DE: et el — nn / = LIBRARY SE — —— Sl. EEE ©. ER ERSHNT Fr > Gesammelte Abhandlungen N. Pringsheim. — tn Ferton Band. Herausseceben von seinen Kindern. Mit 32 lithographischen Tafeln. aa et ER I See nranas Jena, Verlag von Gustav Fischer. 189. Verlag von &ustav Fischer in Jena. Büsesen Dr. M., Prof. der Botanik an der Universität Jena, Der Honigtau.- oO ’ Biologische Studien an Pflanzen und Pflanzenläusen. Mit 2 Jithogr Tafeln. 1891. Preis: 3 Mark. Betrachtungen über das Verhalten des Gerbstoffes in den Pflanzen. 1339. (UI, 49 S.) gr. 5%. Preis: 1,60 Mark. Detmer, Dr. W., Professor an der Universität Jena, Das pflanzenphysio- logische Praktikum. Auleitung zu pflauzenphysiologischen Unter- suchungen. Zweite umgearbeitete Auflage. Mit 181 Abbildungen. 1895. Preis: brosch, 9 Mark, geb. 10 Mark. Eım er Dr.6.E Theodor, Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie in I Tübingen, Die Entstehung der Arten auf Grund von Vererbungen erworbeuer Eigenschaften nach den Gesetzen organıschen Wachsens. Ein Beitrag zur einheitlichen Auffassung der Lebewelt. Erster Theil 1883. Mit 6 Abbildungen im Text. Preis: 9 Mark. Haberlandt Dr. &., Prof. der Botanik in Graz, Ueber die Beziehungen ’ zwisehen Funktion und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen. Mit 2 lithograph. Tateln. 1587. Preis: 3 Mark 60 Pf. Haussknecht, ?r==-«, Honsgraphie dern E bium. wMit 23 iithographischen Tafeln und 1 Verbreitungs- tabelle, 1884. Preis: 35 Mark. Hertwis Dr. Oscar, o. ö. Professor der Anatomie und Direktor des IE Ana- 5} tomischen Instituts an der Universität Berlin, Die Zelle und die Gewebe. Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie. Mit 168 Ab- bildungen im Texte. 1892. Preis: 3 Mark. Inhalt: Erstes Capitel. Die Geschichte der Zellentheorie. Die Geschichte der Protoplasmatheorie. — Zweites Capitel. Die chemisch-physikalischen und morpho- logischen Eigenschaften der Zelle. — Drittes Capitel. Die Lebenseigenschaften der Zelle. 1. Die Bewegungserscheinungen. — Viertes Capitel. Die Lebenseigenschaften der Zelle. II. Die Reizerscheinungen. — Fünftes Capitell. Die Lebenseigenschaften der Zelle. III. Stoffwechsel und formative Tbätigkeit. — Sechstes Capitel. Die Lebenseigen- schaften der Zelle. IV. Die Fortpflanzung der Zelle auf dem Wege der Theilung. — Siebentes CapiteL Die Lebenseigensehaften der Zelle. V. Die Erseheinungen und das Wesen der Befruchtung. — Achtes Capitel. Wechselwirkungen zwischen Protoplasma, Kern und Zellproduct. — Neuntes Capitel. Die Zelle als Anlage eines Organismus (Vererbungstheorieen). Hildebran Dr. E, Professor der Botanik an der Universität Freiburg i. Br., » Die Lebensverhältnisse der Oxalisarten. Mit 5 litho- graphischen Tafeln und 5 Blau Erklärungen. 1884. Preis: 18 Mark. Ueber einige Pfianzenbastardirungen. wit 2 lithographischen Tafeln. 1889 Preis: 4 Mark, Klebs . Georg, Professor der Botanik in Basel, Ueber das Verhältnis , männliehen und weiblichen @esehleehts in der Natur. 1894. Preis: 80 Pf. Ueber einige Probleme der Physiologie der Fortpflanzung. 1895. Preis: 75 Pı. Mever Dr. Arthur, ord. Professor der B»tanik uud Direktor des botanischen Gartens zu Marburg, Untersuchungen über die Stärkekörner. Mit 9 Tafeln und 99 in den Text gedruckten Figuren. Preis: 20 Mark. Molisch Dr. Hans, a. o. Professor an der technischen Hochschule in Graz, >Y4 Grundriss einer Histochemie der pflanzlichen Genuss- mittel. Mit 15 Holzschnitten. 1891. Preis: 2 Mark. Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen. logische Studie. Mit einer farbigen Tatel. 1892. Preis: 3 Mark, Eine physio- Gesammelte Abhandlungen N. Pringsheim. Herausgegeben von seinen Kindern. me le — Jena, Verlag von Gustav Fischer 189. zuE I 158 WIUU 3 NEW York BOTANICAL __ SAarpen Gesammelte Abhandlungen von N. Pringsheim. Zweiter Band. Phycomyceten, Charen, Moose, Farne. Mit 32 lithographischen Tafeln. u ee He nee Er Jena, Verlag von Gustav Ficher. 189. - SR, Dr ä II. IE ING vi. vn. VII Inhalt. . Die Entwicklungsgeschichte der Achlya prolifera.. (Nova Acta Acad. Caes. Leop. Oarol. Nat. Cur. Vol. XXIIL P.1. 1850.) Hierzu Tafel I—-V Beiträge zur Morphologie und ah de Men I. Die Saprolegnieen. (Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. I. 1857.) Hierzu Tafel VI—-VIIN . Beiträge zur Morphologie und. Systematik der Algen. IV. Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. (Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. I. S. 205. 1860.) Hierzu Tafel IX—XII Weitere Nachträge zur Morphologie und oshoncink der Saprolegnieen. (Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. IX. 8.191. 1873.) Hierzu Tafel XIII—XVIIL . Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact der Gat- tungen Achlya und Saprolegnia. (Aus den Sitzungsberichten der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Jahre 1882.) Hierzu Tafel XIX : Nachträgliche Bemerkungen zu dem Befmi ohtungsaet von Achlya.. (Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. XIV. Heft I. 1883.) . Ueber die vermeintlichen Amöben in den Sehläuchen nd Oogonien der Saprolegnieen. (Aus dem Botanischen Centralblatt. Bd. XIV. No. 12. 1883.) Ueber die Vorkeime der Charen. (Auszug aus dein Monate, bericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Sitzung der phys.-math. Klasse vom 28. April 1862.) . Seite 57 33 117 167 211 233 245 vI XL. . Ueber die Vorkeime und die nacktfüßigen Zweige der Charen. hi (Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. III. Heft II. 1862.) Hierzu Tafel XX_ XXIV . Vorläufige Mittheilung über die Embryobildung der Gefäß- eryptogamen und das Wachsthum von Salvinia natans. (Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Sıtzung vom 16. April 1863.) . . Zur Morphologie der Salvinia natans. (Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. III. Heft IV. 1863.) Hierzu Tafel XXV— XXX EEE Ueber Sprossung der Moosfrüchte und den Generations- wechsel der Thallophyten. (Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. XI. Heft I. 1877.) Hierzu Tafel XXXI und XXXUÜ. Seite 299 363 » Die Entwicklungsgeschichte der Achiya proltj era. Nova Acta Acad. Caes. Leop. Carol. Nat. Cur. Vola@XIIE PT. 1850: Hierzu Tafel IV. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, Il. 1 re W: m ® ser 8 7 IeiRT ni u ar Ark Gruithuisen:) scheint der Erste gewesen zu sein, der die freie Bewegung der Sporen von Achlya prolifera nach ihrem Aus- tritt aus den Schläuchen beobachtet hat. Er sah diese Pflanze, die er Conferva ferax nennt, aus den Lücken der Schale einer verwesenden Schnecke hervorwachsen. Sie wird nach ihm von „kammerigen Fäden“ gebildet, deren Endkammern eine große Anzahl kleiner Körperchen enthalten, welche durch eine Oeffnung an der Spitze der Endkammer entweichen und nach ihrem Aus- tritt frei wie Infusorien herumschwimmen. Auch sah er, daß nach Entleerung der Endkammer die nächste Kammer in die entleerte Endkammer hineinwuchs und daß aus ihr nach einiger Zeit ebenfalls solche bewegliche Körper auf dieselbe Weise her- vortraten. Die der Untersuchung von Gruithuisen der Zeit nach nächstvorhergehende Beschreibung der Achlya, die von Lyngbye:) enthält ebenso, wie die andern früheren Beschreibungen dieser Pflanze?), noch Nichts von dem Heraustreten und der Bewegung der Sporen. In Folge der Entdeckung Gruithuisen’s ist diese Pflanze häufiger untersucht worden, und es haben die späteren Beobachter das Hervortreten der Sporen aus den Schläuchen und das freie Herumschwimmen derselben gleich Infusorien bestätigt, zugleich aber die Bildung kurzer Schläuche aus den beweglichen Sporen nach ihrem Uebergang in Ruhe wahrgenommen. Ueber mehrere wesentliche Punkte stimmen die Beobachter nicht überein. 1) Nova‘ Acta A. C. L. C. N. C. (1822) Vol. X. Pars II. p. 445. 2) Hydrophytologia danica (1819) p. 74. tab. 22. 3) Die Angabe dieser älteren Literatur findet man bei Unger, Linnaea 1843. p. 148—49, 1* 4 Die Entwicklungsgeschichte Die Umbildung der Schlauch- und Zweig-Spitzen in Sporangien (Endkolben, Coniocysten) soll, nach Nägeli!), auf der Bildung einer vollständigen Zelle in der Zweigspitze beruhen, während Unger?) behauptet, daß die Zweigspitze durch bloße Bildung einer Querwand von dem übrigen Schlauche sich abschließt und zum Sporangium wird. Der Bildung der Sporen innerhalb des Sporangium soll, nach Meyen°), die Bildung von Mutterzellen vorhergehen. Diese Mutterzellen für die Sporen werden von ihm mit den in ihnen enthaltenen Sporen und ohne dieselben gezeichnet. Dagegen konnte Schleiden *) diese Mutterzellen nicht finden. — Unger’) hält es für wahrscheinlich, daß die Sporen der Achlya, ebenso wie die der Vaucheria clavata, mit Flimmerorganen besetzt sind, und Thuret‘) behauptet, daß sie an ihrem Vorderende zwei lange Haare besitzen, so wie die Sporen der Conferva glomerata und crispata. — Schleiden’) führt an, das die Achlya zweierlei Sporen habe, bewegliche und unbeweglichee Nägeli°) glaubt dreierlei Sporen unterschieden zu haben, und Kützing?’) sagt hierüber noch neuerdings Folgendes: „Nach Schleiden soll diese Art noch „„größere Sporen in kugeligen Sporangien“ “ entwickeln. Sie sind mir noch nicht vor- sekommen, dürften aber wohl die wahren Samen der Pflanze sein.“ Man sieht, daß die Ansichten der Beobachter sich schon in den wesentlichsten Punkten des Entwicklungsganges der Achlya wider- sprechen. Es möchte daher eine möglichst vollständige Entwicklungs- geschichte der Achlya um so weniger überflüssig erscheinen, als die Bildung des Sporangium gerade dieser einfachen Pflanze von verschiedenen Seiten als ein schlagender Beweis für jede von zwei sich widersprechenden Zellbildungstheorien in Anspruch genommen worden ist. ® 1) Zeitschrift f. w. Bot. Hft. 1. p. 102. Hft. 3u.4. p. 28. 2) Linnaea 1843. p. 135. 3) Neues System der Pflanzenphysiologie. Bd. III. p. 457. tab. X. fig. 19. 4) Grundzüge der w. Bot. 1. Aufl. 1842. Zweiter Theil, p. 37. 5) a. 20. p. 142. 6) Ann. des sc. nat. Serie III. Bd. 3. p. 274 (1845). 7) a, a. OÖ. und in den folgenden Auflagen. 8) a. 2.0. 9) Phycologia germanica. p. 127. - der Achlya prohfero. 5 Im November vorigen Jahres bemerkte ich die Achlya auf einer todten Fliege in einem Glase Wasser, welches ich aus dem Bassin eines Gartens bei Berlin geschöpft hatte. Seit dieser Zeit habe ich sie ununterbrochen auf Fliegen und Spinnen verpflanzt, indem ich die durchstochenen Insecten im Wasser mit den Schläuchen der Achlya in Berührung brachte. Nach 24-42 Stunden hatte sich der Körper des Insektes mit einem schon dem unbe- waffneten Auge sichtbaren, vollständigen Kranz yon Achlya-Fäden umgeben. So hatte ich Gelegenheit, diese Pflanze mehrere Monate hindurch zu beobachten. I. Die Schläuche mit den kolbigen Sporangien und beweglichen Sporen. Dem unbewaffneten Auge erscheint die Achlya als ein von dem Körper, auf welchem sie wächst, nach allen Seiten aus- strahlender farbloser Fadenkranz. Die äußerst dünnen, doch mit bloßem Auge unterscheidbaren, Fäden sind mehrere Linien lang. Sie erscheinen bei starker Vergrößerung als lange, an ihrer Basis verzweigte, von unten nach oben sich verengende Schläuche, die nicht durch Querwände getheilt sind. Die aus dem Stammschlauch hervorkommenden Zweige sind oft unverzweigt, oft aber treten aus ihnen wieder neue Zweige hervor. Stamm und Zweige ent- halten ein feinkörniges Protoplasma, welches mit Freilassung der Mitte an der innern Wand des Schlauches anliest und hier, wo es nicht zu stark angesammelt ist, eine Anordnung in spiralig lang gezogenen, hin und wieder auch anastomosirenden Linien zeigt. Es haben bereits die früheren Beobachter, namentlich Unger!) und Schleiden), eine Bewegung der Protoplasmakörner in der Richtung dieser Linien wahrgenommen; sie ist besonders dort deutlich, wo die Protoplasmaschicht nur dünn ist, und wie es mir schien, lebhafter in den Stämmen als in den Zweigen der Schläuche. Die Endspitze der Zweige macht anfangs den engsten Theil des Schlauches aus und ist nicht stärker, als der übrige Schlauch, vom Protoplasma erfüllt; sobald der Zweig die Fruchtbildung be- ginnt, bildet sie sich jedoch eigenthümlich um. Fast das ganze l) a. a. ©. p. 134. 2) Grundzüge der w. Bot. (1845.) Thl. I. p. 29. 6 Die Entwicklungsgeschichte Protoplasma des Zweiges zieht sich alsdann in sie hinein, denn man bemerkt deutlich, daß der Zweig selbst in dem Maaße leer wird, als seine Spitze sich mehr und mehr mit seinem Inhalte anfüllt. In Folge dieser Wanderung des Schlauchinhaltes in die Zweigspitze,schwillt diese zu einer Weite an, welche die des untern Zweigtheiles oft stark übertrifft. Es muß diese Wanderung des Protoplasma, wodurch der gesammte Zweiginhalt in die Spitze geführt und dort zur Sporenbildung verwendet wird, von jener, vorhin erwähnten, kreisenden Bewegung des Zellinhaltes unter- schieden werden. Letztere ist dieselbe, die so häufigin den Haaren phanerogamer Gewächse beobachtet wird, unterscheidet sich jedoch von dieser noch durch die Abwesenheit eines Cytoblasten, von welchem in anderen Fällen die Strömchen auszugehen scheinen. Es ist zwar sehr wahrscheinlich, daß die Wanderung nur das Endresultat der kreisenden Bewegung ist, dieser Zusammenhang ist aber nicht sichtbar, da man die einzelnen Protoplasmakörperchen sowohl von der Basis nach der Spitze des Zweiges, als auch in umgekehrter Richtung sich bewegen sieht. Bei der Erfüllung der Endspitze lest sich die Masse immer dichter an die Wand derselben an, verengt ihr Lumen so mehr und mehr, bis das Zweig-Ende zuletzt vollständig mit der Masse erfüllt ist. (Man vergleiche die Figuren 1 bis 4 auf Tafel I.) Das Nächste, was nun die‘ direete Beobachtung zeigt, ist das Auftreten einer scharfen Begrenzungslinie des das Zweig-Ende erfüllenden Protoplasma, dort, wo dieses an den unteren leeren Schlauchtheil grenzt (Taf. Ia Fig. 4. Bis jetzt hat sich das Protoplasma nicht geändert. Man kann in demselben weder zellige Bildungen irgend welcher Art, noch Cytoblasten wahrnehmen. Es besteht aus äußerst kleinen, gleichgroßen und scheinbar gleich- artigen Körpern und enthält an mikrochemisch nachweisbaren Stoffen blos Oel und eine stickstoffhaltige Substanz. Stärke oder ein ähnlicher sich mit Jod bläuender Stoff ist in dem Proto- plasma nicht vorhanden. Unmittelbar nach dem Auftreten der Querwand, wodurch das Zweig-Ende zu einer selbständigen Zelle geworden ist!), kann man eine Verdickung der Seitenmembranen dieser neuen Zelle 1) Auf die Deutungsversuche der Entstehung dieser Zelle kann ich erst an einer späteren Stelle dieses Aufsatzes eingehen, da ich dort noch ähnliche, eben- falls an der Achklya vorkommende Zellbildungen werde besprechen können. der Achlya, prolifera. 7 nicht wahrnehmen.‘ In der so zum Sporangium gewordenen End- spitze beginnt nun die Sporenbildung. Das Sporangium vergrößert sich etwas und nimmt Flüssigkeit auf. Die bei ihrer Entstehung gerade oder nur wenig gekrümmte Querwand (Taf. Ia Fig. 4) bildet nun einen nach außen stark convexen Bogen (Taf. I Fig. 5), und hierdurch wird häufig, aber nicht immer, sichtbar, daß sie von einer doppelten Membran ge- bildet ist, wovon die eine sich nach oben an die Seitenwände des Sporangium, die andere nach unten an die Seitenwände des unteren Schlauchtheiles anschließt, ohne daß man jedoch die beiden Blätter der Querwand längs der Sporangium- oder Schlauchwand weiter zu verfolgen im Stande ist. Zwischen den beiden Blättern und der ursprünglichen Schlauchmembran liegt ein Intercellulargang (Taf. I a, ce Fig. 5). Die Spitze des Sporangium wächst zu gleicher Zeit zu einem kleinen, schmalen, nach außen convexen Fortsatz aus, und das Protoplasma, welches nach der erwähnten Aufnahme von Flüssigkeit das Sporangium nicht mehr ganz erfüllt, bedeckt wieder in einer dicken Schicht die Wandungen, während die eingedrungene Flüssig- keit die Mitte des Sporangium einnimmt. Es erscheint deshalb der mittlere Theil des Schlauches heller als die Seiten (Taf. I b Fig. 5, 6) und bildet den von Unger!) „Areola“ genannten Raum. Ueber diesem lichten Raume kann man auch hier die Anordnung des Protoplasma in spiralig-anastomosirenden Linien wahrnehmen. Unger?) bemerkt ausdrücklich, daß die Bewegung der Protoplasmakörperchen nun nicht mehr wahrnehmbar sei; auch ich konnte die Bewegung in dem angefüllten Sporangium nicht mehr sehen. Möglich, daß die starke Anfüllung die Be- obachtung verhindert; möglich aber auch, daß nach beendigter Wanderung des Protoplasma in das Sporangium die Bewegung aufhört. Das an der Wand anliegende Protoplasma sondert sich nun in einzelne Theile, welche dort, wo sie die Wand berühren, noch mit einander zusammenhängen, während ihre nach dem Centrum des Sporangium gerichtete Spitze bereits frei ist. Noch kann man an den freien Seiten dieser Theile keine begrenzende Linie wahr- 1)a. a. O. 2) a. a. O. p. 136, 8 Die Entwieklungsgeschichte nehmen (Taf. I Fig. 7, 8); sie zeigen an der Grenze ihrer freien Seiten noch die einzelnen Körner neben einander gelagert, aus denen das ganze Protoplasma bestand. Plötzlich aber tritt an den freien Seiten dieser einzelnen, noch nicht völlig isolirten Protoplasmamassen eine scharfe Grenzlinie auf; zugleich sondern sie sich immer mehr von einander und von der Wand, an der sie liegen, ab, und läßt sich mit der größten Bestimmtheit beobachten, daß jede Stelle eines solchen Protoplasmatheiles bei ihrer Los- lösung sowohl von dem benachbarten Theile, als auch von der Wand des Sporangium, noch nicht mit einer Membran bekleidet ist, sondern daß diese an jeder Stelle eines Theils erst kurze Zeit nach der Ablösung als eine scharfe dunkle Linie auf- tritt. Die Individualisirung der einzelnen Theile schreitet von oben nach unten vor; so daß die oberen gewöhnlich bereits isolirt sind, wenn die unteren noch zusammenhängen. Die mit Membranen versehenen Protoplasmatheile sind die Sporen der Achlya !). Ich bemerke noch ausdrücklich, 1) daß das Jesus Proto- plasma des Sporangium unmittelbar ‚in so viele Theile zerfällt, als später Sporen vorhanden sind, daß diese Sonderung also nicht durch eine wiederholte Theilung größerer Abtheilungen in kleinere vor sich geht; 2) daß niemals Mutterzellen für die Sporen vor- handen sind; 3) daß die von Unger?) behauptete Bildung einer zwischen die Protoplasmatheille bei Bildung der Sporen sich lagernden Gallerte nicht eintritt. Die Figuren 6, 7, 8, 9 der Tafel I zeigen aufeinander folgende Zustände des Sporangium von dem Beginn bis zum Abschluß der Sporenbildung. Während dieses Vorganges ändert sich der kleine Fortsatz an der Spitze des Sporangium in der Weise um, daß die ihn schließende Wand gerade wird (Taf. I 5 Fig. 9), und die untere Querwand des Sporangium, welche bei dessen Bildung einen nach außen convexen Bogen bildete, kehrt nun ihre convexe Seite dem Sporangium zu wu I e Fig. 9). Die Umbiegung der unteren Querwand des 1) Der gesammte hier geschilderte Zellbildungsvorgang bei Entstehung der Sporen ist, wie man später sehen wird, noch an einer anderen Stelle der Achlya zu beobachten, und dort mit einer jede Möglichkeit einer anderen Darstellungs- weise ausschließenden Schärfe und Klarheit. 2) a. a. OÖ. p. 138. der Achlya prolifera. 1) Sporangium scheint ein Druck des unterhalb des Sporangium liegenden Schlauchtheiles zu bewirken, welcher sich, während die Umwandlung des Protoplasma in Sporen innerhalb des Sporangium stattfindet, gewöhnlich bereits mit Protoplasma stark erfüllt hat. Die vollständig entwickelten Sporen ordnen sich so an, daß der obere Theil des Sporangium unmittelbar unter dem Deckel des Fortsatzes (Taf. I a Fig. 9) frei bleibt. Dieser sporenfreie Theil ist je nach der Ausdehnung des entstandenen Fortsatzes bald größer, bald kleiner, bei normaler Entwicklung jedoch stets, selbst bei den mit Sporen angefülltesten Sporangien, vorhanden '). Die Anzahl der Sporen, die sich in einem Sporangium bilden, ist je nach dessen Größe sehr verschieden. Ich habe Sporangien, die blos 5, und andere, die sicher über 150 Sporen enthielten, gefunden; dagegen variirt die Größe der einzelnen Sporen nur unmerklich, sie mögen in großen oder kleinen Sporan- gien sich entwickelt haben, und tritt nur dort stärker hervor, wo zufällige äußere Umstände auf die normale Ausbildung der Sporen hemmend eingewirkt haben. Einige Sekunden, spätestens einige Minuten, nachdem die Sporenbildung beendet ist, bemerkt man eine wimmelnde Bewegung der Sporen noch innerhalb des Sporangium. Die Bewegung be- ginnt bei den oberen Sporen und theilt sich nach und nach den unteren mit, so daß auch hierdurch die bereits angedeutete zeitliche Verschiedenheit der Sporenreife innerhalb desselben Sporangium sich bemerkbar macht. Diese wimmelnde Bewegung wird durch eine pendelartig-drehende Schwingung der einzelnen Sporen, die sich hierbei gleichsam an einander abreiben, erregt. Sie dauert nur kurze Zeit, höchstens einige Minuten; unterdeß wird die scharfe dunkle Linie (Taf. I 5 Fig. 9), die den Fortsatz des Sporangium nach oben verschließt, heller und scheint fast voll- ständig zu verschwinden. Durch eine an diesem Deckel des Fort- Satzes sich bildende Oeffnung entweichen nun plötzlich die Sporen mit einer die Beobachtung der einzelnen Sporen verhindernden Schnelligkeit aus dem Sporangium. In solchen Fällen, wo der Fortsatz lang und eng ist (Taf. V c Fig. 1), ist es jedoch öfters noch möglich, die Beobachtung zu machen, daß unmittelbar vor dem Zerreißen des Deckels die oberste Spore durch den leeren 1) Die Erklärung dieser Erscheinung siehe unten. 10 Die Entwicklungsgeschichte Raum des Fortsatzes bis an seinen Deckel sich begiebt und mit dem ganzen Körper an diesen sich anlegt; worauf der Deckel reißt. Diese Beobachtung läßt sich besonders gut an seitlichen Fortsätzen machen. So wie das Sporangium sich mehr und mehr entleert, treten die Sporen durch die Oeffnung des Fortsatzes langsamer und in größeren zeitlichen Zwischenräumen einzeln nach einander heraus, nachdem sie öfters einige Zeit in dem Sporangium sich auf und ab bewegt haben, bevor sie durch die Oeffnung hindurchgehen. Man kann nun noch in dem Sporangium die Form der Sporen und ihre Structur genau in’s Auge fassen. Jede Spore ist eine helle, meist ovale, vorn etwas zugespitzte Zelle. Sie ist nur wenig mit festem Inhalt erfüllt, welcher in Form sehr kleiner, gleichartiger, ‘äußerst scharf gezeichneter Körperchen, wie es scheint!) mit Freilassung der Mitte, an der inneren Wand der Zelle abgelagert ist. Ihre große Helle und Durchsichtigkeit läßt mit Bestimmtheit die Abwesenheit eines Cytoblasten erkennen. An ihrerer vorderen Spitze ist ein kleiner heller Raum, außerdem hat jede Spore zwei scharf begrenzte, helle, runde, seitliche Stellen. Oefters sieht man nahe an dem hinteren Ende der Sporen noch eine dritte helle Stelle (Taf. I a Fig. 18). Bei der fortwährenden Drehung der Sporen um ihre Längsaxe ändert sich die Lage der seitlichen hellen Stellen und sie erscheinen bald einzeln auf der Oberfläche der Sporen als runde Stellen (Taf. I ce Fig. 18), bald seitlich an der Begrenzungs- linie der Sporen. Hier bemerkt man nun regelmäßig, daß die scharfe, dunkle Bewegungslinie der Sporen an diesen hellen Stellen eine Einkerbung bildet, ohne sich über diese hinwegzuziehen (Taf. I 5 Fig. 18). Dagegen erscheinen diese Stellen bei ihrer seitlichen Lage häufig von einer anderen, viel schwächeren Linie begrenzt, die sich unterhalb der ersten scharfen Begrenzungs- linie der Sporen hinzieht (Taf. I 5 Fig. 18). Die Spore ist dem- nach eine Zelle, deren äußere bekleidende Membran, die, wie ich später zeigen werde, aus Cellulose besteht, drei wirkliche, vorgebildete Löcher hat, denn die am hinteren Ende der Zelle oft bemerkbare helle Stelle ist ebenso, wie die seitlichen Stellen, ein Loch der äußeren Zellmembran. Diese Löcher sind die Stellen, die von früheren Beobachtern für Blasen gehalten wurden und 1) Siehe Unger a. a. O. p. 143. u A i i der Achlya prohfera. 11 die auf eine innere, thierische Organisation dieser Pflanzenkeime hindeuten sollten. Bald nach Entleerung des Sporangium wächst gewöhnlich der unter demselben befindlicbe Schlauchtheil durch das entleerte Sporangium hindurch und bildet an seinem Ende ein neues Sporangium u. Ss. w. Das neue Sporangium kann, wenn der Schlauch nur wenig gewachsen ist, noch innerhalb des alten Sporangium zu liegen kommen (Taf. III Fig. 1, 2), und dann findet der von Schleiden!) erwähnte Fall statt, daß bei der Oeffnung des neuen Sporangium die heraustretenden Sporen zwei Oeffnungen zu passiren haben, oder der Schlauch durchläuft bei seinem Wachsthum das ganze alte Sporangium (Taf. I Fig. 15), dringt durch dessen Oeffnung hindurch und bildet erst weit darüber hinaus ein neues Sporangium. Wie schnell dieses Wachs- thum stattfindet, zeigt Fig. 15 Taf. . Kaum waren um 11 Uhr 8 Minuten die Sporen zur Oeffnung a sämmtlich sehr schnell herausgetreten, so rückte auch plötzlich ) das Ende des unter dem Sporangium befindlichen Schlauchtheiles von m bis n vor. Der Schlauch. war, wie es die punktirten Linien andeuten, um 11 Uhr 25 M. bisp, um 11 Uhr 35 M. bis g, um 11 Uhr 50 M. bis r und um 12 Uhr 3 M. bis s vorgerückt; so daß er in einer Stunde um das Stück m s sich verlängert hatte. Die Entfernung von m bis s betrug 0,4 mm. Ich muß schon hier auf einige besondere Erscheinungen auf- merksam machen, die bei dem Entweichen der Sporen aus dem Sporangium eintreten können. In Folge der früheren Ausbildung der oberen Sporen entsteht die Sporangiumöffnung oft schon, wenn die unteren Sporen noch nicht fertig gebildet sind; man sieht dann, nachdem die oberen Sporen herausgetreten sind, auch die unteren in einem halbfertigen Zustande, der eine Einsicht in ihre Entstehungsart gestattet, austreten, doch gehen sie meist, wenn sie zu sehr in der Entwicklung zurück sind, ohne fernere organische Ausbildung zu Grunde. Von nicht minderer Wichtigkeit ist der 1) Grundzüge (1845). Theil I. p. 302. 2) In diesem Falle hat allerdings der Druck des unteren Schlauchtheiles das Heraustreten der Sporen aus dem Sporangium unterstützt. Der gewöhn- liche Vorgang des Heraustretens ist jedoch der bereits geschilderte, wobei das Heraustreten der Sporen durchaus unabhängig von einem solche Drucke ge- schieht. 12 Die Entwicklungsgeschichte Einfluß der Größe der Sporangiumöffnung auf Form, Größe und fernere Ausbildung der Sporen. Unger hat in seiner mehrfach eitirten, ausführlichen Abhandlung auf diesen merkwürdigen Ein- fluß bereits aufmerksam gemacht. Der Durchmesser der Oeffnung ist jedesmal kleiner, als der Breitendurchmesser der Sporen, wes- halb diese bei ihrem Durchgange sich auch stets etwas zusammen- ziehen müssen (Taf. I Fig. 12). Ist die Oeffnung nun im Ver- hältniß zur Sporengröße sehr klein, dann kann die Spore sich nur langsam und mühsam durch die Oeffnung hindurchzwängen, und sie verliert hierbei ihre gewöhnliche Form, wie die Figuren 0, n, p Fig. 10 auf Taf. I zeigen, welche drei Zustände derselben Spore zu verschiedenen Zeiten ihres Durchdrängens durch eine sehr enge Oeffnung darstellen. Auch nach dem -Heraustreten aus der Oeff- nung behält sie dann meist eine unregelmäßige Gestalt (Taf. I a. b, c Fig. 10), bewegt sich nur sehr schwach und geht bald in Ruhe über. Oft kommt es auch vor, daß eine Spore in der Oeffnung stecken bleibt, ohne durchzukommen; dann gehen die übrigen im Sporangium enthaltenen Sporen, wenn ihrer noch so viele sind, daß sie dasselbe fast ausfüllen, zu Grunde!), oder sie bewegen sich, wenn ihrer nur wenige sind, kurze Zeit im Sporangium und gehen in diesem auf gewöhnliche Weise in Ruhe über. — Einige wenige Male sah ich, während einzelne Sporen sich langsam durch eine enge Oefinung durchzwängten, zwei bereits fertige Sporen noch in dem Sporangium wieder zusammenfließen und eine einzige Spore bilden, die (m Fig. 10 Taf. I) die gewöhnlichen Sporen um das Doppelte au Größe übertraf. Diese Erscheinung war mir dar- um auffallend, weil ich mir nicht zu erklären wußte, wie hier die gebildete, nachweisbar aus Cellulose bestehende Membran so plötz- lich aufgelöst werden konnte. Nun sah ich jedoch später zu wieder- holten Malen bei solchen Sporangien, deren obere Sporen zu der gebildeten Oefinung bereits heraustraten, während die unteren noch nicht ganz fertig zu sein schienen, daß, als die Reihe des Heraus- tretens an die unteren kam, meist noch zwei aneinander hingen und zwar durch einen dünnen, schleimigen Faden mit einander ver- bunden waren (Taf. I A, : Fig. 10), und bei genauer Betrachtung bemerkte ich, daß dieser schleimige Faden aus jeder Spore an 1) Sehr selten entweichen in diesem Fall die Sporen noch durch eine seitlich am Sporangium ohne vorherige Bildung eines Fortsatzes plötzlich entstehende Oeffnung. der Achlya prolifera. 13 jenen Stellen der Membran hervortrat, die ich als Oeffnungen der- selben erkannt hatte. Diese Verbindung zweier Sporen, die oft für eine Copulation derselben gehalten wurde, ist also vielmehr ein der Bildungsgeschichte der Sporen angehörender Zustand. Es war nun nicht nur erklärt, wie zwei Zellen auch ohne hypothetische Annahme einer Auflösung der Membran in eine einzige Zelle ver- schwimmen konnten — so lange sie durch Oeffnungen ihrer elasti- schen Membranen hindurch vermittelst schleimiger Fortsätze ihrer inneren Substanz zusammenhängen — sondern es ergab sich hier- aus auch, daß jene von mir beobachteten Oeffnungen der Membran (Blasen Unger) nichts anderes sind, als die letzten Zusammen- hangsstellen der ursprünglichen Sporenmatrix, über welche sich bei der vollständigen Trennung der Protoplasmatheile wohl noch eine zarte, stickstoffhaltige Membran (Primordialschlauch), aber nicht mehr die äußere Cellulosemembran ausbildet. Oft sind zwei solche halbfertige Sporen mit ihren Hinterenden aneinander befestigt, während man ihre beiden seitlichen, hellen Stellen erkennen kann (Taf. Ik, q Fig. 10). Es geht hieraus die von mir behauptete Identität der hinteren hellen Stelle mit den seitlichen hervor. Nach ihrem Austritt bewegen sich zwei so zusammenhängende Sporen gemeinschaftlich ebenso lebhaft, wie die freien, bis sie durch Reißen des;verbindenden Fadens von einander gelöst werden. Bei dem Heraustreten der Sporen durch die Oeffnung des Sporangium ist die vordere Spitze zwar oft voran; ebenso oft tritt die Spore jedoch, wie es auch Unger!) angiebt, mit dem der Spitzelentgegengesetzten Ende voran zur Oeffnung heraus. Die überwiegend größte Anzahl der Sporen geht schon einige Sekunden nach ihrem Austritt in Ruhe über; viele bewegen sich jedoch mehrere Minuten lang, und ich habe einzelne beobachtet, die sich noch 15 Minuten nach ihrem Heraustritt aus der Oeffnung bewegt haben. Wenn das Sporangium nur noch wenige Sporen enthält, so bewegen sich diese oft noch lange in dem Sporangium selbst auf und ab, bevor sie die Oeffnung finden, und es treten häufig solche verspätete Sporen noch dann aus dem Sporangium hervor, wenn die früheren bereits alle zur Ruhe gelangt sind. Es sind daher meist diese verspäteten Sporen, die die Bewegung am längsten zeigen; doch kommt es auch vor, daß diese Sporen, nach- 1) a. a. O. p. 140. 14 Die Entwicklungsgeschichte dem sie lange Zeit in dem Sporangium hin und hergeschwommen sind, auch innerhalb desselben zur Ruhe kommen und keimen. Die Bewegung der Sporen hat ganz den Anschein einer will- kührlichen. Während sie sich um ihre Längsaxe abwechselnd nach rechts und links (nicht blos nach rechts) drehen, nehmen sie zu- gleich Ortsveränderungen vor, die im Verhältniß zu ihrer eigenen ‘Größe sehr bedeutend sind und wobei das spitze, helle Ende stets vorne ist, weshalb es auch Unger als Vorderende bezeichnet. Die Bewegung wird nach und nach langsamer und hört endlich ganz auf. Die Spore nimmt beim Uebergang in Ruhe die Form einer Kugel an und setzt sich hierbei häufig — aber nicht immer — mit der Spitze fest. Der Längsdurchmesser der sich bewegenden Spore ist = 0,015 bis 0,02 mm; ihr Breitendurchmesser = 0,005 mm. Der Durchmesser der ruhenden Sporenkugel = 0,01 mm. An der sich bewegenden Spore und sogar eine Zeitlang an der ruhenden Kugel, in welche die Spore sich umwandelt, bemerkt man einen hellen Schein, welcher Unger!) veranlaßt hat, aus Analogie mit den Sporen der Vaucheria hier Wimpern zu ver- muthen. Verfolgt man die sich bewegenden Sporen bei ihrem Uebergang in Ruhe genau, :so wird man deutlich einen langen, feinen Faden bemerken, welcher bei lebhafter Bewegung der Spore nicht gesehen wird, sobald diese jedoch langsamer wird, leicht er- kannt werden kann. Der Faden, etwa dreimal so lang als die Spore, ist an der hellen Spitze, welche bei der Ortsveränderung der Spore stets vorne ist, befestigt. Der Faden zeigt, wenn er sichtbar wird, eine eigene wellenförmige Bewegung, wodurch eben Perty?) die beweglichen Fäden von den Wimpern unterscheidet. So lange er sich bewegt, ist er nämlich nie gerade, sondern leicht wellenartig gekrümmt (Taf. Ih, g Fig. 14), und man kann bei langsamer Bewegung wohl sehen, daß seine Krümmung nach Art einer fortschreitenden Welle von seiner Basis zu seiner Spitze vorschreitet. Ueber die Identität der im Achlya-Schlauch gebildeten Spore mit der beweglichen, mit schwingendem Faden versehenen Zelle muß jeder Zweifel aufhören, da es leicht ist, den beweglichen Faden noch innerhalb des Sporangium an der Spore zu erkennen. Sobald nach Anfang der wimmelnden Bewegung der 1) a. a. O. p. 142. 2) Die Bewegung durch schwingende mikroskopische Organe. Bern 1848. der Achlya prolifera,. 15 Sporen im Sporangium der kleine Raum unterhalb des Sporangium- deckels (Taf. I a Fig. 9) frei geworden ist, bemerkt man fast immer an einer, oft an beiden oberen Sporen diesen Faden mit der ihn charakterisirenden, schwingenden Bewegung (Taf. I a, b Fig. 11). Er berührt hierbei mit seiner Spitze meist den Deckel des Sporangium und bewegt sich an diesem hin und her. Auch in den seltenen Fällen, wo wegen eines in der gesetzmäßigen Aus- trittsöffnung vorhandenen Hindernisses die Sporen durch eine Oeff- nung an einer anderen Stelle der Sporangiummembran ohne vor- herige Bildung eines Fortsatzes entweichen !), sieht man, daß vor dem Entstehen der Oeffnung an der Membran dort die nächsten Sporen etwas von der Wand zurückweichen und dasselbe Spiel der beweglichen Fäden beginnen, welches unterhalb des Deckels der normalen Sporangiumfortsätze beobachtet wird. Selbst an der bereits ruhenden Sporenkugel kann man den Faden noch — wenn auch nur selten — beobachten. Er bewegt sich an dieser noch eine Zeit lang sehr langsam; endlich geht auch er in Ruhe über und ist noch lange als ein feiner, schwach gekrümmter Faden an der Sporenkugel sichtbar (Taf. I c, d, e, f, i Fig. 14). Diese Beobachtung läßt sich jedoch nur an solchen Sporen machen, die sich nicht mit ihrer Spitze festgesetzt haben: setzt sich die Spore -- und das ist der häufigste Fall — mit der Spitze fest, so scheint der Faden sogleich zu Grunde zu gehen, denn man sieht ihn dann niemals mehr. Ein einziges Mal schien mir eine eben in den Ruhestand übergehende Spore zwei Fäden zu besitzen (Taf. I c Fig. 14): einen langen, beweglichen an der Vorderspitze und einen kurzen, starren am entgegengesetzten Ende ?). Abgesehen von der äußeren Form zeigt die ruhende Sporen- kugel ganz dieselbe Beschaffenheit, wie die bewegliche Spore. Sie stellt ebenfalls eine helle, nur schwach mit äußerst kleinen Körnern gefüllte Zelle dar. Sie läßt zwar nur selten — gewöhnlich nur, wenn auch der Faden sichtbar ist — eine jener Oeffnungen der 1) Vergl. S. 12 Anmerk. 2) Als ich später die bereits angeführte kurze Notiz von Thuret über die Sporen einiger Algen (Ann. des sc. nat. 1845. 3we Serie. Tom. 3. p. 274) fand, in welcher Thuret behauptet, daß die Sporen der Achlya zwei lange Fäden am Vorderende besitzen, erneuerte ich meine Beobachtungen über diesen Punkt und kann bestimmt versichern, daß die Achlya-Sporen am Vorderende sicher nur einen einzigen Faden haben. 16 Die ‚Entwicklungsgeschichte Membran, die von früheren Beobachtern für Blasen gehalten wur- den, erkennen, und es hat bekanntlich Unger!) aus der Unsicht- barkeit dieser hellen Stellen an der ruhenden Kugel, und weil er dieselben für innere Blasen hielt, schließen zu können geglaubt, daß die Sporen bei Annahme der Kugelgestalt ihre thierische Organisation verlieren; berücksichtigt man aber, daß bei der über- wiegend häufigen Anheftung der Spore mit ihrer nach unten ge- richteten Spitze diesichtbare Oberfläche der ruhenden Sporen- kugel nur dem hinteren Ende der beweglichen Spore ent- spricht, so wird hierdurch klar, warum die beiden seitlichen Oeff- nungen der Membran an der ruhenden Spore nicht gesehen werden können. . Die ruhenden Sporenkugeln können ohne weitere organische Entwicklung zu Grunde gehen. Hierbei zieht sich der körnige Inhalt der Sporenzelle in die Mitte zusammen und erscheint von einer feinen Haut (Primordialschlauch) ?) umschlossen, während die eigentliche Sporenmembran in Größe und Form zwar noch die- selbe ist (Taf. I m, » Fig. 14), aber ihren scharfen Umriß ver- loren hat. Durch Behandlung mit Jod?) wird der Inhalt braun- gelb gefärbt, die Zellmembran zeigt eine schwach gelbliche Fär- bung. In diesem Zustande der Zelle fand ich in einigen Fällen noch den beweglichen Faden, der nun mit der größten Bestimmt- heit als ein Anhang der Membran und nicht des Inhaltes erkannt wird *) (Taf. I f Fig. 14). Nach dem Hinzufügen von Jod färbt er sich so, wie die Membran, nicht braungelb. Läßt man das Präparat nach Befeuchtung mit Jod eintrocknen und fügt alsdann Wasser hinzu, so bleibt der in der Mitte zusammengeballte In- halt braungelb und die Membran färbt sich (Taf. I d Fig. 16) blau. 1) a. a. ©. p. 144. 2) Dieser Primordialschlauch war, wie bereits bemerkt wurde, schon an der beweglichen Spore bemerkbar. Man sah denselben die Löcher der äußeren Zellmembran (Taf. I g Fig. 10; 5 Fig. 18) verschließen. 3) Ich benutze eine Auflösung von Jod in Jodkalium, die de alkoholischen Lösung in jeder Beziehung vorzuziehen ist. 4) Mettenius (Beiträge zur Botanik. Heidelberg 1850. p. 34) behauptet für die Cilien der Algensporen das Gegentheil. — Aus den Untersuchungen Unger’s an Vaucheria (Anat. und Phys. der Pflanzen. Wien 1840. p. 14) geht mit Sicherheit hervor, daß die Wimpern nicht mit dem Inhalte zusammen- hängen. Für die beweglichen Fäden ist wenigstens bei den Achlya- SS der Zusammenhang mit der Membran nachweisbar. der Achlya prolifera. ri Die blaue Färbung ist zwar wegen der überaus großen Dünne der Membran nur äußerst schwach, aber oft unverkennbar vor- handen. Es ist mir nicht gelungen, den beweglichen Faden blau zu färben; ich sah ihn nicht mehr, wenn zu dem nach Befeuch- tung mit Jod eingetrockneten Präparat Wasser hinzugefügt wurde. Der in der Mitte zusammengeballte Inhalt verschwindet nach und nach ganz (Taf. I o Fig. 14), und man sieht nur noch die zurück- bleibende Membran !) mit oder ohne den beweglichen Faden (p, q Fig. 14), bis endlich auch die Membran ihren Zusammenhang ver- liert und in einzelne unbestimmte Theile und Körnchen zerfällt. Die gesetzmäßige Entwicklung der in Ruhe übergegangenen Spore ist die Keimung. Es wird stets gelingen, sich mit der größten Sicherheit von der Identität der keimenden Zelle mit der aus dem Sporangium herausgetretenen Spore zu überzeugen. Die aus dem Sporangium entweichenden Sporen gehen, wie bereits bemerkt wurde, der srößten Anzahl nach in geringer Entfernung von der Austritts- öffnung in ruhende Sporenkugeln über. Da in großen Sporangien oft über 150 Sporen sich befinden, so kann man leicht ein oder zwei solcher entleerter Sporangien, deren Entleerung man selbst beobachtet hat, zugleich mit einer großen Anzahl aus ihnen her- 1) Hannover hat (Archiv für Anat. u. Phys., von J. Müller, 1842) diese Membranen bemerkt und sie auch richtig als leere Sporenhüllen gedeutet; er ließ sich jedoch, den geschilderten Auflösungsproceß des Inhaltes übersehend, zu dem falschen Schlusse verleiten, daß die Sporen, aus dem Ruhezustande nochmals in Bewegung übergehend, aus der Hülle herausgetreten seien und diese so leer zurückgelassen hätten. Die hierauf bezügliche Beobachtung, die er gemacht haben will, muß ein Irrthum sein; dagegen sah ich einige Male eine Erscheinung, die vielleicht Hannover zu jenem falschen Schlusse ver- leitet hat. Es theilen sich öfters bereits ruhende Sporenzellen von Neuem in zwei kleinere unter demselben Vorgange, der bei ihrer Bildung thätig war. Die Spore wird etwas länger, ovaler (Taf. I 5 Fig. 17); schnürt sich in ihrer Mitte zusammen (Taf. I 5 Fig. 17); die beiden abgeschnürten Hälften entfernen sich etwas von einander und sind noch durch einen membranlosen Strang mit einander verbunden (e Fig. 17); dieser verbindende Strang wird länger, zugleich dünner (d Fig. 17) und reißt endlich ganz, wodurch die beiden Hälften vollständig getrennt werden. Man bemerkt in jeder Hälfte, noch wenn sie zusammenhängen, einen eigenen Be- wegungsfaden (Taf I e Fig. 17); jedoch sah ich stets nur die eine Hälfte nach ihrer Trennung sich bewegen. Ihre Bewegung unterscheidet sich in Nichts von der Bewegung der Sporen. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd. II. 2 18 Die Entwicklungsgeschichte ausgetretener und schon in Ruhe übergegangener Sporen auf demselben Gesichtsfelde übersehen. Ich habe ein kleines Instrument von Schiek, dessen Form sich zu diesem Versuche sehr gut eignet, zu dieser Beobachtung vorher in einen Teller mit Wasser gestellt, und, nach Entleerung der Sporangien und Festsetzung der her- ausgetretenen Sporen noch innerhalb des Gesichtsfeldes, über das Instrument eine Glasglocke, deren innere Wände vorher mit Wasser befeuchtet wurden, gestürzt. So ist das Object vor dem Austrocknen geschützt, und man kann in völliger Gewißheit, daß man stets dasselbe Object vor Augen hat, dessen Veränderungen bei passender Einrichtung der Glocke selbst durch diese hindurch lange beobachten. Ein Theil der Sporen beginnt bald nach ihrem Heraustritt aus dem Sporangium den geschilderten Auflösungs- proceß. Viele andere Sporen aber fangen selbst unter diesen für die Entwicklung durchaus ungünstigen Bedingungen auf Glas zu keimen an. Oft schon nach sehr kurzer Zeit, gewöhnlich nach mehreren Stunden, und sicher einen Tag nach erfolgtem Austritt, beginnt die Keimung. Die Spore bildet, ohne vorher sich zu ver- srößern, einen, zwei oder drei dünne schlauchartige Fortsätze, welche durch die vorher beschriebenen, vorgebildeten Oeffnungen der äußeren Membran aus der Spore hervorzutreten scheinen. Es ist mir zwar nur sehr selten gelungen, die direete Beobachtung zu machen, daß der Schlauch aus dem Innern hervorbricht (Taf. III d e Fig. 1) und nicht eine Fortsetzung der äußeren Mem- bran ist, allein, daß meine Vermuthung richtig ist, wird schon durch das Vorhandensein jener Löcher wahrscheinlich und noch durch den Umstand bestätigt, daß die Anzahl der bei der Keimung gebildeten Fortsätze niemals die Zahl der vorgebildeten Löcher in der Membran überschreitet. Die Figur 1 auf Tafel III zeigt ein entleertes Sporangium mit einigen aus demselben hervorge- tretenen Sporen einige Stunden, und Figur 2 derselben Tafel das- selbe Sporangium mit denselben Sporen einen Tag nach der Ent- leerung. Man sieht, daß die Sporen ihre Lage zu einander und zu dem Sporangium nicht mehr geändert haben. Figur 3 auf Tafel III zeigt eine innerhalb des Sporangium keimende Spore. Es sind nur zufällige Umstände, welche die gesetzmälige Keimung der Sporen verhindern und die früher geschilderte Auf- lösung derselben einleiten. Findet die Spore bald nach ihrem Hervortreten aus dem Sporangium einen ihr Wachsthum be- der Achlya prolfera. 19 günstigenden, thierischen Boden, so keimt sie immer und setzt sich hierbei mit der Spitze fest, weshalb man bei keimenden Sporen auch niemals mehr den Bewegungsfaden finden wird. Bei der Entleerung der Sporangien zwischen Öbjectträger und Deckglas, wie sie bei der Beobachtung gewöhnlich stattfindet, findet die heraustretende Spore nicht den für ihre Entwicklung nöthigen Boden, und blos hier geschieht es, daß die Sporen häufig, ohne zu keimen, zu Grunde gehen und oft nicht mit der Spitze sich ansetzen. Niemals sah ich in Auflösung über- gehende Sporen auf dem Fliegenkörper. Die Schläuche derjenigen Sporen, die noch zwischen Object- träger und Deckglas keimen, werden nicht sehr lang. Die Masse des in der Spore vorhandenen Nahrungsstoffes ist bald verbraucht und hiermit ein ferneres Wachsthum der nur parasitisch ge- deihenden Pflanze unmöglich gemacht. So häufig ich auch diese keimenden Sporen längere Zeit auf dem Objectträger beobachtete, niemals sah ich ihr Wachsthum bis zur Bildung eines Sporangium vorschreiten. Daß die Schlauchbildung demungeachtet eine Keimung ist, die beweglichen Zellen also wirkliche, die Mutterpflanze wiederzu- erzeugen fähige Keime sind, davon kann man sich noch direct über- zeugen. Die früheren Beobachter haben dieses ohne fernere Unter- suchung aus einer allerdings gerechtfertigten Analogie ähnlicher Bildungen bei der Keimung der Sporen der Cryptogamen gerade- zu angenommen; da jedoch noch andere der Keimung und Fort- pflanzung fähige Sporen bei der Achlya vorhanden sind, so schien es mir nicht unwichtig, mich noch durch directe Beobachtung von der Fortbildungsweise jener aus den beweglichen Zellen hervor- tretenden Schläuche zu überzeugen. Hierzu ist es aber durchaus nöthig, die auf dem Fliegenkörper keimenden Sporen zu unter- suchen, weil nur dort ein weiteres Wachsthum derselben statt- findet. Meine Versuche, diese Sporen auf einem der Untersuchung leichter zugänglichen Gegenstande, z. B. auf flüssigem Eiweiß, auf der Gallerte, in welcher Schnecken-Eier eingebettet sind u. s. w., keimen zu lassen, sind mir nicht gelungen. Versucht man, die Schläuche eines Achlya-Kranzes bis in den Fliegenkörper zu ver- folgen, so gelingt es zwar, einzelne Individuen (d. h. aus einer Spore hervorgegangene Bildungen) von den übrigen zu isoliren, 9# 20 Die Entwicklungsgeschichte aber man findet die Spore nicht mehr, aus der der Schlauch ent- standen ist; ihre starke Größenzunahme hat ihren ursprünglichen Charakter verwischt, und man sieht nur (Taf. III Fig. 4 einen starken, unten verdickten Stamm, aus welchem nach oben die sich verzweigenden und fructifiecirenden Aeste entspringen und nach unten ein sich dichotomisch verzweigendes Wurzelgeflecht hervor- tritt. Diese Stämme der Achlya-Individuen treten in größerer oder geringerer Anzahl gruppenweise neben einander aus einzelnen Stellen der Fliege hervor. Als solche Ursprungsstellen sind wegen der dort leichteren Untersuchung besonders die Gelenke der Fliegenbeine beachtenswerth. Man wird bei der Untersuchung der Beine einer mit einem Achlya-Kranz umgebenen Fliege finden, daß die Stammfäden nur aus den Gelenken und dort haufenweis neben einander hervorkommen. Wirft man nun in ein Gefäß, in welchem bereits eine einen fruetifieirenden Achlya-Kranz tragende Fliege befindlich ist, eine zweite Fliege hinein und unter- sucht einige Stunden darauf die Beingelenke der letzteren, so findet man dort schon nach 8—12 Stunden eine große Anzahl keimender Sporen. Es sind unverkennbar dieselben Gebilde, die bei der Keimung der beweglichen Sporen auf Glas entstehen, so wie sie die Figuren a, b, c, d, f der Tafel III Fig. 1 und 2 dar- stellen. Neben diesen Sporen mit kurzen Schläuchen sieht man andere, deren Schläuche bei weitem länger sind. Zugleich hat der Schlauch auch mehr oder weniger, besonders an seiner Basis, wo er aus der Spore hervortritt, an Dicke zugenommen; hierdurch wird der bis jetzt einzig erkennbare Unterschied zwischen Spore und Schlauch immer mehr aufgehoben (Taf. III a, d, e Fig. 5), bis zuletzt Schlauch und Spore dieselbe Dieke haben und von nun an gleichmäßig in die Dicke wachsen. Je später man innerhalb der ersten 24 Stunden die Beine der hineingeworfenen Fliege unter- sucht, desto mehr Uebergänge findet man zwischen der keimenden Spore (Taf. III < Fig. 1) und dem fruetifieirenden Schlauche (Taf. III Fig. 4)'). Dasselbe läßt sich auch auf dem Objectträger 1) Unger (a. a. OÖ. p. 133) läßt es unentschieden, ob der gesammte auf einem thierischen Körper wachsende Rasen der Achlya ein einziges Individuum ist, oder von mehreren ineinander verwebten Individuen gebildet wird. Aus obiger Darstellung ergiebt sich, daß sehr viele getrennte, nebeneinander wachsende Achlya-Individuen einen solchen Rasen zusammensetzen. j - Bi Zr Ze TER N ee pn mu Nare Zul Zen De a Ten au I in an m Ei = nl FE de mn ur ne a Acc netz ae Ze EHE nn SAD Te irn ee an Air ik ie UNTEN EREEN der Achlya prolifera. 21 des Mikroskops beobachten, wenn man auf demselben zu Schläuchen, deren Sporangien sich eben entleeren, Fliegenbeine thut. IH. Die Schläuche mit den kugeligen Sporangien und unbe- weglichen Sporen. Es ist nun zwar unzweifelhaft erwiesen, daß die beweglichen Sporen die Achlya fortzupflanzen vermögen, allein schon folgende Betrachtung führt auf die Vermuthung, daß sie nicht die einzigen der Fortpflanzung fähigen Keime dieser Pflanze sind. Die Achlya erscheint im Sommer oft plötzlich auf ertränkten Insecten in Wassergefäßen, in welchen sie wenigstens unmittelbar vorher sicher nicht existirt hatte. Stilling bemerkt), daß er durch mehrmaliges sorgfältiges Abwischen die Entwicklung der Achlya auf lebenden Fröschen für die Dauer mehrerer Monate verhindern konnte, daß aber später die Achlya auf denselben Fröschen wieder zum Vor- schein kam. Es kann sich ferner Jeder leicht davon überzeugen, daß die Achlya in einem Gefäße, in welchem ihre Entwicklung seit Monaten aus Mangel an thierischer Nahrung unterdrückt wurde, auf hineingeworfenen Fliegen wieder von Neuem entsteht. Die Ver- sänglichkeit und der schnelle Tod der beweglichen Sporen, wenn “ sie nicht kurze Zeit nach ihrem Heraustreten aus den Schläuchen einen für ihre sofortige Entwicklung zur Mutterpflanze günstigen Boden finden, schließt die Möglichkeit einer Wiedererzeugung der Achlya durch dieselben in einem Gefäße, in welchem sie seit lange nieht existirt hat, aus, und man wird veranlaßt, die Existenz aus- dauernder Sporen anzunehmen’). In der That findet man in älteren Achlya-Rasen unter den beschriebenen Achlya-Schläuchen 1) Die Abhandlung Stilling’s (Archiv für Anat. u. Phys. von J. Müller, 1841) ist übrigens, so weit sie die Achlya betrifft, ganz werthlos. Die beweg- lichen Sporen hält er, unbegreiflicher Weise, für Vorticellen. Die einzelnen Körnchen des Protoplasma der Schläuche und Sporangien sind ihm Eier stab- förmiger Infusorien, die man häufig den Achlya-Schläuchen äußerlich aufsitzen findet! Die auf den Schläuchen vorkommenden stabförmigen Parasiten scheinen übrigens pflanzlicher Natur und eine Hygrocrocis-Art zu sein; man vergleiche hierüber auch Kützing, Phycologia generalis, p. 157. 2) Es dürfte wohl nur wenige Botaniker geben, die hierbei jetzt noch an eine directe Bildung der Achlya aus den Bestandtheilen des Fliegenkörpers denken würden, 22 Die Entwicklungsgeschichte noch andere, welche in kugeligen Anschwellungen größere, runde Zellen (Taf. II d Fig. 1) bilden, die von Schleiden!) und Nägeli') gesehen und als Sporen beschrieben wurden. Da jedoch niemals derselbe Schlauch beide Sporen-Arten trägt und ich auch nie einen Zusammenhang zwischen den Schläuchen mit beweglichen Sporen und denen, welche die runden Zellen bilden, entdecken konnte; da ferner Schleiden und Nägeli auch nicht angeben, ob sie die Keimung der runden Zellen beob- achtet haben, die älteren Beobachter, auch Meyen und Kützing, diese Sporen endlich gar nicht gefunden haben; so blieb ich an- fangs bei der Vermuthung stehen, daß hier zwei verschiedene Pilze neben einander wachsen. Um zur völligen Ueberzeugung zu ge- langen, mußte ich die Keimung der runden Zellen beobachten und fand, als mir dies gelang, meine Vermuthung nicht bestätigt; denn es wuchsen aus diesen runden Zellen wahre Achlya-Schläuche mit kolbigen Sporangien, in welchen sich die ovalen, beweg- lichen Sporen bildeten, hervor. Die Ursache, warum dennoch niemals ein Zusammenhang zwischen den Fäden mit kugeligen und denen mit kolbigen Sporangien gefunden wird, liegt in eigen- thümlichen Entwicklungsverhältnissen, die ich später berühren werde; ich muß vorher auf die Entwicklungsweise der kugeligen Sporangien und der in ihnen enthaltenen Sporen eingehen. Die Schläuche mit den kugeligen Sporangien sind ganz denen gleich, welche die kolbigen Sporangien tragen. Sie bestehen beide aus einer Cellulose-Membran, welche, mit Jod behandelt, getrocknet und darauf mit Wasser befeuchtet, sich blau färbt’). Die Färbung ist an der Membran der Sporangien am stärksten, weil, wie man später sehen wird, die Membran auch der einfachen (siehe Ab- schnitt III) Sporangien doppelt ist (Taf. I Fig. 16). Am tiefsten blau färben sich diejenigen Sporangien, welche aus mehreren in einander hineingewachsenen, einfachen Sporangien bestehen, deren Membranen, wie z. B. bei a Fig. 1 Taf. V, von mehreren über einander liegenden Cellulose-Häuten gebildet werden. Daß das Uebereinanderliegen mehrerer Häute und nicht etwa eine ver- schiedene chemische Beschaffenheit derselben hier in der That die 1) An den angeführten Orten. 2) Ueber die blaue Färbung der Cellulose durch Jod und Wasser vergleiche man Mohl, Vermischte Schriften p. 335. der Achlya prolifera. 23 Ursache der stärkeren Färbung ist, erkennt man an den zufälligen Falten einfacher Häute, die stets tiefer blau sind als die unge- falteten Stellen der Häute. Die äußere Cellulose-Haut des Schlauches wird an ihrer inneren Seite von einem durch endosmotische Mittel nachweisbaren, mit Jod und Wasser sich braungelb färbenden Primordialschlauch ausgekleidet. Der Inhalt der Schläuche besteht aus einem gleichartig feinkörnigen Protoplasma, in welchem sich nur Oel und eine stickstoffartige Substanz (nicht Stärke) nach- weisen läßt. Der gesammte Inhalt färbt sich mit Jod braungelb. Die kugeligen Sporangien bilden sich meist an den Enden der Zweige, oft aber auch in der Mitte. Es schwillt hierbei in ähn- licher Weise wie bei der Bildung der kolbigen Sporangien der betreffende Theil des Zweiges zu einer Kugel an, in welche das sesammte Protoplasma des sie tragenden Zweiges hineinwandert (Taf. II a, b Fig. 1). Sobald die Kugel gefüllt ist, sondert sie sich durch-das Auftreten einer Querwand von dem tragenden Schlauche ab. Gleichzeitig mit dem Auftreten der Querwand erkennt man auch hier (c Fig. 1 Taf. II), daß das Protoplasma in der Kugel sich, mit Freilassung der Mitte, in einer dicken Schicht an die Wände angelagert hat, und man sieht, wo der mittlere, hellere Theil der Kugel es gestattet (ce Fig. 1; a, b Fig. 2 Taf. II), daß das Protoplasma hierbei regelmäßig jedesmal kleine, ovale oder runde Stellen leer gelassen hat. Bald darauf sondert es sich in gleicher Weise wie bei Bildung der beweglichen Sporen, je nach der Größe der Kugel (Taf. II Fig. 3—9), in mehr oder weniger Theile. Man kann hier viel schärfer als bei der Ent- stehung der beweglichen Sporen sehen, wie die einzelnen sich individualisirenden Theile sich von einander lösen. Das Protoplasma häuft sich nämlich an einzelnen Stellen stärker an als an anderen; diese dichteren Partien (Taf. II Fig. 13) hängen noch durch breite Protoplasmabänder mit einander zusammen; diese werden nach und nach dünner, und es erscheint später jede einzelne Masse mit den übrigen nur noch durch sehr dünne Schleimfäden verbunden, bis endlich auch diese reißen und die so von einander gesonderten Protoplasmatheille noch ohne eigene Membranen (Taf. II Fig. 3—6) gewöhnlich mit der einen Seite an der Kugelwand an- liegen. Nach ihrer Sonderung umgeben sich die Protoplasmatheile mit eigenen Membranen, welche an der Peripherie jedes Theiles sich bilden, und zwar entsteht auch hier die Membran nicht 24 Die Entwicklungsgeschichte gleiehzeitigan der ganzen Peripherie jedes Theiles, denn sie ist an den freien Seiten der Theile schon sichtbar, wenn diese noch an der Wand anliegen und an den Berührungsstellen mit der Kugelwand noch keine Spur einer Membran vorhanden ist. Un- zweifelhaft kann man sich hiervon überzeugen, wenn man z, B. durch Zuckerwasser den Primordialschlauch zum Zusammenziehen bringt in einem Sporangium, dessen Sporen sich eben sondern (Taf. II Fig. 16). Die mit einer Haut umgebenen Sporen liegen frei (Taf. II d Fig. 1) in dem kugeligen Sporangium. Ihre Anzahl steigt von 1 bis etwa 40. Ich habe einzelne Sporangien mit 1, 3, 5, 7 Sporen sefunden, was ich deshalb hier erwähne, weil diese Zahlen eben- falls einen Beweis dafür abgeben, daß das Protoplasma unmittelbar in so viele Theile zerfällt, als später Sporen vorhanden sind. Sobald bei Sonderung der Sporenmasse einzelne Theile der Kugelmembran von der inneren, sie bekleidenden Protoplasma- schicht frei werden, bemerkt man an ihnen kleine, ovale oder runde, den Poren poröser Zellen der Phanerogamen ähnliche Stellen (Taf. II Fig. 3, 5, 8). Sind die Sporen in der Kugel fertig gebildet, dann enthält diese außer jenen Sporen gar keinen festen Inhalt mehr, und man sieht die Membran nun überall (Taf. II Fig. 10, 12) mit diesen Poren besetzt. Ich habe mich davon überzeugt, daß diese Poren wirkliche Löcher sind. Zerreißt man solche Kugeln z. B. durch Druck, so findet man jedesmal diese Poren. mitten durch- rissen (Fig. 12 Taf. II), ohne daß sich eine Membran über sie hin- zieht. Färbt man ferner die Kugelmembran durch Jod oder durch Jod mit Wasser (Taf. III Fig. 7), so scheinen die Poren vollständig hell und farblos zwischen der gefärbten Membran hindurch, und man sieht bei zerrissenen, gefärbten Kugeln, daß die Membran dort, wo der Riß mitten durch einen Porus geht, eine wahrhafte Einkerbung bildet, über welche sich weder eine gefärbte noch eine ungefärbte Membran hinwegzieht. An der Peripherie eines jeden Loches ist die Kugelmembran etwas verdickt, so daß auch hier jedes Loch scheinbar von einem (nicht abtrennbaren) Ringe ein- gefaßt ist, ähnlich den Ringfasern, die die Löcher der Sphagnum- Zellen!) umgeben. Es reißt daher bei Verletzungen die Membran oft neben dieser Verdickung, weil die verdickte Stelle eine größere ( D Mohl, Vermischte Schriften p. 294. der Achlya prolifera. 25 Consistenz als der übrige Theil der Membran besitzt, und es hat dann häufig den Anschein, als werde das Loch (bei a Fig. 12 Taf. II) noch durch eine Membran verschlossen. In diesen Fällen ist aber das Loch gar nicht durchrissen, und man kann sich leicht, be- sonders durch Färbung, überzeugen, daß die über die scheinbare Einkerbung (a Fig. 12 Taf. IT) hinweggehende Linie nicht der Be- grenzung einer das Loch deckenden Membran entspricht, sondern der verdickte Theil der das Loch umgebenden Membran ist. Solche wahrhafte Löcher in der Zellmembran sind bereits mehr- fach bekannt !), hier aber, wo sie an einer allseits freien Zelle - erscheinen, lassen sich die ihrer Bildung vorhergehenden Zustände genauer verfolgen. Die Schlauchmembran ist überall vollkommen geschlossen. Ebenso sind es die Enden der Zweige, an welchen, sobald sie sich in Sporangien umgewandelt haben, jene Löcher später doch vorkommen. Selbst wenn das Ende eines Zweiges bereits zu einer Kugel angeschwollen ist, ist eine Membran doch noch vollständig undurchlöchert, wie man sich bei Loslösung des Primordialschlauches mit dem Protoplasma von der Membran, z.B. durch Zuckerwasser (Taf. II Fig. 14), sowie auch bei Loslösung desselben und gleichzeitiger Färbung (Taf. III Fig. 3) überzeugen kann. Erst nachdem das kugelige Zweigende sich durch eine Querwand abgeschlossen hat, lassen sich jene Löcher an der Membran nach Ablösung des Primordialschlauchs von der Zellwand (Taf. II Fig. 15) nachweisen. Berücksichtigt man nun, daß die Löcher von einer verdickten Stelle der Membran umgeben sind und daß nach Abschluß des Sporangium durch eine Querwand zu- gleich sichtbar wird (ce Fig. 1 Taf. II), daß das Protoplasma mit Freilassung von runden oder ovalen Stellen an die Sporangium- membran sich angelagert hat, so wird wenigstens so viel klar, daß die Löcher der Zellmembran mit den von Protoplasma freige- lassenen Stellen zusammenfallen, daß also die Membran dort später resorbirt wurde, wo das Protoplasma sich nicht angelegt hat, und daß ferner die die Löcher umgebenden ringartigen Verdickungen der Kugelmembran aus dem Protoplasma wahrscheinlich früher entstehen, als die Resorption der Membran an den Stellen, wo später die Löcher erscheinen, beginnt. 1) Vergl. Schleiden, Beiträge zur Bot. p. 70 und Grundzüge (1845) pe2al. zuEh, T. 26 Die Entwicklungsgeschichte Die durch Bildung einer Membran (Taf. II d Fig. 1) an ihrer Peripherie völlig individualisirten Sporen bilden sich noch im Sporangium weiter aus. Gleichzeitig mit dem Auftreten der Membran erkennt man ziemlich in dem Centrum jeder Spore einen kleinen, helleren Fleck (d Fig. 1 Taf. II). Dieser wird später größer und liegt in der Form einer großen Kugel (e Fig. 10 Taf. II) concentrisch in der Spore, ohne sie jedoch vollständig auszufüllen. Man erkennt leicht, daß diese mittlere Kugel ein Oeltropfen ist, der durch Ausscheidung aus dem Protoplasma der Spore und Zusammenfließen im Centrum derselben gebildet und vergrößert wurde. Zugleich mit der Bildung und der Zunahme des Oeltropfens im Innern der Spore erleidet diese an ihrer Peripherie eine auffallende Veränderung. Es weicht nämlich das Protoplasma, welches an der Wand der Spore anlag, allseitig von dieser Wand zurück und bildet an seiner Peripherie von Neuem eine Membran, welche concentrisch mit der ersten, in ihr, aber in einiger Entfernung von ihr, liegt. Es besteht daher jede un- bewegliche Spore (Taf. II Fig. 11) zuletzt aus einer äußeren, sehr dünnen, nur durch eine Linie ohne bemerkbare Breite bezeichneten, der Entstehung nach ersten Membran (a), und aus einer anderen inneren Membran (b), welche concentrisch mit der ersten, in ihr, aber in einiger Entfernung von ihr liegt, eine erkennbare Breite besitzt und von späterer Entstehung ist, als die erste. Der Raum zwischen äußerer und innerer Sporenmembran ist etwa 1!/,mal so breit, als die innere Membran, und nicht mit festem Inhalte erfüllt. Der körnige Sporen-Inhalt liest an der Wand der durch die innere Membran begrenzten Innenzelle; in seiner Mitte der Oeltropfen. Durch endosmotische Mittel läßt sich in der Innenzelle der Spore ein dieselbe auskleidender Primordialschlauch nachweisen. In dem körnigen Inhalte der Innenzelle ist Stärke vorhanden, da einzelne seiner Körnchen durch Jod blau gefärbt werden. »Es ist dies die einzige Stelle in der Achlya, wo Stärke gefunden wird, und diese muß sich hier erst in den individualisir- ten Sporen während der Bildung der Innenzelle und Ausscheidung des Oeltropfens gebildet haben. Die Sporenmembranen bestehen aus Cellulose. Durch Jod und Wasser färben sie sich in zer- rissenen Sporen blau, in unverletzten Sporen gewöhnlich grün, weil der zwischen beiden Membranen befindliche Raum gelb bleibt, während diese blau werden. der Achlya ‚prolifera. 27 Nägeli!) hat beide Membranen mit dem zwischen ihnen liegenden Raum für eine einzige, dicke Membran gehalten. Daß meine Darstellung jedoch richtig. ist, kann man bei wiederholter Beobachtung an unverletzten Sporen, beim Zerreißen der Sporen, besonders solcher, deren Inhalt sich schon aufgelöst hat, beim Rollen derselben und der Keimung deutlich sehen. Dadurch, daß der Achlya-Schlauch, nachdem er fructifieirt hat, nach und nach zerfällt und vollständig verschwindet, wird das dauerhaftere, kugelige Sporangium frei und fällt zu Boden. Man kann auf dem Boden eines Gefäßes, in welchem eine Achlya wuchs, solche noch unversehrte Sporangien mit den in ihnen enthaltenen, unbeweglichen Sporen noch nach Monaten unverändert wiederfinden. Aber auch die Membran des Sporangium wird später theilweise oder ganz zerstört und die noch unveränderten Sporen auf solche Weise frei. Bringt man unbewegliche Sporen, sowohl solche, die noch in den Sporangien befindlich sind, als auch bereits freie auf einen Fliegenkörper, so kann man ihre Keimung beobachten. Es scheint, daß zwischen Bildung und Keimung der Spore eine längere Zeit verstrichen sein muß. Niemals sah ich Sporen, die erst vor wenigen Tagen gebildet waren, keimen; andererseits können diese unbeweglichen Sporen mehrere Monate alt werden, ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren, ja selbst, ohne die geringste sichtbare Veränderung zu erleiden, wenn sie nämlich während dieser Zeit keinen ihre Keimung begünstigenden thierischen Boden gefunden haben; jedoch fangen einige Sporen oft schon im bloßen Wasser, wenn sie sehr alt (5—6 Monate) geworden sind, an, Veränderungen zu erleiden, die denen gleichen, welche sie beim Beginn der Keimung eingehen. Nur äußerst selten jedoch treiben sie ohne Berührung mit einem thierischen Körper Schläuche. Die Vor- sänge bei der Keimung der unbeweglichen Sporen sind folgende. Der große mittlere Oeltropfen verschwindet, es treten statt seiner oft mehrere kleinere auf, aber auch diese verschwinden bald, und die Innenzelle erscheint (a Fig. 10 Taf. IV) mit lauter gleich- artigen Körperchen erfüllt. Der Primordialschlauch der Innenzelle verschwindet, die kleinen Körperchen (b Fig. 10 Taf. IV) sind nur noch in geringer Anzahl und ohne bekleidenden Primordialschlauch 1) An den angeführten Orten. 28 Die Entwicklungsgeschichte in der Mitte der Innenzelle vorhanden und zeigen lebhafte Mole- cularbewegung. Endlich verschwinden auch diese Körperchen, die Innenzelle ist vollkommen mit einer homogenen Flüssigkeit (ce Fig. 10 Taf. IV) erfüllt und hat sich während der Verflüssigung ihres Inhaltes bedeutend vergrößert. Hierdurch und weil die Außenzelle sich nicht vergrößert hat, legt sie sich an die Letztere vollständig an, und der Raum zwischen Außen- und Innen-Zelle verschwindet (ce Fig. 10 Taf. IV). Tritt nun die fernere Keimung ein, so durchbricht die Innenzelle durch fernere Größenzunahme die Außenzelle und verlängert sich in Form eines dünnen Schlauches (Fig. 3—9 Taf. IV). An der Außenzelle sind nicht vorhergebildete Löcher vorhanden, durch welche etwa die Innenzelle durchbricht. Es ist oft schwer, an der keimenden Spore, die bereits einen Schlauch gebildet hat, die Membran der Außenzelle noch zu entdecken, indem die Innenzelle bei ihrer Vergrößerung sich so eng an die nicht wachsende Membran der Außenzelle anlegt, daß sie beide dann nur als eine Membran erscheinen. Jedoch kann man häufig noch an den Stellen, wo der schlauchartige Fortsatz aus der Spore herauskommt (Fig. 5 Taf. IV), die sich über diesen hin- wegziehende Membran der Außenzelle erkennen, oder diese tritt häufig noch dadurch in die Erscheinung, daß die äußerst scharfe, dunkle Begrenzungslinie der Spore (Fig. 6 Taf. IV) sich in den Schlauch nicht fortsetzt. Oefters aber ist auch dieses Erkennungs- mittel der äußeren Membran nicht mehr vorhanden (Fig. 7 Taf. IV). Vielleicht ist in diesen Fällen die äußere Membran bei der starken Vergrößerung der Innenzelle ganz abgestreift worden, hierauf deuten wenigstens einige nicht seltene Zustände keimender Sporen (d Fig. 10 Taf. IV) hin. Die aus den Sporen hervortretenden Schläuche verästeln sich mehrfach (Fig. 9 Taf. IV) und verlängern sich sehr stark und schnell. Man findet schon 24 Stunden, nach- dem man die Sporen in die für die Keimung nöthigen Bedingungen gebracht hat, einzelne Sporen; deren dünne verästelte Schläuche bereits kolbige Sporangien (Fig. 9 Taf. IV) mit beweglichen Sporen gebildet haben. Diese Sporen verhalten sich in Bezug auf ihr Heraustreten, ihre Bewegung und Keimung ganz denen gleich, die an Schläuchen entstehen, welche aus den beweglichen Sporen selbst hervorgegangen sind. Um diese Vorgänge der Keimung leicht zu beobachten, ist es gut, mehrere Wochen alte, mit Sporen’angefüllte Sporangien etwa in einem flachen Uhrglase Ser Den u» te der Achlya prohfera. 29 mit Fliegenbeinen zusammenzuthun und in möglichst nahe Be- rührung mit denselben zu bringen. Schon nach 24 Stunden wird man an den Gelenken der Fliegenbeine (Fig. 1 Taf. IV) die keimenden unbeweglichen Sporen finden, und ebenso werden viele Sporen in der Nähe der Fliegenbeine unter nährendem Ein- fluß der aus den abgerissenen Fliegenbeinen hervordringenden Masse gekeimt haben, und man kann so sämmtliche Zwischenzu- stände zwischen der keimenden Spore, die erst einen kurzen Schlauch (Fig. 3, 4 Taf. IV) gebildet hat, und der aus ihr ent- stehenden, verzweigten (Fig. 2 Taf. IV), mit Sporangien versehenen Pflanze zugleich beobachten. Nicht alle Sporen desselben Sporangium verhalten sich bei der Keimung gleichartig. Oft hat eine Spore in einem Sporangium bereits einen kürzeren oder längeren Schlauch gebildet (Fig. 3, 4 Taf. IV), während die übrigen Sporen desselben Sporangium erst wenig oder noch gar nicht sich verändert haben. Der Durchmesser der unbeweglichen Sporen ist = 0,025 mm. Ein einziges Mal sah ich, daß der Inhalt einer unbeweglichen Spore sich in mehrere kleine, helle Zellchen umgewandelt hatte, von denen eine jede in einen dünnen, kurzen Schlauch sich ver- längerte. Dieselben Zellchen fand ich später mehrere Male neben unveränderten, unbeweglichen Sporen in einem kugeligen Sporangium (Fig. 17 Taf. II), sie müssen sich also auch hier aus einigen un- beweglichen Sporen gebildet haben. Sie sind helle, mehr oder weniger ovale, den beweglichen Sporen ähnliche, aber kleinere Zellen. Sie sind unbeweglich und scheinen, wie aus der Schlauch- bildung hervorgeht, die Achlya ebenfalls fortpflanzen zu können. Es sind dies wahrscheinlich dieselben Körper, die auch Nägeli!) glaubt gesehen zu haben. | IH. Abhängigkeit der Form der Sporangien und Sporen von der Nahrung. Aus beiden Sporenarten, den beweglichen und un- beweglichen, gehen, wie im Vorhergehenden gezeigt worden ist, die Schläuche mit den kolbigen Sporangien und den be- weglichen Sporen hervor. Es bleibt nun zu untersuchen, wann ‘-T) Zeitschrift für w. Bot. Hft.'3. p. 30. 30 Die Entwicklungsgeschichte und unter welchen Bedingungen die kugeligen Sporangien und die in ihnen enthaltenen ruhenden Sporen entstehen, wobei sich zugleich die Ursache jener früher angedeuteten Erscheinung, daß dieselben Achlya-Schläuche niemals beide Sporangien- und Sporen- Arten zugleich tragen, ergeben wird. Bringt man die Achlya-Schläuche durch Aussäen auf einem Fliegenkörper hervor — und es ist hierbei gleichgültig, ob man sie durch Keimung der beweglichen oder unbeweglichen Sporen entstehen läßt — so bilden die Schläuche dieser Pflanze in den ersten Tagen ihres Bestehens auf dem thierischen Körper stets nur kolbige Sporangien und bewegliche Sporen, und erst später, etwa vom 5., 6. Tage an, treten die kugeligen Sporangien mit den ruhenden Sporen an ihnen auf. Es ist nun bemerkens- werth, daß die kolbigen Sporangien schon in den ersten Tagen ihre gewöhnliche Form nicht constant behalten, sondern daß, so wie die Schläuche, an welchen sie entstehen, und die Rasen, die sie bilden, älter werden, auch ihre Gestalt in einer bestimmten, regelmäßigen Folge sich umändert. Es ist aber die zeitliche Auf- einanderfolge sämmtlicher Sporangienformen, die sich an den Schläuchen eines Achlya-Rasens auf einem Fliegenkörper ausbilden, folgende. Vierundzwanzig Stunden nach der Aussaat sowohl der beweg- lichen, als der unbeweglichen Sporen besteht der gebildete junge Achlya-Kranz nur aus kurzen, noch nicht fructifieirenden Schläuchen, deren einfache Zweige ihre Spitze erst mit dem Protoplasma anzu- füllen beginnen. Nach 2 Tagen sind sämmtliche Schläuche in der lebhaftesten Sporenbildung begriffen. Die Sporangien sind durch- gehends noch einfach, bilden lange vielsporige Kolben, welche alle die Enden der Zweige einnehmen und die beweglichen Sporen an der Spitze heraustreten lassen. Am 3. und 4. Tage ist die Sporangien- und Sporen-Bildung zwar noch ebenso lebhaft, die Sporangien sind aber nicht mehr einfach. Jeder Zweig hat nämlich an seinem Ende bereits mehrere Sporangien gebildet, die srößtentheils ineinander liegen (Fig. 1, 2 Taf. IV). Auch bilden sich die Sporangien jetzt nicht mehr blos am Ende, sondern auch in der Mitte der Schläuche (b Fig. 1 Taf. V). |Diese mittleren Sporangien entlassen die Sporen durch einen Fortsatz, der seitlich entweder unmittelbar über der unteren oder unter der oberen Querwand sich bildet. Endlich erleidet auch die Form der Sporangien der Achlya prolifera. öl eine Aenderung. Sie sind meist alle kürzer, als die Sporangien erster Bildung, und besitzen zugleich an ihrem oberen Ende eine größere Weite, so daß ihre Gestalt im Allgemeinen zwischen der Kolben- und Kugelform schwankt. Diese Sporangien mit veränderter Form (Fig. 7, 5,9 Taf. V) vermehren sich, während die Zahl der normal-geformten immer geringer wird, mehr und mehr, so daß etwa am Ende des 4. Tages nur noch solche Sporangien mit veränderter Form im Achlya-Rasen zu finden sind. In ihnen bilden sich anfangs zwar noch die beweglichen Sporen, viele von?ihnen, besonders die späteren, wachsen jedoch ohne Sporenbildung in andere Sporangien oder Aeste (Fig. 8, 9 Taf. V) aus. Es verschwinden zu gleicher Zeit die sie tragenden Schläuche durch Auflösung, so daß diese theilweise noch fructificirenden, meist unfruchtbaren und auswachsenden Sporangien lose zwischen den der Vernichtung anheimfallenden Schläuchen, an denen sie entstanden waren, liegen. Schon gegen Ende des 4. Tages, häufiger am 5. Tage nach der Aussaat der beweglichen oder unbeweglichen Sporen treten zuerst die kugeligen Sporangien und unbeweglichen Sporen auf. Sie werden von Schläuchen getragen, welche, vollkommen lebens- kräftig, denjenigen Schläuchen der kolbigen Sporangien gleichen, die inden ersten Tagen aus dem Fliegenkörper hervortreten ; sie stehen, wie früher bemerkt, in keiner Verbindung mit den bei ihrem Auftreten meist bereits in Auflösung übergehenden Schläuchen der kolbigen Sporangien, die noch gleichzeitig mit ihnen den Achlya-Kranz bilden, sondern treten unmittelbar aus dem Fliegenkörper hervor. Sie verdanken ihre Entstehung der Keimung derjenigen Sporen, welche sich innerhalb der Sporangien jener Schläuche gebildet hatten, die in den ersten Tagen auf der Fliege entstanden waren. Diese Sporen gingen nach ihrem Austritt aus dem Sporangium auf derselben Fliege, die ihre Mutterschläuche trug, zur Ruhe über, keimten hier und bildeten die Schläuche mit den kugeligen Sporangien. Die Anzahl dieser nimmt sehr schnell überhand, in dem Maaße, als die kolbigen Sporangien und deren Schläuche verschwinden, so daß ein etwa 8 Tage alter Achlya-Kranz fast nur noch 'aus Schläuchen mit kugeligen Sporangien besteht. Es geht aus dieser Darstellung hervor, daß die beweglichen Achlya-Sporen bei ihrer Keimung auf dem Fliegenkörper in den ersten Tagen nur Schläuche mit kolbigen Sporangien, später = 32 Die Entwicklungsgeschichte aber, sobald der thierische Körper, auf welchem sie wachsen, bereits mehr in Verwesung übergegangen ist, bei ihrer Keimung nun nur Schläuche mit kugeligen Sporangien und unbeweglichen Sporen bilden. Es wird hierdurch erklärt, warum man nie die- selben Schläuche zu gleich kugelige und kolbige Sporangien tragen sieht. Die Ursache dieser merkwürdigen Formänderung der Spo- rangien und Sporen derselben Pflanze, je nachdem sie auf einer Fliege kurze Zeit nach dem Ableben dieser, oder wenn sie bereits einige Tage der Verwesung ausgesetzt war, wachsen, kann nur darin gefunden werden, daß die Achlya aus dem Fliegen- körper einige Tage nach dem Tode der Fliege eine andere Nahrung bezieht, als unmittelbar nach dem Absterben derselben. Dafür spricht auch schon die Form- änderung der kolbigen Sporangien am 3. und 4. Tage nach dem Tode der Fliege. Diese Abhängigkeit der Formen, sogar der Fortpflanzungstheile einer Pflanze von der Nahrung, die sie bezieht, scheint mir einer besonderen Aufmerksamkeit werth. Es scheinen hiernach nicht einmal wesentliche Formverschieden- heiten der Pflanzenkeime zur Begründung der Arten unter den niederen Gewächsen ausreichend, und man wird auch von diesem Gesichtspunkte aus gezwungen, nur die Darstellung sämmtlicher Entwicklungsverhältnisse einer Pflanze als genügend zur Fest- stellung einer Art anzuerkennen. Es liegt hierin zugleich der Schlüssel zu so mancher Behauptung einer Umwandlung verschie- dener Arten niederer Pflanzen ineinander. Wer nur flüchtig die beiden Formen der Achlya-Schläuche, die mit kolbigen Sporangien und beweglichen Sporen und die mit kugeligen Sporangien und unbeweglichen Sporen, betrachtet, wird sicher geneigt sein, sie für verschiedene Pflanzenarten zu halten, wogegen der Verfolg ihrer Entwicklung zeigt, daß es nur durch geänderte Nahrungsverhältnisse bedingte, verschiedene Formen derselben Pflanze sind. Um sich davon überzeugen zu können, daß die Auf- einanderfolge der verschiedenen Bildungen in einem Achlya-Rasen sanz dieselbe ist, mag er auf dem Fliegenkörper ursprünglich durch Aussaat der beweglichen oder unbeweglichen Sporen hervorgerufen sein, ist es nöthig, diese beiden Sporenarten ge- sondert auszusäen. Für die unbeweglichen Sporen erreicht man dieses, wenn man sie von dem Boden eines Gefäßes holt, in welchem vor etwa mehreren Monaten die Achlya wuchs, seit dieser Zeit aber der Achlya prolifera. 33 nicht mehr in demselben erzeugt wurden. Man kann alsdann, wie bereits früher gezeigt wurde, sicher sein, bewegliche Sporen nicht mit auf den Fliegenkörper zu verpflanzen. Die unbeweglichen Sporen werden auf der Fliege, wie schon oben gezeigt (Fig. 1 Taf. IV), bald keimen und Schläuche mit beweglichen Sporen (Fig. 2 u. 9 Taf. IV) bilden. In den folgenden Tagen werden die beschriebenen Formänderungen der kolbigen Sporangien, und am 5. und den folgenden Tagen die Schläuche mit den kugeligen Sporangien auftreten. Um einen Fliegenkörper nur mit den beweglichen Sporen zu besäen, diente mir folgende Vorrichtung. Durch den Deckel eines nicht vollständig mit Wasser gefüllten Glases steckte ich einen unten und oben offenen Glascylinder, dessen unterer Rand etwa 2— 3‘ tief unter die Oberfläche des im Glase befindlichen Wassers hinabreichte. Auf das Wasser im Cylinder legte ich eine mit einem 2 Tage alten Achlya-Kranz bedeckte Fliege, deren Schläuche eben zu fructificiren begannen. Außerhalb des Cylinders wurde auf die Oberfläche des Wassers eine durchstochene Fliege geworfen. Beide Fliegen erhalten sich auf dem Wasser, ohne unterzusinken. Schon nach einigen Stunden ist die Fliege außerhalb des Cylinders von beweglichen Sporen, die sich an ihr festgesetzt haben, bedeckt; man kann sie herausnehmen und die Entwicklung des Achlya-Kranzes auf ihr verfolgen. Da die Schläuche der Achlya auf der Fliege im Cylinder um diese Zeit noch nicht 3 Tage alt sind, so haben sich an derselben die kugeligen Sporangien noch nicht einmal gebildet; die Fliege außerhalb des Cylinders ist, wie es auch die mikroskopische Untersuchung bestätigt, durchaus nur durch die beweglichen Sporen besäet worden, die, von der einen Fliege zur anderen schwimmend, einen Weg von 4—5 Zoll zurückgelegt haben. Diese beweglichen Sporen durchlaufen nun auf dem Fliegenkörper alle geschilderten Entwicklungsstadien. Sie bringen zuerst Schläuche mit beweglichen Sporen hervor; diese keimen wieder auf demselben, nun schon seit mehreren Tagen verwesenden Fliegenkörper und bilden sich bei so veränderter Nahrung in Schläuche mit kugeligen Sporangien um. Ich will hier noch einige bemerkenswerthe Umstände erwähnen, die bei der Bildung der Sporangien und Sporen der Achlya be- obachtet werden können. Unger!) hat schon darauf aufmerksam 1) a. a. O. p. 134, Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. II, 3 34 Die Entwicklungsgeschichte gemacht, daß die Zweige der Achlya-Schläuche, die man von dem sie tragenden und auf dem thierischen Körper festsitzenden Stamm- schlauche abgeschnitten hat, trotz der Verletzung fortfahren, an ihren Enden Sporangien und Sporen zu bilden. Von der Richtig- keit dieser Beobachtung kann man sich leicht überzeugen. Die hierin sich offenbarende Selbstständigkeit und Lebenszähigkeit ein- zelner Theile der Pflanze zeigt sich in Bezug auf das Proto- plasma des Sporangium, aus dem sich die Sporen bilden, in Folgendem. Uebt man auf ein kolbiges Sporangium, in welchem die beweglichen Sporen sich bereits gesondert haben, aber noch nicht völlig ausgebildet sind, z. B. im Zustand Fig. 3 Taf. I, einen momentanen, geringen Druck aus, so verschwimmen die schon gesonderten Sporen sogleich ineinander und bilden, wie vor ihrer Sonderung, ein ungetheiltes, überall gleichartiges Protoplasma; so- bald man den Druck jedoch aufhebt, so theilt sich, wenn der Druck nicht zu lange gedauert hat, das Protoplasma regelmäßig wieder, bildet, wie vor Ausübung des Druckes, normale Sporen und ver- hält sich überhaupt ganz, wie in einem in seiner Entwicklung nie gehemmten Sporangium !). IV. Ueber Bewegung und Verwandlung der beweglichen Sporen. Es ist bekannt, daß die beweglichen Sporen der Algen, sowie die von Achlya prolifera, vielfach für Thiere gehalten worden sind. Wenn bei den Algen diese Ansicht sich nur auf die Bewegungs- fähigkeit der Sporen und ihre Aehnlichkeit mit Infusorien gründete, so schien für die Sporen der Achlya hierzu noch die directe Beobachtung einer Formumbildung dieser Sporen zu wirklichen 1) Diese Beobachtung läßt sich bequem auf folgende Weise machen. Es ist zur genauen Beobachtung der Bildungsverhältnisse der Sporen und ihrer Bewegung ein durchaus scharfes Bild nöthig, man muß daher das Object mit einem Deckglase bedecken. Um es nun nicht zu drücken, muß man nicht nur sehr dünne Deckgläser wählen, sondern auch ein beliebiges, etwas diekeres Object mit unter das Deckglas schieben und so viel Wasser hinzufügen, daß das Deck- glas eben noch von dem fremden Object und dem Wasser getragen wird, ohne den darunter befindlichen Schläuchen der Achlya Spielraum zum Schwanken zu geben. Trocknet das Wasser nun etwas aus, so bemerkt man sogleich den stattfindenden Druck des Deckglases auf die Sporangien, der gleich wieder durch Hinzufügen von Wasser aufgehoben werden kann. der Achlya prolifera. 35 Infusorien als Beweis zu treten. Unger behauptet, daß die Sporen der Achlya sich in wahrhafte Infusorien umbilden können, die von den Sporen sich durch eine Längsfalte ihrer Oberfläche unter- scheiden. Er zeichnet auch !) einige solche in Infusorien umge- wandelte Sporen. Ferner glaubt er, daß die Spore vor ihrer Keimung bei Annahme der Kugelgestalt ihre thierische Organi- sation, nämlich die von ihm für Blasen gehaltenen Stellen, verliert. Hieraus würde die Doppelnatur dieser Körper hervorgehen, die mit Verlust ihrer thierischen Organisation keimen oder unter Fort- entwicklung derselben Infusorien werden könnten. Ueber die Unsichtbarkeit der hellen Stellen an der ruhenden Sporenkugel, die jedoch nicht Blasen, sondern Löcher der Mem- bran sind, ist Seite 16 bereits das Nöthige gesagt. Die Umwand- lung der Sporen in Infusorien muß ich in Abrede stellen. Trotz- dem ich meine Aufmerksamkeit fortwährend auf die weitere Ent- wicklung der herausgetretenen, beweglichen Sporen richtete und wohl mehrere hundert Male das Entweichen der Sporen aus dem Sporangium und ihre Keimung beobachtet habe, so habe ich immer nur gefunden, daß die Sporen entweder keimen, oder unter den früher beschriebenen Vorgängen zu Grunde gehen. Diese negative Beobachtung dürfte aber um so eher als Beweis gelten, als die Behauptung Unger’s, wie es scheint, nicht der Ausdruck der beobachteten Thatsache, sondern nur erschlossen ist. Hierfür spricht, daß Unger selbst die Möglichkeit einer Verwechslung mit einem polygastrischen Infusorium nicht vollständig ausschließt und erst durch einen Versuch die Wahrheit seiner Behauptung zu beweisen sucht. Der Versuch, der darin bestand, daß Unger in einem Tropfen, in welchem er vor Entbindung der darin befind- lichen Schläuche keine gefalteten Infusorien finden konnte, nach Entbindung der Schläuche sehr viele solcher Infusorien gefunden hat, ist aber nicht entscheidend. Denn es kann erstens selbst bei der genauesten Durchmusterung auch eines kleinen Tropfens ein sich lebhaft bewegendes Infusorium von dem Beobachter über- sehen werden, und ein einziges übersehenes genügt, um das Vor- handensein sehr vieler nach wenigen Stunden zu erklären, und ferner kann ja Unger frühere Entwicklungsstufen dieser gefalteten Infusorien übersehen haben. Die vorurtheilsfreie Be- 1) a. a. 0. p. 144. tab. IV. fie. 7. 8.9. 8 36 Die Entwieklungsgeschichte trachtung des Verhaltens der beweglichen Sporen der Achlya nach ihrem Austritt aus dem Sporangium bis zur Keimung oder zur Auflösung kann nur zu der Ansicht führen, daß die Sporen der Achlya wahre Pflanzenkeime sind, die von den ge- wöhnlichen sich nur dadurch unterscheiden, daß sie sich bewegen können, und es bleibt nur die Aufgabe übrig, diese Bewegung physikalisch zu erklären. Mit der Molecularbewegung, wie Einige glaubten, hat die Be- wegung Nichts gemein, denn die Sporen nehmen Ortsveränderungen vor, die im Verhältniß zu ihrer Größe außerordentlich bedeutend sind. Bei der Seite 33 beschriebenen Vorrichtung mußten die Sporen jedesmal erst etwa 2 Zoll innerhalb des Cylinders im Wasser hinab- und dann etwa ebenso weit außerhalb des Cy- linders hinaufsteigen, um zu der dort befindlichen Fliege gelangen zu können. Da ich diesen Versuch nun sehr häufig wiederholte, und auf der Fliege außerhalb des Cylinders stets schon nach we- nigen Stunden die beweglichen Sporen sich einfanden, so scheinen die beweglichen Sporen einen Weg von 4 Zoll, d. h. eine Ent- fernung zurücklegen zu können, die ihre eigene Größe mehrere tausend Male übertrifft. Man könnte hiergegen zwar einwenden, daß geringe Temperaturveränderungen schon Strömungen in dem Wasser des Versuchsglases erregt haben könnten, welche die Sporen in ihrer bedeutenden Ortsveränderung mindestens unter- stützt hätten, allein schon die natürlich weit geringere, sicht- bare Ortsveränderung der Sporen unter dem Mikroskop ist im Verhältniß zu ihrer eigenen Größe sehr bedeutend. Ich habe die Entfernung einiger Sporen, die ziemlich weit von der Spor- angiumöffnung in Ruhe übergegangen waren, in gerader Linie gemessen. Sie betrug einen Millimeter, also immer noch das Fünfzigfache der Sporengröße. Diese bedeutende Ortsveränderung der Spore ist mit einer lebhaften, bald nach rechts, bald nach links gerichteten Drehung um ihre Längsaxe verbunden. Man hat auf zweierlei Weise versucht, der Erklärung dieser Bewegung um einen Schritt näher zu rücken. Die Einen setzten die Ursache der Bewegung der sogenannten Zoosporen in eine Contraetilität der Fäden, mit welchen diese Sporen versehen sind; die Anderen sehen sie als einen Effect der Endosmose an. Gegen F N L der Achlya prohfera. 37 die erste Ansicht hat Nägeli!) bereits gewichtige Gründe bei- gebracht. Indem ich hierauf verweise, füge ich für die Bewegung der Achlya-Sporen noch Folgendes hinzu. Der Faden der Achlya- Spore bewegt sich noch, wenn diese schon ruht, woraus also mit Sicherheit hervorgeht, daß die Bewegung des Fadens wenigstens nicht immer eine Bewegung der Spore hervorrufen kann, vielmehr wird hierdurch wahrscheinlich, daß beide Bewegungen eine ge- meinsame Ursache haben, welche, wenn die Spore zur Ruhe kommt, nur schwächer geworden, noch den leicht beweglichen Faden in Schwingungen versetzen, aber nicht mehr die Spore fortzurücken vermag. Es liegt nahe, die Endosmose für diese gemeinsame Ur- sache ?) zu halten. Man hat jedoch nur wenig versucht, die Art, in welcher die Endosmose jene Bewegung hervorrufen soll, näher zu bezeichnen. Soll die Endosmose die bewegende Kraft sein, so muß sie natürlich an bestimmten Stellen der Spore stärker wirk- sam sein, als an der übrigen Fläche der Sporenmembran. Nun meint Nägeli allerdings, daß die Endosmose vorzüglich an der hellen Spitze der Spore stattfinden soll, und erklärt hieraus das Vordringen der Spore in der Richtung der Spitze. Der Spitze soll aber die Thätigkeit der Endosmose vorzüglich zukommen, weil sie das Wurzelende der Spore vorstellt, wie die spätere Anheftung dieser mit der Spitze beweisen soll. Abgesehen davon, daß hier- durch nur das Vordringen, nicht aber die Axendrehung der Spore erklärt würde, glaube ich überhaupt nicht, daß so leicht Jemand sich mit dieser Anschauung wird befreunden können, da sie der späteren Anheftungsstelle der Spore nicht nur die mor- phologische Bedeutung, sondern auch die physiologische Thätigkeit der Wurzel höherer Pflanzen zusprechen will. Vielmehr glaube ich, daß, wer die Bewegung durch Endosmose erklären will, aus der Structur der Spore nachweisen muß, warum die Endosmose an einzelnen Stellen der Spore stärker wirksam sein muß, als an anderen, und wie aus der stärkeren Wirksamkeit der Endosmose an diesen Stellen die Bewegung hervorgehen kann. Berücksichtigt man nun die von mir an den Achlya-Sporen 1) Gattungen einzelliger Algen. p. 22. 2) Wenn hiergegen Siebold (Zeitschrift £. w. Zoologie 1849. Bd. I. p. 287) hervorhebt, daß der Faden, wenn seine Bewegung eine Folge endosmotischer Strömungen wäre, nothwendig bei dem schnellen Vordringen der Spore zurück- gebogen werden müßte, so bemerke ich, daß der Faden bei der schnellen Bewegung der Spore gar nicht gesehen wird. 38 Die Entwicklungsgeschichte aufgefundenen Oeffnungen der äußeren Membran, so ist klar, daß an diesen der Stoffaustausch stärker stattfinden muß, als an der übrigen Membran. Da nun zwei von diesen Oeffnungen seit- lich liegen, so wäre durch die Annahme einer schiefen Stellung derselben gegen die Sporenaxe die Axendrehung der Spore leicht erklärt. Auf das Vordringen der Spore könnte vielleicht die hintere Oeffnung von Einfluß sein, wenn durch diese die Stoff- ausscheidung geschähe. Ich kann hier auf eine andere Erklärung des Fortrückens der Spore, auf welche Herr Professor Magnus mich aufmerksam gemacht hat, hinweisen. Nach dieser Erklärung würde dem beweglichen Faden allerdings eine Bedeu- tung für die Ortsbewegung der Spore zugesprochen werden. Es soll nämlich die Endosmose vorzüglich durch den Faden ver- mittelt werden, was sowohl durch seine überaus große Zartheit wahrscheinlich wird, als auch noch durch eine eigenthümliche Structur desselben bewirkt werden könnte. Durch diese Annahme würde nicht nur die Ortsveränderung der Spore, sondern die mit dieser stets zusammenfallende eigenthümliche Bewegung des Fadens erklärt. Zur Erklärung der Axendrehung der Spore ist übrigens nicht einmal die Annahme einer schiefen Stellung der Membran- öffnungen gegen die Sporenaxe durchaus nöthig, da selbst bei senkrechter Durchbohrung der Membran durch diese seitlichen, nicht diametral gegenüber gestellten Oefinungen eine Drehung er- folgen müßte, wenn das Größenverhältniß der durch die beiden Oefinungen einströmenden Flüssigkeitsmengen nicht constant gleich bliebe. Die gesammte Bewegung der Spore würde daher als das Resultat der durch den beweglichen Faden und die seitlichen Oeffnungen stattfindenden Endosmose betrachtet werden können. Hiernach würde man wohl schließen können: weil durch den be- weglichen Faden die Stoffaufnahme in Folge seiner Beschaffenheit vorzüglich stattfindet, so wird die Spitze der Spore zur späteren Anheftungsstelle (Wurzel); nicht aber umgekehrt, weil die Spitze die Wurzel vorstellt, geschieht durch sie die Stoffaufnahme. Dieser Versuch einer Erklärung der Bewegung durch Endosmose dürfte vielleicht dann mehr Werth erhalten, wenn es gelingen sollte, auch an anderen beweglichen Pflanzenkeimen- und den fortrückenden, niederen Algen eine ähnliche Structur der Membran nachzuweisen, wie sie bei den Sporen der Achlya vorhanden ist). 1) Hierbei verdient verglichen zu werden, was Nees v. Esenbeck über der Achlya prolifera. 39 V. Ueber Zellenbildung und Zellenwachsthum. Die Bildung neuer Zellen in der Achlya beschränkt sich auf die Entstehung der Sporangien und Sporen. Das Ende jedes Zweiges bildet sich, sobald er aufhört, sich in die Länge zu strecken, in ein Sporangium um. Ob der Abschließung des Zweigendes zum Sporangium die Bildung einer die Endspitze ausfüllenden, vollständigen Zelle oder bloß die Entstehung einer Querwand zu Grunde liegt, darüber sind die beiden Beobachter, die am ge- nauesten auf die Untersuchung dieser Frage an der Achlya ein- gegangen sind, uneinig. Unger!) behauptet, daß sich bloß eine - Scheidewand gebildet hat, und sieht gerade die Bildung der Sporangien der Achlya als ein günstiges Beispiel seiner meris- matischen Zellbildung an. Er stützt sich darauf, daß an den Seitenwänden des gebildeten Sporangium eine doppelte Haut weder sichtbar sei, noch sich durch eine Verdickung der Seitenmembranen bemerkbar mache. Dagegen glaubt Nägeli?), aus Analogie mit anderen ähnlichen Zellbildungen, besonders aber aus dem Umstande, daß er öfters in einem Zweigende mehrere Sporangien sich bilden sah, von denen jedes, durch freie Zell- bildung entstanden, natürlich mit einer eigenen vollständigen Membran versehen war, schließen zu dürfen, daß auch in dem Falle, wenn nur ein einziges Sporangium im Zweigende sich bildet, dieses ebenfalls mit einer eigenen Membran allseitig bekleidet sei. Das die Membran des Zweigendes bei gebildetem Sporangium nicht dicker erscheine, als früher, ist nach ihm einfach eine Folge davon, daß diese Membranen überhaupt eine unmeßbare Dicke besitzen. Uebrigens hat, wie Nägeli behauptet, die Wand des Sporangium häufig, besonders später, in der That eine größere Dicke, als die des Schlauches. Ich kann dieses letztere Factum bestätigen, und es ist um so mehr in die Augen springend, als häufig die Membran des Sporangium zwei Conturen besitzt, während die des Schlauches nur einen einzigen zeigt. Leider habe ich dagegen nie die Bildung mehrerer Sporangien in die „Wachsthumsbewegung“ in der 2. Abth. des 20. Bandes der Nova Acta, be- sonders auf S. 569 ff., in Anregung gebracht hat. Die Red. 1) a.a ©. 2) Zeitschrift für w. Bot. Hft. 1. p. 102. Hft. 3 u. 4. p. 28. 40 Die Entwieklungsgeschichte einem Zweigende beobachten können. Daß die Ansicht Nägeli’s jedoch vollkommen richtig ist, dafür kann ich directe. Beweise beibringen, da es nicht selten gelingt, die Membran des Sporangium von der Schlauchmembran losgetrennt zu beobachten. Achtet man genau auf die Spitze eines geöffneten Sporangium, so kann man meistens die Begrenzung der Oeffnung des Fortsatzes als eine sehr feine Linie erkennen (o Fig. 1 u. 2 Taf. III; d Fig. 1 Taf. V), seltener erkennt man beide Linien (k Fig. 1 Taf. V), die obere und die untere, die zusammen die Oeffnung einschließen. Es hängt dieses sehr von der Dicke der Membran ab, aber nur selten sieht man keine von beiden Linien (Fig. 6 Taf. V). Außer diesen Begrenzungslinien der Oefinung des Fortsatzes wird man bei genauer Beobachtung fast ohne Ausnahme jedes Mal noch an der Basis des engen Fortsatzes (m Fig. 1 u. 2 Taf. III; e Fig. 1 Taf. V) eine sich über und unter demselben hinziehende Linie bemerken. Diese Linie bildet, wie an ihren seitlichen Endpunkten (m Fig. 1 u. 2 Taf. III), die etwas über den Fortsatz seitlich hinausragen, scharf gesehen werden kann, gleichsam einen den Fortsatz an seiner Basis umfassenden Ring, der aber nichts Anderes ist, als die Begrenzungslinie der Oefinung des ursprünglichen Zweigendes, durch welche die eigentliche Sporangiumzelle hin- durchgebrochen ist, als sie sich in einen Fortsatz — an dessen Bildung die Membran des Zweigendes nicht Theil nimmt — verlängerte. Kann man schon hieraus fast ohne Aus- nahme an allen Sporangien, die man untersucht, die Selbstständigkeit des Sporangium als einer in dem Schlauchende liegenden und dasselbe erfüllenden vollständigen Zelle erkennen, so wird dieses noch vollkommen bestätigt, wenn, was häufig geschieht, die Schlauch- membran zerreist und noch als eine zerrissene Hülle die Sporangium- zelle umgiebt (Fig. 3 Taf. V). Diejenigen, die mit Unger das Schlauchende nur durch eine untere Querwand abgeschlossen glauben, könnten gegen diese Auffassung nur einwenden, daß in diesen Fällen das Sporangium nicht mehr einfach sei, sondern daß bereits ein zweites Sporangium von gleicher Größe in das erste hineingewachsen sei und sich geöffnet habe. Daß dies jedoch nicht der Fall ist, davon kann man sich in den außerordentlich wenigen Fällen, in welchen ein zweites Sporangium von gleicher Größe in das erste hineinwuchs, überzeugen. Die Fortsätze der Sporangien legen sich in solchen Fällen nie aneinander (Fig. 5 der Achlya prolifera. 41 Taf. V), und man kann an jedem der beiden Fortsätze beide Oeffnungen, die der Sporangiumzelle an der Spitze und die des ursprünglichen Schlauchendes an der Basis des Fortsatzes, er- kennen und sieht sogar, in manchen Fällen wenigstens, an dem einen Sporangium beide Membranen, die des Schlauchendes (a Fig. 5 Taf. V) und die der Sporangiumzelle (b Fig. 5 Taf. V), die sich theilweise von einander gelößt haben. Endlich kann man an sicher einfachen Sporangien, deren Entstehung man an Zweigen, die noch nicht fructificeirt haben, selbst beobachtet hat, nach ihrer Entleerung beide Oeffnungen an der Spitze und an der Basis des Fortsatzes deutlich erkennen. — Die untere Scheidewand des Sporangium (Fig. 5, 6 Taf. I) ist, wie bereits früher gezeigt wurde, eine doppelte, die obere gehört der Sporangium- zelle an, während die untere nur eine Querwand ist, die, nach der Bildung der Sporangiumzelle entstanden, den unten liegenden Schlauchtheil von Neuem an seiner Spitze abschließt. Diese Wand hat sicher ihren Ursprung nicht der Bildung einer vollständigen, etwa den unteren Schlauch völlig erfüllenden Zelle zu danken, denn abgesehen auch davon, daß selbst bei dem Vorhandensein mehrerer Sporangien an einem Zweigende (Fig. 1 Taf. V) niemals eine Spur mehrfacher Häute an dem unteren Schlauch wahrge- nommen wird, so stellen sich schon der bloßen Annahme des Vor- handenseins solcher Häute gewichtige Gründe in den Weg. Da der Achlya-Schlauch mit allen seinen Zweigen eine einzige Zelle darstellt und sich keinerlei sonstige Querwände in demselben vor- finden, so müßte man annehmen, daß alle unter den Sporangien der einzelnen Zweige mehrfach nach einander entstehenden Zellen als Innenzellen den gesammten Schlauch mit allen seinen Ver- zweigungen auskleiden. Durch eine solche fortwährende Anlagerung neuer Zellwände an die ursprüngliche Schlauchmembran müßte doch mindestens irgend einmal eine Verdiekung dieser Membran beobachtet werden können, und dennoch sind die Membranen der ältesten Schläuche noch so dünn, daß sie meist nur einen einzigen Contur besitzen. Nachdem das Sporangium sich an seiner Spitze geöffnet und die Sporen entlassen hat, schiebt sich, wie bekannt, diese Quer- wand vor (Fig. 15 Taf. I). Sie muß hierbei nothwendig die untere Wand der früheren Sporangiumzelle durchbrechen. Es ist nun be- merkenswerth, daß man nur selten — wahrscheinlich in Folge der 42 Die Entwicklungsgeschichte Anfüllung des Schlauchtheiles unterhalb der vordringenden Quer- wand mit Protoplasma und wegen der großen Dünne der Membran der ersten Sporangiumzelle — eine Andeutung dieser Durch- brechung so wie bei a Fig. 6 Taf. V sieht. Auch bei Bildung der kugeligen Sporangien (ce Fig. I Taf. II) entsteht in dem betreffenden Schlauchtheile eine vollständige Zelle. Diese liegt sogar hier, wie man meist an der Peripherie der Kugel- sporangien erkennen kann, nicht völlig an der Schlauchmembran an und ist mit dieser nuran den Umgrenzungsstellen der ovalen Löcher verwachsen. Daß diese Löcher die Schlauchmembran und die Haut der Sporangiumzelle durchziehen, geht schon aus dem, was über diese Löcher gesagt wurde, hervor. In beiden Sporangien-Arten bilden sich die Sporen durch wandständige Zellbildung (Nägeli) um eine gegebene isolirte In- haltspartie. Es hat sich aus dem Vorhergehenden bereits ergeben, wie weit man diesen Vorgang in diesen Beispielen mit dem Auge zu verfolgen im Stande ist. Gegen Nägeli, der hier der Individuali- sirung der Inhaltspartien die Bildung von Kernen, obwohl er sie selbst nicht gesehen hat, der Analogie wegen vorhergehen läßt, kann ich mit Bestimmtheit versichern, daß bei Bildung dieser Zellen kein Kern mitwirkt, man müßte denn jedes beliebige Inhalts- körnchen einen Cytoblasten nennen wollen. Die Undurchsichtigkeit des Protoplasma, aus dem die Sporen sich bilden, ist durchaus nicht so groß, um die Wahrnehmbarkeit eines Cytoblasten, wenn er vorhanden wäre, zu verhindern. Man kann besonders bei Bildung der unbeweglichen Sporen wohl sehen, was in dem Innern der ein- zelnen Protoplasmatheile vorgeht, wie dies der mittlere Oeltropfen (d Fig. 1 Taf. II) zeigt, dessen Bildung und Wachsthum man genau verfolgen kann, und erkennt deutlich, daß das Protoplasma aus lauter einzelnen, völlig gleichartigen, sehr kleinen Körperchen be- steht. Ebenso ist weder bei Bildung der Sporen noch bei Bildung des Sporangium eine Erscheinung wahrnehmbar, die auf die Ver- muthung führen könnte, daß diese Zellen sich in der von Karsten!) behaupteten Weise bilden. Die Annahme einer solchen Zellbildungs- weise scheint mir weder nothwendig noch begründet. Dagegen deuten alle beobachteten Erscheinungen darauf hin, daß die Zell- 1) De eella vitali. der Achlya prolifera. 43 membran sich hier nach und nach an der Peripherie einer hülllosen Protoplasmamasse ausscheidee Sämmtliche Er- scheinungen stimmen mit dieser Ansicht und unter einander schön überein. Das Zerfallen des Protoplasma der kolbigen und kugeligen Sporangien in einzelne Theile, die Loslösung dieser Theile von einander und die allmälige Bildung einer Membran an ihren freien Seiten läßt sich direct beobachten. Wenn man Gelegenheit hat, Sporen in halbfertigem Zustande zu beobachten, so findet man sie stets noch mit der benachbarten Spore durch einen schleimigen Strang zusammenhängend (k, i Fig. 10 Taf. I), während an ihrer freien Seite die Membran schon theilweise oder voll- ständig vorhanden ist. Endlich stimmt auch der beobachtete Vor- gang bei einer späteren nochmaligen Theilung einer schon ruhen- den Sporenzelle (Fig. 17 Taf. I) mit der Sporenbildung innerhalb des Sporangium überein. So sehr nun gerade in diesem Beispiele die Richtigkeit der von Nägeli behaupteten. Zellbildungsweise „um eine individualisirte Inhaltspartie“ sich klar ausspricht, so möchte doch gerade hier ein Beweis dafür zu finden sein, daß die von Nägeli!) gemachte Unterscheidung zwischen freier und wand- ständiger Zellbildung nicht zulässig ist. Die Bildung der Sporen geschieht meist durch wandständige, oft durch freie Zellbildung (Fig. 8, 9 Taf. II). Ebenso bilden sich die gewöhnlich durch wand- ständige Zellbildung entstehenden Sporangien, nach Nägeli, oft durch freie Zellbildung. Daß diese beiden von Nägeli geschiedenen Zellbildungsweisen sich gegenseitig vertreten können, das spricht dafür, daß sie nur zufällige 'Verschiedenheiten des wesentlich gleichen Vorganges sind, wobei, wie ich glaube, nur die größere oder geringere Erfüllung der Mutterzelle mit Inhalt maßgebend ist. Das Wesentliche und Gemeinsame ist nur, daß an der Peripherie einer gesonderten Protoplasmamasse eine Mem- bran entsteht. Ueber die Umstände, welche den Inhalt einer Zelle bestimmen, sich in eine häufig bestimmte Anzahl einzelner Partien zu sondern, ist bis jetzt wohl noch nichts Sicheres bekannt. Daß die Bildung von Cytoblasten der Individualisirung der einzelnen In- haltspartien nicht immer sichtbar vorhergeht, zeigt die Bildung der Achlya-Sporen, und erkennt Nägeli zwar selbst an, behauptet 1) Zeitschrift für w. Bot. 44 Die Entwicklungsgeschichte aber dennoch, daß das Auftreten von Zellkernen vor Individuali- sirung der Inhaltspartien allgemeines Gesetz ist!) Auch über das Verhältniß des Primordialschlauches zu der Zelle, die er aus- kleidet, lassen sich bei Entstehung der Sporen und Sporangien der Achlya einige Beobachtungen machen. Bei der geschilderten Bildung der beweglichen Sporen hängen die schon mit Cellulose-Membranen bekleideten Sporen noch durch Oeffnungen dieser Membranen (h, :, k Fig. 10 Taf. I) mit einander zusammen. Nach der völligen Trennung der Sporen sieht man den Primordialschlauch als eine vollständige Innenzelle auch die Oeffnungen der äußeren Membran verschließen (b Fig. 18 Taf. ]). Hier ist man wohl zur Annahme genöthigt, daß der Primordial- schlauch sich später gebildet hat, als die Zellmembran der Zelle, die er auskleidet. Daß der Primordialschlauch wohl zu den Um- wandelungen, die der in ihm enthaltene Zellinhalt erleidet, aber nicht zu der Bildung der Zellmembran, die er auskleidet, in Be- ziehung steht, dafür sprechen auch folgende Beobachtungen, welche darthun, daß der Primordialschlauch an den Veränderungen, die das Protoplasma der Zelle erfährt, gleichmäßig Theil nimmt. Noch während der Bildung der Sporen, wenn sie schon theilweise von einander getrennt sind, läßt sich der gesammte Primordialschlauch des Sporangium loslösen (Fig. 4 Taf. V; Fig. 16 Taf. II). Sobald die Sporen vollständig ausgebildet sind (Fig. 9 Taf. I; Fig. 10 Taf. II), ist der Primordialschlauch des Sporangium verschwunden. Es trägt daher der Primordialschlauch des Sporangium so gut, wie das übrige Protoplasma, zur Bildung der Sporen bei. Man kann aber nicht annehmen, daß er etwa durch Theilung unmittelbar in die Primordialschläuche der einzelnen Sporen zerfällt, denn dem widerspricht, abgesehen von der Schwierigkeit der Vorstellung eines solchen Vorganges in diesem Falle, die Bildungsweise der Sporen. Die aus den Sporen hervortretenden Achlya-Schläuche, die eine 1) Es scheint mir, als sei die Einschnürung der Wand der Mutterzelle, die an den Stellen, wo später eine Querwand die Mutterzelle scheinbar theilt, der Bildung dieser vorhergeht, eine bedingende Ursache der Trennung des Inhaltes der Mutterzelle an dieser Stelle, worauf an der Peripherie der beiden gesonderten Inhaltstheile sich neue Membranen bilden. Die Entstehung dieser Querfalte der Membran der Mutterzelle vor der Bildung der Querwand kann man sehr schön bei der Keimung einzelliger Sporen der Fadenpilze beobachten, wo häufig die Einschnürung und die darauf folgende Querwand sich auch nicht in der Mitte der Mutterzelle bilden. der Achlya prohfera. 45 einzige, lange, verästelte Zelle ohne jede Querwand darstellen, wachsen bei ihrer Verlängerung nur an ihrer Spitze, die sich fort- während bis zur Bildung des Sporangium vorschiebt. Man kann dieses bei dem Wachsthum verästelter Schläuche wahrnehmen, da diese an der Spitze sich fortwährend verlängern, während die Theile des Schlauches zwischen den Zweigen nicht mehr größer werden. Nägeli hat mit Recht auf diese von ihm mit dem Namen des Spitzwachsthums belegte Weise der Zellenvergrößerung Gewicht gelegt, denn dieses Wachsthum ist, wie sich an der Achlya er- weisen läßt, durch eine eigenthümliche Richtung der Endosmose bei diesen Zellen‘ bedingt. Die Endosmose der so wachsenden Zellen findet nämlich vorzüglich — vielleicht allein — durch die ‘Spitze statt. Dafür spricht: 1) daß der Inhalt der Schläuche un- mittelbar unter der Spitze stets heller und dünnflüssiger ist als der weiter unten liegende Inhalt des Schlauches — so lange näm- ander Sschlauech sieh "nicht zur. Bildung” des Sporangium anschickt —; 2) daß man den Primordial- schlauch des Achlya-Schlauches an dessen Spitze sehr häufig von der Membran des Achlya-Schlauches losgelöst findet (bei a Fig. 10 Taf. V), was sich durch das Eindringen einer Flüssigkeit an dieser Stelle erklären läßt; 3) daß die ausgebildeten Sporen im Sporangium unterhalb der Spitze stets etwas zurücktreten (a Fig. 9 Taf. I) — was nur durch ein Einströmen von Flüssigkeit an dieser Stelle erklärt werden kann —; 4) daß die oberen Sporen des Sporangium stets früher reifen als die unteren. Es läßt sich auf solche Weise die Vergrößerung einer Membran durch sogenannte Intussusception anschaulich machen. Nur der Theil einer Zellmembran kann sich vergrößern, durch welchen unmittelbar Endosmose stattfindet. Die Vergrößerung geschieht dadurch, daß die endosmotisch ein- strömende Flüssigkeit während ihres Durchströmens durch die Membran in Folge chemischer Wechselwirkung zwischen Flüssig- keit und Membran in dieser neue Substanz ablagert. Eine all- seitig wachsende Zelle würde sich daher von einer solchen, die nur an bestimmten Stellen wächst, wesentlich, und zwar dadurch unterscheiden, daß bei der ersten die Stoffaufnahme an der ganzen Fläche der Zellmembran gleichmäßig geschieht, während sie an der anderen vorzugsweise an der wachsenden Stelle statt- findet. Es genüge die Andeutung, wie wichtig der umgekehrte Schluß von der einseitigen oder allseitigen Vergrößerung der Zellen 46 Die Entwicklungsgeschichte auf die Richtung der Saftströmung bei Betrachtung des Wachs- thums des Pflanzenkörpers sein kann. Trotzdem, daß der untere Theil des Schlauches nicht mehr in die Länge wächst, kann doch an einer — wie es scheint — morphologisch unbestimmten Stelle desselben plötzlich eine starke endosmotische Strömung beginnen. Diese Stelle wächst in Folge dessen seitlich zu einem Zweige aus, der sich wieder durch Spitzenwachsthum verlängert. Hierauf be- ruht die Möglichkeit der Verästelung der Schläuche. Während so die Endosmose meist eine Vergrößerung des Theiles der Zellwand, durch den sie strömt, vermöge einer Ab- lagerung neuer Stoffe bewirkt, so kann sie in anderen Fällen dagegen eine Verminderung der Masse und sogar völlige Auflösung des Theiles der Zellwand, durch den sie strömt, verursachen. Man kennt viele Fälle, in welchen die Endosmose diese Wirkung hat, so z. B. bei den Querwänden der Spiralgefäße. Zwei Bei- spiele einer solchen Wirkung der Endosmose liefert auch die Achlya. Die Löcher der kugeligen Sporangien (Fig. 12 Taf. II) können wohl auf keine andere Weise entstanden sein. Die früheren Zustände des Sporangium machen dieses höchst wahrscheinlich. Wir haben gesehen, daß das Protoplasma der Sporangien sich mit Freilassung ovaler oder runder Stellen an der inneren Wand des Sporangium anordnet (ce Fig. 1 Taf. II). Bei dem später ein- tretenden Stoffaustausch muß die Endosmose nothwendig ihren Weg vorzüglich durch diese von Protoplasma freigelassenen Stellen nehmen, und da die Membran dieser Stellen bald darauf ver- schwindet, so liegt es wohl nahe, dies einer Auflösung der Membran durch die Endosmose zuzuschreiben. Noch viel deutlicher ist der Einfluß der Endosmose bei Bildung der Oeffnung an den Fort- sätzen der kolbigen Sporangien. Ich habe schon früher auf die Umstände aufmerksam gemacht, die darauf hinweisen, das die Endosmose an den Schläuchen, die noch nicht fructificirt haben, hauptsächlich durch die Spitze stattfindet (S. 4445). Während der Anfüllung der Spitze mit Protoplasma scheint dieses Verhält- niß aufzuhören, beginnt jedoch nach Bildung der Sporangiumzelle in der Zweigspitze sogleich wieder und macht sich schon durch die Bildung des Fortsatzes, so wie durch die bereits erwähnte frühere Reife der oberen Sporen und ihr Zurücktreten von der Spitze des Fortsatzes geltend, und so ist auch die Auflösung der den Fortsatz nach oben schließenden Wand eine Folge der durch der Achlya prolifero. 47 diese Wand stattfindenden Endosmose. Es löst sich nicht, wie ‘Schleiden irrthümlich behauptet, bei der Oeffnung des Sporangium ein Deckel von dem Sporangiumfortsatze ab; niemals ist eine ‘Spur eines solchen Deckels zu finden, sondern man erkennt die allmälige Auflösung der den Fortsatz nach oben verschließenden Wand dadurch, daß die obere Begrenzungslinie des Fortsatzes, die anfänglich sehr scharf und dunkel ist, nach und nach immer heller und undeutlicher wird. Hiermit stimmt auch ein anderes, bereits erwähntes Phänomen (S. 12 Anm.) überein. Wenn, wie es dort der Fall ist, wegen eines Hindernisses in der normalen Austrittsöffnung, die Sporen an einer andern Stelle entweichen müssen, so sehen wir an der Stelle des Sporangium, wo ein neues Loch plötzlich gebildet werden soll, die benachbarten Sporen zurückweichen, was doch nur durch eine hier stattfindende Strömung von außen nach innen erklärt werden kann, und bald darauf ist die Membran an dieser Stelle verschwunden, wofür nun die nächst- liegende Erklärung gewiß die Auflösung derselben durch die daselbst stattfindende Endosmose ist!). VI. Ueber das Vorkommen und über verschiedene Species der Achlya. Am häufigsten wurde die Achlya bis jetzt auf den Körpern in Verwesung übergehender Insecten, besonders der Stubenfliegen, sefunden. Außerdem wurde sie sowohl auf anderen verwesenden Thieren, z. B. Schnecken, als auch auf noch lebenden Fischen und Fröschen beobachtet. Auch auf verwesenden Pflanzentheilen und noch lebenden Wassergewächsen wurde sie angetroffen; so 2. B. von Meyen auf einem Blatte von Viscum album, von 1) Ich sehe mich hier veranlaßt, denen, die sich von der Zellbildung um einen gegebenen Inhalt und von dem Spitzenwachsthum leicht und sicher über- zeugen wollen, die Untersuchung dieser Vorgänge an der Achlya besonders zu empfehlen. Der gesammte Vorgang der Zellbildung liegt hier so klar vor Augen, daß sich dieses Object, vielleicht wie kein anderes, sogar zur Demonstration der Zellbildung bei Vorträgen eignet. Die Untersuchung wird noch besonders durch den Umstand begünstigt, daß man zu jeder Jahreszeit die Bildung der Sporen hervorrufen und sogar im Voraus die Stunde bestimmen kann, wann die Bildung der Sporangien und Sporen sich wird beobachten lassen. Die Untersuchung der Bildung und der Bewegungserscheinungen der beweglichen Sporen wird am besten etwa 24 Stunden nach Aussaat der Sporen vorgenommen werden, 48 Die Entwicklungsgeschichte Kützing auf einem in’s Wasser gefallenen Pappelzweige und von van den Bosch parasitisch auf den Wurzeln einer Hydrocharis morsus ranae. Ich selbst habe ihre Entwicklung bis jetzt nur auf todten Fliegen und Spinnen verfolgt. Fast sämmtliche Beobachter haben die Schläuche mit den kugeligen Sporangien und unbeweg- lichen Sporen nicht gesehen. Da, wie ich gezeigt habe, die Bildung dieser Sporangien und Sporen von einer Veränderung der Nahrung der Achlya abhängt, so ist es wohl möglich, daß die Achlya diese Sporangien und Sporen, wenn sie z. B. auf Fischen oder Fröschen wächst, gar nicht oder erst nach lang andauernder Verwesung des Thieres bildet. Nun haben die meisten Beobachter ihre Beobachtung nur wenige Tage hinter einander fortgesetzt; es möchte also wohl hierin der Grund liegen, warum sie die kugeligen Sporangien und un- beweglichen Sporen nicht gefunden haben. Leider geben Schleiden und Nägeli, die diese Sporangien und Sporen gesehen haben, nicht an, auf welchem Boden die Achlya bei ihrer Beobachtung wuchs. Bei dem wesentlichen Einfluß des Bodens, aus dem die Achlya ihre Nahrung bezieht, auf die Form ihrer Sporangien und Sporen, wäre es gewiß interessant, ihre Entwicklung auf verschiedenen Unterlagen zu beobachten. Einige Versuche, sie auf anderen Körpern wachsen zu lassen, als auf welchen sie gewöhnlich gefunden wird, sind mir bis jetzt mißlungen. Je nachdem die Beobachter der Achlya diese Pflanze für einen Pilz oder für eine Alge hielten, ordneten sie dieselbe ver- schiedenen Algen- oder Pilz-Gattungen unter. So wurde sie Conferva ferax von Gruithuisen, Vaucheria aquatica von Lyngbye, Mucor imperceptibilis und spinosus von Schrank genannt. In einem Anhang zu einer Abhandlung von Carus!) „über die an verwesenden Thierkörpern unter Wasser sich er- zeugenden Schimmel- oder Algen-Gattungen“ hat Nees v. Esen- beck die hierher gehörigen Formen unter drei von ihm neu auf- gestellte Gattungen gebracht, die er folgendermaaßen bestimmt: 1) Saprolegnia. Fila simplicia, articulata, sporas per articu- los sibi succedentes simplices motu praeditas spargentes. 2) Achlya. Fila simplicia, vel sub apice evacuato prolifera, continua, sporas post emissionem motu indistincto in globulos concrescentes efjundentia. 1) Nova Acta. Vol. XI. P. II. p. 493. der Achlya prolfera. 49 3) Pythium. Fila simplicia vel ramosa, apicibus in vesiculas globosas (sporas colligentes?) inflata. Die Gattung Pythium, aus Mucor spinosus und imperceptibilis Schrank gemacht, verdankt ihre Entstehung wohl nur einer unvoll- ständigen Beobachtung kugeliger Sporangien an den Achlya- Schläuchen. Die Gattung Saprolegnia, aus der von Gruithuisen auf Schnecken gefundenen und mit Conferva ferax bezeichneten Form (s. S. 3) gebildet, soll sich von der Achlya hauptsächlich dadurch unterscheiden, daß ihre Schläuche gegliedert und anver- ästelt sind. Es geht aber aus der Darstellung von Gruithuisen hervor, daß er nur die die Sporangien bildenden Spitzen der Schläuche beobachtet hat, weshalb er die Schläuche für unver- zweigt und die Sporangien, die sich oft hintereinander bilden, für Glieder der Schläuche hielt. Es muß also die Gattung Pythium und Saprolegnia wegfallen und ich habe deshalb den übrigens allgemeiner verbreiteten Namen ‚„Achlya“ und nicht den von Kützing vorgezogenen „Saprolegnia“ für diese Pflanze hier bei- behalten. Der Gattungscharakter der Achlya wäre nun folgender: Fila ramosa, inarticulata, achromatica. Sporae vel mobiles in sporangüs clavatıs, vel tranquillae in sporamgüs globosis. Dieser Gattungscharacter würde sich von dem der Gattung „Saprolegnia“ in der Species Algarum von Kützing nur dadurch unterscheiden, daß das Vorhandensein der in eigenthümlichen Sporangien befindlichen, größeren, runden, unbeweglichen Sporen in demselben mit aufgenommen ist. Kützing bemerkt dort nur nebenbei, daß andere, als die gewöhnlichen Sporen von Schleiden sesehen worden sind. Da es aber aus dem Vorhergehenden er- hellt, daß die Achlya möglicherweise einmal bloß mit jenen unbe- weglichen Sporen versehen gefunden werden kann, ohne daß gleichzeitig die beweglichen vorhanden sind, so scheint es mir nothwendig, die Beschreibung der unbeweglichen Sporen mit in den Gattungscharacter aufzunehmen. In dem eben erwähnten Werke von Kützing werden acht Species der Achlya aufgeführt. Kützing selbst hat über die Bedeutung der in seinen Werken aufgestellten Arten der niederen Algen sich folgendermaaßen aus- gesprochen: „Die Arten der niederen Tange sind, genau genommen, nur Formen, entweder von Entwicklungsstufen oder von Ent- wicklungsreihen“ (Vorrede zur Phycologia generalis p. XIII), und Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Rd. II, 4 50 Die Entwicklungsgeschichte „meiner Meinung nach kann ein wahres System erst zu Stande kommen, wenn wir die Entwicklungsgeschichte aller Algenformen — die Entwicklungsreihen — aufgefunden und vollendet ‚haben. Dann können wir auch erst über den Werth und die Grenzen der wahren Species ein sicheres Urtheil erlangen“ (Bot. Zeitung von Mohl und Schlechtendal, Jahrg. 1849, S. 589). Da er somit selbst seinen Arten nur den Werth von Formen zuspricht, so scheint mir die gegen ihn geführte Polemik wegen Feststellung und Begründung seiner Arten unnütz, und der ganze Streit dreht sich eigentlich bloß um den Titel seines Werkes. Es wäre aller- dings vielleicht richtiger gewesen, hätte Kützing sein Werk „Formae Algarum“ und nicht „Species Algarum‘“‘ genannt, und hätte er diejenigen niederen Algen, die durch Verfolg ihres Ent- wicklungsganges als sichere Arten erkannt worden sind, als eigentliche Species von den Formen getrennt und besonders aufgeführt. Es sind somit, wie ich glaube, ganz im Geiste des Verfassers der Species Algarum, die acht aufgeführten Species der Saprolegnia nur als ebensoviel beobachtete Formen dieser Pflanze aufzu- fassen, deren Verknüpfung in Entwicklungsreihen bestimmter Arten dem Monographen überlassen bleibt. Es ist nun noch meine Aufgabe, zu zeigen, welche von den in den Species Algarum be- schriebenen Formen — soweit ich aus der bloßen Be- schreibung derselben hierüber zu urtheilen im Stande bin — in die Entwicklungsreihe der von mir untersuchten Achlya proli- fera gehören. Sämmtliche Unterscheidungsmerkmale der acht Species sind von der Beschaffenheit der Schläuche der Achlya und von der äußeren Erscheinung des Rasens derselben, wie er sich dem unbewaffneten Auge darstellt, hergenommen. 1) Was nun zuerst den Umstand betrifft, daß die Achlya- Schläuche einmal in einem dichteren Haufen stehen (coelomata in cespitem densum aggregata Kützing), ein anderes Mal wolkenähn- liche Rasen bilden (coelomata in cespitem nubiformem aggregata Kützing), so hängt dieses natürlich nicht von einem Artunter- schiede, sondern bloß von der Beschaffenheit der Unterlage, auf der die Achlya wächst, und zugleich von dem längeren oder kürzeren Bestehen der Pflanze auf dem nährenden :Boden ab. Man betrachte z. B. hur die äußere Erscheinung eines auf einer Fliege wachsenden Achlya-Rasens mehrere Tage hintereinander, der Achlya' prolifera. 51 und man wird leicht beobachten können, daß der junge Rasen ein ganz anderes äußeres Ansehen besitzt, als der ältere. Wo die Sporen auf der ganzen Oberfläche des tragenden Körpers keimen können, da wird die Achlya einen dichten Rasen bilden, wo aber der Boden nur einzelne keimfähige Stellen den Sporen darbietet, wie z. B. auf einer Fliege, wo die Sporen nur an den von dem harten Hautskelet entblößten Theilen (Gelenke der Fliegenbeine u. 8. w.) sich entwickeln können, da wird der ganze Rasen auch lockerer und loser erscheinen, so dal man bei der auf einer Fliege wachsenden Achlya die einzelnen Schläuche sogar mit bloßem Auge zu unterscheiden im Stande ist. 2) Ebenso wenig kann die Dicke der Schläuche einen Art- unterschied begründen. Die jungen Schläuche, die noch nie fructifieirt haben, sind bedeutend dünner, als die älteren; die Stammschläuche, wie sie aus der Fliege hervortreten, sind um das Drei- bis Vierfache dicker als die Zweige. Schon ein Blick auf die Figuren 1 Taf. I und 4 und 5 Taf. III, die bei gleicher Vergrößerung gezeichnet sind, dient als Beweis. Je nachdem die Beobachter, welche meistens nur von der Unterlage abgeschnittene Schläuche untersucht haben, zufällig einen vorgerückteren oder früheren Zustand, den Hauptstamm selbst, oder nur seine ersten oder letzten Verzweigungen vor Augen hatten, mußten sie auch natürlich die Dicke der Schläuche verschieden angeben. 3) Dasselbe eilt von der beobachteten Verschiedenheit in der Anzahl der Verzweigungen, wonach die Schläuche das eine Mal mehr, das andere Mal weniger vielfach verzweigt sein sollen (coelomata ramosa; c. dichotoma; c. subsimplicia Kütz.). Die jungen Achlya-Schläuche sind weniger als die älteren, die Enden der Schläuche weniger als die unteren Stücke derselben verzweigt. 4) Die Form der Schlauchspitze ist sowohl in den verschiedenen Alterszuständen desselben Fadens, besonders zur Zeit der Sporan- sienbildung, als auch bei verschiedenen Individuen der Achlya ungleich. Sie ist bald spitzer, bald stumpfer, so daß auch diese ganz unwesentlichen Verhältnisse nicht zur Unterscheidung von Arten gebraucht werden können. Die Eigenschaft der Saprolegnia zylophila, von welcher sie den Namen hat, scheint mir auf einer Beobachtung der gewöhnlichen Endfortsätze der Sporangien (z. B. Ar 52 Die Entwicklungsgeschichte Fig. 4 Taf. V) zu beruhen, so daß eine jede Achlya während der Sporenbildung zu einer zylophila würde. 5) Die Farbe des Rasens scheint mir ganz unwesentlich zu sein. Alle von mir beobachteten Achlya-Rasen waren farblos. Es sind von Anderen einige Male grünliche und bläuliche Rasen be- obachtet worden. Berücksichtigt man den großen Einfluß, den der Boden, auf welchem die Achlya wächst, auf die Beschaffenheit dieser Pflanze ausübt, so scheint es gewiß erlaubt, die beobachtete Färbung dem Einfluß des Bodens und nicht einem specifischen Unterschiede zuzuschreiben. 6) Endlich muß ich noch einen Umstand in Erwähnung bringen. Wenn bei der Entleerung der Sporangien irgend welche störende Einflüsse auf die Spore im Augenblicke ihres Heraustretens ein- wirken, so bleiben die Sporen außerhalb des Schlauches unmittelbar vor der Austrittsöffnung nebeneinander liegen, ohne sich fortzu- bewegen. Die Sporen bilden alsdann einen vor der Sporangium- öffnung liegenden ziemlich runden Haufen, welcher nur undeutliche Bewegungen zeigt. Man kann die Erscheinung theils willkürlich durch einen geschickt angebrachten Druck im Augenblicke der Entleerung des Schlauches hervorrufen, theils beim zufälligen Ein- treten geeigneter Umstände beobachten. Man wird sicher sein, einzelne solcher kugelartigen Sporenhaufen vor den Sporangium- öffnungen zu finden, wenn man eine mit einem lebhaft vegetirenden Achlya-Rasen versehene Fliege bei schwacher Vergrößerung, um viele Schläuche auf einmal übersehen zu können, zur Zeit der Sporenentleerung beobachtet!). Solch eine unvollkommene Be- obachtung ist öfters gemacht, beschrieben und von Carus (Nova Acta. Vol. IX. Taf. 55 Fig. 7) auch abgebildet worden. Hierauf beruht die in dem Gattungscharakter der Achlya von Nees v. Esenbeck (s. S. 48) aufgenommene Bezeichnung: fila . sporas post emissionem motu indistincto in globulos concrescentes effundentia.e Auch Kützing’s achte Species, die Saprolegnia capitulifera, verdankt ihre Entstehung und ihren Namen einer solchen Beobachtung des verunglückten Heraustretens der Sporen. In dem Artcharakter heißt es dort: „pseudospermatiis mobilibus post „eruptionem in capıtulum terminale aggregatis.“ 1) Man sieht die einzelnen Sporen dieser Haufen nach einiger Zeit ganz auf die gewöhnliche Weise keimen, und man findet oft solehe Haufen, deren sämmtliche Sporen bereits Schläuche getrieben haben. der Achlya prolfera. 33 Es sind somit, mit Ausnahme der farbigen Achlya-Rasen, alle von Kützing getrennt beschriebenen Formen der Saprolegnia als verschiedene Entwicklungsformen einer einzigen Pflanze erkannt worden. Da nun diese geringen Farbenverhältnisse, wie Jedermann sewiß zugeben wird, keinen Artunterschied abgeben können, so slaube ich mich um so mehr zu dem Ausspruche berechtigt, daß die acht Formen der Saprolegnia in den Species Algarum von Kützing nur zu einer einzigen Species gehören, als es schon von vornherein kaum wahrscheinlich erscheint, daß es viele Species dieser Pflanze giebt. Eine morphologisch so einfache Pflanze, die gleichsam nur eine Zelle ist, und die sogar in den Formen ihres Samenbehälters und ihrer Samen so außerordentlich abhängig von dem Boden ist, der sie trägt, kann kaum mannigfache, specifische und constante Verschiedenheiten in ihrer Erscheinung darbieten. Aus diesem Grunde läßt sich auch der Artcharakter der Achly« prolfera — es scheint passend, diesen älteren Namen und nicht einen der neueren ;beizubehalten — nicht enger fassen, als der Gattungscharakter, und fällt mit diesem zusammen. Ich darf jedoch eine Beobachtung nicht übergehen, die auf eine zweite Species der Gattung Achlya hinzudeuten scheint. Es ist dies die von Meyen und Kützing gemachte Beobachtung von Mutterzellen für die Sporen in den Sporangien einer Achlye. Ich habe niemals diese Mutterzellen finden können; Schleiden erwähnt ausdrücklich, sie nicht gesehen zu haben; eine bestätigende Beobachtung dieser Mutterzellen ist mir nicht bekannt. So sehr nahe nun auch die Möglichkeit einer Verwechselung mit einem stark von Sporen er- füllten Sporangium zu liegen scheint, da in einem solchen die Sporen, durch gegenseitigen Druck einander beengend, ein einem Zellgewebe ähnliches Netz in dem Sporangium zu bilden scheinen — ein Irrthum, der bei der Entleerung der Sporen jedoch sogleich verschwinden muß — so wage ich bei der genauen Darstellung jenes Zellnetzes in den Zeichnungen von Meyen (Physiologie, Taf. X Fig. 19) und Kützing (Phycologia generalis, Tab. II Fig. 3), wo die Mutterzellen sogar in dem theilweise entleerten Spo- rangium gezeichnet sind, doch nicht als sicher anzunehmen, daß ein solcher Irrthum von diesen Forschern wirklich begangen worden ist; obgleich ich gestehe, mir nicht gut vorstellen zu können, wie nach dem Freiwerden der Sporen die Mutterzellen noch ein so regelmäßiges, undurchrissenes Netz, wie es die an- "54 Die Entwicklungsgeschichte geführten Abbildungen zeigen, bilden könnten. Sollten jene Mutter- zellen aber wirklich vorhanden sein, so bildet die Pflanze, bei der sie vorkommen, wahrscheinlich eine zweite Species der Achlya, und es würde sich hieraus erklären, warum die Mutterzellen von Schleiden und den übrigen Forschern nicht gesehen und auch von mir, trotz meiner hierauf gerichteten Aufmerksamkeit, nie sefunden worden sind. r Ob man endlich die Achlya prolifera den Algen oder Pilzen zuzählen soll, bleibt bei dem gegenwärtigen Stande unserer Kennt- nisse dieser Pflanzen vorläufig noch der Willkür des Beobachters überlassen. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Abbildungen, mit Ausnahme der Fig. 18 Taf I und der Fig. 11 Taf. II, welche der Deutlichkeit wegen willkürlich ver- größert gezeichnet sind, und der Fig. 1 Taf. IV, welche 65-fach ver- größert ist, sind in 180-facher Vergrößerung genau nach der Natur gezeichnet worden. Die geringe Vergrößerung ist nicht eine Folge der Beobachtung mit schwachen Linsen, sondern durch meine Kurz- sichtigkeit veranlaßt, die mich nöthigt, in einer Gesichtsentfernung von etwa 5 Zoll zu zeichnen. TALeE Fig. 1—4. Ein Schlauchende, wie es sich allmälig zum Sporangium umbildet. Fig. 5—8. Zustände des Sporangium während der Sporenbildung. Fig. 9. Ein Sporangium mit den fertigen Sporen. Fig. 10. Ein fast ganz entleertes Sporangium. Die Entleerung geschah durch eine sehr enge Oefinung. n, o, p Formen der Sporen während ihres Durchganges durch die enge Oeffnung. m Zwei in Eins zusammengeflossene Sporen in dem Sporangium. e Eine Spore, die bei ihrem Heraustritt noch nicht vollständig fertig war; sie hat zwei schleimige, fadenartige Anhängsel. h, i, k, g Andere noch un- fertige Sporen, die bei ihrem Heraustreten aus dem Sporangium noch nicht getrennt waren. — Die übrigen zu Fig. 10 gehörenden Ab- bildungen zeigen theils ruhende, theils sich bewegende Sporen ver- schiedener Form. Fig. 11. Die Endspitzen zweier Sporangien vor dem Heraustreten der Sporen. Fig. 12. Gewöhnliche Form einer Spore während des Heraustretens. Fig. 13. Eine bewegliche Spore nach ihrem Uebergang in Ruhe, Fig. 14. Verschiedene theils in Auflösung übergehende Sporen mit und ohne beweglichen Faden. Die nähere Erklärung findet sich im Text. der Achlya prolifera. 55 Fig. 15. Die Art, wie der untere Schlauchtheil in das geleerte Sporangium hineinwächst. Fig. 16. a Das Ende eines Schlauches, der noch nicht fructifieirt hat; b ein noch nicht entleertes Sporangium; c ein entleertes Sporan- gium mit einer in ihm zur Ruhe gekommene Spore; d eine bereits ruhende Spore, sämmtlich mit Jod behandelt, getrocknet und darauf mit Schwefelsäure befeuchtet. Fig. 17. Sporen, lange nach ihrem Uebergange in Ruhe von Neuem in Theilung begriffen. Fig. 18. Bewegliche Sporen, willkürlich vergrössert, aber genau nach der Natur gezeichnet. Taf. I. Fig. 1. Ein Schlauch mit kugeligen Sporangien, in verschiedenen Entwieklungszuständen, Fig. 2. Ein Sporangium, gleich nachdem es sich durch die Querwand vom Schlauche abgeschlossen hat; « von der Seite; b dasselbe, von oben gesehen. Fig. 3—9 und 13. Kugelige Sporangien in verschiedenen Zu- ständen der Sporenbildung. Fig. 4 und 6 von oben, die übrigen von der Seite gesehen. Fig. 10. Ein kugeliges Sporangium nach vollständiger Ausbildung der Sporen; die Sporen sind meist nur in ihren Umrissen gezeichnet; sie gleichen alle vollständig der Spore e; sie füllen kaum die Hälfte des Sporangium aus; c, d, e sind fertige Sporen, 180-fach vergrößert. Fig. 11. Eine fertige Spore, um ihre Structur deutlich zu zeigen, willkürlich groß, aber getreu nach der Natur gezeichnet. Fig. 12. Zerrissene Haut eines ausgebildeten Sporangium. Fig. 14. Das Ende eines Schlauches, schon zur Bildungs eines Sporangium angeschwollen, aber noch vor Abschließung des Sporangium durch die Querwand. Der Inhalt ist mit dem Primordial- schlauch durch Zuckerwasser von der Schlauchmembran getrennt worden. Die Schlauchmembran ist noch nicht porös. Fig. 15. Ein Sporangium, schon durch die Querwand abge- schlossen. Der Inhalt durch Zuckerwasser zusammengezogen, vor Beginn der Sporenbildung. Die Schlauchmembran ist bereits porös. Fig. 16. Ein Sporangium während der Sporenbildung, von oben gesehen; der Inhalt mit dem Primordialschlauch durch Zuckerwasser zusammengezogen. Fig. 17. Ein Sporangium, von dem tragenden Schlauche gelöst. Es enthält außer zwei runden Sporen mehrere kleinere ovale Körper (Sporen. dritter Art? s. Seite 29). Taf. III. Fig. 1. Ein kolbiges Sporangium, umgeben von einigen der aus ihm hervorgetretenen Sporen (a, b, c, d, e, f, i), einige Stunden nach 36 Die Entwicklungsgeschichte der Achlya polifera. der Entleerung; 9, h Sporen, die gar nicht aus dem Sporangium her- ausgetreten waren. Fig. 2. Dasselbe Sporangium mit noch den meisten der früheren Sporen, einen Tag nach der Entleerung. Fig. 3. Ein Sporangium mit einer Spore, die in demselben ge- keimt hat. Der Schlauch, der die Spore trieb, wächst durch die Aus- trittsöffnung des Sporangium heraus. Fig. 4 Stammschlauch eines Achlya-Individuum, aus dem Fliegen- körper herauspräparirt; a in den Fliegenkörper eindfingendes Wurzel- geflecht; 5 aus dem Stamm hervortretende Zweige. Fig. 5. Verschiedene Entwicklungszustände keimender Pflänzchen. Fig. 6. a Kolbiges Sporangium mit Sporen; 5 eine ‘runde Spore. Fig. 7. Durchrissene Haut eines Sporangium. Fig. 8. Endspitze eines Schlauches bei beginnender Sporangium- bildung. Die Figuren 6—8 mit Jod und Schwefelsäure behandelt. Taf. IV. Fig. 1. Umriß eines Stückes eines Fliegenbeines mit in dem Gelenke keimenden unbeweglichen Sporen, bei geringer (65-facher) Vergrößerung. Fig. 2. Eine einzige solche Spore, etwas weiter vorgeschritten und stärker (180-fach) vergrößert. Fig. 3. Abgefallenes kugeliges Sporangium mit Sporen, die zu keimen beginnen; die eine hat bereits einen langen, aus dem Sporangium hervortretenden Schlauch gebildet. Fig. 4. Abgefallenes kugeliges Sporangium mit keimenden Sporen, von oben gesehen; die eine Spore beginnt soeben einen Schlauch zu treiben. Fig. 5—9. Verschiedene Entwicklungszustände keimender Pflänz- chen, die aus unbeweglichen Sporen hervorgegangen sind. Fig. 10. Veränderungen der ruhenden Spore beim Beginn der Keimung. Tafel V. Fig. 1, 2, 3, 5. Verschiedene kolbige Sporangien, die nicht mehr RER sind, d. h. durch welche der untere Schlauch bereits mehrfach durchgewachsen ist und neue Sporangien gebildet hat. Fig. 4 Ein kolbiges Sporangium mit von der Wand abgelöstem Primordialschlauch. Fig. 6. Einfaches kolbiges Sporangium. Der untere Schlauch beginnt in das entleerte Sporangium hineinzuwachsen. Fig. 7—9. Formen der Sporangien auf einer Fliege, auf welcher die Achlya bereits 4—5 Tage wächst. Fig. 10. Ende eines Achlya-Schlauches, der noch nicht fructi- fieirt hat. leave: en,Bandll. es. Abhandlung ö =) Prinssheim. Verl. ustayFischer Jr: | A ’rinssheim, Ses.Abhandlungen.DandIl. Taf. I. Ver] v.GustayFischer, Jen: Prinssheim, ges. Abhandlungen, Band. Taf; IT. N.Pringsheim gez. Varlsr Gustav fischer (74 = DIR 2; Ey, > Irıngshen ‚ges. Abhanelunzen Dam. = Eee: Pringshemm gez ef] Gustav Fischer. J Pringsheim ges. Abhandlungen Band. Taf. V. erlm Gustav Fischer Jens alt nstwAGitsch,Jena Taf.\ en,DandIl. Ö (o) Ahbhandlun Ce Kl im, £ d = N Prinsshe Gustav Fischer, Beiträge Morphologie und Systematik | der Algen. Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bart. 1350: Hierzu Tafel VI-VIII. he Zi u VE ED EL; 4 Y a " Hitamodardı Die 3 „ieleef ra 5 m# Er #; A Vi 1) a . { II. Die Saprolegnieen'). Die Pflanzen, welche die natürliche Familie der Saprolegnieen bilden, sind, je nachdem die Schriftsteller mehr ihre äußeren Lebens- verhältnisse berücksichtigen, oder mehr Gewicht auf die Entwick- lungserscheinungen gelegt haben, bald zu den Pilzen, bald zu den Algen gerechnet worden. Es sind farblose und schmarotzende Gewächse von einfachstem, zelligen Baue, welche meist in einem dichten, nach allen Seiten ausstrahlenden Rasen ins Wasser gefallene thierische oder pflanz- liche Organismen oder deren Reste bedecken. Die einzelnen Pflanzen dieser Rasen stellen lange, einzellige und verästelte Schläuche vor, welche mit wurzelartigen Zweigen tief in das Thier oder den Pflanzentheil, auf welchem sie leben, eindringen. Sie enthalten weder Chlorophyll noch Stärke — denn auch von der letzteren sind höchstens nur hier und da Spuren im Inhalt der Sporangien aufzufinden — und werden erst zur Zeit ihrer Fruetifi- cation mehrzellig, indem diejenigen Theile, welche bestimmt sind, in ihrem Innern Fortpflanzungszellen zu bilden, sich durch Scheide- wände gegen den übrigen Schlauch abgrenzen und zu besonderen Zellen werden. Während nun der Mangel von Chlorophyll und Stärke in ihren Zellen und ihr ausschließliches Vorkommen auf verwesenden thieri- schen und pflanzlichen Organismen die Einen bestimmt haben, sie den Pilzen anzuschließen, legten dagegen die Anderen einen größeren 1) Dieser Aufsatz ist eine erweiterte Umarbeitung einer bereits in den Monatsberichten der K. Acad. d. Wissensch. zu Berlin vom 11. Juni 1857 ver- öffentlichten Mittheilung. 60 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Werth dem Umstande bei, daß sie im Wasser leben und sich durch Schwärmsporen fortpflanzen, und rechneten sie deshalb zu den Algen. Mir selbst scheint die Existenz der Schwärmsporen, welche bei keinem wahren Pilze vorkommen, schon ein genügender Grund, die Saprolegnieen zu den Algen zu stellen; und meine Erfahrungen über ihren Geschlechtsact, die Bildung ihrer geschlechtlich er- zeugten Fortpflanzungszellen und die abwechselnde Folge ihrer ungeschlechtlichen und geschlechtlichen Generationen läßt, wie ich glaube, keinen Zweifel mehr über die nahe Verwandtschaft zunächst wenigstens mit den Vaucherien und den anderen, das süße Wasser bewohnenden Conferven-Familien. Die Saprolegsnieen haben eine doppelte Vermehrungsweise, eine ungeschlechtliche durch die Schwärmsporen und eine ge- schlechtliche durch die in den Oogonien in Folge geschlechtlicher Befruchtung erzeugten Oosporen !). I. Die Bildung der geschlechtlosen Fortpflanzungszellen, der Schwärmsporen, erfolgt bei den verschiedenen Pflanzen dieser Familie nach mehreren etwas von einander abweichenden Typen, welche man, wie dies bereits theilweise gesthelen? ist, zur Unter- scheidung von Gattungen benützen kann. Bei der Gattung Saprolegnia schließen sich die etwas an- geschwollenen Spitzen der Schläuche, nachdem sie sich. stark mit Inhalt erfüllt haben, durch eine Scheidewand von dem übrigen Schlauche ab und werden so zu den Sporangien, den Mutterzellen der Schwärmsporen. Ihr Inhalt zerfällt unmittelbar durch simultane Theilung in eine große Anzahl von Schwärmsporen, welche durch eine Oeffnung an der Spitze des Sporangium entweichen und so- gleich nach ihrer Geburt ohne Zusammenhang unter einander frei nach allen Seiten entweichen. Nachdem dieses erste Sporangium entleert ist, wächst das unter demselben befindliche Schlauchende durch das entleerte Sporangium hindurch und bildet seine Spitze nochmals in ein Sporangium um, und dieser Vorgang wiederholt sich bei demselben Schlauche mehrmals, so daß schließlich eine größere Anzahl entleerter, in einander steckender oder auch über einander hervorragender Sporangien am Ende‘jedes Schlauches be- 1) Ueber die Bedeutung dieser Ausdrücke wolle man meinen Aufsatz: „Bei- träge zur Morphologie nn Systematik der Algen“, in dem ersten Hefte der Jahrbücher f. wiss. Bot. S. 8-10 nachlesen. Die Saprolegnieen. 61 findlich sind !). Oft wird auch das unmittelbar unter dem ent- leerten Sporangium befindliche Schlauchstück, ohne daß es in das entleerte Sporangium hineinwächst, zu einem neuen Sporangium, dessen Schwärmsporen alsdann durch eine seitliche Oeffnung ent- weichen. Die Bildungsgeschichte und der Bau der Sporangien und Sporen dieser Gattung sind am frühesten bekannt gewesen und seit Gruithuisen’s erster Beobachtung?) vielfach beschrieben und abgebildet worden. Ich verweise wegen des Näheren auf die ausführlichen Beschreibungen und Abbildungen in den bekannten Aufsätzen und Schriften von Unger ?°), Thuret‘), Al. Braun?) und auf meine frühere, bereits angeführte Monographie einer Species dieser Gattung, welche ich zwar damals mit den meisten anderen Autoren Achlya prohfera nannte, die jedoch mit der Saprolegnia ferax Ktz. identisch ist und nach den jetzigen Gattungsunter- scheidungen vermöge der Bildung ihrer Sporangien nicht zur Achlya, sondern zur Saprolegnia gezogen werden muß. An den Schwärmsporen dieser Species konnten Al. Braun‘) und ich nur eine Cilie wahrnehmen, wogegen sie nach Thuret und de Bary zwei Cilien besitzen sollen; auch bei neueren Beobachtungen bei dieser und anderen Species dieser Gattung habe ich zwar in einigen Fällen mit Bestimmtheit zwei Cilien, dagegen in anderen Fällen ebenso sicher nur eine Cilie gesehen ; ob dies in specifischen Ver- schiedenheiten seinen Grund hat, wage ich noch nicht zu !ent- scheiden. Bei der Gattung Achlya werden gleichfalls die angeschwollenen und stark mit Inhalt erfüllten Spitzen der Schläuche, nachdem sie in derselben Weise wie bei Saprolegnia durch eine Scheidewand von dem Schlauche sich abgeschieden haben, zu den Sporangien. Ebenso bilden sich die Schwärmsporen auch hier noch in den Sporangien selbst unmittelbar aus deren Inhalt durch simultane Theilung des protoplasmatischen Wandbelegs, und man sieht sie 1) Man vergleiche die Abbildungen zu meiner Monographie der Achlya prolifera in Nova Acta N. C. Vol. XXIII. P. I tab. 50. 2 N. 2.0. Vol. X% PB. IM pag. 445. 3) Linnaea 1843. 4) Ann. d. sc. nat. 1850. 5) Verjüngung S. 269, 286. 6) Verjüngung S. 198, 62 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. nach ihrer Bildung als gesonderte, von scharfen Umrissen um- srenzte Zellen das ganze Lumen des Sporangium erfüllen. Allein sie entweichen nicht wie in jener Gattung unmittelbar nach ihrer Geburt, sondern bleiben noch eine längere Zeit nach derselben vor der Oefinung des Sporangium, zu einem kugeligen Haufen ange- ordnet, liegen, aus welchem sie erst später einzeln hervortreten, indem jede, gleichsam sich häutend, eine besondere Hülle zurück- läßt. Die entleerten Hüllen sieht man nach dem Entweichen der Schwärmsporen noch lange, wie zu einem zusammenhängenden Gewebe verbunden, vor der Oeffnung des Sporangium liegen. Auch durchwächst der unter dem Sporangium befindliche Schlauch bei der Gattung Achlya nicht das entleerte Sporangium in der Weise der Saprolegnia-Arten, sondern treibt unmittelbar unter dem Spo- rangium seitliche Zweige hervor, welche sich zu neuen Sporangien abschließen, so daß die Schläuche hier an ihrem Ende mehrere Sporangien neben einander tragen. Die erste Beobachtung solcher Schwärmsporenhaufen vor den entleerten Sporangien rührt von Carus!) her, allein erst Al. Braun?) hat den hierbei stattfindenden Vorgang genau beschrieben und aufgeklärt. Eine ausführliche Schilderung der Erscheinungen der Schwärmsporenbildung, welche die Gattung Achlya characteri- siren, gab später auch noch de Bary?), bei welchem man zugleich die Abbildungen der wichtigeren hierbei eintretenden Verhältnisse finden wird. Bei der Gattung Pylhium endlich werden zwar ebenfalls die etwas angeschwollenen Enden der Schläuche zu den Sporangien; allein die Schwärmsporen bilden sich nicht wie bei Saprolegnia und Achlya noch innerhalb der Sporangien selbst, sondern diese öffnen sich noch vor Entstehung der Schwärmsporen an ihrer Spitze, und ihr noch völlig formloser Inhalt tritt in jenem unver- änderten Zustande, in welchem er gewöhnlich Schlauch und Spo- rangium erfüllt, aus der Oeffnung hervor und sammelt sich vor derselben zu einer Protoplasmakugel an (Taf. VIII Fig. 1a, 14), welche noch von einer äußerst zarten Membran umhüllt erscheint. Von dieser blieb es mir jedoch ungewiß, ob sie von der undurch- 1) Nova Acta N. ©. Vol. IX. P. II pag. 493, 2) Verjüngung S. 201. i 3) Botan. Zeitung von Mohl u. Schlecht. 1852. 8. 473. En a Die Saprolegnieen. 63 rissenen innersten Lamelle der Sporangium-Membran herrührt, welche wachsend über die Oeffnung des Sporangium hinaus ‘sich ausgedehnt hat, oder ob sie in Folge einer Neubildung im Augen- blick des Hervortretens der Protoplasmamasse an deren Umfange entstand. — Erst vor der Oeffnung des Sporangium beginnt nun in dem ausgetretenen, zur Kugel zusammengeballten Inhalt eine an der Peripherie beginnende und nach dem Centrum vorschrei- tende Sonderung (Taf. VIII Fig. 1b, c, 15), durch welche die Protoplasmakugel schließlich in eine größere Anzahl von Schwärm- sporen zerfällt (Taf. VIII Fig. 1.d, 16), welche, die sie noch um- hüllende Membran der früheren Protoplasmakugel durchbrechend, nach allen Richtungen entweichen, ohne ein derartiges von ihren äußeren Membranen herrührendes Zellennetz zurückzulassen, wie dies bei der Gattung Achlya der Fall ist. In Gestalt und Bau gleichen diese Schwärmsporen vollkommen denen der Saprolegnia und Achlya; ich habe nur eine Cilie an ihrem Vorderende wahr- nehmen können (Taf. VIII Fig. 1 e). Es sind mir bis jetzt zwei Species dieser Gattung bekannt geworden. Die eine, Pythium monospermum, gleicht schon ihrer äußeren Erscheinung und ihrem Auftreten nach vollkommen den Arten der Saprolegnia und Achlya. Sie wächst auf ins Wasser gefallenen Mehlwürmern und bildet auf diesen einen farblosen Rasen, welcher aus sehr dünnen, langen, einzelligen und verästelten Schläuchen besteht!). Die Spitzen der Schläuche schließen sich, wie bei der Saprolegnia und Achlya, durch Scheidewände zu den Sporangien ab (Taf. VIII Fig. 13). Ich habe weder ein Durchwachsen des ‚Schlauches durch die entleerten Sporangien, wie bei Saprolegnia, noch ein Treiben seitlicher Sporangien unterhalb der Scheidewand des terminalen Sporangium, wie dies bei Achlya der Fall ist, wahr- genommen. Die letzten Verzweigungen der Schläuche besitzen eine Breite von kaum mehr als !/,,, mm, während die Haupt- I 1) Will man diese Species zur Untersuchung ihrer Geschlechtsorgane cul- tiviren, was deshalb nöthig ist, weil auch bei ihr, wie bei den anderen Sapro- legnieen, die Geschlechtsorgane erst in der späteren Vegetationsperiode des Rasens auftreten, so wird man gut thun, die Mehlwürmer in mehrere Stücke zerschnitten in das Wasser, in welchem ‘dieser kleine Schmarotzer wächst, zu werfen. Erst wenn der Rasen mehrere Wochen alt ist, treten die Geschlechts- organe auf, | 64 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. stämme nicht dicker als '/,,, mm sind, und die Sporangien nur eine Breite von !/,;. mm erreichen. So ist die Pflanze, wie man sieht, um Vieles und in allen ihren Theilen schmächtiger, als selbst die dünnsten Arten der beiden anderen Gattungen; aber der ganze Rasen erreicht und übertrifft sogar oft die Größe der gemeineren Saprolegnia-Arten. Als eine zweite Species dieser Gattung betrachte ich ein mikro- skopisch kleines Pflänzchen, welches ich schon früher auf den Copulationskörpern einer Spirogyra gefunden habe und welches Pythium entophytum heißen mag. Es bildet (Taf. VIII Fig. 1) kurze, einzellige und, soweit sichtbar, stets unverästelte Schläuche, welche, aus dem Innern des Copulationskörpers durch seine Membran hervorbrechend, zuerst in verschiedentlicher Krüm- mung die Spirogyrenzelle. in welcher der Copulationskörper liest, durchwachsen, später die Membran der Spirogyrenzelle selbst unter dem Auge des Beobachters durchbohren, ebenso wie sie schon vorher die Membran des Copulationskörpers durchbohrt hatten. Das Durchdringen des Schlauches durch die Wand der Spiro- syrenzelle geschieht aber in folgender Weise: Sobald der Schlauch, nachdem er durch die Spirogyrenzelle hindurch gewachsen ist, mit seinem stumpfen Ende die Wand der Zelle von innen berührt, spitzt er sich vorn etwas zu, und der gebildete dünne Fortsatz treibt in kurzer Zeit durch die Wand der Zelle hindurch und tritt an ihrer äußeren Seite hervor, ohne daß an der durchbrochenen Zellwand ein Zeichen von einer Hervortreibung ihrer Substanz be- merkbar ist. Da die Wand der Spirogyrenzelle auch vorher an den Stellen, wo die Schläuche der schmarotzenden Pflanze hervor- treten, sicher keine Oeffnungen besaß, so muß man wohl annehmen, daß hier die Zellwand unter dem Einflusse der vordringenden Schlauchspitze des Schmarotzers resorbirt wird, und es ist überaus wahrscheinlich, daß auch das Eindringen der Schwärmsporen schma- rotzender Gewächse in solche Zellen, deren Membran allseitig ge- schlossen ist, in derselben Weise geschieht. Sobald die Schläuche mit der Spitze aus der Spirogyrenzelle hervorgetreten sind, öffnen sie sich meist sogleich, ergießen ihren Inhalt durch die an der Spitze gebildete Oeffnung und bilden ihn in der bereits geschilderten Weise in Schwärmsporen um (Taf. VIII Fig. 1a—e). Bei dieser Species ist es der ganze unverzweigte Schlauch, soweit er wenigstens aus dem Copulationskörper hervorragt, der sich Die Saprolegnieen. 65 als Sporangium verhält. Ob aber die aus einem Copulationskörper zahlreich hervortretenden Schläuche, die übrigens, wie die Schläuche der Saprolegnia, Achlya und des Pythium monospermum, aus Cel- lulose bestehen, doch noch im Innern des Copulationskörpers unter einander zusammenhängen, ließ sich nicht entscheiden, da es nicht möglich war, die Schläuche tief ins Innere des Copulationskörpers zu verfolgen. Es wäre daher wohl noch möglich, daß eine Ver- zweigung der Pflanze im Innern des Copulationskörpers stattfindet, und daß die aus demselben hervortretenden Schläuche nur die Sporangien dieser Pflanze sind, welche durch Scheidewände, die freilich tief im Innern des Copulationskörpers liegen müßten, noch von dem vegetativen Theile geschieden sind. Gestützt auf die Gleichartigkeit des Bildungsganges und des Baues der Schwärmsporen, glaube ich dieses interessante, endophyte Pflänzchen dennoch, trotz mancher Abweichungen in der äußeren Erscheinung, in den Formenkreis der Saprolegnieen, zu meiner Gattung Pythium bringen zu dürfen. Von der Gattung Chytridium Al. Braun, mit welcher es im Vorkommen und dem Habitus zu- nächst verwandt erscheint, unterscheidet es sich sofort durch den sanz abweichenden Bau der Schwärmsporen. — II. Der Bau und die gegenseitige Lage der Geschlechtsorgane der Saprolegnieen erinnert in mehrfacher Beziehung an die ähnlichen Formenverhältnisse der Vaucherien, mit welchen die Saprolegnieen, wie wir sahen, ja auch schon in der endständigen Bildung der Sporangien und in dem einzelligen Baue ihrer Schläuche überein- stimmten. Es sind seit längerer Zeit bei Saprolegnia und Achlya Organe bekannt, in welchen in großer Anzahl eine zweite Form von Fort- pflanzungszellen, die sogenannten ruhenden Sporen, entstehen. In meiner bereits angeführten Monographie!) habe ich die Bildung dieser Organe, welche ich mit den anderen Algologen nach der damaligen Ansicht von der Geschlechtslosigkeit der niederen Krypto- gamen für eine zweite Form von Sporangien hielt, sowie die Ent- stehung der ruhenden Sporen in ihnen ausführlicher beschrieben ; zugleich aber wies ich nach ?), daß die Membran jener Sporangien von zahlreichen regelmäßigen Löchern durchbohrt sei, deren Ent- 1) Entwicklungsgesch. d. Achlya prolifera in Nova Acta N. C. Vol. XXIII. PT. 2) A. a. O. S. 421. Taf. 48 Fig 6 u. 7. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd, II, 5 66 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. stehung der Zeit nach mit der Bildung der ruhenden Sporen in den Sporangien zusammenfalle. Aber schon in meinem ersten Aufsatze über die Befruchtung der Algen !) habe ich, entsprechend der von mir dort aufgestellten Ansicht, daß die sogenannten ruhenden Sporen der Algen geschlechtlich erzeugte Fortpflanzungsorgane seien, auch die ruhenden Sporen von Saprolegnia für befruchtete Eier erklärt und die Vermuthung ausgesprochen, daß die von mir aufgefundenen Oetinungen in der Membran ihrer Mutterzellen die Zugangsstellen für die Samenkörper sein möchten. Aus Analogie mit den Hörn- chen der Vaucherien glaubte ich schon damals als die Antheridien der Saprolegnieen jene gekrümmten Nebenäste ansehen zu dürfen, welche von Al. Braun neben den Mutterzellen der ruhenden Sporen bei einer Saprolegnia beobachtet, von mir selbst sowie von Anderen, die über die Saprolegnia und Achlya geschrieben hatten, aber nicht gesehen worden waren. Meine neueren Untersuchungen über die Geschlechtsorgane der Saprolegnieen haben nun nicht nur einen neuen Beweis für meine Ansicht von dem Werthe der ruhenden Algen-Sporen geliefert, sondern zugleich gezeigt, daß auch meine Vermuthung über den geschlechtlichen Werth jener gekrümmten Nebenäste und der Oefinungen in der Membran der Sporangien begründet gewesen ist. In den beiden Gattungen Saprolegnia und Achlya stimmen die weiblichen Geschlechtsorgane, die OÖogonien, sowohl in ihrem Baue als in der Umbildung ilıres Inhalts in die Oosporen vollkom- men überein. Es sind hier die kugelig anschwellenden und stark mit Inhalt erfüllten Enden kürzerer Aeste, hin und wieder auch mittlere Stücke der Schläuche, welche sich, wie die Sporangien, durch Scheidewände gegen den Schlauch als besondere Zellen ab- schließen und zu den Oogonien werden (Taf. VI Fig. 1,2). Bald darauf werden auf der Wand der Oogonien kleine Stellen sichtbar, welche de: innere protoplasmatische Wandbeleg frei läßt (Taf. VI Fig.3). Vele dieser Stellen verschwimmen miteinander, indem der sie trennende Wandbeleg verschwindet, und hierdurch entstehen eine Anzahl regel- mäßiger, ovaler oder runder Stellen, welche, ziemlich gleichmäßig auf der Oberfläche der Wand vertheilt, als helle Flecken an der Oo- goniumkugel erscheinen (Taf. VI Fig.4) und bei genauerer Beobachtung 1) Monatsberichte der K. Academie d. Wissensch. zu Berlin. März 1855. S. 156 u. 157 (24 u. 25). (Separat-Abdruck bei Aug. Hirschwald in Berlin 1855.) Die Saprolegnieen. 67 sich sogleich als blosgelegte, vom inneren Protoplasma leer gelas- sene Stellen der Wand zu, erkennen geben. Dies sind die Stellen, an welchen später die Membran der Oogoniumkugel resorbirt wird, und welche hierdurch zu jenen wahren Löchern werden, welche ich als die Zugangsstellen der Samenkörper betrachtet habe. Fär- bung der Oogonium-Membran nach Entstehung jener Löcher mit Jod und Schwefelsäure, sowie durchrissene Oogonien ließen mir schon früher keinen Zweifel darüber, daß die Membran an diesen Stellen in der That völlig durchbrochen sei. Etwa gleichzeitig mit dem Eintreten dieser Erscheinungen an der Wand der Oogoniumkugel beginnt im Innern derselben eine allmälige Sonderung ihres Inhalts, vermöge welcher dieser nach und nach in eine oft sehr große Anzahl von gesonderten, noch membran- losen Protoplasmamassen, den Befruchtungskugeln, zerfällt. Wie hier das Protoplasma sich allmälig auseinanderzieht (Taf. VI Fig. 5, 6); wie seine Parthien dann gänzlich von einander losreißen und zu völlig getrennten, aber noch nackten Kugeln sich abrunden (Taf. VI Fig. 7) und endlich an ihrem Umfange Membranen bilden, dies habe ich bereits früher !) ausführlich genug beschrieben, um hier nicht nochmals darauf eingehen zu müssen. Der Act simultaner Theilung des Protoplasma geschieht hier jedoch unter Bedingungen, die die genauere Beobachtung so sehr begünstigen, daß man die Oosporen- bildung bei Saprolegnia und Achlya mit Recht unter die lehrreich- sten Fälle jener Art freier Zellbildung zählen kann, bei welcher „viele Tochterzellen aus dem gesammten Plasmaüberzuge der Wand der Mutterzelle entstehen“, in welcher Beziehung ich diesen Vor- gang auch hier nochmals der Beachtung empfehlen wollte ?). Unmittelbar nach ihrer Bildung liegen die Befruchtungskugeln noch ganz so wie das Protoplasma, aus dem sie entstanden, hart der Wand des Oogonium an (Taf. VI Fig. 7). Bei einer Saprolegnia, welche ich Saprolegnia monoica nenne, und deren Geschlechtserscheinungen der folgenden Darstellung zu Grunde liegen, treten nun schon während der Bildung der Oogonien dünne Zweige, die Nebenäste derselben, entweder aus dem Schlauche in der Nähe der Oogoniumstiele oder aus den Oogoniumstielen selbst 1) Entwicklungsgeschichte der Achlya a. a. ©. 8. 420 u. 421. 2) Man vergleiche meine Untersuchungen über den Bau und die Bildung der Pflanzenzelle. Berlin bei Aug. Hirschwald 1854. S. 65. 5* 68 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. meist zu mehreren neben einem Oogonium hervor. Dem Oogonium entgegenwachsend, legen sie sich, nachdem sie in seiner Nähe sich oft noch verzweigt haben, an dasselbe an und umwachsen es in verschiedenen Richtungen, so daß man später auf dem Entwicklungs- stadium der Oogonien, auf welchem sie bereits abgeschlossene Zellen darstellen, diese Nebenäste und ihre Zweige dem Oogonium fest angeschmiegt findet (Taf. VI Fig. 1—7). Etwa zur Zeit, da die ersten Spuren einer beginnenden Bildung der Löcher an der Oogonium- Membran auftreten, sieht man die Enden jener angeschmiegten Nebenäste und ihrer Zweige, die sich unterdeß mit Inhalt stärker erfüllt haben, durch eine Scheidewand sich abschließen, ganz in derselben Weise, wie dies bei den gekrümmten Antheridien der Vaucherien der Fall ist (Taf. IV Fig. 4). Während im Oogonium die Sonderung der Inhaltsmasse in die Befruchtungskugeln nun weiter vor sich geht, bemerkt man schon, daß diese Enden der Nebenäste, die Antheridien der Saprolegnia, auf einer oder mehreren jener vom Protoplasma frei gelassenen Stellen, welche später zu den Oeff- nungen werden, unmittelbar aufliegen. Unterdeß schreitet die Bil- dung der Befruchtungskugeln immer mehr vor, und es tritt jener Zustand ein, in welchem sie schon fast völlig gesondert von einander der inneren Seite der Wand des Oogonium anliegen (Taf. VI Fig. 7). In diesem Augenblick ist es, in welchem die Membran des Oogonium . an den bereits vorgebildeten, für die Löcher bestimmten Stellen resorbirt wird, und in Folge davon fallen die bisher der Wand an- liegenden Befruchtungskugeln in einen Haufen zusammen, welcher nun die Mitte des Oogonium einnimmt. Hierdurch wird aber die Beobachtung der Oogonium-Membran, ihrer Löcher und der auf die- sen aufsitzenden Antheridien bedeutend erleichtert, und man kann nun mit der größten Deutlichkeit wahrnehmen, wie die Antheridien jetzt allmälig durch die Löcher in das Oogonium hineinwachsen, indem sie durch dieselben dünne Fortsätze in das Innere der Oogonien hineintreiben (Taf. VII Fig. 1, 2, 4, 5), welche oft noch im Innern der Oogonien sich verzweigend (Taf. VII Fig. 4) in den Haufen der Befruch- tungskugeln eindringen, hier sich öffnen und ihren Inhalt zwischen die Befruchtungskugeln ergießen. Da die Fortsätze, welche die Antheridien in die Oogonien hineinschicken, fast ohne Ausnahme tief in den Haufen der Befruchtungskugeln eindringen und sich erst dort an ihrer von den Befruchtungskugeln verdeckten Spitze öffnen, so stößt die Beobachtung des Zusammentreffens beider Zeugungs- Die Saprolegnieen. 69 stoffe bei den Saprolegnieen auf viel größere Schwierigkeiten, als es z. B. bei den Vaucherien der Fall ist, und es gelang mir auch deshalb trotz angestrengter Mühe nicht, die Samenkörper im Augen- blick ihres Austretens aus den Antheridien zu überraschen, weshalb ich auch über ihren Bau nicht ganz ins Klare gekommen bin. Nichtsdestoweniger ist ihre Existenz auch hier vollkommen gewiß. Wie bei den Vaucherien sind nämlich auch in den Antheridien der Saprolegnia die Samenkörper in einen umhüllenden Schleim gebettet, aus welchem sie sich bei der Entleerung des Antheridium erst gleichsam herausarbeiten müssen. Trotzdem nun diese ein- hüllende Schleimmasse natürlich auch noch innerhalb des Antheridium die freie Bewegung der Samenkörper hindert, so muß dennoch das auffallende Drehen und Wimmeln, welches in dem Inhalt reifer Antheridien eintritt, Denjenigen, welcher je die Samenkörper der Vaucherien noch innerhalb der Antheridien unmittelbar vor ihrem Austreten gesehen hat, sogleich von der Existenz hier vorhandener, beweglicher Samenkörper überzeugen. Ferner gelingt es nicht selten in solchen Fällen, in welchen zufällig das Austreten der ganzen Inhaltsmasse des Antheridium verhindert ist, in dem leer gewordenen hinteren Stücke der Antheridien kleine Körperchen zu beobachten, welche, da sie aus dem Antheridium nicht austreten können, zwar mit schwacher, aber deutlicher Ortsbewegung in demselben herum- wandern. Sie besitzen, ähnlich den Samenkörpern von Vaucheria sessilis, einen dichten, stark glänzenden Körper, erscheinen dagegen, wenn sie endlich zur Ruhe gekommen sind, wie helle, durchsichtige Bläschen; ein Verhalten, worin sie gleichfalls mit den Samenkörpern von Vaucheria übereinstimmen. Daß diese Körperchen trotz ihrer geringen Größe von noch nicht „4, Millimeter dennoch die Samen- körper der Saprolegnia sind, dafür spricht, ganz abgesehen von den begleitenden Umständen ihres Vorkommens, schon ihr Auf- treten auch in den reifen Antheridien von Pythium monospermum, wo ich sie gleichfalls, und zwar in noch lebhafterer Bewegung, auf- gefunden habe; dann aber sprechen hierfür noch vielmehr die Er- scheinungen, welche man nach dem Oeffnen der Antheridien an den Befruchtungskugeln wahrnehmen kann. Obgleich es nämlich wegen der bereits angedeuteten Hinder- nisse nicht möglich ist, die Entleerung der Antheridien und das Auftreten der fraglichen Körperchen unmittelbar zu sehen, so kann man doch, sobald die Antheridien sich entleert haben, diese hellen, 70 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. glänzenden Körper, deren Substanz von der dunklen Masse der Befruchtungskugeln auffallend verschieden ist, fast immer an dem Umfange der mehr peripherisch liegenden Befruchtungskugeln plötzlich auftauchen sehen und unmittelbar beobachten, wie sie in die Substanz der Befruchtungskugeln eingehen und sich mit der- selben vermischen. Nach diesem Acte der Befruchtung bildet sich an der Peri- pherie der Befruchtungskugeln eine feste Membran aus, und diese werden, indem sie eine Reihe bereits früher !) beschriebener Ver- änderungen erleiden, zu den Oosporen, den ausdauernden Fort- pflanzungszellen, dieses Gewächses. Aber nicht alle Saprolegnieen scheinen im Entwicklungsgange der Antheridien sich der im Vorhergehenden beschriebenen Sapro- legnia monoica gleich zu verhalten. An der Saprolegnia ferax, der am meisten untersuchten Pflanze dieser Familie, welche ich, wie bereits erwähnt, früher Achlya proli- fera nannte, hatte ich bei meinen Untersuchungen im Jahre 1549 die Nebenäste der Oogonien nicht bemerkt. Auch Thuret?’) und Naegeli’) erwähnen jene Nebenäste bei ihren Beschreibungen dieser Pflanze nicht. Ebensowenig spricht de Bary*) in seinem Aufsatze über die Achlya prolifera (Saprolegnia capitulifera Al. Braun) etwas über das Vorkommen dieser die Antheridien bergenden Organe. Kurz, allen früheren Beobachtern blieben diese Nebenäste, welche Al. Braun zuerst bei einer Saprolegnia sah’), völlig unbekannt. Dieses auffallende Verhältniss schien mir einer genaueren Unter- suchung werth, da es mir nicht wahrscheinlich war, daß so viele Beobachter diese zahlreichen und wichtigen Organe ganz übersehen haben sollten, und wirklich hatte ich auch bei meinen in dieser Absicht angestellten Culturversuchen mit mehreren, aus den ver- schiedensten Localitäten entnommenen Saprolegnieen die Freude, mich auf das Bestimmteste davon zu überzeugen, daß die fehlenden Angaben über das Vorhandensein der Nebenäste bei den genannten Autoren nicht auf einer bloßen Täuschung, einem bloßen Ueber- sehen derselben beruht hatten. Ich fand nämlich unter anderen 1) Entwicklungsgeschichte der Achlya a. a. OÖ. S. 423. 2) Ann. d. sc. nat. Bot. 1850. 3) Zeitschrift f. wissensch. Botanik. Hft. III. S. 29 u. 30. 4) Botan. Zeitung von Mohl u. Schlecht. 1852. 5) Verjüngung S. 318, Die Saprolegnieen. 71 auch eine Saprolegnia, bei welcher, obgleich die äußerst zahlreich vorhandenen Oogonien und Oosporen sich ganz in normaler Weise ausgebildet hatten, doch trotz der sorgfältigsten hierauf gerichteten Bemühungen nirgends eine Spur von Nebenästen aufzufinden war. Auch bei der fortgesetzten Cultur und Uebertragung dieser Pflanze von der Fliege, auf welcher sie sich zuerst fand, auf andere Fliegen und auch andere Insecten und Crustaceen (Coceinella, Oniscus) zeigte sie sich in diesem Verhältnisse unwandelbar; die Nebenäste fehlten constant, aber dennoch entwickelten sich Oogonien und Oosporen zahlreich und normal, und in der Membran der Oogonien waren auch hier jene regelmäßigen Löcher zahlreich vorhanden, durch welche sonst die Fortsätze der Antheridien in das Oogonium hineinwachsen. Diese Pflanze mit den fehlenden Nebenästen war offenbar die so oft untersuchte Saprolegnia ferax, und da das Fehlen der Neben- äste an dieser Pflanze jetzt unzweifelhaft gewiß war, so kam ich auf die Vermuthung einer specifischen Differenz dieser Saprolegnia und jener zweiten, mit den Nebenästen versehenen, welche ich des- halb Saproleynia monoica nannte, obgleich diese beiden Pflanzen, die ohne Nebenäste und die mit Nebenästen, in allen übrigen Be- ziehungen, vielleicht mit Ausnahme geringer Größenunterschiede, vollkommen übereinstimmten. Den früheren Monographien, in welchen der Nebenäste nicht Erwähnung geschieht, mögen daher, wenigstens zum Theil, Pflanzen dieser Familie, denen die Nebenäste wirklich fehlen, zu Grunde gelegen haben, und es geht hieraus, wenn auch hier und da die vorhandenen Nebenäste von den Monographen doch übersehen sein sollten, wenigstens so viel hervor, daß die Formen mit fehlenden Nebenästen häufig genug vorkommen, ja vielleicht häufiger sind als die Formen mit Nebenästen. Es muß aber der Mangel der Neben- äste an einzelnen Species bei gleichzeitig ganz normaler Ausbildung der Oogonien und Oosporen — wenn man hierin nicht einen Fall von Parthenogenesis sehen will, deren Annahme mir nur dort eine Aushülfe zu sein scheint, wo alle anderen Erklärungsversuche fehl- schlagen — offenbar weiter auf die Vermuthung führen, daß die Samenkörper in diesen Species an einer anderen Stelle der Fäden erzeugt werden. Die zunächst liegende Annahme, daß die Neben- äste an einzelnen Species nicht unmittelbar neben den Oogonien, sondern, wie bei einigen Vaucheria-Arten, entfernt von diesen auf- 12 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. treten, fand ich durch die Untersuchung nicht bestätigt, und eben- sowenig die Vermuthung, daß hier, wie bei den gynandrosporischen Oedogonieen !), eine zweite Form kleinerer Schwärmsporen unschein- bare männliche Pflänzchen oder unmittelbar Samenkörper erzeugen möchten, und es blieb daher nur übrig, die die Enden der Neben- äste vertretenden Antheridien dieser Species unter einer ganz anderen Form und an anderer Stelle zu suchen. Ich glaube mich nun nicht zu irren, wenn ich als die Antheridien derjenigen Saprolegnieen, welchen die Nebenäste fehlen, jene Organe bezeichne, die zuerst von Naegeli?) gesehen und abge- bildet, später von Al. Braun ?) wiedergefunden, erst jüngst noch- mals von Cienkowsky*) beschrieben und abgebildet worden sind. Es sind eiförmige Zellen von sehr verschiedener Größe, welche meist zu mehreren durch freie Zellbildung in den aufgetriebenen -Enden der Schläuche entstehen, ohne daß diese jedoch sich vorher — wie dies bei den Sporangien und Oogonien der Fall ist — durch‘Bildung von Scheidewänden als besondere Zellen abschließen. Sie bilden ihren Inhalt in eine ungemein große Anzahl äußerst kleiner, beweglicher Körperchen von der Größe von kaum »4, Milli- meter um, welche schließlich durch einen Fortsatz entweichen, welchen jene eiförmigen Zellen durch die Membran der Schlauch- enden hindurch schicken, und der sich außerhalb derselben öffnet. Die beweglichen Körperchen selbst besitzen zwei Cilien und be- wegen sich mit außerordentlicher Behendigkeit. Ihre auffallend geringe Größe macht es schon von vorn herein unwahrscheinlich, daß sie, wie es Naegeli vermuthet hat, den Werth von Schwärm- sporen besitzen sollten; auch habe ich mich vollkommen davon überzeugt, daß sie nicht keimen, sondern schon nach einiger Zeit ohne jede Fortentwicklung auf dem Objectträger, der zu ihrer Beobachtung dient, zu Grunde gehen. Daß diese eiförmigen Zellen und die beweglichen Körperchen, die in ihnen entstehen, aber der Saprolegnia selbst, und nicht etwa einem endophyten Gewächse, welches in dem Schlauchende der Saprolegnia schmarotzt, ange- hören, dafür spricht ihre Entwicklung, da sie, wie es bereits Naegeli und Cienkowsky ganz richtig angegeben haben, sicht- 1) Man vergleiche das erste Heft dieser Jahrbücher S. 33—45. 2) Zeitschrift f. wissensch. Botanik. Hft. III. S. 29 Taf. IV. Fig. 1-6. 3) Verjüngung S. 286. 4) Botan. Zeitung von Mohl u. Schlecht. 1855. S. 801. Taf. XII Fig. 4—11. Die Saprolegnieen. 75 bar einer directen Umwandlung des Inhalts der Schlauch- spitze ihre Entstehung verdanken. Es sind übrigens die selben Körper, welche ich auch bei Cladostephus und Sphacelaria aufgefunden habe und aus denselben Gründen für die Antheridien dieser Pflanzen erklärte. Was nun aber endlich am allermeisten für meine Vermuthung spricht, daß sie selbst die Antheridien, und die beweglichen Körper in ihnen die Samenkörper jener Saprolegnieen, bei denen sie vor- kommen, sind, ist der Umstand, daß ich sie ausschließlich in den Schlauchenden solcher Saprolegnieen und Achlyen auffand, denen die Nebenäste fehlen und deren Oogonien nichtsdesto weniger mit jenen Löchern versehen sind, welche für den Eintritt der Antheridienfortsätze oder der Samenkörper bestimmt sind. Die directe Beobachtung ihrer Betheiligung am Befruchtungsacte möchte hier freilich auf vielleicht unüberwindbare Schwierigkeiten stoßen, da sie — worauf ich Diejenigen, die diese Körper aufsuchen möchten, noch ausdrücklich aufmerksam machen wıll — am häufigsten in den ersten Tagen der Vegetation eines solchen Saprolegnieen- Rasens auf dem Insectenkörper auftreten, und zwar hier — wie ich wenigstens fand — nur in den Enden sehr kurzer, fast direct aus dem Insectenkörper hervortretender und scheinbar unverästelter Schläuche, wogegen die Oogonien und Oosporen desselben Rasens erst einige Tage später in ihrer vollen Entwicklung sind; so daß, wenn meine Vermuthung über den sexuellen Werth jener eiförmigen Zellen begründet ist, hierin zugleich ein Fall einer Art Dichogamie bei diesen niederen Pflanzen zu erkennen wäre. Schon innerhalb derselben Gattung, der Gattung Saprolegnia, würden wir hiernach auffallender Weise die Antheridien unter zweierlei Formen auftreten sehen; einmal, wie es gewiß ist, als die Enden der Nebenäste, das andere Mal, wie es wenigstens wahrscheinlich ist, als eiförmige Zellen in den Spitzen be- sonderer Schläuche, und es wird deshalb vielleicht später bei er- weiterter und gesicherterer Kenntniß der hierher gehörigen Formen und Verhältnisse auch richtiger sein, die Arten dieser Gattung nach dieser verschiedenen Antheridienbildung in zwei getrennte Gattungen zu vertheilen. Ob bei der Gattung Achlya dasselbe Verhältniß stattfindet, bleibt noch näher zu untersuchen. Ich habe bei dieser Gattung, welche, wie ich bereits angab, im Baue der Oogonien und in 74 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. der Bildung der Öosporen ganz mit der Gattung Saprolegnia übereinstimmt, nur hin und wieder ganz unvollkommene Neben- ästebildung angetroffen, und in den seltenen Fällen, wo jene un- vollkommenen Nebenäste auftraten, abortirten gleichzeitig die ÖOogonien, und ihr Inhalt ging ohne Bildung von Oosporen zu Grunde; dagegen fand ich bei dieser Gattung häufiger jene zweite Form noch zweifelhafter Antheridien als eiförmige Zellen in den Enden besonderer Schläuche, zugleich mit normal entwickelten Oognien und Oosporen. Bei der Gattung Pythium kenne ich nur die eine Form der Antheridien, diejenige nämlich, in welcher sie als Enden von Oogonium-Nebenästen auftreten; allein die Geschlechtsorgane die- ser Gattung sind mir überhaupt nur von einer einzigen Species, dem Pythium monospermum, bekannt. — Die Geschlechtsorgane dieser Art weichen in einigen untergeordneten Punkten von denen der Saprolegnia und Achlya ab. Ihre Oogonien bilden sich gleichfalls meist an kürzeren Seiten- ästen aus, allein diese schwellen nicht immer an ihren Spitzen, sondern häufig auch unterhalb der Spitze zu den Oogonien an, welche sich durch eine Scheidewand von ihrem Träger abschließen (Taf. VIII Fig. 3—12). Unmittelbar aus diesem oder aus dem Stammschlauche, aber immer in der Nähe der Oogonien, treten die auch hier meist gekrümmten Nebenäste hervor, welche, einfach oder auch sich verzweigend, an das Oogonium heranwachsen und mit ihrem etwas erweiterten Ende an die Oogonien sich anlegen, allein niemals das Oogonium umwachsen (Taf. VIII Fig. 3—12) und auch in dessen Nähe sich nicht so stark verzweigen, wie dies bei Saprolegnia monoica der Fall ist. Durch Bildung einer Scheide- wand unterhalb der erweiterten Stelle wird nun das breitere Ende jener Nebenäste zu einer besonderen Zelle, dem Antheridium, dieser Pflanze. Die Antheridien schicken sehr kurze Fortsätze in das Oogonium hinein (Taf. VIII Fig. 5a, 7, Sa, 11a). Diese durchbohren die Membram der Oogonien an Stellen, welche sich später als deutliche Löcher zu erkennen geben, die zwar bei dieser Species, entsprechend der geringeren Größe des Organs, in ge- ringerer Anzahl über die Oberfläche der Oogonium-Membran ver- breitet eind, aber auch unverkennbar an solchen Stellen auftreten, wo keine Antheridienfortsätze eingedrungen sind, wodurch, ebenso wie bei Saprolegnia, auch hier ein Beweis für die bei dem Ein- Die Saprolegnieen. 75 dringen der Antheridienfortsätze unabhängige, selbständige Bildung jener Löcher gegeben ist. Während die Fortsätze der Antheridien in die Oogonien hineinwachsen, zieht sich der gesammte Inhalt der letzteren etwas von der Wand ab und zu einer einzigen Kugel, der Befruchtungskugel, zusammen (Taf. VIII Fig. 8, 11, 12), die an der dem Antheridiumfortsatze zugekehrten Seite oft eine von weniger dunklem Inhalt erfüllte Stelle zeig. Nachdem der Antheridiumfortsatz bis zur Berührung der Befruchtungskugel in das Oogonium hineingedrungen ist, öffnet er sich und entläßt seinen Inhalt. Leichter als bei Saprolegnia werden hier noch innerhalb des Antheridium die wenigen kleinen und lebhaft be- weglichen Samenkörper wahrgenommen und können häufig noch im Oogonium nach ihrem Austritt aus dem Antheridium gesehen werden. Allein die äußerst geringe Größe und wenig charak- teristische Beschaffenheit der Theile gestattet hier ebensowenig als bei Saprolegnia etwas Bestimmteres über die Gestalt und den Bau der Samenkörper und den Act der Befruchtung auszusprechen. Die neue, von mir aufgestellte Gattung Pythium unterscheidet sich demnach, wie wir gesehen, von Saprolegnia und Achlya nicht nur durch den verschiedenen Habitus, welcher zunächst durch die seringe Größe aller Theile der der Gattung zu Grunde liegenden vollständig gekannten Species Pythium monospermum bedingt ist, sondern wesentlich durch die Verschiedenheit der Schwärmsporen- bildung, dann aber noch dadurch, daß die Oogonien von Pythium monospermum ohne Ausnahme aus ihrem ganzen Inhalt nur eine einzige Oospore erzeugen, welche das Oogonium fast völlig erfüllt, während bei Saprolegnia und Achlya meist sehr zahlreiche Oosporen in den Oogonien sich bilden, und nur sehr selten und ausnahms- weise unter den anderen sich Oogonien mit einer einzigen Oospore - finden. Da die Oosporen von Pythium monospermum in der Größe mit den Oosporen von Saprolegnia und Achlya ziemlich überein- stimmen, so ergiebt sich, daß die Oogonien von Pythium mono- spermum nicht viel größer sind als die einzelnen „osporen von Saprolegnia und Achlya. Von der zweiten Species der Gattung Pythium, von Pythium entophytum, kenne ich die ÖOogonien und Oosporen noch nicht, allein ich vermuthe sie in gewissen größeren Zellen, welche man in den Spirosyren, in welchen dieser Schmarotzer auftritt, hin und ‚wieder findet, ohne über ihren Werth im Klaren zu sein; dagegen 16 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. glaube ich den Ort, wo die Antheridien dieser Species zu suchen sind, schon mit größerer Sicherheit angeben zu können. Unter den Schläuchen dieses Pflänzchens, welche aus dem Copulations- körper hervortreten, fand ich nämlich auch solche, deren Inhalt sich nicht in der früher geschilderten Weise in Schwärmsporen umbildete, sondern welche in ihrem Innern eine große Anzahl kleiner, schmaler Stäbchen von der Form der Samenkörper der Vaucheria erzeugt hatten, die in dem geschlossenen Schlauche mit ungemeiner Schnelligkeit von dem einen Ende bis zum anderen, durch seine ganze Länge hindurch hin und her schossen. Obgleich ich häufig Gelegenheit hatte, diese rasch beweglichen Stäbchen in dem geschlossenen Schlauche zu beobachten, so hatte ich doch niemals das Glück, den Schlauch sich öffnen und die beweglichen Körperchen austreten zu sehen, so daß ich die Bedeutung dieser beweglichen Körperchen nicht mit Bestimmtheit aufzuklären ver- mochte, doch deutet die Aehnlichkeit ihrer Form mit den Samen- körpern bei Vaucheria und Saprolegnia und der Ort ihres Auf- tretens mit großer Wahrscheinlichkeit ihren eigentlichen Werth an. Die Oosporen von Saprolegnia, Achlya und Pythium (Taf. VIII Fig. 2) keimen längere Zeit nach ihrer Bildung, indem sie, wie ich dies von Saprolegnia ferax schon früher beschrieben und abge- bildet habe, unmittelbar zu der Mutterpflanze gleichen Schläuchen auswachsen. Daß die Oosporen von Saprolegnia feraxz eine Vegetationspause von mehreren Monaten, ohne ihre Keimkraft zu verlieren, überdauern können, davon habe ich mich mit Sicherheit überzeugt. Neuerdings hat Cienkowsky!) auch die Keimung der ruhenden Sporen (Oosporen) der Achlya prolifera beobachtet und gleichfalls gefunden, daß sie zu Achlya-Schläuchen auswachsen: zugleich aber hat er nachgewiesen, daß sie ihren Inhalt auch un- mittelbar in Schwärmsporen umbilden können: eine Thatsache, welche ich ebenfalls für Saprolegnia feraxz bereits?) angedeutet hatte. Ganz das Gleiche findet auch bei Pythium monospermum statt. Die im Vorhergehenden mitgetheilten Beobachtungen heben jeden Zweifel an der Geschlechtlichkeit der Saprolegnieen auf; aber 1) Botan. Zeitung von Mohl u. Schlecht. 1855. S. 801. 2) Entwicklungsgeschichte der Achlya prolifera a. a. O. S. 427. Taf 47 Fig. 17. Die Saprolegnieen. MT die an diesen Pflanzen vor und nach der Befruchtung beobachteten Erscheinungen stehen auch in vollkommenem Einklang mit den von mir ausgesprochenen Ansichten über den Geschlechtsact der Süß- wasser-Algen. Denn es ist nicht nur gewiß, daß auch bei den Saprolegnieen ein geschlechtlicher Vorgang stattfindet, ausgeführt zwischen den in den angeschmiegten Nebenästchen erzeugten Samen- körpern und den in den Oogonien gebildeten Befruchtungskugeln, sondern es ist noch ferner gewiß, daß auch hier die materielle Vereinigung beider Erzeugungsstoffe, wie ich dies als allgemein gültig in meinen früheren Aufsätzen über die Befruchtung der Algen ausgesprochen habe, in dem noch nackten, membranlosen Zustande der Befruchtungskugel geschieht, und endlich zeigte es sich auch hier, daß die sogenannten ruhenden Sporen die geschlechtlich er- zeugten Fortpflanzungszellen sind. III. Werfen wir noch einen Blick auf in Umfang und die Verwandtschaft der bisher betrachteten Familie, so frägt es sich zunächst, ob nicht noch mehrere Pflanzen aus jener Gruppe der ihrer Natur nach zwischen Algen und Pilzen schwankenden Ge- wächse, welche Kützing!) unter dem Namen der Mwycophyceae zusammenfaßt, hierher zu ziehen wären. Dies läßt sich leider bei der ganz unvollkommenen Kenntniß des Entwicklungsganges der zu den Mwycophyceae gerechneten Pflanzen weder für die ganze Gruppe :noch selbst für einzelne Gattungen im Allgemeinen bestimmen. Allein unter den nur oberflächlich, kaum ihrer äußeren Erscheinung nach gekannten Formen der einen hierher gehörigen Gattung, Leptomitus, giebt es eine, den Leptomitus lacteus, deren Bau und Sporenbildung bei weitem genauer gekannt sind. Höchst wahrscheinlich muß dieser Leptomitus von den übrigen Arten dieser Gattung, über welche freilich bei dem jetzigen Stande ihrer Kenntniß kaum ein Urtheil gefällt werden kann, getrennt werden. Er scheint vielmehr, wie dies schon Al. Braun?) hervorhob, dem wir die Kenntniß seiner Ruhesporen verdanken, in die Nähe von Saprolegniu und Achlya zu gehören, zumal es gewiß ist, daß es noch mehrere dem Leptomitus lacteus in der Erscheinung und Sporenbildung ähnliche, aber noch näher zu untersuchende Pflanzen giebt, welche seine 1) Speeies Algarum S. 145 und Phycologia generalis S. 146. 2) Verjüngung S. 289, 13 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Uebereinstimmung mit den Saprolegnieen noch mehr verrathen, und mit welchen gemeinschaftlich er daher eine vierte Gattung dieser Familie bilden müßte, wenn es späteren Beobachtern gelingen sollte, Schwärmsporen, die denen der Saprolegnieen gleichen, an ihm aufzufinden. Leider läßt sich der Leptomitus lacteus im Zimmer nicht eultiviren, sondern muß für die Untersuchung jedesmal von seinem Standorte geholt werden: ich wünschte deshalb auf ihn ganz besonders die Aufmerksamkeit Derjenigen zn lenken, welche die Gelegenheit haben, ihn immer frisch untersuchen zu können. Als die nächsten Verwandten der Saprolegnieen müssen ofien- bar jene kleinen, schmarotzenden und farblosen Gewächse angesehen werden, aus welchen die von Al. Braun!) aufgestelllten, eine eigene Familie bildenden Gattungen Chytridium und Rhizidium bestehen. Sie unterscheiden sich in der That wesentlich von den Saprolegnieen nur durch die Beschaffenheit ihrer Schwärmsporen, denn es ist zu vermuthen, daß sie in der Bildung ihrer Geschlechtsorgane, von denen man bisher nur die ruhenden Sporen — d. h. also die Oo- sporen — kennt, sich am nächsten der Gattung Pythium, nament- lich dem Pythium entophytum, anschließen werden, welche letztere Art auch in ihrer äußeren Erscheinung eine die Saprolegnieen und Chytridien verbindende Mittelbildung darstellt. — Nees v. Esenbeck?) war der Erste, welcher, gestützt auf die Untersuchungen von Gruithuisen und Carus, die ver- schiedenen hierher gehörigen, im Wasser auf thierischen oder pflanzlichen Körpern schmarotzenden Gewächse, soweit man sie damals kannte, nach ihrer Schwärmsporenbildung in Gattungen zu trennen versuchte Kützing vereinigte später wiederum alle ihm bekannten Formen dieser Gruppe unter der einen Gattung Sapro- legnia, welche Nees von Esenbeck aufgestellt hatte. Ich selbst hielt früher, von den ungenügenden Beschreibungen, die keine wahren Speciesunterschiede nachweisen, irre geleitet, alle im Systema Algarum beschriebenen Formen für identisch. Mit Ausnahme der Saprolegnia capitulifera Al. Braun, die ich damals nicht kannte, kann ich auch jetzt noch in den vorhandenen Beschreibungen keine Speciesunterschiede finden, und bin noch der Ueberzeugung, daß 1) Verjüngung S. 198, Abhandlung. der K. Acad. d. Wissensch. zu Berlin. 1855. S. 21 der phys. Abh. und Monatsberichte der Berl. Acad. 1856. S. 587. 2) Im Anhange zu der Abhandlung von Carus in Nova ActaN.C. Vol. XI. P. II. p. 49. { n. E } Die Saprolegnieen. 19 die Arten dieser Familie nach vollständigeren Untersuchungen von neuem aufgestellt werden müssen. De Bary') hat später in der Saprolegnia capitulfera Al. Braun die Gattung Achlya Nees vonEsenbeck wieder erkannt und die Unterscheidungen der Gat- tungen Saprolegnia und Achlya im Geiste von Nees von Esen- beck wieder hergestellt. Allein dieser hatte in jener Abhandlung, in welcher er die Gattungen Saprolegnia und Achlya aufstellte, noch eine dritte Gattung unter dem Namen Pythium unterschieden, welche von zwei Pflanzen gebildet werden sollte, die von Schrank’) unter dem Namen Mucor imperceptibilis und Mucor spinosus be- schrieben und abgebildet worden waren. Aber die Beschreibung und Abbildung bei Schrank zeigt mit Bestimmtheit, daß die von ihm untersuchten Pflanzen gar nicht hierher gehören, sondern, wie es scheint, wahre Fadenpilze sind, die gewiß kein neues Genus bilden. Es muß daher die Gattung Pythium Nees von Esen- beck aufgegeben werden, und ich habe es für erlaubt gehalten, den vorhandenen, von Nees von Esenbeck vorgeschlagenen und nun frei gewordenen Namen auf die von mir beobachteten, sicher zu den Saprolegnieen gehörigen Gewächse, welche meine Gattung Pythium bilden, zu beziehen. — Fassen wir schließlich die morphologischen Verhältnisse der ganzen Familie und die unterscheidenden Merkmale der Gattungen in ihren allgemeinsten Hauptzügen nochmals zusammen, so erhalten wir das folgende Schema. Saprolegnieen. Kryptogamische, farblose und schmarotzende Wasser- pflanzen aus der Abtheilung der Algen. Vegetativer Theil von einem einzellisen, vielfach verästelten Schlauche gebildet. Schwärmsporen zahlreich in den zu Sporangien abgeschlossenen Spitzen der Schläuche oder außen vor der Oeffnung derselben aus ihrem Inhalt gebildet, ein oder zwei Ollien an ihrer vorderen Spitze tragend. Oosgonien nackt, von den angeschwollenen Enden kürzerer Seitenäste oder von mittleren Schlauchstücken gebildet, mit zahlreichen Oeffnungen versehen. Antheridien 1) Botan. Zeitung von Mohl u. Schlecht. 1852. S. 473. 2) Denkschriften der K. Acad. d. Wissensch. zu München auf das Jahr 1813. 8. 14. s0 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. einzellig, als Enden gekrümmter Nebenäste der Oogonien (oder als eiförmige Zellen in den Spitzen besonderer Schläuche ’?). Samenkörper von der Gestalt kleiner Stäbehen oder Körnchen, zahlreich in den Antheridien entstehend. Oosporen zahlreich oder einzeln in jedem Oogonium aus dessen Inhalt gebildet, nach längerer Vegetationspause unmittelbar zu Schläuchen auswachsend oder auch Schwärmsporen in ihrem Innern erzeugend. 1) 2) 3) Saprolegnia Nees v. Esenb. Schwärmsporen im Inneren der Sporangien gebildet, gleich nach der Geburt, ohne vor- herige Häutung, isolirt und beweglich. Schläuche die entleerten Sporangien durchwachsend und an ihrer Spitze wiederholt Sporangien bildend. Oosporen zahl- reich in den Oogonien. a) Die Antheridien als Enden der Nebenäste. Saprolegnia monoica. b) Die Antheridien als eiförmige Zellen in der Spitze be- sonderer Schläuche ? Saprolegnia ferax. Achlya Nees v. Esenb. Schwärmsporen im Innern der Sporangien gebildet, aber nach der Geburt zusammen- hängend und vor dem Entweichen sich häutend. Schläuche unter den Endsporangien seitliche Sporangien treibend. Oosporen zahlreich in den Oogonien. Achlya prolifera. Pythium, n. g. Schwärmsporen außen vor der Oeffnung der Sporangien aus deren Inhalt gebildet, sich nicht häutend. Schläuche die entleerten Sporangien weder durchwachsend noch seitliche Sporangien treibend.. ÖOosporen einzeln in jedem Oogonium, : Pythium monospermum und Pythium entophytum. Die Saprolegnieen. 31 Erklärung der Figuren. Taf. VI. (Sämmtliche Figuren sind 350-fach vergrößert.) Saprolegnia monoica. Fig. 1 u. 2. Die Oogonien und ihre Nebenäste vor Eintritt der Oosporenbildung. Fig. 3. Oogonium mit den ersten Spuren der beginnenden Bildung der Löcher. Die Spitze des Nebenastes ist zum Antheridium abge- schlossen. Fig. 4 Oogonium mit fertiger Ausbildung‘ jener Stelle, welche zu den Löchern werden sollen, aber noch vor Resorption der Membran. Fig. 5. Oogonium mit vorgeschrittener, aber noch nicht vollendeter Sonderung des Inhalts in die Befruchtungskugeln. Fig. 6. Ein Oogonium im Zustande der Fig. 5 von oben gesehen. Fig. 7. Ein Oogonium mit beendeter Sonderung des Inhalts; die Befruchtungskugeln sind fertig, aber liegen noch der Wand an; die Membran des Oogonium ist in diesem Augenblick an den Stellen, welche zu den Löchern werden sollen, noch nicht resorbirt. Tat Vi. (Sämmtliche Figuren sind 350-fach vergrößert.) Saprolegmia monoica. Fig. 1—5. Oogonien mit vollendeter Bildung der Befruchtungs- kugeln, nach Entstehung der Löcher, und nachdem die Antheridien Schläuche in das Innere der Oogonien hinein getrieben und sich theil- weise oder völlig entleert haben. Fig. 3 zeigt eine unregelmäßige Form eines Oogonium, in abnormer Weise dadurch entstanden, daß ein durch eine Scheidewand abgeschlossenes Schlauchstück in den vor ihm liegenden leeren Schlauchtheil einen sich zum Oogonium um- bildenden Zweig hinein getrieben hat. ar VLIT. (Fig. 1 ist 250-fach, Fig. 7 600-fach, die übrigen sind alle 350-fach vergrößert.) Fig. 1. Pythium entophytum. Die Schläuche des Pythvum entophytum aus den Copulationskörpern in zwei Spirogyrenzellen hervorgetreten. Einige haben ihren Inhalt Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, II, 6 32 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. bereits entleert und vor der Oeffnung angesammelt (a, b, c, d); bei 5 beginnt soeben die Sonderung des Inhalts in die Schwärmsporen ; bei e und dist die Schwärmsporenbildung beendet. Andere Schläuche haben die Membran der Spirogyrenzelle noch nicht durchbrochen. Fig. 2—16. Pythium monospermum. Fig. 2. Keimende Oosporen von Pythium monospermum. Fig. 3—12. Die Geschlechtsorgane (Oogonien und Antheridien) von Pythium monospermum in verschiedenen Entwicklungszuständen. Fig. 13. Sporangien von Pythium monospermum vor Entleerung ihres Inhalts. Fig. 14—16. Das Ende eines Sporangium von Pythium mono- spermum nach Entleerung seines Inhalts und Ansammlung desselben vor der Oeffnung. Man sieht den vor dem Sporangium zusammen- geballten Inhalt in verschiedenen Zuständen der Schwärmsporenbildung. Prin ösheim, Ses. Abhandlungen, D andl. i Verlv.Gustavfischer, Jena. TitnAnstyAGltsch Jena. | Prinösheim, Ses.Abhandlungen, Band. VI. ’ Tat as [203 = N Th AnctsrAß NAnsIv al ‘Gustav Fischer Ver! ir NFringshein gez. Il. Beiträge Morphologie und Systematik ; der Algen. Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. 3421727522052 1800: Hierzu Tafel IX—XII. 6* ERBEN? Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. A. Ueber die Antheridienformen der nicht mit Neben- ästen versehenen Arten. In früheren Aufsätzen!) habe ich den Beweis geliefert, daß die kugeligen Sporangien, in welchen die sogenannten ruhenden Sporen der Saprolegnieen entstehen, die wahren, weiblichen Ge- schlechtsorgane — die Oogonien — dieser Pflanzen sind. Ich habe dort ferner gezeigt, daß die Nebenäste, welche bei mehreren Arten dieser Familie auftreten, ihre an die Oogonien sich an- legenden Enden zu den Antheridien umbilden und die Befruchtung vollführen, indem sie durch jene bekannten Oeffnungen der Oogonium-Membran hindurch, welche ich bereits in meinem ersten Aufsatze über die Achlya prolifera?) beschrieben hatte, Fortsätze in das Innere der Oogonien hineinsenden, die sich zwischen den Oosporen öffnen und ihren Inhalt entleeren. Hierdurch ist die Geschlechtsentwicklung der mit Nebenästen versehenen Arten dieser Familie genügend aufgeklärt worden. Allein ich habe in den augeführten Aufsätzen zugleich darauf aufmerksam gemacht?), daß es Arten unter den Saprolegnieen giebt, welchen die Nebenäste constant fehlen, und ich habe darauf hingewiesen, daß die Antheridien dieser Arten unter einer anderen Form und an einer anderen Stelle der Pflanze auftreten müßten. 1) Jahrbücher f. wissensch. Bot. Bd. I. S. 285 u. f.,, und Monatsberichte der Acad. d. Wiss. zu Berlin. Juni 1857. 2) Nova Acta Acad. N. C. Vol. XXIII. P. I. p. 397. 3) Siehe Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. I. S. 294 u. f., sowie Monatsberichte der Berl. Acad. 1857. S. 327 u. £. 9.5) [er Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Außer den Sporangien, in welchen die Schwärmsporen sich bilden, und den Behältern der ruhenden Sporen, welche ich als die weiblichen Geschlechtsorgane erkannt hatte, waren aber damals als Organe, welche möglicher Weise mit der Fortpflanzung in Be- ziehung stehen könnten, bei den Saprolegnieen nur noch jene sonderbaren Bildungen bekannt, welche Naegeli!) bei einer Art aufgefunden und als eine zweite Form von Sporangien gedeutet hatte. Da ich nun bei meinen eigenen Untersuchungen über diese Körper gefunden hatte, daß sie bei solchen Arten auftreten, denen die Nebenäste fehlen, und mich zugleich überzeugte, daß die in ihnen gebildeten beweglichen Körper nicht keimungsfähig sind, so sprach ich schon damals die Vermuthung aus, daß sie die Antheridien jener Arten, bei welchen sie aufgefunden wurden, sein möchten. Inzwischen habe ich, um eine größere Sicherheit zu gewinnen, meine Untersuchungen auf mehrere andere Arten dieser Familie, denen die Nebenäste gleichfalls fehlen, ausgedehnt und ich will in Folgendem die Resultate dieser Untersuchungen, soweit ich sie bisher zu führen vermochte, mittheilen. Bei einer der Gattung Saprolegnia angehörigen Art, welche Saprolegnia dioica heilen möge, treten gegen Ende der Schwärmsporen- bildung — nachdem diese mehrere Tage hindurch in lebhafter, der Gattung eigenthümlichen Weise stattgefunden hat — neue Schläuche aus dem die Pflanze tragenden Insectenkörper hervor, die sich nicht mehr so wie die ersten die Schwärmsporen erzeugenden Schläuche verhalten. Bedeutend kürzer als diese, unterscheiden sie sich von diesen noch dadurch, daß sie unterhalb ihrer Spitze durch mehrere Scheidewände in aufeinanderfolgende Zellen getheilt sind (Taf. IX Fig. 1—4). Ihre dicht mit Inhalt erfüllten Zellen erhalten ferner sehr bald durch das Auftreten sich nach und nach mehrender Vacuolen ein fremdartiges, schaumiges Ansehen (Taf. IX Fig. 1, 2b-—d, 3d, e, 4d, e), welches eine vorschreitende Sonderung der Inhaltsmasse anzeigt. Durch diese wird schließlich der ganze Inhalt in eine zahllose Menge sehr kleiner, völlig getrennter, aber dicht zusammenliegender Körper umgebildet, welche die gemein- same Mutterzelle vollständig ausfüllen (Taf. IX Fig. 2a,3b, c,4e). Noch bevor die Bildung dieser Körper beendet ist, meist schon während der Inhalt der Schlauchzellen jenes schaumige An- 1 Zeitschrift für wiss. Bot. Hft. III. S. 29. Taf. IV F. 1-6. Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 87 sehen besitzt, welches mit dem Auftreten der Vacuolen verbunden ist, entsteht an jeder Zelle des Schlauches eine kleine, nach außen vorspringende Papille (Taf. IX Fig. 1a, 2a, 9, p‘, 3a, 4a, p, p‘), deren Bildung durch die Verlängerung der inneren Wandschicht, welche an dieser Stelle die äußeren Schichten durchbricht, veran- laßt zu sein scheint. Sie liegt an den Endzellen der Schläuche regelmäßig vorn an der Spitze (a Fig. 1—4 Taf. IX); an den mittleren Zellen (p, p‘ Fig. 2 u. 4 Taf. IX) an einer unbestimmten Stelle der Seitenwand; auch bilden sich öfters mehrere Papillen an einer Zelle aus (p, p‘ Fig. 2 Taf. IX). Nachdem nun der Inhalt der Schlauchzelle seine Umbildung vollendet hat, öffnet sich diese vorgebildete Papille an ihrer Spitze, und durch die Oeffnung treten jene zahlreichen kleinen Körperchen hervor, welche aus dem Inhalte entstanden waren, und zerstreuen sich mit großer Geschwindigkeit nach allen Richtungen hin (Taf. IX Fig. 3a). Nach und nach entleeren sich in derselben Weise sämmtliche Zellen des Schlauches, und zwar geschieht dies regel- mäßig in der Reihenfolge ihrer Entstehung von oben nach unten. Denn bei normaler Entwicklung sind die oberen Zellen des Schlauches in der Ausbildung ihres Inhalts stets den unteren Zellen voraus (Fig. 1—4 Taf. IX). Unmittelbar nach ihrem Austritt aus der Schlauchzelle — der semeinschaftlichen Mutterzelle — erscheinen die beweglichen Körperchen als kleine, nicht ganz symmetrische Bildungen meist einseitig in ihrer Mitte oder rings um dieselbe unregelmäßig einge- knickt, mehr einem aus homogener Substanz bestehenden festen Stäbchen, als einem zellenartig mit Flüssigkeit erfüllten Bläschen ähnlich (Taf. IX Fig. 3m). Erst nach längerer Bewegung und Massen-Aufnahme werden sie bläschenartig aufgetrieben und lassen jetzt deutlich eine umgrenzende Membran und einen feinkörnigen Inhalt unterscheiden, in welchem letzteren ein größeres und dunkleres, der Wand anliegendes Körnchen besonders hervortritt. Mit Jod getödtet (Taf. IX Fig. 5), zeigen sie eine einzige, während der raschen Bewegung vor ihrer Tödtung nicht deutlich sichtbare, ihre Körperlänge etwa um das Dreifache übertreffende Cilie. Sie sind „4; mm lang, etwa halb so breit und ihre Cilie hat eine Länge von 35% mm. Sich selbst überlassen, zeigen diese Körper — die Samenkörper der Pflanze — endlich keinerlei Andeutung 38 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. einer beginnenden Keimung, sondern gehen immer nach einiger Zeit ohne jede Spur von weiterer Entwicklung zu Grunde. Die Mutterschläuche der Samenkörper — die männlichen Pflanzen — treten, wie ich bereits erwähnt habe, auf demselben Insectenkörper, welcher vorher die Schläuche mit den Schwärm- sporen-Sporangien — die ungeschlechtlichen Pflanzen — trug, auf. Während mehrerer Tage hindurch treten die männlichen Pflanzen erst sparsam, dann zahlreicher, endlich in ungeheurer Anzahl aus dem Insectenkörper hervor und bilden und entleeren die Samen- körper. In den letzten Tagen nimmt dann die Anzahl neu ent- stehender männlicher Pflanzen wieder ab, bis sie endlich ganz verschwinden. Erst zur Zeit der Abnahme der männlichen Schläuche treten die ersten weiblichen Schläuche, welche die Oogonien tragen, auf. Wenn diese aber auch erst dann am zahlreichsten sind, wenn die meisten männlichen Schläuche sich längst entleert haben, so findet man dennoch schon zur Zeit, während welcher noch neue männliche Pflanzen entstehen, hier und da auch einige, wenn auch nur vereinzelte weibliche Pflanzen, und es gelingt auch hin und wieder, Schläuche aufzufinden, welche Oogonien tragen, zugleich aber zellig abgegliedert sind und den Inhalt ihrer zelligen Ab- gliederungen in der beschriebenen Weise in Samenkörper umbilden und durch die Papillen entleeren (Taf. IX Fig. 6), so daß diese seltenen Schläuche zugleich männlich und weiblich sind. Die Oogonien unserer Pflanze (Taf. IX Fig 6a, b) unter- scheiden sich in keiner wesentlichen Beziehung von denen der Saprolegnia monoica!). Sie ist in allen ihren Dimensionen etwas kleiner als diese, und dem entsprechend besitzen ihre Oogonien gleichfalls einen etwas kleineren Durchmesser und enthalten meist weniger Oosporen. Aber in allen wesentlichen Verhältnissen, so namentlich in dem Vorhandensein der Oeffinungen ihrer Membran und in der normalen Ausbildung der Oosporen stimmen sie mit denen der Saprolegnia monoica völlig überein; dagegen fehlen ihnen die Nebenäste. Jeder kräftig vegetirende Rasen dieser Pflanze zeigt zur Zeit der reichlichsten Entwicklung der weiblichen Schläuche Tausende von Oogonien, bei welchen auch die genaueste Untersuchung keine Spur von Nebenästen nachweisen kann, und doch sind die Oosporen 1) Siehe Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. I. S. 291. Taf. XIX und XX. Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 89 vollkommen ausgebildet und scheinen offenbar befruchtet zu sein (Taf. IX Fig 6a). Nur in äußerst seltenen Fällen habe ich Schläuche gefunden, welche neben Oogonien ohne Nebenäste auch solche mit Nebenästen trugen, allein diese hatten, wie in dem Fig. 6 b Taf. IX abgebildeten Falle, sich in der Weise der männ- lichen Schläuche umgebildet, ohne, wie die wahren Nebenäste, Fortsätze in das Innere der Oogonien hineinzusenden. So weit reichen meine Beobachtungen an dieser Pflanze. Es ist mir nicht geglückt, die befruchtende Function der beweglichen Körper durch directe Beobachtung sicher zu stellen. Dessen un- geachtet wird meine Deutung der gegliederten Schläuche als „männliche Pflanzen“ und der in ihren Zellen erzeugten beweg- lichen Körper als „Samenkörper“ sich leicht rechtfertigen lassen. Daß die gegliederten Schläuche trotz ihres etwas fremdartigen Aussehens zur Saprolegnia und nicht etwa zu einer fremden, zu- fällig neben der Saprolegnia wachsenden Pflanze gehören, dies beweisen diejenigen gegliederten Schläuche, welche zugleich Oo- sonien tragen, mit Entschiedenheit (Taf. IX Fig. 6). Ebenso ist es gewiß, daß die in den Gliedern der Schläuche gebildeten beweglichen Körper dem normalen Entwicklungsgange der Saprolegnia und nicht — wie man vielleicht vermuthen könnte — einem noch unbekannten entoparasitischen Eindringlinge ange- hören. Die Regelmäßigkeit in der Entstehungsfolge der Schlauch- glieder von oben nach unten, in Folge deren jedes obere Glied früher angelegt wird, als das nächst untere, und — abgesehen von abnormen und zufälligen Bildungsstörungen — in der Aus- bildung seines Inhalts stets dem nächst unteren voraneilt, wider- spricht schon an sich dem Auftreten von Parasiten, welches natür- lich durch eine mehr zufällige Verbreitung characterisirt ist. Ein fernerer Beweis gegen die Annahme von Parasiten liegt in der Zeit der Entstehung der Austrittspapille. Denn diese wird, wie ich früher hervorhob, bereits angelegt, lange bevor die beweg- lichen Körper gebildet sind; es muß also ihre Entstehung und somit auch die der beweglichen Körper, für deren Austritf sie bestimmt ist, ein der Pflanze selbst innewohnendes Bildungsmoment zur Ursache haben !). 1) Hiergegen ließe sich nur noch die Vermuthung festhalten, daß jede Schlauch- zelle von einem einzigen, einzelligen Parasiten herrühre, der die Zelle vollständig 90 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Auch der Umstand, daß sie in Beziehung auf den Ort ihres Auftretens sich der Oeffnung der Sporangien der Pflanze analog verhält, weist schon darauf hin, daß die Schlauchzellen einen den Sporangien analogen Werth als Organe der Pflanze besitzen. Bei den mittleren Zellen kann das freilich nicht besonders auffallen, da sie ihre Austrittsöffnung an beliebiger Stelle der Seitenwand bilden, wie dies ja mittlere Sporangien der Pflanze, wenn solche irgendwo auftreten, gleichfalls thun. Um so mehr springt dies da- gegen bei den Endzellen der Schläuche ins Auge, indem diese, wie die gewöhnlichen Endsporangien der Pflanze, ihre Austritts- öffnung ohne Ausnahme nur an der Spitze bilden. Und, selbst abgesehen von der Analogie mit der Sporangienöftnung, muß dies gesetzmäßige Auftreten der Oeffnung an derselben, ein für alle Mal bestimmten Stelle den Gedanken, daß hier Parasiten im Spiele sind, zurückdrängen, denn die Austrittsöffnungen für Parasiten, welche in geschlossenen Zellen leben, entstehen wenigstens in allen bisher bekannt gewordenen Fällen stets an beliebiger, vorher durchaus unbestimmter Stelle der Membran ihrer Nährzelle. Ist es aber unzweifelhaft, daß die Schlauchglieder und die in ihnen erzeugten beweglichen Körper als der Saprolegnia eigen- thümlich angehörige Organe aufzufassen sind, dann stehen ihrer Deutung als Antheridien und Samenkörper gewiß keine irgendwie begründeten Bedenken mehr entgegen. Denn der Mangel wahrer Nebenäste an den normal gebildeten Oogonien, welche gleichwohl mit den für den Eintritt von Samen- körpern bestimmten Oeffnungen versehen sind und in ihrem Inneren entwicklungsfähige Oosporen ausbilden, für welche die Nothwendig- keit einer Befruchtung aus den Beobachtungen an anderen mit Nebenästen versehenen Arten hervorgeht!) — verbunden mit dem Unterbleiben jeder Keimungserscheinung an den aus den Schlauch- des Schlauches durchbrechend, die Papille erzeugt, während der Inhalt sich in die beweglichen Körper umbildet. Allein diese von keiner Beobachtung unter- stützte, vage Vorausetzung wird durch alle übrigen im Text angeführten mor- phologischen Vorgänge widerlegt und die zwingenden Gründe, welche die Berück- sichtigung des allgemeinen Zusammenhangs der Erscheinungen an die Hand giebt, schließen sie für jeden unbefangenen Beobachter vollständig aus. 1) Ich werde später in diesem Aufsatze noch eine Erscheinung ausführlich beschreiben, welche einen weiteren experimentellen Beweis für die Notwendigkeit der Befruchtung der Oosporen bei den Saprolegnieen liefert. a > Aheı u 57 nn all U Kain Du ln = u nd a nn du Zn a nl a an Ja Denke a a dd Em ar RE nn a de ai ihn. es Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 91 gliedern ausgetretenen beweglichen Körpern — während die Keimung doch bei allen Bildungen, welche den Werth von Schwärm- sporen haben, sonst so rasch und leicht eintritt — muß über die Bedeutung dieser Bildungen aufklären. Die Ueberzeugung von ihrem geschlechtlichen Werthe wird endlich noch durch die Beobachtung ähnlicher Verhältnisse ge- steigert, welche ich an einer anderen zur Gattung Achlya gehörigen Saprolegniee, die ich Achlya dioica nennen will, gemacht habe. Der Rasen dieser gleichfalls auf Insecten, Blasenstücken und anderen ins Wasser gefallenen organischen Resten wachsenden Pflanze unterscheidet sich von dem der eben beschriebenen Sapro- legnia dioica schon dem unbewaffneten Auge durch sparsamere Ausbreitung der Schläuche auf der Unterlage, dann noch durch die einzelnen Schläuche selbst, welche nicht nur in allen ihren Theilen größere Dimensionen haben, sondern auch eine größere Steifigkeit und Starre besitzen; Eigenschaften, die übrigens mehreren Achlyen eigenthümlich sind, während den meisten eigentlichen Saprolegnieen dichtere Rasen und in ihren Dimensionen kleinere und zugleich schwächere und schlaffere Schläuche zukommen. In dem Rasen dieser Achlya dioica treten nun ebenfalls gegen Ende der Schwärmsporenbildung neue und gleichfalls relativ kürzere zur Achlya gehörige Schläuche auf, welche in derselben Weise, wie die männlichen Schläuche der Saprolegnia dioica, durch wahre Zwischenwände in aufeinanderfolgende Zellen getheilt erscheinen (Taf. X Fig. 1, 2). Der Inhalt dieser Zellen bildet sich hier nicht direct, wie bei Saprolegnia dioica, in die Samenkörper um, sondern es entstehen aus ihm erst eine größere Anzahl freier, kugeliger Zellen, ungefähr von der Größe der gewöhnlichen Schwärmsporen der Pflanze, und diese erst verhalten sich als Specialmutterzellen von Samenkörpern, indem ihr Inhalt später dieselben beweglichen Körper erzeugt, die wir bei Saprolegnia dioica als Samenkörper erkannt haben. Der genauere Vorgang bei der Umbildung des Inhaltes der Schlauchzellen- in die Specialmutterzellen der Samen- körper und bei der Entstehung der Samenkörper selbst ist nicht ganz sicher aufgeklärt. Nur so viel ist gewiß: In den Schlauch- zellen tritt zuerst eine unregelmäßige Sonderung der Inhaltsmasse auf (Taf. X Fig. 1 ee), welche schließlich bis zur Trennung in die einzelnen Specialmutterzellen vorschreitet (Taf. X Fig. 15, ec, d), öfters so, daß noch Reste der Inhaltsmasse, welche in die Bildung 32 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. der Specialmutterzellen nicht eingegangen sind, unverbraucht neben den Specialmutterzellen vorhanden sind. Daher kommt es auch, daß diese in vielen Fällen die Schlauchzelle, in welcher sie liegen, nicht vollständig ausfüllen. Die Specialmutterzellen sind) yon ziemlich gleicher Größe, sie haben einen Durchmesser von >> mm. Sie gleichen ursprünglich auffallend zur Ruhe gekommenen Schwärmsporen, allein ihr Inhalt erhält später (Taf. X Fig. 1b, ec, d) durch Auftreten von Vacuolen dasselbe schaumige Ansehen, welches die Schlauchzellen der Sapro- legnia dioica bei Beginn der Samenkörperbildung zeigen. Auch hier deutet dies die beginnende Sonderung ihres Inhaltes an, welche schließlich hier wie dort bis zur Entstehung völlig isolirter Körperehen — der Samenkörper — vorschreitet. Diese treten aus ihrer Specialmutterzelle — in welcher sie nur in beschränkter Anzahl, etwa 20—350, entstehen — durch eine Oeffnung hervor, welche an einem äußerst kurzen Vorsprung der Specialmutterzelle (Taf. X Fig. 1a, 5 die oberste Specialmutter- zelle) sich bildet. Durch diese Oeffnung —- welche wegen ihrer geringen Größe bei ungünstiger Lage des Objectes leicht übersehen werden könnte — gelangen die Samenkörper zunächst in die Schlauchzelle. Schon vorher aber entsteht an dieser eine gemeinschaftliche Austritts- öffnung für die in ihren sämmtlichen Specialmutterzellen gebildeten Samenkörper. Die Endzelle des Schlauches hat diese gemeinschaft- liche Austrittsöffnung immer anihrer Spitze (Taf. XFig.10,20): die mittleren Zellen haben oft mehrere Austrittsöffnungen, welche an unbestimmten Stellen der Seitenwände entstehen (Taf. X Fig. 2b). Bei den geschilderten Vorgängen befolgen die Schlauchzellen desselben Schlauches ganz wie bei Saprolegnia dioica eine regel- mäßige Entwicklungsfolge in der Richtung von oben nach unten; so also, daß jede obere Schlauchzelle in ihren einzelnen Ent- wicklungserscheinungen, in der Bildung der Speeialmutterzellen, der Entstehung der Samenkörper und ihrer Entleerung der nächst unteren regelmäßig voraus ist; selbstverständlich nur insoweit nicht zufällige äußere Umstände die Entwicklung in einzelnen Schlauch- zellen hemmen oder verhindern. Auch die Samenkörper dieser Achlya, welche hier jedes Mal zwei Oeffnungen, die ihrer besonderen Specialmutterzelle und die der gemeinschaftlichen Schlauchzelle, passieren müssen, gleichen in Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 8 Bau, Gestalt und Größe ganz denen von Saprolegnia dioica. Wie diese, besitzen sie eine einzige lange Cilie (Taf. X Fig. 10; 3), erscheinen während ihrer Bewegung als unsymmetrische, etwas länglich-eckige, in der Mitte zusammengezogene Körper von homo- sener, fester Masse und erhalten erst, nachdem sie längere Zeit sich frei bewegt haben, das Aussehen heller, kugeliger Bläschen (Taf. X Fig. 4), die excentrisch einen größeren, dunkleren Kern, sonst aber nur eine Flüssigkeit mit wenigen kleinen und helleren Körnchen in ihrem Inneren führen. Nach kürzerer oder längerer Bewegung gehen sie regelmäßig ohne jedes Anzeichen beginnender Keimung zu Grunde. Daß diese Körperchen die Samenkörper, und die Schläuche, in welchen sie entstehen, die männlichen Pflanzen der Achlya dioica sind, dafür sprechen dieselben Erscheinungen, welche auch bei Saprolegnia dioica die geschlechtliche Bedeutung der gegliederten Schläuche und der beweglichen Körper beweisen. Denn die regel- mäßige Entwicklungsfolge der Schlauchzellen, der Ort und die Zeit des Entstehens ihrer Austrittsöfinung, sowie der Mangel jeder Keimungserscheinung an den ausgetretenen beweglichen Körperchen rechtfertigen hier wie dort meine in der vorhergehenden Dar- stellung festgehaltene Deutung ihres Werthes. Auch kann die Identität der beiden Gebilde, welche ich bei Saprolegnia dioica und Achlya dioica als Antheridien erklärt habe, kaum verkannt werden, da der einzige Unterschied in der Entwicklung beider nur in dem Vorhandensein von Specialmutterzellen für die Samenkörper in dem einen Falle und in dem Fehlen derselben in dem anderen Falle liegt. Ein Unterschied, welcher überdies in derselben Weise auch bei der Schwärmsporenbildung dieser Familie wiederkehrt, indem bei Achlya besondere Specialmutterzellen für die Schwärmsporen existiren, während diese bei Saprolegnia unmittelbar in den Sporan- gien entstehen. Wenn wir die Vertheilung der Geschlechtsorgane bei den ver- schiedenen Arten der Saprolegnieen besonders ins Auge fassen, je nachdem sie nämlich auf denselben oder auf getrennten Pflanzen vorkommen, so erkennen wir in den beiden im Vorhergehenden beschriebenen Arten — der Saprolegnia dioica und Achlya dioica — die Vertreter einer diöcischen Gruppe, während die mit Neben- ästen versehenen Arten dagegen offenbar eine monöcische Ab- theilung dieser Familie bilden. Daneben scheint aber auch bei den 94 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Saprolegnieen noch ein Geschlechtsverhältniß zu bestehen, welches ich schon bei den Oedogonieen als eine besondere Modification der Diöcie unterschieden habe. Es scheinen nämlich auch unter den Saprolegnieen Arten zu existiren, welche Androsporen — Männchen bildende Schwärmsporen — erzeugen, die jedoch hier nicht ausschließlich von den weiblichen Pflanzen gebildet werden !). Hierauf deuten mir eine Reihe von Beobachtungen hin, welche ich im verflossenen Winter an Saprolegnieen, die aus fließenden Gewässern herstammten, gemacht habe. Da jedoch diese Arten mit Androsporenbildung mir bisher nur in wenigen und unvoll- ständigen Exemplaren vorlagen: so bitte ich die folgenden hierauf bezüglichen Angaben als blos vorläufige Mittheilungen zu be- trachten, welche zunächst nur bezwecken, die Aufmerksamkeit andrer Beobachter auf diese bisher nicht unterschiedenen Arten hinzulenken. Die Androsporen entstehen, wie ich vermuthe, in jenen besonderen Sporangien (Taf. IX Fig. 7, 8, 9 a), welche zwar äußerlich den anderen Sporangien der Pflanze, in welchen die gewöhnlichen Schwärmsporen sich bilden, gleichartig erscheinen, aber in der Entwicklung ihres Inhalts einen abweichenden Gang befolgen. Dieser gestaltet sich nämlich zu einem zusammenhängenden, das Sporangium erfüllenden Mutternetz, in dessen einzelnen Zellen je eine oder mehrere Androsporen entstehen, welche den gewöhn- lichen Schwärmsporen der Art in Bau und Gestalt zwar gleichen, aber kleiner als diese sind. Sie entweichen aus ihren Mutterzellen durch einen kürzeren oder längeren, an der Spitze sich öffnenden Fortsatz, welchen jede einzelne Mutterzelle durch die Wand des Sporangium hindurch schickt (Taf. IX Fig. 7 o, 90). Ihr Austreten ist mühsam und dauert lange: die Androspore bleibt noch längere Zeit an der Austrittsstelle mit ihrem unteren Ende hängen (Taf. IX Fig. 7), bevor sie, sich losreißend, davon eilt. Nach ihrem Aus- tritt erscheinen die Sporangien von dem entleerten Mutterzellen- 1) Auch unter den Oedogonieen, welche Androsporen erzeugen, giebt es nach de Bary (Bot. Zeit. von Mohl und Schlecht. 1858. Kritische Beilagen, Seite 82) außer derjenigen Gruppe, deren Androsporen ausschließlich von den weiblichen Pflanzen gebildet werden und welche alle mir bekannt gewordenen Oedogonium- und Bulbochaete-Arten mit Androsporen umfaßt, noch solche, deren Androsporen auf besonderen, von den weiblichen verschiedenen Pflanzen entstehen. en Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 95 netze gewebeartig ausgefüllt (Taf. IX Fig. 7, 9). Wie man sieht, sind diese Sporangien dieselben Bildungen, welche schon Meyen'!) und nach ihm Kützing?) und andere Beobachter mehrfach gesehen haben. Sie hielten dieselben für Bildungsstätten gewöhn- licher Schwärmsporen. Dagegen spricht aber schon der Umstand, daß sie an Schläuchen vorkommen, welche zugleich andere Spo- rangien tragen (Taf. IX Fig. 9 s), die ihren Inhalt in der gewöhn- lichen Weise entweder der Gattung Saprolegnia oder der Gattung Achlya — je nachdem die betrachtete Pflanze der einen oder der anderen Gattung angehört — in Schwärmsporen umbilden °). Von den vielfachen Modificationen, welche — wie ich zu ver- muthen Grund habe — in der weiteren Entwicklung der Andro- sporen bei den verschiedenen Arten eintreten, möge hier nur über zwei eine speciellere Andeutung erfolgen. Erstens: Die Androsporen keimen auf den Oogonien selbst (Taf. IX Fig. $ m, m) und werden hier zu kleinen, den Oogonien eng angeschmiegten männlichen Pflänzchen, die sich wie die Nebenäste der mit wahren Nebenästen versehenen Arten verhalten, 1) Pflanzenphysiologie, S. 457 und 458. Taf. X Fig. 18 und 19. 2) Phycologia generalis. p. 157. tab. II, fig. 2. 3) Auch de Bary (Bot. Zeit. von Mohl und Schlecht. 1852. Seite 477 Anm.) und Cohn (Nova Acta N.C. Vol. XXIV. P. I. p. 157 und 158; tab. 17, fig. 4) erwähnen diese Sporangien mit innerem Zellennetz. Sie haben sie beide bei einer Achlya-Art beobachtet und halten sie irrthümlich für einen abnormen Zustand der Sporangien- und Schwärmsporenbildung dieser Achlya, indem sie glauben, daß in solchen Fällen die Mutterzellen der Achlya-Schwärmsporen, welche sich bei normalem Verlaufe vor der Oeffnung des Sporangiums ansammeln, durch abnorme Verhältnisse in ihrem Austritte gehemmt, im Sporangium zurück- geblieben sind. Dagegen spricht einfach, daß dieselben Sporangien mit innerem Zellennetz auch bei wahren Saprolegnia-Arten vorkommen, bei welchen jede Mutierzellbildung den eigentlichen Schwärmsporen fehlt. Al. Braun (Ver- jüngung. Seite 237 Anm.) ist geneigt, die von Meyen beobachteten Sporangien mit innerem Zellennetz auf eine besondere, hierdurch characterisirte Species zurückzuführen, welche unseren jetzigen Vorstellungen nach eine eigene Gattung repräsentiren müßte. Allein auch gegen diese Annahme entscheidet das gleich- zeitige Vorhandensein dieser Sporangien mit innerem Zellennetz und der gewöhn- lichen Saprolegnia- oder Achlya-Sporangien an denselben Schläuchen (man vergl. meine Fig. 9 Taf. IX). — Auch die Analogie der Trichosporangien der Fucoideen mit diesen Sporangien mit innerem Zellennetze möchte her- vorzuheben sein, wenn auch bis jetzt noch keine Differenz in der Function der in den zwei verschiedenen Sporangien der Fucoideen erzeugten Schwärmsporen nachgewiesen werden konnte. 96 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. indem sie wie diese auch durch die Oefinungen der Oogonium- membran hindurch Fortsätze treiben, welche bis zu den Oosporen gelangen. Diese kleinen Männchen können leicht mit wahren Nebenästen verwechselt werden, und nur die genauere Beobachtung und die Rücksichtnahme auf den Umstand, daß sie nicht aus dem das Oogonium tragenden Schlauche hervorwachsen und weder mit diesem noch mit dem ÖOogoniumstiele in wahrer, organischer Ver- bindung stehen, verhindert die Täuschung. Zweitens: Die Androsporen setzen sich nicht auf den Oogonien fest, sondern keimen an beliebiger Stelle und wachsen hier zu eigenen männlichen Pflanzen aus, die eine bedeutende Größe er- reichen. Die Schläuche, welche den Hauptstamm dieser männlichen Pflanzen bilden, unterscheiden sich in der That in ihren Dimensionen kaum von den Stammschläuchen der weiblichen Pflanzen, zwischen welchen sie liegen. Sie senden aber ihrer ganzen Länge nach und nach allen Seiten hin zahlreiche und viel dünnere Seitenzweige ab, die sich .weit ausbreiten, sich vielfach verzweigen und die weiblichen Pflanzen überall, wo sie sich treffen, spiralig umwinden und schlingpflanzenartig an ihnen weiterwachsen. Sie umwinden in solcher Weise den Stammschlauch, die Oogoniumstiele und die Oogonien der weiblichen Pflanze und geben zahlreiche kleinere Seitenzweige ab, welche sich überall an die weibliche Pflanze an- legen und ihre tumescirenden Enden durch Scheidewände zu Antheridien abschließen. Zuletztsieht man die ganze weibliche Pflanze von diesen männlichen Schlingpflanzen umgeben, und die Antheridien der männlichen Pflanze liegen zahlreich der weiblichen Pflanze, und zwar nicht nur ihren Oogonien, sondern auch den Oogonium- stielen und den Stammschläuchen selbst eng an. Mit diesen männlichen Schlingpflanzen war jedoch in dem von mir beobachteten Falle ein abnormes Verhalten der weiblichen Geschlechtsorgane verbunden, welches ich, wenn es auch vermuth- lich mit dem Auftreten dieser männlichen Schlingpflanzen in keinem nothwendigen Zusammenhange steht, dennoch hier um so weniger unerwähnt lassen kann, als es schon an sich ein morphologisches Interesse darbietet. Die Oogonien jener der Gattung Achlya angehörigen Art, welche diese männlichen Schlingpflanzen erzeugte, bildeten sich nämlich zwar in ihrer Gestalt ganz regelmäßig aus und schlossen sich auch in normaler Weise durch eine Scheidewand zu besonderen Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 9% Zellen von ihren Stielen ab, allein in ihrer Membran entstanden niemals ‚jene wahren Löcher, welche für das Eindringen der Antheridien-Fortsätze bei den monöcischen Arten und das Ein- treten der Samenkörper bei den diöcischen Arten bestimmt sind. Hierdurch war offenbar die Möglichkeit einer Befruchtung ausgeschlossen, und in dem Verhalten der in solchen Oogonien erzeugten Oosporen lag gleichsam ein von der Natur selbst dar- gebotenes Experiment zur Beantwortung der Frage, ob die Be- fruchtung für die Oosporen unumgänglich nothwendig sei oder nicht. In allen diesen Oogonien wiederholte sich nun folgender Vorgang. Der Inhalt durchlief sämmtliche ersten Bildungsmomente der Oosporen, die ich in früheren Aufsätzen ausführlich beschrieben und abgebildet habe!). Die Sonderung der Inhaitsmasse schritt stufen- weise, ganz normal bis zur Trennung in genau abgerundete, isolirte Massen — die Befruchtungskugeln — vor. Allein auf dieser Stufe, auf welcher sonst die Befruchtung eintritt, blieb die Entwicklung stehen, und ich sah die Befruchtungskugeln — anstatt, wie bei er- folgter Befruchtung geschieht, sich weiter auszubilden — allmälig in unregelmäßiger Weise wieder zusammenfließen und ihre Masse unter Auftreten einer größeren Anzahl sich ansammelnder Oel- tropfen nach und nach völlig zu Grunde gehen. In den vielen Hunderten von mir beobachteter Oogonien habe ich auch nicht eine einzige normale Oospore auffinden können, sondern ihr ganzer Inhalt ging — ein experimenteller Beweis für die Nothwendigkeit der Befruchtung — ohne Ausnahme unter den angegebenen Er- scheinungen zu Grunde. Es ist übrigens dieses abnorme Mißrathen der Oogonien und Oosporen keine ausschließlich dieser Species mit den männlichen Schlingpflanzen eigenthümliche Erscheinung. Auch sind — wie ich hier nebenbei bemerken will — sogar die Fälle nicht ganz selten, in welchen das Auftreten der Geschlechtsorgane überhaupt unter- bleibt, weshalb man beim Cultiviren der verschiedenen Arten dieser Familie nicht immer mit Bestimmtheit auf das Auftreten der Ge- schlechtsorgane rechnen kann. Leider war es mir nicht möglich, die Ursachen, warum die Geschlechtsorgane in manchen Fällen ausbleiben, irgendwie näher zu ergründen. 1) Siehe Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. I Seite 291 und 292. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd. Il. 7 98 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Um Thatsache und Vermuthung in meiner Darstellung der Androsporen bildenden Arten der Saprolegnieen schärfer, als es in der vorliegenden Beschreibung geschah, auseinander zu halten, will ich das reine Ergebniß meiner Beobachtungen hier nochmals kurz zusammenfassen. Thatsache ist zunächst, daß bei bestimmten Arten der Gattungen Saprolegnia und Achlya zweierlei Sporangien an denselben Schläuchen vorkommen. Nämlich Sporangien mit innerem Zellen- netz neben solchen, die bei ihrer Schwärmsporenbildung — je nach der Gattung, welcher die beobachtete Art angehört — entweder den Typus der Gattung Saprolegnia (Taf. IX Fig. 9) oder den der Gattung Achlya befolgen. Thatsache ist ferner die Existenz von kleinen, auf den Oogonien schmarotzenden Männchen — die mit Nebenästen nicht verwechselt werden können — bei einer solchen Saprolegnia-Art, welche neben den ihr eigenthümlichen Sporangien noch Sporangien mit innerem Zellennetze besitzt (Taf. IX Fig. 3). Thatsache ist endlich noch die Existenz jener großen, schling- pflanzenähnlichen, männlichen Pflanzen bei einer Achlya, welche gleichfalls zweierlei Sporangien besitzt; nämlich Sporangien mit innerem Zellennetz neben solchen, welche ihre Schwärmsporen in der Weise der Gattung Achlya bilden. Meine noch nicht direct bestätigte Vermuthung besteht dagegen in der Annahme, daß jene Männchen von den Schwärmsporen er- zeugt werden, welche in den Sporangien mit innerem Zellennetze entstehen. Diese an sich schon nahe liegende Vermuthung wird noch durch die auffallende Verwandtschaft der Sporangien mit innerem Zellennetze und jener Antheridienformen diöcischer Arten, welche ihre Samenkörper in besonderen Mutterzellen (Taf. X Fig. 1, 2) erzeugen, unterstützt. Auf die große Aehnlichkeit dieser Specialmutterzellen der Samen- körper mit zur Ruhe gekommenen Schwärmsporen habe ich bereits an betreffender Stelle aufmerksam gemacht. Wenn man, wie gewiß erlaubt ist, diese Specialmutterzellen als Androsporen auffaßt, welche, ohne zu schwärmen, unmittelbar am Orte ihrer Entstehung Samen- körper bilden, so erscheinen sie als die einfachsten Formen von Androsporen und vermitteln als solche unleugbar die anderen Formen, in welchen die Androsporen sich mannigfaltiger gestalten, Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 99 mit den Antheridienformen der rein diöcischen Arten. Zugleich offenbart sich in all diesen verschiedenen Gestalten, in welchen der männliche Geschlechtsapparat bei den Saprolegnieen auftritt — wie bei den Oedogonieen — eine fortlaufende Entwicklungsreihe, welche, von den monöcischen — den mit Nebenästen versehenen — Arten ausgehend, durch die Androsporen erzeugenden in die rein diöcischen ausläuft. — Welcher Werth kommt nun neben diesen verschiedenen Ent- wicklungsformen des männlichen Geschlechtsapparates der Sapro- legnieen jenen Bildungen zu, die ich im Eingange meiner Abhandlung erwähnte und welche Naegeli zuerst an einer noch nicht genauer bestimmten Species dieser Familie aufgefunden hat? Die Beantwortung dieser Frage kann bei dem Mangel einer direeten Beobachtung ihrer Function nur durch eine eingehendere Beurtheilung ihrer morphologischen Beziehungen angebahnt werden, Die vorhandenen Mittheilungen !) über diese Körper reichen aber für eine allseitige Beurtheilung nicht aus; es möge daher hier zu- vörderst eine ausführliche Beschreibung ihrer Entwicklung eine Stelle finden. Zunächst ist auch hier hervorzuheben, daß sie — wie die An- theridien der Saprolegnia dioica und Achlya dioica — schon in den ersten Tagen, in welchen der Rasen der Pflanze sich auf seiner organischen Unterlage zu entwickeln beginnt, auftreten, so daß also ihr Auftreten in die Zeit der Entwicklung der Schwärmsporen fällt. Sie kommen ferner wiederum, ebenso wie die Antheridien der Sapro- legnia dioica und Achlya dioica, nur in besonderen Schläuchen vor, die sich leicht von den anderen Schläuchen, welche die Schwärm- sporen erzeugen, unterscheiden lassen, denn sie sind nicht nur be- deutend kürzer als diese, sondern schwellen auch an ihrer Spitze sehr bald kolbenartig an und verwandeln ihren Inhalt in einen oder mehrere dieser räthselhaften Körper, welche zuletzt frei im 1) Man vergleiche hierüber außer den bereits angeführten Aufsätzen von Naegeli und mir noch die Angaben von Oienkowsky (Bot. Zeit. 1855. S. 801) und Al. Braun in Verjüngung S. 286 und 287; ferner in dessen Ab- handlung über Chytridium. Berlin 1856. S. 61 und Monatsberichte d. Berl. Acad. d. Wiss. 1856. S. 589 unter Ohytr. endogenum. Bei Naegeli und Oienkowsky ist die Frage, ob diese Körper auch wirklich den Saprolegnieen angehören, gar nicht in Betracht gezogen. Al. Braun scheint in seinem letzten Aufsatze (Monatsber. 1856) sich entschiedener der Ansicht, daß diese Gebilde Chytridien seien, zuzuneigen. = (* 100 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Innern der Schlauchspitze liegen (Taf. XI Fig. 1—15). Diese Körper selbst haben im ausgewachsenen Zustande entweder eine genau kugelige oder mehr eiförmige Gestalt, und ihre Anzahl sowohl als ihre Größe ist in den verschiedenen Schläuchen nicht unbedeutenden Schwankungen unterworfen. Ihre Größe, das ist unverkennbar, hängt von ihrer Anzahl in einer Schlauchspitze ab, was nothwendig darauf hinweist, daß ihr Wachsthum auf Kosten des Schlauchinhaltes geschieht und durch die vorhandene Menge desselben beschränkt ist. Am häufigsten findet sich nur ein einziger in einer Schlauch- spitze, und dieser erreicht alsdann den größtmöglichsten Umfang (Taf. XI Fig. 2, 5, 4, 5, 6, 11). Der Durchmesser dieser einzeln vorhandenen Körper, welche zugleich im völlig erwachsenen Zu- stande fast immer genau kugelig sind, kann bis + mm steigen. Sehr häufig findet man aber auch zwei oder drei ziemlich gleich große in einer Schlauchspitze (Taf. XI Fig. 7, 8, 9, 10); sie sind dann gewöhnlich eiförmig, und ihr Längsdurchmesser erreicht höchstens 15 —75 mm, während ihr Breitendurchmesser zwischen -; und {5 mm schwankt. Endlich sind auch die Fälle nicht gar selten, wo eine größere Anzahl von ihnen in einer Schlauchspitze vor- kommen (Taf. XI Fig. 1, 12, 13, 15); so habe ich in einem Falle sogar ihrer zwanzig in einer Schlauchspitze gezählt. In diesen Fällen geht je nach der vorhandenen Anzahl ihr Durchmesser im aus- gewachsenen und reifen Zustande sogar bis auf „, mm herunter. Noch ist zu erwähnen, daß auch die Größe der nebeneinander in einer Schlauchspitze vorkommenden nicht immer gleich ist. So findet man hin und wieder neben einem sehr großen einen oder mehrere bedeutend kleinere. Es hängt dies offenbar von einem verschiedenartigen Auftreten derselben oder einer voreiligen Ent- wicklung einzelner, welche sich den Schlauchinhalt zunächst an- geeignet haben, ab. Beobachtet man die jungen Schläuche zur Zeit, wenn diese Körper in ihnen entstehen, genau, so bemerkt man in den dichteren Partien des streifigen, plasmatischen Wandüberzuges größere, körnige Ansammlungen von Plasma, welche ohne scharfe Umgrenzung mit dem Plasma zusammenhängen und noch unmittelbar in die einzelnen Streifen desselben auslaufen 'J,. In diesen Ansammlungen treten 2 Cienkowsky giebt in seiner Beschreibung dieser Körper (Bot. Zeit. von Mohl und Schlecht. 1855. Taf. XII. Fig. 5) eine Abbildung dieses Zu- Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 101 zuerst kleine, schärfer umgrenzte, aus homogener Masse gebildete, kugelige, später ovale Körperchen auf, welche sich bald als besondere im Plasma eingebettete Bildungen auszeichnen (Taf. XI Fig. 1, 2). Dies Letztere selbst behält aber während der Gestaltung und Ver- größerungen dieser Bildungen seine ursprüngliche, streifige Be- schaffenheit unverändert bei und läßt die Bewegung des Zellsaftes in den einzelnen Streifen genau erkennen und verfolgen. Bei ihrer weiteren Ausbildung rücken diese Körper von ihrer ursprünglichen Entstehungsstelle im Wandplasma tiefer in die gleich- zeitig erweiterte Höhlung der Schlauchspitze hinein, bleiben aber mit dem Wandplasma noch durch zahlreiche sehr regelmäßige Plasma- stränge verbunden, welche, von einer Art plasmatischen Ueberzuges, in welchen diese Körper noch besonders eingebettet sind, ausgehend, in das Wandplasma auslaufen (Taf. XI Fig. 3—8). Sie erscheinen jetzt an diesen Strängen — in welchen fortwährend die Bewegung des Zellsaftes beobachtet werden kann — gerade so in der Höhlung der Schlauchspitze aufgehängt, wie dies so oft mit dem Zellkerne gestreckter Zellen der Fall ist. — Ich hebe diese Erscheinungen absichtlich besonders hervor, weil sie den Beweis liefern, daß die normale Ordnung des Schlauchinhaltes durch das Auftreten und die Entwicklung dieser Körper nicht im mindesten gestört wird. Erst später, bei ihrem immer mehr zunehmenden Wachsthume, welches, wie bereits erwähnt, ersichtlich auf Kosten des Schlauch- inhaltes geschieht, verschwindet allmälig das außerhalb derselben gelegene Plasma, und sie liegen zuletzt frei im Innern der von Plasma entblößten Schlauchspitze (Taf. XI Fig. 9--11, 13, 15). Wenn diese Körper in Jen dichteren Ansammlungen des Plasma zuerst mit bestimmterer Gestalt hervortreten (Taf. XI Fig. 1, 2), läßt sich, obgleich sie bereits scharfe Umgrenzungen zeigen, noch keine vom Inhalte trennbare Membran von ihnen abheben. Sehr bald darauf ist dies jedoch der Fall, allein in diesem ersten Entwicklungsstadium standes; doch stimmt diese mit meinen Untersuchungen insofern nicht überein» als in jener Zeichnung die Spitze des Schlauches bereits angeschwollen ist, während die Anschwellung der Schlauchspitze der Bildung dieser Körper immer erst nachfolgt — so in den von mir beobachteten Fällen — und dann mit ihrer Vergrößerung gleichen Schritt hält. Auch entstehen die Körper nicht immer unmittelbar in der Schlauchspitze, sondern man findet ihre jugendlichen Zustände sehr häufig tief unten im Schlauche; die ausgebildeten dagegen liegen immer in der Spitze oder doch in geringer Entfernung von derselben, 102 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. der Membran ist noch keine Cellulose in derselben nachweisbar ; erst später, wenn die Körper bereits einen bedeutenderen Umfang gewonnen haben und die Gestaltung ihres Inhaltes schon beginnt, zeigt diese deutlich den Character einer Zellstoffhaut; am leichtesten ist aber der Nachweis, daß diese Körper eine wahre Zellstoffhaut besitzen, an den Membranen der bereits entleerten Körper zu führen. In ihrem Inhalte konnte ich in keiner Entwicklungsperiode einen Zellkern auffinden, er erscheint anfänglich entweder ganz homogen oder sehr feinkörnig, mit nur wenig größeren Körnchen untermischt; seine grobkörnige Beschaffenheit nimmt aber mit dem Wachsthum der Körper immer mehr zu, bis endlich, wenn deren Wachsthum beendet ist, plötzlich zahlreiche Vacuolen auftreten, welche dem Inhalte ein schaumiges Ansehen geben (Taf. XI Fig. 9, 10 a) und dieselben Erscheinungen hervorrufen, die in den Zellen der gegliederten männlichen Schläuche der Saprolegnia dioica (Taf. IX Fig. 1—6) und in den Specialmutterzellen der Samenkörper bei Achlya dioica (Taf. X Fig. 1 db—d) der Bildung der Samenkörper unmittelbar vorhergehen. Nach und nach nimmt dann die Zahl der Vacuolen wieder ab, sie verschwinden gänzlich, und der Inhalt zeigt sich in eine sehr große Anzahl dicht gedrängter Körperchen verwandelt (Taf. XI Fig. 10 b). Gewöhnlich schon zur Zeit der Vacuolenbildung wächst die Membran an einer oder an mehreren Stellen in einen langen, cylin- drischen Fortsatz aus (Taf. XI Fig. 9, 10 a, b). Dieser verlängert sich, bis er die Membran des Schlauches erreicht, durchbohrt sie an beliebiger Stelle und tritt mit seiner Spitze aus dem Schlauche hervor. Das Stück des Fortsatzes, welches aus dem Schlauche hervorsieht, bleibt aber immer sehr kurz, denn dieser öffnet sich, nachdem er durch die Membran des Schlauches nach außen getreten ist, ohne weitere Verlängerung sofort an seiner Spitze und entläßt die aus dem Inhalte gebildeten beweglichen Körperchen (Taf. XI Fig. 10 ce). Diese treten mit rascher Ortsbewegung aus dem geöffneten Fortsatze hervor und zerstreuen sich nach allen Richtungen hin. Sie erscheinen urspünglich aus einer homogenen Masse be- stehend, ohne eine vom Inhalte unterscheidbare Membran erkennen zu lassen. Sie besitzen eine so geringe Größe, daß sich über ihre Gestalt kaum etwas Bestimmtes sagen läßt, denn sie sind kaum !/,,, mm lang, und ihre Breite beträgt etwa den dritten Theil ihrer Länge, so daß sie im Allgemeinen eine etwas längliche Form be- Se Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 103 sitzen und den früher beschriebenen Samenkörpern der Saprolegnia dioica und Achlya dioica gleichen, aber noch etwas kleiner als diese sind. Daß sie wie jene mit Cilien versehen sind, ist gewiß, doch vermag ich hier nicht mit Bestimmtheit anzugeben, ob sie eine oder zwei besitzen. Nachdem sie sich kurze Zeit bewegt haben, zeigen sie dieselbe Erscheinung, die ich schon bei den Samen- körpern der anderen Saprolegnia-Arten beschrieben habe, und die ich auch bei den Samenkörpern der Vaucheria sessilis beobachtet hatte!), sie erhalten nämlich offenbar durch Wasseraufnahme ein anderes Aussehen und erscheinen jetzt bläschenartig (Taf. XI Fig. 16), während sie früher mehr das Aussehen compacter Stäbchen be- saßen. Auch zeigen sie jetzt in ihrem Inhalte eine unbestimmte, gestrichelte Zeichnung, welche auffallend an jene Beschaffenheit des Inhaltes gewisser Florideen - Samenkörper erinnert, welche Naegeli verleitet hatte, in dem Innern jener Samenkörper einen Spiralfaden zu vermuthen. 24-48 Stunden nach ihrem Austritt sieht man sie schließlich — nachdem sie schon viel früher zur Ruhe gekommen sind — ohne jede Keimungserscheinung zu Grunde sehen. Hiervon habe ich mich zu wiederholten Malen, wobei zahl- lose Mengen dieser Körper der Beobachtung vorlagen, auf das Bestimmteste überzeugt, und dies geschah immer auch in solchen Fällen, in welchen noch andere organische Substanzen, auf welchen sie sich entwickeln, oder noch unverletzte Saprolegnia-Schläuche, in welche sie sich vielleicht hätten einbohren können, zugleich mit ihnen auf dem Objectglase vorhanden waren. Suchen wir jetzt aus den gefundenen anatomischen und mor- phologischen Daten den Werth dieser Körper zu bestimmen. Zunächst könnte vielleicht noch ein Bedenken über die Zu- sammengehörigkeit der Schläuche, in welchen diese fraglichen Körper vorkommen, mit den anderen Saprolegnia-Schläuchen des Rasens entstehen. Allein man findet hin und wieder auch einzelne jener kürzeren Schläuche, welche die normalen Schwärmsporen bilden. Diese ver- wandeln ihre Spitze zuerst in ein Sporangium, in welchem die bekannten, keimenden Schwärmsporen der Saprolegmia entstehen, und wenn dann, wie dies bei der Gattung Saprolegnia so häufig 1) Monatsberichte der Berl. Acad. 1855. S. 142 (S. 10 des Separatabdrucks), 104 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. ist, der unter dem Sporangium befindliche Schlauchtheil, das ent- leerte Sporangium durchwachsend, eine neue Spitze bildet !), so entstehen oft erst in dieser neuen Spitze jene in ihrer Bedeutung räthselhaften Körper, und diese Fälle beweisen dann mit Entschieden- heit, daß die besonderen kurzen Schläuche, in welchen jene Körper entstehen, wirklich der Saprolegnia angehören. Sind aber jene Körper vielleicht fremdartige Bildungen, die in irgend einer noch unbekannten Weise in die Schläuche eingedrungen sind und sich hier ausgebildet haben ? — Die Entscheidung dieser Frage ist großen Schwierigkeiten unterworfen und kann auch hier, wie überall, wo eine solche Vermuthung auch nur entfernt möglich ist, nicht mit absoluter Gewißheit beantwortet werden, solange es nicht gelingt, ihre Function direct zu beobachten oder das Ein- dringen der Parasiten, welchen sie ihre Entstehung verdanken möchten, unmittelbar zu sehen. Die Art, wie diese Körper sich öffnen, erinnert freilich auf- fallend an die Entleerung einiger bekannten, pflanzlichen Zellenein- dringlinge, z. B. des COhytridium rhizinum, . welches Schenk beschrieben hat?), und des von mir beobachteten?) Pythium ento- phytum. Allein die beweglichen Körperchen, welche in ihnen ent- stehen, haben auch nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit den so characteristischen Schwärmsporen der Chytridien oder Saprolegnieen. Und da sie, wie ich beobachtet habe, nicht keimen, so müßte ihnen jedenfalls der Werth von Samenkörpern zuerkannt werden. Wenn man daher geneigt wäre, jene fraglichen Körper als der Saprolegniu fremde Bildungen aufzufassen, so müßte man sie für die männ- lichen Geschlechtsorgane oder vielmehr für die männlichen Pflänz- chen eines noch unbekannten in den Saprolegnia-Schläuchen leben- den einzelligen Eindringlinges erklären. Für diese Auffassung möchte dann noch eine Beobachtung sprechen, die ich nicht unterdrücken darf. Außer den bisher be- 1) Derartige Durchwachsungen durch das entleerte Sporangium findet man abgebildet in meiner Abhandlung über die Achlya prolifera. Nova Acta. Vol. XXIII. P. I. Taf. 46 Fig. 15 und Taf. 50. 2) Algologische Mitteilungen in den Verhandlungen der phys.-medic. Ge- sellschaft in Würzburg. Bd. VIII. S. 238. Taf. V Fig. 6—13. 3) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. I. S. 288. Taf. XXI Fig. 1; man vergleiche auch in den oben angeführten Mitteilungen von Schenk die Angaben über die Gattung Pythrum. Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 105 sprochenen Gebilden, in welchen die beweglichen Körperchen entstehen, fand ich nämlich, aber äußerst selten, in denselben kurzen Saprolegnia-Schläuchen noch Kugeln von sehr verschiedener Größe auf, welche eine mit deutlichen, kurzen Stacheln besetzte Membran besitzen. Diese Kugeln mit stacheliger Hülle treten entweder isolirt auf (Taf. XI Fig. 14) oder untermischt mit jenen anderen Körpern, welche eine glatte Hülle besitzen (Taf. XI Fig. 15a). Man könnte nun geneigt sein, diese Stachelkugeln als die zu den Körpern mit glatter Hülle gehörigen weiblichen Pflanzen zu be- trachten, denn sie erinnern allerdings an jene Stachelkugeln, die sich in grünen Algen — Vaucherien, Spirogyren u. s. w. — vorfinden und die ohne jede Frage nur die Oosporen von Schmarotzern sind, welche in jenen Algen leben und höchst eluumdns lieh entweder Chytridien, Rbizidien oder Pythien angehören. Ich habe diese Stachelkörper jedoch nur äußerst selten ge- funden und vermag nichts über ihre weitere Entwicklung anzu- geben. Cienkowsky spricht in seinem bereits angeführten Aufsatze gleichfalls von einer stacheligen Oherfläche der in den Saprolegnia-Schläuchen vorkommenden Gebilde, scheint aber die stachelige Oberfläche jenen Bildungen, welche die beweglichen Körper entlassen, selbst zu vindiciren. Ich habe dagegen die stacheligen Kugeln niemals entleert und die entleerten Gebilde niemals mit stacheliger Membran gefunden. Da es nun aus der Darstellung Cienkowsky’s nicht mit völliger Gewißheit hervor- geht, ob die Körper mit stacheliger Hülle gleichfalls bewegliche Körperchen entlassen, so muß es daher noch unentschieden bleiben, ob sie einen anderen Werth besitzen oder nur unwesentliche Modi- ficationen der Körper mit glatter Oberfläche darstellen. Wenn diese Bedenken für die Selbständigkeit dieser Bildungen als besondere im Innern der Swprolegnia-Schläuche schmarotzende Organismen zu sprechen scheinen, so verdient anderseits dagegen hervorgehoben zu werden, daß es seltsam wäre, einen Parasiten in den Schlauch eindringen zu sehen, ohne daß, wie ich doch gezeigt habe, irgend eine bemerkbare Störung in der normalen Ordnung des Zellinhaltes eintritt. Wohl sieht man Infusorien, namentlich Amöben, sich häufig äußerlich an die Schläuche ansetzen, niemals aber hat mir die längere Beobachtung ein wirkliches Eindringen dieser Organismen in die Schläuche nachgewiesen. Ueberdies zeigt ja die chemische 106 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Beschaffenheit der Membran jener Organe, die sich in Chlorzink- jodlösung deutlich blau färbt, daß wir es hier mit einem pflanz- lichen Körper zu thun haben. . Die leicht kenntlichen Schwärm- sporen von Chytridien oder Phythien, an welche zunächst als die eingedrungenen Keime jener Körper gedacht werden könnte, habe ich ferner niemals zwischen den Saprolegnia-Schläuchen gefunden. Und wenn auch — wie ich gern zugebe — das Eindringen solcher Schwärmsporen in die Schläuche, sowie überhaupt ihr Vorhanden- sein leicht übersehen werden kann, woher sollten denn jene Schwärmsporen, welche diese Bildungen in den Schläuchen hätten hervorrufen können, überhaupt gekommen sein? Die beweglichen Körper, die in ihnen entstehen, sind selbst nicht keimfähig, es müßten daher noch andere Behälter vorhanden sein, in welchen jene in die Schläuche eindringenden Schwärmsporen erzeugt würden. Nun finden sich aber im Saprolegnia-Rasen niemals Spuren solcher der Suprolegnia selbst fremden Schwärmsporenbehälter. Woher kommt es endlich — und dies scheint mir zur Beurtheilung von besonderem Belang — daß diese Körper nur während der ersten Tage der Entwicklung des Saprolegnia-Rasens entstehen, später aber wieder ganz verschwinden? Spricht dieser Umstand, welcher bei den männlichen Pflanzen der Saprolegnia dioica und Achlya dioica und auch bei den Sporangien mit innerem Zellennetz, aus welchen die Androsporen hervortreten, wiederkehrt, nicht auffallend für ihren Werth als Organe der Pflanze? Endlich ist auch die durchgehende Analogie ihrer Entwicklung mit jenen männlichen Organen der anderen Saprolegnieen, nament- lich mit den Specialmutterzellen der Samenkörper bei Achlya dioica wohl zu berücksichtigen und selbst die sonderbare Art, wie sie sich öffnen, die am meisten für ihre parasitische Natur zu sprechen scheint, findet ihr Analogon in der Art, wie die Mutterzellen der Androsporen — die doch gewiß nicht für Parasiten gehalten werden können — einen Fortsatz durch die Membran der Sporangien hin- durchtreiben (Taf. IX Fig. 9 0). Sollten aber dessenungeachtet diese Körper doch noch Ein- dringlinge in die Schläuche sein, so wäre es vielleicht denkbar, daß es die eigenen männlichen Schwärmsporen der Saprolegnia sind, welche in die Schläuche eindringen und sich hier zu Männ- chen ausbilden, die eine Art entoparasitischer Männchen darstellen würden, während die von Androsporen erzeugten Männchen sonst Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 107 nur als äußerlich schmarotzende Männchen auftreten. Diese An- “nahme würde all die verschiedenen, scheinbar unvereinbaren Er- . scheinungen zu erklären vermögen; doch habe ich keine sichere Thatsache, die sie beweisen würde, auffinden können. Aber wie dem auch sein möge, aus meinen Beobachtungen seht wenigstens so viel mit Sicherheit hervor, daß diese Bildungen pflanzlicher Natur sind, und daß die in ihnen erzeugten beweglichen Körper sehr bald nach ihrem Ansschlüpfen ohne jede weitere Eut- wicklung zu Grunde gehen, also überhaupt nicht den Werth keimen- der Schwärmsporen besitzen. So muß, wenn wir schließlich alles zusammenfassen, von diesen sonderbaren Körpern zwar zugegeben werden, daß über ihre Deutung noch mancherlei Zweifel obwalten, dagegen kann der geschlechtliche Werth der Antheridien der Saprolegnia dioica und Achlya diorca nach den im Einzelnen von mir angeführten That- sachen kaum noch bezweifelt werden, und mir genügt es vor der Hand, in dem vorliegenden Aufsatze auch bei den Saprolegnieen auf die Existenz diöcischer und Androsporen bildender Arten neben den monöcischen aufmerksam gemacht zu haben. Aehnliche Verhältnisse haben schon meine früheren Unter- suchungen an den Oedogonieen und Caleochaeteen aufgedeckt. Allein bei den Saprolegnieen heben die nicht unwesentlichen Formenabweichungen der Antheridien verschiedener Arten zugleich noch die Thatsache auffallender hervor, daß der männliche Ge- schlechtsapparat bei dieser Abtheilung niedriger Pflanzen, mit welcher wir uns hier beschäftigen, schon in dem Kreise nahe ver- wandter Gewächse, welche mit Recht in eine Familie zusammen- gezogen werden, mehrfachen und bedeutenden Formenschwankungen unterliegen kann. — Die Berücksichtigung dieses Verhältnisses möchte vielleicht geeignet sein, manche scheinbar räthselhaften und unseren Ansichten von der Zeugung widersprechenden Erscheinungen aufzuklären. Ein weiteres Eingehen auf andere, die Arten mit Androsporen betreffende Einzelheiten muß ich einer späteren Darstellung vor- behalten. Zugleich hoffe ich dann eine systematische Uebersicht der ganzen Familie geben zu können. Eine Aufgabe, die bei der großen Mannigfaltigkeit der auftretenden Formen, und weil man bisher die Geschlechtseigenthümlichkeiten der diöcischen und 108 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. endosporischen Arten unberücksichtigt ließ, jetzt noch nicht durch- führbar ist. Mögen diejenigen, welchen besondere, nach allen Geschlechts- eigenthümlichkeiten bestimmbare Arten dieser über Erwarten formenreichen Familie vorkommen, die Mühe nicht scheuen, die- selben unter gehöriger Berücksichtigung der angedeuteten Ge- schlechtsverhältnisse und der Eigenthümlichkeiten ihrer Oogonien und Oosporen genau zu bestimmen. Dann wird es bald möglich sein, eine sichere systematische Eintheilung und Anordnung der Arten zu geben. Wie groß aber der Artenreichthum dieser ein- fach gebauten Familie ist, das läßt schon die Beschreibung neuer Arten ahnen, welche wir neuerdings de Bary verdanken i) und die sämmtlich nur monöcische — mit Nebenästen versehene — Arten betreffen. B. Die Schwärmsporen von Saprolegnia lactea (Leptomitus lacteus Ag.). Daß die sonderbare Pflanze, welche Agardh’°) als Leptomitus lacteus beschrieb und deren oft sehr verderbliche Verbreitung uns Göppert°) in einem anschaulichen Bilde geschildert hat, wegen ihres einzelligen Baues nicht zum Leptomitus Ag., sondern in die Nachbarschaft der Saprolegnieen gehöre, hat bereits Al. Braun*) ausgesprochen. Ich habe mich später) dieser Ansicht ohne Weiteres angeschlossen, denn die äußere Erscheinung und die Lebensbedingungen der Pflanze wiesen unverkennbar auf ihre Verwandtschaft mit den Saprolegnieen hin. Allein erst nach Auffindung ihrer noch unbekannten Fort- pflanzungsorgane konnte mit Sicherheit über ihre Stellung ent- schieden werden, und es mußte daher ihre systematische Einreihung so lange zweifelhaft bleiben, als ihre genauere Kenntniß — wie dies bis dahin der Fall war — auf den höchst eigenthümlichen Bau 1) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. II. S. 169. 2) Syst. Alg. p. 50, siehe auch Kützing, Species Alg. p. 155 und Phyec. germ. S. 124 und Dillwyn, British Confervae 1809. Tab. 79. 3) Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur 1852 und Bot. Zeit. von Mohl und Schlecht. 1853. S. 165. 4) Verjüngung S. 289. 5) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. I. S. 301 und 302. Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 109 ihrer einzelligen Schläuche beschränkt war. Es ist mir endlich gelungen, die Kenntniß dieser in mehr als einer Beziehung interessanten Pflanze durch die Entdeckung ihrer Schwärmsporen um einen Schritt weiter zu führen und somit wenigstens ihre Stellung im Systeme außer allen Zweifel zu setzen. Sie ist über- dies, so viel ich weiß, noch nirgends genau abgebildet worden, ich habe deshalb eine größere Anzahl von Abbildungen verschiedener Zustände der Schläuche meiner Darstellung ihrer Schwärmsporen- bildung hinzugefügt. Ich habe diese Pflanze bisher nur in fließenden Gewässern und zwar sowohl in großen Flüssen als in kleinen Bächen ge- funden. Sie zeigt sich hier zu den verschiedensten Zeiten im Jahre, sowohl im Winter als im Sommer, und hiernach ist die Angabe von Agardh und Kützing, daß sie nur im Winter vor- kommt, zu berücksichtigen. Sie bildet kleinere oder größere, oft über weite Strecken ausgebreitete Rasen, welche aus glänzend- oder schmutzigweißen, bis mehrere Zoll langen Fäden bestehen und die verschiedensten unter der Oberfläche des Wassers befind- lichen Gegenstände bedecken. Wo die Pflanze eine große Aus- breitung genommen hat und die geringe Tiefe des Wassergrabens, in welchem sie vorkommt, die Uebersicht über weite Strecken gestattet, da sieht man — wie dies Göppert genau geschildert hat — daß jeder in das Wasser hineinragende Ast, jede vom Wasser bedeckte Wurzel und jeder in dem Bache befindliche Stein damit bedeckt ist. Man sieht die länglichen, flottirenden, schleimig- fädigen Massen der Pflanze das ganze Bett des Baches wie aus- tapeziren, so daß „an den Stellen, wo die Masse auf allen Steinen festsitzt, es gerade so aussieht, als ob mit Wolle noch versehene Schaffelle auf dem Boden befestigt wären“. Diese ungemein leichte Verbreitung erklärt es, daß die Pflanze unter Umständen, wie die- jenigen, unter welchen sie Göppert beobachtet hat, so höchst verderbliche Wirkungen hervorrufen kann. In größeren Flüssen, wo die Ausbreitung der Pflanze mehr Hindernisse findet oder sich wenigstens dem Blicke leichter entzieht, sieht man sie nur als einzelne, schmutzig-schleimige Fadenmassen von geringerer Ausdehnung schwimmenden vegetabilischen oder thierischen Resten und den vom Ufer in den Fluß hineinragenden Wurzeln aufsitzen. Die dichotomisch verzweigten Fäden, aus welchen die Pflanze 110 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. besteht, sind absatzweise mit Strieturen (s in den Figuren der Tafel XII) versehen, die ihnen ein gegliedertes Ansehen geben. Jedoch stehen die Glieder durch die offene Structur hindurch in ununterbrochener Communication, so daß der ganze Faden vor seiner Fructification streng einzellig ist. In jedem Gliede liegt meist in der Nähe der Strietur ein größerer Kern (m in den Figuren der Tafel XII), welcher seinen Ort wechselt und häufig, in die Strietur eingezwängt, dieselbe verschließt (s’ in Fig. 2, 3, 4 Taf. XII). In älteren Gliedern findet man mehrere Kerne (Taf. X Fig. 6 m), die, wie es scheint, durch Sprossung und darauf folgende Trennung aus dem ursprünglichen Kerne hervor- gegangen sind (Taf. X Fig. 8, 9), Auch hat der Kern selbst in älteren Gliedern einen etwas complicirteren Bau; in den jüngeren, in seiner Masse durchweg homogen, läßt er in den älteren zwei ver- schieden dichte, concentrische Schichten unterscheiden (m in Eig: ;6,°7, Tata): Die Deutung des Kernes unterliegt noch mancherlei Zweifeln. Offenbar scheint seine Existenz an das Vorhandensein der Glieder des Fadens geknüpft, da bei den anderen, durchweg einzelligen Saprolegnieen, welchen die Glieder fehlen, auch der Kern nicht vorhanden ist. Es scheint daher auch wahrscheinlich, daß er für die Glieder der Saprolegnia lactea denselben Werth besitzt, welcher dem Zellenkern der Pflanzenzellen im Allgemeinen zukommt, und dann würde den Gliedern dieser Pflanze eine Bedeutung zuer- kannt werden müssen, welche der wahrer Pflanzenzellen wenigstens analog wäre. Hierfür spricht auch, daß sich später einzelne Glieder bei der Fructification gerade in den Strieturen völlig ab- schließen und so Gebilde darstellen, welchen der Character von Pflanzenzellen gar nicht mehr abgesprochen werden kann. Ich will jedoch auf diese rein anatomische Frage an dieser Stelle nicht näher eingehen, dagegen noch erwähnen, daß einzelne Erscheinungen, namentlich diejenigen, welche an den Kernen älterer Glieder ein- treten, darauf hindeuten, daß sie vielleicht noch einen speciell- morphologischen Werth besitzen möchten !). 1) Zu dem, was im Text über den Werth der Gliederkerne gesagt worden ist, sei noch die folgende Bemerkung hinzugefügt. Sind die Gliederkerne als wahre Zellkerne anzusprechen, so muß offenbar in dem Baue dieser Pflanze besonders auffallen, daß trotz der regelmäßigen Bildung und Anordnung der Zellenkerne die Bildung der Theilwände zwischen den „Gebieten“ der Zellenkerne Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. BI Die Entstehung neuer Glieder läßt sich leicht an den Spitzen der einzelnen Fäden und bei der Bildung der Seitenzweige verfolgen. Das je oberste Glied eines Fadens treibt aus seiner Spitze einen Fortsatz hervor (Taf. XII Fig. 1a, b, 6 /), welcher nicht die ganze Breite der Spitze einnimmt. Er unterscheidet sich daher gleich von seiner Entstehung an an seinem Ursprunge von dem Muttergliede durch eine verengerte Stelle, welche auch bei seiner späteren Längen- und Diekenzunahme an Ausdehnung gegen sein Lumen zurückbleibt und so die Strietur zwischen dem neuen obersten und dem älteren, jetzt zweitobersten Gliede darstellt. In derselben Weise entsteht aus dem neuen, jetzt obersten Gliede des Fadens — gewöhnlich noch, bevor dieses seine schließliche Länge erreicht hat (Taf. XII Fig. 6), — später wieder ein neues Glied und so fort, so daß der Faden fortwährend die Anzahl der Glieder an seiner Spitze vermehrt. Die Vergrößerung der Glieder, ihre Verlängerung und ihre Zunahme in die Dicke schreitet dann, nachdem die Glieder bereits nach oben und unten durch die Strieturen abgegrenzt sind, noch bedeutend fort. — Die Vermehrung der Glieder eines Fadens in seiner ursprünglichen Richtung ist nun ausschließlich auf dieses Hervorsprossen neuer Glieder aus dem jeweilig obersten beschränkt. Die mittleren Glieder eines Fadens tragen niemals zur Vermehrung seiner Gliederanzahl bei. unterbleibt, denn wir sind überall, wo Zellenbildung stattfindet, gewöhnt, dem Auftreten der Zellenkerne die Entstehung von Scheidewänden folgen zu sehen, welche die Gebietsgrenzen der einzelnen Zellenkerne streng absondern. Es würde demnach aus dem Baue der Saprolegnia lactea folgen, daß das Auftreten regel- mäßiger Zellenkerne nicht nothwendig die Abschließung der Zelle nach Außen involvirt. Eine ganz ähnliche Erscheinung ist mir einmal bei einer keimenden Spirogyra aufgestoßen. Die junge aus der Copulationsspore hervortretende Pflanze (Spirogyra jugalis in meinem Aufsatze über Keimung-der Spirogyren. Flora 1852) hatte nämlich eine sehr bedeutende Länge erreicht, ohne durch Scheidewände in mehrere Zellen getheilt zu sein. Sie war also, streng genommen, einzellis; verglich man aber ihre Länge mit der anderer junger Spirogyren, so hätte sie genau aus 5 Zellen bestehen müssen. Nun besaß sie, trotzdem sie einzellig war, 5 Cytoblasten, die, regelmäßig angeordnet, in solchen Entfernungen von einander standen, als ob die junge Pflanze wirklich fünfzellig gewesen wäre. Auch hier waren also die Zellenkerne in regelmäßiger Weise entstanden und hatten sich ganz gesetzmäßig angeordnet, aber die Bildung der Scheidewände zwischen ihnen war unterblieben. Die Erscheinung ist mir nur einmal vor- gekommen; doch entspricht offenbar der abnorme Zustand jener keimenden Spirogyra dem normalen Baue der Saprolegnia lactea. 112 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Ein ähnlicher Vorgang, wie der sich theilender Zellen, so etwa, daß ein verlängertes Glied plötzlich an irgend einer Stelle, z. B. in der Mitte, eine Einbiegung seiner Seitenwände erlitten, tritt — dies sei noch ausdrücklich bemerkt — hier niemals ein. Dagegen treten aus den mittleren Gliedern neue Glieder zur Bildung von Seitenzweigen hervor. Diese entspringen immer unmittelbar neben der Strietur, welche das Mutterglied des Zweiges von seinem nächst oberen Fadengliede trennt, und die Bildung dieser ersten Glieder der Seitenzweige gleicht vollkommen der Entstehung neuer Glieder an der Spitze der Fäden. Hierdurch entsteht jene dichotomische Verzweigung der Fäden, welche da- durch characterisirt ist, daß ein sich verzweigendes Glied durch zwei unmittelbar benachbarte Strieturen von den beiden über ihm stehenden Gliedern getrennt ist (Taf. XII Fig. 1g, Taf. X Fig.6 ss, 7 s). Hiervon etwas abweichend ist die Art der Verzweigung, welche zumeist an solchen Gliedern eintritt, deren nächst obere Glieder zu Sporangien werden. In diesem Falle wächst nämlich das sich verzweigende Glied einfach neben dem Sporangium ohne Bildung einer Strietur seitlich fort (Taf. XII Fig. 1g‘, 3g, 4g), und diese entsteht erst mit der Bildung eines neuen Gliedes an dem Ende des seitlich vorgeschobenen Fortsatzes (Taf. XII Fig. 1 a,b) Der Verlängerung der Zweige durch Vermehrung ihrer Glieder ist dadurch ein Ziel gesetzt, daß die Endglieder sich in Sporangien umwandeln. Mehrere Glieder eines Zweiges hintereinander erfahren diese Umänderung (Taf. XII Fig. 1—4 I, I, 7‘). Das Glied schwillt hierbei bedeutend an (Taf. XII Fig. 2, 3 /, 2), vermehrt seinen Inhalt beträchtlich und schließt sich durch Bildung einer Wand in der Strietur als eine vollständige Zelle von dem nächst unteren Gliede ab. Dieses verwandelt sich dann entweder selbst in ein neues Sporangium oder wächst in der vorher beschriebenen Weise neben dem Sporangium fort, den ursprünglichen Zweig seitlich ver- längernd. Hierdurch werden die Sporangien aus ihrer ursprünglich endständigen Stellung gerückt und erscheinen seitenständig den Zweigen aufgesetzt. Nach Abschließung der Glieder zu den Spo- rangien beginnt in diesen eine Sonderung des Inhaltes, welche mit denselben Erscheinungen verbunden ist, die bei Entstehung der Schwärmsporen in den Sporangien der Saprolegnieen eintreten (Taf. XII Fig. 3 D) und welche auch hier mit der Entstehung ge- trennter, beweglicher Körper, die sich bald als Schwärmsporen zu Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 113 erkennen geben, schließt (Taf. X Fig. 10). Die Austrittsöffnung für die Schwärmsporen bildet sich bei dieser Art regelmäßig auch bei den Endzellen an irgend einer Stelle der Seitenwand (o in den Figuren der Taf. XII), doch ist diese Stelle häufig der Spitze sehr nahe gerückt. Bei dem Ausschwärmen der Sporen läßt sich be- obachten, daß sie schon in dem Sporangium gebildet werden, also nicht, wie bei Pythium, erst in der vor der Oeffnung zur Kugel angesammelten Protoplasmamasse entstehen, und daß sie ferner völlig frei und isolirt aus dem Sporangium hervortreten und sogleich entweichen, ohne, wie bei der Gattung Achlya, vor der Spitze zu einer Hohlkugel angesammelt, sich zu häuten. Die Sporenbildung dieser Pflanze befolgt daher genau den Typus der Gattung Sapro- legnia, und ich habe sie deshalb, trotz des abweichenden Baues der Schläuche, vorläufig der Gattung Saprolegnia eingereiht. Weiteren Untersuchungen, namentlich der Auffindung der Geschlechtsorgane, wird der Nachweis vorbehalten sein, ob in dem Typus der Sapro- legnia lactea — wie ich es vermuthe — mehrere verschiedene Arten verborgen sind; alsdann wird sich auch sicherer entscheiden lassen, ob der Bau dieser Art zur Aufstellung einer neuen Gattung be- rechtigt. Die Membran der entleerten Sporangien (Taf. XII Fig. 1, 4) ist äußerst hinfällig, so daß diese sich hierdurch der Beobachtung leicht entziehen können. Die Schwärmsporen haben eine Größe von !/,, mm, sie besitzen 2 Cilien und gleichen vollkommen denen anderer Saprolegnieen (Taf. XII Fig.5). Sie keimen kurze Zeit, nachdem sie ausgeschwärmt haben, überall und leicht, und die Keimschläuche erhalten auch sehr bald die characteristischen Strieturen der Art (Taf. XII Fig. 4 p)). Trotzdem ich diese Pflanze zu verschiedenen Jahreszeiten wieder- holt eultivirt habe, habe ich sie nicht bis zur Bildung von Ge- schlechtsorganen erziehen können. Anfänglich wollte es mir über- haupt nicht gelingen, sie längere Zeit zu cultiviren. Da sie an Stellen vorkommt, wo eine starke Verwesung aller organischen Substanzen stattfindet, so setzt sich diese leicht in den kleinen Gefäßen, in welchen man die Pflanze erzieht, fort, und diese geht deshalb im Zimmer gewöhnlich schon nach wenigen Stunden zu Grunde. Sie längere Zeit zu erhalten, ist nur möglich, wenn man geringe Mengen der fructificirenden Pflanze zugleich mit Insecten Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, I, 8 114 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. oder Blasenstücken, auf welchen die entweichenden Schwärmsporen keimen können, in große Gefäße mit Wasser wirft. Die sich auf dem neuen Boden entwickelnden Rasen der Pflanze können, wie ich mich überzeugt habe, besonders wenn sie kurz nach ihrer Bildung in andere Gefäße mit reinem Wasser übertragen werden, wochenlang im Zimmer in voller und normaler Vegetation erhalten werden. Aber ich habe bisher vergeblich an ihren nach Oogonien und Antheridien gesucht. Nur in den älteren Theilen der Schläuche habe ich hier und da abgeschlossene Glieder gefunden, welche in ihrem Inneren eine große Anzahl stark mit Inhalt erfüllter kugeliger Zellen führen (Taf. X Fig. 6), die offenbar keine Schwärmsporen sind. Ihre Bedeutung ist mir noch unbekannt; sie erinnern stark an die Mutterzellen der Samenkörper bei Achlya dioica. Al. Braun giebt zwar bei Leptonitus lacteus ruhende Sporen an, welche von der Wand des Mutterschlauches abgelöst und ein- seitig angeordnet sein sollen; allein ich vermuthe, daß hier eine Verwechselung mit zur Ruhe gelangten Schwärmsporen (Taf. XI Fig. 1 7, 7), die damals noch unbekannt waren, vorliegt, oder sollten es jene in den Abtheilungen älterer Schläuche vorkommende kugelige Zellen gewesen sein, deren Bedeutung mir noch fraglich scheint? — Mögen weitere Untersuchungen hierüber eine baldigen Aufschluß gewähren. Erklärung der Abbildungen. (Die Vergrößerung ist bei jeder Figur angegeben, die Figuren der Taf. XI sind sämmtlich 240-fach vergrößert.) Tafel IX. Fig. 1—4. Männliche Schläuche von Saprolegnia dioica in ver- schiedenen Zuständen der Entwicklung. Fig. 3a im Augenblicke der Entleerung der Samenkörper; « und p die Austrittsstellen der Samen- körper geöffnet und geschlossen. Fig. 5. Einzelne Samenkörper mit Jod getödtet. Fig. 6. Ein männlicher Schlauch, der zugleich Oogonien mit reifen ÖOosporen trägt. Fig. 7—9. Androsporen erzeugende Sporangien einer Saprolegnia- Species. Fig. 7. Sporangium während des Austrittes der Androsporen ae I EN Nachträge zur Morphologie der Saprolegnieen. 1018) erst theilweise entleert. Fig. 8. An demselben Schlauche ein Sporangium mit innerem Zellennetz, noch nicht entleert, und ein Oogonium mit daran sitzenden Männchen. Fig. 9. An demselben Schlauche ein Sporangsium mit innerem Zellennetz, fast ganz entleert, und ein Sporangium, dessen Schwärmsporen nach Art der Gattung Saprolegnia gebildet und entleert werden. Das ursprüngliche Schwärmsporensporangium (s) war hier nochmals durchwachsen, und der Schlauch hatte, wie dies oft geschieht, ein zweites Sporangium (g) gebildet, welches sich gleichfalls entleert hatte und dessen Oeffnung die Oeffnung des ersten Sporangium nicht erreichte. Tafel X. Fig. 1 und 2. Männliche Schläuche der Achlya dioica in ver- schiedenen Zuständen der Entwicklung. Die Mutterzellen, noch in Bildung in e Fig. 1, sind in den übrigen Zellen bereits fertig; ihr In- halt ist theils in der Bildung der Samenkörper begriffen, wie in b, c, d der Fig. 1; theils sind die Samenkörper schon fertig und schwärmen aus, wie in a der Fig. 1; theils sind die Mutterzellen schon entleert, wie in Fig. 2. Fig. 3. Samenkörper der Achlya dioica, mit Jod getödtet. Fig. 4. Zwei Specialmutterzellen der Samenkörper mit einigen Samenkörpern, welche in ihnen selbst zur Ruhe gekommen sind. Fig. 5. Die Schlauchzelle «a der Fig. 1, etwa eine halbe Stunde später. Sämmtliche Specialmutterzellen haben sich entleert; alle Samen- körper sind durch die Oeffnung o entwichen. Fig. 6, 7, 8. Glieder älterer Schläuche bei Saprolegnia lacteo. In Fig. 6 enthalten die Glieder außer mehreren Kernen (m, m) eine große Zahl unbekannter Kugeln. Fig. 7 zeigt bei s die dichotomische Ver- zweigung und den Bau alter Kerne (m, m). Fig. 9. Kern aus einem alten Gliede — dem der Fig. 8 — in der Theilung (?) begriffen. Fig. 10. Sporangium der Saprolegnia lactew; die Schwärmsporen sind fertig, bei o die Austrittsstelle noch geschlossen. Die Sporangien zeigen oft einen kleinen Fortsatz («@) an ihrer Spitze; dieser ist nichts Anderes, als ein im Entstehen begriffenes neues Glied, das sich nicht mehr ausbildet, weil sein Wachsthum durch die Umbildung des Gliedes b in ein Sporangium gestört worden ist; das neue Glied wurde nämlich angelegt, als b noch kein Sporangium war. Tafel XI. Fig. 1—13. Schlauchspitzen einer Saprolegnia mit den darin ent- standenen glatthäutigen Körpern (Antheridien?) in verschiedenen Zu- ständen der Entwicklung, darunter Fig. 10 ce ein glatthäutiger Körper im Augenblicke der Entleerung der beweglichen Körper, und Fig. 11 ein völlig entleerter, glatthäutiger Körper. 8* 116 Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen. Fig. 14. Spitze eines Schlauches derselben Saprolegmia mit einem stachelhäutigen Körper. Fig. 15. Spitze eines Saprolegnia-Schlauches mit einem stachel- häutigen und mehreren glatten Körpern. Fig. 16. Bewegliche Körper einige Zeit nach ihrem Austritt. Tafel xTE Fig. 1—6. Verschiedene Zustände von Saprolegnia lacteı. m die Kerne der Glieder; s die Stricturen; /, 7‘ die Sporangien; p zur Ruhe gekommene Schwärmsporen, die aus den Sporangien /, Fig. 4, entschlüpft waren; p welche, die bereits keimen und theilweise Strieturen an den jungen Schläuchen besitzen. In /, 7 Fig. 1 sind einige Sporen im Inneren der Sporangien zur Ruhe gekommen. Bei s’ verschließen die Kerne die Strieturen und bilden die Scheidewand der Glieder. Fig. 5. Schwärmsporen der Saprolegnia lactea im Augenblicke der Einwirkung von Jod. Fig. 6. Spitze eines Fadens der Saprolegnia lactea, dessen jüngstes, noch nicht erwachsenes Glied schon ein neues Glied bei / anlegt. Prinssheim. ses. Abhandlungen .BandIl. EN a PX En \ , N.Püngsheim n.d.Nat.gez. Verlv.Gustav Fischer, Jena. Lith.Anstv.A Giltsch, Jena. Prinösheim, ges. Abhandlungen, Band Il. | Taf.X. Lith.Anstv. Aßiltsch Jena. Prinssheim, ges. Abhandlungen.Dand I. 3. N.Fringsheimn.d.Nat.gez. lv: Austav Fischer. Jena. — Prinssheim, ses. Abhandlungen, Band I. N.Pringsheim n.d.Nat. gez. v 14 Verl v.GustavFischer,Jena. Lith.Anstv.A.Giltsch, J [23 g TR: a a. ” IV. Weitere Nachträge zur Morphologie und Systematik der Saprolegnieen., Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bel, ID, 80 moin, Size Hierzu Tafel XIII-XVILI. [Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin.] 23. Juni 1875. Sitzung der physikalisch-mathema- tischen Klasse. Hr. Pringsheim machte die folgende Mittheilung über die neueren Resultate seiner Untersuchungen an den Saprolegnieen: Seit meinem letzten Aufsatze über die Saprolegnieen vom Jahre 1857 war ich fortgesetzt bemüht, weitere Erfahrungen über die Reproductionsvorgänge in dieser Familie zu sammeln. Durch anderseitige, nicht ganz übereinstimmende Veröffent- lichungen sehe ich mich veranlaßt, meine Untersuchungen und Be- obachtungen schon jetzt zu einem vorläufigen Abschluß zu bringen und dieselben hier vorzulegen. Ihre ausführlichere Darlegung meinen Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik vorbehaltend, welche schon meine älteren Aufsätze über diese Familie gebracht haben, begnüge ich mich hier mit der kurzen Veröffentlichung der wichtigeren Ergebnisse. Diese sind: 1) Der männliche Geschlechtsapparat der Saprolegnieen wird innerhalb der ganzen Familie in wesentlich gleichartiger Weise von den bekannten an die Oogonien herantretenden, oder ihnen anliegenden Antheridien gebildet. 2) Diejenigen Saprolegnieen, welchen sowohl männliche Aeste als anliegende Antheridien fehlen, sind nicht — wie man bisher annahm — Arten, die einen abweichenden Befruch- tungsvorgang besitzen, sondern parthenogenetische Formen, deren Befruchtungskugeln ohne Befruchtung reifen und keimen. 120 Nachträge zur Morphologie und Systematik der Saprolegnieen. 3) 4) 5) 6) Es existirt bei den Saprolegnieen nur eine Art von Be- fruchtungskugeln. Die sich parthenogenetisch entwickeln- den und die später befruchteten sind identisch und zeigen keinerlei ursprüngliche Differenzen. Die parthenogene- tisch entstandenen Oosporen keimen aber früher und leichter als die befruchteten. Der eigentliche Befruchtungsvorgang der Saprolegnieen geht mit alleiniger Ausnahme der niedrigsten Glieder der Familie über die einfache Copulation hinaus und ist wesent- lich ein combinirter Act, zusammengesetzt aus einer Copulation der Antheridien mit eigenthümlichen, in vielen Fällen nur rudimentären, weiblichen Copulationsästen und dem davon getrennten, eigentlichen Befruchtungsvorgange durch die Befruchtungsschläuche. Untergeordnete Erscheinungen bei der Bildung und Ent- leerung der Zoosporen, welche zu Gattungsmerkmalen er- hoben worden sind, begründen weder generische, noch specifische Differenzen, sondern sind nur Andeutungen einer bei einigen Species auftretenden, bald mehr bald weniger constanten Dimorphie, die sich in einem verschiedenen Reifungsstadium der Zoosporenentwicklung ausspricht. Ebenso können die verschiedensten Arten der Geschlechts- vertheilung bei derselben Species auftreten. Sie sind da- her gleichfalls nicht als Species-Charactere verwendbar. Seit meinem letzten Aufsatze über die Saprolegnieen vom Jahre 1857 habe ich mancherlei Erfahrungen über diese Familie gesammelt, die meine früheren Ansichten theils erweitert, theils geklärt haben, und ich hatte die Absicht, nach und nach dies ge- sammelte Material zu vervollständigen und in einer möglichst um- fassenden Monographie der Familie zusammenzustellen. — Inzwischen haben namentlich in den letzten Jahren verschiedene Veröffentlichungen über die Saprolegnieen stattgefunden, die mit meinen Erfahrungen über die Entwicklungsvorgänge bei dieser Familie nicht ganz übereinstimmen und die auch in Bezug auf den systematischen Theil der Aufgabe eine andere Richtung verfolgen, als diejenige, die ich für geboten halte. — Dies veranlaßt mich, die Resultate meiner Untersuchungen schon jetzt in der nachfolgenden, noch unvollendeten Form bekannt zu machen. Ich trenne hierbei, soviel als thunlich, die morphologischen und systematischen Fragen und theile dementsprechend meinen Aufsatz in die drei gesonderte Abschnitten: I. Ueber Parthenogenesis bei den Saprolegnieen. II. Ueber die Bedeutung der hellen Stellen im Protoplasma der Oogonien und über den Modus des Befruchtungsactes bei Saprolegnia und Achlya. III. Ueber Dietiuchus Leitg. und Diplanes Leitg. und die generische und specifische Abgrenzung der Saprolegnieen- Formen überhaupt. I. Ueber Parthenogenesis bei den Saprolegnieen. Diejenigen Formen der Saprolegnieen, deren Oogonien keine Nebenäste besitzen, waren, seitdem man die Function der Neben- 122 Weitere Nachträge zur Morphologie äste bei den anderen Formen kennt, wiederholt der Gegenstand eingehender Untersuchungen. — Der Befruchtungsvorgang dieser Formen schien offenbar eine auf- fallende Abweichung zu verbergen. Allein die Spuren, auf welche die Analogie verwandter Fälle hinwies, führten nirgends zu einem posi- tiven Ergebnisse über den hier vorausgesetzten Befruchtungsact. — Bei diesem Mangel jeder direeten Erfahrung über denselben hatte ich im Anschluß an meine ersten Arbeiten über das Ge- schlecht der Algen früher vermutungsweise die Samenkörper dieser Formen in kleinen, ihrer Function nach unbekannten Schwärmzellen gesucht, deren Entwicklung im Innern der Sapro- legnieen-Fäden ich in mehreren Formen beobachten und nachweisen konnte. — Wie sich später ergab, gehörten jene Schwärmzellen jedoch parasitischen Organismen an, die in gewissen Fällen äußerst täuschende und auch bis heute noch nicht genügend aufgeklärte Zustände annehmen !). 1) Es wäre überflüssig, die Gründe hier nochmals anzuführen, welche mich und Andere mit mir vor mehr als 16 Jahren veranlaßt haben, diese Bildungen und die ihnen ähnlichen bei den Sphacelarieen für der Nährpflanze zugehörige Organe zu halten. Alles, was sich für diese Ansicht geltend machen ließ, und auch dasjenige, was für ihren Parasitismus — eine Vorstellung, die ja damals schon gleichzeitig auftauchte — sprechen konnte, glaube ich den damaligen Kennt- nissen entsprechend gewissenhaft dargelegt zu haben (Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. II.). Sobald ihr Parasitismus erkannt ist, gehört ihre Entwicklungsgeschichte nicht mehr in die Darstellung der Entwicklungsvorgänge der Saprolegnieen und verlangt eine gesonderte Behandlung. Ich will daher an dieser Stelle nur folgende, vorläufige kurze Bemerkungen über diese Körper hinzufügen. Bei den Sphacelarieen wurden die Zweifel über ihren Werth als Samen- körper schon früher ausgesprochen (von Thuret in: Le Jolis Liste des Algues marines de Cherbourg. p. 22) und auch von mir getheilt, und nach und nach mehrten sich die Erfahrungen, die die Gründe für meine Annahme immer mehr abschwächten und meine frühere Ueberzeugung, die ich schon längst aufgegeben habe, auch in Bezug auf die bei den Saprolegnieen auftretenden Bildungen wankend machten. Solange ich jedoch das richtige Verhältniß bei den Sapro- legnieen nicht aufzudecken vermochte und auch nicht im Stande war, die Ent- wicklungsgeschichte der fraglichen Parasiten festzustellen, schien es mir un- nöthig, auf den Gegenstand zurückzukommen. Das Erstere geschieht nun in diesem Aufsatze; was aber den zweiten Punkt betrifft, so bemerke ich nur kurz, daß die specielle Kenntniß jener fraglichen Parasiten der Saprolegnieen auch noch heute ganz dieselben Lücken aufweist, die ihre richtige Deutung mir vor 16 Jahren erschwert haben. Ueber ihre Ent- und Systematik der Saprolegnieen. 123 Cornu hat diesen Punkt neuerdings sehr weitläufig besprochen, gelangt aber schließlich — was die Saprolegnieen ohne Nebenäste betrifft — wieder zu der Annahme, daß ihre Samenkörper, ähn- lich, wie ich dies bei den Oedogonieen nachgewiesen habe, von einer kleineren Form der gewöhnlichen Schwärmsporen gebildet werden, deren Mutterzellen unter den Zosporangien dieser Form versteckt sein sollen ?). wicklung ist kaum mehr bekannt, als ich selbst schon damals zu geben im Stande war, und namentlich erwähne ich, daß die neueste Darstellung derselben von Cornu, die mit so großem Selbstbewußtsein über die älteren Arbeiten ab- spricht, thatsächlich sehr wenig wesentlich Neues zur Entwicklungsgeschichte dieser Körper hinzufügt und hierin in manchen Punkten unvollständiger bleibt, als meine eigene vor 16 Jahren. — Denn — und dies mag dem Tone der Cornu- schen Arbeit gegenüber gestattet sein hier auszuführen — die Coexistenz der Stachelkörper mit den glatten Mutterzellen der kleinen Schwärmer haben Cienkowsky (Bot. Zeit. 1855. p. 801) und ich (a. a. O.) bereits angegeben und gezeichnet. Ihren Werth als Parasiten habe ich dort selbst mit Nachdruck betont. Ojo'rnu’s Verdienst besteht darin, diese Stachelkörper häufiger ange- troffen zu’haben und zwar bei allen jenen drei Formen von Parasiten, die ich schon damals nach ihrer Entwicklung genau unterschieden habe und die Cornu jetzt genau wieder in derselben Begrenzung, wie ich damals, mit Gattungsnamen belegt. Allein diejenigen Punkte, welche für die Bedeutung der fraglichen kleinen Schwärmer allein von Wichtigkeit sind: 1) der Beweis, daß sie wirklich Schwärmsporen sind; 2) ihr genetischer Zusammenhang mit den Stachelkörpern ; 3) die Keimung der Stachelkörper selbst und 4) die Art, wie, und der Ort, wo die fraglichen Parasiten in die Pflanze eindringen: alle diese entscheidenden Punkte, die ihre ganze noch unbekannte Entwicklungsgeschichte ausmachen und über ihre Bedeutung endgültig entscheiden werden, sind heute noch immer nicht aufgeklärt; ebensowenig wie die einzelnen, sonderbaren Vorgänge bei der Entwicklung der kleinen Schwärmer selbst, auf die ich damals schon aufmerksam gemacht habe. Wenn trotz aller dieser Lücken die richtigere Auffassung dieser Körper jetzt auf geringere Schwierigkeiten stößt, als damals, so liegt der Grund hier- von — was ich zur gerechten Beurtheilung der Untersuchungen dieser Körper hier noch betonen will — durchaus nicht in dem, was wir jetzt etwa über diese besonderen Körper mehr wissen, sondern wesentlich nur in dem allgemeinen Fortschritt, welchen seitdem die Kenntniß der Cellularparasiten überhaupt ge- nommen hat; in den zahlreichen, anderweitigen Erfahrungen nämlich über die weite Verbreitung ähnlicher parasitischer Organismen im Pflanzenreiche, über die verschiedenen Arten ihres Eindringens in die Nährpflanze und über den Reichthum ihrer Formen. Diese an anderen ähnlichen Parasiten erlangten Kenntnisse gestatten jetzt eine Uebertragung auf die fraglichen Körper, die da- mals noch unstatthaft erschien. 1) Ann. d. sc. natur. 5. Serie. T. XV. p. 9 etc. 124 Weitere Nachträge zur Morphologie Er stützt sich bei dieser Annahme auf die Analogie seiner neuen Gattung Monoblepharis und auf dieselben Erscheinungen an den Oogonien, die mich selbst zu jener Zeit, als kaum die ersten Erfahrungen über die Befruchtung der niedrigsten Cryptogamen vorlagen, die Existenz von Samenkörpern hier voraussetzen ließen. — Allein diese Annahme ist nicht richtig, und das Problem der Saprolegnieen ohne Nebenäste löst sich in anderer und einfacherer Weise. Die wenigen Saprolegnieen, um die es sich hier handelt, bilden nämlich, wie ich in Folgendem nachweisen werde, nicht besondere, specifisch selbständige Arten, sondern sind nur parthenogene- tische Formen der Arten mit Nebenästen. Die Möglichkeit, daß hier ein Fall von Parthenogenesis vor- liege, erwähnte ich bereits in meinem ersten Aufsatze über die Be- fruchtung der Saprolegnieen !); doch gelang es mir erst nach und nach, die sicheren Anhaltspunkte zu gewinnen, welche jener An- nahme eine bestimmtere Gestalt gegeben haben. Betrachten wir zuerst die zur Gattung Saprolegnia gerech- neten Arten, welche vielsporige und durchlöcherte Oogonien besitzen. Die hierher gehörigen Formen werden — abgesehen von noch unwesentlicheren, inconstanten Größen- und Formenabweichungen, die noch später ihre Besprechung finden sollen — dadurch unter- schieden, daß die einen Nebenäste besitzen — so die Formen der Saprolegnia monoica, während die anderen keine Nebenäste haben — so die mehrfach von den Autoren als Saprolegnia feraz, dioica u. Ss. w. beschriebenen Formen. Nun giebt es allerdings ganze Rasen dieser Saprolegnieen, in welchen es auch bei eifrigem Nachsuchen kaum gelingt, hier und da einen Nebenast oder Spuren von ansitzenden Antheridien aufzufinden und wiederum andere, wo jedes Oogonium reichlich mit Nebenästen versehen scheint. Allein wenn man zahlreiche Rasen genauer durchmustert und die Pflanzen unter wechselnden Verhältnissen andauernd ceultivirt, so überzeugt man sich, daß in der That kein absoluter Unterschied zwischen diesen beiden Formenreihen existirt und daß sie eigentlich nur in der relativen Häufigkeit der Nebenäste von einander abweichen, insofern |) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. I. S. 296. und Systematik der Saprolegnieen. 125 diese bei der einen Form äußerst zahlreich und fast an jedem einzelnen Oogonium vorhanden, bei anderen Formen mehr zurück- tretend, schon an vielen Oogonien fehlen und bei noch anderen endlich fast völlig abortiren. Die äußersten Glieder der Reihen werden daher durch zahlreiche Mittelformen verbunden, bei welchen neben Oogonien mit Nebenästen auch solche ohne Neben- äste und sogar häufig genug an ein und demselben Faden auf- treten. Einen solchen Fall habe ich selbst bereits früher abge- bildet !). Die Formen mit und ohne Nebenäste gehören daher ohne Zweifel derselben Species an, und es liegt hier demnach nur das der Polygamie bei Phanerogamen und Moosen verwandte Verhältniß vor, wonach bei derselben Species neben monöcischen auch rein weibliche Formen, getrennt und gemischt mit einander, auftreten ; auch scheint übrigens hier und da durch Hinzutreten der Diöcie die Mannigfaltigkeit der Geschlechtsvertheilungen bei diesen Sapro- legnieen noch gesteigert zu werden. Allein mit der Unterdrückung der männlichen Geschlechtsorgane ist hier gleichzeitig auch ein Fall von Parthenogenesis verbunden; denn die Oosporen bilden sich, reifen und keimen in normaler Weise auch in den Oogonien ohne Nebenäste, sowohl bei den rein weiblichen, als auch bei den gemischten Formen. Unter dem alten Namen Saprolegnia ferax fasse ich daher jetzt alle beschriebenen Formen von Saprolegnieen mitpolysporischenund durchlöcherten Oogonien zusammen ohne Rücksicht auf das Vorkommen und die Beschaffenheit der männlichen Organe; zunächst also namentlich die als Saprolegnia monoica und dioica beschriebenen Formen ?). — Gegen die Existenz der Parthenogenesis ließe sich bei dieser Saprolegnia ferax nur noch die Annahme festhalten, daß der Be- fruchtungsact an derselben Species in zwei abweichenden Normen ausgeführt werden könnte und zwar in diesem Falle einmal durch die Nebenäste und ihre Befruchtungsschläuche, das andere Mal in 1) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. II. Taf. XXII. Fig. 6. 2) Es scheint in der That, daß es nur eine einzige Species von Saprolegnia Oogoniis polysporis et perforatis giebt, wenigstens habe ich bisher constante Speciesunterschiede unter diesen nicht finden können. Die Saprolegnia spiralis Cornu (a. a. ©. S. 10) ist sicher nur eine inconstante Varietät der S. feraw. Die Größenverhältnisse, so sehr sie in den verschiedenen Formen variiren, können gleichfalls kaum untergeordnete Formen der Art bestimmen, 126 Weitere Nachträge zur Morphologie einer noch unbekannten Weise, etwa durch Spermatozoiden oder kleinere Zoosporen, die durch die Oeffnungen der Oogonien-Mem- bran eintreten. Bei der Existenz dieser Oeffnungen läßt sich aller- dings die Möglichkeit dieser an sich zewiß ganz unwahrscheinlichen Hypothese von vorn herein nicht absolut negiren. Ich bemerke jedoch, daß ich trotz vielfacher, auf diesen Punkt gerichteten Be- mühungen niemals einen Vorgang habe auffinden können, der diese gewagte Annahme unterstützt hätte. Unsichere Spuren einer vielleicht vorhandenen Dimorphie der Schwärmsporen, die ich schon seit meinen ersten Beobachtungen kenne, deuten bei den Saprolegnieen, worüber später noch Näheres folgen soll, eher auf Beziehungen zu den in einem älteren Aufsatze von mir besprochenen Zwergmännchen hin. Auch die zahlreichen Zoosporen-Hüllen, die man häufig wie an anderen Stellen, so auch in der Nähe der Oogonien vorfindet, gehören, soweit mühsame und vielfach wiederholte Beobachtungen lehren, ausgeschlüpften und keimenden, aber nicht in die Oogonien eindringenden Zoosporen an. Ferner werde ich weiter unten zeigen, daß die Löcher in der Oogonium-Membran gar nicht den Werth von Eintrittsstellen für Samenkörper besitzen, sondern eine ganz andere morphologische Bedeutung haben. Ihre Existenz läßt daher nicht nothwendig auf durch sie eindringende Spermatozoiden schließen. Dafür sprechen die verschiedensten Vorkommnisse. So kenne ich seit vielen Jahren unter den Saprolegnieen mit vielsporigen und durchlöcherten Oogonien eine Form, die gar keine Nebenäste besitzt, die aber unmittelbar unter dem Oogonium eine Zelle bildet, die das Antheridium der Nebenäste vertritt (Taf. XIV Fig. 9, 10). Diese unterständigen Antheridien treiben durch die Zwischen- wand ihre Befruchtungsschläuche in die Oogonien uud zwischen die Oosporen hinein!). Hier sind die zahlreichen Oeffnungen, 1) Diese noch unbeschriebene Form halte ich gleichfalls nur für eine Neben- form der Saprolegnia ferax, die als $. ferax var. hypogyna bezeichnet werden mag. In Form und Stellung wichen die Oogonien dieser Saprolegnia etwas von der gewöhnlichen S. ferax ab; die Oogonien saßen nicht an kürzeren Stielen, sondern an dem Ende längerer Zweige, welche, sich oft unmittelbar vor dem Ende scheinbar dichotomisch verzweigend, zwei Oogonien trugen; auch war die Form der Oogonien fast durchweg kolbenförmig, während die der S. feraxz meist kugelig ist. und Systematik der Saprolegnieen, 127 welche die Oogonien an ihrer freien Oberfläche zeigen, unzweifel- haft ohne jede unmittelbar functionelle Bedeutung, da seitliche Antheridien fehlen und hier wohl Niemand neben den hypogynischen Antheridien noch einen differenten Befruchtungsaet durch die seit- lichen Oeffnungen annehmen wird. Nicht viel anders liegt aber das Verhältniß in den zahlreichen Fällen, in welchen derselbe Schlauch bei Saprolegnia ferax gleichzeitig Vogonien mit und Oo- sonien ohne Nebenäste trägt. Es giebt ferner bei dieser Saprolegnia auch Oogonien, die von anderen Schläuchen, in denen sie stecken, dicht umhüllt werden (Taf. XIV Fig. 5). Es sind dies solche, die an durchwachsenden Fäden in ähnlicher Weise, wie die durchwachsenden Sporangien entstehen. Hier ist der Zutritt etwa vorhandener Samenkörper zu den verhüllten Oeffnungen äußerst erschwert, in manchen Fällen fast unmöglich, und dennoch entstehen und reifen die Oosporen dieser verhüllten Oogonien in ganz normaler Weise. Ganz unzweifelhafte Fälle der Parthenogenesis liefern aber endlich eine Reihe noch unbekannterer Formen von polysporischen Saprolegnieen, die der Achlya polyandra angehören. Das gleiche Verhältniß der Geschlechtsvertheilung, welches, wie ich oben nachwies, die Formen der Saprolegnia ferax und monoica verbindet, wiederholt sich nämlich auch in der zur Achlya polyandra gehörigen Formengruppe. Die Form dieser Species, welche Hildebrand beschrieb, zeichnet sich durch das reiche Auftreten der Nebenäste aus. Bei anderen Formen — die nach meinen Erfahrungen über Variabilität in dieser Familie offenbar zur Achlya polyandra gehören — treten die Nebenäste der Zahl nach schon auffallend zurück (Z. B. Taf. XIII, XIV Fie. 1, 3); bei noch anderen scheinen sie ganz unterdrückt. Alle-die Achlya-Formen stimmen aber darin überein, daß sie viel- sporige Oogonien mit glatten, nicht durchlöcherten Membranen besitzen (Taf. XIII, XIV Fig. 1—4). In vielen Fällen legen sich an diese undurchlöcherten Öogonien, die keine Neben- äste besitzen, noch fremde Antheridien an (Taf. XIV Fig. la, Taf. XIII Fig. 2), auf deren Ursprung weiter unten ausführlicher eingegangen werden soll, allein in anderen Fällen wieder zeigen in manchen Rasen fast sämmtliche Oogonien durchweg oder doch eine große Anzahl derselben gar keine wahrnehmbaren Spuren an- liegender Antheridien und eindringender Befruchtungsschläuche 128 Weitere Nachträge zur Morphologie (Taf. XIII Fig. 1, 3, 4, 5; Taf. XIV Fig. 3). Nichtsdestoweniger erfolgt auch in diesen männerlosen und undurchlöcherten Oogonien die Bildung der Oosporen in der gewöhnlichen normalen Weise. Manche dürften geneigt sein, die hier besprochenen, noch un- beschriebenen Formen der Achlya polyandra nicht als Varietäten dieser Art, sondern als besondere Species zu betrachten. Einzelne Unterscheidungsmerkmale sind natürlich vorhanden: so in der An- ordnung der Oogoniumstände, in der Länge und Richtung der Oogoniumstiele, in dem Auftreten interstitieller Oogonien unterhalb der Spitze des Schlauches, die daher gleichsam von dem Ende des Schlauches gekrönt erscheinen (Taf. XIII Fig. 3); ferner in rela- tiven Größen- und Formenabweichungen der Oögonien desselben Oogoniumstandes, welche gewisse Oogoniumstände zu characteri- siren scheinen; allein alle diese Charactere sind zwar hier und da in einem oder dem anderen Rasen nahezu beständig, dagegen er- weisen sie sich bei einer nur einigermaßen umfassenderen Ver- eleichung verschiedener Rasen und ebenso bei vorsichtigen Cultur- versuchen durchaus inconstant und in einander übergehend. Uebrigens ist es für die hier vorliegende Frage nach der Parthenogenesis der Saprolegnieen gleichgültig, ob man diese mehr oder weniger rein weiblichen Formen der Achlya polyandra als besondere Species auffassen will oder nicht. Es genügt hierfür der Nachweis der Existenz undurchlöcherter und männer- loser Oogonien, deren Oosporen reifen und keimen. Die Thatsache selbst wird nicht wohl in Abrede gestellt werden können, und es bleibt daher nur-noch übrig, die näheren Umstände, unter welchen sie hier in die Erscheinung tritt, genauer festzustellen und einige analoge Fälle bei verwandten Cryptogamen anzuschließen. Die vollkommene Uebereinstimmung der Organe und die Ueber- sichtlichkeit des Vorganges lassen keinen Zweifel an der morpho- logischen Identität der Oogonien mit und ohne Nebenäste auf- kommen (Taf. XIV Fig. 1, 3). In beiden Fällen haben sie den Werth wahrer, weiblicher Fortpflanzungsorgane. Ebensowenig kann ein ursprünglicher Unterschied zwischen den ohne Befruchtung entwicklungsfähigen und den befruchteten Keimen angenommen werden. Bei beiden scheinen die anatomischen und chemischen Charactere der Membran und des Inhaltes, sowie D und Systematik der Saprolegnieen. 129 die Umwandlungen, die sie später erfahren, auf allen Entwicklungs- zuständen der Oospore dieselben. Es wäre überflüssig, dies für jede einzelne Eigenschaft der Spore zu constatiren. Ein Punkt jedoch mag hier noch besonders hervorgehoben sein. Die Oosporen von Saprolegnia und Achlya, wie auch von anderen Saprolegnieen, zeigen einen excentrischen, runden oder ovalen, kleinen, vacuolen-artigen Fleck, der von einer Unterbrechung des körnerhaltigen peripherischen Protoplasma her- rührt — in den meisten Figuren, namentlich Taf. XIII, Fig. 1, 5 u. s. w. sichtbar —. Dieser Fleck, der weder der Zellkern der Spore ist, noch eine Beziehung zu ihrer späteren Keimung zeigt, findet sich sowohl bei den parthenogenetischen, als bei den der Be- fruchtung unterliegenden Sporen und erhält sich bei beiden von dem Beginne ihrer vollendeten Abgrenzung aus dem Protoplasma an bis zum Eintritt der Erscheinungen, welche die Keimung ein- leiten. ‘Sein Bestehen über die Zeit der Befruchtung bei den be- fruchteten Oosporen hinaus erschwert seine etwaige Deutung als Befruchtungs- oder Empfängnißfleck, da dieser in anderen Fällen wenigstens nach der Befruchtung verschwindet. Zu dieser Uebereinstimmung der äußeren Merkmale treten als weitere Bestätigung für die ursprüngliche Identität der partheno- genetischen und der später befruchteten Keime noch die Erschei- nungen hinzu, die sich an den der Diöcie zuneigenden Formen bei dem Befruchtungsvorgange selbst beobachten lassen. Wie bereits angedeutet, finden sich sowohl in der zur Sapro- legnia ferax, als auch in der zur Achlya polyandra gehörigen Formen- ‚gruppe Pflanzen, bei welchen neben wahren Nebenästen der Oogonien ‘oder in Fällen, wo diese fehlen, Antheridien auftreten, die nicht nachweisbar von Oogonial-Nebenästen abstammen und häufig die Enden eigenthümlicher männlicher Aeste bilden, die von besonderen, zwischen den weiblichen Pflanzen auftretenden Schläuchen ab- zweigen !) (Taf. XIV Fig. 1 a). Bei der Betrachtung der Art und Weise, wie sich diese selb- ständigeren männlichen Aeste an die Oogonien anlegen, läßt es sich nicht verkennen, daß nur zufällige Umstände die Annäherung 1) Ueber diese verschiedenen Formen der männlichen Aeste, die bei der- selben Species auftreten können, vergleiche man das Nähere in dem dritten “Theile dieses Aufsatzes. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd. 11. 9 130 Weitere Nachträge zur Morphologie der männlichen Aeste an die Oogonien bestimmen. Daß hierbei mancherlei erleichternde Umstände mitwirken können, ist möglich; allein gewiß ist, daß keinerlei präexistirende Verschiedenheiten der Oogonien selbst die Auswahl der einen und die Vermeidung der anderen veranlassen. So geben die Beobachtungen nach keiner Richtung hin einen Anhalt für die Voraussetzung einer ursprüng- lichen Differenz der weiblichen Keime und der sie bereitenden Organe. Es ist selbstverständlich, daß später nach der Befruchtung eine solche vorhanden sein muß zwischen den befruchteten und den unbefruchtet gebliebenen Oosporen; allein sie läßt sich in den der Beobachtung unmittelbar zugänglichen, anatomischen Charakteren später nicht nachweisen. Ob Unterschiede, wie sie bei Thieren zwischen den Beziehungen der paärthenogenetischen und sexuellen Entwicklung zu den Ge- schlechtern hervortreten, sich auch hier geltend machen, ist im vor- liegenden Falle äußerst schwer zu entscheiden, da bei der Keimung direet oder indireet nur Schwärmsporen-Generationen erzeugt werden. Mit größerer Bestimmtheit lassen sich dagegen einige andere Beziehungen feststellen. Es ist sicher, daß die parthenogenetischen Oosporen früher keimen als die befruchteten. Die normale Dauer ihrer Ruhepause ist zwar an sich eine sehr verschiedene, sie beträgt im Durchschnitt bei Saprolegnia ferax mindestens etwa 8—10 Wochen; allein sie ist doch bedeutend kürzer als die der befruchteten Oosporen, von welchen nach 2—3 Monaten erst einzelne zu keimen anfangen. — Hin und wieder sieht man einzelne parthenogenetische Oosporen bei Saprolegnia ferax und Achlya polyandra sogar ohne jede eigent- liche Ruhepause kurz nach ihrer Bildung keimen. Sie verhalten sich hierin also ganz wie beliebige abgegrenzte Schlauchstücke — z. B. die später näher zu besprechenden Dauersporangien (Taf. XVIII Fig. 4 5) — die unmittelbar nach ihrem Abschluß Schläuche entwickeln und keimen können. Aehnliche frühzeitige Keimungen finden nun niemals bei befruchteten Oosporen statt. In Bezug auf die Vorgänge bei der Keimung weichen nach meinen neueren Beobachtungen, die weiter unten näher dargelegt werden sollen, parthenogenetische und befruchtete Oosporen nicht von einander ab. Die älteren Keimungsbeobachtungen können zur Entscheidung dieser Frage, die früher nicht vorlag, nur wenig bei- tragen. — nn und Systematik der Saprolegnieen. 131 Eine andere Beziehung der Parthenogenesis zu der Entwicklung der Pflanze tritt bei länger fortgesetzten Culturversuchen hervor. Es werden nämlich die aus einander erzeugten Generationen sowohl bei Saprolegnia ferax als bei Achlya polyandra kleiner und "zugleich reducirt sich in den auf einander folgenden Generationen die Zahl der männlichen Aeste fortschreitend bis zur gänzlichen Unterdrückung, und so gehen die an Nebenästen reichen, monö- cischen Formen der Saprolegnia ferax — die sogenannte Saprolegnia monoica — und der Achlya polyandra nach und nach in gemischte und rein weibliche Formen über. Bei Achlya racemosa werden die späteren Generationen zwar auch kleiner und ihre Oogonien an Oosporen ärmer, allein es ist mir bisher nicht gelungen, bei dieser Art rein weibliche Formen zu erziehen. Die Existenz der Parthenogenesis bei Cryptogamen ist bisher nur für Charo. erinita als erwiesen zu betrachten. Auf zweifelhafte Fälle bei Conjugaten und diöcischen Moosen, die genauerer Unter- suchung bedürfen, hat Al. Braun in seinem Aufsatze über Poly- embryonie und Keimung von Caelebogyne illicifoha aufmerksam semacht!). An diese reihen sich die Vorkommnisse bei den Zygo- myceten, die zur Aufstellung der Gattung „Azygites“ geführt haben, unmittelbar an. Einige Fälle, bei welchen bisher die Männchen zu den zugehörigen weiblichen Pflanzen nicht aufgefunden wurden, möchten sich vielleicht bei näherer Untersuchung, wie im vor- liegenden Falle bei den Saprolegnieen und Achlyen, auf die spe- eifische Zugehörigkeit der weiblichen Formen zu bekannten Arten mit vollständigen Geschlechtsorganen zurückführen lassen. — Allein die natürliche Auffassung der Parthenogenesis als eine Uebergangs- form von der geschlechtslosen zur geschlechtlichen Zeugung unter- stützt nicht blos die Annahme ihres verbreiteteren Vorkommens unter den niederen Gewächsen, sondern muß zugleich auch die Frage anregen, ob nicht unter diesen niederen Gewächsen eine Parthenogenesis für sich allein noch ohne begleitende sexuelle Zeugung vorkommt, oder mit anderen Worten, ob nicht auf dieser niederen Stufe organischer Entwicklung bei gewissen Arten nur weibliche Pflanzen noch ganz ohne zugehörige Männchen oder männliche Organe existiren. Es scheint mir diese Ansicht durch die unverkennbare Identität scheinbar ungeschlechtlicher Vermehrungs- 1) Abhandl. d. K. Acad. d. Wiss, zu Berlin 1859. S. 201 u. £. 9% 132 Weitere Nachträge zur Morphologie organe mit den nachweisbar weiblichen Fortpflanzungsorganen nahe verwandter Gattungen sich in gewissen Fällen, in welchen man bisher den Sexualact vergeblich gesucht hat, thatsächlich begründen zu lassen. Vielleicht ist die Spirogyra mirabilis Hassal — vorausgesetzt daß ihre ohne CGopulation gebildeten Sporen überhaupt keimen — wirklich eine besondere Species, bei welcher die Copulation über- haupt nicht vorkommt, und nicht blos die parthenogenetische Form einer sich copulirenden Art. Hierfür sprechen die bekannten Vor- gänge der Sporenbildung bei den Diatomeen-Gattungen Cyeclotella, Orthosira, Melosira, die in ihrem unmittelbaren Anschlusse an die Copulationserscheinung der anderen Diatomeen kaum anders, denn als rein parthenogenetische Arten anzusehen sind. Eine etwaige Auffindung zu ihnen specifisch zugehöriger, copulirender Formen wird hier wohl Niemand voraussetzen. Hierher gehören ferner vielleicht auch einzelne jener Fälle unter den Zoosporen, bei welchen ruhende Sporen ohne Befruchtung aus deutlicher oder undeutlicher beweglichen Zoosporen hervor- gehen. Ich habe wenigstens bei den mehrfach früher von mir besprochenen Ruhesporen der Gattungen Ulothrix, Stygeoclonium, Draparnaldia, Chaetophora etc. wiederholt vergeblich versucht, den nach allen Analogien so nahe liegenden Befruchtungsact dieser Formen nachzuweisen. Ich habe weder vor Jahren die damals mit vieler Mübe gesuchten Spermatozoiden, noch später den Paarungs- act der Schwärmsporen hier aufzufinden vermocht. Das Letztere ist inzwischen zwar später von Cramer!) bei einem Dlothrix ge- sehen worden. Nichtsdestoweniger sprechen meine vielfachen Be- obachtungen dafür, daß auch bei Bildung der Sporen der Ulothricheen Parthenogenesis neben Paarung und in der einen oder anderen Gattung vielleicht allein ohne die letztere vorkommt. Unter den Saprolegnieen scheint gleichfalls ein hierhergehöriger Fall in der Gattung Leptomitus aufzutreten. Bei Leptomitus brachynema?) Hildebrand, eine Form, die 1) Ueber Entstehung und Paarung der Schwärmsporen von Ulothrix, Zürich 1879 (Vierteljahrschrift d. Naturf. Gesell. zu Zürich, Bd. XV. Hft. 2). 2) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. VI. S. 261. Der Leptomitus brachynema bildet an den kurzgliedrigen Seitenästen, die Hildebrand hier beschreibt, bald Sporangien, bald Oogonien mit je einer Oospore. Die Sporangien sind jedoch in ihrer Form sehr variabel. Sie gleiehen nicht bloß den Oogonien, und Systematik der Saprolegnieen. 135 vielleicht nur den fructificirenden Zustand von Leptomitus lacteus darstellt, entstehen die Oosporen immer ohne Nebenäste. Die Pflanze bildet aber überhaupt keine Nebenäste; dies ist völlig sicher und ihre Oogonien sind außerdem ohne jede Spur von Löchern. Es scheint demnach auch hier ein Fall von Existenz weiblicher Pflanzen ohne Vorhandensein männlicher Organe vor- zuliegen. Es wäre nur noch denkbar, daß die Stützzelle des Oogonium hier die Rolle eines Antheridiums übernähme. Es schien mir diese nämlich in vielen Fällen ihren Inhalt später zu verlieren. Bei meinen älteren Beobachtungen habe ich nicht genügend sicher- gestellt, ob hier wirklich ein Uebergang des Inhaltes von der Stütz- zelle in das Oogonium stattfindet und muß mir daher hierüber noch weitere Angaben vorbehalten. Durch den Nachweis der parthenogenetischen Formen bei Sapro- legnia und Achlya erledigt sich, wie ich noch schließlich bemerken will, auch die Annahme von Cornu, daß diese Formen von hypo- thetischen kleinen Schwärmern befruchtet werden. Er stützt die- selbe, wie bereits hervorgehoben, nicht auf direecte Beobachtungen. Die Gattung ‚„Monoblepharis“, die er dort zur Analogie heranzieht, zeigt vielerlei Abweichungen auch anderer Art von den Saprolegnieen und dürfte richtiger einen eigenen Familien - Typus repräsentiren. Die eigentlichen Saprolegnieen zeigen auch, wie ich im zweiten Abschnitt dieses Aufsatzes zeigen werde, einen fast durchweg gleich- artigen, eigenthümlichen Befruchtungsmodus, wodurch die zugleich in der Cornu’schen Auffassung enthaltene Vorstellung von dem Vorhandensein verschiedener Befruchtungsacte in dieser Familie völlig beseitigt wird. II. Ueber die, Bedeutung der hellen Stellen im Protoplasma der Oogonien und über den Modus des Befruchtungsactes bei Saprolegnia und Achlya. Ich gehe nun zur Betrachtung der morphologischen Beziehungen über, welche die Löcher in der Oogoniummembran und die ihnen vorhergehenden, hellen Stellen im Protoplasma zum Befruch- sondern werden hier und da auch länger und kräftiger und treten auch an längergliedrigen Zweigen auf. Auch die Schwärmsporen dieser Art können sich häuten; thun dies aber wieder in anderen Fällen nicht. Beide Vorkommnisse treten an derselben Pflanze vielleicht gleich häufig ein. 154 Weitere Nachträge zur Morphologie tungsacte zeigen und füge einige Bemerkungen über die Contro- verse hinzu, die noch bezüglich der Form des Befruchtungsactes hier besteht. Der sexuelle Werth der Nebenäste ist schon durch die Ge- sammtheit der bei ihrer Entwicklung sich darbietenden Erschei- nungen festgestellt; namentlich durch ihr Anwachsen an die Oogonien, durch die Beobachtung ihrer Antheridien und ihrer Befruchtungs- schläuche und durch den Nachweis der Entleerung derselben zwischen den ÖOosporen. Die einzige Meinungsverschiedenheit, die hierüber allein noch vorhanden ist, betrifft in der That nur die Beschaffenheit oder die Form der hier wirksamen, männlichen Zeugungselemente, namentlich die Existenz besonderer Samen- körper !). Die ersten Zweifel an dem Vorhandensein der Samenkörper bei den Saprolegnieen hat Hildebrand?) ausgesprochen, offen- bar unter dem Eindrucke der Erscheinungen, die bei Peronospora beobachtet werden. Er läßt es jedoch unentschieden, ob der Be- fruchtungsact der Saprolegnieen, wie bei Peronospora, als ein rein diosmotischer Prozeß durch geschlossene Membranen hindurch aufzufassen sei, oder ob die Antheridien-Schläuche, wie ich dies annehme, sich an ihrer Spitze wirklich öffnen. Reinke?°) später und bald darauf Walz*) traten dagegen wieder mit Entschiedenheit für die Existenz von Samenkörpern bei den Saprolegnieen ein und geben an, die Bewegung derselben und ihren Uebertritt aus dem Befruchtungsschlauche in das Oogonium deutlich gesehen zu haben. Ebenso erwähnt auch De Bary?) in einer früheren Beobachtung an Aphanomyces laevis, daß er in den Antheridial-Schläuchen kleine, lebhaft bewegliche Körperchen ge- sehen habe, die er allerdings nur fraglich als Samenkörper be- zeichnet. Es sind dies ganz dieselben Körperchen, welche ich 1) Auch hier stellt Herr Cornu die historischen Daten nicht richtig dar. Ohne weitere Auseinandersetzung hierüber verweise ich den Leser, der sich hierfür interessirt, auf die eigene Vergleichung der von Herrn Cornu ange- führten Schriften ; namentlich auch auf meinen ersten Aufsatz über das Geschlecht der Algen (Monatsberichte d. Berl. Acad. d. Wiss. 1855, 8..157 u. S. 25 des Separatabdruckes). 2) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. VIII. S. 257. 3) Max Schultze, Archiv f. mireroscopische ‘Anatomie, Bd. 5. S. 188 u. f. 4) Bot. Zeit. 1870, S. 544. 5) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. II. S. 179. und Systematik der Saprolegnieen. 135 selbst schon früher als Samenkörper der Saprolegnieen angesprochen hatte, über deren Form ich jedoch, wie ich wiederholt hervorhob, eine bestimmtere Anschauung nicht gewinnen konnte. Lindstädt!) wiederum hat bei seinen Beobachtungen an einer Saprolegniee, die er Diciyuchus polysporus nennt, die aber meiner Meinung nach höchst wahrscheinlich nur eine Nebenform der Achlua polvandra darstellt, Samenkörper nicht auffinden können und kann sich darüber nicht entscheiden, ob die Antheridial-Fort- sätzee sich nur an die Oosporen anlegen und nur ein Säfteaustausch stattfindet, oder ob sie nicht vielmehr in die Oo- sporen eindringen. — Cornu?) endlich entscheidet sich gleichfalls gegen die Existenz von Samenkörpern und behauptet mit größerer Entschiedenheit das wirkliche Eindringen der Antheridial-Schläuche in die Oospore. Diesen scheinbar widersprechenden Angaben liegen jedoch, wenn man die Darstellungen schärfer controllirt, fast ganz über- einstimmende Beobachtungen zu Grunde. Unzweifelhafte Angaben über den Moment der Befruchtung liegen nicht vor und die An- sichten differiren mehr in dem, was die Beobachter nicht gesehen, als in dem, was sie gesehen haben. Die Frage nach der Existenz bestimmt geformter und beweg- licher Samenkörper hat zwar an ihrer früheren Bedeutung verloren, seitdem mannigfaltigere Aeußerungsformen des Befruchtungsactes bei den niederen Pflanzen kekannt sind; allein hierdurch hat andererseits die genauere Kenntniß und Unterscheidung der ver- schiedenen Modalitäten des Befruchtungsacts namentlich in den Fällen an Interesse gewonnen, die, wie der vorliegende, jenen Uebergangsbildungen angehören, welche die divergirenden Reihen mit einander verbinden. Einige neuere Beobachtungen an Saprolegnia ferax, Achlya prolifera und Achlya racemosa, die ich im Anschluß an die morpho- logischen Beziehungen der oben erwähnten hellen Stellen im Protoplasma der Oogonien hier folgen lasse, möchten vielleicht zur weiteren Aufhellung über den hier eintretenden Vorgang etwas beitragen. Die Saprolegnia ferax und Achlya prolifera, an welchen jene Beobachtungen gemacht worden, erscheinen unter Bezugnahme 1) Synopsis der Saprolegnieen, Berlin 1872, S. 21. 2)ra. a2 O, 8. 31, 4. 156 Weitere Nachträge zur Morphologie auf die vorhergehende Darstellung ihrer Sexualitätsverhältnisse nach ihren speeifischen Kennzeichen genügend bekannt und bedürfen daher auch hier keiner weiteren Beschreibung; dagegen muß ich zur Orientirung über die Achlya racemosa in dem Um- fange, wie ich dieselbe auffasse, noch einige Bemerkungen hier vorausschicken. Diese zuerst von Hildebrand!) unterschiedene Art zeigt gleichfalls eine größere Variabilität ihrer Charactere, Ihre Oogonien (Taf. XV Fig. 1—15) sind, wie die der Achlya polyandra, undurch- löchert und ebenfalls wenigstens bei der Hauptform vielsporig: allein sie enthalten immerhin im Durchschnitt doch weniger Sporen als diese, und während bei der A. polyandra einsporige Oogonien sehr selten sind, treten solche bei A. racemosa (Taf. XV Fig. 7, 10, 11) häufiger, sogar an denselben Fäden mit den mehrsporigen Oogonien auf und endlich existirt eine zur A. racemosa gehörige kleinere Form, die fast ausschließlich einsporige Oogonien besitzt (Taf. XV Fig. 7). Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der A. racemosa von polyandra liegen aber zumeist in der Beschaften- heit der Nebenäste. Diese entspringen bei A. racemosa stets in nächster Nähe der Oogonien aus dem Träger unter oder selbst über der Basalwand des Oogoniums, oft noch höher aus dem Oogonium selbst; doch wie es scheint nur oder doch vorwiegend nur aus dessen unterer Hälfte (Taf. XV Fig. 1—15). Sie werden nicht lang, biegen in kurzem Bogen um und legen sich nicht sehr hoch über ihrer Ursprungsstelle wieder mit ihrer, das Antheridium bildenden Spitze an das Oogonium an. Das Antheridium wächst hierbei — dies scheint ein constantes Merkmal dieser Art, auf 1) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. VII. Der Name „racemosa“ ist nicht gut gewählt, da die traubenförmige Anordnung der Oogonien auch anderen Sapro- leenieen zukommt; ebensowenig der Name „lignicola“ für die zweite von Hildebrand unterschiedene Art die übrigens nur eine Nebenform der racemosa, ist. Ich hatte deshalb diese Pflanze früher in meinen Notizen als „colorata“ bezeichnet, wegen der sehr charakteristischen und constanten tiefen Färbung der Oogoniummembran, die in so ausgesprochener Weise bei anderen Arten nicht vorkommt. Um eine Namensänderung zu vermeiden, behalte ich im Texte den von Hildebrand gegebenen Namen bei und bemerke nur, daß die A. racemosa wie ich sie auffasse, sowohl die A. racemosa als lignieola Hildebrands um- faßt und außerdem noch eine kleinere, typisch einsporige Form, und daß die Oogonien aller dieser hierhergehörigen Formen bald mehr bald weniger papillös, bald ganz glatt erscheinen. Inc und Systematik der Saprvlegnieen. 137 welches schon Cornu trefiend aufmerksam macht — an das Vogonium nicht mit seiner Breitseite, sondern mit seiner schmalen Vorderfläche an, während es bei Achlva polyandıa sich mit der ausgedehnten Breitseite an das Oogonium anlegt und hier nur an einer oder mehreren, den hellen Stellen im Protoplasma entsprechen- den Stellen mit dem Oogonium verwächst, Die Anzahl der Nebenäste an einem Oogonium schwankt bei A. racemosa zwischen 1 und & Nur in seltenen Fällen sind 5 vor- handen. Auch findet — häufiger wenn weniger Nebenäste da sind — eine Verzweigung der Nebenäste statt, und auch eine dichoto- mische Verzweigung des Antheridiums selbst tritt hier und da ein, Endlich zeigen die Nebenäste eine ausgesprochene Neigung zu einer decussirten Stellung in zwei übereinander stehenden Paaren ; auch wenn nur zweie vorhanden sind, sind diese häufig genau opponirt. Höchst selten sind mir bei dieser Art Fälle von Par- thenogenesis vorgekommen und immer nur bei eultivirten Exemplaren der kleinen einsporigen Form (Taf, XV Fie. O. Diese entstehen hier nicht durch die völlige Unterdrückung der Nebenäste, sondern durch den Umstand, daß der einzige vorhandene Nebenast in solchen Fällen, ohne sich an das Oogonium anzulegen, neben dem- selben vorbei wächst, und hierbei oft zu einem sehr ausgedehnten kräftigen und verzweigten, männlichen Schlauche sich verlängert wie bei »‘ Fig. 4 Tat. XII. Die Oogonien der A. racemosa endlich zeichnen sich vor allen anderen Saprolegnieen durch eine tiefere Färbung ihrer Membran aus; ferner durch den Umstand, daß sie häufig, wenn auch nicht immer, mehrere der Anzahl nach unbestimmte Papillen hervor- treiben (Taf. XV Fig. 6—12), die unregelmäßig über der ganzen Oberfläche des Oogoniums zerstreut stehen. Gewöhnlich bleiben diese Papillen kurz und nur ausnahmsweise wächst die eine oder andere zu einem längern, sterilen Aste aus, Kinzelne solche Aeste treten übrigens in seltenen Fällen auch bei A. polyandra aus der sonst glatten Oogonium-Membran dieser Art hervor, Hierdurch nähern sich diese Oogonien zwar denen von Saprolegnia asterophora, Aphanomyces stellatus u. s. w., allein die Umstände, welche die Erscheinung hervorrufen, sind, wie ich weiter unten zeigen werde, in beiden Fällen nicht ganz übereinstimmend, Trotz der großen Variabilität dieser Speeies — denn nur die Anheftungsweise der Antheridien und die dunkle Färbung der 138 Weitere Nachträge zur Morphologie Oogonium-Membranen erscheinen als constantere Charactere — sind die hierhergehörigen Formen nicht schwer von der A. polyandra zu unterscheiden. Einzelne auffallende Annäherungen zwischen beiden Reihen, namentlich in der Beschaffenheit, Länge und Stellung der Nebenäste, lassen sich auf Bastardirungen zurückführen, deren Anfänge ich hier direct zu beobachten Gelegenheit hatte (Taf. XIII Fig. 10, 6, das Nähere über diesen interessanten Bastardirungs- vorgang in der Erklärung der Figuren). Einige andere gleichfalls nicht constante Eigenthümlichkeiten, die die Nebenäste und Antheridien der A. racemosa in manchen Fällen noch zeigen, sollen bei der Darstellung der Befruchtungs- vorgänge ihre Besprechung finden. — Auch bei der A. racemosa treten nun jene hellen Stellen an der Peripherie der Oogonien auf, über deren Bedeutung noch keine Uebereinstimmung herrscht. Hier wie bei A. polyandra, Saprolegnia ferax u. s. w. scheint ihr erstes Auftreten in die Zeit der Entstehung der Basalwand des Oogoniums (Taf. XIV Fig. 2) zu fallen. Vor dem Abschluß des- selben als besondere Zelle habe ich jene hellen Stellen nicht auf- finden können. Sie sind sichtbar bis zum Eintritt der Plasma- sonderungen, welche die Bildung der Oosporen einleiten. Bei den später durchlöcherten Oogonien ist es meiner Ansicht nach leicht, sich davon zu überzeugen, daß sie Vorläufer der Löcher sind. Den Deutungsversuchen derselben als Kerne oder Concen- trationsmittelpunkte der künftigen Oosporen bin ich bereits in älteren Aufsätzen entgegengetreten. Es ist nicht nöthig auf diese zurückzukommen, denn die unmittelbaren Beobachtungen sprechen deutlich dagegen. Aber auch ihre von mir hervorgehobene Be- ziehung zu den Löchern der Oogonium-Membran ist bestritten worden. So von Reinke!) und Cornu?); allein mit Unrecht. Eine ansprechendere Erklärung dieser constanten und auf- fallenden Erscheinung, deren Bedeutung für die mit der Zeugung zusammenhängenden Bildungsvorgänge kaum verkannt werden kann, wissen die genannten Beobachter nicht zu geben. Cornu kömmt nur auf die ältere Vorstellung, daß sie in irgend einer unbekannten Weise mit der Sonderung des Protoplasma zu den Oosporen zu- sammenhängen möchten, zurück und glaubt als schlagenden Beweis 39: Irara. 0: 2),a. a. ©. 8. und Systematik der Saprolegnieen. 139 gegen die von mir vertretene Ansicht den Umstand anführen zu können, daß diese hellen Stellen auch bei solchen Oogonien vor- kommen, die später gar keine Löcher besitzen. Diese Thatsache ist mir längst bekannt. Allein der Schluß, den Cornu aus derselben zieht, ist zu kurzsichtig, denn sie wider- spricht bei einiger Ueberlegung keineswegs meiner Ansicht von der Beziehung jener Stellen zu den Löchern in denjenigen Fällen, in welchen diese vorhanden sind. Eine vergleichende Betrachtung aller vorkommenden Fälle führt vielmehr nur zu einer Erweiterung meiner Auffassung und zu einer natürlichen Vorstellung über den eigentlichen morpho- logischen Werth der Löcher und jener hellen Stellen. Wir finden nämlich bei einigen Formen dieser Familie durch- löcherte Oogonien, bei anderen dagegen solche, welche hervor- tretendePapillen, auch einzelne, längere, sterile, hervorwachsende Aeste besitzen. Noch andere Formen haben wieder Oogonien mit sanz glatter, undurchlöcherter Membran, bei welchen jedoch hier und da gleichfalls ausnahmsweise ein kürzerer oder längerer, steriler Zweig hervortritt. Bei allen Formen sehen wir aber vorher schon im Protoplasma der Oogonien jene hellen Stellen unmittelbar an der Peripherie unter der Oogonium-Wand auftreten. Die späteren Löcher, Papillen oder Aeste, entsprechen ferner ihrer Stellung nach den vorhergehenden hellen Stellen im Proto- plasma und das gleiche Verhältniß trifft auch im normalen Ver- halten für die äußerlichen Ansatzstellen der Antheridien zu. Die hellen Stellen im Protoplasma sind aber weder hier befindliche Kerne, noch Vacuolen, sondern einfach vom Protoplasma leer gelassene Stellen, welche bei genauer Beobachtung zweifellos die Lumina niedriger Warzen bilden, die nur die frühesten Ent- wieklungsstufen von Zweigen darstellen, welche die inneren Schichten der Oogonium-Membran durch die äußeren Schichten hindurchzutreiben beginnen. Die scharfe seitliche An- sicht dieser Stellen läßt dieses Verhalten klar hervortreten (Taf. XIV Fig. 11). In einzelnen Fällen, so namentlich bei A. racemosa, erscheinen diese inneren Schichten häufig deutlich von den äußeren Membran- Schichten des Oogonium abgelöst und können gleichsam als eine besondere, das Oogonium auskleidende Mutterzelle der Oosporen angesehen werden (Taf. XV Fig. 9). Es ist aber an sich klar, daß 140 Weitere Nachträge zur Morphologie die hervortreibenden Warzen dieser inneren Membran-Schicht oder Mutterzelle von oben gesehen offenbar, wie jede andere früheste Zweiganlage eines Saprolegnia-Schlauches in gleicher Lage, alsgmehr oder weniger kreisförmige Unterbrechungen des plasmatischen Wandüberzuges in die Erscheinung treten müssen (Taf. XIV Big. 2,30): Alle diese Verhältnisse zusammengenommen führen zu dem Schlusse, daß bei diesen Saprolegnieen eine Copulation zwischen den Antheridien der Nebenäste und besonderen, weiblichen Copulationsästen stattfindet, welche die innere Membran- Schicht der Oogonien oder die das Oogonium ausfüllende Mutter- zelle der Oosporen in geringerer oder größerer Anzahl den An- theridien entgegensendet. Die Copulation findet unter normalen Verhältnissen bereits auf jener frühen Entwicklungsstufe dieser weiblichen Copulations- äste statt, auf welcher sie erst als jene niedrigen Warzen oder hellen Stellen unmittelbar an der inneren Seite der eigentlichen Oogoniumwand erscheinen. Die um diese Zeit den Oogonien außen bereits ansitzenden Antheridien müssen daher die Oogonium- wand selbst durchbohren, um zu den Warzen zu gelangen. Dies wird bei Achlya racemosa besonders deutlich, wo die ganze Vorder- fläche des Antheridiums die äußere Schicht der Oogoniumwand durchbricht (Taf. XV Fig. 15) und später mit der ihr zugekehrten Copulationswarze verwächst. Nur einige der vorhandenen Copulationswarzen gelangen zur wirklichen Copulation mit den Antheridien; die anderen, welche steril bleiben, verhalten sich nicht nur in den verschiedenen Formen verschieden, sondern selbst bei derselben Form und sogar an dem- selben Oogonium nicht immer gleichartig. Sie entwickeln sich bei gewissen Formen gar nicht weiter, so bei A. polyandra und über- haupt bei den Arten mit glatten, undurchlöcherten Oogonien und in diesem Falle verschwinden später die hellen Stellen, ohne deut- liche Spuren zu hinterlassen. Bei anderen Formen dagegen bilden sich die Copulations- warzen entweder sämmtlich oder doch eine größere Anzahl von ihnen noch weiter aus und verlängern sich zu kürzeren geschlossenen, die Oogoniumwand durchbrechenden Papillen — so bei den Arten mit papillösen Oogonien; z. B. bei A. racemosa; wenigstens bei vielen Oogonien dieser Art (Taf. XV Fig. 6—12). und Systematik der Saprolegnieen. 141 Bei den Arten mit durchlöcherten Oogonien wachsen wiederum die Copulationswarzen zwar in ähnliche, noch kürzere Papillen aus, die die Oogoniumwand gleichfalls durchbrechen ; diese öffnen sich aber bei ihrem Hervortreten über die Oogoniumwand sogleich an ihrer Spitze. Diese Oeffnungen der sterilen Copu- lationswarzen stellen alsdann die Löcher dar. Bei besser entwickelten Löchern, namentlich bei Oogonien mit kräftig ausgebildeten Membranen, kann man häufig ungemein deutlich die Linien verfolgen, welche der Seitenwand der geöffneten Papille entsprechen und an dem Rande der Löcher durch die äußere Mem- branschicht hindurchtreten. Es entsteht dann das Bild, auf welches ich schon bei der ersten Beschreibung der Löcher aufmerksam gemacht habe!), wonach jedes Loch wie von einem besonderen Ringe — dem Umrisse der durchbrochenen Seite der äußeren Schicht der Oogoniumwand — umgeben erscheint. In ‘noch anderen Fällen endlich gelangen die Copulations- warzen zu einer noch größeren Ausbildung und wachsen zu längeren aus den Oogonien hervortretenden, sterilen Aesten aus, deren Be- deutung leicht verkannt werden könnte. Ausnahmsweise findet dies nicht nur bei den Papillen von A. racemosa, sondern hier und da auch bei den normal ganz glatten Oogonien der A. polyandra statt. Bei der Form, welche Archer?) als Achlya cornuta be- schrieben hat, scheint dies regelmäßig einzutreten, soweit ich nach der Beschreibung der Pflanze, die ich selbst noch nicht gefunden habe, urtheilen kann. Vielleicht hängt dies mit dem Umstande zusammen, daß diese Pflanze — wie ich vermuthe — nur eine parthenogenetische Form ist; denn es ist denkbar, daß neben an- deren Ursachen das Ausbleiben der Copulation in gewissen Fällen einen förderlichen Einfluß auf die Entwicklung der Copulations- warzen auszuüben vermag. Die spitzen und stumpfen Fortsätze der Oogonien von Aphano- myzes stellatus und scaber, sowie von Saprolegnia asterophora ?) gehören wohl nur zum Theil hierher. Viele von ihnen sind sicher 1) Nova Acta N. C. Vol. XXII. P. I. pag. 422. Cornu widerspricht auch hier mit Unrecht. Die Erscheinung ist unleugbar; ihre Erklärung, die ich damals nicht geben konnte, liest in dem Durchwachsen der besonderen, weiblichen Copulationswarze. 2) Journal of microscop. science Vol. VII. v. J. 1867. Tab. VI. Fig. 2—6. 3) De Bary in Jahrb. f. wiss. Bot. II. Taf. 19 u. 20. 142 Weitere Nachträge zur Morphologie nur verlängerte, sterile Copulationswarzen. Bei anderen ist mir dieser Ursprung fraglich, denn neben den wahren Copulationswarzen, welche die äußere Oogoniumwand durchbrechen, kommen auch Fortsätze der Oogonien vor, über welche die äußere Contur der Oogoniumwand sich ununterbrochen hinzieht. Ob diese nur als eine Modification der Copulationspapillen, bei welchen die äußere Membranschicht der Oogoniumwand nicht durchbrochen wird, zu betrachten sind, oder ob sie besondere eigenthümliche Aussackungen der Oogoniumwand selbst darstellen, mag hier vor- läufig unentschieden bleiben. Normal erfolgt, wie ich bereits angeführt habe, die Copulation der Antheridien mit den Copulationswarzen noch bevor diese die Oogoniumwand durchbrochen haben. So auch gewöhnlich bei A. racemosa. Doch habe ich bei dieser Pflanze nicht selten auch Fälle beobachtet, bei welchen sie erst unmittelbar beim Hervortreten der Copulationswarzen aus dem Oogonium (Taf. XV, Fig. 14), oder selbst noch später, wenn diese bereits zu einer längeren Papille geworden ist (Taf. XV, Fig. 8) stattgefunden hatte. Diese selteneren Fälle gewähren ein besonders deutliches Bild des Vorganges und lassen keinen Zweifel über dessen richtige Auffassung. Ebenso charakteristisch für den Vorgang ist auch das Ver- halten der Antheridien, die zufällig nicht auf eine Copulationswarze treffen. Solche Antheridien, die der Oogoniumwand äußerlich an Stellen aufsitzen, denen an ihrer inneren Seite eine Copulations- warze nicht entspricht, enden immer stumpf und geschlossen innerhalb der Oogoniumwand, sie durchbohren diese nur in ihren äußeren Schichten bis zu der Tiefe, wo die die Copulationswarzen bildende Schicht oder Membran liest (Taf. XV, Fig. 15), und senden niemals einen Befruchtungsschlauch in das Oogonium hinein. Die Bildung eines solchen hängt daher beim normalen Verlaufe von dem Zusammentreffen des Antheridiums mit einer Copulations- warze ab, denn das Antheridium ist nicht im Stande, einen Fortsatz durch die vorhandene Schicht einer Membran hindurchzutreiben. Diese Erscheinung findet wieder ihre Erklärung in dem Verhalten, welches hier bei der Verbindung von Antheridium und Copulations- warze eintritt. Diese stellt einen eigenthümlichen Modus der Copulationsvorgänge dar, der eine nähere Darstellung verlangt. Er unterscheidet sich von anderen, ähnlichen Vorgängen schon da- durch, daß keine offene Communication für: den Uebertritt des und Systematik der Saprolegnieen. 143 Inhaltes entsteht, denn nur das eine der beiden Blätter, welche die trennende Wand bilden, wird resorbirt, das andere bleibt be- stehen. Es verschwindet nämlich nur die Wand der Copulationswarze, soweit sie dem Antheridium anliegt (Taf. XV, Fig. 9 u. s. w.); das entsprechende Stück der Wand des Antheridiums wird dagegen nicht resorbirt und es erscheint daher die an der Spitze offene Warze dem Antheridium gleichfalls wie ein Schröpfkopf aufgesetzt. Dies wird besonders deutlich bei A. racemosa. Das Antheridium treibt nur aus der Stelle, mit welcher es die Warzenöffnung ver- schließt, seinen Befruchtungsschlauch in die offene Mündung der Copulationswarze hinein. Die Durchbohrung einer fremden Mem- bran findet daher bei dem Vordringen des Befruchtungsschlauches hier nicht statt. — Die Art, wie die Oopulationswarzen bei ihrem Anwachsen an das Antheridium sich durch Resorption der Wand an ihrer Spitze öffnen, wirft zugleich Licht auf die Entstehung der Löcher bei den durchlöcherten Oogonien. Hier erscheint das normale Verhalten, welches sonst nur die copulirenden Warzen zeigen, auf alle, auch auf die sterilen ausgedehnt. Die Löcher der durchlöcherten Oo- gonien sind daher, wenn man ihre Entwicklungsgeschichte be-- fragt, offenbar nicht für den Eintritt von Samenkörpern, sondern zur Copulation mit Antheridien bestimmt und in dieser Betrachtung liegt eine weitere Bestätigung meiner in dem ersten-Theile dieses Aufsatzes entwickelten Annahme, wonach jene Saprolegnieen mit durchlöcherten Oogonien, bei welchen nirgends Spuren von Neben- ästen oder ansitzenden Antheridien gefunden werden, nur partheno- genetische Formen der Arten mit, Nebenästen sind. Die Befruchtungsschläuche, welche die Antheridien durch die geöffnete Copulationswarze in die Oogonien hineinsenden, dringen bekanntlich bis zwischen und an die Oosporen vor (Tafel XV, Fig. 1, 2, 4, 9, 10, 11). Sie verzweigen sich hier und da unregel- mäßig und ihre Enden lassen sich in den meisten Fällen genau bis an den Umfang einer Oospore verfolgen. Ein Eindringen derselben in die Oospore habe ich dagegen nicht mit Sicherheit constatiren können. Wo dies beim ersten Blicke der Fall zu sein schien, erwies die genauere Untersuchung, daß die Spitze des Schlauches der Oospore nur äußerlich auf- oder anlag, eine wirkliche Unterbrechung des Umfanges der- 144 Weitere Nachträge zur Morphologie Oospore, in welche der Schlauch sich eingesenkt hätte, habe ich niemals gesehen. Wahrscheinlicher als diese von Lindstädt und Cornu ver- tretene Ansicht wäre vielleicht noch eine Copulation der Spitze der Befruchtungsschläuche mit einer von den Oosporen in ähnlicher Weise, wie die Copulationswarzen der Oogonien, vorgebildeten Papille. Dies könnte zugleich die Erscheinung der früher be- sprochenen, noch unverständlichen, kleinen, kreisförmigen Stelle (z. B. Taf. XIII Fig. 5) an den reifen Oosporen erklären. Allein auch hierfür fehlen mir bisher die ganz sicheren Nachweise und eine Reihe von Nebenumständen, die sich bei der Befruchtung be- obachten lassen, sprechen mit großer Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Befruchtungsschläuche obwohl in unmittelbarer Nähe der zu befruchtenden Oospore sich wenigstens in vielen Fällen an ihrer Spitze doch frei öffnen und ihren Inhalt hervortreten lassen. Cornu legt für seine Ansicht besonderen Werth auf die äußerst langsame Entleerung des Inhaltes der Befruchtungs- schläuche, die er als Befruchtungsact auffaßt und darstellt. Er sieht hierin ein Analogon der Vorgänge, wie sie bei dem lang- samen Zusammenfließen des Inhaltes sich copulirender Zellen be- obachtet werden. Allein die Entleerung der ganzen Befruchtungs- schläuche unterscheidet sich in ihrem physiologischen Werthe sehr wesentlich von jenem Zusammenfließen und die Befruchtung erfolgt in anderer Weise, als es Cornu darstellt, denn die volle Ent- leerung eines Befruchtungsschlauches entspricht hier keines- wegs einem einzigen Befruchtungsakte. Der Austritt des Inhaltes aus den Befruchtungsschläuchen geschieht vielmehr durch mehrfache, wiederholte und der Zeit nach weit aus ein- anderliegende, partielle Entleerungen, die jede einzeln einem besonderen Befruchtungsacte entsprechen und rasch erfolgen. Es handelt sich hier daher gar nicht, wie Cornu glaubt, um die Be- obachtung der langen Zeit, welche vergeht, bis ein Antheridium und sein Befruchtungsschlauch sich völlig entleert haben, sondern um die Beobachtung jener partiellen Entleerungen, die eine äußerst kurze Dauer haben. In solchen Fällen namentlich, in welchen nur eine einzige oder nur zwei Oosporen vorhanden sind, ist es bei A. racemosa leicht, sich davon zu überzeugen, daß nur ein äußerst geringer Theil des Antheridien-Inhaltes zur Befruchtung und Systematik der Saprolegnieen. 145 einer Spore verwendet wird. Nach erfolgtem, sicheren Eintritt der vollen Befruchtungserscheinungen kann man die Antheridien und Befruchtungsschläuche noch mit ihrem Inhalte fast völlig erfüllt finden und das Zurückbleiben des größten oder eines großen Theiles des Inhaltes in den Antheridien und Befruchtungsschläuchen ist auch bei vielsporigen Oogonien eine nicht seltene Erscheinung. Man könnte hierbei allerdings vielleicht noch annehmen, daß die Befruchtung gar nicht stattgefunden hat und daß die reifen Oosporen sich parthenogenetisch entwickelt haben, da das Vorhandensein der Befruchtungsschläuche die Möglichkeit der Parthenogenesis, die bei diesen Pflanzen ja besteht, nicht ausschließt. Allein man findet anderseits in solchen Fällen in der Nähe der Berührungs- stelle von Befruchtungsschlauch und Oospore hin und wieder körnige Inhaltsmassen liegen, die nachweisbar aus dem Befruchtungs- schlauche noch nachträglich ausgetreten sind (Taf. XV Fig. 11). In dem einen abgebildeten Falle, der mehrere Tage der Beobach- tung unterlag, war die Befruchtung der einzigen Spore längst er- folgt (Taf. XV Fig. 10) und beide Befruchtungsschläuche noch mit Inhalt erfüllt. Noch 3 Tage später (Taf. XV Fig. 11) war der Inhalt des einen Schlauches unverändert, aus dem andern war ein kleiner Theil des Inhaltes, der nun neben der Oospore und außerhalb des Befruchtungsschlauches lag, hervorgetreten. Noch mehrere Tage später waren die Befruchtungsschläuche nicht völlig entleert. Hier kann von einem Eindringen des Befruchtungsschlauches in die Oospore nicht wohl die Rede sein und dieser mußte hier offenbar mit seiner Spitze frei münden. Bei vielsporigen Oogonien, bei welchen die Spitzen der Be- fruchtungsschläuche gewöhnlich von den Oosporen ganz verdeckt werden, sieht man häufig bei fleißiger Beobachtung plötzlich in dem freien Raume der Oogonien neben und zwischen den Oosporen eine Anzahl glänzender sehr kleiner Körperchen auftauchen. Ich habe diese Erscheinung bereits in meinem ersten Aufsatz über die Befruchtung der Saprolegnieen beschrieben. Diese Körperchen sind früher nicht da, darüber lassen die zwischen den scharf um- schriebenen Befruchtungskugeln ganz durchsichtigen und völlig körnerlosen Oogonien keinen Zweifel. Dagegen finden sich diese Körner vorher in dem Inhalte der geschlossenen Antheridien und Befruchtungsschläuche. Unter theilweiser Entleerung dieser sieht Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd. II. 10 146 Weitere Nachträge zur Morphologie man dann später diese Körperchen in der Nähe der Oosporen erscheinen!). Dies spricht gleichfalls dafür, daß der Inhalt der Befruchtungsschläuche frei in den Innenraum der Oogonien er- gossen wird. Der nähere Vorgang, wie dies bei den einzelnen, partiellen Entleerungen der Schläuche geschieht, ist unbekannt. Innerhalb der Oogonien habe ich sichere Erfahrungen hierüber nicht ge- winnen können, allein ich habe außerhalb der Oogonien Er- scheinungen beobachtet, die hierüber Aufschluß geben könnten. Unter den Nebenästen giebt es bei Saprolegnia ferax, Achlya polyandra und racemosa auch solche, die nicht in der Nähe der Oogonien entstehen oder die, wenn auch in der Nähe von Oogonien befindlich, sich doch an diese nicht anlegen, sondern neben ihnen vorbei wachsen (» in den Figuren 1, 4 Taf. XIII und XIV). Diese isolirten Nebenäste bilden hier und da ihre Spitzen dennoch in normale Antheridien aus, die Befruchtungsschläuche entwickeln (Taf. XIV Fig. 6, 7, 8). Es gehört viel Ausdauer und Mühe dazu, um diese freien Befruchtungsschläuche zu finden und ihre Ent- leerung zu beobachten. Es stehen mir daher nur wenige Beobach- tungen zu Gebote, nach denen ich urtheilen muß. Häufiger dagegen findet man freie Befruchtungsschläuche an den ganz normalen Antheridien von A. racemosa. Bei den größeren Formen dieser Art treibt fast regelmäßig jedes an dem Oogonium anliegende Antheridium außer seinem in das Oogonium eindringen- den Befruchtungsschlauch noch einen zweiten freien Be- fruchtungsschlauch (b Fig. 2, 3 und 4 Taf. XV) aus seiner Rücken- fläche hervor. Ebenso bilden bei diesen größeren Formen von A. racemosa die Nebenäste statt eines, oft zwei hintereinander liegende Antheridien, von denen nur das obere dem Oogonium anliegt, das untere (a Fig. 1, 3, 5, 13 Taf. XV) dagegen nicht, allein dieses entleert seinen Inhalt dennoch durch einen freien Befruchtungsschlauch, der nicht in das Oogonium eindringt (a Fig. 13 Taf. XV). Die Erscheinungen bei der Bildung und Entleerung dieser freien Befruchtungsschläuche, welche der Beobachtung weniger Schwierigkeiten in den Weg legen, sind folgende. 1) Verwechselungen dieser aus den Antheridien stammenden Körperchen mit ähnlichen, bei der Theilung des Protoplasma der Oogonien hier und da zurückbleibenden Resten können nur ungeübten Beobachtern zustoßen. und Systematik der Saprolegnieen. 147 Der Schlauch selbst ist nicht eine seitliche Verlängerung der Antheridialwand, sondern gehört der innersten Schicht derselben an. Diese durchbricht die äußeren Schichten und tritt in Form eines kürzeren oder längeren, gewöhnlich von äußerst zarter Mem- bran gebildeten, Bruchsackes oder mehr cylindrischen Fortsatzes hervor (b Fig. 2, 3 Taf. XV). In selteneren Fällen bleibt dieser Schlauch unter Verdickung seiner Membran länger bestehen, meist öffnet er sich früher plötzlich an seiner Spitze, wobei zugleich der Theil des Inhaltes, der unmittelbar in der Spitze des Schlauches lag, stoßweise mit Gewalt herausgeschleudert und hierdurch über einen größeren Raum vor der Oeffnung ausgestreut wird (Taf. XV Fig. 13a, b). Die Erscheinung erinnert an den Vorgang, der bei der normalen Oeffnung der reifen Moosantheridien beobachtet wird. Ob hierbei einzelnen Inhaltskörnchen, wie ich dies früher innerhalb der Antheridien gesehen zu haben mich erinnere, noch eine geringe eigene Bewegung zukömmt, muß ich nach den wenigen Beobachtungen, die mir zu Gebote standen, un- entschieden lassen. Die zarte Membran, welche den Befruchtungsschlauch oder den Bruchsack bildete, geht nach dem Ausstreuen des Inhaltes sogleich zu Grunde und läßt nur hier und da geringe Zeichen ihres Vor- handenseins zurück. Allein bei den bereits genannten größeren Formen der A. racemosa finden sich fast an jedem Antheridium die Spuren dieses Vorganges in Form einer deutlichen, scharf um- schriebenen Oeffnung, welche meist gerade auf dem Rücken des Antheridiums befindlich ist und vor und innerhalb welcher gewöhn- lich noch Reste der ausgeworfenen Masse liegen geblieben sind (b' Fig. 1, 9, 12, 13 Taf. XV). In jüngeren und günstigen Fällen bemerkt man am Rande der Oeffnungen noch zarte, verschwimmende Linien, welche die letzten Andeutungen des Schlauches, der hier hervortrat, darstellen. Offenbar lassen sich die Erscheinungen, die an den freien Be- fruchtungsschläuchen beobachtet werden, in natürlicher Weise auf die Vorgänge im Inneren der Oogonien übertragen. Cornu!) behauptet zu Gunsten seiner Annahme des Eindringens der Be- fruchtungsschläuche in die Oospore, daß die Zahl der Schläuche oder ihrer Verzweigungen der Zahl der vorhandenen Oosporen Da. a. ©. 8. 41. 102 148 Weitere Nachträge zur Morphologie entspricht. Zahlreiche Beobachtungen widersprechen dieser An- gabe. Oft sind mehr Schläuche da als Oosporen, oft ebenso un- bedingt mehr Oosporen als Schläuche und deren Verzweigungen. Auch dieser Umstand spricht dafür, daß durch eine Schlauchspitze vielleicht mehrere benachbarte Oosporen befruchtet werden !). Alles in Allem erwogen halte ich es daher für das Wahr- scheinlichste, daß die Befruchtungsschläuche und ihre Verzweigungen auch im Inneren der Oogonien so, wie sie es außerhalb derselben thun, sich an ihrer Spitze plötzlich Öffnen, einen geringen Theil ihres hier vorhandenen Inhaltes gewaltsam ausstoßen und hier- durch die nächstgelegenen Befruchtungskugeln befruchten. Die überaus kleinen Körperchen des ausgestreuten Inhaltes — möge ihnen nun eine deutlichere, eigene Bewegung zukommen oder nicht — stehe ich aber durchaus nicht an, für die eigent- lichen, den Samenkörpern entsprechenden, befruchtenden Elemente zu halten. Denn daß diese Eigenschaft nicht der ganzen Inhalts- masse der Antheridien und Befruchtungsschläuche gleichmäßig zu- kommt, dafür sprechen jene in vielen Fällen in den Antheridien wirkungslos zurückbleibenden, körnerlosen Schleimmassen und die Analogie der ähnlichen Erscheinungen bei Vaucheria. So erscheint, wie ich es im Eingange angedeutet habe, der Befruchtungsvorgang bei Achlya und Saprolegnia als eine der mög- lichen Zwischenbildungen zwischen Zeugung vermittelst ganz voll- ständiger Spermatozoiden und Copulation. Durch das Auftreten mehrerer Oosporen in der weiblichen Geschlechtszelle und ihre Befruchtung durch den Inhalt eines einzigen Antheridiums knüpft derselbe an die Vorgänge der Zeugung durch freie, bewegliche Samenkörper an und die wirksamen Körperchen im Antheridien- Inhalte der Saprolegnieen sind wohl als eine der niedrigsten Ent- wicklungsstufen der Samenkörper anzusprechen. Durch die eigenthümlichen Copulationswarzen, deren Vorhandensein ich in diesem Aufsatze nachwies, schließt sich aber dieser Vorgang wieder unmittelbar an die Erscheinungen der Co- 1) Es ist dies übrigens kein durchaus sicherer Beweis, da es, selbst wenn alle Oosporen im Oogonium später sich als entwicklungsfähig erweisen, doch noch immer möglich ist, daß einige gar nicht befruchtet werden und sich nur parthenogenetisch entwickelt haben. Ich führe auch diesen Umstand hier nur an, um durch den Nachweis der Unrichtigkeit der Thatsache den daraus von Cornu gezogenen Schluß zu widerlegen. und Systematik der Saprolegnieen. 149 pulation an und es ist für die Auffassung der Phaenomene be- zeichnend, daß die Copulationswarzen selbst wieder in ihren ver- schiedenen Formen gleichsam eine Stufenfolge von Entwicklungen oder Rückbildungen der weiblichen Copulationsäste darstellen, die bei den Oogonien mit glatter Membran in ihrer einfachsten, fast nur rudimentären Gestalt auftreten. Es ist ferner nicht ohne Interesse für die vorausgesetzte Be- ziehung beider Zeugungsformen, die man als Copulation und Zeugung zu unterscheiden pflegt, ähnliche verwandtschaftliche An- deutungen zwischen beiden noch in anderen Fällen nachzuweisen. Ein Beispiel dieser Art findet sich bei den Oedogonieen. Bei diesen Pflanzen, bei welchen ganz selbständige und frei bewegliche Sper- matozoiden vorhanden sind, treten doch noch hier und da homo- loge Organe der copulativen Zeugungsform auf, die in den be- stimmten Fällen ohne wesentliche Function offenbar nur noch rudimentären Werth besitzen. Als ein solches homologes Organ glaube ich den mir früher ganz unerklärlichen, eigenthümlichen Befruchtungsschlauch bei Oedogonium ciliatum, dem sich weniger ausgesprochene Bildungen gleichen Werthes bei anderen Arten anschließen, auffassen zu dürfen. Nach genauerer Kenntniß der Copuiationswarzen der Saprolegnieen findet derselbe jetzt als rudi- mentärer, weiblicher Copulationsast seine natürliche morphologische - Erklärung. Uebrigens möchten selbst unter den Saprolegnieen und den ihnen nahe stehenden Pflanzen noch einfachere Vorkommnisse sich auffinden lassen, in welchen die Differenzen beider Zeugungsformen stufenweise noch mehr und mehr verschwinden. Bei der bereits erwähnten Saprolegniee mit hypogynischen An- theridien (Taf. XIV Fig. 9, 10) ist an der Trennungswand zwischen Antheridium und Oogonium noch eine Copulationswarze für den eintretenden Befruchtungsschlauch vorhanden. Dieser Fall entfernt sich übrigens kaum von den früher be- sprochenen, da hier gleichfalls vielsporige Oogonien und Befruch- tungsschläuche vorhanden sind. Nur durch den Ort, wo die An- theridien auftreten und den Umstand, daß sie demselben Faden an- sehören, nähert er sich schon mehr den reinen Copulations- vorgängen. Noch näher an die reinen Copulationsvorgänge herantretende 150 Weitere Nachträge zur Morphologie Fälle haben Pfitzer!) bei Ancylistes und Cornu bei Lageni- dium nachgewiesen. Der eigentliche Befruchtungsakt der höheren Formen der Saprolegnieen, namentlich der Gattungen Saprolegnia und Achlya, geht dagegen, wie ich hier nachgewiesen habe, über die eigentliche reine Copulation hinaus und ist wesentlich ein combinirter Act, zusammengesetzt aus einer Copulation der Antheridien mit eigen- thümlichen, in vielen Fällen nur rudimentären, weiblichen Copu- lationsästen oder Copulationswarzen und dem davon getrennten, eigentlichen Befruchtungsvorgange zwischen den Befruchtungs- schläuchen und den Befruchtungskugeln. Unter allen bekannten Befruchtungsvorgängen scheint es sich doch am meisten an jenen sonderbaren Befruchtungsvorgang von Dudresnaya ?) anzuschließen, der bisher ganz isolirt zu stehen schien. Beide haben das Gemein- same, daß nach der ersten Copulation erst die wahren Be- fruchtungsschläuche entstehen, die als Träger des Befruchtungs- stoffes denselben auf die der Samenbildung dienenden Zellen über- tragen. In beiden Fällen zerlegt sich der Befruchtungsvorgang gleichsam in zwei getrennte Acte. E Noch näher an Dudresnaya würde der Befruchtungsvorgang von Saprolegnia und Achlya herantreten, sollte meine oben ge- äußerte Vermuthung von einer Copulation der Spitzen der Be- fruchtungsschläuche mit an den Oosporen vorgebildeten Papillen sich doch noch bewahrheiten. III. Ueber Dietyuchus Leitg. und Diplanes Leite. und die generische und speeifische Abgrenzung der Saprolegnieen- Formen überhaupt. Im Anschluß an die vorhergehenden Mittheilungen lasse ich hier noch einige Notizen zur Systematik der Saprolegnieen und einige Bemerkungen über die Keimung ihrer Oosporen folgen. Die Zusammenfassung mehrerer bisher unterschiedener Arten von Saprolegnia und Achlya in eine einzige ergiebt sich als un- mittelbare Nothwendigkeit aus der Darstellung ihrer Sexualitäts- verhältnisse, denn die auf dem Vorhandensein oder Fehlen der 1) Monatsberichte der K. A. d. Wiss. zu Berlin, Mai 1872. 2) Bornet et Thuret, Recherches sur la fecondation des Flöridees. Ann. d. sc. nat. de serie. Tome VII. \ und Systematik der Saprolegnieen. 151 Nebenäste gegründeten Species müssen nothwendig eingezogen werden. In dieselbe Species gehören daher sowohl Formen mit als Formen ohne Nebenäste; allein die beiden am häufigsten vor- kommenden Arten mit polysporischen Oogonien, die bereits mehr- fach erwähnte Saprolegnia ferax und die Achlya prolifera, zeigen auch noch einen weiteren Spielraum in Bezug auf den Ort und das Auftreten der Nebenäste. Diese erscheinen nicht nur in der Nähe der Oogonien als wahre Nebenäste der Oogonien, sondern auch an beliebigen Stellen der Stämme als isolirte männliche Aeste (n, »n Fig. 1 Taf. XIII; n Fig. 1, 4 Taf. XIV) und diese können wieder, wie bereits er- wähnt, an ihren Spitzen freie Antheridien bilden (Taf. XIV, Fig. 4 n;, 6, 7, 8) oder — was auch von den wahren Nebenästen gilt — zu längeren und sich verzweigenden Schläuchen auswachsen (Taf. XIII, Fig. 4, n), die weit von ihrem Ursprunge sich an Oogonien anlegen und Antheridien bilden können. Auch kommt es hin und wieder vor, daß diese auswachsenden Nebenäste sich an irgend einer Stelle abgliedern und dann völlig frei zwischen den weiblichen Pflanzen sich ausbreiten. Es ist oft nicht möglich, den entfernten Ursprung dieser männlichen Aeste auszufinden und es wird in vielen Fällen ganz ungewiß, ob die männlichen Schläuche, welche so häufig zwischen den weiblichen Pflanzen vorkommen, (Taf. XIV, Fig. 1, s) und diese oft Schlingpflanzen ähnlich in zahlreichen Windungen umwachsen, von solchen isolirten männlichen . Aesten abstammen oder vielmehr selbständige männliche Pflanzen darstellen. Hiermit verbindet sich ferner häufig noch ein anderes, gleich- falls nicht völlig aufgeklärtes Verhältniß. Bei den Formen mit sparsamen Nebenästen findet man gleich- falls in zahlreichen Fällen dennoch die Oogonien von Antheridien dicht besetzt, deren Zusammenhang mit männlichen Schläuchen oder Nebenästen nicht nachweisbar ist, die aber selbst wieder kürzere oder längere, fortwachsende Zweige aussenden können (Taf. XIII Fig. 2). Es liegt wohl nahe, anzunehmen, daß sie die Enden obliterirter, männlicher Aeste darstellen, allein nur hier und da lassen sich Spuren eines solchen Ursprungs wirklich auf- finden und das gewöhnlichere Verhalten legt für viele dieser Antheridien die Vermuthung nahe, daß sie kleine Pflanzen selb- ständigen Ursprungs sind, die sich hier angesetzt haben. Aehnliche 152 Weitere Nachträge zur Morphologie Vorkommnisse habe ich in einem früheren Aufsatze angedeutet. Der directe Beweis hierfür ließ sich in beiden Fällen noch nicht mit Sicherheit beibringen'). Alle diese beschriebenen Verhältnisse bedingen jedoch, wie ich wiederholt bemerke, keine Speciesunterschiede, sondern können bei einigen Arten nachweisbar nebeneinander auftreten. Auch die Gattungsmerkmale der Saprolegnieen sind noch nicht genügend festgestellt. Gegen die Gattungen Diplanes Leitg. und Diciyuchus Leite. hege ich gegründete Bedenken. Die Häutung der Zoosporen erscheint bei den Saprolegnieen von ganz untergeordneter Bedeutung, denn sie ist ein sehr wechselnder Character, der bei Saprolegnia ferax in dem einen Rasen eintritt, in den andern fehlt. Bestimmte Differenzen in der Entwicklung der Keimlinge der unmittelbar keimenden und der sich häutenden Zoosporen treten nicht hervor; wenigstens habe ich sie bis jetzt . vergeblich gesucht. Uebrigens erfolgt die Häutung selbst unter wechselnden Formen. Sie ist bald eine vollkommene unter Bildung einer neuen, aus der entleert zurückbleibenden Hülle ausschlüpfen- den, frei beweglichen Zoospore; bald eine unvollkommene, bei welcher der aus der primären Hülle hervortretende Inhalt nicht als bewegliche Zoospore entschlüpft, sondern unmittelbar nach seinem Austritt keimt. Man findet deshalb in überwiegend zahl- reichen Fällen die entleerte Zoosporenhülle unmittelbar an dem entstandenen Keimlinge haften (Taf. XVI Fig. 2). Auch Cornu. erklärt sich gegen die Gattung Diplanes und hierin stimme ich mit ihm völlig überein. Ebenso findet auch bei Leptomitus brachy- nema, wie ich bereits früher angeführt habe, Häutung der Zoosporen neben unmittelbarer Keimung derselben statt. Allein auch die Gattung Dictyuchus ist meiner Meinung nach unhaltbar. .Sie wurde bekanntlich auf die Existenz der sogenannten Zellnetzsporangien gegründet. Ich habe schon in meinem wiederholt angeführten Aufsatze nachgewiesen, daß die Zellnetzsporangien so- wohl bei Achlya als bei Saprolegnia an demselben Faden auftreten, 1) Ich sah öfters Schwärmsporen sowohl nach ihrem Austritt, als noch in den Sporangien bei der Keimung nur kurze Schläuche treiben (Taf. XVI Fig. 1 siehe die Erklärung der Abbildung), welche sich an ihrer Spitze öffneten und den Inhalt in Form kleiner Zellchen entließen. Sollten diese vielleicht die Androsporen darstellen, aus welchen jene ansitzenden Antheridien hervorgehen? und Systematik der Saprolegnieen. 153 an welchem die gewöhnlichen Achlya- oder Saprolegnia-Sporangien vorkommen. Diese Angabe ist trotz meiner genauen und deutlichen Zeich- nung des Verhältnisses vielfach angegriffen worden; die einen, die wenig Erfahrung in diesem Gebiete besitzen, haben dieselbe kurz- weg als unrichtig betrachtet und die bestimmte Zeichnung, die ich davon gegeben habe, für irrthümlich erklärt. Auch Cornu nennt die von mir beobachteten Zellnetzsporan- sien „falsche Zellnetzsporangien“. Unregelmäßige Entleerungen der Sporangien sind nämlich, wie Jeder weiß, auch bei Saprolegnieen und Achylen eine sehr häufige Erscheinung. Die von mir er- wähnten und von Cornu sogenannten „falschen“ Zellnetzsporan- gien sollen nun von den Hüllen der Zoosporen herrühren, die bei unvollständigem, gehindertem Austritte in den Sporangien zurück- bleiben. Auch Cornu hält daher, ebenso wie Lindstädt und andere das Genus Diciyuchus von Leitgeb für wohl begründet. Dem gegenüber wiederhole ich nun, daß ich seit meinen ersten Beobachtungen in zahlreichen Fällen mich von der Richtigkeit meiner thatsächlichen Angaben zu überzeugen Gelegenheit hatte. Es liest hier meinerseits weder ein Irrthum noch eine Verwechse- lung vor; sondern eine Unkenntniß der Erscheinung, um die es sich hier handelt, auf Seiten derer, die meinen Angaben wider- sprechen oder sie beliebig deuten wollen. Die Coexistenz der Dictyuchus-Sporangien mit Saprolegnia- und Achlya-Sporangien ist übrigens durchaus nicht einmal ein ganz vereinzeltes Vorkommen, welches nur hier und da zufällig auftritt. Vielmehr habe ich dasselbe wiederholt ziemlich zahlreich bei 3 Species, nämlich bei Achlya polyandra, Achlya racemosa und Saprolegnia ferax angetroffen. Bei A. polyandra und A. racemosa sind — wenn auch durch- aus nicht constant — häufig gerade die ältesten Sporangien eines Fadens Zellnetzsporangien, während die jüngeren desselben Fadens Achlya-Köpfchen bilden (Taf. XVIII Fig. 1,3). In einem einzigen Rasen von A. polyandra habe ich etwa 20 derartige Fälle gezählt. -- Diese Zellnetzsporangien sind aber, wie ich gleichfalls nur ein- fach zu wiederholen brauche, ganz normale Zellnetzsporangien mit völlig geschlossenen Enden (Taf. XVIII Fig. 3a) und ihre Zoosporen schlüpfen ganz ebenso aus, wie die Zoosporen von Diciyuchus mo- nosporus Leitg. und lassen ein das Sporangium völlig ausfüllendes 154 Weitere Nachträge zur Morphologie Netz zurück!). Daß hierbei neben den normalen auch verschie- dene Hemmungs-Erscheinungen eintreten können, ist selbstver- ständlich. Die offenbaren Abortivzustände der Sporangien bei Achlya und Saprolegnia, bei welchen die Zoosporen nur unvollständig hervor- treten und zum großen Theile in dem Sporangium zurückbleiben, sind ohne Frage Zwischenzustände zwischen der typischen Spo- rangienbildung und den Zellnetzsporangien; dies gilt aber nicht bloß für die accessorischen Zellnetzsporangien der Achlya- und Saprolegnia-Formen, sondern ganz ebenso für die beständigen Zellnetzsporangien des sogenannten Diciyuchus, und jene Abortiv- zustände unterstützen nur den Schluß, der aus der Coexistenz der Zellnetzsporangien mit Achlya-Köpfchen und Saprolegnia-Sporangien gefolgert werden muß. Beide Erscheinungen zeigen nur, daß hier geringe Schwankungen in der Bildungsweise der Zoosporen inner- halb derselben Species eintreten können. Diese erscheinen hier und da zwar strenger an besondere Formen der Pflanze gebunden, begründen jedoch weder Species noch Gattungscharac- tere, stellen überhaupt nur verschiedene Stufen desselben Ent- wicklungsganges in der Sporangienbildung der zugehörigen Art dar. Uebrigens ist dies Verhältniß ja nicht ohne Analogie bei anderen Gewächsen mit Schwärmsporenbildung. Diese erleidet in vielen Fällen untergeordnete Abweichungen, die als Gattungs- und Species-Merkmale unbrauchbar, dennoch innerhalb der Species selbst bestimmte Formen characterisiren. Als das bekannteste Beispiel führe ich nur das Verhältniß der multiloculären und uni- loculären Sporangien der Phaeosporeen an. Auch hier vermischt sich, ähnlich wie bei den Abortivzuständen der Achlya-Sporangien, die scharfe Trennung der beiden den Dictyuchus- und Saprolegnia- Sporangien entsprechenden Typen der Sporangienbildung in ein- zelnen niedrigen Formen — so bei einigen Arten der Gattung Ectocarpus und Sphacelaria — und es treten auch hier Zwischen- zustände auf, welche die Bestimmung, ob in dem besonderen Falle multiloculäre und uniloculäre Sporangien vorliegen, geradezu un- 1) Außerdem können, wie die Fig. 3a Taf. XVIII zeigt, die aus den Dictyuchus-Sporangien austretenden Zoosporen sich noch, nachdem sie ausge- treten sind, häuten und ihre Hüllen leer zurücklassen. Es scheint daher die Häutung an derselben Spore, je nachdem, sich mehrfach wiederholen zu können oder auch nicht. und Systematik der Saprolegnieen. 155 möglich machen !).. Dies beweist nur die secundäre Bedeu- tung, die diesen Characteren zukommt. Die Heranziehung der Phaeosporeen für die Beurtheilung dieser Zustände bei den Sapro- legnieen könnte zwar wegen der entfernten Stellung im System viel- leicht Bedenken erregen, allein es handelt sich ja bei der Ver- gleichung hier um Entwicklungsvorgänge, die offenbar in beiden Reihen morphologisch vollkommen gleichwerthig sind. Ich betrachte daher die Dicityuchus- und Diplanes-Formen nur als ein Beispiel auftretender Dimorphie der Zoosporenbildung bei den Saprolegnieen und daher nur als eine zweite Form der Achlya- und Saprolegnia-Species, zu denen sie gehören. Es ist mir trotz vieler Versuche bisher noch nicht gelungen, die Bedingungen festzustellen, die die Erzeugung jeder der beiden Formen dieser Arten bestimmen. Allein dasselbe gilt wieder für die dimorphen Formen gewisser Phaeosporeen-Arten, deren gegenseitige genetische Beziehungen gleichfalls völlig unbekannt sind. In wie weit endlich eine ähnliche Dimorphie bei anderen Saprolegnieen-Gattungen nachweisbar ist, darüber liegen mir bis- her nur Andeutungen vor, die noch einer weiteren Bestätigung be- dürfen. Andere meiner Ansicht nach unhaltbare Gattungen und Arten sind bei den Saprolegnieen gleichfalls auf Charactere, die nur den Werth untergeordneter und inconstanter Abweichungen besitzen, gegründet worden. Die Formen der Reproductionsorgane zeigen bei allen Sapro- legnieen eine bald größere, bald geringere Variabilität. Nament- lich trifft dies für die Gestalt der Sporangien zu. Im Allgemeinen kann man wohl sagen, daß die Oogonien sich in ihrer Gestalt ty- pisch der Kegelform, die Sporangien dagegen der Cylinderform nähern. Allein beide Organe können alle denkbaren Zwischen- stufen beider Formen annehmen. Es giebt hierin gar keine Grenze und diese Unterschiede deuten keinerlei Speciesdifferenzen an. Nur soviel läßt sich mit einiger Sicherheit sagen, daß einzelne Species in der Erhaltung der den Reproductionsorganen typischen Gestalten constanter scheinen, als andere. ‘1) Das Nähere hierüber siehe in meinem Aufsatz „über den Gang der morphologischen Differenzirung in der Sphacelarien-Reihe‘. Abhandlungen der Königl. Acad. d. Wiss. zu Berlin vom Jahre 1873. 156 Weitere Nachträge zur Morphologie | Dazu kommt ein zweiter Umstand, der, soweit meine Unter- suchungen reichen, gleichfalls bei allen Species eintreten kann und der füglich als eine Hemmungsbildung in der Entwicklung der Sporangien bezeichnet werden darf. Bekanntlich werden bei Saprolegnia und Achlya die Sporangien nacheinander angelegt und entleeren sich in normalen Fällen so- gleich nach ihrer Bildung in der Reihenfolge ihrer Entwicklung. Es ist, abgesehen von vereinzelten Fällen interstitieller Anlage von Reproductionsorganen, ım gewöhnlichen Verlaufe stets das un- mittelbar unter einer vorhandenen Sporangium-Anlage befindliche Schlauchstück, welches eine neue Sporangium-Bildung einleitet; bei Saprolegnia, indem es später durch das entleerte Sporangium hindurchwächst; bei Achlya, indem es schon früher seitlich neben demselben vorbeiwächst!) (Taf. XVIII Fig. 1). Man kann daher in beiden Fällen sagen, daß die Schläuche nach beendigstem Längen- wachsthum, gleichsam ihre einzelnen Stücke in der Reihenfolge von oben nach unten zur Sporangium-Bildung verwenden. In ge- wissen Fällen nun geschieht dies in der That unmittelbar, indem die einzelnen Schlauchstücke selbst, ohne auszuwachsen, zu Sporan- gien werden (Taf. XVIII Fig. 5). So entstehen bei Achlya und Saprolegnia jene bekannten Reihen-Sporangien, die ich bereits in meinem ersten Aufsatze über die Achlya prolifera?) erwähnte und abgebildet habe. Sie zeigen in ihrer Gestalt alle möglichen Zwischen- stufen zwischen der Kugel- und Cylinderform, verbunden hin und wieder mit mancherlei auffallenden, aber unwesentlichen Abwei- chungen in der Gestalt der Ausführungscanäle für die Zoosporen und in der Beschaffenheit und dem Verlaufe ihrer Wandungen. In ihrer Weiterentwicklung können sie gleichfalls ein sehr ver- schiedenes Verhalten befolgen, zeigen aber stets eine größere oder geringere Hemmung oder doch Unterbrechung ihres Entwicklungs- sanges. Wenn ihr Inhalt sich in Schwärmsporen umbildet, so ge- schieht dies immer verspätet im Verhältniß zur Zeit ihrer Anlage und im Vergleich mit dem normalen Verlaufe. 1) Dieselbe Differenz tritt wiederum bei den uni- und multiloculären Sporan- gien der Phaeosporeen auf. Ebenfalls nur bei den uniloculären Sporangien findet dort ein Durchwachsen der Fäden statt. Auch dies spricht für die mor- phologische Identität dieser Bildungen trotz der verwandtschaftlichen Ferne der Formen. 2) Nova Acta Vol. XXIII P.I. Taf. 50. und Systematik der Saprolegnieen. 157 Meist aber unterbleibt bei ihnen die Schwärmsporenbildung ganz und sie wachsen entweder sofort vorzugsweise an ihren Basal- flächen oder doch in der Nähe derselben in Aeste aus (Taf. XVIII Fig. 4, 5) oder bleiben zunächst steril. In beiden Fällen isoliren sie sich später, indem die Reihen in die einzelnen Sporangien zer- fallen. Es können hierbei die seltsamsten Formen entstehen, indem die verzweigten Fäden sich vollständig in verschieden abgegrenzte Stücke, die bald auswachsen und neue Sporangien bilden, bald längere Zeit steril bleiben, auflösen. Die Wiedergabe auch nur einiger dieser Formen würde ganze Tafeln füllen. Sie sind nicht Character einer besonderen Species, sondern kommen z. B. bei Saprolegnia ferax, Achlya polyandra und Achlya racemosa vor und können offenbar ganz in derselben Weise, wie es abgelöste Faden- stücke, die sich an ihren Enden abgegrenzt haben, bei den Sapro- legnieen gleichfalls thun, zur Vermehrung der Pflanze beitragen. Sie aber deshalb mit Walz!), der sie Conidien nennt, für be- sondere Fortpflanzungsorgane zu erklären, scheint mir unthunlich, da sie in allen Fällen ihren Character als ursprüngliche Sporangien- Anlagen nicht verkennen lassen und da, wie eben erwähnt, auch irgend welche andere, beliebige Stücke der Schläuche in ähnlicher Weise die Pflanze reproduciren können. Noch weniger aber ist es gerechtfertigt, wie dies Lindstädt?) will, auf diese veränderten Sporangien, die bei allen Arten auftreten können, besondere Species zu gründen. Ich bezeichne sie als Reihen- und Dauer- Sporangien. Dieselbe Erscheinung von Dauer- und Reihen-Sporangien tritt auch bei den Pythien auf. Nicht nur bei entophytischen, sondern auch bei solchen, die sich von ihrem Substrat frei erheben. So bei einem Pithium, welches mir mit dem Pithium utriforme Cornu ?) nahe verwandt scheint, vielleicht identisch mit demselben ist. Durch eigenthümliche Vorkommnisse wiederholter Durchwachsungen und Füllungen der Sporangien mit gleichzeitiger Unterdrückung der Zoosporenbildung entstehen hier häufig statt der Reihensporangien sogar mächtigere, zusammenhängende Sporangien-Aggregate von 1) Bot. Zeit. 1870, pag. 556. 2) Synopsis der Saprolegnieen, S. 25 u. f£. 3) a. a. O. 8.13. Ich hatte diese Form in meinen Notizen als Pyth. laterale bezeichnet wegen der unregelmäßigen, meist SDCncn Stellung der langen Ausführungsgänge der Zoosporen. 158 Weitere Nachträge zur Morphologie langer Dauer. Es ist zweifellos, daß diese Erscheinungen neben der Bildung isolirter und sich in normaler Weise entleerender Sporangien vorkommen und hier den gleichen Werth, wie die in ihrer Entwicklung gehemmten Dauer-Sporangien bei den Achlyen und Saprolegnieen besitzen. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß die von Schenk!) zuerst beschriebenen Achlyogeton- und Myzo- cytium-Formen gleichfalls nur entophytische Achlyen und Pythien darstellen, welche Reihen-Sporangien gebildet haben. Doch muß diese Vermuthung noch durch weitere Untersuchungen geprüft werden. Bei diesen Betrachtungen über die richtige Abgrenzung der verschiedenen Saprolegnieen-Grenzen mußte sich natürlich auch die Frage nach einem möglichen Zusammenhange von Achlya und Saprolegnia aufdrängen. Nach äußerst zahlreichen Versuchen glaube ich dieselbe verneinen zu müssen. Die Erscheinungen, die man bei den gewöhnlichen Culturen beobachtet, können zu mancherlei Zweifel hierüber Veranlassung geben, gewähren aber keinen sicheren Aufschluß. Allein ich habe zu diesem Zwecke eine sehr große Anzahl besonderer Cultur-Versuche mit sorgfältig isolierten Achlya-Köpfchen angestellt; diese wurden mit großer Vorsicht noch vor dem Ausschlüpfen der Zoosporen von dem entleerten Sporangium, vor dem sie lagen, abgehoben und genügend geschützt auf den verschiedensten Substraten im abgeschlossenen, feuchten Raume oder unter Wasser erzogen. Beiläufig will ich bemerken, daß es bei diesen Culturen im feuchten Raume gelingt, wahre Luft-Saprolegnieen zu erziehen. Diese Schläuche erheben sich von dem Substrat — z. B. Schwein- blase — wenn dasselbe eben nur angefeuchtet wird, oft senkrecht in die Höhe und wachsen mehrere Linien frei in die Luft empor; allein ich habe diese Luftschläuche niemals fructifieirend gefunden; reichlich fructificiren dagegen diejenigen Schläuche, die von dem- selben Substrat horizontal auf dem Objectträger weiter wachsen und die daher zwar nicht unter Wasser befindlich sind, aber doch von Feuchtigkeit mehr umspült werden. Es entstehen hierbei so- wohl alle möglichen normalen und abnormen Sporangien, als auch normale Oogonien und Oosporen. 1) Verhandlungen der phys. med. Gesellsch. zu Würzburg vom Jahre 1857. Bd. IX. pag. 12, ferner „Ueber das Vorkommen contractiler Zellen im Pflanzen- reiche“, pag. 10 und Bot. Zeit. 1859. Tab. XIII. und Systematik der Saprolegnieen. 159 Bei diesen verschiedenen Culturen nun, bei welchen theils sehr kräftige, normal fructificirende, theils sehr kümmerliche Pflanzen erzogen wurden, traten alle denkbaren Abortivzustände von Achlya- und Zellnetz-Sporangien, niemals dagegen mit Evidenz normale Saprolegnia-Sporangien auf. . Zu diesem immerhin bemerkenswerthen, negativen Resultate tritt ferner ein directerer Beweis hinzu, welcher den Austritts- erscheinungen der Zoosporen bei der Keimung der Oosporen liegt. Ueber diesen Punkt ist bisher nichts Näheres bekannt. Es wird nur angegeben, daß die Oosporen der Saprolegnieen sowohl schlauchartig keimen, als auch unmittelbar Zoosporen bilden können. Wie im letzteren Falle aber die einzelnen Genera sich verhalten, die hierbei, wenn sie wirklich verschiedene Genera repräsentiren, doch nothwendig bedeutende Unterschiede zeigen müssen, darüber fehlt jede Andeutung. Ich lasse deshalb noch einige vollständigere Keimungsbeobachtungen folgen, die, wenn auch theilweise Bekanntes wiederholt werden muß, doch nicht ohne Interesse sein dürften. Die Rückbildungserscheinungen, welche im Inhalte der Sporen jeder Keimung vorangehen, veranlassen hier zunächst das Ver- schwinden des mittleren Oeltropfens und jenes sonderbaren Fleckes im Protoplasma, von welchem bereits früher die Rede war (Taf. XVI Fig. 7—11). Die hiermit zusammenhängende, gleichmäßigere Ver- breitung des Protoplasma zeigt von nun an in der an Umfang zu- nehmenden Spore nur die gewöhnliche, normale Anordnung. Bei dieser Vergrößerung verschwindet aber häufig jede Andeutung der ‘früher oft deutlich hervortretenden Differenzirung von Exosporium und Endosporium. Nun beginnt die Spore an einer beliebigen Stelle schlauchartig auszuwachsen (Taf. XVIIa in Fig. 1 u. 3). Gewöhnlich wenn die Spore vorher nicht bedeutend an Größe zu- senommen hat, erfolgt dieses Wachsthum durch Verlängerung des Endosporium unter deutlicher Durchbrechung des Exosporium MERERSVIE NIE 5,76, Rail XVIR Eis, 11m: s.w.). Dagegen’ 'er- scheint die Verlängerung als eine einfache Fortsetzung der ganzen Oosporenmembran in den Fällen, wenn bei der vorhergehenden Vergrößerung der Oospore jede Differenzirung von Exosporium und Endosporium schon vorher verschwunden war. Die Unterscheidung der beiden Membran-Schichten der Oosporen ist ferner auch nicht möglich bei der Keimung jener partheno- 160 Weitere Nachträge zur Morphologie genetischen Sporen, die schon kurz nach ihrer Bildung wieder keimen, da bei diesen jungen Oosporen die Erscheinungen der Reifung, welche die Differenzirung der Membran und die bereits früher geschilderten Umänderungen im Inhalte hervorrufen, noch gar nicht eingetreten sind. Dagegen kommt es in Fällen, wo die Differenzirung zwischen Exosporium und Endosporium sehr scharf ausgesprochen ist, wieder vor, daß der ganze Inhalt der Oospore, vom Endosporium umgeben, aus dem Exosporium frei hervortritt und das letztere — Diplanes-artig — als leere Hülle zurückbleibt. Beobachtet habe ich diesen Fall bei Saprolegnia ferax (Taf. XVII Fig. 5, 12). Diese Eigenthümlichkeiten, die an den Membranen der Spore hervortreten können, bedingen schon einige auffallende Verschiedenheiten bei der Keimung. Wichtiger jedoch sind die Unterschiede, welche bei dem weiteren Verhalten der Keimschläuche sich zeigen. Bei der einen Form der Keimung bildet der Keimschlauch auswachsend gewöhnliche, nur kleinere, ganz unverzweigte oder schwach verzweigte Pflänzchen, deren Spitzen in Sporangien um- gewandelt werden (Taf. XVI Fig. 3—6; Taf. XVII Fig. 1,4, 11, 13). Bei Saprolegnia ferax habe ich das weitere Verhalten dieser Sporangien und der in ihnen gebildeten Zoosporen sehr schön verfolgen können. Die Sporangien bilden ihre normale Austritts- öffnung, Öffnen sich, entlassen die frei und isolirt hervortretenden Zoosporen und werden ihrerseits wieder von dem Tragschlauche durchwachsen (Taf. XVI Fig. 3f); alles ganz wie dies für Sapro- legnia typisch ist. Bei Achlya polyandra und Achlya racemosa da- gegen habe ich bis jetzt die entstandenen Keimschläuche nur bis zur Bildung der Sporangien, aber noch nicht bis zur Bildung und Entleerung ihrer Zoosporen verfolgen können (Taf. XVII Fig. 1, 13). Bei der zweiten Form der Keimung wächst dagegen der Keimschlauch nicht zu einer Pflanze aus; er wird selbst zu einem Sporangium, welches sehr bald die characteristische Austrittsöffnung bildet und die im Inneren erzeugten Zoosporen hervortreten läßt (Taf. XV Fig. 2, 3,6, 7:83,59, 10). Bei der Saprolegnia ferax treten diese frei und isolirt hervor (Taf. XVII Fig. 6, 7, 8, 9) und können sich gleichfalls entweder häuten [Diplanes -Form] (Taf. XVII Fig. 10a) oder nicht |Sapro- legnia-Form]. Bei A. polyandra habe ich diese zweite Form der Keimung und Systematik der Saprolegnieen. 161 bisher nicht finden können, wohl aber bei Achlya racemosa. Die Bildung der kleinen Sporangien aus der Oospore erfolgt wie bei Saprolegnia, allein die Zoosporen sammeln sich genau so, wie es für Achlya typisch ist, vor der Oeffnung des Sporangium in einer Hohlkugel an (Taf. XVII Fig. 2, 3) und entschlüpfen später mit Zurücklassung ihrer leeren Hüllen. Die meisten älteren und auch neueren Angaben über Keimung der Oosporen gehen über die Beobachtung ihrer Anfänge nicht hinaus. Sie begnügen sich mit der Constatirung der Verlängerung der Oospore zu einem kürzeren Schlauche. Dies gilt namentlich für alle Beobachtungen über Keimung, die andere Gattungen, als die Gattung Saprolegnia betreffen. Nur bei Saprolegnia sind beide Formen der Keimung schon früh von mir und von Cienkowskyt) gesehen worden. Die obige Darstellung der Keimung von Achlya racemosa weist nun auch für die Gattung Achlya die Erhaltung ihrer eigenthümlichen Zoosporenentleerung bei der Keimung der Oosporen nach. Es darf verlangt werden, daß bei der Feststellung anderer Gattungen zum mindesten dieser Punkt vorher entschieden und die Erhaltung der Gattungsmerkmale an den Keimlingen der Oosporen direct nachgewiesen werde. Die Oosporen keimen bekanntlich häufig schon innerhalb der Oogonien. Nur bei den Formen mit zarter Oogoniummembran 1) Beide Beobachtungen von Cienkowsky (Bot. Zeit. 1855) und von mir (Nova Acta Vol. XXIII.) betreffen trotz der älteren Bezeichnung der Pflanze als „Achlya prolifera“ offenbar nur die parthenogenetische Form der Saprolegnia ferax. Auch Curnu hat neuerdings nur die eine Form der Keimung bei Saprolegnia vollständiger beobachtet. Die Schlauchkeimung hat er nur in ihren Anfängen gesehen. Für andere Gattungen ist er gleichfalls hierüber nicht hinausgekommen. Was namentlich die Gattung Pythrum betrifft, so erinnere ich mich sehr genau die zweite Form der Keimung gleichfalls gesehen zu haben. Cornu, wie immer gern bereit, meine Angaben über Thatsachen, die er nicht kennt, für Irrthümer zu halten, behauptet auch hier, daß dies nicht wahr sei, und daß die zweite Form der Keimung bei Pythrum nicht existirt. Mit etwa mehr Geduld würde er sich von dem Gegentheil überzeugt haben. — Hierüber behalte ich mir spätere genauere Mittheilungen vor; ich will jedoch gleich hier erwähnen, daß mir die Selbständigkeit der Gattung Pythium zweifel- haft geworden ist und daß ich vermuthe, daß sie gleichfalls nur eine Neben- form der kleineren Achlyen und Saprolegnieen darstellt. Ohne hierauf weiter einzugehen, verweise ich diejenigen, die mit diesen Pflanzen bekannt sind, nur auf die Saprolegnia De Baryi Walz., die ja die äußeren Charactere von Saprolegnia und Pythium augenscheinlich verbindet. Aehnliche Erfahrungen liegen mir noch in anderen Fällen vor und hierbei würden die genauen Vorgänge bei der Keimung der Oosporen von Pythium wesentlich mit in Betracht kommen. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd, II, al 162 Weitere Nachträge zur Morphologie können die Keimschläuche hierbei die Oogoniummembran durch- brechen. Dies geschieht z. B. bei Achlya polyandra. Bei Sapro- legnia ferax treten die Keimschläuche durch die Löcher der Oogo- niummembran hindurch (Taf. XVII Fig. 4). Bei Achlya racemosa dagegen, welche Pflanze dicke Oogoniummembranen und keine Löcher besitzt, suchen die Keimschläuche sich ihren Ausgang durch die zufälligen Oeffnungen, die bei dem Obliteriren der Antheridien entstehen (Taf. XVII Fig. 2) oder treten gewöhnlicher — an den abgefallenen Oogonien — durch deren nun offene Ansatzstellen an dem ehemaligen Träger hervor (Taf. XVII Fig. 1, 3). Es ist schwer zu sagen, ob die verschiedenen Formen der Keimung irgend eine Beziehung zum Entwicklungsgange der Art haben. Die Oosporen desselben Oogoniums können sich in dieser Beziehung verschieden verhalten, indem die eine schlauchartig keimt, während die andere zum Sporangium wird. Schon aus der alten Abbildung bei Cienkowsky wird dieses deutlich. Ich selbst habe dies sowohl bei der rein parthenogenetischen Form von Sapro- legnia ferax, als bei der rein monöcischen Form der Achlya race- mosa gesehen. Es scheint demnach die Befruchtung hierauf ohne Einfluß; doch will ich bemerken, daß die parthenogenetischen Oosporen, wenn sie — wie bereits früher erwähnt — schon kurz nach ihrer Bildung, also vor Eintritt ihrer Reifung keimen, nach meinen bisherigen Beobachtungen nur die schlauchartige Ferm der Keimung zeigen. Befruchtete Oosporen wieder habe ich, wie be- reits erwähnt, niemals vor Eintritt der Reifung keimen sehen. Diese kurzen und vorläufigen Bemerkungen zur Systematik der Saprolegnieen werden genügen, um zu zeigen, wie schwierig in dieser Familie die Abgrenzung der Genera und Species ist. Zu einer umfassenden, monographischen Bearbeitung der ganzen Familie fehlen bisher meiner Meinung nach noch die nöthigsten Daten und eine kritiklose Zusammenstellung der für die Genera und Species aufgestellten Charactere kann nur diejenigen befriedigen, welche die Formen nicht aus eigener, gründlicher Untersuchung kennen. Die Resultate meiner hier dargelegten neuen Untersuchungen über die Saprolegnieen mögen hier endlich noch zum Schlusse in einige Sätze kurz zusammengefaßt folgen: I. Der männliche Geschlechtsapparat der Saprolegnieen wird in der ganzen Familie in wesentlich gleichartiger Weise von den bekannten, an die Oogonien herantretenden oder ihnen ursprünglich schon anliegenden Antheridien gebildet. II. III. IV. v1. und Systematik der Saprolegnieen. 163 Diejenigen Saprolegnieen, welchen sowohl männliche Aeste als anliegende Antheridien fehlen, sind nicht — wie man bisher annahm — besondere Arten mit abweichendem Be- fruchtungsacte, sondern parthenogenetische Formen, deren Befruchtungskugeln ohne Befruchtung reifen und keimen. Es existiert bei den Saprolegnieen nur eine Art von Be- fruchtungskugeln ; d. h. die sich parthenogenetisch ent- wickelnden und die später befruchteten sind identisch und zeigen keinerlei ursprüngliche Differenz. Die partheno- genetisch entstandenen Oosporen keimen aber früher und leichter als die befruchteten. Der eigentliche Befruchtungsvorgang der len seht mit alleiniger Ausnahme der niedrigsten Glieder der Familie über die einfache Copulation hinaus. Er ist ein combinirter Act, zusammengesetzt aus einer Copulation der Antheridien mit eigenthümlichen, in vielen Fällen nur rudimentären, weiblichen Copulations-Warzen oder Copu- lationsästen und dem davon getrennten, eigentlichen Be- fruchtungsvorgange zwischen Befruchtungsschläuchen und Befruchtungskugeln. Eine Reihe untergeordneter Eigenthümlichkeiten bei der Bildung und Entleerung der Zoosporen, die zu Gattungs- merkmalen erhoben worden sind, begründen weder ge- nerische noch specifische Differenzen, sondern sind An- deutungen einer bei einigen Species auftretenden, bald mehr, bald weniger constanten Dimorphie, die sich in den verschiedenen Reifungsstadien der Zoosporenentwicklung ausspricht. Ebenso können die verschiedensten Formen der Geschlechts- vertheilung bei derselben Species auftreten. Sie sind daher gleichfalls nicht als Species-Charactere verwendbar. Erklärung der Abbildungen. (Die Zeichnungen sind nach der Natur theils von meinem Assistenten Herrn Dr. Vöchting, theils von mir entworfen worden.) Tafel XIIL Achlya polyandra rein- und gemischt-parthenogenetische Formen mit gänzlich (Fig. 3, 5) oder mehr oder weniger (Fig. 1, 4) unter- drückten männlichen Aesten. (Vergr. von Fig. 1,3, 4—= 4! 2 —= 14, BE 180 850 — 1,6 —°) 1b 164 Weitere Nachträge zur Morphologie Fig. 1 m, m, m männliche Aeste der Achlya polyandra der Pflanze Figur 1, die sich an das Oogonium (0) einer dazwischen wachsenden Achlya racemosa angelegt haben. Sie bilden hier Antheridien und beginnen, mit den weiblichen Befruchtungswarzen dieses Oogoniums copulirt, eine Bastardirung. Fig. 6. Stellt den entsprechenden Theil der Fig. 3 bei o stärker (>) vergrößert dar. Tafel XIV. Fig. 1—4 (22). Formen der Achlya polyandra mit zum Theil männerlosen Oogonien und solchen, deren männliche Aeste verschiedenen Ursprungs sind. n, n Fig. 1 und 4 freie männliche Aeste, die sich an kein Oo- gonium anlegen; s Fig. 1 eine männliche Pflanze oder ein isolirter männlicher Ast. Fig. 5 (2°). Saprolegnia ferax. Zu einer kleinen Form dieser Art gehörig, bei welcher sehr häufig von der Kugelform abweichende, wenig-sporige Oogonien auftreten; in dem besonderen, nicht seltenen Falle, welchen die Figur darstellt, hat der durchwachsende Faden noch innerhalb des früheren Sporangiums ein Oogonium gebildet, welches von der Membran des Sporangium noch umhüllt ist. Fig. 6, 7, 8 (22%) Freie, sich nicht an Oogonien anlegende männliche Aeste, wie n, n Fig. 1 und 4, die dennoch Antheridien und Befruchtungsschläuche bilden. Fig. 9, 10 (2°). Saprolegnia hypogyna (siehe Seite 126). Fig. 11. (2°). Stark vergrößertes Stück eines Oogonium von Saprolegnia ferae zur Zeit der Bildung der weiblichen Copulations- warzen, noch vor deren Durchbruch durch die äußerste Membranschicht. Tafel XV (@e). Oogonien, männliche Aeste, Antheridien und Befruchtung von Achlya racemosa. Im sämmtlichen Figuren bedeutet: a das untere Anthe- ridium solcher männlichen Nebenäste, die zwei hintereinanderliegende Antheridien besitzen; b die freien Befruchtungsschläuche, welche die Antheridien auf ihrer Rückenfläche treiben und die daher nicht in die Oogonien eindringen, sondern sich außerhalb derselben frei öffnen; b’ die Oeffnungen der Rückenfläche der Antheridien, welche nach Ob- literirung der freien Befruchtungsschläuche hier zurückbleiben; p, p, p die hervorgetretenen weiblichen Copulationswarzen, die hier zu längeren Papillen werden; — p. der Figur 8, eine solche Papille, die erst nach ihrem Hervortreten sich mit dem männlichen Nebenast copulirt hat — ein seltener Fall. Fig. 7. Kleine, meist einsporige Form von Achlya racemosa mit reifender Oospore ohne vorherige Copulation. — Fig. 10. Oogonium mit schon vorher befruchteter Oospore; die beiden Befruchtungs- schläuche noch voll mit Inhalt. — Fig. 11, dieselbe noch 3 Tage später; es ist jetzt noch etwas Inhalt aus dem einen Befruchtungs- und Systematik der Saprolegnieen. 165 schlauch frei in das Innere des Oogonium hervorgetreten und liegt neben der .Oospore. Fig. 13. Befruchtungsschlauch mit Entleerung des freien Anthe- ridiums a. Fig. 14. Copulation des männlichen Nebenastes mit der bereits hervorgetretenen Papille. Fig. 15. Einbohrung eines Antheridium in die Membran ohne Copulation und ohne Bildung von Befruchtungsschlauch. Tafel XVI. Schlauch-Keimung der Schwärmsporen. Fig. 1, 2, 3 von Saprolegnia ferax, Fig. 4—11 Achlya polyandra. Fig. 1 2%). Schwärmsporen, die im Inneren eines interstitiellen Sporangiums zurückgeblieben waren — die anderen waren aus der freien Austrittsöffnung in gewöhnlicher Weise entschlüpft, — und hier kleine, kurze Keimschläuche gebildet hatten, die sich an der Spitze öffneten und mehrere kleinere, kaum bewegliche Zellchen (a, b, ec) her- vortreten ließen. Die Deutung dieser Erscheinung ist noch nicht zweifellos; es wäre möglich, daß diese Zoosporen Androsporen sind, die — man vergleiche Taf. XIII Fig. 2 und das hierüber im Text (S. 151) Gesagte — bestimmt sind, sich an den Oogonien festzusetzen und hier Befruchtungsschläuche zu treiben ganz so, wie sonst die Antheridien. Diese Erscheinungen verbunden mit den Fig. 2 Taf. XIII. undin meinem älteren Aufsatze (Jahrbücher f. w. Bot. Bd. II Taf. XXII. Fig. 8 m, m) gezeichneten und dort beschriebenen Vorgängen bilden die Grundlagen für meine Annahme der Existenz von Androsporen bei den Saprolegnieen. Fig. 2 (2%). Häutung und unmittelbare Schlauchkeimung der Schwärmsporen ohne Bewegung des bei der Häutung ausgeschlüpften Inhaltes (siehe Seite 152). Fig. 3—6. (27°). Schlauchkeimung. Bei Fig. 3 die Sporangien theils in Schwärmsporenbildung begriffen (a, b, d, e); theils bereits entleert (c, f) und schon durchwachsen (f). Fig. —11 (2°). Zustände der Oospore beim Beginn der Keimung vor Bildung des Keimschlauches oder vor Austritt des Gesammtinhaltes. Ma XSVzi]: Schlauch- und Sporangien-Keimung von Saprolegmia feraxw und Achlya racemosQ. Fig. 1 (2%). Schlauch-Keimung von Achlya racemosa. Fig. 2 und 3 (2°). Sporangien-Keimung von Achlya racemosa. Fig. 4 (2°°). Schlauch-Keimung von Saprolegnia ferax;; der Schlauch dringt aus der Oeffnung der Oogoniummembran hervor und bildet so- fort ein Sporangium. Fig. 5 (°°°®). Der ganze Inhalt der Oospore ist hier bei der Keimung hervorgetreten und wird sich später in Zoosporen umbilden — wie in Fig. 12 (22°) — die Schläuche treiben oder ausschlüpfen — 166 Weitere Nachträge zur Morphologie In Fig. 12 liegt die Oospore noch innerhalb der noch nicht völlig obliterirten Membran des früheren Oogonium. Fig. 6—9 (*2°). Sporangien-Keimung von Saprolegnia ferax; d.h. die Innenwand der Spore verlängert sich unmittelbar in ein Spo- rangium, dessen Inhalt sich unmittelbar in Zoosporen umbildet. Fig. 10 (&°). Sporangien-Keimung einer Oospore von Saprolegnia ferax. Hier ist eine (a) der gebildeten Zoosporen im Sporangium zu- rückgeblieben, hat sich gehäutet, ist aber nach nn Häutung nicht entschlüpft, sondern hat sofort gekeimt, wie Fig. 2 Taf. XVL Beides: Häutung der Zoosporen mit und ohne Entschlüpfen und Keimung der Zoosporen findet bei derselben Pflanze statt. Fig. 11 (2%) Schlauch-Keimung bei Saprolegnia ferax. Fig. 12 Siehe Figur 5. Fig. 13 (22°). Schlauch-Keimung von Achlya racemosa. Beides: Schlauch-Keimung und Sporangien - Keimung“ der ÖOosporen findet bei derselben Pflanze statt. — So gehören z.B. Figur 1, 2, 3 und 13 zu derselben Form der Achlya racemosa; und ebenso gehören 4—12 dieser Tafel und Fig. 1—3 der Taf. XVI derselben Form der Saprolegnia ferag mit sich bald häutenden, bald nicht häutenden Zoosporen an. Tafel XVII Fig. 1 (4°). Achlya racemosa; das älteste Sporangium (a) ist ein Zellnetzsporangium; die beiden folgenden (b, ec) sind Achlya-Sporangien ; das jüngste (d) ist noch nicht in Entleerung begriffen. Fig. 2 (2°). Achlya racemosa mit Zellnetzsporangium und un- regelmäßiger, nach Art der Dauer-Sporangien erfolgenden Abgliederung; die abgegrenzten Glieder wachsen an ihren Enden aus (siehe S. 156 u. f.). Fig. 3 (2). Achlya racemosa mit Dielyuchus- und Achlya-Spo- rangien. Das älteste (a) ist ein Zellnetzsporangium; die beiden jüngeren (b, ce) sind Achlya-Sporangien; hier hat bei derselben Form der Faden nicht wie gewöhnlich unterhalb des Sporangium seitliche Aeste getrieben zur Bildung der späteren Sporangien — wie dies in Fig. 1 der Fall war — sondern die unteren Stücke des Fadens haben sich nach einander unmittelbar in Sporangien umgewandelt (siehe Seite 156). Fig. 3 a (%°). Stärker vergrößerte Spitze von dem obersten Sporangium (a) der Figur 3. Fig. 4 u.5 (%). Reihen und Dauer-Sporangien von Achlya poly- andra, durch Zerfallen der alten, nicht normal fructificirenden Fäden in gegliederte Parthien entstandene die einzelnen Glieder können später wieder, wie man auch in den Figuren sieht, seitlich auswachsend Schläuche treiben und an diesen Sporangien bilden (s s); siehe auch Seite 156 u. £. N.B. Die Coexistenz von Saprolegnia und Dictyuchus-Sporangien schon in meinem älteren Aufsatze (Jahrb. f. wiss. Bot. II.) durch eine Figur er- läutert, habe ich hier nochmals durch wiederholte Abbildungen dar- stellen wollen. SERVER Taf.Xl. N.Pringsheimn.d.Natgez. Verl.vustav Fischer, Jena. Lin AnstwA Giltsch, Jena. =) - Pringsheim. es. Abhandhungen.Bandll. | Taf. XV. 4 Verlv.ustavFischerJena. Lith Anstw.A Gilsch' Jena. Tat.XV. Be NFrangsheimnd Verlv@ustav Fischer, Jena. ' Lih.AnstvA@i Gustav Fischer; Jena. Prinssheim, $es. Abhandinnsen, Band I. Taf, XV1. Verl.v;Gustav Fischer, Jena Titn.Anst.v.A.Giltsch, Jena, \ 14 Pringsheim. ses. Abhandlungen Band Il. enA 2! /erl.v. Gustav Fischer J: \ Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact der Gattungen Achlya und Saprolegnva. Aus den Sitzungsberichten der Königl. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin im Jahre 1882. Hierzu Tafel XIX. a TATEN PR, ae N # Mi 4 % £ R , E 2 9 or = : a y Die letzten histologischen Elemente, welche als Träger der sexuellen Function erkannt sind, erscheinen auch in einigen Ab- theilungen des Pflanzenreiches in der im Thierreiche typischen Form von Samenkörper und Ei. Allein vorwiegend finden sich bekanntlich in den Zeugungsvorgängen der Gewächse solehe Con- jugationsformen der Geschlechtszellen vertreten, in welchen die bei der Zeugung functionell wirksamen Elemente ihrer Form nach bisher nicht unterschieden werden konnten. Die ganze große Reihe dieser copulativen Befruchtungs- vorgänge bei Phanerogamen, Pilzen, Florideen und copulirenden Algen steht so dem Zeugungsacte durch Samenkörper und Eier histologisch noch fremdartig gegenüber. Zumal in den ein- fachsten Formen der Copulation erscheint der Zeugungsact unter Verlust des charakteristischen morphologischen Momentes, welches ihn überall sonst auszeichnet, als eine bloße Vermischung von formlosem Protoplasma. Ich war stets geneigt, in den letztgenannten Fällen noch eine Lücke in den Beobachtungen zu vermuthen. Die reiche Formen- mannigfaltigkeit der Befruchtungsvorgänge, die im Pflanzenreiche bereits vorliegt, darf mit Recht als eine zusammenhängende Stufen- folge von Entwicklungsformen des Zeugungsactes angesehen wer- den, welche phylogenetisch mit dem Zeugungsacte, der durch Samenkörper und Eier vermittelt wird, verbunden sind. Es liegt daher die Vermuthung nicht fern, daß auch die letzten Sexual- elemente in den scheinbar noch abweichenden Zeugungsformen eine zur Gestalt der Samenkörper und Eier ansteigende, oder doch mit ihr verwandte, Bildungsreihe von Formen durchlaufen. Die Untersuchung der copulativen Befruchtungsvorgänge kann in dieser Richtung keineswegs schon als abgeschlossen gelten. 170 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Daß aber die hier supponirten, von dem übrigen Protoplasma der Geschlechtszelle unterscheidbaren Samenkörper, wo sie existiren, in ihrer Gestalt von den bekannteren Formen der frei beweglichen Spermatozoiden nothwendig abweichen müssen, bedarf keiner be- sonderen Hervorhebung. Es folgt schon aus der Bekanntschaft mit den Formen der Copulationsvorgänge. Für einige copulative Befruchtungsvorgänge, welche ich als höhere Formen der Copulation bezeichnen möchte, so namentlich für den Befruchtungsact der Saprolegnieen und Phanero- gamen, schien mir die Annahme der Existenz bestimmt geformter Samenelemente fast nothwendig geboten und ich habe dies auch wiederholt ausgesprochen. Allein bisher fehlten mir entscheidende Beweise für meine Annahme. Ich glaube dies jetzt durch neue Beobachtungen zunächst für die Saprolegnieen gefunden zu haben. Ich theile dieselben hier mit als einen weiteren Beitrag zur Lehre von der genetischen Entwicklung der Samenelemente im Pflanzenreiche und glaube, daß die beobachteten Erscheinungen, wenn ich mich nicht irre, eine neue Form und Modalität nach- weisen, in welcher das befruchtete Protoplasma auf das Ei über- tragen wird. Im Zusammenhange hiermit muß ich zugleich die ganz abweichenden Vorstellungen, welche de Bary neuerdings über den Befruchtungsact der beiden Gattungen Achlya und Sapro- legnia ausgesprochen hat, nothwendig einer Kritik unterziehen und glaube deshalb meine Mittheilung am besten mit einem kurzen Rückblick auf die Geschichte des Gegenstandes und den gegen- wärtigen Stand der Befruchtungsfrage bei Achlya und Saprolegnia beginnen zu sollen. I. Historisches und Kritisches über Sexualität und Apogamie bei den Saprolegnieen. Der Befruchtungsvorgang der Saprolegnieen, im Besonderen der der Gattungen Saprolegnia und Achlya, erinnert durch die eigenthümlichen Befruchtungsschläuche, welche die Antheridien in (die Oogonien hineinschicken, auffallend an den Befruchtungsvorgang der phanerogamischen Pflanzen vermittelst Pollenschläuche. Zur Zeit, als ich diesen Befruchtungsact auffand, waren in der That die Pollenschläuche die einzigen homologen Gebilde, welche zur ÖOrientirung und zum Verständniß des Vorganges bei den der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 171 Saprolegnieen herangezogen werden konnten und diese auffallende Analogie der den Befruchtungsstoff fortleitenden Bildungen gab damals für mich den ersten Anstoß, hier einen Befruchtungsvor- gang zu vermuthen. Später wurden ähnliche, den männlichen Zeugungsstoff von- einer weiblichen Empfängnißstelle zur anderen fortleitende Befruchtungsschläuche bekanntlich von Thuret und Bornet auch bei den Florideen aufgefunden. Nach allen be- gleitenden Erscheinungen, welche während des Herantretens der Befruchtungsschläuche in der Ausbildung und Reifung der Oosphä- ren wahrgenommen werden, ließ sich schon. damals nicht daran zweifeln, daß hier ein wirklicher, eigenthümlicher Befruchtungsact vorliegt, obgleich derselbe offenbar von den anderen tallophyti- schen Befruchtungsvorgängen, die man damals kannte, bedeutend abwich. Dieser von mir vertretenen Auffassung haben sich dann, wie bekannt, unbeschadet einzelner Divergenzpunkte, auch alle folgen- den Beobachter der betreffenden Vorgänge übereinstimmend ange- schlossen, obgleich ein materieller Uebergang befruchtender männlicher Formelemente in die Oosphären hier nicht mit Sicher- heit constatirt werden konnte. Dieselben Organe, die ich für die Saprolegnieen nachgewiesen und für Sexualorgane erklärt hatte, sind alsdann, wie gleichfalls bekannt, später von de Bary auch bei den Peronosporeen aufge- funden und auch hier conform meiner Auffassung bei den Sapro- legnieen als Sexualorgane gedeutet worden. Ferner habe ich noch gleichzeitig nachgewiesen, daß in den Gattungen Saprolegnia und Achlya die männlichen Sexualäste öfters fehlen, und daß diese mehr oder weniger rein weiblichen Formen trotzdem ihre Eianlagen zur Reife und zur keimfähigen Entwick- lung bringen. Ich habe nun schon vor Jahren gezeigt!), daß hier ein Fall ächter Parthenogenesis vorliegt, und daß man daher bei den Arten der Gattung Saprolegnia und Achlya sexuelle und par- thenogenetische Formen zu unterscheiden hat. Dies ist ungefähr, so kurz als möglich zusammengedrängt, der positive Inhalt dessen, was über die wesentlichen Befruchtungs- vorgänge bei den Saprolegnieen seither als erwiesen galt. In der neuesten Zeit ist nun aber von de Bary?) gegen die 1) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. IX 8. 192 u. £. 2 A. de Bary und Woronin, Beiträge zur Morphologie und Physiologie 172 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact hier dargelegte Auffassung der Sexualvorgänge bei Saprolegnia und Achlya ein unerwarteter Widerspruch erhoben worden. Während de Bary früher meine Ansicht getheilt und in seinen Schriften vertheidigt hat, negirt derselbe jetzt die Existenz eines Befruchtungsactes in den Gattungen Saprolegnia und Achlya völlig. Er hält-zwar die von mir gegebene Deutung der Organe, um die es sich hier handelt, als Sexualorgane für die beiden Familien, bei welchen sie [858] vorkommen, den Saprolegnieen und Perono- sporeen, nach wie vor unverändert aufrecht; auch bringt er selbst eine Reihe von Beobachtungen bei, welche die Existenz eines Be- fruchtungsactes für einige Gattungen der Familie, z. B. für Pythium, in der Weise, wie ich ihn behauptet hatte, und ferner ebenso für die Peronosporeen erweisen: Allein er behauptet, daß die drei Gattungen Saprolegnia, Achlya und Aphanomyces im Laufe der Zeit „apogam“ geworden sind. Es sollen die männlichen Sexualorgane derselben auch dort, wo sie in ihrer morphologischen Ausbildung vollkommen erhalten sind, ihre physiologische Function schon eingebüßt haben. Die Gattungen Pythium, Phytophtora, Peronospora sollen dagegen nach de Bary, obgleich sie wesent- lich ganz dieselben, und nicht einmal so vollkommen entwickelte Sexualorgane besitzen, ihre Sexualität noch unverändert beibehalten haben. Dieser Vorstellung haben sich dann auch ohne weitere Prüfung einige jüngere Botaniker angeschlossen !). Ich halte demgegenüber auch jetzt für die beiden Gattungen Saprolegnia und Achlya meine frühere Behauptung von der Existenz einer Sexualität bei den der Pilze. Vierte Reihe. (Abhandlungen der Senkenberg. naturf. Gesellschaft. Bd. XII.) Frankf. a. M. 1881. Ich eitire hier immer die Seitenzahlen des be- sonders paginirten Separatabdruckes. 1) Z. B. Falkenberg in seinem Aufsatze „Die Algen im weitesten Sinne“ in Schenk, Handbuch der Bot. Bd. II. S. 299. — Ferner A. Fischer in „Untersuchungen über die Parasiten der Saprolegnieen“. Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XIII. S. 28S, und wie ich bei der Correctur dieser Zeilen sehe, auch Göbel in seinen soeben erschienenen Grundzügen der Systematik ete. S. 104—108, ohne meine entgegenstehenden Angaben auch nur zu berücksichtigen, welche immerhin schon deshalb Beachtung oder Erwähnung verdient hätten, weil doch die Kenntniß der eigenthümlichen Form des Befruchtungsactes, der bei Saprolegnieen und Peronosporeen auftritt, erst durch meine Untersuchungen über Pythium, Sapro- legnia und Achlya eröffnet worden ist. Ob aber das letzte Wort über die Histologie des Zeugungsactes bei Pythium und den Peronosporeen schon gesprochen ist, wird vielleicht bald die Zukunft lehren. Por Bad der Gattungen Achlya und Saprolegnza. 15 Saprolegnieen noch aufrecht und glaube auch die Lücke in der Beobachtung des Befruchtungsactes, die hier noch vorhanden war, ausfüllen zu können. Die Hypothese der Apogamie, welche de Bary für die mit männlichen Sexualästen versehenen Saprolegnieen und Achlyen aufstellt, ist, wie ich meine, ein leicht zu widerlegender Irrthum. Gerade in diesen beiden Gattungen sind die männlichen Or- gane, Antheridien und Befruchtungsschläuche, unter dem ganzen Kreise der hierher gehörigen Pflanzenformen am allervollkommen- sten ausgebildet, und dies muß schon von vornherein gegen die Auffassung von de Bary einnehmen. Auch glaube ich, daß die bisher bekannten Erfahrungen schon an und für sich allein hinreichen, um die Existenz eines Befruch- tungsactes bei diesen Pflanzen zu erweisen. Das charakteristische Zusammentreffen aller biologischen Entwicklungs-, Wachsthums- und Reifungs - Erscheinungen in den Antheridien, Befruchtungs- schläuchen und Oosphären ist nur aus dem Zwecke der Befruch- tung zu erklären. Zu diesen Erscheinungen, auf die ich 1857 aufmerksam machte, rechne ich: 1. schon die Existenz der Befruchtungsschläuche, deren physio- logische Bedeutung ja unverkennbar ist; 2. das Anwachsen der Antheridien an bestimmte Stellen der Oogonien, die ich früher für Löcher, später für Copulations- warzen erklärte; 3. das charakteristische Hineinwachsen der Befruchtungsschläuche bis an und zwischen die Oosphaeren; 4. die gänzliche oder theilweise Entleerung des Inhaltes der Antheridien und der Befruchtungsschläuche gerade während der Befruchtungsperiode, d. h. dann, wenn die individuali- sirten Oosphaeren sich mit Membranen umgeben. Diese biologischen Vorgänge, welche ich damals nicht bloß für Saprolegnia und Achlya, sondern namentlich auch für Pythium genau festgestellt habe, in Verbindung mit den allgemeinen Sätzen, die sich schon aus meinen ersten Untersuchungen über die Sexualität der Tallophyten ergeben hatten, wonach 1. die ruhenden Sporen der Zoosporeen als befruchtete Eier anerkannt wurden, und 174 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact 2. im Zeugungsacte der Pflanzen eine „materielle Ver- einigung‘ der männlichen Zeugungselemente mit den Oo- sphaeren stattfindet, führen schon zu dem Schlusse, daß auch bei den Saprolegnieen ein Befruchtungsact vorliegt, und daß zugleich ein Uebergang von befruchtenden protoplasmatischen Elementen aus dem Inhalte der Befruchtungsschläuche in die Oosphaeren hier vorausgesetzt werden muß. Ich glaube, daß diese Schlüsse auch gegenwärtig noch ihre volle Berechtigung haben. Aber der letztere Punkt, den ich soeben berührt habe, die materielle Vermischung der Zeugungsstoffe, welcher seit meinen Beobachtungen an Vaucheria und Oedogonium bei den Untersuchungen von Befruchtungsvorgängen mit Recht in den Vordergrund gestellt wird, war bei den Saprolegnieen von mir nicht direct wahrgenommen worden. Der neuere Widerspruch, den de Bary erhebt, geht nun von dieser noch vorhandenen Lücke in der Beobachtung aus. Die Hypothese der Apogamie, welche de Bary für die Saprolegrieen aufstellt, gründet sich, wie ein eingehendes Studium seiner umfangreichen Schrift belehrt, nämlich nicht auf neue positive Thatsachen über den Reifungsproceß der Oosphaeren, welche einen Befruchtungsact mit Nothwendigkeit aus- schließen, sondern stützt sich wesentlich nur auf eine nega- tive Beobachtung, darauf nämlich, daß es ihm nicht geglückt ist, bei Saprolegnia und Achlya einen Uebergang von proto- plasmatischer Substanz aus den Befruchtungsschläuchen in die Oosphaeren und eine offene Communication zwischen beiden direct wahrzunehmen. Bei seinen sorgfältigen Untersuchungen der Saprolegnieen und Peronosporeen findet de Bary einerseits nach Anlegung der Be- fruchtungsschläuche an die Oosphaeren offene Communication und Uebergang protoplasmatischen Inhaltes nur bei Pythium und Phytophtora, dagegen weder offene Communication, noch sicht- baren Uebergang von Substanz bei Peronospora, Saprolegnia, Achlya und Aphonomyces, und er schließt hieraus, daß ein Befruchtungs- act nur für Pythium und die Peronosporeen anzunehmen sei, bei Saprolegnia, Achlya und Aphanomyces aber nicht. Consequenter wäre es allerdings meiner Meinung nach, den Sexualact dann auch der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 175 für Peronospora zu negiren, denn auch bei dieser Gattung war ja offene Communication und Uebertritt von Protoplasma nicht zu beobachten. Ich glaube aber, wie ich gleich hier bemerken will, im Nach- folgenden den Beweis liefern zu können, daß eine offene Com- munication zwischen den Sexualzellen kein nothwendiges Postulat für die Existenz eines Befruchtungsactes ist, und daß der Ueber- tritt von Substanz unter Formen stattfinden kann, die sich dem Beobachter leicht entziehen, wenn sie nicht in den Kreis der von ihm gekannten Bildungen gehören. Bei Saprolegnia und Achlya läßt sich de Bary allerdings in seiner Auffassung noch von der Existenz der von ihm nachge- wiesenen parthenogenetischen Formen bestimmen, und außerdem veranlassen ihn auch noch theoretische Vorstellungen über den Stammbaum der Pilze, gerade in den Saprolegnieen einen sicheren Fall der von ihm vertheidigten Apogamie zu erblicken, welche er, wie es scheint, jetzt allgemeiner für die Pilze anzunehmen ge- neigt ist. Doch dies sind im Grunde nur vergleichende, morphologische und phylogenetische Deductionen, denen durch positive Befunde der Boden leicht entzogen werden kann, auf dem sie stehen. Die Saprolegnieen und Achlyen, welchen die männlichen Neben- äste fehlen, sieht de Bary nämlich nicht, wie ich dies gethan habe, für parthenogenetische Formen der sexuellen Species an, die unter wechselnden Umständen entstehen können, sondern hält sie für besondere Rassen dieser Species). Die Entstehung dieser 1) Anknüpfend an den Widerspruch, der hier zwischen de Bary und mir über die Natur der parthenogenetischen Formen der Saprolegnieen besteht, will ich gleichzeitig beiläufig kurz erwähnen, daß auch die vielfachen sonstigen Aus- stellungen, welche de Bary in Nebenpunkten in der ceitirten Abhandlung gegen meine Angaben bei den Saprolegnieen erhebt, wie z. B. gegen die über die Keimungsdauer der parthenogenetischen Sporen, über die Structur der Achlya- Sporen, über die Bedeutung der Copulationswarzen u. s. w., sachlich durchaus unbegründet sind, und nur in einem wenig gerechtfertigten Mißtrauen gegen die Genauigkeit und Sorgfalt meiner Untersuchungen ihre Erklärung finden. Was zuerst die parthenogenetischen Formen betrifft, so bezweifelt de Bary die Richtigkeit meiner Angaben über ihre Entstehung in der Cultur bei Achlya polyandra, weil die Saprolegnia monoica, die er untersuchte, in ihren sexuellen Charakteren im Laufe einer ganzen Anzahl von Generationen constant blieb. Aber er findet doch selbst, daß bei Saprolegnia asterophora und Aphanomyces „die Antheridien oft (nicht immer) ausbleiben, wenn der Rasen alt wird“ (8. 76 176 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Rassen durch Unterdrückung der männlichen Aeste, die übrigens, wie ich gezeigt habe, bald eine mehr, bald eine weniger voll- ständige ist, betrachtet er nun als Beweis dafür, daß die männ- des Separatabdrucks); ähnlich wie ich dies zuerst gerade für Achlya polyandra behauptet hatte. Allein er geht noch weiter und erklärt meine Angaben bei Achlya polyandra aus einer Verwechselung mit nebenastlosen Saprolegnieen, die sich in meine Culturen eingeschlichen hätten und die ich für die nebenastlosen Formen der Achlya polyandra gehalten haben soll. Als Beweis für diesen Irr- thum führt er ferner an, daß auch meine Beschreibung der Structur der Achlya-Sporen falsch ist, und daß die nebenastlosen Pflanzen in meinen Culturen schon nach der Beschreibung, die ich von dem Bau ihrer Oo- sporen gebe, gar nicht in den Entwicklungskreis einer Achlya, sondern in den einer Saprolegnia gehören mußten. Die Structur der Oosporen der Achlya-Arten, namentlich von Achlya polyandra und prolifera, soll sich nämlich nach de Bary sehr auffallend und wesentlich von der der Saprolegnieen unterscheiden. Der bekannte, große sog. Fetttropfen, welcher bei den Saprolegnieen das Centrum der Oospore einnimmt, soll bei den Achlya-Arten seitlich liegen. Diese ganze Erklärung meines vermeintlichen Irrthums geht aber von falschen Prämissen aus und der Irrthum liegt hier in der That nicht auf meiner Seite. Ich kenne die Pflanze nicht, die de Bary Achlya polyandra nennt, und will daher meinerseits keine Erklärung des Widerspruchs zwischen seinen und meinen Angaben über die Structur der Achlya-Sporen versuchen. Dagegen halte ich für die von mir untersuchte Achlya polyandra, welche in ihren Charakteren durchaus mit der Pflanze übereinstimmt, die Hildebrand so genannt hat, die Richtigkeit meiner Angaben über den Bau ihrer Oosporen in allen Punkten auf- recht. Sie besitzen durchaus den typischen Charakter der Oosporen der Sapro- legnieen: centraler Fetttropfen, peripherisches Körnerplasma mit einer Vacuole in demselben, in welcher noch ein Zellkern liegt (Taf. XIX Fig. 13), ganz so oder doch wesentlich so, wie bei den Saprolegnia-Arten und wie ich es früher (Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. IX. S. 198) beschrieben und dort auf Taf. XVII und XX wiederholt abgebildet habe. Dasselbe gilt übrigens auch von den Oosporen der Achlya racemosa und lignicola (Taf. XIX Fig. 125). Die von de Bary für Achlya polyandra angegebene seitliche Lage des Fetttropfens unter völligem Zurückdrängen des Körnerplasma auf die andere Seite tritt bei der von mir untersuchten Ach/ya polyandra nur bei Anwendung eingreifender Reagentien nach dem Tode ein (Taf. XIX Fig. 3, 5, 6). Achlyen und Saprolegnien unterscheiden sich daher keineswegs, wie de Bary will, generell schon durch den Bau ihrer Oosporen. Schon die zahlreichen Figuren der Oosporen meiner Achlya polyandra in meiner Abhandlung Taf. XVII Bd. IX der Jahrbücher, die doch immerhin einiges Vertrauen verdienen, hätten de Bary überzeugen können, daß seine Vermuthung über meine vermeintlichen Irrthümer und Verwechselungen nicht zutrifft. Die parthenogenetischen Formen der Achlya polyandra existiren daher nicht nur, wie ich getrost versichern darf, sondern sie sind auch nebenastlose Formen der mit Nebenästen versehenen Exemplare, zu denen sie specifisch gehören. der Gattungen Achlya und Saprolegnia. oa lichen Aeste bei den Saprolegnieen ihre physiologische Bedeutung verloren haben und folgert hieraus, daß sie auch bei den sexuellen Formen, obgleich sie hier doch mitihren Antheridien und Befruchtungs- schläuchen noch vollkommen erhalten sind, ihre Function nicht mehr ausüben. de Bary erklärt allerdings die nebenastlosen Formen, die bei verschiedenen mit Nebenästen versehenen Species der Saprolegnieen wiederkehren, für besondere Rassen und hierauf gründet sich in den meisten biologischen Fragen sein Widerspruch gegen meine Angaben. Der Unterschied scheint mir factisch nicht groß. Es genügt mir das eigene Eingeständniß von de Bary, daß diese neben- astlosen Formen keinerlei sichere Charaktere zeigen, welche sie von den Formen mit Nebenästen unbedingt specifisch unterscheiden, und daß er selbst bei Sa@- prolegnia asterophora und Aphonomyces das Verschwinden oder Zurückgehen der Antheridien in der Cultur beobachtet hat (l. ec. S. 104 u. 76). Dies eben habe ich von den parthenogenetischen Formen behauptet und darauf (l. c. 197—198) ihre Entstehung zurückzuführen gesucht. Zur Aufstellung von Rassen scheint mir eine durch vielfache Generationen erhaltene Oonstanz gewisser habitueller Merkmale zu gehören, wie sie z. B. bei den Rassen unserer cultivirten Nutz- pflanzen durch Hunderte von Generationen zu Tage tritt. Jedenfalls verlangt doch die Feststellung der Existenz von Rassen eine durchgeführtere Unter- suchungsreihe, als sie die über wenig aufeinanderfolgende Generationen ausge- dehnten Untersuchungen an Saprolegnieen gewähren können. Muß man aber zugeben, daß die nebenastlosen Formen specifisch von denen mit Nebenästen nicht verschieden sind, dann fallen auch die Schlüsse über die Keimungsdauer der parthenogenetischen Oosporen in meinem Sinne aus, und die von de Bary gefundenen Zahlen (S. 80 der Separatausgabe) widerlegen nicht, sondern bestätigen vielmehr, richtig interpretirt, die von mir gefundene Thatsache, daß die parthenogenetischen Sporen der Saprolegnieen früher keimen, als die befruchteten. Daß daneben auch specifische Unterschiede in der Keimungsdauer sich geltend machen, ist hierbei ohne Belang. Was endlich die Copulationswarzen betrifft, so erkenne ich hier den Punkt, in welehem de Bary gegen mich im Recht ist, bereitwillig an. Die Stellen, wo sie” hervortreten, sind nicht offene Löcher, wie ich dies 1850 behauptet und de Bary selbst 1852 bestätigt hatte, sondern es zieht sich regelmäßig jedesmal noch ein äußerst feines Häutchen über sie hinweg. Dagegen entspricht, und dies ist biologisch wichtiger, die organologische Deutung, die ich von ihnen 1873 (Jahrb. f. wiss. Bot. IX. S. 208) gegeben habe, genau dem wirklichen Thatbe- stande. Sie sind für die Copulation mit den Nebenästen vorbestimmte Bildungs- organe der Oogonien und verrathen, wo sie vorhanden sind, deutlich den ac- tiven Antheil, welchen die Oogonien an dem Copulationsacte nehmen. Daß sie bei manchen Arten wenig oder gar nicht ausgebildet sind, in anderen Fällen zu sterilen Aesten auswachsen, ändert an ihrer ursprünglichen morphologischen Bestimmung ebensowenig, als der Umstand, daß es Fälle giebt, wo Antheridien zwischen zwei zu sterilen Aesten ausgewachsenen Papillen sitzend gefunden werden. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Ed. II, 12 178 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Der Fall liegt aber bei den Saprolegnieen offenbar nicht anders, als in anderen ähnlichen Beispielen, wo neben bisexuellen rein weibliche, parthenogenetische Formen auftreten, deren Ent- stehungs- und Bildungsgeschichte unbekannt ist. Wollte man so schließen, so würde z. B. die parthenogene- tische Chara crinita als Beweis dafür gelten müssen, daß alle Characeen — Charen und Nitellen — apogam sind trotz der Existenz ihrer Antheridien und Samenkörper, denn auch bei diesen ist die materielle Vereinigung des Samenkörpers mit der Eianlage noch nicht direct beobachtet. Versuche, wie bei Charen, die direete Beobachtung durch das Experiment zu ersetzen, sind allerdings bei Saprolegnieen kaum ausführbar, allein dies muß eben bei der Beurtheilung nach der einen wie nach der anderen Seite zur größeren Vorsicht mahnen. Keinesfalls kann die Existenz parthenogenetischer Formen an und für sich gegen die Existenz des Sexualactes bei den sexuellen Formen entscheiden und ich führe dies hier auch nur an, um zu zeigen, daß das Hauptgewicht in de Bary's Hypothese der Apo- Nicht jede Narben-Zelle erfüllt ihre Bestimmung und Pollenkörner findet man unter Umständen auch in den Griffel-Haaren und doch ist die Narbe die vor- gebildete Empfängnißstelle für den Pollen. Die Erscheinungen sprechen zu deutlich, wenn man zahlreiche und ver- schiedene Fälle überblickt, als daß die Ueberzeugung von dem bestehenden Ver- hältnisse sich nicht dem Beobachter unmittelbar aufdrängen sollte. Namentlich dort, wo eine größere Regelmäßigkeit inZahl und Ordnung der Neben- äste und der Copulationswarzen herrscht, wie bei Achlya racemosa und lignicola und wo bei nahe benachbarten Oogonien die Nebenäste nicht nur an die Papille des Oogonium anwachsen, unterhalb welchem sie entstanden sind, sondern oft auch in ganz auffallender Weise die Papillen der ihnen nicht angehörigen Oogonien aufsuchen und mit ihnen copuliren. Ich glaube, daß de Bary selbst, wenn er erst von dem Zeugungsacte bei Saprolegnia und Achlya überzeugt sein wird, auch die Copulation zwischen Copulationswarze und Nebenast anerkennen wird. Es ist eine Copulation gerade so, wie die zweier aufeinander zuwachsender Verbindungspapillen copulirender Zellen von Spirogyren, die auch ein besonderer, von der eigentlichen Vermischung der Plasmakörper beider Zellen verschiedener und zu unterscheidender Act ist. In diesem Sinne habe ich von einer Zerlegung der Copulationsacte in zwei ge- sonderte Acte gesprochen: Copulation der Mutterzellen der Sexualelemente einer- seits, und Copulation oder Vereinigung der letzten wirksamen Plasmagebilde andererseits, wie z. B. bei Saprolegnia, Achlya und Spirogyra (Jahrb. f. wiss. Bot. IX. S. 219 und XI. S. 18—19). f Diddl der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 179 gamie der Saprolegnieen in seinem negativen anatomischen Be- funde des Sexualactes bei Saprolegnia und Achlya liegt. Das Endurtheil wird daher von der Sicherheit und Beweis- kraft abhängen, welche diesem negativen Befunde zukommen. II. Der Befruchtungsvorgang in der Gattung Achiga. Wie groß die Schwierigkeiten einer directen Beobachtung des Befruchtungsactes gerade bei den Saprolegnieen sind, geht schon aus der Geschichte des Gegenstandes hervor. Trotz der zahl- reichen Beobachter herrscht noch immer wenig Uebereinstimmung und man ist in der That mit Sicherheit bei den beiden Gattungen, um die es sich hier handelt, nicht über die Thatsache hinausge- kommen, die ich bereits in meinem Aufsatze im Jahre 1857 con- statirt habe, daß die Befruchtungsschläuche bis an die Oosphaeren vordringen und sich ihnen anlegen. Für die Existenz des Befruchtungsactes nahm ich schon da- mals als fernere Andeutungen noch in Anspruch, erstens die sicht- bare Entleerung des Schlauchinhaltes, die stets constatirbar ist, wenn auch ein Theil des Inhaltes in den meisten Fällen noch zurückbleibt ; ferner das plötzliche Erscheinen von Plasma-Elementen, die offenbar früher dem Inhalte der Befruchtungsschläuche ange- hört hatten, außerhalb der Schläuche und in der Umgebung der Oosphaeren gerade in der Zeit, wenn die Befruchtung stattfinden mußte. Da die Plasma-Elemente, die ich hier im Auge habe, vor dem Vordringen der Schlauchspitzen zu den Oosphaeren nicht vorhanden sind, so können sie auch nicht mit jenen protoplasma- tischen Bildungsresten des Oogoniuminhaltes verwechselt werden, die hin und wieder bei der Entstehung und Ballung der Oosphae- ren zurückbleiben, ohne bei deren Bildung verwandt zu werden. Diese Umstände schienen deutlich für einen Austritt der be- fruchtenden Substanz aus den Schläuchen zu sprechen und zeigten zugleich, daß hier ebenso wie in anderen Fällen, z. B. bei Vaucheria, nicht der gesammte Inhalt der Antheridien bei der Befruchtung verbraucht werde. De Bary legt auf diese Erscheinungen geringeren Werth. Das Verschwinden des Inhaltes in den Befruchtungsschläuchen könne, wie er meint, davon herrühren, daß derselbe bei dem Wachs- thum der Schläuche Verwendung finde, oder vielleicht bei der m: 180 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Athmung verbrannt werde. Sonderbarer Weise bleibt aber der Inhalt der Stammschläuche der Saprolegnieen und auch der der Tragzellen der Antheridien trotz Wachsthum und Athmung be- stehen, und dieser bemerkenswerthe Substanz-Verlust, der gerade an der Stelle, wo er hier eintritt, so bedeutungsvoll ist, müßte in einer mehr befriedigenden, anderen Weise erklärt werden, wenn man die nächstliegende Annahme, daß der ver- schwundene Inhalt für die Zwecke der Befruchtung verwandt sei, zurückweisen und nicht gelten lassen will. Auch das Vorhandensein der differenten plasmatischen Bildungen neben den Oosphaeren und außerhalb der Befruchtungsschläuche hält de Bary für bedeutungslos, da er annimmt, daß alle hier anftretenden Körper ohne Ausnahme nur unverbrauchte Reste des Bildungsplasma der Oosphaeren sind, was jedoch, wie ich be- reits oben hervorhob, unbedingt nicht richtig ist. Den entscheidenden Beweis aber für seine Annahme, daß hier gar keine Befruchtung stattfindet, sieht de Bary endlich darin, daß die Befruchtungsschläuche sich zwar an die Oosphaeren an- legen und in feste Berührung mit ihnen gerathen, aber keineswegs mit ihnen verwachsen, sondern zeitlebens geschlossen bleiben und bei Anwendung von Reagentien Sich immervon den Oosphaeren im geschlossenen Zustande zurückziehen. Er behauptet von Saprolegnia ferax!): „Um über eine offene Communication ins Klare zu kommen, wurden geeignete Exemplare mehrfach im Momente des festesten Auf- sitzens des Schlauches getödtet. immer mit dem gleichen Erfolge: das aufsitzende Ende des Schlauches zeigte sich immer geschlossen. Zumal bei der Einwirkung verdünnter Chlorzinkjodlösung nimmt, in Folge der Wasserentziehung, der Schlauch nach allen Rich- tungen an Größe ab. Sein aufsitzendes Ende blieb hierbei nie mit dem Ei in Verbindung, sondern trennte sich von diesem und zog sich relativ weit zurück, umgeben von zarter, aber völlig ge- schlossener Membran.“ Ebenso erklärt er von Achlya polyandra?): „Eine Oeffnung des Schlauches findet hier so wenig statt, wie bei Saprolegnia...... Die Berührung der Schläuche mit den Eiern scheint hier, soweit der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 181 sich dergleichen bestimmen läßt, weniger innig zu sein als bei Saprolegnia.“ Diese Angaben de Bary’s beruhen jedoch auf einer unvoll- ständigen Beobachtung. Es gehört hier viel Geduld dazu, um sich von dem wirklichen Thatbestande zu überzeugen, allein es steht unzweifelhaft fest, daß zahlreiche Schlauch-Enden, welche an die Oosphaeren herantreten und die Befruchtung ausführen, mit denselben an einer, wie es scheint, vorbestimmten Stelleinnig und untrennbar verwachsen (Taf. XIX Fig. 1,3,4,5,6,7,9, 10). Nur wenn die Reagentien angewendet werden, bevor die feste Verbindung und Verwachsung der Schläuche mit den Oosphaeren erfolgt ist, dann tritt der von de Bary be- schriebene Fall ein, daß der Schlauch sich von dem Ei, welches er zu berühren im Begriff war, weit und mit geschlossener Mem- bran zurückzieht (Taf. XIX Fig. 12a). In diesen Fällen hat aber auch keine Befruchtung stattgefunden und die Eier reifen auch nicht, wie es der Vergleich der Oosphaeren in a, b, ce Fig. 12 Taf. XIX deutlich zeigt. Wendet man dagegen die geeigneten Reagentien, z. B. das von de Bary benutzte Chlorzinkjod oder noch andere Contractions- mittel der Zelle und passende Tinctionsflüssiekeiten an, so findet man jedesmal, wenn überhaupt die Lage des Präparates eine genaue Beobachtung gestattet, die befruchtende Schlauchspitze mit der Oosphaere nicht nur u dig, sondern auch unlöslich verwachsen (Taf. XIX Fig. 4,5,6,9, 10). Es findet hier dasselbe Ver- hältniß wie beim Pollenschlauche statt; es gelingt bei verschiedenen, mechanischen und chemischen Einwirkungen eher den Befruchtungs- schlauch zu zerreißen, als ihn von der Oosphaere, mit der er ver- wachsen ist, zu trennen. So habe ich das Verhalten in zahlreichen Fällen constant bei Achlya polyandra gefunden. Um sich hiervon zu überzeugen, ist weiter nichts nöthig, als gut ausgebildete und reichlich fructificirende Exemplare dieser Pflanze, welche zahlreiche Befruchtungsschläuche in die vielsporigen Oogonien hineinschicken, vorsichtig mit Chlor- zinkjod und noch besser, in passender Weise nacheinander, mit Chlorzinkjod und Anilinblau zu behandeln (Taf. XIX Fig. 4, 6). Die meisten Befruchtungsschläuche wird man allerdings zwischen dem Haufen der Oosporen sich verlieren sehen, ohne daß es bei der äußerst verschiedenen Lage der Oosphaeren gelingt, die Verwach- sungsstelle zwischen Schlauch und Oosphaere, wie es hierbei ab- 182 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact solut nöthig ist, im Profil zu erblicken; aber bei genügender Aus- dauer wird man, namentlich unter den peripherisch gelegenen Oosphaeren, Fälle genug finden, die eine genaue Beobachtung zu- lassen, und diese zeigen mit Evidenz das von mir geschilderte Verhalten, die feste und untrennbare Vereinigung von Oosphaere und Schlauchspitze (vergl. die Figuren-Erklärung). Die peripherischen Oosporen der größeren und mehr cylindrischen Oogonien zeigen oft auch äußerst schön, daß regelmäßig an jede Oosphaere eine Spitze der Befruchtungsschläuche herantritt (Taf. XIX Fig. 1). Aeußerst deutliche und durch ihre Größe für die Beobachtung günstige Fälle der Verwachsung liefern bei glücklicher Lage auch solche Oogonien, bei welchen der Inhalt ausnahmsweise nur zu einer einzigen großen Oosphaere sich gestaltet (Taf. XIX Fig. 4, 9). Diese feste und untrennbare Vereinigung von Oosphaere und Befruchtungsschlauch findet ebenso, wie bei Achlya polyandra, auch bei Achlya racemosa und lignicola statt. Bei Achlya polyandra zeigt aber die Verwachsungsstelle ferner noch eine bemerkenswerthe, äußerst charakteristische Eigenthümlichkeit. Die Oosphaere ist an der Stelle, an welcher die Verwachsung vollzogen ist, zu einer deutlichen, über ihren Umriß scharf vor- springenden Papille ausgezogen (Taf. XIX Fig. 3a, 4, 5, 6, 9, 10) und man sieht nun, daß nach der Befruchtung die entstehende Oosphaeren- Membran sich zwar längs ihres ganzen Umrisses ausbildet, an der vorspringenden Papille anfänglich aber noch fehlt. Man sieht deutlich, daß die Verwachsung hier zwischen der Schlauchspitze und der nackten, noch membranlosen Papille der Oosphaere statt- gefunden hat. Ob diese Papille an der Oosphaere schon vor der Verwachsung vorhanden war, oder ob die nackte Stelle der Oosphaere, an welcher die Verwachsung stattfand, erst in Folge derselben zur Papille ausgewachsen oder vorgezogen ist, darüber geben meine bisherigen Beobachtungen keine sichere Auskunft. Doch weisen vielerlei Umstände darauf hin, daß die Verwachsung in der That an einer vorher bestimmten Stelle der Oosphaere stattfindet. In den Fällen, in welchen zahlreiche Oosphaeren in einem Oogonium gebildet werden und in einem kugeligen Haufen zusammen liegen, wie dies ja für Achlya polyandra die Regel ist, scheinen diese zur Verwachsung bestimmten Stellen der Oosphaeren sämmtlich nach dem Centrum des Haufens gerichtet und somit einander zu- gekehrt. Hierdurch namentlich wird die Beobachtung der Ver- der Gattungen Achlya und Saprolegnaa. 183 wachsungsstellen so sehr erschwert. Dies erklärt aber zugleich das Verhalten der Befruchtungsschläuche, welche man gewöhnlich direct in das Centrum des Oosphaeren-Haufens hineinwachsen sieht, ‚und erst dort bilden sich, meist unter fortlaufender, gleichsam sympodialer Verzweigung, jene sehr kurzen Zweigspitzen aus, welche mit den hier benachbarten Oosphaeren an den vorbestimmten Stellen verwachsen. Das Zweckmäßige in diesem Verhalten spricht gleichfalls deut- lich genug für die eintretende Function. Unter den mehr unregel- mäßig gelegenen, von dem zusammenliegenden Haufen getrennten Oosphaeren finden sich dann die für die directe Beobachtung günstigeren Fälle (Taf. XIX Fig. 1, 6). Die Existenz der Verwachsungspapillen bei Achlya polyandra erweist wiederum den activen Antheil, welchen die weiblichen Sexualzellen an dem Befruchtungsacte nehmen. Doch bemerke ich, wie bereits hervorgehoben, daß diese Papillen nur bei Achlya po- Iyandra an den befruchteten Oosphaeren constant auftreten; bei den Formen der Achlya lignicola und racemosa sah ich immer nur feste Verwachsung, aber keine deutlich bemerkbare Papille. Ueber den bei dieser Verwachsung stattfindenden UTeber- gang von Schlauchinhalt in die Oosphaere giebt aber die Beobachtung im Innern der Oogonien allerdings keinen genügenden Aufschluß. Man sieht nichts Anderes, als daß die Schlauchspitze der Oosphaere fest aufsitzt (Taf. XIX Fig. 1—10) und daß der Schlauch mehr oder weniger merklich an Inhalt verliert und es ist kaum festzustellen, ob während der ganzen Dauer der Ver- wachsung die feste Begrenzungslinie, welche der Wand der Schlauch- spitze entspricht, noch sichtbar ist oder nicht. Meist sieht man sie allerdings völlig deutlich; ebenso oft erscheint sie aber un- deutlich oder verwischt oder gequollen (Taf. XIX Fig. 4, 6, 9). Das Verständniß dieses Verhaltens wird sich aus den Erscheinungen er- geben, auf die ich weiter unten zu sprechen komme. In den seltensten Fällen erhält man eine Andeutung einer Öommunication zwischen Ei und Schlauchinhalt und gelangt dazu innerhalb dieser Uebergangsstelle, protoplasmatischen Inhalt zu beobachten (Taf. XIX Fig. 6). Hierauf lege ich jedoch bei meiner Auffassung des hier statt- findenden Vorganges weniger Werth. Dagegen ist es von größerem Belang, daß die angewachsenen Spitzen der Schläuche nach ihrem 184 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Herantreten an die Oosphaeren, wie dies immer constatirbar ist, inhaltsärmer werden. Oft erscheinen sie völlig leer, immer aber hät ihr Inhalt, verhältnißmäßig zu seiner ursprünglichen Fülle, an Masse deutlich verloren (Taf. XIX Fig. 1, 3, 9, 10, 16, 17). Die unmittelbare Beobachtung direet an der Verwachsungs- stelle hat mich somit, trotz der angewandten Mühe, wie bereits er- wähnt. nicht weiter geführt. Dagegen, glaube ich, gewähren die Erscheinungen, welche es mir noch gelang, an den Antheridien und in den Befruchtungsschläuchen aufzufinden, einen weiteren Auf- schluß über den materiellen Vorgang, der sich hier offenbar zwischen Oosphaere und Befruchtungsschlauch abspielt. Bei genauerer Aufmerksamkeit auf den Inhalt der Antheridien und Befruchtungsschläuche bei Achlya polyandra und bei den ver- schiedenen Formen, welche die Achlya racemosa und lignicola bilden, wird man bald wahrnehmen, daß in dem Protoplasma derselben eigenthümliche Bildungen auftreten, welche sich von den übrigen protoplasmatischen Bestandtheilen des Inhaltes sehr auffallend unterscheiden. Sie bestehen aus einer homogenen, das Licht eigen- thümlich brechenden, plasmatischen Substanz, welche Farbstoffe in hohem Grade und weit stärker als das übrige Protoplasma auf- speichert (Taf. XIX Fig. 4, 9). Es werden diese Bildungen daher durch Tinetionen jeder Art, namentlich durch Färbungen mit Anilin- und Karmin-Präparaten leichter kenntlich. Sie sind nicht zu verwechseln mit jenen kleinen, spindelförmigen Zellkernen, welche Schmitz bei den Saprolegnieen auffand; sie sind größer als diese und zeigen, was namentlich wesentlich ist, deutliche, wenn auch äußerst langsame und träge, amöboide Bewegung!). Von diesen Bildungen finden sich immer nur wenige im In- halte der Antheridien. Auch sind sie nicht immer gut ausgebildet; häufig erscheinen sie nur wie stärkere, mehr oder weniger homo- gene Protoplasma-Ansammlungen, die hin und wieder noch ein- 1) Vielleicht sind die Plasma-Abschnitte, welche Schmitz (Sitzungsber. der niederrh. Gesellsch. f. Natur- und Heilkunde zu Bonn. 4. Aug. 1879) in den Antheridien von Aphanomyces laevis beschreibt, den Gebilden, die ich hier meine, verwandt. Ich hatte seitdem noch nicht Gelegenheit, sie zu vergleichen. deBary erwähnt sie bei Aphanomyces scaber nicht; ich vermuthe, daß unter den Ab- schnitten, die Schmitz hier vorübergehend erwähnt, die Bildungen verborgen sind, die ich im Auge habe. der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 185 ‘zelne differente Körperchen in ihrer homogenen Substanz zeigen, und sie liegen, bevor sie sich förmlich individualisirt haben, gleich- sam wie Kerne in den Ecken der Maschen, welche das Protoplasma- netz hier oft bildet (Taf. XIX Fig. 13, 14). Ihre normale Ausbildung und ihre völlige Individualisirung und Sonderung vom übrigen Proto- plasma scheinen sie erst zu erreichen, wenn die Antheridien schon Befruchtungsschläuche in die Oogonien hineingetrieben haben (Taf. XIX Fig. 2a, b, e; Fig. 11a). Vorher erscheinen sie wenig- stens gewöhnlich noch nicht vom übrigen Protoplasma durchweg scharf gesondert. Auf der genannten späteren Entwicklungsstufe der Antheridien aber wird man dies Gebilde, wenn man erst auf sie aufmerksam seworden ist, leicht auffinden, und es läßt sich mit voller Deut- lichkeit beobachten, daß sie nicht nur amöboide Be- wegungen ausführen, sondern auch äußerst langsam von Ort zuÖrtin den Antheridien und Befruchtungs- schläuchen hin und her wandern, namentlich aber auch indiekurzen Zweigeder Befruchtungsschläuche eintreten, welche an die ÖOosphaeren anwachsen BER Kia Ile! aa, 18101823). Diese Körper erinnern in ihrer Beschaffenheit und ihrer Be- wegung sofort an die Spermatozoiden, welche Cornu bei Mono- blepharis beschreibt !') und dort mit den Oosphaeren sich direct ver- einigen sah. Wie diese Bildungen bei Achlya und Saprolegnia aus den Be- fruchtungsschläuchen austreten, dies kann man nun direct an den merkwürdigen freien Befruchtungsschläuchen beobachten, die ich bei Achlya racemosa schon vor Jahren beschrieben habe ?). Man gewinnt so eine Vorstellung über den Vorgang, der sich bei Achlya und Saprolegnia an den Verwachsungsstellen zwischen Befruchtungsschlauch und Oosphaere so geheimnißvoll abspielt. Bei allen Formen, die zu Achlya racemosa und lignicola ge- hören, entstehen derartige freie oder äußere Befruchtungs- schläuche, wie ich sie genannt habe, regelmäßig. Sie treten aus der Rückenfläche der Antheridien, welche der Oogoniummembran nicht angeschmiegt ist, hervor, und wachsen, anstatt in das Oogo- 1) Ann. d. sc. nat. 5. serie . XV. S. 82 u. £. 2) Jahrb. f. w. Bot. Bd. IX. S. 215 u. f. Taf. XIX. Fig. 2, 3. 186 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact nium hinein, frei in die umgebende Flüssigkeit. Sie können aber auch an anderen Stellen der Antheridien entstehen, z. B. an secun- dären Antheridien der männlichen Aeste (Taf. XIX Fig. 29 b), die sich oft unter dem End-Antheridium noch ausbilden !). Auch bei anderen Achlyen sowohl als Saprolegnien finden sie sich (Taf. XIX Fig. 2b), wenn auch hier nur äußerst selten und fast nur ausnahmsweise. In ihrer Entwicklung stimmen diese freien Befruchtungs- schläuche völlig überein mit den inneren, in die Oogonien hinein- wachsenden. Sie sind Fortsätze der innersten Schicht der An- theridienwand, welche unter Durchbrechung der äußeren Schichten bruchsackartig hervortritt und zu jenen Schläuchen auswächst (Taf. XIX Fig. 16a, 31a, a, 15, 17, 18—20, 21—28 u. s. w. Sie verhalten sich nur insofern etwas abweichend, als sie meist unregelmäßigere Formen annehmen, d. h. nicht immer so regel- mäßig eylindrische Schläuche bilden, wie die inneren Befruchtungs- schläuche. Sonst verhalten sie sich aber diesen völlig gleich. Namentlich sah ich sie nie zu längeren Aesten auswachsen, son- dern, nachdem sie die geringe, ihnen zukommende Länge erreicht haben, die ungefähr der der inneren Befruchtungsschläuche gleich- kommt, wird ihr Wachsthum sistirt und ist für immer beendet. Sie gehen später auch unter den. gleich zu beschreibenden Er- scheinungen zu Grunde; ganz so, wie die inneren Befruchtungs- schläuche, nachdem diese die Befruchtung vollzogen haben. Auch in diesen äußeren oder freien Befruchtungsschläuchen findet man nun die vorher erwähnten amöboiden Bildungen, die ich in ihrer physiologischen Function und Bewegung als „Sperm- amöben“ bezeichnen will (Taf. XIX Fig. 18—23). Sie entstehen theils hier direct, theils wandern sie aus dem Antheridium ein. Mit ihrer trägen Bewegung gelangen sie an die Spitze des Schlauches, oder an eine seitliche, einem kurzen Zweige entspre- chende Ausbuchtung desselben (Taf. XIX Fig. 18, 19, 21—23). Hier sammelt sich dann gewöhnlich mehr oder weniger von dem Proto- plasma des Schlauches um sie an, oder vielmehr sie nehmen dasselbeinsich auf (Taf. XIX Fig. 15,26), und nun sieht man im Laufe mehrerer Stunden die Spermamöbe allein, oder in Ver- bindung mit dem aufgenommenen Plasma, in einer schwer zu be- 1) Man vergl. auch den oben angeführten Aufsatz in den Jahrbüchern. Bd. IX, S, 215 u. 216. der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 187 schreibenden Weise aus dem Schlauche hervortreten (Taf. XIX Fig. 23, 27, 28). Nicht so, wie die Schwärmsporen der Chytridien und ähn- licher Zellenparasiten durch die Zellmembran einwandern, auch nicht so, wie farblose Blutzellen durch die Gefäßwände hindurchtreten ; sondern das ganze in der Ausbuchtung oder Spitze des Schlauches befindliche Plasma wird hier gleichsam, als wäre es eine zähflüssige Masse, durch die Membran des Schlauches hindurchgedrückt (Taf. XIX Fig. 15, 27, 28), wobei die Membran selbst zwar meist sichtlich eine Auflockerung oder gallertartige Quellung erleidet, aber doch in ihren Umrissen wesentlich erhalten bleibt. In den Zwischenstadien des Vorganges sieht man den sich hervordrängenden protoplasmatischen Inhalt theils noch innerhalb, theils schon außerhalb des Schlauches und die Membran desselben erscheint an dieser Stelle undeutlich und verwischt, gerade so, wie sie gewöhnlich auch während des Befruchtungsactes an der Ver- wachsungsstelle zwischen Schlauch und Oosphaere zu erscheinen pflest (Taf. XIX Fig. 4, 9 u. s. w.). Nach dem Austritt erscheint der Schlauch hinter der ausge- tretenen Masse wieder geschlossen (Taf. XIX Fig. 235, 28); allein seine Begrenzungswand erscheint etwas zurückgetreten und der Schlauch erscheint kürzer als früher, so daß man den Eindruck ge- winnt, als ob die ganze mit Plasma erfüllte Spitze sich abgelöst und der Schlauch sich wieder geschlossen hätte. Zudem erfolgt häufig der Austritt auch nur unvollkommen und der Durchtritt des Proto- plasma wird noch vor seiner Vollendung gestört. Der Austritt aus den freien Befruchtungsschläuchen kann endlich auch beijedem Ent- wicklungsstadium derselben, z. B. schon beiihrem beginnenden Hervor- brechen aus dem Antheridium, wie bei a Fig. 16 Taf. XIX, erfolgen. Die ausgetretene Masse selbst endlich, sei sie eine einzelne Spermamöbe gewesen, wie in Taf. XIX Fig. 22, oder eine größere, mit derselben verbundene Protoplasma-Ansammlung, wie in Taf. XIX Fig. 28, bleibt regelmäßig an der Stelle, wo sie hervortrat, liegen und seht hier ohne jede weitere Entwicklungserscheinung zu Grunde !!). 1) Schon früher habe ich diesen Austritt des Plasma aus den freien Be- fruchtungsschläuchen gesehen und beschrieben (Jahrb. f. wiss, Bot. IX. S. 215 — 216), aber die histologischen Details des Vorganges nicht so genau verfolgen können. Es erschien mir damals. als ob der Austritt einen mehr plötzlichen Charakter hätte und stoßweise, aber nicht so langsam, erfolge. Namentlich habe 188 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Dies Verhalten erleichtert die Deutung der beobachteten Bil- dungen und zerstreut die letzten Bedenken, welche über ihren Werth noch aufsteigen können. Der Verdacht liegt ja hier, wie in ähnlichen Fällen, nahe, daß die beschriebenen Spermamöben vielleicht nicht zur Pflanze ge- hören, sondern irgendwie auf unbeachteten Wegen eingedrungene Parasiten sind. Dagegen sprechen nun alle Erscheinungen, die ihr Auftreten und ihr Verhalten begleiten. Vor Allem, daß sie nach keiner Seite irgend eine Spur von Entwicklung zeigen. Auch bei der sorgfältigsten Prüfung findet man die Bildungen, ‚von denen hier die Rede ist, an keiner anderen Stelle der Pflanze, als in den Antheridien und Befruchtungsschläuchen. Auch hier fällt ihre Entstehung erst mit der Zeit der Befruchtungsreife der Oosphaeren zusammen. Wären sie trotz alledem eingedrungene Parasiten, so müßten sie in den Zellen, in welchen sie gefunden werden, doch irgend welche Entwicklungsstadien durchlaufen, Wachsthumserscheinungen zeigen, oder Ruhezustände, oder Vermehrungs- oder Reproductions- organe bilden u. s. w. Von Alledem findet sich hier keine Spur. Sollten sie etwa, wofür unter Ento-Cellularparasiten mir kein Beispiel bekannt ist, bestimmt sein, in der unvollkommenen Form, in der sie eintraten, aus der Nährzelle wieder auszutreten, so müßte man erwarten, daß sie ihre ferneren Entwicklungsstadien nach dem Austritt aus den Schläuchen beginnen. Aber der Nachweis ist leicht, daß sie nach dem Austritt jedesmal unmittelbar vor der Austrittsstelle ohne jede weitere Entwicklung unfehlbar zu Grunde gehen, falls sie nicht etwa, wenn der Austritt im Inneren eines Oogonium erfolgt, auf eine zu befruchtende Oosphaere stoßen. So leicht daher auch bei diesen schwierigen und die Geduld der Geduldigsten erschöpfenden Beobachtungen ein Uebersehen eines wesentlichen Punktes, oder ein Irrthum sich einschleichen kann, so zweifle ich doch nicht, daß jeder sorgfältige Beobachter aus dem Zusammenhange aller Erscheinungen zu denselben Schlüssen gelangen wird, wie ich selbst. Auch über den Werth der freien Befruchtungsschläuche kann kein Zweifel sein. Sie sind, dies zeigt die unmittelbare Beobach- ich damals die Spermamöben nicht aufgefunden, oder vielmehr übersehen. Hierin unterscheidet sich meine gegenwärtige Darstellung des Vorganges von de früheren, schon vor 9 Jahren gegebenen. der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 189 tung, den inneren Befruchtungsschläuchen gleichwerthige Bil- dungen. Ihre Wand obliterirt später nach dem Austritt der Spermamöben gerade so wie die Wände der inneren Befruchtungs- schläuche nach der Befruchtung zu Grunde gehen. Man findet schließlich an ihrer Stelle nur noch der völligen Zerstörung an- heimfallende Reste ihres früheren protoplasmatischen Inhaltes und sieht daher zuletzt die Antheridien nur noch mit der seitlichen Oeffnung versehen, aus welcher der Befruchtungsschlauch hervor- getreten war, und vor der nun nur Rückstände des unverbrauchten Protoplasma befindlich sind (Taf. XIX Fig. 30). Solche Zustände sind schon in meinem älteren Aufsatze Jahrb. f. wiss. Bot. IX. Taf. XIX abgebildet. Die an den äußeren Befruchtungsschläuchen beobachteten Er- scheinungen lassen sich nun offenbar mit voller Berechtigung auf die inneren Befruchtungsschläuche und ihre Verwachsungsstelle mit den Oosphaeren übertragen; um so mehr, als ich hinzufügen kann, daß ich bei Achlya polyandra in einigen Fällen den gleichen Vorgang des Plasmaaustrittes auch im Inneren der Oogonien be- obachtet habe, und zwar hier an den blinden Endigungen solcher Zweige der inneren Befruchtungsschläuche, die keine Oosphaere erreicht hatten — wie etwa bei a Fig. S Taf. XIX. Man darf daher an- nehmen, daß auch an der normalen Verwachsunsgsstelle der Schläuche mit den Oosphaeren — a Fig. 4 u. 9 Taf. XIX — die Spermamöbe und das begleitende oder aufgenommene Plasma die Membran des Schlauches in derselben Weise durchdringt, um dann mit der Oosphaere zu verschmelzen. Hierdurch wird vielleicht auch jene feste Ver- bindung hervorgerufen, die später zwischen beiden besteht. In einzelnen Fällen glaube ich sogar an der Verwachsungs- stelle selbst diesen Uebertritt gesehen zu haben, doch gestehe ich gern, daß die Beobachtung hier in so seltenen Fällen gelingt und unter so ungünstigen Umständen erfolgt, daß es schwer wird, ob- jeetive Wahrnehmung und subjective Auffassung mit absoluter Bestimmtheit zu unterscheiden. Allein die sicher constatirten Thatsachen genügen, wie ich meine, zur richtigen Deutung des Vorganges. Ferner erklären sie auch die in ihrem Verständnis noch dunkel gebliebenen Erscheinungen, die mir und Anderen wiederholt aufgefallen sind. Namentlich und vor Allem das schon besprochene Auftreten von Plasmabestandtheilen, die aus den Be- fruchtungsschläuchen herrühren, frei in der Nähe der Oosphaeren, 190 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Da das Protoplasma, wie ich oben beschrieb, auch im Inneren der Oogonien aus den blinden Endigungen der Befruchtungsschläuche in der geschilderten Weise hervortreten kann, so mag der Vor- gang vielleicht häufiger auch zwischen dem Haufen der Oosphaeren an solchen Schlauchspitzen eintreten, die keine Oosphaeren erreichen. So können dann plötzlich in dem Raume neben den Oosphaeren zerstreute Plasmabestandtheile aus den Schläuchen sichtbar werden, die vorher nicht da waren und die auch nicht Bildungsreste des ursprünglichen Protoplasma der Oogonien sind. Um endlich Deutung und Beobachtung so viel als möglich zu trennen, will ich, bevor ich weitere Schlüsse aus dem Gesehenen ziehe, hier zunächst noch diejenigen neuen Thatsachen, auf welche ich hier aufmerksam mache und über welche kein Zweifel sein kann, wiederholen. Diese sind: 1) Man findet constant bei den Arten der Gattung Achlya eine feste, untrennbare Verwachsung zwischen Be- fruchtungsschlauch und Oosphaere (Taf. XIX Fig. 3, 4, 9, 10). Bei Achlya prolifera ist diese Verwachsungsstelle an der Oosphaere zu einer vorspringenden Papille gestaltet, an welcher sich die Membran der Oosphaere erst zuletzt bildet, erst nachdem sie an der übrigen Peripherie der- selben bereits früher schon als eine durch Reagentien ab- hebbare Membran erkennbar ist. 3) Sowohl bei Achlya polyandra, als bei Achlya racemosa und lignicola treten zur Zeit der Befruchtungsperiode im Proto- plasma der Antheridien regelmäßig erst ungenauer begrenzte, dann deutlicher individualisirtte Plasmabildungen mit amöboider Bewegung — dieSpermamöben — auf. Diese wandern in die Befruchtungsschläuche hinein. 4) Die Spermamöben besitzen die Fähigkeit allein für sich oder mit Fortreißung und unter Aufnahme von Schlauchplasma, welches sie in sich oder um sich ansammeln, durch dieMembran des Schlauches hindurchzu- treten, ohne daß in dieser ein deutlicher oder offener Communicationscanal sichtbar wird. 5) Das Austreten der Spermamöben und des Plasma erfolgt an den blinden Enden der Befruchtungsschläuche. Ich sah dasselbe sowohl an den freien, äußeren Befruchtungs- 2 Se der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 191 schläuchen bei Achlya racemosa und lignicola, als auch an den inneren Befruchtungsschläuchen der Achlya poly- andra, die normal ins Innere der Oogonien hineinwachsen. 6) Die ausgetretenen Spermamöben und Protoplasma- massen bleiben dort, wo sie ausgetreten sind, liegen und gehen hier ohne Weiterentwicklung zuGrunde. Der normale Befruchtungsact von Achlya und auch von Sa- prolegnia — denn nach dem, was ich von Saprolegnia weiß, zweifle ich nicht, die beobachteten Erscheinungen auch auf Saprolegnia aus- zudehnen — würde sich demnach wie folgt gestalten: Ein mit amöboider Bewegung ausgestattetes, in- dividualisirtes Plasmagebilde, welches hier die Function des Samenkörpers besitzt, durchdringt plasmodienartig die Membran des mit der nackten Oosphaere an einer vorgebildeten Stelle copulirten Befruchtungsschlauches und vereinigt sich so un- mittelbar mit der Oosphaere. Dieser nach mehreren Richtungen hin bemerkenswerthe Be- fruchtungsact schließt sich so sehr an den von Monoblepharis an, daß dieser geradezu als das nächste Entwicklungsglied der Reihe erscheint. Die träg-bewegliche Spermamöbe, welche bei Achlya noch in geschlossenen Befruchtungsschläuchen zur Oosphaere geleitet wird, wird bei Momoblepharis mit Unterdrückung des leitenden Befruch- tungsschlauches zum freien, selbständigen Spermatozoid, welches in der Gestalt kaum noch von der Spermamöbe abweicht, aber schon eine Cilie besitzt und ein selbständigeres Dasein führt. Für an- dere Gattungen der Saprolegnieen und Peronosporeen darf man die Existenz der Spermamöben mindestens supponiren, die Beobach- tungen von Schmitz an Aphanomyces, die ich oben bereits an- führte, geben hierüber schon wenigstens eine Andeutung. Systematisch scheint nun kein Grund vorhanden, die Familie der Saprolegnieen in dem Umfange, in dem ich sie früher gefaßt habe, zu zerreißen und Pythium von derselben auszuschließen. Ein Streit hierüber wäre für die vorliegende biologische Aufgabe ziemlich unfruchtbar. Ich selbst trage jetzt kein Bedenken mehr, auch Monoblepharıs in den Kreis der Saprolegnieen hinein zu ziehen. Es würde dann in derselben Familie — jedenfalls in dem Umfange desselben Zeugungstypus — von Pythium an aufwärts 192 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsaet bis zu Monoblepharis schon eine fortlaufende Entwicklungsreihe in der Ausbildung der Samenelemente vorliegen, die sich wesent- lich vielleicht nur durch die größere Individualisierung und Beweg- lichkeit der Spermamöben unterscheiden möchte. In dieser Reihe bilden die Gattungen Saprolegnia und Achlya nicht, wie de Bary will, Beispiele einer bis zum Funetionsverlust gesteigerten Degradation der Zeugungsorgane, vielmehr, wie ich glaube, die zur Zeugung durch freie, selbständige Spermatozoiden ansteigenden Uebergänge. Die parthenogenetischen Formen in dieser Familie können aber über den Geschlechtsact der sexuellen Formen Nichts aussagen; sie verhalten sich auch hier zu den sexuellen nicht anders, wie in anderen Fällen. Auf das gleiche Verhältniß bei Chara crinita habe ich bereits hinge- wiesen. 11I. Ueber empirischen Nachweis von Sexualität und Apogamie. Die Existenz rein weiblicher Formen mag, wenn man will, mit einer hypothetischen Vorstellung von Apogamie in Zusammen- hang gebracht werden, sie läßt aber auch andere Deutungen zu. Die theoretische Würdigung der Erscheinungen, die hier in Frage kommen, gehört, wie mir scheinen will, überhaupt vor der Hand noch in jene dunklen Gebiete der Sexualitäts-Lehre, in welcher die speculative Naturwissenschaft noch das Wort führt, die empirische Forschung aber kritisch und skeptisch bei Seite steht. Daß es zahlreiche geschlechtslose Individuen und Generationen giebt, ist gewiß. Ob hieraus schon die Apogamie von Arten und ganzer Classen von Organismen folgt, darf mit Recht bezweifelt werden. Die durch eine beschränkte Anzahl von Generationen be- obachtete Geschlechtslosigkeit eines Organismus, der ja vielleicht auf ungeschlechtlichem Wege in begrenzter Zeit sich fortpflanzen kann, ist nicht einmal ein Beweis des Geschlechts-Mangels, um wie viel weniger ein Beweis des Geschlechts- Verlustes. Das Geschlecht könnte ja durch Entwicklungsbedingungen, die wir bei der absoluten Unkenntniß von der wahren Bedeutung des Ge- schlechtes, in der wir uns befinden, gar nicht übersehen, in: zahl- reichen Generationen nur vorübergehend unterdrückt sein; EEE SET der Gattungen Achlya und Saprolegmia. 193 wie dies ja entschieden eine Unzahl von Beispielen in der Natur täglich erweisen. Es könnte ferner ein geschlechtsloser Organismus, selbst wenn schon mit Sicherheit entschieden wäre, daß er unter keinen Umständen Sexualität zeigt, die Sexualität vielleicht noch gar nicht erreicht haben. Phylogenetisch lassen sich Rückbildungen kaum von Entwicklungsstufen unterscheiden. Zur Behauptung eines eingetretenen Geschlechts-V erlustes gehört doch der empirische Nachweis, daß das Geschlecht einst da war. Diesen Beweis, worauf es eben ankommt, für den besonderen Fall, um den es sich handelt, auch empirisch zu führen, dürfte schwer sein, wenn man sich nicht mit mehr- deutigen vergleichenden Betrachtungen über ver- wandte Organismen, die ein Geschlecht besitzen, begnügen will. Doch ist es nicht meine Absicht, hier noch weiter in die mehr theoretisirenden und noch controversen Gebiete der Sexualität ein- zudringen. Es genügt mir gezeigt zu haben, daß die Saprolegnieen kein glücklich gewähl- tes empirisches Beispiel für die Existenz und die Entstehung der Apogamie sind. Andere Consequenzen für die Sexualitätslehre liegen bei der Beurtheilung der Sexualitätserscheinungen der Saprolegnieen näher, und diese mögen hier noch ihre Besprechung finden. Die materielle Vereinigung der Zeugungsstoffe ist un- bedingt ein nothwendiges und auch, wo sie direct beobachtet werden kann, ein characteristisches Merkmal des sich vollziehen- den Befruchtungsactes. Schon die physiologischen Erfahrungen sprechen ja im Großen für die materielle Betheiligung des männ- lichen Samenelementes am Zeugungsacte. Die Botanik darf sogar für sich in Anspruch nehmen, daß diese für das Verständniß der Zeugung so wichtige Thatsache zuerst durch die histologischen Untersuchungen des Zeugungsactes der niederen Gewächse wissen- schaftlich außer allen Zweifel gestellt worden ist, und ich selbst darf daran erinnern, daß ich schon in meinen ersten Abhandlungen über die Befruchtung der Algen für die Theorie der „materiellen Vereinigung‘ der Sexualelemente im Zeugungsacte mit Entschieden- heit eingetreten bin und dieselbe dort durch die ersten unzwei- deutigen Beobachtungen des Actes auch als thatsächlich richtig erwiesen habe. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, I. 13 194 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Dennoch fand ich, wie bekannt, nicht sogleich allgemeine Zu- stimmung bei den Morphologen. Selbst so hervorragende Forscher auf dem Gebiete der Zeugungslehre, wie Hofmeister, Thuret, Cohn vertraten damals zum Theil noch die alte Aristotelische Contact-Theorie der Zeugung, wonach nur eine dynamische Einwirkung des männlichen Samens bestehen sollte !). Gegenwärtig, nach den zahlreichen übereinstimmenden Be- obachtungen, welche wir über die histologischen Vorgänge beim Befruchtungsacte besitzen, wird ein Zweifel über den materiellen Antheil der männlichen Samenelemente an dem Producte der Zeugung wohl nicht mehr aufkommen können. Daß daneben, wie es einige neuere Morphologen auf zoologi- schem Gebiete wollen’), noch eine besondere Reiz- oder Contact- wirkung des männlichen Samens auf das Ei bestehen solle, scheint mir eine überflüssige Annahme, da in den vorhandenen Beobach- tungen nirgend ein zwingender Grund für dieselbe vorliegt. Alle Erscheinungen der Bewegung, des Wachsthums und der Entwicklung, die wir als Folgen der Befruchtung auffassen, er- klären sich zur Genüge aus Wirkungen der Kräfte, die dem Stoffe anhaften, welcher bei der Vereinigung der Sexualproducte von der männlichen Geschlechtszelle an die weibliche abgegeben wird. Was wir mit Sicherheit wissen, ist nur, daß ein solcher Stoff — ein Product der männlichen Sexualorgane — in das Ei, oder die stellvertretende weibliche Geschlechtszelle körperlich aufge- nommen werden muß, und es ist Aufgabe der histologischen Forschung, in jedem einzelnen Falle diesen Uebergang auch sicht- bar darzulegen. In den zahlreichen Fällen, in welchen die Sexualproducte als Samenkörper und Ei zusammentreten, oder als plasmatische In- haltsparthien der Sexualzellen unmittelbar zusammenfließen, ist dieser Uebergang bekanntlich entweder direct zu sehen oder doch unschwer zu beurtheilen. Dagegen hat man über denselben bisher nichts Sicheres oder Entscheidendes in allen den Fällen copula- 1) Man vergleiche hierüber meine Schrift „Zur Kritik und Geschichte der Untersuchungen über das Algengeschlecht“, Berlin bei Hirschwald 1856, S. 65 u. f.; besonders den Nachtrag zu dieser Schrift in meinen Jahrbüchern f. wiss. Bot. Bd. II (1860) S. 474—476, die Anmerkung unter dem Text. 2) Vergl. Hensen, Physiologie der Zeugung, Leipzig 1881, S. 238 u. f in: Handbuch der Physiologie von Hermann. der Gattungen Achlya und Suprolegnua. 195 tiver Befruchtung constatiren können, in welchen, wie bei Phanerogamen, Gymnospermen, Florideen, Pilzen der Uebergang des männlichen Samenelements in die weibliche Zelle durch ge- schlossene Membranen hindurch stattfinden muß. Es herrschen hierüber nur mehr oder weniger wahrschein- liche Muthmaßungen. Es wäre nun schon an sich nicht absolut undenkbar, daß hier der männliche Zeugungsstoff in flüssiger Form, im Zellsaft gelöst und optisch nicht unterscheidbar, die trennende Membran durchdringt. Ließe sich solch ein flüssiger Zeugungsstoff in einzelnen Fällen überzeugend nachweisen, so wäre die Schwierigkeit ge- hoben, und schon dieser Möglichkeit gegenüber sollte man in der Negirung der Function copulirender Zellen vorsichtig sein. Mir selbst erscheint allerdings diese Möglichkeit sehr fern zu liegen. In Uebereinstimmung mit allen Erfahrungen über den Sitz der biologischen Functionen in der Zelle muß man, wie ich glaube, auch die sexuelle Function ausschließlich für das Proto- plasma in Anspruch nehmen, und unter dieser Voraussetzung, von welcher wohl die meisten Morphologen ausgehen werden, erscheint allerdings für die genannten Fälle copulativer Befruch- tung in dem Vorhandensein geschlossener Membranen noch ein Hinderniß für den Uebertritt der männlichen Zeugungsstofie zu bestehen. Nun liegen aber schon verschiedene Andeutungen und Er- fahrungen über den Durchtritt plasmatischer Substanz durch ge- schlossene Zellwände vor. Neuerdings hat auch Cornu bei der Beobachtung der Macroconidienbildung einer Neciria auf einen solchen Fall hingewiesen, der sogar außerhalb der Sexualitätsphäre zu liegen scheint. Er geht so weit, daraus zu schließen, daß dem Plasma, als solchem, ganz allgemein die Fähigkeit zukommen möchte, durch geschlossene Zellwände zu wandern. Er sagt !): „Dans le Nectria tout se passe comme si le plasma avait emigre des divers articles de la spore primitive, traversant cing cloisons, jusqu’a la spore nouvelle et si tout le contenu avait et& employe a la former. Quelle que soit liinterpretation qu’on lui donne, le fait n’en 1) Comptes rendus 1877. T. LXXXIV. p. 133—135. 13* 196 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact reste pas moins acquis. Une substance colloide telle que le plasma parait done cheminer ä travers une membrane close, mais vivante, a la faveur des phenomenes compliques de la vie, d’une maniere contraire en apparence aux lois de l’endosmose.“ Er fügt hier noch hinzu, daß derselbe Vorgang vielleicht auch bei der Befruchtung der Phanerogamen stattfinden möchte, wie dies bereits lange früher, worauf ich noch zurückkommen werde, auch schon Schacht ausgesprochen hatte. In dem vorliegenden Befruchtungsacte von Achlya kann man den Uebertritt von Protoplasma durch geschlossene Wände direct sehen, zugleich beobachten, daß er sich mit Hülfe von amöben- artigen Wesen vollzieht und daß sichtbare Wege — wenigstens mit unseren gegenwärtigen Mitteln sichtbare — in der Membran nicht zurückbleiben. Es ist daher durchaus nicht unumgänglich nöthig, bei copu- lirenden Zellen nach einem offenen Communicationscanal für den Uebertritt des befruchtenden Protoplasma zu suchen. Keineswegs aber erscheint es geboten oder er- laubt, wo offene Communication fehlt, kurzweg die Sexualität zu läugnen. Dieser auf rein negativ-empirischem Boden fußende Standpunkt ist deshalb nicht haltbar, weil er von der meist täuschenden Vor- stellung ausgeht, daß die bekannten Processe in dem Erscheinungs- gebiete, dem sie angehören, schon die vorhandene Mannigfaltigkeit der Natur erschöpfen. Gerade die Sexualitätslehre liefert instructive Beispiele vom Gegentheil. Die Behauptung, daß ein Organismus keine Sexuali- tät besitzt, weil die bereits bekannten Zeugungsvorgänge bei demselben nicht eintreten, ist schon mehrfach durch die Auffindung neuer Zeugungsformen widerlegt worden. Denn Form und Wege der Zeugungsstoffe und der Ort ihres Auftretens haben schon wiederholt zu unerwarteten und überraschenden Erkenntnissen ge- führt. Wer hat vor seiner Entdeckung an einen Befruchtungsact nach Art der Florideen gedacht, oder die Paarung von Schwärm- sporen vermuthet, bevor sie gesehen war! Von dem bezeichneten negativen Standpunkt aus wäre es z.B. vor der Entdeckung der Florideenbefruchtung leicht gewesen — und ist auch versucht worden — den Beweis zu führen, daß die Florideen geschlechtslos und ihre Spermatozoiden degene- der Gattungen Achlya und Saprolegnio. 197 rirte Organe sind. Es war nur nöthig, zu zeigen, daß nicht die Kapselsporen und nicht die Tetrasporen von den Spermatozoi- den befruchtet werden. Die Homologie der Organe mit allen ihr anhängenden Zweifeln scheint mir daher in unsicheren Fällen noch immer mehr positiven Werth zu besitzen, als eine bloß negative Beobachtung, und die Voraussetzung eines Befruchtungsactes wird deshalb bei augen- scheinlich zweckmäßigen, auf die Fructificationsvorgänge bezüglichen Copulationserscheinungen auch in solchen Fällen nicht abzuweisen sein, in welchen die unmittelbare Beobachtung nicht sogleich die materiellen Substrate unterscheiden läßt, welche die sexuelle Ver- einigung eingehen. Hierin besteht allerdings gegenwärtig noch eine wesentliche Lücke in den histologischen Beobachtungen der Zeugungsvorgänge bei Pilzen, Florideen, Gymnospermen und Phanerogamen. Die Erscheinungen bei Achlya können dazu beitragen, diese Lücke auszufüllen. Jedenfalls steht, so viel darf man mit Sicherheit behaupten, der bemerkenswerthe Vorgang bei Achlya gewiß nicht isolirt da, und man darf wohl die Vermuthung aussprechen, daß auch in anderen Fällen die protoplasmatische Ueberführung durch geschlossene Membranen, dort wo sie in der Zeugung vorausge- setzt werden muß, nicht als formloses Protoplasma geschieht, sondern an die Gestaltung derselben zu Spermamöben oder ähn- lichen plasmodien-artigen Sexualelementen gebunden ist!). Mehr als eine Andeutung und ein Fingerzeig für weitere Untersuchungen kann diese Vermuthung vor der Hand nicht sein. Daß aber z. B. bei Florideen nothwendig eine Fortführung des Zeugungsstoffes durch geschlossene Zellen stattfinden muß, habe ich schon 1877 mit Bezug auf meine Auffassung des Generations- 1) Daß unbewegliche Samenkörper und solche mit amöboiden Be- wegungen auch bei Thieren (Crustaceen, Nematoden) vorkommen, ist bekannt. Es verdient aber besondere Erwähnung, daß Schneider (Monographie der Nematoden, Berlinn 1866, S. 279) gezeigt hat, daß unbewegliche Spermatozoiden der Nematoden ihre amöboiden Bewegungen erst im Uterus annehmen. Es erinnert dies offenbar an die Erscheinung bei Achlya, wo die Spermatozoiden erst vor der Befruchtung bewegungsfähig zu werden scheinen. Sollte dies all- gemeiner der Fall sein, so läge hierin ein Wink, unbewegliche Samenkörper, deren Existenz ja auch bei den Pflanzen denkbar ist, leichter aufzufinden und als solche zu erkennen. 198 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact wechsels der Florideen nachgewiesen !). Nimmt man, wie ich es für wahrscheinlich halte, an, daß hier und bei Ascomyceten ähn- liche distincte Sexualelemente im Copulationsacte mitwirken, so verliert auch die Abweichung der Flechten von den Ascomyceten im Befruchtungsacte ihren störendsten Character, und es erscheint in diesem Punkte wenigstens die Einheit der Ascomyceten wieder hergestellt. IV. Zum Befruchtungsvorgang der Phanerogamen. Abgesehen nun von den berührten thallophytischen Befruchtungs- vorgängen liegt aber, wie ich hier noch etwas ausführlicher dar- legen möchte, die Existenz von Spermamöben namentlich beim Befruchtungsacte der Gymnospermen und Phanerogamen äußerst nahe. ı Hierbei leitet mich zunächst die Analogie und die homologe Ausbildung der Pollenschläuche mit den Befruchtungsschläuchen der Saprolegnieen. Die morphologische und physiologische Ver- wandtschaft dieser Bildungen ist ja, wie ich mehrfach hervorge- hoben habe, gar nicht zu verkennen. Daß sie in beiden Fällen die leitenden Organe der männlichen Zeugungsstoffe sind, ist zweifellos. Auch die Art, wie sie die Eier aufsuchen und wie z. B. bei Cupressineen der Pollenschlauch bei der Mehrzahl der Archegonien an jedes Ei besondere, kleine Auszackungen absendet, erinnert offenbar an die Verzweigungen der Schläuche und die Bildung der Schlauchspitzen für jedes Ei bei Saprolegnia und Achlya. Diese äußeren Aehnlichkeiten bedürfen keine weitere Aus- führung. Allein auch darin herrscht in beiden Fällen Ueberein- stimmung, daß bei augenscheinlicher copulativer Befruchtungs- form, wie sie in der Verwachsung der Schlauchspitze mit den weiblichen Sexualzellen gegeben ist, diese selbst schon deutlichere Eiform annehmen, die ja sonst erst den Zeugungsformen eigen- thümlich ist, bei welchen auch deutliche Spermatozoiden mitwirken. Man darf daher diesen durch die Befruchtungsschläuche characteri- sirten Befruchtungstypus als eine Mittelbildung oder Uebergangs- 1) Jahrb. f. wiss. Bot. XI. S. 13—15. der Gattungen Achlya und Saprolegnza. 199 stufe zwischen Copulation und Zeugung vermittelst freier Spermato- zoiden und Eier anffassen. Der dunkle Punkt im Befruchtungsacte der Phanerogamen und Gymnospermen, der durch direecte Beobachtung noch nicht aufge- klärt ist, ist die Art, wie der männliche Zeugungsstoff aus dem Pollenschlauche austritt. Hier wie dort bei den Saprolegnieen fand die Beobachtung an der Verwachsungsstelle zwischen Schlauchspitze und weiblicher Zelle ihre Grenze. Schon 1856 habe ich es für undenkbar erklärt !), daß die. sexuelle Function bei den Phanerogamen von einer durch die Membran des Pollen- schlauches durchschwitzbaren Flüssigkeit ausgeübt werde. Eine klare, unzweideutige Darstellung über den eigentlichen Verlauf des Vorganges, der hier stattfindet, findet sich auch jetzt noch in der betreffenden Literatur nicht. Strasburger, der befähigste und unverdrossenste Beobachter desselben, war früher mit Hofmeister und Anderen zu der An- nahme geneigt, daß der Austritt der Zeugungsstoffe hier auf di- somotischem Wege erfolge?). Gegenwärtig hält er es — wie es scheint im Anschluß an Cornu — für wahrscheinlich ?), „daß das Protoplasma nicht auf diosmotischem Wege, sondern direct die Membran des Pollenschlauches und respective auch des Embryo- sackes passirt.“ Er sagt hierüber noch: „Der Gedanke eines di- somotischen Substanz-Austausches ist hier schlechterdings, wenn man den Vorgang an so vielen Objecten studirt hat, kaum noch zu fassen. Dieselbe Kraft aber, welche das ganze Protoplasma während des Wachsthums der Schläuche nach deren Spitze ge- trieben hat, wird nun auch das Fortschreiten des Protoplasma in der Richtung des Embryosackes veranlassen. Geformte Inhalts- körper müssen freilich gelöst werden, bevor das Plasma die Mem- branen passirt, es dürfte als homogene zähflüssige Masse durch dieselbe gehen. Dabei ist nicht zu vergessen, daß es meist nur zarte und jedenfalls gequollene Zellwände sind, die durchsetzt werden.“ 1) Zur Kritik und Geschichte der Untersuchungen über das Algengeschlecht. Berlin 1856. S. 72. 2) Zellbildung und Zelltheilung, erste Auflage 1876. S. 295. „Der Inhalt des Pollenschlauches dringt jedenfalls in gelöster Form in das Ei ein.“ 3) Ueber Befruchtung und Zelltheilung. 1878. S. 58. Ueber die Rolle, die hierbei die Kernsubstanz spielen soll, weiter unten, 200 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Mit gleicher Entschiedenheit hat sich in einem seiner letzten Aufsätze über Befruchtung schon im Jahre 1865 der oft verkannte Schacht gegen einen diosmotischen Durchtritt der Zeugungsstoffe ausgesprochen und eine Ansicht geäußert, die ich hier reproducire, weil sie der gegenwärtigen Darstellung des Vorganges am nächsten kommt. Er erklärt dort!): „Es wird mir überdies bei der Auf- lockerung der Pollenschlauchmembran und ihrer festen Verbindung mit dem Fadenapparat wahrscheinlich, daß die Vermischung des Pollenschlauchinhaltes mit dem Inhalte der Protoplasmakugel nicht auf dem Wege der Diosmose, vielmehr direct erfolgt, und daß der Fadenapparat als Vermittler dieser Vermischung dient.“ Aus diesen Angaben geht so viel hervor, daß man allgemein von der Vorstellung, daß es sich um rein diosmotische Processe handelt, ganz abgekommen ist, und daß die genauesten Beobachter den Eindruck erhalten haben, daß das Protoplasma als solches direct übergeführt wird. Wie ist dies aber bei geschlossener Pollenschlauchmembran zu denken ? Das Protoplasma für eine zähflüssige Substanz zu erklären (Strasburger |. c.), hebt die Schwierigkeit nicht. Von einer allgemeinen Eigenschaft des Protoplasma, als solches „Zellwände zu durchwandern“ (Cornu |. c.), kann doch wohl nicht die Rede sein, da als analoge Fälle nur ganz vereinzelte Erscheinungen angeführt werden können, die überdies noch andere Deutungen zulassen. Ebenso geht die Vorstellung einer „allgemeinen Weg- samkeit“ der Zellwände für feste Körper und Protoplasma, welche Strasburger neuerdings für die Erklärung der Erscheinung heranzieht?), offenbar weit über die Erfahrung hinaus. Die Struetur und die Permeabilität der Siebröhren, die ihn hierbei leitet, kann doch unmöglich auf alle Gewebe ohne Ausnahme aus- sedehnt werden. Außerdem gehören die Erscheinungen, die hier vorliegen, augenscheinlich einem ganzanderenKreise von Vorgängen an. Sie fallen in die Reihe der Veränderungen, welche die Zellwände beim Ein- und Austritt von parasitären 1) Die Blüthe und die Befruchtung von Santalum album in Jahrb. f. wiss. Bot. IV. S. 18. 2) Bau und Wachsthum der Zellhäute. 1882. S. 246 u. £. der Gattungen Achlya und Saprolegma. 201 Bildungen, und in manchen Fällen auch bei der Entlassung von Reproductionskörpern aus ihren Mutterzellen erleiden. Die Durchbohrung der Wände — sichtbar oder nicht — er- folgt hier immer sichtlich unter dem Einflusse des ein- oder auswandernden Körpers. Sie ist die Wirkung einer von diesem ausgehenden, chemischen oder mechanischen Ursache. Die Wände behalten hierbei auch keineswegs ihre normale Beschaffenheit, wenn man auch nicht sieht, daß sie perforirt sind. Allein nicht jedes beliebige Protoplasma vermag diese Wirkung auszuüben. Es gehören eigenthümlich gebaute und befähigte Organismen, oder für diesen Zweck eigens vorgebildete Fortpflanzungskörper oder Zellen — Zoosporen, Keimschläuche, Samenkörper, farblose Blutzellen u. s. w. — dazu, um die Wände zu durchbohren, oder sie in den permeablen Zustand zu versetzen. Bekanntlich besitzen die Spermatozoen der Thiere, die auch theil- weise amöboide Eigenschaften zeigen, diese Fähigkeit in hohem Grade. Der von Cornu angeführte Fall läßt sich vielleicht auch hier unterbringen. Bei der von Strasburger!) noch: heran- gezogenen Beobachtung von Woronin an Plasmidiophora wirkt ja unzweifelhaft ein selbständiges Plasmodium bei der Erscheinung mit. In Verbindung mit allen schon berührten Analogien‘, welche die Saprolegnieen darbieten, und mit Hinweis auf meine Beobach- tung an Achlya erscheint es mir daher nahezu gewiß, daß auch bei dem Uebertritt des Protoplasma aus den Pollenschläuchen Spermamöben oder ähnliche Samenkörper, die sich wie Plasmodien verhalten, die active Rolle übernehmen. Ich glaube nicht, daß die vorhandenen Beobachtungen trotz ihrer Zahl und ihrer Genauigkeit die Existenz derartiger Bildungen in der Pollenschlauchspitze ausschließen. Die Angaben, daß alle größeren geformten Bestandtheile in der Pollenschlauchspitze der Angiospermen zur Zeit der Befruchtung bereits geschwunden sind, beziehen sich bei Strasburger?) und Anderen wesentlich auf das Verschwinden des Zellkernes und seiner nächsten Abkömm- linge. Man dachte bei den neueren Untersuchungen vorwiegend an eine unmittelbare Betheiligung des Zellkernes am Vorgange der Befruchtung, und die Bemühungen waren wesentlich darauf ge- 1) Bau und Wachsthum der Zellhäute. 1882. S. 248. 2) Befruchtung und Zelltheilung. 1878. S. 52 u, £. 202 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact richtet, den vorausgesetzten Antheil des Pollenschlauchkernes nach- zuweisen. Es galt in erster Linie immer das Verhalten dieses Zellkernes zu constatiren, und die neueren Beobachter constatiren übereinstimmend auch nur, daß an einen unmittelbaren Uebergang des Zellkernes, als solchen, in seiner geformten Gestalt, nicht zu denken sei, sondern daß dieser vor der Befruchtung jedesmal ver- schwindet oder sich auflöst'!). Hieraus folgt aber schon keineswegs die Unmöglichkeit der Existenz von Bildungen im Pollenschlauchende, wie ich dieselben voraussetzte, an die man bei der Untersuchung gar nicht gedacht hat. So kleine, amöben -artige Wesen, wie bei Achlya, aus fast homogener Substanz, die zumal, meist vom übrigen Protoplasma verdeckt, ihre Existenz erst durch ihre amöben-artigen Bewegungen verrathen, können bei der geringen Anzahl, in welcher sie voraus- sichtlich, wie in den Befruchtungsschläuchen der Achlya, so auch. in den Pollenschläuchen auftreten mögen, unter den eigenthümlich schwierigen Umständen, welche die Untersuchungen im Pollen- schlauche darbieten, sich auch dem Auge des sorgsamsten Beob- achters nur zu leicht entziehen. Dazu kommt, daß das Vorhandensein eigenthümlicher, zelliger Bildungen im unteren Ende des Pollenschlauches wenigstens für die Coniferen schon feststeht. Die Bedeutung und das weitere Schicksal dieser Bildungen, welche von Hofmeister längst aufgefunden und beschrieben sind, und deren Entstehung Strasburger auf Theilungen des Zell- kernes der großen Pollenzelle zurückführt, ist unbekannt, allein es ist nicht unwahrscheinlich, daß sie zu den von mir supponirten Sexualelementen im Pollenschlauch genetisch in Beziehung stehen, wenn sie nicht schon diese Sexualelemente selbst sind. Für diese Vermuthung und die von mir vorausgesetzte Func- tion derselben scheint mir endlich, abgesehen von ihrer genetischen Beziehung zum Zellkern, namentlich noch der bisher nicht hervor- gehobene Umstand von Bedeutung, daß sie gerade dort ingrößerer Anzahl auftreten, wo, wie bei Juniperus, ein Pollenschlauch zahlreiche Archegonien befruchten muß. 1) Strasburger I. c. S. 56. der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 205 V. Ueber die neueren histologischen Zeugungstheorien. Im nahen Zusammenhange mit der Aufgabe, die ich hier ver- folge, in den copulativen Befruchtungsvorgängen der Pflanzen noch jene wesentlichen Structurelemente zu unterscheiden, welche im Sexualacte die nothwendige Vereinigung ausführen, stehen auch meine Bedenken gegenüber den auftauchenden Zeugungshypothesen, die gerade dasjenige Moment, welches ich im Zeugungsacte für das Wesentliche halte, die Vereinigung morphologisch und func- tionell ungleichwerthiger Bildungen, aus der Darstellung des histologischen Vorganges der Zeugung ausschließen wollen. Am Schlusse meines Aufsatzes mögen diese Bedenken hier noch eine Stelle finden. Die mehrfachen Erfahrungen, welche über die Vereinigung zweier zellkernartigen Bildungen im Ei der Thiere nach der Be- fruchtung vorliegen, haben bekanntlich auf zoologischem Gebiete zu der von Oscar Hertwig!) vertretenen Auffassung geführt, „daß die Zeugung allgemein auf der Copulation zweier Zellkerne — des Kerns des Spermatozoids und des Eikerns — beruht“. Diese Deutung des Zeugungsvorganges, welche die Sexualität ihrer wesentlichen Bedeutung nach im Zellbildungsproceß aufgehen läßt, hat Strasburger auch in die Botanik eingeführt. Zugleich er- weitert er dieselbe noch dahin, daß nicht bloß die Zellkerne der Sexualzellen sich verbinden, sondern „daß es überhaupt die gleichwerthigen Theile der copulirenden Zellen sind, welche sich im Geschlechtsaete vereinigen“, und hierin soll eben das We- sentliche des Zeugungsactes ?) bestehen. Strasburger stützt seine Ansicht auf den Nachweis der Existenz und der Annäherung zweier zellkernartigen Bildungen im Embryosack, deren eine er, wie Hertwig, für den Sperma- kern —- hier den Kern der Pollenschlauchzelle — erklärt, und außerdem vornehmlich noch auf die Erscheinungen an copuliren- den Schwärmsporen im Paarungsacte derselben. 1) ©. Hertwig, Beiträge zur Kenntniß der Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies, in: Morpholog. Jahrbuch I. III. IV. besonders III. S. 278; III. S.S3 u. s. w. — Die hierher gehörige zoologische Literatur vergl. auch in dem bereits citirten Werke von Hensen, Physiologie der Zeugung. 2) Ueber Befruchtung und Zelltheilung. Jena 1878. S. 75 u. £. 204 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact Nach meinen eigenen Beobachtungen vermag ich mich der Be- urtheilung und Auffassung des Thatsächlichen, welches diesen Vor- stellungen und den allgemein daraus gezogenen Folgerungen zu Grunde liegt, nicht anzuschließen. Ich glaube nicht, daß man die Zellkerne der Sexualzellen als die unmittelbaren, die Zeugung ausführenden Gebilde bezeichnen darf, wenn auch vielleicht als die Bildungsorgane der an sich un- gsleichwerthigen und ungleichartigen Sexualelemente. Die Vorstellung, daß der histologische Vorgang der Zeugung in der Copulation gleichwerthiger Elemente — Zellkerne u. Ss. w. — besteht, ignorirt die in allen Fällen deutlicher Ge- schlechtsdifferenz scharf hervortretenden histologischen Verschie- denheiten der copulirenden Zellen und ihrer Bestandtheile. Das Wesen der Zeugung beruht, soweit es überhaupt verständlich ist, auf einer reciproken Beziehung ungleichartiger undungleich- werthiger Elemente und drückt sich dem entsprechend auch in der Verschiedenheit und Ungleichartigkeit der histo- logischen Bildungen aus, welche sich im Zeugungsacte vereinigen, wenn auch in ganz vereinzelten Fällen diese Verschiedenheit noch nicht mit Sicherheit mikroskopisch demonstrirbar ist. Wie alle organischen Bildungen lassen sich allerdings Samenkörper und Ei und deren Theile zuletzt nothwendig auf das Schema der allge- meinen Structurelemente der Zelle — des Zellkerns und des Zell- plasma — zurückführen. Es kann ja nach unseren gegenwärtigen Vorstellungen gar keine histologischen Bildungen geben, welche nicht als Theile von Zellen, von Zellkernen oder Zellplasma, zu deuten wären. Trotzdem giebt es in den verschiedenen Geweben specifisch differente Bildungsproducte der Zellen. Als solche sind auch jene letzten, männlichen und weiblichen Sexualelemente zu bezeichnen, welche im Geschlechtsacte die Ver- bindung eingehen. Sie sind, unbeschadet ihres histologischen Cha- rakters als Zellen oder Zellenbestandtheile und unbeschadet ihrer Entstehung aus nach histologischer Definition gleich- artigen Elementen, dennoch specifisch differenzirte Bildungsproducte der Sexualzellen und als solche unter sich zugleich äußerstver- schiedene Dinge. Keineswegs kann der ins Ei eindringende Samenkörper oder sein Kopf, oder das aus dem Pollenschlauche, oder dem Befruch- der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 205 tungsschlauche von Achlya, austretende Plasmagebilde als iden- tisch betrachtet werden mit dem Zellkerne einer vegeta- tiven Zelle. Ebensowenig wie der im Ei zurückbleibende Rest des Keimbläschens identisch ist mit dem Keimflecke, oder gar mit dem Nucleolus einer vegetativen Zelle. Auch scheinen mir die objectiven Thatsachen, die in den Be- obachtungen vorliegen, gar nicht die Verschmelzung zweier Zell- kerne im Ei und noch weniger die Identität des einen verschmel- zenden Körpers mit dem Zellkern der männlichen Sexualzelle zu erweisen. Soweit ich die zoologischen Beobachtungen übersehe, scheint es gewiß, daß es sich um die Vereinigung von zwei wesentlich sehr verschiedenartigen Dingen handelt, von denen weder das eine iden- tisch mit dem Zellkern oder Nucleolus des Eies, noch das andere identisch mit dem Zellkern des Spermatozoids ist, obgleich sie höchstwahrscheinlich Abkömmlinge oder auch Producte des einen und des anderen sind. Man kann nach diesen Beobachtungen gar nicht daran zweifeln, daß hier zwei specifisch verschiedene un - gleichwerthige Dinge sich mit einander verbinden. Das Werthvolle und Neue in diesen Beobachtungen liegt eben darin, daß, wie man annehmen darf, ein Theil oder ein Product des die Befruchtung ausführenden Spermatozoids mit dem Reste oder einem Producte des Keimfleckes zusammentritt und daß, wie es scheint, aus dieser Vereinigung der Zellkern des befruchteten Eies hervorgeht. Der Ausdruck, „daß die Zeugung auf einer Copulation der Zellkerne beider Sexualzellen beruht“, entspricht daher keineswegs dem thatsächlichen Vorgange, und man hat deshalb in jedem Zeugungsvorgange die differenten Gebilde, die sich verbinden, noch genauer zu bestimmen). Auf botanischem Gebiete tritt der Mangel einer entscheiden- 1) Es scheint mir daher auch sachgemäßer, mit Fol (Sur les phenomenes in- times de la f&condation. Coraptes rendus. 1877) von einem „pronucleus mäle“ und „pronucleus femelle“ zu reden, und vielleicht wäre es noch richtiger, auch diese an die normale Structur des Zellkerns erinnernden Ausdrücke fallen zu lassen und die beiden im Ei erscheinenden Bildungen vorläufig ohne jede Präjudieirung ihres histologischen Werthes als Samenstern und Eistern (Spermaster und Onaster) zu bezeichnen, 206 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact den Beweisführung der hier aufgestellten Behauptung, womöglich noch schärfer hervor. Die Angaben bei Strasburger!) gestatten nicht nur, sondern verlangen nach den vorliegenden Figuren eine andere, als die von ihm gegebene Deutung. Die Vorstellung, daß der Zellkern des Pollenschlauches sich auflöst und die alte Kernsubstanz unter Erhaltung ihrer Eigen- schaften durch die Membran des Pollenschlauches hindurchdringt, um dann im Ei von Neuem sich zu einem Zellkern zu sammeln, welcher mit dem ursprünglichen Zellkern der Eianlage verschmilzt, erscheint mir als eine kaum annehmbare, hypothetische Ausfüllung der in der Beobachtung vorhandenen Lücke. Mir erscheint es für wahrscheinlicher, daß der sog. Spermakern eben nur die durchge- tretene Spermamöbe ist, welche immerhin genetisch aus dem Zell- kerne des Pollenschlauches entstanden sein mag. Die Identität der zweiten Bildung mit dem Zellkerne des Embryobläschens ist mindestens fraglich. Vielleicht liegt ferner in den beiden sich berührenden Bildungen bei Picea, Monotropa, Or- ehis (1. e. D. IT Kie. 71, Tat. IV 128, 1292100 Sy eanskeime Verschmelzung, sondern vielmehr die Entstehung eines „pronucleus femelle“ im Sinne von Fol vor. Uebrigens bemerke ich, daß ich gleichfalls das plötzliche Auf- tauchen einer neuen Bildung im Ei — scheinbar eines neuen Zell- kernes neben dem alten (Taf. XIX Fig. 1b) — auch bei Achlya öfters nach der Verwachsung der Befruchtungsschlauchspitze mit dem Ei beobachtet habe. Allein ich wage über den Werth dieser Bildung noch nichts Positives auszusagen, zumal ich dieselbe Er- scheinung auch an parthenogenetischen Oosporen der Saprolegnia ferax gesehen habe. Die erweiterte Verschmelzungstheorie aber, wie sie Strasburger in der Botanik vertritt, wonach im Zeugungsacte nicht bloß die Zellkerne, sondern überhaupt diegleichwerthigen Theile der Sexualzellen verschmelzen, und hierin der durchgreifende Character der Zeugungsvorgänge liegen soll, ist, wenn man die Erscheinungen genau analysirt, eine Vorstellung, die, wie ich finde, nicht einmal für diejenigen Fälle, für welche sie zunächst ent- 1) L. c. 8. 51. 56. 57 u. s. w, der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 207 wickelt wurde, für die Paarung der Schwärmsporen, durch- führbar ist. Gerade die characteristischen Structurelemente der Schwärm- sporen — Cilien und rothe Punkte — gehen sichtlich keine Ver- schmelzung ein. Ueber eine Verschmelzung anderer, distincter Structurelemente hat die unmittelbare Beobachtung des Paarungsactes bisher keine Auskunft gegeben. Auch eine Be- ziehung der Zellkerne ist hier noch nicht einmal nachgewiesen. Noch viel weniger, wie gesagt, die Copulation anderer, als selbständige Bildungen erkennbarer Formelemente. Was die Beobachtung thatsächlich gezeigt hat, ist ganz allein nur das Zusammenfließen der beiden copulirenden Schwärmsporen von der sogenannten Mundstelle an — dem Empfängniß- oder Be- fruchtungsflecke — längs der Peripherie der Spore bis zur be- endigten Gestaltung einer in sich abgeschlossenen einheitlichen Bildung). Von einer Verschmelzung gleichwerthiger Theile kann hier im wahren Sinne des Wortes ebensowenig, wie bei anderen Zeugungsvorgängen, z. B. beim Befruchtungsacte von Vaucherta, dem von F'ucus, dem der Moose und Farnkräuter, ernstlich die Rede sein. | So lange man noch genöthigt ist, den Sexualvorgang als einen Vorgang sui generis, verschieden von Ernährung und Wachsthum, zu betrachten, so lange wird man seine morphologische Mani- festation auch nicht in der Verbindung gleichwerthiger Ele- mente, aus denen kaum etwas specifisch Neues hervorgehen kann, suchen können. Uebersieht man die ganze Reihe der bekannten Vorgänge, So wird man daher mit mehr Recht gewiß die wesentlichen histo- logischen Elemente, welche in der Zeugung copuliren, für noth- wendig differente Bildungen erklären dürfen. Unbedingt läßt sich allerdings über den histologischen Vor- sang bei der Zeugung ganz allgemein auch gegenwärtig kaum mehr aussagen, als daß derselbe, wie ich es schon in meinen Ab- handlungen über Vaucheria und Oedogonium festgestellt habe, in 1) Vergl. meinen Aufsatz über Paarung von Schwärmsporen: Monatsb. d. Acad. 1869. 208 Neue Beobachtungen über den Befruchtungsact einer „materiellen“ Vereinigung der Sexualelemente besteht. Darf man hierüber hinausgehen, so ließe sich vielleicht nur die Hypothese hinzufügen, daß es bei dieser Vereinigung sich überall — auch in den copulativen Zeugungsvorgängen — um die Ver- bindung von histologisch distincten, aber ungleich- werthigen und mit differenten Eigenschaften begabten speci- fischen Bildungsproducten der beiden in Wechselwirkung tretenden Sexualzellen handelt. Hierbei werden vielleicht die künftigen Beobachtungen ganz allgemein herausstellen, daß diese specifischen Bildungsproducte morphologisch Abkömmlinge oder Producte der Zellkerne der Ge- schlechtszellen sind. Erklärung der Tafel XIX. » (Die Figuren dieser Tafel sind nach meinen Präparaten von Herrn Carl Müller gezeichnet.) Fig. 1—11 und 15—14. Achlya polyandra. Fig. 1. Theil eines längeren Oogonium aus der Mitte eines Fadens. Der Befruchtungsschlauch sendet deutlich an jedes Ei eine Zweig- spitze ab. Das eine Ei (b) unmittelbar nach der Befruchtung zeigt zwei sog. Zellkerne neben einander, ein anderes (a) wie gewöhnlich nur eine Vacuole mit Zellkern. 82°, Fig. 2. Antheridium, welches außer mehereren inneren, auch einen äußeren Befruchtungsschlauch (bei 5) getrieben hat; bei a Sperm- amöbe. 22°, Fig. 3. Aus dem zerrissenen Oogonium herauspräparirte, befruchtete Eier mit ansitzendem Befruchtungsschlauch nach Behandlung mit Reagentien; bei a Papille des befruchteten BEies. 74°. Fig. 4. Oogonium mit einer einzigen, großen, eben befruchteten Oospore mit Chlorzinkjod und Anilinblau; bei « Verwachsungsstelle. 74°. Fig. 5. Herauspräparirtes Ei mit ansitzendem Befruchtungs- schlauch. 7°, der Gattungen Achlya und Saprolegnia. 209 Fig. 6. Stück eines Oogoniums mit drei peripherisch gelegenen Eiern ; mit Chlorzinkjod und Anilin; zwei Eier mit angewachsenem Be- fruchtungsschlauch, das eine zeigt noch die Papille. 4°. Fig. 7. Stück eines zerrissenen Oogoniums mit Chlorzinkjod. Der Be- fruchtungsschlauch untrennbar vom Ei. *?8°, Fig. 8. Theil eines unbeschädigten Oogoniums mit ansitzenden Anthe- ridien, mit Anilinblau. In den Antheridien und Befruchtungsschläuchen die getödteten Spermamöben. 25°. Fig. 9. Wie Fig. 4 ohne Chlorzinkjod; bei « die Verwachsungsstelle und die hervortretende Papille des Eies sichtbar. 72®. Fig. 10. Frei präparirtes‘, aus dem Oogsonium herausgerissenes, be- fruchtetes Ei, mit dem Befruchtungsschlauch verwachsen; zeigt noch die Papille. 22°. Fig. 11. Theil eines unbeschädigten Oogoniums mit ansitzendem An- theridium, in dessen Befruchtungsschläuchen bei a, a, a eingewanderte Spermamöben. 35°. Fig. 13 u. 14. Antheridien mit Spermamöben und Oogonium mit nor- malen Oosporen. 2°. Fig. 12 und 15—31. Achlya colorata mihi (Collectiv-Species, die Achlya racemosa und lignicola Hild. und noch einige kleinere und meist einsporige Formen umfassend; s, Jahrb. für wiss. Bot. IX. S. 205. Anm. unter dem Text). Fig. 12, 16, 17, 31 zeigen die natürliche Farbe der Oogonien. Fig. 12. Stück eines Fadens mit drei Oogonien. a, b, c; in bund c die Befruchtung ausgeführt, die Oosporen normal gereift; in a die Befruchtung wegen Nichtantretens des Befruchtungsschlauches unter- blieben, die Oosporen nicht gereift fallen der Zerstörung anheim. °°°. Fig. 15. Oogonium mit ansitzendem Antheridium, welches einen inneren und einen ausnahmsweise großen, äußeren Befruchtungsschlauch getrieben hat. *°°, Fig. 16. Oogonium mit mehreren männlichen Nebenästen. Das eine sichtbare Antheridium hat einen inneren Befruchtungsschlauch getrieben und beginnt soeben (bei a) einen äußeren zu treiben; im Antheridium Spermamöben. 2°. Fig. 17. Aehnlich wie bei Fig. 16 in anderer Lage; der äußere Befruchtungsschlauch des Antheridiums ist schon größer, noch bruch- sackartig. °°°, Fig. 13—21. Desgl. Antheridien mit äußeren Befruchtungsschläuchen aus der Rückenfläche, in verschiedener Lage gezeichnet, mit Sperm- amöben. °7°. Fig. 22—28. Desgl. mit Austrittszuständen der Spermamöben. 42, Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd, IL, 14 210 Ueber den Befruchtungsact der Gattungen Achlya und Saprolegnia. Fig. 29. Männlicher Ast am Oogonium, letzteresim Umriß. Der männ- liche Ast hat außer dem End-Antheridium, welches einen inneren und äußeren Befruchtungsschlauch getrieben hat, noch unterhalb desselben, wie dies öfters geschieht, ein zweites Antheridium (5) abgegliedert. ?®. Fig. 30. Antheridium, dessen äußerer Befruchtungsschlauch bereits obliterirt; man sieht an der Rückenfläche nur die vorhandene Oeffnung und die unverbrauchten Reste des Inhalts. 22°. Fig. 31. Normales, ungestörtes Oogonium der einsporigen Form. Beide ansitzenden Antheridien beginnen äußere Befruchtungsschläuche zu treiben. Die im Oogonium sichtbaren welligen Contouren gehören der inneren Membranschicht desselben an, welehe die Copulations- warzen bildet. 28°. Prinssheim, ges.Abhandlungen,Band Il. /u dem Aufsatze über den Befruchtungsact von Achlya und Saprolegnia, welchen ich in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie der Wissenschaften !) veröffentlicht habe, folgen hier noch einige nachträgliche Bemerkungen. Sie sind veranlaßt durch die neueren Publicationen, welche auf meinen Aufsatz Bezug nehmen und werden vielleicht zur Aufklärung über die Punkte beitragen, welche Widerspruch hervorgerufen oder zu Meinungsverschieden- heiten Veranlassung gegeben haben. — I. In einer Notiz im Botanischen Centralblatte, Bd. XII, No. 10, über Parasiten in Saprolegnieen stellt Herr Zopf die Behauptung auf, daß die von mir in den Antheridien der Saprolegnieen aufge- fundenen Plasmabildungen mit amöboider Bewegung eingewanderte „parasitische Amöben“ sind. Er schließt seine Thesen mit dem Satze: „Die vorstehenden Beobachtungen und Experimente zwingen mich zu der Annahme, daß Pringsheim’s kleine und große Spermamöben Parasiten sind.“ Nun ist aber von kleinen und großen Spermamöben in meinem Aufsatze gar nicht die Rede. Die Behauptung, daß unter den von mir als Spermamöben bezeichneten Plasmagebilden zweier- lei Bildungen und zwar „kleine und große Amöben“ zu ver- stehen und zusammengeworfen sind, wäre, wenn sie wahr wäre, wohl geeignet, gegen meine Auffassung Bedenken zu erwecken. Allein diese Behauptung ist falsch und ganz willkürlich von Zopf in meine Beobachtungen hineingetragen. Herr Zopf hebt selbst hervor, daß seine großen Amöben und die aus ihnen entstehenden Kugeln zwischen den Oosporen, die auch mir sehr wohl bekannt sind, mit den kleinen Amöben nichts zu thun haben, und es wird gewiß kein Zweifel darüber be- 1) Jahrgang 1892, Seite 855. 214 Nachträgliche Bemerkungen stehen können, daß diese sogenannten großen Amöben nicht zu den Saprolegnieen gehören, in deren Culturen sie vorkommen. Die Hereinziehung derselben in die Discussion kann daher nur Verwirrung hervorrufen. Für diese trägt aber Herr Zopf allein die Verantwortung, und ich muß deshalb vor Allem und zunächst die großen Amöben wieder ausscheiden und den thatsächlichen Inhalt meiner Angaben richtig wiederherstellen. Wie bereits bemerkt, spreche ich seibst nirgends in meinem Aufsatze von kleinen und großen Spermamöben, sondern überall nur von einerlei Plasmabildungen mit amöboider Bewegung, die ich durchweg als gleichartig und von äußerst geringer Größe beschreibe, und an welchen ich endlich, wie ich gleich hervorheben will, keinerlei weitgehende Differenzirung oder besondere Organi- sation, weder Kern, noch Membran, noch contractile Blase, oder auch nur eine constante Vacuole beobachtet habe. Eine Ver- gleichung meiner wirklichen Angaben zeigt auch sofort, daß Zopf nur durch eine ganz eigenmächtige Interpretation meiner Figur 12a dazu gelangt ist, von Pringsheim’schen kleinenundgroßen Spermamöben zu reden. In seiner These 17 heißt es: „Meine großen Amöben ent- sprechen in ihrer Größe den von Pringsheim Fig. 12a abge- bildeten.“ In der Figur 12 sind aber von mir gar keine Amöben oder amöboide Plasmabildungen abgebildet, und weder in meinem Texte noch in der Figuren-Erklärung ist irgend ein Wort zu finden, wel- ches zu einer solchen Deutung Veranlassung geben konnte. Die Figur 12 meiner Tafel hat mit der ganzen Frage der Spermamöben nichts gemein. Sie soll bloß eine von mir gemachte Beobachtung illustriren, welche nach meiner Auffassung die Nothwendigkeit der Befruchtung bei Achlya colorata unmittelbar vor Augen legt. Aus der Beschaffenheit der Oosporen in den Oogonien b und € in der Fig. 12 läßt sich nämlich schließen, daß hier eine Befruch- tung wirklich ausgeführt ist, weil die Oosporen in ihnen die be- kannte normale Structur reifer und befruchteter Oosporen der Pflanze haben. Dagegen erscheinen dieselben in dem Oogonium a auffallend und abnorm verändert, und dies erklärt sich hier nun, so wie ich es auffasse, aus dem Unterbleiben des Befruchtungs- actes. Denn dieser ist hier augenscheinlich gar nicht ausgeführt worden, weil ja, wie es die Abbildung zeigt, als das Präparat an- zu dem Befruchtungsaet von Achlya. 215 gefertigt wurde, der Befruchtungsschlauch die Oosphären noch gar nicht erreicht hatte, daher auch mit ihnen nicht verwachsen konnte. Von Spermamöben, und ob dieselben zur Zeit, als das Prä- parat zur Beobachtung kam, sichtbar waren, ist überhaupt nicht die Rede. Allein das Präparat wurde gezeichnet mehrere Wochen, nachdem: dasselbe angefertigt war. Inzwischen hatte sich der In- halt des Antheridiums bei a, wie dies oft während und nach der Präparation geschieht, contrahirt und war unregelmäßig zusam- mengefallen. Doch habe ich selbst diesen zusammengefallenen Inhalt, den Zopf jetzt unberechtigter Weise und willkür- lich mit seinen großen Amöben identifieirt, nirgends für eine Spermamöbe ausgegeben, und ich erkläre zum Ueberfluß hier noch wiederholt, daß von den großen Amöben, von denen Zopf spricht, in meiner ganzen Abhandlung nirgends eine Rede ist, und daß ich selbst solche niemals im Innern geschlossener Antheridien der Saprolegnieen beobachtet habe. Dies wird wohl zur Aufklärung über die großen Amöben genügen. Schwieriger schon ist das Verhältniß der sogenannten kleinen Amöben Zop£f’s zu den von mir beobachteten Plasmabildungen mit amöboider Bewegung klar zu stellen. Hier sind wiederum die Bildungen innerhalb und außer- halb der Antheridien wohl zu unterscheiden. Nach den vorliegenden Angaben habe ich nicht einmal die volle Sicherheit gewinnen können, daß wir von denselben Bil- dungen im Innern der Antheridien reden und daß nicht vielleicht auch hier — wie bei den großen Amöben — eine Verwechselung, oder doch eine Vermengung von zweierlei Dingen im Spiele ist. Doch will ich von diesem Zweifel vor der Hand ganz absehen. Was die sogenannten kleinen Amöben außerhalb der An- theridien, von denen Zopf noch spricht, sein mögen, darüber kann ich, da über dieselben gar keine näheren Angaben gemacht wer- den und weder über ihren Bau, noch über ihre sonstige Beschaffen- heit irgend etwas zu ihrer Characteristik ausgesagt wird, auch kein Urtheil abgeben, nur muß ich ihre Identität mit den von mir innerhalb der Antheridien beobachteten Plasmabildungen in Abrede stellen. Gehe ich nun — wie hier vorläufig geschehen soll — von der 216 Nachträgliche Bemerkungen Voraussetzung aus, daß wir wenigstens dort, wo es sich um die Erscheinungen im Innern der Antheridien handelt, dieselben Bil- dungen im Auge haben, dann enthalten die vier ersten Thesen, in welchen Zopf unter Berufung auf die Autorität und die Zeugen- aussage von Herrn Professor Kny und Herrn Carl Müller von der Auffindung sogenannter kleiner Amöben in den Antheridien der Saprolegnieen Nachricht giebt, nur die einfache Bestätigung meiner thatsächlichen Befunde. Dies erwähnt zwar Herr Zopf nicht, vielmehr muß die Form der Darstellung und die ungewöhn- liche Herbeiziehung von Autoritäten und Zeugen den Eindruck eines strieten Widerspruches hervorrufen, allein es besteht doch augenscheinlich in der objectiven Beobachtung eine unleugbare Uebereinstimmung, die ich zum mindesten hier constatiren will. Die einzige sachliche Differenz, die man etwa herauslesen könnte, ist für die Deutung der Beobachtungen nicht von Ent- scheidung und möge hier sogleich zur Erörterung kommen. Nach meiner Angabe werden die Plasmabildungen in den An- theridien zur Zeit der Befruchtungsperiode als distinete Formen sichtbar. Zopf dagegen sagt — These 2 — „sie treten auf zu der Zeit, wo die Oosporen bereits fertig und die Antheridien ent- leert sind.“ Soll dies heißen, daß sie zur Zeit der Befruchtungsperiode noch nicht da sind, so muß ich diese Angabe als nicht richtig bezeichnen. Sie wäre übrigens, beiläufig bemerkt, mit ihrer Deu- tung als „parasitische Amöben“, wie ich weiter unten zeigen werde, schwer vereinbar. Auch bestätigen schon einige Figuren meiner Tafel meine eigene Angabe. Soll aber der Satz 2 bei Zopf, den ich soeben angeführt habe, heißen, daß sie auch nachher, d. h. nach der ersten Befruch- tungsperiode noch in den Sexualorganen gefunden werden, so ist dies zwar richtig, und gleichfalls aus meinen Figuren schon ersicht- lich, allein für ihre Deutung als befruchtende Elemente oder Para- siten offenbar unwesentlich. Die eigentliche Differenz liegt auch nicht in der Beobachtung, sondern in der Auffassung der fraglichen Bildungen, und diese spricht sich schon unmittelbar in dem gewählten Namen aus. Ich nenne sie Plasmabildungen mit amöboider Bewegung. -Zopf da- gegen spricht im Gegensatz hierzu von „Amöben“ und hält sie für von außen eingedrungene parasitische Amöben. zu dem Befruchtungsact von Achlya. 217 Sind diese Bildungen aber wirklich Amöben, und sind sie Amöben zu nennen? Irgend welche Gründe, die ihn berechtigen, oder bestimmen, sie Amöben zu nennen, führt Zopf gar nicht an. Er scheint es als selbstverständlich zu betrachten, daß sie Amöben sind, weil sie amöboide Bewegungen ausführen. Wären freilich die sogenannten Amöben der Zoologen ein wohlumschriebener Kreis thierischer Organismen mit specifisch gut definirten Formen, und würde jede amöboide Plasmabildung, die zur Beobachtung gelangt, nothwendig in diesen Formenkreis soge- nannter Protisten und Moneren gehören, dann könnten die frag- lichen Bildungen vielleicht Amöben genannt werden. Allein so liegt doch die Sache bekanntlich seit 30 Jahren und länger nicht. Amöboide Gestalts- und Ortsveränderung ist Ja nicht auf die sogenannten eigentlichen Amöben beschränkt. Sie ist eine weit verbreitete, man könnte fast sagen, allgemeine Eigenschaft vieler einfacher, nackter, plasmatischer Zellen, namentlich solcher, die der Vermehrung und Fortpflanzung bei Thieren und Pflanzen dienen, und findet sich auch an isolirten histologischen Structur- elementen. Bekannte Beispiele liefern Blutzellen, Schwärmsporen, Samenkörper, thierische Eier. Dabei sehen farblose Blutzellen, Eizellen von Spongien, Samenkörper von Nematoden im beweg- lichen Zustande zur Zeit der Befruchtungsperiode, Myxamöben, Jugendzustände der Gregarinen, wenn man sie bloß nach ihrer äußeren Erscheinung beurtheilt, ganz wie Amöben aus und be- wegen sich genau so wie diese. Wenn man früher auf Grund solcher Aehnlichkeiten noch Ei- zellen von Spongien für „parasitische Amöben‘ erklärte, und die Spermatozoiden der Thiere für „parasitische Vibrionen“, so ist dies doch jetzt nicht mehr an der Zeit. Auch die amöboiden Bildungen, die ich in den Antheridien der Saprolegnieen beschrieben habe, haben mit den wahren Amöben nur die amöboide Bewegung gemeinsam. Objectiv beurtheilt, er- scheinen sie eben nur als distinete Plasmabildungen mit amöboider Bewegung, und ihr morphologischer Werth muß erst aus ihrer Bildungsgeschichte und aus den Bedingungen, unter denen sie auf- treten, erkannt und bestimmt werden. Hierauf gestützt, habe ich mich für ihre Zugehörigkeit zu den 218 Nachträgliche Bemerkungen Saprolegnieen, in deren männlichen Sexualorganen sie auftreten, ausgesprochen. Zopf bezweifelt dies und meint, daß sie parasitische Eindring- linge sind. Hiermit tritt mir aber kein neuer Gesichtspunkt entgegen. Den möglichen Zweifel über ihre Bedeutung habe ich ja selbst erhoben, und ich selbst habe, was nur Zopf nicht erwähnt, die Hypothese des Parasitismus dieser Bildungen in meinem Aufsatze bereits ein- gehend besprochen und erwogen. Dort heißt es Seite 871 (19) [S. 188 dieser Ausgabe: „Der Ver- dacht liegt ja hier, wie in ähnlichen Fällen, nahe, daß die beschrie- benen Spermamöben vielleicht nicht zur Pflanze gehören, sondern irgendwie auf unbeachteten Wegen eingedrungene Parasiten sind.“ Es kam daher nicht darauf an, diesen Verdacht des Parasitis- mus zu wiederholen, sondern es kam darauf an, die Gründe gegen denselben, die ich auf den folgenden Seiten (871 —872) meines Aufsatzes zusammengestellt hatte, zu- widerlegen und die ent- scheidenden Beweise für ihn zu finden, die ich selbst nicht habe auffinden können. Weder das Eine noch das Andere scheint mir in den Thesen von Zopf erreicht. So einfach, wie vielleicht mancher Leser derselben es glauben möchte, daß es sich hier um leicht erkennbare, characteristische „Amöben“ handelt, liest die Sache keineswegs. Von frei lebenden Amöben, die bloß zufällig, etwa um Nah- rung zu suchen, in die Antheridien eingedrungen sind, kann meiner Ansicht nach nicht die Rede sein. Wäre die Auffassung von Zopf über die Erscheinungen an den Oosporen richtig, so würde dies allein genügen, um den Ge- danken, daß hier Amöben vorliegen, zu zerstören. Von einem be- sonderen parasitischen Entwicklungsstadium der Amöben in Pflanzen- zellen weiß man eben nichts, und Niemand, der die Amöben der Zoologen wirklich kennt, wird die hier besprochenen Bildungen ernstlich mit irgend einer beschriebenen Form derselben identi- fieiren wollen. Schon die wenigen Merkmale, die die wirklichen Amöben darbieten, genügen zur Unterscheidung. Von den eigentlichen wahren Amöben unterscheiden sie sich schon durch den Mangel jeder erkennbaren Differenzirung zu dem Befruchtungsact von Achlyya. 219 und inneren Organisation. Sie zeigen weder Zellkern, noch con- tractile Blase, oder eine constante Vacuole, welche sonst doch die echten Amöben auszeichnen. Zu den noch niedriger organisirten Protamöben Haeckels kann man diese Bildungen gleichfalls nicht rechnen. Von den 9—4 Formen, die Haeckel mit besonderen Namen belegt hat, weiß man nur, daß sie Protoplasmaklumpen ohne jede besondere Structur sind. Anhaltspunkte für die Identificirung sind absolut nicht vorhanden. Die vorhandenen Abbildungen erweisen ihre Verschiedenheit auf den ersten Blick, und dann unterscheiden sie sich schon mit Bestimmtheit durch ihre geringe Größe. Selbst die kleinste der Protamöben, die Protamöba agilis, ist ein wahrer Riese gegenüber den in den Antheridien vorkommenden Bildungen. Protamöba agilis hat einen Durchmesser von 0,04—0,06 mm ; die amöboiden Plasmabildungen in den Antheridien sind höchstens 0,003—0,004 mm groß. Wollte man trotzdem diese zwerghaften, amöboiden Plasma- bildungen als eine neue Species von Amöben in die Systematik einführen und hierdurch das Chaos der Amöben noch vergrößern, so müßte man doch wenigstens ihre Selbstständigkeit irgendwie er- weisen und Zeit und Ort ihres Eintrittes in die Antheridien und ihres Austrittes aus denselben unter Erhaltung ihrer Merk- male bestimmen. Als einen der Gründe gegen den Parasitismus führe ich des- halb in meinem Aufsatze Seite 871 (20) an, daß ich die von mir beschriebenen Bildungen außerhalb der Antheridien nicht habe auffinden können, und daß sie auch in den Antheridien erst zur Zeit der Befruchtungsperiode deutlich unterscheidbar werden. Ich könnte sie nun übersehen haben, und Zopf, der gleich- falls ihr spätes Auftreten in den Antheridien betont, behauptet allerdings, daß er seine Amöben auch an anderen Stellen be- obachtet hat. Allein das, was Zopf hierüber wirklich von den kleinen Amöben allein, um die es sich doch hier nur handeln kann, aussagt, klingt doch ziemlich unbestimmt. Seine These 8 lautet: „In den vegetativen Schläuchen der Saprolegnieen finden sich Amöben, welche mit den kleinen Amöben der Antheridien große Aehnlichkeit zeigen.“ Die großen Amöben, die ja gar nicht hierher gehören, kommen hierbei nach dem bereits früher Gesagten vielleicht nicht in Frage; 220 Nachträgliche Bemerkungen allein es coneurriren hier zahlreiche parasitische Bildungen, viel- leicht solche mit amöboiden Entwicklungsstadien, viel- leicht auch Abkömmlinge jener großen Amöben, die mit den genuinen amöboiden Bildungen in den Antheridien darum noch nicht zusammenhängen müssen, auch wenn sie einige Aehnlichkeit mit ihnen haben. Ich darf daher These 18—20, wo immer gleich- zeitig von großen und kleinen Amöben die Rede ist, und ebenso die Infieirungsversuche und die Beobachtungen an alten Culturen vorläufig außer Acht lassen, so lange nicht genauer geschieden ist, was sich hier auf die großen, was auf die kleinen Amöben bezieht, und namentlich, so lange die Identität der Zopf’schen kleinen Amöben außerhalb der Antheridien mit den von mir in den- selben beschriebenen Bildungen nicht besser als bisher festge- stellt ist. Vor Allem aber gebe ich Folgendes zu bedenken: Wären die kleinen Amöben, die Zopf an anderen Stellen beobachtet hat, wirklich identisch mit den von mir in den Antheridien aufge- fundenen Bildungen, und wären sie parasitische Eindringlinge, die, wie Zopf behauptet, durch die Membran in die Schläuche ein- treten, so wäre gar nicht einzusehen, warum sie erst zur Be- fruchtungsperiode oder gar, wie Zopf sagt, erst nach derselben in den Antheridien auftreten, und warum nicht schon lange vorher Schläuche und männliche Aeste von ihnen erfüllt sind. Von eingewanderten Amöben kann daher schwerlich die Rede sein, allein mit dem Hinweise darauf, daß diese Bildungen in den Antheridien keine Amöben sind, daß wenigstens für ihre Auf- fassung als solche in den vorhandenen Beobachtungen kein Grund vorliegt, ist die Hypothese des Parasitismus an sich noch nicht erschöpft. Hiermit betrete ich aber wieder den Boden, den ich selbst in meiner Beurtheilung dieser Bildungen festgehalten habe. Sie könnten ja Schwärmsprößlinge oder amöboide Entwick- lungsstadien eines noch unbekannten Parasiten sein, der inner- halb der Saprolegnieen ein nothwendiges, gleichfalls noch unbe- kanntes Entwicklungsstadium durchlaufen muß. In dieser Form wäre die Frage ihres Parasitismus vielleicht richtiger aufgeworfen, und einen solchen Parasitismus hatte auch ich vornehmlich im Auge, als ich den Verdacht desselben in meinem Aufsatze aussprach und erwog. zu dem Befruchtungsact von Achlya. 221 Die Erscheinungen in den Antheridien der Achlya-Formen !), die ich als Achlya colorata zusammenfasse, könnten für eine "solche Deutung herangezogen werden. Man könnte an einen Parasiten nach Art Rozella Cornu denken, der das ganze Antheridium und die darunter befindliche Zelle ausfüllt.e. Die äußeren Befruch- tungsschläuche würden als seine Ausführungsgänge, die amöboiden Bildungen als seine in den Antheridien erzeugten Schwärmspröß- linge betrachtet werden können. Allein dieser Betrachtung stehen Schwierigkeiten entgegen, die sich nicht heben lassen. Warum fände man dann die plasmodienartigen Zellen dieses vermeintlichen Parasiten und seine Ausführungsgänge nur an den Antheridien und nicht, wie bei Rozella, auch an anderen Stellen der Schläuche, wo doch Zopf gleichfalls Amöben gesehen hat, die, wie er sagt, mit den sogenannten Amöben in den Antheridien sroße Aehnlichkeit haben sollen ? Warum ferner öffnen sich die Ausführungsgänge dieses hypo- thetischen Parasiten nicht, wie andere Ausführungsgänge von Ento- cellularparasiten, von selbst und entlassen ihre Fortpflanzungs- körper durch die Oeffnung frei und im entwicklungsfähigen Zustande nach außen ? Diese Ausführungsgänge haben merkwürdiger Weise dieselbe Bildungsgeschichte, wie die gewöhnlichen Befruchtungsschläuche, welche die Antheridien in die Oogonien hineintreiben. Wollte man etwa auch diese letzteren für Ausführungsgänge, und die gewöhnlichen, normalen Antheridien der Saprolegnieen für einen Parasiten erklären ? Denn in der That haben die äußeren Befruchtungsschläuche den gleichen morphologischen Werth, wie die inneren. Dies lehrt nicht bloß ihre ganze Bildungsgeschichte, sondern dies erweisen auch direct diejenigen Fälle, in welchen Antheridien, die schon in der gewöhnlichen Weise mit ihrer Bauchfläche einem Oogonium angewachsen sind, zugleich mit ihrer Rückenfläche noch an ein zweites, nahe benachbartes Oogonium anwachsen. Während die Befruchtungsschläuche der Bauchfläche in das eine, dringen die Befruchtungsschläuche der Rückenfläche in das andere Oogo- nium ein. 1) Jahrb. f. wiss. Bot. IX. p. 215—216 und Sitzungsb. d. Berl. Akad, p: 869-870. 222 Nachträgliche Bemerkungen Diese Verhältnisse sprechen nicht dafür, daß hier ein myxo- mycet-artiger Parasit vorliegt. Ebenso sind auch für einen Para- siten anderer Art keine Anzeichen da. Wie die Thatsachen liegen, finden wir hier in den bekannten männlichen Sexualorganen der Saprolegnieen bewegliche plas- matische Bildungen, welche in den normalen Befruchtungs- schläuchen bis an die zu befruchtenden Eier vordringen und hier verschwinden. Dies ist eine unbestrittene, von mir aufgefundene und, worauf ich gleich zurückkommen werde, auch von Anderen bestätigte Thatsache. Unter den möglichen Deutungen dieser Bildungen die einfachste und naheliegendste ist, daß sie die befruchtenden Elemente sind. Es müßte ein thatsächlicher Beweis für ihren Parasitismus beigebracht werden, wenn man unter den besonderen Umständen ihres Auftretens und ihres Verhaltens ihre sexuelle Function negiren will. Man müßte doch irgendwie sagen können, was für eine Art von Parasit hier im Spiele ist, wie er in die Antheridien eintritt, oder was aus ihm wird. Ich habe aber schon angeführt, daß von einem Eintritt eines hypothetischen Parasiten in die Antheridien nichts zu sehen und über seine Natur nichts constatirt ist. Ebensowenig kann etwas über seine weiteren Schicksale in den Antheridien oder außerhalb derselben ausgesagt werden. Auch dies habe ich schon in meinem Aufsatze hervorgehoben und ich wiederhole dies hier, weil auch hierüber die Zopf’schen Notizen schweigend hinweggehen. An der Stelle meines Aufsatzes, wo ich die Hypothese des Parasitismus schon erörtere und bekämpfe — 8.871 (20) — heißt es: „Wären sie — d. h. die amöboiden Plasmabildungen — trotz alledem eingedrungene Parasiten, so müßten sie in den Zellen, in welchen sie gefunden werden, doch irgend welche Entwicklungs- stadien durchlaufen, Wachsthumserscheinungen zeigen, oder Ruhe- zustände, oder Vermehrungs- oder Reproductionsorgane bilden etc. Von alledem findet sich hier keine Spur. Sollten sie etwa, wofür unter Ento-Cellularparasiten mir kein 3eispiel bekannt ist, bestimmt sein, in der unvollkommenen Form, in der sie eintraten, aus der Nährzelle wieder auszutreten, so zu dem Befruchtungsaet von Achlya. 23 müßte man erwarten, daß sie ihre ferneren Entwicklungsstadien nach dem Austritt aus den Schläuchen beginnen. Aber der Nach- weis ist leicht, daß sie nach dem Austritt jedesmal unmittelbar vor der Austrittsstelle ohne jede weitere Entwicklung unfehlbar zu Grunde gehen, falls sie nicht etwa, wenn der Austritt im Innern eines Oogonium erfolst, auf eine zu befruchtende Oosphäre stoßen.“ Dem steht nun auch jetzt noch, nach der Mittheilung von Zopf, weiter nichts gegenüber, als die Andeutung eines noch un- verstandenen, scheinbar abnormen Zustandes, welchen Zopf an den Oosporen seiner Culturen beobachtet hat und für das Zeichen der Gegenwart eines Parasiten in den Oosporen erklärt. Diese Erscheinung ist aber ihrer Bedeutung nach noch völlig dunkel. Zopf sagt nämlich (These 4): „Meine kleinen Amöben wandern in die Befruchtungsschläuche hinein, sie verschwinden am Ende der mit Oosporen verwachsenen Schläuche, oder treten aus blind endisenden Schläuchen aus. In dem Oogon sind sie später nicht mehr nachzuweisen.“ Bis hierher, wie man sieht, fast wörtlich wie ich. Nun fährt er aber in These 5 fort: „Dagegen gehen in den Oosporen eigen- thümliche Veränderungen vor, welche zeigen, daß sich ein Parasit in ihnen entwickelt.“ Betrachten wir aber diese Veränderungen näher, so bestehen sie darin, daß sich in ihnen Fetttropfen bilden, die zu einem größeren, seitlich der Wand anliegenden Fetttropfen zusammenfließen, während das Plasma der Oospore sich nach der anderen Seite contrahirt und eine linsenförmige Masse darstellt; diese soll sich dann bei gewissen Saprolegnieen — die nicht genannt sind — zerklüften, und die Partieen schwache Aenderungen der Contour zeigen, und auch die Membran soll Ver- änderungen erleiden. Dies ist Alles. Man kann nicht sagen, daß hierdurch die Existenz eines Parasiten in den Oosporen sicher- gestellt, und noch viel weniger, daß seine Beziehung zu den frag- lichen Amöben nachgewiesen ist. Nun gleicht aber die Beschreibung dieser von einem vermeint- ‚lichen Parasiten befallenen Oosporen außerdem merkwürdiger Weise noch auf’ ein Haar der Beschreibung, welche de Bary von dem normalen Bau der Oosporen gewisser Achlya-Species, nament- lich seiner Achlya polyandra giebt, und auf welche hin er dann seine Beweisführung gegen meine Angaben über die Entstehung 224 Nachträgliche Bemerkungen der parthenogenetischen Formen der Achlya polyandra zu gründen sucht !!). Doch ist aber nur das Eine oder das Andere möglich. Sind die Oosporen mit seitlichen Fetttropfen normal — wie dies de Bary behauptet — dann hat Zopf die von de Bary beobachteten Species unter Händen gehabt, und diese Be- schaffenheit der Oosporen zeigt gar nicht die Existenz eines Para- siten an. Sind aber die Oosporen mit seitlichem Fetttropfen, wie ich allerdings auch glaube — abnorme Oosporen, so geht doch schon aus meinen Beobachtungen zur Genüge hervor, daß ihr abnormer Zustand keineswegs in einem nothwendigen Zusammenhange mit den von mir beobachteten amöboiden Bildungen steht, denn diese Abnormität ist in meinen Öulturen, in welchen ich die amö- boiden Plasmabildungen auffand, in den Oosporen nicht einge- treten. Wie ich schon gegen de Bary hervorhob, haben die Oosporen in allen meinen Achlya-Culturen — jungen und alten Culturen von Achlya polyandra und den verschiedenen Formen meiner Achlya colorata — regelmäßig den von mir als normal be- trachteten Bau der Achlya-Oosporen mit centralem Fetttropfen gezeigt und auch beibehalten. Es existirt daher nach meinen Erfahrungen keine constante Coineidenz der amöboiden Bildungen in den Antheridien mit der 1) Man vergleiche die Anmerkung in Sitzungsber. d. Akad. 1882 p. S61. — Ich gehe hier auf diesen Punkt nur so weit ein, als ich ihn wegen des Wider- spruchs, der hier in der Auffassung von Zopf liest, nothwendig erwähnen muß. Ich hatte die Oosporen der Achlya polyandra in meinen Zeichnungen und Beschreibungen stets, wie Saprolegnien-Oosporen, mit centralem Fetttropfen dargestellt, und de Bary wirft mir deshalb vor, Achlyen und Saprolegnien in meinen Culturen verwechselt zu haben, weil, wie er dort behauptet, die Achlyen — im Besonderen Achlya polyandra — Oosporen mit seitlich der Wand an- liegenden Fetttropfen besitzen. Wie ich jetzt nachträglich aus seinen allerjüngsten Bemerkungen in der Bo- tanischen Zeitung. Januar 1883. No. 3. p. 45—46, ersehe, hat de Bary sich in- zwischen überzeugt, daß sein Vorwurf unbegründet war, und daß meine Angaben iiber den Bau der Oosporen der Achlyen richtig sind, allein er erklärt auch jetzt noch bestimmt, daß mehrere Arten, z. B. seine Achlya polyandra und prolifera, ferner Dietyuchus clavatus und sogar eine Saprolegnia-Species normale Oosporen mit seitlichem Fetttropfen besitzen, also im normalen und keimfähigen Zustande eine Beschaffenheit zeigen, welche Zopf für abnorm und für einen Beweis hält, daß sie von einem Parasiten befallen sind. zu dem Befruchtungsact von Achlya. 225 seitlichen Lagerung des Fetttropfens in den Oosporen. Würde diese daher auch die Anwesenheit eines Parasiten verrathen, was an sich und nach den entgegenstehenden Behauptungen von de Bary keineswegs feststeht, so könnte sie doch von irgend einem beliebigen Parasiten herrühren, der die Aussaaten von Zopf be- fallen hat. So kenne ich selbst schon mehrere Parasiten, z. B. ein Rhizidium und einen noch nicht näher definirbaren, wie es scheint, selbst zu den Saprolegnieen gehörigen Schmarotzer, der die Oosporen von Saprolegnieen angreift und in ihnen Veränderungen hervorruft. Zwischen der seitlichen Lagerung des Fetttropfens in den Oosporen und den amöboiden Bildungen in den Antheridien liegt daher nicht der wirkliche Nachweis eines Zusammenhanges, son- dern nur die unbegründete Vermuthung eines solchen vor, und die Folgerungen, die ich in meinem Aufsatze gegen den Parasitis- mus dieser Bildungen aus dem Mangel einer Fortentwicklung der- selben gezogen habe, bleiben auch in diesem Punkte in aller ihrer Kraft nach wie vor bestehen. Alles kurz zusammengefaßt, gelangen wir zu folgendem Schlusse: Ich habe gezeigt, daß zur Zeit der Befruchtungsperiode di- stinete, amöboide Plasmapartieen in den normalen männlichen Sexualorganen von Saprolegnia und Achlya auftreten und an der Verbindungsstelle derselben mit den normalen Oosporen ver- schwinden. Für die Hypothese, diese Bildungen könnten zu Para- siten gehören, habe ich keine entscheidende Andeutung finden können. Eine solche liegt auch jetzt nicht vor. Auch in den Thesen von Zopf ist, soweit es sich um die von mir beobachteten Plasmabildungen handelt, weder die Existenz, noch die Natur, noch die Entwicklung eines vermeintlichen Parasiten klargelegt. Die Bildungen werden Amöben genannt ohne jeden Versuch, sie als solche zu definiren und mit bekannten Formen zu identi- fieiren. Meine Beobachtungen werden verdächtigt, indem geradezu willkürlich, entgegen dem strieten Wortlaut meines Aufsatzes, Dinge in meinen Figuren als Spermamöben bezeichnet werden, die schon auf den ersten Blick als hierher gar nicht gehörig zu erkennen sind. Endlich muß der Leser der Thesen auch einen falschen Ein- druck von meiner Stellung zur Frage erhalten, da von meinen Ausführungen und Deutungen nur die eine Erwähnung findet, Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, 11, 15 226 Nachträgliche Bemerkungen welche bekämpft wird, dagegen consequent unerwähnt bleibt, daß diea'nde’re, die Hypothese des Parasitismus, die Zopf aus meiner Darstellung aufnimmt, dort schon ihre gebührende Würdigung und Berücksichtigung erfahren hat. Ich habe hier die Verhältnisse, die hier gegen den Parasitismus sprechen, wie schon in meinem früheren Aufsatze, nur ausführlicher als dort, nochmals dargelegt. Ich will aber auch nicht unterlassen, zu wiederholen, was dort gleichfalls schon ausdrücklich und deutlich ausgesprochen ist, daß hierdurch die absolute Unmösglich- keit, daß hier ein Parasit im Spiele ist, nicht erwiesen werden kann. Bei der großen Mannigfaltigkeit parasitischer Erscheinungen und Entwicklungsformen, welche der Phantasie die allerfreieste Bewegung gestatten, ist ein allgemeiner Verdacht des Parasitismus durch Negation allein nicht zu beseitigen. Dies kann nur durch positive Aufklärungen über den Vorgang erreicht werden. Hierin ist aber der erste Beobachter einer noch unbeachteten Erscheinung stets im Nachtheil gegen seine Nachfolger. Zweifel sind bei mor- phologischen Deutungen immer möglich, und die allgemeine Ueber- zeugung wird erst durch die Constanz und Regelmäßigkeit des Vorganges bestimmt, welche durch zahlreiche Beobachter consta- tirt wird. Auch dies ist aber in meinem Aufsatze in den Sitzungsbe- richten schon kurz angedeutet, und ich darf mich hierauf berufen, und hier noch mit denselben Worten schließen, mit welchen ich dort meine Betrachtungen über einen etwa vorhandenen Parasitis- mus geschlossen habe. „So leicht daher auch‘‘ — heißt es dort Seite 871 (20) — „bei diesen schwierigen und die Geduld des Geduldigsten erschöpfenden Beobachtungen ein Uebersehen eines wesentlichen Punktes oder ein Irrthum sich einschleichen kann, so zweifle ich doch nicht, daß jeder sorgfältige Beobachter aus dem Zusammenhange aller Erscheinungen zu denselben Schlüssen gelangen wird, wie ich selbst.“ Der Zusammenhang der Erscheinungen, auf den ich mich be- rufe, liest in der Form und in den Bedingungen des hier statt- findenden Befruchtungsvorganges, der durch geschlossene Be- fruchtungsschläuche vermittelt wird, sowie in den theoretischen Vorstellungen, die sich hieran knüpfen, die bereits in meinem früheren Aufsatze -entwickelt sind, und auf die ich noch in dem folgenden Abschnitte zurückkomme. zu dem Befruchtungsact von Achlya. 227 II. Die Frage nach der Existenz des Befruchtungsactes in den Gattungen Saprolegnia und Achlya, welche in der von de Bary erhobenen Controverse den Hauptdifferenzpunkt zwischen seiner und meiner Anschauung bildet, ist an sich unabhängig von der Frage nach der Bedeutung, die man den amöboiden Plasma- bildungen zuerkennen will. Denn das Geschlecht offenbart sich hier schon durch die anderweitigen biologischen Vorgänge in den Sexualorganen, welche den Sexualact vorbereiten und begleiten, und vor und nach demselben leicht wahrnehmbar sind. Mit Rücksicht auf die neueren Bemerkungen !) von de Bary zu meinem Aufsatze sehe ich mich genöthigt, dies hier nochmals zur Sprache zu bringen und zu zeigen, daß in dem wesent- lichen Punkte, in dm Nachweise der Sexualität der sexuellenFormen, mein letzter Aufsatz über die Saprolegnieen nur eine Bestätigung meiner älteren Anschauungen bringt. Die Erscheinungen, die ich schon früher wiederholt als Be- weise für die Sexualität angeführt hatte, waren ?): 1. daß die Befruchtungsschläuche in den polysporischen Oogonien an jede einzelne Oosphäre herantreten; 2. daß ein Theil ihres Inhaltes hierbei sichtlich verschwindet; 3. daß Plasmabildungen, die nachweislich diesem Inhalte ange- hört hatten, später oft frei, neben den Öosporen in den Oogonien gefunden werden; 4. daß diese Vorgänge der Zeit nach genau zusammenfallen mit der Umbildung der Oosphären in Oosporen. Dazu kam, daß ich bei Pythium den Uebertritt des Inhaltes in die Oosphären direkt wahrgenommen hatte?) und für Saprolegnia nnd Achlya constatiren konnte *), daß hier nicht die volle Ent- leerung des Befruchtungsschlauches einem Befruchtungsacte ent- spreche, sondern daß hier partielle Entleerungen an den ein- zelnen Spitzen stattfinden müßten, die jede für sich einen Befruchtungsact darstellen, und daß hierbei jedesmal nur ein ge- ringer Theil des Inhaltes zur Befruchtung einer Oosphäre ver- wandt werde. 1) Bot. Ztg. Januar 1881. 2) Man vergleiche die betreffenden Aufsätze in den Monatsberichten der Berl. Akad. Jahrg. 1857, ferner Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. I und IX; namentlich Bd. IX. p. 212—217. 3) Jahrb. I. p. 299. 4) Jahrb. IX. p. 213—214, 15” IS) ID Nachträgliche Bemerkungen Zweifelhaft in meinen Darstellungen blieben nur die Existenz der Samenkörper, die ich hier stets voraussetze und als ein —. mm große Inhaltskörper der Antheridien zu erkennen glaubte!), und das anatomische Verhältniß zwischen den Spitzen der Befruchtungs- schläuche und den Oosphären, an welche sie herantreten. Doch ließen auch über den letzteren Punkt meine Beobachtungen nur die Alternative zu, daß die Befruchtungsschläuche sich an ihrer Spitze öffnen, oder daß sie noch eine Copulation mit den Oosphären, und zwar voraussichtlich an einer vorgebildeten Papille derselben, eingehen ?). Blieb hierbei über die Form des Befruchtungsprocesses noch ein Zweifel, so war doch eine Täuschung über den Vorgang selbst gar nicht möglich, denn die vorliegenden Beobachtungen wiesen nicht nur auf die Existenz eines Befruchtungsactes hin, sondern ließen auch die materielle Betheiligung des Inhaltes der Befruchtungsschläuche an demselben gar nicht verkennen. Auch stimmten alle späteren Beobachter in der Anerkennung des Geschlechtes mit mir überein. Die Constatirung desselben, ganz abgesehen von der besonderen Modalität, in welcher der Ge- schlechtsaet hier auftritt, war aber der Mittelpunkt meiner älteren und neueren Untersuchungen über den Gegenstand; nicht bloß damals, als die Existenz und Verbreitung der Sexualität unter den Thallophyten eine noch kaum in Angriff genommene Frage war, sondern namentlich und ganz besonders auch bei meiner letzten Untersuchung, die ich zur Nachprüfung meiner älteren Beobach- tungen nur deshalb unternommen hatte, weil eben kurz vorher de Bary mit der unerwarteten, paradoxen Behauptung aufgetreten war, daß der Sexualact bei den sexuellen Formen der Sapro- legnieen gar nicht besteht, sondern daß hier ein Fall von Apo- gsamie vorliegt °). Ich habe nun durch die wiederholte Darlegung der objectiven 1) Jahrb. I. p. 293—295 — IX. p. 203—205. 2) Jahrb. IX. p. 213. Beiläufig bemerke ich hier noch, daß ich damals nur deshalb annahm, die Spitze der Befruchtungsschläuche müsse sich öffnen, weil ich Austritt von Substanz aus den Befruchtugnsschläuchen constatirt hatte. Ich hielt damals eine offene Communication für den Uebertritt der befruchtenden Elemente eben noch für nöthig. Nach meinen neueren Beobachtungen an den äußeren Befruchtungsschläuchen der Formen von Achlya colorata kann derselbe aber ersichtlich durch die Membran der Schläuche hindurch erfolgen. 3) Beiträge zur Morph. und Physiol. der Pilze. TV. Reihe. 1881, zu dem Befruchtungsact von Achlya. 229 Verhältnisse mich bemüht, nachzuweisen, daß (diese Auffassung von de Bary eine irrige ist. Ich habe wiederum constatiren können, daß das Verschwinden von Inhalt aus den Spitzen der Befruchtungsschläuche eine un- leugbare Thatsache ist, die nothwendig mit dem Sexualaet zu- sammenhängt, und nicht, wie de Bary will, aus Wachsthumser- scheinungen der Membran, oder aus Verathmung, oder Verbrennung (les Inhaltes sich erklären läßt. Als neuen Beweis für den Sexualact habe ich ferner im Gegen- satz zu den objectiven Angaben von de Bary nachweisen können, daß die Spitzen der Befruchtungsschläuche — wie ich dies schon früher als Vermuthung ausgesprochen hatte — mit den Oosphären an einer bestimmten Stelle, die bei Achlya polyandra sogar zu einer. vorspringenden Papille ausgezogen ist, fest und untrennbar verwachsen. Und endlich haben meine Beobachtungen an den äußeren Be- fruchtungsschläuchen der Achlya colorata höchst eigenthümliche Erscheinungen kennen gelehrt, welche über die Form, wie der In- halt der Befruchtungsschläuche aus- und übertritt, eine Anschauung gewähren. Die morphologische Bedeutung der äußeren Befruchtungs- schläuche wird kaum angefochten werden können, und es liegt auf der Hand, daß die Vorgänge an den äußeren Befruchtungsschläuchen sich auf die Erscheinungen an den inneren Befruchtungsschläuchen übertragen lassen und für die Deutung derselben maßgebend sind. In seiner Erwiderung in der Botanischen Zeitung am 19. und 26. Januar 1885 will de Bary in meinen neuesten Angaben ein Aufgeben meiner früheren Anschauungen finden. Soll dieses darin liegen, daß ich zu den alten neue Beweise für die Sexualität hin- zugefügt habe und auf Thatsachen aufmerksam mache, welche über den zweifelhaft gebliebenen Punkt, über den Uebergang der befruchtenden Elemente in die Oosporen, Aufklärungen zu bringen vermögen? Den näheren Vorgang, wie die Entleerung der Schläuche er- folgt, habe ich selbst wiederholt für unbekannt erklärt und nur versucht, die vorhandene Lücke hypothetisch auszufüllen *). Auch hierin vervollständigen und ergänzen meine neueren Angaben nur meine früheren Vermuthungen, und der Hinweis auf die ver- schiedenen Vorstellungen, welche über die specielle Modalität des 1) a. a. OÖ. p. 213—214. 230 Nachträgliche Bemerkungen Vorganges geäußert sind, kann den Blick nicht von der eigent- lichen Controverse zwischen de Bary und mir ablenken. Diese bestand in der Frage, ob bei den sexuellen Formen der Saprolegnien und Achlyen ein. Befruchtungsact ausgeführt wird oder nicht. De Bary giebt jetzt schon die Möglichkeit des Be- fruchtungsactes für Achlya polyandra zu und hält denselben jetzt nach eignen Beobachtungen auch für eine Saprolegnia, die er Saprolegnia caudata nennt, schon für wahrscheinlich. Hiermit wäre die wesentliche Aufgabe, die ich in meinem letzten Aufsatze verfolgte, erledigt. Die richtige Auffassung der Sexualitäts-Verhältnisse bei Saprolegnia und Achlya, wie ich die- selbe seit 1857 unausgesetzt vertheidige, wäre wieder hergestellt. Als einen Gewinn muß ich ferner noch die Folgerung be- zeichnen, die sich aus meinen Beobachtungen an den äußeren Be- fruchtuugsschläuchen ziehen läßt, daß der Mangel einer offenen Communication als kein absolutes Hinderniß für die Ausführung des Befruchtungsprocesses gelten darf. Hiermit fällt die ob- jective Stütze, welche bisher für den Mangel des Geschlechtes in weiteren Kreisen thallophytischer Gewächse mit Vorliebe ange- führt wurde. Die allgemeine Frage der Apogamie habe ich in meinem Aufsatze nur insoweit berührt, als dieselbe von de Bary in die Beurtheilung der sexuellen Saprolegnieen hineingezogen wurde. Den Mangel des Geschlechtsactes bei den parthenogene- tischen Formen, bei welchen die männlichen Nebenäste ganz oder großentheils fehlen, habe ich selbst schon früher constatirt. Gewiß wäre es von Bedeutung für die Lehre von der Apo- samie und der Entstehung derselben, wenn an irgend einer Stelle für einen ganzen Kreis von Geschöpfen der Functionsverlust der männlichen Sexualorgane noch bei vollkommen normaler Erhal- tung ihrer morphologischen Ausbildung empirisch nachgewiesen werden könnte. Ein Beispiel dieser Art wären die sexuellen Saprolegnien und Achlyen gewesen, wenn die Ansicht von de Bary über dieselben richtig war. Ich bin dem entgegengetreten in der: Ueberzeugung, daß hier ein Functionsverlust nicht vorliegt, und daß das Verhältniß auch bei den Saprolegnieen nicht anders sich gestaltet, als in anderen Familien, in welchen neben sexuellen Formen rein weibliche, oder solche mit degenerirten Sexualorganen auftreten. zu dem Befruchtungsact von Achlya. 231 Dieser Ansicht über die Apogamie der Saprolegnieen habe ich in meinem Aufsatze Ausdruck gegeben und die persönliche Ueber- zeugung hinzugefügt, es möchte vielleicht erfolgreicher sein, die vorausgesetzten Beziehungen der Reduction und Degeneration der Sexualorgane zur Parthenogenesis, oder zu einer etwa entstehenden Apogamie bei solchen Organismen empirisch zu verfolgen, bei welchen die gesammten biologischen Verhältnisse sich leichter überblicken lassen, als bei den Saprolegnieen. Ueber die nebensächlichen Differenzpunkte, die noch zwischen de Bary und mir bestehen, kann ich mich kurz fassen, zumal nach seiner letzten Erklärung schon einige gefallen sind. De Bary giebt nunmehr zu, daß meine Beschreibungen und Zeichnungen der Oosporen der Achlyen richtig waren, und be- hauptet nicht mehr, daß ich Achlyen und Saprolegnien verwechselt habe. Die Bedeutung und den Werth der äußeren Befruchtungs- schläuche, die er anzuzweifeln geneigt war, scheint er jetzt eher geneigt anzuerkennen, und bestätigt die dort von mir beobachteten Erscheinungen ihrem wesentlichen Gehalte nach. In der Beurtheilung der Formen der Achlyen und Saprolegnien ohne Nebenäste, an welche sich die Frage der Dauer der Ruhe- periode der Oosporen anschließt, gehen unsere Ansichten nach wie vor auseinander. Eine Uebereinstimmung wird hier auch schwer zu erreichen sein, da es sich um die Unterscheidung von Species, Rassen, Varietäten und Bastarden !) bei so niedrigen thallophytischen Geschöpfen handelt, bei welchen die Ursachen der Variation der Charactere noch verborgener sind, als bei höheren. Auch habe ich, dies sei hierbei gelegentlich bemerkt, nicht behauptet und nicht behaupten wollen, ein Mittel zu besitzen, um eine Sapro- legnia oder Achlya mit Antheridien in der so und sovielten Generation in eine Form ohne Antheridien umzuwandeln; sondern nur, daß ich bei meinen Culturen einiger Arten beobachtet und 1) Die Schwierigkeit der richtigen Beurtheilung abweichender Saprolegnieen- Formen und ihrer Entstehungsursachen wird nämlich noch durch die Existenz von Bastarden erhöht. Hierdurch können manche auffallenden Charactere, viel- leicht auch die Degeneration von Sexualorganen eine Erklärung finden. Es liegen mir ganz sichere und unzweifelhafte Andeutungen von Bastardirung bei den Sa- prolegnieen vor. Einen Fall dieser Art zwischen Achlya polyandra und Aehlya eolorata — Species, die in ihren typischen Formen gar nicht zu verwechseln sind — habe ich Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. IX. p. 207. Taf. XVII. Fig. 1 und 6 be- schrieben und abgebildet. 232 Nachträgliche Bemerkungen zu dem Befruchtungsact von Achlya. sefunden habe, daß die Generationen in der Größe der Sexual- organe und der Anzahl der Nebenäste fortschreitend abnehmen. Aehnliche Erfahrungen hat ja nach mir de Bary an Sapro- legnia asterophora und Aphanomyces selbst gemacht '). Daß dies übrigens nicht immer der Fall ist, auch dies habe ich für Achlya colorata z. B. schon selbst hervorgehoben ?). Was endlich die amöboiden Plasmabildungen in den Antheri- dien betrifft, so darf ich auch hier die Angaben von de Bary als eine Bestätigung meiner Befunde betrachten. — In der Nach- schrift zu seinen Bemerkungen ist derselbe zwar leicht bereit, an- zunehmen, daß ich amöboide Plasmabildungen und wirkliche Amöben verwechselt habe). Aber er sieht doch selbst und er- klärt es für sonnenklar — was übrigens Jeder bei gutem Willen auf den ersten Blick sehen mußte — daß meine Fig. 12a mit den amöboiden Plasmabildungen nichts zu thun hat. Daß hier eine falsche Argumentation aber nicht von meiner, sondern von Zopf’s Seite, vorliegt, hätte de Bary auch leicht gefunden, wenn er sich die Mühe gegeben hätte, die Zeugenaussagen, auf die er sich stützt, mit meiner Erklärung der Figur zu vergleichen. Dies lag um so näher, als Zopf’s Behauptungen ja mit de Bary’s eigenen Erfahrungen nicht vereinbar waren. Denn Seite 41 erzählt de Bary*) von seinen eigenen Beobachtungen der amöbo- iden Plasmabildungen und sagt, daß er sie in den Befruchtungs- schläuchen selber schon früher andeutungsweise erwähnt, aber nur ihre Gestalt- und Orts-Bewegung nicht erst beschrieben habe, weil sie die Fortsetzung der lebhaften Protoplasmabewegungen sei, die in allen Theilen der Saprolegnieen stattfinden, und Seite 60 fügt er dann noch ausdrücklich hinzu: „Was die im Vorstehenden erwähnten amöboiden Protoplasmatheile betrifft — die nämlich, die er beobachtet hat — so hat für sie eine Verwechslung mit Parasiten nicht stattgefunden !“ Diese werden wohl aber dieselben gewesen sein, auf die ich die Aufmerksamkeit gelenkt habe. 1) Beiträge zur Morph. und Physiol. IV. p. 76. 2) Jahrb. f. wiss. Bot. IX. p. 200—201. 3) Bot. Zeitung. 1881. p. 60. 4) a. a. ©. Bot. Zeit. 1881. VII Ueber die vermeintlichen Amöben in den Schläuchen und Oogonien der Saprolegnieen. Aus dem Botanischen Centralblatt. BeraXEVE Nor 12% ,7882. In einem Aufsatze, welcher im Octoberhefte der Sitzungs- berichte der Berliner Academie der Wissenschaften vom Jahre 1882 erschienen ist, habe ich den Nachweis geführt, daß die Befruchtung der Achlyen und Saprolegnien durch höchst einfach organisirte, haut- und cilienlose Samenkörper vermittelt wird, die ich wegen ihrer amöboiden Gestalt- und Orts-Veränderung „Spermamöben“ genannt habe. Sie entstehen, wie ich dort nachwies, während der Befruchtungs- periode in den Antheridien und verschwinden an den Zweigspitzen der Befruchtungsschläuche, die, wie ich dort gleichfalls schon ge- zeigt habe, mit den Oosphären untrennbar verwachsen sind. Ueber die Bedeutung dieser Thatsache für die Befruchtungs- lehre insbesondere derjenigen Pflanzen, bei welchen man die im Zeugungsacte functionirenden Samenelemente morphologisch bisher nicht unterschieden hat, oder bei denen man den Sexualact über- haupt negiren wollte, habe ich in dem angeführten Aufsatze schon einige Andeutungen gegeben, die ich später zu ergänzen und weiter auszuführen mir vorbehalte. Nun hat aber fast unmittelbar nach Erscheinen meines Auf- satzes Herr Zopf sich beeilt, in diesen Blättern ’) in einigen kurz und leicht hingeworfenen Thesen meine Beobachtungen für Irr- thümer zu erklären. Er behauptet, daß die Spermamöben, die ich beschreibe, nichts anderes sind, als parasitisch in die Saprolegnieen eingedrungene große und kleine Amöben. Es bedarf keiner weiteren Erwähnung und ist längst bekannt, daß in den Culturen der Saprolegnieen unter vielen anderen, nicht zu ihnen gehörigen, thierischen und pflanzlichen Organismen sich auch Amöben einfinden können. Das Neue, was Herr Zopf er- 1) Bot. Oentralbl. Bd. XII. 1882. p. 356. 236 Ueber die vermeintlichen Amöben zählt, soll aber darin bestehen, daß diese Amöben auch durch die Membran der Schläuche in die Saprolegnieen hineinwandern und hier noch unbekannte Entwicklungs- und Ruhezustände durchlaufen. Diese eingewanderten Amöben soll ich dann für Samenkörper der Saprolegnieen genommen und ausgegeben haben. Herr Zopf betont nachdrücklich, daß die von mir beschriebenen Spermamöben nicht nur in den Antheridien und Befruchtungs- schläuchen vorkommen, sondern bei länger andauernden Culturen fast sämmtliche Schläuche erfüllen, auch in den Oogonien auf- treten und in die Oosporen eindringen. Gegen diese Thesen des Herrn Zopf habe ich schon vor einigen Monaten Protest erhoben !). Ich habe gezeigt, daß von großen Amöben in meinem Auf- satze gar keine Rede ist, daß es aber Herrn Zopf gefallen hat, diese großen Amöben ganz willkürlich in meine Zeichnungen hinein zu interpretiren. Auf die kleinen Amöben des Herrn Zopf, welche nach ihm überall, auch außerhalb der Antheridien, in den Saprolegnieen auf- treten sollen, bin ich gar nicht näher eingegangen, weil Herr Zopf nichts Positives und Brauchbares zu ihrer Erkennung und Charak- teristik vorgebracht hat. Ich habe mich vielmehr in dieser ersten Erwiderung darauf beschränkt, meine eigenen Angaben zu vertheidigen und die Motive für meine Auffassung nochmals darzulegen. Ich habe dort sogar meine Muthmaßungen über die Bildungen noch unterdrückt, welche Herr Zopf in den Schläuchen und Oogonien vermuthlich gesehen und in unbegreiflicher Verkennung mit den von mir beschriebenen Spermamöben identificirtt und verwechselt hat, denn ich glaubte, erst die in Aussicht gestellten Beschreibungen und Abbildungen seiner vermeintlichen Amöben abwarten zu müssen. Alle diese erwarteten Abbildungen und Beschreibungen scheinen ausbleiben zu sollen. Herr Zopf hat bekanntlich für seine übereilten Thesen keine Belege beigebracht, sondern es vorgezogen, Zeugen gegen mich auf- zuführen: Herrn Professor Kny und Herrn Carl Müller, welcher Letztere mir sogar bei der Ausführung meiner eigenen Zeichnungen behülflich war. Er schließt zwar seine Thesen mit dem Satze: „Die 1) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XIV. p. 112 u. £. in den Schläuchen und Oogonien der Saprolegnieen. 23H ausführliche, mit Abbildungen versehene Darstellung soll bald folgen.“ Allein seitdem sind bereits 7 Monate verflossen, und die ver- sprochenen Beschreibungen und Abbildungen sind nicht erschienen. Auch nach meiner ersten Erwiderung sind bereits mehrere Monate verstrichen und Herr Zopf schweigt trotzdem und ist bisher die Beweise für die Irrthümer, die er mir unterschiebt, und die er mit so großer Eile und Sicherheit proclamirt hat, schuldig geblieben. Allein er hat seine Behauptungen auch nicht zurückgezogen, und da auch seine Zeugen sich darüber nicht aussprechen, was sie wirklich bezeugen können und wollen, so bestehen, wenn man will, seine Thesen gewissermaaßen mit einem schein- baren Anspruche auf Berücksichtigung noch fort. Hierdurch hat es Herr Zopf trotz der mangelnden Begrün- dung seiner Thesen erreicht, Gläubige unter den Botanikern zu finden, die seine Angaben für baare Münze genommen haben. So unter Anderen auch de Bary!). Ich darf daher die voll- ständige Aufklärung über die Irrthümer, in welche Herr Zopf verfallen ist, nicht länger aufschieben. Auch ist die Existenz der Samenkörper in dem eigenthümlichen Befruchtungsmodus der Saprolegnieen so eng verknüpft mit allen meinen älteren Arbeiten über dieselben, daß ich die Constatirung der Richtigkeit dieser Thatsache und die Wiederherstellung des wahren, durch Herrn Zopf’s Einrede verdunkelten Sachverhaltes nicht ruhig der Zu- kunft überlassen will. Um ganz sicher zu gehen, habe ich jedoch vorher noch, theils zur Controle meiner eigenen Beobachtungen, theils um die vor- handenen Fehlerquellen nachzuweisen, den Gegenstand nochmals in diesem Frühjahr in einer über mehrere Species ausgedehnten Untersuchungsreihe wieder aufgenommen und hierbei namentlich die Angabe des Herrn Zopf über die in den Schläuchen und Oogonien der Saprolegnieen existirenden und in sie eindringenden Amöben einer sorgsamen Prüfung unterzogen. Ueber das Resultat dieser erneuten Untersuchung kann ich mich mit Berufung auf meine früheren und auf noch folgende Mittheilungen hier kurz fassen. Es lautet: An den Thesen des Herrn Zopf, die sich auf meine Beobachtungen beziehen, ist kein 1) Bot. Zeitg. 1883. No. 3 u. 4; Nachschrift. 235 Ueber die vermeintlichen Amöben Wort wahr, mit Ausnahme dessen, was als eine bloße Wieder- holung meiner Angaben anzusehen ist. Um dies näher zu präcisiren, gehe ich auf die verschiedenen Behauptungen des Herrn Zopf im Einzelnen ein. Zur größeren Klarheit scheide ich hierbei dasjenige, was sich auf die Angabe meiner eigenen Untersuchung — auf die Existenz der Sperm- amöben oder Samenkörper bei den Saprolegnieen — bezieht, von dem, was Herr Zopf Neues über Amöben und ihr Verhalten zu den Saprolegnieen erzählt. A. Die Spermamöben der Saprolegnieen. Deber diese gilt das Folgende: 1) Die Spermamöben entstehen innerhalb der Antheridien. Sie sind nicht, wie Herr Zopf sagt, von außen eingewan- derte Bildungen. 2) Die Spermamöben treten nur in den Antheridien auf. Sie finden sich nicht, wie Herr Zopf sagt, auch in den anderen Theilen der Pflanze. 5) Die Spermamöben entstehen nur während der Be- fruchtungsperiode und überdauern dieselbe nur kurze Zeit, höch- stens so lange, als die Befruchtungsschläuche selbst existiren. Sie treten daher nicht, wie Herr Zopf sagt und sich durch Herrn Professor Kny bezeugen läßt, erst nach der Befruchtunges- periode auf, wenn. die Oosporen bereits fertig und die Antheridien entleert sind. B. Die Amöben des Herrn Zopfin den Schläuchen und Oogonien der Saprolegnieen. In meinen langjährigen Untersuchungen über die Saprolegnieen, welche bis in meine Studentenzeit zurückreichen, habe ich niemals die Schläuche und Oogonien derselben mit beweglichen oder zur tuhe gekommenen Amöben erfüllt gefunden, wie dies doch nach der Aussage des Herrn Zopf vorkommen soll, und worauf der- selbe meine Angaben über Spermamöben zurückführen will. Auch bei meinen erneuten Untersuchungen in diesem Frühjahr konnte ich die von Herrn Zopf angekündisten Amöben nicht finden. Meine Untersuchungen ergaben vielmehr in Ueberein- stimmung mit allen meinen früheren Erfahrungen Folgendes: 1) In allen älteren, der Zerstörung anheimfallenden Theilen der Saprolegnieen, die keine geschlossenen Organe mehr dar- bir in den Schläuchen und Oogonien der Saprolegnieen. 239 stellen, können sich begreiflicher Weise alle möglichen Organismen einstellen, die neben den Saprolegnieen im Wasser vorkommen: Infusorien, Rhizopoden, Schwärmsporen der verschiedensten Art, auch Amöben. Von all diesen zufällig in die erkrankten oder todten Sapro- legnieen eingedrungenen Bildungen kann selbstverständlich bei der Aufsuchung der Zopf’schen Amöben nicht die Rede sein. 2) Es ist ferner eine bekannte Thatsache, daß Schwärmsporen von Chytridien und ihren nächsten Verwandten wirklich durch die Wand der Schläuche hindurch in gesunde und normale Sapro- lesnieen eindringen. Namentlich kommen hier die jetzt wohlbe- kannten Parasiten der Saprolegnieen in Betracht, die zu den Gattungen Olpidiopsis, Woroninia, Rozella gehören. Außerdem ferner noch ein mir bekannter Rhizidium-artiger Parasit, der sich auf den Oogonien der Saprolegnieen ansiedelt, seine Wurzeln durch die Wand derselben hindurch bis zu den Oosporen treibt und diese vernichtet. Endlich noch ein nicht genauer untersuchter Pythium-artiger Parasit, der gleichfalls die Oogonien und ihren Inhalt befällt und tödtet. Alle diese ihren Entwicklungsvorgängen nach gekannten pflanz- lichen Organismen bleiben gleichfalls — wie sich von selbst ver- steht — bei der Aussage des Herrn Zopf über die in die ge- schlossenen Saprolegnieen-Schläuche eindringenden und sie er- füllenden Amöben außer Betracht. Auf einer Verwechslung mit ihnen kann jene Aussage nicht beruhen. 3) Die wirklichen, freiim Wasserlebenden Amöben aber, die in Gemeinschaft mit allerlei anderen Protozoen die Mit- bewohner des Wassers sind, in welchem Saprolegnieen vorkommen oder eultivirt werden, wandern nach meinen Beobachtungen nie- mals durch die Wand der Saprolegnieen-Schläuche in diese hinein. Sie kriechen wohl oft stundenlang längs der Schläuche an diesen hin und her und um dieselben herum, aber ein wirkliches Eindringen einer Amöbe durch die Wand eines Schlauches hin- durch habe ich selbst niemals constatiren können. An sich wäre die Erscheinung ja nicht undenkbar, allein so lange sie nicht besser verbürgt ist, als durch die bloße Behauptung des Herrn Zopf, muß ich an meinen negativen Beobachtungen, die auf wochenlangen unausgesetzten Bemühungen beruhen, fest- 240 Ueber die vermeintlichen Amöben halten, zumal Herr Zopf, wie ich mich überzeugen mußte, allerlei Dinge in den Saprolegnieen für Amöben hält, die himmelweit von diesen verschieden sind. Wäre die Thatsache übrigens auch wahr, so wäre sie begreiflicher Weise doch ohne jede Beziehung zu den von mir beschriebenen Spermamöben. Nicht unterlassen will ich jedoch, noch besonders darauf aufmerksam zu machen, daß, soviel ich weiß, in der ganzen zoologischen Litteratur, völlig in Ueber- einstimmung mit meinem eigenen Befunde, nirgends eine Beob- achtung vorliegt, wonach diejenigen Formen der Amöben, welche die Zoologen in ihren Systemen als selbständige, frei im Wasser lebende Zellen auffassen, im Innern anderer Organismen parasitirende Entwicklungs- und Ruhezustände durchlaufen. Was Herr Zopf hierüber in seinen Thesen vorbringt, wäre absolut neu, wenn es nicht absolut falsch wäre. Hierzu gehören auch seine Angaben über die Amöben in den Oosporen der Saprolegnieen. 4) Was sind nun aber dann endlich jene Bildungen, welche Herr Zopfals kleine und große Amöben in Saprolegnieen bezeichnet und zum Theil mit den von mir in den Antheridien be- schriebenen Spermamöben identifieirt, zum Theil als in den Oogo- nien zur Ruhe übergegangene Amöben ansieht? Hierauf glaube ich folgende Antwort geben zu können: Es giebt allerdings in den Schläuchen und in den Oogonien der Saprolegnieen Bildungen eigenthümlicher Art, welche Ungeübte bei oberflächlicher Untersuchung mit den Spermamöben in den Antheridien verwechseln könnten. Sie unterscheiden sich jedoch von diesen durch alle Merkmale, durch welche mikroskopische Gebilde sich überhaupt morphologisch, optisch und che- misch von einander unterscheiden können. Auf diese Körper habe ich schon vor 23 Jahren aufmerksam gemacht, ohne sie weiter zu verfolgen. Es sind, wie ich jetzt sagen kann, frei im Zelllumen der Saprolegnieen-Schläuche und in den Oogonien niedergeschlagene, im Alter geschichtete Körner aus einer Art Pilzcellulose, oder einer verwandten Modi- fication derselben. Ich werde nächstens an anderer Stelle nähere Angaben über dieselben machen. So lange diese Körner noch klein sind, kann ein Beobachter, der nicht ordentlich untersucht, sich vielleicht täuschen lassen. Immerhin ist es schwer, dieselben für bewegliche oder in Ruhe übergegangene Amöben zu halten. Bis Herr Zopf die in den Schläuchen und Oogonien der ın den Schläuchen und Oogonien der Saprolegnieen. 241 Saprolegnieen vorhandenen und in sie eindringenden großen und kleinen Amöben, die ich verkannt haben soll, näher beschreiben und zeichnen wird, bin ich nach meinen Untersuchungen gezwungen anzunehmen, daß es diese körnigen Niederschläge des Zellinhaltes sind, welche derselbe für zur Ruhe gekommene Amöben und für Spermamöben angesehen hat. Denn, abgesehen von den bereits erwähnten, hier nicht in Frage kommenden Pythium-, Rhizidium- und Chytridien-artigen Parasiten, finde ich trotz der sorgfältigsten Nachforschung in den physiologisch normalen Saprolegnieen zur Zeit ihrer Befruchtungsperiode ausser jenen körnigen Nieder- schlagen keinerlei Bildunsen irgend welcher Art, auf welche die Angabe des Herrn Zopf passen würde, daß bei längeren Culturen kein Schlauch frei von ihnen ist, und daß sie ebenso, wenn auch minder häufig, zwischen den Oosporen in den Oogonien auftreten. Berlin, den 12. Juni 1883. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, II, 16 vo. Ueber die Vorkeime der Charen. Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin, Sitzung der phys.-math. Klasse vom 28. April 1862. 16* Von den zahlreichen Beobachtern der Keimung der Charen wird allgemein angenommen, daß ihre Sporen bei der Keimung unmittelbar die Pflanze hervorbringen. Mit der größten Schärfe findet sich diese Behauptung zuerst bei Bischoff in seiner monographischen Bearbeitung der Charen ausgesprochen. — Nach einigen kurzen Bemerkungen über die von der zufälligen Lage der Spore abhängige Richtung der keimenden Pflanze sagt Bischoff!): „In jedem Falle ist es jedoch klar, daß bei den Charen eine unmittelbare Entwicklung des Keimpflänz- chens aus der Spore statt hat, ohne Spur eines primitiven Keim- gebildes, wie es bei den übrigen Cryptogamen der höheren Ordnungen der Fall ist, und auch dadurch wird der Standpunkt dieser Pflanzen auf der Grenzscheide der beiden Hauptabtheilungen des Gewächs- reiches beurkundet.“ Gewiß wird jeder, der keimende Charen beobachtet hat, zu- seben, daß diese Behauptung vollkommen dem ersten und un- mittelbaren Eindruck entspricht, welchen keimende Charen in dem Beobachter hervorrufen, und dieser unmittelbare Eindruck hat offenbar auch alle neueren Beobachter der Keimung verführt, denn sie weichen in ihrer Auffassung der aus der Spore hervortretenden Bildung nirgends von Bischoff ab. Dennoch ist diese Auffassung falsch, und es ist gewiß, daß die keimende Spore die junge Pflanze nicht unmittelbar hervorruft, sondern daß auch bei den Charen, wie bei den höheren Crypto- gamen, bei der Keimung zuerst ein Vorkeim gebildet wird, auf welchem erst später die ersten Zweige der Pflanze durch eine nor- 1) G. W. Bischoff. „Die cryptogamischen Gewächse‘“, erste Lieferung: Charen und Equiseteen. Nürnberg 1828. S. 10. 246 Ueber- die Vorkeime male Knospung hervorsprossen. — Der Beweis für diese Behaup- tung führt auf die Wachsthumsgeschichte der Charensprosse, deren vollendete Darstellung wir Al. Braun!) verdanken, zurück. Er verlangt ferner ein ausführliches Eingehen auf die Bildung und den Bau der aus dem Knoten und in den Blattachseln der Charen sich erhebenden Seitenzweige. — Den allgemeinen Bau der Charen setze ich als bekannt vor- aus, und aus der Entwicklungsgeschichte ihrer Zweige hebe ich hier nur hervor, daß jeder Zweig und jede Knospe — oder Zweig- anfang — der Charen, wie bei den Cormophyten überhaupt, mit einem Vegetationskegel endigt, von welchem die Bildung sämmt- licher morphologischer Gliederungen — der Internodien, Knoten und Blätter — mittelbar oder unmittelbar ausgeht, und füge noch hinzu, daß der Vegetationskegel der Charen nicht von einem com- plexen Zellkörper, sondern von einer einzigen Zelle — hier also der Vegetationszelle — gebildet wird. Ferner erinnere.ich noch ‚daran, daß die Berindung der Stengel- und Blatt-Glieder von den begrenzenden Knoten abhängt, indem die von den oberen Knoten absteigenden Rindensegmente sich über dem Gliede mit den von dem unteren Knoten aufsteigenden zu einer zusammenhängenden Rindendecke zusammenschließen. — Es ist bekannt, daß — wie allgemein bei den Blattpflanzen — so auch bei den Charen aus den Blattachseln am Knoten Zweige entspringen, welche dem Mutterzweige, aus dem sie hervor- treten, gleichwerthig seinen Stock bereichern und seinen Wuchs wiederholen. Bei Chara fragilis, auf welche Art die folgenden Mittheilungen sich beziehen, entspringt an den jüngeren Knoten gewöhnlich nur ein einziger Seitenzweig, der, wie Al. Braun gezeigt hat, in der Achsel des ältesten Blattes am Quirle steht. Er unterscheidet sich von seinem Mutterzweige nur dadurch, daß die vollständig vorhan- dene Berindung seines ersten — des untersten — Gliedes nur vom oberen Knoten aus erfolgt, indem sein Basilarknoten keine auf- steigenden Rindensegmente bildet. An älteren, überwinterten Knoten dieser Pflanze sieht man dagegen eine größere Anzahl von Zweigen aus einem Blattquirle 1) Ueber die Richtungsverhältnisse der Saftströme in den Zellen der Characeen. Monatsberichte der Berl. Akad. d. Wiss. 1852 u. 1853. E> der Ckaren. 2471 und jetzt nicht mehr ausschließlich aus der Achsel des ältesten Blattes sich erheben. Diese nachgeborenen Seitenzweige erscheinen zugleich mehr oder weniger abnorm verändert, und eine genauere Untersuchung zeigt, daß unter ihnen zweierlei Bildungen von ganz verschiedenem, morphologischem Werthe auftreten. Die einen unterscheiden sich von dem ganz normal berin- deten Zweige, welcher in der Achsel des ältesten Blattes schon viel früher entsteht, durch ein gänzliches Fehlschlagen oder doch durch die mangelhafte Ausbildung der Rinde an ihren unteren Theilen. Meist trifft diese Abänderung nur das unterste Glied und die Blätter des ersten Quirls, hin und wieder auch noch fol- sende Glieder und Quirle. Zum Unterschiede von anderen werde ich diese Zweige „nackt- füßige Zweige“ nennen. Die mannigfaltigen Erscheinungen, welche durch den verschiedenen Grad der Ausbildung der Rinde an den unteren Gliedern dieser nacktfüßigen Zweige hervorgerufen werden, übergehe ich hier ganz, hebe dagegen besonders hervor, daß auch diese Zweige in ihrer Entwicklung,. so namentlich in der Anlegung ihrer morphologischen Gliederungen aus der an ihrer Spitze stets vorhandenen Vegetationszelle das allgemeine Entwicklungsgesetz der Charensprosse befolgen. — Die zweite Art zweigähnlicher Bildungen, welche neben den nacktfüßigen Zweigen an älteren überwinterten Knoten auftreten, muß durch die weit größere Abweichung ihrer unteren Theile von dem normalen Bau der Charensprosse schon äußerlich auf- fallen. Diese Bildungen sind es, auf welche ich hier zunächst unter dem Namen der „Aweigvorkeime“ die Aufmerksamkeit lenken will. Während jeder aus einem Knoten hervortretende Zweig mit einem durch die bekannten Chlorophyllreihen der Charen grün scheinenden, deutlichen Gliede beginnt, welches gleich über sich den ersten normal mit Blättern versehenen Knoten trägt, beginnen die Zweigvorkeime mit einem durchaus farblosen, kürzeren oder längeren Gliede, dem die Chlorophyllreihen constant fehlen. Auf dieses folgt dann ein höchst mangelhaft ausgebildeter und stets blattloser Knoten, dessen Stelle öfters sogar von einer einzigen, gliedartig verlängerten Zelle eingenommen wird. Hierauf folgt 248 Ueber die Vorkeime wieder ein mehr oder weniger gestrecktes, noch immer nacktes Glied, welches in seiner Erscheinung den Stengelgliedern der Charen schon mehr gleicht, und dieses Glied trägt nun scheinbar den ersten Blattkreis. Aber auch dieser fällt noch durch eine unverhältnißmäßige Ausbildung der Theile auf, die nie an einem anderen Blattquirle wahrgenommen wird, indem unter seinen ihm scheinbar ange- hörigen Blättern das eine sich constant durch eine übermäßige Entwicklung auszeichnet, die alle hin und wieder bei normalen Quirlen vorkommenden Ungleichheiten zwischen den Blättern eines Quirles weitaus übertrifft. Erst von hier an wird der Zweig völlig normal, d. h. die fol- genden Glieder, Knoten und Blätter verhalten sich genau wie die ersten Glieder, Knoten und Blätter eines normalen, nacktfüßigen oder berindeten Seitenzweiges, so daß es offenbar den Anschein gewinnt, als ob der eigentliche Zweig erst als Seitenzweig in der Achsel des erwähnten übermäßig entwickelten Blattes des ersten Quirles seinen Ursprung nimmt. Und diese Ansicht findet in der That ihre volle Bestätigung in der Entwicklungsgeschichte ; und diese liefert zugleich über die Bedeutung jenes übermäßig entwickelten Scheinblattes einen uner- warteten Aufschluß. Sie zeigt nämlich, daß es gar nicht als Blatt dem ersten Blatt- kreise angehört, sondern die Spitze eines besonderen, ein eigen- thümliches Wachsthum befolgenden Gebildes ist, und daß erst unterhalb dieser blattähnlichen Spitze später die erste normale Charen-Knospe entsteht, welche zu einem normal berindeten oder nacktfüßigen Zweige auswächst, der sich von anderen Charenzweigen nur dadurch unterscheidet, daß sein Basilarknoten einige auf rudi- mentärer Entwicklung stehen bleibende Blättchen erzeugt. Dadurch nun, daß diese Blättchen mit dem Ende jenes selb- ständigen Organes — welches ich „Zweigvorkeim“ nenne — in einen Kreis zusammentreten, wird der Schein erregt, als ob der Zweig über jenem Quirl die unmittelbare Fortsetzung der Glieder unterhalb desselben wäre. Mit dieser Erkenntniß schwinden alle Widersprüche und Ab- normitäten, welche an den unteren Gliedern und den ersten Quirlen dieser Zweige auffallen, solange man von der falschen Voraus- setzung ausgeht, daß das Gebilde, welches ich als die Spitze des der Charen. 249 Zweigvorkeimes bezeichne, das übermäßig entwickelte, älteste Blatt des ersten Quirles ist. Denn weder die Ausbildung dieser Vor- keimspitze, noch die Form ihrer Endzelle, noch endlich die Rich- tungsebenen der Saftströme in ihren Zellen stimmen mit dem ge- setzmäßigen Verhalten der Teile eines Blattes überein. Die volle Bedeutung dieser Zweigvorkeime tritt aber erst durch die vergleichende Betrachtung der keimenden Pflanze hervor. Die bedeutenden Abweichungen von dem normalen Baue der Glieder und Knoten, welche an den ersten Gliedern und Knoten keimender Charen beobachtet werden, erklären sich nämlich auf das Einfachste aus denselben Bildungsvorgängen, die ich an den Zweigvorkeimen kennen gelehrt habe. — Auch die Keimung der Spore beginnt mit der Bildung eines selbständigen, eineigenthümliches Wachsthumsgesetz be- folgenden Organes, — eines Vorkeimes — aus dessen blattlosen Knoten die beblätterten Zweige erst hervortreiben. Die von der Spore gebildeten Vorkeime gleichen in jeder Be- ziehung den an älteren Knoten überwinterter Pflanzen entstehen- den Zweigvorkeimen. Sie reichen von der Spore bis zum ersten Blattquirl und enden hier mit jenem übermäßig entwickelten, dem Quirl scheinbar zugehörigen Gebilde, welches bald — wie von den älteren Beobachtern — als die Spitze des fortwachsenden Haupt- stammes, bald — wie von den neueren Beobachtern — als das erste, unverhältnißmäßig entwickelte Blatt des ersten Quirls be- trachtet worden ist. Es ist aber — wie gesagt — weder das eine noch das andere, sondern die Spitze eines nicht weiter entwicklungsfähigen, blatt- losen Vorgebildes, und die neben ihm befindlichen Blättehen, mit welchen es scheinbar zu einem Quirl zusammentritt, sind — wie bei den Zweigvorkeimen — die rudimentär entwickelten Blätter des Basilarknotens des ersten am Grunde der Vorkeimspitze ge- bildeten normalen Charen-Zweiges. Dieser Nachweis des Vorkeimes bei den Charen füllt eine fühl- bare Lücke in der Entwicklungsgeschichte dieser Pflanzen aus. Die Existenz blattloser Vorgebilde, aus welchen die Zweige hervorsprossen, unterstützt die aus der Bildungsgeschichte der Theile entlehnte Auffassung der Charen -Zweige als beblätterter Sprosse und stellt die nahe Verwandtschaft der Charen mit den Moosen in das hellste Licht. — 250 Ueber die Vorkeime Zu der Form der Samenfäden und der Fruchtanlagen, worin die Charen den Moosen sich so auffallend nähern, tritt nun auch die gleiche Entstehungsweise des beblätterten Zweiges aus Knospen, welche an confervenartigen, blattlosen Vorkeimen entstehen, hinzu. Denn die Vorkeime der Charen weichen in ihrem Bau, wie die mögliche Vertretung ihrer wenigen und mangelhaft ausgebildeten Knoten durch einfache, gliedartig verlängerte Zellen nachweist, nur wenig von den confervenartigen Moosvorkeimen ab. Und obgleich der einfachere, überhaupt fast confervenartige Bau der Pflanze bei den Charen, sowie die Knotenbildung ihrer Vorkeime, wodurch diese den Bau der beblätterten Zweige äußerlich nachahmen, die Erkennung der Vorkeime und ihre Unterscheidung von den be- blätterten Zweigen ungemein erschwert, so ist doch niemals eine Verwechslung der Vorkeime mit beblätterten Zweigen möglich, und es tritt nie ein Uebergang eines Vorkeims in einen beblätterten Zweig ein; so daß die morphologische Aberenzung der blattlosen Vorkeime und der beblätterten Sprosse bei den Charen ebenso scharf ausgeprägt ist, als bei den Vorkeimen und Zweigen der Moose. Die vollständige morphologische Gleichwerthigkeit der Vor- keime bei Charen und Moosen tritt endlich auf das Entschiedenste durch die Zweigvorkeime der Charen hervor. Denn unter allen Blattpflanzen finden sich nur noch an den Stengeln und Blättern der Laubmoose Organe, welche den Zweigvorkeimen der Charen analog sind. Es sind dies die bekannten, von W.P. Schimper') in seinen anatomischen und morphologischen Untersuchungen über die Moose ausführlich beschriebenen wurzelartigen Prothallien, welche am Stengel und den Blättern vieler Laubmoose auftreten. Die Charen durchlaufen daher in ihrem allgemeinen Entwick- lungsgange ähnliche Entwicklungsstufen wie die Moose. Sie sind beblätterte Pflanzen ohne Hauptstamm und Haupt- wurzel, indem ihre Zweige sämmtlich, wie die der Moose, als Seiten- zweige entweder an anderen beblätterten Zweigen oder an blatt- losen Vorkeimen entstehen. — 1) Man vergleiche die von Schimper in seinen Recherches anatomiques et morphologiques sur les mousses, Straßburg 1848, als „radicelles proembryonnaires sur les tiges“ (pag. 13); „exeroissances proembryonnaires sur le limbe et ä l’ex- tremite de la nervure des feuilles“ (pag.. 15) und „radicelles proembryonnaires anx feuilles detachees de la tige“ (pag. 19) beschriebenen Bildungen. der Charen. 251 In dem Bau der Antheridien und in der Ausbildung der Frucht zeigen sie allerdings bedeutendere Abweichungen von den Moosen, welche ihre völlige systematische Vereinigung mit der einen oder anderen Moosgruppe nicht gestatten, allein wie in der Form der Samenfäden, so stimmen sie wieder auch in der ursprünglichen Anlage der Frucht mit dem allgemeinen Bildungsgange der Moose überein; denn obgleich die Zeit und die Stelle der Befruchtung bei den Charen noch nicht nachgewiesen ist, so läßt sich nach naheliegenden und bekannten Analogien, zu denen jetzt die Bil- (dung der Vorkeime noch hinzutritt, doch schon mit großer Wahr- scheinlichkeit vermuthen, daß auch bei ihnen nicht die zum Pro- thallium auskeimende Sporenzelle, sondern eine mehrere Zell- senerationen vorhergehende Mutterzelle befruchtet wird. Es schließen sich somit die Charen offenbar als eine besondere Gruppe der Abtheilung moosartiger Gewächse unter den Orypto- samen an. — Ferner läßt das unerwartete Auftreten der Vorkeime bei den Charen es als ein allgemeines Gesetz erscheinen, welchem neben Farrnkräutern und Moosen der früheren Ansicht entgegen auch _ die Charen sich unterordnen, daß bei allen Blattpflanzen die Spore niemals unmittelbar zur Vegetationsspitze der ersten beblätterten Achse werden kann. Die weitere Ausführung dieser vorläufigen Mittheilung wird mit den nöthigen literarischen Nachweisungen und Abbildungen das nächste, bereits unter der Presse befindliche Heft meiner Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik bringen. Ueber die Vorkeime und die nacktfüssigen Zweige der Charen. Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. IH. Heft II. 1862. Hierzu Tafel XX—XXIV. ” Die Beobachtungen über die Keimung der Charen, welche Vaucher im Jahre 1821 veröffentlicht hat!), haben die erste thatsächliche Grundlage zu einer richtigen Würdigung der Fructi- ficationsorgane dieser Pflanzen geliefert. Bestätigt wurden sie bald darauf durch Kaulfuß?°), der seine Untersuchungen zwar erst 1825 bekannt machte, sie aber, wie es scheint, schon beendet hatte, noch bevor ihm der Aufsatz von Vaucher, welcher die erste Dar- stellung der Keimung enthielt, zugegangen war. Durch diese Beobachtungen wurde zuerst die Keimfähigkeit der Sporenfrüchte der Charen dargethan und zugleich festgestellt, daß aus der keimenden Sporenfrucht stets nur eine einzige Pflanze hervorgehe. Zahlreiche Beobachter haben später die Keimung der Charen von Neuem untersucht und den Vorgang ohne Ausnahme wesent- lich in völliger Uebereinstimmung mit den Angaben von Vaucher und Kaulfuß dargestellt. Eine nähere, auf den genaueren Vorgang bei der Keimung bezügliche Angabe, welche die unmittelbare Bildung der: Pflanze aus der keimenden Spore betrifft, hat bisher gleichfalls von den späteren Beobachtern keinen Widerspruch erfahren. Sie findet sich zuerst scharf ausgesprochen bei Bischoff, welcher nach einigen Bemerkungen über die von der zufälligen Lage der Spore herrührende Richtung der jungen Pflanze in seiner Monographie der Charen hierüber Folgendes aussagt°): „In jedem Falle ist es jedoch klar, daß bei den Chareen eine unmittelbare Entwicklung 1) Memoires de la Societe de Physique de Gen®ve. Tom. I. p. 1. 1821. 2) Erfahrungen über das Keimen der Charen. Leipzig 1825. 3) Die eryptogamischen Gewächse ; erste Lieferung: Chareen und Equiseteen. Nürnberg. 1828. S. 10. | 256 Ueber die Vorkeime des Keimpflänzchens aus der Spore statt hat, ohne Spur eines primitiven Keimgebildes, wie es bei den übrigen Cryptogamen der höheren Ordnungen der Fall ist, und auch dadurch wird der Stand- punkt dieser Pflanzen auf der Grenzscheide der beiden Hauptab- theilungen des Gewächsreiches beurkundet.“ Jeder, der keimende Charen beobachtet hat, wird zugeben, daß diese Behauptung dem Eindrucke entspricht, welchen keimende Charen zunächst in dem Beobachter hervorrufen, und offenbar hat dieser Eindruck auch alle späteren Beobachter der Keimung ver- führt, denn diese weichen in ihrer Auffassung der aus der Spore hervortretenden Bildung nirgends von Bischoff ab. Dennoch aber ist diese Auffassung falsch, und es ist gewiß, daß die erste Axe der Pflanze nicht unmittelbar aus der Spore hervorgeht, sondern daß auch bei den Charen, wie bei den übrigen höheren Cryptogamen, bei der Keimung zuerst ein Vorkeim ge- bildet wird, aus welchem erst später die Pflanze durch eine nor- male Knospung hervorsproßt. Der Beweis für diese Behauptung, den der vorliegende Auf- satz bezweckt, führt auf die Wachsthumsgeschichte der Charen- sprosse, deren vollendete Darstellung wir Alex. Braun!) ver- danken, zurück. Er verlangt ferner ein ausführliches Eingehen auf die Bildung und den Bau der aus den Knoten und in den Blatt- achseln der Charen sich erhebenden Seitenzweige. Den allgemeinen Bau der Charen kann ich als bekannt vor- aussetzen, dagegen glaube ich wenigstens die Hauptzüge aus der Entwicklungsgeschichte der Sprosse hier vorausschicken zu müssen, da ihre Kenntniß eine nothwendige Grundlage für das richtige Ver- ständniß der ‘Vorkeime bildet. I. Die Sprosse der Charen enden — wie die beblätterten Sprosse der Cormophyten überhaupt — mit einem Vegetationskegel, von welchem die Bildung sämmtlicher Theile, der Internodien, der Knoten und der Blätter mittelbar oder unmittelbar ausgeht. Jede Terminalspitze eines wachsenden Charenzweiges läuft da- her in eine offene Knospe aus (Taf. XXI Fig. 5, 6, Taf. XXIV Fig. 4), die in ihrer morphologischen Gliederung vollkommen der Terminalknospe eines Phanerogamenzweiges entspricht. Ebenso 1) Ueber die Richtungsverhältnisse der Saftströme in den Zellen der Characeen. Monatsberichte der Berliner Akademie vom Jahre 1852 und 1853. und die nacktfüßisen Zweige der Charen. 257 beginnt jeder normale Seitenzweig der Charen mit einer in der Achsel oder am Grunde der Blätter verborgenen Knospe (Taf. XXI Fig. 1c, Taf. XXIV Fig. 4 g), deren Vegetationskegel von seiner ersten Entstehung aus dem Stammknoten an deutlich wahrge- nommen wird. Es unterscheiden sich aber die Sprosse der Charen von den Sprossen der Gewächse höherer Ordnungen durch den für die Untersuchung ihrer Entwicklung höchst günstigen Umstand, daß ihre Bildungscentra nicht von complexen Zellkörpern, sondern nur von einzelnen Zellen gebildet werden. Der Vegetationskegel, welcher sich an der Spitze eines jeden Sprosses, einer jeden Knospe der Charen finden muß, besteht da- her bei den Sprossen und Knospen der Charen nur aus einer ein- zigen Zelle — der Vegetationszelle — die, stets vorhanden, sich immer deutlich über die jüngsten Blattanlagen erhebt (vergl. Fig. 6 Taf. XXI und Fig. 4 und 6 Taf. XXIV). Die ersten Anlagen zu den primären Gliedern sind wieder einzelne Zellen, die unmittelbar durch aufeinander folgende Thei- lungen aus der Vegetationszelle hervorgehen (o Fig. 6 Taf. XXI und i Fig. 4 Taf. XXIV). Diese primären Gliederzellen theilen sich wieder durch eine Scheidewand in zwei übereinander stehende ungleiche Zellen, von welchen die untere und zugleich niedrigere ohne weitere Theilung zu der langen Internodialzelle der Charen auswächst, während die obere, höhere, zur primären Knotenzelle wird. Die Knoten sind daher bei ihrer Entstehung schon im ein- zelligen Zustande als solche erkennbar und werden erst später durch secundäre Bildung von zunächst senkrechten Scheidewänden in der primären Knotenzelle (Taf. XXI Fig. 6, Taf. XXIV Fig. 4, 6) zu dem complieirten Zellkörper umgebildet, den sie später dar- stellen, und dessen Bildungsgeschichte bisher noch nicht über die ersten Stadien seiner Entwicklung hinaus hat fortgeführt werden können. Die Blätter treten als einzelne Zellen aus dem Knoten hervor (f, f in Fig. 6 Taf. XXIV), und zwar sind es die peripherischen Zellen der Knoten selbst, welche sich erhebend zu den Blattan- lagen werden, die alsdann nach einem Wachsthumsgesetze, welches von dem der Axe wesentlich verschieden ist, sich in die fertigen Blätter umbilden. Da aber die peripherischen Zellen der Knoten nicht durch Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd. II, 17 258 Ueber die Vorkeime simultane, sondern durch succedane Theilung in der primären Knoten- zelle entstehen, so treten auch die einzelnen Blätter desselben Blattkreises nicht gleichzeitig, sondern nach einander aus dem Knoten hervor (Taf. XXIV Fig. 6), und dies verschiedene Alter der Blätter desselben Blattkreises macht sich bei den jüngsten Blattkreisen noch auffallend durch die verschiedene Größe und Ausbildung der dem Blattkreise angehörigen Blätter bemerkbar (Taf. XXI Fig. 6 der entstehende Blattkreis f, Taf. XXIV Fie. 5 der Blattkreis g und Taf. XXI Fig. 5). Allein im Laufe der wei- teren Entwicklung verschwindet sehr bald dieser Altersunterschied, und ältere Bhattkreise — vom dritt- bis viertjüngsten an — zeigen nur noch geringe Spuren dieser ursprünglichen Verschiedenheit, und auch diese verschwinden bei der gleichartigen Ausbildung, welche später die Blätter desselben Kreises gesetzmäßig erhalten. schließlich ganz (Taf. XXIV Fig. 4 die Terminalknospe). Die Stengelberindung der berindeten Charen endlich, welche ich hier noch mit einigen Worten berühren muß, wird, wie schon Varley!) wußte, von einzelnen, gleichartig gebauten Zellsträngen gebildet, die durch ihre Verwachsung die geschlossene, das Inter- nodium völlig bekleidende Rindendecke darstellen. Jene Zell- stränge, welche Alex. Braun „Rindenlappen“ oder „Rindenseg- mente“ genannt hat, nehmen ihren Ursprung aus dem Knoten am Grunde der Blätter (Taf. XXIV Fig. 4d, a), indem von jedem Blatte am Knoten ein Rindensegment aufsteigend an das nächst obere, und eines absteigend an das nächst untere Internodium sich anlegt. Nur dem ältesten Blatte des Knotens, in dessen Achsel die erste normale Seitenknospe steht, fehlt das eine, und zwar das aufsteigende Rindensegment. Die von einem Knoten absteigenden Rindensegmente (in der Fig. 4 Taf. XXIV von den sichtbaren die drei oberen bei d), deren Zahl also der Anzahl der Blätter des Knotens gleichkommt, verwachsen in der Mitte des unter dem Knoten befindlichen Gliedes mit den an diesem Gliede von dem nächst unteren Knoten aufsteigenden Rindensegmenten (in der Fig. 4 Taf. XXIV, von den sichtbaren die drei unteren bei a), deren Zahl jedoch, wie aus der vorhergehenden Angabe folgt, um eins geringer ist, als die Zahl der Blätter, welche der Knoten trägt. 1) On Chara vulagris, in Transactions of the Mieroscopical Society of London. Vol. I. (1849). und die nacktfüßisen Zweige der Charen. 259 Es ist dieser Vorgang jedoch nicht so zu verstehen, als ob das zuvor gestreckte, noch nackte Glied von seinen beiden begren- zenden Knoten aus nachträglich mit den Rindensesmenten beklei- det würde, sondern die Entstehung der Rinde beginnt stets in einem sehr frühen Entwicklungsstadium, unmittelbar nach Anlegung des Gliedes. Noch bevor dessen Streckung erfolgt ist, treten schon aus seinem oberen und unteren Knoten die ersten Zellen der Rindensegmente hervor und greifen, das äußerst kurze Glied be- deckend, sogleich mit ihren Enden kammartig ineinander. Es er- scheinen daher die Glieder schon von ihrer frühesten Jugend an berindet, und mit der späteren Streckung und Ausdehnung des jungen, berindeten Gliedes hält dann die Ausbildung seiner Rinde, d.h. die Zelltheilung in den primären Zellen der einzelnen Rinden- segmente (a, d in Fig. 4 Taf. XXIV) und die darauf folgende Streckung bestimmter Zellen der Rinde, gleichen Schritt. In ähnlicher Weise geht auch die Berindung der Blattelieder von den beiden das Blattglied begrenzenden Knoten aus, und die Berindung eines jeden Gliedes gehört daher bei Zweigen und Blättern (Taf. XXIV Fig. 1) ihrer Entstehung nach beiden das Glied begrenzenden Knoten, zur Hälfte dem oberen, zur Hälfte dem unteren, an. Nur das unterste Glied eines jeden Seiten- zweiges und eines jeden Blattes (Taf. XXIV Fig. 1, «; Taf. XXI Fig. 1u) macht hiervon eine hier besonders hervorzuhebende Aus- nahme, indem dessen vollständige Berindung, wenn sie überhaupt vorhanden ist, ausschließlich von seinem oberen Knoten ausgeht. Hiernach wird es leicht sein, sich eine richtige Vorstellung von der Beschaffenheit der Spitze eines normalen, fortwachsenden oder beginnenden Charensprosses zu machen. Wesentlich ist nur, daß der Sproß mit einem deutlich über die jüngsten Blattanlagen sich erhebenden, von einer einzigen Zelle gebildeten Vegetationskegel — der mehrfach erwähnten Vege- tationszelle — enden muß. Bei beginnenden Sprossen in den Achseln der Blätter besteht der ganze Sproßanfang nachweislich nur aus dieser einen Vege- tationszelle, zu welcher eine sich erhebende Zelle des Knotens in der Achsel oder am Grunde eines Blattes geworden ist. Je nach dem vorgeschrittenen Entwicklungszustande des Sprosses finden sich dann unterhalb dieser Vegetationszelle eine geringere oder größere Anzahl angelegter Glieder und Knoten mit deren mehr izle 260 Ueber die Vorkeime oder weniger entwickelten Blattanlagen vor (Taf. XXIV, Fig. 4g; Fie.’6°v; Taf. XXI Fig. 1c; Fig. 6, 55 Tal RTV Hi 7) Die bisher besprochenen Bildungsvorgänge der Charensprosse hat, wie ich bereits erwähnte, Alex. Braun in einer musterhaften Ausführung, welcher ich nach vielfach wiederholten eigenen Unter- suchungen nichts Neues hinzuzufügen vermag, zuerst dargelegt. In Bezug auf alle specielleren, im Vorigen nicht berührten Verhält- nisse muß ich daher auf die beiden schon genannten Aufsätze von Braun verweisen, glaube aber, daß der obige, nur ganz allge- mein gehaltene Umriß mit Hülfe der beigegebenen Figuren wenig- stens genügen wird, um die folgenden Beobachtungen, die sich zunächst auf Chara fragilis beziehen, verständlich zu machen. II. An Exemplaren dieser Art, die an ihren Standorten unter natürlichen Verhältnissen gewachsen sind, findet man regelmäßig aus jedem Blattwinkel nur einen einzigen Seitenzweig sich erheben, welcher, wie Braun gleichfalls nachwies, in der Achsel des älte- sten Blattes steht. Dieser Zweig, welchen ich als den „nor- malen Seitenzweig‘“ bezeichnen will, unterscheidet sich in keiner Weise von seinem Mutterzweige. In Bezug auf seinen Bau und seine Entwicklung gilt Alles, was im Vorhergehenden über- haupt von der Entwicklung der Charensprosse ausgesagt worden ist. Daß die Berindung seines untersten Gliedes nur von seinem oberen Knoten ausgeht, ist bereits erwähnt und als für alle Seiten- zweige gültig ausgesprochen worden. Schon der erste Blattquirl, den er trägt, ist in Rücksicht auf die Zahl und Ausbildung seiner Blätter vollständig normal. Sucht man ihn in seinen frühesten Knospenzuständen in der Achsel des ältesten Blattes junger Quirle an der Spitze wachsender Sprosse auf, so findet man eine volle Uebereinstimmung dieser Axillarknospen mit den Terminalknospen wachsender Sprosse (Taf. XXIV Fig. 49). So verhält es sich regelmäßig an jungen, unter den natürlichen Verhältnissen wachsenden Pflanzen. Werden aber die Pflanzen älter, namentlich wenn sie über- wintern, oder unter besonderen, künstlich herbeigeführten Um- ständen, die ich später besprechen werde, auch an jüngeren Pflanzen, dann sieht man bei Chara fragilis aus (demselben Knoten außer jenem ersten, normalen Seitenzweige in der Achsel des ältesten Blattes noch mehrere und oft zahlreiche Zweige, und jetzt nicht mehr ausschließlich in der Achsel des ältesten Blattes, sondern und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 261 auch aus den Achseln und am Grunde jüngerer Blätter des Quirles hervortreten. Diese nachgeborenen Seitenzweige erscheinen aber mehr oder weniger abnorm verändert, und eine genaue Untersuchung zeigt, daß unter ihnen zweierlei Bildungen von morphologisch ver- schiedenem Werthe auftreten. Ich werde die einen, die sich nur durch geringere Abweichun- sen, namentlich durch die mangelhafte Entwicklung der Rinde ihrer unteren Theile, von den normalen Zweigen unterscheiden, „nacktfüßige Zweige, die anderen dagegen, deren Bildungs- gesetz, wie ich zeigen werde, von dem der Sprosse überhaupt ab- weicht, „äweigvorkeime“ nennen. Sämmtliche Abweichungen der nacktfüßigen Zweige rühren von einer Verkümmerung der Knoten ihres untersten Stengelgliedes und Blattquirles, seltener noch der folgenden Glie- der und Quirle her. — Diese macht sich an den Stengelknoten nur durch die erwähnte mangelhafte oder abnorme Entwicklung oder das gänzliche Fehlschlagen der Berindung geltend; bei den Blättern — wie meist bei denen des ersten Quirles — oft sogar durch die gänzliche Unterdrückung der Knoten überhaupt. Hin und wieder zeigt sich bei ihnen außerdem ausnahmsweise auch noch eine relativ verschiedene Ausbildung der einzelnen Blätter der ersten Quirle in Bezug auf ihre Größe und die Anzahl ihrer Glieder. Die äußeren Erscheinungen, welche durch die völlige Unter- drückung oder die unvollkommene Ausbildung der Knoten an den erwachsenen, nacktfüßigen Zweigen hervorgerufen werden, sind so manniefaltiger Art, daß die Aufzählung und Beschreibung aller beobachteten Fälle viel zu sehr ins Einzelne führen würde; denn die Ausbildung nächst benachbarter und über einander stehender Knoten ist gegenseitig von einander ganz unabhängig; dies ruft aber die mannigfaltigsten Combinationen nackter und theilweiser oder vollkommen berindeter Blätter in demselben Blattquirle und über gar nicht oder nur unvollkommen berindeten Stengelgliedern hervor, und an den einzelnen Blättern entstehen hierdurch oft die sonderbarsten Berindungserscheinungen, indem z. B. hin und wieder mitten in einem sonst völlig nackten Blatte ein halbes Glied von dem einen Knoten aus normal berindet erscheint (Taf. XXIV Fig. 2 o), während nicht nur der andere das Glied 262 Ueber die Vorkeime begrenzende Knoten, sondern alle übrigen Knoten dieses Blattes überhaupt gänzlich fehlen !). Zur Versinnlichung des Gesagten mögen hier noch einige kurze Beschreibungen der gewöhnlichsten Fälle folgen. Sehr häufig ist (Taf. XXI Fig. 3 r, 4 r, r, 5) das unterste Glied völlig nackt und trägt einen Quirl ebenfalls ganz nackter Blätter, deren Glieder ohne Zwischenknoten auf einander folgen. Hier unterblieb daher die Theilung der primären Gliederzellen gleichmäßig in allen Blättern des Quirls. Oder (Taf. XXIV Fig. 2, 3): das nackte Glied trägt einen Blattquirl, dessen einzelne Blätter sich unter einander verschieden verhalten, indem einige ganz oder theilweise berindet, andere da- gegen völlig nackt sind. Oder drittens: auf dem untersten Gliede, dessen Berindung eine unvollständige ist oder sich in freie Rindenlappen auf- selöst zeigt (Taf. XXI Fig. 2 r, Taf. XXIV Eie. 1), steht ein Kreis normal oder ungleichartig berindeter Blätter. In den meisten Fällen zeigen dann von dem folgendem, zweiten Gliede an sänmt- liche Theile die völlig normale Ausbildung berindeter Sprosse oder weichen von diesen nur schon weniger ab. Die zuletzt erwähnte, ursprüngliche Auflösung der Stengel- rinde in freie Rindensegmente (Taf. XXIV Fig. 1, 2, 3), ist eine bei den nacktfüßigen Zweigen überaus häufig eintretende Er- scheinung. Sie darf nicht mit dem späteren Zerfallen einer vor- her völlig zusammenhängenden Rinde in die einzelnen, constituirenden Elemente verwechselt werden. Dieses von anderen Beobachtern, so auch von Karl Müller?) an cultivirten Charen längst beobachtete Phaenomen wird an alten, normal berindeten Charensprossen später gleichfalls häufig wahrgenommen und be- ruht auf einer nachträglichen, ungleichmäßigen Ausdehnung und Streckung des von der Rinde bekleideten Schlauches und der einzelnen Theile der bekleidenden Rinde, wodurch diese sich natür- lich sowohl vom Schlauche loslösen, als auch in die ungleichartig 1) Da die Knoten, wie bereits früher mitgetheilt wurde, ursprünglich durch die Theilung der primären Gliederzellen in eine Internodial- und eine Knoten- Zelle angelegt werden, so geht aus dem im Text angeführten Beispiel hervor, daß auch die spätere Theilung der primären Gliederzellen von einander ganz unabhängig erfolgt. 2) Bot. Zeit. von Mohl und Schlecht. 1845. S. 430. und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 265 wachsenden Theile trennen muß. Die ursprüngliche Auflösung der Rinde in die freien Rindensegmente, von der hier die Rede ist, wird dagegen durch die gleich bei der Bildung der Rinde unterbliebene Zusammenschließung der Rindensegmente hervor- gerufen und tritt nur an den untersten Gliedern von Seiten- zweigen auf. Die Rindensegmente entstehen nämlich in solchem Falle in sanz regelmäßiger Weise am Grunde der einzelnen Blätter des über dem nackten Stengelglied befindlichen Knotens, allein sie legen sich nur unvollständig (Taf. XXI Fig. 2) oder gar nicht (rs, rs... in Taf. XXIV Fig. 1, 2, 3) an das Glied, welches sie bekleiden sollen, an, sondern erwachsen, indem sie eine von dem Gliede abgewendete Richtung verfolgen, zu isolirten und völlig freien Rindensegmenten, die eine sehr verschiedene Länge erreichen können. Wenn man sich erinnert, daß die untersten Glieder der Seiten- zweige überhaupt, auch die der normal berindeten, ihre Berindung nur von dem oberen Knoten aus erhalten, so wird die freie Aus- bildung dieser absteigenden Rindensegmente, die in ihrer Lage und Wachsthumsrichtung nicht von ihnen entgegenkommenden, aufsteigenden Rindensegmenten festgehalten werden, weniger auf- fallend erscheinen. Die Bildung dieser freien Rindensegmente und die Erscheinun- gen abnormer Ausbildung der Rinde an den unteren Theilen nacktfüßiger Zweige überhaupt sind sehr geeignet, über den Vor- sang der Berindung bei den Charen völlig aufzuklären, und die Ergebnisse ihrer Untersuchung bestätigen vollkommen die aus dem Verfolge der Entwicklung normaler Berindung von Alex. Braun!) gezogenen Schlüsse. Wie aus diesen Andeutungen über die Ursachen der Abnormi- täten nacktfüßiger Zweige hervorgeht, erscheinen diese nur als unwesentlich modificirte Sprosse.. Denn die erlittenen Ab- änderungen können ihren Werth als wahre Sprosse nicht beein- trächtigen, da sie in der Entwicklung ihrer morphologischen Gliederungen aus der Vegetationszelle das normale, für alle Charen- Sprosse gültige Wachsthumsgesetz befolgen. 1) Ueber die in den Rindensegmenten eintretenden Bildungsvorgänge sehe man das Nähere in den angeführten Aufsätzen von A. Braun an den betreffenden Stellen (S. 36—38 und 41—45 des Separatabdruckes) nach. 264 Ueber die Vorkeime Sucht man ihre Anfänge dort, wo nacktfüßige Zweige sich bilden, auf, so findet man die Knospen, aus denen sie entstehen, mit alleiniger Ausnahme der auf die Berindung bezüglichen Theile in allen Entwicklungsstadien den Axillarknospen für die normalen berindeten Seitenzweige und den Terminalknospen wachsender Zweige völlig gleichartig gebaut, namentlich sieht man sie immer mit einer Vegetationszelle endigen, die sich deutlich über die jüngsten Blattanlagen erhebt und die von dem ersten Hervortreten der Seitenzweige aus dem Stammknoten an in keinem Stadium der Entwicklung vermißt wird (Taf. XXI Fig 1 ec; Taf. XXIV Fig. 6 »). III. Durchaus anders verhalten sich dagegen jene Bildungen, welche ich Zweigvorkeime genannt habe und die unter be- sonderen Umständen neben den normalen und nacktfüßigen Zweigen an den Knoten älterer Pflanzen hervortreten. Sie gehen zwar an ihren höheren Theilen gleichfalls, wenigstens scheinbar, in normale Charen-Zweige über, allein ihre unteren Theile zeigen, auch wenn man zunächst von der Entwicklung ab- sieht, schon im Bau der Glieder und Knoten eine durchaus fremd- artige, abnorme Beschaffenheit. Während jeder wahre Seitenzweig der Chara fragilis mit einem deutlichen Gliede beginnt, welches durch die die Glieder der Charen kennzeichnenden Chlorophyllreihen seine grüne Farbe erhält und sogleich über sich den ersten mit Blättern versehenen Knoten trägt (Taf. XXI Fig. 2 r:5 vr; A r, r), beginnen die Zweigvorkeime (pi in Taf. XXI Fig. 2, 3; Taf. XX Fig. 5, 6, 7) mit einem farblosen, kürzeren oder längeren Gliede (in sämmt- lichen Figuren der Vorkeime gleichmäßig mit i bezeichnet), auf welches zunächst nur ein höchst mangelhaft ausgebildeter und stets blattloser Knoten (durchgehends mit d bezeichnet) folgt, der auch ganz fehlen oder durch eine gliedartig verlängerte Zelle ersetzt sein kann. — Hierauf folgt dann ein mehr oder weniger gestrecktes, noch nacktes Glied, welches seiner äußeren Er- scheinung nach schon den Stengelgliedern der Charen mehr gleicht (durchgehends mit qg bezeichnet), und erst dieses Glied trägt nun scheinbar den ersten Blattkreis (bei g oder v der betreffenden Figuren). — Aber auch dieser fällt noch durch eine ungleichartige Entwicklung der Theile auf, die niemals an einem wahren Sprosse wahrgenommen wird. Unter seinen ihm scheinbar zugehörigen Blättern zeichnet sich nämlich ein einziges (durchgehends mit und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 265 pt bezeichnet) vor allen übrigen durch eine ganz unverhältniß- mäßige Entwicklung aus, die alle etwa hier und da bei normalen Blattquirlen vorkommenden Ungleichheiten zwischen den Blättern eines Quirles weitaus übertrifft. — Erst von hier an wird der Zweig völlig normal (Taf. XXII Fig. 13 u. 14), das heißt seine folgenden Glieder, Knoten und Blätter verhalten sich genau wie die ersten Glieder, Knoten und Blätter der gewöhnlichen, nacktfüßigen oder berindeten Seitenzweige, so daß es offenbar den Anschein gewinnt, als ob der eigentliche Zweig erst als Seitenzweig in der Achsel des erwähnten, übermäßig ent- wickelten Blattes (»p?) des ersten Blattquirles seinen Ursprung nimmt. Diese Ansicht findet nun ihre volle Bestätigung in der Ent- wicklungsgeschichte, und diese liefert zugleich einen unerwarteten Aufschluß über die Bedeutung jenes übermäßig entwickelten Schein - blattes. An Jugendzuständen dieser zweigartigen Gebilde (Taf. XXII Fie. 7, 8, Taf. XXIII Fig. 2) sieht man nämlich zunächst, daß jenes übermäßig entwickelte Blatt (ab) in seiner Entwicklung allen übrigen Theilen des scheinbar zu ihm gehörigen Quirles so be- deutend voraneilt, wie dies niemals bei einem Blatte eines normalen Quirles der Fall ist. Eine genauere Untersuchung lehrt dann, daß dasselbe gar nicht aus dem unter ihm befindlichen, zwei- bis dreizelligen Knoten hervorgetreten sein kann, wie dies doch hätte der Fall sein müssen, wenn man dasselbe, wie bisher geschah, als das erste in der Ent- wicklung voraneilende Blatt des diesem Knoten angehörigen Quirles betrachten wollte. Denn über diesem Knoten, etwa neben dem Grunde jenes 3—5-zelligen Endgebildes, welches ich bisher als Blatt ansprach, befindet sich auf dieser Entwicklungsstufe noch gear keine Vegetationszelle, aus welcher der Knoten seiner Ent- stehung nach abzuleiten wäre; es würde also dieser Zweig, wenn wir seine Spitze am Knoten neben dem Grunde jenes 3—D-zelligen Endgebildes suchen, scheinbar ohne Vegetationszelle enden. Dieser auffallende Widerspruch wird aber durch die Unter- suchung noch jüngerer Zustände vollständig gelöst; denn diese lehren mit Entschiedenheit, daß das Entstehungsverhältniß zwischen dem wenig-zelligen Koten (v) und dem darüber befindlichen 3- bis 5-zelligen Endgebilde (a b). nicht das vorausgesetzte, sondern das 266 Ueber die Vorkeime umgekehrte ist, daß nämlich nicht jenes scheinbare Blatt aus dem Knoten hervorwächst, sondern daß dieser erst nachträglich unter dem bereits angelegten und in der Entwicklung begriffenen, blatt- ähnlichen Gebilde entsteht. — Es wird daher klar, daß jenes Endgebilde kein Blatt, sondern selbst die Spitze eines, ein besonderes, sehr einfaches Wachsthums- gesetz befolgenden Gebildes ist. Dieses bezeichne ich als „Zweig- vorkeim“, weil, wie ich bald zeigen werde, die normale erste Knospe für den eigentlichen Zweig sich erst später an einer be- stimmten Stelle dieses Vorkeimes bildet, und weil dieser endlich vollkommen den Vorkeimen gleicht, welche, wie aus der folgenden Darstellung ersichtlich sein wird, bei der Keimung der Charen- sporen entstehen, und an welchen gleichfalls die ersten beblätterten Zweige der Charen aus später gebildeten Seitenknospen hervor- gehen. Die Entstehung dieser Zweigvorkeime von der ersten Zelle an, mit welcher sie aus dem Knoten der Stammpflanze hervortreten, befolgt nun, wenn wir zunächst von unwesentlicheren, später noch besonders zu besprechenden Abweichungen absehen, folgenden Gang. Eine Zelle des Knotens der alten Pflanze erhebt sich und wächst zu einem kürzeren, farblosen Schlauche aus, welcher sehr bald seine Spitze durch eine gegen die Längsaxe senkrechte Wand als eine besondere Zelle abgliedert (Taf. XXII Fig. 1)!). Durch mehrere ihrer Zahl nach unbestimmte Theilungen, welche sich in derselben Richtung in der Endzelle wiederholen, wird diese in jene drei- bis sechszellige Zellreihe verwandelt, 1) Durch die Bildung dieser Wand unterscheidet sich der beginnende Vor- keim sofort von einer entstehenden Wurzel, mit welcher er vielleicht wegen Fehlens der Chlorophylikörner bei ungenauer Untersuchung verwechselt werden könnte. Es sei deshalb hier noch daran erinnert, daß die Theilungen in den Wurzelspitzen, welche die Bildung eines Wurzelgelenkes einleiten, erstens immer viel später, nachdem die Wurzel bereits eine bedeutende Länge erreicht hat, stattfinden, und daß ferner die erste Wand (Taf. XXIV Fig, 8 «b), welche die Wurzelspitze von dem hinter ihr zum Gelenke anschwellenden Theile trennt, jedesmal die bekannte characteristische, schiefe Lage besitzt. Wie denn überhaupt die darauf folgenden Theilungen im Wurzelgelenke (Taf. XXIV. Fig. 8, 9, 10), und dessen zu Wurzeln auswachsende Zellen in ihrer ganzen Erscheinung, sowie die Beschaffenheit der Spitze einer gesunden Wurzel (Taf. XXIV. Fig. 7) schon von vornherein jede Verwechselung für einen genaueren Beobachter unmöglich machen. en. und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 267 welche später das unverhältnißmäßig entwickelte Scheinblatt des ersten Quirles darstellt (in den Fig. 2—7 Taf. XXII und Fig. 1—7 Taf. XXIII die Zellreihe von a bis zur Spitze b, in den anderen Figuren das mit pt bezeichnete Endgebilde) und welches ich von nun an immer als „mehrzelliges Vorkeimende“ oder „Vorkeim- spitze“ bezeichnen werde. Inzwischen beginnt schon früh unterhalb dieser angelegten Vorkeimspitze der Schlauch etwas anzuschwellen und das erweiterte Stück schließt sich von dem darunter befindlichen eylindrischen Theile (Taf. XXII Fig. 3 u. 4 bei d) als eine besondere Zelle, welche zum „Knospengrunde‘ des Vorkeimes wird, ab. Innerhalb dieser Zelle entstehen nun zwei neue, den früheren Wänden nicht mehr parallele Scheidewände, welche oben und unten zwei ungleiche Stücke des Knospengrundes abschneiden; die obere, wie es scheint, früher, als die untere. Hierdurch wird der Knospen- srund in drei schon ursprünglich ungleiche Zellen getheilt (Taf. XXII Fig. 5, 6), von denen, wie ich hier gleich bemerken will, die mitt- lere (durchgehends mit g bezeichnet), die größte ist und sich nicht mehr theilt, sondern nur zu einer längeren, schlauchartigen Zelle allmälig heranwächst. Die oberste dagegen, die uns hier zunächst beschäftigen soll (in Fig. 5 und 6 Taf. XXII und ferner überall gleichmäßig mit v bezeichnet), nimmt den Character einer Vege- tationszelle der Charen an und bildet in der gewöhnlichen, im Eingange Seite 257 geschilderten Weise eine Knospe, welche seit- lich aus dem Vorkeime hervortritt (Taf. XXII Fig. 11 v) und unter Erscheinungen, die ein genaueres Eingehen erfordern, zu dem ersten, sich nach oben richtenden, beblätterten Zweige aus- wächst. Aehnlich wie bei der Astbildung der Conferven bildet sie durch ein einseitiges Wachsthum ihrer Seitenfläche an der einen Seite des Vorkeimes, welche ich als dessen vordere bezeichnen will, eine kleine, bauchartige Auftreibung (Taf. XXII Fig. 6, 11), die also von oben gesehen (Taf. XXII Fig. 12 bei M), vor der Basis der Vorkeimspitze hervortritt. Sie nimmt hierbei zugleich eine allmälig steigende und bald deutlich nach oben gewendete Wachsthumsrichtung an (Taf. XXII Fig. 6, 11). Hierdurch wird nicht nur die darüber befindliche Vorkeimspitze aus ihrer ursprünglich terminalen Stellung etwas seitlich gerückt, sondern es erhält zugleich die Basalwand dieser 268 Ueber die Vorkeime Zelle selbst (Taf. XXII Fig. 6 u. f.) eine noch mehr von hinten nach vorn gerichtete Neigung. Inzwischen theilt sich diese Vegetationszelle aber in der nor- malen Weise der Vegetationszellen der Charensprosse (zur Bildung der primären Gliederzellen) durch Scheidewände, die senkrecht auf ihrer Wachsthumsrichtung stehen. Wie demnach ihre Wachsthums- richtung selbst von einer horizontalen allmälig zu einer senkrechten ansteigt, so nehmen dem entsprechend auch die in auf einander folgender Reihe entstehenden Scheidewände, durch welche die pri- mären Gliederzellen angelegt werden, eine immer geneigtere Lage an. Schon die erste Scheidewand (in Taf. XXII Fig. 11 mit 1 be- zeichnet), durch welche die Vegetationszelle in die erste, hintere, primäre Gliedzelle und eine vordere, neue Vegetationszelle getheilt wird, ist nicht immer ganz senkrecht, entsprechend der häufig gleich vom Beginn sich nach oben wendenden Wachsthumsrichtung der seitlich hervortretenden Vegetationszelle; die zweite und dritte Scheidewand zeigt schon eine immer geneigtere Lage (in Taf. XXII Fig. 11 mit 2 und 3 bezeichnet); die vierte endlich (Taf. XXIII Fig. 7) hat gewöhnlich bereits eine völlig horizontale Lage angenommen. Die ersten drei primären Gliederzellen (7 II III Fig. 11 Taf. XXII) liegen aber, wie man sieht, noch fast vollständig oder doch zum größten Theile unterhalb der Vorkeimspitze, und ihre hierdurch offenbar beeinträchtigte Ausbildung macht sich durch eine von dem gewöhnlichen Gange etwas abweichende Entwick- lung geltend. Sie werden nämlich unmittelbar — ohne vorherige Schei- dung in secundäre Glied- und Knotenzelle — inunvollkommene Knoten umgebildet, die ich „Uebergangsknoten“ nennen will und deren peripherische Zellen ebenfalls nur zu unvollkomme- nen Blättchen auswachsen können... Die genauere Darstellung, wie dies geschieht, welche eine volle Einsicht in die Natur und die Verschiedenheiten der kleinen, mit dem Scheinblatte zu einem Kreise um die erste Knospe zu- sammentretenden Blättchen (in Taf. XXIII Fig. 1 fortlaufend mit I—V1 bezeichnet) gewährt, erfordert ‚jedoch noch eine weitere Orientirung über die Lage der ersten Scheidewände; nicht bloß wie bisher bezüglich ihrer Neigung gegen den Horizont — den und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 269 Vorkeim immer senkrecht und aufrecht gedacht —, sondern auch zum Hauptschnitte des Vorkeimes. Es sei Fig. 12 Taf. XXII eine schematische Darstellung eines von oben gesehenen Vorkeimes nach Entfernung der Vorkeim- spitze, deren Basis oder Ansatzstelle durch den Kreis ad angezeigt sein soll, während der Kreis FM dem Umfange der vorn vor der Basis der Vorkeimspitze vortretenden Vegetationszelle des Knospen- grundes entspricht. Den Längsschnitt senkrecht auf die Basis und durch die Mittellinie (Verbindungslinie der Mitte von vorn und hinten) geführt, will ich den Hauptschnitt nennen. Der Hauptschnitt des Vorkeims geht durch die Linie ad, der schematisch in Fig. 11 Taf. XXII dargestellte Hauptschnitt des aus der vorwachsenden Vegetationszelle des Knospengrundes entstehenden Zweiges dagegen, wie man sehr bald aus der Lage der Knospe zur Vorkeimspitze erkennt, durch die Linie FM, d.h. also der entstehende Zweig ist um einen Winkel, welcher, wie es scheint, der halben Divergenz zweier Blätter des Blattkreises gleicht, also bei 6-blättrigen Wirteln 30° beträgt, gegen den Vorkeim ge- dreht. Hierdurch giebt sich schon — was hier beiläufig bemerkt sein mag — die Beziehung des ersten Zweiges zum Vorkeim, als eines Seitenzweiges, zu erkennen. Die erste Scheidewand in der Vegetationszelle (7 in Fig. 11 Taf. XXII), deren Neigung gegen den Horizont bereits hervorgehoben wurde, trifft die Decke der Vegetationszelle in einer Linie (dg Fig. 12 Taf. XXII), senkrecht zum Hauptschnitt (FM) des entstehenden Zweiges, aber nicht senkrecht zum Hauptschnitt (ad) des Vorkeims. Durch diese Lage der Scheidewand, welche auch die folgenden Scheidewände (hk =2; Im = 3 in Fig. 11 derselben Tafel) einhalten, wird aber ein für die Entwicklung der sich bildenden Blättchen wichtiger Umstand hervorgerufen. Wie schon bemerkt, werden die drei ersten dur En die Scheide- wände gebildeten primären Gliederzellen ( II III Fig. 11 Taf. XXII) unmittelbar in unvollkommene Knoten (Uebergangsknoten) umge- wandelt. Dies geschieht durch auf einander folgende Entstehung ex- centrischer Scheidewände, welche nach einander peripherische Stücke der Zelle abschneiden (so für den ersten Uebergangsknoten durch eg, vw, bx in Fig. 12 Taf. XXI]). Die so entstehenden, peripherischen Zellen (III o VI) des TO Ueber die Vorkeime ersten Uebergangsknotens, welche später zu Blättchen hervor- treten können, haben eine zur Basis der Vorkeimspitze sehr ver- schiedene Lage. Die Zelle o ist ganz unter ihr verborgen und entwickelt sich auch niemals zu einem Blättchen. Die Zellen III und VI dagegen werden nur zum Theil von der Vorkeimspitze ge- deckt, zum Theil liegen sie schon frei. Wie weit sie frei hervor- treten, hängt ganz von der Lage der Scheidewand bg ab. Da diese aber, wie vorhin erwähnt, zum Hauptschnitt des Vorkeims (ad) nicht senkrecht ist, so muß jedenfalls die Zelle Z[ZI immer freier liegen als die Zelle VI, welche letztere hin und wieder, wenn die Scheidewand bg etwas nach hinten zurücktritt, sogar völlig von der Vorkeimspitze gedeckt sein kann. Hiermit hängt aber die Entwicklung dieser Zellen zu Blättchen zusammen. Wir.sehen da- her die Zelle III sich nicht nur immer früher, sondern ohne Aus- nahme auch kräftiger entwickeln als die Zelle VI, und das Blätt- chen, welches aus der Zelle ZII hervortritt, gehört nicht nur mit zu den frühesten, sondern auch zu den größten des Knospengrund- (Juirles, während das Blättchen der Zelle VI oft ganz fehlt, immer aber das letzte und kleinste des Quirles ist. Der zweite unvollkommene Knoten bhkg (= II in Fig. 11 derselben Tafel), welcher durch die Scheidewand h% angelegt wird, tritt an seinen Seiten schon mehr vor der Vorkeimspitze hervor, und seine zwei peripherischen Zellen (Z und II) wachsen auch lem entsprechend sofort zu Blättchen aus; sie sind normal die ersten und größten des Quirles am Knospengrund. Der dritte unvollkommene Knoten wird durch die Scheide- wand Im angelegt; da diese schon fast horizontal liegt (man ver- gleiche die mit 3 bezeichnete Wand in Fig. 11 derselben Tafel) und über sich die jetzt schon beinahe senkrechte Vegetationszelle trägt, so reicht dieser letzte Uebergangsknoten von hk in der Fig. 12 nicht nur bis /m, sondern erstreckt sich unterhalb dieser sehr schrägen Scheidewand bis ganz vorn nach M, und seine beiden Zellen IV und V, in welche er sich dann theilt, entwickeln sich sogleich nach ihrer Anlage, indem sie an ihrer vorderen Fläche auswachsen, zu Blättchen, welche ganz vorn am Knospengrunde hervortreten. Auf diese Weise kommt, wie es in aufeinanderfolgender Weise die Figuren 2—7 Taf. XXIII darstellen, deren besondere Er- klärung übrigens hier, wie auch bei den übrigen Figuren, noch zu und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 271 vergleichen ist, die sich erhebende Vegetationsspitze, die allmälig eine senkrechte Stellung angenommen hat, in der Mitte eines Kreises von blattartigen Organen zu stehen, welche aber, obgleich sie zu einem Quirle zusammentreten, weder demselben Knoten angehören, noch eine gleichartige Ausbildung erhalten, und von denen endlich das eine überhaupt einen ganz anderen Werth hat, als ihn die übrigen besitzen. Der Quirl (Taf. XXIII Fig. 1) be- steht nämlich ganz hinten aus der Vorkeimspitze (pt, von a bis b reichend), neben welcher rechts und links die beiden dem ersten Uebergangsknoten angehörigen Blättchen III und VI stehen, vor diesen stehen dann die Blättchen I und II, dem zweiten, und sanz vorn endlich die Blättchen IV und V, dem dritten Ueber- sangsknoten angehörig. Dieser ist zugleich der letzte unvoll- kommene Knoten, denn von nun an verhält sich die jetzt schon senkrechte Vegetationszelle bei der Anlage ihrer ferneren primären Glieder und deren weiterer Entwicklung in der ganz normalen, schon früher angegebenen Weise (Taf. XXIII Fig. 7, 3). Die Reihenfolge nun (Taf. XXII Fig. 12 I—-VT), in welcher die kleinen Blättchen (Taf. XXIII Fig. I—-VI) dieses Quirles am Knospengrunde hervortreten, abhängig, wie wir sahen, einerseits von der Aufeinanderfolge in der Bildung der Uebergangsknoten, anderseits von der Lage der ersten Scheidewände zum Hauptschnitt des Vorkeims, bestimmt zugleich den Grad der Ausbildung, wel- chen die Blättchen schließlich erreichen. Hier tritt daher der bei den normalen Quirlen der Pflanze Seite 257—258 erwähnte Fall, daß die spätere Entwicklung die ursprünglichen Altersunterschiede ausgleicht, nicht ein, sondern man findet auch die ausgewachsenen Blättehen (Taf. XXIII Fig. 1) in Größe und Ausbildung unterein- ander ungleich, indem jedes früher hervorgetretene bleibend größer ist, als das später hervortretende. Dies kann nur weniger auffallen, denn die Blättchen dieses Quirles gehören ja nicht demselben, sondern drei verschie- denen Knoten an, und die Unterschiede, welche unter je zweien einem Knoten angehörigen Blättchen selbst wieder hervortreten, finden ihre Erklärung in der Lage dieser Blättchen zur Vorkeimspitze. Ich habe in allen Figuren, die diesen Quirl noch während seiner Entwicklung (Taf. XXIII Fig. 5 bis 5) oder nach seiner vollendeten Ausbildung (Taf. XXIII Fig. 1), darstellen, die Ent- wicklungsreihe der Blättchen, entsprechend den Zellen in der 272 Ueber die Vorkeime Fig. 12 Taf. XXII, aus denen sie hervortreten, mit den Ziffern I, II u. s. w. bis VI bezeichnet. Die Größe, welche die Blättchen schließlich erreichen, wird daher auch immer entsprechend ihrer Stellung im Grundriß Fig. 12 Taf. XXII von I bis VI abnehmen. Hiervon kommt jedoch eine leicht erklärliche Ausnahme vor. Es wächt nämlich hin und wieder die Zelle III fast gleichzeitig oder sogar etwas früher als die Zelle II zu einem Blättchen aus; in diesem seltener eintretenden Falle wird dann das Blättchen, welches ich bisher, nach der häufigeren Aufeinanderfolge mich richtend, mit III bezeichnet habe, sowohl der Zeit des Hervor- tretens als auch der Größe nach zum zweiten des Quirles. — Gleichzeitig nun mit den bisher beschriebenen Entwicklungs- erscheinungen in der oberen Zelle (ve Fig. 6 Taf XXII) des Knospengrundes bilden sich aber auch die unteren Zellen (g und d) (desselben weiter aus. Es ist bereits erwähnt, daß die mittlere Zelle (g) sich nicht theilt, sondern nur zu einer längeren schlauchartigen Zelle aus- wächst; diese habe ich in allen Figuren des Vorkeimes gleich- mäßig mit q bezeichnet, so z. B. in Fig. 2 bis 7 Taf. XXIII, in Fig. 6 und 13 Taf. XXII und in sämmtlichen Figuren der Taf. XX. Die unterste Zelle des Knospengrundes dagegen, welche gleichfalls durchgängig mit d bezeichnet ist, wird ähnlich wie die oberste, nur in einfacherer Weise in einen scheinbaren Knoten umge- wandelt. Sie theilt sich nämlich (Taf. XXI Fig. 7) zuerst durch eine gegen den Horizont und den Hauptschnitt des Vorkeimes senk- rechte Wand in zwei ungefähr gleiche Zellen, welche sich dann wiederum durch Wände, die der ersten Scheidewand nicht ganz parallel sind, in zwei neue Tochterzellen theilen. Durch weitere Theilungen, deren fernere Richtungen bei Chara fragilis nicht mehr sicher bestimmbar sind, entsteht ein Kreis kleinerer, peripherischer Zellen (Taf. XXIV Fig. 6), aus welchen Wurzeln, jedoch niemals Blätter oder blattartige Gebilde hervortreten; dagegen können ein- zelne dieser peripherischen Zellen später noch zu Vegetationszellen werden und sich zu Seitenzweigen des Vorkeimes erheben (Taf. XXIV Fig. 60; — Taf. XX Fig.5r). Der Zweigvorkeim trägt daher nicht bloß jenen ersten Haupt-Seitenzweig, dessen Entwicklung ich im Obigen ausführlicher geschildert habe, sondern oft auch auf seinem unteren Knoten, welchen ich den Wurzelknoten nennen werde, und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 275 einen oder mehrere kleinere und spätere Nebenzweige. Diese unterscheiden sich jedoch von jenem ersten Haupt - Seitenzweige noch dadurch, daß ihnen an ihrer Ursprungsstelle am Vorkeime jene unvollkommenen Blättchen fehlen, welche der Haupt-Seiten- zweig besitzt, sie sind überdies, soweit meine Beobachtungen reichen, immer nacktfüßige Zweige (Taf. XXIV, Fig. 6; Taf. XX Fig. 5r). Wenn ich nun schließlich hinzufüge, daß am Grunde der Vor- keimspitze, neben dem ersten meist nacktfüßigen, oft aber auch normal berindeten (Taf. XXII Fig. 14 x) Haupt-Seitenzweige später noch andere Seitenzweige entstehen können (Taf. XXII Fig. 13c), die, wie es scheint, immer nacktfüßige Zweige sind, so glaube ich hiermit die Beschreibung der normalen und wesentlichen morpho- logischen Erscheinungen der Zweigvorkeime schließen zu können. Allein ich habe bereits im Vorhergehenden beiläufig erwähnt, daß es Abweichungen von dem normalen Entwicklungsgange der Vorkeime giebt, und obgleich diese, wie alle Monstrositäten sich leicht aus dem gesetzmäßigen Entwicklungsgange herleiten lassen, so glaube ich doch wenigstens einige der interessanteren hier her- vorheben zu müssen. Sie beruhen zumeist auf einer unregelmäßigen Ausbildung des Knospengrundes oder der Uebergangsknoten des Haupt-Seiten- zweiges. In letzterer Beziehung ist besonders zu erwähnen, daß nicht immer alle peripherischen Zellen der drei Uebergangsknoten wirk- lich zu Blättern werden, indem häufig das Blättchen VI (Taf. XXII Fig. 12, Taf. XXIII Fig. 1) sich gar nicht ausbildet; seltener fehlen (z. B. Taf. XXIII Fig. 8) auch die Blättchen IV und V. Ander- seits kommt es aber auch vor, daß noch ein Stück der Zelle o in Fig. 12 Taf. XXII — die doch gewöhnlich ganz von der Vorkeim- spitze gedeckt ist — zu einem hinter dem Blättchen VI stehenden, noch kleineren Blättchen oder Blattrudimente auswächst. Die Zahl der Blättehen dieses Quirles ist daher durchaus nicht eine genau be- stimmte, und dieser eine Umstand hätte schon auf die von den andern Quirlen derPflanze abweichendeNatur dieses Quirleshinweisen können. Wesentlicher als hierdurch wird jedoch das Aussehen des Vor- keimes durch die Abänderungen beeinträchtigt, welche durch eine abweichende Entwicklung im Knospengrunde hervorgerufen werden. Unter diesen verdient besonders der Fall Erwähnung, daß gleich Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, II, 18 274 Ueber die Vorkeime die erste, obere Scheidewand im Knospengrunde eine sehr schräge Lage erhalten kann (m Fig. 10 Taf. XXII), wodurch die Bildung des Hauptzweiges und die senkrecht aufstrebende Wachsthums- richtung der entstandenen ersten Vegetationszelle (v) offenbar be- deutend gefördert und zugleich ein Einfluß auf die Beschaffenheit der Basilarknoten dieses Zweiges und der aus ihnen hervortreten- den Blättehen geübt wird. In sehr seltenen Fällen schneidet diese Scheidewand das bauch- artig vortretende Stück des Knospengrundes sogar so ab, daß es sogleich nach oben völlig frei zu liegen kommt, und wenn dann die mittlere Zelle (g Fig. 10 Taf. XXII) noch über die Ansatzstelle der Vegetationszelle hinaus fortwächst, unterhalb der Vorkeimspitze aber der normale Vorgang sich wiederholt, so entsteht jene sonder- bare, auf den ersten Blick schwer erklärliche Monstrosität, daß eine Knospe (% Fig. 14 Taf. XXII) seitlich mitten auf einer schlauch- artigen Zelle des Vorkeimes aufsitzt. Andere nicht minder interessante Monstrositäten treten ein, wenn im Knospengrunde anstatt zweier Scheidewände, wie in Fig. 5 und 6 Taf. XXII, nur eine einzige sich bildet; dann fehlt die mitt- lere schlauchartige Zelle (g) ganz, und der Wurzelknoten des Vor- keimes steht unmittelbar unter dem Haupt-Seitenzweige; oder die schlauchartige Zelle ist vorhanden, und es fehlt der Wurzelknoten. Dieser letztere Fall und der wenigstens bei Chara fragilis höchst seltene, daß am Vorkeim gar keine Knospe auftritt, indem die Bildung des Knospengrundes ganz unterbleibt, lassen die beson- dere, von der Beschaffenheit der Charen-Stengel abweichende Natur des Vorkeimes, als eines confervenartigen Gebildes, am offenbarsten in die Erscheinung treten. Zuletzt noch ein Wort über die Länge der Glieder der Zweig- vorkeime und die Lage ihrer Stromebenen. Das unterste blasse Glied (* in sämmtlichen Figuren) ändert in den verschiedenen Varietäten der Chara fragilis ganz entspre- chend der Internodien-Länge der Form ab; in den Formen mit kürzeren Internodien (Taf. XXII Fig. 13, 14) ist es ebenfalls be- deutend kürzer, als in den Formen mit längeren Internodien (Taf. XXI Fig. 2, 3). Die Vorkeimspitze (pt) aber besteht immer aus wenigen (2 bis 6, meist 4) schlauchartig verlängerten und ohne Knoten aufeinander folgenden, von unten nach oben an Länge ab- nehmenden Zellen, deren oberste gewöhnlich ein abgerundetes, und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 275 seltener ein etwas zugespitztes Ende besitzt; niemals zeigt sie aber jene bedeutende Zuspitzung und Verdickung der Membran der obersten Zelle, welche die Spitzen der Endzellen wahrer Blätter so characterisirt. Die Stromrichtungen der Glieder des Vorkeimes endlich liegen nicht in einer Ebene, sie scheinen das von Al. Braun für die auf einander folgenden Stengel-Internodien aufgefundene Gesetz zu befolgen; doch läßt sich, da die Indifferenzstreifen nur spärlich und erst spät, zumal nicht immer an allen Gliedern auftreten, nicht mit völliger Sicherheit hierüber bestimmen. Doch ist soviel wenig- stens gewiß, daß auch in dieser Beziehung die Vorkeimspitze sich nicht wie ein Blatt des Quirles verhält, zu welchem sie scheinbar mit den Blättchen der Uebergangsknoten zusammentritt. IV. Die volle Bedeutung der bisher beschriebenen Zweigvor- keime tritt aber erst durch die vergleichende Betrachtung der keimenden Pflanze hervor. Die bedeutenden Abweichungen von dem normalen Bau, wel- chen die unteren Glieder und Knoten keimender Charen zeigen, erklären sich nämlich auf das Einfachste aus denselben Bildungs- vorgängen, die ich an den Zweigvorkeimen kennen gelehrt habe, und führen zu dem nothwendigen Schlusse, daß auch bei der Keimung zuerst ein selbständiges, ein eigenthümliches Wachsthum befolgendes Organ, — ein Vorkeim gebildet wird, der in jeder Beziehung den Zweigvorkeimen gleicht, und aus dessen blattlosen Knoten später, wie dort, die beblätterten Zweige der Charen hervortreiben. Schon die vorhandenen Abbildungen, welche die äußere Er- scheinung der keimenden Pflänzchen genau wiedergeben, genügen, dieses festzustellen. Man vergleiche nur die älteren, aber getreuen Abbildungen von Vaucher!), Kaulfuß!) und Bischoff!) und selbst die sonst in jeder Beziehung ungenügenden Figuren von C. H. Schultz?) und Karl Müller), sowie die neuesten Zeichnungen von Varley') mit meiner obigen Darstellung der Zweigvorkeime und ihrer Entwicklung, und man wird die überall wiedergegebene, voreilende und ergrünende Spitze des Keimlings, welche von den 1) An den angeführten Orten. 2) Die Natur der lebendigen Pflanze. Zweiter Theil. Taf. III. 3) Botan. Zeitung von Mohl und Schlecht. 1845. Taf. II. 18* 276 Ueber die Vorkeime älteren Beobachtern für die Spitze der fortwachsenden Pflanze, von den neueren Beobachtern für das unverhältnißmäßig entwickelte Blatt des ersten Quirles gehalten worden ist, jetzt sogleich als das Ende eines den Zweigvorkeimen gleichwerthigen, confervenartigen Vorkeimes erkennen. Hat man sich erst hiervon überzeugt, so wird man leicht auch über die anderen Theile des Keimlings ins Klare kommen. Er beginnt (Taf. XX Fig. 1—4) — abgesehen von einem später un- mittelbar an der Sporen-Oeffnung auftretenden, kleineren Wurzel- knoten, dem Samenknoten, dessen Bildung unbestimmt scheint — wie die Zweigvorkeime, mit einem farblosen Gliede @); dann folgt ein stets blattloser Wurzelknoten (d), aus dessen peripheri- schen Zellen, wie bei den Zweigvorkeimen, später noch Knospen und Seitenzweige hervortreten können. Ueber diesem steht die erste grüne, schlauchartig verlängerte Zelle (9), welche, wie bei den Zweigvorkeimen, unmittelbar über sich den ersten Schein- Quirl (g) trägt. Dieser wird — wieder wie bei den Zweigvorkeimen — von der Vorkeimspitze selbst und von den mit ihr in einen Kreis zu- sammentretenden, rudimentär entwickelten Blättchen gebildet, welche den Basilarknoten — Uebergangsknoten — des ersten wahren, seitlich hervortretenden Charenzweiges angehören. Der Vorkeim der keimenden Pflanze reicht daher immer von der Spore bis zum ersten Blattquirl und setzt sich hier in das be- reits mehrfach erwähnte, über die anderen Blättehen weit hinaus- ragende, mehrzellige Endgebilde (pt) fort !). Dieser Auffassung entsprechen alsdann auch alle übrigen an diesem ersten Blattquirl auftretenden Erscheinungen. Die Anzahl der rudimentären und unter sich überdies noch ungleichartig entwickelten Blättchen (bei g Fig. 1—4 Taf. XX) entspricht auch hier nicht immer der Anzahl der Blätter eines normalen Quirles.. Wenn dies aber, wie häufig, der Fall ist, dann 1) Ist die bisher sogenannte Hauptwurzel der Charen — wie mir meine ältesten Zeichnungen der Keimung von Netella syncarpa (aus dem Jahre 1852) andeuten — eine untere Fortsetzung des Vorkeimes, oder eine Seitenwurzel des- selben? Diese Frage kann ich augenblicklich nicht entscheiden und muß neuere Beobachtungen von Keimlingen abwarten. In ihrer Beantwortung liegt vielleicht die Erklärung der von Alex. Braun (a. a. ©. 1. Abhandlung S. 49) hervorge- hobenen Abweichung der Stromebene in dieser Hauptwurzel von der normalen, in den Wurzeln herrschenden Richtung. und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 2 muß das Vorkeimende auch schon hierdurch sich als überzählig und nicht zugehörig erweisen. Ebenso erweckt auch hier die Entwicklungsfolge der Zellen des Vorkeimes, die gewöhnliche Form seiner Endzelle und die relative Lage der Stromebenen in seinen aufeinander folgenden Zellen die Vermuthung, daß seine Spitze kein Blatt sein kann. Die auffallende Thatsache endlich, daß die ersten Knoten der keimenden Chara zugleich die einzigen sind, welche regelmäßig und normal eine größere Anzahl von nacktfüßigen Seitenzweigen hervorbringen, während doch — man vergleiche Seite 260 — alle übrigen Knoten der Pflanze unter normalen Verhältnissen regel- mäßig nur einen einzigen berindeten Achselzweig tragen, findet gleichfalls ihre volle Erklärung in dem ähnlichen Verhalten ‚der Zweigvorkeime und dem Umstande, daß jenem untersten Stücke des Keimlings ein von den beblätterten Stengeln abweichender, mit den Zweigvorkeimen übereinstimmender morphologischer Werth zukommt. Dies Alles führt zu dem Schlusse, daß bei den Charen, wie von keiner Hauptwurzel, so auch von keinem Hauptstamme die Rede sein kann, sondern daß ihre beblätterten Zweige sämmtlich aus Seitenknospen entstehen; die ersten am Vorkeim, die späteren in den Blattachseln älterer Zweige und an den Zweigvorkeimen. Ich habe augenblicklich keine Gelegenheit, keimende Charen zu untersuchen. Der Schilderung der Vorkeime der Chara fragilis, die ich hier gegeben habe, liegen Beschreibungen und Zeichnungen zu Grunde, die aus einer Zeit herrühren — sie stammen alle aus den Jahren 1853 und 1854 — in welcher mir die Bedeutung der ersten Glieder der keimenden Pflanze noch fern lag, und welche ich erst jetzt nach meinen Untersuchungen über die Zweigvorkeime der Chara fragilis zu deuten weiß. Es ist natürlich, daß meine damaligen Zeichnungen und Be- schreibungen über Verhältnisse, auf deren Werth ich erst später aufmerksam geworden bin, nicht immer mit der Bestimmtheit, die der neue Gesichtspunkt verlangt, Aufschluß geben können. Für die Chara fragilis ist dies glücklicher Weise dennoch der Fall gewesen. Unter den anderen Arten aber, deren Keimung ich damals beobachtete, wage ich nach den mir gemachten Aufzeichnungen nur noch über die Vorkeime der Ohara baweri A. Br. (coro- nata Wallr.) etwas Näheres anzugeben. 278 Ueber die Vorkeime Der Vorkeim dieser Art gleicht in seinen wesentlichen Theilen vollkommen dem Vorkeime der Chara fragilis. Geringere Ab- weichungen treten nur in der gewöhnlich stärkeren und früheren Entwicklung des Samenknotens auf, der hier öfters noch von einem kurzen Gliede -- wie es scheint einer einfachen Verlänge- rung der Innenzelle der Spore — getragen wird und später ebenso, wie der Wurzelknoten Seitenzweige entwickeln kann. Seine — wie bei Chara fragilis — wenigzellige, aber ge- krönte Spitze tritt, wie dort, mit einer geringen Anzahl nicht vollständig entwickelter Blättchen in einen Kreis zusammen, welcher auch hier den ersten Blattwirtel der Pflanze zu bilden scheint. Die unvollkommene Entwicklung der Blättchen — welche offenbar dem ersten unter der Vorkeimspitze sich bildenden Seitenzweige angehören — tritt hier durch den Mangel der Nebenblätter, welche bei dieser Art an den Blättern höherer Quirle überall vorhanden sind, in die Erscheinung. Die Vorkeimspitze selbst aber unter- scheidet sich wieder deutlich von jenen Blättehen durch ihre überwiegende Entwicklung, ferner durch die größere Anzahl ihrer Glieder — da die Blättchen bloß aus zwei Gliedern bestehen — und endlich sehr wesentlich durch den Mangel der Knoten, welche bei Chara Baueri schon bei diesen ersten Blättchen constant zwischen den beiden Gliedern vorhanden sind. Von anderen Arten, sowohl der Gattung Chara als auch der Gattung Nitella, kann es zwar nach der Beschaffenheit der unteren Theile der keimenden Pflanze keinem Zweifel unterliegen, daß sie gleichfalls einen Vorkeim bilden, der äußerlich sogleich an den blattlosen Knoten und den untersten farblosen Internodien kenntlich wird, allein meine früheren Aufzeichnungen hierüber ge- nügen nicht, um über die Anzahl der Glieder und die Beschaffen- heit der Spitze ihrer Vorkeime bestimmte Angaben zu machen. Es werden diese sich jedoch jetzt leicht durch die wiederholte Be- obachtung keimender Pflanzen vervollständigen und über andere Arten ausdehnen lassen. Ein Versuch, diese Lücke für die Nitellen durch Beobach- tung ihrer Zweigvorkeime auszufüllen, ist mir nicht geglückt, denn ich war bisher nicht im Stande, an einer Nitella, und zwar an Nitella syncarpa $ capitata, Zweigvorkeime hervorzu- rufen, während dies an Chara fragilis durch eine höchst einfache Operation, die sich gewiß auch bei anderen Charen bewähren wird, sehr leicht gelingt. ee 1 - und die nacktfüßigen Zweige der Öharen. 279 Die Zweigvorkeime kommen nämlich zwar, wie ich bereits mitgetheilt habe, an älteren überwinterten Knoten der Pflanze von selbst, wenn auch nur spärlich hervor, allein man kann auch die Knoten jüngerer, diesjähriger Pflanzen sehr leicht dadurch zur Bildung von Zweigvorkeimen anregen, daß man. ihre Internodien durchschneidet. Die isolirten Knoten treiben alsdann, unter Wasser ge- halten, schon nach wenigen — 3 bis 14 — Tagen neben nackt- füßigen Seitenzweigen in großer Anzahl Zweigvorkeime hervor, und dieses Mittel, welches noch durch Entfernung des Haupt- Seitenzweiges, den der Knoten schon an der unverletzten Pflanze trägt, bedeutend unterstützt wird, giebt es Jedem leicht an die Hand, sich von der Existenz und der Entwicklung der Zweigvor- keime, die noch in manch anderer Beziehung lehrreich sind, zu überzeugen. Bei der Nitella syncarpa hatte jene Operation aber, wie sesagt, keinen Erfolg. Die isolirten Knoten erhielten sich nicht, sondern gingen — Mitte Mai — schon nach wenigen Tagen völlig zu Grunde, und ich muß daher voraussetzen, daß diese Nitella keine Zweigvorkeime bildet. V. In einer vorläufigen Mittheilung über die Vorkeime der Charen !) habe ich die Schlüsse, welche sich aus der Existenz und der Beschaffenheit der Vorkeime für die morphologische Auf- fassung der Charen und für ihre systematische Stellung ohne Zwang zu ergeben scheinen, kurz zusammengefaßt, und es wird erlaubt sein, das dort Gesagte hier mit denselben Worten zu wieder- holen. Der Nachweis der Vorkeime bei den Charen füllt eine fühl- bare Lücke in der Entwicklungsgeschichte dieser Pflanzen aus. Die Existenz blattloser Vorgebilde, aus welchen die Zweige hervorsprossen, unterstützt die aus der Bildungsgeschichte der Theile entlehnte Auffassung der Charen-Zweige als beblätterter Sprosse und stellt die nahe Verwandtschaft der Charen mit den Moosen in das hellste Licht. Zu der Form der Samenfäden und der Fruchtanlagen, worin die Charen den Moosen sich so auffallend nähern, tritt nun auch die gleiche Entstehungsweise der beblätterten Zweige aus Knospen, 1) Monatsberichte der Berliner Akad. d. Wiss. April 1862. 280 Ueber die Vorkeime welche an confervenartigen, blattlosen Vorkeimen entstehen, hinzu, Denn die Vorkeime der Charen weichen in ihrem Bau, wie die mögliche Vertretung ihrer wenigen und mangelhaft ausgebildeten Wurzelknoten durch einfache, gliedartig verlängerte Zellen nachweist, kaum von den confervenartigen Moosvorkeimen ab. Und obgleich der einfachere, überhaupt fast confervenartige Bau der Pflanze, sowie die Bildung der Wurzelknoten an den Vorkeimen, wodurch diese den Bau der beblätterten Zweige äußerlich nachahmen, die Erkennung der Vorkeime bei den Charen und ihre Unterscheidung von den beblätterten Zweigen ungemein erschwert, so ist doch niemals eine Verwechselung eines Vorkeimes mit einem beblätterten Zweige möglich, und nie tritt ein Uebergang desselben in einen beblätterten Zweig ein, so daß die morphologische Abgrenzung der blattlosen Vorkeime und der beblätterten Sprosse bei den Charen ebenso scharf ausgeprägt ist, als bei den Vorkeimen und Zweigen der Moose. Die vollständige morphologische Gleichwerthigkeit der Vor- keime bei Charen und Moosen tritt aber auf das Entschiedenste durch die Zweigvorkeime der Charen hervor. Denn unter allen Blattpflanzen finden sich nur noch an den Stengeln und Blättern der Laubmoose Organe, welche den Zweigvorkeimen der Charen analog sind. Es sind dies die bekannten, von W.P. Schim- per!) in seinen anatomischen und morphologischen Untersuchungen über die Moose ausführlich beschriebenen, wurzelartigen Pro- thallien, welche am Stengel und den Blättern vieler Laubmoose auf- treten. Die Charen durchlaufen daher in ihrem allgemeinen Ent- wicklungsgange ähnliche Entwicklungsstufen wie die Moose. Sie sind beblätterte Pflanzen ohne Hauptstamm und Hauptwurzel, indem ihre Zweige sämmtlich, wie die der Moose, als Seitenzweige entweder an anderen beblätterten Zweigen oder an blattlosen Vor- keimen entstehen. In dem Bau der Antheridien und in der Ausbildung der Frucht zeigen sie allerdings bedeutendere Abweichungen von den 1) Man vergleiche die von Schimper in seinen „Recherches anatomiques et morphologiques sur les mousses“, Straßburg 1848, als „radicelles proembryon- naires sur les tiges“ (pag. 13); „excroissauces proembryonnaires sur le limbe et ä P extr@mite de la nervure des feuilles“ (pag. 15) und „radicelles proembryon- naires aux feuilles detach@es de la tige“ (pag. 19) beschriebenen Bildungen. und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 281 Moosen, welche. ihre völlige systematische Vereinigung mit der einen oder der anderen Moosgruppe nicht gestatten, allein, wie in der Form der Samenfäden, so stimmen sie wieder auch in der ursprünglichen Anlage der Frucht mit dem allgemeinen Bildungs- sange der Moose überein, denn obgleich die Zeit und die Stelle der Befruchtung bei den Charen noch nicht nachgewiesen ist, so läßt sich nach naheliegenden und bekannten Analogien, zu denen jetzt die Bildung der Vorkeime noch hinzutritt, doch schon mit großer Wahrscheinlichkeit vermuthen, daß auch bei ihnen nicht die zum Prothallium auskeimende Sporenzelle, sondern eine, mehrere Zellgenerationen vorhergehende Mutterzelle befruchtet wird’). Es schließen sich somit die Charen offenbar als eine beson- dere Gruppe der Abtheilung moosartiger Gewächse unter den Crypto- gamen an. Ferner läßt das unerwartete Auftreten der Vorkeime bei den Charen es als ein allgemeines Gesetz erscheinen, welchem, neben Farrnkräutern und Moosen, der früheren Ansicht entgegen auch die Charen sich unterordnen, daß bei allen Blattpflanzen die Spore niemals unmittelbar zur Vegetationsspitze der ersten bebhlätterten Achse werden kann. | VI. Am Schlusse meines Aufsatzes sehe ich mich veranlaßt, noch einige Bemerkungen über die Literatur der Charen und die Geschichte ihrer Keimung, soweit sie den von mir behandelten Gegenstand betreffen und im Vorhergehenden noch nicht berührt wurden, hinzuzufügen. Man kann mit Recht behaupten, daß erst mit den für ihre Zeit ganz vorzüglichen und von mir im Eingange meines Auf- satzes schon angeführten Beobachtungen von Vaucher und Kaul- fuß die für die Morphologie der Charen wichtige Literatur beginnt, und es erscheint für meine Zwecke gewiß unnöthig, auf die Vor- sänger von Vaucher und Kaulfuß und auf deren willkürliche und durch irrige Analogien vielfach getrübte Vermuthungen über den. Werth der Fructificationsorgane der Charen zurückzugehen. Wer sich noch jetzt für diesen Theil der Charen-Literatur interessirt, der findet eine Zusammenstellung der Ansichten früherer Botaniker 1) Auch hierüber lese man den Schluß des zweiten Theiles der beiden, wiederholt eitirten Aufsätze von Alex. Braun „über die Richtungsverhältnisse der Saftströme in den Zellen der Characeen‘“ nach. ID .» 52 Ueber die Vorkeime mit Angabe der zugehörigen Quellen in dem eitirten Schriftchen von Kaulfuß über die Keimung der Charen, ferner bei Bischoff, und bis auf die neueste Zeit fortgeführt in den beiden akademischen Abhandlungen von Al. Braun. Aus der neueren Literatur aber habe ich, soweit es die Keimung betrifft, zu den in der Einleitung zu diesem Aufsatze und Seite 275 gemachten Angaben über frühere Beobachter der Keimung und deren Ansichten nur Weniges hinzuzufügen. Die Frage nach der Existenz eines Vorkeimes bei den Charen ist, wie schon erwähnt, mit Ausnahme von Bischoff, von Niemand berührt, von Bischoff selbst mit der größten Entschiedenheit verneint worden. Auch den späteren Beobachtern schien der Vorgang ‚bei der Keimung zu klar, um einer besonderen Erörterung unterliegen zu müssen: sie sprechen von der unmittelbaren Entwicklung der Sporen- zelle zur Pflanze ebenso, wie Bischoff, als von einer sich von selbst verstehenden Sache, obgleich ihnen die äußeren Verschieden- heiten, welche die unteren Theile einer keimenden Pflanze aus- zeichnen, durchaus nicht entgangen waren. Die Vorkeimspitze selbst wurde, wie gleichfalls schon erwähnt, von den ersten Beobachtern für die fortwachsende Spitze der Pflanze gehalten. Von Agardh!) rührt dann die zweite Auffassung derselben her, wonach sie das erste, älteste Blatt — oder vielmehr nach ihm der älteste Ast — des Quirles sein soll. Diese Ansicht ging jedenfalls schon von einer richtigeren Auf- fassung des Wachsthumes der Charen aus, nämlich von der Er- kenntniß, wo eigentlich die fortwachsende Spitze des Stengels zu suchen sei. Agardh war auch der erste, welchem die Aehnlichkeit der später an den Knoten älterer Pflanzen auftretenden Seitenzweige der Charen mit den keimenden Pflänzchen auffiel, und er giebt sogar schon eine äußerlich ganz richtige Abbildung eines Zweig- vorkeimes ?), den er jedoch von den nacktfüßigen Zweigen nicht unterscheidet. Die voreilende Spitze, die er für das älteste Blatt des ersten Quirles hält, und deren Entwicklung er als die bei nor- 1) Ueber die Anatomie und "den Kreislauf der Charen in Act. Acad. Caes. Leop. Carol. Nat. Cur. Vol. XIII. P.L. 2) A. a. O. Fig. 6 Taf. X, und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 283 malen Quirlen gesetzmäßige ansieht, führte ihn zu der Annahme, daß in. jedem Quirle — den er noch als Astquirl bezeichnet — ein Aestchen das älteste sei, eine Annahme, die allerdings zufällig richtig ist, obgleich die Thatsache, auf welche Agardh sie gründet, mit der Bildung der Blattquirle in gar keinem Zusammen- hange steht. Der letzte literarische Nachweis, welcher hier vielleicht noch zu erwähnen wäre, betrifft eine Abbildung und deren Erklärung in dem Aufsatze von Karl Müller!) „zur Entwicklungsgeschichte der Charen“, eine Arbeit, die als eine unreife, ihres Gegenstandes nicht mächtige bezeichnet werden muß. Die Vorkeimspitze hält Müller noch für die Spitze der fortwachsenden Pflanze; außer- dem giebt er eine Zeichnung (Fig. 10 seiner Tafel), wonach die Blätter *) der untersten Stengelglieder junger Pflanzen sich zu Zweigen entwickeln sollen. Ich vermuthe, daß hier vielleicht eine mißverstandene Beobachtung von Zweigvorkeimen vorliegt. Seine Zeichnung, schematisch und offenbar ungenau, ist wenig Vertrauen erweckend. Es wäre aber, namentlich wenn ich annehme, daß seiner Beobachtung eine andere, als die von ihm genannte Species zu Grunde liegt, denkbar, daß ihm ein interessanter, von mir ver- gebens gesuchter Fall einer Verzweigung des Vorkeimes — d.h. ein Vorkeim, der aus seinem Wurzelknoten selbst wieder Vorkeime erzeugt — vorgelegen hat. Erklärung der Abbildungen. (Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Ohara fragilıs, und die in Klammern beigefügten Zahlen geben die Vergrößerung an.) Tafel XX. Fig. 1—4 (3-5). Junge Keimpflanzen. Fig. 5—7 (3—5). Isolirte Knoten älterer Pflanzen mit Zweigvor- keimen; die Blätter dieser Knoten sind zum Theil entfernt. Ver- größerung nur schwach, wie in den vorigen Figuren. r Fig.5ist ein am Wurzelknoten des Vorkeimes entspringender, nacktfüßiger Zweig. 1) Bot. Zeit. v. Mohl u. Schlecht. 1845. 2) Die Blattwirtel nennt er übrigens, wie alle früheren Beobachter, Astwirtel. 284 Ueber die Vorkeime In allen Figuren dieser Tafel bedeutet gleichmäßig: pt —= Prothallium, die Vorkeimspitze; 9 die Stelle, wo die Zweigknospe am Vorkeime entsteht; qg das Glied unterhalb der Knospe, aus der Mittelzelle des Knospengrundes entstanden; d den Wurzelknoten; ; das unterste, blasse Glied unter dem Wurzelknoten; s die Sporenpfrucht. Tafel XXI. pt, 9, q, d, i in allen Figuren der Zweigvorkeime wie in Taf. XX. Fig. 1. Unteres Stück eines Blattes einer älteren Pflanze mit einer Achselknospe (ce). Fig. 2, 3, 4 (20). Isolirte Knoten älterer Pflanzen nach theil- weiser Entternung der Blätter: Fig. 2 mit einem nacktfüßigen Zweige (r) und 3 Zweigvorkeimen (ü, z, i); Fig. 3 mit einem nacktfüligen Zweige (r) und 2 Zweigvorkeimen (ti, :); Fig. 4 mit zwei nacktfüßigen Zweigen (r, r) ohne Zweigvorkeime. Fig. 5 (72). Terminalknospe des nacktfüßigen Zweiges r in Fig. 3 stärker vergrößert. Fig. 6 (170). Aeußerste Spitze der Terminalknospe eines wachsenden /weiges, noch stärker vergrößert. — Meist findet man bei Chara fragilis über dem letzten Knoten nur die ungetheilte Vegetationszelle, weil die in dieser angelegte, primäre Gliederzelle (0) sich gewöhnlich unmittelbar nach ihrer Bildung sofort in die Knoten- und secundäre Gliederzelle umbildet. Hier aber sieht man unter der Vegetationszelle (v) die jüngste noch ungetheilte, primäre Gliedzelle (0) und unter dieser den Knoten, aus dessen schon vorhandenen peripherischen Zellen noch keine Blätter hervortreten; unter diesem Knoten die in Streckung begriffene, zu ihm gehörige Internodialzelle, welche auf dem noch älteren Knoten, welcher bereits junge Blätter (f, f) trägt, aufsitzt; f ist das älteste Blatt dieses Knotens. Fig. 7 (170). Wurzelknoten eines Zweigvorkeimes, schief von unten auf seine Fläche gesehen, in der Theilung noch nicht weit vor- geschritten. Tafel XXI. Fig. 1—11 (170). Die jüngsten Zustände der Zweigvorkeime, und zwar in folgender Reihe: 1, 2 und 9; 3 und 4; dann nach den Zahlen fortlaufend. Zu bemerken ist, daß 9 und 4 Zustände von 2 und 3 sind, in welchen die Vorkeimspitze schon grün zu werden an- fängt, wenn der Knospengrund eben erst (4) oder selbst noch gar nicht (9) angelegt ist. Dies ist nicht der gewöhnliche Fall, denn normal tritt die Bildung des Chlorophylis in den Zellen der Vorkeim- spitze erst viel später auf (6, 7). und die nacktfüßigen Zweige der Charen. 285 In sämmtlichen Figuren bedeutet hier: ab die Vorkeimspitze vom Knospengrunde an bis zum Ende des Vorkeimes; ad den Knospengrund, welcher dann in die obere (v), die mittlere (q) und die untere (d) getheilt erscheint; i das unter dem Knospengrund befindliche farblose Glied des Zweigvorkeimes. Aus der Zelle v» entsteht dann die Knospe des Vorkeimzweiges, wie es Fig. 11 in einem schematischen Hauptschnitt anschaulich macht, Fig. 12. Schematischer Grundriß der Stelle am Knospengrunde des Zweigvorkeimes, wo der Zweig sich bildet. Erklärung: S. 269 u. f. Fig. 13 und 14. In der Entwicklung schon weit vorgeschrittene Zweigvorkeime einer Form der Chara fragiks mit kürzeren Internodien. pt, 9, 9 d, i wie in Tafel XX. Die Zahlen 7-IV deuten die Entwicklungsfolge der Blättchen am Knospengrunde entsprechend dem Grundriß Fig. 12 an. Bei g Fig. 13 hat sich neben dem Hauptseitenzweige des Vor- keimes schon eine zweite Knospe (c) entwickelt. Der Hauptseitenzweig selbst ist hier ein nacktfüßiger Zweig mit entwickelten, freien Rinden- segmenten. Bei (k) Fig. 14 ist der abnorme, Seite 273—274 besprochene Fall eingetreten, daß eine Seitenknospe mitten auf einem Gliede des Vorkeimes steht. Hier ist zugleich der Hauptseitenzweig (x) des Vorkeimes ein normal berindeter Zweig, und es haben sich neben der Vorkeimspitze (pt) nur 5 Blättchen (7—-V) entwickelt, r ist das unterste Internodium eines neben dem Zweigvorkeime stehenden nacktfüligen Zweiges. — Tafel XXIII. Fig. 1 (50). Spitze eines fast völlig erwachsenen Zweigvorkeimes mit den Blättchen des Knospengrundes, die immer völlig nackt undknotenlos bleiben und untereinander an Größe ver- schieden sind. Die Zahlen /—-IV geben ihre Entwicklungsfolge an; man ver- gleiche auch Taf. XXII, Fig. 12, 13 und 14. Fis. 2—7 (170) und 8 (116). Verschiedene Entwicklungsstufen der Zweigvorkeime; ab, v, q, d, i wie in Fig. 1—11 Taf. XXIL » ist bereits in der Bildung der Uebergangsknoten weit vorgeschritten; q hat sich zum langen Schlauche verlängert und d in den Wurzelknoten umgebildet. Fig. 3 und 4 stellen denselben Zweigvorkeim, von der Seite (4) und von vorn (3) dar. Die allmälige Entwicklung des Knospengrundes und seiner Blätter tritt in diesen Figuren deutlich hervor. Die Ziffern Z, II, IIT bezeichnen wieder die auf einander folgenden Blättehen des Knospengrundes, soweit diese eben in jeder Figur schon hervorgetreteten sind. In Fig. 3, 5 und 6 sieht man vorn, zwischen 286 Ueber die Vorkeime und die nacktfüßigen Zweige der Charen. Blatt / und IT, die schon nach oben gerichtete Vegetationszelle (— r Fig. 4); unter ihr durch die Scheidewand getrennt die primäre Gliederzelle für den dritten Uebergangsknoten (= m Fig. 4), in Fig. 3 noch ungetheilt, in Fig. 5 und 6 schon in die Zellen für die Blättehen /V und V des Knospengrundes getheilt. Diese treten in Figur 7 schon papillenartig hervor, während die Vegetationszelle wieder neue, von nun an normal sich verhaltende (Fig. 8) primäre Glied- zellen anlegt. Fig. 8 stellt einen Fall dar, bei welchem die Blättchen 1/7 bis VI unentwickelt bleiben, obgleich die für sie bestimmten Zellen vorhanden sind. Tafel XXIV. Fig. 1- 3 (20). Nacktfüßige Zweige. Das nackte, unterste Glied, mit welchem sie dem Muttersprosse aufsaßen, ist bei # nahe unter der Terminalknospe durchschnitten. Sie zeigen sehr verschiedene Zustände der Blattberindung des ersten Quirles in Verbindung mit verschieden- artiger Entwicklung und Ausbildung der eigentlich für die Bekleidung des untersten internodiums (#) bestimmten freien Rindensegmente (rs, rs...). Man vergleiche auch r Fig. 2 Taf. XXL Fig. 4 Terminalknospe eines wachsenden Zweiges mit normaler Berindung des Internodiums (ad) und mit einer Axillarknospe (g). Die einzelnen Rindensegmente haben sich schon getheilt, aber die seitlichen Reihen sind noch nicht angelegt. Die Axillarknospe (g) besteht aus der Vegetationszelle (v), der jüngsten primären Gliedzelle (%), unter welcher schon ein noch blattloser Knoten und die zu ihm gehörige, noch nicht gestreckte Internodialzelle vorhanden ist. Fig. 5 (170). Stärker vergrößerte Terminalknospe des Seiten- zweiges am Vorkeime Fig.1 Taf. XXIII, aus den umgebenden Blättchen des Knospengrundes herauspräparirt; von diesen sind nur noch die Blättehen /V und V in ihrer vorherigen Stellung zur Knospe sichtbar. Von dem BlattFreise (9) umgeben sieht man die Spitze der Knospe, deren Entwicklungszustand ungefähr der Axillarknospe g in Fig. 4 derselben Tafel gleicht. Fig. 6. Wurzelknoten eines Zweigvorkeimes mit einem sich er- hebenden, nacktfüßigen Zweige. Der Seitenzweig besteht aus der Vege- tationszelle (v), dem Knoten (f, f), aus dessen peripherischen Zellen die Blattanlagen hervorzutreten anfangen (f' wird zum ältesten Blatte); zu unterst das in Streckung begriffene, unterste, nackte Internodium (5). Fig. 7—10 (240). Verschiedene Zustände von Wurzelspitzen und Wurzelgelenken der Chara fragılis. Man vergleiche die Anmerkung S. 266 unter dem Texte. E rinssheim, ses. Abhandlungen, Band Il. P Y ! pt Li gsheim nd.Natgez. Verlv.QustavFischer, Jena. Bi ; er Prinssheim, ses, Abhandlungen Band. Tar.XXT. N.Pringsheimn.d.Nat. gez. Verl,v.Qustav Fischer, Jena. Lith. Anstv.AGilisch, Jens, J © = SS =) =) nz! j2) Fe [de>} = > 25 12) = A us) Se + andll. Verlv.Gustav. Fis cher.Jena B Abhandlungen Pringsheim, öes. 2 I ar ’ = | . Ü ‘ ıstavFischer, GLLV. Y en.BandI. e oO (>) s, Abhandlun m, Se iN [6 1 ringsheimi INT AT Prinsshe Taß.XXV. Prinssheim ‚ges. Abhandlungen Band I. Verl. Qustav Fischer. 232 Vorläufige Mittheilung über die Embryobildung der Gefässcryptogamen und das Wachsthum von Salvinia nalans. Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin, Sitzung vom 16. April 1863. - Mbireguig nes E % EEREL j 129 r de r Hr. Pringsheim machte die vorläufige Mittheilung über die Embryobildung der Gefäßeryptogamen und das Wachsthum von Salvinia natans. Die Frage nach der Entstehung der Vegetationsspitze des Pflanzenembryo, von deren Beantwortung sowohl die richtige Deu- tung der einzelnen Theile des Embryo, als auch die schärfere Be- sriffsbestimmung der als Vorkeime aufzufassenden Bildungen abhängt, läßt ihre Lösung bei den Gefäßeryptogamen, deren Vege- tationsspitze in eine deutliche Scheitelzelle ausgeht, am ehesten erwarten. Wilhelm Hofmeister hat in seinen vortrefflichen und um- fassenden Beobachtungsreihen über die Gefäßeryptogamen !) zuerst und bisher allein auch diese schwierige Frage durch den Nachweis der Zellenfolge im befruchteten Keimbläschen zu lösen gesucht. Er gelangt hierbei zu demselben Schlusse, welchen bereits früher Schleiden?) und Mettenius’) für die Rhizocarpeen aus der vergleichenden Betrachtung der fertigen Theile des Em- bryo gezogen hatten, und dehnt ihn auch über die Farrnkräuter und die anderen ihnen verwandten Familien, die Equiseteen, Lyocopo- deen und Isoeteen aus. Hiernach soll in der ganzen Gruppe farrnkrautartiger Ge- wächse aus dem Keimbläschen zunächst eine kurze, nicht weiter entwicklungsfähige, primäre Axe entstehen, und der eigentliche, 1) Vergleichende Untersuchungen der Keimung, Entfaltung und Fruchtbildung höherer Oryptogamen ete. Leipzig 1851; — ferner: Beiträge zur Kenntniß der Gefäßeryptogamen in: Abhandlungen der math.-phys. Klasse d. K. Sächs, Gesellsch. d. Wiss. Leipzig 1852 und II. Theil 1857. 2) Gründzüge d. wiss. Botanik II. Auflage 1845. S. 93 und 104. 3) Beiträge zur Kenntniß der Rhizocarpeen. Frankf. a. M. 1846. S. 41—42; — ferner: Beiträge zur Botanik, Heidelberg 1850. S. 15. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Rd. II, 19 290 Vorläufige Mittheilung über die Embryobildung fortwachsende Stamm der Pflanze soll erst als Seitenzweig jener primären Axe sich bilden oder aus einer Gabelspaltung derselben hervorgehen. Eine wiederholte Betrachtung der gegebenen Darstellungen hat in mir Zweifel an der Richtigkeit dieses Schlusses erregt und eigene vielfältige Untersuchungen haben mich dann zu dem Resultate ge- führt, daß die vorausgesetzte, in der Entwicklung stehenbleibende primäre Axe nicht vorhanden ist, und daß die befruchtete Eizelle selbst unmittelbar zur Scheitelzelle des sich fortentwickelnden Hauptstammes wird, indem sie vom Beginne ihrer Entwicklung an sich genau so verhält, wie die gewöhnliche Scheitelzellewachsen- der Sprosse. Hieraus folgt dann mit Nothwendigkeit eine ver- änderte Deutung der ersten Organe des Embryo bei den Gefäl- eryptogamen. Ich beabsichtige, die Beweise für den ausgesprochenen Satz in gesonderten Monographien über die Embryobildung einiger Pflanzen aus der Gruppe der Farrnkräuter niederzulegen. In einem ersten Aufsatze „Zur Morphologie der Salwinia na- tans“, welcher demnächst in meinen Jahrbüchern für wissenschaft- liche Botanik erscheinen soll, werde ich meine an dieser Pflanze angestellten Untersuchungen ausführlich zusammenstellen. Sie um- fassen außer der im Eingange berührten Frage nach dem Modus der Embryobildung aus dem Keimbläschen noch die Wachsthums- weise dieser Pflanze überhaupt und den Bau ihrer Sexualorgane. An dieser Stelle mag es gestattet sein, die von mir erhaltenen Resultate nur in vorläufiger, kurzer Zusammenstellung darzulegen. Die Wachsthumsweise der Salvinia ist bisher gänzlich ver- kannt worden. Nach der von Mettenius herrührenden und später allgemein adoptirten Anschauung wird der scheinbare Stamm der Pflanze von einzelnen nur ein Internodium langen Aesten derartig zusammen- gesetzt, daß jedes Internodium zwischen zwei Blattpaaren als ein Ast des vorhergehenden zu betrachten ist. Die ins Wasser herabhängenden Sporenfrüchte sollen nämlich die Enden der jedesmal nur ein Internodium langen Aeste dar- stellen und die horizontale Fortsetzung des Stammes von einem Seitenaste gebildet werden, welcher zwischen den beiden Blättern des einzigen Blattpaares seines Mutterastes entspringt. Während nun dieser, nachdem er ein Internodium lang geworden und ein der Gefäßeryptogamen und das Wachsthum von Salvinia natans. 291 Blattpaar getrieben hat, seine Spitze gleichfalls in einen herab- hängenden Fruchtast umändert, soll dann ein neuer Seitenzweig, in ‚derselben Weise entstehend und sich entwickelnd, den Stamm wieder in horizontaler Richtung fortsetzen. Die langen, fadenartigen und haarigen Bildungen, welche von dem Stiele der Sporenfrüchte — jener vermeintlichen Spitze der Zweige — ausgehen und die von den älteren Beobachtern für Wurzeln gehalten werden, erklärt Mettenius und ihm folgend auch Hofmeister für sterile Zweige. Untersucht man aber die Spitze einer wachsenden Pflanze nach genauer Orientirung über die relative Lage und den Bau der mannigfaltigen unterhalb derselben auftretenden Organe, so wider- legt sich diese künstliche Anschauung sofort. Man erkennt, daß der Stamm der Salvinia ganz analog dem Stamme anderer Gefäßceryptogamen mit einem sehr deutlichen, fortwachsenden Vegetationskegel endigt, unterhalb dessen Spitze die verschieden gestaltigen Organe, die er trägt, in ununter- brochener und aufsteigender Folge angelegt werden. Der Vegetationskegel der Salwinia ist sogar einer der ent- wickeltsten der Gefäßeryptogamen und steht in seiner Ausbildung zum Beispiel dem ‘der Equiseten durchaus nicht nach. Er über- ragt beträchtlich die Ursprungsstelle der jüngsten Blätter, endet gleichfalls in eine deutliche und große Terminalzelle und läßt mit überraschender Klarheit die ganze Zellenfolge erkennen, in welcher durch die auf einander folgenden Theilungen der Terminalzelle und ihrer Tochterzellen das Gebäude des Vegetationskegels sich aufbaut. Einige Zelllagen unterhalb jener Scheitelzelle treten auf gleicher Höhe an seinem Umfange drei seiner peripherischen Zellen hervor, sie sind die Anlagen dreier zu einem Blattquirl zusammentretender Blätter; von ihnen werden zwei zu dem bekannten Blattpaare, welches jedes Internodium der Salwvinia an seiner Oberseite trägt, das dritte aber wird zu dem in das Wasser herabhängenden Organe, welches bisher als Fruchtast — oder im Sinne von Mettenius als die herabhängende Zweigspitze — gedeutet wurde. Die relative Lage dieser Blattanlagen, welche die Blattstellung der Salvinia bedingen, sowie den verschiedenen Bau und das Wachsthum dieser Blätter kann ich an dieser Stelle als der specielleren Ausführung angehörend übergehen und hebe nur noch 19* 292 Vorläufige Mittheilung über die Embryobildung ausdrücklich hervor, daß es als ein unzweifelhaftes Resultat der Entwicklung der Organe am Vegetationskegel angesehen werden darf, daß die Salvinia natans ähnlich wie viele phanerogamische Wassergewächse Blätter von zweierlei Form, schwimmende und untergetauchte, besitzt, und daß in jedem ihrer dreigliedrigen Blattquirle zwei Luftblätter mit einem Wasserblatte zusammen- treten. Dieses letztere ist ein vielfach getheiltes, fiedertheiliges Blatt, und seine einzelnen Zipfel sind jene ins Wasser herabhängen- den, fädlichen Bildungen, welche von den älteren Botanikern für Wurzelfasern gehalten wurden. Ihre Bedeutung als die Zipfel eines einzigen, fiedertheiligen Blattes erklärt alle den früheren Beobachtern aufgefallenen Eigen- thümlichkeiten ihres Baues und giebt zugleich Aufschluß über das von Mettenius') erwähnte ausnahmsweise Auftreten von Sporen- früchten an ihrer Spitze, welches ihn veranlaßte, diese Bildungen für sterile Aeste zu erklären. Seitlich unter der Spitze des ältesten Zipfels dieses vieltheiligen Wasserblattes treten normal an den fruchtbaren Stengel- gliedern die Sporenfrüchte hervor. Diese entstehen daher auch hier, wie bei den Farrnkräutern überhaupt, aus der Umbildung eines Blatttheiles. Die genaue Kenntniß der besprochenen Vorgänge an der Stammspitze der Pflanze ist eine nothwendige Vorbedingung für das richtige Verstänaniß der Entwicklungserscheinungen des Embryo. Die äußeren Vorgänge der Keimung der Maerospore sind längst bekannt. Der im Innern der Archegonien in Folge der Befruchtung entstandene Embryo tritt, wie man seit Vaucher?’) weiß, in Form einer gestielten Scheibe hervor, an welcher unter- halb der Ausrandung ihrer Vorderfläche die zum Stamme aus- wachsende Knospe befindlich ist. Diese beiden Theile des hervor- tretenden Embryo, die schildförmige Scheibe und ihr Stiel, sind seit Bischoff°) unter dem Namen des Schildehens und des Stielchens bekannt. Während das Stielchen an dem einen Ende in das Schildehen mündet, ist es bekanntlich mit dem anderen 1) Rhizocarpeen, S. 53, und Beiträge zur Botanik. S. 15 Anmerkung. 2) Ann. d. Museum d’historie nat. T. XVIII. (1811) S. 404. 3) Zur Naturgeschichte der Salvinia natans. Nova Acta Acad. Nat. Cur. Vol. XIV. der Gefäßeryptogamen und das Wachsthum von Salvinia natans. 293 Ende in dem Proembryo befestigt und hier mit dessen anliegenden Zellen verwachsen. Ueber die morphologische Deutung dieser beiden ersten Theile des Embryo herrscht nun unter den früheren Beobachtern wenig Uebereinstimmung und Klarheit. Die constante und bei Salvinia wegen der genau bestimmten Form des Proembryo leicht erkenn- bare Lagerung und Richtung des Embryo erlaubt aber unter Be- zugnahme auf die Vorgänge am Vegetationskegel eine durchaus sichere Bestimmung der Theile des Embryo schon von dessen zweizelliger Anlage an. Kurz nach erfolgter Befruchtung findet man das Archegonium von einer großen Zelle ganz erfüllt, welche durch eine auf die Längsrichtung des Archegoniums senkrechte Scheidewand in eine vordere und eine hintere Hälfte getheilt wird; aus der hinteren, der Archegonium-Mündung zugewandten Zelle geht das Stielchen hervor, die vordere Zelle aber theilt sich durch eine auf der ersten Theilungswand fast senkrechte Scheidewand in eine obere und eine untere Zelle; die obere ist die erste Zelle des Schildchens, deren ganzes Gewebe ausschließlich durch Theilung dieser Zelle entsteht; die untere aber, welche bereits ganz das Aussehen einer Terminal- zelle eines wachsenden Sprosses besitzt, verhält sich von nun an auch genau wie eine solche, sie wird, indem sie in ihren Theilungen die gesetzmäßige Zellfolge der Scheitelzellen der Salvinia einhält, zu dem Vegetationskegel für den Hauptstamm der Pflanze, welcher nun in ununterbrochener Folge sämmtliche Blattwirtel, die dem Hauptsprosse angehören, anlegt. Schon in der dreizelligen Embryonalanlage ist daher das Bild des fertigen Embryo, so wie er später aus dem Proembryo hervor- tritt, erkennbar, und auch schon die erste und zweite Theilung in dem Keimbläschen, durch welche die erste Zelle für das Stielchen und die für das Schildchen angelegt werden, erfolgen schon nach demselben Gesetze, nach welchem die späteren Theilungen der unzweifelhaften Scheitelzelle der Vegetationsspitze stattfinden. Diese ist daher bezüglich zum Keimbläschen eine Scheitelzelle höheren Grades, und das befruchtete Keimbläschen selbst erscheint demnach unmittelbar als die erste Scheitelzelle des Hauptstammes, sowie deren beide erste Tochterzellen als die Anlagen zu den ersten Seitenorganen oder Blättern der Pflanze, zu dem Stielchen und Schildchen von Bischoff. 294 Vorläufige Mittheilung über die Embryobildung Während so die Vorgänge in der Scheitelzelle der Pflanze von der ersten Theilung der einzelligen Embryonalanlage an durch die sanze Dauer des wachsenden Sprosses sich gleich bleiben, zeigen die ersten aus der Scheitelzelle hervorgehenden Gliederzellen in ihrer weiteren Ausbildung einige geringe Abweichungen von dem Verhalten der ihnen gleichwerthigen Tochterzellen ersten Grades, welche von der Scheitelzelle weiter entwickelter Sprosse ge- bildet werden. Diese je höher am Sprosse allmälig sich ver- mindernden und endlich verschwindenden Abweichungen bedingen die in die Augen springende Verschiedenartigkeit in der Gestalt und Ausbildung der ersten Internodien und Blätter des zum Hauptstamme auswachsenden Embryo. Ich hebe von diesen Ab- weichungen hier nur die eine hervor, welche vielleicht als die erste Ursache der verschiedenen Form der beiden ersten Blätter der. Pflanze zu betrachten ist. Die Anlagen zu diesen gehen nämlich aus der Umbildung einer ganzen Tochterzelleersten Grades der Scheitelzelle hervor, während die Anlagen zu den späteren Blättern von Tochterzellen höhere;r Grade gebildet werden. Ist somit ein gesicherter Ausgangspunkt für die Deutung der Embryotheile von Salvinia natans gegeben, so mag es erlaubt sein, schon jetzt einen vergleichenden Blick auf den Werth der analogen Theile bei den übrigen Gefäßeryptogamen zu werfen. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß, wie schon Mettenius mit vollem Rechte hervorgehoben hat, derjenige Theil der Embryo bei Farrnkräutern, Pilularia, Isoetes, den man als den Fuß be- zeichnet hat, in seinem morphologischen Werthe mit dem Stielchen von Salvinia übereinstimmt, und die vortreffliichen Darstellungen der Zellenfolge der Embryonalanlage dieser Pflanzen, die wir H of- meister verdanken, lassen auch dieselbe Erklärung, die ich für Salvinia gegeben habe, zu; natürlich mit der Einschränkung, die aus dem Umstande hervorgeht, daß Salvinia eine völlig wurzellose Pflanze ist. Die Annahme einer nicht entwicklungsfähigen primären Axe erscheint für sämmtliche Pflanzen dieser Gruppe unnöthig. Schon die Stellung der Knospe zwischen jenem Fuße und dem sogenannten ersten Wedel weist mit Entschiedenheit darauf hin, daß auch hier überall das befruchtete Keimbläschen unmittelbar als Scheitel- zelle des fortwachsenden Hauptstammes fungirt, und daß das Ge- der Gefäßeryptogamen und das Wachsthum von Salinia natans. 295 bilde, welches man den Fuß genannt hat — die primäre Axe der neueren Botaniker — das erste Blatt der Gefäßeryptogamen dar- stell. Nur bei Isoeies, bei welcher Pflanze nach Hofmeister’s _ Untersuchungen die Vegetationsspitze des Hauptstammes zwischen dem ersten hervortretenden Wedel und der Wurzel liest, muß der Fuß als die Basis dieses ersten Wedels oder ersten Blattes der Pflanze angesehen werden. In wie weit aber und ob überhaupt Selaginella durch das Auftreten des eigenthümlichen Embryoträgers hiervon abweicht, bedarf noch einer specielleren Untersuchung ihrer Embryobildung. In auffallender Weise werden durch diese Erklärung die Wider- sprüche gehoben, welche die frühere Auffassung des Embryo der Gefäßeryptogamen ungelöst hervortreten ließ, und seine Entwicklung zur Pflanze erweist sich in völliger Uebereinstimmung mit der Keimung monocotyledoner Gewächse. Wie bereits Nägeli!) hervorhob, steht die Annahme, daß eine Axe mit ihrer Spitze an einen fremden Körper anwachse, wie dies von der primären Axe der Gefäßeryptogamen gelten würde — oder daß ein Blatt sich durch Erweiterung des unteren Theiles eines Stammes bildet — worauf die ältere Deutung der Embryonal- theile von Salwinia hinführt — ohne jede Analogie im Pflanzen- reiche da. — Dagegen ist es bekanntlich ein häufiger Fall bei der Keimung monocotyledoner Gewächse, daß das ganze erste Blatt des Embryo unentwickelt bleibt und aus den Samenhüllen nicht hervortritt, und daß ein Theil dieses Blattes, und zwar seine Spitze, mit dem Sameneiweiß, aus welchem es seine Nahrung schöpft, verwächst, und hierin liegt ein weiterer Beweis für die Identität des Proembryo der Gefäßeryptogamen und des Sameneiweißes der Phanerogamen. Zum Schlusse dieser Mittheilung will ich noch einige die An- gaben früherer Beobachter ergänzende und berichtigende Be- merkungen über den Bau der Sexualorgane von Salvinia natans hinzufügen. Was zunächst die Archegonien betrifft, so ist ihr Bau bisher nicht vollständig erkannt worden. Sie besitzen nämlich über den vier bekannten Schlußzellen, welche die Centralzelle bedecken, noch einen deutlich ausgebildeten Halsfortsatz, welcher beim Oeffnen des 1) Zeitschrift f. wiss. Bot. Heft 3 u. 4. S. 307. 296 Vorläufige Mittheilung über die Embryobildung Archegoniums vor der Befruchtung abgeworfen wird, und schließen sich somit in ihrem Bau ganz dem der Archegonien der übrigen Gefäßeryptogamen an. Ferner ist die Bildung des offenen Kanals, welcher nach Ab- werfung des Halsfortsatzes zwischen den vier Schlußzellen bis in die Centralzelle verläuft, nicht so einfach, wie es die bisherigen Beschreibungen dargestellt haben. Dieser bildet sich nämlich dadurch, daß die Centralzelle selbst zwischen die vier Schlußzellen hineinwächst und sich nach Av- werfung des Halsfortsatzes oben öffnet. Die Centralzelle erhält hierdurch eine flaschenförmige Gestalt, die in ihrer Form mit der des Oogonium von Caleochaete pulvinata -übereinstimmt. Die Bildung dieses engen, halsartigen Fortsatzes der Centralzelle wird durch eine ihrer oberen Wand anliegende Zelle eingeleitet; es ist dieses die Zelle, welche Hofmeister für das Keimbläschen von Salvinia gehalten hat, wogegen ich aus meinen Untersuchungen den Schluß ziehen muß, daß es der gegen diese Zelle abgeschlossene übrige Inhalt der Centralzelle ist, welcher nach der Befruchtung zur ersten Zelle des Embryo wird. Es ist zu vermuthen und der Nachweis hierüber weiteren Untersuchungen vorbehalten, daß ein ähnlicher Vorgang bei der Bildung des Archegonium-Canals der Gefäßeryptogamen überhaupt und der Moose eintritt, wodurch eine größere Gleichmäßigkeit in der Form der eigentlichen Mutterzelle der Eier durch die ganze Pflanzenreihe sich herausstellen würde. Endlich haben mir meine Untersuchungen noch einen näheren Aufschluß über die Bildung der Samenfadenzellen bei Salinia gebracht. Es ist durch Hofmeister wahrscheinlich gemacht, daß diese in den Microsporen entstehen, später hat Milde!) gesehen, dal aus dem Microsporangium Schläuche hervortreten, in welchen Samenfadenzellen befindlich sind. Aber schon im Jahre 1834 hat Pietro Savi?) in Florenz in einem von den Späteren viel zu wenig gewürdigten Aufsatze das Hervortreten zelliger Schläuche aus den Microsporangien nachgewiesen und die Bildung beweg- licher Körper in denselben angedeutet, denen er schon eine be- 1) Nova Acta Acad. Nat. Cur. Vol. XXI. P. II. S. 642. Taf. 60. 2) Continuazione delle ricerche sulla fecondazione della Salveinia natans. der Gefäßeryptogamen und das Wachsthum von Salwinia natams. 297 fruchtende Function auf den Inhalt der gleichfalls von ihm wesent- lich richtig erkannten Archegonien zuschrieb. Die, wie es scheint, ungenügenden optischen Hülfsmittel, die ihm zu Gebote standen, ließen ihn aber weder über die Form, noch über die Bildung und das Austreten der Samenfäden ins Klare kommen. Der Vorgang selbst ist nun folgender. Die an den drei leistenartigen Linien ihrer Oberfläche kenntlichen Microsporen liegen, in der scheinbar zelligen Zwischenmasse eingebettet, der inneren Seite der zelligen Hülle des Microsporangium in einer eine Kugeloberfläche darstellenden Lage an und bilden daher nicht einen- das ganze Microsporangium erfüllenden Haufen. Ihre äußere Membran bricht, indem sie längs den drei Leisten spaltenartig auseinanderweicht, auf; die in ihr enthaltene Innenzelle durchbricht dann, sich zu einem Schlauch verlängernd, die zellige Hülle des Mierosporangium unmittelbar an der Stelle, unterhalb welcher die Mierospore-liest. Hierbei zerreißen aber die Zellen dieser Hülle nicht, sondern treten nur in ihren Fugen auseinander. Der her- vorgetretene Schlauch zeigt sich durch eine Querwand in ein kurzes, zweizelliges Antheridium und einen längeren, inhaltsarmen oder ganz leeren Raum getheilt. In jeder Zelle des zweizelligen Antheridiums entstehen durch zweimalige succedane Theilung des Inhalts vier Spiralfadenzellen, in jedem Microsporenschlauche also acht, und diese entweichen in Folge eines überaus regelmäßigen deckelartigen Aufklappens der beiden Antheridienzellen. Von besonderem Interesse bei der Bildung der Samenfaden- zellen erscheint noch, daß in jeder Antheridiumzelle ein kleines Bläschen, vermuthlich der frühere Zellkern der Antheridienzelle, von der Masse, aus welcher die Spiralfadenzellen gebildet werden, ausgeschlossen ist und nach der Entleerung dieser in der geöffneten Zelle zurückbleibt. ee ua . ‚ ‘ 4; 7 1% ji Fr Er wu 277 ’ » Mi e : v 3 I , 4 ei rn - Fr = « ® a v$ u = , ® D } 4 FR 2 w . “ = Pr N xl. Zur Morphologie der Salvinıa natans. Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. III. Heft IV. 1863. Hierzu Tafel XXV—XRXX. Der vorliegende Aufsatz soll nicht eine vollständige Entwick- lungsgeschichte der Salvinia geben. Er bezweckt nur, einige in der Kenntniß dieser vielfach untersuchten Pflanze noch vorhandene Lücken auszufüllen und meine Auffassung ihres Wachsthums und ihrer Embryonalanlage, deren weitere Beziehungen ich bereits an anderer Stelle!) hervorgehoben habe, ausführlicher, als es dort möglich war, darzulegen und zu begründen. Er zerfällt in zwei Abschnitte. Der erste behandelt das Wachsthum der Sprosse und die Blattstellung; im Besonderen die Bildung des Vegetationskegels und den Ursprung der Blätter. Der zweite bespricht den Bau und die Bildung der Ge- schlechtsorgane, namentlich die Entstehung der Samenfadenzellen und des Archegonium-Canals, sowie ferner die Entwicklung der Embryonalanlage, mit besonderer Rücksicht auf die Entstehung des Vegetationskegels und der ersten Seitenorgane des Embryo. I. Die älteren Schriftsteller, welche über die Salvinia geschrieben haben, gingen bei der Darstellung des Wachsthums und bei der Beschreibung der Organe dieser Pflanze von der nicht näher be- sründeten. sondern stillschweigend als selbstverständlich ange- nommenen Anschauung aus, daß die Pflanze einen sich hier und da verzweigenden, horizontal auf dem Wasser niederliegenden Stengel besitze, der an seiner oberen Seite Blätter, an seiner unteren Seite Wurzeln. und zwischen diesen die Früchte trage. Um diese damals herrschende Vorstellung genauer wiederzu- seben, wird es genügen, einige Stellen aus den Werken vonBischoff anzuführen, dessen Monographien der cryptogamischen Gewächse bekanntlich ein Vierteljahrhundert hindurch die Hauptquelle für 1) Monatsberichte der Königl. Akademie der Wissensch. zu Berlin. 1863. Sitzung vom 16. April. 302 Zur Morphologie die organologische Kenntniß der höheren Cryptogamen waren und noch jenem älteren Zeitraume angehören, in welchem die vergleichende Betrachtung der fertigen Zustände die alleinige Grundlage morphologischer Deutung der Organe bildete. In dem der Naturgeschichte der Salvinia besonders gewidmeten Aufsatze !) sagter: „Die Salvinia hat einen ästigen, runden Stengel.... Auf der oberen Seite ist er seiner ganzen Länge nach mit zwei- zeiligen, gegenständigen Blättern besetzt.... Aus der unteren Seite entspringt unter jedem Blätterpaare ein dichter Büschel von 5—4 Zoll langen, fadenförmigen, schwimmenden Wurzelzasern.... Unter den Blättern und zwischen den Wurzelzasern sitzen die kugeligen . Früchte.“ Dieselbe Darstellung findet sich fast mit denselben Worten in seiner späteren Monographie der Rhizocarpeen ?) wieder. In ähnlicher Weise faßt Schleiden den Bau dieser Pflanze auf und fügt eine genauere Bezeichnung der Stellung und des Ursprungs der Früchte hinzu, indem er angiebt°): „es entspringt (bei Salvinia) an der Basis des Blattstiels ein kleiner ins Wasser hängender Ast, an welchem sich, ährenförmig gestellt, eine Menge kleiner Früchte ausbilden.“ Aus diesem abwärts ins Wasser ge- senkten Fruchtzweige soll dann das Wurzelbüschel hervortreten. Von dieser Auffassung weicht wesentlich zuerst Mettenius ab. Er nimmt an), „daß der Stiel der Receptacula (Fruchtast nach Schleiden) das Ende des Stengels ist; daß jedes Inter- nodium zwischen zwei Blattpaaren als ein Ast des vorhergehenden zu betrachten sei, und daß jeder Ast in dem Stiel der Recepta- cula endige“, während „ein neuer Seitenast zwischen den beiden Blättern des vorhergehenden entspringt“ und so den scheinbaren Hauptstengel fortsetzt. Die von den älteren Botanikern für Wurzelzasern erklärten Bildungen hält er für sterile Zweige der ins Wasser herabhängenden und in die Früchte endigenden Spitze der Aeste. 1) Zur Naturgeschichte der Salvinia natans. Nova Acta A. C. L. N. C. Vol. XIV. P. I, pag. 48 und 49. 2) Die eryptogamischen Gewächse. Nürnberg. 1828. Die Rhizocarpen und Lycopodien. S. 66, 68, 93, 94 und 9. 3) Grundzüge der wissensch. Botanik. 2. Auflage. Theil II. S. 104 u. 106. Fig. 132. 4) Beiträge zur Kenntniß der Rhizocarpeen. Frankfurt a. M. 1846. S, 44 ff. der Salvinia natans. 303 'Zu dieser Ansicht bestimmt ihn das Wachsthum der soge- nannten Wurzelzasern, deren Zellbildung, wie Mettenius zuerst erkannt hat, in der Endzelle fortschreitet; ‚so daß also die Wurzel- zasern Sich- wie eine Axe entwickeln“. Ferner der Umstand, daß man ausnahmsweise an der Spitze einzelner Wurzelzasern Recepta- cula antrifft, „ein Beweis, daß die Wurzelzasern als Zweige der Hauptaxe zu betrachten sind‘ !). Ganz verschieden hiervon ist dagegen wieder die Anschauung von Nägeli, welcher entsprechend seiner allgemeinen Ansicht über den Bau der Farrnkräuter auch bei Salvinia die Unter- scheidung von Blatt und Axe nicht gelten, sondern die einzelnen Wedel durch Sprossung unmittelbar aus einander hervortreten läßt. Hiernach soll jeder Wedel an seiner Basis den neuen Wedel unmittelbar erzeugen, „von einem Stamme, der die Blätter trägt“, also von einer Vegetationsspitze, unterhalb welcher sie angelegt werden, soll „nichts zu sehen sein“. Die Blattstellung der Salvinia, wonach an dem „scheinbaren Stengel die scheinbaren Blätter gegen- überstehen“, soll daraus zu erklären sein, „daß oft der zweite Wedel sehr kurz gestielt ist“. Die Verästelung des scheinbaren Stengels der entwickelten Pflanze entsteht ferner nach ihm auch bei Salvinia dadurch, „daß an einem Wedel sich nicht bloß ein, sondern zwei neue Wedel bilden‘ ?). Hofmeister endlich, der Letzte, dessen Ansichten hier eine Erörterung verlangen, und der, obgleich er selbst früher die Farrn- wedel nicht für Blätter gehalten wissen wollte, dennoch dieser mit den Thatsachen nicht übereinstimmenden Anschauung von Nägeli durch den Nachweis der Vegetationsspitze an Farrnkräutern, Equi- setum, Pilularia u. Ss. w. entgegengetreten war, stimmt in Bezug auf den Bau von Salvinia im Wesentlichen mit Mettenius über- ein. Er nimmt gleichfalls an ?), daß die Wurzelzasern der älteren Botaniker Zweige sind ; auch die Bildung des Stammes scheint er, sofern man seine bestimmten Angaben über die Bildung der ersten 1) A. a. O. S. 50 u. 53; ferner Beiträge zur Botanik von G. Mettenius. Heidelberg; 1850. S. 15. Anmerkung. 2) Zeitschrift f. wissensch. Botanik. Heft 3 u. 4. S. 293 ff; namentlich S. 304— 307. :3) Vergleichende Untersuchungen der Keimung, Entfaltung und Frucht- bildung der höheren Cryptogamen. Leipzig 1851. Seite 110; ferner: Beiträge zur Kenntniß der Gefäß-Oryptogamen. Leipzig 1852. S. 669. 304 Zur Morphologie Axen der keimenden Pflanze auf die Bildung der späteren ausdehnen darf, aus einer fortgesetzten Verzweigung hervorgehen zu lassen ; nur führt er diese, wenigstens bei Bildung der ersten Axen, ab- weichend von Mettenius auf eine Gabelung der noch blatt- losen Spitze zurück. Seine Ansicht scheint demnach die zu sein, daß der Stamm sich an seiner Spitze jedesmal nach Anlage eines Blattpaares gabelt, daß der eine Gabelast zum ins Wasser herab- hängenden Fruchtast wird, dessen fernere Gabelungen die soge- nannten Wurzelzasern bilden, während der andere den horizontalen, schwimmenden Stengel fortsetzt, sich nach Anlage eines neuen Blattpaares wieder gabelt, und daß derselbe Vorgang sich fort- während von Neuem wiederholt. Diese verschiedenen, aber in der Natur nicht begründeten Vorstellungen sind dem Umstande zuzuschreiben, daß man es ver- säumt hat, sich eine genaue Kenntniß der Vorgänge an der Vege- tationsspitze der Salvinia zu verschaffen, eine Kenntniß, die bei allen Pflanzen mit deutlichem Vegetationskegel den Ausgangspunkt jeder morphologischen Deutung der Theile bilden muß und den aus der Analogie fertiger Zustände gezogenen Schlüssen erst die nöthige Sicherheit und die natürliche Richtung giebt. — Hofmeister aber, dessen gründliche Untersuchungen der Gefäßeryptogamen auch auf diesen Punkt gerichtet waren, hat sich bei Salvinia durch eine Verwechselung der ersten Blattanlagen, die er für die Anlagen der sogenannten Wurzelzasern hielt, täuschen lassen, wie dies aus der folgenden Darstellung genauer hervorgehen wird. — Die Zerlegung des Endes wachsender Sprosse von Salvınia zeigt nämlich, daß diese Pflanze ebenso, wie andere Gefäßerypto- samen, einen deutlichen, und zwar sehr entwickelten und ununter- brochen fortwachsenden Vegetationskegel (Taf. XXV Fig. 1-5, Taf. XXVI Fig. 7) besitzt, welcher die Ursprungsstelle der Jüngsten 3lattanlagen weit überragt und sich weder in die Receptacula um- wandelt, noch sich gabelt. An seinem Umfange mehrere Zelllagen unterhalb seiner Spitze (Taf. XXV Fig. 1-5) werden die Blätter in ununterbrochener teihenfolge angelegt, und zwar treten auf gleicher Höhe immer drei Anlagen zu Seitenorganen (L,, L,, W) aus dem Gewebe des Vegetationskegels hervor. Der Stengel dieser Pflanze bildet daher — abgesehen von ge er der Salvinia natans. 305 seinen wahren Verzweigungen, von welchen später die Rede sein sol — eine einzige aus zahlreichen Internodien bestehende Hauptaxe, welche an ihren auf einander folgenden Knoten drei- gsliedrige Quirle von Seitenorganen trägt. Es darf nun zum leichteren Verständniß des Nachfolgenden hier gleich vorweg bemerkt werden, daß von diesen drei ursprüng- lichen Anlagen eines jeden Quirls (L,, L,, W, Taf. XXV Fie. 1, 4, 5) zwei (L, und L,) zu den beiden Blättern — Luftblättern — werden, welche jeder Knoten der Salvinia an seiner Oberseite trägt, während die dritte, gleich hohe Anlage zu dem aus der Unterseite eines jeden Knotens ins Wasser herabhängenden Organe sich ausbildet, welches, wie ich im Eingange bemerkt habe, von den früheren Schriftstellern in seiner Gesammtheit bald als Wurzel- büschel (Bischoff u. A.), bald als Fruchtast (Schleiden), oder metamorphosirte Zweigspitze (M ettenius) gedeutet wurde, welches ich aber im Gegensatze zu den Luftblättern als Wasserblatt bezeichnen werde. — Ein gründlicher Nachweis des morphologischen Werthes jedes dieser drei Quirlglieder verlangt ein Zurückführen ihrer Entwick- lung bis auf die frühesten Zustände am Vegetationskegel. Da aber ihre ursprünglichsten Anlagen (Taf. XXV Fig. 1, 4 der jüngste Quirl, 2, 5) sich kaum anders, als durch den Ort ihrer Entstehung am Vegetationskegel unterscheiden, so kommt zunächst Alles darauf an, einen festen Punkt für die Bestimmung der relativen Lage dieser drei Anlagen am Stengel-Umfange zu gewinnen. Diesen bietet nun die Form der Scheitelzelle, oder genauer die Richtung ihrer Theilungswände dar. Ferner lassen sich auch gewisse Beziehungen zwischen der Entwicklungsfolge der 3 Quirlglieder und dem wiederum von jenen Theilungsrichtungen in der Scheitelzelle abhängigen, verschiedenen Alter der Seiten jedes Stengelknotens nachweisen. Alles dies verlangt nun ein ausführliches Eingehen auf die Bildungsgeschichte des Gewebes der Vegetationsspitze. Ich muß diese daher hier wenigstens bis an die Ursprungsstelle der jüngsten Blattanlagen verfolgen. — Auch der Vegetationskegel der Salvinia wird — wie dies ja von dem der Moose schon lange durch Nägeli, von dem der anderen Gefäßeryptogamen durch Hofmeister bekannt ist — durch die auf einander folgenden Theilungen einer einzigen, keil- Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, II. 20 306 Zur Morphologie förmig nach unten zugespitzten Zelle, die seinen Scheitel einnimmt (Taf. XXV Fig. 1, 3, 4) — jener oben genannten, bei Salvinia sehr großen und deutlichen Scheitelzelle — fortwährend erhöht. Diese Scheitelzelle (Taf. XXVI Fig. 1, 2, 3) ist aber bei Sal- vinia nach unten nur zweiflächig zugespitzt, indem sie sich an- dauernd durch Scheidewände theilt, welche nach nur zwei Rich- tungen des Raumes in der Lage der Figuren 1-3, Tafel XXVI, nach rechts und links geneigt sind. Die hiernach abwechselnd parallelen und ebenen Scheidewände schneiden die Axe des Vegetationskegels (zz in Taf. XXVI Fig. 1—3) unter einem spitzen Winkel, der etwas größer als 45° ist, sich selbst also unter einem doppelt so großen, stumpfen Winkel, aber in einer Linie, die nicht in der Axe, sondern abwechselnd rechts und links von dieser liegt. In der Figur 1, Tafel XXVI, ist der Vegetationskegel so ge- lest, daß man die nach beiden Richtungen geneigten, abwechselnd parallelen Wände, ac, bce, def, gfh, durch welche die Scheitel- zelle sich nach einander getheilt hat, sieht. Eine zweite, dieser völlig gleiche Ansicht bietet der Vegetationskegel dar, wenn man ihn 180° um seine Axe aus der Lage dieser Figur dreht. Ich will diese beiden Ansichten die Front-Ansichten des Vege- tationskegels nennen. Wird dieser aber nur 90° um seine Axe gedreht, so sieht man jetzt nur noch die nach einer Richtung, je nach der Drehung die nach rechts oder links, geneigten Scheidewände, als etwas ge- bogene Linien über die Peripherie des Vegetationskegels verlaufen. Diese Ansicht (Taf. XXVI Fig. 6) will ich die Seiten-Ansicht des Vegetationskegels nennen. — Es ist klar, daß, wie die beiden Front-Ansichten, so auch die beiden Seiten-Ansichten wesentlich mit einander übereinstimmen. — Sucht man nun die verschiedenen Seiten des Vegetationskegels auf die ihnen entsprechenden Stengelseiten der erwachsenen Pflanze zu beziehen, so ergiebt sich Folgendes. Man kann an dem schwimmenden Stengel der Salvinia die der Luft zugekehrte Oberseite als die Rückenfläche, die ihr abgekehrte als die Bauchfläche bezeichnen, und mit Bezug auf die Richtung des Wachsthums die beiden Seitenflächen des Stengels dann als rechte und linke unterscheiden. Wenn man sich nun die fortwachsende Stengelspitze der Pflanze, os der Salmmia natams. 307 welche bekanntlich fast senkrecht im Wasser herabhängt, in hori- zontaler Fortsetzung des Stengels auf dem Wasser schwimmend denkt, so erhält ihr Vegetationskegel die Lage der Figur 1. Tafel XXVI. Es entsprechen daher die beiden Front-Ansichten des Vegetationskegels der Rücken- und Bauchfläche des Stengels, sowie dessen rechte und linke Seite den beiden Ansichten, die ich schon als Seiten-Ansichten des Vegetationskegels bezeichnet habe. — Nach dieser Orientirung wird es dann möglich, die Seitenorgane der entwickelten Pflanze, vorausgesetzt, daß ihr Stellungsverhältniß bekannt ist und bereits in den frühesten Entwicklungszuständen hervortritt, schon in ihren ersten Anlagen am Vegetationskegel wiederzuerkennen und deren Lage zu den Theilungswänden der Scheitelzelle zu bestimmen. Um nun einige feste Richtungen zu gewinnen, auf welche die Lage der Theile am Vegetationskegel sich leichter beziehen läßt, denke ich mir durch die Axe des Vegetationskegels («x in Taf. XXVI Fig. 1-3) eine Ebene gelegt, welche den Winkel, den die auf einander folgenden Scheidewände der Scheitelzelle mit einander bilden, halbirt. Diese Ebene will ich die Mittelebene nennen; sie theilt den ganzen Vegetationskegel genau in zwei gleiche Hälften, eine rechte und eine linke, und schneidet seine Rücken- und Bauch- fläche in einer Linie, welche diese beide Flächen halbirt, und die ich als ihre Mittellinie bezeichnen werde. Unter Querschnitt des Vegetationskegels verstehe ich dann immer einen gegen die Axe senkrechten Schnitt, und unter Längs- schnitt einen solchen, der durch die Axe, also senkrecht gegen den Querschnitt, geführt und zugleich senkrecht gegen die Mittel- ebene ist. Da man gewöhnt ist, oben und unten am Vegetations- kegel nach der Lage der Theile zur Spitze zu bestimmen, so will ich ferner auch hier im Anschluß an die gewöhnliche Anschauungs- weise von der natürlichen Lage absehen und bei den Bezeichnungen „oben“, „unten“ und „Höhe“ von der Vorstellung ausgehen, daß der Vegetationskegel mit seiner Scheitelzelle nach oben auf- gerichtet sei. — Durch die bereits erwähnten, auf einander folgenden Theilungen der Scheitelzelle wird diese jedesmal — so zum Beispiel bei der jüngsten Theilung in der Fig. 1, Taf. XXVI — in eine neue 20* 308 Zur Morphologie Scheitelzelle und in eine primäre Gewebezelle für die eine Seite (X), und zwar abwechselnd für die rechte und linke Seite des Vegetationskegels getheilt. Dieser zeigt daher später zwei gleich- artig gebaute Hälften, eine rechte und eine linke, welche jede für sich in derselben Weise aus den über einander gelagerten und später gleichartig ausgebildeten primären Gewebezellen bestehen. Während aber die eine Hälfte, zum Beispiel in Fig. 1, Taf. XXVI, seine rechte von der ersten, dritten, fünften, .... wird die andere, seine linke, von der zweiten, vierten, sechsten.... Gewebezelle gebildet; oder umgekehrt, die rechte von der zweiten, vierten, sechsten, und die linke von der ersten, dritten, fünften, je nach- dem nämlich die erste Wand rechts oder links liegt. Nach der von Nägeli ursprünglich gebrauchten Terminologie !) wären diese primären Gewebezellen als secundäre Zellen ersten Grades zu bezeichnen; um jedoch mit dem Namen die nöthige körperliche Anschauung zu verbinden, werde ich sie Stengel- segmente oder kurz Segmente nennen. Die aus ihnen her- vorgehenden gleichartigen Stengelstücke, aus welchen der Stengel sich aufbaut, sind nämlich nicht ganze und zugleich senkrecht über einander gelagerte Stengelscheiben — wie etwa die gleich bei ihrer Bildung den ganzen Stengelumfang einnehmenden Glieder- zellen der Charen — sondern sie sind ursprünglich unter spitzem Winkel gegen die Axe geneigte Stengelausschnitte, die nur einen Theil, nämlich die Hälfte des Stengelumfanges, um- greifen. Erst später, im Laufe ihrer weiteren Entwicklung, wie ich sogleich näher angeben werde, ändern sie ihre gegen die Axe des Vegetationskegels geneigte Lage in eine auf sie senk- rechte um. — Wie bereits erwähnt, schneiden sich die auf einander folgenden Wände der Scheitelzelle in einer Linie, die abwechselnd rechts und links von der Mittelebene liegt, und hieraus folgt nothwendig, daß die Segmente jeder Seite des Stengels über die Mittelebene hinaus- greifen. Es fällt daher die Wand (cefhiklm, Fig. 1, Taf. XXV]) welche im Innern des Vegetationskegels die rechte und linke Reihe der Stengelsegmente scheidet, und die nur von den inneren 1) Wachsthumsgeschiehte der Laub- und Leber-Moose, in der Zeitschrift für wissensch. Botanik von Schleiden und Nägeli. Heft 2. der Salvinia natans. 309 Stücken der ursprünglichen Theilungswände der Scheitelzelle ge- bildet wird, nicht mit der idealen Mittelebene zusammen, sondern bildet eine so zu sagen zickzackförmig gebrochene Ebene, welche abwechselnd rechts und links über die Mittelebene hinaustritt. Weiter unten, am Vegetationskegel (Imno) weicht diese Trennungs- wand der beiden Segment-Reihen aber schon weniger weit nach rechts und links von der Mittelebene ab, als oben, und fällt noch tiefer unten nach und nach immer mehr mit ihr zu- sammen. — Diese Erscheinung hängt aber von einem ungleichmäßigen Wachsthum der angelegten Segmente ab. Jedes einzelne Segment wächst nämlich unmittelbar nach seiner Anlegung bedeutend stärker in seiner vorderen, der Scheitelzelle zugekehrten Hälfte. Zum Beispiel das Segment IX oberhalb einer Ebene, welche man sich durch die Linie ez seiner hinteren Begrenzungswand parallel ge- lest denken muß. Denn im Laufe der weiteren Entwicklung des Segmentes IX bildet sich das obere Stück desselben (bez) zu einem dem unteren Stücke (zefg) symmetrischen Stücke aus, so daß man sagen kann, es wachse einem jeden Segmente bei seiner Ausbildung — ganz so, wie die Desmidiaceen-Hälften nach der Theilung wachsen — zu der vorhandenen eine neue, symmetrische, vordere Hälfte hinzu. Hierauf beruht eben das im Verhältniß zu seiner Breitenzunahme bedeutend raschere Längenwachsthum des Vegetationskegels. An den einzelnen Segmenten bewirkt nun dieser Wachsthums- vorgang eine Biegung der vorderen Wand längs der Linie, wo die nächst jüngste Theilungswand der Scheitelzelle sich ansetzt; eine Biegung, die nach und nach so weit vorschreitet, daß die beiden Stücke der ursprünglich ebenen Wand später fast senkrecht auf einander zu stehen kommen. Auf der Front-Ansicht des Vegetationskegels (Taf. XXVI Fig. 1), auf welcher dieses Verhalten in die Erscheinung tritt, wird es dadurch kenntlich, daß die ursprünglich gerade Linie (ac bce), welche den Durchschnitt der vorderen Wand eines jeden Sesmentes darstellt, schon vom drittjüngsten Segmente an als eine gebrochene Linie (def, gfh) erscheint, deren Stücke einen stumpfen Winkel bilden, welcher, je weiter ab von der Scheitel- zelle, sich immer mehr zu einem rechten (pkl, ons) ver- kleinert. 310 Zur Morphologie So erhalten die einzelnen Segmente, die doch ursprünglich (X, IX, VIII) unter spitzem Winkel gegen die Axe des Vege- tationskegels geneigt waren, eine gegen diese fast senkrechte Lage (I, II) und nehmen immer mehr die Form von halben cylindrischen Scheiben an. Fassen wir das bisher Gesagte zusammen, so sehen wir in Folge der nach z wei Richtungen abwechselnden Theilungen der Scheitelzelle den cylindrischen Stengel von Salvinia von zwei Reihen von Segmenten gebildet, deren Trennungsebene nach be- endetem Wachsthume der Segmente — welche nun halb- kreisförmige Scheiben geworden sind — mit der Mittelebene des Stengels zusammenfällt, so daß also die eine Reihe der Segmente seine ganze rechte, die andere seine ganze linke Hälfte aufbaut. Wir sehen aber auch: 1) daß die benachbarten Segmente in beiden Reihen (z. B. I/II und IV, oder IV und V) nichtin gleicher Höhe liegen, sondern immer um die halbe Höhe eines Segmentes über einander hervorragen, und da jedes Segment der einen Reihe (z. B. IV) der Zeit seiner Entstehung nach zwischen die beiden angrenzenden Segmente (III und V) der anderen Reihe fällt, so sehen wir zugleich: 2) daß jeder Querschnitt des Vegetationskegels oder jede senk- rechte Querscheibe des Salvinia-Stengels überhaupt aus zwei Hälften von ungleichem Alter zusammengesetzt wird. Die Beziehungen dieses Stengelbaues zu dem Alter der Quirl- glieder werden später hervortreten ; vorher muß ich zur Darstellung der Theilungen übergehen, welche in den einzelnen Segmenten nach ihrer Bildung stattfinden. Hierbei werde ich des bequemeren Ausdruckes wegen ihre innere Begrenzungswand (z. B. :kl, Taf. XXVI Fig. 1), die, wie ja aus dem Früheren hervorgeht, ursprünglich von zwei verschiedenen und convergirenden Wandstücken gebildet wird, als Grund- fläche, die auf ihrer Mitte errichtete Senkrechte (kr) als Axe des Segmentes bezeichnen. Ferner heißen die beiden einander nahezu oder ganz parallelen Begrenzungswände des Segmentes nach oben und unten (i£ und lu) seine Seitenwände und die freie, convexe Wand endlich, die das Segment nach außen be- grenzt und einen Theil des Stengelumfanges bildet, seine Außen- wand!). 1) Ich folge hier der Bezeichnungsweise, welche Naegeli in seiner Wachs- der Salvinia naltans. Sll Wie man sieht, liegen diesen Bezeichnungen solche Segmente, (die ihr Wachsthum schon beendet haben, zu Grunde, denn es folst ja aus dem Vorhergehenden, daß während ihres Wachsthumes ihre Gestalt, ihre Neigung, und also auch die Lage der Linie, die ich ihre Axe genannt habe, sich ändert. Nur die ersten vier Theilungsrichtungen der Segmente sollen uns hier beschäftigen. Sie lassen sich mit Ausnahme der zweiten auf der Front-Ansicht des Vegetationskegels (Taf. XXVI Fig. 2, 5) auf einmal übersehen; also dann, wenn er von seiner Rücken- oder Bauchfläche — die ja, wie bereits mehrfach hervorgehoben, dasselbe Bild geben — angesehen wird. In der schematischen Figur 1, Tafel XXVI, sind die Scheide- wände der Segmente nicht verzeichnet worden, um diese selbst deutlicher hervortreten zu lassen. In der Figur 2 dieser Tafel sind sie dagegen in jedem Segmente der Reihenfolge ihrer Ent- stehung nach mit den Zahlen / bis £ bezeichnet, wobei jedoch in den älteren Segmenten nur die neu hinzutretenden Wände mit einer Ziffer versehen sind. Die erste Theilung des Segmentes beginnt bald, nachdem dasselbe durch das Zuwachsen seiner vorderen Hälfte vervoll- ständigt ist. Sie erfolgt vermittelst einer Wand, welche durch die Axe des Segmentes geht und seinen Seitenwänden parallel ist. Diese erste Wand ist daher sowohl auf der Front-Ansicht (2 in $ und 7 Taf. XXVI Fig. 2), als auf der Seiten-Ansicht (7 in B und C Taf. XXVI Fig. 6) sichtbar, und sie theilt, wie man sieht, das Segment — bei aufrecht gedachtem Vegetationskegel — in eine obere und untere Hälfte. Die zweite Theilung erfolgt nun in jeder Hälfte durch eine Wand, welche ebenfalls durch die Axe des Segmentes geht, allein auf den Seitenwänden, also auch auf der ersten Theilungswand senkrecht steht. Sie kann daher nicht auf der Front-Ansicht, wohl aber auf der Seiten-Ansicht (Taf. XXVI Fig. 6) des Vegetations- kegels gesehen werden, und hier tritt sie als eine auf den Be- srenzungswänden der Segmente und auf ihrer ersten Theilungs- wand (7) senkrechte Linie (2 in B und (©) in die Erscheinung. thumsgeschichte der Laub- und Leber-Moose (Zeitschr. für wissensch. Botanik, Schleiden und Naegeli, 2. Heft. S. 144) für die Begrenzungswände der seeundären Zellen ersten Grades gewählt hat. 312 Zur Morphologie Jetzt besteht das Segment schon aus vier Zellen, von denen zwei auf der Rücken-, und zwei auf der Bauchseite des Vegetations- kegels liegen. In diesen vieren erfolet noch gleichmäßig die dritte Theilung durch eine Wand, die wieder nur auf der Front-Ansicht des Vegetationskegels als eine der Mittellinie ungefähr parallele Linie (3, 3in Q und R, Taf. XXVI Fie. 2) zum Vorschein kommt. Ihr eigentlicher Verlauf im Inneren des Vegetationskegels läßt sich nur auf dem Querschnitt des Vegetationskegels (Taf. XXVI Fig. 5), oder wenn dieser von oben betrachtet wird (Taf. XXV Fig. 6), übersehen. Sie setzt sich (3 in Taf. XXVI Fig. 5) an die zweite Theilungs- wand des Segmentes (bei a) an, verläuft von hier aus bogenförmig nach außen und trifft den Umfang in einer Linie, welche den (Juadranten in zwei Theile theilt, die sich wie 2:3 verhalten. — Jedes Segment (0, R Taf. XXVI Fig. 2) besteht nach Bildung (dieser Wand aus 8 Zellen, welche nicht mehr gleichartig sind und sich auch nicht mehr gleichmäßig theilen. Von diesen liegen vier auf der Rücken- und vier auf der Bauchseite des Vegetationskegels, es können daher auf einer Front-Ansicht desselben nur die vier der Rücken- oder die vier der Bauchseite, welche beide Seiten aber dasselbe Bild geben, auf einmal übersehen werden. — Von den vieren der Rückenfläche werde ich die beiden, die an die Mittelebene angrenzen (d, din Taf. XXVI Fig. 2) Rücken- zellen, die beiden anderen (s,s) primäre Seitenzellen des Rückens nennen. Von den vier Zellen der Bauchfläche heißen dann die ihrer Lage nach den KRückenzellen entsprechenden — ihnen gegenüberliegenden — Bauchzellen, die beiden anderen, die an die primären Seitenzellen des Rückens anstoßen, wieder pri- märe Seitenzellen der Bauchfläche. Der Querschnitt der Segmente zeigt von diesen acht Zellen, (la immer zwei gleichwerthige der Höhe nach über einander liegen, natürlich nur vier, nämlich eine Rücken-, eine Bauchzelle, eine primäre Seitenzelle des Rückens und eine primäre Seitenzelle des Bauches. Da aber jeder Stengelquerschnitt zwei neben einander liegende Segmente durchschneidet, so giebt der Querschnitt des Vegetationskegels um diese Zeit (Taf. XXVI Fig. 5) das Bild eines in 8 Zellen getheilten Kreises, von diesen gehören die vier rechts der Salnmia natams. >1> von der Mittelebene (xx) dem einen, die vier links von derselben dem anderen Segmente des Querschnittes an. Die vierte und zugleich die letzte Theilung, die wir hier noch zu berücksichtigen haben, ist die der primären Seitenzellen. Diese — sowohl die des Rückens, als die der Bauchfläche theilen sich noch durch die Wand, welche in O und P Fig. 2 Taf. XXVI mit £ bezeichnet ist, in zwei gleich große und über einander liegende Tochterzellen. Wegen ihrer den Seitenwänden des Segmentes parallelen Lage ist diese Wand wiederum sowohl auf der Front-Ansicht, als auch auf der Seiten-Ansicht (4, £ in A Taf. XXVI Fig. 6) sichtbar. Auf dem Querschnitt kann sie natür- lich nicht in die Erscheinung treten, und daher giebt der Quer- schnitt durch den Vegetationskegel (Taf. XXVI Fig. 5) auch nach dem vierten Theilungsschritte in den Segmenten noch dasselbe Bild, wie nach dem dritten, und erscheint noch immer nur als ein aus 8 Zellen bestehender Kreis. — Diese Tochterzellen der primären Seitenzellen (s, . s,.... in O Taf. XXVI Fig. 2 und A Fig. 6) werde ich secundäre Seiten- zellen und zwar je nach ihrer Lage des Rückens oder der Bauch- fläche nennen. — Das Bisherige genügt, um über die Lage und den Werth einer jeden Zelle am Vegetationskegel oberhalb der jüngsten Blattanlagen Rechenschaft zu geben. Zur genaueren Orientirung will ich jedoch hier nochmals die verschiedenen Ansichten und den Querschnitt des Vegetationskegels mit Rücksicht auf die jedesmal sichtbaren Zellen ganz kurz erläutern. Jedes Segment in der Höhe der jüngsten Blattanlagen am Vegetationskegel (z. B. bei W in Taf. XXV Fig. 3) wird, wie wir sahen, von 12 Zellen gebildet, von welchen 6 auf seiner Rücken-, 6 auf seiner Bauchfläche liegen. Auf der Front-Ansicht des Vegetationskegels, auf welcher beide Reihen von Stengelsegmenten zum Vorschein kommen, werden von den Zellen jedes einzelnen Segmentes nur 6 auf einmal gesehen. Von diesen sind 2 (d, d in O Taf. XXVI Fig. 2) — die an die Mittelebene grenzen — die Rücken- oder Bauchzellen des Seg- mentes, je nachdem nämlich die Front-Ansicht die Rücken- oder Bauchfläche des Vegetationskegels wiedergiebt; die vier anderen ($5 S, ....) sind die secundären Seitenzellen, und zwar wiederum entweder die des Rückens oder die der Bauchfläche. 314 Zur Morphologie Sieht man den Vegetationskegel von der Seite an (Taf. XXVI Fig. 6), so erblickt man nur die Segmente der einen — der rechten oder linken — Seite, welche in dieser Lage die ganze Breite des Vegetationskegels einnehmen, und von den 12 Zellen eines jeden Segments (A) kommen jetzt 3 zum Vorschein. Diese (s, S3...) sind seine S secundären Seitenzellen, von denen 4 seiner Rücken- und 4 seiner Bauchfläche angehören. Die Rücken- und Bauchzellen des Segmentes (die Zellen d, d in O Taf. XXVI Fig. 2 und die gleichliegenden der abgewendeten Seite des Vegetationskegels) sind auf dieser Seitenansicht des Vegetationskegels, weil sie in dieser Lage schon zu seitlich liegen, nicht oder doch nur undeutlich sicht- bar. Erst wenn der Vegetationskegel etwas gedreht wird und in eine Zwischenlage zwischen Fig. 6 und Fig. 2, Taf. XXVI, gebracht wird, treten diese Zellen je nach der Drehung der Rücken- oder Bauchzellen wieder deutlicher hervor. Von den 8 Zellen, in welche der Querschnitt des Vege- tationskegels (Taf. XXVI Fig. 5) getheilt erscheint, gehören die 4 auf der einen Seite der Mittelebene (zz) dem einen, die 4 auf der anderen Seite dem anderen der beiden Segmente an, die der Quer- schnitt durchschneidet. Von den 12 Zellen eines jeden Segmentes zeigt der Querschnitt (dlaher immer nur 4, nämlich eine Rückenzelle (d), eine Bauchzelle (v), und zwei secundäre Seitenzellen (s, s,). Die Rücken- und Bauchzellen haben endlich, wie der Quer- schnitt zeigt, eine geringere peripherische Breite, als die Seiten- zellen; sie umfassen nämlich an der Peripherie einen Bogen von 36°, während die Seitenzellen hier einen Bogen von 54° einnehmen; dagegen haben sie aber, wie man auf der Front-Ansicht (bei O in Taf. XXVI Fig. 2) sieht, die doppelte Höhe der Seitenzellen, indem in ihnen der vierte Theilungsschritt unterblieben ist. Schon in diese frühe Entwicklungsperiode der Segmente, noch während die bisher geschilderten Theilungsvorgänge in ihnen statt- finden, fällt die Bildung der Blätter, d.h. die beginnende Erhebung einzelner Zellen des Gewebes, als Scheitelzellen selbstständiger Seitenorgane. Wir wissen bereits aus dem Vorhergehenden, daß auf gleicher Höhe am Vegetationskegel stets drei Seitenorgane auftreten (Taf. XXV Fig. 1, 4, 5), und daß diese drei Seitenorgane, welche jeder Knoten der Salvinia trägt, die beiden Luftblätter und das hä der Salrinia natans. 315 Wasserblatt sind. Die Orientirung über die verschiedenen Seiten des Vegetationskegels, die wir bereits früher erlangt hatten, und die Kenntniß seiner Zellenbildungsfolge gestattet jetzt die ge- nauere Bestimmung derjenigen Zellen seines Gewebes, welche als Urzellen dieser drei Seitenorgane zu betrachten sind. — Die Thatsache, welche sich zuerst feststellen läßt, und die die Grundlage jeder weiteren Bestimmung bildet, ist die, daß das ganze Gewebe des Stengels, welches später einen Blattknoten der Salvinia bildet, aus einer Scheibe des Vegetätionskegels her- vorgeht, welche nur die Höhe eines halben Segmentes einnimmt. Eine jede zum Blattknoten werdende Scheibe — Knotenscheibe — des Vegetationskegels (z. B. die Scheibe « £# y Ö in Fig. 2 Taf. XXVI) wird daher immer von zwei halben Segmenten ge- bildet, die in Folge der bereits früher hervorgehobenen Lagerung beider Segmentreihen des Stengels (s. Seite 310) ein verschiede- nes Alter und einen ungleichen Werth besitzen. Jede Knotenscheibe besteht nämlich aus der oberen Hälfte eines älteren und aus der unteren Hälfte eines jüngeren Segmentes. So finden wir die bereits betrachtete Knotenscheibe « £ y Ö Figur 2 Tafel XXVI zusammengesetzt aus der oberen Hälfte (« P) des älteren Segmentes O, und aus der unteren Hälfte (y d) des jüngeren Segmentes ?. Es hat daher jede Knotenscheibe, die ur- sprünglich von 12 Zellen gebildet wird, eine ältere und eine jüngere Hälfte oder Seite. Die zweite Thatsache, welche uns entgegentritt, ist die, daß das Wasserblatt (W in Taf. XXVI Fig. 3) zusammen mit dem ihm näheren Luftblatte (Z,), welches ich das äußere Luft- hlatt nennen werde, aus der älteren, das vom Wasserblatte entferntere — das innere — Luftblatt (Z,) dagegen für sich allein aus der jüngeren Hälfte der Knotenscheibe her- vortritt. Eine genauere Bestimmung der drei Zellen, welche sich als die Urzellen dieser drei Blätter des Knotens erheben, liefert dann folgendes Ergebniß. Zum inneren Luftblatte (Z,) wird immer eine Rückenzelle, und aus der bereits hervorgehobenen Zusammensetzung der Knoten- scheibe geht hervor, daß es immer die untere Rückenzelle eines Segmentes ist, welche die Urzelle dieses Luftblattes wird. — Zum 316 Zur Morphologie äußeren Luftblatte (Z,) wird dagegen eine Seitenzelle, die noch näher als eine Seitenzelle des Rückens zu bestimmen ist. Da aber jede Hälfte der Knotenscheibe 2 Seitenzellen des Rückens besitzt (man sehe J in Taf. XXVI Fig. 3), so muß jene Urzelle des äußeren Luftblattes noch genauer als die obere der beiden Seitenzellen des Rückens bezeichnet werden, und aus der bekannten Zusammensetzung der Knotenscheibe folgt dann wieder, daß von den vier secundären Seitenzellen (J in Taf. XXVI Fig. 3), die auf dem Rücken eines jeden Segmentes liegen, es immer die oberste ist, welche zur Urzelle des äußeren Luftblattes (Z,) wird. Während so die Urzellen beider Luftblätter auf der Rücken- Häche des Vegetationskegels liegen, gehört die Urzelle des Wasser- blattes (W) dagegen .seiner Bauchfläche an, und zwar ist es die primäre Seitenzelle der älteren Hälfte der Knoten- scheibe, welche zum Wasserblatte wird, die aber, weil es in jeder Hälfte der Knotenscheibe nur eine primäre Seitenzelle giebt, keiner näheren Bestimmung bedarf. Nehmen wir zugleich auf die Zeit der Erhebung Rücksicht, so finden wir also: das Wasserblatt (W) erhebt sich aus der Bauch- Hläche der älteren Hälfte der Knotenscheibe noch vor dem vierten Theilungsschritte im Segmente; das äußere Luftblatt (L,) eben- falls aus der älteren Hälfte der Knotenscheibe, aber aus ihrer Rückenfläche und der Zeit nach erst, nachdem der vierte Theilungssehritt im Segmente bereits erfolet ist. Das innere Luft- blatt (Z,) endlich erhebt sich aus der jüngeren Hälfte der Knoten- scheibe, aus ihrer Rückenfläche und der Zeit nach noch vor dem vierten Theilungsschritte des Segmentes, dem er angehört. Hier- nach läßt sich, wie wir sogleich sehen werden, das relative Alter der drei Quirlglieder genau bestimmen. Voher sollen jedoch die gemachten Angaben über den Ursprung der Blätter noch durch die Berücksichtigung ihrer Stellung am (uirlschnitte (Taf. XXVI Fig. 5) vervollständigt werden. In dieser Figur ist angenommen, daß links von der Mittel- ebene (xx) die jüngere, rechts von derselben die ältere Segment- Hälfte der Knotenscheibe liest; mn ist die Trennungslinie der xücken- und Bauchfläche. — | Wir sehen alsdann das innere Luftblatt (Z,) aus der Rücken- zelle (d) des jüngeren Segmentes; das äußere Luftblatt (Z,) aus der Salrinia natans. 317 der secundären Seitenzelle des Rückens (s,), die dem älteren Seg- mente angehört; das Wasserblatt (W) endlich aus der Seitenzelle (s,) der Bauchfläche dieses älteren Segmentes hervortreten. Das Wasserblatt tritt aber, wie bereits angegeben, aus dieser Seiten- zelle schon vor Entstehung der Theilungswand £ (Taf. XXVI Fig. 2), die aber auf dem Querschnitt nicht sichtbar wird, hervor. Das relative Alter der drei Glieder dieses Quirls (W, L,, L,) läßt sich nicht unmittelbar, wie es sonst wohl geschehen kann, nach ihrer äußeren Erscheinung, ihrer Größe und ihrem Ent- wicklungsgrade in solchen Quirlen, die noch in Bildung begriffen sind, beurtheilen. Deshalb nämlich, weil das Wasserblatt in seiner weiteren Entwicklung einen so verschiedenartigen Gang einhält, daß die Größe und die Ausbildung seiner Gestalt keinerlei sichere, auf das Alter zurückführbare Vergleichungspunkte mit der Gestalt und dem Ausbildungsgrade der Luftblätter an die Hand giebt. Für die beiden Luftblätter, deren Entwicklungsgang, obgleich sie ungleichwerthigen Zellen der Knotenscheibe — das eine einer Rücken-, das andere einer Seitenzelle — entsprießen, dennoch ein durchaus gleichartiger ist, ist dies dagegen der Fall, und man kann schon nach dem äußeren Aussehen der beiden Luftblätter in noch jugendlichen Quirlen mit Sicherheit folgern, daß das innere Luftblatt älter ist, als das äußere. Für die Bestimmung der Altersfolge zwischen dem Wasserblatt und den beiden Luftblättern ist man aber ganz allein auf die Be- obachtung der Erhebungszeit ihrer ersten Zellen — der Blatt-Ur- Zellen — aus dem Gewebe des Vegetationskegels angewiesen. Diese hängt nun wieder von dem relativen Alter der Gewebe-Zellen, welche zu den Blatt-Ur-Zellen werden, ab. Das Alter dieser Zellen läßt sich aber, wie eine kurze Ueber- legung zeigt, nach dem Theilungsschritte in den Segmenten, durch welchen sie angelegt werden, bestimmen. Das relative Alter der beiden Blätter, welche demselben Sesmente angehören, — des Wasserblattes und des äußeren Luft- blattes — ist hiernach leicht nachweisbar. Denn die Urzelle des Wasserblattes (W Taf. XXVI Fig. 3) ist durch den dritten, die des äußeren Luftblattes (Z,) durch den vierten Theilungsschritt ‚des Segmentes angelegt worden. Die erstere ist daher um einen Theilungsschritt älter, als die zweite. Dem entsprechend erhebt sich, wie die unmittelbare Beobachtung dann auch zeigt, das Wasserblatt 318 Zur Morphologie beständig früher aus dem Gewebe des Vegetationskegels, als das äußere Luftblatt. Für die Altersbeziehung zwischen Wasserblatt und innerem Luftblatte (Z,) muß aber noch auf das verschiedene Alter der beiden Segmente (F und @; — J und K Taf. XXVI Fig. 3), denen die beiden Blätter entsprießen, Rücksicht genommen werden.’; Die Ur- zelle für das Wasserblatt — eine primäre Seitenzelle — und die Urzelle für das innere Luftblatt — eine Rückenzelle — sind beide durch denselben, den dritten Theilungsschritt in ihrem Segmente angelegt worden. Da aber das Segment (G), aus welchem das innere Luftblatt hervortritt, Jünger ist, als das Segment (7), aus welchem das Wasserblatt entspringt, so ist offenbar die Urzelle für das Wasserblatt älter, als die für das innere Luftblatt, und auch dies Verhältniß entspricht wieder der beobachteten Aufeinanderfolge in dem Hervortreten jener Zellen aus dem Gewebe des Vegetations- kegels. Demnach ist das Wasserblatt das älteste des Quirles. In Bezug auf das relative Alter der beiden Luftblätter ist es bereits hervorgehoben worden, daß schon die Vergleichung ihrer Entwicklungszustände in solchen Quirlen, die noch in Bildung be- griffen sind, den Nachweis liefert, daß das innere Blatt älter ist als das äußere. Mit Bestimmtheit läßt sich dies noch aus dem Entstehungs- alter ihrer Urzellen erschließen. Die Urzelle für das innere Luftblatt (ZL,) gehört zwar einem jüngeren Segmente, die für das äußere Luftblatt (L,) einem älteren Segmente an; allein die Theilungsfolge in den Segmenten lehrt, daß der dritte Theilungschritt im jüngeren Segmente immer früher stattfindet, als der vierte im nächstälteren. Die Anlegung neuer Segmente in der Scheitelzelle schreitet nämlich rascher vor, als in den gebildeten Segmenten der vierte Theilungsschritt auf den dritten folgt. — Die Altersfolge der drei Glieder des SalWwinia-Quirles ist daher dahin bestimmbar, daß das Wasserblatt (W) das älteste, das innere Luftblatt (L,) das zweite und das äußere Luftblatt (Z,) das dritte ist. Um nun mit der Blattstellung abzuschließen, bleibt noch übrig, die gegenseitige Stellung der auf einander folgenden Quirle zu berücksichtigen. der Salnimia natans. 319 Wie schon eine kurze Ueberlegung zeigt, hängt diese, da die Zusammensetzung jeder Knotenscheibe aus der oberen Hälfte eines älteren und der unteren Hälfte eines jüngeren Segmentes ebenso constant ist, wie die Erhebung der drei Quirlglieder aus den für sie bestimmten Urzellen, mit der Länge des Stückes am Vege- tationskegel zusammen, welches später zu dem Stengelinter- nodium wird. — Die Beobachtung zeigt nun, daß jedes Inter- nodium seiner ganzen Länge nach von einer Scheibe des Vegetations- kegels gebildet wird (JGH in Taf. XXVI Fig. 3), welche der Höhe eines einzigen, ganzen Segmentes entspricht. Hieraus folst dann, wegen der Lage der beiden Segmenthälften: des Stengels, daß die entsprechenden Hälften der auf einander folgenden Knoten eine entgegengesetzte Lage haben müssen. Wenn zum Beispiel die eine Knotenscheibe (die untere in Taf. XXVI Fig. 3) ihre ältere Hälfte rechts, ihre jüngere links hat, so muß dann bei dem Bau des Salvinia-Stengels, weil das In- ternodium gerade die Höhe eines Segmentes ein- nimmt, der darauf folgende Knoten (der obere in Taf. XXVI Fig. 3) seine ältere Hälfte links und seine jüngere Hälfte rechts haben. Und hieraus folgt dann wieder, da der Ursprung eines jeden der Quirlglieder an eine bestimmte Zelle der älteren oder jüngeren Hälfte der Knotenscheibe gebunden ist, daß dieselben Glieder in den auf einander folgenden Quirlen auf verschiedenen Seiten der Mittelebene liegen und nicht in dieselbe Blattreihe fallen können. j Während daher so die Quirle alterniren, würden sie offenbar opponirt sein, wenn — was doch auch möglich wäre — das Inter- nodium immer von einer Scheibe des Vegetationskegels gebildet würde, die der Höhe eines halben, oder von anderthalb, oder dritt- halb u. s. w. Segmenten entspräche. So hängt bei dieser spitz- winkligen Theilungsrichtung der Scheitelzelle die gegenseitige Stellung der auf einander folgenden Quirle mit der Länge der Internodien zusammen. Anschaulicher als in der Figur 3 Tafel XXVI wird die gegen- seitige Stellung der Quirle, wenn man, wie in Figur 4 Tafel XXVI, mehrere auf einander folgende Quirle in ihrer gegenseitigen Stellung nach Art der Blüthendiagramme verzeichnet, wobei, wie früher in der Figur 5 derselben Tafel, «x die Mittelebene, welche die Seg- mente der rechten und linken Seite von einander scheidet und mn 320 Zur Morphologie die Grenze zwischen Rücken- und Bauchfläche, ferner W wieder das Wasserblatt, Z, das innere und L, das äußere Luftblatt be- zeichnet. | Man sieht dann, daß von den S ursprünglichen Zellen des (Juerschnittes jeder Knotenscheibe zwei Zellen, die beiden Bauch- zellen (v, v), ohne Ausnahme in allen Quirlen von der Blattbildung unberührt bleiben. Aus ihnen geht später das Gewebe. der dem Wasser zugekehrten Seite des Knotens der Salvinia hervor. Von den sechs anderen Zellen werden in jedem Quirl nur drei für die Blattbildung verwandt, die drei anderen ruhen. In den auf einander folgenden Quirlen wechseln die ruhenden und blattbildenden Zellen ab. Man sieht nun, daß die Salvinia nicht, wie man bisher annahm, zwei, sondern sechs Blattreihen besitzt: zwei Reihen Wasser- blätter und vier Reihen Luftblätter. In den auf einander folgenden Quirlen liegen die aus den Seitenzellen der Bauchfläche hervortretenden Urzellen für die Wasserblätter abwechselnd rechts und links, und daher liegen die beiden Reihen Wasserblätter auf der dem Wasser zugekehrten Bauchfläche der Pflanze seitlich rechts und links von der Mittel- ebene. — Die vier Reihen Luftblätter liegen, übereinstimmend mit der Ursprungsstelle ihrer Urzellen, sämmtlich auf der der Luft zuge- kehrten Rückenfläche der Pflanze. Die beiden inneren, unmittel- bar an der Mittelebene liegenden Reihen (L, L,) werden von den älteren Luftblättern, die beiden äußeren, mehr seitlichen Reihen (Z, L,) von den jüngeren Luftblättern der Quirle ge- bildet. Endlich ist noch zu erwähnen, daß, wie gleichfalls aus der Figur 4 unmittelbar ersichtlich wird, die auf einander folgenden (Juirle nicht bloß alterniren, sondern auch eine entgegengesetzte Wendung haben. Eine auffallende Thatsache, die hier noch eine nähere Be- sprechung verdient, möchte aber vielleicht darauf hinweisen, daß diesen bei Salvinia in die Erscheinung tretenden dreigliedrigen (Juirlen eigentlich eine andere, als eine dreitheilige Blattstellung zu Grunde liegt. | Die seitlichen Abstände zwischen den drei Gliedern des Quirles sind nämlich, wie man sieht (Taf. XXVI Fig. 4, 5) schon ursprünglich ungleich. Querschnitte durch sehr junge Blattknoten der Salvınia natans. 321 zeigen aber, daß der nächste Abstand zwischen den beiden Luft- blättern (L, und ZL,) dem Abstande zwischen dem äußeren Luftblatte (L,) und dem Wasserblatte (W) gleich ist und daß dieser Abstand bei unmittelbarer Messung des Centriwinkels — wenn man die Fehlergrenzen der Methode in Anschlag bringt —- senau als 1 des Kreisumfanges bestimmt werden kann. — Zwischen den beiden Luftblättern ändert sich dieser Abstand auch im Laufe der späteren Entwicklung nicht, und man wird auf senau senkrechten Querschnitten durch ältere Knoten der Pflanze den Centriwinkel, welchen die Mittellinien der beiden in die Luft- blätter verlaufenden Gefäßbündel bilden, noch immer gleich 72° finden. Dagegen vergrößert sich der Abstand zwischen dem Wasser- blatte und dem äußeren Luftblatte später durch eine ungleich- mäßige Entwickluug und noch mehr in Folge des Auftretens einer Seitenknospe zwischen beiden Blättern sehr bedeutend, so daß hier die an den älteren Knoten gefundene Divergenz nicht mehr für den ursprünglichen Abstand maßgebend ist. Da auch bei der ersten Anlegung derjenigen Zellen im Gewebe des Vegetationskegels, welche für die Blätter bestimmt sind, schen eine auf eine Fünftel-Stellung bezügliche Theilung des Kreisum- fanges eintritt, indem, wie ich bereits hervorhob, die mit # be- zeichneten Theilungswände der Segmente (Taf. XXVIFig.5; Taf. XXV Fig. 6) jeden Quadranten genau im Verhältniß von 2:3 theilen, so kann wohl mit vollem Rechte die ursprüngliche Divergenz der drei Quirlglieder von Salvinia als 4 des Kreisumfanges bestimmt werden. Dies führt aber in Verbindung mit der als sicher erkannten Altersfolge der Glieder zu der Annahme, daß der Blattstellung dieser Pflanze alternirende Quirle mit + oder 2 Divergenz zu Grunde liegen möchten, in welchen jedoch jedesmal nur drei bestimmte Glieder (bei + die Glieder /, IV, V; bei 2 die Glieder I, II, IV oder auch ZI, III, V) auftreten, die beiden anderen aber unter- drückt sind. — Ueberblicken wir nun die Beziehungen, welche zwischen der Zellenfolge im Vegetationskegel, dem Stengelbau und der Blatt- stellung der Salwinia sich herausstellen, so fällt sogleich ins Auge, daß die Ansicht, wonach die Theilungsrichtung der Scheitelzelle die Blattstellung unmittelbar bestimmt, wenigstens was die Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd, II. Hl 322 Zur Morphologie Wirtel betrifft, nicht begründet ist; daß namentlich die vor- handenen Beziehungen zwischen beiden, die durch den bestimmen- den Einfluß der Theilungsrichtung der Scheitelzelle auf den Stengel- bau vermittelt werden, ihren Ausdruck nicht — wie dies wiederholt angedeutet wurde — in der übereinstimmenden Anzahl der Theilungsrichtungen der Scheitelzelle und der vorhandenen Blatt- reihen finden. Als positives Ergebniß folgt dagegen, daß der nächste Einfluß der Theilungsrichtung «der Scheitelzelle sich im Stengelbau, nämlich in dem gleichen oder ungleichen Alter der verschiedenen Seiten eines senkrechten Stengelquerschnittes, geltend macht. Wenn, wie bei den Charen, die Theilung der Scheitelzelle stets senkrecht gegen die Axe stattfindet, dann wird offenbar der Stengel aus einer einzigen Reihe übereinandergelagerter, ganzer Scheiben, die schon ursprünglich gegen die Axe senkrecht stehen, aufgebaut, und ein Querschnitt des Stengels kann dann offenbar keine Altersungleichheiten seiner Seiten besitzen, welche auf Vorgänge in der Scheitelzelle zurückführbar wären. Denn jede zur Axe senkrechte Stengelscheibe ist ja auf einmal in der Scheitelzelle entstanden. Wenn in solchem Falle, wie bei den Charen, an den Blatt- wirteln der Knoten dennoch Altersungleichheiten der Quirlglieder eintreten, so hängen diese nachweisbar von der späteren Theilungs- - folge in der auf einmal gebildeten Knotenscheibe ab, deren Ursache nicht mehr in der Scheitelzelle zu suchen ist. Solche Fälle, die gewiß nicht auf die Charen beschränkt sind, liefern einen eclatanten Beweis für die Unabhängigkeit des Alters und der Zahl der Quirlglieder von der Theilungsfolge in der Scheitelzelle. Wird aber, wie bei Salvinia, die Scheitelzelle durch Wände getheilt, die die Axe unter spitzem Winkel schneiden, dann muß diese spitzwinklige Theilungsrichtung nothwendig eine Alters- ungleichheit der verschiedenen Seiten jedes zur Axe senkrechten Stengelquerschnittes zur Folge haben. Je nachdem die Scheitelzelle, wie bei Salvinia, nach nur zwei oder, wie bei Equisetum, nach drei Richtungen des Raumes sich theilt, wird der Stengel von zwei oder drei neben einander liegenden Reihen von Stengelsegmenten aufgebaut, welche, Anfangs unter spitzem Winkel gegen die Axe geneigt, erst später durch &) der Salvinia nalans. 23 ein ungleichmäßiges Wachsthum eine zur Axe senkrechte Lage er- halten und, wie bei Salvinia, so angeordnet sind, daß die auf ein- ander folgenden Segmente um die Hälfte oder, bei Theilung der Scheitelzelle nach drei Richtungen des Raumes, um ein Drittel ihrer Höhe über einander hervorragen. Nothwendig muß in Folge hiervon jede zur Axe senkrechte Scheibe in dem einen Falle von zwei, in dem anderen von drei ungleichaltrigen Stücken zusammengesetzt sein, und so könnten noch complicirtere Fälle auftreten, sobald auch die vierte Theilungs- wand in der Scheitelzelle der ersten noch nicht parallel wäre. Die Blattknoten zeigen daher bei dieser spitzwinkligen Theilung der Scheitelzelle eine Altersungleichheit ihrer verschiedenen Seiten, und hiernach ist ein Altersunterschied der auf den ver- schiedenen Seiten dieser Knoten stehenden Quirlglieder schon aus den Vorgängen in der Scheitelzelle abzuleiten. Allein die Anzahl der Quirlglieder und das besondere Alter jedes einzelnen wird dann noch durch die in den entstandenen Segmenten eintretende Theilungsfolge bestimmt, die wieder von der Theilungsrichtung der Scheitelzelle ganz unabhängig erscheint. Der bemerkenswerthe Umstand endlich, daß gleichwerthige Quirl- glieder — z. B. die beiden Luftblätter von Salvinia — aus un- gleichwerthigen — d. h. nicht durch denselben Theilungsschritt ge- bildeten — Tochterzellen der Segmente hervortreten können, zeigt sogar, daß die Anzahl der Blattreihen nicht einmal immer Multipla dder Theilungsrichtungen sein müssen. Kehren wir nun zu dem Entwicklungsgange der Salvinia- Blätter zurück, so finden wir, daß die drei Urzellen der Quirl- glieder, kurz nachdem sie aus dem Gewebe des Vegetationskegels hervorgetreten sind, einen verschiedenen Entwicklungsverlauf nehmen. Alle drei vermehren sich zwar anfänglich ganz gleichartig, nämlich durch gegen ihre Axe spitzwinklige Theilung nach nur zwei Richtungen des Raumes (Taf. XXV Fig. 1, 4, 5), so daß - also die Blätter der Salvinia, die aus ihnen hervorgehen, nach dem- selben Gesetze, wie der Stengel, in die Länge wachsen. Allein die in der Scheitelzelle angelegten Segmente befolgen bei ihrer weiteren Entwicklung in zweien von ihnen, den Luftblättern nämlich, einen anderen Entwicklungsgang als in dem dritten, dem Wasserblatte. -In dem vorliegenden Aufsatze beabsichtigte ich nicht, die mehr al 324 Zur Morphologie in der Darstellung als in der Wirklichkeit complieirte Entwicklungs- geschichte dieser drei Blätter weiter von Zelle zu Zelle zu ver- folgen, und ich will nur noch auf die äußerlich zwischen dem Wasserblatte und den Luftblättern hervortretenden Unterschiede aufmerksam machen. Die Luftblätter (L, und ZL,) wachsen sehr rasch in die Breite (Taf. XXV Fig. 4, 5), und ihre Ränder erscheinen zugleich, in Folge sehr früh im Laufe der Entwicklung eintretender Wachsthumsvor- eänge der Randzellen, schon kurz nach ihrer Anlegsung um die Mittelrippe gefaltet (Taf. XXV Fig. 1), so daß also die beiden Seiten der Blattspreite von Anfang an mit ihrer später der Luft zuge- kehrten Oberfläche sich berühren und erst später sich ausein- anderschlagen. Bei dem Wasserblatte (W in Fig. 5, 4, 1. Taf. XXV) unter- bleibt dagegen das Breitenwachsthum, und dasselbe bildet sich vielmehr zu einem stielartigen Zipfel aus. Aber aus seinen in der Scheitelzelle gebildeten Segmenten treten (Z, Zin Fig. 4 Taf. XXV) in der Reihenfolge, in welcher die Segmente entstehen, Randzellen hervor und werden zu neuen Scheitelzellen, die sich in derselben Weise, wie die Scheitelzelle des Hauptzipfels, zu diesem gleich- artigen Seitenzipfeln ausbilden. Der Unterschied, den ich daher in der Entwicklungsgeschichte der Luftblätter und des Wasserblattes sehe, ist derselbe, wie der zwischen der Entwicklung ungetheilter parenchymreicher und vieltheiliger parenchymarmer Blätter. Bekanntlich tritt diese letztere Blattform bei den ganz unter- setauchten Blättern der Wasserpflanzen sehr häufig auf, und ich sehe daher keinen Grund gegen die Annahme, daß die Salvinva, wie manche phanerogamische Wasserpflanzen, Blätter von zweierlei Art, untergetauchte vieltheilige und schwimmende ungetheilte, be- sitzt !). Die schon von Mettenius vollkommen richtig beobachtete Thatsache, daß die sogenannten Wurzelzasern — die Zipfel des Wasserblattes -— an der Spitze wachsen, kann jetzt, nachdem viel- fache Erfahrungen darüber vorliegen, daß das Spitzenwachsthum kein ausschließliches Attribut der Axenorgane ist, um so weniger 1) Es liegt auf der Hand, daß diese Betrachtung auch auf Axolla anwend- bar ist. der Salvinia natans. 325 segen die Blattnatur der sogenannten Wurzelzasern sprechen, als ja, wie ich schon bemerkt habe, auch die Lufthlätter mit einer fortwährend nach Art der Scheitelzelle des Stengels sich theilenden Scheitelzelle in die Länge wachsen. Ich vermeide es absichtlich, näher auf die Frage einzugehen, ob in der Entwicklung absolute Unterschiede zwischen Achsen- und Seitenorganen und unter den letzteren zwischen Blättern und Epidermisbildungen hervortreten. Ich bemerke nur, daß die Ent- wicklungsgeschichte allerdings eine Einsicht in den Gestaltungs- proceß der Form gewährt; wenn aber die Form selbst nicht ent- scheidet, darf man dann die Entscheidung von ihrem Bildungs- modus erwarten? Wo Zweifel möglich sind und die Vorgänge am Vegetationskegel das Verhältniß nicht unmittelbar klar vor Augen legen, wird man bei der Bestimmung daher immer noch auf die Analogie sicher erkannter Fälle angewiesen bleiben. Nun kann bei Salvinia nach der bloßen Betrachtung des bis auf die jüngsten Quirle entblätterten Vegetationskegels (Taf. XXV Fig. 1,4,5; Taf. XXVI Fig. 7) von einer Gabelung seiner Spitze keine Rede sein, und ebensowenig davon, daß sich seine Spitze in das Organ, welches ich als Wasserblatt bezeichnet habe, verwandele. Endlich hat auch die Annahme, daß dieses letztere Organ ein steriler, d. h. blattloser, einem Adventivsprosse des Stengels gleich- werthiger Fruchtzweig ist, offenbar viel weniger für sich, als die von mir adoptirte, wonach die drei in gleicher Höhe seitlich am Vegetationskegel und tief unter seiner Spitze hervortretenden Bil- dungen (W, L, u.L, in Taf. XXV Fig. 1, 4, 5) als morphologisch sleichwerthige Organe zu betrachten sind. Ich halte es daher mit Rücksicht auf die sich darbietenden Analogien mit den vieltheiligen Blättern der Wasserpflanzen für gerechtfertigt, jenes Organ in seiner Gesammtheit für ein vieltheiliges Blatt zu erklären. Zu den entscheidenden Analogien rechne ich ferner auch die Entwicklung der Früchte, deren Bildung ja in der ganzen Gruppe der Farrnkräuter an die Blätter gebunden ist. Diese sind aber bei Salvinia nur metamorphosirte Seitenzipfel des Wasserblattes. Die obersten, aus den Segmenten des Haupt- zipfels hervortretenden Randzellen (Z, Z in Taf. XXV Fig. 4), welche bei den unfruchtbaren Wasserblättern zu den jüngsten Seitenzipfeln werden, gestalten sich bei den fructificirenden Wasser- blättern durch einen Zellbildungsvorgang, dessen weitere Darlegung 326 Zur Morphologie ich einem zweiten Aufsatze vorbehalten muß, zu den Früchten, welche deshalb auch dasselbe Stellungsverhältniß, wie die Seiten- zipfel, zeigen. — Hiernach findet auch der von Mettenius!) beobachtete, inter- essante Fall, daß „man ausnahmsweise auch an der Spitze einzelner Wurzelzasern 'Receptacula antrifft“, in der Natur der Zipfel als Fruchtblatt-Abschnitte seine einfache Erklärung. Bisher habe ich von den Organen, welche die Salvinia erzeugt, nur die Blätter berücksichtigt. Sie bringt jedoch, wie bekannt, noch zweierlei Haarbildungen und außerdem noch Knospen, durch welche sie sich verzweigt, und die eine ganz regelmäßige Stellung am Stengel aufweisen, hervor. Ueber diese Organe will ich hier nur das für die Orientirung Nothwendigste, soweit es mit der Aufgabe des vorliegenden Auf- satzes zusammenhängt, anführen. Die Entstehung der Knospen war ich bisher noch nicht im Stande, mit völliger Sicherheit bis auf die erste für sie bestimmte Zelle zurückzuführen. — Gewiß ist nur, daß an jedem Knoten eine Knospe entsteht, und daß diese, wenn man in der Entwick- lung vorgeschrittenere Knoten untersucht, in dem Raume zwischen Wasserblatt und äußerem Luftblatte liest, sich aber mit ihrer Basis noch bis vor das Wasserblatt erstreckt. Daß diese Knospe in ihrer Entstehung zu dem Wasserblatte Beziehungen hat, darauf weisen die Fälle hin, in welchen man sie ein Stück weit an der Basis des Wasserblattes heraufgerückt findet. Sie scheint dann direct aus dem Gewebe des Wasserblattes und zwar aus der dem äußeren Luftblatte zugekehrten Seite zu entspringen. Anderer- seits geht aber, wie Querschnitte durch ältere Knoten lehren, bei normaler Lage der Knospe ihr Gefäßbündel direct von dem Gefäß- bündel des Stengels aus, und ich gestehe, daß ich Anfangs dieser Thatsache einen großen Werth für die Beurtheilung des Knospen- ursprungs beigelegt habe. Nachdem aber Hofmeister’) in äußerst scharfsinniger Weise die, wie mir scheint, richtige Würdi- gung dieses Verhältnisses bei den Farrn hervorgehoben hat, scheint sie mir nicht mehr maßgebend, und ich halte es auch bei Salvinia für gewiß, daß die Seitenknospen, auf welchen die Verzweigung der Pflanze beruht, Adventivsprosse des Wasserblattes sind. 1) Rhizocarpeen, S. 35. 2) Flora. 1863. S. 173. der Salvimia natans. 327 Wie diese stehen sie abwechselnd rechts und links an den auf einander folgenden Knoten, und ebenso stehen natürlich auch die aus ihnen hervortretenden Seitenzweige der Pflanze, die in keiner wesentlichen Eigenschaft von dem Hauptstengel abweichen. Noch eine andere Thatsache, die ebenfalls auf den Ursprung (ler Seitenknospen aus den Wasserblättern hinweist, kann ich erst später bei der Beschreibung der Keimpflanze anführen. Von den zweierlei Haaren, welche Salvinia besitzt und die bekanntlich den frühesten Beobachtern schon Gelegenheit zu vagen Vermuthungen über das Geschlecht dieser Pflanze gegeben haben, treten die einen fast nur an den jungen Theilen der Pflanze auf und fallen ‚bald nach vollendeter Entwicklung des Theiles, auf welchem sie vorkommen, ab. Es sind dies diejenigen, welche in ihren Zellen das Phänomen der Molecularbewegung in so äußerst schöner Weise zeigen. Die zweite Art, die durch ihre braune und zugespitzte End- zelle kenntlichen Haare, sind dagegen beständig und gehen erst mit dem Theile, der sie trägt, zu Grunde. — Beiderlei Haare entstehen am Vegetationskegel immer unter- halb der jüngsten Blätter, und ihre frühesten Anlagen sind schon hierdurch leicht von den Blattanlagen zu unterscheiden. Daß sie, ähnlich wie die Blätter, genau in bestimmte Reihen gestellt sind, sieht man am leichtesten an den Zipfeln der Wasserblätter (h, h in Taf. XXVI Fig. 7). Ich gehe nun zu dem zweiten Theile dieses Aufsatzes, zu der Darstellung der Embryobildung von Salwınia, über, und nehme dieselbe mit der beginnenden Entwicklung der Micro- und Macro- sporangien auf. Untersucht man Microsporangien im Frühjahr, wenn die Entwicklung der Pflanze von Neuem beginnt, so findet man die Microsporen innerhalb der großzelligen, einschichtigen und lang- gestielten Mierosporangien-Hülle in eine Zwischenmasse eingebettet, welche ein kleinzelliges Aussehen besitzt (Taf. XXVII Fig. 15). An Microsporangien, die in meiner Wohnung im stets warm gehaltenen Zimmer überwinterten, beobachtete ich die ersten Ent- wicklungserscheinungen schon in den ersten Tagen des Februar. Man sieht (Taf. XXVII Fig. 10) kurze, gekrümmte Schläuche aus dem Microsporangium hervortreten. Sie erscheinen durch eine Wand in zwei Theile getheilt: in 328 Zur Morphologie eine vordere, stark mit Inhalt erfüllte kurze Spitze (ae Fig. 11 Taf. XXVII) und ein längeres, ganz oder fast ganz leeres, unteres Stück (b), welches sich in das Microsporangium verliert. Die als besondere Zelle abgegliederte Spitze wird zum An- theridium. Der ganze Schlauch, namentlich aber die zum Antheridium gewordene Spitze zeigt ein auffallend stärkeres Wachsthum der einen Seite. In Folge dessen tritt eine starke Krümmung des Schlauches ein, und er legt sich häufig mit seiner concaven Seite (Taf. XXVI Fig. 16) so eng an das Micrcsporangium an, daß er oft ganz von den aufklappenden Zellen der Microsporangiumhülle, durch welche er hindurchgetreten war, verdeckt wird. Dieser Um- stand entzieht die Schläuche, wenn man sie nicht direct sucht, häufig der Beobachtung. Das Antheridium theilt sich (Taf. XXVII Fig. 11) in zwei Zellen von ziemlich gleichem Volumen; dies geschieht dadurch, daß die Theilungswand (cd) eine gegen die Grundfläche des Anthe- ridiums (ef) geneigte Lage hat. Während sie nämlich die convexe Seite des Schlauches etwa in der Mitte der Höhe des Antheridiums trifft, schneidet sie die concave Seite ganz in der Nähe der Grund- fläche. Hin und wieder ist die Neigung dieser Wand von vorn nach hinten sogar so stark, daß sie noch ein Stück der Grund- fläche abschneidet (Taf. XXVI Fig. 15, 16). Die beiden Antheridien-Zellen bilden ihren Inhalt gleichmäßig aus. Er zieht sich von der Wand zurück und gestaltet sich zu einem ziemlich scharf umschriebenen, meist in den engen Winkel der Antheridienzelle spitz verlaufenden Klumpen (Taf. XXVI Fig. 15), neben welchem noch ein zweites kleineres, bläschenartiges Gebilde liegt (Taf. XXVII Fig. 11). Bald bemerkt man in dem Klumpen jeder Antheridienzelle Trennungslinien auftreten; erst nach einer, dann nach einer zweiten, zur ersten senkrechten Richtung. Sie deuten eine Theilung des Klumpens in 4 Theile an. Kurz darauf brechen die Antheridienzellen zugleich oder nach einander auf, und dies geschieht immer in höchst regelmäßiger Weise durch einen Querriß, welcher, an der convexen Seite be- ginnend, sich ringsherum mehr oder weniger weit bis fast an die concave Seite erstreckt. Hier aber bleiben die beiden durch den Riß getrennten Stücke noch mit einander in Verbindung (Taf. XXVI Fig. 14, Taf. XXVII Pie. 1259); Nun tritt der getheilte, aber noch zusammenhängende Klumpen der Salınıa natams. 329 aus dem Antheridium hervor, indem er das obere Stück der ge- sprengten Antheridienzelle deckelartig aufhebt, und zerfällt sogleich, nachdem er hervorgetreten ist, in vier isolirte und mit großer Schnelligkeit entweichende Spiralfadenzellen (Taf. XXVII Fig. 13). Bei ihrem Hervortreten aus der Antheridiumzelle haften ge- wöhnlich die 4 Spiralfadenzellen noch einen Augenblick zusammen, bevor sie sich trennen und entweichen. Es sieht so aus, als ob sie von einer gemeinsamen Hülle oder Gallerte umgeben wären, aus der sie sich erst befreien- müssen. Darauf deutet auch der Umstand hin, daß man, wenn die Spiralfadenzellen einzeln hervor- treten — ein Fall welcher ebenfalls öfters eintritt — noch eine besondere Membran (Taf. XXVII, Fig. 12) sicht, die sich unterhalb des Querrisses der eigentlichen Antheridium-Membran ausbreitet und eine kleine schnabelförmige Oeffnung für den Austritt der Spiralfadenzellen zeigt. Die kleinen Bläschen, welche neben dem Klumpen in jeder Antheridienzelle vorhanden waren, bleiben in der entleerten Antheridie zurück (Taf. XXVII Fig. 12, Taf. XXVI Fig. 14) und gehen mit den Membran-Resten derselben zu Grunde. Dieses ist der normale und constante Vorgang bei der Bil- dung und dem Entweichen der Spiralfadenzellen von Salvinia. — Hofmeister!) hat zuerst die Spiralfadenzellen der Salwinia genau beschrieben. Meine Beobachtungen stimmen hierin mit den seinigen überein. Es sind sehr zartwandige Bläschen (Taf. XXVII Fig. 15, Taf. XXVI Fig. 14a), welche einen spiralig gewundenen, das Licht schwach brechenden Faden und außerdem noch mehrere kleinere Stärkekörner enthalten. Der Spiralfaden liest im Inneren der Spiralfadenzelle einer Stelle ihrer Membran dicht an und trägt eine Anzahl äußerst zarter und langer Cilien (Taf. XXVII Fie. 14). Ich habe nicht gesehen, daß er die Zelle, in welcher er liest — die Spiralfadenzelle — abstreift. Jedenfalls geschieht dies nicht vor seinem Eintritt in das Archegonium, und es ist auffallend, daß seine äußerst rasche Bewegung nicht durch die Zelle, in welcher er liegt, gehindert wird. Ob seine Cilien oder sein äußerst fein zugespitztes Ende aus 1) Vergleichende Untersuchungen. S. 109, und Beiträge zur Kenntniß der Gefäßeryptogamen. II. 1857. (Abhandl. der Sächs. Gesellschaft d. Wiss.) S. 667, 390 Zur Morphologie der Spiralfadenzelle im unverletzten Zustande derselben frei her- vorragen und die rasche Bewegung der Zelle, in welcher der Faden noch eingeschlossen erscheint, vermitteln, dies zu entscheiden, dazu reichen die mir zugänglichen optischen Mittel nicht aus. Ueber die Entstehung der Schläuche und ihr Verhältniß zu den Mierosporen ist es ziemlich schwer, eine klare Anschauung zu gewinnen, weil die scheinbar zellige Zwischenmasse, in welcher die Mierosporen eingebettet sind (Taf. XXVII Fig. 15), und die geringe Größe des Microsporangium einer genauen Zergliederung viel Hindernisse in den Weg legen. Bei Anwendung von verschiedenen Reagentien, die die innere Structur des Mierosporangiums deutlicher hervortreten lassen, ferner auf gelungenen Durchschnitten, sowie endlich, wenn man, wie dies Hofmeister gethan hat, die Microsporangien unter gelindem Drucke zu öffnen sucht, enthält man Bilder, welche es mir über- aus wahrscheinlich machen, daß die Mierosporen in den reifen und normal ausgebildeten Microsporangien !) nicht einen unregel- mäßigen Haufen (Taf. XXVII Fig. 15), sondern, abgesehen von der Zwischenmasse, nur eine einschichtige Lage unmittelbar unter der Microsporangien-Hülle bilden. — Unzweifelhaft ist aber, daß die Schläuche aus einer Entwicklung der Innenzelle der Microsporen hervorgehen. Die äußere Membran der Microspore klappt längs der be- kannten drei leistenartigen Linien ihrer Oberfläche spaltenartig auf (Taf. XXVI Fig. 12) und läßt die Innenzelle hervortreten. Diese durchbricht, sich zum Schlauche verlängernd, die Microspor- aneiumhülle unmittelbar an der Stelle, wo die Mierospore lag, indem sie, ohne die Zellen der Hülle zu zerreißen, zwischen ihren aus- einanderweichenden Fugen hindurchtritt. Die getheilten Zellen, welche Hofmeister durch Heraus- drücken aus dem Microsporangium gewonnen hat, und die man gewöhnlich nicht in unbeschädigtem Zustande aus den Mierospor- 1) Diejenigen Abbildungen, welche innerhalb einer durchsichtigen Micro- sporangiumhülle einen Haufen von Microsporen zeigen, die das Centrum des Microsporangium einnehmen und nur wenig Zwischensubstanz aufweisen (z. B. Mettenius, Rhizocarpeen. Taf. I Fig. 40), gehören solehen Miecrosporangien an, deren Entwickelung eine Bildungshemmung erfahren hat. Die zuletzt im Herbst angelegten Früchte, die nicht mehr zur vollen Ausbildung gelangen, zeigen diese Zustände am häufigsten, der Salnma natams. 331 angien befreien kann (Taf. XXVI Fig. 13), geben keine klare An- schauung von der Entwicklung des Antheridiums und der Spiral- fadenzellen. Sie sind offenbar Jugendzustände der Schläuche und beweisen nur, daß die Theilungen der Schläuche und der Antheridien schon stattfinden, bevor der Schlauch noch aus dem Microspor- aneium hervorgetreten ist. | Die Befreiung der Samenfadenzellen aus den Antheridien findet jedoch nie durch eine bloße Zerstörung des Microsporangiums, sondern immer in der beschriebenen Weise durch das Hervortreten der Schläuche und das regelmäßige Aufbrechen der Antheridien- zellen statt. Eine Andeutung der hervortretenden Schläuche hat bereits Milde!) gegeben; jedoch steht seine Abbildung, sowie seine Be- schreibung der Schläuche und der in ihnen vorhandenen Spiral- fadenzellen mit meinen Beobachtungen nicht im Einklange. Er bildet 9 freie Spiralfadenzellen in einem ungetheilten Schlauche ab und erwähnt Nichts von dem eigentlichen zweizelligen Antheridium, in welchem die Spiralfadenzellen entstehen. Nach der von mir beobachteten Entwicklung können aber nur S Spiralfadenzellen in einem Schlauche vorhanden sein, und eine Lagerung der Spiralfadenzellen in dem ungetheilten, sowie ihre Be- wegung in dem noch ungeöffneten Schlauche, wie es Milde angiebt, wäre nur unter abnormen Verhältnissen möglich. Allein noch viel früher hat Pietro Savi in einem kleinen, aber inhaltsreichen Aufsatze?), der eine größere Würdigung, als ihm geworden ist, verdient hätte, die aus den Microsporangien von Salvinia hervortretenden Schläuche gesehen und abgebildet. Wenn auch seine Beschreibung unseren jetzigen Anforderungen an Genauigkeit nicht mehr genügt, so hat er doch schon damals —- im Jahre 1834 — die Existenz beweglicher Bildungen, die aus den Schläuchen hervortreten constatirt und die Vermuthung aus- gesprochen, daß sie in die Archegonien, die er gleichfalls wesent- lich richtig erkannte, eintreten, und dort eine befruchtende Function ausüben. Ich habe in die Note unter dem Text ?) die hierauf be- 1) Beiträge zur Keimung von Salvinia und Pilularia Nova Acta C. L. NIC. ZVol- RR PB. I. pag. 642. 2) Continuazione delle ricerche sulla fecondazione della Salwinia natans in: Nuovo Giornale dei letterati Pisa. T. XXVIII. pag. 64. 3) Er sagt hierüber: I budelli articolati emessi da questi granelli polliniei 332 Zur Morphologie züglichen, wichtigsten Stellen seines Aufsatzes mit seinen eigenen Worten aufgenommen. Die erste Entwicklung der Macrosporen, d. h. das Hervor- treten der Proembryonen, bemerkte ich bei den in meinem Zimmer eultivirten Sporen wenig später, als die Entwicklung der Schläuche an den Mierosporangien. Beide neben einander laufende Erscheinungen konnte ich nach- her bis Ende April an den verschiedenen Sporangien fortwährend beobachten. Den Bau der Macrospore setze ich als aus, den Unter- suchungen von Mettenius und Hofmeister zur Genüge be- kannt voraus und kann mich daher hierüber ganz kurz fassen. Es ist unzweifelhaft, daß der Proembryo im Innern des Sporen- sackes (Embryosack, Schleiden) entsteht. Das dicke, scheinbar zellige Exosporium bricht an seiner Spitze mit drei Lappen auf; ebenso reißt die zellige Hülle, welche die ganze Mierospore umeiebt. Der Proembryo tritt (Fig. 1—4 Taf. XXVIID, nachdem er zuerst die innere, braune Membran des Sporensackes durch- rissen hat, zwischen den Lappen des Exosporium hervor. Er ist, wie Durchschnitte (Fig. 1 und 2 Taf. XXX) zeigen, einer hin und wieder stellenweise schwach gelblich gefärbten, sonst glashellen Membran (d Taf. XXX Fig. 2) fest aufgewachsen, welche sich tiefer nach unten an die braune Sporenmembran (ec) anlegt und hier als eine zweite, innere Schicht derselben erscheint. Die Bildung der farblosen Schicht muß offenbar mit der Bil- (Mierosporangien) contengono, come ho detto, granellini di grandezza differente, alcuni minutissimi e immobili, altri maggiori e mobili. Opino io che questi ultimi siano il resultato di un’ ulteriore vegetazione, e sviluppo dei primi; per il che questi perfezionati acquistino il maximum dell’ eccellenza dell’ organismo, quella cio® che li rende capaci di fecondare i germi, e di riprodurre la specie. La deiscenza dei budelli e l/’egresso ora velocissimo, ora lento dei granellini polliniei (die Samenfadenzellen) per un moto loro proprio & un fenomeno nuovo nella storia della fecondazione...... I germi poi li ceredo contenuti entro quelle borse (so nennt er die Archegonien) che ho descritto, e penso che dall’ apertura circondata dalle quatro cellule, entrino i granellini polliniei e apportino la fecondazione. Una tale struttura mi pare in qualche modo analoga a quella che Mirbel osservö nei pistilli della Marchantia, nei quali pure trovasi una cavitä sferica, o elittica, communicante all’esterno mediante un’apertura eircon- data da cellule disposte regolarmente..... der Salvinia natans. 38 dung der ersten Zelle des Proembryo zusammenfallen, denn auf Durchsehnitten durch die noch ungeöffnete Macrospore sieht man den Proembryo in dem Raume zwischen den beiden Schichten der inneren Sporen-Membran, zwischen der braunen und der glas- hellen Schicht, sich ausbreiten. Abgesehen von der großzelligen äußeren Hülle (a Taf. XXX Fig. 2), welche die ganze Macrospore umgiebt, besitzt diese daher zu äußerst ein dickes, scheinbar klein- zelliges Exosporium (b) und eine zweite innere, die Höhle ($) des Sporensackes umkleidende Membran (ec), welche letztere aber wieder aus zwei Schichten, einer äußeren bräunlichen (e) und einer inneren glashellen (d), auf welcher eben der Proembryo festsitzt, besteht. Dies wird zur Orientirung über die Lage dieser Theile ge- nügen. Ausführlicher muß ich jedoch auf die Form des Pro- embryo und auf den Bau und die Stellung der Archegonien ein- gehen. — Der zwischen den drei Lappen der Macrospore (/, /, 2 Taf. XXVI Fig. 8) hervortretende Proembryo hat eine im Grundriß etwa drei- eckige Form (abc). Von seinen drei Seiten entwickelt die eine (be) später ihre beiden Kanten db und @ zu den beiden flügelartigen Fortsätzen des Embryo, welche längs der Macrospore herunter wachsen (Fig. 2, 3, 5, 6, 8, 9 Taf. XX VIII). Diese Seite bestimme ich als die Vorderfläche desProembryo. Wie wir bald sehen werden, ist diese Bestimmung mit Bezug auf die Wachsthumsrichtung der jungen Pflanze, die sich aus dem Proembryo erhebt, getroffen. Die beiden hinteren Seiten (ab und ac), die allmälig sich krümmend in einander übergehen, werde ich zusammen als die Hinterfläche des Proembryo oder seinen Rücken bezeichnen. Eine Linie, von der Mitte (d) der Vorderseite des Grundrisses nach der Mitte (a) der Hinterfläche gezogen, soll die Mittellinie und der wichtigste Schnitt durch den Proembryo, der Schnitt, welcher durch diese Mittellinie senkrecht auf die Grundfläche geführt wird, der Mittelschnitt heißen. — Einen solchen Mittelschnitt stellt die Fig. 1 Taf. XXX und die Fig. 9 Taf. XXVI dar; wir sehen daher, daß der Proembryo an seiner Vorderfläche (bei d) am höchsten ist und von hier aus allmälig nach hinten abfällt. Ebenso aber fällt er zugleich von dem Mittelschnitt aus nach beiden Seiten ab, so daß Schnitte 534 Zur Morphologie durch ihn senkrecht gegen den Mittelschnitt und zugleich senk- recht auf der Grundfläche das Bild der Fig. 10 Taf. XXVI geben. Bei beginnender Entwicklung der flügelartigen Fortsätze der Vorderfläche hat daher die Macrospore (Taf. XXVIII) mit dem hervortretenden Vorkeime, je nachdem sie vom Rücken (Fig. 1), von der Seite (Fig. 2) oder von vorn (Fig. 3) gesehen wird, ein ganz verschiedenes Aussehen, und der Proembryo selbst hat die (restalt eines sattelförmig nach beiden Seiten abfallenden Hügels, der sich zugleich in der Richtung von hinten nach vorn allmälig erhebt. — Die Archegonien liegen auf dem Rücken dieses Hügels (Taf. XXVIIL Fig. 1; Taf. XXVI Fig. 9, 11); in seltenen‘ Aus- nahmen — worüber später Näheres — auch auf der Vorder- fläche. — Das erste Archegonium liegt immer im Mittelschnitte, also auf der Mittellinie des Rückens und zwar an einer Stelle (Taf. XXVI Fig. 9, Taf. XXX Fig. 1 m) unmittelbar vor der Vor- derfläche. Dieses erste Archegonium nimmt daher fast die höchste Stelle am Proembryo ein. Wie aber die Vorderfläche ihre beiden Kanten später nach unten in die beiden flügelartigen Fortsätze verlängert, so wächst sie später auch an ihrer Spitze noch in die Höhe. Hierdurch bekömmt der Vorkeim auf dem Mittelschnitte die Form der Fig. 11 Taf. XXVI, und das erste Archegonium er- scheint hierdurch weiter nach hinten und zugleich tiefer gerückt. — Außer diesem ersten Archegonium treten noch andere auf. Ohne Ausnahme noch zwei, welche auf den beiden abfallenden Seiten des Proembryorückens rechts und links von dem ersten Archegonium liegen (Taf. XXVIII Fig. 1). Diese drei Archegonien, welche regelmäßig auf dem Pro- embryo auftreten, fallen aber in eine über den Rücken desselben verlaufenden Linie, welche ungefähr parallel dem Umrisse der Vorderfläche ist (Taf. XXVIII Fig. 1). Daher läßt sich etwa senkrecht zum Mittelschnitt (Fig. 9 Taf. XXVIJ) ein Schnitt (Fig. 10 Taf. XXVI) durch den Proem- bryo führen, welcher diese drei Archegonien auf einmal bloß- legt. — Wenn, was der gewöhnliche Fall ist, eines dieser drei Arche- sonien befruchtet wird, dann wird durch die rasch eintretende Entwicklung des Embryo die weitere Ausbildung des Proembryo der Salwinia natans. 335 gehindert, und die Anzahl der gebildeten Archegonien bleibt auf die Dreizahl beschränkt. Tritt jedoch keine Befruchtung ein, so entwickelt sich der Proembryo noch weiter. Es wächst nämlich das vordere Stück zwischen der ersten Archegonienreihe (a Taf.XX VIII Fig. 2) und der Vorderfläche (d) noch bedeutend, und in diesem Stück bildet sich nun parallel zur ersten eine zweite, dann auch eine dritte und vierte Archegonienreihe aus (Taf. XXVIII Fig. 4). Die späteren Reihen haben, da der Proembryo nach vorn immer mehr an Breite gewinnt, auch mehr als 5 bis 7 und mehr Arche- sonien; immer aber kann man erkennen, daß sie in unter einander etwa parallelen Reihen auf dem Rücken des Proembryo ange- ordnet sind, und daß in jeder Reihe die am höchsten, d. h. auf der Mittellinie des Rückens liegenden Archegonien die ältesten sind. — In sehr seltenen Fällen — unter mehreren Hundert an zweien — habe ich an übermäßig erwachsenen, unfruchtbaren Proembryonen auch auf der Vorderfläche Archegonien gefunden. Im Freien werden derartige Proembryonen offenbar häufiger vor- kommen, als es bei meinen Oulturen der Fall war, bei welchen ich die Befruchtung absichtlich möglichst erleichterte. Jedes Archegonium, gleichviel wo und in welcher Reihe es liest, hat aber eine mit der Längsrichtung des Proembryo von hinten nach vorn gleichlaufende Streckung seiner Centralhöhle. Auf allen Schnitten durch den Proembryo, die dem Mittel- schnitte parallel sind und die ein Archegonium treffen, bildet die. Centralzelle desselben — wenn das Archegonium erwachsen ist — daher immer einen Sack, der sich von der Mündung nach vorn, nämlich nach der Vorderfläche des Proembryo hin, erstreckt MIETE RRVIE Bie, 1 3 Tal. XIX, Eig. 1 Taf. XXX oete.); während auf gegen die Mittelebene senkrechten Schnitten, die, richtig geführt, auf einmal eine ganze Archegonienreihe — in dem sewöhnlichen Falle der Dreizahl der Archegonien also drei — durchschneiden, die Centralzelle wie ein nach allen Seiten gleich weiter Sack unterhalb der Mündung des Archegoniums erscheint (Taf. XXVI Fig. 10). Dieser Bau der Centralhöhle des Archegoniums wird für die Orientirung über die Theile des Embryo wichtig, denn seine Ab- hängiekeit von der äußeren Form des Proembryo gestattet es, die Schnitte durch die Macrospore nicht aufs Geradewohl, sondern mit 336 Zur Morphologie- Rücksicht auf eine verlangte Anschauung in ganz besimmter Rich- tung durch den Embryo zu führen. — Bevor ich jedoch auf diese Beziehungen weiter eingehe, ver- langt der Bau und die Entwicklung der Archegonien selbst noch einige nähere Andeutungen. Es ist bekannt, daß das Archegonium von einer im Innern des Vorkeims verborgenen Centralzelle (ce Fig. 9 Taf. XXVII) gebildet wird, auf welche ein von vier übers Kreuz gestellten Zellen umgebener, offener Canal hinführt (Taf. XXX Fig. 3, 4, Taf. XXVII Fig. 9). Diesen Canal fand ich in allen von mir untersuchten Fällen nur von der Höhe einer einzigen Zelllage. In seltenen Fällen soll nach Hofmeister dieser Canal länger sein und die Central- zelle dann nicht, wie gewöhnlich, unmittelbar unterhalb der obersten Zelllage des Proembryo, sondern tiefer in seinem Innern verborgen liegen. Mir sind solche Archegonien nicht vorge- kommen. — Die Entstehung des Archegonium-Canals bei Moosen und Farrnkräutern führt Hofmeister bekanntlich darauf zurück, daß entweder die Zellen des Archegonienhalses mit ihren inneren Be- rührungskanten auseinanderweichen, und so zwischen ihnen ein Hohlraum entsteht, oder daß ein ursprünglich vorhandener, mittlerer Zellstrang des Halses später resorbirt wird. Für Salvinia speciell giebt er an'), daß die vier Schlußzellen des Archegoniums auseinanderweichen und den Canal zwischen sich bilden. Mettenius, der, soviel ich weiß, zuerst durch die gründ- lichere Darstellung des Baues der Archegonien der Farrnkräuter den Nachweis geführt hat, daß die Angaben von Suminski über die directe Verwandlung der Samenfäden in die Embryoanlage auf der Verwechselung des veränderten Canal-Inhaltes mit Samenfäden beruhen ?), giebt doch selbst nichts Bestimmtes über die Entwick- 1) Beiträge zur Kenntniß der Gefäßeryptogamen. Leipzig 1857. Keimung von Salrinia natans. S. 666. 2) Beiträge zur Botanik. S. 21 ff. Daß Suminski durch diese - Ver- wechselung getäuscht wurde, geht aus seinen Zeichnungen: Zur Entwicklungs- geschichte der Farrnkräuter. Berlin 1848. Taf. III Fig. 3, 4, 6, wo die Spiral- fäden in den geschlossenen Archegonien gezeichnet werden, mit Evidenz hervor. Wer diese Zustände noeh nicht aus der Natur kennt, der vergleiche nur diese Bilder mit der Zeichnung von Mettenius (Beiträge zur Botanik. der Salrınia natams. 337 lung des Archegonium-Canals und seines Inhaltes an und sagt nur, daß er seine Entstehung nicht habe verfolgen können. Was speciell den Bau der Archegonien von Salvinia betrifft, so führt er noch besonders an!), daß ihre vier oberflächlichen Zellen nicht selten in Papillen auswachsen und durch Querwände in zwei über einander stehende Zellen abgetheilt werden; eine An- gabe, die miteiner gleichen bei Hofmeister ?) übereinstimmt. Meine Wahrnehmungen hierüber weichen jedoch hierin von denen der genannten Forscher ab, und ich glaube diesen Widerspruch durch die Vermuthung lösen zu können, daß jenen Angaben wahrscheinlich die nicht genügend verfolgte Beobachtung des eigentlichen, bisher übersehenen Halses der Archegonien von Salwinia zu Grunde liegt. Die Entstehung des Archegonium-Canals fällt aber mit der Bildung eben dieses Halses zusammen. — Die Archegonien der Salvinia haben nämlich ganz wie die Archegonien der anderen Farrnkräuter einen zwar niedrigen, aber deutlich ausgebildeten, freien Halstheil, welcher in Form einer kleinen, kuppelartig sich oben zusammenschließenden Erhebung auf den vier bekannten Schlußzellen des Archegoniums aufsitzt — (Fig. 1, 2 Taf. XXVII). Dieser ganze Halstheil wird später noch vor dem Eintreten der Samenfäden vollständig abgeworfen. Er besteht aus 4 Reihen von je 2, manchmal 3 über einander stehenden Zellen, von denen eine jede Reihe je auf einer der 4 Schlußzellen aufsitzt (Fig. 3, 4 Taf. XXX). Die Zellen des Halses nehmen, je höher nach der Spitze, immer mehr im Durchmesser ab (Fig. 2, 5, 7 Taf. XXVID; dadurch er- hält der Hals seine eigenthümliche Gestalt, und daher rühren die mehrfachen Kreise, die man sieht, wenn jugendliche Archegonien von oben betrachtet werden (Fig. 4 Taf. XXX). Ebenso rührt der Kreis (a Fig. 5 Taf. XXX) auf der Ober- fläche der gebräunten Schlußzellen alter Archegonien — die ihren Halstheil bereits abgeworfen haben — von dem Abdrucke der An- satzstelle der untersten Zellen des Halses her. — Taf. III. Fig. 18) und der dort von ihm gegebenen Erklärung dieser Figur. Zu diesem Irrthum wurde Suminski durch einen zweiten Irrthum inducirt, indem er nämlich annahm, daß der Halstheil der Archegonien erst nach erfolgter Be- fruchtung entstehe. 1) Ebendaselbst S. 5. 2) A. a. ©. 8. 666. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd, li, 22 338 Zur Morphologie Dem frühen Abwerfen des Halses — eine Erscheinung, welche ja wenigstens theilweise auch bei Equisetum eintritt — geht hier immer eine Bräunung der oberen Membran der Schlußzellen, auf welchen der Hals aufsitzt, vorher (Fig. 1, 2 Taf. XXVII); während dann die Bräunung weiter vorschreitet und sich noch über die inneren Membranen der Schlußzellen ausbreitet, schlagen sich die vier Zellreihen des Halses zurück (Fig. 8 Taf. XXVII) und bleiben noch eine Zeit lang im zurückgeschlagenen Zustande an der Oberfläche der Schlußzellen haften, bis sie endlich ganz abfallen. Man findet noch spät vor der tief gebräunten Mündung alter Archegonien einzelne dieser Zellen, deren Bedeutung mir Anfangs ganz dunkel war und die leicht zu falschen Vermuthungen führen können, liegen (Taf. XXVII Fig. 9) ). Noch bevor der Halstheil abgeworfen ist, sieht man aber, daß die vier großen Zeilen, auf welchen der freie Hals aufsitzt und die nach seiner Abwerfung zu den Schlußzellen werden, von einer Zelle, die sich zwischen sie gedrängt hat, auseinander getrieben werden (Taf. XXVII Fig. 1, 2). Diese Zelle, die ich Canalzelle nenne, erstreckt sich bis in den freien Hals hinein. Wird dieser dann abgeworfen, so öffnet sie sich und läßt ihren körnigen und schleimigen Inhalt, ähnlich wie es die Oogonien von Vaucheria thun, hervortreten. Auch bei anderen Rhizocarpeen und Farren ist man schon hier und da aufeine vor der Mündung geöffneter Archegonien befindliche, schleimig-körnige Masse, die zu irrigen Vorstellungen Veranlassung gegeben hat, aufmerksam geworden. Ihr Ursprung dürfte überall derselbe sein. Ob sie das Anhaften und Festhalten ankommender Samenfäden erleichtert oder bewirkt, ist durch Beweise kaum zu belegen. 1) Es ist mir kaum fraglich, daß es diese Zellen sind, welche Mettenius (Rhizocarpeen. S. 36. Taf. II. Fig. I u. 2) im Anschluß an die Anschauung von Schleiden für die Microsporen (Pollenkörner) gehalten hat. Doch kommen unter diesen Zellen auch unzweifelhafte Spiralfaden-Mutterzellen vor. Ueber- haupt sind die Bildungen von bestimmter und unbestimmter Form, die man vor der Mündung geöffneter Archegonien liegen sieht, dreierlei verschiedenen Ursprungs. Die bestimmt geformten Zellen sind nach dem, was soeben gesagt wurde, entweder abgeworfene Zellen des Archegoniumhalses oder Mutterzellen der Spiralfäden. Die Massen kleiner Körper von unbestimmter Gestalt, die oft Moleceularbewegung zeigen, aber — wie ich oben im Text noch weiter ausführen werde — aus der ÜOentralzelle des Archegoniums ausgetretener Zellinhalt. der Salvimia natans. 339 Bemerkenswerth ist aber, daß der Inhalt in der noch ge- schlossenen Canalzelle eine Streifung oder Gruppirung in Reihen zeigt (Taf. XXVII Fig. 1), welche auffallend an jene Beschaffenheit des Inhalts in der Spitze der Embryobläschen der Phanerogamen erinnert, welche Schacht veranlaßt hat, demselben den Namen des Fadenapparates beizulegen. Die Entwicklung der Canalzelle nun und ihre Beziehung zur Centralzelle des Archegoniums einerseits und anderseits zur Bildung des freien Halstheils ist aber folgende: In frühen Zuständen findet man bekanntlich — wie dies Hof- meister gezeigt hat -— die Centralzelle als eine größere, inhalts- reiche Zelle unmittelbar unter vier Zellen liegen, die der äußersten Zelllage des Proembryo angehören, und von denen man auf der Durchschnittsansicht natürlich nur zwei auf einmal sehen kann. — In diesem Zustande (Fig. 5 Taf. XXVII) ist also von dem freien Halstheil, welcher sich erst später bildet, noch keine Spur vorhanden. Jene ersten vier Deckzellen des Archegoniums werden aber bald darauf durch gegen die Axse geneigte Wände (a in Fig. 4 Taf. XXVIID in vier innere und vier äußere Zellen getheilt. Die Theilungswand ist in jeder der vier Zellen von innen und unten nach oben und außen gerichtet. Die äußeren Zellen (ec) theilen sich nicht mehr; in den inneren, keilformig nach oben sich erweiternden Zellen erfolgt dagegen später noch eine (b Fig. 4 Taf. XXVII) und hin und wieder noch eine zweite Theilung durch Wände, die der ersten parallel sind. — Die äußeren, nach unten breiteren Tochterzellen der ursprünglichen vier Deckzellen (ce Fig. 4 Taf. XXVII) — in welchen keine weitere Theilung mehr stattfindet — werden zu den späteren Schlußzellen des reifen Archegoniums. Dieinneren,nach untensich verschmälernden Zellen — in welchen noch eine Theilung erfolgt war — werden zum freien Halstheil des Archegoniums, und dies geschieht dadurch, daß sie von der inzwischen im Innern der Centralzelle entstan- denen Canalzelle (d Fig. 4 Taf. XXVII) in die Höhe gehoben werden. Ob diese eine frei entstandene oder durch Theilung gebildete Tochterzelle der Centralzelle ist, ist schwer zu sagen, wenn man nicht Vermuthungen für Thatsachen ausgeben will. 22° 340 Zur Morphologie Gewiß ist nur, daß während der Zeit, während welcher die Theilung in den Deckzellen stattfindet, zugleich in dem Scheitel der Centralzelle eine ihn — den Scheitel — ausfüllende Zelle auf- tritt, die einen deutlichen Cytoblasten besitzt und durch eine scharfe Grenzlinie gegen den unteren Raum der Centralzelle abgegrenzt ist (Fig. 3, 4 Taf. XXVID. Ebenso gewiß ist aber auch der fernere Verlauf, daß diese Zelle nämlich allmälig, nach oben in einen konischen Zapfen aus- wachsend (Fig. 5, 6, 1, 2 Taf. XXVII) das über ihr liegende Mittelstück der vier Deckzellen mit den in demselben gebildeten, nach oben sich erweiternden Tochterzellen in die Höhe hebt und so, zwischen die äußeren Tochterzellen der Schlußzellen sich hin- durchdrängend, zur Canalzelle wird, und daß sie endlich nach dem bereits beschriebenen Abwerfen des so entstandenen Halstheils sich öffnet und ihren Inhalt heraustreten läßt. In Folge dieses eigenthümlichen Wachsthumsvorganges sind daher die zuerst sich bräunenden oberen Wände der späteren Schlußzellen (Fig. 1, 2 Taf. XXVII) — soweit nämlich bei ent- wickeltem Archegonium der Halstheil auf ihnen aufsitzt — ur- sprünglich die inneren Seitenwände derselben (a Fig. 4 Taf. XXVII) gewesen, während die späteren inneren Seiten- wände derselben ursprünglich einen Theil der Basis der Deck- zellen gebildet haben. Wie verhält sich aber bei diesem Hervorwachsen der Canal- zelle die Membran der Oentralzelle? Da es gewiß ist, daß die Canalzelle im Innern der Central- zelle entsteht, so muß die Membran der letzteren, worüber die Beobachtung allerdings keinen ganz sicheren Aufschluß giebt, ent- weder mit in die Höhe wachsen oder durchbrochen werden. Aus manchen Erscheinungen, die bei Störung der normalen Inhaltsordnung eintreten, vermuthe ich das Erstere. Unzweifelhaft ist aber offenbar, daß, nachdem die Canalzelle sich geöffnet hat und ihr Inhalt herausgetreten ist, auch die Membran der Centralzelle zerrissen sein muß, gleichgültig, ob sie den sich kegelartig erhebenden Zapfen der Centralzelle überzieht oder schon früh von demselben durchbrochen wurde. — Es finden daher die Samenfäden, wenn sie nach Zerstörung der Canalzelle in den entstandenen Archegonium-Canal eintreten, die Membran der Centralzelle nicht etwa als eine die Basis des der Salvimia natans. 341 Canals verschließende und ihrer Vereinigung mit dem Inhalte der Öentralzelle hinderliche Membran vor. — Nach Allem, was ich gesehen habe, muß ich ferner annehmen, daß der ganze Inhalt des unteren Raumes der Centralzelle — d.h. also desjenigen Raumes, welcher durch die scharfe Grenzlinie von der entstehenden Canalzelle abgeschlossen ist -—— zu einer durch die Samenfäden zu befruchtenden Befruchtungskugel wird. Wird die Centralzelle noch ungeöffneter Archegonien durch den Schnitt verletzt oder die normale Inhaltsanordnung gestört, so sieht man, was hier beiläufig bemerkt werden mag, den Inhalt der Canalzelle in zwei verschiedene Massen sich sondern (Taf. XXVII Fig. 1), in einen großen fadig-schleimigen Klumpen, der die sanze Spitze ausfüllt, und einen kleineren, tiefer liegenden Klumpen, welcher der veränderte Zellkern der Canalzelle zu sein scheint. Unterhalb der Canalzelle sieht man aber den Inhalt des unteren Raumes der Centralzelle immer als eine einzige Masse, die den sanzen Raum der Centralzelle ausfüllt und, wo sie sich von der Wand ablöst, erkennen läßt, daß ihre peripherische Umgrenzung von einer eigenthümlich gallertartig aufquellenden Substanz ge- bildet wird. Diese ganze Masse halte ich für die Befruchtungskugel. Ein besonderes Embryobläschen, welches in diesem unteren Raume der Centralzelle entsteht und allmälig, wachsend, den ganzen Inhalt derselben verdrängt, habe ich nie gesehen, und die erste Zelle des Embryo füllt nach der Befruchtung jedesmal, so frühe Zustände man auch aufsucht, immer den ganzen Raum der Centralzelle vollständig aus. Die Zelle aber, welche Hofmeister bei Salvinia als Embryo- bläschen in Anspruch nimmt, ist die zur Canalzelle werdende Tochterzelle der Centralzelle. Kurze Zeit, nachdem die Canalzelle sich entleert hat, beginnen die umgebenden Schlußzellen sich wieder nach Innen auszudehnen, und hierdurch verengt sich — gleichgültig ob inzwischen die Be- fruchtung erfolgt ist oder nicht — der ursprünglich ziemlich weite Canal bis auf das geringe Lumen, welches er bei alten, geöffneten Archegonien (Taf. XXVII Fig. 9, Taf. XXIX, XXX) zeigt. Ich will an dieser Stelle die Frage nicht weiter untersuchen, in wie weit die Bildungsvorgänge des Archegoniums von Salvınıa namentlich die Wachsthumserscheinungen der Üentralzelle, und 542 Zur Morphologie die Bildung und Entleerung der Canalzelle, eine allgemeinere (Gültigkeit haben, und gehe unter bloßRem Hinweise auf die Ana- logie mit dem Oogonium von Coleochaete einerseits und den so- genannten Embryobläschen der Phanerogamen anderseits, sogleich zu der Darstellung der Theilungsfolge über, welche nach der Befruchtung in der ersten Zelle des Embryo eintritt, um zu untersuchen, ob diese von den Theilungsvorgängen in der Scheitelzelle des Stengels -—- die wir bereits kennen gelernt haben — abweicht oder mit ihnen übereinstimmt. Es ist bereits angeführt, daß die Archegonien ohne Ausnahme eine bald mehr, bald minder stark ausgeprägte, aber immer deut- liche Längsstreckung ihrer Centralzelle in der Richtung von hinten nach vorn am Vorkeime zeigen. Auf Schnitten durch den Vor- keim, die dem Mittelschnitte parallel geführt werden, er- scheint demnach die Centralzelle als eine bauchartige Aussackung, die sich im Gewebe des Proembryo vom Rücken und hinten nach vorn und unten erstreckt (Fig. 9, 11 Taf. XXVD. Die Spitze der Centralzelle (Taf. XXIX Fig. 1—9, Taf. XXX) sieht also nach der Vorderfläche; ihre Basis, an welcher die gebräunten Schlußzellen liegen, nach dem Rücken des Proembryo. Die Centralzelle wird — wie gleichfalls bereits erwähnt — nach der Befruchtung von der ersten Zelle des Embryo ganz aus- gefüllt. Die erste Theilung in dieser erfolgt nun immer durch eine Wand, welche das hintere Stück der Centralzelle, an welchem die Archegonium-Mündung befestigt ist, von ihrem vorderen, meist größeren Stücke scheidet (a in Fig. 1 Taf. XXIX). Diese Wand schneidet nämlich oben, gewöhnlich unmittelbar an der Mündung des Archegoniums oder nur in geringer Ent- fernung von derselben ab. Sie ist senkrecht zum Mittelschnitte und fast senkrecht gegen die Basis des Proembryo. Von den beiden Zellen des nun zweizelligsen Embryo theilt sich die größere, den ganzen Vordertheil des Archegoniums aus- füllende (v in Fig. 1 Taf. XXIX) durch eine Wand, welche zur ersten etwa senkrecht und zugleich der Basis des Proembryo etwa parallel ist (2 in Fig. 2 Taf. XXIX). Theilt man den Winkel, welchen diese beiden ersten Theilungs- wände des Embryo mit einander machen — wobei er gerade in der Mitte durchschnitten gedacht wird — durch eine Linie, so ist diese Linie (cd Fig. 2 Taf. XXIX) die Wachsthumsaxe der der Salrimia natans. 345 entstehenden jungen Pflanze, gegen welche, wie wir im ersten Theile dieses Aufsatzes gesehen haben, die Theilungswände der Scheitelzelle eine bestimmte Lage bewahren. — Die untere der beiden vorderen Zellen des Embryo (v Fig. 2 Taf. XXIX) erkennt man nun als seine Scheitelzelle, die beiden durch die ersten Theilungen abgeschnittenen Stücke des Embryo (I und II in Fig. 2 Taf. XXIX) als das erste und zweite Stengel- segment. In der Scheitelzelle des jungen Embryo setzt sich nun die Theilung nach dem früher für die Scheitelzelle von Salvinia be- schriebenen Gesetze abwechselnd nach zwei Richtungen des Raumes fort, wodurch die folgenden Segmente (ZZI und IV Fig. 3 Taf. XXIX) gebildet werden. Wenn dies so ist, d. h. also, wenn die vordere und untere der drei Zellen (w Fig. 2 Taf. XXIX) wirklich die Scheitelzelle der entstehenden Pflanze wird, so ist klar, daß wir die befruchtete, erste Embryozelle schon als die erste Scheitelzelle der Pflanze zu betrachten haben, deren Axenrichtung natürlich erst aus der Lage der beiden ersten Theilungswände er- kannt werden kann. Indem nun der Embryo sehr stark an Umfang gewinnt (Fig. 4, 6, 7, 9 Taf. XXIX), durchbricht er, wie bekannt, den Vorkeim (Taf. XXX Fig. 2) und tritt als eine gestielte, auf dem Wasser schwimmende Scheibe (Taf. XXVIII Fig. 7, 5, 6) zu Tage. — Diese läßt drei verschiedene Stücke unterscheiden. Einen im Proembryo festsitzenden und von der Spore aus in die Höhe strebenden cylindrischen Stiel (Taf. XXVIII Fig. 5a, 6a Ta) — Stielchen nach Bischoff. — Dann eine vorn tief ausgeschnittene und daher zweilappige Scheibe (db) — Schildchen nach Bischoff — in welche das Stielchen auf der Unterseite und zwar unmittelbar vor der tiefsten Stelle der Ausbuchtung mündet. Drittens eine noch sehr junge Knospe (c), welche in dem Winkel liegt, welchen Stielchen und Schildehen vorn mit einander bilden, und die, wenn man den jungen Embryo von oben ansieht (Taf. XXVIII Fig. 5), Anfangs noch von dem Schildehen ver- deckt wird. Diese Knospe entwickelt sich später zu dem horizontal auf dem Wasser niederliegenden Hauptstengel (Taf. XXVIII Fig. 5, 344 Zur Morphologie 6, 8, 9), und das Schildchen (5) ist daher mit seinem Ausschnitte, den ich deshalb auch den Vorderrand nenne, der Wachsthums- richtung des Hauptstengels zugekehrt. Die constante Lage des Embryo im Proembryo ist nun dahin bestimmbar, daß sein Schildchen und die darunter verborgene Terminalspitze nach der Vorderseite, das Stielchen nach der Hinterseite des Proembryo hinsieht (Taf. XXX Fig. 2 Taf. XXVII Fig 7). Es ist daher seine Wachsthumsrichtung parallel dem Mittelschnitte, und die Bezeich- nung von vorn und hinten fällt bei ihm mit vorn und hinten am Proembryo, wie ich dieselbe gewählt habe, zusammen !). Schon im Proembryo lassen sich daher die Theile des Embryo und die künftige Wachsthumsrichtung der jungen Pflanze nach ihrer Lage zu den Mündungs- oder Schlußzellen des Archegoniums bestimmen. Denn diese liegen, wie aus dem Vorhergehenden folgt, ohne Ausnahme an der Hinterfläche des Embryo (Taf. XXX Fig. 2; Taf. XXVIII Fig. 7, 6), d. h. an der der Wachsthumsrichtung der jungen Pflanze abgekehrten Seite des Stielchens. Betrachten wir nun eine größere Reihe von Proembryo-Durch- schnitten (Taf. XXIX; Taf. XXX; Taf. XXVIH Fig. 7), welche verschieden weit entwickelte Embryonen zeigen und die sämmtlich so geführt sind, daß sie Mittelschnitte oder doch diesem parallele Schnitte durch den Proembryo darstellen, so sieht man, unter Be- rücksichtigung der angegebenen Lagerung der Theile gegen ein- ander, sofort, daß das Stielchen aus dem ersten Stengelsegment (I in Taf. XXIX Fig. 1 und 2), das Schildchen aus dem zweiten Stengelsegment (II in Taf. XXIX Fig. 2) und die Knospe aus der Scheitelzelle (v in Taf. XXIX Fig. 2) hervorgeht. Wir sehen ferner, daß der Embryo vorwiegend durch das Wachsthum seines Stielchens und Schildchens — d. h. also durch die bedeutende Zellvermehrung in seinen beiden ersten Segmenten (Taf. XXIX Fig. 1—7) den Proembryo sprengt, und daß dies in einem Risse geschieht, welcher (Taf. XXX Fig. 2) den Rücken und die Vorderfläche des Proembryo von einander trennt, die 1) Schon Mettenius (Rhizocarpeen S. 38) hat diese constante Richtung des Embryo im Proembryo richtig erkannt; ich bemerke jedoch, um Mißver- ständnisse zu beseitigen, daß er diejenige Seite des Proembryo, die ich, der Uebereinstimmung mit der Wachsthumsrichtung des Embryo zu Liebe, die Vor- derseite genannt habe, sich nach hinten gerichtet denkt. der Salvimia natans. 345 dann beide als zwei vertrocknende Lappen erscheinen (Taf. XX VIII Fig. 5, 6, 8, 9), zwischen welchen das Stielchen hervortritt. Von diesen Lappen hat, wie aus dem Früheren folgt, der mit den Mündungszellen des Archegoniums versehene den Rücken, der andere die Vorderfläche des Proembryo gebildet. Gegenüber dieser raschen Zellvermehrung in den ersten Stengelsegmenten des Embryo bleibt die Entwicklung seiner Scheitel- zelle (v in Taf. XXIX Fig. 1—7) zum Vegetationskegel und somit zur Terminalknospe der jungen Pflanze bedeutend zurück; erst, nachdem diese aus dem Proembryo sich befreit hat, beginnt der Vegetationskegel sich in immer steigendem Grade rascher zu der ihm normalen Höhe (Taf. XXV Fig. 1—4) zu entwickeln, die er dann schon nach Anlegung des vierten oder fünften Internodiums erreicht und behält. Verfolgen wir zunächst die junge Pflanze noch weiter in ihrer Entwicklung bis zur Anlegung der ersten normalen Blattquirle, so sehen wir schon äußerlich an ihren unteren Theilen nicht un wesent- liche Abweichungen von dem Verhalten auftreten, welches wir im ersten Abschnitte dieser Abhandlung beschrieben haben. Dies gilt nicht etwa bloß von dem Schildehen, dessen Gestalt so auffallend von den Blattgestalten der Salvinia abweicht, sondern auch von den höher an der Pflanze auftretenden Seitenorganen. — Während diese nämlich, wie wir jetzt wissen, dreigliedrige Quirle bilden, sehen wir, daß gewöhnlich die beiden auf das Schildehen folgenden Knoten keimender Pflänzchen (I und .II in Fig. 8 und 9 Taf. XXVIII) nur je ein Blatt und zwar nur ein Luftblatt erzeugen !), und daß erst der dritte Knoten hinter dem Schildchen einen dreigliedrigen Quirl, aus zwei Luftblättern und einem Wasserblatte bestehend, hervorbringt. Allein auch dieser Quirl ist noch nicht regelmäßig. Sein Wasserblatt (W in Fig. 9 Taf. XXVIII) besteht nämlich nur aus einem einzigen Zipfel. Von nun an entwickeln die folgenden Knoten zwar regelmäßig drei Seitenorgane — zwei Luftblätter und ein Wasserblatt —, aber dieses letztere erreicht nur allmälig seine normale Ausbildung, in- 1) Diese Thatsache allein widerlegt schon die Ansicht von Mettenius, daß jeder Zweig der Pflanze ein Internodium lang wird und seine Spitze in den Fruchtstand umbildet. 346 Zur Morphologie dem es in den auf einander folgenden Quirlen immer mehrzipf- liger wird, bis es endlich an den höheren Blattknoten die Normal- zahl der Zipfel erreicht. — Hierbei wird jedoch nicht immer genau dieselbe Aufeinander- folge eingehalten, sondern es machen sich Schwankungen in der Entwicklungsfolge bemerkbar, die mehrere Gänge unterscheiden lassen. — Wenn wir die Knoten der Reihe nach, wie sie von unten nach oben an der Pflanze folgen, nummeriren und mit dem Schildchen beginnen, so lassen sich, wenn man nur die Anzahl und Beschaften- heit der Blätter, die jedesmal am Knoten auftreten, berücksichtigt, folgende Fälle genauer feststellen: Erstens der häufigste (A): I. Schildchen, II. ein Luftblatt, III. ein Luftblatt, i liedriver On — J[einzipfliges Wasserblatt IV. dreigliedriger Quirl | und 2 Luftblätter, en JE fz weizipfliges Wasserblatt V. dreigliedriger Quirl \ lanätaten BEE : drei zipfliges Wasserblatt ’I. dr jo 3 j VI. dreigliedriger Quirl \ und? Luffklätter. Und so weiter von nun an immer regelmäßig drei- sliedrige Quirle aus zwei Luftblättern und einem Wasser- blatte, welches, bis es die Normalzahl der Zipfel er- reicht, an jedem folgenden Knoten immer einen Zipfel mehr erhält. — Die Pflänzchen S und 9 Taf. XXVIII stellen diesen Entwicklungsgang bis IV dar. Zweitens der minder häufige (B): I. Schildchen, II. ein Luftblatt, III. zweigliedriger Quirl aus zwei Luftblättern be- stehend, ı er :ı _ feinzipfliges Wasserblatt IV. dreigliedriger Quirl | und 2 Luftblätter. V. IV und folgende wie unter A. Drittens der gleichfalls seltenere (C): I. Schildchen, der Sahrnnia natans. 341 II. ein Luftblatt, III. ein Luftblatt, IV. zweigliedriger Quirl, aus zwei Luftblättern be- stehend, feinzipfliges Wasserblatt \ und 2 Luftblätter. Von nun an weiter wie unter A und B dreigliedrige Quirle mit zunehmender Vervollkommnung des Wasser- blattes. V. dreigliedriger Quirl = In den drei unter A, B, C dargestellten Gängen lassen sich noch zwei untergeordnete Fälle in Bezug auf die Wendung der Blattstellung unterscheiden, je nachdem die Pflanze nämlich mit einem rechts- oder mit einem linksläufigen Quirle beginnt. Sie unterscheiden sich sofort dadurch, daß in dem einen Falle das erste einzeln stehende Luftblatt (II unter A, B, C) links (Taf. XXVIII Fig. 9), in dem andern Falle dagegen (Taf. XXVIII Fig 8) rechts steht. Da aus dem Vorhergehenden bereits bekannt ist, daß die Quirle der auf einander folgenden Knoten nicht nur mit ihren Gliedern alterniren, sondern auch entgegengesetzte Wendung haben, so ist hierdurch die Stellung und Wendung aller folgenden Quirle bestimmt. Nach meinen bisherigen Beobachtungen treten beide Fälle gleich häufig auf, d. h. es kommen, wie es scheint, gleich viel Keimpflänzchen mit erstem rechtsläufigen, als solche mit erstem linksläufigen Quirle vor. Die wachsende Vervollkommnung des Wasserblattes schreitet jedoch in den auf einander folgenden Quirlen nicht immer so regel- mäßig fort, als es die unter A und B Seite 346 u. 347 aufgeführten Schemata aufweisen. "Häufig folgt auf den Quirl mit dem einzipfligen Wasserblatte — IV. unter A und B — noch ein oder selbst. mehrere Quirle mit Wasserblättern, die wieder nur einzipflig sind, und dann folgen erst die Quirle mit den zwei- und mehrzipfligen Wasserblättern. Ebenso können auch in den folgenden Quirlen einzelne vom Wasserblatte erreichte Stufen der Ausbildung sich in mehreren auf einander folgenden Quirlen wiederholen. bevor die nächst höhere Stufe auftritt. 348 Zur Morphologie Hierdurch wird die endliche Erreichung der Normalbildung nur länger aufgehalten !). Bezüglich der Fruchtbarkeit des Wasserblattes endlich muß hier gleichfalls bemerkt werden, daß, soweit meine Beobachtungen der Keimlinge reichen, an dem ersten Knoten der jungen Pflanze niemals Früchte auftreten. Dagegen, und dies verdient wegen der Beziehungen des Wasser- blattes zu den Seitenknospen eine besondere Hervorhebung, tritt schon vom ersten dreigliedrigen Quirle (IV. in dem Schema A u. B. S. 346) an, an der inneren, dem äußeren Luftblatte zuge- kehrten Seite des Wasserblattes jedesmal eine Seitenknospe (Taf. XXV Fig. 5, man vgl. die Erklärung d. Fig.) auf, die sich nie- mals an den vorhergehenden Knoten, die nur Luft- blätter tragen, vorfindet — (man vgl. S. 326 u. 327). Nachdem wir so über die Theile des Embryo und seine Lage im Proembryo, sowie über die erste Theilungsfolge in der befruch- teten Embryozelle orientirt sind und auch eine genauere Bekannt- schaft mit den Keimpflänzchen erlangt haben, wollen wir nochmals zur Zellenfolge im Embryo zurückkehren, um die Theilungs- vorgänge in seinen ersten Segmenten genauer zu ver- folgen. In seinem dreizelligen Zustande (Taf. XXIX Fig. 2) haben wir bereits an dem Embryo den — noch auf die Scheitelzelle redueirten — Vegetationskegel (v); die beiden ersten noch einzelligen Seg- mente (I und II) des Hauptstengels und die durch die Lage der Theilungswände bestimmte Wachsthumsrichtung (ed) unterschieden. Aus dem ersten Segment, das wissen wir bereits, geht das Stielchen hervor, und die Figuren der Taf. XXIX u. XXX, welche verschiedene Entwicklungszustände des Embryo darstellen, zeigen ungefähr den Gang, welchen dieses hintere, unter der Archegonium- Mündung befindliche Stück des Embryo bei seiner Entwicklung einhält. Daß die Entwicklung und Zellenfolge dieses ersten Segmentes 1) Es wäre wohl interessant zu wissen, in wie weit bei der Keimung anderer, namentlich phanerogamer Wasserpflanzen mit vieltheiligen und fiedertheiligen Blättern ähnliche Entwicklungsstufen in den auf einander folgenden Knoten durchlaufen werden. Daß dies bei der Entwicklung sich ablösender Knospen der Fall ist, habe ich schon zu beobachten Gelegenheit gehabt. der Salvinia nalans. 349 nicht mit der der höher am Stengel gebildeten Segmente überein- stimmt (man vergl. S. 310— 314), sieht man sofort. Zunächst theilt es sich durch eine mehr oder weniger geneigte und im Bogen verlaufende Wand (g in Taf. XXIX Fig. 2) in eine obere, der Mündung des Archegoniums zugekehrte (a) und in eine untere, der Mündung abgekehrte Zelle (b). Diese Theilung des ersten Segmentes erfolgt meist schon gleich- zeitig mit der Bildung des zweiten Segmentes (II in Taf. XXIX Fig. 2) durch die Entstehung der zweiten Theilungswand (2) in der Scheitelzelle (v) des Embryo. Daher trifft man auch junge Embryonen so häufig in jenem vierzelligen Zustande (Taf. XXIX Fig. 2) mit über’s Kreuz ge- stellten Zellen, auf welchen, wie mir däucht, Hofmeister zu viel Werth gelegt hat, und dessen Erklärung sich einfach aus dem bereits hervorgehobenen Umstande ergiebt, daß in der ersten Entwicklungs- periode des Embryo die Fortbildung des Vegetationskegels lang- samer vorschreitet, als die Entwicklung der ersten angelegten Seg- mente des Embryo. Die beiden Hälften des ersten Segmentes (a u. bin Taf. XXIX Fig. 2) verhalten sich von nun an wesentlich gleichartig; nur in- sofern scheinen sie verschieden, als die späteren Theilungsvorgänge in der oberen Hälfte früher eintreten, als in der unteren (Taf. XXIX Eie. 3, 4,8; Taf. XXX Pie. ]). : Auf Theilungen durch Wände, welche der ersten Wand (g in Taf. XXIX Fig. 2) gleichgerichtet sind (Taf. XXX Fig. 1; Taf. XXIX Fig. 8), folgen dann gegen diese senkrecht geneigte, aber den Mittelschnitten parallele Wände — die in den Figuren der Taf. XXIX und XXX nicht sichtbar sind —. So wird das entstehende Stiel- chen von einer größeren Zahl in der Richtung von vorn nach hinten am Proembryo gestreckter, schon ursprünglich etwas ge- krümmter, d.h. nach unten bogenartig geneigter, länglicher Zellen (Taf. XXX Fig. 1; Taf. XXIX Fig. 8) zusammengesetzt. In dem Maaße, als diese Zellen wachsen, werden sie durch Wände, welche gegen .beide frühere Theilungsrichtungen senkrecht stehen (vr, r.... in Taf. XXIX Fig. 3, 4) in kleinere Zellen abge- theilt, deren ursprüngliche Anordnung in bogenförmig gekrümmte Reihen man noch spät auf Durchsehnitten (Taf. XXIX Fig. 6, 7; Taf. XXX Fig. 2) und in sehr vorgeschrittenen Zuständen des 350 Zur Morphologie Embryo noch am Rindengewebe des Stielchens erkennen kann (Taf. XXIX Fig. 9). Während die Zellvermehrung dieser Reihen, wie es scheint, ausschließlich in der vordersten Zelle (Taf. XXIX Fig. 4) statt- findet, verwachsen die hintersten Zellen der Reihen mit den be- nachbarten Zellen des Proembryo, und so entfernt sich, da der Proembryo um diese Zeit zu wachsen aufgehört hat, die Vorder- wand des Stielchens, welche doch der Wand a in Fig. 1 Taf. XXIX entspricht, immer mehr von der Mündung des Archegoniums (Taf. XXIX Fig. 4, 6, 7; Taf. XXX Fig. 2). Das Stielchen geht demnach ohne sich differenzirende, durch besondere Scheitelzellen angedeutete, verschiedene Wachsthums- richtungen aus einer gleiehmäßigen Umbildung des ganzen ersten Segmentes hervor. Aber dieses hält hierbei, man vergl. S. 310 ff), auch jenen Entwicklungsgang, welchen die zu Internodien werdenden Segmente befolgen, nicht genau ein. Die Entwicklungsgeschichte schiene daher die Frage, ob das Stielchen als das unterste Internodium, oder als das erste Blatt zu betrachten ist, unentschieden zu lassen, da dieses weder genau wie ein Blatt, noch genau wie ein Internodium entsteht. — Die unleugbare Analogie mit dem Theile, welchen man bei dem Embryo der Farrnkräuter den Fuß genannt hat, das Anwachsen seiner Spitze an den Proembryo und die seitliche Richtung, welche das Stielchen in seinem Wachsthume gegen die Wachsthumsaxe des Embryo befolgt, haben mich an anderer Stelle!) veranlaßt, dasselbe für das erste Blatt der Salvinia zu erklären, obgleich ich nicht verkenne, daß es, wenn die Entwicklungsgeschichte allein ent- scheiden soll, richtiger ist, Blatt und Axe in demselben noch als ungetrennt zu bezeichnen. — Dies wird noch deutlicher, wenn man den Entwicklungsgang des zweiten Segmentes der jungen Pflanze (II in Taf. XXIX Fig. 2) zum Schildchen genauer verfolgt. Nachdem dieses sich längere Zeit wie die Scheitelzelle des Stengels und der Blätter abwechselnd nach nur zwei Richtungen des Raumes getheilt hat (Taf. XXIX Fig. 3, 4, 8; Taf. XXX Fig. 1), tritt in den so angelegten Zellen eine Theilung nach allen Rich- 1) Monatsberichte der Königl. Akademie der Wissensch. zu Berlin. 1863. Sitzung vom 16. April. der Salwinia nalans. 351 tungen des Raumes ein, und hierdurch entsteht oberhalb des in- zwischen weiter gebildeten Vegetationskegels des Embryo (v) ein sich wulstartig erhebender Körper (Taf. XXIX Fig. 4—9; Taf. XXX Fig. 1, 2), der noch immer deutlich die ursprüngliche Scheitelzelle (s) an der Spitze trägt und durch ihre Theilungen in die Länge wächst. Durch die gleichzeitige starke Entwicklung seiner Basis und seiner Vorderfläche krümmt er sich (Taf. XXIX Fig. 6, 7) und drängt den langsam wachsenden Vegetationskegel in den immer enger werdenden Winkel zwischen sich und das unterdeß heran- gewachsene Stielchen hinein. Zugleich treten auf beiden Seiten seiner Vorderfläche aus seiner Basis zwei Zellen (2 in Taf. XXIX Fig. 5, von denen man in dieser Lage der Figur natürlich nur die eine sehen kann) hervor, welche sich als neue Scheitelzellen zweier hier vorspringender Seitenlappen verhalten. So erhält das Schildchen, aus dem zweiten Segmente der Hauptaxe des Embryo hervorgehend, seine spätere Form. Seine beiden vorderen Lappen oder Flügel (z, z in Taf. XXVIII Fie. 5) verdanken ihre Entstehung den beiden aus dem Gewebe hervor- tretenden Scheitelzellen (z in Taf. XXIX Fig. 5), welche eine neue Wachsthumsrichtung des Gebildes einleiten, während der hintere Theil desselben (s in Taf. XXVIII Fig. 5) von der die ursprüng- liche Wachsthumsrichtung einhaltenden Scheitelzelle (s in Taf. XXIX Fig. 4—7) angelegt wird !). Auch das zweite Segment des Hauptstengels befolgt daher in seiner Ausbildung noch einen eigenthümlichen, vom normalen Ver- laufe abweichenden Entwicklungsgang. Auch hier läßt sich der dem Knoten als solchem angehörige Theil noch nicht mit solcher Schärfe von denjenigen Theilen, die zu den Seitenorganen werden, sondern, wie dies bei den höher stehenden Knoten und ihren Wirteln, wie wir früher sahen, möglich ist. Doch ist hier schon eine größere Trennung durch die besonderen Wachsthumsrichtungen angedeutet, aus welchen die Seitenlappen hervorgehen. Eine scharfe Sonderung zwischen Knoten und Blatt in der 1) Die Entwicklung des Schildchens zeigt daher, daß seine beiden vorderen Lappen zu beiden Seiten des bereits vorhandenen Mittelkörpers aus diesem her- vorwachsen, und nicht aus der Spaltung seiner ursprünglich zusammenhängenden Vorderhälfte in zwei Lappen hervorgegangen sind. Hiernach ist die Angabe von Mettenius (Rhizocarpeen. S. 37 u. 38) zu berichtigen. 352 Zur Morphologie Weise, daß das Blatt, wie früher dargestellt, sich aus einer be- stimmten Zelle des Segmentes als ein besonderes selbstständiges Seitenorgan erhebt, tritt erst bei den nun folgenden Knoten der Hauptaxe (II. u. III. des Schema A u. B Seite 346) ein, welche ‘aber, wie erwähnt, noch die Unregelmäßigkeit besitzen, daß aus ihnen nur isolirte Luftblätter *), nicht vollständige Quirle hervor- treten (I u. II in Taf. XXVIII Fig. 8 u. 9), bis endlich mit dem ersten, einen vollständigen Quirl tragenden Knoten die normale Zellenfolge und Entwicklung der Segmente sich herausstellt und die noch vorhandenen Abweichungen nur noch die mangelhafte Ausbildung der normal angelegten Wasserblätter betreffen. — Schließlich muß ich hier noch aufeine Drehung aufmerksam machen, welche der Vegetationskegel des Embryo schon in seiner frühesten Entwicklungsperiode ausführt und wodurch die auf Mittelschnitten durch den Proembryo ursprünglich seitliche Lage seiner Rückenfläche (Taf. XXX Fig. 1) eine der natürlichen Lage der Pflanze im Wasser entsprechende Richtung nach oben (Taf. XXX Fig. 2) erhält. Neben ihr tritt noch eine Krümmung des Stielchens nach unten ein (Taf. XXVIII Fig. 8, 9). Beide Er- scheinungen wirken in demselben Sinne auf die Lage der Theile der jungen Pflanze. Jene Drehung der Vegetationsspitzee — dies ist bei der Nachuntersuchung nicht zu übersehen — erschwert Anfangs die Deutung der Durchschnitte außerordentlich, da sie bewirkt, daß in gleicher Richtung durch den Embryo geführte Schnitte nicht dasselbe Bild des Vegetationskegels geben. — Fassen wir nun den geschilderten Entwicklungsgang der Embryonalanlage zur Pflanze kurz zusammen, so ergiebt sich, daß die erste Embryozelle selbst zur Scheitelzelle der Hauptaxe wird, daß sie aber nur langsam zu dem hohen Vegetationskegel heran- wächst, den man an der Spitze entwickelter Sprosse findet, indem Anfangs, entgegen dem späteren Verhalten, die aus ihr gebildeten Segmente sich rascher entwickeln, als in ihr selbst neue Theilungen 1) Die Anlagen zu diesen ersten Luftblättern der Pflanze hat Hofmeister, wie ich bereits Seite 304 bemerkte, an frei herauspräparirten Embryonen (Vgl. Unters. S. 110. Taf. XXII, Fig. 11b, und Abhandl. der S. Gesellsch. 1857. Taf. XIII. Fig. 28 u. S. 169: „Während diese.... sich nähern, gabelt sich zweimal die noch blattlose Spitze des beblätterten Sprosses“ etc. ...) für die Anlagen von Wurzelfasern gehalten und wohl in Folge hiervon sich der Mettenius’schen Deutung derselben angeschlossen. der Salvinia natans. 353 stattfinden, also neue Segmente von ihr angelegt werden. Neben diesem langsamen Wachsthum des Vegetationskegels, welcher die beginnende Pflanze auszeichnet, macht sich aber noch eine eigen- thümliche Ausbildung der ersten Segmente geltend, die einen be- stimmenden Einfluß auf die äußere Erscheinung der untersten Theile des Hauptsprosses ausübt. Erst allmälig und zwar in steigender Schärfe an den der Höhe nach folgenden Knoten bildet sich nämlich bei der Entwicklung der Stengelsegmente jene scharfe Sonderung zwischen dem dem Knoten selbst und dem den Seitenorganen angehörigen Gewebe aus, welche bei den höher am Sprosse auftretenden Gliedern die Selbständigkeit des Blattes zur Erscheinung bringt. Am Schlusse dieser Abhandlung wird es gut sein, die erlangten Resultate übersichtlich. zusammenzustellen. Es ergab sich: I. Für das Wachsthum und den Bau der Sprosse von Salvinia: 1) Die Sprosse von Salvinia endigen mit einem ununterbrochen sich fortentwickelnden Vegetationskegel, der an seiner Spitze eine deutliche Scheitelzelle trägt. 2) Durch gegen ihre Axe spitzwinklige Theilung der Scheitelzelle abwechselnd nach nur zwei Richtungen des Raumes wächst der Vegetationskegel in die Länge. 3) Der Stengel von Salwinia wird in Folge dieser Theilungen der Scheitelzelle von zwei neben einander stehenden und sich zum Cylinder zusammenschließenden Reihen von nach einander gebildeten Stengelsegmenten aufgebaut, die um ihre halbe Höhe über einander hervorragen. 4) Jede gegen die Axe senkrechte Querscheibe des Stengels besteht daher aus zwei Hälften von un- gleichem Alter. 5) Jeder Knoten der Salvinia wird von einer Scheibe des Vegetationskegels gebildet, welche ihrer Höhe nach einem halben; jedes Internodium von einer Scheibe, welche der Höhe nach einem ganzen Segmente entspricht. II. Für die Seitenorgane von Salvinia: 1) Die Blätter erheben sich aus der Lage und der Theilungs- folge nach fest bestimmten Zellen der Knotenscheibe und treten auch genau in derselben Reihenfolge, in welcher ihre Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen. Bd, II. 33 os OT H II. Zur Morphologie Urzellen entstanden, aus dem Gewebe des Knotens seitlich hervor. 2) Die Blätter stehen in drei-zähligen Quirlen. 3) Die ursprüngliche Divergenz der Blätter ist jedoch 4 des Kreisumfanges. 4) Jeder Quirl besteht aus zwei ungetheilten Luftblättern und einem vieltheiligen Wasserblatte. 5) In jedem Quirl ist das Wasserblatt das älteste, das ihm entferntere Luftblatt das zweite und das ihm nähere das der Entstehung nach dritte Glied. 6) Die auf einander folgenden Quirle alterniren und haben ent- gegengesetzte Wendung. 7) An den fructificirenden Wasserblättern gehen die jüngsten Zipfel in Früchte über. Für den Bau der Stengel überhaupt und das relative Alter der Quirlglieder: 1) Die Theilungsrichtungen der Scheitelzelle bedingen zwei wesentlich verschiedene Arten des Stengelbaues, indem dieser entweder — wie es scheint der häufigste Fall — von unter spitzem Winkel gegen die Axe gerichteten Stengelsegmenten aufgebaut wird, die nur einen Theil des Stengeldurchschnittes repräsentiren; oder — der, wie es scheint, seltnere Fall — von senkrecht über einander gelagerten ganzen Stengelscheiben. 2) In Folge hiervon zeigt jede zur Axe senkrechte Stengel- scheibe in dem einen Falle Altersungleichheiten ihrer verschiedenen Seiten, die für die Blattstellung von Wichtigkeit werden; in dem anderen Falle sind solche Un- gleichheiten eines Stengelquerschnittes nicht vorhanden. 3) Die Theilungsrichtungen der Scheitelzelle sind nur mittelbar, insofern sie Altersungleichheiten der verschiedenen Seiten eines Stengelquerschnittes bewirken, von Einfluß auf das Alter der Quirlglieder. Die Anzahl, die Stellung und das relative Alter der ein- zelnen Quirlglieder wird im Uebrigen nicht durch die Theilungsrichtung in der Scheitelzelle, sondern durch die von dieser unabhängige Theilungsfolge in den Seg- menten oder Scheiben, die den Stengel aufbauen, bestimmt. r N der Salvinia nalams. 355 IV. Für die Bildung und den Bau der Sexualorgane von Salvinia : 1) Die Samenfadenzellen werden in der als besonderes zwei- IS —— 3) 4) 6) zelliges Antheridium abgegliederten Spitze der Microsporen- schläuche zu je vieren in einer Mutterzelle gebildet und durch ein gesetzmäßiges Aufklappen der Antheridienzellen entleert. Die Archegonien von Salvınia haben einen niedrigen, kappen- förmigen Halstheil, der vor der Befruchtung abgeworfen wird. Der durch Theilung der Schlußzellen entstandene Halstheil wird durch ein besonderes Wachsthum der Centralzelle, die sich mit ihrer Spitze zwischen die Schlußzellen hindurch- drängt, in die Höhe gehoben. Der Archegonium-Canal entsteht daher nicht durch ein Aus- einanderweichen der Schlußzellen, sondern durch jenen Wachsthumsvorgang der Centralzelle, welcher durch die Bildung einer besonderen Zelle — der Canalzelle — eingeleitet wird. Der Inhalt der Spitze der Centralzelle — welche von der Canalzelle ausgefüllt ist — hat ein streifig körniges Aussehen und erinnert an die Beschaffenheit der Spitze der Keimbläschen von Watsonia, Gladiolus ete..., er wird nach dem Abwerfen des Halstheils unter Oeffnung der Spitze der Canalzelle entleert. Der ganze Inhalt der Gentralzelle, soweit er nicht in die Bildung der Canalzelle eingegangen ist, wird nach erfolgter Befruchtung zur ersten Zelle des Embryo. V. Für die Entwicklung der Embryonalanlage zur Pflanze: 1) 2) Die erste Zelle des Embryo wird selbst zur bleibenden Scheitelzelle des Hauptsprosses. Die gebildeten Segmente lassen nur allmälig die Sonderung zwischen dem dem Axentheile des Knotens und dem den Seitenorganen angehörigen Gewebe in die Erscheinung . treten. 396 Zur Morphologie Erklärung der Abbildungen. (Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Salvinia natans. Die in Klammern beigefügte Zahl giebt die Vergrößerung an). Tafel XXV. Sämmtliche Figuren dieser Tafel sind 580mal vergrößert und stellen Vegetationskegel der Sprosse, von verschiedenen Seiten gesehen, dar. Die Lage der sichtbaren Zellenwandungen ist in allen genau mit der Camera aufgenommen; der Zelleninhalt ist in einigen weggelassen. — In allen Figuren bedeutet W Wasserblatt; L, älteres; L, jüngeres Luftblatt des Quirls. Fig. 1. Frontansicht eines Vegetationskegels von einer ganz jungen Pflanze — etwa gleich Fig. 5 Taf. XXVIIL — Die Figur kehrt dem Beschauer den Rücken zu. Der untere Quirl der Figur war zugleich der erste dreizählige Quirl der Pflanze überhaupt (IV unter A S. 346), daher das Wasserblatt (W) desselben nur ein- zipflig. Der jüngste Quirl unter der Spitze beginnt eben, mit der Er- hebung seines Wasserblattes (W)) sich zu bilden. Da dieses aus der Bauchseite entspringt, so ist es in der Figur, die den Rücken dem Beschauer zukehrt, nicht vollständig sichtbar. Fig. 2. Seitenansicht des Veget.-Keg.; R seine Rücken-, B seine Bauchfläche. Die Veget.-Keg. zeigen stets diese Krümmung der Spitze nach oben, wodurch der Rücken concav, der Bauch convex wird. Fig. 3. Frontansicht des Veget.-Keg. einer alten Pflanze. Dem Beobachter ist die Bauchfläche zugekehrt. Fig. 4. Seitenansicht des Veget.-Keg. einer noch ganz jungen Pflanze; dem untersten Quirle der Figur waren an der Pflanze schon andere dreizählige Quirle vorhergegangen, daher wird das Wasser- blatt (W) schon mehrzipflig (z, 2). Fig. 5. Seitenansicht eines Veget.-Keg. einer eben ihre Entwick- lung beginnenden Seitenknospe des Hauptstengels einer jungen Pflanze. Die ganze Knospe ist in der Figur dargestellt. Sie bestand zur Zeit erst aus einem Vegetationskegel und dem ersten dreigliedrigen Quirle, woraus also hervorgeht, daß die Seitenzweige gleich mit dreizähligen Quirlen beginnen. Die Knospe war dem Wasserblatte des ersten dreigliedrigen Quirles einer jungen Pflanze entsprossen (s. S. 346). Fig. 6. Ansicht eines Veget.-Keg.-Durchschnittes, wie er sich bei . Betrachtung des Veget.-Keg. von oben darstellt. Tafel XXVL Fig. 1—6 sind schematisch (Erkl. S. 303—321). In den Figuren 1, 4 und 5 sind einige der zur Be- zeichnung dienenden Buchstaben, auf welche im [2)} der Salvinia nalans. 357 Text (S. 309, 310, 312, 314, 316, 319 und 320) Bezug ge- nommenist, aus Versehen weggelassen worden. In der Fig. 1 sollten die Endpunkte dervonn, Li nach rechts an den Umriß der Figur verlaufenden Linien der Reihe nach mit s, u, t bezeichnet sein. Ebenso sollte in denFiguren 4 undd der von oben nachunten verlaufende Kreis-Durchmessermitxz—x, der von rechts nach links verlaufende mit m-n be- zeichnet sein. Fig. 7 (580). Frontansicht eines Veget.-Keg. einer ganz jungen Pflanze. Der untere Quirl der Figur zugleich der erste dreizählige der Pflanze überhaupt; daher sein Wasserblatt (W) nur einzipflig, während das Wasserblatt (W') des folgenden Quirles z w eizipflig wird, indem das eine Segment (x) soeben als Scheitelzelle eines zweiten Zipfels hervortritt. — Die Figur kehrt dem Beschauer die Bauch- fläche zu. Fig. 8—11 schematisch (siehe S. 332ff.).. Fig. 8 Ansicht von oben auf die Spitze einer Macrospore, aus welcher der Proembryo eben hervorbrieht, etwa Entwicklungsstufe Fig. 1 Taf. XXVIII. Fig. 9—11. Durchschnitte durch den Proembryo. Fig. 12 (580). Aufbrechende Microspore. Fig. 13 (580). Innenzelle einer Microspore schon getheilt, wie sie durch Herausdrücken aus dem Microsporangium erhalten wird. Fig. 14—16 (508). Die Microsporangiumhülle durchbrechende Microsporenschläuche; Fig. 14 bereits entleert; vor der einen Antheridium- zelle die ausihr hervorgetretene Spiralfadenzelle (a); Fig. 15 und 16 noch ungeöffnet; die beiden Antheridiumzellen enthalten jede neben dem in die Spiralfadenzellen sich umwandelnden Klumpen ein nicht bei jeder Lage in jeder Zelle sichtbares, aber immer vorhandenes kleineres Bläschen. Tafel XXVLI. Fig. 1—7 (300). Verschiedene Entwicklungszustände des Arche- goniums vor Abwerfen des Halstheils. Jüngster Zustand Fig. 3; die Schlußzellen oberhalb der Central- . zelle sind noch ungetheilt; in der Centralzelle ist die Oanalzelle be- reits gebildet. Hierauf folgt Fig. 4; die Canalzelle (d) beginnt in die Höhe zu wachsen, die Schlußzellen haben ihre Theilung vollendet; Fig. 5 zeigt wieder einen späteren Zustand, die Canalzelle ist zwischen die Schlußzellen hineingewachsen und hat den mittleren Theil der- selben in die Höhe gehoben. — Fig. 1 und 2 noch spätere Zustände; Fig. 6 ein Durchschnitt durch das Archegonium, etwa auf der Ent- wicklungsstufe, die der Figur 1 entspricht. — Fig. 7 abnormer Fall. Der Hals ist nicht abgeworfen, die Canalzelle durch die Schlußzellen (m), die sich zu früh erweiterten, zusammengedrückt. Es ist nicht zur Entleerung der Canalzelle gekommen, die Befruchtung kann nicht vollführt werden. 358 Zur Morphologie Fig. 5 (420). Ein Archegonium in dem Zustande, nachdem es sich eben geöffnet hat, schief von oben gesehen, der Halstheil ist in vier zweizellige Lappen auseinandergeschlagen. Der zum Archegonium- Canal gewordene Raum, den die bereits vorher geöffnete und entleerte Canalzelle eingenommen hat, ist durch die darauf eintretende Erwei- terung der Schlulzellen wieder bedeutend verengt worden. Die Be- fruchtung ist bereits erfolgt. Die Centralzelle nur im oberen Theil und im Umriß deutlich sichtbar. Fig. 9 (300). Mittelschnitt durch einen Proembryo, der ge- rade durch die Mitte des ältesten, schon vorher geöffneten Arche- goniums gegangen war. c Centralzelle, ihr Inhalt durch den Schnitt zerstört; m, m Schlußzellen, dazwischen der bereits wieder verengte Canal, vor dessen Mündung unter Resten des ausgetretenen Inhalts der Canalzelle einige größere Zellen, die dem abgeworfenen Halstheil angehört hatten. Fig. 10 (250). Vollständiges Micerosporangium mit, die Hülle an mehreren Stellen durchbrechenden, Microsporenschläuchen in ver- schiedenster Lage, die einen schon entleert, die anderen noch gefüllt. Fig. 11—13 (580). Mierosporenschläuche aus der Hülle (A) des Microsporangiums hervorstehend; Fig. 11 noch ungeöffnet; ef die Scheide- wand zwischen Spitze und Basis des Schlauches; «af das durch die Wand ed zweizellige Antheridium, in dessen jeder Zelle der sich in die Samenfadenzellen theilende Klumpen und daneben das kleine Bläschen sichtbar ist; Fig. 12schon aufgebrochen und entleert; Fig. 13 eben aufgebrochen, aus jeder Antheridiumzelle sind die vier Samenfaden- zellen, die vor der Oeffnung liegen, hervorgetreten. Fig. 14 (790). Getödtete Samenfadenzelle. Fig. 15. Microsporangiuminhalt, von der zelligen Hülle befreit und mit verdünnter Chromsäure behandelt. Der ganze Inhalt scheint von einer besonderen, eigenen Membran umgeben. Tafel XX VII. Fig. 1—4 (72). Macrosporen mit dem hervortretenden Proembryo. Fig. 1—3 dieselben von verschiedenen Seiten; 1 vom Rücken, auf welchem die 3 erstgebildeten Archegonien sichtbar sind, gesehen; 2 von der Seite, man sieht zu oberst (a) das älteste, weiter unten an dem sicht- baren rechten Vorderflügel des Proembryo eins der beiden jüngeren Archegonien; 3 von vorn; man sieht beide noch sehr kurze, flügelartige Arme des Proembryo; die Archegonien, die auf dem Rücken liegen sind bei dieser Lage natürlich nicht sichtbar. Fig. 4. eine Macrospore nit Proembryo, in deren Archegonien keine Befruchtung stattgefunden hat; der Proembryo hat sich übermälig entwickelt und eine große Anzahl von Archegonien gebildet, die in etwa parallelen Reihen stehen und auch auf der Vorfläche vorhanden sind. Wird eins der drei ersten der Salvımıa nalans. 359 Archegonien befruchtet, so verhindert die eintretende Ausbildung des Embryo solche übermäfige Entwicklung des Proembryo. Fig. 7 (47). Mittelschnitt durch *“Macrospore., Proembryo und Embryo, nachdem der Embryo bereits den Proembryo durchbrochen hat. Das kurze Stielchen (a) hat sich noch nicht gestreckt und das Schildehen (b) noch nicht in die spätere fast horizontale Lage gebracht; ec Terminalknospe des Embryo, m Mündung des befruchteten Archego- niums; s hinteres Stück des Schildchens — s in Figur 5 und s in den Figuren der Tafel XXIX und XXX. Fig. 5—6 und 8-9 (20). Verschiedene junge, noch mit der Macrospore verbundene Pflänzchen; a Stielcehen; 5 Schildehen; e Ter- minalknospe des Hauptsprosses; J ältestes einzeln stehendes; IT zweites einzeln stehendes Blatt; W Wasserblatt; L, älteres, L, jüngeres Luft- blatt des ersten dreigliedrigen Wirtels. Tafel XXX. Sämmtliche Figuren sind 300-fach vergrößert. Fig. 1—4 und 6, 7. Dem Mittelschnitte parallele Schnitte durch Proembryonen mit in verschiedenem Grade entwickelten Embryonen; die stärker hervortretenden Linien zeigen die auf einander folgenden Theilungswände der Scheitelzelle; die schwächeren Linien die Theilungen in den gebildeten Segmenten; mit /, II, III ete.... sind die nach ein- ander gebildeten Segmente bezeichnet; » die Scheitelzelle des Embryo; s die Zelle, durch deren fortwährende Theilung die eine Wachsthums- richtung des Schildchens, welche deren hinteren Theil hervorbringt, bestimmt wird; m die braunen Schlußzellen des Archegoniums, in welchem der Embryo entstand. In Fig. 2 giebt die punktirte Linie cd, in Fig. 3 mn die Richtung der Wachsthumsaxe des entstehenden Embryo an. In Fig 4 sind im Veget.-Keg. und in der Schildchen- anlage des Embryo die Zellkerne der Zellen verzeichnet, sonst in allen Figuren nur das Zellnetz genau wiedergegeben. Fig. 5—9. Freipräparirte Embryonen mit den Schlufßzellen des Archegoniums (m) v und s wie vorstehend; x Zelle, welche die Wachs- thumsrichtung des einen Seitenlappens bestimmt: dessen Scheitelzelle. J erstes einzeln stehendes Blatt der jungen Pflanze. Fig. 8. Mittelschnitt durch den vollständigen Proembryo, der einen noch jungen Embryo enthält. Bezeichnung und Bedeutung der stärker und schwächer vortretenden Linien wie vorstehend. Tafel XXX. Fig. 1 (300). Mittelschnitt durch den ganzen Proembryo, der auf der glashellen, inneren Schicht (c) der Membran des Sporensackes aufsitzt, die sich weiter unten an die innere Seite der braunen Schicht anlest, auf welcher nach außen das scheinbar kleinzellige, dicke Exo- 560 Zur Morphologie der Salvinia natans. sporium (b) folgt. d Spitze der Vorderseite des Proembryo; m Mündung des befruchteten Archegoniums. Fig. 2 (150). Mittelschnitt durch Macrospore, Proembryo und Embryo zur Zeit des Durchbruchs des Embryo durch den Proembryo. — 5 Sporensack; e braune innere Haut desselben; d, e deren beide Schichten, von denen die äußere, braune (e) sich an das Exosporium (b) anschließt, während auf der glashellen inneren Schicht (d) der Proembryo aufsitzt, der eben von dem Embryo durchbrochen wird. v Vegetations-Keg.; s hinterer Theil des Schildchens; » Archegoniums- mündung; / u. Z/ die beiden ersten einzeln stehenden Blätter der jungen Pflanze — I und I/ in Fig. S und 9 Taf. XXVIIL — a die äußere großzellige Hülle der Macrospore. Fig. 3 (300). Die Zellen des Proembryo, welche die Archegonien- reihe bilden, von oben gesehen, mit dem ältesten Archegonium (a), welches den Halstheil bereits abgeworfen und seine Schlußzellen ge- bräunt hat, und dem jüngeren Archegonium (b), welches noch in der Bildung des Halstheils begriffen ist. In den Schlußzellen ist erst die erste schiefe Theilung —= a in Fig. 4 Taf. XXVII eingetreten. Fig. 4 (420). Ein noch jugendliches Archegonium mit bereits sehobenem, aber noch nicht abgeworfenem Halstheil, von oben ge- sehen. Es sind drei schiefe Theilungen in jeder Schlußzelle entstanden. Der innere, fast viereckige, mit Inhalt erfüllte Raum ist die noch nicht geöffnete Canalzelle, die noch von den Halszellen bedeckt wird. Die Zellen des Halstheils hängen noch ganz fest aneinander, dies er- kennt man daran, daß die ursprünglichen Trennungslinien der vier Schlußzellen sich noch über der viereckigen Durchschnittsansicht der Canalzelle hinziehen. Daß diese aber sich unten schon zwischen die Schlufzellen hineingedrängt hat und der Halstheil hier schon gehoben ist, erkennt man eben an dem Auftreten jenes viereckigen, inhaltser- füllten Raumes, der z. B. auf einem früheren Zustande (b Fie. 5), wo erst eine Theilung in den Schlußzellen und noch keine Hebung stattfand, noch nicht in die Erscheinung tritt. Die punktirte Linie unter dem Gewebe zeigt den Umriß der Centralzelle, und man kann an dessen Längsstreckung sogleich Hinten und Vorn, wie es der Pfeil anzeigt, erkennen. Prinssheim, Ses. Abhandlunsen,Bandll. Taf. XV. o70 as ler, Ska Aaro BEER Verl.v.Gustav Fischer . a u, 2a N l { u j ME, ; ı a i m U ii = ic j Ua [N Fan ! z } * j 7 wi N Prinssheim.Ses. Abhandlungen, Band Il. r Taf.XXVL Verla.@ustav Fischer, Ja Pringsheim ‚ges. Abhandlungen ‚Band IT. Taf.XWI ee —_—Z Bi ee. N.Pringsheimn.dNas.gez Verl.v.(mstavFischer, Jena. Prinssheim, $es. Abhandlungen, Band IL. d Taf. XML ingsheimnd. Nat. gez. Verlv.@ustavFischer, Jen Tin AnsivAfitisch h Pringsheim. ges. Abhandlungen, Band II. Taf. XXIX. Pa >>: N.Pringsheimn.d.Nat. gez. Verlv.@ustavFischer Jena. Lith.Anstx.A Giltsch Jena. Fringsheim, ges. Abhandlungen, Dandi. adr:. OR van (\ [) No I OD : \ Se ar Nerngsheimn.d.Norx Verlsr. nistavFischer, Je Inhalt, Zur Morphologie der Salvinia natans. Seite I. Wachsthum der Sprosse. ES Terepl Nurassunmen a Ba ee Eigene Auffassung . . NS er RR. Zellenfolge im Werenibnskogeh Bu, 305 ° Anlage, Wachsthum, Theilungsfolge u. Ban der Seenene Höhe und Bau der BiALlEnaten RE REN HEN SA Ursprung der Blätter . . ES EN N BO) Relatives Alter der Delelteden SE 317 Relative Stellung der Quirle und ihre Benchungn zur Trance der Internodien . . . En ee ee Ro Divergenz und Eloisiellung EN 320 Allgemeinere Beziehungen zwischen dr Theilufessichlune der Scheitelzelle, dem Stengelbau und der Blattstellung 321 Ausbildung und Verschiedenheit der Blätter . . . . .. 8323 Unspeuns® der Seitenkmospen . . . 2. 2 .2.2.202..2. 2820 EI A ZT II. Bau der Sexualorgane und Embryobildung. Microsporangien . . N Microsporenschläuche, eheridien, en adlaz allen Macrosporren . . sa Proembryo, Lage, Seller iind Zahl der Acchegonien. Archegonien . . 334 Bau und Entmieichine des Halle Entstehung der Cana zelle und Bildung des Canals. 362 . Inhalt. Embryobläschen, Befruchtungskugel Erste Theilungen, Axenrichtung des entee E- bryo, Scheitelzelle, erstes und zweites u . Embryo Stielchen, Bchililchem. Kurse: Be, im Po Abweichungen der unteren Knoten der Keimpflänzchen. Entwicklung der ersten beiden Segmente zu dem Stiel- chen und Schildchen der Keimpflanze . Drehung des Vegetationskegels der Keimpflanze Resultate 2 Erklärung der Kubıklongen XII. Ueber Sprossung der Moosfrüchte und den (Generationswechsel der Thallophyten. Aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. XI. Heft L 1877. Hierzu Tafel XXXI und XXXI. I. Ueber Sprossung der Moosfrüchte. Zerschneidet man die Fruchtstiele reifer Moose und cultivirt man dieselben unter den geeigneten Maaßregeln gegen Vertrock- nung längere Zeit auf feuchtem Sand, so wachsen aus ihren Quer- schnitten Protonema-Fäden hervor, an welchen, ganz wie an anderen Protonema-Fäden, die aus Sporen, Stengeln oder Blättern der Laub- moose entstehen, sich Blatt- und Brutknospen bilden können. — Wie ich bereits in einer kurzen vorläufigen Mittheilung '), die hier in erweiterter Form wiederholt werden soll, angedeutet habe, ist man so im Stande, die beblätterte Moospflanze mit Umgehung der Sporen unmittelbar aus dem Gewebe der Moosfrüchte zu er- zeugen. In manchen Fällen entstehen die Knospen an dem Protonema- Faden schon unmittelbar dort, wo derselbe aus dem Gewebe des Fruchtstiels hervortritt (Taf. XXXI Fig. 2, 4), und dann kann die Erscheinung sogar den täuschenden Eindruck hervorrufen, als ob die Blattknospe eine unmittelbare Adventivknospe des Stiels wäre, was jedoch, so weit meine Beobachtungen reichen, niemals der Fall ist. Das Protonema der Seta gleicht in allen wesentlichen Eigen- schaften, in der Richtung der Scheidewände, in der Umwandlung primärer und secundärer Zweige in Rhizoide und in der Bildung von Blatt- und Brutknospen vollkommen den gewöhnlichen pro- tonematischen Bildungen der Laubmoose. Untergeordnete inconstante Differenzen, die mit der Beschaffen- heit der Zellen des Gewebes zusammenhängen, aus welchen das Protonema unmittelbar hervortritt, betreffen unwesentlichere Dimen- 1) Monatsbericht der Berliner Akademie der Wissensch. vom 10. Juli 1876. 366 Ueber Sprossung der Moosfrüchte sions- und Färbungs-Unterschiede seiner ersten Zellen und ver- dienen keine weitere Ausführung. Der anatomische Zusammenhang des Protonema mit dem Ge- webe der Seta ist auf guten Längschnitten leicht nachweisbar (Taf. XXX Fig. 3, 4, 5). Allein es scheint, daß nicht jede be- liebige Gewebezelle ein Protonema erzeugen kann. Denn in allen meinen bisherigen Beobachtungen sah ich nur die mittleren, zwischen dem peripherischen Rindengewebe und dem Üentralstrange liegen- den Zellreihen zu Protonema-Fäden auswachsen. Es hängt dies, wie ich glaube, mit dem Reichthum dieser Zellen an Reservestoffen zusammen. Vergleichende, genaue Angaben über die Verbreitung der Reservestoffe in dem Gewebe der reifen Moosfrüchte liegen nicht vor. Doch weist schon eine flüchtige anatomische Durch- musterung reifer Moosfrüchte aus den verschiedensten Gattungen nach, daß das Zurückbleiben von Reservestoffen in den verschiede- nen Theilen der Moosfrucht — in der Seta, in der Kapselwand, im Operculum — auch nach völliger Ausstreuung der Sporen eine weit verbreitete Erscheinung ist. Schon diese Thatsache an sich weist auf die Möglichkeit einer Regeneration der Pflanze aus den Geweben der Moosfrucht hin oder legt doch wenigstens die Ver- muthung nahe, daß die Function der Kapsel und der Seta mit (ler Reifung der Sporen nicht nothwendig abgeschlossen ist. — Was zunächst die Seta betrifft, so finden sich selbst in den stark verdickten, englumigen Zellen ihrer peripherischen Rinden- lagen noch Reservestoffe vor. Reichlicher treten diese in den mittleren Gewebepartien zwischen Rindenschicht und Centralstrang auf (Taf. XXXI Fig. 6). Sie sind jedoch auch hier sehr ungleich und unregelmäßig vertheilt, so daß inhaltreichere und inhaltärmere, ja inhaltleere Zellen hier scheinbar ohne Ordnung neben und unter einander zu liegen kommen. Unter diesen mit Reserve- stoffen gefüllten Zellen finden sich dann bei vielen von mir unter- suchten Moosen (Arten von Polytrichum, Bryum, Funaria, Hypnum) auch solche, die neben Reservestoffen noch Chlorophyll führen (Taf. XXXI Fig. 6). Diese halte ich nach Beschaffenheit ihres In- haltes für vorzugsweise entwicklungsfähig. Werden nun die zerschnittenen Stücke der Seta andauernd eultivirt, so findet unter tiefer Bräunung der Membranen zunächst in der Nähe des (uerschnitts, später auch in tieferen Regionen, eine starke Inhaltsvermehrung in diesen Zellen statt, So entstehen und den Generationswechsel der Thallophyten. 367 an ceultivirten Seta-Stücken regelmäßig etwas unterhalb des Quer- schnitts dunklere, unregelmäßig abgegrenzte Gewebepartien in den inneren Lagen, von welchen hin und wieder Stränge inhaltsreicher und stärker ergrünter Zellen in unregelmäßigen Richtungen aus- sehen und bei halbdurchsichtigen Seten schon durch die periphe- rischen Rindenlagen, die an ihnen keinen Antheil nehmen, hin- durchscheinen. Die hervorwachsenden Protonema-Fäden sind nun Verlängerun- sen oder Zweige einzelner Zellen dieser inhaltsreicheren Gewebe- partien, dienahe am Querschnitte liegen (Taf. XXXIFig.4; Taf. XXXII Bier 1,3, 4,5). Es mag noch bemerkt werden, daß diese proliferirende, mittlere Gewebezone der Seta ihrem genetischen Werthe nach derjenigen Zone in der Kapselregion zwischen Columella und Kapselwand entspricht, in welcher die Urmutterzellenschicht der Sporen liest. Obgleich die Zellenfolge der Sporogonien in der Region der Seta nicht so durchsichtig klargelegt ist, als in der Region der Kapsel, so ist doch wohl anzunehmen, daß die proliferirende Mittelzone der Seta aus der Entwicklung des Grundquadrats hervorgeht und daher dem fertilen Zellencomplexe !) angehört. Man könnte hierin einen principiellen Unterschied sehen wollen zwischen der Protonema-Sprossung der Seta und der der Stämme, bei welchen letzteren die Profonema-Bildung ja vorzugsweise an die peripherischen Rindenzellen gebunden scheint. Allein ich lege hierauf weniger Werth. Schon die Brutknospenbildung aus der Spitze der Stämme lehrt, daß auch die mittleren Gewebepartien der Stämme proliferiren ; auch werden Versuche mit durchschnittenen Stämmen ohne Zweifel zu dem Ergebniß führen, daß sie ebenso wie die Seten aus ihren mittleren Geweben Protonema - Fäden hervortreiben können. Wenn dagegen die peripherischen Zellen der Seta bisher keine Entwicklung zu Protonema-Fäden gezeigt haben, so liegt dies offenbar nur daran, daß sie histologisch, so zu sagen, früher alt werden, als die mittleren Zellen, das heißt ihren bildungsfähigen Inhalt schon früher verlieren. Denn die Seta stimmt in ihrer anatomischen Structur, man kann sagen, genau mit den Stämmen überein. Schon die Ver- 1) Vouk, Entw. d. Sporog. v. Orthotrichum, S. 4 des Separatabdrucks. Sitzungsber. der K. Akad. d. Wiss. in Wien. Maiheft Jahrg. 1876. 368 Ueber Sprossung der Moosfrüchte gleichung der Querschnitte der Stämme und der Seten derselben Moose in den Abhandlungen von Unger!) und Lorentz?) läßt hierüber keinen Zweifel, und jede eigene umfassendere Unter- suchung bestätigt dies. Die größeren Structur-Abweichungen der Seten von den höher entwickelten Moosstämmen sind nur durch das Auftreten der Blattspuren in diesen hervorgerufen und auf den Mangel der Blattbildung bei den Seten zurückführbar. Kurz, schon nach ihrem anatomischen Bau ist die Seta nur als ein blatt- loser, kümmerlich entwickelter Moosstamm zu betrachten und steht in dieser Beziehung trotz der constanten Anwesenheit des Centralstranges anatomisch durchaus nicht höher, eher niedriger als dieser. Dies bestätigt die protonematische Sprossung der Seta auch morphologisch; denn sie weist nach, daß Stamm und Seta sich in den Formen vegetativer Reproduction gleichverhalten. Schon hierdurch erhält die Lehre vom Generationswechsel der Moose eine berichtigende Einschränkung. Die beiden Wechselabschnitte der Moose erscheinen nicht mehr, wie bisher, als nach Propagation und Gestaltung durchweg verschiedenartige Gebilde, sondern nur als relativ verschieden ent- wickelte Glieder gleichartiger Organisation, von denen das eine die Sporangien, das andere die Sexualorgane trägt. Ferner zeigt die Erscheinung, daß unter Umständen im Gene- rationswechsel der Moose die Sporenbildung übersprungen werden kann. Früher schon hat die Beobachtung der Prothalliensprossung von Farlow für die Farrnkräuter einen Fall kennen gelehrt, in welchem bei diesen im Generationswechsel die sexuelle Zeugung ausfällt. In beiden Fällen kann daher unter Umständen, dort durch Ausfall der Sporenbildung, hier durch Ausfall der Zeugung, die sonst regelmäßige Abwechselung zwischen Sporen- und Eibildung unterbleiben. l) Ueber den anatomischen Bau des Moosstammes in: Sitzungsberichte der math.-naturw. Klasse der Kais. Akad. d. Wiss. in Wien. Band 43. Abtheilung 2. (1861) 8. 497. 2) Grundlinien einer vergleichenden Anatomie der Laubmoose in: Jahrbücher f. wiss. Bot. Band VI. S. 363, und Abhandlung der Königl. Akad. d. Wiss. zu Berlin aus dem Jahre 1867. S. I. und den Generationswechsel der Thallophyten. 569 In soweit ergänzen sich die beiden Beobachtungen gegenseitig. Sie tragen beide zu einer genaueren Bestimmung des Entwicklungs- verhältnisses bei, welches im Generationswechsel seinen Ausdruck findet. Sie heben jedoch den Generationswechsel der Moose und Farrn nicht auf, sondern erleichtern nur seinen Anschluß an die- jenigen Entwicklungsvorgänge bei Thallophyten, welche auch hier den wahren, sexuellen Generationswechsel in die Erscheinung bringen. Sie erhalten endlich in den genetischen Beziehungen zu diesem Generationswechsel der Thallophyten ihr richtiges Ver- ständniß und ihre ausreichende Erklärung. Aber nicht in der Fruchtbildung, sondern in der Aufein- anderfolge freier, dimorpher Generationen finde ich den Generationswechsel bei den Thallophyten vertreten. Diese von den verbreiteten Vorstellungen abweichende An- schauung, welche auch meinen Versuchen mit Moosen zu Grunde gelegen hat, soll nun in dem nachfolgenden Aufsatze ausführlicher und im Zusammenhang mit den Homologien der Sporangien und sexuellen Früchte ihre Begründung finden und, soweit dies jetzt thunlich ist, für die einzelnen Thallophytenkreise durchgeführt werden. Eine willkommene Bestätigung der Thatsache selbst — der Sprossung der Moosfrüchte — ist inzwischen bereits durch die Beobachtungen von Stahl in der Botanischen Zeitung vom 3. No- vember 1876 erfolgt. Zur Erklärung der Abbildungen der hierher gehörigen Tafeln XXXI und XXXII, welche Sprossungen der Seten mehrerer Moose und Längs- und Querschnitte sprossender Seten darstellen, wird das Folgende genügen: Tafel XXXI. Fig. 1, 4, 5. Hypnum serpens. Fig. 2. Hypnum cupressiforme, Fig. 3. Bryum caespitosum. Fig. 6. Querschnitt sprossender Seta von Aypnum serpens. Tafel XXXI. Fig. 1. Hypnum serpens. Fig. 2. Hypnum cupressiforme. Fig. 3. Längsschnitt d. sprossende Seta von Aypnum serpens. Fig. 4, 5. Längsschnitt d.sprossende Seta von Bryum caespitosum. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd. II, 94 370 Ueber Sprossung der Moosfrüchte II. Ueber den Generationswechsel der Thallophyten und seinen Anschluß an den Generationswechsel der Moose. Die Lehre vom sexuellen Generationswechsel !) der Pflanzen, durch Hofmeister’s umfassende Untersuchungen für die Cormo- phyten begründet, verlangt eine auf die Thallophyten ausgedehnte, einheitliche Behandlung. Bisher hat man die dem Generationswechsel der Cormo- phyten gleichwerthige Erscheinung in der Fruchtbildung der Thallo- phyten gesucht. Hieraus ist dann für Florideen und Ascomyceten die Lehre von den „sexuellen Sproßgenerationen“ ent- standen. Die Wechselgenerationen der Thallophyten haben jedoch durch- weg einen viel selbstständigeren Character als die der Cormophyten. Ihre Früchte sind keineswegs die homologen Gebilde der neutralen Generationen der Cormophyten — des Sporogoniums der Moose und der Farnpflanze. Der Generationswechsel der Moose schließt sich vielmehr un- mittelbar an diejenigen Erscheinungen der Aufeinanderfolge freier Generationen bei Thallophyten an, von denen die einen die neu- 1) Unter „sexuellem Generationswechsel“ verstehe ich im Gegensatze zur Sproß- folge alle Erscheinungen einer durch das Eingreifen des Ceschlechtsactes bedingten Succession von geschlechtlichen und ungeschlechtlichen (neutralen) Individuen oder Stöcken. Gegen den Ausdruck „antithetischen Generationswechsel“ (Cela- kowsky: Ueber die verschiedenen Formen und die Bedeutung des Generations- wechsels der Pflanzen. Sitzungsberichte d. math.-naturw. Classe d. böhmischen Gesellsch. d. Wiss. 6. März 1874) hat bereits Al. Braun (Gymnospermie der Cycadeen. Monatsber. d. Königl. Akademie d. Wiss. zu Berlin. April 1875. pag. 294) Einsprache erhoben. Er ist am allerwenigsten für die Wechselgenerationen der Thallophyten in meinem Sinne anwendbar. Allein auch die Bezeichnung „em- bryonaler Generationswechsel“ (Braun a. a. O.) würde. höchstens für die Cor- mophyten Geltung haben können, nicht für die Thallophyten, bei welchen von einem Embryo nicht die Rede sein kann. Die Bezeichnung der hierher gehörigen Erscheinungen als „sexueller Generationswechsel‘“ erscheint daher als die umfassendste und drückt zugleich den wesentlichsten Charakter aus, welcher sie hervorruft. Neben diesem eigentlichen Generationswechsel giebt es bei Pflanzen nur noch die Aufeinanderfolge verschiedenartiger Axen einer Generation, die man als „vegetativen Generationswechsel“ bezeichnen kann. Während der sexuelle Generationswechsel, wie ich ihn begreife und in diesem Aufsatze für die Thallo- phyten festzustellen suche, ganz in die Sphäre der Fructification, fällt der Sproßwechsel ganz in die der Vegetation. und den Generationswechsel der Thallophyten. ByB| tralen, die anderen die sexuellen Pflanzen darstellen; eine Auf- einanderfolge, deren regelmäßige Wiederkehr ich schon in meinen ersten algologischen Abhandlungen an Saprolegnien, Vaucherien, Oedogonien, Coleochaeteen ausführlich beschrieben habe !). Die Erweiterung, welche seitdem unsere Kenntnisse über die Sexualität und den Entwicklungsgang der Thallophyten erfahren haben, weist die Uebereinstimmung der beiden Erscheinungsreihen nach, und die Identität der Seta und des Moosstammes, wie sie aus der vegetativen Sprossung der Seta erschlossen werden darf, ist nur eine weitere Bestätigung derselben. In diesem Anschluß treten dann auch die wahren Homologien der sexuellen Früchte mit den neutralen Sporangien deutlich her- vor, und die Homologien der Mooskapsel mit den Sporangien der Farrnkräuter und den Pollensäcken der Gymnospermen und Phanerogamen, die bei der gegenwärtigen Betrachtung mehr zu- rücktraten ?2), werden wieder in ihre alten Rechte eingeführt; die Früchte der Thallophyten aber erscheinen nicht mehr als die homologen Gebilde der neutralen Generationen der Cormophyten, — des Sporogoniums der Moose und der beblätterten Farnpflanze. Um diesen im Folgenden näher ausgeführten Gedanken an einigen Beispielen sofort klar zu machen, so steht, wie ich meine, das Moossporogonium zur Moospflanze etwa in dem Verhältnisse, wie die Sporangien tragenden Saprolegnien-Exemplare zu den die Oogonien tragenden; oder wie unter den Florideen die Exemplare mit Vierlingsfrüchten zu den Exemplaren mit Kapselfrüchten. Ich wende mich daher hier zunächst gegen die Vorstellung von den Fruchtgenerationen bei den Thallophyten überhaupt und im Besonderen gegen die Vorstellung von den „sexuellen Sproßgene- rationen“ bei Florideen und Ascomyceten. Unter den Früchten und Sporen der Oosporeen finden sich allerdings einzelne unzweifelhafte Anschlüsse an die Moosfrüchte' Schon einige Jahre nach Hofmeister’s Untersuchungen habe ich auf diese Homologie einiger Algenfrüchte mit der Moosfrucht 1) Noya Acta A.C.L. N. C. Vol. XXX. P. I. pag. 428—433. Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. I. pag. 59—62; und II. pag. 25—27. Es fällt diese Aufein- anderfolge weder nothwendig noch immer mit den Reihen- und Uebergangs- Generationen von Naegeli (Einzellige Algen pag. 25) zusammen, welche schon außerhalb der Fructification liegende Vorgänge mitbegreifen. 2) Man vergl. z. B. Sachs, Lehrb. d. Botanik. IV. Auflage. pag. 341. 24* 312 Ueber Sprossung der Moosfrüchte bei Coleochaete und Oedogonium !) aufmerksam gemacht. Vaucheria, Oedogorium, Coleochaete sind seitdem wiederholt zum Ausgangs- punkt der Vergleichung der Thallophytenfrüchte mit den Moos- früchten geworden. An die Oosporen von Vaucheria und Oedo- gonium knüpfen wieder die anderen sexuell entstandenen Oosporen und Zygosporen an; diese sind theilweise wie einsporige Früchte angesehen worden, ein Punkt, auf den ich weiter unten zurück- kommen werde. So zeigt die zusammenhängende Reihe dieser Sporen durch Coleochaete einen natürlichen UDebergang zu den Moosfrüchten. Denn die befruchtete Gonosphäre von Üoleochaete ist offenbar einerseits der befruchteten Gonosphäre der Moose und andererseits den Oosporen von Oedogonium und Vaucheria und ebenso der durch Paarung entstandenen Oospore von Pando- rina oder den Copulationssporen der Spirogyren gleichwerthig. Daraus folst für Coleochaete die bereits in meiner ersten Ver- öffentlichung gegebene Deutung, daß der innere Gewebekörper der Frucht, in welchem die Schwärmsporen entstehen, die zweite Generation im Sinne des Sporogoniums der Moose bildet, daß ferner das berindete Oogonium dem Archegonium der Moose aequivalent, und endlich daß die ganze Coleochaete-Frucht daher auch der ganzen Moosfrucht gleichwerthig ist, d. h. dem Sporo- sonium sammt Calyptra oder dem Sporogonium sammt Vaginula und Haube. Diese Deutung schließt sich genau an den Bau und die Ent- wicklung der einzelnen Theile der Moosfrucht an, und ich halte sie noch heute für richtig. Nun hat man aber später die Vergleichung mit der Moosfrucht auf die Früchte aller Thallophyten ausgedehnt, indem man bei ihnen überall den Gegensatz der Wechselgenerationen in einem Gegensatz von Pflanze und Frucht hat finden wollen, während ich glaube, daß derselbe in dieser Form, soweit bis jetzt bekannt, nur bei Coleochaete und rudimentär vielleicht noch bei wenigen niedrigen Algen und Pilzen besteht. Zugleich haben die Befruchtungsvorgänge bei Florideen, bei welchen die Frucht sichtlich als ein Product des Sexualaetes er- scheint, den Anstoß gegeben, hier nicht mehr, wie bei Coleochaete, zwischen Sporenkörper und Fruchtgehäuse genau zu unterscheiden, 1) Monatsbericht der Berliner Akademie vom Mai 1856. pag. 235. { | N b - .. u Au A tele N EEE \ a A a i £ F ; P E und den Generationswechsel der Thallophyten. 375 sondern die ganze Frucht als das homologe Organ des Sporo- goniums der Moose anzusehen, eine Anschauung, die ich gleich- falls nicht für zulässig halte, die aber allgemein verbreitet ist. So finden die neueren Mycologen in dem Verhältniß der Pilz- frucht zum Mycelium einen ähnlichen durch die Zeugung be- dingten Gegensatz, wie zwischen dem neutralen Moossporogonium und der sexuellen Moospflanze. Hierin stimmen wenigstens alle diejenigen überein, die das Geschlecht der Ascomyceten aner- kennen. Diese Auffassung theilen auch die Schriftsteller, welche in neuerer Zeit die Erscheinungen des Generationswechsels bei den Pflanzen zum Gegenstand vergleichender Betrachtungen gemacht haben, und halten sie nicht nur für Ascomyceten und Florideen, sondern überhaupt ganz allgemein bei Algen und Pilzen aufrecht. So z. B. Celakowski!) und Alex. Braun?). Um die ganze Reihe dieser Fruchtbildungen in der Weise, wie es hier geschehen ist, an die Fruchtbildung der Moose anzuschließen, mußte man nothwendig den wesentlichsten Character der Wechsel- generationen, die Entstehung aus einer freien Zelle, fallen lassen und gewann scheinbar den Anschluß, indem man die Früchte der Florideen und Ascomyceten als „Sproßgenerationen“ den freien Generationen bei Moosen und Gefäßeryptogamen an die Seite stelle. Diese Sproßgenerationen hat Sachs?) alsdann sogar auf Chara und Coleochaete ausgedehnt. So erscheint nun bei Ooleochaete gar nicht mehr das innere Sporengewebe, sondern die ganze Frucht als das homologe Organ des Sporogoniums. Wir stoßen hier auf Abweichungen und Widersprüche in den Vorstellungen, die eine Klärung der Begriffe durchaus nothwendig machen, zumal wir sogar innerhalb der gemeinsamen Vorstellung der „Sproßgenera- tionen“ bei denjenigen Schriftstellern, die sie theilen, zweien nicht nur ihrem Umfange, sondern auch ihrem Inhalte nach durchaus verschiedenen Anschauungsweisen begegnen. Denn die Einen be- trachten die ganze Frucht, wie sie als einheitliches Gebilde an der Pflanze in die Erscheinung tritt, die Anderen nur einen Theil 1) Sitzungsber. d. böhm. Gesellsch. d. Wiss. vom 6. März 1874. 2) Monatsber. d. Berliner Akademie d. Wiss. April 1875. pag. 295 u. f. 3) Lehrbuch der Botanik. II. Auflage. 74 Ueber Sprossung der Moosfrüchte derselben — etwa das aus den Fruchtanfängen sich entwickelnde fertile Gewebe — für den neuen Sproß, die „Sproßgene- ration“ der Pflanze und dem Sporogonium der Moose gleich- werthig. Allein meiner Ueberzeugung nach hat die Einführung des Sproßbegriffes in die klaren Vorgänge des sexuellen Generations- wechsels den Blick von den realen Anfängen der neuen Generationen überhaupt abgelenkt. Es ist kaum zu sagen und nirgends scharf und klar ausge- sprochen, was eigentlich unter dem Begriff der zum sexuellen Generationswechsel gehörigen „Sproßgeneration“ verstanden wer- den soll. In zahlreichen Entwicklungskreisen der Thallophyten sind die den Sprossen entsprechenden Bildungseinheiten unfaßbar. Es ist daher der willkürlichen Deutung allerdings ein weiter Spielraum gegeben. Allein man darf gewiß nicht jeden beliebigen Complex von Gebilden, Organen oder Theilen von Organen, der mehr oder weniger den Eindruck einer abgeschlossenen Gestalt gewinnt, als Sproß oder Sproßgeneration bezeichnen. Es muß doch verlangt werden, daß auch die Sproßgenerationen der Thallophyten eine in der Entwicklung der Pflanze wiederkehende Wachsthumseinheit repräsentiren. Und dies allein genügt auch nicht. Soll der Sproß eine höhere, morphologische Einheit als die Zelle beanspruchen — und sonst hat er keinen Sinn — so muß er offenbar bereits eine gegliederte Wachsthumseinheit darstellen, innerhalb deren Sphäre differenzirte Theile als Organe des Sprosses erkennbar werden. Nun kommen zwar in vielen Thallophytenkreisen Wachs- thumseinheiten vor, die dem cormophytischen Sprosse sich nähern, und ich selbst habe mich bemüht, für einige Fälle nachzuweisen daß das gegliederte Thallom durch zunehmende Wachsthumsab- weichungen seiner ursprünglich gleichartigen Verzweigungen den Character von Sprossen gewinnen kann !). Allein dies ist für die Mehrzahl der Thallophytenkreise, in denen, wie ich es auffasse, die Differenzirung des Sprosses sich erst vorbildet, noch nicht durchgeführt, und die Existenz von Thallomen, die noch keinen 1) Ueber den Gang der morphologischen Differenzirung in der Sphacelarien- Reihe: Abhandl. d. Königl. Akad. d. Wiss. in Berlin vom Jahre 1873. und den Generationswechsel der Thallophyten. 375 cormophytischen Werth haben, gilt namentlich für die größere Reihe derjenigen Formen, deren Früchte man als Sproßgenerationen bezeichnet hat. Endlich haben diese Früchte, selbst wenn man die Existenz von Sprossen überall supponiren wollte, und auch dort, wo sie wirklich anzunehmen sind, durchaus nicht nothwendig und nicht überall den Werth von Sprossen. Für die Characeen, deren Aufbau eine bereits deutlich-cormo- phytische Gliederung zeigt, mag das gelten. Bei ihnen kann die Fruchtanlage als Sproß betrachtet werden, allein auch hier fällt der Fruchtsproß gar nicht mit der neuen Generation zusammen. Wir haben es hier mit der Metamorphose eines ganzen Sprosses — sofern man die Fruchtanlage für einen solchen hält — in ein weibliches Sporangium (Archegonium) zu thun. Für Coleochaeteen, Florideen und Ascomyceten liegt das Ver- hältniß wieder anders. Hier repräsentiren die Früchte in den meisten Fällen nicht einmal eine einzige in sich geschlossene Wachsthumseinheit. Ihre Bildungsgeschichte zeigt, daß in ihnen, wie bei Coleo- chaete, drei mehr oder weniger ihrem Ursprung und ihrer Be- deutung nach wesentlich verschiedene Theile zusammentreten: der Sporenkörper, seine Hülle und die neuen Generationen. Es bleibt hier nur der täuschende Eindruck der abgeschlossenen Ge- stalt, welcher diesen Früchten den Anschein von Bildungseinheiten giebt. Diesen Character theilen jene Früchte jedoch nicht nur mit den einfacheren Fruchtformen der Oosporeen — den Oogonien —, bei welchen die Auffassung als sexuelle Sproßgenerationen ganz unhaltbar wäre, sondern überhaupt mit allen Fructificationsorganen — Sporangien- und Antheridienformen — derjenigen Thallophyten, deren Thallus eine über die einzelne Zelle hinausgehende Differen- zirung erreicht. Die Uebereinstimmung in Stellung und Anordnung und die Analogien im Bau und in der Entwicklung zwischen Kapselfrüchten, Vierlingsfrüchten und Antheridien der Florideen, oder zwischen den einfächrigen und den vielfächrigen Sporangien und den Anthe- ridien der Phaeosporeen oder auch zwischen den Perithecien, den Pyceniden und den Spermogonien u. s. w. lassen die verschiedene Deutung der einen als Generationen, der anderen als Organe 76 Ueber Sprossung der Moosfrüchte kaum zu. Denn Sporangien, Antheridien und weibliche Früchte bilden drei parallel laufende Reihen von Organen, die in jeder Reihe von einer einfachen, einsporigen oder mehrsporigen Mutter- zelle zu complieirter gebauten Formen ansteigen und schon in ihren einfacheren Formen eine deutliche Abgeschlossenheit und Selbstständigkeit gegenüber der Mutterpflanze annehmen. — Es ist kaum nöthig, dies mit Beispielen zu belegen. Nur um den gleichartigen Gang dieser steigenden Differenzirung und Ge- winnung einer selbstständigeren Gestalt in den drei Reihen anzu- deuten, greife ich einige Formen heraus. Für die Sporangien: Mutterzellen der Schwärmsporen bei Oedogonium; Zoosporangien von Vaucherien, Saprolegnien, Codium; Oosporangien und Trichosporangien e. p der Phaeosporeen; Vierlingsfrüchte und Schistidien der Flori- deen, Pyceniden. Für die Antheridien: Mutterzellen der. befruchteten Schwärm- sporen bei Coleochaete. Antheridien von Vaucheria; von Farn; Cutlerien; Polysiphonien ; Laurencien ; Spermogonien der Flechten ; Antheridien der Characeen. Für die sexuellen Früchte: Oogonien von Vaucheria:; von Dictyota, von Fucus; von Saprolegnia; Copulationsfrüchte der Zygnemeen, Desmidiaceen, Mucorineen; Oogonien von Zanardinia. Kapselfrüchte ; Apothecien; Perithecien ; Sporen- knöspchen der Characeen. — Ueberblickt man die vielseitigen Analogien dieser drei Reihen von Organen, so drängt sich von selbst die Deutung auf, daß sie einen gemeinsamen Ursprung haben, daß sie nach drei Richtungen divergirende Gestaltungsreihen einer einzigen Grundform, eines ursprünglich einheitlichen Fructificationsorgans — des neutralen Sporangiums — darstellen, aus welchen sie bei der Differenzirung der Sexualität entstanden sein möchten. Wir können in diesem Sinne daher von sächlichen, männlichen und weiblichen Sporangien, als drei Reihen von Organen reden, die eine genetische Correlation zu einander haben und deren Homo- logien über die Thallophyten hinausreichen. In den Cormophyten verkümmern die weiblichen Sporangien — Calyptra der Moose; Gewebepolster des Embryo bei Gefäßeryptogamen — von den Moosen aufwärts, bis sie, bei Gymnospermen nur noch spurweise vorhanden, in den Phanerogamen verschwinden, In wie weit nun u und den Generationswechsel der Thallophyten. a, diesen Sporangienformen der drei Reihen der Werth von ganzen Sprossen, Theilen von Sprossen oder Sproß-Complexen zukommt, oder in wie weit Theile verschiedenartiger Sprosse in ihre Bildung eingehen, mnß für jeden einzelnen Fall genau unterschieden werden und hängt von der Höhe der sproßartigen Differenzirung ab, welche das Thallom auf dieser Stufe der Entwicklung überhaupt erreicht hat. — Es rechtfertigt sich daher unter keinem Gesichtspunkte, der sanzen Frucht von Coleoachaete und den ganzen Früchten der Florideen und Ascomyceten den Character von einheitlichen Spross- generationen zu vindieiren und sie mit den Generationen der ÜCor- mophyten zu vergleichen, die unter jedem Gesichtspunkte wahre und volle Bildungseinheiten repräsentiren. : Ebenso wenig können aber bestimmte Theile des Ge- webes der Früchte — etwa das fertile Gewebe, wenn man das- selbe für sich allein als Ganzes betrachten wollte — als die zweite Generation, und diejenigen Gewebselemente, welche den befruchteten Einfluß direct erfahren haben, als die Anfänge dieser Generation gelten. Bei Florideen nimmt immer, bei den Ascomyceten zum Theil das direet befruchtete Organ — Trichogynehaar; copulirende Zelle des Carpogon — gar nicht an der Bildung des eigentlichen Frucht- körpers und des Sporenlagers Theil. Man könnte deshalb durchaus nicht ohne Weiteres und ohne genaue Scheidung den ganzen Trichophor oder das ganze Carpogon als die Anfänge der neuen Generation bezeichnen. Als solche müßten vielmehr bald die Basis der Trichogyne allein, bald diese mit einer oder mehreren Zellen des Trichophor, bald das ganze Ascogon, bald eine oder mehrere Zellen des Carpogon gelten, sämmtlich oder vorwiegend Zellen, die den befruchtenden ‘ Einfluß gar nicht direct erfahren haben. Die Scheidung zwischen befruchteten und unbefruchteten Zellen wäre hier, sobald man ein- mal über die Stelle, wo die Copulation stattfindet, hinausgeht, in den meisten Fällen gar nicht scharf durchführbar. Und ebenso, wie diese Anfänge an sich, so würden auch ihre Producte schon in nächst verwandten Formen keine gleichartige, und am aller- wenigstens eine morphologische Einheit repräsentiren. Das fertile Gewebe z. B., für sich allein aus seiner Hülle geschält, würde in den verschiedenen Formen äußerst verschiedene Gebilde begreifen 378 Ueber Sprossung der Moosfrüchte und nicht einmal jene abgeschlossene Einheit der äußeren Gestalt besitzen, welche man für die Auffassung der ganzen Frucht als Sproßgeneration noch anführen kann. — In der That sind auch Trichophor mit Trichogyne und Car- pogon nicht die Anfänge neuer Generationen, sondern Anfänge von Sexual-Organen an der weiblichen Pflanze. Sie haben mor- phologisch genau den gleichen Werth wie die Archegonien der Moose und Farn, die gleichfalls nicht Anfänge neuer Generationen, sondern die Bildungsstätten der neuen Generationen sind. So auch hier. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die Trichophore und Carpogone der Florideen und Pilze die Sporen nicht immer durch einen rein endogenen, sondern theilweise durch einen proli- ferirend endogenen Bildungsvorgang erzeugen. Einige, z. B. die Ascogone von Eurotium, die Trichophore der wahren Favellen und Favellidien, sind selbst hierin von den Oogo- nien und Archegonien gar nicht oder nur wenig verschieden. Man hat die unleugbare Bedeutung der Früchte der Florideen und Ascomyceten als Orgene der Mutterpflanzen und ihre vorhin weiter ausgeführten Homologien mit den anderen Fructifications- organen — Sporangien und Antheridien — nur deshalb übersehen, weil hier die auffallende Erscheinung hinzutritt, daß das weibliche Organ direct und schon vor Anlage der neuen Generationen befruchtet wird. Allein es findet bei den Pflanzen gar keine nothwendige Be- ziehung des Zeitpunktes der Befruchtung zu der Zeit der Ent- stehung der neuen Generation statt, und der Act der Befruchtung kann ebenso gut vor der Anlage der neuen Generationen erfolgen, als er in anderen Fällen nach der Anlage derselben erfolgt. — Man könnte daher selbst über Trichophor und Carpogon hinaus- gehen und die Mutterzellen der Kapselsporen oder die Asci der Ascomyceten als die neuen Sproßgenerationen bezeichnen“und auch diese noch nirgends vertretene Ansicht könnte ebenso gut ihre Vertheidiger finden; allein es liest Nichts näher, als der Hinweis auf die wahren Anfänge der neuen Generationen in den Früchten. Nur sind dies nicht die ganzen Fruchtanfänge, auch nicht im Zusammenhange der Mutterpflanze verbliebene Gewebezellen, die den Einfluß der Befruchtung erlitten haben, sondern sie sind — wie die Oosporen — isolirte, freie Zellen, die die auf ein- und den Generationswechsel der Thallophyten. 379 ander folgenden Generationen scharf von einander scheiden. Es sind die Sporen der Kapselfrüchte und die Sporen der Asci. Nach dieser Auffassung entstehen daher die Anfänge der Gene- rationen bei den Thallophyten überall als freie Zellen, die einen ohne Beziehung zur Befruchtung in den Sporangien (neutrale Sporangien oder auch neutrale Früchte); die anderen mit Be- ziehung zur Befruchtung in den Oogonien oder in und an den Archegonien jeder Art (weibliche Sporangien). Die Letzteren werden entweder, wie die wahren Gonosphären der eigentlichen Archegoniaten, direct befruchtet, oder sie ent- stehen wie bei Florideen und Ascomyceten unter dem Ein- fluß der Befruchtung in den befruchteten Sporangien, d. h. der materielle Einfluß der Befruchtung wird bei diesen Pflanzen im Gewebe des weiblichen Sporangiums von der eigentlichen Copulationsstelle bis auf die Sporen fortgeführt. — Dieser Vorstellung liegen im Pflanzenreich weit verbreitete und allgemein bekannte Frscheinungen zu Grunde. Ueberall, wo es zur Entstehung einer höher entwickelten Frucht kommt, reicht der Einfluß der Befruchtung auch bei den Thallophyten über die Stelle, wo sie unmittelbar ausgeübt wird, hinaus und macht sich in zwei getrennten, von einander genau zu unterscheidenden Wirkungen geltend. Der einen unterliegen die Anfänge der neuen Generationen; der anderen ihre Bildungsstätten (weibliche Spor- angien im weitesten Sinne — Trichophore, Carpogone, Arche- gonien). Durch die ersteren werden die Anfänge der neuen Gene- rationen sexuell vollendet; durch die zweite die verschiedenen Formen der sexuell beeinflußten Fruchtgehäuse !) hervorgerufen oder in ihrer Entwicklung gefördert. Obzwar diese beiden Wirkungen in den meisten Fällen zusammenfallen und durch einen einzigen Befruchtungsaet ausgeübt werden, so treten sie dagegen doch in anderen Fällen sichtlich in zwei getrennte Acte auseinander. 1) Als sexuell beeinflußte Fruchtgehäuse gelten mir die Fruchthülle sammt Oogonium bei Coleochaete; das Sporenknöspchen der Characeen? die Kapsel- frucht; die Perithecien; die Apothecien, die Calyptra mit einem Theil des Blüthenbodens bei den Lebermoosen; Calyptra, Vaginula und ein Theil des Blüthenbodens bei den Laubmoosen und das Gewebepolster, in welchem der Embryo der Gefäßeryptogamen später eingebettet erscheint. In Gymnospermen und Phanerogamen verschmelzen die neutralen und die sexuellen Fruchtgehäuse zu einer einzigen Bildung. 380 Ueber Sprossung der Moosfrüchte Bei den Phanerogamen kann die Annahme eines sogenannten, von der Befruchtung unabhängigen Fruchtungsvermögens keines- wegs die Thatsache umstoßen, daß die Entwicklung der Frucht so gut wie die des Embryo unter dem Einflusse der Befruchtung steht. Es hieße die Ausnahme zur Regel machen, wollte man diesen Einfluß leugnen, denn Niemand wird doch, weil Partheno- genesis besteht, die Existenz der Befruchtung bezweifeln. Wie weit dieser Einfluß hier reicht, von welchen Bedingungen er abhängt, ob die Wirkung mittelbar durch den Embryo oder direct auf das Gewebe der Narbe, des Griffelcanals oder des Ovulums erfolgt, mag zunächst dahingestellt bleiben. Ich verweise hierüber auf die älteren Erfahrungen von Gärtner und die neueren Unter- suchungen von Hildebrand an Orchideen !). Bei den Cryptogamen ist es dagegen unzweifelhaft, nicht nur daß die Befruchtung diese doppelte Wirkung hat, sondern daß die- selbe auch in verschiedenen Entwicklungsperioden und an ver- schiedenen Stellen des weiblichen Sexualorgans ausgeübt und hier von einer Stelle auf die andere übertragen wird. Hiernach lassen sich mehrere Modificationen des Befruchtungs- actes unterscheiden. In der einen großen Reihe von Formen wird direct die Go- nosphäre befruchtet, und die Wirkung überträgt sich von hier aus auf das Bildungsorgan, das Archegonium. Dies ist bei Coleochaete und bei allen eigentlichen Arche- goniaten der Fall. Die Entstehung der Hülle bei Coleochaete, die Wucherungen und Neubildungen in den Archegonien und dem Blüthenboden, die bei den Moosen zur Entstehung der Calyptra oder Vaginula, sowie zur Erhebung des Blüthenbodens führen, bei den Gefäßeryptogamen aber die Bildung des Gewebepolsters her- vorrufen, in welchem später der Embryo eingebettet liegt, sie alle - stehen in gleicher oder ähnlicher Abhängigkeit vom Befruchtungs- act, wie die Entstehung des Sporogonium der Moose und des Embryo der Gefäßeryptogamen. Sie unterbleiben, wenn die Be- 1) Man vergleiche hierüber: Gärtner, Beiträge zur Kenntniß der Befruch- tung. (1844) Bd. I. Capit. X, XII und: Ueber die Bastarderzeugung im Pflanzen- reiche (1849). Cap. XIX. — Ferner Hildebrand: Die Fruchtbildung der Orchi- deen etc., in der Bot. Zeitung. 1863. Nr. 44 — und Darwin: Das Variiren der Thiere und Pflanzen (Deutsche Uebersetzung, Stuttgart 1868). Bd. I. pag. 511 u. f. und den Generationswechsel der Thallophyten. 381 fruchtung unterbleibt, treten dagegen in Folge derselben regel- mäßig ein?). Bei den Florideen und Ascomyceten sehen wir nun das um- gekehrte Verhältniß. Die Einleitung der Befruchtung, die Copulation, wird hier an dem Primordium der Bildungsorgane der Sporen, d. h. an der noch unentwickelten Anlage der Frucht ausgeübt, aber ihre Wirkung pflanzt sich von hier aus weiter auf das Bildungsorgan selbst und auf sein Product, die Sporen, fort. Ich betrachte daher die Kapsel- sporen der Florideen und die Ascosporen der Ascomyceten nicht, — wie man bisher pflegte — als geschlechtslos erzeugte, sondern selbst als sexuell erzeugte Sporen, als wahre Oosporen. Während aber die durch Befruchtung von Gonosphären entstandenen Oosporen direct befruchtete Oosporen sind, sind die Kapselsporen der Florideen und die Ascosporen der Ascomyceten mittelbar, durch ihre Sporangien, befruchtete Oosporen. Trichophore und Carpogone aber sind nur unmittelbar befruchtete Archegonien-Formen. Daß diese Betrachtung nicht etwa bloß eine morphologische Speculation, sondern der natürliche Ausdruck der Erscheinung ist, erweisen diejenigen Modificationen der Befruchtung, bei welchen sie deutlich in zwei, von einander getrennte Acte zerfällt, und ferner diejenigen Fälle, bei welchen die materielle Uebertragung der Befruchtung von einer Stelle auf eine andere sogar äußerlich sichtbar wahrgenommen werden kann. Ich habe vor einigen Jahren den eigenthümlichen Befruchtungs- vorgang bei Saprolegnia und Achlya beschrieben?) und nachge- wiesen, daß die sonst in einen Act vereinigten Wirkungen der Be- fruchtung hier deutlich in zwei Acte getrennt in die Erscheinung treten. Bei den benachbarten Gattungen Pythium, Peronospora, Cystopus darf man den gleichen, nur in seinen Einzelheiten weniger durchsichtigen Vorgang voraussetzen. Wollte man hier an eine gleichzeitige directe Befruchtung des Archegoniums durch das Spermatozoid denken, wofür die unmittelbar beobachteten Erscheinungen nicht sprechen, so würde hierdurch für die Auffassung des Sachverhaltes bei Florideen und Pilzen doch Nichts geändert. 2) Monatsberichte der Berliner Akademie der Wissensch. vom 23. Juni 1873, und: Ueber die Bedeutung der hellen Stellen im Protoplasma der Oogonien und über den Modus des Befruchtungsganges bei Saprolegnia und Achlya in: Jahr- bücher für wiss. Bos. Bd. IX. pag. 203 u. £. © nn DD Ueber Sprossung der Moosfrüchte Hier findet zuerst eine Copulation zwischen Antheridium und Oogonium, dann eine Befruchtung der Gonosphären durch die Antheridienschläuche statt. Die Befruchtung wirkt hier un- zweifelhaft gesondert auf die constituirenden Theile der weiblichen Frucht; zunächst auf die Mutterzellen der Gonosphären und von da wird sie durch die Antheridienschläuche weiter geleitet auf die Gonosphären selbst. Der Befruchtungsact ist sichtlich zerlegt in zwei gesonderte Processe, Copulation und Connubium. Die Copulation erscheint als eine befruchtende Beziehung der Mutter- zellen der Zeugungselemente, das Connubium als eine solche der letzten Zeugungselemente selbst. Eine sichtbare materielle Uebertragung der Befruchtung durch Gewebszellen der weiblichen Pflanzen hindurch, von der Stelle aus, wo sie unmittelbar zuerst ausgeübt wird, auf weit entlegene Fruchtprimordien wird ferner in der überzeugendsten Weise auch durch den von Thuret und Bornet entdeckten, scheinbar ohne jede Analogie dastehenden Befruchtungsvorgang bei Dudresnaya dargethan. Ja selbst von der gegenwärtigen Annahme „sexueller Sproß- generationen“ ist man schon bei Florideen zn der Vorstellung gezwungen, daß die materielle Uebertragung der Befruchtung vom Triehogynehaar aus in manchen Fällen durch eine oder mehrere Zellen hindurch, im Gewebe der weiblichen Pflanze fort- geleitet wird. Die Fortführung des befruchtenden Einflusses bis auf die Kapselsporen selbst erscheint hiernach, auch von diesem Stand- punkte aus, nur als eine folgerichtige Annahme. Im consequenter Weise werden wir daher auch bei Ascomyceten den äußerlich differenzirten Befruchtungsact, soweit derselbe hier als constatirt erscheint, als eine bloße Copulation von Urmutterzellen der Zeugungselemente betrachten dürfen, neben welcher gleichfalls noch außerdem eine materielle Uebertragung der Befruchtung auf die Sporen histologisch durch das fertile Gewebe fort ge- leitet wird. Diese complieirten Vorgänge der Befruchtung bei den Pflanzen werden einigermaßen verständlich, wenn man versucht, sie in ihrem genetischen Zusammenhange und in ihren Beziehungen zur Ent- wicklung der Sexualorgane aufzufassen. Die wesentlichsten Unterschiede in den Erscheinungsformen NN a El al nn u he > TU a aan sn und den Generationswechsel der Thallophyten. 383 der Befruchtung werden offenbar bedingt, je nachdem dieselbe vor oder nach vollendeter Gestaltung der letzten geformten Zeugungs- elemente (Schwärmsporen oder Spermatozoide einerseits und Gono- sphären oder Schwärmsporen anderseits) erfolgt oder eingeleitet wird. — Man kann die Befruchtung, wo sie unter dem einfachen Acte einer Vereinigung von Spermatozoid und Gonosphäre oder beide vertretenden Schwärmsporen erfolgt, als „Connubium“ bezeichnen. Innerhalb der Connubiums machen sich dann die weiteren Unterschiede geltend nach dem Grade, in welchem die Befruchtung ihren Einfluß über die Gonosphären hinaus auf die weiblichen Sporangien erstreckt. In den einfacheren Formen, bei welchen die Befruchtung außerhalb des mütterlichen Körpers stattfindet — bei der eigentlichen Paarung von Schwärmsporen und einigen sich nächst anschließenden Formen der Gonosphären- Befruchtung (Zanardinia, Fucus) ist ein weitergreifender Einfluß der Befruchtung auf die weiblichen Sporangien oder die Mutter- zellen der Gonosphären von vorn herein ausgeschlossen. Bei andern einfachen Formen der Gonosphären-Befruchtung (Oedogonien, Vaucheria, selbst Chara) findet die Befruchtung zwar im Innern der weiblichen Sporangien, allein erst nach ihrer völligen Aus- bildung statt, diese erleiden daher in ihrer Entwicklung gar keine oder eine kaum bemerkbare Einwirkung derselben. Dies sind die weiblichen Sporangien, welche als wahre Oogonien gelten können. Dagegen zeigt sich der Einfluß der Befruchtung auf die Spor- angien in allen Fällen, in weichen die Befruchtung eintritt, während das weibliche Sporangium sich noch auf einem jugend- lichen Entwicklungszustande (Archegonium) befindet und erst das Primordium der künftigen Frucht darstellt. In diesen Fällen ge- lanst die Pflanze zu einer wahren Fruchtbildung. Dem Connubium gegenüber steht die Copulation, als derjenige Vorgang, bei welchem die Befruchtung schon eingeleitet wird vor vollendeter Gestaltung der männlichen oder selbst vor jeder Anlage geformter, männlicher und weib- licher Zeugungselemente. Hier nehmen schon die Bildungsorgane der Zeugungselemente einen directen Antheil an der Befruchtung, oder führen sie sogar selbstständig aus. Die Copulationsphänomene sind daher combinirte Befruchtungsacte, bei welchen neben der Copulation der Mutterzellen noch die Verschmelzung ihrer ge- 384 Ueber Sprossung der Moosfrüchte formten oder ungeformten Zeugungselemente als ein besonderer Vorgang besteht und zu unterscheiden ist. In der dem Connubium näher verwandten Modification der Copulation, wie sie zum Theil bei Chytridien und Saprolegnieen, ferner bei Conjugaten und Mucorineen besteht, tritt die Befruch- tung der Gonosphären oder die Vermischung geformter Sporo- blasten noch als ein besonderer und von der Gopulation der Mutter- zellen (Sporangidien, wenn diese gleich sind, oder Oogonium und Antheridium, wenn sie ungleich sind) sichtbar getrennter Act in die Erscheinung. Dagegen zeigt die Copulation schon eine weitergehende Ab- weichung bei der Mehrzahl der Florideen und Ascomyceten, bei welchen die Befruchtung der Gonosphären nicht mehr als besonders sichtbarer Act, sondern durch eine Uebertragung von Zelle zu Zelle, gleichsam histologisch ausgeübt wird. wobei sie bei Flori- deen zwischen dem schon gestalteten männlichen Zeugungselement und dem Primordium der Kapselfrucht stattfindet, während sie bei Ascomyceten sogar noch vor Gestaltung der Spermatozoiden eintritt. In beiden Fällen aber steht, wie bei den wahren Archegoniaten, die Entwicklung der Fruchtanlage unter dem Einflusse der Be- fruchtung und führt zur Entstehung eines complieirten Frucht- körpers, während bei Saprolegnieen, Conjugaten und Mucorineen (Ancylistes, Mesocarpus, Sirogonium, Pyptocephalis) nur Anfänge einer Fruchtgewebebildung bemerkbar sind, die in wenigen Fällen (Phycomyces, Mortierella) eine weitergehende Ausbildung erfahren. Die Paarung der Schwärmsporen bezeichnet, wie ich bereits in meiner Abhandlung über Pandorina !) nachzuweisen versucht habe, eine der frühesten Formen geschlechtlicher Zeugung ?). Für 1) Monatsbericht der Berl. Akad. d. Wiss. October 1869. 2) Während dieser Aufsatz gedruckt wird, erhalte ich eine Abhandlung von Cienkowski: „Zur Morphologie der Ulothricheen“ (Melanges biolog. t. d. Bullet. de l’Acad. Imper. d. sc. d. St. Pötersbourg 20. Mars 1. Avril Verfasser eine nicht ganz vollständige Beobachtung eines Befruchtungsvorganges an Oylindrocapsa (Reinsch), einer mit Ulothrix verwandten Conferve, mittheilt. Daraus daß hier Gonosphären - Befruchtung stattfindet, will Cienkowski schließen, daß die Befruchtung auch bei Ulothrix in derselben Form stattfinden müsse, und daß deshalb die von Cramer und Dodel beobachtete Paarung der 1876), in welcher der Ani AP ae Denn. he ” und den Generationswechsel der Thallophyten. 339 die zweifellos aus derselben hervorgesangene, dem Connubium in meinem Sinne angehörige Reihe habe ich das durchgreifende Vorkommen eines Empfängnißfleckes !) an den Gonosphären geltend gemacht. Ich war jedoch nicht im Stande, einige Ausnahmen — wie z.B. das Fehlen des Empfängnißfleckes bei Saprolegnia, Peronospora etc. — zu erklären. | Auch ließen offenbar die Befruchtungsvorgänge der Florideen und Ascomyceten, worauf ich selbst aufmerksam machte, sich auf das Schema der Paarung nicht zurückführen ?). Die hier dargelegten Gesichtspunkte über die Befruchtungs- vorgänge heben diese Schwierigkeiten zum Theil. Der dem farblosen Ende der Schwärmsporen entsprechende Empfängnißfleck der Gonosphären ist morphologisch homolog und seiner Function nach identisch mit dem Haar der Trichogyne bei den Florideen. Ganz so, wie bei denjenigen Florideen-Früchten von einfachem Bau (Nemalion), bei welchen der gesammte Sporencomplex aus der durch den Isthmus begrenzten Basis der Trichogsyne her- vorgeht, die ganze Trichogyne, obgleich ursprünglich eine einzige Zelle, dennoch deutlich aus zwei getrennten Theilen besteht, dem für die Empfängniß bestimmten Organ (Trichogynehaar) und dem eigentlichen Primordium der Sporencomplexe (Trichogynezelle Solms-Laubach)?°), so besteht jede Gonosphäre, welche einer direceten Befruchtung unterliegt, aus zwei Theilen, der eigent- Mierogonidien bei Ulothriw nicht als Befruchtungsact zu deuten sei. Dieser Schluß entbehrt jedoch jeder Begründung. Daß in verwandten Formen niedriger Organismen sehr verschiedene Modificationen des Befruchtungsactes auftreten, zeigen Chytridien und Saprolegnien (man vergleiche S. 37 dieses Aufsatzes) und die Beobachtung von Cienkowski würde nur dafür sprechen, daß die Befruchtungsvorgänge der Conferven sich schon in der Ulothrix-Gruppe differenzirt haben, gerade wie die der Pilze in der Gruppe der Ohytridien und Saprolegnien. 1) Ich gebrauche diesen später von Strasburger eingeführten Ausdruck an Stelle der ursprünglich von mir gebrauchten Bezeichnung ‚„Befruchtungsfleck“ und „Keimfleck‘“, weil er keine Mißdeutung zuläßt. 2) In Bezug auf das Nähere hierüber verweise ich auf die Bemerkungen von de Bary zu meinem Aufsatz über Paarung (Bot. Zeit. 1870. pag. 90) und meine Erwiderung auf dieselben (Bot. Zeit. 1870. pag. 265. 3) Ueber die Ausdrücke „Isthmus“, ‚„Trichogynezelle“, ‚„Trichogynehaar“ , vergleiche man die genaue und detaillirte Unterscheidung bei Solms-Laubach (Ueber die Fruchtentwicklung von Datrachospermum. Bot. Zeit. 1867. pag 165). Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd. II, 25 36 Ueber Sprossung der Moosfrüchte os lichen materiellen Anlage der künftigen Oospore und dem am Vorderende befindlichen, das Trichogynehaar vertretenden, für die Empfängniß bestimmten Organ. In allen Fällen nun, in welchen die Befruchtung in zwei Acte zerlegt und der einleitende Act der Empfängniß (Copulation) von der eigentlichen Befruchtung der Gonosphären getrennt ist, kann man daher auch den Empfängnißfleck nicht an der Gonosphäre, sondern muß ihn an der Stelle suchen, wo die erste Berührung der männlichen Zeugungselemente mit dem weiblichen Organ statt- findet. Dies ist der Fall bei Saprolegnia und Achlya, wo das dem Empfängnißfleck der Oosporen oder dem Trichogynehaar der Florideen homologe Organ deutlich in den Copulationswarzen der Oogonien vertreten ist. Es liegt nahe, auch bei dem weniger durchsichtigen Befruchtungsacte von Peronospora und Cystopus das Erscheinen des Empfängnißfleckes an den Oogonien zu ver- muthen. Soweit ich es bis jetzt übersehe, würden daher die Gonosphären von Fucus den einzigen Fall bilden, der sich dieser Anschauung noch nicht fügen will. Treten wir nun der Frage nach dem Generationswechsel der Thallophyten wieder näher, so muß zunächst auch für diejenigen Thallophyten, deren Oosporen direct befruchtet werden, und für diejenigen, welche Zygosporen haben, die Frage nach dem Anfange der neuen Generationen, so wie es für Florideen und Ascomyceten oben geschehen ist, genauer als bisher bestimmt werden. Sind z. B. die Oosporen von Vaucheria, Saprolegnia, Cystopus u. Ss. w., die aus Paarung oder Gonosphären-Befruchtung hervor- gegangenen Sporen der Volvocineen; ferner die Zygosporen der Spirogyren, Desmidiaceen, Mucorineen u. s. w. als ein- und mehr- sporige Früchte oder als Sporen zu deuten? Solange man den Generationswechsel der Thallophyten nach dem Schema der Moose im Gegensatz von Frucht und Pflanze suchte, erschien es, um den Anschluß an die Moose zu gewinnen, fast folgerichtiger, sie für ein- und mehrsporige Früchte zu er- klären !). Doch drängte sich das Bedenkliche dieser Vorstellung 1) Al. Braun: Ueber Parthenogenesis bei Pflanzen in Abhandlungen der Berliner Akademie der Wiss. 1856. pag. 372—373. Celakowsky Sitz. d. mathem.- naturw. Olasse d. Königl. böhm. Gesellsch. d. Wiss. am 6. März 1874. und den Generationswechsel der Thallophyten. 387 schon früh auf und erhielt eine Milderung in der Annahme, daß hier nur eine Art Fruchtanfang, ein Rudiment einer Frucht vor- liege !). Allein zugleich sollte die Spore doch den Schluß der alten, ihr Endosporium den Anfang der neuen Generation bilden. Dieser Unterscheidung zwischen der Spore und ihrem Endosporium stehen aber schon die verschiedenen Keimungsformen der Oosporen ent- gegen, und weiter ausgedehnt, führt sie zu unhaltbaren Conse- quenzen.: Wenn wir in dieser Weise bei den Oosporen zwischen Spore und Endosporium unterscheiden wollen, warum nicht auch bei den Moossporen, den Farnsporen, den Pollenkörnern, die ja sämmtlich gleichfalls mit ihrem Endosporium auskeimen? Dies würde aber eine Verwirrung in die Lehre vom Generationswechsel der Cormophyten hineintragen, die offenbar zu ganz unnatürlichen Vorstellungen hinführen müßte. Und doch ist die Erscheinung in allen genannten Fällen durchaus die gleiche und hat histologisch, physiologisch und morphologisch genau denselben Werth. In der That sind hier die Mutterzellen der Gonosphären, die Oogonien und bei den copulativen Formen der ganze Copulationsapparat — d. h. beide mit einander copulirte Mutterzellen oder Sporangidien ?) — die Früchte dieser Pflanzen ; die Spore aber ist die erste oder Anfangszelle -der neuen Generation. — Daß sie in den meisten Fällen bei ihrer Keimung ihre äußere Membran abstreift, ist ein für ihren morphologischen Werth an sich gleichgültiger Umstand. So erscheint alsdann das Endosporium als das, was es ist, als die innerste Schicht einer Sporenmembran, die auf einander folgenden Generationen treten scharf aus einander, und auch der Anschluß an die Moosfrucht gewinnt an Klarheit. Denn die befruchtete Oospore der Thallo- 1) Al. Brauna.a O0. 2) Von dem Gesichtspunkte, daß die copulirenden Mutterzellen die homologen Gebilde derjenigen Organe sind, welche in anderen Fällen Gonosphären und Sper- matozoide oder die weiblichen und männlichen Schwärmsporen erzeugen, also die homologen Organe der männlichen und weiblichen Sporangien in meinem Sinne, kann man die copulirenden Mutterzellen der rein copulativen Formen, wo sie einander ganz oder fast ganz gleichen, geradezu „Sporangidien“ nennen, wie ich dies im Laufe dieser Abhandlungen schon mehrfach gethan habe. Man kann daher von Copulation der „Sporangidien“ reden. Durch Gewebebildung in oder aus den Sporangidien in . Folge der Befruchtung können dann complieirtere Fruchtformen entstehen. 38 Rn Ueber Sprossung der Moosfrächte phyten erhält genau die gleiche Bedeutung, wie die befruchtete Gonosphäre im Archegonium der Moose, und der ganze Unterschied besteht darin, daß sie bei den Thallophyten zu einer selb- ständigen, bei den Moosen zu einer mit der Muttergeneration im Zusammenhange verbleibenden neuen Generation auskeimt. Wir werden daher auch bei diesen einfachen Formen zu dem Schlusse geführt, daß die neuen, sexuell erzeugten Generationen mit den Oosporen beginnen, und es kann daher auch hier, wie bei Florideen und Ascomyceten, von einem sexuellen Generationswechsel nur in so weit die Rede sein, als derselbe zwischen Formen freier, selbtständiger Pflanzen besteht. Es frägt sich daher nur, ob überhaupt ein Generationswechsel der freien Generationen bei den Thallophyten vorhanden ist, welches Abhängigkeitsverhältniß er hier ausdrückt, und ob dasselbe gleich oder ähnlich ist dem Abhängigkeitsverhältnisse der Entwicklungs- abschnitte der Moose und Farne. Dies führt nun wieder zu dem Ausgangspunkte meiner Betrachtung, zu jener Reihe von Er- scheinungen zurück, die ich schon in meiner Abhandlung über die Achlya prolifera beschrieben und später für Vaucherien, Oedogonien und Coleochäteen nachgewiesen habe und damals als Generationsfolge der Sproßfolge der Phanerogamen anzuschließen noch geneigt war. In dieser Generationsfolge finde ich bei Thallophyten dieselbe Erscheinung wieder, die man bei Cormophyten „Generationswechsel“ genannt hat. Sie ist nicht bloß auf die genannten Kreise be- schränkt, sondern scheint bei denjenigen Thallophyten, welche neben Sexualität noch eine besondere Form ächter Sporangien und. Sporen besitzen, weit verbreitet zu sein. Der Generationswechsel ercheint hier in seiner frühesten Form, in welcher die Wechselgenerationen noch als völlig von einander getrennte Entwicklungsglieder die Dimorphie oder — bei Spaltung des sexuellen Abschnittes — die Trimorphie der selbständigen, zu derselben Art gehörigen Pflanzenformen hervorrufen. Denn die freien (Generationen der Thallophyten unterscheiden sich nicht nur nach ihrer Entstehung aus unbefruchteten und befruchteten Sporen, sondern auch dadurch, daß in zahlreichen Fällen eine nahezu streng durchgeführte Scheidung der Generationen in solche mit ächten Sporen (neutrale Generationen) und solche mit Sexualorganen (sexuelle Generationen) vorhanden ist. In engem Zusammenhange mit dieser strengeren Scheidung findet dann auch und den Generationswechsel der Thallophyten. 389 eine mehr oder weniger regelmäßige Succession neutraler und sexueller Generationen im Entwicklungsgange statt. Ich unterscheide hier, wie man sieht — in diesem Punkte in voller Uebereinstimmung mit Sachs!) und Celakowsky?) —, die zum Generationswechsel gehörigen Sporangien und Sporen als ächte Sporangien und Sporen von den anderen, ungeschlechtlichen Propagationen der Art. Diese Unterscheidung erhält eine gewisse Berechtigung, wenn man annimmt, wie ich dies durch die hervor- gehobenen Homologien der drei Formen wahrer Fructifications- organe — ächter Sporangien, Antheridien und Archegonien im weitesten Sinne — habe andeuten wollen, daß zwischen diesen ächten Sporangien und den sexuellen Organen eine genetische Ver- wandtschaft besteht, d. h. daß sie wirklich aus einander hervor- sesangen sind, und daß diese Verwandtschaft im Generations- wechsel sich durch die stellvertretende, correlative Succession der Generationen mit Sporen und der Generationen mit Sexualorganen offenbart. In den beiden Formen des Generationswechsels, denen wir bei Thallophyten und Cormophyten begegnen, und die man bisher als Generationsfolge und Generationswechsel unterschied ?) und für wesentlich verschiedene Entwicklungsvorgänge ansah, handelt es sich jedoch nur um genau die gleiche Erscheinung, um die Auf-* einanderfolge von Generationen oder von Entwicklungsabschnitten mit neutraler (ächter) Sporenbildung und Generationen oder Ent- wicklungsabschnitten mit sexueller Sporenbildung (Oosporenbildung). 1) Lehrb. d. Botanik. IV. Auflage. pag. 231, 234, 237. 2) a. a. 0. 3) Celakowsky a. a. O. unterscheidet zum Beispiel I. Antithetischen Generationswechsel. 1. Biontenwechsel bei Moosen nnd Gefäßeryptogamen. 2. Sproßwechsel bei Florideen und Pilzen. II. Homologen Generationswechsel. 1. Biontenwechsel bei Algen und Pilzen. 2. Sproßwechsel bei Phanerogamen und Verhältniß von Protonema zum Caulom bei Moosen u. s. w. In meiner Auffassung fällt I. 2. ganz aus, soweit er nicht als wirklicher Sproßwechsel in die vegetative Sphäre fällt und daher unter II. 2. gehört. I. 1. und II. 1. biiden den wahren sexuellen Generationswechsel in meinem Sinne. II. 2. umfaßt alle Formen des Sproßwechsels oder vegetativen Gene- rationswechsels, gleichgültig, ob die Wechselabschnitte Thallome oder Caulome sind. S) J 390 Ueber Sprossung der Moosfrüchte Bei den Thallophyten erscheint die Succession als eine Ab- lösung einer der Zahl nach unbestimmten Reihe neutraler Gene- rationen — die für sich allein schon einen mehrgliedrigen Gene- rationscyelus darstellt — durch eine oder unter Umständen mehrere sexuelle Generationen. Bei den Cormophyten ist auch der Cyelus neutraler Generationen auf eine einzige reducirt; neutrale und sexuelle Generationen succediren in strengerer Ab- wechselung und treten in eine geschlossene Verbindung zu ein- ander. Beide von diesem Gesichtspunkte schon wenig abweichende Formen werden noch durch Mittelglieder verbunden. Die verschiedenen Formen der Succession, wie sie sich nach den neuesten Beobachtungen thatsächlich gestalten, sollen nun soweit möglich für die einzelnen Kreise kurz nachgewiesen werden. A. Cormophpyten. Nachdem die Sprossung der Prothallien und die Sprossung der Moosfrüchte bekannt ist, kann der Generationswechsel der Moose und Farn zwar nicht mehr in jener unbedingt nothwendigen Abwechselung beider Abschnitte gesucht werden, die früher für den Generationswechsel dieser Cormophyten maaßgebend erschien ; “allein nichtsdestoweniger besteht doch ein unleugbares, wenn auch nicht unbedingt gegenseitiges Abhängigkeits- und Ablösungs-Ver- hältniß zwischen der neutralen und der sexuellen Fruchtform. Bei den Moosen ist zwar die Eibildung schon in so weit unabhängig, als die sexuelle Pflanze unter nicht normalen Verhältnissen unabhängig von den Sporen durch Sprossung der Früchte zur Eibildung zurückkehren kann. Allein die Moosfrucht gehört doch unfraglich als integrirender Theil der bestehenden Moose!) in den Entwicklungsgang der Moospflanze. Die Existenz der Moosfrucht ist aber nach gegenwärtiger Kenntniß unbedingt an den sexuellen Abschnitt und an die Zeugung gebunden, selbst wenn man in einzelnen Fällen eine mögliche normale Verzweigung der Moosfrucht annehmen wollte. Daß übrigens die Sprossung der Moosfrüchte nicht wieder zur Moosfrucht führt, zeigt sogar mit noch größerer Entschiedenheit, als dies früher bekannt war, 1) Ob künftige Moose denkbar sind, denen die Moosfrucht fehlen wird, kann hier füglich unberücksichtigt bleiben. und den Generationswechsel der Thallophyten. Bj! die Abhängigkeit derselben von dem sexuellen Abschnitt der Moos- pflanze. Wiederum bei den Farn hat die Sprossung der Prothallien ganz in entgegengesetzter Weise wie bei den Moosen eine gewisse, unter Umständen bestehende, Unabhängigkeit der Sporen- Pflanze von der Zeugung nachgewiesen. Allein hier ist dagegen die Zeugung, d. h. die Bildung sexueller Organe und die Ent- stehung eines Embryo wieder zweifellos an die Existenz der Spore gebunden, solange nicht jene zukünftigen Farrne gefunden sind, auf die ich in meiner vorläufigen Mittheilung als denkbar möglich hinwies, bei welchen der Proembryo direct aus dem Wedel hervor- sprossen wird. Unzweifelhaft besteht demnach trotz Sprossung der Prothallien und der Moosfrüchte noch eine Abhängigkeit und eine Ablösung von Sporenbildung und Zeugung bei den Cormophyten, die bei Gymnospermen und Phanerogamen so groß wird, daß hier über- haupt keinerlei normale Fruchtbildung ohne Sporenbildung mehr möglich ist. B. Thallophyten. Bei den Thallophyten entspricht dagegen der freieren Gestal- tung ihrer dimorphen Entwicklungsabschnitte, die als selbständige, scheinbar von einander ganz unabhängige, sächliche und sexuelle Pflanzen auftreten, auch die unabhängigere und weniger strenge Form ihrer Ablösung und Succession im Generationswechsel. Hier tritt, wie mir scheint, in den seltensten Fällen (Sphaeroplea) der Wechsel der dimorphen, sächlichen und sexuellen Generationen in jener bestimmten Alteration zweier Glieder ein, die wie a, b, a,b...auf einander folgen. Die Generationen lösen sich vielmehr gewöhnlich in einer ungebundeneren Folge ab, und der häufigste Fall scheint der zu sein, daß eine größere, unbestimmte Reihe sächlicher Generationen durch eine einzige sexuelle abgelöst wird. Abgesehen von der verschiedenen Fructification sind die di- morphen Formen der Thallophyten nicht nur anatomisch gleich, sondern stimmen auch morphologisch in den untergeordneten Formen ungeschlechtlicher Propagation — Theilung, Loslösung entwicklungs- fähiger Zellen, Bildung adventiver Sprossen und Gonidien etc. — soweit diese in den bestimmten Typen auftreten, mit einander überein. Durch diesen letzteren Umstand ist an sich schon, ganz 392 Ueber Sprossung der Moosfrüchte abgesehen von ihrer eigentlichen, sächlichen und geschlechtlichen Fructification, ihre physiologische, wie es scheint, von einander unabhängige Existenz gesichert, und deshalb findet sich an vielen Stellen bald die eine, bald die andere Form allein vor. Jede ausgesprochene Di- oder Trimorphie der zu einer Thallo- phyten-Species gehörigen Formen begründet daher die Vermuthung einer existirenden Generationsfolge im Entwicklungsgange. Wo die zweierlei correlativen Früchte noch nicht scharf von einander ge- trennt auf besonderen Exemplaren auftreten, da erscheint die Generationsfolge noch nicht bestimmter geregelt. Wo aber eine Dimorphie überhaupt fehlt (Fucaceen, Characeen, Conjugaten), da fehlt auch der Generationswechsel, und man darf in einigen Fällen annehmen, durch Schwinden der sächlichen Generationen erloschen. Diese Pflanzen wären hiernach bereits rein sexuell geworden. Daß aber die dimorphen Formen im Entwicklungsgange der Art sich wirklich einander ablösen, und daß diese Ablösung sich unter normalen Verhältnissen mit einer gewissen Regelmäßigkeit wieder- holt, ist eine Thatsache, die nicht geleugnet werden kann. Wer sich hiervon noch nicht überzeugt hält, darf nur die normale Ent- wicklung reiner Saprolegnia-Rasen auf Insecten vom Beginne bis zum Ende ihrer Entwicklung aufmerksam verfolgen. Nach einer unbestimmten Reihe neutraler Generationen (Zoo- sporangien-Exemplare) tritt eine sexuelle auf. Aus der Keimung ihrer Oosporen gehen normal wieder neue Generationen hervor. Allein dies ist, wie ich wiederhole, nicht so zu verstehen, als ob die Dimorphie der Formen hier eine absolute wäre, denn es kommen auch Pflanzen vor, die beide Früchte, die sexuellen und neutralen, zugleich besitzen; gewöhnlich treten sie in der Reihe beim Ueber- sang von den neutralen zu den sexuellen auf. Meist allerdings ist die Scheidung eine so streng durchgeführte, daß man geneigt ist, sie für eine absolute zu halten. Als ich diese Erscheinung bei Saprolegnia ferax zum ersten Mal genauer verfolgte und wochen- lang vergeblich nach einem Zusammenhang zwischen Schläuchen mit Zoosporangien und Schläuchen mit. Oogonien suchte, hielt ich diese Formen hier für streng geschieden '); allein ich habe mich 1) Man vergleiche meinen Aufsatz über die Achlya prolifera in: Nova Acta Vol. XXIII. T. I. Für die etwaigen Leser dieses Aufsatzes bemerke ich, daß die Pflanze jetzt Saprolegnia ferax heißt (Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. IX. pag. 19); daß der Aufsatz mehrere Jahre vor Kenntniß des Geschlechtes bei den Thallo- und den Generationswechsel der Thallophyten. 395 später wiederholt bei verschiedenen Arten überzeugt, daß Zoo- sporangien und Oogonien doch auch an denselben Individuen auf- treten können, und habe deshalb eine Pflanze, die beide Organe trägt, abgebildet 'J,. Ganz das gleiche Verhalten zeigen die Species von Vaucheria, Oedogonium, Coleochaete. Auch hier treten bei unzweifelhafter Aufeinanderfolge sächlicher und sexueller Gene- rationen dazwischen auch Generationen mit beiderlei Organen (Zoosporangien und Oogonien) auf. Solche Fälle finden sich von mir und Anderen ausdrücklich erwähnt und auch abgebildet ?). Aeußerst leicht kann man sich z. B. von der Bildung der Schwärm- sporen in den vegetativen Zellen der weiblichen Oedogonien über- zeugen. Ich führe diese bekannten Thatsachen hier so ausführlich an, weil sie die Grundlage meiner Auffassung des Generationswechsels der Thallophyten bilden, und zugleich weil sie, wie mir scheint, mit Evidenz nachweisen, wie die ungeeignete Uebertragung einer vermeintlichen absoluten Differenz der Wechselgenerationen von Moosen und Farn auf die Thallophyten, vereint mit der Vor- stellung von sexuellen Sproßgenerationen, nothwendig zu den srößten Mißverständnissen und Fehlschlüssen führen mußte. Die gleiche Aufeinanderfolge oder die Unterbrechung einer unbestimmten Reihe neutraler Generationen durch eine sexuelle findet sich auch bei den einzelligen, freien oder in Familien ver- einigten Volvocineen und Hydrodicetyeen. Die Aufeinanderfolge beweglicher und ruhender Generationen ist auch hier bekanntlich schon vor Kenntniß des Geschlechts der Thallophyten und ohne Beziehung zur Sexualität genauer zuerst von Al. Braun bei Chlamidococcus ?) beschrieben worden. Allein phyten geschrieben ist; daß die Zoosporangien dort kolbige, die Oogonien kugelige Sporangien heißen, und daß ich die Generationsfolge zwischen diesen auf äußere Bedingungen, unter welchen die Formen entstehen, zurückzuführen suchte. Man vergleiche auch Walz, Jahrbücher f. wiss. Bo. Bd. V. pag. 140. 1) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. II. Taf. XXII Fig. 8. 2) Abgebildet sind z. B. solche Fälle für Voucheria von Thuret (Ann. d. se. nat. II. Serie Tome XIX. pag 274. Pl. 13. fig. 39 u. fig. 41.) für Ooleochaete von mir (Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. II. Taf. V Fig. 8), wobei ich noch bemerke, daß es sich im letztern Falle nicht um die Zoosporen des Fruchtkörpers handelt, sondern um diejenigen, welche in den vegetativen Zellen der Geschlechts- pflanzen auftreten. 3) Verjüngung. pag. 219 u. £. 394 Ueber Sprossung der Moosfrüchte diese Abwechslung beweglicher und ruhender Generationen fällt nicht zusammen mit dem durch die Sexualität hervorgerufenen Generationswechsel dieser Pflanze, den ich hier im Auge habe. Auch bei Sachs!) findet sich die Vorstellung, daß. der Generations- wechsel der Volvocineen zwischen den beweglichen Formen und den aus Paarung oder Befruchtung hervorgegangenen ruhen- den Sporen stattfindet, indem auch hier entsprechend der Vor- stellung von Frucht-Generationen bei den Thallophyten die sog. Ruhe- oder Dauerspore als Frucht den beweglichen Generationen gegenübergestellt wird. Nach meiner Ansicht ist dagegen die ruhende Spore auch hier nur die erste neutrale, hier natürlich gleichfalls einzellige Ge- neration. Beginnt man mit der Bildung der ersten beweglichen Genera- tionen aus der keimenden Dauer- oder Ruhespore, so sehen wir, wie bei Saprolegnia, Vaucheria, den Oedogonien u. s. w. einen Oy- clus auf einander folgender, neutraler, hier beweglicher Generationen entstehen; schließlich wird von diesen eine einzige sexuelle, hier gleichfalls bewegliche Generation — die sich paarenden Schwärmsporen oder, wenn hier die weibliche Schwärmspore ihre Mutterzelle nicht verläßt, Gonosphäre und Spermatozoid — er- zeugt. Durch Paarung oder Befruchtung dieser sexuellen Gene- rationen entsteht als erste neutrale Generation die sog. Dauer- spore. Sie beginnt daher nur den Cyclus der neutralen Generationen, welcher, wie die verschiedene Art der Entwicklung der Dauer- spore von Chlamidococeus z. B. zeigt, sowohl aus Dauer-Gene- rationen als aus beweglichen Generationen !bestehen kann. Der Unterschied von Uebergangs- und Reihen-Generationen fällt hier schon. in den Cyclus der neutralen Generationen hinein. Der Gegensatz aber, welcher im sexuellen Generationswechsel sich auspricht, liegt zwischen den beweglichen sexuellen Genera- tionen und der ganzen Reihe der neutralen, den beweglichen und unbeweglichen. Daß die erste neutrale, hier ruhende Generation, sich von den folgenden, den beweglichen unterscheidet, ist eine weit ver- breitete und, wie wir später sehen werden, für die Fortbildung des Generationswechsels im Pflanzenreiche sehr wesentliche Er- 1) Lehrbuch der Botanik. IV. Auflage. pag. 238. u ren m BE ie m nic nn En za und den Generationswechsel der Thallophyten. 395 scheinung. Für den Generationswechsel der Art dagegen nur von nebensächlicher Bedeutung. Der Vorgang entspricht bei diesen rein einzelligen Gewächsen genau dem Vorgange bei Saprolegnia, Vaucheria u. s. w., wo die erste neutrale Generation gleichfalls mit der Keimung einer ruhenden Spore (Oospore) beginnt, während die folgenden neutralen Generationen mit der Keimung beweglicher Sporen ihren Anfang nehmen. Wir haben es daher auch bei Volvocineen und Hydro- dietyeen mit einem sehr scharf ausgesprochenen Generations- wechsel zu thun, in welchem regelmäßig ein langer Cyclus neu- traler Generationen durch eine einzige sexuelle unterbrochen wird. Derselbe wird hier äußerlich sofort erkennbar durch die Tri- morphie der drei vorhandenen Schwärmsporen-Arten, der männ- lichen, weiblichen und der sächlichen. Die letzteren erscheinen aber hier gewöhnlich nur bei der Bildung der ersten beweg- lichen Generationen aus der Ruhespore als frei bewegliche Zellen; bei der Entstehung der späteren neutralen Generationen gelangen sie durch die Bildung der Öoenobien nicht mehr zu selbstständig freier Entwicklung !). Die Cultur der Meeres-Algen durch mehrere Generationen hindurch stieß bisher auf. noch nicht überwundene Schwierigkeiten. Es ist daher auch kein directer Nachweis über ihre Generations- folge vorhanden. Allein wir finden bei den drei großen Ab- theilungen, bei welchen die Sexualität sicher nachgewiesen, oder so gut wie nachgewiesen ist, bei Phaeosporeen, Dietyoteen und Florideen, eine so streng, wie kaum irgend wo anders, bei Thallophyten, ausgesprochene und durchgeführte Di- resp. Tri- morphie der Formen. Und es ist kaum zweifelhaft, daß diese hier gleichfalls eine correlative, d. h. der Ausdruck einer stellver- tretenden Ablösung ist. Jedenfalls ist die Annahme die nächst- liegende, daß bei Florideen und Dietyoteen zwischen Exemplaren mit Kapselfrüchten und Exemplaren mit Vierlingsfrüchten eine ähnliche Abwechslung besteht, wie bei den eben besprochenen Süßwasser-Thallophyten. Dasselbe läßt sich nach der Entdeckung von Reinke°) an Zanardinia collaris für die Phaeosporen ver- 1) Man vergleiche z. B. die Entwicklung von Hydrodietyon, Pandorina etc. (Monatsberichte der Berl. Akad. d. Wiss. vom Dec. 1860 u. vom October 1869). 2) Ueber das Wachsthum und die Fortpflanzung von Zanardinia collarıs Or. in; Monatsberichte der Berliner Akad. d. Wiss, vom October 1876. 396 Ueber Sprossung der Moosfrüchte muthen. — Ob die Kapselsporen bei ihrer Keimung nur Exem- plare mit Vierlingsfrüchten erzeugen, und umgekeht, oder ob hier Cyclen von Kapsel- und Cyclen von Vierlings-Exemplaren sich ab- lösen, erscheint von geringerer Bedeutung. Ebenso wovon es ab- hängt, daß die Kapselexemplare an ihren Standörtern oft ohne Vierlings-Exemplare oder zu anderen Zeiten gefunden werden. Dies deutet auf noch nicht genügend bekannte, aber deutlich vor- handene Beziehungen zwischen beiden. Auch liegen bereits einige Beobachtungen und Andeutungen vor, wonach die Keimlinge der Kapsel- und Vierlingssporen eine divergente Entwicklungsweise befolgen. Denn Niemand wird wohl geneigt sein, anzunehmen, daß die Florideen mit Vierlingsfrüchten als selbständige Formen neben den Florideen mit Kapselfrüchten bestehen und sich von diesen etwa als rein ungeschlechtliche Formen abgelöst haben. Wäre dies der Fall, so hätten die beiden Formen längst ihre gemeinsamen specifischen Charactere eingebüßt. Da es aber wohl kaum je zweifelhaft ist, zu welcher Kapselform eine Vierlingsform gehört, so erweisen diese durch die ganze Reihe zahlreicher Typen festge- haltenen Species-Charactere beider Formen wohl zweiffellos, daß beide ihre Eigenschaften immer wieder gegenseitig ausgleichen und auf einander übertragen. Auch kommen ja in selteneren Fällen auch hier noch Kapsel- und Vierlingsfrüchte auf derselben Pflanze vor !). Unter den übrigen Abtheilungen der Thallophyten fehlt einigen Kreisen jede Spur einer Dimorphie der Fructificationsorgane, die ja dem Generationswechsel nothwendig zu Grunde liegt. Dahin gehören die Characeen und unter den Algen die Fucaceen und sämmtliche Conjugaten im weitesten Sinne mit Einschluß der Bacillarieen. Hier sind nur Geschlechtspflanzen, keine Sporenpflanzen vor- handen. Bei ihnen kann daher in meinem Sinne von einem Gene- rationswechsel nicht die Rede sein. Diejenigen, welche bei den copulativen Formen die Sporen dieser Gewächse für Früchte ansehen, können bei diesen in ihrem Sinne eine Art rudimentären Generationswechsels finden. Allein dies ist schon an sich für Fucaceen und Characeen gar nicht 1) Beiträge zur Morphologie der Meeresalgen von N. Pringsheim in: Ab- handl. d. K. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1862. pag. 21. Taf. IV. und den Generationswechsel der Thallophyten. 397 möglich. Bei den Fucaceen beginnen, wie Jeder zugeben wird, die neuen Generationen mit der befruchteten Spore. Ihre Spor- angien sind die Einzelfrüchte, in denen die Sporen gebildet werden. Die Ansammlungen derselben in den Conceptaclen (Scaphidia Ag.) treten in den höheren Formen gleichfalls zu äußerlich sich abgrenzenden Thallomtheilen zusammen, die hier Niemand für be- sondere Generationen erklären wird. Ebenso beginnt bei Characeen die neue Generation mit der Spore. Kann hier — wie bereits früher bemerkt — die Frucht auch als Spross gelten, so ist dieser doch schon vor der Befruchtung nicht nur angelegt, sondern sogar, abgesehen von Incrustation und Verholzung, seinem ganzen constituirenden Gewebe nach fertig. Von einer Frucht im Sinne einer Sproßgeneration kann mithin hier in keinem Falle die Rede sein. Aber auch bei den rein copulativen Formen bilden, wie ich mich oben zu zeigen bemüht habe, die copulirenden Mutter- zellen die Früchte dieser Gewächse, die Zygospore aber ist die erste Zelle der neuen Generation, oder bei den einzelligen Formen, sanz so wie bei Chlamidococcus, die neue Generation selbst. | Alle diese Pflanzen sind, wie gesagt, Pflanzen ohne jeden Gene- rationswechsel, und es muß daher die Frage aufgeworfen werden, in welchem Verhältniß diese Pflanzen ohne Generationswechsel zu den Pflanzen mit Generationswechsel stehen. So lange uns jede nähere Kenntniß der physiologischen Function des Generationswechsels im Entwicklungsgange abgeht, kann sich die Beantwortung dieser Frage selbstverständlich nur in Hypothesen be- wegen. Auch dürfen hierbei offenbar nur diejenigen Entwicklungs- cyelen zu Grunde gelegt werden, von denen es feststeht, daß sie bereits vollständig bekannt sind. Was sollen der Moospflanze, wenn die Fruchtstiele sprossen, die Sporen? Was, wenn Prothalliumsprossung allgemein wäre, den Farn die Zeugung? Daß beide auch ohne jede wahre Fructi- fication sich durch zahlreiche Generationen erhalten können, ist durch viele Beispiele belest. Das Problem der Bedeutung gleich- zeitiger geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Vermehrung für die Erhaltung und für die Fortbildung der Typen erhält für die Pflanzen mit Generationswechsel eine Complication durch die Existenz der ächten Sporen, deren besondere, von Zeugung sowohl, als von Knospen- und Brutzellenbildung unabhängige Function zu ermitteln 398 Ueber Sprossung der Moosfrüchte wäre. Die Erhaltung der Art erscheint durch jede Vermehrungs- form für sich allein schon gesichert. Deshalb ist es aber doch nicht erlaubt, die verschiedenen Vermehrungsweisen als gleich- werthige Propagationsmittel, die ohne jede Beziehung zu einander, nur neben einander bestehen, zu betrachten, denn es liegen Er- fahrungen genug vor, die eine vorhandene, functionelle Differenz geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Propagation nachweisen. Die größere Anzahl der Propagationsformen jeder Art ist gewiß ein günstiges Moment für die Erhaltung der Art; allein dieses Moment erschöpft keineswegs ihre Bedeutung, und man darf wohl annehmen, daß dort, wo z. B. ächte Sporenbildung noch neben Zeugung besteht, die unbekannten specifischen Functionen dieser beiden Fructificationsformen sich in ihren Wirkungen ergänzen, Dafür spricht ihre genetische Verwandtschaft und ihre Correlation und Stellvertretung im Generationswechsel. Ueberblickt man nun die weite Verbreitung dieser im Generationswechsel vertretenen Polymorphie im Pflanzenreiche, so liegt wohl der Gedanke nahe und ist auch ausgesprochen worden !), sie sei ein die gesammte Pflanzen- welt beherrschendes Gesetz, gleichsam das reale Ziel der Vegetation und daher nothwendig mit der Sexualität der Gewächse verknüpft. Allein die natürliche Entwicklung des Pflanzenreichs führt, wie ich es auffasse, nicht zur Polymorphie, denn sie schränkt dieselbe offenbar innerhalb sehr enger Grenzen ein, und lenkt selbst von der bereits entstandenen Polymorphie wieder ab, um, indem die beiden ächten Fructificationsformen in eine zusammengezogen werden, zu einer einzigen, der sexuellen Zeugung zu gelangen. An sich wäre es gewiß bei der Zusammennziehung der beiden Fructifieationsformen in eine denkbar, daß in dem einen oder anderen Falle die Sporenbildung sich erbielte und die sexuelle Zeugung wieder verschwände. Allein dies scheint thatsächlich nicht vorzu- kommen, und deshalb erscheint die Sexualität wie ein nothwendiges Endresultat der Entwicklung. Denn unter den höher entwickelten Pflanzen findet sich keine einzige, die man mit voller Sicherheit als reine Sporenpflanze betrachten darf, während höher ent- wickelte, rein sexuelle Formen mit Sicherheit in den Characeen und Fucaceen vorliegen und mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei einigen Florideen-Typen vorhanden sind. Ferner ist man wohl ]) Man vergleiche Al. Braun a. a. O. pag. 294, ee Zus, 2 BEE U a > Du a und den Generationswechsel der Thallophyten. 399 berechtigt die Gymnospermen uud Phanerogamen als |Gewächse zu betrachten, die dem Zustande reiner Sexualität schon sehr nahe kommen, da bei ihnen Sporen- und Eibildung schon unter theil- weiser Verkümmerung der ersten untrennbar zu einem einzigen Vermehrungsaet verbunden sind. Zur Erklärung des Generationswechsels oder doch zu seinem Verständnisse bietet sich daher die Hypothese gleichsam von selbst, daß derselbe trotz seiner weiten Verbreitung im Pflanzenreiche nur eine Durchgangsstufe zwischen ächter Sporenbildung und sexueller Zeugung, gleichsam der Umweg ist, auf welchem in zahlreichen Pflanzentypen die Sporenbildung zur geschlechtlichen Form gelangt, und man darf daher auch annehmen, daß die be- sondere functionelle Bedeutung, die den ächten Sporen im Gene- rationswechsel noch zukommt, bei Erstarkung der Sexualität nach und nach auf die befruchtete Oospore übergeht. Ist diese Auffassung richtig, so lassen sich die rein sexuellen Formen wenigstens zum Theil aus dem allmäligen Schwinden der Sporen-Generationen oder, wie bei der in die Phanerogamen mün- denden Reihe, durch Uebergang der Sexualität auf die Sporen- Generation erklären. Allein anderseits ist der Generationswechsel, der ja nur eine, durch die Aufeinanderfolge bestimmte Form der Sporen-Dimorphie ausdrückt, nicht als eine durchaus noth- wendige Durchgangsstufe zur Sexualität zu betrachten, denn diese kann ja auch noch auf anderem Wege aus der Dimorphie der Sporen sich entwickelt haben oder selbst direet vor jeder Sporen- bildung entstanden sein. So liest es nahe, die ausschließliche Existenz sexueller Pflanzen bei Batrachospermum, Lemanea, Helminthora und einigen ver- wandten Formen aus dem allmäligen Untergange der Exemplare mit Vierlingsfrüchten bei den Formen, aus denen sie entstanden sind, zu erklären. — Ebenso wird man vielleicht ein Schwinden der Sporenformen bei Fucaceen und Characeen annehmen dürfen. Dagegen erscheint für die Conjugaten die Annahme, daß ihre Sporenpflanzen geschwunden sind, schon wieder unwahrscheinlicher. Hier ist man gewöhnt, die Copulation als die ursprünglichste Form der Sexualität zu betrachten, welche bei den einzelligen Formen mit der Verschmelzung ganzer Individuen im Copulationsacte be- sonnen hat. Man müßte aber dann zugleich annehmen, daß die Sexualität sich hier überhaupt vor jeder neutralen Sporenbildung 400 Ueber Sprossung der Moosfrüchte entwickelt hat. Die Conjugaten würden dann eine Formenreihe repräsentiren, die ohne Durchgang durch den Generationswechsel direet zur Sexualität gelangt ist. Man kann die Berechtigung dieser Anschauung zugeben, darf aber doch nicht vergessen, daß sie nur unangreifbar wäre, wenn wir behaupten dürften, daß die schon bekannten, niedrigen, copulativen Formen der Reihe wirk- lich die frühesten waren, welche hier zur Fructification und Sexu- alität gelangt sind. Hierfür besitzen wir aber keine genügenden Anhaltspunkte, und bei der homologen, copulativen Reihe unter den Pilzen scheint dies, wie ich unten zeigen werde, nicht der Fall gewesen zu sein; vielmehr erscheint dort die Copulation als die spätere, zur Zoosporenbildung hinzugetretene und’ aus ihr abgeleitete Fructificationsform. Auch der Befruchtungsvorgang der Phanerogamen ist offenbar eine spätere, aus dem Connubium abgeleitete Form der Copulation, durch Zurückgreifen der befruchten- den Thätigkeit von den Spermatozoiden auf ihr Bildungsorgan, das Antheridium (Pollenschlauch), hervorgegangen. Es muß daher auch noch unentschieden erscheinen, ob die Copulation der Con- jugaten wirklich als eine ursprüngliche Fruchtform zu betrach- ten ist. Unter den Pilzen, deren Entwicklung man als vollständig bekannt ansehen darf, sind rein sexuelle Formen ganz unbekannt, und der Generationswechsel scheint wenigstens, soweit man es schon jetzt übersehen kann, auch hier weit verbreitet. Allein in manchen Kreisen scheinen die verschiedenen Sporenformen noch nicht deutlicher auf besondere Generationen vertheilt, und es ge- winnt den Anschein, als ob eine strengere Form des Generations- wechsels — wie etwa bei den Algen — hier erst vorbereitet würde und noch nicht erreicht sei. Bei den einfachen Formen mit deutlich ausgebildeten Gono- sphären und Zoosporen bei Chytridien und Saprolegnien ist der Generationswechsel in Form der Succession selbständiger, in Bezug auf ächte Fructification dimorpher Generationen, wie bereits besprochen, unzweifelhaft. Das Gleiche kann für Cystopus und JPeronospora gelten. Durch die directe Keimung ihrer Zoosporangien führt die letztere Gattung in die Reihe der Formen hinüber, bei denen die ächten Sporen nicht mehr Zoosporen, sondern nach der jetzigen Terminologie Conidien sind und durch Abschnürung gebildet werden. Zugleich tritt hier eine unter den und den Generationswechsel der Thallophyten. 401 Pilzen häufige, bei den Algen und auch bei Saprolegnien und Chyridien noch nicht allgemeine Erscheinung, die Abhängigkeit der Wechselgenerationen von dem Wohnorte, schon in ihren ersten An- fängen auf. Die neutralen Generationen sind wesentlich, wenigstens nach ihrer Fructification, Luft- oder Wasserpflanzen, die sexuellen meist dagegen reine Gewebsparasiten. So große Bedeutung dies Abhängigkeitsverhältniß durch die Beziehungen der Wechselgenerationen zu besonderen Nährpflanzen später erhält, und so wichtig es für die Verbreitung der Pilze wird; die thatsächlichen Beziehungen des Generationswechsels, der ja bei Algen und auch bei einigen Saprolegnien ohne diese Ab- hängiekeit vom Standort vorhanden ist, scheinen hierdurch kaum beeinflußt. — In diesen niedrigen Pilzformen der Chytridien, Saprolegnien und ihren Verwandten, die man wohl mit Recht als die Wurzel der höheren copulativen Pilzformen betrachten darf, finden wir nun eine sehr bemerkenswerthe und erstaunliche Mannigfaltigkeit der Befruchtungsvorgänge. Es ist wahrscheinlich, daß bei ge- nauerer Kenntniß der hierher gehörigen, zahlreichen Formen die für die Verwandtschaftsgrade der Thallophytenreihe wichtige und bereits berührte Frage, was früher war, Sporenbildung oder Sexu- alität, Copulation oder Connubium, sich für diesen Kreis der Ent- scheidung wird näher bringen lassen. Sämmtliche Formen der Gonosphären - Befruchtung und Copulation, vereint mit ächten Zoosporangien, finden wir hier in nächstbenachbarten Typen neben einander vor. So z. B. Paarung der Schwärmsporen bei Tetrachy- trium !) Gonosphären-Befruchtung durch männliche Schwärmsporen bei Monoblepharis ?);, Copulation vereint mit Gonosphären-Befruch- tung bei Saprolegnia, Pythium u. s. w., Spirogyra-artige Copulation bei Ancylistes?); wahre Mucor-artige Copulation noch in Ver- bindung mit ächten Zoosporangien bei Zygochytrium ?). Diese Mannigfaltiskeit scheint darauf hinzudeuten, daß die Modificationen der Befruchtungsvorgänge sich von hier aus diffe- renzirt haben. und die Betrachtung der Formen spricht, wie mir scheint, ferner dafür, daß die Copulation, welche in den höheren 1) Sorokin. Einige neue Wasserpilze. Bot. Zeitung. 1874. Nr. 20. 2) Cornu, Ann. d. sc. nat. V. Serie. Tome 15 (1872). pag. 82. 3) Pfitzer, Monatsberichte der Berliner Akad. d. Wiss. vom Mai 1872. 4) Sorokin a. a. O. Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen, Bd. II. 36 402 Ueber Sprossung der Moosfrüchte Typen die herrschende Form der Sexualität bei den Pilzen wird, als der spätere aus den Zoosporangien hervorgebildete Zustand zu betrachten ist. | Für die Mucorineen, deren Zygosporen genau so, wie bei den Conjugaten, nicht Früchte, sondern Anfangszellen der neuen Generationen sind, ist der Generationswechsel in meinem Sinne, die Succession dimorpher, neutraler und sexueller Pflanzen bei der Keimung von Syzygites megalocarpus gleichzeitig vonSchacht!) und de Bary’) aufgefunden worden. Daß die Zygosporen der anderen Mucorineen bei ihrer Keimung gleichfalls Sporangien- oder Conidien-Fruchtträger bilden, ist dann später allseitig bestätigt worden. Aber auch hier hat schon Tulasne Copulation und Sporangien an derselben Pflanze, sogar an demselben Fruchtkörper gefunden, und dieses gemeinsame Auftreten beider Fructificationsformen ist später auch für andere Mucorineen constatirt worden). Auch die von Herrn Dr. Brefeld*) neuerdings beobachtete Erscheinung, wonach die Zygosporen von Sporodinia grandis unter Umständen, die nothwendig die Bildung der Sporangien verhindern, Mycelien mit Zygosporen bilden, gehört meiner Auffassung nach in die Reihe der eben genannten, schon bei den Algen angeführten Thatsachen, daß dieselben Pflanzen beiderlei Fruchtorgane,. die neutralen und sexuellen, bilden können. Daß schon die erste aus den Zygosporen entstehende Generation wieder Zygosporen erzeugen kann, zeigt nur, daß auch bei den Mucorineen unter nicht regelmäßigen Verhältnissen auf den Cyclus der neutralen Generationen mehr als eine einzige sexuelle Generation folgen kann. — Doch scheint auch bei den Mucorineen die Trennung beider Fruchtformen und die Abwechselung von Pflanzen mit Zygosporen und Pflanzen mit Sporangien oder Conidien schon der regelmäßigere und typische Verhältniß zu sein. 1) Kölnische Zeitung vom 1. Juli 1867. Auszug aus den Sitzungsberichten der Niederrheinischen Gesellschaft in Bonn vom 7. April 1867. 2) Beiträge zur Morphologie u. Physiologie der Pilze. Heft 1. 3) Zum Beispiel von de Bary und Woronine, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze. II. pag. 30; von Brefeld, Untersuchungen über Schimmelpilze. Heft 1. pag. 30, 48. 4) Bot. Zeitschr. 1875. pag. 847. und den Generationswechsel der Thallophyten. 403 Bei den Ascomyceten erinnern die Vorgänge der be- ginnenden Fruchtbildung, wie sie zuerst von de Bary!) für Peziza, Eurotium, Erysiphe nachgewiesen wurden, namentlich die Erscheinungen, welche Tulasne?) bei Peziza confluens beschreibt; an die sich dann die Beobachtungen von Woronine?°), Jan- czewski*) und Baranetzki?°) anschließen, sowie endlich die Entdeckung von Stahl‘) an den Apotherien der Flechten mehr oder weniger genau an die Vorgänge der Befruchtung bei Sapro- legnien und Pythien einerseits und andererseits an die Copulations- phaenomene der Mucorineen und Florideen, so daß die gleiche Be- deutung beider Vorgänge allerdings als eine naheliegende und berechtigte Annahme erscheint. Der Vorgang ist bekanntlich auch bis vor Kurzem ganz allge- mein von Allen, die ihn beobachtet haben, so gedeutet worden, und welche Form der Befruchtung auch hier stattfinden möge, ob in dem einen Falle die der Florideen, im anderen Falle die den Sapro- legnieen und Mucorineen verwandte, so viel scheint gewiß, daß die Entwicklung der Perithecien und Apothecien unter dem Einflusse eines Sexualactes steht, welcher an einem Primordium -der Frucht ausgeübt wird. Vorausgesetzt nun, daß diese Auffassung die richtige ist, haben wir jedoch, und dies ist für meine vorliegende Aufgabe die Hauptsache, den Generationswechsel dennoch auch hier keineswegs in dem Gegensatze zwischen dem Mycelium, welches die Sexual- organe trägt, und dem Perithecium oder Apothecium zu suchen. Perithecium und Apothecium sind nicht sexuell erzeugte Gene- rationen, die auf einem ungeschlechtlichen Wege Sporen erzeugen; sondern sie sind, wenn hier Befruchtung stattfindet, doch nur sexuell beeinflußte Organe, in welchen erst die Anfänge der neuen Generationen, die Sporen, unter dem Einflusse der Be- fruchtung erzeugt werden. Der Generationswechsel kann daher auch, sofern er hier be- 1) Ueber die Fruchtentwicklung der Ascomyceten und Beiträge zur Morphol. u. Physiol. der Pilz. Heft III. 2) Ann. d. sc. nat. Bot. Serie V. Tome 6 (1866). Pl. 11 u. 12. 3) Beiträge zur Morphol. u. Physiol. Heft II und III. 4) Bot. Zeitung 1871. Nr. 17. 5) Bot. Zeitung 1872. Nr. 10. 6) Bot. Zeitung 1874. 404 Ueber Sprossung der Moosfrüchte steht, was mir überaus wahrscheinlich ist, nur zwischen den die Perithecien oder Apothecien tragenden Pflanzen und anderen selbständigen Pflanzen gesucht werden, welche in un- mittelbarer oder mittelbarer Folge aus der Keimung der Ascosporen entstehen und jene neutralen Sporangien oder Früchte tragen, die als die homologen und correlativen Fruchtformen der Perithecien und Apothecien zu betrachten sind. Es scheint nicht unwahrscheinlich, daß diese neutrale Frucht- form die Pycniden darstellen, und daß der Generationswechsel in einer aus den bisherigen Beobachtungen noch nicht ganz durch- sichtigen, vielleicht erst sich vorbereitenden Form der Aufeinander- folge und Abwechselung dieser Fruchtformen auftritt. Hierfür spricht nicht nur der Bau der Pycniden, sondern es liegen in den vorhandenen Keimungsbeobachtungen, obgleich die Beobachter den Generationswechsel nicht in diesem Verhältniß ge- sucht haben, schon einige directe Andeutungen für diese Annahme vor. Daß die Ascosporen nicht immer sofort die Mycelien mit Pycniden erzeugen, steht dem ebenso wenig entgegen, wie die bekannte Thatsache, daß Pyceniden und Perithecien an demselben Mycelium auftreten, und daß Generationen von Pycniden in größerer Anzahl ohne Perithecienbildung auf einander folgen können. Dem stehen ferner auch die neuesten Beobachtungen von Herrn Dr. Brefeld!) nicht entgegen, bei welchen derselbe aus Theilen der Fruchtkörper von Ascomyceten und Basidiomyceten Mycelien oder neue Fruchtkörper erzogen hat und daraus die Un- möglichkeit der Sexualität der Ascomyceten erschließen wollte. Herr Dr. Stahl?) hat bereits unter Hinweis auf die früheren Beobachtungen von Farlow gezeigt, daß dieser Schluß auch vom Standpunkte der alten Vorstellungen über den Generationswechsel der Pilze unstatthaft ist. Aber derselbe leidet außerdem noch an der irrthümlichen Voraussetzung, daß der Generationsgegensatz durchaus nur zwischen Mycelium und Frucht bestehen müsse. Da die Fruchtkörper der Pilze aber nach meiner Auffassung, ebenso wie die Kapselfrüchte der Florideen, nur Organe der alten Gene- ration, aber nicht selbst neue Generationen sind, so lassen die Versuche mit den Fruchtkörpern sowohl die Frage nach der 1) Bot. Zeitung 1876. Nr. 4. 2) Bot. Zeitung 1876. Nr. 44. und den Generationswechsel der Thallophyten 405 Sexualität, als die nach dem Generationswechsel der Pilze ganz unberührt. Fernere entscheidende Fälle eines Generationswechsels, d. h. einer vorhandenen Succession freier Generationen bei Pilzen, haben die Untersuchungen von de Bary an den Uredineen auf- gedeckt. Die noch nicht direct nachgewiesene Sexualität darf hier wohl als wahrscheinlich supponirt werden, und die Polymorphie der Generationen würde auch hier wenigstens schon eingeschränkt erscheinen, wenn man sich von der Annahme eines Generations- Gegensatzes von Mycelium und Fruchtkörper frei macht. Besteht nun, wie ich es mir denke, der Generationswechsel der Thallophyten durchweg in der Ablösung freier neutraler und sexueller Generationen, so bleibt nun nur noch die Untersuchung der Frage übrig, wie der Uebergang dieses Generationswechsels zu dem der Moose, der doch seiner äußeren Erscheinung und der usuellen Auffassung nach, als ein Gegensatz von Pflanze und Frucht erscheint, sich vollzogen hat oder wie er denkbar ist. Hier bilden gewisse auffallende Keimungsvorgänge der Thallo- phyten und die Erscheinungen, welche die Fruchtbildung von Coleochaete begleiten, für mich die leitenden Uebergänge. Die Keimung der Oosporen und Zygosporen der Thallophyten, welche Generationswechsel besitzen, zeigt in vielen beobachteten Fällen die Eigenthümlichkeit, daß die Keimpflanze mit bedeutender oder gänzlicher Unterdrückung der vegetativen, thallodischen Gestaltung schon sehr früh oder sogleich zur Bildung der neutralen Sporangien und Sporen schreitet. Es unterscheidet sich hierin diese erste neutrale Generation auffallend und bedeutend von den folgenden. In manchen Fällen besteht die Keimung der Oospore ganz allein in der Bildung eines Sporangiums, d. h. die erste neutrale Gene- ration ist ganz und gar auf ein Sporangium reducirt. So zum Bei- spiel bei Oedogonien, Bulbochuete, Sphaeroplea. Hydrodictyon, Pan- dorina, Cystopus. In anderen Fällen ist die erste neutrale Gene- ration auf einen bloßen Fruchtträger beschränkt; so bei Mucorineen. Daß der Unterschied an sich ursprünglich nicht groß ist, zeigen diejenigen Fälle, in welchen die Keimung der Oospore derselben Pflanze bald mit, bald ohne Unterdrückung der thällodischen Ge- stalt stattfindet. Ausgezeichnete Beispiele dieser schwankenden Keimungsform zeigen die Saprolegnien und Achlyen'). 1) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. IX. pag. 227 u. f. Taf. XX und XXI. 406 Ueber Sprossung der Moosfrüchte In noch anderen Fällen zeigen benachbarte Gattungen sich hierin verschieden, die eine zeigt Sporangienkeimung (Cystopus '), die andere Mycelienkeimung (Peronospora ?). Es kann daher als ein allgemeiner Erfahrungssatz unter den Thallophyten gelten, daß die erste neutrale Generation mit ge- ringerer oder größerer Unterdrückung des vegetativen Theiles der Pflanze auf einem kurzen Wege zur Sporenbildung eilt. In den Fällen mit reiner oder fast reiner Sporangienkeimung gewinnt dann die erste neutrale Generation einen von den fol- genden neutralen entschieden differenten Habitus, so bei Oedognium, Pandorina, Cystopus, Saprolegnieen, Mucorineen. Diese äußerliche Differenz wird noch gesteigert in den Fällen, wenn die erste neutrale Generation schon im Oogonium selbst zur Keimung gelangt, wenn also diese neutrale Generation von der weiblichen festgehalten und in ihr aufgenommen wird. Dies ge- schieht bei Coleochaete. Bei Coleochaete scutata unterscheidet sich die im berindeten Oogonium zur Keimung gelangende, erste neu- trale Generation — das Muttergewebe der Schwärmsporen — von den folgenden eigentlich nur durch den geringeren Umfang ihrer Gewebebildung ’), gewinnt aber doch schon hierdurch allein einen etwas verschiedenen Ausdruck. Bei Coleochaete pulvinata erscheint diese Differenz gegen die ausgebildetere Gestalt der freien Gene- rationen schon größer. Es kann daher kaum auffallen, daß auch bei den Moosen die neutrale Generation, die auch hier im Arche- gonium festgehalten wird und sogleich zur Keimung gelangt, ent- weder nur ein Sporangium (Riccien) oder eine mehr oder weniger kümmerlich entwickelte Axe, die ein Sporangium trägt, bildet und daß daher der Habitus dieser Generation so sehr von dem der sexuellen Generation abweicht. Es tritt hier nur noch der Um- stand hinzu, daß diese neutrale Generation überhaupt die einzige neutrale ist, welche zur Ausbildung gelangt. Es ist nur der ge- rade Weg zur Sexualität, der hier durch Reducirung der neutralen Generationen, auf eine einzige, die in die sexuelle aufgenommen wird, eingeschlagen wird. Auch bei Thallophyten finden sich be- reits ähnliche Fälle, in welchen die neutralen Generationen, die 1) Dr. Bary, Ann. d. sc. natur. IV. Serie. Tome XX (1863). Pl. 2. 2) Dr. Bary, Beiträge zur Morph. u. Phys. der Pilze. Heft II. 3) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd, II. Taf. III u. IV. und den Generationswechsel der Thallophyten 407 ja hier gewöhnlich einen ganzen Cyclus bilden, auf eine einzige redueirt sind, so z. B. bei Sphaeroplea. Der Generationswechsel der Moose erscheint demnach wie eine zusammengezogene Form des Generationswechsels der Thallophyten, in welcher die neutralen Generationen bis auf eine einzige unter- drückt sind, welche in ungetrenntem Zusammenhange mit der sexuellen verbleibt und es liegt daher kein Grund vor, die neutrale Generation der Moose — das Sporogonium — die hier schon zum unselbstständigen Entwicklungsabschnitt geworden ist, wie dies bisher geschah, mit den Früchten oder vielmehr den Fruchtge- häusen der Thallophyten zu vergleichen, deren homologes Organ vielmehr in der Calyptra der Moose vertreten ist. Die scheinbar so große Differenz im Habitus des Moossporogo- niums und der Moospflanze reducirt sich daher auf die kümmer- liche Ausbildung des vegetativen Theiles, d. h. der Axe, die mit der frühzeitigen Bildung des Sporangiums an derselben zu- sammenhängt. Bei den Laubmoosen, bei welchen die Axe schon weniger küm- merlich als bei den Lebermoosen entwickelt ist, drückt sich die Uebereinstimmung zwischen ihr und dem Moosstamm schon im anatomischen Bau aus. Von diesen Gedanken und von einer früheren Erfahrung aus- gehend, daß zerschnittene Charenzweige protonematische Sproßun- gen entwickeln !), unternahm ich meine Versuche mit den Moos- früchten und hoffte, daß es mir gelingen würde, auch an zer- schnittenen Seten der Laubmoose Protonemafäden hervorzurufen und so die morphologische Uebereinstimmung von Seta und Moosstamm nachzuweisen. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß diese Ansicht durch das Auffinden teratologischer Zustände von Moosfrüchten mit Blatt- rudimenten oder ausgebildeteren Blattanlagen eine weitere Be- stätigung erhalten wird. Obgleich teratologische Fälle bei den Moosfrüchten zu den Seltenheiten zu gehören scheinen, möchte es sich doch vielleicht lohnen, hierauf die Aufmerksamkeit zu richten. In wie weit etwa der hier durchgeführte Nachweis, daß das Moossporogonium eine in ihren Eigenschaften mit dem Moosstamm 1) Jahrbücher f. wiss. Bot. Bd. III. Taf. 9 u. 10. 408 Ueber Sprossung der Moosfrüchte identische, nur kümmerliche Axe darstellt, für die Ansicht von Prantl spricht, daß die Farn sich von den Lebermoosen abge- zweigt haben, will ich hier, als zu weit abliegend, nicht erörtern. Nur bemerken will ich, daß die neueren Vergleichungen der Sporo- sonium-Anlage der Laub- und Lebermoose mit dem Embryo der Gefäßeryptogamen den Umstand nicht berücksichtigen, daß mit Aus- nahme von Riccia das Sporogonium in einen deutlichen Axentheil und ein Sporangium, dessen morphologischer Werth noch zu be- stimmen bleibt, differenzirt ist. Auf diesen sehr wesentlichen Punkt, auf den ich hier nur hinweisen wollte, gedenke ich an anderer Stelle ausführlicher zurückzukommen. Hier aber will ich noch mit einer Hypothese schließen, die um so ungefährlicher ist, als sie die Zukunft der Moose betrifft. Verfolgen wir die Reihe der Farnkräuter durch die Gefäß- eryptogamen und Gymnospermen bis in die Phanerogamen, so scheint, wie dies ja seit Hofmeister vielseitig von Anderen aus- geführt ist, der eingehaltene Gang eine allmälige Verkümmerung der sexuellen Generation — oder vielmehr, wie es richtiger heißen muß ihres vegetativen Theiles — nachzuweisen, bis schließ- lich bei Gymnospermen und Phanerogamen die sexuellen Organe zum Theil schon von der ungeschlechtlichen Pflanze aufgenommen werden, wodurch diese selbst den Character einer Geschlechts- pflanze erhält. Sehen wir vom Pollenschlauch ab, dem letzten Rest einer selbständigen, sexuellen Generation bei Phanerogamen, so kann man daher sagen, daß in dieser Reihe die reine Sexualität erreicht wird durch den Verlust des vegetativen Theiles der Geschlechts- pflanze und den Uebergang ihres Sexualcharacters auf die Sporen- pflanze. Es wäre nun denkbar, daß in der Reihe der Moose die reine Sexualität durch Unterdrückung des Generationswechsels auf einem näheren Wege angebahnt wird, nämlich durch bloße Verkümmerung der Sporangien der neutralen Generation. Nehmen wir an, daß an diesen in einer fortgesetzten Reihe moosartiger Gewächse die Spor- angien allmälig verkümmern, die kümmerliche Axe aber in irgend einem rudimentären Zustande zurückbleiben würde, so würde diese aus der befruchteten Gonosphäre der Moose sich entwickelnde küm- merliche Axe wie eine embryoartige Bildung erscheinen, aus welcher und den Generationswechsel der Thallophyten. 409 die Moose sich regelmäßig durch Protonemasprossung, wie jetzt aus den Sporen, wiedererzeugen würden. So würde die Moosreihe rein sexuell werden, und man könnte annehmen, daß die gegenwärtigen Moose,! die offenbar in der Entwicklung der vegetabilischen Orga- nismen eine jüngere Geschichte haben, als die Farnkräuter, erst auf dem halben Wege ihrer Entwicklung angelangt sind. Die eigentliche Aufgabe, die ich mir in diesem Aufsatze ge- stellt habe, muß ich endlich noch mit einigen Worten hier am Schlusse kurz zusammenfassen. Sie liegt in dem versuchten Nach- weise, daß die Generationen der Thallophyten ganz so, wie die der Cormophyten, in allen Kreisen mit einer freien Zelle, der Spore, beginnen, daß sie aber bei Thallophyten überall freie selbst- ständige Pflanzen darstellen, während sie bei Cormophyten in organischem Zusammenhange bleiben und daher in ihrer unge- trennten Aufeinanderfolge nur noch wie zwei selbständige Ab- schnitte einer Entwickelungsreihe erscheinen. Hieraus folgt dann, daß die Früchte der Thallophyten nirgends einen Generations- werth besitzen und daß sie auch dort, wo ihre Entwicklung unter sexuellem Einfluß steht, wie bei den Kapselfrüchten der Florideen und wahrscheinlich bei den Perithecien und Apothecien der Ascomyceten, sich durchaus nicht anders verhalten, wie die Calyptra der Moose und das Gewebepolster des Embryo der Gefäßeryptogamen, sondern ebenso, wie diese, nur sexuell be- einlußte Organe der weiblichen Pflanze sind. Ich glaube daher Trichophor und Ascogon wie Archegonien betrachten zu dürfen, die einer direceten Befruchtung unterliegen, in welchen über die Befruchtung zugleich materiell im Gewebe von Zelle zu Zelle bis auf die Sporen fortgeleitet wird, gerade wie um- gekehrt in den Archegonien der Moose und Farn der Einfluß der Befruchtung von der Gonosphäre aus auf das Gewebe des Arche- goniums übertragen wird. Die Kapselsporen und Ascosporen sind mir daher nicht die geschlechtslos erzeugten Sporen einer sexuell erzeugten Generation, sondern selbst sexuell erzeugte Sporen, die in einem sexuell beeinflußten Organe der Mutter- pflanze entstehen. Der Generationswechsel der Pflanzen endlich zerfällt meiner Anschauung nach in zwei Reihen von Erscheinungen, die wohl zu trennen sind: in den sexuellen Generations- wechsel, welcher eine durch das Eingreifen und die Entstehung 410 . Ueber Sprossung der Moosfrüchte etec. der Sexualität bedingte Beziehung zwischen genetisch correlativen Fructificationsformen ausdrückt und daher ganz in das Gebiet der Fructification fällt, und zweitens in den Sproßwechsel oder vege- tativen Generationswechsel, der wiederum ganz der vege- tativen Propagation angehört. In so weit aber Propagation und Fructification getrennte Erscheinungen der Vegetation sind, sind es auch diese beiden Formen des Generationswechsels. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 1452 Prinssheim , Ses. Abhandlungen. Band Il. Taf.XXXL Verlwv.GustavFischer Jena. Prin$sheim. $es. Abhandlunsen , Band. Tat.IAXL °7!»-Gustav Fischer, Jen LihAnst A Giksch dei heitgeh, Dry Hi, ke an er Universität a dhaeı ’ dem botanischen Institute zu Gra dern ehem Talelo lese pre mean, Inhalt: Dr. B. een Die Eiweisehliine he de verwandter Elemente in der Rhoeadinenreihe. 22 3 Tafeln. — Dr. Beitrag zur Kenntniss der fadenbildenden Baeterien. Mi 9 Bi en: nu, in as n TE Leitgen, 1 2 EnER, | iol Se altöfkn n a i ö rg Heft. Mit 4 re Tafeln und a en 1008. re 7 Mar N ie Inhalt: A. Schergel Die Drüsen in den Höhlen de von Lathraea squamaria L. Mit ı Tafel. — H. Leitgeb, Der Dahliaknollen an / a en. Mit 1 Tafel. — Dr. BE. en das H. Leitgeb, uch Bi rananlage Mit 2 Tafeln. Mittheilun gen, botanische, aus den Tropen, hernusezeben von Dr. A.P. Bchimper, a. 0. Professor der Botanik an der Universität Bm Heft 1: Die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und Ameisen. Mit einer a Tafel in Behind Eng nn Tafeln. 1888. Preis: 4 Mark 50 Pf. ER Heft 2: Die epiphytische Vegetation Amerikas. Mit 4 Tafeln in Liehteruck. RL und 2 lithographischen Tafeln. 1888. Preis: 7 Mark 50 Pr. ENG Heft 3: Die indo-malayische Strandflora. AR Yazklaurn, einer Karte und ER AN 7 Tafeln. . 1891. Preis: 10 Mark. 1 ch ;. (Heft 1—3 vom Herausgeber.) E N Heft 4: Schenck, Dr. H. Privatdocent an En Universität Bonn, Beitxäige u ERSTER ne. rten. : Beiträge zur Bio 1892. Preis: 15 1 u ER, Heft 5: "ir, Date zur und Anatomie der N II. Theil: es Anatomie oo m 12 Taten = ee RSe im Text. 1893. Preis: 20 Mark. ai RN Heft 6: Möller, Alfr Die Pilzgärten irten ein lamerikanischer “ Mit 7 Tafeln und 4 echten I Text. a 7 Mark, RR Bat? Beil 7: Möller, Alfred, | Brasilische Pilzblumen. Mit 8 Tiin. 1895. Preis: IM. 000 Heft 8: M nyeeten. BE Mit 6 Tateln. 1895, Preis: 10 Ark N | \ un ahulz Pr Zus, Geunda nr _ Tertiärzeit. irzeit. 1894. FE Fe Se A N4r AnR j SE, RESEU N, DE Dr. Frank, Professor an de ne Bias Vorstand NE ER Schwarz, 3 a ne Avreung der Haupt ae | ni BR: Versuchswesen in Preussen, Die Erkrankung der Kiefe m dureh Ce an-. 003 um Abietis. Beitrag zur Geschichte ET ilzepidemie. Mi Tafeln. EP Mare VIREN ON Fr Stahl, Ka Er 0 ne. mi an der Universität den a Verlag von &ustav Fischer in Jena. e en Dr. Eduard, o. ö. Professor der Botanik an der Universität Bonn, Strasburger Histologische Beiträge. Heft 1: Ueber Kern- und Zelltheilung im Pflanzenreiche nebst einem Anhang über Befruchtung. Mit 3 lithographischen Tateln. 1888. Preis: 7 Mark. Heft 2: Ueber das Wachsthum vegetabilischer Zellhäute. Mit 4 lithographischen Tafeln. 1889. Preis: 7 Mark. Heft 3: Ueber den Bau und die Verriehtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen. Mit 5 lithographischen Tafeln und 17 Abbildungen im Text. 1891. Preis: 24 Mark. Heft 4: Das Verhalten des Pollens und die Befruchtungsvorgänge bei den Gymnospermen, Schwärmsporen, G@amelen, pflanzliche Spermatozoiden und das Wesen der Befruchtung. 1892. Mit 3 lithogr. Tafeln. Preis: 7 Mark. Heft 5: Ueber das Saftsteigen. — Ueber die Wirkungssphäre der Kerne und die Zellgrösse. 1893. Preis: 2 Mark 50 Pr. —— Wirkung des Lichtes und der Wärme auf Schwärmsporen. 1878. Pıeis: 1 Mark 60 Pt, 5 Die Angiospermen und die Kymnospermen. Mit 22 Tafeln. 1879. Preis: 25 Mark. Das kleine botanische Praetieum für Anfänger. Anleitung zum Selbststudium der mikroskopischen Botanik und Einführung in die mikroskopische Technik. Zweite Binpeanbeilere Auflage. Mit 110 Holzschnitten. 1893. Preis: 5 Mark, geb. 6 Mark. Das Protoplasma und die Reizbarkeit. Rede zum Antritt des Rektorates der Rhein, Kriedr.-Wilb,. Universität am 18. Oktober 1891. Preis: 1 Mark- Das botanische Praetieum. Anleitung zum Selbststudium der mikro- skopischen Botanık tür Antänger und Geübtere. Zugleich ein Handbuch der mikro- skopischen Technik. Mit 193 Holzschnitten. Zweite umgearbeitete Auflage. 1887. Preis: brosch. 15 Mark, geb. 16 Mark. Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Phanerogamen als Grundlage für eine Theorie der Zeugung. Mit 2 litho- graphischen Tateln. 1854. Preis: 5 Mark. Dr. F., Docent der Botanik am Eidgen. Polytechnikum in Zürich, von Tave ° Vergleichende Morphologie der Pilze. Mit 90 Holz- schnitten 1892. Preis: 6 Mark. Max. Dr, med et phil., Professor der Physiologie an der medizinischen Verworn, Fakultät der Universität Jena, Allgemeine Physiologie. Ein Grundriss der Lehre vom Leben. Mit 270 Abbildungen. 1895. Preis: brosch. 15 Mark, in halbfranz 16,50 Mark. de Vries, Hugo, ord. Prof.d. Botanik a. d. Universität Amsterdam, Intracellulare ’ Pangenesis. 1889 Preis: 4 Mark, — — Die Pflanzen und Thiere in den dunklen Räumen der Rotterdamer Wasserleitung. Bericht über die biologischen Untersuchungen der Grenothrıx-Commission zu Kutterdam vom Jahre 1887 1890. Preis: 1,80 Mark, W . Dr, August, Professor der Zoologie an der Universität Freiburg i. B., EISMANN, Aufsätze über Vererbung und verwandte biologische Fragen. Mit 19 Abbildungen im ext. 1892, Preis: I2 Mark. Inhalt: Ueber die Dauer des Lebens (1882). — Ueber die Vererbung (1883). — Ueber Leben und Tod (1884). — Die Kontinuität des Keimplasmas als Grundlage einer Theorie der Vererbung (1885). — Die Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung für die Selectionstheorie (1886), — Ueber die Zahl der Riehtungskörper und über ihre Bedeutung für die Vererbung (1887). — Vermeintliche botanische Beweise für eine Vererbung erworbener Eigenschaften (1888). — Ueber die Hypothese einer Vererbung von Ver- letzungen (1889). — Ueber den Rückschritt in der Natur (1889). — Gedanken über Musik bei Thieren und beim Menschen (1889). — Bemerkungen zu einigen Tages- problemen. (1890). — Amphimixis oder die Vermischung der Individuen (1891). Frommannsche Buchdruckerei Hermann Pohle in Jena, — 1452 R Au m 2 = — - = 17% v- . en a ne Ten a TEEN Deere Nr ; En en N - Pe Zn a ne Ze 5 ee TR TR