrone. Sonſt trägt daſſelbe nicht bloß eine ziemlich beſcheidene Färbung; ſondern es beſitzt auch kaum halb ſo lange Schwanzdeckfedern, welche der ganzen Schwanzparthie ein gewiſſes unvollkommenes, wie verſtutztes Ausſehen geben, dabei nur wenig anders und wenig hübſcher gefärbt ſind, als Rücken und Hals. Doch erſcheinen überall ſowohl der eigenthümliche Zuſchnitt und die zerſchliſſene, oder ſonſtige Bildung dieſer Federn, wie die Augenflecke des Männchens, kenntlich angedeutet: letztere freilich hauptſächlich bloß durch Graubraun mit hellerer Einfaſſung. Der große Umfang und die bedeutende Schwere dieſes merkwürdigen Federapparates machten, um einen Pfau durch die Luft zu tragen, größere Flügel mit längeren und breiteren Schwingen nöthig, als bei den meiſten übrigen Hühnern. Die Nothwendigkeit, denſelben in wagerechter Haltung zu tra— gen, um ihn vor Näſſe und Schmutz zu bewahren, erforderte in gleichem Grade höhere Beine, welche dann ihrer Seits wieder eine größere Länge des Halſes als bei andern Hühnern bedingen. Nicht ſowohl die ungewöhnliche Länge des Ganzen, welche den Schweif bei jeder Bewegung des Vogels einen ſo weiten Kreis beſchrei— ben läßt, als vielmehr feine bedeutende, nach hinten zunehmende Breite und gänz— liche Unbiegſamkeit, eignen im wilden Zuſtande namentlich die männlichen Pfauen bloß zum Aufenthalte auf halb freien, oder lichten, von großen Bäumen umgebenen Waldplätzen und im dünneren, alten Hochwalde. Zwiſchen Geſträuch, Stangen— holz oder dergl. würden ſie faſt jeden Augenblick in die Enge kommen, und dann ſehr häufig in Gefahr vor Raubthieren gerathen, unter welchen ihnen ohnehin vor— zugsweiſe der Tiger gern und häufig mit Erfolg nachſtellt. Denn der gemeine oder gekrönte Pfau (P. eristatus) lebt urſprünglich wild in Oſtindien. Gezähmt hält man ihn ſeit langer Zeit auch im größten Theile von Europa, wohin er bereits durch Alexander den Großen von ſeinem Zuge nach Indien mitgebracht wurde. Seine Krone beſteht aus Schäften mit einer Art rundlichem Federknopfe; und die ) Vermoͤge der bezeichneten Stellung der Federn unterſcheidet ſich ein radſchlagender Pfau von einem Puter in gleichem Falle ſchon weſentlich dadurch: daß bei letzterem das Nad ganz am Ende, bei erſterem nahe hinter der Mitte des Rückens ſteht. 384 Vögel; 6te Ordn.: Hühner; Flügel zeigen drei breite Hauptſtreifen von roſtrother, von ſchwarzer und von hell: bräunlicher, dunkel geflammter Färbung. Der Bauch der Männchen iſt ſchwärz— lich; der Hals, mit lockeren Federn bedeckt, herrlich tiefblau, nach dem Rücken zu in Blau und Goldgrün übergehend. Die wilden übertreffen ſogar (ohne Zweifel ſchon mit in Folge der Einwirkung des Klimas) die unſerigen noch an Schönheit der Färbung, welche am Rücken mehr ins Blaue fällt. Gezähmt, arten manche ins Gefleckte, einzelne völlig ins Weiße aus. Letztere, gleichfalls eigenthümlich ſchön ausſehend, laſſen trotz der blendendſten Weiße ihres Gefieders ſtets noch eine, leicht glänzende Andeutung der Augenflecke erkennen, welche wie in leichtem Nebels ſchatten zu ſtehen ſcheinen. Dieſe rührt auch wirklich nicht von Farbeſtoff, ſondern lediglich von einem feinen Schatten her, welchen, bei der Verſchiedenartigkeit des Gefüges der Federn an verſchiedenen Stellen, die einen ihrer Fäſerchen auf die anderen werfen. Leider richten die Pfauen in Gärten, wohin ſie ihrer Schönheit wegen ſo gut paſſen, an Beeren und mancherlei ſaftigen Früchten um ſo mehr Schaden an, je weiter ihre Größe ſie an Obſtſpalieren und dergl. hinaufreichen läßt. Auch beläſtigt oft der mißtönende Balzruf der Hähne, welcher ſich bei günſtigem Winde eine Viertelmeile weit vernehmbar macht. Schon ſeine Stärke müßte darauf leiten, daß wohl auch die wilden Pfauen in Vielweiberei leben.“) — Die zweite Art, der ährenhaubige Pfau, (P. spicifer, P. muticus!) in den Bergwäldern von Sumatra, unterſcheidet ſich nicht bloß durch ſeinen goldgrünen Hals; ſondern auch durch eine Haube aus langen, ſchmalen Federn, welche ſich mit ihren, an der Wurzel nackten Schäften faſt wie Getreideähren ausnehmen. Hierin ähnelt er bereits einem anderen prachtvollen, glänzend ſchwarzen Hühnervogel daſelbſt, dem Aehrenträger. (Spicifer.) Dieſer heißt jetzt fo nach feinem ähnlichen, nur noch auffallenderen, (man möchte hier wirklich ſagen „langſtieligeren“,) aufrichtbaren Federbuſche: während er ſonſt nach der rothgoldigen Farbe ſeines Bürzels Feuer— faſan (Phasiänus ignitus) hieß. Viel paſſender wäre aber ſchon das Wort Feuer⸗ hahn geweſen. Denn er ſtellt wirklich in gewiſſem Grade eine Mittelform zwiſchen Pfauen und der Gattung unſerer Haushühner vor, ſteht jedoch letzteren weit näher. Namentlich theilt er mit denſelben, und zwar allein von allen Hühnern, den eigen— thümlichen, ſtark zuſammengedrückten, ſenkrechten Schwanz, der ſonſt nirgends wies der ſo vorkömmt, und deſſen mäßig lange, nach der Mitte hin etwas zunehmende Federn winkelig oder dachähnlich gegen einander ſtehen. Zweitens trägt er im männlichen Geſchlechte auch die beſonders langen, ſchön wallenden, bogenförmigen Schwanzdeckfedern, deren beide mittelſte mehr als doppelt ſo lang ſind, wie die eigentlichen Schwanzfedern: ſo daß ſie gewiſſermaßen einen Uebergang von der Bildung des Pfauenſchweifes zu jenem der Faſane vermitteln helfen. Auch die kahle Backen⸗ und Augengegend findet ſich beim Aehrenſchopfe. Dagegen mans geln ihm jedoch noch [$ 138. die rundlichen, fleifchigen Kehllappen der Haus- oder Kammhühner, (Alec- tor, Gallus!) ebenſo, wie der längliche, ausgezackte Fleiſchkamm der Stirn. Beide ſind von rother Farbe, etwas warzig, und bei den Männchen viel größer, als bei den Weibchen. Erwachſenen Hähnen wächſt das glänzende, am Rande zerſchlitzte kleine Gefieder des Oberleibes viel ſchmäler und mindeſtens doppelt, bis dreifach ſo lang, wie den ſchlicht gefärbten, glanzloſen Hennen. Ganz beſonders gilt Dieß 2 Von zahmen Vögeln darf man in dieſer Beziehung noch nicht immer mit Beſtimmt⸗ heit auf die wilden ſchließen. Dieß beweiſen die Hausenten, noch mehr aber die zahmen Gänſe, welche man beide an das Leben in Polygamie gewöhnt hat: während fie ſich wild immer ſtreng paarweiſe halten. b) hochdaumige: kurzflügelige. 385 vom Halſe: wo es den Hähnen neben der Kehle zu beiden Seiten mähnenartig herabhängt, und nicht allein ſtets als große Zierde dient, ſondern auch, aufgeſträubt, bei ihren Kämpfen gleichſam einen Schild abgiebt, um die Schnabelhiebe des Geg— ners aufzufangen. Unter den zahmen oder Haushühnern (6. domesticus) giebt es viele ſchwärzliche Hähne mit rothgelbem Halſe und glänzend braunro— then Flügeln: unſtreitig die ſchönſten von allen. Sie ſehen oft völlig denen einer wilden, unter dem Namen Ayam-Bankiva (G. bankiva) bekannten Art gleich, welche in manchen einſamen Wäldern von Java und Sumatra lebt, und gewiß mit vollem Rechte als Stammart unſerer zahmen betrachtet wird. Das Nämliche gilt von manchen röthlichbraunen, gelb und ſchwarz gemengten Hennen. Sonſt findet man von zahmen beide Geſchlechter bald bis zum Schwarzen verdunkelt; bald heller und gelblicher; bald weiß gefleckt, oder ganz weiß. Letzteres gilt nur von Hennen. Die Hähne behalten eine gewiſſe, urſprüngliche Anlage zum Roth— gelben ſo unvertilgbar bei, daß ein erwachſener wenigſtens am kleinen Gefieder nie anders, als gelblich, erſcheint. Dagegen bleiben die, bereits in ihrer Jugend ver— ſchnittenen Hähne, (Kapaunen,) welchen man gewöhnlich Kamm und Kehllappen abnimmt, in ſolchem Falle immer viel weißer. Zugleich bekommen ſie alle noch bedeutend längere Schwanzdeckfedern, als gewöhnliche Hähne.) Dieß nöthigt ſie, den ſchwereren Schwanz auch mehr wagerecht zu tragen. Der große Nutzen, wel— chen uns die Haushühner durch Fleiſch und Eier gewähren, veranlaßte ſchon in den früheſten Zeiten menſchlicher Kultur ihre Verbreitung nach dem ſüdweſtlichen Aſien, von da nach dem Südoſten Europa's, und ſo immer weiter, nach allen, von Eu— ropäern coloniſirten Theilen der Welt. Hierbei hat das Thier allmählig, theils in Folge ſeines eingeſchränkten Zuſtandes, theils vielleicht durch gleichzeitigen Einfluß des Klima's, mancherlei Veränderungen und Ausartungen erfahren, welche bei den Hähnen ſtets am deutlichſten hervortreten. Manche haben einen gewaltig hohen, oft hängenden Fleiſchkamm bekommen; andere einen niedrigen und breiten, gleichſam drei- oder vierfachen. Wieder anderen dagegen iſt derſelbe faſt, oder ganz verloren gegangen. Sie tragen dann ſtatt ſeiner einen großen, oder ſehr großen Fe— derbuſch, der bei manchen aufwärts ſteht, bei mehreren aber halbkugelartig herab— fällt und zuweilen ſo tief über die Augen niederhängt, daß ſo gezierte Vögel ſich vielfach im Sehen gehindert fühlen. (Hauben hühner.) Manchen ſteht alles kleine Gefieder gleichſam verkehrt, d. h. rückwärts (mit den Enden nach dem Kopfe, ſtatt nach dem Leibe) gekrümmt: was ſehr häßlich ſtruppig ausſieht und ſolche Thiere (Strupphühner) im Winter viel froſtiger macht, als die mit anſchlie— ßendem Federkleide. Vielen dagegen wachſen bei uns, wie zu beſſerem Schutze gegen die Kälte, auch zwiſchen den Hornſchildern der Fußblätter noch kleine Fe— derchen hervor, welche ſich dann bei ihren Nachkommen häufig ſchon über die Ze— hen verbreiten und nach mehreren Generationen oft ſo lang werden, daß ſie ſehr im Gehen hindern. (Federfüßige oder Latſchhühner.) Dieſer Uebelſtand hat jedoch anderweitig auch wieder ſein Gutes: indem er das Scharren in lockeren, bebauten Boden, durch welches die Hühner in Gärten oft ſo läſtig und nachtheilig werden, faſt gänzlich verbietet. Deßhalb kann man ſolche zu Zeiten weit eher, als glattfüßige, zur Vertilgung von Inſekten und Larven in den Gärten dulden. Manche andere haben, ſonderbarer Weiſe, den ganzen Schwanz ſammt Deckfedern völlig verloren: ſo, daß ſie hinten gar wunderlich rund und kugelig ausſehen. (Klut⸗ oder Kaulhühner.) Aus ihrer Vermiſchung mit gewöhnlichen, ges *) Eine Erſcheinung, welche in ihrer Weiſe offenbar dem Umſtande entſpricht, daß auch bei den Hausrindern die Ochſen längere und ſpitzere Hörner tragen, als die Stiere und Kühe. Gloger, allgem. Naturgeſchichte 25 386 Vögel; bte Ordn.: Hühner; ſchwänzten entſtehen zuweilen Krüppel mit unvollſtändigem, halbem oder einſeitigem Schwanze. Ferner giebt es Beiſpiele, daß ſelbſt Mißgeburten mit überzähligen Gliedertheilen, z. B. mit 5 oder gar 6 Zehen, dieſe Abweichungen fortgepflanzt haben. Scherzweiſe bringt man zuweilen auch ſonderbare und intereſſante Mißge— ſtalten künſtlich hervor: indem man z. B. einem, ſo eben geſchlachteten Hahne ſchnell einen oder beide Sporen abſchneidet, und dieſe ſofort einem bereit gehaltenen lebendigen mit recht breitem Kamme an (oder vielmehr in) eine wund gemachte Stelle des letzteren einſetzt. Zweckmäßig befeſtigt, heilt das Ganze bald zuſammen, und der eingefügte Sporn wächſt an.“) Ein ſolcher Hahn ſcheint dann ein oder zwei wirkliche Hörner zu tragen. Sonſtige Abänderungen beruhen meiſt auf Grö— ßenverſchiedenheiten. Die ſo genannten paduaniſchen Hühner, in der Regel mit kugelähnlichen, ſtehenden Hollen, ſind bedeutend größer und wegen ihrer viel län— geren Beine und Hälſe namentlich weit höher, als die gemeinen; aber mit kürze— rem und noch ſteifer aufrecht ſtehendem Schwanze. Das Rieſenhuhn auf Java, Sumatra ꝛc. iſt noch einmal ſo groß, als die gemeinen: ſo daß mancher Hahn dieſer Raſſe mit dem Schnabel auf einen Eßtiſch von gewöhnlicher Höhe reicht. Dagegen ſind die, meiſt latſchfüßigen Zwerghühner oft kaum halb ſo groß, wie die gewöhnlichen; zuweilen wenig größer, als manche türkiſche Tauben. Anderwei— tig bedeutend abweichend, aber doch wahrſcheinlich auch nicht als Arten verſchieden, find zwei Raſſen von Haushühnern in Indien und China: das kohlſchwarze Moh— tens oder Negerhuhn, an welchem nicht bloß das Gefieder nebſt Kamm und Kehllappen, ſondern auch die ganze Körperhaut und ſelbſt die Haut aller Knochen (Beinhaut) ſchwarz ausſehen; und das Woll- oder Seidenhuhn, mit eben ſo ſchwarzer Leib- und Beinhaut, aber mit weißen, haarähnlich zerſchliſſenen, glän⸗ zenden Federn. Nur auf größeren Höfen und bei einer größeren Hühnerzahl leiden mehrere, gleichzeitig oder allmählig eingewöhnte Haushähne einer den anderen gut— willig. Sonſt aber beginnt der einmal eingebürgerte mit jedem neuerdings zuge— brachten ſogleich einen heftigen Kampf, nicht ſelten auf Leben und Tod. Deßwe— gen hat man bereits vor alten Zeiten in Südeuropa, und ſelbſt in neuerer Zeit noch in England, ſich oft das grauſame und wunderliche Vergnügen gemacht, Hähne, zum Theil öffentlich, mit einander kämpfen zu laſſen und Wetten darauf einzugehen, welcher von beiden ſiegen würde. Zu dieſem Behufe ſchraubte man ihnen gewöhnlich, um ſie noch wehrhafter zu machen, ſcharfe ſtählerne Sporen auf ihre natürlichen an: während man ſie, damit ſie dem Gegner weniger Gelegenheit zum Anfaſſen und Feſthalten darbieten ſollten, durch Verſchneiden der Flügel und Schwänze abſcheulich verunſtaltete. Gar mancher blieb dann, wenn man die ſtrei— tenden nicht endlich aus einander brachte, todt auf dem Platze; und ſelbſt der Sie— ger ſtarb nicht ſelten an ſeinen Wunden. Einzelne Haushähne werden im höheren Alter überhaupt ſehr dreiſt und böſe. Sie fallen dann mitunter ſelbſt über kleine Kinder her: beſonders ſolche, welche unverſtändiger Muthwille durch häufige Necke— reien, oder gar durch abſichtliches, öfteres Füttern mit Knoblauch, Gewürzkörnern und ſonſt aufregenden Stoffen gereizt, und ſo in ihrer Neigung noch beſtärkt hat. Auch den Hennen fehlt es, ſo lange ſie noch kleine Junge führen, gar nicht an Muth, um Katzen und ſelbſt große Hunde, welche ihren Kleinen (Küchlein) zu nahe kommen, wüthend anzufallen. In dieſer Zeit hat man daher Urſache, kleine ) Das ganze Verfahren iſt eine Vereinigung jener bedeutenden wundärztlichen Ope— ration, vermittelſt welcher man z. B. eine verloren gegangene Naſe durch ein Stück von größten Theils, aber nicht ganz abgelöſter Haut aus dem Arme erſetzt, mit dem bekannten (aus phyſiologiſchen Gründen angeſtellten) Verſuche, ein langes Kopfhaar vorſichtig fo auf den Arm zu verpflanzen, daß es hier fortwächſt. b) hochdaumige: kurzflügelige. 387 Kinder auch vor ihnen wohl in Acht zu nehmen. In Egypten bewirkt man ſeit länger als ein Paar Jahrtauſenden faſt auf jedem Dorfe das Ausſchlüpfen der Jungen aus Hunderten, ja gewöhnlich aus Tauſenden von Hühnereiern durch künſtliche Wärme: weil man die Jungen dort bei der hohen, anhaltenden Wärme und Trockenheit des Klima's leicht ohne Mutter aufziehen kann.“) Dort ſcheinen nun die Haushühner den, bereits Tauſende von Generationen hindurch meiſt un— benutzt gebliebenen Trieb zum Brüten allmählig immer mehr verloren zu haben, legen aber dafür um ſo mehr und faſt ununterbrochen. Bei uns brüten dagegen manche Hennen in Einem Sommer zweimal. Viele ſind jedoch ſtets ſehr ſchlechte, unordentliche Brüterinnen, welche nur die Eier verderben. Die Hähne gelten mit Recht als Muſter von Wachſamkeit: theils in Bezug auf das Erſcheinen von Feinden, oder ſonſt bedenklichen Gegenſtänden; theils, weil ſie ihr mehrmaliges Er— wachen im Laufe der Nacht wiederholentlich durch ihre krähenden Balzlaute zu er— kennen geben. Mit beigeſperrten Faſanenhennen erzeugen ſie leicht Baſtarde. — In den Gatesgebirgen von Hindoſtan lebt das merkwürdige, ſeinem Entdecker, ei— nem berühmten franzöfifchen Reiſenden, zu Ehren benannte Soneratſche Kamm— huhn. (G. Sonneräti.) Es ſieht fonft der (wilden) gemeinen Art ziemlich gleich; aber die Schäfte an den goldgelben Halsfedern des Hahnes werden auf ähnliche Weiſe, wie die an den Hinterſchwingen unſeres Seidenſchwanzes, nach ihrem, ſtumpf-ovalen Ende zu breit, und bilden hier 3 eigenthümliche Hornplättchen hin— ter einander: ein länglich-dreieckiges, ein rundliches und ein viel längeres ſchmal— ovales. Die kleinen Flügeldeckfedern zeigen überhaupt beinahe gar keine eigentliche Fahne, ſondern beſtehen faſt ganz aus ähnlichen, jedoch einfachen, zinnoberrothen Hornplättchen. Am Gefieder der Henne findet ſich davon keine Spur. [§ 139. Das Gabelſchwanzhuhn, der Ayam alas der Javaneſen, (Creagrius varius,) wurde bisher ebenfalls mit den Haushühnern als Gattung zuſammenge— ſtellt. (Gallus furcatus.) Doch unterſcheidet es ſich von ihnen nicht bloß durch ſeinen gabelförmigen und wagerecht ſtehenden Schwanz, ſondern auch durch einen glatten (nicht ausgezackten) Fleiſchkamm; ferner durch Mangel der Kehllappen, durch den Beſitz einer kleinen, nackten Kehlwamme und durch die, jederzeit rund— liche Bildung ſeiner Halsfedern. Der Hahn iſt ſchwarz mit kupfergrünem, ſchwarz geflecktem Halſe: gleichſam ein Mittelding zwiſchen einem gewöhnlichen Haus- und einem Birkhahne. “) Die Faſane (Phasiänus) find ohne Kamm und Kehllappen oder Wamme, und haben bloß um die Augen bis über die Backen einen kahl ausſehenden Fleck. Dieſer iſt jedoch bei den Männchen ganz, bei den Weibchen ſtreifenweiſe mit ſon— derbaren, hochrothen Wärzchen beſetzt, welche eigentlich ein ſeltſames Mittelding zwiſchen wirklichen Fleiſchwarzen und weicher Hornmaſſe ſind. Ihr langer, ſtark keilförmiger Schwanz hat kurze, oder wenig verlängerte Deckfedern. Er erſcheint zwar deutlich zuſammengedrückt, aber weniger, als bei den Kammhühnern, iſt daher mehr rinnenförmig, als dachähnlich gebaut. Die Männchen gehören alle zu den vorzüglich ſchönen, mehrere zu den prachtvollſten Geſchöpfen dieſer Ordnung, wie der Vögel überhaupt. Alle zeigen wenigſtens ſtellenweiſe, am Halſe und Rücken, ſehr glanzreiche Federn mit ſcharf umſchriebenem, gleichſam beſchnittenem Rande. Ihre Weibchen haben kürzere Schwänze, und gehören nicht bloß zu den am 9 Man hat hierzu beſondere Brütöfen, und Perſonen, welche für eine zweckmaͤßige, geregelte Heizung derſelben ſorgen. Wer da junge Hühner zu haben wünſcht, ſchickt Cier an den Heizer, (Brütmeiſter!) und empfängt dafür gegen gewiſſe Gebühren oder Abzüge nach 3 Wochen eine beftimmte, verhältnigmäßige Anzahl Küchlein zurück. *) Aus der Zahl der ſpäter folgenden Hühner mit Hornfranzen en Zehen. 2 388 Vögel; öte Ordn.: Hühner ſchlichteſten gefärbten Hühnern, ſondern auch zu jenen, wo, etwa mit Abrechnung der Vorderſchwingen, beide Geſchlechter auch nicht Eine gleich gefärbte, oder gleich gezeichnete Feder an ſich tragen. Sämmtliche Arten gehören noch dem wärmeren Aſien an. Bei einigen ſind die Schwanzdeckfedern der Hähne am Ende zerſchliſ— ſen, und die Hälſe derſelben noch ohne Federkragen. So bei der, am weiteſten weſtlich und nördlich wohnenden Art, dem gemeinen oder eigentlichen Faſane, (Ph. colchicus,) welcher auf ſehr unpaſſende Weiſe der ganzen Gattung ſeinen Namen gegeben hat: weil die Griechen ihn, bei dem bekannten Argonautenzuge, aus der Gegend des Flußes Phaſis in Kolchis (dem heutigen Mingrelien) zuerſt nach Europa gebracht haben ſollen. Der Hahn kann hinter den Augen auf jeder Seite einige kurze Federchen wie ein Paar Hörnchen in die Höhe richten. Er ſieht am Kopfe und Halſe ſtahlblau aus; ſonſt aber vorn glänzend gelblichroth, mit ſchwarzblauen, doppelt-bogigen Einfaſſungen; hinterwärts mehr rothbraun; an den Flügel- und Schwanzdeckfedern röthlich- und gelblich-hellbraun mit ſchwarzbrau— nen Streifen. Die Henne iſt röthlichgrau, an der Bruſt grauröthlich, überall mit ſchwarzbraunen Punkten und dunkelbraunen Schaftflecken. Man ſchätzt an ihm theils ſeine Schönheit, welche übrigens der anderer Faſane nachſteht; theils den vortrefflichen, etwas an Moſchus erinnernden Geſchmack ſeines Fleiſches. Man hat ihn daher allmählig immer weiter in Europa verbreitet: indem man ihn zuerſt in ſo genannten zahmen Faſanerien (eng eingeſchränkten, umzäunten!) aufzog, und ſpäterhin auch in ſo genannten wilden zu halten anfing, wo man ihn bloß zu Zeiten füttert und ſtets vor Raubthieren zu ſchützen ſucht. Vorzüglich aus dieſen trat er dann, bei feiner entſchiedenen Neigung zur Freiheit, immer mehr aus: fo daß er immer mehr verwilderte und ſich ſelbſt weiter verbreitete. Jetzt findet man ihn daher ſeit langer Zeit mehr oder weniger im ganzen ſüdlichen Europa, zum Theil auch im mittleren, z. B. in Ungarn und bis nach Böhmen herauf, in ſum— pfigen, oder ſonſt waſſerreichen Waldgegenden; eingehegt aber ſelbſt in Schweden und dem nördlicheren Rußland. Die Rohr- und buſchigen Uferparthieen der ſüd— ruſſiſchen Steppen, und das wärmere aſiatiſche Rußland bis China hin, bewohnt er noch urſprünglich wild. Noch weiter nördlich würde er im Winter zu oft Hun— gers ſterben: weil er, wie alle Faſane, überhaupt nur wenig, und am wenigſten durch den Schnee, nach Futter ſcharrt.“) Er gehört in mancher Beziehung zu den einfältigſten Vögeln. Man hat z. B. geſehen, wie er bei Ueberſchwemmungen, ſtatt ſich nach der Höhe zu retten, recht gravitätiſch noch tiefer hineinwadete, bis er endlich vom Strome fortgeriſſen wurde. Die Hähne namentlich ſcheinen ihrer Schüchternheit wegen kaum zähmbar: obgleich einzelne zur Balzzeit ſo thöricht kühn und bösartig werden, daß ſie ſelbſt im Walde Kindern auf den Hals fliegen. Die Hennen gewöhnen ſich nicht bloß in und bei Gärten viel leichter an Menſchen; ſondern ſie laſſen ſich dann in den letzten Tagen ihrer Brütezeit zuweilen ſogar geduldig vom Neſte nehmen und wieder darauf ſetzen. In wilden Faſanerieen überläßt man ihnen das Ausbrüten ihrer Eier und das Erziehen der Jungen lediglich ſelbſt. In zahmen (Faſanengärten) ſammelt man mit vieler Mühe die Eier aus allen Neſtern, welche man hat auffinden können, (indem mehrere Perſonen in gewiſſer Ordnung, gleichſam in Reihe und Glied, danach ſuchen,) um fie nun im Stalle, gewöhnlich durch Truthennen, ausbrüten zu laſſen. Die Jungen werden dann mit dieſen den Tag über nach thieriſcher Nahrung (Inſekten, Larven, Würmern, Schnek— ken, kleinen Fröſchen ꝛc.) auf Wieſen getrieben, des Morgens und Abends jedoch im Garten mit Hirſe, ſpäterhin auch mit gröberen Körnern gefüttert, des Nachts ) Ueberhaupt neigen und ſchicken, wie begreiflich, alle langſchwanzige Hühner ſich viel weniger zum Scharren, als ſolche mit kurzen Schwänzen. d) hechdaumige: kurzflügelige. 389 aber unter offene Schoppen untergebracht und hier bewacht. Sie ſind alsdann ſehr zahm, werden jedoch ſchnell viel ſchüchterner, ſobald ſie ſelbſtändiger geworden ſind und ſich überlaſſen bleiben. Zum wirklichen Hausthiere würde ſich daher der Faſan wahrſcheinlich nie machen laſſen: auch wenn dieß ſonſt ohne Nachtheil für den Wohlgeſchmack ſeines Fleiſches geſchehen könnte. — Ein Paar andere, ſüdli— chere Faſane ſehen theilweiſe dem gewöhnlichen ähnlich, theilweiſe auch viel ſchöner aus: z. B. mit Weiß, Goldgelb, Glanzgrün und Hochroth. Der merkwürdigſte unter den ungehäubten, und wohl auch der prachtvollſte von ihnen, bleibt der langſchwänzige F. (Ph. venerätus) im ſüdlichen China: der zwar kaum größer iſt, als der gemeine, im männlichen Geſchlechte aber zwei, rinnenartig geſtaltete, mittlere Schwanzfedern von Ale’ Länge trägt. — Beim Silberfaſane (Ph. nychthemérus) iſt der Hahn gehäubt, und ſieht unten violettſchwarz, oben dagegen ſchön weiß aus, jede Feder mit mehreren feinen, ſchwärzlichen Bogenſtreifen, welche ſowohl unter einander ſelbſt, wie mit dem Rande parallel laufen. Dieſe geben dem Thiere ein ganz beſonders ſchönes Ausſehen: weil, bei dem zarten Baue ſei— nes Gefieders, die Zeichnung einer Feder durch die andere hindurchſcheint. Die Henne zeigt auf mehr gelblichbraunem Grunde die Zeichnung der gewöhnlichen. — Zwei der allerprachtvollſten Faſane ſind im männlichen Geſchlechte nicht bloß mit ähnlicher, hängender Haube geſchmückt; ſondern ſie tragen auch hinten am Ober— halſe mehrere Reihen langer und ſehr breiter, am Ende ſtumpf verſchnittener, glän— zender Federn, die ſich, etwas aufgerichtet und ausgeſpannt, wie ein halber, oder nicht ganz vollſtändiger Ringkragen ausnehmen. Beim Goldfaſane, (Ph. pie- tus,) mit goldgelbem Kopfe und Vorderhalſe, ſind dieſelben ſchön orangengelb mit ſchwarzblauen Querſtreifen. Der Bauch iſt feurig blutroth; der Oberrücken grün; Unterrücken und Bürzel gelb; die Schultern ſind dunkelblau; Flügel und Schwanz braun, letzterer mit graulichen Tropfen. Das Weibchen gleicht, bis auf die viel geringere Größe, faſt jenem des Silberfaſanes. Beide Arten finden ſich beſonders im ſüdlichen China, und dauern bei uns über Winter nicht im Freien aus. Sie werden daher nur auf manchen Faſanerieen in geringer Anzahl gezogen, und von reichen Leuten auf Hühnerhöfen, oder in großen, zimmerartigen Netzkäfigen unter— halten.) [S 140. Einer der merkwürdigſten Vögel überhaupt, jedenfalls aber der ſeltſamſte von allen hinſichtlich feiner Flugwerkzeuge, bleibt der Luen, Argus faſan oder Augen— flügel, (Argus giganteus,) in den Gebirgen von Sumatra und einiger anderen Gegenden des ſüdöſtlichen Aſiens. Er verbindet mit der Größe des gemeinen Fa— ſanes einen faſt nackten Kopf und Oberhals, ſo wie den langen Hals und die ho— hen Beine eines Pfaues. Beider würde er ſchon wegen der ungeheueren Ausdeh— nung und geraden, wagerechten Haltung ſeines gelblichbraunen, tapetenartig ſchwarz— braun gefleckten Schweifes bedürfen. Denn derſelbe erſcheint wegen der bedeutenden Breite ſeiner Federn, namentlich an der Wurzel, ſehr anſehnlich breit und ziemlich flach, zeigt ſonſt jedoch die äußerſt langkeilförmige Geſtalt eines Faſanenſchwanzes im höchſten Uebermaaße ſeiner Länge. Denn ſeine beiden mittelſten Federn, welche faſt doppelt ſo lang wie die 2 nächſten erſcheinen, beſitzen die ganz enorme Länge von beinahe 5°, find alſo nicht viel kürzer, als die längſten Deckfedern über dem Schweife eines Pfauen.) Die Flügel würden ſchon durch die anſehnliche *) Einige ſcheinen, wohl mit Unrecht, der Meinung: ein alter, romiſcher Schriftſteller (Plinius) habe unter dem vermeinten Phönix den Goldfaſan verſtanden und beſchrieben. **) Dabei ſcheinen fie, gleichſam in leiſer Annäherung an jene des Königs-Paradies— vogels, ſich mit ihren, etwas ſchmäleren Spitzen ein wenig von einander, und dann wieder an einander zu biegen. 2390 Vögel; 6te Ordn.: Hühner; Länge ihrer Vorderſchwingen nach Verhältniß mindeſtens eben ſo groß erſcheinen, wie jene der Pfauen. Doch erweitert ſich ihre Oberfläche noch um mindeſtens das Doppelte durch die ungeheuere, ſonſt in der ganzen Vogelwelt als beiſpiellos da— ſtehende Größe der Hinterſchwingen. Dieſe ſind nicht allein länger, als die vor— deren, nämlich die mittelſten doppelt ſo lang; ſondern auch ſo ungeheuer breit, wie nirgends ſonſt: wirklich handbreit. Dabei erſcheinen ſie auf hellgrauer Grundfarbe mit zierlichen, ſchwarzbraunen, ſchrägen Streifen und auf der Innenfahne mit großen, hell bläulichen, ſchwarz und weißlich eingefaßten, eirundlichen Augenflecken geziert. Letztere geben bei ausgeſpannten Flügeln dem Vogel eine ganz eigenthüm— liche Schönheit, und verleihen dann jedem derſelben eine gewiſſe Aehnlichkeit mit dem Schweifrade eines Pfauen. Denn jeder Flügel bildet ſodann gleichſam ein großes, wunderſames Federrad, gegen welches der Leib ganz zwerghaft erſcheint, und deſſen gewaltige Fläche, im Vereine mit dem merkwürdigen Umfange des Schwanzes, den Vogel bei ſtiller Luft, oder bei gleichmäßig ruhiger Windſtrömung wunderbar leicht, faſt wie einen ſteigenden Papierdrachen, umhertragen mag.) — Schwerlich kann eine ſo auffallende Geſtaltung ſo wichtiger Organe ohne be— ſondere Bedeutung für das Leben des Vogels ſein. Faſt möchte man vermuthen: daß das Männchen, dafern es in Vielweiberei lebt, weit von einem Berge zum andern und hoch in der Luft, vielleicht ſchreiend, umherfliegen möge, um ſo, im Gegenſatze zu den Männchen anderer polygamen Hühnervögel, feine Weibchen in einem weiten Umkreiſe ſelbſt aufzuſuchen, ſtatt ſie, wie alle übrigen, durch lautes Balzgeſchrei alle Morgen um ſich zu verſammeln. Oder ſollte es, wenn es nur gepaart (in Einweibigkeit) lebt, nicht bloß ſeine Jungen, ſondern vielleicht auch das Weibchen mit ſeinen viel kleineren Schweif- und Flügelfedern, ſchirmend unter ſeine Flügel wie unter ein großes Dach aufnehmen, um beide, zumal ſo lange die Jungen noch klein ſind, gegen zu heftigen Regen zu ſchützen, der bekanntlich auf tropiſchen Gebirgen zuweilen ſtromweiſe herabſtürzt? In der That machen ſowohl die ungeheuere Länge und Breite der Hinterſchwingen, wie die völlig gerade Rich— tung ihrer Schäfte, es dem Männchen ſchlechterdings unmöglich, ſeine Flügel je— mals nach Art anderer Vögel ordentlich an den Leib anzulegen. Vielmehr können dieſelben ſogar im ruhigſten Zuſtande immer nur wie ein Paar große, bis gegen den Boden hinabreichende, rundliche, flache Scheiben unter einem ſpitzen Winkel und auf ähnliche Weiſe am Körper lehnen, wie die weit abſtehenden Flügel einer ruhenden Brüthenne, die ihre Jungen wärmt, oder wie die eines radſchlagenden Puters oder Pfaues. Ueberhaupt muß es demnach ſtets in einer mehr oder we— niger prunkenden Stellung verweilen. Die ganze Einrichtung ſcheint den Vogel nur für ein Leben auf der Erde, vielleicht beſonders in hochfelſigen Gegenden, zu beſtimmen. Gegen ſeinen Aufenhalt auf Bäumen, unter denen wenigſtens das Männchen kaum auf den Spitzen oder weitläufigſten Aeſten der größten Raum finden würde, ſpricht auch ſchon der gänzliche Mangel eines Sporns. Gleichfalls ungeſpornt, wie faſt alle folgende Hühner, aber dem Argus noch ähnlich durch hohe Beine, ſo wie durch einen faſt nackten, bloß ſchwach mit Bor— ſten bewachſenen Kopf und Hals bei ſonſt gewöhnlicher Bildung, iſt das Stirn— ſchild- oder Helmhuhn. (Talegallus!!!) Es iſt von der Größe einer Henne, mit langem, zugerundetem Schwanze und ſtarkem, dickem, rothem Schnabel, deſſen Oberkiefer mit weit ſeitwärts liegenden Naſenlöchern ein Stück zwiſchen die Stirn— federn hineinreicht. Letzteres giebt dem Vogel eine gewiſſe Aehnlichkeit mit den ) In der That geben beide Flügel zuſammen ihm ſo eine große Aehnlichkeit mit zwei rundlichen, neben einander gebundenenen Paplekbrachen der Kinder! — bp) hochdaumiget Furzflügelige, 391 ſo genannten Sammt⸗ oder Sultanshühnern (den Taleven der Franzoſen) unter den hühnerähnlichen Wadvögeln. Der Unterkiefer iſt breiter, als der obere; die Farbe des ganzen Vogels ſchwarz. Auf Neuguinea. [$ 141. Die Rulul's, (Liponyx, Cryptönyx!!) auf der Halbinſel Malacka, find we: nig größer, als unſere Wachteln, mit nackten Augenkreiſen und mittellangem Schwanze, zeichnen ſich aber vor allen Vögeln am beſten durch den Mangel des Nagels an ihrer Hinterzehe aus. Eine Art iſt ſchwarz, ohne Federbuſch. Die andere (L. coronätus, Columba [!] eristäta) ſieht, mit Ausnahme der braunen Flügel, ſchön grün aus. (Als Geſammtfarbe bei Hühnern ſonſt etwas ganz Unge— wöhnliches!) Das Männchen trägt einen langen, hochrothen Kopfbuſch von ganz zerſchlitzten, haarähnlichen Federn. Ueber den Augen, gleichſam an der Stelle von Augenbraunen, ſtehen bei beiden Geſchlechtern einige ſehr lange, nach hinten gerich— tete, ſtarke, ſonderbare Borſten in die Höhe. Die noch übrigen Gattungen dieſer Familie, ſonſt gewöhnlich unter der Ge— ſammtbezeichnung Feldhühner begriffen, haben meiſt nur einen kleinen, rothen oder röthlichen, etwas warzigen Augenfleck. Sie ſcheinen ſämmtlich paarweiſe zu leben, und ſich nach dem Geſchlechte wenig oder gar nicht zu unterſcheiden. Eine mäßige Anzahl von ſüdlicheren, die meiſt ſchön bunt ſind, mit etwas längerem und ſtärkerem Schnabel, ſo wie mit anſehnlicherem Schwanze, als die gemeinen, haben wieder Fußſporen, und bäumen daher gern auf. Sie heißen gewöhnlich Francoline. (Attägen; Francolinus!) Ein Name italieniſchen Ur— ſprungs, welcher dort noch auf anderes, fein ſchmeckendes, hühnerartiges Federwild angewandt zu werden ſcheint: da er ſich eigentlich nur auf den Schutz und auf die zeitweiſe Freiheit vor Verfolgungen bezieht, welche dort beſonders der gemeine oder eigentliche Francolin (Perdix francolinus) genießt. Dieſer hat, wie bei— nahe alle Arten, ſchön rothe Füße. Das Männchen zeigt ein lebhaft rothes Hals— band, und eine ſchwarze Unterſeite mit runden, weißen Flecken. Seine Verbrei— tung reicht von Sicilien und Neapel bis Bengalen. — Afrika und Südaſien wei— ſen mehrere Arten auf, die vielleicht als Gattung getrennt zu werden verdienten, mit umfangreicheren nackten Augenkreiſen und doppelten, zum Theile dünnen und ſpitzigen Sporen. — Am merkwürkdigſten in dieſer Hinſicht bleibt jedoch eine ei— genthümlich ſchöne, gehäubte Art (P. cruenta) in Nepal. Denn fie trägt der Sporen gar meiſtens 3 oder 4: und zwar häufig ſo, daß ihre Zahl an beiden Füßen ungleich erſcheint. Sie iſt dunkel grau, mit breiten weißen, ſchwarz ein— gefaßten Schaftſtrichen, ſanft grüner Unterſeite und karminrothen, gleichſam blutig ausſehenden Flecken oder Federeinfaſſungen an Bauch, Kinn, Bürzel und Schwanz. — Ein Paar afrikaniſche zeichnen ſich durch ihre weit herab nackte, orange- oder blutrothe Kehle aus. Manchen ſüdaſiatiſchen mit beſonders großen Schnäbeln mangeln die Sporen; auch ſind ihre Schwänze kürzer, Zehen und Nägel aber vorzüglich geſtreckt. Hierin drückt ſich offenbar ſchon eine gewiſſe Annäherung an die Großfußhühner aus, deren Vaterland theilweiſe mit dem ihrigen zuſammentrifft. 3. B. Perdix me- gapodius. [$ 142. Colin's () oder beſſer Tocro's (Odontophörus) heißen jetzt alle mit un— ſeren Repphühnern verwandte, nur meiſt kleinere Vögel Amerika's mit kurzem, aber noch deutlichem Schwanze. Aeußerlich weichen ſie von den unſerigen durch ihren ſtärkeren, höheren Schnabel ab, welcher bei der Mehrzahl vor der Spitze einen deutlichen, ſcharfen, zahnartigen Vorſprung zeigt. Obgleich ungeſpornt, find fie gewohnt, auf Bäume und Sträucher zu flüchten, wo die etwas längere Hin⸗ 392 Vögel; 6te Ordn.: Hühner; terzehe ihnen das Feſthalten erleichtert. Sie eignen ſich alſo ganz für die neue Welt mit ihren unermeßlichen Waldſtrecken, wo es überall keine eigentliche Feld- oder Repphühner (Perdix) giebt. Dieſe, ſämmtlich mit dünnem, ungezähntem Schnabel verſehen, bewohnen zwar alle wärmere, aber we— niger ſchon die bloß gemäßigten und nirgends mehr kalte Länder der alten Welt: da, wo es Gebüſch, zum Theil auch Bäume und kleinere Waldſtücke, nicht aber weitläufiges, dichtes Gehölz giebt. Denn nur wenige beſitzen wieder noch einen kurzen Sporn, und damit gleichzeitig, wie immer, die Neigung und Fähigkeit, ſich zur Nachtruhe und bei Verfolgung auf Bäume zu flüchten. Unter den 4 eu— ropäiſchen Arten, deren Schwänze mit Ausnahme ihrer vier mittelſten Federn ſtets roſtbraun ausſehen, thut dieſes bloß Eine: das, gewöhnlich ſo genannte rothe, griechiſche oder franzöſiſche Repphuhn. (P. rubra s. rufa.) Dieſes iſt die bekannteſte jener drei Arten, welche ſich durch korallenrothe Schnäbel, Füße und Augenſterne auszeichnen, und deren Seiten- (( Weichen-) Federn ſchöne weißliche oder gelbliche, rothbraune und ſchwarze, mondförmige Streifen zieren. Es hat eine graublaue, ſtellenweiſe ins Graulich-Roſenrothe ſpielende Hauptfarbe, mit weißer Kehle, welche an den Seiten, beſonders aber nach der Bruſt zu, von mehreren Reihen ſchwärzlicher Flecke umgeben wird. Man findet es in Südeuropa allent— halben in hügeligen, oder ſonſt trockenen, etwas ſandigen und ſteinigen Feldern, Weinbergen und Feldgehölzen bis herauf ins mittlere Frankreich: (wo man aus ſeinem vortrefflichen Fleiſche die berühmten Repphühner-Paſteten bereitet.) Ferner lebt es noch im Süden von Britannien; aber nirgends unter ſo hoher nördlicher Breite auf dem, überall rauherem Feſtlande von Europa. Doch ſcheint es in Britannien erſt (freilich ſeit langer Zeit) eingeführt: ebenſo, wie Letzteres bei dem gemeinen, grauen in Skandinavien der Fall iſt. Daher, und vorzüglich, wenn man gar die gelungene Einbürgerung des gemeinen, urſprünglich viel weiter ſüdlich wohnenden Faſanes bedenkt, ſteht es kaum zu bezweifeln: daß, bei gehöriger An— wendung aller Vorſichtsmaßregeln oder glücklichem Zuſammentreffen günſtiger Um— ſtände, ſeine allmählige Einführung in Deutſchland ebenfalls bleibend gelingen würde. — Etwas größer, auch faſt rein bläulich- und bräunlichgrau (ſteinfarbig) ohne Ro— ſengrau, mit weißer Kehle, welche bloß ein ſchmales, ununterbrochenes, ſchwarzes Band umgiebt, iſt die zweite Art. Man nennt ſie Bergfeld- oder Steinhuhn. (P. saxatilis.) Denn ſie gehört bloß den hohen, felſigen Gebirgen des ſüdlichen Europa's, bis nach Baiern und auf die Karpathen, an: wo ſie die Strauchregion der ſo genannten Niederalpen, (namentlich das Gebüſch jener ſchön blühenden, unter dem Namen Alpenroſen bekannten Holzpflanzen,) bewohnt und bis gegen die wirk— lichen Alpen, den ausſchließlichen Sommerwohnort der Schneehühner, aufſteigt. — Beiden ähnlich, aber mit ſchönem, braunem, weißpunktirtem Halsbande, iſt das Klippenrepphuhn (P. petrösa) in Unteritalien, auf Sardinien ꝛc. und im Norden von Afrika. Es bewohnt weder ſo hoch gelegene Orte, wie das Stein— huhn; noch ſo niedrige oder gar flache, wie öfters das rothe Repphuhn. — Letz— teres trifft ſowohl auf den niederen Gebirgen von Oberitalien, wie im mittleren Frankreich, oft noch mit dem gemeinen oder grauen Repphuhne (P. cineréa) zuſammen, welches, mit Ausnahme der höheren Gebirgstheile, in Deutſchland, Britannien und dem übrigen Mitteleuropa überall vorkommt. Von hier aus vor ungefähr 150 Jahren nach dem ſüdlichen Schweden eingeführt, hat es dort, ge— hörig geſchützt, ſich allmählig bis nach Drontheim in Norwegen verbreitet. Dort ſind die meiſten höher gelegenen Feldgebüſche und Ackerraine noch reich an danie— oerliegendem Wachholdergebüſche, deſſen Beeren den Repphühnern im Falle der Noth erreichbar bleiben, und deſſen dichte Zweige ihnen Verborgenheit und Schutz b) hochdaumige: furzflügelige. 393 gewähren. Daher kömmt dort jetzt ſogar vielleicht ſeltener, als in dem milderen, cultivirteren Deutſchland der Fall vor: daß in vorzugsweiſe langen und ſtrengen Wintern, beſonders, wenn der tief liegende Schnee eine feſte Kruſte bekömmt, faſt der ganze Repphühnerbeſtand ausſtirbt. Ein großer Nachtheil für unſere Nieder— jagd, welcher ſich dann bei uns namentlich in ſolchen Gegenden und in ſolchen Jahren ereignet, wo es wenig Haſen giebt, die ſonſt durch ihr kräftigeres Scharren in den Schnee nach Saat, Rapsblättern ꝛc. auch den Repphühnern das Erlangen derſelben in hohem Grade erleichtern. Durch lockeren und minder tiefen Schnee dagegen wühlen und kratzen letztere ſich ſchon ſelbſt und mit Leichtigkeit bis zu den Spitzen der grünen Saat, ihrer Hauptnahrung im Winter, hindurch; oder ſie krie— chen bei tiefem in die, von den Haſen gearbeiteten Gänge. Auch zum Schutze gegen Kälte und ihre Feinde ſcharren ſie, gleich den Hühnern der folgenden Familie, ſich oft tief hinein; oder ſie laſſen ſich des Nachts ruhig bis an die Köpfe verſchneien. Sie ſind wahre Muſter von gegenſeitiger Liebe und von warmer Anhänglichkeit der Angehörigen an einander. Außer der Paarungs- und Brütezeit leben fie ſtets fami— lienweiſe, (in Völkern oder Ketten,) und rufen, gewaltſam zerſprengt, einander bald wieder zuſammen; oder ſie vereinigen, wenn von einer Familie allzu viele todtge— ſchoſſen, oder weggefangen, und namentlich wenn beide Aeltern zu Grunde gegangen ſind, ſich mit einer anderen, welche die verwaiſeten dann eben ſo liebevoll unter ſich aufnimmt. Bei Tage, beſonders ſo lange die Jungen noch nicht völlig er— wachſen ſind, macht der Hahn als Familienvater ſorgfältig den Wächter für Alle. Muthig ſetzt er ſich zum gemeinſchaftlichen Beſten Gefahren jeder Art faſt immer zuerſt und am meiſten aus, wird daher auch häufig das Opfer derſelben. Des Nachts z. B., wo die ganze Geſellſchaft, mit den Köpfen gegen einander gekehrt, auf einem dichten Klumpen warm beiſammen ſitzt, ſtellt er ſich, einem bewun— derungswürdigen Naturtriebe folgend, namentlich den Angriffen der Füchſe und aller übrigen, dem Geruche nachgehenden Raubthiere gleichſam als Schildwache bloß. Denn er ſitzt alsdann, mehrere Schritte von dem Haufen abgeſondert, als Vorpoſten im Unterwinde vor den Seinigen. So muß er jenen Räubern, wenn ſie in Folge erhaltener Witterung leiſe gegen den Wind herangeſchlichen kommen, ſich alſo weder ihm ſelbſt, noch den übrigen, durch Geräuſch oder durch ihre Aus— dünſtung verrathen, immer zuerſt und gewöhnlich allein in die Klauen gerathen: da die übrigen, durch das hierbei entſtehende Geräuſch gewarnt, Zeit genug zur eiligen Flucht erhalten. Sobald die Jungen erwachſen ſind, übernimmt wechſelsweiſe auch eines von ihnen dieſen Poſten als Nachtwache. *) Daß ſich auch hierzu ſtets wies der vorzugsweiſe die Männchen hergeben müſſen, geht aus der Erfahrung hervor: daß man, im Durchſchnitte gerechnet, gegen die Federn Einer, von Raubthieren zerriſſenen Repphenne vorher die von 5—6 verunglückten Hähnen findet. Dafür giebt es jedoch unter den Jungen eines und deſſelben Volkes ſtets eine bedeutende Ueberzahl von männlichen, die zuweilen bis nahe auf zwei Drittheile ſteigt. Und dieß iſt offenbar nichts Zufälliges, ſondern eine beſondere Fürſorge der Natur, an welcher daher menſchliche Klugheit und Vorſicht ohne Nachtheil Nichts ändern kann! Das erfuhr wiederholt einer der vorſichtigſten Jäger und beſten Schützen Deutſchlands, welcher, jenes Zahlverhältniß der Geſchlechter kennend, eine ziem— liche Reihe von Jahren hindurch der Meinung blieb: daß es ihm gelingen müſſe, ſeinen Hühnerſtand auf einen ganz ausgezeichneten Fuß zu bringen, wenn er nicht bloß im Frühlinge die übrig gebliebenen einzelnen Hähne wegſchöſſe, ſondern es ſich *) Man erkennt dieß, beſonders auf dem Schneee, immer ſehr deutlich: ſowohl aus der, ſo ſehr verſchiedenen Größe der, hierdurch entſtandenen Vertiefungen, (Lager;) wie aus der, eben jo verſchiedenen Menge des, in denſelben befindlichen Unrathes. 394 Vögel; 6te Ordn.: Hühner; auch zum Grundſatze machte, überhaupt bloß Hähne zu erlegen, die Hennen da— gegen auf jede Weiſe zu ſchonen. Denn in der That gelangte er zwar, unter— ſtützt durch einen ausgezeichneten Scharfblick, und gewohnt, ſeine Hühner erſt zum Herbſte zu beſchießen, recht bald dahin, beim Auffliegen eines Volkes beide Ge— ſchlechter mit großer Sicherheit zu unterſcheiden: ſo, daß er gegen 10—20 Hähne immer kaum Eine Henne ſchoß. Indeß bemerkte er bald, daß es dann gar man— cher Henne ſpäter an einem Hahne fehlte. Auch ſah er fortwährend wider all' ſein Erwarten nach Verhältniß immer keine ſtärkere Vermehrung der Repphühner in ſei— nem Jagdbezirke eintreten, als auf den Revieren ſeiner Nachbaren, welche bei gleich günſtiger Lage und bei ſonſt gleich umſichtiger Bewirthſchaftung ihrer Jagd, Repp— hähne und Hennen ohne Unterſchied ſchoſſen und fingen. Am ſicherſten unter— ſcheiden ſich erſtere durch braunroth oder roſtbraun gefleckte Schultern, wo letztere ebenſo mit Schwarzbraun gezeichnet ſind; nächſtdem überhaupt durch mehr röth— lich⸗, als dunkelbraune Bindenzeichnung des übrigen, ſonſt aſchgrau grundirten Oberleibes. Viel minder gilt dieß von der Größe des röthlich-ſchwarz-, oder dun— kel kaſtanienbraunen, hufeiſenförmigen Fleckes (Schildes) an der Gränze des blau— grauen Halſes und der Bruſt mit dem weißlichen Bauche, deſſen weißgraue Sei— tenfedern mit rothbraunen Querbinden endigen. Denn hierin ſehen alte Hennen nicht ſelten jüngeren Hähnen gleich; ja manche übertreffen dieſelben ſogar noch. Stirn, Geſicht und Kehle find bräunlich-roſtroth. Die Jungen ſehen, wie bei allen denjenigen Hühnervögeln, wo Männchen und Weibchen einander faſt gleichen, ganz anders als beide aus nämlich gelbgrau, mit einem gelblichen Schaftſtreifen und mehreren ſchwarzbraunen Querflecken an jeder Feder. [$ 143. Eine intereſſante Gruppe kurzflügeliger hochdaumiger Hühner bilden einige Gattungen mit dicht beſtederter Naſendeckhaut und mehr oder weniger befiederten Füßen. Ueber jedem Auge ſteht ein federloſer, mit ähnlichen Warzen wie bei den Faſanen bewachſener Fleck, welcher bei den Männchen immer größer als bei den Weibchen iſt, zur Begattungszeit aber beſonders ſtark anſchwillt. Seine Geſtalt iſt halbmond-, oder faſt nierenförmig. Die Zehen ſind bei Einer Gattung noch gleichfalls mit Federn bewachſen; bei den übrigen aber gegen die Sohle hin auf beiden Seiten mit franzenartig vortretenden Hornſchuppen einge- faßt. Letztere haben die Geſtalt kleiner, länglicher, ſchmaler, platter Feder— chen, ſtehen auch zwiſchen den hornartigen Zehenſchuppen ebenſo befeſtigt, wie kleine Federn. In der That ſtellen ſie nicht bloß Mitteldinge zwiſchen dieſen und gewöhnlichen Fußſchuppen vor; ſondern es ſind eigentlich wirklich harte Federchen, mit Kiel ꝛc., aber mit unverhaͤltnißmaͤßig großem, plattge— drücktem Schafte und ohne Fähnchen. Daher werden ſie auch bei der Mau— ſer völlig ebenſo gewechſelt u. ſ. w. Sie erleichtern den Vögeln das Feſt— halten nicht bloß im Sitzen, ſondern auch beim Gehen auf den Aeſten und Zweigen weit mehr, als dieſes ſelbſt bei Erſterem allein je durch Fußſporen geſchehen könnte. Denn eben die Gattungen mit ſolchen Hornfranzen an den Zehen leben, ihrem gewöhnlichen Geſammtnamen „Waldhühner“ ge mäß, ſämmtlich mehr auf Bäumen und Sträuchern, als alle übrige Hühner der alten Welt und des geſammten höheren Nordens: indem ſie keineswegs bloß des Nachts, oder ſonſt der Sicherheit wegen aufbäumen, ſondern häufig ihrer Nahrung daſelbſt nachgehen. *) Dieſe beſteht nämlich auch ſchon im ) Sie nähern ſich hierin alſo der 1ten Zunft der vorigen Unterordnung, den (hoch— daumigen) Baumhühnern. Doch brüten die Weibchen auf der Erde. b) hochdaumige: Furzflügelige. 395 Sommer theilweiſe in zarten Blättern, jungen Schößlingen, Blüthenknospen oder Kätzchen, Beeren ꝛc.; im Winter ganz vorzugsweiſe in Knospen, und bei manchen ſelbſt in weichen Nadeln von Bäumen. Zum leichten Abbeiſſen ſolcher Speiſe bedurften ſie natürlich eines härteren und ſchärferen Schna— bels, als andere Hühnervögel. Dafür gewährt ihnen dieſelbe auch den Vor— theil, daß weder ungewöhnliche Strenge des Froſtes, noch außerordentliche Tiefe des Schneees, ſie der nöthigen Unterhaltungsmittel berauben kann. Somit erſcheinen ſie nach Fuß- und Schnabelbau unverkennbar nur für ſolche Gegenden beſtimmt, wo Luftbeſchaffenheit und Witterungsverhältniſſe dieſer Art jedes Jahr regelmäßig für längere Zeit eintreten; und ihr Vor— kommen fängt daher ſowohl den Breitengraden, wie der Gebirgshöhe nach eben da erſt an, wo die Verbreitung faſt aller nacktfüßigen Gattungen be— reits aufhört. N Am nächſten bleiben letzteren noch die Baum- oder Haſelhühner, (Bona- sla,) an deren Fußblättern die Befiederung bloß bis auf, oder nur wenig unter die Mitte herabreicht. Sie haben etwas verlängerte Scheitelfedern; und der rothe, warzige Fleck über den Augen iſt nicht groß. Die Männchen leben in Einwei— bigkeit: jedoch, wie es ſcheint, ſo, daß ſie ſich während des Brütens und der erſten Jugendzeit der Jungen von ihrem Weibchen entfernen. Dem gemäß gleichen, wie bei den repphühnerartigen Vögeln, beide Geſchlechter einander ziemlich in Farben und Zeichnung, welche hier mehr oder weniger altem, trockenem Laube ähneln. Sie mögen durchſchnittlich wohl die Hälfte ihrer Zeit auf Bäumen und Sträu— chern zubringen: wo ſelbſt ſchon die kleinen Jungen ſich mehr aufhalten, als jene der übrigen Waldhühner. Ihre Größe geht nie viel über die von Repphühnern hinaus. Ihr Fleiſch ſcheint an Wohlgeſchmack das aller, oder faſt aller anderen hühnerartigen Vögel zu übertreffen: ohne Zweifel mit deßhalb, weil ſie zur Nah— rung einen großen Theil des Jahres hindurch hauptſächlich verſchiedene, meiſt wohl— ſchmeckende Beeren, nie aber die harzigen Nadeln und Knospen von Schwarzholz— bäumen wählen. Mittelaſien und der größte Theil von Europa beſitzen zuſammen nur das gemeine oder eigentliche Haſelhuhn, (Teträo bonasia,) von röthlich— grauer, oben röthlich- und ſchwarzbraun, unten gelblich und weißlich gemiſchter Farbe; das Männchen mit ſchwarzem, weiß eingefaßtem Kehlflecke. In Ebenen findet man es bei uns gegenwärtig nur an ſehr wenigen Orten. Auf Gebirgen lebt es meiſt ebenfalls nicht häufig: gewöhnlich bloß an der Südſeite der Anhöhen, wo gemiſchtes, jüngeres und älteres Laub- und Nadelholz, beſonders Haſelgebüſch, Bir— ken, Buchen, Ebereſchen (Vogelbeerbäume) mit einander wechſeln, ſonſt aber Hei— del⸗ und Preiſelbeergeſtrüpp nebſt Erdbeerpflanzen ꝛc. den Boden überziehen. Viel zahlreicher iſt der Vogel in Finnland zu Hauſe, ſo wie im mittleren Skandina— vien und einem großen Theile des nördlichen. — Nordamerika, größten Theils ſo reich an Wäldern verſchiedener Art, beſitzt in denſelben auch mehrere Arten Haſel— hühner: theils ganz von der Geſtalt und Bildung des unſerigen, namentlich felbft mit der breiten, ſchwarzen, weiß geſäumten Binde am Schwanzende; theils mit beſonderen Eigenthümlichkeiten. So u. a. das Kragen- oder trommelnde H., (T. umbellus & togätus:) in Neuengland „Repphuhn“, in Penſylvanien gar „Faſan“ genannt, und beſonders bekannt durch die trommelnde Stimme des Hah— nes. Seine Farbe iſt röthlich- und gelblichgrau, etwas ſchwarzbunt. Ueber einem großen ſchwarzen Flecke an jeder Seite des Halſes ſtehen, oder hängen, einige weit längere Federn, welche ſich zu einem, vorn unvollſtändigen Kragen aufrichten laſſen. Es hält ſich in Gebirgswäldern auf. [S 144. Mehr auf den Ebenen, halb im Walde, halb auf Wieſengründen, wohnt der 396 Vogel; 6te Ordn.: Hühner; intereffante Flügelhals oder das Cupidohuhn, (Tympanüchus Cupido:) von ähnlicher Färbung und Größe, aber mit bereits überall befiederten Tarſen. An ſeinem Unterhalſe richten ſich nicht allein, beſonders beim Männchen, ebenſo meh— rere lange Federn wie zwei anſehnliche, ſpitze Halsflügelchen auf, welche man mit Amorsflügeln verglichen hat; ſondern es liegt zugleich unter jedem derſelben eine faltige, gelbliche Haut, welche ſich beim Ertönen des Paarungsrufes mit Luft er— füllt und ſo zu einer großen, kugelähnlichen Schallblaſe anſchwillt. Ein ſonderbares Tonwerkzeug, wie es ſonſt nirgends bei Vögeln vorkömmt; dagegen dem Aeußeren nach den bekannten Schallblaſen am Hinterkopfe der Fröſche ähnlich. Es ſcheint nicht ſowohl zur Verſtärkung und Bildung der eigentlichen Stimme beizutragen, welche man mit dem dumpfen Tone einer Kindertrompete vergleicht; als vielmehr, um in den Zwiſchenräumen durch Wiederaustreiben der darin geſammelten Luft in erhöhetem Maaße ein ähnliches Blaſen hervorzubringen, wie dieſes bei uns der Birkhahn thut. Denn ſchon ein Nadelſtich in dieſe Blaſe oder Faltenhaut be— nimmt, weil er die Luft ausſtrömen macht, dem Vogel die Fähigkeit zu Beidem. Auf den dortigen weiten, grasreichen, theilweiſe mit Geſträuch bewachſenen Wieſenſtrecken (Prairieen) leben 2 oder 3 größere Arten verwandter Vögel von theils ähnlicher, theils dunklerer Färbung und größerer Geſchlechtsverſchiedenheit; aber mit langen und lang- keilförmig abgeſtuften, am Ende ſchmal zulaufenden Schwanzfedern. Die Aehnlichkeit, welche ſie hierdurch mit wirklichen Faſanen er— halten, wird durch die Benennung Auerfaſane (Centrocercus) ausgedrückt. Denn, wenn ſie auch nicht eigentliche Mitteldinge zwiſchen den, urſprünglich bloß aſiatiſchen Faſanen und unſeren Birk- und Auerhühnern find; ſo ſtellen fie doch eine bedeutende, für die beſondere Beſchaffenheit jener Orte berechnete Umgeſtaltung der Auer- und Birkhühner mit theilweiſer Annäherung an die Faſane vor. Z. B. Teträo urophasiänus, (!) gleichſam der „amerikaniſche Auerhahn;“ und T. pha- sianellus, letzterer ziemlich von der Größe eines Faſanes. Den Gegenſatz zu ihnen bildet in dieſem Punkte unſer Birkhuhn. (Te- träo tetrix; Lyrürus t.) Denn hier iſt der Schwanz bereits bei der Henne ſeicht gegabelt, obwohl noch mit geraden Federn. Am Hahne dagegen erſcheint er bei mäßiger Länge ſchon eben ſo tief, als eigenthümlich gabelförmig: indem ſeine viel längeren, breiten Seitenfedern, beſonders die äußerſte, ſchon von ihrer Mitte an und vorzüglich am Ende ſich bogenförmig nach außen krümmen. Der rothwarzige, federloſe Augenſtreif iſt länger und breiter, als bei allen übrigen Vögeln dieſer Fa— milie: ſo daß er, nach ſeinem noch ſtärkeren Anſchwellen zur Begattungszeit, beim Männchen einen fingersdicken, brennend -rothen Wulſt bildet. Der Hahn iſt ſchön glänzend blauſchwarz, oder ſtahlblau, mit weißen unteren Schwanzdeckfedern; auf den matteren, braunen, ſchwarz punktirten Flügeln mit weißem Querſtreife und Schulterfleckchen. Die viel kleinere Henne ſieht oben roſtfarbig und rothbräunlich aus: auf dem Schwanze mit vielen ſchmalen Querbinden; ſonſt überall fein dun— kelbraun und graulich punktirt und gebändert; unterhalb lichter. Sie wird kaum zwei Drittheile ſo ſchwer, wie der Hahn, und kommt hierin einem Haushahne gleich. Die Art verbreitet ſich über den größten Theil Europa's, bis in manche Bergwälder von Oberitalien, wo ſie auf den Ebenen nicht vorkommt, und bis nach Lappland, ſo wie unter ähnlichen geographiſchen Breiten über ganz Nord— und Mittelaſien. Sie lebt theils in großen, ſumpfigen Wäldern von gemiſchten Holzarten, in Gebirgen bis hinauf an die Gränze des Holzwuchſes; theils in jenen eigenthümlichen, weitläufigen, meiſt ſehr baum- und ſtraucharmen Haideſtrecken, (mit Haidekraut bewachſenen Flächen,) welche in einem großen Theile des nörd— lichſten Deutſchlands und in einem noch größeren von Rußland meilenweit den g - b) hochdaumige: kurzflügelige. 397 Boden bedecken. Hiernach gleicht ihr Wohnort bald mehr jenem der Auerfaſane und Schneehühner, namentlich des Weidenſchneehuhnes; bald jenem der Haſelhüh— ner und des wirklichen Auerhuhnes.“) Von Mitteleuropa beſitzen fie nur manche Striche in ziemlicher Anzahl, ſehr viele gar nicht. Dagegen haben viele weit nörd— lich gelegene fie in fo großer Menge aufzuweiſen, daß man auf den Balzplätzen gewöhnlich Ein und häufig mehrere Dutzende von Hähnen bei einander antrifft. Denn da, wo ſie überhaupt zahlreich ſind, ſammeln letztere im Walde ſich bereits gegen Abend, vorzugsweiſe aber mit dem früheſten Morgen an kleinen, freien Plä— tzen, um da auf dem Boden unter gar ſonderbaren Gebehrden heftig mit einander um die Weibchen zu kämpfen, welche ſich gleichfalls in der Nähe einfinden und dem Streite ruhig zuſehen. In letzterem müſſen natürlich die jüngeren Hähne, als die ſchwächeren, gewöhnlich unterliegen und den Platz wieder räumen. Bei oder vor dem Kampfe ſchlagen ſie alle mit dem Schwanze ein Rad, wie die Pu— ter⸗(Trut⸗) oder wirklichen („wilden!“) Auerhähne, ſträuben ihre dicken und brei— ten Halsfedern auf ähnliche Weiſe empor, und ſehen, rennen, ſpringen, fliegen und hauen auf ähnliche Weiſe mit den Schnäbeln erbittert auf einander los, wie die Haushähne. In den Zwiſchenräumen geben ſie bald ziſchende oder blaſende, (pfauchende,) bald laut kollernde Töne von ſich. Trotz allem Zorne und Eifer hierbei ſehen und hören ſie noch ſcharf genug, daß es auch für den vorſichtigſten Jäger ſchwer hält, einen zu ſchießen. Den Herbſt und Winter über vereinigen ſich im Norden oft Hähne und Hennen, jedes Geſchlecht für ſich, zu zahlreichen Geſellſchaften. Bei hohem Schneee wühlen ſie ſich dann, beſonders in Laub— waldungen, gern tief hinein; oder ſie laſſen ſich von dem eben fallenden bis auf den Kopf bedecken. [$ 145. Bei dem großen Wald- oder (wahren) Auerhuhne, (Teträo urogallus,) mit abgerundetem Schwanze, etwas verlängerten Kinnfedern und kleinem Augen— flecke, erreicht der Hahn am Körper oft beinahe die Größe, wenn auch (der viel kürzeren Beine wegen) lange noch nicht die Höhe eines Truthahnes, (zahmen Auerhahnes!) oder wenigſtens die einer Truthennne. Er ſieht oben tief ſchwarz— grau, am Kopfe und Halſe dunkel aſchgrau, auf den Flügeln ſchön braun aus, faſt überall mit einer Menge feiner, ſchwärzlicher Punkte; an der Bruſt ſchön ſtahlgrün; am Bauche grünlichſchwarz mit weißen Flecken. Die Henne, im Ver— hältniſſe zu ihm noch kleiner, als die Birkhenne, gleicht dieſer beinahe vollkommen in Färbung und Zeichnung. Das Auerhuhn hat ſonſt faſt gleiche Verbreitung wie das Birkhuhn. Doch ſteigt es auf Gebirgen, in deren niederen, mittleren und trockneren Bezirken es größten Theils viel häufiger iſt, nicht ſo weit aufwärts, ſcheint auch kaum ſo weit nach Norden zu gehen, und findet ſich niemals in bloßer Niederwaldung, viel weniger in waldloſen Haideſtrecken. Dagegen verlangt es, obgleich die Nähe von Bächen liebend, auch keinen eigentlichen Waldſumpf, oder ſonſt ähnlichen, naſſen Boden. Es iſt zwar gleichfalls ſehr ſchüchtern, aber viel minder klug, als das Birkhuhn. Daher läßt ſelbſt der Hahn ſich viel leichter er— legen, als der Birkhahn: obgleich dieß gewöhnlich nur beim Grauen des Morgens und während ſeines Balzens geſchehen kann. Letzteres erfolgt ſtets auf einem dicken, wagerechten Aſte von einem der größten Bäume des Waldes; und der Vo— gel benimmt ſich dabei faſt wie ein kollernder, ſein Rad ſchlagender Truthahn. Von den Tönen, mit welchen er dabei die Weibchen herzuruft, klingen einige, von den Jägern „Knappen“ genannt, faſt wie das Aneinanderſchlagen zweier harten, „) Mit der Weidenſchneehenne zeugt der Birkhahn da, wo beide Arten bei ein⸗ ander leben, manches Mal ſogar Baſtarde; häuſiger mit der Auerhenne, und umgekehrt. Vergl. Auerhuhnbaſtarde, S. 398. 8 398 Vögel; 6te Ordn.: Hühner; 5 9 trockenen, von der Rinde entblößten Stäbe. Ein anderer Laut, der „Hauptſchlag,“ iſt ſtärker, tiefer und heftiger. Dann folgt das ſo genannte „Schleifen,“ d. h. mehrere Töne, welche ziemlich ſo klingen, wie das Wetzen einer Senſe, oder wie das kurz abgebrochene Aufſtreichen eines eiſernen Werkzeuges auf einen Schleifſtein. Während der letzteren, die übrigens nur ganz kurze Zeit dauern, ſcheint der bal— zende Auerhahn vor Kraftanſtrengung gleichſam außer ſich. Denn er iſt dann wirklich nicht bloß für Alles, was unter ihm vorgeht, geradezu blind: indem er da— bei die Augen blinzelnd nach oben verdreht; ſondern auch wie völlig taub, ſo daß er ſogar einen, während dieſer Zeit auf ihn fallenden Fehlſchuß nicht hört! Deß— halb muß der, immer mit äußerſter Vorſicht herankommende Jäger dieſen Zeitpunkt ſorgfältig wahrnehmen, um während deſſelben eilends mehrere große Sprünge in der Richtung nach dem zu beſchleichenden Hahne hin zu thun, und ſich ihm ſo all— mählig zu nähern. Beim Verſtummen deſſelben muß er ſogleich wieder regungs— los ſtehen bleiben. Denn anfänglich würde bei der Stille der Nacht ſelbſt auf bedeutende Entfernung hin auch ſchon ein fo geringes Geräuſch, wie das Knacken eines von ihm zertretenen dürren Reiſes, oder das Rauſchen eines berührten Strauch— aſtes, dem äußerſt ſcharfen Gehör des Auerhahnes ſelbſt nicht entgehen, und ihn ſogleich verſcheuchen. Späterhin aber, wenn die Hennen ſich um ihn zu verſam— meln angefangen haben, würde es dieſen bemerkbar werden, die alsdann nicht bloß ſelbſt fortfliegen und den Hahn hierdurch aufmerkſam machen, ſondern ihn auch nöthigen Falls angelegentlich warnen. Hartnackige Kämpfe der älteren Hähne mit jüngeren fallen hier viel ſeltener vor, als beim Birkhahne: weil hier jeder mehr für ſich zu bleiben pflegt, oder wenigſtens keiner den anderen aufſucht. Die Ueber— wundenen, oder ſolche, denen überhaupt keine Hennen zufliegen, ſuchen da, wo Auer- und Birkhühner neben oder unter einander wohnen, nicht ſelten die Balz— plätze der Birkhähne auf, um dieſe von ihren Hühnern zu vertreiben. Umgekehrt begeben da, wo entweder die Zahl des Auerwildes im Ganzen allzu gering iſt, oder wo gar zu viele Hähne weggeſchoſſen worden ſind, ſich auch manche Auer— hennen dahin. In beiden Fällen entſtehen dann, trotz der gewaltigen Größenver— ſchiedenheit beider Gatten im erſteren, zuweilen merkwürdige Baſtarde, in Skan— dinavien Rackelhühner und Rackelhähne genannt: jedoch meiſt unter größeren Gehecken ächter Birk- und Auerhühner nur einzelne, oder 2— 3. Bevor man ih: ren wahren, gemiſchten Urſprung nach Erfahrungen kannte, glaubten Manche ſie um fo mehr für eine befondere Art „mittleres Waldhuhn“ (T. medius s. in- termedius) halten zu müſſen, je weniger ſonſt im freien Naturzuſtande die Er— zeugung von Baſtarden vorkömmt. Die weiblichen (Rackelhennen) laſſen ſich von einer etwas größeren Birkhenne, ſo wie von einer mehr als gewöhnlich kleinen Auerhenne, bloß an dem faſt geraden, nur ſehr ſeicht ausgeſchnittenen Schwanze unterſcheiden. An männlichen Baſtarden iſt derſelbe ungefähr ſo geſtaltet, wie ſonſt bei den Birkhennen. Ihre Größe gleicht nur der einer ſtarken Auerhenne; und die Hauptfarbe iſt, beſonders am Kopfe und Halſe, röthlichſchwarz, hin und wieder etwas lichter punktirt. Sonſt gleichen manche mehr einem Birkhahne, an— dere mehr einem Auerhahne: ohne Zweifel je nach Verſchiedenheit ihrer väterlichen Abkunft von jenem oder dieſem. Sie laſſen zwar ein ganz beſonderes, von dem der Auer- und Birkhähne verſchiedenes Balzgeſchrei hören; doch verſammeln ſie hierdurch, fo viel man beobachtet hat, nie Hühner um ſich. Sie pflanzen ſich da— her entweder gar nicht fort; oder, wenn es ja zuweilen geſchehen mag, nur mit ächten Birk- oder Auerhennen: ſo daß ihre Nachkommen natürlich immer mehr zu einer der beiden Urarten zurückkehren. [S 146. Die merkwürdigſten Geſchöpfe dieſer Familie bleiben offenbar die Ripen oder b) hochdaumige: Furzflügelige. | 399 Schneehühner. (Lagöpus.) An jeder Seite des Kopfes erhebt der äußere Rand ihres, nicht ſehr großen, rothen Augenbraunfleckes ſich wenigſtens im Früh— linge und vorzüglich bei den Männchen zu einem kleinen, ausgezackten Kamme, ähnlich dem eben ſichtbar werdenden Stirnkämmchen junger Haushühner. Sie zeigen übrigens ganz die Geſtalt von Repphühnern, und tragen an den Zehen keine Hornfranzen, ſondern oberwärts überall Federn. Dieſe ſind im Sommer nur mäßig lang und dicht: ſo daß ſie alsdann die langen Nägel vorn ſichtbar wer— den und die kahlen Sohlen überall frei laſſen, den Vögeln alſo das Scharren in den Erdboden immer nicht wehren. Gegen den Winter zu werden ſie aber ſo lang und dicht, daß ſie faſt die ganzen Nägel verhüllen und ſich mit ihren, haar— artig-zerſchliſſenen Enden zugleich rund unter die Sohlen legen. So ſchützen ſie nicht bloß letztere gegen die Kälte: (denn von allen Vögeln, ja wohl von allen Wirbelthieren, haben die Schneehühner ausſchließlich, Jahr aus, Jahr ein, die nördlichſten, oder ſonſt die rauheſten Wohnorte inne;) ſondern ſie machen auch die Zehen ſo umfangreich und zugleich ſo elaſtiſch, daß die Vögel mit denſelben wie auf Schneeſchuhen ſelbſt über lockeren, friſch gefallenen Schnee dahinlaufen kön— nen, ohne merklich in denſelben einzuſinken.“) Sie find die einzigen Hühner, welche ihr Gefieder, (das ſo genannte kleine nämlich!) zweimal jährlich wechſeln, um ſich ebenſo, wie manche nordiſche Säugethiere, der Jahreszeit gemäß umzu— färben.“) Zum Winter wird ihr Kleid fo weiß, wie der fie umgebende Schnee. Im Sommer iſt es, je nach Verſchiedenheit der Art und des Aufenthaltes, grau— bunt, oder röthlichbraun, wie Felſen und Steine, oder wie faules Laub und Moor— erde. Bloß die Schwanzfedern, mit Ausnahme der 4 mittleren, bleiben vom erſten Winter an für immer ſchwarz; die Schwungfedern aber, gleichfalls von da ab, immer weiß, nur die vorderſten mit ſchwarzen Schäften. Doch liegen die einen im Winter ſo unter den weißen mittleren nebſt ihren Deckfedern, und die andern im Sommer ſo unter den langen, dunklen Weichen- und Deckfedern verborgen, daß ſie den Vogel im Zuſtande der Ruhe nie verrathen. Denn ſie können bloß im Fluge ſichtbar werden. Die langen, flachen Nägel ſind im Sommer ziemlich, im Winter bedeutend breit, und namentlich an der Spitze merklich (gleichſam ſchau— felartig-) ausgehöhlt. Dieſe ihre Verſchiedenheit nach der Jahreszeit entſteht je— doch im erſteren Falle nicht bloß durch ſtärkeres Abnutzen auf dem härteren Boden; ſondern ſie wird, ſo viel man weiß, hauptſächlich durch den beiſpielloſen Umſtand bewirkt, daß bei der Mauſer auch die Krallen gewechſelt, alſo zweimal jährlich erneuert werden.““) Mit Hülfe derſelben wühlen die Vögel ſich im Winter tief in den Schnee: weniger, um ſich vor Kälte zu ſchützen, welche ſchon ihr äußerſt warmes, dichtes Gefieder abhält; als vielmehr, um zu den immergrünen Blättern der Heidel-, Preiſel- und Rauſchbeerſtauden ꝛc. zu gelangen, welche dann, nächſt *) Die Schneefhuhe (skidor [fpr. Schidor]) der Nordländer, von uns ſehr uneigent— lich fo genannt, beſtehen aus zwei, etwa 6—8“ breiten, ganz dünnen, aber feſten, unter die Füße gebundenen Brettchen, deren eines, je nach der Größe der ſie gebrauchenden Perſon 2—3 das andere 4—5 lang zu fein pflegt. Auf ihnen gleitet man nach einiger Uebung mit ähnlicher Leichtigkeit über den lockerſten Schnee hin, wie ein Schlittſchuhläufer über das Eis, faſt ohne einzuſinken: weil die Laſt des ganzen Körpers nunmehr nicht auf die Fläche der Fußſohlen allein drückt, ſondern ſich auf die große Geſammtflache der Schnee— ſchuhe vertheilt, alſo durch dieſe im Ganzen auf den Schnee wirkt. Auf unebenem Boden bedarf der Skidläufer noch eines langen (Lauf-) Stockes. So jagen die Lappen bei recht hohem, friſchem Schneee die Wölfe, bis dieſe, von dem immerwährenden tiefen Durchtreten ermattet, ſich mit Spießen todt ſtechen laſſen. **) Siehe hierzu S. 9, S. 66, S. 74, S. 103. %) Kein anderes Thier ſcheint ohne beſonderen Zufall je feine Krallen zu verlieren. — 400 Vogel; 6te Ordn.: Hühner; Knospen von Birken- und Weidengeſträuch, ihre alleinige Nahrung ausmachen. So erſcheinen die Schneehühner ganz zum Leben in den allerrauheſten, unwirth— barſten Regionen des hohen und äußerſten Nordens, ſo wie der höchſten Gebirgs— ſtriche unſerer nördlich -gemäßigten Zone, geſchaffen. Sie ſcheuen weder die ſchnei— dendſte Kälte, noch die wüthendſten Schneeſtürme, welche ſo häufig das Leben an— derer, weit größerer Thiere gefährden. Vielmehr hilft ihnen, zumal auf Gebirgen, gerade das ärgſte Unwetter ſtets eine gewiſſe Bequemlichkeit und ein behaglicheres Leben bereiten! Denn bei ſtürmiſchem Schneewetter wird immer ein großer Theil des unebenen Bodens bloß geweht, ſo, daß ſie ihre Nahrung hier oft ganz ge— mächlich erlangen können: während der Schnee, wenn er bei ſtiller Luft fällt und und dann noch Zeit behält, ſich feſter zuſammenzuſetzen, ihnen meiſt alle Nahrung auf dem Boden verdeckt und ſie nicht bloß zum beſtändigen Scharren zwingt, ſon— dern, wenn er eine Kruſte bekömmt, viele auch nöthigt, tiefer an den Gebirgen herabzuziehen, oder (im Norden) eine Strecke nach Süden zu wandern. Somit hat der rauheſte Winter für ſie oft mehr Annehmlichkeit, als mancher gelindere. Es giebt nur ſehr wenige Arten, (3—4,) die in ſtrenger Einweibigkeit leben. Die größte, mindeſtens unſerem Repphuhne gleich, heißt das Schneehuhn der Voralpen, oder Wald-, Moraſt-, Thal- und Weiden-Schneehuhn, (Tetrao saliceti, Lagopus subalpinus:) weil fie auf den Gebirgen des geſammten Nordens, rund um den Pol, die feuchte, quellenreiche Region des oberſten Holzwuchſes bewohnt, der hauptſächlich aus Zwergbirken und Weiden beſteht. Auf dem Feſtlande beſitzen fie aber nordweſtlich erſt die Gebirge von Norwegen und Lappland. Oſtwärts bes völkert ſie die ähnlichen, ſumpfigen Niederwaldungen aller hügeligen und ebenen Landſtriche an der Oſtſee, bis herab nach Kurland; ja, einzeln bis zur nordöſtlich— ſten Spitze von Preußen. Weiter nach Oſten zu, wo das Klima unter gleicher Nordbreite immer rauher wird, geht auch ſie noch weiter ſüdlich. Ebenſo in Mit— telaſien und Nordamerika, die beide nach Verhältniß viel kälter ſind, als Oſt— europa. In früheren Zeiten, wo mancherlei Verhältniſſe das Klima unſeres Welt— theiles offenbar viel rauher machten, als gegenwärtig, da lebte auch dieſer Vogel, gleich mehreren anderen Thierarten, weiter ſüdlich als jetzt: vielleicht mindeſtens im ganzen nördlichen Deutſchland, an weidenreichen Flußufern; ganz gewiß z. B. in Pommern. In Britannien hingegen, deſſen Lage als doppeltes Inſelland einem ſo ungern fliegenden Weſen das Zurückweichen nach Norden oder Nordoſten un— möglich machen mochte, ſcheint derſelbe noch vorhanden. Nur hat er dort in Folge des gelinderen Klima's auf merkwürdige, aber ähnliche Weiſe die Farbe geändert, wie fein überall naher, oder meiſt unmittelbarer Nachbar, der veränderliche Haſe.“) Gleichwie dieſer nämlich auf den milderen Gebirgen von Nordirland und Schott— land zum Winter noch weniger ganz weiß zu werden werden pflegt, als in den Wäldern des ſüdlichen Skandinaviens; ebenſo lebt auf den Haidemooren vieler dor— tigen Gebirgsthäler der, unter dem Namen „rothes“ oder „ſchottiſches Schnee— huhn“ (T. scoticus) bekannte Vogel, welcher nur ausnahmsweiſe zuweilen heller er— ſcheint, ſonſt aber Jahr aus, Jahr ein dieſelbe Färbung zeigt, wie das Weidenſchnee— huhn im Sommerkleide. Sein einziger Unterſchied von dieſem bleiben die dunkel— braunen, hell bräunlich gefleckten Schwungfedern. Letztere kommen jedoch allen jun— gen Schneehühnern ohne Ausnahme bis zur erſten Wintermauſer zu. Folglich kann es nicht anders als natürlich erſcheinen, daß auch ſie gar nicht weiß werden können, ſobald, wie es hier ſcheint, der Organismus des Vogels ſeine ſonſtige Neigung, eine weiße Wintertracht anzulegen, durch Einfluß des milderen Climas überhaupt ) Vergl. S. 103; auch S. 74 (Hermelin und kleines Wieſel.) b) hochdaumige: mit undeutlichem Schwanze. 401 verloren hat. Anderwärts ſieht das Weidenſchneehuhn im Sommer ebenſo wie das ſchottiſche, d. h. bald heller, bald dunkler rothbraun aus, mit zahlreichen ſchwarzen Punkten und feinen Querwellen. An ſeiner ſchneefarbigen Wintertracht, welche es auf dem Feſtlande überall bekömmt, find auch die Zügelfedern weiß.“) Dadurch unterſcheidet es ſich leicht von dem, etwas kleineren Felſen-, Berg-, oder Alpen-Schneehuhne. (Lagopus alpinus.) Denn letzteres zeigt immer, bes ſonders im männlichen Geſchlechte, vom Schnabel durch jedes Auge nach der Ohr— gegend hin ein breites ſchwarzes Band. Sein Sommerkleid iſt aſchgrau, fein dunkler gepudert, mit ſchwärzlichen und theilweiſe gelblichen Querbinden, ähnlich der Farbe jener Steintrümmer und Felſen, welche es dann tief im Norden und hoch auf Gebirgen bewohnt. Hier beginnt ſeine rechte Heimath erſt jenſeits des Holzwuchſes, und reicht noch weit hinein zwiſchen die Schneehaufen und Gletſcher der Hochalpen, deren Nähe ihm ſtets Bedürfniß bleibt. Von Island, Lappland, Norwegen und den ſchottiſchen Hochlanden abwärts kömmt es daher ſüdlich nicht eher wieder vor, als auf den öſterreichiſchen, baierſchen, ſchweizer und norditalieni— ſchen Alpen; vielleicht auch noch auf denen von Griechenland und auf dem Kau— kaſus. Sonſt geht es wohl nirgends ſo weit ſüdwärts, obgleich es unter ähnlichen Breiten und höher im Norden um den ganzen Pol herumreicht. An fo öde, ſtille Orte gewöhnt, von welchen erſt tiefer Schnee es nach der Waldregion hinabdrängt, iſt es meiſtens zum Verwundern arglos. Das Männchen bleibt zur Brütezeit oft noch lange ruhig auf einem Felsblocke im Sonnenſcheine liegen, wenn man auch wiederholt mit Steinen nach ihm wirft. Dagegen wird es, ebenſo wie ſein Nach— bar im Süden, das Steinhuhn, und wie andere wehrloſe Alpenvögel, ſtets fofort viel ſcheuer und furchtſamer, ſobald trübe, nebelige, oder ſtürmiſche Witterung ein— tritt. Denn dann, wo ſie ihre Feinde weit ſchlechter ſehen und hören, läßt ein dunkler Trieb ſie um ſo mehr vor denſelben auf der Hut ſein. [$ 147. Endlich giebt es noch hochdaumige und kurzflügelige, glattbeinige Hühner mit undeutlichem Schwanze, welcher unter den, faſt immer tief herabhaͤngenden und ſpitz zulaufenden Bürzelfedern verſteckt liegt. Einige ſind ganz ohne wirkliche Schwanzfedern. Bei allen wird hier— durch der Rücken hinten ſehr abſchüſſig; und der Hinterleib bekömmt, zumal bei den Gattungen der alten Welt, eine ganz beſondere, rundliche Geſtalt, der ganze Körper aber ein gewiſſes länglich-kugeliges Anſehen. Dieſer Bau, ſo wie ihre nicht bedeutende, oder geringe Größe, paſſen ganz vorzugsweiſe zum Aufenthalte im dichten Graſe, Getreide, oder wo ſonſt höhere Pflanzen recht üppig bei einander ſtehen. Als Hühner würden ſie uns ſchon nach ihren glatten Beinen ſchließen laſſen: daß ſie entweder bloß in wärmeren und ge— mäßigten Gegenden leben; oder daß ſie, ſobald ſie weit nördlich wohnen, gegen die Sitte der übrigen für die Dauer der kälteren Jahreszeit auswan— dern müſſen. Als die beſten Läufer unter ſämmtlichen Hühnern ſind ſie im Ganzen von allen die unwilligſten Flieger. Deßhalb ſuchen ſie den Nach— ſtellungen ihrer Feinde ſo lange als möglich durch raſches, vielfaches Hin— und Herlaufen nach allen Richtungen zu entgehen, drücken ſich aber dann auch vorzugsweiſe oft tief an den Boden. Zum Erheben entſchließen ſie ſich ) Die vorerwähnten, ſeltſamen Baſtarde der Weidenſchneehenne und des Birkhahnes ſehen im inter und im männlichen Geſchlechte ſchwärzlich aus, mit grauen Pünktchen und großen weißen Federenden, beſonders unterhalb; mit ſo ſchwach gegabeltem Schwanze, wie die Birkhenne; und mit Zehen, deren hintere Hälfte wie bei den Schnee— hühnern beſiedert iſt, während die kahle vordere die Hornfranzen der Birkhühner ı. trägt. (Weibliche Baſtarde dieſer Art und Sommervögel kennt man noch nicht.) Gloger, allgem, Naturgeſchichte 26 402 Vogel; 6te Ordn.: Hühner; gewöhnlich erſt dann, wenn ihnen der Verfolger doch allzu nahe kömmt, oder wenn ſie ſich ganz aufs Freie gedrängt ſehen. . Die Perlhühner (Numida!) ſind unter den hierher gehörigen Vögeln die größten, und von einförmig dunkler Farbe mit einer Menge kleiner, rundlicher, tropfenartiger oder perlenähnlicher, weißer Flecke. Kopf und Oberhals erſcheinen faſt nackt, aber nicht ſo warzig wie bei den Truthühnern; erſterer (gewöhnlich) mit einer anſehnlichen, knochigen, von knorpeliger Haut überzogenen, helmartigen Erhöhung an der Stirn. Sie ſcheinen von allen Hühnergattungen die einzige, welche ausſchließlich dem, an ſolchen eben nicht reichen Afrika angehört. Dort le— ben ſie gern in zahlreichen Heerden, beſonders in der Nähe von Sümpfen. Ob— gleich ebenſo ohne Sporen und Hornfranzen an den Füßen, wie alle noch folgende, können ſie doch nicht bloß gelegentlich aufbäumen, ſondern auch recht gut auf dik— ken, geraden Aeſten hinlaufen. Es giebt bloß 3 oder 4 Arten. Die bekannteſte, nordafrikaniſche, (N. Meleagris,) merklich größer, als gewöhnliche Haushüh— ner, iſt ſchieferfarbig, überall weiß punktirt. Ihre nackten Kopftheile, roth, bläu— lichweiß und violett, tragen an den Seiten der Kehle ähnliche, dicke Bartlappen, wie die Haushühner. Schon die alten Römer kannten und ſchätzten ſie wegen ihres höchſt wohlſchmeckenden Fleiſches, trotz dem ſehr lauten, kreiſchenden Gefchrei der Hähne. Jetzt hält man ſie faſt in ganz Europa, wiewohl meiſt in geringer Anzahl, auf Hühnerhöfen. — Das gehelmte P., (N. miträta,) in Mittel- und Oſtafrika bis Madagaskar, verbindet mit der Größe des gemeinen einen niedrigen Helmbuſch und ſchwarzes, minder dicht geflecktes Gefieder. — Dem kleinern ge— häubten, (N. cristata,) im Innern von Afrika nordwärts der Capcolonie, man: geln die Kehllappen; dagegen beſchattet ſeinen Kopf ein größerer, dichter Federbuſch. Sein Gefieder, gleichfalls ſchwarz, iſt an Hals und Oberbruſt ungefleckt; ſonſt aber mit weißen, bläulich eingefaßten Tropfen. [s 148. Bei den Wachteln (Coturnix) erſcheint, bis auf ein ganz kleines Fleckchen am Auge, wieder Alles befiedert; und ſie haben unter den kurzflügeligen Hühnern mit die längſten Vorderſchwingen. Von ihren wenigen Arten ſcheint es keine in Amerika zu geben: obgleich manche dortige Repphühner (Colin's) ihnen ſowohl an Kleinheit, wie anderweitig, nahe kommen. Die bekannteſte, größte und am wei— teſten verbreitete bleibt die gemeine oder Schlagwachtel. (C. dactylisönans.) Denn ſie kömmt nicht allein bei uns, bis Schweden hinauf, ſo wie in ganz Afrika und auf den Steppen von Mittelaſien vor: (hier zum Theil in ungewöhnlicher Menge;) ſondern auch gewiſſe, ſehr ähnliche, ſüdaſiatiſche und auſtraliſche Vögel ſcheinen nur etwas verſchönerte Abänderungen, wie fie unter den merkwürdig zahl— reichen Farbenverſchiedenheiten der männlichen Wachteln auch ſchon auf unſeren Feldern oft vorkommen. Hier lebt der Vogel, gewöhnlich von Anfange des Mai ab, im Waizen: (Roggen iſt ihm dann bereits zu hoch aufgefchoffen;) dann im Sommergetreide. Späterhin weilt er am liebſten in Hülſenfrüchten, im Hirſe, Buchweizen, (Heidekorne) und Saamenkleee; zuletzt in Kartoffelſtücken und auf trockenen Wieſen: überhaupt da, wo er ſich am beſten verſteckt halten kann; nur nicht im Gebüſche oder gar im Walde. Er iſt eines der unruhigſten Geſchöpfe; und na= mentlich die Männchen ſind zur Paarungszeit ſogar den größten Theil der Nacht in Bewegung. Sie laſſen dann beſonders gegen Morgen viel häufiger, als bei Tage, und gewöhnlich mehrmals hinter einander, ihren ziemlich lauten, weit hin ertönenden Ruf oder Schlag vernehmen, um deſſen willen man ſie gern einfängt, um ſie in Käfigen oder frei im Zimmer zu halten. Hier werden beſonders jung aufgezogene leicht ſehr zahm. (Früher ließ man alsdann, zumal in Südeuropa, die höchſt eiferſüchtigen Männchen ebenſo, wie Haushähne, mit einander kämpfen.) b hochdaumige: mit undeutlichem Schwanze. 403 Manche dauern ſo mehrere Jahre aus, obgleich die Meiſten ſie faſt bloß mit Kör— nern füttern: während ſie im Freien ebenſo, wie die übrigen kleinen Hühner mit undeutlichem Schwanze, ſo lange als möglich bloß Inſekten und Larven verzehren. Sowohl dieſer Umſtand, wie ihre Empfindlichkeit gegen Froſt, zwingt die Wachteln in ganz Europa und Mittelaſien zum Auswandern. Dabei bleibt die große Schnel— ligkeit zu bewundern, mit welcher die, häufig erſt ſehr ſpät ausgebrüteten Jungen (im Gegenſatze zu jenen der übrigen Hühnervögel) ſo weit heranwachſen, daß die letzten bereits nach wenigen Wochen die Reiſe mit antreten können. Auch will es ſchon viel ſagen, daß ein ſo ſchwerfällig und ſo ungern fliegender Vogel zu ei— ner Zeit, wo er durch eine außerordentliche Fettleibigkeit noch ſchwerer geworden iſt, den Zug über das Mittelmeer wagt, und wagen darf. Freilich ſuchen ſich die Wachteln hierzu erſtens noch ſorgfältiger, als andere Landvögel, die ſchmälſten Stellen aus: indem ſie theils ſo lange als möglich auf Halbinſeln fortgehen, theils von Inſel zu Inſel überſetzen; zweitens laſſen ſie es ſich auch nicht verdrießen, nöthigen Falls lange auf günſtigen Wind zu warten. Dennoch gehen, wenn ſich Sturm erhebt, oder der Wind plotzlich feine Richtung ändert, wahrſcheinlich jedes Jahr Millionen von ihnen in den Wellen unter. Kein Wunder alſo, wenn es bei uns nicht ſelten ein oder mehrere Jahre hindurch ſtrichweiſe auffallend wenig Wachteln giebt, nachdem ſie unmittelbar vorher recht zahlreich vorhanden waren. Obgleich ſonſt eigentlich nicht geſellig, kommen ſie doch auf vielen Landſpitzen und Inſeln von Südeuropa vor ihrem Ueberſetzen nach Afrika, und umgekehrt, in ganz erſtaunlicher Menge zuſammen. Auf dem Meere ſelbſt fallen dann öfters Tau— ſende, vom Fliegen ermüdet, neben und über einander auf die Verdecke von Schif— fen nieder, ſo daß kleine, offene Fahrzeuge zuweilen durch ihre Laſt zu ſinken dro— hen. Denn ſie ſtürzen dann ebenſo, wie bei ihrer Ankunft an den Küſten von Afrika und Europa, vor Ermattung auf den erſten trockenen und feſten Punkt nieder, welcher ihnen aufftößt. Selbſt am Lande laſſen fie ſich noch in den erſten Ta— gen nach ihrem Eintreffen leicht in Menge fangen; ja, während der erſten Stun— den kann man ſie oft mit bloßen Händen greifen. — China beſitzt eine merk— würdig kleine Wachtel (Perdix chinensis) von bloß 4“ Länge, gegen welche die unſerige (8—9“ l.) noch ein wahrer Rieſe bleibt. Einen kleineren Hühnervogel giebt es nicht. Aber theils eben ip klein, theils unferer Wachtel faft gleich, find die Laufhüh— ner. (Ortygis; Hemipodius! Turnix!!) Dieſe haben, bei fonft großer Aehn— lichkeit mit den Wachteln, ſchon wirkliche Lauffüße: nämlich bloß 3 Vorderzehen, alſo keinen Daumen. Ihr wenig harter und noch weniger hakenförmiger Schnabel weiſt ſie offenbar noch mehr auf Inſektennahrung hin. Auch kommen ſie bloß in heißen und warmen Gegenden vor: in Europa bis herauf nach Spanien. Eine jener ganz kleinen Arten, (Hemip. Meiflrenii,) ſchön gezeichnet, von röthlicher, gelblicher und weißer Färbung, ſcheint eine beſondere Gattung zu bilden, welche Stelzenhühnchen heißen kann. (Psiloenemis; Torticella!) Denn an ihren Schienbeinen bleibt über der Ferſe bereits ebenſo, wie bei den Wadvögeln, (Stelzenläufern,) ein Stückchen über den Ferſen unbefiedert. Ihr Vaterland iſt Senegambien. [$ 149. Tinamu's, oder vielmehr Inambu’s, nennen die Eingebornen von Braſilien gewiſſe hühnerartige Vögel, welche einer Seits den Wachteln am nächſten ſtehen, anderer Seits aber ſich auch den Trappen und ſtraußartigen Vögeln unter den Wadern nähern. Es ſind eigenthümliche Geſchöpfe mit einem bloßen Nagel ſtatt der Hin⸗ terzehe; mit kurzen Beinen, aber dennoch mit langem, dünnem Halſe, welchen zer— ſchliſſene und meiſt etwas gekräuſelte Federn bedecken; und mit dünnem, etwas 26 * 404 Vögel; 6te Ordn.: Hühner; breitem Schnabel. Diefe: iſt ziemlich eben fo lang, wie der Kopf, wenig gewölbt und vorn ſtumpf, mit faſt gleichen Kinnladen und weit nach vorn gerückten (auf feiner Mitte ſtehenden) Naſenlöchern. Die Zinamu’s beleben, zum Theil in Menge, die grasreichen Strauchwälder, (in Braſilien Catinga's genannt,) beſonders am Rande der Steppen; noch mehr aber dieſe ungeheueren Grasflächen (Pampa's oder Llano's) ſelbſt. Im erſteren Falle ſollen ſie ſich vor Verfolgungen auch auf Ge— ſträuch flüchten, (2) wo aber, bei dem Mangel einer ordentlichen Hinterzehe, höch— ſtens ein vorſtehender Sohlenballen des Fußblattes ihnen das Feſthalten möglich machen könnte. Mehrere Arten machen ſich häufig durch laute Stimmen vernehm— bar. Ihre Nahrung ſind Inſekten, Würmer, kleine Früchte, und ihr Fleiſch ſchmeckt vortrefflich. Sie erſetzen daher den Einwohnern die Faſane, Repphühner und Wachteln. Sonſt aber vertreten ſie für jene, meiſt ſehr einförmigen Land— ſtriche nicht bloß in gewiſſem Grade die Stelle aller bisher genannten Hühner, da dieſe dort ſämmtlich fehlen; ſondern auch jene der Trappen, welche überhaupt der geſammten neuen Welt mangeln. Ihre Haupt- und Grundfarben ſind bald Schie— fer- oder Grünlichgrau und Braun; bald Röthlichbraun, Roſtgelb ꝛc., ſtellenweiſe dunkel punktirt und mit feiner Wellenzeichnung. Mehrere, an Größe theils Fa— ſanen, theils Repphühnern gleich, tragen noch kleine, wirkliche Schwanzfedern unter den verlängerten Bürzelfedern verborgen. Eigentliche Tinamu's. (Cryptũ— rus; Tinamus!) Einigen wenigen, mit etwas weiter zurückſtehenden Naſenlöchern, (Nothüra,) fehlt der eigentliche Schwanz völlig: obgleich ihre Bürzelfedern dieſen Mangel äu— ßerlich nicht bemerkbar werden laſſen. ö f Ja, bei einer eben fo merkwürdigen, als kleinen Art, Carape genannt, welche am Leibe unſerer Wachtel weit nachſteht, ſind die Bürzelfedern nicht allein ſo lang und breit, daß man ſie ganz paſſend mit dem Schweife einer Pfauhenne vergleicht; ſondern ſie erſcheinen ſogar, ähnlich wie bei dieſer, mit braunen, weißlich eingefaß— ten (augenähnlichen) Flecken geziert, und ſind am Rande zerſchliſſen, nur freilich ohne Metallſchimmer ꝛc. Somit verdient der niedliche Vogel wohl ſeinen Namen Pfauen-Tinamu. (Taoniscus; Tinamus pavoninus.) [$ 150. 2te Zunft: Langflügelige Hühner. Bei einigen wenigen Gat⸗ tungen erſcheinen die Vorderſchwingen, im Gegenſatze zu denen aller übrigen Hühner, ſo vorzugsweiſe entwickelt, dabei auch ſo wenig ge— bogen, und die Flügel überhaupt ſo kräftig, daß die Vögel mit eben ſo aus— gezeichneter Leichtigkeit und Luſt, wie die meiſten übrigen mit Anſtrengung und ungern fliegen. Hierbei trägt zugleich die Kürze ihres knapp anliegen— den Gefieders zur Vermehrung der Schnelligkeit bei. Beine und Zehen ſind kurz; erſtere mit ſehr kleinem, hochſtehendem Daume, einmal ſogar ohne den— ſelben. Schnabel und Kopf klein: jener mit wenig übergebogener Spitze; dieſer mit wenig erhöhter Stirn. Der Schwanz keilförmig, von mittler Länge. Meiſt Flughühner genannt, könnten ſie füglich auch Wüſten- oder Step- penhühner heißen: da ſie ſich bloß weit auf dem Freien, im Graſe und Ge— ſtrüppe weiter, ſandiger Flächen aufhalten, wo fie eben jo unſtät und ſchnell umherſchwärmen, wie die Tauben. Mit letzteren hat man die Mehrzahl (in mancher Hinſicht mit Recht) verglichen. Aber die kleinſte Art, und die einzige, welche das neue Feſtland bewohnt, das Lerchenhuhn in Paraguay, (Itys,) hat nicht bloß in der Geſtalt, ſondern — hr f u 2 Ft „ 8 / b) hochdaumige: langflügelige. 405 auch der Färbung nach, unverkennbare Aehnlichkeit mit einer gewöhnlichen Lerche, die es zugleich an Größe nicht viel übertrifft. Seine Füße ſind nackt, und glei— chen ziemlich denen einer Wachtel. Dagegen zeigen die Ganga's oder Flughühner der alten Welt (Pteröcles) nicht bloß noch längere und ſpitzigere Flügel; ſondern ſie tragen auch eine kurze, dichte Befiederung an den Fußwurzeln. Dieß nähert ſie etwas den nordiſchen Wald⸗ und Schneehühnern: nur daß an ihren viel kürzeren Zehen weder Federn, noch Hornfranzen ſtehen. Dagegen hilft bei ihnen ein ziemlich breit vorſtehender Rand derſelben ebenſo das allzu tiefe Einſinken in den beweglichen Triebſand ver— hüten, wie die Schneehühner ihre reiche Zehenbefiederung vor dem Verſinken in lockeren Schnee ſichert. In der That bleiben die Ganga's für die großen, dürren Wüſten Afrikas und des ſüdweſtlichen Aſiens in ihrer Art Daſſelbe, was für den höheren Norden und für die Alpenregion unſerer gemäßigten Zone die Schneehüh— ner waren. D. h.: fie find die einzigen warmblütigen Thiere, welche ihre Natur in den Stand ſetzt, ohne Gefahr der Dürre und Unfruchtbarkeit glühender, uner— meßlicher Sandwüſten und jenen grauſigen Staubwirbeln oder Sandſtürmen zu trotzen, welche nicht bloß Hunderte von anderen kleineren Weſen tödten, ſondern häufig auch ganze Caravanen von Reiſenden mit Pferden und Kameelen begraben: ebenſo, wie die Schneehühner allen Schrecken der Schneeſtürme und jedem winter— lichen Ungemache der rauhen Polargegenden Trotz bieten. Nach einigen. Wochen der trockenen Jahreszeit, wenn nicht bloß ihre Jungen flugbar geworden und die Sämereien vieler Wüſtenpflanzen gereift ſind, ſondern auch die, von der Regenzeit herrührenden Waſſerbehälter durch die Hitze austrocknen, ja ſelbſt manche kleine Quellen verſiegt ſind; dann müſſen die Ganga's täglich zu wiederholten Malen meilenweit in den Wüſten umherſchwärmen: theils, um die ſparſame, zerſtreute Nahrung in großem Umkreiſe aufzuſuchen; theils, um ihren Durſt zu löſchen, (was ſie auf dieſelbe Weiſe thun ſollen, wie die Tauben.) Dann ſind ihre, bald kleineren, bald größeren Schaaren die angenehmſte Erſcheinung für die ſchmach— tenden Reiſenden: indem ſie dieſen nicht bloß ihre Annäherung an die Gränze der Wüſte anzeigen, ſondern ihnen mit ihrem Fluge zur Tränke (des Morgens, Mittags und beſonders des Abends) auch als Wegweiſer zu den noch offenen Quellen oder Ci— ſternen dienen. Sie leben paarweiſe. Die Männchen ſind zwar nicht glänzend, aber meiſt zierlich und eigenthümlich bunt gefärbt: zum Theile wie der bunte Sand und das kleine Geſtein des Bodens; die Weibchen einfacher, theilweiſe mehr lerchenartig und quer gewellt. Der Bauch ſcheint bei den meiſten ſchwarz. Von einer Art, Sand-Ganga genannt, (Pt. arenarius, Tetrao ar.,) die im ſüd— weſtlichen Aſien bis zur Kirgiſei herauf, ſo wie im ſüdöſtlichen Europa wohnt, haben ſich einzelne verirrte Exemplare, ſchon bis nach Deutſchland verflogen. — Bei manchen ſind die zwei mittelſten Schwanzfedern der Männchen zu einer ſchmalen Spitze verlängert. 3. B. bei dem ſchönen ſpießſchwänzigen Flug⸗ huhne, dem Chata oder (mit dem Artikel) „al Chata“ der Araber, (Pt. setarius, Teträo alchäta,) welches ſchon regelmäßig die trockenen Hochebenen von Arago— nien und dem übrigen Spanien beſucht. Doch gehört es auch ſonſt an dürren Orten in den Ländern am Mittelmeere, auf der Inſel Copern ꝛc. zu Haufe. Gleichwie Mittelaſien noch weitläuftigere und, wenngleich minder dürre, doch auch viel rauhere Wüſten beſitzt, als Mittel- und Südafrika: ebenſo beſitzt es in dem wunderlichen Sadoſcha oder Fauſthuhne (Syrrhaptes, Tetrao paradoxus) einen zwar ähnlich gebauten und gefärbten, aber noch mehr zum Umherſchwärmen geſchaffenen und zugleich für ihr viel rauheres Klima geeigneten Bewohner derſel— ben. Denn bei ihm erſcheinen die vorderen Schwungfedern nicht bloß noch bedeu— 406 Vögel; Waſſerv.; 7te Ordn.; Wader. tend länger, als bei den Ganga's, (fo daß feine Geſtalt noch weniger Hühnerarti— ges behält;) ſondern an der Spitze der erſten und zweiten Schwingen ſtehen auch noch je zwei, oder Ein Anhängſel, gleichſam kleinere neue Schwingen, angeſetzt. An ſeinen Füßen reicht die Befiederung noch mit über die äußerſt kurzen Zehen, mit Ausnahme der Sohle. Letztere iſt an der Mittelzehe auffallend breit. Die, kaum halb ſo langen Seitenzehen aber ſind mit derſelben faſt bis zu den kurzen Nägeln verwachſen: ſo, daß der ganze, höchſt ſonderbare Fuß eben gar nicht wie ein Vogelfuß, ſondern eher wie der Vordertheil eines Fauſt-Handſchuhes ausſieht. Der Daum fehlt. Die Farben des Vogels ſind ein angenehmes Ochergelb mit Schiefergrau. Ste Unterklaſſe: Waſſervögel. s 151. Bei Weitem die Mehrheit erſcheint ſowohl ihrer ganzen Lebens weiſe, wie ihrem Baue nach zu entſchieden an das Waſſer oder deſſen Nähe ge— bunden, als daß vorſtehende Geſammtbezeichnung, mancher Ausnahmen un— geachtet, nicht beibehalten zu werden verdienen ſollte. Für die meiſten blieb die Fähigkeit zu leichter Fortbewegung im Waſſer, entweder durch Schreiten in demſelben, oder durch Schwimmen auf demſel— ben, erforderlich. Zu dieſem Behufe haben faſt alle (mit äußerſt wenigen Ausnahmen und bei ſtets unverwachſenen Zehen) das Schienbein über der Ferſe eine Strecke weit von Federn entblößt.) Eine Einrichtung, welche nicht allein dieſem Theile überall, vorzüglich aber beim Schwimmen, eine größere Beweglichkeit verleiht, ſondern auch namentlich beim Waden im Waſſer den Thieren gar ſehr zu Statten kommt: indem ſie ihnen, ohne Benetzung des Gefieders, tiefer hineinzutreten erlaubt. Aus der eben bezeichneten Lebensweiſe ergiebt ſich als nothwendige Folge: daß Waſſervögel entweder bloß in wärmeren und heißen Gegenden wohnen dürfen, oder nur den Sommer in kalten Ländern verleben können, mit Ein— tritt des Froſtes aber, zum Theile noch früher, ſo weit nach Süden ziehen müſſen, bis ſie hinreichend offenes Waſſer finden. Sie müſſen alſo ganz vor— zugsweiſe Zugvögel ſein. — Ihrem Geſammtbaue, ihrer Nahrung und ihrem ſonſtigen Weſen nach wiederholen die größeren Gruppen der beiden Ordnungen, in welche die Un— terklaſſe zerfällt, bald mehr, bald weniger deutlich die meiſten Ordnungen und Unterordnungen der Landvögel. 7° Ordnung: Wadvögel. Mit dem Beſitze der nackten Stelle am Schienbeine verbindet ſich bei ihnen faſt immer das Dafein einer bloßen Spannhaut zwifchen *) Die wenigen Landvögel, welche dieſen Charakter theilen, (die Eisvögel und Bienen⸗ aa zeigen dagegen zwei halb an einander gewachſene Vorderzehen. S. S. 336 und 3 Vögel; Waſſerv; te Ordn.: Wader. 407 den Vorderzehen, (beſonders zwiſchen den mittleren und äußeren,) welche das allzu tiefe Einſinken in Schlamm und Triebſand 1x. verhütet. In den ſehr einzelnen Fällen aber, wo ähnliche Schwimmhäute vorhanden find, wie bei wirklichen Schwimmvögeln, haben die Beine eine ſehr be— deutende, ja zum Theil eine ſo außerordentliche Länge, wie dieß bei wirklichen Schwimmvögeln der Fall niemals iſt, und nicht ſein kann, Früher gebrauchte man für dieſe Ordnung ins Geſammt die Benennun— gen Sumpf- oder Ufervögel und Stelzenläufer: weil allerdings viele Gattungen den Aufenthalt an mehr oder weniger ſumpfigen Orten lieben, und bei eben fo vielen die Beine durch eine mehr als gewöhnliche Höhe auffallen. Doch paſſen alle drei Namen, beſonders die beiden erſten, auf viele Arten ganz und gar nicht. Darum kömmt die Bezeichnung Wadvögel als die allgemein anwendbare, jetzt immer mehr in Gebrauch: da auch die— jenigen Arten, welche in trockenen Wüſten, auf Haideſteppen und Sandfeldern ꝛc. wohnen, hier im Graſe, Geſtrüppe oder Sande einherwaden. Alle gehen ſchrittweiſe. Dabei ſind alle gut, die Mehrzahl vortrefflich zu Fuße; und die ausgezeichnetſten Läufer der ganzen Klaſſe ſtehen in dieſer Ordnung. Je länger die Beine und je kürzer die Zehen, beſonders die hintere, ſind; um ſo dicker iſt dann bei jungen Vögeln der Theil des Fußblattes (Tarſus) zunächſt der Ferſe. Am auffallendſten wird dieß bei ſolchen, welchen die Hinterzehe fehlt: indem bei ihnen die obere Hälfte des Fußblattes alsdann gleichſam angeſchwollen erſcheint. Die beſondere Kürze des Schwanzes, welche hier faſt zur Regel ohne Ausnahme wird, ſteht in beſtem Einklange mit beiden Arten der Lebensweiſe. Denn bei den im Waſſer wadenden verhütet fie das Benetzen des Schwan— zes; bei den ſchnell laufenden vermindert ſie die ſtörende, oder beſchwerliche Einwirkung der Luftſtrömungen auf denſelben. Im Fluge ſtrecken die Wader, im Gegenſatze zu den Gliedern aller übri— gen Ordnungen, die Beine, welche die übrigen an den Leib ziehen, gerade hinten aus: wie es ſcheint, um das, ſonſt durch die Kürze ihres Schwanzes geſtörte Gleichgewicht wieder herzuſtellen. (Ein Verfahren, welches bei den, meiſt ebenfalls kurzſchwänzigen Schwimmvögeln durch die, gewöhnlich zurück— gerückte Lage der Beine ſelbſt unnöthig wird.) Die wenigen Arten abgerechnet, welche ganz außer Stande ſind, zu fliegen, können, wie es ſcheint, alle min— deſtens Etwas ſchwimmen, wenn ſie es auch nur in dem Nothfalle verſu— chen, wo fie des Vermögens zu fliegen beraubt find. Manche ſchwimmen ſchon häufiger, und von freien Stücken. Solche können dann in ähnlichen Fällen der Noth auch für kurze Zeit untertauchen. Bloß mit dem Kopfe und dem größten Theile des Halſes unter das Waſſer fahren, wie dieß bei vielen zur Erlangung ihres Fraßes oft nöthig wird, können die am Waſſer lebenden und flugfähigen Arten ſämmtlich. Die meiſten Wader genießen ausſchließlich thieriſche Stoffe: und man 408 Vogel; 7te Ordn.: Waderz fennt bis jetzt keinen Vogel dieſer Ordnung, der im Freien bloß von Pflan— zennahrung lebte, wenn ſich auch manche in der Gefangenſchaft zur Noth mit ſolchen allein erhalten laſſen. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich nur ſelten merklich, ja am öfteſten faſt gar nicht. Es fällt hier weniger ſchwer, die ganze Ordnung naturgemäß in klei— nere Gruppen zu vertheilen, als dieſe kenntlich und kurz zugleich zu benennen und zu bezeichnen. Ite Unterordn.: Leichtfliegende Wadvögel. Sie führen zwar nur ſelten eigentlich lange, und nicht immer beſonders harte Schwungfedern; doch beſitzen fie auch entweder nie fo kurze und weiche oder hühnerartig- gebogene (muldenförmige) Flügel, wie die Gattungen unſerer ten Un— terordnung: oder ſie haben, wenn ſie ſich letzteren ja hierin nähern, vor den— ſelben wenigſtens noch die anſehnliche Länge der Oberarmknochen voraus, welche den geöffneten Flügeln eine viel weitere Ausdehnung geben. Daher bewegen ſie ſich alle viel leichter und minder ungern durch die Luft, als die ſpäter folgenden. Zugleich vermehren ſie ſich alle bei Weitem nicht fo ſtark, wie die mei— ſten von dieſen, welche ſich hierin den Hühnern nähern. Ihre Füße ſind noch ſelten auf ſchnelles Laufen berechnet: am wenigſten bei der [S 152. Iten Zunft: den langſam ſchreitenden Wadern. Hier iſt die Hinterzehe ſtets jo gut entwickelt, daß ſie, wenn fie auch nicht völlig auf dem Boden ruht, doch mit dem Ende aufſtößt, den Vögeln alſo das Aufbäumen geſtattet. Der Schnabel iſt entweder hart und ſpitzig, mit ſcharfen Kieferſchneiden, oder breit; aber nie eigentlich weich oder wirklich biegſam. Zügel und Augenrand bleiben ſtets unbefiedert: da die Thiere ihre Hauptnahrung oft, oder meiſt, aus dem Waſſer holen müſſen. #) Schon der Umſtand, daß dieſelbe eben ſo vorzugsweiſe in Wirbelthieren beſteht, (die hier freilich meiſt unzerſtückt hinuntergewürgt werden,) würde ſie unter den Wadern als Seitenſtück der Raubvögel daſtehen laſſen; ebenſo auch die aus— nehmende, durch die Dehnbarkeit ihrer Kehlhaut entſtehende Weite des Rachens und Schlundes, wie die Beſchaffenheit des Magens und der übrigen Vers dauungsorgane. Neſtbau, Erziehung und Entwickelungsweiſe der Jungen ſind ganz dieſelben; die Eier wenig zahlreicher und klein. Desgleichen brü— ten, wie es ſcheint, auch hier bloß die Weibchen, und werden dann von den Männchen mit Futter verſorgt, wie dort. Bei den reiherartigen Vögeln ſtreift zudem auch die ganze Fuß— und Krallenbildung mehr, als bei allen übrigen, an jene der Raubvögel. Denn ihre Zehen ſind lang und wohl beweglich; die Nägel groß, etwas gekrümmt und ſpitzig, wenngleich nicht zum 1 brauchbar; und die große Hinterzehe liegt mit den vorderen in Einer Ebene, wie bei ) Man vergleiche in Bezug hierauf die Bemerkung S. 336, Note. a) leicht-fliegende: langſam ſchreitende. 409 den edlen Raubvögeln. Aehnlich den unedlen, tragen ſie ihren Jungen das Futter meiſt im Kropfe zu. Ueberhaupt haben ſie mit denſelben, und zwar in noch erhöhtem Maße, das Vermögen gemein, einen großen Theil der eben verſchluckten Speiſe mit Leichtigkeit wieder aufzuwürgen. Denn auch, nach einer reichlichen Mahlzeit plötzlich erſchreckt und in die Flucht getrie— ben, ſpeien ſie ſchnell den größten Theil des Genoſſenen von ſich, um ſich zu erleichtern und dann beſſer fliegen zu können. Sie leben, je nach ihrer Größe, ſämmtlich theils von kleineren, theils von größeren Fiſchen; viel we— niger ſchon von Waſſeramphibien; und nur die kleineren auch theilweiſe von Waſſerinſekten, deren Larven, Blutegeln ꝛc. Alle ſind äußerſt gefräßig, ohne je ſonderlich fett zu werden. In ſtark bewohnten Gegenden ſchaden ſe daher der Fiſcherei gar ſehr. Deßhalb werden die größeren in ſolchen Landſtrichen ſehr gehaßt, und nach Möglichkeit verfolgt. Doch machen die außerordent— liche Schüchternheit und Vorſicht der meiſten dieß noch viel häufiger erfolg— los, als die, gewöhnlich ſehr verſteckte Lebensart der kleineren. Ihr aͤußerſt ſcharfer, faſt nadelſpitziger Schnabel läßt ſie die gefangenen Thiere ſehr leicht, oft mit Einem Hiebe, lahm oder todt ſpießen; und die fein gezaͤhnelten Ränder ihrer Kiefer an der Spitzenhälfte des Schnabels laſſen auch die ſchlüpfrigſten Fiſche ſo leicht nicht wieder entgleiten. Um dieſelben zu fangen, waden die größeren Reiher gewöhnlich ſo tief ins Waſſer, als das Nackte ihrer Beine geht. Dann ſtehen fie, ruhig beobachtend, lange Zeit regungslos ſtill: indem ſie den Körper ziemlich aufrecht halten, den äußerſt langen, dünnen Hals aber, (welcher ſich an 3 Stellen ſehr ſtark knieförmig biegt,) ſo zuſammen— ziehen, daß der kleine Kopf auf dem Nacken ruht und bloß der Schnabel, mit der Spitze tief geſenkt, über der Bruſt hervorſteht. So verharren ſie, an— ſcheinend theilnahmlos, in kalter Beſonnenheit und unbeweglich wie Bildſäu— len, ſo lange, bis einer der, nun arglos um ſie herſchwimmenden oder ſpie— lenden Fiſche ihnen nahe genug gekommen iſt, um ihn durch ein plötzliches, blitzſchnelles Vorſchießen des Halſes mit dem Schnabel zu erreichen. Immer ſuchen ſie dieſelben auf den Kopf zu ſpießen, um ſie zu betäuben: worauf ſie den größeren, um ſich ihrer deſto mehr zu verſichern, die Augen aushacken. Letzteres bleibt auch ihr Hauptvertheidigungsverſuch gegen Menſchen, Jagd— hunde und dergl.: ſobald ſie, flügellahm geſchoſſen oder ſonſt verwundet, nicht mehr entfliehen können. Die größeren Arten können hierdurch leicht um ſo gefährlicher verwunden, je unvermutheter erſtens dem Unerfahrnen der fürch— terliche Hieb darum kömmt, weil ſich der Vogel bei ſeinem Ausholen dazu nur furchtſam zurückzulehnen ſcheint; und je weiter- zugleich der, in ſolcher Lage meiſt ſo kurz ſcheinende Hals reicht. — Seiner Länge wegen muß er im Fluge auf den Nacken zurückgelegt werden. Das lange, aber dünne Ge— fieder wird am Halſe am längſten und lockerſten, und legt ſich hier von bei— den Seiten über den, unten faſt nackten Halsrücken. Um vorzugsweiſe hier beim Untertauchen zum Behufe des Fiſchfanges, wie überhaupt allenthalben, dem Einfluſſe der Näſſe widerſtehen zu können, enthält daſſelbe ſehr reichlich eine beſondere, talgartige Fettigkeit.n) Dieſe kömmt aus ganz eigenthümli— chen, ſo genannten Puderdunen, welche ſonſt nur noch die verwandten Sa⸗ vacou's (Kahnſchnäbel) beſitzen. Es ſind dieß ſonderbare, mehrere Linien lange, äußerſt dicht an einander ſtehende, gelblich gefärbte dünne Körper, „) Eigentlich fühlt es ſich in dieſer Hinſicht nicht ſowohl s lig oder fettig an, ſondern mehr wie recht trockenes Hirſchtalg und Stearinkerzen, oder wie Speckſtein auf ganz fri— ſchem Bruche (Zu vergleichen S. 336, mitten.) 410 Voͤgel; 7te Ordn.: Wader; deren jeder wie eine keimende (kielende) Feder mit offenem, wolligem, dunen— artigem Ende ausſieht, und die auf jeder Seite der Bruſt, des Unterleibes und des Unterrückens ein großes, längliches Feld bilden. Von ihnen aus ſcheint der Vogel ſein Gefieder beim Putzen deſſelben mit jenem fettigen Stoffe gleichſam einzuſtäuben. Auf der höchſten Stufe organiſcher Entwickelung ſtehen unter den reiherartigen Vögeln, folglich auch unter den geſammten Wadern, offenbar die Zwergreiher, oder kleinen Rohrdommeln. (Erodiscus.) Ihre Schienbeine haben nämlich, wie jene von Landvögeln, noch gar nichts Nacktes; während ſie außerdem ſo gelenkige und biegſame Zehen mit weichen, etwas rauhen Sohlen beſitzen, wie die bald folgenden größeren oder eigentlichen Rohrdommeln. Letzteres macht ſie in gewiſſer Art zu ganz vortrefflichen Kletterern. Denn faſt häufiger, als fie in langſamen, weit aus: greifenden Schritten mit lang vorgeſtrecktem Halſe auf dem Boden im Sumpfe hinſchreiten, ſteigen ſie mit eben ſo viel Sicherheit und Geſchick, als Bedächtigkeit an den ſchlankſten Weidenzweigen empor, und an ſenkrechten, oder wenig nieder— gebeugten Rohrhalmen hinauf, um in der Höhe zu ruhen; oder wieder tief über das Waſſer hinab, um da, ebenſo angeklammert, Fiſchchen, Froſchlarven oder Waſ— ſerinſekten zu fangen. Nicht minder ſchreiten ſie ſo, von einem Halme zum an— dern und ſo weit es ihnen beliebt, kletternd im Rohre fort. Zu ſolchem Behufe ſind ihre Füße im Wurzelgelenke der Zehen ſo merkwürdig drehbar, wie vielleicht bei keinem anderen Vogel: indem ſie, mit demſelben ſeitwärts greifend, einen ſenk— rechten Zweig umfaſſen und ſich nun, mit faſt ſenkrecht gehaltenen Beinen, in ſenk⸗ rechter Richtung neben dem Zweige oder Halme gleichſam ſtehend erhalten können. Zugleich ſteht auch die äußere Zehe an der Wurzel ſo weit von der mittleren ab— gerückt, wie eine Wendezehe. Dieſe Klettergabe macht die Zwergrohrdommeln ſo ſicher, daß ſie ſich bei anhaltender Verfolgung bisweilen weder durch Treiber, noch durch Hunde, aus einem von Jägern umſtellten Rohrflecke oder Weidenheger auf— ſtöbern und zum Schuſſe bringen laſſen. Ohne gerade ausſchließlich Nacht- und Dämmerungsvögel zu ſein, verlaſſen ſie doch ihr Verſteck bei Tage kaum jemals freiwillig im Fluge. Es giebt wahrſcheinlich nur 2—3 Arten. Die bekannteſte, unfere kleine Rohrdommel, (Ardea minüta,) bewohnt rohr- und buſchreiche, langfam fließende und ſtehende Gewäſſer im Oſten Deutſchlands faſt überall, an— derswo dagegen nur einzeln, und nördlichere Länder wohl kaum. Sie brütet gern in verlaſſenen Elſterneſtern; ſonſt auf Weidenſtöcken u. dergl., niedrig auf Bäu⸗ men. Das Männchen ſieht angenehm ochergelb und weißlich aus, mit ſchwarz— grünem Oberhalſe, Rücken und Vorderſchwingen. Das Weibchen und die Jungen ſind oberwärts überall tief röthlichbraun mit ochergelblichen Federrändern. Ihr Körper gleicht an Schwere kaum dem einer Wachtel. [S 153. An den Schienbeinen der viel größeren eigentlichen Rohrdommeln (Bo- taurus) gewahrt man ſchon eine, freilich nicht große, nackte Stelle, und an den Füßen keine ſo deutliche, paarige Sonderung der Zehen. Ihre lockeren, breiten Halsfedern geben dieſem Theile ein noch dickeres Anſehen, als bei den kleinen Dommeln und den Nachtreihern: beſonders im Zorne, wo ſie, ſammt denen des Hinterkopfes, hoch aufgeſträubt werden. Dieſe Vögel ſcheinen nicht ganz ſo gute Kletterer, wie die vorigen, halten ſich daher mehr am Boden. Doch wiſſen fie beim Fortgehen im Rohre über dem Waſſer noch beſſer mehrere Rohrſtengel zu— ſammenzufaſſen, um ſich im Weiterſteigen und beim Fiſchen auf ſie zu ſtützen: da Ein Stengel zu ſchwach iſt, ſie zu tragen. Denn die gemeine Rohrdommel (Arde&a stelläris) gleicht am Leibe einem Haushahne. Nach der dumpfen, an— ſcheinend nicht ſonderlich ſtarken, aber, doch bei ſtiller Luft wohl eine Viertelmeile a) leicht-fliegende: langſam ſchreitende. 411 weit hörbaren, brüllenden Stimme, welche das Männchen im Frühlinge des Nachts, öfters von ſich giebt, wurde ſie ſonſt auch Waſſerochs genannt. Daß ſie dabei, um den Schall zu verſtärken, den Schnabel ins Waſſer ſtecken ſolle, mag jeden: falls bloß Fabel ſein. Möglich aber, daß ziemlich derſelbe Erfolg entſteht, wenn oder indem ſie beim Schreien Hals und Kopf niedrig über das Waſſer hinſtreckt. Leider wird ſie, der Finſterniß und ihrer Schüchternheit wegen, vielleicht nie Je— mand dabei beobachten können. Ihr Scheitel iſt ſchwarz; ſonſt Alles dunkel roſt— gelb und ocherfarbig, mit ſchwarzbraunen Schaftſtrichen und feineren, queren Zick— zackſtreifen, faſt eulenartig. Sie mag ſich nur ſelten, oder nie auf Bäume ſetzen, und niſtet auf der Erde, an einer trockenen Stelle im Rohre. Hier weiß ſie ſich überhaupt gut zu verbergen und nöthigen Falls tief an den Boden zu drücken. Ganz eigenthümlich und ſehr merkwürdig bleibt jedoch ihr Trieb, ſich unkenntllch zu machen, wenn ſie zufällig auf einem kahlen, freien Plätzchen überraſcht wird und ſich zwar noch unbemerkt glaubt, aber da auch keine Gelegenheit ſieht, ſich raſch genug zu verſtecken. Sie richtet dann, ſtatt aufzufliegen, den Leib, Hals und Schnabel ſo kerzengerade ausgeſtreckt und ſteif in die Höhe, daß ſie in dieſer Stellung alle Vogelähnlichkeit verliert und wie ein ſpitzer Pfahl ausſieht: wo ſie dann leicht überſehen, oder vielmehr nicht erkannt wird. Ihr Vaterland ſcheint wenig über Europa hinauszugehen, und hier nicht einmal weit gegen Norden zu reichen. Andere Species in anderen Welttheilen mögen größere Verbreitungsbe— zirke haben. l Von ähnlichem Baue, nur etwas kleiner, find die Nachtreiher, (Nyeti- cörax,) mit ſtärkerem, oben ſanft gebogenem Schnabel und mit aufgeworfenem, deutlich gezähneltem (kammartigem) Rande an der Innenſeite des Nagels ihrer Mittelzehe. Von ihnen ſcheint die gewöhnliche Art (Ardea nyeticorax) mit geringen Abänderungen faſt in allen warmen und gemäßigten Gegenden des Erd— kreiſes vorzukommen. In Nordamerika niſten hin und wieder ziemlich zahlreiche Kolonieen von ihr auf Bäumen, wie bei uns vom gemeinen, grauen Reiher. In Deutſchland muß ſie früher wenigſtens häufiger geweſen ſein, als jetzt: da ſie hier unter dem Namen „Focke“ ein Lieblingsgegenſtand der Falkenbaize war, der ſogar zur hohen Jagd gezählt wurde. Ohne Zweifel galt es dabei eigentlich jenen drei ſchönen, handlangen, aber ganz ſchmalen, weißen Schmuckfedern am Hinterkopfe der alten Vögel, welche rinnenförmig, oder faſt ſcheidenartig zuſammengerollt, ſo in einander ſtecken, daß ſie ziemlich gerade hintenaus ſtehen. Sie geben, freilich nur in ziemlich großer Anzahl, einen ſchönen Kopfputz für Männer, der natürlich um ſo theurer zu ſtehen kommen muß, je mehr ſolche Vögel dazu gehören, um die nöthigen Federn zu liefern, und je ſchwerer dieſelben ſich erlegen laſſen. Denn die Nachtreiher ſcheinen nicht bloß eine völlig nächtliche Lebensweiſe zu führen, ſon— dern auch bei Tage nur äußerſt ſelten auf dem Boden in Sümpfen zu bleiben, wo man ſie ſchon leichter auffinden müßte. Vielmehr ſitzen ſie dann, wohl verſteckt und an den Stamm gelehnt, ſo ruhig wie Eulen auf Bäumen, die ſie nöthigen Falls auch weit von Sümpfen aufſuchen, um nach letzteren erſt ſpät des Abends zurück— zukehren. Deßwegen bekömmt man den einheimiſchen ſelbſt in Ungarn, wo er ge— wöhnlich iſt, nur ſelten zu ſehen: obgleich man bei ſeinem nächtlichen Umherſchwei— fen ſehr oft ſeine, etwas rabenähnliche, aber mehr quakende Stimme über ſich ver— nimmt. Er wird, wie es ſcheint, erſt vom zweiten Herbſte an hell aſchgrau, mit ſchwefelgelbem Bauche; auf dem Oberkopfe und Rücken grünlichſchwarz. Jüngere Thiere ſehen allenthalben bräunlichgrau, oder faſt chokoladenfarbig aus, mit einem dreieckigen, gelblichen Spitzenflecke an jeder Feder. [§ 154. Den übrigen Reihern mangelt das Klettertalent. Sie ruhen und niſten daher 412 Bögel; 7te Ordn.: Wader; meiſtens bloß auf Bäumen, die, wenn dieß kolonieenweiſe geſchieht, von ihrem ums hergeſpritzten ſcharfen, beizenden, dünnflüßigen Unrathe ſehr oft verdorren. 5 Minder im Verborgenen, als Nachtreiher und Rohrdommeln, aber auch we— niger auf großen freien Gewäſſern, als die großen und namentlich die weißen Rei— her, lebt der kleine Schopf-, Rallen- oder Quakreiher. (Ardea comäta s. castanea etc.) Er ſieht weiß, am Rücken gelblichröthlichbraun, am Oberhalſe roſtgelblich aus. Die Alten ſchmückt ein ähnlich gefärbter und ſchwarz in die Länge geſtreifter Federbuſch, welcher, ſehr lang und dick zugleich, im Stehen ſelbſt bei aufgerichtetem Halſe tief auf den Rücken niederfällt. Mit den dicken Hals— federn der bisherigen Arten vereinigen ſich hier ſchon die ſchönen langen, ſchmalen, geraden, flatternden Vorderhals- und Schulterfedern aller größeren Reiher, denen ſtets ein minder langer, bei Jungen noch wenig bemerkbarer Federſchopf am Hin— terkopfe herabhängt, und deren glatte, dünne Halsbefiederung die Geſammtbezeich— nung „dünnhälſige Reiher“ für ſie veranlaßt hat. Bei den herrlichen Silber- oder Schmuckreihern (Casmerodius) iſt das ganze Gefieder ſchneeweiß, nur bei manchen in der Jugend ſchiefergrau. Statt jener einfachen Schulterfedern wachſen ihnen (durch eine theilweiſe zweite Mauſer) zum Frühlinge ſehr lange und zugleich breite, ziemlich einſeitig geſtaltete, deren Fahnen nur aus ſehr langen, aber ſehr dünn geſtellten, nach außen und nach un— ten hängenden Hauptfaſern beſtehen. Noch ſchöner und zierlicher, als jene der Pa— radiesvögel, reichen ſie mit ihrem, ſanft aufwärts gerichteten Ende bis über den Schwanz hin, bei manchen Arten ſogar noch über denſelben hinaus, und bilden einen eben ſo umfangreichen, als zarten Schmuck, den ſeine Leichtigkeit fortwährend in zitternder Bewegung erhält. Schon die von Einem Vogel geben einen mäßi— gen, die von zweien zuſammen einen ſtarken Buſch zum Putze auf Damenhüte, Frauenturbane u. dergl. Doch müſſen die Vögel dann gleich während der erſten Wochen des Frühlinges erlegt ſein: weil dieſe, äußerſt fein gebildeten Federn ſchon durch ihre Anſtalten zum Niſten bedeutend leiden, ſpäterhin aber ihnen von den Jungen beinahe ganz verdorben werden. Ehedem waren dieſelben viel allgemeiner gebraucht und geſucht, als jetzt. Vor Erfindung der Schießgewehre mußte man die geeignete, kurze Zeit wahrnehmen, um dieſe Reiher mit ein Paar gut abge— richteten Falken zu fangen. Denn beim Angriffe derſelben legten ſie ſogleich, wie alle Reiher, den Kopf mitten auf den Rücken hin, um ſo den Feind zu beobach— ten und ihm beſtändig den ſpitzen Schnabel als ſcharfe Waffe entgegenzuhalten. Ein einzelner Falke ſchwebte alſo, da er nur ſchräge von oben zuſtößt, beſtändig in Gefahr, ſich an dem Schnabel des Reihers zu ſpießen, und tödtlich zu ver— wunden, ſo lange nicht die Aufmerkſamkeit des letzteren durch einen zweiten An— greifer getheilt wurde. In Ungarn niſten (horſten) bereits Geſellſchaften einer grö— ßeren und einer kleineren Art ſolcher Schmuck-, Federbuſch- oder Silberreiher: (Ardéa egretta, und A. garzetta;) jene faft unſerem grauen Reiher, dieſe kaum dem großen Rohrdommel gleich. Nach Deutſchland verirren ſich beide nur äußerſt ſelten; am ſeltenſten die kleinere. Für die großen Waſſerſpiegel offener Sümpfe und Flußbuchten heißer Erdſtriche bleiben theils dieſe, theils andere, noch an— ſehnlichere und noch kleinere Arten eine wahre, ſchon fernhin ſichtbare Zierde. Die übrigen dünnhälſigen (eigentlichen) Reiher (Ardea) tragen das ganze Jahr hindurch nur ähnliche lange, ſchmale und gerade, hinten über die Flügel hän— gende Rückenfedern, wie unten am Halſe, deſſen Seitentheil immer ſchwärzlich ge— ſtreift erſcheint. Die Arten von weiß, grau und ſchwarz gemiſchter Färbung lieben große, freie Gewäſſer faſt ebenſo, wie die Silberreiher, ſind jedoch auch eben ſo menſchenſcheu. Bei uns z. B. der gemeine graue, gewöhnlich Fiſchreiher genannt. a) leicht-fliegende: langſam ſchreitende. 413 (A. einerea.) Dieſer ſieht, ausgefärbt, oben ſchön bläulichgrau, am Scheitel, wie unterwärts rein weiß, an den Seiten überall ſchwarz aus; in der Jugend bloß aſchgrau, grauweiß und ſchwärzlich. Er findet ſich in Europa bis zur Mitte von Schweden; dann ebenſo in Aſien und Nordafrika bei allen größeren, ſtehenden und fließenden Gewäſſern, an manchen in Menge, horſtet jedoch oft ziemlich weit davon auf den größten Waldbäumen. — Von ähnlich gefärbten Arten ferner Himmels— ſtriche beſitzt beſonders Amerika eine viel größere. — Die anders gefärbten ohne reines, hervorleuchtendes Weiß, halten ſich gewöhnlich tief zurückgezogen an kleine— ren Waſſerſpiegeln, zwiſchen Rohr und Gebüſch, oder in Waldſümpfen verborgen. Sie niſten auch hier, auf dem Boden, im Rohre, und ſcheinen nur ſelten auf Bäume zu fliegen. Zu uns verirrt ſich davon zuweilen der Purpurreiher, (A. purpuréa,) der bei dunklem Scheitel ſonſt die Zeichnung des grauen zeigt, aber in Gelblich- und Graubraun, Graugelb, Roſtgelb und dunklem Purpurbraun. — Heiße Länder, die er jedoch in der alten Welt auch faſt überall bewohnt, haben noch eine ziemlich ähnliche, nur gleichfalls weit größere Art. Dort, und vorzüglich in Amerika, giebt es unter den kleineren Reihern einige mit eben ſo langem Halſe, aber mit dickeren und zugleich langen, ſpitzigen, etwas gebogenen Halsfedern. (Ein ſehr intereſſanter Vogel, von der Größe eines Repphuhnes, iſt der ſuri— namſche Sonnenreiher, (Eurypyga Helias,) aber mit längerem Schnabel, als irgend ein Reiher, und gleichſam eine Mittelform zwiſchen Reiher, Storch und Schnepfe, aber vor allen Wadern ausgezeichnet durch einen ziemlich langen und zugleich breiten Schwanz, welcher noch ſchöner, als das übrige Gefieder, von hell—, gelblich-, dunkel- und rothbraunen, theilweiſe fein punktirten Querſtreifen durchzogen iſt. Wahrſcheinlich kann der Vogel mit ihm bei etwas hängenden Flügeln ebenſo ein Rad ſchlagen, wie viele Hühner.) [$ 155. Bei den ſtorchähnlichen Vögeln ift der Schnabel ftärfer, aber minder ſcharf zugeſpitzt, als bei den Reihern, bei manchen ſogar ſtumpf; der Kopf größer; der Hals kürzer, und ohne auffallende (gelenk— oder winkelartige) Biegungen. Ihre kleinere Hinterzehe ſteht an der Wurzel höher; alle Zehen ſind überhaupt kürzer, mit größeren Spann— häuten und kürzeren, ſtumpfen Nägeln; die Beine netzartig geſchuppt. Die Körperhaltung erſcheint weniger aufrecht und minder auffallend. Sie fliegen lieber, leichter und viel zierlicher, als die Reiher, auch mit ausge— ſtrecktem Halſe. Ihr Gang iſt leichter und ſchneller: da ſie ihre Beute weit häufiger gehend aufſuchen, als ſtillſtehend belauern. Letzteres thun ſie haupt— ſächlich nur bei Mäuſen und Mullwürfen: indem ſie jenen vor ihren Lö— chern, dieſen bei ihren friſchen Haufen aufpaſſen, um ſie im Hervorkommen und Aufſtoßen mit einem tüchtigen Schnabelhiebe zu packen. Für gewöhn— lich nähren ſie ſich hauptſächlich von allerlei Amphibien: nur Kröten und Erdmolche abgerechnet, die ſie unter allen Umſtänden verſchmähen, und die, jo viel man weiß, überhaupt kein Thier verzehrt.) Ihre hauptſächlichſte *) Der bekannte, übelriechende, ſcharfe und zähe Saft, welchen die Hautdrüſen der Kröten und Landmolche ausſchwitzen, ſcheint nicht bloß alle Thiere inſtinetmäßig anzuwi— dern; ſondern er mag auch wahrſcheinlich allen ſchnell Erbrechen erregen. Denn Störche und amphibienfreſſende Raubvögel laſſen Kröten nicht bloß ſelbſt im größten Hunger unberührt; ſondern ſie werfen dieſelben auch, wenn ſie ihnen, ganz oder zerſtückt, mit Gewalt eingeſtopft worden find, immer ſehr bald durch angeſtrengte, unfrei— willige, gleichſam krampfhafte Bewegungen im Schlunde wieder aus: ohne Zweifel in Folge der beizenden Wirkung, welche der ſcharfe Drüſenſaft auf denſelben äußert. 414 Bögel; 7te Ordn.: Wader; f Nahrung bleiben faſt immer Fröſche, die liebſte Schlangen. Erſtere wuͤrgen ſie oft noch halb lebend hinunter. Bei letzteren bedarf es für dieſe Vögel mehr Vorſicht, um ſie ſicherer zu tödten, oder ſich durch Lähmen ihrer Kräfte wenigſtens vor ihrem Umſchlingen zu bewahren und bei giftigen nicht Ge— fahr zu laufen, wenn ſie ſich bei manchen etwa über das Vorder- und Hinter⸗ ende irren ſollten. Deßhalb verſetzen die Störche denſelben immer zuerft je zwei oder drei kräftige Hiebe auf den Kopf und Schwanz; dann ebenſo, in Zwiſchenräumen von 2— 3“, den ganzen Körper entlang je Einen Hieb. Hierdurch wird die ganze Wirbelſäule der Schlange in eine Menge von Stücken zerbrochen, welche zwar noch durch Haut und Muskeln an einander hängen, zugleich aber ſchon bequem das Verſchlingen geſtatten, und ſich im Magen leicht von einander ablöſen. Die Vertilgung einer großen Menge von Schlangen, die theils wirklich giftig und darum gefährlich ſind, theils we— nigſtens dafür gelten, hat die ſtorchähnlichen Vögel bei den meiſten Völkern ebenſo zum Gegenſtande einer gewiſſen dankbaren Verehrung gemacht, wie die reiherähnlichen das Verzehren ſo vieler eßbaren Fiſche in Haß und Ver— ruf gebracht hat. Doch verſchmähen auch die Störche letztere nicht. Ja, manche gehen in kleineren oder ſeichten Gewäſſern ordentlich auf den Fang derſelben, oder wenigſtens derjenigen aus, welche ſie gemächlich im Schlamme wühlen ſehen. Alle ſchaden ferner durch das Verſchlingen kleiner junger Vögel, welche ſie auf der Erde finden. Die gewöhnlichen oder eigentlichen Störche, (Ciconia,) im Allgemeinen ſchon größer, als Reiher, haben noch einen ziemlich ſpitzigen, ganz geraden Schna— bel, auch mit geradem Unterkiefer; dabei etwas lange, hängende (hahnenartige) Unterhalsfedern. Ein nackter, dehnbarer Hautſtreif an ihrer Kehle befördert das Erweitern derſelben zu einer Art Kehlſack, wenn ſie ihren noch kleinen Jungen Engerlinge, Heuſchrecken, Käfer und ähnliche große Inſekten in derſelben zutragen. Andere Gegenſtände bringen ſie zum Theil ebenſo, größere jedoch im Schnabel her— bei. Eine beſondere Merkwürdigkeit, die bei Vögeln vorzugsweiſe auffallen muß, kömmt vermuthlich nicht dieſer Gattung allein, fondern höchſt wahrſcheinlich noch ihren geſammten nächſten Verwandten (nämlich allen ſtorchähnlichen Vögeln mit geradem Schnabel) zu. Es iſt der gänzliche Mangel einer Stimme, erklärlich durch den gänzlichen Mangel beſonderer Muskeln für den unteren Kehlkopf. Denn ein bloßes, jeweiliges Ziſchen im Zorne kann natürlich nicht als wirkliche Stimme gelten! Statt derſelben bringen die Thiere in allen ſolchen Fällen, wo andere Vögel die ihrige vernehmen laſſen, durch ſtarkes Zuſammenſchlagen der Kinnladen ein lautes Klappern hervor. Schnabel und Füße ſehen bei den einheimiſchen Stör— chen ſchön hochroth aus. Nur beim ſchwarzen, (C. nigra, ) der übrigens faſt die ganze alte Welt zu bewohnen ſcheint, ſind Schnabel und Füße in der Jugend grünlich. Sein Gefieder ſieht dann, bis auf den ſtets weißen Bauch, unfchein- bar dunkelbraun aus, mit gelbbraunen Spitzen am Kopfe und Halſe. Nach der erſten Mauſer aber bekömmt es beſonders hier einen herrlichen, ſtellenweiſe ſcharf abgeſchnittenen Purpur-, Kupfer-, Bronze- und Goldglanz, welcher bei recht alten Vögeln wahre Prachtfarben ergiebt. Der ſchwarze Storch iſt gewöhnlich ſehr men— ſchenſcheu, lebt daher meiſt fern an großen, einſamen Waldſümpfen dünn bewohn- ter Länderſtrecken, und niſtet auf hohen Eichbäumen ꝛc. In vielen Gegenden findet er ſich nur ſelten, in Menge vielleicht nirgends, und zeigt ſich demnach auch auf der Wanderung bloß in mäßigen Flügen. In ſeinem Kropfe findet man oft Dutzende kleiner Fiſche aus ſchlammigen Waldgewäſſern. — Der ägyptiſche Zwergſtorch (C. Abdimii) unterſcheidet ſich von ihm hauptſächlich durch viel geringere Größe. — a) leicht-fliegende: langſam ſchreitende. 415 An dem ungleich häufigeren weißen St. (C. alba) find nur Schwingen und Zügel ſchwarz; alles Uebrige iſt weiß. Er wird nicht leicht in einer waſſerreichen Gegend vermißt, beſonders nicht auf Ebenen, wo er hin und wieder ſehr häufig iſt. Ueberall, wo er ſich anſäßig machen will, gern geſehen und geſchützt, beweiſt er ſich bloß auf dem Zuge, wo man ihm an vielen Orten eifrig nachſtellt, ſcheu und mißtrauiſch. Sonſt ſchließt er ſich überall gern dem Menſchen an, niſtet da— her ſelten im Walde, öfter ſchon auf großen Bäumen in und bei Dörfern, ge— wöhnlich aber auf Gebäuden. Namentlich wählt er hier gern breite, verdeckte Schornſteine, oder ſonſt flache Stellen bald mäßig, bald ſehr hoch auf Dächern, wo man ihm auf dem Lande häufig ein altes Wagenrad, oder ähnliches Holzwerk als bequeme Grundlage zum Neſte befeſtigt. Letzteres wird, lange bewohnt, durch allfährliches neues Auflegen von Knütteln, Reiſern, Dornen, Schilf, Gras, Woll— klumpen und dergl. zuweilen ſehr hoch. Dann ſieht man nicht ſelten zahlreiche Geſellſchaften von Hausſchwalben und Sperlingen ſich zwiſchen dem hervorſtehenden Holzwerke deſſelben anſiedeln, ohne durch ihren lebhaften Verkehr die großen Eigen— thümer zu ſtören, oder ſelbſt etwas von ihnen zu beſorgen. Der allzu flache, faſt unmerkliche Rand ſeiner Oberfläche verurſacht zuweilen, daß den Vögeln ein Ei herabrollt; und noch öfter, daß ein ſchwächliches Junges, von den übrigen gedrängt, herunterfällt. Daher die Volksſage, daß jedes Storchpaar ſeinem Wirthe jährlich ein Junges, oder wenigſtens ein Ei zinſe, d. h. dem Eigenthümer gleichſam ſtatt eines Miethzinſes für den gewährten Wohnplatz überlaſſe! Früher glaubte man ſogar, das Daſein eines Storchneſtes auf einem Hauſe beſchütze das Gebäude vor Feuersgefahr! Eine Fabel, die ihr Entſtehen ohne Zweifel der liebevollen, alle Ge— fahr verachtenden Angſt verdankt, mit welcher die alten Störche bei Feuersbrünſten beſonders ein Neſt mit Jungen auf dem brennenden Dache ſo lange umſchweben, bis die Gluth ſie unbedingt vertreibt, oder die Jungen von derſelben verzehrt ſind. Man will freilich auch geſehen haben, daß ſie wiederholt zum nächſten Waſſer flö— gen und von da mit ſtark benetztem Gefieder, ſowie mit Waſſer im Schnabel und Kehlſacke, zurückkehrten, um ſo auch ihrer Seits mit zur Löſchung des Feuers bei— zutragen. Doch würde ein ſolches Verfahren jedenfalls mehr Verſtand und Ein— ſicht in das Weſen ſolcher zerſtörenden Naturerſcheinungen vorausſetzen, als man dieſen Vögeln, oder Thieren überhaupt, zutrauen zu dürfen glaubt. (Indeß ver— mag allerdings Niemand unbedingt zu entſcheiden, wie weit überhaupt, oder in manchen beſondern Fällen, Inſtinct und thieriſcher Verſtand gehen können, oder nicht.) Dagegen fehlt es neuerdings nicht an mehrfachen, authentiſchen Beiſpie— len als Belägen für die Wahrheit gewiſſer, bereits vor alten Zeiten beſprochener, anderer Vorfälle, welche veranlaßt haben, den Störchen auch einen gewiſſen ſtren— gen Rechtsſinn und eine Art ſittlicher Beurtheilungskraft zuzutrauen! Es ſind dieſes die ſogenannten Storchgerichte, d. h. der merkwürdige Umſtand: daß Störche bei Verletzungen der ehelichen Treue von Seiten ihres Gleichen über die Schuldi— gen gleichſam Gericht halten und beide Verbrecher, oder wenigſtens den Haupt— ſchuldigen, mit dem Tode beſtrafen. Bisweilen trägt es ſich nämlich zu, daß na— mentlich ein weiblicher Storch, bei etwas verſpäteter Rückkehr ſeines Gatten im Frühlinge, ſich in Folge dringender Werbung zu bald mit einem neuen paart und das alte Neſt bezieht. Dann hält es für den früheren oft ſchwer, ſich wieder in ſeinen urſprüglichen Beſitz zu ſetzen. Indeß wird ein Streit dieſer Art meiſt nur unter den Betheiligten allein ausgefochten: gewöhnlich zum Nachtheile des neueren Beſitzers, indem der andere zuletzt wieder die älteren Rechte anerkennt. Doch ge— ſchieht Letzteres nicht immer. Ja, ausnahmsweiſe kömmt es ſogar vor: daß ein Weibchen während der kürzeren Abweſenheiten ſeines Gatten zum Oefteren die 416 ! Voͤgelz 7te Ordn.: Wader; * Beſuche eines anderen Männchens annimmt, mit deſſen Hülfe es zuletzt wohl gar feinen rechtmäßigen Gatten vertreibt.“) Bei ſolchen ſchlimmeren Vergehen ſieht man alsdann den Beleidigten ſich endlich zwar entfernen, aber nur, um ſpäter (gewöhnlich nach einigen Tagen, zuweilen jedoch auch erſt nach mehreren Wochen) in Geſellſchaft mehrerer anderen Störche zurückzukehren und mit deren Unterſtützung nun gewöhnlich beide Verbrecher, ja im letzteren Falle ſogar auch die, bereits von denſelben erzeugten Jungen, zu tödten. ““) Eine Erſcheinung, die übrigens, inſo— fern es ſich dabei bloß um den thatſächlichen Beweis von ſicherer Verſtändigung handelt, auch ſonſt (namentlich bei Hausthieren) keineswegs ohne Beiſpiele daſteht! In der Gefangenſchaft werden die weißen Störche ſehr bald recht zahm, und hal— ten ſelbſt eine bedeutende Winterkälte über Erwarten aus, ſobald ihnen nur genü— gende Nahrung gereicht wird. Sie nehmen dann gern Fiſche und Fleiſchabgänge aller Art, beſonders (wegen der Aehnlichkeit mit Schlangen) dünne Thiergedärme. Doch verſchlingen ſie auch gar häufig kleine, junge Hühner und Entchen. Zum Abzuge verſammeln ſich gewöhnlich Hunderte, auf der Reiſe ſelbſt nicht ſelten ei— nige Tauſende, ja in Kleinaſien noch viel mehrere. Dieſe Schaaren ſieht man im Zuge dann und wann anhalten und große Kreiſe beſchreiben, (Räder machen,) um die zurückgebliebenen nachkommen zu laſſen, oder mit ihnen den Platz zu tauſchen. In Nordafrika, Syrien ꝛc., wo ſie den Winter zubringen, niſten die unſerigen ſo wenig, wie dieß andere Zugvögel an ihren Ueberwinterungsplätzen thun. “““) Die Behauptung des Gegentheils kann nur auf Verwechſelung mit dort einheimiſchen Paaren beruhen. Denn dieſelbe Art ſcheint auch manche heiße Gegenden der alten Welt zu bewohnen. — Ein ſonſt ähnlicher, ſüdamerikaniſcher Storch, Maguari genannt, (C. maguari,) führt uns den ſeltſamen und in ſeiner Art einzigen Fall von dem Vorkommen eines doppelten Schwanzes vor. Denn bei ihm ſteht über einem kürzeren, gabelförmigen wirklich noch ein etwas längerer, zugerundeter, der erſteren verdeckt. [$ 156. Die Klaffſchnäbel (Anastomus) find halb weiße, oder glänzend ſchwarz— braune, gleichſam bronzirte Störche der heißen Zone von Aſien und Afrika: kleiner, als die unſerigen, mit ebenſo befiedertem Kopfe; aber mit längerem, höherem und härterem (aus dichterer Hornmaſſe beſtehendem) Schnabel, an welchem die Kiefer, beſonders der etwas aufgebogene untere, von der Spitze bis gegen die Mitte hin *) Siehe im Gegenſatze hierzu die Bemerkungen über die, oft bewunderungswürdige eheliche Treue der meiſten Vögel, S. 184. d **) Der frühere oder ſpätere Eintritt ſolcher Hinrichtungen, (bei welchen die Gegen— wehr der verurtheilten Verbrecher zuweilen einen eben ſo bedeutenden Kampf koſtet, wie ſie ſtets ein höchſt anziehendes Schauſpiel gewähren,) hängt ohne Zweifel mit der größeren oder geringeren Anzahl zuſammen, in welcher die Umgegend von Störchen bewohnt wird. Da, wo es deren viele giebt, würde wahrſcheinlich die Urtheilsvollſtreckung meiſt bin— nen Kurzem vor ſich gehen können. An ſolchen Orten ſcheint aber das Vergehen ſelbſt nur ſelten vorzukommen: weil da jedes, etwa noch übrige Männchen leichter ein gleichfalls un— gebundenes Weibchen zu rechtmäßigem Beſitze ſindet. Im entgegengeſetzten Falle aber mag es bisweilen lange dauern, bevor der beleidigte Gatte eine hinreichende Zahl rüſtiger Helfer findet, welche ſich entſchließen können, ihm an Ort und Stelle zu folgen. Denn, da um dieſe Zeit alle gepaarte ſelbſt niſten, ſo können fie ſich auch nicht weit von ihrer Wohnſtätle entfernen. Folglich kann ſich der Rache Su— chende bei größerer Entfernung immer bloß an die einzelnen, nicht beweibten und daher meiſt unſtät herumſtreifenden Männchen halten, um ſie zur Theilnahme an einem ſolchen Strafgerichte zu bewegen. *) Ueberhaupt hecken ja auch ſolche Vogel, welche dieß wirklich zweimal thun, ſtets beide ei unmittelbar hinter einander, nicht aber in zwei, gerade enfgegengefesten Jah— reszeiten! — a) leicht-fliegende: langjam ſchreitende. 417 ſo von einander abſtehen, daß man hier von einer Seite zur anderen hindurchſehen kann. Dieſe Stelle ſcheint ihnen ähnliche Dienſte zum Feſthalten des Fraßes zu leiſten, wie den Reihern der gezähnelte Vordertheil des Schnabels. Denn der ihrige iſt hier, wenn auch nicht gezähnelt, doch ſo rauh, als wäre er mit einer groben Feile überfahren; ſeine Hornmaſſe aber wie zerblättert und aufgelöſt, gleich— ſam, als ſei dieſes bleibende Klaffen der Kiefer erſt durch Abnutzung derſelben ent— ſtanden. Man kennt zwei, oder drei Arten. Das Gefieder der einfarbigen, mit— telafrikaniſchen (A. lamelliger) gehört zu den ſonderbarſten, die es geben kann. Denn es iſt nicht allein wegen der Stärke ſeiner Schäfte ungemein hart, ſteif und feſt; ſondern es beſteht an Hals, Bauch und Schenkeln ſogar großen Theils faſt aus Schäften allein, mit kurzen Fahnen: aber aus Schäften, welche ihrer ganzen Länge nach noch viel breiter und noch viel mehr in dünne, aber feſte Hornplättchen verlängert ſind, als jene an den hinterſten Schwingen unſeres Seidenſchwanzes, ja ſelbſt, als die an den Hals- und Flügeldeckfedern der ſonnerat'ſchen Kammhähne. Zugleich erſcheinen ſie wellenförmig gedreht, oder halb kraus: ſo daß ſie faſt ausſehen wie feine Hobelſpäne, die, ſtatt von Holz, von glänzend ſchwärzlichem Horne wären. Wohl mag ſo Gefieder-, wie Schnabelbildung in wichtiger Beziehung zur Lebens— weiſe des Vogels ſtehen. Möglich, oder ſelbſt wahrſcheinlich: daß er dort, wo der Schlangenfreſſer (Kranichgeier) fehlt, ſtatt ſeiner dorzugsweiſe die giftigen Schlangen bekriegt und ſein ſeltſamer Federpanzer ihn vor deren Biſſen ſichern hilft. — Die Jabiru's (Mycteria) find rieſenhafte, mittelafrikaniſche und ſüdamerika— niſche Störche von dem Baue der gewöhnlichen, aber mit faſt kahlem Kopfe und Halſe, ſtärkerem Schnabel und ſanft aufwärts gebogener Firſte des Unterkiefers. Ihre Höhe beträgt mindeſtens 4—5“7, wo nicht darüber. Demnach beſitzen fie hinlängliche Kräfte zum Bekämpfen größerer Schlangen, und genugſam weite Keh— len zum Verſchlingen mancher großen, dort einheimiſchen Fröſche. Unten an der Schnabelwurzel hängen ein Paar Fleiſchzapfen (Glöckchen). Bei dem gleichfalls nackthälſigen, aber minder großen Helmſtorche (Cra— nopelargus, Ciconia capillata) bedeckt den Scheitel eine große, mehr knorpelartige, als häutige Platte, in vergrößertem Maaßſtabe dem Stirnſchilde der Waſſerhühner ähnlich. Der Vogel iſt ſchwarzbraun, mit einem Buſche kraus zerſchlitzter Federn im Nacken; ſein Vaterland Oſtindien. Am größten, zum Theile mannshoch, ſind die ſonderbaren, kahlköpfigen und faſt kahlhälſigen Kropf-, Dunen- oder Flaum ſtörche. (Leptoptila.) Sie ſtellen ihrer Geſtalt, wie ihrem ganzen Weſen nach gleichſam Geier mit gewaltig langen und dicken, aber leichteren Schnäbeln und Storchbeinen vor, werden auch meiſt ebenſo geehrt und geſchützt, wie die wirklichen Geier oder Aasvögel. Die Mauren nennen die afrikaniſchen gewöhnlich Marabout's: weil fie dieſelben mit ihren gleich benam— ten, einſiedeleriſchen Mönchen vergleichen. Ihr Gefieder iſt vorn und unterhalb weiß; oben und hinterwärts bläulich und ſchwarzgrau. Am Hintertheile des Unter— leibes, auf der Unterſeite der Flügel und unter dem Schwanze ſtehen bloß große weiche Federn, ziemlich von der Geſtalt gewöhnlicher Oberfedern und Schwanzdeck⸗ federn, aber von der wolligen Beſchaffenheit und dem lockeren Gefüge bloßer Dunen, ähnlich den meiſten Federn der Strauße. Sie werden, gleich denen von letzteren, als Frauenſchmuck benutzt, können jedoch wegen ihrer geringeren Länge (3 6“) meiſt nur zu Beſätzen verwandt werden, und kommen unter dem Namen Marabout⸗ federn oder Marabout's in den Handel. Vorn am Halſe hängt ein langer, nack⸗ ter, wurſtähnlicher Hautſack wie eine Art Kropf herab: bei dem aſiatiſchen (Ciconia Maräbu!) faſt 1“ lang. Die Vögel leben vorzugsweiſe an den größten Strömen, deren Ufer und niedrige Umgebungen fie nach Ueberſchwemmungen vor Gloger, allgem. Naturgeſchichte. 27 418 Vögel; 7te Ordn.: Wader; züglich von den zurückgebliebenen todten Fiſchen u. dergl. rein halten. Doch helfen ſie nicht bloß den Aasvögeln und Geiern beim Verzehren von Aeſern jeder Art auf dem Freien; ſondern ſie gehen auch, noch häufiger als dieſe, in Städten um⸗ her, um ſchlechtes, weggeworfenes Fleiſch auf den Straßen und vor den Schläch⸗ tereien aufzuſuchen. Ja, ſie fallen nicht ſelten die größten Ratten, ſo wie Katzen und kleine Hunde an, welche ſie mit ihrem furchtbaren Schnabel in Stücke hauen, und fo in großen Biſſen verſchlingen. Menſchen, ſelbſt Kindern, thun fie unge⸗ reizt nichts zu Leide, können aber, böſe gemacht, gefährliche Verletzungen beibringen. Sie ſcheinen mit eben ſo wunderbar ſcharfen Sehwerkzeugen begabt, wie die Geier. Wenigſtens ziehen ſie eben ſo hoch und weit in der Luft umher, wie dieſe: vielleicht nächſt dem Condor am höchſten. Ein in Bengalen reiſender ſchwediſcher Natur⸗ forſcher berechnete die Höhe, in welcher er dort dieſe Störche oft wie kleine, mit bloßem Auge kaum noch wahrnehmbare Punkte umherkreiſen ſah, auf eine halbe deutſche Meile. Die dortige Art wird Rieſenſtorch, und von den Europäern ſcherz— weiſe der Adjutant genannt. Die afrikaniſche (Cic. argala!) iſt kleiner, aber doch noch 57 hoch, und ihre Kropfwurſt kürzer. [S 157. Die heißen Zonen beſitzen mehrere ſtorchähnliche Vögel, deren Schnabel ſonſt mehr rundlich, an der Wurzel aber ziemlich vierkantig iſt, ſich von der Mitte an nach unten biegt, und an der Spitze ſtumpf wird mit einer Kerbe. Von ihrer Gefräßigkeit, und weil ſie gleichfalls allerlei lebende Thiere nebſt Aas verzehren, hat man fie Nimmerſatte (Tantälus) genannt. Sie haben die weiße Hauptfarbe unſeres gemeinen Storches, und ziemlich oder reichlich ſeine Größe. Bei manchen iſt bloß der Vorderkopf nackt; bei anderen der ganze Kopf und mehr als der halbe Hals. Zu jenen gehört ein afrikaniſcher, (J. ibis,) den man eine Zeit lang für den „heiligen Ibis“ der alten Aegypter hielt, obgleich er gerade in Aegypten wenig vorkömmt. Er iſt weiß, mit ſchwarzen Schwingen und einer Reihe pur— purroth gefleckter Flügeldeckfedern; fein Schnabel gelb, die Geſichtshaut roth. — Einem größeren von Ceylon, (T. leucocephälus!) mit ſchwarzem Gürtel über die Bruſt, wachſen für die Dauer der trockenen Jahreszeit am Bürzel lange, ro— ſenfarbige Federn, die er zur Regenzeit wieder verliert. Den Nimmerſatten am nächſten ſtehen, ſowohl dem Fußbaue nach, wie ſonſt in jeder Beziehung, die eigentlichen Ibiſſe, Sichelſchnäbler oder Sichler, (Ibis;) ja, ihre Zehenbildung ſchließt ſie ſogar noch den Reihern an. Den Brachvögeln unter den ſchnepfenartigen, zu welchen man ſie jetzt gewöhnlich zählt, ähneln ſie lediglich durch ihren längeren, etwas dünneren Schnabel, welcher zwar ſchwächer iſt, als bei den Nimmerſatten, aber doch noch offenbar mehr zum Hacken, als zum Bohren eingerichtet bleibt. Zudem unterſcheidet ſie von allen ſchnepfenartigen Vögeln nicht bloß das Nackte am Kopfe, (welches auch bei ihnen mindeſtens Zügel- und Augen⸗ gegend nebſt einem Kehlſtreifen annimmt;) ſondern ſelbſt Gefiederbildung, Zeich— nung und Färbung. Ebenſo weichen ſie von den meiſten Schnepfen durch bedeu⸗ tende Größe und von vielen durch minder verſteckte Lebensweiſe ab. Nur ihre, häufig in Larven, Inſekten und Würmern beſtehende Nahrung an ſich mag oft ziemlich dieſelbe ſein. Die rinnenartigen Vertiefungen, in welchen bei allen reiher- und ſtorchähnlichen Wadern die Naſenlöcher ſtehen, laufen hier bis gegen die ungekerbte Schnabelſpitze fort. Es giebt ziemlich viele Arten, aber bloß in wärmeren und heißen Ländern. Bei 4 oder 5 derſelben, mit den dünnſten Schnäbeln und ge— ſchilderten Füßen, erſcheinen Hals und Oberkopf noch überall befiedert. Letzterer trägt dann mitunter hinten auch längere, etwas ſteif abſtehende, ſchmale Federn. So bei der einzigen in Europa vorkommenden Art, welche ſich zuweilen auch nach Deutſchland verirrt, an Leibesſtärke einer Henne gleicht, und bald nach ihrer Haupt⸗ a) leicht-fliegende: langſam ſchreitende. 419 farbe der kupferrothe J., bald von ihrem dunklen, herrlich grün und purpurroth ſchillernden Mantel der grüne, bald wegen ihres düſteren Ausſehens in der Ferne ſchwarzer Ibis oder Mohrenſchnepfe hieß, oder noch heißt. (I. faleinellus.) Den letzteren dieſer Namen geben ihr die deutſchen Bewohner von Ungarn, deſſen weite Moräſte ſie faſt eben ſo zahlreich bewohnt, wie viele von Südeuropa und Afrika, wo die alten Aegypter unter der Benennung ſchwarzer Ibis offenbar ſie gemeint haben. Außer der Niſtzeit lebt ſie geſellig. Dann ordnet ſich nach dem Aufllie— gen die ganze Schaar bald immer mehr und mehr in eine lange, regelmäßige Querreihe: alſo neben, nicht wie Kraniche, wilde Gänſe u. a. hinter einander. — Wahrhaft prachtvoll erſcheint im mannbaren Alter eine etwas kleinere Art des hei— ßen Amerika's, (JI. rubra,) von brennend ſcharlachrother Farbe mit ſchwarzen Vorderſchwingen. In der Jugend ſieht ſie aber nur bräunlichaſchgrau aus. — Mindeſtens auf das Doppelte beläuft ſich die Zahl jener Ibiſſe, deren ganzer Kopf, zum Theile ſammt dem Halſe, keine Federn trägt. Auch unter dieſen giebt es ſolche von weißer, ſchwarzer und rothbrauner Hauptfarbe, mit ſchönem Schiller an den dunkelen Stellen. Am berühmteſten iſt der geheiligte, oder weiße J. der Aegypter. (I. sacra s. religiosa!) Er findet ſich in ganz Afrika, iſt größer als ein Hahn, und weiß, mit ſchwarzer Kopf- und Halshaut; auch mit ſchwarzen Spitzen an den Schwungfedern, deren hinterſte zerſchlitzt, etwas wollig und beſon— ders lang ſind: ſo daß ſie, etwas erhoben, den Rücken und Schwanz beſchatten, faſt wie bei den Kranichen. Man ſchätzte und beſchützte dieſen Vogel in Aegypten damals mit einer Art Verehrung und auf jede Weiſe: nach Einigen, weil die Farbe ſeines Gefieders und ſein Schnabel die wechſelnde Geſtalt des Mondes verſinnlich— ten; nach Anderen, weil er eine Menge ſchädlicher Schlangen verzehrte; wieder nach Anderen deßhalb, weil ſein Erſcheinen das Wachſen des Alles befruchtenden Nils anzeigte. Vielleicht kamen jedoch alle drei Gründe gleichzeitig in Betracht. Unter der großen Menge einbalſamirter Thier- und Menſchenleichen in den alten ägyptiſchen Grabgewölben finden ſich beſonders viele Mumien von ihm.“) — Ein ſchwarzer, grün glänzender Ibis am Cap, der gehelmte, (I. calva,) hat den Kopf mit einer dicken, knochenähnlichen, hochrothen Platte bedeckt. — Bei dem warzigen J. (J. papillosa) in Indien iſt an dem nackten, dunkelblauen Kopfe der Hintertheil mit hohlen, röhrchenartigen Warzen von brennendem Scharlachroth beſetzt. Sein Gefieder ſieht oben dunkelblau, unten blaß broncefarbig. aus. Den Schluß dieſer Gruppe machen, bei ſonſt mehr oder weniger naher Verwandtſchaft mit den Weſen der beiden vorhergehenden Familien, drei Gat— tungen langſam gehender Schreitwader mit auffallend breiten Schnä- *) Doch find gewiß überall nicht bloß Dankbarkeit und Verehrung, ſondern meiſt und vor Allem wohl Rückſichten auf die Geſundheit von Menſchen und Thieren, (nämlich der Wunſch, die Entwickelung ſchädlicher Ausdünſtungen und das hierdurch herbeigeführte Ver— derben der Luft zu verhüten,) die Beweggründe geweſen: warum jenes, für feine Zeit hoch⸗ gebildete und namentlich in der Naturkunde erfahrene Volk ſo häufig von feinem, noch nicht wieder ergründeten Geheimniſſe, Leichen ſchnell, gut und wohlfeil zugleich einzubalſamiren, Gebrauch machte. N i An und für ſich genommen, iſt das Klima von Aegypten und dem ſüdöſtlichſten Europa jetzt nicht im Mindeſten weniger geſund, als früher. Und doch wird jetzt beſonders das erſte eben ſo häufig von der Peſt und ähnlichen verheerenden Krankheiten heimgeſucht, wie dieß in alten Zeiten ſelten geſchah! Woher alſo dieſer gewaltige Unterſchied? „Offenbar daher: daß die alten Aegypter die Entwickelung des Stoffes zu ſolchen und ähnlichen Krankheiten ſowohl an ſich ſelbſt, wie außer ſich, zu verhüten wußten und ſorgſam zu verhuͤten ſuchten, während die Mehrzahl der jetzigen Bewohner derſelben Länder auf die allerſorgloſeſte Weiſe das Gegentheil thut. . 27 * 420 Vogel, ite Ordn: Wader; beln von ſonderbarer Geſtalt, oder mit übergekrümmter Spitze des Oberkiefers. Der Savacou oder Kahnſchnabel, auch wohl Krabbenfreſſer genannt, (Cymbops, Cancröma II cochlearla,) im wärmeren Amerika, wiederholt im Ganzen ſehr deutlich die Reiher. Er hat nicht bloß ihre Puderdunen, und das ganze Weſen von Rohrdommeln oder Nachtreihern; ſondern, den röthlichbraunen Bauch abgerechnet, gleicht er ſogar nach Farben und Zeichnung faſt einem jungen gemeinen (grauen) Reiher. (An Größe kommt er freilich kaum einer Krähe, oder dem Nachtreiher bei.) Aber ſein Schnabel iſt beinahe ſo breit, wie lang, und unten flach; oben ſchwach gewölbt, mit kielförmig-erhabener Firſte und mit einem ſcharfen Zahne vor der, etwas übergreifenden Spitze. Man vergleicht ihn mit zwei breiten, auf einander gelegten Löffeln, oder (paſſender) mit dem Hintertheile eines recht flachen Kahnes. Der Rachen iſt noch weiter, und die Kinnhaut viel dehn— barer, als bei den Reihern; die Körperhaltung ähnlich. Der Aufenthalt auf Bäu— men an Ufern, ſo wie die Nahrung und die Art des Vogels, ſeine Beute zu er— haſchen, ſollen jene der Nachtreiher und Rohrdommeln ſein. Seine Stelle vertritt in Afrika der ſo genannte Schattenvogel, (Scopus umbretta,) deſſen Name eigentlich nur von ſeinem rein umbrafarbigen (ſchatten⸗ braunen) Gefieder herzurühren ſcheint. Längere Hinterkopffedern bilden einen hän— genden, mähnenartigen Nackenbuſch. Auf ſeinem kräftigen, zuſammengedrückten, leichten Schnabel läuft der höhere Oberkiefer am Rücken in eine faſt ſchneidende Firſte, an der Spitze in einen kleinen Haken aus. [S 158. Die Löffler oder Löffelreiher (Plataléa) haben die Größe kleiner Reiher, oder ſtarker Rohrdommeln, und Füße, welche zwiſchen jenen der Reiher und Störche mitten— inne ſtehen; ſonſt aber mehr den Geſammtbau von letzteren. Auch beſitzen ſie eben ſo wenig, wie dieſe, eigene Muskeln am Kehlkopfe, und klappern ebenſo, wie ſie, mit ihren ſtark an einander geſchlagenen Kinnladen. Die Bildung ihres Schnabels iſt aber ſo ſonderbar, daß ſie nirgends ihres Gleichen findet. Er erſcheint nämlich ſehr breit, dabei aber fo äußerſt flach, daß für die Mundhöhle mit der kleinen Zunge ſelbſt an der Schnabelwurzel nur ein niedriger Raum bleibt und der Ra— chen doch eng wird. Die Kiefer ſind ſehr lang, an der Wurzel noch am ſtärkſten und höchſten, aber nicht am breiteſten. Von da ab werden ſie bis hinter die Mitte allmählig ſchmäler, erweitern ſich jedoch am Ende, welches am breiteſten iſt, wieder ſchneller zu einer ſehr dünnen, rundlichen oder ſpatelförmigen Scheibe mit ſanft übergebogener Spitze. Weicher, als bei den bisherigen Wadern, und äußerlich mit einer dünnen, etwas fühlenden Hornhaut überzogen, laſſen fie die Vögel beim Um: herfahren und Wühlen im Schlamme ſeichter Gewäſſer allerlei kleine Wirbelthier- chen, (3. B. Froſchquappen und junge Fiſchbrut,) Inſektenlarven und Gewürm, leicht fühlen. Inwendig zeigen ſie überall ſchmale und niedrige, quere, reifenartige Erhabenheiten, die am Rande, beſonders nach hinten zu, bereits zu ſeichten Kamm— oder Blätterzähnchen werden und das Feſthalten der einmal gefaßten Thierchen er— leichtern. Dieſe ganze Art und Weiſe, Nahrung zu ſuchen, nähert ſich derjenigen, wie die entenartigen Schwimmvögel nach kleinen Thierchen in ſchlammigem Waſſer herumſchnattern. Die Löffler halten ſich am liebſten an den Mündungen der Flüße, oder da, wo dieſe in ſandigen Niederungen durch häufiges Austreten weite, aber flache, offene Sümpfe bilden. Daher iſt der gemeine L. (Pl. leucerodius leucorodia!] & nivea) in Deutſchland ſehr ſelten, in Holland und Ungarn da— gegen zahlreich, in Südeuropa gewöhnlich; in Nordafrika theilweiſe auch. Er lebt da truppweiſe, und zieht nicht ſelten mit weißen Störchen. Er hat ſchwarze Beine, und einen ſchwarzen Schnabel, vorn mit gelben Querflecken; kahle Zügel und Au— a) leicht-flie gende: langfam ſchreitende. 421 gengegend, und ſonſt ganz weißes Gefieder. Erſt vom dritten Jahre an ziert ſeine Bruſt ein ſchöner rothgelblicher Gürtel, und das Genick ein langer, dicker, ſchmal— fedriger, hängender Federbuſch. — Die zweite, kleinere Art von weißer Farbe be— wohnt Indien. — Dagegen beſitzt das wärmere Amerika eine dritte, (Pl. ajaja,) mit ganz kahlem Geſichte und von herrlich roſenrothem Gefieder, ſtellenweiſe mit zerſchliſſenen Federparthieen vom prächtigſten, dunkelſten, zum Theil ins Gelbliche ſpielenden, glänzenden Purpurroth, beſonders an den Schultern. Jüngere Vögel ſind jedoch ebenfalls bloß weiß; ganz junge wahrſcheinlich grau. [$ 159. 2te Zunft: Weichſchnäbelige leicht-fliegende Wader. Man faßt ſie gewöhnlich unter der Bezeichnung „ſchnepfenartige Vögel“ zuſam— men. Sie haben nie etwas Nacktes am Kopfe, deſſen erhabnere Stirn nie ſo mit dem Schnabel in Einer Flucht (in gleicher Richtung) liegt, wie bei manchen bisherigen Wadern. Der Schnabel, faſt ohne Ausnahme länger als der Kopf, bei den meiſten drei- bis viermal ſo lang und bei vielen noch länger, iſt dünn und rundlich, nie ſcharfkantig, eher flach, als hoch, ſtets ohne ſcharfe Schneiden und (wenigſtens an der Wurzel) wei— cher als gewöhnlich. Je mehr Letzteres der Fall iſt, um ſo feiner wird das Gefühl in demſelben; und um ſo mehr dient er den Vögeln dazu, in locke— rem Boden Würmern, Larven und kleinen Inſekten nachzubohren. Dieſe machen die einzige Nahrung faſt aller aus. Nur äußerſt wenige genießen mitunter ganz weiche Pflanzenftoffe; und ihr, nach Verhältniß ſehr enger Rachen läßt ſie nur kleine, oder dünne Gegenſtände hinunterbringen. Ihre Nägel ſind niemals lang. Die Hinterzehe, zuweilen fehlend, ruht nie ganz, bei vielen gar nicht auf dem Boden. Denn ſie erſcheinen ſchon lediglich zum Aufenthalte auf dieſem geſchaffen; und nur äußerſt wenige können oder mö— gen ſich im Frühlinge zuweilen auf dicke Baumäſte, Pfähle oder dergl. ſetzen. (Bloß einige Arten von Waſſerläufern und der kleine, ihnen nahe ſtehende Uferläufer.) Die meiſten drücken ſich in vielen Fällen ebenſo an den Bo— den, wie die Hühner; am häufigſten die Jungen. Letztere ſchlüpfen ſchon weiter entwickelt aus, als jene der vorhergehen— den Wader. Sie tragen bereits überall eine zarte Wolle, ſind ſchon fähig, ziemlich raſch zu laufen, und können daher ihre Nahrung unter Leitung der Aeltern ſelbſt ſuchen. Nie tragen letztere ihnen Futter aus der Ferne zu. Sie wachſen ziemlich ſchnell heran; nur ihr Schnabel bleibt noch bis gegen den Winter hin kürzer, oft viel kürzer, als der von alten. Die Zahl ihrer länglichen, birnförmigen Eier beträgt nie mehr, aber ohne beſondere Stö— rung auch nicht weniger, als vier. Bei allen find dieſelben auf gelbbräun- lichem oder braungelblichem Grunde dunkelbraun und graulich gefleckt. Als Neſt dient eine kleine, flache Grube, oft kaum mit wenigen Hälmchen aus— gelegt. Alle Arten liefern ein vortreffliches, ſehr zartes, ſaftiges Fleiſch, welches man, einem ſonderbaren Geſchmacke zufolge, bei den meiſten mit den ganzen Eingeweiden brät, um dieſe alsdann ſammt allem Inhalte, klein ge— hackt und auf Brot geſtrichen, als beſondere Leckerei zu verzehren! — 422 Vögel; 7te Ordn.: Wader; Bei manchen wird der ausgezeichnet weiche Schnabel vorn etwas breiter und flacher, mit rundlich - ſtumpfem Ende, welches ihn vorzugsweiſe zum Bohren tauglich macht. Am meiſten gilt dieß von den eigentlichen ſchnepfenartigen Wadern mit Zehen ohne Spannhäute, die man ſonſt auch wohl als „ſchnepfen⸗ artige Vögel“ im engeren Sinne bezeichnet. Bei ihnen iſt die Maſſe des Schnabels ſo weich, biegſam und ſaftig, daß kurz vor ſeinem vorderen Ende bei todten durch das Zufammentrocknen bald kleine, punktähnliche Grübchen entſtehen. Der Unterkiefer bleibt ſtets merklich kürzer, als der obere. Letzterer iſt aber bei manchen Arten am Ende nach unten ſo verdickt, daß man bei völlig geſchloſſenem Munde jene Längenverſchiedenheit beider gar nicht bes merkt: während es bei geöffnetem Schnabel ſo ausſieht, als wäre der kürzere Un⸗ terkiefer vorn aus dem oberen herausgeſchnitten, und das jenem fehlende Stück an dieſem zurückgeblieben. Man bezeichnet den ſo geformten Spitzentheil gewöhnlich als knopfförmig.“) Er leiſtet, in Folge der großen Biegſamkeit und vermöge der (allen Vögeln eigenen, hier aber beſonders großen) Beweglichkeit der Oberfies ferſtücke an ſeiner Wurzel, den Schnepfen vortreffliche, eigenthümliche Dienſte zum Hervorziehen ihrer Hauptnahrung, der Regenwürmer und ähnlicher Geſchöpfe. Sn: dem nämlich der Vogel ſeinen Schnabel geſchloſſen in die Erde ſtößt, hier aber den Spitzentheil öffnet, fo den Wurm zwifchen die Kiefer nimmt und letztere nun hier wieder feſt zuſammendrückt, kneift er den Wurm vermittelſt des, hinten etwas kantigen Schnabelknopfes wie mit einer Zange feſt, um ihn ſo behutſam herauszuziehen. Hierbei wirken auch die kleinen und weichen, rückwärts gekehrten Zähnchen an der Innenſeite der Kiefer und die knorpeligen Widerhäkchen an der langen Zunge der Schnepfe mit. Denn theils fie, theils die äußerſt kurzen, harten und gleichfalls rück⸗ wärts gerichteten Bauchborſten des Regenwurmes, ſetzen dieſen, einmal gut gefaßt, außer Stand, ſich wieder zurückzuziehen. Zu ſolchem Bohren bedurften die Schnep⸗ fen für die unteren und hinteren Theile ihres Kopfes einer vorzugsweiſen Stärke und Muskelkraft. Schon dadurch werden aber namentlich die Augen nach vorn und oben hin nahe zuſammengedrängt: ganz beſonders bei den Waldſchnepfen. (Scolöpax.) Dieſe haben hiervon ein ganz eigenes Geſicht bekommen, aber zugleich den Vortheil erhalten, auch während des Bohrens ſelbſt noch immer gut vor ſich hin ſehen zu können. Indeß nähren ſie ſich auch faſt ausſchließlich von Regenwürmern: indem ſie die, von denſelben aufgewor— fenen Erdhäufchen aufſuchen und nun mit hochgehobenem Halſe den Schnabel faft ſenkrecht an der Bruſt herablegen, um ihn wie einen Pfahl in die ſenkrechten Röhren der Würmer hinabzuſtoßen. Hierbei erleichtert ihnen die viel anſehnlichere Dicke des Schnabels an ſeiner Wurzel noch das Herausziehen der Würmer: da fie zum Erweitern des Einganges ihrer Höhlen beiträgt. Die Waldſchnepfen find die einzigen Wadvögel, welche ſich ganz vorzugsweiſe, ja meiſt ausſchließlich, im Walde aufhalten: wo ſie allerdings feuchte Stellen mit dichtem, mäßig hohem Laubholze ſtets am liebſten haben. Dieſen trockneren Wohnorten gemäß, haben ſie nicht bloß kurze, ſondern auch bis zu den Ferſen befiederte Beine, wie wirk⸗ liche Landvögel. Ihre Farbe iſt oben röthlichbraun mit helleren, graulicheren Spi⸗ tzen und dunklen Querbinden; unten graugelblich, mit graubraunen Wellenſtreifen. So ſehen ſie im Ganzen den Weibchen der, häufig unter ihnen wohnenden Wald— hühner ähnlich. Das erſte, wollige Kleid ihrer Jungen, ſo wie jenes der nächſten ) Wegen feiner Aehnlichkeit mit den hohen, laͤnglichen Knöpfen mancher, mit Schnü; ven beſetzten Kleidungsſtücke. a) leicht-fliegende: weichſchnäbelige. 423 Br in demſelben Alter, iſt ſchmutzig rothbraun. Es giebt bloß 3 Arten: die unſerige, im Norden der alten Welt und auf den Gebirgen unſerer gemäßigten Zone; eine ſehr ähnliche, aber kleinere (Sc. minor) im entſprechenden Theile von Nordamerika; dann eine dunklere (Sc. saturäta) in den hohen Bergwäl— dern von Java, vielleicht auch ſonſt in Indien. Die gemeine (Se. rusticula [rusticölal!]) hat einen roſtgelblichen, grau gefleckten Kopf mit dunkelbrauner Querbinde. Sie brütet zahlreich im waldigen Norden, minder häufig in faſt allen größeren Gebirgswaldungen unſeres Vaterlandes; ſelten in großen, feuchten Gehöl— zen der Ebenen, wo ſie jedoch überall in größerer oder geringerer Zahl, aber nie geſellſchaftlich, durchzieht. Hier wird ihr dann allenthalben nach Möglichkeit, mit Schießgewehr und Laufſchlingen, nachgeſtellt. Im Frühlinge hat ſie die Gewohn— heit, da, wo ſie auf dem Zuge den Tag über ausgeruht hat, und ebenſo im Sommer an ihrem Brüteplatze, in der Abenddämmerung eine Zeit lang dicht am Waldrande niedrig umherzufliegen, (zu ſtreichen,) ehe ſie, zum Theil auf freiem Acker und Wieſenplätzen oder Waldblößen, nach Nahrung zu bohren (zu ſtechen) anfängt. Dabei läßt ſie wiederholentlich ihre, theils quarrende, theils wispernde oder faſt pfeifende Stimme ertönen. Dieſe Zeit nehmen unſere Jäger beſonders wahr, um ihr an geeigneten Orten aufzupaſſen und ſie herabzuſchießen. (Anſtand auf dem Schnepfenſtriche.) Bei Tage geht ſie nur wenig, und wenn es ganz ru— hig iſt, nach Fraß umher. Denn, gleichwie die Regenwürmer, zumal bei trockener Witterung, hauptſächlich des Nachts in Thätigkeit ſind, oder wenigſtens bloß im Dunklen aus der Erde kommen; ebenſo ſind auch die Waldſchnepfen eigentlich bloß Dämmerungs- und Nachtvögel. Darauf würden ſchon ihre vorzüglich großen, oben mit einem hohen Knochenrande umgebenen Augen ſchließen laſſen. Bei Tage kom- men ſie, wenigſtens im Fluge, nie von freien Stücken zum Vorſcheine. [§ 160. Dagegen ſind die, ſchon weniger ausſchließlich auf Regenwürmer angewieſenen Sumpfſchnepfen oder Bekaſſinen (Gallinägo) faſt eben fo gut Tags, wie Däm⸗ merungs⸗ oder halbe Nachtvögel. Demgemäß erſcheinen die Augen bei ihnen we— der ſo groß; noch ſtehen ſie ſo hoch am Kopfe, oder ſo nahe bei einander. Ihr Schnabel iſt noch länger, an der Wurzel dünner, am Ende noch breiter und fla— cher; dabei weicher und biegſamer, als der irgend eines anderen Vogels. Auch ſind ihre Fußblätter höher, mit deutlicher kahler Stelle über der Ferſe. Denn ſie waden gewöhnlich in, oder ganz dicht an ſeichtem Waſſer mit ſchlammigem Grunde, oder auf ſolchem Sumpfſchlamme herum, von welchem das Waſſer erſt kürzlich zurück— getreten iſt. Naßgrundige Plätze mit kurzem Weidengeſtrüppe, oder mit niedrigen, kürzlich beholzten Erlenſtöcken und Stauden an Waldrändern, ſuchen ſie meiſt bloß im Frühlinge auf, ſo lange Riedgras und Binſen noch zu kurz ſind, um da ihr Weſen im Verborgenen treiben zu können. An ihrem Kopfe fallen mehrere ſchwarz— braune und gelbliche Längeſtreifen auf. Sonſt ähnelt ihre Zeichnung jener der Waldſchnepfen; die Farben ſind hauptſächlich Dunkelbraun und Roſtgelblich. Ame⸗ rika, im Ganzen von allen Welttheilen der ſumpfreichſte, beſitzt u. a. zwei Sumpf⸗ ſchnepfen von gleicher oder noch anſehnlicherer Größe, als unſere Waldſchnepfe, und größer als die nordamerikaniſche. (Scol. paludösa und Sc. lacunosa.) — Die größte bei uns, wo nicht überhaupt für das alte Feſtland, iſt die große Be⸗ kaſſine unſerer Jäger, (Sc. major,) mit anſehnlichen weißen Flecken auf den kleineren Flügeldeckfedern. Sie wird oft Doppelſchnepfe genannt: weil ſie allerdings, wenn fie recht fett iſt, faſt das doppelte Gewicht der gewöhnlichen B. (Sc. gallinago) erreicht, welche um dieſelbe Zeit nach Verhältniß noch mager zu ſein pflegt. Denn erflere zieht bereits im Auguſt und zu Anfang Septembers von uns weg, oder bei uns durch: da ſie nicht im wirklich hohen Norden zu brüten ſcheint. Doch ſieht 424 Vögel; ꝛte Ordn.: Wader; man ſie im Ganzen gar nicht häufig. Sie hält ſich gern auf minder naſſen Landzungen und Inſelchen zwiſchen wirklichen Sumpfſtellen, alſo weniger auf Me⸗ ſen ſelbſt, als die gemeine. Letztere iſt kleiner, als eine Wachtel, und ohne deut⸗ liche weiße Schulterflecke, aber mit dem längſten Schnabel von allen. Sie heißt auch Kät⸗ oder Schäkſchnepfe, nach dem heiſeren Laute, welchen fie gewöhnlich beim Aufjagen von ſich giebt; Himmelsziege aber wegen der ſeltſamen, dumpf meckern⸗ den Töne, welche man von dem Männchen öfters vernimmt, während es ſich hoch über dem Heckplatze luſtig in der Luft herumtummelt, und bald gerade aufſteigt, bald wieder, ſich überkugelnd, herabſtürzt. (Wunderbar, daß dieſelben noch fo vers nehmlich ſein können: da es ſie nicht mit dem Munde, ſondern durch haſtige Flü— gelſchläge hervorbringt!) Ihr Name „Heerſchnepfe“ endlich bezieht ſich wahr: ſcheinlich darauf: daß ſie oft noch ziemlich ſpät im Herbſte in Menge, obwohl nicht gerade dicht gedrängt, im Schlamme zwiſchen den Stoppeln des abgehauenen Rohres unſerer Teiche beiſammen liegt. Theils wegen Unſicherheit des Trittes auf fo weichem Grunde, theils wegen ihres ſchnellen und zickzackartig ſchwankenden Flu⸗ ges kurz nach dem Erheben, gilt die Jagd auf ſie gewöhnlich für eine der ſchwie— rigſten Aufgaben, welche nur ſehr geübte Schützen mit gutem Erfolge löſen. An warmen Quellen überwintern zuweilen einzelne B. bei uns; mehrere ſchon in dem gelinderen Weſten Europa's. Die meiſten leben oder brüten wenigſtens im Nor- den, bis nach Island und Grönland hinauf. Doch ſcheint dieſe Art wohl mit größerem Rechte, als ſonſt irgend ein Vogel, für das Eigenthum aller Länder des Erdballs gelten zu müſſen: wenn ſie auch vielleicht in der heißen Zone mehr Berg: ſümpfe, als ſolche von Ebenen, bewohnt. Einige Zeit hindurch glaubte man die dort vorkommenden B. wegen der größeren Anzahl ihrer Schwanzfedern für ſpeci— fiſch verfchieden von den meiſt mit 14 dergl. verſehenen bei uns halten zu müſſen. Indeß wechſelt die Zahl derſelben auch dort mannichfaltig zwiſchen 16 — 20, ja mitunter ſogar auf 22 und 24. Demnach muß man ſich wohl geneigt fühlen, ſtatt anderweitiger Einwirkungen des heißen Klima's (auf Verſchönerung der Far⸗ ben und Zeichnung ꝛc.) hier als klimatiſche Beſonderheit vielmehr eine eigenthüm— liche Zunahme der Schwanzfedern anzunehmen. Uebrigens werden die kürzeren, unter den Deckfedern verſteckten Seitenfedern des Schwanzes bei allen Bekaſſinen nach außen zu nicht bloß immer kleiner, ſondern auch viel ſchmäler, ſteifer und ſpitzer, gleichſam ſpießartig. Ferner nimmt auch bei faſt allen Vögeln mit vielen und kurzen Schwanzfedern die Zahl der letzteren um ein bis zwei Paare ab und zu. Mithin darf eine ſolche Erſcheinung hier, wenn ſie auch immerhin ſehr merk— würdig bleiben wird, doch gewiß wenigſtens nicht für unglaublich und unmöglich angeſehen werden. — Merkklich kleiner, als die Heerſchnepfe, und ſelten fo häufig zu finden, iſt die kleine Bek., (Sc. gallinüla,) mit grünlich glänzendem Rücken, und 3 gelblichen Längsſtreifen auf demſelben. Die Jäger nennen fie oft Haar— ſchnepfe und ſtumme Bekaſſine: weil ſie ebenſo, wie die große B. oder Doppel— ſchnepfe, immer ſtill auffliegt. Bevor ſie dieß aber thut, muß man beſonders während ihrer Feiſtzeit im Spätherbſte, wo ſie oft ſehr lange bei uns verweilt, häufig faſt auf ſie treten. Uebrigens ſchwankt (weift) ſie dann weniger; ebenſo die große. Nicht minder klein ſind zwei oder drei, etwas krummſchnäbelige Schnepf— chen (Rhynchæna, Rhynchea!) in Afrika, (Indien?) und Braſilien. Sie zei⸗ gen aber theils eine auffallend große Verſchiedenheit nach dem Alter, vielleicht auch nach der Jahreszeit; theils fallen ſie durch beſonders ſchöne, regelmäßige Zeichnung ihrer Flügel auf, die bunt geſtreift und mit einer Art von Augenflecken beſetzt ſind. Breit entfaltet, ſehen dieſelben ſehr zierlich aus. a) leicht-fliegende: weichſchnaͤbelige. 425 § 161. Schnepfenartige Vögel mit ähnlichen, aber kürzeren Schnäbeln, etwas kürze— ren Hälſen und minder auffallenden, rundlicheren Köpfen ſind auch die Strand— Läufer. (Tryngas; Tringa!) Sie laſſen ſich nicht anders, als im Nothfalle, zuweilen zwiſchen Binſen und Riedgras in Sümpfen nieder, ſondern halten ſich gewöhnlich an kahlen Ufern, auf dem Schlamme und feuchten Triebſande auf. Deßhalb erſcheinen ſie gewöhnlich bloß auf dem Zuge an Fluß- und freien See— ufern. Ihr Hauptwohnort bleibt entweder der eigentliche (unmittelbare) Meeres— ſtrand; oder, zur Brütezeit, bei den meiſten noch die nächſte, ſparſam bewachſene Umgebung deſſelben. Nur manche Arten beziehen alsdann höher im Norden die Bachufer und die zahlreichen, kleinen, angrenzenden Sumpfſtellen von bald ſchwar— zem (Torf-⸗), bald rothem (Eiſen-) Moore. Faſt alle Arten verändern auch ihre Färbung in mehr oder weniger auffallendem Grade: und zwar, wie es deutlich ſcheint, mit Bezug auf jene periodiſche Verſchiedenheit ihrer Umgebungen. In der That gilt Beides noch am wenigſten von dem, vorzugsweiſe ſo genannten Meer-Strandläufer, (Tringa maritima,) der faſt nie vom Meeresufer hin— weggeht, ſondern gewöhnlich Jahr aus, Jahr ein am felſigen, oder mit Steinblök— ken belegten Geſtade deſſelben aushält, wo er mit Geſchick an den ſchrägen Flächen der Klippen auf- und abläuft. Er kommt daher an den, meiſt flachen, ſandigen deutſchen Ufern der Oſtſee nur ſehr wenig vor; zahlreich dagegen auf den Schee— renfelſen der ſcandinaviſchen Küſten, fo wie im Herbſte auf den Wackendämmen am Strande von Holland und dem übrigen weſtlichen Europa. Seine Farbe iſt ſchwärzlich oder ſchiefergrau, zum Winter mehr aſchgrau. Seine Schienbeine zei— gen noch kaum etwas Nacktes. — Die übrigen bekannten Strandläufer, ſämmt— lich mit einer entblößten Stelle über der Ferſe, ſehen nur in der Wintertracht oberhalb aſchgrau aus, mit etwas dunklerer Federmitte: ſo, daß ſie dem Schlamme, naſſen Sande und Ufergrieſe, auf welchem ſie nach Nahrung herumlaufen, ähnlich ſehen. Zum Sommer nehmen ſie oberhalb eine mehr lerchenähnliche Färbung und Zeichnung an, die nur bei manchen etwas dunkler und röthlicher wird. So paſſen ſie auch nun wieder zu ihrer veränderten, trockneren Umgebung. Bei einigen wer— den alsdann die Bruſtmitte und der Obertheil des Bauches ſchwarz. Z. B. bei dem veränderlichen oder Alpen-Strandl., (Tr. alpina s. variabilis,) der an Größe kaum unſerem Staare gleicht; und bei dem, ihm ganz ähnlichen ſchinzi— ſchen. (Tr. Schinzii.) Beide haben einen fanft gebogenen Schnabel. Erſterer wird zu Zeiten in ziemlicher Menge auf manchen Alpen von Südeuropa angetrof— fen, und ebenſo zur Brütezeit an Bächen ꝛc. auf den Bergen von Island. Hier hat man bei ihm zuerſt ein ſo ſeltſames Geſellſchaftsverhältniß wahrgenommen, wie man anderweitig kein ähnliches kennt. An denſelben Orten, wo er, heckt nämlich auch der Goldregenpfeifer, der wenigſtens viermal ſo groß oder ſchwer, und auch ſonſt ſehr verſchieden iſt. Im erſten Frühlinge nun dauert es noch einige Zeit, ehe beide Vögel ſich paaren, oder ſonſt Anſtalten zum Niſten machen, auch nach— dem die Schaaren, in welchen bis dahin beide Arten lebten, ſich bereits aufgelöſt haben. Dann eben geſellt ſich auf den Zeitraum von 2—3 Wochen je Ein ſolcher Alpenſtrandläufer zu einem Goldregenpfeifer, folgt demſelben überall hin, wacht ängſtlicher für ihn, als ſpäter oft für ſich ſelbſt, giebt, ſobald Gefahr droht, durch feinen Warnungslaut das Zeichen zur Flucht c. Mit Einem Worte: er beträgt ſich vielfach ſo gegen ihn, wie ein Diener gegen ſeinen Herrn. Dieſes ſonderbare Verhältniß beider iſt dort ſo bekannt, und erſcheint ſelbſt den gemeinen Isländern ſo bemerkenswerth, daß ſie dieſen Strandläufer geradezu nur „Knecht des Gold— regenpfeifers“ nennen. — Der Zwerg- und Temminckſche Strandl., (Tr. minüta und Tr. Temminckii,) mit kaum gebogenen Schnäbelchen, erreichen beide 426 Voͤgel; 7te Ordn.: Wader; noch lange nicht die Größe einer Lerche. — Manche andere Strdl. bekommen im Frühlinge an der ganzen Unterſeite eine bald mäßig, bald ziemlich dunkle, trübe Roſtfarbe, oder ein ſchmutziges Roſtbraun. Es gehören dahin: der bogenſchnä— belige, (Tr. subarquäta:) ſonſt beinahe dem Alpenſtrandläufer gleich, aber mit ſtärker gebogenem Schnabel. Ferner auch der größte von allen, der vorzugsweiſe fo genannte graue, oder isländiſche, (Tr. cinerèa s. islandica,) beinahe von der Körperſtärke einer Wachtel, mit geradem und nicht langem Schnabel. Im Winterkleide zeichnen ihn vor allen die ſchwarzgrauen und weißlichen, ſchuppenartig ausſehenden Federeinfaſſungen ſeiner Oberſeite aus. Er niſtet allerdings u. a. auch auf der Inſel Island; doch gehört er, wie faſt alle Strandläufer Europa's, eigent⸗ lich dem geſammten Norden an, und geht im Herbſte nach allen nördlich-gemäßig⸗ ten Gegenden beider Welten herab. — Die einheimiſchen Arten kommen im Herbſte ſo lange, bis es zufriert, bald in kleinen, bald in großen Schaaren zu uns herab, oder tiefer landeinwärts. Sie laufen dann zuweilen ſo gedrängt am Waſſerrande kahler Ufer hin, daß man eine ganze Anzahl mit Einem Schuſſe erlegen kann. Ganz und gar Strandläufer in jeder Hinſicht, namentlich den Zwergſtrand— läufern ähnlich, nur etwas größer und ohne Hinterzehe, iſt der Sanderling, (Calidris, Tringa arenaria,) deſſen Namen man nicht, wie es häufig geſchieht, in „Sonderling“ umändern darf. Er ſcheint, was die Verbreitung betrifft, in ſeiner Art der gemeinen Bekaſſine ähnlich: da er an geeigneten Plätzen auf der ganzen Erde vorzukommen ſcheint, und nur in der heißen Zone etwas ſeltener ſein mag. [S 162. Als ſchnepfenähnliche Vögel im weiteren Sinne ſchließen ſich dann einige Gattungen mit Spannhäuten zwiſchen den Zehen und mit merklich oder bedeutend höheren Beinen an. Beides ſetzt ſie in den Stand, je nach Verſchiedenheit ihrer, meiſt freien Lebensweiſe entweder tie⸗ fer ins Waſſer zu gehen, oder zwiſchen und über kurzem Raſen umherzuwa— den. In letzterem Falle ſind auch die Zehen kürzer, dicker und ſomit zum raſchen Laufen geeigneter, als bei den bisherigen Wadern. Gleichzeitig ver— liert in ſolchem Falle der Schnabel meiſt immer mehr an Weiche: während er dafür, um gut auf den Boden zu reichen, deſto länger werden muß. Die Gattungen mit dünnen Zehen nähern ſich durch dieſe noch am meiſten den wirklichen Schnepfen und Strandläufern; gewöhnlich aber nicht durch den Schnabel. Dieſer wird vielmehr namentlich bei den ſo genannten Waſſerläufern (Totänus!) bereits von der Mitte an ziemlich hart und vorzugsmeife dünn, Die Mehrzahl der Arten hat ihn faſt gerade auslaufend. Im Fluge fallen ſie alle durch einen mäßigen, manche durch einen großen, weißen Fleck auf dem Unter— rücken, ſo wie durch den ebenſo grundirten Schwanz auf, welchen nur wenige, oder ſchmale, ſchwarze Binden durchziehen. Es giebt zwei oder drei größere, au— ßerordentlich weit verbreitete, die am Leibe mindeſtens der Wachtel gleich kommen, und zur Brütezeit gewöhnlich in moorigen Sümpfen leben, ſpäterhin aber ſich an ſandigen Teich- und Flußufern aufhalten. Bei dieſen ſehen die hintere und untere Hälfte des Schnabels, ſo wie die anſehnlich hohen Beine, lebhaft (mennig-) roth aus. Daher ihr Jägername Rothſchenkel. Ihr Winterkleid, oben grau, unten weißlich mit ſchwärzlichen Tupfen an der Bruſt, trägt beinahe die Farben der Strandläufer. Nur treten die, allen Waſſerläufern eigenen Reihen kleiner Flecke am Rande der Hinterſchwingen alsdann beſonders nett und deutlich hervor. Die minder große Art, der kleine Rothſchenkel, (T. calidris,) bekömmt auch zum Sommer oben und an der Bruſt bloß größere ſchwarzbraune Flecke, wie überhaupt a) leicht-fliegende: weichſchnäbelige. 427 ein bräunlicheres Anſehen. Hingegen wird die größere, der dunkelbraune Waſ— ſerläufer (T. fuscus) oder große Rothſchenkel unſerer Jäger, dann unterwärts durchweg ſchwarzgrau, ja in heißeren Gegenden oder bei recht hoher Frühlings— wärme matt grauſchwarz. — Ferner giebt es eine dritte Species, welche in beiden Kleidern faſt der erſteren gleicht, aber grüne Beine hat, ähnlich denen mehrerer folgenden, und ſich von allen durch ihren, vorn ſanft aufwärts gebogenen Schna— bel unterſcheidet. Daher ihre Benennungen grünfüßiger Wl., oder Grünbein. (T. glottis.) Im Spätſommer und Herbſte ſieht man alle drei ſehr oft, bald ein— zeln, bald in kleinen Geſellſchaften, an ſolchen Stellen der Flüße ſtehen, wo dieſe über Sand oder Kies gehen, und eine Strecke weit einen ſo flachen Stromſtrich haben, daß ihnen das Waſſer bis gegen den Bauch reicht. So fiſchen ſie, ſtroman gehend, nicht bloß die vom Waſſer fortgetriebenen Inſekten und Larven heraus, ſondern fangen auch gar manches der kleinen, luſtig ſpielenden und bald auf-, bald ab— wärts ſchwimmenden Fiſchchen weg. — Die übrigen Arten ſind ſämmtlich kleiner. So der ſehr ſchlanke, bei uns ſehr ſeltene Teich-Wl., (T. stagnatilis,) und der gelb— lich punktirte. (T. ochröpus.) Dieſe ſehen oben ſtets mehr graubraun aus, und verändern ſich nach der Jahreszeit nur ſehr wenig. Sie leben aber auch zu allen Zeiten faſt gleichmäßig in ſchlammigen Sümpfen mit Binſen, Riedgras ꝛc., wo bloß kleine freiere Plätzchen mitunterlaufen. Nur ein kleiner braungrauer Verwandter von ihnen, am Leibe wenig größer, als eine Lerche, weilt beſtändig an Flußufern: wo er jedoch, um weniger bemerkt zu werden, klüglich ſolche kleine ſchlammige Stellen aufſucht, welche von Strauch⸗ werk und Bäumen beſchattet werden. Hier von einem Plätzchen aufgeſtört, fliegt er dann mit angenehm trillernden Tönen, ganz niedrig über dem Waſſer hin, ei: nem anderen zu. Daher ſein Name trillernder Waſſer- oder Uferläufer. (Actitis hypoleuca.) Er erſetzt hiernach für unſere Flußufer die ganze wärmere Jahreszeit hindurch die Strandläufer der Seeküſten. Ein ächter Waſſerläufer nach Schnabel, Kopf und Fußbau iſt, trotz dem Mangel der Hinterzehe, auch der Strandreiter oder Riemenfuß. (Himantö— pus.) Freilich ſind aber ſeine dünnen, biegſamen, bei alten Vögeln blutroth ge— färbten Beine ſo erſtaunlich hoch, daß er ſich damit unter anderen Wadern von ähnlicher Größe gleichſam wie ein Reiter unter Fußgängern ausnimmt. Ueber— haupt ſcheint er hierin verhältnißmäßig alle übrigen Vögel zu übertreffen, würde alfo mehr, als jeder andere, den Titel Stelzenläufer verdienen. Die Möglich— keit, mit ſolchen Beinen bei jedem Schritte gewaltig weit auszugreifen, muß na— türlich ſeinen Gang ungemein fördern. Indeß ſcheint er ſeiner Nahrung viel weniger am Lande nachzugehen, als tief im Waſſer danach herumzuwaden. Denn Schna— bel und Hals, obgleich nach Verhältniß zum Körper beide ſehr anſehnlich lang, erſcheinen doch in Betracht der ungeheueren Stelzbeine immer noch zu kurz: ſo, daß er auf dem Trocknen ſtets nur mit einiger Unbequemlichkeit, nämlich nicht ohne ſich bedeutend zu bücken, auf den Boden reicht. Wo aber die Beine den— noch nicht mehr zureichen wollen, da ſucht er ſich ſtreckenweiſe auch durch ſachtes Schwimmen fortzuhelfen. Eine Aufgabe, deren Löſung ihm die Beſchaffenheit ſeines Bauchgefieders zuverläßig leichter macht, als den Rothſchenkeln und anderen Waſſerläufern, die es gleichfalls ſchon bisweilen verſuchen. Seine ſchmalen, ſpi— tzigen Flügel mußten aber viel länger fein, als bei letzteren: weil die Beine im Fluge natürlich ſein Gewicht bedeutend vermehren. Es giebt wahrſcheinlich bloß Eine Art: den gewöhnlichen, oder ſchwarzflügeligen Strdrt. (H. mela- nopterus, [atropterus!!] Charadrius himantöpus.) Von unſeren Jägern wird der ſchöne Fremdling Storchſchnepfe genannt: weil er ziemlich genau, nur viel 428 Voͤgel; 7te Ordn.: Wader; glänzender, die Farben des weißen Storches trägt. Fliegend, ſtellt er die Figur eines ſchwarz und weiß gefärbten Kreuzes mit zwei langen rothen Spießen an dem weißen Hinterende dar. An den meiſten europäiſchen, ſo wie an jüngeren aller Län— der, pflegt nur der Nacken licht aſchgrau zu ſein. Dagegen erſcheint derſelbe nicht bloß bei denen in Afrika und dem heißen Amerika, ſondern auch ſchon bei den meiſten nordamerikaniſchen und mittelaſiatiſchen, bald faſt, bald völlig zu Schwarz verdunkelt.) Denn der Vogel ſcheint alle heiße und wärmere Gegenden des Erdkreiſes zu bewohnen. Er iſt bereits auf den Moräſten von Ungarn gewöhn— lich, in Deutſchland jedoch ſelten, im nördlichen ſehr ſelten. [$ 163. Ein ſehr merkwürdiger Wader mit dem geraden, ſtumpflichen Schnabel man— cher Strandläufer, aber mit den Füßen der Waſſerläufer, bleibt der Kampfhahn oder kampfſüchtige Strandläufer. (Machetes; Tringa pugnax.) Er hat mins deſtens die Größe des größten (isländiſchen) Strandläufers. Die Weibchen, wel— chen auch die erwachſenen Jungen ähneln, ſind zu allen Jahreszeiten ziemlich gleich gefärbt: unten blaß grau, oben dunkler; im Sommerkleide nur mehr röthlichgrau mit etwas deutlicheren, dunkleren Schaftflecken. Auch die Männchen weichen im Herbſte bloß durch ihre anſehnlichere Größe von ihnen ab. Um ſo auffallender unterſcheiden ſie ſich jedoch im Sommer: wo Färbung, Zeichnung und Befiederung beider Geſchlechter einen Abſtich zeigen, wie er ſogar bei Hühnergattungen ſelten iſt, bei Wadern aber nirgends wieder vorkömmt. Denn mit der Frühlingsmauſer erheben ſich bei den Männchen im Geſichte, wo nun die meiſten Federchen nicht wiederwachſen, eine Menge röthlicher Fleiſchwärzchen. Ferner wächſt ihnen den ganzen Vorderhalſe entlang ein mächtig großer Kragen von ſehr langen und bedeu— tend breiten, feſten, mit dem Ende nach hinten umgekrümmten Federn hervor. Dieſe bilden, von vorn betrachtet, einen dicken, flachen Schild mit wulſtig umge— krämptem Rande: indem ſie bloß den unteren Theil des Hinterhalſes frei laſſen. Dafür bedecken ſie aber noch das Genick und den Hinterkopf: wo ein Paar ſtarke, flache, noch längere Büſchel ſich wie zwei Hörner oder Federohren aufrichten laſſen. Seltſam genug, ſcheint dieſe geſammte, doppelte, oder gar dreifache Vorrichtung le— diglich dazu beſtimmt, den Männchen bei ihren häufigen Kämpfen unter einander theils eine gewiſſe unſchädliche Blöße zu geben, theils eine ſichere Deckung zu ge— währen: indem ſie einander zwar einer Seits an den Geſichtswarzen zu faſſen, oder bei den Ohrbüſchen niederzuziehen ſuchen, anderer Seits jedoch auch die Hiebe des Gegners mit dem Federkragen wie mit einem großen, vor aller Gefahr ſichern— den Schilde auffangen. Aber ſonderbarer Weiſe ſcheinen die ganzen Kämpfe ſelbſt keinen bemerkbaren, oder weſentlichen Zweck zu haben! Es iſt, als ſollten ſie le— diglich der Befriedigung einer wunderlichen Kampfluſt gelten, welche die Männchen zur Paarungszeit täglich zu wiederholten Malen, gleichſam periodiſch, befällt. Denn fie ſcheinen weder in Vielweiberei zu leben, noch ſich ſonſt die Weibchen von ein- ander zu erſtreiten, fallen auch keineswegs überall oder zu jeder Zeit ſo über ein— ander her.“) Vielmehr wählen ſie in ihren Heckbezirken hin und wieder kleine Hügelchen mit Raſen oder niedrigem Graſe zu Kampfſtellen aus, kommen hier täglich mehrmals zuſammen, (häufig in Begleitung ihrer Weibchen, die inzwiſchen in der Nähe verweilen,) und balgen ſich nun eine Zeit lang mit einander herum, ohne daß je eines von ihnen ſonderlichen Schaden dabei nähme. Dann fliegen ſie *) Ueber die, bei Zugvögeln nicht ſeltene Erzeugung ſehr ähnlicher, oder ganz gleicher Farbenabweichungen unter ſehr verſchiedenen Himmelsſtrichen iſt zu vergleichen S. 271 und S. 272, Note. „) Bloß eingeſperrte liegen, wenn ihrer mehrere find, um tiefe Zeit faſt beſtaͤndig mit einander im Streite: (wahrſcheinlich ſchon aus langer Weile! a) leicht- fliegende: weichſchnaͤbelige. 429 wieder ganz friedfertig jedes feines Weges. Doch zeigen fie noch eine ganz an— dere, viel ſeltſamere Eigenheit, die, zumal in ſolchem Grade, gewiß bei keiner an— deren Thierart im freien Zuſtande vorkommt. Die Männchen ſehen nämlich zwar ſonſt einander gleich: (wie namentlich auf dem gelbbraunen, mit großen, vio— lettſchwarzen Flecken gezeichneten Rücken;) in der Färbung und Zeichnung des ge— ſammten Federkragens aber weichen ſie regellos und auf wunderbare, faſt unglaub— liche Weiſe von einander ab: ſo, daß man unter zwanzig Stücken kaum zwei findet, die einander hierin auch nur ähnlich ſähen. Der Grund deſſelben durch— läuft nämlich alle Farbenabſtufungen von Roſtgelb, Hellbraun, Rothbraun, Aſch— grau ꝛc. bis hinauf zu Schwarz oder Stahlgrün, Kaſtanienbraun, Dunkelvio— lett, und bis hinab zu Weiß. Dabei erſcheint zuweilen Alles ganz einförmig, oder bloß mit anders gefärbtem, meiſt ſehr abſtechendem Rande. Gewöhnlich iſt jedoch die Grundfarbe mit einer verwandten dunkleren entweder punktirt, oder mar— morirt, gewellt, oder von breiten, oft glänzenden Querbinden durchzogen. Am zahlreichſten bewohnt der Kampfhahn große Sümpfe in der Nähe aller Seeküſten von Mitteleuropa und Mittelaſien, bis zur Breite des nördlichen Schwedens; ſel— tener die großen Moore oder weiten naſſen Wieſen von Binnenländern. Doch zieht er hier manches Jahr zahlreich durch, und vereinigt ſich dann an Flußufern nicht ſelten mit den Schaaren großer und kleiner wirklicher Strandläufer.“) Die Sumpfläufer (Limösa!!) find noch größer und ſchlanker, als der Kampfhahn. Sonſt würden fie theils ihm, theis den Strandläufern gleichen: wenn ſie nicht viel höhere Beine und weit längere Schnäbel, faſt wie jene der Schnepfen, beſäßen; und wenn nicht ihre kürzeren, dickeren Zehen ſie bereits den Brachvögeln näherten. Bei ihnen tritt der, ſonſt ſeltene Fall ein, daß die Weib— chen größer als die Männchen ſind. Sie kommen ſelbſt während der Zugzeit we— nig von den ſalzhaltigen Sümpfen in der Nähe des Meeres hinweg, und ſchaaren ſich gern in große Flüge zuſammen. Ihr wahres Vaterland ſcheint hauptſächlich der Norden. Nur die größte Art, der ſchwarzſchwänzige S., (L. melanüra,) brütet nicht bloß in Lappland ꝛc., ſondern auch in Menge ſchon in manchen nörd— lichen Theilen der Niederlande; höchſt ſelten dagegen im Innern von Deutſch— land. Ihren weißen Bürzel und Schwingenſpiegel abgerechnet, ſieht ſie aſchgrau aus, und bekömmt im Frühlinge bloß einen roſt- oder rothbraunen Kopf und Hals. — Wenn nicht einerlei, doch ſehr nahe mit einander verwandt, ſind der roſtrothe S. und der etwas ſtärkere meyerſche. (L. rufa und L. Meyeri.) Beide zeich— nen ſich durch einen ſanft aufwärts gebogenen Schnabel aus, und erfahren nach der Jahreszeit ähnliche Farbenveränderungen, wie gewiſſe Strandläufer. Oberwärts ſehen ſie erdbraun, oder faſt lerchenfarbig aus, beſonders im Sommer. Unter— wärts ſind ſie nur im Herbſte ſchmutzig weiß; im Frühlinge wird die zweite bläſ— ſer, die erſtere dunkler roſtröthlich, oder faſt rothbraun. Den Brachvögeln (NJumenjus) kennt man es bald an, daß ſie allezeit weniger nach Sümpfen gehen, als trockenen Boden in der Nähe derſelben, oder Haideſtrecken lieben: wo ſie in Betreff ihrer Nahrung die Waldſchnepfen erſetzen. Denn ihre Beine ſind wieder niedriger, dabei die Zehen kürzer und dicker: obgleich der, ſtark bogenförmig nach unten gekrümmte Schnabel noch viel länger iſt. Mit einem kürzeren würden ſie ſchlecht auf den Boden reichen. Sie mauſern entweder nur Einmal, oder behalten wenigſtens beſtändig ein gleiches, dunkles, graulich-ler— m ueberhaupt kommt nirgends ſonſt in der Vogelwelt fo häufig, wie bei gegenwär— tiger Unterordnung, der Fall vor, daß Weſen verſchiedener Gattungen ſich auf dem Zuge in Geſellſchaft zuſammen begeben. 430 Voͤgel; 7te Ordn.: Wader; chenfarbiges Gefieder. Im Herbſte beſuchen ſie nicht ſelten die, kürzlich umge— pflügten Brady» oder Saatfelder, und ſonſt lockeren Boden nebſt Viehweiden: weil ſie da am leichteſten entweder nach Würmern bohren, oder den Unrath des Viehes nach Maden und Käfern durchwühlen können. Sie laſſen beſonders bei ihrer Brut, nicht ſelten jedoch auch ſonſt, ihre laute, ſchön pfeifende Stimme ertönen: der Re— gen-Brv. oder kleine Keilhaken (N. phæöpus) am meiſten bei ſanftem Regen, oder vor demſelben. Er hat die Größe einer Waldſchnepfe; und über ſeinem matt ſchwarzbraunen Scheitel läuft eine hell ſchmutzige Längslinie hin. — Bedeutend größer, einer mäßigen Haushenne gleich, mit noch längerem Schnabel, und auf dem Kopfe ebenſo gezeichnet, wie auf dem Rücken, iſt der große Brv. (N. ar- quäta.) — Mindeſtens gleiche Größe hat auch der, mit vollſtem Rechte fo ge— nannte langſchnäbelige (N. longirostris) in Amerika. Dieſer mag wohl von allen Vögeln den längſten Schnabel beſitzen: da derſelbe nicht viel kürzer ſcheint, als der ganze Vogel ohne den Kopf. — Dagegen kann derſelbe bei den wenigen, kleinen Brachvögeln wärmerer Himmelsſtriche nach Verhältniß nur als ziemlich kurz gelten. [S 164. Nordamerika, ſo reich an weiten, offenen Sümpfen aller Art, zum Theil auch an ſolchen mit ſalzigem Waſſer, welches vielen Wadern ſo beſonders angenehm ſcheint, beſitzt theils ausſchließlich, theils wenigſtens vorzugsweiſe mehrere intereſſante Vogelarten, welche, bei ſehr naher Verwandtſchaft mit manchen der ſchon aufgeführten ſchnepfenartigen Vögel, doch bereits mehr zum Aufenthalte im Waſſer, oder auf ſehr weichem, ſchlammigem Grunde geſchaffen ſind: indem ſie, ſtatt bloßer Spannhäute oder gar völlig glatter Zehen, ſchon ſolche mit jo genannten halben Schwimmbänten a die ſich alsdann mindeſtens bis auf das erfte Drittel der Zehen er- trecken. So lebt dort die graue Schnepfe oder Schwimmbekaſſine, (Macrorham- phus gris@us; Scolöpax gr.,) mit dem weißen Bürzel der Waſſerläufer; ſonſt im Winter grau, im Sommer mehr rothbraun, faſt wie manche Strand- und Sumpf: Täufer. Einzelne verirrte hat man auch ſchon im Norden von Europa bemerkt. (Scol. Paykullli.) Ferner ein näherer Verwandter der Waſſerläufer, bekannt unter dem Namen W. mit halben Schwimmhäuten, (Totänus semipalmätus,) mit für: zerem, dickem Schnabel; von der Größe und Färbung unſeres grünfüßigen. Ebenſo ein ganz kleiner, gleichfalls kurzſchnäbeliger Strandläufer mit hal- ben Schwimmhäuten und ziemlich von der Färbung unſeres Alpenſtrandläu— fers, nur ohne ſchwarze Unterbruſt. (Hemipaläma; Tringa semipalmäta s. brevirostris.) [Nur Ein Vogel mit fo befchaffenen Füßen, fonft den Waſſerläufern ähn⸗ lich, mit dem nach oben gerichteten Schnabel unſeres Grünbeines und des roſt— rothen Sumpfläufers, gewöhnlich Terek genannt, (Totänus terek, Scolöpax ci- neréa,) ſcheint dem öſtlichen Europa, hauptſächlich aber dem mittleren Aſien ans zugehören. Beide Ländergebiete ſind jedoch, wie bekannt, dem nördlichen Amerika theils dem Klima nach, theils in der Bodenbeſchaffenheit ähnlich; ja noch reicher an ſalzhaltigen Gewäſſern.] [S 165. Endlich giebt es, unter dem Namen Waſſertreter, noch eine ſehr kleine Gruppe nordiſcher Wadvögel, die man gleichfalls zu den ſchnepfenartigen zählt, obwohl ihre Zehen durchgehends von lappenförmigen Schwimm⸗ häuten eingefaßt werden. Dieſe, und ihr dichteres, ſtärker elaſtiſches Ge- a) leicht-fliegende: fehnelllaufende. 431 fieder, machen es ihnen ſchon eben fo leicht, auf Gewäſſern zu ſchwimmen, wie am Rande derſelben herumzulaufen. Auch thun ſie das Eine faſt eben ſo häufig, wie das Andere. Am Lande gleichen ihr Betragen und ihre Be⸗ wegungsart genau jenen der Strandläufer, denen ſie zum Theile ſowohl in der Art, wie in der Bedeutendheit ihres Farbenwechſels nach der Jahreszeit gleichen. Das Sonderbarſte an ihnen bleiben zwei Dinge, die man faſt als theilweiſe Umkehrung der Geſchlechter anſehen möchte! Erſtens nämlich find die Männchen nicht bloß kleiner, ſondern auch (was bei keinem andern Thiere vorzukommen ſcheint!) weniger ſchön gefärbt, als die Weibchen. Zweitens nehmen eben ſie, nicht die letzteren, ſich vorzugsweiſe des Brütgeſchäftes an; und nur ſie, nicht die Weibchen, haben Brütflecke. Beides wunderliche Aus— nahmen von einer ſonſt allgemein gültigen Regel; beide fo feltfam, wie ein— zig in ihrer Art! — Die größte Species, unſerer Wachtel gleich, nur ſchlanker, dabei, wie es ſcheint, zugleich generiſch verſchieden von den übrigen, iſt eine ziemlich hochbei— nige nordamerikaniſche, (Holopödius [!?] frenätus,) die jedoch auf Gebirgen auch bis in das Hochland von Mexiko herabgeht. Sie hat den ſchmalen, dünnen, runde lichen Schnabel der folgenden, ſo wie ähnliche Färbung: oben ein ſchönes, helles Aſchgrau, unten Weiß. Von den Zügeln durch das Auge bis tief herab an den Hals zieht ſich ein ſchmaler ſchwärzlicher Streif; und ſeitwärts an der Wurzel des Halſes ſteht ein braunrother Fleck. So wenigſtens im Sommer. Um dieſelbe Zeit hat der weit kleinere ſchmalſchnäbelige Waſſertreter oder Lappenfuß der alten Welt (Lobipes hyperboréus s. ciner&us) einen roſt⸗ bräunlichen Schulterſtreif, und jeder Seits einen länglichen, braunrothen Fleck ne— ben der Kehle. Beide fehlen an ſeinem bläſſeren Winterkleide. Seine Beine ſind, gleich denen des folgenden, für einen Sumpfvogel nur mäßig: kaum ſo hoch, wie jene der meiſten Strandläufer. Er brütet hin und wieder im Norden Europa's, namentlich auf Island, da, wo auf Bergwieſen kleine Teiche oder mäßige Pfützen zahlreich bei einander liegen. Höher zwiſchen den dortigen Bergen ſieht man ihn nicht ſelten auf den Waſſerbecken und Abflußbächen ihrer heißen Quellen herum— ſchwimmen, wo das Waſſer oft noch ſo warm iſt, daß ein Menſch kaum ſeine Hand darin erhalten kann. Denn merkwürdig genug enthalten ſolche Quellen, dort wie anderswo, doch einige (zum Theile ſogar nur in ihnen vorkommende) Arten kleiner Schnecken, Inſekten und Larven, welche dieſer Vogel gern aufſucht. Der breitſchnäbelige Waſſertreter (Phalaropus platyrhynchus) hat einen viel kräftigeren und weicheren, aber ſtark niedergedrückten Schnabel, der mehr als doppelt ſo breit, wie hoch erſcheint. Der Vogel iſt, bei gleicher Geſtalt, wie— der etwas größer; im Winter gleichfalls ſchiefergrau, mit ſchwarzem Nackenſtreife, unten weiß. Im Sommer wird er jedoch am Scheitel und Rücken ſchwarz, mit breiten roſtgelblichen Längsſtreifen oder Federſäumen, an den Backen weiß; unten lebhaft roſtbräunlich, faſt ins Purpurfarbige ſpielend. Somit behält von dem klei nen Gefieder im Sommer kaum eine Feder die Farbe des Winterkleides. Seine Heimath ſcheint Amerika, fein Hauptniſtplatz Grönland. Europa, zumal unfer Vaterland, beſucht er nur höchſt ſelten. [s 166. Ste Zunft: Schnelllaufende flugfertige Wader. Ihre Fähigkeit, fich ſchneller zu Fuße zu bewegen, nähert fie bereits den Gliedern der fol— genden Unterordnung. Sie verbinden mit einer kurzen, hochſtehenden Hinterzehe, welche den Boden gar nicht berührt, entweder einen 432 Bögel; 7te Ordn.: Wader; harten, ſtumpfſpitzigen, oder einen hühnerartigen, oder einen ſelt— ſam geſtalteten und wunderlich gebogenen Schnabel. Doch weichen die wenigen und meiſt wenig zahlreichen Familien dieſer Zunft anderweitig ſehr weſentlich von einander ab. So genießen z. B. die einen noch lediglich thieriſche, die anderen ſchon gemiſchte Nahrung. Letztere laſſen ſich dann in der Gefangenſchaft auch längere Zeit mit Pflanzenſtoffen allein erhalten. Ein Paar Gattungen mit kurzem, hühnerartigem Schnabel, d. h. mit gewölbtem, an den Seiten und beſonders an der Spitze übergrei— fendem Oberkiefer, dürfen wir theilweiſe füglich mit den Hühnern, und der ſpitzen Vorderflügel wegen namentlich mit den Flughühnern, vergleichen. Sie leben jedoch noch von Thieren allein: die erſte Gattung, der Scheidenvogel oder Scheidenſchnabel, (Coleorham- phus, Chiönis alba,) hauptſächlich von todten, ans Ufer geſpülten Seethieren. Sein dicker, faſt kegelförmiger Schnabel ſcheint (in Folge einer Art von Verdop— pelung feines Hornüberzuges) an der Wurzel gleichſam in einem harten, vorftehen- den Futterale zu ſtecken, von welchem man glaubt, daß es ſich etwas heben und wieder ſenken laſſe. (Ein Fall, welchen bloß die bekannte Beweglichkeit der Ober— kieferſtücke denkbar macht!) Seine Füße find kurz; die Flügel mäßig lang. Seine Größe iſt die eines Repphuhnes; die Farbe weiß; die Heimath Auſtralien. Recht lange, ſpitze Flügel und einen mäßig langen, gegabelten Schwanz, ziemlich hohe Beine mit langer Mittelzehe, und einen hühnerähnlichen Schnabel von gewöhnlicher Geſtalt, finden wir bei den Giarolen (Glareöla) oder Sand— hühnern. So heißen ſie wegen ihres beſtändigen Aufenthaltes auf großen Sand— flächen oder trockenen Steppen, die aber hin und wieder mit kleinen, offenen Pfü— tzen und Sumpfſtellen abwechſeln, oder ſtrichweiſe von benachbarten Flüßen unter Waſſer geſetzt werden. Hier laufen dieſe Vögel bald ſchnell auf dem Lande nach Inſekten herum; bald durchſtreichen ſie in niedrigem Fluge die Luft, theils über dem Lande, theils ſelbſt über dem Waſſer, um ſo, faſt nach Art der wirklichen oder Meerſchwalben, Jagd auf fliegende, ſtill ſitzende und laufende Thierchen zu machen. Die bekannteſte Art, den gemeinen oder Halsband-Giarol, (Gl. tor- quäta, Gl. austriäca!) wurde deßhalb früher in der That für eine große Schwal— benart gehalten, und Wieſen- oder Steppenſchwalbe genannt. (Hirundo pratin- cola!) Sie gleicht am Körper unſerer Wachtel noch nicht, und hat eine weiße, fein ſchwarz eingefaßte Kehle, wie das Steinrepphuhn. Sonſt iſt ihre Farbe braun, unten heller, an Schwingen und Schwanz dunkler, am Bürzel weiß. Sie bewohnt zahlreich die meiſten Steppenſtriche von Mittelaſien und Oſteuropa, bis Ungarn; weniger die Sandflächen des übrigen, ſüdlichen Europa's. Nach Deutſch⸗ land verirrt fie ſich nur höchſt ſelten. — Drei bis vier andere Arten, von theils mehr graulicher, theils bläſſerer oder gelbröthlicher Hauptfarbe, ſind in Südaſien und auf den Küſten der Südſee zu Hauſe. [$ 167. Eine zahlreiche Gruppe bilden die regenpfeiferartigen Wader. Ein großer, oben flacher und gewiſſermaaßen eckiger, ſonſt aber jenem der Tauben ähnlicher Kopf mit auffallend hoher Stirn, große oder ſehr groß e. Augen, und ein Schnabel von meiſt gleicher oder geringerer (ſelten größerer) Länge, als der Kopf, machen ſie leicht kenntlich. Ihr Körper iſt kräftiger und gedrungener, daher jedoch auch ſchwerer, als der aller bisherigen. Aber vermöge der Stärke ihrer Füße, deren meiſt kurze, ſtarke Zehen ſich ausnehmend weit von einander ſpreitzen, halten ſie ſich a) leicht-fliegender ſchnelllaufende. : 433 immer mehr an ein ſchnelles, ruckweiſes Laufen, als ans Fliegen. So be— ſonders die Mehrzahl, die Arten mit bloß 3 Zehen und ſpitzen Vorderſchwin— gen. *) Der Schnabel bekömmt bei den meiſten durch ſeinen verdickten, härteren Kuppentheil eine gewiſſe Aehnlichkeit mit jenem der Tauben. Seine meiſt geringe Länge, und die im Verhältniſſe zu den Beinen gleichfalls nicht bedeutende Länge des Halſes, erfordern, um den Boden zu erreichen, eine wagerechte Haltung des Leibes, oft zugleich ein tiefes Niederbeugen der Bruſt: und zwar um ſo mehr, je weniger auch dieſe Vögel, wie überhaupt die mei— ſten Wader, beim Gehen und Stehen ihre Ferſengelenke zu biegen pflegen. Denn gewöhnlich ſtehen ſie mit durchaus geraden Beinen da. Die meiſten Regenpfeifer freſſen zwar auch vielerlei Inſekten und Larven; ganz vorzüglich gern aber Regenwürmer. Da ſie jedoch entweder gar nicht, oder meiſt nur ſehr wenig, nach denſelben bohren, und viel eher noch ein Wenig in die. Erde hacken können; ſo müſſen ſie ſich begnügen, ihnen nachzugehen, wenn fie hervorgekrochen kommen. Bekanntlich geſchieht dieß aber, zumal an trok— kenen Orten, nie bei heißer Tageszeit, oder dann höchſtens im Schatten; wohl aber gegen Abend, oder des Nachts, ſo wie des Morgens und bei trü— bem Wetter, oder warmem Regen. Daher ſind alle Regenpfeifer um ſo mehr Dämmerungs- und Nachtvögel, je mehr ſie auf trockenem Boden wohnen. Dem gemäß die Größe ihrer Augen! Daher ihre frohe Munterkeit und Laune beim Eintritte milden, gelinden Regenwetters, oder wenn daſſelbe be— vorſteht. Daher bei ihnen, wie bei den Brachvögeln, das öftere, freudige Ertönen ihrer ſchön pfeifenden Stimmen, von welchem jene Benennung der Mehrzahl herrührt. Die mit zuſammengedrückter Schnabelſpitze ſind Tagvögel. Wärmere Erdſtriche ſind am reichſten an ſolchen Arten, welche durch lange und zugleich breite, vorn ziemlich ſtumpfe Flügel einen zwar langſamen, aber leich— teren Flug bekommen, als andere, und darum mit ängſtlichem Geſchrei Denjenigen umſchweben, welcher ſich ihren Jungen nähert. Man nennt dieſe Arten gewöhnlich (offenbar mit allzu wenig Rückſicht auf manche ſehr bedeutende, anderweitige Verſchiedenheiten unter einander!) ins Ge— ſammt Kibitze. (Gavia; Vanellus!) Ein Wort, welches beiläufig den langge— dehnten, klagenden, oft kreiſchenden Hauptlaut des gemeinen europäiſchen oder gehäubten K. (V. eristätus) verſinnlicht. Dieſer hat, gleich mehreren ausländi— ſchen, noch eine deutliche Hinterzehe, und nicht eben kurze Vorderzehen. Er zeich— net ſich aber vor den meiſten durch einen ſpitzen Buſch langer, mit dem Ende ſanft aufwärts gebogener Federn am Hinterkopfe aus. Seine Farbe iſt hell bräunlich und ſchön bronzegrün, an Bauch, Backen und Schwanzwurzel weiß, an Kopf und Hals ſchwarz. Nur bei Jungen und im Herbſtkleide erſcheint die Kehle weiß. Seine Heimath umfaßt, nächſt beinahe ganz Europa, noch einen großen Theil von Aſien und Nordafrika. Er kehrt ſchon ſehr zeitig, nach den erſten milderen Frühlings— tagen, zu uns zurück, und legt dann auch binnen Kurzem an feuchten Orten, auf großen Wieſen, oder naſſen Feldern und beſonders an überſchwemmten Uferplätzen ſeine Eier, die als vorzüglich wohlſchmeckend gelten, daher an vielen Orten ſorg— fältig aufgeſucht und theuer bezahlt werden. Faſt immer beweiſt er ſich beſonders ſchüchtern und ſcheu. Ueberall ſchließen ſich daher auch andere, geſellig herumſtrei— fende Ufervögel gern den kleineren oder größeren Haufen von Kibitzen an: weil dieſe ) Ihre Hinterſchwingen erinnern ſtets mindeſtens eben fo ſehr, wie jene der ſchnepfer⸗ artigen Vögel, an die der Bachſtelzen und Pieper unter den Singvögeln: indem ſie ihrer Länge wegen bei ruhiger Lage des Flügels mit ihren Spitzen jene der vorderen erreichen, die dazwiſchen liegenden alſo verdecken. Gloger, allgem. Naturgeſchichte 28 434 Vögel; 7te Ordu.: Wader; gleichſam für alle wachen, und ſich bei drohender Gefahr ſogleich erheben. Da ſie hiermit das Zeichen zur allgemeinen Flucht geben; ſo machen ſie ſich den Freun— den der Waſſerjagd, zumal am Strande, in hohem Grade verhaßt. Denn ein einziger Kibitz bringt ſo, als Anführer des Ganzen, gleich Hunderte, ja nicht ſelten Tauſende ſolcher größeren und kleineren Uferbewohner faſt augenblicklich zum Auf— bruche. — Ein Paar ſüdliche Kibitze, z. B. ein amerikaniſcher, (V. cayen- nensis,) ſehen dem unſerigen ſehr ähnlich. — Mehrere andere haben kürzere, dickere Zehen, zum Theil auch keinen Daumen, und viel höhere Beine, können daher vorzüglich ſchnell laufen. Dieſe bewohnen hauptſächlich die Ufer und kahlen Um⸗ gebungen von Gewäſſern tief in den Sandwüſten von Afrika und Südaſien. Bei einigen hat jener kleine, rundliche Knochenvorſprung, welchen man ſchon bei unſerem Kibitze am Daumengelenke des Flügels fühlen kann, ſich bedeutend verlängert und mit harter, ſpitziger Hornmaſſe überzogen, ſich alſo zu einem ſcharfen, ſo genannten Flügelſporne ausgebildet.“) Dieſer ſcheint den Vögeln, die (wenigſtens zu Zeiten) von minder friedfertiger Gemüthsart als der unſerige ſein müſſen, bei ihren Käm— pfen eine ſehr wirkſame Waffe abzugeben. Bei manchen der ſo gerüſteten laufen Mundwinkel und Augenliderrand in nackte, röthliche oder gelbliche Hautläppchen aus. An dieſen ſollen die ſtreitenden Vögel einander ebenſo zu faſſen ſuchen, wie die Kampfſtrandläufer bei den Geſichtswarzen, um ſo einer den anderen feſthalten und beſſer mit den Flügelſporen ſchlagen zu können. Eigen bleibt es wenigſtens immer: daß eben nur Arten mit Flügelſporen, aber keine ohne dieſelben, ſolche Fleiſchanhängſel beſitzen. Auch ſchwellen letztere zur Brütezeit noch ſtärker an, als ſonſt. [$ 168. Die eigentlichen Regenpfeifer (Charadrius) find ſämmtlich ungehäubt, haben ſchmälere, ſpitz zulaufende Flügel, mäßig hohe, ſtarke Beine mit kurzen Ze— hen und zum Theile noch einen Daumen, gewöhnlich aber nicht. Ans Waſſer kommen ſie bloß zur Tränke. Sonſt halten ſie ſich an freien, trockenen Orten. Die Färbung ihres Gefieders ändert ſich, namentlich unterhalb, ſehr bedeutend nach der Jahreszeit: und zwar auf ähnliche Weiſe, wie bei manchen Strandläufern. Einigen, deren dunkler Oberleib dicht und nett mit heller Farbe punktirt erſcheint, wird im Frühlinge die ganze Unterſeite vom Schnabel an ſchwarz, mit weißlicher Gränzlinie gegen die Oberſeite. Am Herbſtkleide dagegen färbt ſie ſich heller, als letztere, und verläuft nach dem Bauche zu ins Weißliche. Dieſe Arten niſten hauptſächlich auf Haidemooren. Eine derſelben, mit kurzer Hinterzehe, ſchwarzen Deckfedern auf der Unterſeite der Flügel und ſchwarzgrauem, weißgrau punk— tirtem Oberleibe, (Ch. squatarola,) wurde eine Zeit lang fälſchlich ſchwarzbäu— chiger Kibitz (Vanellus melanogaster) genannt, und früher gar, ſammt dem wirk— lichen Kibitze, ihrer Hinterzehe wegen zu den Strandläufern gezählt. Sie bewohnt ſo vorzugsweiſe die niedrigen Sandhügel (Dünen) am Strande, daß ſelbſt ihr Zug ſie nur ſelten weit landeinwärts führt. — Anders hält es hiermit der etwas klei— nere, dreizehige, grüne oder Gold-Regenpfeifer, (Ch. apricarius & pluvialis 8. auratus, ) mit grauweißen Unterflügeldeckfedern. Er beſucht, beſonders im Herbſte, oft unſere freien, etwas hochgelegenen Saatfelder tief im Innern des Landes. Da⸗ her ſein Jägername „Saatvogel“. Eine Menge ſchöner, trüb goldgelber Punkte auf feinem matt-ſchwarzen Kleide geben ihm ein grünliches Anſehen. Um zu brü- ten, geht auch er theils auf die Haiden am Strande der Oſtſee zurück; theils zieht er bis auf die niederen, raſigen Bergebenen von Island und Norwegen hin- „) Eigentlich ſcheint er den, bei Vögeln nur ausnahmsweiſe vorhandenen, bei den meiſten aber fehlenden Nagel des Daums vorzuſtellen. a) leicht-fliegende: ſchnelllaufende. 435 auf. Ueberhaupt bewohnt er den Norden der geſammten alten Welt. — Dage— gen beſitzt die neue Welt eine ganz ähnliche Art mit kurzer Hinterzehe. (Ch. virginicus.) — Theils manche trockene Hochebenen im Innern des Feftlandes, theils die kahlen nordiſchen Gebirge dicht unter der Schneegränze, bewohnen ein Paar Regenpfeifer-Arten mit einem Sommerkleid von rein graulichbrauner Erd— farbe, welches auf der Bruſt bloß einen ſchwarzen, roſtgelblich eingefaßten Fleck zeigt, und mit einem, oberwärts durch helle Federränder ausgezeichneten Herbſt— kleide. Dazu gehört für Europa und den Ural der Mornell, (Ch. morinel- lus:) mit dunkelbraunem oder ſchwärzlichem Scheitel, und mit einem ſehr breiten, weißlichen Streifen über jedem Auge. Man hat ihn „dummen R.“ genannt: weil er, auf den ſtillen Gebirgen Norwegens ꝛc. faſt nie von Menſchen beunru— higt, bei ſeinem herbſtlichen Erſcheinen auf unſeren Stoppelfeldern und trockenen unbebauten Plätzen (Lehden) allerdings mehr ſorgloſe Unbefangenheit zeigt, als Klugheit beweiſt. So kann er freilich dem Jäger oft recht einfältig vorkommen. Erdichtung iſt es aber, daß er die Bewegungen des letzteren auf ſeine Weiſe nach— mache, und ſich dadurch von demſelben ins Garn locken laſſe! — Warme Länder ſind nach Verhältniß arm an wahren Regenpfeifern; dagegen aber meiſt um ſo reicher an den kleinen, niedlichen und nett gezeichneten Ufer- oder Strandpfeifern. (Aegialites.) Dieſe leben unveränderlich theils auf ſandigen und etwas ſteinigen Plätzen um ſtehende Gewäſſer; theils, und zwar ganz vorzugsweiſe, auf den kahlen Sandſchellen und Kiesſtrecken freier Bach-, Fluß- und Seeufer. Hier laufen ſie beim Aufſuchen ihrer Nahrung meiſtens ganz dicht am Waſſerrande hin, um, gleich den Strandläufern, beſonders die, hier überall ſo häufig ſitzenden Mücken nebſt ähnlichen kleinen Zweiflüglern wegzufangen. Stillſtehend, ſind ſie mit ihrer weißen Unterſeite und der bräunlichen, bald lichteren und gelblicheren oder röthli— cheren, bald dunkleren Oberſeite ſchwer zu erkennen; ſo ähneln ſie ſämmtlich auf das Täuſchendſte theils dem Uferſande, theils dem aufgeſchwemmten, bunten Kieſe. Letzterem gleichen ſie namentlich durch ihre breiten, weißen Halsbänder und Augen— oder Kopfſtreife, die bei allen von mehr oder weniger deutlichen, dunklen, meiſt ſchwarzen Einfaſſungen und breiten Bruſtbinden begränzt werden. Eine dergleichen ſehr niedliche Art, deren zart pfeifende Klagetöne des Nachts oft beinahe wie Ge— ſang klingen, belebt die Sandinſeln und Kiesufer aller unſerer Flüße und man— cher größeren Gebirgsbäche. (Ch. fluviatilis s. minor.) — Eine ganz ähnliche, aber größere, mit ſehr breitem ſchwarzem Bruſtbande, kommt erſt an den Mün— dungen von Strömen, oder am Strande ſelbſt vor. (Ch. hiaticüla.) — Eine wieder etwas kleinere dritte, mit ganz weißer Stirn, röthlichem Scheitel und unvollſtändigem, braunem Gürtel, mag die Seeküſten faſt nie verlaſſen. (Ch. li— toralis.) — Unter den zahlreichen fremden, die theils größer, theils noch kleiner ſind, erſcheinen ein Paar ſogar mit doppelten ſchwarzen Halsbändern oder Bruſt— gürteln geziert. Bemerkenswerth bleibt es, daß auch hier gerade Nordamerika wieder einen, fonft ganz übereinſtimmenden Vogel beſitzt, deſſen Spannhäute ſich aber bereits zu halben Schwimmhäuten erweitert haben: den ſchwimmfüßigen Strandpfei— fer. (Char. semipalmätus. ) [s 169. Am größten in dieſer Familie und fehr hochbeinig, daher vortreffliche Läufer, find die Griele oder Dickfüße. (Oedienemus.) Sie erſcheinen beſtändig in eine, nur etwas verſchönerte Lerchenfarbe gekleidet. Dieſer entſprechend, und als ſehr ſcheue, vorſichtige Geſchöpfe, wählen ſie zum Wohnorte ſtets weitläufige, dürre Lehden und große, etwas hügelige Sandfelder. Ihr Schnabel, etwas breiter und 4 28 * 436 Vögel; He Ordn.: Waderz ſchärfer, als bei anderen Regenpfeifern, erlaubt ihnen gelegentlich ſchon einen ähn⸗ lichen Gebrauch, wie der folgenden Gattung. Auch geſtattet er ihnen nicht bloß, große Heuſchrecken, Käfer und ähnliche Inſekten, ſondern auch kleine Thaufröſche, Mäuſe u. dergl. zu zerſtücken, um ſie in kleineren Biſſen zu verſchlingen. Der europäiſche, bald nach der lerchengrauen Farbe, bald nach ſeiner hoch knarrenden Stimme benannt, (Oe. erepitans,) iſt dem Leibe nach ſtärker als ein Repphuhn, beſonders aber viel länger und geſtreckter. Man findet ihn zwar bis Schonen hinauf, jedoch bloß hin und wieder, auch überall nur ſparſam. — Die wenigen übrigen Arten, zum Theile noch größer und hochbeiniger, bewohnen wärmere Ge— genden der alten Welt und Neuholland: vorzugsweiſe Afrika. Bei einem intereſſanten, regenpfeiferartigen Wader, der wenig größer wird, als ein Staar, und nur mäßig hohe Beine beſitzt, erſcheint das Schnabelende merklich ſchmäler, als es hoch iſt, alſo keilfürmig. Der Vogel bedient ſich deſſel— ben ganz vorzugsweiſe dazu, es unter kleine, flach im Sande liegende Steine zu ſtecken, um dieſe in die Höhe zu heben, ſie umzuwenden, und ſich ſo der kleinen Würmer, Inſekten und Larven zu bemächtigen, welche ſich den Tag über wegen der Wärme der Sonne, oder wegen der Kühle der Luft, darunter verſteckt halten. Daher fein Name Stein wälzer. (Strepsilas interpres.) Sein Winterkleid wird oberhalb und an der Bruſt von ähnlichen, breiten, dunkelbraunen und weiß: lichen, ſchrägen Querſtreifen durchzogen, wie dieß bei den Strandpfeifern mit Kopf, Hals und Oberbruſt der Fall iſt. Es macht ihn daher den, mit Kies und bun— ten Steinchen bedeckten Uferſtrecken, auf welchen er ſein Weſen treibt, faſt noch ähnlicher. Im Sommer, wo dieſe Plätze, zumal bei trockenem Wetter, ein noch lebhafter buntes Anſehen erhalten, bekömmt er noch ſchön braunrothe Stellen an Kopf, Rücken und Schultern. Er verirrt ſich nur ſelten landeinwärts: obgleich er ſich über einen ſehr großen Theil des Strandes beider Feſtländer verbreitet. Starke, dreizehige Füße und einen, vorn noch ſtärker keilförmig zuſammenge— drückten Schnabel von röthlicher Farbe und von mehr als der doppelten Länge des Kopfes, beſitzen die größeren, unter dem Namen Auſternfiſcher (Hæmatöpus) bekannten Vögel. Drei Arten, deren eine den gemäßigten Norden bewohnt; wäh— rend eine ſehr ähnliche Südamerika, die dritte, einfarbig dunkle aber die Inſeln des ſtillen Meeres zur Heimath hat. Große, falzige Binnenſeeen (wie in Aſien das kaspiſche Meer, den Aral und Balkal) abgerechnet, gelangen dieſe Vögel ins Innere des Landes nur ebenſo als Verirrte, wie der Steinwälzer. Auch bedienen ſie ſich ihres Schnabels hauptſächlich ebenſo, nur natürlich mit mehr Kraft, zum Umwenden von Steinen, beſonders aber zum Umdrehen von herumliegenden Mu— ſchelſchalen, um Gewürm und dergl. darunter hervorzuſuchen. Vielleicht, daß fie zugleich den ſo genannten Sandwürmern damit nachbohren, oder ſie herauszuhak— ken ſuchen. Dagegen dürfte ihnen Letzteres auf keinen Fall, weder mit lebenden Schalthieren überhaupt, noch ins Beſondere mit Auſtern gelingen: da dieſe alle bei Angriffen ihre Schalen nur um ſo feſter ſchließen.“) Ueberdieß ſitzen die Auſtern gewöhnlich viel zu tief im Waſſer und an zu glatten Felſen feſt, als daß dieſe Vögel ſie zu erreichen vermöchten. Demnach beruht ihr gewöhnlicher Name jedenfalls auf einem Mißverſtändniſſe; und man hat, zum Theile wohl deßhalb, den europäiſchen (I. ostralegus) wegen feines ſchwarz- und weißbunten Kleides auch „Meerelſter“ genannt. Bruſt, Bauch und der ganze Unterrücken nebſt einem Flügelflecke ſind bei ihm weiß. Meiſt ſchaarenweiſe verſammelt, gehört er zu den ſcheueſten Strandbewohnern. ) Todte Muſchelthiere aber, deren Schalen allerdings Häufig ſchon von ſelbſt aufgehen, oder ſich leicht öffnen laſſen, verſchmähen ſie gewiß. a) leichi-fliegende: ſchnelllaufende. 437 [s 170. Eine mehrfach intereffante und namentlich durch hohe thieriſche Geiſtes— anlagen merkwürdige Familie bilden die kranichartigen Vögel. Früher wurden ſie zu den Reihern und Störchen geſtellt; aber ſehr mit Unrecht. Denn ſie ähneln denſelben bloß in der bedeutenden Größe, gleichen ih— nen in Betreff der Höhe und Stärke der Beine, und übertreffen nament— lich die Störche in der Länge und Dünne des Halſes, der meiſt überall kurz befiedert iſt. Auch der rundliche Kopf erſcheint nicht größer. Da— gegen gleichen ſie in Betreff der Schnabelbildung faſt alle weit mehr den Regenpfeifern, namentlich dem Steinwälzer und den Auſterfiſchern; während ſte in Betreff ihrer gemiſchten Nahrung und des ſehr muskulöſen Magens, ſo wie der ziemlich langen Blinddärme, bereits den Trappen und der ge— ſammten zweiten Unterordnung der Wader ungleich näher ſtehen. Durch ihre, beſonders ſparſame Vermehrung entfernen ſie ſich indeß von letzteren wieder mehr: indem ſie wahrſcheinlich, gleich den Trappen, nie mehr als 2 Eier legen. Ihre Vorderzehen find nicht kurz, und nur mäßig ftarf; die hintere iſt aber ſo kurz und hoch geſtellt, daß ſie den Boden nicht be— rührt. Der Schnabel übertrifft an Länge den Kopf mindeſtens etwas, meiſt aber ſehr bedeutend. Obgleich noch etwas weich an der Wurzel, eignet er ſich vermöge ſeines etwas dickeren, harten und ziemlich ſtumpfen Endſtückes doch ſchon ſehr gut zu einem ziemlich kräftigen Hacken. Er dient daher ebenſo zum Zerſtücken kleiner Amphibien, wie zum Aufleſen von Inſekten, Larven, Gewürm und Körnern, und zum Abrupfen von Saatblättern oder ähnlicher weicher, ſaftiger Pflanzentheile. Denn Rachen und Schlund haben, im Gegenſatze zu jenen der Störche und Reiher, auch hier eine fo geringe Weite, daß fie nur kleine Biſſen oder dünne Gegenſtände durchlaſſen. Da— gegen beweiſen die Kraniche in der Bewegung ihres Kopfes und Halfes eine zwar abweichende und vielſeitigere, aber auch noch weit größere Gewandtheit und Schnelligkeit. Sie holen z. B. mit vieler Sicherheit große, vorbeifliegende Inſekten raſch aus der Luft. Ferner machen die bekannteren ſich nicht ſelten das Spiel, ein Stäbchen oder ſonſt einen kleinen Gegenſtand in den Schna— bel zu nehmen, um denſelben unter zierlichen Sprüngen in die Luft zu wer— fen und im Herabfallen immer wieder aufzufangen. Ueberhaupt ſcheint ih— nen ein gewiſſes, inſtinctmäßiges Bewußtſein oder Selbſtgefühl jener aus— nehmenden Anmuth und Gewandtheit innezuwohnen, welche alle ihre Be— wegungen auszeichnen. Hierauf deutet die Neigung, zu Zeiten nicht bloß luſtig durch einander zu hüpfen, ſondern auch bald ſtolz mit und gegen ein— ander einherzuſchreiten, bald regelmäßige Reihen zu bilden, und ſo ordentliche Tänze aufzuführen. Ein Hang, den man ſtets wenigſtens bei den europäi— ſchen beobachtet hat. Gezähmte zeigen bei dergleichen Dingen eben ſo un— verkennbar das Beſtreben, ſich ihrem Herrn gefällig zu beweiſen, wie Em— pfänglichkeit für Beifall oder Tadel. Noch bewunderungswürdiger ſcheint ein gewiſſer anderweitiger Sinn für Ordnung, Schicklichkeit und Recht, der ſie antreibt, nirgends Unfug zu dulden, ſondern Allem, was ihnen als ſol— cher erſcheint, ſoſort nach Kräften entgegenzutreten. In der Gefangenſchaft bildet ſich auch dieſer Hang gewöhnlich noch viel ſtärker aus. Ein frei herumgehender, erwachſener Kranich eignet ſich hier nicht allein ſehr bald die Oberherrſchaft über alles Geflügel und über ſämmtliche kleine Hausthiere zu; ſondern er weiß dieſelbe ſpäter auch meiſt auf größeres Vieh jeder Art auszudehnen. Ueberall ſucht er dann mit eben ſo bewunderungswürdiger Klugheit und Aufmerkſamkeit, als Geſchick und Kraft, ſich als Aufſeher und 438 Vogel; 7te Ordn.: Wader; Hüter geltend zu machen, und ſein Anſehen nöthigen Falls mit Nachdruck aufrecht zu erhalten. Beſonders zeichnen ſich die männlichen Vögel hierin aus. Sie bedienen ſich dann auch nicht ſelten ihrer kräftigen Stimme als eines Schreckmittels. Die viel größere Stärke derſelben bei ihnen, im Ver⸗ gleiche mit jener der Weibchen, begründet ſich auf die viel größere Länge ih- rer Luftröhre und auf eine beſondere Biegung derſelben vor ihrem Eintritte in die Bruſt. Ihr Klang hat Aehnlichkeit mit dem Tone einer Trompete. Gewiſſe kleine, ſüdamerikaniſche Arten mit etwas wolligem Kopfe und Halſe, nackten Augenkreiſen und kurzem, etwas hühnerartig endigendem Schnabel von der Länge des Kopfes, führen davon den Namen Trompetenvögel. (Psophla.) Man kennt ihrer 3: am Leibe nicht viel größer, als ſtarke Haushähne; alle drei von glänzend ſchwarzer, violett oder grün ſchimmernder Hauptfarbe: die bekannteſte, in Cayenne Agami, auf den Antillen Caracara genannt, (Ps. erepitans,) mit grauem, nach dem Halſe zu braun gewelltem Mantel. Sie rechtfertigt aber, wie es ſcheint, gedachte Benennung am wenigſten. Denn ihre Töne lauten ſo tief und dumpf, als kämen fie aus dem Bauche. Vermuthlich: weil die äußerſte und Hauptbie— gung der Luftröhre, wahrſcheinlich die wichtigſte zur Umbildung des Tones, bei ihr tief am Ende des Bruſtbeines, auf der Gränze des Bauches, liegt. Man fängt ſie überall gern jung ein, um ſie für die Hühnerhöfe aufzuziehen und hier das Geflügel durch fie in Ordnung halten zu laſſen. Ueberhaupt ſoll fie auch bei aus— getriebenem Feder- oder kleinem anderen Viehe gleichſam die Stelle des Hirtenhun— des vertreten. Dazu befähigt ſie der ausgezeichnet raſche Lauf, in welchem die Weſen dieſer Gattung andere Kraniche noch übertreffen; während ſie ihrer kürzeren Flügel wegen minder leicht und weniger gern fliegen. Sie lieben ſumpfige Wald— plätze. — In dem waldärmeren Afrika vertreten ihre Stelle die beiden, merklich größe— ren und ſchon etwas langſchnäbeligeren Kronen- oder Pfauenkraniche. (Geran- archus; Anthropoides!!!) Auch fie haben eine violettſchwarze Hauptfarbe, tragen jedoch am Kopfe eigenthümlich gebildete, kurze und gleichſam beſchnittene Federchen, um deren willen ſie Manche einem Menſchen mit niedriger Sammtkappe haben ähnlich finden wollen! Ihren Scheitel ziert eine große, ſeltſame, rundlich ausbreit— bare Krone von rauhen, trüb braungelben, lichter geringelten Haaren oder Borſten, die ſteif und gerade ſtehen, an mehreren Stellen aber wie um ſich ſelbſt gedreht ſind. Die nackten Wangen ſehen ſchön weiß und roth aus. Rücken und Flügel ſind hell gelbbraun und weißlich gefärbt; die hinterſten Schwingen leicht zerſchliſ— fen, wie Seidentroddeln. Ihre Stimme gleicht einem ſchmetternden Trompeten⸗ tone. Eine Art, nach jener Krone (wenig paſſend) Pfauenkranich genannt, (Grus pavonia,) zeigt ſich zuweilen auf den baleariſchen Inſeln ꝛc. Sie war ſchon den Römern bekannt. [s 171. Ebenſo ein kleiner anderer Kranich, den fie feiner ausnehmenden Zierlichkeit und höchſt anmuthigen Haltung wegen die „numidiſche Jungfrau“ nannten, oder die bekannteſte der drei Arten von Jungfernkranichen. (Philorchemon.) Dieſe unterſcheiden ſich von allen noch übrigen durch einen befiederten, glatten Scheitel und lange, ſpitze, hängende Unterhalsfedern; beſonders aber durch 3—4 außerordentlich lange, unzerſchliſſene, ſchmal zulaufende Hinterſchwingen, die meiſt um ſo zierlicher nie— derhängen, weil die Flügel gewöhnlich hinten etwas gehoben und gelüftet getragen werden. Geradezu unerläßlich bleibt Letzteres ſtets bei dem Paradies-Kraniche (Grus paradiséa,) in Südafrika. Denn bei ihm hat, wie eben fein Name an: deuten ſoll, eine jener hängenden Hinterſchwingen eine ſo ungeheuere Länge, daß ihre Spitze ſonſt, trotz der Länge der Beine, weit auf dem Boden nachſchleppen a) leicht-fliegen de: ſchnelllaufende. 439 würde. — Auch der numidiſchen Jungfer (Gr. virgo) und einer ähnlichen, ſüd— aſiatiſchen Art (Gr. Stanleyana) hängen die längſten jener Federn bis an, oder noch über die Ferſen herab. Erſtere ſieht ſchön bläulich-ſchiefergrau aus; alle hängenden Federn ſchwärzlich; ebenſo der Oberhals und Kopf, an denen auf jeder Seite ein langer, zwiſchen Auge und Ohr entſpringender Büſchel weißer, etwas krauſer Fe— dern herabfällt. Obgleich ſelbſt im ſüdweſtlichen Europa ſelten, hat ſich dieſe Art doch bereits einmal nach dem nordweſtlichſten Deutſchland verflogen: nämlich auf die Inſel Helgoland.“) Gewöhnlich find dieſe niedlichen Kraniche ſchon auf den ſüdruſſiſchen Steppen: wo man ſie im Herbſte nicht ſelten, freilich immer nur von Weitem, ihre geſellſchaftlichen Reihentänze aufführen ſieht. Die eigentlichen Kraniche (Grus) haben eine faſt kahle, bloß dünn be— haarte Scheitelplatte, und tragen überall nur kurze Halsfedern. Auch ſie halten, nach Art ſtolzirender Schwäne, die Flügel hinten ſchön hoch gehoben und etwas hohl: ſo daß ihre, nur mäßig verlängerten, aber bauſchig zerſchliſſenen, etwas wol— ligen (ſtraußfederartigen) Hinterſchwingen ſanft wehend emporſtehen. Am gemeinen oder grauen Kr. (Gr. eineréa) iſt die Kopfplatte röthlich; ihre Einfaſſung und ein langer Kehlſtreif nebſt den Schwingen ſchwärzlich; alles Uebrige ſchiefergrau. An Größe und Höhe übertrifft er unſere Störche bedeutend. Obgleich noch in Südeuropa bis nach Nordafrika allenthalben bekannt wegen des lauten, in der Nähe nicht ſelten faſt betäubenden Geſchrei's, mit welchem ſeine wandernden oder ankommenden Schaaren beſonders im Herbſte und bei nächtlicher Weile die Luft erfüllen, brütet er doch gegenwärtig ſelbſt in Mitteleuropa nur hin und wieder: in den einſamſten, weitläufigſten und unzugänglichſten (bruchigen) Sümpfen und auf großen, naſſen Waldwieſen; häufiger an ähnlichen Stellen in dem menſchen— armen Norden unſeres Welttheiles und Aſiens. Denn er bleibt unſtreitig, wenig— ſtens nächſt dem großen Trappen, von allen unſeren Vögeln der ſcheueſte, und ſicherlich von allen der klügſte: ſo daß auch der vorſichtigſte und unverdroſſenſte Jäger ihn doch am Ende faſt immer nur mit Hülfe eines glücklichen Zufalls er— legt. In der Gefangenſchaft kann, beſonders bei jung aufgezogenen, dieſer hohe, thieriſche Verſtand, welchen kaum ein anderes Geſchöpf in noch höherem Grade beſitzen möchte, durch den beſtändigen Umgang mit Menſchen und unter den be— ſonderen, mit letzterem verbundenen Verhältniſſen ſich auf wirklich erſtaunliche Weiſe ausbilden. Solche Kraniche kennen bald alle in Haus und Hof gehörige Perſo— nen, empfangen und bewillkommen dann ihre Freunde, antworten auf deren Ruf, verkündigen laut die Ankunft von Fremden, vergeſſen abſichtliche Beleidigungen unter ſehr langer Zeit nicht, necken und verfolgen daher ihre Feinde, oder ſuchen ihnen den Eintritt zu wehren. Sie geben nicht bloß zu erkennen: ob ſie hungrig, oder durſtig ſind; ſondern auch, wo, wie oder womit ſie gefüttert ſein wollen; gie— ßen Gefäße voll Trinkwaſſer, wenn ihnen daſſelbe zu warm iſt, mit dem Schnabel um, und verlangen oder rufen dann nach friſchem, ꝛe. Sie übernehmen z. B. auf dem Hofe die Wache bei angeſpannten Pferden, und halten Ordnung unter allem Viehe. Sie bringen allmählig ſelbſt die wüthendſten, kämpfenden Stiere aus einander: indem ſie bald dem einen, bald dem anderen kräftige Hiebe mit dem Schnabel verſetzen, den Stößen derſelben aber mit erſtaunlicher Schnelligkeit, bald durch raſche Seitenſprünge, bald durch große Sätze hoch in die Luft ausweichen. Sie helfen dem Hirten, die Heerden austreiben, ſie durch enge Gaſſen aufs Feld bringen und hier zuſammenhalten, ſo wie von Plätzen, wo das Vieh ſchaden ) Dieſe ſcheint überhaupt in einer der Hauptſtraßen ſehr vieler Zugvögel zu liegen: da bereits mehrere, die noch nirgends auf deutſchem Boden bemerkt worden waren, dort zuerſt angetroffen wurden. 4140 g Vögel; 7te Ordn.: Wader; könnte, abwehren. Hierbei lernen ſie einzelne, beſonders widerſpenſtige Stücke ſehr bald von den willfährigeren unterſcheiden, beobachten ſie beſonders ſcharf, und ſtra— fen ſie vorzugsweiſe empfindlich. Ja, ſie treiben kleinere Heerden zuweilen allein aus und ein, oder hüten ſie längere Zeit beſſer, als der vortrefflichſte Hirtenhund: Alles ohne Befehl oder Anleitung, lediglich aus freiem Antriebe und nach eigener Ueberlegung! Doch ſcheuen ſie die meiſten lebenden Gegenſtände von ſchwarzer Farbe, fürchten ſich daher beſonders vor Schornfteinfegern, und bekümmern ſich unter den Hausthieren meiſt um die Schweine nicht: offenbar, weil ihre Klugheit ſie bei dem trägen und gefühlloſen Stumpfſinne dieſer Thiere bald alle Hoffnung aufgeben läßt, dieſelben zur Ordnung zu bringen. Bei jüngeren Gefährten ihrer Art übernehmen fie die Rolle von Tanzlehrern und Exerciermeiſtern: indem fie ih— nen ihre Sprünge und ihren ſtolzen Gang vormachen, und ſie veranlaſſen, oder nöthigen Falls zwingen, Beides nachzuahmen. Haben ſie Gelegenheit, mit wilden zuſammenzukommen; ſo zeigen ſie auch dieſen gern ihre Ueberlegenheit hierin, wer— den aber natürlich von denſelben für ein zwangsweiſes Aufdringen ihres Unterrichts gewöhnlich ſchlecht belohnt. Die wilden fliegen bei ihren Zügen meiſt in zwei langen Reihen, die vorn unter einem ſpitzen Winkel zuſammentreffen. Die aus einer gewiſſen Gegend kommenden ſcheinen dabei noch regelmäßiger dieſelbe Straße zu halten, als viele andere Zugvögel. Denn man kennt in Deutſchland einzelne Plätze, wo alljährlich um dieſelbe Zeit eine ſolche Schaar übernachtet, ohne die übrige Umgegend weit und breit zu berühren. Eine ſolche Hauptſtraße für viele und beſonders zahlreiche, aus Europa und Nordaſien herabkommende Flüge ſcheint über Griechenland und Kleinaſien geführt zu haben, oder noch zu führen. Deß— halb erzählten ſchon die alten Griechen vorzüglich viel von den Kranichen: häufig in Bezug auf ihre Wachſamkeit. So ſollte ſtets Einer bei jeder Heerde den Wächter machen, und des Nachts einen Stein zwiſchen die Zehen des einen Fu— ßes nehmen, um, wenn er ja einſchliefe, durch das Hinabfallen deſſelben auf den Boden wieder geweckt zu werden! Ferner glaubten die Griechen an das Daſein einer beſonderen Völkerſchaft in Afrika, Pygmäen genannt und von vermeintlich ſehr kleiner Statur, welche den Winter über in beſtändigem Kriege mit den dort über— winternden Kranichen begriffen fein ſollte, um dieſe von ihren Saatfeldern abzu— halten. (Auf letzteren können übrigens dieſe Vögel, da, wo ſie lange verweilen, in der That bedeutenden Schaden anrichten.) — Nordamerika und das weſtliche Aſien beſitzen, außer zwei bis drei anderen, jedoch ähnlichen Kranichen, auch ein Paar viel größere: (Gr. americana und Gr. leucogeränus;) beide von weißer Farbe, bloß mit ſchwarzen Schwungfedern, und von 57 Höhe. Ein ſüdafrikaniſcher von gleicher Größe, aber ſchiefergrau mit weißem, ſchwarz begränztem Halſe, (Gr. carunculäta,) wäre vielleicht generiſch zu trennen. (Buge— ränus.) Denn er hat nicht bloß ein kahles, hochrothes Geſicht, ſondern auch eine Art Kehlſack, und daneben an jeder Seite einen 1“ langen, befiederten, glöckchenartigen Fleiſchzapfen. [$ 172. Die trappenähnlichen Vögel ſind ein ausſchließliches Eigenthum der alten Welt. Sie haben die kurzzehigen, dicken, dreifingerigen Renn— beine der Griele und mancher Regenpfeifer, oder faſt jene der ſtraußartigen Vögel, als deren Erſatz für nördlichere Länder man die größeren von ihnen betrachten darf. Ihr Schnabel gleicht aber mehr oder weniger dem von Hühnern. Den längeren Hals abgerechnet, theilen ſie auch faſt genau den Bau und das Geſieder derſelben, ſo wie namentlich die zahlreichen Schwanz— federn der kurzſchwänzigen Hühner. Ihre Nahrung (im Sommer Inſekten, Würmer und zarte, ſaftige Pflanzentheile, im Winter oft letztere allein) iſt a) leicht-fliegende: ſchnelllaufende. 441 gleichfalls dieſelbe: nur daß ſie weniger Körner genießen. Edenſo find ihre Verdauungsorgane die nämlichen. Gleichwohl war es ſehr übel gethan, ſie, wie es früher geſchah, den Hühnern ſelbſt beizuzählen: da nicht bloß das Hauptmerkmal der geſammten Ordnung, ſo wie die Dicke und Höhe ihrer Beine, die Kürze und Stärke ihrer Zehen ꝛc., ſondern auch ihre höchſt ſpar— ſame Vermehrung ꝛc. fie fo weſentlich von allen Hühnern unterſcheiden. Denn fie erziehen bloß 2, oder höchſtens 3 Junge, deren ganze Entwik— kelungsweiſe, bis auf das, ziemlich ſpäte Wachſen ihrer Schwungfedern, wa— derartig bleibt. Allerdings wälzen auch ſie ſich zuweilen ebenſo im Staube, wie die Hühner, und haben (aus gleichem Grunde) das Baden im Waſſer eben ſo wenig nöthig. Sie ſcharren ſogar etwas in den Boden, und die nordiſchen noch häufiger in den Schnee. Die bedeutende Schwere ihres ſehr fleiſchigen Körpers macht wenigſtens den größeren, trotz der eben nicht geringen Länge und Härte ihrer Schwungfedern, das Auffliegen ſo ſchwer, daß es gewöhn— lich erſt nach dem ſchnellen Durchlaufen einer kurzen Strecke mit gleichzeiti— gem ſtarkem Schlagen der Flügel gelingt. Doch bedarf es ſolcher Vorbereitun— gen bei den kleineren nicht. Dieſe und die Jungen ſuchen ſich auch häufig zu drücken. Alle wünſchen und wählen zum dauernden Aufenthalte nur freie, offene und trockene Gegenden. Ja, die größeren weichen, zumal in bewohnten Gegenden, aus Furcht vor Gefahren ſo lange als möglich ſchon Allem, was Gebüſch oder Strauch heißt, gewöhnlich auf mehrere Hunderte von Schritten aus. Denn ſie beſitzen die ganze Menſchenſcheu und Furcht der Kraniche, obwohl bei Weitem nicht ihre Klugheit. Die Zwergtrappen (Tetrax) haben einen vollkommenen Hühnerſchnabel, und bloß etwa die Größe von Haushühnern, nur einen rundlicheren Leib. Ihr Gefieder erſcheint meiſt auf gelblichem Grunde von zahlreichen und nicht ſehr fei— nen, dunkelbraunen Wellen durchzogen. Beim Männchen der europäiſchen Art (Otis tetrax) umgiebt den Hals ein ſchwarzes und weißes Band. Auf den trok— kenen Feldern Südeuropa's iſt dieſe Art ziemlich gemein, in Deutſchland aber ſehr ſelten; dagegen wieder nicht ungewöhnlich im ſüdlichſten Theile von Schweden: hier freilich überall bloß als Sommervogel. Bei anderen, größeren Trappen (Otis) ſieht der Schnabel allerdings weniger dem von Hühnern ähnlich, aber nur, weil er länger iſt. Dieß giebt ihm, bei ziem— licher Stärke, mehr Kraft zum Hacken. Letzterer bedarf aber wohl keine Art ſo nöthig, wie der europäiſche, gemeine oder große Tr. (O. tarda) im Winter: da er zwar noch bis ins ſüdliche Schweden hinaufreicht, aber nicht wandert, und dem— nach im Winter Saat, Kohl, Rüben, Rappsblätter und dergl. aus dem Schneee hervorholen muß. Bloß der äußerſte Nahrungsmangel führt ihn bei ſehr hohem Schnee auf Gemüſeſtücke in die Nähe von Dörfern. Sonſt, namentlich zur Niſt— zeit, bewohnt er nur ſehr große, ununterbrochene, ganz freie Felder in weiten Ebe— nen, wo er ſich äußerſt ſchwer überliſten und fangen oder ſchießen läßt. Auch iſt er, trotz ſeiner Schwere, keineswegs ſo ſchwerfällig zum Erheben, daß er ſich für gewöhnlich mit Windhunden ſollte fangen laſſen. Vielmehr pflegen die, meiſt klei— nen, zuweilen jedoch bis auf hundert ſteigenden Truppe, welche den Herbſt und Winter über zuſammentreten, ſich nicht bloß täglich mehrmals von freien Stücken zu erheben, um bedeutende Strecken zu fliegen; ſondern ſie fliegen, einmal in den Zug gekommen, auch ziemlich ſchnell. Aber wenn es im Winter ſtarkes Glatteis gemacht hat, und ihnen hierdurch im Stillſitzen die Flügelfedern an einander ge— froren ſind, dann kann es wohl vorkommen: daß ſie theils deßhalb, theils weil ſie beim Ausholen (im Laufe) häufig ausgleiten, ſich wirklich erſt nach langer Zeit 442 Voͤgel; 7te Ordn.: Wader; emporzuſchwingen vermögen. Und nur in ſolchem Falle ſcheint ein Fang der Trappen mit ſchnellen Hunden denkbar. Der Körpermaſſe und dem Gewichte nach iſt unſer Trappe der größte Vogel unſeres Welttheils. Seine Farbe iſt gelb— röthlich, überall mit breiten ſchwarzbraunen Querbinden, deren breiteſte am Schwanzende ſteht; nur Kopf, Hals und Vorderflügel find rein aſchgrau. Von jedem Mundwinkel geht ein, mindeſtens fingerdicker Büſchel ſteifer, zerſchliſſener, am Ende mehr aus einander ſtehender Federn, faſt wie ein großer, beweglicher Schnurrbart, etwas ſeitwärts nach hinten. Bei recht alten Männchen werden dieſe Bärte zuweilen faſt handlang, ſo, daß ſie mit ihrem dickeren Ende hinter den Ohren noch weit über den Kopf hinausragen. Im Frühlinge ſchwillt dem Männchen der Hals außerordentlich an: noch viel ſtärker, als z. B. den männli— chen Hirſchen im September. Dann bildet ſein Vordertheil, vom Kinne an, gleichſam eine dicke, ſchlotternde Wamme, die nach Verhältniß ſtärker iſt, als bei dem feiſteſten ſchweizer Stiere. Man oe meinen, fie müſſe dem Thiere ver— möge ihrer bedeutenden Schwere eine ſehr unbehagliche Laſt ſein. Sie enthält und verbirgt in der Kehlgegend, vom Kinne anfangend, einen dicken, weiten Hautſack, der, wenn man ihn mit Waſſer füllt, deſſen mindeſtens eben fo viel faßt, wie ein gewöhnliches Trinkglas. In der That ſoll das Männchen ſich dieſes Organes wie eines Schlauches bedienen, um dem brütenden Weibchen aus großer Ferne Trink— waſſer zuzutragen: damit ſelbes die Eier nicht länger zu verlaſſen braucht, als dieß zum ſchnellen Aufſuchen der nothdürftigſten Nahrung in ſeiner nächſten Umgebung nöthig iſt. Und die Sache iſt gar nicht unwahrſcheinlich. Merklich längere und etwas breitere Schnäbel beſitzen mehrere kleinere Trap: pen, deren Mittelhals im männlichen Geſchlechte zum Theil ein langer, ſchwarz und weiß geſtreifter, aufrichtbarer Federkragen ziert. Dazu gehört der, vorzugs— weiſe hiernach benannte Kragentrappe, (Otis houbära,) der zwar eigentlich ſelbſt noch in Südeuropa nicht recht einheimiſch ſcheint, ſich aber doch ſchon mehr mals nach Deutſchland verflogen hat. Nicht viel größer, als der Zwergtrappe, mag er mit ſeinem rothgelblichen, feiner geſtreiften Kleide noch mehr für freie, ſandige und ſteinige Bezirke paſſen. [s 173. Zwei bis drei andere Gattungen ſchnelllaufender kurzzehiger Wa⸗ der würde man, zumal, da ſie gleichfalls nicht gern fliegen, noch zu den trappenartigen Vögeln rechnen können, wenn ſie nicht, ſo viel bekannt, beſon— ders durch den Genuß von bloß thieriſcher Nahrung abwichen. Die abweichendſte iſt der Cariama, (ſpr. Sſariama,) oder Ceriema, (Di- cholöphus cristätus,) an den freien, an Wälder gränzenden und noch mit einis gem, vereinzeltem Geſträuche beſetzten Rändern der Steppen Südamerika's, von Braſilien bis Paraguai. Er zeigt einen nicht ſchwachen Schnabel von der Länge des Kopfes, mit ſtark übergebogenem Haken, mit einer Art Wachshaut und mit weit geſpaltenem Rachen; ſo wie ſtarke, faſt ſtechende Haare als Augenwimpern und Augenbraunen. Dieſe Charaktere geben ihm noch eine gewiſſe Aehnlichkeit mit manchen Raubvögeln: namentlich mit dem Schlangenfreſſer, als deſſen Stellvertre— ter er dort in gewiſſem Grade zu dienen ſcheint. Ebenſo fein ziemlich langer, abs geſtufter Schwanz; ferner die hohen Beine, (die hier aber freilich mit einer gro: ßen, nackten Schienenſtelle endigen;) die kurzen, doch nicht eben plumpen Zehen, worunter noch ein, nicht hoch ſtehender Daum; und die, nicht gerade kurzen, ſtark gekrümmten, krallenartigen Nägel. Dieß Alles mag ihm bei feinen Angriffen auf Eidechſen (und Schlangen?) noch ein ähnliches Verfahren geſtatten, wie dem Schlangenfreſſer: obgleich er ſonſt größten Theils nur Inſekten verzehrt. Zugleich ſcheint auch ſein hell braungraues, dunkler punktirtes, harſches Gefieder mit rauhen, a) leichtsfliegende: ſchnelllaufende. 443 ſteifen Schäften ganz dazu angethan, um ihn beſonders am Halſe vor den Biſſen der Schlangen wahren zu helfen. Am Vorderkopfe verlängert es ſich überdieß, von beiden Seiten gegen einander ſtehend, zu einem hohen, ſchmalen, kammartigen Buſche. Ungern fliegend, ſoll ſich der Ceriema, wenn er lange gejagt worden, gern auf ſtruppige, niedrige Bäume ſetzen. Eine Angabe, welcher indeß die Kürze feines, nicht auf den Boden reichenden Daumes zu widerfprechen ſcheint! Seine Größe ähnelt der eines gewöhnlichen Reihers. Läufer (Cursorius!) heißen vorzugsweiſe vier bis fünf Arten dreizehiger, kleiner Vögel der alten Welt, von der Größe einer Wachtel oder Droſſel. Der Geſtalt nach mehr den Trappen, als Regenpfeifern ähnlich, haben ſie einen dün— nen, mäßig gebogenen, etwas hühnerartigen Schnabel, welcher kaum die Länge des Kopfes erreicht; und eine ſchlicht braungelbe, gelb- oder röthlichgraue Färbung, ähn— lich jenen verſchiedenen Arten von Steppen- und Wüſtenſand, auf welchem ſie le— ben und mit erſtaunlicher Schnelligkeit dahinlaufen. Die meiſten ſind in Afrika zu Haufe. Einer davon, der iſabellfarbige L., (C. isabellinus,) ſtreift nur zuweilen aus dem ſüdlichen Europa nach Deutſchland herauf. Er ſieht blaß gelb— röthlich oder röthlich-gelbgrau aus, mit rothbraunem, ſchwarz und weiß eingefaßtem Scheitel. [s 174. Ans Ende gegenwärtiger Unterordnung kann man noch zwei ſehr eigen- thümliche, durch ſonderbar gebogene Schnäbel ausgezeichnete Gattun— gen hochbeiniger Wader mit eben fo kurzem, als hochſtehendem Daume ſtellen, deren kurze, aber nicht dicke Zehen mit faſt oder ganz vollſtän— digen Schwimmhäuten verſehen ſind. Dieſe erſcheinen bei den Säbelſchnäblern oder Waſſerſäblern (Recurvi- rostra) allerdings noch tief ausgeſchnitten, reichen aber doch ſonſt bis gegen die Spitzen der Zehen. Ihr ungewöhnlich langer, ſehr glatter Schnabel iſt überall, beſonders an der Wurzel, viel breiter, als hoch, ſehr flach und bereits am Grunde nur mäßig ſtark; dann wird er ſchwächer, und die Spitze iſt ſo ungemein dünn, wie bei keinem anderen Vogel. Dabei biegt er ſich von feinem erſten Drittheile an ſtark aufwärts, (ſäbelförmig,) mit dem Ende ſelbſt aber wieder fanft abwärts.“ Die Vögel fiſchen mit ihm theils, wie die Waſſerläufer, mancherlei ganz kleine, oben ſchwimmende Thierchen auf, deren Wiederentgleiten beſonders an der Wur— zel zahlreiche, äußerſt feine Querriefen auf der Innenſeite der Kiefer verhüten; theils bedienen ſie ſich ſeiner feinen Spitze mit eben ſo bewunderungswürdiger Ge— ſchicklichkeit, als Vorſicht zum allmähligen, leiſen Hervorziehen des langen, dünnen, weichen, unter dem Namen Sandbohrer bekannten Meerwurmes, der einen Haupt— artikel ihrer Nahrung auszumachen ſcheint. So an die See gebunden, verlaſſen ſie die Küſten, oder wenigſtens die Ufer ſalziger Gewäſſer nur ſelten, gelangen dann aber doch bisweilen recht weit landeinwärts. An Größe übertreffen ſie ſtarke Tau— ben nicht viel. Vermöge der anſehnlichen Länge ihrer Flügel bewegen ſie ſich eben ſo leicht in der Luft, als raſch zu Fuße. Auch ſchwimmen ſie nicht ſelten, und mit ziemlicher Leichtigkeit. Die Farbe iſt bei zwei Arten weiß, mit ſchwarzem Schnabel und mit drei oder vier, ſehr breiten Längsſtreifen mitten auf den Flü— geln und dem Rücken. An der europäiſchen, (R. avocetta,) mit hell graublauen Beinen, ſind auch Nacken und Hinterhals ſchwarz. Sie reicht von den Küſten ) Seiner außerordentlichen Zartheit wegen verbiegt ſich jedoch bei ausgeſtopften durch das Austrocknen das Ende ſehr häufig; auch bricht es ſehr leicht ab. An ſolchen kann man hiernach ſelten eine genaue Vorſtellung von ſeiner Beſchaffenheit im Leben erhalten, wo überhaupt der ganze Schnabel mehr oder weniger weich und elaftifch biegſam iſt. 444 Voͤgel; 7te Ordn.: Wader; des Mittelmeeres bis auf die ſchwediſche Seite der Oſtſee. — Eine zweite, ähn— liche, mit braunröthlichem Kopfe und Halſe, (R. americana, ) bewohnt die Küſten Amerika's. — Die dritte, (R. orientälis,) ganz weiß mit rothen Beinen und ſchwarzen Flügeln, lebt am Geſtade des indiſchen Meeres. Unter die ausgezeichnetſten und ſonderbarſten aller befiederten Weſen gehören die Flamante oder Flamingo's. (Phœnicoptérus.) Sie haben, wenn nicht überhaupt, doch jedenfalls nächſt dem Strandreiter die längſten Beine von allen, dabei aber ſchon eben ſo vollſtändige Schwimmhäute, wie irgend eine Gattung der folgenden Ordnung. Doch nützen ihnen dieſelben bei der Kürze ihrer Zehen offen— bar mehr dazu, das Verſinken in Schlamm und Triebſand zu verhüten, (indem ſie dem Fuße eine breitere, ununterbrochene Fläche geben,) als zum wirklichen Schwimmen. Hierin ſcheinen ſie ſich nämlich nur ſelten (Manche meinen ſogar, nie!) zu verſuchen. Denn ihr dünner, kurz befiederter und wunderſam langer Hals läßt fie ſelbſt in etwas tieferem Waſſer ſchon ſtehend den Grund, wo fie ihre Nahrung ſuchen, mit dem Schnabel erreichen. Letzterer iſt groß, ſtark und mit eben ſo weicher, nerven- und gefühlreicher Haut überzogen, wie bei den entenartigen Schwimmvögeln, dabei inwendig zugleich mit ähnlichen, blätterartigen Zähnchen verſehen. Auch beherbergt er eine ganz ähnliche, breite, fleiſchige, weiche, am Rande mit biegſamen Hornzacken verſehene [entenartige]. Zunge. Hiernach eig— net er ſich ganz ebenſo zum Aufſuchen ähnlicher Nahrung (weicher Larven, kleinen Gewürmes, zarter Schnecken mit weichen Gehäuſen ꝛc.) auf dem ſchlammigen Grunde von Gewäſſern. In Folge ſeiner wunderlichen Geſtalt kann aber dieſes Fühlen und Aufnehmen hier nicht auf ſolche Weiſe geſchehen, wie bei allen übri— gen Vögeln; ſondern es muß in gerade umgekehrter Richtung erfolgen. Denn beide Kiefer biegen ſich bereits vor ihrer Mitte plötzlich ſehr ſteil (knieartig, in einem wenig ſtumpfen Winkel) nach unten, laufen aber dann bis zur Spitze ge— rade aus. Dabei iſt ferner nur der, faſt dreikantige Unterkiefer ſchon an der Wurzel ziemlich, an der Mitte aber ſehr dick, und zur Aufnahme der Zunge überall rinnenförmig ausgehöhlt; der obere erſcheint dagegen allenthalben ſo flach, daß er gleichſam nur wie ein Deckel auf dem unteren liegt.“) Dieſe Bildung des Schnabels zwingt die Vögel, denſelben gleichſam verkehrt in Schlamm und Waſſer zu ſtecken: ſo nämlich, daß die zwei flachen vorderen Drittel ſeines Ober— theiles nach unten gerichtet ſind, alſo den Boden berühren, um ſo die erfühlte Nahrung ſchnatternd gleichſam nach ſich zuzuſchaufeln. Für gewöhnlich halten ſie ſich bloß am Strande, um Flußmündungen und ſonſt an großen Küſtengewäſſern auf. Eine grundloſe Erdichtung ſcheint die, bis jetzt faſt allgemein geglaubte Er— zählung: daß ſie zum Niſten einen ziemlich hohen, kegelförmigen Schlammhaufen zuſammenſchaufeln ſollten, um dann auf die, etwas vertiefte Oberfläche deſſelben ihre Eier zu legen und dieſelben in halb ſtehender Stellung, gleichſam reitend, aus— zubrüten! Beides ſollte darum geſchehen, weil ihre langen Beine ſie angeblich hinderten, auf flachem Boden und in der ſonſt gewöhnlichen Stellung zu brüten. Aber den Strandreiter hindern, ſo viel man weiß, ſeine, mindeſtens eben ſo langen Stelzbeine auch nicht darin. Warum ſollte dieß alſo gerade bei den Flamingo's der Fall fein? Zweitens würden die Eier derſelben, obwohl nur zwei (oder drei?) offenbar nicht hinlänglichen Raum auf einem Hügel finden, der oben ſchmal genug genug wäre, um eine ſolche, für befiederte Weſen fo durchaus ungewöhnliche Stel⸗ lung der Vögel zuzulaſſen. Ueber einem Haufen aber, der breit genug für die ) So etwa, wie ein Brett oder ähnlicher Deckel auf einem Stücke Dachrinne, wenn man ſich beide faſt in einem rechten Winkel gebogen denkt. b) fchwer-fliegende: mit Schwungfedern. 445 Eier wäre, würden die Flamingo's ihre Beine mehr als drei- bis vierfach ſo weit aus einander ſpreizen müſſen, als dieß ihnen je möglich iſt. Und warum ſollte nicht auch hier der brütende Vogel die Eier in gewöhnlicher Lage (ſitzend) beſſer an den Leib bringen und wärmen können, als in einer ſo unnatürli— chen? Demnach mag und muß die ganze Erzählung wohl ein bloßes, nach irri— gen Vorausſetzungen erſonnenes Mährchen ſein! Die untere Schnabelhälfte und die Vorderſchwingen der Flamingo's ſind immer ſchwarz. Das übrige Gefieder erſcheint im erſten Jahre hellgrau, auf den Flügeln mit dunkelbraunen Schaftflek— ken; im zweiten wird es weiß; dann röthlichweiß, mit roſenrothen Flügeln. Ael— tere Vögel werden noch etwas dunkler. Bei manchen les ſcheint noch nicht recht ausgemacht, ob bloß bei einer beſonderen, in Südamerika wohnenden Art, oder bei allen, die in heißen Gegenden leben?) werden Leib und Hals ſchön dunkel ro— fenfarbig, die Flügel aber hoch fcharlachrothy. Die am Mittelmeere, dafern fie eine beſondere Art (Ph. antiquorum) bilden, erhalten dieſe Prachtfarbe nie. In höchſt ſeltenen Fällen haben einer oder einige von ihnen ſich von den Küſten Südfrank— reichs ꝛc. aus bis nach Süddeutſchland verſtrichen. Bei einem Körper, welcher kaum ſo ſtark, obwohl viel langgeſtreckter iſt, als der einer Hausente, erreichen ſie eine Höhe von 57; doch gewöhnlich erſt mit dem dritten Jahre. — Die indi— ſchen Fl. (Ph. minor) ſcheinen eine wirkliche Art, die ſtets kleiner bleibt. [§ 175. 2te Unterordn.: Schwer oder gar nicht fliegende Wader. Letztere zeichnen ſich durch Lauffüße und durch Flügel ohne ordent— liche Schwungfedern aus. Erſtere, ſämmtlich vierzehig, erkennt man an den kurzen, rundlichen, muldenförmigen, jenen der Hühner ähnli— chen Flügeln, deren Schwungfedern aber viel weicher, daher auch biegſamer ſind, ſo daß ſie bei aller Anſtrengung doch nie ſolche Kraft und Sicherheit gewähren, wie in gleichem Falle jene faſt aller wirklichen Hühner. Darum laſſen es dieſe Vögel alle ſo lange als möglich beim Laufen, oder manche beim Schwimmen bewenden, und erheben ſich außer der Zugzeit ſel— ten oder nie von freien Stücken; ſondern bloß dann, wenn ſie ſich bei Ge— fahren anders nicht mehr zu retten wiſſen. Ja, diejenigen, welche kältere Gegenden bewohnen, machen, wo es irgend thunlich bleibt, ſogar einen gro— ßen Theil ihrer Wanderungen zu Fuß, um deſto öfter vom Fliegen ausruhen zu können. Bei den wenigen, welchen es an ordentlichen Schwungfedern gebricht, verbietet ſich das Fliegen natürlich von ſelbſt. Trotz dieſer großen Verſchiedenheit ſtimmen beide Abtheilungen darin mit einander überein: daß ſie ſich ſtärker, als die übrigen Wader, ja manche eben ſo ſtark, wie die meiſten Hühner, vermehren; und daß ihre Jungen bereits eben ſo weit entwickelt aus den Eiern kriechen. Doch ſind letztere nach Ver— hältniß etwas größer. Ferner leben auch die meiſten faſt eben ſo ſehr, wie die wirklichen Hühner, von gemiſchter Nahrung. Ite Zunft: Schwerfliegende Wader mit Schwungfedern. Ihre Zehen bleiben immer ziemlich oder ſehr ſchlank; und ſelbſt die hintere iſt öfter lang, als kurz. Ohne die Fertigkeit, ſelbe beim Aufheben des Fußes zum Fortſchreiten ausnehmend ſchnell zuſammenzulegen, würden ſie jedoch 446 Vögel; 7te Ordn.: Wader; ſchon allein ihrer Länge wegen beim ſchnellen Laufen im Graſe ꝛc. oft hin— derlich ſein. Dagegen verhütet ihr weites Ausgreifen das Durchtreten auf ſumpfigem Boden, oder ſelbſt auf ſchwimmenden Waſſerpflanzen, ſtets um ſo mehr, je länger ſie werden. Einigen Gattungen, welche hiervon mit Recht den Namen langzehige Wader führen, kömmt dabei vorzugsweiſe noch die nicht mindere Länge und völlig gerade Richtung ihrer ſpitzen Nägel, beſondes des hinteren, zu Hülfe. Dieß, ſo wie die etwas bedeutendere Größe der Flügel, (welche im Fluge der Schwere ihrer großen Beine das Gegengewicht halten muß,) und die etwas lockere Haltung derſelben, laſſen in ihrem Geſammtbaue das Hühnerartige minder auffallend hervortreten, als bei den folgenden. Die Langzeher bewohnen lediglich die wärmſten Gegenden Amerika's oder Aſiens, als derjenigen Welttheile, welche an wahren, bleibenden, häufigſt mit einer ſchwankenden Pflanzendecke überzogenen Sümpfen am reichſten find. Ihre Mehrzahl trägt am Daumgelenke einen ſehr harten, ſpitzen Dorn oder Flü— elſporn, der bei den kleineren rundlich, bei den größeren aber faſt dreikantig iſt: wodurch er ſcharf genug wird, um eine höchſt wirkſame Waffe abzugeben. Ja, Eine Art, in Cayenne Kamiſchi (oder eigentlich Kamouche) in Bra— ſilien Anhima genannt, (Palamedea cornüta,) trägt ſogar noch einen zweiten, ganz ähnlichen Sporn (Nagel) am Ende des Zeigefingers. Sie beſitzt daher um ſo mehr Mittel und Kräfte, faſt alle Angriffe zurückzuweiſen, da ſie an Größe die ſtärkſte Gans übertrifft. Eine zweite, eben ſo ausſchließliche Eigenthümlichkeit iſt der Beſitz eines einzelnen, wirklichen, aber ſehr dünnen und faſt ganz geraden Hornes mitten auf dem Scheitel, welches die Länge eines kleinen Fingers hat, aber dennoch an der Wurzel kaum die Dicke einer gewöhnlichen Krähenſchwinge erreicht. Als Waffe kann es der Vogel demnach offenbar nicht anwenden. Ob es ihm ſonſt zu Etwas dienen mag, weiß man nicht. Von ſeinen Füßen nimmt jeder in die Länge und Breite faſt eben ſo viel Raum ein, wie eine Menſchen— hand mit ausgeſpreizten Fingern. Das Gefieder iſt glänzend ſchwarzblau, mit ei— nem roſtrothen Schulterflecke; am Kopfe und Halſe etwas ſammtähnlich. Sein Schnabel, faſt ſo lang wie der kleine Kopf, und an der Kuppe hühnerähnlich, gleicht dem ſeines nahen und eben ſo großen Verwandten, des Chaja, Wehr- oder Hirtenvogels von Paraguay. (Chauna chavaria; Palamedéa ch.) Dieſer trägt jedoch kein Horn, beſitzt am Hinterkopfe eine kleine Haube, und hat am Flügel bloß Einen Sporn, der freilich um ſo ſtärker iſt. Wegen der furchtbaren Gewalt, welche er mit demſelben ausüben kann, ziehen na= mentlich die Indianer um Carthagena ihn gern mit ihren Hühnern und beſonders unter den Gänſeheerden auf, die er gleich einem muthigen Hirtenhunde gegen die Angriffe von Raubvögeln vertheidigt. Daher ſein deutſcher Name. Sein Gefieder iſt dunkelgrau und ſchwärzlich, mit weißem Schwingen- und Schulterflecke; am Kopfe und Halſe wollig, oder vielmehr haarähnlich, mit einem ſchwarzen, kürzer befiederten oder faſt kahlen Halsringe. Eine ganz eigene Erſcheinung bleibt die: daß ſeine Haut faſt am ganzen Leibe und ſelbſt an den Schenkeln durch Luft, welche ſich zwiſchen ihr und dem Fleiſche befindet, aufgeblaſen gehalten wird; weß⸗ halb ſie beim Berühren kniſtert. Und doch ſcheint nicht anzunehmen: daß dieſe Einrichtung dazu dienen ſolle, das Gewicht des, ſonſt etwas ſchwerfälligen Vogels zu verringern, um zu bewirken, daß theils die im Waſſer ſchwimmenden (unterge⸗ tauchten) Pflanzen, theils der unſichere, nachgebende (bruchige) Sumpfboden ihn ſicherer tragen! Er lebt nämlich, gleich dem Kamiſchi, auf großen naſſen, übers b) f[chwer-fltegende: mit Schwungfebern. 447 ſchwemmten Plätzen, wo er ſich, wie jener, hauptſächlich von Waſſerpflanzen näh— ren ſoll. [s 176. Bei mehreren, viel kleineren Vögeln, mit ähnlichem Schnabel wie die Re— genpfeifer, ſind die Beine nicht allein bedeutend hoch; ſondern auch die Zehen, und zumal die Nägel, werden noch viel länger, als bei dem Kamiſchi und Wehrvogel. Ja gewiß, man kann ſie wahrhaft ungeheuer nennen: da der Raum von der Nagelſpitze ihrer mittleren Vorderzehe bis ans Nagelende der Hinterzehe faſt, wo nicht völlig, eben ſo viel beträgt, wie die ganze Länge der Vögel von der Schna— belſpitze bis zum Ende des kurzen Schwanzes! Aber gerade dieſes Uebermaß wird zur Grundbedingung ihrer Lebensweiſe. Sie halten ſich nämlich, ohne zu ſchwim— men, an ſolchen freien Stellen tiefer, ſtehender Gewäſſer auf, wo theils große, breite, flach auf dem Waſſerſpiegel liegende Blätter von Sumpfpflanzen, (z. B. der Seeroſen und Weiherblatt-Arten,) theils beſonders gewiſſe moos- und fadenähn⸗ liche Gewächſe, die Oberfläche wie eine dicke, bewegliche Decke überziehen. Hier, wo andere, kurzzehige Vögel meiſt bei jedem Schritte durchtreten und bis an den Leib einſinken, laufen die gegenwärtigen mit gleicher Sicherheit und Schnelligkeit nach Inſekten, Larven und Würmern einher, wie im Norden die Schneehühner auf dem lockeren Schneee. *) Man hat ihnen ins Geſammt den Namen Spornflügel (Parra) gegeben, bevor man wußte, daß derſelbe auf den einen gar nicht, auf die übrigen viel weniger paßt, als auf den Chaja und Kamiſchi. Nur Einer davon, im wärmeren Ame—⸗ rika lebend, von der Größe eines Staares, gewöhnlich, obwohl mit Unrecht Jaſ— fana oder Jahana genannt, (P. jacana,) von ſchwarzer Farbe mit rothbraunem Mantel und blaßgrünen Vorderſchwingen, beſitzt einen noch ſcharf zugeſpitzten, aber rundlichen Flügelſtachel. Als zänkiſcher, ſchreieriſcher Vogel macht er von demſel— ben nicht ſelten Gebrauch gegen ſeines Gleichen. Außerdem hat er, nach Art mancher afrikaniſchen Kibitze und offenbar zu demſelben Zwecke, an der Schnabel⸗ wurzel bis zur Stirn eine nackte, in vier Läppchen getheilte Haut. — Desgleichen ein etwas größerer, noch ſchönerer, mit broncegrünem Mantel und weißem Streife hinter dem Auge, der auf den Gewäſſern von Indien wohnt. (P. aenea 8. superciliösa.) Bei dieſem iſt jedoch der Flügelſporn ſchon klein und ſtumpf. Anderen dortigen mangelt derſelbe, wie es ſcheint, ganz; jedenfalls aber fehlt ihnen die Schnabelhaut. Eine ſolche Art in China, (P. chinensis,) die vorn weiß, hinten braun aus⸗ ſieht, mit goldfarbigem, ſeidenartigem Hinterhalſe, ſcheint als Gattung zu trennen. (Diplopteryx.) Denn erſtens trägt fie mitten im Schwanze vier ſchmale, ſtark verlängerte Federn, deren beide mittelſte etwas hängend und länger werden, als der Leib. Zweitens ſind ihre zwei oder drei vorderſten Schwingen nicht bloß zugeſpitzt, und länger, als die übrigen; ſondern am Ende derſelben ſitzen auch noch zwei oder drei ähnliche Anhängſel, wie bei denen des Fauſthuhnes auf den Steppen von Mittelaſien: gleich, als ob da noch eine zweite oder dritte kleinere Schwinge her— auswüchſe! Beides muß dem Vogel im Fluge die Bürde ſeiner langzehigen Beine weſ entlich erleichtern, wenn er beim Herannahen des Winters, welcher dort zum Theile eben fo ſtreng iſt, wie der Sommer heiß zu fein pflegt, ſich zur Wanderung entſchliefen muß. Etwas, was keiner feiner Verwandten nöthig hat. Eine ſonderbare oſtindiſche Art, gleichfalls ohne Sporn, (P. gallinacka,) trägt *) Noch paſſender mochte man ſagen: wie die Skidläuſer auf ihren Schneeſchuhen, — vergl. S. 399,) — aber freilich bloß ſchreitend, nicht fo oft gleitend. 448 Vogel; 7te Ordn.: Wader; auf dem Scheitel einen gelben, hahnenartigen Hautkamm, (und ſoll einen ähnli- chen noch an der Kehle und Oberbruſt beſitzen?) [$ 177. Die übrigen Gattungen dieſer Zunft, ſämmtlich mit kurzen, weichen Schwingen und ohne Flügelſporn, haben kürzere, wiewohl nie wirk— lich kurze Zehen. Wir werden auf ſie die Benennung hühnerähnliche Wader um ſo beſſer anwenden können, da bei einigen ſchon die allgemein gebräuchlichen Namen „Sumpf-, Rohr-“ und „Waſſerhühner“ das allgemeine Ausſehen treffend bezeichnen. In der That: ohne ihre Wadbeine und ohne das, hierauf gegründete Waſſerleben der Mehrzahl würde man fie in jeder Hin- ſicht unbedenklich zu den Hühnern zählen können. Doch ſind ihre Schnäbel ſtets dünner und vorn weit minder übergebogen. Auch erſcheint ihr Leib nicht bloß noch bedeutend ſchmäler, als bei dieſen, ſondern überhaupt ſtärker zuſammengedrückt, als der irgend eines anderen Vogels. Bei einigen, welche häufig und fertig ſchwimmen, muß dieß um fo mehr auffallen, je ſtärker fonft bei allen Schwimmern der Leib in die Breite gezogen zu ſein pflegt. Indeß blieb ein ſo ſchmaler Bau gerade für ſie alle noch viel nothwendiger, als für die Hühner: weil ſchon die ſchwimmenden Arten immer ſogleich im Rohre, Schilfe und Riedgraſe Schutz ſuchen, und die nicht ſchwimmenden meiſt ſogar aus— ſchließlich hier leben. Nur ein ſo ſchmaler Leib aber geſtattet ohne Hinderniß ein ſchnelles Hindurchſchlüpfen zwiſchen ſolchen und ähnlichen Waſſerpflanzen, deren hohe und ſteife Stängel fo viel mehr Widerſtand leiſten, als die nie— drigeren und weicheren Gräfer und Landpflanzen, zwiſchen welchen ſich die Mehrzahl der wirklichen Hühner umherbewegt. Der Rauhigkeit und dem ſcharfkantigen Weſen, welches die Blätter und Stengel der meiſten grasaͤhn— lichen Sumpfpflanzen auszeichnet, widerſteht bei dieſen Wadern ein Gefieder, noch feſter, als jenes der Hühner, mit vorzugsweiſe harten Schäften: beſon⸗ ders an den Geſichts- und noch mehr an den Stirnfederchen, die natürlich bei jenem Umherkriechen ſolcher rauhen Berührung am meiſten ausgeſetzt ſind. Ueberdieß erfährt alles kleine Gefieder einen doppelten Wechſel. Bei denjenigen Arten, welche gern und häufig (meiſt für gewöhnlich) ſchwimmen, läuft die Wurzel des Oberkiefers hinten in eine nackte, flache Knorpelhaut aus, welche bis gegen oder zwiſchen die Augen reicht und Stirn— ſchild heißt. Sie bildet ſich jedoch bei jüngeren Thieren erſt während des erſten Winters ihres Lebens gehörig aus. Die meiſten behelfen ſich mit eben jo nachläßigen Neſtern, wie die Hühner. Die ſchwimmenden bauen ſich viel künſtlichere, von ziemlich tiefer, korbähnlicher Geſtalt, und zwar, der Sicherheit wegen, ſtets über dem Waſſer: zuweilen auf Stöcke oder Stauden, die tief im Waſſer ſtehen; gewöhnlich jedoch auf einer halb ſchwebenden Unterlage, welche ſie dadurch hervorbringen, daß ſie eine Anzahl Rohr- oder Schilf— halme mit dem Schnabel herabziehen und umknicken. Die Jungen ſind bei allen mit ſchwarzer Wolle bedeckt. Die der ſchwimmenden begeben ſich ſogleich mit aufs Waſſer. Uebrigens tauchen auch bei dieſen Gattungen weder ſie, noch die Alten gern oder häufig; ſondern nur im Falle der Noth, aus Unfähigkeit zu fliegen, oder wenn ihnen Letzteres bedenklich ſcheint. Lieber ſpringen oder flattern ſie da, wo Geſträuch im Waſſer ſteht, auf dieſes hinauf. Die Nägel bleiben hier nur bei der erſten Gattung, den eigentlichen Waſſerhühnern, (Fulica,) noch faſt gerade und ſpitzig. An den Zehen ſtehen aber hier ihrer ganzen Länge nach breite, von Gelenk zu Gelenk bogig gelappte Schwimmhäute, die zwar demnach bis faſt zur Wurzel ge— ſpalten, aber hinlänglich breit ſind, um ſchon als recht gute Hilfswerkzeuge zur b) ſchwer-fliegende: mit Schwungiebern. 449 Fortbewegung im Waſſer zu dienen. In der That kommen dieſe Vögel, welche an Größe beinahe einer Haushenne gleichen, ſehr wenig ans Land, ſondern brin— gen faſt alle Zeit auf dem Waſſer zu, und bewohnen daher niemals ganz kleine Gewäſſer. Sie haben ein großes Stirnſchild, von den Jägern gewöhnlich Bläſſe genannt: weil ſeine Farbe, gleich jener des Schnabels, ganz weiß (nach dem Tode röthlichweiß) iſt. Daher bei unſerer nordiſchen Art die Namen Bläßling, Bläß— huhn und Bläßente. Für gewöhnlich heißt dieſelbe ſchwarzes W., (F. atra,) weil ſie von Weitem ganz ſchwarz zu ſein ſcheint: obgleich eigentlich bloß Kopf und Hals ſchön ſammtſchwarz ſind, während alles Uebrige nur dunkel ſchieferfarbig ausſieht. Bei den Jungen in ihrem Wollkleide ſtehen an dem weißlichen Kopfe vorn ziemlich viele, lange, ſcharlach- und gelbrothe, glänzende Haare. Den Winter über bedecken große Schaaren dieſer Vögel die Gewäſſer Italiens und des übrigen ſüdlichen Europa's. Zeitig im März und April, wo die meiſten unſerer Teiche noch ganz kahl ausſehen, begreift man zuweilen gar nicht: wo dieſe Vögel, anhal— tend verfolgt, in den ganz kurzen, oft kaum über das Waſſer herausragenden Rohrſtoppeln hingekommen ſind; oder wo ſie, von dem Hühnerhunde aufgeſtöbert, eben ſo plötzlich wieder herkommen. Sie haben ſich alsdann ſo tief untergetaucht, daß bloß der kleine Kopf über das Waſſer herausreicht: während ſie, um nicht von letzterem gehoben zu werden, ein Paar Rohrſturzeln mit den Füßen umfaßt halten. Schon in dieſer Stellung können ſie nöthigen Falls ſehr lange ausdauern. Noch leichter aber vermögen ſie dieß: wenn ſie, ohne ſich ſo feſtzuhalten, bloß un— tergetaucht ſind und nun den Kopf allein durch einen Haufen alter, auf dem Waſ— ſer ſchwimmender, oder lebender und auf dem Grunde feſtgewurzelter Waſſerpflan— zen hindurchſtecken. Letzteres ſcheinen ſowohl ſie, wie die übrigen Schwimmer die— ſer Familie und die wilden Enten, bei fortdauernder Verfolgung nicht ſelten auch dann zu thun, wenn ſie verwundet und zu weit vom Ufer entfernt ſind. Dann kömmt es nicht ſelten auch vor, daß ſie in dieſer Lage vollends ſterben, gleichwohl aber, von den Pflanzen gehalten, verſchwunden bleiben, oder im glücklichſten Falle bloß von dem Hunde aufgefunden werden. Daher die irrige Meinung vieler Jä— ger, daß ſie und die Enten ſich im Todeskampfe unter dem Waſſer anbiſſen! Eine Maaßregel, die ſich bei der Schnabelbeſchaffenheit beider einer Seits ſchwer aus-, oder wenigſtens nicht lange durchführen laſſen würde; während ſie anderer Seits den Tod (durch Erſticken) noch beſchleunigen müßte. Es giebt, wie es ſcheint, außer unſerem Waſſerhuhne bloß noch Eine, oder höchſtens zwei, dieſer ſehr ähnliche Arten auf dem alten und neuen Continente. [s 178. Kaum größer iſt die Zahl der ſchönen, grün, violett, blau und purpurröthlich gefärbten oder ſchimmernden, Sammet- oder Sultans hühner. (Porphyrio.) Dieſe bewohnen nur wärmere Gegenden, verbinden mit der Größe der vorigen die Stirnplatte und die unbelappten Zehen der folgenden, ſollen aber mehr am Lande leben, als beide. (2) Eine Art, von meiſt dunkel- und hellblauer Farbe, (P. hyacinthinus,) gehört ſchon dem ſüdöſtlichen Europa, bis Sardinien hin, an. Viel zahlreicher, in wärmeren Ländern zum Theile faſt eben ſo ſchön gefärbt, find die kleineren, niedlichen Teichhühner, (Stagnicöla!) mit vorher Stirnplatte und grünen oder grünlichen Füßen, aber von etwas anderer Haltung. Denn ſie pflegen ihren Schwanz, von deſſen unteren Deckfedern die mittleren ſchwarz, die ſeitlichen weiß ausſehen, ſtets gehoben zu tragen und oft damit zu zucken. Dabei ſchwimmen ſie weniger, als die eigentlichen Waſſerhühner, auf großen, freien Plä— tzen zwiſchen Rohr und Schilf umher, als in dieſem ſelbſt oder ſonſt zwiſchen hohen Waſſerpflanzen: beſonders, wenn ſie irgend Verdacht ſchöpfen. Auch be— wohnen ſie deßhalb, und weil ſie nicht ſelten nach Nahrung oder ſonſt aufs Land Gloger, allgem. Naturgeſchichte 29 450 Vögel; 7te Ordn.: Wader; heraus-, in Gras oder nahes Gebüſch gehen, ſchon faſt alle ganz kleine Rohrteiche und breite, bewachſene Wieſengräben ce. So gut ihnen das Schwimmen von Statten geht; ſo beſitzen doch ihre Zehen, ſonderbar genug, gar keine Schwimm⸗ und ſelbſt kaum Spannhäute. Aber ſchmale, ſeitwärts vortretende Hautfalten an der Sohle ſcheinen bei der anſehnlichen Länge ihrer Zehen den Mangel einer wirk— lichen Schwimmhaut auf eine, für dieſe Vögel hinreichende Weiſe zu erſetzen. Seltſam kann man es finden, daß die ſoeben ausgeſchlüpften Jungen das Stirn⸗ ſchild nach Verhältniß bereits eben ſo groß und ſchön, (blutroth,) wie die Alten beſitzen: während es ihnen, wenn ſie größer geworden ſind, fehlt, oder vielmehr zu fehlen ſcheint. Denn eigentlich wächſt es bloß längere Zeit hindurch nicht größer, und hat dann ſogar eine, der des Gefieders ähnliche Farbe. Erſt gegen den Herbſt bildet es ſich allmählig aus. Es gehört hierher in Europa nur das, gewöhnlich fo genannte rothbläſſige, oder grün füßige Wafſerhuhn, (Gallinüla chloro- pus,) mit dunkel olivenfarbiger oder rußbräunlicher Oberſeite, ſchiefergrauer Unters ſeite und weißem Längsſtreife auf einigen Weichenfedern. Ein faſt allenthalben gemeiner Vogel, obwohl auf großen Teichen ſeltener, als das eigentliche (weißbläſ⸗ ſige) W., und bloß am Rande, oder um Inſeln. Noch kleiner, am Leibe meiſt einer Wachtel nicht gleich, dabei ohne Stirn⸗ platte, ſonſt jedoch ſehr ähnlich gebildet, ſind die Mut- oder Rohrhühner. (Gallinüla.) Ihr graulich-olivenfarbiger Oberleib hat auf dem Scheitel und Rük⸗ ken ſchwarzbraune Längsſtreifen; die ſchieferfarbige Unterſeite bald kleine grauweiße Punkte, bald an den Weichenfedern ſchwarze und braungelbe Querbinden. Auch dieſe Sumpfbewohner ſchwimmen zwar noch öfters, gewöhnlich aber nur, um über einen ſchmäleren Waſſerſtreif hinweg, von einem ſumpfigen Platze oder Inſelchen zum anderen zu gelangen, ohne deßhalb auffliegen zu dürfen. Denn hierzu ent— ſchließen ſie ſich ſo ungern, daß ſie, ſelbſt von Menſchen und Hunden oder von Raubthieren verfolgt, gewöhnlich nur ſchnell und weit im hohen Rohrgraſe ꝛc. hin⸗ und herlaufen, hierdurch ihre Spur verwirren, dann ſich irgendwo feſtdrücken und ſo gewöhnlich entkommen. So werden ſie ſelbſt da, wo ſie auf großen, naſſen, mit etwas Gebüſch verſehenen Wieſen, oder an den Rändern großer Wald- und Rohrteiche gar nicht ſelten ſind, doch nur ſelten bemerkt. Bloß wenn und wo es ganz ruhig iſt, kommen ſie zuweilen an kleinen freien Plätzen zum Vorſcheine. Bei uns haben wir, als größeres, das punktirte R., (G. porzäna,) mit weiß: lich punktirtem Geſichte und Halsſeiten; wenig größer, als eine Singdroſſel. — Ferner zwei viel kleinere, das Zwerg: und naumannſche Rohrhuhn, (6. pusilla und 6. Naumanni,) deren Männchen im Frühlinge unten ſchön aſchgrau ausſehen. Am Leibe wenig größer, als Lerchen, gehören ſie überhaupt zu den kleinſten Waſſervögeln, und werden hierin nur von einigen Strandläufern noch übertroffen. In Käfige geſperrt, zwängen ſie ſich mit ihrem äußerſt ſchmalen Leibe zwiſchen Sproſſen hindurch, wo z. B. Lerchen nur eben den Kopf hindurchbrin⸗ gen können. [s 179. Ziemlich denſelben Aufenthalt, nur meiſt etwas trocknere Orte, ſuchen die Rallen. (Rallus.) Ihre Färbung bleibt faſt, ihre verſteckte Lebensart ganz die ſelbe. Ihr Schnabel iſt jedoch viel länger, meiſt wenigſtens doppelt ſo lang, wie der Kopf: was ſie etwas den Schnepfen ähnlich macht. Sie ſchwimmen ſelten oder nie, und haben dem gemäß auch kürzere Zehen, von bräunlicher oder grauli— cher Fleiſchfarbe. Die europäiſche, unterwärts hell ſchieferfarbig mit gelblich und ſchwarzbraun gebänderten Seiten, oben dunkel olivenfarbig mit einem großen ſchwarz⸗ braunen Schaftflecke auf jeder Feder, und mit halb rothem Unterkiefer, kennt man unter dem Namen Waſſerralle (R. aquaticus) bis nach Island hinauf. Dort b) niht-fliegende: firnußartige. 451 kann ſie, als zu ſchlechte Fliegerin, gar nicht auswandern, findet jedoch, bei der verhältnißmäßig großen Milde des Klima's und dem Reichthume der Inſel an warmen Quellen, zunächſt um dieſe her immer noch den nothdürftigſten Unterhalt, obgleich ſie bloß von thieriſcher Nahrung lebt. Bei uns trifft man alsdann nur ſehr wenige; um ſo mehrere dagegen in Südeuropa. Die, beſonders in ihren wärmeren Theilen ſo üppig fruchtbare neue Welt, welche an fo vielen Orten Rohrarten und andere Rieſengräſer von baumartiger Höhe hervorbringt, beherbergt in deren großen Dickichten und am Rande derſelben in der Rieſenralle (Notherodius) einen paſſenden Bewohner derſelben, welcher theils ſeiner Größe, theils des beſonders langen, jedoch etwas gebogenen Schnabels wegen früher zu den Rohrdommeln geſtellt, aber zugleich als Verwandter der Schnepfen betrachtet wurde: daher er Schnepfenreiher hieß. (Ardéa scolopacka; Arämus.) In der That gleicht er am Leibe einem Haushahne, erreicht aber faſt die doppelte Höhe, und trägt die Farbe unſerer Rohrhühnchen, nur mit minder bunter Zeichnung. Beinahe ganz Landvogel iſt der Wieſen-Knarrer, (Crex pratensis:) in: dem er den ganzen Sommer hindurch meiſt den Aufenthalt unſerer Wachtel theilt, und nur im Herbſte feuchtere Orte liebt, alſo theils das hohe Gras feuchter Wie— ſen und bewachſener Grabenränder, theils ſumpfiges Gebüſch aufſucht. Er beſitzt wie— der einen kurzen Schnabel, und würde, mit Ausnahme der braunvöthlichen Flügel und Querbinden an den Seiten des Leibes, faſt lerchenfarbig ausſehen: wenn nicht die großen Schaftflecke ſeiner Federn viel ſchärfer gezeichnet und länglicher geſtaltet wären. Vorderhals und Bruſt ſind röthlich-braungelb; zum Frühjahre in lichte Schieferfarbe ſpielend. Er nährt ſich hauptſächlich von Regenwürmern, iſt daher beſonders des Abends und Morgens in Thätigkeit, dabei außerordentlich gefräßig, und wird im Herbſte beinahe ſo fett, wie die Wachtel. Etwas größer, obwohl nicht ſchwerer, als dieſe, wurde er von den alten Griechen und Römern „Wachtelmutter“ genannt: indem ſie ihn wegen ſeines gleichzeitigen Erſcheinens für den Führer der Wachteln auf ihren Wanderungen anſahen. (Kaum ſollte man auch ihm die nö— thigen Kräfte zum Ueberfliegen des Mittelmeeres zutrauen. Denn ſein Flug iſt ſo ſchwerfällig und langſam, daß, ſobald er nur niedrig genug fliegt, ein mäßig raſcher Hund ihn ſehr bald einholt; und ſich auf das Meer niederlaſſen, um auszuruhen, möchte ihm ſchwer möglich ſein.) Jener Bezeichnung der Alten entſpricht bei uns ſeine gewöhnliche Benennung „Wachtelkönig.“ Noch bekannter iſt er bei unſeren Landleuten unter den, von einer ſcherzhaften Anſpielung auf ſeine Stimme herge— nommenen Namen der faulen oder alten Magd. In der That läßt der knarrende Frühlingsruf des Männchens ſich ziemlich treffend durch das, recht gedehnt, breit und etwas ſchnarrend ausgerufene Wort „Knecht“ verſinnlichen: was dann eben ſo genommen wird, als ob eine Magd, zu träg oder zu ſchwach, ihre Arbeit allein zu verrichten, einen Mann zu Hülfe rufen wollte! Der abergläubiſche Sinn einer fin— ſteren Vorzeit verband damit auch wohl den Gedanken an eine vermeinte, zur Strafe für fortdauernde Trägheit erfolgte Verwandlung in dieſen Vogel. [$ 180. 2te Zunft: Nicht-fliegende Wader, oder ſtraußartige Vögel. Sie ſind die größten von allen jetzt lebenden befiederten Weſen, und lediglich Bewohner von Afrika, Südamerika, Südaſien und Neuholland, deren jedes Eine Gattung von ihnen, gewöhnlich bloß mit Einer Art, beſitzt. Ihre zahlreichere Vermehrung abgerechnet, haben ſie faſt Alles, namentlich den Beſitz ſtarker Renn— beine, Nahrung ꝛc., mit den Trappen gemein. Nur der Mangel wirklicher 29 * 452 Bügel, 7te Ordn.: Wader; Schwungfedern und die, von ihm herrührende Unfähigkeit, ſich in die Luft zu erheben, unterſcheiden ſie von allen übrigen Wadern. i Ihre Bruftmusfeln find nach Verhältniß fo ſchwach, daß es, auch wenn Schwungfedern vorhanden wären, mindeſtens der drei- bis vierfachen Stärke der erſteren bedürfen würde, um die Thiere zu heben. Mit dieſer Schwäche ſtimmt der Mangel des knöchernen, ſo genannten Bruſtbeinkammes überein, welcher bei allen fliegenden Vögeln den, die Flügel bewegenden Bruſtmuskeln zum Anſatz- und Stützpunkte dient. Dagegen ſind alle Kraft und Stärke auf die außerordentlich dicken Muskeln der Schenkel, beſonders des Unter— ſchenkels, verwandt, der hier einen ſo großen Umfang hat, wie bei keinem anderen Vogel. Dadurch iſt die Befähigung zu einem höchſt raſchen und anhaltenden Laufe gegeben, der, in Verbindung mit dem Aufenthalte in den freieſten, offenen Gegenden, hinreicht, um ſie mindeſtens eben ſo gut, wie die meiſten fliegenden Vögel, den Nachſtellungen ihrer Feinde zu entrücken. In die Enge getrieben, wehren ſie ſich, auf Einem Beine ſtehend, kräftig durch Vorwärtsſchlagen mit dem anderen. Bei dem indiſchen, gehelmten oder ſchwarzen Kaſuare, (Hippalectryo,*) Casuarius [I] indieus,) deſſen Name in der Sprache der Malaien eigentlich Caſ— ſuwaris heißt, nehmen die Stelle der vorderen Schwungfedern einige ſteife, harte und glatte, gerade, ſtachelartige Schäfte und Kiele ein, deren ſich das Thier im Kampfe als Waffe bedient. Doch ſcheint ſein Hauptvertheidigungsmittel die be— ſonders lange und eben ſo ſtarke, ziemlich gekrümmte Kralle ſeiner Innenzehe. Sein Schnabel, nicht viel kürzer als der Kopf, iſt von der Seite zuſammengedrückt, ſonſt aber jenem der Hühner und Trappen ähnlich; die Zunge kurz, daher ſeine Art und Weiſe, ſein Futter zu verſchlucken, faſt jene des Wiedehopfes. Der ziem— lich kleine Kopf, ähnlich dem der Perlhühner, trägt auf dem Scheitel einen großen, helmartigen Knochenvorſprung mit hornartigem Ueberzuge. Er iſt, wie bei den Trut— und Perlhühnern, gleich dem Oberhalſe nackt, von Farbe blau, mit etwas Roth; an der Seite mit einer langen, vortretenden, zapfenähnlichen Hautfalte. Hals und Beine haben nur mäßige Länge. Der Körper, an Größe dem eines Schafes zu vergleichen und ohne Schwanz, bloß mit etwas längeren, überhängenden Bürzelfe— dern, gleicht an Geſtalt wieder ziemlich dem von Perlhühnern und Wachteln. Er wird überall von ſehr ſonderbaren, glänzend ſchwarzen Federn bedeckt, die, weil ſie außer dem Schafte bloß aus glatten Hauptfaſern ohne Nebenfäſerchen beſtehen, faſt wie Pferdehaare ausſehen, ſich auch ebenſo anfühlen, und deren immer zwei aus Einem Schafte hervortreten. Die Hitze des Klima's macht eine größere Wärm— kraft derſelben, wie den Beſitz von Dunen (Wollfedern) entbehrlich. Dieſe Art ſcheint, wie die folgende, in Einweibigkeit zu leben. Daher enthält ihr Neſt nur wenige (4 —52) längliche Eier von gelblichgrüner Farbe. Sie findet ſich bloß auf den Inſeln des indiſchen Archipels. Auf den graubraunen neuholländiſchen Kaſuar (Dromaeus Novae Hollandiae) trägt man jetzt gewöhnlich den, urſprünglich gleichfalls dem indiſchen zugehörigen Namen Emeu über. Er hat an allen 3 Zehen faſt gleich große Nägel, und zeigt ein ſonſt gleich gebildetes, aber längeres und bereits etwas wolligeres, folglich auch wärmeres Gefieder von ſchlichter Erdfarbe. Dadurch, ſo wie durch ſeinen kleineren „) Es iſt gar nicht unwahrſcheinlich, daß er wirklich unter dem innaksrrovwv (Roßhahn) verftanden worden fein könne. Jedenfalls aber bleibt dieſes Wort feiner Be— deutung nach eine doppelt charakteriſtiſche Bezeichnung für ihn, ſowohl was Anſehen und Größe, als was die haarartige Befiederung betrifft. b) nicht-fliegende: ſtraußartige. 453 Kopf ohne Helm, durch den etwas längeren Hals, die höheren Beine und den platteren Schnabel, nähert er ſich bereits den Straußen. Auch ſehen ſeine Jun— en, gleich denen des amerifanifchen Straußes, anfänglich ſehr nett lichtbraun, dun— kelbraun und weiß geſtreift aus. An ſeinem Kopfe iſt bloß die Ohrgegend nackt, der Scheitel aber mit rauhen, ſammtartigen Federchen bedeckt. Die Flügel ſind ohne Hornſtachel. Er bewohnt familienweiſe die großen Grasflächen im Inneren Neuhollands: wo die Koloniſten ihn, gleich den Känguruhs, mit Windhunden ja— gen, welche aber die alten Emeu's nur mit Mühe einzuholen vermögen, daher ge— wöhnlich bloß junge fangen. Aehnlich gefärbt, nur im männlichen Geſchlechte mit einem ſchwarzen Streife vom Nacken auf die Bruſt, aber noch größer, mit kürzerem, breiterem, weicherem, ſtellenweiſe ſchon wolligem Gefieder, ſind die beiden, einander ſehr ähnlichen, ſüd— amerikaniſchen Strauße, gewöhnlich Nandu's oder Churi's, fälſchlich jedoch auch wohl Emu’s oder Emeu's genannt. (Rhea.) Sie verbinden mit dem ungeſchwänz— ten Hintertheile der Kaſuare die nackten Unterſchenkel des afrikaniſchen Straußes. Ihr Kopf iſt faſt eben ſo klein; der ziemlich kurze, ſtumpfe Schnabel mit den gewölb— ten Kieferrändern faſt eben ſo glatt; Hals und Beine faſt eben ſo lang. Die Flü— gel erſcheinen ſtatt der Schwingen mit ähnlichen, wolligen, wallenden Federn be— ſetzt, wie beim afrikaniſchen, und dienen ihnen, halb ausgeſtreckt, beim Laufen ebenſo nicht bloß zur Erhaltung des Gleichgewichts, ſondern auch zur Beſchleunigung der Fortbewegung: indem ſie damit Luft fangen, ſie alſo gleichſam als Ruder benutzen. Doch werden ihre Federn, als zu kurz und unſcheinbar von Farbe, nicht zum Schmucke gebraucht, ſondern bloß zur Verfertigung von Fliegenwedeln und feinen Staubbeſen benutzt. Obwohl gewöhnlich auf trockenen Steppen lebend, wo ſie na— mentlich im nördlichen Paraguai und im ſüdlichen Braſilien ſehr zahlreich find, vermögen die Nandu's doch nicht bloß wadend, ſondern auch ſchwimmend, über Flüße zu ſetzen. Ihre Sitten gleichen, mit Einſchluß der Polygamie und der Ge— wohnheit ihrer Weibchen, in Ein Neſt zu legen, ganz jenen [§ 181: des wahren, afrikaniſchen Straußes. (Struthio camälus.) Dieſer iſt der einzige Vogel mit nicht mehr als zwei Zehen, deren äußere nur halb ſo lang, wie die innere, (mittlere,) und ohne Nagel iſt. Er beſitzt oberwärts nicht bloß ein noch weicheres und wolligeres, aber kurzes Gefieder; ſondern er trägt auch an der Stelle des Schwanzes eine Reihe ſolcher mäßig langer, wallender Federn, wie die an ſeinen Flügeln, welche den bekannten, herrlichen Schmuck liefern. Beide, (die übrigens wohl als wirkliche, nur den beſonderen Vechältniſſen des Vogels gemäß umgeſtaltete Schwanz- und Schwungfedern zu betrachten ſind,) ſehen, ſammt dem Oberhalſe, bei den Männchen ſchneeweiß aus.“) Alles übrige Gefieder iſt von ſammetſchwarzer Farbe und ſammetfarbigem Anſehen. Die Weibchen erſcheinen überall graubraun. Bei beiden Geſchlechtern ſind die ganzen Schenkel, ſo wie der größte Theil der Leibesſeiten und ein großer Theil der Bruſt auf ihrer Mitte, völ— lig nackt; Oberhals und Kopf aber nur dünn mit ſtarken Federborſten beſetzt; die Augenlider mit faſt ſtechenden Wimpern. Der Kopf iſt kaum dicker, als der dünnſte Theil des ſehr langen, unten ziemlich ſtarken Halſes, und verhältnißmäßig kleiner, als bei irgend einem anderen Vogel. Denn er erſcheint wenig größer, als der eines Schwanes: obgleich ein männlicher Strauß mit demſelben ſo hoch iſt, wie ein Reiter auf einem Pferde von mäßiger Größe. Sonſt bewohnte dieſer Rieſe der Vogelwelt nicht bloß die Wüſten des geſammten Afrika's, während er jetzt in einem großen Theile des nördlichen ſehr wenig vorkömmt; ſondern nicht minder ) Sie konnen daher beliebig gefärbt werden. 454 Vogel; ite Ordn.: Wader; auch die Hochebenen von Arabien und Perſien. Hier ſcheint er jetzt eben fo fel- ten, wie er im ſüdlichen Afrika häufig iſt. Den größten Theil des Jahres hin⸗ durch ziehen die Individuen aus einer Gegend ſich in große Heerden zuſamm welche nicht ſelten mit den Heerden größerer, pflanzenfreſſender Säugethiere, na mentlich der Zebra's und Quacha's, herumſchweifen. Zur Heckezeit ſondern ſich die Männchen, jedes mit 2—4 oder 5 Weibchen, von einander ab. Alle fo mit ei— nem Männchen vereinigte Hennen zeigen hier, und bei den amerikaniſchen Straußen, auch dann noch eine fe eigenthümliche Verträglichkeit, Eintracht und Sorgfalt un- ter und für einander, wie ſonſt nirgends. Sie legen z. B. ihre gelblichen Eier, die äußerſt hartſchalig und nach Verhältniß klein, aber doch fo groß wie ein Kinder- kopf ſind, gemeinſchaftlich in eine große, flache Grube im Sande, bebrüten dieſelben abwechſelnd, und führen dann ihre Jungen gemeinſchaftlich unter einander. So be— halten ſie auch während des Brütens Zeit genug, ihre Nahrung, deren ſie bei ih— rer Größe ſo viel bedürfen, in einem weiten Umkreiſe aufzuſuchen. Da jedes 6—8 Eier legt, ſo beträgt die Geſammtzahl von allen in Einem Neſte meiſt gegen 20, nicht ſelten noch darüber. Daher die irrige, obwohl bei der früheren Unbekanntheit jenes Verhältniſſes erklärliche Meinung: daß Ein Straußenweibchen 30 — 40 Eier legen ſollte! Ehedem behauptete man allgemein: dieſe Vögel brüteten bloß des Nachts; bei Tage überließen fie die Eier der Sonne. Bei den, mehrſeitig beobach⸗ teten, ſüdafrikaniſchen iſt dieß jedoch ganz entſchieden nie der Fall, ſobald überhaupt die volle Anzahl der Eier gelegt iſt, das wirkliche Brüten alſo begonnen hat. Wahrſcheinlich gilt es auch nicht, wie Manche noch glauben, bei denen im tropi⸗ ſchen Afrika. Denn erſtens würde in dieſem Falle die Sonne allein den Eiern jene regelmäßige Wärme nicht geben, wie die faſt aller Vögel ſolche wenigſtens den größten Theil des Tages und die Nacht hindurch bedürfen. Zweitens würden die— ſelben alsdann ja bei Tage ſchutzlos den Angriffen vieler Raubthiere ausgeſetzt ſein: während es erwieſen iſt, daß das brütende Weibchen nicht ſelten herangeſchlichene Schakale und ähnliche Räuber durch Schläge mit ſeinen Beinen theils lähmt, theils wirklich tödtet. Denn dieſe Raubthiere, ſtets lüſtern nach Eiern, ſuchen auch dem brütenden Strauße, beſonders des Nachts, nicht ſelten wenigſtens eines oder ein Paar derjenigen wegzuſtehlen, die, ohne mit bebrütet zu werden, neben dem Neſte lie- gen. Bei den meiſten Vögeln nämlich, beſonders bei ſolchen, welche viel Eier le— gen, pflegen ſehr häufig das erſte, oder das erſte und zweite, kein Junges zu ge— ben, (taub oder gelte zu ſein.) Die Straußenweibchen nun veranlaßt ein ſehr merk— würdiger Trieb, je 1—2 ihrer erſten Eier gar nicht in, ſondern neben die Neft- grube zu legen, wo ſie dieſelben unbebrütet liegen laſſen, bis aus den übrigen die Jungen ausgekrochen ſind: worauf ſie jene beſeitigten zertreten, um ſie den noch ſchwachen Kleinen als eine kräftige und doch zarte, ihren ſchwachen Verdauungs⸗ organen zuträgliche, erſte Nahrung vorzulegen. Während ein Weibchen legt oder brütet, halten ſich die übrigen mit dem Männchen gewöhnlich in ſo bedeutender Entfernung vom Neſtplatze, daß ſie denſelben ſo leicht nicht verrathen. Auch läuft dasjenige, welches die eben brütende Gefährtin ablöſen will, ſo vorſichtig auf den Ort zu, und wechſelt mit der brütenden ſo ungemein ſchnell den Platz, daß der Beobachter den geſchehenen Tauſch nur ſelten bemerkt. Zu demſelben Kunſtgriffe nehmen ſie ihre Zuflucht, wenn man während der Brutzeit auf ſie Jagd macht. Ein müde gejagtes Weibchen rennt alsdann, wie zufällig, auf das Neſt zu, um ſich raſch auf dieſes niederzulaſſen: während das ausgeruhte brütende ſich zu ſolchem Behufe ſofort eben ſo ſchnell erhebt und ſeitab fortläuft, und nun den Verfolger nach ſich zieht. Zur Jagd auf Strauße bedarf es, wenn man ſie nicht aus einem Hinterhalte bei Trinkplätzen, oder ſonſt, mit Kugeln erlegen kann, der beſten und bp) nicht-fliegende: ſtraußartige. 455 ausdauerndſten Pferde, um fie bei endlicher Ermüdung einzuholen. Doch gelingt auch dieß immer nur einer größeren Anzahl von Jägern, die ſich zum Voraus über einen größeren Raum vertheilen, um den Straußen da und dort zuvorzukommen, oder hinter einzelnen Büſchen und Felsſtücken auflauern, um den gejagten den Weg abzuſchneiden, und ſie gegenſeitig einander zuzutreiben. Denn ſie ſind eben ſo ſcheu und vorſichtig, als ſchnellfüßig. Eine lächerliche Fabel bleibt es, daß ſie ſich, in die Enge getrieben, überhaupt ſchon für verborgen und gerettet halten ſoll— ten, wenn ſie nur ihren Kopf verſteckt haben, ihren Verfolger alſo ſelbſt nicht ſehen! Wenn ſie, wie es heißt, auf der Flucht ihren Verfolgern zuweilen Steine mit den Füßen entgegenſchleudern, ſo iſt dieß wohl nur als zufällige Folge des angeſtreng— ten Laufens zu betrachten. Jung eingefangene ſind leicht zu zähmen. Sie wür— den dann, völlig erwachſen, ohne Zweifel Kräfte genug haben, einen Menſchen auf ihrem Rücken zu tragen und zum Reiten zu dienen: wenn es ein Mittel gäbe, ſie mit einiger Sicherheit zu lenken. Ohne dieſes aber würden ſie nach einiger Zeit, wenn ſie die Luſt anwandelte, auch wider den Willen des Reiters an den gewohn— ten Ort zurückkehren: wie dieß überhaupt, ſelbſt bei der Jagd mit Hunden ꝛc., faſt alle Thiere, namentlich die größeren, zu thun pflegen. Daß gefangen gehaltene zuweilen Stücke Porzellan, Eiſen oder anderes Metall verſchlingen, hat ſeinen Grund nicht in einer vermeinten Dummheit, ſondern in dem häufigen Mangel von Kies und kleinen Steinchen, deren ſie, als meiſt pflanzenfreſſende Vögel, zur Verdauung bedürfen. Möglich, daß ſie dann zuweilen ſtatt dieſer auch Holz- oder Steinkohlen wählen; vor glühenden aber werden ſie ſich wohl hüten! Sie haben deutlicher, als ihre Verwandten, vor allen Vögeln eine bedeutende Erweiterung des Darmes voraus, welche förmlich als Harnblaſe dient; dabei lange Blinddärme und nicht bloß einen eben ſo ungeheueren Kopf, wie ihre Verwandten: ſondern auch zwiſchen ihm und dem Vormagen noch einen ziemlich anſehnlichen zweiten Magen. Dem— nach würde, da man den Kropf als erſten Magen betrachten muß, die Sonderung des ganzen Magens in vier Abtheilungen hier deutlicher und beſtimmter ſein, als bei irgend ſonſt einem Vogel. [sg 182. T Verſteinerte Ueberreſte von Weſen aus dieſer Klaſſe find, wie ſchon früher er⸗ wähnt, “) im Ganzen fehr ſelten. Dagegen erſcheinen manche Sandſteinlager weit im Innern von Nordamerika außerordentlich reich an ganz ähnlichen Schichten mit Fußtapfen verſchiedener, jetzt unbekannter Vögel, wie einige Sandſteinbrüche bei Hildburgshauſen und in England an Fußtapfen vorweltlicher Beutelthiere. Jene Lager ſind einer Seits ſo reich daran, und anderer Seits ſo bedeutend, (mächtig,) daß in mehreren dortigen Städten die meiſten der zu Trottoirs für die Straßen verbrauchten Platten mehr oder weniger ſolche Fußſpuren, theils vertieft, (urſprüng— liche Tapfen,) theils erhaben, (aus den wirklichen Fußtapfen abgedrückt,) enthalten. Bei Weitem die Mehrzahl, wo nicht alle, rühren von jetzt unbekannten und wohl _ längft ausgeſtorbenen Vögeln, wie es ſcheint, von ſolchen aus der Ordnung der Wa— der, her. Sehr viele verdanken ihr Entſtehen ſogar offenbar ſolchen Arten, die ver⸗ möge ihrer ſehr eigenthümlichen Fußbildung nicht bloß zu keiner jetzt lebenden Gat— tung oder Familie paſſen würden, ſondern ſogar überhaupt von allem Dem abwei— chen, was man jetzt an Vögeln kennt. Namentlich zeigen manche neben der Hinterzehe die Spuren (Eindrücke) ſeltſa— mer Anhängſel, die wahrſcheinlich nahe über derſelben an der Rückſeite des Fußblat— tes geſeſſen haben, über deren Weſen und Bedeutung aber gegenwärtig kaum eine Muthmaßung möglich ſcheint. Die meiften haben eine, für Wader mäßige Größe. Viele, namentlich die ab— weichendſten, rühren auch von kleinen oder ziemlich kleinen, andere, minder ſeltſame dagegen von rieſenhaft großen Thieren her. Ja, manche jener Tritte, deren geſammte Verhältniſſe keineswegs zu dem Glauben veranlaſſen können, daß ſie etwa von Vö— geln mit übermäßig entwickelten Zehen (wie Spornflügel oder Wehrvögel) gemacht *) S. die Beſchreibung des Dronten, S. 376. 456 Vögel; ste Ordn.: Schwimmvoͤgel; ſein mochten, zeigen wahrhaft ungeheuere Maaße: fo daß, wenn man nach den Ber: hältniſſen der am ähnlichſten ſcheinenden Gattungen unſerer Zeit auf die ihrigen ſchließen darf, die Urheber jener Spuren zum Theile die doppelte Größe des afrifa- niſchen Straußes, oder die Höhe der Giraffe, nämlich 16— 18“, gehabt haben muͤß⸗ ten. Denn die Mittelzehe hat, mit Einſchluß ihres Nagels, bei manchen nicht we niger als 17“ engl. gemeſſen. Ste Ordnung: Schwim mvögel. [s 183. Sie haben ein vorzugsweiſe dichtes, ſtark mit warmen Dunen vermiſch⸗ tes, ſehr fettiges Gefieder, von welchem das Waſſer ſtets abläuft, und ſämmt⸗ lich mehr oder minder kurze, meiſt ſtarke Beine mit Schwimmhäuten zwiſchen den Zehen. Ihre Fertigkeit im Schwimmen ſteht jederzeit im um⸗ gekehrten Verhältniſſe zu der Ausbildung ihres Vermögens, zu gehen und zu fliegen. Die mit langen Flügeln namentlich ruhen gewöhnlich am Lande, außer, wenn ſie ſich allzu weit aufs Meer hinaus begeben haben. Merk— würdig und anſcheinend ſeltſam bleibt in ſolchem Falle bei allen die Fähig— keit, ſich, auch wenn ſie noch ſo ruhig und feſt auf dem Waſſer ſchlafen, durch ſchwaches Rudern mit den Füßen genau auf derſelben Stelle zu halten: ſo daß kein Wellenſchlag ſie wider ihren Willen nach dem Ufer bringt, oder ſie ſonſt auch nur um eine halbe Elle weiter führt, während ein todter ſehr bald dem Ufer zutreibt. Alle Schwimmvögel beſitzen, wiewohl in ſehr verſchiedenen Gra— den, das Vermögen, ſich ins Waſſer zu tauchen. Die einen fahren nur theilweiſe und für einen Augenblick, im Fluge unter: indem ſie ſich mit einem Stoße in ſchiefer Richtung aus der Luft ſo weit ins Waſſer herablaſſen, als Kopf und Hals reichen, um hoch ſchwimmende Fiſche oder andere Waſſerthiere zu erlangen, mit welchen fie dann fortfliegen, ohne ſich auf das Waſter niedergelaſſen zu haben. Man nennt fie ſehr paf- ſend Stoßtaucher. Ihr großes Gefieder, und beſonders die großen Flug— werkzeuge, machen den Körper im Verhältniße zu ſeinem Umfange zu leicht, als daß ſie im Stande ſein ſollten, ſich ganz und gar unter das Waſſer zu zwaͤngen. Andere tauchen zwar gleichfalls nur mit dem Kopfe und Halſe, aber ſchwimmend, von der Oberfläche ſeichter Waſſer aus, hinunter, um mit dem Schnabel auf dem Grunde nach Nahrung umherzufühlen. Man nennt dieß gewöhnlich Gründeln, oder Grundeln; auch wohl Tauchen durch den Sturz, weil die meiſten fo tauchenden Vögel dabei oft den Körper ſenkrecht in die Höhe richten, ſich alſo auf den Kopf umſtürzen. In dieſem Falle aue ſich durch ſanftes Schlenkern mit den Füßen im Gleichgewichte zu erhalten. Tauchen im vollen, eigentlichen Sinne des Wortes und vollſtändi— ges, wahres Tauchvermögen, oder Tauchen ſchlechtweg, nennt man es, wenn Schwimmvögel mit kurzem, knappem Gefieder ſich von der Oberfläche des Waſſers aus ganz in daſſelbe verſenken, um ſich nach einiger Zeit, ge— wöhnlich an einer anderen Stelle, wieder zu erheben. Nur bei ſehr wenigen erfolgt dieſes Untertauchen gleichſam mit einem kleinen Sprunge, als Vor— a) langflügelige: mit Ruderfüßen. 457 bereitung dazu. Mit der Fähigkeit zu gründeln iſt faſt immer auch das ei— gentliche, vollſtändige Tauchvermögen verbunden. Letzteres wird von den Voögeln verſchiedentlich in Anwendung gebracht: theils beim Spielen und Baden; theils zum Erlangen ihrer Nahrung; theils in Gefahr, beſonders wenn ſie des Vermögens zu fliegen beraubt find. In letzterem Falle ſchwim— men ſie dann bei anhaltender Verfolgung große Strecken weit und lange Zeit hindurch ſo tief, daß ſie ſelbſt beim Auftauchen zum Athmen bloß den Schnabel bis zu den Naſenlöchern herausſtecken. Die Jungen kommen bei allen Schwimmvögeln mit dichter Wolle bedeckt aus dem Eie. Dieſe Bekleidung zieht aber bei den meiſten leicht Waſſer; ſolche können daher nicht eher ſchwimmen oder gar tauchen, als bis ſie ihr Federkleid angelegt haben. Für die Bewohner aller nördlichen Ufergegenden und Inſeln, ja auch ſchon für die einiger gemäßigten Erdſtriche, ſind ganz beſonders die Schwimm— vögel ungemein nützlich. Manche von ihnen, (wie die Tölpel, Scharben, die meiſten Meerſchwalben, einige Möven, manche Sturmvögel, die Lummen, Alken u. ſ. w.,) bedecken dort beim Brüten im vollen Sinne des Wortes, und häufig in bunteſter Reihe unter einander, viele hohe Strandklippen oder Scheerenfelſen nebſt manchen flachen Uferſtellen: ſo, daß häufig in einem kleinen Umkreiſe, aber zum Theile mit großer Mühe und Lebensgefahr, Mil lionen Eier und Junge geſammelt und als Speiſe, beſonders für den Win- ter, benutzt und aufbewahrt werden. Die kleine Inſel Eierland in Holland führt ihren Namen von dem Ertrage, welchen die Millionen dort niſtender Waſſervögel, beſonders Schwimmvögel, im Frühlinge eine Zeit lang liefern: indem man ihnen die Eier zwei- bis dreimal (aber nie alle zugleich!) nimmt und ihnen gewöhnlich nur die letzten zum Ausbrüten überläßt. Letzteres muß jedoch überall geſchehen, wenn ſie auch das nächſte Jahr wieder ihren Wohnſitz da aufſchlagen ſollen. Man theilt die Schwimmvögel hauptſächlich nach der Länge ihrer Flügel in zwei oder mehrere Gruppen. [s 184. Ite Unterordn.: Langflügelige Schwimmer. So kann man alle diejenigen nennen, bei welchen entweder die bedeutende Länge der Schwingen allein, oder die Länge der Armknochen, oder auch beider zugleich, eine ſo bedeutende Ausdehnung der Flugorgane ins Geſammt be— wirken, daß hierdurch das Mittel zu einem leichten und meiſt anhaltenden Fluge gegeben iſt. Dieſer kommt mehr oder weniger allen Gattungen zu, die wir hierher ziehen werden. Dafür hindern theils der Umfang des Flug— apparates, theils jener des Gefieders, meiſt das eigentliche Tauchen, welches deßhalb nur einigen wenigen Gattungen möglich wird. Keine taucht durch den Sturz. Als f Ite Zunft, und als die vollendetſten, raubvogelähnlichſten von allen, ſtehen die pelikanartigen Vögel oder die Ruderfüßer da. Sie haben einen langen Schnabel; eine große, tiefſtehende, meiſt überall auf dem Bo— 458 Dögel; Ste Ordn.: Schwimm vögel; den ruhende Hinterzehez und eine Schwimmhaut, welche alle vier Zehen verbindet, (fo genannte Ruderfüße.) So werden ſie fähig, mit Si⸗ cherheit auf Bäumen, Felſen oder ſonſtigen Erhabenheiten zu ſitzen. Alle haben vorzugsweiſe lange Ober- und Vorderarmknochen. Dieſe geben ihren Flugwerkzeugen ſtets, wenigſtens beim Entfalten derſelben, eine große Aus- dehnung, und laſſen ſelbſt bei den wirklich tauchenden noch einen guten Flug zu. Sie nähren ſich bloß von Fiſchen, haben faft alle zum leichten Feſt— halten und Tödten derſelben lange Schnäbel mit ſehr ſcharfen Kieferſchnei— den, und find erſtaunlich gefräßig. Den Raubvögeln nähern fie ſich u. A. auch durch ihre Art, zu niſten. Denn ſie bauen ſämmtlich flache Neſter; und ihren Jungen, die in ähnlichem Zuſtande aus dem Cie ſchlüpfen, wie jene der Raubvögel, tragen ſie fo lange, bis fie völlig erwachſen find, Futter in ihrem Kehl- oder Schnabelſacke zu. Erſterer beſteht in einer bloßen Er- weiterung der Kehlhaut, die immer durch einen oder mehrere kahle, federloſe Streifen bezeichnet iſt, (an welchen eben die Ausdehnung ſelbſt erfolgt,) die aber ſonſt im ungefüllten Zuſtande gewöhnlich nicht bemerkbar wird. Die drei erſten Gattungen könnte man wieder vorzugsweiſe lang- oder ſpitzflügelige Nuderfüßer nennen. Sie find Stoßtaucher und Schnell- flieger, dabei ausſchließlich Meervögel, und vermehren ſich ſehr ſparſam. Denn ſie legen höchſtens zwei Eier, oder gar nur Eines. Die Fregattvögel (Tachypetes) erſcheinen als ſeltſame, unverkennbare Mitteldinge zwiſchen Raub- und Schwimmvögeln; ja, fie zeigen faſt mehr Aehn⸗ lichkeit mit den Milanen und Geieradlern, als mit den Scharben und eigentlichen Pelikanen. Sie haben einen ſehr langen Schnabel mit hakenförmiger Spitze; ei— nen ſchmalen, kleinen Körper und langen Hals; einen ſehr großen, tief geſpaltenen Gabelſchwanz und ſo ungeheuer lange, ſpitze Flügel, aber auch ſo kleine Füße, wie kaum irgend ein anderer Vogel. Sie find daher, wunderlicher Weiſe, Schwimm— vögel ohne die Fähigkeit zu ſchwimmen! Die Kleinheit ihrer Schwimmhäute, die raubvogelartige Befiederung ihrer Beine mit ſehr langen Hofenfedern, und die aus ßerordentliche Ausdehnung ihrer Flugwerkzeuge, machen ſie nämlich unfähig, ſich auf das Waſſer, oder auch nur auf den flachen Boden niederzulaſſen, um da zu ſchwimmen oder zu gehen. Sie ruhen daher entweder auf Felſen; oder ſie fliegen mit unbeſchreiblicher Leichtigkeit Tage lang, und ſchwärmen dann ſo weit über dem Meere umher, daß man ſie außer der Brütezeit wohl über 100 deutſche Meilen weit vom Lande angetroffen hat. Auch während derſelben bewohnen ſie meiſt nur die entlegenſten Felſeninſeln tief in den Meeren heißer Gegenden. Sie ſtürzen ſich dort mit reiſſender Schnelligkeit auf die ſo genannten fliegenden Fiſche, welche ſich, von Raubfiſchen verfolgt, gewöhnlich ſchaarenweiſe in die Luft erheben und die Hauptnahrung der Fregattvögel ausmachen. Deßhalb erinnert uns der Name der letzteren mit Recht an die ſchnellſten und leichteſten Segler unter den größeren Schiffen des Meeres. Eine Art (J. aqullus) iſt ganz braun ſchwarz; die zweite (T. leucocephälus) ſchwarzbraun mit weißem Kopfe und Halſe, wie der nordamerikaniſche Seeadler. Die Tölpel oder Soolandgänſe, (Dyspörus, s. Sula!) mit ſpitzem, geradem Schnabel und keilförmigem Schwanze, haben ſchon lange nicht ſo gewaltige Flügel mehr, aber weit größere Füße; auch finden ſie ſich gerade in manchen heißen Ge— genden wenig oder gar nicht. Ihren gewöhnlichen deutſchen Namen haben ſie von a) Tangflügelige: mit Ruderfuͤßen. 459 der ſorg- und gefühllofen Einfalt bekommen, mit welcher die europäiſche Art, (die fo genannte Baſſansgans, D. sula, ) ſich zur Brütezeit nicht bloß ihr Ei, welches ungemein klein iſt, oder ihr ſehr fettes Junges rauben, ſondern auch ſich ſelbſt von den Felſen wegnehmen läßt. Sie niſtet beſonders auf der Felſeninſel Baß, am Ein— gange des Hafens von Edinburg, in ungeheuerer Menge, und iſt weiß mit ſchwar— zen Vorderſchwingen; in der Jugend graubraun. Andere, in wärmeren Gegenden, ſehen ſtets ſchön braun aus mit weißem Bauche. Die merklich kleineren Tropikvögel (Phaöthon) find theils ihnen, theils den großen Arten von Meerſchwalben ähnlich; ſie zeichnen ſich aber ſehr auffallend durch zwei ungemein lange, ſchmale Mittelfedern im Schwanze aus, die noch dazu bei der einen Art (Ph. phoenicürus) ſammt dem Schnabel blutroth gefärbt ſind. Dieſe hat bei weißer Hauptfarbe einen ſchwarz in die Quere geſtreiften Rücken; die andere (Ph. ætherèus) einen ſchwarzen Sattelfleck auf demſelben. Sie be— wohnen nur die tropiſchen (innerhalb oder in der Nähe der Wendekreiſe liegenden) Meere. Daher ihr Name. [$ 185. Die noch übrigen, wirklich tauchenden pelikanartigen Vögel haben bei gleichfalls langen Oberarmknochen meiſt viel kürzere Schwin— gen und daher ſtumpfere Flügel. Sie legen 3—4 Eier, und find wahre Taucher, die vortrefflich ſchwimmen, aber ſchon wegen ihres ſchwerfälli— geren Körpers mit viel knapper anſchließendem Gefieder weniger und ſchwer— fälliger fliegen. Die meiſten bewohnen nur ſüße Gewäſſer. Bloß Eine Gattung unter denen mit ſchmalen Schnäbeln und ohne Schnabelſack, welche bei Weitem die Mehrzahl ausmachen, — nämlich die Scharben, (Halieus, Carbo! !) die von ihrer dunklen Farbe auch See— raben und Cormorane “) heißen und alle Gegenden der Erde bewohnen, ziehen meiſt noch die Seeküſten vor: wo ſie alsdann hoch auf den Abſätzen ſchroffer Klip— pen und Scheerenfelſen brüten. Selten nur ſiedeln Geſellſchaften, z. B. von der gemeinen Scharbe oder dem ſo genannten ſchwarzen Pelikane, (Hal. carbo,) ſich an der Mündung großer Flüße und an Seen oder großen Teichen mit ſüßem Waſſer an: wo ſie dann ihre Neſter auf Bäume bauen, (die häufig von ihrem dünnflüßigen, ſcharfen Unrathe allmählig verdorren,) nicht ſelten aber auch die Horfte von Reihern einnehmen und ſtets, gleich letzteren, an der Fiſcherei ſehr em— pfindlichen Schaden thun. Ruhend, ſitzen ſie alle häufig mit fächelnden Flügeln da, faſt in der Stellung von Wappenadlern. Ihr Benehmen iſt gewöhnlich ſehr ſcheu und klug. In China richtet man viele zum Fiſchfange ab, und legt ihnen dabei, ſo lange ſie nur Fiſche für ihren Herrn fangen ſollen, alſo keinen davon verſchlin— gen dürfen, einen nicht zu engen Ring, oder ein locker geknüpftes Band um den Hals. Der Nagel ihrer Mittelzehe beſitzt, zum beſſeren Anhalten auf Baumäſten, an ſeiner Innenſeite einen vorſtehenden und kammförmig gezähnelten Rand, wie bei den Nachtreihern. Ihr Schnabel wird am Ende hakenförmig, ähnlich dem der Fregattvögel. Sehr ſpitzig und dünn iſt derſelbe dagegen bei den Anhinga's oder Schlan— genhalsvögeln, (Plotus,) in den heißen und wärmeren Gegenden der alten und neuen Welt. Ihr ſonderbarer, erſtaunlich langer und wunderſam beweglicher, ganz kurz- und wollig-befiederter Hals mit dem ungemein kleinen Kopfe nimmt beim Sitzen auf dem Waſſer oder auf Bäumen, zumal wenn ſie ſich hier aufrichten oder ihr Gefieder putzen, ſich faſt ſo aus, wie eine zitternde oder ſich ringelnde Schlange an einem ſchönen, langgeſtreckten Vogelkörper. Das übrige Gefieder zeigt *) Cormoran bedeutet fo viel als eorbeau marin, woraus es entſtanden iſt. 460 Voͤgel; ste Ordn.: Schwimm vogel; eine ſehr merkwürdige, fiſchbeinähnliche Härte und Feſtigkeit, und hat quere Ver⸗ tiefungen, als ob es mit heißen Drähten gepreßt (gerieft) wäre. Der recht anſehn— liche Schwanz iſt ſtark abgerundet, wie jener der Scharben, aber länger. — Eine andere Gattung, die Saumfüße, (Podoa,) die weit kleiner find und ſich bloß im wärmſten Theile von Amerika finden, ſtehen in mehreren Punkten gleichſam mitteninne zwiſchen den Anhinga's und den Waſſerhühnern. Denn ihre Zehen, deren hintere etwas höher ſteht, haben lappenförmig zerſchnittene Schwimm— häute. Dieſe ſind bei der kleineren Art (P. minor) weißlich, mit ſchönen, brei— ten, ſchwarzen Querbinden. [s 186. Der Rang einer beſonderen Familie gebührt, wie es ſcheint, ihrer ſehr hervorſtechenden Eigenthümlichkeiten wegen, der bekannteſten und größten Gat- tung aller pelikanartigen Vögel, die nur in wärmeren und heißen Gegenden lebt, und deren Arten ſich durch einen ſehr langen, aber auch ſehr brei— ten, flachgedrückten Schnabel auszeichnen, mit welchem ſie zuweilen klappern, wie die Störche und Löffelreiher, mit welchen letzteren ſie auch, G im Schnabelbaue, wie überhaupt, manches Aehnliche haben. 8 find die kurzgeſchwänzten eigentlichen Pelikane oder Kropfgänſe. (Pelecänus.) Ein ſchmaler und ſpitziger, krummer Haken am Ende des Schnabels dient ihnen zum Tödten der Fiſche. Am Unterkiefer, deſſen Aeſte nur dünn ſind und bis faſt ganz vornhin getrennt erſcheinen, daher ſehr biegſam ſind, um die Beute, wenn der Vogel will, ſchnell nach unten zu durchfallen zu laſſen, — hängt ein großer, faltiger und ſehr dehnbarer, zwar dünner, aber feſter Hautſack.“) Er dient zum Aufbewahren und Forttragen der Fiſche zu ihren Jungen.“) Letztere langen ſich dann, indem der Alte den Schnabel weit aufſperrt, gewöhnlich die blutigen Fiſche bald ſelbſt aus ſeinem, tief auf die Bruſt zurückgelegten Beutel heraus. (Da man dieſen ehedem, ſeines inwendig blutigen Anſehens wegen, von fern für die geöffnete Bruſt des Alten ſelbſt hielt, ſo glaubte man: die Pelikane fütterten, we— nigſtens zuletzt, ihre Jungen mit ihrem eigenen Fleiſche und Blute, opferten alſo ihr Leben für dieſelben auf, und könnten demnach überhaupt bloß Einmal in ihrem Leben brüten. Deßhalb wählte man, zu Anfang unſerer gegewärtigen Zeitrechnung, den Pelikan zum Sinnbilde der chriſtlichen Kirche. Die Pelikane der alten Welt ſehen nach ihrem dritten Jahre faſt roſenfarbig aus; in der Jugend dagegen fahl oder aſchgrau. Der gemeine (P. onocrotälus) und der krausköpfige (P. erispus), faſt die größten und plumpſten Vögel der ganzen Ordnung, verirren ſich bisweilen nach Deutſchland. Die Arten des wärmeren Nordamerika tragen ein anders gefärbtes Kleid. In Südamerika ſcheint es keine zu geben. Is 187. 2te Zunft. Die möven- und meerſchwalbenartigen Schwimmvögel und die Sturmvögel ſind langflügelige Schwimmer ohne Ruderfüße, d. h. „) Den auffallendſten Beweis von der Dehnbarkeit des letzteren und von der Bieg— ſamkeit der erſteren liefern die Thierwärter in Menagerien: indem fie ſich unter den Schna⸗ bel der Pelikane ſtellen, ihnen die Kieferäſte weit aus einander ziehen und ſich jo den Schna— belſack wie eine Mütze über den Kopf ſtülpen. %) Gewiß aber nicht, um dieſen auch Waſſer zu bringen! — Denn Letzteres be⸗ dürfen dieſelben höchſt wahrſcheinlich eben fo wenig, wie die jungen Reiher, Fiſchadler und andere Raubvögel: da ſchon ihre Speiſe Flüßigkeit genug enthält, um fie des Trinkens zu überheben. Für doppelt, wo nicht dreifach albern und grundlos muß man daher die alte Sage halten: daß die Pelikane, wenn fie tief in Sandwüſten, weit vom Waſſer eutfernt brüteten, (was fie ebenfalls nicht thun!) mit dem Ueberreſte des, ihren Jungen zugetrage— nen Waſſers gar bisweilen noch einen Löwen tränken ſollten!! — a) langflügelige: mit gewöhnlichen Schwimmfüßen. 461 mit gewöhnlichen Schwimmfüßen. Denn ſie haben nur eine kleine, hochſtehende und nie mit Schwimmhaut verſehene, ja manche gar keine Hinterzehe. Alle ſind Stoßtaucher. Man verſteht ſie gewöhnlich vorzugsweiſe oder ausſchließlich, und zwar nicht unpaſſend, unter dem Namen der langſchwingigen Schwimmvögel. Denn bei allen rührt die anſehn— liche Länge der Flugwerkzeuge mehr von der Länge der vorderſten Schwingen her, als von jener der Oberarmknochen, die nur mäßig groß ſind. Die Möven und Meerſchwalben haben beide glatte Naſenlö— cher, und ſind theils Seevögel, theils Bewohner ſüßer Gewäſſer; die Sturm— vögel machen ſich durch röhrenförmig erhabene Naſenlöcher kenntlich, und leben lediglich an Meeren. Alle größere Möven und Meerſchwalben nähren ſich von Fiſchen; die kleineren von Inſekten oder anderen kleinen Waſſerthieren und von Fiſchbrut. Sie ſind gleichſam Mitteldinge zwiſchen Raubvögeln und krähenartigen, die nur für das Waſſer und deſſen Ufer geſchaffen er⸗ ſcheinen. Die meiſten von ihnen verändern die Farbe ſchon nach der Jah— reszeit, noch mehr jedoch alle nach dem Alter. Alle ſind gefleckt bis zum zweiten oder dritten Jahre; doch keiner länger. Sie brüten Reis mehr oder minder geſellig, um ſo ihre gemeinſchaftliche Niederlaſſung deſto ſicherer be— wachen, gemeinſchaftlich vertheidigen und Raubthiere aller Art durch gemein— ſchaftliche Angriffe, welche bald ſelbſt die muthigſten Jagdhunde zurückſchrek— ken, vertreiben zu können. Neſter bauen nur die meiſten größeren; die Mehrzahl überhaupt brütet in bloßen Sandgrübchen. Bei allen laufen, da— fern es die Oertlichkeit nur erlaubt, die, bloß mit mäßig langer, aber recht dichter Wolle bekleideten Jungen ſchon frühzeitig mehr oder weniger in der Neſtgegend umher: wo ſie ſich dann bei Gefahren bald verſtecken, bald an den Boden feſtdrücken. Die eigentlichen Möven (Larus) haben einen nicht langen, geraden Schwanz, einen ſtarken, ſcharfſchneidigen Schnabel mit etwas übergekrümmtem Ende des Oberkiefers und mit einem Vorſprunge vor dem Ende (Kinntheile) des unteren. Ihre Schwimmhäute ſind ſtets vollſtändig; doch ſchwimmen ſelbſt die am Meere lebenden Arten nicht oft. Faſt alle ſehen weiß aus mit ſchön lichtgrauem oder ſchwarzem Rücken und Hinterflügel, (Mantel.) Manche mit grauem Mantel be— kommen im Frühjahre einen dunklen Kopf. — Eine ſchwarzrückige Art, welche gewöhnlich vorzugsweiſe die Mantelmöve heißt, (L. marinus,) und eine weiß— graue, (L. glaucus,) die von den holländiſchen Fiſchern Bürgermeiſter genannt wird, kommen einer Gans an Größe nahe. Sie ſind, gleich anderen größeren, re— gelmäßig bloß Küſtenvögel. — Die weit kleinere Lachmöve, (L. ridibundus,) an unſeren Flüßen, im Frühlinge mit braunem Kopfe, führt ihren Namen von ihrer Stimme. — Sehr ähnlich, nur noch kleiner und mit ſchwarzem Kopfe, auch ſtets eine Bewohnerin des Strandes, iſt die Zwergmöve. (L. minütus.) — Die dreizehige Möve (I. tridactylus) hat an der Stelle der Hinterzehe einen bloßen Nagel. — Eine grönländiſche, die Elfenbein- oder Eis möve, (L. ebur- néus,) ſieht ganz weiß aus, und bewohnt im Sommer nur die unwirthbaren, hohen Eisberge des äußerſten Nordens. — Dagegen giebt es in Südamerika, zu— mal im weſtlichen, mehrere allenthalben dunkel gefärbte Arten. Eine kleine nordiſche Verwandte der Möven hat man Schwalbenmöve (Xemal) genannt, weil ihr etwas ausgeſchnittener Schwanz fie den Meerſchwalben nähert. Sonſt bleibt ſie aber ganz Möve. 1 462 Voͤgel; Ste Ordn.: Schwimmvögel; Die Raubmöven (Lestris) haben im Schwanze zwei ausgezeichnete Mit⸗ telfedern, welche bald nur etwas, bald ſehr ſtark verlängert ſind, und zeigen eine ſchön braune Farbe, zuweilen mit weißem Bauche. Als ſehr ſchlechte Stoßtaucher, aber ſehr gewandte Flieger, verlegen ſie ſich vor Allem auf Schmarotzerei, oder treiben vielmehr eine Art wahren Straßenraubes. Sie halten ſich nämlich beſtän— dig in der Nähe der fiſchenden eigentlichen Möven und der Meerſchwalben, und beeilen ſich, diejenige von beiden, welche etwas gefangen hat, zuerſt ſtill einzuholen, erſchrecken ſie dann aber ganz in der Nähe plötzlich durch ihr lautes Geſchrei, auch wohl durch Schnabelſtöße, ſo daß ſie vor Angſt ihre Beute fallen läßt. Dieſe wird nun von der Angreiferin mit reiſſender Schnelligkeit, gewöhnlich noch ehe ſie das Waſſer oder den Boden berührt, aufgefangen. Die größte Art, die Skua, (L. catarrhactes,) welche an Größe der Mantelmöve gleicht und ſich durch einen weißen Schwingenfleck kenntlich macht, ſtiehlt ſogar, nach Art der Raubvögel, den großen wahren Möven und anderen, mehr vereinzelt brütenden Seevögeln ihre kleinen Jungen und die Eier hinweg. Ihre eigenen vertheidigt ſie mit wahrer Wuth. Sie lebt, merkwürdig genug, zwar in den meiſten kälteren und manchen gemäßigten Gegenden beider Erdhalbkugeln, findet ſich aber nirgends zwiſcheninne in der wärmeren und heißen Zone. Bei den kleineren Arten, z. B. der vorzugs— weiſe ſo genannten Schmarotzer-Möve, (L. parasitica,) ragen die 2 Mittelfedern meiſt viel weiter aus dem Schwanze hervor, als dieſer ſelbſt lang iſt. — Freiwillig, und wenn nicht heftige Stürme fie landeinwärts verſchlagen, verlaſſen die Raub⸗ möven das Meer nie weit: da fie bloß am Ufer deſſelben ſtets Möven und Meer— ſchwalben genug finden, um ſich mit ihnen zu nähren. Sie brüten aber ſtets an ſüßen Gewäſſern in der Nähe des Strandes.“) [s 188. Die Meerſchwalben haben ſpitzige, wenig oder kaum gebogene Schnäbel, viel längere, ſpitzere Flügel, als die Möven, und gewöhn— lich ſehr lange, jenen der Schwalben ähnliche Gabelſchwänze. Dabei ſind die meiſten kleiner, von feinerer, zierlicher Geſtalt; am häufigſten oben der Hauptfarbe nach grau, unten weiß, gewöhnlich mit ſchwarzem Oberkopfe. An den kurzen Füßen haben manche von ihnen nur ſehr kurze Schwimm— häute. Eigentlich ſchwimmen ſieht man ſie aber nie: obwohl ſie nicht ſelten auf dem Waſſer ruhen. Sie fliegen faſt beſtändig umher, mit ſtark ſichel⸗ förmig gebogenen Flügeln, und halten dabei, um ſich deſto beſſer nach Beute umſehen zu können, Kopf und Schnabel ſenkrecht nach unten gekehrt. Ob— wohl geſellig, brüten ſie doch nie unter einander, ſondern jede Art für ſich, und noch viel weniger mit anderen Vögeln zuſammen. Eine größere Art, mit voller Schwimmhaut und langem, ſtarkem Schnabel, hat man Raubſeeſchwalbe (Sylochelidon) genannt: weil ſie, außer Fiſchen, oft fogar kleine junge Strandvögel ergreift. Sie iſt größer, als manche Möven, und heißt gewöhnlich ſehr unpaſſend die kaspiſche S., (Sterna caspia,) nach der Ge⸗ gend, wo ſie zuerſt genauer unterſucht wurde. Andere haben zwar auch volle Schwimmhäute, aber viel ſchwächere Schnäbel, und heißen bloß Seeſchwalben ſchlechtweg. (Sterna.) Einige davon ſind ſo vorzüglich geſellig, wie ſehr wenig andere Vögel. Die Lach- und beſonders die *) Somit paßt der, oft vorzugsweiſe der einen, kleineren Art beigelegte Name Strand⸗ möve auf alle gleich. Indeß iſt derſelbe ohne Zweifel nur (durch ein doppeltes Mißver⸗ ſtändniß!) aus dem holländiſchen Stront-meeuve oder Strontjager entſtanden, welches Koth⸗ möve und Kothjäger bedeutet: weil man anfänglich glaubte, Das, was die Raubmöven auf: ſchnappten, ſei der, den gejagten Möven und Meerſchwalben in der Angft entfallene Un: rath! — (holländiſch stront.) a) langflügelige: mit gewöhnlichen Schwimmfüͤßen. 463 Brand- (Brandungs-) Seeſchwalbe, (St. anglica und St. cantiäca,) welche gern im ſeichten, brauſenden Waſſer über Untiefen und verborgenen Felſenriffen fiſchen, wo ihnen kleine Fiſche leichter ſichtbar werden, bilden an manchen flachen, ſandigen Stellen unſerer Seeküſten zur Brütezeit alljährlich Kolonien von mehreren 100,000 Paaren. Ihre Maſſe erſcheint hier, plötzlich aufgeſtört, beim Erheben in die Luft wie eine weiße, meilenweit ſichtbare Wolke, welche dem Beobachter die Sonne verdunkelt. Man kann da keinen Schritt thun, ohne auf ihre Eier oder Neſtgrübchen zu treten; das tauſendfache Angſtgeſchrei der Vögel betäubt das Ge— hör; und man braucht, um eine Anzahl von ihnen im Fliegen zu tödten, nur mit Knitteln unter ſie zu werfen, oder mit Stangen zuzuſchlagen. Auf den Eiern ſitzen alle dieſe Tauſende ohne Ausnahme ſo, daß ſie das Geſicht gerade dem Meere zukehren. Die gemeine M. (St. hirundo) und die kleine (St. minüta) bilden geringzähligere Kolonieen an Flüßen. Manche, die mehr an Teichen, Landſeeen und auf Sümpfen oder Moräſten wohnen, haben ſehr kurze, unvollſtändige Schwimmhäute und gewöhnlich eine be— deutend dunklere Farbe: z. B. bei uns die fo genannte ſchwarze, oder vielmehr ſchwärzliche. (Sterna nigra s. fissipes.) Sie bauen ſich eine Art ſchlechten Ne— ſtes auf Binſenhügelchen, zum Theil auch auf ſchwimmendes, altes Rohrgeſtrüpp. Den größeren Meerſchwalben ähnlich, nur mit noch längeren, wahrhaft un— geheueren Flügeln verſehen, ſind zwei Vogelarten aus den heißen Gegenden von Südamerika und Mittelafrika bis ans rothe Meer, die man Verkehrtſchnäbel, Scheerenſchnäbel, oder Waſſerſcheerer nennt. (Rhynchopsälis; Rhynchops!!) Ihr langer Schnabel hat, gleich als ob er verkehrt angeſetzt wäre, einen viel län— geren Unter-, als Oberkiefer. Dabei iſt er bloß an der Wurzel (dem Rachen) etwas hohl und breit, ſonſt aber ſo hoch und ſo äußerſt ſchmal, daß man ihn ziemlich paſſend mit den beiden Blättern (Meſſern) einer dünnen Scheere vergleicht. Am Oberkiefer findet ſich nur eine ganz ſeichte Rinne zur Aufnahme des Unter— kiefers, in welche ſich dieſer faſt ſo hineinlegt, wie die Klinge eines Taſchenmeſſers in die Scheide deſſelben. Die Vögel eilen gewöhnlich in raſchem Fluge und mit geöffnetem Schnabel ſo niedrig über das Waſſer hin, daß ſie die Oberfläche deſſel— ben mit ihrem langen Unterkiefer durchſchneiden. So können ſie alsdann ihre Nahrung, die in verſchiedenartigen Waſſerthieren beſteht, durch bloßes Schließen des Schnabels wie mit einer Scheere faſſen und feſthalten. Sie ſollen ſich aber des langen Unterkiefers auch mit Leichtigkeit gleichſam ſtatt eines Keiles und Meſ— ſers zum Oeffnen kleinerer, zweiſchaaliger Muſcheln bedienen, um das in denſelben enthaltene Thier zu tödten und herauszulangen. Sie ſehen von oben dunkelbraun, unten weiß aus. Der Schnabel iſt röthlich. Noddi's (Aganäphron) nennt man einige wenige, als ſehr einfältig ver— ſchrieene Langſchwinger heißer Gegenden mit keilförmigen Schwänzen und brauner Farbe, die ſich dem Anſehen nach faſt genau ſo zu den gewöhnlichen Meerſchwalben verhalten, wie die Raubmöven zu den eigentlichen Möven. Vielleicht entſprechen ſie denſelben auch durch eine ähnliche, ſchmarotzeriſche Lebensweiſe, und erſetzen dann ihre Stelle in jenen Erdſtrichen. [s 189. Die Röhrennaſer haben ſämmtlich einen Schnabel mit hakenähnlich übergekrümmter Spitze, welchem man deutlicher, als dem irgend eines anderen Vogels, ſeine Zuſammenſetzung aus mehreren Stücken an— ſieht. *) Ihren gewöhnlichen Namen Sturmvögel führen fie davon, weil ) Aus ſolchen beſteht zwar eigentlich der Schnabel eines jeden Vogels; doch ſind die— 464 Vogel; ste Ordn.: Shwimmvögel; beſonders die kleineren von ihnen, als die bekannteſten, ſich den Schiffern vorzugsweiſe entweder bei ſtürmiſchem Wetter, oder vor dem Eintritte deſſelben zeigen: indem ſie dann ebenſo Schutz und Nahrung hinter den Schiffen, wie ſonſt hinter den Wogen des Meeres ſuchen. Letzteren, ſie mögen hoch auf— ſchlagen, oder ganz ſanft und niedrig gehen, folgen ganz beſonders dieſe Arten gewöhnlich in äußerſt niedrigem Fluge mit ſo wunderbarer Geſchick— lichkeit auf und ab, daß ſie fortwährend die kleinen, obenauf ſchwimmenden Weichthiere u. dergl. erlangen, ohne von den Wellen gefaßt und fortgeriſſen, oder auch nur benetzt zu werden. Dabei trippeln die kleineren zuweilen, um ein ſolches Gewürm ſicherer zu erfaſſen, ſchnell mit den Füßen gegen die Waſſerfläche, als ob ſie auf dieſer gehen wollten. Daher hat man ſie auch wohl „St. Peters Vögel“ oder „Petrelle“ (kleine Peter) genannt. Sie ſcheinen ſämmtlich bloß 1 Ei zu legen, niſten aber ſonſt auf verſchiedene Weiſe. Ihre langwolligen Jungen bleiben ruhig auf dem Brüteplatze, bis ſie flügge ſind. Der Tag- oder Eis-Sturmvogel (Procellaria glaciälis) im hohen Nor: den, wahrſcheinlich der einzige ſeiner Gattung, mit dickem, tief gefurchtem Schna— bel und zugerundetem Schwanze, fliegt lediglich bei Tage aus. Man ſieht ihn häufig in der reiſſendſten Strömung ſchwimmen und ſich baden. Seine Farbe iſt beinahe, wie bei einer Möve: weiß, mit hellgrauem Rücken. Er niſtet hin und wieder in faſt eben ſo ungeheuerer Menge, wie ſonſt manche Meerſchwalben, auf ſteilen Felſen, wo er ſich häufig nicht einmal durch Steinwürfe von feinem Eie vertreiben läßt, und frißt zur Brütezeit auch gern das, auf denſelben wachſende Löffelkraut.) Seine Jungen würgen bei Angriffen durch ſchnelles Erbrechen eine thranartige Flüßigkeit aus dem Magen herauf, welche ſie dem Feinde durch die Naſenlöcher, oft mehr als 1 Elle weit, entgegenſpritzen. Die eigentlichen, kleinen oder Nacht-Sturmvögel, (Thalassidroma,) mit minder dickem, ſeichter gefurchtem Schnabel, höheren Beinen, kurzen Zehen und geradem, oder ausgeſchnittenem Schwanze, halten ſich bei Tage gewöhnlich in Klüf— ten und Uferhöhlen verborgen, und fliegen am liebſten in der Dämmerung, oder bei trübem und ſtürmiſchem Wetter aus. Der gemeine St., (Proc. pelagica,) dunkelbraun mit weißem Steiße, iſt der kleinſte aller Schwimmvögel: am Körper nicht größer, als eine Mauerſchwalbe, (Thurmſegler,) aber mit weniger langen Flügeln, als dieſe. Er gräbt ſich zum Brüten Röhren in die lockere Dammerde ſpaltenreicher Felſen. Durch ungewöhnlich heftige Stürme iſt er ſchon mehrmals an hundert Meilen weit ins Land hinein (z. B. bis tief ins Innere von Deutſch— land) verſchlagen worden. Hier weiß er dann, wie alle ſonſt ausſchließlich am Meere lebende Schwimmvögel, ſich über dem fremden Elemente fo wenig zurecht zu finden, daß er leicht gefangen wird. So konnte einſt ein Bauer einen, der auf einer kleinen Pfütze herumſchwamm, bequem mit ſeiner Mütze zudecken. Unter Puffinen [oder richtiger Puffingen **)] und Sturmtauchern (Thyello, Pufſinus!) verſteht man einige merklich größere, den Raubmöven etwas ähnliche Sturmvögel mit längerem Schnabel und mit vollſtändigem Tauchvermögen, welches ſie befähigt, von der Oberfläche des Waſſers nach Nahrung unterzufahren. Sie ſind die einzigen Vögel, welche dieſe Fähigkeit mit einem trefflichen, ſchnellen ſelben hier äußerlich ſo wenig mit einander verſchmolzen, wie nirgends ſonſt, ſelbſt noch weniger, als bei mehreren Ruderfüßern ) Eine Gewächsark mit ſcharfſchmeckenden, Töffelförmigen Blattern, die mit unſerem fo genannten Meerrettige zu Einer Gattung gehört. : ) Von dem eungliſchen Puffing-bird. b) kurzflügelige: blätterzähnige. 465 und ſehr anhaltenden, zuweilen tagelang ausdauernden Fluge verbinden, alſo hoͤchſt wahrſcheinlich auch noch ein ſehr ausgebildetes Stoßvermögen dazu beſitzen. In mancher Hinſicht kann man ſie als Mitteldinge zwiſchen Scharben und Sturm— vögeln betrachten. Gleich letzteren graben auch ſie zum Niſten ſich ellenlange Röhren in die Dammerde der Felſen. Die Naſenröhren, welche bei den bisherigen Sturmvögeln zu Einer Erhöhung verbunden waren, ſtehen bei ihnen ſchon ebenſo jedes für ſich, wie bei den, mächtig großen, bloß mit 3 Zehen verſehenen Albatroſſen (Diomedea) der ſüdlichen Erdhälfte. Dieſe erſcheinen theils wenig kleiner, theils ſogar eher noch größer, als ein Schwan. Es ſind faſt unerſättliche Freſſer, die alles Thieriſche gierig verſchlingen, (daher ſie auf offenem Meere von den Matroſen häufig an gro— ßen ausgeworfenen, mit einer Speckſchwarte oder ſonſt etwas Fleiſchähnlichem be— köderten Angelhaken gefangen werden,) und ſtark genug, um mit ihrem großen, ſcharfen, langhakigen Schnabel ſelbſt andere Seevögel leicht zu überwältigen. Der größte und gewöhnlichſte (D. exülans) iſt weiß, auf dem Mantel mit vielen, gleichlaufenden, halbkreis- oder mondförmigen Linien. Ein anderer ſieht ruß far— big aus. (D. fuliginôsa.) Der dritte hat einen grünlichgelben Schnabel. (D. chlororhyncha.) [s 190. 2te Unterordn.: Kurzflügelige Schwimmvögel. Ihre Flügel haben nur eine ſehr mäßige, oder geringe Länge: weil weder die Schwungfedern, noch die Oberarmknochen je ſonderlich lang, vielmehr zu— weilen beide ſehr kurz ſind. (Manchen fehlen ſogar die Schwingen ganz.) Sie gehen daher immer bloß laufend oder ſchwimmend, zum Theil auch tauchend, nie aber fliegend, ihrer Nahrung nach: weil ihnen durchgängig das Stoßtauchvermögen fehlt. Dagegen ſind ſie faſt ſämmtlich wahre Taucher, und viele zugleich Sturztaucher. Die Unterſchiede der verſchiedenen Gruppen unter einander ſind hier größer, als bei den langeflügeligen Schwimmern. Die Ite Zunft bilden die gänſe- und entenartigen Vögel. Sie haben an der Kuppe ihres kräftigen, meiſt ſtumpfen, mit einer weichen, nerven— und gefühlreichen Haut überzogenen Schnabels einen deutlich abgeſon— derten, harten, der Regel nach ziemlich flachen Vorſprung, (den Nagel.) Man nennt ſie blätterzähnige Schwimmvögel wegen der zahlreichen knochigen, gewöhnlich mit einer harten Knorpelhaut überzogenen, mehr oder weniger ſcharfen Erhabenheiten ihrer Kieferränder. Dieſelben dienen den meiſten vor Allem dazu, um mit Hülfe ihrer fleiſchigen, am Rande gleich— falls ausgezackten Zunge durch wiederholtes, raſches Bewegen der Kiefer (Schnattern) das überflüßige, mit der Speiſe eingenommene Waſſer wie durch ein Gitter oder Seihetuch fortlaufen zu laſſen. Andere, bei welchen die Zähne härter und feſter ſind, beiſſen damit theils Pflanzen ab; theils halten ſie die gefangenen Fiſche damit feſt. Sie ſind im Ganzen unter den Schwimmvögeln Daſſelbe, wie unter den Landvögeln die Hühner. Gleich dieſen haben ſie z. B. einen kleinen Kopf, einen langen, dünnen Hals, einen weiten Kropf, einen ſehr dicken, fleiſchigen Magen, genießen eine gemiſchte, oder bloß aus N beſtehende Gloger, allgem. Naturgeſchichte 466 Vögel; Ste Ordn.: Shwimmvögel: Nahrung, und liefern in der Jugend ein wohlſchmeckendes Fleiſch, um deſſen willen man auch mehrere von ihnen gezähmt hält. Sie vermehren ſich eben ſo ſtark, wie die Hühner; und beide Geſchlechter ſind häufig eben ſo ſehr verſchieden. Ihre Jungen kommen eben ſo entwickelt aus dem Eie, entwik— keln ſich eben ſo langſam weiter, und ſuchen ſich ebenſo ihre Nahrung unter der Leitung der Mutter, zum Theil auch beider Eltern, ſelbſt. Schon beim Auskriechen ſind ſie eben ſo gut fähig, zu ſchwimmen und zu tauchen, wie ſpäterhin. Aber eben ſo merkwürdig, als für ſie nützlich bleibt es, daß manche kleinere (die Enten) dann ſogar weit beſſer laufen, als ſpäterhin, wenn ſie erſt fliegen können. *) Die Schwungfedern wachſen ihnen ſehr ſpät. Bel der Mauſer fallen ihnen dieſelben immer faſt alle gleichzeitig aus, fo daß fie dann eine Zeit lang gar nicht fliegen können. 5 Sie beſitzen das Sturz- und beinahe alle zugeich das wahre Tauch— vermögen, fliegen aber ſtets in Gefahr: außer, wenn fie des Vermoͤgens dazu auf irgend eine Weiſe beraubt ſind. Die Schwäne, wenig zahlreich an Arten, haben meiſt einen ſehr lan— gen Hals, und einen ziemlich flachen, mehr jenem der Enten, als der Gänſe ähnlichen Schnabel mit mäßigen Blattzähnen. Sie nehmen auf dem Waſſer der Regel nach eine ſchöne Haltung an, beſonders zur Niſt— zeit und im Zorne, können aber, ihres zu großen Gefieders wegen, nicht wirklich tauchen. Auf dem Lande zeigen ſie ſich ſehr unbeholfen, und ver⸗ laſſen daher ſelten das Waſſer: da ihr langer Hals ſie ohnehin vom Rande deſſelben aus weit genug nach Futter umherreichen läßt. Sie genießen, wie die Gänſe, bloß Gras und Kräuter oder Körner. Zur Paarungszeit bricht das Männchen am Ufer dürre Ruthen ab, und ſammelt hievon, ſo wie von Schilfblättern, Rohrhalmen u. dergl., einen Haufen, welchen es nachher ſchwimmend mit der Bruſt ſehr aufmerkſam vor ſich her ſtößt, um ſo Alles dem, auf dem Neſte oder der Neſtſtelle ſitzenden Weibchen zuzuführen. Alle nordiſche Schwan-Arten, wie überhaupt die meiſten, haben unbewaff⸗ nete Flügel, und ſind, mit Ausſchluß des etwas gelblichen Halſes, überall ſchön weiß, in der Jugend grau. Der ausnehmend ſchöne neuholländiſche dagegen (Cygnus plutonius) ift braunſchwarz, mit blutrothem Schnabel und einigen weis ßen Vorderſchwingen; der chileſiſche (C. nigricollis) weiß mit ſchwarzem Kopfe und Halſe und hell rothem Schnabel. Erſterer belebt, zum Theil in Menge, die Mündungen und ſtillen Buchten mancher dortigen Flüße. Er wird von reichen Grundbeſitzern auch ſehr gern in Europa gehalten, ſcheint ſich aber hier ſelten mit Erfolg zum Brüten zu entſchließen: da er ſich immer zu derſelben Zeit, wie dort, nämlich in unſerem Spätherbſte und Winter, paart. — Eine Zierde unſerer Teiche iſt der, häufig gezähmte, gemeine oder Höckerſchwan, (C. gibbus s. olor,) mit gelbrothem, ſchwarz eingefaßtem Schnabel und einer kugelähnlichen, ſchwarzen Erz habenheit vor der Stirn. Er heißt auch ſtummer Schwan: weil er, eine Art zor— niges Schnarchen und Ziſchen im Frühlinge abgerechnet, ſonſt im ausgefärbten ) Dieß kommt ihnen oft trefflich zu Statten bei Nachſtellungen. Wenn fie nämlich zu lange und heftig im Waſſer verfolgt werden, ſo daß ſie endlich vom Tauchen ermüden; ſo flüchten ſie dann, wo möglich, ans Land, wo ſie ſich nun ſchnell im Graſe verlaufen, oder ſonſt ruhig verſtecken. ö Den größeren würde freilich Beides nicht ſo leicht gelingen. b) kurzflügelige: blaͤtterzähnige. 467 Zuſtande gar keinen Ton von ſich giebt. So lange jedoch, bis er ſeine reinweiße Farbe erhält, läßt er eine feine, ſchwache, piepende Stimme hören, die ſonderbarer Weiſe auch bei den bereits völlig erwachſenen nicht ſtärker und lauter wird, als ſie bei den noch ganz jungen war. Im Frühlinge fängt er nicht ſelten mit hochge— lüfteten, inwendig hohl gehaltenen und ſchön ſtolz getragenen Flügeln Luft auf, um ſich ſomit fanft vom Winde forttreiben zu laſſen. Hierdurch ſoll er zuerſt den Gedanken angeregt haben, zu gleichem Behufe die Schiffe mit Segeln zu beſpan— nen. Nie krümmt das Männchen den Hals ſtärker, und nie hält es ſich überhaupt ſchöner, als wenn es um dieſe Zeit mit einem anderen Streit um das Weibchen, oder um die Gränzen ſeines Niſtbezirks bekömmt. Da giebt es denn nicht ſelten blutige, zuweilen faſt tödtliche Kämpfe. — Der Singſchwan, (C. musicus,) wel— cher bloß hoch im Norden brütet, hat einen ſchwarzen Schnabel mit ſchwefelgelber Wurzel ohne Höcker. Er trägt ſeinen Hals minder ſchön gebogen; aber ſeine Luft— röhre iſt ungewöhnlich lang: ſo daß ſie, trompetenartig gewunden, vorn in das Bruſtbein heraustritt, wo ſie im Kamme des letzteren bis weit gegen oder an das Ende deſſelben nach hinten fortläuft, dann wieder umkehrt und nun erſt ſich in die Bruſthöhle einbiegt. Sie verleiht dem Vogel eine ſchöne, poſaunen- oder klari— nettenähnliche Stimme, die, wenn ſie von ganzen Geſellſchaften älterer und jüngerer Vögel bald ſtärker, bald ſchwächer durch einander ausgeſtoßen wird, ſtets eine recht wohltönende Muſik, wenn auch keinen eigentlichen Geſang giebt.“) Der Sing— ſchwan kömmt zwar alljährlich an die deutſchen Oſtſeeküſten, aber ſehr ſelten ins Innere unſeres Vaterlandes. Alle Schwäne beſitzen große Kraft zum Schlagen mit den Flügeln, die größte aber wohl der mittelafrikaniſche, (C. gambiensis,) bei welchem das Hand— gelenk mit einem ſtarken Hornftachel bewaffnet iſt. Er mag vielleicht nicht der einzige fremde Schwan fein, der als beſondere Gattung (Olor) angeſehen zu wer— den verdienen dürfte. [s 191. Die Gänſe ſind faſt alle kleiner, mit höherem, mehr kegelförmigem, härterem Schnabel, der harte, kegelförmige, ſpitze Zähne zeigt. Ihr noch anſehnlich langer Hals zeigt, zumal in ſeiner Mitte, eine ſcharfe und ſchnelle Biegung nach vorn, die ſich vorzüglich beim Weiden als nützlich be— währt. Sie erſcheinen weit mehr zum Leben auf dem Lande gemacht, halten ſich mehr hier als im Waſſer auf, und nähren ſich vorzugsweiſe von kurzem Graſe und kleinen, niedrigen Kräutern, welche in und an Gewäſſern wach— ſen. Daher finden ſie ſich am zahlreichſten in nördlichen Ländern: wo in manchen ſumpfigen Gegenden die Bewohner die Jungen und mauſernden von Hunden zuſammentreiben laſſen, und ſo zuweilen Hunderte mit Stöcken erſchlagen. Manche hecken daſelbſt auf Gebirgswieſen an bloßen, kleinen Bächen. Nur wenige Arten leben in wärmeren, noch wenigere in heißen Gegenden, als wo überhaupt die meiſten Pflanzen, namentlich aber die Gras— arten, viel zu hoch für ſie wachſen. Die Männchen helfen den Weibchen eben ſo eifrig, wie jene der Schwäne, die Jungen führen und beſchützen. ) Die Alten glaubten, daß die Schwäne überhaupt, aber bloß kurz vor ihrem Tode ſängen: (weßhalb man auch die letzte Poeſie eines Dichters, die ſich damals faſt immer mit Muſik begleiteten, feinen Schwanengeſang nannte.) Dieß rührt hoͤchſt wahrſcheinlich mit von dem Umſtande her: daß die Römer, befonders aber die Griechen, in ihrem Vaterlande von unſeren beiden Schwanarten, welche ſie noch nicht von einander unterſcheiden gelernt hatten, zwar die eine, (den ſtummen Schwan,) ſehr oft ſahen, die andere aber, (den Singſchwan,) als die nördlich wohnende, wahrſcheinlich nur ſehr ſelten ſahen und noch ſeltener hörten. So war es denn nicht zu verwundern, wenn ſie annahmen: die Thiere ließen ſich nur bei beſonderer, ſeltener Veranlaſſung vernehmen. 30 * 468 Vögel; Ste Ordn.: Schwimmvsgel; Bloß die gemeine oder Graugans, (Anser einerkus, ) mit einfarbig-gelb⸗ röthlichem Schnabel, brütet im größeren Theile von Europa wild auf großen Tei⸗ chen. Gezähmt findet ſie ſich als ein ſehr nutzbares Hausthier faſt überall, und verlernt dann, gleich den zahmen Enten, das Fliegen aus Mangel an Uebung nicht ſelten beinahe ganz. Wilde Gänſe, namentlich die Saatgänſe, mögen nach ziem⸗ lich ſicheren Wahrſcheinlichkeits-Berechnungen häufig ein Alter von hundert Jahren und darüber erreichen. Sie ſind meiſt eben ſo ſcheu und klug, wie die zahmen (Graugänſe) gewöhnlich Muſter von Einfalt. Aber wachſam und ſcharfhörend bleiben auch letztere noch in bewunderungswürdigem Grade; und es giebt Fälle, wo ſie ſich doch viel klüger und liſtiger zeigen, als man wohl vermuthen möchte. Die Saatgans (A. segetum) iſt dunkler gefärbt, als die Graugans, mit einem rothen Mittelflecke auf dem ſchwarzen Schnabel. Sie brütet hoch im Norden, kommt aber ſchon zeitig im Herbſte ſchaarenweiſe zu uns herab: wobei die Geſell— ſchaft, deren Anführer ſtets öfter mit einander wechſeln, meiſt ſchreiend, und, um ſich das Durchſchneiden der Luft zu erleichtern, faſt beſtändig in 2 Reihen von ungleicher Länge unter einem ſpitzen Winkel fliegt. In gelinden, ſchneearmen Wintern richtet ſie dann auf Saatfeldern in der Nähe großer Gewäſſer, auf deren Mitte fie übernachtet, gar oft bedeutenden Schaden an. Die zahmen Gänfe eis niger Gegenden von Deutſchland ſcheinen von ihr herzuſtammen. Dieſe findet man überhaupt ganz beſonders groß in manchen waſſerreichen Strichen der nördli— chen Strandprovinzen unſeres Vaterlandes, (z. B. in Pommern:) wo man fie nicht wie anderwärts mehrmals im Jahre um der Bettfedern willen berupft. Hin und wieder trägt hierzu auch wohl ihre Vermiſchung mit der, bedeutend größeren, chi— neſiſchen oder Schwanen-G. (A. cygnoides) bei, die urſprünglich Mittelaſien bewohnt, aber ſchon beſonders in Rußland zahm gehalten wird, und die ihrer ur— ſprünglichen Farbe nach beinahe der Saatgans gleicht: nur daß ſie einen Schna— belhöcker und einen ſtärker gekrümmten Hals, faſt wie der ſtumme Schwan, beſitzt. Sonſt beſucht bloß die kleine Bläſſen-G., (A. albifrons,) mit weißer Stirn und ſchwarz geflecktem Bauche, öfters noch das Innere von Deutſchland. Zwei noch kleinere und dunkler gefärbte Arten, die Ringel- und weißwangige G., (A. torquätus und A. leucopsis,) bleiben ſelbſt den Winter hindurch ausſchließ— lich in Strandgegenden. Am aſiatiſchen Eismeere niſtet in Menge die Schnee— gans. (A. nivéus.) Sie iſt ganz weiß mit ſchwarzen Schwingen; in der Jugend blaugrau mit weißlichem Kopfe. Der neuholländiſche Kappenvogel (Cereopsis) iſt eigentlich nur eine bräun— liche, kurzſchnäbelige Gans mit ſehr großer, zum Theile befiederter Wachshaut, welche einen ſehr anſehnlichen Theil der Schnabelwurzel kappen- (oder vielmehr binden-) artig bedeckt, und mit unvollſtändigen Schwimmhäuten, alſo noch mehr zum Leben auf dem Lande geſchaffen, als unſere Gänſe. Eine ſonſt ähnliche, jedoch größten Theils weiße Art giebt es in Chili. Indeß bilden wahrſcheinlich auch noch andere Gänſearten, die an Schnabel und Füßen noch mehr den gewöhnlichen ähnlich ſehen, ſchon gute, wohlbegründete Gattungen für ſich. Z. B. die höchſt niedliche, feltene Zwerggans (Cheniscus, Anser madagascarieusis) auf Madagaskar, die an Größe unſeren kleinſten Haus⸗ tauben nachſteht. [s 192. Die eigentlichen Enten, oder die entenartigen Vögel im enge- ren Sinne, freſſen außer Waſſerinſekten, Larven, Würmern und Fiſchbrut faͤſt alle nur Körner, nicht aber Gras und Kräuter. Sie haben, dem ent⸗ ſprechend, einen flacheren, aller Seits weicheren, alſo noch beſſer zum Fühlen geeigneten und am Ende ſtumpferen Schnabel, als die Gänſe, auch b) kurflügelige: blätterzähnige. 469 kürzere Hälſe, als fte, aber nicht fo kleine Köpfe. Sie leben wenig, manche faſt gar nicht am Lande. In der Jugend ſchwimmen ſie auf ſtillen Waſſern ſehr oft lange mit gerade ausgeſtrecktem, auf dem Waſſerſpiegel auf— liegendem Halſe, nach Futter ſchnatternd, umher. Bei den meiſten ſehen die Weibchen, welche nicht bloß allein brüten, ſondern auch ganz allein für die Jungen ſorgen müſſen und ſich ſtets nur Ein Mal mauſern, entweder bloß lerchenfarbig aus, faſt wie die Erde und die, ſie beim Brüten umgebenden Neſtſtoffe; oder ſie erſcheinen ſonſtwie in beſcheidene, unſcheinbare Farben gekleidet. Die Männchen hingegen, welche ſich um die Eier und Jungen gar nicht kümmern, ſind immer entweder ſchön bunt, oder ſehr dunkel und ſonſt auffallend gefärbt. Sie würden daher im Sommer, wenn ſie nach erfolgtem Verluſte ihrer Schwungfedern eine Zeit lang gar nicht fliegen können, mit ihren gewöhnlichen, abſtechenden Farben die Blicke ihrer Feinde allzu ſehr auf ſich ziehen, und ſomit den Verfolgun— gen derſelben allzu ſehr ausgeſetzt ſein. Darum nehmen ſie kurz vorher für einige Zeit ein ähnliches, unſcheinbares Gewand wie die Weibchen an, indem ſie zwei Mal mauſern. Bei denen, welche man gewöhnlich, im Gegenſatze zu den nach Nahrung tauchenden, bloß Enten ſchlechtweg nennt, bleibt die Hinterzehe noch ohne Schwimmhaut. Sie können noch ziemlich gut gehen, beſonders in ihrer Ju— gend, *) und tauchen nie nach Futter, (außer durch Ueberſtürzen:) da auch ſie Gründlerinnen ſind. Einige davon nennt man Höhlen-, Loch- oder Fuchs enten, (Chenalöpex:) weil ſie in verlaſſenen Fuchsbauen, Kaninchenlöchern und ähnlichen Höhlen an den Ufern ſalziger Gewäſſer brüten. Bei ihnen ſind Männchen und Weibchen von gleicher Färbung, beide ſchön; und beide Geſchlechter maufegg nur Ein Mat. **) Dahin gehört die weiß-, roth- und ſchwarzbunte, höckerſchffäbelige Brandente, (Anas tadorna,) die von Schweden abwärts alle Meeresküſten Europa's bewohnt, und auf den Inſeln der Oſtſee ein halbes Hausthier geworden iſt: indem ſie, oft zu mehreren Paaren, nahe bei Häuſern in künſtlich angelegten Höhlen brütet, die ſo eingerichtet ſind, daß ſie durch Bretterdeckel, welche man abhebt, geöffnet und die Eier weggenommen werden können. — Ferner auch die glattſchnäbelige gelbrothe F.⸗E. (A. rufila) mit weißlichem Kopfe, auf den ſalzigen Seeen von Mittelaſien, die aber zugleich im ſüdlichſten Afrika zu leben ſcheint, ohne gleichwohl je im mittleren und nordweſtlichen vorzukommen. ***) Bei allen noch übrigen nordiſchen und den meiſten ſüdlichen entenartigen Vögeln (Anas) erleiden die Männchen ſtets jenen doppelten Federwechſel. Die größte davon iſt bei uns die gemeine wilde oder Stodente, (Anas boscas,) die Stammutter der nützlichen zahmen Hausente. Letztere zeugt nicht ſelten Ba- ) Sie find es ganz vorzugsweiſe, von welchen das in dieſer Hinſicht oben (S. 466) Geſagte gilt. ..) Unter ſolchen Umſtänden bedarf es für die brütenden Weibchen keiner beſonderen Fürſorge. Ob und wie eine ſolche für beide Geſchlechter während der Maufer der Schwin— gen getroffen ift, weiß man nicht. Sie ſcheint aber wohl unnöthig: da die Vögel ſtets entweder auf dem Meere, oder an großen Binnenſeen wohnen, wo fie Raubvogel und ähn— liche Feinde ſchon von ferne ſehen und ihnen, wenn ſie nicht im Stande ſind, zu fliegen, leicht durch Tauchen in die Tiefe entgehen können. % Ein ganz ähnliches Beiſpiel von Unterbrechung der Verbreitung hatten wir bei der Mohrealerche, (S. 264,) und ſelbſt bei den fetiſchwänzigen Hausſchafen. (S. 150.) In allen drei Fällen ſcheint die Verbreitung wenigſtens mittelbar im Zuſammenhange mit dem Salzgehalte des Bodens zu ſtehen. Nicht fo beim rauch beinigen Buſſarde. (S. 215.) Sr * 470 Vogel; 8. Ordn.: Schwimm vogeilz ſtarde mit der gleichfalls gezähmten, aber viel größeren, aus Bagſilien zu uns ges brachten, fälſchlich fo genannten türkiſchen oder Biſamente, (A. moschata,) welche dort gern auf Bäumen ſitzt und niſtet, und deren nackte Fleiſchwarzen am Vorderkopfe ein feines, ſtark nach Moſchus (Biſam) riechendes Oel ausſchwitzen.“) — Die Hausente wird ſchon darum gern gehalten, weil ſie, wie das Schwein unter den ſäugenden Hausthieren, leicht zu erhalten iſt: indem ſie allerhand ſehr verſchiedenartige Dinge frißt, ſich daher auch großen Theils mit ſolchen füttern läßt, die man ſonſt wegwerfen würde, und dabei einen ſehr wohlſchmeckenden Braten abgiebt. Viele Männchen erleiden jetzt die Sommermauſer nicht mehr; und beide Geſchlechter haben, da ſie viel mehr laufen, als die wilden, aber wenig oder gar nicht fliegen, weit kürzere Flügel, aber ſtärkere Beine mit kürzeren Zehen und Eleis neren Schwimmhäuten bekommen: ſo daß man ſie hieran gewöhnlich leicht von den wilden unterſcheiden kann, mit denen ſie ſich gern wieder vermiſchen. In Holland hat man eine Ausartung mit ziemlich ſtark gekrümmtem Schnabel gezogen. Die wilde Stockente nähert ſich in Einem Punkte ſchon den amerikaniſchen Baum⸗ enten, und weiß ihre Neſter mit Eiern faſt allen jenen Gefahren zu entziehen, welche die Brut der übrigen, meiſt ziemlich nahe beim Waſſer, auf dem bloßen Boden niſtenden Arten bedrohen und ſo häufig vernichten. Sie legt nämlich ihr Neſt entweder auf dem flachen, dicht mit Aeſten verwachſenen Kopfe einer großen, alten Weide an: (wo möglich auf einer ſolchen, die im Waſſer, oder in tiefem Sumpfe ſteht;) oder, noch lieber, wählt ſie dazu ein verlaſſenes Krähenneſt, mag daſſelbe auch noch ſo hoch auf dem Baume ſtehen und dieſer ſelbſt mehrere Tau— ſend Schritte vom Waſſer entfernt ſein. Hier liegen dann ihre Eier, tief in die ausgerupften, graulichen Dunen und Neſtſtoffe verhüllt, auch nach dem Abfliegen der Mutter meiſt ſicher.“) Dieſe trägt, ſobald fie ausgebrütet hat, ihre ſämmt⸗ lichen Jungen, eines nach dem andern, behutſam im Schnabel auf die Erde herab, um fie nun vereint Rm nächſten Waſſer zuzuführen: wobei ſich wieder der Nutzen jener ihrer ſchon erwähnten, jugendlichen Schnellläufigkeit bewährt. — Bei der ſchön geſtalteten, ſchlanken Spießente (A. acüta) trägt das Männchen im Schwanze ein Paar vorzüglich lange, ſchmale Mittelfedern. Den gänſeähnlichſten Schnabel hat die Pfeif-Ente, (A. penelöpe,) die auch nicht ſelten aufs Land gehen ſoll, um nach Art der Gänſe Gras abzuweiden. Die kleinſten Arten ſind die Knäck⸗, und beſonders die eben fo zierliche, als niedliche Krickente. (A. querquedula und A. crecca.) Unſere ſonderbarſte bleibt aber die ſchöne, zierlich -bunte Löffelente, (Anas s. Rhynchaspis celypeäta,) mit ſehr langem und von der Mitte an zugleich ſehr breitem Schnabel, der vorn einem Kochlöffel ähnlich ſieht, und deſſen Blätterzähne ganz beſonders fein und lang erſcheinen: wahrſcheinlich, um beim Schnattern in Meerlinſen und ähnlichen Waſſergewächſen auch die kleinſten Mückenlarven nebſt ähnlichen Waſſerthierchen feſtzuhalten. Bei einer neuholländiſchen--Eöffelente (A. membranacea) hängt nun an jeder Seite des ähnlichen Schnabels gar noch ein dünner, weicher Hautlappen, ohne Zweifel zum noch beſſeren Fühlen. Die Tauchenten (Fuligüla) haben kürzere Flügel, einen Lappen von *) Ihr Bau, zum Theil auch ihre Lebensweiſe, find eigenthümlich; und auch eine dop⸗ pelte Mauſer findet bei ihr nicht Statt: wahrſcheinlich, weil im Freien beide Geſchlechter ſich auch fo (3. B. durch Aufbäumen 2.) den ihnen drohenden Gefahren zu entziehen wiſſen. ) Hieraus ergiebt es ſich: warum man fie während der Lege- und Brütezeit oft ſo weit vom Waſſer entfernt, im oder am Walde herumfliegen ſieht und das Auffinden ihres Neſtes in ſolchen Gegenden meiſt nur einem beſonderen Zufalle verdankt. d) kurzflügelige: blaͤtterzaͤhnige. 471 Schwimmhaut an der Hinterzehe und größere, weiter nach hinten gerückte Füße. Sie gehen daher ſehr ſchlecht, können aber vortrefflich tauchen, und holen auf dieſe Weiſe den größten Theil ihrer Nahrung, hauptſächlich Weichthiere und Fiſche, tief aus dem Waſſer herauf. In wärmeren Gegenden giebt es wenige von ihnen: weil hier meiſt allerhand Waſſergewächſe ſo üppig und dicht wachſen, daß ſie das Tauchen dieſer Vögel verhindern, und folglich nur der freie Spiegel großer, tiefer Gewäſſer für dieſelben übrig bleibt. Man hat fie gleichfalls ſchon wiederholt in mehrere Gattungen geſondert. Die Männchen nehmen auch bei ihnen, wie bei den folgenden Sägetauchern, in den Sommermonaten die unſcheinbare Färbung der Weibchen an, die aber nicht lerchenartig iſt. — Bei der berühmten Eiderente, (A. mollissima,) die gewöhnlich ſehr unpaſſend Eidergans genannt wird, läuft vom Ge— ſichte aus auf jeder Seite ein breiter befiederter Streif bis faſt mitten auf die Schnabelfläche vor. Das Männchen hat eine röthlichweiße oder blaßröthliche Haupt— farbe, einen ſchwarzen Oberkopf und Bauch, und ſeidenartig apfelgrüne Backen; das Weibchen iſt graubraun, mit trübem Ochergelb und Roſtroth gemiſcht. Sie haben ihre Heckplätze ſtets am Meere ſelbſt, nicht ſelten auf ſchwer zugänglichen Felſen; und das Weibchen füttert, gleich denen anderer Enten, ſein Neſt mit vielen ungemein weichen und elaſtiſchen Dunen oder Flaumfedern aus, welche es ſich ausrupft. Dieſe nimmt man ihm, nebſt den Eiern, ein oder zwei Mal hinweg, um ſie, ge— hörig gereinigt, in Betten zu füllen, die wegen ihrer Leichtigkeit und Wärmekraft noch höher, als jene von Schwanenfedern, geſchätzt werden. Sie bilden für Is— land und die höheren Nordſeeküſten einen bedeutenden Ausfuhrartikel. An der Oſtſeeküſte leben die Vögel im Frühlinge zwar (faſt wie die Brandente) als halbe Hausthiere, aber zu wenig zahlreich. — Die übrigen Tauchenten brüten regelmäßig an ſüßen Gewäſſern, beſuchen aber nachher gern das Meer, wo die meiſten ſo lange als möglich verbleiben. Die Schellente (A. clangula) macht, namentlich beim Auffliegen, durch ſehr raſche Flügelſchläge ein ſtarkes, ſchön hell pfeifendes Getöſe. Das Männchen der Eisente (A. glacialis) führt im Schwanze zwei lange Mittelfedern. Die ſonderbar bunte, hochnordiſche Harlekin- oder Kragen-E. (A. histrionica) fiſcht und lebt vorzugsweiſe gern an den reiſſendſten Stellen der Flüße und Gebirgsbäche, an deren Ufern ſie niſtet, und ſpäter in der tobendſten Brandung des Meeres, welches ſie bis zum Frühlinge nicht leicht wieder verläßt. Die Trauer- und Sammt-E. (A. nigra und A. fusca) find im männlichen Geſchlechte ſammtſchwarz, letztere mit weißem Flügelflecke, und beide mit röthlichem Schnabelhöcker; im weiblichen Geſchlechte dunkelbraun. Fünf Arten ſchöner, den Tauchenten ſehr ähnlicher Seevögel, mit härterem, längerem und flacherem, ſchmalem Schnabel, der in einen langen, gekrümmten Nagel ausläuft, heißen Säger oder Sägetaucher (Mergus) wegen der län— geren, harten und ſcharfen Zähne, welche ihren Kieferrändern das Anſehen einer Säge geben. Sie dienen den Vögeln vortrefflich zum Feſthalten der glatten Fiſche, welche ihre ausſchließliche Nahrung ausmachen. Die beiden größeren europäiſchen Arten, den gänſeartigen S. oder die Tauchergans (M. merganser) und den langſchnäbeligen S. oder Ententaucher, (M. serräter,) ſieht man im Herbſte oft geſellſchaftlich fiſchen: indem fie an ſeichten, fiſchreichen Stellen des Meeres in einem Halbkreiſe, abwechſelnd plätſchernd und tauchend, mit großem Geräuſche nach dem Ufer zu ſchwimmen, um ſo die Fiſche zu erſchrecken und dadurch immer enger zuſammen in eine Bucht zu treiben, wo ſie ihnen dann natürlich um ſo ſicherer und leichter zur Beute werden müſſen. Der kleinere weiße S., (M. albellus,) die Eisente unſerer Jäger, ſucht in harten Wintern noch am häufigſten Zuflucht auf offenen Stellen der Flüße im Innern des Landes. 472 Voͤgelz ste Ordn.: Schwimmvögel; Sehr eigenthümlich und weit abweichend find einige wenige, ſehr breitſchnä⸗ belige Enten gemäßigter oder wärmerer Erdſtriche, die wir Ruderenten (Bytho- nessa) nennen wollen. Sie gleichen ſonſt kleinen Tauchenten, haben aber noch merklich größere Füße und ſo auffallend kurze Flügel, wie keine von dieſen; ein här— teres Gefieder, faſt wie jenes der Steißfüße; und einen langen Schwanz, der, wie bei den Pinguinen, aus vielen ſchmalen, ſehr ſteifen, fiſchbeinähnlichen Federn beſteht, daher beim Schwimmen offenbar zum Rudern dient. Eine ſolche Art, die weiß— köpfige, (Anas leucocephäla,) lebt den Sommer hindurch im wärmeren Sibirien, beſucht jedoch im Winter die Küſten des Mittelmeeres bis weit nach Weſten, G. B. die von Südfrankreich.) [$. 193. 2te Zunft: Kurzflügelige Shwimmvögel mit ungezähntem Schnabel. Ihre Flügel ſind noch kürzer, als jene der meiſten Gattungen mit Schnabelzähnen, denen ſie überhaupt in faſt Allem entgegengeſetzt ſind; und ihre Beine ſtehen beinah ee immer noch weiter nach hinten. Sie ſind daher abermals weniger zum Fliegen und noch weniger zum Gehen ge— macht, aber deſto beſſer zum Schwimmen und Tauchen gebaut. Auch tau⸗ chen ſie faſt jedes Mal bei Gefahr, nicht bloß nach Nahrung. Im Sitzen auf dem Lande ſinken ſie entweder ganz auf die Sohle (Hinterſeite) der Füße und auf den Hintertheil des Leibes zurück: (ſo daß ſie recht eigentlich ſitzen, während das Sitzen anderer Vögel eigentlich nur ein Stehen iſt;) oder ſie fallen ganz unbeholfen platt auf den Bauch hin. Ein Paar ſolcher Gattungen mit noch vier Zehen und geradem, zugeſpitztem Schnabel nennt man vorzugsweiſe Taucher ſchlechtweg: weil fie mit ihrem ſchweren Körper ganz vortrefflich, und zwar (ebenſo, wie alle noch folgenden) ſowohl in Gefahr, als nach Nahrung tauchen. *) Auch ihre Jungen, die nicht gefüttert werden, thun Beides ſchon gleich nach dem Auskriechen, und gleichen hierin denen der entenartigen Vögel. Unter dem Waſſer gebrauchen ſte, gleich dieſen, nur die Füße zur Fortbewegung: indem ſie ſich damit weiter ſtoßen. Sie niſten an ſüßen Gewäſſern und mauſern zweimal: wobei ihre Färbung und Zeichnung ſehr bedeutende Aenderungen erleiden. Völlig unfähig, ordentlich zu gehen, wie die folgenden, kommen fie faft gar nicht ans Land: wo fie höͤchſtens ſehr plump hüpfen oder mit An⸗ ſtrengung trippeln können, oder ganz aufrecht auf dem Hintertheile ſitzen, gewöhnlich aber auf dem Bauche liegen müſſen. Auf eine glatte Fläche, z. B. die Stubendielen, geſetzt, helfen ſie ſich aber doch oft ruckweiſe recht gut durch ein kräftiges, ungemein ſchnelles Trippeln (Schlagen mit den Fuͤßen gegen den Boden) fort. Eine Nothhülfe, der man freilich das Erzwungene und die gewaltſame Anſtrengung aller Kräfte ſogleich anſteht. Die Steißfüße oder Lappentaucher (Colymbus s. Podiceps!) haben zer⸗ *) Mit den früher gebräuchlichen (Feuerſchloß-) Gewehren waren ſie, fo wie die Kor— morane und manche andere der vorzüglichſten Taucher, nur ſelten zu erlegen: weil ſie, wenn ſie dem Schützen das Geſicht zukehrten, beim Abblitzen des Zündpulvers auf der Schloß— pfanne gewöhnlich ſo ſchnell untertauchten, daß ſie ſich bereits unter dem Waſſer befanden, wenn der Schrot oder die Kugel an die Stelle gelangten, wo ſie ſoeben noch ſaßen. (Bekanntlich prallen Kugeln und Schrote bei gewöhnlichen [ſehr ſchrägen] Schüſſen auf das Waſſer ſtets beinahe ebenſo von dieſem ab, wie vom Eiſe und von Steinen oder gefrornem Erdboden. Bloß bei ſehr gerade, oder faſt ſeukrecht von oben her kommenden Schüſſen dringen ſie ein.) b) kurzfluͤgelige: ohne Schnabelzähne. 473 ſchlitzte, lappenförmige Schwimmhäute, ſehr flache Zehen mit höchſt ſonderbaren, ſehr breiten und ganz platten Nägeln, und gar keinen Schwanz. Die meiſten er— ſcheinen, beſonders im Frühlinge, mit eigenthümlich verlängerten, ſeidenartigen Kopf— und Kragenfedern, oder mit lockeren Ohrbüſchen von röthlicher Farbe geziert. Ihr Bauchgefieder iſt ſo ſeidenweiß, wie Atlas; das übrige dunkelbraun oder ſchwärzlich. Sie leben, faſt in der ganzen Welt, auf ſtehenden Binnengewäſſern, laſſen ſich nur ſelten auf dem Meere ſehen, und nähren ſich meiſt weniger von kleinen Fi— ſchen, als von Inſekten, Larven und anderen Waſſerthieren, zum Theile ſelbſt von manchen Pflanzenſtoffen, namentlich von Conferven.) In ihrem Magen findet man ſtets verſchluckte Federn: meiſt von ihnen ſelbſt, aber nicht ſelten auch ſolche von anderen Vögeln. Sie legen 3—4 Eier in ein ziemlich künſtliches, aus vielen alten Schilfblättern verfertigtes, ſchwimmendes Neſt zwiſchen Rohrſtengeln, an welche daſſelbe ſo befeſtigt iſt, daß es mit dem Waſſer ſteigt und fällt, aber nicht von demſelben fortgeſchwemmt werden kann. Dabei hängt es jedoch übrigens ſo tief, daß der brütende Vogel, welcher ſonſt (wegen der Unbeholfenheit feiner Beine zum Auftreten) gar nicht hineinzukommen im Stande ſein würde, jederzeit im Waſſer ſitzt: weßhalb ſeine, urſprünglich trübweißen Eier ſchon vor dem Brüten unterwärts von den fauligen Neſtſtoffen eine bräunliche Farbe annehmen. Er muß folglich ſtets auch das Waſſer im Neſte mit durchwärmen. Dafür haben aber auch Männchen und Weibchen ein ſo ſtark entwickeltes Brütorgan, wie ſonſt kein Vo— gel. “) Bei Gefahr nehmen beide von ihren noch kleinen Jungen, wenn dieſelben noch zu unerfahren, oder vom öfteren Tauchen bereits ermüdet ſind, je Eines unter einen Flügel, um ſie ſo, ſelbſt untertauchend, unter dem Waſſer mit fortzufüh— ren. Die Stimme der größeren Arten, unter welchen der großhaubige (C. cristätus) mit langem Halſe auf unſeren Landſeeen der ſchönſte iſt, klingt faſt wie das Wiehern von Füllen, oder wie das Geſchrei von ſich beiſſenden Schweinen. Ein kleinerer (C. auritus) trägt bloß Ohrbüſchel. Der kleinſte (C. minor) hat einen glatten Kopf, und nur etwa die Größe einer Droffel. Manche zu ihnen gezählte Vögel der ſüdlichen gemäßigten Erdſtriche, beſonders Südamerika's, mögen wohl generiſch verſchieden ſein. Z. B. eine Art mit kurzem, zuſammengedrücktem, hohem Schnabel, welcher dem der Waſſerhühner ähnelt, ſo daß fie allenfalls Huhntaucher heißen könnte. (Nexitéles; Podilymbus! ““) Eine Gattung mit bloß drei Arten, welche im höheren Norden auf den ab— gelegenſten, einſamſten Bergteichen hecken, zeigt einen kurzen, aus fehr vielen (1820) Federn beſtehenden Schwanz; dabei ungeſchlitzte Schwimmhäute und ſpitzige Nägel. Man nennt fie Seetaucher, (Eudytes, s. Colymbus, ) weil ) D. h. von Dem, was man im gemeinen Leben gewöhnlich Wafferfäden nennt. 9) Hierunter verſteht man übrigens nichts weiter, als jene ſtarke Anſchwellung der Blut⸗ und Lymphgefäße des Unterleibes und ſeiner Haut, wie ſie mehr oder weniger bei allen brütenden Vögeln Statt findet. ) Sollte man es für mögli halten, daß Jemand auf den Gedanken gerathen könnte, das ohnehin ſchon fehlerhafte (aus Podicipes [Steißfuß! verſtümmelte) lateiniſche Wort Podi- ceps zu benutzen, um aus ihm und dein griechiſchen Colymbus durch abermalige, wun— derſame Verſtümmelung einen neuen Namen Podilymbus zuſammenzuſetzen, wie hier ein franzöſiſcher Naturforſcher (Hr. Leſſon) gethan hat? — Doch ſetzen ja er und manche an— dere Franzoſen und Engländer zuweilen gar franzöſiſche Worte, oder ſolche aus; uoch anderen, neuen Sprachen, mit griechiſchen zuſammen: z. B. Choucaleyon, (aus dem franz. choucas und dem griechiſchen haleyon,) und Jacamerops, (aus dem griech. merops und dem braſilianiſchen Jacamar.) Dieß als Hinweiſung, warum hier ſo viele Gattungsnamen ſolcher und ähnlicher Art durch beigeſetzte Ausrufungszeichen als verwerfllich bezeichnet worden find. 474 Vögel; ste Ordn.: Schwimmvögel; ſie gegen den Herbſt auf das Meer kommen. Ihre Nahrung beſteht, die der zarten Jungen vielleicht abgerechnet, bloß in Fiſchen. Sie legen 2 bunte Eier in ein ſchlechtes Neſt nahe am Waſſer. Im Winter ſind ſie einfach aſchgrau, unten weiß. Im Sommer wird der eine (E. septentrionälis) oben bräunlichgrau mit weißen Punkten und braunrother Kehle; die anderen (E. claciälis und E. arcti- cus) ſchwarz mit Reihen von gitterförmigen weißen Flecken auf dem Rücken oder den Schultern. Der erſte und dritte kommen alle Herbſte und Winter, der zweite faſt nie, auf die eisfreien Stellen unſerer Flüße. [s 194. Von ähnlich geſtalteten Schwimmpögeln ohne Schnabelzähne mit drei Zehen und ſehr kurzen Schwänzen giebt es mehrere Gattungen; aber wohl gleichfalls bloß im hohen und gemäßigten Norden unſerer Erd— halbkugel, und ſtets nur am Meere. Die Nahrung der meiſten beſteht ledig— lich in Fiſchen. Alle ſind einander in der Färbung ähnlich: oben bräunlich, oder ſchieferſchwarz; unten und zum Theil auf den Flügeldeckfedern weiß. Sie niſten auf Felſen, und müſſen ihren Jungen lange Zeit hindurch Futter zutragen: weil dieſelben anfangs mit langer, dichter Wolle bedeckt ſind, die Waſſer zieht, ſo daß ſie erſt im Federkleide ſchwimmen lernen. Hierin glei— chen ſie alſo wieder jenen der pelikanartigen Vögel. Unter dem Waſſer ge— brauchen fie nicht bloß die Füße als Ruder, ſondern auch die Flügel: indem ſie ſich durch Schlagen mit denſelben weiter helfen. Die Lummen oder Spitztaucher (Uria) find dem Anſehen nach faſt Sees taucher im Kleinen. Sie haben theils 1, theils 2 Eier, die von einer verhältniß— mäßig ungeheueren Größe ſind, (bei der erſten Art, die am Körper kaum eine recht ſtarke Taube übertrifft, nicht viel kleiner, als das Ei einer Gans!) und legen ſelbe auf die nackten Klippen.) So die dumme und Gryll-L. (U. troile und U. grylle.) Ebenſo niſtet der kleine Krabbentaucher, (Mergülus alle,) der ſich haupt: ſächlich von kleinen Krebſen nährt, mit kurzem, dickem, oben mehr gebogenem Schnabel. Er ſchaart ſich, gleich den vorigen, bisweilen zu ungeheueren Zügen zuſammen, hat aber 2 Brüteflecke, obwohl er nur ein Ei legt. Daſſelbe iſt der Fall bei den Larventauchern, (Mormon,) die auch Papas geitaucher und Seepapageien heißen. Sie haben nämlich einen höchſt ſonderbaren, ſchmalen und ſehr hohen Schnabel mit ſchrägen, bogenartig gekrümmten Furchen und Erhabenheiten, von hochrother und graublauer Farbe, mit einer dehnbaren, geſchwollenen Haut am Mundwinkel; ferner geſchwollene Augenlider, zart hellgraue Backen und rothe Füße. Mit Hülfe ihrer ſcharfen Krallen und des Schnabels bereiten fie ſich ellenlange Brutröhren in die Dammerde der Uferfelſen. Der eigentliche, kleinere, oder Tord-Alk (Alca torda) hat einen minder auffallenden, obwohl fonft ähnlichen, nur nicht fo hohen und weniger zuſammen— gedrückten Schnabel mit weniger auffallenden Furchen und von ſchwarzer Farbe mit weißlichen Streifen. Auch beſitzt er zugleich ein ſchwarzes Geſicht, ſtimmt aber fonft wieder überein. Ebenſo, wie feine bisherigen Verwandten, fliegt er aus ßer der Brutzeit wenig, während derſelben aber weit mehr und ſchnell. „) Vordem wollte man behaupten: beim Legen komme das Ei mit einer klebrigen, zaͤ⸗ hen Flüßigkeit überzogen zum Vorſcheine, vermöge deren es an den Felſen feſtklebe, ſo daß es nicht herabrollen und ſich zerſchlagen, eder ins Meer fallen könne. Dann würde aber das, ſonſt überall nöthige, öftere Umwenden deſſelben (ſ. S. 186) nicht erfolgen können; und doch ſcheint dieſes gerade hier wegen der ungewöhnlichen Große der Eier zum allſei⸗ tigen Durchwärmen derſelben doppelt nothwendig! — b) kurzfluͤgelige: ohne Schwungfedern. 475 Dagegen kann der, ihm ſonſt ähnliche, große Alk oder nordiſche Pinguin, (Alca impennis,) der größer als eine Gans iſt, mit einem großen, weißen Flecke vor jedem Auge, ſchon ganz und gar nicht mehr fliegen: weil ſeine Flügel, obwohl noch mit Schwungfedern verſehen, doch gar zu klein ſind. Denn ſie über— treffen an Größe kaum die einer großen Droſſel. Er verdient daher ohne Zweifel eine Trennung als ſelbſtändige Gattung, die hiernach Schwimm-Alk (Mataeo— ptéra) heißen könnte, und vertritt für den Norden offenbar die Stelle der Pin— guine. Gleich dieſen kriecht er gewöhnlich nur ans Land, um hier auf Scheeren oder kleinen Inſeln zu brüten. Aber wegen ſeiner Unbehülflichkeit hierbei iſt er ſchon früher ſo hart verfolgt worden, daß er ſelbſt um Grönland ſelten geworden und um Island ſchon beinahe ganz vertilgt iſt, im übrigen nördlichſten Europa aber wohl kaum noch irgendwo zu finden ſein dürfte. — Den wenigen, noch übrigen kurzflügeligen Schwimmvögeln, oder der fg 195. Zten Zunft: den wunderlichen Pinguinen, gewöhnlich unter dem Namen Fettgänſe bekannt, fehlen die Schwungfedern ganz. Ihre Flügel, mit ſehr kurzen, feſten, ſchuppenähnlichen Federchen bedeckt, ſehen den vorderen Floſſenfüßen der meiſten ſüdlichen Robben ähnlich. Auch dienen in der That fie ihnen hauptſächlich zum Schwimmen. *) Sie nützen ihnen hierbei wahrſcheinlich weit mehr, als die, nicht eben großen, ganz nach hinten gerückten, ſehr kurzen und ungemein dicken, vierzehigen Füße. Denn dieſe ſcheinen, nebſt den ganz ſchmalen, ziemlich langen, fiſch— beinähnlich- harten, rinnenförmigen Schwanzfedern, mehr die Stelle eines Steuerruders zu vertreten. Das ſehr kurze übrige Gefieder, oben ſchiefer— oder ſchwarzgrau, am Bauche weiß, iſt gleichſam eine Mittelbildung zwiſchen Vogelfedern, Amphibienſchuppen und Robbenhaar. Der ganzen Geſtalt nach möchte man die ſeltſamen Thiere überhaupt eher für Seehunde mit Schnä— beln, als für Vögel anſehen. Auch ſinken ſie beim Schwimmen mindeſtens eben ſo tief ein, wie die Robben: indem ſie gewöhnlich bloß mit dem Kopfe und Halſe ſichtbar werden. Sie ſind das ausſchließliche Eigenthum der ſo waſſerreichen, ſüdlichen Erdhalbkugel, vom Polarkreiſe an bis herauf gegen den Wendekreis. Dort irren ſie außer der Brütezeit oft faſt unglaublich weit vom Lande im Meere umher, wie die Fregattvögel über demſelben. Aufs Trockne zurückgekehrt, hüpfen fie in ſehr aufrechter Stellung und mit Hülfe des Schwanzes müh— ſam zu ihren Niſtplätzen, um an flachen, begrafeten Ufern in geringer Ent» fernung vom Waſſer zu brüten. Deßhalb haben die engliſchen Matroſen der größten Art, dem Rieſenpinguine, (Aptenodßtes patagonicus,) mit langem, dünnem, faſt geradem Schnabel, ſchwärzlichem Oberkopfe und feurig gelbrothem Vorderhalſe, den Namen „ſpringender Hans“ gegeben. Bei den Haubenpinguinen, z. B. dem gelbhaubigen, (Catarrhactes ) Schwammen doch auch die dreizehigen Kurzflügler mit Schwungfedern gleichfalls ſchon wit Beihülfe der Flügel, ſobald ſie untergetaucht waren. Es bleibt alſo nur ein ganz angemeſſenes Fortſchreiten auf demſelben Wege, wenn die Pinguine, die regelmäßig fo tief eingetaucht ſchwimmen, daß ſich ihre Flügel fortwährend im Waſſer befinden, die: ſelben auch fortwährend zum Schwimmen anwenden. 476 Nachträge. 1 iſt der Schnabel dick, etwas zuſammengedrückt, und an der Spitze gebogen. Beim Brillenpinguine (Dypsicles; Spheniscus II] demersus) erſcheint derſelbe ſtark zuſammengedrückt, mit faſt hakiger Spitze. Nachträge. Zu Seite 78. Im Freien mag der Igel allerdings ſelten, vielleicht nie, dazu kommen, gif tige Pflanzenſtoffe (natürliche Pflanzengifte) zu verzehren, oder, wenn es geſchieht, auch gegen ihre Wirkungen geſichert ſein. Unter den künſtlich bereiteten tödtet ihn jedoch z. B. Blauſäure: und zwar eben ſo ſchnell, als ſicher, ſobald ſie nur ſtark genug (concentrirt) iſt. Ebenſo mag bei der Wirkung oder Nichtwirkung minera⸗ liſcher Gifte gleichfalls die Beſchaffenheit derſelben ſehr in Betracht kommen. Zu Seite 102. Bei der bekannten Schwäche ihres Geſichts, (die eigentlich jedoch mehr eine beſondere Empfindlichkeit gegen das helle Tageslicht zu ſein ſcheint,) müſſen ſich die Hafen, nächſt ihrem feinen Gehöre, ſtets um fo mehr auf ihren ſcharfen Ge— ruch verlaſſen. Dieſerhalb ſind ihre Naſe und Lippen ſehr häufig in ſchnüffelnder Bewegung begriffen: was dann faſt ſo ausſieht, als ob ſie an einem, im Munde befindlichen Gegenſtande nagten oder kauten. Dieß hat, da es ſehr häufig auch dann Statt findet, wenn ſie nicht freſſen, ehemals die Meinung erregt, daß ſie wiederkauten! — Zu Seite 133. Erſt kürzlich hat Jemand, mit der Aufforderung zu weitererer Prüfung, die höchſt überraſchende Bemerkung veröffentlicht, daß die Wiederkäuer gar nicht zu ſchlafen ſchienen: da wenigſtens die Hausthiere aus dieſer Ordnung dieß nie zu thun ſcheinen. Und in der That hat Niemand dieſer Erfahrung widerſprochen. Vielmehr haben ſowohl Landwirthe, als Thierärzte, in Uebereinſtimmung damit verſichert: daß ſie ſich nicht erinnerten, je Rinder, Schafe, oder Ziegen ſchlafend gefunden zu haben. Und doch ſcheint ein wirk— liches, gänzliches Entbehren des Schlafes gar zu grell gegen die Geſetze aller thieriſchen Organiſation zu ſtreiten, die, fo viel man weiß, allen Geſchöpfen, auch den lebhafteſten, eine wiederholte vollkommene, körperliche und geiſtige, mit Bewußtloſigkeit verbundene Ruhe unentbehrlich macht. Nun gehören zwar die meiſten Wiederkäuer ohnehin zu denjenigen Thieren, welche überhaupt viel und lange ruhen: und namentlich geſchieht eben das Wiederkäuen bloß dann. Gleichwohl bleibt eine völlige Schlafloſigkeit, als Widerſpruch gegen eine ſonſt allgemeine Regel, auch bei ihnen faſt undenkbar. Demnach ſcheint es wohl ſehr natürlich, anzunehmen: daß dieſelbe Unwillkührlichkeit, welche auch ſonſt Nachtraͤge. 477 ſchon einen Hauptzug der Thaͤtigkeit des Magens und der übrigen Verdau— ungswerkzeuge ausmacht, und welche ſich hier wegen der eigenthümlichen Einrichtung des Magens ohnehin bereits mit auf den Schlund erſtreckt, ſich hier in gewiſſem Grade auch mit auf die kauende Bewegung der Kiefer aus— dehnen möge; daß alſo dieſe Thiere, mit Einem Worte, im ruhenden Zur ſtande, in welchem allein ja das Wiederkäuen Statt findet, den aufgeſtoßenen Futterballen neuerdings zerkauen können, ohne daß Letzteres übrigens den Zu— ſtand eines zwar leiſen, aber doch wirklichen Schlafes ſtört oder gar aufhebt. Dafür würde dann auch die, gewiß eben ſo feſt ſtehende Erfahrung ſprechen: daß junge Thiere dieſer Ordnung, welche noch nicht freſſen und daher auch noch nicht wiederkauen, ganz gewiß, und zwar ſehr häuſig, ſchla— fen. *) Demnach würden alſo die Neigung, wiederzukauen, und die Faͤhig— keit oder Gewohnheit, während dieſer, größten Theils unwillkührlich gewor— denen Verrichtung doch im Zuſtande des Schlafes zu verharren, ſich gleichzeitig entwickeln. L*) Dieſer Schlaf mag immerhin fo leiſe fein, daß man keinem ſolchen Thiere nahen kann, ohne daſſelbe aufzuwecken; er würde aber darum nichtsdeſtoweniger immer noch Schlaf bleiben. Ein eben ſo leichtes Erwachen findet ja bekanntlich auch bei vielen anderen Säugethieren Statt; und ſchon Linné macht die, eben ſo auffallende, als richtige Bemerkung: daß z. B. die Hunde, wenigſtens ſehr häufig, im Schlafe noch ſchärfer hören, als wachend. Zu Seite 219. Als der kleinſte und wohl auch der ſchönſte Seeadler gilt der indiſche. (Falco pondiceriänus.) Er iſt kleiner als unſere Milane, und von herrlich kaſta— nienbrauner oder faſt braunrother Färbung, mit ſchneeweißem (in der Jugend perl— farbigem) Kopfe. Die Braminen haben ihn ihrem Gotte Wiſchnu geheiligt. 5 i Zu Seite 336 c. Da nur die Eisvögel, Bienenfreſſer und Motmot's von allen übrigen Landvögeln durch den Beſitz einer nackten Stelle über der Ferſe ab- weichen, während ſelbſt die verwandten Calao's und die übrigen, nicht in Erdhöhlen brütenden Heftzeher wieder der allgemeinen Regel folgen; ſo wird es immer wahrſcheinlicher, daß jene Ausnahme mit ihrem Brüten und Schlafen in Erdhöhlen und mit der Gewohnheit, hier ſo oft rückwärts aus— oder einzukriechen, in nächſter, urſächlicher Beziehung ſtehe. Ende des erſten Bandes. — 8 — „) Eine Beobachtung, hinſichtlich deren wir uns gewiß unbedenklich auf die gleich Erfahrung aller Landwirthe an Saugkälbern und jungen Lämmern berufen dürfen. Auch ſcheint es hierbei nicht bloß erlaubt, ſondern ſogar billig, zu erwaͤhnen: daß ſchon das, ſehr gelungene Bild in Kaup's Thierreich, Band 1, S. 152, ein junges Reh ganz richtig in einer Lage darſtellt, welche auf einen wirklichen, vollkommenen Schlaf hindeutet. ) Auch Menſchen thun zuweilen in Folge langer Gewohnheit Eines oder das Andere, was ſonſt zu den willkürlichen Verrichtungen gehört, bewußtlos im Schlafe. Deutſches alphabetiſches Regiſter.“ A. Aasgeier, egypt. 236. Aaskrähe 271. Aasvögel 235. Abada 126. Abbagamba 335. Abendfalke. 213. Adler, neuholl. 217. Adlerähnliche V. 216. Adlereule 226. Adlerkrähe 274. Affen 32. — türfifcher 35. Aeffer 42. After 19. Afterflügel 175. Afterſpechtchen 199. Aftertaſche 72. Afterzehen 117. Agami 438. Aguti's 108. Aehrenſchweif 100. Ahu 141. Ai's 110. Alakdaga's 106. Albatroſſe 465. — rußfarbig. 465. — gruͤnſchnäbliger 465. Albino's 10, 31. Alexanderspapag. 192. Alimoche 236. Alk, eigentlicher 474. I— großer 475. Alpendohle 274. Alpenlerche 265. Alpenmurmelthier 91. Alpenſchneehuhn 401. Alpenſegler 353. Alpenſtrandläufer 425. Amandaven 257. Amazonenpapagei 191. *) In dieſem Regiſter, (deſſen Ambra 171. Ameiſendroſſeln 303. Ameiſenfreſſer 111. — gemähnter 111. Ameiſenigel 116. Ammerart. Vög. 261. Ammerfinken 256. Ammerlerchen 264. Ammern 262. Aemſenſcharrer 112. — kap'ſcher 112. Anarnack 170. Anatomie 5. Aeneas, ſurinam 82. Anfettung des Ge— fieders 179. Anhima 446. Anhinga's 459. Anorganiſch 4. Anta 123. Antilopen 152. Apar 113. Aragçari's 200. Arada-Droſſel 303. Araponga 320. Ara's 193. Araſittig, geradſchnä⸗ beliger. 193. Aratinga 192. Argali 150. Argusfaſan 389. Armadille 113. Armaffen 34. Art, Species 6. Arterien 16. Arumfreſſer 372. Aſſapan 90. Aſtrakan 151. Aetzen der Jungen 181. Auerfaſane 396. Auerhuhnbaſtarde 398. Auerhühner 380. Benennung Terminologie begriffene Ausdrucke zu geletzt. Die jedesmalige Zahl nennt die Seiten im Auerhühn. wahre 397. Auerochs 147. Augenbraunen 21. Augenbraunkno⸗ chen 21. Augenlider 21. Augen, rothe 10. Augenſproſſen 139 Augenſtern 20. Augenwimpern2t. Aura 236. Aus artung 10. Auſternfiſcher 436. — europ. 436. Averano 303. Axis-Hirſch 143. Ayam-Alas 387. Ayam-Bankiva 385. Aye-Aye 89. B. Barmundthiere 132. Babi-Ruſa 130. Bache 129. Bachſtelzen 295. — weiße 295. — gelbköpf. 296. Bachſtelzenartige Vö— gel 294. Backenſtachelthier 101. Backentaſchen, aͤu⸗ ßere 35. innere 35. Backenzähne 12. — — flalſche 52. Bali-Souar 58. Bankiva 385. Bären 53. — gemeiner 53. — grauer 54. — nordamerikan. 54. Barang's 75. Barbican's 195. Bärenart. Raubth. 32. Bärenmarder 55. Bärenrobbe 164. Baribal 54. Bartborſten 10. Barten 172. Bartenwale 172. Bartgeier 229. Bartkakatu's 194. Bartmeiſe 281. Bartvögel 194. Baſſansgans 459. Baſtarde 6. Batara's 289. Bauchhöhle 25. Bauchſpeichel 18. Baumente, amer. 270. Baumhacker 285. Baumhühner 372. — hockoähnl. 395. Baumkauz 226. Baumläufer 285. Baummaus 93. Baumpieper 297. Baumtauben 359. Behaarung. Behemoth 127. Behne 130. Bekaſſine 423. — gewöhnl. 423. — große 423. — kleine 423. Beluge 169. Bengali's 257. Benturong's 55. Bergfeldhuhn 392. Bergfink 254. Bergtapir 124. Bergtaube 367. Bergzebra 159. Beugemuskeln 19. Beuteldachſe 84. Be . 1 Anfertigung ich ebenſo, wie die des folgenden lateiniſchen, der Gefal⸗ ligkeit meines Freundes, des Herrn Gymnaſiallehrer Huber hierſelbſt, verdanke, ) find alle ewöhnli e erer Unterſcheidung mit geſperrter Schrift exte. ch unter der Gloger. Beutelknochen 81. Beutelm arder 83. Beutelmeiſe 281. Beutelratten 82. Beutelthiere 81. Beutel⸗Tupaja 83. Beutelwolf 82. Bewegung 4. Bewegungsorga— ne 5. Bezoare 132. Biber 98. Biberratte 98. Bienenfreſſer 339, 477. gelbkehl. 341. Bienenfreſſerartige Vö— gel 338. Birkenlaubvogel 314. Birkenzeiſig 250. Birkfuchs 65. Birkhuhn 396. Biſam 137. Biſamente 470. Biſamratte 77. Biſamrind 149. Biſamſchwein 130. Biſamſpitzmaus 77. Biſamſtier 149. Biſon, amerikan. 148. Blaſen, das, der Wale 168. Bläſſengans 468. Blättermagen 132. Blätterzähnige Schwimmvsgel 465. Blaufuchs 66. Blaukehlchen 308. Blaumeiſe 280. Blaurake 347. Blinddarm 18. Blindmaus 107. Blut 16. Blutadern 16. Blutfarbe 16. Bluthänfling 252. Blutſauger 51. Bobak 92. Bock 140. Bootſchwänze 261. Borkenthier 165. Borften 10. Borftenigel 78. Botanik 4. Brachlerche 298. Brachpieper 298. Brachvögel 429. — 9 5 430. — langſchnäbeli⸗ ger 430. Bracken 68. Brandente 469. Deutſches Regiſter. Brandfuchs 65. Brandmaus 94. Brand- (Brandungs⸗) Seeſchwalbe 463. Braunelle 267. Braunellenartige Voͤ— gel 267. Breitſchnäbel 324. weißköpf. 324. Breitſchwanz 192. Brieftauben 363. Brillenpinguin 476. Brüllaffe 40. Brunſtzeit 141. Bruſt 15. Bruſtbein 15. Bruſthöhle 15. Bruſtrippen 15. Brüten, das 186. Brütflecke 186. (Brütöfen 186.) Brütorgan 473. Buchfinken 253. Buckel 134. Buckelrind 146. Büffel 147. Büffelantilope 154. Bullenbeiſſer 69. Buntſpecht 198. Buſchrothſchwänzchen 307. Buſſaar 214. Buſſard, gemeiner 214. — rauchbeinig. 215. Butt'skopf 170. Butzkopf 170. C. Cabaſſu, kahlſchwänzi⸗ es 114. Cabril's 153. Cachelot 171. Cai's 41. Cai-té 41. Calao's 333, 335. Capitalhirſch 142. Capybara 107. Capy-igua 107. Caracara 438. Carakal 63. Carapé 404. Cariama 442. Caſſuwaris 452. Catraka 373. Cayopollin 82. Ceriema 442. Chata 405. Chemie 1. Chickarra 154. Chinchilla 101. Chitwa 55. Ghoacma 38. Churi, 453. Civetten 72. Civett-Hyäne 64. Coati's 55. Coöndu's 100. Colibri's 349. Colin's 391. Condor 235. Conepatl 58. Contourfedernt78. Cormorane 459. Corſak 66. Cotinga's 320. Croo 37. Cupidohuhn 396. Curuku's 201. D. Dachs, gemeiner 57. Dachshunde, hochbei⸗ nige 68. — kurzbeinige 68. Daman's 124. Damhirſch 143. Darm 18. Darmkanal 18. Daum 27. 5 Deckfedern der Fi: gel 175. — — des Schwan⸗ zes 175. Delphin 169. — gemeiner 169. mondfleck. 169. Delphinart. Wale 168. Desman's 77. kleiner 77. ruſſiſcher 77. Dickdarm 18. Dickfüße 435. — knarrender 436. Dickhäuter 117. Dinotherien 131. Diſtelzeiſig 251. Dodo 376. Dohle 273. Dominikaner 257. Doppelhornvogel 335. Doppelſporne 382. Dorndreher 288. Dorngrasmücke 315. Dörnling 315. Dornreich 315. Dreimondzähne 124. Dril 38. Dromedar 134. Drongo's 346, 347. Dronte 376. 479 Droſſelart. Vög. 300. Droſſeln, eigentl. 300. roſenfarb. 292. — vielſtimm 303. Dfiggetäi 158. Duc 37. Dudu 376. Dugong 166. Dujung 166. Dunen 173. Dunenſtoͤrche 417. afrifan. 418, aſiatiſch. 417. Dünndarm 18. Duruculi 42. E. Eber 129. Ech⸗Hermli 89. Echidna's 116. Eckfittig 175. Eckzähne 11. Edelfalken 210. Edelhirſch 141. Edelmarder 73. Eichelſchläfer 91. Eichhornäffchen 45. Eichhornaffe 42. Eichhörnchen 89. braſiliſches 89. fliegendes 90. gemeines 89. oſtindiſches 90. wahre 89. Eichhörnchenart. Nas ger 88. Eidechſenfänger 202. Eiderente 471. Eidergans 471. Einhorn 155. Einhufer 155. Einſchlafen der Glieder 20. Einzelweſen 6. Eisbär 64. Eiſenſperling 267. Eisente 471. Eisfuchs 66. Eismöve 461. Eisſturmvogel 464. Eisvögel 336, 477. europ. 336. Eisvogelartige V. 335. Elch 143. Elenn 143. Elennthier 143. Elephant, afrikaniſcher 120. — aſiatiſcher 120. 480 Elephantenartige Th. 117 Elephantenrobbe 163. Elfenbeinmöve 461. Elfenbein 120. Elſtern 275. Emeu 452. Emgallo 131. Emu 453. Encoubert 112. Enden, Geweih- 139. Enten, eigentl. 468. — gemeine 469. — türfifche 470. Entenartige Vög. 465. Entenſchnabelthier 115 Ententaucher 471. Entwickelung 14. Erbſenmaus 94. Erdeichhörnchen 90. Erdeule 226. Erdfink 254. Erdniſter 242. Erdſänger 307. Erdſittich 193. Erdſpecht 198. Erdtäubchen 367. Erdtauben 360. Erdwolf 64. Erdwühler 95. Erlenzeiſig 250. Eſel, gemeiner 158. Eulenart. Raubv. 221. Excremente 18. F. Fahne d. Federn 178. Falk, isländiſcher 210. — weißer 210. Falkenähnl. Vög. 229. Falkenart. Vög. 209. Faltenmagen 132. Faltenwal 174. Familie 6. Farbenwechſel der Federn 182. der Haare 9. Faſane 387. — gemeiner 388. — langſchwänz. 389. Fäſerchen 179. Faſern 178. Faulaffe 43. Faulthier 109. Faulthiertödter 219. Fauſthuhn 405. Federbuſchreiher 412. Federbuſchträger 382. — ſchwarzer 382. Federfluren 178. Deutſches Regiſtet. Federn 175, 178. Federraine 178. Feldhirſch 140. Feldhühner 391, 92. Feldlerche 265. Feldmaus 94, 95. Feldſpecht 198. Feldſperling 256. Feldtauben 362. Felſendachſe 124. Felſenhähne 332. — braſilian. 333. Felſenpieper 297. Felſenſchlüpfer 124. Felſenſchwalbe 328. — — große 353. Felstaube 364. Fennek 66. Fenſterſchwalbe 329. Ferſe 188. Fettgänſe 475. Fettmagen 15. Fichtenfink 250. Fichtenkreuzſchn. 248. Filzmacher 243. Finger 14. Fingerflatterer 85. Fingerläufer 58. Fingerthier 89. Finken, eigentl. 253. gemeiner 253. Finkenartige Vögel 246, 251. Finkenhabicht 212. Finnfiſch 174. Fiſchadler 219. Fiſchbein 172. Fiſchottern 75. Fiſchthran 174. Fitislaubvogel 314. Flaggen-Drongo 347. Flamingo 444. indiſcher 445. Flattereichhörnchen 90. Flatterhaut 85. Flaumfedern 178. Flaumſtörche 417. Fledermäuſe 50. großohrige 50. kurzmäulige 50. rattenartige 50. Flederthiere 47. Fleiſch 19. Fleiſcherhund 69. Fleiſchfreſſer 52. Fliegenfänger 324. — gefleckter 324. — Fliegmaki 46. Florſchweif 282. rothkehlig. 324. Fliegenvoͤgel 349, 351. Floſſen 160. Flüevogel 267. Flügel 175. Flügelbugfedern 175 Flügelhals 696. Flughäute 46. Flughühner 405. ſpießſchwänzi⸗ ges 405. Fluhvogel 267. Flußpferd 127. Flußrohrſänger 299. Flußthier 127. Focke 411. Frankoline 391. gehäubter 391. Fratzenvogel 206. Fregattvögel 458. Frettchen 74. Friſchlinge 129. Frühlings mauſer 184. Fuchs, gemeiner 65. ſchwarzer 65. Fuchsaffen 43. Fuchsenten 469. — gelbrothe 469. Fuchsfrette 72. Fuchsſchwanzaffen 41. Fußblatt 15. Fußrücken 15. Fußſohle 15. Fuß wurzel 15. G. Gabelhoͤrner 153. Gabelkraller 97. Gabeln 139. Gabelſchwanzhuhn 387 Gabelſtelzen 297. Gabelweihe 213. Gabler 142. Galago's 44. Galle 18. Gallenblaſc 18. Gallengang 18. Ganga's 405. Gänſe 467. — chinefifche 468. — gemeine 468. — weißwangige 468. Gänſeart. Vög. 465. Gargatan 126. Gartenammer 263. Gartengrasmücke 316. Garten-Rothſchwaͤnz⸗ chen 307. Gartenſchläfer 91. Gattung 6. Gaumenzahn 170. f Gazellen, eigentl. 154. — gemeine 155. Gazellenart. Th. 152. Gebirgsbachſtelze 296. Gefühlsſinn 20. Gegliedert 5. Gehirn 20. Geier, grauer 233. — ſchwarzer 235. — weisköpf. 233. Geieradler 229. Geierart. Vög. 233. Geierkönig 235. Geierrabe 274. Gelenkköpfe 15. Gemſe 153. Genetten 72. Geruch 22. Geruchsnerven⸗ haut 22. Geſäßſchwielen 83 Geſchlecht 6. Geſchmack 23. Geſichtsſinn 20. Geſpenſtgeſicht 51. Geſpenſtthier 44. Geweihe 138. Gewölle 209. Gewürztaube 359. Giarolen 432. Gibbon's 34. Gilbvögel 261. Gimpel 252. Giraffe 137. Glanzdroſſeln 304. laſur 11. Gliederlos 5. Gliederthiere 5. Gliedmaßen 5, 14. Glockenvögel 304. Gnu's 149. Goldammer 263. Goldfaſan 389. Goldhähnchen 82. feuerköpf. 283. gelbköpf. 283. Goldkuckuke 206. Goldmaulwürfe 80. Goldregenpfeifer 434. Goldwolf 67. Golok 35. Göttervogel 344. Gouan's 372. Grämler 49. Grampus 170. Grannen 8. Grasmücken 314. 7 re Grauammer 263. Graugans 468. Grauſpecht 198. Grauwerk 90. Greifſchwänze 39. Griele 435. Grimmdarm 19. Griſon 56. Großfußhühner 375. Großkrallenthier 111. Grünbein 427. Grund wolle 8. Grünhänfling 252. Grünſpecht 198. Gryll⸗Lumme 474. Guanacko 135. Guariba 40. Guaruba 192. Guazu-bira 140. Guepard, gemähnt. 63 gemeiner 63. Guereza 38. Guerlinguet's 89. Guira-punga 321. Guͤrtelthiere 113. H. Haare 8. — ihr Nutzen 26. Haarwechſel 8. Haarwimpern 98. Haarzüngler 192. Habichte 211. Habichtsadler 217. Habichtseule 224. Häher 275. — gemeiner 276. — rothſchwänz. 276. Häherkuckuke 203. Hahnenfedertaube 367. Hahnenſchweif 325. Hahntaube, nicobari⸗ ſche 367. Haidelerche 266. Hakengare 216. Hakenfink 250. Halbaffen 42. Halbblutpferde 137. Halbhufer 107. Hals 14. Halsband⸗Fliegenfaͤn⸗ ger 324. Halsband⸗Giarol 432. Hamſter, gemeiner 96. Hände 32. Händemaus 93. Händethier 83. Händetrinker 41. Handgelenk 18. Handrücken 14. Deutſches Regiſter. Handteller 14. Handwurzel 14. Hänflinge 251. Hans, ſpringender 475. Harlekinente 471. Harmonie in der Pflanzen- und Thierwelt 24. Harnblaſe 19. Haroya 130. Harpyjen 49. Harpyjenadler 219. Hartſchnäbelige Sing» vögel 245. Haſen 102. — braſiliſcher 104. — gemeiner 103. Haſelhühner 395. — gemeines 395. trommelndes 5 95. Haſelmaus 91. Haſelſchläfer 91. Haſenartige Th. 101. Haſenmäuſe 101. Haube (Magen) 132. Haubendroſſeln 318. Saen 385. Haubenlerche 266. Haubenmeiſe 280. Haubenpinguin 475. Hauer 11, 129. Hauptgruppen 5. Haupthufe 117. Hauptmagen 132. Hausente 470. Haushühner 384. Haushund 67. Hauskatze 61. Hausmarder 73. Hausmaus 94. — Hausratte 91. Hausrind 146. Hausrothſchwanz 307. Hausſperling 255. Haustauben 361. Hausziege 152. Häute 26. Hauzähne 11. Heckenſperling 267. Heerſchnepfe 424. Heideſchnucken 151. Helmhuhn 390. Helmſtorch 417. Henkersknecht 320. Hepunaruh 85. Hermelin 74. Herzkammer 8. Herznaſe 51. Hetzhund 69. Heuſchreckenfreſſer 292 Gloger, allgem, Naturgeſchichte. N Heuſchreckenvoͤgelchen 129. Hinterglieder 24. Hintergliedmaßen 4 Hippopotamus 127. Hippopotamusartige Thiere 126. Hirſche, eigentl. 141. — gemeiner 141. — langohriger 140. — langſchwänz. 140. — oſtindiſcher 140. — virginiſcher 140. Hirſchartige Th. 138. Hirſcheber 130. Hirſchkameele 135. Hirſchkatze 63. Hirſchluchs 63. Hirſchthränen 139. Hirtenhund 70. Hirtenvögel 292. — vogel 446. Hoatzin 372, 373. Hochzeitskleid 180. Höcker 134. Höckerſchnabeltaube 360 Höckerſchwan 466. Hocko's 373. Höhlenbären 54. Höhlenbrüter 242. Höhlen-Enten 468. 0 364. Holztaube 364. Honigbuſſarde 215. Honigdachſe 57. Honigſauger 186. Honigweiſer 202. Hordenvögel 259. Hören 21. Hörner, Gebrauch der Hörner 26. Horneule 227. Hornmaſſe 172. Hornrachen 333. Hornvögel 333. Hornzapfen 145. Horſten 211. Houlmann 26. Hufeiſennaſen 47. Hufnager 107. Hüfte 14. Hufthiere 116. Hügelzähne 124. Hühner 368. — federfüßige 385. — paduaniſche 386. — zahme 385. Hühnerhabicht 212. Hühnerhund 68. Hühnertauben 367. 481 Huhntaucher 473. Hündchen, türk. 69. Hunde 71. — fliegende 47 u. 49. — verwilderte (wil⸗ de) 71. Hundeartige Th. 64. Hundsköpfe 38. Hundszaͤhne 12,52. Hunger 19. Huͤpfer 106. Hyänen 64. braune 64. gefleckte 64. x geſtreifte 64. Hyänenartige Th. 63. Hyänenwolf 71. J. Ibiſſe 418. — gehelmter 419. — kupferrother 419. — ſcharlachrother — warziger 419. — weißer der Ae⸗ gypter 419. Ichneumon's 72. Igel 77 u. 476. — europäiſcher 78. — großohriger 78. Iltis, gemeiner 73. Immenwoölfe 339. Individuen 6. Indri 43. Inia 167. Inſekten⸗Raubth. 76. Inſeparables 192. Inſtinct 27. Iris 21. J. Jabiru's 417. Jacamar's 201. Jagdfalke 210. Jagdhunde 68. Jagdpanther 63. Jaguar 60. Jaguarundi 61. Jahana 447 Jak 147. Jako 191. Jaku 372. Järf 56. Saflana 447. Jerboa's 105. Jubarte 174. Jugendkleid 180. 32 482 Jungfer, numidiſchs 439 Jungfernkrauich 438. — ſüdaſtat. 439. K. Kahau 36. Kahnſchnabel 420. Kakatu's, eigentliche 198.4, Kakerlaken 10 u. 31. Kalanderlerche 264. Kalb 141. Kälberluchs 63. Kalekute 380. Kaltblütige Th. 6. Kalubu's 84. Kameele 133. Kameelpardel 137. Kamiſchi 446. Kammhühner 384. — ſonneratſches 387. Kamouche 446. Kampfhahn 428. Kanarienvogel 252. Känguruh's 86. Känguruhratte 87. Kaninchen, angoriſches 104. — langſchwänzi⸗ ges! 101. Kapaunen 385. Kappenvogel 468. Kapuzineraffe 41. Kardinal 257. Kaſchemirziege 152. Kaſuare 452. — gehelmter 452. — neuholländiſcher 452. — ſchwarzer 452. Katzen 59. — angoriſche 62. — gefleckte 60. — zartpfötige 61. Katzenfrette 72. Kaulhühner 385. Käuzchen 225. Käuze 225. Kaziken 261. Kegelſchnäbler 348. Kehlkopf, oberer, unterer 16. Kehllappentaube 367. Kehlwamme 146. Keilhaken, kleiner 430. Keilſchwanztaube 360 u. 366. kap'ſche 367. Deutſches Register. Kernbeiſſer, gem. 253. Kibitze 433. — amerikaniſch. 434. — europäiſcher 433. — gehäubter 433. — gemeiner 433. Kiefer⸗Kreuzſchnabel 247. Kiel der Federn 175. Kinkajou 55. Kiodot 49. Kirſchkernbeiſſer 253. Kiwi-kiwi 376. Klaffſchnäbel 416. mittelafrifants ſcher 417. Klammeraffen 40. Klammerfüße 40. Klammervögel 348. Klappenſchwanz 50. Klappmütze 163. Klaſſen 7. Kleiber 283. Kleideraffen 37. Kleiſterer 242. Kletterfüße! 188. Klettermaus 92. Klippdaſſen 124. Klippenrepphuhn 392. Klipp ſchliefer 124. Klippſpringer 154. Kluthühner 385. Knäckente 470. Knie 15. Kniekehle 15. Knieſcheibe 15. Knöchel 15. Knochen 5. Knochennaht 11. Knochenthiere 5. Koala 85. Kohlmeiſe 279. Kolkrabe 270. Königsadler 217. Königsfiſcher 335. Koͤnigs⸗Paradiesvogel 344. Königsſpecht 198. Königstiger 60. Kopf 14. Korbflechter 242. Körnerfrefiende Voͤgel 245. Kornweihe 216. Krabbenfreſſer 420. Krabbenſtecher 338. Krabbentaucher 474. Kragenente 471. Kragengeier 234. Kragenhaſelhuhn 395. Kragentrappen 442. Kraͤhen, gemeine 271. Krähenartige Vogel 268 Kralleniltis 74. Krallenthiere 108. Krametsvogel 302. e Vögel 7 37. Kraniche, eigentl. 439. grauer 439. — Kranichgeier 231. Krauſengeier 234. Krebsotter 74. Kreislauf des Blu⸗ tes 16. Kreuzfuchs 65. Kreuzſchnäbel 247. — weißbindiger 248. Krickente 470. Krone der Zähne 12. Kronenkraniche 438. Kronentaube 367. Kropfgänſe 460. Kropfſtörche 417. Kropftauben 362. Krummdarm 18. Krüppler 110. Kuckuke, eigentl. 203. gemeiner 205. Kuckuksartige V. 201. Kugelbauer 243. Kugelthier 113. Kuguar 60. Kuhfink 203. u. 260. Kuhſtelzen 296. Kuhvogel 260. Kuiraßthier 113. Kulan 158. Kunſttriebe 29 und 184. — der Vogel 241. Kuskus 84. Kuttengeier 234. L. - Labmagen 132. Lachmöve 461. Lachſeeſchwalbe 462. Lachſteinſchmätzer 306. Lachtaube 365. Lamantin's 167. Lämmergeier 229. Landbär 53. Landvsgel 188. anomale 330. Langbein 44. Lanzenthiere 100. Lappenfuß 431. Lappentaucher 472. Larventgucher 474. Latſchfüße 362. Latſchhühner 388. Lanbvoͤgelchen 314. Läufer 443. — iſabellfarbiger 443 Laufhühner 403. Leben 4. Lebendig 4 Leber 18. Leblos 4. Leder 26. Leerdarm 18. Lefzenbär 54. Leiernaſen 51. Leierſchwanz 374. Lemminge 96. — norwegiſcher 97. Lendenwirbel 15. Leopard 61. Lerchen, eigentl. 265. Lerchenartige Vogel 264 Lerchenfalke 211. Lerchenhuhn 404. Lerchenſporner 262. Llama 135. Loch-Enten 469. Löffelenten 470. — neuholländiſche 470. Löffelveiher 420. gemeiner 420. — roſenroth. 421. Löffler 420. Lophiodonten 124. Lori, Säugethier 43. Lori's, Vogel 193. Lowando 39. Löwen, amerikan.! 60. — gemeiner 59. Löwenäffchen 45. Löwenrobbe 164. Luchſe 62. Lückenzähne 52. Luen 389. Luftröhre 15. Luftſpringer 85. Lummen 474. dumme 474. Lungen 15. M. Macaco's 35. Madenfreſſer 201. Ma gen 18. — getheilter d. Wieder käuer 137. - \ I sei Ja Deutſches Regiſter. ; 483 Magen, der fürs Meerſtrandlaͤufer 425. Nachteisvoͤgel 338. Noddi's 463. nerfreſſenden Mehrhufer 117 N 5 ] r 117. achteulen 225. N Brei | Mag en 97755 e eigenfl, 279. Nachtigallen 309. 924 nn Maget 35. . Me un V. 278. — kleine 309. Nörz 74. Maguari 446 M iſenwürger 289. Nächtlinge 50. Nußhacker 277 Mähnenrobbe 164 Menk 74. eh el | > 74. x achtſchwalben 334. ie ABO i nn 325. Den 464. O. Matis 44. . 7. acktkopf 321. Maleahrs 20 Mine 213 Race e Sen Main K ie 5 tagel 46 erfedern 178. e ee 8 a 5 Nagelglied 15. Oberhaare 8. 8 Milch a raun. 213 Nagelſcheiden 58. Oberſchenkel 14. Manakin's 332 1 Page . Mane 5 1175 2 Nagevögel 201. Ochs 147. Mandela 548. Milch zahn e 12. Nanbus 483 „ ie 1 pn Nandu's 453. Oeldrüſe, der Voͤ⸗ ande 1 5 . Narpal 170. gel 179. Mangabei 36. Made 255 Raſe 22. Ofenbauer 304. Manguſten 72. Minirſch walben 328 A e Cf ee eit d Bikanzene Nonaga 105 Naſenſcheidewand Ohrdeckel 48. u. Thierwelt 24. Miſteldroſſel 300 i 3 Mantelmöve 461. Mitu's 373. e e Manucoduata 344. Mitu-poran: a 373 Eee De Mapurite 83. M „ San Marder 72. 99 9 103. N Th. 124. Ohreulen 227. Marmotte 92. Mohren 5 ze 955 aneh e Maslenſchwein 129. 1 8 erche 264. Na 125. Ohrmuſcheln 21. Maſtbarm 18. 5 0 = 49. ſtashornvögel 333 u. Ohrrobbe 163. Matti) 175. au Haber 2a4, 236. 1 334. Olimsthiere 124. WW Mauerſchwalben 352. 3 108: an & a = — Agehäubte 353, 9 335. Na ns ie Opoſſum 82. — große 358. EL 1 ung 2. Orang-Outang 34. Mauleſel 158 en hneehuhn 400. — forſcher 2. Ordnungen 7. Maulthier 158. er ein Nat A Maulwurf 79. Nofehusthi 5 Raturgeſchi 402. San Maulwurſsmäuſe 106. 2 5 je 136. a eee 2. Organiſation 4. Maur e 105 a 55 39 u. 477. = unde 2. Organiſirt 4. 15 5 gemeine 93. Tre . wandte a. a ER 1 käuſeaar 214. eizehi Natur ö ee ee e mee 40 Rat iri, , © Drsnsssek Mäuſefalke 214 — weißgraue 461. 995 575 ich 2. — weißer 154. Mauſer 214. Nuflon 149. Naturwiffen 3 Mauſern, das 179. Mular's 172. i P Mausmaki 44. Mullwurf 80. 17 0 f Mayba 124. Mullwurfsmauſe 106. Mebelkrähe 271. Paarzeher 188 Mane 1 Mun Mebenzehen 7. Maarzehig 18. Meerelſter 436 Durmelthiere € | Neger ahn 396 Pale 135 5 3 91. 95 7 9 386. Pako 135. 6 36. tufafrefier 207. erven 19. Paläotherien 124. — Bei 36. Muſikanten 259 Nefter der Vögel Palmenbär 53. Meermädchen 160. er 3 Ae figeft 5 e ee e 22 hühnchen 45. 55 gefieder 180. Pampas⸗Haſe 101. Meerſchwalben 462 Mugen 1 Neulädter r . — ützenaffe 37. Ane 287. Pangoline 112. 7” 15 2 5 ewfoundländer 69. Panſen 132. — ſchwarze 463 nr Fe m Papagel ei . 480 r 2 a i . apageiartige V. 180. Messe ene 17 92 Race 130. Nimmerſatte 418. Papageifink 9249. h achtaffen 42. Niſſer 70. Papageitaucher 474. 32 * 484 Paradies⸗Fliegenfän⸗ ger 325. Paradieskraniche 438. Paradiesvögel 343. — gemeiner 346. — kleiner 346. — rother 346. Parforge-Hunde 68. Parkite 192. Parraqua 373. Pauxi's 373. Paviane 38. Pekari's 130. Pelikane 459. — gemeiner 460. — krausköpf. 460. — ſchwarzer 459. Pelikanart. Vög. 457. Pelz 8. Pelzflatterer 46. Pelzwerk 26. Periſtaltiſche Be⸗ wegung 18. Perlen der Hirſchge⸗ weihe 129. Perleule 226. Perlhühner 402. — gehäubtes 402. gehelmtes 402. — nordafrikani⸗ ſches 402. Perruche 192. Peruaska 74. Perückentaube 361. Peters⸗Vögel. 361. Petrelle 361. Pfauen 382. — ährenhaubiger — tibetaniſcher 382. — zweiſporniger 382 Pfauencuruku 201. Pfauenkranich 438. Pfauentauben 361. Pfauentinamu 404. Pfeifente 470. Pfeifhaſen 104. Pfeilſchwänze 192. Pfeilſchwanzſittig 192. Pferd 156. Pferdethiere 156. Pflanzenkunde 4. Pflanzenmäher 257. Pflanzliche Orga⸗ ne bei Thieren 5. Pfoten 52. Phalanger 85. Pharaonsratze 72. Phyſik 1. Phyſiographie 1. 0 Phyſiologie 5. Deutſches Re giſter. Pieper 297. Pilgrimsfalke 210. Pinchaque 124. Pinguine 475. — nordiſcher 475. Pioho's 319. Pirolartige Vög. 317. Pirole, europ. 322. Piſangfreſſer 207. Plattfüße 27. Plattmönch 316. Plattnägel 32. Plattſchnäbel 333. Polarfuchs 66. Polatouche 90. Pompadourvögel 320. Pongo 34. Potfiſche 171. Potoruh's 87. Potto 43 u. 55. Potwale 172. Poukane 43. Pudel 70. Puffine, Puffinge 464. Pugune 35. Puma 60. Pupille 20. — der Albino's 20. Purpurreiher 413. Puter 381. Putzen d. Federn 179. O. Quacha 159. Quakreiher 412. Quetſcher 264. Quickhatch 56. N. Rabenkrähe 271. Rachamach 132. Rackelhähne 398. Rackelhühner 398. Rahmmagen 132. Raken 347. — europäiſche 347. — mittelafrikan. 348 Rakenartige Vög. 347. Rallen 450. Nallenreiher 412. Raſſe, amerik. des Menſchen 31. — äthiopiſche 31. — kaukaſiſche 30. — malapyiſche 31. — mongoliſchezt. Ratel's 57. Raton's 55. Ratten, oſtindiſche 93. — ſchwarze 93. Rattenkönige 94. Ratz 91. Raubbeutelthiere 81. Raubmöven 462. Raubſeeſchwalbe 462. Raubthiere 52. Raubvögel 207. edle 208. Rauchfußadler 216. Re 5 (Mauſern) 179. Raupenfreſſer 321. Regenbogenhaut 21 Regenbrachvogel 430. Regenkatze 322. Regenpfeifer 434. dummer 435. — weißgraupunk⸗ tirter 434. Regenpfeiferartige V. 432 Rehe, gemeines 140. — großes 141. Reifenſchweif 345. Reiher, eigentl. 412. — grauer 412. Reiherartige Vög. 408. Reisfink 257. Reisfreſſer 257. Rene, Nenthiere 144. Renthiermoos 145. Repphühner 392. — gemeines 392. — graues 392. — rothes 392. Reutmaus 95. Rhinoceros, zweihoͤr⸗ niges 126. — krummſchnau⸗ ziges 126. Riemenfuß 427. Rieſenfaulthier 110. Rieſenhirſch 145. Rieſenhuhn 386. Rieſen-Känguruh 86. Rieſen⸗Mammuth 119 Rieſenpinguin 475. Rieſenralle 451. Rieſen⸗Ratte 93. Rieſen-Tatou 114. Rinder 146. — gemeines 146. — grunzendes 147. ee Th. 146. Ringdroſſel 302. Ringelgans 468. Ringeltaube 365. Ringkrähe 274. gemeines 144. Ringlerche 264 Ringtaube 365. Ripen 398. Rippen, ächte, falſche 15. Robbe 160. Rohrammer 263. Rohrdommel 410. — gemeine 410. — kleine 410. Röhrennaſer 463. Rohrhühner 450. — Naumann's 450. — punktirtes 450. Rohrſänger 311. Rohrſchirfe 311. Rollen 348. Rollmaki 44. Roll-Tatou 113. Rorqual 174. Roſenſtock 138. Roſtweihe 216. Rothdroſſel 302. Rothfuchs 65. Rothhirſch 141. Rothkehlchen 308. Rothſchenkel, großer 427 ö — Feiner 426. \ Rothſchwänzchen 306. Rouſſetten 49. Rubinkehlchen 308. Rückenmark 20. Rückenträger 82. Rückenwirbel 5. rent 5. Rückgrat Ruderenten 472. — weißköpf. 472. Ruderfüßer 457. Ruderſchnäbel 338. Ruderſchwänze 98. Rulul's 391. Rumpf 5. Rüſſelbär 55. Rüſſelhüpfer 79. Rüſſeliltis 75. Rüſſelkakatu's 194. Rüſſelpapageien 194. Rüſſelrobbe 163. Rüſſelſtinkthiere 153. Rüttelfalken, gem. 213. — rothfüßiger 213. S. Saamenfchäler 246. Saatgans 468. Saatkrähe 272. Saatvogel 434. Säbelſchnäbler 285. Sadoſcha 405. thiere 5. 7 Säger 471. — gaͤnſeartiger 471. — langſchnäbel. 471. — weißer 471. Sägetaucher 471. Saguine 41. 2 Surs 41. Saimiri 42. Saju's 41. Sammetente 471. Sammetfinken 258. Sammethühner 449. Sammettangaren 259. Sanderling 426. Sandganga 405. Sandhühner 432. Sandlerchen 266. Sandmaus 92. Sandmoll 107. Sandmullwurf 107. Sängerartige V. 305. Sapaju's 305. Saſa 372. Sattelkrähe 271. Sau 129. e Saͤugen Säugethiere 6. u. 8. Saumfüße 460. Savien 108. Savacou 420. Schaafe, eretiſches 150. — fettſteißig. 150. — fettſchwänziges 150. — wilde! 135. Schaafkameele 135. Schäferhund 70. on der Federn 178. Schakale 66 u. 67. Scharben 459. gemeine 459. Schattenvogel 420. Scheerenſchnäbel 463. Scheerenſchwanz⸗Flie⸗ genfänger 326. Scheerenweihe 214. Scheidekunſt 1. Scheidenſchnabel 432. Scheidenvogel 432. Schellente 471. — Schenkelthiere 105. Schienbein 15. Schildkrähe 271. Schildträger 113. Schilfrohrſänger 313. Schimpanſeh 34. Schirmträger 321. Schläfer 91. Schlaf der Wie⸗ derkäuer 467. — Deutſches Regiſter. 4 9 Schlafmaus 91. Schlagader 17. Schlagwachtel 402. Sch ge 59. Schlangenfreſſer 231. Schlankaffen 37. Schleiereule 226. Schlund 17. Schlundrinne 132. Schlüpfer 316. Schmarotzermöve 462. Schmuckreiher 412. Schnabel 175. Schnabeldelphine 170. Schnabelelephant 120. Schnabel-Mammuth 149 Schnabelthiere 114. Schnapper 319. Schnarrthier 72. Schnattern der Gänſe 465. Schnauben 22 u. 168. Schneeeule 224. Schneefink 254. Schneegans 468. Schneehühner 399. rothes 400. — ſchottiſches 400. Schneekönig 317. Schneekrähe 274. Schneeſporner 262. Schneidezähne 11. Schnepfen 430. Schnepfenähnliche V. 421, 426 und 430. Schnirkelſchweif 344. Schnurrhaare 10. Schnurrvögel 194. Schoberthiere 104. Schopfreiher 412. Schreiadler 217. Schreitwader 419. Schulterblatt 14. Schulterfedern 175. Schulterfittig 175 Schupp 55. Schuppen 10. Schuppenthiere 112. — afrikan. 112. — — javan. 112. Schwalben 328. mauernde 328. Schwalbenmöve 461. Schwalbenweihe 214. Schwälbling 319. Schwäne 466. — chilefifcher 466. E gemeiner 466. Schwan, mittelafrikani— ſcher 467. — neuholländ. 466. — ſtummer 466. Schwanengans 468. Schwanengeſang 467. Schwanzmeiſen 280. Schwarzdroſſel 302. Schwarzſpecht 197. Schwebevögel 349. Schweine, gemein. 128. Schweineart. Th. 128. Schweinebär 55. Scene ee 6. Schweißhund 68. Schwimmalk 475. Schwimmbekaſſine 430 Schwimmbürſten 98 Schwimmhaareg8. Schwimm häute hs. Schwimmmaus 99. Schwimm⸗Schnabel⸗ thier 115. Schwimmvögel 456. Schwingen 175. Schwirrvögelchen 298. Schwungfedern 175. Seeadler, indiſcher 477 — weißköpf. 218. — weißſchwänzi⸗ ger 218. Seeaffe 166. Seebär 164. Seeeinhorn 170. Seeelephant 170. Seehund 162. Seehundsart. Th. 160. Seejungfer 166. Seekühe 127 u. 164. Seekuhthier 166. Seele d. Federn 178. Seelöwe 164. Seemaid 166. Seepapageien 474. Seeraben 459. Seeſäugethiere 160. Seeſchwalben 462. Seetaucher 473. Segelfittig 355. Seggenrohrſänger 299 Segler 352. Seheloch 20. Sehenerve 20. Seheöffnung 20. Sehnen 19. Seidenhaſe 104. Seidenhuhn 386. Seidenkatze 62. Seidenfi ae 318. 485 Seidenſchwaͤnze, euros päiſcher 319. — japan. 319. — nordamerik. 319 Seidentangaren 259. Sekretair 231. Senſenſchnäbel 287. Siamang's 34. Sichelſchnäbler 418. Sichelvögelchen 287. Sichler 418. Siebenſchläfer 91. Sifilet 344. Silberäffchen 45. Silberfaſan 389. Silberreiher 412. mSimir 71. Singdroſſel 301. Singfalke 212. Singmuskel⸗ Ap⸗ parat 237. Singſchwan 467. Singſperber 212. Singvögel 237. Sinnesorgane 20. Sippen oder Sipp⸗ ſchaften 6. Sirli 267. Siltichfink 249. Sivathier 139. Skua 462. Slepez 107. Sohlenſchreiter 52. Sonderling!! 426. Sonnenreiher 419. Soolandgänſe 458. Spann 15. Sparmaus 96. Spechtart. Vög. 194. Spechte 197. Speichel 17. Speiſekanal 17. Spelzer 264. Sperber 212. Sperbereule 224. Sperbergrasmücke 316 Sperlinge 255. Sperlingspapageien 9 1 192. Sperlingstageule 224 Sperlingstaube 367. Sperlingsvögel, ab⸗ weichende 330. Spieße d. Hirſche 139. Spießente 470. Spießer 142. Spießrehe 140. Spießtaube 360. Spitzmäuſe 76. — dunkelbraune 77. etruriſche 77. 486 Spitzmaͤuſe, weißzaͤh⸗ nige 77. Spitzrobbet62. Spitztaucher 474. Sporne 474. Spornammern 261. Sporner 261. Spornflügel 447. — brongegrüner 447. Spornkuckuke 202. Spottdroſſeln 303. Spötterling 313. Spottvögel 303. Springbock 155. Springhaſen 106. Springmäuſe 79 und 105 0. Spritzlöcher 167. Sproſſer 311. Spuhle der Federn 24.04 Staarähnliche V. 290. Staare 290. — einfarbiger 291. — gemeiner 291. — louiſianiſcher 292. Stachelhaare 8. Stachelhamſter 101. Stachelmaus 95. Stacheln 10. Stachelnager 100. Stachelratten 100. Stachel⸗Schnabelthler 116. Stachelſchwein 100. Stachelſegler 353. Standvögel 181. Stange bei Gewei— hen 139. Stänkerratz 73. Steinadler 217. Steinbock 152. Steindohle 274. Steindroſſeln 304. bläuliche 304. — rothſchwänzige 304 Steinfuchs 66. Steinhuhu 393. Steinmarder 73. Steiuſchmätzer 306. Steinſchnabel 373. Steinſperliug 256. Steintaube 364. Steinwälzer 436. Steißdrüſe 179. Steißfüße 472. — großhaubige 473. — kleinſter 473. Stelzendroſſelu 304. Stelzengeier 231. Stelzenhühnchen 403. Deutſches Reglſter. * Stelzenkuckuke 202. Stelzenläufer 407. Stelzenlerchen 266. Steppenfuchs 66. Steppenhaſe 101. Steppenhirſch 140. Sterben 4. Sternrüſſel 80. Stimme 16. Stimmritze 16. Stinkdachs 57. Stinkthiere 57. Stirnſchildhuhn 390. Stockente 469.4 Ste ich Vögel 12 Störche 414. — ſchwarzer 414. weißer 415. Storchſchnäbler 338. Storchſchnepfe 427. Stoßmaus 95. Stoßzähne 118. Strandhyäne 64. Strandläufer 425. bogenſchnäbeli⸗ ger 426. grauer 426. isländiſch. 426. — femminckſcher 425 — — mit halben Schwimmhäuten 430 Strandpfeifer 435. — ſchwimmfüßiger 435. — weißſtirnig. 435 Strandpieper 297. Strandreiter 427. — ſchwarzfluͤgeliger 427. Strauchammern 262. Strauchwürger 289. Strauße, afrikan. 453. — amerikan. 453. Streckmuskeln 19. Strichvögel 189. Strumpftauben 360. — gelbbäuchige 360. — purpurſcheitelige 360 Strupphühner 385. Stummelaffen 37. Stummeleisvögel 338. Stummelglanzoͤgl. 201 Stummelſpechte 198. Sturmtaucher 464. Sturmvögel 464. Sultanshühner 449. —— 8 449. Snmpfhirſch 140. Sumpfläuſer 407, 429. — meyerſcher 429. — ſchwarzſchwän⸗ ziger 429. Sumpfmeiſe 280. Sumpfohreule 228. Sumpfotter 74. Sumpfrohrſänger 313. Sumpfſchnepfen 423. Sumpfweihe 216. Surikatte 72. Suſuk 170. Syſtem 3. T. Tageulen 223. Tagohreule 225. Tagnikati 130. Tagſchläfer 354, 355. Tagſturmvögel 464. Taguan 90. Tajaſſu 130. Talg 136. Tamandua 112. Tamarin's 45. Tamatia's 195. Tangaren 259. Tannenlaubvogel 314. Tannenmeiſe 280. Tapire 123. — gemeiner 123. — indiſcher 124. Tapirartige Th. 123. Tapoag's 83. Tarſen 194. Tarſer 44. Taſchenlemming 97. Taſchenſtachelth. 101. Taſchenwieſel 83. Taſtorgan 20. Tatou's 113. Tatou-Ni 114. Tatou-Poyou 113. Tatzen 52. Tauben 356. — ſchlechtweg 360. — wohlriechende 359 — zahme 360. — von Martinique 367. Taubenfalke 210. Taubenhabicht 211. Tauchente 470. Taucher 472. Tauchergans 471. Tayra's 56. Teichhühner 449. Teichrohrſanger 312. Teichwaſſerläufer 427. Telagon 57. Terek 430. Thalſchneehuhn 400. Thier (Hirſchkuh) 141. Thieriſch 5. Thierkunde 4. Thran 174. Thränenhöhlen 139. Thurmfalke 213. ; Thurmſchwalben 353 gehäubte 353. — große 353. Tiger 60. Tigeriltis 74. Tikus-Ambang 76. Tinamu's 403. eigentliche 404. Titi 44. Tod 4. Tokro 391. Tölpel 458. — europäiſcher 459. Tom-Tit 333. Topas⸗Colibri 352. Töpfer 242 u. 304. Tordalk 474. Torotoro 338. Toucan⸗Bartvög. 195. Toucane 200. Tragebeutel 81. Trampelthier 134. Trappe, großer 440, Dr 440 Trauerbachſtelze 295. Trauerente 471. Trauer⸗Fliegenfänger 324. Trauermeiſe 280. Trommelfell 21. Trommeltaube 262. Trompetervögel 438. Tropikvögel 459. Truthühner 380. Tſchitreck 325. Tümmler, Delphin 170 Tümmler, Taube 361. Tupaja's 76 u. 83. Turako's 206. — brauner 207. — ſüdafrikan. 207. Türkiſe, falſche 122. Turteltauben 365. Tyrannen 325. N. Uferläufer 407. — trillernder 427 Uferpieper 297. Uferpfeifer 435. Uferſchwalbe 328. Uhu 227. Uiſtiti's 45. Unau 110. Unce 63. Ungegliedert 5. Ungka 34. Unglückshäher 276. Unglücksvogel 276. Unnatürli Unorganiſch 4. Unorganiſirt 4. Unterarm 14. Unterklaſſen 7. Unterleib 15. Unterordnung 7. Unterſchenkel 15. Unter wolle 8. Unwillkürlich 4. Unzertrennliche 192. Ure 147. Urganant 170. Urochs 147. Urſon 100. Urubu's 236. Urumutum 373. a Vakari's 41. Vampyre 51. Vari 44. Veh 90. Venen 16. Verkehrtſchnäbel 463. Verſteinern 35. Vicunja 135. Viehſtelzen 296. Viehvögel 292. Vielfraß 56. Vielhufer 117. Vierhorn 154. Vierhornthier 138. Vierzahn⸗Mammuth 119. Vigogne 135. Viscacha 101. Viſon 74. Viverrenart. Th. 72. Vögel 6 u. 175. Vogelflug 176. Vollblütigkeit 17. Vollkommenheit, thieriſche 29. Vorderarm 14. Vordergliedma— ßen 14. Vorkammern des Herzens 8. Vorderzähne 11. Vorſtehhund 68. Deutſches Reglſter. W. Wachshaut 189. Wachtelhund 68. Wachtelkönig 451. Wachteln 402. — gemeine 402. Wade 15. Wadvögel 406. Walabaten 84. Walddroſſeln 303. Waldhühner 397. Waldkauz 226. Waldmaus 94. Jaldmeiſen 279. Waldmenſch, afrik. 34. — aſiatiſcher 34. Waldohreule 228. Waldſchneehuhn 400. Waldſchnepfen 422. — dunklere 423. — gemeine 423. kleinere 423. Wale 167. Walfiſche 173. Walrath 171. Walroß 164. Walthiere 174. Wamme 146. Wanderdroſſel 302. Wanderfalke 210. Wanderratte 93. Wandertaube 366. Wanderungstrieb 183. Wanſt 132. Wapiti 143. Warmblütige Thie⸗ re 6. Warzenſchweine 130. Waſapapageien 192. Waſchbären 55. Waſſerfledermaus 50. Waſſerhühner 448. — grünfüßiges 450. — ſchwarzes 449. Waſſerläufer 426. — dunkelbrauner 427. — grünfüßig. 427. punktirter 427. — trillernder 427. mit Schwimm⸗ häuten 430. Waſſermullwurf 80. Waſſerpieper 297. Waſſerralle 450. Waſſerratte 96. Waſſerſäbler 443. — amerikan. 144. — europ. 443. — indiſcher 444. Waſſerſcheerer 163. Waſſerſchwätzer 292. Waſſerſchwein 107. Waſſerſpitzmaus 77. Waſſertreter 430. — hochbeinig. 431 — ſchmalſchnäbe⸗ liger 431. Waſſervögel 406. Wattenmacher 244. Webefinken 258. Weber 243 u. 258. Webervögel 257. Wedelſchwänze 294. Wehrvogel 446. Weidenſchneehuhn 400 Weidenzeiſig 314. Weihen 215. Weindroſſel 302. Weißfiſch 169. Weißlinge 10. Wendehälſe 200. Werkzeuge 4. Weſen 5. Wespenfalken 215. Wespenfreſſer 339. Whataporu 85. Whida-Finken 259. Wickelſchwänzez37. Widernatürlich 2. Wiedehöpfe 342. — afrikaniſcher 343. — cap'ſcher 343. — europäiſcher 342. Wiederkäuer 132. Wieſel 73. — eigentliche 74. — gemeines 74. Wieſelartige Th. 73. Wieſenbachſtelze 296. Wieſenknarrer 451. Wieſenlerche 297. Wieſenpieper 297. Wieſenſchmätzer 306. — rothkehliger 306. Wieſenweihe 216. Wildbrät (Wild⸗ prett) 26. Willkürlich 4. Windhund 69. Winſelaffen 41. Winterruhe 13. Winterſchlaf 13. Winterſchläfer 13. Wirbelloſe Th. 5. Wirbelthiere 5. Wiſent 148. Wittwen 259. Wölfe, gemeiner 66. — ſchwarzer 66. Wolltzaaraffe 40. 487 Wollhuhn 386. Wollmaki 43. Wolverene 56. Wombat 86. Wühlmäuſe 95. Wulſtſchnäbel 354. Wunderthier! 138. Würger, eigentl. 288. — großer grauer 288. — rothkoöpf. 288. — rothrückig. 288. — ſchwarzſtirniger 288 Würgerartige V. 287. Würgfalke 211. Wurmbart 321. Wurzelmaus 96. Wurzeln der Haare 145 f — der Zähne 11. Wüſtenlerchen 266. — zweiſtreifige. 267. Wychuchol's 77. Y. Papok 82. - Ymambu’s 403. Yurumi 107. 3. Zacken 142. Zahlformel der Zähne 12. — der Zehen 12. Zahnarten 11. Zähne 11. — einfache 12. — zuſammen⸗ geſetzte 12. Zahnkörper 11. Zahnſchmelz 11. Zahnwale 168. — großkopfige 171. Zahnwechſel 12. Zakel 150. Zärtlichkeitsvögel 192. Zaungrasmücke 315. Zaunkönig 317. Zaunſchlüpfer 316. Zebra 159. Zebu 146. Zehen 15. Zehenläufer 72. Zeiſige 250. Zemni 107. 488 Deutſches Regifter. Zergliederungs⸗ Zippdroſſel 301. Zwerg⸗Ametſenfreſſer Zwergmoͤve 461. kunde 5. Zitzenbeutel 81. 112. Zwergohreule 228. Zibeth 72. Zobel 73. Zwergantilopen 152. Zwergreiher 410. Zibethkatzen 72. Zokor 107. Zwergdelphin 170. Zwergohrhuhn 450. Zibeththiere 72. Zoologie 4. Zwergfalke 211. Zwergſpechte 199. Ziegen, aͤgyptiſche 152. Zorillen 74. Zwergfledermaus 50. Zwergſpitzmaus 77. — angoriſche 152. Zwergflatterer 85. Zwergſtorch 414. — tibetaniſche 152. Jubr 184. Zwerggans 468. Zwergſtrandläufer 425 Ziegenartige Th. 149. Zügel 215, 181 Zwerghaſen 104. Zwergtageule 224. Ziegenmelker 355. Zugvögel 181. Zwerghirſchchen 137. Zwergtrappen 441. Ziehen der Voͤgel Zünfte 6. Zwerghuhn 386. — europ. 441. 182. Zunge 23. Zwergkuskus 85. Zwiebel der Haare 8. Zieſel 92. Zwerchfell 15. Zwergmaki 44. Zwoͤlffingerdarm Zimmerer 196. Zwergadler 217. Zwergmaus 94. 18. Regiſter der lateiniſchen Namen.“) A. Ampelis 320. Anthus pratensis 297. Ardea stellaris 410. — carnifex 320. — rupestris 297. Argocetus 169. Aboloceros 138. — variegata 321. AntilopeEuchore 155 Argus giganteus 389. Acanthis 250. Anas 469, — gazella 155. Arizostus 114. Accentor alpinus 267. — acuta 470. — leucoryx 154. Asagis 83. — modularis 267. — boscas 469. — Oreas 154. Asinus 158. Acerotherium 125. — clangula 471. Aonyx 75. Astur 211. Acosminthus 95. — clypeata 470. Aotus 42. Ateles 40. Acridotheres 292. — crecca 470. Aptenodytes patago- Athene 225. Actitishypoleuca 427 — fusca 471. nicus 475. Atherurus 100. Addax 154. g — glacialis 471. Apteryxaustralis376. Attagen 39i. Aegialites 435. — histrionica 471. Aquila chrysaëtus Auchenia lama 135. Aegithalus 280. — leucocephala 472 217. — vicunna 135. Aegypius cinereus — membranacea — fucosa 217. 234. 470. — fulva 217. B — niger 235. — mollissima 471. — imperialis 217. Aganaphron 463. — moschata 470. — minuta 217. Balaena 173 Aidryas 225. — nigra 471. — naevia 217, — boops 174 Alauda 265. — Penelope 470. Ara 193. — boris 174 — africana 267. — querquedula 470 Araclanga 193. — Obe 174 — alpestris 265. — rutila 469. Aramus 451. — 17⁴ — arborea 266. — tadorna 469. Archi cord 274. — mysticetus 173 — arvensis 265. Anastomus 416. Arctaelurus fulgens — rost e — bicornis 265. — lamelliger 417 N Balaenoptera 174 r — bifasciata 267. Anclyodon 170. Arctietis 55. Balami 845 i — calandra 264. Anser albifrons 468. Arctocephalus 164, Bassi } 8 5 fe is 72. — cristata 266. — cinereus 468, Arctomys baibac 92. Bathyergus 107 — deserti 267. — cygnoides 468, — citillus. 92. 3 \ — nigra 264. — leucopsis 438. — empetra 92, Beloprymnus 106. Alca impennis 475. — madagascarien- — marmota 91. Bombyeilla 318. — torda 474. sis 468. Arctonyx 55. — americana 319. Alcedo 336. — niveus 468. Ardea 412. —. garrulus 319. — ceancrophaga338 — segetum 468. — castanea 412. — phoenicoptera — dea 338. — torquatus 468. — cinerea 413. 319. — ispida 336. Anthracotherium 131, — comata 412. Bonasia 395. Alcelaphus 143. Anthropoides 438. — egretta 412. Bos americanus {48. Alecthelia 375. Anthus 297. — garzetta 412. — bison 148. Alector 384. — aquaticus 297. — minuta 410. — bubalus 147. Alectorurus gallus — arboreus 207. — nyeticorax 411. — caller 147. 325. — campestris 298. — purpurea 413. — gruniens 147. Amelous 375. — litoralis 297. — scolopacea 451. — urus 147. *) In dieſem Regiſter erſcheinen die neuen, von mir gegebenen (umgeänderten) Gattungsnamen ebenſo, wie in dem matischen Derzeldunife, mit Curſivſchrift gedruckt. Die der überhaupt neu aufgeftellten Gattungen ſind zugleich noch, ebenſo wie dort, geſperrt. an Indeß kann es bei dem regen Leben im Bereiche der geſammten Naturkunde allerdings treffen, daß einet ober die andere Gattung überhaubt; oder inzwiſchen, auch ſchon wan Andern unter anderem, vielleich untadelhaftem Namen aufgeftellt worden tft, . 490 Botaurus 410. Bradypus 110. torquatus 110, — tridactylus 110 Bubo 227. - Bucco 195. Buceros 334, — abyssinicus 335. — bicornis 335. — carunculatus 335 — galeatus 335. — plicatus 335. Buphaga 348. Buteo lagopus 215. vulgaris 215. Byihonessu 472. C. Calidris 426. Callithrix 41. Calocephalus 162. Calyptomena viridis 332. Calyptorhynchus 194. Camelopardalis 137. Camelus bactrianus 134. — dromedarius 134 Campephaga 321. Cancroma cochlearia 420. Canis aureus 67. — familiaris 67. — lupus 66. — Lycaon 66. — vulpes 65. Capito 195. Capra aegagrus 152. — hircus 152. — ibex 152. Capreolus europaeus 140. pygargus 141. Caprimulgus 355. — aethereus 355. europaeus 355. diurnus 355. grandis 354. longipennis 355. — psalurus 356. Capriscws papu- ensis 130. Carbo 459. Caryocatactes gutta- tus 277. Casmerodius 412. Cassicus 261. Castor fiber 98. Casuarius indicus 452 Catarrhactes chry- secomus 476. — — Lateiniſches Regiſter. Cathartes 236. — monachus 236. Catoblepas 149. Catodon 172. Cavia porcellus 108. Ceblepyris 321. Cebus 41. — capueinus 41, — fatuellus 41. Cemas 153, — rupicapra 153. Cenchris 213. Centetes 78. _ Centrocercus 396. Centropus 202. Cephalopterus 321. Cephalotes 49. Cercurtetus 85, Cercoleptes 55. Cercoptenus 85. Cercopithecus 36. — patas 36. — sabaeus 36. — sinicus 36. Cercoptochus 41. Cereopsis 468. Certhiafamiliaris285. — vestiaria 287. Certhilauda 266. Cervus axis 140, campestris 140. canadensis 143. dama 143, elaphus 141, euryceros 141, macrotis 140, macrourus 140. — paludosus 140. Ceycis 338. Chalicomys 105. Chamaepelia 367. Charadrius 434. — apricarius 434. auratus 434. fluviatilis 435. hiatieula 435. himantopus 427. litoralis 435. minor 435. morinellus 435. pluvialis 434. semipalmatus 435. — squatarola 434. — virginicus 435. Chasmorhynehus nu- dicollis 320. — carunculatus 320 Chauna chavaria 446. Cheiromeles 49. Chelodon 105. FA II Chenalopex 469. i Cheniscus 468. Chinchilla 101. Chionis alba 432, Chirogale 44. Chiromys 89. Chironectes 82. Chiropetes 49. Chirotherium 83. Chlamyphorus 113. Choerelaphus 130. Choerotherium 131. Choloepus 110. Chrysochloris 80. Chrysothrix 42, Ciconia 414. Abdimii 414. alba 415. argala 418, capillata 417. maguari 416. marabu 417. nigra 414, Cinclus aquaticus 292 Circattus 221. Cireinurus 344. Circus 215. — aeruginosus 216. — ceineraceus 216. — pygargus 215. Citillus 92. Climucurus 356. Coccothraustes 203. Coccystes 203. — glandarius 203. Coccyzus 203. Codonistris 303. Coelogenys 108. Colaris 348. . Coleorhamphus 432. Colius 348. 0 Colobathris 304. Colobus 37. — guereza 38. — polycomus 37. Columba 360. — aromatiea 359. aurieularis 360. calva 359. capensis 367. carunculata 367. coronota 367. cristata 391. domestica 360. gyratrix 361. livia 364. martinica 367. migratoria 366. montana 367. nicobarica 367. oenas 364. olax 359. BES M erte! Columba oxyura 360. — palumbus 365. — purpurata 360. risoria 365. turtur 365. xanthogastra 360 Colymbus 472. — auritus 473. — cristatus 473. — minor 473. Condylura 80. Conilurus 101. Conurus 192. borneus 192. — luteus 192. Coporhumphus 338. Coracias 347. — abyssinieus 348. — garrulus 347. Corvus 269. — albicollis 274. capensis 274. caryocatactes 277 corax 270. cornix 271. corone 270. frugilegus 272. glandarius 276. graculus 274. infaustus 274. monedula 273. pica 275. pyrrhocorax 274. — scapulatus 274. Corydon 264. Corydonyx 202. Corythaix 206. Persa 207. Corythus enucleator 250. Coturnix 402. — — dactylisonans 402 Cranopelargus 417. Crax 373. — alector 373. — globicerus 373. — globulosus 373. — mitu 373. — pauxi 373. — tuberosus 373. Creadion 286. Creagrius varius 387. Creogenys 367. Crex pratensis 451. Cricetus anomalus 101. — frumentarius 96. — myodes 95. — nigricans 96. Cricocercus 345. — Ehret EE Criotaurus 148. Crocidura etrusca 77. — leucodon 77, moschata 27. Crossopus 77. Crotophaga 201. Cryptonyx 391. Crypturus 404. Cuculus 203. canorus 205. rufus 206. Cuniculus 104, Curruca 314. — garrula 315. Cursorius 443. — isabellinus 443. Cyguus gambiensis 467. gibbus 466. musicus 467, nigricollis 466. olor 466. — Plutonius 466. Cymbops 420. Cymindis 216, Cynaelurus 63. chalybeatus 63 guttatus 63. — jubatus 63. Cynictis 72. Cynocephalus 38 — Hamadıyas 39. — Sphingiola 38. — ursinus 38, Cypselus apus 353. — comatus 353. — melba 353. Cystophora 163. D. Dacelo 338. Daedalion 211. Dasyprocta 108. Dasypus 114. — gymnurus 114. Dasyurus 83. Delphinapterus Pe- ronii 169. — leucas 169. Delphinorhynchus 170. Delphinus 169. — delphis 169. lunatus 169. minimus 170. Dendrocolaptes 285. — picus 285. — procurvus 285. — sylvia 285. Dendromys 97. — Lateiniſches Regiſter. Dendrophussa matica 359, Dicerorhinus125. Dichoceros cava- tus 335. Dicholophus 442. Dielidurus 50, Dicotyles 130. labiatus 130. torquatus 130. Dicranoceros 153. Dicrostonyz 97. Dicrourus 347, Didelphys virginiana aro- Didus 376. Dinochoerus 131. Diomedea chloro- rhyncha 465. — exulans 465. — fuliginosa 465. Dinops 49. Diplectropus 382. albo-ocellatus 382. chalcurus 382. Diplopteryz 447. Diplostoma 97. Dipterocetus 170. — Mongitori 170. — rhinoceros 170. Dipus 105. — platyurus 106. Dissemurus 347. Dolichotherium 112. Dorcelaphus 140, Drepanis 287. Dromaeus 452. Dromedurius 134. Drymonaz 325. Dryoryz 112. Dypsicles 476. Dysopes 49, Dysporus 458. E. Echidna 116. Echimys 100, Ectopistes 366. Edolius 3477 Elephas 120. — africanus 120. — indicus 120. — meridionalis 120. — primigenius 122. — priseus 121, Emberiza 262. — calcarata 262. — citrinella 263. — hortulana 263. Emberiza miliaria 293. — nivalis 262, — schoenielus 263. Enchomys 100. Enhydris 161. Epiodon 170, Equus asinus 158, caballus 156, hemionus 158 montanus 159. onager 158. — quagga 159. zebra 159, Erethizon 100, Erinaceus 77. auritus 78. europaeus 78. Eriodes 40. Eriomys 101. Erodiseus 410. Eudytes 473, — arctieus 474. — glacialis 474. — septentrionalis 474. Eulopogon 321. Euphone 259. Eurylaemus 333, Eurypterna 112. Eurypyga Helias 413, Eurystomus 348, F. Falco 210. aesalon 211. albus 212. apivorus 215. candicans 210. destructor 219. islandieus 210, laniarius 211. milvus 213, musicus 212, nisus 212, niveus 218. ossifragus 218. palumbarius 212. peregrinus 210. pondicerianus ruficeps 213. subbuteo 211. tinnunculus 213. vespertinus 213. Felis catus 6%. — concolor 60. — leopardus 61. lynx 62, maniculata 61. mitis 61. onea 60, — 491 Felis panthera 61. — pardalis 61, — pardus 60. — tigris 60. Fiber 98. Francolinus 391. Fringilla 253. — canariensis 252. cannabina 252. cardinalis 257. carduelis 251 chloris 252. coccothraustes 253. — coelebs 253. domestica 255. — dominicana 257. enucleator 250. — linaria 250. montana 256. — montifringilla 254 nivalis 254. oryzivora 257. pecoris 260. — pyrrhula 252. spinus 250, Fulica atra 448. Fuligula 470. G. Galbula 201. Galeopithecus rufus 47. — variegatus 47. Galictis 56. Gallinago 423. Gallinula 450. — chloropus 450. — Naumanni 450. — porzana 450. — pusilla 450. Gallus 384, — bankiva 385. — domesticus 385, — furcatus 387. — Sonnerati 387. Guamphotherium 119. Gavia 433. Geoeocceyx 202, Geoeyon 64. Geomys 97. Geospiza 252. Geranarchus 438. Glandarius 275, infaustus 276. pictus 276. Glareola 432. austriaca 432. torquata 432. — — — 492 Graculus 274. Grallina 304. Grus 439. — americana 440. carunculata 440. — einerea 439. — leucogeranus 440 — paradisea 438. pavonia 438. Stanleyana 439, — virgo 439. Gulo borealis 56. — lusceus 56. Gymnocephalus 321. Gymnura 76. Gypaetus 229. Gyparchus 235. Gypogeranus 231. Haematopus 436. — ostralegus 436. Haliaetus 218. albicilla 218. leucocephalus 218. Hualibutherium 166. Halicore 166. Halieus 459. carbo 459. Halmaturus 86. Hapale 45. Hapalotis 101. Helarctus 53. Hemipalama 430. Hemipodius 403. — Meiffrenii 403. Henicurus 297. Hericulus 78. Herpestes 72. Himantopus 427. Hippalectryo 452. Hippopotamus amphi- bius 127. sivalensis 127. Hippotherium 156. gracile 156. nanum 150. Hirundo 328. — pelasgia 353. — pratincola 432. riparia 328. — rufa 329, rupestris 328. — urbica 329. Holopodius frenatus 431. Hyaena crocuta 64. fusca 64. — — Lateiniſches Regiſter. Hyaena strlata. 64. Hybris 226. Hydrochoerus 107. Hydromys 99. Hydropithecus 166. Hylunthropus 43. Hylobates agilis 34. Lar 34. leueiscus 34. Hyotherium 131. Hypenites barbatus 281. Hypsiprymnus 87. Hypudaeus 95. arvalis 95. Hyrax 124. Hystrix 100. J. Iacchus 45. Ibis calva 419. — faleinellus 419. papillosa 419. — religiosa 419. rubra 419. j — sacra 419. Icterus 203. — pecoris 260. — — — phoeniceus 260. Ietinia 214. Ictonyx 74. Indicator 202. Inia 167. Inuus 35. Ipnodomus 304. Iropocus 43. Itys 404. Iynx 200. — torquilla 200. L. Lagomys 104. Lagonebrax 137. Lagopus 399. — alpinus 401. — subalpinus 400. Lagostomus 101. Lagothrix 40. Luyurus 97. — migratorius 97. Laiscopus 267. Lamprotornis 304. corusca 304. Lanius 288. — excubitor 288. — infaustus 277. — minor 288. amphibius 96. oeconomus 96. Lanius ruficeps 288. — spinitorquus 288. Larus eburneus 461. — glaueus 461. — marinus 461. minutus 461. ridibundus 461. tridactylus 461. Leistes phoeniceus 260. Lemmus 97. Lemur catta 44. macaco 44. Leo 59. Leptoptila 417. Lepus 102. — cuniculus 104. — ogatona 105. — tapeti 104. timidus 103. variabilis 103. Lestris 462. — catarrhactes 462. — parasitica 462. Lichanotus 43. Limosa 429. — melanura 429. — Meyeri 429. — rufa 429. Linota 251. Liponyx 391. — coronatus 391. Lipurus 85. Lissodelphis 169. Lonckeres 100. Lophiodon 124. Lophophorus 382. Cuvieri 382. refulgens 382. Lophyrus 367. Loxia 247. — curvirostra 248. — leucoptera 248. — pytiopsittacus 247. — taenioptera 247. Loxodon 121. Luseinia 307, 309. Lutra 75. Lycaon pictus 71. Lynx caracal 62. — cervaria 62. Lyrurus tetrix 396. — M. Macacus 35. Machetes 428. Macroglossus 44. Macrasselis 79. Macrorhamphus gri- seus 430. Macroschus 89. Macroxusä89. Maimon leucophaeus — mormon 38. Malacurus 282. Manatus americ. 167. — australis 167, — senegalensis 167 — simia 166. Manis javanica 112. — macroura 112. Martes foina 73. — sylvestris 73. — zibellina 73. Mastodon 119. — giganteus 119. — longirostris 119 Mataeopteru im- pennis 475. Megaderma 51. Megalonyx 111. Megapelia 367. Megapodius 375. Megatherium 110. Melancorypha 264. Meleagris 381. — gallopavo 380. — ocellata 380. Meles labradorica 57. — taxus 57. Melius 202. Melogale 75. Melitoryz 57. Mellivora 57. Meniceros 325. Menura 374. Mephitis 58. Mergulus alle 474. Mergus 471. — albellus 471. — merganser 471, — serrator 471. Meriones 105. Merops 339. — apiaster 341. Microcebus 44. Microglossus 194. Midas 45. Milvus 213, Mimetes 303. Mimus 303. Minytragus 154. Monodon 170. Mormon 474. Mormops 51. Morphnus 217. Moschus javanicus 137. Moschus meninna 137. — moschiferus 136. Motacilla alba 295. — boarula 296. — criteola 296. — flava 296. — lugubris 295. — sulphurea 295. Mus agrarius 94. cahirinus 95. decumanus 93. dimidiatus 95. giganteus 93. minutus 94. musculus 94. rattus 93. sylvatieus 94. Muscicapa 324. — atricapilla 324. collaris 324. grisola 324. luctuosa 324. parva 324. Muscipeta eristata 325 — paradisi 325. Musophaga 207. Mustela 73. erminea 74. furo 74. lutreola 74. putorius 73. sarmatica 74. vulgaris 74. Mycetes 40, Mycteria 417. Mydaon 50. Mydaus 57. Mygale 77. — moschata 77. — pyrenaica 77. Myjothera 303. — campanisona 303 Myothera 303. Myoxus 91. — avellanarius 91. „ le — muscardinus 91 — nitela 91. Myrmecobius 83. Myrmecophaga 111. N. Nanodes 192, Nasalis 36. Nasua 55. — soeciabilis 55. — solitaria 55. Necrosyrtes 236. ‘ Lateiniſches Regifter. Nectarinia 286. — vestiaria 287. Neophron 286. Neriteles 473. Nisus 212. Notagogus 82. Notherodius 451. Nothrophontes 219. Nothura 404. Nucifraga 277. Numenius 429. — arquata 430. — longirostris 430. — phaeopus 430. Numida 402. — cristata 402. — Meleagris 402. — mitrata 402. Nyctaetus 228. Nyctale 226, Nyctibius 354. Nyeticebus 43. Nyticeyz 338. Nycticorax 411. Nyctipithecus 42. Nyctophilis 51. 0. Odmuelurus 72. Odontophorus 391. Oedienemus 435. — erepitans 436. Olor 467. Opisthocomus 372. Opsiceros 125. Oriolus 321. — galbula 322. Oritragus 154. Ornismyia 351. Ornitkorhynchus 115. Ortalis parraqua 373. Orthorhynchus 351. Ortygis 403. Oryeteropus 112. Oryx 154. Otaria 164. Otis 441. — houbara 442. — tarda 441. — tetrax 441. Otolienus 44. Otomys 95. Otostylis 344. Otus 228. Ovibos 149. Ovis 149. — ammon 150. — musimon 149. Ovis tragelaphus 150. Oxypterus 170, Ogolictis 74. P. Palaeomeryx 136. Palaeomys 105. Palaeornis 192, Palaeotherium 124, Palamedea chavaria 446. cornuta 446. Pandion 219. Paradisea apoda 346. — magnifica 345. — papuensis 346. — rubra 346. — sexsetacea 344. Paradoxurus 55, Puraleyon 338. Parra 447. — aenea 447. — chinensis 447. — gallinacea 447. — jagana 447. — superciliosa 447. Parus 279. ater 280. biarmicus 281. caudatus 280. coeruleus 280. eristatus 280. lugubris 280. major 279. palustris 280. pendulinus 281. Passalites 140. Passer 255. — campestris 256. — petronius 256. Pavo 382. — bicalcaratus 382. — muticus 384. — spicifer 384. — tibetanus 382. Pedetes 106. Pedopsaris 292. Pelagocyon 163. Pelurgopsis 338. Pelecanus 460. — crispus 460. — onocrotalus 470. Pendulinus minimus 281. Penelope 372. Peralopex 82. Perameles 84. Perenopterus 236. Perdix 392. — chinensis 403. — — — 493 Perdix cinerea 392. — cruenta 391. — francolinus 391. — megapodius 391. petrosa 392. rubra 392. rufa 392. — saxatilis 392. Pernes 215. Perodicticus 43, Peromyscus 95. Petaurista 85. Petrocossyphus 304. Pezoporus 193. Phubaleciryo 367. Phabotypus 211. Phacochoerus 130. Phaäthon 459. — aethereus 459. — phoenicurus 459. Phalangista canina 85. — — nana 85. vulpina 84. Phalaropus platyr- rhynchus 431. Phascogale 83. Phascolomys 86. Phasianus 387. — colchicus 388. — ceristatus 372. nycthemerus 389 parraqua 373. pietus 389. — veneratus 389. Philedon 286. — corniculatus 286. Philorchemos 438. Phoca 162. — jubata 164, — vitulina 162. Phocaena 170. communis 170. orca 170. Phoenicophaus 202. Phoenicopterus 444. minor 445. Phoenicornis 325. Phyllopneuste 314. Phyllopseustes 310. Phyllostoma 51. Physeter 172. orthodon 172. tursio 172, Physorhinus 163. Phytotoma 257. Pica europaea 275. Picoides 198. Picumnus 199. Picus abnormis 199, — campestris 198. — — — 494 Picusscanus 198. — exilis 199. Martius 197. minor 198. prineipalis 198. tridactylus 198, — viridis 198, Pipodes 198. Pipra 332. — militaris 332. — rupicola 333. Pithecia 41 Pithecochirus 93. Pitta 304. Platalea 420. — ajaja 421. — leucerodius 420. — leucorodia 420. — nivea 420. Platycercus 192. Platyrhynchus 164 — leucocephalus 324 — monacha 324. Plecotus 50. Plectrophanes 261. — nıyalisı 202. _, Plissolophus 193. Ploceus 258. Plotus 459. Podargus 354. Podiceps 472. Podilymbus 473. Podoa 460. — minor 460. Pogonias 195. Polygomphius 114. Polyplectron 283. Pontoleo 164. Porcus 430. Porphyrio hyacynthi- nus 449 Potamotherium 127. Pratincola 306. Prionites 339. Proboscidea 50. Procellaria glacialis 464. — pelagica 464. Prochilus 54. Procnias 319. Procyon 55. Prodotes 202. Proteles 64. Psualidura 326. Pseudotroctes 113° Psilocnemis 403. Psilogrammurus 85 Psithyroedus 298. Latetniſches Regiſter. Psittacara 193. Psittacara rectirostris 193: Psittacula i92. Psittacus Alexandri eyanocephalus eyanopygus 193. erithacus 191, garrulus 193. haematodes 192. mascarinus 193. moluecanus 192. niger 192. pullarius 192. scapulatus 193. — Vasa 193. Psittirostra 249. Psophia 438. — crepitans 438. Pternes 215. Plerochulinus 215. Pterocles 405. — arenarius 405. — setarius 405. Pteroglossus 200. Pteromys 90. Pteronura 162. Pteropus 49. Pterura 162. Ptilonopus 360. Ptychocetus 174. Puffinus 464. Pygeretmus 106. Pyrgita 255. K Pyrrhocorax 274. Pyrrhula 252. @. Querula 319. Quiscala 261. Rallus 450. — aquaticus 450. Recurvirostra 443. — americana 444. — avocetta 443. — orientalis 444. Regulus 282. — ealendula 283. — flavicapillus 283. — ignicapillus 283. Rhagorhina 360. Rhamphastos 200. Rhumpkocetus 170. Rhamphocoelus 259. Rhea 453. Rhinulazon 36. Rhinaster 80. Rhinoceros 125. africanus 126. bicorhis 126. javanicus 125. indieus 125. — minimus 126. simus 126. sondaicus 125. sumatrensis 125. tichorhinus 126. unicornis 125. Rhinochoerus 123. Rhinogale 75. Rhinolophus 51. ferrum equi- num 51. hipposideros — — 51. Rhinomys 79. Rhinoplaz 335. Rhinogolis 55. Rhombura 360. Rhynchaceros335 Rhynchaea 424. Rhynchaena 424. Rhynchaspis elypeata 470. Rhynchodon 210. Rhynchops 463. Rhynchopsalis 463. Rhytina 165. Rhyzaena 72. Rupicapra 153. Rupicola 332. — peruviana 333. Ruticilla 306. S. Sulmacis 35. — Aethiops 36. — nemestrina 36. Sarcorhamphus 235. Saurothera 202. Saxicola 306. — cachinnans 306. — leucura 306. — oenanthe 306, — rubetra 306. Scalops 80. Scaphura 261. Scarturus 106. Sciurus aestuans 89. — alpinus 90. — maximus 90. — vulgaris 89. Scolopax 422. gallinago 423. gallinula 424. grisea 430. major 423. minor 423. Paykullii 430. rusticula 423, saturata 423. Scops 228. Scopus umbretta 420. Scythrops 206. Semnopithecus 37. Entellus 37, — Nemaeus 37. Simia 34. Sitta 283. — europaea 284. Sittacodes 249. Sivatherium 138. Sorex araneus 76. — pygmaeus 76. Soroplex 198, Spalax 107. Sparactes 289. Spelaearctus 54. Speotyto 226. Spermophilus 92. Spheniscus demersus 476. Sphingurus 100, Stagnicola 449. Stelidopterus 355 Stemmatopis 163. Stemmatopus 163. Stenops 43. Stenorhynchus 162. Stentor 40. Sterna 462. anglica 463. cantiaca 463. caspia 462. fissipes 463. hirundo 463. minuta 463. nigra 463. Strepsilas interpres 436. Strix aceipitrina 221. — aluco 226. aquilina 228. arctica 225. brachyotus 225. bubo 227. cunicularia 226. flammea 226. nivea 224. noctua 225. nyctea 224. pygmaea 224. stridula 226. * Strobilophaga 250. Struthio camelus 436. Sturnus 290. — Judovicianus 292 — unicolor 291. — vulgaris 291. Styloceros 140. Sula 458. Sus 128. Sylochelidon 462. Sylvia abietina 314. arundinacea 312. atricapilla 316. Calliope 308. cariceti 299. certhiola 299. cinerea 315. curruca 315. eyanecula 308. fluviatilis 299. — hortensis 316. hypolais 314. locustella 298. luseinia 309. nisoria 316. palustris 313. Philomela 311. phoenicurus 307. phragmitis 314. rubecula 308. rufa 315. salicaria 299. sibilatrix 315. tithys 307. trochilus 314. turdina 311. — turdoides 311. Syma ruficeps 338. Symphalangus 34 Synotis 50. T. Tachyglossus hystrix setosus 116. Tachypetes aquilus 458. — leucocephalus 458 Talegallus 390. Talpa 79. Tamias 90. Tanagra 259. — archiepiscopus — episcopws 259. — missisippensis 259 Tantalus ibis 419. Latetutſches Regtſter. Tantalus leucocepha- lus 418. Tanysiptera 338. Tuoniscus 404 Tapirus 123. — americanus 123. — andicola 124, — indicus 124, — priscus 124. Tarandus 144. Tarsius 44, Tetracaulodon 119. Tetraceros 154. Tetrao alchata 405. arenarius 405. bonasia 395. intermedius 398. medius 398. paradoxus 405. phasianellus 396 saliceti 400. scoticus 400. tetrix 396. togatus 395. umbellus 395. urogallus 397. urophasianus 396. Tetrax 440. Thualassarcetus 54. Thalassidroma 464. Thamnophilus 289. Theridomys 105. Thinotretis 266. Thiosmus 58. Threnoedus 319. Thyello 464. Thylacinus 82. Thylacis 84. Tichodroma 284. Tinamus 404, Tinnunculus 213. Todirhamphus 338. Todus 333. 5 — einereus 333. — viridis 333. Tolypeutes 113. Torticella 403. Totanus 426. — calidris 426. — einerea 430. — ſuscus 427. glottis 427. ochropus 427. semipalmatus 430. EE Totanus stagnatilis 427. — terek 430. Trichechus 164. Trichoglossus 192. Trimenodon 124. Tringa alpina 425. — arenaria 426. breviröstris 430. einerea 426. islandica 426. maritima 425. minuta 425. pugnax 428. Sehinzii 425. semipalmata 430. subarquata 426. Temminckii 425. variabilis 425. Trochilus minimus 352. — naevius 352. — pella 352. — serrirostris 352. Troglodytes 316. parvulus 317. Trogon 201. pavonius 201. Tryngas 425. Turdus 300. aeneus 304. arada 303. eyanus 304. figulus 304. iliacus 302. merula 302. migratorius 302. musicus 301. nitens 304. Orpheus 303. pilaris 302. polyglottus 303. roseus 292. saxatilis 305. tinniens 303. torquatus 302. viscivorus 300. Turnix 403. Tympanuchus Cupido 396. Tyrannus 325. U Ulula nisoria 224. Upupa 342. E F 495 Upupa africana 343. — capensis 343. — epops 342. Vrugis 373. Uranodon 170. Uranteris 353. Urax 373. — urumutum 373. Uria 474. — grylle 474. — troile 474. Ursus 53. — americanus 54. — arctos 53. — ferox 54. — griseus 54 V. Vanellus 433. — cayennensis 434 — cristatus 433. — melanogaster 424 Vespertilo 50. — auritus 50, — barbastellus 50. — Daubentonii 50. — pygmaeus 50. Vidua 259. Vinago 359. Viverra 72. genetta 72. Vulpes 65. — cerda 66. corsac 66, isatis 66, lagopus 66. Vultur fulvus 234. — leucocephalus 234. — — X. Xanthornus 261. Xema 461. g Xenochirus 85, Xipholena 320. Xiphorhynchus nasi- ca 285. Z. Ziphius 174. Zonoplites 114. Er err werden bei der, mehrſeitig auf die Correcturen verwendeten Sorgfalt überhaupt nicht viele und noch wenigere von Bedeutung fein. Leider hat der Verfaſſer nicht das Ganze zu dieſem Behufe im Reindrucke durchleſen können. Die wichtigſten ihm bemerklich gewordenen Fehler ſind: Seite 34, Zeile 15 v. o. iſt zu leſen rothbraun ſtatt „rothgruͤn.“ 2 265 „ 4 v. u. welches ft. welche ; | „ 6 v. u. iſt das Wort ſehen verfegt, und dadurch der Sinn völ- lig zerſtört. ſchon fernhin im Sonnenſcheine blinken ſehen. „ 8 v. u. iſt zu leſen dichtes ft. „lichtes.“ „12 v. u. = =» gedankenloſem ft. „gedankenloſen.“ 1 v. u. - = Banda fl. „Padna“ Der Satz muß heißen: welches ſie von einiger Höhe aus h 7 N % * ei ERS N R 5 W * I N * | 41111 11 BE ann eee Menn 8 K. K 5 9 277 1 „ „ * ö w a a; NN 255977 N N 8 eee gi ie elle mn mn 145 N N F i U rn W 7 544 Sina NY Ay . III II 4 1 ‚er? 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