Natural History Museum Library

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GEOLOGISCHE RUNDSCHAU

ZEITSCHRIFT Ft)R ALLGEMEINE GEOLOGIE

UNTER MIT WIRKUNG DER DEUTSCHEN GEOLOGISCHEN GESELLSCHAFT

HERAUSGEGEBEN YON DER

GEOLOGISCHEN

VEREINIGUNG

UNTER DER REDAKTION YON

G. STEINMANN

(BONN)

W. SALOMON 0. WILCKENS

(HEIDELBERG) (JENA)

ERSCHEINT JAHRLICH IN 8 HEFTEN YON JE ETWA 4 BOGEN ABONNEMENTSPREIS M. 12.—. EINZELHEFTE M. 2.-

LEIPZIG

YERLAG YON WILHELM ENGELMANN

1912

Ausgegeben am 9. Juli 1912.

INHALT

Seite

I. Aufsatze und Mitteilungen:

Hamberg, A., Die schwediscbe Hochgebirgsfrage und die Haufig- keit der Uberscbiebungen . 219

II. Besprechungen:

A. Unter der Redaktion der Geologischen Vereinigung:

Fortschritte in der Kenntnis des geologischen Banes der Zentralalpen ost- lich vom Brenner. II. Das ostalpine Gebirge im Siiden und Borden

der Tauern. (Fr. Heritsch.) Mit 1 Fignr im Text . 237

III. Das Gebirge bstlich von den Radstadter Tauern und vom Katscli- berg. Mit 1 Figur im Text . . . 245

Geologischer Unterricht: Uber den gegenwartigen Stand des geolo¬ gischen Unterrichts in Italien. (M. Gortani) . 259

Lichtbilder. Der geologisehe Unterricht an den deutschen Hochschnlen

im S.-S. 1912 (SchluB) . 263

Bucher- und Zeitschriftenschau . . . . 265

Preisaufgaben, Gesellschaften etc . 274

Personalia . 275

Geologisehe Vereinigung: Wegener, A., DieEntstehung derKontinente.

Mit 3 Figuren im Text . 276

Geologisehe Exknrsionen in den Alpen . 293

Die Fachg enossen und Verleg er werden gebeten, Bucher und Sonderabziige zum Zivech der Besprechung an den Verleger der JRttndschau, Wilhelm Fngelmann , Leipzig, 3Iittelstrafie 2 zu senden. Fbendahin sind auch Beschwerden fiber nicht zugegangene Defte der Zeitschrift zu r ich ten.

Zusendungen an die Pedahtion.

An den Redakteur Professor G. Steinmann , Bonn, Poppelsdorfer Allee 98 sind zu senden:

1. Manuskripte von Aufsatzen und kleineren Mitteilungen, Notizen usw.

2. Besprechungen aus den Gebieten: Tektonik, Niveauschwankungen, Morphologie, Erosion, Glazialgeologie, Sedimentbildung, Erdol, Kohlen, usw. Geologischer Unterricht.

An den Mitreddkteur Professor TV. Salomon, Heidelberg :

Besprechungen aus den Gebieten: Chemische Geologie, Petrographie, Salzlagerstatten, Metamorphosen, Erzgangbildung, Prakambrium, Erd- inneres, Vulkanismus, Erdbeben, Geologie anderer Weltkorper, Tech- nische Geologie.

An den Mitredakteur Professor O. Wilckens, Jena , Beicliardtstieg 4: Besprechungen aus den Gebieten: Stratigraphie, Regionale Geologie.

Die Vei’fasser von Aufsatzen und Mitteilungen erhalten 100 Sonderabziige unentgeltlich, weitere gegen Erstattung der Herstellungskosten. Zusammen- fassende Besprechungen werden mit 60 Jt , Einzelreferate und kleinere Mitteilungen mit 40 Jl fiir den Bogen honoriert. Yon den Besprechungen werden 50 Sonderabziige unentgeltlich, weitere gegen Erstattung der Herstellungs¬ kosten geliefert.

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Uber die Beigabe vOn Abbildungen ist vorherige Verstandigung mit der

Redaktion erforderlich.

Im Manuskript sind zu bezeichnen:

Autornamen ^ - (Majuskel), Fossiliennamen - (kursiv),

wichtige Dinge - - (gesperrt), Uberschriften ===== (fett).

I. Aufsatze und Mitteilungen.

Die schwedisclie Hochgebirgsfrage unci die Haufigkeit der

Uberschiebungeu.

Eine Erwiderung an Dr. F. Svenonius.

Von Axel Hamberg (Uppsala).

Die Angriffe des Dr. Svenonius.

Anlasslich zweier von mir im Friihjahr 1910 in Uppsala und Stockholm gehaltener Vortrage hber die Geologie des Sarekgebirges in Sckwedisch-Lappland schreibt Dr. Svenonius, okne an der nach- folgenden Diskussion teilgenommen oder den Druck des Vortrages abgewartet zu haben, eine Kritik meiner Darstellungen. Wenn ich mehr Zeit gehabt hatte, hatte ich wohl schon langst seine Schrift erwidert, aber da ich stets von wichtigeren Angelegenheiten in An- spruch genommen war, wurde die Beantwortung vertagt, zumal eine Polemik mit Dr. Svenonius mir als ziemlich nntzlos erschien.

Nun hat Dr. Svenonius in Band II Heft 4 dieser Zeitselirift eine neue Schrift fiber dasselbe Thema veroffentlicht, worm er sich aber nicht direkt gegen meine Darstellungen, sondern gegen eine frtiher in derselben Zeitschrift gedruckte Abhandlung des Herrn Dr. W. von Seidlitz1) wendet. Letzterer nahm an der von mir anlasslich des Stockholmer Geologenkongresses geleiteten Sarekexkursion teil und schildert nun in der betreffenden Abhandlung seine Reiseeindrticke, wobei er sich hauptsachlicli denselben geologischen Anschauungen anschliesst, die ich schriftlich in meinem Exkursionsffihrer 2) und

0 W. v. Seidlitz : Das Sarekgebirge in Schwedisch-Lappland (Bericht liber die Hocbgebirgsexknrsion des Stockholmer Geologen-Kongresses). Geol. Rund¬ schau. Bd. II. Heft 1. 1911.

2) Gesteine und Tektonik des Sarekgebirges nebst einem Uberblick der skandinavischen Gebirgskette. Geoi. Eoren. Forli. Bd. 32. 1910. S. 681. Zugleich gedruckt als Nr. 9 des Livret Guide des excursions en Suede du XI. congres geologique international. Stockholm 1910.

Geologische Rundschau. III.

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I. Aufsfttze und Mitteilungen.

miindlich im Terrain ausgesprochen habe. Da Dr. Svenonius also tatsachlich unsere Meinungsverschiedenheiten vor das internationale Publikum gezogen hat, finde ich es nunmehr notig, auf seine Dar- stellungen zu entgegnen.

Svenonius scheint zu meinen, dass er allein detaillierte und ge- wissenhafte Beobachtungen der Geologie Lapplands vorratig habe, wahrend die offiziellen Leiter der Hochgebirgsexkursionen des Geo- logenkongresses, Hogbom, Holmquist und ich nur eine Art Zauber- kunst mit der Uberschiebungshypothese betrieben hatten. Dabei waren die Teilnehmer hinter’s Licht gefiihrt worden wie das unkritische Publikum von alien Zauberern, die nicht entlarvt werden und hatten nicht einmal bemerkt, dass die Meinungsverschiedenheiten der drei Leiter betrachtlich, ja so gross waren, dass ,,jeder von den dreien die Hypothesen der beiden anderen als , unmoglich ‘, ja sogar als , unsinnig‘ bezeichnet hat“. Nach der Aussage von Svenonius hatte iiberdies Hogbom in einem Vortrag im Geologischen Verein in Stockholm „lebhaft bedauert, dass es nicht wie man es gehofft hatte gelungen sei, Einigkeit in unserer verwickelten Hochgebirgs- frage zu erzielen.“

Diese Darstellung der Yorbereitungen zu den Exkursionen ist nun zunachst vollkommen falsch. So viel ich weiss, sind keinerlei Ver- handlungen gefiihrt worden jedenfalls nicht mit mir um Einig¬ keit in der Hochgebirgsfrage zu erzielen, statt dessen hat jeder Exkursionsleiter fiir sich gearbeitet. Trotzdem sind die Meinungs¬ verschiedenheiten der drei Exkursionsleiter tatsachlich ziemlich gering und Hogbom ausserte auch so viel ich mich erinnern kann seine Zufriedenheit iiber diese verhaltnismassig grosse Uberein- stimmung. Dass die Anschauungen der drei Exkursionsleiter in der Hochgebirgsfrage verhaltnismassig wenig differieren, geht aus folgen- dem hervor. Hogbom akzeptiert fiir Jemtland die Ubersehiebungs- theorie, findet aber in Ubereinstimmung mit Tornebohm, dass fiir die theoretischen Erklarungen der Ursachen und Entstehungsweise der Uberschiebungen die Zeit noch nicht reif ist. Ich habe mich der- selben Theorie angeschlossen, aber versucht, theoretische Erklarungen der Uberschiebungen zu linden, bin aber dabei zu keinem bestimmten Resultat gelangt, sondern betrachtete zwei verschiedene Theorien als vorlaufig gleichberechtigt, bis fernere Untersuchungen eine davon wahrscheinlicher machen konnten. Holmquist verhalt sich in seinem Ftihrer durch das Torne-trask-Gebiet hinsichtlich der lan gen Uber- schiebungen mehr zuriickhaltend, nimmt jedocli die Uberschiebungen als tatsachlich vorhanden an, sucht sie aber in Verbindung mit Faltungen zu stellen. Ebenso wenig, wie ich, aussert er aber eine ganz bestimmte Meinung. Zwischen den Auffassungen von Hogbom und mir existiert also kein wesentlicher Unterschied, wahrend die Anschauung von Holmquist von den unsrigen etwas mehr divergiert. Dies kann aber wohl nicht Wunder nehmen, da wir alle in von-

A. Hamberg Die schwedische Hochgebirgsfrage.

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einander ziemlich entfernten Gegenden gearbeitet haben. Was Svenonius liber die Dissonanz zwischen den drei Exkursionsleitern schreibt, die so gross ware, „dass jeder von den dreien die Hypo- these der beiden anderen als , unmoglich ‘, ja sogar als , unsinnig‘ bezeichnet“ habe, ist tatsachlich unwahr, denn jedenfalls habe ich im fraglichen Zusammenhang keine so schmalernden Urteile geaussert; ob die anderen Herren solche Ausdriicke benutzt haben, ist mir da- gegen unbekannt.

Wie schon gesagt sind es hauptsachlich die Details, die Dr. Sve nonius sowohl in meinem Anfsatze als in demjenigen des Herrn von Seidlitz vermisst. Svenonius pflegt seine Abhandlungen haufig hier und dort mit gewissen sehr detaillierten Angaben zu schmiicken, die meistens darin bestehen, dass er fur gewisse Punkte ziemlich un- bearbeitete Tagebnchnotizen liber eine Schichtfolge anfiilirt. Bisweilen haben diese Notizen ein gewisses Interesse ftir die grossen Zlige der Geologie dieser ausgedelinten Gegenden, in anderen Fallen gar keines. Die Punkte seiner wichtigeren Beobachtungen sind aber so diinn ge- saet, dass die detaillierten Notizen seiner Darstellung einen Nimbus von Griindlichkeit verleihen, die sie nicht hat. Detailliert, weit mehr als seine Beobachtungen gestatten, sind auch seine Kartell und Profile. Aus dem Jahre 1896 stammt z. B. von seiner Hand ein im Terrain mehr als 100 Kilometern entsprechendes Profil durch das Gebirge des westlichen Lapplandes und der angrenzenden Teile von Norwegen. Wirckliche Beobachtungen scheinen aber nur den beiden Enden des Profils zugrunde zu liegen, das tibrige ist lauter Phantasie.

Ich will nun aber nicht beliaupten, dass meine eigene geologische Untersuchung des Sarekgebietes griindlich sei, im Gegenteil ist sie viel summarischer als die grossartige und interessante Gegend es verdient. Dies kommt aber zum Teil daher, dass ich meine topo- graphische Ivarte der Gegend zuerst fertig maclien wollte, bevor ich die geologischen Untersuchungen in allzu kleinen Details triebe, denn auf der jetzt vorhandenen Karte lassen sich solche Arbeiten im allgemeinen nicht wiedergeben. Indessen ist die Abhandlung dessen- ungeachtet auf ziemlich ausftihrliche Detailarbeiten gegrtindet, ja ich kann sagen auf so ausftihrliche Arbeiten dieser Art, sowohl im Terrain als im Institute, dass ich die Originalbeobachtungen fast nie habe anfuhren konnen. Im allgemeinen dlirfte es wohl auch nicht als zweckmassig anzusehen sein, seine Tageblicher, Praparatprotokolle, chemische Gesteinsanalysen usw. in einem Exkursionsflihrer zu ver- offentlichen, uberhaupt habe ich nicht einmal daran gedacht, sondern vielmehr mich bestrebt, eine auf gentigender Detailbeobachtung fussende, Iibersichtliche Darstellung der Geologie des Sarekgebirges zu geben, die das wissenschaftlich Interessanteste in sich schloss.

Wenn man Svenonius eigene Arbeiten in der Gegend mit den meinigen vergleicht, durfte man finden, dass erstere keineswegs eine grossere Flille richtiger Detailbeobachtungen enthalten als letztere.

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I. Aufsatze und Mitteilungen.

Man vergleiche z. B. die letzte von Svenonius 1900 veroffentlichte Karte iiber einen Teil der Gebirgsgegenden von Norrbotten mit meiner zehn Jahre spater erschienenen deni kritisierten Fiihrer beigefiigten Karte. Die Karte von Svenonius ist weit detaillierter, die meisten Details sind aber Phantasiegebilde, besonders liinsichtlich der Yer- breitung der von Svenonius speziell geliebten ostlichen Silurfazies, deren Ausdelmung er viele Male zu gross angegeben hat.

Dr. Svenonius meint nun, dass er durch den grosseren Detail- reichtum seiner Untersuchungen auseinandergesetzt habe, dass die von mir als TJberschiebungsschollen bezeichneten stratigraphischen Einheiten, die Syenitscholle und die Amphibolitscholle, nur eruptive Decken seien.

Enter anderem behauptet er, dass zwischen den Schollen keine bestimmten Grenzen, sondern allmahliche Ubergange vorlianden waren. „Wo liegt z. B.“ bricht er aus „in den Gegenden von Tarrekaise oder Njatsosjokk“ diese Grenze? Fur den von mir noch nicht besuchten Tarrekaise kann ich diese Frage nicht beant- worten, aber am Njatsosjokk ist die betreffende Grenze nicht schwierig zu bestimmen. Sie schneidet den Talboden einige hundert Meter ostlich von den kleinen Teichen am Ostende des ostlichen Njatsosjaur.

Was die Grenze zwischen deni Silur und der Syenitscholle be- trifft, so ist sie haufig ganz scharf. Dabei sind im allgemeinen die obersten Schichten des Silur zu einer Breccie zertrummert, die aber meist nur Bruchstticke des silurischen Schiefers enthalt. Fine solche Breccie hat Svenonius Kamanschiefer genannt. Bisweilen liegt auf der Breccie nicht Syenit, sondern Quarzit, der offenbar iiber die Breccie gerutscht ist. Wahrscheinlich ist dieser Quarzit ein aus deni Silur mitgerissenes Stuck, jedoch dtirfte diese Deutung fernerer Be- statigung bedtirfen.

Fiir seine Ansicht, dass die Syenitscholle sich liber die ostliche Silurfazies, als eine glutfiiissige Decke ergossen habe, tindet Svenonius eine Stiitze in einer vermeintliehen Weclisellagerung in der Nahe des Kontaktes zwischen deni Silur und der Syenitscholle. Solche in den Silur eingeschaltete Lager von Syenit scheinen aber selir selten zu sein und uberschneidende Gauge sind in der Nahe der Kontakt- flache uberhaupt nicht bekannt. Aus der Gegend von dem Stora Sjofallet liatte Svenonius eine Weclisellagerung zwischen Silur und Granit angegeben. Mit einer gewissen Spannung verliess ich in Ge- sellscliaft eines Studenten am 1. August 1909 die Sjofallshiitte, um die von Svenonius auf seiner Karte von 1900 angegebenen wecliseln- den Zonen von Silur und Granit im Aleb Kirkao und am Jertajaure nalier in Augenschein zu nehmen. Allein wir wurden grausam be- trogen, denn nachdem wir den roten Sandstein am Stora Sjofallet ver- lassen batten, fanden wir in keinem Niveau iiber dem See irgend welche Spuren festanstehenden Silurs, sondern nur gneissige Gesteine, die in verschiedenen Zonen stark verschiefert waren. Die vielen „Details“,

A. Hambekg Die schwedische Hochgebirgsfrage.

mit denen Svenonius das Silur am Stora Sjofallet schmtickt, sind lauter Phantasie. In Wirklichkeit bildet diese Formation ein schmales Band, das sich vom Sjofallet gegen Osten langsam erliebt bis es am Ostende des Luleb Kirkao die Hohe von etwa 150 Meter liber dem See Langasjaur erreiclit.

Da an der Slidseite des Langasjaur die Angaben von Svenonius so wenig mit der Wirklichkeit libereinstimmten, verziclitete ich auf eine Prlifung seiner Resultate an der Xordseite dieses Sees nnd kann deshalb keine bestimmte Meinung liber seine Angabe von zwei Granitbetten innerhalb der silurischen Scliichten von dem Juobmotjakko anssprechen. Da sonst in derselben Gegend keine von der Syenit- scholle aus in das Silur hineingehenden Apophysen bekannt sind, muss ich stark bezweifeln, dass solche im Juobmotjakko vorliegen. Wa.hr- scheinlich gehoren diese Granitgange niclit der Syenitscholle an. Sie befinden sich aucli nach den Angaben von Svenonius 200 Meter unterhalb derselben.

Weiterhin behauptet Dr. Svenonius, dass Dr. von Seidlitz und andere gesagt hatten, „das die Eruptivgesteine der Hoch- gebirge keine Charaktere von Ergussgesteinen weder supra- noch submarinen darbieten, also niclit Decken sein konnen“. Streng gen om men hat aber weder von Seidlitz nocli ich dieses gesagt, sondern nur dass die Syenitscholle typischer Erguss- gesteine entbehrt. Im Anschluss an diese kleine Yerdrehung hebt Svenonius eine gauze Reihe Tuffe, Mandelsteine und Porphyre den Hochgebirgsgegend hervor. Xach dem Zusammenhang konnte man bei fllichtigem Lesen und ohne Kenntnis von der Lage der angefiihrten Fundstellen glauben, dass sie der Syenitscholle angehorten, denn sonst hatte ja die Aufzahlung dieser Vorkommnisse in einer gegen von Seidlitz und mich gerichteten Kritik keinen Sinn. Wenn man nur die betreffenden Ausflihrungen von Svenonius naher prlift, lindet man aber folgendes :

Die „grtinen Schiefer“, die Svenonius anfiihrt, befinden sich am Sulitalma und gehoren dem Silursystem an. Dass sie Tuffe sind, dtirfte durchaus unbewiesen sein.

„Die Grtinsteine der Gegend von Sitojaure" im Vakevaratj und Martahavaratj gehoren wahrscheinlich auch nicht der Syenitscholle an. Die beiden Vakevaratj liegen 1 k 2 km ausserhalb des nachsten Randes der Syenitscholle im Tsirakpakte und sind deshalb zu dem Liegenden des Silurs zu rechnen. Dasselbe gilt auch von dem Martahavaratj, wo die silurischen Tonscliiefer und Quarzite nach Svenonius eigen en Angaben auf dem Griinstein liegen. Die Quarz- porphyre, die Svenonius aus dem Puollamtjakko erwahnt, gehoren selbstversandlich auch zur Unterlage des Silur und nicht zur Syenit¬ scholle.

„Aucli sieht man nicht allzu selten eine unbestreitbare Fluidal- struktur, am schonsten vielleicht am Sirkasluokta.“ Dieser Ort liegt

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I. Aufsatze und Mitteilungen.

am Westufer des Wirihaure in der Nahe der norwegi schen Grenze und hat nichts mit der Syenitscholle des Sarekgebirges zu tun.

„Die deutliche Lage der kambrischen Grtinsteine konform und wechsellagernd mit den weissen Sandsteinen usw. am Njarkavare vis h vis dem Saltoluokta am Langas stimmt auch besser mit Decken- als mit Gangnatur uberein.“ Ich kenne dieses Vorkommnis nickt, will aber behaupten, dass solche Lagergange von Griinsteinen im Silur hinsichtlich der Genesis der Syenitscholle wenig beweisen.

„Als analoge Yorkommnisse kann man die auffallende decken- fo range Wechselung zwischen sauren und syenitischen Graniten mit Griinsteinen seibst im angrenzenden „Urgebirge“ bei Tsakesluokta, Koinosatjakko usw.. oder in jiingeren Stufen bei Vakotavare und Poggevaratj hervorheben.“ Der Tsakesluokta und der Koinosatjakko liegen ostlich vom Rande der Syenitscholle. Den Vakotavare und den Poggevaratj kenne ich nicht durch Autopsie. Die Theorie von Svenonius scheint mir aber unter alien Umstanden unwahrscheinlich, denn dass alternierende Deckenergtisse von syenitischen und basal - tischen Magmen die Wechsellagerung verursacht hatten, ist wohl kaum giaublich, wahrscheinlicher ware wohl dann, dass die Grtinsteine als in den Gneis eingeschaltete parallele Gange aufzufassen waren.

In der Fortsetznng spricht Svenonius von Fluidalstruktur, die in einem Berge Tjaska vorkommen soil, ferner von augengranitischer Entwickelung „von gewissen Granithorizonten“. Beide Strukturen sind jedenfalls sehr selten in der Syenitscholle und haben ftir die Auf- fassung seiner Genesis keine Bedeutung. Porphyrische Gesteine wie einen Augitdioritporpliyr mit 3 5 cm langen Andesinkristallen, einen Bytownitit mit zollgrossen Bytownittafeln, einen Hornblenditporphyr mit ebenso grossen Hornblendekristallen usw. habe ich selber be- obachtet, da aber alle diese Gesteine aucli grobkornige Grundmasse ehthalten, ist auf sie kein Beweis fur die Auffassung der Syenitscholle als einer Ergussdecke zu griinden.

Andere Beweise ftir diese vermeintlich effusive Genesis der Syenitscholle hat Svenonius auch nicht geliefert. Seine Beispiele von Ergussgesteinen aus Lappland stammen nicht aus der Syenitscholle und beweisen hinsichtlich der letzteren nicht mehr, als die Porphyre in Dalarne Oder im Siebengebirge. Dieser Umstand, dass Svenonius selber kein einziges effusives Gestein aus der Syenitscholle seibst anfiihren kann, aber eine Menge solcher aus anderen Niveaus an- fiihrt, spricht meiner Meinung nach sehr dafiir, dass seine Meinung falsch ist.

Indessen setzt Svenonius seine Beweisfiihrung fort. Dabei weist er auf seine frtihere Zusammenstellung der Argumente fur die Decken- natur der Granite hin, nach welcher die Eruption der Syenite (Granite) in folgender Weise l) stattgefunden hatte :

1) Ofversikt af Stora sjofallets och angransande Fjalltrakters geologi. Geol. Foren. Forh. Bd. 22. 1900. S. 317.

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A. Hamberg- Die schwedische Hochgebirgsfrage.

Da keine Spur einer pyrogenen Konfaktmetamorphose an der Oberflache des Silurs walirzunehmen ist, nimmt Svenonius an, dass die bis etwa 1000 m machtige Granit- (Syenit-)masse niclit bei einer einzigen Eruption gebildet worden sei, sondern bei einer Reihe von Eruptionen unter denen die ersten, die den Kontakt mit dem Silur bildeten, verhaltnismassig dtinn waren und deshalb keine Ivontakter- scheinungen in den unterliegenden Silurschichten erzeugen konnten. Diese Teorie ist aber an und fiir sich nicht wahrscheinlich, denn da die Silurschichten sehr ausgedehnt sind, kann nicht tiberall die auf ihnen unmittelbar lagernde Eruptivdecke gleich diinn sein, es ist wohl vielmehr anzunehmen, dass gegen den Krater hin die Dicke der Lavastrome zunehmen wiirde. Bei Lavastromen von einigen Kilo- metern Lange kommt man aber sogleich zu ganz betrachtlichen Tiefen, besonders wenn man die geringe Fluiditat der hier vorkommenden syenitischen Magmen in Betracht zieht. Da zudem die sauren Erup- tivgesteine ziemlich energische Kontaktwirkung auszuiiben pflegen, wie die betreffenden der Syenitscholle, ist es sehr befremdend, dass keine Spuren solcher Einwirkung zu beobachten ist. Noch unmog- licher erscheint die Theorie aber, wenn man auf die Struktur der Gesteine Riicksicht nimmt. Denn das ware wohl ein ganz sonder- bares Spiel des Zufalls, dass alle diese aufeinander gehauften Eruptivdecken, obgleich sie wirklich Effusivgesteine waren, trotzdem aller Zeichen der effusiven Strukturen entbehrten und nur diejenigen der Tiefengesteine zeigten.

Auf der Syenitscholle kommt die Amphibolitscholle, die aus einer Gruppe von kristallinischen Glimmers chi e fern und Quarziten besteht, in die amphibolitizierte Gabbrodiabase in grosser Menge eingedrungen sind. Wenn nun auch der Syenit als effusive Lavastrome sich liber das Silur hatte ausbreiten konnen, so ist es doch nicht moglich das Vorhandensein der Amphibolitformation mit ihren machtigen Gliedern von sicher sedimentaren Gesteinen in dieser Weise zu erklaren.

Uberhaupt gibt es fast keine Beobachtungen, die man an Ort und Stelle machen kann, die fiir die Anschauung von Svenonius sprechen, fast alles und insbesondere die mechanische Zertriimmerung an den vermuteten Uberschiebungsflachen, sowie die Quetschung der Gesteinsmassen ziemlich hoch liber derselben, deutet auf Uberschiebung hin. Diese muss als eine empirisch bewiesene Tatsache betrachtet werden, wenn man auch noch keine sichere theoretische Erklarung dafiir gefunden hat. In verschiedenen Gegenden dtirfte die Genesis und Entwickelung der Uberschiebungsvorgange sich ziemlich ver- schieden gestaltet liaben. Nach dem, was ich im verflossenen Sommer an der Westseite des Sarekgebirges gesehen habe, finde ich es wahr¬ scheinlich, dass daselbst die Uberschiebungen als nach SO iiber- geworfene Falten angefangen liaben, deren Unterschenkel bei fortgesetzter Bewegung unter die Oberschenkel lange Strecken unter- schoben wurden, wahrend der Mittelsclienkel verschwunden ist oder aus-

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I. Aufsatze und Mitteilungen.

gewalzt wnrde. Die Untersnchnngen an der TVestseite des Gebirges sind aber lange nicht so YoUstandig, dass ieh diese Anseh anting als detinitiv anzngeben wa°:e.

Fiir die Syexoxius' sche Theorie findet man bei Beobaebtnngen im Terrain keine Stiitzen. Znr Erklarnng der lapplandischen Lagerungs- verhaltnisse bat Syexoxius die basaltiseben Lava- nnd Tnffdecken von Island, die er nicht dnrch Antopsie kennt, als ein Muster ge- wahlt. Mit dieser islandischen Ernptivformation hat die Syenit- formation der Sarekgegend aber nicht die entfernteste Ahnlichkeit. Die Gesteine der beiden Yorkommen sind an nnd fiir sich grund- verschieden nnd die Yorkommen selber sind anch ganz nngleichartig, denn Island ist ein von Gebir^sfaltnnsren nnberiihrtes Land. wRhrend die Sarekgegend die Anssenzone einer stark gefalteten Gebirgskette darstellt.

TVenn Syexoxius start dessen sein Beispiel ans einigen gnt nnter- snchten Gebirgsketten geYrahlt hatte, so miisste er zn anderen Ana- logieschllissen gekommen sein. Fiir ihn sind aber alle Uberschiebnngen nnnathrlich. Das kommt wohl daher. dass der Plntonismns mehr als hnndert Jahre alt ist nnd sich in einem ganz anderen Masse in die allgemeine geologische Anschannng eingebhrgert hat, als die moderne Uberschiebnngstheorie. Ynnmehrtveiss man aber, dass Uberschiebnngen in den Anssenrandern der Kettengebirge tatsachlich so hanfige Er- scheinnngen sind, dass sie daselbst fast als normal betrachtet werden konnen. TVegen einer vermeintlichen Seltenheit der Uberschiebnngs- vorgange ist es also nicht notig die Uberschiebnngstheorie zn Yermeiden. Ich glanbe indessen, dass eben dieses der wirkliche Grnnd des YTiderstandes ist, den Syexoxius nnd mit ihm mehrere norwegische Geologen der Amwendiing der E'berschiebnngs- theorie anf die skandinavische Gebirgskette entgegengestellt haben. Obgleich letztere Theorie wenigstens anf dem enropaischen Kontinent nnnmehr Tvahrscheinlich Yiel mehr Anhanger als Gegner hat, finde ich es trotzdem sowohl notig als niitzlich im Znsammenhang mit der Disknssion hber die skandinaYische Hochgebirgsfrage in gedrangter Form eine Darstellnng der Entwickelnng der LT>erschiebnngstheorie zn geben, obgleich man z. B. schon in Suess! Antlitz der Erde gnte Himveise anf die Geschichte der Theorie hat.

Blick auf' die EnUviekehing und Anwendung der Uberscliiebungs-

tlieorie.

Die erste richtig erkannte Uberschiebnng mirde Yon dembritischen Geologen Xicol in dem bekannten Ubersckiebnngsgebiet des Xord- west-Hochlandes Yon Schottland beobachtet. Each langjahrigen Unter- snchnngen daselbst sprach er im Jahre i8601) eine bestimmte Meinnng

1 On the structure of the YorthAYestern Hiahlands and the relations of the Gneiss. Red Sandstone and Quartsite of Sutherland and Ross-shire. Quart Journ. Geol. Soc. Bd. 17. S. 85.

A. Hambekg Die schwedische Hochgehirgsfrage.

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aus, dass der auf dem dortigen Silur liegende Gneis keineswegs an seinem jetzigen Ort entstanden sei, sondern eine altere Bildnng sei, die durch einen korizontalen Schub tiber das Silur iibergeschoben worden ware. Dieses wurde bewieseD sowohl durch die Beschaffen- lieit der Uberschiebungsebene als durch Ubereinstimmung zwischen dem iibergesehobenen Gneis mit deinjenigen, der das Silur und den darunter kommenden Torridonsandstein unterlagert. Diese Auffassung veranlasste einen langwierigen Streit, an dem unter anderen Murchison teilnahm. der behauptete, dass der fundamental Gneis“ ein ganz anderer sei als der sogenannte Gneis, der auf dem Silur liegt mid als ein jiingeres stark metamorpkorsiertes Sediment aufzuf'assen sei. Dieser Streit wurde erst durch die Arbeiten des Geological Survey in den Achtzigerjakren des vorigen Jahrkunderts abgeschlossen. Xumnehr liegt iiber dieses Uberschiebungsgebiet ein offizielles, raonu- mentales Werk *) vor. das auch einen Eiickblick auf die alteren Untersuchungen enthalt.

Eine andere Gegend, wo schon fruh Tlbersckiebungen konstatiert wurden, ist das belgisck-franzosicke Steinkohlenbecken. Die altesten einschlagigen Beobachtungen wurden im franzosiscken Teil gemacht und von Breton und Gosselet im Jahre 1877 beschrieben. Schon drei Jahre spater lieferte letzterer eine tektonische Ubersicht* 2) des Kohlenbeckens, seit welcher Zeit mehrere neue Untersuchungen hinzu- gekommen sind3). Der ganze Siidrand desselben ist in der Erclober- flache von dem Xordrand einer L^berschiebungsebene. la Faille du Midi, begrenzt, deren hangende Schichten dem Lmterdevon angehoren, der also tiber Oberkarbon iibergeschoben ist. Mehrere andere Tiber - schiebungsflachen finden sich nordlich davon, ' wodmx-h das Becken zum Teil sogenannte Schuppenstruktur erhalt. Einige Decken liegen umgekehrt. die offenbar als Zwischenschenkel einer liegenden Falte aufzuf’assen sind. Samtliche altere Schichten sind ausserdem stark gefaltet. Auf deutschem Gebiet werden die tektonischen Storungen allmahlich schwacher.

Dieses Kohlenbeeken bildet den Xordrand des Rheinischen Schiefergebirges oder des einst macktigen variscischen Gebirges, von wo die Bewegungen nach Xorden kin ausgegangen sind.

Die von Gosselet gewonnene Auffassung der Struktur des belgisch- b'anzosischen Kohlenbeckens hat geschichtlich eine grosse Rolle ge-

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spielt, insofern als Marcel Bertrand dadurch die Anregung zur Erklarung der sogenannten Glarner Doppelfalte 4) als einer einfachen

x) Mem. Geol. Surv. of Great- Britain. The geological structure of the Xorth-West Highlands of Scotland. Glasgow 1907.

2) Sur la structure generate du bassin huiller franco-beige. Bull. Soc. geol. de France 3. Ser. Bd. 8. 1S79 1880. S. 505.

3 Yergl. Daxnevbekg: Geologie der Steinkohlenlager. 2. Teil. Berlin 1911.

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4) Bapport des structure des Alpes de Glaris et du bassin houiller du Xord. Bull. Soc. sreol. de France. 3. ser. Bd. 12. 1883 u. 1881. S. 31S.

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I. Aufs&tze und Mitteilungen.

von Sltden gekommenen breiten liegenden Falte mit fast ausgewalztem Mittelschenkel oder als einer Uberschiebungsdecke erhielt. Bertrand dehnte die Theorie auch zur Erklarung der allgemein vorkommenden abnormen Uberlagerungen am Nordrand der Schweizeralpen aus. In dieser Ubereinstimmung des Anfbanes so verschiedener Gegenden sah er mit klarem Blick ein allgemeingiiltiges Gesetz, wie ans den Schlussworten seiner Abhandlung hervorgeht.

„La coincidance si remarqnable qu’on met ainsi en evidence dans denx soulevements d’age bien different, celui dn Hainant et celui des Alpes, laisse presumer qu’il v a la une regie generate, et que le resultat de la contraction dn globe par refroidissement est non seulement le plissement de l'ecorce, mais Fecoulement et le dever- sement du centre de la zone plissee.“

Spater fand Bertrand viele andere Beispiele horizontaler Ver- frachtnng von Gebirgsschollen namentlich im franzosichen Teil der Alpen. Zalilreiche wichtige Beobachtungen ahnlicher Art machten spater Kilian, Haug und Termier daselbst.

Im Jahre 1893 trat Schardt1) ftir grosse Uberschiebungen in den Alpen der Umgegend des Genfer-Sees ein. Wenige Jahre danach entwickelte er eine Theorie der Struktur des ganzen Nordabhanges der Schweizeralpen, welche Theorie zu einem immer vollkommeneren tektonischen System in spater erschienenen Arbeiten von Schardt und anderen Schweizergeologen wie Lugeon 2), C. Schmidt, A. Heim u. a., entwickelt wurde. Nordlich von der kristallinischen Zentral- zone der Schweizeralpen, die meist nach Norden stark tiberkippte liegende Falten einschliesst, kommt meistens nicht tiberall eine Zone von stark gepressten Glanzschiefern, dann folgt eine breite Zone liegender Fatten tertiarer und mesozoisclier Schichten helvetischer Fazies, die die hohen Ivalkalpen bilden. In der Gegend zwischen der Arve und dem Thuner See konnen nach den ausfuhrlichen Unter- suchungen von Schardt3) auf diesen Deckfalten wenigstens zwei aufeinander liegende Decken derselben geologischen Formationen, aber in einer anderen Faziesausbildungunterschieden werden. Jededer beiden Decken ist fur sich gefaltet. Innerhalb jeder Decke ist die Schichten- folge normal, an den Grenzflaclien der Decken ist die Uberlagerung ab- norm. So ruhen z. B. die Juraschichten der unteren Decke, die soge- nannte Chablais-Stockhorndecke, fast tiberall auf Flysch. IhrUrsprungs- ort muss wahrscheinlicli stidlich von der Glanzscliieferzone liegen. Die obere Decke, die Chablais- und Hornftuhbreccie, hat wiederum zum Teil

1) H. Schardt : Coup d’oeil sur la structure geol. des eiwirons de Montreux. Bull. Soc. Yaud. Sc. Nat. Bd. 29. S. 241. Lausanne 1893.

H. Schardt: Sur l’origine des Prealpes romandes, du Stoekhorn et du Chablais. Arch. sc. phys. nat. Geneve. Bd. 33. 1893.

2) M. Lugeon: Les grandes nappes de recouvrement des Alpes du Chablais et de la Suisse. Bull. soc. geol. de France. 4. ser. Bd. 1. 1901. S. 723.

3) H. Schardt : Die modernen Anschauungen iiber den Ban und die Ent- stehung des Alpengebirges. Yerh. d. schw. naturf. Ges. St. Gallen 1906.

A. Hamberg

Die schwedische Hochgebirgsfrage.

229

andere Fazies und muss aus noch stidlicher gelegenen Gegenden herstammen. Endiicli glaubt man noch Spuren einer dritten Decke, der ratischen Decke, gefunden zu haben, die eine ganz sudalpine Fazies darstellt. Die Chablais-Stockhorn-Decke hat sich wahrschein- lich friiher sowohl in nordostlicher als in siidostlicher Riehtung fest- gesetzt, ist aber nunmehr nur von geringen Fragmenten, den sogenannten exotischen Klippen, in vereinzelten Vorkommen vertreten.

Am Rhatikon treten neue Yerhaltnisse ein. Wir konnen da den Arbeiten des von Svenonius angegriffenen yon Seidlitz l) folgen. Nach vergeblichen Versuchen, die Tektonik des Ratikon durch Annahme von Fatten, die im Zusammenhang mit dem naheliegenden Untergrund stehen, zu erklaren, fand sich von Seidlitz durch seine eigenen Beobachtungen genotigt, sich der schon friiher von Schardt, Lugeon, Termier u. a., ausgesprochenen Anschauung, dass dieses Gebirge, gleich den Freiburger und Glarner Alpen, aus ortsfremden von Stiden iibergeschobenen Decken bestunde , anzuschliessen. Die Decken sind aber z. T. andere als in den Freiburger Alpen. Nach von Seidlitz folgen auf einer Unterlage der „helvetischen Fazies“ sowie der Glanzschiefer hier Blindener Schiefer genannt nachstehende Decken in stark verquetschtenr und ineinander geknetenem Zustand:

1. Falknisdecke (= Chablais-Stockhorn-Decke oder Klippendecke).

2. Brecciendeeke (= Chablais- und Hornfluhbrecciendecke). 3. Ratische Decke. 4. Ostalpine Decke. Letztere kommt in den Ostalpen als ein neues Glied der Tektonik hinzu, das unter anderen grosse schwimmende Massen kristallinischer Gesteine enthalt.

Weiter nach Osten scheint der Ban der Ostalpen nicht im Detail erforscht zu sein. Die Mehrzahl der Geologen, die sich mit diesen Gegenden in letzter Zeit eingehender beschaftigt haben, sind wohl dariiber einig, dass die nordlichen Kalkalpen zwischen dem Rhein und Wien iiber den Flysch der helvetischen Fazies im Norden iiberge- schobene, meist triadische Ivalksteine sind, die eine von den ent- sprechenden Bildungen der Westalpen stark getrennte Fazies dar- stellen. Termier2), welcher den ersten Yersuch zur Analyse der Ostalpen mit Hilfe der Uberschiebungstheorie gemacht hat, meint, dass die ganze gewaltige ostalpine Decke von der Gegend im Siiden der hohen Tauern hergekommen sei. Unter dieser ostalpinen Decke scheinen aber nicht nur im Ratikon altere oder „tiefere“ Decken vertreten zu sein. Die hohen Tauern, die die ostalpine Decke durch- brechen, sind teils von einer Schieferhulle , teils von mesozoischen Kalken umgeben. Letztere gehoren aber nicht der ostalpinen Fazies, sondern den nachsttieferen, sogenannten lepontinischen Decken an, die

x) W. y. Seidlitz: Geol. Untersuchungen im ostl. Rhatikon. Ber. Naturf. Ges. zu Freiburg i. Br. Bel. 16. S. 232. 1906.

2) Pierre Termier: Les nappes des Alpes orientales et la synthese des Alpes. Bull. Soc. geol. cle France. Ser. 4. Bel. 3. S. 771. 1903.

230

I. Aufsatze unci Mitteilungen.

also hier clie ostalpine Decke durchbrechen. Auch am Xorclrand cler Ostalpen treten cliese nackstalteren Decken zutage1).

Mekrere cler oben angefnhrten Decken, wie die Ckablais-Stock- liorn -Decke unci die ostalpine Decke werden Von gewissen Forscliern als aus mehreren einfachen Decken zusammengesetzt angesehen. Die Zalil cler im ganzen Alpensystem nordlick von cler kristallinen Zone vorhanclenen selbstancligen Decken wiircle dann ein Dutzencl tibersteigen, unter clenen clie altesten unci untersten vorzugsweise im Westen, die jiingsten unci obersten kauptsacklick im Osten vertreten waren. In einem besckrankteren Gebiet, wie es z. B. die Berner Alpen sincl, cliirfte wolil kaum mehr als die halbe Zabl vorkanclen sein.

Hinsicktlick cler Herkunft ocler cler Wurzel cler Decken geken clie Meinungen nock ziemlick weit auseinancler. Gemeinsant fiir alle Deduktionen 2) clieser Art ist inzwiselien, class samtlicke Decken von Sticlen, in Frankreick von Osten, gekommen sincl, unci class ilir Ur- sprungsort um so siidlicker liegt, je koker in cler Reike clie betreffencle Decke sick befinclet. Die meisten Forsclier, clie sick Tiber cliese Sache geaussert kaben, scheinen insofern einig zu sein, als sie clie Wurzel cler jiingeren Decken wenigstens von cler ratiscken Decke an sticl- lich von clem Holienkamm cler Alpen verlegen.

Die osterreickiscken Geologen kaben sick anfanglick kinsiclitlick cler Uberscliiebungstkeorie meist ableknend verkalten. Dies gilt niclit nur von clen Ostalpen, sondern aucli von clen Karpatken. Xoeli im Jakre 1903 leugnete cler beste Kenner cler Geologie cler Karpatken, Viktor Uhlig, die Anwendbarkeit der fjbersckiebungstkeorie auf dieses Gebirge. Er benutzte clabei selbst ganz bestimmte Ausdriicke, wie: ,,Die karpatiscken Klippen kaben mit Decksckollen niclits zu tun. Anlianger der Deckscliollentkeorie werden in clen Karpatken wenig Anregung finden“ 3). Trotzdem konnte aber Lugeon 4) in demselben Jakre auf Grunci eben cler sorgfaltigen Karten unci Besclireibungen Uheig’s eine Analogie cles Baues cler Alpen unci cler Karpatken nack- weisen. Ein paar Jakre clanacli war Uhlig aber vollstanclig bekehrt. In einer grossen Arbeit liber clie Tektonik cler Karpathen5) vom Jakre 1907 gibt er zu, „dass wir bei wolilerwogener Beurteiliing der vor- liegenclen Tatsaclien keinen begegneten, clie mit cler Annakme eines

0 G. Steixmanx : Geologische Probleme cles Alpengebirges. Zeitschr. d. cleutsch. u. osterr. Alpenvereins. 1906. S. 39.

2) Otto Wilckexs: Wo liegen in den Alpen die Wurzeln der Uberschie- bungsclecken? Geologische Rundschau. Bd. II. 1911. S. 311.

3) V. Uhlig: Bau unci Bilcl cler Karpathen. S. 120. In Bau unci Bild Osterreichs von C. Diexee, R. IIoerxes, F. E. Suess und V. Uhlig. Wien u. Leipzig 1903. S. 770.

4) M. Llgeox: Les nappes de recouyrement cle la Tatra et l’origine cles Klippes cles Carpathes. Bull. desLab. cle Geoh, Geogr.-phys., Mineral, et Palaeont. cle l'universite cle Lausanne. Xo. 1. 1903.

5) V. Uhlig : Uber die Tektonik cler Karpathen. Sitzber. cl. k. Akademie cl. Wissenschaften. Math.-naturw. Kl. Bd. 116. Abt. 1. S. 871. Wien 1907.

A. Hamberg Die schwedische Hochgebirgsfrage. 231

Deckenbaues unbedingt unvereinbar waren.“ Gewisse Verhaltnisse wie namentlich die Ergebnisse der Tiefbolirungen am Rande des mahrisch-schlesischen Kohlenbeckens, schreiben die Existenz einer grossen Ferniiberschiebimg mit bedentender Forderungslange kategorisch vor und drangen „uns daher, ob wir wollen oder nicht, auf den Boden des tlberschiebungs- und Deckenbaues, auf den wir auch durch die Tektonik der Tatra verwiesen werden. Eine weitere Erganzung bildet die Tatsache, dass sehr viele tektonische und stratigrapbische Erscheinungen der Karpathen unter der Voraussetzung der Deckenlehre nicht nur besser verstandlich werden als vordem, sondern erst durcli sie die richtige Beleuchtung gewinnen und nur durch sie zu einem grossen und einheitlichen Ganzen von jener hoheren Einfachheit verbunden werden, die zugleich die innere Wahr- scheinlichkeit fur sich hat“.

Nach den Untersuchungen Uhlig’s wiirden sich die am besten bekannten, westlichen und nordlichen Teile der Karpathen aus ftinf ver- schiedenen, von Stiden nach Norden tibereinander geschobenen Decken zusannnensetzen, die] von unten nach oben folgenderweise bezeichnet werden: 1. die subbeskidisehe Decke , 2. die beskidische Decke,

3. die pieninische Decke, 4. die hochtatrische Decke, 5. die subtatrische Decke.

Die beiden ersten Decken bilden die stellenweise 100 km breite karpathische Sandsteinszone, deren Gberscliiebung liber das sude- tische Vorland schon von E. Suess im ersten Bande j) seines „Antlitz der Erde“ hervorgehoben worden ist. Beide Decken enthalten alte tertiare, kretazeische und oberjurassische Schichten, unterscheiden sich aber durch verschiedene Faziesausbildung besonders des Alttertiars. Am Kontakt fallt tiberall die subbeskidisehe Serie unter die beskidische ein. Innerhalb jeder Decke kommen geringere Uberscliiebungen vor, die beiden Decken eine ausgepragte Schuppenstruktur verleihen. Das Ausgehende der pieninischen Decke ist nur wenige Kilometer breit, weil sie hauptsachlich nur in zur Schichtung fast normalem Quer- schnitt vorkommt. Diese Decke scheint eine Riesenbreccie darzu- stellen, worm grosse jurassisclie und unterkretazeische Felsen in oberkretazeische und alttertiare Schichten eingeschlossen liegen. Die Bildung dieser eigenttimlichen Masse scheint in Dunkel gehtillt. Die Dogger- und Malmschichten scheinen in zwei auf verschiedene Zonen verteilten Fazies aufzutreten, weshalb die Decke moglicherweise in zwei iibereinander geschobene geteilt werden sollte. Die hochsten Teile der Karpathen bilden die hochtatrischen und subtatrischen Decken. Hier ist eine starke Faltung vorgekommen. Die untere, hochtatrische Decke tritt als Kern der Antiklinale in den Fenstern der subtatrischen Decke auf. Diese Iverngebirge enthalten Granit und kristallinische Schiefer, die von permo-mesozoischen Gesteinen umgeben sind.

0 S. 247.

232

I. Aufsatze und Mitteilungen.

Siicllich von den Kerngebirgen kommen nach Uhlig zwei fernere und zwar jiingere Decken vor, „die Decke des inneren Gtirtels“ und „die Decken des ungarischen- Mittelgebirges“, deren Natnr als Decken jedoch noch nicht genligend auseinandergesetzt ist.

Die Karpathen bilden eine unmittelbare Fortsetzung der Alpen. In der Gegend von Wien kommen die beiden Ketten einander ziem- lich nahe. Uhlig hat deshalb auch versucht, eine Parallelisiernng der karpathischen Decken mit den aipinen sowolil auf Grund der raumlichen Anordnung als der Faziesbildungen dnrchznfhhren. Den helvetischen Decken der Alpen stellt er die beskidischen an die Seite, obwohl letztere in ihrem jurassiscben Teil einen mehr mediterranen Charakter aufweisen, als die helvetischen. Dies wird durch die ver- schiedene Lage dieser voneinander entfernten Gegenden erklart. Die Chablais-Stockhorn- Decke, die Brecciendecke und die ratische, oder zusammengefasst die lepontinischen Decken der Alpen wtirden den pieninischen und hochtatrischen Decken der Karpathen ent- sprechen. Endlich sollen die subtatrische Decke, sowie die Decken des inneren Gtirtels und die des ungarischen Mittelgebirges, als Aquivalente der ostalpinen Decken zu betrachten sein. Dass mehrere dieser vergleichenden Zusammenstellungen sehr hypothetisch sind, liegt auf der Hand.

Die Uberschiebungen in dem scliottischen Highland, in den Alpen und in den Karpathen scheinen dem ganzen Vorderrand dieser Gebirge zu folgen, der also stets liber das Vorland iibergeschoben ist. Im belgisch-franzosischen Kohlenbecken ist dies auch der Fall; soweit bekannt ist, keilen aber die iibergeschobenen Decken auf deutschem Gebiet allmahlich aus. In neuester Zeit scheint indessen E. Harbort1) im Harz Uberschiebungen angetroffen zu haben. In Yerbindung mit den Beobachtungen in dem Kohlenbecken konnte diese Angabe viel- leicht als eine Andeutung einer allgemeinen Uberschiebung des Aussen- randes des ganzen variskischen Gebirges betrachtet werden.

Ebenso verbreitet scheinen die Uberschiebungen in denPyrenaen, wenigstens auf ihrem Nordabhang, zu sein, wo sie einen ahnlichen Auf- bau wie die Chablais-Stockhorn-Kette in den Alpen zeigen. Nach der von L. Bertrand2) gemachten, hauptsachlich auf die Arbeiten des „Service de la Carte geologique de France sich stiitzenden Zu- sammenstellung sind die verhaltnismassig gut untersuchten ostlichen und zentralen Teile des Nordabhanges der Pyrenaen in folgender Weise aufgebaut:

Den Nordrand des Gebirges (Region souspyreneenne) bilden stark gefaltete oberkretaze'ische nnd untertertiare Schichten, die

E. Harbort: Zur Frage cler Deckenitberschiebung des Iberger Kalkes bei Grand im Harz. Zentralbl. I. Min., Geol. u. Pal. 1911. S. 675.

2) Leon Bertrand: Contrib. a hhistoire stratigraph. et tecton. des Pyrenees orientales et centrales. Bull, de Services de la Carte geol. de la France etc. Vol. 17. 1907. No. 118.

A. Hamberg Die schwedische Hochgebirgsfrage.

autochthon sind und -den Deckenschollen als Unterlage gedient haben. Bei den tektonischen, von Siiden nach Norden gerichteten Bewegungen der Hauptschollen ist aber aus der Unterlage eine besondere Scholle, Z oder die prapyrenaische (nappe prepyreneenne), entstanden, die die tiefer liegenden Schichten (Palaozoicum und Mesozoicum) des autochthonen Gebirges enthalt und dieses meistens von den Haupt¬ schollen trennt. Letztere (nappes nord-pyreneennes) werden von unten nach oben mit den Buchstaben A,B und C bezeichnet. Die Scholle A enthalt fast nur mesozoische Schichten, die Scholle B sowohl mesozoische als palaozoische, die Scholle C ganz tiberwiegend palaozoische sowie kristallinische Schiefer und Granite. Die Wurzeln der Decken B und C sind nicht direkt zu beobachten , sondern diese Decken erscheinen stets als auf ihrer Unterlage „schwimmend“. Siidlich von der Zone der nordpyrenaischen Deckenschollen folgt die hohe zentrale Zone der Pyrenaen (zone primaire centrale), die stark gefaltete palaozoische oder altere Schichten, aber keine Decken¬ schollen zu enthalten scheint.

Der weite Bogen des Apennin und des Atlas ist auch ein ausgedehntes Gebiet von Uberschiebungen l). Nach G. Steinmann1) ist der nordliche Apennin sehr regelmassig von zwei Decken- systemen, den lepontinischen (= Chablais-Stockhorn-Decke, ratische Decke) und den ostalpinen Decken aufgebaut. Die Bewegungen der Deckschollen haben aber im Apennin in einer Richtung statt- gefunden, die derjenigen in den Alpen entgegengesetzt ist, wie man dies auch wegen der Tatsache erwarten kann, class in letzterem Ge- birge die zentralen Teile ostlich und siidlich, im Apennin aber westlich vom Gebirgsbogen liegen. Dies hat wie Steinmann hervorgehoben hat einen Umtausch der Reihenfolge der Decken veranlasst: im Apennin liegen also die ostalpinen Decken, nicht wie in den Alpen, liber, sonclern unter den lepontinischen. Als Ur- sprungsort der lepontinischen Massen des nordlichen Apennin werden Elba und Korsika angegeben2). Nach Termier3) soil auf Sizilien und im Atlas die Bewegmng von Norden nach Siiden stattgefunden haben.

Dagegen bildet das Juragebirge, das aus ziemlich regelmassigen Falten besteht, eine Ausnahme. Uberschiebungen sind da weit seltener und kommen hauptsachlich nur im ostlichen Teil vor.

Wenn nicht der Zweck clieser Zusammenstellung ware, Beweise fiir die Uberschiebungen in der skandinavischen Gebirgskette zu geben, so wiirden diese jetzt zu behandeln sein. Wegen der Voll- standigkeit der geschichtlichen Darstellung will ich hier auch auf

b G. Steinmanr: Alpen und Apennin. Monatsber. d. deutsch. geol Ges. Bd. 59. 1907. Nr. 8/9.

2) Yergl. auch: Pierre Tekmier : Sur la tectonique de Idle d’Elbe. Bull. Soc. geol. France. 4. ser., 10, 1910. 134.

3) Pierre Termier: Les problemes de la Geologie tectonique dans la Mediterranee occidentale. Revue generale des Sciences, 30 mars 1911. Paris.

234

I. Aufsatze und Mitteilungen.

die Gefahr hin, eines Circulus in demonstrando angeklagt zn werden

einige Worte liber in Skandinavien wahrscheinlich nachgewiesene Uberscbiebungen aussern.

Der erste Versuch eine abnorme Uberlagerung bier in Schweden durch Uberschiebung zu erklaren, wurde von A. E. Torxebohm 1883

also etwas yor der Veroffentlichung der Arbeit Bertrand’s liber die tektonisclie Analogie der Glarner Alpen mit dem belgischen Stein- kohlenbecken gemacht. Diese friih beobachtete Uberschiebung ist in Dalsland gelegen, wo die hauptsachlich sedimentare algonkisehe Dalslandformation von einem dem Urgebirge angehorigen Granit tiber- lagert wird1). Flinf Jahre spater wandte derselbe Forscher zum ersten Mai die UUerschiebungstheorie auf die von ihm selbst ftinf- zehn Jalire frtiher gefundenen abnormen Uberlagerungen in Jamt- land an2), die viele Meinungsverschiedenheiten veranlasst hatten. Wie Torxebohm spater mit Erfolg die Uberschiebungstheorie auf die ganze skandinavische Gebirgskette ausdelmte, liabe ich eben in meinem von Svenonius angegriffenen Kongressfuhrer geschildert. Im Sarek- gebirge glaube icb zwei ubereinander liegende Schollen, die Syenit- scholle und die Amphibolitscholle, nachgewiesen zu liaben. Beide scheinen wenigstens zum Teil liber weicbe silurische Schichten ge- glitten zu sein.

Aus aussereuropaisclien Gegenden sind mir iiberhaupt nur wenige als Uberscbiebungen gedeutete tektonische Verhaltnisse bekannt. Diese sind bauptsachlich die von Suess aus den Rocky mountains und den Klamath mountains erwahnten Uberscbiebungen. Erstere befinden sich am Ostrand der Gebirgskette, wo auf bedeutenden Strecken palaozoische Scbicliten liber kretazeische in der Ricbtung von Westen nach Osten libergeschoben sind3). In den Klamath mountains am Stillen Ocean hat sich die Uberscliiebung in entgegen- gesetzter Ricbtung vollzogen4)- Hier mogeii auch die im Appalachischen Gebirge sehr regelmassig auftretenden Faltenverwerfungen und L"ber- scbiebungen von meist geringer Breite erwahnt werden.

Eine interessante LTberschiebung sclieint endlich im Himalaya von C. L. Griesbach und C. Diexer beobachtet worden zu sein 5). Im stidlicben Hundes daselbst gelioren die unteren Teile der Gipfel der Formationsserie von Spit! an, an der sich sowolil palaozoische als mesozoische Scbichten reichlicb beteiligen. Auf dieser Serie kommen in mehreren hoben Gipfeln Decken von etwa denselben Formationen,

1) A. E. Torxebohm: Om Dalformationens alder. Geol. Foren. Forhandl. Bd. 6. S. 622. Stockholm 1883.

2) A E. Torxebohm: Om fjallproblemet. Geol. Foren. Forhandl. Bd. 10. S. 328. Stockholm 1888.

3) E. Suess : Das Antlitz der Erde. Bd. III. 2. Halfte. S. 415-447. Wien 1909.

4) E. Suess : Das Antlitz der Erde. Bd. III. 2. Halfte. S. 481. Wien 1909.

5) E. Suess: Das Antlitz der Erde. Bd. III. 1. Halfte. S. 351. Wien 1901.

235

A. Hambekg- Die schwedische Hochgebirgsfrage.

aber in einer zum Teil ganz abweichenden Faziesausbildung. Diese Decken mtissen aus dem Nordosten herriihren. Andere im Himalaya gemacht'e Beobachtungen , wie das allgemeine Untertanchen des Tertiars des siidlichen Vorlandes unter die kristallinischen Felsarten am Siidrand der Gebirgskette, denten ebenfalls auf Uberschiebungen hin, obgleich genauere Untersuchungen von diesem Gesichtspunkte aus so viel ich weiss bis jetzt fehlen.

Schlusswort.

Aus obenstehender kurzer Darstellung der mir bekannten, in ver- schiedenen Gebirgsketten der Erde beobachteten, als Uberschiebungen gedeuteten abnormen Uberlagerungen dtirfte vor allem die Haufigkeit dieser Erscheinungen hervorgehen. Denn in Europa sind sie in fast alien verhaltnismassig gut untersuchten Gebirgsketten, namlich in den kaledonischen, variskischen, alpinen, pyrenaischen, apenninischen und karpathischen Gebirgen, und zwar fast stets sehr ausgepragt, in ihren Aussenrandern vorhanden. Eine Ausnahme bildet der schweizerisch- franzosische Jura, der nur geringe Ubersckiebungserscheinungen erkennen lasst. Dies diirfte indessen mit der verhaltnismassig geringen Intensitat der gebirgsbildenden Ivrafte dieses Kettengebirges im Zusammenhang stehen. Dass in anderen Teilen der Erde die Frequenz der bis jetzt beobachteten Uberschiebungen verhaltnismassig gering ist, diirfte wohl auf Reclmung der Unzulanglichkeit der Unter - suchungen zu setzen sein.

Dass es sich wenigstens in den allermeisten der oben erwahnten abnormen Lagerungsverhaltnissen wirklich um Uberschiebungsvor- gange handelt, geht zweifellos daraus hervor, dass in den meisten Fallen versteinerungsfuhrende Schichten, sowohl die Unterlage als die verschiedenen Decken bilden. Von der Betrachtlichkeit des Weges, den gewisse Schollen zuruckgelegt haben, bekommt man haufig eine Vorstellung durch die Faziesausbildung der Decken, wenn dieselbe von der Fazies der nahe liegenden Schichten abweicht, aber mit derjenigen entlegenerer Gegenden iibereinstimmt.

Die Ursache und Entstehungsweise der Uberschiebungen bleibt noch in den meisten Fallen dunkel. Wo die tibergeschobenen Schichten eine einigermassen deutliche liegende Falte bilden, ist die Ursache wohl meist auf dieselben Krafte zuruckzufiihren, wie andere Gebirgs- falten. In anderen Fallen konnte man am ehesten an Unterschiebungen denken. Bei isolierten Schollen, die eine exotische Fazies einschliessen, die in dem autochthonen Gebirge nicht sichtlich wurzeln, und deren Bander rundum frei sind und Sehichtenkopfe bilden, fehlen noch meist gentigende Anhaltspunkte zur Erklarung ihrer Ortsveranderung. In solchen Fallen muss man sich mit der Uberschiebung als einem ,,fait accompli begntigen.

Besonders in Betracht der Haufigkeit der Uberschiebungen darf man aber fur die Anerkennung einer Uberlagerung als Uberschiebung

Geologische Rundschau. III. 1 (

236

I. Aufsatze unci Mi tteil ungen.

nicht die Bedingung aufstellen, dass strenge Beweise des hoheren Alters des Ubergeschobenen vorliegen mils sen. Uberschiebungen, bei denen das Ubergeschobene jiinger ist, sind selbstverstandlich ancli moglich and kommen anch tatsachlich sehr haufig als Schuppen- bildnng, z. B. in der Sandsteinzone der Karpathen vor.

Das Hangende der Uberschiebungen der skandinavischen Ge- birgskette wird meistens dem Urgebirge oder dem Algonk zugerechnet, wahrend das Liegende haufig dem Silur angehort. Erstere Formationen enthalten zwar keine Petref akte, einen stratigraphischen Beweis ihres hoheren Alters fand Tornebohm aber darin, dass sie ihrerseits das normal liegende Silur von Norwegen tragen. Im grossen und ganzen iiegen dieselben Beweise fur ein prasilurisches Alter der Uberschiebungsdecken des Sarekgebirges vor. Dass die gegenwartige Tektonik dieser Gegend durch Uberschiebung entstanden ist, geht ausserdem mit grosster Wahrscheinlichkeit aus der Beschaffenlieit der Kontaktflache und der Struktur der hangenden Decke hervor.

Wenn man nicht wiisste, dass die Aussenrander stark gefalteter Gebirgsketten so haufig durch aufeinander geschobene Decken auf gebaut sind, so wurde es vielleicht ktihn sein, einen solchen Aufbau fiir den Ostrand des Sarekgebietes anzunehmen ; wie die Sache jetzt liegt, ist es dagegen die natiirlichste Annahme.

Fiir die Auffassung von Dr. Svenonius gibt es keine Spur von Wahrscheinlichkeit. Fiir die ausseren Zonen der Gebirgsketten sind Ergussgesteine keineswegs kennzeichnend. An den Nordabhangen der Pyrenaen, der Alpen und der Karpathen fehlen solche Gesteine; an den Innenrandern der beiden letzteren Gebirgsbogen sind sie dagegen haufig. Da stehen sie in Zusammenhang mit den Senkungen der zentralen Teile des Bogens. In der skandinavischen Gebirgskette , deren zentrales Senkungsfeld im atlantischen Meer liegt, wiirden also die Effusivgesteine auf der norwegischen Seite zu suchen sein. Die schwedische Seite, um die es sieh hier handelt, ist die Aussenseite der grossen skandinavischen Gebirgs¬ bogen. Hier, und zwar auch an dem in Norwegen gelegenen Anted des Aussenrandes, sind sicherlich keine vulkanischen Ausbruchsstellen zu finden, wie Dr. Svenonius und mehrere norwegische Geologen mit aller Gewalt versuchen wollen. Hier ist die naturliche Zone der Uberschiebungen, hier hat ein guter schwedischer Forscher solche schon vor vierundzwanzig Jahren zu einer Zeit nacligewiesen, als nur an einigen Stellen der Erde derartige Erscheinungen bekannt waren. Seine Auffassung hat sich glanzend bestatigt. Dr. Svenonius ist nicht der Mann, der sie umstiirzt.

II. Besprechungen.

A. Unter der Redaktion der Geologischen Vereinigung.

Fortschritte in der Kenntnis des geologischen Banes der Zentralalpen ostlich vom Brenner.

II. Das ostalpine Gebirge ini Norden nnd Siiden der Tanern.

Yon Dr. Franz Heritscli (Graz).

Mit 2 Textfiguren.

In friiheren Anseinandersetznngen wurcle der Ban der Hohen Tauern diskutiert1) in der folgenden Erorterung werden die nenen Stndien liber das Gebirge dargestellt, welches das Fenster der Tanern im Norden nnd Siiden begleitet, also jenes Gebirge, das z. T. als Deckenland, z. T. als Wnrzelland liber den Tauern liegt2); es handelt sich hier ausschliesslich um ostalpines Gebirge.

Im Norden der Tauern liegt die breite Zone der Pinzgauer Phyllite; diese unterscheiden sich abgesehen vom Alter (Termier!) yon der Sehieferhhlle der Hohen Tauern (3) durch die geringere krystallinische Ansbildung nnd durch das Hervortreten der H20- reichen gegen die H20-armen oder -freien Gemengteile. Die Zone der Pinzgauer Phyllite liegt etwa von Wagrein gegen Osten auf dem Schladminger Deckemnassiv, von da gegen Westen direkt auf der S chief erhtille bzw. auf den dieser in Rudimenten aufgeschobenen Schub- fetzen des Tauerndeckensy stems. Durch die Quertaler der Salzach, Saalach und Ziller wird die Zone der Pinzgauer Phyllite in rnehrere grosse Abschnitte gegliedert.

Das hierher gehorige Gebiet zwischen Salzach und Saalach, also sticllich des steinernen Meeres und der tibergossenen Alpe, ist bis- her von den Geologen geradezu gemieden worden, so dass ein Ver- such, dieses Gebiet unter einen modernen Gesichtspunkt zu bringen, geradezu nur auf den altesten Nachrichten basiert. In den Pinz-

3 Sielie diese Zeitschrift. Bd. 3. S. 172 ff.

2) Die Literatur wurde in der friiheren Darstellung angegeben.

17*

II. Besprechungen.

gauer Phylfiten, vielleicht in ihrer Gesamtheit, wahrscheinlich nur in einem Teile. muss man die Fortsetzung der Grauwackenzone der nordostlichen Alpen sehen, wozu die Fossilfunde von Dienten (1845) Silur und einige Angaben der altesten Autoren die Berech- tigung geben; so viel lasst sich sagen, dass die Gliederung der Grauwackenzone der nordostlichen Alpen sich auch in diesen Gebieten in den Hauptziigen erkennen lasst; dort hat es sich gezeigt, dass liber den Gneisen und Graniten der Sekkauer- und Bottenmanner Tauern Karbon liegt, auf welches eine hauptsachlich aus metamorphen sauren Effusivgesteinen (Quarzporphyre etc.) bestehende Schichtgruppe, die Blasseneckserie, folgt; diese letztere ist von erzfuhrendem Silur - Devonkalk liberschoben. Etwas Ahnliches zeigt sich auch bei Dienten, doch dtirften sich auch hier, so ahnlich wie es in der Grauwackenzone zum Teil der Fall ist, grosse Schwierigkeiten in der Abgrenzung des Silurs, das als Kalk und Schiefer entwickelt ist, gegen die zumeist als Schiefer vertretenen jtingeren, aber tek- tonisch tieferen Gebirgsglieder ergeben.

Bei Dienten ist als Liegendes der Werfener Schichten der nordlichen Kalkalpen schon seit sehr langer Zeit fossilfiihrendes Silur bekannt (dazu auch 14). Till hat jtingt ein Profit von Dienten nach Gastein besprochen (46), ohne dass dadureh, sowie auch aus Fcjggers Angaben (14) ein wesentlicher Gesiclitspunkt ftir die Parallelisierung der Pinzgauer Phyllite mit der Grauwackenzone der nordostlichen Alpen resultieren wiirde. ]\Ian konnte die Angaben Tills und Fuggers beztiglich des Vorkommens von Magnesit, Graphit- scliiefer etc. auf das Karbon der Grauwackenzone bezielien. Die der altesten Literatur entnommene Angabe Lipolds von dem Yor- kommen von „Korniger Grauwacke“ (= „Blasseneckgneis“ = meta- morphe Quarzporphyre der Blasseneckserie) hilft die Analogie mit der nordostlichen Grauwackenzone verstarken. Ob die ganze Masse der Pinzgauer Phyllite zwischen Saalach und Salzach ein Aquivalent der Grauwackenzone ist, d. i. dem Karbon, der Blasseneckserie und dem erzfiihrenden Kalk zugehort, oder ob ein Teil der Phyllite alter ist und etwa dem Schladminger Massiv zugehort, lasst sich derzeit nicht entsclieiden.

Aus den Kitzbtichler Alpen bringt Ohnesorge eine Reihe von genauen Angaben, welche die Grundlage der Kenntnis dieses Gebietes sind (25, 26, 27). In der Gegend des Kitzbtichler Horns hat Ohnesorge altpalaozoische Horizonte nachgewiesen, und der Ver- gleicli mit der steirischen Grauwackenzone zeigt, dass sie nicht nur Aquivalente in stratigraphischer, sondern auch in tektonischer Be- zieliung zum erzfiihrenden Silur-Devonkalk dieses Gebietes sind !). Ohnesorge fiilirt an : Devon als hellgraue und weisse Krinoiden ftihrende dolomitische Ivalke und Dolomite und als graue Kalke mit

1) Die Gliederung dieses steierischen Gebietes wird in einem 3. Bericht er- folgen.

F. Heritsch Das ostalpine Gebirge im Norclen und Siiden der Tauem. 239

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9 Nach Mohr Karbon (sielie Bericht III).

240

II. Besprechungen.

Cyathophyllum oberes Obersilur als dunkle, helle mid rote Orthoceren-Ivalke ; unteres Obersilur als schwarze, meist kornige Kalke mit Krinoiden und Bracliiopoden, begleitet von grauen und schwarzen graphitreicben Tonscliiefern (= Dientner Kalke und Schiefer). Die Bestimmung dieser Horizonte erfolgte durch die Alinliclikeit mit der Entwicklung des Altpalaozoikums in den karni- sclien Alpen und bei Dienten. Die folgende Tabelle gibt eine Uber- sicht liber die Vorkonimnisse der Zone der Pinzgauer Phyllite und der obersteirischen Grauwackenzone.

Ohnesorge sagt, dass die Kalke von Kitzbiichel einem Relief von Schiefern aufsitzen (docli muss man in Analogie mit der stei- riscken Grauwackenzone erwarten, dass das Altpalaozoikum auf seiner Unterlage wurzellos als Decke liegt). In der kauptsack- licli aus Schiefern zusanimengesetzten Unterlage der Silur-Devon- kalke ist besonders das Vorkommen von Eisendolomiten hervorzu- heben, weil bekanntlick F. E. Suess im Brennergebiete diese Gesteine geradezu als leitend fill* Karbon ansah, was allerdings jetzt durch Young und Sander selir erschtittert ist. Wichtig ist das Vorkommen von Serizitgrauwacken, von welchen Ohnesorge nachwies, dass sie mit deni sogenannten Blasseneckgneis der steirischen Grauwacken¬ zone ubereinstimmen und als metamorpke Quarzporphyrite anzu- seken sind. Wenn man mit F. E. Suess festhalt, dass die Eisen- dolomite Karbon seien, dann ware es fur die Altersbestimmung der Blasseneckserie von bedeutender Wicktigkeit, dass im Kitzblichler Gebiete mit den Serizitgrauwacken Tonsckieferlagen und Eisendolo- mite vorkommen.

Von Bedeutung ist die Feststellung Ohnesorges, dass der Schwazer Gneis sick in die Kitzbiickler Alpen fortsetzt (26) ; der Gneis tritt, wie Ohnesorge im Gegensatz zu seiner friikeren Ansiclit (24) ausftihrt, als ein der Sckieferung des Nebengesteines paralleles Lager auf und zwar an der Grenze von Quarzpliyllit und Wild- schonauer Scliiefer, aus welch letzteren Spitz (35) quarzfukrende und quarzfreie Monzonitdiabase, Diabase, Diabasporphyrite, Olivin- diabase, Hornblendediabase und Proterobasmande] stein besckrie- ben hat.

Das Gebirge zwiscken Ziller, Zerlos, Salzach, Mittersill, Grosser Rettenstein, Tanzkogel, Hengskogel, Fromkafer, Steinbergerjoch, Marzenbacli ist aus deni Quarzpliyllit der Tuxervoralpen in steiler Sckichtstellung und enger Faltung aufgebaut; das sind jene Schiefer, welclie liber deni zentralalpinen Mesozoikum von Krimmel , Gerlos usw. liegen; im ostlichen Teil des oben umrissenen Gebietes treten neben den Quarzpkylliten aucli kokere kristallinische Schiefer (Stein- kogelscliiefer, Muskowitgneis) auf. Quarzphyliite kommen, durch einen sckmalen Streifen (Brucke) mit den stidlichen verbunden, zwischen Windacher- und Kelchsauer Ache vor. Westlick von dieser Brucke liegt Wildschonauer Schiefer (plagioklaskaltige Schiefer von

F. Heritsch Das ostalpine Gebirge iin Norden und Siiden der Tauern. 241

grauwackenartigem Habitus), vom Quarzphyllit getrennt durch eine Gneislage; die Form dieser Gneislage ist die einer Mulde; der Sudfliigel jeuer Gneismasse streicht bis an das Zillertal und bildet dort die dem Keller jochgneis analoge Hambergmasse ; siidlich vom Gneis fehlt der Wildschonauer Schiefer. Der Nordfliigel der Gneis- mulde ist nur an wenigen Punkten vorhanden.

Die Keller jocligneismasse(— Schwarzer Augengneis) grenzt mit ihrem Siidwestrande an Phyllit, der unter sie einfallt. Naeh Ohnesorges Darstellung macbt es den Eindruck, dass der Gneis von Siiden her als Schubmasse auf den Phyllit geschoben ist, wobei an der tlberschiebungsflache Verfaltung und Zerbrechung eingetreten ist; Ohnesorge allerdings schliesst aus der konstanten Lagerung des Schwazer Gneises der Kellerjochmasse, dass er eine Eruptiv-

Fig. 1 . Schematise her Q u e r s c h n i 1 1 durch die mittleren Ostalpen: Gailtaler Gebirge Hohe Tauern Salzburger Kalkalpen. (Mit Bentitzung des

Durchschnittes V. Uhlig’s, 47.)

a = Zentral gneis. b = Schieferhiille. c = Wurzel der Tauerndecken (Zoue Sprechen- stein Windisch Matrei Kals). d = Tauerndecken (zentralalpines Mesozoikum). e = Die ,,alten Gneise und Glimmerschiefer“ im Siiden der Tauern (Wurzel der ostalpinen kristallinen Deeke). / = Ostal pines kristallines Deckeninassiv. g = Wurzel der Grauwackendecken. h = Tiefere Grauwackendecke (z. T. Pinzgauer Phyllite). i Grauwackendecke und ,,Blasseneckgneis“. k = Erzfiihrender Silur-Devonkalk. I = Mandlingzug, m Ostalpine mesozoische Decken. n Wurzel der Kalkalpendecken.

o = Dinariden.

deeke ist. Doch sclieint dem Referenten die Deutung als Schub¬ masse um so mehr zuzusagen, als auch F. E. Suess seine „kar- bonischen“ Quarzphyllite der Tuxer Voralpen unter die Quarzphyllite von Innsbruck einfallen lasst ; der Referent mochte die tektonische Stellung des Schwazer Gneises mit jener der Granite und Gneise der Rottenmanner- und Sekkauer Tauern vergleiclien ; als Stlitze dafiir moge die Angabe dienen, dass wichtige Grlinde fiir die Paral- lelisierung der Wildschonauer Schiefer mit dem Karbon der stei- rischen Grauwackenzone sprechen ; ferner gibt Ohnesorge aus dem Liegenden des Schwazer Dolomites metamorphe Quarzporphyrittuffe an, was im Hinblick auf die Blasseneckserie Obersteiermarks die Analogie mit der Grauwackenzone erlioht. Der Schwazer D o 1 o m i t , der von frtiheren Autoren ohne zwingende Grtinde ftir Perm1) erklart worden ist, gieicht in seiner tektonisclien Stellung

l) Nach Frech sogar Trias.

242

II. Besprechungen.

vollkommen clem Altpalaozoikum der Kitzbtichler Alpen unci der „erzftihrenden Ivalkdeckea der obersteirischen Grauwackenzone, so dass der Referent ihn olme Beclenken damit parallelisiert. Die streichencle Fortsetzung der Quarzpbyllite unter dem Keller jochgneis bilden die Innsbrucker Quarzphyllite.

In die Innsbrucker Quarzphyllite schiebt sich im Pat- scher - Kofel eine Zunge von Stubaier Glimmerschiefer ein, so dass die enge Zusammengehorigkeit beicler feststeht. Frech (11) hat aus dem Quarzphyllitgebiet stidlich von Innsbruck (Ambras) eigenartige Vorkommnisse beschrieben. „In fast vollkommen horizontaler Lage, aber ganz unregelmassiger Begrenzung sind in den Quarzphyllit eingequetscht Keile und Klotze von grauem Wettersteindolomit, die mit den regelmassig eingelagerten, stratigraphisch zum Phyllit ge- horenden weissen Marmorschichten nicht verwechselt werden konnenV Der Referent kann die Meinung nicht unterdriicken, class es sich um Analoga zum Mandlinger Schubspan handelt.

Siidlich der Zone Sprechenstein - Windisch-Matrei Kals usw. ist die Region der „alten Gneise und Glimmerschiefer (Termier), die nach Termier, Uhlig und E. Suess als Wurzelgebiet der ost- alpinen kristallinen Decken in Betracht kommen. Aus Dieners Ausfiihrungen (9) geht hervor, dass hier eine Reihe von Intrusiv- massen vorhanden sind, welche zum Teil den sogenannten peri- adriatischen Massen angehoren (Brixner Masse, Rieserferner Tonalit), zum Teil aber „alte Massen sind. Seit dem Erscheinen von C. Dieners Buch sind grossere Studien nur im Brixner Massiv unter - nommen worden. Abgesehen von den rein petrographischen Arbeiten (18, 28) ist besonders Sanders Bearbeitung des Brixner Massivs (29) von grosser Bedeutung.

Das Brixner Massiv besteht aus Biotitgranit mit zahlreichen aplitischen, pegmatitischen und porphyritischen Gangen; es tritt im Sliden mit siidalpinen (dinarischen) Quarzphylliten, im Norden mit vorherrschenden Phyllitgneisen in Beriihrung ; in diesen letzteren treten hochst konstant im Streichen Ivalke auf (siehe cliese Zeitschrift S. 181); am Gurnatschgranit fand Sander Ivalke in Phyllitgneisen mit Tremolit unci Malakolit ; das sind jene Kalke, die Sander (34) zur Rensenzone rechnet und die von Aplit clurchsetzt werden (S. 181). Uber dem Phyllitgneis liegen jene Gesteine, welche Pichler als Maulser Verrukano, Teller als Wackengneis mit Talk- und Chlorit- schiefer bezeichnet ; in diesem liegen Hornblenclegneise (vielleicht Tuffe?). Uber den Wackengneisen folgt meist erst der typische „Maulser Verrukano Piclilers mit seinen chloritischen und seriziti- schen Lagen, welche wahrscheinlich eine clynamometamorphe Eazies der Wackengneise sind. „Zwischen diesen Schiefern und den Trias- kalken liegt meist ein Horizont von Tonglimmerschiefern, in welchen Ivalklagen mit Versteinerungsspuren (Krinoidenstile?) vorkommen,

F. Heritsch Das ostalpine Gebirge im Norden und Stiden der Tauern. 243

und der damit mit der sicheren Trias in engstem Yerbande steht. Von Teemier werden diese schon zur Trias gerechnet. Die Maulser Trias (Kalk nnd Dolomit) schwankt bedeutend in der Machtigkeit. Das Maulser Profil (Wurzel der ostalpinen Triasdeeke) ergibt Talk- schiefer der Wackengneise, Banderkalk, Rauchwacken, dunkle gut gescliichtete Kalke, helle zerknitterte Dolomite mit Diploporen. Aus Sanders grossem Profil (34) geht hervor, dass das Profil mit Nord- fallen auf dem Brixner Massiv liegt und unter Gneise einfallt.

„Eine ungemein hervorragende Stellung nimmt unter den Ge- steinen des Nordrandes des Granitmassivs eine Reihe von graniti- schen, pegmatitischen und aplitischen, geschieferten und ungeschieferten Gesteinen ein, welche im allgemeinen als Lager von bisweilen be- deutender Machtigkeit in den Phyllitgneisen liegen.“ Es handelt sich um ein geradezu klassisches Gebiet von Auf bl fitter ung sedimen- tarer Komplexe durch Intrusivmassen. Der Nordrand des Brixner Granitmassivs wird von Tonalitgneis gebildet, der eine besondere Stellung einnimmt. Naeh Sander tragen die Tonalitgneise den Charakter aufblatternder Ergiisse, welche vom Hauptgestein ziemlich scharf abgetrennt und wenigstens frtiher als dasselbe erstarrt sind; das widerlegt ihre Auffassung als Randfazies nicht (Ahnlichkeit mit dem Tonalit von Eisenkappel !). Das Brixner Massiv liegt an den Grenzen von Alpen und Dinariden. In der Naifschlucht bei Meran stossen Granit, Bozner Quarzporphyr und Grodner Sandstein aufeinander. Der Granit und der dinarische Quarzphyllit linden sich von Meran bis Pens nicht mehr im normalen Verband, von Pens bis Franzensfeste ist ein vollstandiges Quarzphyllitdach mit Primarkontakt vorhanden ; ostlich von Franzensfeste herrscht auch Primarkontakt, trotz des schiefen Streichens der Quarzphyllite auf den Granit. Am Nordrand herrscht bei Meran Kontakt mit Phyllit¬ gneisen (mit Kalk); von Meran bis Mauls liegt der Granit in dem- selben durch Kalk, Quarzit und Amphibolit gut charakterisierten Horizont der Phyllitgneise ; nordlich von Weissenbach beginnt die von Teller entcleckte Uberschiebung der Phyllitgneise auf die Maulser Kalke. Am Granitrand beginnt schon am Niedeck die Spur eines Bruches; gegen Osten zu wird er immer deutlicher, indem zwischen Granit und Tonalit eine Zertrtimmerungszone durchgeht, welche bis Kiens zu verfolgen ist. Sander sagt (im Gegensatz zu TERMrER und zu alien neuen Erfahrungen), dass ein Anschub von Norden wahrseheinlicher ist als von Siiden. Das Alter der Brixner Masse wurde verschieden beurteilt: Teller und Fowl halten sie fur sehr alt, Pichler fur jilnger als Trias, Rothpletz und Grubenmann ftir jungtriassisch, Salomon fur kretazisch oder alttertiar. Wolf hat im Bozner Quarzporphyr Graniteinschlusse gefunden; er halt den Granit fur vorpermisch, und ihm folgt Sander. Der Referent mochte der Meinung Ausdruck geben, dass der Zusammenhang mit

244

II. Besprechnngen.

den anderen periadriatischen Massen fur ein jiingeres Alter im Sinne Salomons spricht1).

Die Brixner Masse, aus welcher Petraschek (28) nnd Hradil (18) eine Reihe von Gesteinen beschrieben, gehort zum grossen Bogen der Intrusivgesteine, welch e nach E. Suess die alpino-dinariselie Greuze geleiten. Die Falte von Pens, dann die Maulser Triaszone mit ihrer Fortsetzung znr nordlichen Zone von C. Dieners Dranzug ist nacli Suess echt alpin. In Begleitung der grossen Intrusivkorper (Brixner Massiv, Rieser Ferner etc.) treten Ganggesteine auf, welclie das alpine Wnrzelgebiet durchschwarmen (Iseltal, Polinik) ; ans dem Gebiet zwischen Moll und Dran hat Clark (56) eine Reihe von solchen beschrieben. Ein besonders interessantes porphyritisches Gestein, das das Triasvorkonnnen von Bruneck (Wurzel) durchsetzt, hat S. Hillebrand erortert (17).

Termier (42) wirft die Frage auf, wo denn eigentlich die Stid- grenze der Wurzelzone sei und gibt znr Antwort: die alpino-dinari- sche Grenze (sielie dazu das Referat von Wjlckens 55). Termier bestimmt die Grenze als Bruch und nennt sie die Achse eines Fachers; nordlicli davon sind alle Falten gegen Norden bewegt und so die Ausgangspunkte der Decken; siidlich davon ist eine Bruchregion und dann eine gegen Stiden gefaltete Region vorhanden. Besser noch, als dass man „Achse eines Fachers" sagt, ware es, nach Termier die Grenze als hoehsten Nordrand eines Fachers anzusprechen. Em aber die Bewegung gegen Norden und die tektonische Beein- flussung der Decken zu verstehen, ninnnt Termier eine Verlagerung des dinarisclien Gebietes auf das alpine an. Das dinarisehe Land hat nach Termier die Rolle eines traineau ecraseur, einer Druck- walzendecke, gespielt. Die Aufschiebung dieses nicht gefalteten, also als solide Masse aufgeschobenen traineau ecraseur ist ein inehr als hypothetischer Vorgang; doch ist es Tatsache, dass an mehreren Stellen die Dinariden liber den Alpen liegen. Man wird gewiss in vielem mit Termiers Ausfiihrungen nicht einverstanden sein, doch wird gewiss festzustellen sein, dass sein genialer Scliarfblick die Losung der bisher so dunklen Zentralalpengeologie angebahnt hat. Man muss ihm recht geben, wenn er sagt: „La Zentralzone, qui n’etait qu’un chaos, devient claire: c’est coniine si, sur la chaine entiere, le brouillard se dissipait tout k coup“. Wenn auch noch nicht ganz, so hat sich doch der Nebel schon teilweise verzogen.

q Wenn man namlich die noch mesozoische Schichten durchbrechenden Porphyrite der periadriatischen Ranclzone fiir das Alter der Tonalite ent- scheidend halt.

F.Hekitsch Das Gebirge ostl. von den Radstadter Tauern u. v. Katschberg. 245

III. Das Gebirge ostlich von (len Radstadter Tauern und

vom Katschberg.

Yon Dr. Franz Heritsch (Graz).

Mit 1 Textfigur.

Literatur x).

1. Ampferer u. Ohnesorge, Th., Uber exotische Gerolle in der Gosau und verwandten Ablagerungen der nordlichen Kalkalpen. Jb. 1906.

2. Ascher, E., Tiber ein neues Yorkommen von Werfener Schichten der Grau¬ wackenzone der Ostalpen. Mitteil. d. geol. Gesellschaft in Wien 1908.

3. Batjmgartel, Der Hlittenberger Erzberg. Jb. 1902.

4. Blaschke, 0 , Geologisclie Beobachtungen aus derUmgebnng von Leutschacli bei Marburg. Y. 1910.

5. Clare, R. W., Beitrage zur Petrographie der Eruptivgesteine Karntens. Y. 1909.

6. Diener, C., Bau und Bild der Ostalpen und des Karstgebietes. Wien 1903.

7. Dreger, Geologisclie Mitteilungen aus dem westlichen Teile des Bacher- gebirges in Sudsteiermark. Y. 1905.

8. Geologische Aufnalnnen mi Blatte Unterdrauburg. Y. 1906.

9. Geologiscber Bau der Umgebung von Griff en und St. Paul in Karnten. V. 1907.

10. Geologisclie Aufnahmen an den Randgebirgen des Drautales ostlich von Klagenfurt. Y. 1910.

11. Heritsch, F., Studien liber die Tektonik der palaozoischen Ablagerungen des Grazer Beckens. Mitteil. d. naturw. Yer. f. Steiermark. 1905.

12. Benierkungen zur Geologie des Grazer Beckens. Y. 1906.

13. Benierkungen zur Geologie des Grazer Beckens. Mitteil. d. naturwiss. Yer. f. Steiermark. 1906.

14. Ein Fund von Unterkarbon in der Grauwackenzone der nordostlichen Alpen nebst vorlaufigen Benierkungen liber die Lagerungsverhaltnisse da- selbst. Anzeiger der Ivais. Akademie der Wissenscliaften in Wien. 1907.

15. Tiber einen Fund von Yersteinerungen in der Grauwackenzone von Ober- steiermark. Mitteil. d. naturw. Ver. f. Steiermark. 1907.

16. Geologisclie Untersuchungen in der Grauwackenzone der nordostlichen Alpen I. S. Bd. CXVI. Abt, I. 1907.

17. Granit aus der Umgebung von Tlbelbach. Y. 1908.

18. Serpentin von Bruck. Y. 1908.

19. Geologische Untersuchungen in der Grauwackenzone der nordostlichen Alpen II. S. Bd. CXVIII. Abt. I. 1909.

20. Zur Genesis des Erzlagers am Erzberg. Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien. 1908.

21. Geologisches aus der Gegend des Eisenerzer Reichensteins. Mitteil. d. naturw. Yer. f. Steiermark 1910.

22. Zur geologischen Kenntnis des Hochlantsch. Mitteil. d. naturw. T er. f. Steiermark 1910.

23. Zur Kenntnis der obersteierischen Grauwackenzone. Zentralbl. f. Min., Geol., Pal. 1910.

24. Zur Kenntnis der Tektonik der Grauwackenzone im Mtirztal. Zentralbl. f. Min., Geol., Pal. 1911.

25. Geologische Untersuchungen in der Grauwackenzone der nordostlichen Alpen III. S. Bd. CXX. Abt. I. 1911.

26. Die Trofaiachlinie. Y. 1911.

*) Ausgeftihrt seit 1903 (d. i. seit C. Diener’s Bau und Bild der Ostalpen).

246

II. Besprecliungen.

27. Hilbeb, V., Fossilien aus der Kainacher Gosau. Jb. 1902.

28. Geologie von Maria Trost bei Graz. Mitt. d. naturw. Ver. f. Steier- mark 1910.

29. Hofer, H., Preblau. Internat. Mineralqnellenzeitung 1909.

30. Humphrey, W. A., Uber einige Erzlagerstatten in der Umgebung der Stang- alpen. Jb. 1905.

31. Kober. L., Uber die Tektonik der slidlichen Vorlagen des Schneeberges und der Rax. Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien 1909.

32. Untersuchungen liber den Aufbau der Voralpen am Rande des Wiener Beckens. Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien. 1911.

33. Leitmeief, N., Geologie der Umgebung von Kainberg im Sausal. Mitteil. d. naturw. Ver. f. Steiermark. 1907.

34. Zur Geologie des Sausalgebirges in Steiermark. Mitteil. d. naturw. Ver. f. Steiermark. 1908.

35. Mohr, N., Zur Tektonik und Stratigraphie der Grauwackenzone zwischen Schneeberg und Wechsel. Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien. 1910.

36. Bericht liber die Verfolgung der geologischen Aufschliisse langs der neuen Wechselbahn. Anzeiger d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien. Math.- natur. Kl. 1909, 1910.

37. W as lehrt uns das Breitenauer Karbonvorkommen ? Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien. 1911.

38. Redlich, Iv. A., Peridotitgebiet von Kraubath. Exkursionsflihrer in Oster- reich 1903.

39. Der Eisenbergbau der Umgebung von Payerbach-Reichenau. Leoben 1907.

40. Uber die wahre Natur des Blasseneckgneises. V. 1908.

41. Die Erzlagerstatten von Dobschau und ihre Beziehungen zu den gleich- artigen Vorkommen der Ostalpen. Zeitschr. f. prakt. Geologie 1908.

42. Zwei neue Magnesitvorkommen in Karnten. Zeitschr. f. prakt. Geologie 1908.

43. Richarz, P. S., Uber die Geologie der Kleinen Karpathen, Leithagebirge und Wechsel. Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien I.

44. Der siidliche Teil der Kleinen Karpathen und die Hamburger Berge. Jb. 1908.

45. Geolog. -Petrograph. Untersuchungen in der Umgebung von Aspang am Wechsel. V. 1910.

46. Die Umgebung vom Aspang am Wechsel. Jb. 1911.

47. Sander, Br., Zur Systematik zentralalpiner Decken. V. 1910.

48. Schmidt, W., Die Kreidebildungen der Kainach. Jb. 1908.

49. Termier, P., Sur quelcpies analogies de facies geologiques entre la zone centrale des Alpes orientales et la zone interne des Alpes occidentales. C. R. CXXXVII.

50. Les nappes des Alpes orientales et la synthese des Alpes. Bull. Soc. geol. de France. 4. ser. torn. III. 1904.

51. Terzaght, v. K., Geologie der Umgebung von Flamberg in Steiermark. Mitteil. d. naturw. Ver. f. Steiermark 1909.

52. Toula, F., Exkursion auf den Semmering. Exkursionsfiihrer 1903.

53. Die gefalteten Quarzpliyllite von Hirt bei Friesach in Karnten. Jb. 1910.

54. Trobei, Br., Uber porphyrische und porphyritische Gesteine des Bacher- gebirges. Mitteil. cl. naturw. Ver. f. Steiermark 1907.

55. Uhlig, V., Der Deckenbau der Ostalpen. Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien. II.

56. Vacek, M., Bemerkungen zur Geologie des Grazer Beckens. V. 1906.

57. Weitere Bemerkungen zur Geologie des Grazer Beckens. V. 1907.

58. Vetters, H., Die ,,Trofaiachliniea. Ein Beitrag zur Tektonik der nord- steierischen Grauwackenzone. V. 1911.

59. Suess, E.. Das Antlitz der Ercle. Ill, 2.

F.Heritsch Das Gebirge ostl. von den Radstadter Tanern u. v. Katschberg. 247

60. Canaval, R., liber zwei Magnesitvorkommen in Karnten-Carinthia II. 1904.

61. Redlich, K. A., Die Geologie des Gurk- und Gortschitztales. Jb. 1905.

62. Der Braunkohlenbergbau Sonnberg in Karnten. Aus „Die Mineralkohlen Osterreichs“. Wien 1903.

63. Vetters, H., Die geolog. Verlvaltnisse der weiteren Umgebung Wiens und Erlauterungen zur geolog.-tekton. Ubersichtskarte des Wiener Beckens. Wien 1910.

64. Uhlig, V., Die Eisenerzvorrate Osterreichs. Mitteil. d. geol. Ges. in Wien.

III. Bd.

Termier sagt unci die neueren Studien haben seine Aus- . fiihrungen vollinhaltlich bestatigt dass die Hohen Tauern wie in einen Tunnel unter das ostlich folgende Gebirge untertauchen. Alles Gebirge im Osten der Radstadter Tauern und des Katschberges ist mit Ausnahme des Semmeringgebietes ostalpin, wenn man sieh nieht der Ansiclit E. Suess anschliesst, dass das Oberkarbon der ostlichen Alpen lepontinisch ist, wogegen mehrere Griinde spreehen. Suess sagt (59), class sich iiberall clas limnische Karbon der Grauwacken- zone von der Silur-Devon-Serie (s. S. 251) abtrenne; da aber nun das Karbon auf den Gneisen der Rottenmanner und Sekkauer Tauern liegt, cliese aber das Hangende der ostalpinen Lungauer Glimmer¬ schiefer bilden, da den Gneisen und Graniten der Rottenmanner Tauern der Schwazer Gneis, der auf den Innsbrucker Quarzphylliten und damit den Glimmerschiefern etc. der Stubaier- und Otztaler Alpen liegt , so geht daraus hervor , dass man auch das limnische Karbon als ostalpin ansehen muss. Man wird zu noch weitergehen- den Folgerungen geleitet; am Semmering (s. S. 253) liegt zentral- alpines Mesozoikum zwischen Karbon; das bringt dazu, im Sinne G. Steinmann’s auch das Semmering-Radstadter und Brenner Meso¬ zoikum zum ostalpinen System zu rechnen ; dass damit aucli beziig- lich der Schieferhulle manche Frage ins Rollen kame, sei nur erwahnt.

In dem hier zu erorternden Gebiete liegen neuere Studien nur im sudostliehsten und nordostlichen Teile in grosserem Ausmasse, weniges aus den iibrigen Regionen vor. Humphrey (30) hat aus clem Gebiete der Stangalpe einige Angaben gemacht. Auf vor- herrschenden Glimmerschiefern mit Gneiseinlagerungen und grani- tischen Injektionen liegen als Basis des Ivarbons Kalke und Dolomite; liber diesen treten wieder Glimmerschiefer (die unteren Schiefer Pjchler’s) auf, dann folgt eine machtige Masse von Konglomerat, darauf wieder Schiefer vom Typus der „Unteren Schiefer “. iklles soil nach dem Autor kontaktmetamorph sein , woflir der Zentral- granit verantwortlich gemacht wircl (class dies unmoglich ist , geht aus clem Umstande hervor, class ja clas Karbon der Stangalpe samt seiner Unterlage, den Glimmerschiefern der Bundschuhmasse = Lungauer Glimmerschiefer auf den Tauerndecken Katscliberg- profil als Decke aufliegt, also aus einem ganz anderen Tell der alpinen Geosynklinale stammt, als der Zentralgneis und die Schiefer-

II. Besprechungen.

Mile. Wenn schon Kontaktmetamorphose sein muss, was wohl sehr fraglich erscheint, warum wird nicht der „Gneis“ der Bundschuh- masse herangezogen?). Der Autor kommt zum Schluss, dass nickt erst mit dem Kalk das durch seit langern bekannte Pflanzen sicker gestellte Oberkarbon beginnt, sonclern dass die ganze Serie samt dem liegenden Glimmerschiefer dem Ivarbon angehort, was dem Beferenten als nicht begriindet erscheint. Es erhebt sich die Frage, in welcher Beziehung das Oberkarbon der Stangalpe zur Grauwackenzone steht; es erscheint dem Beferenten als wahrsclieinlich, dass man es hier mit einem Teiie der karbonischen Grauwackendecke zu tun hat, welcher vielleicht einmal die Yerbindung herstellen wird mit den Wurzeln der Grauwackendecke, denn der Siidrancl der Stangalpen- scliolle liegt nicht allzuweit von den als Wurzel der Grauwacken¬ zone anzusehenden Gesteinsziigen bei Villach-Ossiach usw. Dock diirfen eventuelle Beziehungen zu den kristallinen Schiefern liber dem Brettsteiner Kalkzug nicht von vornherein abgelehnt werden.

Die Studie Baumgartel’s (3) uber den Hiittenberger Erzberg mit der Darstellung von den durch Pegmatit durchbrochenen Kalken zeigt, dass hier ein vollstandiges Analogon zu den Kalken von Brettstein etc. (s. S. 249) vorhanden ist. Wahrsclieinlich liegt die Fortsetzung der Ivalke von Hlittenberg in den sclnnalen, den Glimmerschiefern einge- lagerten Kalken, welche die sogenannte Mulde von Murau umziehen. Die Mulde von Murau setzt sich nach Geyer’s Studien aus Kalken und Schiefern zusannnen , welche Geyer mit dem Palaozoikum von Graz vergleicht J). Sander (47) hat jiingst auseinander gesetzt, dass die Beschreibung der Gesteine der Murauer Mulde durch Geyer (s. Diener, 6) geradezu diejenige der unteren Schieferkiille ist. Beferent bezweifelt, dass eine solche Parallele moglicli ist, ohne die Lagerungsverhaltnisse zu berucksichtigen. Die Murauer Mulde liegt nach den bisherigen Erfahrungen auf den Granatenglimmerschiefern des Lungau, welche das Hangende des Schladminger Deckenmassivs und damit auch der Tauerndecken clarstellen. Wenn die Murauer Phyllite und Ivalke auf den Glimmerschiefern liegen , woran wohl in keiner Weise zu zweifeln ist, dann konnen sie trotz ihrer grossen Ahnlichkeit nicht, wie Sander es tut, mit der Schieferhiille paralleli- siert werden. Im anderen Falle konnte es sich nur um ein fenster- artiges Auftauchen der Schieferhiille ban deln.

Yon der mesozoischen Scholle des Krappfeldes hat Iv. A. Bedlich (61) eine Darstellung gegeben. In unregelmassiger Verteilung liegt anf Phylliten (Ivarbon?) Trias (voralpine Fazies?), dann obere Ivreide und Eozan. Das ganze ist scharf gefaltet. Es liandelt sich um eine mesozoische Scholle, wie es die vom St. Paul und die auf dem Possruck sind.

1) Es ist diskutabel, ob nicht eine enge Beziehung ziun Stangalpenkarbon besteht !

F. Hekitsch Das Gebirge ostl. von den Radstadter Tauern u. v. Katschberg. 249

Schon seit langem ist es bekannt, dass der Glimmerschiefer der Niederen Tauern sich von Greim bei Oberwolz an gegen Stiden wendet und im Zug der Saualpe seine Fortsetzung findet. Am Ende der Niederen Tauern liegen die grossen Gneis- und Granitmassen der Rotten manner und Sekkauer Tauern; den Raum zwischen diesen und den Glimmers chief ern , der sich dreieckig gegen Stiden ver- schmalert, nelimen kristalline Schiefer unbekannter Stellung ein (fiber diese Gegend gibt nur die ganz alte Literatur Aufschlfisse) und ein schon im Kartenbilde sehr auffallender Kalkzug, der von Pusterwald fiber Brettstein, Pols, Judenburg, Obdacli ins Lavantal zieht. Dieser Kalk ist nicht, wie Geyer meint, als Einlagerung im Glimmerschiefer aufzufassen, sondern er ist diesem gegenfiber stratigraphisch selb- standig. In diesem Kalkzug wiederholen sich die Erscheinungen von Hfittenberg; der Kalk ist von Aplit und Pegmatit in Gangen durch- brochen. Der Kalk fallt einerseits unter jene , den oben erwahnten dreieckigen Raum einnehmenden Schiefer ein, und ist nach dem Ausspitzen derselben von St. Johann am Tauern an bis Obdaeh von dem Gneis- und Granitmassiv der Rottenmanner- und Sekkauer Tauern, bezw. vom Gneis des Grossing fibersclioben. Dieses sich gegen Osten vollziehende Hinabsinken unter immer liohere tektonische Elemente scheint dem Referenten eine gewisse Ahnlichkeit mit den Verhaltnissen am Tessiner Massiv zu haben.

Der Granit- und Gneisstock der Rottenmanner- und Sek¬ kauer Tauern erscheint derart gebaut, dass wenigstens in der Bosensteingruppe der Granit als „Kern eines scliiefen Gewolbes“ mit einem mechanischen Kontakt an das Liegende herantritt, indem er an einer Storung wahrscheinlich an einer Schubfiache, an den kristallinen Schiefern westlich von ilnn abstosst. Die genauere Gliederung der grossen Granitgneismasse der Rottenmanner- und Sek¬ kauer Tauern ist zwar durcli C. Dolter’s Arbeiten (6) angebahnt, aber noch nicht im entferntesten vollendet. In den Gneisen der Sekkauer Tauern liegt bei Kraubath ein Peridotit (38), der in der Hauptmasse in gewohnlicher Weise serpentinisiert, an den Randern und, wie Dr. F. Cornu dem Referenten mitteilte, an Quetschzonen aber in Antigoritserpentin umgewandelt ist. W. Schmidt macht (in 58) die Mitteilung, dass am Nordrand noch der ursprfingliche Kontakt mit dem Gneis vorhanden ist, dock zeigt auch hier Anti¬ goritserpentin Bewegungen an; die Sfidgrenze, die durch machtigen x4ntigoritserpentin ausgezeiclmet ist, entspricht einer Storung.

Die Granite und Gneise der Rottenmanner Tauern, die Gneise der Gleinalpe (fraglich, ob nicht reichlich Granit vorhanden ist), die Hornblendegneise der Hochalpe und des Rennfeldes bilden die Unter- lage des Ivarbons der Grauwackenzone des P a 1 1 e n - und Liesingtales und des Mur tales zwischen St. Michael und Bruck. Neuere Studien (14, 15, 16, 19, 20, 21, 23, 24, 25) haben gezeigt, dass auf den Gneisen ein Konglomeratschiefer liegt, das von

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II. Besprechungen.

M.Vacek entdeckte Rannachkonglomerat, welches clas Karbon einleitet. Dieses weist eine scheinbar sehr bedeutende Machtigkeit auf, welche aber auf vielfache Faltung und vielleicht auch Schuppung zuriickzu- fiihren ist ; es lassen sicli zwei grosse Abteilungen wohl auseinander- lialten : a) eine Folge von Graphitschiefern mit Pflanzenresten, Kon- glomeraten, Sandsteinen und z. T. Kalken, welche als sogenannte graphitfuhrende Serie bezeichnet wnrde. b) Eine sehr maclitige Folge von verschiedenen Schiefern (graphitische Schiefer, Graphitscliiefer. Serizitschiefer, Cliloritschiefer, Quarzite, Ivalke usw.): an einzelnen Stellen treten in beiden Serpentine, Diabase, Quarzporphyre auf. Beide Folgen sind so eng miteinander verknlipft, dass sie sich als eine stratigraphische Einheit zu erkennen geben und nach den Pflanzen- funden (Schatzlarer, nach anderen Bestimmungen Ottweiler Schichten) als Oberkarbon zu verzeichnen sind. Ganz vereinzelt wurden (Yeitsch und Triebenstein) in Kalken Versteinerungen des obersten Unter- karbon (Vise, Productus giganteus) gefunden; die Stellung dieser Kalke, die in beiden Fallen mit Magnesit vorkommen, ist noch nicht geklart. Es ist klar, dass man im Sinne friilierer Autoren niclit von einer Gliederung der Grauwackenzone in eine Quarzphyllitgruppe und in Karbon sprechen kann.

In deutlicher Weise lassen sich im Paltental zwei Hauptziige der graphitfiihrenden Serie erkennen, wahrend im Liesingtal nur ein einziger vorhanden ist, welcher liber St. Michael, Leoben, Bruck bis zum Graschnitzgraben bei Kapfenberg fortsclireitet. Das ganze Karbon fallt im Palten- und Liesingtale unter eine Serie von Ge- steinen ein, deren charakteristischestes Glied der sogenannte Blassen- eckgneis ist, der als metamorphes saures Ergussgestein (Quarzporpliyr, Quarzkeratophyr oder Quarzporphyrit) erkannt wurde (19, 20, 39, 40, 41). Die „Blass eneckser ie“ umfasst aber neben diesen deckenformigen Ergiissen noch mannigfaltige Schiefer, welche sie dem Karbon vergleichbar machen, wobei allerdings liervorzuheben ist, dass ihr Kontakt mit dem Karbon nicht als normaler anzusehen ist. Redlich (41) hat, gestlitzt auf die altere Literatur, auseinander- gesetzt, dass sicli solche Quarzporphyrdecken von Tirol bis Nieder- osterreich verfolgen lassen, und hat sie dem Perm zugewiesen, da sie an einzelnen Stellen (Reiting) von Werfener Schichten uberlagert werden (2) ; allerdings ist gerade am Siidabfall des Reiting das Liegende der Werfener Schichten nicht aufgesclilossen. Der Re¬ ferent mochte bei der Altersbestimmung der Blasseneckserie vorsichtiger sein, da sowohl aus der Uberlagerung durch Werfener Schichten als auch aus der Stellung zum Karbon keine sicheren Schllisse zu zielien sind; wahrscheinlich muss man die Blasseneckserie als karbonisch ansehen. - Im Gebiete des Reiting liegen als liochstes Glied der bisher beschriebenen Schichtfolge der Grauwackenzone Werfener Schichten, welelien im Semmeringgebiete etwas Analoges zur Seite steht (S. 253). Diese Werfener Schichten sowie die Blasseneckserie

F. Heritsch Das Gebirge ostl. von den RadstMter Tauern u. v. Katschberg. 251

desPalten-nnd Liesingtales werden von den e r z f ti h - renden S i - 1 u r - undDe- vo 11k a lk en (S. 238 im Re- ferat II) iiber- schoben (14), welche ein Aqui valent der Vorkomm- nisse vonDien- ten,Kitzbiichel und Seliwaz sind ; es han- delt sich nieht um eine ein- faclie tlber- schiebung’, denn es tritt zwischen dem erzftihrenden Kalk und der Blasseneck- serie eine Schuppenbil- dnng ein, wel- clie im Gebiete desPaltentales und bei Eisen- erz sehr gut zu verfolgen ist. Im Palten- tal (sielie das nebenstehende Kartehen) fallt das Karbon gegen Nord- osten unter die Blasseneek- serie ein, wel- che von dem erzftihrenden Kalk des Zei-

Geologisehe Rundschau. III.

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II. Besprechungen.

ritzkampel-Spielkogelzuges tiberschoben wird; tiber diese ebenfalls gegen Nor do sten einfallende Platte des Kalkes ist nochmalsBlasseneck- serie geschoben, welche an einigen Stellen Schubfetzen von erzfiihren- dem Kalk aufweist. An einigen Stellen (Radmer) liegt auf dieser oberen Blaseneckschnppe wieder erzf till render Kalk. Der Kontakt dieser hochsten Schuppe mit den nordliehen Kalkalpen ist wahrscheinlich auch ein anomaler. Im Gebiete des Eisenerzer Erzberges gehort wahrsebeinlich der Erzberg mit dem Spateisen stein nnd dem ihm eng verbundenen Saubergerkalk der oberen erzfiihrenden Decke an1), wahrend der „Blasseneckgneis“ des Liegenden1) der oberen Blasseneck- schnppe entspricht ; im Korper der oberen erzfiihrenden Decke treten am Erzberg die sogenannten Grenzschiefer auf, von welchen vermutet wurde, class sie Werfener Scliicliten seien (23), was anf eine weit- gehencle Schnppnng hindeuten wiirde.

Die Hochgebirgsgruppe des Reich enstein, Wildfeld und Re i ting gehoren der unteren erzfiihrenden Decke an; in cliesen Kalkmassen treten vielfach Schiefer auf, welche denen des Liegen¬ den (Blasseneckserie) sehr ahnlich sind, so class an der Basis der Kalkmassen das Durelilegen der Grenze oft reclit problematisch wird. In dem grossen Kalkmassiv konnte durch schmale Schuppen von Quarzporphyren und Werfener Schichten auch eine tektonische Gliederung, eine sekunclare Schuppen- ocler Deckenbildung beobaclitet werden. Gegen Osten zu lassen sicli die tektonischen Elemente der Granwackenzone des Palten- und Liesingtales weiter verfolgen; am konstantesten erweist sicli der Zug der graphitfiihrenden Serie, der durcli das Liesingtal und iiber St. Michael, Leoben, Brack bis in die Nahe von Kapfenberg streicht; der Zug des erzfiihrenden Kalkes endet in seinem festen Gefiige bei Vordernberg und ist fortan auf kleinere zerstreute Yorkoinmnisse, welche aber immer die tek¬ tonische Stellung der grossen Masse zeigen, beschrankt; die Blassen¬ eckserie streicht gesclilossen weiter. ITnter ihr aber vollziehen sicli im unteren Miirztal grosse Anderungen, welche einerseits durch das Auftreten von zentralalpinem Mesozoikum (im sogenannten Semmeringfenster), anclererseits durch grosse Komplikationen im Karbon bedingt werden.

Wie. die Kartenskizze zeigt. streichen die Gneise der Sekkauer Tauern und die Hornblendegneise der Gleinalpe mit einer gegen Norclen konkaven Beugung tiber den Durchbruch des Murtales und setzen die Gruppe des Rennfeldes zusammen ; im Siiclen liegt auf ihnen das Palaozoikum von Graz, und an der Linie des Stanzertales enden die Gneise (S. 251) ; im Norclen liegt auf den Gneisen der oben erwahnte Karbonzug, welclier im Grasclinizgraben, wahrschein¬ lich an einer Querstorung endet; im Liesingtal und nordlich von

b Von einer Diskorclanz zwischen dem altpalaozoischen Kalk und einer permischen EisenAeinformation (Vacek) ist niclits zu sehen. Kalk und Spat- eisenstein bilden immer eine Einhcit.

F. Heritsch DasGebirge ostl. von den Radst&dter Tauern u v. Katschberg. 253

Leoben unci Bruck taucht das graphitfuhrende unci durch Kalke aus- gezeichnete Karbon unter ihm stratigraphisch engverkniipfte Phyllite, welcbe im Kotzgraben nochmals graphitftihrendes Karbon tragen. Das Ganze taucht zwischen Schorgensdorf und Kapfenberg unter Gneis, welclier clen Ivletschachkogel aufbaut; dieser Kletsehachgneis ein Teil cler frtiher als einheitlich angesehenen Miirztaler Masse (6) streicht nordlich vom Miirztal bis in die Nahe von Miirzzu- schlag und tragt einen neuen Zug von Karbon; clieser Karbonzug II. beginnt im Kletschachgebiete und streicht liber Thorl, Veitsch, Kapellen bis ins Semmeringgebiet (Zug von Breitenstein— Klamm). Der Referent hat das Lagerungsverlialtnis durch eine zweite Karbon- decke liber der unteren (Rennfeld und Karbon von Bruck Liesingtal = Karbonzug I) erklart (24, 26), wahrend Vetters (58) zu einer anderen Erklarung Querversehiebung kam, wogegen sich sehr sch were Bedenken vorbringen lassen (26). Vom untersten Miirztal aus streicht die Kletschachgneismasse gegen Nordosten fort; cler Kar¬ bonzug I endet am Grasclinitzgraben, und an seine Stelle treten Phyllite, welclie von cla an auf den Hornblendegneisen cler Renn- feldgruppe liegen. Diese Gneise enclen an cler Linie cles Stanzer- tales, und unter sie taucht zentralalpines Mesozoikum.

In derselbenWeise erscheint unter der Fortsetzung des Kletschach- gneises zentralalpines Mesozoikum auf cler Linie Pfaffeneck Kapellen. Dieses Semmeringmesozoikum liegt auf Gneisen, in welchen aucli Granite vorkommen (Mitterdorf), cl. i. cler untere Teil cler sogenannten Miirztaler Masse ; diese Gneise begleiten das Miirztal auf clem recliten Ufer bis in die Gegend von Mtirzzuschlag ; mit clem Tal selbst fallt eine Zone von isolierten Vorkommnissen von zentralalpinem Meso¬ zoikum zusammen, welches wie die Reste clesselben im Stanzertal auf kristallinen Schiefern (Pretulalpe) aufliegt. Bei Mtirzzuschlag zeigt sich deutlich eine inverse Lagerung im Mesozoikum, welches hier einen Mittelschenkel bildet, dessen Kern die frtiher erwalmten Gneise des unteren Teiles cler Miirztaler Masse und dessen Hangend- schenkel cler mesozoische Zug Pfaffeneck Kapellen bildet. Da nun im Stanzertal zentralalpines Mesozoikum unter die Hornblendegneise cles Rennfeldgebietes untersinkt, so erscheint somit das sogenannte lepontinische Fenster am Semmering abgeschlossen ; leider verhtillt die tertiare Bedeckung cles unteren Mtirztals das Untersinken cler friiher erwalmten mesozoischen Falte (Pfaffeneck Kapellen und Kern der Decke Gneis). Siidlich cler kristallinen Schiefer cler Pretul¬ alpe Teufelsstein tindet sich zentralalpines Mesozoikum bei Fischbach und Rettenegg in unklarer tektonischer Position. Die eben erwalmten kristallinen Schiefer konnen, wie das Untertauchen cler zentralalpinen Gesteine der Sonnwendsteinentwickelung am Semmering zeigt, nicht den Wechselgesteinen parallelisiert werclen. Wie cler Anschluss der Miirztaler Decken an den zentralalpinen tektonischen Ele- menten cles Semmering geschieht, kann niclit festgestellt werden,

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If. Besprechungen.

doch scheinen hochst komplizierte Verlialtnisse ein Auseinander- treten von mesozoischen Ztigen und Aufnahme von kristallinen Schollen (Drahte Kogel) zu herrschen.

Dass am S e m m e r i n g dem Radstadter Mesozoiknm analoge Gesteine vorkommen, hat Toula schon seit langem erkannt, undilim verdankt man die grundlegenden Stndien liber dieses Gebiet. Termier (49) machte auf die Analogie mit der zone interne der Westalpen aufmerksam und V. Uhlig hat die Ubereinstiinmung der Semmeringgesteine mit den Tau- erndecken erwiesen. In nenester Zeit hat Mohr (35) eine vortreffliche Detailbeschreibung des Semmeringgebietes geliefert, deren stratigraphi- sche Ergebnisse bereits tabellarisch dargestellt warden (diese Zeitschrift S. 187). Mohr hat gezeigt, dass auf der wahrscheinlich z. T. kar- bonischen Masse der Wechselgneise mit anomalem Ivontakte liegende Falten von zentralalpineui Mesozoiknm liegen, deren eine in grosserem Masstabe auch Granit und Hlillschiefer Mohrs kristalline Kern- serie als Kern der liegenden Falte einschliesst ; das gauze Meso- zoikum fallt unter das Karbon von Breitenstein und Klamm ein (Ivarbonzug II). Auf den mesozoischen Semmeringdecken (= Tauern- decken) liegt Karbon und zwar jenes durch Pflanzenreste, Grapliit- schiefer und Konglomerate wold charakterisierte Karbon, welches im Paltental als graphitfiihrende Serie benannt wurde ; Mohr nennt dasselbe Pflanzenkarbon. Nacli Moiir, dessen Ergebnisse mit denen im Paltental nicht vollstandig in Einklang zu bringen sind, hat das Pflanzenkarbon des Semmeringgebietes keine direkten Beziehungen zu den hangenden Schiefern etc. ; dieses letztere, sehr machtige System zeigt folgendes : Unter den Werfener Schichten der Kalk- alpen liegt ein Zertrunnnerungshorizont (S. 255) mit Rauchwacken, darunter jene grobklastische Serie, welclie Toula als Verrukano an- spricht; eng mit dieser verbunden folgt nach unten zu eine dem Karbon zugeteilte Schichtfolge (Silbersberggrauwacke) ; Magnesite und Blasseneckgneis stellen wichtige Beziehungen zum obersteirischen Karbon her. Mohr kommt so zu folgender Gliederung: 1. Pflanzen¬ karbon. 2. Silbersberggrauwacke und Magnesitkarbon mit Por- phyren („Blasseneckgneis“) und Griin schiefern , nach Oben tiber- gehend in Verrukano. Diese Gliederung weicht von jener des Palten- tales insoweit ab, als das Magnesitkarbon dort, und wie es scheint auch in der Veitsch, mit dem ,. Pflanzenkarbon enger verkniipft erscheint, als mit der durch die „Blasseneckgneise“ charakterisierten Serie, welche nach den Paltentaler Lagerungsverhaltnissen tektonisch dem Karbon gegentiber selbstandig erscheint. Es erscheint dem Referenten nicht unmoglich, die schwebende Differenz durch Ver- faltung der Decken beseitigen zu konnen.

Zu einer sehr weitgehenden Deckengliederung und zur Auf- stellung von eigenartigen Beziehungen zu dem Deckenbau der nord- alpinen Kalkzone ist Kober gekommen (31). Nach ihm gibt es in den Kalkalpen des Sclmeeberggebietes und am Semmering zwei

F. Heritsch Das Gebirge tjstl. von den Raclstadter Tauern u, v. Katschberg. 255

grosse Deckensysteme : a) ein unteres, bestehend aus der Karbon Pennserie der Grauwackenzone mit der voralpinen Entwicklnng (Decke) der nordlichen Kalkalpen auf deni Riicken; diese voralpine Decke wird durch jene friiher erwahnten Rauchwaeken unter den Werfenerschichten (S. 254) dargestellt. Diese voralpine Entwicklnng „ist durch das obere Deckensystem von ihrem Untergrunde los- getrennt und als selbstandige Abscherungsdecke weiter nordwarts verfrachtet worden. b) Die Basis des oberen Systems bilden die Silur-Devonkalke und Schiefer, „denen grosse Decken von Quarz- porphyren aufliegen. Diese Unterlage tragt das mesozoische System der hochalpinen und Hallstadter EntwicklungK Im Gegensatz zu Kober mochte der Referent an die Ergebnisse der Studien im Palten- tal erinnern, wo ahnliche Lagerungsverhaltnisse in anderer Weise aufgefasst wurden Sollte man nicht die Quarzporphyre auf den erzfiilirenden Kalken als obere Blasseneckdecke auffassen? Der Referent mochte ferner anfiihren, dass die erzfiihrenden Kalke als hochste Grauwackendecke auch dort auftreten, wo liber ihnen weder die lioclialpine noch die Hallstadter Decke liegt, sondern wo fiber ihnen die bajuvarische (= voralpine) Kalkalpendecke aufliegt, so z. B. bei Schwaz, Kitzbiichel, Dienten. Kober hat versucht, die Wurzeln der oberen ostalpinen Decke (d. i. lioclialpine und Hall¬ stadter Entwickelung einschliesslich Silur- und Devonkalk) in der karnischen Ivette zu suchen und die Wurzel der unteren ostalpinen Decke (d. i. voralpine Decke und Karbon— Perm) in den Gailtaler Alpen zu sehen. Es lasst sich gewiss nicht leugnen, dass die Ent¬ wickelung von Silur und Devon in den karnischen Alpen Anklange an die erzfiilirende Decke der Grauwackenzone hat, aber ob ein so weit gehender Schluss moglich ist , sclieint doch fraglich. Es wird iiberdies von Kober die Richtigkeit seiner Deckengliede- rung so vorausgesetzt, dass er eine fur seine Gliederung passende Wurzelzone sucht und sie in den Karnischen und Gailtaler Alpen findet. Diese ZonengUederung im Deckenland ist aber auch die einzige Stiitze fur Kobers Ansiclit vom Wurzelland. Dem Re- ferenten sclieint es naher zu liegen, die Wurzeln der Grauwacken- decken in der Gegend nordlich von den Gailtaleralpen und Nord¬ ic ar a wank en zu suchen ; es sei da nur erinnert, dass Can aval (60) aus diesem Teil Ivarntens Magnesit beschrieben hat ; auch anderes weist auf Analogien zur Grauwackenzone, so Canavals Worte, die auf Gesteine, welclie den Eisenerzer Grauwacken (— „Blasseneckgneisu) alinlich sind, sich beziehen.

Im Gebiete des Wechsels, bei Kirchberg, Aspang usw. hat Mohr (35, 36) die Uberlagerung der Wechselserie (d. i. der kristallinen Schiefer, z. T. Karbon, die durch Albitgneis charakterisiert sind) durch die kristalline Kernserie (Granit- und Glimmerschiefer als Htille) nacligewiesen, wobei zwischen beiden stellenweise Semmering- quarzit und Semmeringmesozoikum auftritt; infolge des Nachweises

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II. Besprechungen.

clieser nur cilirch Uberschiebung moglichen Lagerungsverhaltnisse ist der Versuch Richarz’ (43, 44, 45, 46), die Metamorphose der Wechselschiefer durch die Einwirkung des Granites zu erklaren, hin- fallig. Die mit dem zentralalpinen Mesozoikum verbundenen Schiefer und Graphite lassen sich in clerselben tektonischen Stellung wie am Semmering liber das Leithagebirge und die Hainburger Berge bis in die kleinen Karpaten verfolgen. Wo in dem ost- steirischen kristallinen Gebirge die Grenze von Ostalpin und Zentral- alpin verlauft, ist nicht anzugeben.

Frtiher wurde bereits das Palaozoikum von Graz erwahnt. Neuere Studien (11, 12, 13) haben trotz lebhaften Widerspruches (56, 57) die Richtigkeit der alten, einst von Clar aufgestellten und von Hoernes und Penecke bestatigten Schichtfolge (siehe Tabelle, cliese Zeitschrift, S. 239) gezeigt. In neuester Zeit hat Mohr (37) versucht, den tieferen Teil des Palaozoikums von Graz (Grenzphyllit bis Semriacher Schiefer inklusive) als Aqui valent des Ivarbons der Grauwackenzone anzusehen und den oberen Teil (Kalke des Devons) mit der erzftihrenden Decke zu parallelisieren. Bislier gait es als siclier, dass alle Stufen des Palaozoikums von Graz auf das engste miteinander verbunden sind und dass keine Gliederung in zwei Decken moglich ist; doch bietet Mohr’s Ansicht eine einfache Losung und wird durch viele Analogien gestlitzt. Ob am Nordrande des Palaozoikum J) (Breitenau, Mixnitz) Karbon vorhanden ist (22), was Mohr nicht nur als sicher halt, sondern auch zum Ausgangspunkt seiner Aus- fiihrungen macht, ist dem Referenten noch fraglich. Die Tektonik der palaozoischen Ablagerungen des Grazer Beckens (11) ist durch grosse Brtiche, welche die flachen Fallen durchziehen, beherrscht; dieseBriiche, welche noch die obere Kreide, nicht aber mehr die schon ganz ungestorte zweite Mediterranstufe betrafen, liegenteilsim Streichen, teils queren sie es in spitzen Winkeln. Flache Fatten durchziehen auch die Gosau der Kainach, welche in einem beckenartigen, nacli Stidosten offenen Einbruchsfelde des Palazoikums liegt. Das Alter der Gosau wurde von V. Hilber (27) fixiert, und von Schmidt (48) ist eine eingehende Darstellung vorhanden (Hauptgestein ist Sandstein und Konglomerat , dann auch Hippuritenkalke , Stisswasserkalk am Rand). .In der Tabelle S. 239 wurde das Palaozoikum von Graz in seiner Gesamtheit mit der erzftihrenden Decke der Grauwacken¬ zone parallelisiert.

Ein grosser Teil der Umgebung smn Graz bestelit bereits aus dem ungestort liegenden Jungtertiar des Ostrandes der Alpen; aus diesen jugendlichen Ablagerungen, die durch selir sclione jungtertiare Vulkanruinen ausgestattet sind, erhebt sich stidlich von Graz das Sausalgebirge; aus diesem stammen einige neue Nachrichten (33, 34, 51), nach welchen das Gebirge aus Phylliten mit Diabasen,

J) Dieses als einheitlich angesehen.

F. Heritsch Das Gebirge ostl. von den Radstadter Tauern u. v. Katschberg. 257

Serizitphylliten (metamorphen Quarzporphyren) und Kalken abge- sehen von den Ablagerungen der zweiten Mediterranstufe auf- gebant wird; ein Bild des Banes Oder der Versuch einer genaueren Parallele mit dem Grazer Palaozoikum wird nicht gegeben.

Aus dem westlichen Bac her gebirge und den benachbarten Regionen liat in neuerer Zeit Dreger eine Anzahl von Mitteilungen gemacht (7—10). Bekanntlich gab es zwischen Dolter und Ippen einerseits und Teller und Dreger andererseits einen Unterschied in der Auffassung der Yerhaltnisse am Bacher, indem die ersteren Gesteine als Granitporphyre bezeichneten, die nach den letzteren Porphyrite sind. Jetzt besteht soweit Einheit in der Auffassung, dass man im ostlichen Teil Granit, im westlichen Porphyrite hat. Eine grosse Anzahl von solchen Porphyriten maclit Dreger nam- haft; Trobej (54) hat viele solche petrographisch beschrieben (Horn- blendeporphyrite, Hornblendeporphyritporphyrite, Granitporphyr). Dreger erwahnt, dass im Bachergranit sowohl als auch in der oberen Trias von Windisch-Graz Porphyrite auftreten. Es hat sehr den Ansc-hein, dass die Porphyrite des Bachers den tibrigen Porphy¬ riten aus der Nahe der alpino-dinarischen Grenze zuzurechnen sind. Da bereitet die Ansicht Dolters und seiner Mitarbeiter grosse Schwierig- keit, dass die Porphyrite zum Ganggefolge des Granites gehoren. Man wird da vor die Entscheidung gestellt, Dolters Ansicht an- zunehmen und mit Salomon den Bachergranit fur periadriatiscli und jung zu halten, oder die Porphyrite vom Granit genetisch abzu- trennen, was seine Sttitze in einigen Vorkommnissen von Quarz- glimmerdiorit findet. Den Phylliten des westlichen Bachers gibt Dreger ein palaozoisches Alter ; Kalke in ilmen vergleicht er mit devonischen Kalken von Sausal; auch in den Phylliten treten Por¬ phyrite auf. Clarks Ausftihrungen (5) lassen es wahrscheinlich er- scheinen, dass diese Porphyrite zum periadriatisehen Bogen gehoren (Quarzdioritporphyrit und Tonalitporpliyrit von Pravali). Im west¬ lichen Bacher liegt obere Kreide auf kristallinen Gesteinen; wenn der Bacher, wie der Referent vermutet, ostalpines Wurzelland ist, dann miisste der Deckenschub wold alter als die Gosau sein?

Dreger hat auseinandergesesetzt, dass zwischen Bacher, Koralpe, (Glimmerschiefer) und den Auslaufern der Karawanken (Trias, Jura) ein schmaler Zug von Phylliten mit Kalken liegt; Dreger vergleicht ihn mit den Gesteinen der Murauer Mulde; auf den Phylliten liegen Verrukano, Werfener Schichten und Kreide; der Zug der Phyllite setzt sich nach Karnten (St. Paul, Griff en) fort. Es ersclieint dem Referenten sehr naheliegend, diesen Zug mit dem obersteirischen Karbon zu vergleichen und als Wurzel der Grauwackendecken an- zusprechen, diese Wurzelzone wurde auf den Glimmerschiefern der Kor- und Saualpe, d. i. der ostalpinen kristallinen Decke liegen. Sehr bemerkenswert ist ein Fund Blaschkes (4), der neben der schon Rolle bekannten Trias des Possruck bei Leutschach Ober-

II. Besprechungen.

kreide mit Hippuriten und fraglichen Lias fand ; das ganze vergleicht er mit den mesozoischen Schollen des Krappfeldes nnd von St. Paul in Karnten.

Gerade friiher wurde aus dem Yorkommen von Gosau auf dem Baclier ein hoheres Alter des Deckenschubes 1), fiir welches auch manche Erfahrungen in den nordlichen Kalkalpen sprechen (Gosau!), in den Bereich der Moglickkeit gestellt. Auch andere Argu- mente sprechen dafiir, so das Yorkommen der zweiten Medi- terranstufe im Lavanttale, die ruhige Lagerung des Tertiars bei Graz und sein tiefes Eindringen in das Gebirge, das Jungtertiar von Leoben, des unteren Miirztales und des Judenburger Beckens. Das alles sind Argumente, die Zeit der Deckenbildung recht tief zuriick- zuverlegen und von einer jiingeren tertiaren Storungsphase zu trennen.

Die vorstehenden Erorterungen haben, wie die beiden voraus- gehenden Berichte, gezeigt, dass der Deckenbau der Zentralalpen zwischen Brenner- und Radstadter-Tauern so nachgewiesen 1st, dass doch zum mindesten die Anwendbarkeit der Deckentheorie als Arbeitshypothese klar ist. Weiter ostlich herrscht im Gebiete der Grauwackenzone Klarheit, dass Deckenbau vorhanden ist. In dem iibrigen kristallinen Gebiete ostlich von Radstadter Tauern und Katschberg diirften grosse Decken wohl kaum nachgewiesen werden, man betindet sich hier ja im Ruckenschild der ostalpinen Decke (Termiek); im iibrigen ist ja dieses Gebirge wenig bekannt. Diener (6) schrieb im Jahre 1903, dass die Struktur der Zentralzone der Ostalpen eines der dunkelsten Kapitel der Alpengeologie sei. Dass dies nicht mehr so ist, dass sich der Bau der ostalpinen Zentralzone harmonisch in den gewaltigen Deckenbau der A 1 p e n eingeordnet, ist a 1 1 e i n der Deckentheorie zu verdanken.

x) Wenn man mit Mohr das Grazer Palaozoiknm in eine untere und obere Grauwackendecke zerlegt, dann muss der Deckensclmb vorgosauisch sein, denn die Gosau der Kainach transgrediert liber Devon und liber die tieferen Stufen.

Geologischer Unterricht.

Uber den gegenwartigen Stand des geologischen Unterrichts

in Italien.

Yon M. Gortani (Turin).

Wer einen Uberblick liber den jetzigen Stand des geologischen Unterrichts in Italien geben will, muss auf die Verhaltnisse zuriickgreifen, wie sie sich vor einem halben Jahrhundert darstellten. Um das Jahr I860 besassen unsere Uni- versitaten und Hochschulen nur ausnahmsweise Lehrstiihle fiir Geologie , und diese waren eben erst errichtet worclen. Die Geologie wurde meistens noch als ein Anhangsel der Mineralogie angesehen, mit der sie fast immer vereinigt war ; es gab sogar Universitatslehrstiihle fiir „Naturgeschichte“, wie an den Mittel- schulen. Die Museen waren fast alle arm, schlecht geordnet und in sehr ungtinstigen Rilumen untergebracht; sie bezogen minimale Unterstutzungen, das Personal war sparlich und schlecht bezahlt. Weder das Comitato geologico noch irgend eine analoge Einrichtung existierte. Das ,,Corpo delle Miniereu, das 1860 gegriindet wurde, hatte weder einheitliche Ziele noch einheitliche Grundsatze. Als sich die „Societa geologica residente in Milano“, die im Jahre 1856 gegriindet wurde, in die ,,Societa italiana di Scienze naturali“ umwandelte, hatte unsere Wissen- schaft weder eine eigene Yereinigung noch eine eigene Zeitschrift. Wer sich genauer mit unserer Wissenschaft befassen wollte, der musste wohl oder libel liber die Alpen gehen ; auch die geologische Kenntnis des italienischen Bodens befand sich noch in den allerersten Anfangen.

Wie liegen nun die Verhaltnisse heute? Wenn wir mit den Universitaten und anderen Hochschulen beginnen, konnen wir folgende Ubersicht geben.

Universitat Turin. Offizielle J) Yorlesungen : Geologie, PaUiontologie (Lehrauftrag). ?Assistenten und Praparatoren 3. Aversum: 3000 Lire. Samm- lungen: vier Sale (besonders Tertiarfossilien von Piemont und Belegstiicke fiir die Stratigraphie Italiens).

Polytechnikum Turin. Offizielle Y orlesungen : Angewandte Geologie, Lehre vom Bergbau (,,arte minerariaa). Assistenten und Praparatoren 3. Aversum: 3000 Lire. Sammlungen: drei Sale, darunter nutzbare Materialien (Gesteine und Mineralien) Italiens, Proben der artesischen Brunnenbohrung im Potal.

- -

.

x) Die „offiziellen Vorlesungenu = „corsi ufficialia sincl diejenigen, zu deren Abhaltung der Professor, zu deren Anhoren der Student verpflichtet ist. Ihnen stehen die ,,corsi liberi“ „freie Yorlesungen“ gegeniiber , bei denen weder der eine noch der andere Zwang besteht. Anm. von W. Salomon.

2C0

Geologischer Unterricht.

Istituto Tecnico superiore und Museo Civico di Milano. Offizielle Yorlesungen: Allgemeine und angewandte Geologie. Assistenten 1. Aversum reichlich, aber wechselnd. Sammlungen: zwei Sale (erwahnenswert die klassische Sammlung von Brocchi, die Vertebraten, die lombardische Sammlung).

Universitat Pavia. Offizielle Vorlesungen: Geologie; Palaontologie (Lehrauftrag). Assistenten und Praparatoren : 2. Aversum : 2800 Lire. Samm¬ lungen : drei Sale (zu erwahnen sind die palaontologische Sammlung von Venetien und der Lombardei, und die allgemeine, systematisch geordnete).

Universitat Padua. Offizielle Vorlesungen: Geologie; physische Geo- graphie; angewandte Geologie (Lehrauftrag). Palaontologie (Lehrauftrag). Assi¬ stenten und Praparatoren: 4. Aversum: 3000 Lire fur die Geologie; 1000 Lire flir die physische Geographie. Sammlungen: fiinf Sale (erwahnenswert die venezianische Sammlung).

Universitat Bologna. Offizielle Vorlesungen: Geologie; angewandte Geologie (Lehrauftrag). Landwirtschaftliche Geologie (Lehrauftrag). Freie Vor¬ lesungen : Physische Geographie, Palaontologie. Assistenten und Praparatoren : 2. Aversum: 3000 Lire. Sammlungen: 14 Sale (besonders sind zu nennen die Vertebratenreste , die Cycadeenreste , die stratigraphische und palaontologische Sammlung Italiens und des Auslandes; die Sammlung fur Geschichte der Geologie von Aldrovandi an).

Universitat Modena. Offizielle Vorlesungen: Geologie. Assistenten 1 . Aversum: 1400 Lire (gemeinschaftlich mit der Mineralogie). Sammlungen: drei Sale (bewerkenswert : die Neogenfossilien der italienischen Halbinsel).

Universitat Parma: Offizielle Vorlesungen: Geologie. Freie Vorlesungen : Dynamische Geologie. 1 Assistent. Aversum: 1000 Lire. Sammlungen: vier Sale. Bewerkenswert: Cetaceen, pliozane und pleistozane Fossilien der Emilia.

Universitat Genua. Offizielle Vorlesungen: Geologie; angewandte Geologie (Lehrauftrag). Assistenten: 1. Aversum: 1500 Lire. Sammlungen: vier Sale (erwahnenswert die ligurische Sammlung und die fossilen Pflanzen aus dem Apennin).

Universitat Pisa. Offizielle Vorlesungen: Geologie; Palaontologie (Lehrauftrag), physische Geographie (Lehrauftrag), landwirtschaftliche Geologie (Lehrauftrag). Freie Vorlesungen: Dynamische Geologie, angewandte Geologie. Assistenten und Praparatoren: 3. Aversum: 2500 Lire bis 3000 Lire. Samm¬ lungen: acht Sale (vor allem zu erwahnen die toskanische Sammlung, die der fossilen italienischen Invertebraten, die allgemeine systematisch geordnete Samm¬ lung der Cephalopoden).

Istituto di Studi superior i di Firenze. Offizielle Vorlesungen: Geologie, Palaontologie (Lehrauftrag). Freie Vorlesungen: Tektonik ; Geologie flir Forstleute. Assistenten und Praparatoren: 3. Aversum: 3000 Lire. Samm¬ lungen: neun Sale (zu erwahnen die Vertebraten aus dem Yal d’Arno, die Samm¬ lungen des italienischen Tertiars und Quartars, die Sammlung von Eritrea und von der Balkanhalbinsel).

Landwirtschaftliche Hochschule von Perugia. Offizielle Vor¬ lesungen: Allgemeine und landwirtschaftliche Geologie. Assistenten: 1. Aversum: 9C0 Lire. Sammlungen: zwei Sale (zu erwahnen italienische, landwirtschaftlieh wiehtige Bodenarten und die umbrische Sammlung).

Universitat Rom. Offizielle Vorlesungen: Geologie; angewandte Geo¬ logie; Palaontologie (Lehrauftrag). Freie Vorlesungen: Physische Geographie, Vulkanologie. Assistenten: 2. Aversum: 2500 Lire flir die Geologie; 500 Lire flir die angewandte Geologie. Sammlungen: neun Side. (Sammlungen von Ge- steinen und Fossilien der romischen Campagna und Latiums; Baumaterialien.)

Universitat Neapel. Offizielle Vorlesungen: Geologie; physische Geo¬ graphie; Palaontologie (Lehrauftrag). Freie Vorlesungen: Petrographie, Vulkano¬ logie. Assistenten und Praparatoren : 2. Aversum : 3000 Lire fur Geologie 2000 Lire flir physische Geographie. Sammlungen: vier Sale (darunter die

M. Gortani Gegenwar tiger Stand des geolog. Unterrichts in Italien. 261

petrographische Sammlung der italienischen Yulkane, Fossilien des siidlichen Italiens, die Fischsammlung).

Das Observatorium auf dem Yesuv ist in Umwandlung begriffen.

Universitat Catania. Offizielle Yorlesungen: Geologie, Palaontologie (Lehrauftrag). Freie Vorlesnngen : Yulkanologie, Geologie yon Sizilien. Assistenten und Praparatoren : 2. Aversum: 1500 Lire. Sammlungen: sechs Sale (bemerkens- wert: die allgemeine systematische Sammlung und die sizilianische Sammlung).

Universitat Palermo. Offizielle Yorlesungen: Geologie, angewandte Geologie (Lehrauftrag), physische Geographie (Lehrauftrag). Assistenten und Praparatoren: 3. Aversum: 3000 Lire. Sammlungen: zwei Sale (erwahnenswert die sizilianischen Sammlungen , vor allem das Permocarbon und Mesozoikum, die Elefantenreste, die allgemeine Sammlung).

Universitat Cagliari. Offizielle Yorlesungen : Geologie (Lehrauftrag). Assistenten und Praparatoren: 1. Aversum: 1000 Lire (zusammen mit der Mineralogie). Sammlungen: zwei Sale (Gesteine und Fossilien von Sardinien).

Wir iibergehen die Bergakademien von Caltanisetta und Iglesias; letztere liefert ttichtiges Personal (Hilfsingenieure und Bergbau-Sachverstandige) fiir die Ausbeutung der sardinischen Bergwerke und scheint einer guten Zukunft ent- gegenzugehen.

Wir haben also 14 Lehrsttihle fiir allgemeine und stratigraphische Geo¬ logie (einer von ihnen ist Lehrauftrag), 8 Lehrauftrage fiir Palaontologie, 4 Lehr- stiihle fiir physische Geographie, (2 von ihnen nur Lehrauftrag), schliesslich 12 fiir angewandte Geologie (7 darunter Lehrauftrag). Die Lehrauftrage sind meistens den Professoren der nachstverwandten Wissenschaften anvertraut oder auch den Assistenten, die sicli die venia legendi erworben haben. Die jahrlich abgehaltenen freien Yorlesungen sind ungefahr 15.

Die Museen umfassen fiber 80 Sale, die in ihren samtlichen Samm¬ lungen viele wertvolle Fossilien und Gesteine aus alien Gebieten Italiens und desAuslandes enthalten1). Einigealte, neugeordnete Sammlungen, von Aldrovaxdi an, konnen ihres historischen Interesses wegen als wahre geologische ,,cimeli“ (Reliquien) bezeichnet werden.

Was nun den Unterricht selbst anlangt, so wechselt die Zahl der Studenten in den Yorlesungen fiir angewandte Geologie zwischen 50 und 100, ist aber fast immer niedriger als 10 in den Yorlesungen fiir allgemeine und stratigraphische Geologie. Die geringe Zahl macht die Yorfiihrung von Lichtbildern iiberfliissig. Der Unterricht hat davon insofern Vorteil, als die wenigen Praktikanten viel mehr Nutzen von den Laboratoriumsiibungen haben. Yon cliesen werden im Mittel jahrlich 20 30 abgehalten ; ferner findet eine oder die andere Exkursion statt, deren Dauer aber infolge des allgemeinen Fehlens von Unterstiitzungen und Reiseermassigungen beschrankt ist. Die Zahl der Yorlesungen fiir allgemeine Geologie betragt 60 im Jahr, die fiir angewandte Geologie 70.

Was Arbeitsleistung und Frequenzzahl betrifft, so ist das bliihendste und produktivste Institut zur Zeit das von Florenz ; nach ihm kommen Pisa, Padua, Turin, Palermo, Pavia. Was Reichtum und Wert der Sammlungen betrifft, so gebiihrt aber Bologna die erste Stelle.

Die reichste geologische Bibliothek ist die des R. Comitato geologico dTtalia, das im Jahre 1867 als eine Sektion des Consiglio delle Miniere gegriindet wurde. Das Comitato setzt sich aus 10 Mitgliedern zusammen, die durch konigliches Dekret ernannt werden und wozu Personen gewahlt werden , die mit der Geologie und Mineralogie gut vertraut sind (gewohnlich daher Universitats-

x) Zum Teil wertvolle Aufsammlungen sind zerstreut da und dort in den stadtischen Museen (z. B. in Yerona, Yicenza, Imola) oder in Museen von Akademien und wissenschaftlichen Yereinen (z. B. Brescia, Montevarchi, Siena) oder in den Naturalienkabinetten der Mittelschulen (z. B. Udine, Lecce); gar nicht zu reden von den Privatsammlungen.

262

Geologischer Unterricht.

professoren). Ferner miissen die Inspektoren des R. Corpo delle Miniere, der Direktor des militargeographischen Instituts und der President der italieniscben geologischen Gesellschaft darin enthalten sein. Unter der Anfsicht des Comitato arbeitet das Personal der geologischen Landesaufnahme. Die Aufnehmenden Geologen werden nach freiern Wettbewerb ernannt, es sind z. Z. 6 Chefingenieure, 4 Ingenieure, 3 Hilfsingenieure. Die Anfnahme hat bereits gute Fortschritte gemacht : die Anfsammlungen, die w ah rend der Arbeiten gemacht wurden, fullen bereits fhnf Sale der Landesanstalt, zusammen mit Proben von Baumaterialien und Bergban- Prodnkten.

Ein schwerer Irrtum war es aber, das Comitato und die geologische Landesan¬ stalt in ein Abhangigkeitsverh&ltnis vom Corpo delle Miniere treten zu lassen. Diese Behorde ist, abgesehen von den Auftragen, welche rein geologischer Natur sind, berufen, solche technischer und industrieller Art auszuftihren. Das Personal der geologischen Landesanstalt befindet sich deshalb in einer Kategorie mit den Inge- nieuren des Corpo Minerario und darf darum auch nur aus Ingenieuren ausge- wahlt werden. Die Naturwissenschaftler sind so von der regelrechten und direkten Mitarbeit an der geologischen Karte des Konigreiches ausgeschlossen. Um diese Verfugung abzuschwachen, vertraute man von Zeit zu Zeit erfahrenen Palaontologen die Bearbeitung der Fossilien an, und im Jahre 1909, als sich der Mangel mehr und mehr fuhlbar machte, entschloss man sich versuchsweise den naturwissenschaftlich ausgebildeten Geologen die Aufnahme bestimmter Gebiete an- zuvertrauen. Ich habe mich so lange bei clem „Ufficio geologico“ aufgehalten, weil auch dies trotz seiner Fehler als ein Institut zur Ausbilclung von Geologen angesehen werden kann. In der Tat haben einige der aufnehmenden Ingenieure, die zuerst unbekannt waren, sich den Ruf ttichtiger Geologen erworben, und einzelne haben auch einen Lehrstuhl an Universitaten erlangt. Deshalb denkt man mit Bedauern daran, was fiir Resultate sich mit einer gut organisierten Anstalt liatten erreichen lassen.

Ein anclerer Missstand fiir die Pflege geologischer Wissenschaft in Italien ist die grosse Zerstreuung der Universitatsorte. Die Zahl der Ordinariate und Extraordinariate ist 20, die der Lelirauftrage 18. Aber diese Lehrtatigkeit ist zerstreut liber 16 verschieclene Stadte. Alle unsere Universitaten streben danach vollstandig zu sein, aber auch nicht eine Universitat existiert, an der man all’ die verschieclenen Disziplinen der Geologie und ihrer Anwendungen studieren kann.

Schliesslich muss man auch die Schwierigkeiten erwahnen, welche mit der wenig beneidenswerten Stellung unserer Geologen verbunden sind. Die Regle- ments unserer mittleren ocler Sekundarschulen lahmen die wissenschaftliche Tatig- keit der Professoren fiir Naturwissenschaften. Der aufnehmende Geoioge wire! noch zu oft fiir ein Original oder einen Halbnarren gehalten. Bei der Konstruktion von Strassen, bei derAbwehr vonMuhren undBergstiirzen, bei derAnlagevon Stauwehren, bei Meliorierungen, bei artesischen Brunnenbohrungen, bei landwirtschaftlichen und militarischen Fragen wircl der Geoioge noch zu oft beiseite gelassen. Dennoch hat sich auch da vieles gebessert; um nur ein Beispiel anzufiihren, dein Kon- gresse der jtalienischen geologischen Gesellschaft in Lecco im Jahre 1911 wurde das lebhafteste Interesse von Seiten der Regierung und der lokalen Behorden, ja sogar von seiten der Bevolkerung zuteil.

Ein Beweis fiir den erreichten Fortschritt ist auch die Zahl der Zeitschriften, die ausschliesslich der Geologie gewidmet sind. Am bekanntesten ist das „Bol- lettino“ der bliihenden italienisclien geologischen Gesellschaft, welche jetzt bereits 30 Jahre bestelit Seit 1870 publiziert das R. Comitato geologico j&hrlich sein „Bollettino“ ; diesem schliessen sich an die ,,Memorie“ des Comitato selbst und die „Memorie descrittive della Carta geologica d’ltalia". Weiter ist zu nennen die sehr wertvolle „Palaeontographia italica“, die „Rivista italiana di Palae- ontologia“, das „Giornale di Geologia pratica“ und schliesslich der „Mondo sotterraneo“, herausgegeben vom Circolo speleologico e idrologico, der in Udine 1897 gegriindet wurde. Es ist dies eine ziemlich reichhaltige Reihe von Zeit-

M. Gortaxi Gegenwartiger Stand des geolog Unterrichts in Italien. 2G3

schriften, vor allem wenn man an die sparlichen zur Yerfiigung stehenden Mittel denkt und an die zalilreichen Akademien, Naturwissenschaftlichen Vereine usw., welche einen guten Teil unserer wissenschaftlichen Produktion aufnehmen.

Olme Zweifel ist noch ein weiter Weg zurtickzulegen, nicht nur um die Anwendungen der Geologie in weiteren Kreisen bekannt zu machen, sondern auch um die Kenntnis des italienischen Bodens selbst zu fordern. Man muss auch anerkennen, dass unsere Geologen nur ausnahmsweise ausserbalb ltaliens arbeiten. Andererseits konnen und wollen sich unsere Mittelschulprofessoren nur selten wissenscbaftlich betatigen, da sie dies leider ziemlich wenig in Hirer Laufbahn angerechnet bekommen. Mazenaten unserer Wissenschaft fehlen vollstiindig bei uns, und die Privatgelehrten sind sehr selten. Unterstiitzungen ftir Reisen und Untersuchungen sind immer ausserst schwer zu erlangen und immer sehr klein bemessen. Durch finanzielle Schvierigkeiten wird auch der Druck grosserer Arbeiten erschvert.

Trotz allem gelingt es den italienischen Geologen docli, jedes Jahr 150 bis 200 grossere und kleinere Arbeiten zu publizieren. Diese Ziffer zeigt eine ghwaltige Summe von Arbeit an und ermutigt, vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken.

Turin, Geologisch-mineralogisches Institut desPolytechnikums, Januarl912.

Lichtbilder.

Das Institut fiir wissenschaftliche Photographie von Dr. Fr. Stoedtxer (Berlin NW 7, Universitatsstr. 3b) hat eine Sammlung von 600 Lichtbildern zur Pliysikalischen Geograpliie herausgegeben. Die Lichtbildersammlung ist von Dr. W. Behrmaxx zusammengestellt nach meist unveroffentlichten Aufnahmen von A. Penck und anderen namhaften Geographen. Die Abteilung I ,,Aufbau und Formen der Ercloberflacheu umfasst die Serie A: Aufbau der Gebirge, Tektonik; Serie B: Yulkanische Erscheinungen; Serie C: Temperatur- und me- chanische Wirkungen, Yerwitterung und Gekriecli ; Serie D : W indwirkungen ; Serie E: Wirkungen des rinnenden Wassers; Serie F: Wirkungen des Eises der Gegenwart und der Eiszeit; Serie G: Chemisclie Wirkungen. Die Yerlags- hancllung versendet auf Wunsch einen illustrierten Katalog zur Ansickt.

Eine Lichtbildersammlung zur Geologie des norddeutschen Flaehlandes mit besonclerer Beriicksichtigung der Mark Brandenburg hat Geheimrat Prof. Dr. W. Wahxschaffe zusammengestellt. Der Preis fur jedes Bild (8V2 X 10 und 8l/2 X B1^ cm) betragt 1.25 M. Die Bilder bringen zur Darstellung: Nr. 1 bis 6: Alteres Gebirge; Nr. 7 12: Glazialbilclungen ; Nr. 13 21: Glaziale Schichtenstorungen ; Nr. 22 42: Glaziale Landschaftsformen ; Nr. 43 48: Urstromtaler ; Nr. 49—55: Diinen; Nr. 56 72: Yerlandung und Moorbildung; Nr. 73 81: Kustenformen an der deutschen Ostseektiste.

Der geologische Unterricht an den deutschen Hoclischnlen

im S.-S. 1912 (Sehlnss).

Abkiirzungen: Geol. = Geologie; g. = geologisch; p. = palaontologiscli ; Ub. = Ubungen; Anl. = Anleitung zu selbstandigen Arbeiten auf dem Gebiete der Geologie ; Coll. = Colloquium ; Exk. = Exkursionen. Die Zalileu bedeuten die Anzalil der Stunden in der Woche.

C. Osterreich.

Czernowitz: Pexecke: Histori- sche Geol. 5 ; Stark : Die schichtigen Gesteine und die kristallinen Schiefer 2.

Graz: Hoerxes: Allgemeine Geol. II (Formationslehre) 5; Hilber: Geol. der Umgebung mit Exk. 5; Heritsch : Geol. Exk. 2; Ippex: Grundlinien der Petrogenesis 5.

264

Geologischer Unterricht.

Innsbruck: Blaas : Ausgewahlte Kapitel aus der Geol. der Alpen 2, Demonstrationen und Ub. im Felde 2 ; Cathrein: Anl. (Petrographic), Exk. (do.).

Prag: Wahnee: Allgemeine Geol. II 3, Palaontologie III 3, Ub., Anl., Exk. ; Pelikan : Einleitung in die Ge- steinslehre 5, Exk.

Wien: Suess: Allgemeine Geol. II. Teil: Stratigraphische Geol. 5, Ub.; Suess und Schaffer: Exk.; Reyer: Theoretisclie Geol. mit Experimenten 2; Schaffer: Sedimentbildung 2; Die- ner : Palaontologie der Wirbeltiere II. Teil 5, Anl.; Diener undARTHABER: P. Ub. 6; Arthaber: Die Entwicklung und Verbreitung der wirbellosen Tiere 2; Abel: Allgemeine Palaontologie der Saugetiere II, 4; Doelter: Die Ent- stehung der (Mineralien und) Gesteine 4.

2. Technische Hochschulen usw.

A. Deutschland.

Aachen: Dannenberg: Geol. fur Htittenleute u. Chemiker, Erdgeschichte (g. Formationslehre), Elemente der (Mi- neralogie und) Geol. fur Bauingenieure, Geol. der Steinkohlen; Klockmann: Petrographie, Ub., Anl.

Berlin: Hirschwald : Allgemeine Geol.; Tannhauser: Die wichtigsten Leitfossilien d. g. Formationen.

Braunschweig: Geol. II, g. Ub., p. Ub.

B r e s 1 a u : F rech : Einflihrung in die technische Geol. 1 ; yon dem Borne : Physik der Erdfeste 2.

Danzig: v. Wolff: Geol. 3, Ent- stehung der (Mineralien und) Gesteine 1; Ub.

Darmstadt: Lepsius: Geol., Ub., Exk.

Dresden: Kalkowsky: Geol. von Sachsen; Rimann: Gesteinskunde.

Hannover: Stille : Grundziige der Geol. 4: Hoyer: Praktisclie Geol. des nordwestliclien Deutschlands 1 ; Schondorf: Techniscli wichtige (Mi¬ neralien und) Gesteine Deutschlands 2, Ub. im Entwerfen und in der Yerwer- tung g. Karten und Profile 1.

Karlsruhe: Paflcke : Geol. 4, Ent- stehung der Gebirge 2, Ub., Anl., Coll. ;

Schwarzmann : Mikroskop.-petrogra- phische Ub.; Henglein : Lagerstatten- lehre II 1.

Mtinchen: Oebbeke: Die Anwen- dung des Mikroskops in der (Mine- ralogie), Geologie, (Chemie und Me- tallographie) 2, g. Ub. 3, Anl.; Weber : Historische und stratigraphische Geol. mit Exk. 2, Ub. im Bestimmen von Gesteinen 2, do. von Yersteine- rungen 2.

Stuttgart: Sauer: Geol., Boden- kunde auf g. Grundlage mit Ub. im g. Kartieren und in Bodenaufnahmen, petrographisch e Untersuchungsmetho- den, Ub., Anl., Exk.

* ^ *

*

Bergakademie Berlin: Rauff : Formationslehre, g.-p. Repetitorium; Potonie: s. Universitat B.; Gothan: Palaobotanisclie Ub.

Bergakademie Clausthal; Bode: Geol. II 5, Palaontologie II 2, g.-p. Ub.; Bruhns: Lagerstattenlehre II 3, Petrographie 3, Ub. (Petrographie) ; Baumgartel : Gesteinsmikroskopie 4.

Berg a k a d e m i e Freiberg i. S. : Beck: Geol., Lagerstattenlehre, Ub. im Bestimmen von Gesteinen und Yer- steinerungen.

* *

*

Landwirtschaftliche Hoch- schule Berlin: Lehrstuhl vacat.

Landw. Hochschule Holien- heim: Plieninger: Geol. II 3, Yer- steinerungskunde 1, Ub., Exk.

L a n d w. A k a d e m i e B o n n - P o p - pelsdorf: Brauns: Geognosie 2, Exk.

^ *

*

Forstakademie E b e r s w a 1 d e : Krause: Geol. des Quarters (Diluvium und Alluvium), Ub., Exk.

Forstakademie Eisenach: Marschall : (Mineralogie u.) Geologie 3.

Forstakademie Hann. M un¬ den: Suchting: Geol. 2.

Forstakademie Tharandt: Yater : Geol. 4, Ub., Exk.

* *

*

Hamburgisches Kolonial- i n s t i t u t : Gurich : Die wichtigsten nutzbaren Minerale und Gesteine der deutschen Schutzgebiete, erlautert in

Geologischer Unterricht. Bucher- mid Zeitschriftenschau.

205

praktischen t)b. 2 ; Wysogorski : Grund- fragen in der Geol. 1 ; Horn : Ub. im Bestimmen von Gesteinen 1.

Senckenbergisclie Natur- f o r s c h e n d e G e s e 1 1 s c h a f t F r a n k- f ur t a. M. ; Drevermann: Die Gescliich- te der Erde. II. Teil: Die g. Zeitalter 1.

Akademie Posen: Mendelsohn: Der Aufbau der Erdrinde und die fossile Organismenwelt 1.

Stadtisches Polytechnikum Cotlien: Foehr: Geol. 1, t)b. 4, Se¬ minar.

B. Osterreich:

Briinn: Rzehae : Geol. II. 4.

Graz: Kossmat: Tektonische und historische Geol. 3, t)b., Exk.

Prag: Lehrstuhl vacat.

Wien: Toula: Geol. II; Rosiwal : Petrographie.

* *

*

Hochschule ftir Bodenkultur Wien: Koch: Geol. undBodenkundeG; Till : Geomorphologie (Gestaltung der Erdoberflache durch g. Krafte) 1.

Montanistische Hochschule Leoben: Redlich : Geol. 6, Ub., Exk. ; Granigg : Petrographie.

C. Schweiz.

Zurich s. Universitat.

Biicher- und Zeitschriftenschau.

Geologische Karte der Schweiz,

1:500000, II. Auflage besorgt von

Alb. Heim. Nebst Erlauterungen (14 S.) A. Francke, Bern 1912. 4.80 Mk.

Die Neuauflage der geologischen Hbersichtskarte der Schweiz enthalt gegentiber der ersten vom Jahre 1894 zahlreiche Yerbesserungen, wie sie durch die Fortschritte der Forschung in ver- schiedenen Teilen des Alpengebiets moglich geworden sind. Sie wil'd da- her Jedem, der sich mit Alpengeologie beschaftigt, willkommen sein. Die Er¬ lauterungen sind ganz knapp gehalten- Die Ausfuhrung der Karte ist der der friiheren Auflage gleich, d. h. die Trennung ist bis an die Grenze des Moglichen durchgefuhrt, und die Farben sind sehr diskret gehalten. Unwill- kiirlich drangt sich ein Vergleich mit der vor einigen Jahren erschienenen italienischen Ubersichtskarte der West- alpen auf, die sich an die Schweiz an- schliesst. Diese enthalt ja weniger Einzelheiten und ist auf einer klareren Unterlage mit leuchtenden Farben ge- druckt. Dadurcli wird sie leicliter les- bar und wirkt selbst auf einige Ent- fernung deutlich, wahrenddie Schweizer Karte eigentlich nur vom eingeweihten Faclnnanne in ihrer Vollstandigkeit gut

gewtirdigt werden kann, zumal wem: er die gelegentliche Zuhilfenahme der Lupe nicht scheut.

In den Erlauterungen ware zu be- anstanden die Bemerkung: „es steht ja vdllig fest, dass der Bundnerschiefer zum weitaus grossten Teile Lias ist. Die fraglichen Funde darin von Kreide- und Tertiarfossilien beziehen sich walirscheinlich nur auf eingeschleppte Fetzen." Mit dieser Auffassung diirften nur die wenigsten Kenner des Biindner- schiefers einverstanden seio. Man wird den bekannten Tatsachen besser ge- recht, wenn man darin eine Saimnel- folge sieht, die mit dem Jura beginnt und bis ins Alttertiar reicht. St.

Geologische Karte von Preussen und

benachbarten Bundesstaaten 1 : 25000. Herausg. v. d. K. Preuss. Geologischen Landesanstalt. 1m Yertrieb bei der Koniglichen Geologischen Landes¬ anstalt. Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. Berlin 1910.

Lief. 150 enthalt die Blatter Bud- dern, Benkheim und Kerschken (Gradabteilung 19, Nr. 46, 47 und 53), welche Teile der Ostpreussischen Kreise Angerburg, Darkehmen und Goldap umfassen. Die Blatter Buddern und

266

Bucher- unci Zeitschriftenschau.

Benklieim stellen das Gebiet dar auf beiclen Ufern cles Goldapflusses, etwa 10 km unterhalb cler Staclt Goldap bis zu seiner Yereinigung mitder Angerapp. Das an Benkheim s. anstossencle Blatt Kerschken geliort ziun grossten Teile dem durch seine landscliaftlichen Reize bekannten Htigellande cler sogenannten Borker Heicle an. Der Hauptsache nach wire! das ganze Gebiet von einem aus Oberem Geschiebemergel aufge- bauten, von Endmoranen durchzogenen Htigellande eingenommen, das im Be- reiche cles Blattes Benkheim von der Goldap in einem meist engen, z. T. schluchtartigen, tiefen, viel- fach gewundenen Tale durchschnitten wil’d, welches sich im w. Teile von Benkheim und auf cler norcllichen Halfte von Budlern zu clem grossen Skallischer Becken erweitert. Hochge- legene Terrassenmarken lehren, dass das Skallischer Becken in jungdiluvialer Zeit mit clem Mauerseebecken in Yer- b indung stand. Im 0. des Gebietes lag ein hoheres Becken, dessen Spuren in Gestalt einer langgestreckten Sand- terrasse am Ostrancle cler Blatter Benkheim unci Kerschken vorlianden sin cl.

Lief. 159 enthalt die Blatter S t i e g - litz, Scharnikau, Gembitz unci Kolmar in Posen. Auf den Blattern Scharnikau und Stieglitz ist ein Stuck den nordsiidlich verlaufenden Teiles des Netzetales sowie die Umbiegung in clen ostwestlichen Teil von Scharni¬ kau abwarts clargestellt; das iibrige Gebiet geliort dernordposenschenHoch- flache und clen eigen artigen Terrassen- lanclschaften an, die in clieser Gegend beginnen unci im ,. Zwisch enstromlande zwischen Netze- und Warthetal ilire grossartigste Ausbildung erfaliren.

Am Nordrande cles clargestellten Gebietes zieht sich eine Endmorane hin, s. von Schdnlanke und w. vom Netzetale in Kames-artiger Weise ent- wickelt, ebenso aucli in der Nahe cles Netzetales o. von diesem, auf Blatt Kolmar aber in grossartigster Aus¬ bildung. Ein gewaltiger Sandriicken durchzieht einen grossen Teil der Blatter Gembitz und Kolmar. Die Stufenlandschaft, die besonders auf clen

beiclen w. Blattern schon ausgebildet ist, gliedert sich in nicht weniger als 7 Terrassen, von clenen die 6 hochsten die verschiedenen YTasserspiegel eines gewaltigen, sich allmahlich mehr und mehr verkleinernden Stausees kenn- zeichnen, wahrend die jtingste ans Netzetal gebunclene eine Flussterrasse clarstellt.

Yon clen alteren Formationen tritt der Flammenton cles Miozans auf Blatt Kolmar und Stieglitz vereinzelt zu Tage; erbohrt ist Miozan an vielen Stellen und dadurch das Yorkommen von Braunkohlen festgestellt worden. Audi die marinen Grtinsancle und cler Thorner Ton cles Oligozans sincl in einer Bohrung bekannt geworden.

Im Alluvium ist von besonderem Interesse das Sclilickgebiet im Netze- tale, das oberhalb cler Umbiegung bei Scharnikau vorlianden ist und dem verzogerten Abfluss cler Hochwasser dort seine Entstehung verdankt. Auch das Diinengebiet mitten im Torfe cles Netzetales bei Scharnikau verdient so- wolil wegen seiner Entstehungszeit, die in den Schluss cler Aneylusperiode fallen dtirfte, als wegen der Ent- steliungsart der Diinen, die auf west- liche Wincle zuruckzufuhren ist, Be- achtung.

Lief. 165. Blatt Pyritz, Blatt Prillwitz, Blatt W erben, Blatt Kollin. Diese Lieferung umfasst im wesentlichen das ausgedehnte Niede- rungsgebiet zwischen Stargard i. P. unci Pyritz mit dem grossen Madti-See und Plone-See, clas weithin als „Py- ritzer Weizackera bekannt ist. An clem geologischen Aufbau clieser Gegend be- teiligen sich vorwiegend Diluvium und Alluvium; Tertiar tritt nur in ver- schwindencl kleinen Partien zutage. Die um die beiclen Seen sich breitende, ausgedehnte Niederung verdankt einem gewaltigen, in die Grundmoranenlaiid- scliaft eingesenkten, jungdiluvialen Staubecken ilire Entstehung. Die sie erfullenclen Sedimente sincl vornehm- licli toniger Natur. Zahlreiche grossere unci kleinere Zieg'eleien bauen diese Tone ab.

Jecler Karte ist ein etwa 80 Seiten starkes Heft Erlauterungen beigegeben;

Bucher- und Zeitschriftenschau.

267

ausserclem wil’d kostenfrei geliefert: „Einfuhrung in das Yerstandnis der geologisch-agronomischen Karten.

Lief. 167 umfasst die 4 Blatter D e t m o 1 d , Blomberg, Horn- San clebeck und S t e i n h e i m i. W. auf denen mithin der siidliche Teil des Fiirstentums Lippe-Detmolcl mit den benachbarten Teilen der Provinz West- falen zur Darstellung kommt. Im Ge- biete der Blatter Detmold und Horn- Sandebeck liegt der Abschnitt des Teutoburger Waldes, in clem sick seine Umbiegung aus der SN- in die SO- NW-Richtung vollzieht. Untere und Obere Kreide sind am Aufbau des Hohenzuges beteiligt, der westw&rts zur Senne mit ihren Quartarbildungen abfallt. O..V011 der Kreide liegen in der Richtung der eigentlichen Hebungs- linien des Teutoburger Waldes („Berle- becker Achse“, „Osningachse“) stark gestorte Buntsandstein- und Muschel- kalkgebiete mit eingebrochenen Keuper- und Jurapartien. 0. an dieses Storungs- gebiet scliliesst sick das Lippische Keupergebiet, dem Blatt Blomberg ganz, die Blatter Detmold und Stein - heim grdsstenteils angekoren. Hier wurden auch Tertiarsckickten in ge- ringer Ausdeknung festgestellt. Ab- lagerungen der nordischen Yereisung sind nur auf den Blattern Detmold und Blomberg vorhanden, die Blatter Horn-Sandebeck und Steinheim liegen siidlick des vereisten Gebietes.

Lief. 179 umfasst die Blatter Schmolz, Kattern, Gross-Nad- 1 i t z , Koberwitz, Rothsiirben und Ohlau siidwarts vor den Toren Bres- laus. Der geologisclie Aufbau der Gegend ist einfack : Auf Buntsandstein, der neuerdings bei Breslau in mekreren Tiefbokrungen erreickt wurde, liegen machtige Tone des obersten Miozans von der Art des Posener Tons. Auf iknen ist eine durck Erosion und Denu¬ dation stark gestorte Schicht von alterem glazialem Diluvium erlialten. Daruber breitet sick der Loss bis an das linke Ufer des Odertales aus. Es sind Anzeicken vorhanden, class der innerhalb des Gebietes cler Lieferung nackgewiesenen Vereisung eine nock

Geologische Rundschau. III.

altere Yereisung voraufgegangen ist. Der Loss wil’d von den alteren Bil- dungen fast durchweg durck eine mehr oder minder deutliche Steinsohle von Windschliffen getrennt. Das Odertal ist mit seinen j ungen Bildungen ganz flack in die diluvial e Hochflache ein- gesenkt.

P. Kruscii. Die Untersu chung und

Bewertung yon Erzlagerstatten.

2. neubearbeitete Auflage. 569 S.

1911. 17 M.

Das Werk, von clem sekon 4 Jahre nack cler ersten eine zweite Auflage notwendig geworden ist, enthalt viel mekr, als man aus clem Titel entnehmen kann. Es beginnt mit einer Erzlager- stattenkunde, in cler die Entstekung cler Mineralien und cler Erzlagerstatten, die Form und die Systematik cler Erz- vorkommen und ikre Merkmale an cler Tagesoberflacke besprochen werden. Ein besonderer Abschnitt ist cler bildlichen Darstellung cler Erzlagerstatten gewid- met. Es folgt dann eine Besprechung der Sckurfmetkoden und cler Aufberei- tung cler Erze, sowie der Bewertung des Objektes. Hier werden die Methoden der Probenahme, die Berecknung cler aufgescklossenen Erzmenge unci des Ge- luiltes der Erzlagerstatten, die Bereck¬ nung des augenblicklichen Wertes einer Lagerstatte auf Grand des aufgescklos¬ senen Erzvorrates und Metallgehaltes, cler Einfluss cler Sckwankungen cler Metallpreise und Metallgehalte auf den Reingewinn erortert und allgemeine An- gaben liber die Bewertung der Erze und liber die Fracliten gemacht. An diesen allgemeinen Teil sekliesst sich ein spezieller, in clem die einzelnen Erze, ikre Lagerstatten, ikre Bewertung, die Produktion unci die Marktverhaltnisse dargestellt werden. Dieser Abschnitt nimmt naturgemass clen grossten Raum in dem Buehe ein.

Es ist aus dieser summarischen In- kaltsangabe bereits zu ersehen, class es sick um ein Werk handelt, das ebenso wertvoll ftir clen Mann der Praxis wie fur clen wissenschaftlich arbeitenden Geologen ist, cler sick iiber die behan- delten Gebiete (die ikm naturgemass ferner liegen) orientieren mochte. Be-

19

Bucher- nnd Zeitschrif tenschau .

sonders willkommen ist fur den letzteren dann aber auch nocli der letzte stati- stisclie Teil in Krusch’s Buch. Im Anfang dieses Kapitels liest, man mit Interesse, dass Deutschland seit kurzem in bezug auf die Montanstatistik an der Spitze aller Lander steht. Es ist naturgemass besonders ausfulirlich be- handelt. Neben ihr wil’d dann aber von weiteren 26 erzproduzierenden Lan- dern resp. Regionen eine Statistik der Erz- nnd Metal lproduktion, sowie der Erz- nnd Metall-Ein- nnd Ausfuhr ge- geben. Einige Angaben, deren Kennt- nis den Lesern der G. R. erwtinscht sein wil’d, lassen wir in tabellarisclier Form folgen (S. 273).

Krusch’s Werk ist in der dentsclien Literatur einzig in seiner Art. Sein Stil ist knapp, klar, verstandlich. Wcks.

Der Deckenbau Siziliens. Im

Jahre 1906 erklarten Ltjgeon und Ar- gaxd die mesozoischen Kalkmassen, die in den Madonien und im westlicben Sizilien, sowie auf den agadisclien Inseln iiberall aus dem niedrigen tertiaren Untergrunde aufragen, fiir wurzellose Deckschollen. Die Uberschiebungsdecke, der sie angehoren, kam von Norden und reicht bis in den Stiden von Sizilien. Die mesozoischen Kalkmassen sind von Eozan umgeben, das selbst auch ge- schoben ist. Nirgends kommt unter ihm autochthones Mesozoikum zum Yor- schein. Die miozanen und spateren Transgressionen sind nach Yollendung des Deckenbaus eingetreten. Der Be- hauptung Lugeons und A rgaxds, dass Sizilien Deckenland ware, trat G. Di- Stefaxo entgegen, der die mesozoischen Bergziige fiir wurzelnd erklarte. Im selben Jahr, wo diese ablehnende Ant- wort des ital-ienischen Geologen erschien, gab G. Steixmaxx eine Deutung der Tektonik des Apennins, die auf der Basis der Deckentheorie vbllie-e Klar-

V./

heit iiber den Bau der italienischen Halbinsel brachte. Wenn der Apennin Deckenland ist, so war das fiir das be- nachbarte Sizilien auch sehr wahrschein- lich. 1908 veroffentlichte P. Arbexz eine Anzahl von Profilen aus dem Ge- biet siidlich von Palermo. Er kommt in seiner Arbeit nicht nur zu einer prinzipiellen Bestatigung der Legeox-

ARGAxn’schen Vorstellung, sondem ist auch in der Lage, im westlichen Sizilien drei Decken auszuscheiden. Ltjgeox und Argaxd sprachen die Yer- mutung aus, dass die Decken des west- lichen Siziliens, deren ostlichster Zeuge der Berg von San Fratello bei S. Agata an der Nordkiiste Siziliens ist, unter der kristallinen Masse der Peloritani und deren Sedimenten wurzelten. Ae- bexz gewann dagegen eher den Eindruck, dass sie ii b e r denselben lagen. Die Dolomit- und Kalkmassen bei Taormina sind saint den Phylliten in ausgedehnte Zweigdecken gespalten, die nacli Stiden scliauen und ihre Wurzel im Norden haben. Ihre Stirn taucht gegen Slid unter das Tertiar und unter den Atna. Dieser Bau beweist, dass die Peloritani unter Decken gelegen haben, dass et- was Machtiges dariiber hinweggeglitten ist. Das sind die westsizilianischen Decken gewesen. Sie wurzeln weiter nordlich als peloritanischen, deren Fazies schon auf eine siidliche Lage der urspriinglichen Ablagerungszone schlies- sen lasst.

AATenige Tage, nachdem Aebexz’ Ar¬ beit erschienen war, legte M. Lima- xowski der „Societe Yaudoise des Sci¬ ences naturelles“ eine Abhandlung vor, die im Bulletin dieser Gesellschaft Bd. 45, S. 1 64 (1909) erschienen ist. („Sur la tectonique des Monts Pelori- tains dans les environ t de Taormina [Sicil e] a). Sie enthalt die Ergebnisse einer genauen Untersuchung der Um- gebung von Taormina, deren Grund- lage eine Kartierung im Massstabe 1 : 25 000 bildet. Die lichtvollen Aus- einandersetznngen Limaxowskis, eiiies Schulers Lugeoxs, lassen allgemeine Resultate erkennen, die mit denjenigen Arbenz’ vorztiglich tibereinstimmen. In der Gegend von Taormina fallen die Schicliten alle gegen den Atna bin ein. Sie bilden aber keine einfache, normale Schichtfolge, sondern drei iibereinander- liegende Fatten. Limaxoavski nennt die unterste die Andreaskap-Falte, die mittlere die Falte der Marica, die oberste die Taorminafalte. Alle drei sind liegende Fatten, ja nocli mehr, es sind tauchende Fatten. Das kann man namentlich daran erkennen, dass die Maricafalte am Friedhof A’on Taormina

Bucher- nncl Zeitschriftenschau.

269

eine gen Himmel geschlossene, gegen das Erdinnere offene, also das Bild eines Sattels darbietende Muldenumbiegung des Verrucanos erkennen l&sst, die gegen NO gerichtet ist. Einen solchen Ban beobachtet man nicht in wurzelndem Gebirge. Dass Taormina in einem Deckenlande liegt, kann man ferner an der Auflagerung der vortriadischen Phyllite auf mesozoischen Gesteinen ohne weiteres erkennen, ausserdem an den intensiven Verquetschungen ver- schiedener Formationsglieder, die zu grossen M&clitigkeitsdifferenzen auf ge- ringe Strecken fiihren. Manchmal sind die stark reduzierten Mittelschenkel der Falten noch erhalten. Das Eozan tritt noch mit in die Faltenbildung ein; aber diskordant auf die Decken lagert sich das jungere Tertiar yon molasse- artigem Habitus. Die Uberschiebungen fallen also ins Oligozan. Nachtraglicli sind aber die Decken noch gefaltet, es sind Aufwolbungen und Mulden ent-

standen, auch Verwerfungen treten hier und da auf. Aber der Grundzug der Tektonik ist der Aufbau aus liegenden Falten.

Wir erleben tiberall die gleiche Er- scheinung : die erste Anwendung der Deckentheorie auf ein Gebirge von seiten eines Auslanders wird von den einheimischen Geologen energisch zu- rtickgewiesen. Schliesslich ergeben aber die Spezialarbeiten doch den Decken- bau. So widersetzte Diener sich der TERMiER’schen Deutung des Baues der Ostalpen, so protestierte Di-Stefano gegen Lugeons und Argands Yersuch, die Tektonik Siziliens umzudeuten, so bek&mpfte Y. Uhlig Lugeons Schrift iiber den Deckenbau der Karpathen. Wir sehen keine Moglichkeit, die von Limanowski beschriebenen tektonischen Verhaltnisse des ostlichen Siziliens anders als durch Deckenbau zu erklaren, aber die Italiener liaben das Wort.

Otto Wilckens.

Der Steinbruch 1911. VI. Jahrgang.

Paul Martell. Die Steinbriiche in der Schweiz. Heft 5, S. 49. Zusammenstellung der technisch wichtigsten Gesteinsarten der Schweiz mit An- gabe ihrer Herkunft und ilirer Yerwendbarkeit.

C. Thomas. Ein Kalkmarmorbrucli am Gen fer See. Heft 6, S. 60. Beschreibung der Steingewinnung, Verarbeitung und der Betriebsverhaltnisse in einem Kalkmarmorbrucli bei Yilleneuve.

Die vorzeitige Ver witte rung natiirlicher B a ust eine. Heft 8, S. 83. Der nicht genannte Yerf. sielit den Grand der „vorzeitigen Verwitt-erung" in den von der Kohlenverbrennung herruhrenden Schwefelgasen, die sich an der Luft zu schwefliger S&ure und Schwefelsaure umsetzen. Der Grad, in dem diese Verwitterungsart auftritt, ist bei den verschiedenen Gesteinen verschieden ; massgebend ist in erster Linie die stoffliche Zusammensetzung des Steines, dann aber auch seine besondere ortliche Yerwendungstelle.

Anton Hamblocti. Das Hydratwasserim Trass. Heft 17 , S. 192. Yerf. zeigt, inwiefern die Hydratwasserbestimmung des Trass ein einfaches und zuverlassiges Mittel ist, um den Wert des Materials zu bestimmen.

Dr. Albert Schmidt (Wunsiedel). Dunkle St eine. Heft 16, S. 179; Heft 17, S. 193; Heft 19, S. 214.

Beschreibung der wichtigsten in Deutschland vorkommenden dunklen Ge- steinsarten und ihrer Yerwendung.

B. Lehmann. Carrara. Mit 7 Abbildungen. Heft 18, S. 201. Gibt eine anschauliche Schilderung der beruhmten Marmorbriiche.

W. Salomon, fiber GesteinskluftungundKliiftbarkeit. Heft 20, S. 227. Verf. bespricht Entstehung und Bedeutung der Druckfugen, Struktur- fugen und Verwitterungsfugen, welclie alle unter den Begriff der Kltifte fallen. Abgesehen von bereits existierenden ausserlich sichtbaren Kluften besitzen aber viele Gesteine nocli die latente Eigenttimlichkeit nach bestimmten Ebenen leichter

19*

270

Bucher- und Zeitschriftenschau.

zu spalten als nach andern. Diese Eigenschaft wircl als Kliiftbarkeit bezeichnet; die Kenntnis der Klliftbarkeitsebenen ist von grosser praktischer Bedeutung.

R. Laxg. Die technisch verwertbaren Gesteine des Mittleren und Oberen Keupers von Wiirttemberg. Heft 28, S. 330; Heft 29> S. 342; Heft 30, S. 357.

Nach einer kurzen Darlegung der Schichtenfolge des Keupers werden folgende Gesteine petrographisch beschrieben und Angaben liber ilire strati- graphische und ortliche Yerbreitung, ihre Yerwitterbarkeit und technische Yer- wendung gemacht: 1. Der Kieselsanclstein, 2. der Kalksandstein, 3. der weisse Werkstein, 4. Schleifsteine aus der Stubensandsteingruppe, 5. Sand aus der Stubensandsteingruppe, 6. Kaolinton aus der Stubensandsteingruppe, 7. der gel be Werkstein.

fiber die Stein inclust rie Schlesiens. (Bericht von Gael Paeschke in der Schlesischen Zeitung.) Heft 28, S. 335.

A. Stetjee. fiber Rntsch ungen im Cyrenenmergel bei Mols- heim und andern Or ten in Rhein lies sen. Heft 32, S. 378.

Yerf. geht auf die Ursaclien ein, warum gerade im Cyrenenmergel so haufig Rutschungen vorkommen im Gegensatz zum Septarienton, der lange nicht in clem Masse zum Rutschen neigt. Den Grund sieht der Yerf. einmal in den selbst leicht „tliessenden S c h 1 e i ch s an d e n , die dem Cyrenenmergel eingeschaltet sind. Diese ftihren immer Wasser, wodurch die leicht quellenden Mergel im Hangenden und Liegenden feucht gehalten werden. Ein zweiter Grund ist der starke Belastungsdruck der den Cyrenenmergel iiberlagernden Platte des Cerithienkalkes. Yerf. beschreibt Erclschlipfe von Molsheim und von andern Punkten Rheinhessens.

Dr. Rohlaxd (Stuttgart). Uber die Talke und ihre technische Yerwendung. Heft 36, S. 424.

Uber die technisch en Eigenscliaften der finnlandischen Granite. Heft 42, S. 498; Heft 49, S. 609. (Referat nach Sedeeholm.)

Die Yerwitterungsursache cler als S onne nb renner bezeich¬ net en B as a lte. (F. Taxxhatjsee, Bautechn. Gesteinsuntersuchungen herausgeg. von J. Hieschwald, Jahrgang 1910, S. 34 44.) Yergl. Rundschau 1911, S. 181, Bucher und Zeitschriftenschau.

Steeee. fiber cleutsclie Hart gesteine. Heft 43, S. 511. Yerf. tritt dem Yorurteil entgegen, class deutsclie Gesteine gegeniiber den nordischen minderwertig seien.

Deutsche Gesteine. Mitteilungen aus cleutschen Steinbriichen. Heft 43, S. 516 mit zahlreichen zum Teil farbigen Abbildungen. (Verfasser ungenannt.)

Diese sehr dankenswerte Zusammenstellung gibt eine Ubersicht liber die Steinbruchindustrie folgencler Landesteile: Schlesien; Sachsen; Fichtelgebirge, Nieder- und Oberbayern ; Odenwald; Maingebiet; Pfalz; Baden, Schwarzwald und Neckargebiet; Hessen, Taunus und Lahngebiet ; Rheinprovinz ; Westerwald; Elsass-Lothringen, Luxemburg, Mosel- und Ruwergebiet; Eifel: Westfalen; Hannover; Harz, Thiiringen und Saalegebiet; Plotzkyer Gebirgve.

Schottlee. Einiges iiber den Sonnenbrand der Basalt e. Heft 46, S. 572, Heft 47, S. 582^ Heft 48, S. 595.

Yerf. gibt hier eine Ubersicht liber den gegenwartigen Stand unserer Kenntnis vom Sonnenbrand. Im Gegensatz zu Taxxhatjsee, der den Sonnen¬ brand in der Hauptsache als Kontraktionsphanomen auffasst, glaubt Yerf., dass er als ein rasch verlaufencler Yorgang der chemischen Yerwitterung anzusehen sei. Er begriindet seine Anschauung damit, class sich der Sonnenbrand nur bei porphyrisch struierten Basalten hnde, bei kornigen Basalten und bei den Trapp- gesteinen aber fehle. Und auch die porphyrischen Basalte dlirften nur dann als sonnenbrand-„verdachtig“ betraclitet werden, wenn sich bei ihnen die Gegen-

Bucher- unci Zeitschriftenschau.

271

wart eines durch HC1 leicht angreifbaren, natronreichen Glases nachweisen lasse. Absolut zuverlassige Methoden, um clen Sonnenbrand festzustellen, gibt es leider noch nicht. Ausschlaggebend muss immer noch die ortliche Untersucliung bleiben.

W. Pfaff. liber den Fr ankischen Jura unci seine Verwend- barkeit in der Technik. Heft 49, S. 607 ; Heft 51, S. 638.

Carl Paeschke. Schlesiens Steinindustrie m i t besonderer Be- riic ksichtigung cler Werksteine. Heft 50, S. 619.

Die Gesteine Schlesiens. Mitteilungen liber schlesische Steinbriiche. Mit zahlreichen Abbildungen. Heft 50, S. 621. (Yerfasser ungenannt.)

A. Wurm.

Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen geologischen Yereines. Neue Folge. Bd. 2. Jabrgang 1912.

W. Schmidle (Konstanz). Beobachtungen uber das Erdbeben vom 16. November 1911 in Konstanz. S. 6—9.

R. Latjterborn (Heidelberg). Wirkungen des Erdbebens vom 16. Novem¬ ber 1911 unter clem Spiegel des Bodensees. S. 10.

W. Kranz (Swinemiinde). Das Alter cler Sylvana-Schicliten. S. 11—18. Verf. tritt fiir obermioz&nes Alter cler Sylvanaschichten ein und wenclet sich gegen Prof. Rollier, der ilmen oberoligocanes Alter zuschreibt.

W. Salomon (Heidelberg). Uberschiebung des Rbeintal-Grabens bei Nuss- locli sudlich Heidelberg. S. 19-20. Eine Bohrung auf Wasser am Rheintal- rancl hat das interessante Resultat ergeben, class Muschelkalk auf tertiaren Ton ziemlich flach tiberschoben ist.

Otto Hoffmann (Friedrichsfeld, Baden). Analysen zweier im Odenwald vorkommender tonhaltiger Quarzsande (Klebsand) und Klassifikation der ge- brannten Tonwaren. S. 21 28.

W. Schmidle (Konstanz). Zur Geologie des Untersees. Mit 8 Abbildungen. S. 29-53.

Die Arbeit gibt ein Bilcl cler jiingsten geologischen Geschiclite des Unter¬ sees, cler Laufenschwankung und cler darauffolgenden letzten Yergletscherung. Interesse verdient namentlich der Nachweis grosserer Senkungen, welche ver- mutlich heftige Beben im Gefolge batten.

W. Kranz (Swinemiinde). Das Norcllinger Riesproblem. Mit 6 Abbildungen. S. 54—65.

Verf. wenclet sich gegen die sogenannte „Riesbergtheorie“ von Branca unci Fraas und glaubt alle die ungewohnlichen Lager ungsstbrungen im Ries nach E. Sitess Vorgang durch die Annahme einer phreatischen Explosion erklaren zu konnen. In cliesem Sinne spreche auch das Ergebnis einer neuen Tiefbohrung im Ries. Verf. hat einen clen Verhaltnissen im Ries einigermassen nachge- bildeten Sprengversuch ausgefiihrt und wird durch clas erlangte Ergebnis in seiner Uberzeugung bestarkt, class die Form des Rieskessels clas Vorkommen von Granit in ihm und die LTberschieb ungen um den Riesrand herum auf eine grossartige Explosion zuriickgefubrt werden konnen.

D. Geyer (Stuttgart). Helix (Arianta) arbustorum E. und clas Klima cler Lossperiode mit Tafel. S. 66—76.

Enthalt interessante Beobachtungen bioiogischer Natur iiber die genannte Art. Grosse unci Windungshbhe brauchen nicht Folge eines alpinen Klimas zu sein, sondern konnen ebensogut clas Resultat bioiogischer Yerhaltnisse eines Tal- standortes sein. Deshalb lasst sich auch aus clen kleinen Arbustorumformen

272

Bucher- unci Zeitschriftenschau.

des Losses kein Schluss auf ein wesentlich kalteres Klima der Lossperiode ziehen.

A, Wuem (Heidelberg). Beitrage zur Kenntnis der diluvialen Saugetier- fauna von Mauer a. d. Elsenz (bei Heidelberg). I. Felis leo fossilis. Mit 2 Text- figuren und Tafel II IV. S. 77 102 und einem Literaturverzeichnis.

Der liier beschriebene prachtvoll erhaltene Schaclel einer grossen Katze zeigt ausgesprochene Lowenmerkmale, unterscheidet sicli aber von clem rezenten Lowen durch die Beschaffenheit der verlangerten und ausserordentlich kom- primierten Temporalregion. Nach einer kurzen Besprechung der Abstammung und cler Variation und Mutation cles diluvialen Lowen gibt Verf. eine fiber- sichtliche Darstellung cler Faunenvergesellschaftung und der geographischen V erbreitung.

S. v. Bubnoff (Freiburg i. Br.). Zur Tektonik cles Schweizer Jura. Er- gebnisse und Probleme. Mit einer Kartenskizze und einem Literaturverzeichnis. S. 103 -107. Verf. legt dar, class die Schollenlandschaft, welche sich zwischen dem Faltenjura und clem Rumpfgebirge ausbreitet, „in ihrer tektonischen Ge- staltung ebenso abhangig von dem kristallinen Vorland war wie die siidlicher gelegenen Ketten“, class namlich auch liier der tangentiale Druck eine grosse Rolle spielte. Allerdings war seine Wirkung eine ganz andere als in den Ivetten.

G. Ruetschli (St. Gallen). Vorlaufige Mitteilungen fiber die Veranderungen cles Unterseebeckens (Bodensee) durch das Erdbeben vom 16, November 1911. Mit 2 Abbildungen. S. 108 118.

D. Haberle. Uber die Herkunft cler Salzcpiellen im Rotliegenclen cles Alsenz-, Gian- und Nahegebietes. S. 119-126.

Die verschiedenen Hypothesen fiber die Entstehung der Salzquellen zu Bad Minister, Bad Kreuznach und Bad Dfirkheim werden zusammengestellt ; und es wird daran anschliessend die Vermutung ausgesprochen, class auch die salzhaltigen Quellen des von zalilreidien Verwerf ungen durchsetzten Rotliegenclen cles Alsenz- und Glangebietes juvenilen Ursprunges seien.

J. Schad (Ehingen a. D.). Zur Entstehungsgeschichte des oberen Donau- tales von Tuttlingen bis Scheer. Mit 1 Kartenskizze und 8 Abbildungen auf Tafel V-VIl. S. 127-152.

Nach einleitenden Bemerkungen fiber die Gliederung cles Tertiars unci Dilu¬ viums auf Blatt Tuttlingen und Friedingen geht Verf. auf die Beziehungen cler Tertiar- und Diluvialbildungen zu den alten Talboden ein unci behandelt dann ausfiihrlicli die Talstufen cler oberen Donau unci ihrer Nebentaler. Zwei weitere Kapitel sind cler Zusammensetzung cler Gerolle auf den Talterrassen unci clem Alter der Talstufen gewidmet. Die letzten Abschnitte geben ein zusammen- fassendes Bild cler Entwickelung des oberen Donautals und cler Faktoren, die das heutige Lanclschaftsbilcl schufen.

A. Bfxtorf (Basel). Bemerkungen zur Abhandlung von W. Paulcke: Kurze Mitteilungen fiber tektonische Experimente. S. 153 157.

Verf. nimmt Stellung zu den interessanten tektonischen Experimenten Paflckes, fiber die dieser in der gleichen Zeitschrift berichtet, hat. Trotz An- erkennung der Becleutung solcher Versuche glaubt Buxtokf doch cler Deutung einiger Versuche, namentlich der von Paulcke beliaupteten Analogie mit alpinen Verhaltnissen in mehreren Punkten widersprechen zu miissen.

A. WuRM.

Bucher- unci Zeitschriftenschau.

273

Eisenerzforderung in Deutschland 1908.

- - -

Jahresf or derung in u. ohne

Zahl der Betriebe

Eisenerz

Wirtschaftsgebiet

Menge in t

Dnrch- schnittl. Eisengehalt in \

Wert ab Grube in 1000 Mark

Aachener Kohlenkalkbezirk (Braun-

eisenstein) .

o

D

7499

39,6

39

Bergischer Kalkbezirk (Braun-, Rot-

und Kohleneisenstein) .

Siegerland-Wieder Spatheisensteinbe-

6

23229

36,4

152

zirk (Spath-, Rot-, Brauneisenstein) . Nassauisch-oberhessischer (Lalin- und Dill-)Bezirk (Rot-, Braun-, Fluss-, Magneteisenstein , Mangan-, Farb-,

61

1987274

38,2

23461

Tempererz) .

Taunusbezirk und Linclener Mark

117

906492

43,7

8770

(Brauneisenstein, Farberz) .... Vogelsberger Basalteisenerzbezirk

15

268156

25,1

2214

(Brauneisenstein) .

Waldeck-Sauerlander Bezirk (Rot-,

11

385967

30,8

838

Brauneisenstein, Manganerz) . . .

Schafberg-Hiiggeler (Osnabrticker) Be-

7

36227

186492

25,5

208

zirk (Brauneisenstein) .

Wesergebirgsbezirk (Rot-, Toneisen-

4

30,7

634

stein .

O

O

135180

35,1

646

Subherzynischer Bezirk (Prina, Salz-

gitter), Brauneisenstein .

Harzer Bezirk (Rot- , Braun- , Ton-,

1

620520

33,0

2172'

Magneteisenstein .

9

188912

36,0

899

Raseneisenerzbezirk (Raseneisenerze) . Schlesischer Bezirk (Braun-. Ton-,

4

22036

36,0

112

Magneteisenstein) .

Thuring.-sachs. Bez. (Braun-, Toneisen-

14

288152

31,4

2381

stein, Spatheisenstein. Manganerze) . Bayerischer und wurttemberg-badischer

17

206125

40,1

630

Bezirk (Braun-, Toneisenstein) . . .

10

286539

50,7

2385

Lotkringischer Minettebezirk (Minette)

41

13281284

31,9

38734

Sa.

323

18830084

33,5

84275

Forderung sonstiger Erze in Deutschland 1908.

r-( ©

r_5

Jahresf or derung von

Roherz

Bezeichnung der Erze

^

* ^

Mengo in t

Durch-

schnittl.Me-

tallgelialt

in %

Wert ab Grube in 1000 Mark

Blei-, Silber- und Zinkerze ....

84

2913150

11.0 Zink 3,9 Blei

37108

Arsen, Gold und Kupfererze ....

36

726821

2,8 Kupfer 12,7 Arsen

21509

Schwefelerze (Schwefelkies) .

4

242406

34

1745

Wolframerze .

Q

O

7865

92

Zinnerze .

2

14034

-

23

Kobalt, Nickel-, Wismuterze ....

6

18063

678

274 Preisaufgaben, Preisverleihungen, Stiftungen etc. Gesellschaften etc.

Preisaufgaben, Preisverleihungen, Stiftungen u. dergl.

Die Kgl. Sachsisclie Akademie der Wissenschaften in Leipzig hat Prof. Dr. Fr. Rinne 3000 Mark fur petrograpliische und mineralogische Untersuchungen gestiftet. Die Kgl. Akademie der Wissenschaften in Wien bewilligte Prof. Dr. Fr. X. Schaffer zur Fortsetzung seiner geologischen Studien am nordlichen Alpenrande 400 Kr. ; Prof. Dr. O. Abel zum Zweck der Ausgrabnng fossiler Saugetiere in Pikermi 4000 Kr. Die kgl. bayerische Akademie der Wissen¬ schaften in Miinchen bewilligte Dr. Dacque fur geologische Aufnahmen am Nordrand der bayerischen Alpen 400 Mark und Dr. K. Boden ftir geologisch- tektonische Untersuchungen in den Ostalpen 300 Mark.

Fiir den Ausbau des Speleologisch en Institutes in Adelsberg, das 1913 eroffnet werden soil, bewilligte die Staatsregierung 20000 Kr. Der Staat Uruguay plant die Erriclitung einer geologischen Anstalt fiir die Repu- blik in Montevideo, fiir die grosse Mittel bereit gestellt werden sollen. Unter dem Namen Service des Mines" soil in Kiirze fiir das Gebiet von Fran- zosisch-Westafrika eine geologische Landesanstalt erriclitet werden, als deren Leiter Henri Hubert ausersehen ist.

Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft hat soeben den v. Reinach-Preis von 500 Mark fiir folgende geologische Preisaufgabe aus- geschrieben :

Es soil die Geologie des Gebietes zwischen Aschaffenburg, Heppen- heim, Alzey, Kreuznach, Koblenz, Ems, Giessen und Biidingen behandelt werden. Nur wenn es der Zusammenhang erfordert, diirfen andere Landes- teile in die Untersuchung mit hineinbezogen werden.

Die Arbeiten sind bis zum 1 . Oktober 1913 einzureichen.

Die Verwaltung des Nansen-Fonds erteilte dem Pr.-Doz. f. Petrographie an der Universitat, Ivristiania Dr. V. M Goldschmidt den Fridtjof Nansen-Preis von 1000 Kronen fiir eine Arbeit iiber ,,Die Kontaktmetamorphose im Kristiania- gebietL

Der wissenschaftliche Nachlass des im vorigen Jahre in Caldas, Minas Geraes, verstorbenen Geologen Dr. Ernst Hussar ist in den Besitz der brasi- lianischen Regierung iibergegangen, die ihn in der Geologischen Landesanstalt in Rio de Janeiro zu einem besonderen „Museu Hussak" zusammenstellen wil’d.

Gesellschaften, Versammlungen.

Unter dem Patronat der Provinzial regierung der argentinischen Staaten Mendoza und San Juan ist vor Kurzem dank der eifrigen Bemiihungen des Direktors des Observatorio Geodinamico de San Juan Dr. L. J. Fontana eine „S o c i e d a d Sismologica Sur Andina" gegriindet, die sich besonders mit dem Studium der Erdbeben der Anden beschaftigen und die Ergebnisse ihrer Forschungen in einer eigenen Zeitschrift veroffentlichen wil’d. Das erste Heft der Gesellschaft enth&lt u. a. auch das ausfiihrliche Arbeitsprogramm.

Die diesjahrige Versammlung der Deutschen Geologischen Gesell¬ schaft wird vom 8. 10. August in Greifswald tagen. Vor der Versamm¬ lung linden zwei Parallelexkursionen nach Hinterpommern, nach der Versamm¬ lung eine nach Riigen und eine weitere nach Siidschweden statt.

Personalia.

275

Personalia.

Ernannt sind: Der Priyatdozent f. Geographie an der Universitat Berlin Dr. G. Braun zum ao. Professor der Geographie in Basel ; die Bonner Geologen Dr. J. Felsch und Dr. H. Beuggen zu Geologen bei der Geologischen Landes- aufnahme der Republik Chile; der Assistent am Geologischen Institut der Uni¬ versitat Genf Dr. L. W. Collet zum Direktor des Schweizerischen Landeshydro- graphischen Bureaus in Bern; Dr. Ieving Peeeine zum Assistant-Professor fiir Geologie an der Oklahoma-Universitat ; Dr. Percy E. Raymond zum Assistant- Professor der Palaontologie an der Harvard-Universitat ; der Geologe Prof. Dr. A. v. Koenen zum Dr. ing. h. c. der Technisclien Hochschule in Hannover; der Geologe Dr. Ch. D. Walcott, Sekretar am Smithsonian-Institution zum Dr. h. c. der Universitat St. Andrews ; die Geographen Prof. Dr. Paetsch in Leipzig und Dr. A. Philippson in Bonn und der Geologe Prof. Dr. R. Lepsius in Darm¬ stadt zum Dr. h. c. der Universitat Athen; der Staatsgeologe Prof. Dr. G. D. Hubbard am Oberlin College zum Geologen an der Geological Survey of Ohio ; der Prof, der Geologie in Zurich Dr. A. Heim zum ausw. Korresp. der Geo- graphischen Gesellschaft in Paris ; Geli. Rat Prof. Dr. F. Wahnschaffe in Berlin zum Ehrenmitglied der Geographischen Gesellschaft in Lilbeck ; der Pr.- Doz. f. Geographie in Marburg Dr. A. Ruhl zum Abteilungsvorsteher am Institut f. Meereskuncie in Berlin; der Dozent f. Mineralogie an der Universitat Bordeaux Dr. Jacob zum Professor der Geologie ; von der Societe Beige de Geologie zu Ehrenmitgliedern W. CAEEUTHERS-London, H. CREDNER-Leipzig, G. DoLLFUs-Paris, H. DouviLLE-Paris, F. C. GRAND’EuRY-Malzeville b. Nancy,

G. TscHEEMAK-Wien, L. van We u vex e-S t r assb u rg, H. Woodward- London, R. Zeillee-P aris ; F. ZiEKEL-Bonn, und zu korrespondierenden Mitgliedern : E. CAETAiLHAC-Toulouse, L. CAYEUX-Paris, M. LuGEON-Lausanne, P. Termier- Paris. Auf die neubegriindete Stelle eines Dozenten fiir Chemie, Geologie und Mineralogie an der Forstakademie Eisenach ist Dr. 0. Maeschall, bisher Assi¬ stent an der geologischen Sammlung der Universitat Jena berufen worden. An der Universitat in Pittsburg hat sich das Department of Geological Sciences unter gleichzeitigem Ubergang von der School of Mines auf die Universitats- fakultat neuorganisiert. Der Lehrkorper setzt sich nunmehr zusammen aus: C. R. Eastman (Palaontologie), A. E. Ortman (physikalische Geographie),

H. N. Eaton (allgemeine Geologie und Petrographie), H. Leighton (Mineralogie), 0. E. Jennings (Palaobotanik), E. Douglas (Palaont. der Wirbeltiere).

Verlielien ist : dem Kustos am geolog.-palaontolog. Museum in Berlin Dr. W. Janensch, dem Priv.-Doz. f. Geologie an der Berliner Universitat Dr. H. Stremme und den Priv.-Doz. f. Geologie a. d. Kgl. Bergakademie Dr. 0. H. Erdmannsdoeffee das Pradikat Professor.

Habilitiert hat sich: Dr. A. Beutell fiir Mineralogie an der Universitat Breslau.

Zuriickgetreten ist: der Geologe Prof. Dr. E. Sommerfeldt an der Uni¬ versity libre in Brussel ; der Geologe Henry Keeping, Kurator am Sedgwick- Museum in Cambridge.

Gestorhen ist: am 7. Februar in Kenley (Surrey) im 79. Lebensjahre der englisclie Geologe George Maw; am 29. Dezember 1911 der englische Geologe Robert Cairns; am 6. Februar der friihere Geologieprofessor an der Sheffield Scientific School of Yale University, Dr. George Jarvis Brush; am 30. Januar in Chicago der amerikanische Geologe Charles Gilbert Wheeler; am 21. Marz in Ithaca im 48. Lebensjahre der Professor der Geologie an der Cornell -Uni¬ versity, Dr. Ralph S. Tare; am 12. April in Miinchen der Direktor der dortigen Erdbebenwarte Prof. Dr. J. B. Messerschmitt ; Dr. Ferdinand Zirkel, Geh. Rat, frith er Professor an der Universitat Leipzig, der bekannte Mineraloge und Petro- graph am 11. Juni in Bonn, 74 Jahre alt.

Geologische Vereinigung.

Die Entstehung der Kontinente *)•

Yon Dr. Alfred Wegener (Marburg* i. ID).

Hit 3 Textfiguren.

(Yortrag gehalten auf der Hauptversammlung zu Frankfurt a. M. am 6. 1. 1912.)

I. V o r b e m erku n g.

Im folgenden soil ein erster Versuch gemacht werden, die Grossformen der Erdrinde, d. h. die Kontinentaltafeln und die ozeanischen Becken, durch ein einziges umfassendes Prinzip genetisch zu deuten , namlich das der hori- zontalen Bewegliclikeit der Kontinentalschollen. Uberall , wo wir bisher alte Landverbindungen in die Tiefen des Weltmeeres versinken Hessen , wollen wir jetzt ein Abspalten und Abtreiben der Kontinentalschollen annehmen. Das Bild, welches wir so von der Natur unserer Erdrinde erhalten, ist ein neues und in mancher Bezieliung paradoxes , entbehrt aber nicht der physikalischen Begrlindung. Und andererseits enthiillt sich uns schon bei der hier versuchten vorlaufigen Prilfung eine so grosse Zahl iiberraschender Yereinfachungen und Wechselbeziehungen, dass es mir nicht nur als berechtigt, sondern geradezu als notwendig erscheint, die neue, leistungsfahigere Arbeitshypothese an Stelle der alten Hypothese der versunkenen Kontinente zu setzen, deren UnzuUinglichkeit ja bereits durch die Gegenlehre von der Permanenz der Ozeane evident erwiesen ist. Trotz der breiten Grundlage mdchte ich das neue Prinzip als Arbeitshypo¬ these behandelt sehen, bis es gelungen sein wird, das Andauern dieser Hori- zontalverschiebungen exakt durch astronomische Ortsbestirnmung nachzuweisen. Audi wolle man bei der Beurteilung von Einzelheiten beachten, dass bei einem ersten Entwurf wie diesem, der einen so umfassenden Stoff behandelt, sich ein- zelne Missgriffe schwer vermeiden lassen.

Zunachst soil auf Grund allgemein geologisclier und geophysikalischer Er- gebnisse die Frage erortert werden, ob und wie uberhaupt grossere Horizontal- verschiebungen der Kontinentalschollen in der sclieinbar starren Erdrinde vor

b Das folgende ist nur ein Auszug aus einer grosseren Arbeit gleichen Titels, die in Petermann’s Mitteilungen erscheint. Der wesentliche Inhalt dieser Untersuchungen wurde am 6. Januar 1912 auf der Jahresversammlung der Geologischen Yereinigung in Frankfurt a. M. vorgetragen unter dem Titel: „Die Herausbildung der Grossformen der Erdrinde (Kontinente und Ozeane), auf geophysikalischer Grundlage“, und weiter am 10. Januar in der Ges. z. Beford, d. gesamten Naturwiss. zu Marburg unter dem Titel : „Horizontalverschiebungen der Kontinente".

A. Wegener Die Entstehung der Kontinente.

277

sich gehen konnen1). Sodann wollen wir einen ersten Yersuch wagen, die bis- herigen Spaltungen und Yerschiebungen der Kontinentalschollen in der Erd- geschichte zn verfolgen und ihren Zusammenhang mit der Entstehung der Haupt- gebirgsziige aufzudecken, und schliesslich werden wir die damit Hand in Hand gehenden Polverlagerungen und die noch lieute fortdauernden , messbaren Ver- schiebungen kurz besprechen.

Es sei bemerkt, dass die Idee des Abreissens der Festlander voneinander schon ofter aufgetreten ist. W. H. Pickering macht davon Gebrauch im Zusammen¬ hang mit der offenbar unrichtigen Hypotliese der Abtrennung des Mondes von der Erde, bei welcher Gelegenlieit Amerika von Europa-Afrika abgerissen sein soli. Wichtiger ist eine Arbeit von Taylor2), welcher Abspaltungen im Tertiar annimmt namentlich Gronlands von Nordamerika und die Aufwerfung der terti&ren Kettengebirge damit in Zusammenhang bringt. Beim Atlantik nimmt er an, dass nur ein betrachtlicher Teil desselben durch Fortziehen der amerikani- schen Schollen entstanden sei, und dass die mittelatlantische Bodenschwelle der stehengebliebene Rest der Yerbindung sei, wahrend wir im folgenden die Ktisten unmittelbar als eliemalige Spaltenrander auffassen werden. Es finden sich also bei Taylor bereits manche Anklange an die im folgenden ausgefiihrten Yor- stellungen, docli hat er den immensen Umfang von Ivonsequenzen, welche die Annahme solcher Horizontalverschiebungen mit sich ftihrt, wohl kaum erkannt.

II. Geophysikalische Argumente.

Schon 1878 beschrieb Heim die Kontinente als „machtige, breite SockeP. In der Tat zeigt die bekannte „hypsographische Ivurve der Erd- oberflache“ 3) mit grosser Deutlichkeit, dass es zwei bevorzugte Kiveaus gibt, namlich die Oberfliiche der Kontinente (700 m iiber) und den Boclen der Tief- see (4300 m unter dem Meeresspiegel). Die niedrigsten Teile der Kontinental- tafeln liegen noch bis zu 500 m unter dem Meeresniveau (Schelfe). Hinsichtlich der Entstehung dieser tafelformigen Erholiungen der Erdrinde stehen die europaischen Geologen wohl zum grossen Teil noch immer auf dem Standpunkt der Kontraktionstheorie, die durch den trocknenden Apfel so drastisch veran- schaulicht wird, und die Suess in den Satz zusammenfasst : „Der Zusammen- bruch des Erclballs ist es, dem wir beiwohnen“4). Seitdem Heim fur diese bis- her wohl ntitzliche Anschauung ins Feld trat, liaben sich aber gewichtige Bedenken gegen sie erhoben, und E. Bose z. B. charakterisiert den heutigen Zustand dahin, dass „die Kontraktionstheorie langst nicht mehr voll anerkannt wird und einst- weilen keinerlei Theorie gefunclen ist, die sie vollstandig ersetzen und alle Um- stande erklaren kann5).“ Besonders seitens der Geophysik muss die Kontraktions¬ theorie abgelehnt werden. Man hat nicht einmal das scheinbar liber alien Zweifeln stehende Ausgangsprinzip : „Die Erde m uss sich abklihlen“ unangetastet gelassen, da von der Radiumforschung die Frage aufgeworfen ist, ob die Temperatur des Erdinnern nicht im Steigen begriffen. ist6). Seitdem man mit grosser Wahr- scheinlichkeit sagen kann, dass der Erdkern aus bereits ausserst komprimiertem Rickelstahl besteht, erscheint uberhaupt eine blosse Abkiihlung nicht mehr aus-

J) Dieser Teil ist besonders stark gekiirzt. Es sei ein fiir allemal auf die ausftihrlichere Darstellung in Petermann’s Mitt, hingewiesen.

2) F. B. Taylor, Bearing of the tertiary mountain belt on the origin of the earths plan. Bull, of the Geoiog. Soc. of America. 21. June 2. 1910. p. 179 bis 226.

3) Siehe Krummel, Handbuch der Ozeanographie I. Stuttgart 1907. S. 87.

4) ' Suess, Das Antlitz der Erde. Bd. I. 1885. S. 778.

5) E. Bose, Die Erdbeben. Sammlung: Die Natur. Ohne Jahreszahl. S. 16 Anmerkung.

6) Rudzki, Physik der Erde. Leipzig 1911. S. 122.

278

Geologische Vereinig'unc:.

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reichend, um die grossen Falten der Erdrinde zu erklaren, namentlich seitdem ihre Grosse in dem Deckfaltenbau riclitig erkannt ist. Der starke Gewolbedruck, der imstande sein sollte , die Schrumpfung eines ganzen grossten Ivreises anf eine Stelle desselben zu iibertragen, hat sicli als physikalisch unmoglicli heraus- gestellt: denn die Molekularkrafte (Druckfestigkeit) reichen nicht einmal aus, um einer 100 km breiten Scholle, die liber eine andere fortgeschoben werden soil , den Zusammenhang zu bewahren. „Die Gesteinsscholle wtirde sicli nicht vom Fleck riihren, sondern in Stiicke zerbrechen" (Kudzki), oder. wie Louka- schewjtsch sich ausdrtickt : „Les forces molaires hemportent sur les forces mole- culaires x).“ Die Erdoberflache konnte auf diese Weise nur eine sehr schwacke und yor allem ganz gleichmassige Runzelung erhalten, wie auch Ampfkrer* 2), Reyer3) u. a. mit Recht geforclert haben. Weiter ist wohl scliwer einzusehen, wie derselbe Vorgang der Kontraktion der Ercle das eine Mai zur Runzelung, das andere Mai aber zum Absinken enormer Scliollen und zur Horstbildung fiiliren soil. Yor allem werden diese Yorstellungen aber widerlegt durch die Schweremessungen, nach denen der Boden der Ozeane aus spezifisch schwererem und also chemisch anderem Material besteht wie die Kontineiitalscliollen. Indem man dieses unabweisbare Ergebnis zusammenhielt mit der immer klarer erkannten Tatsaclie, class alle oder fast alle Sedimente auf den Kontinentaltafeln seichten Transgressionen entstammen, kam man zu der beclenklichen Lehre von der Per- manenz der Ozeane, die sich liauptsachlich an die Namen Dana und Wallace kntipft, und welche Bailey Willis bereits „outside the category of debatable questions" stellen niochte4). Die europaischen Geologen weigern sich aber mit Recht, diese Lehre anzunehmen, da wir durchaus nicht umhin konnen, ftir die Yorzeit breite Landbriicken quer liber die Ozeane anzunehmen, und zielien es yor, den geopliysikalischen Argumenten eine unbereclitigte Skepsis entgegen- zubringen zugunsten des „Zusammenbruchs des ErdballsY Beide Parteien ziehen also aus guten Argumenten zu weit geliencle Schllisse. lYir werden zu zeigen Yersuclien, dass die berechtigten Fordenuigen beicler durch die Annahme you Spaltungen und HorizontalYerscliiebungen der Kontineiitalscliollen erftillt werden.

Die Schweremessungen auf den Ozeanen, namentlich cliejenigen Yon Hecker, haben gezeigt, dass der Boden derselben nicht nur aus iiberhaupt schwererem IMaterial besteht wie die Kontinentaltafel, sondern dass dasselbe gerade so schwer ist, dass Druckgleichgewicht herrscht, d. h. dass das Massendef izit des leichten Meerwassers gerade durch den Massen lib e r s c h u s s der Ozeanboden kompensiert wil’d. Tiber diese Hypothese der Isostasie hat sich bekanntlich eine grosse Zalil you Untersuchungen entsponnen, sowohl liber ihre Berechtigung wie iiber ihren Gliltigkeitsbereich. Ich gelie darauf nicht ein, sondern prazisiere nur die ftir das folgende zugrunde gelegte Auffassnng daliin, dass ftir grosse Raume, wie z. B. Ivontinente und Ozeane, oder ftir grosse GebirgsmassiYe, stets Isostasie anzunehmen ist, wahrend einzelne Berge, insbesondere Tafelberge, oft durch die Elastizitat der ganzen Scholle getragen werden und also nicht iso- statisch kompensiert sind. Letzteres trifft auch noch bei einzelnen anderen Ge- bilden zu, cleren Tektonik noch unbekannt ist.

Man kann sich die Grenze zwischen dem leichten Material der Kontinental- schollen und dem schweren der Ozeanboden in Yerschiedener TYeise vorstellen. Bislier ist am meisten die schon Yon Airy im Jahre 1855 entwickelte, dann you

4) Loukaschewitsch, Sur le mecanisme de l’ecorce terrestre et l'origine des continents. St. Petersbourg 1911. S. 7.

-) Ampferer, Tiber das Bewegungsbilcl Yon Faltengebirgen. Jahrb. d. Kais. Ivgl. Geol. Reichsanstalt. 50. Wien 1906. S. 539 622.

3) Reyer, Geologisclie Prinzipienfragen. Leipzig 1907. S. 140 ff.

4) Bailey Willis, Principles of paleogeography. Science, N. S. Yol. 31. No. 790. S. 241-260. 1910.

A. Wegener

279

Die Entstehung der Kontinente.

Stokes und anderen anfgenommene und noch jiingst von Loukaschewitsch aus- gebaute Yorstellung benutzt worden, dass auf einem schweren Magma eine leich- tere Lithosphare schwimmt, die unter den Kontinenten dick, unter den Ozeanen diinn ist. Wir werden im folgenden von einer anderen Annahme ausgehen, welche durchaus gleichberechtigt ist und, wie gezeigt werden wird, grosse andere Vorztige besitzt. Sie ist in der nebenstehenden Figur veranschaulicht : Die Kontinente bilden lediglich Bruchstticke einer Lithosphare, welche in einer schweren Materie eingebettet sind.

Die Machtigkeit der Kontinentalschollen kann zu rund 100 km angenommen werden.

Hayford fancl aus den Lotabweichungen in den Yereinigten Staaten, freilich unter nicht ganz einwandfreien Annahmen, den Wert von 114 km.

Helmert gelangte auf einem ganz anderen Wege, namlich auf Grund der Pendelbeobach- tungen am Rande der Kontinentaltafeln, fast zu derselben Zahl, namlich 120 km, und wieder zu clemselben Resultat ist Ivohlschuttee jiingst auf gleichem Wege gelangt. Wenn wir also 100 km als ungefahren Mittelwert betrachten dilrfen, so sind wohl fiir manche Stellen der Ercle Werte bis zu 50 km herab, fiir andere aber solche von 200 km oder mehr zu erwarten. Denn den wech- selnden Seehohen an der Oberflache wird eben aus isostatischen Grunclen auch eine stark wechselnde Machtigkeit der leichten Scholle entsprechen. Zu ahn- lichen Ergebnissen, wenn auch mit noch grosserer Unsicherheit in Bezug auf das Zahlenergebnis , ist man in der Erdbebenforschung gekommen, und zwar nicht nur durch die Diskussion der in den Hauptwellen nachweisbaren Eigenschwin-

Fig. 1. Schematischer Quer- schnitt durch einen Kontinen- talrand.

Km.

Fig. 2. Schnitt im grossten Kreise durch Stidamerika und Afrika, in getrennten

Grossenverhaltnissen.

gungen des Erdbodens (Wiechert), sondern auch mit Hilfe der Reflexion der Erdbebenstrahlen, und endlich mit Hilfe der Tiefe des Bebenherdes.

Zur Yeranschaulichung der Grossenverhaltnisse ist in Figur 2 ein Quer- schnitt (auf grosstem Kreise) der Ercle zwischen Stidamerika und Afrika in ge-

2S0

Geologische Vereinigung.

O O O

treuen Grossenverhaltnissen gegeben. Die Unebenheiten der Erdoberflache, auch die grosse Yertiefung des Atlantischen Ozeans, sind so gering, dass sie sieh innerhal b der Dieke der die Erdoberflache darstellenden Kreislinie abspielen. Zum Yergleich enthalt die Figur auch noch den Wiechert schen Eisenkern und die Hauptschichten der Atmospharen : Stickstoffsphare , Wasserstoffsphare und die nach aussen unbegrenzte Sphare des hypothetischen Geokoroniums ; die Zone der Wolken (Troposphare) ist nicht machtig genug, um zur Darstellung gelangen zu konnen.

Es ist zunachst notwendig, sick dariiber klar zu werden, dass die Sedimente nur einen unwesentliehen Anteil an dem Aufbau der Ivontinentalschollen haben. Zwar wird oft die Gesamtm&chtigkeit der Sedimente zu vielen Kilometern an- gegeben, allein dies sind Maximalwerte, denen andere Gebiete gegeniiberstehen, wo das Urgestein jeder Sedimentdecke entbliisst ist, Aber erst, wenn wir die Isostasie beriicksichtigen, gewinnen wir ein deutliches Bild davon, wie wenig die Sedimente fur diese grossziigigen Formen in Betracht kommen. Wiirden wir namlich die Sedimentdecke der ganzen Erde beseitigen, so wiirden die Schollen iiberall fast wieder bis zur selben Obertlache emporsteigen, so dass das Relief der Erdoberflache nur wenig verandert wiirde, Hieraus ist ersichtlich. dass die Kontinentalsckollen Formen einer hoheren Ordnung darstellen, gegeniiber welcher Erosion und Sedimentation nur die Rolle sekundarer Oberfiaehenerscheinungen spielen. Ihr Material bildet das Urgestein, dessen „Ubiquit&tu trotz mancher Bedenken nicht abzuleugnen ist. Halten wir uns an den Hauptvertreter , so konnen wir sagen, die Kontinentalschollen bestehen aus Gneis.

Fiir dieses Material hat Svess im 3. Bande seines grossen Werkes ,.Das Antlitz der Erdeu (S. 626) den Namen Sal eingefiihrt, wahrend er die vulkani- schen Eruptiygesteine als Sima bezeichnet. Die letzteren unterscheiden sich nicht nur chemisch, sondern auch physikalisch von dem ersteren. Sie sind, wie- wohl stark variierend. im Durchschnitt schwerer wie die salisclien Gesteine und haben einen ca. 200 300° hoheren Schmelzpunkt. Die Annahme liegt von vorn- herein nahe. dass das schwerere Material der Ozeanboden mit diesem Sima identisch ist und diese Vermutung stimmt auch numerisch mit den spezifischen Gewichten. Ist 2.8 das der Kontinentalschollen, so bereclmet man leicht aus der Tiefe des Einta uchens, dass die Ozeanboden das Gewicht 2.9 haben miissen . und dies ist in der Tat ein guter Durchschnittswert der simischen Gesteine.

Bei einer weiteren Diskussion der physikalischen Eigenscliaften dieses Ge- steinmaterials sowie der Temperaturen, die wir im Erdinnern annelimen miissen, kommt man zu dem Schluss, dass beide Materialien, Sal wie Sima, plastisch sein miissen. Es handelt sich dabei um die paradoxen Eigenscliaften sehr zither Fliissigkeiten, fiir die z. B. schwarzes Peek ein extremes Beispiel liefert: Liisst man ein Stiick langere Zeit liegen , so hiesst es unter seinem eigenen Gewicht auseinander; kleine Bleikugeln sinken in ihm im Laufe der Zeit unter; aber unter einem Hammersclilage zerspringt es wie Glas. Die Zeitdauer der wirken- den Krafte ist also bei solchen Stoffen ein ansserordentlich wichtiger Faktor. Zieht man alles in Betracht, so kommt man zu dem Schluss, dass von physi- kalischer Seite her kein Grund vorliegt, die Moglichkeit ansserordentlich lang- samer, aber gleichwohl grosser llorizontalverschiebungen der Kontinente zu be- streiten, sofem Krafte vorhanden sind , welclie wahrend geologisclier ZeitriUime unveriindert im selben Sinne wirken.

Da jede Gebirgsbildung einen Zusammenschub der Kontinentalschollen dar- stellt, durch welclie ilire Oberdiiche verkleinert und ilire Dicke vergrossert wird, und da diese Gebirgsbildung in alien geologischen Perioden tatig gewesen ist, so erklRrt sich auf diese Weise auch das allmahlicheEmportauchen der Kontinente aus den Ozeanen. Dieser Prozess ist notwendig ein einseitiger; denn ein Zug wird niemals bewirken konnen, dass ein erfolgter Zusammenschub wieder rtickgangig gemacht wird, sondern nur zur Zerreissung der Scholle ftihren. Wir haben liier also einen fortschreitenden Prozess, durch den die einst wahrsclieinlich geschlos-

A. Wegener Die Entstehung der Kontinente. 281

sene salische Erdrinde fortwahrend an Oberflache und Zu°ammenhang verliert und dafur an Machtigkeit gewinnt. Die nebenstehende Figur 3 erlautert die aus dieser Auffassung zu folgernden hypsographischen Kurven der Erdoberfiache fiir die Vorzeit und die Zukunft: Wahrend im Uranfang eine etwa 3 km tiefe „Pan- thalassa“ die ganze Erdoberfiache bedeckt, beginnt das Meer mit dem Schwellen der Kontinentalschollen sich in Flachsee und Tiefsee zu spalten, bis die Konti¬ nente auftauchen, was heute noch nicht ganz beendet ist, sondern erst nach einer Hebung von einem weiteren halben Kilometer abgeschlossen sein wird. So er- klart sich auch, dass die Transgressionen der Vorzeit grdssere Ausdehnung gehabt haben als die heutigen.

Bei der Abspaltung von Schollen muss das darunter liegende, hoch tempe- rierte Sima entblosst werden , was zu submarinen Lavaergiissen fiihren wird. Namentlich scheint dies z. B. der Fall zu sein bei der mittelatlantisclien Boden- schwelle. Da sich aber submarine Eruptionen fast gerRuschlos zu vollziehen pflegen, und das schwere Sima nach dem Gesetz der kommunizierenden Rohren nur soweit aufsteigen wird, bis Isostasie herrscht, wenn nicht besondere Druckkrafte es hoher treiben, so wird die Offnung einer Spalte keineswegs zu katastro- phalen Ersclieinungen zu fiihren brauchen, ja es werden diese „Riickseitena bewegter Schollen prinzipiell arm an Vulkanen sein miissen im Vergleich zu den Vor- derseiten , wo der Druck vor- herrscht. Damit hangt vielleicht auch die namentlich von Geikie und Branca betonteUnabhangig- keit der Vulkane von Spalten zusammen.

Nach dem Gesagten werden wir erwarten miissen, dass die durch grosse Horizontal verschiebungen ausgezeichneten Perioden der Erdgeschichte auch ge- steigerten Vulkanismus, die Perioden der Ruhe nur geringen Vulkanismus zeigen. Es sei vorgreifend erwahnt, dass in der Tat die Zeit der grossten von uns an- genommenen Verschiebungen, namlich die Tertiarperiode, durch starken Vulka¬ nismus ausgezeichnet ist, wahrend die vorangehende Jura- und Kreidezeit in beiden Beziehungen eine Periode der Ruhe darstellt.

Die Ursache der Verschiebungen anzugeben sind wir gegenwartig wohl noch nicht in der Lage, Es liegt sehr nahe, die Mondflut im Erdkorper zur Erklarung heranzuziehen, wofiir besonders die Vorliebe fiir meridionale Spalten- bildung spricht. Letztere aussert sich auch in einer oft hervorgehobenen Eigen- tiimlichkeit der Kontinentalformen, namlich ihr spitzes Auslaufen nach den Polen za. Am deutlichsten ist dies heute in den Gegenden des alten Siidpols (siehe unten) zu erkennen, wo seit den grossen Aufspaltungen die Konturen nicht wieder durch Druck gestort wurden; aber auch an der Stelle, wo wir den Nord- pol in friiheren Zeiten anzunehmen haben, namlich an der Beringstrasse, laufen die Festlandschollen spitz aus, nur scheint hier infolge Zusammenschubs die Kontur nicht rein erhalten o’eblieben zu sein. Vermutlich wird man einstweilen

O

gut tun, die Verschiebungen der Kontinente als Folgen zufalliger Stromungen im Erdkorper zu betrachten; die Zeit scheint mir fur eine Analyse der Ur- sachen noch nicht reif zu sein.

Fig. 3. Hypsographische Kurven der Erd¬ oberfiache, a fiir die Zukunft, b die Gegen- wart, c die Vorzeit, d im Urzustand (zugleich mittleres Krustenniveau).

Geologische Vereinigung.

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III. Geologise he Argumente.

1. Grabenbriiche. Bevor wir es unternehmen, die von uns angenommenen Prozesse der Zerteilnng und des Zusammenschubs der Kontinentalschollen in der Erdgeschichte zu verfolgen, sei nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass ein solcher erster, tastender Yersuch notgedrungen in manchen Punkten unvollstandig, in anderen vielleicht unrichtig ausfallen wil’d. Gleichwohl muss der Yersuch gewagt werden. Denn sind erst einmal die Hauptgesichtspunkte festgelegt, so wil’d es der Forschung nicht schwer fallen, die Fehler auszumerzen.

Bei der Tektonik der Grabenbriiche hat man bisher die Schweremessungen noch wenig beriicksichtigt und begniigt sich meist damit, festzustellen, dass die obersten Schichten der Erde liier langs einer Linie abgesunken sind. Da die Schweremessungen aber zeigen, dass in den meisten Fallen u liter dem Graben Material von grosserem spez. Gewicht liegt als neben ihm, so mtissen wir an- nehmen, dass wir es mit einer Spalte in der Kontinentalscliolle zu tun haben, in welcher das schwere Sima soweit aufgestiegen ist, dass Isostasie herrscht. Wie leiclit zu berechnen ist, wil’d dies bereits der Fall sein, wenn das Sima noch 31 2 2 km unter der Oberflache des Kontinents liegt, und eine so tiefe Spalte wil’d sich naturlich durch seitliches Abrutschen der Spaltenrander (Staffel- briiclie) ausfiillen, so dass das Auftreten von Oberflachenschichten am Boden des Grabens, wie es z. B. nach Lepsius die Bohrungen in der Oberrheinischen Tief- ebene zeigen, nicht zu verwundern ist. Wir konnen meines Erachtens alle Graben- brtiche in dieser Weise als beginnende Abspaltungen deuten, wobei dahingestellt bleiben mag, ob es sich um wirklich rezente Gebilde handelt, oder um friiliere Yersuche einer Abspaltung, die aber infolge Erlahmens der treibenden Krafte wieder zur Rube gekommen sind. Ein sehr interessantes Beispiel hierftir bilden die ostafrikanischen Graben und ihre Fortsetzung durch das rote Meer bis zum Jordantal, welch e Suess bereits aus rein geologischen Grunden als grosse Spalten aufgefasst hat *). Kohlschutter hat in cliesem Gebiet eine Reihe von Schwere¬ messungen ausgefuhrt “) , nach denen die Mehrzahl der Graben nicht isostatisch kompensiert ist, sondern ausser dem sichtbaren Defekt noch eine darunter liegende •Auflockerung enthalt. Damit haben wir ganz das Bild von Spalten, die von oben her in die Kontinentalscliolle eindringen, aber sie nicht vollstandig durch- setzen, so dass das schwere Sima noch nicht in ihnen emporgedrungen ist. Die dem Kontinentalrande nachsten Graben zeigten sich aber als isostatisch kom¬ pensiert, cl. li. hier ist offenbar das schwere Sima bereits in der Spalte empor- gestiegen, und dasselbe gilt auch fiir die ja erheblich breitere Spalte des roten Meeres, wie bereits von Triulzi und Hecker gefunden wurde.

2. Atlantik und Anden. Die grossziigige Parallelitat der Kiisten des Atlantik ist ein nicht zu unterschatzendes Argument fiir die Annahme, dass clieselben die Rander einer ungeheuer erweiterten Spalte darstellen. Schon bei fliichtiger Be- traclitung der Karte erkennt man, wie sich hliben und driiben Gebirge (Gron- land-Skandinavien), Brnchzonen (Mittelamerika-Mittelmeer) und Tafellander (Siid- amerika- Afrika) entsprechen, letztere mit noch fast kongruenten Konturen.

Und noch melir: In den Teilen, die uns am besten bekannt sind, namlich Europa und Nordamerika, herrscht auch im einzelnen fast vollige Ubereinstim- mung. Suess hat diese Beziehungen an verschieclenen Stellen seines grossen Werkes besprochen3). Die nordlichste Zone besteht beiderseits aus Gneis; auf europaischem Boden ist es die Gneiszone der Lofoten und Hebriclen, im Westen liegt das fast nur aus Gneis bestehende Massiv Gronlands, und auch noch die AAT-Kliste der Davis-Strasse und Baffins-Bay besteht aus einem Gneisgebirge

x) E. Suess, Beitr&ge zur geologischen Kenntnis des bstlichen Afrika. Die Briiche des ostlichen Afrika. AA7ien 1881.

2) E- Kohlschutter, Uber den Ban der Erdkruste in Deutsch-Ostafrika. Yorlaufige Mitteilung. Mitt. cl. K. Ges. d. AAriss. zu Gottingen 1911.

3) Antlitz der Erde If. 164; III 60 u. 77.

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A. Wegener Die Entstehung der Ivontinente.

das durch Cumberland und Labrador bis an die Belle-Isle-Strasse nach Sliden hinabreicht.

Am schlagendsten sind aber die zuerst von Marcel Bertrand 1887 auf- gedeckten Beziehungen, welche sich fur die siidlich daran grenzenden Faltenziige eines karbonischen Gebirges, von Suess das armorikanische Gebirge genannt, ergeben, und welche die Kohlenlager Nordamerikas als die unmittelbare Fort- setzung der europaisclien erscheinen lassen. Dies heute zum Teil schon stark eingeebnete Gebirge zieht sich in Europa, aus dem Innern des Kontinents kommend, in bogenformigem Verlauf zuerst gegen WNW, dann gegen W, um an der SW-Ktiste von Irian d und der Bretagne jah abzubrechen, eine wild zer- rissene Kiiste (sog. Rias-Ktiste) bildend. ,, Allen sonstigen Erfahrungen wider- sprechend ware die Annahme , dass die Rias-Ivuste zwischen Dingle-Bay und La Rochelle das natiirliche Ende dieses machtigen Aufbaues sei. Seine Fort- setzung ist unter dem atlantischen Ozean und jenseits desselben zu suchen (Suess).

Die Fortsetzung auf amerikanischer Seite bilden die Auslaufer der Appa- lachen auf Nova Scotia und Neu-Fundland. Hier endigt gleichfalls ein karboni- sches Faltengebirge , ebenso wie das europaische nach Norden gefaltet, jah in Gestalt einer typisclien Rias-Ktiste im Meer, nachdem es aus nordostlicher zuvor ostliche Richtung angenommen hat. Fauna und Flora beiderseits zeigen nicht nur ftir die karbonische Zeit , sondern auch fur die alteren Schicliten eine mit waclisendem Beobachtungsmaterial immer klarer erkannte Identitat. Auf die zahlreichen Arbeiten hiertiber von Dawson. Bertrand, Walcott, Ami, Salter u. a. konnen wir hier nicht eingehen.

Das Abbrechen dieser „transatlantischen Altaiden“, wie Suess sie auch nennt, an sich gerade gegentiberliegenden Stellen bildet den schlagendsten Be- weis ftir die Zusammengehorigkeit der Kiisten. Ftir die altere Annahme, dass die verbindende Gebirgskette im Atlantik versunken sei, bilclet, wie Penck hervorgehoben hat, schon der Umstand eine Schwierigkeit , dass das fehlende Stuck des angenommenen Gebirges langer sein miisste als seine bekannte Er- streckung.

Weiter im Siiden sind die Gebiete noch zu wenig geologisch erforscht, um genaue Yergleiche zuzulassen. Doch hat z. B. Le Gentil die Fortsetzung des Hohen Atlas in den kanarischen und kapverdischen Inseln und in den Antillen sehen zu konnen geglaubt. Durch einen Vergleich der Floren kam ferner Engler zu dem Resultat, dass Kontinentalverbindung gerade zwischen den der Ktisten- kontur nach zusammengehorigen Punkten, namlich dem nordlichen Brasilien stidostlich der Mtindung des Amazonas und der Bai von Biafra (Kamerun) be- standen haben muss, und Sitess fand bei einem Yergleich der beiderseits am Stidatlantik anstehenden Sedimente (soweit. sie bekannt sind) eine „auffallende Ubereinstimmung“ mit Engler’s Ergebnis. Doch bleibt der detaillierte Vergleich hier noch der Zukunft vorbehalten.

Ausser diesem sozusagen anatomischen Befund interessieren uns hier noch zwei Fragen, welche dem Fernerstehenden vielleicht sogar als besonders wichtig erscheinen, aber gleichwohl hier nur sehr kurz behandelt werden sollen. Es ist eimnal die Frage, ob wir iiberhaupt auf Grund der palaontologischen Befunde i einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Amerika einerseits und Europa- Afrika andererseits bis zu einem bestimmten Zeitpunkt anzunehmen haben, und zweitens, wenn dies der Fall ist, wann die Trennung vor sich ging. Beide Fragen sind bekanntlich langst bearbeitet, und jedes neu hinzukommende Material wird sogleich benutzt, um unsere Annalnnen zu korrigieren. Man sieht namlich j leicht, dass diese Fragen ganz unabhangig davon sind, ob man Horizontalver- schiebungen der Kontinentalschollen annimmt, oder an ein Versinken der Land- briicken glaubt. Aus diesem Grunde gentigt es , hier ganz kurz die Resultate zu skizzieren, zu denen man bisher gelangt ist. Hervorgehoben sei dabei zu- nachst ein Punkt, der die Deutung der bisherigen palaogeographischen Resultate fur unsere Zwecke schwierig maclit: die Transgressionen. Auch durch seichte

Geologisclie Rundschau. III. 20

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Geologisclie Yereinigung.

Transgressionen konnen die Teile ein und derselben Kontinentalscbolle faunistisch und floristisch getrennt. werden, und die Entscheidung wird oft schwierig sein, ob Spaltung oder Trennung durcb Transgressionsmeere vorliegt.

Was zunachst Siidamerika und Afrika betrifft, so sind Geologen und Bio- geographen ziemlich einig darin, dass im Mesozoikum bier in breiter Front eine Landverbindung, ein brasiloafrikanischer Ivontinent, bestand 1). v. Ihering nannte ihn „ArcKhelenis“. Durcb die neueren Arbeiten dieses Autors und anderer wie Ortmann, Stromer, Keilhack und Eigenmann ist aucli der Zeitpunkt, in welcher die Verbindung abbrach, mit immer wacbsender Sicberbeit in die Tertiarperiode und zwar etwa in das Ende cles Eozans oder Anfang des Oligozans verlegt worden 2). Die genaue Bestimmung des Zeitpunktes wird nattirlicli Sacbe der weiteren palaontologischen Forsclrung sein. Nach unserer Hypotbese liatte sich also in jener Zeit die grosse, nabezu meridionale Spalte gebildet, und die Offnung des Atlantik begonnen.

Audi zwischen Europa und Nordamerika wird fiir die altere Tertiarzeit nocb eine breite Landverbindung angenommen, die den Austauscli der Formen ermoglichte, und welclie, scbon im Oligozan behindert, im Miozan ganz aufborte. Wir diirfen also wolil annelimen , dass die Offnung der Spalte langsam von Siiclen nacb Norden fortgescliritten ist. Indessen zeigt eine Reilie nocb spater gemeinsam in Europa und Nordamerika auftretender Formen, dass wenigstens im liolien Norden, liber Skandinavien und Gronland, nocb bis in die Eiszeit binein bocbst wahrscheinlich Landverbindung zwischen Europa und Amerika bestanden bat3). Nach unserer Yorstellung liatte also Nordamerika, Gronland und Europa zur Eiszeit nocb eine zusammenbangende Scliolle gebildet, und die Eiskalotte liatte also einen erbeblicb kleineren Umfang gehabt, als man bisber anzunebmen gezwungen war. Hierdurcli wird das Yerstandnis des ganzen eis- zeitlichen Pbanomens offenbar nicbt unwesentlich erleicbtert.

Mit cliesen Yorstellungen stimmt aucli die Tatsaclie eines Stepp enklimas in den Interglazialzeiten in Europa iiberein, die aus den zahlreichen Uberresten von Steppentieren liervorgelit und bei der heutigen Nahe der Tiefsee im Westen durchaus nicht erklarbar ist4). Wenn aber Gronland zu jener Zeit nocb mit Europa und Amerika unmittelbar zusammenhing- , so bildete der Nordatlantik clamals erst einen scbmalen Meeresarm, der das kontinentale Klima Europas noch nicbt wesentlicli beeinflussen konnte.

Eine interessante Beziehung bestebt nocb zwisclien Nord- und Siidamerika. Wie von Osborn zuerst vermutet und clann von Scharff naber ausgefiihrt wurcle, bat aucli zwischen cliesen beiden Scbollen bis zum Beginn des Tertiars ungehin- clerte Landverbindung bestanden, die clann abbrach und erst gegen Encle der Tertiarzeit (nacb Kayser im Pliozan) in clem beschrankten Masse, wie es das heutige Mittelamerika gestattet, wiederbergestellt wurcle. Bisber bat man cliese vortertiare Lanclbrlicke meist im AATesten, im Gebiet der Galapagos, gesucht. Nacb unseren Annalimen ware sie wolil einfacli durcb clas nordwestliche Afrika gebildet, nacb clessen Abreissen die Yerbinclung zunacbst erloscb, um erst spater im Yerlauf der weiteren Offnung cles Atlantik und der damit Hand in Hand gehenden Auffaltung der Auden in beschranktem Masse wiederbergestellt zu werden.

4) Yergl. u. a. Arldt, Die Entwickelung der Kontinente und ihrer Lebe- welt. Leipzig 1907.

-) Haug und Kayser geben fiir die Trennung an: Jedenfalls vor Beginn des Miozans ; v. Ihering, Ortmann und Stromer: Eoziin; letzterer und Eigen¬ mann wollen fiir clas Untereozan nocb Verbindung annelimen.

Nordeuropa und Nordamerika, Proc. of the R. Irish Ac. 1909. 28. Bel. 1. 1—28.

4) Der zu ihrer Erklarung bisweilen angenommene Ostwind, der dem Hoch- druckgebiet fiber cler Eiskappe entsprecken soli, miisste docli in den Inter¬ glazialzeiten, in denen die Eiskappe fehlt, aucli fortf alien.

A. Wegener Die Entstehung der Kontinente.

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Da die Anffaltnng der Anden wesentlich gleichalterig mit der Offnung des Atlantischen Ozeans ist, so ist die Vorstellung eines ursachliclien Zusammen- hanges von vornherein gegeben. Die amerikanischen Schollen hatten hiernach bei ihrem Abtreiben nacli Westen an dem wahrscheinlich sclion sehr alten und nur nocli wenig plastischen Boden des Pazifik Widerstand gefnnden , wodurch sich der einst den Westrand der Kontinentalscholle bildende ansgedehnte Sclielf mit seinen machtigen Sedimenten zum Faltengebirge znsammenscbob. Hier haben wir also ein Beispiel dafiir, dass aueh die salischen Schollen sich relativ plastisch, das Sima sich relativ starr verhalten kann. Wir cliirfen aber wohl als wahrscheinlich annehmen, dass das Sima auch nachgegeben hat, so dass die Faltung der Anden keineswegs der ganzen Breite des Atlantik (ca. 4000 km) aquivalent zu sein brancht. Ziehen wir hierzu noch den schon frtiher bespro- chenen Deckfaltenbau in Betracht, nach dem auch wohl hier wie bei den Alpen fur das noch ungefaltete Areal eine 4 8mal so grosse Breite wie fur das Ge- birge anzunehmen ist, so sehe ich keine Bedenken mehr gegen diese Kombination 1).

3. Gondwana-Land. Wenden wir die im vorangehenden gewonnenen An- schauungen tiber den Zusammenhang der F altung mit horizontaler V erschiebung auch auf die tertiaren Falten des Himalaya an, so gelangen wir zu einer Reihe uberraschender Beziehungen. War auch jene Scholle, clurch deren Zusannnen- stauchung dies hochste Gebirge der Erde entstand, von ahnlicher Grosse wie es nach der Uberschiebungstheorie bei den Alpen der Fall war, so muss Vorder- indien vor der Auffaltung eine lange Halbinsel gebildet haben, deren Sticlspitze neben derjenigen von Stidafrika lag. Durch diesen Zusammenscliub einer langen Halbinsel erklart sich die eigentumliche Sonderstellung, welclie Yorderindien ,,ringsum ein Bruchstuck“ (Suess), in seiner heutigen Umgebung einnimmt.

In der Tat wird seit langem aus palaontologischen Grtinden eine solche langgestreckte indomadagassische Halbinsel „Lemuria“ angenonnnen, die schon vor ihrem angeblichen Yersinken lange Zeit vom afrikanischen Block durch den breiten Mozambique-Kanal und seine nordliche Fortsetzung, nach unserer Auf- fassung also durch eine breite meridionale Spalte, getrennt war. Nach Dacque u. a. soil diese Spalte schon in der ersten der drei Abteilungen des mesozoischen Zeitalters, namlich in der Trias, entstanden sein, da im unteren Jura (Lias) die Trennung bereits vollzogen war. Auch Douville kommt zu dem Schluss, dass Madagascar schon in der Trias keine ungestorte Verbindung mehr mit Afrika gehabt hat. Sollte sich dies bestatigen, so hatte sich diese Spalte zwisclien der langen ostinclischen Halbinsel und Afrika bereits erheblich frtiher gebildet als diejenige des stidatlantischen Ozeans. Der Zusammenscliub der indischen Halb¬ insel ist aber wohl vorzugsweise erst im Tertiar vor sich gegangen, und dauert anscheinend noch heute fort2).

Weiter lassen aber die palaontologischen Befunde keinen Zweifel dartiber, dass auch Australien frtiher eine direkte Landverbindung sowohl mit Yorcler-

x) Es sei ausdriicklich darauf hingewiesen, dass die Darstellung in vielen Punkten notgedrungen schematisiert ist. Namentlich in Nordamerika sind nur die westliclisten Ketten der Kordilleren tertiaren Ursprungs, wahrend die ostlichen alter sind, und zwar um so mehr, je ostlicher sie liegen. Mit der Trennung von Europa konnen nattirlich nur die tertiaren Falten in Yerbindung gebracht werden.

2) Man spricht in der Geologie vielfach von einseitigem Druck bei der Ge- birgsbildung, und nimmt speziell beim Himalaya an, der Druck sei von N, nicht von S gekommen. Demgegeniiber muss betont werden , dass nach bekannten physikalisclien Prinzipien Wirkung stets gleich Gegenwirkung, also auch Druck gleich Gegendruck ist. Wo also ein unsymmetrischer Ban der Faltengebirge beobach- tet wird, kann dieUrsache wohl nicht in einseitigem Druck, sondern nur in anderen Faktoren, wie verschiedene Grosse oder Machtigkeit der beiden Schollen, verschie- dene Biegheit (so dass nur die eine sich faltet) und ahnlichem gesucht werden, woraus sich aber keine Argumente gegen die obige Auffassung ableiten lassen.

20*

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Geologische V ereinigung.

indien, wie mit Stidafrika und Siidamerika besessen hat. Man hat diesen K011- tinent, dem man bei ungeanderter Lage seiner heutigen Reste einen sehr grossen Umfang znschreiben mnsste, ,,Gondwana-Landu genannt. Wir mtissen also an- nehmen, dass aucli die australische Scholle sich erst im Lanfe der geologischen Zeiten lostrennte und friiher dem Urkontinent direkt angegliedert war. Ihre Trennung yon Afrika und Yorderindien scheint in dieselbe Zeit (Trias) zu fallen wie die Trennung dieser voneinander; denn im Perm hat die Verbindung, wie gleich noch eingehender dargelegt werden wird, noch bestanden, wahrend in der Juraperiode keine Verbindung mehr bestand. Andererseits scheint aber, wie Heuley, Osborn u. a. betont haben, noch immer eine Verbindung mit Siidamerika erhalten geblieben zu sein, die erst im Quartar abbrach. Diese Verbindung ging wohl liber den leider noch fast ganz unbekannten Siidpolarkontinent. Wegen unserer unzulanglichen Kenntnis dieser Gebiete ist die Angliederung der australischen Scholle noch ganz besonders unsicher. Einstweilen scheint es, als ob die Westkiiste Australiens urspriinglich mit der Ostkiiste Vorderindiens un- mittelbar zusammengehangen hat, sich aber, wie erwalmt, schon in der Trias- periode abspaltete, wahrend die ganze Stidktiste noch fest mit der Antarktis zusammenhing. In der Folgezeit scheint sich die antarktische Scholle, ahnlich wie die siidamerikanische , von Siidafrika nacli der Seite des Pazifik hinliber- geschoben zu haben; das grosse Kettengebirge , von dem wir nur die beiden Enden in Graham-Land und Viktoria-Land kennen , wird von vielen als die direkte Fortsetzung der sudamerikanischen Anden betrachtet. Erst im Quartar loste sich dann die australische Scholle ab, an ihrer Ostkiiste noch die Fort¬ setzung der antarktischen Anden tragend, von denen Neuseeland ein abgetrenntes Bruchstiick darstellt. Diese Vorstellungen konnen aber, wie gesagt, nur als Versuch einer ersten Orientierung betrachtet werden.

Von Wichtigkeit erscheint mir jedoch auch das Kartenbild der Umgebung Australiens, welches durchaus der Vorstellung Vorschub leistet, dass sich dieser Kontinent mitsamt seinem nordlichen Auslaufer Neu-Guinea nach Norden schiebt und hier mit den vorgestreckten siidlichen Auslaufern Hinterindiens kollidiert. Wallace hat zuerst auf den grossen Unterschied der mit Australien verwandten Fauna Neu-Guineas einerseits und der zu Hinderindien gehorigen Fauna der Sunda- Inseln andererseits aufmerksam gemacht, welcher die heutige nahe Beriihrung als eine zufallige erscheinen l&sst1). Ob das hohe Gebirge Neu-Guineas mit dieser Bewegung nach Norden in Zusammenliang zu bringen ist, lasst sich wohl noch nicht entscheiden.

4. Permische Eiszeit. Eine sehr schlagende Bestatigung scheinen diese Vor¬ stellungen in der Erscheinung einer permischen Eiszeit (nach einigen Forschern schon im Karbon) zu finden, deren Spuren man an den verschiedensten Stellen der Siidhalbkugel beobachtet hat, wahrend sie auf der Nordhalbkugel bisher fehlen. Diese permische Eiszeit war ja bisher das Sorgenkind der Palaogeo- graphie. Denn diese auf typisch geschrammter Unterlage liegenden unzweifel- haften Grundmoranen eines ausgedehnten Inlandeises finden sich in Australien 2) Stidafrika3), Siidamerika4) und vor allem auch Ostindien.

Q Die „WALLACE-Grenze“, hauptsachlich fiir Saugetiere gtiltig, zieht sich durch die Lombokstrasse zwischen den Sunda-Inseln Bali und Lombok und durch die Makassarstrasse, fallt- also nicht mehr ganz mit der tektonischen Greuze der Kontinentalschollen zusammen.

2) Viktoria, Neu-Stid-Wales, Queensland, sowie Tasmanien und Neu-Seeland.

3) Neuerdings sind auch im Kongo-Staat und in Togo ahnliche Blocklehme gef unden worden.

4) In Brasilien, Provinz Rio Grande do Sul, und im nordwestlichen Argen- tinien; die Schichten sind aber noch wenig untersucht. Nach der schwedischen Siidpolarexpedition scheinen auch die Falklands-Inseln Fundstellen zu tragen. Siehe E. Kayser, Lehrb. der geol. Formationslelire, 4. Aufl. 1911, S. 266.

A. Wegener Die Entstehung der Kontinente.

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Koken hat in einer besonderen Abhandlnng x) gezeigt nnd durch eine Karte erlautert, dass bei der hentigen Anordnung der Lander eine so grosse Ausdehnung der polaren Eiskappe vollstandig nnmdglich ist. Denn selbst wenn man die siidamerikanischen Funde als unsicher fortl&sst, was gegenwartig kaum mehr zulassig sein diirfte, nnd den Pol an die denkbar ghnstigste Stelle, namlich mitten in den Indischen Ozean legte, so erhielten die fernsten Gebiete mit In- landeis immer noch geographische Breiten von ca. 30—33°. Bei einer solchen Vereisung konnte kaum irgend ein Teil der Erdoberflache von glazialen Er- scheinungen frei geblieben sein. End dabei dele dann der Nordpol auf Mexiko, wo dock keine Spur einer Vereisung im Perm zu erkennen ist. Die sudamerikani- schen Funde aber wiirden gerade an den Aquator zu liegen kommen.

Die permische Eiszeit bildet also fill* alle Anschauungen, welcbe Horizontal- verschiebungen der Kontinente nicht anzunehmen wagen, ein unlosbares Problem. Ohne alle anderen Argumente wiirden diese Verhaltnisse , wie iibrigens Penck sclion hervorgehoben hat, es nahelegen, „die Bewegung der Erdkruste in hori- zontalem Sinne als eine ernsthaft in Erwagung zu ziehende Arbeitshypothese das Auge zu fassen“ 2).

Wenn wir uns nach den oben entwickelten Ideen den Zustand zur permi- schen Zeit rekonstruieren, so riicken alle von der Vereisung getroffenen Gebiete konzentrisch auf die Siidspitze von Afrika zusammen, und wir haben nur no tig, den Siidpol in das nunmehr sehr beschrankte Vereisungsgebiet zu legen, um der Erscheinung alles Unerklarte zu nehmen. Der Nordpol lage dann jenseits der Beringstrasse im Pazifik. Auf diese altere Pollage und die Verschiebungen des Pols iiberhaupt werden wir noch zuriickkommen.

5. Atlantische und pazifische Erdseite. Man ist schon vor langer Zeit auf den grosszligigen morphologischen Unterschied der atlantischen und pazifischen Erdseite aufmerksam geworden. Suess beschreibt ihn in folgender Weise3):

„Dio Innenseite von Faltenziigen, zackige Riaskusten, welche das Ver- sinken von Ketten anzeigen, Bruchrander von Horsten und Tafelbriiche bilden die mannigfaltige Umgrenzung des atlantischen Ozeans.

Derselbe Bau der Kiisten tritt auch im Indischen Ozean hervor, ostwarts bis an die Gangesmiindungen , wo der Aussenrand der eurasiatischen Ketten das Meer erreicht. Die Westkiiste Australiens zeigt gleiclifalls atlantischen Bau.

. Mit Ausnahme eines Stiickes der mittelamerikanischen Kilste in Guate¬ mala, an welcher die umschwenkende Kordillere der Antillen abgesunken ist, werden alle genauer bekannten Umgrenzungen des pazifischen Ozeans durch gefaltete Gebirge gebilclet, deren Faltung gegen den Ozean gerichtet ist, so dass ihre ausseren Faltenzfige entweder die Begrenzung des Festlandes selbst sind oder vor demselben als Halbinseln und Ztige von Inseln liegen.

Kein gefaltetes Gebirge wenclet dem pazifischen Meere seine Innenseite zu; kein Tafelland tritt an den offenen Ozean heraus.“

Zu diesem morphologischen Unterschied gesellt sich noch eine Reihe anderer. Becke erkannte 1903 , dass die vulkanischen Laven der atlantischen Seite prinzipiell von denen der pazifischen verschieden seien; die atlantischen Laven enthalten grossere Mengen von Alkalien, namentlich Na, wahrend bei den pazifischen Laven die Alkalien mehr zuriick-, und Ca und Mg mehr in den Vordergrund treten. Sijess wirft deshalb bereits die Frage auf, .„ob das Zurtick- treten von Ca und Mg in der atlantischen Erdhalfte nicht mit dem Fortschreiten der Erstarrung in Verbindung stehen konnte.

x) Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Festband d. neuen Jahrb. f. Min. Geol. u. Palaont. 1907.

2) Penck, Stid-Afrika und Sambesifalle, Geogr. Zeitschr. 12, 11, S. 001 bis Oil, 1900.

3) Antlitz der Erde II, 250.

Geologisehe Yereinigung.

Weiter besteht ein systematischer Unterschied in den Meerestiefen. Nach Krummel1) betragt die mittlere Tiefe des pazifischen Ozeans 4097, die des atlantischen nur 3858 m , wahrend fiir den Indisclien Ozean mit zur Halfte pazifischem und zur Halfte atlantischem Charakter 3929 m folgt, wobei wieclerum die atlantische Westseite flacher ist wie die pazifische Ostseite. Dasselbe Bild ergibt die Y erteilung der Tiefsee-Sedimente. Der rote Tiefseeton und der Radiolarien- schlamm, die beiden edit abyssischen Sedimente, sind wesentlich auf den paziiisdien Ozean und den ostlichen Teil des indisclien Ozeans beschrankt, walirend der Atlantik und westliche Indik von „epilophischen“ Sedimenten bedeckt sind, deren grosserer Kalkgehalt mit der geringeren Meerestiefe in ursaclilichem Zu- sammenhange steht 2).

So auffallig diese Unterschiede sind , so wenig wusste man sie bisher zu erklaren: „Der tiefere Grand der Verschiedenheit der pazifischen und der at¬ lantischen Erdhalfte ist nicht bekannt“ (Suess). Durch unsere Hypothese werden wir aber ganz von selbst auf einen solclien tiefgreifenden Unterschied geftihrt. Der Offnung des atlantischen Ozeans entspricht ein fast allseitiges Drangen der Ivontinente gegen den pazifischen Ozean; an den Kristen des letzteren herrscht allenthalben Druck und Zusammenschub , bei jenem Zug und Spaltung. Die ersten Abspaltungen traten nach unseren Ausffihrungen bei Stidafrika in der Triasperiode ein. Damit harmoniert, dass im Kapgebirge seit dem vorangehenden Perm keine Faltung mehr eingetreten ist; in der Sahara ist Afrika sogar seit dem Obersilur, auf der „armoricanischen Linie“ seit dem Mittel-Karbon frei von Faltungen geblieben. Man darf also annelimen, dass jene Spalte, deren weite Offnung einst den Pazifik bildete und dem Urkontinent von beiden Randern her Druck und Zusammenschub brachte, bereits in den altesten geologischen Zeiten entstand , und dass diese Bewegung langst erloschen war , als die Krafte auf- traten, die den Atlantik schufen. Es ist nicht unwichtig, dass die so gewmnnene Ansicht von einem selir liohen Alter des Pazifik durchaus unseren sonstigen Kenntnissen fiber diese Frage entspricht. Freilich haben wir keine Moglichkeit, das Alter dieses Ozeans wirklich einwandfrei zu bestimmen. Die von vielen fiir tertiar gehaltenen Haifisclizahne , die oft in grossen Manganknollen einge- schlossen im roten Tiefseeton gef unden werden , und ebenso die zahlreichen in ihm enthaltenen Meteorkfigelchen besagen nur, dass er sich jedenfalls ausserst langsam bildet. Da er aber auch in den tiefsten Teilen des Atlantik unterhalb 4000 m zu treffen ist, so ist seine Bildung offenbar noch mehr eine Funktion der Meerestiefe als der Zeit. Dennoch dfirfte die von Koken, Frech (Lethaea palaeozoica) u. a. geausserte Ansicht, dass der pazifische Ozean sclion seit sehr alten geologischen Zeiten bestanden hat, heute von Geologen und Ozeanograplien ziemlich allgemein angenommen sein3).

Yielleicht gewinnen wir aber jetzt auch eine Moglichkeit, die Unterschiede der Meerestiefen zu erklaren. Da wir fiir grossere Gebiete dock auch am Boden der Tiefsee isostatische Kompensationen annelimen mfissen, so besagt der Unter¬ schied, dass .die nach unserer Auffassung alten Tiefseeboden spezifisch schwerer sind als die jungen. Nun ist wohl der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, dass frisch entblosste Simaflachen, wie der Atlantik oder westliche Teil des Indik, noch lange Zeit hindurch nicht nur eine geringere Riegheit, sondern auch eine liohere Temperatur (vielleicht um 100° im Mittel der obersten 100 km) bewahren als die alten, sclion stark ausgekfihlten Meeresboden. Und eine solche Temperaturdifferenz wfirde walirscheinlich genfigen, um die relativ gering-

0 O. Krummel, Handbucli der Ozeanographie Bd. I. S. 144.

-) Yergl. die Karte der Tiefsee-Sedimente bei Krummel a. a. O.

3) Yergl. Haug, Traite de Geologie, I. Les Phenomenes geologiques, Paris S. 170. Nach Feecii ware der Pazifik jedenfalls sclion zur Jurazeit vorlianden gewesen.

A. Wegener Die Entstehung der Ivontinente. 289

fiigigen Niveaudifferenzem der grossen ozeanischen Becken untereinander zu erklaren !)-

6. Polverschiebungen. Trotz der grossen und berechtigten Vorsicht, welche man von geologischer Seite alien Annahmen iiber Polverschiebungen entgegenbringt , ist dock gerade von dieser Seite her in jtingster Zeit soviel Material erbracht worden, dass eine grosse Verschiebung jedenfalls als nach- gewiesen betrachtet werden darf: Im Laufe der Tertiarzeit wanderte der Nord- pol von der Seite der Beringstrasse nach der atlantischen Seite heriiber, der Siidpol also entsprechend von Siidafrika nach der pazifischen Seite.

In den beiden altesten Abschnitten der Tertiarzeit, namlich. im Paleozan und noch mehr im darauf folgenden Eozan, war das Ivlima Westeuropas noch ausgesprochen tropisch2), und aucli noch wahrend des Oligozans waren Palmen und andere immergrtine Gew&chse bis an den heutigen Ostseestrand verbreitet; im Oberoligozan der Wetterau finden sich z. B. massenliafte Holzer und Blatt- reste von Palmen. Noch zu Anfang des folgenden Abschnittes, des Miozans, kommen in Deutschland viele subtropische Formen vor, einzelne Palmen, Ma- gnolien, Lorbeer, Myrthe usw.; spater aber verschwinden diese, es tritt eine immer weiter gehende Abktihlung ein, so dass im letzten Abschnitt des Tertiars, demPliozan, die Temperaturverhaltnisse in Mitteleuropa von den heutigen bereits nicht mehr verschieden sind, und darauf folgt dann die Eiszeit. In dieser Veranderung zeigt sich deutlich das Naherrticken des Pols. Dasselbe Bild der Polverschiebungen zeigen die aussereuropaischen Beobachtungen. Zu Beginn des Tertiars, als der Pol noch seine alte Lage hatte, wuchsen, wie namentlich die klassischen Arbeiten Heers zeigen, auf Gronland, Grinnell-Land, Island, Bareninsel, Spitzbergen, Orten , die heute 10 22° nordlich der Baumgrenze liegen Buclien , Pappeln, Ulmen, Eichen, ja sogar Taxodien, Platanen und Magnolien.

Dass es sich hierbei aber in der Tat um eine Polverlagerung und nicht nur um eine die ganze Ercle betreffende Klimaanclerung handelt, das beweisen namentlich die Untersucliungen Nathorst’s tiber die Tertiarflora Ostasiens, nach denen das Klima dieser Gebiete gleichzeitig warmer wurde, wahrend fur Europa die Eiszeit hereinbrach. Er legt den Nordpol vor der Verschiebung in ca. 70° Nord- breite und 120° ostliclier Lange. Die stark polare Tertiarflora der Neusibirischen Inseln wiirde dann unter damals 80° Breite zu liegen kommen, die Floren von Kamtschatka, vom Amurlande und Sachalin mit etwas warmerem Charakter unter 68 67°, wahrend die Floren mit erheblich warmerem Anstrich, wde die von Spitzbergen, Grinell-Land, Gronland usw., welche immergrtine Laubb&ume aufweisen, ausserhalb des damaligen Polarkreises, namlich in 64, 62, 53 51° Breite fallen wtirden. Auch andere Autoren, wde Semper, sind zu ahnlichen Resultaten gelangt, und es kann wohl tiberhanpt die Realitat dieser grossen Verschiebung nicht mehr ernsthaft in Zweifel gezogen werden.

Es erscheint recht unwahrscheinlich, dass der Nordpol bei seiner tertiaren Wanderung gleicli an seine heutige Stelle gertickt sei und seit der Eiszeit bier

x) Der kubische Ausdelinungskoeffizient von Granit ist 0,0000269. Ftir 100° Temperaturerhohung betragt also die Ausdehnung 0,00269 des Volumens. Dies ware zugleich auch die Abnalnne des spezifischen Gewichts, wenn dasselbe anfangs gleich 1 gewmsen ware. War es 2,9, so erhalt man:

ftir Sima von spez. Gew. 2,9000

100° _ ,, 2,8922.

Bei Isostasie wTtirde diesem Gewdchtsunterscliied bereits eine merkliche Niveau- differenz entsprechen.

2) Nach Semper besteht im Eozan Belgiens 1/3, in dem von Paris die Halfte der Arten aus tropischen Formen. Auch die mitteleozane Flora der Themse- mtindung hat nach A. Schenk (Zittel , Handb. d. Palaont., Phytopal. S. 807) ein tropisches Geprage.

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Geologische Vereinigung.

unver&ndert verharrt babe. Denn dann hatte er zur Eiszeit noch ca. 10° vom Rande jener grossen Inlandeiskappe entfernt gelegen, die damals in almlicher Ausdehnung wie die heutige antarktische Eiskappe Nordamerika nnd Europa bedeckte. Natiirlicher ist es wohl, anzunehmen, dass der Pol zunachst mindestens 10° welter, bis nach Gronlancl hinein, wanderte micl erst seit der Eiszeit wiecler aid seinen heutigen Ort zurtickkehrte.

Von grossem Interesse ist es, sich die entsprechenden Hagen des Siiclpols zu rekonstruieren. Wenn der Nordpol selbst um 30° nach der Beringstrasse zu verschoben lag, so muss der Siidpol immer noch etwa 25° siicllich vom Kap der guten Hoffnung gelegen haben, d. h. ant’ dem damals anscheinend noch bis in diese Breiten reichenden Siidpolarkontinent. In den uns naher bekannten Gebieten der Stidhalbkugel werden wir also nur wenig oder gar keine Vereisungs- reste aus jener Zeit erwarten konnen. Dagegen beweist die schon besprochene permische Eiszeit, dass in noch fruheren Zeiten die Verschiebung eine noch grossere war (vielleicht 50°). Damals hatte der Nordpol noch weit jenseits der Bering¬ strasse im Pazilik gelegen, dock werden wir hier schon zur grossten Vor- sicht in bezug auf Schlussfolgerungen gezwungen, weil hier unser Bild yon dem Umfang und den Konturen des damaligen Urkontinents immer undeutlicher wircl. Daher scheint mir auch eine Verfolgung dieser Verhaltnisse in noch alteren geologischen Zeiten, wie sie durcli die Spuren einer unterkambrischen Vereisung in China (im Gebiet. des Yangtse), in Sudaustralien bei Adelaide (nach Willis) und anscheinend auch in Norwegen (nach Hans Reusch) nahegelegt wil'd, eiust- weilen noch untunlich.

Nur auf eine eigentumliche Bezielmng sei noch liingewiesen. Namentlich Green und Emerson haben die grosse Bruclizone der Mittelmeere, welclie die Erde in Gestalt eines grossten Kreises umgibt, als einen alten Aquator der Erde aufgefasst. In der Tat bildet sie den Aquator fur jene anscheinend im ganzen Mesozoikum behauptete Pollage, bei welcher der Nordpol in der Gegend der Beringstrasse, der Siidpol siidlich von Afrika liegt. Wenn sich auch manche Bedenken gegen die Vorstellung jener Autoren erheben, dass diese Bruclizone auf die zertrummernde Wirkung der Mondflut im Erdkorper zuruckznfuhren sei, die am Aquator den grossten Betrag erreiche, so ist doch die Bezielmng als solche sehr zu beachten.

Von der grossten Wichtigkeit fiir das Verstandnis der ganzen Erscheinung ist aber der Umstand, dass die grossen Verscliieb ungen der Pole offenbar gleich- zeitig mit den grossen Verscliieb ungen der Kontinentalschollen erfolgen. Ins- besonclere ist das zeitliche Zusammenfallen der am besten beglaubigten Pol- verschiebung im Tertiar mit der Of fining des atlantischen Ozeans evident. Audi das (relativ geringe) Zuruckwandern der Pole seit der Eiszeit wird man mit der Abtrennung Gronlands und Australiens in Verbindung bringen konnen. Es scheint hiernach, als ob die grossen Kontinentalverschiebungen die Ursache der Polverschiebungen sincl. Der Drehungspol wird jeclenfalls dem Tragheitspol folgen miissen; wird dieser durcli Verschiebung der Kontinente geandert, so muss der Drehungspol mitwandern.

Uber die Art dieser Beziehungen hat namentlich Schiaparelli sehr inter- essante Untersuchungen ausgefiihrt1). Er fand, dass die Erde als vollig stair vorausgesetzt selbst durcli die grossten (bisher angenommenen) geologischen Veranderungen die Pole der Tragheitsachse und damit. auch die Rotationspole nur um ganz geringe Betrage verschoben werden konnen; bei Annahme einer gewissen Plastizitat der Erde, die eine, wenn auch verzogerte Anpassung ilirer Form an die neue Rotation erlaubt, wiirden bereits ziemlich betrachtliche Be-

0 Schiaparelli, De la rotation de la terre sous l’influence des actions geologiques. Memoire pres, a l’occasion de sa fete semiseculaire. St. Petersbourg. Acad. imp. des sc. 1889. Die ersten Versuche einer Berechnung wurden bereits friiher von Darwin ausgefiihrt.

A. Wegener Die Entstehung der Kontinente.

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wegungen der Pole erklarbar sein, und in noch hoherem Masse Aviirde dies der Fail sein, wenn die Erde hinreichend plastisch ist, um ohne wesentliches Nach- hinken sich den jeweiligen Rotationsverhaltnissen anznpassen. Nach den Er- gebnissen der Geophysik haben wir offenbar fiir geologische Zeitraume, Avie sie bier in Betracht kornmen, von der letzten Annahme Gebrauch zu machen. Schon mehrfacli sind Versuche gemacht Avorden, auf solche Weise die Polverschiebung zu berechnen, welche durch irgend eine beobachteteMassenverschiebung verursacht werden musste. Da man aber immer nur sehr geringe Yerschiebungen, wie man sie z. B. bei Erdbeben konstatieren konnte, in Betracht zog, so kam man stets zu dem ISchluss, dass die beAvirkte Polverschiebung unmerklich klein sein musste. So finden z. B. Hayfoed und Baldwin unter der Annahme, dass sich beim Erdbeben A7on S. Francisco 1906 eine Erdscholle A7on 40000 qkm Oberflache, 118 km Dicke und Aron der mittleren Dichte 4 sich um 3 m nach N verschoben hat, dass sich hierdurch der Pol der Tragheitsachse nur um 0,0007", d. h. um 2 mm verlagert haben kann *)• Nach unseren Yorstellungen haben Avir es aber mit Yerschiebungen zu tun, welche zum Teil hundertmal grcissere Schollen betreffen und dabei den angegebenen Betrag pro J ahr erreichen diirften (s. u.). Jedenfalls sieht man soviet, dass auf diese Weise leicht fortschreitende Verlagerungen der Tragheitspole stattfinden konnen, welche die Hundertstelsekunde pro Jahr (oder in 360 000 Jahren) erreichen konnen, und damit kornmen wir auf eine Grossenordnung, wie wir sie zur Erklarung der geologischen Polverschiebungen brauclien. Der Zusammenhang zAvischen diesen und den von uns angenommenen Horizontahcerschiebungen der Kontinente erscheint also auch theoretisch gerecht- fertigt, wTenn auch die exakte Untersuchung noch aussteht.

IY. Gegenwartige Horizontalverschiebungen.

1. Gronland. Nehmen Avir an, die Trennung Skandinaviens ATon Gronland ware vor 50,000 100,000 Jahren erfolgt (was Avohl der grossen Eiszeit einiger- massen entsprechen diirfte, da nach den neueren Untersuchungen ATon Heim und amerikanischen Geologen seit der letzten Eiszeit nur etwa 10,000 Jahre verflossen zu sein scheinen) und nehmen wir weiter an, die Bewegung sei wahrend der ganzen Zeit mit gleichformiger Geschwindigkeit erfolgt und dauere noch heute fort, so wiirde sie etwa 14—28 m pro Jahr betragen, eine Grosse, die sich durch astronomische Ortsbestimmung ohne Schwierigkeit ermitteln lassen musste. Nur an einem Punkte, namlich auf Sabine-Insel an der Ostkiiste liegen Langen- messungen aus xrerschiedenen Zeiten vor. Dabei zeigt sich zwischen 1823 (Sabine) und 1870 (Borgen und Copeland) eine Yergrosserung der Entfernung ATon Europa um 260 m, zwischen 1870 und 1907 (Koch) eine Aveitere Yergrosserung um 690 m, zusammen in 84 Jahren eine Yergrosserung des Abstandes um ca. 950 m oder um 11 m pro Jahr.

Leider sind diese Messungen mit Hilfe des Mondes nur wenig genau, und zudem herrscht eine gewisse Unsicherheit iiber die Lage von Sabine’s Obser- vatorium. Es ist dalier zu hoffen, dass moglichst bald durch eine nochmalige genaue Langenbestimmung und durch eine Revision ATon Sabine’s Beobachtungs- platz die letzten Zweifel an der Realitat dieser Yerschiebung beseitigt werden.

2. Nordamerika. Fiir Nordamerika werden wir eine sehr Adel geringere Geschwindigkeit erwarten, da die Trennung von Europa ja bereits im Tertiar erfolgt ist. Andererseits haben aber hier die transatlantischen Kabel eine grossere Genauigkeit der Langenbestimmung ermoglicht. Nach Schott geben die drei grossen Langenbestimmungen von 1866, 1870 und 1892 folgende lYerte der Langendifferenz Cambridge- Greenwich :

Hayfoed und Baldwin, MoATements in the California Earthquake. Coast and Geod. Survey, Report for 1906—1907. Appendix 3, S. 97 (zitiert nach Redzki).

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Geologische Vereinigung.

1866 : 4 h 44 m 30,89 s 1870: 4 44 31,065,,

1892: 4 44 31,12

Diese Beobachtungen scheinen also auf eine Vergrosserung der Entfernung um etwa Vioo Zeitsekunde (4 m) pro Jahr hinzudeuten. Da der hentige Abstand etwa 3500 km betragt, so wiirden bei gleichformiger Bewegung hiernach rund 1 Million Jahre seit der Trennung yerstrichen sein.

Naturlich sind aucli diese Zahlen noch als kaum ausreichend zu betrachten, um die Bealitat der Verscliiebnng zu beweisen, denn der beobaclitete Unterscbied von 0,23 Sekunde lasst sick zur Not noch aus der grosseren Ungenauigkeit der alteren Beobachtungen erklaren. Da seit der letzten Langenbestimmung aber bereits wieder 20 Jahre verflossen sind, so wtirde es wahrscheinlich moglich sein, durch eine Wiederholung derselben bereits heute eine Entscheidung herbei- zufiihren.

Die gleichfalls zu erwartenden Breitenanderungen Australiens habe ich nicht untersuchen konnen. Wenngleich die vorliegenden Zahlen sicli, wie mir scheint, nicht mehr ohne Gewalt auf blosse Beobachtungsfehler zurtickfiihren lassen, so ist doch einleuchtend, dass genauere Feststellungen abgewartet werden miissen, ehe man den Nachweis von Horizontalverschiebungen der Kontinental- schollen im Sinne unserer Hypotliese als erbracht ansehen darf.

Geologische Vereinigung.

Geologische Exkursionen in den Alpen.

Vom 19. August bis 8. September 1912.

Die Geologische Vereinigung bat in Verbindung mit einigen dsterreichischen Fachgenossen nachsteliendes Programm fur eine gemeinsame Begebung einiger besonders wicbtiger Ortliclikeiten in Graubtinden und im Tauerngebiet entworfen. Die Teilnahme ist nicht auf Mitglieder der Geologiscben Vereinigung, aber wegen der vielfach scbwierigen Unterkunft auf die Zalil 20 besckrankt. Den Vorzug bei der Zulassung geniessen diejenigen Fachgenossen, die sich selbst mit Alpen- geologie beschaftigen , und zwar baben Teilnehmer an der ganzen Exkursion den Vorrang vor solcben, die nur einzelne Teile davon mitzumachen wiinschen. Im ubrigen geniessen die Mitglieder der Geologiscben Vereinigung einen Vor¬ zug. Anmeldungen sind bis spa teste ns zum 15. Juli zu ricbten an den Ge- schaftsfiihrer Herrn cand. geol. E. Stehn, Bonn, Nussallee 2.

Nacli erfolgter Zulassung ist eine Anzahlung von 25 Mk. an den Geschafts- fiihrer zu leisten; diese verfallt, wenn der Angemeldete nicbt teilnimmt. Ein gedruckter Fiihrer wil'd recbtzeitig an die Teilnehmer versendet werden.

Am 29. August findet in Innsbruck eine Versammlung der Geol o- gischen Vereinigung statt (siebe Programm), zu der auch Nichtmitglieder Zutritt baben.

Die Kosten werden durchscbnittlich 15 20 frs. oder Kr. fur den Tag be- tragen (einscbl. der Wagenfalirten, aber ausscldiesslich der Kosten ftir Trager).

Mitglieder des D. u. O. A. V. wollen ihre Mitgliedskarten nicbt vergessen!

Grosseres Gepack kann innerhalb der Schweiz an den Bahnstationen in Klosters, Tbusis und Samaclen, innerhalb Osterreichs in Landeck, Innsbruck, Radstadt und Spittal-Millstattersee aufgenommen werden. Ftir Trager des Handgepacks (Rucksack) wird auf Wunscli Sorge getragen; dabingebende Wiinsche bittet man bei der Anmeldung dem Gescbaftsfilbrer mitzuteilen.

I. Riitikon.

Ftibrung: W. v. SEiDLiTZ-Strassburg.

M o n t a g den 19. August: Morgens 10 Ukr Zusammenkunf t in B 1 u d e n z (Hotel Eisernes Kreuz). Fahrt mit elektr. Bahn ins Montafon. Blick auf die Ostalpine Trias (Tektonik der Zimbaspitze und Mittagspitze) und auf die Muren des Rellstales (Hochwasserkatastrophe vom Juni 1910).

Mittagessen in Scliruns (Hotel Sternen), Naclunittags von Schruns oder Tscbagguns (658 m, Station der Elektr. Balm) durch das Gauer- tal nach der Lin dauerhutte (1760 m). Ubernachten. Gelizeit ca. 3 V2 Stunden. Blattverscbiebnngen der 3 Ttirme.

294

Geologische Vereinigung.

Dienstag den 20. August: Friiher Aufbruch yon der L indauerhiitte (1760) zum Bilkengrat (ca. 2400 m). Brecciendecke imd ratisclie Decke. Schwarzhornsattel— Tilisunasee Tilisunahutte (2211 m), Mittagessen. Gehzeit ca. 3—4 Stunden.

Abstieg liber das Griinfiirkli in die Gruben und durch den Gruben- pass nach Plasseggen hinauf. Fortsetzung der lepontinischen Zone von Tilisuna. Ostalpine Trias der Mittagspitze. Kristalline Schiefer der Silvretta. Plasseggen-Pass (2345 m) - Sarotlapass (2395 m) G argellen (ca. 1400). Ubernachten im Kuril a us (Briefadresse). Fenster lepon- tinischer Schichten in der Silvrettadecke mit Unterlage gepresster Granite. Aufscbluss am Wasserfall. Gehzeit bis Gargellen ca. 4 Std.

M i 1 1 w o ch den 21. A u g u s t : Yon G a rg e 1 1 e n nach der Gargellenalp (1732 m).

Uberblick iiber das Fenster von Gargellen. Zum St. Antonienjoch (2375 m) und hiniiber zum Gafiasee (2313 m) und den Gafierplatten (ca. 2400). Gehzeit ca. 4 Std. Proviant mitnehmen! Ubersicht liber das Prattigau und die lepontinischen Decken von der Scesaplana bis zur Madrisa. Ostalpine Deckenreste an den Gafierplatten. Abstieg entweder

I. iiber Madrisjocli (2600 m) und Saaseralp (1900 m) direkt nach Klosters (1200 m) 4 Std., dem Absinken der lepontinischen Decken folgend oder

II. durch das Gafiertal nach St. Antonien (1400 m Hotel Weisses Kreuz) und durch die Schanielaschlucht (Kreideflysch und Biind- nerscliiefer nach Kiiblis, ca. 3 Std., weniger anstrengend als I. Balinfahrt nach Klosters. Ubernachten (Briefadresse) : Hotel Weisses Kreuz.

II. Cotsclma Scharns Oberhalbstein Oberengadin.

Ftihrung: W. v. Seidlitz, G. Steinmann, H. Meyer, H. P. Cornelius.

Donne r stag den 22. August: Balinfahrt Klosters Laret. Ab Klosters 8,05. Von Laret gegen die Cotschna. Lepontinische Decken. Uber¬ blick iiber das Ratikon. Yon St. Wolfgang mit Balm (ab 1,30 Nm.) nach Thusis (an 4,37). Zu Fuss oder mit Wagen durch die Viamala nach Andeer. Ubernachten (Briefadresse) Hotel Sonne. Fiihrung: W. v. SEiDLiTZ-Strassburg, G. STEiNMANN-Bonn, H. MEYER-Giessen.

Freitag den 23. August: Von Andeer 5 Uhr Ym. iiber Pignieu, Bavugls, Mutta, Plaun da Botta, Alp Foppa nach Savognin. Stirnrand des Surettamassiys, 4 lepontinische Decken und Basis der ostalpinen. Ubernachten (Briefadresse) in Savognin (Schweinigen) HotelPianta. Proviant mitnehmen! Fiihrer: H. MEYER-Giessen.

Sam stag den 24. August: Von Savognin mit Wagen iiber Miihlen nach Stalla (Bivio). Friihstuck. Ophiolithe und Radiclarite der ratischen Decke. Fiihrer: G. Steinmann-Boiiii.

12 Uhr iiber Gravaselvaspass oder iiber Septimer-Longhinpass nach Maloja. Hotel Longhin. Fiihrer H. P. Cornelius. Ratisclie Decke mit kristalliner Basis und Basis der ostalpinen Decke. Gehzeit 5 6 Stunden.

III. Unterengadin.

Fiihrung : W. PAULCKE-Karlsruhe, W. Hammer- Wien.

So nnt ag den 25. August: Maloja Ardez Fetan. Wagenfahrt, Uber¬ nachten in Fetan (ev. Massenquartier, Heulager mit Decken). Bei Guarda Yerlassen der ostalpinen Decke (Gneis). Eintritt in das Unter-

Geolog’ische Exkursionen in clen Alpen.

295

engadiner Fenster. Bei Ardez Zug der Biindnerschiefer mit Crinoiden- kalken, sowie Trias nnd Liasklippen-Tasnagranit. Fiihrung: G. Stein- MANN, W. PAULCKE.

Mon tag den 26. August: Fetan— Piz Minschun Fuorcla Tasna— Heidel¬ berg e r H ii 1 1 e (Ubernachten) 8 9 Stunden Gehzeit. Granitschuppen des Tasnagranits , Minschunschuppen, Biindner Kreide von Muot da Lais, Serpentin des Piz Nair, Tertiar nnd Kreide des Fimbertales. Liasschollen bei der Fuorcla Laver nnd bei der Heidelberger Hiitte. Proviant mitnebmen ! Fiihrung: W. Pad take.

D i e n s t a g den 27. August: Heidelberger H ii 1 1 e Greitspitz Alp Trida Comp at sell 8—9 Stunden Gehzeit. Liaszug in den Anti- ratikonscliiefern. Gneis-Kreide-Lias-Trias-Schuppen beim Greitspitz. Ratische Decke am Flimspitz-Btirkelkopf. Gips und A7errucano von Salar. Basale Biindnerschiefer von Compatsch. Ubernachten in Co.m- pats ch im Samnaun. Hotel Urezza (Briefadresse). Proviant mit- nehmen! Fiihrung: W. Paulcke.

Mit twoch den 28. August: Compatsch- Spissermiihle— Pfunds (oder Finstermiinz). Gehzeit ca. 8 Stunden.

Basale Biindnerschiefer mit Einschaltungen basischer Ernptiva. Friihstuck in Pfunds oder Finstermiinz. Fiihrung: W. Paulcke.

Mittags: Fahrt mit Wagen oder Postauto nach Landeck. Fiihrung: W. Hammer.

Mit Bahn ab Landeck 6,30 Uhr nach Innsbruck an 9 Uhr. Ubernachten: Empfohlene Hotels : Kreid (5 Alin. v. Balinhof). Habs- burger Hof (10 Alin. v. Balmhof). Grauer Bar (Gasthof bei der Universitat).

IV. Versammlung der Geologischen Vereinigung in Innsbruck.

Donnerstag den 29. A u g u*s t : A7 ormittags 9 y2 Uhr : Sitzung im Hor- s a a 1 des Geologischen Instituts. V ortrage und Besprechung fiber Alpengeologie.

Bisher sind Vortrage angemeldet der Herren:

0. Ampfeeer, Vorlage neuer Karten und Arbeiten tiber die Umgebung von Innsbruck.

Derselbe, Uber das Bewegungsbild der Nordtiroler Kalkalpen.

F. Becke (Thema vorbehalten).

\A7. v. Seidlitz (Thema vorbehalten).

G. Steinmann, Das lepontinische Deckensystem in den Alpen und im Appenin.

AVeitere Anmeldungen sind zu richten an Prof. STEiNMANN-Bonn. N achmittags : Exkursion zur M ii n d u n g des A7 o m p e r 1 o c h s. Gehzeit 3 4 Stunden. Abfahrt von Innsbruck nach Schwaz und Riick- kehr nach Ubereinkunft.

Aufbau der Inntalterrassen (Liegend Morane Interglazial-Delta des A7omperbaches und Terrassensedimente Hangend Morane). Tektonik des Siidrandes des Karwendelgebirges.

Fiihrung 0. Ampfeeer. Ubernachten in Innsbruck.

A7. AA7estende der Tauern.

Fiihrung: J. Sander- Innsbruck.

F r e i t a g den 30. A ugust: Bahnfalirt Innsbruc k Mayrhofen. Inns¬ bruck ab 5,20; Jenbach an 6,18, ab 6,44; Mayrhofen an 8,17. Fuss- marscli nach Lauersbach. Mittagsrast. Besuch des Krierkars (7 stiin- dig) oder des Talschlusses von Hintertux (4 sttindig). Zusammenkunft und Nacht in Lanersbac h.

296

Geologiscke Yereinigung.

Sams tag den 81. August : Yon Lanersbach durch das Nasse Tux auf das Torjoch: Begehung der Umgebung des Torjochs. Riickkehr nach Lanersbach. Ubernachten. Proviant mitnehmen !

Sonntag den 1. September: Lanersbac li Mayrhofen liber den Astegger Holienweg. Abfahrt von Mayrhofen 2,03 Nm. Jenbach an 3,38, ab 4,15. Bischofshofen an 8,00, ab 9,23, Radstadt an 10,17 abends.

Oder: Lauersbach (Aufbruch 4,30 friih) Tuxerjoch Schmirntal— St. Jodok. St. Jodok ab 1,50 Nm. Innsbruck an 2,43, ab 3,40. Ead- s t a d t an 10,17 abends.

Ubernachten : Radstadt, Hotel Post (Briefadresse).

VI. Radstadter Tauern.

Fiihrung: L. KoBEE-Wien.

Mpnt ag d e n 2. September: Rads tad t Unter Ober tauern. Nach- tigung im H o t e 1 W i s e n e g g. Fahrt von Radstadt bis Unter-Tauern. Quarzit-Gneisdecke (unter-ostalpin) auf Radstadter Decke (lepontinisch). Gehzeit 4 5 Stunden.

D i e n s t a g d e n 3. September: Ober-Tauer n— Tweng M autern- dorf. Nachtigung daselbst. Fahrt von Tweng nach Mauterndorf. Die Entwickliuig der Radstadter Decke. Die Uberschiebung des ost- alpinen auf Radstadter Mesozoikum. Gehzeit 5 Stunden. Proviant mit¬ nehmen ! Ivleineres Gepack kann hier in Empfang genommen werden.

Mittwocli den 4. September: Mauterndorf Speiereck St. Micha eh Nachtigung: Gasthof zur Post (Ronacher). Die tieferen Rad¬ stadter (Klamm-) Decken. Die Kalkphyllitgruppe. Gehzeit 7 Stunden. Proviant mitnehmen ! Ivleineres Gepack kann hier in Empfang genommen werden.

VII. Ostrand des „lepontiiiisclien Tauernfensters“ und Zentralgneis.

Fiihrung: F. BECKE-Wien.

Donnerstag den 5. September: Yon St. Michael liber den Katsch- berg aufs Untertschaneck, Abstieg nach Rennweg. Marschzeit 6 Stunden. Proviant mitnehmen! Katschbergschiefer und mesozoische Schollen zwischen der lepontinisclien Schieferhiille und dem Altkri- stallin der Bundscliuhmasse. Nachtlager Rennweg, Gast h a u s zur Post (Hiss) Poststation: Ivleineres Gepack wil’d nach Rennweg geschickt, kann abends in Empfang genommen werden.

F r e i t a g den 6. Sep fe m ber: Ubergang liber die Torscharte ins Maltatal.

Nachtstation Touristengasthaus Pfliiglhof im Maltatal. Marschzeit 7 Stunden. Proviant mitnehmen! Fortsetzung der Katschberg-Uber- schiebung. Diaphthorite, mesozoische Spuren, Profit der Schieferhiille und Randzone des Zentralgneises. Pfliiglhof ist Poststation, Gepack wil’d hierher vorausgeschickt,

S a m s t a g* den 7. September: Melnikkar, Zentralgneis, SO Ende der Silbereckscholle, Marmor und Glimmerschiefer mit Zentralgneis ver- faltet. Seharfer Anstieg von 1500 m rel. Hohe. Proviant mitnehmen! Zurlick zum Pfliiglhof. Ende der Exkursion.

Eilige konnen noch am selben Tage mit bestellten Wagen die Balm- station Spittal Millstattersee erreichen. Ab dort Ziige nach Innsbruck Salzburg 11,13, nach Salzburg Miinchen l,lfi, nach Yillach Klagen- furt 10,2o, nach Linz 8,i£, nach Franzensfeste Bozen— Innsbruck 10,12.

Auf der ganzen Exkursion 1. 7. Sept, empfiehlt sicli als Gepack nur

leichter Handkoffer oder verschliessbarer Rucksack. Grossere Ivoffer nhissen

von Radstadt per Balm nach Spittal-Millstattersee vorausgesendet werden.

Auszug aus den Satzungen der „Geologisclien Vereinigung11.

§ 3. Mitgliedschaft.

Die Anmeldung zur Mitgliedschaft erfolgt an den Kassenfuhrerj. Das Eintrittsgeld betragt 5 M., der Jahr esb eitrag 10 M. fiir Personen sowohl wie fiir Institute, Bibliotheken usw. Die lebenslangliche Mit¬ gliedschaft einer Person kann durch einmalige Zahlung von 250 M. erworben werden. Wer eine einmalige Zahlung von 1000 M. leistet, wird als Stifter gefiihrt. Alle Mitglieder erhalten die ,,Geologische Rundschau" unentgeltlich und portofrei zugestellt.

Dei' Jahresh eitrag ist bis Ende Januar an den Kassenfiihrer f einzuzahlen, andernfalls wird er durch Postauftrag erhoben. Yerweigerung der Zah- lung bedeutet Austritt aus der Yereinigung und zieht Einstellung der Zusendung der Zeitschrift nach sich.

Der Yorstand:

Ehrenprasident : E. Suess (Wien)

I. Vorsitzender: E. Kayser (Marburg)

Stellvertret. Yorsitzender: Ch. Barrois (Lille)

» » G. A. F. Molengraaff (Haag)

> » A. Rothpletz (Miinchen)

» » Th. Tschernyschew (St. Petersburg)

Schriftfiihrer : Fr. Drevermann (Frankfurt a. M. , Senckenbergi-

sches Museum, Victoria Allee 7)

Stellvertret. Schriftfiihrer: R. Richter (Frankfurt a. M.)

Redakteur: G. Steinmann (Bonn)

Mitredakteur: W. Salomon (Heidelberg)

» O. Wilckens (Jena)

i-Kassenfilhrer: H. Schulze-Hein (Frankfurt a. M., Eschenheimer Anlage)

:: VERLAG YON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG

Die Entstehung der Kontinente der Vulkane und Gebirge

9

von

P. Oswald Kohler

Mit 2 Abbildungen im Text. Gr. 8. 1908 (YI u. 58 S.) Ji 1.60

.... In der Tat erschiittert die Durchsickt dieser Schrift, die sich auf durch- aus solide Grundlagen und logische Schliisse stiitzt, die bisher nahezu unge- priift hingenommene Hypothese von einer auBern, schneller erharteten Kruste und einem innern (noch feuerfliissigen) Kerne .

Literarisclier Handiveiser 1908 No. 11.

Chemisclies Laboratorium von Prof. Dr. M. Dittrich

Heidelberg, Brunnengasse 14

Mineral-, Erz- und Gesteinsuntersuchungen. Quell- und Mineral- wasseranalysen. Untersuchungen auf Radioaktivitat.

:: YERLAG YON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG ::

Geologie von Deutschland

und den angrenzenden Gebieten

von

Dr. Richard Lepsius

Geh. Oberbergrat, Professor an der Techn. Hochschule,

Direktor der Geologisc’nen Landesanstalt zu Darmstadt.

Erster Teil: Das westliche und siidliche Deutschland. Mit einer geologischen Karte, einer Tafel farbiger Profile und 136 Profilen im Text. Herabgesetzter Preis Jl 24. brosch., Jl 27. geb. Davon einzeln: Lief. 1. Jl 8.25. Lief. 2. Jl 5.25. Lief. 3. Jl 10.50.

Zweiter Teil: Das ostliche und nordliche Deutschland. Mit 88 Profilen im Text und zwei Profil-Tafeln. Jl 18.— brosch., Jl 21. geb. Davon einzeln: Lief. 1. Jl 8.—. Lief. 2. Jl 10. .

Newcomb - Engelmann’s

Populare Astronomie

Vierte, veranderte und vermehrte Auflage In Gemeinschaft mit Eberhard, Ludendorff und Schwarzschild

herausgegeben von

Paul Kempf

Mit 213 Abbildungen im Text nnd auf 21 Tafeln 1910. XVI n. 772 S. Gr. 8. Jl 14. ; in Leinen geb. Ji 15.60.

.... die beste volkstiimliche Einftihrung in die astronomische Wissenscliaft, die wir uberhaupt besitzen. (»Kosmos« Handwciser fiir Naturfreunde. Heft 5. 1911.)

.... it is undoubtedly the best of its kind in any language.

(The Astrophysical Journal. Volume XXXIII. Number 2. March 1911.)

Es ist iiberfliissig, liber dieses Werk noch ein Wort des Lobes zu sagen, jeder Astronom und Freund der Himmelskunde kennt es nnd weiB es zu schatzen. Bemerkt mag dagegen werden, daB die neue Auflage wesentliche Anderuugen hauptsachlich auf dem Gebiete der Astrophysik aufweist und den neuesten Stand- punkt dieses nnn schon mancbes Jahr im Vordergrund der astronomischen Untersuchungen stehenden Zweiges der Himmelskunde darlegt. Die Ausstattung entspricht der Bedeutung des Werkes. (Kblnische Zeitung Nr. 105. 1911)

Druck von Breitkopf & Hiirtel in Leipzig

4

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