Natural History Museum Library

BAND VIII

HEFT 3/4

GEOLOGISCHE RUNDSCHAU

ZEITSCHRIFT FUR ALLGEMEINE GEOLOGIE

HERAUSGEGEBEN YON DEE

GEOLOGISOHEN

VEREINIGIJNG

UNTER DER SCHRIFTLEITUNG YON

G. STEINMANN

(BONN)

W. SALOMON O. WILCKENS

(HEIDELBERG) (STRASSBURG i. E.)

ERSCHEINT JAHRLICH IN 8 HEFTEN YON JE 4-5 BOGEN BEZUGSPREIS M. 12.—. EINZELHEFTE M. 2.-

Ausgegeben am

LEIPZIG

YERLAG YON WILHELM ENGELMANN

1917

J

INHALT

Seite

I. Aufsatze und Mitteilungen:

Hans Stille, Injektivfaltung and damit zusammenhangende

Erscheinungen. (Mit 15 Figuren im Text) . 89

II. Besprechungen:

Die Geologie von Neuseeland. (Otto Wilckens) . 143

III. Geologischer Unterricht :

Yerzeichnis der geologischen Yorlesungen an den deutschen Hoch- schulen im Sominersemester 1917 . 162

IY. Bucher- und Zeitschriftenschau:

Jakresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen geologischen

Vereins. Bd. YI, Heft 2 . 165

Sapper, Katalog der geschichtlichen Yulkanausbriiche . 165

Mintrop, Einflihrung in die Markscheidekunst . 166

J. Park, A Textbook of Geology . 166

Geologische Karte von PreuBen. Lief. 212. Bl. Marburg und Nieder- walgern . . . 166

V. Geologische Vereinigung:

Bericht iiber die Hauptversammlung in Frankfurt a. M. am 6. Ja- nuar 1917 168

Die Fachg enossen und Verleger werden gebeten, Bucher und Sonderabzuge zum ZivecU der Besprechung an den Verleger der Bundschau , Wilhelm Engelmann , Leipzig , Mittelstrafie 2 zu senden . JEbendahin sind auch Beschwerden iiber niclit zugegangene JEEefte der Zeitschrift zu richten.

Znsendungen an die Schriftleitnng

An den Scliriftleiter Professor G* Steinmann , Bonn , Poppelsdorfer Allee 98 sind zu senden:

1. Aufsatze und kleinere Mitteilungen, Notizen usw.

2. Besprechungen aus den Gebieten: Tektonik, Niveauschwankungen, Morphologie, Erosion, Glazialgeologie, Sedimentbildung, Erdol, Kohlen, usw. Geologischer Unterricht.

An den Scliriftleiter Professor W . Salomon , Heidelberg:

Besprechungen aus den Gebieten: Chemische Geologie, Petrographie, Salzlagerstatten , Metamorphosen, Erzgangbildung , Prakambrium, Erd- inneres, Yulkanismus, Erdbeben, Geologie anderer Weltkorper, Tech- nische Geologie.

An den Scliriftleiter Professor O. Wilckens , StraJSburg i, E»f Ruprechts- auer Allee 22 :

Besprechungen aus den Gebieten: Stratigraphie, Regionale Geologie.

Die Yerfasser von Auf satzen und Mitteilungen erhalten 100 Sonderdrucke unentgeltlich, weitere gegen Erstattung der Herstellungskosten. Zusammen- fassende Besprechungen werden mit 60 JS, Einzelreferate und kleinere Mitteilungen mit 40 Jl fiir den Bogen bezahlt. Yon den Besprechungen werden 50 Sonderdrucke unentgeltlich, weitere gegen Erstattung der Herstellungs¬ kosten geliefert.

Die Kosten fiir Satzverbesserungen, die das iibliche MaB iiber- schreiten, fallen den Yerfassern zur Last.

Uber die Beigabe von Abbildungen ist vorherige Yerstiindigung mit der Schriftleitung erforderlich.

In der Niederschrift sind zu bezeichnen:

Yerfassernamen (Majuskel), Yersteinerungsnamen - (kursiv),

wichtige Dinge - (gesperrt), llberschriften ===== (fett).

I. Aufsatze und Mitteilungen.

Injektivfaltung und damit zusammenhangende

Erscheinungen.

Yon Hans Still© (Gottingen).1)

(Mit 15 Figuren im Text.)

Inhalt. Seite

Einleitung: Die Begriffe »Injektivfaltung« und »Faltungsinjektion(t .... 90

I. Die drei Haupttypen der saxonischen Faltung . 92

1. Schilderung der Typen . . 92

a) Der niederhessische Faltungstypus (dejektive Faltung) .... 92

b) Der nordhannoversche Faltungstypus (ejektive Faltung) .... 94

c) Der siidhannoversche Faltungstypus (kongruente Faltung) ... 95

2. Die Verkniipfung der Typen saxonischer Tektonik . 96

a) Raumliche Verkniipfung . 96

b) Verkniipfung durch Mittelformen . 96

3. Hessische » Graben (' und nordhannoversche »Horste« als Teile von

Fatten . 98

IT. Vorbe merkungen zur Erklarung injektiver Faltungen . . . 101

1. Die Faktoren Mobilitat und Position beim Zustandekommen einer

Faltung . 101

a) Der Faktor Mobilitat (Gefiigigkeit gegen den orogenetisehen Druck) 101

b) Der Faktor Position (Erreichbarkeit fiir den orogenetisehen Druck) 107

c) Selektive Faltung nach Mobilitat und Position . 108

2. Faltung und Faltungsarbeit . 109

III. Erklarung der kongruenten und injektiven saxonischen

Faltung . 112

1. Das Untergrundbild bei Eintritt der saxonischen Faltung .... 112

2. Selektive saxonische Faltung . 114

3. Inkongruente Faltung infolge von ungleichmaBiger Druckwirkung . 116

a) Dejektive Faltung bei starrerer Tiefe . 117

b) Ejektive Faltung bei mobilerer Tiefe . 119

4. Kongruente Faltung bei gleichmaBigerer Druckwirkung . 125

5. Zusammenfassung . 126

IV. Injektive Salzfaltung und Salzaufstieg . 130

1. Injektive Salzfaltung und Mobilitat . 130

2. Isostatischer Auf trieb des spezifisch leichten Salzes nach Arrhenius -

Lachmann . 134

3. Salzinjektion in Spalten . 135

4. Terminologisches . 135

V. Zur Systematik der Horste und Graben . 136

1. Begriff Horst und Graben. Haupteinteilung . .136

2. Undulationshorste und Undulationsgraben . 137

1) Vorgetragen auf der Hauptversammlung in Frankfurt a. M. am 6. Jan 1917.

Geologische Rundschau. VIII. 7

90 I. Aufsatze und Mitteilungen.

Seite

3. Undationshorste und Undationsgraben . 138

4. Unterscheidung von Horsten und Graben undatorischer und undula-

torischer Entstehung . 140

5. Hebung und Senkung bei der Entstehung der Horste und Graben . 141

Textfiguren.

Eig. 1. Schematisches Bild eines hessischen Grabens (dejektive Faltung) . 93

Fig. 2. Schematisches Bild eines nordhannoverschen Horstes (ejektive

Faltung) . 94

Fig. 3. Schematisches Bild einer Falte von sudhannoverschem Typus (kon- .

gruente Bruchf altung ) . 95

Fig. 4. Der raumliche Zusammenhang zwischen den Haupttypen saxo-

nischer Faltung . 97

Fig. 5. Reihenfolge der Haupttypen saxonischer Faltung von S. nach N.,

veranschaulicht in einem schematischen Profile . 98

Fig. 6. Profilreihe durch einen niederhessischen Graben . 99

Fig. 7. Die drei Haupttypen saxonischer Tektonik unter Vernachlassigung

der Verwerf ungen . . 100

Fig. 8. Formen der Einpassung auf engeren Raum. . . Ill

Fig . 9. Untergrund und Faltungsf orm bei der saxonischen Gebirgsbildung . . 113

Fig. 10. Gesteinsmobilitat und Faltungsform . . . . 122

Fig. 11. Ungleiche Hochbewegung von Hangendem und Liegendem bei un-

gleichmaBiger Einengung . 124

Fig. 12. Schematische Veranschaulichung der Injektion komprimablerer

Massen in Zonen geringerer Kompression . 127

Fig: 13. Inkongruente Faltung und Faltungswiderstande . 128

Fig. 14. Injektion und Gegenbewegung (Reaktion) bei inkongruenter Faltung 129 Fig. 15. Schmale (undulatorische) »Schollengraben« in einem weiten (unda-

torischen) ^Beckengraben « 141

Einleitung:

Die Begriffe »IujektiYfaltung« und >Faltungsinjektion <.

Unter »injektiver Faltung « verstelie ich eine Faltung unter ge- steigertem Yortriebe einzelner Faltenelemente. Der Vortrieb kann ins Liegende, Hangende oder Nebengebirge gericbtet sein; erfolgt er ins Liegende, so spreche ich von dejektiver (dejektiv = abwartig injektiv), erfolgt er ins Hangende, von ejektiver (ejektiv = auf- wartig injektiv) Faltung. Eine »Faltungs injektion « (Injektion durch Faltung) ist ein Eintrieb von Gesteinsmaterial in benachbartes Gebirge durch den episodischen orogenetischen Druck (Faltungsdruck). Die Begriffe winjektive Faltung « und ))Faltungsinjektion« decken sich nicht ganz, wenigstens solange man die Moglichkeit offen laBt, daB unter bestimmten Yerhaltnissen auch vulkanischer Glutbrei durch tek- tonischen Druck vorgetrieben werden kann (tektoniscke Injektion vul- kanischen Materiales neben derjenigen nichtvulkanischen). Dazu ist injektive Faltung das Gesamtphanomen einer Faltung, die hinsicht- lich einzelner Faltenelemente injektiv verfahrt, die »Faltungsinjektion« dagegen der spezielle Yortrieb des einzelnen Faltenelemente s.

H. Stille Injektivfaltung u. darnit zusammenhangende Eischeinungen. 91

Die Bezeichnung »injektive« Faltung ist ja der vulkanischen Nomenklatur entlehnt, denn in extremen Fallen haben die resul- tierenden Inj ektivkorper hinsichtlicli ihrer Konturen und ihrer Lage zum Nebengebirge mancherlei Ahnlichkeit mit vulkanischen Intrusiv- massen. So konnen z. B. die Gange, die von sehr mobilen Tonmassen oder gar vom )>Salzbrei« gebildet werden, den Gangen von »Glutbrei« als geologische Korper sehr ahneln, und auch die »Salzstocke« konnen in manchen Fallen an Eruptivstocke kleinerer Ausmessung erinnern. Aber auch hinsichtlich der wirkenden Krafte und der ganzen Art des injektiven Vorganges scheinen Vergleichspunkte zwischen gewissen Arten vulkanischer Injektion und dem tektonischen Vorschube einzelner unge- wohnlich mobiler, dabei aber nichtvulkanischer Materialien zu bestehen.

Auch sonst sind in der geologischen Literatur zur Kennzeichnung von tektonischen Erscheinungen bereits Bilder aus dem Gebiete des Vulkanismus entlehnt worden. So sei, um nur bei den deutschen Ver- haltnissen zu bleiben, an das )>eruptive« Rot E. Zimmermanns1) und an E. Harborts2) Ausfiihrungen iiber das Aufsteigen der Salzmassen in Spalten nach Art eines Magmas erinnert. Allerdings wurden, besonders in letzterem Falle, die treibenden Krafte anders aufgefaBt, wie ich es im folgenden tue, namlich nicht als tangential gerichtet und episodisch wirkend, sondern als vertikal gerichtet und mehr oder weniger kon- tinuierlich andauernd. Auch F. Rinne3) spricht von einer »Injektion« der Salzmassen in ihr Nebengestein.

x) E. Zimmermann, Wissensch. Bericht iiber Aufnahmen auf den Blattern Stadtilm und Plaue. Jahrb. preuB. geol. Landesanst. f. 1889. S. LIV: »Innerhalb dieses [Storungs-jStreifens ist ein Sattel bemerkenswert, der unter den mancherlei Formen seiner Ausbi Idling auch eine solche zeigt, wo in der Achse des Sattels als altestes Glied Mittlerer Muschelkalk hinzieht und mitten aus cliesem eine nur ganz kleine (800 und 200 Schritt Durchmesser zeigende) linsenformig umgrenzte Stelle zutage tritt, gebildet vorwiegend von Mittlerem und daneben von etwas Oberem Buntsandstein. Kartographisch ist das Bild dieses Auftretens eines tieferen Gesteins zwischen holier gelegenem, im Kern eines Sattels, mehr ahnlich dem eines E r u p t i v s t o c k e s , als dem eines .Horstes ! Ich kann hier zugleich noch kurz hervorheben, daB ich in der Fortsetzung derselben Storungszone noch an mehreren Stellen Rot in einer Weise habe auftretend gefunden, daB das Kartenbild ganz an das eines Eruptivgesteinsganges erinnert, welcher bald eine mit Ver- werfung verbundene Spalte benutzt, bald eine Spalte, neben welcher keine Ver- werfung nachweisbar ist. «

Derselbe, Uber eigenttimliche » eruptive « Formen des Auftretens von Sedi- mentgesteinen bei Stadt 11m. Ztschr. d. deutsch. Geol. Ges. 1895, S. 615.

2) Vgl. u. a. E. Harbort, Zur Geologie der nordhannoverseken Salzhorste. Ztschr. d. deutsch. geol. Ges. 1910, Monatsber., S. 330 und 331.

3) F. Rinne, Metamorphosen von Salzen und Silikatgesteinen. 7. Jahresber. d. Niedersachs. geolog. Ver. 1914, S. 252ff., spez. S. 255, 264/265. S. 255; AVeiterhin kann es unter dem EinfluB des Hangenddruckes ebenfalls zu seitlichen Vorschuben kommen, weim plastischem Material, etwa Salzen, die Gelegenheifc zum AbflieBen in Zonen geringeren Widerstandes der Gesteinsschale sich dar- bietet, in die sie dann gangformig injiziert werden. «

7*

92

I. Aufsatze und Mitteilungen.

I. Die drei Haupttypen der saxonischen Faltung.

1. Schilderung der Typen.

Aus der Fiille tektonischer Formen, zu denen die saxonische Bruch- faltnng im mittel- nnd nordwestdeutschen Boden gefiilirt hat, treten e n:ge Haupttypen besonders hervor, die wieder durch TTbergange in weitestem MaBe miteinander verkniipft sind. Es ist zunachst ein mittlerer Typus vorhanden, namlich derjenige der normalen oder, wie ich ihn hier gleich nennen will, da in ihm die zerrissenen Sattel und Mulden einiger- maBen kongruent entwickelt sind, der

kongruenten saxonischen Faltung.

Demgegenuber ist die

inkongruente saxonische Faltung durch starke Verschiedenheit in der Entwicklung der Sattel und Mulden charakterisiert. Sie erscheint in den Formen der

dejektiven saxonischen Faltung, wenn die Muldenzonen unverhaltnismaBig tief eingesenkt sind, und der

ejektiven saxonischen Faltung, wenn die Sattelzonen eine unverhaltnismaBig weite Vorstulpung er- fahren haben.

Diese Typen der saxonischen Faltung trennen sich auch regional, und nach den Hauptverbrei ungsgebieten in den niederhessisch-nieder- sachsischen Landen unterscheide ich

1. den niederhessischen Typus (dejektive Faltung),

2. den siidhannoverscken Typus (kongruente Faltung),

3. den nordhannoverschen Typus (ejektive Fa’tung).

Der niederhessische Typus kommt am auffalligsten in den hessischen »Grabenzonen« zum Ausdrucke; der nordhannoversche Typus hat seine Hauptverbreitung im mittleren und nordlichen Hannover, im Gebiete der »Horste«, d. h. der hochaufgepreBten Sattelkerne. Dazwischen liegt im Randgebiete des N’ederdeutschen Beckens das Gebiet der kon¬ gruenten Bruchfaltung (slidhannoverscher Typus).

a) Der niederhessische Faltungst ypus (dejektive Faltung).

In der Hessischen Senke (Rheinische Tiefe vor dem Ostrande der Rheinischen Masse) finden wir, wenn wir absehen von den tertiaren und eruptiven Gesteinen, die ja nach den Untersuchungen von Gkupe, Bucking u. a. jiinger als der Hauptteil der saxonischen Tektonik sind, in weitester Verbreitung flachlagernde oder schwach gewellte Tafeln alterer Trias, in die in schmalen, aber weit fortstreichenden Zonen jungere Schichten, vorwiegend solche des Muschelkalks und Keupers, lokal auch des Juras, eingesenkt sind. Diese schmalen Zonen jiingeren Gesteins sind die hessischen Graben. Wir haben also in Nieder- hessen sehr breite Bezirke der alteren Schichten und recht sc h male Zonen j lingerer und finden die Dislokationen besonders dort,

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 93

wo die jiingeren Schichten auftreten. Diese Dislokationszonen sind eben in erster Linie die Grabenzonen, und wenn man einen "Ober- blick iiber die Tektonik Hessens gewinnen will, so pflegt man ja zu- nachst den Verlanf der Grabenzonen zu verfolgen.

Fig. 1 zeigt uns einen schematiscben Scbnitt durch einen hessischen Graben, veranscbaulicbt an der Lage einer einzelnen Schicht.

Die Grabenzonen sind als Mulden, die dazwischen liegen- den Bezirke alterer Sedimente als Sattelgebiete aufznfassen, wenn auch in letzteren die Schichten weithin vollig oder fast vollig flach liegen und die sattelformige Anordnung erst mit Annaherung an die Graben¬ zonen etwas deutlicher in Er- scheinung zu treten pflegt. Ich bezeichne diese Sattelzonen, die gegen- iiber den schmalen Muldenzonen eine ganz ungewohnliche Breite haben, als ))Breitsattel«.

Hier und da treten in den Grabenzonen Niederhessens und der dstlich angrenzenden thiiringischen Gebiete schmale Streifen ( »Auf- pressungshorste«) alterer Schichten, und selbst solcher, die alter als die Schichten der angrenzenden Breitsattel sind, auf; recht haufig handelt es sich um Zechstein. Aber diese Aufpressungen werden nach Masse und Betrag durch Masse und Betrag der Einsenkungen in der Regel mehr als ausgeglichen , so dab auch dort, wo diese )>Grabenhorste« auftreten, die tektonische Gesamtleistung auf die Niederziehung einer schmalen Erdzone hinauskommt. Allerdings ist somit der Bau der Grabenzone lokal wesentlich verwickelter, als das einfache Schema in Fig. 1 angibt; es sind tektonische Zonen, die entweder, was die Regel ist, ganz aus versenkten Schichten bestehen, oder in denen die versenkten Schichten doch raumlich auberordentlich vorwalten.

Es ist eine sehr auffallige Erscheinung, dab die erwahnten Schollen hoheren Alters nicht, wie man nach Erfahrungen in anderen Gebieten saxonischer Bruchfaltung wohl zunachst erwarten miibte, im Kerne der sattelfor migen Aufwolbungen, sondern gerade in den Zonen der Muldengraben auftreten; es ist, als ob eine Reaktion der Tiefe gegen den Senkungsvorgang (vgl. unten) eingetreten ware. Jedenfalls liegt aber in diesen alteren Schollen innerhalb der Graben¬ zonen wieder ein Hinweis darauf, dab in den durch die Graben charak- terisierten tektonischen Zonen Niederhessens und der angrenzenden thiiringischen Gebiete Krafte gewirkt haben, die unter Umstanden auch zur Aufpressung von Schollen aus groberer Tiefe heraus befahigt sind.

Fig. 1. Sche matisches Bild eines hessischen Grabens (dejektive Faltung).

94

I. Aufsatze und Mitteilungen.

b) Der nordhanno verse he Faltungstypus (ejektive Faltung).

Die Umkehrung des hessischen Typus ist der nordhanno verse he, wie wir ihn in seiner ausgesprochensten Entwicklung in Mittel- und Nordhannover kennen. Kedet man in Hessen von den hessischen »Gra- ben«, um die tektonische Eigenart des Landes zu charakterisieren, so spricht man in Mittel- und Nordhannover von den hannoverschen »Horsten«, unter denen bekanntlich der )>Salzhorst « eine ganz beson- dere Rolle spielt.

Das schematische Bild eines solchen Horstes gibt Fig. 2.

Wir haben hier weitverbreitet und weithin in recht f lacher Lagerung

die j linger en Schichten (im Siiden vorherrschend Kreide, im Norden

vorherrschend Tertiar1), da-

' zwischen in schmalen Zo-

nen die alteren (Jura, Trias,

Zechsteinsalz). Die Dis-

lokationszonen sind die

Horstzonen, und wenn wir

einen Xlberblick liber die

Tektonik dieser Gebiete, z.B.

der Liineburger Heide, gewin-

nen wollen, so folgen wir den

-p. o o u -D-11- -i ))x4.ufpressungshorsten((.

Fig. 2. Schematisches Bild eines nord- 1 * 4 . &

hannoverschen Horstes (ejektive Faltung). Zwischen den hochge-

preBten Horstzonen (Sattel-

zonen) erstrecken sich die weiten »Breitmulden((, bestehend aus flach

oder doch nur schwach muldenformig gelagerten jiingeren Schichten.

Man betrachte die Bilder 1 und 2, um zu erkennen, daB der eine

Typus die Umkehrung des anderen ist. Inwiefern das zutrifft,

sei im folgenden zusammengestellt :

Niederhessen.

1. Ausgedehnte Bezirke ziem- lich flachlagernder und verhalt- nismaBig we nig gestorter alte- rer Schichten (»Breitsattel«).

2. Schmale Zonen stark gestor¬ ter j lingerer Schichten (sog. Grabenzonen).

3. Storungszonen hauptsachlich dort, wo die jiingeren Schich¬ ten auftreten.

N ordhannover.

Ausgedehnte Bezirke ziemlich flachlagernder und verhaltnis- maBig wenig gestorter j linge¬ rer Schichten ( »Breitmulden(().

Schmale Zonen stark gestorter alterer Schichten (sog. Horst¬ zonen).

Storungszonen hauptsachlich dort, wo die alteren Schichten auf¬ treten.

1) Hier ist im Gegensatze zu Hessen (s. oben) ein wesentlicher Teil der saxo-

nischen Gebirgsbildung noch j linger als das vorhandene Tertiar, und zwar aucli

noch als das Obermiozan ( vgl. H. Stille, Untergrund der Liineburger Heide usw.

4. Jahresber. d. Niedersachs. geol. Ver. 1911, S. 225ff., spez. S. 274 276).

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 95

Zusa mmenfassung.

Niederhessen:

Weitansgedelinte, schwachgefal- tete bis flache Tafeln alt ere r Schichten, unterbrochen durch schmale, stark gestorte Zonen j lingerer.

Nordhanno ver :

Weitausgedehnte , schwachgefal- tete bis flache Tafeln j lingerer Schichten , unterbrochen durch schmale, stark gestorte Zonen alterer.

Stellen wir die Bilder 1 und 2 iibereinander, so ist das eine das Spiegel- bild des anderen; was beim einen in abwartiger Ttichtung eirigetreten ist, hat sich beim anderen in aufwartiger ereignet.

c) Der siidhannoversche Faltungstypus (kongruente Faltung).

Zwischen dem Gebiete des niederhessischen und dem des nord- hannoverschen Faltungstypus liegt eine Zone, in der trotz vielfacher ortlicher Abweichungen im groBen und ganzen eine mehr gleichmaBige Entwicklung der Sattel und Mulden zu erkennen ist. Ein scherna- tisches Bild der dortigen zerbrochenen Falten gibt Fig. 3. In dieser

Fig. 3. Schematisches Bild einer Falte von siidhanno- verschem Typus (kongruente Bruchfaltung).

Art sind im allgemeinen z. B. die Falten des Egge-Yorlandes oder die- jenigen Slidhannovers nordlich des Sollinggebirges, das noch den nieder¬ hessischen tektonischen Tyftus zeigt, entwickelt.

Wir erkennen wversenkte Muldenkerne« (G) und ))gehobene Sattel- kerne« (H). Neben der Mulde erscheint als nach der Entwicklung gieich- berechtigt der Sattel, neben dem »Graben« der »Horst«. Die Storungen setzen ziemlich gleichmaBig in jiingeren und alteren Schichten auf und das jiingere ist in der Yerbreitung vor dem alteren und das altere vor dem jiingeren nicht wesentlich bevorzugt, soweit es sich’nicht um transgredierende und nach der altesten Faltungsphase abgelagerte Schichten handelt.

Das ist der siidhannoversche Typus der saxonischen Gebirgs-

bildung.

96

I. Aufsatze und Mitteilungen.

2. Die Verkniipfung der Typen saxonischer Tektonik.

Die drei geschilderten Typen der saxonischen Tektonik sind eng miteinander verkniipft, nnd zwar

a) raumlich,

b) durch Mittelformen.

a) Raumliche Verkniipfnng.

Weitaushaltende Systeme wrheinischer « nnd »herzynischer « Dis- lokationen setzen das saxonische Faltengitter zusammen, nnd die ein- zelnen Weilen dnrchkreuzen einander, haufig nnter Interferenzerschei- nungen, oder lenken anch wohl ineinander ein oder setzen sick nach ihrer Vereinignng in Mittelricbtungen fort. Eine infolge Kriegsaus- brnches leider bisher nicht zur Veroffentlichung gelangte tektonische Karte der niederhessisch-niedersachsischen Lande wird all diese Yer- haltnisse im einzelnen zeigen. Nord-siidlich gerichtete Dislokationszonen verfolgen wir von Hessen ans we it nordwarts. So dnrcbscbneidet die »Scbwalm Leine Nette-Zone« fast geradlinig ganz Niederhessen und kreuzt dabei die Fulda bei Altmorschen nnd die Werra oberbalb Witzen- hausen, folgt bei Gottingen dem Leinetale nnd verlaBt dieses bei Nort¬ hern, nacbdem die Hanptfortsetznngen des Leinetalgrabens nacb NW. abgebogen sind, setzt dann am Westrande des Harzes her und ist weiter nordwarts im flachen Hiigellande und danacb im Flachlande bis zur Aller, ja wabrscheinlich liber diese binans bis zur Elbe nnd bis Mecklen¬ burg zn verfolgen. Eine andere, die »Eder Diemel Egge-Zone«, fiihrt von Hessen in nordwestlicher Richtung, sich immer mebr kom- plizierend, indem sie immer nene berzynische Strange von Osten her anfnimmt, zum Eggegebirge und Osning. So haben wir einheitliche und zusammenhangende Zonen tektonischer Vorgange, aber die Art der Vorgange unterliegt innerhalb der Zonen groBen Anderungen. Im Siiden enthalten die Zonen die hessiscben »Graben«, weiter nord- lich die sudhannoverscben Sattel und Mulden und endlich in den Rand- gebieten des Flachlandes und in dem Flachlande selbst die nordhan- noverscben »Horste«. Kommen wir z. B. aus Niederhessen nach Siid- bannover, so treten die typiscben Graben bald zuriick und statt ihrer erscheinen die breiten »Versenkungsbecken(( v. Koenens (Hilsmulde, Markoldendorfer Mulde, Gronauer Kreidemulde usw.), die schon deut- lichst den Cbarakter der Mulde tragen und ja auch von alters her als solcbe bezeicbnet worden sind. Gehen wir anderseits von der Liineburger Heide siidwarts, so treten an die Stelle der schmalen Horstzonen die sich verbreiternden Sattel, wie etwa der Hildesheimer Wald.

b) Verkniipfung durch Mittelformen.

Aber nicht nur raumliche Zusammenhange verkniipfen die Typen saxonischer Gebirgsbildung, sondern alle formalen Hbergange vermit- teln vom sudhannoverschen so wohl zum niederhessischen, wie auch

H. Stille Injektivfaltimg u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 97

zum nordhannoverschen Typus, und so verknupfen sick iiber den siidhan- noverschen aucli die in ihrer Form so entgegengesetzten niederhessischen und nordhannoverschen Typen miteinander. Der Graben verbreitert sich, der trennende Bezirk alterer Gebilde verschmalert sich, wahrend die Wolbung der Scbichten in ihm zunimmt, und aus dem »nieder- hessischen « wird ein » siidhannoversches « Gebilde; die nordhanno- versche »Horstzone(( ge- winnt an Breite auf Kosten Norden

der trennenden Zonen f lach- lagernder j lingerer Sedi- mente, die eine zunehmende muldenformige Anordnung erkennen lassen, und aus dem nordhannoverschen Typus saxonischer Faltung entwickelt sich der siid- hannoversche. So sind die )) niederhessischen « , » siid-

hannoverschen « und »nord- hannoverschen« Formen der saxonischen Gebirgsbildung nur Typen, und zwar die niederhessische und nord- hannoversche Form sozu- sagen die extremsten, die sudhannoversche Form ein mittlerer Typus in einer

Gebilde.

Den von Siiden nach Norden erfolgenden tlber- gang vom niederhessischen zum slidhannoverschen und weiter zum nordhannover¬ schen Typus veranschau- lichen in ganz schemati- scher Weise Fig. 4 und 5, und zwar Fig. 4 in einer GrundriBdarstellung, Fig. 5 in einem von Norden nach Siiden gelegten Profile. Fig. 4 soil speziell zeigen, wie sich raum- lich der Breitsattel Niederhessens mit dem Sattel Siidhannovers und dem Horst Nordhannovers und ferner der Graben Hessens mit der Mulde Siidhannovers und der Breitmulde Nordhannovers verkniipft. In dieser Figur ist auch der bald herzynisch, bald rheinisch gerichtete Yerlauf der saxonischen Faltungszonen angedeutet, und daB dabei fiir

langen Reihe ineinander iibergehender tektonischer

Fig. 4. Der raumliche Zusammenhang zwischen den Haupttypen saxonischer

Faltung.

98

I. Aufsatze und Mitteilungen.

den siidhannoverschen Typus die herzvnische Richtung gewah.lt wurde, mag andeuten, daB dieser Typus besonders deutlich dort entwickelt ist, wo die saxonische Faltung vorwiegend herzynisch geht, wenn er auch

Fig. 5. Reihenfolge der Haupttypen saxonischer Faltung von S. nach N., veranschaulicht in einem sche matischen Profile.

an anderen Stellen ebensogut unter rheinischer Richtung oder unter Egge-Richtung (Mittelrichtung zwischen rheinischen und herzynischen Falten) auftritt.

3. Hessische Graben und nordhannoversche Horste als Teile von Falten.

Sind die Gebilde Siidhannovers »Falten«, entstanden durch seit- lichen Druck, so sind auch einerseits die hessischen Graben, anderer- seits die nordhannoverschen Horste Falten oder Teile von solchen. und zwar sind sie ganz extreme Formen der Faltung, die sich aus ortlichen Verhaltnissen erklaren. Es ist undenkbar, daB der hessische Graben, der im Fortstreichen zur siidhannoverschen Mulde wird und mit dieser durch alle Ubergangsformen verbunden ist, oder daB der nordhannoversche Horst, an dessen Stelle nach Siiden ganz allmahlich normale saxonische Sattel treten, durch ganz andere Krafte erzeugt sein sollte, wie die eine Mittelstellung einnehmende siidhannoversche Falte; verschieden war nur die ortliche Wirkungsweise der Krafte. Oder wo ware der Schnitt zu machen zwischen den Gebilden von siid- hannoverschem Typus, die man noch als Falten ansprechen diirfte. und denen von hannoverscher oder niederhessischer Art, denen diese Bezeichnung vorzuenthalten ware?

Als Hauptargument dafiir, daB die saxonische Gebirgsbildung eine Faltung ist, habe ich gegeniiber der SuESSschen Senkungstheorie unter genauer Darstellung der beweisenden Yerhaltnisse geltend gemacht1), daB sie mit einer Aufwartsbewegung der sich in die Form der Mulden und Sattel legenden und dabei vielfach zerreiBenden Gesteinsmassen verbunden war, wie ja iiberhaupt Faltungszonen Zonen der orogene- tischen Aufwartsbewegung sind. Und auch die hessischen Graben sind gleichzeitig mit einer Aufwartsbewegung des ganzen sie umschlieBen- den Gebietes der hessischen Tiefe entstanden, wie jedenfalls fiir ihre Fortsetzung im siidost lichen Westfalen aus der den tektonischen Bewe- gungen folgenden tiefeingreifenden Denudation der vorher versenkt

!) Vgl. u. a. H. Stille, Die saxonische »Faltung«. Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1013, Bd. 65, Monatsber., S. 575 ff.

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Ersclieinungen. 99

liegenden Gesteinsmassen erweisbar ist. Wie aber bei einer Faltung innerhalb der aufsteigenden Faltungszone die Mulde hinsicbtlicb des Betrages der Aufwartsbewegung hinter dem Sattel zuriAckbleibt, so sind aucb die Graben gegeniiber den angrenzenden Zonen etwas zuriickgeblieben nnd damit relativ ge- sunken. Legen wir einmal die Stein- MANNsche Einteilung der gebirgsbildenden Vorgange in positive nnd negative x) zu- grunde, so sind die bessiscben Graben keines- wegs Erzeugnisse einer negativen, sondern einer dnrcbaus positiven Gebirgsbildnng.

Die Briiche sind nicht, wie z. B. E. Suess es im ))Antlitz derErde« darstellt, Ur s ache der saxonischen Bewegungen, sondern deren aus den besonderen Verhaltnissen des Unter- grundes zu erklarende Begleiterschei- nnng, denn die Bewegungen erfolgen zum Teil auch ohne Verwerf ungen. Das mag uns fur den speziellen Fall der dejek- tiven saxonischen Gebirgsbildung nochmals durch eine Profilserie durch ein und den- selben hessischen Senkstreifen (vgl. Fig. 6) vor Augen gefiihrt werden. In den Schnitten a und b ist der Senkstreifen zweiseitig, im Schnitte c einseitig, im Schnitte d iiberhaupt nicht von Verwerf ungen begrenzt, aber der tektonische Effekt ist in alien vier Fallen der gleiche.

Die saxonischen Graben sind auch nicht Ursache, sondern" Begleit die Gebilde einer Zerrung in der Erdkruste. erscheinung der Einsenkung Denn ganz abgesehen davon, daB sie unter einer differentiellen Aufwartsbewegung des gesamten sie umschlieBenden »Senkungs- feldes« entstanden sind, was mit der Vor- stellung einer Zerrung des Bodens schwer vereinbar ist, zeigen schon die Aufschliisse in und entlang den Grabenzonen fortwahrend die Er- scheinungen der Stauung, und auch auf die schon erwahnten horst-

Fig. 6. Profilreilie durch einen nieder hessischen » G r a b e n «.

Sie soil veranschaulichen, daB die Verwerf ungen nicht

sind, denn die Ein¬ senkung erfolgt (Schnitt d und z. T. Schnitt c) auch ohne Verwerfungen.

1) G. Steinmann (Die Bedeutung der jiingeren Granite in den Alpen, Geolog. Rundschau 1913. Bericht uber Hauptvers. der Geol. Vereinigung zu Frankfurt am 4. Jan. 1913, S. 4, Anm. 1) mochte »als positive Gebirgsbildung . . . diejenigen gebirgsbildenden Vorgange bezeichnen, die sich vorwiegend aus hebenden Be¬ wegungen zusammensetzen, mogen diese sich als Folgen von Faltungen oder von schollen- oder blockformigem Aufsteigen ergeben. Negative Gebirgsbildungen sind dagegen solche, die sich vorwiegend in Senkungen und Einbriichen auBeriKt.

Wir haben bei den hessischen Graben »schollenformiges Aufsteigen « »als Folge von Faltungen «.

100

I. Aufsatze und Mitteilungen.

artig aufgepreBten Scbollen im Znge der Graben sei bier nocbmals ver- wiesen. Stauungserscbeinungen, z. B. Gberscbiebungen, finden wir ja nacb Andreae, Salomon, Klemm u. a. aucb an den Randern des Oberrbeiniscben Grabens, und ferner bebt Bowl1) bervor, daB die bedeutendste der SuESSscben ))Disjunktiv«zonen, d. h. die groBe ost- afrikanische Grabenzone mit ihren Fortsetzungen iin Roten Meere und in Syrien, gerade dort, wo sie am besten untersucbt ist, d. b. in Syrien (Fraas, Diener, Blanckenhorn), keine Zerrung, sondern eine erbeblicbe Stauung erkennen laBt.

Das alles spricbt dafiir, daB Graben, wenn wir von Ausnabmef alien2) abseben, nicbt Gebilde einer Zerrung, sondern einer Pressung sind, und zwar die saxoniscben Graben die Gebilde derselben Pressung, die

die saxoniscben Geosynklina- len oder docb wenigstens ibre Randzonen in den orogeneti- scben Pbasen auf warts be- wegte.

In Fig. 7 stelle icb die ge- scbilderten drei Haupttypen saxoniscber Gebirgsbildung unter Yernacblassigung der Yerwerfungen einander nocb¬ mals gegenuber.

Der Yersucb, die Ent- stebung der bessiscben »Gra- ben« oder nordbannoverscben ))Horste« zu deuten, ist oft gemacbt worden, aber dabei wurde meist jede der beiden tektoniscben Formen als Einzelerscbeinung bebandelt. Demgegenuber kam es mir in vorstebenden Ausfiibrungen besonders darauf an, die Graben und Horste eines bestimmten Gebietes in ibrem groBeren Zusammenbange mit anderen tektoniscben Gebilden und uberbaupt als Glieder in einer langen Reibe miteinander eng verknlipfter Erscbeinungen zu kennzeicbnen und gewiB kann nur eine solcbe Deutung uns befriedigen, die diesen naturlicben Zusammenhangen Rechnung tragt.

1) Lowl, Geologie, S. 153.

2) Mit solchen Ausnahmen ( »Zerrungsgraben« ) habe icli mich in einem in der Zeitschr. d. deutschen geol. Gesellscbaft f. 1916 (Monatsberichte, S. 2691’f.) er- scheinenden Aufsatze liber ))Hebung und Faltung im sogenaimten Schollengebirge und zwar speziell in dem Kapitel IV liber »Kompression und sekundare Lockerung beschaftigt. Dock auch in solchen Fallen erscheint die etwaige lokale Zerrung am letzten Ende als eine Folge von allgemeinereti Pressungserscheinungen und keinesfalls als unmittelbare Folge eines Zuges in die Tiefe.

N o nd e n

Fig. 7. Die drei Haupttypen saxoni¬ scber Tektonik unter Yernacblassi¬ gung der Verwerfungen.

a) Ejektive Faltung (Stiilpsattel und Breit- mulden). b) Kongruente Faltung (normale Sattel und Mulden). c) Dejektive Faltung (Breitsattel und Stlilpmulden).

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 101

II. Yorbemerkungen zur Erklarung injektiver Faltungen.

1. Dio Faktoren Mobilitat und Position beim Zustandekommen einer

Faltung.

a) Der Faktor Mobilitat (Gefiigigkeit gegen den orogene-

tischen Druck).

Unter der Mobilitat und der Stabilitat (Resistenz) eines bestimmten Gesteinsmaterials oder einer ganzen Erdzone verstehe ich im folgenden ganz allgemein den die tektonische Umgestaltung und speziell die Ein- passung in engeren Raum erleichternden oder erschwerenden Zustand. Als » mobile « und »stabile« Zonen hat in diesem Sinne auch E. Haug die Geosynklinalen und Festlandschwellen einander gegeniibergestellt. Mobil ware als »nachgiebig gegen den orogenetischen Druck «, stabil als »widersetzlich gegen den orogenetischen Druck « zu definieren. Mobile und stabile Korper sind, wie Milch1) zutreffend hinsichtlich der plastischen und starren Substanzen ausfuhrt, nicht der Art, son- dern nur dem Grade nach verschieden, denn absolut stabile Korper, d. h. solche, die iiberhaupt nicht mehr umformbar sind, gibt es ebenso- wenig wie absolut mobile, d. h. solche, die sich ohne Widerstand durch orogenetischen Druck einengen lassen; so gebrauchen wir die Bezeich- nungen stabil und mobil nur fur Zustande, die dem einen oder anderen Grenzfalle mehr genahert sind.

In welcher Form das Material der Einpassung in engeren Raum unterliegt, ob unter AufreiBen von Yerwerf ungen oder sonstwie rup¬ tured, z. B. feinkataklastisch, oder ob bruchlos, und im letzteren Falle ob rein plastisch, ob unter besonderer Bevorzugung von Translations- flachen oder ob unter Umkristallisation oder Ummineralisation, oder ob auf die eine und die andere Weise, alles das bleibt bei Anwendung der in dieser Hinsicht ganzlich neutral gedachten Bezeichnungen »mo- bil« und » stabil « zunachst auBer Betracht. Es soil eben nur zum Aus- drucke kommen, in welchem Grade iiberhaupt der Widerstand gegen die Einengung vorhanden ist. Die Plastizitat, d. h. nach Tammann die reziproke innere Reibung, spielt zwar insofern eine ganz besondere Rolle, als sie die bei der Einengung eintretenden Verbiegungen der Schichten in hohem MaBe erleichtert, und deshalb sind die Faktoren, die die Plastizitat erhohen, zugleich auch »mobilisierende«.

Alb. Heim2) hat ja den Begriff plastisch sehr weit gefaBt, denn bei ihm ist plastisch gleich bruchlos umformbar, und er spricht in diesem Sinne von plastischer Gesteinsumformung, solange das Gestein um- geformt wird, ohne als Gestein zu zerbrechen. Die feintrummerige Zerquetschung des Quarzes, der Losungsumsatz des Feldspates, die

1) L. Milch, Tiber Plastizitat der Mineralien und Gesteine. Geol. Rundschau 1911, Bd. 2, S. 145ff.

2) Vgl. u. a. Geologische Nachlese Nr. 19. Vierteljahrschr. d. Nat. Ges. Zurich, Bd. 53, S. 33 ff., 1908.

I. Auf sat ze und Mitteilungen.

10 2

Verschieb ungen entlang den Blattchen von Sericit und Glimmer, alles das sind bei ihm Teile der )>plastischen« Umformung eines Granites in einen Gneis. Milch bat 1. c. mit Recht darauf hingewiesen, dab man brucblose und plastiscbe Umformung nicbt als gleicbwertig betrachten darf; zwar ist die plastiscbe Umformung eine bruchlose, aber nicbt jede brucblose Umformung ist eine plastiscbe, denn aucb Umkristalli- sation und Ummineralisation konnen brucblose Umformung hervor- rufen oder neben der plastiscben erbeblicb mitwirken. Aucb Lachmann1) hat mebrfacb auf die Notwendigkeit scbarferer Fassung und Anwen- dung des Begriffes »plastisch« hingewiesen. Fiir die » plastiscben « Yer- anderungen im Sinne von Heim, d. h. fur alle Arten brucbloser Yer- anderung, bringt Milch (1. c. S. 161) den allgemeinen Ausdruck »Um- formung« in Yorscblag, und zwar im Gegensatz zur ))Zertrummerung«; bei der ))Umformung« andert der Korper nur seine Gestalt, bei der ))Zertrummerung (( verliert er sie. In diesem Sinne ware die brucblose Faltung noch eine »Umformung((, aber ein paar Risse in den Falten wiirden geniigen, um den Begriff der »Formung« auszuschlieBen ; wenn aber nach ziemlicb allgemeiner Annabme die Brucbfalten in groBerer Tiefe, soweit sie dort nicht ausklingen, in brucblose Falten ubergeben, so ware derselbe faltenscbaffende Yorgang zwar in der Tiefe eine »Um- formung«, in hoheren Solen aber nicbt mehr. Da es nun beUder Diskussion bedeutsamer geologiscber Fragen zunacbst auf die Tatsache und den Grad der Einengung an sich ankommt, ganz abgesehen da von, wie sie gescbab, ob bruchlos oder ob unter Bruchbildung, so bedurfen wir eines Begriffes, der noch weiter gefaBt ist, als wumformbar « im Sinne von Milch, und als soldier wird eben )>mobil« bzw. sein Gegen- teil »stabil« im folgenden verwandt.

Die Mobilitat der Gesteinsmassen, die uns an der Tagesoberfiache entgegentreten, ist nun abhangig von der Bescbaffenbeit der Einzel- materialien und vom ganzen Gesteinsverbande. Ein stark gefalteter Boden zeigt nach allgemeineren Erfabrungen eine erbeblicbe Wider- standskraft gegen neue Yerbiegung, besonders wenn sie nicht im Sinne der alten Faltenwellen verlauft, wabrend vielleicbt die Mehrzahl der Komponenten dieses Gebirges als Einzelplatten der Yerbiegung weit geringeren Widerstand entgegensetzen wiirden. So haben wir die Spe- zial mobilitat des einzelnen Gesteinsstiickes von der Komplex- mobilitat der groBeren tektonischen Einheit zu unterscbeiden. Gerade die Yersteifung der Erdzonen durch Faltung ist von besonderer Bedeutung. Mit ihr bat man sich schon vielfacb beschaftigt, so z. B. Frech (Tribulaungruppe 1893, Karniscbe Alpen 1894) in den Alpen, Y. Uhlig2) in den Karpathen, und auch sonst ist in Mitteleuropa und

L) Vgl. u. a. R. Lachmanx, Salzauftrieb, 3. Folge. Zeitschr. Kali, 6. Jalirgang.

2) V. Uhlig, Uber Gebirgsbildung. Wien 1904. S. 16: »Das mesozoiscbe Fal- tungsgebirge erweist sich widerstandsfahig gegen die alttertiare, das alttertiare Gebirge widerstandsfahig gegen die jungtertiare Faltung. «

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erse he inungen. 103

speziell in Mitteldeutschland zu erkennen, daB der jiingere Faltungs- vorgang die Massen mit alter er Faltung, d. h. die variscischen »Rah- men«, sozusagen umgeht und erst in den gerahmten Feldern in dem MaBe an Bedentung gewinnt, wie sick iiber dem gefalteten Grund- gebirge ein flacbes Sediment, d. h. solcbes von groBerer Mobilitat, ein- stellt1). Sicher sind aber in vielen Fallen groBerer Starrheit eines Grund- gebirges aneb allerlei magma tisebe Injektionen oder anch, wie Lowl in seinem Lehrbnche der Geologie annahm, die hohere Lage des kristal- linen Untergrundes von Bedentung. Die Erstarrung gefalteter Gebiete spielt ja auch in der E. SuESSschen Synthese der Gebirge unserer Erde eine ganz besondere Rolle, und zwar definiert Suess die Erstarrung als das ))Ende der Spannungen«2). So gilt fur Suess die Rheingegend als »erstarrt«, weil dort »einseitige gebirgsbildende Spannung« feblt. Suess mochte die Ursacbe der Erstarrung in den Senkungen suchen. In diesem Sinne wird von ihm in Erwagung gezogen (1. c.), ob vielleicht die europaiseben Senkungen die Erstarrung der variscischen Zonen her- beigeflihrt baben, und zwar hat er dabei, wie er es spater nochmals klar ausspricht3), die Einsenkungen im Innern des Rabmens im Auge. Unmoglich kann man meines Erachtens E. Suess hierin zustimmen4). Senkungen mit anschlieBender Sedimentation br ingen, wenn wir von Ausnahmefallen der Erfullung der Senkungen durcb ungewohnlicb machtige und starre, wohl meist zoogene, Kalkmassen oder durcb macb- tige vulkaniscbe Ergusse absehen, flacbe und mobilere Scbicbttafeln dorthin, wo vor der Senkung gefaltetes varisciscbes Gebirge lag, d. h. sie ersetzen Material von hoherer komplexer Stabilitat durcb mobileres, und so finden wir ja die mobilen Zonen innerbalb des variscischen Rah- mens gerade dort, wo die Senkungen eingetreten waren. Ich meine also gerade entgegen der SuESSschen Auffassung, daB Senkungen innerhalb einer groBeren tektonischen Einbeit niebt zur Erstarrung fiihren, son- dern neue Mobilitat und neues tektonisebes Leben in vorher starrere Zonen hineintragen5).

1) H. Stille, Die mitteldeutsche Rahmenfaltung. 3. Jahresber. d. Nieder- sachs. geol. Vereins 1910, S. 141 ff.

2) E. Suess, Antlitz der Erde lit, 2, S. 720.

3) »Unter diesenUmstanden muBte die Frage erwachen, ob die Einsenkungen im Innern des Rahmens die Ursache seiner Erstarrung sind. « E. Suess, Uber die Zerlegung der gebirgsbildenden Kraft. Mitt. Geol. Ges. Wien 1912, S. 60.

4) Zur notwendigen Erlauterung einer bestimmten Vorstellung habe ich den nachfolgenden Gedankengang , z. T. mit denselben Worten, in einer FuBnote zu dem Anm. 2 S. 100 zitierten Aufsatze iiber »Hebung und Faltung im sogenannten Sc hollengebirge« schon kurz vorwegnehmen miissen.

5) Etwas anders kann zwar die Sachlage sein, wenn es sich nicht, wrie es E. Suess in bezug auf die Verhaltnisse Mitteleuropas vorschwebte, um Senkungen innerhalb, sondern um solche neben einer tektonischen Einheit handelt. Das spielt zwar weniger eine Rolle bei undulatorischen Vorgangen (Faltungen), als bei undatorischen. In spateren Ausfiihrungen iiber Undationsgesetze wird zu zeigen sein, daB ein tektonischer Komplex von bestimmter Resistenz sich neben

104

I. Aufsatze und Mitteilungen.

Die jeweilige Mobilitat des Gesteins ist die Funktion der verschie- denartigsten physikaliscben Verhaltnisse, unter denen das Gestein steht, und sie andert sich natiirlick, sobald das Gestein unter ver- anderte Verhaltnisse kommt. So steigert sie sick mit zunekmender Tiefe. Die dabei in Frage kommenden mobilisierenden Faktoren Belastung und Temperatur fiihren zu der »latenten« Teufenmobilitat der anorogenetiscken Zeiten, wie ick mit einer Yariante der bekannten HEiMschen Ausdrucksweise sagen mochte.

Der orogenetiscke Druck setzt nun ein und die Teufenmobilitat tritt, um wieder an den HEiMschen Ausdruck anzuschlieBen, aus der Latenz in die Aktivitat. »Die Gberlastung mackt deformierbar, die Dislokation deformiert, « so kat Milch (1. c.) den HEiMscken Ge- dankengang etwas anders ausgedriickt. Aber meines Erachtens wirkt in mancken Fallen der orogenetiscke Druck nickt nur dislozierend (deformierend), sondern unter Umstanden auck nock, und zwar zunachst, mobilisierend, so daB das zunackst starker mobilisierte Material danach mit um so kleinerem Arbeitsaufwande deformiert werden kann. Ein Beispiel gibt das Salzgebirge, kinsicktlick dessen ick sckon an anderer Stelle1) die Auffassung vertreten kabe, daB erst der orogenetiscke Druck ikm den koken Grad von Faltbarkeit iibermittelt. Das Salz ist in den Teufen, in denen es unserer Beobacktung nock zuganglick ist, und auck in den tiefsten Bokrungen, aus denen die Kerne gekolt worden sind, ein reckt starrer Korper, darauf kat auck R. Lach- mann2) nackdriicklick in einer Diskussion gegen E. Harbort iiber die Ursacken des Salzaufstieges kingewiesen. In kaum einem anderen Gesteine konnen derartig groBe Raume, wie die Abbaufirsten unserer Kaliwerke, ohne jede Verzimmerung bestehen! Wenn sick nun aber feststellen laBt, daB das Salz auck nock, nackdem es bereits in geringere Teufen gehoben worden war, weitere Faltungen und Aufwartsbewegungen unter bruchloser und wokl im wesentlicken plastiscker innerer Um- formung erfahren hat, so miissen wir eben fiir die Zeiten der Umformung

einer dnrch mobileres Material wieder erfullten Senkung oder gar zwiscken solchen Senkungen relativ starr verhalten kann, und schon deskalb liier der unda- toriscben Auf warts bewegung unterliegt, wahrend er neben einer ilm an Starr - heit iibertreffenden Zone sich als relativ mobil erweist und im wesentliclien des- halb bei der Undation einen abwiirtigen Weg nimmt. Im ersteren Falle bedingt allerdings, oder steigert doch wenigstens, eine Senkung, aber eine solche neben der starreren Einheit, ein starreres Verlialten.

Ich wiederhole nochmals, um jegliche mi B verstandliche Auffassung auszu- schlieBen: Die absolute oder doch relative Starrlieit einer tektonischen Einheit wird im allgemeinen durch Senkungen innerhalb derselben vermmdert, durch solche neben derselben erhoht. In den SuESSscken Gedankengangen handelt es sich aber um Senkungen innerhalb der tektonischen Einheit.

B H. Stille, Das tektonische Bild des Benther Sattels. 7. Jahresber. d. Niedersacks. geol. Ver. 1914, S. 342 343.

2) R. Lachmann, Der Salzauftrieb, 3. Folge. Zeitschr. Kali, 6. Jahrg. Sonder- druck, S. 36 38.

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 105

eine besondere mobilisierende Kraft und als solche den orogenetischen Druck annehmen, und dafiir spricbt namentlich, daB Aufwartsbewe- gung und Faltung zu den Zeiter\ der Wirksamkeit dieses Druckes ein- getreten sind und also gerade damals der hocbmobile Zustand vor- handen war. Damit erledigt sick auch der von Lachmann gegen die plastiscbe Umformung geltend gemachte Einwand, daB das Salz in der Tiefenlage, in der es der Umformung unterlag, gar nicbt plastisch ge- wesen sei und daB schon desbalb andere Formen brucbloser Umformung, und zwar speziell Umkristallisationen, in Frage kommen muBten. Der Zustand in der beutigen anorogenetischen Zeit ist eben nicbt der gleicbe wie derjenige wahrend der Umformung in den orogenetischen Phasen. GewiB sind auch Umkristallisationen im Salzgebirge in er- beblichem Umfange erkennbar, und mogen sie auch oft genug unter dem orogenetischen Drucke eingetreten sein und an der »bruchlosen « Umformung des Salzgebirges in den orogenetischen Phasen ihren Anteil haben, so sind sie anderseits doch zum guten Teile vortekto- nischer und auch nachtektonischer, das heiBt im alten Sinne Ever- dings »posthumer « Art.

Zur Belastung und Temper atur tritt also unter Umstanden als weiterer mobilisierender Faktor der orogenetische Druck hinzu, und zwar indem er im wesentlichen die Plastizitat, daneben wohl auch die Moglichkeit zu Umkristallisationen, Ummineralisationen und Trans- lationen erhoht. »Uberlastung macht deformierbar, Dislokation defor- miert, « so hieB der alte HEiMsche Satz in der MiLCHschen Fassung (s. oben); »Uberlastung macht deformierbar, Dislokation erhoht u. U. die Deformierbarkeit und def ormiert « , so mochte ich ihn etwas erweitern. Auch die Zeit mag eine gewisse Bedeutung als mobilisierender Faktor haben, denn schlieBlich sind auch geologisch gesprochen »kurzdauernde « Yorgange nicht von heute auf morgen geschehen, doch kommt sie natiirlich fur die orogenetischen Erscheinungen nicht in annahernd gleichem MaBe in Betracht, wie fur die Undationen in den langen anorogenetischen (epirogenetischen) Zeiten.

Die verschiedengradige Mobilitat der Materialien und der ganzen Erdzonen ist ja von groBter Bedeutung bei der Erklarung der Faltem verteilung an der Oberflache unseres Planeten. Nur in den archaischen Gesteinen ist die Faltung liberall sichtbar, worauf ganz besonders E. Suess1) und im AnschluB an ihn V. Uhlig2) hinge wiesen haben. Uhlig spricht von der »Ubiquitat « der archaischen Faltungen als cinem bezeichnenden Merkmale derselben gegeniiber alien jiingeren Faltungen, so schon denen des palaozoischen Zeitalters. Die zuneh-

x) Vgl. u. a. E. Stjess, Antlitz der Erde III, 1, S. 7: »Die faltende Kraft ist einst fiber den ganzen Erdball tatig gewesen, heute aber ortlich beschrankt. «

2) Viktor Uhlig, 1. c. S. 10: »Die Faltung war daher in jener friiliesten Urzeit der Erde ein universeller ProzeB, der in alien Teilen der Erdkruste Spuren hinterlieB. <t

Geologische Rundschau. VIII.

3

106

I. Aufsatze und Mitteilungen.

mende Differenzierung in starrere und mobilere Erdzonen gilt als Ur- saclre der Lokalisierung der jiingeren Faltungen. Auf Mobilitats- verhaltnissen beruht ja aucb in erster Linie der Gegensatz zwiscben den ungefaitet bleibenden Scbwellen und der starken Faltung um diese herum in den ebemaligen Geosynklinalgebieten, und so erklart sicli das ganze Bild der ihre Stammsckwellen umziekenden Faltenkranze. Gefaltet wurden in erster Linie diejenigen Erdsclrnitte, die nack ikrer Gesamtbeschaffenheit, und nickt etwa nur in einer vielleickt nur geringmacktigen Oberschicht, am leicktesten faltbar waren, soweit nickt etwa Absckerungen groBten Stiles die Obersckickt unabkangig von ikrer Unterlage mackten.

- ; Aber nickt nur in nebeneinandery sondern auck in uberein- a n der liegenden Zonen und Materialien kann infolge groBerer Mobili- tatsuntersckiede der Grad der Faltung ein versckiedener sein. Sckon die starkere Faltung und Faltelung der Sckiefertone und Tonsckiefer unseres palaozoischen Grundgebirges gegeniiber den starreren Quarziten und Grauwacken, zwiscben die sie oft eindringen, ist ein Beispiel dessen, und von besonders extremen Fallen dieser Art wird bei der Deutung der injektiven saxoniscken Faltung die Rede sein. Stark mobile Mate¬ rialien werden dann unter Umstanden beim Einsetzen des Faltungs- druckes auch stark injektiv.

Die versckiedenartige Reaktion auf den Gebirgsdruck innerkalb eines und desselben Profiles aus rein qualitativen (stofflicken oder struk- turellen) Grunden bezeichne ich mit einem auck sonst sckon in der Literatur in diesem Sinne gebrauckten Ausdrucke1) als eine » disbar - monisckecc. Diskarmoniscke Faltung werden wir zwar besonders auf- fallig in mancken Teilen des inkongruenten2) Faltenwurfes und in ge- wissen Fallen sogar als Ursacke oder dock als Mitursacke der Inkon- gruenz zwiscben Mulden und Satteln kennen lernen, aber keineswegs ist jede inkongruente Faltung auch eine diskarmoniscke, wie ander- seits diskarmonische Reaktionen auf den tektonischen Druck auck bei kongruenten Faltungsformen durckaus nickt feklen.

Die Folgen unkarmoniscken V erhaltens der Gesteine sind die nament- lick in den Faltengebirgen sckon oft diskutierten tektonischen Diskor- danzen ( ))Faltungsdiskordanzen«).

x) E. Haug, Traite de Geologie, I, 1907, S. 216. A. Buxtorf (Prognosen und Befunde beim Hauensteinbasis- und Grenchenbergtunnel usw. Verb, naturf. Gesellscli. Basel 1916, Bd. XXVII, S. 249) spriclit von der » unharmonischen « Faltung der Malmkalke liber den Oxfordtonen. Vgl. ferner F. A. Schaffer, Grund- ziige der Allgem. Geologie 1916, S. 133 und Fig. 169 auf S. 135.

2) Bei der inkongruenten Gebirgsbildung erfahren die Faltenelemente Sattel und Mulde eine ungleiche Entwicklung, die unharmonische Faltung zeigt sich dagegen in ein und demselben Faltenelemente, z. B. innerhalb ein und desselben Sattels.

H. Stille Injek tivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 107

b) Der Faktor Position.

(Erreichbarkeit fiir den orogenetischen Druck.)

Die bisher betracbtete Mobilitat der einzelnen Erdzonen vermag aliein nicht den ortlichen Grad der Eeaktion auf den Faltungsdruck zu erklaren, finden wir doch, daB nnter Umstanden relativ mobile Mate- rialien und Erdschnitte nngefaltet bleiben, wahrend sich solche gleicber oder gar geringerer Mobilitat oft in nnfernen Zonen falteten. Audi die Lageverhaltnisse spielen eine groBe Rolle. Eine zu faltende Ge- steinsmasse muB eben nicht nur ausreichend gefiigig gegenuber deni tektonischen Drucke, sondern auch fiir ihn erreichbar sein. Dabei wird durch die Mobilitatsverhaltnisse der Grad der Gefiigigkeit, durch die Positionsverhaltnisse1) der Grad der Erreichbarkeit bestimmt.

Wir sprachen von der Faltung der mobileren Geosynklinalzonen neben den starreren und deshalb der Faltung widerstehenden Massen. Es ergreift nun aber in sehr vielen Fallen die Faltung nicht die ganze Geosynklinale, sondern nur die mehr randlichen Zonen und verklingt in der Richtung auf die inneren Teile, die durchaus nicht weniger mobil, meist sogar mobiler sind. Man mag den Faltungsdruck als von den Schwellen(Rahmen) kommend annehmenund dasVerklingen der Faltung als Folge der durch Reibungswiderstande hervorgerufenenVerschwachung der faltenden Kraft mit zunehmender Entfernung von der Schwelle betrachten2), oder man mag, wie E. Suess es zum Teil tat, die Rolle der Schwellen als eine rein stauende fiir die durch ganz andersartigen Im- puls geschaffenen Erdwellen auffassen, jedenfalls ist durch den zunehmenden Ab stand von der Schwelle oder, allgemeiner gesagt, durch positionare Verhaltnisse das Yerklingen der Faltung zu erklaren.

Ebensowenig wie aliein die Mobilitat bedingt aber auch aliein die Schwellennahe den Grad der Faltung, finden wir doch, daB der Faltenkranz um die Schwellen auf gewisse Erstreckungen oder gar ganzlich fehlen kann oder daB zwischen der Schwelle und den Falten- ziigen noch weite, allerdings relativ flachgriindige, ungefaltete Zonen3)

1) AuBer durch diese kann die »Erreichbarkeit!( in manchen Fallen anschei- nend auch noch durch die Ausgestaltung der vermittelnden Zone zwischen Schwelle und Geosynklinale beeinfiuBt sein.

2) Im Sinne der Kontraktionstheorie erklart sich der besondere Druck, den die Schwelle auf die angrenzenden Geosynklinalgebiete bei dem Faltungsvorgange ausubt, aus der Starrheit der Schwelle. Die notwendig werdende Einengung ver- teilt sich infolge der Dishomogenitat des Untergrundes ungleichmaBig (vgl. oben), das Starre behalt annahernd seine alte Ausdehnung, nimmt dadurch dem Mobi¬ leren, einen Teil des Raumes, der diesem bei gleichmaBiger Einengung zukommen wiirde, und zwingt es somit durch seine Resistenz zu verstarktem Zusammen- schube. Die »faltende« Wirkung der Schwelle ist in diesem Sinne gewissermaBen eine aktive Wirkung aus Passivitat.

3) Gerade diese werden dann oft in einer spateren Phase nach inzwischen eingetretener Erhohung der Faltbarkeit durch starkere sakulare Senkung und

8*

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I. Aufsatze und Mitteilungen.

bleiben. Vielmehr ist das Yerteilungsbild der Falten oder, was auf dasselbe hinauskommt, die regionale Intensitat der Faltung eine Funktion der Mobilitat und der Distanz von der Stamms chwelle, und erst diese beiden Faktoren zusammen bestimmen, inwieweit eine Erdzone fur die Faltung pradestiniert ist.

Doch nicht nur in horizontaler, sondern aucb in vertikaler Richtung kann sick aus den Lageverhaltnissen ein Sebutz fiir an sick mobile Materialien ergeben. Wir stellen uns eine starre Platte und dariiber ein System flacher und mobiler Schickten vor und lassen nun den oro- genetiscken seitlicken Druck wirken. Dann leistet natiirlick die starrere Platte Widerstand, aber auck die zunackst liber ikr liegenden Sckickten und, in sick verschwachendem MaBe, die alsdann folgenden sind durck die starre Basalplatte der vollen Wirkung des seitlicken Druckes ent- zogen. So muB auck ein infolge alterer Faltung oder aus sonstigen Grunden starreres )>Grundgebirge « einen Sckutz auf sein Hangendes ausliben, und zwar bis zu einer bestimmten Hoke und in einem nack dem Hangenden sick verschwachenden Grade. Wir wollen im folgenden von dem festlegenden »Grundsckutze « ( »Basalsckutze «) der starreren Unterlage innerkalb ihrer bis zu bestimmter Hohe reichenden »Bann- zone« sprechen. In dieser Bannzone nimmt die Angreifbarkeit in ab- wartiger Richtung, d. k. entgegen der wenn auch geringen Zunahme der Teufenmobilitat, ab.

Der Basalsckutz muB um so starker sein, je starrer die Basis ist, und sich deshalb mit zunekmender Tiefenlage der Basis verschwachen. Mit der Basis sinkt aber auch die Bannzone, und so wirkt die zunehmende Tiefe auf die Bannzone in zweierlei Hinsicht f altungserleickternd : sie erhoht erstens die Mobilitat der Bannzone und sie vermindert zweitens den faltungshemmenden Grundschutz, indem sie die Starrheit des Grundgebirges kerabsetzt.

Auck von einem »Flankenschutz «, der unter ganz besonderen Ver- haltnissen auf an sick mobilere Sckickttafeln aurch senkrecht oder schrag zur Richtung der Faltung stekende starrere Massen ausgeiibt werden kann, wird unten noch gelegentlich die Rede sein.

c) Selektive Faltung nach Mobilitat und Position.

Die in gewissen Pkasen der Erdgesckichte einsetzende Faltung ver- fahrb, wie wir nun sagen wollen, selektiv (auswahlend), und zwar

1. hinsichtlick nebeneinander liegender Zonen ( »zonare Selektion«),

2. hinsicktlich liber einander liegender Niveaus und Materialien.

entsprechende Sedimentation zu Statten starker Gebirgsbildung (Wandern der Gebirgsbildung rahmenwarts, z. B. der Alpenfaltung nach Norden gegen die va- risoischen Rahmen, der Faltung des Himalaja und Hindukusch sudwarts gegen Gondwanaland, der Faltung der Pacific Mountains Nordamerikas jungjuras- sische »Pacif ic-Re volution « ostwarts gegen den kanadischen Schild in der spat- eretacisch- alttertiaren »Laramide-Revolution<( der Rocky Mountains).

H. Stille Injektivfaltung v. damit zusarnmenhangende Ersche inungen. 109

Die Auswahl erfolgt entsprechend der Angreifbarkeit der Zonen und Materialien, wobei die Angreifbarkeit sich zum Teil auf die groBere oder geringere innere Starke (substantielle Verhaltnisse), zum Teil auf die mehr oder weiiiger geschiitzte Lage (Positionsverhaltnisse) griindet; in diesem Sinne wirken substantielle Selektion (Auswahl nach Mobilitat) und positionare Selektion (Auswahl nach Lage) zusammen.

Auf substantielle Selektion kommt die disharmonische Faltung innerhalb ein und desselben Erdschnittes hinaus. Auch die zonare Selektion ist zum guten Teil eine substantielle, doch kommt es bei ihr nicht so sehr auf die Mobilitat der Einzelsubstanz, als vielmehr auf die durchschnittliche Mobilitat ganzer Gesteinszonen an.

Die positionare Selektion wurde im vorigen Kapitel durch zwei Beispiele erlautert, deren eines solche Erdzonen, die nebeneinander, deren anderes solche, die iibereinander liegen, betraf. Die Faltung ergreift in verstarktem Mafie die fur sie am leichtesten erreichbaren Gesteinsmassen, d. h. in ersterem Falle die einer starreren Schwelle in horizontalem Sinne naher liegenden, im zweiten Falle die von einem starreren Grundgebirge in vertikalem Sinne entfernteren. Es schiitzt beim horizontalen Nebeneinander die Entfernung ( »Distanzschutz«), beim vertikalen TTbereinander die Nahe (»Basalschutz«) des Starreren.

2. Faltung und|Faltungsarbeit.

Der orogenetische Druck vollbringt bei der Einengung der Ge¬ steinsmassen auf schmaleren Raum

1. seitliche Verfrachtung (Schubarbeit),

2. Hochbewegung (Hebungsarbeit).

3. Deformation (Deformationsarbeit).

Unter » Deformation « sind hier die gesamtenl Veranderungen inner¬ halb der durch den seitlichen Druck seitwarts und aufwarts bewegten Massen verstanden, und zwar sowohl die groBe Umformung zu einem Systeme von Falten und Schollen usw., wie auch die Kleinarbeit der »inneren« Umformungen.

Die drei Arten der Arbeitsleistung greifen ineinander (z. B. Defor¬ mation unter seitlicher Verfrachtung und Hochbewegung), aber dennoch ist hier zum besseren Verst andnis gewisser tektonischer Dinge die schar- fere Trennung einmal geboten.

Die Schubarbeit tritt bei der so schwachen saxonischen Faltung in den Hintergrund. Sehen wir von ihr ab, so erscheint diejenige Art der Faltung als besonders arbeitsokonomisch, die

1. Hebungsarbeit, G

2. Deformationsarbeit moglichst erspart.

Hebungsarbeit kann z. B. durch Ausnutzung irgendwelcher ge- steigerten Aufnahmemoglichkeit der tief eren Solen oder durch gesteigerte Hochbewegung der spezifisch leichteren Stoffe zugunsten schwacherer

110

I. Aufsatze und.Mitteilungen.

Hochbewegung der spezifisch schwereren verringert werden. Auch unter diesem Gesichtspunkte haben wir nacbher gewisse Verhaltnisse nachzupriifen.

Ob icb nun ein Kilogramm starren Eisens oder ein Kilogramm be- weglichen Wassers hebe, ist ja in bezug auf die erforderliche Hebungs- arbeit gleichgiiltig. Aber ein groBer Unterscbied tritt hinsiclitlich der erforderlichen Arbeitsleistung ein, wenn die Hebung unter Einengung und das ist im allgemeinen der Y or gang bei der Faltung zu voll- bringen ist, nur ist es ja nicht Hebungsarbeit, die bei dieser Art der Hebung bei dem mobileren Materiale gegenliber dem starreren erspart wird, sondern Def or mationsarbeit. Nur in diesem Sinne ist es natiirlicb zu verstehen, wenn im folgenden gelegentlich davon die Rede sein wird, dafi die hohere Mobilitat die Hebungsarbeit er- leichtert.

Die GroBe der Def or mationsarbeit bleibt der in erster Linie ausschlaggebende Faktor, wenn wir die verschiedenen Formen der Faltung einmal unter dem Gesichtspunkte der Arbeitsokonomie be- trachten und zu verstehen suchen. Speziell kommt es dabei auf die Yerbiegungsarbeit an. Hierbei ist selbstverstandlich zu bedenken, daB die sehr' intensive Yerbiegung eines mobileren Materiales unter Umstanden weit geringere Arbeit erfordert, als schon die ganz schwache Yerbiegung eines starreren.

Yerbiegungsarbeit kann somit auf folgende zwei Arten erspart werden :

1. Die Verbiegung wird ganz besonders in solche Substanzen ver-

legt, die ihr wenig Widerstand entgegensetzen, zugunsten der Er- sparnis von Yerbiegung in starreren Materialien (disharmonische Yerbiegung). _ 6 | .4,

2. Die Verbiegung an sicli bleibt moglichst gering und wird durch andere Formen der Einengung auf schmaleren Raum, die durch besondere Verhaltnisse begunstigt sind, wenigstens teilweise ersetzt.

Zu 1. Yon der Ersparnis der Yerbiegungsarbeit auf erstere Art wird weiterhin noch die Rede sein. Sie kann sich bei der Auffaltung stark dishomogener Massen einstellen, indem die mobileren Massen, die sich unter entsprechend starker, aber mit geringerem Arbeitsaufwande erzielbarer Deformation neuen Raumverhaltnissen leicht einzupassen vermogen, weit voraneilen, wahrend die Hochbewegung der starreren Materialien gerade wegen der Schwierigkeit der inneren Deformation entsprechend geringer ist.

Zu 2. Die Schicht aa ist in den engeren Raum [3 (3 einzupassen. Das kann z. B. geschehen

Fall 1: durch Yerbiegung der Schicht;

Fall 2: durch AusstoBung eines Stuck es hinab ins Hangende oder hinauf ins Liegende.

H. Stille Injektivfaltung u. damit zuSammenhangende Erscheinungen. Ill

Fall 2 a.

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WSfflJZZBZZMnw

Im Falle 2 a ist das ausgestoBene Stiick aus dem Zusammenhange der iibrigen Schiclit ganzlich herausgerissen, im Falle 2 b ist es verbogen und der Zusammenhang mit der iibrigen Schiclit wenigstens teilweise gewahrt.

Im Falle 1 ist eine sehr weitgehende Yerbiegungsarbeit zu leisten, in den Fallen 2 ist sie aber erspart (2 a) oder doch lokalisiert und herab- gesetzt (2 b) durch den Heraus- schub einzelner Stiicke und deren Yortrieb in das Liegende oder Hangende. Der Gedanke liegt ohne weiteres nahe, daB in den Fallen 2 a und 2 b bestimmte Yer- haltnisse den Eintrieb einzelner Stiicke in das Liegende oder Hangende begiinstigt haben mo- gen1); denn sind solche Yerhalt- nisse gegeben, so entspricht es nur dem allgemeinen Gesetze der Arbeitsersparnis , daB die Ein- zwangung der Schichten auf enge- ren Raum sich diese Verhaltnisse zunutze macht und daB damit die Yerbiegung auf Teile der Schicht- massen beschrankt bleibt oder gar vermieden wird, und das namentlich, wenn es sich um re- lativ starr e Materialien handelt.

Die Lokalisierung des tektoni- schen Yorganges auf die schmale Mittelzone bringt aber eine ganz besondere Arbeitsersparnis, wenn sich hier infolge irgendwelcher Yorgange Materialien hoherer Mobilitat einstellen.

. Man konnte zunachst fragen, ob vielleicht Spalten, entlang denen im Hangenden oder Liegenden das Gebirge weit klafft, den tektonischen Eintrieb fordern. Wenn nun auch ein Eindringen von Materialien in Spalten in ganz extremen Fallen der Mobilitat vorkommt, so kann derartiges zur Erklarung der Gesamterscheinung der inkongruenten saxonischen Faltung schon deshalb nicht in Frage kommen, weil diese auch ohne Yerwerf ungen eintritt und weil die Yerwerfungen, wo vor- handen, nicht Ur sac he, sondern eine aus den speziellen Yerhaltnissen des Untergrundes sich erklarende Begleiterscheinung des tektonischen Yorganges der Ausstiilpung oder Einstiilpung sind (vgl. oben).

x) Dazu gehort im Falle 2 a, daB die Risse, an denen die Aufwarts- oder Ab- wartsbewegung erfolgt, infolge Sprodigkeit des Materials ohne groBen Arbeits- aufwand zu erzielen sind.

Fall 2b.

Fig. 8. For men der Einpassung auf engeren Raum.

Fall 1: Totalverbiegung.

Fall 2a: Keine Verbiegung.

Fall 2b: Partielle Verbiegung.

112

I. Aufsatze und Mitteilungen.

III. ErklaruDg der kongruenten und injektiven saxonischen

Faltung.

1. Das TJntergrundbild bei Eintritt der saxonischen Faltung.

Wollen wir nunmehr die eigenartigen Formen der saxonischen Fal¬ tung, und namentlich die injektiven, zu erklaren versucken, so miissen wir zunachst das Bild, das der zu faltende Untergrund beim Einsetzen der Faltung bot, und uberhaupt die Verhaltnisse, unter denen die Faltung erfolgte, ins Auge fassen und miissen bei einer vergleichen- den Betrachtung der Gebiete, in denen die Faltung zu so verschiedenen Formen gefiibrt hat, besonders den gegensatzlichen Verkaltnissen Be¬ ach tung schenken. Ich tue das in Form der nachstehenden Tabelle, in der »Niederhessen«, »Siidhannover « und »Nordhannover « naturlich nicht genau in ihren geographischen Grenzen, sondern in der Ausdeh- nung der fiir diese Gebiete typischen Faltungsform zu verstehen sind. In diesem Sinne sind z. B. der siidhannoversche Soiling und das slid- hannoversche Eichsfeld noch ))Niederhessen«.

1.

3.

4.

5.

a. Niederhessen.

Starke variscische Fal- tung.

Salzfloz groBer Machtig- keit entsteht im Aus- gange der Dyas.

In Oberdyas, Trias und teilweise noch im Lias Teil des Germanischen Beckens. Danach meist Teil des Mitteldeut- schen Festlandes.

Sedimentation nur bis in die altere Jurazeit und voriibergehend wieder im Tertiar. Denuda¬ tion in langen geologi- schen Zeiten.

Triadische und altjuras- sische Sedimente in- folge epirogenetischer Heraushebung schon vor der saxonischen Faltung z. T. wieder beseitigt. Auch Salz¬ floz vielleicht hier und da schon wieder aus- gelaugt. Jiingere Sedi¬ mentation unterblie- ben oder gering.

b. Siidhannover.

Starke variscische Fal¬ tung.

Salzfloz sehr groBer Machtigkeit entsteht im Ausgange der Dyas.

c. Nordhannover.

Variscische Faltung nur noch im Suden, klingt aus nach Norden.

Salzfloz von ganz be¬ sonders groBer Mach¬ tigkeit entsteht imAus- gange der Dyas.

In Oberdyas und Trias Teil des Germanischen und danach des Niederdeutschen Beckens, und zwar

randnaher Teil des letz- randfernerer Teil des teren. letzteren.

Seit Ausgang des Palaozoikums fast ununter- brochen starke Sedimentation bis zum Tertiar und z. T. auch noch in diesem. Denudationen nur sehr lokal und im allgemeinen nur n'ach orogenetischen Phasen.

Triadische und jurassische Sedimente infolge epirogenetischer Absenkung bei Beginn der saxo¬ nischen Faltung noch in urspriinglicher Machtig¬ keit vorhanden. Auch Salzfloz damals wohl noch uberall intakt.

Machtige jiingere Sedi- Sehr machtige jiingere mentation. Sedimentation.

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 113

6.

7.

a. Niederhessen.

Variscisch gefaltetes Grundgebirge bei saxo- nischer Faltung in ge- ringerer Tief e ( » f 1 a c h - grundiges« postva- riscisches Deckge- birge).

Machtiges Salzfloz bei Faltung in durch- schnittlich etwa 1000m Tiefe dicht liber dem variscischen Grundge¬ birge.

b. Siidhannover.

Variscisch gefaltetes Grundgebirge bei saxo- nischer Faltung in groBerer Tiefe (»tief- griindiges« postva- riscisches Deckge- birge).

Sehr machtiges Salz¬ floz bei Faltung in mehrere tausend Meter Tiefe dicht liber dem variscischen Grund¬ gebirge.

c. Nordhannover.

Variscisch gefaltetes Grundgebirge bei saxo- nischer Faltung in sehr groBer Tiefe oder gar fehlend (sehr »tief- grundiges« oder gar »grundloses« post- variscisches Deck- gebirge).

Sehr machtiges Salzfloz bei Faltung in viele tausend Meter Tiefe, nur im Siiden noch dicht liber einem ge- falteten Grundgebirge, im Norden liber flachen palaozoischen Schicht- tafeln.

Die Punkte 1 5 bilden die historiscbe Erklarung fur den unter 6 7 erlauterten Zustand des Bodens bei Eintritt der saxonischen Faltung.

Niederhessen

T T

N iederdeut s ches Becken

Siidhannover Nordhannover

-4 _ JL

Fig. 9. Untergrund und Faltungsfor m beidersaxonischenGebirgs- bildung. Die Punktierung im tieferen Teile des postvariscischen Deck- gebirges zeigt die Lage des permischen Salzflozes an.

Kurz und zunacbst okne Beriicksicbtigung des fiir einen Teil der zu behandelnden Fragen zwar sehr bedeutsamen permischen Salzflozes gesagt, finden wir die dejektive Faltung (niederhessischer Typus)

114

I. Aiifsatze und Mitteilungen.

in einem flachgriindigen Scliwellengebiete^ die harmonise he Fa it ung (sudhannoverscher Typus) in tie fgr tin digen und schwel- lennalien; die ejektive Faltung (norclhannoverscher Typus) in sehr tiefgriindigen bis grundlosen und schwellenferneren Zonen. Fig. 9 veranschaulicht dieses noch bildlich in schematischer Weise.

2. Selektive saxonische Faltung.

Betrachten wir nun zunachst im AnschluB an die obigen Ausfiih- rungen iiber die Bevorzugung bestimmter Zonen und Materialien durch den FaltungsprozeB die wechselnde Intensitat der Faltiing in den saxonischen Gebieten.

Da ist vorweg hervorzuheben. daB ja die ganze saxonische Faltung nur recht schwach ist. wenn wir die Starke der Faltung nach dem Grade des durch sie hervorgerufenen Zusammenschubes beurteilen und wenn wir vergleichsweise etwa die Yerhaltnisse des variscischen Bogens oder unserer jungen »echtenc( Faltengebirge heranziehen. Nur ganz lokal und in bestimmten Gesteinsgliedern (Salz) konnen sich Faltungserschei- nungeii zeigen, die gegeniiber alpinen nicht zuriickstehen. Wenn wir also von einer »starkeren« saxonischen Faltung reden, so ist das nur im Rahmen des ganzen Phanomens der saxonischen Gebirgsbildung zu verstehen. Der saxonische Boden wTar eben im groBen und ganzen w*enig gefugig, und zwar aus mancherlei Grunden. In Betracht kommt in diesem Sinne neben dem Yorhandensein des variscisch gefalteten Untergrundes ganz besonders dessen von der saxonischen Faltung ab- v'eichendes Streichen und sodann die vielfach nur geringe Bedeckung, * unter der die Falten entstanden. Ferner brachte es die oft nur relativ geringe Ausdehnung der in den variscischen Untergrund eingesenkten Spezialbecken und deren mehrseitige Umrandung durch starrere Rah¬ men mit sich, daB die Einengung parallel zum einen Beckenrande den Widerstand ( ))Flankenschutz«) der schrag oder senkrecht dazu stehenden Rahmenzonen fand. So mag z. B. bei der Faltung des Tkiiringer Beckens zwischen Thiiringer Wald und Harz auch der Flankenschutz des das Becken im Osten umrahmenden Grundgebirges gewirkt haben. In dem relativ widerspenstigen Boden treten auch die Erscheinungen der Yerbiegung oft stark zuriick und dafiir erfolgt dann bei der Faltung weithin ein mehr sc hollenweises Neuverstauen mit teihveisem Yber- einanderschiebeii der Massen, das aber nur eine ziemlich schwache Ein¬ engung liefert.

Die Gebiete der mit obiger Einschrankung )>starken« saxonischen Faltung grenzen weithin unmittelbar an die Mitteldeutsche Schw^elle an. In ihnen (z. B. Siidhannover, Teutoburger Wald) herrscht die kon- gruente Faltungsform. Hier handelt es sich um die Gebiete ganz beson- derer Wirksamkeit der ))faltengebarenden(( Kraft der Mitteldeutschen Schwelle. Die Faltung versehwhekt sich von Siidhannover aus einerseits

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 115

nord warts (beckenwarts) in den Gebieten des ejektiven Fait ungsty pus und anderseits siidwarts (massenwarts) in den flachgriindigen Gebieten der dejektiven Muldenkerne. In letzterem Falle bedingen substantielle Griinde, namlich die zunehmende Resistenz des Untergrundes, in ersterem positionare Griinde, d. h. die zunehmende Distanz von der Stammschwelle, das Abflauen der Faltung, die nun ganz besonders die- jenigen Zonen ergreift, die einerseits moglichst nahe der Stammschwelle liegen und dabei anderseits von relativ hoher Mobilitat sind. GewiB nimmt die Mobilitat nach Norden mit zunehmender Machtigkeit der postvariscischen Schichtenmassen und zunehmender Tiefenlage des variscischen Untergrundes noch zu, aber das kompensiert nicht die mit der groBeren Distanz von der Mutterschwelle zusammenhangende Erschwerung des Faltungsvorganges.

Niederhessen ist,/So wollen wir wiederholen, fur den orogenetischen Druck wenig gefiigig, Nordhannover wenig erreichbar; Siid- hannover ist ausreichend gefiigig und erreichbar.

Hinsichtlich des Eintretens der substantiellen Selektion inner - halb der vertikalen Profile zeigt sich ein gewisser Gegensatz zwi- schen der dejektiven und der ejektiven saxonischen Faltung. Aron der dejektiven Faltung Niederhessens sind namlich die verschiedensten Schichten (Trias und lokal noch Lias) ziemlich gleichmaBig betroffen, und zwar Sandsteine, Schiefertone, Mergel, machtigere Kalksteine usw., und hochstens in ganz lokalen Ausnahmen ist eine auf der Material- beschaffenheit beruhende besondere Bevorzugung einer bestimmten Gesteinsart ersichtlich. Doch anders ist die Sachlage bei den Faltungsejektionen Nordhannovers. Wenn sprodere Gesteinsmassen gewiB auch an ihnen teilnehmen, so ist doch unverkennbar, daB die mobileren Gesteine, wie Tone, tonige Sandsteine, tonige Mergel, mehr noch, als ihrer Beteiligung am normalen Schichtenprofile an sich schon entspricht, in die ejektive Aufwartsbewegung hineingezogen sind; z. B. scheinen auf den Flanken der Ejektivsiittel die »Yer- werfungen« sich mit besonderer Vorliebe dort einzustellen, wo der Muschelkalk stecken rniiBte, und das bedeutet, daB gerade der Muschelkalk in der Aufwartsbewegung zuriickgeblieben ist. In ganz besonderem MaBe ist aber das Salz von der Faltung ergriffen und hochbewegt worden und die Achsen Mittel- und Nordhannovers sind ja zum guten Teile geradezu ))Salzlinien«.

Bei der dejektiven Faltung Niedersachsens erkennen wir also ein in der Hauptsache harmonisch.es, bei der ejektiven Fal¬ tung Nordhannovers dagegen ein sehr unhar monisches Ver- halten der betroffenen Gesteine.

116

I. Aufsatze und Mitteilungen.

3. Inkongruente Faltung infolge von ungleichmaBiger Druckwirkung.

Die inkongruentenFaltungsformen ersparenVerbiegungsarbeit gegen- iiber den kongruenten, und zwar zum Teil durch Yerringerung der Ver- biegung an sich, zum Teil durch Verlegung der efforderlich werdenden Verbiegung in moglichst mobile Materialien. Von vornherein diirfen wir sie nach obigen allgemeineren Ausfiihrungen (vgl. S. Ill) nament- lich dann erwarten, wenn der injektive Eintrieb durch ganz besondere Verhaltnisse erleichtert wird. DaB in diesem Sinne klaffende Spalten nicht oder doch hochstens einmal in Ausnahmef alien in Frage kommen, wurde schon gesagt.

Die Sachlage scheint vielmehr folgende zu sein.

Inkongruente Faltung zeigt sich besonders bei relativ1) er- heblichen Unterschieden in der Angreifbarkeit iiberein- ander liegender Schichtsyste me, wobei die ))Angreifbarkeit« aus den besonderen V erhaltnissen teils substantieller, teils positionarer Art resultiert; und zwar ist dort, wo die dejektive Faltungsform herrscht, das Hangende und dort, wo die ejektive Faltungsform herrscht, das Liegende leichter angreifbar. Die starkere Angreifbarkeit fiihrt bei einsetzendem Faltungsdrucke zu stark erem Zusammenschube oder kann doch wenigstens dazu fuhren, wahrend das Hangende oder Lie¬ gende schwacher eingeengt wird. Die schwachere Einengung eines be- stimmten Erdniveaus konnen wir auch als seine relative Dehnung gegeniiber den Niveaus starkeren Zusamrnenschubes bezeichnen.

Die in horizontaler Eichtung starker zusammengeschobenen Massen miissen natiirlich in vertikaler Eichtung entsprechenden Eaum gewinnen. Das kann aber nur in der Eichtung der abnehmenden Korn- pression geschehen, da ja in der Eichtung der gesteigerten Kom- pression durch den noch verstarkten Aufstau der dortigen Massen der Weg versperrt ist. So erklart sich auch, daB nicht in ein und derselben saxonischen Faltungsform Ejektionen und Dejektionen nebeneinander auftreten, etwa Stiilpsattel und Stiilpmulden, getrennt durch Stiicke einigermaBen schwebender Lagerung, denn es ist ja nach der ganzen Sachlage die Injektion entweder auf warts oder ab warts unmoglich2).

Somit kommt die inkongruente Faltung unter gesteigertem V orschube mobilerer (oder wenigstens doch aus positionaren Griinden leichter zusammenschiebbarer) Massen in der Eichtung zuneh- menden Faltungswiderstandes und das heiBt auch bis auf

1) »Relativ « zur Starke der Gesamtfaltung.

2) Nur dort, wo nicht eine allgemeinere aufwartige oder abwartige Kom- primibilitatsabnahme, sondern ein mehr lokaler Komprimibilitatswechsel von Schicht zu Schicht in Frage kommt, waren vielleicht einmal kleinere Ausstiil- pungen einer besonders mobilen Schicht sowohl in das starrere Hangende, wie in das starrere Liegende denkbar.

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 117

einen selbstverstandlichen Ausnahmefall (s. unten) in der Richtung zunehmender relativer Dehnung zustande.

Die ungleiche Komprimibilitat fiihrt nun keineswegs in der ganzen Ausdehnung der ungleicb faltbaren Niveaus zu ungleicher Einengung. Ware das der Fall, ware z. B. durch die weitesten Gebiete Nieder- hessens das Hangende iiberall oder auch nur weitbin starker ein- geengt, als das Liegende , so miiBten ja unter tlberwindung groBer Reibungswiderstande weitgehende horizontale Yerschiebungen auf Abscherungsflachen, wie sie sich etwa Buxtorf in dem salzfiihrenden Mittleren Muschelkalke im Untergrunde des Schweizer Juragebirges vorstellt, eingetreten sein, und von solchen Schubleistungen kann bei der geringen Starke des saxonischen Druckes keine Rede sein; das zeigen uns auch. die Bohrungen und sonstigen Aufschliisse und der ganze geologische Ban, wenn Abscherungen gewiB auch lokal in geeigneten Materialien innerhalb der Zonen ortlich erhohter Wirk- .samkeit des tektonischen Druckes nicht fehlen. Vielmehr ergiebt sich aus der ungleichen Angreifbarkeit nur in ganz bestimmten Faltenteilen eine ungleiche Kompression, und zwar in denjenigen, die an sich schon in der Injektionsrichtung vorbewegt werden, d. h. bei der dejektiven Faltung in den Mulden, bei der ejektiven in den Satteln.

a) Dejektive Faltung bei starrerer Tiefe.

Niederhessen kennzeichneten wir als Gebiet mit flachgriindigem postvariscischen Sedimente iiber einem variscisch gefalteten Grund- gebirge. Die erhebliche Starrheit des Untergrundes lieB, so nahmen wir an, eine irgendwie betrachtlichere saxonische Faltung nicht zu¬ stande kommen.

Klar tritt uns hier der Gegensatz zwischen einem mobileren H angenden (postvariscisches Sediment) und einer resistenteren Tiefe (variscisches Grundgebirge) entgegen. Im Liegenden muB in- folgedessen ein starker Einengungswiderstand gewaltet haben, wodurch es beim Einsetzen des orogenetischen Druckes zu einer Region rela¬ tiver Dehnung wurde. Das somit eintretende abwartige Kom- pressionsgefalle haben wir aber nicht nur an der unmittelbaren Grenze des resistenteren und weniger resistenten Materiales/ an der es sprunghafter Art ist, sondern auch in der ganzen »Bannzone« (vgl. oben) iiber dem starr eren Grundgebirge. Hier ist innerhalb der Decke beweglicheren Materiales das tiefere, wenn wir von Abweichungen durch substantielle Verhaltnisse absehen, die aber gerade hier von ge- ringerer Bedeutung zu sein scheinen , jeweilig schwerer angreifbar, als das hohere. Es ist ja natiirlich, daB der Basalschutz nur bis zu einer gewissen Hohe hinaufreicht und bei entsprechend groBer Machtigkeit des Deckgebirges in dessen hangendem Teile nicht mehr wirkt, aber

118

I. Aufsatze und Mitteilungen.

diese Machtigkeit ist eben dort, wo der niederhessische Bautypus herrscht, noch nicbt erreicbt gewesen.

In diesem Banne des starreren Grundgebirges lag auch, so scheint es, das permische Salzlager, soweit es nicht iiberbaupt durch vor- tektonisohe Auslaugung im Gefolge vorangegangener epirogenetiscber Hebungen und Aufwolbungen ortlicb beseitigt wat.

Das dejizierende (abwartig injizierende) Motiv bei der niederhessi- scben Faltung sucben wir also in der naben Unterlagerung durcli starreres Grundgebirge. Es kornnit zur Wirkung in den an sick schon ab warts gerichteten F altenelementen, d. b. in den Mulden, die nun in der Rich- tung der abnebmenden Einengung vorgestiilpt werden, und zwar rneist in Form von »Graben«, zurucktretend aucb als Senkstreifen mit ein- seitiger oder beiderseitiger Begrenzung durcli Flexuren.

Die verstarkte Einengung im Hangenden und die Einstulpung von hier ins Liegende muB, da weite, flachenhafte Abscberungen und Gleitungen des Hangenden auf dem Liegend^n nicbt eintreten, einen Ausgleicb durcb eine Art Gegenbewegung aus dem injizierten Liegenden zum Hangenden finden. Man betracbte Fig. 14a auf S. 129. Die ge- stricbelte Linie gibt in ibr die Muldenkurve bei kongruenter Faltung an; bei der inkongruenten wird das Mittelstuck verstarkt gesenkt (ab- wartiger Pfeil) und im allgemeinen aucb verstarkt eingeengt. seine Flanken sind aber gegenuber der Kurve kongruenter Faltung geboben (aufwartiger Pfeil). Natiirlicb gilt aucb bier der Begriff »gesenkt« nur relativ, denn tatsacblicb baben wur ja (vgl. S. 99) kein Sinken des Grabens, sondern nur ein Zuruckbleiben bei der allgemeinen Hebung und dafiir ein starkeres Yoraneilen der Flanken, als bei barmoniscber Faltungsform eintreten wurde. Der Sattel laBt seine Scbultern weniger hangen, um erst neben oder aucb erst in deni randlicben Teile des de- j izierten Kernes um so steiler zur Muldenlinie abzufallen, das aber ist die kennzeicbnende Form der Breitsattel bei der dejektiven Faltungs- art. Bewirkt die Injektion das Bild der Stlilpmulde, so bat also die Reaktion auf die Injektion ibre Bedeutung fiir das Zustandekommen des Breitsattels.

Durcli Reaktionsscbiibe in diesem oder alinlicliem Sinne erklaren sicb vielleicbt aucli in mancben Fallen die kleinen Scbollen alteren Ge- birges, z. B. von Zecbstein, die in der Randzone der Graben eine so auffallige Ersclieinung bilden. Es ist dabei vielleicbt aucb von Be¬ deutung, daB sicb bei stark erer Faltung des Hangenden, wie weiter unten noch zu zeigen sein wird, eine gewisse Tendenz vertikaler Zerrung einstellt und den Gegenschub auf die eingetretene Yersenkung erleicbtern kann.

H. Stille* Injektivfaltiuig u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 119

.

;■* l b) Ejektive Ealtung bei mobilerer Tiefe.

Der nordhannoversche Typus der saxonischen Ealtung (ejektive Ealtung) findet sick in den inneren, sehr tiefgriindigen bis grundlosen Teilen des Niederdeutschen Beckens und besonders bedeutungsvoll ist hier die weitgeliende Ausschaltung der Wirkungen eines variscisch ge- falteten Untergrundes. Ein solcher ist iiberhaupt nur noch unter dem sudlichen Teile Nordhannovers vorhanden, wie z. B. auch noch im Flechtinger Hohenzuge zwischen Obisfelde und Magdeburg , wahrend der Norden schon ganz auBerhalb des variscischen Bogens, den wir ja weiter westlich bei Osnabriick ausklingen sehen, liegt. Dock auck im Siiden liegt das variscische Gebirge in solcher Tiefe, daB es schon eine erhebliche EinbuBe an seiner Starrheit erlitten haben diirfte und seine festlegende Wirkung sowokl an sick, wie auch hinsichtlich ikrer auf- wartigen Reichweite um so geringer ware.

Dock nock etwas anderes scheint fur die Ausschaltung der Schutz- wirkung des vorpermischen Grundgebirges auf die ganzen hangen- den Schichtmassen und auck schon auf die an den ejektiven Sattel- kernen so stark beteiligte permische Salzformation in Betracht zu kommen, namlich die leichte Mdglichkeit ortlicker Abscherungen zwi¬ schen dem Grundgebirge und den hangenden Schichten in der Zone des permischen Salzes1). Letzteres befand sick ja bei Eintritt der Faltung in einer Machtigkeit, die vielleicht bis zu 1000 m betragen hat, unter einer Schichtfolge von mekreren tausend Metern; eine TTberdeckung von 3000 Metern bringt aber schon eine Temperaturzunahme um rund 100°, und nacli den Untersuchungen, die besonders Milch2) an- gestellt hat, erfahrt gerade das Salz schon durch solche Temperatur- zunahmen eine ganz ungewohnliche Steigerung seiner Beweglichkeit; der Yersuch der ringformigen Yerbiegung etwas erwarmter kleiner Stein- salzstabchen, die man durch Spaltung gewinnt, ist jederzeit leicht an- zustellen. Steigert Temperaturerhohung ganz allgemein die Bildsam- keit der Materialien, so tut sie es ganz besonders beim Steinsalz, und ist das Salz an sich schon ein relativ mobiles oder dock leicht zu mobili- sierendes Element, so trifft das ganz besonders fiir das tiefe Salz zu.

In Niederhessen ist das Salz an den variscischen Untergrund ge- wissermaBen festgebannt; er macht es, wie wir sagten, schwer erreich- bar fiir den orogenetischen Druck, so daB dieser die Eigenmobilitat des Salzes nicht wesentlich erhohen konnte. Damit sind auch die

1) Die Kalke, Dolomite usw. des Mittleren und Unteren Zechsteins, die das Salz vom variscischen Grundgebirge trennen, spielen hier etwa dieselbe Rolle, wie nach der Auffassung Buxtorfs die Untertrias und der Wellenkalk zwischen dem vorpermischen Grundgebirge und der abgescherten jlingeren Schichtfolge des Schweizer Juras.

2) L. Milch, Uber Zunahme der Plastizitat bei Kristallen durch Erhohung der Temperatur. Neues Jahrb. f. Mineralogie usw. 1909, I, S. 60ff.

120

I. Aufsatze und Mitteilungen.

Abscberungserscbeinungen dort sebr erscbwert. Zum Zustandekommen solcber bedarf es aber in den groBen Tiefen Nordbannovers gar nicbt mebr einer sebr wesentlicben Steigernng der Mobilitat des Salzes durcb . den orogenetiscben Druck, vielmehr ist bier das Salz an sicb scbon obne groBen inneren Halt, ancb trotz einer etwaigen Starrbeit und Scbutzwirkung des Untergrundes ; und desbalb ist es in seinen Faltungserscbeinuagen verbaltnismaBig wenig durcb den Untergrund gebemmt; damit ist aber aucb die Einwirkung des Grundgebirges auf das ganze Hangende wesentbcb abgescbwacbt. Immerhin kann die Ab- scherung nicbt, wie scbon gesagt wurde, als allgemeine Erscbeinung unter den Gebieten der an sicb so scbwacben ejektiven Faltung und speziell nicbt unter den ausgedebnten Breitmulden gelten, sondern nur als lokales Pbanomen unter den Zonen starkster Wirksamkeit des oro¬ genetiscben Druckes, d. b. unter den Sattelzonen.

Hatten wir die dejektive Faltungsform durcb das Yorbandensein einer besonders resistenten Tiefe erklart, so liegt es scbon von vorn- berein nabe, als Ursacbe ibrer Umkebrung, d. b. der ejektiven Faltungs¬ form, die umgekebrten Verbaltnisse, d. b. eine besondere Angreifbarkeit der Tiefe oder docb bestimmter Tiefenzonen und eine relative Re- sistenz des Hangenden zu vermuten. In der Tat liegen solcbe Verbalt¬ nisse vor. Sie sind in der Hauptsacbe substantieller Art und fiibren zu einer Ejektion aus Mobilitat.

In erster Linie kommt als mobiles Tiefenelement das macbtige und, wie wir eben sahen, durcb das Grundgebirge in seiner Mobilitat wenig gebemmte permiscbe Salzlager in Betracbt, das ja aucb an den ejektiven Sattelkernen Nordhannovers so stark beteiligt ist. Wacbst mit der Tiefenlage, wie gesagt wurde, seine Mobilitat sebr stark, so wacbst mit ibr aucb ganz besonders der Mobilitatskontrast gegenuber den anders- artigen Scbicbten, und auf diesen kommt es bei den Faltungsinjektionen eben an.

Das Salzlager des Zecbsteins war nun nicbt das einzige in der Tiefe des zentraleren Niederdeutscben Beckens, sondern aucb im Hangenden des Perms, in der Trias, sind Salze vorbanden, und zwar im allgemeinen in drei Horizonten, im Oberen Buntsandstein, Mittleren Muscbelkalk und Mittleren Keuper. Schatzen wir die gesamte intakte Scbicht masse vom Oberen Zecbstein bis zur Unterkante des Rbats auf iiber 2500 m , die Zabl ist zwar etwas unsicber , so bestanden vielleicbt zwei Funftel oder mebr von dieser Macbtigkeit aus Salz.

Als mobilisierend kommt fiir die tiefere Schicbtenserie ferner in Be¬ tracbt, daB gerade im nordlicben Hannover die macbtige Untertrias nacb dem Ergebnisse der Bohrungen im Yergleich zu weiter siidlicb liegenden Gebieten relativ arm an kompakteren Sandsteinen und um so reicber an Scbiefern und sandigen Scbiefern zu sein scbeint. GewiB feblen demgegenuber aucb starrere Scbicbten nicbt, speziell im Muscbel¬ kalk; aber sie bilden nur einen kleinen Teil der ganzen Schichtfolge und

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 121

namentlich das starreste Schichtenglied, der Trochitenkalk, 1st nur wenige Meter machtig.

Nach vorstehenden Betracktungen befand sick bei der saxoniscken Faltung Nordkannovers eine liegende Sckicktenmasse von kokerer Mo- bilitat unter einer Sckicktenmasse von groBerer Resistenz, d. k. es lag die Umkekrung des Yerhaltnisses vor, aus dem keraus wir in Niederkessen die dejektive Faltungsform zu erklaren versuckt kaben. Die starkere Einengung %des Liegenden bedeutet die relative Deknung des Hangenden. Eanden wir unter den Yerhaltnissen der dejektiven Faltung eine abwartige, so kaben wir dort, wo die Faltungse jektion eintritt, eine aufwartige Kompressionsabnakme^ und in der Ricktung dieser werden nun gewisse Teile der Falten weit auf warts vor- gestreckt,

Somit ist das Yorkandensein des permiscken Salzgebirges, dazu in den groBeren Tiefen mit an sick koker Temperatur, zwar der Haupt- faktor, der mobilisierend in den tieferen Regionen des zentraleren Nieder- deutscken Beckens wirkt, aber schlieBlich dock nur ein Faktor neben mehreren, namlick neben anderen salinaren Einschaltungen, neben dem starken Zurucktreten starrerer Gesteine und nickt zum let z ten neben der allgemeinen Zunakme der Teufenmobilitat in sehr tiefgrundigen Sckicktmassen. Unter Hinweis auf letztere mag viel- leickt gefragt werden, warum denn nickt ganz allgemein eine Tendenz ejektiver Faltung in den tiefgrundigen Teilen der Sedimentationsbecken erkennbar sei, aber erstens gibt es nock viele Yerkaltnisse, die, wie sckon die reicklickere Einsckaltung an sick resist enter en Materiales, die zunekmende Teufenmobilitat wieder aufkeben konnen, und zweitens ist ja die Teufentemperatur im Falle Nordkannovers wiederum nur ein Faktor, der zu anderen kinzukommt und nun gerade ganz besonders in einem Gebirge wirkt, das salinare Einschaltungen in so erheblichem Umfange enthalt.

So kaben wir in der Tiefe der zentraleren Teile des Niederdeutschen Beckens, wie ich nockmals zusammenfassen mochte, eine sehr machtige Sckicktfolge, die fast zur Halfte aus Salz, im ubrigen aber vorkerrsckend aus Tonen, Sckiefern, sandigen Sckiefern und tonigen Mergeln bestekt und die unter der mobilisierenden Wirkung der gesteigerten Belastung und gesteigerten Temperatur stekt. Das ist aber unverkennbar eine mobile Tiefe gegenuber einem Hangenden, dem zunachst das hoch- gradig mobilisierende Salzelement feklt, das sick aber zweitens unter weit geringerem Drucke und unter niedrigerer Temperatur befindet.

Die hohere Mobilitat der Tiefe, d. k. die Yorbedingung fur die ejek- tive Faltungsform, ist in der gesckilderten Weise zwar unter ganz Nord- kannover anzunekmen, fiihrt aber zu tektoniscken Ejektionen nur in sekr sckmalen Zonen, die als Sattelzonen an sick sckon der vorgescho- benste Teil des Faltensystemes sind. Hier wird dasjenige unter starken Deformationen, wie die E jektion sie mit sick bringt, gesteigert vor-

Geologische Rundschau. VIII. 9

122

I. Aufsatze und Mitteilungen.

geschoben, das sicli infolge seiner hoben Mobilitat den neuen Raum- verhaltnissen am leichtesten anzupassen nnd ganz besonders die Kosten des Znsammenschnbes in den injizierten hoheren Solen zu tragen ver- mag, wahrend dafiir das scbwerer Einengbare relativ zuriickbleibt nnd sicb den durcb die Ejektion gewissermaBen frei gewordenen Raum

Fall a: Norinale Sattelwolbung bei barmonischem Verhalten der Schichten.

Fall b: Ejektion aus Mobilitat bei disharmonischem Verhalten der Schichten.

Fig. 10. Gesteinsmobilitat und Faltungsfor m.

Im Falle a sind die Schichten als einigermaBen gleich starr, im Falle b ist die Schicht c (Salz) und danach die Schicht / als besonders mobil angenommen.

a = Haselgebirge.

znnntze macht. So ist’s im groBen im Verhaltnis der mobilen Tiefe zum resistenten Hangenden, so ist’s ancli im kleinen innerbalb der auf- steigenden Tiefenmassen nach der wecbselnden Mobilitat.

In Fig. 10 b veranschauliche ich ganz scliematisch den Fall einer Faltnngsejektion in einem Sattelkerne nnter Yergleicb mit einer nor-

H. Stille Injektivfaltung u. clamit zusammenhangende Ersoheinungen. 123

malen Sattelbildung (Fig. 10a). 4Dem oberen Bilde liegt die Annahme zugrunde, dab die Schichten a l einigermaben gleichmabig mobil sind, wahrend in Profil 10 b die Schicht c (Salz) und danacb die Schicht / als ganz besonders mobil angenommen werden. Am starksten hoch- geprebt ist im Profil b das in sich stark gefaltete und gefaltelte Salz und auch die Schicht / ist an den Flanken des Salzes erheblich vor- gestoben. Zwischen dem Salze und dem Nebengesteine liegt das bei der Hochbewegung entstandene Haselgebirge (a), ein Haufwerk von Blocken und Stiicken des Nebengesteines in einer Salzmatrix. Rela- tiv zuriickgeblieben sind die weniger mobilen Schichten, so besonders eine als starker resistent angenommene Schicht e, die ihre Raumein- engung unter Zerbrechen uifd Zusammenstauchung erfahren hat. Den Betrag der Aufwartsbewegung ermessen wir nach dem Alter der Schichten im Liegenden der nach der Faltung und Einebnung abgelagerten diskor- danten Decke T (z. B. Tertiar), und zwar ist in beiden Fallen ein gleich- tiefes Eingreifen der einebnenden Vorgange angenommen. Im Falle a finden wir unter der Transgression die Schichten h, i, k, /, im Falle b weithin jeweilig jiingere, dafiir aber auf kleine Erstreckung die relativ alte Schicht c; das bedeutet aber fiir den Fall b eine Hebungsersparnis auf den Sattelflanken unter gesteigerter Hebung des besonders mobilen und deshalb besonders leicht aufwarts bewegbaren Kernes. Die Arbeits- ersparnis liegt darin, dab die tektonischen Vorgange sich moglichst in die Gebirgsglieder von geringerer Resistenz verlegen.

Die relative Senkung bzw. das starkere Zuriickbleiben der Flanken des gesteigert vorgeschobenen Sattelkernes ist gewissermaben die Reak- tion auf den ejektiven Vorgang; das erlautert Fig. 14 b (s. unten) nochmals ganz schematisch. In ihr bezeichnet die gestrichelte Linie die Kurve kongruenter Faltung; bei der inkongruenten Faltung wird nun das Mittelsttick des Sattels gesteigert hochbewegt (aufwartiger Pfeil) und eingeengt, seine Flanken werden aber entsprechend weniger gehoben (abwartige Pfeile). Betrachten wir nun die Sachlage in bezug auf die Mulden, so heben diese ihre Flanken nicht in dem Mabe, wie bei der harmonischen Faltung, sondern lassen sie bis nahe an den ejektiven Kern heran relativ gesenkt. Das aber ist es, was die »Breitmulde « kennzeichnet. Bedingt bei der inkongruenten Faltung Nordhannovers die Injektion die spezielle Ausgestaltung des Sattelteiles, so er- scheint fiir die Ausgestaltung des Muldenteiles die Reaktion auf die Injektion besonders bedeutungsvoll.

Das disharmonische Verhalten der Gesteinsmassen verschiedener Mobilitat erschien uns als Ur sac he der ejektiven Faltung; aber es ist auch, wie nunmehr zu zeigen ist, Folge einer solchen, und so verstarken Ursache und Wirkung einander beim Zustandekommen der sehr ex- tremen Bilder tektonischer Disharmonie. Wir gehen davon aus, dab je starker die Faltung einer bestimmten Sole, um so starker auch der Hochtrieb ihrer Gesteinsmassen ist. So haben wir (vgl. Fig. 11) bei

9*

124

I, Aufsatze und Mitteilungen. '

starkerer1 Kompression des Hangenden (dejektive Faltung) naturgemaB anck einen verstarkten Hocbtrieb des Hangenden bei gleicbzeitig schwacberem Hochtriebe des Liegenden; bier eilt das Hangende ge- wissermaBen voran, das Liegende bleibt ihm gegeniiber zuriick und so entstebt in vertikalem Sinne eine gewisse Zerrungstendenz, die verti- kale Yerscbiebungen innerbalb der sicb faltenden Massen nur erleicbtern kann. Umgekebrt unterliegt bei starkerer seitlicber Kompression des

Fig. 11. Ungleicbe Hocbbewegung von Han- gendem und Liegendem bei ungleichmaBiger

Einengung.

Kurze Pfeile: Schwa chere Hocbbewegung infolge schwacherer Einengung.

Lange Pfeile: Starkere Hocbbewegung infolge star¬ kerer Einengung.

Fall a: Voraneilendes Hangendes.

Fall b : Lastendes Hangendes.

Liegenden (ejektive Faltung) dieses Liegende dem stark eren Hocbtriebe bei scbwacberem Hocbtriebe des Hangenden; das Hangende lastet hier gewissermaBen auf dem Liegenden, und es ergibt sicb eine dem auf- wartigen Vorscbube von Faltenteilen entgegenwirkende Tendenz verti- kaler Kompression. Der aus der ungleicben later alen Einengung resultierende injektive Yorscbub von Faltenteilen ist also bei starkerer Faltung des Hangenden (d. b. bei der dejektiven Faltungsart) erleic ’li¬ ter t durch eine Tendenz vertikaler Zerrung, bei starkerer Faltung des Liegenden (d. b. bei den ejektiven Yorgangen) erscbwert durcb eine Tendenz vertikaler Kompression.

Icb prazisiere die Sacblage nocbmals in folgender Weise:

Der dejektive Yorscbub von Faltenteilen (Muldenkernen) erfolgt binein in ein in vertikalem Sinne entlastetes Liegendes, der ejektive Yorschub von Faltenteilen (Sattelkernen) binein in ein lastendes Hangendes. Nebenber gebt, daB in ersterem Falle das Liegende, in letzterem das Hangende in horizontalem Sinne relativ gedebnt ist.

Damit muB der aufwartige injektive Yorscbub bei der ejektiven Faltung einen ungleicb boberen Widerstand finden, als der abwartige bei der dejektiven. Der dejektive Yorscbub ist, wie man vergleicbsweise gegeniiber dem ejektiven Typus einmal sagen konnte, mebr eine Art Hineinsenkung, der ejektive gegeniiber dem dejektiven mebr eine zwangsmaBige Hineinpressung von Faltenteilen in die Zonen der geringeren seitlicben Kompression. Scbon allein auf diese Weise wiirde sicb erklaren, daB bei der relativ geringen mecbaniscben Leistung der dejektiven »Hineinsenkung « die verscbiedene Mobilitat der Gesteins- massen keine groBe Rolle spielt und der Faltungsvorgang wenig selektiv verfabrt, wabrend bei der ungleicb erscbwerteren mecbaniscben Arbeit der ejektiven »Hineinpressung« die Resistenz der Einzelmaterialien

Hangendes

^ Liegend

A

es

a. Dejekt. b.Ejekt. Fcdtimg laltmic/

H. Stille Injektrvfaliung u. damit zusan menhargende Frscheinunger.1 125

eine ganz andere Bedeutung gewinnt und hier die geliigigsten (mcbilsten) Massen am starksten an den Injektionen teilnehmen. »Einpres&ung« erfordert eben ganz andere innere Deform ationen, wie ))Einsenkung«, und deshalb finden wir bei der ))Einpressung« die gesteigerte Bevor- zugung dessen, das der inneren Deformation am wenigsten TViderstand entgegensetzt. Auch in diesem Zusammenhange sei auf den schon oben (vgl. Kap. Ill, 2) bervorgebobenen Unterschied hinsichtlicb der disharmonischen Erscheinungen bei der einen und der anderen Art/ der inkongruenten saxonischen Ealtung verwiesen.

4. Kongruente Faltung bei gleichmabigerer Druckwirkung.

Wie erklark sicb nun did kongruente saxonische Faltung in ibrer raumlichen und formalen Mittelstellurig zwischen der dejektiven Ealtung Niederhessens und der ejektiven Mitt el- und Nordhannovers? Kurz gesagt dadurch, dab diejenigen Verhaltnisse, aus denen heraus wir in Niederhessen und Nordbannover das Abweichen von der kongruenten Faltung deuteten, wegfallen oder doch ganz zurucktreten.

Wir erklarten die inkongruente Faltung aus der ungleiehen Faltungs- resistenz in tibereinander liegenden Scliicbtsystemen; demgegenuber baben wir also kongruente Faltung dort zu erwarten, wo die ganze an der Entstehung des Faltenbildes beteiligte Schichtenfolge einigermaben gleicbmabig dem tektoniscben Drucke zuganglich war.

Im einzelnen baben wir zu erortern, inwiefern bei der Faltung Sud- bannovers 1. die dejektiven Motive Niederbessens und 2. die ejektiven Motive Nordbannovers ausgescbaltet waren.

Die dejektive Faltung Niederbessens bracbten wir mit der Flacb- grundigkeit dieser Gebiete, d. h. mit der geringen Macbtigkeit der meso- zoischen Scbiebtentafeln fiber dem varisciseben Grundgebirge, in Zu- sammenbang. Sie vollzog sich, wie wir sagten, nccb im Banne der va- riscischen Tiefe. Demgegentiber lag das variscische Grundgebirge in Sudhannover in einige tausend Meter Tiefe, so dab sicb bier die Faltung wenigstens der hoheren Teile schon ganz auberhalb seiner Ein- flubsphare abgespielt habendiirfte; und dazu war in der groberen Tiefe Siidhannovers das Grundgebirge vielleicht aucb scbon etwas weniger starr. Wo aber in Sudhannover infolge vorangegangener sakularer Aufwolbungen das variscische Gebirge bei Eintritt des Faltungsvor- ganges relativ dicbt unter Tage lag, wie im Soiling, der nordlicben Fortsetzung des niederhessiscben Buntsandsteingebiets, cder wie zum Teil im Eicbsfelde, da erscbeint auch tatsachlicb nccb der nieder- bessiscbe Graben.

Die Ursacbe fur die Faltungsejektionen Nordbannovers war nacb unserer Ansicht in der Hauptsacbe qualitativer Art, und zwar spielten die Salzlager, und unter cliesen wieder das permische, die Hauptrolle1).

x) Ich beschranke mich hier auf den Haupttrager der Tiefenmobilitat bei der ejektiven Faltung; andere Verhaltnisse kommen, wie wir gesehen haben, hinzu.

126

I. Aufsatze und Mitteilungen.

Audi in Slidhannover, und naturgemaB besonders im Gbergangs- gebiete zum nordbannoverscben Typus, sind Salzejektionen erkennbar, und zwar unter tektoniscben Yerhaltnissen, die sonst nocF durchaus als »sudhannbversche« ^u bezeichnen und speziell noch durch einiger- maBen korigruente Entwicklung von Satteln und Mulden charakterisiert sind. Aber trotz solcber lokalen Erscheinungen tritt im groBen und ganzen die Ejektivitat des Salzes gegeniiber den nordlichen Gebieten sehr zuriick. Oft genug finden wir das Salz, wenn aucb in sick kom- plizierter gefaltet, nock dort, wo esrnach dem stratigrapkiscken Yer- bande seinen Platz haben muB, d. k. unter den Aufwolbungen des Bunt - sandsteins; und ist es in anderen Fallen vorangeeilt, so kandelt es sick dock nickt annakernd um solcke Betrage, wie weiter nordlick.

* Wakrend also in Siidkannover das varisciscke Grundgebirge auf die hoher liber ikm liegenden Sckichtfolgen eine dejektive Wirkung zwar nickt mekr ausuben und eine dejektive Faltung nickt mekr kerbeifiikren konnte, kat es dock, wie wir annekmen miissen, dem dickt iiber ikm liegenden Salzgebirge nock einen gewissen Schutz gegen eine gesteigerte Wirkung des orogenetiscken Druckes gegeben und dadurck bis zu einem gewissen Grade die an sich lioke Mobilitat des Salzes kompensiert. Immerkin war letztere nock nickt derartig, wie in den nock groBeren Tiefen Nordkannovers, und damit war auck die Loslosung von der bannenden Basis durck lokale Absclierungs- und aknlicke Yorgange nock nickt derartig erleicktert, wie weiter nordlick.

5. Zusammenfassung.

Die Formen der inkongruenten Faltung kaben wir im wesentlicken unter dem Gesicktspunkte der gegeniiber der kongruenten Faltungsart ersparten Yerbiegungsarbeit zu deuten versuckt. Zweierlei Arten der Ersparnis, die z. T. nebeneinander kergeken, z.T. innigst miteinander verkniipft sind, kommen dabei in Frage (vgl. S. 110), namlicli

1. Ersparnis von Yerbiegungsarbeit durck Ersparnis von Yer- biegung,

2. Ersparnis von Yerbiegungsarbeit durch Yerlegung der Yer- biegung in moglickst leickt verbiegbare (mobile) Materialien.

Die durck die Einengung auf kleineren Raum erforderte Gesamt- verbiegung einer bestimmten Schicht wird durck AusstoBung eines Gesteinsstreifens oder Gesteinskeiles in das Hangende oder' Liegende kerabgesetzt ; dieser Vorgang wird unter den Yerhaltnissen der in¬ kongruenten Faltung durck eine gesteigerte Eintriebsmoglichkeit in das Hangende oder Liegende erleicktert, die dadurck zustande kommt, daB infolge qualitativer oder positionarer Verhaltnisse der einzuengenden Massen die Faltbarkeit in einem Falle (Fig. 12 a) nack dem Liegenden, im anderen (Fig. 12 b) nack dem Hangenden abnimmt und d,amit bei einsetzender Faltung in dem einen Falle (a) das Liegende, in dem anderen (b) das Hangende gewissermaBen in

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 127

den Zustand relativer Dehnung kommt. Wir haben im ersten Falle ein ab warts gerichtetes, im zweiten ein auf warts gerichtetes Kompri- mibilitatsgefalle, und in der Richtung desselben werden nun einzelne Faltenteile gesteigert vorgeschoben. Der Ausgleich der relatjven Deh- nung wird in diesem Sinne durch tektonischen Einscbub erzielt.

V

Fig. 12. Sche matische Veranschaulichung der . Injektion ko mprimablerer Massen in Zonen ge* ringerer Ko mpression

a) , bei der dejektiven Faltung.

b) bei der ejektiven Faltung.

Kurze horizontale Pfeile: groBerer Faltungswiderstand

und geringere KorapresSion (relative Dehnung).

Range horizontale Pfeile: geringerer Faltungswiderstand

und starkere-Kompression.

Vertikale Pfeile: Injektion in der Richtung zunehmen-

der Starrheit und zunehmender rela¬ tiver Dehnung.

I c

Die inkongruente Faltung kommt dort zustande, wo die Gesteinsmassen in verscbiedenen Erdsohlen auf den oro- genetischen Druck stark ungleich reagieren, die kongruente dort, wo'die Schichtensysteme der Einengung einigermaBen gleichmaBig zuganglich sind.

Ersparnis von Verbiegungsarbeit durch Verlegung der Verbiegung in moglichst verbiegbare Materialien tritt bei den injektiven Faltungen schon dadurch ein, daB sich Gesteinsmassen der komprimableren Zone in die weniger komprimable Region vorschieben und hier einen erheb- lichen Teil der erf order lichen Verbiegung zugunsten der Ersparnis von Verbiegung in den weniger angreifbaren Materialien auf sich nehmen. So wird unter Umstanden der Einengungsvorgang im ganzen Bereiche der vertikalen Durchdringung erleichtert. Alles das spielt eine ganz besondere Rolle bei der ejektiven Faltungsform und bei dieser kommt nun innerhalb der vorgeschobenen Massen noch die bevorzugte Faltung der mobileren Komponenten hinzu. So kommt die ejektive Faltung auf das gesteigerte Voraneilen der mobilsten Elemente in der Richtung des aufwartigen Kompressionsgef alles hinaus und wir stehen bei ihr den extremsten Fallen ))disharmonischer« Faltung gegeniiber.

Die dejektive Faltung ist eine solche bei tragerer1), die ejek¬ tive eine solche bei mobilerer1) Tiefe, und so konnen wir geradezu

1) Korrekter wurde man wohl sagen bei trage sich verhaltender uinkbei mobiler sich verhaltender Tiefe. Denn im ersteren Falle -konnen ja an sich mobile Elemente da sein, doch ist ihre Mobilitiit unwirksam gemacht (z. B. in der Bapnzone des liegenden Grundgebirges), und im letzteren Falle konnen an sich

V*

128

I. Aufsatze und Mitteilungen.

von der de jizierenden (herabziehenden) Wirkung einer star - rereiij von der ejizierenden (ausstoBenden) Wirkung einer mobileren Tiefenregion sprechen. In diesem Sinne spielen zwei Schichtensysteme eine ganz wesentliche Rolle, ein stabileres. namlich das variscisch gefaltete Grundgebirge, und ein mqbileres, namlich. die permische Salzformation1).

Das stabilere System wirkt besonders im Sliden (Niederhessen) und verschwacht seine Wirkung nordwarts, das mobilere besonders im Norden (Nordhannover) und verschwacht seine Wirkung siidwarts, und zwar besteht ein gewisser ursachlicher Zusammenhang zwischen der

zunehmenden Wirkung des einen und der gleichzeitig abnehmenden Wirkung des anderen. Beide Schichten¬ systeme sinken ja nordwarts ein. Aber fur das starr e Grundgebirge bedeutet die zunehmende Tiefe eine Ver- schwachung seiner Starrheit, flir das mobilere Salz eine Erhohung seiner Mobilitat. Und mit nachlassender Starr¬ heit infolge zunehmender Tiefe (und zum Teil auch infolge nach Norden aus- ldingender variscischer Fal- tung) verschwacht sich auch und verschwindet schlieBlich die schiit- zende Wirkung, die das vorpermische Grundgebirge auf sein Hangendes und speziell auf das in den Zustancl hoher Teufenmobilitat gelangte per¬ mische Salzlager ausiibt.

Bei den beiden Formen inkongruenter Gebirgsbildung spielen auch so konnen wir die Sachlage ausdriicken , Faltungshe mmun - gen eine Rolle, und zwar bei der dejektiven Faltung solche der Tiefe, bei der ejektiven Faltung solche im Hangenden. Will ich in Fig. 13 die Kurve a (dejektive Faltung) in die Kurve kongruenter Faltung uberfiihren, so muB ich von oben her ^ will ich das gleiche mit der Kurve b (ejektive Faltung) tun, so muB ich von unten her eine Aus- bauchung vornehmen. Es verrat sich damit gewissermaBen bei der Kurve a ein Widerstand von unten her, bei der Kurve b ein solcher von oben her gegen die Entstehung der kongruenten Faltungskurve. Der Liegendwiderstand ist im Falle der dejektiven Faltung die groBere

starrere Massen (Grundgebirge) da sein, sind aber in ihrer Wirksainkeit auf das Hangende (z. B. durcli Abscherung des Mobileren iiber ilinen) stark eingeschrankt.

1) Auch hier besehranke ich mich wieder auf den Haupttrager der Tiefen- mobilitat.

Fig. 13. Inkongruente Faltung und Fal- t un gs wider st an de,

Der Ausbildung der (gestrichelten) kongruen¬ ten Faltungskurve wirkt entgegen bei der

a) dejektiven Faltung ein Faltungswiderstand im Liegenden,

b) ejektiven Faltung ein Faltungswiderstand im Hangenden.

H. Stiele Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinrmgen. 129

Starrheit des Grundgebirges bzw. die von ihm ausgehende und nach dem Hangenden abnehmende Schutzwirkung, der Hangendwiderstand ist im Falle der ejektiven Falt’ung die schwere Last des weniger mobilen und vielleicht aucb fur den orogenetischen Druck weniger erreichbaren Hangenden.

Die starkere Einengung eines bestimmten Niveaus muB entweder zu weitgehender Abscherung zwischen diesem und den Niveaus groBerer fetarrheit oder zu irgendeiner Art mehr ortlichenAusgleiches fiibren. Weite Abscherungen kommen nicbt in Frage, und so bringen den Ausgleich die scbon gescbilderten ortlichen Reaktionsbewegungen. Somit kommt das Bild der inkongruenten Faltung durcb zweierlei Vor- gange zustande, deren zweiter durcb den ersten unmittelbar ausgelost wird, namlich

1. durch die Injektion^ d. h. den Yortrieb aus den mobileren in die resistenteren Zonen,

2. durch die Reaktion auf die Injektion,, d. h. die Gegenbewe- gung aus den resistenteren Zonen zu den mobileren infolge der Evakuation der letzteren.

Die Injektion ist dabei in den Zonen der Battel und Mulden die zen- trale, die Reaktion die mebr randliche Erscheinung.

Stulpmulde Stul psattel

Fig. 14. Injektion und Gegenbewegung (Reaktion) bei inkongruenter

Faltung

a (links): bei dejektiver Faltung b (rechts): bei ejektiver Faltung.

Die gestrickelten Kurven geben die kongruente Faltenentwicklung an. Ihr gegen- iiber sind die Mittelstiicke vorangeeilt und starker eingeengt, die randlichen Teile aber verflacbt, und zwar gewissermaBen infolge Gegenbewegung gegen die Injektion. Die Injektion schafft die Stiilpmulden und Stlilpsattel, die Gegenbewegung ist fur die Ausgestaltung der zugehorigen Breitmulden und Breitsattel von Bedeutung.

Die Injektion scbafft die injektiven Sattel- oder Muldenkerne, die nur ein Teil des inkongruenten Faltenwurfes sind, der im iibrigen aucb die Breitmulden oder Breitsattel umfaBt. Fiir deren iVusbildung scheint nun die Reaktion eine ganz besondere Bedeutung zu haben. Icb babe das scbon fur die dejektive und ejektive Faltung im ein- zelnen ausgefiihrt und veranschaulicbe es zusammenfassend nochmals in Fig. 14.

Wenn ich oben die geringere Kompression eines bestimmten Erd- niveaus als dessen » relative Dehnung« angesprocben und durcb diese die Erleicbterung des Injektionsvorganges erklart babe, so bleibt doch

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I. Aufsatze und Mitteilungen.

zu bedenken, daB die ^relative Dehmmg « scbon gewissermaBen in statu nascendi durcb Yerschiebungen neben den Injektionsstatten wieder ausgeglichen wird. Am letzten Ende findet ein zur Erleichterung der ganzen Faltung fiihrender Massenaustausc h zwischen hoheren und tieferen Solen statt.

Eine ganz besondere Rode konnen dabei Yerwerf ungen, Yberschie- bungen und als unmittelbare Eolge der ungleichen Reaktion auf den tektoniscken Druck auck die »Faltungsdiskordanzen« spielen, und Faltungsdiskordanzen gesteigertster Art sind in der Mekrzakl der Falle scklieBlick auck die »Randverwerfungen« unserer »Salzhorste«.

Auf einen ganz selbstverstandlichen Fall ist zum SckluB nock hin- zuweisen, in dem ein Niveau relativer Dehnung, und zwar starkster relativer Deknung, nickt zugleick ein Niveau gesteigerter Starrkeit und damit gesteigerten Faltungswiderstandes ist, das ist der Fall der freien Atmosphare liber dem obersten Erdniveau. Wiirden wir die ejektive Faltung allein als Folge der relativen Deknung des Hangenden auffassen, so lieBe sick mit Recht einwenden, daB dann ja jede Faltung nake der Tagesoberflache eine ejektive sein und daB im Falle der nieder- kessiscken Faltung die dejektive Wirkung der relativen Deknung der Tiefe durck eine ejektive der unvergleicklick starkeren relativen Dek¬ nung der Luftktille wenigstens in den kangendsten Zonen der Faltung aufgekoben sein miisse; dieser Einwand ist naturlick kinfallig bei der Erklarung der inkongruenten Faltung durck gesteigerten Eintrieb von mobileren Massen in die Niveaus groBerer Resistenz und damit auch relativer Deknung. Speziell bei der dejektiven Faltung ist die Sachlage ja die, daB die starkere Einengung der hangenden Schickten den tiefer liegenden Schickten den ejektiven Weg versperrt, auck wenn liber ihnen nun plotzlich *an der Oberflache der ganzen Schiclit- masse die Moglichkeit starkster Deknung eintritt.

IY. Injektiye Salzfaltung und Salzaufstieg.

1. Injektive Salzfaltung aus Mobilitat.

Aufwartige Injektion aus Mobilitat, d. h. gesteigerter tektoniscker Yortrieb des Beweglickeren unter orogenetisckem Druck e^ das ist es, was das Salzgebirge im Niederdeutsclien Becken erfahren kat. Seine Ejektion ist ein extremer Fad des disharmonischen Aufwarts- strebens der Massen, das zu vertikalen Durchdringungen fiikrt. So stabil sick auck das Salz wakrend der anorogenetischen Zeiten wenigstens auf koken Erdsoklen verhalt, ein so mobiles Material ist es auck schon auf diesen unter orogenetisckem Drucke, und eine gewaltige Steigerung erfakrt dieser Zustand naturlick noch mit zunekmender Tiefe, solange ein starres Basalgebirge das Salz nickt in seinern sckiitzenden Banne halt. So kommt es, daB das Salz unter dem Faltungsdrucke den iibrigen Sckichten, meist im Kerne der Sattel, weit vorauseilt und dann als Salz-

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 131

stock von vielfach sehr unregelmaBiger Kontur oft inmitten ganz j unger Schichten steckt, deren Faltung, wie ja gerade bei inkongruenter Fal- tungsform nicht iiberraschen kann, unter Umstanden nur schwach angedeutet ist. Wenn dann dazu noch die Aufschliisse, wie z. B. unter der Quartarbedeckung Nordhannovers, auf ein paar Bohrungen be- schrankt sind, kann leicht die Vorstellung erweckt werden, als ob das Salz inmitten ganz flacker Schichten eingeschlossen sei.

Der ganze Vorgang ist also eine tJberfuhrung gefiigiger Salzejekte aus der Region groBerer Kompression und groBerer Beweglichkeit in die hangenden Zonen relativer Dehnung; das Salz wird aus seinem ur- spriinglicken Schicktverbande kerausgerissen und steckt nun, wie ick es friiher einmal ausgedriickt habe, als ein Faltengebirge von Salz in¬ mitten des Schollengebirges der hangenden Schichten. Es entspricht eben dem Gesetze der geringsten Widerstande, daB bei starkerer Raum- einengung in erster Linie das beweglichste, dessen Zusammenschub und Hochforderung am wenigsten Arbeit beansprucht, herausgequetscht wird, falls es so lag oder so weit aufgewolbt war, daB der tektonische Druck es richtig anfassen konnte.

Wenn man bei dem Vorgange des Aufstieges der Salzmassen von einem wSalzgletscher « oder ))Salzstrome « spricht, so sind das eben mehr oder weniger gliickliche Bilder, die man rein als solche und ohne die von den Autoren mit den Bezeichnungen verbundenen genetischen Deutungen auch bei der Erklarung durch episodischen tektonischen Druck akzeptieren konnte.

Die Verbreiterung der Salzstocke nach dem Hangenden und ihre Umgrenzung im Yertikalschnitte durch »Schwanenhalskurven« ist mehr- fach beobachtet worden, und in extremen Fallen mag eine derartige Salzmasse die Yerbindung nach der Tiefe sogar ganzlich verloren haben und in Form eines riesigen Salztropfens inmitten jiingerer Schichten stecken. Das Ende eines derartigen Salztropfens ist zwar in so groBen Tiefen zu erwarten, daB die ganzliche Unterfahrung wohl kaum einmal eintreten wird; immerhin sind durch unmittelbareren AufschluB Falle des b eider sei tigen Einschiebens der Randgesteine unter das Salz- gebirge belegt1).

Lachmann hat in der Gestaltung der seitlichen Rander der Salz¬ stocke »nach Schwanenhalskurven « einen Beweis fiir die nichttektonische (autoplaste) Formung seiner ))Salzekzeme « erblicken wollen. Meines Erachtens ist es die Abnahme des Manteldruckes auf die Salzmassen mit zunehmender Hohenlage, die die zunehmende Erstarrung des Salz- breies und vor allem den seitlichen Raumgewinn begunstigt; wir erhalten damit in einem solchen Salzprofile die relative Dehnung eines weniger mobilen Hangenden unmittelbar veranschaulicht.

DaB die Kalke und Dolomite des Mittleren Zechsteins, die das Salz-

D Solche Falle liegen der Darstellung in Fig. 10b zugmnde.

132

I. Aufsatze und Mitteilungen.

gebirge unterlagern, die bocbgradige Aufwartsbewegung und die hoch- gradige innere Faltung der Salzmassen nicht mitmacben konnen, ist ja, da dock die gesteigerte Faltung und Hochbewegung des Salzes auf seiner Mobilitat beruht, nur selbstverstandlich und kann unmbglich, wie mebrfach gescheben, als Beweis gegen die tektoniscbe Formung des Salzes verwertet werden. Mittlerer Zecbstein und Salz ver- balten sich eben ganzlicli disbar moniscb. Kirschmann1)’, der sicb ganz ini LACHMANNschen Gedankenkreise bewegt, meint zwar, »daB nicbt einzuseben sei, wie das bangende Salzgebirge durcb seit- licben Druck zu den boheren Regionen aufgepreBt sein soil, obne daB das Liegende eine sattelformige Lagerung besitzt«. Van Werveke2) ist Kirschmann schon entgegengetreten und hat darauf liingewiesen, daB durcb Abscberungen bei der Auf faltung, wie sie Buxtorf (1. c.) im Faltenbau des Kettenjuras angenommen bat, die nacb Kirschmann entscbeidende Tatsacbe, »an der jeder Yersucb einer Deutung mit Hilfsmitteln der normalen Tektonik scheitern muB« (Kirschmann, 1. c.), eine ungezwungene Erklarung findet. Van Wervekes und meine Ansicbten geben, wie iiberhaupt hinsichtlich der prinzipiellen Erklarung des Salzauftriebes, so aucb hinsicbtlicb dieses Details parallel, denn eine gewisse Abscberung ist eben die notwendige Begleiterscheinung bei stark disharmoniscber Faltung. A

In dem in Fig. 10 b gegebenen Bilde einer inj ektiven Faltungsform als Folge gesteigerter Mobilitat einzelner Schichtsysteme wird in dem Yerbalten der Scbicbt c der spezielle Fall einer Salzinjektion ver- anscbauliclit. DaB das Salz in diesem Bilde auf gewisse Erstreckung zwiscben seinem ursprunglicben Hangenden und Liegenden in der Zone der starksten Aufpressung ganz feblt, ist natiirlicb nur ein fur die Dar- stellung angenomnrener spezieller Fall. Wenn icb es ferner etwas abseits von der Salzinjektion wieder in seinem ursprunglicben Yerbande er- scbeinen lasse, so stutze ich mich auf die bisber wobl einzige Bobrung, die einmal unter einigermaBen vergleichbaren Verbaltnissen an der Flanke eines aufgepreBten Salzk ernes das permiscbe Salzgebirge ange- troffen bat, namlicb auf die Bohrung Petze am Sudflrigel des Hildes-

1) Kirschmann, Die Lagerungsverhaltnisse des oberen Allertales zwischen Morsleben und Wallbeck. Zeitschr. f. prakt. Geol. 1913, S. 1 27. Zu den von Kirschmann gegebenen Profilen durcb das »Ekzem « der oberen Aller, auf die sicb Lachmann immer wieder bezieht, ist ubrigens zu bemerken, daB die »flache« Lagerung des Mittleren Zechsteins dock recht anfechtbar zu sein sclieint. Jeden- falls stimmt mit ihr clurcbaus nicht uberein, claB Schmierer, wie Harbort (Mo- natsber. deutscb. geol. Ges. 1913, S. 107) mitteilt, in Kernen von Bobrungen, die in das Liegende des »Ekzems« gestoBen wurden, ein Einfallen des Mittleren Zech¬ steins von liber 40° feststellte. Daraus hat schon Harbort geschlossen, daB die- Oberflache des Mittleren Zechsteins unter dem Allertal keineswegs so ungestort zu liegen scheint, wie Kirschmann annahm.

2) L. van Werveke, Stauchungen in der Lettenkolile bei Farschweiler (Lothr. verbunden mit Abscherungen. Hinweis auf die Salzliorste Norddeutschlands. Mitt. Geol. Landesanst. Els. -Lothr., Bd. VIII, 1913, S. 221 ff.

H. Stille Inj ekti vf alt ing u. damit zusammenhangende Ersclieinungen. 133

lieimer Waldes. Mebrfacb ist ja bebauptet und in scbematiscben Bildern veranscbaulicht worden, daB das Salz der Salzkerne unter den angrenzenden flaclien Schicbttafeln durcb deren Gewicbt nacb der Seite bin weggepreBt worden sei, und gerade mit Rucksicbt hierauf habe icb die fur die Klarung des Yerbaltens des Salzgebirges etwas abseits vom aufgepreBten Sattelkerne ungewobnlicb giinstig liegende Bohrung Petze wabrend ibrer Niederbringung mebrfacb besucbt und ibre Resultate in alien Einzelbeiten verfolgt. Das von mir festgestellte Bobrprofil ist bereits in der Erlauterung zu Bl. Sibbesse der geol. Spezialkarte von PreuBen veroffentlicbt worden; es ist folgendes:

110 m

954 m

975 m

1033 m

1084,4 m

1084,6 m 1100 m

1105 m

1238,28 m

4242,35 m

1242,50 m

1250,67 m

1290,3 m

Rot, unten Gips,

Mittlerer und Unterer Buntsandstein.

Roter Ton und Letten.

Roter Ton und Steinsalz wechselnd.

Anhydritlagen bei 997,4 m,

998 m,

999 m.

Rotliches Steinsalz, oben noch mit rotlichen Letten.

Sog. Pegmatit-Anhydrit.

Roter j lingerer Salzton \

Graufa-rbiger j iingerer Salzton Jiingerer (»roter«) Salzton. mit Steinsalz j

Rotliches Steinsalz, zu oberst noch mit etwas grauen Letten. Steinsalzhaltige Anhydrite bei 1133,5 1134 m,

1142,9 1154,5 m, 1167,3—1170 m.

Sylvinit \

Steinsalz Kalifloz »Niedersachsen(t (jiingeres Kalilager). Camallit J

Rotliches und helles Steinsalz.

Die Bohrung ist hiernach dicht liber dem Hauptanhydrit, unter dem nach einer Zwischenlage von alterem ( »grauen <t) Salzton das altere Kalifloz »StaBf urt « zu erwarten ist, eingestellt worden.

Das Profil ist voliig intakt; das Salz liegt durcbaus nor¬ mal unter seinem urspriinglicbenHangenden, und Salzscbicbt nacb Salzscbicbt wurde in fast sobliger Lagerung obne Spuren tektoniscber Beeinflussung und speziell tektoniscber Re- duktion durcbsunken ! Yom Siidflugel bei Petze aus ist also gewiB nicbt das Salz zum Salzkerne des Hildesbeimer Waldes bingedruckt worden. Nun ist der dortige Salzkern zwar ein ejektives, aber docb nocb nicbt ein derartig extrem ejektives Gebilde, wie etwa die Salzkerne der Luneburger Heide, und so wird man vielleicbt einwenden, daB das, was am Hildesbeimer Walde nocb nicbt zutrifft, trotzdem unter der gesteigerten Last des nordbannoverscben Deckgebirges moglicb sein konnte, und dabei wird man vielleicbt besonders auf die bobe Teufen- mobilitat des Salzes unter der Bedeckung von mebrere tausend Meter Sediment hinweisen. Der Ein wand wlirde an sicb aucb nicbt ganz un- berecbtigt sein, wenn nicbt scbon ganz andere Yerbaltnisse dem isosta-

134

I. Aufsatze und Mitteilungen.

tischen Auftriebe unter den randlichen Sedimentmassen hinweg wider- sprachen. Aber man hatte anderseits doch bei Petze wenigstens eine Andentnng dessen erwarten miissen, was unter den gesteigerten Yer- haltnissen Nordhannovers eine fur die ganze Entstehung der Salzkerne prinzipiell bedeutungsvolle Erscheinung sein solL Die unmittelbare Anscbauung wird uns iiber das Vorhandensein oder Feblen des Salzes unter den randlichen Teilen der nordhannoverschen Breitmulden k'eine Aufklarung geben konnen, denn dort sind die Tiefen zu groB; wo aber weiter siidlich (Hildesheim) nacb der Tiefenlage des Salzes die Probe aufs Exempel gerade nocb moglich War, hat sie jedenfalls fiir den angenommenen weiten Zustrom des Salzes von den Seiten her keinen Anhalt ergeben.

2. Isostatischer Auftrieb des spezifisch leichten Salzes nach

Arrhenius-Lachmann.

Die Auffassung, daB die Mobilitat des Salzmateriales den gestei¬ gerten Aufstieg bedingt, steht im Gegensatz zu den Arrhenius-Lach- MANNschen Yorstellungen1), nach denen das geringere spezifische Gewicht die Ursache der Hochbewegung ist und diese also auf iso- statischem Auftriebe beruht. »Als wesentliche Kraft bei der Bildung der Salzstocke haben wir den Salzauftrieb erkannt, d. h. eine als Wirkung der Schwerkraft der Erde sich kenntlich machende vertikale Kraft, welche im Schwerpunkte der Salzmassen angreift und sie gegeniiber den umliegenden und spezifisch schwereren Erdmassen aufwarts bewegt. Wir haben im kleinen eine AuBerung der Isostasie in der Erdrinde vor uns« (Arrhenius-Lachmann, 1. c. S. 153),

Zugegeben, daB die geringere Schwere, wenn das gefiigige Salz durch tektonischen Druck in Aufwartsbewegung gebracht ist,j den Auftrieb noch zu erleichtern vermag, so kann sie doch nicht die wesentliche Ursache desselben sein. Der isostatische Auftrieb ist eine bis zur Ein- stellung volliger Isostasie mehr oder weniger s tan dig wirksame Kraft- quelle und iniiBte eine mehr oder weniger standige (sakulare) Hoch¬ bewegung des Salzes veranlassen. Eine solche nimmt ja Lachmann und mit ihm Arrhenius, dem als Physiker die einschlagigen geologischen Beweisgrtinde natiirlich ferner liegen , tatsachlich auch an, wie auch recht viele andere Salzforscher tun, z. B. Harbort und Seidl. Aber dem ist eben entgegenzuhalten, wie ich schon mehrfach seit 1910 getan habe, ohne daB eine ernsthaft zu nehmende Einrede hatte erhoben werden konnen, daB das Salz sich nur in den zeitlich ziemlich genau fixierbaren orogenetischen Phasen der Yorzeit, also episodisch, auf¬ warts bewegte, wahrend es in den anorogenetischen Zeiten wie jedes.

U Sv. Arrhenius und R. Lachmann, Die physikaliscli-cliemiscken Bedin- gungen bei der Bildung der Salzlagerstatten und ihre Anwendung auf geologische Probleme. Geolog. Rundschau 1912, Bd. 3, S. 139 ff.

H. Stille Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 135

anclere Gestein des Niederdeutschen Beckens zur Tiefe sank; und so kann auch nicht eine kontinuierlich wirkende Kraftquelle, wie der Auftrieb infolge geringeren spezifisclien Gewichtes, als Ursache oder wenigstens nicht als Hauptursache des Salzaufstieges in Frage kommen, sondern nur eine in den orogenetischen Phasen sich episodisch ein- stellende. Und diese ist eben der orogenetische Seitendruck, der erst dem Salz, wenigstens soweit es iiberhaupt noch oder schon wieder in hoheren Erdzonen steckt, seine hochgradige Mobilitat verleiht und es erst injektibel macht.

Ich fasse die von mir vertretene Auftassung nochmals in folgendem kurzen Satze zusammen : Der Salzauftrieb ist weniger die Ejektion des besonders leichten, als vielmehr des besonders mobilen Materiales.

3. Salzinjektion in Spalten.

Schon bei der ersten Erorterung dessen, daB bestimmte Verhalt- nisse den tektonischen Eintrieb in das Liegende oder Hangende er- leichtert zu haben scheinen, fragten wir, ob vielleicht klaffende Spalten eine Rolle spielen, und damals wurde schon gesagt, daB nur in gewissen Ausnahmef alien derartiges anzunehmen sei. Solche Falle zeigt uns nun begreiflicherweise im besonderen MaBe das gefiigigste Schichtenmaterial, das Salz, indem es sich in Spalten des sproderen Hangenden oder Lie- genden oder Seitengebirges, vor alien Dingen aber in seine sproderen Zwischenschichten (Anhydriteinschaltungen usw.) hineinfaltet und hin- einschiebt. Recht anschauliche Bilder solcher Erscheinungen, und zwar sowohl von Fallen ejektiven (aufwartigen), wie dejektiven (abwartigen) Yorschubes, hat kiirzlich noch W. Wagner1) aus dem oberelsassischen Salzgebirge verdffentlicht. Bei dem Vortriebe in Spalten liegt der Ver- gleich zwischen der tektonischen Injektion des Salzes mit der vub kanischen des Glutbreies natiirlich besonders nahe, so groB der Unter- schied der Mobilitat des Salz »breies « von derjenigen eines Glutbreies auch noch gewesen ist. In der auBeren Form konnen diese tektonischen Salzinj ektionen unter Umstanden »posthumen« Kluftausfiillungen durch chemischen Absatz ahnlich werden, aber die innere Struktur pflegt uns die wahre Natur anzuzeigen.

4. Terminologisches.

Welche Bezeichnung wird nun der Eigenart dieser nordhannover- schen Salzejekte am besten gerecht? Man hat ja, als man die Massen von Salz inmitten weit j lingerer Schichten zuerst kennen lernte, von »Salzhorsten(( gesprochen; aber ich habe schon vor mehreren

1) W. Wagner, Einpressungen von Salz in Spalten der oberelsassischen Salz- und Kalisalzablagerungen. Mitt. Geol. Landesanst. Els.-Lothr. 1916, Bd. IX, Heft 2, S. 135ff.

136

I. Aufsatze und Mitteilungen.

Jakren1) geltend gemackt, daB sick die kockaufgepreBten Salzkerne, die alle Spuren des bei ihrer Aufwartsbewegung erfolgten intensiven Zusammensckubes tragen, so weit von dem entfernen, was man gemeinbin einen » Horst « nennt, daB man gut tut, die Bezeicbnung )>Salzkorst« nicbt mebr zu gebraucben und mit unverfanglickeren Be- zeicbnungen, wie z. B. »Salzkern«, auszukommen. Auck von »Salz- pfeilern« und »Salz3treifen« habe ick in diesem Sinne gesprocken.' Im AnsokluB an den Begriff der injektiven Ealtung des Salzes, der an die Terminologie der vulkaniscben Pkanomene erinnert, empfiehlt sick viel- leickt die Anwendung des wokl auck sonst sckon gebrauckten Wortes ))Salzstock«, das wenigstens der Lage inmitten fremdartigen Gesteines und zum Teil auck der Art der Konturen einigermaBen gereckt wird. Mit dieser Terminologie nakern wir uns sckeinbar den E. HARBORTscken Gedankengangen von dem Aufsteigen des Salzbreies in Spalten nack Art eines Magmas. Und dock bestekt der grundsatzlicke Untersckied2) zwiscken der Vorstellung Harborts von einem infolge vertikal wirkender Krafte mekr oder weniger kontinuierlick vor sick gekendem isostatiscken Auftriebe und der Vorstellung der episo- discken injektiven Faltung unter tangentialem Drucke.

Y. Zur Systematik der Horste und Griiben.

1. Begriff Horst und Graben. Haupteinteilung.

Die Begciffe »Horst« und »Graben« sind bekanntlick durck E. Suess (Anti, der Erde, I. Teil, S. 166/87) aus der Bergmannsspracke in die Spracke des Geologen eingefiikrt worden. Suess verstand unter einem Graben einen versenkten Streifen der Erdkruste und unter dem Horst den trennenden Riicken zwiscken zwei Graben, d. k. einen steken- bleibenden Teil inmitten der zur Tiefe sinkenden Sckollen. Die Be- zeicknungen ))Graben« und »Horst« sind derartig in die geologiscke Wissensckaft eingebiirgert, daB man sie beibekalten muB, auck wenn man die von Suess gegebene genetiscke Erklarung, zunackst, was die Horste anlangb, dann aber auck kinsicktlick der Mekrzakl der Graben, ableknt, - nur muB man die Bezeicknungen nickt mekr, wie Suess es tat, genetisck, sondern rein besckreibend verwenden und also unter einen Graben einen von Verwerfungen umrandeten Streifen jiingerer Sckickten in mitten alteren Gebirges, unter einem »Horsk« einen von Verwerfungen umrandeten Komplex alterer Sckickten zwiscken j linger en versteken.

Die Gebilde, die nack diesem rein besckreibenden Verfakren als Horst oder Graben bezeicknet werden, sind ikrer Entstekung nack

H. Stille, Untergrund der Liineburger Heide usw. 4. Jahresber. Nieder- sacks. geol. Ver. 1911, S. 259.

2) Hieriiber vgl. H. Stille, Das tektonische Bild des Benther Sattels. 7. Jah¬ resber. Niedersachs. geol. Ver., S. 270ff., spez. Kap. IX.

H. Stille Injektivfaltung u. damit znsammenhangende Erscheinungen. 137

recht verschieden, und besonders sind zwei groBe Gruppen zu unter- scheiden1), namlich

1. Horste und Graben rein orogenetischer Entstehung:

Undnlationshorste und Undulationsgraben.

2. Horste und Graben, die im wesentlichen epirogenetischer Ent¬ stehung sind, die allerdings die durch den Begriff Horst und Graben erforderte Umrandung durch Briiche erst nachtraglich, und zwar in den orogenetischen Phasen, erhalten haben:

Undationshorste und Undationsgraben.

2. Undulationshorste und Undulationsgraben.

(Schollenhorste und jSchollengraben. )

Undulationshorste und Undulationsgraben sind Begleit- erscheinungen der Bruchfaltung, z. B. der saxonischen, und konnen darum auch als »Faltungsgraben« und »Ealtungshorste« bezeichnet werden. Die Horste sind in der ganz liber wiegenden Zahl der Falle durch Briiche modifizierte Sattelkerne ( »Sattelhorste «), in Ausnahme- fallen auch einmal Schollen alterer Schichten, die durch lokale Kom- plikationen auBerhalb der Sattellinien in jiingere Umgebung gelangt sind (vgl. z. B. die »Grabenhorste« Hessens). Die Graben sind in ihrer allergroBten Zahl durch Bruchbildung modifizierte Mulden (»Mul- dengraben«), in Ausnahmef alien Einstiirze oder Einpressungen auBer¬ halb der Mulden, z. B. in Sattelspalten ( )>Sattelgraben«) oder Quer- briiche (»Quergraben«), die bei der Faltung aufreiBen. Undulations¬ horste und Undulationsgraben sind zwar ganz besonders charakte- ristische Erscheinungen der inkongruenten saxonischen Faltung (De- jektivgraben des niederhessischen und Ejektivhorste des nordhannover- schen Typus), finden sich aber auch recht haufig bei der kongruenten Faltung ein, denn auch hier umgrenzen sich haufig die Sattel- und Muldenkerne mit Verwerf ungen und rufen dadurch die Erscheinungen eines Horstes ( H in Fig. 3) oder eines Grabens (G in Fig. 3) hervor.

Fur die Undulationshorste und Undulationsgraben erscheinen mir die Bezeichnungen »Schollenhorste« und ))Schollengraben« des- wegen einigermaBen treffend, weil diese Bezeichnungen gerade im Gegensatze zu den Horst en und Graben undatorischer Entstehung (s. unten) zum Ausdruck bringen, daB es sich nur um Teilstiicke (Schollen) aus einer groBeren Einheit gleicher geologischer Yorgeschichte handelt. Besondere Formen sind die »injektiven« Schollengraben und

Schollenhorste und der extremste Fall der letzteren ist der »Salz-

. <

stock «.

U Auf die Unterscheidung epirogenetischer >>Undationshorste « und orogene¬ tischer »Undulationshorste« habe ich schon in dem obenerwahnten Aufsatze liber die »Saxonische Faltung* hingewiesen.

Geologische Rundschau. VIII.

10

138

L Aufsatze und Mitteilungen.

3. TJndationshorste und Undationsgraben.

(Scliwellenliorste und Beckengraben.)

Undationshorste ())Schwellenhorste«) sind Schwellen epiro- genetiscber (sakularer) Entstebung, entlang deren' Randern in spaterer Zeit Verwerfungen aufgerissen sind; so wurden die Schwellen zu » Schwellenhorsten « urngef ormt .

Undationsgraben (»Beckengraben« oder »Grabenbecken«) sind Senken von geosynklinalem Charakter, d. h. also Regionen saku¬ larer epirogenetischer Senkung , die sick in den orogenetischen Phasen mit Brlichen umzogen haben.

Das AufreiBen der Verwerfungen ist aber in der Geschichte und im Gesamtbilde dieser Horste und Graben gegeniiber den undatorischen Vorgangen eine so unbedeutende Erscheinung, daB sich die Bezeich- nung »Undat ions horste « und »Undationsgraben« wohl rechtfertigt.

Die Schwellenhorste und Beckengraben waren also schon vor den Perioden der Faltung und Bruchbildung tektonische Hoch- bzw. Tiefen- zonen gegeniiber ihrer Nackbarschaft, die Schollenhorste und Schollen- graben sind es erst in diesen Perioden geworden. DaB aber die Rand- verwerfungen der Schwellenhorste und Beckengraben nachtragliche Zutaten zu den praexistierenden Schwellen und Becken und nicht die Ursache der Hebungen und Senkungen derselben sind, laBt sich im Boden Deutschland^ deshalb so einwandsfrei beweisen, weil hier die Randzonen alter Meeresbecken unter besonders glinstigen Ver- haltnissen genauer Beobachtung zuganglich sind und gerade fiber das Alter der Verwerfungen ein gesichertes Urteil infolge besonders giin- stiger Falle transgredierender Lagerung moglich ist. Die Rheinische Masse erhob sich als alte Schwelle schon in der Zechsteinzeit liber die ostlich von ihr liegende Hessische Senke und liber das nordostlich und nordlich liegende Niederdeutsche Becken und sie ist heute von einem Bruchsysteme umsaumt, das ihr den Charakter als » Horst « verleiht. Diese Randbriiche sind aber nicht entstanden in den Zeiten der starken Absenkungen, in denen im Niederdeutschen Becken und zum Teil auch in der Hessischen Senke der Ozean wogte oder festlandiscke Sedimenta¬ tion vor sich ging, denn dann miiBten sie in den Lagerungsformen und Verbandsverhaltnissen der permisch-triadisch-jurassischen Schichten zum Ausdrucke kommen, sondern, me sich an der Nordostecke der Rheinischen Masse so ausgezeichnet nachweisen laBt, erst im Ausgange der Jurazeit und vor Ablagerung der Kreide, d. h. in einer der groBen orogenetischen Phasen der saxonischen Faltung; zum Teil sind sie dann in spiiteren Faltungsphasen nochmals aufgerissen.

Gehen wir in andere Randzonen der alten Becken, z. B. zum West- rande der Bohmischen Masse, so sprechen dort die Lagerungs- und Ver- bandsverhaltnisse der Schichten gegen jegliche jungpalaozoisch-triadisch- alterjurassische Verwerfung, d. h. auch hier hat die Beckenabsenkung

H. Stille Injektivfaltnng u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 139

der damaligen Zeiten unabhangig von Verwerf ungen stattgefunden, und am Ende ergibt sich aus alien derartigen Einzelfeststellungen die gesicherte Erfahrung, daB die fossilen deutschen Meere nicbt einge- b roc hen sind, sondern sich ohne Mitwirkung von Briichen als Syn- khnalen groBer Spann weite sakular eingesenkt haben. Diese gesicherte Erfahrung, die wir in die Formel

»Erst (sakulare) Senkung, dann Bruchs

kleiden konnen, steht allerdings in starkstem Widerspruche zu dem, was wir sonst in der geologischen Literatur, liber die Entstehung und Eortbildung der Meeresbecken zu lesen pflegen und was hinauskommt auf die Formel

»Erst Bruch , dann Senkunga,

»Die Einbriiche sind es, welche die Wasser in tiefen Weltmeeren gesammelt haben «, so sagt Suess 1885 im SchluBabsatze des ersten Bandes des »Antlitzes der Erde«, und dieser Gedanke erscheint auch in den spateren Banden dieses Fundamentalwerkes der synth etischen Erdforschung immer wieder, so auch noch im SchluBkapitel des 1912 erschienenen letzten Bandes, wo es dann weiter heiBt (S. 720), daB wuberhaupt, mit Ausnahme von Buchten in Kiaskiisten, kein Meeresteil bekannt ist, der durch lateralen Druck als Synklinale erzeugt ware«. Ich komme darauf an anderer Stelle zuriick, denn eine befriedigende allgemeinere Auseinandersetzung liber diese Dinge ist erst moglich, nachdem gewisse grundlegende Gesetze der Undation behandelt sein werden.

Nur auf das Hauptargument, das Suess (vgl. u. a. Antlitz III, Bd. 2, S. 690) als Beweis fiir die Entstehung der Meeresbecken durch Einbruch bringt, sei deshalb hier kurz eingegangen, weil es mit der gleichen Beweiskraft, die es an anderer Stelle haben soli, auch auf die Entstehung der alten deutschen Meeresbecken anwendbar ware. »Die Begriindung ergibt sich aus den die Struktur durchschneidenden Um- rissen der atlantischen Horste, dem Abbrechen ganzer Faltenziige und dem nicht seltenen Vortreten pflanzenfiihrender Schichten an die Ufer«, so heiBt es bei Suess. Durchschneiden nicht auch die Umrisse der alten deutschen Becken die Struktur der Horste weithin in genau so scharfer Weise wie etwa der Band des Atlantischen Ozeans die Struktur der Meseta an der Ostkiiste der Iberischen Halbinsel oder diejenige der Bretonischen Masse abschneidet? Brechen die variscischen Faltenziige nicht an dem alten West-, Ost- und Nordostrande der Rheinischen Masse ebenso ab, wie die armorikanischen Falten an den heutigen atlantischen Kiisten? Traten nicht pflanzenfiihrende Schichten des Karbons im jiingsten Palaozoikum und Mesozoikum in Nordwest- deutschland ebenso an das Meer heran, wie heute noch die von Suess so oft im Zusammenhange mit der Entstehung des Indischen Ozeans erwahnten Gondwanaschichten des slidostlichen Afrikas? Aber trotz

10*

140

J, Aufsatze und Mitteilungen.

des Zutreffens der SuESSschen Argumente waren die durch Kiisten

von dur chaus »atlantisclier<( Struktur umsaumten dentscken fossilen

Meere nicht eingebrochen, sondern bruchlos eingesunken. Wenn

die Argumente aber hier keine beweisende Kraft haben, so kann

man die beweisende Kraft aucb an anderer Stelle nicht anerkennen.

/

DaB sich der Strand der fossilen deutschen Meere weithin senkrecbt und schief zu den alten Falten einstellte, erklart sick durcb ganz andere Yerhaltnisse, namlich durch die Neuorientierung der nach- variscischen Undation, und deren Griinden miissen wir nachgehen, um das zu deuten, was im Sinne von Suess die Entstehung der Meeres- becken durch Einbruch beweisen soil.

4. Unterscheidung von Horsten und Graben undatorischer und

undulatorischer Entstehung.

i Ob nun ein Graben oder Horst ein undatorisches oder undulatorisches Gebilde ist, muB im allgemeinen aus seiner und seiner Umgebung Yor- geschichte abgeleitet werden. Fallt der Graben annahernd mit einem alten Sedimentationsraume oder fallt der Horst annahernd mit einer alten Sohwelle zusammen, so handelt es sich um undatorische Gebilde ; sind die Graben und Horste aber nur kleine Teile eines groBeren Schich- tensystem.es mit liber einstimmender Yorgeschichte, so handelt es sich um Gebilde undulatorischer Art. Alle die kleinen Horste und Graben inmitten der saxonischen Faltungsf elder sind natiirlich orogenetischer Entstehung, wahrend die Horste und Graben epirogenetischer Abkunft weit gcoBerer Einheiten zu sein pflegen.

In den Randzonen der Beckengraben wird sich im allgemeinen die ehemalige Nahe der Festlandschwelle im Auskeilen oder in der ver min¬ der ten Machtigkeit oder in den lithologisclien und sonstigen faziellen Yerhaltnissen oder in den Lagerungsformen wenigstens einzelner der sbratigraphisohen Horizonte zu erkennen geben. Immerhin wird in manchen Fallen die Entscheidung, ob ein orogenetisches oder ein epiro- genetisches Ge*bilde vorliegfc, nicht ganz leicht sein. Sie hat sich dann auf sorglaltigste Studien stratigraphisch-fazieller Art, wie sie z. B. der durch den Tod ftir das Yaterland leider uns so frith entrissene Th. Ba.iNDES liber den norddeutschen Lias in vorbildlicher Weise angestellt hat, zu griinden. Wo heufce der »Horst« des Soilings liegt, befand sich nach Bra.'ntdes zur Liaszeit schon eine Sollinginsel und etwa entlang dem Hordrande dieser lag ja auch durch lange Zeiten der Erdgeschichte das Hiedersachsische Ufer. Und so ist der Soiling ein Schwellenhorst, allerdings nur in Bezieliung auf sein nordliclies und zum Teil auch auf ein ostliches und westliches Yorland. Er ist namlich der nordlichste Auslaufer der Buntsandsteingebiete Niederhessens, die wieder ein Senkungsfeld gegeniiber der Rheinischen Masse darstellen. Eine Absenkung der Hessischen Senke gegeniiber der Rheinischen Masse

H. Sulle Injektivfaltung u. damit zusammenhangende Erscheinungen. 141

und die Absenkung des Niederdeutschen Beckens gegeniiber der Hessiscben Senke, das sind die Tatsachen, die uns den Soiling einerseits als Teil eines groBen Senkungsfeldes und gleichzeitig als Horst gegeniiber einer tieferen Senkung erklaren. Die Hessische Senke ist in ihrer Gesamtheit ein undatorisclies Grabenfeld oder wenig- stens der Teil eines solchen. Schon zur Zechsteinzeit deulete sich die heutige Zone ihres Abbrucbes gegen die Rheinische Masse als Randzone einer Senke gegen eine Schwelle an. Im Jura vermittelte die Hessische Senke die letzten Verbindungen zwischen dem siiddeutschen und dem norddeutschen Meere und im Tertiar, speziell im Oligozan, schob sich in ihr das Nordmeer wieder weit slidwarts vor. Das groBe undatorische Senkungsfeld wird nun durch die schmalen hessischen Graben durch- zogen, die undulatorischer Entstehung sind. Ein und derselbe orogene- tische Vorgang hat einerseits die Senke in ihrer Gesamtheit aus einem

Rheinische Masse

Fig. 15. Schmale (undulatorische) »Schollengraben<c in einem weiten

(undatorischen) »Beckengraben«.

Becken undatorischer Entstehung zu einem groBen ))Beckengraben« umgestaltet und anderseits, indem der flachgriindige Inhalt der Senke nach dem dejektiven Typus ganz schwach gefaltet wurde, die schmalen niederhessischen ))Schollengraben« innerhalb des )>Beckengrabens « ge- schaffen. 3

... jL

5. Hebung und Senkung bei der Entstehung der Horste und Graben.

Die Begriffe Horst und Graben sind zunachst nur relativ zu verstehen; die durch sie bezeichneten Gebilde sind gehoben oder gesunken gegen - liber ihrer Nachbarschaft. Ob nun tatsachlich oder doch wenig- stens in Beziehung auf den einzigen uns verfligbaren Pegel, namlich den Spiegel des Ozeans, Hebung oder Senkung eingetreten sei, mag noch kurz erortert werden. Was die Horste anlangt, so sind sie ja von Suess durch Senkung ihrer Umgebung, von de Lapparent, van Wer- vecke u. a. durch eigene Hebung erklart worden.

Die Horste und Graben undulatorischer und diejenigen undatorischer Entstehung mussen wir scharf auseinander halten. " > . , t j

Undulationshorste (Schollenhorste) und Undulationsgraben (Schollen- graben) entstehen unter eigener Aufwartsbewegung, und bei den Un¬ dulationsgraben liegt eben nur ein relatives Zuruckbleiben, vergleich“ bar in diesem Sinne dem Zuruckbleiben der Mulde gegeniiber dem Sattel in einer unter orogenetischem Druck aufsteigenden Faltungszone, vor.

142

I. Aufsatze und Mitteilungen.

Die Undationshorste (Schwellenhorste) werden in der ersten und langsten und bedeutungsvollsten Phase ihrer Geschichte (als Schwellen) gehoben unter gleichzeitiger Senkung ihrer Umgebung: in der kurzen zweiten Phase ihrer Umgestaltung zu »Horsten« scheinen sie ihr Xiveau zum ozeanischen Spiegel einigermaBen beizubehalten1), wahrend die angrenzendeh Senken, wenigstens in den Randzonen, aufsteigen, wenn auch nicht so stark, daB ihre vorangegangene (sakulare) Senkung wieder ausgeglichen wiirde.

Die Undationsgraben (Beckengraben) sinken in der ersten und langsten Phase ihrer Entstehung (als Becken) ein, heben sich aber bei der Umformung zu Beckengraben wenigstens in ihrer Randzone gegen- iiber ihren Rahmen wieder um einen gewissen Betrag heraus. Ich wies schon friiher einmal auf das zunachst etwas paradox klingende Resultat hin2), daB unsere groBen Becken undatorischer Entstehung zu »Graben« nicht durch einen Akt der Senkung gegeniiber- den groBen Horsten geworden sind, sondern durch einen Akt der Hebung.

Douai, im Dezember 1916.

1) Jedenfalls ist ihre Hebung unbedeutend ini Vergleiche zu derjenigen der angrenzenden Randzonen der Becken.

2) Saxonische » Faltung « , 1. c.

II. Besprechungen.

Die Geologie von Neuseeland.

Yon Otto Wilckens (StraBburg i. E.).

Literatur.

1. J. Park, The Geology of New Zealand, x4.ii Introduction to the Historical, Structural and Economic Geology. 488 S., 145 Abb., 27 Taf., 1 geol. Karte. 1910.

2. P. Marshall, New Zealand and Adjacent Islands. Handbucli der regio- nalen Geologie, herausgegeben von G. Steinmann und 0. Wilckens. 5. Heft (Band VII, 1). 78 S., 18 Abb. 1911.

3. P. Marshall, Geology of New Zealand. 218 S., 112 Abb., 1 geol. Karte. 1912.

S-onst noch benutzte Literatur ist jeweils aufgefiihrt.

tlber Neuseeland gibt es eine leidlich umfangreiche geologisclie Literatur1), auch bat das Land verhaltnismaBig frith eine geologische Landesanstalt erhalten, die nacb einer langeren Unterbrechung in neuerer Zeit wieder ins Leben gerufen ist und recbt hubsche Beschrei- bungen ‘einzelner Gebiete veroffentlicht hat. Nunmehr sind aucb in kurzen Zeitabstanden die drei obengenannten zusammenfassenden Dar- stellungen der Geologie Neuseelands erscbienen. Nacb Anlage, Umfang und Ausstattung sind sie sehr verscbieden und keine macbt die andere entbebrlich. Was aus alien drei Bucher n deutlicb bervorleuchtet, das ist die groBe Unsicberlieit, die noch immer in der Beantwortung vieler Fragen der neuseelandischen Geologie berrscbt, namentlicb bezuglicb der Stratigrapliie. Hieran ist teils der Mangel an Verst einer ungen, teils das Fehlen der palaontologischen Bearbeitung derselben scbuld. Neu¬ seeland ist so reich an nutzbaren Lagerstatten, namentlich von Gold und Koblen, daB sicb die einbeimiscben Geologen mit Yorliebe der Untersucbung dieser Vorkommen zugewandt baben. Ein wissenschaft- liches Werk wie das der Novara-Expedition ist nie wieder iiber Neusee¬ land erschienen, und die bildliche Darstellung der Versteinerungen in Parks Buch ist meist nur eine Wiedergabe der Tafeln aus dem Novara- Werk sowie der sebr einfachen Abbildungen Hectors aus dem Katalog zur »Indian and Colonial Exhibition London 1886 «. Wie groB die Ver- scbiedenheit zwiscben Parks und Marshalls Angaben iiber die Schicht- folge sind, erkennt man leicbt aus der Gegenuberstellung beider:

B )>Die geologische Literatur iiber Neuseeland bis zum Jahre 1907, zusammen- gestellt von 0. Wilckens. « N. Jalirb. f. M. G. P. 1909. II. 265 332 und »Additions to Wilckens’ catalogue up to 1910 cc in P. Marshall, New Zealand and adjacent Islands (s. oben), S. 70 71.

144

II. Besprech ungen.

Park 1910

Marshall 1911 u. 1912

Archaikum

1 Cambrium

Manapouri-System -

1 Unt. Silur

1 Ob. Silur

Devon

Te Anau-System

Carbon

1 Perm

Hokonui-System

Trias

1 Jura

Amuri-System

Kreide

Karamea-System

Alttertiar

W anganui-System

Jungtertiar

Pleistocan

Diluvium

Recent

Alluvium

Manapouri-System

Aorere-System

/

Baton River-System

Maitai-System

Oamuru-System

Wanganui-System

Pleistocan

Recent

Die Unstimmigkeiten zwischen beiden Verfassern betreffen einmal die Stellung groBer Schichtkomplexe, besonders die der Maitaisch.ich.ten, die nach Park ein Teil des Te Anau-Systems nnd damit Carbon sind, nach Marshall zuni Maitai-System nnd damit zn Trias-Jnra gehoren. Sodann betreffen sie die Benennung der Systeme, indem nnr fiir das Manapouri- nnd fiir das Wanganni- System von beiden Verfassern der- selbe Name gewahlt wird, sonst aber hberall verschiedene, wobei aber das Manapouri-System anch verschieden begrenzt wird. Die farbigen geologischen Karten, die Park und Marshall (3) geben, bieten denn anch ein sehr verschiedenes Bild; nnr in den grobsten Zhgen stimmen sie iiberein. Folgende Gesteinsgruppen sind mit besonderer Farbe aus- geschieden:

Marshall : Park :

Pleistocene and Recent Wanganni (Pliocene)

Oamaru (Cainozoic)

Hokonni (Jurassic)

Maitai (Triassic)

Baton River (Silurian)

Aorere (Ordovician)

Metamorphic Schists Manapouri (Archaean?)

Granite (Intrusive Post-Triassic?) Rhyolite (Miocene and later) Andesites, Basalts etc. (Miocene and later)

Peridotites (Intrusive Post-Triassic)

Recent and Pleistocene Pliocene to Upper Eocene Upper Cretaceous Permo-jurassic

Ordovician to Carboniferous

Cambrian

Basic and Semibasic V olcanic Rocks Acidic Volcanic Rocks

Otto Wilckens Die Geologie von Neuseeland.

145

Es muB erwahnt werden, daB die Unterscheidnng der Formationen auf Marshalls Karten mit der in Marshalls Text nicht ganz uberein- stimmt, insofern als Marshall an letzterer Stelle die metamorphen Schiefer zu Trias- Jura zieht und den Jura nicht besonders als Hokonui abtrennt. Es moge ferner gleich hier erwahnt werden, daB die beiden Karten imYerlauf der geologischen Grenzen derartige Verschiedenheiten zeigen, daB man es manchmal unbegreiflich finden muB. Einiges davon sei hier aufgefiihrt: die Ausdehnung der Trias in der Kette der Nordinsel sowie in der Coromandelhalbinsel, die Verbreitung der vulkanischen Gesteine am Mt. Egmont, die Ausdehnung der Eruptivgesteine im NW.-Sporn der Nordinsel und in der Gegend westlich von Oamaru. Das sind Dinge, in denen eigentlich doch Obereinstimmung herrschen miiBte, wenn nicht auf der einen oder der anderen Karte Fehler sind. DaB die gebirgigen Teile der Siidinsel auf den beiden Karten ganz ver- schiedene Bilder liefern, ist weniger ver Wunderlich. Wir kommen auf diesen Punkt noch zuriick.

Die einheimischen neuseelandischen Geologen betonen gern, daB man die Reihe der geologischen Formationen ihres Landes nicht in das in Europa entstandene stratigraphische Schema einzwangen diirfe. Dem kann man beistimmen, soweit nicht darin der Verzicht liegt, das Alter der neuseelandischen Schichtgruppen auf das internationale Schema der Formationen zu beziehen. Dies letztere ist selbstverstandlich un- umganglich notig, wenn man sich iiber das Alter der neuseelandischen Gesteine verstandigen und die Ereignisse in den einzelnen Perioden der Erdgeschichte, soweit sie sich im westlichen Pazifik abgespielt haben, mit denen in der ubrigen Welt vergleichen und verknlipfen will. Nicht angangig ist es daher, wenn Oberkreide und Tertiar, wie Marshall es tut, in einem einzigen ))Oamaru- System « vereinigt werden.

Hier wie bei einigen anderen Forma tionsbegrenzungen spielt die Unterschatzung eine groBe Rolle, mit der die einheimischen neuseelan¬ dischen Geologen die Erosionsdiskordanzen behandeln. Es wird be- hauptet, daB die Waipara- und die Oamaruschichten vollig konkor- dant aufeinander ruhen. Nirgends sei eine Diskordanz zu beobachten. Aber wenn auch eine Dislokationsdiskordanz nicht vorhanden ist, so kommen doch in den erstgenannten Schichten typische Vertreter der mesozoischen Tier welt, in den letztgenannten typische tertiare Fossilien vor. Deshalb diirfen trotz der Lagerungsverhaltnisse die beiden Komplexe nicht vereinigt werden; der eine ist Oberkreide, der andere Alttertiar.

Nicht einverstanden sind wir ferner mit der Belegung von Unter- abteilungen der Systeme mit den Namen der Systeme, z. B. Unterab- teilung Te Anau-Serie des Te Anau- Systems.

146

II. Besprechungen.

I. Stratigraphie.

Das Bild, das sich aus den Buchern von Park nnd Marshall von der neuseelandischen Stratigraphie ergibt, ist etwa folgendes:

Als alteste Gesteine der Insel gelten die Tiefengesteine des Mana- pouri-Systems, die den siidwestlichen Teil der Siidinsel, das sogenannte Fjordland, bis zum Te Anan-See sowie den siidlichen Teil der Stewart- insel aufbauen, Diese Gesteine, die z. T. gneisartige Eigenschaften haben, sind vorwiegend dioritisch. Der Dioritgneis fiihrt oft Granat, enthalt manchmal Ampbibolitmassen. Sonst kommen nock Pyroxen- grannlit und Granitgneis, ancb Marmor (am Caswell Sound und Hall’s arm des Doubtful Sound) vor. An der Anita-Bay am Eingang des Milford Sund findet sich eine Zone ultra basischer Gesteine (Dunit, Harzburgit).

Das Gebiet dieser Manapourigesteine ist stark bewaldet, sebr ge- birgig, auBerordentlich regenreicli, arm an Siedelungen und daher geo- logisch sehr wenig erforsclit. Der Yerband mit den Nachbargesteinen ist unbekannt, die groBe Verwerfung, die nacli Hutton das ganze Gebiet gegen Osten begrenzen soil, nicht nachgewiesen. Die alteren Schatzungen der Machtigkeit dieser Gesteine sind natiirlich unbrauchbar, da es sick offenbar ganz vorwiegend um Gesteine eruptiven Ursprungs handelt. Das Manapouri-System ist als Archaikum, Pracambrium und Cambrium angesprocben worden. Die Altersbestimmung ist aber scbwierig, etwa so wie bei unseren Schwarzwaldgneisen. j ' - j ,

Die alteste fossilfiihrende Formation von Neuseeland ist Enter - silur mit Graptolitben. Es findet sicli im auBersten Siidwesten der Siid- insel am Preservation Inlet und, besser bekannt, im auBersten Nord- westen in der Provinz Nelson. Hier, in der Nahe des West-Wanganui- Inlet, sind die Graptolithenschiefer (welcke Formen wie Bryograplus Lapworthi Kuedem., Dichograptus octobrachiatus Hall, Didymograptus extensus Hall, D. nitidus Hall, D. nanus Lapw., Goniograptus per- flexilis Ruedem., G. geometricus Ruedem., Loganograptus logani Hall, Phyllograptus anna Hall, Ph. typus Hall, Tetragraptus arnii Elles and Wood, T. bigsbii Hall, T. quadribrachiatus Hall fiihren) mit Grau- wacken und Quarziten verknlipft. Nack Osten folgen Sckiefer und in diesen Sckiefern liegen weiBe und graue Mar more. Fossilien feklen. Das in den Silurschichten steckende Granitmassiv der Gouland Downs (nord- lickster Teil der Siidinsel) besitzt einen schonen Kontakthof mit Ckia- stolitk- und Cordieritsckiefern. Marshall neiint die Gesteinsreike, in der die Graptolithenschiefer liegen (Shake spear parallelisiert dieselben mit den mittleren Skiddaw Slates Englands), das Aorere-System, Park bezeichnet sie als Kakanui-Serie seines Manapouri-Systems.

Am Baton River, 64 km von der Fundstelle des graptolitkenfukrenden Untersilurs entfernt und von diesem durch ein stark bewaldetes Berg- land getrennt, finden sick in einem blaulichen tonigen Kalkstein Fossilien, unter denen McKay u. a. folgende anfiikrt: *Calymene Blumenbachi, *Homalonotus Knightii, *Murchisonia terebralis, Avicula lammoniensis,

Otto Wilckens

Die Geologie von Xeuseeland.

147

Pterinaea spinosa, Spirifer radiatus, * Rhynchonella Wilsoni, Strick- landia lyrata , Atrypa reticularis, Strophomena corrugatella , Chonetes stria- tella, zahlreiche Korallen. Die mit * bezeichneten Formen kommen anch bei Reefton (Lokalitat »Lanky Gully «), 113 km weiter siidlich, vor; auBerdem werden von hier Spirifer vespertilio und Homalonotus expansus angegeben.

Die Scbichten vom Baton River und von Reefton werden von Park als »Wangapeka Series « bezeichnet und mit Hutton ins Obersilur gestellt, Marshall nennt sie »Baton River-System « ())Siluro-Devon«). Ehe eine zuverlassige palaontologisclie Untersucbung der Fossilien vor- liegt, muB ein Urteil fiber das genauere Alter dieser Yorkommen zu- riickgestellt werden.

Nacb Marshall gibt es kein Carbon auf Neuseeland. Park dagegen betracbtet als solcbes das )>Te Anau- System « mit den »Matai-« und den »Te Anauschichten«. Es handelt sich bier um die Gesteine, die in Otago beiderseitig den NW. SO. streicbenden Sattel kristalliner Scbiefer begleiten, von dem nocb die Rede sein wird (S. 148), und um die, die in Collingwood (Nelson) das eben besprocbene Obersilur iiber- lagern, sowie um die »Maitaischichten«, die langs der NW.-Seite der Zone basischer Eruptivgesteine in Nelson binzieben. Der Name Maitai- schicliten stammt von Hochstetter; Park selbst bat diese Gesteine zwiscbenweilig wegen des angeblicben Vorkommens von Inoceramus in den Jura gestellt. Wenn nicbt Maitai- und Te Anauscbicbten identiscb sind, so sind sie nacb Park die obere und die untere Abteilung der Stein- koblenformation. Selbstverstandlicb kann die sicbere Altersbestimmung dieser Scbicbtkomplexe nicbt aus ibrem Verbande mit dem Liegenden und dem Hangenden, sondern nur nacb ibrem Fossilinbalt erfolgen. Nacb McKay kommen im )>Maitaikalk « der Wairoaschlucbt u. a. Spirifer bisulcatus, Sp. glaber, Productus brachythaerus vor. Sind die Bestimmungen ricbtig, so wiirde bier Carbon vorliegen. Marshall halt die Maitaischichten der Sudlicben Alpen fiir mesozoisch. Die der Umgebung des Peridotitzuges in Nelson sind es nacb neueren Unter- sucbungen sicher1).

Auf vollig sicberem Boden befindet man sich eigentbch erst wieder bei der Trias. Diese ist in Neuseeland durcb Fossilfunde einwandsfrei festgestellt und spielt im gefalteten Gebirge beider Inseln eine wicbtige Rolle. Die Versteiiierungen sind, abgeseben von den wenigen, die wir durcb Zittels Darstellung im Novara-Werk kennen, nocb unbescbrieben. So laBt sich nocb nicbt genau sagen, welche Stufen vertreten sind. Kalke feblen ganz; die triadischen Sedimente sind Sands t eine, Scbiefer, Grau- wacken und Konglomerate, letztere mancbmal mit vie! Gerollen eines auf Neuseeland auf urspriingliclier Lagerstatte nicbt vorkommenden Granites. Ein wicbtiges Fossil in der Trias der Kette der Nord- und

0 New Zealand Geological Survey Bulletin No. 12 (New Series).

148

II. Besprechungerj.

der Siidinsel, soweit die fossilarme Flyschfacies der Trias vorherrscht, ist die Terebellina Me Kayi, eine Wurmschale. Bathee und Jawoesky haben sie besebrieben1). Diese Versteinerung ermoglicht die Alters- bestimmung dieser Gesteine sowie der isolierten Yorkommen gefalteter Sedimente im westlich der Kette ( »Ruahinezug « E. Suess) gelegenen Teil der Nordinsel, die friiher als palaozoisch bezeichnet wurden, wie es auch im Antlitz der Erde (Bd. II, S. 181 187, Bd. Ill, 2, S. 359) ge- sebieht. Beider fossilleer sind die machtigen Sandsteine, Grauwacken und Scbiefer, die den Hauptteil der Siidlicben Alpen und ibre groBten Bergriesen, wie z. B. den Mount Cook, aufbauen. Paek betraebtet sie als Perm, weil sie unter der sicheren Trias liegen; aber es feblen die Beweise fur diese Altersbestimmung. Maeshall stellt diese Gesteine sowie das angebliebe Carbon der Siidlicben Alpen in sein »Maitai-System ( Trias- Jura )«, Paek nennt sie Aorangi-Serie und betraebtet sie als alteste Abteilung seines Hokonui- Systems. Da die Gesteine des Buabinezuges mit denen der Siidlicben Alpen Abnlichkeit baben, konnte man vielleicbt das triadische Alter als wabrscheinlicb annebmen. Im » Antlitz der Erde« sind sie palaozoiseb genannt, was mit Paeks Bestimmung gleichkame.

Sehr viel weiter auseinander als iiber diese Formation geben die Meinungen iiber die Glimmer- und andern kristallinen Scbiefer, die das Gebiet zwiseben Wakatipu- und Obau-See, Molyneux Bay und Kakanui- Miindung2) aufbauen und die Zone der eben besproebenen sebiefrig- sandigen Gesteine der Siidlicben Alpen teilen. Der Glimmerschiefer ist in dieser Region das baufigste Gestein, in geringerer Verbreitung finden sicb Cblorit-, Aktinolith-, Biotit- und Granatscbiefer. Auf Maeshalls (2) Karte ersebeint diese Zone mit der Bezeicbnung ))inetamorpbe Scbiefer « an der Ostkiiste der Siidinsel siidlieb von der Otago Peninsula, streiebt breit durcb Otago in nordwestlicber Tticbtung, obne die Westkiiste zu erreicben, biegt jenseits der Wasserscbeide unter ganz auBerordentbcber Verscbmalerung nacb NO. um und erreiebt, naebdem sie als scbmale Zone das Faltengebirge durcblaufen bat und einmal ganz unterbroeben ist, an Ausdebnung wieder etwas gewacbsen am Pelorussund die Cook- straBe. Wegen des Feblens aller Diskordanzen und wegen allmablicber Dbergange betraebtet Maeshall diese kristallinen Schiefer als meta- morpbe Trias und in (2) wird auf der geologiscben Karte der Siidinsel (S. 54) die ganze Breite der Siidlicben Alpen als »metamorpb, wabr- scbeinlicb Maitai« bezeichnet. Anders Paek. Die breite Scbieferzone in Otago teilt er. Der mittlere Teil wird auf der Karte mit derselben Farbe wie das Gneisland des Sudwestens angegeben und wie diese in die

C F. A. Bather, The Mount Torlesse Annelid. Geol. Mag. 1905. S. 532. E. Jaworsky, Die systematische und stratigraphisclie Stellung von Torlessia Mackayi Bather (= Terebellina) von Neuseeland. Zentralbl. f. Min., Geol., Pal. 1915. S. 504— 512.

2) Nach Marshall (2, S. 17); aber weder auf Marshalls (3) noch auf Parks Karte reicht die Zone ostlich bis an den Obausee heran, wobei allerdings zu beriick- sichtigen ist, daB Park diese kristalline Zone noch zerlegt.

Otto Wilckens Die Geologie von Neuseeland.

149

Maniototo-Serie des Manapouri-Systems gestellt. Diese Zone streicht erst nordwestlich und biegt dann unter starker Verschmalerung in den Siidlichen Alpen nach NO. um. Im Norden, vom Brunner-See ab, lauft bei Park diese Zone aber nicht nordostlich zum Pelorus-Sund (wie bei Marshall), sondern nordnordostlich zur Golden Bay. Die Gesteine in dieser Gegend sind nach Marshalls Karte posttriadiscbe (?) Granite. Solange diese Zone in Otago SO.-NW.-Streichen besitzt, wird sie nach Park beiderseits von halbmetamorphen sandigen und tonigen Glimmer - schiefern, schiefrigen Grauwacken, Phylliten und Quarziten der Kakanui- Serie (Untersilur) begleitet. Wo die kristalline Zone sich verschmalert und nach NO. umbiegt, wird die ostliche Kakanuizone plotzlich ab- geschnitten, wahrend die westliche sich, mit Unterbrechungen, fort- setzt. Das plotzliche Aufhoren dieser breiten Zone an einer Linie, die quer iiber das Streichen verlauft und ihr Ersatz durch mesozoische Schichten ist etwas unwahrscheinlich und bietet auf der PARKschen Karte ein sehr auffallendes Bild. Die Gesteine in Nelson, die bei Mar - shall als nordostlichste Auslaufer der kristallinen Zone betrachtet werden, gehoren bei Park der vom Lake Brunner ab plotzlich wieder- erscheinenden ostlichen altpalaozoischen Zone an. Wenn Parks Karte richtig ware, so miiBte sein Permo- Jurassic der Kaikouras und der Siid- lichen Alpen mit seiner langen NW.- und seiner kiirzeren SW.-Grenze an einem riesigen Bruch gegen das altere Gebirge im NW. und SW. abstoBen. Aber da von wird nichts erwahnt. Offenbar ist die Abtrennung der einzelnen Formationen nicht richtig.

Die neuseelandischen Geologen sind bezuglich des Alters der meta- morphen Schiefer von Otago und der Siidlichen Alpen zu sehr ver- schiedenen Ergebnissen gelangt. Das Problem ist noch ungelost.

Jura ist in Neuseeland durch Fossilien belegt. Park rechnet zu ihm die Putataka- und die Matauraschichten; erstere sind marin, letztere reich an Pflanzenresten. Palaontologisch beschrieben sind nur die wenigen Arten im Novara-Werk, nach denen Hauer und Zittel das genauere Alter zu bestimmen nicht in der Lage waren. Diese Yersteine- rungen stammen vom Kawhiahafen an der Westkiiste der Nordinsel und von der nordlich da von gelegenen Mundung des Waikatoflusses. AuBerdem hat Hector Belemniten beschrieben. Fraser und Adams fanden in den gefalteten Gesteinen der Hauraki-Halbinsel bei Manaia nahe Coromandel Inoceramus Haasti und Belemniten1). Park rechnet auch die Sandsteine und Grauwacken des Ruahinezuges wegen des V or- kommens von Torlessia (= Terebellina) McKayi Bather sp. zum Jura; wahrend wir sie lieber mit Jaworsky zur Trias stellen. Auf der Slidinsel findet sich mariner Jura im Siiden in einer Zone, die an der Sudkiiste von Fortrose bis zum Catlins River reicht und von hier nordwestlich durch die Hokonui Hills streicht. Es sollen in diesem Gebiete verschiedene

1) C. Fraser and J. H. Adams, The Geology of the Coromandel Subdivision, Hauraki, Auckland. N. Z. Geol. Surv. Bull. 4 (N. S.). 1907. S. 49 50.

150

II. Besprechungen.

Abteilungen des Jura unterscheidbar sein; aber dab bier die palaonto- logiscbe Grundlage fehlt, siebt man daraus, dab unter den Yersteine- rungen der einen Inoceramus labiatus Schl. angefiilirt wird. Die pflanzen- reicben Mataurascbicbten schlieben nacb Park die jurassischen Ab- lagerungen nacb oben ab. Sie fiibren Macrotaeniopteris lata Hector und kommen nacb Park bei Kawhia, in den Clent Hills in Canterbury, in den Hokonui Hills und an anderen Orten vor. An der Curiobay an der Siidkuste der Sudinsel bei Waikawa liegt die rezente Meeresterrasse in einer Schichtflache der jurassiscben Ablagerungen und aus dieser Schicht¬ flache ragen eine Menge verkieselter Baumstamme beraus (Marshall 3, Fig. 103).

Die Oberkreide^ das sogenannte Amuri- System oder die Waipara- scbicbten, liegen nacb den vorbandenen Angaben stets diskordant und transgressiv, und sollen nacb Angabe der neuseelandiscben Geologen nacb der Hauptfaltung des Gebirges abgelagert worden sein. An der transgressiven Lagerung ist wobl nicbt zu zweifeln. Das Alter der Schichten balte icb wenigstens zum Teil fur obersenonisch, und zwar wegen des Yorkommens einer merkiviirdigen von Hector abgebildeten1) Trigonia ))sulcata «, die der Trigonia Hanetiana der Quiriquinaschicbten nabestebt2), der der Gattung Pugnellus abnlicben Conchothyra para¬ sitica Me Coy3), von Baculites 4) und der Rostellaria Waiparaensis 5), welcb letztere, soweit man aus Hectors sebr rober Abbildung Schliisse zieben darf, an die yon mir besebriebenen Formen AporrJiais gregciria aus deni patagoniseben und Perissoptera NordensJcjoldi aus dem ant- arktiseben Senon erinnert. An maneben Stellen finden sicb in den Waiparascbicbten riesige Septarien, z. B. bei Moeraki, in denen Keste von Meeressauriern ( Plesiosaurus , Mauisaurus, T aniwJiasaurus u. a.6) gefunden sind. Fur einzelne Abteilungen der neuseelandiscben Ober- kreide sind Namen wie »Saurierschicbten a, »Waipara-Grunsand((, » Amuri- kalk«, »Weka Pass Stone « u. a. in Gebraucb.

Abgeseben yon dem Y orkommen auf der Westseite des Isthmus yon Auckland feblt die Oberkreide der ganzen Westseite sowobl der Nord- als aucb der Sudinsel. Die vollstandigste Entwicklung zeigt die For¬ mation am Amuri-Bluff (Ostkuste der Sudinsel nordlieb von Cbrist- ebureb), auf der Kaikoura-Halbinsel (etwas weiter nordlieb) und im nordlicben Auckland. Andere Y orkommen sind: in der Provinz Otago an der Kiiste vom Clutba Biver bis zum Saddle Hill mit den an der Basis der Formation liegenden Koblenflozen von Kaitangata und Tokomairiri

x) Park hat diese Abbildung in seinein Buck leider nicht wiedergegeben.

2) Vgl. 0. Wilckeks, Revision der Fauna der Quiriquinaschicbten. (N. Jabrb. f. Min., Geol., Pal. Beil.-Bd. 18). S. 231, 280.

3) Park, Taf. V.

4) Park, Fig. 43, S. 87.

5) Park, S. 92, Fig. 47, 3.

6) Beschreibung derselben s. Hector, On the fossil Reptilia of Few Zealand. Transactions and Proc. of the New Zealand Institute 6, S. 333 358. 5 Taf. 1874.

Oi to Wilckens Die Ceologie von Xeuseeland.

151

und an der Kiiste zwischen Shag Point und Moeraki; in der Provinz Canterbury Waipara, wo eine fast vollstandige Schichtfolge ausgebildet ist, und das isoliert in 2000 FuB Hohe gelegene Vorkommen im Trelissic- Becken. In der Provinz Marlborough baut die Kreide die Kiistenhugel von der Kaikoura-Halbinsel bis zum Cap Campbell auf. In der Provinz Wellington folgen einzelne Vorkommen der Ostkuste bis zur Hawkes Bay1). Sehr verbreitet sind die Waiparaschichten auf dem NW.-Sporn der Nordinsel. Ihnen gehoren die Kohlenlager von Whangarei an.

Das Alttertiar ruht an der Ostkuste von Neuseeland teils auf Waiparaschichten, teils unmittelbar auf den mesozoischen oder alteren Gesteinen, an der Westkiiste ausschlieBlich auf den beiden letzteren, da dort die Kreide fehlt. Es sind Konglomerate, Schiefertone, Sand- steine, auch Kohlenfloze. Der gesamte Schichtkomplex erreicht etwa 5100 FuB Machtigkeit. Merkwiirdigerweise wird ein Konglomerat von 300 FuB Machtigkeit an der Basis dieser Formation von manchen neu- seelandischen Geologen als glazial angesehen. Beweise dafiir fehlen. Die tieferen Schichten werden als Waimangaroaschichten abgetrennt. Sie sind auf die Westkiiste der Provinz Nelson beschrankt. Die hohere Abteilung, die Oamaruschickten, sind sehr verbreitet und bilden heute einen allerdings vielfach unterbrochenen Rand um die Nord- und die Slidinsel, wobei sie auf jener im Westen, auf dieser im Osten vollstandiger erhalten sind. Sie steigen bis zu 3700 FuB Hohe ins Land hinauf. Ihre Lagerung ist deutlich transgressiv. Wenn Marshall ver- sichert, daB keine Diskordanz zu den Waiparaschichten nachweisbar sei, wo diese das Liegende des Oamaru bilden, so ist das wohl moglich, andert aber nichts an der Tatsache, daB Oberkreide und Tertiar durch eine stratigraphische Liicke voneinander getrennt werden2).

Die Gesteine der Oamarustufe sind Griinsande, Kalksandsteine und Mergel. Die tieferen Schichten fuhren Braunkohlen, die hoheren sind marin und enthalten eine reiche Meeresfauna, die zum Teil bereits von Zittel beschrieben ist. Man hat verschiedene Abteilungen unter- schieden und es gibt sehr viele Lokalnamen flir gewisse Gesteine, nament- lich fur die Kalke. Das Alter des Oamaru ist nach Park, der die Wai¬ mangaroaschichten als Eozan betrachtet, Miozan, nach Marshall Eozan. Nach F. Chapman zeigt das Oamaru Beziehungen zum australischen Miozan.

Erwahnenswert sind noch die Manuherikiaschichten, Ablagerungen eines friiher zusammenhangenden Sees im Maniototo-, Manuherikia- und Idatal (Otago), an der Basis Quarzsande mit marinen Oamarufossilien,

x) Diese Vorkommen sind auf Parks Karte, die im Gegensatz zu derjenigen Marshalls (3) die Kreide besonders ansscheidet, niclit angegeben.

2) Ein naheliegendes Vergleichsbeispiel ist die Uberlagerung von senonen durch tertiare Griinsande ohne deutiiche Diskordanz bei Algarrobo an der chilenischen Kiiste, die durch Bruggen aufgeklart ist. Das Fehlen einer klaren Diskordanz ist unwesentlich, der Fossilinhalt entscheidend.

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II. Besprechungen.

dariiber Mergel mit Braunkohle, sandige Tone, Sandsteine und konglome- ratische Sandsteine mit Blattern dikotyledoner Baume nnd Fisckresten.

Das Jungtertiar ist durch die pliozanen Wangannisckicliten ver- treten. Nach Ablagernng des Oamaru muB eine allgemeine, wenn auch nicht ganz gleichmaBige Hebung der neuseelandischen Inseln eingetreten sein. Dann erlaubte eine neue Senkung dem Pliozanmeer den XTber- tritt iiber das Land. Auf der Siidinsel spielt das Pliozan eine sehr unter- geordnete Rolle1), auf der Nordinsel dagegen eine nicht unbedeutende2). Auf letzterer steigen die Wanganuischichten in der Ruahinekette bis zu 4000 FuB Hohe hinauf; es hat also eine sehr bedeutende Senkung stattgefunden, und zwar allem Anscheine nach nur der Nord-, nicht aber der Siidinsel. Die Gesteine der Wanganuischichten sind blaue, z. T. sandige Tone, Sandsteine, Sande, Konglomerate, Kalke. Der Fossil- reichtum ist in manchen Ablagerungen bedeutend.

Die Spuren der diluvialen Eiszeit sind auf Neuseeland deutlich. Von der Nordinsel sind Tillite aus der Umgebung der Vulkane Ngau- rohoe und Ruapehu beschrieben, jedoch ist ihre glaziale Natur be- stritten worden. Auf der Siidinsel sind die glazialen Erscheinungen von groBer Ausdehnung. Nach Huttons Vorgang verlegen manche neusee- landische Geologen den Beginn der Vergletscherung ins jiingste Pliozan; aber die dafiir angefiihrten Griinde sind nicht iiberzeugend. TJber Art und Ausdehnung der Vereisung sind die Meinungen geteilt. Paek nimmt an, daB eine Phase der Eiskappe einer Phase der Talverglet- scherung vorangegangen sei. Nach Mabshall waren nur die hoher gelegenen Teile der Siidinsel vergletschert gewesen. GroBe Moranen liegen an den Ausgangen der Seen Wakatipu, Te Anau und Manapouri. Bekannt ist das schone Glazialrelief des Fjordlandes im Siidwesten der Siidinsel (Milfordsund!). Die Schmelzwasser der Gletscher schufen die facherformigen Schotterebenen in Southland, Canterbury und Marl¬ borough. Die FluBterrassen auf der Siidinsel sprechen fiir wiederholte Hebung des Landes. Nach Paek unterbrechen zwei oder mehr Inter- glazialperioden kurze VorstoBe des Eises wahrend der Talvergletsche- rung. LoB nimmt an der Ostkiiste der Siidinsel bedeutende Flachen ein und wird bis 60 FuB machtig. Besonderes Interesse verdienen die am Westrande der Canterbury ebene verbreiteten Torfmoore mit Moa- knochen. Eins bei Hamilton lieferte die Reste von 400, eins bei Glen- mark die von 1000 Vogeln. Eine Erklarung fiir dies Vorkommen fehlt. Man nimmt an, daB die Moas von alteren Bewohnern Neuseelands, Vor- gangern der Maori, ausgerottet sind.

Eruptivgesteine. Die Eruptivgesteine des auBersten Siidwestens der Siidinsel sind bereits erwahnt. Ihr Alter ist unsicher, aber wahr-

1) Das auf Marshalls Karte (3) angegebene Pliozan in der Provinz Nelson ist nach Parks Karte groBtenteils Posttertiar.

2) Marshalls Karte gibt im Gegensatz zu derjenigen Parks das Pliozan gesondert an.

Otto Wilckens Die Geologie von Neuseeland.

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scheinlich hoch. Die Granitstocke des nordwestlicken Nelson sollen ungefahr das Alter der Gebirgsfaltung haben (s. u.). Die ultrabasischen Eruptiva der Dun Mountain-Zone scheinen postjurassiscbes Alter zu besitzen, was mit Rucksicht auf das spatmesozoische Alter der Ophio- lithe von Neukaledonien und vieler anderer Gebiete von besonderem Interesse ist. Eine schone Schilderung des Dun Mountain (»brauner Berg«), von dem der Dunit seinen Namen bat, gab schon Hochstetter im Novara-Werk. Derselbe nahm aucb schon ein mesozoisches Alter des Dunits an. Der ))Mineral belt«, wie der Dunit- und Serpentinzug genannt wird, erstreckt sich von Stephens- und d’Urville-Eiland in der Cook- straBe in siidwestlicher Richtung bis ans Wairautal.

wGriinsteintuf fe « sind in der karbonischen Te Anau-Serie (im Sinne Parks) derartig weit verbreitet, daB sie geradezu als Leitgestein fur sie betrachtet werden konnen. Auch in den Maitaischichten von Nelson kommen solche griine oder grim und rot gefleckte Tuffe vor. AuBerdem treten auch Melaphyrdecken auf. Das Alter des Hornblendegranits von Mackays Bluff bei Nelson und der Diorite und Norite der Eglinton County (Nelson) ist unbekannt.

GroBe Massen effusiver Gesteine bilden auf der Sudinsel die Banks- und die Otagohalbinsel, die beide als schutzende Wogenbrecher dank der Festigkeit ihrer Gesteine weit vor den ubrigen Kiistensaum ins Meer vorspringen. Die Otagohalbinsel wird von Laven, Tuffen und Agglo- meraten von Phonolith, Dolerit, Trachydolerit, Andesit, Basalt und Basanit aufgebaut, dazu treten in Gangform Nephelinsyenit, Augit- dolerit und Tinguait auf. Man kann zwei, durch einen langeren Zwischen- zeitraum getrennte Eruptionsperioden untersclieiden. In der Zwischen- zeit gelangten SiiBwasserbildungen zum Absatz. Die Eruptionen sind j linger als Oamaru, alter als Pleistozan, also wohl pliozan.

Auch auf der Banks-Halbinsel lassen sich zwei Effusivperioden unter- scheiden. Die altere forderte Rhyolithe, die jiingere basische Andesite und Basalte. Die Rhyolithe sind wegen ihrer Yerwandtschaft mit den granatfiihrenden Rhyolithen des Mt. Somers und der Malvern Hills von Hutton und Speight in die Kreide gestellt (was wohl nicht richtig ist). Die Krater der Hafen Lyttelton und Akaroa sind so wohlerhalten, daB sie nicht sehr alt sein konnen.

Ein ahnliches Eruptionsgebiet wie die beiden eben besprochenen ist die Haurakihalbinsel der Nordinsel. Auch hier erfolgten die Eruptionen in zwei Perioden, die beide Andesite und Dacite lieferten. An den Erup- tionszentren und in deren Umgebung sind die Andesite bis zu 1000 FuB Tiefe propylitisiert und reich an goldfiihrenden Gangen. Das Alter der Andesite der ersten ErguBperiode ist oamarutisch, also miozan, das der zweiten wahrscheinlich pliozan.

Einer jiingeren Periode gehoren dann die Rhyolithe an, die nicht nur an der Haurakihalbinsel die Andesite iiberlagern, sondern auch mit ihren Laven, Tuffen und Agglomeraten das zentrale vulkanische Hoch-

Geologische Rundschau. VIII. 11

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II. Besprechungen.

land der Nordinsel aufbauen, wo ihnen die j ungen Andesitkegel des Ngaurohoe, Ruapehu, Tongariro usw. aufgesetzt sind. Auch die vor- ziiglich frisch erhaltenen Basaltvulkane des Isthmus von Auckland sind jugendlichen, wahrscheinlich pleistozanen oder noch jiingeren Alters. Seitdem Vertreter der weiBen Rasse auf Neuseeland wohnen, hat kein vulkanischer Ausbruch mit Lavaforderung me hr stattgef unden. Der wegen der mit ihm verkniipften Bildung einer Spalte innerhalb eines Zeitraumes von 3 4 Stunden vielgenannte Ausbruch des Tarawera Juni 1886 forderte nur lockeres Material.

II. Bau.

Auf den geologischen Karten tritt deutlich hervor, daB der sudliehe Teil der Ostkiiste der Slidinsel von Neuseeland ein Gebirge von im groBen sattelformigem Bau quer abschneidet. Dies Gebirge besitzt eine zen- trale Zone aus kristallinen Schiefern unbekannten Alters, die beider- seits von Zonen jungerer Gesteine begleitet wird, deren Alter im all- gemeinen ebenfalls nicht feststeht. An deren Flanken wiederum finden sich noch jiingere Gesteine (Trias und Jura). Legen wir unserer Be- trachtung zunachst Parks Karte zugrunde, so hat es tatsachlich den Anschein, als ob dieser groBe »Otagosattel « sich mit einem SW. NO. streichenden Langsgebirge vereinigte, indem es sich diesem in einem Bogen anschmiegt und mit ihm verschmilzt. Es sieht so aus, als trate eine Vereinigung zweier groBer Battel im Streichen ein. Dieser Eindruck wird dadurch hervorgerufen, daB die zentrale Zone des Otagosattels nach Park aus denselben Gesteinen besteht wie das Gneisgebiet des Fjordlandes. Im 2. Bande des »Antlitz der Erde« legt Suess besonderen Nachdruck auf diesen Zusammentritt zweier selbstandiger Gebirge im Siiden der Siidinsel.

Legen wir nun aber nicht Parks, sondern Marshalls Karte (3) zugrunde, so besteht der Kern des Otagosattels aus anderen Gesteinen als das Gneisgebiet des Fjordlandes und dieses erscheint dem anderen Gebirge gegenuber wie ein Fremdkorper. Nach der iibereinstimmenden Angabe der neuseelandischen Geologen besteht dies Gneisland ganz vorwiegend aus Orthogneisen, namentlich dioritischen . Es konnte sich also bei dieser Masse um einen Eruptivkorper in den Sudlichen Alpen handeln, vergleichbar den Granodioriten der amerikanischen Kordillere, oder etwa um ein altes Massiv, etwa wie das Mont Blanc-Massiv in den Alpen, oder aber schlieBlick auch um alteres Gebirge, an das das jiingere Faltengebirge der Siidinsel herantritt.

Suess sagt, daB im Siidteil der Siidinsel zwei aufeinander senkrecht stehende Streichrichtungen und zwei selbstandige einseitige Ketten- gebirge existierten. Will man das V orhandensein von zwei Gebirgen anerkennen, so bleibt doch der symmetrische Bau des Otagosattels auffallend und im Widerspruch gegen Einseitigkeit. Aber sollte wirklich dies Gebirge in seiner ganzen Breite von 75 100 englischen Meilen den

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Otto Wilckens Die Geologic von Neuseeland.

Bau eines einfachen, symmetrisclien Sattels aufweisen? Das ist von vorn- herein ganz unwahrscheinlich. Ebensowenig konnen die jiingeren Ge- steine zwiscben Sattel und Gneisgebiet im Siidwesten eine einfache Mulde darstellen.

Suess konnte weder im 2., noch im 3. Bande des »Antlitz der Erde« ein klares Bild des neuseelandischen Gebirgsbaues zeichnen. Dafiir feblen in weitem MaBe die Unterlagen. Anch Park und Marshall sind hierzu nicbt imstande. Es fehlen noch zu sehr Einzeluntersuchungen. Nach ))Antlitz der Erde«, Bd. 3, II, S. 561 mochte ich vermuten, daB Suess spater das Gneisgebiet des Fjordlandes als Fremdkorper gegen- iiber dem Faltengebirge betrachtet, weil er das siidliche Neuseeland dem atlantischen Raume zuzahlt.

Fiir meine weitere Darstellung mochte ich einen Vergleich der all- gemeinen Erscheinungsform des neuseelandischen Faltengebirges mit dem der Alpen voranstellen :

Soweit erhalten, besitzt das neuseelandische Faltengebirge wie die Alpen eine S-formige Gestalt, aber seine Haupterstreckung ist nicht wie bei diesen W. 0., sondern SW. NO. Sein siidwestlicher Teil beschreibt einen ahnlichen scharfen Bogen wie die Westalpen. Die Innenseite des Gebirges ware die SO.-Seite. GroBe Abb ruche versenken diese Innenseite, und die Eruptivmasse der Banks- und der Otago- halbinsel haben eine Stellung auf der Innenseite, wie sie bei den groBen Kettengebirgen so haufig ist. Yielfach werden auch fiir die AuBenseite des Gebirges groBe Abbriiche angenommen, bedeutende Teile des Falten- zuges sollen unter der Tasman-See liegen.

Der groBe siidwestliche Bogen des Gebirges drangt sich gegen das zu einer alten Masse gehorende Gneismassiv des Fjordlandes, das nach Alb. Heim1) einen ungeheuren massigen Klotz alter kristallinischer korniger Tiefengesteine darstellt, in dem keine gefalteten Sediment- gesteine, keine aufgerichteten Schichten vorkommen. Im Norden der Siidinsel ist dem Faltengebirge die palaozoisch gefaltete Gebirgsmasse der Tasmanberge usw. vorgelagert, wie die bohmische Masse den ost- lichen Alpen. An der CookstraBe erfolgt teils eine oberflachliche, kurze Unterbrechung des Gebirges (Kaikouras-Ruahinezug), teils einAbsinken der Gebirgsachse fiir den breitesten Teil des Gebirges, so daB die auBeren and mittleren Zonen auf der Nordinsel zunachst ganz unter tertiaren Ablagerungen und vulkanischen Bildungen verschwinden. Erst weiter- hin taucht das Gebirge in Bruchstiicken wieder auf.

Im ostlichen Teil der Nordinsel herrscht nordostliches, im nordwest- lichen Teil nordliches bis nordwestliches Streichen in den vereinzelt erhaltenen Faltengebirgsstlicken. Hier scheint sich ein Auseinander- treten der Aste ahnlich demjenigen am Ostende der Alpen anzubahnen. Nach Suess (Antlitz der Erde, Bd. 3, II, S. 359) gestaltet sich hier eine

x) Neuseeland. Neujahrsblatt, herausgeg. v. d. Nat. Ges. Zurich auf das Jahr 1905 (107. Stuck). S. 38.

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II, Besprechungen.

Virgation, die sich gegen NW. und W. off net und auf die mehrere Bogen des westpazifischen Baues hinstreben. Wie am Ostende der Alpen so erfolgt auch bier starker Abbruch.

i Die GroBenverhaltnisse sind beim neuseelandischen Faltengebirge ungefahr dieselben wie bei den Alpen.

!, Es moge nun gepriift werden, wie weit sick unser Yergleicb durch die bisber bekannt gewordenen Tatsacben des neuseelandischen Gebirgs- baues stutzen laBt, und welcbe sicb ibm entgegenstellen.

Wenn friiber neuseelandiscbe Geologen die Siidlichen Alpen, d. b. den besterbaltenen Teil des Faltengebirges von Neuseeland als Anti- klinorium oder als Synklinorium bezeichnet haben, so ist darauf wobl nicbt mehr Wert zu legen, als wenn man ebemals die Alpen als Gebirge von einfacbem, symmetrischem Bau auffaBte. DaB der Otagosattel mit seiner Riesenbreite unmoglicb ein einfacbes Gewolbe sein kann, wurde schon gesagt.

Wenn, wie wir angenommen baben, die ostlicbe Seite des Gebirges die Innenseite ist, so muB dasselbe aus 0S0. und SO., im Otagosattel aus NO., gefaltet sein. Hochstetter1) zeicbnet in seinem Profit durcb die Sudlicben Alpen nur annabernd aufrecbte Fatten. Dasselbe ist aber ganz scbematisch gebalten. Alb. Heim2) nennt die Sudlicben Alpen ein unsymmetrisches, einseitig gebautes Faltengebirge. »Auf der West-* seite bebt es in hoben ersten Ketten an, gegen Osten werden die Fatten allmablicb niedriger. « Welcbe Seite er fur die Innenseite bait, sagt Heim nicbt. Nacb dem angefiihrten Satz mocbte man denken, daB nacb seiner Ansicbt die Westseite die AuBenseite ist. Spater3) heiBt es alter dings, die vulkaniscben Massen lagen am ostlicben Rande und »im Vorlande«; aber ob damit wirklicb gesagt sein soil, die Ebenen der Ostkuste seien das Vorland des Gebirges im tektoniscben Sinne, erscbeint zweifelbaft.

Marshall (2, S. 38) scbreibt, die faltende Kraft habe in Otago aus NO., in Canterbury, Marlborough und Nelson aus SO. gewirkt. In der Tat betrachtet er die ostlicbe Seite des Gebirges als die Innen¬ seite. Wenn die Sudlicben Alpen einen einseitigen Bau baben, so heiBt _ es bei Marshall an anderer Stelle (3, S. 134), so sind sie wobl gegen ein Vorland gefaltet, das jetzt unter der Tasmansee liegt. Nacb Mar¬ shall liegen die Scbicbten der Westflanke des Otagosattels im auBersten Siiden, in der Nahe der Gneismasse des Fjordlandes, zwischen Waikawa und Fortrose horizontal. Marshall betrachtet diese flacbe Lagerung als ein Anzeicben fiir das Ausklingen der Faltung (3, S. 133). Erst nordlicb des Catlins River ist die Faltung starker und nordlicb des

1) Reise der Novara. Geolog. Teil. I. S. 199.

2) Am angefiihrten Orte S. 34.

3) S. 35. Man darf nicht vergessen, daB Heims Schrift nicht eigentlich eine wissenschaftliche Abhandlung sein soil. Nicht alle ihre Angaben sind zu- verlassig, so die, daB es keine Kreide auf Neuseeland gabe.

Otto Wilckins Die Geologie von Neuseeland.

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Taieritlusses beginnt der Metamorphismus der Gesteine. In dem groBen Gebiete metamorpher Gesteine, das den Kern des sogenannten Otago- sattels bildet, liegen die Schichten ebenfalls vielfach horizontal1). Von besonderem Interesse sind die Angaben Morgans2) iiber das Gebiet von Mikonui (Westland) und den Ban der Sudlichen Alpen etwa in 43° s. Br. Wenn das Gebirge einseitig gebant ist, so muB hier der Druck aus SO. gegen NW. gewirkt haben. Das Fallen der Faltenschenkel ist vorwiegend sudostlich. Auch ein Profil, das Bell und Fraser3) etwas weiter nordlich dnrch die Sudlichen Alpen gelegt haben, zeigt siidost- liches Fallen der Schiefer der Griffith Range.

Suess (Antlitz der Erde 3, II, S. 340) nennt das NNO. streichende Gebirge der Sudinsel (also die Sudlichen Alpen) gegen OSO. gefaltet. Nach seiner Ansicht ist also die westliche Seite die Innenseite.

Nach J. Park streichen die Gneise des Fjordlandes als zentrale Zone mit einzelnen Unterbrechungen weiter durch das neuseelandische Hochgebirge bis in die Provinz Nelson und stellen die starkstgehobenen Teile, das tektonische Ruckgrat der Kette, dar, wenn sie auch west- warts von der Linie der groBten Erhebungen des Gebirges bleiben. Von der siidwestlichsten Spitze von Neuseeland bis zum Doubtful Inlet ist nach seiner Angabe (1, S. 16) das Streichen S. N., weiterhin dann SW. NO. Nordlich des Mount Aspiring, d. h. also etwa des nord- lichen Endpunktes der Gneismasse des Fjordlandes ist das Fallen der Schiefer und der diese uberlagernden jungeren Schichtgesteine ostlich, so daB die Sudlichen Alpen nur den ostlichen Flugel eines groBen Sattels darstellen, dessen Westschenkel entweder abgetragen ist oder im Pazifik (Tasmansee) versenkt liegt. Der Otagosattel ist nach Park an der Ost- kliste der Sudinsel flach; im Streichen gegen NW. verengert er sich und ist dann tiefer, namlich bis auf die kristallinen Schiefer, erodiert. t)ber die Reziehungen des Otagosattels zum Sattel der Hauptkette macht Park keine Angaben. In dem Gebirge zwischen Nord-Otago und den Spencerbergen in Nelson sind die Sandsteine, Grauwacken und Schiefer, die das Hauptbaumaterial des Hochgebirges bilden, in SW. NO. streichende und nach SO. uberliegende Falten gelegt oder sogar durch Obersehiebungsflachen zerrissen. Mit dieser allgemeinen Angabe steht die Schilderung Morgans (s. oben !) im Widerspruch. In der Mt. Cook- und der Malte Brun-Kette kann der Faltenbau an den Bergeshangen mit bloBem Auge verfolgt werden. Durch vier Abbildungen gibt Park davon eine gute Vorstellung (1, Fig. 21 24). Man sieht an diesen

D J. Park, The Geology of the Area covered by the Alexandra Sheet, Central Otago Division. New Zealand Geological Survey No. 2 (New Series). [Profiltafel. 1906.

2) P. G. Morgan, The Geology of the Mikonui Subdivision, North Westland. New Zealand Geological Survey. Bull. No. 6 (N. S.). S. 30 44. 1908.

3) J. M. Bell and C. Eraser, The Geology of the Hokitika Sheet, North Westland Quadrangle. New Zealand Geological Survey. Bull. No. 1 (N.S.). 2. Profil¬ tafel, oberes Profil. 1906.

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II. Besprechungen.

natiirkcken Scknitten teils steilgestellte, unter sekr kokem Winkel nack NW. einfallende Sckickten, teils nack SO. uberliegende Falten, teils nack NW. einfallende Aufsckiebungsflacken. Am Mt. Haast aber und am Mt. Haidinger senken sick nack NNW. uberliegende Falten ins Tas- mantal kinab.

Es ist sckwer, aus diesen zum Teil widerspreckenden Angaben ein klares Bild zu gewinnen. Maeshall und Mokgan sprecken sick klar fur einen Sckub von der ostlicken Seite des Gebirges aus, Suess nimmt an, daB der Zusammensckub von Westen her erfolgt sei. Paeks Dar- stellung laBt sick in versckiedenem Sinne deuten.

Es sckeinen mir keinerlei Griinde vorzuliegen, die eine vollige Ab- trennung der Kaikouras, die im nordostlicksten Teil der Siidinsel, in der Provinz Marlborougk, liegen, recktfertigen wiirden. Man weiB wenig fiber ihre Zusammensetzung, aber die Gesteine sckeinen dieselben zu sein wie in den Slidlicken Alpen. Sie sind nur ein "Teil des groBen neu- seelandiscken Faltengebirges. In ikrem Bau bemerkenswert sind mekrere groBe tTbersckiebungsflacken, an denen nack Mac Kay Trias fiber Miozan gesckoben ist. (Das Profil sieke bei Maeshall [3], S. 126, Fig. 81.) In diesem Eintreten des Tertiars in den Bau steken sie aber nickt allein.

Es ist unbestritten, daB die Fortsetzung des Kaikouras j enseits der CookstraBe der Ruakinezug ist. Mit diesem Namen kat Suess denjenigen Teil des neuseelandiscken Faltengebirges belegt, der den ostlicken Teil der Nordinsel mit SSW. NNO.-Streicken durckziekt. Geograpkisck kat dieser Gebirgsteil keine einkeitlicke Bezeicknung, sondern tragt mekrere Namen (Tararua-, Ruakine-, Kaimanawa-Mountains). t)ber seine Tektonik macken Paek und Maeshall wenig Angaben. Das Streicken lauft parallel der Gebirgserstreckung, die Sckickten steken mekr oder weniger steil. In dem Profil von Hectoe (Maeshall 3, S. 135, Fig. 89) fallt die Trias nack 0S0.

Westlick des groBen vulkaniscken Plateaus der Nordinsel und der diesem aufgesetzten j ungen Vulkane tritt das Faltengebirge nur in einzelnen Bruckstiicken aus seiner tjberdeckung mit tertiaren und pleistozanen Ablagerungen und vulkaniscken Bildungen an die Ober- flacke. In dem langen Nordwestsporn der Nordinsel treten sie vielfack auf. Die Erstreckung dieses Sporns entsprickt, wie sckon Suess ker- vorkebt, in keiner Weise dem inneren Bau der Falten. Das Gebirge ist also j enseits der CookstraBe in seinen auBeren (westlicken) Ketten auBerordentlick stark zerstiickelt und auf groBe Strecken versenkt. Dies Verkalten erinnert an das der Alpen an ikrem Ostende. Es wurde sckon erwaknt, daB Suess eine Virgation zu erkennen glaubt. Die vor- kandenen Einzeluntersuckungen1) zeigen aber, daB das Streicken in den erkaltenen Faltenstlicken in der nordwestlicken Nordinsel nickt nur einfack S. N. oder SSO. NNW. oder SO. NW. gericlrtet ist.

1) J. M. Bell and E. de C. Clarke, The Geology of the Whangaroa Subdivision, Hokianga Division. New Zealand Geol. Survey Bull. No. 8 (N. S.). 1909. S. 42.

Otto Wilckens Die Geologie von Neuseeland.

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Immerhin schlieBen die bisher bekannten Tatsacben die Moglichkeit des Vorbandenseins dieser Virgation nicht ganz aus.

Die oben geauBerte Vermutnng, daB im auBersten Norden der Siid- insel gewissermaBen abnlich wie die vergleicbsweise zwar viel groBere bohmische Masse vor den ostlicben Alpen die palaozoisch gefaltete Masse der Tasmanberge vor dem neuseelandischen Kettengebirge liege, steht einstweilen noch auf scbwacher Grundlage. Das Alter der Faltung in dem genannten Gebirgsteil stebt nocb nicbt fest. Ans Maeshalls Dar- stellung (2, S. 57 58) und Maeshalls Karte (3) gewinne icb den Ein- druck, daB es sich bei den Tasman- und den Pikikiruna-Mountains (sowie vielleicht aucb noch den Marine-, Lyell- und Paparoa-Mts.1)) um eine Gebirgsmasse handelt, deren Entstehung alter ist als das groBe Faltengebirge Neuseelands. Abgesehen von dem jungen Deckgebirge aus Oamaruschichten, kennt man das Alter der Scbicbtgesteine in diesem Gebirgsteil nur beim Untersilur. Die ubrigen Sedimente sind zum Teil metamorph und wahrscheinlicb alter als das Untersilur, zum Teil junger als dieses, aber wahrscheinlicb noch altpalaozoisch. Granite und andere Eruptiva sind ziemlicb verbreitet. Das Streicben der Fatten ist in den Whakamarama Mts., dem nordlicbsten Abschnitt der Tasman¬ berge, NNW. zu W., weiter siidlich etwas westlicber, an der Vereinigung der Tasman- und Pikikirunakette NW. zu NNW. Neuere Kartierungen sind in dem Gebiete sudlicb der Golden Bay ( »Parapara-Subdivision«) ausgefubrt2). Bells W. O.-Profil durch diese Gegend vom Aorere- zum Takakatal, das bei Maeshall (2, S. 12, Fig. 5) teilweise wiedergegeben ist, zeigt nacb Westen iiberliegende Falten. Nach den Karten ist das Streicben in den palaozoiscben Gesteinen zwar sebr mannigfaltig im einzelnen, aber nordliches und nordwestlicbes herrscht vor. Dieses von dem des Hauptfaltengebirges so stark abweicbende Streicben im Yerein mit dem teilweisen Aufbau aus dem anscbeinend in den ganzen Siid- liclien Alpen fehlenden Untersilur drangt zu der Annabme, daB bier ein selbstandiger alterer Gebirgskorper vorhanden ist.

Die meisten neuseelandischen Geologen, aucb Paek und Maeshall, betracbten die Kreidezeit, und zwar namentlicb die altere, als die Periode der Hauptgebirgsbildung fiir Neuseeland. Die Jurascbichten sollen die jilngsten sein, die in die komplizierte, starke Faltung eintreten. Als Beweis wird aucb angefiibrt, daB die Oberkreide und das Tertiar im allgemeinen eine randliche Lage zum Gebirge einnehmen, meist flacli liegen oder gegen die Kiiste einfallen und nur ausnahmsweise starke Faltung oder Uberscbiebung aufweisen. Nur im Ber gland von Otago

0 Vgl. die Karte bei Marshall (2), Fig. 1.

2) J. M. Bell, E. J. H. Webb, E. de C. Clarke, The Geology of the Parapara Subdivision, Karamea, Nelson. New Zealand Geological Survey Bull. No. 3 (N. S.). Bells Bericht liber die westlich und sudwestiich an das Paraparagebiet an- schlieBende »Heaphy-Subdivision« (Second Annual Report of the Geological Survey Department, 1908, S. 7 9) laBt nur erkennen, daB die geologischen Yer- haltnisse hier ahnlich sind. Das gleiche gilt von der »Mount Radiant Subdivision «.

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II. Besprechungen.

zwischen Mt. Aspiring und Wakatipusee, in der Ben Neviskette in Nelson, ferner in den Kaikouras sind tertiare Sedimente von starker Faltung oder Oberschiebung ergriffen. DaB auck Stimmen nicht feblen, die die Faltung der neuseelandischen Kette in eine jungere Periode setzen, wird nock zu erwaknen sein.

Als Beispiel fur groBe Dislokationen im Gebirge, die j linger sind als die Oamaruformation, moge die sogenannte Moonlight- Oberschiebung dienen. Sie ist naelr dem Moonlight Creek benannt, dessen Tal sie uberquert. Sie besteht aus einer steil westwarts fallenden Aufschiebungs- flache in Kakanui-Schiefern (Altpalaozoikum?), in die eine 14 bis 150 FuB machtige Masse von fossilfiihrendem Sandstein und Konglomerat vom Alter der Oamaruformation eingeklemmt ist. Diese Einklernmung be- ginnt amNordufer desW. 0. gerichteten. mittlerenArmes desWakatipu- sees und streickt etwa 25 Meilen weit in nordnordostlicker Bichtung fast geradlinig liber Berg und Tal bis in die ostlichen Flanken des Mount Aurum. Im Fallen ist diese gangartige Platte 3600 FuB tief aufge- scklossen. Im Hangenden der Moonlight-Gberschiebung liegt unmitt el - bar westlick von ikrem Ausstrick amWakatiousee eine 1500 FuB machtige tertiare Einfaltung in den Kakanuischiefern, die im Streicken zweimal recktwinklig geknickt ist.

Mac Kay hat diese bemerkenswerten tektonischen Einschaltungen von Tertiar mitten im alten Gebirge 1880 entdeckt; Park hat sie genau untersuckt. Diese groBe Dislokation ist j unger als die Oamaruformation und beweist, daB starke gebirgsbildende Bewegungen in Otago noch in j lingerer tertiarer Zeit eingetreten sind, mitten im neuseelandischen Faltengebirge, dessen Faltenwurf allerdings trotzdem alter sein kann als diese Uberschiebung. Vielleickt kandelt es sick bei den erwaknten Gbersckiebungen in den Kaikouras um ahnliche Erscheinungen wie die Moonlight- Gbersckiebung. Das westliche Einfallen dieser Dislo- kationsflachen stimmt scklecht zu unserer Annakme, daB die Innen- seite des Gebirges im Osten liegt.

' Die Ubersckiebung tertiarer Sckickten durck Trias in Nelson am Gebirgsrande (Park, Fig. 16 und 18) laBt sick vielleickt mit der Aufsckiebung des Harzes iiber die jiingeren Sckickten an seinem Nordrande vergleicken.

Die von Marshall erwaknte starke Faltung im Tertiar der Puketoi Hills (siidostliche Nordinsel) ist vielleickt von Bedeutung fiir die Da- tier ung der gebirgsbildenden Yorgange.

Das Hockgebirge von Neuseeland ist vielfack zum Gebiet der meso- zoischen Geosynklinalen und zu den tertiaren Kettengebirgen gerecknet. P. G. Morgan1) nimrnt zwar eine starke Faltung am Ende der Jurazeit an, anderseits sprickt er aber auck vom Ende der Kreide- oder Beginn der Tertiarzeit als Zeit der fruheren Stadien der alpinen Faltung.

1) The Geology of the Mikonui Subdivision, North Westland, N. Z. Geol. Surv. Bull. 6 (N. S.). 1908. S. 30 und 34.

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In diese letztgenannte Periode verlegt Morgan vermutungsweise das Empordringen der Granite auf der Westseite der Sudlichen Alpen im nordlichen Westland. Dies fiilirt uns anf einen anderen Vergleicli. Wir haben das neuseelandische Gebirge nach Gestalt, GroBenverhaltnissen, Abbrucherscbeinungen nsw. mit den Alpen verglichen; aber es liegt viel- leicht nocb naher, die siidamerikanische Kordillere dazu heranzuziehen. Wir wissen noch niclits, was darauf hindenten konnte, daB die neusee- landischen Alpen aus Oberschiebungsdecken aufgebant sind oder daB die Zone kristalliner Schiefer im Otagosattel sicb der Zone der lepontiniscben Gneise gleichsetzen lieBe oder daB ilire mancbmal flache Lagernng einen Aufbau aus liegenden Falten andeutet. Wir kennen aber ander- seits aucb noch wenig Vergleichspunkte mit dem amerikanischen Ketten- gebirge. Morgan bringt die Granite auf der Westseite der Sudlichen Alpen in Westland in Beziehung zu einer TJberschiebungsflache, langs welcher der ostliche Teil des Gebirges liber den westlichen hinaufbewegt ist, und nimmt an, daB ihr Empordringen mit der Gebirgsbildung in engem Zusammenhang steht. Zum Vergleich zieht er die Stock e an der Grenzlinie der Dinariden heran. Die Granite sind Biotitgranit und Hornblendebiotitgranit. Die einzige Analyse, die mitgeteilt wird, ist anscheinend von unfrischem Material und weist einen viel hoheren Kieselsauregehalt als die Granodiorite der Kordillere auf.

Die Kreideformation liegt in der patagonischen und antarktischen Kordillere wie auf Neuseeland randlich zur gefalteten und von Granit- stocken intrudierten Gebirgsmasse. Die Dbereinstimmung der neu- seelandischen Oberkreide mit der patagonischen und antarktischen scheint bedeutend zu sein.

Der siidwestliche Bogen des neuseelandischen Faltengebirges (der sogenannte Otagosattel) erscheint an der Ostkuste der Siidinsel jah abgeschnitten. Dies Ende ist nicht natiirlich, sondern beruht wohl zweifellos auf einem Abbruch. Die Fortsetzung des Gebirges kann nur in einer Bichtung gesucht werden, in der auf die Kordillere des Gr ahamlandes, die »Antarktanden«. Die Unter- brechung zwischen beiden ist groB; aber die hier geauBerte Ansicht steht im Einklang mit dem gegenwartigen Stande unserer Kenntnisse. Das atlantische und das pazifische Gebiet haben, wie Suess schon her- vorhebt, beide Anted am antarktischen Landgebiet. Die hier vorgeschla- gene Verbindung Neuseeland Grahamland laBt den pazifischen Ozean auch im Siiden durch ein Faltengebirge umrandet erscheinen. Fast ganz Antarktika muB dann dem atlantischen Raume zugehoren.

III. Geologischer Unterricht.

Verzeichnis der geologischen Vorlesungen an den deutschen Hochschulen im Sommersemester 1917.

Abkiirzungen: Geol. = Geologie; g. = geologisch; Pal. = Palaontologie ; p. = palaontologisch ; Petr. = Petrograpliie ; petr. = petrographisch ; tib. = tlbungen; Anl. = Anleitung zu selb- standigen Arbeiten; Coll. = Colloquium; Exk. = Exkursionen. Die Zahlen geben die Zahl der Stunden in derWoche an.

1. Universitaten.

A. Deutschland.

Berlin: Hennig: Geol. Deutsch- lands mit Exk. 2, Pal. I: Wirbellose 2, Die fossile Reptilienwelt 1; Haar- mann : Wirtschaftsgeol. Deutschlands 2; Liebisch: Anl. (Petr.); Tann- hauser: Petr. 2, petr. Ub., petr. Exk.

Bonn: Steinmann: Regionale Geol. II. Geol. von Europa, mit Exk. 4, Fossile Pflanzen 1, Die g. Grundlagen der Abstammungslehre I, Ub., Anl., Coll.; Brauns: Anl. (Petr.), Ausfluge in Vulkangebiete der Eifel und des Niederrheins; Pohlig: Allgemeine Geol. (Erdgeschichte) mit Demonstrationen und Ausfliigen 3, Abstammungsgesetz und Erdgeschichte, mit Demonstra¬ tionen, nach seinem gleichnamigen Leit- faden 2, Lichtbildervortrage als Ein- fiihrung in die Geol. 1, Erdgeschicht- liche Spaziergange; Wanner: Fossile Wirbeltiere (Reptilien und Saugetiere) 2, Technische Geol. 1; Tilmann: Geol. von Rheinland und Westfalen, mit Exk. 1.

Breslau: Frech: Erdgeschichte (hi- storische Geol.) mit Exk. 4, Technische Geol. mit besonderer Beriicksichtigung der Erzlagerstatten, mit Exk. 2, An¬ leitung zu g. und agronomisch-karto- graphischen Aufnahmen im Gelande, Ub., Anl.; Frech, Sachs, Dyhren- furth, Meyer: Coll.; Sachs: Die Mine- ralschatze der Erde: Salze, Kohlen, Erze, Edelsteine 1; Meyer: G. Landes- kunde von Schlesien, mit Lichtbildern und Exk. 1/2, Verstandnis und Auf-

nahme g. Karten und Profile 1 j 2, g. Ub. fur Anf anger (besonders fiir Geogra¬ ph en) mit Lichtbildern und Exk. 2; Beutell: Mineralogie und Petr, der Erzlagerstatten mit Exk. 2.

Erlangen: Lenk: Allgemeine Geol. mit repetitorischen Besprechungen 5, Anl. (Petr.), Exk.; Lenku. Krumbeck: Anl. (Geol.), Ub. in der makroskopischen Gesteinsbestimmung; Krumbeck: Hi- storische Geol. 2, Geol. und Morphologie von Nordbayern mit Fachausflugen 1, p. Ub., Anl. (stratigraphisch-p. Arb.).

Frankfurt a. M. : Boeke: Die wich- tigsten (Mineralgruppen und) Gesteine 4, petr. Ub., Anl. (Petr.); Drever- mann: Allgemeine Geol. 4, Einfulirung in die Kenntnis der Versteinerungen 2, Das rheinische Schiefergebirge 1, Anl., Coll.

Freiburg i. B. : Deecke: Erdge¬ schichte mit Exk. 5, Ub., Anl.; De- ninger : Pal. der Wirbellosen 3; Wepfer: Geol. von Europa 2; Neu¬ mann: Meereskunde und Morphologie der festen Erdoberflache 4; Soellner: Anleitung zu petr. Untersuchungen im Gelande.

GieBen: Kaiser: petr. Ub., Anl.; Kaiser und Meyer: Anleitung zu g.- petr. Beobaclitungen im Gelande, Exk. ; Meyer: G. Bodenkunde (mit bes. Be- riicksichtigung g.-agronomischer Kar¬ tell) 2, Nutzbare Lagerstatten Deutsch¬ lands 1.

Gottingen: Stille : Allgemeine Geol. 4, Geol. von Mittel- und Nordwest- deutschland mit Exk. 2, praktische Ub.

III. Geologischer Unterricht.

163

in g. Beobachtungen unci Aufnahmen; Stille und Wedekind: An].; Wede¬ kind: Pal. der wirbellosen Tiere mit bes. Beriicksichtigung der Biostratigraphie3 ; Salfeld: Die Juraformation mit Ub. 2; Freudenberg : Die Urmenschen der al- teren Steinzeit; ihre Abstammung, ihre Lebensweise und Kiinste 2; Wagner: Allgemeine physikalische Geographie 4; Wiechert: Geophysik (Erdbeben, Erd- korper, Erdmagnetismus) 4.

Greifswald: Jaekel: Historische Geol. 2, Pal. II (Wirbellose und Leit- fossilien) 2, Ub., Anl., Exk. ; Milch: Anl. (Petr.); Philipp: Geol. des nord- deutschen Flachlandes mit Exk. 2; Klinghardt: Jura und Kreide 3.

Halle: Walther : Gescbichte der Erde und des Lebens 4, Anleitung zum Stu- dium der Schausammlungen, Ub., Anl.; Walther und Scupin: Anfangsgriinde der Geol., mit Exk. 2; Scupin: Grand - lagen der Palaogeographie 1, Gesteins- kundliche Ub. 3.

Heidelberg: Salomon: GeolJauBere Dynamik) 5, G. Geschichte der Heidel- berger Gegend mit Exk. 1, Ub., Anl.; Wulfing: Petr, mit Exk. 2, Anl. (Petr.).

Jena: Linck: Allgemeine Geol. 4, Anl. (Petr, und allgemeine Geol.); y. Seidlitz: Regionale Geol. II Europa 2, G. Aufbau Thiiringens mit Exk. 1, Ub., Anl. (Geol. und Pal.).

Kiel: Wust: Allgemeine Pal. (Pal. und Abstammungslehre) 2, Einfuhrung in die Geol. von Norddeutschiand und Sudskandinavien fiir Vorgeschrittenere mit Exk., Ub., Anl.

Konigsberg: Andre e: Formations- lehre als Grundlage der Erdgeschi elite und Palaogeographie 4, Pal. nebst Palaobiologie der niederen Wirbello¬ sen 2, Der Aufbau Europas 1, Ub., Anl., Exk. Bergeat: Gesteinskunde 4, Die metallischen Bodenschatze Deutsch- lands 1.

Leipzig: Felix (als Vertreter von Kossmat) : Einfuhrung in die Pal., unter besonderer Beriicksichtigung der wirbel¬ losen Tiere 2; Pietzsch (als Vertreter von Kossmat): Exk.; Niggli (als Ver¬ treter von Rinne): Gesteinskunde 6; petr. Ub., Anl. (Petr.); Bergt: Che- mische Petr. Sachsens 1, Erzlagerstatten

1, Felix: p. Ub., Reinisch: petr. Ar- beiten im Felde 2.

Marburg: Kayser: Allgemeine Geol. 4, Geol. von Hessen mit Exk. 1, Ub., Anl. ; Weigel: Petrographie 2, Die Ent- stehung der Erzlagerstatten 1; Cloos: Geol. von Mitteleuropa und dem Balkan

2, Praktische Einfuhrung in die Geol. 2 ; ScHULTZE-Jena: Morphologie der Ercl- oberflache 4.

Miinchen: Rothpletz: Geol. mit Exk. 4, Geol. d. Alpen mit Exk. 1 ; Rothpletz und Broili: Ub., Anl.. Exk.; Weinschenk: Lagerstattenlehre II: Erzlagerstatten 2, Ub. im Bestim- men von Gesteinen mit Exk. 4, Anl. (Petr.); Stromer von Reichenbach: Pal. der Wirbeltiere I. Einleitung und Fische I, Pal. der Wirbeltiere IV. Saugetiere 1, Pal. und Deszendenztheo- rie 1; Broili: Pal. der Wirbeltiere II IV: Organisation, Systematik und Stammesgeschichte der Amphibien, Reptilien und Vogel 1, Einfuhrung in die Stratigraphie (Formationskunde) 2; Dacque : Biologie der palaozoischen und mesozoischen Wirbellosen 1, Palaogeo¬ graphie III. Teil: Palaoklimatologie 1; Leuchs: Geol. von Agypten 1, Prak¬ tische Geol. 1; Boden: Geol. der deut- schen Mittelgebirge 1.

Munster: Busz: Einleitung in die Petr. 2, petr. Ub., Anl. (Petr. ) ; Wegnre ; Geol. von Deutschland, Exk. ; Mei- nardus: Meereskunde 3.

Rostock: Geinitz: Ub., Exk.

StraBburg: Wilckens: Erdge-

schichte (Formationskunde) 4, Anl. ; Bucking: petr. Exk.; Kessler: Die nutzbaren Ablagerungen Deutschlands 2, Geol. Siidwestdeutschlands 2, Repe- titorium der Stratigraphie 2.

"Tubingen: Pompeckj: Geol. und Bodengestaltung Wiirttembergs mit Exk. 4, Pal. (Wirbeltiere), Ub., Anl.; Nacken: Gesteinskunde mit Exk. 4, Die wichtigsten Erze und ihre Lager- statten 3, petr. Ub. ; v. Huene : Ge¬ schichte der Meere 1; Lang: Aussprache iiber palaoklimatische Fragen 1, Die Sedimente, ihre Bildung und Diagenese 2; Schmidt: Der Mensch der Eiszeit 2, Einfuhrung in die vorgeschichtliche Archaologie und Ausgrabungstechnik mit Exk. 2, prahistor. Ub. ; Schmidt

164

III. Geologischer Unterricht.

und Soergel: Diluvial-g., p. und pra- historische Ub. mitExk. ; Soergel: Die fossilen Lamelli branch iaten 2.

Wurzburg: Beckenkamp: Geol. mit Exk. 4, petr. Ub.

B. Osterreich.

Graz: Hilber: Geol. Mittelsteier- marks 2, Stratigraphie und Pal. Steier- marks 2, Ub., Exk.; Hilber und Heritsch: Anl. ; Scharizer: Anl. (Petr.).

Innsbruck: Blaas: Gesteinsbildung und Umbildung3, Demonstrationen und Coll. 2; Cathrein: Anl. (Petr.).

Prag: Wahner: Grundzlige der Geol. II. Tell (Zur Einfiihrung, bes. f. Geographen) 4, Ub., Anl., Exk.; Pe- likan: Gesteinskunde II. Teil 3, petr. Ub. 2, Ausfliige zum Studium der Ge- steine in der Natur, Anl.; Krasser: Grundzlige der Phytopalaontologie 2; Machatschek: Gletscherkunde 1.

Wien: Suess: Grundzlige des g. Baues von Europa 5, Exk. ; Diener: Die Entfaltung des Tierreichs im Laufe der Erdgescliichte 5, Anl. ; Abel: Die fossilen Uberreste als biologische Doku- mente 5; Doelter: Die Erze und ihre Lagerstatten 3, Petrogenetische Fragen 2; Diener und Arthaber: p. Ub. ; Artraber: Uber Bivalven 2; Schaffer: Geschiclite des Wiener Beckens mit Exk. 5; Hoernes: Prahistorische Topo- graphie Europas 3, prahistorische Ub.

C. Schweiz.

Basel: Schmidt: (Gesteinsbildende Mineralien und) Gesteine 4, Exk. ; Schmidt und Buxtorf: Anl.; Bux- torf: Geol. 3, Exk.

Bern: Hugi: Petr. II 2, petr. Ub., petr. Exk.; Hugi und Arbenz: Mine- ralogisch-g. Ref erierabend ; Arbenz : Geol. der Schweiz 2, Erdgeschichte (Formationskun.de) 2, Einfiihrung in die Pal. der Wirbellosen (Leitfossilien) 1, XJb. , Exk.; Nussbaum: Formenkunde der Schweiz 1.

Zurich: Schardt: Geol. der Schweiz 2, Geol. der Gebirge 2, Ub., Anl., Exk.; Grubenmann: Gesteinslelire 3, Werden und Wandel der Gesteine 1, makrosko- pisches Gesteinsbestimmen 1, Ub. (Petr.), Anl. (Petr.); Rollier: Petre-

faktenkunde mit Ub. : Cephalopoden 2, Stratigraphie der Juraformation 2; Wehrli: Physische Geographie II: Morphologie der Erdoberflache 3; de Quervain: Gletscherkunde mit Exk. 1 ; Hescheler: Pal. 'der Wirbeltiere exkl. Saugetiere 2.

2. Technische Hcchschulen.

A. Deutschland.

Aachen: Dannenberg: Erdge¬

schichte, Element e der Mineralode und Geol., Ub. ; Klockmann: Petr., Ub. (Petr.), Anl. (Petr.).

Berlin: Hirschwald: Allgemeine Geol. 2, Ub. ; Tannhauser: Die Priifung der natlirlichen Bausteine auf ihre me- chanischen Eigenschaften und auf ihre Wetterbestandigkeit 1. Abteilung fur Bergbau: Rauff: Allgemeine Geologie 3, Pal. 3, p. Ub. 1; Gothan: Paliio- botanik 2, palaobotanische Ub., Anl. (Palaobotanik).

Breslau: Beutell: Mineral ogie und Petr, der Erzlageistatten; Sachs: Die Bodenscliatze Schlesiens: Erze, Kohlen, nutzbare Gesteine.

Danzig: Stremme; Geol. 3, Ub., Anl.

Darmstadt:

Dresden:

H annover: Erdmannsdorffer:

Grundzlige der Geol. 4; Hoyer: Prak- tische Geol. II. 2, Geol. des nordwest- lichen Deutschlands 1; Sceondorf: Technisch wichtige Mineralien und Ge¬ steine Deutschlands 2, Einfiihrung in das Verstandnis und die praktische Verwertung g. Karte und Profile 1.

Stuttgart: Sauer: Geol. 4, Petrogr. Untersuchungsmethoden 2, Ub., Anl., Exk.

L a n d w i r t s c h a f 1 1. H o c h s c h u 1 e n.

Berlin: Fliegel: Geol. von Xord- deutschland 1, Vorkommen, Besckaffen- heit und Aufsuchung des unterirdischen Wassers 1, Exk.; Schucht: G.-agrono- mische Bodenaufnahme 1, praktische Bodenuntersuchungen im Felde.

Hohenheim: Plieninger: Geol.. II. Teil 4, Ub., Exk.

Poppelsdorf : Brauns: Geognosie 2, Exk.

Weihenstephan : FAsch: Geol.

* ^

*

IV. Bucher- und Zeitschriftenschau.

165

Die Forstakade mien Eberswalde, Miinden, Tharandt sind wahrend des Krieges geschlossen. Die F. Eisenach ist dauernd aufgehoben.

* *

Bergakade mien.

Claus tal: Geschlossen.

Freiberg: Beck: Geol.,Lagerstatten- iehre, Versteinerungslehre, Geol. von Sachsen, Ub.

*

Kolonialinstitut Hamburg: Gu- rich: Die wichtigsten nutzbaren Mine- rale und Gest'eine 2; Gurich und Wy- sogorski: Ub. im g. und agronomischen

Kartieren; Wysogorski: Einfiihrung in die Geol. 1.

Akademie Posen: Polytechniku m Cothen: Foehr: Geol. 1, g. Ub., g. Seminar, Exk.

B. Osterreich.

Briinn: Rzehak: Geol. 4, Exk. Graz: Tornquist: G. Formation s- und Gebirgskunde 3, Exk. ; Mohr : Geol. der feuerfesten Materialien 1.

Prag: Redlich: Geol. II 4, Ub., Exk.

* *

*

MontanistischeHochschuleLeo- ben: Granigg: Petr. 2; Schmidt: Geol. 6, Pal. 2, Lagerstattenlehre 3.

IV. Bucher- und Zeitschriftenschau.

Jahresberi elite und Mitteiluugen des Oberrheinischen

geologischen Vereins.

Neue Folge. Bd. VI. Jahrgang 1916/17. Heft 2. Mit 2 Tafeln und 3 Ab- bildungen im Text. Ausgegeben im Marz 1917. Preis fur Nichtmitglieder M 1.80. In Kommission bei der E. Schweizerbartschen Verlagsbuchhandlung (Nagel 3 & Dr. Sproesser). Stuttgart 1917?

Das Heft enthalt folgende Arbeiten:

Brauhatjser, M., Beitrage zur Kenntnis des Rhatsandsteins im Schonbuch zwischen Stuttgart und Tubingen. (Vorlaufige Mitteilung.)

Ruger, L., Uber das Auftreten von Asphalt im Quarzporphyr von Dossenheim.

Haberle, D., Uber das Vorkommen karrenahnlicher Gebilde im Buntsand- stein. Mit einer Abbildung im Text und zwei Tafeln.

Buri, Th., Uber Verlauf und Gliederung der Nacheiszeit und liber Hangetaler im mittleren und im anstoBenden siidlichen Schwarzwalde. Mit einer Skizze und einer Abbildung im Text.

K. Sapper, Katalog der geschichtlichen Vulkanausbriiche. Schriften der wis- senschaftlichen Gesellschaft in StraB- burg. 27. Heft, StraBburg 1917, bei Karl J. Triibner. Lex. -8°, X. u.

353 S. Broschiert 24 M.

Es ist sehr dankenswert, daB sich gerade Sapper der schwierigen und langwierigen Aufgabe unterzogen hat, ein moglichst vollstandiges Verzeichnis der geschichtlichen Vulkanausbriiche zu verfassen. Denn er gehort nicht bloB zu den besten Kennern des Vulkanis- mus, sondern er hat auch eine unge-

wohnlich groBe Zahl von Vulkanen be- sucht und untersucht. Freilich hebt auch er selbst hervor, daB seine Liste zwar moglichst vollstandig, aber nichts weniger als wirklich vollstandig ist. Die Griinde dieses Mangels erortert er eingehend in seiner Einleitung.

In der eigentlichen Darstellung wer- den die Vulkanausbriiche sehr ver- niinftigerweise geographisch und nicht chronologisch nach ihrem Zeitpunkt beschrieben. Sehr wertvoll sind die noch liber 50 Seiten umfassenden kriti- schen SchluBbemerkungen. Darin wer-

166

IV. Bucher- und Zeitschriftenschau.

den besprochen: Der Begriff des Vul- kans und der des Ausbruchs, die vulka- nische Tatigkeit zu Wasser und zu Lande, der Wert der Ausbruchssta- tistik, das Verhalten der Einzelvulkane im Laufe der Zeit, akustische, ther- mische, seismische TatigkeitsauBerun- gen, Ausbruchserscheinungen und Wir- kungen, Menschenverluste infolge vul- kanischer Ausbrliche, die Zahl der in gesckichtlicher Zeit als tatig nach- gewiesenen Vulkane, ihre Anordnungs- dichte, Tiitigkeitsfrequenz, Art der For- derung, Forderleistung und die bekann- ten Riesenausbruche. Ein ausfiihr- liches Orts- und Sachregister erhoht den Wert des selir willkommenen und wich- tigen Buches. Sal.

Einfuhrung in die Markscheidekunst

von L. Mesttrop. Berlin 1916, J.

Springer. II. Aufl. M 6.80.

Dieses handliche Buch ist vier Jahre nach dem ersten Erscheinen in einer 2. Auflage erschienen ; sie enthalt gegen- iiber der ersten zwar keine wesentlichen Anderungen, aber die unnotigen Frernd- worter sind tunlichst durch deutsche Ausdriicke ersetzt. St.

James Park, A Textbook of Geology.

For use in Mining Schools, Colleges

and Secondary Schools. London 1914.

698 S. 70 Taf.

Die Anordnung des Stoffes in diesem von einem neuseelandischen Geologen geschriebenen Lehrbuch der Geologie ist so gewahlt, daB zuerst die Denu¬ dation, Erosion, Gletscher- und Meeres- wirkung, dann die epirogenetischen und orogenetisclien Bewegungen besprochen werden. Erst liiernach kommen die Ab- schnitte liber die Zusammensetzung der festen Erdkruste, Schichtgesteine, Vul¬ kane und Massengesteine. Wir diirfen in dieser Gruppierung des Stoffes wohl amerikanischen EinfluB sehen, auf den auch die Auswahl der geologischen Landschaftsbilder schlieBen laBt, die meist amerikanischen Veroffentlichun- gen entlehnt sind. Einen groBen Pan m nimmt die Formationskunde ein. Sehr anerkennenswert ist, daB der Verf. der morphogenetischen und praktischen Geologie besondere Abschnitte gewid-

met hat; auch eine kleine Anweisung zu Feldaufnahmen findet sich. Wer er- wartet, neuseelandische Verhaltnisse in reichem MaBe bei den Beispielen fur geologische Vorgange usw. herangezogen zu finden, sieht sich enttauscht. Die Abbildungen sind ungleichwertig. Xe- ben sehr schonen Tafeln finden sich ur- alte Holzschnitte wie z.B. derjenige auf S. 63 vom Her de glace. Die Bilder der Versteinerungen sind z. T. etwas zu wenig fein ausgefuhrt, die Rekonstruk- tionen von Ichthyo- und Plesiosaurus auf Tafel 39 sind vollig veraltet. Im Text ist mir aufgefallen, daB vom deut- schen Zechstein zwar das Stein-, aber nicht das Kalisalz erwahnt wird (S. 370). StaBfurt heiBt dort falschlich StraBfurt. S. 375 wird Trematosaurus Bronni T. Brauni genannt, S. 379 wird Trachy- ceras immer Trachvoceras geschrieben, S. 400 wird die Einteilung des Jura in schwarzen, braunen und weiBen nur fur XW. -Deutschland angegeben. S. 147 ist Stjess Suwess genannt und merk- wiirdigerweise die Bezeichnung »va- riscisches Gebirge« auf die Alpen, Kar- pathen und Pyrenaen angewandt. In der Tektonik sind die Bruche sehr aus- fiihrlich behandelt; aber die ganze al¬ pine Tektonik kommt zu kurz. Dafiir bietet das Werk wieder anderes, und es ist immer lehrreich, an der Hand eines Lehrbuches zu verfolgen, wie sich das geologische Wissen in der Auffassung eines auslandischen, im besonderen eines nichteuropaischen Fachmannes darstellt. Wcks.

Geologische Karte von PreuBen und benachbarten Bundesstaaten, lierausg. v. d. PreuB. geol. Landesanstait. Lief. 212 (1915). Bl. Marburg, bearbeitet von E. Kayser, Bl. Xiederwalgern, be¬ arbeitet von W. Paeckelmann.

Die Lieferung behandelt die land- schaftlich besonders reizvolle und geo- logisch recht mannigfaltige LTmgegend von Marburg, deren westliclier Teil dem Rheinischen Schiefergebirge mit seinen stark gefalteten Schiefern und Grau- wacken des Obersilurs, Devons und Karbons angehort, wahrend ostwarts mit Beginn des hessischen Berglandes sich auf diese palaozoischen Sedimente

IV. Bucher- und Zeitschriftenschau.

167

diskordant die Sandsteine und Breccien des Oberen Zechsteins und weiterhin die Schichten des mehrere hundert Meter machtigen Buntsandsteins auflagern, die im Gegensatz zu den ersteren meist tafelformig liegen. Hart am Ostrande der Blatter bildet sich infolge eines be- deutenderen tektonisclien Abbruchs in SN.-Richtung ein Niederungsgebiet als Auslaufer der groBeren »liessischen Senke « heraus, das von braunkohlen- flihrenden Sanden und Tonen des Oligo- zans und Miozans, sowie von quartaren Ablagerungen, hauptsachlich LoB, er- fiillt ist. Im airBersten Siidosten des Kartengebietes steigt das Tertiar vom Talgrunde aus allmahlich zum vulka- nischen Massiv des Vogelberges an, der mit seinem nordwestlichen Auslaufer, deni Leidenhofer Kopf, noch eben in das Gebiet hineinreicht und sich aus meh- reren Basaltlaven nacheinander er- folgter Ergiisse zusammensetzt. Im iibrigen sind von Eruptivgesteinen noch die bekannten Basaltkuppen des Stem- pels und des Frauenberges zu nennen, die, zunachst von Tertiarschollen unter- lagert, dem Buntsandsteinplateau auf- gesetzt sind und selbstandige Durch- briiche darstellen.

Im Bereiche des palaozoischen Schie- fergebirges treten neben Briichen auch Uberschiebungen und in der unmittelba- ren Umgebung von Marburg eine ganze Anzahl Verwerf ungen auf, die hier die Auflosung der Buntsandsteintafel in eine Reilie von Einzelbergen zur Folge haben, die nicht unwesentlich zur Schonheit der Marburger Landschaft beitragen. Auch noch an vielen anderen Stellen zeigt sich ein solcher EinfluB der Tektonik auf die Gelandegestaltung, indem die Ausbildung mancher Tal- sbrecken und Talbiegungen, wie z. B.

bei der Stadt Marburg selbst, durch Spriinge bedingt erscheint, auf denen die Elusion verhaltnismaBig leicht ein- setzen konnte.

Das Alter derVerwerf ungen schwankt innerhalb weiter Grenzen. Die Storun- gen und Uberschiebungen des palao¬ zoischen Gebirges stehen z. T. sicher in unmittelbarem Zusammenhange mit seiner karbonischen Faltung, z. T. sind sie, soweit sie iiber das Schiefergebirge hinaus auch noch in den angrenzenden Zechstein und Buntsandstein hinein- setzen, sowie die iibrigen das Buntsand- steingebirge dislozierenden Stor ungen von jiingerem, vor- bzw. nacholigoza- nem Alter. Die die hessische Senke er- zeugenden Verwerf ungen sollen in ihrem groBeren AusmaB erst nach Ablage- rung des Tertiars entstanden sein. Als noch j iinger, namlich quartar, werden die die einzelnen Buntsandsteinkuppen der Marburger Umgebung trennenden Spriinge angenommen.

Im AnschluB an die jungtertiaren Krustenbewegungen kam es zur all- mahlichen Herausbildung des lieutigen Lahntals und seiner Nebentaler, und zwar wechselten dabei wiederholt Pe- rioden der Erosion und Perioden der Aufschiittung miteinander ab, wie die in verschiedenen Hohenlagen hinter- biiebenen Terrassenschotter, die Reste alter Talboden, anzeigen. Es werden auf den Blattern in Ubereinstimmung mit denjenigen des Rheintals ’iner der- artige Diluvialterrassen unterschieden. Dazu kommen noch hoch (auf dem alten Marburger Exerzierplatz 160 m iiber der Talaue) gelegene FluBschotter, die als Ablagerungen einer jedenfalls pliozanen Lahn anzusehen sind.

(Nach einem Referat der PreuB.

Geol. Landesanstalt. )

V. Geologische Vereinigung.

Bericht iiber die Hauptyersammlung der Geologischen Tereinigung in Frankfurt a. M. am 6. Januar 1917.

Der Vorsitzende begriifite die zahlreich versammelten Mitglieder, unter denen viele Feldgraue zu sehen waren, und teilte mit, daB 9 Mitglieder gestorben (davon 5 fur das Vaterland gefallen) sind, zu deren Ehren sich die Anwesenden von ihren Sitzen erboben. Es sind:

Bergingenieur Carl BAUR-Miinchen, Kommerzienrat Leo ELLiNGER-Frank- furt a. M., Dr. Richard Lachmann - Breslau, cand. geol. Hugo Lieber- Marburg a. Lahn, Dr. Roman LucERNA-Briinn, Dr. NiETHAMMER-Borneo, Prof. Dr. REGEL-Wiirzburg, Frl. Anna REiss-Mannheim und Hauptmann VoRWERG-Warmbrunn,

Ausgetreten sind 8, neu eingetreten 22 Mitglieder, so daB trotz des Krieges die Vereinigung weiter wachst.

Es fanden folgende Vortrage statt:

Herr H. Stille - Gottingen iiber injektive Faltung und damit zusammen- kangende Erscheinungen. Diskussion: G. Steinmann.

Herr H. Brouwer -Delft iiber geologische Forsckungen in den Molukken. Diskussion: K. Deninger, H. Stille.

Herr E. Haarmann- Berlin iiber einen praktischen, amerikanischen KompaB.

Herr R. E. Liesegang - Frankfurt a. M. iiber ein neues Verfaliren zur Klarung von Trinkwasser.

Herr G. Steinmann - Bonn iiber den Ersatz der Bogenlampe durck Halbwatt- lampe zu Projektionszwecken.

Herr N. Tilmann - Bomi iiber die Verbreitung eruptiver Gesteine in der Trias der Siidalpen.

Herr H. Meyer -GieBen iiber die Verbreitung der Alkali- und Alkali -Kalk- gesteine in Deutschland. Diskussion H. Stille, E. Kayser, G. Stein¬ mann und Redner.

Herr W. von Seidlitz- Jena iiber die Grenze zwischen Ost- und Westalpen. Diskussion: H. Meyer.

Herr G. Steinmann - Bonn iiber neuere Fortsckritte der Alpenforschung. Diskussion: von Seidlitz, Redner.

Herr F. RiNNE-Leipzig iiber Sammelkristallisation.

Am Abend vereinigten sich die meisten Teilnekmer zu zwanglosem Bei- sammensein im Ratskeller.

Am 5. Januar ging der Versammlung eine ausgiebige Besprechung der im Felde tatigen Geologen unter dem Vorsitz von H. PniLipp-Greifswald voraus.

8 NOV. 1917

Auszug aus den Satzungen der „6eologischen Yereinignng".

§ 3. Mitgliedschaft.

Die Anmeldung %ur Mitgliedschaft erfolgt an de/n Kassenfuhrer*. Das Eintrittsgeld betragt 5 M., der Jahresbeitrag 10 M. fiir Personen sowobl wie fiir Institute, Bibliotheken usw. Die lebenslangliche Mit- glieds'chaft einer Person kann durch einmalige Zablung von 250 M. erworben werden. Wer eine einmalige Zablung von 1000 M. leistet, wird als Stifter gefiihrt. Alle Mitglieder erbalten die ,,Geologische Rundschau" (8 Hefte zu 4 5 Bogen im Jabre) unentgeltlich und porto- frei zugestellt.

Der Jahresbeitrag ist bis Ende Januar an den Kassenfuhrer* einzuzahlen , andernfalls wird er durch Postauftrag erhoben. Yerweigerung der Zah- lung bedeutet Austritt aus der Yereinigung und zieht Einstellung der Zusendung der Zeitscbrift nacb sicb.

Der Yorstand:

Vorsitzender: E. Kayser (Marburg)

Stellvertret. Yorsitzender: G. Giirich (Hamburg)

» * F. J. Becke (Wien)

> * L. v. Loczy (Budapest)

> > Ch. Schuchert (New Haven)

Schriftfuhrer : Fr. Drevermann (Frankfurt a. M. , Senckenbergi-

sches Museum, Victoria -Allee 7)

Stellvertret. Schriftfuhrer: R. Liesegang (Frankfurt a. M.)

Schriftleiter G. Steinmann (Bonn, Poppelsdorfer Allee 98)

» W. Salomon (Heidelberg)

» O. Wilckens (StraCburg i. E.)

* Kassenfuhrer: Frau R. Drevermann (Frankfurt a. M.-Eschersheim,

Haberlinstr. 53).

Die fruheren Jahrgdnge der Geologischen Kundschau , auBer den Jalirgdngen 1915116 , konnen von den Mitgliedern der Geologischen Vereinigung durch den Kassenfuhrer zum Preise von Jl 10. bezogen werden.

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GEOLOGIE

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DR. ALEXANDER TORNQUIST

K. K. ORD. PROF. AN DER TECHN. HOCHSCHULE ZU GRAZ

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Aus den Besprechungen : . . . Der Verfasser beherrscht den Stoff und sucht uberall das Wichtige und Richtige hervorzuheben und off'ene Fragen zu betonen. Durch diese Behandlung des Stoffes wirkt das Buch anziehend fiir alle, die sich .mit Geologie beschaftigen oder be- schaftigen wollen. Auch der Geologe von Beruf wird es gern zur Hand nehmen, um die letzten Leistungen auf dem Gebiete der allgemeinen Geologie einmal im Zusammenhang Revue passieren zu lassen . . . Montanistische Rundschau.

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Dr. Gustav Steinmann

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