„««&«!5S!L^^»ibH,^ ' GESCHICHTE ^^ ^ / DER KÖNIGLICH PREUSS ISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN zu BERLIN IM AUFTRAGE DER AKADEMIE BEARBEITET VON ADOLF HARNACK ERSTER BAND — ZWEITE HÄLFTE BERLIN 1900 GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI II VOM TODE FRIEDRICirS DES GROSSEN BIS ZUR GEGENWART Inhalt. Seite Drittes Buch: Geschichte der Umwandlung der Academie des Sciences et Beiles -Lettres in eine deutsche Akademie unter Friedrich Wilhelm 11. und Friedrich Wilhelm 111. (1786-1812) 493-654 Erstes Capitel: Die erste Reorganisation der Akademie durch den Minister Hertzberg; ihre Geschichte bis zum Tode Friedrich Wilhelm's II. (1797) 495 — 522 Zweites Capitel: Die Geschichte der Akademie in den ersten Jahren Friedrich Wilhelm's III. Ihre definitive Reorganisation durch die Brüder Humboldt und Niebuhr (1797 — 1812) 523 — 608 i. Geschichte der Akademie in den Jahren 1798 — 1806, Vorbereitung der Reorganisation, (Nicolai, Fichte, Goethe) 8.5230". — 2. Geschichte der Akademie in den Jahren 1806 — 1808, Alexander von Humboldt 8.55611". — 3. Geschichte der Akademie in den Jahren 1809/10, Wilhelm von Humboldt, neuer Statutenentwurf S. 579 fl". — 4. Geschichte der Aka- demie in den Jahren 1810 — 1812; Niebuhr, das Statut von 1812 S. 597 ff'. Drittes Capitel: Die Arbeiten und die wissenschaftliche Bedeu- tungderAkademie 608 — 644 I. Die Preisaufgaben S.608 ff". — 2. Die Philosophie in der Akademie um 1790, Kant und die Akademie, der Umschwung im geistigen Leben der Akademie, die Klassik, Wolf, Niebuhr, Schleiermacher, Wilhelm von Humboldt, die Naturphilosophie und die Naturforscher (von Buch), die Historiker und die Philologen S. 615 ff". Viertes Capitel (Anhang): Der Personalstand der Akademie von 1786— 1811/12 645 — 654 1—7. Curator, Präsident, Directoren, Oekonomische Commission, der be- ständige Secretar, Bibliothekar, Archivar S. 645 ff. — 8 a. Ordentliche Mit- glieder, nach dem Tage ihrer Aufnahme geordnet S. 647 ff". — 8 b. Ordentliche Mitglieder, nach den Todestagen geordnet S. 65 1 ff. — 9. Auswärtige und P^hrenmitgheder S. 652f. — Der Personalstand im Jahre 1812 S. 653^ Viertes Buch: Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften nach ihrer Reorganisation, unter Friedrich Wilhelm III. und Friedrich Wilhelm IV. (1812-1859) 655-973 Einleitung 657 — 659 Erstes Capitel: Die Geschichte der Akademie von ihrer Reorgani- sation bis zum Tode Friedrich Wilhelm's III. (1812 — 1840) . . . 659 — 786 I. Geschichte der Akademie von 1812— 1821; Savigny, Böckh, Bekker, Lichtenstein, Link; die ersten grossen Unternehmungen, Corpus Inscrip- tionum Graecarum , Aristoteles , Monunienta Germaniae ; Schleiermacher S. 659 ff. — 2. Geschichte der Akademie von 1 821— 1830; Ehrenbeko; die Sternkarten; Hegel; Alexander von Humboldt; die Aufhebung der philo- sophischen Klasse S. 716 ff. — 3. Geschichte der Akademie von 1830 — 1840; das neue Statut von 1838 (Böckh und Encke) S. 752 ff. Zweites Capitel: Die Akademiker (1812— 1840) 787 — 892 I. Allgemeines: Der Geist der Wissenschaft nach den Freiheitskriegen S.787ff'. — 2. Mathematiker: Tralles, Eytelwein, E. H. Dirksen, Po- ^0^^^ VI Inhalt. Seite SKLGER, Grelle, Diriciilet, Steiner S. 793 ff. — 3. Astronom: Encke S. 8oif. — 4. Physiker: P. Ekman, Seebeck, Magnus, Poggendorff, Dove, HiEss S. 803 fr. ■ — 5. Chemiker und Mineralogen: Mitscherlich , H. Rose, Weiss, Karsten, G. Rose S. 812 ti". — 6. Geologe: von Buch S. 818 11". — 7. Botaniker: Link, Horkel, Kunth, Chamisso S. 823 fr. — 8. Zoologen und Anatomen (Physiologen): Lichtenstein, Klug, Ehrenberg, Rudolphi, (Olfers), (Chamisso), Johannes Müller S. 826fi'. — 9. Gelehrte, deren Arbeiten beiden Klassen angehören: Alexander von Humboldt, C. Ritter, Ideler S. 8351!'. — 10. Philosophen: (H.Ritter, Steffens, Ancillon), Schleiermacher, Wilhelm von Humboldt S. 8470". — 11. Klassische Phi- lologen, Germanisten und Archäologen: (Niebühr) , Buttmann, (Wolf), Böckh, Bekker, Suevern, Lachmann, Graff, Meineke, Zumpt, Uhden, Levezow, Panofka, E.Gerhard S. 851 ff. — 12. Sprachforscher: Bopp, (J. Grimm), Wilhelm von Humboldt S. 866 fli". — 13. Historiker: Niebuhr, Böckh, Rühs, Wilken, Raumer, Savigny, Eichhorn, Neander, Ranke S.872ff. — 14. Nationalökonom: Hoffmann S.89off. Drittes Capitel: Die Akademie Friedrich Wilhelm' s IV. . . . 893 — 962 I. Einleitung: die Verdienste des Königs um die Akademie S. 893 ff. — I. Wissenschaftliche Unternehmungen: die Ausgabe der Werke Friedrkh's des Grossen, das Corpus Inscr. Graec, der Aristoteles, das Corpus Inscr. Lat. S. 896 ff. — 2. Innere Geschichte der Akademie ; die Brüder Grimm ; Schellino's Berufung nach Berlin; die Stiftung des Ordens pour le mcrite und des Verdun- Preises. Pertz, Jacobi, Dieterici und Trendelenburg S. 914 ff. Raumer's Austritt aus der Akademie im Jahre 1847 S. 929 ff. Das Jahr 1848, Angriffe des Zeitgeistes auf die Akademie, Vertheidigung durch Böckh, Trendelenburg und J. Grimm S. 945 ff. Neuwahlen im Jahre 1850: Petermann, Homeyer, Lepsius, in den Jahren 1851— 1853: DU Bois-Reymond, Curtius, Kiepert, Haupt, Beyrich u. A. ; Bartholmess' Geschichte der Akademie S. 950 ff. Geschichte der Akademie von 1854 bis 1858 S.958fi". Viertes Capitel (Anhang): Der Personalstand der Akademie von 1812— 1859 962—973 I. Beständige Secretare S.962f. — 2a. Ordentliche Mitglieder, nach dem Tage ihrer Aufnahme geordnet S. 963 ff. — 2 b. Ordentliche Mit- glieder, nach den Todestagen geordnet S. 966 ff. — 3. Auswärtige Mit- glieder S.968. — 4. Ehrenmitglieder S. 969. — 5. Correspondenten S. 969 ff. Fünftes Buch: Zur Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften unter den Königen Wilhelm I., Friedrich III. und Wil- helm II. (1860-1899) 975-1053 Einleitung 977-983 Erstes Capitel: Die Akademiker 983 — 989 Zweites Capitel: Aus der inneren Geschichte der Akademie . . 989—1020 Drittes Capitel: Die Unternehmungen und Arbeiten der Aka- demie 1020— 1043 Viertes Capitel (Anhang): Der Persoiialstand der Akademie von 1860— 1899 1044 — 1053 I. Beständige Secretare S. 1044. — 2a. Ordentliche Mitglieder, nach dem Tage ihrer Aufnahme geordnet S. 1044. — 2 b. Ordentliche Mit- glieder nach den Todestagen geordnet S. 1047. — 3. Auswärtige Mit- glieder, S. 1049. — 4. Ehrenmitglieder S. 1050. • — 5. Correspondenten S. 1050. Sach- und Personenregister 1055 — 1091 DRITTES BUCH. GESCHICHTE DER UMWANDLUNG DER ACADEMIE DES SCIENCES ET BELLES LETTRES IN EINE DEUTSCHE AKADEMIE UNTER FRIEDRICH WILHELM H. UND FRIEDRICH WILHELM HL (1786-1812). Erstes Capitel. Die erste Reorganisation der Akademie durch den Minister Hertzberg; ilire Gescliiclite bis zum Tode Friedrich Wilhelm's IL (1797). Die Zeit von 1 786-181 2 stellt eine Kette von Reformen und Reformversuchen für die Akademie dar; kaum ein Jahr verging, in welchem sie gänzlich geruht haben. In dem Statut von 181 2, das in den Ideen der Brüder Hu3iboldt wurzelt, ist der Abschluss erreicht. Nicht nur dem Namen nach ist die fridericianische »Aca- demie des Sciences et Beiles -Lettres« nun in die »Königliche Aka- demie der Wissenschaften« verwandelt, sondern auch ein neuer Geist ist in sie eingezogen. Was Leibniz für ilire Gründung be- deutet hat, das bedeuteten, genau ein Jahrhundert nach ihm, die Brüder Husiboldt, Niebuhr und Schleiermacher für ihre Reformation. Diese Reformation beruhte auf drei Elementen, die in innigster Verbindung gestanden haben; es handelte sich, in den philologi- schen, historischen und philosophischen Disciplinen, um einen neuen, lebendigeren Begriff von AVissenschaft, wie er durch allmähliche Umbildung gewonnen war; dazu trat der Eintluss unserer deutschen Litteratur, die damals auf ihrem Höhepunkte stand, und drittens machte sich das nationale, patriotische Element geltend. Das letztere ist zuerst wirksam geworden. Man kann hier zurückgehen bis auf das Jahr 1780, in welchem die Abhandlung Friedrich's »De la litterature allemande« erschienen war\ Sie musste die Geister aufrütteln und hat das nationale Selbstbewusst- sein wachgerufen"-. Über die Abhandlung Friedrich's hat Goethe allein das richtige Wort gefunden: »Es hätte sich kein Mensch über die Schrift des alten Königs gewundert, wenn man ihn kannte, '■ Siehe oben S. 462 f. "^ Vergl. die Einleitung von Geujer zu seinem Neudruck des Tractats (1883) und SuPHAN. Friedrich's des Grossen Schrift über die Deutsche Litteratur (1888). 496 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm II. (1786—1797). wie er ist«. Damit war in der Tliat Alles gesagt; aber man er- innerte sich nun aucli, dass Friedrich in Berlin eine Akademie l)e- sass, in der der deutsclie Geist nur geduldet und in französischer "Uniform versteckt war. Was den König entschuldigte, entschuldigte doch nicht seine Akademie. Zwar als Goethe in seiner nie er- schienenen und bis heute leider vergebens gesuchten Antwort auf die königliche Schrift (»Gespräch über die deutsche Litteratur«) die Berliner Akademie angreifen wollte, da hat ihn Herder, der drei- mal von ihr gekrönte ^ überzeugt, dass diese Körperschaft nicht so undeutsch sei, wie sie scheine". Allein nach Lambert's und Sulzer's Tode w^ar wirklich Gefahr vorhanden, dass der deutsche Geist in ihr völlig erlosch; Merian war nicht im Stande, ihn zu ptlegen. Schon blickte man in Deutschland, an Friedrich und der Berliner Akademie verzweifelnd, auf Joseph II. und Wien, und nach- dem diese Hoffnung sich sehr bald als trügerisch erwiesen hatte, tauchte die gestaltlose Idee auf, «ein patriotisches Institut für den Allgemeingeist Deutschlands^« zu begründen (1786/87). Da war es Hertzberg, der die Aufgabe der Berliner Akademie erkannt, ihre Ehre gerettet und damit zugleich ihre Zukunft als deutsche Aka- demie begründet hat. Hertzberg ist einer der merkwürdigsten Männer der Übergangs- zeit. Er war, im Gegensatz zu Woellner, der Träger der frideri- cianischen politischen Traditionen in den ersten Jahren der Regierung Friedrich Wilhelm's IL Ausgerüstet mit vortrefflichen geschicht- lichen Kenntnissen, die er durch ernste archivalische Studien er- weitert und vertieft hatte, war er als Staatsmann und Gelehrter doch der echte Sohn des aufgeklärten, doctrinären Jahrhunderts. Die Theorieen, die er mit Hartnäckigkeit und maasslosem Selbst- vertrauen durchzusetzen sich bemühte, entsprachen dem wirkliehen ^ Forme Y spricht daher witzig von der »papaute academique« Herder's. ^ So viel hat Suphan (a. a. O. S. 57!?".), wie mir scheint mit Recht, aus ab- gerissenen Nachrichten erschlossen. Herder's Eintreten für die Akademie macht ihm die grösste Ehre; denn er war damals noch nicht ihr Mitglied trotz seiner Ver- dienste um sie. Hamann's Prophezeiung hatte sich nicht erfüllt: »LEiBNizens Stuhl in der Akademie ist Ihnen sicher« (vergl. auch seine «Lettre au Salomon de Prusse«, Schriften Bd. 8 S. 193: »Herder sera Piaton et le presidont de Votre Academie des Sciences "): denn Herder war zu stolz, um, wie es üblich war, beim Könige um die Ehre der Mitgliedschaft nachzusuchen. ^ Carl Friedrich von Baden gab 1787 die Anregung und wandte sich auch an Carl August. Damals entstand Herder's Denkschrift: »Plan zum ersten pa- triotischen Institut für den Allgemeingeist Deutschlands« (Werke Bd. 16 S. 600 ff. Hay3I, Herder H S. 487 ff".). Der Staatsminister vox Hektzbekg. 41)7 Leben niclit, erwiesen sich daher als politisch undurchführbar und vermochten auch die schlummernden höheren Kräfte der Nation nicht zu erwecken. Aber er besass ein lebhaftes deutsches National- gefühl und, im Unterschied vom grossen König, wirkliche Begeiste- rung für die deutsche Sprache. Geschichte und Litteratur. Hier lau- seine Mission für Preussen, und er hat sie erkannt. Doch, das war der Schade! — bis zum Verständniss Herder's, Goethe's und des neuen Klassicismus ist er nicht vorgedrungen. Die Ber- liner Aufklärer waren seine Sterne; für den höheren Aufschwung, den der deutsche Geist damals genommen hatte, war sein Sinn verschlossen. Hertzberg vermochte die Akademie aus einer fran- zösischen in eine deutsche umzuwandeln , aber er richtete ein Deutsch- thum auf, das hinter der Zeit zurückgeblieben war. ¥.r reformirte die Akademie — das soll ihm unvergessen sein — , aber diese Re- formation bedurfte selbst wieder der Reformation! Durch den Regierungsantritt Friedrich Wilhelm's II. schien der Unternehmungslust und dem brennenden Ehrgeiz des altern- den Staatsmannes das weiteste Feld geöffnet. Seine für Preussen schliesslich verhängnissvolle äussere Politik hat uns hier nicht zu be- schäftigen; aber er wollte sich nicht auf diese beschränkt sehen. Die Durchführung seiner Ideen im Innern des Staatslebens lag ihm ebenso am Herzen, und hier war es die Akademie, der er seine ganz besondere Aufmerksamkeit schenkte. Er kannte sie als lang- jähriges Mitglied genau; er dachte sehr hoch von ihrer Bedeutung, aber er sah auch ein, dass sie einschneidender Reformen bedürfe. Bereits wenige Tage nach dem Tode des grossen Königs erhielt er auf seinen Antrag die Ernennung zum Curator. Noch besass die Akademie in dem greisen von Redern einen solchen; aber seit Jahr- zehnten war das Amt ein bloss nominelles gewesen. Hertzberg war mit allem Eifer entschlossen, die Akademie nicht nur als Cu- rator zu überwachen, sondern auch als Präsident zu regieren. In seinem Dankschreiben an den König ^ verspricht er, sein Möglichstes zu thun, «um unsere Akademie zur ersten in Europa zu machen«; er werde sich das Oekonomische wie das Wissenschaftliche gleich angelegen sein lassen und einen Plan zu einer Neuordnung einreichen ; er hofft, Majestät werde darein willigen, dass die Mitglieder nicht mehr ernannt, sondern von der Mehrheit erwählt werden und dass ^ 25. Aiigtist 1786 (Geheimes Staatsarchiv). Geschichte der Akademie. I. 32 498 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm IL (1786—1797). man die berühmtesten Gelehrten Berlins und der Preussischen Staaten aufnehme. Das Versprechen, mit allen Kräften für die Akademie zu arbeiten, hat er bis zu seinem Tode gehalten. Weder in frühe- rer noch in späterer Zeit hat ein preussischer Minister jemals die wissenschaftliche Körperschaft so unumschränkt geleitet und ihre Angelegenheiten so selbstherrlich bis in's Kleinste verwaltet^ wie Hertzberg, der sich als berufener Nachfolger Maupertuis" fühlte. Unzweifelhaft hat sie sogar unter dem grossen Könige mehr Frei- heit und Selbstverwaltung besessen als unter diesem Minister, der fast niemals in den Donnerstagssitzungen fehlte, den Vorschlägen der Akademie stets zuvorkam und sie durch seinen humanen Ab- solutismus gewaltsam zu beglücken strebte. Auch für ihr Wahl- recht hat er sich nur in der Theorie erwärmt: in Wahrheit be- setzte er die Stellen und erweiterte den Kreis der Akademiker nach Belieben. Diese hat sich darüber nicht beklagt; im Geheimen murrte sie wohl — einzelne Akademiker wandten sich auch in brief- lichen Vorstellungen an den König — : nachdrücklich hat sie erst nach dem Sturz des Ministers gewagt, gegen ihn für ihr Recht ein- zutreten. Sie hat bis dahin Alles, was er w^ollte, bestätigt und gab somit seinen Verfügungen den Schein, als wären sie aus ihrer freien Mitwirkung entsprungen. Dennoch wäre es Undank, wollte man übersehen, was Hertz- berg der Akademie geleistet hat. Ist er es doch gewesen, der ihr den deutschen Geist eingepflanzt und ihre Umwandlung in eine deutsche Akademie begründet hat. Für die vaterländischen Inter- essen wollte er sie in jeder Richtung interessirt und thätig sehen. Die vornehmste Bedingung hierfür war die Zurückdrängung des ausländischen Elements. Die Zahl der Akademiker war auf achtzehn zusammengeschmolzen; unter ihnen befanden sich nur fünf Deutsche: die anderen waren Schweizer, Franzosen (zum Theil Mit- glieder der französischen Colonie), Italiener"'. Hertzberg schlug nun ^ Mit welchem pedantischen Büreaukratismiis und welcher Schreibseligkeit er die Akademie regiert hat, dafür bietet sein »Reglement pour le Secretaire de la commission academique« vom 30. October 1787 (Akademisches Archiv I, 8) einen be- sonders sprechenden Beweis. ^ Georg Forster schildert in seinem Briefe an Jacobi vom 23. April 1779 (Sämmtliche Schriften, 7. Bd. S. 112) die niederschlagenden Eindrücke, die er in Berlin aufgenommen hatte. Nachdem er erst von der Enttäuschung berichtet hat, die ihm durcli die berühmten »vernünftigen, klugen« Geistlichen bereitet worden war, fährt er fort: »Die französischen Akademiker? Lassen Sie mich den Staub von meinen Füssen schütteln und weiter gehen«. Der König Friedkku "Wii.hklm II. 499 im ersten Jalir dem Könige nicht weniger als sechzehn neue ordent- liche Mitglieder vor, von denen fünfzehn wirklich aufgenommen wurden. Das bedeutete eine vollkommene Umgestaltung der Aka- demie oder, wie der alte Secretar FoRMPn' in seiner Rede vom 25. Januar 1787 es bezeichnete, ein »second renouvellement«. Aber in seinen anonym erschienenen »Souvenirs« sprach er von einer «Verschwörung gegen die französische Sj^rache« in der Akademie ^ Ähnlich empfanden die anderen Halb- und Ganz -Franzosen; nur der Italiener Denina, der seine romanischen Vettern nicht liebte, freute sich des Unischwungs. Der König hatte eine französische Erziehung genossen — der Akademiker Beguelin war sein Lehrer gewesen — und das Deutsche nie orthographisch schreiben gelernt. Er s})rach mit Vorliebe fran- zösisch und bevorzugte diese Sprache auch im schriftlichen Ausdruck. Eine genauere Kenntniss der deutschen Litteratur besass er nicht; aber je mehr er sich als Kronprinz in Widerspruch zu den Ideen und zur ganzen Haltung seines grossen Oheims gesetzt hatte, um so leichter wurde es deutschgesinnten Männern, wie Hertzberg, ihn nach seiner Thronbesteigung für die Muttersprache und das deutsche Wesen wenigstens als Protector zu interessiren. So billigte er denn auch die Pläne des Ministers in Bezug auf die Umwand- lung der Akademie in eine deutsche. Nur gegen die überstürzte Weise, in welcher der Minister vorging, hat er sehr bald wohl- berechtigte Bedenken geäussert, die sich ihm von Jahr zu Jahr steigerten"". ' T.I p. 154. ^ INIiRABEAu in der berüciitigten Geheimen Geschichte des Berliner Hofs (Aus dem Franzüs. Cölhi 1789) schreibt (IS. 187, 4. October 1786): «Der König hat sich die Idee in den Kopf gesetzt und die Hoffnung, ein grosser Mann zu werden, indem er sich zum Deutschen , bloss zum Deutschen , macht und so die französische Überlegenheit weit von sich weist« (vergl. ü S. 28, 24. October 1786). Über die Umwandhmg der Akademie weiss er Folgendes mitzutheilen (11 S.öjf. 76, 7. und 10. November 1786): »Jetzt will sich Alles etwas zueignen, auch die Akademie. Sie hat darinnen deutsche Mitglieder vorgeschlagen, einen Astronomen. Bode, einen Schul- rector. Meierotto, einen Diener des heiligen Evangeliums, Ancillox. wundersame Wahl! Der König hat über diesen unschicklichen Vorschlag sein Erstaunen mit vieler Bitterkeit bezeigt, da man noch nicht weiss, ob er die Zahl der Akademiker vermehren will, und diese Unbescheidenheit wird wahrscheinlich ein Reglement verursachen. Übrigens hat der König ein grosses Ja zu dem Vorschlag eines ge- wissen Druiden . mit Namen Erman , gesagt. Er ist der Verfasser einer INIenge schlechter Reden und einer Geschichte, die schon vier Bände ausmacht, und die man wohl auf dreissig Seiten bringen könnte, und dieser ist von dem Curator (Hrn. VON Hertzberg) vorgeschlagen worden, ohne das Scrutinium passii't zu haben«. 32* 500 Geschichte der Akademie unter Friedrich AA^ilhelm IL (178ti-1797). Hertzberg's Absicht, der Akademie neues deutsches Blut zu- zuführen , war vortrefflich , aber Alles kam darauf an , dass er die rechten Männer fand. Die fünfzehn neuen Mitglieder waren Ramler, Selle, Castillon jun., Engel, Bode, Meierotto, Erman sen., An- ciLLONsen,, Woellner, Silberschlag, Teller, Tempelhoff, Ferber, Moehsen und Mayer. Drei von ihnen gehörten der Colonie aii^; Hertzberg bewies mit ihrer Wahl, dass er die Halbfranzosen keines- w^egs principiell auszuschliessen gesonnen war. Die zwölf übrigen waren Deutsche. Einige von ihnen, nämlich Bode, Meierotto, Tempelhoff, Ferber, Moehsen und Mayer waren mit Recht ge- schätzte Fachgelehrte''; aber Ramler, Selle, Castillon, Engel, .... »Die Anekdote von der Akademie ist beissender. als ich in meinem letzten Bericht erzählte. Einer von der Akademie mit Namen Schütz ( — einen solchen gab es nicht; es ist wohl J. C. Schulze gemeint — ) hat einen sehr heftigen Brief über Hrn. V. Hertzberg an den König geschrieben, und zwar über seine Art, die Akademie willkürlich zu beherrschen. Der König hat den Brief an Hrn. v. Hertz- berg geschickt, ein- sehr deuthches Zeichen der Missbilligung in diesem Lande. An eben diesem L'ag schlug Büsching (der Geograph) die Stelle in der Akademie aus, wenn man nicht eine Pension von looo Thlr. damit verbinden wollte. Statt aller Antwort auf die Klagen des Schütz ernannte Hr. v. Hertzberg den Erman, ohne Jemand desswegen zu fragen, und der König setzte zu der Ernennung ohne Schwierigkeit sein Ja." 1 Castillon war ein sehr unbedeutender Philosoph, Erman Prediger und ein zwar nicht hervorragender, aber doch um die Geschichte der Hugenotten in Berlin verdienter, um seines Charakters willen geschätzter Historiker (er wurde aufgenommen, nachdem Büsching abgelehnt hatte), Ancillon war Prediger und Philosoph (Bartholmess hat ihm in seiner »Histoire» einen eigenen Abschnitt ge- widmet). Sie alle sind im Jahre 1814 gestorben, nachdem sich Castillon als der hartnäckigste Gegner einer Reform der Akademie im Sinne Humboldt's und Schleiermacher's erwiesen hatte. ■^ Bode (1747— 1S26) war bereits seit 14 Jahren für die Akademie thätig und trat nun erst als ordentliches INIitglied ein. Als Director der alten Sternwarte (an der Dorotheenstrasse) , die im Jahre 1800 auf seinen Antrag umgebaut wurde, hat er sich, namentlich durch seine Sternkarten, hohe Verdienste erworben (s. oben S.439f.). — Meierotto (1742— 1800), erst Professor, dann Director des Joachimsthal- schen Gymnasiums (von Zedlitz und Merian gebührt das Verdienst dieser Wahl), hat nicht nur seine Anstalt reorganisirt, sondern sie zum Muster für die preussi- schen Gymnasien gemacht und auf das höhere Schulwesen in Preussen im Ober- schulcoUegium den segensreichsten Einlluss ausgeübt. — Tempelhoff (1737 — 1807), Mathematiker, ausgezeichneter Artillerie - Officier und Geschichtsschreiber des Sieben- jährigen Krieges, der umfassendst gebildete Militär, den Preussen am Ende des vorigen Jahrhunderts besass , starb als General - Lieutenant und Ritter des Schwarzen Adlerordens. — Ferber (1743 — 1790), von den besten schwedischen Chemikern und Bergbau - Technikern ausgebildet, war am Ende des 18. Jahrhunderts einer der ver- dientesten, ja, neben Werner vielleicht der hervorragendste Geognost und Minera- log in Europa. Umsonst hatte es Friedrich der Grosse schon im Jahre 1777 auf VON Heynitz' Anregung versucht, ihn in preussische Dienste zu ziehen; erst 1786 Die sechzehn neuen Mitglieder der Akademie (1786/87). 501 Erman, Ancillon und Teller wurden von Hertzberg als Spitzfüliror der Berliner litterarischen und philosophischen Aufklärung in die Akademie aufgenommen \ Der liochgefeierte Patriarch der Bewegung, der Propst Spalding, ist wohl seines vorgerückten Alters wegen nicht mehr in Frage gekommen. Nicolai's Aufnahme Hess sich noch nicht erreichen; sie und die Biester's erfolgte erst zwölf Jahre später. Aber durch den Einzug jener Männer, unter denen Ramler, Engel und Teller die bedeutendsten waren, wurde das Phlegma der Aufklärung, wie sie sich vniter dem Eintluss Lessing's, aber doch nicht in seinem Geiste entwickelt hatte, die Grossmacht in verliess er Russland und nahm die Stelle eines Oberbergraths in Berlin an; ein früher Tod entriss ihn seinen Arbeiten, durch die ei* die moderne Geognosie mit- begründet hat. — MoEHSEN (1722 — 1795), *^i" vielseitig gebildeter und angesehener Mediciner, hat sich auch durch exacte historische Arbeiten zur brandenbui'gischen Geschichte ausgezeichnet. Er hat die erste Abhandlung in deutscher Sprache in den Memoires der Akademie veröffentlicht (1786/87: "Über die Brandenburgische Geschichte des Mittelalters und deren Erläuterung durch Münzen«). — J. Ch. R. Mayer (-j- 1801) wurde der Nachfolger von Gleditsch als Director des botanischen Gartens und hat zahlreiche Abhandlungen in den Schriften der Akademie verfasst, unter Anderem auch einen »Rapport sur F. A. ab Humboldt Florae Fribergensis spe- cimen». In diesem »Rapport« (Memoires 1794/95 p.ii) taucht zuerst des jungen Hum- boldt Name für die Akademie auf. Auch Klaproth rühmte damals die glück- liche Anwendung auf den Process der Vegetation , die Humboldt von der modernen Chemie gemacht habe. ^ Ramler (1725— 1798), Professor der Philosophie am Cadetten- Corps, Aesthetiker und Dichter, Lessing's Freund und Corrector, war eins der angesehen- sten Mitglieder des Mendelssohn -NicoLArschen Kreises, hat aber der Akademie nach seiner späten Aufnahme keine Abhandlungen, sondern nur Oden geliefert. — Selle (1748 — 1800), Leibarzt Friedrich's des Grossen und namhafter medicini- scher Schriftsteller, war auch als philosophischer Kritiker thätig und hat nament- lich die KANT"schen Lehren nicht ohne Geschick zu widerlegen versucht. Die Akademie schätzte diese Arbeiten so hoch, dass sie ihn nach dem Tode Formey's zum Director der philosophischen Klasse (1798) wählte. — Engel (i 741 — 1802), dem sich W. von Humboldt stets zu Dank verpflichtet gefühlt hat, war ein fein- sinniger Aesthetiker, ein geschickter und geschmackvoller Redner; er hat sich auch um das Berliner Theater Verdienste erworben, und sein Roman »Lorenz Stark« gehört zu dem Besten , was die vorklassische Zeit geleistet hat. Aber die von ihm herausgegebene Sammlung »Philosoph für die Welt« zeigt schon durch ihren Titel, dass es ihm an der höheren Begeisterung und an dem tieferen Ernst fehlte , die eine neue Zeit verlangte. — Teller (1734 — 1804), Propst zu Berlin, war neben Spalding, Zoellner und Eberhard das Haupt der theologischen Aufklärung im fortgeschrittensten Sinn, die jede positive Religion, einschliesslich der christlichen, für eine abzustreifende äussere Form erklärte. — Dass Büsching nicht aufgenonunen worden ist, weil man ihm das geforderte Gehalt von 2000 Thlr. nicht bewilligen wollte (s. oben), geht auch aus einem Schreiben von Hertzberg's an den König hervor ( I.November 1786. Geheimes Staatsarchiv, vergl. Akademisches Protokoll vom 2. No- vember 1786). 502 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm IL (1 78») — 1797). der Akademie, und die »Berliner Monatsschrift« wurde ihr Moni- teur. Herbes Missgeschick! Eben in dem Momente, in welchem diese Bewegung ihre segensreiche Bedeutung für die Nation zu verlieren begann ^ und mehr und mehr ein Hemmniss für den höheren Aufschwung wurde, identificirte sich die Akademie mit ihr! In den nun folgenden achtzehn Jahren herrschte sie unbedingt in ihrer Mitte. Ihre Häupter, die sich die Zierden ihres Jahrhunderts nann- ten und sich gegenseitig die Unsterblichkeit garantirten, waren von der sichersten Überzeugung getragen, auf der Höhe der Entwicke- lung zu stehen. Was unter ihnen lag, beurtheilten sie als Aber- glauben, was ihnen unerreichbar war, als Nebelgebilde der Plian- tasie. Während sie aber im glücklichsten Zeitalter, das sie herauf- geführt, zu leben wähnten, hatten sie für die traurige Stagnation in Staat und Gesellschaft und für die anfangende Fäulniss keine Empfindung. In derselben Zeit, in welcher ein Mirabeau — wahr- lich kein Moralist! — Preussen das furchtbare Wort zuschleuderte: »Pourriture avant maturite"'«, steigerten sie sich gegenseitig in dem ^ Man beachte auch, dass die Hälfte der von IIertzberg zunächst aufge- nommenen fünfzehn Mitglieder bereits in einem höheren Alter stand. Silberschlag war 70 Jahre, Moehsen 64, Ramler 61, Woellner 54, Teller 52, Erman sen. 51 und Tempelhoff stand im 50. Jahre. Beachtet man , wie schnell sich das geistige Leben in Deutschland damals entwickelt hat, so wird man sagen dürfen, dass Ge- lehrte und Litteraten, die vor 1737 geboren waren, um 1787 nicht mehr Führer der Nation sein konnten. ^ Goethe, der einige Jahre vor dem Tode Friedrich's Berlin besuclit hatte. hat seine Eindrücke in einem Brief an Frau von Stein (17. Mai 1778) zusaminen- gefasst: »Durch die Stadt und durch mancherlei Menschen Gewerb und Wesen hab ich mich durchgetrieben.... Menschen, Pferde. Wagen, Geschütz, Zurüstungen, es wimmelt von allem .... Wenn ich nur gut erzählen kann von dem grossen Uhr- werk, das sich vor einem treibt; von der Bewegung der Puppen kann man auf die grosse alte Walze, FR gezeichnet, mit tausend Stiften schliessen, die diese Melodien eine nach der andern hervorbringt... Soviel kann ich sagen, je grösser die Welt, desto garstiger wii'd die Farce, und ich schwöre, keine Zote und Eselei der Hanswurstiaden ist so ekelhaft, als das Wesen der Grossen, Mittleren und Kleinen durcheinander. Ich habe die Götter gebeten, dass sie mir meinen Muth und Gradsinn erhalten wollen bis ans Ende«. Der »Fürstenbund" hatte die Augen und die Hoffnungen der kleineren deutschen Fürsten auf Preussen gelenkt, und an dem Unionsgedanken wollte sich der beinahe erloschene deutsche Gemeingeist und die so tief gesunkene Gesammtkraft erheben. Damals erwachte in Carl August von Weimar der deutsche Sinn, und der Markgraf Carl Friedrich von Baden regte sogar den Gedanken einer »Akademie für den Allgemein -Geist Deutschlands" an (s. oben S.496). eine Verbindung von hervorragenden Schriftstellern aus allen Stämmen zur p]rweckung des Nationalgeistes auf dem Boden der Union. Allein Berlin und Preussen versagten damals noch. Der »deutsche Horaz« , Ramler, trug seine Oden in der Akademie vor, der zierliche Engel schrieb den »Philosophen für die Welt«, Nicolai führte das Scepter in der Litteratur, die Berhner Geistlichen Die Berliner Aufklärer. Woei.lner. 50B Bewusstsein , das Heil Preussens endgültig begründet zu lial)en. Jeder Einzelne unter ihnen war ein würdiger Mann und hatte auf beschränktem Gebiet auch wirklich eine Aufgabe — noch immer galt es, die Reste einer vergangenen Zeit zu beseitigen und den Superstitionen, der Barbarei und den Ungerechtigkeiten die Ver- nunft, der Unfreiheit die Menschenrechte entgegenzusetzen — , aber insgesammt wurden sie gemeinschädlich, weil sie nur Recepte zu schreiben verstanden, die aufstrebenden Kräfte aber niederhielten und die Nation von ihnen abzusperren suchten. Und neben diesen Männern der Aufklärung wurde Woellner aufgenommen, »der betrügerische und intrigante Pfaffe«, wie ihn Friedrich der Grosse, »die subalterne Creatur, der Vice-König, dem schon der ganze Hof die Füsse küsset«, wie ihn Mirabeau genannt hat ! Es mag gleich hier gesagt sein , dass er, obwohl er vierzehn Jahre Mitglied der Akademie gewesen ist und nicht ohne Verstand und Kenntnisse war, doch keine Zeile in den Memoires geschrieben und auch auf das wissenschaftliche Leben der Akademie irgend welchen Einfluss niemals ausgeübt hat. Sein Religionsedict traf die gelehrte Körperschaft nicht, so empfindlich auch Teller von ihm betroffen wurde', und fast nur in ökonomischen Angelegenheiten der Akademie erfahrt man aus den Acten etwas über seine Mitglied- schaft. Wir sind daher in der glücklichen Lage, uns wenig mit ihm beschäftigen zu müssen: der Andere, von Bischoffswerder, hat für unsere Geschichte überhaupt keine Bedeutung, und die ganze pie- tistische Geheimbündelei, in die man den König hineingezogen hatte, ist an der Akademie vorübergegangen. jjredigten von der Süssigkeit der Tugend — abei' das sittliche Leben und der Staat verfielen , und die Kunst blieb im Moralischen oder im Trivialen stecken. ' In der Akademie fand Woellxer's Religionsedict nur bei dem Oberconsi- storialrath und Oberbaurath Silberschlao (gest. 1790) Zustimmung; dieser aber war ein Theologe alten vSchlags , der aus ehrlichem Herzen die ganze religiöse Auflvlärung missbilligte. Er gehörte als auswärtiges Mitglied der Akademie schon seit fast 30 Jah- ren an, hat aber niemals philosophisch- theologische, sondern nur technische und astronomische Probleme in ihrer Mitte behandelt. Am 26. Juni und 4. September 1788 las er (s. Akademisches Protokoll) zwei Abhandlungen über die Sonne. V'on ihnen berichtet Fischer, der Lehrer der Humboldt's, an den berühmten Mathema- tiker Pfaff in Helmstädt (27. October 1788; s. Bruhns, Alexander von Humboldt Bd. I S.45): "Silberschlag hat kürzlich in der Akademie d. W. Vorlesungen über die Sonne gehalten. Das Resultat seiner vermuthlich nnwidersprechlichen Gründe ist kürzlicli dieses: Die Sonne ist ein wirkliches wahres Küchenfeuer, und die Flecken derselben sind Rauchwolken und grosse Russhaufen; consequenter: wo Küchenfeuer ist, müssen Braten sein, nämlich die Gottlosen, Deisten . Naturalisten und Atheisten, und der Teufel ist der Koch, der sie nin Bratspiesse umwendet«. 504 Geschiclite der Akademie unter Fkikurich Wilhelji II. (178G— 1797). Die Aufnahme Woellner's in die Akademie mag unvermeidlich gewesen sein^ — Hertzberg"s Hauptfehler bestand in der Über- schätzung der einheimischen Berliner Kräfte. Er glaubte die Neu- ordnung bewirken und die Akademie «zur ersten in Europa« erheben zu können, ohne Berufungen auswärtiger Gelehrter. Nur ein paar Mal ist von ihm der erfolglose Versuch gemacht worden, solche heranzuziehen", während doch die zahlreichen Ernennungen zu »As- socies externes«, die er in dem ersten Jahre vornahm, zeigten, dass er ftir wirkliche Grösse -ein Auge besass. Noch im Jahre 1786 wurden nicht nur Garve (Breslau) und Eberhard (Halle) aufgenom- men — sie fügten sich harmonisch zu Teller und Engel; doch überragte Garve durch sein ästhetisches Urtheil alle seine Gesinnungs- genossen — , sondern auch Kant und Condorcet, Magellan undVoLTA, die beiden Forster, Wieland und Heyne. Ihnen folgte im Jahre 1787 Herder, dem die Akademie eine alte Dankesschuld endlich abtrug. Allein was konnten ihr diese Ernennungen nützen , wenn sie doch keinen dieser Männer in ihre Mitte berief? Ihr Ansehen nach aussen stieg durch die glänzenden Namen, die sie in ihre Listen eintrug, aber von ihrem Geiste blieb sie unberührt. Was hätte ein Herder, ein Kant in Berlin ihr leisten, ja was hätte selbst ein Wieland ihre Litteraten noch immer lehren können! Sein herrliches Gedicht auf Goethe's Eintritt in Weimar zeigt, wie un- endlich überlegen er einem Nicolai oder Engel gewesen ist! Aber als Mitglieder in partibus infidelium blieben diese hohen Geister ohne jeden Einfluss auf die litterarische Bewegung in Berlin. ^ Sie war wahrscheinlich ein kluges Mittel, um seinem gefährlichen Einfluss beim Könige in Bezug auf die Akademie zu begegnen. Woellner verachtete nicht nur das französische Wesen, sondern auch die reine Wissenschaft und suchte den König zu bestimmen, die Akademie in ein technisches Staatsinstitut umzuwandeln. Dass er mit seinen, vom dürftigsten Utilitarismus beherrschten, elenden und egoisti- schen Plänen nicht durchdrang, ist Hertzberg's Verdienst. Diese Pläne sind in den "Vorträgen" enthalten, die Woellner für den Kronprinzen bez. den König schriftlich aufgesetzt hat und die in neun in Sammet gebundenen Quartbänden im Geheimen Staatsarchiv aufbewahrt werden (s. einen Auszug im Urkundenband Nr. 178). Nur so viel hat er erreicht, dass der König zweimal ausserordent- liche Preisaufgaben stellte aus dem Gebiet der Praxis: »Über Chaussee -Bau» und über "Koppelwirthschaft" (s. unten). Wäre es nach den Vorschlägen Woellner"s gegangen , so wäre überhaupt keine einzige wissenschaftliche Preisaufgabe mehr gestellt worden. Um Hertzberg's Verdienste tun die Akademie recht zu würdigen, muss man überschlagen, was er abgewehrt hat. Er hat dem Institut neues Leben einzuhauchen nicht verstanden, aber er hat es vor Woellner geschützt, dessen Ein- fluss auf anderen Gebieten des Staatslebens so verhängnissvoll gewesen ist. ^ Um einen Mathematiker an Stelle Lagrange's zu gewinnen, sah man sich flüehtisi im Auslande um. Lagrange vei-lässt Berlin. 50ö Während die Reorganisation der Akademie nicht einen Mann ersten Ranges als ordentliches Mitglied zuführte, raubte sie ihr den grössten und berühmtesten Gelehrten, den sie besass — Lagrangk. Die neuaufgenommenen und die alten Mitglieder deutscher Abkunft fühlten sich trotz aller Verehrung für den grossen König doch durch seinen Tod von einem schweren Druck befreit — sie waren, eben als Deutsche, nie sonderlich geachtet gewesen^; umgekehrt aber empfanden die Franzosen und Halbfranzosen. Obwohl die officielle Sprache der Akademie zunächst noch die französische blieb, wurde es ihnen unheimlich bei der Invasion des deutschen Elements; denn sie sahen ihre Vorherrschaft bedroht. Vor allem aber war ihnen Hertzberg, der so energisch die Germanisirung betrieb und aus seiner Geringschätzung des französischen Wesens kein Hehl machte, antipathisch. Doch waren sie an Berlin gebunden und mussten gute Miene zum bösen Spiel machen. Merian gelang das leicht; denn er blieb das hochangesehene geistige Haupt der Aka- demie und genoss auch das Vertrauen des neuen Königs in hohem Maasse; Formey tröstete sich mit der Aussicht, nun vielleicht doch noch Director der philosophischen Klasse zu werden, vmd mit der Freiheit, die er sich nahm, das Andenken des grossen Königs zu beschimpfen. Aber Lagrange, dem sein Ruhm überall in Europa eine Stätte bereitete, beschloss, wie zwanzig Jahre früher Euler, Berlin zu verlassen. Schon im Spätherbst des Jahres 1786 Hess er diese Absicht verlauten. Mirabeau hörte davon und beeilte sich, die französische Regierung in Kenntniss zu setzen. Am 28. No- vember schrieb er nach Paris: »In diesem Augenblick, finde ich, könnte man eine Eroberung machen, die des Königs von Frank- reich würdig wäre. . . . Der berühmte Lagrange, der erste Geometer, welcher seit Newton aufgestanden ist und der nach allen Verhält- nissen des Geistes und Verstandes der Mann in Europa ist, welcher mich am meisten in Erstaunen gesetzt, Lagrange, der weiseste ^ Die Berliner Aufklärer, allen voran Nicolai, waren gute preussische Pa- trioten und Verehrer Friedrich's, aber ganz unverständlich war ihnen nachträglich doch die Stimmung nicht, der Wieland in einem Briefe Ausdruck gegeben: »König Friedrich ist zwar ein grosser Mann . aber vor dem Glücke , unter seinem Stocke sive Scepter zu leben, bewahre uns der liebe Herrgott«. Der Enthusiasmus, mit dem einst während des Siebenjährigen Krieges Ewald von Kleist ausgerufen: "Wie glücklich würden die Länder sein, die der König eroberte« — hatte in den letzten Jahren Friedrich's einige Enttäuschungen erfahren. Allein unerschüttert blieb die specifisch preussische Vaterlandsliebe, die der König erweckt und seine Akademie gepflegt hatte. 506 Geschichte der Akndeniie unter Frikdrich Wii.hklm II. (1786 — 1797). und vielleicht der einzige wahre j)raktische Philosoph, der jemals gewesen ist, der sich durch seine unerschütterliche Weisheit, durcli seine Sitten , durch seine Aufführung überhaupt empfiehlt , mit einem Wort der Gegenstand der reinsten Plochachtung bei der kleinen Anzahl von Männern, die sich ihm nähern dürfen, ist seit zwanzie* Jahren in Berlin, wohin er in seiner ersten Jugend durch den ver- storbenen König berufen worden ist, um Euler's Stelle einzunehmen, der ihn selbst als den einzigen Mann geschildert hatte, der fähig wäre, in seine Fussstapfen zu treten. Er ist sehr missvergnügt; er ist es in der Stille, aber er ist es unabänderlich; denn sein Verdruss entspringt aus seiner Verachtung. (Ihn beunruhigt) die Hitze und der Stolz des Hrn. von Hertzberg, die Aufnahme so vieler Männer, neben welchen er nicht mit Anstand sitzen kann, die sehr kluge Furcht, es möchte seine philosophische Ruhe, die er als das höchste Gut betrachtet, und die gerechte Achtung seiner selbst, die er nicht verletzen lassen wird, in die Enge gerathen, wo nichts von dem Verbrechen, ein Fremder zu sein, befreiet, und wo er es nicht wird ertragen können, ein Gegenstand der Toleranz zu sein«. Also , meint Mirabeau , wird er geneigt ^' sein , nach Frankreich zu gehen; es seien ihm schon Anerbietungen gemacht, nach Neapel und nach Turin zu kommen. »Ist es unter der Würde Ludwig's XVL, aus einer elenden Akademie einen grossen Mann wegzuziehen , den man verkennt und mit unwürdigen Gliedern verbindet, und also durch den edelsten Krieg die einzige gelehrte Gesellschaft zu tödten, die wider die Seinigen gekämpft hat?« Zum Schluss bittet Mira- beau um schleunige Antwort. Er hatte leider nicht Unrichtiges gehört. Bereits in den ersten Tagen des Februar 1787 reichte Lagrange sein Abschiedsgesuch ein. Hertzberg, obgleich er etwas von «Hypochondrie und Selbstliebe des grossen Geometers« einfliessen Hess, bemühte sich doch redlich, ihn zu halten, der König aber, tief betroffen von dem drohenden Verlust, schrieb an Hertzberg: »Je suis moi-meme en correspondance avec Lagrange et j"espere qu'il restera^«. Allein alle Bemühungen blieben vergeblich: Lagrange beharrte bei seinem Entschluss. Nur das erreichte man , dass der Gelehrte, dem eine Pension zugesichert wurde", weiter noch für die Memoires zu schreiben und nicht in * Geheimes Staatsarchiv, 16. Februar 1787. ^ Auch Bitaube hatte seine Pension heliaUen, obgleich er in Paris lel)te. Der König entschied sich dafür, sie ihm zu lassen (Anfrage Hertzherg's an den König, I. November 1786, Akademisches Archiv). — Die Schwierigkeiten, die Lagrangk Lagrange verlässt Bei'Iiii. Die »Deiitsclu^ Deputation- der Akademie. 507 ausländische Dienste zu treten versprach. Er begab sich nach Paris und blieb dort in Correspondenz mit Hertzberg, der ihm seine Stelle in Berlin offen hielt. Die furchtbaren Jahre der Revolution, die er in der französischen Hauptstadt verlebte, raubten ihm die Müsse zur Arbeit, aber Berlin hat er nicht wiedergesehen ^ Nach Hertzberg's Plan sollten die neu aufgenommenen Mit- glieder eine eigene «Deutsche Deputation« der Akademie bilden und die einst von dem Könige Friedrich I. gestellte Aufgabe wieder auf- nehmen, eine deutsche Grammatik, ein Lexikon u. s.w. zu schaffen. Fast scheint es, als sollte die Akademie förmlich in zwei getrennte Hälften getheilt werden; bereits begann der Minister damit, gewisse Verfügungen und Mittheilungen nur an die Deutschen , andere nur an die Franzosen zu richten". Da ihm die Zahl Jener noch immer zu gering schien, so bestürmte er den König auch nach dem Jahre 1787 mit neuen Vorschlägen, die dieser auf MERiAN's.Rath nur zum Theil genehmigte^. Suarez, den grossen Juristen, und Biester zu iiberwinden hatte, bis er seine Verbindung mit Berlin zu lüsen vermochte, hat er in einem Witzwort zum Ausdruck gebraclit. Als er nach Schluss der letzten Sitzung, in der er anwesend gewesen, lange auf seinen Wagen warten musste, rief er aus: »Es ist leichter, in die Akademie hinein, als aus ihr heraus zu gelangen«. ^ Der König hatte es ihm überlassen, selbst seinen Nachfolger zu erwählen; aber er fand keinen geeigneten. Vorübei'gehend ist an Lichtenberg in Göttingen gedacht word<'n (Akademisches Archiv). Im Urkundenband sind einige Actenstücke, LA(iRAXGE"s Abschied l)t'treff"end. sowie einige Briefe, die er von Paris aus an Hertzberg geschrieben hat — in ihnen findet sich auch ein bemerkenswerthes Urtheil über Mirabeau — abgedruckt (Nr. 179). - vSo zeigte er die Ertheilung von Pensionen nicht der GesammtakadfMnie, sondern den Deutschen und Fi'anzosen besondei's an (s. die V(M"fügung vom 27. Sep- tember 1789 im Akademischen Archiv). ^ In den Antworten des Königs auf Hertzberg"s Vorschläge spricht sich immer wieder die Sorge aus. die Zahl der Mitglieder werde zu gross. Hertzberg verfahre nicht vorsichtig genug u. s.w. »Il taut ecrire ä Merian". heisst es dann gewöhnlich, und wirklich hat IVIeriax einige INIale die Wahl neuer Mitglieder verhindert bez. verzögert. (Dei- Wahl Herder"s al)er hat er lebhaft zugestimmt; dagegen wurde Adelung, den Hertzberg zum ausserordentlichen Mitglied vor- geschlagen hatte, vom Könige nicht genehmigt). HERrzBERG suchte sich bei dem Monarchen zu rechtfertigen: er sagte, in Bezug auf die AValil auswärtiger Mitglieder gehe Merian weiter als er: er wolle sie auf 80 bescliränken, ]Merian aber wünsche 100; es seien noch 65 auswärtige Mitglieder vorhanden aus der Zeit Friedrich's des Grossen, und sie seien alle auf zufällige private Empfehlungen hin aufgenommen worden, die zehn aber, die er bisher recipirt. seien von der ganzen Akademie gewählt. Dann heisst es weiter: »Si V. 3Iaj. craint de voir im jour tous les ecclc- siastiques de Berlin membres de TAcadcmie . ce qui ne peut pas arj-iver par les membres externes, je La prie de considerer, que les Srs. Silberschlag, Teller, AxciLLON et PZrman , qui ont ete eins de mon temps, sont tous des savants d'un merite superieur et decide« (24. Juli 1787. Geheimes Staatsarchiv). 508 Geschichte der Akademie uiitei' Friedrich Wilhelm 11. (1 786 — 1797). bestätigte der König, durch Woellner beeintlusst, nicht, obgleich Hertzberg wiederholt erklärte, dass er gerade sie für die Durch- führung seiner deutschen Pläne besonders nöthig habe'; dagegen wurden der Chemiker Klaprotii (24. Januar 1788), der Forstmann VON BuRGSDORFF uud dcr JuHst Klein (i.October 1789), ferner der Schulmann und Philologe Gedike (29. Januar 1790), der Aesthetiker Moritz und der freisinnige Theologe Zoellner (6. October 1791), endlich der Bibliothekar Cuhn (26. Januar 1792) aufgenommen". Von diesen Männern gehörte Moritz dem GoETUE'schen Kreise an', war ein Verehrer Winckelmann's und hatte unvergessliche Eindrücke und Erkenntnisse auf der italienischen Reise gewonnen*. Er war ^ Uertzberg an den König, 4. und g.Janiiai- 1792 (Geheimes Staatsarchiv). Im .hdire 1791 ist auch an Johann von Müller, der damals in kiirmainzischen Diensten stand, gedaciit worden; die Sache zerschlug sich aber, und Müller ging nach Wien. ^ Den Capitän Boaton empfahl Hertzberg dem Könige als guten Übersetzer Gessners und WiELAXDs. Auch er wurde aufgenommen (14. März 1792, Geheimes Staatsarchiv). ^ Er war bereits ordentliches Mitglied der Akademie der Künste, die damals unter des Ministers von Heynitz Leitung aufblühte und in ein näheres Verhältniss zu der Akademie der Wissenschaften zu kommen strebte. Im Jahre 1788 begrüsste von Heynitz als Curator der Akademie der Künste den Minister von Hertzberg als Ehrenmitglied und wies in der Rede darauf hin, wie dieser »der mit der Akademie dei' Wissenschaften so genau verbundenen Schwester, mit der sie so lange friedlicli unter einem Dache zusammen wohne, seine patriotische Fürsorge auch gewidmet habe«, hi Wahrheit aber hatte bisher die »so genaue Verbindung" nur in dem gemeinsamen Hause bestanden. * »Über Kunst und ihre theoretischen Forderungen hatte ich mitMoRirz in Rom viel verhandelt; eine kleine Druckschinft zeugt noch heute von unserer damaligen fruchtbaren Dunkelheit." Goethe, Zur Naturwissenschaft im Allgemeinen (Werke, Hempel'sche Ausgabe, Bd. 34 S. 94). »Moritz, der aus Italien gleichfalls zurück- kam und eine Zeit lang bei mir verweilte, bestärkte sich mit mir leidenschaftlich in diesen Gesinnungen« [gegen Heinse"s Ardinghello und Schiller's Räuber], s. Bio- graphische Einzelheiten (Werke Bd. 27 S. 310). Moritz' Abhandlung »Über die bildende Nachahmung des Schönen« — sie ist Werke Bd. 34 S. 94 wahrscheinlich gemeint — hat Goethe im »Teutschen Merkur« 1789 III S. 1050". besprochen (ab- gedruckt in den »Werken« Bd. 28 S. 4540".): »Diese wenigen Bogen«, so beginnt die Recension , »scheinen die Resultate vieler Beobachtungen und eines anhaltenden Nachdenkens zu sein, mit welchen sich der Verfasser bei seinem fast dreijährigen Aufenthalt in Rom beschäftigt«, und sie schUesst mit den Worten: »Er schrieb diese Blätter in Rom. in der Nähe so manches Schönen, das Natur und Kunst hervorl)rachte ; er schrieb gleichsam aus der Seele und in die Seele des Künstlers. und er scheint bei seinen Lesern auch diese Nähe, diese Bekanntschaft mit dem Gegenstande seiner Betrachtung vorauszusetzen; nothwendig inuss daher sein Vor- trag dunkel scheinen und Manchen unbefriedigt lassen. Diese Betrachtung bewegt uns, den Verfasser hiermit aufzufordern, durch eine weitere Ausführung der hier vorgetragenen Sätze sie mehreren Lesern anschaulich und sowohl auf die Werke der Dichtkunst als der bildenden Künste allgemein anwendbar zu machen«. Kl.APKOTIl. BURGSDORFF, Ivi.inX. G MURK . ^loRIl/. /(JKLLNER, CuHN. 509 daher besonders geeignet, der deutschen Deputation ein höheres Streben einzupflanzen und vielleicht sogar Goethe für ihre Auf- gaben zu interessiren'. Allein gerade ihn wünschte Hertzberg nicht. WoELLNER ist CS gcwcscn , der seine Aufnahme beim Könige durch- gesetzt hat. Am 24. Januar 1791 schrieb er dem Monarchen: »Der Professor INloRiiz ist geschickt und des Ministers \-. Heymtz reclite »Hand bei der Akademie der biklenden Künste, ob ei' gleich von der Seite nichts »taugt. Indessen ist er jetzt sehr stille, vielleicht aus Furcht, vielleicht aber auch, »dass er sich gebessert haben mag. Die vorliegende Mythologie hat er nach An- »leitung der Gemmen und Antiquen in Sanssouci geschrieben und macht ihm solche »alle Ehre. I'^in Mitglied der Akademie der Wissenschaften könnte ei- wohl werden, »nun aber ist anjetzt keine Vacanz, oder er müsste als Surnumeraire angestellet »werden, wenn dieses Ew. K. Maj. dem Grafen v. IIf.rtzberg anzubefehlen geruhen.« Der König genehmigte den Antrag und wies Hertzberg an, die Aufnahme zu vollziehen. Allein dieser machte Gegenvorstellungen, die für ihn und für die Denkweise, die in der Akademie lierrschte, sehr charakteristisch sind": »Ew. K. Maj. haben mir auf Antrag des Etats -Ministers v. Heynitz befohlen, »den Professor Monrrz zum supernumerären Mitgliede der Akademie aufzunehmen. »Ich halte meiner Ptlicht, dai'auf gehorsamst anzuzeigen, dass nach den Statu- »ten und der Verfassung der Akademie der 'Wissenschaften die Mitglieder der- »selben nicht ernannt, sondern von der Akademie selbst erwählet werden sollen, »dass im Gegenstande diese Akademie bald ein vieles \'on ihrem Ruhm und Ansehen »verlieren und bei den Academiciens ein 31issvergnügen entstehen würde, dass der »Professor MoRrrz sich zwar zu der Akademie der Künste durch Fabel-Erklärungen, »aber noch nicht zur Akademie der Wissenschaften, die ein mehreres erfordert, »(jualificirt hat und für einen sehr mittelmässigen Gelehrten passiret, dass zu Berlin »viel grössere Gelehrte, als Zoellxer, Biester und Nicolai, sind, die sich durch »ihre Schriften viel mehr als wüi-dige Mitglieder der Akademie qualificirt haben. Ich »frage also unterthänigst an, ob Ew. K. Maj. nicht auf diese mir nicht unerheblich »scheinende Bedenklichkeiten Rücksiclit nehmen und auf der Aufnahme des Prof. »MoRiTz nicht bestehen, oder allenfalls genehmigen wollen, dass ich die Akademie »über seine Aufnahme votiren und es auf die Wahl nach den meisten Stimmen an- »kommen lassen soll." MoRiTzens Aufnahme wurde zunächst vertagt; aber einige Monate später scheint der Minister seinen Widerstand aufgegeben zu haben : zusammen mit Zoellner wurde der Freund Goethe's recipirt. Nun, im Januar 1792, legte Hertzberg einen förmlichen Plan vor, die deutsche Sprache durch Mithülfe der deutschen Akademiker nach dem ^ Seit 1789 war Goethe (auch Herder und Wieland) Ehrenmitglied der Akademie der Künste; aber Mitglied der Akademie der Wissenschaften wurde er ei'st viel später (s. unten). Im Jahre 1789 hatte Moritz ästhetische \'orlesungen für ein grösseres gebildetes Publicum gehalten — die ersten dieser Art , die in Berlin von der Hofgesellschaft und von Damen besucht worden sind. ^ Woellner's und Hertzberg's (27. Januar 1791) Schreiben im Geheimen Staatsarchiv. 510 Gescliichte der Akademie unter Friedrich AVilhp:lm IL (1786-1797). Vorbild der Pariser zu vervollkommnen und zu cultiviren. Zoellner entwickelte diesen Plan deutsch; Moritz las eine Abhandlung «über die Vervollkommnung der deutschen Sprache« und später eine zweite «über den Despotismus in der deutschen Sprache^*. Wie Hertzberg an den König am 15. April 1792 berichtet", beschloss die Deputa- tion — sie fand die ihr gestellte Aufgabe sehr umfassend — zu- nächst bei den Fremdwörtern einzusetzen und zu untersuchen, welche von ihnen beizubehalten und welche zu entfernen seien. Einige «Bei- träge zur deutschen Sprachkunde« gab sie wirklich heraus (1793), an denen sich namentlich Moritz, Teller, Gedike und Zoellner betheiligten^; aber Bedeutendes hat sie nicht hervorgebracht. Doch so viel wurde erreicht, dass fortab alle Abhandlungen, die in der Akademie deutsch gelesen wurden, auch deutsch gedruckt werden durften. Neben den »Memoires« erschien somit unter dem Titel «Sammlung der deutschen Abhandlungen , welche in der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin vorgelesen Avorden«, eine zweite officielle Publication ; aber Arbeiten zur deutschen Sprache sucht man in ihr vergebens*. ^ Akademisches Archiv zum 26. Januar, 27. September 1792 und 24. Januar 1793. Hertzberg's Eingabe an den König vom 4. Januar 1792 ist im Urkunden- band Nr. 180 nebst verwandten Actenstücken abgedruckt. ^ Geheimes Staatsarchiv. ^ Siehe Nicolai , Eloge auf Teller (Memoires 1804/11 S.49). Auch Hertz- berg selbst arbeitete mit, empfahl LEiBNizens(ScHOTTEL"s) »Unvorgreif liehe Gedanken« als Richtlinien (s. oben S. 18) und liess sie neu drucken, •* Der erste Band deutscher Abhandlungen (für die Jahre 1788/89) erschien im Jahre 1793 mit Beiträgen von Moehsen (er eröffnet den Band mit einer Denk- schrift auf CoTHENius), Walter, Klaproth, Mayer. Burgsdorff, von Hertzberg, BoDE , Engel u. A., der zweite Band (für die Jahre 1790/91) erst im Jahre 1796 mit Beiträgen von Klaproth, Gerhard, Moennich, Bude, Zoellner, Meierotto; der di'itte Band (für die Jahre 1792-97) im Jahre 1799 niit Beiträgen von Meier- oiTO, Klaproth, Willdenow, Gerhard, Bode, Michelsen, Selle, Teller, Zoellner und Hirt. Moritz hat nichts in den Schriften der Akademie erscheinen lassen. Er stai'b übrigens schon am 26. Juni 1793. — Um die französischen Mitglieder dei' Akademie, die das neue Unternehmen mit höchster Sorge l)etrachteten, zu be- ruhigen, schlug der Minister dem Könige zwei Hugenotten, Boaton (s. oben) und den Cabinetssecretär Lombard (Beide hatten sich durch Übersetzungen in's Französische bekannt gemacht), als neue Mitglieder vor. Der Monarch bestätigte aber nur BoAiox (A])ril 1792). Lombard ist erst 15 Jahre später in die Akademie aufge- nommen wordeil (s. unten). In einem sehr ausfülirlichen Memoire legte Verdy di Vernois die Gefahren dar. die aus der Germanisirung der Akademie entspringen müssten (April 1792 Akademisches Archiv). Diese habe ihren ganzen Ruhm unter Friedrich H. ihrem französischen Charakter zu verdanken (!); deshalb müsse die Zahl der Franzosen in der Akademie der der Deutschen stets mindestens gleich sein, während sie jetzt nur noch die Hälfte betrüge. Er sclilägt eine Theilung der Akade- Die »Deutsche Deputation« der Akademie. Hkrtzberg's Verfaiiren. 511 Nicht nur bei der Ernennung der Mitglieder verfuhr Hertz- berg sehr eigenmächtig und hastig: er verwirrte sogar in einzelnen Fällen die Begriffe Ehrenmitglied, Associe (ausserordentliches) und auswärtiges Mitglied miter einander und mit dem Begriff des ordent- lichen Mitglieds, so dass die Listen der Akademie in Unordnung geriethen und Alles unsicher wurdet Da er sich ferner erinnerte, dass Maupertuis das Verfügungsrecht über die Pensionen vom Kö- nige erhalten hatte , so suchte er auch dieses ganz an sich zu ziehen". Als er im Herbst 1789 dem Könige den Etat vorlegte, der mit einem Überschuss von 3260 Thlr. abschloss und. für das nächste Jahr einen solchen von 5660 Thlr. erwarten liess^, schlug er vor, allen Mitgliedern, die er, Hertzberg, in die Akademie aufge- nommen habe, eine Pension von je 200 Thlr. zu gewähren; denn sie seien «aussi habiles et celebres qu'assidus, et feroient honneur aux inie in zwei »Comites« vor, ein französisches und ein deutsches; beide sollen je vier Klassen und einen eigenen Director haben. Nach dem Tode Friedrich Wil- helm"s IL ist Verdy auf diesen Plan wieder zurückgekommen. Er, der ehemalige französische Officiei-. fühlte sich als der berufene Vertreter seiner Landsleute und betrachtete den französischen Charakter der Akademie als ein erworbenes Recht. ^ Die Confusion erscheint bereits in einem Schreiben Hertzberg's vom 20. November 1786 (Geheimes Staatsarchiv). — Ob Verdy du Vernois ordentliches ^litglied oder Ehrenmitglied mit einer Pension gewesen ist , ist bis heute unsicher. Am II. Februar 1790 wurde er direct vom Könige zum Elhrenmitglied ernannt (dass Hertzberg mit der Ernennung nicht zufrieden war, zeigt seine Eingabe vom 19. Januar, Geheimes Staatsarchiv); am i. März 1792 verwendete sich von Hertz- berg beim Könige für ihn. damit er ordentliches Mitglied mit einer Pension von 400 Thlr. werde (als ob Ehrenmitglied gleichbedeutend mit ausseroi-dentlichem Mitglied und die Ernennung eines Ehrenmitglieds zum ordentlichen eine Beförde- rung wäre). Der König bewilligte den Antrag, und wirklich heisst Verdy in den Memoires 1790/91 (erschienen 1796) ordentliches Mitglied; aber in den Listen wurde er doch nicht als solches geführt, wenigstens nicht bis zum Jahre 1800, wo er im Kalender der Akademie plötzlich unter den ordentlichen erscheint. — Bereits im November 1786 hatte Beguelin den Vorschlag gemacht, die auswärtigen ]Mitglieder in Zukunft theils als wirkliche, theils als correspondii'ende aufzunehmen und die Zahl beider Kategorien zu fixiren (abgedruckt im Urkundenband Nr. 181); allein der Plan kam in der Akademie, wie es scheint, gar nicht zur Verhandlung und ist erst später angenommen und durchgeführt worden. ^ Woellner bestärkte ihn darin: "ich halte dafür," schrieb er ihm am 4. Fe- bruar 1789, «dass der Etat und die Vertheilung der Gehälter ein Vorrecht des Curators ist, welches ihm privative zustehen muss« (Akademisches Archiv). Dei- König Hess es sich aber nicht nehmen, auch von sich aus Mitglieder zu ernennen und Hertzberg's Vorschläge, Pensionen betreffend, zu verwerfen. ^ Die Kalendereinnahmen stiegen vom Jahre 1788 zum Jahre 1789 von 23600 auf 26000 Thlr. ; denn der Vertrag mit dem Pächter, Hofrath von Oesfeld, lief im 3Iärz 1789 al), und die ökonomische Commission besass bereits eine Offerte auf 26000 Thlr. 512 Gescliiclitc dei' Ak;idemic niitor P^RiEnnicii Wn.in;LM II. (1786—1797). Premiers Acadcmies de l'Europe«, Ferber aber soll 400 Tlilr. er- halten, denn er sei der erste Mineralog Europas; der noch zur Verfügung stehende Rest von 2—3000 Thlrn. soll »für die Genies« reservirt bleiben. Der König bestätigte diese Vorschläge, die sich über die Statuten hinwegsetzten und die alten Mitglieder erbittern raussten\ Immerhin aber gebührt Hertzberg das Verdienst, die Regel, dass alle Akademiker eine Pension beziehen sollen, begrün- det zu haben; schon im Jahre 1787 arbeitete er auf dieses Ziel hin. Die »Oekonomische Commission«, in die bereits im December 1786 auf seinen Vorschlag WoELLNER und Moulines" eintraten (neben ihnen waren Merian und d'Anieres Mitglieder^) und deren Compe- tenzen er statutenwidrig so erweiterte, dass das Directorium ein Schatten wurde, war ganz von ihm abhängig. Im Einzelnen ord- nete er manches Nützliche an. Bereits am 7. September 1786 l)e- stimmte er, dass fortal) die Mitglieder der vier Klassen gleich oft an den Donnerstagen lesen sollten ; bisher waren die Vertreter der naturwissenschaftlichen Fächer noch immer bevorzugt gewesen*. Der Etat des chemischen Laboratoriums wurde von 250 auf 400 Thlr. erhöht; Achard hatte freilich 800 Thlr. verlangt. Die Beobachtun- gen auf dem Observatorium nahmen einen neuen Aufschwung, nach- dem der Minister den nominellen Astronomen Castillon sen. und Bernoulli die Sternwarte entzogen und sie ausschliesslich Bode an- vertraut hatte. Das Landkartenprivileg, gegen welches von vielen Buchhändlern gesündigt worden, wurde auf's Neue eingeschärft. In der Eingabe Hertzberg's an den König heisst es, die Akademie habe seit 1748 beinahe 20000 Thlr. auf die Karten verwendet und besitze ein ansehnliches Depot; sie dürfe daher erwarten, dass sie in ihren Rechten geschützt werdet Auf die Steigerung der Ka- lenderpacht war der Minister eifrig bedacht, kam aber 1794 in einen Streit mit den Pächtern Metzdorff und Belitz , der mit einer Abweisung der «gesetzwidrigen Querulanten« endete; die Pacht erhielt TJnger, ol)gleich er weniger geboten hatte als jene. Be- aehtenswerth ist es auch, dass Hertzberg andere gelehrte Gesell- ^ Die Verluindlungen zogen sich vom Mai bis zum September 1789. ^ Moulines war der unberufene Herausgeber der Werke des verstorbenen Königs; »er ist als Gelehrter ohne Geschmack, ohne Gefühl, ohne gTÜndliche Sprachkenntniss, abei- ein Freund von Woellner» (Mirabeau, Bd. II S. 155). ^ Castillon sen. war zurückgetreten. * Im November 1786 Hess Hertzberg auch beschliessen . dass die Sitzungen zu allen Jahreszeiten um 4 Uhr beginnen sollen, ^ Eingabe vom 23. December 1789, Geheimes Staatsarchiv. Hertzuerg's Leituii"' der Akademie. 513 'o Schäften, die sich in den preussischen Staaten gebildet hatten, in nahe Beziehungen zu der Akademie setzen wollte. Im Juni 1791 berichtete er dem Könige, de Chambrier habe in Neufchatel unter den Anspielen der Berliner Akademie eine gelehrte Gesellschaft gegründet; er ersuchte um ihre Bestätigung und wünschte, dass ihr Preismedaillen zu Prämiirungen gewährt werden mögen. Ein halbes Jahr später setzte er die Akademie von der Etablirung dieser »litterarischen Gesellschaft« in Kenntniss und zugleich von der Gründung einer anderen, militärischen, in Westfalen, deren Vor- sitzender der Generallieutenant von Schlieffen war. Augenschein- lich sollte die Akademie eine Art von Patronat über diese ver- wandten Schöpfungen übernehmend Das Scheitern der auswärtigen Politik Hertzberg's und sein Rück- tritt von den Staatsgeschäften (Juli 1791) hatte zunächst für seine Stellung als präsidirender Curator der Akademie keine Folge; der König sah es sogar anfangs nicht ungern, dass dem geschäftigen Manne ein Feld der Thätigkeit blieb. Allein es dauerte nicht lange, so entzog ihm Friedrich Wilhelm seine Gnade ganz und gar, theils weil der alte Minister sich in die unfreiwillige Müsse nicht zu finden vermochte und nicht aufhörte, den Monarchen mit Vorstellungen und Denkschriften zu bestürmen, theils weil er seiner politischen Ge- sinnung wegen in den letzten Lebensjahren verdächtig schien. Diese Wandlung, die auch für die Akademie nicht ohne Folgen geblieben ist, hat etwas Tragisches — war doch Hertzberg einer der besten preussischen Patrioten — und verdient eine nähere Betrachtung. Unter Friedrich dem Grossen war alles Politische aus den Kreisen der Akademie verbannt gewesen; der neue Geist politischer Freiheit, der sich seit dem p]nde der siebziger Jahre so kräftig auch in der deutschen Litteratur ankündigte "^ durfte sich in der gelehrten Gesell- schaft nicht aussprechen. Nur Hertzberg, der nach seinen ersten ^ Siehe Geheimes Staatsarchiv und Memoii'es zum 26. Januar 1792. Die 1791/92 gegründete »Märkische ökonomische Gesellschaft" scheint in keine näheren Beziehungen zur Akademie getreten zu sein. Ihr Zweck war: »Sammlung nützlicher Beobachtungen und Erfahrungen über Stadt- und Land -Gewerbe und \'erbreitung derselben unter den Mitbürgern«. Dagegen ist die Neufchateler Gesellschaft der Akademie nahe getreten. In den akademischen Kalendern 1800 — 1805 ist sie nach den auswärtigen Mitgliedern verzeichnet als »Patriotische, mit der Akademie vei-- wandte Gesellschaft zu Neufchatel. bestätigt den 6. Junius 1791« (folgen die Mit- glieder derselben). Dann erst ist der Pächter, Buchdrucker, Landkarten-Factor u. s. w. der Berliner Akademie aufgeführt. ^ Vergl.WENCK, Deutschland vor hundert Jahren. Politische Meinungen und Stinnnungen bei Anbruch der Revolutionszeit. 2 Bände. Leipzig 1887. 1890. Geschichte der Akademie. I. 33 514 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797). Arbeiten 25 Jnlire hindurch nichts für die Memoires geschrieben hatte, veröffentlichte i]i ihnen seit dem Jalire 1781^ eine Reihe historisch -politischer Aufsätze. Nicht nur von der Superiorität der Germanen über die Römer handelte er"^, sondern auch von den Revolutionen, von der besten Staatsform u. s. w. In diesen Essays spricht nicht nur der deutsche Patriot, sondern docirt auch der philosophische Monarchist, für den das Ideal einer aufgeklärten Monarchie dem Freistaat nahe rückt, in welchem Niemand regiert, weil die Vernunft Alle und Alles bestimmt. Dieser Standpunkt war in jener Zeit vor der Revolution unter den «Maassvollen« weit ver- breitet. In der That — ist einmal der »Vernunftstaat« , wie ihn das Naturrecht verlangt, hergestellt, so ist es eine Frage von unter- geordneter Bedeutung, ob er die Form einer Monarchie oder einer Republik haben soll. Es liess sich viel zu Gunsten der ersteren sagen, zumal in Preussen unter dem Eindruck der Regierung des grossen Königs. Allein ein reiner Vernunftstaat war — das mussten auch die wärmsten Verehrer Feiedrich's eingestehen - — - Preussen noch nicht: mancher harte Druck wurde empfimden, vielleicht gar noch Reste der Regierungsform, welche die Aufklärung für besonders ab- scheulich hielt und der sie doch selbst so nahe stand, der despotischen. Mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelm's IL schien die Zeit der letzten heilbringenden Wandlung gekommen. Einige Maassnahmen des Königs durften mit Recht als freiheitliche begrüsst werden , und sofort entfesselte sich in Berlin und ül)erall in Preussen der zurück- gehaltene Strom politischer Discussionen^. Auch in die Akademie drang er ein : denn sie erhielt nicht nur den Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu ihrem Curator, sondern in ihm auch einen Mann, der sofort damit begann, in akademischen Reden und Abhandlungen sowohl seine politischen Theorien , als auch seine actuelle Politik dar- zulegen und zu begründen. Im Jahre 1787 (Memoires 1785, erschienen 1787) las er eine Al)handlung über das letzte Jahr der Regierung Friedrich's des Grossen und eine zweite über das erste Jahr Friedrich Wilhelm's IL : im Jahre 1788 (Memoires 1786. erschienen 1788) liess er ihnen ' Erschienen im Jahrgang 1779 der Memoires. ^ Er suchte dabei zu zeigen , dass die Germanen , welche die Römer besiegt, einst in den Landstrichen gesessen haben, die jetzt preussisch sind. ^ Dass übrigens sclion unter Friedrich dem Grossen die politische Redefreiheit in Preussen grösser war, als in den meisten anderen deutschen .Staaten , hat Wenck gezeigt. Hertzberg's politisclie Stellung, sein vStnr/. Die Politik in cIit Akademie. 515 eine Abhandlung über das zweite Jahr des Königs folgen und hielt am Geburtstag des Königs eine hochpolitische Rede (a. a. 0.); im Jahre 1789 las er ein Memoire über das dritte Jahr des Königs »et pour prouver que le Gouvernement Prussien n'est pas despotique« {Memoires 1787, erschienen 1792), im Jahre i 790 eine Abhandlung über das vierte Jahr und «sur la noblesse hereditaire« (a.a.O.) und im Jahre i 791 endlich ein Memoire »sur les revolutions des Etats, ex- ternes, internes et religieuses« (a. a. O.). Hertzberg feierte in diesen Discursen die freiheitlich gestaltete Monarchie im Gegensatz zur Despotie und die Segnungen der Öffentlichkeit und anderer moderner Güter; aber er suchte auch Staat und Regierung zu einem Gegen- stande freudiger Werthschätzung für alle Gebildete zu machen. Beson- ders aber lag ihm daran , seine politischen Ideen überall zur Geltung zu bringen und einen aufgeklärten preussischen Patriotismus zu er- wecken. In weiten Kreisen, selbst im Ausland, fanden seine Reden Widerhall; wie sollte er ihnen in der Akademie fehlen? War sie doch gewohnt, sich keiner Weisung, die von oben kam, zu entziehen, und hier traf die eigene Gesinnung mit den Wünschen des Ministers zusammen. Als nun gar durch das schlimme Religionsedict von 1788 in der religiösen Frage alle Hoffnungen zerstört waren, die man auf das neue Regiment gesetzt hatte, klammerte man sich um so fester an die Aussichten, die in politischen Dingen eröffnet schienen. Ein bisher fremder politischer Zug zeigte sich in den akademischen Fest- reden. Der alte FoRMEY hielt am 27. September 1787 beim Beginn der Verwicklung Preussens mit den Niederlanden eine Rede gegen die Generalstaaten und feierte die preussische Monarchie im Gegensatz zur Republik \ Ungleich tiefer und wärmer hat Engel im Hinblick auf den Fürstenbund Preussens Bedeutung für Deutschland hervor- gehoben: »Erkannten nicht auch wir in dem Vortheile des Vater- lands (Deutschlands) den unsrigen (den preussischen), und machte nicht dennoch dieser Bund tieferen Eindruck auf uns , als ihn jeder andere, auch mit den ersten Mächten Europas, würde gemacht haben? Waren die Glückwünsche nicht allgemein, dass unsere Brüder, durch gleiches Blut, gleichen Geist, gleiche Sprache uns theuer, sich so uns anschlössen? so uns Herzen und Hände boten? so in unserer Treue und Macht ihre Sicherheit fanden?« Und am Schlüsse der Rede hebt Engel unter allem dem Edlen und Guten, worin das preussische Volk unter Friedrich Wilhelm's Regierung sein Lob finden möge. Memoires 1786/87 p.3iff. 33* 516 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm IL (1786-1797). auch dies hervor, dass es durch seinen eigenen Ruhm den Ruhm des deutschen Namens erhöhe und sein eigenes wohlthätiges Licht über alle die brüderlichen Stämme verbreite, die mit ihm zugleich in den weitgestreckten Gefilden Deutschlands, des gemeinschaftlichen Vaterlands, wohnend Aber nicht nur der deutsche Patriotismus, auch der politische Freisinn regte sich um das Jahr 1789 in der Akademie, Noch in der Rede , mit der Formey den Vicomte de Goyon im October 1794 in der Akademie begrüsste, zeigte sich ein Nach- klang davon". Der Secretar führt die Katastrophe Ludwig's XVI. auf den Despotismus, die unaufhörlichen Kriege, die Usurpationen und die Bigotterie Ludwig's XIV. und auf die Corruption Ludwig's XV. zurück; für den Königsmord hat er kein Wort der Entrüstung. Doch diese Rede war schon verspätet, und man wundert sich, dass Formey, der sonst stets eine gute Witterung bewiesen , sie noch gehalten hat. Die Speculationen , in denen man die Monarchie den RoussEAu'schen Doctrinen anpasste, konnten so lange ungefährlich erscheinen, als die Geschichte noch keine Probe auf sie geliefert hatte. Aber in der französischen Revolution hatte sie ein Exempel aufgestellt, und das Ergebniss war der Sturz des Königthums. Dennoch liess sich Hertzberg in seinem politischen Doctrinarismus nicht stören. Was aber vor 1792 eine wissenschaftliche Lehre schei- nen konnte, musste nach diesem Jahre, zumal am Hofe Friedrich Wilhelm's, als Hinneigung zur Revolution und als demokratisches Frondiren empfunden werden. Die Rede, die der Minister am 27. Ja- nuar 1793 in der Akademie hielt^, konnte diesen Eindruck nicht verwischen: »sur le regne de Frederic II, pour faire la preuve que le Gouvernement Monarchique peut etre bon et meme preferable ä tout Gouvernement Republicain«. Der König, dem Hertzberg die Rede übersandte, wird schwerlich mit ihr zufrieden gewesen sein^. ^ Wenck, a.a.O.] S. i8if. Engel's Rede ist nicht in den Publicationen der Akademie, sondern in seinen kleinen Schriften abgedruckt. ^ Memoires 1794/95 p. 51!". ^ Memoires 1788/89 (erschienen 1793) p. 471 ff. * Er hatte bereits gegen Hertzberg's politische Gesinnung einen schweren Verdacht geschöpft in Folge einer Unvorsichtigkeit des Ministers. An Stelle des verstorbenen Borrelly (Borelli) hatte er Forster in Mainz zum ordentlichen Mit- gliede vorgeschlagen, ohne sich genügend über dessen politische Meinungen infor- mirt zu haben. Als der König den Vorschlag erhielt, erfuhr er, Forster habe sich in Mainz den Franzosen angeschlossen und für die Republik erklärt. Erzürnt be- fahl er Hertzberg, von Forster abzusehen und den Gerichtsrath Bastide, einen INIann ohne wissenschaftliche oder litterarische Verdienste, aufzunehmen (für das Fach der französischen Sprache). Hertzberg's Vertheidigungsschrift vom ii.December Herizberg's Sturz. Die Politik in der Akademie. 51 t Weilige Tage vorher hatten die Minister ihm vorgeschlagen, Con- DORCET und Bitaube als Republikaner aus den Listen der Akademie zu streichen , unter Hinweis darauf, dass Jener in Petersburg auf Befehl der Kaiserin Katharina bereits gestrichen sei. Der König hatte mit Genugthuung zugestimmt; Hertzberg erreichte nur, dass die Removirung Bitaube's nicht in der Zeitung publicirt zu werden brauchte \ Seit dieser Zeit hatte er seine Rolle völlig ausgespielt; der König wollte schlechterdings nichts mehr von dem »Demokraten« wissen, der sich zudem in dem hartnäckigen Glauben, der ver- kannte Steuermann Preussens zu sein , allerlei Taktlosigkeiten und Indiscretionen zu Schulden kommen liess und in den Eingaben seinen greisenhaften Eigensinn nicht zu zügeln verstand. Bald dar- auf verfiel er, tief verletzt und verbittert, in eine schwere Krank- heit, von der er endlich am 27. Mai 1795 durch den Tod erlöst wurde. Es ist ein Zeichen des wohlwollenden Sinns, den Friedrich Wilhelm II. niemals verleugnet hat, dass er den höchst unbequemen, aller nicht unedlen Mann in seinem Amte als Curator der Akademie bis an sein Ende belassen hat. Aber bald wurde Hertzberg's Stel- lung auch hier einÜussloser, schon bevor ihn die Krankheit nieder- geworfen hatte. Nicht nur beeilte sich die Akademie, die politi- schen Anwandlungen zu unterdrücken , zu denen sie der Curator verleitet hatte, sondern sie begann auch, die nicht ungerechtfertig- ten Beschwerden gegen das despotische Regime Hertzberg's dem Könige vorzutragen und um Abhülfe zu bitten. Der Erste, der gegen den Curator auftrat, war Woellner. »Unser würdiger alter Curator«, schrieb er in einer Eingabe vom 17. April 1792 dem Könige"', »wird bei seiner sichtbarlich zuneh- menden Schwachheit die Akademie bald dergestalt curiren, dass 1792 (in der er Bastide für einen unbedeutenden Mann erklärt, der keiner Klasse angehören könne) ist im Urkundenband Nr. 182 abgedruckt. Über J. B. Bastide s. Alfred Schulze im Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Littera- turen Bd. C, H. 3 und 4 S.3iiff. Derselbe zeigt auch (S.316), dass Hertzberg den Inhalt eines von Forster an Johannes von Müller gerichteten Briefs, der bei den ^'erhandhlngen eine Rolle spielt, sehr ungenau wiedergegeben hat. ^ Geheimes Staatsarchi\'. Der Akademie wurde ausserdem von dem Minister VON Alvensleben aufgegeben, alle als «Revolutionisteu" bekannten auswärtigen Mit- glieder aus den Listen zu streichen. Bitaibe erhielt übrigens im Jahre 1795 *^1'6 verlorene Pension von 600 Thlr. wieder zurück, ja sie wurde ihm für die drei Jahre nachgezahlt. ^ Geheimes Staatsarchiv. 518 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm II. (1786—1797). wir bei der ersten GelegeiiLeit Banquerot iiiaclien werden; denn er höret gar nicht auf immer neue Mitgheder vorzuschlagen. Breton (= Boaton) ist eigentlich ein Sj)rachmeister' und weiter nichts, und solcher grossen Savans haben wir leider mehrere, darüber wir von fremden Akademiecn ausgelachet werden.« Woellner beklagt sich auch , dass durch die vielen Ausgaben , die Hertzberg verfügt habe, die Kasse so belastet sei, »dass wir bei dem geringsten Unglücks- fall die Akademie für insolvent erklären müssen"«. Der König wollte noch nicht eingreifen; aber als in den fol- genden zwei Jahren die Beschwerden der Oekonomischen Commission sich häuften, als der hochangesehene Merian seine Stimme erhob und zeigte, dass das Statut an allen Punkten durchbrochen sei\ da hielt er es für nothwendig, der Willkür durch ein neues Regle- ment zu steuern, welches die alten Ordnungen möglichst wieder- herstellen sollte. Doch befahl er der Oekonomischen Commission, dies mit der grössten Schonung des alten Curators zu thun. Die an Merian gerichtete Verfügung vom i2.December 1794 lautet*: Je conc^ois que la faiblesse actuelle du Comte de Hertzberg, jointe au besoin d'agii- qui a tourmente jusqu'auK dernieres annees de sa vie. fasse craindre les meinbres de la coiumission economique de TAcadeinie pour les iiiterets de la societe. C"est ä eux ä surveiller les iiiesures du cu- rateur, a^-ec ces menagements dont ils ont ete les premiers ä sentir la de- cence et que reclament Tage et la Situation dii Comte. Je vous adresse ä vous cette autorisation, parce qu"envoyee i\ la commission en general, eile serait tombee entre ses mains et l'aurait inutilement afilige, et vous voudrez bien communiqer mes intentions a vos collegues. Du reste. je suis ^ Er stand aucli zur Mad. Rietz (Gräfin Lichtenau) in Beziehungen. Dieser ganz unfähige INIann war an MoRcrz" Stelle aufgenounnen worden. Auch von dem ehrlichen , aber bornirten ( )berconsistorialrath Hermes war die Rede gewesen. Da- gegen war es Hertzberg nicht gelungen, Marcus Herz durchzusetzen. ^ Doch betrug der Jahresüberschuss inuner noch 1Ö94 Thlr. ^ Statt der statutenmässigen 12 ordentlichen INIitglieder mit Gehalt und 12 solchen ohne Gehalt gal) es 35 mit freilich geringem Gehalt; das Directorium war völlig lahm gelegt und bedeutete niclits mehr, dagegen waren der Oekonomischen Commission neue, luibestimmte Com2)etenzen übertragen; die Listen der auswärtigen und Elu-enmitglieder waren in Unordnung; die Kasse war mit Ausgaben überlastet; einigen auswärtigen ^litgiiedern waren gegen die Bestimmungen Pensionen gezahlt worden; auch in der Kalender-Angelegenheit herrschte Willkür; Hertzberg hatte ein Comite von drei Personen für sie ernannt, »de sa pure et privee autorite, sans en dire nieme un mot ä la Conunission, sans penser a lui pi'ocui-er la sanction Royale«, u. s. w. Dass das Erscheinen der Memoires sich verzögerte — seit dem Tode Friedrich's II. waren erst zwei Bände ausgegeben (der für 1786/87 im Jahre 1792, der für 1788/89 im Jahre 1793) — . ist wahrscheinlich nicht Hertz- berg's Schuld. * Akademisches Archiv. Das neue Reglement vom 1 ■_'. «fanuar ITOö. 519 '» tont ;v fait de votre sentiment et du temps |sic| sur les cliang(^nieiis utiles ä adopter pour l'academie et j'attendrai avec interet las considerations tjue vous compterez ine präsenter a cet egard. Snr ce etc. Fr. Guillalme. Die Coinmission war damit zu Vorschlägen aufgefordert. Alles wäre gut gewesen, wenn sie nur nicht, abgesehen von Woellner, aus lauter Franzosen bestanden hätte, die sich beeilten, die begon- nene Germanisirung der Akademie nach Kräften wieder rückgängig zu machen'. Woellner aber leistete keinen Widerstand, zumal da ihm Merian, der ihm volles Vertrauen schenkte, die Präsidentschaft in der Commission versprach". Ein Reglement wurde ausgearbeitet mit mehreren zweckmässigen Bestimmungen ; aber in § 4 hiess es, dass die französische Sprache die Sprache der Memoires sei und dass daher die deutsch in der Akademie gelesenen Abhandhingen in's Französische zu übersetzen seien. Man beschloss, sich in der Eingabe an den König, welche das zu bestätigende Statut begleiten sollte, für diese Bestimmung auf die Autorität des verewigten Be- GUELiN zu berufen, weil der Monarch diese sehr hoch schätzte. Am 12. Januar 1795 bestätigte der König das neue, das Regle- ment von 1746 wiederherstellende und ergänzende Statut^; auch die Anordnung, die französische Sprache betreffend, beanstandete er nicht und Hess somit die Franzosen Avieder gewähren. Ob Hertz- berg noch Kunde von dieser Reaction erhalten hat? Wahrscheinlich ist ihm der Schmerz erspart geblieben; sein Geist war bereits um- nachtet. Bald darauf richtete der König an die Commission ein Schreiben \ in welchem er sich in harten Worten über Hertzberg"s Willkürlichkeiten beklagte : »J'ai niuni de ma signature le projet de regiemens que vous venez de nie proposer, et vous le renvoye ei -Joint pour servir ä l'avenir de base invariable a la niarche des affaires de TAcadeniie. II etait temps en effet que d'autres principes les i-eglassent. et je n"en etais pas ä sentir les in- ^ Schon die Wahl Bastide's am Schluss des Jahres 1792 muss unter diesem Gesichtspunkt aulgefasst werden. Ans seiner Antrittsrede (Memoires 1792/93 p.öiff.) ergiebt sich, dass Merian. Axcillon sen., de Moulines, Erman sen. und Forjiey seine Pati'one gewesen sind. Mit l)esonderer Wärme gedenkt er auch des verstor- benen Premontval als seines Lehrers und erwähnt ausserdem respectvoU Castillon und BuRJA. Namen von deutschen Akademikern zu nennen, scheint er geflissent- lich vermieden zu haben, obgleich er in Berlin geboren und erzogen war. ^ Dass die Franzosen ilu-e alte Herrschaft in der Akademie wieder herzu- stellen strebten . zeigt sich auch in dem Erscheinen einer Zeitschrift (Journal litte- raire de Berlin 1794), die sie unterstützten und als ihr gleichsam officiöses Organ zu entwickeln strebten (s. Geiger, Berlin Bd. 2 S. 68). ^ Original im Akademischen Archiv, abgedruckt im Urkundenband Nr. 183. * Original im Akademischen Archiv. 520 üescliiclite der Akademie unter Frii;drich Wilhelm II. (1780—1797). convenients de ceux que le Comte de Hertzberg avait adoptes, ou entre lesqnels plutot il a Hotte toujoiirs sans Systeme fixe. J'ai repugne vive- ment a cette foule d'Academiciens qu'il me proposait sans cesse et qui sans mon veto eüt peut-etre avili dejä une Societe oii le vrai talent n'aspire qu'autant qu'elle sait etre delicate dans ses choix. J'ai vingt tbis defendii au Comte de Hertzberg ces eternelles nominations. et, des longues listes qu'il me presentait deux fois par an, j'en ai a peine sanetionne le tiers. Aussi j'approuve de preference l'article de vos reglemens qui inter- dit pour cinq ans toute election. Les talents rares se i-ecommandent d'eux memes, et, dusse-je pendant cet espace de temps juger quelque exception necessaire. je ne m'en promets pas moins de la regle. Sür que la pi-u- dence et le desir du bien presideront a l'avenir aux interets de TAcademie, je redoublerai d'interet pour eile et serai charme de pouvoir contribuer ä la faire fleurir. Je prie etc.« Die einschneidendste Bestimmung des neuen Reglements war, neben der Zurückdrängung der deutschen Sprache , die erste ; sie ver- bot der Akademie, während der nächsten fünf Jahre neue Mitglieder vorzuschlagen. Sie bestand zur Zeit aus 40 (41) Mitgliedern' und sollte auf die statutenmässige Zahl von 24 zurückgeführt werden. Wirklich ist in den Jahren 1795 -1797, d. h. bis zum Tode Fried- rich Wilhelm's II. , nur Hirt (am 3. November i 796) aufgenommen worden. Er war bereits Mitglied der Akademie der Künste, und der König verfügte die Ausnahme". Wie ein paar Jahre früher durch Moritz, so drang nun wieder durch ihn ein Strahl von Goethe's Geist in die Akademie^. Den Willkürlichkeiten von Hertzberg' s war ein Ende gemacht, aber es herrschte in den letzten drei Jahren unter Friedrich Wil- helm II. der Friede des Kirchhofs in der Akademie*. Damals (1796) ' Der Marquis de Bouiflers, der sclion in's Auge gefasst war. wurde am 25. Februar 1795 noch aufgenommen; er war ja auch Franzose. - Man erkennt übrigens bereits aus den Wahlen, die vom Frühjahr 1792 an vorgenommen worden waren , dass Hertzberg's EinÜuss ein beschränkter gewesen ist. Unter den acht (mit \^erdy neun) neuen Mitghedern finden sich nämlich be- reits wieder fünf (sechs) Franzosen (Boaton, Bastide, der aus Genf berufene Mathematiker und Polyhistor Trembley, der Vicomte de Goyon d'Arzac und der Marquis de Boufflers). Die drei Deutschen sind der Mathematiker Michelsek, der noch vor Friedrich Wilhelm H. gestorben ist, der tüchtige Botaniker Will- DENOw und der Mediciner Walter der Jüngere. Hirt ist durch den Einlluss der Lichtenau in die Akademie gekommen. ^ Vergh über Goethe's Verhältniss zu Hirt Goethe's Werke (Heinpel'sche Ausgabe) Bd. 26 S.8f. 25 f. 169, Bd. 28 S. 30. 131 u. s. w. Hirt's Sachkenntniss wui-de von Goethe in hohem Grade anerkannt, aber in den ästhetischen Urtheilen stimmten sie häufig nicht zusammen. * Man vergleiche die den Jahrgängen der Memoires für 1795-97 vorgedruckte .'Histoire«, um zu erkennen, wie öde es geworden war. Gestört wurde der Friede nur durcli ärgerliche Zerwürfnisse mit dem Kalenderpächter Unger, der sich um Verfall der Akademie. 521 sagte Alexander von Humboldt von ihr, sie sei ein Siechenliaus, ein Hospital, in dem die Kranken besser schlafen als die Gesunden'. Da sie weder einen neuen Curator noch einen Präsidenten erhielt, so war WoELLNER in dieser Zeit der factische Curator", Merlan, der an Stelle Formey's (f 7. März 1 797'^) beständiger Secretar gewor- den war, der factische Präsident. Nichts wurde unternommen , ja nicht einmal das Nothwendigste geleistet. Erst im Jahre 1796 er- schien der Band der Memoires für 1790/91, so dass die Akademie während der ganzen Dauer der Regierungszeit Friedrich Wilhelm's II. nur drei Bände hat erscheinen lassen ! Wie viel ileissiger und pünktlicher war die fridericianische Akademie gewesen! Den deut- schen Mitgliedern aber, die doch in der Überzahl waren, kann der schwere Vorwurf nicht erspart bleiben, dass sie schläfrig, fast möchte man sagen feige, allen Wandelungen zugeschaut haben. Sie Hessen sich Hertzberg's Despotie gefallen*; sie schwiegen, als das den Coiitract nicht küirimerte , durch die Jagd auf die neue französische Zeitrech- nung, die in Preussen keinen Curs hatte und in den Kalendern nicht vei'zeichnet werden durfte — fremde Kalender durften den akademischen Stempel nur dann erhalten, wenn sie entfernt worden war — , und durch Verwicklungen mit der Censur, die im November 1796 zu einem ^'erbot des historisch -genealogischen Ka- lenders für 1797 führten, da Unger eine missliebige »Geschichte von Polen« auf- genommen hatte. "Der Mensch muss Anderen zum Exempel Strafe bekommen«, verfügte der König eigenhändig. Die akademische Commission entschuldigte sich in einem servilen Schreiben und machte den verstoi'benen JMinister von Hertzberg verantwortlich, »welcher diesem Aufsatz sowie allen andern Artikeln in den Kalen- dern ohne unser Wissen und ohne unsere Zuziehung die Censur ertheilt hat«. Als UxGER in dem Kalender für 1798 eine Abbildung der französischen Regierungsamts- kleider und des Freiheitsbaumes bringen wollte, verbot es ihm die Akademie, obgleich die Platten schon in Kupfer gestochen waren (Abdrücke im Geheimen Staatsarchiv). ' Bruhns, Alexander von Humboldt, Bd. i S.237. Ungerecht war der Spott des »Beobachters an der Spree« (1802): »Eine Akademie der Wissenschaften ist ein Institut, worin man vornehme Standespersonen und (reschäftsmänner und zuweilen auch sogar einen Gelehrten aufnimmt«. ^ Am II. März 1797 erbat er sich vom Könige 800 Thlr. Zulage, Aveil er »das schwere Directorium der ganzen Angelegenheiten der Akademie völlig umsonst führe und es sich um ihre Kasse habe herzlicli sauer werden lassen«. Er erhielt sie. ^ FoRMEY hat in den letzten Jahren seines Lebens monatelang sein Amt nicht verwalten können. Daher sind auch die Eloges nicht mehr regelmässig gehalten worden. * Hertzberg , der sich bei aller Selbstherrlichkeit doch Verdienste um die Akademie erworben hat, ist mit schnödem Undank belohnt worden. Nicht nur hat man ihm kein Eloge in der Akademie gehalten — • die französischen Secretare Formet und 3Ierian gönnten es ihm nicht, und die deutschen 3Iiti>lieder waren schwach genug, ihnen nachzugeben — , sondern in der den jMemoires vorgedruckten »Histoire« ist nicht einmal sein Tod erwähnt! 3Ian hat sein Gedächtniss austilgen Av ollen. 522 Geschichte der Aknflcmie unter Friedrich Wiliiiclm Jl. (17«H— 17117). Recht des Deutschen in der Akademie wieder beschränkt wurde', sie duckten sich, als Woellner, den sie doch verabscheuten, die Geschäfte übernahm, und sie bäumten sicli nicht auf, als Edicte gegen die Freiheit der Wissenschaft, wie das gegen Kant gerichtete, erschienen". Mit Händen kann man es hier greifen, dass diesen Teller, Engel, Zoellner bei allem Tugendgerede das thatkräftige Pflichtgefühl und bei allem »Fortschritt« das begeisternde und füh- rende Ideal fehlte. Nicht nur ihre Aesthetik, mit der im Jahre 1796 die Xenien abrechneten, auch ihr Pcatriotismus und ihre Welt- anschauung war bankerott. Seit zehn Jahren war ihnen Gelegenheit gegeben, zu zeigen, was sie konnten. Sie schmeichelten sich auch, die Gelegenheit benützt zu haben — in der Auseinandersetzung mit Kant und in Einzelforschungen haben sie wirklich etwas geleistet ^, aber in der Leitung des Ganzen Hessen sie Ausländern und einem Woellner das Feld, und nicht erst die Nachwelt, sondern schon die jüngeren Zeitgenossen urtheilten mit Recht, dass sie die höheren Aufgaben, die ihnen gestellt waren, in keinem Sinne gelöst haben. Auch die preussischen Akademiker haben einen Frieden von Basel ge- schlossen! Es bedurfte anderer Charaktere, anderer Patrioten, anderer Talente, um die halbfranzösische Academie Royale in eine Gemein- schaft umzuwandeln, die des deutschen Namens würdig war. Am 16. November 1797 starb der König; er hatte in den letzten drei Jahren die Akademie kaum mehr beachtet. Sein Nachfolger dachte zunächst daran, sie aufzuheben oder doch gänzlich umzugestalten. ^ Die "Fi'anzosen" hatten sich ein paar Jahre vorher besser gewehrt, als die Herrschaft ihrer Sprache in der Akademie gebrochen werden sollte; s. nicht nur Verdy du Vernois' Vorstellung (oben S. 511). sondern auch Merian"s Ausführungen in den Memoires 1785 (erschienen 1787) p. 3981". - Die berüchtigte Kabinetsordre gegen Ka^t. der doch .Mitglied der Akade- mie war, erschien am i. October 1794, als Hertzberg schon ein todter Mann war. Sie ist von Woellner gegengezeichnet. — ^'on den verschärften Censurmaassregeln wurden indirect auch die Berliner Akademiker getroffen. Nicolai, der übrigens noch nicht Mitglied war, verlegte seine »Allgemeine Deutsche Bibliothek" nach Kiel. Aber in der Akademie wurde das WoELLNER*sche Regime (s. die Eloges. die nach 1797 gehalten worden sind) erst kritisirt, nachdem der verabscheute Mann gestürzt war. Das freie Wort zog sich aus der Akademie in die private »Philosophische Gesellschaft« zurück, die noch liei Lebzeiten Mendelssohn's 1783 gegründet worden war (s. über sie oben S. 392 und die Eloges von Nicolai auf Engel und Teller in den Abhandlungen der Akademie 1803 S. 17, 1 804/11 S.50 und den Artikel »E. F. Klein« in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 16 S. 89; es gehöi'ten ihr Spalding, Engel, Klein, Doiim . Selle. Nicolai, Zoellner, Biester und Andere an; hier wurde eine gehaltvolle und fördernde Geselligkeit geptlegt; die Mitglieder lieferten Aufsätze ein, die circulirten und eingehend kritisirt wurden). Die Gesellschaft löste sich 1798 auf, als sie nicht mehr nothwendig schien. Geschichte der Akademie unter Fkieduk ii \\'ii.iiki.:m 111. (171)7—1812). 523 Zweites Capitel. Die Geschichte der Akademie in den ersten Jahren Friedrich Wilhelbi's III. Ihre definitive Reorganisation durch die Brüder Humboldt und Niebuhr (i 797-181 2). 1. Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelm's III. befreite das Land von dem ungUieklichen WoELLNER'schen Regime und dem orthodox- pietistischen Staatskirchen thum. Unter dem Einlluss von Sack und Engel aufgewachsen, huldigte der neue Monarch einer maassvollen und nüchternen Aufklärung, die durch Ptlichttreue und Wahrhaf- tigkeit zu befestigen sei. Das berüchtigte Religionsedict gerieth in Vergessenheit \ und auch positive Anordnungen auf den ver- schiedenen Gebieten des Staatslebens zeigten anfangs, dass der König auf Reformen in fortschrittlichem Sinne bedacht war. Aber für die Akademie, wie sie theils durch eigene Schiüd, tlieils durch den Druck Woellners heruntergekommen war, zogen schwere Wolken herauf. Zwar dass ihr Etat bei Erweiterung der Befugnisse der Oberrechnungskammer dieser unterstellt und ihr das Recht, selbständig in den Processen wegen Übertretung des Kalen- derprivilegs zu entscheiden , geschmälert wurde , war kein Unglück "; ' Man kann noch mehr sagen — es wurde geradezu aufgehoben, hi der herühmten Kabinetsordre an Woellner vom 11. Januar 1798 spricht der König den Grundsatz aus: »Vernunft und Philosophie müssen der Religion imzertrennliclie Gelahrten sein ; dann wird sie durch sich selbst feststehen , ohne die Autorität derer zu bedürfen . die es sich anmaassen wollen , ihre Lehrsätze künftigen Jahrhunderten aufzudrängen und den Nachkommen vorzuschreiben, wie sie zu jeder Zeit und in jeden Verliältnissen über Gegenstände, die den wichtigsten Einlluss auf ihre Wohl- fahrt haben, denken sollen». In der Rede, mit der sich Ancillon jun. in die Akademie einführte, wird deshalb der König also gefeiert (Memoires 1803 p.58): "Icli bin glücklich zur Fliege der Geschichte und der Philosophie in einem Lande berufen zu sein, von welchem nuxn mit dem lateinischen Historiker sagen darf: 'Rar-a temporum l'elicitate. ubi sentire (juae velis, et quae sentias dicere Ucet'. Das ist das einzige Lob. auf welches unser erhabener Herrscher wirklich eifersüclitig ist". ^ Bis 1798 hatte die Akademie das Recht, dui-ch ihren Justitiarius die Strafen gegen die Kalender- Contraventionen selbst festzustellen (noch im Jahre 1790 hatte die Kurmärkische Kannner dieses Recht in einem praktischen Falle ausdrücklicli anerkannt). Jetzt bestritt ihr der Justizminister von Goldheck dassell)e. Die Aka- demie wehrte sich (28. September 1798), erkannte selbst an, dass sie kein Gerichts- hof sei, wies aber darauf hin, dass sie durch das Edict vom 15. Mai 1700 befugt sei, dergleichen Fälle, da es sich in ihnen nicht um grosse Objecte handle, ohne processualische Weitläufigkeit zu entscheiden. Die Controverse endete damit, dass 524 Geschichte der Ak;ideniie unter Friedrich Wilhelm 111. (1797— LSTi). aber die Verschärfung des Censurzwangs , die nach einer kurzen Periode grösserer Freiheit die Presse seit 1798 traf, berührte sie sehr empfindlich. Ilire Kalender gaben durch die historischen Essays immer wieder Anstoss, und auch im genealogischen Theil konnte sie es nicht leicht recht machend Doch hier litt sie nur unter dem allgemeinen Missgeschick — viel gefährlicher war es für ihre Existenz, dass der König die rein wissenschaftlichen («speculativen«) Bemühungen nicht hoch schätzte und deshalb die Akademie für recht überflüssig hielt, mindestens eine Umgestaltung der Anstalt in »humanistischem«, d. h. in päda- gogischem und technischem Sinne verlangte. Unterstützt wurde er dabei durch den neuen Minister von Massow, dem das Oberschul- departement unterstellt war und der streng utilitarischen Tendenzen auf dem Gebiete der Erziehung huldigte"". Es w^ar vorauszusehen, bestimmt wurde, die Akademie dürfe zwar wie bisher durch ihren Justitiarius per decretum entscheiden. al)er dem Denuncirten stände es frei, dagegen auf ein ricli- terliches Ei-kenntniss anzuti'agen (Geheimes Staatsarchiv). ' Im historisch -genealogischen Kalender für 1799 war der Fürstenspiegel des Prof. Engel günstig angezeigt worden. Der leitende Minister von Haugwitz nahm das sehr übel; er schrieb u. A. der Akademie: »Dieses ehedem so beliebte und bescheidene Taschenbuch hat schon seit mehreren Jahi-en durch die Wahl seiner historischen Abhandlungen einiges Aufsehen eri-eget , indem es hinter einander zu- erst die polnische Revolutions- Geschichte, dann den Lebenslauf der Kaiserin von Russland, wie nun jetzt die verjährte ärgerliche Begebenheit der Bartholomäusnacht höchst imbedachtsam hervorsuchte; aber noch nie hat sich der Verleger solche an- stössige Aussei'ungen und Grundsätze aufzustellen erlaubt, als in der hier erwähnten Anzeige zum Vorschein kommen u. s. w." Noch schlimmer wirkte ein anderer Aufsatz; »Unser Zeitalter über Friedrich IL« Der König war empört. Verfasser, Verleger und Censor wurden zur Rechenschaft gezogen , der Kalender selbst unter- drückt. Dem vei-antwortlichen Kalenderpächter Unger wurde aufgegeben, binnen zwölf Stunden das ihm angeblich von unbekannter Hand zugegangene Manusci'ipt des Aufsatzes und nicht minder das Original -Imprimatur der Akademie einzureichen, bei Strafe von 100 Ducaten. Unger zahlte die Strafe und nannte den Namen des Verfassers nicht. Der König befahl, dass in Zukunft die Kalender stets dem aus- wärtigen Departement zur Censur vorgelegt werden sollen (18. December 1800). Ahnliche Versuche (unter Woellner 1796, 1797), der Akademie ihr Censurrecht zu nehmen und es dem Polizei -Directorium zu geben, wai'en bisher von ihr zu- rückgeschlagen worden (Geheimes Staatsarchiv). — Die politisch -genealogischen Abschnitte der Kalender machten begreiflicherweise zwischen 1797 und 181 1 die grösste Mühe und erforderten eine zeitraubende Correspondenz mit dem Kabinets- minister bez. mit dem Auswärtigen Amt. Dieses hat sich in einigen Fällen auch nicht anders zu helfen gewusst, als durch den Rath, die geschehenen Veränderungen zunächst noch zu ignoriren , bez. den ganzen genealogischen Theil wegzulassen , da immerfoi-t neue Veränderungen eintraten (s. z. B. zum Jahre 1802). ^ Vergl.über ihn Br. Gerhardt, Wilhelm von Humboldt als Staatsmann (1896) Bd. I S.ioiff., Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts Bd. 2 ^ (1897) S.96ft"., und Varrentrapp, Joh. Schulze (1889) S.229ff. Die Existenz der Akademie ist hedrolit (von ^Iassow). 525 dass er, dem das preussische Schulwesen in mancher Hinsicht zu Dank verpflichtet ist, einer rein wissenschafthchen Akademie nicht günstig sein werde. Zu diesem Gegner gesellte sich von einer anderen Seite her noch ein zweiter. Der Minister von Heynitz wünschte, um die von ihm reorganisirte Akademie 'der Künste höher zu heben, ihre Aufgaben zu vermehren und zugleich ilire finanzielle Grundlage zu stärken, die Vereinigung der beiden x\.ka- demieen. Das grosse Kalenderprivileg, dessen Einkünfte durch die polnischen Theilungen vmd den Erwerb der fränkischen Fürsten- thümer gesteigert waren, lockte, und auch noch andere eintluss- reiche Personen bei Hofe wollten es der Akademie entziehen. Der neue Monarch hatte zwar das Begrüssungsschreiben der Akademie huldvoll beantwortet und sie seiner Protection versichert'; aber bald hörte sie aus zuverlässiger Quelle , dass er mit ihrem gegenwärtigen Zustande nicht zufrieden sei und an eine Umgestal- tung, vielleicht sogar an die Aufhebung denke"'. Als der König nun den Etat einfordern liess, beeilte sie sich, noch vor Einsendung desselben in einer Eingabe vor vorschnellen Schritten zu warnen, machte aber selbst auf einige Punkte aufmerksam , die einer Ver- besserung bedürften"'. Schon vorher hatten sich die beiden ange- sehensten Directoren Merian und Selle — er stand dem Könige besonders nahe — zusammen berathen, Merian hatte ein umfang- reiches Pro Memoria zunächst für das Directorium ausgearbeitet, und ' Original im Akademischen Archiv, 22. November 1797. - Die Akademie bestand damals aus folgenden 37 Mitgliedern: Achard, Director der physikalischen Klasse, Bernoulm, Directoi- der mathematischen Klasse. Sei.i.i:. Director der philosophischen Klasse (er wurde es als Nachfolger Formey's 1797), äIe- RiAN, Director der philologischen Klasse und Secretarius perpetuus, ferner d'Anieres, Denina, Gerhard, Moulines, Roloff, Walter sen. [diese sechs waren nebst Achard, Bernoulli und Merian noch aus der Zeit Friedrich's des Grossen], Ramler, Cas- TiLLON jun., IiIngel, Bode, Meierotto, Erman sen., Ancillon sen.. Woellner, Teller, VON Tempelhoff, ]Mayer, Klaproth, Burja, von Burgsdorff, Klein, Gedike , Moen- nich, Zoellner, Cuhn, Verdv, Bastide, Willdenow. Walter jun., Tremblev, de Goyon , de Boufflers, Hirt. Gestorben waren während der Regierung Friedrich Wilhelm's II. vierzehn Mitglieder, nämlich Gleditsch (5. October 1786), Beguelin (3. Februar 1789), Ferber (12. April 1790), J. C. Schulze (9. Juni 1790), Silberschlag (11. Juli 1790), Weguelin (7, September 1791), Castillon sen. (11. October 1791), Moritz (26. Juni 1793), Borrelly (1793), Boaton (Juni 1794), Moehsen (22. Sep- tember 1795), DE Catt (27. November 1795), Formey (7, März 1797) und Michelsen (8. August 1797). Lagrange hatte Berlin verlassen, ebenso Bitauhi';, der ausser- dem 1792-95 aus den Listen gestrichen war (s. oben). ^ Schreiben der Directoren vom 19. März 1798 (es ist nicht in das Archiv der Akademie gekommen, wie eine Bemerkung vom 8. April 1798 in den Acten beweist). 526 Gescliiolitf der Akndcinic unter Friedrich Wii.iifi.m 111. (1797 — 1812). Selle versprach , persönlich zu Gunsten der Akademie auf den König einzuwirken. Ausserdem hatte, auf eigene Hand oder vom Könige aufgefordert, Verdy du Vernois einen umfangreichen Bericht ein- gereicht, der einen Rückblick auf die ganze Geschichte der Akademie enthielt, die Abweichungen vom Statut des Jahres 1746 einzeln auf- zählte, vor allem aber sich in den heftigsten Vorwürfen gegen Hertz- berg's Regime ergingt Die positiven Vorscliläge deckten sich zinn Theil mit denen, die Verdy bereits 1792 Hertzberg vorgetragen hatte. Viel vorsichtiger war das Pro Memoria Merian's gehalten, in welchem Materialien dargeboten sind, aus denen Vorlagen für den König hergestellt werden sollten. Im Eingange erklärt sich Merian dafür, sich nicht zu beeilen und successive die Vorschläge einzureichen : der König habe ja auch die Erledigung der Vorschläge des Mi- nisters VON Heynitz zunächst verschoben; ferner meint er, das Directorium solle bei Revision des Statuts allein vorgehen, ohne das Plenum in Kenntniss zu setzen , sonst gäbe es nur Tumult und Confusion. Auch er wirft dann einen Rückblick auf die Geschichte der Akademie, spendet Maupertuis hohes Lob und findet — im Unterschied von Verdy, der den Rückgang der Akademie schon seit dem Siebenjährigen Krieg datirt — , dass Alles bis zum Antritt Hertzberg's in guter Ordnung geblieben sei. Hertzberg's Regierung wird scharf verurtheilt: der Minister hat zwar gute Intentionen gehabt, ist uneigennützig und von wahrem, wenn auch nicht immer aufgeklärtem Eifer beseelt gewesen, aber er hat unsere ursprüngliche Constitution denaturirt «par des changements aussi precipites que peu reflechis, et a fait des ecarts du regiement qu'il n'est plus possible de redresser; tout ce qu'il resterait ä faire, ce serait de conserver de ce regiement et la base et les articles qui ne sont pas encore totalement leses«. Er hat immer Vieles zugleich und so schnell wie möglich machen wollen ; die einzelnen Pläne kreuzten und hinderten sich. Seine Krankheit und sein hohes Alter kamen dazu, weiter die extreme Leichtfertigkeit, mit der er unbedachte Pläne billigte, die ihm von kenntnisslosen und eigennützigen Leuten vorgelegt wurden. Der König hat zuletzt bereut, ihm so vielen Einfluss verstattet zu haben und nach seinem Tode den Cura- torposten nicht wieder besetzt. Hierauf verbreitet sich Merian ^ Akademisches Arcliiv (2. März 1798); der König bezeichnete in dem Antwort- sclireiben die Vorlage als schätzbares Material. Verdy's Anklagen waren aber zum Theil ungerecht und beruhten auf ungenauer Kenntniss der Dinge. In der Akade- mie ist seine Eingabe, als sie bekannt wurde, scharf kritisirt worden. Mekian schlägt Kt'foi-iiKMi vor (1798). 52/ über (las Project von Heynitz , die beiden Akademieen zu vereinigen und sie unter einen Curator zu stellen. P]r lehnt es ab und äussert dabei: «Icli habe in einem langen Leben gesehen, dass die Akade- mie der Wissenschaften weder einen Curator noch einen Präsidenten bedarf, wenn sie immediat vom Könige abhängt und an ihn direct berichtet. Soll sie aber zwischen beiden wählen, so ist ein Prä- sident vorzuziehen, d. h. ein wahrhaft wissenschaftlicher Mann, wie Maupertuis«. Dann weist er nach, dass und warum die Akademie ihre Eevenuen behalten müsse u. s. w.^ Bereits am 8. März hat Selle in einem Brief nach persönlicher Rücksprache mit dem Könige das Directorium darül)er beruhigen können , dass der Akademie keine Katastrophe drohe , wohl aber werde sie wahrscheinlich einen Präsidenten erhalten und eine neue Organisation". Wie der König die Eingabe (s.S. 525) beantAvorten würde, darauf kam Alles an. Am 24. März erfolgte die erste vor- läufige Verfügung: sie lautete^: "La culture des sciences et des helles - lettres s'etant generalement repandue et exergant son inlluence salutaire sin- toutes las classes et relations de la societe, on ])ourrait peut-etre dans nos jours se passer des instituts nourriciens, formes jadis pour atteindre ce but. Leiir conservation toutefois, sans etre de la premiere necessite, parait encore pouvoir etre utile, pour preserver les sciences et Tesprit huniain des ecai'ts de rimagination , tandis qu'un sentiment de reconnaissances due ä ces ancieus foyers des lumieres et des connaissances y Interesse egalement. C'est ä ces titres que j'accueille les voeux qiie l'Academie des Sciences de Berlin vient de M'adresser par Torgane de ses Directeurs en date du 19. Elle Me trouvera sin- cerement dispose par consequent ä concourir a sa conservation et ä la degager des entraves auxquelles des arrangements de moderne date Tont assujettie. J'at- tends, pour Me decider plus particulierement ä ce sujet, qu'elle M'envoie son Etat, que Je n'ai pas encore rcQU, et dont la connaissance est necessaire pour pouvoir juger de Tensemble. Frederic Guillaume. Dieser Bescheid — man darf annehmen, dass Massow ihn in- spirirt hat — sicherte zwar den Fortbestand der Akademie, aber ermuthigend war er nicht. Das Recht der Existenz der Akademie wird eben noch anerkannt, aber wie unsicher ist die Begründung! Jeder Hauch eines idealen Gedankens fehlt, und die positive Bedeutung einer rein wissenschaftlichen Anstalt wird überhaupt nicht berücksichtigt. Die Akademie sandte darauf (27. März) den Etat ein, begleitete ihn mit einigen erklärenden Ausführungen und beschränkte sie ^ Akademisches Archiv, 2. Mär/ 1798. ^ Akademisches Archiv. ^ Original im Akademischen Archiv. 528 Geschichte der Ak;i(lciiiie unter Friedrich Wii.hkl.m 111. ( 17il7 — ]S1 1 ). sonst darauf, dem Könige für die ausgesprochene Absicht zu dan- ken, ihre alten Ordnungen wiederherzustellen. Bereits am 9. April folgte eine königliche Ordre, die tief in die Verfassung und das Leben der Akademie einschnitt \ Im Eingange erklärt der König in ausführlicher Dark^gung, die Akademie habe sich bisher zu sehr mit der Metaphysik und mit speculativen Theorieen befasst und sei zu wenig auf die Ver- vollkommnung der (technischen) Künste und Handwerke bedacht gewesen. Er wünscht, sie möge sich »humanisiren« und ihre Kräfte dem »gemeinen Leben« und seiner Verbesserung, sowie allen seinen Bedürfnissen zuwenden, sie möge die nationale Industrie heben, die Vorurtheile des Volks aufklären, das Erziehungswesen reinigen und fördern u. s.w. Wie das im Einzelnen zu bewirken sei, müsse er ihr überlassen ; sie solle diesen ihren Zweck in ganz bestimmte Regulative fassen und diese ihm zur Bestätigung vorlegen — von der eigentlich wissenschaftlichen Aufgabe der Akademie ist über- haupt nicht die Rede. Hierauf wird das Statut von 1746 aus- drücklich bestätigt, soweit es nicht durch die neuen, nachfolgen- den Bestimmungen ausser Kraft gesetzt wird. Diese enthalten i. die Ankündigung der Einsetzung eines Präsidenten, und zwar einer durch Rang und litterarische Verdienste ausgezeichneten Persönlich- keit, 2. die Aufhebung der Oekonomischen Commission; ihre Func- tionen (wie überhaupt die Leitung aller Angelegenheiten) gehen an ein Directorium über, welches aus dem Präsidenten, den vier Klassendirectoren und zwei ausserhalb der Akademie stehenden, aber nun aufzunehmenden Mitgliedern . dem Geh. Justizrath Süarez und dem Geh. Finanzrath Borgstede, gebildet wird. Die Compe- tenzen des Präsidenten und des Directoriums sollen durch beson- dere Regulative bestimmt werden , ebenso die Rechte der einzelnen Directoren gegenüber den Klassen. 3. Die Mitglieder der Akademie sollen nur aus Honoraires und Ordinaires bestehen ; jene dürfen keine Gehälter beziehen (ausser den Jetons) ; die ordentlichen Mit- glieder werden, wie bisher, in vier Klassen getheilt sein; jede Klasse soll, ausser dem Director, sechs Mitglieder zählen, die Akademie also 28 Stühle besitzen. Es darf daher keine Neuwahl stattfin- den, bis die gegenwärtige Zahl der Mitglieder auf 27 zusammenge- geschmolzen ist; zählt, bevor dieser Zustand erreicht ist, eine Klasse ^ Conoept der Eingabe der Akademie vom 27. März und Original der König- lichen Ordre vom 9. April 1798 im Akademischen Archiv; diese ist im Urkunden- hand Nr. 184 al)gedruckt; sie ist noch in fi-anzösischer .Si)rache al^geftisst. Die Königiiche Ordre vom 9. April 1798. 529 weniger als sieben Mitglieder, so kann vielleicht durch Übergang überzähliger Mitglieder aus einer anderen Klasse geholfen werden. 4. Das Recht der Wahl der Mitglieder soll die Akademie behalten und durch Stimmenmehrheit üben ; doch liegt die Bestätigung beim Könige. 5. Die grosse Bibliothek und das Naturalien -Kabinet wer- den fortab mit der Akademie verbunden und ihrer Leitung unter- stellt. Ein Reglement, das alle diese Bestimmungen umfasst, soll entworfen werden ; der Oberbibliothekar ist in die Akademie aufzu- nehmen; der jetzige, Biester, ist bereits in weiten Kreisen durch seine Kenntnisse und seine litterarischen Verdienste empfohlen. End- lich, der Akademie bleibt der Genuss und die Verwaltung ihrer Fonds und Revenuen erhalten: doch, erklärt der König, werde er über diesen Punkt eine speciellere Entscheidung treifen, wenn ihm der Etat für das nächste Jahr vorgelegt sein wird. Waren seit 1786 die Berliner Aufklärer in die Akademie zahl- reich aufgenommen worden, so mochten sie doch jetzt über dieses Programm der Aufklärung, welches der gelehrten Gesellschaft ge- geben wurde , erschrecken ! Lediglich utilitarischen Tendenzen sollte sie fortab dienen, eine technische Staatsanstalt und eine Staats- erziehungs- Behörde zugleich! So wollte es damals der König oder vielmehr der Staatsminister von Massow. In Wahrheit kündigte sich hier das Bedürfniss nach einer »höheren Lehranstalt« in Berlin an; in unklarer Weise wollte man sie mit der Akademie verbinden. Zum Glück Hess sich eine solche Wandlung des Zwecks der Aka- demie nicht anbefehlen ; der alte Curs war stärker als eine Kabinets- ordre, und bald sollte eine höhere Kraft die Akademie in ganz andere Bahnen lenken. Der König selbst scheint nach kurzer Zeit auf die Beobachtung jener Zweckbestimmung verzichtet zu haben; jedenfalls hat sich die Akademie niemals mit der anbefohlenen Auf- gabe, den Utilitarismus in Paragraphen zu fassen und im Einzelnen die Anwendung zu suchen, beschäftigt. Anders steht es mit den positiven Bestimmungen der Ordre. Der verheissene Präsident freilich ist nie ernannt und Suarez' Stelle, der schon am 14. Mai 1798 starb, nicht wieder besetzt worden^; aber die Einsetzung Borgstede's, eines Finanzbeamten, der eben, weil er kein Mann der Wissenschaft war, besonderes Vertrauen bei ^ Der Schüpfer des allgemeinen Landrechts , den schon Hertzberg im Jahre 1791 (s. oben S.507) vorgeschlagen. Friedrich Wilhelm IL (Woellner) nicht bestätigt hatte, hat der Akademie also nur einen Monat angehört. Er war in die philosophische Klasse eingetreten, in der auch Borgstede seinen Sitz nahm. Geschichte der Akademie. L 34 530 Geschiclite der Akademie unter Friedrich Wilhei.ji III. (1797— ISI'2). der Regierung genoss, bedeutete eine empfindliche Controle. Doch muss anerkannt werden, dass er taktvoll und mit wirklichem Inter- esse für die Akademie sein schwieriges Amt versehen hat. Die Aufhebung der Oekonomischen Commission , die unter Hertzberg und WoELLNER das wissenschaftliche Directorium ganz verdrcängt hatte, war nur ein Vortheil': die wissenschaftliche und die finan- zielle Administration der Akademie können nur in denselben Händen liegen, mindestens dürfen die Directoren nicht vom Finanzausschuss ausgeschlossen sein. Die Bestimmung, die Zahl der Akademiker allmählich auf 28 zu reduciren, war unter den damaligen Verhält- nissen richtig, die Erhaltung bez. Rückgabe des Wahlrechts sehr dankenswerth, und der Anschluss der Königlichen Bibliothek , des Naturalien -Kabinets und der Kunstkammer an die Akademie l)rachte ihr grosse neue Aufgaben, ohne ihr fremde Geschäfte zuzumuthen". Die Kabinetsordre war nur eine vorläufige Verfügung; auf Grund von Vorlagen der Akademie sollte ein detaillirtes neues Statut ge- geben werden. Ein solches ist auch als Revision des Statuts von 1746 entworfen und dem Könige eingereicht worden^. Es erfolgte aber keine Antwort. Auch der Marquis Lucchesini reichte 1799 auf Verlangen des Königs einen neuen, vollständig ausgearbeiteten Statutenentwurf ein , aber er blieb ebenfalls im Kabinet liegen^. Das ' An die Spitze der Akademie traten jetzt Borgstede, Achard, Bernoulli. Selle und Merian (statt Woellner, d'Anieres , Merian und Moulines). '^ Die Aufnahme Biester's, den Woellner entfernt gehalten hatte, war noth- \v endig; auch konnte er sich neben Teller, Zoeli.ner u. s.w. wohl sehen lassen. Die Königliche Bibliothek ist bis zum Februar 18 10 mit der Akademie verbunden geblieben , ihr Directorium besorgte alle Geschäfte eines Curators. Bereits im .Jahre 1798 trat die Akademie ihre Büchersammlung an die Königliche Bibliothek al); sie behielt nur die Denkschriften der gelehrten Gesellschaften, Wörterbücher, Encyklopädieen und Zeitschriften. Dadurch kamen die im Jahre 1735 der Societät übergebenen Bücher (s. oben 8.234^) wieder in die Königliche Bibliothek zurück; s. WiLKEN, Geschichte der Königlichen Bibliotliek (1828) S. i28f. 152. ^ Ein Brouillon findet sich im Akademischen Archiv, dazu ein besonderes »Statut für die philosophische Klasse und ein Aufsatz Merian's über die nothwendige HeiTschaft der französischen Sprache in der Akademie. Die Stücke sind aber ohne hervorragendes Interesse. Das revidirte Statut begnügt sich damit, das Statut von 1746 nach der Kabinetsordi'e vom 9. April 1798 zu ändern und einige Missbräuche abzustellen. * Geheimes Staatsarchiv; Lucchesini. der selbst gern Präsident geworden wäre, verurtheilt Hertzberg auf's Schärfste. Auch im Publicum beschäftigte man sicli damals mit dei- Akademie und mit ihrer nothwendigen Reorganisation. So reichte der in Berlin lebende Schriftsteller F. Buchholz dem Kabinet einen aus- führliclien Plan zu ihrer Umgestaltung ein (19. Juli 1802. Geheimes Staatsarchiv). In dem Begleitschreiben spricht er von der »gegenwärtigen Nullität der Akademie«; in der historischen Einleitung, die übrigens von Kannegiessereien angefüllt ist, setzt PläiK' zur Umgestaltung der Akademie (1709tt'.). 5H1 Interesse an der Akademie war beim Könige und der Regierung nach der vorläufigen Neuordnung nicht zurückgetreten; man plante vielmehr eine viel durchgreifendere Umwandlung als die Akademie sie wollte, wünschte sie aber nicht zu überstürzen'. Daher konnte er als allgemein bekannt vor.-ni.s, dass das französische Nationalinstitut in seinen Leistungen, namentlich in den Naturwissenschaften, die Berliner Akademie weit übertriift. Darin hatte er Recht. Sein Entwurf, in welchem der alte Geist der Aufklärung und die neuen Tendenzen der Aus])ildung von Specialwissenschaften verbunden sind, ist nicht uninteressant und daher im Urkundenband Nr. 185 abge- druckt. F. A. Wolf hat in seinen Vorschlägen zur Begründung der Universität Berlin (3. August 1807, Köpke, Gründung der Friedrich -Wilhelm's- Universität 1860 S.156) auf Buchholz als einen zukünftigen Universitätslehrer hingewiesen. ' Den Beweis dafür, dass man auch noch nach 1799 den Plan, die Akademie umzugestalten bez. mit einer grossen höheren Lehranstalt zu verbinden , seitens der Regierung nicht aufgegeben hat, zeigt der Entwurf -Zur Begründung einer grossen Lehranstalt in Berlin", den Engel auf Befehl dem Geh. Kabinetsrath Beyme am 13. März 1802 eingereicht hat. Es ist das erste Actenstück in der an interessanten Documenten so reichen Vorgeschichte der Universität Berlin, und als solches liat es auch Köpke (a.a.O. S. 147 ff.) mit Recht abgedruckt. Engel, der sich di-ei Monate vor seinem Tode durch diese wohl erwogene und glänzende Denlvschrift ein bleibendes Gedächtniss gestiftet hat (schon seit 1799 hat er mit Beyme und mit F. A. AVoLF über den Plan verhandelt. Köpke S.20), will nicht die Akademie in eine Lehranstalt verwandelt sehen, sondern er will eine solche im engen Aiischluss an die Akademie imd an ihre wissenschaftlichen Hülfsmittel errichtet wissen. So ist er der eigentliche Urheber des Plans, den einige Jahre später Wilhelm vox Humboldt und seine umsichtigen und muthigen Freunde — aber nicht, wie Engel wollte, auf Grund der Biester -NicoLAi'schen Geistescultur — durchgesetzt haben. Übrigens rieth auch Iüngel nicht, die neue Lehranstalt einfach als "Universität" im alten Sinne des Wortes einzurichten, sondern ein Neues, Zeit- gemässes sollte in der Grossstadt für das ganze Land geschaffen werden. Über Massow's radicalere Pläne s. Köpke S.14. Der utilitarische Gesichtspunkt, der in Engel's Vorschlag vorwaltet, hat Schleiermacher's strenge Kritik hervorgerufen, s. Köpke S. 2 1.23 f. Dass Engel der Vater des Gedankens ist, in Berlin eine "liöliere Lehranstalt« im Gegensatz zu den alten Universitäten zu gründen und sie in organische Verbindung mit der Akademie zu setzen , geht aucli aus dem Zeug- niss eines Ungenannten in Archenholtz's Jouimal Minerva (18 11) hervor, der Fol- gendes berichtet (Köpke. a. a. O. S. 21): »Merkwürdig ist es, dass schon der ver- storbene Engel oft mit Wärme davon sprach, dass Berlin zu dem Mittelpunkt deutscher Gelehrsamkeit und mittelbar des deutschen Buchhandels erhoben werden könnte. Nur ein paar Verordnungen, sagte er oft, und der Staat ist auf dem Wege, eine Fabrikation zu gewinnen, die ihm jährlich vielleicht eine halbe Million eintragen, die eine Menge ^Menschen beschäftigen und reell nichts consumiren würde als Lumpen. AVürden gar dereinst die Männer der Nation unter den Schriftstellern in die Akademie versannnelt, Avürde in Berlin eine allgemeine grosse Lehranstalt er- richtet, die von den lächerlichen Bocksbeuteleien der Universitäten frei wäre und doch alle Vortheile derselben gewährte — und das ist leicht, wenn man ernstlich avüI — . dann wäre Berlin die Hauptstadt des nördlichen, vielleicht des ganzen Deutschlands, der ^littelpunkt der Nation. Die ^Menschen neigen sich wie die Pllanzen unwill- kürlich dahin, woher ihnen das Licht zuströmt, und den Sinnen folgt in kurzem das Herz unaufhaltsam«. Das waren (um das Jabr 1800) prophetische Worte! 34* ö 5B2 Geschichte dei- Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1797— 1812). die Akademie in den Jahren 1 799-1806 ein selten iinterbroelienes Stillleben führen, während in der politischen Welt sowohl als in der Welt des Geistes Stürme brausten, das alte Reich zerfiel und eine neue Zeit heraufzog. Zunächst sorgte das neue Directorium dafür, dass die vernach- lässigten Pul)licationen der Akademie wieder in Ordnung kamen und regelmässig ausgegeben wurden. War doch beim Regierungs- antritt des neuen Königs der letzte ausgegebene Jahrgang der Me- moires der für 1790/91! Nun erschien 1798 der Jahrgang 1792/93, 1799 die Jahrgänge 1794/95 ^^^^l 1796, 1800 der für 1797, 1801 der für 1798 u. s. w. ; im Jahre 1804 erschienen zwei Bände (der für 1801 und für 1802). Damit waren die Unregelmässigkeiten beseitigt. Die officielle Sprache der Akademie blieb noch immer das Französische, doch schrieben bereits viele Mitglieder in den Acten deutsch. Auch wurde die »Sammlung deutscher Abhand- lungen« (s. oben) wieder aufgenommen. Im Jahre 1799 erschien ein Band für 1792/97, in den Jahren 1803—6 ein zweiter bis vierter für die Jahre 1798 bis 1800, 180 1/2 und 1803. Erst Preussens innere Erhebung im Jahre 1807/8 hat die Vorherrschaft der deutschen Sprache in der Akademie begründet; ihre ausschliessliche Geltung verdankt sie dem Statut von 1 8 1 2 . Die reichen Mittel, über welche die Akademie verfügte, er- möglichten es, das alte Observatorium umzubauen und reicher aus- zustatten. Der Umbau (Plan von 1798) Murde im Jahre 1801 voll- endet\ Auch andere wissenschaftliche Institute, unter ihnen das Antiquitäten -Kabinet, erhielten beträchtliche Zuwendungen. Die Be- stimmung, Auswärtigen keine Pensionen zu zahlen, ist vom Kö- nige selbst nicht streng eingehalten worden. So erhielt Friedrich August Wolf in Halle auf Befehl des Königs im Jahre 1799 eine Pension aus der Akademie -Kasse von 200 Thlr. , die später be- trächtlich erhöht wurde , noch bevor er überhaupt Mitglied gewor- den war". Das Gebot des Königs, neue ordentliche Mitglieder ^ Siehe Bode in den Memoires 1801 p. 34fF. mit 3 Tafeln. ^ Der Sachverhalt ergiebt sich aus folgendem Schreiben der Directoren vom 26. Februar 1799 ^^^ ^ß" König (Geheimes Staatsarchiv): »E. K. Maj. haben den Prof. Wolf zu Halle eine Pension von 200 Thlrn. auf die Akademie -Kasse anzu- weisen geruhet. Um ihn noch näher mit sich zu vereinigen und von den schätz- baren Talenten dieses grossen Gelehrten für ihre Werke Vortheile zu ziehen, hat es die Akademie Ew. Maj. Absicht nicht entgegen zu sein geglaubt, ihn in der Ver- sammlung vom 21. d.M. als auswärtiges Mitglied fast einstimmig zu wählen«. Sie baten um Bestätigung, die nicht ausblieb. Da Wolf eine Pension bezog, so hielt Allmäliliche Ei-hebung der Akademie seit 1799. Hufeland. 538 nicht aufzunehmen, bis die Zahl unter 28 gesunken sei, musste eingehalten werden^, aber für Hufeland, der an Selle's Stelle als Leibarzt und Director des Collegium medico-chirurgicum von Jena nach Berlin gerufen wurde, machte der König selbst eine Aus- nahme". Am 8. Januar 1 801 trat er als ordentliches Mitglied in die Akademie ein. Gleich ausgezeichnet als Mensch wie als Arzt, mit Goethe befreundet, die ruhmvollen Traditionen der Jenaer Uni- versität nacli Berlin tragend, ist Hufeland für die innere Reorga- nisation der Akademie von hoher Bedeutung geworden. Aber in einer Hinsicht vermochte er den trefflichen Selle nicht zu er- setzen. Selle war nicht nur Arzt, sondern auch Philosoph ge- wesen, ja man hatte ihn im Jahre 1797 nach Formey's Tode sogar zum Director der philosophischen Klasse gewählt, um den un- fähigen Castillon jun. zu umgehen. Jetzt scheint dieser unvermeid- lich gewesen zu sein und wurde am S.Juni 1801 zum Director ernannt. Er hat in der Folgezeit gethan, was in seinen Kräften stand, um der Erneuerung der Akademie Schwierigkeiten zu be- reiten. Ausserordentliche einheimische Mitglieder — man warf sie in unklarer Weise mit den Ehrenmitgliedern zusammen , weil sie un- besoldet waren — aufzunehmen , war der Akademie nicht verboten. Es ist begreiflich, dass sie nicht auf jede Auffrischung verzichten Avollte. Sie hat in den Jahren 1799— 1803 zehn aufgenommen"', eine bunte Gesellschaft, deren Zusammensetzung allein schon be- er sich selbst, als er später nach Berlin übersiedelte, für ein ordentliches Mitglied, und Andere mögen ihn auch dafür gehalten haben, da die Regel galt, wer ein Gehalt bezieht, ist Ordinarius. Aber 1808 kam es ziu^ Sprache, dass er es formell niemals geworden sei. Man unterliess es aber, soviel ich sehe, die Wahl nachzu- holen, und er blieb in der Akademie in unklarer Stellung mit allen Rechten, aber ohne Pflichten, wie es ihm am liebsten war. Die Reorganisation der Akademie im Jahre 1809 hat er mitberathen (s. unten) und, wie die Memoires ausweisen, in der Akademie am 4. August 1808 »über die Spuren milder Stiftungen im Alterthum, vorzüglich nach Inschriften«, am 3. August 1809 -über die mythische Folge der Weltalter und die Wiederkehr des goldenen nach dem eisernen •' gelesen. (In den Memoires sind diese Abhandlungen nicht abgedruckt). ^ Der ^Mathematiker Gruson war unmittelbai' vor dieser ^"erfügung am 22. Februar 1798 aufgenommen worden. Er ist dasjenige Mitglied, welches der Akademie am längsten, nämlich fast 60 Jahre, angehört hat (-[- 16. November 1857); seine Arbeiten gelten nicht als hervorragend, - Dagegen wünschte er Jean Paul nicht, obgleich derselbe wohl in Berlin geblieben wäre (er war 1 800/1 auf Besuch daselbst und wurde hoch gefeiert), wenn man ihn an die Akademie gezogen hätte. ^ Ausser Kotzebue wurden sie sämmtlich zwischen 1804 und 1808 ordent- liche Mitsjlieder. 534 Geschiclite der Akademie' iintei- Friedrich Wilhelm III. (1797 — 1812). weist, dass sie sieh in einem kritischen Übergangszustand befand. Zunächst recipirte man am 24. Januar 1799 den alten, aber noch sehr rüstigen Nicolai, der längst schon, man darf sagen seit 40 Jahren, latentes Mitglied der Akademie gewesen war: nun erst, mit ihm und Biester , waren alle reactionären Fortschrittsleute in der Akademie zusammen M Dann wurde (4. August 1800) Alexander VON Humboldt aufgenommen; die Nachricht erreichte ihn nicht mehr in Europa: in Amerika hat er seine Aufnahme erfahren"'. Was sie der Akademie bedeutet hat, davon zeugt ihre Geschichte bis auf den heutigen Tag. Nicolai und Alexander von Humboldt, Beide an der Wende des Jahrhunderts gewählt, in den Listen der Akademie sich unmittelbar folgend — es ist, als ob die Geschichte ein ironisches Arrangement beliebt hätte^! Zunächst aber musste die Akademie ^ Die Worte, mit denen Merian Nicolai in der Akademie begrüsste (Me- moires 1 799/1 800 p.29f.), sind charakteristisch: »N'ayant ete prevenu que fort tard que vous feriez aujourd'hui votre discours de reception, vous voudrez bien nie dispenser d'une reponse formelle et vous contenter de rassui-ance tres sincere du plaisir que nous cause votre entree parmi iious et l'acquisition excellente que l'Aca- demie vient de faire en votre personne. Vos merites litteraires sont depuis trop longtemps et trop generalement reconnus pour avoir besoin d'un ample etalage. Personne n'ignore coinbien rAllemagne vous doit, et combien vous avez contribue a en perfectionnent la langue et la litterature dans le siecle oü nous sommes. ^'os ouvrages dans tous les genres et dans tous les styles , je veux dire chacun dans le style approprie a son sujet, soit pour Feclairer et l'approfondir. soit pour l'animer et Tegayer, tous assaisonnes d'une philosophie non obscure, mais saine et lumineuse, d'erudition, de recherches interessantes ou curieuses, ont fait fortune dans le monde savant, dans la bonne societe, et dans Tun et l'autre k la fois". Man sieht, die »Xenien« haben keinen Eindruck in der Akademie gemacht. ^ Siehe Memoires 1801 (p. 12) 22. Oetober. Wie viele und wie werthvolle Abhandlungen und Schriften Humboldt bereits vor 1799 veröffentlicht hatte — vor allem die »Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser« (2 Theile, 1797) — , geht aus der Übersicht bei Bruhns, Alexander von Humboldt, Bd. H S. 488 ff., hervor, vergl. dazu Bd. I S. 68-276. Bereits im Jahre 1798 war die Abhandlung »über einige Gegenstände der Pflanzenphysiologie« (in der Einleitung zur Über- setzung von Ingenhouss' Schrift: »Über die Ernährung der Pflanzen u. s. w.«) er- schienen, von der Liebig in der an Humboldt gerichteten Widmung seines Werks: »Die oi'ganische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie» (1840) schreibt: »Nun ich (diese) Einleitung lese, so scheint es mir immer, als ob icli eigentlich nur die Ansichten weiter ausgeführt und zu beweisen gesucht hätte, welche der warme, immer treue Freund von allem, was wahr, schön und erhaben ist, A\' eiche dei" Alles belebende, thätigste Naturforscher dieses Jahrhunderts darin aus- gesprochen und begründet hat«. ^ Damals (im Jahre 1800) hätte auch das hundertjährige Jubiläum der Grün- dung der Akademie gefeiert werden müssen; aber fast spurlos Hess man den Tag vorübergehen. Flüchtig und in inhaltslosen Worten gedachte seiner der beständige Secretar IMerian in der öffentlichen Sitzung vom 7. August 1800 (]Memoires 1799/ 1800 p. 9f.). Nicolai, A. v. Hi'mboldt, Koizkuik, Lombard. 5B.) auf Humboldt, den sie am 19. Februar 1805 auch zum ordentlichen Mitgliede wählte, noch warten. Erst im Herbst 1805 kehrte er )iach neunjähriger Abwesenheit nach Berlin zurück. Der Wahl Huji- boldt's und der gleichzeitigen Hermbstaedt's (7, August 1800) folgen die von Kotzebue, Lombard, Eytelwein, Fischer (sämmtlich am 27. Januar 1803), Karsten sen., Ancillon jun. und Spalding (4. Au- gust 1803). Die Mehrzahl der neuaufgenommenen Mitglieder Maren tüchtige Fachgelehrte, Karsten ein solcher ersten Ranges, aber mit Befremden erblickt man Kotzebue's und Lombard's Namen in den Listen, und Ancillon jun. hat, so einflussreich er im Staate wurde und so bedeutend er sich auch als Denker vorkam, in der Wissen- schaft nie etwas bedeutet'. Lombard, der berüchtigte Geheime Kabinetsrath , war schon von Hertzberg als Übersetzer Ossian's in's Französische vorgeschlagen, aber von Friedrich Wilhelm IL nicht genehmigt worden". Seine litterarischen Talente waren nicht un- bedeutend. Die Übersetzung des 4. Buchs der Aeneide in französische Verse (1802), die in Frankreich mit Beifall aufgenommen wurde, verschaffte ihm den Sitz in der Akademie. Er hatte wenig Zeit, sich ihr zu widmen, bis er im August 1807 zum Entsetzen der Akademiker ihnen als beständiger Secretar vorgesetzt' wurde (s. dar- über später). Wie Kotzebue in die Akademie gekommen ist, ist aus den Acten nicht sicher zu ermitteln. Nachdem er russischer Strafgefangener in Sibirien, Theaterdirector in Petersburg und Litte- rat in Weimar gewesen w^ar und sich als routinirter Lustspiel- dichter beliebt, als Satiriker gegen Goethe lächerlich gemacht hatte ^, siedelte er nach Berlin über und trat zum Hof in Beziehungen. Für «vornehme Ausländer«, und als solcher gab sich Kotzebue, haben die alten Höfe stets eine Vorliebe gehabt; Kotzebue empfahl sich ausserdem durch seine reactionären Bestrebungen und durch sein Auftreten gegen die Romantiker, die Todfeinde des herrschen- den Berliner Geistes. Welcher Leistung er aber die Aufnahme in ^ Siehe Allgemeine Deutsche Biographie Bd. I S. 42off'. ^ Siehe Ui'kundenband Nr, 180. Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 19 S. 141 f. ^ Goethe hat sich gerächt in der vernichtenden Charakteristik Kotzebue's (Biographische Einzelheiten, Werke, Hempel'sche Ausgabe, Bd. 27 S.333): »Kotzebie hatte bei seinem ausgezeichneten Talent in seinem Wesen eine gewisse Nullität, die Niemand überwindet, die ilin quälte und nöthigte, das Treff'liche herunterzusetzen, damit er selber treffUch scheinen möchte. So war er immer Revohitionär und Sklav, die Menge aufregend, sie beherrschend, ihr dienend, und er dachte nicht, dass die platte Menge sich aufrichten, sich ausbilden, ja sich hoch erheben könne, um Verdienst. Halb- und Unverdienst zu unterscheiden". 5B6 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1797 — 18r2). die Akademie nach kurzem Aufenthalt in Berlin verdankt, bleibt dunkel. Er arrangirte Festspiele für die jungen königliehen Prinzen und scheint sich für preussische Geschichte interessirt zu haben ; wenigstens sandte er von Paris im November 1803 dem Könige ein Memoire ein zur Gründung eines Museums der preussischen Alterthümer\ Im Jahre 1804 konnte man an die Aufnahme neuer ordent- licher Mitglieder denken; denn von den 41 Mitgliedern des Jahres 1798" waren bis zum Anfang des Jahres 1804 zwölf gestorben", und DE GoYON und de Boufflers waren nach Paris gegangen. Der Charakter der Akademie war dadurch wesentlich verändert, und die Staatsregierung selbst (vor allem der einsichtige Geh. Kabinets- rath VON Beyme, aber auch Hardenberg) erkannte, dass eine Auf- frischung nöthig sei. Sie ergriff die Initiative und hat gleichzeitig mit vier Männern verhandelt, deren Auswahl ihrem Scharfblick die höchste Ehre macht, nämlich mit Thaer, Tralles, ScmLLER und Johannes von Müller^. Thaer wurde durch königliches Beeret am 19. März als Geheimrath und Mitglied der physikalischen Klasse ' Geheimes Staatsarchiv, 16. November 1803, unterzeichnet: »A.von Kotzebue, Mitglied der Akademie der Wissenschaften«. ^ Siehe oben S. 525, dazu waren Gruson, Borgstede, Biester und Hufe- land getreten. ^ Im Jahre 1798 starb Ramler, 1800 Moennich, Woellner, Meierotto. Selle und RoLOFF, 1801 Mayer und von Burgsdorff , 1802 Moulines und Engel, 1803 d'Anieres und Gedike. * Nimmt man hinzu, dass Beyme Fichte für die Akademie zu gewinnen wünschte (s. unten) und damals schon auf den zurückkehrenden Alexander von Humboldt für Berlin rechnete — über ein Gerücht, er werde Präsident der Aka- demie werden, s. Bruhns, Alexander von Humboldt Bd. I S. 225 — , so staunt man über sein ausgezeichnetes Urtheil. Mit Recht sagt Köpke (S. 31): "Es be- zeichnet den Aufschwung der Dinge, dass der Wunsch entstand, den ersten deut- schen Philosophen, den ersten Dichter, den ersten Geschichtsschreiber, den ersten Naturforscher ( — man darf hinzufügen, den ersten Oekonomen; den ersten Diäte- tiker besass man seit drei Jahren — ) dauernd an Berlin zu fesseln«. Dass damals sogar an Goeihe gedacht worden ist, darüber s. unten. Lagarde's Charakteristik Beyme's (Über einige Berliner Theologen. 1890. 8. 50): -ein sehr biederer, sehr llacher und ziemlich langweiliger Mann«, ist ganz ungerecht. Bemerkt sei noch, dass Alexander von Humboldt gleich nach seiner Rückkehr aus Amerika von Paris aus (1804) die Akademie auf Gauss aufmerksam gemacht hat. Dem Könige antwortete er auf die Aufforderung, in die Akademie »wirksam einzutreten«, »seine Erscheinung würde sehr unbedeutsam sein, aber ein Mann könne der Akademie den Glanz wiedergeben, er heisse Karl Friedrich Gauss«. Es kam nicht zur Be- rufung, und auch später misslang sie immer wieder (s. unten). •- Entschlussunfähig- keit charakterisirt deutsche Ministerien«, schrieb Humboldt unwillig (s. Bruhns, Alexander von Humboldt, Bd. II S. 171). Thakr, Tralles, Schiller, Johannes von 3Iüller. 5H7 aus Hannover nacli Berlin Lerufen und leistete dem Ruf Folge; der Begründer der rationellen Landwirthscliaft in Deutschland wurde für Preussen und seine Akademie gewonnen. Tralles wurde aus der Schweiz als Mathematiker berufen und drei Tage nach Thaer zum Mitglied der Akademie ernannt. Er war Professor in Bern gewesen und hatte sich in Paris an der Naturforscherversammlung betheiligt, die den Zweck hatte, mittels aller Verfeinerungen der neueren Chemie, Physik und Mathematik die Einheit des Längen- maasses und des Gewichtes so festzustellen , dass sie nie wieder ver- loren gehen könne \ Dass mit Schiller Verhandlungen geführt worden sind, lässt sich aus den Acten der Akademie nicht ersehen, denn sie wurde nicht gefragt. Schiller hat nach Berlin ausgeschaut, um seine Stellung in Weimar zu verbessern; dann ist es Beyme ge- wesen — vielleicht von Hufeland berathen — , welclier erkannte, dass die Akademie einer Kraft ersten Ranges auf dem litterarischen Ge- biete bedürfe, und dass Schiller der rechte Mann sei. Im April 1804 reiste der Dichter nach Berlin, av^o er mit Sympathie em- pfangen wurde. Beyme forderte ihn auf, seine Bedingungen zu stellen , unter Hinweis auf die Akademie , an die Schiller selbst gedacht hatte. Er that es, hat sich aber doch nicht für Berlin zu entscheiden vermocht". Wie nahe der Akademie das Glück ge- ^ Preussen hatte es im Jahre 1798 abgelehnt, sich zu betheiligen. Als der Legationssecretär Kaufmann in Regensburg berichtete , der französische Geschäfts- träger Bacher habe den Wunsch seiner Regierung ausgesprochen, dass man Ge- lehrte nach Pai'is senden möge, »um sich mit dem dortigen Nationalinstitut über Einführung eines neuen, durchgehends gleichen Gehaltes von Maass und Gewicht zu concertireu", liess ihm der König (12. Juli 1798, Geheimes Staatsarchiv) erwidern, die Sache solle auf sich beruhen bleiben: »der jetzige Augenblick scheint wenig dazu geeignet, eine solche Vereinigung, die in der Theorie ganz wünschenswerth ist, in der Ausübung aber immer Abweichungen finden wird, auf dem voi'geschla- genen Wege zu bewirken". '^ Das Actenmaterial darüber hat Köpke, a.a.O. S. 30 f., 137 zusammengestellt. Schiller's rasch fortschreitende Krankheit liess an erneute Versuche, ihn zu ge- winnen, nicht denken. Dass mit ihm über die Akademie gesprochen worden ist, folgt auch aus seinem Brief an Zelter vom 16. Juli 1804: »Man will die Akademie, man will die Universitäten in Aufnahme bringen; es soll etwas füi- das Geistige, das Sitthche geschehen«. Beyme's Erklärung, dass Schiller mit 3000 Thlr. Gehalt »nebst freiem Gebrauch einer Hofequipage" einst nach Berlin gerufen worden sei, steht im Intelligenzblatt der Halleschen Allgemeinen Litteratur-Zeitung 1830 (April) Nr. 29 S. 233; dazu vergl. seine Briefe an Varnhagen von Ense vom 11. und 16. April und 5. Mai 1830 bei Dorow, Denkschriften und Briefe n. s. w. Bd. 3 (1839) S. 208 ff. Hier findet man auch folgende Angabe Bevme's, Goethe beti'effend: »Schiller hatte mii-. als ich mich seines Besuchs in Potsdam erfreute und auf Be- fehl S. Maj. diese Angelegenheit mit ihm verhandelte, gesagt, dass Goethe eben- falls den Wunsch hege, mit einem Gnadengehalt des Königs nach Berlin zu kom- Ddö Gescliiclite der Aknilciiiic iiiirci' Friediüch Wir.iiKi,:\i 111. ( 1 797— 1812). wesen ist, ihn zu den ilirigen rechnen zu dürfen, hat sie damals vielleicht gar nicht erfahren, und wenn sie es erfahren hat — würde es die Mehrzahl der Akademiker als ein Glück geschätzt haben ^? Der Vierte, Johannes von Müller, hot sich selbst an, aber man kam ihm auch mit vollen Händen entgegen. Wie lange hatte er nach Preussen und Berlin ausgeschaut, erst unter Friedrich dem Grossen , dann unter Friedrich Wilhelm II. ! Auswärtiges Mitglied der Akademie war er seit 1788, aber vergebens hatte er darnach getrachtet, eine Stelle in Berlin zu erhalten, die ihm Antheil an der Staatsverwaltung gewähre; Schulmeister wollte er nicht werden. So hatte er Dienste erst in Mainz, dann in Wien als Staatsmnnn genommen , nur um sein unbezwingliches Verlangen nach einer po- litischen Thätigkeit zu befriedigen. Sein Name als Historiker war in ganz Deutschland, ja in ganz Europa gefeiert — es gab keinen Zweiten , der wie er die Quellen reden lassen konnte und Geschichte in grossem und doch volksthümlichem Sinne mit Wärme zu schrei- ben verstand" — aber die beschauliche Existenz, in der sich sein inen, xind ich hatte ihm mit A'orwissen S. Mnj. eröffnet, dass auch seine Wünsche, wenn er sicli darüber bestimmt ausspräclie, huldreiche Gewährung finden würden«. Auch in diesem Falle wird an die Akademie gedaclit worden sein. Aus einer anderen Quelle ergiebt sich, dass Schiller um die Verhandlungen mit Johannes von ^liJLLER gewusst und sich seinerseits als Lehrer der Geschichte für den Kronprinzen angeboten hat; ei- wies darauf hin, dass Müller für solch einen Unterricht zu ge- lehi't sei. — Ein deuthches Bild von diesen Vorgängen lässt sich aus den Quellen nicht gewinnen; Beyme hat sich nach 26 Jahren ihrer vielleicht nicht mehr sicher er- innert. Es mag sein, dass Zelter mehr gewusst hat, wenn er schreibt, Beyme liabe sicli der Sache wacker angenommen; »es fehlte aber aucli nicht an Hinder- nissen; den Herren von der Gilde kniffen die Xenien noch in die akademischen Kaidaunen (Nicolai!). Schiller war geachtet, aber Kotzebue gelesen, genossen, wiedei-holt. Der gute Wille sollte schon die That seiii". Der Schwager Wolzogen gratulirte Schiller förmlich zu dem Misslingen des Berliner Planes: »Ich glaube nicht, dass jene dürre Sandgegend, wenn auch des Getreibes viel ist, etwas für dich wäre. Alles ist dort kleinlich zugeschnitten, und nirgends, weder in Wäldern, Vieh, Menschenkind noch Feldei-n, eine Fülle" (s. O. Harnack, Schiller 1898 S. 375f.). '■ Fast gleichzeitig mit Schiller war Mad. de StaIcl in Berlin. Sie Hess sich mehrere Akademiker vorstellen, fühlte sich aber zu den Romantikern gezogen und hatte ungünstige Eindrücke von den Berliner Kreisen, denen Jene grösstentheils angehörten. '^ Sehr hart hat Nieuuhr (Brief vom ö. März 181 2, Lebensnachrichten über B. G.Niebuhr, Bd. I S.5i3f.) über Müller als Historiker geurtheilt: »Ich kann mich nicht darüber täuschen, dass Müller's Gefühle und Urtheile von seiner frühe- sten Jugend an gemacht waren. Der reine Lebensathem der frischen Wahi-jieit fehlt in allen seinen Schriften. Er hatte ein aussei-oi'dentliclies Talent sich eine Natur anziniehnien und mit Consequenz zu l)eli;in|iteii . bis er sie wieder mit einer JOHANXKS VON MÜLLER. 5B9 weicher Charakter allein intact zu halten vermochte, genügte ihm nicht. Zwölf Jahre hatte er in Wien ausgehalten in einer politi- schen Stellung, die allen seinen höheren Anschauungen widersprach, ihn beschränkte, compromittirte , und die zuletzt unerträglich wurde — endlicli gelang es ihm , dem österreichischen Staate zu entkommen und in Berlin unter glänzenden Bedingungen eine Anstellung zu finden. Unter einem Vorwande besuchte er Berlin im Frühjahr 1804, insinuirte sich, und, obgleich er aus Österreich kam, grift' man freudig zu, um den ersten Geschichtschreiber und ersten politischen Pamphletisten zu gewinnen. Der Plan, in Berlin ein grosses Lehr- institut zu gründen und die Stadt »zu einer Freistätte und zu einem Mittelpunkt deutscher Art und Kunst und aller vernünftigen Freiheit zu machen«, wurde ihm mitgetheilt. In dem Entwurf für seine Anstellung^ wurden ihm der Rang eines Geheimen Raths, eine Stelle in der Akademie und 3000 Thlr. Gehalt zugesichert. Dafür sollte er sich verptlichten , das Amt eines beständigen Secretars der Akade- mie und eines brandenburgischen Historiographen zu übernehmen, wenn sie ihm übertragen würden', dazu das Amt eines Censors der historischen und politischen Schriften, weiter die Oberaufsicht über die Bibliothek, den Unterricht der Prinzen in der Geschichte, staats- rechtliche Ausarbeitungen und Anderes. Im Mai wurde definitiv mit ihm abgeschlossen; beglückt schrieb eranBEYME^: »Es ist geschehen. Was zu des grossen Friedrich's Zeit Kabalen der Neider gehindert, hat Ihr edles Benehmen in Kurtzem erwirkt: mit ganzer Treu, mit inniger Liebe ist Johannes Müller Preusse«. Diese Betheuerung hat er nicht gehalten. Zunächst freilich empfand er sich freudig wie ein aus der Fremde zurückgekehrter Sohn. Im Herbst 1804 trat er in die Akademie ein, betheiligte sich an ihren Arbeiten rege*, fasste auf Wunsch des Königs, der ihm sein volles Vertrauen schenkte und ihn im Voraus von jeder Censur befreite, den Plan anderen vertauschte; aber dass er in sich keine Haltung hätte, daran hatte ich nacii seinen Schriften ... keinen Zweifel, auch ehe ich ihn sah. Ihm fehlte alle Harmo- nie, und mit dem Alter versiegte er immer mehr. Seine Talente bestimmten ihn zum Gelehrten im engsten Sinn des Worts; historische Kritik hatte er gar nicht; seine Phantasie war auf wenige Punkte beschi-änkt, und die beispiellose Anhäufung von factischen Notizen, als ein zahlloses Einerlei, war doch im Grunde todt in seinem Kopf«. ' Geheimes Staatsarchiv, 3. März 1804. ' ]MERIA^■, der beständige Secretar, war l)ereits hochbetagt. ^ Geheimes Staatsarchiv, 3. Mai 1804. ■* Seine erste Vorlesung in der Akademie hielt er am 31. Octoher 1805 -I'!)!'!- den T'id aus den Q)uellen.< (Akademisches Protokoll). 540 Geschichte der Akademie unter P'riedrich Wilhelm ]II. (1797—1812). einer Geschichte Friedrich's des Grossen in's Auge und erwog auch mit WoLTMANN das Unternehmen, eine systematische Sammkmg der Geschichtsquellen des Mittelalters in Verbindung mit der Akademie der Wissenschaften herzustellen. Als die Spannung mit Frankreich seit dem. Jahre 1805 immer grösser wurde, war er einer der Laute- sten in den Reihen der Kriegspartei und suchte seine Stelle neben dem Frhrn. von Stein. Aber nach der Katastrophe brach er die Treue. Durch die Aufnahme von Thaer, Tralles und Johannes von Müller war die Zahl der Akademiker auf 30 gestiegen, das Ansehen der Akademie erhöht: zudem stand der Eintritt Alexander von Hubi- boldt's, der bereits in Paris weilte, nahe bevor; er warf seinen Glanz schon voraus. Die Alleinherrschaft der alten Aufklärer, deren Rei- hen schon stark gelichtet waren, war bereits bedroht. In den letz- ten Monaten des Jahres 1804 starben Zoellner (12. September) und Teller (8. December). Für Jenen trat Nicolai als ordentliches Mit- glied ein. Die Frage der Wiederbesetzung der Stelle Teller's (in der philosophischen Klasse) aber sollte einen Kampf heraufbeschwö- ren, der zwar noch mit einem Siege der alten Richtung endigte, aber ihr doch zugleich das nahe Ende ankündigte. Es handelte sich um Fichte. Seit dem Juli 1799 weilte er in Berlin. Friedrich Wilhelm hatte den nicht ohne eigene Schuld aus Jena vertriebenen Philosophen mit königlicher Liberalität aufgenommen, und an Beyme besass er einen warmen und einflussreichen Verehrer. Die Aus- bildung der Wissenschaftslehre in ihren Grundzügen war schon in Jena vollendet worden. Die sichere Überzeugung von der Wahr- heit und dem heilbringenden Segen seines Systems, wie sie vor ihm kein moderner Philosoph je gehegt hat, war die des Prophe- ten und Reformators. In der Nützlichkeitslehre der Aufklärer sah er tödtliches Gift: sie hat den Geist und alle höheren Kräfte der Nation radical zerrüttet, die wahre Religiosität vernichtet, die Sitt- lichkeit nicht nur erschlafft, sondern zerstört. Ihr kündigte er den Kampf bis zur Vernichtung an und stellte ihr als das Heilmittel sein System des erhabensten Idealismus entgegen, das alle Räth sei des Lebens und des Bewusstseins löse, den Charakter umbilde und die Menschheit erneuere. Nur eine kurze Zeit hat Fichte zurückgezogen in Berlin gelebt, sich des Umgangs mit Schleiermacher und Friedrich Schlegel er- freuend und in kleinerem Kreise seine Lehre verkündend. Aus dem Jahre 1800 stammt »Der geschlossene Handelsstaat 7— ISI'J). (i 2. Februar 1807) im 84. Lebensjahr. Seit 1750 hatte er der Akade- mie angehört, er, (hn- Freund Maupertuis' und der College Alexander VON Humboldt's, Fünfzig Jahre früher hat er als Akademiker den Einbruch der Russen in Berlin erlebt. Aber wie viel schrecklicher war die Gegenwart! Das Directorium der Akademie, das er mit fester Hand bis zuletzt mitgeleitet hatte, war in voller Auflösvmg. BoRGSTEDE war abwesend, der alte Bernoulli, der Director der mathe- matischen Klasse, todtkrank — er starb bereits am 13. Juli 1807 ^ — ; Achard, der Director der physikalischen Klasse, hatte sich seit Jahren von allen Geschäften zurückgezogen. Auf den Schultern des beschränkten und unfähigen Directors der philosophischen Klasse, Castillon, lag die ganze Last: er war in den Jahren der Noth der Präsident! Es konnte wenig helfen, dass man ihm den Minera- logen Gerhard, der längst (für Achard) die wissenschaftliche Leitung seiner Klasse übernommen hatte (s. oben), nun mit allen Rechten eines Directors beigab, auf die nachträgliche Bestätigung des Königs rechnend"; Gerhard war beinahe siebzig Jahre alt und nicht mehr elastisch genug, um den gespannten Anforderungen der Zeit zu genügen. Das Anciennetätsprincip, das der Akademie schon so manchen Schaden zugefügt hatte, zeigte sich hier in seiner ganzen Schwäche. Während der Staat kräftiger Männer bedurfte imd sie fand, liess es sich die Akademie gefallen, sich von zwei Greisen der fridericianischen Zeit leiten zu lassen^. '■ An demselben Tage starb auch ein anderes 31itglied der inathematisclien Klasse, vox Tempelhoff. - Akademisches Archiv (30. April 1807). ("asiillon und Gerhard unter- zeichneten seit dieser Zeit als Directorium der Akademie. ^ Der Personalstand der Akademie war im Sommer 1807 folgender: Physi- kalische Klasse: Achard (nomineller Director, in der Regel von Berhn abwesend), Gerhard (interimistischer Director) , Walier sen.. Klaproth, Walter jun.. Will- DENOw, Hufeland, Thaer, Alexander von Hujiboldt. Ausserordentliche Mitglie- dei-: Hermbspaedt. Karsten, Erman jun., von Buch. Mathematische Klasse: Director vacat, Bodk, Bur.ta, Gruson, Tralles. Ausserordentliche jMitglieder: Fischer, Eytelwein. Philosophische Klasse: von Castillon, Director, An- ciLLON sen. et jun., Klein, Biester, Borgstede (vom Könige eingesetzter Director, seit dem Kriege abwesend; er wm-de aber von wichtigen Angelegenheiten in Kenntniss gesetzt und befragt) . Nicolai. P h i 1 o 1 o g i s c h e K 1 a s s e : Director vacat , Erman sen. (er führte die wissenschaftlichen Geschäfte), du Verdy, Cuhn (abwesend), Baspide (ab- vi-esend), Hirt, Johannes von Müller. Ausserorden thche MitgUeder: Spalding, Buit- jiANN. Lombard (abwesend), von Kotzebue (abwesend). Unbestimmte Zugehörig- keit: F. A. Wolf (seit Mai 1807 auf Johannes von Müli.er's Rath in Berlin weilend); er ist zum ersten Mal am 28. 31ai 1807 in der Akademie erschienen (in einem Brief an Goethe vom 17. Mai 1807 spricht er von »unserer« Akademie der Wissen- schaften, s. GoEiHE-.InhrliucIi 15. Bd. S. 55) und hat seine erste Vorlesung am , Johannes von IMüi.lku's Rede am 2*J. Januar 1807; sein Abfall. 561 Aber war nicht Johannes von Müller da, war ihm nicht bei seiner Ernennung vor drei Jahren das beständige Secretariat der Aka- demie versprochen worden? Nun war der Moment gekommen, in welchem er seine Kraft, seinen Patriotismus zeigen und dem Vater- lande, dem «providentiellen Staat Friedkich's des Grossen«, un- sterbliche Dienste leisten konnte. Allein eine fremde Gewalt be- mächtigte sich seiner. Der Glanz Napoleon's blendete den schwachen Mann, und die ausgesuchten Höflichkeiten, mit denen der Feind, voran der Kaiser selbst, den berühmten Historiker beehrte, um- nebelten ihn vollends. Napoleon kannte seine Leute. Von der Audienz, die er ihm gewährte (20. October 1806), kehrte Müller, der sich übrigens schon vorher entschlossen hatte, Preussen auf- zugeben \ als Renegat zurück: »Es war einer der merkwürdigsten Tage meines Lebens; durch sein Genie und seine unbefangene Güte hat er mich erobert«. Noch verbarg er den Umschwung in seinem Innern; aber in der öffentlichen Sitzung der Akademie vom 29. Ja- nuar 1807 las er in französischer Sprache — »zum Schmerz der Berliner«, wie er selbst bekennt — eine Abhandlung »über den Ruhm Friedrich's«, die genug sagte. Die Rede ist rhetorisch ein Meisterwerk, sie enthält auch Trost und gute Lehren für den Be- siegten, aber sie stellt Napoleon als den von Gott berufenen Nach- folger der Grösse Friedrich's dar, muthet dem grossen Schatten des Siegers von Rossbach geradezu Freude über den Sturz seines Staates zu und erkennt in dem Rheinbund den Kern der Wieder- geburt Deutschlands — also eine Leichenrede auf den preussischen Staat! Dennoch, es ist merkwürdig! hat sie nicht die Entrüstung und den Abscheu erregt, die man erwarten sollte. Einem Festredner, zumal einem schweizerischen, mitten in der vom Feinde besetzten Hauptstadt glaubte man Vieles zu gut halten zu dürfen. Nicht nur F. A. Wolf, auch Fichte ist Müller zunächst noch befreundet ge- blieben". Sogar der König und die Königin haben ihn noch ge- 4. Juni gehalten. Seitdem besuchte er die Sitzungen mit grosser Regelmässigkeit bis 181 1. Am 15. März 18 10 las er »über die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Geldes der Alten«. ^ Man weiss das jetzt aus einem Briefe Müller's an seinen Bruder, der vor der Audienz geschrieben ist: -Die preussische Monarchie ist in völliger Auflösung. Man hört vom König nicht ein Wort; er soll in einer gänzlichen Apathie sein Hier zu bleiben scheint unmöglich Es ist auch keine Freude, unter einer entehrten Regierung bei einem herabgewürdigten Volke zu leben. Mein Wunsch ist also, in dem französischen Reich mir eine Stelle zu suchen ". ^ GoKTHE hat die Rede in's Deutsche übersetzt (vergl. auch seine Anzeige in der Jenaer Allgemeinen Litteratur - Zeitimg 28. Februar 1807, Werke, Hempel- Geschichte der Akademie. I. 36 562 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm IIL (1797-181-2). halten — vielleicht ist die Rede gar nicht zu ihrer Kenntniss gekom- men — . aber bis zum Abschluss des Tilsiter Friedens bestand kein amtlicher Zusammenhang zwischen dem Könige und BerUn. Daher konnte auch keine Stelle an der Akademie wieder besetzt werden. Erst im August wurden die Beziehungen mit ihr wieder aufgenom- men. Das Erste, was geschah, war, dass ihr nicht Müller — er be- gehrte das Amt schwerlich mehr — , sondern der mit der Verach- tung der Patrioten beladene Geheime Kabinetsrath Lombard als be- ständiger Secretar vorgesetzt wurde'. Der König, der gezwungen worden war, den verhassten Mann seines Dienstes zu entlassen, wollte ihm eine gewisse Satisfaction gewähren. Da er bereits Mit- glied der Akademie war, stellte er ihn an ihre Spitze. Diese schmerzliche Ernennung — neben Castillon, dem factischen Präsidenten, nun gar noch Lombard! — fällt in die Wochen, ja Tage, da der Plan der Universität sehe Ausgabe, Bd. 29 S. 121 ff.). Fichte meinte, sie sei dazu hestimmt, den Siegern Aolitung vor den Besiegten, diesen aber Muth und Vertrauen auf sich selbst ein- zullüsseu und sie vor Verzweiflvmg zu bewahren. In der That heisst es in der Rede: »Niemals darf ein Mensch, niemals ein Volk wähnen, das Ende sei gekommen", und den Preussen wird zugerufen, dass sie nicht verzweifeln dürfen, solange eine Elrinnerung an den grossen König in ihnen lebt. Allein die Rede ist zweideutig, denn sie sucht zwischen Siegern und Besiegten zu vermitteln. Dass die Aufgabe, unter den Augen Napoleon's über den Ruhm Friedrich's zu sprechen, eine schreck- liche sei, hat Goethe im Eingang seiner Anzeige deutlich ausgesprochen. In den »Tag- und Jahresheften« (Werke, Hempel'sche Ausgabe, Bd. 27 S.iyöf.) ist er auf seine Übersetzung zurückgekommen: »Gedenken muss ich auch noch einer ebenfalls aus freundschaftlichem Sinne unternommenen Arbeit. Johannes von Müller hatte mit Anfang des Jahres zum Andenken König Friedrich's IL eine akade- mische Rede geschrieben und wurde deshalb heftig angefochten [gleich nach dem Erscheinen der Rede ist das unseres Wissens niclit geschehen]. Nun hatte er seit den ersten Jahren unsei-er Bekanntschaft inh- viel Liebe und Treue erwiesen und wesentUche Dienste geleistet; ich dachte daher, ihm wieder etwas Gefälliges zu erzeigen, und glaubte, es würde ihm angenehm sein, wenn er, von irgend einer Seite her, sein Unternehmen gebilligt sähe. Ein freundlicher Widerhall durch eine harmlose Übersetzung schien mir das Geeignetste; sie trat im »Morgenblatt" hervor, und er wusste mir's Dank, ob an der Sache gleich nichts gebessert wurde «. ^ Kabinetsordre vom 18. August 1807 (Memel): »S. K. Maj. eröffenen der Aka- demie d. W., dass AUerhöchstdieselben an die Stelle des verstorbenen Merian den diu'ch seine litterarischen Kenntnisse und Talente rühmlichst bekannten Geh. Kabinetsrath Lombard , den Sie in dieser Eigenschaft des Dienstes in Gnaden ent- lassen haben, zum beständigen Secretar der Akademie mit dem gesammten zu dieser Stelle gehörigen Einkommen ernannt haben« (Akademisches Archiv). Lom- bard ist nicht so niederträchtig gewesen, wie ein moderner Historiker ihn dar- gestellt hat. aber er vereinigte in sich alle die Eigenschaften, die Preussen damals ausscheiden musste, ^^'enn es sich aus der Niederlage emjDorarbeiten wollte. Lombard wird Secretar. Vorüescliiclite der Universität Bei'lin. 5u3 'O neu aufgenommen wurde, um nicht wieder zu verschwin- den. Am lo. August 1807 standen die beiden Halleschen Pro- fessoren Schmalz und Froriep vor ihrem Könige in Memel und baten ilm, die Universität llaUe nach BerUn zu verlegen. Der König sicherte die Gründung einer ganz neuen Universität in Berlin zu. Damals sprach er das herrliche Wort, der Staat müsse durch geistige Kräfte ersetzen, was er an pliysischen verloren habe (s. oben)'. In jenen Tagen verkündete Fichte, »eine bessere Zeit müsse Kraft und Entschiedenheit in That und Wort zum Bessern leiten und ein neues Leben des Geistes gründen , das den W^affen des Feindes unzugäng- lich und unzerstörbar sei : von aussen her möge man nichts gün- stiges mehr erwarten, in uns selbst und der eigenen That sollten wir die neue hoffnungsvolle Zeit säen«. Und schon bevor Schmalz und Froriep in Memel erschienen, sandte F.A.Wolf unaufgefordert seine berühmten Vorschläge an den Geheimen Kabinetsrath Beyme zur Begründung eines grossen wissenschaftlichen Instituts in Berlin an Stelle der beiden verlorenen Universitäten Halle und Erlangen (3. August 1807)". »Indem ich bloss an das dachte, was jetzt für den Staat in litterarischer Hinsicht zu thun möglich und leicht ist, fand ich, dass sich aus der Noth ein ganzer Chor von Tu- genden machen liesse. « Die Akademie sollte nach Wolf's Ab- '■ Da der König die förmliche Verlegung der Universität Halle aus politischen Gründen abgelehnt, aber ein neues Lehi'institut in Berlin versprochen hatte, so arlieitete Schmalz auf Befehl eine Denkschrift in diesem Sinne aus und reichte sie am 22. August 1807 ein. Schwerlich ist sie ohne Beeintlussung von Beyme ent- standen. Es heisst in ihr unter Anderem: »Die Vereinigung (der in Berlin zai er- richtenden Universität) mit der Akademie der Wissenschaften, welche so erst nütz- lich werden würde, kann wohl als schon entschieden angesehen werden«. Ferner § i: »Die Bei-linische Akademie nimmt das Lehrinstitut in sich auf, und das Ganze erliält oder behält den Namen Königliche Akademie der Wissenschaften«. § 3: »Vor der Hand theilen sich dann die Mitglieder der Akademie in lehrende und nicht lehrende, bis die letzteren allmählicli abgingen und jedes Mitglied zugleich Lehrer wäre, ausser wo Ehren halber und ohne Besoldung einzelne ausgezeichnete Männer zu Mitgliedern der Akademie ernannt würden«. § 6: »Zu den bisherigen vier Klassen der Akademie, welche als allgemeine Klassen bleiben, kommen noch eine theolo- gische, eine staatswissenschaftliche (juristische), eine medicinische als besondere Klasse«. §7: »Ausser der Lehranstalt bleibt aber die Akademie ein Institut zur Erweiterung der Wissenschaften, wie sie bisher sein sollte, und sie hält zu dem p]nde nach wie vor ilire Donnerstags -Sitzungen und Vorlesungen, und zu dem Ende werden die Mitglieder der drei besonderen Klassen auch in eine der vier allge- meinen Klassen versetzt, um in dieser in ihrer Ordnung mitzulesen«, u. s. w. Man sieht, es ist auf eine vollkommene Verschmelzung des neuen Lehrinstituts mit der Akademie abgesehen. 2 Abgedruckt bei Köpke, S.i53ff., vergl. Körte , P.A. Wolf, 2.TheiI 8.230«'. 36* 564 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelsi 111. (1797-181-2). sichten an dem Plane insofern betheiligt sein, als Adele ihrer Mit- glieder — er nennt Bode, Karsten, Klaproth, Hufeland, Ancillon, Walter sen., Willdenow, Hermstaedt, ERMANJun., Johannes von Müller \ Eytelwein, Tralles, Hirt, Fischer, Spalding, Buttmann — Vorlesungen halten sollten; allein eine vollkommene Verschmelzung des neuen Lehr -Instituts mit der Akademie, wie Schmalz sie wollte, hat Wolf nicht in's Auge gefasst; nur «in Gedanken« will er »die Akademie und die Universität von jetzt als ein Ganzes nehmen«, vor allem auch deshalb, um die finanzielle Grundlage dieser zu verstärken". Beyme verdankt man es, dass der nun seit bald zehn Jahren erwogene Plan seiner Verwirklichung zugeführt worden ist^. Am 5. September schrieb er an Wolf, es sei »eine Sache der ersten Nothwendigkeit«, die Ankunft der Halleschen Deputation habe sie nur beschleunigt. An demselben Tage schrieb er an Fichte : »Eine solche Anstalt in Berlin war seit langer Zeit mein Lieblingsgedanke, jetzt bringt ihn die Nothwendigkeit zur Ausführung'^«. Bereits den Tag vorher hatte der König die Ausführung in seine Hand gelegt, ohne noch nähere Vorschriften zu geben: »Ich habe be- ^ An ihn ist also noch im August 1807 gedacht worden. 2 Von den Fonds der Universität Halle standen immer noch jährlich 33000 Thlr. zur Disposition ; den Etat der Akademie berechnete Wolf — zu hoch — für die Zukunft auf 23000 Thlr. ^ Auch Hufeland, der bei der Königin in Memel weilte, hat einen fördern- den Einfluss ausgeübt. Bereits am 25. August hatte er eine Denkschrift eingereicht: »Vorschläge zur Vereinigung des CoUegii medico - chirurgici mit der allgemeinen akademischen Unterrichtsanstalt". Ihr folgte am Ende des Jahres eine zweite Denk- schrift: "Ideen über die neu zu errichtende Universität zu Berlin und ihre Ver- bindung mit der Akademie der Wissenschaften und anderen Instituten«. Auch Altenstein, der bald nach dem Tilsiter Frieden mit Hardenberg, Schoen und NiEBUHR sich über das Bildungswesen berathen und eine Denkschrift entworfen hat, war von dem neuen Geiste bestimmt: »Es liegt in der als leitendes Prineip ange- nommenen höchsten Idee des Staats, dass er den höchsten Werth auf echte Wissen- Schaft und schöne Kunst lege. Frankreich bei einer untergeordneten, auf blosse Kraftäusserung gerichteten Tendenz kann die Wissenschaft und Kunst nicht von diesem reinen Standpunkt betrachten. Es ist mit solchem in Widerstreit, indem es solche zu einem niedrigeren Zwecke zu gebrauchen sucht und sie entweiht. Die Wissenschaft und Kunst wird sich dereinst rächen, indem sie sich der höheren Tendenz anschliesst und dieser den Sieg versichert. Preussen muss dies benutzen« (s. Varrentrapp, Johannes Schulze S.236). * In Berlin wusste man, wie Köpke gezeigt hat (S.38), schon im Juli, un- mittelbar nach dem Tilsiter Friedensschluss, dass etwas im Werke sei, um für den Verlust Halles und Erlangens Ersatz in Berlin zu schaffen. Am 24. Juli schrieb Johannes von Müller an seinen Bruder: »Es ist unter Einigen das Project, die Landesuniversität hierher zu bringen«. Ahnlich Fichte am 29. Juli. Vorgeschichte der Universität Berlin ; ^'erbi^dung mit der Akademie (1807). 565 schlössen, eine allgemeine Lehranstalt in Berlin in angemessener Verbindung mit der Akademie der Wissenschaften zu er- richten und die Einrichtung derselben Euch, die ihr meine In- -tention vollkommen kennt, zu übertragen«'. Sofort richtete Beyme an Fichte, der sein besonderes Vertrauen genoss, und an Wolf die Aufforderung, einen Plan für das neue Lehrinstitut zu entwerfen, bez. (an Wolf) , die mitgetheilte Idee eines allgemeinen Lehrinstituts in Berlin weiter auszuführen". »Übrigens wird die Sache, wenn sie gleich schon jetzt kein Geheimniss mehr sein wird, doch mög- lichst still gehalten und kein Aufhebens davon gemacht werden müssen.« Berufungs- und Einladungsschreiben an Gelehrte, die man gewinnen wollte, gingen l)ereits ab^. Schon am 19. September sandte Wolf seine detaillirten Vor- schläge nach Memel an Beyme. Wie er am 3. August seinen Halle- schen Collegen, die er verachtete und hasste, absichtlich zuvorge- kommen war, so suchte er auch jetzt ihre Wünsche — sie wollten in Berlin angestellt sein — zu durchkreuzen, ihren Entwurf zu ver- drängen und einen Plan vorzulegen, der durch Sachkunde und Um- sicht imponirte, in dessen Mitte er aber selbst stand. Auch Fichte's Mitarbeit war ihm unbequem; wo er thätig war, wollte er Impe- rator sein. Allen Pflichten auferlegen, selbst aber unter keinen Zwang sich beugen. Sein Plan ist das Gewichtigste und Geistreichste, was man lesen kann^; aber auch alles Persönliche, alle Bitterkeit und wie- derum das ganze unbändige Selbstvertrauen, das diesem gewaltigen Stammvater unserer Philologen eigen gewesen ist\ schrieb er in ^ Kabinetsordre an Beyme vom 4. September 1807, abgedruckt bei Köpke S. 163. ^ Schreiben vom 5. September, abgedruckt bei Köpke S. i64f. ^ Unter Anderem auch an Schleiermacher, der seit Anfang Sommer in Berlin Vorlesungen über griechische Philosophie hielt. Er irrte sich in der Annahme, Beyme werde ihn als einen »Schwärmer« übergehen (Köpke S.43f.). Die Antwort- schreiben, die einliefen, waren erhebend. Aus allen sprach die männliche Zuver- sicht: »de republica nunquani est desperandum« und zugleich die herrliche Über- zeugung, auch durch die Wissenschaft, wenn sie die rechte sei, könne dem Staat geholfen werden. * Abgedruckt bei Köpke S. i66if. ^ Über Wolf vergl. das Urtheil, welches Humboldt am Ende seines Lebens rückschauend gefällt hat (Brief an Varnhagen von Ense vom 5. September 1833 bei DoROW, Denkschriften und Briefe, Bd. 3 S. 9): »Zwischen Wolf und Goethe macht in den allgemeinsten Charakterzügen die Nemesis den bestimmenden Unter- schied. Das klingt sehr paradox. Allein in Goethe war ein Hauptzug die gött- liche Sclieu. das beständiue Maasshalten in Allem, die Bewahrung der nothwen- 566 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1797-1812). die Denkschrift, die den Umfang eines kleinen Buches hat, hinein. Hingeworfen, liingewühlt ist sie, ungeordnet und »in dem Tone, wie ich meine Gedanken etwa einem Freunde gäbe wie Goethe, w^enn ich ihm hätte für Jena rathen sollen, ganz ohne Schminke, wie sie aus Kopf und Herzen üiessen « . Wir dürfen uns nicht in sie versenken, da sie der neuen Universität gilt; lediglich das Verhält- niss zur Akademie darf uns hier beschäftigen. Nur einzelne ihrer Mitglieder will er mit dem Lehrinstitut verbinden ; sie sollen Honorar- Professoren werden. An eine ^vollkommene Verschmelzung beider Anstalten denkt er nicht. Die Aufmerksamkeit lenkt er vor allem auf Wilhelm von Humboldt; er hofft, dass er vielleicht anfangs, wenn auch nur zwei »Stunden, lesen werde; aber auch Johannes VON Müller zählt für ihn noch immer mit. Die neue Anstalt soll den alten Namen » Univer.sität « nicht verschmähen'. »Dass nach und nach auch einzelne tiefer gelehrte oder entdeckende Universitäts- lehrer Academiciens werden , dagegen Hesse sich wohl nichts ein- wenden, und hier wäre bloss das Exempel von Göttingen (als das einzige in Europa) zu prüfen und vielleicht zu befolgen. Denn die dort neben der Universität bestehende Societät der Wissenschaften ist dasselbige nach Haller's herrlichem Plane, als was hier die Aka- demie nach LEiBNizens war oder sein sollte. Höchst zu wünschen ist auch , dass sie Letzteres immer sein möge , da gar viele grosse Ge- lehrte (ein Lagrange, Euler u. s. w.) nie zu lehren Lust haben oder Talent und doch die Wissenschaften selbst auf's Glänzendste be- reichern und ausbilden.« Ausführlich spricht er dann von seinen eigenen Wünschen: Mitglied der Akademie mit 2500 Thlr. aus deren Fonds, nur dem »äussern Scheine nach« Professor an der Univer- sität — also ohne Pflichten, doch wolle er tleissig lesen — ; »ich kann nur dann erst mit Rath und Anschlägen behülflich sein, w^enn ich in keinem CoUegium bin , wo die plurima immer über meinen armen Kopf weggehen«. Er wollte eben kein bloss Berufener sein, sondern von vorn herein ein Auserwählter"". digen Schranken. In Wolf war ein Streben nach dem Gegentheil, ein Übermaass, oft selbst im Vortrefflichen, daher bisweilen eine ebenso göttliche Vermessenheit. Sehr schön war in Wolf die i-eine und ungeheuchelte Verehrung Goethe's: dieser war dagegen, besonders zuletzt, wahrhaft ungerecht gegen ihn und erkannte lange nicht seinen, auch abgesehen von aller Gelehrsamkeit, wahrhaft grossen und viel- uinfassenden Geist«. ^ Besonders Alexander von Humboldi' war bei Wolf für ihn eingetreten. 2 Körte (F.A.Wolf, 2. Theil S. 60 ff.) theilt im Auszug einen Reorganisa- tionsentwurf für die Akademie mit, den Wolf fast gleichzeitig mit dem Universitäts- F. A. Wolf"s Deukschvift. 567 Als Wolf diese Denkschrift für Beyme beendigt liatte, voll- zog sich bereits der grosse Umscliwimg in der inneren Regierung des Staats. Der Frhr. von Stein weilte vom 19.— 22. September in Berlin auf der Reise nach Memel, um das Ministerium des Innern zu übernehmen , dem auch die Section für den öffentlichen Unter- richt unterstellt war. Die Kabinetsregierung, an deren Spitze Beyme stand, musste weichen. Stein liess Wolf kommen, und dieser hat später geäussert, er habe den Minister, der ursprünglich von der Gründung einer Universität nichts habe wissen wollen, günstiger für sie gestimmt. Gewiss ist, dass W^olf sich jetzt dem allgemeinen Urtheil über Beyme anschloss und sich mit dessen Gegner verstän- digte, offenbar auch, dass er, statt den grossen Plan geheim zu halten, das Nöthige getlian hat, um ihn mit seinem Namen und Antheil in die Öffentlichkeit zu bringen. Dass er, etwa noch mit W^ilhelm von Humboldt, die Sache machen werde, sollte das Publi- cum erfahren. Beyme war durch dieses Benehmen verletzt, aber W^olf sah keinen Grund, auf den Kabinetsrath noch Rücksicht zu nehmen , nachdem er Stein für sich gewonnen hatte. Nach Hardex- berg's Rücktritt, d. h. seit dem Tilsiter Frieden, hatte Bey3ie die Geschäfte wahrlich nicht unrühmlich geleitet: aber der Widerwille, der auf der Kabinetsregierung lag, traf den verdienten Mann, und wirklich haben die Recht behalten, die, wie Sciileiermachee und nun auch W^olf, zu Stein aufblickten , als dem Mann , der die inneren Reformen bringen werde. Auch die Durchführung des Universitäts2:)lanes in rechtem Sinne traute Schleiermacher Beyme nicht zu. Das alte politische System, dessen Vertreter er war, discreditirte nicht nur einen Lombard, sondern auch seinen würdi- gen Collegen. plan eingereicht hat: i. INIan schaffe bakhnüglichst alle Franzosen heraus . 2. hei'aus alle blossen Geschäftsmänner, so verdienstvoll sie auch als solche sein mögen . wenn sie sich nicht durch die seltene Vereinigung von Genie, tiefer Gelehrsamkeit imd Geschäfts-Talenten auszeichnen. 3. Man reducire eine gute Zeitlang die Akademie auf wenige ordentliche active Mitglieder, wären es auch nur 16 — 18. 4. Allen, die bisher weder tiefe Gelehrsamkeit noch Genie in Entdeckung neuer Wahrheiten und Systeme bewährten und die man doch nicht los werden kann, werde aufgegeben, sich solche Eigenschaften auf's Baldigste anzueignen, wozu in jeder öffentlichen Versammlung der Akademie ein Gebet, welches der alte Erman verfassen soll, ab- gelesen werde. 5. Hiernach höre man augenblicklich auf, an ii-gend eine neue Constitution zu denken. Die Akademie muss einen mein- europäischen Charakter haben. ... So könnten dann einige Jahre vergehen, bis man akademiefällige Männer genug beisammen hätte, mit denen die Akademie ein neues Leben anfangen könnte, doch mehr nach Art der Göttinuer Societät als der ausländischen Akademieen. be- sonders einer solchen, die sich durchaus nicht ohne Accent schreiben mag. u.s.w. 568 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1797—1812). Und was that bei dem Allen die Akademie? Über ihren Kopf hinweg wurden zahlreiche Pläne zur Gründung einer Universität in Berlin eingefordert bez. eingereicht; sie griffen tief in ihre Ver- fassung: und Existenz^ ein: sie selbst aber hatte Lombard zum Se- cretar erhalten! Jene Pläne kannte sie nur aus dunklen Gerüchten, wie sollte sie sie kritisiren? Aber einen Lombard durfte sie nicht ruhig hinnehmen, und sie hat nicht geschwiegen. Am 17. Septem- ber richtete sie ein ausführliches Schreiben an den König; ein- stimmig ist es beschlossen", im würdigsten Tone gehalten, frei- müthig und bestimmt^. Zunächst tritt sie bei dem Könige für ihr ^ Fichte reichte seinen Entwurf ("Dedncirter Plan einer zu Berhn zu errich- tenden höheren Lehranstalt«) abschnittweise seit dem 29. September ein. Alle Pro- jecte — es sind im Ganzen 13 — , die allmählich von verschiedenen Seiten einliefen, findet man bei Köpke S.44flf. aufgezählt und besprochen. In mehreren Avird die Akademie der Wissenschaften dem neuen Lehrinstitut zu sehr angenähert. An die Spitze der 6 oder 7 oder 8 Sectionen (nicht Facultäten) tritt je ein Director, alle zusammen mit den Secretaren der Akademie bilden das Directorium (so Wolf, Hufeland, wesentlich so auch Schmalz). Akademie und Universität werden Eins; jene nimmt diese in sich auf: die Akademiker sind die eigentlich Lehrenden und be- halten ihre Verfassung als forschende Gesellschaft, sie ernennen Assessoren, Extra- ordinarien (so Schmalz); nein, die Akademiker sind die Adjuncten der Universität, bez. die Honorarprofessoren; die gelehrteren Universitätsprofessoren werden mit der Zeit Akademiker (so Wolf, Schütz, Hufeland). Fichte hat seinen grossartigen, aber von aller pädagogisch - geschichtlichen Überlieferung losgelösten Plan aus dem Wesen der Vernunftswissenschaft und dem Kampf des Zeitalters mit dem bösen Pi'incip der Finsterniss entwickelt. In seinem Nationalinstitut, das nach Aufhebung aller Universitäten errichtet werden soll, fehlt die Akademie nicht; sie bildet den Rath der Alten an der Spitze des Ganzen. Die Universitätslehrer, wenn sie eine Reihe von Jahren unterrichtet haben, legen das Lehramt nieder und treten in sie ein. Bkyme selbst hielt die Ansicht fest, dass Staatsbeamte und Gelehrte zu ihrer Ausbildung verschiedener Institute bedürften. Für jene wollte er die alten Univer- sitäten, für diese das neue, mit der Akademie verbundene Institut in Berlin. " Nur Nicolai, der in der Sitzung nicht zugegen gewesen war, warnte in einem unrühmlichen Schreiben davor, der Entschliessung des Königs entgegenzu- treten und die Frage der Reorganisation anzurühren; Bur.ia monirte, die Eingabe dürfe nicht von allen Mitgliedern unterschrieben werden; denn das sei "republica- nisch«. Die Akademie kehrte sich mit Recht nicht an diese Warnungen (Akade- misches Archiv). ■^ In zwei Exemplaren erhalten im Akademischen Archiv (I, 11 und III, 62), abgedruckt im Urkundenband Nr. 186. Das Original- Concept, welches die Unter- schriften trägt (III, 62), ist von Biester's Hand geschrieben. Er hat sich in diesem Actenstück ein leuchtendes Denkmal gesetzt. Das Actenstück ist von 24 Mitglie- dern unterzeichnet, unter ihnen Alexander von Humboldt, Johannes von Müller und Wolf. Die Kabinetsordre des Königs vom 18. August war erst am 15. Sep- tember zur Kenntniss der Akademie gekommen; zwei Tage darauf hat sie die Gegenvorstellung abgesandt. Aber bereits am 5. September — bevor die Ernennung Lomuard's bekannt war — hatte das Directorium (Concept im Akademischen Archiv) ein ausführliches Schreiben an den König gerichtet. Es berichtete in demselben Eingabe der Akademie gegen Lombari/s Ernennung. 5()9 altes verbrieftes Recht ein. sich ihren beständigen Secretar selbst zu wählen ; sodann entschuldigt sie sich , dass sie nicht schon früher der königlichen Anregung entsprochen und Vorschläge zur Ver- besserung ihrer Einrichtungen gemacht habe; sie habe alte Mitglie- der schonen, ihren Abgang abwarten wollen. Nun legt sie dar, dass bei den gesteigerten wissenschaftlichen Anforderungen ein Secretar nicht mehr genüge — selbst Leibniz könnte heute alle Gebiete der Wissenschaften nicht mehr übersehen — , und bittet um die Genehmigung des Königs, vier Secretare (für jede Klasse einen) wählen zu dürfen , darauf hinweisend , dass sie schon früher einmal (Statut von 1744) vier Secretare besessen habe. »Wenn indess bei den gegenwärtigen Umständen eine solche Umgestaltung der Akademie vielleicht nicht thunlich wäre, so dürfen wir hoffen, dass Ew. Maj. lieber uns jetzt in dem gegenwärtigen Zustande zu den Tod der beiden Directoren Merian und Bernoulli (sowie den des General- Lieutenants VON Tempelhoff und den Weggang Trembley's) und fragte an, ob zur Wahl neuer Directoren geschritten werden dürfe. Es erzählte von dem Einbrüche der Franzosen und schilderte die Verluste, welche die Akademie durch Plünderung erlitten hatte , vor allem den sänuntlicher Landkarten - Kupferplatten im Werth von 25000 Thlr. und den der Kunstgegenstände im Wertli von 68800 Thh-. ; nur der botanische Garten und das anatomische Museum seien vollkommen erhalten. So- dann lecten die Directoren den finanziellen Zustand der Akademie dar. Von der Kalenderpacht stünden 18200 Thlr. zur Zeit noch aus; die öffentlichen Kassen zahlten die angewiesenen Summen nicht. Um den Kalenderdruck für das Jahr 1808 zu Ijefördern, habe die Akademie 9600 Thlr. an verschiedenen Orten aufgenommen, da sie ihre eigenen hypothekarisch angelegten Kapitalien nicht flüssig machen könne; in den Ausgaben habe sie sich nacli Möglichkeit eingeschränkt, aber mit dem auf- genommenen Gelde auch die Auszahlung der Gehälter wieder regulirt und für den botanischen Garten und die Anatomie gesorgt. Die Hauptsache aber sei, schon jetzt Vorsorge zu treffen und sicli auf den dauernden Ausfall bei den Kalendern u. s. w. in der Höhe von jährlicli loooo Thlr. einzurichten. Durch den Tod von Merian (er hatte zuletzt 2400 Tlilr. Gehalt als verdientes Mitglied, Secretar, Director und Bibliothekar), Beknoulli und von Tempelhoff, den Abgang Trembley's und den Fortfall von zwei kleinen Pensionen seien 4800 Thlr. erledigt, die erspart werden können: von dem Etat des botanischen Gartens (3885 Thlr.) Hessen sich 1000 Thlr. abstreichen , bei den übrigen Instituten 500 Thlr. ; für die beiden neuen Directoren (ä 200 Thlr.). den beständigen Secretar (500 Thlr.) und den Bibliothekar (100 Thlr.) seien aber 1000 Tlilr. neu einzustellen, so dass sich eine ei-sparte Summe von 5300 Tlilr. ergiebt. mithin — bei dem Ausfall von loooo Thlr. — ein Deficit von 4700 Thlr. Um es zu decken, giebt es zur Zeit nur einen Weg: die Kalender so zu fördern, dass sie ihrer Trefflichkeit wegen noch mehr gekauft werden. Das Directorium hofft das zu erreichen und behält sich vor. später in dieser Rich- tung Si-. ^laj. bestimmte Vorschläge zu unterbreiten. Der König Hess unter dem 21. September antworten (Original im Akademischen Archiv) , dass die Wahl neuer Directoren bis zu seiner Rückkehr nach Berlin auszusetzen sei, dass an Gehältern mög- lichst gespart Averden müsse, der Etat der Institute abei- nicht zu beschneiden sei. 5/0 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1797— ISlli). lassen geruhen werde, als die Fortsetzung einer veralteten Form anzubefehlen, welche eine gründliche Verbesserung nicht würde stattfinden lassen.« Deutlich genug hat die Akademie damit gesagt, dass sie Lom- bard um keinen Preis wolle und ihn auch nach ihrem Statut nicht anzunehmen brauche; sie schlug aber, um ihn abzuschütteln, eine neue Organisation vor, die wirklich sachgemäss war und zugleich dem Könige den Rückzug erleichtern konnte. Der Monarch nahm Lombard's Ernennung nicht zurück, doch ging er sonst auf den Vorschlag der Akademie ein. Sie erhielt in der Kabinetsordre vom 15. October 1 807 folgenden Bescheid ^ : "Da S. K. Maj. von Preussen dem Kabinetsrath Lombard die Stelle eines Secretaire perpetuel bei der Akademie der Wissenschaften übertragen haben, jedoch sein Gehalt, zur Schonung des Fonds der Akademie, auf die Dispositions- Kasse angewiesen, so muss es aus bewegenden Gründen sein Bewenden dabei behalten. Übrigens genehmigen .S. K. Maj. dem Be- richte der Akademie vom 17. v.M. zu Folge, dass dieselbe in den von ihr zu entwei-fenden Plan der neuen Organisation den Vorschlag aufnehme, bei jeder Klasse der Akademie einen besonderen Secretaire anzustellen, indem es bei dem grossen Umfang der Wissenschaften nicht zu erwarten ist, dass ihn ein Gelehrter hinlänglich umfasse, um im Stande zu sein, eine allgemeine wissenschaftliche Correspondenz mit auswärtigen Akademien und Gelehrten auf eine befriedigende Art zu führen.« Die Akademie musste Lombard behalten, aber sie war zugleich aufgefordert, einen Plan einer neuen Organisation zu entwerfen, durch welche sie ilire wissenschaftliche Position verstärken, die Stellung des bestandigen Secretars herabdrücken und ihn bis zu einem gewissen Grade unschädlich machen konnte. Doch so wich- tig das war — die Hauptsache war es nicht. Jetzt galt es einer- seits, die Pläne, die in Bezug auf das neue Lehrinstitut umgingen, kennen zu lernen , andererseits sich bei der bevorstehenden Wand- lung der Dinge selbst zu erhalten. Eine verantwortungsvolle, um- fassende Aufgabe! Einer, J. v. Müller, hatte sich ihr bereits entzo- gen: seit einem Jahr war er Preussens Aufgabe innerlich entfremdet (s. S. 561). Noch immer flössen zwar patriotische Worte aus seinem Munde; aber er täuschte sich selbst. Wie ein Magnet zog die Macht den kosmopolitischen Schweizer in ihre Kreise! Er verliess noch im October die Akademie und Berlin: er kehrte Preussen den Rücken. Er wollte nach Württemberg gehen, wohin ihn Spittler gerufen hatte, kam aber von Frankfurt statt nach Tübingen nach (Hassel; dort begann und endigte sein glänzendes Elend (f 1 1 . Mai 1 809). ^ Original im Akademischen Archiv. Das Reorganisations - Comite (October 1S07). A. v. Humboldt. 571 Preussen verlor einen grossen , al)er cliarakterscli wachen Historiker — ein grösserer lebte bereits seit dem Jahre 1806 im Lande, noch unerkannt, Niebuhr. Am 29. October wählte die Akademie ein Reorganisations- Comite. Über den Modus der Wahl gab es noch Debatten mit dem Directorium. Es wurde endlicli bestimmt, dass jede Klasse je ein Mitglied, das Plenum aber drei wählen sollte, und dass den Direc- toren (Castillon und Gerhard) Sitz und Stimme in dem Comite zu- komme. Die Klassen ernannten Alexander von Humboldt, Eytel- WEiN, Klein und Hirt, das Plenum Tralles, Karsten und Biester. Letzterer übernahni das Secretariat. Das Präsidium sollte alle vier- zehn Tage wechseln. Zum ersten Präsidenten wurde Alexander VON Humboldt gewählt. Die Zusammensetzung des Comites war gut\ und Alexander VON Humboldt Avidmete sich mit höchstem Eifer und mit all der Sachkunde, die ihm eigen war, der grossen Aufgabe. Zwei um- fangreiche Actenstücke aus den ersten Tagen des November, die er verfasst hat, haben die ganze Arbeit des Comites grundlegend be- stimmt". In derselben Zeit, in welcher Stein und seine Mitarbeiter die grossen inneren Reformen des Staats in's Werk setzten, begann die Akademie unter Alexander von Humboldt's Leitung an ihrer neuen Verfassung zu arl)eiten. Leider dauerte seine Mitwirkung nur kurze Zeit. Noch im November ging er nach Paris, um eine Mission des Prinzen Wilhelm zu unterstützen^. Er ist bekanntlich dort geblieben, lange, sehr lange. Nur in Paris konnte er seinem wissenschaftlichen Drange genügen und die Ergebnisse seiner grossen Reise bearbeiten. Der Patriot trat in ihm hinter den Forscher zu- rück; aber das Vaterland hat einmüthig anerkannt, dass er, der in Paris wie in einer Gelehrtenrepublik lebte und doch seine Landsleute nie vergass, der Nation die grössten Dienste geleistet hat. Durch ihn wurde Paris die hohe Schule für die neue junge Generation deutscher Naturforscher. Wir hätten nie oder wenigstens nicht so bald in den wissenschaftlichen Wettbewerb mit Frankreich treten ' Wolf freilich ist nicht gewählt woi'deii; man hätte ihm allein die ganze Aiifgabe übertragen müssen, denn in einer Commission war er nicht zu brauchen. ^ Abgedruckt im Urkundenband Nr. 187 und 188, benutzt von Br. Gkbhardt, n.n. O. S.i49ff. ^ Kurz vorher hatte er, zum Theil aus Akademie -Vorträgen, seine »Ansichten der Natur« druckfertig gemacht. Sie erschienen bald nach seiner Abreise. Er selbst nannte sie stets sein Lieblingswerk, »ein rein auf deutsche Gefühlsweise berechne- tes Buch«. 572 Geschichte der Akadeinio unter Friedrich Wilhelm III, (1797—1812). können , wenn nicht Alexander von Humboldt deutsche Forscher — nicht nur Natur-, sondern auch Sprachforscher — nach Paris gezogen hätte. Von den beiden Schriftstücken, welche er der akademischen Commission übergeben hat, ist das erste ein vollkommener Reor- ganisations - Entwurf in sechs Abschnitten: i. Zweck der Akademie, 2. Verhältniss der Mitglieder unter einander. Innere Organisation, 3. Wissenschaftliche Hülfsmittel zur Beförderung des Zwecks der Akademie, 4. Arbeit. Wirksamkeit der Gesellschaft nach Innen und A.ussen, 5. Bekanntmachung der Arbeiten; Schriften; Landkarten, 6. Oekonomische Verhältnisse. Das Einzelne ist überall fast nur an- gedeutet; Humboldt wollte vor allem die Probleme an's Licht stellen, daher Vieles nur überschriftartig gefasst ist. In dem ersten Abschnitt interessirt der Titel: »Verbindung: der Gelehrten und Künstler, Kunstakademie, d. h. Auswahl der Mit- glieder aus der Kunstakademie, auftretend als 4. oder 5. Klasse der Akademie der Wissenschaften und Künste^«, ferner der andere: »Trennung der Akademie der Wissenschaften von der Universität "^(. Humboldt war nicht für das ScuMALz'sche Project, beide bis zur Identität zu verbinden. In der allgemeinen Definition der Aufgabe der Akademie ist der Satz bedeutungsvoll: »Beförderung wissen- schaftlicher Cultur durch eigene Arbeiten , durch Veranlassung frem- der Arbeit«. In dem zweiten Abschnitt heisst es: »Naturbeschreibung ist von der Chemie und Physik ebenso entfernt, als letztere beiden Dis- ciplinen von der Mathematik. Sollen Naturbeschreibung — Physik, Chemie — und Mathematik eine in drei Sectionen getheilte Klasse ausmachen?« Der philosophischen Klasse wird »alles abstracte Weissen, das sich nicht auf Räume bezieht«, zugewiesen. Philoso- phie der Sprache: »Soll der Bearbeitung der vaterländischen Sprache ^ Das scheint der Gedanke zu sein, den schon der Staatsminister von Hey- NiTZ verwirklichen wollte, allein Humboldt dachte nicht an eine vollkommene Ver- schmelzung der beiden Akademieen. Der nächste Titel lautet: »Verhältniss der bei- den Akademien.., und in dem ..Aufsatz.. (Nr. 188) heisst es: »Könnte nicht die Kunst- akademie als 4. Klasse auftreten , um eine Akademie der Wissenschaften und Künste als ein schönes Ganze aufzustellen? Aber die 4. Klasse wüi*de nur bei öffentlichen Sitzungen mit den drei vorher genannten vereinigt sein. Sie hätte einen temporären Präsidenten und ihre eigene Verfassung... - Er fügt hinzu: »Berührungspunkte: Botanischer Garten, Observatorium, Bil)liotliek. Stehen diese Institute besser getrennt zwischen Universität und Aka- demie?.. Damit hat Alexander von Humboldt das Verhältniss angedeutet, welches sj)äter sein Bruder Wilhelji fiir das richtige gehalten und verwirklicht hat. A. V. lluMBüLDi's Reformvorschläge (November 1807). 573 eine eigene Klasse bestimmt sein? Ist Gefahr da für die Freiheit der Formen, in welchen die Sprache sich bisher regt? Die Akademie selbst erklärt, dass sie nicht als Tribunal aufzutreten denke«. Für die Gleichheit aller Mitglieder tritt er bestimmt ein. »Sind Ehren- mitglieder, die nicht durch wissenschaftliche Arbeiten bekannt sind, sondern zur sogenannten vornehmen, die Wissenschaften schätzen- den Menschenklasse gehören, nützliche Anhängsel einer Akademie^?« »Alles Wissenschaftliche hängt von der Gesammtheit der Akademie ab ; keinem Ausschuss kann die Regulirung oder Beurtheilung dessen übertragen werden , wozu Übersicht des ganzen wissenschaftlichen Feldes nothwendig ist« — das ging gegen die noch immer fort- dauernden oligarchischen Versuche des Directoriums. »Präsident perpetuirlich oder Wahlpräsident?« Fonds — auch nöthig »zur Berufung und zur Möglichkeit einer bloss den Wissenschaften gewidmeten Existenz ausgezeichneter Ge- lehrter « . Im dritten Abschnitt (Wissenschaftliche Hülfsmittel) : »Bücher sind wichtiger als Sachen«. »Sammlung zerstreuter Kunstwerke, ob nicht besser zur Kunstakademie. — Möglichkeit eines freieren Zuganges zu den wissenschaftlichen Sammlungen. « Wir müssen darauf verzichten , auch nur die wichtigeren Punkte aus dem reichen Entwurf hier zu berühren. Einiges ist in dem beigegebenen »Aufsatz«, der sich an Vorschläge Hirt's und Klein's anschliesst, näher ausgeführt. Hier findet sich zunächst die be- achtenswerthe Mahnung: »Ich bin von dem Gedanken innigst durch- drungen, dass eine gute Verfassung wichtiger ist als das durch Geldaufwand zu bewirkende momentane Zusammentreiben berühmter Männer. Eine gute Verfassung entfernt von selbst alle Mittelmässig- keit ; sie ladet die Besseren freundlicher ein als pecuniärer Gewinn ; sie giebt den Kräften freies Spiel, sie macht den Ruhm einer Aka- demie unabhängig von der zufalligen Coexistenz einzelner Indivi- duen. Ich freue mich, das Bedürfniss einer Organisation allgemein gefühlt und die schädliche Idee entfernt zu sehen, als komme es nur darauf an , dass eine Akademie von einem vom Könige er- nannten oder selbstgewählten perpetuirlich en Präsidenten, gleich einem Finanzcollegium in Ordnung gebracht und gehalten würde«. ' Dazu in dem »Aufsatz« (Nr. i88): »Als Ehremnitglieder sehe ich Standes- personen ungern; sie glauben die Anderen zu ehren, nicht beehrt zu werden und sind eine Verbrämung, die zu sehr von politischen Conjuncturen abhängt und oft gewechselt werden müsste«. 574 Geschichte der Akademie unter Fkiedricii Wilhelm III. (1797—1812). Weiter erklärt er: »Ich bin gegen die allzu strenge Absonderung des akademischen und Geschäftslebens, der Theorie und Praxis. Die Geschichte der Wissenschaften lehrt, dass die wichtigsten Werke von Männern geliefert worden sind, welche vom Staate nicht dazu besoldet waren, den Wissenschaften ausschliesslich zu leben. Dazu sehe ich in den Unterabtheilungen der ordentlichen und ausser- ordentlichen Mitglieder Keime einer geselligen Ungleichheit, welche den wissenschaftlichen Vereinen schadet. In der Gleichheit, welche im Nationalinstitut unter allen einheimischen Mitgliedern herrscht, liegt viel Schönes.« Lebhaft tritt er dafür ein, jedes Hauptfach doppelt in der Akademie zu besetzen , damit Niemand isolirt sei. Gegen die Genügsamkeit, mit der man sich auf das »Zwangsmemoire« beschränkt, spricht er sich entschieden aus und macht über die Art, wie in den Sitzungen verfahren werden soll, entsprechende Vor- schläge; jedenfalls aber dürfe kein Zwang in Bezug auf die Publica- tion des Memoire bestehen, denn «sein Verfasser kann es schon eine W^oche nachher für schlecht halten«. Grosses Gewicht legt er dar- auf, dass periodisch zusammenfassende Übersichten über die Fort- schritte der W^issenschaften gegeben werden: blosse Übersichten über die eigenen Arbeiten der Akademie reichen nicht aus. »Bei Berichten über einzelne Schriften muss die Idee vermieden werden, als sei die Akademie ein Censur- Institut, oder als sei der dictato- rische Ausspruch einzelner Mitglieder Ausspruch des gesammten W^illens. Bekanntmachung- solcher Berichte in den Schriften der Akademie möchte daher bedenklich sein. So wie ich es für die Sprache des Vaterlandes und für die Freiheit gefährlich halte, mit der sie sich bisher in tausendfältigen Formen regt, wenn eine Akademie sich zur Gesetzgeberin aufwirft \ ebenso ist ein Censur- tribunal, dem äusseres Ansehen mehr Einfluss gewährt als die Ver- nunftmässigkeit der ausgesprochenen Kritik, eine dem litterarischen Gemeinwesen furchtbare , sich selbst gründende Macht. « Sehr bestimmt spricht er sich gegen einen perpetuirlichen Präsidenten in dem »Aufsatz« aus. »Bei einer guten Verfassung ist es ziemlich gleichgültig, wer Präsident der Akademie ist. Es ist eine falsche und schädliche Idee, dass der Präsident einer Aka- demie äusseren Glanz geben müsse. Nimmt der Staat ein reines ^ Humboldt dachte also nicht daran , das Vorbild der französischen Akademie dei" deutschen zu empfehlen; aber immer wieder tauchen Vorschläge auf, die Aka- demie mit einer Aufgabe zu belasten , die ihr selbst nicht minder gefährlich werden muss als der Sprache, die sie gängeln soll. A. V. Hlmbolüt's Refonnvorschläge (November 1807). 575 Interesse an der Cultur der Wissenscliaften, so hat die persönliche Lage des Präsidenten keinen Eintluss auf die Zuneigung des Staates gegen die Gesellschaft. Auch ist eine Verfassung der Akademie nur gut zu nennen, wenn sie die Gesellschaft und ihr Wohl von der wechselnden Ministeriallaune unabhängig macht. Ein perpetuirlicher Präsident stört alle freie Wirksamkeit, üLergiebt schlaff und feige Einem, was Allen zu beurtheilen zusteht, bringt Einseitigkeit in dem Interesse hervor, und da der Mann die Cultur seiner Haupt- wissenschaft allen anderen vorzieht, erregt er bei der bekannten Reizbarkeit der Gelehrten Zwist und Unmuth und setzt ein grosses Institut bei dem Tode eines Präsidenten in einen convulsivischen Zustand, dessen Folge bei übereilter Wahl lethargischer Schlaf ist.« Am besten ist es, meint Humboldt, der Präsident wechselt alle sechs Monate, und dann folgt ihm der Vicepräsident, der sich auf sein Geschäft hat präpariren können. Was die Sprache betrifft, so tritt er bedingt für die franzö- sische ein, d. h. er will sie nicht ganz ausgeschlossen wissen, und in der Correspondenz mit fremden Akademieen zieht er sie der lateinischen — der Deutlichkeit wegen und um Barbarismen zu ver- meiden — vor. Keiner kann Mitglied der Akademie werden, der nicht deutsche oder lateinische Vorlesungen hält: aber es sollte französischen Mitgliedern erlaubt sein , eine Abhandlung auch fran- zösisch in die akademische »Sammlung« einzurücken, »mindestens bei solchen Gegenständen , auf deren Behandlung der Genius der Sprache Eintluss hat«. Mit der Denkschrift vom Jahre 1 806 über die auswärtigen Mitglieder (s. oben S. 554) bilden die beiden vorstehenden eine voll- kommene Grundlage für eine neue, gesunde Organisation der Aka- demie. Dass Humboldt die Verbindung der Akademie mit dem neuen Lehrinstitut kaum streift, wer wollte ihm daraus einen Vor- wurf machen? Musste sich die Akademie allem zuvor selbst von vielem Veralteten befreien, wie durfte sie in dieser Situation Pläne machen, sich ein grosses neues Institut anzugliedern? Erst nach der eigenen Katharsis konnte sie daran denken, sich zu erweitern, wenn überhaupt eine solche Erweiterung heilbringend wäre. Die Aussen- stehenden — aber nicht nur sie, sondern auch einige Mitglieder, wie Hufeland und W^olf — dachten darüber anders ; sie wollten die Re- form der Akademie durch die Einrichtung der Universität bewirken'. ' Die Mehrzahl der älteren Mitglieder der Akademie hielten jede Reform für uiiiiiitz. In einer Reihe von Eingaben an das Ministerinm (seit dem December 570 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1 797-181-2). Für ein Jalir, das Jahr 1808, mussten übrigens alle Freunde der Universität sicli gedulden. Beyme, der eigentliche Förderer des Planes, trat aus dem Kabinet aus,* der Vaterlandsliebe ein hohes Opfer bringend. Stein aber, so sehr er mit Fichte und Schleier- macher in der Würdigung der höheren Bildung der Nation auf neuer Grundlage übereinstimmte, sah sich zunächst vor brennendere Auf- gaben gestellt, als es die Gründung der Universität war. Die Volks- befreiung und -erziehung stand im Vordergrund; für sie arbeiteten auch seine Rätlie Nicolovius und Suevern. Der Universitätsplan musste zurücktreten; dazu hielt Stein selbst Berlin nicht für den geeigneten Ort; er dachte seltsamerweise an Potsdam \ Aber wenn auch die Form noch fehlte, die neue Universität bestand doch be- reits in den Vorlesungen von Schleiermacher, Wolf"^, Schmalz und Fichte. Die »Reden an die deutsche Nation«, die Fichte im Winter 1807/8 im runden Saale der Akademie gehalten hat, haben die Universität begründet, Schleiermacher's Predigten haben sie ge- weiht. Wunderbares Glück aus schwerem Unglück! Napoleon hatte die Universität Halle zerstört und die fruchtbaren Keime, die dort Wolf und Schleiermacher gepflanzt hatten, zertreten. Aber was in Halle begonnen war, wurde nun mit weit grösserer Kraft und herrlicherer Begeisterung in Berlin von Schleiermacher, Fichte und den Schülern Wolf's wieder aufgenommen. Da Niemand die akademische Commission zu rascher Erledigung ihrer Aufgabe antrieb , so nahm sie sich Zeit. Sie hat vom November 1807 bis zum Anfang des Jahres 1809 getagt, gegen hundert Sitzun- gen gehalten und mit dem höchsten Fleisse, aber ohne einen führen- den Geist — an Hubiboldt's Stelle war Klaproth getreten — alle 1807) hat Gerhard diesen Standpunkt vertreten. Nur von einer Verbesserung wollte er wissen: die Akademie solle, wie das schon Wo ellner gewünscht hatte, technische Aufgaben für den Staat in grösstem Umfange aufnehmen. Eine seiner Eingaben trägt die Überschrift: »Praktische Benutzung der hiesigen Akademie der Wissenschaften" (Archiv des Ministeriums der geistlichen Angelegenheiten). ^ Auch Alexander von Humboldt schrieb an Schütz (19. October 1807): »Es wird (wenn die Universität in Berlin eingerichtet wird) das wichtige Problem gelöst werden, ob der Ort der Universität Seichtigkeit oder die Universität dem Ort Stärke und Fülle geben werde«. Aber er war sich doch klar, dass sie nur in Berlin blühen könne. Stein hatte vor allem sittliche Bedenken; er fürchtete, die Grossstadt werde die Jugend verderben. ^ Dass Wolf sich im Winter 1807/8 zweideutig benommen hat und fast Johannes von Müller's Beispiel gefolgt wäre, darüber s. Köpke S. 51 und vergl. die harten Urtheile über ihn von Niebuhr (an Stein, 4. Januar 1808) und Beyme (an NoLTE, 5. April 1808). Die Arbeit der Revisionscoinmission. Der ^Minister von Siein (1808). 577 einschlagenden Fragen durcligearbeitet. Über diese Arbeiten be- wahrte sie tiefes Stillschweigen', selbst den Mitgliedern der Akademie gegenüber; erst der fertige Plan sollte vorgelegt werden. So ist das Jahr 1 808 , in welchem sich Preussens Wiedergeburt recht eigentlich vollzogen hat, für die Akademie ein besonders ruhiges gewesen ; aber für ihre Zusammensetzung wurde es wichtig. Am 2 I . Juli richtete Stein von Königsberg aus folgendes Schreiben an den Director Gerhard"": »Es wird den Umständen sehr angemessen sein, wenn die K.Akademie d. Wiss. in der Sitzung, welche sie am 3. k. M. zur Feier des Königliclien Geburtstag halten wird, die Wahl sowohl einiger ordentlichen als einiger Ehrenmitglieder vollziehen möchte. Ew. Ilochwohlg. ersuche ich ergebenst, dieses bei den Herrn Directoren und anwesenden Mitgliedern der K. Aka- demie mit Vorsicht und ohne Aufsehen zu erregen gefälligst einzuleiten. Zu oi-dentlichen Mitgliedern der philosophischen Klasse verdient der Geh. Rath Wolf vorzügliche Aufmerksamkeit. Zu Ehren-Mitgliedern schei- nen vorzüglich der Hr. v. Humboldt in Rom und der K. französische General- Intendant Hr. Daru geeignet zu sein. Der erste ist ein in Deutschland an- erkannter Gelehrter, für den zweiten spricht, dass er durch die Aufnahme in das französische National -Institut von seiner Nation gleichfalls dafür anerkannt wird, wovon er auch durch eine in Deutschland nicht unbe- kannte Übersetzung des Horaz Beweise gegeben hat^.« Dieses Schreiben Stein's war veranlasst durch eine Eingabe von Wolf an ihn (S.Juli), in welcher dieser seine Vorschläge formulirt hatte, wenn er in Preussen bleiben solle; er wollte ordentliches Mit- glied der Akademie werden — sie werde ihn gern aufnehmen, anders als Hrn. Lombard — , ferner Visitator des Joachimsthalschen Gymnasiums (an Merian's Stelle) u. s. w. In diesem Schreiben hatte Wolf auch die p]rnennung von Daru und W^ilhelm von Humboldt zu ausserordentlichen Mitgliedern angeregt*. Stein that also der Akademie gegenüber genau das, was Wolf gewünscht hatte. Der Schritt des Ministers war ungewöhnlich. In einem Einladungs- ^ Die Protokolle sind erhalten (Akademisches Archiv). ^ Es ist meines W^issens das einzige Schreiben, welches Siein an die Aka- demie gerichtet hat. Auch von Scharnhorst besitzt sie in ihrem Archiv nur ein Schreiben (Königsberg, 13. März 1809). ]n ihm wird der Akademie mitgetheilt, der König wünsche, dass der Leibarzt des französischen Kaisers, Percy, zum Cor- respondenten gewählt werde; zugleich mit dem Patente beabsichtige der König, ihm "für sein gutes Benehmen während des KriegS" (im December 1808 waren die Franzosen aus Berlin abgezogen) die grosse akademische Medaille zu übersenden. Am 21. März wurde Percv zum "Ehrenmitgliede" erwählt. ' Es folgen noch Bemerkungen finanzieller Art, an die das Ersuchen ge- knüpft wird, den Etat zu übersenden. * Siehe Gebhardt, a. a. O. Bd. I S. 205 (Acten des Ministeriums der geist- lichen Angelegenheiten). Geschichte der Akademie. I. 37 578 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1797-1812). schreiben an die CoUegen zur Sitzung tlieilten die Directoren die Auf- forderung mit und deuteten sie so, dass die Akademie überhaupt zur Wahl von neuen Mitgliedern aufgefordert sei, und wiesen da- rauf hin, dass vor allem die bisherigen ausserordentlichen Mitglieder Anspruch auf Beförderung hätten ; auch ersuchten sie um Vorschläge auswärtiger Gelehrter zu Ehrenmitgliedern. In der Sitzung am 4. August kam es zu einem Kampf. Die Minorität behauptete, einer Königlichen Ordre müsse man sich fügen, aber der Minister von Stein könne nicht befehlen, wen man wählen solle. Nicht gegen Wilhelm von Humboldt war diese Bemerkung gerichtet — er ist noch an demselben Tage sogar durch Acclamation gewählt worden — , sondern gegen den Übergriff' Stein's. Doch die Majorität rieth , über dieses Bedenken hinwegzusehen. Zu Ehren- mitgliedern^ wurden ausser Daru und Wilhelm von Humboldt, der damals noch Gesandter in Rom war, Werner in Freiberg, Laplace in Paris, Jacobi in München und Uhden in Berlin gewählt, zu ordentlichen Mitgliedern die bisher ausserordentlichen Hermbstaedt, Karsten, von Buch, Erman jun., Eytelwein, Fischer, Spalding und Buttmann. Über Wolf erhob sich nur deshalb eine Controverse, weil man behauptete, er sei schon längst ordentliches Mitglied, da er eine Pension von der Akademie beziehe und Abhandlungen in ihrer Mitte gelesen habe'. Am 15. August genehmigte der König die W^ahlen. W^ilhelm von Humboldt war der Akademie gewonnen! Wolf und Stein gebührt das Verdienst, ihn ihr zugeführt zu haben. Bereits im November 1808 musste der König den von Napo- leon geächteten Minister fallen lassen. Das Ministerium des Innern erhielt der Graf zu Dohna\ Das Unterrichtswesen bildete eine der Sectionen des Innern ; W^ilhelm von Humboldt wurde an seine Spitze ' Auswärtige und Ehren -Mitglieder waren nicht geschieden. ■^ Siehe oben S. 560. Andere urtheilten darüber anders; schliesslich wählte man ihn nicht, sondern constatirte nur seinen Charakter als ordentHches Mitglied. Wolf selbst hat sich über die Art seiner Zugehörigkeit zur Akademie zu ver- schiedenen Zeiten verschieden ausgedrückt. Das Akademische Archiv besitzt einen Zettel von seiner Hand vom 26. April 1810, auf welchem es heisst: "Ich muss zur Steuer der Wahrheit bemerken, dass ich nicht neuerlich, sondern schon 1799 ordent- liches Mitglied geworden bin, wie Hr. Kriegsrath Fkknzel der Akademie im Juli 1808 aus den Acten bewies , weshalb ich denn auch damals nicht als erst ordentlich ge- wordenes Mitglied im Publicum genannt wurde. Dass ich gleichwohl nicht in der Form ganz ordentlich war, kam daher, weil man mir niemals den Antrag that, regelmässig Memoires einzuschicken«. Auch in den Acten des Ministeriums der geistlichen Angelegenheiten finden sich darüber mehrere Schriftstücke. ^ Mit ihm zusammen trat Altenstein ein. W. V. Hujiholot's Eintritt in die Akademie und in das Ministerium (1808). 579 gestellt durch Kabinetsordre vom 1 5. üecember. Er lehnte die Be- rufung von Berlin aus, wo er unterdess eingetroffen war, ab (17. Ja- nunr), unter Hinweis nuf seine durch die lange Entfernung vom Vaterlande verursachte Unkenntniss der Localverhältnisse des Staats und des Zustands der deutschen Litteratur. In Wahrheit lockte ihn die Stellung deshalb nicht, weil er dem Minister des Innern unterstellt war. Allein dann entschloss er sich doch zur Annahme — VON DER Goltz versprach ihm, den römischen Posten offen zu halten — und wurde am 20. Februar 1809 förmlich ernannt. Aber bevor er noch das Amt übernommen hatte, in den Tagen, da er entschlossen war, abzulehnen, hielt er seine Antrittsrede in der Akademie (19. Ja- nuar 1809). Es sind nur wenige Worte, die er gesprochen hat, aber sie ergreifen durch den Zauber des Gedankens und der Form: so vermochten nur er und Goethe zu sprechen \ Als Mitglied der Akademie trat Wilhelm von Humboldt an die Spitze des preussischen Unterrichts Wesens. B. Gleich nach der Kunde von der Berufung Dohna's und W^il- HELM VON Humboldt's sctztc das Reorganisations-Comite Schreiben auf, um den Minister und seinen Sectionschef von dem Stande der Arbeiten, die sich der Vollendung näherten, in Kenntniss zu setzen, ein günstiges Vorurtheil für die finanziellen Vorschläge zu er- wecken und bei den Entschlüssen nicht übergangen zu werden, die die nächste Zukunft bringen musste. Diese Schriftstücke (vom 10. Januar) gingen aber nicht ab"^; dagegen wurde an Humboldt ein Begrüssungsschreiben gerichtet, und Karsten übersandte als zeit- weiliger Präsident des Comites an den Minister eine ausführliche Eingabe, in welcher er zwar auch den Stand der Arbeiten des Comites darlegte, aber vor allem der drohenden Verschmelzung der Akademie mit der einzurichtenden Universität vorzubeugen suchte^: »Es soll hier und da die Meinung geäussert werden, dass die in Berlin zu eri-ichtende Universität mit der Akademie in die engste Ver- ^ Akademisches Archiv (Abschrift), abgedruckt im Urkundenband Nr. 189 (Lombard hat die Rede beantwortet), HuMBOLDr hat noch am 26. Januar, 16. und 23. Februar 1809 an den Sitzungen theilgenommen, dann als Sectionschef nicht mehr; im .luni und Juli 1810 besuchte er sie wieder, verliess aber bald darauf Berlin, um nach Wien als Gesandter zu gehen. Uhdex hat die Sitzungen sehr regel- mässig besucht. ^ Akademisches Archiv. ^ Akademisches Archiv, 16. Januar 1809. 37* 580 Geschichte der Akademie unter Friedrk ii AVilhfi.m Ul. (1797-1812). bindung zu setzen sein würde. Es lässt sich allerdings denken, dass beide Institute an einem und demselben Orte einander wechselseitig wesent- liche Hülfen gewähren können, und eine äussere Verbindung wird schon dadurch stattfinden, wenn einzelnen Akademikern gewisse Professuren bei der Universität zugetheilt werden. Auf solche Weise und durch Benutzung verschiedener Sammhuigen wird die Errichtung der Universität durch die Akademie begünstiget werden. Eine inne-re Vei-bindung l)eider oder wohl £>ar eine Verschmelzunc; dieser wissenschaftlichen Vereine mit einander würde zweckwidrig und den Wissenschaften nachtheilig sein. Die Ver- einigung solcher Männer, deren Bestimmung es ist, die Wissenschaften durch Entdeckung neuer Wahrheiten weiter empor zu heben, kann unmög- lich nach denselben Pi'incipien und Formen geschehen , als nach welchen eine Summe von Lehi-stühlen , welche zu Fort])tlanzung bekannter W^ahr- heiten für den Unteiricht der Jugend bestimmt ist, organisirt wird. Ew. Excellenz erleuchteter Einsicht kann dieser wesentliche Unterschied nicht entgehen. Haben Sie die Gnade, ihn zu seiner Zeit, nöthigenfalls bei S. Maj. dem Könige, gehend zu machen. Höchstdieselben erwei'ben sich dadurch ein wesentliclies Verdienst um die Wissenschaften.» Die Sorge der Akademie war unbegründet. Wilhelm von Hum- boldt gehörte, so wenig wie sein Bruder, zu den radiealen Neue- rern, welche die Akademie in das »Lehrinstitut« einfach einzu- schmelzen wünschten. In seinem Dankschreiben an die Akademie erklärte er, dass er sein Verhältniss zu ihr als den angenehmsten und schmeichelhaftesten Theil seines Geschäftskreises betrachte und ihr seine Theilnahme durch die That zu beweisen hoffe', und in einem Bericht an den Minister Dohna vom 25. März 1809 schrieb er"': "Was auch vorzüglich neuerlich über Akademien gesagt und ge- schrieben woi'den sein mag, so ist es unleugbar, dass es dem Unterrichts- system einer bedeutenden und selbständigen Nation schlechterdings an der letzten und schönsten Vollendung fehlt, wo nicht eine Akademie der Wissenschaften alle Zweige dei'selben in sich vereinigt und gerade ihre höchsten und feinsten Theile verfolgt. Ebenso gewiss ist es, dass eine Akademie nicht mit einer Universität verwechselt werden darf, dass jene mehr zur Erweiterung, diese mehr zur Verbreitung der Wissenschaften bestimmt ist, und dass nicht jedes Mitglied der einen Anstalt dadurch auch der andern würdig genannt werden kann. Dass es aber dem preussischen Staate möglich ist, gerade im gegenwärtigen Augenlilick noch ein sol- ches Bildungs- und wissenschaftliches System aufzustellen, das auf ganz Deutschland einen bedeutenden Eintluss ausüben kann, dass dieses sogar von einem grossen Theile unseres Vaterlandes mit Recht erwartet wird, dass hiei-in Selbständigkeit imd Vollendung möglich ist, und dass dies das sichei'ste Mittel sein dürfte, die Nation auf's neue zu stärken und zu heben , und kräftig und wohlthätig auf ihren Geist und Charakter einzu- wirken, darin stimmen Ew. Excellenz gewiss mit mir überein.« Der Reorganisationsentwurf der Akademie musste einige Monate ruhen; denn Humboldt, mit Wolf und Schleiermacher im Bunde, ^ Geheimes Staatsarchiv, s. Gebhardt, a. a. 0. I S. 142. ^ Geheimes Staatsarchiv, s. Gebhardt, a. a. 0. 1 S. 144 f. W. V. Humboldt's Sorge fiir die Akademie (1809). 581 wandte sicli zunächst d^r Verwirklichung des Universitätsplanes zu. Am 4. September 1807 war das neue Lehrinstitut vom Könige ver- heissen worden; Manches war seitdem geschehen, aber nichts organi- sirt und daher Alles noch vereinzelt und in der Schwebe. Humboldt war entschlossen , die Gründung der Universitä,t beim Könige durch- zusetzen. Bis zum August 1809 ordnete er, als praktischer Staats- mann und als Alles überschauender Gelehrter wirkend, sämmtliche anderen Aufgaben diesem Ziele unter. Aber er liess den akademischen Plan auch in diesen Monaten nicht ruhen. Nachdem er den Etat durchgearbeitet hatte, machte er eine Reihe von Vorschlägen und suchte nach Mitteln imd Wegen, die zerstörten Finanzen der Aka- demie wieder herzustellen. Einerseits trug er darauf an , dass , wenn irgend möglich, die Königlichen Kassen ihr die rückständigen Sum- men auszahlen sollten , andererseits suchte er das Deficit von mehr als 7000 Thlr. , zu denen Schuldeji in der Höhe von 6000 Thlr. kamen, durch Ersparnisse zu decken. Indem er die Gehälter für zwei Directoren , die nicht vorhanden waren, strich (ebenso für einen Untersecretär, den Zeichner und den Mechaniker), ferner die Zuschüsse zum Collegium medico-chirurgicum und zur Anatomie, welche die Akademie leistete, aufzuheben vorschlug und die Jetons, wenn auch zögernd, abzuschaffen rieth, kam er auf eine Erspar- niss von 4500 Thlr. Den Etat des Botanischen Gartens — das Directorium hatte sich tadelnd über Willdenow's Hartnäckigkeit ausgesprochen , der sich nicht einschränken wolle — liess Humboldt nicht verkürzen, weil Verkümmerungen und Verluste hier in Jahr- zehnten unersetzlich seien. Bereits in der Kabinetsordre vom 2 1 . September 1 807 (Ant- wort auf den Bericht der Akademie vom 5. September, s. oben S.569) war verfügt worden, die Akademie solle ein Verzeichniss dessen aufsetzen, was ihr von den Franzosen geraubt war, »behufs einer zu bewirkenden Restitution der Sachen oder eines Schaden- ersatzes«. Die Akademie hatte das gethan und ihren Kriegsschaden, wie bemerkt, auf 97000 Thlr. angegeben. Napoleon hatte ihr Gips- abgüsse der weggeschleppten Kunstgegenstände und Schwefelabdrücke versprochen. Humboldt nahm sich auch dieser Sache an. Er schrieb an den Staatsminister von der Goltz (9. März), die Akademie wünsche sich direct an den Kaiser zu wenden, um eine Entschädigung für ihre Verluste zu erbitten, sowie eine schriftliche Bestätigung der verheissenen Abgüsse. Wirklich standen diese in Paris bereit, aber die Transportkosten waren für die Akademie unerschwinglich. Auch 582 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1797—1812). mit seinem Bruder Alexander hat Humboldt in dieser Angelegenlieit, die ihm sehr am Herzen lag, verhandelt. Das Landkarten -Unter- nehmen, das der Akademie in den letzten Jahren endlich etwas ein- gebracht hatte, war durch den Raub aller Kupferplatten unwieder- bringlich zerstört; Humboldt konnte nicht dazu rathen, es, wie die Akademie wünschte, wieder aufzunehmen. Er bestärkte sie aber in dem Vorhaben, den Kalender-Vertrieb durch Verbesserung und Bereiche- rung der Kalender zu erweitern , und nahm auch ein von Biester aus- gearbeitetes Project entgegen, durch eine Stempelsteuer auf Zeitungen und Zeitschriften den Etat der Akademie um 5000 Thlr. zu erhöhen'. Diese Bestimmungen hatten nur einen vorläufigen Charakter. Unterdess brachte die akademische Commission das neue Statut an das Plenum (März 1 809). Es war nicht nur an sich sehr umfang- reich, sondern es war auch mit umständlichen Erläuterungen aus- gestattet, welche die Motive und Specialanwendungen enthielten. Ausserdem waren ihm ein neuer Etat beigegeben — er war nicht allzu bescheiden abgefasst, sollte aber als Ideal -Etat verstanden werden — und die Instructionen für die einzelnen wissenschaft- lichen Institute. Das Ganze bildete einen kleinen Folianten. Das Statut zerfällt in 10 Abschnitte". Die Grundlage, die Alexander VON Humboldt gezeichnet hat, schimmert überall durch: von einem jährlich wechselnden Präsidenten, dem ein Vicepräsident zur Seite steht, und von vier Klassen - Secretaren soll die Akademie geleitet werden ; die Gleichheit aller Mitglieder, die allein der Würde der Wissenschaft entspricht, ist durchgeführt, das oligarchische, bevor- mundende Directorium verschwunden. Der rein wissenschaftliche Zweck Avird scharf hervorgehoben ; auf eine eventuelle Verbindung mit einer Universität bez. einem Lehr -Institut Mird nirgendwo Rück- sicht genommen. Manche Bestimmungen sind noch kleinlich und unfrei; aber im Ganzen ist es eine höchst respectable Arbeit, deren Hauptverdienst Biester — er hat sie redigirt — zukommt. Bereits wächst die ganze Organisation der Akademie, wenn auch noch nicht vollkommen , aus ihrem wissenschaftlichen Zweck hervor. Durchblättert man die zw^ei voluminösen Protokoll -Bände, so sieht ^ Das \'^orste]iende theils ans dem Akademischen , theils aus dem Geheimen Staatsarchiv (März 1809 und ff. Monate); s. Gerhardt I S. 142 ff". 2 Abgedruckt im Urkundenband Nr. 190. Die Abschnitte sind: Zweck der Akademie, Einrichtung überhaupt, Arbeiten, Mitglieder, Wissenschaftliche Beamte, Wissenschaftliche Anstalten und Sammlungen, Preisaufgaben , Druck der Schriften, Oekonomische Commission, Verhältniss gegen den Staat und den Landesherrn. Der neue Statuten -Entw ml" der Revisions - Coininission (1809). 583 man, aus welcher Fülle aufgeworfener Fragen von der höchsten bis zur geringsten das Werk entstanden ist. Auch die Verbindung mit der Kunst-Akademie war bf'sprochen, aber abgelehnt worden. In den Verhandlungen ist ferner der zukünftigen Universität gedacht worden, aber man wünschte nicht einmal die wissenschaftlichen Institute mit ihr zu theilen: sie müssen sämmtlich allein bei der Akademie ver- bleiben. Stellte man sich freilich die neue Universität wie die in Frankfurt a, 0. vor oder gar wie die Ritter-Akademie Friedrich's des Grossen oder das medicinische Collegium Friedrich Wiliielm's L, so hatte man allen Grund, jede Vereinigung abzulehnen. Man hatte es noch in zu guter Erinnerung, welche traurigen Folgen für die Akademie die Verbindung mit ihnen gehabt hatte. In dem Etat waren i8 hoch besoldete Stellen (zu 1500 Tlilr.) und 17 niedrig besoldete (zu 500 Thlr.) angesetzt, für die 4 Secretare je 500 Thlr., für die Oekonomische Commission, den Justitiar, die Unterbeamten zusammen 3290 Thlr., so dass die Gehälter allein 40790 Thlr. be- trugen — im Vergleich mit dem bisherigen Zustande mehr als das Doppelte. Dazu kommen noch 1400 Thlr. Jetons, 5000 Thlr. Pensionen, 600 Thlr. Preise, 1000 Thlr. Drucksachen. Für die grosse Bibliothek sind 8900, für die akademische 1200, das Obser- vatorium 1400, das chemische Laboratorium 1200, für physikalisch- mathematische Instrumente 2300, den botanischen Garten 4000, das zootomische Museum 11 00, die zoologische Sammlung 1600, die Mineraliensammlung 1000, die archäologische Sammlung 1900, für Gebäude 1500, »insgemein« iioo Thlr. angesetzt. Die Verbin- dung mit dem Collegium medico-chirurgicum wurde ganz gelöst, die Anatomie aufgegeben; nur als »Zootomie« sollten diese Studien ferner ein Recht in der Akademie haben. In den weiten Plänen, auch in der Höhe der geforderten Summe, erkennt man den Glauben an die Zukunft der Nation \ Ursprünglich sollten sich die Mitglieder des Plenums in weni- gen Tagen entscheiden. Doch beschloss das Directorium und die Commission, erst noch Gutachten entgegenzunehmen. Diese liefen, ^ Gegen die Höhe der geforderten Summen , vor allem der Gehälter, prote- stirte der alte Gkrhard aufs Lebhafteste (s. seine Eingabe an das ]Ministerium vom 14. August 1808 in dem Archiv des Ministeriums der geistlichen Angelegenheiten). Als sich Casiillon einst, erzählt er in der Eingabe, bei Friedrich dem Grossen beschwert habe, dass er keine Pension beziehe, habe er die Antwort erlialten: "Contez-vous pour rien d'etre Academicienl*« — Ausdrücklich übrigens wird in dein neuen Entwurf verlangt, dass das Kalender-, Landkarten- und Edicten-Pubii- cations- Privileg, wie bisher, ausschliesslich der Akademie zustehen soll. 584 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1797-1812). nachdem der Entwurf mitsammt dem ganzen Material bekannt ge- geben war, zalilreicli ein^; die Commission prüfte sie, nahm auf, was ihr wichtig schien , und redigirte den Entwurf auf's Neue. Mit Recht fasste sie nun in der Sitzung vom 6. Juli 1809 den Beschluss, es nicht mehr auf mündHche Verhandlungen im Plenum ankommen zu lassen, sondern, nachdem jedes Mitglied Kenntniss von der de- finitiven Gestalt der Vorlage gewonnen habe, lediglich die beiden Fragen schriftlich zur Abstimmung zu stellen: i. Sind Sie für en bloc- Abstimmung? 2. Nehmen Sie den Entwurf an, so dass er dem König nun vorgelegt werden kann"? Es war ein peremptorisches Verfahren, aber sollte man alle die Debatten wiederholen , die während sechzehn Monate im Schooss der Commission geführt worden waren? Stürmischft Auftritte stan- den bevor, die sich bereits angekündigt hatten. Man musste sie auszuschliessen suchen. Die en bloc-Abstimmung ging durch, und ausser den 9 Commissionsmitgliedern'' stimmten noch 10 andere Mit- glieder, nämlich Willdenow, Bode, Buch, Spalding, Gruson, Hermb- STAEDT, Fischer, Ancillon sen., Wolf, Burja für die Absendung des Entwurfs an den König, also für die Annahme*. Lombard er- klärte, dass er der Majorität beitrete. Gegen die Absendung waren Nicolai^, Ancillon jun., Erman sen. und Walter sen., der Letztere ' Nur Erman sen. und Ancillon sen. haben französisch votirt; die ausführ- lichsten Gutachten sind von Letzterem und von Nicolai. ^ Am SchUiss des Schreibens an siimmtliclie Mitglieder heisst es: "Zu Hel)ung eines wesentlichen Missverständnisses und des uns früher gemachten Vorwurfs , als würden die Ausarbeitungen der Committe hinter dem Rücken des Geheimen Staats- raths Bai'on von Humboldt heimlich foi'tgesetzt, bemerken wir endlich noch, dass Solchei- völlig davon unterrichtet ist, ihre Fortsetzung selbst verlangt und ihre bal- dige Beendigung empfohlen hat. Wir müssen hinzufügen, dass Er sie mit Interesse erwartet, auch nach der jetzigen Staatsverfassung nur durch ihn die Allerhöchste Entscheidung darüber nachgesucht werden kann luid wird- [Akademisches Archiv]. ^ Castillon, Gerhard, Hirt, Klein, Eytelwein, Biester, Klaproth, Tralles, Karsten. * Sämmtliche Mitglieder haben ihr Votum schriftlich abgegeben; ohne Beden- ken sind auch die Zustimmenden nicht gewesen, denn das Verfahren war ungewöhn- lich. Wolf z. B. hätte lieber eine Debatte gesehen, »da periculum weniger in mora als in festinatione sei und da man dabei eine Pi'obe hätte ablegen können, wie es in der Folge mit allerhand Discussionen und gelehrten Debatten gehen könne". Aber er stimmte doch dem Entwurf bei, den er «ein so durchdachtes Ganzes« nennt, vmd meinte, dass ein freier Entschluss auch ein schweres, aber selbst auferlegtes Gesetz erleichtern müsse. ^ Der alte Nicolai hatte sich in den letzten Jahren mehr und mehr mit der Rolle eines akademischen Vorsichtsraths vertraut gemacht. Die Aufgeklärten sind nicht immer die Muthigen — der Bildungsphilister, der ein höheres Streben nicht begreift, wird in der Krisis zum reinen Philister und bis zum Kleinmuth ängstlich. Der neue Statuten-Ent\vuri"\vird von der Akademie angenommen (1. Aug. 1809). 585 am entschiedensten , was man ihm niclit verdenken kann , da nach dem neuen Entwurf die Anatomie aus der Akademie herausgedrängt war. BedingungsAveise zustimmend erklärten sich BuTTiMANN, Eu- MAN jun. und Walter jun. Am i. August war die Abstimmung beendigt, der Entwurf angenommen. Mit Walter folgten noch peinliche Auseinandersetzungen, die mit einem heftigen schriftlichen Protest seitens dieses Gelehrten schlössen. Am 28. August forderte Humboldt die Vorlage ein^ — eben in jenen Tagen, da die hochherzige Königliche Kabinetsordre, welche die Universität nach Humboldt's Vorschlägen begründete (16. August 1809), in Berlin bekannt • gew^orden war". Am i. September über- sandte das Directorium den Entwurf und ein Volumen von 310 Folioseiten. In dem ausführlichen Begleitschreiben an Humboldt stellt es die ganze Vorgeschichte und den bisherigen Verlauf der Reorganisationsarbeit seit dem 9. April 1798, bez. seit dem üctober 1807 dar, berichtet über die abweichenden Meinungen im Schoosse der Akademie und sucht die Höhe des aufgestellten Etats mehr zu entschuldigen als zu empfehlen — den beiden alten Directoren graute es augenscheinlich vor den 76000 Thlr. , welche die Jüngeren ge- fordert hatten; sie blickten mit Wehmuth auf die Glanzzeit unter Friedrich dem Grossen zurück, in der Alles mit 15000 Thlr. be- stritten worden war^. Wie anders hat doch Biester, der gewöhnhch mit Nicolai in einem Athem genannt wird, mit der Zeit fortzuschreiten vermoclit! Er ist auch von Woi.r, Humboldt und den Anderen allen stets mit wahrem Respect behandelt worden. ^ In dem Schreiben an das Directorium (Archiv des Cultusministeriums) heisst es, der Statuten -Entwurf müsse jetzt zur Vei-handlung kommen, da er mit allen übrigen neuen Einrichtungen, welchen die höchsten wissenschaftlichen Institute des Staates entgegensehen, zusammenhänge, Vieles darin sich auch nach den Mitteln bestimmen müsse, die in der gegenvv artigen Lage der Akademie gewidmet werden konnten. Humboldt wusste, dass die Akademie mit Besorgniss den kommenden Dingen, die ihre Selbständigkeit bedrohten, entgegensehe; er schrieb daher auf- klärend und ermuthigend: -Ich schmeichle mir. dass sowohl das Directorium als die Akademie selbst, auf deren Vertrauen ich immer den grössten Werth setzen werde, in dieser Aufforderung nur meine Absicht erkennen wird, in Verbindung mit der Akademie und mit Benutzung ihrer Einsichten und Erfah- rungen dahin zu arbeiten, dass sie zwar eine so bestimmte, aber auch eine so freie Form erhalte, als niciit allein zur Erreichung ihrer wichtigen Zwecke, son- dern auch zum angemessenen Zusammenwirken mit den übrigen höhe- ren wissenschaftlichen Instituten nothwendig ist«. 2 Die berühmte Ordre, welche die neue Universität im Zusammenhang mit der Akademie errichten heisst, ist öfters gedruckt worden, z. B. bei Köpke S. 1 94 f. * Akademisches Archiv. 586 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1797—1812). Kaum hatte die Akademie ihren Statuten -Entwurf glücklich in den Hafen des Ministeriums gebracht, da empfing sie die König- liche Kabinetsordre (22. September 1809), die sie seit dem 16. Au- gust täglich erwarten musste\ Indem ihr von der Stiftung der neuen Universität Mittheilung gemacht wird, erfährt sie, dass es der Wille des Königs sei, »Die Universität mit den beiden Akademieen und sämmtlichen Instituten und Sammlungen, als Bi- bliotheken, Sternwarte, botanischem Garten, ana- tomischem Museum, Medaillen-Kabinet dergestalt zu einem organischen Ganzen zu verbinden, dass jeder einzelne Theil eine angemessene Selbständig- keit erhalte, jedoch gemeinschaftlich mit den an- dern zu dem allgemeinen Zweck mitwirke«. Wie diese Bestimmung zu deuten sei, konnte erst aus Special- erlassen klar werden; aber schon dieser Erlass lehrte, dass sowohl das ausschliessliche Recht der Akademie auf die wissenschaftlichen Institute als auch ihre finanzielle Selbständigkeit aufgehoben sei; denn also hiess es weiter: »Diesen sämmtlichen Instituten haben S. Maj. in Gemein- schaft mit der Universität an der Stelle der bisherigen un- bestimmten Revenuen eine angemessene sichere Dotation gewährt . . . ., auch haben S. Maj. ihnen das Palais des Prinzen Heinrich unter dem Namen des Universitäts- Ge- bäudes und das ganze Akademie -Gebäude zugeeignet. So wie nun hiernach die Akademie der Wissenschaften künftig einen selbständigen Theil der allgemeinen Lehranstalten aus- macht, so werden auch die mit der Akademie verbundenen Institute künftig von ihr getrennt, um zum gemeinschaft- lichen Gebrauch der Universität und der Akademie zu dienen. Die der Akademie bisher zugesichert gewesenen indirecten und unbestimmten Einnahmen giebt dieselbe von jetzt ab dem Staate zwar zurück, dagegen aber tritt jene Dotation ein, und es ist schon gegenwärtig dafür gesorgt, dass die Besoldun- gen der Mitglieder und die zur Erhaltung des Ganzen er- forderlichen anderweiten Kosten ihr aus sicheren Quellen und auf eine Weise, welche die Mitglieder aller Administrations- sorgen überhebt, zufliessen werden«. ^ Abgedruckt im Urkundenband Nr. 191. Die Königliche Kabinetsordre vom "i'J. September 1809. 587 Wer kann es der Akademie A^erdenken , dass sie in ihrer Majori- tät die ihr angekündigte Umwälzung aller ihrer Verhältnisse als einen schweren Schlag empfand — eben jetzt, da sie nach zwei- jähriger Arbeit, selbst mit der Neuzeit fortschreitend, ihr neues Statut eingereicht hatte! Mit welcher Umsicht Hubiboldt und seine Genossen nach ihm die Beziehungen zwischen Universität und Aka- demie regeln würden , wie herrlicli sich diese neue Universität ge- stalten , welche Kräfte und welchen Segen sie selbst aus der Ver- bindung mit ihr empfangen werde, das konnte sie nicht voraussehen. Aber das sah sie, dass die Institute, die sie mit ihren Mitteln in die Höhe gebracht, ihrer Direction entzogen waren und dass ihr eigener Etat, dass das Kalenderprivileg ihr genommen werden sollte. Ihre corporative Selbständigkeit schien damit aufzuhören ; sie glaubte sich eingeschmolzen in ein grosses Nationalinstitut ^ Sie schwieg nicht, sondern bestätigte den Empfang der Ordre (24. October — sie war ihr erst am 4. zugegangen) in Worten, die den König über ihre Beurtheilung der Sachlage nicht im Zweifel lassen konnten; aber einigen Mitgliedern war auch diese Fassung noch zu unbestimmt: "Von jeher gewohnt, die gnädigen Befehle ihres Königs und Protectors ehr- erbietig zu vollziehen, sieht die Akademie den näheren Anordiumgen in Absicht ihrer Oi'ganisation mit ptlichtmässigem Gehorsam entgegen und mit dem festen, auf so mannigfache Beweise Königlicher Huld gegründeten Vertrauen, dass Ew. Maj. dies Institut auch ferner Ihres besonderen Schutzes würdigen und es in einer solchen von anderen Instituten unabhängigen Selbständigkeit und in deijenigen freien Wirk- samkeit aufrecht erhalten werden, wodurch es um so besser die erhabenen Ab- sichten Ew. K. Maj. wird erfüllen und auch von seiner Seite zu den\ Ruhme und zu der Wohlfahrt des Staates beitragen könne-." ► ' Auch das Akademiegebäude war dem Gesammtinstitute zugewiesen; dass auch die Akademie an dem Prinz Heinrich - Palais Theil haben sollte — wirklich wurden ihr dort zwei Zimmer eingerichtet — war kaum eine Entschädigung. - Akademisches Archiv von Biester's Hand; unterzeichnet haben 19 Mitglie- der; es fehlen die beiden Walter und Erman sen., es fehlt — gewiss aus an- dei-en Gründen — auch Wolf. Statt "ptlichtmässiger Gehorsam., stand ursprüng- lich im Concept «freudiger Gehorsam« ! — Schon am 9. October hatte das Direc- torium der Section den Empfang der Ordre angezeigt. Hier heisst es: "Die Aka- demie unterwirft sich diesen AUei'höchsten Befehlen ehrerbietigst, indem sie zu der bisher mit tiefstem Danke erfahrenen Huld und Gnade Sr. K. JNIaj. das feste Ver- trauen hat, dass Allerhöchstdieselben geruhen werden, dieses von Allerhöchst Dero Allerdurchlauchtigstem Ahnherrn gestiftete Institut ferner gnädigst aufrecht zu er- halten und demselben einen von anderen Instituten unabhängigen, zu ihrer [sie] Subsistenz und Erfüllung ilu-es Endzwecks hinreichenden Eonds gnädigst anweisen werden«. Das Directorium bittet sodann die Section um möglichst baldige nähere Instruction, wie solche S. Maj. in der Ordre in Aussicht gestellt habe, damit der Ganü- der Geschäfte, namentlich der des Kalenderwesens, keinen Schaden erleide. 'ft 588 Geschichte der Akademie unter FRrEDRicii Wilhelm III. (1797—1812). Humboldt bemülite sich in seiner Antwort vom lo. November die Besorgten zu beruhigen \ Sie bezieht sich in erster Linie auf den eingereichten I-Cntwurf sammt den Protesten der Mitglieder, die gegen die en bloc -Abstimmung gewesen waren oder den Entwurf sachHch missbilHgten. Aber sie war zugleich wohl geeignet, die Besorgnisse zu zerstreuen, als sei die ganze Reorganisationsarbeit der Akademie umsonst gewesen und ihre Selbständigkeit vernichtet; denn Humboldt verhiess in dem Schreiben, den Entwurf nebst den Äusserungen der einzelnen Mitglieder Sr. Maj. demnäclist vorzulegen, also die Neuordnnng im Einzelnen mit Berücksichtigung desselben zu bewirken. Er forderte aber das Directorium auf, vorher noch einmal jedem Mitgiiede Gelegenheit zu geben, nachträgliche Be- merkungen hinzuzufügen. »Auf diese Weise wird wenigstens zum Tlieil dasjenige erreicht werden können, was bei dem Verlangen einer nochmaligen Abstimmung im Pleno beabsichtigt wurde.« Neben diesem Schreiben kam aber der Akademie fast gleichzeitig eine wichtige Kunde zu. Lombard , der nie eine Rolle in der Akade- mie gespielt hatte, da er ihr aufgedrängt worden war, bat um seinen Abschied als beständiger vSecretar und erhielt ihn am t,o. October'. ^ Akademisches Archiv. Wenige Tage vorher liatte der Director der Aka- demie, Castillon, eine Rede gehalten (26. October 1809): "Über die Begriffe einer Akademie und einer Universität und über den wechselseitigen EinJhiss, welche beide Anstalten auf einander haben können«, die deutlich bewies, dass er sich weder von dem französischen Wesen befreit hatte, noch dem grossen Umschwung im geistigen Leben Preussens und der Umbildung des deutschen Universitätsgeistes gefolgt war. Er bittet um Nachsicht, dass ei- sich der ilun IVemden und schwie- rigen, »etwas harten oberdeutschen« Sprache bediene, da »die sanftere französische Muttersprache« als Sprache des Feindes einen widrigen Schatten auf seine \'or- lesung werfen könne. Ohne einen Hauch von Geist führt er fünf verschiedene Definitionen des Begriffes »Universität« und zwölf des Begriffes »Akademie« an. Er selbst orakelt dann: »Die Universität ist l)estimmt, das Objective sul)jectiv zu machen, die Akademie ist aber bestimmt, das Objective hervorzubringen«. Hiernach stehen sich beide Anstalten schroff gegenüber: jene ist nichts Anderes als ein höhe- res Dressurinstitut, ihre Lehrer sind Compendienfalirikanten; diese hat das Mono- pol der Wissenschaft, ihre jMitglieder haben »einen ])rennenden Durst, die Wissen- schaft oder Kunst zu vei-vollkommnen« und »den Genieblick«. Es war eine Rede für den eigenen Herd, sagt Köpke, S.55, im Tone des dürftigen Formalismus, wie er in der altfranzösischen Schule zu Hause gewesen, jetzt aber in einer deutschen Aka- demie unerträglich gewoi'den war. Die Akademie, sofern in ihr der Geist Castillon's herrschte, musste verschwinden; diese Anstalt wollte Humboldt wirklich aufheben; die echte aber, die sich eben aus der alten entwickelte, wollte er nicht nur conser- viren, sondern aucli gestalten. An Goethe schrieb er (10. Februar 18 10): »Die Aka- demie suche ich ihrer Nichtigkeit zu entheben, aber es ist ein schweres Stück Arbeit«. ^ Abschrift im Akademischen Archiv. Lojibard's Abschied war kein ganz freiwilliger; Humboldt drängte dazu (s. Gebhardt I S.157). Lombard nimmt seinen Abschied; Wahl Castillon's z.Seci'etar (Nov. 1809). ?)89 Am 7. November wurde die Akademie vom Könige aufgefordert, einen interimistisclien beständigen Secretar zu wählen oder, wie Humboldt liinzufügte ,« »des Secretars Geschäfte bis zu der neuen Einrichtung unter mehrere Mitglieder zu vertheilen«. Er glaubte, damit ganz im Sinne der Akademie zu liandeln , die ja selbst gegen- über Lombabd's Ernennung vor zwei Jahren betont hatte (s. oben S. 569), dass ein beständiger Secretar unzureichend sei, und die in ihrem neuen Statut vier Secretare vorgesehen hatte. Aber das Unerwartete geschah! Noch einmal siegten das An- ciennetäts-Princip und die alte Etiquette über die sachlichen In- teressen: die Akademie wählte Castillon zum interimistischen be- ständigen Secretar — den Mann, der kein richtiges Deutsch sprach, keiner Wissenschaft kundig war und von dem neuen Geiste, der in Preussen lebte, innerlich nie etwas verspürt hatte. Nur die Er- wägung entschuldigt die Akademie, dass es sich wahrscheinlich nur um Wochen handelte, da die neue Organisation demnächst zur Aus- führung kommen sollte. Humboldt war gerade abwesend, als die am 23. November vollzogene Wahl der Section zur Bestätigung vor- gelegt wurde, und Nicolovius bestätigte sie am 6. December. Allein Humboldt liess sich Castillon nicht bieten. Er w^ar em- pört, dass die Akademie in der grossen Zeit einen so kläglichen Beweis von Impotenz liefere. Damals hat er daran gedacht, sie mit der Geissei zu reinigen und einige Mitglieder einfach zu ent- fernend Doch das war beim Könige nicht durchzusetzen; aber Castillon's Wahl musste cassirt werden, und die Akademie sollte durch einen verdienten Eingriff in ihre Privilegien darülier belehrt werden, dass verliehene Rechte im Staate nur der behaupten darf, der sie richtig gebraucht. In diesem Sinne verständigte sich Hum- boldt mit Nicolovius, die Section trug die Sache dem Könige vor, und am 18. Januar 18 10 erging folgende Kabinetsordre an dieAkademie"': "S. K. Maj. von Preussen haben sclion fi-üher zu erkennen gegeben, dass Allerhöchstdieselhen die anderweite Ernennung eines ein/igen bestän- digen Secretairs für die Akademie der Wissenschaften, da dieser den grossen Umfang der Wissenschaften für eine allgemeine wissenschaftliclie ^ Siehe Gebhardt I S.158. ^ Original im Akademischen Archiv. Der sehr energische Bericht an den König, dessen Vorgeschichte ein energischer, für Castillon vernichtender, al)er auch für die Akademie wenig schmeichelhafter Bi-ief Husiüüldt's an Nuolovu s bildet (herausgegeben von Haym. Briefe von Wilhelm von Himboldt an Nicolovus 1894 S. loff". , abgedruckt im Urkundenband Nr. 191*) — findet sich in den Acten des Ministeriums der geistlichen Angelegenlieiten. Der König hat die Vorschläge Hu.m- boldt's gemildert. 590 Geschichte der Akademie unter F^riedrich Wilhelm HI. (1797 — 1812). Cori-espondenz mit auswärtigen Akademien und Gelehrten nicht zu um- fassen vermag, nicht zweckmässig finden. In dieser Rücksicht musste nach dem Abgänge des bisherigen Secretair perpetuel die Wiederbesetzung die- ser Stelle ausgesetzt bleiben. Allerhöchstdieselben halten es nach obiger Ansicht der Sache ange- messen, dass bei der Akademie der Wissenschaften nach den verschiedenen Fächern ^■ier Secretarien ernannt werden, und es sind AUei'hüchstderselben für die mathematische Klasse der Professor Tralles, für die physikalische Klasse der Professor Erman, für die philologische Klasse der Professor Spalding und für die j)hilosophische der Bibliothekar Biester ' als beson- ders geeignet dazu genannt woixlen. In Erwartung des gegenwärtig in der Bearbeitung begriifenen voll- ständigen Oi-ganisations- Plans überlassen daher S. Maj. der Akademie der Wissenschaften hiernach vorläufig das Nöthige wegen Bestellung der vier Secretarien zu veranlassen^.» Das Walilrecht der Akademie war durch diese Ordre empfind- lich verletzt, aher die Verletzung war beabsichtigt und heilsam. Schon am 23. Januar erkundigte sich Nicolovius nach dem Ergebniss der Wahlen. Diese waren am 20. Januar in einer stürmischen Sitzung erfolgt. Erman jun. liatte an die Akademie ein Schreiben gerichtet, in welchem er eidlich versicherte, an der Ordre unschuldig zu sein: »Ein räthselhaftes P^reigniss gefälirdet die absolute Freiheit der Wah- len, ohne die an keinen Flor unseres Vereins zu denken ist, und zwar geschieht dies gerade im Augenblick, wo wir hoffen konnten, die Freiheit der Wahlen auf immer begründet zu haben«. Er be- schwört seine Collegen , »sich nicht von dem, was Recht ist, ab- halten zu lassen « und zu einer freien W^ahl zu schreiten ; er selbst halte sich aus verschiedenen Gründen, die er darlegt, für ganz un- geeignet, die Stelle eines Secretars der physikalischen Klasse zu bekleiden ^ In der Sitzung* war ein Theil der Mitglieder der Meinung, die vier vom Könige Genannten seien einfach durch Acclamation zu wählen, ein anderer Tlieil stimmte für eine Gegenvorstellung, da durch die Designirung die freie Wahl beschränkt sei; die Ma- jorität beschloss, eine regelrechte Wahl vorzunehmen, aus der Erman jun., BoDE, Biester und Spalding hervorgingen. Es wurde hierauf beschlossen, dass fortab in den gewöhnlichen Sitzungen jedesmal der Secretar, dessen Klasse der Vortragende angehört, den Vorsitz führe. Über die Frage, ob dem Könige die Gründe zu unterbreiten ' Man beachte, dass Humboldt ihn dem Könige empfohlen hat. ^ Diese Kabinetsordre ist in Berlin erlassen, wohin der König Ende des Jahres 1809 zurückgekehrt war. ^ Akademisches Archiv. * Anwesend waren 21 Mitglieder, unter ihnen Wolf, Hufeland, Buttmann, Spalding, Biester. Es fehlten unter Anderen beide Erman und Nicolai. Wahl der vier Secretare (Januar und Februar 1810). 591 seien, aus denen man niclit Tralles, sondern Bode gewählt habe, er- hob sich noch eine Controverse , welche die Absendung der Anzeige an die Section verzögerte. Da inzwischen erst Biester, dann Bode die auf sie gefallene Wahl ablehnten, weil das Amt mit ihren anderen amt- lichen Verpflichtungen unvereinbar sei', so wurde (am 8. Februar) Ancillon jun. als Secretar der philosophischen und (ii. Februar) Tralles als Secretar der mathematischen Klasse gewählt". Am 2 2. Februar bestätigte der König diese Wahlen^. Noch bevor also das neue Statut genehmigt war, vollzog sich unter Hum- boldt's Leitung die wichtigste Veränderung im Organismus der Aka- demie: das Amt des einen beständigen Secretars erlosch, und auch das Directorium wurde auf die Hälfte — den inibedeutenderen Theil seiner bisherigen Competenzen — beschränkt, indem die wissen- schaftliche Leitung der Akademie den vier Klassen -Secretaren übertragen w^urde. Endlich Avar nun Castillon beseitigt! Die Ver- antwortung für das wissenschaftliche Leben in der Akademie ging auf Erman, Tralles, Ancillon jun. und Spalding über*. Das Jahr i8io ist das Jahr, in welchem die Universität Berlin von Humboldt in Activität gesetzt, ihr Lehrkörper durch zahlreiche Berufungen geschaften und ihr Statut festgestellt wurde. In der » wissenschaftlichen Deputation « des Ministeriums , die unter Schleier- macher's Leitung aus Spalding und Tralles bestand, ist Alles vor- berathen worden. Allerdings hat Humboldt bereits am 29. April 18 10 sein Entlassungsgesuch als Sectionschef eingereicht^ und es wurde am 14. Juni angenommen, aber unter seinem Nachfolger, NicoLOvius, wirkten seine Ideen, Kraft und Form gebend, fort*^. ' Bode hatte dai'über vorher mit Humboldt Rücksprache genommen, s. sein Schreiben vom 4. Februar (Akademisches Archiv). ^ Beiläufig sei bemerkt, dass Biester im März 18 10 nach seinem Wunsche aus der philosophischen in die philologische Klasse versetzt wurde. Er war ein weiser Mann, der fühlte, dass er mit seiner Philosophie nicht mehr in die neue Zeit gehöre; vergl. sein Urtheil über Nicolai im 3. Capitel dieses Buches. ^ Original im Akademischen Archiv. In dem Schreiben der Akademie an den König (16. Februar) erklärt sie die Wahl Castillon's durch die Bemerkung, sie habe nicht vorgreifen und nicht früher vier Secretare wählen zu dürfen geglaubt, als bis die Competenzen derselben von dem Könige durch Erlass des neuen Statuts festgestellt seien. * Von nun an sind auch die Sitzungsprotokolle deutsch geführt worden. * Über die Gründe s. Gehhardt I S. 347— 353: Das Verhältniss zum INIiuistcr DoHNA war Humboldt zu drückend. •' Humboldt selbst hatte seinen Bruder Alexander als seinen Nachfolger vor- geschlagen, zweifelte aber, ob er kommen würde, da er sich wieder mit grossen Reiseplänen trug, doch wei'de er vielleicht, wenn auch nur auf kurze Zeit, das 592 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1797 - 1812). Den ReorQ;anisations- Entwurf der Akademie, der nocli immer der Erledigung liarrte, liat Humboldt rulien lassen: erst sollte die Universität wolil gegründet und in Tliätigkeit sein, bevor die letzten Fragen der Organisation der höheren Institute entschieden würden. Auch genügte einstweilen die neue Einrichtung der vier Klassen- Secretare, um die Akademie vor Stillstand und Rückfällen zu be- wahren. Aber ein unvergängliches Verdienst um die Körperschaft hat sich Humboldt kurz vor seinem Scheiden aus dem Amte noch dadurch erworben, dass er ihr ausgezeichnete neue Mitglieder zu- führte. Ev hat es veranlasst, dass (am 29. März) die physikalische Klasse der Akademie die Zoologen Rudolphi (Greifswald) und Illiger (Braunschweig), die mathematische Gauss und Oltmanns (Paris), die pljilologisclie Uhden, Ideler und Niebuhr — er wai- bereits König- licher Historiograph an Johannes von Müller's Stelle — , die philoso- phische Schleier3iacher vorschlugen. Neben diesem schlug die Klasse Humboldt selbst vor, der bisher noch nicht ordentliches Mitglied war. Die Akademie vollzog alle diese Wahlen , berichtete an die Section und bat um die Königliche Genehmigung »mit dem Vorbehalte, unter den auswärtigen Gelehrten — es handelte sich vor allem um Gauss und Oltmanns — nur diejenigen bestätigt zu wünschen, welche sich hier niederlassen können « . Der König bestätigte die Wahlen am 7. April \ ausgenommen die von Gauss und Oltmanns: denn »bei diesen wird es erst darauf Präsidium der Akademie und das Kanzleramt der Univei'sität ühernehmen (s. Ger- hardt 1 S.354). Also an die Einsetzung eines ständigen Präsidenten für die Akademie liat Wilhelm von Humbold r vorübergeliend gedacht, freilich nur im Hinblick auf seinen Bruder Alexander, der - — die Verhältnisse wiederholten sich — als Mitglied der Pariser Akademie, wie ein Jahrhundert vorher Leibniz, ein ganz besonderes Ansehen genoss. ^ Dankschreiben sind im Akademischen Archiv erlialten von Ideler, Uhden, Illiger, Rudolphi und Niebuhr. Das letztere ist im Urkundenband Nr. 192 samint Niebuhr's Antrittsrede abgedruckt. In dieser finden sich die schmerzlichen Worte: »Nachdem Deutschland jede andere Art des Ruhms verloren hat oder absterben sieht, da die schöne Zeit unserer grossen Dichter ihrem Abend entgegengeht, bleibt ihm noch der Ruhm höherer Gelehrsamkeit, und diesen vermag die Nation sich in den schwersten Zeiten zu bewahren. . . . Der Herbst unseres gesellschaftlichen Da- seins ist gekommen, und der Frühling wird nicht wiederkehren, ehe die Zeit ihren Lauf vollendet hat«. Niebuhr, Schleiermacher und Ideler hielten ihre Antritts- reden am 10. Mai 1810. — Der Scharfblick, mit welchem Humboldt Niebuhr's Genie erkannt und ihn der Akademie zugeführt hat, ist bewunderungswürdig; denn noch hatte er nichts Wissenschaftliches geschrieben und keine Vorlesung gehalten. Er war, da er unter Hardenberg nicht im Ministerium bleiben wollte, ein freier Mann geworden, und diese Situation benutzte Humboldt, um ihn ganz für die Wissenschaft zu gewinnen. Dem Eintritt Niebuhr's in die Akademie verdankt man die »Römische Geschichte«. »Ich kehre zu meinen Wissenschaften mit verjüngter ScHLEiERJiACHEK, XiEiuHR, W. V. HuMBOi.üT u. ii. iieiie Mitglieder (1810). 59H ankommen, ob diese überlmupt werden hierher l)erufen werden können, da die Fonds hierzu unzulänglicli sind, die Akademie d.W. al)er hei ilirer Wahl auf die Anwesenheit dieser beiden Professoren gerechnet liat«. HuBiBOLDT wollte uui jeden Preis Gauss nach Berlin ziehen und unterhandelte mit ihm. Bereits am 15. April konnte er der Akademie mittheilen, dass die Section ihn »wirklich zu berufen im Begriff ist«. Er wünscht, dass die Akademie ihm ein Schreiben, welches die vollzogene Wahl von Gauss enthalte, übersende, denn er wollte das fait accompli als Lockmittel für den grossen Gelehrten benutzen \ Allein die Akademie hatte ihn nur bedingt gewählt, und die Unterhandlungen mit ihm zerschlugen sich. Aber Humboldt gab die Hoffnung noch nicht auf. Am 8. Juni ersuchte er die Akademie, Gauss zum auswärtigen Mitglied zu machen; »er hat zwar den Ruf für jetzt abgelehnt; ich habe indess die Hoffnung, ihn der K. Akademie d. W. zu gewinnen, noch nicht aufgegeben, und habe Grund zu glauben, dass es ihm angenehm sein würde, wenn ihn die Akademie wählet"«. Sie entsprach diesem Wunsche^; auf Antrag der Klasse wurden Gauss und der ausgezeichnete Philo- loge Schneider in Frankfurt gewählt und am 18. Juli 18 10 vom Königen bestätigt. Der leider fehlgeschlagene Versuch , den grossen Mathematiker zu gewinnen und der Akademie zuzuführen, ist die letzte Action Humboldt's als Sectionschef gewesen*. Er verliess die Hauptstadt Lust zurück" — schreibt er l^ereits am 15. Juli 18 10 (Lebensnachrichten 1 S.446) — »und spüre, dass auch mein Gedächtniss wieder auflebt. Dies emjjfinde ich auf eine angenehme überraschende Weise bei einer Arbeit über die Amphiktyonen, wo- zu die Beurtheilung der bei der Akademie eingegangenen Preisabhandlungen ver- anlasst; ich beschäftige mich sehr lebhaft damit, theils wegen des Interesses, welches der Gegenstand hat, theils auch um meinen Collegen zu zeigen, dass ich kein blosses Ehrenmitglied sei." * Akademisches Archiv: am Schluss des Schreibens wird der Akademie der Befehl des Königs mitgetheilt, Bastide »seines langen Aufenthalts in Paris und seiner Unbrauchbarkeit für die Akademie wegen das Gehalt von 300 l'hlr. zu streichen«. Es war noch nicht zu Humboldt's Kenntniss gekommen, dass Bastide am i. April zu Paris gestorben war. ^ Akademisches Archiv. 3 Ganz glatt ging die Wahl nicht von Statten, wie das Akademische Protokoll vom 21. Juni 18 10 lehrt. ^ Ausdrücklich war Gauss zugesichert worden, dass er von jeder Verbind- lichkeit, Collegien zu lesen, befreit sein sollte. — Es ist sehr beachtenswerth. dass, soviel ich sehe, weder Humboldt noch Schleiermachek an die Aufnahme Fichte's in die Akademie je gedacht hat; ja, Schleiermacher gab sich die grösste ^Nlühe, Steffens als Philosophen für die Universität durchzusetzen und au ihm ein Gegen- Geschichte der Akademie. L 38 594 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm ]II. (1797 — 1812). und ging als Gesandter nach Wien. Kaum anderthalb Jahre hatte er an der Spitze des Unterrichtswesens für die Akademie gewirkt, aber Unvergängliches geschaffen. In höherem Maasse als sein Bruder Alexander muss er als ihr Reorganisator anerkannt imd verehrt werden. Und noch ist nicht Alles gesagt, was die Akademie ihm in dieser Hinsicht verdankt. Bei seinem Scheiden hinterliess er eine umfangreiche, leider nicht vollendete Denkschrift »Über die innere und äussere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin«, die das Tiefste enthält, was über dieses Thema gesagt werden kann. Er übergab sie seinem Freunde, dem Staatsrate Uhden, der wenige Monate später im Bunde mit Ancillon und Niebuhr die Reorganisation der Akademie zu vollenden unternahm und das grosse Werk wirklich zu Ende geführt hat. Die Denkschrift ist vor allem deshalb epochemachend , weil sie aus der Sache selbst und aus den besonderen deutschen Ver- liältnissen folgert, dass die eigentlichen »Stätten der fortschreitenden Wissenschaft die Universitäten sein müssen und dass die Akademie nur dann, dann aber auch mit Recht, eine eigenthümliche und wichtige Stellung behaupten könne, wenn sie mit einer Universität in Verbindung gesetzt werde \ Der Zustand, wie er sich zum Heile gewicht gegen Fichte zu gewinnen (s.Küpke S. ygff. , vergl. S. 231 : Ficute's Urtheil über Schleiermacher). Man wird vielleicht auch die merkwürdige Einleitung, die Schleiermacher der ersten von ihm in der Akademie gelesenen Abhandlung bei- gegeben hat (Abhandlungen 1804— 181 1 S.'jgi.) — er führt hier den Gedanken durch, dass der speculative Philosoph als solcher einer Akademie nichts zu bieten vermag, sich auch von ihr nicht bestimmen lassen darf — , geradezu auf Fichte beziehen dürfen. Jedenfalls haben nicht nur die alten x\ufklärer, sondern auch die Vertreter der neuen Geistesrichtung dem selbstherrlichen Philosophen die Akademie dauernd verschlossen. Humboldt schätzte ihn sehr hoch und hat selbst vorgeschlagen, ihn an die Universität zu ziehen; aber wie er seinen ideologischen Plan eines ganz neuen Lehrinstituts verwarf, so wollte er ihn auch nicht zum Mitglied der wissenschaftlichen Deputation machen. Über seine Vorlesungen an der Universität hat sich der jugend- liche TwESTEN mit erstaunlich scharfem Urtheil geäussert (s. Heinrici, D. August TwESTEN, nach Tagebüchern und Briefen. 1889). — Übrigens ist die Akademie gegenüber den neu berufenen Professoren der Berliner Universität sehr zurück- haltend gewesen. Zunächst wurde nur noch Savigny am 29. April 181 1 aufgenommen. Auch ihn hat Humboldt gewonnen. Er hatte ihn Friedrich Wilhelm HI. als den- jenigen empfohlen, -von welchem der König die Vertiefung des Rechtsbewusstseins, die richtige Behandlung und Leitung des ganzen Studiums der Jurisprudenz erwarten dürfe". Im October 1810 hatte er seine A'orlesungen an der Universität begonnen. ' Die Denkschrift, die, von Humboldt's Hand geschrieben, im Akademischen Archiv verboigen wai', ist von Gerhardt aufgespürt und in seinem Werke über Humboldt (I S. ii8ff. 160 ff.) grösstentheils abgedruckt worden. Sie lässt sich nicht genauer datiren als Herbst 1809 bis Herbst 1810, allein wahrscheinlich ist es, dass das Exemplar, welches uns erlialten, erst nach dem SommeriSio niedergeschi-ieben ist; ■w riA-ffi^ W.v.Humboldt's Denkschrift über d. höheren wissenschaftl. Anstalten (1810). 595 der Wissenschaft in Preussen in diesem Jalirlmndert entwickelt hat, ist bereits vollkommen in Humboldt's Denksclirift vorgebildet. Er sieht richtig, dass Akademieen nur im Auslande, »wo man die Wohlthat deutscher Universitäten noch jetzt entbehrt und kaum nur anerkennt«, und in Deutschland an Orten ohne Universitäten in Zeiten, »wo es diesen noch an einem liberalen und vielseitige- ren Geiste fehlte«, geblüht haben. »In neueren Zeiten hat sich keine sonderlich ausgezeichnet, und an dem eigentlichen Emporkommen deutscher Wissenschaft und Kunst haben die Akademieen wenig oder gar keinen Antheil gehabt.« Aber wenn man sie mit den Universitäten in Verbindung bringt, so sind sie lebensfähig. Diese stehen immer in engerer Beziehung zum praktischen Leben und zu den Bedürfnissen des Staates; die Akademie hat es rein nur mit der Wissenschaft an sich zu thun. Die Professoren stehen unter einander nur in allgemeiner Verbindung über Punkte der Disciplin, sonst geht jeder seinen eigenen W^eg; die Akademie dagegen ist eine Gesellschaft, wahrhaft dazu bestimmt, die Arbeit eines Jeden der Beurtheilung Aller zu unterwerfen. »Auf diese Weise muss die Idee einer Akademie als die höchste und letzte Frei- stätte der Wissenschaft und die vom Staat am meisten unabhängige Corporation festgehalten werden, und man muss es einmal auf die Gefahr ankommen lassen, ob eine solche Corporation durch zu geringe oder einseitige Thä- denn es trägt mit derselben Tinte geschrieben auf der ersten Seite den Vermerk von Humboldt's Hand »Hrn. p. Uhden brevi manu vorzulegen, (...) er vielleicht von diesem Bruchstücke Gebrauch zu machen im Stande sei«. Uhden hatte also bereits die Durchführung der Reorganisation der Akademie in's Auge gefasst. Die Denk- schrift ist im Urkundenband Nr. 193 abgedruckt; sie hier vollständig in den Text einzurücken, verbot leider ihr Umfang. Hubiboldt's Urtheil über Akademie und Universität (s. oben S.580) hat sich zu Gunsten der letzteren verändert. Er hält jetzt Akademieen überhaupt nur noch für relativ nothwendig luid sieht in den Uni- versitäten, eben weil dort gelehrt wird, günstigere Bedingungen für den Fort- schritt der Wissenschaften. »Wenn man die Universität nur dem Unterricht und der Verbreitung der AVissenschaft, die Akademie aber ihrer Erweiterung bestimmt erklärt, so thut man der ersteren offenbar Unrecht. Die Wissenschaften sind ge- wiss ebenso sehr und in Deutschland mehi- durch die Universitätslehi-er als durch Akademiker erweitert worden, und diese Männer sind gerade durch ihr Lehramt zu diesen Fortschritten in ihren Fächern gekommen.« Diesen Gedanken führt er siegreich durch. »Überhaupt lässt sich die Wissenschaft als Wissenschaft nicht wahrhaft vortragen, ohne sie jedesmal wieder selbstthätig aufzufassen, und es wäre unbegT-eiflich , wenn man nicht hier, sogar oft, auf Entdeckungen stossen sollte.« . . . "Sicliei-lich könnte man die Erweiterung der Wissenschaften den blossen Universi- täten, wenn diese nur gehörig angeordnet wären, anvertrauen und zu diesem End- zweck der Akademieen entrathen.« 38* 51)6 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1797-1812). tigkeit beweisen Avircl, dass das Reclite nicht immer am leichtesten unter den günstigsten äusseren Bedingungen zu Stande kommt oder nicht. Ich sage, man muss es dar- auf ankommen lassen, weil die Idee in sich schön und wohlthätig' ist, und immer ein Augenblick eintreten kann, wo sie auch auf eine würdige Weise ausgefüllt wird.« Zwischen Akademie und Universität entsteht ein Antagonismus und Wetteifer, durch den sie sich gegenseitig im Gleichgewicht halten werden; das wird schon bei der Wahl der Mitglieder hervor- treten. Jeder Akademiker soll das Recht haben, an der Universität Vorlesungen zu halten; beide Anstalten müssen ihre eigenen, sie müssen aber auch gemeinsame Mitglieder zählen. Die Universitäts- j)rofessoren sind vom Staate zu ernennen; »es ist gewiss keine gute Einrichtung, den Facultäten darauf melir Einfluss zu verstat- ten, als ein verständiges und billiges Curatorium von selbst thun wird; denn auf der Universität ist Antagonismus der Richtung heil- sam und nothwendig« ; »die Wahl der Mitglieder der Akademie aber muss ihr selbst überlassen sein«. »Hieraus entsteht nun eben ein Correctiv bei den Wahlen zu den höheren wissenschaftlichen Anstalten. Denn da der Staat und die Akademie ungefähr gleichen Antheil daran nehmen, so wird sich bald der Geist zeigen, in wel- chem beide handeln, und die öffentliche Meinung selbst wird beide, wo sie sich verirren sollten, auf der Stelle unparteiisch richten. Da aber nicht leicht beide zugleich, wenigstens nicht auf dieselbe Weise, fehlen werden, so droht wenigstens nicht allen Wahlen zugleich Gefahr, und das Gesammt- Institut ist vor Einseitigkeit sicher.« Alle grossen wissenschaftlichen Institute will Humboldt der directen Aufsicht des Staats unterstellt sehen, aber Benutzung und Controle sollen sowohl der Akademie wie der Universität frei- stehen. Als recht eigentlich akademische Aufgaben bezeichnet Humboldt Beobachtungen und Versuche in systematischer Reihe, von denen ein Theil der Akademie freigestellt, ein anderer ihr vom Staat aufge- tragen werden müsse — »auf diese aufgetragenen müsste wiederum die Universität Einfluss ausüben, so dass dadurch eine neue Wechsel- wirkung entstünde« . »Akademie, Universität und Hülfsinstitute « — damit schliesst die Denkschrift, der noch Specialausführungen folgen sollten — »sind also drei gleich unabhängige und integrante Theile der Ge- sammtanstalt. Alle stehen, allein die beiden letzteren mehr, die W. V, Humboldt's Denkschrift über d. höheren wisseiischaftL Anstalten (1810). 597 erstere "weniger, unter Leitung und Oberaufsicht des Staates. Aka- demie und Universität sind beide gleich selbständig, allein insofern verbunden, dass sie gemeinsame Mitglieder liaben, dass die Uni- versität alle Akademiker zu dem Rechte, Vorlesungen zu halten, zulässt, und die Akademie diejenigen Reihen von Beobachtungen und Versuchen veranstaltet, welche die Universität in Vorschlag bringt. Die Hülfsinstitute benutzen und beaufsichtigen beide, je- doch das letztere, wo es auf die Ausübung ankommt, nur mittelbar durch den Staat\« Gleich nach Humboldt's Ausscheiden erkundigten sich die Se- cretare der Akademie bei der Section nach dem »Schicksal des Reorganisations-Entwurfs, der nun schon ein Jahr lang der Erledi- gung harrte. Nicolovius wandte sich, um ihnen Bescheid zu er- theilen , noch einmal an Humboldt — augenscheinlich fand er in den Acten des Ministeriums nichts Schriftliches zur Sache — und bat um die Mittheilung seiner »Ideen"'«. Allein den von der Aka- demie vorgelegten Entwurf, den Folianten, hatte Humboldt über- haupt nicht durchgearbeitet; er konnte dem Freunde daher im Ehi- zelnen keine Rathscidäge ertheilen. Statt dessen hat er, jetzt ^ Ausser dieser Denkschi'ift hat Humboldt in einem Resuine fiir den Staats- kanzler VON Hardenberg das zusammengestellt, was für die wissenschaftlichen In- stitute, besonders für die Univei'sität, bereits erreicht war und noch zu geschehen habe (12. August 1810, abgedruckt bei Köpke S. 217 ff.). Noch immer hat er die höheren wissenschaftlichen Anstalten als ein »organisches Ganzes« im Auge, das aber aus selbständigen Theilen besteht. »Die Eröffnung der Universität kann und muss jetzt um Michaelis geschehen^, jieisst es hier. »Zur Empfehlung der Univer- sität und der übrigen wissenschaftlichen Anstalten brauche ich Ew. Exe, unter deren Leitung Erlangen ein neues Leben erlangt hat, nichts weiter hinzuzufügen.« Weiter: »Berlin besass bereits in seinen Instituten, seinen Gelehrten und seiner beinahe schon organisirten medicinischen Facultät so viele und treffliche Elemente zu einer Universität, dass man diesen Vortheil in einer Zeit, wo man nicht über grosse Mittel zu gebieten hat, unmöglich vernachlässigen durfte«. Ausdrücklich wird daraufhingewiesen, dass die Akademie dem Staate nach dem neuen Etat nicht mehr kosie, als sie durch Einziehung ihrer Monopole (Kalender, Leichen -Pacht, Edicten- Sammlung) ihm darbringe, sondern weniger. Die Schrift schliesst mit den Worten: »Ich kann dies Schreiben nicht schliessen, ohne Ew. Exe. meinen herzlich- sten Dank dafür abzustatten, dass Sie mir Veranlassung gegeben haben , Ihnen noch dies letzte Wort über Anstalten zu sagen, welche, auch ganz unabhängig von dem Antheil, welchen ich an ihrer Leitung gehabt habe, mir immer so sehr am Herzen liegen werden«. 2 Arcliiv des Cultusministeriums: die Anfrage der Secretare am 17. Juli. Ntco- Lovius an Humboldt am 21. Juli. 598 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1797—1812). oder etwas später, die oben besprochene Denkschrift eingesandt, die ohne die Fessel eines fremden Entwurfs die einschlagenden Fragen principiell behandelte, aber bis zur Aufstellung eines orga- nischen Statuts noch nicht gelangt war. Die Section überzeugte sich, dass sie den von der Akademie eingereichten Entwurf unmöglich en bloc genehmigen könne und dass der von ihr aufgestellte Etat, da er ohne Rücksicht auf die Universität und die Finanzlage des Staats ausgearbeitet war, zu cassiren sei. Demgemäss beschloss sie, eine neue Commission nieder- zusetzen, die den akademischen Entwurf prüfen und umgestalten solle. Männer, die das Vertrauen des Ministers und der Akademie zugleich besässen und die die Bedürfnisse der Wissenschaft ebenso zu beurtheilen vermöchten wie die Forderungen des Staats, sollten berufen werden. Mit glücklichem Griff liat Nicolovius die Staats- rätlie Uhden und Ancillon, jenen als Präses und Protokollführer, und den Geheimen Staatsrath Niebuhr ausgewählt \ Sie vvaren sämmt- lich ordentliche Mitglieder der Akademie; diese durfte sich also nicht beklagen, dass sich die ministeriale Bureaukratie der Aufgabe bemächtigt habe. Die Reorganisation der von Leibniz ge- stifteten, von Friedrich dem Grossen umgestalteten Aka- demie ist von Alexander von Humboldt begonnen, von Wilhelm von Humboldt fortgeführt und von Niebuhr voll- endet worden! Welche Akademie Europas kann sich solcher Stifter und solcher Reformatoren rühmen! Aber auch der Monarch ist zu preisen, der mit königlicher Weisheit und Geduld vom ersten Tage seiner Regierung an über der Reorganisation der Akademie gewaltet und die Sorge für sie solchen Staatsmännern ^\ie Hum- boldt, Nicolovius und Suevern befohlen hat". ^ Nicolovius' Schreiben an die drei Staatsräthe, durch welches die Com- mission niedergesetzt wird, ist vom 24. November 1810. Als Aufgabe wird ihr ge- stellt, »den akademischen Entwurf zu prüfen und darauf einen dem Zweck und dem Fonds des Instituts angemessenen Orgnnisationsplan zu begründen«. Dabei »wird die Commission den ausdrücklichen Willen Sr. Maj. des Königs, dass die in Berlin vorhandenen Akademieen, wissenschaftlichen Institute und Sammlungen mit der Universität zu einem organischen Ganzen verbunden werden sollen, im Auge behalten. Es wird ihr demnach der von dem Senat der Akademie der Künste be- arbeitete Plan für diese Anstalt gleichfalls mitgetheilt, um ihn in Hinsicht jener beabsichtigten Verbindung zu benutzen. Die Einrichtung ihrer Vei'sammlungen wird völlig der Commission überlassen; jedoch wünscht die Section, dass sie das Resultat ihrer Ai-beiten noch vor Schluss des laufenden Jahres in einem Bericht einreichen möge« (Akademisches Archiv). ■^ Über Nicolovius vergl. Friedländer in der Allgemeinen Deutschen Bio- graphie Bd. 23 S. 635ff. , über Uhden: Gebhardt, Humboldt als Staatsmann , Bd. 1 Uhdkn, Ancillox und Niebuhr entwerfen das neue Statut (1810/11). 55)i) NicoLOvius' Wunsch , die Commission möge die Arbeit in vier Wochen beendigen, war unerfüllbar. Humboldt's Denkschrift, deren Grundgedanken die Commission billigte, mit dem Entwurf zu ver- einigen, diesen zu vereinfachen, alles Einzelne zweckentsprechend zu gestalten , die organische Verbindung mit der Universität her- zustellen und den grossen wissenschaftlichen Instituten die rechte Stellung zu geben — das war eine schwere und verantvvortungs- A'olle Aufgabe. Dazu kam, dass in Fragen zweiten Ranges die Commissionsmitglieder difterirten. Ancillon und Niebuhr wünsch- ten z. B. das Observatorium und das chemische Laboratorium unter der ausschliesslichen Aufsicht und Leitung der Akademie zu belassen, L^hden war dagegen \ Er hielt den von der Akademie vorgelegten Entwurf für wesentlich unbrauchbar, ja, als die Aka- demie im Sommer auf Beschleunigung der Arbeit antrug, wollte er ihr schreiben, an ihr liege es, wenn die Sache nicht schneller gehe; denn ihr Entwurf sei grösstentheils ohne Berücksiclitigung des den Mitgliedern eines gelehrten Vereines gebührenden Zutrauens und ohne Achtung für die einer wissenschaftlichen Gesellschaft noth- wendige Freiheit abgefasst, auch sei das Verhältniss zur Universität nicht beachtet, der Etat ohne Rücksicht auf die Finanzen des Staates aufgestellt worden. Ancillon protestirte gegen die Absendung dieses Schreibens, und es unterblieb". Die Akademie hatte allen Grund zu dem Wunsche, endlich ihr neues Statut zu erhalten, denn durch A-'erfügung des Königs vom I O.Januar i8i i wurde ihr, wie ihr bereits im Jahre 1809 ange- kündigt worden war, das Kalenderprivileg entzogen. Damit war ihr S. ^2 ff'., 135 f. (hier auch S. 127 ff. über Nicolovius), über Süevern: Dilthey in der All- gemeinen Deutschen Biographie Bd. 37 S. 206 ff'. , Gebhardi- S. 132 ff. — Am 24. No- vember 1810 schrieb Niebuhr an Dora Hensler (Lebensnachrichten 1 S. 484): -Ich habe einen Auftrag erhalten, der anderen sehr wichtig, mir aber sehr unbedeutend erscheint, mit Ancillon und einem Anderen eine Constitution der Akademie der Wissenschaften auszuarbeiten". Bereits am 7. December drückt er sicli aber anders aus: "Seit ich Dir obiges schrieb, habe ich an dem Verfassungsentwurf der Aka- demie gearbeitet mit der Absiclit, sie zu etwas ganz Neuem zu machen-'. Und als er bald darauf den Doctorhut erhielt — er ist bekanntlich der erste Berliner Doctor — spricht er (5. Februar 181 1, Bd. I S. 485) »von der schönen Idee eines eigentlichen gelehrten Bürgerrechts, wodurch sich die gelehrten Bürger vor den Liebhabern als Beisassen und Schutzverwandten auszeichnen, und unter denen die Akademiker würden einen Adel bilden". ' Protokoll vom 3. December 18 10 (Akademisches Archiv). ^ Die Akademie an die Section am 24. Juni, Uhden's Entwurf im Juli, An- cillon an Nicolovius 6. Juli, die Section an die Akademie 9. Juli 181 1 (Archiv des Cultusministeriums; Gebhardt I S.164). 600 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1797—1812). Etat, der fast aussclilicsslicli auf dem Kaienderdebit beruhte, ver- nichtet. In dem königlichen Edict^ heisst es: »Wir haben es den Verhältnissen unserer Akademie der Wissenscliaften nicht mehr an- gemessen befunden, ihr ferner die Herausgabe der Kalender zu übertragen. Da Wir indessen nöthig finden, auch künftig mittelst Besorgung dui'ch eine öffentliche Behörde das Pul)licum zu sichern, dass es zur rechten Zeit hinreichend mit zweckmässigen Kalen- dern versorgt werde . . . , so verordnen wir hiermit: die Heraus- gabe der unter öffentlicher Autorität in Unseren Staaten erschei- nenden Kalender ist fortan einer besonderen Deputation anvertraut u. s.w."« Die Herausgabe der Kalender durch die Akademie war in der That nicht mehr zeitgemäss; sie musste fallen und mit ihr das Mono- pol, auf welchem bisher ihre materielle Existenz, aber auch ihre corporative Selbständigkeit wesentlich beruht hatte. Es war aber doch ein wichtiger Einschnitt in ihrem Leben: die alte Akademie war nun erst wirklich erloschen. Diesen Ausgang hat der Mann nicht mehr erlebt, der in dem Hochgefühle, an der Spitze der Bil- dung zu schreiten, in Wahrheit zum Hemmniss geworden war. Alle Stadien > nutzlos«; auch Ideler, Uhden und BöcKH stimmten bei; doch erklärte Ideler die Gesammtsitzungen für nothwendig und entwicklungsfähig; werde der ganze Schwer- punkt der Akademie in die Klassen verlegt, so werde es zu »Klein- JoHANNEs Schulze genossen sein volles Vertrauen. Diesen hatte er im Juli 18 18 als Hülfsarbeiter in's Ministerium gezogen und bereits im November desselben Jahres zum vortragenden Rath ernannt. Die eigentliche Schwierigkeit lag in dem Ver- hältniss zum Minister des Innern, Schuckmann, der es nicht verwinden konnte, dass ihm das Unterrichtswesen entzogen war, und der in den Universitäten die Brutstätten einer staatsgefährlichen Freiheit sah. Schon im Jahre 18 18 erklärte Altenstein in einer Denkschrift, er wolle sich am keinen Preis zum Wei'kzeug einer Politik des allgemeinen Misstrauens machen lassen: »Ich halte es für die grösste Sünde, die Zeit rückwärts stellen oder nur aufhalten zu wollen; allein für Plliclit lialte ich es, dahin zu wirken, dass nicht Bosheit oder Unverstand die Uhr willkürlich vorrücke und dadurch Verwirrung veranlasse« (s. Varrentrapp S. 293). Über die Folgen, welche die Karlsbader Beschlüsse auch für die Akademie gehabt haben, und Altenstein's und Schulze's Stellung zu denselben s. unten. Des letzteren Wahlspruch war das apostolische Wort: «Den Geist dämpfet nicht". Dieses Wort charakterisirt ihn wirklich. ^ Schreiben vom 24. November 1817 (Akademisches Archiv). 684 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812—1840). kram« kommen. Uiiden stimmte ihm bei. Böckh wünschte die Vermehrung der Klassensitzungen mit ausdrücklichem Hinweis auf. das Corpus. Widerspruch erhob nur Hirt, aber keinen principiellen. Er machte darauf aufmerksam, dass es sich um eine Statutenver- änderung handle, gegen die er an sich nichts habe, denn es gäbe Vieles zu ändern; allein man müsse sich klar machen, dass nur im Rahmen einer allgemeinen Revision des Statuts das Gewünschte erreichbar sei. Drei Jahre ruhte die Angelegenheit, dann wurde sie wieder aufgenommen, und zwar war es Altenstein, der sie in Fluss brachte, sei es auf Anregung eintlussreicher Akademiker, sei es aus eigener EntSchliessung. Dass er selbst die Organisation der Akademie als der Verbesserung bedürftig beurtheilte und nur mit der Haltung der historisch -philologischen Klasse zufrieden war, lehrt sein unten folgendes Schreiben an Hardenberg. Im April 1 8 1 8 forderte er die Akademie auf, einen Revisionsausschuss zu wählen, in welchem auch die Secretare Sitz und Stimme haben sollten. Die Klassen wählten Link, Fischer, Savigny und Böckh, die Gesammtakademie VON Buch\ Die Commission bestand also, einschliesslich der vier Secretare (Erman, Tralles, Schleiermacher und Buttmann), aus neun Mitgliedern. Am I. Juni Hess Altenstein der Commission folgende Instruc- tion zugehen: Die Geschäfte des Ausschusses werden darin bestehen, zu überlegen und Vor- sclüäge zu machen , wie die Königliche Akademie in Hinsicht auf die ihr für ihre Zwecke nöthigen Mitglieder, Hülfsmittel und Fonds sowohl als auf ihre Verfassung zu besetzen, auszustatten und einzurichten sein werde, um ihrer Bestimmung so vollkommen wie möglich entsprechen zu können. Das Ministerium ist überzeugt, dass der Ausschuss diese Aufgabe beständig nur von dem hohen Gesichtspunkt aus fassen werde, in welchen ein reines und lebendiges Interesse für die Wissenschaft und ihre Förderung durch ein an der Spitze aller wissenschaftUchen Anstalten des Staates sich befindendes Institut seine Mitglieder stellt. Diese Absicht wird von selbst die zwar nicht zu übersehenden, aber doch minder unwichtigen und un- wesentlichen Gegenstände an die ihnen zukommende Stelle weisen und verhüten, dass um ihretwillen den wesentlichen und wichtigen keine Zeit entzogen werde. Sollten über dergleichen Sachen entgegengesetzte Meinungen auftreten, so ist es am besten, dass jede derselben mit ihren Gründen in den Verhandlungen nur kurz angemerkt und die Entscheidung dem Ministerio überlassen werde. Diese Instruction ist wichtig, denn erstlich lehrt sie, dass auch der Minister das Statut der Akademie vom Jahre 1 8 1 2 an wesent- lichen Punkten geändert sehen wollte — grosse gemeinsame Auf- gaben , die sich die Klassen stellen sollen , waren in ihm nicht vor- ^ Später ti-at Rudolphi an seine Stelle. Der Revisions-Ausscliuss (1818). 685 gesehen , und demgeniäss fehlte auch die Organisation für solche — , zweitens zeigt sie, dass Altenstein das Hervortreten entgegen- stehender Meinungen im Schoosse der Commission voraussah und schwere Krisen befürchtete. Um solche abzuwehren, wies er sie an, lediglich zu berathen, die Entscheidung aber dem Ministerium zu überlassen. Am i8. Juni 1818 trat die Commission zusammen. Sie nahm den Namen »Ausschuss zur Revision des Zustandes der Akademie« an, wählte Savigny zum Director, forderte den Etat ein und be- schloss, dass zunächst jedes Mitglied Vorschläge zur Verbesserung der Verfassung einsenden solle. Diese Vorschläge solle der Director bei den Mitgliedern circuliren lassen, dann erst wollte man wieder zu einer Sitzung zusammentreten. Nur fünf Gutachten liefen ein, nämlich von Böckh, Savigny, Schleiermacher, Buttmann und Buch. Das war charakteristisch! Die Vertreter der beiden naturwissenschaftlichen Klassen, die grössten- theils conservativ gesinnt waren und mit Besorgniss die kühnen Pläne der Philologen und Historiker verfolgten , hielten sich zurück. Nur Buch hat zur Feder gegriffen , aber, wie sich zeigen wird , um alle Neuerungen auf's Entschiedenste abzulehnen. Er brachte damit den Standpunkt der Majorität der Akademie zum Ausdruck. Die vier anderen Gutachten bilden eigentlich ein einziges, so nahe standen sich die Freunde!^ In ihnen stellt sich der Fortschritt in der Erkenntniss der Aufgabe der Akademie und der Forderungen der Wissenschaft leuchtend dar. So sind sie wichtige Urkunden für die Geschichte der Wissenschaften und verdienen der Nachwelt be- kannt gemacht zu w^erden. Einseitig und ungestüm kündigt sich freilich auch hier, wie überall, der Fortschritt an, und den Werth des Bestehenden haben die Freunde unterschätzt. Zuerst gab Böckh sein Votum ab {19. Juni 1818); die wichtig- sten Ausführungen lauten also: ... Ich trage darauf an, ganz neue Statuten /u machen, welche Sr. Majestät zur Bestätigung zu übergeben wären. (ad §2 der Statuten). Die pliilosophische Klasse soll aufgelöst werden . theils weil die speculative Philosophie der Hilfe nicht bedarf, welche die Akademieen der Wissenschaft leisten können und sollen, theils weil diejenigen Fächer, welclie sie als Theil der Akademie betreiben kann, unter den übrigen Klassen schon enthalten sind. [Die Mitglieder der philosophischen Klasse gehen in die historisch -philologische ^ Dass NiEBUHR — er weilte damals in Rom — ganz wie Savigny und Schleiermacher urtheilte, zeigt seine oben mitgetheilte Äusserung, er halte die Gesammtsitzungen der Akademie überhaupt für nutzlos. 686 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812 — 1840). über.] . . . Soll ich jedoch meine Meinung ganz aussprechen, so würde ich vor- schlagen, die gesaminte Akademie in zwei Hälften zu theilen, die mathematisch- physikalische und die h i s t o r i s c h - p h i 1 o s o p h i s c h e. . . . Ich würde dann auch nichts dagegen haben, wenn der historischen Klasse (denn den Namen der historisch -philologischen könnte man aufopfern) etliche speculative Philosophen zu- gegeben würden, und die Klasse, wie ich sie oben genannt habe, die historisch- philosophische genannt wüi'de. (ad §3 der Statuten). Zu einer lebendigen Thätigkeit der Akademie und zur vollständigen Erreiciumg ihrer Zwecke fehlen derselben jüngere, durch kein anderes, wenigstens kein bedeutenden Zeitaufwand erforderndes Amt beschäftigte, thätige und talentvolle Männer, welche theils von der Akademie Aufträge zu eigener Aus- führung erhielten, theils die vielfach beschäftigten, älteren Mitglieder in ihrer aka- demischen Thätigkeit unterstützten und unter deren Anleitung arbeiteten. Ob man sie Adjuncten, Gehülfen oder wie sonst nennen will, lasse ich dahingestellt sein. Das Bedürfniss solcher fühle ich besonders bei dem Corpus Inscriptionum Grae- carum, und die mathematische und physische Klasse wird gewiss, wenn sie eine grosse akademische Arbeit unternimmt, dies Bedürfniss in gleichem Grade aner- kennen. Bei der Wahl derselben müsste aber nicht allein auf wissenschaftliche Quali- fication, sondern auch ganz vorzüglich auf ihren sittlichen Charakter gesehen werden, da man viel mit ihnen gemeinschaftlich arbeiten müsste, und sie folglich von der Art sein müssten, dass man leicht mit ihnen sich verständigen könnte. Sie müssten also lenksam und verträglich sein Es wäre übrigens nicht nöthig, mit dieser Stelle die Anwartschaft auf die ordentliche Mitgliedschaft zu verbinden, welches im Gegentheil hinderlich sein könnte, sondern solche Gehülfen könnten später in andere Verhältnisse treten. Die Errichtung solcher Stellen würde zugleich jungen Männern Gelegenheit geben, sich ungehindert wissenschaftlich auszubilden, während manche der Art in untergeordneten Stellen mit der Erwerbung ihres Lebensunterhaltes kämpfen müssen. Da dergleichen Zulluchtsstellen in unserem Staate noch nicht vorhanden sind, würde also zugleich ein wesentliches Bedürfniss für die Wissenschaft auch ohne Rücksicht auf die Akademie befriedigt. Die Besoldung solcher Gehülfen würde ich etwa zu 6oo Thlr. ansetzen. Wie viele angestellt werden sollten, müsste ein Gegenstand weiterer Berathung sein. (ad § 7 der Statuten). Die Zahl der ordentlichen Mitglieder von äusseren Um- ständen abhängen zu lassen, stimmt nicht wohl mit der Absicht des Ministeriums, wie sie in dem Rescript, wodurch der Ausschuss constituirt ist, ausgesprochen worden. Für die historisch - philologische Klasse schlage ich folgende Stellen vor, welche fest sein müssten: 1. Zwei Philologen für das klassische Alterthum. 2. Zwei Orientalisten. 3. Zwei Archäologen. 4. Zwei Historiker. 5. Ein Mitglied für die vaterländische Geschichte und Alterthümer. 6. Ein Mitglied für die Geschichte der Philosophie. Diese Stellen müssten fundirt werden; ausserdem könnten je nach den Um- ständen so viel zugenommen werden, als sich dazu tüchtig finden (ad §47 der Statuten). Ich trage darauf an, i. dass die Akademie sich die Verpllichtung auferlege, regelmässig wissenschaftliche Unternehmungen zu machen, 2. dass sie verpflichtet werde, die von dem vorgesetzten Ministerium ihr abgefor- derten Gutachten und Berichte zu ei'statten, worüber bisher nichts feststand. Diese Verptlichtung wird ihr nicht nur ehrenvoll, sondern die Erfüllung derselben auch erspriesslich sein, und die Akademie wird zugleich dadurch in eine nähere Ver- bindung mit dem Staate gesetzt, welcher in der letzten Zeit alle Theilnahme für BöcKirs und Savigny's Gutachten (1818). 687 dieselbe abgelegt hatte ii. Da -Alles im Staat seinen Rang hat und die Aka- demie ein ansehnliches Staatsinstitut sein soll, so trage ich auch darauf an, dass der Staat sich über den Rang der Akademie und der Akademiker ausspreche. In Frankreich steht die Akademie sehr lioch; bei uns gilt sie seit dei- Errichtung der Universität so gut wie nichts mehr, und es scheint billig, ihr auch im äusseren An- sehn aufzuhelfen. Dem Wesen nach ist zwar dieser Punkt sehr bedeutungslos, aber ich halte dafür...., dass wir doch verlangen müssen, dass der Staat in der Aka- demie die Wissenschaft ehre. Wer dieses Gutachten des damals 3 3 jährigen Böckh aufmerk- sam liest und das, was er fordert, mit dem Zustande vergleicht, in welchem sich die Akademie heute befindet, der wird erkennen, dass sich fast Alles, was der junge Gelehrte verlangt, als zweckmässig erwiesen hat und durchgeführt worden ist. Nur eine seiner Forde- rungen hat sich noch nicht voll verwirklicht, die Anstellung von Adjuncten. Aus Savigny's Gutachten (25. Juni) seien folgende Abschnitte hervorgehoben : Die regelmässige Thätigkeit der Akademie besteht darin, dass Abhandlungen geschrieben, vorgelesen und gedruckt werden. Wer an der Reihe ist, muss eine Abhandlung schi'eiben, auch wenn ihn diese Ausarbeitung eines abgeschlossenen Gegenstandes noch so sehr in anderen zusammenhängenden Untersuchungen stört. Ob die gerade anwesenden Mitglieder bedeutenden Antheil an der Vorlesung nehmen, ist etwas höchst zufälliges; gewiss aber ist es, dass sich kein Verleger zum Druck entschliessen kann, wenn man ihm nicht ein ansehnliches, umgekehrtes Honorar giebt. Am Ende dieser langen Kette von Unfreiwilligkeit erwartet man natürlich einen freudigen Genuss des Publicums, das den Abdruck mit Sehnsucht erwartet hat? Keineswegs; denn Niemand will die Memoiren kaufen. Am seltsamsten er- scheint dieser Proeess, wenn der /Vbdruck gerade solche Abhandlungen trifft, die ausserdem wohl auf andere Weise herausgegeben und wirklich in die Hände des Publicums gebracht worden wären. Diese kommen auf dem hier beschriebenen Wege nur dahin, so gut als ungedruckt zu bleiben, die wenigen Exemplare ab- gerechnet, die der Verfasser an seine Freunde vertheilt. Vergleiche ich diesen Charakter unserer Akademie als einer erzwun2;enen Ab- handlungsfabrik mit den natürlichen Zwecken einer solchen Anstalt, so fühle ich mich sehr unbefriedigt. Diese natürlichen Zwecke können nämlich nur bestehen in: I. der Förderung der Wissenschaft selbst, 2. der Rückwirkung auf das wissen- schaftliche Leben der Mitglieder. [Savigny zeigt nun, dass diese Zwecke durch die Abhandlungen nicht zu ihrem Rechte kommen — höchstens das wird erreicht, sagt er ironisch, dass Mit- gheder, die sonst vielleicht nichts gethan hätten, eine Abhandlung verfassen — , und fährt dann fort]: Ich sehe die einzig würdige Thätigkeit der Akademie in der Unternehnnmg solcher gemeinsamen Arbeiten, die zu gross und umfassend sind für die Kräfte des Einzelnen. Dass durch solche Unternehmungen der Wissenschaft selbst die wich- tigsten Dienste geleistet werden, ist unleugbar; aber auch die wohlthätigste Rück- Avirkung auf die Theilhaber einer solchen Gemeinschaft kann kaum fehlen, in Deutschland besonders, wo die wissenschaftliche Tliätigkeit verhältnissniässig mehr als in anderen Ländern versplittert und seltener für grosse Werke zusannnen ge- halten wird. 688 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812—1840). Solche gemeinsame Arbeiten nun lassen sich freilich nicht befehlen; sie kön- nen nur aus freiein Entschluss hervorgehen, und es ist ein höchst glückliches Zu- sammentreffen der Umstände nöthig, damit es zu einem solchen Entschluss komme. Allein die Verfassung der Akademie kaim nicht nur so bestimmt werden, dass sie fähig sei, solche Unternehmungen, sobald dazu ein Trieb entsteht, augenblicklich in sich aufzunehmen und zu unterstützen, sondern ich glaube, dass dieses sogar als die Hauptsache ausdrücklich anzuerkennen ist, ja dass die Akademie, so- lange keine Unternehmung dieser Art in ihr im Gange ist, als mangelhaft und auf ihren wahren Beruf wartend betrachtet werden muss. Soll nun dieses in Ausfüh- rung gebracht werden, so ist das erste Bedürfniss eine richtige Bestimmung der Klassen. Über die Unzweckmässigkeit der j)hilosophischen Klasse scheint die Mei- nung schon jetzt so ungetlieilt zu sein, dass ich mich aller Ausführung hierüber enthalte. Savigny weist nach, dass es mit der Aufhebung dieser Klasse nicht gethan sei, dass vielmehr die Geschichte verstärkt werden müsse; denn in der Akademie sei kein Vertreter der mittlei-en und neueren Geschichte. Die neu zu bildende his- torische Klasse sei eng an die philologische zu rücken, ebenso wie die physi- kalische an die mathematische, so dass es im Grunde nur zwei in je zwei Familien zerfallende Klassen gebe. Was die grossen gemeinsamen Unternehmungen betrifft, so sei das Inscriptionen-Werk, dem die philologische Klasse die Bearbeitung des Aristoteles hinzufügen werde, ein Muster. Die historische Klasse aber würde in den »Monumenta Germaniae", in einem Cyklus grosser Vorarbeiten zur Begründung der vaterländischen Geschichte eine würdige Aufgabe finden. Ein dahin gehender Vorschlag sei schon vor mehreren Jahren gemacht und dem Minister übergeben worden \ »Da es aber an Männern zur Ausführung fehlte, und da besonders bald darauf erst Niebuhr wegging, dann Eichhorn, auf welchen in der Ausführung ganz vorzüglich gerechnet war, so ist seitdem nichts mehr in der Sache geschehen.« Jetzt müsse sie um so mehr wieder angeregt werden , als der Minister von Alten- stein den trefflichen Plan gefasst habe, auf eine zweckmässige Anordnung der Landesarchive anzuti-agen. Zur Bearbeitung solcher grossen Aufgaben können sich in den einzelnen Klassen kleinere Zirkel bilden. An der Berathung und Leitung nimmt die ganze Klasse Theil, die Ausführung besorgen nur Einzelne. Jedes wirk- lich in dieser Weise arbeitende Mitglied soll ein Normalgehalt beziehen. Was nun ferner die äussere Form der akademischen Geschäfte betrifft, so würde ich Klassen- und Plenarsitzungen vorschlagen, i. Die Klassensitzungen könn- ten regelmässig alle acht Tage gehalten werden. Li ihnen wäre: a) die Haupt- sache die fortwälirende Leitung der grösseren Arbeiten , und besonders die Sorge, alle Stockung zu verhüten, b) daneben aber könnten, wenn dazu die Zeit hin- reichte, Abhandlungen gelesen werden. . . So oft es eine Klasse nöthig findet, träte sie mit der ihr näher verwandten Klasse zu einer gemeinschaftlichen Berathung zu- sammen. 2. In den Plenarsitzungen müsste jede Klasse vollständigen Bericht ab- statten von allem, was durch sie in ihren Sitzungen und ausser denselben geschehen. Vielleicht würden jährlich vier Sitzungen dieser Art hinreichen . . . Der Abdruck ge- lesener Abhandlungen soll nur erfolgen, wenn die Verfasser es wünschen. »Was die Bedingungen der Ausfülirung des Plans anlangt, so bestehen sie theils in Menschen, tlieils in Geld.« Neue Mitglieder, vor allem für die neue histo- rische Klasse, müssen gewonnen werden. Savigny verweist a.uf Rühs, Wilken^ und besonders auf Eichhorn^. I{;in noch strengerer Wahlmodus als der jetzt gel- ^ Siehe oben S. 677 ff. ^ Sie wurden wirklich wenige Monate später gewählt (s. oben S.679). ^ Erst im Jahre 1832 wurde er aufgenommen; im Jahre 1816 hatte man den ausgezeichneten Mann aus Berlin nach Göttingen ziehen lassen. Savigny's und Schlkikrjiaciier's Gutachten (1818). 689 tende sei einzuführen: dei- Vorschlag Böckh's, feste Nominalstellen zu schaffen, sei sehr bedenklich, da hierin sehr viel von der Individualität der Personen ab- hänge, die man in jedem Augenblick haben kann; nur als Ausnahme könne man wenige Disciplinen zulassen. »Streben kann man nach einer solchen Vollständig- keit ja doch, auch ohne durch die buchstäbliche Vorschrift gebunden zu sein. Ad- juneten, w^ie sie Hr. Böckh vorschlägt, halte auch ich für höchst wünschenswerth.« "Geld: Der eigentliche Bedarf lässt sich unter Voraussetzung meiner Vorscliläge noch nicht übersehen. Auf jeden Fall aber würde es nöthig sein, die Summen für wissenschaftliche Unternehmungen bedeutend hoch zu setzen. . . Dass nach diesem Plane auch ganz neue Statuten entworfen werden müssten, scheint mir unvermeid- lich. Allein sobald nur die Hauptgrundsätze angenommen wären, könnte durch eine vorläufige Organisation viel Zeit erspart werden." Vier Tage später folgte Schleiermacher's Gutachten : Indem ich von dem Auftrage des Ministers . . . ausgehe und den Zweck der Akademie mir im wesentlichen ebenso denke, wie er in dem Votum des Hrn. von Savigny aufgefasst ist, scheint mir, dass 1. Was die Mitglieder betrifft, gemeinschaftliche Arbeiten und Mitglieder ein- ander gegenseitig bestimmen müssen. Wird die Wahl eines Mitgliedes nicht durch ein wahres und bestimmt gefühltes Bedürfniss geleitet, so wird man immer nur daran denken, vacante Gehalte an (den) Mann zu bringen, imd der erste beste Vorschlag wird nur gar zu leicht durchgehn. Man sagt zwar häufig auch, es ge- höre zum Zweck der Akademie, dass dui-ch ihre Ausstattung ausgezeichnete Ge- lehrte in Öen Stand gesetzt würden, ganz den Wissenschaften zu leben. Allein dazu gehört nur, dass die Regierung solchen Geld gebe, und dass die Akademie diese Pensionäre wähle, nicht aber, dass sie Mitglieder derselben werden und ge- nöthigt, in Berlin zu leben. Diese Rücksicht allein würde also mehr auf die Idee von besoldeten auswärtigen Mitgliedern führen. Gehülfen aber, wie sie auch Hr. Böckh voi-geschlagen , erscheinen aus dem Gesichtspunkt gemeinschaftlicher Arbeit unentbehi'lich. Nur müssten dies nur Durch- gangsstellen sein, in die Akademie nicht unmittelbar hineinführen und immer nur auf eine bestimmte Zeit vei'geben werden. Feste Stellen für einzelne Fächer scheinen mir mit Ausnahme der auf Sammlungen und Institute sich beziehenden aus diesem Grundgedanken nicht hervorzugehen und auch an sich nicht wünschenswerth zu sein. 2. Was die Fonds betrifft, so weiss ich nur die Formel aufzustellen, dass die Akademie nie sollte in der Verlegenheit sein, etwas für die Wissenschaften Wichtiges aus Mangel an F'onds zu unterlassen. Hierzu gehört mehr eine i-ichtige Vertheihfng als eine bedeutende Erhöhung, zumal wenn man Sunnnen, welche der Staat einzelnen Gelehrten giebt, um ihnen Müsse zu verschaffen, nicht unter die eigentlichen Fonds der Akademie bringt. Nur wenn die Akademie nach zweck- loser Vei'grösserung ihres Personals strebt, kann sie in Verlegenheit mit den Ge- halten kommen. . . . Über das fortlaufende wissenschaftliche Unternehmen der Aka- demie denke ich wie Hr. von Savigny. 3. Was die Verfassung betrifft, so ist sie jetzt in allen Stücken äusserst schlecht, weil ihr gar kein bestimmter Gedanke zu Grunde liegt. Aus dem, welchen ich aufgestellt habe, folgt natürlich, dass die Akademie eigentlich in den Klassen besteht und das Plenum nur ein allgemeines loses Band sein darf. Die mathematisclie und physikalische Klasse müssten in nähere Verbindung gesetzt, und die historisch -philologische ebenfalls in zwei näher verbundene verwandelt werden. Ein Recht müsste allerdings bleiben, Abhandlungen vorzulesen in den Klassen, eine Pllicht dürfte es nur für diejenigen sein, die nicht eben in einer gemeinschaftlichen Arbeit mit Verflochten wären. . . . Die Einheit der Akademie wünsche ich gehoben Geschichte der Akademie. I. 44 690 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812—1840). durch ein ki-äftiges, in Einer Person ruhendes Praesidium, wozu ich aber Heber einen Gelehrten wünsche als einen vornehmen Mann. Die Klassen -Secretare (nur dass mir der Name übel gewählt scheint) müssten bleiben. . . . Nach diesen Äusserungen der Gesinnungsgenossen hatte Butt- mann wenig mehr zu sagen. Er beschränkte sich darauf, die Punkte hervorzuheben, die ihm besonders wichtig erschienen: Da eine Akademie zum Zweck hat, das rein Wissenschaftliche zu befördern und dem Gelehrten, der sich diesem Zweck weiht, Erleichterung zu gewähren, so muss bei Revidirung der Einrichtung eines solchen Instituts ein Hauptgesichtspunkt dieser negative sein, alles Gezwungene und Geschäftsmässige möglichst zu entfernen und nur soviel zu lassen als nöthig ist, i. um Organisation in die Unternehmungen und in den Verein selbst zu bringen, 2. um zu verhindern, dass nicht die Geld- verwendungen in ]-eine Sinecuren (d. h. auch im litterarischen Sinn Sinecui'en) zer- splittern. Der wahre Eifer und erspriessliche Fleiss muss sich in den Unterneh- mungen zeigen, welche, wie Hr. von Savigny sagt, durch einen freien Entschluss entstehn müssen. Diesen zu wecken und zu befördern, muss das stete Trachten des Ganzen und der Einzelnen sein. Alle Berichte hingegen, die im allgemeinen Sinn und ])eriodisch dem Publicum und dem Pleno vorzulegen seien, erscheinen mir als etwas Gezwungenes, Geschäfts- niässiges und Unerfreuliches, was daher nie mit der zu einer gedeihlichen wissen- schaftlichen Arbeit erforderlichen Freudigkeit unternommen werden kann. Berichte hingegen über die wirklich im Gange seienden Unternehmungen sind etwas, was sich mit Liebe leisten lässt, und was zu ähnlichen Unternelnnungen, die noch nicht im Gange sind, erweckt.... Die Preisaufgaben als etwas Festes und periodisch Erforderliches werfe ich in die Negative, wovon ich ausging. Es muss sein können, dass eine Klasse eine Zeitlang sich nicht veranlasst fühlt. Preis- fragen aufzugeben; es muss sein können, dass sie deren zwei und drei aufgebe. Bevor wir zusammenfassend überschauen und beurtlieilen, was die Freunde verlangten, haben wir noch Buch zu hören, der alle diese Vorschläge grundsätzlich verwarf: Der Zweck der Akademie ist, die Würde und Achtung für die Wissenschaften aufrecht zu erhalten. Die Gesellschaften in den beiden grössten wissenschaftlichen Ländern unseres Continents, in Paris und London, welche in Form und Art der Thätigkeit sich sonst durchaus so unähnlich sind , erweisen , wie sehr und mit wel- chem wohlthätigen Einlluss ein solcher Zweck erreicht werden kann. Er ist in unseren Gegenden um so nothwendiger, da eine Neigung den Wissenschaften Ach- tung zu bezeugen nicht vorherrschend ist , vielmehr häufig das Gegentheil möchte geglaubt werden. Diesen Zweck zu ei'reichen, kommt es auf die Art der Thätigkeit der Mit- glieder wenig an, sobald die Mitglieder sich selbst als solche achten wollen. Dass ihre gewohnte Thätigkeit, ihre regelmässigen Versammlungen hierinnen schon sehr viel zu bewirken vermochten, ist eine Erfahrung. Das Erspriessliche, ja das Nothwendige einer bestimmten Form in der äusse- ren Thätigkeit, welche wie ein Naturgesetz gleichmässig fortwirkend erhalten wird, geht aus dem Beispiel aller Societäten hervor. Nur solche haben sich Ruhm und innere Freiheit erhalten , in denen die Regeln der Thätigkeit str-eng befolgt wurden. Die wöchentlichen Versammlungen scheinen mir deshalb höchst nützlich und nicht zu verwerfen. Die Gründe, dass eine Abhandlung auszuarbeiten, um welche Buttmann's und Buch's Gutachten (1818). (J91 ein Mitglied nach seiner Reihe ersucht wird, ilin störe, fallen auf das Mitglied zurück, nicht auf die Akademie. Wenn die Achtung für den Verein, wenn die Hinsicht, durch diesen Verein auf das ganze Land zu wirken, klar ist, so wird man im Laufe des Jahres, ja viel- leicht wöchentlich wichtige Nachrichten zurücklegen können, welche man durch die Säle der Akademie gehen zu lassen für Pflicht halten wird. Dass solche Arbeiten nicht gehört werden, ist eine ungerechte Behauptung; dass sie auf eine Art bekannt gemacht werden, wie sie fast gar nicht verbreitet wird, ist schmerzend genug, allein, eben weil die Einrichtung, durch die dies hervorgeht, so widersinnig ist, auch gar leicht zu heben. Ich bin daher sehr fern zu glauben, dass gemeinsame Arbeiten etwas Wesent- liches der Akademie sind. Es giebt der Gründe und auch der Erfahi-ungen genug, welche beweisen, dass solche gemeinsamen Arbeiten nicht gelingen und dass, wenn ihr Plan vorher dem Publicum bekannt gemacht wird , welches keinen Erfolg davon sieht, sie nur dienen, dem Zweck der Akademie empfindlich zu schaden. Was sollen daher Adjuncten? In einem barbarischen .Staat, wie einst Russland wni'. mögen sie nützlich sein; hier nicht. Möge die Akademie sich die Freiheit erlialten, junge Leute zu unterstützen, wo sie sie findet, und wenn eine besondere Gelegenheit, sie zu brauchen, sich darbietet. Es ist ein edler und wohlthätiger Zweck. Aber Adjuncten mit 600 Thaler Besoldung sind Sinecuren und bilden keine Gelehrten. Gott bewahre uns für einen Präsidenten! Soll es ein Organ sein, mit der Regierung näher zusammenzutreten und Kränkungen zu verhindern, wie die, welche die Akademie sich hat müssen gefallen lassen, so muss es ein vornehmer Mann sein, der von Privatverhältnissen unabhängig ist, ungefähr wie einst HEYNrrz war. Darauf ist nicht zu i-echnen. Soll es ein Gelehrter sein, daher ein Mitglied der Akademie selbst, so hiesse dies sogleich Vertrauen und Freiheit in der Akademie zerstören. Welches Mitglied der Akademie Avürde wohl so viel Mangel an feinem Gefühl öffentlich zeigen, eine solche Stelle anzunehmen.^ In 10 Punkten lassen sich die Wünsche der Freunde zusammen- fassen ; sie stehen fast sämmtlich in einem organischen Zusammenhang mit einander, denn sie sind von dem einen Gedanken beherrscht: die Akademie soll nicht zur Parade da sein, sondern sie soll sich grosse Aufgaben stellen und, in kleinere Gruppen getheilt, sie gemeinsam bearbeiten; nur dann hat sie ein Existenzrecht. Hieraus ergeben sich folgende Forderungen: I. Die Aufhebung der philosophischen Klasse; denn in dieser lässt sich nicht gemeinsam arbeiten\ ' Da der Gedanke naheliegt, Schleiermacher und seine Freunde hätten die Aufhebung der ])hilosophischen Klasse nur verlangt, um Hegel von der Akademie fern zu halten, so sei an folgende Thatsachen erinnert: i. Hegel ist erst im Sommer 181 8 zum Ordinarius in Berlin ernannt worden, und zwar auf Schleiermacher's Vorschlag; denn als es sich im Jahre 1816 um die Besetzung des philosophischen Lehrstuhls handelte, ist dieser es gewesen, der die Aufmerksamkeit auf Hegel ge- lenkt hat; Marheineke, Neander und die Majorität des Senats traten ihm bei. Die Verhandlungen mit dem in Nürnberg lebenden Philosophen wurden durch Niebuhr und Raumer geführt, die ihn auch persönlich aufgesucht haben. Bereits am 15. August 18 16 erhielt Hegel den Ruf nach Berlin, zog es aber vor, dem gleichzeitig an ihn 44* 692 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812—1840). 2. Die Verlegung des Schwerpunkts der Akademie in die Klassen, die wöchentliche Sitzungen zu halten haben. Das Plenum soll nur gelangten Ruf nach Heidelberg zu folgen. Im Jahre i8i8 vertauschte er dann Heidel- berg mit Berlin (s. Köpke, a.a.O. S. i23f.). Als er dorthin kam, war eine Spannung zwischen ihm und Schleiermacher m. W. noch nicht vorhanden; allerdings bildete sie sich bald aus — der wissenschaftliche Gegensatz verschärfte sich durch die Verschiedenheit ihrer politischen Stimmung — , und die Zusage der Aufnahme in die Akademie, die Hegel seitens des Ministeriums gemacht worden ist, ist nicht erfüllt worden; aber mit dem Anti'age auf Aufhebung der philosophischen Klasse hat das nichts zu thun, denn dieser Antrag fällt schon in den Sommer i8i8. 2. Die Auf- hebung der philosophischen Klasse sollte keineswegs den Ausschluss der Philosophen aus der Akademie bedeuten, vielmehr sprach man es ausdrücklich aus, dass die anderen Klassen ihnen Raum gewähren sollten. 3. Schleiermacher hat bereits in der ersten Rede, die er in der Akademie gehalten hat (29. Januar 1811, Abhandlungen 1804/11 S.79f.), darüber keinen Zweifel gelassen, dass er die speculative Philoso- phie nicht für eine akademische Disciplin halte. Damit hatte er das Existenzrecht einer besonderen philosophischen Klasse in der Akademie verneint. Seine Aus- führungen über diesen Punkt, in denen das Todesurtheil über diese Klasse gesprochen ist, sind so charakteristisch, dass sie hier eingerückt werden dürfen: »Indem ich zum ersten Mal meinen Beitrag zu den Arbeiten der Akademie liefernd meine künftige Laufbahn in derselben überschaue, kann ich nicht umhin, über das nachtheilige Verhältniss, in welchem die Klasse, der ich angehöre, wenn man sie mit den übrigen vergleicht, zu dem Ganzen steht, zu klagen. Denn mitten unter philologi- schen, historischen, naturwissenschaftlichen und mathematischen Arbeiten solcher Ge- lehrten, die ihre Wissenschaft ganz zu durchdringen streben und also ebenso zu den höchsten Principien derselben hinaufsteigen, wie sie genau das Einzelne erforschen — und dies ist doch der Begrift' des Akademikers — , was kann mitten unter solchen Arbeiten den JMitgliedern der philosophischen Klasse noch Eignes übrig bleiljen , als nur das Gebiet der höchsten imd allgemeinsten transcendentalen und metaphysischen Speculation. Diese aber ist ein Geschäft, welches von einer solchen Vei'bindung, wie diese, wenig Nutzen ziehen kann. Denn worauf ist es bei einer Akademie ab- gesehen, als dass entweder gemeinschaftliche Werke unternonunen werden, oder dass wenigstens durch Rath, Urtheil, Beitrag der Andern Jeder sein Eigenes besser vollende, das Mangelnde ergänzend, das Irrige berichtigend? Jene Speculation aber ist ein ganz einsames Geschäft, welches Jeder im Innern seines Geistes vollenden inuss und wobei dem, der nicht mehr ganz ein Anfänger ist, Rath und Unterstützung ebenso wenig fruchten kann, als einem Dichter mitten in seinem Werke auch kaum der vertrauteste Freund Rath zu geben vermöchte, wie er es hinausführen, oder wie er dies und jenes hineinbringen könnte, ohne ihn zu verirren. Auch wird der Philosoph inmitten seiner tiefsinnigen Betrachtung solche Hülfe ebenso wenig suchen, als der Dichter in seiner Begeisterung, und hat er seine Betrachtung vollendet, so würden wir auch fast nur gering von ihm denken, wenn er durch Tadel und Zureden Anderer vermocht werden könnte, etwas an dem Werke zu ändern; denn es muss viel zu sehr der Abdi'uck seines innersten Geistes sein, als dass er das dürfte. Wer vielleicht mit etwas Vollendetem in dieser Ai-t zuerst unter uns auftritt, der wird, das kann nicht fehlen, die Andern ergötzen, unterrichten, orientii-en und vielleicht ihren Arbeiten eine neue Richtung oder einen höheren Schwung geben; aber er wird doch immer nur in derselben Art auf sie wirken, wie er auch auf Andere aus dem gelehrten Publicum wirkt, oder wie auch ein anderer Philosoph ausser der Akademie auf sie wirken könnte. Wer aber gar einer höheren Vollendung, ScHLEiF.RMACHER uiicl (üc pliilosopliisclic Klasse. Die Revisionsvorschläge. 693 «ein loses Band um sie scliliiigen«. Vier Gesamintsitzungen im Jahre sollen genügen , um das Plenum von dem Stande der Arbeiten der Klassen in Kenntniss zu setzen. 3. Die Einrichtung einer historischen Klasse, nachdem eine An- zahl bedeutender Geschichtsforscher aufgenommen worden sind: so- dann die nahe Verbindung dieser historischen mit der philologischen, der mathematischen mit der physikalischen Klasse, so dass die Aka- demie in Wahrheit in zwei Hauptklassen zerfällt mit je zwei Ab- theilungen. Nach Bedürfniss sollen die Abtheilungen allein oder zusammen tagen; auch sollen sich innerhalb jeder Abtheilung kleinere Gruppen zu besonderen Arbeiten zusammenschliessen. 4. Die Aufhebung des Abhandlungszwangs; nur diejenigen Mit- glieder sollen zur Abfassung von Abhandlungen verj)flichtet sein, die sich an den gemeinsamen Arbeiten nicht betheiligen\ 5. Die Aufliebung des Zwangs, Preisaufgaben zu stellen. 6. Die Einführung eines strengeren Wahlmodus; nach Böckh soll eine Anzahl von Fachstellen gegründet werden ; Savigny und einer durchgeführten Individualität der Speculation sich nicht bewusst ist, der bleibe mit seinen speculativen Übungen besser für sich und errege nicht den Hörern ent- weder untheilnehmende Stille oder einen Streit, bei dem keine freundliche Gemein- scliaft mehr stattfindet, weil er sogleich um den Boden selbst geführt wird, auf dem ein Jeder steht; denn ein Drittes giebt es schwerlich. Wollen hingegen wir Armen andere Untersuchungen, wobei wir aus jenem höchsten Gebiet der allgemeinen Spe- culation auch nvu- um etwas herabgestiegen sind, hier mittheilen, um sie weiter zu fördern, so sind wir gewiss irgendwie in das tligenthum der Naturwissenschaften odei- der geschichtlichen verirrt und in Gefahr, von den anderen Klassen ausge- pfändet zu werden. Unser eigenthümliches Gebiet gleicht einem schmalen Grenz- rain zwischen zwei grossen Feldern, auf dem man sich, geschweige bei schlüpfrigem Boden, nicht halten kann, ohne bald auf die eine, bald auf die andere Seite aus- zugleiten, und je sorgfältiger die anliegenden Felder angebaut sind, um desto leichter werden, wenn sie darauf auch nichts zertreten haben, die verbotenen Fusstapfen entdeckt. Deshalb bitte ich wenigstens für jetzt sowohl als für die Zukunft, dass man mir vergönne, mich mehr auf dem mir zunächst- liegenden geschichtlichen Gebiet anzusiedeln, auf die Bedingung freilich, dass ich auch, soviel an mir ist, Nützliches anbaue und nur zertrete, was ich für Unkraut erkenne. So kann ich denn geduldig erwarten, ob, wie es sonst wohl zu geschehen ptlegt, die Grenznachbarn den Rain umpllügen und mir jenen schwie- rigeren Boden unter den Füssen wegnehmen werden«. — ■ Aus dem hier Mitgetheilten ei-giebt sich mit Sicherheit, dass der Entschluss, die philosophische Klasse aufzuheben, von Schleiermacher längst gefasst war, bevor er sich mit Hegel überworfen hatte. Dass er später auch deshalb an dem Ent- schluss festgehalten hat. um Hegel von der Akademie fernzuhalten, lässt sich aller- dings nicht verkennen. ^ Die Publicatiou der Abhandlungen anlangend, hatte Idelkr einen Vorschlag eingereicht, sie auf eigene Rechnung zu drucken. Damit war der erste Schi-itt zur Einrichtung einer eigenen akademischen Druckerei gethan (s. o.). 694 Geschicljte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812—1840). Schleiermacher verwarfen diesen Vorschlag, aber der letztere wünschte auch, dass bei der Wahl neuer Mitglieder nicht daraufgesehen werde, berühmten Gelehrten eine Sinecure zu schaffen, sondern bestimmte Arbeiten der Akademie zu fördern; das wirkliche wissenschaftliche Bedürfniss soll ausschlaggebend sein. Schleiermacher verlangte so- gar, dass aus dem Etat der Akademie alle Summen verschwänden, die gezahlt werden , um bedeutenden Gelehrten Müsse für ihre Ar- beit zu gewähren, ohne sie für bestimmte Aufgaben zu verpflichten. Die Regierung möge solche Gehälter auch ferner auszahlen, aber mit der Akademie nicht verknüpfen, denn diese sei ein Institut für ge- meinsame grosse Unternehmungen. 7. Die Anstelkmg von Adjuncten (Gehülfen) für diese Unter- nehmungen. 8. Die Anweisung grösserer Summen für die wissenschaftlichen Arbeiten ; aus Geldmangel darf auf kein nothwendiges wissenschaft- liches Unternehmen verzichtet werden. 9. Die Verpflichtung der Akademie, auf Aufforderung des Mi- nisteriums Gutachten in wissenschaftlichen Fragen abzugeben; die Rechte und Pflichten, die ihr daraus erwachsen, sollen sie in eine nähere Beziehung zum Staat bringen. 10. Die Einsetzung eines thatkräftigen Präsidiums (so Schleier- macher); aber nicht ein vornehmer Mann, sondern ein Gelehrter soll an die Spitze treten. Deutlich tritt in diesen Forderung(Mi ein ausgezeichneter Fort- schritt in der Bestimmung der Aufgabe der Akademie hervor, und es ist heute nicht mehr nöthig, das zu erweisen. Allein andc^rer- seits lässt sich nicht verkennen , dass viel zu radical mit dem äl- teren Begriff' der Akademie aufgeräumt wird. Indem der Schwer- punkt in die Klassen verlegt und das Plenum abgedankt wird, ist verkannt, dass dieses ein heilsames Gegengewicht gegen die Zer- splitterung abgiebt, und dass sich in der Spannung zwischen Ple- num und Klasse das gesunde Leben der Akademie bewegen muss. Die Differenzirung kann ja auch bei der Klasse nicht Halt machen, sobald es sich um wirkliches Arbeiten handelt; sie geht — das ahnten die Stürmer übrigens selbst schon und erfuhren es an ihrem Corpus Inscriptionum — noth wendig viel weiter: die wissenschaft- lichen Unternehmungen können zwar von der Klasse geleitet, aber sie können von ihr nicht durchgeführt w^erden; dazu bedarf es kleiner, durch speciellste Sachkenntniss verbundener Commissionen von Fachgelehrten. Sollen diese aber nicht verkümmern, sollen Die Revisionsvorschläge (1818). 095 sie einen festen Rückhalt haben, soll endlich der Staat, das Pu- blicum, ja die Wissenschaft selbst die Gewähr erhalten, dass nichts Überflüssiges gearbeitet, keine Kraft vergeudet und gegenüber Ein- seitigkeiten und Liebhabereien das Gleichmaass in jeder Richtung festgehalten wird, so ist ein System concentrischer Kreise nöthig, die nur in dem Plenum einer Akademie ihren Abschluss finden können. Die Gefahr, dass sich eine Disciplin, eine Unternehmung auf Kosten anderer durchsetze, wird nur abgewehrt, wenn letztlich Alles der Controle der Gesammt- Akademie unterliegt. Wie nach unten, so nach oben hat der akademische Betrieb der Wissenschaften alle Stufen der Verbindung und Vereinigung nöthig. Aber auch vom idealen Gesichtspunkte muss man die Vorschläge der Freunde für überstürzt erklären. Indem sie lediglich die concrete Förderung der einzelnen Wissenschaften in's Auge fassen, unterschätzen sie den Segen, der in der Verbindung und Fühlung der wissenschaft- lichen Discij)linen unter einander liegt und der nie entschwinden darf. Savigny's und seiner Freunde Haltung ist ein Protest gegen die Poly- historie des 1 8. Jahrhunderts; die Alleswisser wollen sie verbannt sehen ; an die Stelle des seichten extensiven Universalismus soll die Kraft treten, das einzelne Object so zu fassen, dass sich das Uni- versale in ihm darstellt. Vortrefflich gedacht, aber zu fein: die Avirkliche Verbindung aller Wissenschaften, die objectiv unzweifel- haft besteht, muss daneben doch auch durch entsprechende Mittel gepflegt werden , und das vornehmste Organ dafür ist eine Akademie. Mag sich auch hundertmal der Fachgelehrte vergeblich bemühen, Interesse für sein Fach in der Gesanmit- Akademie zu entzünden — gelingt es ihm einmal, so ist die Institution, die ihm dazu verholfen hat, noch nicht veraltet. Von hieraus muss auch der »Abhandlungszwang«, die festbestimmte Leseordnung, welche die Freunde so scharf an- griffen, vertheidigt werden. Unschwer lässt sich von verschiedenen Gesichtspunkten aus zeigen, dass sie durch nichts Besseres ersetzt werden kann und daher unersetzlich ist; aber das vornehmste Argu- ment für sie wird immer sein, dass sie den Zusammenhang der Wissenschaften aufrecht erhält. Es verhält sich mit dieser alten Einrichtung wie mit so vielen gleichartigen, die jeden Wechsel der Erkenntnisse und Meinungen überdauert haben und noch heute fortbestehen: dem oberflächlichen Blick erscheinen sie hohl und überlebt, der unmittelbare Erfolg der einzelnen Anwendung ist in der That sehr gering; als stetig wirkende Institutionen sind sie un- entbehrliche. Form und Gehalt versichernde Kräfte. 696 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812— 1840). Endlich aber ist in den Forderungen der Freunde auch die Be- deutung unterschätzt, die der einsam arbeitende Gelehrte für eine Akademie besitzt. Auffallend, dass diese Romantiker das verkannt haben ! Wenn die Wissenschaft in erster Linie durch die Arbeit Einzelner lebt, warum sollen diese Einzelnen von der Akademie ausgeschlossen sein? Vermag nicht schon ihre Persönlichkeit, ihr blosses Dasein, mehr zu wirken, als alle wissenschaftlichen Com- missionen zusammen? Ist nicht schon ihr Beispiel eine Kraft? Ist der Vorzug, an ihren Arbeiten als bescheidene Hörer den ersten Antheil nehmen zu dürfen , für ihre akademischen Collegen nicht schon ein Gewinn? Ist es daher nicht angemessen, dass die Aka- demie solchen Gelehrten die Müsse gewährt, das zu arbeiten, wozu der Geist sie treibt? Schon der blosse Schein, als sei die Akademie ein Zwangsarbeitshaus, profanirt die Wissenschaft, weil er ihr mit der Freiheit die Würde nimmt. Diese Gedanken waren es, die die Majorität bestimmten und denen Buch in seinem Gutachten Worte verliehen hat. In scharfer Einseitigkeit traten sich die beiden möglichen Auffassungen von dem Begriff und der Aufgabe der Akademie gegenüber. Leibniz würde gesagt haben, dass beide im Rechte sind in dem, was sie bejahen, im Unrecht in dem, was sie verneinen. So war es wirk- lich \ Ein Ausgleich war sehr wohl möglich und musste sich finden lassen ; aber noch war das conservative Princip zu wenig elastisch, das fortschrittliche zu ungestüm. Am 2. Juli i8i8 trat der Ausschuss auf's Neue zu einer Sitzung zusammen. Die Gutachten lagen vor, nachdem sie zur Kenntniss aller Mitglieder gebracht worden waren. Savigny stellte den Antrag, drei Hauptfragen auszugliedern, die Ansichten des Ausschusses über sie zu formuliren und die Entscheidung des Ministeriums über sie herbeizuführen": I. Ob das bisherige Verhältniss der Klassen zum Plenum bei- zubehalten sei. ^ Bei Sohleiermacher und Savigny mag die Unkenntniss der modernen rech- nenden und wägenden Naturwissenschaft und das Unvermögen der Romantiker, sich in sie zu finden, dazu mitgewirkt haben, dass sie den Schwerpunkt ausschliesslich in die Klassen verlegen und das Plenum nahezu auflösen wollten. Umgekehrt muss das Interesse, das man ihren Arbeiten seitens der naturwissenschaftlichen Klassen entgegenbrachte, ein sehr geringes gewesen sein, sonst wären sie schwerlich zu so radicalen Vorschlägen gekommen. 2 Schriftführer des Ausschusses war Schleiermacher; er leistete die eigent- liche Arbeit. Die di'ei Präliininnrfrai>en der Revision (1Iiilologische Abtheilung in Vorsclilag zu bringen. . . . Das [Ministerium bemerkt indess ausdrücklich, dass durch diese Bestimnningen der künftigen definitiven Reform der Akademie nicht vorgegriffen werden soll , sondern behält sich das Weitere vor, bis es die Vorschläge des Ausschusses im Zusammen- hange übersehen kann. . . . Obsclion dieses Rescript bei ruhiger Erwägung den Wünschen der Majorität des Ausscliusses Raum Hess, so verzichtete sie doch auf weitere Verhandlungen ; denn die Beibehaltung der philosophischen Klasse war anbefohlen; ihre Aufhebung erschien aber der Majorität die Prämisse für jede gesunde Reform zu sein. Beachtet man, dass die philosophische Klasse nur aus Schleiermacher, Ancillon und Savigny bestand — nominell rechneten sich auch ein paar Mit- glieder anderer Klassen zu ihr' — und dass sie niemals Sitzungen halten konnte, weil die 3Iitglieder nicht erschienen, so begreift man Schleiermacher \s und Savigny's Widerstand: sie wollten nicht länger Komödie spielen. Der letztere, als Vorsitzender des Ausschusses, erklärte daher in der Sitzung vom 2. November 1820, man solle dem Minister antworten, der Ausschuss wisse weitere Vorschläge nicht zu machen und sehe folglich seinen Auftrag als beendet an. Dies wurde angenommen. Zwar gab noch Fischer zu erwägen, ob nicht doch durch die Zurückführung der Akademie auf zwei Klassen eine Auskunft gefunden werden könne, und übernahm es, einen hier- auf zu gründenden Plan schriftlich dem Vorsitzenden mitzutheilen und dabei besonders auch auf das Verhältniss der Plenarsitzungen zu den Arbeiten der Klassen Rücksicht zu nehmen ; aber er scheint diesen verständigen Plan nicht ausgeführt zu haben. Die Angelegen- heit ruhte längere Zeit, bis sie Schleiermacher im Jahre 1826 durch ein sehr gewaltsames Mittel auf's Neue in Fluss brachte und in seinem Sinne entschied. — Wir werden sie dort wieder aufzu- nehmen haben. ^ Nämlich Tralles, Erjman und Lixk: auch Nif:i5rHR scheint sich vorüber' gehend zu dieser Klasse gerechnet zu haben. 712 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812-1840). Haben sich Sciileiermacher und Savigny in dieser Angelegen- heit zu keinem Compromiss dem Ministerium gegenüber herbeilassen wollen und lieber auf Alles verzichtet, als sich mit einem halben Erfolge begnügt, so darf der Grund wohl auch in der Stimmung gesucht werden, die sie gegen die Regierung damals hegen mussten. War es doch die Zeit, in der sie als Demagogen und Revolutionäre be- zeichnet und mit Spionen umgeben wurden. »Prinz Carl soll neu- lich gesagt haben, es gebe vier Hauptumtrieber, Gneisenau, Groll- mann, Schleiermacher und Savigny; Schleiermacher aber sei der ärgste. In seine Predigten werden Polizeihörer geschickt\« Musste doch Wilhelm von Humboldt das eben erst übernommene Ministerium wieder aufgeben (3 1. December i8 19), das er durch seine Denk- schrift vom 4. Februar so glänzend inaugurirt hatte ! Mag man ihm mit Recht vorwerfen, dass er zu stolz gewesen sei, um An- hänger um sich zu sammeln und sich eine Partei zu bilden, zu stolz, um wie Altenstein sich zeitweilig zu schicken und zu beugen — dass er einer Regierung nicht dienen wollte, deren Weisheit in den Karlsbader Beschlüssen bestand, gereicht ihm zur Ehre. Von diesen Beschlüssen bez. ihren nächsten Wirkungen wurde auch die Akademie empfindlich betroffen. Am 19. October 18 19 erschien das Censur-Edict und stürzte alle litterarische Production in Unsicherheit. Der Minister Schuckmann hatte schon seit Jahren an der Censur- freiheit der Akademie und der Universität gerüttelt", jetzt wurde 1 Varnhagen, Blätter aus der Preuss. Gesch. Bd. i S.27 (zum 20. December 18 19). Vergl. auch die Eintragung zum 9. März 1820 (S.96): »Man fürchtet für Schleiermacher [in der SANo'schen vSache], da der König sehr aufgebracht ist über die De WETTs'sche Schrift und besonders über das Schreiben der theologischen Facultät« , und zum 10. März (a.a.O.): »Hofrath Schulze leugnet nicht, dass Schleier- macher, vielleicht auch Neander und Marheineke in Gefahr sind«. Ahnliche Mit- theilungen hat Varnhagen auch noch in den folgenden Jahren gemacht (sogar Hum- boldt's Secretär wurde gefangen gesetzt, und seine Papiere, auch eine mexikani- sche Grammatik, wurden durchsucht). Zum 7. December 1822 heisst es: »Die Staats- zeitung berichtigt den Constitutionel , dass Schleiermacher keineswegs entlassen sei. Doch sagt man bestimmt, Schuckmann habe beim Könige seinen motivirten Antrag zu Schleiermacher's Dienstentlassung gemacht, und die Sache schwebe noch«. Varnhagen wird wohl Recht h.aben. 2 In dem Akademischen Archiv findet sich u. A. folgende Verhandlung: Schuck- mann theilte am 16. December 181 5 der Akademie die Beschwerde der Censur- Behörde mit, dass sowohl ^Mitglieder der Akademie als der Universität die Grenzen der ihnen zugestandenen Censur- Freiheit überschreiten, indem sie nicht bloss zu Avissenschaftlichen, sondern auch zu politischen Schriften und Pamphleten selbst das Imprimatur geben, wie dies z. B. von dem Hrn. Geheimrath Schmalz und Hrn. Geh. Staatsrat!! Niebuhr in den Schriften über politische Vereine geschehen sei. Dies sei gegen das Censur-Edict vom 19. December 1788. sowie auch gegen die Ver- Die Akademie und die Censur (1819/20). 713 sie aufgehoben, d. li. auf fünf Jahre suspendirt; zugleich wurde ein Ober- Censur -Collegium geschaffen, das bis zum i . Juli 1843 ^^^" standen hat und «den schlechten Geist« T)annen solltet Für die höchste wissenschaftliche Körperschaft im Staat war es eine Schmach, dass sie ihre Publicationen der Censur unterwerfen sollte. Zunächst ging sie ernstlich mit dem Gedanken um, sie auf fünf Jahre ganz einzustellen, und das öffentlich })ekannt zu machen. Allein das ging nicht durch". Ein etwas milderes Verfahren schlug Niebuhr von Rom aus vor; er schrieb am Weihnachtstage 18 19, indem er eine Abhandlung übersandte, an Buttmann: »Wenn es möglich ist, so wiinschte ich, dass die Akademie mir dies Stück zuriickgäbe und nicht drucken liesse. Ich wünsche, so lange wir unter die Cen- sur gestellt sind, gar nicht drucken zu lassen, und es möchte wohl der Über- legung der Akademie werth sein, ob man sich nicht, so lange unsre Rechte auf- gehoben sind, darauf beschränken sollte, mathematische und physische Abhand- limgen herauszugeben. Das Recht, zum Druck auszuAvählen, giebt ein Mittel, ohne alle Anstössigkeit alle vorgelesenen Abhandlungen d^- beiden andern Klassen zu beseitigen, deren Verfasser den Druck nicht bestinnnt fordei'n. Trotz ist das nicht, und kein ^Mensch sollte es so nennen — die Akademie kann vorstellen, dass z.B. die französischen, vor der Revolution und untei' Bonaparte, ihre Censur selbst gehabt haben. Damit müssen wir uns, nach den obwaltenden Umständen, beruhigen; aber wenn wissenschaftliche Werke unter die Willkühr von Gott weiss wem ge- ordnung vom 27. October 18 10 (die Censur aller politischen Schriften ist dem De- partement der auswärtigen Angelegenheiten vorbehalten), »mid somit ist die Be- schwerde allerdings gesetzlich gegründet, und ich kann daher nicht umhin, die Königliche Akademie und die Königliche Universität an diese gesetzliche Bestimmung zu erinnern, überzeugt, dass dies hinreichend sein wird, um deren Befolgung zu bewirken und die Censur -Behörde nicht zu einer Bekanntmachung an Drucker und Verleger, dass für solche Fälle das Imprimatur nicht giltig sei (wie sonst zu er- warten steht), zu veranlassen«. vVuf Schleiermacher's Beti'eiben erhob die Akademie eine Gegenvorstellung und bat, die Ausdrücke »wissenschaftliche Werke und po- litische Schriften« authentisch zu definiren. Vorher hatte sich Schleiermacher an Niebuhr gewandt und ihn una eine Mittheilung des Verfahrens ersucht, welches er bei der Selbstcensur beobachtet habe. Niebuhr hatte geantwortet, dass er gar nicht Selbstcensur geübt habe, sondern sein \'erleger habe die Schrift dem damals interi- mistisch beauftragten Hrn. Biester vorgelegt, und dieser habe sie nach seiner Aus- legung der Statuten für censurfrei erklärt. Dies wurde dem Minister mitgetheilt (die Eingabe ist von Sohle iermacher"s Hand). Ob die Angelegenheit damit be- endigt gewesen, ist aus den x^cten nicht zu ersehen. — Über Schuckmaxx hatte AVilhelm von Hujiboldi' schon im Jahre 181 1 geschrieben (Brief an Nicolovius vom 26. Fel)ruar S.24): -Er hat und kann nur niedrige, nur Nützlichkeits- und nur Aufklärungs-Projecte aus der alten Berliner Periode geben«. Die «Aufklärung« hatte sich in die Reaction verAvandelt, aber das Niedrige und »Nützliche« war ge- blieben. ^ Dass dieses Collegium sehr bald eine ziemlich harmlose, die freisinnigen Bestrebungen sehr milde kritisirende Behörde wurde (durch Wilkex und Raujier). ist bekannt. ^ Siehe \'arnhagen. a.a.O. Bd. i S. 43 zum 4. Januar 1820. 714 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1S12-1840). stellt werden, so müssen wii- schweigen, im Ausland drucken lassen, aber auch so besonnen schreiben, dass wir das Unrecht, uns so gekränkt zu haben, recht fühlbar machen. Auch F. A. Wolf erklärte, nichts mehr drucken lassen zu wollen — ein Entschluss, der ihm nicht schwer fallen konnte — und wünschte, alle Gelehrten sollten öffentlich verkündigen, dass sie binnen fünf Jahren nichts publiciren würden ^ Die Akademie han- delte besonnen, indem sie sich entschloss, zunächst eine Anfrage und Bitte an den Minister zu richten (3. Februar 1820)-: Die Königliche Akademie ist im Begriff, einen neuen Band ihrer Abhandlungen herauszAigeben , bei welcher Gelegenheit ihr ein drückender Zweifel entsteht, welchen sie vertrauensvoll einem hohen Ministerium vorlegt. In dem Königlichen Censur-Edict ist nehmlich die bisher bestandene Censur- Freiheit der Akademie der Wissenschaften dergestalt aufgeiioben worden, dass den Worten nach nicht nur die Schriften einzelner Akademiker, sondern auch die von der Gesammt-Akademie herauszugebenden Bände ihrer Abhandlungen einer äusseren Censiir von nun an unterworfen sein würden. Da indessen die Akademie glaubt, dass die Gründe, welche jene allerhöchste Verfügung veranlasst haben, auf die unter Autorität und Verantwortlichkeit des ersten littei^arischen Vereins herauszugebenden Werke in den Königlichen Staaten nicht anwendbar seien, da ferner die Abhand- lungen nur durch die von einer aus der Gesammt-Akademie niedergesetzten Com- mission getroffene Wahl in die Sammlung der Werke der Akademie aufgenommen werden, so wendet sich die Akademie an Ein hohes Ministerium mit der ehrerbie- tigsten Bitte , bei der Behörde darauf geneigtest anzutragen , dass der Akademie in Beziehung auf diese Wahl-Commission, welche als eine in der Akademie selbst l)estehende, nach den Gesetzen verfahrende Censurbehörde angesehen werden kann, fernerhin die alleinige Verantwortlichkeit über den Inhalt der unter ihrer Gesammt- Autorität herauszugebenden Bände überlassen werde. So schlimm stand es, dass Altenstein der Akademie erwiderte (14. Februar 1820): »Das Ministerium erwartet keinen Erfolg von solchem Antrag!« Er war zu vorsichtig, ihn dem Staatskanzler auch nur vorzulegen ! Aber die Akademie gab sich nicht zufrieden ; sie w^andte sich an diesen oder vielmehr sie reichte eine Immediat- Vorstellung bei dem Könige ein und bat den Staatskanzler, sie an die Majestät gelangen zu lassen {3. März 1820). Der König gewährte, obgleich die Censur -Verordnungen seinem persönlichen Willen ent- sprachen, das Gesuch. Er verfügte (13. März 1820), dass sich die Suspension der Pressfreiheit auf die von der Akademie herauszu- gebenden Schriften nicht beziehen, vielmehr hier ihre eigene Com- mission allein zuständig sein solle unter Verantwortung der Gesammt- Akademie. »Se. Majestät wollen durch diese Erklärung allerhöchst Ihrer Akademie einen Beweis Ihres Zutrauens in die Einsichten und ^ Siehe Körte, F.A.Wolf Bd. 2 S. 113: Geiger, Berlin Bd. 2 »S. 403 f - Concept von Buttmann's Hand. Die Akademie und die C'erisiir. Die })olitische Lage. Vlo guten Gesinnungen derselben geben.« Ausdrücklicli aber wurde bemerkt, dass diese Exemption sicli nicht auf die Werke der ein- zehien Mitglieder der Akademie beziehet Die Akademie war von der drückendsten Controle glücklich befreit^; aber ihre Mitglieder bedurften des höchsten Idealismus, um sich unter den traurigen politischen Verhältnissen die Freudig- keit und den Muth zur Arbeit zu erhalten. Andererseits vergesse man nicht, dass die innere Lage von Gegensätzen beherrscht war, dass sich das geistige Leben in Deutschland zwischen 1815 und 1840 erstaunlich rasch entwickelt hat, und dass kein Staat der Welt ein solches höheres Beamtenthum besass wie Preussen unter Friedrich Wilhelm III. «Es vereinigte alle Elemente der neuen litterarischen und politischen Bildung mit dem Eifer und der Pflicht- treue der Beamten aus der Schule Friedrich Wilhelm's I. « (Schmoller). Ferner, eben jene traurige Reactionsepoche ist die »hohe Zeit der Pädagogik« gewesen: die preussischen Universitäten wurden nach dem Muster der Berliner damals geschaifen , das preussische Gymna- sialwesen begründet, der Volksschulunterricht zu einer methodischen Disciplin erhoben. Mag man über die Bedeutung des Neu-Klassi- cismus und seine Einführung in die Schulen wie immer denken — damals erst wurden höhere Schulen für die ganze Monarchie geschaffen, die dieses Namens wertli waren, und nicht an dem Cultusministerium lag es, dass der Geist einer edlen Freiheit sich mühsam emporringen, immer neue Widerstände niederzwingen und oft genug von der Hoffnung und der Geduld leben musste. Ent- muthigen liess man sich nicht; im Gegentheil, man arbeitete rast- los auf den Grundlagen weiter, die man für die richtigen hielte ^ Hieraus ergaben sich sjjäter doch Verwickelungen, hn Jahre 1829 z.B. er- hob die Censur- Behörde Zweifel, ob nicht das astronomische Jahrbuch censur- pflichtig sei, da es nicht die akademische Censur passirt zu haben und Hr. Encke es allein herauszugeben scheine; ebenso das Corpus Inscriptionum, der BEKKER'sche Aristoteles! Die Akademie machte eine Vorstellung beim INIinisterium (9. INIärz 1830), und man schwieg dort. Es war doch zu absurd, die Astronomie unter Censur zu stellen oder ausdrücklich zu erklären, die griechischen Inschriften seien nicht staats- gefährlich. - Varnhagen, a.a.O. Bd. i S. 142 zum 30. Mai 1820: »Die Akademie der Wissenschaften ist wieder censurfrei , desto grösser der Schimpf für die Universitäten « . ^ Die Abhandlungsbände der Akademie erschienen allerdings in dieser Zeit nicht so oft und nicht so regelmässig, als es wünschenswerth war. (In den Jahren 1812 — 22 wurden nur fünf Bände ausgegeben — ein Band für zwei Jahre — und der Jahrgang 1822/23 erschien erst 1825.) Der Grund lag in der strengen Aus- wahl, welche die Akademie übte, und in der verhältnissmässig kleinen Zahl ihrer arbeitenden 3Iitglieder. Erst vom Jahr 1824 ab gab die Akademie wieder jährlich 716 Geschiclite der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812-1840). Die physikalische Klasse, die bisher auf grössere Unterneh- mungen verzichtet hatte, liess sich doch im Jahre 1820 dazu be- stimmen, solche in"s Werk zu setzen. Erstlich wurde Tralles mit der Anstellung fortlaufender meteorologischer Beobachtungen betraut, sodann entschloss man sich, eine wissenschaftliche Expedition aus- zurüsten. Der jugendhche Naturforscher Ehrenberg, ein Schüler Link"s, Lichtenstein's und Rudolphi's, hatte sich die kleinsten Or- ganismen zu seinem Studium gewählt und im Jahre 18 18 durch seine Dissertation «Silvae mycologicae Berolinensis« Aufsehen er- regt. Das Motto der Abhandlung: "Der Welten Kleines auch ist wunderbar uiid gross, Und aus dem Kleinen bauen sich die Welten» enthielt das Programm seiner bahnbrechenden Forschungen. Bereits war es ihm geglückt, nicht nur eine ganze Reihe neuer kleiner Pilzarten zu entdecken, sondern auch die durch Zellpaarung sich vollziehende Samenzeugung zu beobachten und damit zum ersten Mal die directe Wahrnehmung einer kryptogamischen Zeugung zu machen. Als nun im Jahre 1820 der General von Minutoli seine einen Abhandlungsband heraus. — Am Ende des Jahres 182 1 bestand die physika- lische Klasse (x\lexander von Humboldt wurde mitgezählt, weilte aber noch in Paris und hielt nicht, wie Niebuhr, durch Briefe seinen Zusammenhang mit der Akademie aufrecht; der Veteran Walter jun. war nur noch nominelles -Mitglied) aus Hufeland, Hermbstaedt, Buch, Erman, Eudolphi, Lichtenstein und den drei neuen Mit- gliedern Weiss, Link, Seebeck. Hufeland und Hebmbstaedt waren nicht melir thätig: ein Chemiker fehlte seit Klaproth"s Tode (i. Januar 1817). Die mathema- tische Klasse zählte fünf Mitglieder, von denen Bode hochbetagt war und Gruson wenig leistete. Tralles, Eytelwein und Fischer hielten die Klasse; ein Mathe- matiker ersten Rangs fehlte, und ein junger Astronom neben Bode war ein drin- gendes Bedürfniss. Die philosophische Klasse mit Ancillon, dem Diplomaten, Schleiekmacher und Savigny war ein seltsames, nicht mehr lebensfähiges Gebilde. Die historisch-philologische Klasse bestand aus Hirt, Buttmann, Wilhelm von Hum- boldt. Uhden, Niebuhr, Ideler und den vier neuen iNlitgliedern Böcke, Bekker, Suevern und Wilken. Wilhelm von Humboldt gewann erst nach seiner Entlassung ans dem Ministerium, also erst im Jahre 1820, Zeit, der Akademie seine Kräfte zu widmen. Von dem Antheil, den Niebuhr auch in der Ferne an den Arbeiten der Akademie genommen hat, ist oben (S. 67 2 ff.) gehandelt worden. Die akademischen "Abhandlungen- hat er in den Jahren 181 2 — 21 durch drei Aufsätze bereichert: "Über die Geographie des Herodot« (181 2/13). "Über die als untergeschoben be- zeichneten Scenen im Plautus (18 16/17), "Historischer Gewinn aus der armenischen Übersetzung der Chronik des Eusebius« (1820/21). Mit letzterer Abhandlung hat er, in Scaliger's Fusstapfen tretend, neues Material der antiken Historiographie erschlossen und eine Aufgabe zu lösen begonnen, die noch immer nicht zu Ende «eführt ist. Ehrexbkrg's Reise (1820-1826). 717 Reise nach Aegypten antrat, rüstete die iVkadeniie Ehrenberg und seinen Freund Hempricii mit ansehnlichen Mitteln zur Theihiahme an dieser Reise aus. »Sie liaben«, heisst es in den »Abhandlungen« 1822/23 S- XII ff., »mit unermüdeter Tliätigkeit in den verflossenen vier Jahren^ auf ihren Reisen durch die libysche Wüste, durch Unter- und Ober-Aegypten bis tief in Nubien liinein, auf ferneren Reisen an den Küsten des Rotlien Meeres, durch das steinige Arabien und neuerlich durch Syrien die Absicht der Akademie zu erfüllen sich bestrebt und in der That durch die Genauigkeit und Gründ- lichkeit der Beobachtungen, durch die Reichhaltigkeit ihrer mit bewunderungswürdigem Fleisse zusammengetragenen Sannnlungen naturhistorischer Gegenstcände und durch ihre aufmerksame Beach- tung aller Rücksichten , in welchen die von ihnen bereisten Länder dem herrschenden Geist tieferer Forschung nur irgend noch belang- reiche Thatsachen darbieten können , die nicht geringen Erwartungen der Akademie noch um Vieles übertroffen. Diese unverkennT)are Tliätigkeit hat nicht nur die Akademie veranlasst, im Jahre 1823 noch eine Summe zur Fortsetzung ihres Unternehmens herzugeben, sondern auch den Erfolg gehabt, dass Se. Maj. der König noch an- sehnlichere Summen zu dessen Vollendung zu bewilligen geruht haben. Sie w- erden das Jahr 1825 in Abessinien zubringen und in dem folgenden hoffentlich mit einem sehr reichen Schatz wichtiger Wahrnehmungen und Erfahrungen zu uns zurückkehren. Es sind bis jetzt 85 grosse Kisten in neun Sendungen von diesen tleissigen Sammlern nach Berlin befördert worden und sämmtlich wohlbehalten hier angekommen. Sie enthielten dem grössten Theil nach zoolo- gische Gegenstände und zwar aus allen Klassen des Thierreichs in gleichmässigem Reich thum, ohne dass eine mit besonderer Vorliebe behandelt oder vernachlässigt wäre. ZAvar an Volumen geringer, aber nicht weniger bedeutend sind die Sammlungen von getrockne- ten Pllanzen, Hölzern, Früchten und Sämereien. Was sich von merkwürdigen Fossilien und Gebirgsarten gefunden hat, ist eben- falls sorgfältig gesammelt und übersandt worden; auch fehlt es nicht an Proben von den Waffen, Kleidern und Werkzeugen der nordafrikanischen Völker. Ausserdem hatten sie Gelegenheit, ge- funden, einige seltene arabische Handschriften zu erkaufen, und es war Hoffnung vorhanden, gegen die Zeit der Rückkehr deren noch mehrere zu erwerben.« ^ Der Abhandlungsljand 1822/23 erschien, wie oben bemerkt, im Jaliie 1825. 718 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhkl:m 111. (1812— 1840). Diese EHRENBERG'sclie Reise' war durch ihre Ergehnisse von hoher Bedeutung für die Akademie. Zwar besass sie in ihrem Mit- gUede Alexander von Humboldt den berühmtesten Reisenden des Zeitalters, aber er weilte noch immer in Paris". Auch der Zoologe Lichtenstein hatte einst Südafrika bereist, aber die Ausbeute, die Ehrenberg mitbrachte, übertraf das, was Jener erarbeitet hatte, Aveit. Über 4000 Arten Thiere in 34000 Individuen — denn Ehren- berg war stets darauf bedacht gewesen, jedes Thier in mehreren Formen zur Darstellung zu bringen — und 2900 Arten Pflanzen in über 46000 Exemplaren hatte er gesammelt. Dazu kamen noch viele mineralogische Stücke, und auch die Archäologie und die Völker- kunde waren nicht vergessen. Aber noch werthvoller als die Bereicherung, welche die Akademie durch diese von ihr veranlasste Expedition erfuhr, war der Zuwachs, den sie im Jahre 1822 durch die Aufnahme von vier neuen Mit- gliedern empfingt. Die physikalische Klasse verstärkte sich durch Mitscherlich und Karsten, die historisch -philologische durch Karl Ritter und Bopp. Die Chemie, die Geographie und die Sprach- wissenschaft waren nun glänzend in der Akademie vertreten. Die Verdienste dieser Gelehrten sind in einem späteren Capitel zu wür- digen. ^ Sie verlief nicht glatt, sondern war durcli vieles Missgeschick und Un- gemach heimgesucht. Hemprich starb in Massaua. andere Begleiter waren schon vorher weggerafft, und Ehrenberg, der mehrmals dein Tode nahe gewesen war, war schliesslich der einzige Überlebende. Durch die Untreue eines diplomatischen Beamten, der die den Reisenden nachgesandten Briefe und Gelder unterschlug, war er in die grössten Verlegenheiten gekommen und glaubte sich schon von seiner Heimath vergessen. Er hat aber schliesslich alle Widrigkeiten überwunden und kehrte wohlbehalten im Jahre 1826 zurück. Das Nähere s. in Hanstein's INIono- graphie über Ehrenberg (Bonn 1877), vergl. desselben Artikel in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 5 S. 701 ff. ^ Von Paris aus liat Humboldt nur eine Abhandlung zu den Schriften der Akademie beigesteuert «Über den Bau und die Wirkiuig der Vulcane in den ver- schiedenen Erdstrichen« (1822/23 S. 137 ff.). Eine zweite (in Verbindung mit Lichten- stein, Link, Rudolphi und Weiss) über Ehrenberg's und Hemprich's Reisen (1826 S. III ff.) ist von ihm bei seinem Besuch in Berlin (Herbst 1826) eingereicht worden. Er zollt den Ergebnissen dieser Reisen das höchste Lob und schlägt den Gewinn, den die Wissenschaft aus den sorgfältigen Beobachtungen der Forscher ziehen wird, noch höher an als den materiellen Besitz, den sie den Königlichen Sammlungen zugeführt haben. Die Akademie hatte die genannten Gelehrten als Commission ein- gesetzt, um den wissenschaftlichen Werth der Ergebnisse der Reisen Ehrenberg's festzustellen (Abhandlungen 1826 S. III). ^ Die Sitzungen der Akademie sind in diesem Jahre oft unterbrochen worden, da das Akademie -Gebäude umgel)aut wurde (s. Abhandl. 1822/23 S. 1. VII). Die Neuwahlen in den Jahi-en 1822 und l.s2ö. /ly Durch die Neuwahlen erhielten die beiden genannten Klassen ein noch grösseres Übergewicht über die mathematische und philo- sophische. Da ScHLEiERMACHER uud Savigny auf die Verstärkimg ihrer Klasse verzichteten und sich in der philologischen heimisch machten, so Mar sie nur ein Schatten; aber auch in der mathe- matischen kam es zu keiner Neuwahl, obgleich der Secretar Tralles am 1 8. November 1822 gestorben war\ Nicht einmal ein neuer Secretar wurde gewählt"'; die Klasse verödete immer mehr. Fischer und Eytelavein vermochten ihr kein Leben zu geben. Die Astro- nomie lag ganz darnieder; denn Bode war ihrer neuesten Entwick- lung nicht mehr gefolgt. Die Apparate der Akademie waren ver- altet"', und Bessel Hess sich trotz seines glänzenden Rufs nicht be- wegen, Königsberg mit Berlin zu vertauschen*. Da man Gauss auch nicht nach Berlin zu ziehen vermochte und sich A'^ergeldich nach einem anderen Mathematiker ersten Rangs umsah, so lag auch die Mathematik brach ^ P^ndlich im Jahre 1825 unter dem Druck der anderen Klassen raffte sich die mathematische auf und wählte vier neue Mitglieder, nämlich die Astronomen Oltmanns und Encke und die Mathematiker E. H. Dirksen und Poselger. Dirksen (auch Pro- fessor an der Universität) hat die Hoffnungen nicht erfüllt, die seine im Jahre 1823 erschienene »Analytische Darstellung der Variations- rechnung« erregt hatte, und Poselger (Professor an der Kriegs- akademie) erwies sich als ein nicht bedeutender Gelehrter. Noch war die grosse Zeit der Mathematik für die Akademie nicht wieder ange- brochen! Auch Oltmanns' Wahl bedeutete keine wirkliche Bereiche- ' Kv starb zu London auf einer Reise, die er zur Besorgung eines Pendelappai'ats für die Akademie unternoninien hatte. Er wollte die Ausführung dieses Apparats selbst überwachen . durchweichen die Länge des Secunden- Pendels mit möglichster Genauigkeit bestinunt werden sollte, um dann über diese Länge mit demselben Instrument Beobachtungen in vergleichbaren Reihen anzustellen. Nach seinem Tode wurden die meteorologischen Beobachtungen einem jungen Gelehrten, Poggendorff, übertragen und ihm auch eine Wohnung auf dem Observatorium eingeräumt (1823). ^ Der Grund der Verzögerung lag darin, dass man Gruson, das älteste Mit- glied der Klasse (neben dem greisen Bode), nicht wählen konnte, da er zu unbe- deutend wai-, ihn aber auch nicht beleidigen wollte. ^ "Die Sternwarte genügte den bescheidensten Anfordei'ungen der Wissen- schaft durchaus nicht« (Bruhxs in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 6 S.102). Fünfzig Jahre lang hatte Bode das Berliner astronomische Jahrbuch herausgegeben ; es bedurfte dringend einer neuen Kraft. * Der Ruf an Bessel erging ei'st im Jnlu'e 1825, aber es scheint schon vorher mit ihm verhandelt worden zu sein. ^ Der Abhandlungsband 1822/23 enthält keinen einzigen Beitrag der mathe- matischen Klasse. , 720 Gescliiclite der Akademie unter Friedrich "Wilhelm 111. (IS] 2 — 1840). rung der Akademie; doch war er als Rechner geschätzt und hat sich auch durch scharfe Bestimmung der Schallgeschwindigkeit und durch die Ermittelung des genauen Datums gewisser Sonnen- und Mondverfinsterungen, welche in der historischen Chronologie eine Rolle spielen, verdient gemacht \ Der eigentliche Gewinn bei diesen Wahlen lag in Encke's Berufung"'. Da man auf Bessel verzichten musste, so war der Astronom vom Seeberge, der sich durch seine Bestimmung des Kometen von 1 805 bereits einen europäischen Ruf erworben hatte, die glücklichste Wahl. Vierzig Jahre hat Encke der x\kademie angehört und die Astronomie in Berlin wieder zur Blüthe gebracht. Er wurde noch im Jahre 1825 zum Secretar der mathematischen Klasse erwählt und hat in dieser Stellung bis zum Ende des Jahres 1863 auch der Gesammt- Akademie die erspriesslich- sten Dienste geleistet. Eine grosse astronomische Aufgabe wartete Encke's in Berlin bereits. In den «Abhandlungen« 1824 S. Ulf. liest man: »Das aus- wärtige Mitglied Hr. Bessel in Königsberg^ brachte bei der Akade- mie die Herausgabe neuer, möglichst vollständiger Himmelskarten in Vorschlagt, die, während sie das treueste Bild des Himmels bis zu der Grenze, die unsere jetzigen Fernröhre erlauben, darstellten, zugleich die Grundlage zur möglichst genauen Beobachtung der etwa ^ Er war bereits im Jahre 18 10 zmn ordentlichen Mitglied der Akademie erwählt worden (s. oben S. 592), hatte aber die Stelle nicht angetreten, sondern war nach Ostfriesland als Rentmeister einer Domäne gegangen, später war er Lelirer in Emden. Jetzt siedelte er nach Berlin als Professor der Universität (1824) über imd wm-de auf's Neue in die Akademie gewählt. Zahlreiche Forschungsreisende, vor allem Alexander von Humboldt, sandten ihm ihre astronomischen , hypsometri- schen und meteorologischen Beobachtungen zur Berechnung. Siehe Günther in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 24 S.344. ^ BoDE trat nun zurück und überliess Encke die Sternwarte; bald darauf starb er (23. November 1826). Bereits im Jahre 1828 wurde auf Alexander von Humboldt's Veranlassung ein grosser Refractor (Fraunhofer) angeschafft und ein neuer Meridiankreis bestellt. Der Grundstein der neuen Sternwarte ist 1832 gelegt worden. Unter Encke's Leitung und nach seinen Anweisungen wurde sie (im Süden der Stadt) gebaut und 1835 vollendet. Sie hat den meisten neueren Sternwarten zum Muster gedient. Die alte in der Dorotheenstrasse ging nun ein; ihre Räume dienen jetzt als ]Magazin der Akademie. ^ Er war es schon im Jahre 181 2 geworden (s. oben S. 653). * Brief Bessel's an Bode vom 18, August 1824; er sagt, dass er selbst an- gefangen habe, eine Specialkarte für eine besondei's sternreiche Gegend des Him- mels zu entwerfen; es sei ihm aber unmöglich, mehr als ein Blatt zu liefern; er fragt daher an, ob nicht die Akademie durch eine ausgesetzte Prämie zur Nach- ahmung anreizen wolle, er würde in diesem Fall seine Karte als Probeblatt ein- senden. Nachdem die Klasse sich geneigt gezeigt hatte, auf den Vorschlag einzu- gehen, legte ihr Bessel (4. November 1824) einen ausführlichen Plan vor. Die Sternkarten (1825 ff.)- "21 noch fehlenden Sterne abgeben würden. Die Akademie ist auf dies Unternehmen eingegangen und wird den Erfolg in den künftigen Bänden der Abliandlungen darlegen«. Auf sechs Jahre wurden je 500 Thlr. bewilligt (Genehmigung des Ministeriums vom 19. Mai 1825). In 24 Blättern sollte eine Zone aufgenommen werden, die etwa den vierten Theil der ganzen Himmelskugel und den dritten der bei uns sichtbaren umfasst. Die für das Unternehmen einge- setzte Commission bestand aus Bessel, Dirksen, Encke, Ideler und Oltmanns. Sie hatte die Aufgabe, die Arbeiten zu vertheilen^ und künftig zu revidiren. Zur Bekanntmachung wurde ein Prospect von Bessel mit einer Probekarte ausgegeben und an die Haupt- Stern- warten des In- und Auslandes versandt. Bis zum Ende des Jahres 1828 sollten alle Blätter vorliegen. Im Jahre 1826 konnten die 24 Abschnitte, in die man die Arbeit zerlegt hatte, vertheilt wer- den; denn zahlreiche Astronomen hatten ihre Mitwirkung zugesagt. Mit einem Schlage sah sich die Berliner Akademie an der Spitze eines grossen astronomischen Unternehmens". Aber die Erfahrung, die man mit dem Corpus Inscriptionum gemacht hatte, wiederholte sich: die Commission musste bald ein- sehen, dass sie den Umfang der Arbeit und die Schwierigkeiten unterschätzt hatte. Sie hat dieser Einsicht bereits in ihrem Bericht vom Jahre 1828 (Abhandlungen S.XIIIf) Ausdruck gegeben: «die Hoffnung würde allzu kühn gewesen sein, zu glauben, alle Tlieil- nehmer würden ihre Zusage erfüllen« — - doch das war nur eine der Schwierigkeiten. Indem die Commission die Akademie ersuchte, die einmal ausgesetzte Summe, aller Verzögerungen ungeachtet, noch einige Jahre zu reserviren, sprach sie die Erwartung aus, »dass ein Theil des Unternehmens glücklich ausgeführt werden wird«. ' Jedem Theilnehmer wurde fiir ein Blatt von einer Stunde in der geraden Aufsteigung und 30° in der Declination ein Preis von 25 Ducaten versprochen. ^ Genauere Berichte über die Einleitung desselben finden sich in den »Ab- handlungen" 1825 S.IIIf. und 1828 S.lXft". Die 24 Stunden waren ursprünglich unter Struve (Dorpat), Caroc (Altona), Hallaschka (Prag), Morstadt (Prag), Knorre (Nikolajevv), Steinheil (München) — er übernahm zwei Abschnitte — , Lohrmann (Dresden), Nehus (Altona), Schwerdt (Speyer), Klinghamjier (Kudol- stadt), GÖBEL (Coburg), Claussen (Altona), Nicollet (Paris), Slavinsky (Wilna), Harding (Göttingen), GerlinCx (Marburg), von Biela (Prag), Inghirami (Florenz) und Capocci (Neapel). Bessel (Königsberg), Strehlke (Danzig), Rosenberger (Halle), Argelander (A1)o), Bodvard (Paris) vertheilt, Slavinsky's Antheil wurde bald auf HussEY (Chislehurst) überti-agen, Caroc's auf Olufsen (Kopenhageu). Die ei-ste Karte wurde im Jahre 1830 fertig (Stunde 15, Harding in Göttingen; s. Aljhand- lungen 1830 S.IH). Geschichte der Akademie. I. 46 722 Geschichte der Akademie unter P'riedrich Wilhelm ITI. (l empirische Methode. Nicht als ob Hegel die Bedeutung dersell)en YÖlUg verkannt hätte: aber er beurtheilte sie als etwas Untergeord- netes und nährte damit das ohnehin schon vorhandene Vorurtheil, dass gegenüber den Geisteswissenschaften Disciplinen wie Chemie oder Zoologie Wissenschaften zweiten Ranges seien. Dazu, von der Sou- veränetät der Beobachtung, der Erfahrung und des Experiments auf den (Tcbieten der Naturwissenschaften hatten die Jünger der neuesten Philosophie keine Vorstellung, daher auch nicht von den Mitteln, welche diese Disciplinen eben damals bedurften und die ihnen in anderen Ländern, vor Allem in Frankreich, bereits gespendet wurden. Sie glaubten schon viel gethan zu haben, wenn sie sie gewähren Hessen, um, wo es ihnen passend schien, grossmüthig Anleihen l)ei ihnen für ihre Speculationen zu machen. Auch die Vorbildung für das Studium der Naturwissenschaften Hess darum Alles zu wünschen ül)rig. Sah doch die HEGEL'sche Schule — in vollem Gegensatz zu den Überzeugungen des 1 8. Jahrhunderts — die eigentliche Entwick- lung des Geistes lediglich in der Geschichte der griechischen Philo- sophie und der christlichen Religion, nicht aber in den Fortschrit- ten der mathematischen Physik und der Naturerkenntniss. Eben deshalb war sie mit dem Neuklassicismus, der damals seinen Einzug in die Gymnasien hielt, ganz einverstanden und bestärkte die Un- terrichtsverwaltung in der Protection desselben^ Jede Wissenschaft, wenn sie in einer Nation gedeihen und ihr Segen spenden soll, muss von der unbedingten Anerkennung ihres Werthes getragen sein. Diese Anerkennung genoss die exacte Natur- wissenschaft in Preussen um 1825 noch nicht. Auch der Akademie machte sich das fühlbar. Es lag nicht nur an der Superiorität A^on Män- nern wie Wilhelm von Humboldt, Sciileiermacher und Niebuhr, dass die Geisteswissenschaften den Principat behaupteten: absichtlich wurden die exacten Studien von jenem Idealismus niedergehalten, der die zergliedernde, rechnende und wägende Natvu'forschung für ein un- tergeordnetes, ja widerliches Geschäft erklärte". Und mit ihm ^ Einer der wenigen Gelehrten, der seine Stimme gegen die Übertreibungen des Neuklassicismus im Schulwesen erhob, war der Historiker Friedrich von Raumer (seit 1827 Mitglied der Akademie); er zog sich sogar durch seinen Freimuth mehr- mals Rügen seitens des Cultus-Ministers zu (Acten des Cultus-Ministeriums). Leider aber besassen seine Worte nach Form und Inhalt nicht das nöthige Schwergewicht. Auch durch Mangel an Takt brachte er sich häufig um die gewünschten Wirkungen. ^ Selbst Goethe hat im Grunde »die Hebel und die Schrauben« verwünscht und seiner Abneigung gegen die experimentirende Naturwissenschaft in der »Farben- lehre" und sonst einen sehr deutlichen Ausdruck gegeben. 7B0 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1S12-1S40). machte damals ein grosser Tlieil der «Naturforscher« selbst ge- memsame Sache, fiel der eigenen Wissenschaft in den Rücken oder versuchte sie zu überfliegen. Um so furchtbarer und verhängniss- voller wurde der Gegenschlag, als sich endlich die exacte Natur- forschung die Anerkennung erkämpft hatte. "Auf das Zeitalter der absoluten Philosophie im ersten Drittel des Jahrhunderts folgte im zweiten Drittel ein Zeitalter der absoluten Unphilosophie. Dem Über- schwang des Glaubens an das «Denken« folgte ein Überschwang des Misstrauens und der Abneigung. Die beiden Mächte, die sich durch die absolute Philosophie gedrückt fühlten, die Wissenschaft und die Religion , erhoben sich gegen sie und brachten ihre Herr- schaft zu Falle. Die Religion [obgleich von Hegel scheinbar hoch gewerthet] mochte die mitleidige Schonung nicht ertragen, womit der absolute Rationalismus ihr einräumte, zwar die Wahrheit, aber freilich nicht in der vollkommenen Form des Begriffs, sondern nur in der niederen Form der Vorstellung zu besitzen. Der Glaube empörte sich gegen den Hochmuth der logischen Formel, die be- hauptete, die Sache selbst zu sein\« Die exacte Naturwissenschaft aber warf mit den dialektischen Attrappen Hegel's und den Plian- tasieen der Naturphilosophie die Philosophie selbst über Bord und schickte sich an, eine Weltanschauung lediglich mit Hülfe der Wage und der Retorte zu bilden. Man kann fast den Tag angeben, von welchem an der Um- schwung in Preussen erfolgt ist, durch den die Naturwissenschaften in die ihnen gebührenden Rechte eingesetzt worden sind. Es ist der 12. Mai 1827, jener Tag, an welchem Alexander von Humboldt nach fast zwanzigjähriger Abwesenheit in Paris nach Berlin zurückge- kehrt ist, um fortan dauernd daselbst zu bleiben"""'. Er war in jenen langen Jahren seinem Vaterlande und der vaterländischen Wissen- schaft nicht untreu geworden; ja er vermochte ihnen damals vielleicht nirgends in der Welt grössere Dienste zu leisten als in Paris. Dort- hin zogen in jenen Jahren die jungen deutschen Chemiker, Physiker, Sprachforscher und Historiker. Wie einst im Mittelalter die Uni- ^ Paulsen , a. a. O. ^ Der König rief ihn zuriick, indem er zugleich durch ein sehr bedeu- tendes Gehalt dein Gelehrten eine sorgenfreie Lage schaffen wollte, der durch seine grossen, auf eigene Kosten veranstalteten Publicationen sein Vermögen beinahe erschöpft hatte. Ganz sorgenfrei wurde die Existenz Huwboldt's in Berlin übri- gens nicht; denn die wissenschaftliche und höfische Stellung nöthigte ihn zu grossen Ausgaben. Alexander von IIumboldt's Rückkehr nach Eerhu (1827). /31 versität Paris, so waren jetzt die Pariser Akademieen die vornehmsten Stätten der Wissenschaft, namentlich der Naturwissenschaften. Die deutschen Gelehrten, empfohlen oder nicht empfohlen, Meister oder Gesellen, wurden von Humboldt mit dem gleichen Wohlwollen auf- genommen , in die wissenschaftlichen Kreise eingeführt und auf jede Weise gefördert. Kehrten sie in die Ileimath zurück , so sorgte er auch dort für sie und bereitete ihnen durch Empfehlungsschreiben an Fürsten und Minister eine Stätte. Die unauslöschliche Dankbar- keit, die ein Liebig Humboldt lebenslang bewahrt hat, ist von zahl- reichen deutschen Gelehrten, die nachmals Führer in ihren Wissen- schaften geworden sind, getheilt worden. Sie haben in Humboldt, der in Paris freiwillig ein wissenschaftliches Consulat versah, ihren Gönner und Wohlthäter verehrt'. Nun kehrte er, nicht ganz freiwillig, nach Berlin zurück". Schwer riss er sich von seinen Pariser Freunden Arago, Gay-Lussac, BoNPLAND, Valenciennes uud SO vielcii Anderen los. »Dieser hoch- cultivirte, allseitig erregte Verkehr der Talente, die Freiheit, Gleich- heit und Brüderlichkeit im Esprit, in der Conversation, ja in der Medisance, das war die Luft, in der seine Seele, begierig und fähig unendliche Mittheilung zu spenden und zu empfangen, am liebsten und bequemsten athmete^. « Das Alles musste er in Berlin ver- missen. Neben dem geliebten Bruder, der sonst Alles, aber nur nicht die naturwissenschaftlichen Interessen mit ihm zu theilen ver- mochte, fand er dort nur hochgebildete Philologen. Die ausgezeich- neten Naturforscher, wie Buch und Mitscherlich , besassen nicht die Elasticität und Vielseitigkeit der Pariser Gelehrten. Aber seiner wartete eine hohe Aufgabe, eine höhere noch als sie ihm in Paris ^ Vergl. Bruhns" grosse Humboldt -Biographie (Leipzig 1872) und Dove in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 13 8.3580". - Bereits im November 1826, als Humboldt auf Besuch in Berlin war und die Akademie ihm zu Ehren ein Festessen gab, war die Rede davon, dass er als Präsident der Akademie, wie ehemals Leibniz, dauernd in Berlin bleiben werde (Varnhagen, a.a.O. Bd. 4 8.1371".). Dass ihm ein solches Anerbieten förmlich gemacht worden ist, ist zu bezweifeln. Die Acten enthalten nichts darüber, imd die Statuten kennen keinen Pi'äsidenten. Jedenfalls wünschte Humboldt damals nach Paris zurückzukehren. »Wie andere ihr Geld, so verzehrt er dort seinen Ruhm auf die angenehmste Weise«, schrieb Varnhagen mit billigem Spott. Dann hiess es, er solle beim Könige den \\)rtrag in Kunst- und Wissenschaftssaclien haben und ein Gehalt von 5000 Thlr. beziehen, auch würde es ihm freigestellt, vier Monate jährlich in Paris zuzubringen, b'gend welche bindende Verpllichtnngen wurden ihm nicht auferlegt, als er im folgenden Jahre wirklich kommen musste. ^ Dove, a.a.O. S. 371. 732 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhklm TIT. (1812-1840). gestellt war: den exacten Naturwissenschaften eine Stätte zu berei- ten, sie in das geistige Leben der Nation einzuführen, ja sie als Geistes Wissenschaften zu entwickeln und darzustellen. In ganz Euroj^a gab es keinen Mann, der für eine solche Aufgabe gründ- licher vorbereitet und durch Anlage und Erfahrung geschickter ge- wesen wäre als er. Er hat sie durchgeführt mit allen Kräften als Gelehrter, als Wissenschaftspolitiker, als Hofmann und als Mä- cenas. Er hat auch die kleinen Mittel nicht verschmäht, aber es wäre undankbar, sie ihm nachzurechnen. Wären sie nicht nöthig gewesen, so hätte er sie nicht gebraucht, und seine Schwächen, der ganze Apparat des Höfischen und Ceremoniösen, waren doch auch Kräfte und Waffen: der Glanz der Sterne, die er trug und Anderen vermittelte, fiel auf die Wissenschaften, für die er lebte. Wie einst Leibniz, dann Maupektuis die höhere Bildung nach Berlin getragen haben, so brachte nun Humboldt einer Gesellschaft, die in Poesie und romantischer Wissenschaft lebte, die Naturkunde. Fand er auch nicht eine Königin wie Sophie Charlotte, einen König wie Friedrich den Grossen, so fand er doch Gehör und Respect. Eben die Art, wie er die Naturwissenschaften aufzufassen, darzu- stellen und in Verbindung mit der vSprachwissenschaft, der Philo- logie und der Geschichte zu halten verstand, war im höchsten Maasse geeignet, die Nation für sie zu erziehen. Er hatte ein klares und sicheres Bewusstsein von der souveränen Bedeutung des Rech- nens, des Wagens und des Experiments, aber seine Stärke war nicht die exacte Forschung, soviel die Wissenschaft auch hier ihm zu verdanken hat. Natur-Anschauung und -Beschreibung, Zusam- menfassung des Beobachteten zu grossen Gruppen, Verwerthung der durch exacte Forschung gewonneneu Ergebnisse, um ein Welt- bild zu gewinnen , das war seine Aufgabe. Indem er sie löste, zerstörte er die Seifenblasen der Naturphilosophie und zwang die Nation, sich von dem trügerischen Glänze dieser vergänglichen Ge- bilde abzuwenden und ihr Interesse der wirklichen Wissenschaft zu schenken. Diese wuchs allmählich über ihn selbst hinaus — der »Kosmos« musste, noch unvollendet, nevien Welten Platz machen — , aber was er ihr geleistet, indem er ihr das Haus gebaut, Luft und Sonne gegeben , die Mittel besorgt und die Arbeiter geschützt hat, das ist unvergänglich. Bereits im ersten Winter, den er in Berlin verlebte, schuf er sich die ihm gebührende Stellung. Er machte von seinem Rechte, an der Universität Vorlesungen zu halten, Gebrauch und hielt einen Alexander vox Humisoldjs \'orlesuiigen (1827/28). ( 33 Cursus von 6i Vorträgen über den Kosmos vom Standpunkt des Naturforschers. Noch in demselben Winter hielt er ferner in der Singakademie i6 Vorlesungen ebenfalls über die Weltphysik; »ganz Berlin hörte sie vom König bis zum Maurermeister ^c . Diese Vor- lesungen haben Epoche gemacht; nicht als ob mit einem Schlage die Naturwissenschaften in den Mittelpunkt des Interesses gerückt worden wären, aber sie waren nun in den Kreis der höheren Bil- dung eingeführt. Aber noch ein Unternehmen wurde damals von Humboldt in's Werk gesetzt, das auch der Einbürgerung der Naturwissenschaften in Berlin dienen sollte. Es gelang ihm, die Naturforscher -Versammlung, die sechs Jahre vorher von Oken gestiftet worden war, für den Herbst 1828 nach Berlin zu berufen. Seinen und Lichtenstein's Bemü- hungen hatte sie es zu verdanken, dass die Tagung eine glänzende wurde. Humboldt eröffnete die Versammlung durch eine nach Form und Inhalt meisterhafte Rede, in der er dem Auslande zeigte, dass Deutschland doch auch auf dem Gebiete der exacten W^issenschaften etwas bedeute". Ampere und Berzelius waren schon im Jahre 1827 in Berlin gewesen ; der Letztere aber war zur Versammlung wieder erschienen. Die fremden Gäste wurden hochgeehrt. Humboldt selbst, der allgemein als der Hausherr betrachtet wurde , gab ihnen ein Fest, und der alte Beyme lud die Koryphäen der Versammlung, Gauss, Berzelius, Buch und Humboldt, zu sich nach Steglitz^. Seit dieser Tagung erblühte den deutschen Naturforschern ein frischeres Leben, und ein höheres Selbstbewusstsein war in ihnen erweckt. Mit den Mitgliedern der historisch- philologischen Klasse, be- sonders mit Schleiermacher und Böckh, stand Alexander von Hum- boldt in freundlichem Verkehr. Sein Bruder Wilhelm bildete die Brücke zu ihnen ; aber eine solche war kaum nöthig. Der Freund Goethe's suchte selbst den Umgang mit diesen Männern, und bald bedurfte er ihrer Mithülfe dringend, um den »Kosmos« in dem ^ Vergl. über sie Brihns (Dovk), a.a.O. Bd. 2 S. i33ff. (8.138!?. eine Skiz- zirung des Inlialts). Öffentliche Vorlesungen für weitere Kreise hatte zuerst .^.W. Schlegel, dann P'icHrE, zuletzt (1824/25) nocli Steffens und wiederum A.W.Schlegel (1827) gehalten, jener «unwissenschartlich und phantastisch« (über Anthropologie), dieser (Theorie und Geschichte der bildenden Künste) mit Geist, als das Haupt der romantischen Scliule, aber docli schon die Kritik der Berliner herausfordernd. - Al)gedruckt bei Bruhns, a.a.O. Bd. 2 8. 158 ff. und im Urkundenliand Nr. 201. ^ Siehe Varnhagen, a.a.O. Bd. 5 S. 117. V )i4 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812 — 1840). grossen Stile durcliziifüliren, in dem er ilin entworfen hatte. Dazu, es war ihm naturgemäss, jedem Gelehrten entgegenzukommen, in ihm den Collegen im vollen Sinne des Wortes zu sehen, von ihm zu lernen und ihn zu fördern. Nur mit Ancillon, der seine neidische Feindschaft gegen Wilhelm auch auf den Bruder übertrug, Hess sich ein Verhältniss nicht herstellen, und Hegel verharrte auch Humboldt gegenüber in olympischer Selbstherrlichkeit, überzeugt, dass keine Macht der Erde seine Lehre vom Throne zu stürzen vermöge; neben sich Hess er nur Goethe wirklich gelten. Da die Akademie dem Philosophen ihre Pforten verschloss, so versuchte er selbst eine Akademie zu begründen; denn so darf man das Unternehmen der »Societät für wissenschaftliche Kritik« bezeichnen, das er im Jahre 1826 in Verbindung mit seinem Schüler Gans in's Leben rief. Schon vor Jahren hatte er — die Verwandt- schaft mit einem ähnlichen Plane des jugendlichen Leibniz ist be- merkenswerth^ — eine kritische Staatsanstalt zur Leitung und Regu- lirung der wissenschaftlichen Production beantragt. Es sollte eine Musteranstalt für Kritik geschaffen werden , geleitet von einem Colle- gium, dem die Würde einer Behörde zu verleihen sei. Der Minister erhob doch Einwendungen, und Gans hat das Verdienst, das Unter- nehmen in freiere Bahnen gelenkt zu haben. Es sollte ursprüng- lich nicht im Zwange der Schule stehen und der Partei dienen, sondern allen tüchtigen Gelehrten zugänglich sein. Am 18. Juli 1826 erliess Hegel die Einladungen an zahlreiche Berliner und aus- wärtige Collegen: eine Societät für wissenschaftliche Kritik sollte begründet werden in drei Abtheilungen (philosophisch, philologisch- historisch, naturwissenschaftlich); sie sollte regelmässig Sitzungen halten und »Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik« herausgeben. Der Ministerialrat!! Johannes Schulze interessirte sich lebhaft für diese Societät. Als sie wirklich in's Leben gerufen wurde, trat er ihr bei, besuchte ihre Sitzungen und gewann ihr eine Reihe nam- hafter Mitglieder (Welcker, Schlegel, Passow u. s. w.f. Auch Wilhelm von Humboldt und Goethe folgten der Einladung und haben mitgearbeitet, ferner Rückeet, Boisseree, Thibaut, Bopp, BöcKH, Varnhagen und Andere. Die starke Betheiligung der aus- gezeichnetsten Männer ist ein Beweis von dem Ansehen, das Hegel genoss ; aber manche von ihnen sind nur beigetreten , um das Unter- ^ Siehe oben S.ayff. '^ Das Ministerium bewilHgte einen Zuschuss von 800 Thlr. für die Jahrbücher. Hegel"s »Sücietät l'ür w issenscliat'tliclie Kritik" (l!S"2(3). i'6ö nehmen vor der Einseitigkeit der Schule zu schützen. Das war doch vergehlicli. Schleiermacher zur Mitarbeit aufzufordern, hatte Hegel von Anfang an unbedingt verweigert inid Hess sich durch keine Vorstellungen dazu bewegen. Alles Philosophische in den »Jahrbüchern« musste sich der HEGEL'schen Lehre beugen. Der Meister setzte es z. B. durch , dass eine von Trendelenburg einge- schickte Besprechung einer Schrift Michelet's zurückgewiesen wurde, obgleich Trendelenburg Mitglied der Societät war\ Michelet aber vv^urde es gestattet, den Grundgedanken der ScHLEiERMACHER'schen Glaubenslehre in den Jahrbüchern einen »unglücklichen Einfall« zu nennen, und Hinrichs durfte Herbart's Psychologie kurzweg als ein langweiliges Buch bezeichnen. Brandis', Niebuhr's, Twesten's und Anderer Klagen über die Einseitigkeit der Jahrbücher, die als Generalsecretär erst Gans , dann Hegel's treuster Schüler von Henning leitete, w^aren daher wohl berechtigt". Hegel selbst hat nicht verhehlt, dass er Schleiermacher's Mit- arbeit an den Jahrbüchern auch deshalb nicht wünsche, Aveil ihm dieser die Pforten der Akademie verschlossen halte. So war es wirklich. Schleiermacher fürchtete die Despotie der HEGEL'schen Philosophie: wenigstens die Akademie sollte frei von ihr bleiben. In denselben Tagen , da Hegel die Jahrbücher gründete , entschloss sich Schleiermacher, seinen alten Plan, die philosophische Klasse der Akademie aufzuheben, wieder aufzunehmen. Diesmal hat er ihn durchgeführt. Am I I.Juli 1826 zeigte Buttmann an, dass er das Secretariat der historisch -philologischen Klasse seines hohen Alters wegen niederlege: am nächsten Tage erklärte Schleiermacher, dass er vom Secretariat der philosophischen Klasse zurücktreten und sich aus- schliesslich zur historisch -philologischen Klasse lialten werde. Als Gründe gab er an , dass er schon vor Jahren den Antrag auf Auf- hebung der philosophischen Klasse gestellt habe, dass die wenigen Mitglieder der Klasse (ausser ihm Savigny, Ancillon, Erman und Link) ausnahmslos auch in anderen Geschäftskreisen thätig und zu- gleich Mitglieder anderer Klassen seien, endlich dass bereits seit ' Er blieb es aucii nach dieser Zurückweisung. 2 Die Jahi-bücher erscliienen von 1827 bis 1840 (jährlich zwei Bände), vergl. über sie Hegel's Werke Bd. 17 S. 368ff., 532ff. und seine Briefe (herausgegeben von K.Hegel Bd. 2 S.212); Rosenkranz, Hegel's Leben S.jSgff.; Varnhagex. a.a. 0. Bd.4passim; Varrentrapp, Jon. Schulze, S.435ff.; Geiger, Berlin. Bd. 2 S.6r i ff. ; Heinrici, D. August Twesten S.422f. 7H6 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812—1840). einem Jahre keine Klassensitzung zu Stande gekommen sei. »Man könnte wohl sagen, hierdurch spräche sich zunächst das Bedürfniss aus, die Klasse durch neue Mitglieder zu ergänzen, und allerdings giebt es ein paar Männer von so entschiedenem philosophischen Werth und Ruf in Berlin, dass gegen ihre Wahl keine Ausstellung zu machen wäre.« »Wenn trotzdem kein Antrag je gestellt w^orden, so hat das darin seinen Grund, weil zwei Mitglieder mehr dem Übel nicht abgeholfen hätten^ und weil man ja überhaupt eine Aufhebung der Klasse wünschte. « Er erklärte am Schluss seines Schreibens, er werde die Klasse auffordern, sich über einen neuen Secretar schlüssig zu machen; sollte sie aber seinem Beispiele folgen wollen, so sei er bereit, die Geschäfte bis zur definitiven Aufhebung der Klasse fortzuführen. Zunächst hatte sich also die Klasse zu äussern. Savigny, der Akademie bereits entfremdet, schrieb, er verlasse Berlin und sei da- her verhindert, in dieser Sache auf irgend eine Weise mitzuwirken"^, Link sprach den Wunsch aus, Schleiermacher möge das Amt be- halten; freilich seien in den letzten Jahren, sofern überhaupt ein- mal eine Sitzung zu Stande gekommen sei, nur Schleiermacher und er anwesend gewesen. »Es hatte seine Sonderbarkeit, wenn wir uns einander vorlesen w^oUten; man weiss nicht, was man für ein Gesicht dazu machen soll. « Dennoch wünsche er, dass die Klasse fortbestehe; es finden sich vielleicht aus den anderen Klassen Mit- glieder, die beitreten wollen ; ausser Schleiermacher könne aber Nie- mand das Secretariat übernehmen, da Savigny und Ancillon durch andere Geschäfte verhindert seien und Erman selten komme. »Eigent- liche Speculation ist allerdings nicht Gegenstand solcher Gemein- schaften; sonst hätte ich längst den Speculan ten, Hrn. Hegel, vor- geschlagen ; aber ausser Speculation giebt es noch Gegenstände der Philosophie, und also bitte ich den Hrn. Secretar, noch einige Zeit der Sache ruhig zuzusehen. « Ancillon schloss sich Link an, aber Erman, verletzt durch dessen Äusserung, er komme selten in die Sitzungen, erklärte bereits am 13. Juli seinen Austritt aus der Klasse. Zehn Tage darauf zeigte Schleiermacher der Klasse diesen Austritt an, bemerkte, dass auch Savigny ihm mündlich erklärt habe, er wolle ebenfalls lediglich der historisch-philologischen Klasse angehören, unter deren Arbeiten die ^ Das ist kein eindrucksvolles Argument. ^ Er ging nach Italien und blieb daselbst ein Jahr (1826/27). Die Aiifliebung der philosophischen Klasse (1826). 7Hv seinigen schon immer gestanden hätten, und freue sich, von einer Klasse loszukommen, deren Hauptrichtung ihm niemals habe aka- demisch erscheinen wollen; da er, Schleiermacher, bei seinem Be- schlüsse bleibe, die Klasse zu verlassen, so bestände sie somit nur noch aus Ancillon und Link; er könne ihnen daher nur rathen, seinem Beispiele zu folgen, und bäte um eine runde Erklärung: seien sie entschlossen, die Klasse doch aufrecht zu erhalten, so wolle er die Geschäfte bis zur Neuwahl eines Secretars fortführen. Die Entwicklung der Dinge erhielt durch diese Wendung einen tras'ikomischen Anstrich. Während in Berlin und Norddeutschland die Philosophie unter Hegel's Führung den mächtigsten Aufschwung nahm und alle übrigen Interessen zu verschlingen drohte, wurde die Entscheidung, ob die Akademie ihre bereits dem Marasmus verfal- lene philosophische Klasse aufrecht erhalten solle oder nicht, einem Diplomaten und einem Botaniker zugeschoben! Doch in Wahrheit hatte Schleiermacher's Austritt die Frage bereits entschieden. Ancil- lon schrieb (25. Juli): »Ich hätte geglaubt, dass zur Ehre des un- sterblichen Stifters der Akademie und des deutschen Geistes, der ganz besondere und eigenthümliche Wahlverwandtschaften mit den philosophischen Gegenständen hat, die Klasse beibehalten werden könnte. Zu Gesammtarbeiten eignet sie sich nicht, aber zur Be- lohnung und Aufmunterung der philosophischen Virtuosität hätte sie immer noch ferner dienen können. Da ich aber nicht ein Lebens- princip für dieselbe sein kann, und die Lieblinge der Philosophie sich zum Tode der Klasse verschworen haben, so will ich nicht das Endurtheil abwehren. Ungern und gewissermaassen gezwungen biete auch ich die Hand zu unserem Selbstmord«. Link bemerkte: »Ich glaube nicht, dass wir die Klasse aufheben können, ohne an das Plenum zu gehen. Vorläufig wird aber keine Wahl von neuen Mit- gliedern möglich sein, da Ancillon und Savigny verreist sind«. Am 26. Juli sandte Schleiermacher diese Schriftstücke an das Secretariat, dabei bemerkend, dass Ancillon und Link den Stand der Sache nicht ganz rein aufgefasst hätten. »Jede philosophische Virtuosität kann durch die Akademie belohnt und aufgemuntert werden, je nachdem der Mann sich mehr zur geschichtlichen oder naturwissenschaftlichen Seite neigt, durch eine der beiden Klassen; die Klasse aber aufheben zu wollen, ohne an das Plenum zu gehen, ist mir nie eingefallen.« Ein paar Monate ruhte nun die Angelegenheit, complicirte sich aber; denn im November 1826 wählte die historisch -i:)hilologische Geschichte der Akademie. I. 47 738 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812—1840). Klasse Schleiermacher zu ihrem Secretar an Buttmann's Stelle, während er doch die Geschäfte der philosophischen Klasse noch fortführte. Das Verfahren war nicht correct — die Akademie be- trachtete die philosophische Klasse als nicht mehr vorhanden — und erklärt sich nur aus der Absicht, Buttmann das Secretariats- gehalt zu belassen , bis der Minister entschieden haben w^ürde , dass es ihm dauernd als Ruhegehalt zu gewähren sei. Im Januar 1827 traf diese Entscheidung ein, zugleich aber wurde die Akademie zum Bericht darüber aufgefordert, wie die Secretariatsgeschäfte in der historisch-philologischen Klasse interimistisch verwaltet würden. Diese Aufforderung war wohlverständlich; denn die Akademie hatte bisher dem Ministerium keine Kenntniss von den inneren Verände- rungen gegeben , die sich factisch bereits vollzogen hatten ; auch Schleiermacher's Wahl zum Secretar der historisch -philologischen Klasse war noch nicht angezeigt worden, da sie bis zur Regelung der BuTTMANN'schen Sache als provisorische galt. Aber auch jetzt zögerte die Akademie noch , einen Bericht einzusenden ; sie wollte einen so wichtigen Entschluss — die Aufhebung der philosophi- schen Klasse — , der viele Veränderungen in ihrer Organisation zur Folge haben musste, nur nach reiflicher Überlegung thun, und wünschte vor allem, dass Savigny, dessen Rückkehr aus Italien man im Frühling erwartete, sich an den Berathungen betheilige. Ende April erinnerte Altenstein an den geforderten Bericht. Mündliche Mittheilungen hatten ihn orientirt; er sah ein, dass es sich um eine die Verfassung der Akademie betreffende hochwichtige Angelegenheit handle. Daher griff er auf den Revisions-Ausschuss zurück. Dieser habe auf seine Verfügung vom 18. October 1820 bis jetzt noch keine Vorschlüge über zweckmässige Veränderungen gemacht; er bringe daher (nach sieben Jahren) diese Angelegenheit in Erinnerung. Zugleich übersandte er die Statuten der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften vom 21. März 1827 und machte dabei auf die dort vorliegende Verbindung der Philosophie mit der philologischen Klasse aufmerksam; er sei nicht abgeneigt, eine ähnliche Verbindung in der hiesigen Akademie zu befürworten, falls die Besetzung einer besonderen philosophischen Klasse schwierig sei. Am Schluss seines Schreibens bemerkt der Minister, dass an Stelle des verstorbenen Tralles und einiger zur Zeit abwesender Mit- glieder P^NCKE und Alexander von Humboldt in den Revisions-Aus- schuss aufgenommen werden könnten. »Alexander von Humboldt's Ankunft steht dem Vernehmen nach bevor, und seine Einsicht und Die Aufhebung der ])hilosophischen Klasse (1827). /8^) Bekanntschaft mit den Einrichtungen anderer gelehrter Gesellschaften benutzen zu können, wird dem Ausschuss willkommen sein'.« Alten- stein hatte somit erkannt, 2 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelbi III. (1812—1840). Hierauf geht Schleiermacher auf den Satz in der Replik der physikalisch -mathematischen Klasse ein, in welchem die Möglich- keit zugestanden war, dass einige Mitglieder bei ihrem negativen Votum Rücksicht genommen hätten auf die künftigen, in das Gebiet der physikalischen und mathematischen Wissenschaften einschlagen- den Arbeiten der Vorgeschlagenen. Mit Recht bemerkt er, dies könne sich nur auf Hegel beziehen; denn auf Ritter träfe die Be- merkung nicht zu und Auswärtige kämen überhaupt dabei nicht in Betracht. Man erwartet nun, dass Schleiermacher auf Hegel ein- gehen und sich zu jener Befürchtung äussern werde; aber er geht schweigend über sie hinweg, giebt also Hegel indirect Preis und begnügt sich fortzufahren: «In Beziehung auf alle An- deren bleiben wir [ihre Ablehnung betreffend], wenn wir nach Mo- tiven suchen, darauf angewiesen anzunehmen, dass wirklich die Mehrzahl der Klasse der Maxime folgt, die andern durchfallen zu lassen, weil Einer durchgefallen war, wie ja auch Mitglieder sich geäussert und Wilhelm von Humboldt es in seinem Separatvotum mitgetheilt hat. Ist dem so, dann ist die Ordnung der Vorschläge etwas sehr Wichtiges, das Plenum aber hat eigenmächtig die Ord- nung geändert, indem es über Hegel zuerst abstimmen Hess. Da- mit ist die ganze Wahlhandlung der Nullität zu zeihen; die Reihen- folge war: Cousin, Schelling, Hegel, Ritter«. »Wir dürften also in Zukunft im günstigsten Fall immer nur mit einem Wahlvorschlag kommen, während die andere Klasse das nicht nöthig hat, wie sie ja schon jetzt wieder mit dreien für ein Hauptfach kommt.« Da wird es bald so weit kommen, dass sie in Besitz aller Gehalte ist. Wilhelm von Humboldt hatte beiläufig geäussert, Jacob Grimm sei zurückgewiesen worden , weil man ihn nicht gekannt habe. Das veranlasste Schleiermacher zu bitteren Äusserungen ; eben hierin zeige sich das mangelnde Vertrauen gegenüber der Klasse. Diejenigen Mit- glieder der anderen Klasse, welche sich in der Zeit vom Juli bis zum December (1830) nicht selbständig hätten instruiren wollen, wären verpflichtet gewesen, der philosophisch -historischen Klasse ihr Vertrauen zu schenken und dem Vorschlag zuzustimmen. Das Schreiben gipfelt in dem Satze: »Da wir die Freiheit der Ab- stimmungen nicht anfechten wollen, auch unsre Collegen nicht um die Wurzel der Schwierigkeit und hier — war er selbst innerlich Parteigenosse derer, die Hegel abgelehnt hatten. Dass Grimm nur durch einen Zufall nicht die Majorität erlangt hatte, musste er übrigens wissen, und der ironische Ton der Ein- gabe wirkt peinlich. Spannungen zwischen den beiden Klassen (1831). 763 Reclienschaft über ihre Abstimmung angehen können , so müssen wir uns trennen«. Die Klasse nahm dieses Schreiben mit Majorität (9 Stimmen) an ; aber vier MitgUeder waren anderer Meinung (Hirt und Meineke haben überhaupt nicht gestimmt; warum ist nicht ersichtlich). Sa- viGNY erklärte, dass er der ganzen Sache zu fremd geblieben sei, um mit wahrer Sachkenntniss unterzeichnen zu können; Wilhelm von Humboldt verwies auf sein Separatvotum; Uhden und Karl Ritter kündigten solche an. Von den Übrigen stimmten Bekker, Ideler, Bopp und Lachmann dem Schreiben rund zu. Wilken wünschte an einigen Stellen Milderung des Ausdrucks; »auch möchte ich rathen, etwas zu Gunsten des Hrn. Hegel zu sagen , der mir als Erfinder in der speculativen Philosophie viel höher zu stehen scheint als die HH. Cousin und Ritter«. Ihm stimmten, auch in Bezug auf Hegel, Ancillon und Raubier bei, während umgekehrt Böckh das Schreiben fast zu milde fand und »nicht gegen eine Verschärfung sein würde«. Zu Gunsten Hegel's wollte auch er etwas gesagt wissen. Schleiermacher redigirte nach diesen Bemerkungen die Ein- gabe auf's Neue (13. Juli 183 i). Bedeutend milder heisst es jetzt: »Wäre es möglich, die Gleichheit zwischen beiden Klassen, welche auch Hr. W^ilhelm von Humboldt nicht nur für wünschenswerth, son- dern fast für noth wendig hält, auf einem anderen Wege herzustellen, so wollten wir gern unsern Antrag zurücknehmen«. In Bezug auf Hegel hat sich Schleiermacher nur zu folgendem Satze bequemt, der aus seiner Feder frappirt: »Hegel, dessen speculatives Talent so hervorragend ist und der als Gründer eines neuen Systems so allgemein anerkannt ist, dass wir ihn nicht erst durch unser Lob können geltend machen wollen. Mit welchem Recht nun ihm ein Platz in der Akademie um jener Besorgniss willen [dass er in die naturwissenschaftlichen Disciplinen ungünstig eingreifen werde] ver- sagt werden kann , da doch die Akademie selbst immer erst über die Aufnahme der einzelnen Arbeiten entscheidet, lassen wir ganz dahingestellt sein«. In der Forderung der Trennung gipfelt das Schreiben noch immer: »Unser Antrag ist kein unbegründeter Gewalt- schritt, sondern das einzige Mittel, um ein der andern Hälfte gleicher Theil der Akademie zu bleiben; aber — so wird hinzugefügt — , wir würden uns freuen, ein anderes und leichteres angegeben zu sehen « . Das Schreiben ging wirklich an den Minister ab. Von den beigegebenen Separatvoten ist das Uhden's unerheblich ; es sagt 764 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812—1840). eigentlich nur, der Vorselilag greife so tief in die Organisation der ganzen Akademie ein, dass es das Beste sei, den im Jahre 1829 ein- gereichten neuen Statuten -Entwurf sich zurück zu erbitten und die Revision der Statuten noch einmal vorzunehmen. Dagegen ist das Votum Karl Ritter's beifallswerth und sehr versöhnlich. Er be- merkt, durch die Erklärung der anderen Klasse sei in Worten Alles gut gemacht; man dürfe hoffen, dass Thaten nachfolgen werden; man solle es auf neue Wahlversuche ankommen lassen; eine Ände- rung von aussen sei nicht rathsam; die Akademie solle von innen heraus die Störung beseitigen. Der Minister zögerte mit einer Antwort, und in diesem Fall war Zögern gewiss das Beste. Am 14. November 183 i wurde Hegel durch einen plötzlichen Tod der Wissenschaft und dem Vaterlande entrissen. Damit war dem Contlict der Klassen die Wurzel abge- schnitten ; aber den Einsichtigen musste es schmerzlich sein , dass es zu Hegel's Aufnahme in die Akademie nicht mehr gekommen war. Die Spannung der Klassen löste sich übrigens nicht sofort. Als die physikalisch -mathematische Klasse am 17. November 1831 ihren seit dem Januar zurückgestellten Wahlvorschlag wieder aufnahm, erklärte die andere Klasse unter Schleiermacher's Führung schrift- lich: »I. dass sie darauf beharren müsse, es sei unangemessen, in der gegenwärtigen Lage der Dinge ordentliche Mitglieder zu wählen, dass sie 2. vielmehr darauf antrage, die Akademie möge den Hrn. Minister auf's dringendste bitten , sich über die Vorschläge der Klasse betreffend eine Trennung beider Klassen in Beziehung auf die Wahlen und die Fonds definitiv zu erklären, 3. dass aber, wenn statt dessen die Wahlversammlungdennocli, wie beschlossen, ausgeschrieben werde, die Klasse sich gemüssigt finde, bei dem Hrn. Minister die drin- gendste Protestation gegen jeden Erfolg dieses Acts einzulegen«. Die Akademie beschloss auf dieses Schreiben hin (24. Novem- ber 1831), die angesetzte Wahlversammlung einstweilen noch zu verschieben, dagegen den Klassen aufzutragen, bis zur nächsten Plenarsitzung eine Commission aus sechs Mitgliedern (die 4 Secre- tare und 2 gewählte Mitglieder) zu ernennen, welche von den Klassen so weit als bevollmächtigt angesehen werden solle, dass ihre Be- schlüsse nicht mehr an diese zurückgingen, sondern sofort dem Plenum vorgelegt würden; die Commission soll allein zum Zweck haben, die bestehenden Differenzen, wenn möglich, auszugleichen. Diese aus Erman, Encke, Schleiermacher, Wilken und den gewählten Mitgliedern Buch und Böckh bestehende Commission Die Lösung der Krisis zwischen den beiden Klassen (1831/32). 765 trat am 12. December zusammen. Im Namen ihrer Klasse erklärten Schleiermacher, Wilken und Böckh, die Klasse fühle das Bedürf- niss, sich zu A^erstärken und habe sich bereits über sechs neue Mit- glieder (unter ihnen H. Ritter) geeinigt. »Der Ausfall der letzten Wahlversammlung indessen habe die Besorgniss bei der Klasse ge- weckt, als liege in der bisherigen geringeren Anzahl der Mitglieder der philosophisch -historischen Klasse im Vergleich mit der physi- kalisch-mathematischen ein Hinderniss, welches jeder Vermehrung der philosophisch -historischen Klasse für die Zukunft sich in den Weg stellen würde, und diese Besorgniss habe den Wunsch einer theilweisen Trennung hervorgerufen ; die Klasse wünsche deshalb, bevor sie die neuen Vorschläge zu einer definitiven Wahl vorlege — wodurch, falls die Vorgeschlagenen erwählt würden, eine solche Besorgniss für die Zukunft gänzlich gehoben sei — irgend eine Art von Garantie, dass kein solches allgemeines Hinderniss der Ver- mehrung der Klasse obwalte, ohne jedoch der Wahlfreiheit eines jeden Akademikers im mindesten Eintrag tlmn zu wollen. Ohne solche Garantie könne sie nicht umhin, ihre Existenz in der Ver- einigung mit der physikalisch -mathematischen Klasse für gefährdet zu halten.« Hiermit hatte die Klasse den Rückzug angetreten; aber wie sollte ihre Forderung einer Garantie erfüllt werden , ohne die Frei- heit der Wahlen zu gefährden? Die Vertreter der anderen Klasse erklärten, es sei kein Grund zu einer Besorgniss vorhanden; sie sei ihnen unerklärlich. Schliesslich einigte man sich, dem Plenum folgenden Vorschlag zu machen: die philosophisch-historische Klasse solle aufgefordert werden , ihre sechs Vorschläge dem Plenum ein- zureichen und über sie zusammen mit den zwei Vorschlägen der anderen Klasse abstimmen zu lassen, so jedoch, dass zuerst über jene abgestimmt werde, obgleich die Vorschläge der physikalisch- mathematischen Klasse dem Plenum bereits vorlagen. Durch diese Concession erklärten sich die Vertreter der philosophisch -historischen Klasse für befriedigt, und auch im Plenum ging der Antrag fast einstimmig durch (15. December 1831). Damit war der Conüict be- seitigt. H. Ritter, Ranke, Eichhorn, Hoffmann, Levezow, Dirichlet und H. Rose wurden am 13. Februar 1832 glatt gewählt, ein Jahr später auch der Germanist Graff\ Die philosophisch -historische ' Varnhagen's Wahl ist damals auch in's Auge gefasst worden, wie aus einem Brief Wilhelm von Humboldt's an ihn vom 5. März 1832 hervorgeht (Dorow, Briefe und Denkwürdigkeiten 3. Bd. S.8: »Ich habe mit grosser Freude gehört, dass die 766 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812-1840). Klasse zählte somit am Anfang des Jahres 1833 einmidzwanzig Mitglieder, die physikalisch - mathematische dreiundzvvanzig'. Das Gleichgewicht war hergestellt. Am I 2. Februar 1834 erlitt die Akademie den schmerzlichsten Verlust: Schleiermacher, völlig ausgesöhnt mit den Mitgliedern der anderen Klasse, wurde ihr entrissen, und ein Jahr später folgte ihm Wilhelm von Humboldt. Jenem ist in der Akademie keine Gedächt- nissrede gehalten worden, auch den beiden nicht lange vorher ver- schiedenen auswärtigen Mitgliedern Niebuhr und Goethe nicht. Die Grösse der Aufgabe mochte die Akademiker schrecken ; aber Savigny oder BöcKH oder Alexander von Humboldt wären wohl im Stande gewesen, würdige Worte zu sprechen". Die Aufforderung der Aka- demie , seinem Bruder Wilhelm den Nachruf zu halten , hat Alexander von Humboldt abgelehnt: »Es würde mir unmöglich sein, über den so innigst geliebten Bruder zu sprechen oder zu schreiben. Ich würde mich immer durch meine Lage als Bruder und die Pilichten der Mässigung, welche aus dieser Lage entstehen, dergestalt be- fangen fühlen, dass ich das betrübende Gefühl haben würde, auch mit dem besten Willen und von der Grösse des Gegenstandes durch- drungen, eine solche Aufgabe schlecht zu lösen. Befangenheit nimmt die Freiheit, und ohne freie Zuversicht bringt man nichts Befriedigendes hervor. . . . Mein Bruder war ein warmer Freund hergebrachter akademischer Formen, und wir müssen also nach den Grundsätzen der Öffentlichkeit und Gleichheit, denen meine Familie anhängt, wünschen, dass die Erwähnung des Hingeschiedenen von dem Herrn Secretar der Klasse geschehe, zu der er gehört. Sie wissen, wie lebhaft sich mein Bruder für die Ernennung unsers Freundes, des Geheimen Raths Böckh, interessirt hat^, wie hoch mein Bruder die philosophische Ansicht des gesammten Alterthums in diesem schätzte. Die Sache ist also in guter Hand«*. Akademie mich näher mit Ew. Hochwohlgeboren verbinden wird. Leider besuche ich sie nur jetzt so selten«). Man Hess den Plan aber wieder fallen , und das war gut. ' Von ihren 24 Mitgliedern (i. Januar 183 1) waren drei gestorben (Fischer, Seebeck, Rudolphi); Dirichlet und Rose^ waren hinzugetreten. Da im Laufe des Jahres 1833 auch Hermbstaedt und Oltmanns starben, Heinrich Ritter nach Kiel ging, betrug die Anzahl der Mitglieder im December 1833: 21-1-20. - Ausserhalb der Akademie hat Savigny das Andenken Niebuhr's durch tief- empfundene Worte und Berichte über seinen Lebensgang verewigt. ^ Böckh war kurz vorher an Schleiermacher's Stelle zum Secretar gewählt worden. * Brief an Lichtenstein vom 7. Juni 1835 bei Bruhns, Alexander von Hum- boldt Bd. 2 S. 222 ff. Schleiermacher's und WiLHF.r.M VON Humroldt's Tod (18.'54. 1835). 76/ BöcKH hielt den Nachruf »mit gewohnter Würde« am Leibniz- Tage 1835. Ein ausfülirlicherer, der folgen sollte, ist aber nicht gehalten worden; in jenem Nachruf fand Böckii das bezeichnendste Wort, indem er Wilhelm von Humboldt »einen Staatsmann von perikleischer Hoheit des Sinnes« nannte. Treffliches Material zur Charakteristik des grossen Todten hatte Alexander von Humboldt ihm geboten in eben jenem Briefe an Lichtenstein (den wir oben citirt haben und) der auch für Böckh bestimmt war: Ich glaube, davSS nichts inelu' den Verewigten charakterisirte, als die Tiefe, mit der er in Geist, Anmuth der Sitten, Heiterkeit des Ge- müths. Stärke und Würde des Charakters, Freiheit des Sinnes, Unab- hängigkeit von den einseitigen Bedrückungen der Gegenwart, von dem Geiste des Alterthums als Staatsmann, als Gelehrter, als Freund und Verwandter durchdrungen war. Er erschien mir immer als der Retlex von dem, was in der höchsten Blüthe der Menschheit uns aus vergangenen Jahrhunderten entgegenstrahlt. Soll ich an Einzelnes erinnern, was er geleistet hat, so stelle ich obenan: Fundation der Berliner Universität und der damit zusammenhängenden Institute; Erbauung der Sternwarte in Königsberg, die so wichtig geworden ist; Errichtung des Museums, die ihm der König übertrug. Unter den litterarischen Werken die poe- tischen: »Agamemnon«, »Pindarische Oden», Chöre und sein Gedicht »Roma"; unter den prosaischen: »Über Hermann und Dorothea«, eigent- lich über das Epos im Allgemeinen, die Untersuchungen über die iberi- schen Völkerschaften, die Basken schildernd als einen grossen Theil des Mittelmeeres umwohnend; viele ästhetische und Kunstaufsätze in den »Hören«, über Philosophie der Grammatik in den Schriften der Akademie der Wissenschaften, und die geistreiche »Lettre ä Mr. Abel Remusat« über den Sprachbau des Chinesischen. Diese Arbeiten von so geringem Umfang tragen alle den gemeinsamen Charakter, dass sie von dem festen Grunde des einzeln Ergründeten zu höhern, allgemeinen philo- sophischen Ansichten übergehen. Diese Fähigkeit, der Masse des Durch- forschten und Gesammelten nicht zu erliegen, das heterogen Scheinende zu concentriren und nach grossartigen Ansichten in Einklang zu bringen, bei steter Klarheit der Schreibai"t und Beibehaltung solcher Formen, welche langes Studium und lange Vorliebe metaphysischen Ideengangs verrathen, dem Stile nie den belebenden Hauch der Einbildungskraft zu entziehen, charakterisirt recht eigentlich die Arbeiten des Hingeschiedenen. Er hat neben sich entstehen sehen und mächtig gefördert eine neue allgemeine Sprachwissenschaft, ein Zurückführen des Mannigfaltigen im Sprachbau auf Typen, die in geistigen Anlagen der Menschheit gegründet sind. Den ganzen Erdkreis in dieser Mannigfaltigkeit umfassend, jede Sprache in ihrer Structur ei'gründend, als wäre sie der einzige Gegenstand seiner Forschungen gewesen, als verdiene sie die Aufmerksamkeit, welche ehe- mals nur Idiomen gegönnt wurde, auf welche der Glanz einer vollendeten Litteratur zurückstrahlt, wnv der Verewigte nicht bloss unter seinen Zeit- genossen derjenige, welcher die meisten Sprachen gi-ammatikalisch studirt hatte, er war auch der, welcher den Zusammenhang aller Sprachformen und ihren Eintluss auf die geistige Bildung der INIenschheit am tiefsten und innigsten ei-gründete. Das Werk, welches wir jetzt drucken la.ssen, 768 Geschichte der Akadeinie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812-1840). wird die Nacliwelt lehren, wie, nach einem langen, allein geistigen Be- strebungen gewidmeten Leben, eine mächtige Intelligenz die einzelnen Strahlen der Erkenntniss concentriren , das Mannigfaltigste beherrschen, den organischen Bau der Rede den ewigen Gesetzen dieser Intelligenz unterwerfen kann. Wie Sie, mein theurer Freund, wünsche ich, dass in der nächsten Sitzung ein Fragment aus der Einleitung gelesen werde. Es wii'd gewiss von grossem Effect sein , wenn wir die AusAvahl so treffen, dass die Sprache lebendig und der Inhalt allgemein interessant, also in Beziehung auf Geselligkeit und Civilisation ist. Mögen wir auch einen Leser finden, der nicht, wie in unserer Akadeinie leider so oft der Fall ist, in sich hineinspricht. Das Werk, um das es sich hier handelt, ist das berühmte über die Kawisprache. Alexander von Humboldt wählte aus der Einleitung geeignete Stellen zur Vorlesung in der öffentlichen Sitzung aus'. Wilhelm von Humboldt war unersetzlich ; aber auch Schleier- macher's und Hegel's Lehrstühle sind nicht so besetzt worden, dass die Akademie die Nachfolger in ihre Mitte aufnehmen konnte. An Schleiermacher's Stelle wollten Altenstein und Johannes Schulze" Baur aus Tübingen nach Berlin ziehen (neben Klaus Harms aus Kiel); allein sie vermochten es nicht; denn bereits hatte der König in Bezug auf das Cultus- und Unterrichtsdepartement dem Kronprinzen freie Hand gelassen, und dieser war ein heftiger Gegner nicht nur 1 Um auch nach aussen zu bekunden, wie hoch sie Wilhelm von Hubiboldt schätze, beschloss die Akademie, das grosse dreibändige Werk über die Kawi- sprache in ihren Abhandlungen erscheinen zu lassen. Der Jahrgang 1832 umfasst vier Abtheilungen (erschienen 1834, 1836, 1837 und 1838); die drei letzten ent- halten jenes Werk. Alexander von Humboldt hat es (mit Hülfe Buschbiann's) zum Druck befördert und bevorwortet. ^ Im Jahre 1834 wählte die philosophisch - historische Klasse Johannes Schulze zu ihrem ordentlichen Mitgliede. Durch seine Herausgabe der Werke Winckel- mann's sowie durch andere Arbeiten, vor Allem aber durch seinen echt wissen- schaftlichen Sinn und seinen weiten Umblick hatte er sich eine anerkannte Stellung in der Wissenschaft erworben. Auch musste es der Akademie willkommen sein, wieder einen Ministerialrath in ihrer Mitte zu sehen , nachdem Suevern gestorben war. Allein Schulze erklärte, er dürfe die Wahl niclit annehmen , da er die Pflich- ten eines Mitglieds zu seinen übrigen Ämtern nicht übernehmen könne (s. Varren- TRAPP, a.a.O. S. 560). Die Klasse erkannte das an, theilte aber Schulze mit, sie werde die Wahl bestehen lassen, bis sich die Verliältnisse geändert haben würden. Im Jahre 1854 wurde er zum Ehrenmitgliede gewählt. Als er im Jahre 1859 aus dem Ministerium ausschied, hat er wohl daran gedacht, nun als ordentliches Mit- glied in die Akademie einzutreten. Allein er stellte zu hohe Anforderungen an die Vorträge und die productive Thätigkeit eines Akademikers und Hess den Gedanken daher wieder fallen. In die Sitzungen der Akademie ist er öfters gekommen. Am 30. August 1858 zu Schulze's fünfzigjährigem Amtsjubiläum widmete ihm die Aka- demie eine Zuschrift (abgedruckt in den Monatsberichten 1858 S. 458 ff.), in der seine hohen Verdienste um die Wissenschaft und die Wissenschaftspflege in den wärmsten Worten anerkannt sind. Baur. Vatke. Gabler. Henning. 769 der HEGEL'scheii Pliilosophie , die ihm »Selbstvergötterung« war, sondern auch der freien Theologie, wie sie Schleiermacher vertreten hatte. Daher ist auch der Mann nicht Ordinarius in Berlin und Mitglied der Akademie geworden, der im Jahre 1835 sein epoche- machendes Werk »Die Religion des Alten Testaments« hatte er- scheinen lassen, Vatke. Seine Wahl hätte um so willkommener sein müssen, als er mit der gründlichsten philosophischen Bildung aus- gezeichnete Kenntnisse des semitischen Alterthums verband und die semitischen Sprachen in der Akademie überhaupt nicht vertreten waren. Aber die volle Bedeutung Vatke's hat vor Wellhausen Niemand erkannt; der Akademie war er als Hegelianer verdächtig, und er selbst war zu bescheiden, um sich vorzudrängen. - — Die Be- setzung des Lehrstuhls Hegel's zog sich lange hin. Zunächst war, nachdem Heinrich Ritter bereits im Frühjahr 1832 Berlin verlassen hatte und nach Kiel gegangen war, auf Wunsch des Kronprinzen Steffens aus Breslau berufen worden. Die Akademie nahm ihn im März 1835 auf, freilich unter starkem Widerspruch der Naturforscher, namentlich Buch's, der diesen Dilettanten mit Recht für gefährlich hielt. Dann setzten es Altenstein und Schulze nach langen Kämpfen gegen den Kronprinzen durch', dass ein treuer Schüler Hegel's den Lehrstuhl des Meisters erhielt. Aber der Berufene, Gabler, war leider unbedeutend, und auch die weitere Verstärkung, welche die Hegel'scIic Philosophie in Berlin durch die Ernennung Henning's zum Ordinarius erhielt, war nur eine scheinbare. Der Kronprinz brauchte diese »Drachensaat des HEGEL'scheii Pantheismus« nicht zu fürchten ; die Akademie hat keinen von beiden aufgenommen. Aber auch Trendelenburg, den Gegner Hegel's, der 1833 Extra- ordinarius, 1837 Ordinarius geworden war, liat sie neun Jahre war- ten lassen, wohl um jene nicht zu kränken. Das wissenschaftliche Leben in der Akademie wurde in dem Jahrzehnt 1831-40 intensiver und breitete sich zugleich immer wei- ter aus. Zusammengehalten wurde es durch Alexander von Hum- boldt, der allen Wissenschaften ein gleich lebendiges Interesse widmete, bei Böckh griechische Alterthümer (1833/34), bei Mitscher- LiCH Chemie hörte, auf die Berufung und Anerkennung hervorragen- ^ Der Kronprinz wünschte schon damals dringend, Schelling nach Berlin zn ziehen, und auch Alexander von Humboldt ist noch in den Jahren 1834 und 1835 für diese Berufung gewesen. Aber Altenstein und Johannes Schulze hatten sich sehr bestimmt gegen ihn erklärt, weil er seit 1809 »keinen öftentlichen über- zeugenden Beweis seines wissenschaftlichen Fortschritts geliefert habe«. Geschichte der Akademie. I. 49 770 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812—1840). der Gelehrter einen stets wachsenden Einfluss ausübte und . indem er nach Goethe's Tod alhnählich in dessen Stelle nationalen Ruhms rückte, auf die Akademie einen Abglanz dieses Ruhms zurück- strahlte. Eine Übersicht über den Fortgang der gemeinsamen Unter- nehmungen der Akademie, die Inangriffnahme neuer und die grösse- ren Geldbewilligungen wird von dem erhöhten wissenschaftlichen Leben Zeugniss ablegen. Zuvor sei noch bemerkt, dass sich die Aka- demie seit dem i. Januar 1836 ein neues Organ für Publicationen neben ihren »Abhandlungen« geschaffen hat. Sie entschloss sich, »Monatsberichte über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhand- lungen« herauszugeben, »sowohl um kürzere Mittheilungen überhaupt und schneller als in den Abhandlungen veröffentlichen zu können, als auch um in einen lebendigeren Verkehr mit dem gelehrten Pu- blicum zu treten und dasselbe für die Arbeiten der Akademie zu interessiren«. Die Einrichtung erwies sich als sehr praktisch und erreichte wirklich ihren Zweck , soweit eine Akademie überhaupt das Interesse weiterer Kreise in Anspruch zu nehmen vermag'. Das »Corpus Inscriptionum Graecarum« schritt unter Böckh's Leitung langsam fort; im Jahre 1834 vertheidigte er sich in einer ausführlichen Denkschrift gegen den Vorwurf der Verzögerung ; denn der Geldverwendungs-Ausschuss wurde immer spröder und bewilligte die verlangten Mittel nur ungern. Den Abschluss des zweiten Ban- des vermochte er bis zum Jahre 1840 nicht zu erreichen", obgleich im Jahre 1838 auf Bunsen's Empfehlung der Hellenist Franz in die ' Die «Monatsberichte« erschienen von 1836 bis 1881 in Klein-Octav, sodann seit 1882 in Imperial -Octav als "Sit/Aingsberichte«. Als solche haben sie alhnäh- lich die »Abhandlungen« in den Hintergrund gedrängt und sind das Hauptorgan der Akademie geworden. In dem Statut von 1838 (§57) heisst es über sie: «Die Akademie giebt, abgerechnet die längeren Ferien, Monatsberichte über ihre Ver- handhingen, soweit sie zur Bekanntmachung geeignet sind, in der Regel nach Ab- lauf jedes Monats hei'aus. Der Vorsitzende Secretar stellt dieselben aus den Proto- kollen der Gesammtsitzungen und Klassensitzungen und aus den erforderlichen Mit- theilungen über die öffentlichen Sitzungen, so wie über den Inhalt der wissenschaft- lichen Vorträge zusammen. Zu diesem Zweck hat ihm von jedem wissenschaftlichen Vortrage, welcher in einer Sitzung der Gesammt- Akademie gehalten wird, der Ver- fasser schon vor der Lesung den Inhalt in der Sitzung selbst zu übergeben, ebenso ist dem dirigirenden Klassen -Secretar der Inhalt der wissenschaftlichen Vorträge in den Klassen zuzustellen und von jenem an den Vorsitzenden Secretar abzuliefern.« Leider wurden anfangs weder die Fest- noch die Receptions- Reden in die Monats- berichte aufgenommen. ^ Im Februar 1836 zeigte Böckh an, dass der Band in Jahresfrist beendigt sein werde; es dauerte aber bis 1843. Monatsberichte. Corpus Inscr. Gi-. Aristoteles (1831-1840). 771 Redaction des Corpus als Hülfsarbeiter eingetreten war\ Die Schwie- rigkeiten des Werks wuchsen bei seinem Fortgange, und zugleich wuchsen die kritischen Anforderungen, denen man genügen sollte. In die Aristoteles -Commission traten im Jahre 1832 Lachmann, Meineke und Wilken ein; der Druck der gewaltigen Bände schritt langsam , al)er stetig vor. Conflicte mit der REiMER'schen Buchhand- lung, die nicht selten entstanden, wurden doch immer wieder bei- gelegt. Endlich war Ende 1836 das grosse, vier Quartbände fül- lende Werk vollendet: »Aristoteles ex recensione J. Bekkeri edidit Academia Regia Borussica«. Die beiden ersten Bände enthielten den Text mit kritischem Apparat, der dritte die lateinische Übersetzung, der vierte, besonders umfangreiche, dessen Herstellung unendliche Verhandlungen verursacht hatte, Auszüge aus den Commentatoren. Im August 1836 hatte man für den Index 100 Thlr. (!) ausgeworfen, und der Candidat der Philologie Vater wurde mit der Ausarbeitung betraut. Er versprach (April 1837), den Index binnen drei Jahren für ein Gesammthonorar von 600 Thlr. zu liefern. Diese Versechs- fachung des Honorars war noch ebenso ungenügend wie die in Aussicht genommene Frist. Dazu kam, dass Vater erst durch ein Augenübel, dann durch seine Berufung an die Universität Kasan (1840) an der Ausführung gehindert wurde. Er bot der Akademie die Zurückzahlung der 600 Thlr. in Raten an, andernfalls versprach er, binnen zwei Jahren in Kasan den Index herzustellen. Die Aka- demie entschied sich für Letzteres mit der Erklärung, sie erwarte am Schluss des Jahres 1842 den Index druckfertig hergestellt zu sehen, widrigenfalls sie die Zurückzahlung der 600 Thlr. sofort verlangen werde. Es sollte noch ein Menschenalter dauern, bis das Werk vollendet wurde, nicht von Vater, sondern von einem sehr viel bedeutenderen Gelehrten, der sich ein unvergängliches Denk- mal in ihm gestiftet hat. Ein anderes Unternehmen , welches erst in imseren Tagen be- endigt worden ist, hat die Akademie nach Niebuhr's Tode in den Kreis ihrer Arbeiten hineingezogen — man möchte wünschen, es wäre nie geschehen! Niebuhr hatte einige Jahre vor seinem Tode (1826/27), ^^^ Herausgabe eines Corpus Scriptorum Historiae Byzan- tinae« unternommen. Beabsichtigt war nur ein möglichst schnell herzustellender Abdruck der vorhandenen, zum Theil schwer zu- ' BüNSEN hatte ihn schon im Jahre 1835 von Rom aus empfohlen, die Aka- demie ihn aber damals abgelehnt; dann acceptirte sie ihn doch; die Wahl war nicht in jeder Hinsicht glücklich. 49* 772 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm 111. (1812-1840). gänglichen und tlieuren Ausgaben und die Ausarbeitung von Indices. Eine solche Ausgabe war einer Akademie nicht würdig, und Nie- BUHR selbst hatte sie daher auch aus dem Spiel gelassen. Ihm kam es lediglich darauf an, die Quellenwerke den Historikern in kürze- ster Frist zugänglich zu machen. Bis zum Einde des Jahres 1830 waren bereits i i Bände gedruckt, der 12. war der Vollendung nahe. Nach Niebuhr's Tode (2. Januar 1831) wandte sich der Verleger, Weber in Bonn, an die Akademie, und diese beschloss aus Pietät gegen den grossen Geschichtsschreiber, »sich der allgemeinen Lei- tung des Unternehmens zu unterziehen«, wenn der Verleger wie bisher alle Kosten trage (25. Januar bez. 31. März 1831). Dieses Abkommen wurde perfect. Die Akademie setzte eine Commission für das Unternehmen nieder (Böckh, Bekker, Meineke und Lach- mann, später Pinder, Pertz und Andere) und leitete es fortan, ohne es auf die Höhe einer akademischen Publication zu heben. Zwar wurden nun auch einige neue Collationen besorgt, aber dem Ver- leger, der grosse Opfer brachte, konnte nicht zugemuthet werden, sich an dem Unternehmen bankerott zu arbeiten. In den fünfund- zwanzig Jahren von 1832-1856 hat die Akademie allerdings i öooThlr. für Collationen u. s. w. aus ihren Mitteln bewilligt , aber diese Summe bedeutete wenig. Die Ausgabe wurde so gefördert, dass bis zum Anfang des Jahres 1837 zweiunddreissig Bände von sehr unglei- chem Werthe erschienen ; dann stockte sie und zog sich von da ab langsam hin, im Jahre 1851 nahm sie wieder einen Aufschwung, aber der Abschluss, d. h. die Lieferung der letzten vier Bände, ver- zögerte sich, obgleich die Akademie etwas reichlichere Mittel ge- währte. Endlich, im Jahre 1897 erschien der 50. und letzte Band (Zonaras, von Büttner -Wobst), nicht unrühmlich die Ausgabe ab- schliessend. Die meisten Bände müssen noch einmal edirt werden, und bereits ist damit begonnen worden. In unser Jahrzehnt fallen auch die Anfänge des »Corpus In- scriptionum Latinarum«. Dem dänischen Philologen Kellermann gebührt das Verdienst, diese Unternehmung nicht nur angeregt, sondern auch einen Plan vorgelegt zu haben, der auf wirklicher Sachkunde beruhte, weil er sich auf Erfahrungen gründete , die an Ort und Stelle gewonnen waren. Im Jimi 1836 legte Kellermann der päpstlichen Regierung, sowie den Akademieen von Kopenhagen, Berlin und München eine sehr ausführliche Denkschrift vor, in der er den Plan eines Corpus Inscriptionum Latinarum genau entwickelte. Er schilderte im Ein- Corpus Script. -bist. Byzant. Corpus Inscr. Lat. (1836ff'.). 77)i gang den trostlosen, verworrenen Zustand der bislierigen Puhlica- tionen, die Masse der Fälschungen u. s. w. Die 50 — 60000 odirten Inschriften würden sich, so führte er aus, durch die Kritik fast auf die Hälfte reduciren lassen; dazu kämen circa 25000 ungedruckte. In Gemeinschaft mit Sarti in Rom und Borghesi in San Marino, der seine Papiere sämmtlich dem Unternehmen zur Verfügung stelle, wolle er das Corpus sammeln; der Plan sei bereits unter Theil- nahnie Bunsen's in Rom entworfen. «Es soll für die Heraus- geher dieses Werkes eine unerlässliche Pflicht sein, so viele Inschriften als möglich mit eigenen Augen zu sehen und mit eigener Hand zu copiren.« Das sei schon in grossem Umfang bei den römischen Inschriften von ihm und Sarti ge- schehen; «auf dieselbe Weise verpflichten wir uns, ganz Italien zu durchsuchen und, soweit es möglich ist, alle diejenigen Länder, wo lateinische Inschriften sich finden« ; zuverlässige Abschreiber würden sie in Gegenden schicken , in die sie nicht selber kommen könnten; Abdrücke in Papier oder genaue Zeichnungen sollten überall besorgt werden. Kellermann verlangte eine jährliche Summe von iSooScudi auf 6—7 Jahre; sie solle von der päpstlichen Regierung und den genannten Akademieen gemeinsam aufgebracht werden ; die dänische Gesellschaft der W'issenschaften habe bereits einen einmaligen Beitrag von 300 Scudi, einen jährlichen von 150 ver- sprochen; 150 Scudi wolle auch die dänische Akademie der Künste jährlich beisteuern. Kellermann's «ernsthaftes und eifriges Beginnen« ist nachmals von MoMMSEN anerkannt worden ; zum ersten Mal war der Akademie der Plan eines grossen philologischen Unternehmens vorgelegt wor- den, bei welchem der Antragsteller die eigenthümliche Natur seiner Aufgabe im ganzen Umfange würdigte und deshalb auch die Zeit und die Kosten einigermaassen richtig — freilich noch lange nicht ausrei- chend — zu überschlagen verstand. Aber die Akademie blieb hinter dem Antrag zurück. Sie konnte es noch nicht fassen, dass man Inschriften, die man ediren wolle, sehen müsse, und sie schreckte vor den gewaltigen Kosten und dem langen Zeitraum der Ausführung zurück. Der Geldverwendungs-Ausschuss bewilligte ein- malig 200 Thlr. mit dem Bemerken, »dass es nicht Sache der Aka- demie sein könne, sich auf Unterstützung von Untersuchungen ein- zulassen, von denen das Ende gar nicht abzusehen sei«; man be- willige die 200 Thlr. «ohne im mindesten die Verbindlichkeit zu einer weiteren Unterstützung zu übernehmen«. In der Klasse ge- 774 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III, (1812—1840). lang es aber doch, für Kellermann die Summe von je 200 Tlilr. auf drei Jahre zu erwirken \ Aber bald darauf starb der hoffnungsvolle Gelehrte in Rom an der Cholera (i. September 1838), und mit ihm schien der grosse Plan begraben. Allein die Akademie hatte seit dem März 1835 einen Mann in ihrer Mitte, der, wie Kellermann, in Rom und Italien Jahre lang gelebt hatte und daher im Unter- schied von BöcKH, dem bucbgelehrten Philologen, den Werth der Autopsie und die Tüchtigkeit der KELLERMANN'schen Arl^eilen zu schätzen wusste — das war der Archäologe Eduard Gerhard. Er nahm im März 1839 den Plan Kellerbiann's auf, empfahl der Aka- demie an dem Corpus festzuhalten und bezeichnete Otto Jahn in Rom als den Gelehrten, den man mit der Ausführung betrauen solle. Doch meinte Gerhard, man solle das Unternehmen zunächst in be- scheideneren Grenzen halten und epigraphische Vorstudien machen lassen. Sein erster Antrag lautete: »Die früher dem Dr. Kellermann auf drei Jahre bewilligten , durch dessen Ableben aber für die beiden letzten Jahre A^acant gebliebene Unterstützung römisch -epigraphi- scher Arbeiten mit 200 Thlr. jährlich für gedachte zwei Jahre Dr. Otto Jahn in Rom zu weiterer Förderung desselben Zwecks zu übertragen«. Dieser Antrag wurde genehmigt und Jahn für das Jahr 1839/40 200 Thlr. bewilligt. Er erwarb selbst den KELLER- MANN'schen Nachlass für eine beträchtliche Summe und verfügte damit über einen werthvollen Apparat. Im Jahre 1841 reichte er sein »Specimen epigraphicum in memoriam Olai Kellermanni« der Aka- demie ein und bat um neue Unterstützung. Sie wurde verschoben, weil ZuMPT — er war mit Gerhard zusammen in die Akademie auf- genommen worden, gehörte aber dem alten Philologengeschlecht an — mit der vorgelegten Arbeit nicht zufrieden war. Die weitere Entwicklung des grossen Unternehmens wird später erzählt werden. Ausser den regelmässigen Unterstützungen , die für die Stern- karten"', das griechische Corpus Inscriptionum, die Aristoteles -Ausgabe ' BöcKH, gedrückt von den Schwierigkeiten und Mühen, die ihm sein Corpus Inscriptionum Graecarum gebracht hatte, wünschte niclit, dass die Akademie auch ein Corpus Inscriptionum Latinarum übernähme. Entschloss sie sicli aber doch zur Herstellung desselben , so sollte es genau so angelegt und durchgeführt werden wie das ältere Corpus. ^ Die neue Sternwarte, die 1835 vollendet war, wurde ganz aus Staatsmitteln gebaut. In dem ersten Bande der Beobachtungen der Berliner Sternwarte, den Encke in der Sitzung vom ly.December 1840 der Akademie vorgelegt hat, ist (s. die Vorrede) eine Beschreibung der Sternwarte und der Instruinente gegeben und durch fünf Kupfertafeln ei-läutert (vergl. Monatsberichte 1840 S. 252). Bewilligungen der Akademie (1831—1840). 775 und für einige CoUationen zum Corpus Script. Hist. Byzant. , sowie für pliysikalische, astronomische, meteorologische u.s.w. Instrumente' l)e\villigt wurden, sind in dem Zeitraum von 183 1— 1 840 noch fol- gende Ausgaben für wissenschaftliche Zwecke gemacht worden"": im Jahre 1831 für das von Prof. SniMmT berechnete System elliptischer Bogen und eine Potenzentafel 100 Friedrichsd'or, Hrn. Graff zur Bearbeitvmg des althochdeutschen Sprachschatzes 40oThlr."^, im Jahre 1832 für die Übersetzung aus chinesischen Werken durch Hrn. Schott zum Behuf der geographischen Forschungen des Hrn. Karl Ritter 200 l'hlr. , im Jahre 1833 Hrn. Grelle für die Berechnung der Prim- zahlen von der vierten Million an 300 Thlr.*, Hrn. Gloger zur Herausgabe seines Werks über die Vogelarten nach dem Klima lOoThlr. , Hrn. Kämtz in Halle für eine meteorologische Reise in die Schweiz 30oThlr., Hrn.CoRDA in Prag zu phytotomischen Arbeiten 400 Thlr. '^, Hrn. Bessel eine Unterstützung zur Bestimmung der Länge des einfachen Secundenpendels für Berlin, im Jahre 1834 zum Ankauf einer Mahabharata- Handschrift ein Zuschuss von 350 Thlr., Hrn. Kützing in Eilenburg zu Algen -Forschungen 200 Tiilr. , im Jahre 1835 Hrn. Gerhard zur Herausgabe etruskischer Kunstdenk- mäler 400 Thlr.'', zur Herstellung eines Katalogs der arabischen Handschriften der Königlichen Bibliothek 300 Thlr. , Hrn. Lepsius zur Erforschung aegyptischer Denkmäler in italienischen Sammlungen 500 Thlr.', zur Anschaffung koptischer Typen für die akademische ^ Diese Summen waren in einigen Jahren ziemlich beträchtlich; so wurden im Jahre 1834 336 Thlr. für eine Elektrisirmaschine bewilligt; im Jahre 183 1 wurde ein PLüssL'sches Mikroskop für 222 Thlr. angeschafft sowie ein Heliostat, 1832 ein Declinatorium für 270 Thlr., ein Inclinatoriimi für 950 Francs, 1836 ein Licht- beugungsapparat für 80 Thli-. ^ Die Geldbewilligungen zu wissenschaftlichen Zwecken betrugen im Jahre 1831 922 Thlr. und loo Friedrichsd'or (ausserdem musste ein neuer Stempel für die Preismedaille angefertigt werden zum Preise von 100 Friedrichsd'or), im Jahi-e 1832 628 Thlr. und 1550 Franc, im Jahre 1833 1875 Thlr., im Jahre 1834 2386 Thlr., im Jahre 1835 2585 Thlr., im Jahre 1836 2280 Thlr., im Jahre 1837 1045 Thlr., im Jahre 1838 2693 Thlr. , im Jahre 1839 455^ Thlr. , im Jahre 1840 1650 Thlr. In einigen Jahren sind die Bewilligungen indess grösser gewesen , da einige Posten hier nicht mitgezählt sind, deren Höhe in den jährlichen Berichten nicht genau angegeben ist. ■^ Graff erhielt ausserdem in den Jahren 1834 bis 1837 und 1839 je 200 Thlr. * Im Jahre 1834 erhielt er eine weitere Unterstützung von 100 Thh-. ^ Im Jahre 1834 erhielt er eine weitere Unterstützung von der Akademie, indem sie für 500 Thlr. 18 Tafeln Abbildvnigen aus der Physiologie der Cicadeen von ihm kaufte. •^ Gerhard erhielt zu demselben Zweck im Jahre 1836 400 Thlr. und in den Jahren 1838/39 je 300 Thlr. " Lepsius erhielt im Jahre 1836 wiederum 500 Thlr. 776 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812—1840). Druckerei 300 Thlr. , im Jahre 1836 eine nicht näher bezeichnete Summe zum Ankauf einer Petrefaeten Sammlung, zur Anschaffung- russischer Typen und zur Vervollständigung der Sanskrittypen 1 00 Thlr. , im Jahre 1837 Hrn. Ideler zur Herausgabe des koptisclien Psalters 200 Thlr. , Hrn. Quensted zur Katalogisirung der Petre- factensammlung 150 Thlr., Hrn. Ross für Abschrift einer grossen attischen Inschrift i 70 Thlr. , für Vervollständigung der koptischen Typen 100 Thlr., im Jahre 1838 für chinesische Typen -Matrizen 1 300 Thlr. , Hrn. Bekker zu einer Reise nach Venedig 600 Thlr., Hrn. Bremiker für Berechnungen von Kometen-Störungen 200 Thlr.\ im Jahre 1839 zum Druck von Forster's Descriptiones anima- lium 300 Thlr. , Hrn. Dönniges zum Druck Turiner Geschichtsquellen 200 Thlr., Hrn. Schmoelders zu arabischen Publicationen 300 Thlr., Hrn. BöcKH zur Publication der Urkunde über das attische Seewesen 200 Thlr. , Hrn. Jacobi in Königsberg zum »Canon arithmeticus« 600 Thlr., für chinesische Typen 646 Thlr., Hrn. Rammelsberg zu mineralogisch -chemischen Untersuchungen 100 Thlr., im Jahre 1840 Hrn. Wilhelm Weber zu einer Kette übersponnenen Kupferdrahts zur Messung der Geschwindigkeit galvanischer Ströme 300 Thlr., Hrn. Ideler zur Herausgabe der Sammlung kleinerer physischer und medicinischer Schriften des griechischen Alterthums 300 Thlr. , Hrn. Jacobi für die durch Hrn. Claussen auszuführenden numerischen Rechnungen seiner neuen Methode für die planetarischen Störungen 200 Tlilr. Nicht nur als Übersicht über die Erweiterung der Aufgaben der Akademie sind diese dürftigen Zahlen von Werth"' — die orien- talischen Studien begannen sich auch in Deutschland zu regen, Gerhard nahm W^inckelmann's Arbeiten wieder auf u. s. w. — , sondern ein- zelne von ihnen bieten noch ein besonderes Interesse. Bereits vor 6ö Jahren ist Hr. Rammelsberg in Beziehungen zur Akademie ge- treten, und noch lieute weilt er unter uns! Wilhelm W^eber hat aus den Mitteln der Akademie eine Kette übersponnenen Kupfer- ^ Im Jahre 1840 erhielt Bremiker die gleiche Summe. - In den letzten Jahren Friedrich Wilhelm's III. ist auch bereits an die Herausgabe der AVerke Friedrich'« des Grossen durch die Akademie gedacht worden. Im Jahre 1835 hatte ihr der König eine Marmorbüste ihres grossen Protectors ge- schenkt, und seit dieser Zeit — näherte man sich doch dem Jubeljahre seiner Thron- besteigung — wurde der Plan erwogen, für den sich besonders Johannks Schulze tliatkräftig interessirte. Bereits hatte der König die Genehmigung zur Herausgabe der historischen Werke Frieorkh's ertheilt: aber zur Erweiterung und Ausführung, des Planes kam es erst unter Friedrich Wilhelm IV. "\Vii,HEr.:M AVkiU'-.r. Die G("ttini>f'i' Siobon. ( / i dralits im Jahre 1840 erhalten; diese Ketten umspannen heute die ganze Erde und befreien den Austauscli der Gedanken von den Bedin- gungen des Raumes und der Zeit. Aber der Name Wilhelm Weber's erweckt noch andere Erinne- rungen. Um jenen Kupferdraht hat er auf Dirichlet's Rath in Berhn gebeten, "vveil er im Jahre 1837 als einer der »Göttinger Sieben« seine Professur verloren hatte und als Privatmann seine Studien fortzusetzen gezwungen war. Die Absetzung jener sieben Professoren hatte wie überall in Deutschland so auch in Berlin in den Kreisen der Akademie und der Universität die Gemüther leb- haft erregt. Conservativere Staatsbürger als die Akademiker, den einen, E'riedrich von Raumer, ausgenommen, gab es nicht; die treuen Schüler Hegel's wetteiferten mit ihnen in dieser Haltung, und Ranke's «Historisch -politische« Zeitschrift, die im Gegensatz zu den Ideen der Juli -Revolution gegründet war, suchte den anti- revolutionären deutschen Geist geschichtlich zu vertiefen und zu befestigend Aber durch die Revolution von oben wurden auch die treuesten Conservativen unter den Gelehrten erschüttert. Gans, Encke, Lachmann, Männer von erprobtem Preussensinn , fühlten sich von dem Rechtsbruch gleichsam mitbetroffen, und Alexander VON Humboldt bemühte sich lebhaft, den Abgesetzten Professuren zu verschaffen. Die allgemeine Entrüstung und die Sammlungen zu Gunsten der Sieben zeigten es, dass sich die deutschen Aka- demiker und Universitätsprofessoren als eine Einheit fühlten und entschlossen waren , ihre Rechte zu vertheidigen. Man kann von dem Jahre 1837 den Umschwung zum Liberalismus in weiten Kreisen der deutschen Gelehrten datiren. In der Akademie zeigte er sich natürlich viel schwächer als an den Universitäten, denn sie ist dem öffentlichen und politischen Leben durch ihre Aufgaben entrückt. Dass die Akademie das Glück haben werde, Jakob und Wilhelm Grimm durch einen hochherzigen Entschluss Friedrich Wilhelm's IV. sich zugeführt zu sehen , und dass ihr der Göttinger Rechtsbruch somit einen ungeahnten Gewinn bringen sollte, wagte im Jahre 1837 Niemand zu denken. — ^ Von dieser Zeitschrift, deren intellectueller Gründer Savigny gewesen sein soll, sind nur zwei Jahi'gänge erschienen (1832, 1833/36) mit wichtigen Beiträgen von Clausewitz, Savigny und Anderen. Der zweite Band lässt bereits das Politische hinter das Histoi-ische zurücktreten. Das liberale Bürgerthuni sali in der Zeitschrift das Unteinehmen serviler Anhänger des Alten und betrachtete Ranke seitdem als den reactionären Geschichtschreibei-, ihm Schlosser als den überlegenen Historiker entgegensetzend. 778 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812—1840). Noch iiiinier lag der von Sciileiermacher redigirte , von der Akademie angenommene StatutenentAvurf im Ministerium. Endlich entschloss sich Altenstein, nacli sieben Jahren, dem unerträglichen Zustande ein Ende zu machen , dass formell zwar noch immer das Statut von 1 8 1 2 in Kraft war, in Wirklichkeit aher die Verhält- nisse nach dem Entwurf von 1829 geregelt wurden. Aber eine einfache Bestätigung dieses Entwurfs war nicht mehr möglich. Im Verlaufe der letzten sieben Jahre hatten sicli manche Neuerungen nötliig oder wünschenswerth gemacht, die in ihm noch nicht vor- gesehen waren. So sandte der Minister im August 1836 den Ent- Avurf zurück und forderte die Akademie auf, eine neue Redaction der Statuten vorzunehmen. «Das Ministerium will mit Bezugnahme auf die früheren Verhandlungen, welch«; in dieser Angelegenheit stattgefunden haben, die näheren Anträge der Königlichen Akademie der Wissenschaften über diejenigen Bestimmungen, in Betreif welcher früher eine vielleicht jetzt nicht mehr vorhandene Verschiedenheit der Ansichten sich geltend zu machen suchte, erwarten.« Die Akademie setzte eine Commission nieder, die aus den vier Secretaren (Erman, Encke, Wilken, Böckh) und den gewählten Mit- gliedern LlCHTENSTEIN, POSELGER, LaCHMANN Ulld RaNKE bcstaud (No- vember 1836). Die Seele der Commission war Böckh; neben ihm hat sich Encke die grössten Verdienste um die Redaction der neuen Statuten erworben. Die Commission band sich nicht an den Schleier- MACHER'schen Entwurf, sondern hielt es für zweckmässig, auf Grund einer genauen Durcharbeitung aller seit dem Jahre 1818 gemachten Vorschläge die Statuten neu zu formuliren. Böckh, der in geschäft- lichen Dingen eine ausgezeichnete Umsicht und Präcision besass, war in formeller Hinsicht weder mit dem Statut von 1 8 1 2 noch mit dem ScHLEiERMACHER'schen Entwurf zufrieden und befürwortete daher eine durchgreifende Umformung. Die Commission tagte bis zum Hochsommer 1837; erhebliche Gegensätze zeigten sich nicht, und die Verhandlungen nahmen den friedlichsten Verlauf Am 10. Juli wurde Böckh mit der vSchlussredaction betraut; zelin Tage später konnte dem Plenum die Fertigstellung der Statuten mitgetheilt werden; im August wurden sie den Mitgliedern vorgelegt. Die Berathungen im Plenum begannen im October. Die wichtigsten Neuerungen der Vorlage gegenüber dem Ent- wurf von 1829 bestanden in der Beschränkung der Anzahl der ordentlichen Mitglieder auf eine bestimmte Zahl, in der Anordnung, dass die beiden Klassen gleich viele Stellen haben sollten, und in Das neue Statut (183(3-1838). 779 der Fixirung der Anzahl der Stellen auf fünfzig (25 + 25)'. Durch diese Bestimmungen war allen Conllicten, die aus der verschiedenen Anzahl der Mitglieder in den Klassen entstehen konnten und früher wirklich entstanden waren, in Zukunft vorgebeugt; es war zugleich durch die Feststellung einer (Trenze das Ansehen der Akademie er- höht, weil die Aufnahme erschwert. Die Vorschläge waren von BöcKH gemacht und in der Commission nicht ohne Widerspruch angenommen worden. Im Plenum wurde die Beschränkung der Anzahl der Mitglieder mit 19 gegen 10 Stimmen", die Gleichheit der Klassen mit 26 gegen 2 Stimmen, die Zahl fünfzig mit 25 gegen 2 Stimmen durchgesetzt. In der Sitzung vom 2. November 1837 machte Alexander von Humboldt noch einen wichtigen Vorschlag, der einstimmig angenommen wurde: es sollen in jeder Klasse mehrere Hauptfächer bestimmt werden, welche nothwendig dvu'cli Mitglieder der Klassen zu vertreten seien (»Fachstellen«); die Klassen werden beauftragt festzustellen , welche und wie viele solcher Stellen ein- zurichten seien. Damit war zum ersten Mal eine innere, sachliche Organisation in die Akademie eingeführt. In einer folgenden Sitzung wurde auch die Zahl der Correspondenten beschränkt, und zwar auf 100 für jede Klasse. Am 19. December ging der vStatuten - Entwurf an das Ministe- rium, begleitet von einem ausführlichen, aufklärenden Schreiben Encke's. Er konnte dem Ministerium anzeigen, dass alle Avesent- lichen Bestimmungen des Entwurfs mit einer Majorität von zwei Dritteln der Stimmen angenommen worden seien. Da die Statuten von 18 12 noch immer in Kraft waren, so beleuchtet Encke alle wichtigen Abweichungen des neuen Statuts von ihnen und sucht sie zu rechtfertigen , die Zusammenziehung der vier Klassen in zwei, die grössere Strenge bei den Wahlen (nach dem alten Statut waren erfolgreiche Waiden möglich, bei denen der Erwählte nur eine Stimme über ein Drittel der Stimmen erlangt hatte), die Beschrän- ^ Die Zahl 25 war gewählt worden, weil die physikaliscli -mathematische Klasse damals 25 Mitglieder besass (Encke, in seinem Bericht an das ^Ministerium). ^ Die Entscheidung ist in der That nicht leicht: es lassen sich gegen die statutenmässige Beschränkung der Zahl der ordentlichen Mitglieder auch schwer- wiegende Bedenken geltend machen; die Akademie kann dadurch in die Lage kommen. Jahre lang einen Gelehrten, an dessen IMitgliedschaft ihr sehr viel ge- legen, nicht aufnehmen zu können. Abei- schliesslich überwiegen doch die (Jründe, welche für die Beschränkung sprechen; denn die Wahlen werden mit grösserer Gewissenhaftigkeit stattfinden, wenn die Wähler sich sagen, dass sie durcli jede Wahl zuüleich ausschliessen. 780 Ge.scliiclite der Akademie unter Friedrich Wilhelm III. (1812—1840). kung der Anzahl der Stellen, die Neuerungen in der Regelung der Geld Verhältnisse u. s. w. Sehr wichtig ist Encke's Erklärung l)ei jenem Paragraphen des Entwurfs, der die Akademie ermächtigt, auch Nicht-Akademikern fortlaufende Remunerationen Ins zu 200 Thlr. zu gewähren: «Die Akademie dachte hiedurch bei grösseren aka- demischen Arbeiten einzelner Mitglieder sich die Stütze von ge- schickten Hülfsarbeitern verschaffen zu können, ähnlich wie bei einigen fremden Akademieen Adj unctenstellen eingeführt sind, und wie in der That schon jetzt die Stellung des Hrn. Prof PoGGENDORFF zur Akademie ist«. Überhaupt tritt in den neuen Sta- tuten die Hinweisung auf grössere gemeinschaftliche wissenschaft- liche Untersuchungen deutlicher hervor als in den früheren. Der Minister fand den neuen Entwurf vortrefflich und legte ihn dem Könige vor, der ihn am 31. März 1838 genehmigte. Am 19. Juni desselben Jahres erhielt die Akademie das bestätigte Statut zurück. Unterdessen hatte die physikalisch -mathematische Klasse die Fachstellen fixirt: je zwei Stellen für Chemie, Physik, Botanik, Zoologie, Anatomie, Mineralogie (und Geognosie) und sechs Stellen für die Wissenschaften, welche früher zum Gebiete der mathemati- schen Wissenschaften gerechnet wurden ; es blieben also sieben freie Stellen übrig. Das Plenum bestätigte diese Ordnung am i2.Decem- ber 1838. Im Mai 1839 stellte auch die philosophisch -historische Klasse ihre Fach stellen fest (es lagen zwei Vorschläge vor, einer von Alexander von Humboldt und einer von Böckh) : je 3 für Philoso- phie (nebst Geschichte der Philosophie) und Geschichte, je 2 für Kunstarchäologie (nebst Mythologie) und orientalische Litteratur, 4 für altclassische Litteratur und je i für deutsche Philologie und Po- litik (nebst Statistik); es blieben also noch neun freie Stellen. Für allgemeine Sprachwissenschaft, neuere Sprachen, Rechts- und Kirchen- geschichte liatte man Fachstellen einzurichten nicht für nothwendig erachtet. Auch dieser Beschluss wurde vom Plenum genehmigt \ ' In die Statuten kamen die Bestimmungen über die Fachstellen nicht; diese entiialten nur die allgemeine Verordnung (§ 9): »Es ist darauf zu achten, dass, so- viel es die äusseren Umstände gestatten, jedes der beiden Hauptfächer, welche zu einer Klasse vereinigt sind, sowie auch die bedeutenderen einzelnen Fächer, welche in das Gebiet der Klasse gehören, verhältnissmässig besetzt seien; zu diesem End- zwecke hat jede Klasse mit Genehmigung der Gesammt- Akademie für bestimmte Hauptfächer eine bestiinmtc Anzahl von Mitgliedern festzusetzen, dergestalt, dass diese Stellen bei erfolgter Erledigung, falls sie nicht sogleich wieder besetzt, oder andere ordentliche Mitglieder als Vertreter derselben angesehen werden können, offen gehalten werden müssen. Insonderheit ist dahin zu sehen, dass diejenigen Das neue Statut (1838). 781 Vergleicht man das neue Statut' mit dem Statut von 1812 und dem ScHLEiERMACHER'schen Entwurf, so treten zunächst die formellen Vorzüge deutlich hervor. Es gliedert sich in fünf Hauptabschnitte: I. Von der Akademie überhaupt, 2. Von den Mitgliedern der Aka- demie, 3. Von den Secretaren und Officianten der Akademie, 4. Von den wissenschaftliclien Arbeiten der Akademie, insbesondere den Sitzungen und von dem Geschäftsgange, 5. Von dem Vermögen und Einkommen der Akademie und von der Geldverwendung. Jedes überllüssige Wort ist vermieden und deshalb auch der erste Para- graph sehr nüchtern so gefasst: »Unsere Akademie der Wissenschaften ist eine Gesellschaft von Gelehrten, welche zur Förderung und Er- weiterung der allgemeinen Wissenschaften ohne einen bestimmten Lehrzweck eingesetzt ist«. Dass der Schwerpunkt der Akademie mehr und mehr aus dem Plenum in di(^ Klassen gerückt ist, bringt der wichtige 5. Paragraph zum Ausdruck: »Jede der beiden Klassen beschliesst über diejenigen Dinge, welche sie allein betreffen, in den Klassensitzungen . . . , soweit es die nachfolgenden Bestimmungen gestatten, unabhängig von der Gesammt- Akademie , hat aber von ihren Beschlüssen die Gesammt -Akademie jederzeit in Kenntniss zu setzen«. Dennoch ist es noch bei der alten unzweckmässigen Ord- nung verblieben, dass die Gesammtsitzungen wöchentlich, die Klassen- sitzungen nur einmal monatlich stattfinden {§§ 45 und 46). Der § 6 bestimmt, dass kein Mitglied den beiden Klassen angehören kann; der § 9 setzt die Zahl der ordentlichen Mitglieder auf fünfzig (25 + 25) fest; aber »es ist nicht erforderlich, dass jede Klasse jederzeit bis zu der höchsten Anzahl ergänzt werde«. Der § 10 bestimmt, dass die Wahlen zu ordentliclien Mitgliedern nur auf Antrag der Klassen erfolgen können ; nach §12 ist in den Klassen zu einer gültigen Wahl die absolute Mehrheit aller activen ordentlichen Mitglieder erforder- lich sowie die Anwesenheit von vier Fünftel der ordentlichen Mit- glieder in der Sitzung. Ist diese Zahl nicht anwesend, aber mehr als die Hälfte, so kann eine Wahl unter Vorbehalt stattfinden, d. h. wenn der Vorgeschlagene die zu einer Wahl nöthige absolute Mehr- heit der Stimmen doch erhält, so ist die Wahl gültig, erhält er sie nicht, so bleibt der Vorschlag bestehen und kann unter günstigeren Umständen Avieder vorgenommen werden. Für die Wahl im Plenum Stellen, für welche nach § 21 grössere Gehalte ansgevvorfen sind, jederzeit mit den geeignetsten Personen besetzt wei'den; solange das nicht möglich ist, sind sie offen zu halten. Fiir alle übrigen imbestinunten Stellen findet völlig Ireie "Wahl statt«. ^ Siehe den Abdruck im Ui-lcundenband Ni'. 203. 782 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhklm III. (1812— 1840). gelten dieselben Bestimmungen; doch genügt es, dass drei Viertel der ordentliclien Mitglieder anwesend sind (§ 14). In § 19 wird das Recht der Akademiker, an der Universität Vorlesungen zu halten, auf alle preussischen Universitäten ausgedehnt. In § 20 wird allen ordentlichen Mitgliedern ein Gehalt von 200 Thlr. zugesichert; der §21 ordnet die grösseren Gehalte: für einen Botaniker, einen Che- miker und einen Astronomen werden solche ausgeworfen sowie für zwei Philologen oder Historiker. Die Zahl der auswärtigen Mitglie- der wird auf 32 (16 + 16) fixirt; »nimmt ein auswärtiges Mitglied seinen Wohnsitz in Berlin, so tritt es sofort in alle Pflichten und Rechte der activen ordentlichen Mitglieder ein {§ 24). Der § 26 über die Ehrenmitglieder lautet wie § 4 des ScHLEiERMACHER'schen Ent- wurfs, enthält aber noch den Zusatz: »Zu Elhrenmitgliedern können auch solche anwesende und auswärtige Personen gewählt werden, welche bei anerkanntem wissenschaftlichen Verdienst deswegen nicht füglich zu ordentlichen Mitgliedern erwählt werden können, weil ihre Verhältnisse nicht die Erwartung erlauben , dass sie die Pflichten eines ordentlichen Mitgliedes werden erfüllen können«. Der § 28 stellt die Zahl der Correspondenten auf 200 fest. Nach § 30 ist die Akademie berechtigt, ein Mitglied zu suspendiren oder gänzlich auszuschliessen. Sie hat das Ministerium lediglich davon in Kennt- niss zu setzen. Bei den Bestimmungen über die Secretare (§ 3 i if.) ist auf die frühere Eintheilung der Akademie in vier Klassen keine Rücksicht mehr genommen. Sie sollen alle vier Monate im Vorsitz der Ge- sammt-Akademie, alle Monate im Vorsitz der Klasse wechseln (§§ 33. 38). Für die Sitzungen wird noch immer die Bestimmung aufrecht erhalten , dass der Vortragende in der vorhergehenden Sitzung das Thema anzukündigen hat, über welches er sprechen wird (§ 45). Oöentliche Sitzungen haben noch immer dreimal im Jahre stattzu- finden (§ 54), am Friedrich's-, am LEiBNiz-Tage und am Geburtstage Sr. Majestät. Für den ersteren ist ein Bericht über die äussere Ge- schichte der Akademie im verflossenen Jahre, für den LEiBNiz-Tag ein Bericht »über die Leistungen der Akademie überhaupt, nament- lich in Rücksicht ihrer eigenen Abhandlungen und ihrer eigenen und der von ihr unterstützten wissenschaftlichen Unternehmungen« angeordnet. Der § 58 bestimmt, dass über die zur Aufnahme in die »Abhandlungen« bestimmten Vorträge verdeckt abgestimmt wird. In § 62 heisst es: »Die Akademie unternimmt zur Ausfüllung wis- senschaftlicher Bedürfnisse und je nach den zu Gebote stehenden Das neue Statut (1838). 783 Mitteln aucli solche Arbeiten , welche entweder das gemeinsame Zu- sammenwirken mehrerer Gelehrter erfordern, oder durch Umfang und Kostenaufwand die Kräfte Einzelner übersteigen, oder einer so lange fortgesetzten Anstrengung bedürfen, dass sie nur von einem dauernden Verein ausgeführt werden können«. Damit sind grosse Unternehmungen dauernd in den Kreis der Bethätigung der Aka- demie eingeführt. Dementsprechend heisst es in § 84: Es ist in Rücksicht auf dauernde wissenschaftliche Zwecke und Unter- nehmungen der Akademie (§ 62) verstattet, ordentlichen Mitgliedern der Akademie oder in Berlin ansässigen Personen, welche der Akademie fremd sind, für bestimmte fortdauernde und ununterbrochene wissenschaftliche Leistungen, namentlich physikalische Beobachtungen und historisch -philo- logische Sammlungen, deren fortdauernde Bekanntmachung von der Akade- mie beschlossen worden, fortdauernde fixirte Remunerationen bis zur Höhe von jährlich 200 Thlr. zu geben, wovon jedoch nicht, wie bei den Gehalten, ein Gnadenjahr stattfindet. . . . Für jede der beiden Klassen sind höchstens zwei solcher remunerirter Stellen zulässig. Damit ist, wenn auch noch in bescheidenen Grenzen und unsicher, die Stellung von Akademie -Adjuncten geschaffen, doch ist der Name vermieden. In § 74 wird festgestellt, dass das Einkommen der Akademie ausser dem Ertrage ihres Vermögens, aus dem Dotations- Fonds von 20743 Thlr. besteht, »welcher ihr gegen Einziehung ihrer früheren Einkünfte aus den von Uns mittelst Cabinetsordre vom 16. August 1809 au.'^gesetzten Fonds für die wissenschaftlichen Anstalten zu Berlin verliehen worden ist«. Das Einkommen der Akademie war seit dem Jahre 1809 nicht erhöht worden; trotzdem machte sie »Ersparnisse«. Genaue Bestimmungen über die Geldverw^endung und den Geldverwendungs-Ausschuss schliessen die Statuten ab. — Die Akademie besass nun eine Verfassungs- und Geschäfts- ordnung, die aus langer Erfahrung hervorgegangen war, an deren Begründung und Verbesserung successive die beiden Humboldt, Nie- BUHR, Uhden, Sciileiermacher, Böckh und Encke gearbeitet hatten. Aber Wilhelm von Humboldt, Uhden und Schleiermacher haben sie nicht mehr erlebt, und auch die beiden Veteranen Hufeland (gest. 25. August 1836) und Hirt (gest. 29. Juni 1837) starben, bevor das neue Statut in Kraft getreten war. Die dreizehn neuen Mitglieder, die in den sechs letzten Jahren der Regierung Friedrich Wilhelm's III. gewählt worden sind , haben die Akademie durch die Mannigfaltigkeit der wissenschaftlichen In- teressen, die sie vertraten, in besonderem Maasse bereichert. Das gilt besonders von der physikalisch - mathematischen Klasse. In 784 Geschichte der Akademie unter Friedrich Wilhklm III. (1812—1840). Steiner (1834) erhielt sie den grössten Geometer des Zeitalters; durch die Aufnahme der drei Physiker Dove (1837), Poggendorff (1839) vmd Magnus (1840) wurde das Fach der Physik, das bisher nur der alternde Erman vertreten hatte, vielseitig und glänzend besetzt. In Johannes Müller (1834) wurde ilir der Biologe zuge- führt, dessen Arbeiten eine neue Epoche der Anatomie und Phy- siologie begründen und der von den ausgezeichnetsten Naturforschern und Medicinern unseres Zeitalters als der grosse Lehrer verehrt wird; in H. Rose (1834) erhielt sie einen Chemiker und Mineralogen ersten Ranges. Aber sie hat sich in jenen Jahren noch durch zwei Gelehrte verstärkt, die auch der anderen Klasse erwünscht sein mussten — CnAMisso(i 835) und Olfers (1837). Chamisso, der Dichter, Botaniker und S2)rach forscher, hat der Akademie leider nur drei Jahre (f 1838) angehört; ein früher Tod raffte den von Allen ge- liebten Mann hinweg. Die Akademie besitzt in ihren Abhandlun- gen nur eine Studie von ihm »Über die Hawaiische Sprache« (1837 S. iff.)\ Olfers, ursprünglich Diplomat und Naturforscher zugleich — er war als Legationssecretär und Gesandter zweimal in Brasilien gewesen (18 16, 1826/28) und hatte dort auch zoologische »Studien getrieben; an den Höfen von Lissabon und Neapel war er wohl- bekannt und 1831/35 in der Schweiz als Geschäftsträger thätig — war nach seiner Rückkehr von der Akademie als Zoologe aufge- nommen worden. Aber bald darauf übertrug ihm der König die Stelle eines Generaldirectors der Königlichen Museen als Nachfolger des Grafen Brühl. »Vermöge seiner vielseitigen Bildung und prak- tischen Geschäftsführung gelang es ihm , in der dreissigjährigen Zeit seiner Amtsführung in allen Kunstangelegenheiten das volle Ver- trauen seines königlichen Herrn sich zu erwerben und die Entwicklung der Museen und ihrer Sammlungen wesentlich zu fördern«^. Die Bebauung der »Museumsinsel« ist vornehmlich sein Werk, und ausser- dem verdankt ihm namentlich die Kupferstich Sammlung und die grosse Sammlung von Gipsabgüssen (besonders in Hinsicht auf die mittelalterliche und die Renaissance -Kunst) sehr viel. Obgleich ihn sein Amt fast ausschliesslich in Verbindung mit der philosophisch- historischen Klasse brachte, so blieb er doch bis zu seinem Tode Mitglied der anderen Klasse. Die Archäologie und Kunstgeschichte wurde in dieser von Gerhard (1835) und Panofka (1836) vertreten. ^ Vergl. ii])er Chaimisso die Festrede von du Bois-Reymond (Sitzungsberichte 1888 S. 675 ff.). ^ Sielie VON Donop in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 24 S. 291. Grundsteinlegung des FRiEDRicn's-IMonaments (1840). 785 Was der Erstere der Wissenschaft geleistet ]iat, wird später dar- zustellen sein. Der Mineraloge, Tlieolog und Philosoph Steffens (1835) hat in der Akademie keine Rolle gespielt; er hatte den Gipfel seines Ruhms ])ereits längst hinter sich, als er aufgenommen wurde. In den Schriften der Akademie findet sich nur eine Ab- handlung von ihm (Über Pascal 1837 S. 177 ff.). Dagegen bedeutete die Wahl Neander's (1839) eine wirkliche Bereicherung. Zwar ver- mochte er Schleiermacher nicht zu ersetzen , aber in seinen gehalt- vollen kirchenhistorischen Abhandlungen förderte er jenen Zweig der Geschichte, der einst bei der Stiftung der Akademie ihr zur Pflege besonders empfohlen war. Am 14. Mai 1840 starb der Minister Altenstein, wenige Wochen darauf (am 7. Juni) der König. Kurz vorher, am i. Juni, hatte die feierliche Grundsteinlegung des FRiEDRiCH's-Monuments stattgefunden. Die Akademie hatte den Tag durch ein Festmahl gefeiert und Alexander VON Humboldt bei dieser Gelegenheit folgende Ansprache gehalten^: Die stille, einfache Feier, zu der wir uns hier vei'sammelt haben, würde ihren eigenthümlichen Charakter verlieren, wenn ich es wagte, durch den Schmuck der Rede Gefühle zu beleben, die an diesem welt- geschichtlichen Tage sich dem Inneren des Gemüths von selbst aufdrängen. Mir ist die Ehre zu Theil geworden, einige Worte an diese Ver- sammlung zu richten. Diesen Vorzug verdanke ich der Zufälligkeit allein, dem alten Geschlechte anzugehören, welchem noch aus eigener jugend- licher Anschauung das Bild des grossen Monarchen vor die Seele tritt. Seiner geistigen Kraft und aller Kraft des Geistes kühn vertrauend, hat er gleich mächtig, soweit Gesittung und Weltverkehr die Menschheit em- pfänglich machten, auf die Herrscher wie auf die Völker gewirkt. Er hat — um mich eines Ausdrucks des römischen Geschichtschreibers zu bedienen, der mit tief verhaltener Wehmuth alle Regungen des Staats- und Völker- lebens durchspähte — , er hat die schroifen Gegensätze, »die widerstrebenden Elemente der Herrschaft und Freiheit« mit einander zu versöhnen gewusst. Den köstlichsten Schatz dieser Freiheit, das ungehinderte Streben nach Wahrheit und Licht, hat er früh und vorzugsweise dem wissen- schaftlichen Vei'eine anvertraut, dessen Glanz er, ein Weiser auf dem Throne, durch eigene Arbeiten und schützende Theilnahme erhöhte. Die Akademie, von Leibniz gestiftet, von Friedrich dem Grossen erneuert, blickt mit gleicher Rührung auf jene schon vom milderen Lichte der Ferne umtlossene Zeit, wie auf das 19. Jahrhundert, wo die Huld eines theuren Monarchen, in allen Theilen des vergrösserten Reiches, für Begründmig wissenschaftliche!' Anstalten und die edlen Blüthen des Kunstlebens gross- artigst gesorgt hat. Daher ist es uns eine süsse Pflicht, ein Bedürfniss des Gefühls, nicht der Sitte, an diesem festlichen Tage zweien erhabenen Wohlthätern den Ausdruck der Bewunderung und des ehrfurchtsvollen Dankes darzubringen. ^ Siehe Abhandlungen 1840 S.VIf. Geschichte der Akademie. I. 50 786 Der Tod Friedrich Wilhelm's 111. (7. Juni 1840). Der Redner ahnte nicht, dass es die letzten Worte waren, welche die Akademie an den König richten durfte \ Dass der entschlafene Monarch , indem er der Entwicklung der Akademie Freiheit gelassen und ihr in Männern wie Altenstein und Johannes Schulzc ausge- zeichnete Curatoren gegeben , aufs Beste für ihr Wohl gesorgt hat, erkannte auch Böckh dankbar an in der Ansprache, die er im Namen der Akademie bei der ersten Audienz an den neuen König gehalten hat (2 1. Juni 1840): »Des Hochseligen Königs Majestät haben der Wissenschaft und Kunst eine Pflege angedeihen lassen , um welche Preussen von ganz Europa beneidet wird«'". Ein Monarch kann der W^issenschaft durch lebendiges Interesse und thatkräftige Förderung grosse Dienste leisten, noch grössere, wenn er selbst die hervorragen- den Geister zu schätzen und anzufeuern weiss. Aber das höchste Ver- dienst erwirbt er sich um sie, wenn er über ihrer Unabhängigkeit w^acht und ihre Pflege einsichtigen Räthen anvertraut. Dieses Ver- dienst gebührt Friedrich Wilhelm III. in Bezug auf die Akademie. ^ Alexander von Humboldt stand in den Augen seinei* Freunde Friedrich Wilhelm 111. so nahe, dass er bei dem Tode des Königs Condolenzschreiben empfing, wie einst Leibniz bei dem Tode der Königin Sophie Charlotte. So schrieb Bessel am II. Juni 1840 an ihn (Bruhns, a. a. O. 11 8. 272 f.): "Niemand hat unserem verehrten Könige so nahe gestanden als Ew. Excellenz , vielleicht selbst Familien- glieder nicht ausgenommen. Wenn der König Einen als Freund betrachtet hat, so sind Sie es gewesen. Wir alle, die wir ihm mit treuem Herzen ergeben gewesen sind, haben Ew. Excellenz als den Leidtragenden zu betrachten. Auch ich beklage innig, dass ein so schönes und seltenes Verhältniss zerrissen worden ist". Humboldt sellist hat niclit nur bei officiellen Anlässen seiner Liebe und Dankbarkeit gegen den König Ausdruck gegeben. An Gauss schrieb er am 24. Juni 1840 von der bewegten Zeit, in der sein Gemüth durch den Tod eines Monarchen getrübt sei, der ihn eines langen Vertrauens gewürdigt und nie seine geistige Unabhängigkeit geschmälei-t habe, und in einem gleichzeitigen Briefe an Casimir Gide heisst es: »Les journaux vous ont appris, Monsieur, la cause de ma tristesse et de mon long silence. C'eüt ete une grande ingratitude que de ne pas avoir ete vivement affecte par la perte de ce roi qui avait de ])elles qualites morales, honnete homme sur le trone. et qui m'a comble de bontes . tont en me laissant l'independance de mes opinions , et hono- rant mon attachement h des amis dont les idees pouvaient lui deplairC" (Bruhns, a. a. O.). - Siehe Monatsberichte 1840 S. i33f. Schon im Jahre 1836 beim Geburtstage des Königs (4. August) hatte Böckh eine Rede gehalten, in welcher er auf »den blühen- den Zustand hingewiesen hatte, in welchem sich in Preussen die Wissenschaften unter der Regierung Seiner Majestät befinden». In einer Rede am 21. October 1852 (Monatsberichte S. 560 ff.) über den Einlluss der Könige auf den Zustand der Aka- demie bezeugt er noch einmal: »Was die Akademie Friedrich Wilhelm 111. verdankt, ihre volle wissenschaftliche Freiheit, die ihr auch während der Herrschaft der Censur verblieben war. ihre angemessene Unabhängigkeit und die Beseitigung alles eitlen Scheins, von dem Niemand mehr als er entfernt war, wird stets in treuem An- denken bewahrt werden '. Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelsi's III. 787 Zweites Capitel. Die Akademiker (1812-1840). 1. Dass die deutsclie Wissenschaft und deshalb auch die Wissen- scliaft, wie sie an der Berliner Akademie gepflegt wurde, in den Jahren 1812-40 sowohl in ihrem Vaterlande als in ganz Europa zu Anerkennung und Ansehen gelangte, verdankt sie in erster Linie ihrer eigenen Tüchtigkeit. Die Arbeit, welche sie leistete, zwang die Franzosen und Engländer, sie zu beachten, und bald mussten sie einsehen, dass die Deutschen ihnen ebenbürtig geworden waren, ja in manchen Disciplinen ihre Lehrer sein konnten. In Deutsch- land selbst aber und speciell in Preussen erwarb sich die Wissen- schaft die ihr gebührende Stellung in der Nation nicht nur durch die glänzenden Fortschritte, die sie machte, sondern auch durch die Anziehungskraft und die Würde der Persönlichkeiten, die an der Spitze der wissenschaftlichen Bestrebungen standen. An und für sich waren die allgemeinen Bedingungen der inneren Lage nach Be- endigung des Freiheitskrieges der Anerkennung der reinen Wissen- schaft in Preussen und speciell in Berlin nicht günstig. Politische Interessen und wiederum romantisch -ästhetische beherrschten die maassgebenden Kreise. Der Bund, der auf der Höhe unserer klassi- schen Litteraturbewegung zwischen der Kunst, der Litteratur und der Wissenschaft geschlossen war und in Goethe und Wilhelm von Humboldt sich verkörpert hatte, gewann nur geringen Einfluss auf die Nation. Überraschend schnell ging sie vielmehr aus dem ratio- nalistischen Zeitalter in das der Romantik über, jener Romantik, die. an der Peripherie der Klassik entstanden, durch Lebhaftigkeit und Stärke des Gefühls, Fülle der Phantasie und reizvolle Mannig- faltigkeit der Stoffe für die lange Zeit der Nüchternheit gleichsam entschädigen wollte. Eine \f eichliche, unmMnnliche Stimmung drohte sich zu verbreiten und ein Haschen nach litterarischem Genuss; sie contrastirten seltsam mit dem strengen Zuschnitt des öftentlichen Lebens, das noch ganz in altväterlichen und in bureaukratisch-mili- tärischen Formen steckte. Zwischen diesen Gegensätzen musste die Wissenschaft in Preussen aufwachsen, sich behaupten und Aner- kennung finden. Dass sie das vermocht hat, verdankt sie Männern wie Wn.HELM von Humboldt. Alexander von Hujiboldt, Sciileier- 50* 788 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's 111. MACHER, Hegel, Savigny, Niebuhr, Philologen wie Grimm und Böckh, Naturforschern wie Buch und Mitscherlich — um nur diese Namen zu nennen — , von denen ein Jeder üher die Disciplinen, die er pflegte, hinaus die besondere und persönliche Mission gehabt hat, die Gesammtwissenschaft zu Ansehen zu bringen, Verständniss und Verehrung für sie zu erw^ecken und sie in der Nation einzubürgern. Wilhelm von Humboldt war die Aufgabe zugefallen , in dem Orga- nismus des staatlichen Lebens der Wissenschaft die Stätte zu be- reiten, sie stets als ganze zu ptlegen und zur Anerkennung ihrer Würde zu zwingen; in Erfüllung dieser Aufgabe wetteiferte sein Bruder mit ihm, aber er hatte noch den besonderen Beruf, die Naturwissenschaften zu Ehren zu bringen und sie als ebenbürtige Disciplinen zu erweisen. Schleiermacher vermittelte zwischen Philo- sophie, Theologie und Kunst; zu zeigen, dass in der höchsten Be- trachtung das innerlich zusammengehörte, was sich vor dem ober- flächlichen Blick abzustossen und zu fliehen schien , war seine Aufgabe. Niebuhr brachte die Geschichte als Lehrmeisterin der Politik und Volkskunde zu Ehren. Andersartig, aber noch glänzen- der interpretirte Hegel die Geschichte als das Werden des Geistes und gab dem Historiker die Würde des Philosophen, dem Philo- sophen den Reichthum des Historikers. Savigny fügte die Rechts- wissenschaft in den Organismus der Geschichte ein ; Jacob Grimm ver- wandelte die Liebe des Deutschen zu Haus und Herd, Sprache und Volksthum in bewusste Erkenntniss. Alle diese Männer, mit Aus- nahme der Brüder Humboldt, standen in einer weiteren oder enge- ren Beziehung zu der romantischen Bewegung und bezeugen damit, dass diese neben allem Echauffirten und Vergänglichen einen festen, edlen Kern besass, ein reines, sicheres Streben, welches auch der Wissenschaft zu Gute kommen musste. Man kann diesen Kern in Worte fassen: es war der Drang, sich des Lebens, und zwar des bewegtesten wie des höchsten, in allen seinen Formen zu bemächtigen, es in sich aufzunehmen und dann wieder auszustrahlen und gleich- sam noch einmal zu erzeugen. Nach einer Periode, in der der Begriff geherrscht und eine eigenthümliche Scholastik erzeugt hatte, forderte das Anschauliche und Geniessbare wieder seine Rechte — auch der absolute Rationalismus des HEGEL'schen Systems gründete sich auf einer reichen Anschauung der Dinge — ; für die Wissen- schaft hatte das die epochemachende Folge, dass sie gescliicht- lich wurde. Geschichte — auch in Bezug auf die Natur — ist das Zauberwort, welches die Wissenscliaft des 19. Jahrhunderts von Alle;eineines. 789 'o der des i8. trennt und über sie erhebt. Das Streben, das That- sächliche und Geschehene zu erkennen, wurde mit dem Staunen und dem Entzücken belohnt, und wie dieses zu weiterem rastlosen Fortschritt anfeuerte, erweckte es in den ernster Gesinnten eine ehrfürchtige Betrachtung, die gleich weit von dem anmaassenden Raisonnement der alten Schule wie von jener genusssüchtigen Phan- tastik war, die an dem Wirklichen noch nicht genug hatte und sich (leshalb eine Traumwelt schuf. Alle hervorragenden wissen- schaftlichen Abhandlungen aus den ersten beiden Jahrzehnten nach den Freiheitskriegen — auch die akademischen — haben etwas Gemeinsames: sie verbinden eine neue Betrachtung des Stoffs mit einer Methode, die deshalb »exact« ist, weil sie sich des Ganzen wie des Einzelnen mit Liebe zu bemächtigen sucht, und weil sie gewiss ist, dass sich auch in kleinen Zügen etwas Werthvolles offen- baren werde. Dazu liegt ein Hauch von Frische und eine Farbe des Lebens auf diesen Abhandlungen, die ihnen einen unvergäng- lichen Reiz verleihen. Im 1 8. Jahrhundert schrieb man mit Esprit, jene aber sind mit Geist geschrieben; denn sie sind aus der Be- geisterung für die Sache geboren. Der weltmännische Ton, der sich vornehm über die Dinge erheben zu dürfen meinte, aber eben des- halb an der Oberfläche haften blieb, ist jener ehrfürchtigen Be- trachtung gewichen, die den Forschenden in eine innere Beziehung zu seiner Aufgabe bringt: er meistert sie nun nicht mehr, indem er sie bemeistert. In der »Geschichte« aber, sobald sie aus den Händen der Dichter und Mythologen in den Bereich der Wissenschaft übergingt I ^ "Die romantische Reactioii", sagt Lord Acton ("Die neuere deutsclie Ge- schichtswissenschaft«. Eine Skizze. Autorisirte Übersetzung von J. Imelmann. 1887 S.3 f.), "die mit der Invasion von 1794 begann, war die Empörung der misshandelten Geschichte; denn Verurtheihing der Geschiclite war der entschiedenste Punkt in dem Programm von 1789 gewesen. Nun stärkte sich die Nation zum Widerstände gegen die neuen Ideen, indem sie die alten aufrief; sie bereitete sich aus den Zeiten des Glaubens und der Phantasie eine Scluitzwehr gegen das Zeitalter der Vei-nunft. War die humanistische Renaissance die künstliche Wiedererweckung einer lange begraben gewesenen Welt, so rief die romantische Renaissance die natürliche Ord- nung der Dinge zum Leben zurück und stellte die zerbrochenen Glieder der Kette wieder her. Sie flösste Sympathie ein mit dem Vergangenen, L^nliebenswerthen, Unhaltbai-en . insonderheit mit der Periode der Dämmerung, mit Begebnissen, die den von den Rechnern verachteten Seelenkräften günstig sind. Der gegenwärtigen Noth kamen die Romantiker mit all den überreichen Schätzen andrer Zeiten zu Hülfe und unterwarfen dadurch Willen und Gewissen der Lebenden dem Willen und Gewissen der Todten. Ihre tmmittelbaren Leistungen standen in keinem Ver- hältniss zu ihren djtuernden Kinw irkungoii. Sic A\;irpn schwacli. weil es ihnen an 790 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's 111. musste ein Richtwort maassgebend werden, das in niice alle höheren Aufgaben der Wissenschaft enthält — Entwicklung. In der That ist das, was dieses Wort besagt, seit dem zweiten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts, wenn auch nicht mit einem Schlage, bestimmend geworden für die Bearbeitung aller wissenschaftlichen Disciplinen, auf die es überhaupt Anwendung finden kann. Mögen wir Ale- xander von Humboldt's »Kosmos«, mögen wir die Untersuchungen der Geologen, Wilhelm von Humboldt's und Bopp's Sprachwissen- schaft, Niebuhr's Geschichte, Savigny's Jurisprudenz, mögen wir Schelling's und Oken's Naturphilosophie oder Hegel's Geschichts- logik betrachten — überall begegnet uns das Streben, die Reihen- folge der Erscheinungen als Entwicklung verständlich zu machen und das Spätere aus dem Vorhergehenden abzuleiten. Gewaltsam und stürmisch tritt diese Methode auf, so dass feinere Geister wie Schleiermacher sich verletzt fühlten, und gerade die strengeren Naturforscher bald skeptisch wurden, weil man Reihenfolgen von Entwicklungen construirte, ohne die Thatsachen selbst noch genau zu kennen, ja häufig genug im Widerspruch zu ihnen. Noch war für die Naturwissenschaften die Combination des Entwicklungsprincips mit den festen Gesetzen der Mechanik und der Erhaltung der Kraft nicht gefunden, welche allein der sonst leicht in phantastische Spe- culationen sich verlierenden Entwicklungsidee Maass und Grenzen zu geben vermochte. Für die Geisteswissenschaften allerdings glaubte Hegel in seiner Logik ein maassgebendes, begrenzendes Princip ent- deckt zu haben, an das er die Entwicklung der Erscheinungen band. Allein dieses Princip, anwendbar auf viele Thatsachen, vergewal- tigte in unzähligen Fällen das Wirkliche, ihm die Eigenthümlichkeit und Kraft raubend, und auch dort, wo es sicli anwenden Hess, erklärte es im Grunde wenig, weil es zu allgemein und abstract war. Aber auch abgesehen von dem Phantastischen, welches der Entwicklungsidee noch anhaftete, waltete zwischen ihrer Anwen- Schärfe und Genauigkeit gebrach; sie haben nie erkannt, dass die Revolution selber Geschichte war, dass ihre Wurzeln sich mit Nutzen weit zurück verfolgen Hessen; aber sie waren stark dadurch, dass sie verlorenes Wissen wiederentdeckten und es möglich macliten, Dinge zu verstehen, zu würdigen, ja zu bewundei-n, die das Urtheil des Rationalismus in der Masse werthlosen und ungesichteten Irrthums verwarf. Sie trieben eine Zeit lang ein phantastisches Spiel, aber sie erweiterten den Gesichtskreis Europas um das Doppelte. ... So lange die Romantiker eine litterarische Schule wai'en .... wurden sie sich der treibenden Kraft ihres Princips selber nicht bewusst. . . . Als ihre Ideen von denkenden Köpfen aufgenommen wurden, fand es sich, dass ein System wissenschaftlicher Begriffe von unbegrenzter Trag- weite darin beschlossen war.- SrnELLiNO . 8A\if;NV u. A. ti'aten auf. Allgemeines. / 9 1 duns- (lainals un.er trat mit grösstem Geschick und weitgehender Umsicht an die Aufgabe heran, aber noch vor Vollendung der Organisation wurde er auf einer zum Zwecke der Errichtung der Stationen unternommenen Diensti-eise vom Tode ereilt». 812 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. connected with tlie science and the well directed patience , rising into higli geniiis, with which his meteorological researches were pursued, there can be only one opinion, tliat these give Dove clalms, which no other meteorologist can compete with, to be styled »the Father of Meteorology«. Dove, Poggendorff, Magnus und der im Jahre 1842 in die Aka- demie aufgenommene P. Th. Riess (geb. 27. Juni 1804 zu Berlin, gest. 22. October 1883) waren nahe befreundet und hielten eng zu- sammen. So verschieden ihre Studiengebiete waren — sie alle haben die Lehre von der Elektricität gefördert \ Viele Jahre be- herrschte die Physik , wie sie sie betrieben , die Arbeit in dieser Disciplin in Berlin überhaupt. Dann kameii neue Bestrebungen auf, denen sie nicht mehr gefolgt sind ; die neuen Bestrebungen brachten Erweiterungen, Correcturen, neue Methoden, auch eine neue Organi- sation der physikalischen Forschungen, auf die sie nicht mehr ein- gehen wollten". Das ist der Gang der wissenschaftlichen Entwick- lung auf allen Gebieten , und kein Verständiger wird den Ruhm ver- dienter Forscher deshalb verkleinern wollen. 5. Aus den Pariser Laboratorien und dem Laboratorium von Ber- zELius ist die neuere Chemie nach Deutschland verpflanzt worden, für die Berliner Schule aber ist der schwedische Meister fast allein maassgebend gewesen. Mitsciierlich, Wöhler, Magnus, Heinrich ' Am meisten Rikss, der sich fast ausschliesslich mit der Reibungselektricität beschäftigt hat ("Die Lehre von der Reibungselektricität«. 2 Bde. 1853). Dieser Zweig der Elektricitätslehre verdankt ihm ausgezeichnete Förderung; namentlich ist der von ihm gegebene Nachweis der Wärmeentwicklung bei Entladungen, sowie der Nachweis der Übereinstimmung des elektrischen und galvanischen Stromes her- vorzuheben, fei-ner «Die Anordnung der Elektricität auf Leitern" (Abhandlungen 1844), "Die Seitenentladung der elektrischen Batterie" (Abhandlungen 1849) u. s. w. ^ Am 14. Januar 1845 gründeten G. Karsten, Beetz, Knoblauch, du Bois- Reymond, Heintz und Brücke die "Physikalische Gesellschaft"-, sie war aus dem MAONUs'schen (\)llo(|uium hei-vorgevvachsen. "Die älteren Vertreter der Berliner Wissenscliaft, die Herren in Amt und Würden, hielten sich vornehm bei Seite« (s. den "Bericht über die Feier des 50jährigen Bestehens der Physikalischen Gesell- schaft am 4. Januar 1896" in den Verhandlungen dieser Gesellschaft, 15. Jahrg. Nr. I S. i9flF. : von Bezold's Festrede). Die Physikalische Gesellschaft wurde bald der Samnielptmkt fiii- die neue Generation der deutschen Physiker. «Am 23. Juli 1847 hielt der junge Militärarzt Helmholtz aus Potsdam in der Physikalischen Gesellscliaft den Vortrag iiber das Princip von der Erhaltung der Kraft, und du Bois-Reymond war es, der ihm dazu verholfen hat, dass die von Poggendorff zurückgewiesene Abhandlung von Reimer in Verlag genommen wurde." Physiker: Rikss. — Cliemiker: Mitscheri-ich. 813 und Gustav Rose luiben zu Berzelius' Füssen gesessen; in die Heimath zurückgekehrt, haben die jungen Männer mit Dove, Poggendorff und RiESS einen Bund der Freundschaft und Forscliung geschlossen , der seine Kraft bis in's Greisenalter bewährt hat. Sie Alle, mit Ausnahme Wöhler's, sind Berlin erhalten geblieben, und gleichsam im Namen Aller hat Heinrich Rose in seiner Gedächtnissrede auf Berzelius dem grossen Lehrer ein Denkmal der Verehrung und des Danks gesetzt V MiTSCHERLicH (gcb. 7.Januari794 zu Neurade bei Jever, gest. 28. August 1863)"" hatte erst orientalische Sprachen in Paris, dann Medicin in Göttingen studirt. Nach Berlin übergesiedelt, erhielt er von Link die Erlaubniss, in seinem LaT)oratorium chemisch zu arbeiten, und bald fesselte ihn das Problem der Beziehungen zwischen Zusammensetzung und Kiystallform der Körper. Eine fast zufällige Begegnung mit Berzelius in Berlin , bei welcher dieser die Bedeutung des jungen Forschers scharfblickend erkannte, w^urde entscheidend. Zwei Jahre hat Mitscherlich unter ihm in Stock- holm gearbeitet: nach seiner Rückkehr erhielt er Klaproth's Stelle in Berlin und wurde in die Akademie aufgenommen. Die Grund- züge seiner grossen Entdeckung des Isomorphismus hat er dieser schon am 9. December 1819, also vor seiner Abreise nach Schwe- den, mitgetheilt. Dort empfingen seine Studien die Richtung auf die mineralogische Chemie und auf die chemischen Probleme beim Bergbau. Diese führten ihn auch zu geologischen Forschungen, zu den Fragen über die Entstehung der Vulcane, die Bildung der Geiser, der Mineralquellen u. s. w. Während seines ganzen Lebens hat er seine Ferienreisen dazu benutzt, diese Räthsel der Geschichte der Erdoberfläche zu lösen. In den letzten Jahrzehnten concentrirte er sich auf die Erforschung des Eifelgebirges. Eine umfassende und vielseitige Bildung kam seinen Fachstudien zu Gute. Durch jene übertraf er den genialsten deutschen Chemiker unseres Jahrhunderts, Liebig. Die beiden grossen Gelehrten, deren Arbeitsweise und Ar- beitsfeld sehr verschieden waren, haben ein freundschaftliches Ver- hältniss zu einander nicht zu gewinnen vermocht. In der Entdeckung des Isomorphismus, gegen den die alten Mineralogen sich sträubten , wie einst die alten Chemiker gegen die ' Abhandlungen 185 1 S. (XVIl)-(LXXVII). ^ VergL über ihn A. W. von Hofmann, Ein Jahrhundert chemischer Forschung unter dem Schirm der Hohenzollern 1881 S.3off. , Ladenburg in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 22 S.i5ff'.; jüngst ist MrrscHERLicH's Leben von seinem Sohne geschrieben worden. 814 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. Entdeckung Lavoisier's, war die Grundlage für einen ganz neuen Zweig der CJiemie gegeben. Mitscherlich selbst hat diese krystallo- grapliische Chemie auszubauen begonnen. Durch eine Verbesserung des WoLLASTON'sciien Reflexionsgoniometers gelang es ihm, die Ge- nauigkeit der Winkelmessungen in Bezug auf die Krystalle zu er- höhen. Dadurch wurde er auf die neue Entdeckung geführt, dass sich die Krystalle, mit Ausnahme derer des regulären Systems, mit der Temperatur nach verschiedenen Richtungen ungleich ausdehnen. Hierauf erfolgte die Entdeckung des Dimorphismus, jener Erschei- nung, die gewissermaassen complementär zum Isomorphismus ist; namentlich am Schwefel wies Mitscherlich sie nach. Seine berg- männischen Studien aber trugen ihm nicht nur die wissenschaft- liche Ergründung des metallurgischen Processes des Kupfers ein, sondern führten ihn auch zur Auffindung der ersten künstlichen Mi- neralien; er wies sie in den Schlacken nach, während sie von frühe- ren Beobachtern für secundäre Bildungen der feuerflüssigen Masse gehalten worden waren. Er erkannte diese Krystallbildungen als Formen des Augit, Olivin und Glimmer. Diese Entdeckung hat den Anstoss gegeben zur Herstellung von künstlichen Mineralien. Auch auf dem Gebiete der organischen Chemie ist Mitscherlich's Name mit einer Entdeckung von weittragendster Bedeutung verbunden, die bald der technischen Chemie die grössten und mannigfaltigsten Aufgaben stellen sollte. Er hat zuerst die Benzoesäure in Kohlensäure und Benzol zerlegt und ist dann durch Einwirkung der Salpeter- säure auf das Benzol zum Nitrobenzol geführt worden. Dieser Körper ist der Typus jener zahlreichen Klasse von Verbindungen geworden, die noch immer vermehrt und alle auf die gleiche Weise (»Nitriren«) gewonnen werden ; er hat zugleich den Ausgangspunkt für die Dar- stellung des Anilins gebildet und damit für die zahllosen Farben- derivate , deren Herstellung heute die grössten Fabriken beschäftigt. Das Nitrobenzol führte Mitscherlich zum Azobenzol, die erste der sogenannten Azoverbindungen , die ebenfalls der Farben fabrication zu Gute kamen, ferner zur Benzolsulfosäure. Innerhalb der Reactions- erscheinungen hat er zuerst jene Klasse abgegrenzt, die er als durch »Contact« veranlasst auffasst {Zersetzungserscheinungen durch Gegen- wart eines Körpers, ohne dass dieser selbst verändert wird, also materiell an der Zersetzung selbst nicht betheiligt erscheint). Diese Studien führten ihn zu den Gährungsvorgängon , in Bezug aufweiche er Schwann's Ansicht, dass die Hefe aus vegetabilischen Wesen be- stehe, zu stützen versuchte. Endlich hat er auch über Dampfdichten Chemiker: Mitscherlich, Heinrich Rose. 815 gearbeitet. Sein »Lehrbucli der Chemie«, in erster Auflage 1829 erschienen , ist für die Darstellung dieser Wissenschaft grundlegend geworden, ja das Vorbild der späteren Lehrbücher, »Die chemischen Arbeiten Heinrich Rose"s (geb. 6. August 1795 zu Berlin, gest. 27. Januar 1864), einen Zeitraum von beinahe fünf- zig Jahren umfassend, sind grösser an Zahl, als die irgend eines anderen Chemikers« : mit diesen Worten beginnt Rammelsberg seine Gedächtnissrede auf Rose\ und er fügt Iiinzu, dass sie sämmtlich analytischen Charakters sind und das Gepräge der Bestimmtheit und der Schärfe tragen, das ihnen für alle Zeiten hohen Werth verleiht und sie den Arbeiten von Berzelius an die Seite stellt. Mit unsäg- lichem Fleiss hat Rose experimentell gearbeitet, um die Zusammen- setzung fast zahlloser Körper und die Gewichtsverhältnisse, nach denen ihre Verbindungen erfolgen, zu bestimmen; aber er hat zu- gleich, dem Meister folgend, das gewonnene Material speculativ ver- arbeitet und in das Fachwerk der «Analytischen Chemie« eingeord- net. Unter den Elementen, denen sich seine Aufmerksamkeit be- sonders zugewandt hat, ist vor allem der Schwefel, Phosphor, Stick- stoff und Kohlenstoff zu nennen. Hat er in diesen Arbeiten wich- tige Aufschlüsse über einige der in der Natur am weitesten A^er- breiteten Elemente gegeben , so hat er auch in Bezug auf die am seltensten vorkommenden Mineralkörper die Erkenntniss bereichert. Hier haben ihn die Studien über die Tantalite und Columbite am dauerndsten beschäftigt und ihn schliesslich zu seiner berühmtesten Entdeckung, der des Niobium, geführt. Zahlreiche chemisch -mine- ralogische Analysen zweigten sich als Nebenarbeiten von dieser Hauptuntersuchung ab und sichern Rose auch ein bleibendes An- denken in der Mineralogie. In seinen Studien verbesserte er auch die Methoden: »Rose hat mehr vielleicht als irgend ein anderer Chemiker zur Ausbildung der chemischen Analyse beigetragen, und es ist dies wohl einer seiner schönsten Ruhmestitel. Die reichen Erfahrungen dieser Lebensarbeit sind in einem Werke niedergelegt, Avie es die Litteratur keiner anderen Nation zu verzeichnen hat. Sein l)erühmtes Llandbuch der analytischen Chemie ist die Quelle, aus welcher alle neueren Werke über Analyse geschöpft haben«. »Was wäre die analytische Chemie ohne ihn«, ruft Rammelsberg in der Gedächtnissrede aus. Dass er Jahrzehnte hindurch als Lehrer ^ Abhandlungen 1865 S.iff., vergl. A.W. von Hofmann, a.a.O. S.42fF. xind Anschüt/, in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 29 S. 177 ff. 816 Die. Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. der preussisclie Chemiker gewesen ist, hat auch Liebig in der her- ben Abliandlung anerkannt: »Über das Studium der Naturwissen- schaften und über den Zustand der Chemie in Preussen« (1840)^: »H. Rose ist der einzige Mann, von dem in Preussen der praktisch- wissenschaftliche Unterricht ausgeht, der Einzige, dem es Freude macht und der Geschick besitzt, junge Männer zu Chemikern zu bilden'«. Die Chemie in Berlin stand mit der Mineralogie in engster Ver- bindung; aber neben den Chemikern hat diese Wissenschaft in Chr. S. Weiss (geb. 26. Februar 1780 zu Leipzig, gest. i.October 1856), K. J. B. Karsten (geb. 26. November 1782 zu Bützow, gest. 22. Au- gust 1853) und Gustav Rose (geb. 18. März 1798 zu Berlin, gest. 15. Juli 1873) Special Vertreter besessen, deren Namen unvergessen bleiben werden. Weiss, der der Akademie mehr als vierzig Jahre angehört hat, »ein Mann von FiCHTE'scher Gesinnungsart^«, ist aus Werner's Schule hervorgegangen. Die erste Abhandlung, die er in den Schriften der Akademie veröifentlicht hat (18 14/15: »Über- sichtliche Darstellung der verschiedenen natürlichen Abtheilungen der Krystallisationssysteme«)! ist für seine weiteren Untersuchungen grundlegend geworden. Die mathematische Begründung des Auf- baues der Krystalle, die ein völlig neues und auch jetzt noch in der Hauptsache als richtig anerkanntes und in Geltung stehendes System ergab, bildete seine Lebensaufgabe. Er führte alle krystallo- graphischen Verhältnisse auf bestimmte Richtungslinien oder Achsen zurück, durch welclie auch die Bezeichnungen der Krystalltlächen ^ Reden und Abhandlungen 1874 S. yft"., 28 ff. ^ Liebig fährt fort: »Aber er entbehrt aller Mittel für den Unterricht. Sein Laboratorium ist ein geiniethetes, für den Zweck, zu dem es bestimmt ist, durch- aus nicht eingerichtetes Local, von welchem die Regiei'ung einen Theil der Miethe trägt; aber er hat keinen Pfennig, um den jährlichen Verbrauch zu decken ■ ; daher könne er nur mineralogisch -chemische Arbeiten nothdürftig ausführen lassen, weil das das billigste sei. »Rammelsberg hat ein Laboratorium eröffnet; er erhält aber von der Regierung nicht die kleinste Unterstützung. Mitscherlich erhält aus dem Fonds der Akademie jährlich 4 — 500 Thlr., so viel etwa als hinreicht, um die Be- dürfnisse seiner Vorlesungen und seiner eigenen Untersuchungen zu bestreiten. Er konnte bis jetzt keinem jungen Mann sein Laboratorium eröffnen; er hat bis jetzt keinen unterrichtet, der die Wissenschaft auch nur mit einer einzigen neuen That- sache bereichert hätte; nur eine Analyse von Kautschuköl ist in zwanzig Jahren dort hervorgegangen. Als Lehrer der Chemie, als Naturforscher ist sein Wirken gänzlich paralysirt durch eine Masse von untergeordneten Arbeiten, von einer Menge von Ämtern, zu welchen bei Weitem minder eminente Talente vielleicht noch ge- schickter und passender wären.« •^ Trendelenburg, Abhandlungen 1861 S.9. Mineralogen: Weiss, Karsten. 81/ gewonnen und die verschiedenen Symmetriegesetze abgeleitet wer- den konnten \ Karsten"^, mit Weiss nahe verlmnden — - in den Jahren 1805 bis 1810 hatten sie zusammen die deutsche Ausgabe von Hauy's grosser Mineralogie besorgt — , liatte sicli zunächst mit dem Hütten- wesen eingehend beschäftigt und auf Grund seiner Arbeit »Über den Unterschied des Stabeisens, des Roheisens und des Stahls und über die Erzeugung des Roheisens in den Hochöfen« eine Staats- anstellurig im Bergwesen erhalten. Er stieg schnell bis zum Ober- hüttenrath und wurde mit wichtigen ministeriellen Aufträgen 1)0- traut. Im Jahre 18 16 erschien sein als epochemachend bezeichnetes Werii »Handbuch der Eisenhüttenkunde«, in welchem zum ersten Mal die praktischen Erfahrungen in diesem Fache auf feste wissen- schaftliche Grundlage zurückgeführt wurden. Diesem folgte bereits im nächsten Jahre sein später in ein fünfbändiges Werk verwan- delter »Grundriss der Metallurgie und der metallurgischen Hütten- kunde«, welcher ebenfalls den wissenschaftlichen Unterbau für die praktischen Bethätigungen enthält. Im Jahre 18 18 begründete er das »Archiv für Bergbau und Hüttenkunde«, das bereits in den Jahren 181 8-1 831 von hoher Bedeutung für die Verbindung von Wissenschaft und Industrie wurde, in seiner neuen Folge aber als »Archiv für Mineralogie, Geognosie. Bergbau und Hüttenkunde« (1829 — 1854) als »eine höchste Zierde der deutsclien Litteratur in diesem Fache« gilt. In den Schriften der Akademie, die er durch 21 Abhandlungen bereichert hat, hat er besonders mineralogisch- chemische Probleme behandelt. In seiner im Jahre 1843 erschie- nenen »Philosophie der Chemie« bekennt er sich als Kantianer und Dynamiker und polemisirt gegen eine realistische Vorstellung der Atome. Nach dem Jahre 1848 wurde der »wahrhaft liberale, ernst- sittliche Mann« der Regierung unbequem; zurückgesetzt, nahm er 1850 seinen Abschied, der ihm »in einer nahe an Ungnade grenzen- den Form« ertheilt wurde. Für die Akademie ist er bis zuletzt ' Siehe von Gümbel in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 41 S. 559 f. In den »Tag- und Jahresheften« (Werke, HempeFsche Ausgabe Bd. 27 S.243, zum Jahre 18 18, Karlsbad) schreibt Goethe: »So wurden mir auch sehr belehrende krystallographische Unterhaltungen mit Prof. Weiss. Er hatte einige krystallisirte Diamanten bei sich, deren Entwicklungsfolge er nach einer höheren Einsicht mich gewahr werden Hess«. Vergl. über Weiss auch die Denkrede von C F. Pii. VON Martius, gehalten in der Königlich Bayerischen Akademie 1856 (23. No- vember). ^ Siehe von Gümbel in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 15 S.427 fl". Geschichte der Akademie. I. j2 818 Die Akademikei- im Zeitalter Friedrich Wilheoi 's 111. thätig gewesen. In das Jahr seines Todes fällt die Abhandlung: » Über Feuer -Meteore « . Die Untersuchung der Meteorsteine, die Karsten nur gestreift hat, bildete einen Hauptgegenstand der Forschung von Gustav Rose\ dem Bruder Heinrich's. Bereits im Jahre 1825 hat er Studien über die krystallinischen Mineralien der Meteorsteine veröffentlicht, und im Jahre 1863 publicirte er die umfassende Abliandlung: «Beschrei- bung und Eintheilung der Meteoriten auf Grund der Sammlung im mineralogischen Museum zu Berlin« (Abhandlungen 1863 S. 23 ff.). »Damit wurde die Grundlage für alle späteren Forschungen über diese Körper geschaffen.« Mit Mitscherlich eng verbunden, hat er auch zusammen mit ihm gearbeitet und die Kenntniss der Iso- morphie der Metalle gefördert. Auf der Reise in den Ural begleitete er (1829) Alexander von Humboldt und hat über ihre minera- logischen Ergebnisse einen ausführlichen Bericht in zwei Bänden erstattet (1837. 1842). Seine zahlreichen Unter.suchungen über die Krystallformen der Metalle (namentlich des Quarzes), die von der Anschauung bestimmt sind, dass zwischen dieser Form und der chemischen Natur eines Minerals ein inniger Zusammenhang be- stehe, führten zum »Krystallographischen Mineralsystem« (1852). Auch in petrographischen Untersuchungen \md Experimenten war er glücklich und vermochte aus ihnen wichtige Erkenntnisse für die Erklärung der Entstehung vieler Gesteine zu gewinnen. Besonders kommt hier sein gelungener Versuch der Umwandlung von dichtem Kalk in krystallinischen in Betracht, sowie der experimentelle Nach- weis, dass die amorphe Kieselsäure ebenso wie der gepulverte Quarz bei hoher Temperatur in kleine Tridymit - Krvstalle übergeführt werden. 6. Alle diese Chemiker und Mineralogen haben auch die Geognosie und Geologie gefördert; aber neben ihnen stand bis zum Jahre 1853 der Meister, den Alexander von Humboldt »den grössten Geognosten in unserer Zeit« genannt hat, Leopold von Buch". Fast ein halbes ^ Siel)e VON Gümbkl in dei' Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 29 S. 175 ff. ^ Li seiner Antrittsrede hat Braun (Monatsberichte 1852 S. 417) Buch als den Mann gefeiert, »der die Natur in einem Umfange und einer Ausdehnung er- forscht wie kein Anderer, der seit einem halben Jahrhunderte alle jugendlichen Kräfte der Naturforscher zu den verschiedensten wissenschaftlichen Bestrebungen begeisternd angeregt hat, dei-, einer der Ersten, die Hebungen der Berge gezeigt. Gustav Rose. Leopold von Buch, der Geologe. 819 Jalirhundert hindurcli ist er die Kraft und Zierde der Akademie gewesen, und sie erfüllte nur eine Pfliclit der Dankbarkeit, als sie seine Büste neben der Alexander von Humboldt's in ihren Sitzungs- räumen aufstellen Hess. An dauerndem Einfluss auf die Entwick- lung der Wissenschaft hat Buch den ihm nah befreundeten, uni- versalen Naturforscher noch übertroffen. Die »Kosmos« gehört be- reits der Geschichte an; Buch's Entdeckungen bilden noch heute die Grundlagen der Geologie und Paläontologie. Bereits in dem vorhergehenden Buche (S.64of.) ist Buch's gedacht worden, bis zu jenem Jahre, in welchem er, als Reformator der geo- gnostischen Wissenschaft aus Norwegen und Lnppland zurückgekehrt, den Gneiss statt des Granits als das älteste Fundamentgestein nach- gewiesen und das Lehrgebäude Werner's damit umgestürzt hatte. In Schweden war er aber auch auf das langsame Emporsteigen dieses Landes aufmerksam geworden , und dieses Problem fesselte ihn fortab. Er wandte sich nun den Alpen zu, studirte ihren Bau, namentlich aber die Verbreitung der grossen Geschiebe und Blöcke, und überzeugte sich , ähnliche Erscheinungen im Norden zum Ver- gleich herbeiziehend, zunächst von der Unrichtigkeit der Saussure- schen Annahme, da.ss zurückgestaute Gewässer jene Blöcke über die Ebene und bis in den Jura gewälzt haben sollen. In der aka- demischen Abhandlung vom Jahre 1811 (Abhandlungen 1804-18 11 S. 161 ff.) hat er die ersten Ergebnisse dieser seiner Forschungen dargelegt. Dass ein ungeheurer Stoss die Ursache der Phänomene sein müsse, ist ihm nicht zweifelhaft: «untersucht man aber die Grösse dieses Stosses etwas genauer, so erschrickt die Einbildungs- kraft«. Die Abhandlung schliesst mit den bedeutungsvollen Worten: »Wie wenn diese heftigen Veränderungen und Zerstörungen mit denen zusammenfielen, welche die Elephanten auf der Erdlläche begruben? Die grossen Ausbrüche aus den Gebirgen haben locale, aufgeschwemmte Gebirgsarten gebildet, und nur in aufgeschwemmten Geröllmassen liegen die Elephantenreste , nie im festen Gestein allge- mein verbreiteter Formationen«. Schon in dieser Abhandlung also die uralten Blätter der Erdrinde mit ihren sprechenden Denkmälern entfaltet und der Erde eine Geschichte gegeben hat, an welche die der ganzen Natur sich an- schliesst«. Die von Ewald im Jahre 1854 auf Buch gehaltene Gedächtnissrede ist nicht gedruckt worden. Vergl. den Artikel von Gümbel's in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd.^3 S. 464 ff. und den Vortrag von Dechen's (Verhandlungen des naturforschenden Vereins für Rheinland und Westfalen 1853 Bd. 10 8.241!!",). Buch's gesammelte Schriften sind von Ewald, Roth und Eck 1867— 1870 heraus- gegeben worden. 52* 820 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. blickte der Forscher auf den Zusammenhang der Geologie mit der Paläontologie aus. Zunächst aber setzte Buch die rein geognostischen und geologi- schen Untersuchungen fort und veröffentlichte die beiden Abhand- lungen »Von den geognostischen Verhältnissen des Trapp-Porphyrs « und »Bemerkungen über das Berninagebirge in Graubünden« (Ab- handlungen 1 8 1 2/ 1 3 S. I 2 9 ff. , 1 8 1 4/ 1 5 S. 1 05 ff.). Ein Hauptergebniss der letzteren fasste er in dem Satze zusammen: »Die Bildung der Thäler scheint überall in den Alpen ein späteres Phänomen als die Erhebung der Gebirgsmassen; allein wahrscheinlich verdanken auch sie ihre Entstehung einer allgemein und vielleicht zu gleicher Zeit wirken- den Ursache«. Die Theorie von der Stal)ilität der Erdrinde war damit durchbrochen. Bereits arbeitete er daran, in das Chaos, welches durch den Sturz der von Werner aufgestellten Reihenfolge der Gebirgs- glieder entstanden war, provisorisch Ordnung zu bringen, als die Gelegenheit, die canarischen Inseln zu besuchen (i 8 1 5), ihn von diesen Arbeiten abrief. In seinem Werke: »Physikalische Beschreibung der canarischen Inseln« (1825) hat er nicht nur die vulcanische Entste- hung dieser Inseln glänzend dargelegt, sondern auch die physikalische Erdkunde überhaupt und die Pflanzengeographie mächtig gefordert. Vor allem aber befestigte er jetzt seine Theorie der Gebirgserhebung (im Unterschied von blossen Aufschüttungen): die Reisen zu den basalti- schen Hebriden und wiederum in die Alpen wurden von ihm zu dem Zwecke unternommen, das hebende Princip, die vulcanischen Gesteine, zu entdecken. Er glaubte es in dem Trachit und Augitporpliyr gefunden zu haben und baute auf diese Entdeckung die kühnsten Hypothesen, die in der Annahme gipfelten, der Augitporpliyr habe die Umwand- lung des Kalks in Dolomit verursacht (»Über Dolomit als Gebirgs- art«, Abhandlungen 1822/23 S. 83ff.). Nicht diese Theorieen, aber die liChre von den Gebirgserhebungen ist von bleibendem Werthe ge- blieben: »Die Hebung der Gebirge durch Kräfte, welche, aus dem Innern der Erde wirkend, gegen die starre Erdrinde kämpfend, sie zersprengend , Theile derselben emportreibend , deren Gestalt eigentlich begründen, erfolgt in ihrer Hauptlängenrichtung nach der Lage von Spalten, aus welchen die hebenden Gesteine hervor- br(icheii, während der in den Hauptketten dadurch erzeugte Druck seitlich wirkend eine Menge paralleler Nebenspalten erzeugt und den seitlichen Secundärketten ihr Dasein giebt. Diese gewaltige Be- wegung kolossaler Gel)irgsmassen bei ihrer Erhebung zu Gebirgs- ketten musste an den Rändern durch den Seitendruck eine viel- Leopold von Bcch . dei' (leologe. 821 facli geänderte Stellung der Schicliten bewirken, wodurch in der Tliat Falten, Gewölbe oder vielfach gebogene Nebenketten so häufig 1) ervorgerufen werden. Auch die Richtung in diesen Erhebungen ist eine bestimmte und regelmässige«. Buch unterschied in dieser Be- ziehung vier sogenannte geognostische Gebirgssysteme in Deutsch- land. Im Jahre 1826 Hess er eine geognostische Karte von Deutsch- land in 24 Blättern erscheinen, »welche unbestritten zu den besten geognostisch-kartistischen Leistungen damaliger Zeit gezählt werden muss« ; sie erlebte bis 1843 fünf verbesserte Auflagen und schliesst die geologisch -geognostischen Studien Bucn's ab. Von da an wandte er sich den paläontologischen Studien zu, und auch hier wurden seine Arbeiten epochemachend. Sie sind fast sämmtlich in den Abhandlungen und den Monatsberichten unserer Akademie nieder- gelegt und beginnen mit der Studie: »Einige Bemerkungen über die Alpen in Bayern« (1828 S. 7 3 ff.)- Mit den Abhandlungen »Über die Ammoniten in den älteren Gebirgsschichten « (1830 S. I35ff.) und »Über Goniatiten« (1830 S. I59ff.) schuf er l)ereits Ordnung und wusste »mit derselben Aufmerksamkeit, mit der er im Grossen den Aufbau der Berge beobachtet hatte, auch im Kleinen mit seinem scharfen Blicke und seiner feinen Beobachtungsgabe Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen , das Charakteristische aufzufassen, festzuhalten und aus dem scheinbar Chaotischen ein wohlgeordnetes Ganzes herzustellen. Seine erste grössere joaläon- tologische Arbeit war bereits eine vollendete und mustergültige, deren Werth bis in die neueste Zeit sich ungeschmälerter Anerken- nung erfreut«. Rastlos arbeitete er weiter. In den drei Abband- lungen »Über Terebrateln « , »Über Delthyris und Orthis« , »Über Productus« (1833 S. 2iff., 1836 S. iff., 1841 S. iff.) fuhr er fort, mit Meisterschaft die Arten zu unterscheiden. Schon seit 1837 aber verband er mit diesen Untersuchungen die Erforschung des Jura (»Über den Jura in Deutschland«, Abhandlungen 1837, S. 49ff.), in- dem er die gewonnenen paläontologischen Resultate fiir die Gebirgs- forschung zu verwerthen begann. »Auch hier muss seine Thätig- keit als bahnbrechend bezeichnet werden; denn er legte, indem er die verscliiedenen Arten des Jura unterschied und bei jeder Ab- theilung zugleich auch die Übereinstimmung mit Ablagerungen in ausserdeutschen Ländern nachwies, das Fundament für die später mit so grossem Erfolge durchgeführte Gliederung der Schichtge- steine und für die sogenannte vergleichende Geologie«. Zu den »Ab- handlungen« hat er im Jahre 1844 seinen letzten Beitrag gespen- 822 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. det; aber in den Monatsberichten finden sich dann noch dreizehn Beiträge von ihm; der letzte ist aus dem Jahre 1852: »Über die Juraformation auf der Erdoberfläche« (S. 663)\ Den Wanderstab hat er erst mit dem Tode niedergelegt. Die wissenschaftlichen Reisen machte er in der Regel als »wandernder Einsiedler« ; aber die Fach- genossen und die Naturforscher -Versammlungen suchte er gern auf. Buch war auch ein Meister der Darstellung; »sein Deutsch, schön und anschaulich, hörten wir selbst von kritischen Kennern, wie Lach- mann, bewundern""«. Aber wahrhaft ehrwürdig geworden ist er Allen, die ihn kannten, durch die Hoheit seines Sinns, die Strenge seines Charakters, die edle Aufgeschlossenheit seines Wesens und durch sein lebendiges preussisches Vaterlandsgefühl. Die Akademie gab bei seinem Tode der Empfindung Ausdruck , dass nicht nur die Wis- senschaft einen unersetzlichen Verlust erlitten , sondern dass sie einen Collegen verloren habe, zu dem sie aufschaute als »zu dem schaffen- den und ordnenden Geiste« in ihrer Mitte und zu einem leuchtenden Vorbilde^. Am trefflichsten aber hat von Dechen der Nachwelt das geistige Bild dieses Mannes überliefert*; seine Worte mögen hier eine Stelle finden : "Auf fortgesetzten Reisen während des grössten Theils des Jahres stand Buch mit den ausgezeichnetsten Gelehiten in ganz Europa in dem lebendigsten persönlichen Vei'kehr; er kannte ihre Ansichten, er wusstc von ihren Arbeiten; in allen Sammlungen von Edinburg bis Neapel hatte er Beobachtungen angestellt. Überall war er zu Hause , die kleinsten Um- stände waren ihm gegenwärtig. Das aussergewöhnlichste Gedächtniss unter- stützte er noch durch eisernen Fleiss. Sein Tagebuch war eine unversiegbare Quelle von Aufzeichnungen der seltensten Art. So war er überall, wo er hinkam, ein wahres Orakel für die begierigen Jünger der Wissenschaft; wer ihm nahte , inusste lernen. Überall spendete er sein Wissen und ver- breitete die Kenntnisse, welche sich auch jetzt noch so oft dein gewöhn- lichen Bücherverkehr entziehen. Überall, wo er wahre Liebe zur Wissen- schaft fand, die sein Heiligthum war, konnte Niemand heiterer, mittheilender, belehrender sein als er. Sein reicher Geist entwickelte die Ansichten in ^ Er hat diese umfangreiche Abhandlung mit den Worten geschlossen (S.680): »Es bedarf die Kenntniss des Daseins und der Ausdehnung jurassischer Bildungen in Süd -Amerika noch iiberzeugenderer und schärferer Beweise. Bis solche Beweise geliefert sind, wird es immer erlaubt sein, den Mangel der Juraformation in Amerika als Thatsache anzusehen, ja sogar der ganzen Hälfte der Erdoberfläche südlich des Aequators diese Formation abzu- sprechen. Das feste Land hat sie uns bisher in der südlichen Halbkugel nirgends gezeigt. Was aber in der See liegen mag, bleibt uns bis zu zukünftigen Erdrevo- lutionen verborgen«, ^ Trendelenburg, Abhandlungen 186 i S. 10. ^ Encke, Monatsberichte 1853 S. 174 ff. * A.a.O. Leopold von Buch. — Botaniker: Link. 82d anziehender, schnellster Folge. Er besass die feinste, in den höchsten Kreisen des Lebens, in den mannigfachsten Verhältnissen der Reisen, er- worbene Bildung, wie sie sich in einem so reinen und freien Gemüthe zur schönsten Blüthe menschlichen Adels entwickelt. Sein Geist beherrschte nicht allein die Kenntnisse seines Fachs und der verwandten Naturwissen- schaften; die ausgedehnte Kenntniss der lebenden Sprachen vom Süden bis zum Norden Europas, die Vertrautheit mit der Geschichte, mit der alten und neuen Litteratur verliehen ihm jene Sicherheit, jenen Überblick, der so wohlthuend in allen seinen Gesprächen sich kundgab. Seine Achtung vor der Wahrheit konnte es nicht dulden, wenn er Täuschung irgend einer Art zu erblicken wähnte, darin mochte er aber bisweilen zu weit gehen. Wer die Wissenschaft nur als Mittel zu anderen, selbstischen Zwecken nutzen Avollte , den schlug er mit harten , selbst verletzenden Worten. Er war empört. Eitelkeit verfolgte er mit L-onie, wenn es sein musste mit scharfem Spott. Mittelmässigkeit, welche sich breit machte und den ersten Platz einnehmen wollte, hielt er in Schranken; so war er denn verehrt, geliebt und gefürchtet, je nach der Eigenthümlichkeit derer, welche sich ihm nahten. Er war aber immer einer und derselbe, in Sprache und Schrift, aus einem Gusse durch und durch. Wie milde, wie zart im Wohl- thun, wie unerschöpflich in reichen Gaben er sich bewiesen, das werden gewiss Viele mit innigstem Danke bezeugen , die dies erfahren haben. Die Tiefe seines Gemüthes offenbarte er in dem innigen Verhältnisse zu seinen Geschwistern. Die Lebendigkeit seines Gefühls ti-at gleich mächtig in der Treue und Anhänglichkeit für das erhabene Herrscherhaus, wie in der Liebe und Begeisterung für die Person des königlichen Herrn hervor, der seinen Verdiensten die gerechtesten und ehrenvollsten Auszeichnungen hatte zu Theil werden lassen. Er fühlte tief und warm für Alles, was dem edlen Menschen theuer zu sein verdient. Er hat seine Geistesfrische bis zu seinem Ende bewahrt, die aus seinen letzten Arbeiten Jeden anspricht, die immer von Neuem Jeden überraschte, der ihn erst in den letzten Jahren seines Lebens kennen lernte." 7. Nach WiLLDENOw's frühem Tode ist der botanische Garten meh- rere Jahre provisorisch durch Licfitenstein verwaltet worden; vom Jahre 1815 ab bis zum Jahre 1851 stand er unter Link's Leitung (geb. 2. Februar 1767 zu Hiklesheim, gest. i. Januar 185 i). Bis zu Kunth's und Horkel's Eintritt (1830) ist Link auch der einzige Bo- taniker der Akademie gewesen \ Als er aufgenommen wurde, hatte er sich bereits aks naturwissenschaftUcher Polyhistor in Medicin, Mineralogie, Chemie, Physik und Botanik bethätigt, der Lavoisier- schen Theorie in Deutschland zum Siege verholfen, auf einer zwei- jährigen Reise mit dem Grafen Hoffmannsegg die portugiesische Flora 1 Vergl. über ihn die Gedenkrede von C. F. Ph. von Martius in der König). Bayerischen Akad. d. Wiss. 1851 (aS.IMärz) und Wunschmann in der Allgemeinen Deutschen Biogrnphie Bd. 18 S. 7 14 ff". Die Rede Buch's auf Link (Monatsberichte 1851 S.99. 176) ist leider nicht gedruckt worden. 824 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III, studirt und sicli durch eine Arbeit über das Licht und eine Preis- schrift über den Gefässbau der Pflanzen einen Namen gemacht'. In Berlin beschränkte er sicli in seinen litterarisclien Arbeiten zwar mehr auf die Botanik, aber die polyhistorische Neigung nicht auf- gebend — er war auch Mitglied der philosophischen Klasse der Akademie, solange sie bestand — und »über Detailfragen bei seiner Forschung mit zu grosser Leichtigkeit hinwegschreitend«, brachte er es trotz seiner schriftstellerischen Fruchtbarkeit nicht zu Arbeiten von durchschlagender Bedeutung. Aber sein Fachgenosse Martius rühmt seinen viel umfassenden Geist und seinen hellen, beweg- lichen Kopf; er fasst sein Urtheil in die Worte zusammen: »Das grösste Verdienst der so weit ausgreifenden Thätigkeit Link's können wir nicht sowohl darin finden , dass er die botanische Wissenschaft im Ganzen durch Thatsachen und Ideen von universellstem Belange auf ihrer Entwicklungsbahn vorwärts getrieben hat, als vielmehr darin, dass er nach den mannigfaltigsten Seiten hin nachforschend, berichtigend und berichtend, bezweifelnd, belehrend und anregend gewirkt hat«. Der Nachweis der Selbständigkeit und Geschlossen- heit der Pflanzenzelle ist sein wissenschaftliches Hauptverdienst. Die grossen beschreibenden Arbeiten, die er über die Pflanzen des botanischen Gartens veröffentlicht hat, sind unter der Mitwirkung des trefflichen Garteninspectors Otto und anderer jüngerer Bota- niker entstanden. Namentlich der Erstere unterstützte ihn in aus- gezeichneter Weise bei der Leitung des Gartens, der gerade damals durch die zahlreichen deutschen Reisenden aus allen Erdtheilen neue Pflanzen und Samen erhielt. Durch Ankauf des W^iLLDENOw'schen Herbariums war der Grund zu einem grossen staatlichen General- Herbarium gelegt worden. Link hat es mit besonderer Vorliebe ge- pflegt, auch eigene Mittel für dasselbe verwendet und darf als der eigentliche Begründer desselben gelten. Nach seinem Tode wurde sein eigenes grosses Herbarium, das er auf zahlreichen europäischen Rei- sen gesammelt hatte, der Sammlung einverleibt. Auch für weitere Kreise hat Link geschrieben, über Entstehung und Wanderung der Gewächse, Heimath der Culturpflanzen und Ha.usthiere , Entwicklung des Menschengeschlechts in Sprache, Sitten und Kunst u. s. w. Die akademischen Abhandlungen enthalten pflanzenhistorische Studien von ihm, so »Über die ältere Geschichte der Getreidearten, der '■ Jene trug ihm einen Preis der Petersburger Akademie ein, diese Avurde von der Göttinger Gesellscliaft der Wissenschaften gekrönt. Botaniker: Link, Hohkei, , Ki:nth. 825 Futterkräuter und Gemüsegewächse « ( 1 8 1 6/ 1 7 S. i 2 3 ff., 1 8 1 8/ 1 9 S. iff., 1826 S.67ff.). In den beiden Botanikern Horkel (geb. S.September 1769, gest. 15. November 1846) und Kunth (geb. 18. Juni 1788 zu Leipzig, gest. 2 2. März 1850) erhielt die Akademie im Jahre 1830 zwei hervor- ragende Forscher. Jener war ein gelehrter Physiologe dieser einer der kenntnissreichsten und tleissigsten Systematiker'"^. Seine noch unter Willdenow's Anregung im Jahre 181 3 erschienene »Flora Bero- linensis« empfahl ihn Alexander von Humboldt, der ihn nach Paris rief, um die aus Südamerika mitgebrachten Ptlanzenschätze zu bear- beiten. Sechzehn Jahre (18 13-1829) ist Kuntii in rastloser Arbeit imd in regem Verkehr mit den Pariser Botanikern daselbst thätig gewesen. In den beiden Prachtwerken : »Mimoses et autres plantes legumineuses du Nouveau Continent, recueillies par MM. de Hum- boldt et BoNPLAND« (18 19-1824) und »Synopsis plantarum quas in itinere ad plagam aequinoctialem orbis novi coUegerunt A. de Hum- boldt et A. BoNPLAND« (182 2-1 82 5) sind die Früchte seiner Arbeit niedergelegt. In dem letzteren Werk sind über 4500 Pflanzen, darunter 3600 neue, in sieben Foliobänden beschrieben. Kunth selbst hat zu den 700 Kupfertafeln sämmtliche Analysen der Blü- thentheile gezeichnet und sofort nach Vollendung des grossen Werks eine Synopsis in vier Octavbänden herausgegeben , deren letzter nach der Angabe von 4500 Höhenbestimmungen der beschriebenen Arten die Resultate der HuMBOLDT'schen Geographie der Pflanzen darlegt. Ausser diesen Werken hat er in Paris noch eine Monographie über die Malvaceen, Büttneriaceen und Tiliaceen (1822) verfasst. Nach Berlin an die Universität und Akademie berufen , liess Kunth ein drittes systematisches Hauptwerk in fünf Abtheilungen erscheinen (i 833-1 850): »Enumeratio plantarum omnium hucusque cognitarum secundum familias naturales disposita, adiectis characteribus , diffe- rentiis et synonymis«. »Nur ein eiserner Fleiss, ein Besitz um- fassender Kenntnisse konnte ein Werk wie das erwähnte zu Tage fördern, das zwar in manchen Punkten durch die spätere For- schung vertieft, in manchen auch wohl berichtigt worden ist, das aber seiner Zeit durch die grosse Fülle des gebotenen Materials eine ' In den "Abhandlungen« hat Horkel nichts veröffentliclit; aber die Monats- berichte geben von seinen Studien Zeugniss. ^ Vergl. iiber ihn JussiEU, Notice sur la vie et les ouvrages de Ch. S. Kinth in den Annales des sciences naturelles T. XIV. 2 und Wcnschmann in der Allge- meinen Deutschen Biographie Bd. 17 8.394^". 826 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III, wertlivolle Bereicherung der Systemkunde darstellte. « Die Abhand- lungen der Akademie hat Kunth durch zahlreiche Monographieen über einzelne Pflanzengattungen bereichert. Nach seinem Tode — er wurde in den letzten Jahren seines Lebens schwermüthig und legte in einer dunkeln Stunde Hand an sich selbst — kaufte der Staat sein Herbarium 'an, »eine der reichhaltigsten Sammlungen, die je ein Privatmann besessen hat, einen grossen Schatz unpubli- cirten Wissens repräsentirend«. Sie umfasste im Ganzen 55000 Ar- ten und documentirte Kunth's »aussergewöhnliches Geschick, unbe- nannte Pflanzen richtig unterzubringen*«. 8. Die Zoologie und Anatomie war in der Akademie durch Lichten- STEIN, RUDOLPHI, ElIRENBERG , KlUG , (OlFERS) Uud JoHANNES MÜLLER vertreten". Lichtenstein (geb, 10, Januar 1 780 zu Hamburg, gest. 3. September 1857)^ hatte nach Illiger's Tode (181 3) das Directorat des Zoologischen Museums übernommen. Er war damals eben aus Südafrika, wo er als Stabsarzt im holländischen Bataillon hotten- tottischer leichter Infanterie gedient hatte, zurückgekehrt und hatte seine »Reisen im südlichen Afrika« (1810/11) erscheinen lassend ^ Dass Chamisso, am Botanischen Garten angestellt und als Botaniker in die Akademie auf Alexander von Humboldt's Vorschlag im Jahre 1835 aufgenommen, durch einen frühen Tod ihr entrissen worden ist (21, August 1838), ohne Unter- suchungen aus diesem seinem Fache in ihren Abhandlungen veröffentlicht zu haben, ist oben S.784 bemerkt worden. Aber vorher hatte er nicht nur geschätzte bo- tanische Studien herausgegeben (s. Schlechtendal in der Zeitschrift »Linnaea" 1839 Bd.13 H.i), sondern sich auch auf anderen naturwissenschaftlichen Gebieten sowie durch seine wissenschaftliche Reise um die Welt (1815 — 1818) einen Namen ge- macht. Vergl. DU Bois-Reymond's Festrede auf Chamisso am 28. Juni 1888 S. 675 ff. ^ Vergl. Eilhakd Schulze, Die Zoologie in Berlin, Vortrag (Nationalzeitung, 18. Juni 1892). — Auf die Bedeutung Chamisso's für die Zoologie (durch Beob- achtung des Generationswechsels bei den Salpen) macht du Bois-Reymond auf- merksam in seiner Festrede (a. a. 0. S.686 ff.); ebendort beschränkt er zwar das Ver- dienst, das sich Chamisso luu die richtige Auffassung der Entstehung der Korallen- inseln erworben hat, hebt aber seine Bedeutung für die Anthropologie (Mikronesien) kräftig hervor. ^ Vergl. Alexander von Humboldt, Rede bei der Aufstellung der Büste des Geh. Medicinalraths Prof. Dr. Lichtenstein in dem Zoologischen Museum am 26. April 1852, Hess in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 18 S. 556 f. * InNiEBUHR, "Lebensnachrichten« Bd.l S.443, heisst es (Brief vom 3. Juni 1810): "Jetzt befindet sich hier ein afrikanischer Reisender, Lichtenstein, der Sohn des Helmstädters. Sie werden in den geographischen Ephemeriden eine Nachricht von seiner Entdeckungsreise in's Kafferland bis unter den Wendezirkel gelesen Zoologen und Anatomen: Lichtenstein, Klug. 82 < Dem Zoologischen Museum widmete er fortab sein ganzes Interesse ; er hat es auf's Eifrigste bereichert, so dass es bei seinem Tode zu den grössten des Continents gehörte. Aber auch die Gründung des Zoologischen Gartens verdankt man ihm. Ursprünglich sollte der- selbe in eine nähere Beziehung zur Akademie gesetzt werden. Im Protokoll der Sitzung vom i. April 1 841 heisst es: »Hr. Lichten- stein machte die mündliche Mittheilung, dass des Königs Majestät die Einrichtung eines zoologischen Gartens in der Nähe von Berlin genehmigt habe, wobei Hr. Lichtenstein im Begriff sei, eine Ober- aufsicht in gewisser Hinsicht von Seiten der Akademie vorzuschlagen. Er werde demnächst der physikalisch -mathematischen Klasse, von deren Begutachtung doch die Einstimmung der Akademie abhänge, specielle Angaben darüber machen^«. Allein man verzichtete dann auf eine Mitwirkung der Akademie; der Garten aber wurde ge- gründet. Lichtenstein selbst, mehr Sammler als Forscher, beschäftigte sich vorzugsweise mit den höheren Thieren — die akademischen Abhandlungen weisen eine Reihe von Beiträgen zur Kenntniss der- selben aus seiner Feder auf; daher überliess er auch die entoino- logische Abtheilung Klug (geb. 5. Mai 1775 zu Berlin, gest. 3. Fe- bruar 1856), der länger als ein halbes Jahrhundert" für die Insecten- kunde gearbeitet hat. Jene Sammlung war durch eine reiche Schen- kung des Grafen Hoffmannsegg, der auch die Studien Link's (s. oben) und Lichtenstein's gefördert hat, sehr erweitert worden. Klug hat sie, obgleich er durch seine Stellung als Ober-Medicinalrath und vortragender Ratli in der Medicinalabtheilung des Ministeriums sehr in Anspruch genommen war, in bewunderungswürdiger Weise be- reichert und auch in zahlreichen entomologisclien Abhandlungen die Wissenschaft gefö^-dert. Die Sammlung umfasste bei seinem Tode 80000 Arten in 260000 Exemplaren. Übrigens hat sich Klug nicht auf die Insectenkunde beschränkt, sondern seine Studien auch auf die Konchyliologie und die Erforschung der Arachniden ausgedehnt. Rüstig bis zum höchsten Greisenalter, hat er noch kurz vor seinem haben, deren Beschreibung er jetzt ausarbeitet. Er verdient gewiss das Lob, wel- ches General Janssens ihm gab, unter dessen Auspicien er diese Reise gemacht hat, und ist nicht bloss ein glaubwürdiger, sondern auch ein sehr beobachtender und forschender Reisender«. ' Vergl. Monatsberichte 1841 S.148. - Seine erste entomologische Arbeit erschien im Jahre 1801; vergl. über Klug den Nekrolog von Gerstäcker in der Stettiner Entomologischen Zeitung, 17. Jahr- gang 1856 S. 225ft'. . und Hess in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 16 S. 247 f. 828 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's 111. Tode in der Akademie eine Vorlesung ü1)er die Ameisen auf Ceylon gehalten \ Als Entdecker neuer Welten des kleinsten Lebens hat Ehrenberg (geb. 19. April 1795 zu Delitzsch, gest. 27. Juni 1876) seinen Namen unsterblich gemacht'. Grundlegend für seine Forschungen wurde die Reise nach Afrika, von der oben S. 7 16 erzäldt worden ist. »Wie das Fernrohr seit Galilei den Himmel entdeckte, die dem blossen Auge unsichtbaren Massen des grössten Raumes, so entdeckte das Mikroskop — vornehmlich unter Ehrenberg's Auge — die Welt des kleinsten Lebens auf der Erde, und der betrachtende Mensch steht nun gleichsam zwischen zwei erfüllten unendlichen Räumen ; denn nach beiden Seiten hat er keine Grenzen erreicht. Die Aka- demie sah den Sand aus den Wüsten Afrikas und vom Kreidege1)irge des Jura, atmosphcärischen Staub des atlantischen Oceans und vul- canische Asche aus Quito, Blutregen bei Lyon und Prodigien des Mittelalters, Proben aus dem Tiefgrund des Golfstroms wie aus dem mittelländischen Meere in Oi'ganismen mikroskopischen Lebens sich auflösen und das unsichtbare Leben in die Systematik des Ver- standes sich einordnen. Die Akademie sah in den herbarienartigen Mappen Ehrenberg's ein zoologisches Museum des kleinsten Lebens entstehen, das für die Identität der Gegenstände, die Grundlage aller kritischen Forschung, noch spät wissenschaftliche Wichtigkeit haben wird. Sie sah in ihren Schriften eine ganze Wissenschaft werden und Avachsen, die Geologie des kleinsten Lebens, die Ehren- berg Mikrogeologie genannt hat.« Trendelenburg hat in diesen beredten Worten' angedeutet, dass Ehrenberg in höherem Maasse als irgend ein anderes ihrer Mitglieder die Akademie an seinen Forschungen hat Antheil nehmen lassen. Begeistert für seine Wissenschaft, überzeugt, dass sie Jeden inter- essiren müsse, ist er unermüdlich in Mittheilungen gewesen: jeden Baustein hat er der Akademie vorgelegt — füllen doch die Titel ' Dass Olfers nacli seiner Aufnahme in die Akademie nicht mehr zoologisch gearbeitet, sondern sich als General - Director der Museen anderen Gebieteu zuge- wandt hat, ist oben S. 784 bemerkt worden. Vor seiner Aufnahme hat er die Gattung der Seeblasen in den akademischen Abhandlungen beschrieben (1820/21, 1831). ^ Vergl. Hanstein's Lebensabriss Ehrenberg's (1877) und desselben Artikel in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 5 S. 701 ff. ^ Abhandlungen 1861 S.12 f., vergl. auch das Schreiben der Akademie nn Ehrenbekg zu seinem fiinfzigjährigen Doctoijubiläum (Monatsberichte 1868 8.587fiC.). Sie nennt ihn darin den William Herschel des Mikroskops und »den Cuvier des Infusorienreichs " ; von dem Glänze seiner Thaten Im he die Akademie den hellsten Widerschein empfangen. Zoologen und yVnatomen: Ehrenberg. 829 seiner Berichte in den Monatsberichten 25 Spalten! Dazu kommen zahh'eiche »Ahliandhmgen«, und auch die Reden, die er als Secretar während seiner 25jährigen Amtstliätigkeit in den öffentlichen Sitzun- gen gehalten hat. würden einen starken Band ergeben. Sein un- gewöhnliches Mittheilungsvermögen bliel) nicht unerwidert. Aus allen Erdtheilen Avurden ihm Berichte über Beobachtungen einge- sandt: an keiner ist er vorübergegangen, alle wusste er zu ver- werthen, und so wurde seine Studirstube die Centralstelle für die Erforschung des kleinstens Lebens auf der ganzen Erde, jenes kleinsten Lebens, welches doch zugleich in der Gesammtheit des Organischen das mächtigste ist, w^eil seine Producte die Gestalt der Erdoberfläche verändert haben. Im Jahre 1838, nachdem er zusammen mit Alexander von Hum- boldt die grosse sibirische Reise unternommen hatte, schloss Ehren- berg seine Forschungen über Verbreitung, Classification, Bau und Fortpflanzung der Infusorien vorläufig ab in dem Werke: «Die Infu- sorien als vollkommene Organismen«. Dieses Werk begründete seinen Ruhm, es räumte mit vielen Superstitionen auf, es erweiterte die Ge- sammtanscliauung von der Thierwelt, es brachte in ein Dunkel Licht, in ein Chaos Ordnung. Dass er als enthusiastischer Forscher zuviel gesehen und in wohl begreiflicher Vorheize für »seine« Wesen ihnen nicht selten eine grössere Complicirtheit des Baues und eine voll- kommenere Organisation zugesprochen hat, als die spätere Forschung bestätigen konnte, thut seinem Ruhm keinen Eintrag. Die einfachen anatomischen und physiologischen Bedingungen, unter welchen nie- dere Wesen leben und sich fortpflanzen, waren noch nicht bekannt; dass sie später entdeckt worden sind, hat die Wissenschaft indirect doch auch ihm mitzuverdanken , denn er hat zuerst zweckmässige Forschungsmethoden in Bezug auf dies ganze Gebiet aufgefunden. Das zweite Hauptwerk seines Lebens war »Die Mikrogeologie oder das Erden und Felsen schaffende Leben« (1854). Die wich- tigsten Nachweise in demselben, in welchem Umfange und durch welche Thierchen die Kieseltlöze, die Kreidelager vmd viele Kalk- gelnrge entstanden sind, sind allgemein anerkannt. Die Descen- denztheorie schob Ehrenberg, als eine unbewiesene Hypothese bei Seite, wie er überhaupt der neuen Phase der Zoologie ablehnend gegenüberstand^: die Überstürzungen ihrer Träger gaben dieser Hal- tung einen Schein des Rechts. ' Audi schon die Forschungsinethode Johannes Müli.er's war ihm un- bequem, und er schloss sich gegen sie al). Das fiihrte zu manchen Spannungen 8H0 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. Anatom und Zootom der Akademie Avar bis zum Jahre 1832 RuDOLPHi (geb. 14. Juli 1771 zu Stockhohn , gest. 29. November 1832). Sein Schüler und Nachfolger, Johannes Müller, hat ihm die Gedächt- nissrede gehalten \ »Er war einer jener in der Geschichte der Natur- wissenschaften seltener gewordenen Gelehrten , bei denen eine gleich gründliche und erfolgreiche Bildung in mehreren verschiedenen Zwei- gen der Naturwissenschaften mit einer seltenen Gelehrsamkeit in die- sen Fächern zusammentraf. Wäre er auf der Bahn seiner Entwick- lung in der Blüthe seiner Kraft abgerufen worden , so würde es uns schwer sein zu sagen , ob er in der äusseren Naturgeschichte der or- ganischen Körper oder in ihrer inneren Naturgeschichte, der Ana- tomie, grösser gewesen, ob er in der Anatomie der Pflanzen oder der Thiere Trefflicheres geleistet habe. Diese ursprüngliche Vielseitigkeit seiner Bildung hat, als eine bei dem Wachsthum der Wissenschaften nothwendige Beschränkung und eine Stellung der ausgedehntesten Wirksamkeit seine Thätigkeit für immer der Naturgeschichte und Ana- tomie der thierischen Körper zuwandte, auch seine späteren Arbeiten beseelt und ihnen eine Frische gegeben , die man öfter in den Schrif- ten der Anatomen vermisst. « Rudolph! war eine vielseitig und genial veranlagte, poetische" Natur, dazu mit einer scharfen Beobachtungsgabe ausgerüstet, die ihn sicher leitete. Als er im Jahre 18 10 als Walter's Nachfolger von Greifswald nach Berlin übersiedelte, hatte er bereits einen an- erkannten Namen als Thier- und Pflanzen -Anatom. Seine Arbeiten über die Darmzotten, seine Untersuchungen über die Spaltöflnungen und Luftbehälter der Pflanzen , vor allem aber sein dreibändiges Werk über die Eingeweidewürmer ( 1 808 - 1 8 1 o) , welches die BescJirei- bung von 603 grösstentheils genau bestimmten Arten enthält^, hatten seinen Ruf begründet. »Wenn wir uns jetzt leichter in den ver- wandtschaftlichen Verhältnissen der Entozoen zurecht finden, so ver- danken wir das Rudolphi. « In Berlin fand er eine ausgezeichnete /wischen den beiden Gelehi-ten. Die Überlieferung erzählt, dass, als Alexander VON Humboldt und Müller du Bois-Reymond der Akademie vorschlugen (1851), Ehrenberg opponirt habe: «Die Akademie hat schon einen Anatomen und einen Physiologen, das ist genug«. »Sind Sie der Physiologe?« soll Müller geantwortet haben, «ich bin es jedenfalls nicht«. ' Abhandlungen 1835 S. XVII ff. ^ Auch Gedichte sind von ihm veröffentlicht worden. ■' In seiner «Synopsis Entozoorum« (18 19) konnte er, unterstützt von Olfers und Natterer, bereits 993 Arten beschreiben. Linne hatte in der 11. Ausgabe des Syst. nat. nur 11 Arten, Gmeltn in der 13. Ausgabe 299, Zeder 391 Arten beschrieben. Zoologen und Anatomen: Rudolphi. 831 anatomische Sammlung, aber für A'ergleicliende Anatomie war noch so gut wie nichts geschelien. Rudolphi hat das zootomische Museum von Grund aus geschaffen; ausserdem hat er auch dem Studium der pathologischen Anatomie — die grossen französischen Anato- men vernachlässigten sie geflissentlich, weil sie es nur mit »Acci- dentellem« zu thun habe — den Impuls gegeben, wie er über- haupt ein vorzüglicher Lehrer war. »Nie w^erde ich den Eindruck vergessen, den er auf mich gemacht«, bekennt Johannes Müller; »er hat meine Neigung zur Anatomie zum Theil begründet und für immer entschieden. ... In einer unedelen Stimmung würde ich mich scheuen, das Bild des väterlichen Freundes zu betrachten, und erinnere ich mich der edelsten Begegnisse meines Lebens, so fällt mir sogleich Rudolphi ein.« »In seinen naturhistorischen Arbei- ten verband er die Methode von Linne und von Pallas. Seine Diagnosen sind einfach, kurz und bestimmt wie die des grossen Schweden ; in seinen ausführlichen Beschreibungen nimmt er über- all auf die Anatomie Rücksicht. In allen Arbeiten verknüpft er das naturhistorische mit dem anatomischen Interesse. Was er von den Rassen der Menschen und von den geistigen Eigenschaften der beiden Geschlechter sagt, kann als ein Muster naturhistorischer Behandlung dieser Gegenstände dienen.« Unter seinen akademischen Abhand- lungen hebt Müller namentlich die neurologischen sowie die über Missbildungen hervor. Rudolphi war ein Gegner der Naturphiloso- phie; eine auf Erkenntniss der Bildungsgesetze gerichtete verglei- chende Anatomie erkannte er zwar an, legte ihr aber zu wenig Wertli bei, weil die Naturphilosophie sie ihm verleidet hatte. »Die Entdeckung, dass alle Embryonen frühzeitig Kiemenbogen am Halse haben, sagte seinen Ideen gar nicht zu: er vermuthete Täuschung und berief sich auf andere Erklärungen.« Die Idee, dass der Mensch bei der Entwicklung die übrigen Thierstufen durchlaufe, war ihm zu- wider, »und darin hatte er Recht«, fügt Müller hinzu. Den Schwin- del, der mit dem Magnetismus und der Elektricität damals in der Medicin getrieben wurde, lehnte er al) und deckte ihn auf; aber über elektrische Fische, ein Thema, das die Akademie mehr als zwei Menschenalter hindurch beschäftigen sollte , hat er bereits am Anfang der zwanziger Jahre Studien angestellt \ »Seine Richtung in der Physiologie war überwiegend anatomisch und skeptisch; meistens galten seine physiologischen Untersuchungen der Wider- ^ Siehe Al)handlinigen 1820/21 S. 223fF. 832 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. legung herrschender Meinungen. Die physiologischen Erfahrungen sah er in gar keinem Verhältniss mit der Gewissheit der Anatomie.« Indem Johannes Müller über die Stellung seines verewigten Lehrers zur Physiologie referirte, konnte er es nicht vermeiden, den eigenen Standpunkt zum Ausdruck zu bringen und zu rechtfertigen : »RuDOLPHi sah es nicht gern, dass ich mich mit dem abstracteren Ge- biet der Sinnesphysiologie beschäftigte« und «der treffliche Mann, der seine Scheu vor Vivisectionen bei jeder Gelegenheit aussprach, nahm gegen alle Hypothesen und schlecht begründeten physiologischen Erfahrungen eine feindliche Stellung an. Man musste seine ganze gerechte Indignation theilen, wenn man sah, wie manche Physio- logen ihr Bestreben, die Physiologie zu einer Erfalirungswissenschaft zu machen , durch ein planloses Eröffnen und Quälen von recht vielen Thieren äusserten, wobei die Resultate oft so gering und so unbe- ständig waren. Rudolphi ging aber wohl zu weit, wenn er glaubte, dass die Experimente an Thieren uns noch wenig gelehrt. Experi- mente, in wichtigen Fragen angestellt, haben hier wie in der Physik zu den grössten Entdeckungen geführt«. Mit' welcher Bescheidenheit und Würde hat hier Johannes Müller die beiden Gebiete , in welche der Lehrer seinem grösseren Schüler nicht mehr gefolgt ist, bezeichnet — die Sinnesphysiologie und das Feld der Nerven- und Muskelphysiologie , welches durch die Vivi- section erschlossen worden ist. Auf beiden ist es Müller gewesen, der Bahn gebrochen und Bahn gewiesen hat. Johannes Müller (geb. 14. Juli 1801 zu Koblenz, gest. 28. April 1858) hat der Akademie fast 2 4 Jahre lang angehört, du Bols-Reymond. sein Schüler und Nachfolger, hat ihm die Gedächtnissrede gehalten; ihr Umfang kommt einem Buche gleich^; aber man liest sie mit steigen- dem Antheil, weil das Bild, das er gezeichnet liat, nicht nur mit Sachkunde, sondern auch mit Liebe und Bewunderung ausgeführt ist. »Müller's Begabung war der Art, dass sie einen irre machen konnte an dem Glauben an specifische Talente. So hervorragend bei ihm die Fähigkeiten waren, die ihm als Organe der Forschung dienten, so erhielt man doch den Eindruck, dass dieser Mann, wenn es ihm anders beliebt hätte, ebenso gut in irgend einem anderen Felde menschlicher Thätigkeit Ausserordentliches würde geleistet ' Abhandlungen 1859 .S. 25 — 191; Virchow, Johannes Müller. Eine Gedächt- nissrede 1858; vergl. H. MuNK in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 22 S.625ff.: Bischoff, Über Johannes Müller und sein Vei'hältniss zum jetzigen Stand- punkt der Physiologie. Festrede der Bayerischen Akademie 1858. Anatomen und Physiologen: Johannes Müller. 833 haben.« Aber indem er in einer Zeit, in welclier annähernd ähn- lich Begabte in's Ungemessene aussehweiften und sich verloren, seine ganze Kraft und einen heroischen Fleiss ausschliesslich den biolo- gischen Wissenschaften — freilich, welch ein Gebiet! — zuwandte, ist er der Physiolog und vergleichende Anatom des 19. Jahrhunderts geworden. »Genie ist Fleiss« — gewiss, aber deshalb, weil nur das von seiner Aufgabe entflammte Genie die höchste Ansjjannung des Fleisses zu leisten vermag. Von den von Müller veröffentlichten vergleichend -anatomischen und entvvicklungsgeschichtlichen Abhandlungen bilden die in den Schriften der Akademie publicirten einen namhaften Theil. Hier fin- den sich die grossen Untersuchungen »Über die vergleichende Ana- tomie der Myxinoiden« (1834. 1837-1839. 1843), »Über die organi- schen Nerven der erectilen männlichen Geschlechtsorgane« (1835), »Über die Lymphherzen der Schildkröten« (1839), »Über den glatten Hai des Aristoteles« (1840), »Über das natürliche System der Fische« (1844), »Über die Echinodermen« (1848. 1850. 1852-1856) u. s.w. Physiologische Untersuchungen hat Müller selten in der Akademie vorgetragen, und doch ist seine Bedeutung in der Physiologie nicht geringer als in den anderen biologischen Disciplinen: »Die Physio- logie verdankt ihm die Sicherung des BELL'schen Gesetzes, die Prin- cipien der Lehren von der Reflexbewegung, Mitbewegung, Mitem- pfindung, das Gesetz von den specifischen Energieen der Sinnessub- stanzen, das Gesetz der excentrischen Empfindungen, das Verständ- niss des Kehlkopfs als einer häutigen Zungenpfeife, eine Fülle von Einsicht in das Sehen und Hören, die gesicherte grundlegende Kennt- niss von der Beschaffenheit des Blutes , der Lymphe und des Chylus, den Nachweis der Unabhängigkeit der Qualität der Drüsensecrete vom groben Bau der Drüsen, die Kenntniss des Chondrins, der Lymphher- zen der Amphibien, der Mikropylen an Holothurien- und Fischeiern u. A. m. Für die Anatomie und Histologie hat er vor allem den Bau der Drüsen, dann des Knorpel- und Knochengewebes, weiter das erec- tile Gewebe mit seinen Rankenarterien und organischen Nerven , die Rücken- und Dammmusculatur, das Peritoneum aufgehellt. Die Ent- wicklungsgeschichte hat er mit der Membrana capsulo-pupillaris im Auge des Säugethierfötus bereichert und mit den Urnieren bei den nackten Amphibien wie mit dem Faden, der seinen Namen trügt und zur Tuba wird, womit auch für die WoLFr'schen Körper und für den Hermaphroditismus das Verständniss eröffnet war. Li die patholo- gische Anatomie hat er die mikroskopische Untersuchung hinein- Geschichte der Akademie. I. 53 834 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. getragen, und bleibende Denkmale seines zeitweiligen Interesses für das Gebiet sind seine Ermittelungen über den Bau der Gesehwülste, insbesondere der Knorpel- und Knocliengeschwülste, ist sein Nach- weis, dass die pathologische Entwicklung mit der embryonalen über- einstimmt. Endlich was er im Bereiche der Zoologie und verglei- chenden Anatomie geleistet, spottet jedes Versuchs einer kurzen Zusammenfassung; denn von den Säugethieren bis zu den Infusorien hat er die Thierwelt, die lebende wie die untergegangene, gemustert, neue Thierformen entdeckt. Sein und Werden* aufgeklärt, Bau und Entwicklung, Verwandtschaft und Lebensweise ergründet; und be- sonders die Fische und die Echinodermen, über welche er die mangel- haftesten Kenntnisse vorfand, hat er den besterforschten Thieren angereiht « . Hr. MuNK, der diese Übersicht gegeben hat, fährt fort: «Doch mit der überwältigenden Fülle der Einzelleistungen ist Johannes Müller's Bedeutung für die biologischen Wissenschaften nicht er- schöpft. Verwirrt durch den Galvanismus, überwuchert durch eitle philosophische Speculation , war die Physiologie zu Anfang des Jahr- hunderts verfallen und zu einem vielfach bloss plirasenhaften An- hängsel der Anatomie geworden, und die trefflichen Arbeiten von Magendie und Flourens, von Tiedemann und E.H.Weber hatten eine allgemeinere Besserung nicht zu erzielen vermocht. Da war es Müller, nachdem er von den Banden der Naturphilosophie, in die er zuerst selber verstrickt war, unter Rudolphi's Einfluss sich befreit hatte, der mit seinem Handbuche der Physiologie durch- schlagend wirkte und die Physiologie wieder als eine echte Natur- wissenschaft herstellte. An der Hand der Erfahrung, der Beob- achtung und des Versuches, die gesammte Überlieferung prüfend und aller Orten mächtig erweiternd, dazu das Erfahrene streng naturwissenschaftlich denkend, führte er die Physiologie von Neuem auf festen Fundamenten und zugleich in überraschendem Umfange auf und sicherte die methodische Weiterführung des stolzen Baues, für welche er öfters, so besonders in der Nervenphysik, geradezu die Linien vorzeichnete. Ahnlich Grosses hat er danach für die zoologischen Wissenschaften erstrebt; denn seine überall durch die Thierwelt durchgeführten Vergleichungen der Organe und Functionen, seine steten Betrachtungen des Allgemeinen im Besonderen, des Be- sonderen im Allgemeinen, seine ausserordentlichen Bemühungen ge- rade um die den systematischen Grenzgebieten angehörigen Thiere lassen keinen Zweifel, dass es ihm nicht bloss um die Mehrung Anatomen und Physiologen: Johannes Müllkr. 835 der thatsäclilichen Kenntnisse zu tliun war, dass er noch den 'Plan der Schöpfung' suchte. Und wenn ihm auch hier der Wurf niclit gelang, wenn ihm schHessHch der Schneckenschlauch in der Holo- thurie sogar die Grundlage zu erschüttern drolite', auf welcher er so lange gebaut hatte, so hat er doch der vergleichenden Anatomie die physiologische Richtung fest eingepflanzt und wichtigste Vor- arbeiten für die dereinstige physiologische Geschichte der Thierwelt geliefert. Mit Recht hat man ihn darum den Haller des 19. Jahr- hunderts und zugleich den deutschen Cuvier nennen können. Mag er hinter jedem einzelnen dieser Heroen in gewisser Hinsicht zu- rückbleiben, er hat vor Beiden doch auch noch voraus, wie er durch seine Lehre fortzeugend gewirkt; Henle und Schwann, Blschoff und Remak, Reichert und Traube, du Bois-Reymond und Brücke, Helmholtz und ViRcnow, Max Schultze und Häckel, um nur diese zu nennen, sind ein Ruhmeskranz einzig in seiner Art für Johannes Müller«. — Die Gelehrten, mit deren Namen eine Entdeckung ersten Ranges verknüpft ist, sind keineswegs immer diejenigen, denen die Wissenschaft am meisten verpflichtet ist. Hat der Kleinsinn be- merken zu müssen gemeint, dass eine solche Entdeckung in Johannes Müller's Arbeiten fehlt, so wiegt die reinigende, befruchtende und organisirende Kraft und die Fülle dieser Arbeiten die grössten Ent- deckungen auf. Ein Forscher, dessen Denkmal jedes physiologische Institut Deutschlands, Europas, Amerikas ist^ und den bereits die zweite Generation der Biologen als den grossen Lehrer verehrt, steht hinter keinem Entdecker zurück. Die moderne Physiologie kennt nur drei Namen ersten Ranges: Haller, Müller und Ludwig. 9. Die Akademie hat in dem Zeitalter Friedrich Wilhelm's IIL drei Mitglieder besessen, die, nach den Statuten einer Klasse zu- geschrieben, doch zwischen Disciplinen vermittelt haben, die zu ^ Siehe darüber du Bois-Rf.ymond, a.a.O. S. 126 — 133, und Müller's Mit- theihing in den Monatsberichten 185 1 S. 645 und in seinem »Archiv« 1852 S. 27!?. - Das erste pliysiologische Institut hat der um zwanzig Jahre ältere Purkinje, der Schöpfer der mikroskopischen Anatomie und Histologie, in Breslau erst in seiner eigenen Wohnung, dann in einem besonderen Hause gegründet und (im Jahre 1824) das erste ])hy.siologische Experimentalcolleg gehalten (s. Heidenhain in der Allgemeinen Deutschen BiogTa])hie Bd. 26 S.717 ff.). Die Akademie hat ihn im Jahre 1832 zu ihrem Correspondenten erwählt. Aber Johannes Müller bleibt der Ruhm, die Physiologie durch sein Lehrbuch selbständig gestellt, sicher um- schrieben und ihr ausgezeichnete Jünger gewonnen zu haben. 53* SfiC Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm 's III. verschiedenen Klassen gehören — Alexander von Hubiboldt, Karl Ritter und Ideler \ Wns Alexander von Humboldt als universaler Naturforscher, als Vermittler zwischen den verschiedenen Wissenschaften, als Reorga- nisator der Akademie, als ihr Vertreter beim Könige und bei der Staatsregierung und als Freund und Patron jedes tüchtigen Forschers gewesen ist und geleistet hat, das zu umspannen, ist eine Aufga1)e, der diese Darstellung nicht gewachsen ist. Sie ist übrigens in Rruhns- Dove's Biographie annähernd gelöst, soweit dieses beispiellose Leben mit seinen fast unübersehbaren wissenschaftlichen und persönlichen Beziehungen eine solche Lösung zulässt. Die wichtigsten Momente, in denen er für die Akademie thätig gewesen ist, sind in den frü- heren Capiteln unserer Geschichte hervorgehoben worden", P^iniges wird in dem nächsten noch folgen; aber ebenso wichtig ist der stetige Austausch, in welchem er nicht nur mit den Collegen in der Akademie, sondern mit der Mehrzahl der bedeutendsten euro- päischen Gelehrten gestanden hat. Seine Anlage, seine Bildung und sein Lebensgang brachten es mit sich , dass er nach einem GoETiiE'schen Ausspruch «ein Brunnen wurde mit vielen Röhren, wo man überall nur Gefässe unterzuhalten brauche« ; aber indem er seinen «Kosmos« ausarbeitete^, wurde er auch zum Strome, der viele Flüsse in sich aufnahm. In steigendem Maasse hat er Astro- nomen, Geologen, Biologen, Philologen u. s.w. für sich in Contri- bution gesetzt, und in dem wissenschaftlichen Briefwechsel, den er führte, ist er in viel höherem Grade der Empfangende als der Gebende^. Sein Werk sollte ein Kosmos des Kosmos werden; je höhere Anforderungen er an dasselbe stellte, um so mehr sah er ' Man kann /.u ilinen auch Chamisso rechnen, dei- sowohl Natur- als Sprach- forscher gewesen ist. 2 Siehe oben S. 534f. 5541'. 571 ff. 73off. ^ Die beiden ersten Bände erschienen nach mehr als fünfzehnjähriger Vor- arbeit 1845 und 1847, tue beiden folgenden 1850 und 1858. * Besonders tritt das in dem umfangreichen Bi'iefwechsel mit Böckh hervor, dessen Kenntniss ich der Güte des Hrn. Richard Böckh verdanke. Aber auch das ungefärbte Wohlwollen, mit welchem Hujiboldt junge aufstrebende Talente ge- fördert hat, strahlt aus diesem Briefwechsel hervor. »Ich bin nicht von denen,« schreibt er einmal, »die immer gleich besoi-gen, dass jede zu frühe Aufmuntei'ung oder Belobung nothwendig verderblich wirke. Ich glaube vielmehr, solche Ver- hältnisse geben eine innere Haltung, das Gefühl von der Nothwendigkeit, fortge- setzt aufmerksam auf sich selbst zu sein.» Wie er den jungen Brugsch gegen den Absolutismus von Lepsius geschützt, wie er fiir Eisenstein gesorgt hat, geht eben- falls aus den Briefen an Böckh hervor. Ar.EXANDKR VON HuMBOLDT. 8H7 die Unmöi^liclikeit ein, es ohne Mithülfe auszufuhren. Gewissenhaft bis in's Kleinste und überall die Geschichte naturwissenschaftlicher Erkenntnisse bis zu ihren Ursprüngen zurückführend \ Hess er sich in philologische und historische Aufgaben verstricken, zu deren Lösung er die Autorität sachkundiger Freunde, Hülfe fordernd und flehend, anrief. Aber auch zur Ausführung der streng naturwissen- schaftlichen Abschnitte reichten die eigenen Kräfte nicht mehr aus. Der »Kosmos« ist in seiner Conception, so paradox das klingen mag, mit Recht von Dove ein Werk des 1 8. Jahrhunderts genannt worden. Die Idee gehört in Wahrheit einem Zeitalter an, in wel- chem Genie und Fleiss noch die ganze Fülle der bekannten natur- wissenschaftlichen Thatsachen zu umspannen, zur Einheit zusammen- zuschliessen, künstlerisch darzustellen und zum Naturgenuss darzu- bieten wagen durften. In diesem Sinne hat Alexander von Humboldt die Idee ergriffen. Aber schon in jenen Jaliren, als die Ausführung begann, ein Menschenalter nacli dem intellectuellen Ursprung des Werks, war die Fülle neuer naturwissenschaftlicher Thatsachen, wie sie die Zeit von 1812 — 1830 gebracht hatte, so überwältigend und die Dift'erenzirung der wissenschaftlichen Disciplinen so weit vor- geschritten, dass kein Einzelner sie mehr zu bemeistern vermochte. Vollends aber den Fortschritten sämmtlich zu folgen, welche die Wissenschaften in den drei Jahrzehnten von 1830— 1859 machten, und sie in die Einheit eines Gemäldes aufzunehmen , war eine Un- möglichkeit. Dazu kam noch ein Anderes: die ursprüngliche Idee des »Kosmos« steht unter dem Zeichen der Natur- Aesthetik, doch dieser Begriff in dem hohen Sinn gefasst, der auch für Goethe das letzte Ziel seiner naturwissenschaftlichen Arbeit gewesen ist. Wohl sollten die Thatsachen wahr, rein und in ihrer Verknüpfung ermittelt werden, aber aus ihnen sollte ein Ganzes entstehen, das Liebe, Ehrfurcht, innere Erhebung und Enthusiasmus weckt. Die Zergliederung der Phänomene, ihre Berechnung mit der Zahl und der Wage, ihre Zurückführung auf mechanische Processe war höchstens als ein Vor- läufiges, wieder Aufzuhebendes geduldet; denn die Fülle, Mannig- faltigkeit und Anschaulichkeit der Erscheinungen, wie sie sich den entzückten Sinnen darstellten, durfte nicht verletzt werden. Aber die Stimmung änderte sich allmählich bei den Naturforschern, änderte sich bei Alexander von Humboldt selbst, wenn auch nicht so durch- ' Über den Gang und das Maass seiner eigenen plülologischen Studien hat sich Humboldt in dem Brief an Böckh zur Feier des 5oJälirigen Doctorjubiläuins desselben ausgesprochen. 8B8 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. greifend wie bei dem jüngeren Geschlecht. Streng und keine an- deren Zwecke neben sich duldend trat die Forderung der Natur- erkenntniss hervor, nicht um die Natur zu geniessen, sondern um sie zu beherrschen; darum wurden die angewandte Mathematik, die Wage und das Experiment die Führer. Trotz dieser Wand- lungen und obgleich er selbst als experimentirender Naturforscher auf der Stufe stehen geblieben war, auf der die Wissenschaft am Anfang des Jahrhunderts gestanden hatte, hielt Alexander von Hum- boldt an dem Plane des »Kosmos« fest. Darum aber konnten auch nur die beiden ersten Bände, die er selbst als »Prolegomena« be- trachtete, wirklich gelingen. Hier kommt die ursprüngliche Idee auf einem ihr adäquaten Gebiete zu ihrem Rechte. Solange man neben Naturforschung für Natur be trachtung einen Sinn haben wird, für eine Naturbetrachtung, die doch nicht oberflächlich da- herfährt, sondern von den Naturerkenntnissen wirklich Gebrauch macht, werden jene beiden Bände in hohen Ehren gehalten werden, und wer für den Zauber einer künstlerischen Composition und eines hohen Stils empfänglich ist, wird noch immer mit Genuss den »Kosmos« lesen, auf dem ein Abglanz der grossen französischen Schriftsteller und Goethe's liegt. »Aus einem Guss, in sich ab- gerundet, im besten Sinn ein Werk der schönen Litteratur, von edelster Volksthümlichkeit, erregten sie die Begeisterung der Nation ; durch den duftigen Hauch vom Ende des i8. Jahrhunderts, der aus ihnen hervorweht, fühlte sich die Mitte des 19. ül)er die eigene Wirklichkeit erhoben \« Die folgenden Bände, in denen sich Hum- boldt abgemüht hat, der exacten Forschung überall zu folgen und doch seinen ursprünglichen Plan zu retten und durchzuführen, mussten hinter den früheren zurückbleiben. Mit der innner ge- ringeren Selbständigkeit des Verfassers nimmt auch die Eigenthüm- lichkeit der Sprache und Darstellung ab, und das Ziel, die wissen- schaftlichen Ergebnisse der Gegenwart wirklich zusammenzufassen, konnte doch nicht befriedigend erreicht werden^. Aber indem Humboldt jene Bände ausarbeitete, schloss er die Gelehrten, die ihm beistanden, unter sich zusammen, und die Aufgabe, die er ihnen stellte, die Wissenschaft als eine Einheit zu betrachten, nie über dem Einzelnen das Allgemeine zu vergessen und der Wahr- ^ DovE, in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 13 S. 380. ^ Soweit es erreicht ist, düi-fen die beiden letzten Bände des «Kosmos», was das Thatsachen- Material anlangt, nahezu als ein Werk der Gesammt- Akademie betrachtet werden. Alexander von Humbot.di. 839 heit nicht als Kärrner, sondern als begeisterte Jünger zu dienen, sind unvergänglich. Über das Alles aber: einen sicheren Blick für die Bahnen, auf denen sich der Fortschritt der Wissenschaften be- wegt, hat er sich bis zum höchsten Greisenalter unl)eengt erhalten und dabei eine neidlose, ja bewundernde Anerkennung jedes noch so geringen wirklichen Verdienstes; wichtige und höchste Pro- bleme der Wissenschaft, die zwischen den Grenzen der Facultäten und zwischen den Feldern der Einzeldisci- plinen liegen, hat er entdeckt und bearbeitet, zur Ent- deckung anderer die jüngeren Fachgenossen angeregt und ermuntert. Die amerikanische Reise aber war die Grund- lage seiner Herrscherstellung in der Wissenschaft, und so darf man ihn jenen Conquistadoren vergleichen, die auszogen, um Beute zu machen, und als Könige zurückkehrten. Wie die Akademie sein Wirken empfunden hat, das zeigen am besten die vier Nachrufe, die ihm Böckh, Ehrenberg, Encke und Trendelenburg gewidmet habend Mag uns heute Manches über- trieben erscheinen in der Anerkennung, die Alexander von Hum- boldt bei Lebzeiten und unmittelbar nach seinem Tode erwiesen worden ist, so vermögen wir eben nicht mehr die Grösse der Dienste vollkommen nachzuempfinden, die er den Wissenschaften in Preussen geleistet hat. Die Zeitgenossen wussten, was sie ihm zu verdanken hatten. Böckh schloss seine Rede auf Leibniz in der öffentlichen Sitzung vom 7. Juli 1859'^ mit folgenden Worten: Als ich vor neun Jahren an dem LniBNizischen Jahrestage den Vor- sitz in dieser Versammlung zu führen hatte, war mir der erfreuliche Auf- trag zu Theil geworden, in Verbindung mit dem Vortrage zu LEiBNizens Gedächtniss darauf hinzuweisen, dass ein halbes Jahrhundert früher Alex- ander VON Humboldt Mitglied dieser Akademie gewoi'den, und den Be- ^ Sie sind im Folgenden mitgetheilt ausser dem Encke's, der zu umfangreich ist, um abgedruckt zu werden; er steht in den Monatsberichten 1859 8.637!!'. und behandelt Humboldt's Verdienste um die Astronomie. Bereits im Jahre 1844 (August) hatte Karl RrrxER bei Gelegenheit der Feier der vierzigsten Wiederkehr des Tages, da Humboldt aus Amerika nach Europa zurückgekehrt war, in einer begeisterten Rede die Verdienste des Naturforschers um die Geographie hervorgehoben (s. Bruhns, a.a.O. Bd. I 8.469!?., H S.445f.): »So reiht sich der Festtag, den wir heute feiern, wenn auch nur von der einen Seite betrachtet, den grossen Tagen der Geschichte der Wissenschaft überhaupt an, an welchen ein Aristoteles, R. Ba- coN, Leibniz, Newton und andere Heroen die Welt erleuchteten, ein Columbus und Cook neue Welten entdeckten«. ^ Zwei Monate nach Alexander von Humboldt's Tode, s. Monatsberich 1859 8. 544 ff. S/^ 840 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. schluss zu verkünden, dass sein Brustbild in Marmor in unserem Sitzungs- saale aufgestellt wei'de, wo das LEiBNizische seit langer Zeit steht, und zwar dann aufgestellt werde, wie ich sagte: «wenn, was noch in weitei- Fei-ne liegen möge, das allgemeine menschliche Loos ihn unseren Augen entrückt haben wird". . . . (Jet/t ist dieses) glänzende Gestirn in der Welt des Geistes für diese Welt erloschen. . . . .Sein Leben war glückselig durch Tugend und Erkenntniss und nicht getrübt durch ungewöhnliches Miss- gescliick. Mit überreichen Gaben des Geistes ausgestattet, einer unermüd- lichen Thätigkeit und geistigen, früher auch köi'perlichen Anstrengungen gewachsen, niemals nachlassend oder ermattend, fast bis an sein Ende selbst die Nacht bis auf die nothwendigste Erholung der Arbeit widmend, für alles Edle und Gute nicht nur empfänglich, sondern begeistert, nicht von Leidenschaften gestöi-t, hat er in seinen grossen und mannigfachen Le])ensrichtungen das Höchste erreicht, eine Stufe, auf der man dem Sterb- lichen mit dem Dichter zurufen kann: «Trachte nicht ein Gott zu werden«. Sein Weltruhm überragt selbst LEiBNizens Namen in dem Maasse, als in unserer Zeit der wissenschaftliche Vei'kehr ausgedehnter gew^orden; unbe- stritten bleibt er in allgemeiner Anerkennung die erste wissenschaftliche Grösse seines Zeitalters. Doch wenn ich auch in Ergebenheit, Verehrung und Liebe zu ihm Keinem nachstehe und einen Blick in sein Gemüth ge- than zu liaben vielleicht mir anmaassen kann, bin ich dennoch weder be- fähigt noch bei'ufen, seine wissenschaftlichen Verdienste zu würdigen, wozu, für den heutigen Tag selbst, ein näherer Fachgenosse bestellt ist: auch dem Kenner muss dies schwer werden. Je grösser der Mann, je länger und glänzender seine Laufbahn, desto unen-eichbarer dem Woi't seine Höhe. Ich der Laie ei'laube mir iiber ihn als Mann der Wissen- schaft nur dies eine Urtheil: wodurch er hervorragt, das sind nicht allein seine Reisen, durch die er entfernte Erdtheile zuerst in allen Beziehungen kennen gelehrt, nicht seine unzähligen besonderen Forschungen auf dem Gebiet der Natur; es ist die grossartige, allseitig umfassende, in der Fülle des Realen zugleich ideale Anschauung des Weltganzen , imd nicht allein des Natürlichen in demselben, sondern auch der Geschichte des mensch- lichen Geistes zunächst in seiner Beziehung zur Erkenntniss der Natur, aber auch weit über diese Beziehung hinaus in den meisten Zweigen der menschlichen Bildungsgeschichte, das umfänglichste, erfahrungsmächtige Wissen vei-bunden mit der regsamsten Coinbination, durchdrungen, vom Ge- danken, belebt durch Kraft, Gewandtheit und Anmuth der Rede. Ein unge- drucktes genaues Verzeichniss seiner Schriften vom Jahre 1790 an drängt mir gegenüber dem \'erzeichniss der LEiBNizischen die Überzeugung auf, dass wir, wenn auch nicht in Rücksicht der Mannigfaltigkeit, doch in Rück- sicht der Anzahl der Schriften, eine Vergleichung Leibnizcus und Alexander VON Humbold r's, die auch in anderen ohne mein Zuthun einleuchtenden Beziehungen Manches mit einander gemein haben, nicht zu scheuen brau- chen. El)enso ist es an Alexander von Hujiboldt wie an Leibniz bewun- dernswerth, dass er unter den bis an das Ende seines Lebens fortgesetzten Studien und unter den von seiner Stellung unzertrennlichen Zerstreuungen den ausgebreitetsten geschäftlichen, Avissenschaftlichen und freimdschaft- lichen Briefwechsel unterhielt. Seine Ptlege der W^issenschaft ist ferner nicht bloss nach den eigenen, wenn auch noch so grossen Leistungen in der Litteratur zu schätzen: ohne ein Amt zu bekleiden, welches ihm auf die Leitung der wissenschaftlichen Angelegenheiten einen unmittelbaren Eintluss gewährt hätte, hat er in freier, stets reger Wirksamkeit durch Ai.r.XAxnER von Humboldt. 841 sein Ansehen, durch Schutz, Rath und Em[)fehhuig die Wissenschaft und ihre Verti-eter gefördert. Ohne Staatsmann zu sein oder sein zu wollen, hat er die Tliätigkeit des Staatsmannes laid die Staatsklugheit geübt. Als ein vermittelndes Band zwischen der Gelehrtenwelt und den höchsten Krei- sen wird er für lange Zeiten unersetzlich sein. Ein Weltbürger im nus- gedehntesten und edelsten Sinne des Wortes, war er zugleich ein Deutscher und ein Preusse; ein Freund der Fieiheit und ein Mnnn des A'olkes, der selbst im höchsten Alter die persönlichen Büi'gerpllicliteu erfüllte, und wiederum hoch geachtet und geliebt von den edelsten Fürsten: wie unser erhabenes Königshaus und namentlich die drei Herrscher des laufenden Jahrhundei'ts ihn würdigten, wissen wir Alle und steht mir nicht an. nälier zu bezeichnen. Und überall und in allen Verhältnissen hat er das Wohl- wollen luid die Liebe bewähi-t, die an seinem Sai'ge beredt anerkannt worden; wie allgemein sie anei'kannt werden, dafür bürgt sein Leichen- begängniss in merkwürdigem Gegensatze gegen das geleitlose des gi'ossen Leibniz. dem weder der Hof, welchem er eng verbunden gewesen, noch ein Diener der Kirche, für die er sich abgemüht, noch die Bewohner der Stadt, welcher erden Glanz der Wissenschaft verlieh, die letzte Ehre er- wiesen haben. Hier aber hat die Liebe, die der Gefeierte für seine Näch- sten empfand, die rein menschliche Liebe, die mit der Ahnung der gött- lichen Weltordnung seine Religion war, in den Herzen, denen er sie widmete^ ihren Wiederklang gefunden.... Betrauert und vermisst ihn die denkende und gebildete Welt des ganzen Erdkreises, und ist der ge- lehrten Welt mit seinem Scheiden ein Mittelpunkt hin weggerückt, so haben wir, die Mitglieder dieser Gesellschaft, in welcher er mit Vorliebe seine Hauptstellung erkannte, an ihm einen theilnehmenden Freund, einen un- verdrossenen und aufopfernden Berather und Helfer verloren: es ist uns, wenn ich von meiner p]m[)findiuig auf die Empfindungen meiner theueren akademischen Genossen zu schliessen unzweifelhaft berechtigt bin, in ihm ein kräftigendes Lebenselement versiegt; ich wenigstens bin niemals von ihm weggegangen, ohne dass ich mich gestärkt, erheitert, ei'hoben gefühlt hätte. Indem wir nun sein Brustbild in der Nähe des LEiBNizischen auf- gestellt haben, dem kein anderes würdiger zur Seite steht, und zugleich damit das seines innigsten Freundes, des hochverdienten Leopold von Blch, der uns Allen theuer war, ehren wir mehr uns als ihn, der nicht eine Büste in diesem düster überwölbten Saal, sondern ein Standbild unter dem freien und heiteren Himmelsgewölbe des göttlichen Kosmos neben den Wohlthätern des deutschen und preussischen Vaterlandes verdient'. ' Bereits in seiner Festrede auf Leibniz am 4. Juli 1850 (jMonatsberichte 1850 S. 296ff.) hatte Böckh Alexander von Humboldt in schwungvollen Worten als den modernen Leibniz gefeiert, obschon er selbst den Panegyrikus mit den Worten einleitete: »Make no comparisons !■• Er schloss ihn mit den dithyrambischen Worten: -Natur und Geist liaben sich ihm durchdrungen ; mit poetischer Kraft der Phantasie und allem Reiz der Sprache vei'breitet er über das Reale den Zauber des Idealen, der die Altereu unter uns wie ein zephyrischer Hauch anweht aus den Tagen der Jugend, da Alexander von Humboldt mit dem unsterblichen Bruder in der Genossenschaft der begabtesten Männer deutscher Zunge lebte, denen die Hören und Charitinnen noch hold waren. Begeistert für alles rein Menschliche, ist er ei-haben über die Vorurtheile der Zeit und des Standes, nimmt Antheil an jeder edlen Bestrebung, erkennt jede Leistung an: dazu freies und oftencs Urtheil, unab- hängige Gesinnung, Milde der Nachsicht, allgemeines thätig förderndes Wohlwollen. 842 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. In derselben Sitzung hielt Ehrenberg die Gedächtnissrede auf Alexander von Humboldt; nur ein kurzes Referat ist in den Monats- berichten (a.a.O. S.505f.) über sie gegeben^ Es lautet: Im Glänze einer fi-iedlich milden, bei deni Sinken immer grösser werdenden Al)endsonne ist Alexander von Humboldt von uns. als meist der dritten und vierten Generation seiner Zeitgenossen, geschieden. Es ist nicht zu viel, auch an dieser Stelle der Akademie der Wissenschaften ist es auszuspi-echen: eine neue Epoche der Erd- und Weltanschauung begann mit seinen Schriften. Es hallt seine nicht pedantisch wissenschaftliche, nicht kalte, nicht rhetoi-isch oberllächliche, seine im edlen tiefen Ernste der Forschung überzeugend belehrende, erfreuende, warme, den Menschen auf der Erde und im Welträume gern heimisch wissende und doch über das Sinnliche erhebende, vorher nicht gekannte Sprache aus allen geistig- gehobenen Völkern , aus allen Zonen der Erde wieder. Leicht ist es, auf das Gedächtniss solch eines Verstorbenen einen Hymnus zu dichten. Schwer ist es, das weithin segensvolle gewaltige Leben des Vollendeten, eingehend in die Vorbedingungen, die Besonderheiten imd Verkettungen, die \'iel- seitigkeit dieses Wirkens in Übersicht zu bringen und das so vielseitig von den Zeitgenossen durchgefühlte Gi-osse, das über das Vergängliche hinaus — sofern der Menschengeist, wie die begründeter erscheinenden Zeichen auch heut es allerdings aussprechen, ewig ist — nothwendig ewig Fortwirkende seiner Ersciieinung so darzustellen, dass nicht das \'ergäng- liche und Vergangene derselben entmuthigend wirkt, sondern das Bleil)ende die mitlebenden und kommenden Generationen zu frischem Miithe freudig erhebt und zu rüstiger, beharrlicher Nacheiferung und Fortbildung entllammt. Hieran schloss sich ein Überblick des ganzen grossen, ungewöhn- lich vorbereiteten, thatenreichen und glänzend fruchtreichen Lebens in chronologischer Folge, übergehend in die Gemüthsschätze des grossen segenvollen Mannes. Als volltönendes Beispiel tiefen Gemüthes wurde desinnigen zarten, fast schwärmerischen Freundschafts- Verhältnisses zwischen ihm und Freiesleben bis in das späteste Alter nach vorliegenden Urkun- den gedacht. Den Schluss bildete folgende Beti-achtung: Ob die Vergleichbarmachung der beiden Erdhälften, ob die Entdeckung des Gesetzes der Isothermen -Linien, ob die geogi'ai)hische Vertheilung der Pflanzen - Geschlechter, welche damit in Verbindung steht, oder der viel gepflegte tellurische Magnetismus, ob die grossartigen Auffassungen der Klimatologie, welche schon bedeutende Fortentwicklung erhalten haben, ol) die von ihm ausgegangene Übersicht und gegenseitige Bestimmung der Ge- bii-gs- und Flusssysteme der gesammten Erde und deren geographische Be- festigung in Amerika und Asien, allesammt oder einzeln, künftig der Glanz- punkt bleiben werden , oder ob aus scheinbaren Nebendingen von Alexander VON Humboldt's Auffassungen sich künftig Bleibenderes entwickelt, ist nicht abzusehen. Bleibend aber für alle Zeiten ist das Beispiel des edlen auf- opferungsfähigen Ernstes, der tiefen Gründlichkeit, welche sich in allen Arbeiten von Humboldt's abspiegeln, der klaren Zusammenfassung zahlloser Naturerkenntnisse in ein ansprechend übersichtliches, wie viel auch einst wei- Und so darf ich ohne Scheu mit den Worten endigen, womit ein alter Dichter einen Hymnus für einen zwar mächtigeren, aber gewiss nicht edlei-en Mann schliesst: 'Wie viele Freuden Er andern bei-eitete, wer könnte das erzählen'«. ' Die Rede erschien erst im Jahre 1870 und nicht in den Schriften der Akademie. Alexander von Humboldt. 843 tei" /u entwickelndes Bild, nnd der entlmsiastischen Liebe für den Zweck, welche aus jedem seiner so zaiilreichen Wcjke hervorblicken. Mahnend nnd ei'muthigend wird künftig die heut aufgestellte Büste in diesen Räumen wirken, und eine liusiiäOLDr- Stiftung im hohen Stil, welche heut zuerst zur Bekanntmachung gelangt, wird unter dem Schutze dieser Akademie hoffentlich fort und fort weiter segnend wirken. Trendelenburg endlich sprach am 2 i . Mai 1861 folgende Worte in der Akademie^ Wir treten mit unsern Erinnerungen niclit in die Naturwissenschaften ein, ohne Alexander VON Humboldt's zu gedenken, der der Akademie fast sechzig Jahre thätig und ti'eu angehörte. Ein lebendiges Band der wissen- schaftliciien Vereine auf beiden Erdhälften, wirkte er für den Austausch der Gedanken und die Gemeinschaft der wissenschaftlichen Bestrebungen in einem akademischen Sinne, wie kaum je ein andei-er. Nach Reisen, welche Amerika neu entdeckten und Sibirien tiefer aufschlössen, begann er unter uns am Abend seines vielbewegten Lebens sein letztes gi-osses Tagewerk und führte sein Bild der Natui' als eines von innern Kräften bewegten und belebten Ganzen der Vollendung nahe. In allen Völkern wurde sein Kosmos als das Geschenk eines mächtigen Geistes emj)fangen, wenn es anders Macht ist, über den in Jahrhunderten gewachsenen un- endlichen Stoff des Wissens wie ein König zu hen-schen und ihn wie ein Künstler bis zur anmuthigen Darstellung zu gestalten. Alexander von Humboldt widmete sein Werk seinem Könige, und wer vor dem Kosmos die schlichten Worte tiefer Ehrfurcht und herzlichen Dankgefühls liest, achtet der Schatten nicht, welche aus einem vorlaut veröffentlichten Bi-ief- wechsel auf seine Gesinnung geworfen sind. Die edle Gastfi-eundschaft, die König Friedrich Wilhelm IV. mit Alexander von Humboldt hielt, war wie eine Gastfreundschaft gegen die Wissenschaft und Kunst der Gegen- wart; denn dem hochbegabten König waren durch Alexander von Hum- boldt selbst im Einzelnsten die Arbeiten und die Frucht der Wissenschaft und Kunst nahe, und in ihm war wiederum der König nicht selten Künst- lern und Gelehrten helfend nahe, hn Kosmos hat manche akademische Arbeit, für sich an zerstreuten Ortern stehend, eine Stelle für das Ganze gefunden, und die Anmerkungen zum Kosmos werden noch in der Zukunft für die litterarischen Beziehungen der Gegenwart eine Quelle sein. Es war eine schöne Erscheinung, wenn dem geistigen Capital Alexander von Hum- boldt's zufloss, was immer Jemand in der Wissenschaft gefunden und er- sonnen hatte. Mit dem grossen eigenen Reichthum zog er den Reichthum Anderer an sich, und Jeder wusste bei ihm sein Bestes gerne geborgen. Es wird noch einige Zeit währen, bis die rechten Männer der verschie- densten Fächer, jeder von seiner Seite, die Verdienste Alexander von Hvm- boldt's dargestellt haben. . . . Erst wenn die einzelnen Wissenschaften alle, welche er bereicherte oder anregte, ihren frischen Zweig zum Ehrenkranze hinzugebracht, flicht sich der Kranz in voller Schönheit. In diesen Zeugnissen ist lebendiger als wir es vermögen zum Aus- druck gebracht, was die Akademie ihrem grossen Mitgliede verdankt". ^ Abhandlungen 1861 S.5f. (im Zusammenhang seiner Rede »Über die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften unter dem Könige Friedrich Wilhelji IV.). ^ In Bruhns' HuMBOLDT-Biographie (Bd. 3: »Alexander von Humboldt's Wirk- samkeit auf verschiedenen Gebieten der Wissenschaft«) hat der Herausgeber selbst 844 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. Carl Ritter (geb. 7. August 1779 zu Quedlinburg, gest. 28. Sep- tember 1859) ist wie Alexander von Humboldt, mit dem er oft vei'glicben worden ist, vom Streben nach Universalität bestimmt gewesen, und indem er dieses Streben einer grossen Aufgabe zu- wandte, ist er der Begründer der modernen geograpliisclien Wissen- schaft geworden \ Dieser Ruhm ist zwar nicht ganz unbestritten — man weist heute darauf hin , dass er kein einziges geogra- phisches Problem wirklich gelöst, dass ihm die punktuelle Analyse der Eirscheinungen ferner gelegen und dass er durch vordringliche teleologische Betrachtungen die Erkenntniss verletzt habe — , aber auch die Gegner gestehen zu, dass Niemand vor ihm Geographie, Naturgcschiclite und Geschichte so innig verbunden und die »Erd- kunde« so umfassend ausgestaltet hat wie er. Daher gehört er zu jener nicht zahlreichen Gruppe von Männern, die die Wissenschaft dadurch unendlich gefördert haben, dass sie die Zäune niederwarfen, die die verschiedenen Disciplinen von einander trennten. Die Kraft zu solchem Wirken floss ihm letztlich aus der geschmähten teleolo- gischen Betrachtung der Welt- und Mensrhheitsentwicklung. Da- neben war es die pädagogische Virtuosität, die ihm die Fähigkeit verlieh , das Zusammengehörige der Erscheinungen zu erkennen und sie anschaulich zu schildern. Bevor er nach Berlin berufen wurde die Bedeutung Humboldt's für die Mathematik, Astronomie und mathematische Geo- graphie dai'gestellt. Seine Verdienste um den Erdmagnetisnuis, die Physik und Che- mie hat WiEDEMANN, Ulli die Meteorologie Dove, um die Geologie Julius Ewald, um die Erd- und Völkerkunde, Staatswirthschaft und Geschichtschreibung Peschel, um die Pllanzengeographie und Botanik Gbiesebach, um die Zoologie und ver- gleichende Anatomie Victor Carus, um die Physiologie Wundt geschildert. Was ihm auch die Statistik verdankt, hat Dieterici in seiner Antrittsrede (ölonatsherichte 1847 S.259f.) zum Ausdruck gebracht. ■ — Nach Humboldt's Tode wurde von seinen Verehrern bei der Akademie eine »Alexander von Humboldt -Stiftung für Natur- forschung und Reisen« errichtet, die am 19. December 1860 die Königliche Bestäti- gung erhielt (s. Urkundenband Nr. 206). Der Aufruf fand in weitesten Kreisen dank- baren und begeisterten Wiederhall, und ein sehr bedeutendes Capital kam rasch zu- sammen. Das die Stiftung begründende Comite bestand unter Magnus' Vorsitz, der sich die grössten Verdienste um dieselbe erworben hat, aus den Professoren Böckh, Dove, du Bois-Revmond, Ehrenberg, Encke, Haupt, Lepsius, Trendelenburg und Virchow, aus den beiden Staatsministern Bethmann -Hollweg und Flottwell, so- wie den Geh. Legationsi-ath Abeken , dem Oberbürgermeister von Berlin Krausnick, dem Geh. Commercienrath A. Mendelssohn, dem Fürsten Radziwill, dem Com- mercienrath L. Reichenheim, dem Geh. Ober-Baurath Stüler, dem schwedischen Consul Wagener und dem General- Lieutenant von Willisen. Was durch die Stiftung wissenschaftlich geleistet worden ist, wird im nächsten Buche darzu- stellen sein. ^ Vergl. über ihn Kramer, Karl Ritter, Ein Lebensbild, 2 Bände 1864 (2. Aufl. 1876). Ratzel. in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 28 S. 679 ff. Cakl Ritter, der Geograph. 845 (1820), ist er zwanzig Jahre lang Lehrer und Erzieher gewesen. Bereits in dieser Zeit war es ihm aufgegangen , dass Naturlcunde und Gescliichte in der »Geographie« zusammenzufassen seien. Kr erhob sie aus einem wüsten Haufen von Kenntnissen zur Wissenschaft. »Die Akademie sah ilin während 37 Jahre an der Erneuerung und Vertiefung der geographischen Anschauung arbeiten, und neben sei- nem grossen Werke sprechen gerade einige seiner akademischen Ab- handlungen den Geist seiner geographischen Betrachtungsweise be- zeichnend aus\ In allen Culturländern der Erde als der Geograph des Jahrhunderts anerkannt, vereinigte er in seiner Hand Nach- richten aus allen Gegenden, durch deren Mittheilung er das wissen- schaftliche Leben der Akademie erhöhte". Das Bild von Ritter's harmonisch gestimmter Persönlichkeit lebt in uns fort, und die Aka- demie wird die Tage nicht vergessen, da die drei Männer Alex- ander VON Humboldt, Leopold von Buch und Carl Ritter in ihr eng verbunden waren".« Der hohe Sinn, die warme Begeisterung und die schlichte Frömmigkeit, die ihn auszeichneten, haben seine Persön- lichkeit seinen CoUegen verehrungswürdig gemacht. Er hat nie einen Feind gehabt und, das allgemeine Vertrauen geniessend, in schwierigen Fällen und Conllicten der Akademie grosse Dienste ge- leistet. Der dritte Gelehrte , der Disciplinen der beiden Klassen in seiner Forschung verbunden hat, ist Ideler (geb. 2 i . September i 766 zu Grossbrese bei Perleberg, gest. 10. August 1846). Gleich interessirt wie für alte und neue Sprachen so für Astronomie und Mathematik, ' Von den kürzeren Mittheilungen in den »Monatsberichten« abgesehen, hat Rrn-ER der Akademie elf Abhandlungen geschenkt, geographisch -historische und orogra])hische, ferner Untersuchungen zur Productenkimde u. s. w. Die geschätzteste ist die JMonogi-aphie über die geographische Verbreitung der Baumwolle und ihr Ver- hältniss zur Industrie der Völker alter und neuer Zeit (Abhandlungen 1851, 8.2970".). ^ Nennenswerthe Reisen liat RrrrER selbst nicht unternommen, trotzdem war er in den verschiedensten Ländern und in ihrer Geschichte heimisch wie kein an- derer. Derselbe Mann, der alle Flntdeckungsreisenden im Geiste begleitete, sie förderte und die Ergebnisse ihrer Forschungen bekannt machte und einordnete, ver- tiefte sich mit der gleichen Hingebung in die historische Geographie und in die alte und neue Völker- und Staatenkunde. Er, der dem Zuge Alexander's des Grossen folgte und über die historisch -geographische Bedeutung desselben nach- sann, erzählte auch von den West- Eskimos, von den Zuständen in Liberia, von den syrisch -jakobitischen Cln-isten und wiederum von den Austernhigern am Viiiccnt- Golf. Die rein physikalische Erdbeschreibung trat in seinen Arbeiten allerdings mehr und mehr zurück, und hier ist er den Fortschritten der Naturwissenschaften auch nicht mehr gefolgt. 3 Trendelenburg, Abhandlungen 186 i S. 14. 846 Die Akademiker im Zeitalter Frieduich Wilhelm's III. wurde Ideler, der begeisterte Schüler F. A. Wolf's, schon im Jahre 1794 als Astronom bei der Akademie für die Kalenderberechnung angestellt. Während er aber dieser Aufgabe mit grosser Gewissen- haftigkeit oblag, fand er Zeit, vielgelesene Handbücher der engli- schen, französischen und italienischen Sprache, welche eine reiche Auswahl aus den Werken der besten Prosaisten und Dichter ent- hielten, in mehreren Auflagen auszuarbeiten. Daneben fesselte ihn auch das Spanische, und er veröffentlichte eine Ausgabe, des Don Quixote in sechs Bänden (1804) zusammen mit dem Leben des Cer- vantes von Antonio Pellicier. Aber das Feld, dem seine eigent- liche Neigung gehörte, war die Geschichte der Astronomie und die Chronologie. Hier hat er Bahnbrechendes geleistet und nach einer Reihe ausgezeichneter Vorarbeiten^ im Jahre 1825/26 sein »Hand- buch der mathematischen und technischen Chronologie« erscheinen lassen (2. Auflage 1831: »Lehrbuch der Chronologie«), ein trotz aller Fortschritte der Wissenschaften bis heute noch unübertroffenes Werk". Denn noch ist kein Gelehrter wieder erstanden, der das umfassende Wissen besässe, welches sich Ideler als Philolog, Historiker und Astronom erworben hat. Seine sprachlichen Kenntnisse schlössen selbst das Persische, Türkische und Koptische ein, und auch noch nach Herausgabe seines Hauptwerkes ist er in Einzeluntersuchungen zur Geschichte der Chronologie unermüdlich thätig gewesen^. Seine Verdienste wurden auch im Auslande gebührend geschätzt: im Jahre 1839 wählte ihn die französische Akademie zu ihrem auswärtigen Mitgliede. ^ »über Ursprung und Bedeutung der Sternennamen«, »Untersuchungen über das Verliältniss des Copernicus zu den Alten«, »Über die Gradmessungen der Alten«, »Über die Trigonometrie der Alten«, «Über das Kalenderwesen der Griechen und Römer«, »Über die Zeitrechnung der Araber« (Abhandlungen 1812/13), »Über die Längen- und Flächenmaasse der Alten« (Abhandlungen 1812/13 , 1825, 1826, 1827), »Über die Sternkunde der Chaldäer« (1814/15), »Über den Cyklus des Meton« (1814/15), »Über die Zeitrechnung der Perser« (1814/15), »Über den Kalender des Ptolemäus« (1816/17), »Über die bei den morgenländischen Völkern gebräuch- lichen Formen des julianischen Jahrs« (1816/17), »Über die Zeitrechnung der Rö- mer« (1818/19), »Über den astronomischen Theil der Fasti des Ovid« (1822/23). ^ Giebt es irgend eine andere wissenschaftliche Disci2:)lin, in welcher ein vor siebzig Jahren erschienenes Lehrbuch die Bedeutung hat, welche dem Ideler- schen noch heute zukommt? ^ »Über Eudoxus« (Abhandlungen 1828 , 1830), »Über das Alter der Ruuen- kalender (1829), »Über die Zeitrechnung von Chata und Igiir« (1832), »Über die Reduction ägyptischer Data aus den Zeiten der Ptolemäer« (1834), »Über die Zeit- rechnung der Chinesen« (1837), »Über den Ursprung des Thierkreises« (1838). Mehrfach hat Ideler als Chronolog auch die Studien Anderer, so Böckh's , unterstützt. iDEr.ER. der Chronolog. — Philosophen: Schleiermacher. 847 10. Mit Ritter und Ideler sind wir zu den Geisteswissenschaften übergegangen. An ilirer Spitze steht die Philosophie. Wie sie als eine eine ganze Klasse beschäftigende Wissenschaft in der Akade- mie ausgestorben oder vielmehr von ScnLEiERMAcnER planmässig zum Aussterben geführt worden ist, ist oben 8.735(1*. gezeigt worden. Doch sollten philosophische Probleme nach ScnLEiERMAcnER's Meinung auch in Zukunft in der Akademie behandelt werden, aber in histo- risch-kritischem Sinne; nur die sectenbildende speculative Philo- sophie sollte ihr fern bleiben. Aber es gelang der Akademie zu- nächst überhaupt nicht, sich durch die Aufnahme von Philosophen zu bereichern. Heinrich Ritter gehörte ihr nur vorübergehend an\ und Steffens hatte seine Arbeit und seinen Ruhm bereits hinter sich, als er im Jahre 1835 eintrat, und leistete auf dem Felde der Philosophie wenig'. Friedrich Ancillon und Schleiermaciier waren die Philosophen der Akademie; aber der erstere war Salon- philosoph und hat auf die Akademie viel weniger eingewirkt als leider auf den Staat. Gegenüber den Humboldt's, die er liasste, obgleich er Wilhelm einst zur Aufnahme vorgeschlagen hatte ^, und Schleiermacher vermochte er nicht aufzukommen*. ^ Die Abhandhingen enthalten nur einen Aufsatz von ihm (1833 S. iff.) "Über das Verhältniss der Philosophie zum wissenschaftlichen Leben überhaupt«. ^ Siehe oben S. 785. ^ Siehe oben S. 555. * Eine scharfe Charakteristik Ancu-lon's hat Max Lehmann in der Allge- meinen Deutschen Biographie Bd. i S. 420fr. gegeben; mit ihr stimmt das Portrait, das TuErrscHKE gezeichnet hat (Deutsche Geschichte, Bd. 2 ^ S.i89f.) überein: "Der in allen Sätteln gerechte Theolog wurde im Jahre 1814 als Geheimer Rath im Auswärtigen Amte angestellt und schwamm jetzt wieder selbstgefällig obenauf, obgleich der Erfolg des Krieges alle seine kleinniüthigen Warnungen Lügen ge- straft hatte. Hardenberg glaubte durch diese Ernennung eine Brücke zwischen der Wissenschaft und der Politik zu schlagen ; denn Ancillon verdankte seiner seichten, aber vielseitigen und immer für die Unterhaltung der Salons bereiten Gelehrsamkeit ein hohes Ansehen, das auch reichere Geister bestach. Die Diplo- maten rühmten die sokratische Gelassenheit, die urbane Milde seiner Umgangs- formen; selbst Schön, der Alles tadelte, Hess ihn gelten, und noch in späteren Jahren schaute der jimge Leopold Ranke bewundernd zu ihm auf. Er hatte am Ausgang des alten Jahrhunderts als eleganter Prediger an der französischen Gemeinde den weichlichen Geschmack der Zeit glücklich getroffen und dann als Lehrer der Staatswissenschaft an der Kriegsschule seine Gemeinplätze mit so feierlicher Gespreizt- heit, mit einem so überlegenen staatsmännischen Lächeln vorgetragen, dass sein Zuhörer, der junge Nesselrooe, sich ganz bezaubert fühlte. Bei Hofe verstand er durch unterthänige Bellissenheit seinen Platz unter den vornehmen Herren zu 848 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. Wirklicher Vertreter der Philosophie ist also nur Schleier- MACiiER gewesen, aber man darf zugleich von ihm sagen, dass er in den Jahren 1815-1834 der philologischen Klasse der Akademie den Stempel seines Geistes aufgedrückt hat. Sein Name müsste genannt werden, wenn man für jene Epoche in der Geschiclite jener Klasse einen Heros eponymos erwählen wollte; denn sowohl ihre wissenschaftliche Auffassung als ihre Arbeitsweise ist ganz we- sentlich von ihm bestimmt worden. Nicht als der Begründer der modernen Theologie, noch weniger als der Stifter der evangeli- schen Union kommt er für unsere Geschichte in Betracht, wohl aber als der umsichtigste und feinsinnigste Philosoph nach Kant, als der grosse Interpret Plato's und als der Meister der Interpre- behaupten. Es ward veihängnissvoll für eine späte Zukunft, dass auch Königin LrisE und der Freiherr vox Stein sich durch den erschlichenen Ruhm des glatten Halbfranzosen blenden Hessen und ihm die Erziehung des jungen Thronfolgei'S anvertrauten. So gerieth der verschwenderisch begabte, aber phantastische und eigenwillige Geist des Prinzen, der vor allem einer strengen Zucht und der Beleh- rung über die harte Wirklichkeit des Lebens bedurfte, unter die Leitung des ciiarak- terlosen Schönredners, der selber kaum fühlte, wie viel von seinem Thun der an- geborenen Furchtsamkeit, wie viel der weltklugen Berechnung entsprang. Seitdem wurde Ancillon auch zu den politischen Berathungen öfters zugezogen und schrieb nun unermüdlich mit seiner schwunglosen, verkniffenen kleinen Gelehi'tenhand eine Masse von Denkschriften — breite Betrachtungen ohne Kraft und Schneide, die allesammt ebenso leer wie seine Bücher doch immer den Eindruck erregten, als ol) sich ein tiefer Sinn hinter dem Wortschwall verbärge. Durch ihn ward die Kunst, hohle Worte zu einem glitzernden Gewebe zu verknüpfen, zuerst in die preussische Politik eingeführt. Von Haus aus ein Freund der Ruhe und der über- lieferten Ordnung hatte er im Juni 1789 zu Versailles selber mit angesehen, wie die Vertreter des dritten Standes sich die Rechte einer Nationalversammlung anmaassten und also den Stui'z des Königthums vorbereiteten. Seit jenem Tage lag ihm die Angst vor der Revolution in den Gliedern, und als das revolutionäre Weltreich endlich gefallen war, wahrlich ohne Ancili.on's Zutliun, da wendete sich der Zag- hafte den Ansichten Metternich's zu und folgte gelehrig jedem Winke der Hof- burg. Geschäftig trug er die Anschuldigungen der ScHJiALzischen Schrift in der Hofgesellschaft umher«. Ein günstigeres Urtheil über ihn hat nu Bois-Reymond gefällt in seiner Festrede vom 25. März 1886 (Sitzungsberichte 1886 S.324ff.): »Ein Mann ausserordentlicher Gaben, der unter günstigeren Umständen wohl eine der ersten littcrarischen Figuren seiner Zeit geworden wäre. . . . Als fi\anzösischer Schrift- steller gehört er der Gruppe Chateaubriand, Benjamin Constant, Augustin Thierry an. . . . Ancillon's geschichtliche Schriften mögen dem Inhalt und der Methode nach veraltet sein, doch sprachen weder Mignet, der ihm in der Acade- mie des Sciences morales et politicpies eine Gedächtnissrede liielt, noch in seiner Biogra])hie Friedrich Wilhelji's IV. der erste lebende Historiker Deutschlands davon mit der (Jeringschätzung wie Leute, welche vielleicht keine Zeile darin lasen. Wie dem auch sei, man kann sagen, dass, wenn mit Ancillon die französische Colonie in Berlin geistig gleiclisain zu Ende ging, ihre eigenartige Bildung zugleich in ihm ihren höchsten Ausdruck fand". Philosophen: Schleirrmaciikr. 849 tatioii überhaupt'. Es ist nicht zufällig, dass er zuerst Secretar der philosophischen, dann der philologisch -historischen Klasse ge- wesen ist. Nacli Buttmann's Abgang fand diese Klasse keinen wür- digeren Führer; hat doch auch Böckh, der maassgebende Philolog in ihr, nicht verhehlt, wie viel er, neben F. A. Wolf, Sciileier- MACHER verdankt. In seinen akademischen Abhandlungen liat sich Sciileiermaciier auf die Geschichte der alten Philosophie und auf die philosophische Ethik beschränkt", alles Theologische bei Seite lassend. Jener ge- hören die Untersuchungen an »Über Diogenes von Apollonia« (1804 bis iSii), »Über Anaximandros« (a.a.O.), »Über den Werth des Sokrates als Philosophen« (18 14/15), »Über die griechischen Scho- llen zur Nikoniachischen Ethik« (1816/17), dieser die Abhandlungen »Über die Begriffe der verschiedenen Staatsformen« (18 14/15), Über die wissenschaftliche Behandlung des Tugendbegriffs« (18 18/19), »Versuch über die wissenschaftliche Behandlung des Ptlichtbegriffs« (1824), »Über den Unterschied zwischen Naturgesetz und Sitten- gesetz« (1825), »Über den Begriff des Erlaubten« (1826), Über den Begriff des höchsten Gutes« (1830). Mit der letztgenannten hat er seine Beiträge für die akademischen Schriften geschlossen; keine andere ist für die Neugestaltung der Ethik so wichtig geworden wie sie. Die Abhandlung »Über den Unterschied zwischen Natur- gesetz und Sittengesetz« steht unmittelbar hinter einer Abhandlung von Ancillon »Über die Extreme in der Philosophie und allen mora- lischen Wissenschaften«. Man vergleiche die trivialen Ausführungen dieses Aufsatzes und ihre Krönung in der ganz hohlen Schluss- betrachtung^ mit der klassischen Untersuchung Schleier3iacher's, ^ Siehe ü])en S. 626 ff. ^ Eine Ausnahme bilden die klassische Abhandlung "Über die verschiedenen Methoden des Ubersetzens (1812/13) und die Untersuchung »Über die Auswande- rungsverbote« (18 16/17). ^ S. 14: »Man stelle sich das Weltall oder das ganze System unsei-er \ov- stellungen und unsei'er Ideen unter der Form oder dem Bilde eines Kreises vor. Der Punkt, in welchem alle Linien, die von der Peripherie ausgeiien. sich be- rülu-en und sich durchschneiden , wäre derjenige, welchen man einnehmen und auf welchen man sich stellen müsste, um das wahre System oder den wahren Zu- sammenhang unserer Ideen aufzufassen. In diesem Punkte, nämlich im Mittelpunkt des Kreises, würden sich alle Extreme berühren, und in diesem Mittelpunkte würde die Wahrheit und die Realität ihren Sitz haben. Daraus folgt mit einer unwider- stehlichen E\idenz, dass, weini man sich auf einem beliebigen Punkt der Peripherie des Kreises befindet, man immer nur ein Extrem fassen und weder die WaJu-heit noch die Realität besitzen wird.« Geschichte der Akademie. I. 54 850 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. in der jeder Satz aus tiefstem Nachdenken geboren ist, um den Unterschied zwischen einem unberufenen und einem berufenen Philo- sophen zu erkennen \ Als Philosophen im antiken Sinne des Worts wird man auch Wilhelm von Humboldt bezeichnen dürfen. Zwar liat er keine philo- sophischen Abhandlungen verfasst, aber Alles, was er geschrieben hat, ist philosophisch durchleuchtet. In der Freundschaft mit F. A. Wolf war ihm das Hellenische als die Sonne aufgegangen, und »mit grenzenlosem Enthusiasmus« suchte er alle Offenbarungen des hellenischen Geistes — vor allem die Sprache — zu umfassen, sie zu Ideen verklärend. Nachdem er im December 1819 definitiv aus dem politischen Leben ausgeschieden war, widmete er sich ganz den Studien: «sein Thun ging auf in WissenscJiaft, sein Geniessen in Beschauen.« Erst seit dieser Zeit hat er sich an dem wissen- schaftlichen Leben der Akademie zu betheibgen vermocht, nachdem er ihr zelm Jahre früher die neue Organisation gegeben hatte. Die Abhandlungen, die er ihr geschenkt hat, beziehen sich fast aus- schliesslich auf die Sprachwissenschaft und haben diese Disciplin als eine empirische und doch philosophische neu begründet (s. S. 8 70 ff.). Aber in der Abhandlung «IJber die Aufgabe des Geschiclitschreibers« (1820/21 S. 305 ff'.) hat er auch dem Historiker den Standort und die Methode der Forschung vorgezeichnet. Ihr eigenthümlieher Reiz ^ In dieser Abhandlung Schleiermacher's steckt im Grunde seine ganze Philosophie. Hier (S. 27) findet sich der Satz, -dass alle Gattungsbegriffe der verschiedenen Foi'men des individuellen Lebens wahre Naturgesetze sind«, aber auch die Ausführung, dass der intellectuelle Process, der nacli dem vegetativen und animalischen erschienen ist, sein Charakteristisches darin hat, dass er in einer Mannigfaltigkeit von Einzelwesen einer Gattung ei'scheint. Wie aber bei jenen Processen die je frühej-e Stufe hemmend auf die reine Ausbildung der höheren ein- wii'kt, so dass ihr Princip nicht einfach aus ihrem Thatbestande abstrahirt werden kann, so ist auch das für den intellectuellen Process geltende Princip nicht rein an dem Processe seilet erkennbar. «Das Gesetz, welches hier neu aufgestellt wer- den muss, so dass es die ganze Wirksamkeit der Intelligenz vollständig verzeich- net, wird das wohl etwas anderes sein als das Sittengesetz? und die neuen Abwei- chungen, in welchen die Begeistung unzureichend erscheint gegen die Beseelung, werden sie etwas anderes sein als das, was wir böse nennen und unsittlich? Ist dem so , so ergiebt sich auch hier, dass das Sittengesetz sowohl Seinbestimmend ist, als auch ihm ein Sollen anhängt. Hier aber entwickelt es sich uns durch eine Steigerung als das höchste individuelle Naturgesetz aus den niederen. Die Seinbestimmung in demselben ist also von derselben Art, und das Sollen ist auch von derselben Art, nur mit dem einzigen Unterschiede, dass erst mit dem Ein- treten der Begeistung das Einzelwesen ein freies wird und nur das begeistete Leben ein wollendes ist, also auch nur auf diesem Gebiet das Sollen sich an den Willen richtet." Philosophen: Wii-hemvi von Hujiboloi-. — Philologen: Niebihr. 851 liegt wie bei den spracliphilosopliischen Abhandlungen in der Ver- bindung des universell ideologischen Geistes des 1 8. Jahrhunderts mit dem feinen Sinn iür das Wirkliche und Lebendige: Zwei Dinge sind es, welche der Gang dieser Untersuchung festzu- halten getrachtet hat: dnss in Allem, was geschieht, eine nicht unmittelbar wahrnehmbare Idee waltet, dass aber diese Idee nur an den Begebenlieiten selbst erkannt werden kann. Der Geschichtschreiber darf daher nicht, Alles allein in dem materiellen Stoff suchend, ihre Hei-rschaft von seiner Darstellung ausschliessen; er muss auf 's Mindeste den Platz zu ihi-ei- Wir- kung offen lassen; er muss ferner, weiter gehend, sein Gemüth empfäng- lich für sie und regsam erhalten, sie zu ahnen imd zu erkennen; aber er muss vor allen Dingen sich hüten, der Wirklichkeit eigenmächtig ge- schaffene Ideen anzubilden oder auch nur über dem Suchen des Zusam- menhanges des Ganzen etwas von dem lebendigen Reichthum des Einzelnen aufzuopfern. Diese Freiheit und Zartheit der Ansicht muss seiner Natur so eigen gewoi-den sein, dass er sie zur Betrachtung jeder Begebenheit mitbringt. Denn keine ist ganz abgesondert vom allgemeinen Zusammen- hange, und von Jeglichem, was geschieht, liegt ein Theil ausser dem Kreis unmittelbarer Wahrnehmung. Fehlt dem Geschichtschreiber jene Freiheit der Ansicht, so erkennt er die Begebenheiten nicht in ihrem Umfang und ihrer Tiefe; mangelt ihm die schonende Zartheit, so verletzt er ihre einfache und lebendige Wahrheit. 11. Bevor durch Wilhelm von Humboldt und Borr die allgemeine Spracliwissenschaft in den Kreis der akademischen Arbeiten einge- führt wurde, ist die Akademie durch die Vertreter der klassischen Philologie in ihrer Mitte zu besonderem Ansehen gelangt. Leistete ihr auch F.A.Wolf nichts mehr, so besetzten Niebuhr, Buttbiann, BöcKH, Bekkek und Suevern das Feld; nicht lange währte es, so traten Lachmann und Meineke hinzu, und die von Hirt und Uhden begonnenen archäologischen .Studien erhielten durch E. Gerhard einen mächtigen Aufschwung. Von Niebuhr's Thätigkeit für das Corpus Inscriptionum Grae- carum und für die Ermittelung neuer Handschriften zu Gunsten der Akademie ist oben S. 668 ft*. die Rede gewesen. Solange er in Rom weilte, war er thätiges Mitglied und hat das wissenschaftliche Leben der Akademie bereichert. Seit seiner Übersiedelung nach Bonn aber sind die Fäden, die ihn mit der akademischen Gemein- schaft verbanden, schwächer geworden, so dass diese kein Recht hat, ihn und seine Leistungen noch für sich in Anspruch zu nehmen. Aber es ist ihm auch nicht mehr gelungen, durch ein zweites W>rk den Erfolg zu enxnchen, den die »Römische Geschichte« (s. S. 6 24 ff.) bei ihrem ersten Erscheinen gehabt hat und fortwirkend behauptete. 54* 852 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wii.helm's III. Philipp Buttmann (geb. 5, December 1764 zu Frankfurt a. M., gest. 21. Juni 1829), aus südfranzösischer Familie (»Boudemont«)\ bat neben seiner Stellung an der Akademie ein Lehramt an der Universität nie begehrt, sondern widmete seine Kräfte der Biblio- thek; aber auch hier wollte er zeitlebens nur Arbeiter, nicht Di- rector sein. In der Wissenschaft haftet sein Andenken an dem »Lexilogus« und der »Griechischen Grammatik«, die, zuerst im Jahre 1792 als ein kaum sechs Bogen umfassender Grundriss erschienen, später in dreifacher Gestalt von ihm ausgearbeitet wurde, eine grosse Zahl von Auflagen erlebte und in dem Menschenalter zwischen 1820 und 1860 die griechische Grammatik in Deutschland gewesen ist. Diesen ausserordentlichen Erfolg verdankt sie der klaren Verständig- keit, mit der die formalen und syntaktischen Erscheinungen der griechischen Sprache auf Grund sorgfaltiger Beol)achtungen in zwar nicht streng systematischer, aber durchaus rationeller Weise dargelegt sind". Lobeck sagt von ihr in der Vorrede, die er der zweiten Auflage der "Ausführlichen Griechischen Grammatik« Buttmann's beigegeben hat: Neue Bahn und höhere Richtung heginnt mit Buttmann, der zuerst die zerstreuten Beobaclitungen der Erklärer mit dem Ertrage seiner eignen vieljährigen Untersuchungen zu einem wissenschaftlichen Ganzen vereinte, unterstützt in einzelnen Theilen durch Hermann's Kritik und Anderer Mitwirkung, doch überall selbständig, und wo es galt die Lücken dei- Thatsachen zu ergänzen oder die Widersprüche der Tradition zu ver- mitteln , sinni'eich und umsiclitig. Tiefe grammatische und S23rachgeschichtliche Durchdringung des Stoffs ist bei Buttmann noch nicht zu finden ; dennoch ist es sein Lehrbuch gewesen, welches den Aufschwung der griechischen Studien nicht nur begleitet, sondern mitbegründet hat. In der Aka- demie hat er keine grammatischen oder lexikalisch -etymologischen Abhandlungen gelesen, sondern hauptsächlich Themata aus der My- thologie, der Sagen- und Cultusgeschichte behandelt. Zwischen den phantastischen Erklärungen Creuzer's und der hausbackenen Nüchtern- heit Vossens suchte er die Mitte zu halten und »hat Manches zum richtigen Verständniss einzelner Sagen und zur strengeren Scheidung zwischen mythischer und historischer Überlieferung beigetragen « ^ Die Akademie aber schätzte ausserdem in ihm ihr geselligstes Mit- glied, sein goldenes Gemüth und seinen überquellenden Humor. Siehe oben S. 552f. 749 und sonst. Siehe Bursian, Geschichte der klassischen Philologie in Deutschland S.656. BuRsiAN, a.a.O. S. 558. Philologen: Buttmaxn, (Wolf), Böckh, 853 Die leb(Midige Überlieferung über ihn als Stifter und belebenden Mittelpunkt der »Griecliisclien Gesellschaft« und der »Gesetzlosen Gesellschaft« ist bis heute in Berlin noch nicht erloschen. Als Philolog" steht Buttmann auf dem Übergang zwischen der alten Generation zur neuen ^; diese wurde seit 1814 durch Böckh und Bekker, die beiden Lieblingsschüler F. A, Wolf's, vertreten. Hat Wolf auf Grund der Leistungen im philologischen Seminar einst die Gaben Bekker's höher geschätzt als die Böckh's", so hat die spätere Entwicklung der beiden Gelehrten ihm nicht in jedem Sinne Recht gegeben. Dieser ist es gewesen, der die Traditionen Wolf's vuiiversaler zur Darstellung gebracht hat als Jener. August Böckh (geb. 24. November 1785 zu Karlsruhe, gest. 3. Au- gust 1867)^, auf dem Gymnasium in der Pliilologie und Mathematik trefflich vorgebildet, bezog die Universität Hnlle als Theolog und verUess sie im Jahre 1805 als begeisterter Philolog. Neben Wolf Avar es Schleiekmacher, dessen Vorlesungen über Hermeneutik und Kritik und dessen platonische Studien den mächtigsten Eintluss auf ihn ausgeübt haben. Er war einer der Ersten, der dem neuen Plato die Bahn gebrochen hat. Nacli kurzer Lehrthätigkeit in Heidelberg folgte Böckh im Jahre 1 8 1 1 einem Ruf au die Universität Berlin und wurde im Jahre 18 14 in die Akademie aufgenommen, der er ^ Als Wolf nach Berlin kam, trat er mit Bui-tmann in nahe Beziehungen; allein der schnöde Angriff Wolf's auf Hkindorf entfremdete sie. Die Tage der Freundschaft sind verewigt in dem »Museum der Alterthumswissenschaft«, welches in den Jalu'en 1807 und 1808 (nur zwei Bände sind erschienen) von ihnen gemein- sam herausgegeben worden ist. In dieser Zeitschrift, welche keinem Geringeren als GoE']-HE, "dem Kenner und Darsteller des griechischen Geistes«, gewidmet ist, hat Wolf seine berühmte Abhandlung «Dai-stellung der Alterthumswissenschaft nach Begriff, Umfang, Zweck und Werth« veröffentlicht. Sie hat die klassische Philo- logie aus der VoT'halle zur Theologie herausgeführt, über die Stufe der Belles- Letti-es emporgehoben und ihr ein selbständiges Reich gegründet. An der Zeit- schrift haben ausser den Herausgebern auch Böckh, Hirt, Ideler, Niebuhr, Schleier- macher lind Uhden mitgeai'beitet. Auch noch ein zweites Unternehmen ist von Wolf und Buitimann gemeinsam in's Leben gerufen worden, das »INIuseum anti- quitatis studiorum«; es ist aber nach dem zweiten Heft, welches im Jahre 181 1 erschien, nicht fortgeführt worden. ^ Siehe Varrentrapp, Johannes Schulze S. 32. ^ Vergl. den Artikel von Stark in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 2 S.yyoff., Derselbe in den Verhandlungen der AVürzburger Philologen - Ver- sammlung 1868, Bursian, a. a. O. S.687 ff. und sonst. Hertz über Böckh und Bekker in der »Deutschen Revue« 1885 Heft 4 S. 201 ff., Dove in der Humboldt -Biogra])hie Bd. II S.258f. 324. Im Jahre 1883 ist der Briefwechsel zwischen Böckh und Otfried JMüi.LER veröffentlicht worden. Die von Böckh selbst begonnene Sammlung seiner kleinen Schriften liegt seit dem Jahre 1874 in sieben Bänden vollendet vor. 854 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhei,m"s III. (Ireiunclfünfzig Jahre angehört hat, siebenundzwanzig Jahre (1834 bis 1861) als Secretar. Die epochemachende Bedeutung Böckh's für die khissische Philologie wurzelte in dem Reichthum seiner Interessen und der ungemeinen Fähigkeit, Anregungen von den verschiedensten Seiten her aufzunehmen. Dieser Fähigkeit entsprach eine unge- wöhnliche Productions- und Gestaltungskraft, die ihn niemals rasten liess. Zu der grundlegenden Richtung, die seine Studien in Halle empfangen hatten, traten in Heidelberg die romantischen Einflüsse. Creuzer und Daub, Brentano und Arnim, Görres und Windisch- mann haben auf ihn eingewirkt; aber sein klarer Verstand und der Sinn für das Wirkliche bewahrten ihn vor den Einseitigkeiten dieser Schule. Einen besonderen Schutz ihnen gegenüber besass er noch in dem ausgeprägten Interesse für alle Probleme seiner Wissenschaft, die durch Maass, Zahl und Rechnung gelöst werden können. Es hat ihn zur Metrik, zur mathematischen Kosmologie und Astronomie der Alten, vor allem zur politischen Ökonomie geführt. Aber auch Bopp's Forschungen hat er mehr Verständniss entgegengebracht als die meisten zünftigen Philologen jener Zeit- In stetem Verkehr mit den Gelehrten seiner Klasse und wiederum mit Alexander von Humboldt und den Naturforschern, in allen Methoden der Forschung bewandert, gleich aufgeschlossen für die speculative, historische, grammatische und mathematische Betrachtungsweise, geschickt und thätig in allen Zweigen der Verwaltung des Gemeinwesens, ist ov nach Schleiermaciier's Tode der lebendige Mittelpunkt der Akademie geworden. Dieser Stellung hat er in den zahlreichen akademischen Festreden Ausdruck gegeben. In ihnen, die oftmals ein wahres Tagesereigniss waren, hat er einen Schatz von Weisheit niedergelegt. Nur selten behandeln sie Specialfragen der philologischen Wissen- schaft, vielmehr bevorzugen sie die Probleme des modernen Denkens und der neueren Geschichte; aber sie zeigen in jedem Satze d(>n Weisen, der aus dem Studium des Alterthums Lebenserftdirung, Menschenkenntniss und eine wahrhaft liberale Denk- und Sinnes- art gewonnen hat. In der Zeit der Reaction scheute sich Böckh nicht, in diesen Reden auch ein mannhaftes Wort zu sprechen und seine Stimme gegen die drohende kirchliche und theologische Um- klammerung der Wissenschaft zu erheben. Die Besonnenheit, mit der er das that, sicherte dem Wort eine tiefgehende Wirkung. Rühmten die jüngeren Collegen Raumer's erfrischendes, freimüthiges Wesen, so fügten sie hinzu, dass Böckh's Persönlichkeit ihnen noch mehr gewesen sei: «er war von allen Docenten doch der Erste, Philologen: Böckh. 855 ein Vorbild für DcMiken und Handeln«'. Audi der Ministerialrat!! Johannes Schulzk bezeugte nach Böckh's Tode seine hohe V^erehrung- für ihn und fügte hinzu, nie habe ein Misslaut ihr gegenseitiges Verhältniss gestört"'. Die Hauptbedeutung Böckh's für seine Specialwissenschaft lässt sich kurz zusammenfassen: er hat den von F.A.Wolf aufgestellten Begriff und die Aufgabe der klassischen Alterthumskunde mit eigen- thümlichen Modificationen aufgenommen und gegenüber den engeren Grenzen, in welchen G. Hermann und seine Schule die Philologie halten wollten , siegreich durchgesetzt. Dies wäre ihm nicht ge- lungen — denn durch Programme allein ändert man nichts — , wenn er nicht selbst eine lebendige Vorstellung von dem Zusam- menhang der Einzelerscheinungen mit dem Volksganzen, aus dem sie hervorgegangen, besessen hätte, und demgemäss in seinen Ar- beiten zeigen konnte, wie der erweiterte Begriff der Philologie in die Wissenschaft einzuführen sei und welche Frucht diese Erweite- rung schaffe. Nicht seine Studien über Plato und das platonische Weltbild, über die Tragiker, über Pindar u. s. ^v. kommen hier in erster Linie in Betracht, obgleich in ihnen eine Fülle neuer Beob- achtungen mitgetheilt ist — vor allem die Art, wie er Pindar zu verstehen gesucht hat, war mustergültig — , auch nicht seine metrischen Studien, o])gleich sie die moderne Wissenschaft der Me- trik mitbegründet haben, endlich auch nicht das Corpus Inscrip- tionum Graecarum , obgleich es an Umfang und Werth von keinem Sammelwerk jener Zeit übertroffen wird — sondern seine »Staats- haushaltung der Athener« (2 Bände 18 17, 2. Aufl. 1851) mit der Bei- lage: «Urkunden über das Seewesen des attischen Staats« (1840). Dieses Werk trägt den Stempel der umfassenden Conception, aus der es stammt. Ursprünglich wollte Böckh ein das ganze Griechen- thum umspannendes Werk unter dem Titel »Hellen« schreil)en; es sollte die Einheit des griechischen Lebens in seiner realen Erschei- nung wie in den Principien seiner Kunst und Wissenschaft zur Dar- stellung bringen. Er überzeugte sich bald, dass ein solches Werk nicht geschrieben werden könne, bevor nicht einzelne Theile »nach einem nicht zu kleinlichen Maassstabe« bearbeitet worden seien. Bei Athen war einzusetzen, aber nicht bei der geistigen Entwick- lung dieses Staats, sondern bei den noch am wenigsten erforschten ^ Sielie Vatkk's Leben (dargestellt von Beneke) S. 268. ^ Varrentrapp, a. a. O. S. 444. 856 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. materiellen und politischen Zuständen als den Voraussetzungen der intellectuellen Entwicklung. So entstand das epochemacliende Werk; es ist NiEBUHR gewidmet und gehört in der That neben die »Römische Geschichte«; denn beide sind im Grunde keine «Geschichte«, sondern öft'nen den Blick für die Grun'eb. 21. Mai 1785 zu Berlin, gest. 7. Juni 187 1) neben Böckii gestan(len\ Er ist der bahnlirechende Meister der Edition gewesen. Mit homeri- schen Studien hat er begonnen (1806), und sie beschäftigten ihn auch nach der epochemachenden Ausgabe, die er veranstaltet hat, bis in die letzten Monate seines Lebens (Monatsberichte 187 1 S. 75 zum 20. Februar). Aber dazwischen liegt eine Bibliothek von kri- tischen Editionen , wie sie so umfassend kein Philolog vor und nacli ihm je veröffentlicht hat. Doch nicht nur auf griechische Autoren erstreckte sich seine Arbeit, auch den Livius und Tacitus hat er herausgegeben, dazu eine grosse Reihe bisher unedirter provencali- scher, altfranzösischer, altitalienischer und neugriechischer Werke^. In den neueren Sprachen und Litteraturen war er ebenso zu Hause wie in der griechischen und wusste seine Kenntniss mittel- alterlicher epischer G-edichte auch für Homer fruchtbar zu machen. Fast überall ging er an die Handschriften selbst heran und wollte es am liebsten nur mit ihnen zu tlum haben. »Er war der Erste, der in umfassender Weise correcte griechische Texte auf diploma- tischer Grundlage hergestellt hat; von den Schriftstellern, die er lieberer Gelehrter als Niebuhr, ein Historiker — was die sächsischen Philologen 7.U sein verschmähten — . übei'liess er Rom den Juristen und Staatsmännern, die Urzeiten romantischen Theoretikern. Seine eigene Neigung ging auf die denkbar schwierigsten Facta vind die sichersten Beweise. Gleich Niebuhr war er der Über- zeugung, dass das Alterthum über und über mit Irrthuni bedeckt sei, der wie versengtes Pergament zusammenschrumpfen werde, und dass verborgene Wahrheit an's Licht gebracht wei'den könne. vStatt des unübertragbaren divinatorischen Genies jedocli ging er uüt einem neuen Werkzeug an die Arbeit und setzte besseres Beweismaterial an die Stelle blendender Muthmaassungen — die Inschriften. Böckh bewies, dass sich ein Werkzeug der Entdeckung aus ihnen machen lasse, so leistungsfähig wie der kühnste Scharfsinn; in seinen festen und ausdauernden Händen wurde es zum Eckstein des Gebäudes. Er zeigte, wie sich geschichtliche Wahrheit noch über Thukydides hinaus erreichen lässt, und er war zugleich ein hohes Muster des Histori- kers, der sich selber aus dem Spiele lässt und, persönliche Ansichten unterdrückend, nur ausspricht, was gewiss ist. Nachdem ich ihn ü1)er alte Philosophie hatte vor- tragen hören, fragte ich ilin, wie es doch komme, dass seine Vorlesungen inter- essanter seien als seine Bücher. Böckh erwiderte freundlich: «Weil ich dem Publicum nur die Resultate meiner Vorlesungen vorlege, die ideale Anschauung für die Stu- denten zurückbehalte«. Die 'Staatshaushaltung der Athener' ist vielleicht das ein- zige vor der kritischen Epoche erschienene Geschichtswerk, das noch jetzt besteht, unerschüttert und aufrecht«. ' \'ergl. Saijppe, Zur Erinnerung an Meineke und Bekker, Göttingen 1872; E. J. Bekker, «Zur Erinnerung an meinen Vater«, in den Preussischen Jahrbüchern Bd. 29 S. 553 ff.; Hai.m, in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 2 S. 300 ff. ^ Unter seinen zwölf akademischen Abhandlungen beziehen sicli acht auf die altfranzösische bez. provengalische Litteratur. 858 Die Akademikei' im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. nach Handschriften bearbeitete, sind die Texte aller früheren Ar- beiten unbrauchbar geworden.« »Bei vielen, so, um nur die wich- tigsten zu nennen, bei Isokrates und Demosthenes, ist der Text ein vollständig anderer geworden; bei Plato, Thukydides, Aristoteles, Harpokration sind unzählige grössere und kleinere Fehler verbessert, bei Aristoteles ist überhaupt zuerst dargelegt, was die Handschrif- ten bieten. Wenn Formenlehre und Syntax der attischen Sprache jetzt im Ganzen feststehen, so verdanken wir das wesentlich den durch Bekker's staunenswerthen Fleiss hergestellten Texten.« Dass er, der bereits bis zum Jahre 1839 über 400 Handschriften ver- glichen hatte, nachprüfenden Gelehrten eine Ährenlese übriggelas- sen, ist nicht verwunderlich. »Der Wissenschaft«, sagt Sauppe, »ist doch ein vm vergleichlich grösserer Nutzen erwachsen, als wenn er vielleicht fünfzig Handschriften mit langsamer Ängstlichkeit aus- gebeutet hätte.« Der Schweigsamkeit seines Wesens entsprach die Knappheit, mit der er den Lesern Einsicht in sein Verfahren ver- gönnt hat. »Man hat häufig genug gemeint, dass in diesen Aus- gaben nichts als Ergebnisse eines ausserordentlichen, aber nur me- chanischen Fleisses vorliegen. Je mehr man sie aber studirt, desto mehr überzeugt man sich, dass nur sichere Vertrautheit mit dem Schriftsteller und seiner Eigenthümlichkeit in Denk- und Ausdrucks- weise, ein geistiges Eindringen in die Sprache, die umsichtigste Vergleichung der Handschriften unter einander, nach langer Arbeit es ihm möglich machten, sowohl die beste Überlieferung zu erken- nen, als wie weit ihr wieder- in jeder einzelnen Stelle zu folgen sei zu entscheiden. Und aus jedem der von ihm bearbeiteten Schrift- steller lässt sich auch eine Reihe von Stellen anführen , in denen er selbst erst in sicherer Sprachkenntniss oder scharfsinniger Erwägung des Gedankens das imbezweifelt Richtige dui-ch Vermuthung her- gestellt hat. Fast immer zeichnen sich diese Vermuthungen durch überraschende Leichtigkeit und Einfachheit aus.« Im Andenken der Akademie wird Bekker nicht nur durch seine Aristoteles-Ausgabe fortleben, sondern auch als der Kritiker Kar e^o^nv^- ^ Die Verdienste des gleichzeitig mit Bekker aufgenommenen Suevern' (geb. 3. Januar 1775 zu Lemgo, gest. 2. October 1829) um die klassische Philologie — seine hohen Verdienste um das Unterrichtswesen, die von Du.they (Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 37 S. 206 ff.) gewiirdigt worden sind, gehören nicht hier- her — liegen auf dem Gebiete des griechischen Dramas (vergL Bursfan, a.a.O. S. 6i7ft".). Naclidem er es in seiner Jugend ästhetisch gewürdigt und Schiller's Wallenstein hinzugezogen hatte, um das Gemeinsame, aber auch das Erhabnei'e der griechischen Tragiker an's Licht zu stehen, bescliäftigte ilin als Mitglied der Aka- Philologen: BF.Ki'n sein kritisches Gei-äth erprobt: an Dichtung und Prosa, an Griechen und Römern, an Deutschen der alten, Deutschen der neuen Zeit, an Schriftstellern von dem manchfaltigsten Stoff und Gehalt. Zwar werden die kritischen Fragen durch die besondere Art des Denkmals und seiner Überlieferung mitbestimmt: dennoch erscheint seine kritische Methode wie eine freie und einheitliche Kunstübung, die, individuell entwickelt und zur höchsten Vollendung gediehen, in der Hand des genialen Künstlers jeg- lichen Stoff bemeistert und sich dienstbar macht. Aber alles was er that und schuf, sollte für die Denkmäler sein, denen seine Bemühung galt: sie in ungetrübter Gestalt genussreichem Verständniss zu öffnen oder zu jeglicher Art wissenschaftlicher Verwendung brauchbai' zu machen, war es was er ei'strebte, und um es zu können, war er auch mit allen sachlichen Kenntnissen ausgerüstet, die eine sichere Handhabung seiner ki'itischen Kunst- regeln ei'möglichten. Aber den sachliciien Gehalt seiner Denkmäler auszuschöj)fen, ihnen selbst den Nutzen abzugewinnen, den sie dem Geschichtsforscher, dem Rechts- und (iottesgelehrten darbieten konnten, wai- nicht auch seines Strebens Ziel, auch da nicht, wo er, wie oftmals, auf Gebieten sich bewegte, die allein oder vornehmlich der Fachgelehrsamkeit vorbelialten schienen: kurz Lachmann ge- hörte, nach Jacob Grimm's zuges])itztem Ausdruck, zu den Philologen, welche die Sachen um der Worte willen, nicht umgekehi-t die Woi-te um der Sachen willen treiben. Und wie er bei diesen weit auseinander gehenden Wegen, deren jeder ohne den andern seine Bei'echtigung, jeder auch seine besonderen Voi-züge Jiat, denen gegenüber, die ihm an Sachkenntniss überlegen waren , im Nachtheil sich befand, so war er andererseits in entschiedenem Voi-theil gegen sie durch die sichere Kenntniss dessen, was die S[)i'ache vertrug und die Methode der Kritik verlangte, und von hier aus hat er Juristen und Theologen vielfältige und anei-- kannte Dienste auf ihrem Arbeitsfelde erwiesen. Wie durcli Bekker das vStudium der romanischen, so ist durch Lachmann das (Um- germanischen Litteratur in die Akademie einge- führt worden. Klassische Philologen sind es gewesen, welche die germanische Textkritik hegründet haben'. Bald trat in der Aka- demie für Germanistik Graff (geb. lO. März 1780 zu Elbing, gest. 18. October 1841) an die Seite Lachmann's. Sein M^eitschichtiger »Althochdeutscher Sprachschatz« (6 Bände, i 834-1 842) aber, dessen Herausgabe die Akademie ermöglicht hat"', leistete nicht, was er leisten sollte, so anerkennenswerth die Sammlung des Materials gewesen ist. Gräfe fehlte wissenschaftliche Methode, Genauigkeit und Einsicht in die Sprachgeschichte, er sträubte sich gegen ilie ^ Auch Benecke in Göttingen (1762 -1844), der noch vor Lachmann die Nothwendigkeit der kritischen Berichtigung germanischer Texte eingesehen und mit ihr begonnen hat, ist von der klassischen Philologie ausgegangen ; er war ein Schü- ler Heyne's. ^ Siehe oben S.775. 862 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhei.m's III. neuen Erkenntnisse, welclie Jakob Grimm erschlossen Latte'. Erst mit dem Eintritt dieses Meisters in die Akademie, der unter Friedrich Wilhelm IV, erfolgte, erhielt die germanische Philologie, Avie sie Lachmann betrieb, ihre nothwendige P^rgänzung und wurde zugleich auf die höchste Stufe gehohen. Doch kehren wir zur klassischen Philologie zurück. An dem- selben Tage wie Lachmann (i i. Juni 1830) ist A. Meineke (geb. 8. De- cemberiyQO zu Soest, gest. 1 2. December 1870) in die x\kademie aufgenommen worden "^ Einunddreissig Jahre (i 826-1 857) hat er als Director (bis Joachimthalsche Gymnasium geleitet und ist trotz dieser umftmgreichen amtlichen Tliätigkeit einer dov fruchtbarsten philologischen Schriftsteller gewesen. Das Hauptwerk seines Lebens, »ein unvergängliches Denkmal eisernen Fleisses, geistvollen Ver- ständnisses des Ganzen Avie des Einzelnen, unermüdliclien Scharf- sinns, genialen Blickes im Erkennen und Verbessern eingetretener Verderbnisse« ist die Sammlung der »Fragmenta comicorum Grae- corum« (i 839-1 841). Die tiberlieferung hat uns nur elf Komödien des Aristophanes vollständig aufbcAvalirt, aber eine Unzahl von Fragmenten aus der überreichen Komödien -Litteratur der Griechen. Meineke hat sie gesammelt und mehr als 14000 Bruchstücke zu- sammengebracht, geordnet und erläutert. »Erst durch diese Samm- lung war es möglich , über das Wesen und die Entwicklung dieser eigenthümlichsten Schöpfung des attischen Geistos und zugleich über die Nachbildungen der römischen Komiker zu einem sicheren Ur- theil zu gelangen.« Aber ausser diesem Lebenswerk hat Meineke noch eine grosse Anzahl anderer Schriften des Alterthums, die in engerer oder entfernterer Beziehung zu den Komikern stehen , edirt. Seine kritische Ausgabe des Aristophanes, der Hymnen des Kalli- machus, ferner seine Studien über die alexandrinischen Dichter, aber auch seine Horaz- Ausgabe werden besonders geschätzt. Allen Arbeiten Meineke's sieht man es an, dass sie, auch wenn sie auf den Vorarbeiten vieler Jahre beruhen, zuletzt mit energischer Rasch- heit auso-eführt sind. Fest und kühn strebt er, wo etwas dunkel oder verwori'en ist, festen Boden und Licht zu schaffen. Ohne ängstUch zu suchen, was Alles etwa früher geleistet worden sei, erkennt er es mit neidloser Freude an, wenn später Andere das Richtige, auch wo ei- selbst ^ Vergl. Scherer in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 9 S. 566 ff". 2 Vergl. über ihn das Lebensbild, welches F.Ranke gezeichnet hat (1871), ferner Sauppe, Zur Erinnerung an Meineke und Bekker 1872; Schrader, Zum Gedächtniss A. Meinkke's (Zeitschrift für das Gymnasialwesen, 45. Jahrgang 189 1 vS.385ff'.); Förstkmann in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 21 S. 22off". ; BuRsiAN, a. a. 0. S. 764ff'. Philologen: Mkinkke, Zi-mit. öDD der Irrende war, finden. Manches ist etwas llüchtig gearbeitet, abei- der reine Sinn für Wahrheit, die kraftvolle Frische dei- Anffassung, das aus- gebreitete, von festem und klarem Verstand beherrschte Wissen, der feine und ti'effende Scharfsinn leuchten immer hervor. Ohne Bedeutung ist keine seiner Arbeiten, viele sind ausgezeichnet, aber vor allem dürfen wir mit vollem Recht sagen, dass seine Fragmenta comicorum graecoruni zu den grössten und verdienstvollsten Leistimgen der klassischen Philologie geholfen. Sie haben seinen Namen zu einem der berühmtesten unter den Piiilologen dieses Jahrhunderts gemacht ^ Buttmann, Böckh, Bekker und Meineke waren Gräcisten; die Beschäftigung mit der lateinischen Litteratur war für sie nur ein Parergon. Aber Lachmann hat den lateinisclien Dichtern sein be- sonderes Studium gewidmet, und neben ihm stand seit 1835 als Vertreter der lateinischen Grammatik und der römischen Alterthums- kunde Karl Gottlieb [Timotheus] Zumpt (geb. 20. März 1792 zu Berlin, gest. 26. [25.?] Juni 1849) in der Akademie". An Bedeutung kann er sich mit jenen Philologen nicht messen; aber seine zuerst im Jahre 18 18, dann in mehrenMi bereicherten Auflagen erschienene »Lateinische Grammatik« hat die weiteste Verbreitung erlangt und vierzig Jahre den Schulbetrieb beherrscht. Eben weil sie sich auf die Darstellung des Sprachgebrauchs der klassischen Prosa be- schränkte, eroberte sie sich die Schule und verdrängte die älteren Lehrbücher. Der Akademie hat Zumpt grammatische Untersuchungen nicht vorgelegt, sondern ausschliesslich über Themata aus dem Gebiet der Antiquitäten gelesen. Unter seinen Abhandlungen sind zwei hervorzuheben: »Über den Stand der Bevölkerung und die Volksvermehrung im Alterthum« (1840) und »Über den Bestand der philosophischen Sclnden in Athen und die Succession der Scholar- chen« (1842). Trotz seiner Beschäftigung mit den Alterthümern hat er die Bedeutung einer vollständigen , auf Autopsie zu gründen- den Sammhuig der lateinischen Inschriften nicht zu schätzen ge- wusst und die Gelehrten, die sie betrieben, zu hemmen versucht. Der Mann, dem die wissenschaftliche Welt es verdankt, dass die Akademie den Plan Mommsen's sich zu eigen gemacht und das Corpus Inscriptionum Latinarum- unter ihre Auspicien genommen hat, ist der Archäologe Eduard Gerhard gewesen. Die Kunstarchäologie hat zuerst Hirt (gest. 29. Juni 1837) in den Kreis der akademischen Disciplinen eingeführt. Dann haben Wilhelm Uhden, der Freund W^ilhelm von HmiBOLDT's (gest. 21. Ja- ^ Saüppe, a.a. 0. S. yf. 2 Vergl. A. W. Zimpt, De C. T. Zumptii vita et studiis narratio 1851 : Wvr- siAN, a. a. 0. S. 783!!'. 864 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm "s 111. nuar 1835), und C. Levezow (geb. 3. September 1770 in Stettin, gest. 13. October 1835) diese Studien fortgesetzt. Levezow war im Jalire 1828 bei Gründung des Museums als Vorstand des Antiqua- riums angestellt worden und hat sieh durch sein « Verzeichniss der Denkmäler im Königlichen Antiquarium zu Berlin« (1834), sowie durch eine Reihe von kunstarchäologischen Abhandlungen einen Namen gemacht\ »Aber ihm fehlte eine umfassendere Kenntniss der Denkmäler: ausser in Berlin und Dresden hat er keine Originale gesehen.« Einen wirklichen Fortschritt konnte deshalb die Archäo- logie durch ihn nicht erfahren; der Akademie hat er übrigens nur drei Jahre angehört. Aber im Jahre 1835 bez. 1836 nahm sie zwei Gelehrte auf, die durch einen langjährigen Aufenthalt in Italien eine unmittelbare Einsicht in die Denkmäler gewonnen hatten, Eduard Gerhard (geb. 29. November 1795 in Posen, gest. 12. Mai 1867)'" und Tu. S. Panofka (geb. 25. Februar 1800 in Breslau, gest. 20. Juni 1858)1 Gerhard hat Panofka zeitlebens eine treue Freundschaft b(^- wahrt, seine früheren Verdienste immer wieder hervorgehoben und ihn auch dann noch gehalten, als das allgemeine Urtheil der Wissen- schaft ihn bereits bei Seite geschoben hatte. Der Freund konnte die herrliche Zeit nicht vergessen, da sie in den zwanziger Jahren in Rom zusammen , gearbeitet und in der »hyperboreisch-römischen Gesell- schaft« geistig geschwelgt hatten; er konnte es nicht vergessen, dass Panofka in jenen Jahren den ersten wissenschaftlichen Katalog eines grossen Museums und mehrere andere von Privatsammlungen heraus- gegeben, die archäologische Forschung »mächtig angeregt und erwei- tert« und an der Gründung des »Archäologischen Instituts« Antheil genommen hatte. Aber dann hatte sich Panofka als »Hausgelehrter« dem Herzog von Blacas angeschlossen, Jahre lang mit diesem in Paris gelebt und war Halbfranzose geworden. Bereits in dieser Zeit trat die Methodenlosigkeit des Mannes zu Tage, die ihm schon im Jahre 1830 eine schon\mgslose Kritik Letronne's zuzog. Als er im Jahre 1835 dauernd nach Berlin übersiedelte, hatte er seinen Ruhm hinter sich. Er verwilderte immer mehr in confusem Wissen, selt- ^ Vergl. Urlichs in der Allgemeinen Deutschen Biograpliie Bd. 18 S. 504 f. 2 Vergl. O. Jahiv, E. Gerhard. Ein Lebensabriss 1868; Urlichs in der Allge- meinen Deutschen Biographie Bd. 8 S./öoff. ; Bursian, a.a.O. S. 1046!?. ^ Vergl. Urlichs in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 25 S. i25fF. ; Bursian, a.a.O. 8.10490". Audi Olfers (s. oben S.784) hat als Generaldirector der Museen archäologische Abhandhingen in der Akademie gelesen, so über die lydischen Königsgr:il)er bei Sardes und den Grabhügel des Alyattes. Arcliäologen : E. Gerhard und Panofka. 865 samer Willkür, krausen mythologisclien Speciilationen und allegoristi- schen und etymologischen Spielereien, die schlecht gedeckte Disciplin der Kunstarchäologie mit dem Ruin bedrohend. Die siebenundzwanzig, zum Theil sehr umfangreichen Abhandlungen , die er den Akademie- Schriften einverleibt hat, gelten sammt und sonders als unbrauchbar; aber Panofka Hess sich in seinem Selbstbewusstsein auch durch die vernichtende Kritik 0. Jahn's nicht beirren. Eine starke Dosis des gefährlichen archäologischen Solipsis- mus — »die Archäologie ist die auf monumentales Wissen begrün- dete Hälfte allgemeiner Wissenschaft des klassischen Alterthums« — und der bedenklichen mythologischen Speculationen in Creuzer's Manier ist in seiner romantisch -römischen Zeit auch auf Gerhard übergegangen, und er hat sie niemals wieder auszuscheiden ver- mocht. Den umfassenden, klaren Blick, das feinsinnige Empfinden und die dichterisch -künstlerische Betrachtungsweise Welcker's hat er nicht erreicht — aber die Mängel seiner Forschung sind heute vergessen gegenüber den fortwirkenden Verdiensten, die er sich durch Energie und Beharrlichkeit wie um die Erhaltung, Verzeich- nung und Veröffentlichung der antiken Monumente, so um die weit über Deutschlands Grenzen hinausreichende feste Organisation der archäologischen Studien und Forschungen erworben hat. Sein Auf- enthalt in Italien (i 8 1 9 — 1 821 und mit einigen Unterbrechungen von 1822 — 1837) hat für die W^issenschaft fast eine ähnliche Bedeutung erlangt wie der Winckelmann's , nicht nur sofern er die Monumenten- und die topographische Forschung so begonnen hat, dass sie seit- dem nicht mehr ruht, sondern vielleicht in noch höherem Maasse durch die Einsicht, die er den Philologen vermittelte, dass man überall selbst zusehen müsse, dass man nicht genug sehen könne \ dass die Denkmäler dort studirt sein wollen, wo sie stehen, und dass man den heimathlichen Boden, Luft, Licht und Menschen, kennen lernen müsse, um in das Alterthum wirklich einzudringen. Der Wissenschaft aus Büchern und Manuscripten — eine solche wird die Alterthumskunde bleiben, denn die höchste luid sicherste Offen- barung des Geistes ist doch das Wort — fügte er die Anschauung hinzu, und er hat damit nicht nur die Archäologie im engeren Sinne belebt, sondern die Philologie überhaupt. Jene blieb sein eigenes Arbeitsfeld, das er, in grösseren und kleineren Publicationen ini- ^ Vergl. sein Paradoxon: »Artis moniimentiim (jui ununi vidit, nulluni vidit, (jui aiille vidit, unum vidit«. Geschichte der Akademie. I. 55 866 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. ermüdlicli , mit ausdauerndem Fleisse bestellt hat, exact und metho- disch, soweit die Aufgabe der Classificirung und Beschreibung reicht^ aber schwer geniessbar, wo er seine krause mythologische Speculation einmischt und angebliche mystische Beziehungen aufdeckt. In den Schriften der Akademie hat er (i 836-1 864) dreissig Abhandlungen veröffentlicht; seine grosse Publication »Etruskische Spiegel« (4 Bände, 1843—1868) ist mit ihrer Unterstützung erschienen; das Berliner Mu- seum ist ihm, was sowohl die Bereicherung als die Beschreibung seiner Schätze anlangt, zu besonderem Danke verpllichtet. Aber seine Hauptthätigkeit blieb der Ausltildung und Ausbreitung der archäologischen Wissenschaft zugewandt. An dem römischen Insti- tute nahm er als Mitglied der Centraldirection fortwährend den leb- haftesten Antheil; er begründete die Archäologische Gesellschaft in Berlin und die Archäologische Zeitung, bürgerte das Winckelmann- Fest in Deutschland ein und hat noch in seinem Testamente, in welchem er sein ganzes Vermögen der Akademie vermachte, um ein archäologisches Reise -Stipendium zu stiften, dem hohen Interesse Ausdruck gegeben, das sein ganzes Leben erfüllt und erwärmt hat, und dem thatkräftigen Wohlwollen, das er den jüngeren Forschern stets entgegenbrachte". 12. Als Franz Bopp (geb. 14. September 1791 zu Mainz, gest. 23. Oc- tober 1867)^ im Jahre 1821 durch die Vermittlung der beiden Hum- boldt an die Universität als Professor der orientalischen Litteratur und der allgemeinen Sprachkunde berufen und im folgenden Jahr in die Akademie aufgenommen wurde, hatte er bereits die Grund- lage der modernen Sprachwissenschaft geschaffen. Im Jahre 18 16 war das Werk erschienen, das sie bildet: »Über das Conjugations- system der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechi- schen, lateinischen, persischen und germanischen Sprache. Nebst ^ In seinem »Rapportn intorno i vasi Volcenti« hat Gerhard ein bisher so gut wie ganz unbekanntes Gebiet (die Vasenkunde) zum ersten Male so beleuchtet und geordnet, dass die Grundlagen für die Erforschung desselben nun sicherge- legt waren. ^ Durch Beschluss der Akademie vom i. Juni 1893 wurde die Errichtung dieses "Gerhard - Stipendiums« beschlossen (s. Urkundenband Nr. 207). ^ Vergl. über ihn Adalbert Kuhn in der Zeitschrift «Unsere Zeit«, 4. Bd. 10. Heft (1868); Benfey, Geschichte der Sprachwissenschaft 8.370!?., 470 ff. ; Leskien in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 3 S. 140 ff.; B.Delbrück, Einleitung in das Sprachstudium (1880) S.rff. Sprachforscher: Bopp. 86/ P^jisoden des Ramajan und Mali abharat in genauen metrischen Über- setzungen aus dem Originaltexte, und einigen Abschnitten aus den Vedas (mit Vorerinnerungen von K. J. VVindischmann)«. Wie lange hatte man sich um die Entdeckung neuer Sprachen, die Classifici- rung der bekannten, die Auffindung der »Ursprache« bemüht, aber keine wirklichen Fortschritte gemacht, weil die Einsicht in die historische Entwicklung der einzelnen Sprachen und das Princip zur richtigen Bestimmung ihrer Verwandtschaft fehlten. Die Er- schliessung des Sanskrit um das Jahr 1800 — für Deutschland durch die Bemühungen der Brüder Schlegel — lehrte eine Sprache kennen, welche die ältesten Formen verhältnissmässig so rein be- wahrt hat, dass sie das Dunkel, welches über den modificirten Formen verwandter Sprachen lagerte, lichten, sie erkennbar machen und eben dadurch als verwandte erweisen konnte. Zwar die Ver- wandtschaft der Sprachen, die wir heute als indogermanische zu- sammenfassen, war schon vor Bopp geahnt und ausgesprochen wor- den, geahnt wurde auch, dass sich die Verwandtschaft nicht nur in den Verbalwurzeln, sondern auch in dem Bau und der ganzen inneren Structur ausprcägcn müsse, aber diese halben Erkenntnisse steckten noch in einer Fülle von Illusionen und waren im besten Fall nur ein abstractes, unkräftiges Wissen. Erst Bopp hat die »Ver- gleichende Grammatik«, wie sie Friedrich Schlegel vorschwebte und wie er sie auch genannt hat, durch seine geniale Analyse des Sanskritverbums geschaffen. Indem er sie durchführte, ergab sich ihm wie der Bau so die Verwandtschaft der anderen indogermani- schen Sprachen von selbst. Die Grundentdeckungen, welche er im »Conjugationssystem«, ganz auf eigene Forschung angewiesen, vor- getragen hat, stehen heute wie Naturgesetze fest, und die Wissen- schaft von dem Wesen, dem Ursprung und der Bedeutung gramma- tischer Formen zählt ihre Jahre von dem Erscheinen jenes Werks. »Bopp hat das Gebäude, zu dem mit dem Conjugationssystem nur ein Eckstein gesetzt war, später selbst in grossartigster Weise durch seine »Vergleichende Grammatik« ausgeführt, aber man kann be- haupten, dass auch, wenn es ihm nicht vergönnt gewesen wäre, die Ausführung selbst zu machen, die Entwicklung der neuen Wissenschaft, die vniter seiner Meisterhand rasch fortschritt, mög- lich war auf Grund der im Conjugationssystem gefundenen Methode und ihrer Resultate ^^. Leskikn, a. a. 0. S. 143 f. 55- 868 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. Neben den vergleichenden Untersuchungen aber war es vor allem das Sanskrit selbst, dem er seinen ganzen Fleiss zuwandte. Das »Conjugationssystem« schloss die Studien ab, die er in Paris getrieben hatte \ Im Jahre 1817 begab er sich nach London, trat dort mit Wilhelm von Humboldt in Verkehr, der von ihm in die Sprache Indiens eingeführt wurde, und gab schon im Jahre 1819 die schönste Episode des Mahabharata heraus, das Gedicht »Nal und Damajanti«, dem er bald andere Stücke folgen Hess. Durch diese Ausgaben hat er sow^ohl das Sanskritstudium gefördert als den Sinn für den geschichtlichen Werth und die Schönheit der indischen Litteratur erwecken helfen. Im Jahre 1827 vollendete und edirte er sein «Ausfülirliches Lehrgebäude der Sanskrit- Sprache« ; eine kürzere Ausgabe erschien bald darauf und erlebte mehrere Auflagen. Im Jahre 1830 folgte ein kurzes Glossar, das von ihm in den Jahren 1840— 1847 in sehr erweiterter Auf läge unter dem Titel: »Glossa- rium sanscritum, in quo omnes radices et vocabula usitatissima explicantur et cum vocabulis graecis, latinis, germanicis, lithuanicis, slavicis, celticis comparantur« ausgegeben wurde. Ist hier der Nachweis der Wurzel Verwandtschaften gegeben, so ist in der im Jahre 1833 begonnenen »Vergleichenden Gram- matik des Sanskrit, Zend, Griechischen, Lateinischen, Lithauischen, Gothischen und Deutschen« die Vergleichung und Erklärung des Baus der Sprache und ihrer grammatischen Formen die Hauptsache. Die Vorarbeiten für dieses Werk hat Bopp in fünf akademischen Abhandlungen 1824 — 183 1 veröffentlicht unter dem Titel »Verglei- chende Zergliederung des Sanskrits und der mit ihm verwandten Sprachen«. Hier hat er i. Von den Wurzeln und Pronominen 1. und 2. Person, 2. Über das Reflexiv, 3. Über das Demonstra- tivum und den Ursprung der Casuszeichen, 4. Über einige Demon- strativ-Stämme und ihren Zusammenhang mit verschiedenen Präpo- sitionen und Conjunctionen und 5. Über den Einlluss der Prono- mina auf die Wortbildung gehandelt. In acht späteren akademi- schen Abhandlungen (i 833-1854) hat er die Zahlwörter in den indogermanischen Sprachen besjDrochen, das Georgische, Albanesi- sche, die celtischen Sprachen — eine besonders hoch geschätzte Leistung — und das Altpreussische vom Gesichtspunkt der verglei- ^ Nach Paris war er gegangen auf den Rath seines Lehrers und väterUchen Freundes Windischmann, um dort aus indischen Manuscripten die »Urweisheit der Menschheit« an's Licht zu ziehen. Er fand sie nicht und fand sie doch, denn er entdeckte den Bau der Sprachen. Sprachforscher: Bopp. 869 chenden Spraeliforsclmng untersucht, endlicli auch die malayisch- polynesischen Sprachen mit den indisch -europäischen zu vergleichen unternommen, ein Versuch, der missglücken musste. Die »Ver- gleichende Grammatik« vollendete er mit der sechsten Abtheilung im Jahre 1852 (2., gänzlich umgearbeitete Auflage 1 856-1 861; die 3. Auflage erschien nach seinem Tode 1868). Sie ist das grund- legende Werk für die vergleichende Sprachwissenschaft überhaupt geworden, Avelche Sprachen man auch untersuchen mochte. Ist sie heute überbaut durch das stolze und sichere Gebäude, welches die Sprachwissenschaft aufgeführt hat, so erkennt doch jeder Sprach- forscher an, dass sie das Fundament bildet. Die romantisch-ästhe- tischen Neigungen und Vorurtheile, die fast keinem einzigen grossen Gelehrten fehlen, dessen Jugendzeit dem Anfang des Jahrhunderts angehört, waren bei Bopp gezügelt durch die strenge Methode seiner Forschung; nur in seinem »Vergleichenden Accentuationssystem« haben sie ihn nach Benfey's und Leskien's Urtheil zu ganz ver- fehlten Aufstellungen verleitet. Aber das fällt nicht in's Gewicht gegenüber der centralen Bedeutung, die seine Lebensarbeit gewon- nen hat. »Ihre Wirkung erstreckt sich nicht auf die Sprachforschung allein : die vergleichende Grammatik hat mit dem Begriffe der Sprach- verwandtschaft und des Sprachstammes auch zugleich den richtigen Begriif von genealogischer Völkerverwandtschaft gegeben und da- durch die Anschauungen über die Urgeschichte der Völker, über ihre verschiedenen verwandtschaftlichen Verhältnisse zu einander, ihre ältesten Wanderungen , über ältere Religion , Cultur und Poesie radical umgestaltet. Auf dem Grunde der vergleichenden Siirach- forschung sind neue Disciplinen, wie die vergleichende Mythologie und Sagenkunde, die vergleichende Culturgeschichte , erwachsen, die, wenn sie auch selbstverständlich noch manche andere Voraus- setzungen haben, doch ohne jene undenkbar sind. So hat Bopp's Werk in umfassender Weise in die Entwicklung der Wissenschaft eingegriffen und gehört in jeder Beziehung zu den grössten wissen- schaftlichen Thaten des 19. Jahrhunderts \« Von seiner Persönlich- keit und seinem Charakter, der herzgewinnenden Freundlichkeit und Milde, der Bescheidenheit seines Wesens und dem ungefärbten Wohl- wollen hat A. Kuhn ein Bild in warmen Farben gemalt"-. P]ine ^ Leskien, a. a. O. S. 149. 2 Selbst der Alles und Alle herabziehende Varnhagen schreibt in seinen Tagebüchern (Bd. 10 S.377 zum i4.Deceinber 1853): »Besuch von Hrn. Prof. Bopp Ein vortrefflicher Mann, tüchtig als Gelehrter und Charakter, freisinnig, hell, da- 870 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's 111. » Bopp- Stiftung « , fünfzig Jahre nach dem »Conjugationssystem« be- gründet und von ihm selbst noch freudig entgegengenommen (1866), zeugt von der dankbaren Verehrung seiner Freunde und Schüler'. Während Bopp die Sprachvergleichung begründete, Jakob Grimm an der deutschen Sprache die historische Entwicklung und dialektische Verzweigung der Sprachen überhaupt erkennen und würdigen lehrte — eine wissenschaftliche That, deren Bedeutung nicht geringer ist als die Bopp's — , bildete Wilhelm von Humboldt, seit 1820 fast ausschliesslich mit Sprachstudien beschäftigt und sie über den ganzen Kreis der damals bekannten Sprachen ausdehnend, die unfruchtbare «Sprachphilosophie« des 1 8. Jahrhunderts in eine empirisch -philosophische Wissenschaft von der Verschieden- heit des menschlichen Sprachbaus und seiner Wechselwirkung mit der geistigen Entwicklung des Menschengeschlechts um. Diese drei Begründer der modernen Wissenschaft der Sprache haben in den Jahren 1 832-1 835 in der Akademie zusammen gestanden"; so glänzend ist weder damals noch jemals später eine Wissenschaft in ihr vertreten gewesen! Was Umfang der Einsicht und Tiefe der Betrachtung anlangt, so gebührt Wilhelm von Humboldt die Palme. Ein Gebiet, auf welchem bisher fast nur Phantasieen vor- getragen worden waren und auf dem die Irrwege sich kreuzen, hat er in das Licht der Wissenschaft gerückt, erobert und abgesteckt. bei in sich gezogen und still; er thut das Seine, lässt die Andern gewähren, sich aber nicht von ihnen stören, nicht leiten. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass man in ihm, als er auf Wilhelm von Humboldt's Betrieb hier für das Sanskrit an- gestellt wurde, nur einen trockenen Pedanten sah.... Doch Bopp ist ein echter Mensch, der keineswegs in sein Fach aufgeht, der dies wie kein anderer erfüllt, aber mit Sinn und Urtheil viel darüber hinausreicht, ganz- und gar nicht in iinn untergeht». Dass Varnhagen von diesem "Fach« nichts begriffen hat, zeigt die wohlwollend anmaassliche Begönneruiig, aber sie zeigt auch, dass Bopp selbst diesem ausgehöhlten Litteraten durch seine schlichte Grösse imponirt hat. ^ Das Statut, welches am 21. Juli 1866 genehmigt wurde (s. Urkundenband Nr. 208), bestimmt, dass die Zinsen des Stiftungscapitals jährlich entweder zur Unterstützung eines jungen Gelehrten, wess Landes immer, der seine Studien auf der Universität bereits vollendet hat, behufs Fortsetzung derselben, wo es auch sei, verwendet werden sollen, oder zu Preisen für vorliegende wissenschaftliche Leistun- gen bez. zur Unterstützung wissenschaftlicher Unternehmungen — Beides unter Be- schränkung auf das von Bopp erschlossene Gebiet der Sanskrit -Philologie sowie der vei-gleichenden Spraclilbrschung, namentlich innerlialb des indogermanischen Völkerkreises. Das Gründungscomite der Stiftung bestand aus Böckh, A. Kirch- hoff, A.Kuhn, Lepsius, Müllenhoff, PE'rERMANN, Rödiger, Steinthai,, Tren- DELENBrRG, A. WeBKR. ^ Jakob Grimm als auswärtiges ^Mitglied; einheimisches Mitglied wurde er 1841 (s. darüber im folgenden Capitel); Humboldi- starb im Jahre 1835. Spracliforscher: Bopp, Jakotj Grimm, Wilhelm von Humboldi'. 871 Das imvergleichliclie Vermögen, das ihn auszeichnete, strenge em- pirische Forschung speculativ zu durchdringen, konnte nirgendwo grössere Triumphe feiern als auf dem Felde der Sprache in ihrem Verhältniss zur Entwicklung des Geistes. Zugleich hat er damit eine unendliche Aufgabe ihrer Lösung näher gebracht, die die Aka- demie von ihrer Stiftung her immer wieder beschäftigt hatte und recht eigentlich als die akademische Aufgabe bezeichnet werden- darf. Leibniz, Maupertuis, Michaelis, Süssmilch, Herder u. A. hatten sich um sie bemüht; erst in Hubiboldt kam der berufene Mann! In seinen akademischen Abhandlungen (»Über das vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die verschiedenen Epochen der Sprach entwicklung« 1820/21, »Über das Entstellen der grammati- schen Formen und ihren Eintluss auf die Ideenentwicklung« 1822/23, »Über die Buchstabenschrift und ihren Zusammenhang mit dem »Sprachbau« 1824, »Über den Dualis« 1827, »Über die Verwandt- schaft der Ortsadverbien mit dem Pronomen in einigen Sprachen« 1829«) entwickelte er die Grundzüge seiner Ideen; dann concentrirte er seine ganze Kraft auf das grosse Werk »Über die Kawisprache« und die umfassende Einleitung zu demselben: »Über die Verschie- denheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einlluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts«. In diesem Werk, welches erst nach seinem Tode in drei Bänden (i 836-1 839) als Supplement zu den »Akademischen Al;)handlungen« des Jahrgangs 1832 erschienen ist', ist zum ersten Male eine methodische Über- sicht über die Hauptsprachen des Erdkreises gegeben; sie werden in ihren charakteristischen Eigenthümlichkeiten erkannt, classificirt und gleichsam nach geschaffen. Humboldt ist durch dieses Werk der LiNNE und Cuvier der Spraclien geworden; aber wie viel reicher und tiefer, zarter und wärmer muss der Geist sein , der in die Welt der Sprachen eindringt, um in ihnen die Naturformen des'geistigen Daseins zu entdecken, als der Naturforscher, welcher die Hervor- bringungen der belebten aber unfreien Natur studirt und classificirt! Die Worte, mit denen Alexander von Humboldt die Vorrede zu dem Werke seines Bruders beschliesst, charakterisiren es treffend, und die P>wartung, die er in ihnen ausspricht, hat sich erfüllt. »Es ist nach dem Au.sspi'uch Eines der Edelsten unseres Zeitaltei'S [Schiller's] ein gewöhnliches Vorurtheil, den Werth des Menschen nach dem Stoffe zu schätzen, mit dem er sich beschiiftigt, nicht nach der ^ Doch hat Wilhelm von Humboldt den Druck des ersten, wichtigsten Bandes noch selbst geleitet. 872 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhklm's III. o Art, wie er ihn bearbeitet. Wo aber der Stoff gleichsam die Form beherrscht und hervorruft, wo Anmuth der Sprache sich aus dem Ge- danken, wie aus des Geistes zartester Blüthe, entfaltet, da wird die Trennung, welche jenes Vorurtheil bezeichnet, leicht gehoben. Wenn nicht alle meine Hoffnungen mich täuschen, so muss das vorliegende Werk, indem es den Ideenkreis so mächtig erweitert und in dem Organismus der Sprache gleich- sam das geistige Geschick der Völker deuten lehrt, den Leser mit einem aufrichtenden, die Menschheit ehrenden Glauben durchdringen. Es muss die Überzeugung darbieten, dass eine gewisse Grösse in der Behandlung eines Gegenstandes nicht aus intellectuellen Anlagen allein , sondern vor- zugsweise aus der Grösse des Charakters, aus einem freien, von der Gegen- wart nie beschränkten Sinne und den unergründeten Tiefen der Gefühle entsj)ringt. " Wilhelm von Humboldt, Grimm, Bopp haben nicht eine neue wissenschaftliche Disciplin, die sich anderen anreiht, erweckt, son- dern sie haben die grundlegende Disciplin aller Geistes- wissenschaften, deren Sicherheit sich der Sicherheit der Naturwissenschaften nähert, geschaffen. Über die Stellung des Sanskrit und seiner Litteratur im Kreise der indoe-ermanischen Sprachen inid Litteraturen denkt die Wissenschaft heute nicht mehr wie Bopp; der Begriff der »Verwandtschaft« dieser Sprachen (und damit auch der der «Ursprache«) wird genetisch und raumzeitlich anders bestimmt als vor fünfzig Jahren; die »Lautgesetze« haben eine Bedeutung, die lilinsicht in ihre Wirkungen durch die »Laut- physiologie« eine Sicherheit gewonnen, die die Begründer der Wissenschaft nicht vorauszusehen vermochten ; die Denkmäler der Sprachgeschichte und der Dialekte haben sicli in ungeahnter W^eise vermehrt; der Bau der einzelnen Sprachen ist erst im letzten Menschen- alter bis in die feinsten Structurverhältnisse studirt; die Nothwendig- keit, die gesprochene Sprache zu belauschen, ist erkannt worden; die complicirtesten , für regellos gehaltenen sprachlichen Erscheinun- gen haben sich als Auswirkungen einfacher Gesetze oder als der physiologisch -grammatischen Deutung entzogene x\nalogiebildungen erwiesen — aber alle diese ungeheuren Fortschritte haben nur die Thatsache bekräftigen können, dass die Fundamente, welche Wil- helm VON Humboldt, Groim und Bopp gelegt haben, unerschütter- lich sind. 13. Die Geschichte ist die am wenigsten exacte, aber alle tiefere Bildung beherrschende Wissenschaft. Ihre Entwicklung als Uni- versalgeschichte folgt der der anderen Wissenschaften nach, zu- gleich aber ist ihre Blüthe in höherem Maasse als die jeder anderen Historiker: Niebuhr, Cöckh, Rühs, Wilicex, Ratmer. 873 Disciplin sowohl von der äusseren und inneren Situntion der Nation als von den Charaktereigensehaften des Geschichtschreibers abhängig. Die Akademie hat in Niebuhr und Böckh, die alte (beschichte an- langend, zwei Historiker besessen, die Epochemachendes geleistet und auch für die Geschichtschreibung überhaupt ein maassgebendes Vorbild aufgestellt haben'. Aber die alte Geschichte ist so sehr mit der Philologie verflochten, und die Beschaffenheit ihrer Quellen verlangt ein so mikrologisches Studium und entbehrt so sehr der höchsten Controle, dass um- der (xenius an ihr alle Eigenschaften des Historikers zu entwickeln und sie selbst als wirkliche »Geschichte« darzustellen vermag^. Erst in der Geschichtschreibung von Epochen, deren Ausgang die Gegenwart und deren Mittelpunkt das eigene Volk ist, werden alle Kräfte des Historikers lebendig. Die Akademie hat, })evor Leopold von Ranke in ihre Mitte trat, zwei Universalhistoriker besessen, Wilken^ und Friedrich von Raumer*, von denen der Letztere an Länge des Lebens selbst Ranke und Alexander von Humboldt übertroffen, aber die Akademie l)e- reits im Jahre 1847 verlassen hat". Beide Gelehrte haben ihr Haupt- ^ Loi'd Aci ON ("Die neuere Deutsche Gescliiclitswissenschaft. " Eine Skizze. Autorisirte Übersetzung von J. Imelmann, 1887. S. i) beujerkt: »Vor dem Beginn dieses Jahrhunderts hatten die Deutschen kaum auch nur in der Anhäufung ge- lehrten Wissens den allgemeinen Stand erreicht. Ihre Provinzialgeschichten Hessen keinen Vergleich zu mit denen von Burgund, der Bretagne und Languedoc; sie hatten nichts, was sich den Annalen von Bologna oder Mailand, dem »Leben des hl. Dominicus« von Mamachi oder auch nur Secousse's »Karl von Navarra« an die Seite stellen liess. Die Geschichte war anderen Dingen untergeordnet, der Theo- logie, der Philosophie, der Rechtswissenschaft.... Den Anfang machte NiebuhR". ^ Das haben weder Niebuhr noch Böckh vermocht, sondern ei'st Mommsen. Von Niebuhr schreibt Lord Acton (a. a. O. S. 6f.): »Niebuhr's Methode und Ope- rationen — der sichtbare Ausdruck der neuen Lehre von den unveri-ückbaren Grundlinien, den unwandelbaren Gesetzen , von der Gebundenheit menschlichen Handelns — haben ihren lechten Spielraum im Dunkel der Vorzeit. Im Lichte des Tages konnten sie nicht gedeihen, und Niebuhr hat nie den Beweis geliefert, dass er sie auch auf Ereignisse und Persönlichkeiten, welche von Zeitgenossen darge- stellt waren, anzuwenden verstand". ^ Geboren 23. Mai 1777 zu Ratzeburg, gest. 24. December 1840; vergl. über ihn den Artikel von Stoll in der Allgemeinen Deutschen Biogra[)liie Bd. 43 S. 236 ff. und desselben Programme des Kasseler Friedrich's- Gymnasiums 1894 — 1896. * Geboren 14. Mai 1781 zu Wörlitz, gest. 14. Juni 1873; vergl. über ihn Ranke's Gedächtnissrede in der »Historischen Zeitschrift« 1873, Gifsebrecht's Nekrolog in den Sitzungsberichten der Königlich Bayerischen Akademie der Wissen- schaften 1874 und Wegele's Artikel in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 27 S. 403 ff. ° Siehe darüber das folgende Capitel. — You dem trefflichen Ch. F. Rühs (s. oben S. 678f.), der seit 1810 als Professor der Geschichte an der Universität 874 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. Studium dem Mittelalter gewidmet. Wilken's Lebenswerk ist die »Grescliiehte der Kreuzzüge«, die in sieben Bänden 1 8 10—1832 er- schienen ist. Treffliclie Kenntnisse des Arabischen und Persischen kamen dem Verfasser für diese Arbeit zu Statten , und der Fleiss, mit welchem ein umfangreiches, zum Theil zum ersten Mal ver- werthetes Material herbeigezogen und verarbeitet ist, ist bewunde- rungswürdig. Aber seine Quellenkritik war unzureichend, und so ist das Werk, das einst hoch angesehen war, heute fast verschollen, obgleich es noch durch keine gleich umfassende Monographie ersetzt ist. Zwei grosse deutsche Bibliotheken aber, die Heidelberger und die Berliner, deren Director Wilken gewesen ist, sind ihm zu bleiben- dem Danke verptliclitet, und auch an den »Monumenta Germaniae« (s. oben S.681) hat er lebhaften und fruchtbaren Antheil genommen. Schwere geistige und körperliche Leiden haben ihn bereits seit dem Jahre 1823 heimgesucht, und von 1831 ab hat er nur mit gebrochener Kraft arbeiten können. Eine durch und durch gesunde Natur war Raumer, und er brachte ausgezeichnete Gaben und praktische Lebenserfahrung, im Staats- dienst gewonnen, für die Aufgaben des Historikers mit, dazu einen wirkte (geb. i. März 1781 zu Greifswald, gest. i. Februar 1820 zu Florenz), das germanische Alterthum ptlegte und solche Fliege "als nationale Waffe gegen Napo- leon betrachtete", kann in einer Geschichte der Akademie kaum die Rede sein, da er ihr nur ein Jahr angehört hat. Homeyer, sein dankbarer Zögling, hat ihm in seiner Antrittsrede (Mon.atsberichte 1850 S. 303) ein Denkmal gesetzt: »Einer der zuerst berufenen Lehrer der neuen hohen Schule nahm mich als Fünfzehn- jährigen aus Skandinavien nach Berlin. Es war dies die Zeit, da zum Trost vind zur Erhebung aus den Leiden des gedemüthigten und äusserlich gespaltenen Deutsch- lands ein tiefer patriotischer Drang mit der ganzen Kraft des Gemüths und Geistes sich in jene Epochen und Elemente versenkte, in denen und durch welche die Stämme Germaniens zu einei' Nation erwachsen waren und ihre innere Einheit unverwüstlich schufen, die Zeit, wo Geschichte und Wissenschaft deiitscher Sprache und Poesie sich zu einem edeln und mächtigen Bau erhol), unter Meistern, die noch jetzt die Reihen dieser Körperschaft schmücken. Wie jener Mann , der vor vierzig Jahren mir Preussen zinn Vaterlande gab, weiland Ihi- Mitglied und Historio- graph des Reiches, wie Rriis an jener Bewegung, sei es auch nicht mit erfolg- reicher Arbeit, doch mit dem ganzen Eifer, ja der Leidenschaft seines Wesens Theil nahm, das ist den älteren Genossen der Akademie sicherlich unvergessen. Seiner liebevollen Anregung danke ich es, dass die frühe Neigung zu einem Hin- und Herstreifen in dem Gebiete der germanischen S])rachen nicht wieder verloren ging". Vergl. auch Brunner. Preuss. Jalu-b. Bd. 36 (1875) S. 2ift'., der Rühs' Ar- beiten charakterisirend hervorhebt, wie er stets die skandinavischen Alterthum er in seinen Untersuchungen berücksichtigt und Jusrus Möser's phantasievolle Schildei'un- gen der germanischen Urzeit, an denen sich die Zeitgenossen berauschten, entschieden bekäm])ft habe, obgleich ei" selbst ein Feaerk()[)f und nichts weniger als ein Pedant gewesen sei; s. auch Pyl in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 29 S. 624 ff' Historiker: Runs, Wilkkx, Raumkr. 875 lioheii politischen Freimuth. Aber der Vielseitigkeit jener Gaben und der Leichtigkeit seiner Production entsprach die ^Tiefe seiner ge- schichtlichen Anffassungen nicht. Dazu lag seiner schnell urth eilen- den Natur strenge Quellenkritik fern, und er hat nie Anstrengungen gemacht, sich mit ihr zu befreunden. Dennoch ist seine »Geschichte der Hohenstaufen« , die in den Jahren 1823 — 1827 in sechs Bänden erschien , ein in ihrer Zeit sehr bedeutendes Werk zu nennen ; es ist trotz aller offenkundigen Schwächen , die es in der Behandlung der Quellen, der Charakteristik, der Stoffauswahl und -vertheilung aufweist, als Gesammtdarstellung noch nicht in jeder Hinsicht über- holt. Wir haben bereits (oben S. 749 ff.) daraufhingewiesen, dass es die politische Bildung Deutschlands beeintlusst hat und selbst von Goethe freudig begrüsst worden ist. »Der laute Beifall,« schreibt Wegele, »mit welchem es aufgenommen wurde, w^ar nicht unver- dient; dass er mit der von der romantischen Schule gepflegten Stim- mung zusammenhing, kann ihm keinen Abbruch thun. Die wesent- liche Bedeutung des Werkes lag doch über jene Denkungsweise hin- aus und bestand darin, dass hier zum ersten Male eine der grössten Epochen unserer nationalen Geschichte in umfassender Verbindung mit der universellen Entwicklung, in anmuthender Form, harmoni- scher Composition (?), epischer Ruhe, maassvollem Urtheile zur Dar- stellung gelangte. Es gehört zu den wirksamsten Erfolgen des Wer- kes, dass durch dasselbe die Aufmerksamkeit unseres Volkes auf die glänzendste Epoche unserer Kaisergeschichte und des Mittelalters überhaupt mit nachhaltiger Kraft hingelenkt wurde.« Treitschke (Deutsche Geschichte 3 ^ S. 695 f.) nennt das Werk »den ersten glück- lichen Versuch umfassender politischer Geschichtserzählung, der seit dem Wiederaufleben der historisch -philologischen Forschung gewagt wurde« und spricht ihm das grosse Verdienst eines ersten Wurfs zu, die hohen Gestalten unserer alten Kaiser den gebildeten Deut- schen wieder menschlich näher gebracht zu haben'. Lord Acton bemerkt"': »Von den drei Stadien, welche in dem Verhältniss der ■^ Aber er fügt hinzu: "Raumer's Gesinnung" war ganz modern, obwohl er mit TiECK, EicHENDORFF Und anderen romantischen Dichtern freundschaftlich ver- kehrte. Er urtheilte mit dem weltmännischen Wohlwollen eines ^'erständig■en Be- amten der HARDENHERGischen Schule: weder die Mystik des Christenthums, noch die aus Unbeständigkeit und Treue so seltsam gemischte Empfindungsweise der mittel- alterlichen Menschen war ilim recht vertraut. Der frischen, klaren, lebendigen Dar- stellung fehlten INIacht und Tiefe, und den Streitfragen der historischen Kritik ging Raumer meist behutsam vermittelnd aus dem Wege-. 2 A. a. O. S. 10. 876 Die Akademiker im Zeitaltei" Friedrich Wilhelm's III. Deutschen zum Mittelalter unterschieden worden sind, einem be- kämpfenden, eiflem bewundernden und einem begreifenden, reprä- sentirte Raumer das zweite « . Mit diesem Werke hatte aber Raumer seinen Höhepunkt erreicht; was er in den folgenden 42 Jahren in weitschichtigen Werken über die Geschichte Europas geschrieben hat — seine letzte Publication ist im Jahre 1 869 erschienen und von ihm selbst als »Litterarischer Nachlass« bezeichnet worden — , hat die Bedeutung in der Wissenschaft nicht erlangt, welche den »Hohenstaufen« geworden ist. Aber seine politische Bedeutung blieb über das Jahr 1848 hinaus im Steigen und erhöhte sich durch seinen Austritt aus der Akademie (s. unten). Diese Seite seiner Wirk- samkeit gehört nicht in unsere Darstellung; doch mag das Wort Ranke's über ihn hier eine Stelle finden: «Raumer bewegte sich gern in Opposition gegen die jeweiligen Richtungen des Preussi- schen Staatslel)ens, die seinen Ideen widersprachen. W^as er in jedem Momente dachte, sagte er gerade heraus ohne Überhebung, aber auch ohne Zurückhaltung, und Hess es drucken ^<. Weder Wilken noch Raumer haben nachhaltig auf den Gang der Geschichtswissenschaft einzuwirken vermocht; wohl aber gebührt dieser Ruhm im vollen Umfang zwei Historikern der Akademie, die nicht die allgemeine Geschichte gepflegt, aber als Rechtshistoriker"" eine neue Epoche ihrer Specialwissenschaft begründet und damit auch die Geschichtschreibung überhaupt nachdrücklich bestimmt haben — Savigny und Eichhorn. Neben ihnen darf auch der Kirchenhistoriker Neander eine Stelle beanspruchen, denn obwohl er ihnen an Bedeu- tung und Einfluss nicht gleichkommt, so hat er doch ebenfalls seine Specialwissenschaft auf eine höhere Stufe gehoben. Friedrich Carl von Savigny (geb. 21. Februar 1779 zu Frank- furt a. M. , gest. 2 5.0ctober 1861, seit 1811 Mitglied der Akademie)^ ^ Bemerkenswerth ist, dass bereits im Jahre 18 11 Humboldt in Bezug auf Raumer Folgendes geschrieben hat (Brief an Nicolovius vom 26. Februar): «Was mich erschreckt, ist, dass ich um Hardenberg in den ersten Posten keinen Menschen von wahrem Kopfe sehe, dass die, die ich für die Klügsten und Besten gehalten habe, gar keine Rolle, und fortwährend keine, spielen; dass dagegen Jüngeren, die wie Raumer mir nur mit vieler Vorsicht gebraucht werden zu müssen scheinen (und doch nenne ich mit Fleiss noch einen der Besten), viel eingeräumt Avird«. ^ Als Historiker, nicht als Juristen waren sie Mitglieder der Akademie. Über einen einige Jahre vor Savigny's Aufnahme gemachten Versuch, eine beson- dei'e »Gesetzgebungs- Klasse« zu begründen, s. Urkundenband Nr. 209. ^ Gedächtnissrede von Rudorff in den »Abhandlungen« 1862 S. iff. ; Lands- berg in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 30 S. 425 ff., wo auch die reiche Litteratur verzeichnet ist; vergl. besonders Rudorff in der Zeitschrift für Rechts- Historikei-: Raumer, 8avigny. 8/7 ist schon von Goethe neben Niebuhr gestellt worden \ hat diesen ihm nahe verbundenen Freund aber an fortwirkendem EinÜuss viel- leicht noch übertroffen. Im Kreise der Romantiker aufgewachsen, ist er zum Klassiker der Rechtswissenschaft geworden. Sein grosser Schüler Jakob Grimbi hat ihm seine »Deutsche Grammatik« gewid- met und bekannt, dass er als sein Zuhörer erst ahnen und begreifen gelernt habe, was es heisse, etwas studiren zu wollen, sei es die Rechtswissenschaft oder eine andere. Das ist vielleicht das vor- nehmste, jedenfalls das umfassendste Verdienst, welches sich Sa- viGNY erworben hat: er hat gelehrt, wie man die Quellen zu be- handeln habe, um sie geschichtlicher Erkenntniss dienstbar zu machen; er hat die neue Philologie in die Geschichte übergeleitet und aus der Sicherheit in der Auslegung der Quellen auch Präcision, Klar- heit und Eleganz der Darstellung gewonnen. Weiter aber: die Ro- mantiker hatten ein lebendiges Gefühl für die Geschichte erweckt, aber sie verfuhren dabei dilettantenhaft und eklektisch ; das Geheim- niss- und Reizvolle suchten sie auf und wollten es als solches ge- messen; Savigny kam dieser Stimmung entgegen", aber er reinigte sie und erhob sie mit männlichem Ernst auf eine höliere Stufe; er lehrte die Nation, die Gegenwart stets in der Verbindung mit der Vergangenheit aufzufassen. »Er war, nicht der Gründer, wohl aber das Haupt und der Meister der sogenannten historischen Schule in der Jurisprudenz, die auf das nationale Bewusstsein der Deutschen mäch- tig eingewirkt hat.« Endlich, Savigny hat diese holien Erfolge ge- wonnen, weil er nicht nur Programme aufgestellt, sondern an dem vornehmsten Thema der Rechtswissenschaft, dem römischen Recht, das selbst erarbeitet hat, was er lehrte. »Er hat diesem Recht seine bleibende Bedeutung angewiesen, nämlich die, in seiner formellen Vollendung und logischen Durchführung Muster und Vorbild mo- geschiclite Bd. 2 S. iff.; Eneccerus, F. C. vox Savigny 1879: vox Bethmann-Holl- AVEG, Savigny als Rechtslehrer, Staatsmann und Christ (Zeitschrift für Rechtsge- schichte 6. Bd. S.42ff.); Bruns, Zur Erinnerung an F. C. von Savigny, Ünivers.-Rede vom 21. Februar 1879; Döllinger, Akademische Vorträge 2. Bd. S. 94ff. Die im Texte angeführten Worte stammen von Döllinger. ^ "SteUung der Deutschen zum Auslande, besonders zu den Franzosen«, Werke (HEJiPEL'sclie Ausgabe) Bd. 29 S. 269. " Das "unbewusste Schaffen der Volksseele in Sprache, Sitte und Recht« galt auch ihm als die Brunnenstube und das Letzte. Er suchte diesen Begriff nicht historisch -kritisch aufzulösen, sondern er wollte die geschichtlichen Erscheinungen auf ihn zurückführen. Das war ein ungeheuerer Fortschritt gegenüber den natur- rechtlichen und natur{)hilosophischen, abstracten Speculationen, aber die Wissen- schaft kann bei ihm nicht stehen bleiben. 878 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. derner Rechtswissenschaft zu sein. Er war es, der jene falsche, lange Zeit von so vielen Juristen getheilte Vorstellung gründlich über- wand, als ob das Recht, wie Thibaut es nannte, eine juristische Mathematik sei, über welche die Jahrhunderte und die nationalen Eigenthümlichkeiten keine Gewalt hätten« ; er wollte demgegenüber zeigen, wie sich Recht, Volksthum mid Staat, Sitte und Gesetz- gebung gegenseitig bedingen, und wie deshalb das Recht stets po- sitiv ist, d. li. nicht aus abstracten Erwägungen entsteht, sondern aus dem Volke heraus wächst und in seinen Veränderungen ab- hängig ist von der ganzen Summe der Erlebnisse in der Entwick- hmg des Volkes. «Er endlich war es, der dem Wahne ein Ende machte, als ob die rechtsgeschichtlichen Forschungen nur Bemühun- gen einer müssigen Erudition seien, bei denen am Ende nichts prak- tisch Brauchbares herauskomme. Durch ihn erst haben die deutschen Juristen und Historiker gelernt, wie sich das heutige römische Recht zu dem alten, ursprünglichen verhalte, wie der germanische Geist, die Praxis der Gerichtshöfe oder auch ein modernes philosophisches Naturrecht, die altrömischen Rechtsideen umgestaltet, beschränkt, erweitert habe/.« Sein erstes grösseres Werk, «Das Recht des Besitzes«, erschien im Jahre 1803 (6. Aufl. 1834); in ihm hat er bereits gezeigt, wie das römische Recht zu behandeln sei. Er schrieb es als ausser- ordentlicher Professor in Marburg. «Die Gleichmässigkeit der Voll- endimg, M' eiche allen seinen Schriften eignet, ist schon in dieser vollkommen ausgeprägt; sie führt die behandelte Lehre als ein klassi- sches Gebilde von harmonischen Proportionen, einfachen Formen und sinnreicher Construction vor Augen. Das Entscheidende, die ' Savigny's Einlluss auf die Rechtsbildung und weiter auf den geistigen Zu- stand der Nation war nicht in jedem Sinne heilsam. Seine Lehre war «dem Fort- schritt förderlich, doch nicht der Freiheit«; sie war geeignet, den vom eigenen \'erstande geleiteten Rechtswillen (das ist der Kern des •■ Naturrechts «) und die Thatkraft zu lähmen und den conservativen Sinn in einer (juietistischen Richtung zu entwickeln. Aber sie besass doch, wie Lord Acton, a.a.O. S.5f., mit Recht bemerkt, wie alles Geniale die Eigenscliaft, dass sie in entgegengesetzten Richtungen weitergebildet werden konnte (vergl. Hegel). «Ist das Volk die Quelle des Rechts, so ist es ein verniinftiger Schluss, dass die Zustimmung des Volkes ein nothwen- diges Element der Gesetzgebung ist, und der Staat sich die Grenzen seiner Wirk- samkeit vom Volke bestimmen zu lassen hat. Niebuhr zog, in unbewachten Augen- blicken, die eine dieser Folgerungen, Dahlmann die andere, und so geschah es, dass die historisclie Schule, nachdem sie das Recht der Natur — die bewegende Kraft von 1789 — beseitigt hatte, das Recht der Nationalität einführte, das die bewegende Kraft von 1848 wurde.« Historiker: Savigny. 8/.) Tliat in diesem zu ganz unerhörter Berühmtheit und Verbreitung gelangten Werke hegt darin, dass sich in ihm unter strengem An- sclilusse an die einzehien genau untersuchten und nach dem Alter ihrer ursprünglichen Verfasser gewürdigten Quellenstellen eine Lehre, systematisch geschlossen, gleichsam aus sich selbst hervor entwickelt« (Landsberg). Nach Wander jähren — er arbeitete auch in Paris und war zwei Jahre Professor in Landshut — siedelte Savigny im Herbst 1810 nach Berlin über als Professor der Jurisprudenz; an der Einrichtung der Universität hat er wirksamen Antheil genommen' und bekleidete vom April 18 12 bis zum October 181 3 das Rectorat. Im Jahre 18 14 gab er die epochemachende Abhandlung heraus: »Vom Berufe unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft«. Im folgenden Jahre gründete er mit Eichhorn und Goeschen die «Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft« : gleichzeitig er- schien der erste Band seines Hauptwerks «Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter«, Avelches im Jahre 1831 mit dem sechsten Bande seinen Abschluss erhielt. In diesem Werk hat Savigny die Rechtsgeschichte Europas, soweit sie aus dem römischen Rechte geflossen ist, wiederentdeckt. Aber er begnügte sich nicht mit dieser bahnbrechenden Leistung; sie als Vorarbeit beurtheilend, ver- öffentlichte er in den Jahren 1840 und 1841 die fünf ersten Bände eines zweiten Hauptwerks, des »S^^stems des heutigen römischen Rechts«. Die Arbeit an demselben wurde im Anfang des Jahres 1842 unterbrochen; dns Vertrauen des Königs berief ihn in eine eigens für ihn geschaffene Stellung: er sollte an der Spitze eines von der Justizverwaltung abgetrennten »Ministerium für Gesetzgebung« die Normen für eine Gesetzesrevision in Preussen ausarbeiten. Bis zum 18. März 1848 hat Savigny als Minister eine «Gesetzescommission« geleitet und unter den schwierigsten Verhältnissen, Rivalitäten und der Feindschaft der alten Bureaukratie zahlreiche Entwürfe ausge- arbeitet, über deren Werth das Urtheil aber heute noch getheilt ist. Gewiss ist, dass die Stellung Savigny's in diesem willkürlich geschaffenen Amt eine unglückliche war und dass er das nicht zu leisten bez. in's Leben zu rufen vermocht hat, was ihm vorschwebte, als er das Amt übernahm; doch hat der erste Kenner. Stölzel, die Vorarbeiten Savigny's für die Gesetzesrevision «Musterleistungen an Gründlichkeit, Ideenreichthum und echt wissenschaftlichem Geist« ^ "Sie müssen noch eher da sein, als die Universität«, hatte ihm Wilhelm VON Humboldt geschrieben; vergl. auch desselben Brief an den König (s. oben S.594). 880 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhkoi's III. genannt. In jenen Jahren hat er nur den 6. Band des »Systems« ausarbeiten können; aber bereits in den Jahren 1848 und 1849 er- schienen der 7. und 8. Band; doch ist das Werk nicht vollendet worden. Die Sammlung der »Vermischten Schriften« und die zweite Auflage der »Geschichte« beschäftigten ihn zuletzt, sowie enie Aus- arbeitung des »Allgemeinen Obligationenrechts«. Im Jahre 1853 stellte er seine litterarische Thätigkeit ein, lebte aber noch fast acht Jahre in seltener geistiger und körperlicher Rüstigkeit. Erst in dem letzten Jahre vor seinem Tode fing er an hinfällig zu werden. Von jener Episode abgesehen , in der er zeitweilig aus seinen Bah- nen geworfen worden ist, ist Savigny's Leben wunderbar einheit- lich, zielstrebig und ^'on stets wachsendem Erfolg begleitet verflossen. Er ist selbst kein Staatsmann und Politiker gewesen, wohl aber der Lehrer der Staatsmänner. Eine ernste Würde und Feierlichkeit um- floss sein ganzes Wesen, verklärte sich aber im Alter zu ehrfurcht- gebietender Milde. In den Tiefen seiner Seele herrschte die lauterste Frömmigkeit; sie brach nicht in mächtigen Strömen hervor, noch weniger bespiegelte er sich in ihr, wie so viele seiner romantischen Freunde, aber sie begleitete und bestimmte all sein Thun. Darum konnte Rudokff, sein Schüler, seine Gedächtnissrede auf ihn in der Akademie mit folgenden ergreifenden Worten scidiessen: Versuchen wii' /.um vSchluss den Gi'undzug seines Wesens noch ein- mal in einem Gesammtausdruck zusammenzufassen, so erscheint vielleicht als der zutreffendste: jene Überwindung des Egoismus, welche, merkwiirdig geiuig, in der Umschrift seines Geschlechtswappens »Non mihi sed aliis« vorbedeutet ist. Ich verstehe darunter den Sieg über jede Vereinzelung in Staat, Religion und Wissenschaft, die den Biirger vom Staat, den Volksstamm von der nationalen Gesammtheit, die Confession, den Lebensberuf, das Zeitalter von dem höheren, politischen, sittlichen, geschichtlichen und wissenschaftlichen Ganzen absondert, welchem es ein- und untergeordnet ist. Nach der praktischen Seite dieser sittlich ge- ordneten Welt- und Lebensanschauung durfte Savigny von sich sagen : »Ich will gerne in meiner Wissenschaft die tiefere Einsicht und die viel- seitigere Auffassung Anderer anerkennen, durch welche ich selbst ja nur gehoben und bei-eicliert werden kann. Aber in ei-nster, aufrichtiger Liebe zu meinem Vaterlande, in der Bereitschaft, ihm jedes Opfer der Selbst- verleugnung zu bringen, will ich Keinem nachstehen, wer er auch sei". In intellectueller Richtung aber beruht auf eben jenem Ordnungssinn die universale Bedeutung Savigny's für die Rechtswissenschaft. Dass das klassische römisclie Recht aus dem Knechtsdienst untergeordneter Vei'wer- thung erlöst und durch tieferes Verständniss erschlossen, für die Erziehung unserer jui-istischen Technik geworden ist und immer mehr werden wird, was Plato und Aristoteles uns für die S])eculation auf dem Rechtsgebiete bedeuten ; dass ein praktisch lebendigerer Sinn unsere Wissenschaft und ein wissenschaftlicherer Geist unsere Rechtsanwendung, selbst unser Par- Historiker: Savigny, Eichhorn. 881 ticiilarreclit cigrüren hat, das danken wir Savigny. Und wenn die kalte Vereinzelung der deutschen Stämme zu einem gemeinsamen nationalen Un- ternehmen, wie die zeitweilige Codification des bürgerlichen Rechts, den Muth, die Neigung, die Energie und, was die Hauptsache ist, dieselbe Fälligkeit einreichen sollte, wie er sie besass, so ist er es gewesen, der durch Warnung gegen Übertreibung und durch Erziehung der Rechtswissen- schaft die relative Tüchtigkeit eines solchen Unternehmens gesichert hat. Seines Gleichen werden wir nicht wieder sehen! Möge sein hoher Sinn, sein unermüdlicher Forscliergeist, durch vereinigte Kräfte Vieler fortfüh- rend, was Eine Kraft begonnen hat, in seiner Wissenschaft fortleben, wie er begehrt, und im Gedächtniss seines Volkes, wie er verdient hat. An der Entwicklung der Akademie hat sich Savigny in einer wiclitigen Epoche (s. oben S. 683fr.) zusammen mit Sciileiermacher, NiEBUHR und BöcKH als Führer betheiligt; später hat er sich oftmals zurückgezogen und den Freunden die Leitung der Angelegenheiten überlassen. Aber initer Friedrich Wilhelm IV. ist er noch einmal be- deutend hervorgetreten: seinem Eingreifen verdankt es die Akademie, dass das Corpus Inscriptionum Latinarum in dem Umfange und nach der Methode verwirklicht worden ist, wie sie Mommsen vorgeschlagen hat (s. unten). Wie mit dem Corpus Inscriptionum Graecarum Nie- buhr's Name untrennbar verknüpft ist, so der Savigny's mit dem ver- schwisterten grossen W^erk ; diese .Sammlungen werden im Andenken der Akademie nicht nur Böckh und Mommsen, sondern auch die bei- den hochgemutheten und nahe verbundenen Freunde verewigen \ Nicht so ausschliesslich wie Savigny darf die Akademie K. F. Eichhorn (geb. 20. November 1781 zu Jena als Sohn des berühm- ten Orientalisten, gest. 4. Juli 1854 zu Köln) für sich in Anspruch ' In den Schriften der Akademie hat Savigny in den Jahren 181 2/1 3 — 1836 dreizehn Abhandlungen veröffentlicht; alle sind römisch -rechtlichen Inhalts bis auf die letzte, die einen »Beitrag zur Rechtsgeschichte des Adels im neuern Europa " bietet. — Ani 29. November 1861 beschloss die >■ Jui'istische Gesellschaft« zu Berlin, das Gedächtniss Savigny's durch Gründung einer Stiftung zu ehren. Am 27. März 1867 trat dieselbe in's Loben (s. Urkundenband Nr. 210). Die Akademie ist in ihrem Guratorium ständig durch zwei INIitglieder vertreten, und ihr werden, ab- ■\vechselnd mit der Wiener und Münchener Akademie, die Zinsen zugewiesen, um die Zwecke der .Stiftung zu verwirklichen. Diese sind also bestimmt worden: "In wesentlicher Berücksichtigung der Bedürfnisse der Gesetzgebung und der Praxis, I. wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiete des Rechts der verschiedenen Na- tionen zu fördern (namentlich solche, welche das Römische Recht und die verschie- denen Germanischen Rechte sowohl für sich als auch im Verhältniss zu einander behandeln, ferner solche, welche die von .Savigny begonnenen Untersuchungen in seinem Sinne weiterführen). 2. besonders befähigte Rechtsgelehrte in den .Stand zu setzen, die Rechtsinstitutionen fremder Länder durch eigene Anschauung kennen zu lernen und darüber Berichte oder weitere Ausführungen zu liefern«. Dem Grün- dungs-Comitii gehörten von der Akademie Bruns, Hojieyer und Rudorff an. Geschiclite der Akademie. I. 56 882 Die Akademiker im Zeitalter F'riedricii Wilhelm 's 111. iiolimen\ In der Zeit seiner epochemachenden Wirksamkeit ist er nicht ihr Mitglied gewesen "c Als er im Februar 1832 zusammen mit Ranke und Dirichlet aufgenommen Avurde, hatte er seine Lebens- arbeit bereits geleistet. Doch hat er in den 15 Jahren, in denen er als einheimisches Mitglied der Akademie angehört hat — im Jahre 1847 verHess er seiner Gesundheit wegen Berlin definitiv und zog sich in das Privatleben zurück — , nicht nur ziemlich regel- mässig gelesen , sondern auch seine grossen Werke neu bearbeitet. Eichhorn ist der V'ater der deutschen Rechtsgeschichte. Vor ihm hat es wohl »Deutsche Rechtsalterthümer« gegeben, aber die deutsche Rechtsgeschichte existirte nicht, oder nur als Anhang zur römischen Rechtsgeschichte. So steht er in der Geschichte der Rechtswissenschaft neben Savigny. Als der Erste hat er das ganze Gebiet des deutschen Rechts »nach allen seinen Theilen von den ältest erreichbaren Zeiten bis auf die Gegenwart herab zum Gegen- stand geschichtlicher Betrachtung gemacht. Es war ein kühnes Un- ternehmen, das Bild des Ganzen nicht bloss zu skizziren, sondern auch auszuführen, ohne sich auf Untersuchungen des Einzelnen stützen zu können. Was ihm gelang, war ein W^erk aus einem Gusse, wohlgeordnet und in sich zusammenhängend. Es verbindet Staatsgeschichte mit der Rechtsgeschichte, dort die politischen W^and- lungen des deutschen Staatskörpers und seine Theile verfolgend, hier das Staatsrecht des Reichs wie der Territorien, das Kirchen- recht, das bürgerliche Recht, den Process und das peinliche Recht darstellend«. Dass ein solches Bild, zum ersten Mal gezeichnet, nur ein Aufriss sein konnte, liegt auf der Hand. Um so bewun- derungswürdiger ist es, dass trotz vieler Lücken und mancher Irr- thümer die Linienführung im Ganzen sicher ist inid auch bereits ein grosses Material an den richtigen Platz gestellt ist^ Nicht min- ' Vei'gl. über ihn Brunner in den Preussischen Jahrbüchern Bd. 36 S. 26ff. und Frensdorff in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 6 8.4690". - KiciiHORN war seit 1805 Professor an dei- Univei'sität Frankfurt a. O. — dort hat er den ersten Band seiner »Deutschen Staats- und Bechtsgeschichte" vei'- öffentlicht — . seit 181 1 Pi-ofessor in Berlin (aber nicht Akademiker), dann Mit- kämjifer in den Freiheitskriegen, von 181 7 -1829 Professor in Göttingen. Sein Ge- sundheitszustand zwang ihn, sein Amt niederzulegen; aber 1832 übei-nalim er auf Savignv"s Zureden eine Professui- in Berlin und wurde zugleich in die Akademie aufgenommen. Dass die Aufnalune nicht schon in den Jahren 181 1— 181 7 erfolgte, war eine schwere Unterlassung. 2 Brunner (a. a. O.) schreibt: »Wir nennen Eichhorn den Vater der deutschen Kechtsgeschichte. Er hat für den Aufbau der Discijjlin die schwierigste, die Grün- dungsarbeit gethan. bidem er gewissermaassen das Fachwerk hinstellte, dessen Aus- Historiker: Eichhorn, Neandek. 883 der bedeutend aber als die wissenschaftliclie Tliat war die natio- nale. In der Zeit der Fremdherrschaft ist die Deutsche Rechtsge- schichte entstanden. »Als eines der nationalen Besitzthümer«, sagt Frensdorff, «grub P]iciiiiorn das verschüttete Recht wieder auf, wie Andere in jener Zeit die Sprache, die Litteratur, die Geschichte. Das verachtete und verkannte, bestenfalls als ergötzliche Antiquität behandelte Recht brachte er wieder zu Ehren und wirkte an sei- nem Theile zur Wiedererhebung der Nation mit, noch ehe er das Schwert zu ihrer Befreiung in die Hand nahm.« Von August Neander (geb. 17. Januar 1789 in Göttingen, gest. 14. Juli 1850)^ hat sein grosser Rivale F. Chr. Baur bezeugt, dass mit ihm eine neue Epoche der kirchlichen Geschichtschreibung be- gonnen habe, und Karl Hase hat seine »Kirchengeschichte« mit Recht ein unsterbliches Werk genannt. Aus drückendsten Verhält- nissen — er war der Sohn eines kleinen jüdischen Krämers — hat er sich durch eigenen Fleiss und die Kraft seines zuerst am Plato- nismus, dann am Christenthum gestählten Idealismus emporgear- beitet. Die Romantik und die Freundschaft gleichgestimmter Ge- nossen haben ihm den Piatonismus und die Welt des Innenlebens erschlossen. Durch jenen kam er zu Christus, »ein neuer Mensch, mit jener frischen Innigkeit wie ICinzelne in den ersten Jahrhun- derten, denen das Christenthum nicht angeboren war, sondern die es gegen widerstrebende Verhältnisse ergriffen haben wie einen füllurig Aufgabe der folgenden Generationen werden sollte, hat er die Arbeiten seiner ^'orgänger so weit in sich aufgenommen und so weit übertroffen, dass die Litteratur nach Eichhorn sie im Grossen luid Ganzen glaubte ignoriren zu dürfen. Sein Haupt- ziel war, für das bestehende praktische Recht der Gegenwart eine sichere geschicht- liche Grundlage zu gewinnen. Wollte er dieser i\.ufgabe, welche die harte Arbeit eines der Wissenschaft vorbehaltlos gewidmeten Lebens in Anspruch nahm, nur annähernd gerecht werden, so musste er sich einen schnurgeraden Weg zum Ziele bahnen, unempfänglich für den lieiz anmuthiger Details, die zu malerischen Seiten- wegen einluden. .Seine Anlagen und Neigungen waren fiir diese Aufgabe wie ge- schaffen. Seine Stärke liegt nicht in reinlich ausgeführten und sauber abgeschlos- senen Specialuntersuchungen. Er gönnt sich nicht das Behagen am Detail und malt nur mit breitem Pinsel. Die Gesamnitwirkung ist es, durch die er uns fesselt. Und diese erreicht ei- nur dadurch , dass er stets die ganze deutsche Rechtsent- wicklung im Kopfe hat und Alles, was ihn ablenken würde, ausser Acht lässt. So erklärt es sich, dass er im Einzelnen vielfach berichtigt werden konnte, aber in der geistigen Durchdringung des gesammten Stoffes von keinem seiner Nachfolger erreicht worden ist«. ' Vergl. über ihn den Artikel von Jacobi in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 23 S. 330 ff., dort auch die übrige Litteratur; A. Harnack, Rede auf August Neander, ly.tlanuar 1889 (Preuss. Jahi-b. 1889 Februar). 56* 884 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III. Raul)«. In seinen zahlreichen kirchenhistorisehen Monographieen und in seiner »Kirchengeschichte« tritt die weltliche, poUtische und nationale Seite zurück; auch die Verknüpfung der Ereignisse sowie die Darstellung ihrer Entwicklung ist unvollkommen, und in der ältesten Kirchengeschichte hat sich Neander von theologischen Vor- urtheilen nicht ganz zu befreien vermocht. Aber diese Mängel ver- schwinden, sobald man überschlägt, in welchem Zustande er die Kirchengeschichtschreibung vorgefunden hat: Neander hat leben- diges Interesse und Lust an der Kirchengeschichte erweckt, w^eil er sie mit dem Auge des dankbaren Freundes betrachtete ; er hat das Quellenstudium der Kirchengeschichte belebt, man darf fast sagen begründet, weil er ein herrliches Ziel dieses Studiums kannte — den geistigen Verkehr mit hohen Ahnen; er hat die Kirchengeschichte der Religionsgeschichte zurückgegeben, weil er den Pulsschlag christlichen Empfindens und Lebens auch unter fremden und sprö- den Hüllen zu fühlen verstand. Als ein Jünger Christi und der Romantiker entdeckte er in allen Zeiten der Kirche werthvolle Er- scheinungen, deren Bekanntschaft sich lohnte, und sah den christ- lichen Geist auch dort wirksam, wo ihn Niemand mehr gesucht hatte. In jedes Jahrhundert trat er ein, aber in keines schloss er sich ein, und durch kein einziges wollte er sich reichere An- schauungen verengen lassen. Die zarteste Empfindung verband er dabei mit einem eisernen , keineswegs romantischen Fleiss. Er hat Manches gründlich erforscht und erzählt, Avas vor ihm Niemand er- wähnt oder gewn'irdigt hat. Schon deswegen gebührt ihm ein hoher Platz in der Wissenschaft; aber sein Hauptverdienst besteht in der neuen Würdigung geschichtlicher Erscheinungen, an der er mit- gearbeitet hat. An die Stelle theilnahmloser und daher oft flüch- tiger Betrachtung \md anmaassender Kritik setzte er die Bemühung* um ein inneres Verständniss. Von Hegel freilich wollte er nichts lernen, und mit der Indifferenz des historisch -kritischen Rationalis- mus drängte er auch hohe Tugenden desselben zurück; aber die strengste Wahrhaftigkeit zeichnet seine »Kirchengeschichte« aus, die ihres Reichthums und der Selbständigkeit der in ihr niederge- legten Forschungen wegen auch heute noch von keinem Kirchen- historiker entbehrt werden kann, obgleich jede Seite umgeschrieben werden nuiss. Im Jahre 1839 in die Akademie aufgenommen, hat er in ihrer Mitte Vorträge aus allen Theilen der Kirchengeschichte ge- halten. Mit Vorliebe aber behandelte er Themata aus der Geschichte der griechischen Pl)ilosophie in ihrem Verhältniss zur Kirchenge- Historiker: Neanüer, Ranke. 885 schichte; denn das Zeitalter der Kirciienväter war die eigentliche Heimath dieses protestantischen Benedictiners\ Teendelenburg hat im Jahre 1861 in seiner Rede »Über die Akademie unter Friedrich Wilhelm IV.« die Arbeit der einzelnen Akademiker, auch die der noch lebenden, charakterisirt und mit dem Ausdruck bewundernder Anerkennung nicht zurückgehalten, wo ihm eine solche durch die Sache und das allgemeine Urtheil geboten schien. Über Leopold von Ranke hat er sich aber noch sehr knapp und kühl ausgesprochen: »Hrn. Ranke's Thätigkeit gehört seit 1832 der Akademie. Aus allen Stadien seiner vielseitigen Ge- schichtschreibung sind der Akademie seine historischen Forschungen und künstlerischen Darstellungen zu Gute gekommen. Aus allen vernahm sie kritische Untersuchungen , eigenthümliclie Auffassungen, lebendige Erzählungen«. Das ist Alles. Dass diese Worte dem vornehmsten Historiker Europas in unserem Jahrhundert und dem grössten Geschichtschreiber deutscher Nation überhaupt gelten, ahnt man nicht. Man kann auch nicht sagen, dass diese Bedeutung Ranke's im Jahre 1 861 noch nicht hervorgetreten Aväre , aber so allgemein anerkannt, wie heute, war sie allerdings noch nicht". Erst nachdem die Nation selbst gross geworden w^ar, erkannte sie ihren grossen Geschichtschreiber. Wer wollte sich über Verzögerung des Ruhms beklagen , wenn er ihm unter solcher Bedingung zu Theil wird! Leopold von Ranke (geb. 25. December 1795 zu Wiche, gest. 23. Mai 1886)^ hatte, als er 1825 vom Gymnasium in Frankfurt a. 0. ' «Neander«, sagt Lord Acton (a.a.O. S. igf.), »war vermuthlich um 1830 der bestbelesene unter den Zeitgenossen , und er führte der Littei-atur seines Landes ein gründliches theologisches Element zu, das ihr fehlte. Wai-en doch die roman- tischen Gelehrten noch immer mit dem unheilbaren Laster behaftet, das ausser- halb der Moral mit keinem härteren Namen bezeichnet wird als dem der ünge- nauigkeit, und andereiseits sahen die maassgebenden Kirchenhistoriker [die rationa- listische Sclude] religiöse Dinge mit den Augen des Fachmannes an und waren weltlicher gestimmt, als Lehrer der ])rofanen Wissenschaften wie Lachmann und Carl RrriER. Mit seiner unmodernen Art bewegte er sich wie ein Geist in der Gesellschaft eines Böckh und Ranke.« ^ Lord AcTON stellt (a.a.O. S. 16 ff.) eine Reihe von interessanten Kund- gebungen zusammen, die beweisen, wie lange die Zurückhaltung Ranke gegenüber gedauert liat. ^ Vergl. über ihn die Gedächtnissreden von Sybel (Abhandlungen 1886) und GiKSEBRECHT (Münchcncr Akademie 1887); Dove in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 27 S. 242 ff.; Wegele, Geschichte der deutschen Historiographie S. 1041 ff. 886 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelbi's 111. an die Universität Berlin berufen wurde, seine »Geschichten der romanischen und germanischen Völker« (1494-15 14) mit dem Bei- heft »Zur Kritik neuerer Geschichtschreiber« veröffentlicht. Dieses in jedem Sinn für seine Lebensarbeit programmatische Werk mit der Fülle seiner bunten, lebendig gezeichneten Einzelbilder, mit dem neugeschaffenen welthistorischen Begriff der Einheit der west- europäischen Nationen, mit der centralen Stellung, die es dem Zeit- alter der Renaissance und Reformation für die moderne Geschichte giebt, mit seiner eindringenden und scharfen Quellenkritik \ end- lich mit dem berühmten Bekenntniss in der Vorrede: »Man hat der Historie das Amt, die Vergangenheit zu richten, die Mitwelt zum Nutzen zukünftiger Jahre zu belehren, beigemessen: so hoher Ämter unterwindet sich gegenwärtiger Versuch nicht; er will bloss sagen, wie es eigentlich gewesen« — dieses Werk ist bei seinem Erscheinen zwar noch nicht in seiner vollen Bedeutung erkannt, aber doch sofort von Schleiermagher, Niebuhr, Johannes Schulze" und Anderen als ein Meisterw^erk begrüsst worden. Die Quellen- kritik zeigt Niebühr's Einfluss, und die Form der Darstellung er- innert hier Luid da noch an Johannes von Müller's pointirte Manier; aber auf das, was dieser Geschieh tschreibung wesentlich ist, hat weder dieser noch jener eingewirkt. Alles Moralisiren und alles moralische Pathos ist verbannt; wenn ein hohes Vorbild hier ge- wirkt hat, so ist es das des Thukydides. In Berlin trat Ranke in einen Kreis von Männern, wie ihn wohl niemals ein der Vollendung entgegenreifender Historiker um sich gesehen hat: Wilhelm von Humboldt und Schleiermacher, Sa- vigny und Eichhorn, Böckh und Lachmann, Alexander von Hum- boldt und Carl Ritter, neben diesen Allen Hegel, waren dort ver- eint! Der Versuch liegt nahe, aufzuspüren, was Ranke's Geschicht- schreibung jedem dieser hohen Geister verdankt, aber er würde völlig missglücken; denn so in sich geschlossen, so auf sich selbst ruhend , so einheitlich , so krystallklar ist diese Geschichtschreibung ' INIit Recht datirt Lord Acton (a. a. 0. S. 10) von dem Erscheinen des RANKE'schen Werkes (im Jahre 1824) die Epoche der kritischen Geschichtschreibung in Deutschland und macht darauf aufmerksam, dass in den Jahren 1824 — 1828 Ot- FRiED Müller's Einleitung in die Mythologie, die ersten Bände von Gieseler's und Neander's Kirchengeschichte, Niebühr's neue Ausgabe seiner Römischen Geschichte u. s. w. erschienen sind. — Übrigens folgte Ranke dem Vorgange ausländischer Historiker, als er damit begann, Geschichte aus Archiven zu schreiben. ''' «Den Ranke habe ich entdeckt; diesen Stern habe ich in die Bahnen un- serer Universität gezogen«, pflegte er gern zu erzählen. Historiker: Ranke. 887 in den dreissig Jahren (i 826 — 1856), in denen Ranke auf der Höhe seiner Kraft stand, dass sie jedes Versuchs spottet, sie genetisch zu analysiren. Für Alles empfänglich und jede geistige Kraft nach- fühlend und sich an ihr hildend, hat es doch nie einen Historiker gegeben, der sich so wenig durch Andere hat bestimmen lassen, wie er, und der Alles, was er aufnahm, so natürlich dem Gesetze in seinem Innern und dem objectiven Zusammenhang der Dinge unterordnete. Auch wo er die reichste Subjectivität in Vergangen- heit oder Gegenwart darstellt und sich von ihr angezogen fühlt, hat man daher den Eindruck, als stehe er über ihr und sei Allen überlegen. Nahe liegt es, einen Einfluss Hegel's auf Ranke an- » zunehmen ; aber auch hier fragt es sich noch , ob nicht das , was sie in ihrer Geschichtsbetrachtung gemeinsam haben, aus Ranke's Eigenart selbst geflossen ist. Am fremdesten steht er jedenfalls der NiEBUHR-BöcKii'sclien Geschieh tschreibung gegenüber \ Ruhende Verh.ältnisse interessirten ihn nur so weit, als ihre Kenntniss zum Verständniss dessen, was geschehen ist, uniungänglich ist; denn das Geschehende war sein Element, und nur von Geschehenem wollte er berichten. Sein Interesse, seine Consumtionskraft war in dieser Hinsicht unermesslich ; sie hat ihn durch alle Zeiten und Völker geführt. Aber dieser Consumtion entsprach die Grösse seiner originalen und gestaltenden Productionskraft"'. Arbeiteten die Histo- riker um ihn her, als wären sie zu Recensenten der Weltgeschichte bestellt, oder wie die Ameisen, Korn um Korn häufend, oder wie die Spinnen, aus dem eigenen Innern ein Gewebe ziehend — er arbeitete wie die Biene, sammelnd und scheidend, aufnehmend und ^ Merkwürdig, dass er selbst Niebuhr und Fichte als die unter den Neueren genannt bat, denen er am meisten verdankt! '■^ "Ranke«, sagt der mehrfaeb genannte engliscbe Kritiker (a.a.O. S. lof.), «bat nicht nur eine grössere Anzabl böchst ausge/.eicbnetei- Bücber geschrieben als je ein Mensch zu irgend einer Zeit; er bat es sich auch von Anfang an angelegen sein lassen zu zeigen, wie Kritik getrieben wird. Er verdankt seine in aller Littera- tur unvergleichliche Stellung mehr noch als der Entfaltung ungemeinei- Fähigkeiten der vollkommenen Beherrschung der Gebeinmisse seiner Kunst, und diese Geheim- nisse mitzutheilen bat er allezeit für seine Aufgabe gehalten. Für seine bedeutend- sten Vorgänger war Geschichte angewandte Politik, Uüssiges Recht, Religion in Beispielen oder eine Schule des Patriotismus: Ranke war der erste Deutsche, der sie zu keinem anderen Zweck als um ibi'er selbst willen trieb. Er untei-nabm es, allen Gebildeten verständlich zu machen, wie es mit der Umwandlung der "Welt des 15. Jahrhunderts in das Europa des 19. eigentlich gewesen ist.... Ranke hatte es mit dem zu thun , was Gegenstand immerwährenden Kampfes ist, mit jeder Sache, die ihm theuer war, und füi- welche Mensclien bereit sind zu tödten oder zu sterben.« k 888 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wii.helm's III. reproducirend, immer neue, aber ewige Gesetze offenbarend. Die Vorwürfe, dass er die stehenden Verhältnisse zu wenig berücksich- tigt, Reclits- und Verfassungsgeschichte zu kurz behandelt und der »Culturgeschichte« nur beschränkten Raum gelassen hat, haben kaum irgend welche Berechtigung. Man könnte zunächst erwidern, dass für diese Aufgaben Andere da seien und dass ein Michelangelo nicht zugleich ein Stillleben -Maler sein könne; aber diese Abfer- tigung reicht noch nicht aus. Die Universalgeschichte hat ihren Kern und ihre Form an den Staatsbildungen, ihr Leben an dem politi- schen Geschehen. Jeder Versuch , die so gestellte Aufgabe zu corri- giren, um sie zu erweitern, führt entweder umgekehrt zu thatsächlicher A^erengerung oder zu structur- und ziellosen Schilderungen, die, um »wissenschaftlich« zu erscheinen, naturphilosophisch ausgeputzt wer- den müssen. Das wusste Ranke, und darum hat er uns die Ge- schichte als politische Geschichte neu geschaffen, unbekümmert, ja wohl lächelnd über den Vorwurf, dass er nur Fürsten- und Staatengeschichte schreibe. Wer ihn aber wirklich studirt, der wird überdies finden, dass Ranke culturgeschichtliche Querschnitte zu geben verstanden hat, wie sie keinem anderen Historiker gelungen sind. Aus der Fülle des Stoffs wusste er stets das Charakteristische herauszufinden. Welchem Historiker ist es nicht schon begegnet, dass er sich um die Darstellung des geistigen Inhalts einer Epoche in hingehendster Arbeit bemüht hat, um dann zu finden, dass bei Ranke auf wenigen Seiten alles Wesentliche bereits gesagt ist! So bleibt nur der Vorwurf übrig, dass die Geschichte der Rechtsent- wicklung und der wirthschaftlichen Verhältnisse nicht ausreichend berücksichtigt ist. Was hier für die Universalgeschichte nachzu- holen ist, mögen die Epigonen leisten, aber dabei das Maass der Dinge im Auge behalten und nach jener Weisheit streben, die nicht aus Wirthschaftsrechnungen gewonnen wird, sondern die spät rei- fende Frucht des Studiums der Geschichte auf ihren Höhen ist. Ein anderer Einwurf, der gegen Ranke's Geschichtschreibung erhoben wird, hängt mit ihren höchsten Vorzügen auf's Engste zu- Sf\mmen. Man sagt, er habe die »Objeetivität« des Historikers so weit getrieben, dass die sittliche Würdigung der Persönlichkeiten bei ihm zurücktrete, ja leide. Ganz aufrichtig ist dieser Vorwurf nicht foi-mulirt; denn dieselben Kritiker pflegen nicht zu verhehlen, dass sich sowohl der politisch -conservative Charakter des Historikers in zahlreichen seiner Werke bestimmt geltend mache, als auch die entscheidende Bedeutung, die er den sittlichen Mächten in der Ge- Historiker: Ranke. 889 schichte zuspricht. Die abweichende politische Beurtheilung liat daher an jenem Vorwurf einen erhebhchen Antheil; der tiefer Blickende wird ihn nicht für berechtiö't halten. Ranke hat dU) Historiker ihr königliches Amt nicht so zu verstehen gelehrt, als seien sie zu Richtern bestellt — Aveder die Einzelnen noch der Verlauf der Ge- schichte sollen gerichtet werden — , Avohl aber hat er sie achten gelehrt auf die Nemesis, welche die Geschichte selbst vollzieht, nicht in kleinUcher Vergeltung und persönlicher Rache, sondern in dem ehernen Gange der Völkergeschichte, der durch dns Wort bezeichnet ist: «Wer da hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, von en Leistungen des Hrn. O.. Jahn, welche der Akademie in diesem Fache bekannt geworden sind, geben noch keine hinreichende Bürgschaft für das Gelingen des vorliegenden Planes. Die Qualification des Hrn. iNloMBisEN wird sich ei'st später beurtheilen lassen, wenn er die von der Akademie unterstützten Unternehmungen ausgeführt haben wird.« Die Klasse eignete sich dieses Gutacliten in der Sitzung vom 26. Mai 1846 an, ja verschärfte es noch in der verkehrten Richtung: erst müsse das gedruckte Material zusammengebracht, geordnet und alle Lesarten gesammelt werden, dann könne man an eine Reise denken. Das BöcKH'sche Corpus galt eben als das unübertreffliche Muster, und Böckh selbst vermochte sich nicht über seine eigene Arbeit zu erheben. Der Kostenanschlag der Commission wurde mit geringen Erhöhungen genehmigt. Für die in Aussicht zu nehmende «n/ichträgliche« Reise aber blieb es bei den vorgeschlagenen 1000 Thlr. Fünf Jahre Vorarbeiten = je 400 + 400 [Betriebskosten] X 5 = 4000 Thlr. ; fünf Jahre Redactionsarbeit = etwa 2 500 Thlr. ; es wurde also mit der Reise und ohne den Zuschuss zu den Druckkosten eine Summe von etwa 7500 Thlr. in's Auge gefasst, d. h. nur etwa ein Drittel der Forderung Jahn's. »Der Ansicht«, heisst es ferner im Protokoll, »tritt die Klasse bei, dass die Vermehrung des Materials durch noch nicht publicirte Stücke zweifelhaft ist.« Ferner, »die Akademie kann nicht verhehlen, dass das von Hrn. Prof. Jahn bis- her Edirte [seine übrigen gelehrten Arbeiten wurden ausdrücklich anerkannt] ihr noch keine genügenden Beweise für seine Tüchtig- keit zur Leitung des Unternehmens giebt, und dass sein überaus kostspieliger Plan, sich auf vier bis fünf Jahre mit seinem Haus- wesen nach Rom zu übersiedeln u. s. w., in keiner Weise ihre Zustim- mung erhalten kann«. »Überhaupt gehen die Forderungen und Be- rechnungen, welche Hr. Jahn in seinem Schreiben vom 24. August 1845 aufstellt, unnöthigerweise über das hinaus, was jemals in ähn- lichen Fällen gefordert und bewilligt ward. Ein näheres Urtheil über Hrn. Mommsen abzugelten, ist die Akademie besser im Stande, wenn seine bald erscheinende Arbeit über die samnischen Inschriften in ihre Hände kommt.« Schliesslich hielt sich die Klasse für ver- ptlichtet, bei dieser Gelegenheit auf Hrn. Oberlehrer A.W. Zumpt' aufmerksam zu machen, »Er hat sich nämlich seit Jahren vorzugs- weise mit lateinischen Inschriften beschäftigt und durch seine Schrif- ten . . . sowohl gründliche Kenntnisse als Urtheil gezeigt, weshalb zu wünschen ist, dass, wenn jenes Unternehmen zu Stande kommt, 1 IV Neffe des Akademikers C. G. Zumpt. 906 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). ihm um so mehr ein Antheil an der Arbeit überwiesen werde, als er in Berhn wolinhaft ist und ihm die meisten Quellen zur Hand sind. « Eines Commentars bedürfen diese Beschlüsse nicht; sie besagen, dass die Klasse den Plan Jahn's und Mommsen's grundsätzlich ver- warf und ein ZuMPx'sches Corpus wünschte, obgleich Savigny, der in der Sitzung nicht zugegen war, seine Autorität für jenen Plan, wenn auch nicht für alles Einzelne in demselben, eingesetzt hatte. Der Einzige, der in der Klasse opponirte, war Gerhard; er gab seine abweichende Meinung auch schriftlich zu Protokoll: "Umfang und Wichtigkeit des zerstreuten, theils unedirten, theils neuer Absclirift bedürftigen epigrapliischen Materials sind ungleich erheb- licher als hier vorausgesetzt wird. Theils für solche keineswegs leicht zu leistende Abschriften , theils zu Benutzung und Prüfung der epigraphischen Handschriftsammlungen von Rom, Turin und Mailand, wie auch der nirgend in Deutschland vollständigen municipalen Litteratur, theils auch zu plan- mässiger Einleitung der von Deutschland aus allzu schwerfälligen epigra- phischen Correspondenz ist ein in Italien verweilender Mitarbeiter dein bezweckten epigi-ajjhischen Unternehmen gleich bei dessen Anbeginn durch- aus nothwendig, wie denn auch nur durch so nahe Anregung Borghesi's thätige Theilnahme an demselben verbürgt werden kann. Hiernach ist es zum Gelingen des bezweckten epigraphischen Unternehmens unabweislich, neben den in Deutschland für einen lateinischen Inschriftenschatz zu ver- anstaltenden Vorarbeiten ^ andere von unmittelbar monumentaler Beziehung gleich zeitit»; in Italien zu veranlassen und zu diesem letzteren Behuf einen wenigstens eben so hohen Dispositionsfonds zu ermitteln wie für jenen ersten ■• . Die Beschlüsse der Klasse, am ii.Juni von der Gesammt- Akademie genehmigt, gingen ohne Berücksichtigung des Gerhard- schen Separatvotums am 1 8. Juni Savigny zu. Dass er mit ihnen unzufrieden sein musste, unterliegt keinem Zweifel; er berieth sich mit Gerhard", und dieser richtete am 20. Juni an die Akademie eine Denkschrift^, in der er mit siegreichen Argumenten nachwies, dass die epigraphischen Forschungen in Italien unverzüglich be- ginnen müssten und dass Hr. Mommsen der richtige Mann sei, sie durchzuführen. Er fasste seine Darlegungen in folgenden Antrag zusammen : »Die Akademie möge, in fernerer Erwiderung auf Hi'n. von Savigny's grossmüthiges Anerbieten die Ausführung eines Corpus Inscriptionum Lati- narum betreffend, denselben auf den ferneren Zusammenfluss günstiger ^ Die in Deutschland auf Grund des gedruckten Materials zu leistenden Vor- arbeiten wollte Gerhard also nicht hemmen. ^ Das ergiebt sich mit Wahrscheinlichkeit aus der gleich anzuführenden Denk- schrift Gerhard's. ^ Abgedruckt im Ui'kundenband Nr. 215. Das Corpus Inscriptionum Latinarum. 907 Umstände aufmerksam machen, welche dui'ch BorghesTs von ihm selbst erwogene Willfährigkeit, durch die Persönlichkeit der HH. Henzen und MoMMSEN u. A., wie auch durch den neuesten römischen Regierungswechsel zur Erlangung genauer A])schriften vieler theils unbekannter, theils unzuver- lässig bekannter Inschriftsteine gerade jetzt dai'geboten sind und zugleich für die bibliotliekarischen Inschriftsammlungeu Roms, Turins, Mailands und andere, ferner zur Erwerbung wichtiger Arbeiten Borghesi's, benutzt werden könnten, wenn eine Summe von etwa 2000 Thlr. erlangt werden kann, um unter Aufsicht und Verantwortung der Akademie dem Dr. MoMMSEN zur Realisation so wichtiger Vermehrungen des bisherigen epi- graphischen Apparats zu dienen.« Die Akademie vermochte sich diesem Antrage Gerhard's niclit zu verschliessen , denn unter den Argumenten, die er geltend ge- macht hatte, befand sich am Schluss folgendes: "Ich glaube endlich noch darauf aufmerksam machen zu müssen, dass Hr. von Savigny, ohne dessen Zuversicht, eine Königliche Unter- stützung zu erwirken, von diesem epigraphischen Unternehmen gar nicht die Rede sein könnte, ein durch bekannte Aufopferungen bethätigtes be- besonderes Gewicht auf die Prüfung und Abschrift epigraphischer Denk- mäler, namentlich unedirter, legt und, bevor iiber die Befür- wortung solcher monumentaler Arbeiten seitens der Aka- demie nicht entschieden ist, vermuthlich auch die einst- weilen ihm zugegangene Empfehlung litterarischer und in Deutschland ausführba i-er Arbeiten für's erste noch auf sich b e r u li e n lassen d ü r f t e. " In die heilsame Zwangslage versetzt, entweder für epigraphi- sche Forschungen in Italien einzutreten oder den Gedanken an das Corpus überhaupt aufzugeben , entschied sich die Akademie für Jenes und überliess es in Bezug auf die Formulirung des neuen Votums laut Protokoll dem dirigirenden Secretar, »zu beachten, dass die Klasse nicht in Widerspruch mit ihrem Gutachten vom 26. Mai (bez. 18. Juni) komme«. Am 23. Juli ging ein Schreiben an Savigny ab, in welchem es u, A. hiess: ^Wenn die Akademie sich gegen kostspielige Reisen nach Italien erklären zu müssen glaubte und die Sammlung des Materials, welches in gedruckten Werken vorliegt, für das nächste und dringendste Bedürfniss erklärte, so wollte sie hiei-mit keineswegs ausschliessen, dass gleichzeitig für das Beschaffen von Copien durch Gelehrte, welche bereits in Italien sind, gesorgt werden könne u. s. w. . . . Da nun der Dr. Mommskn sich be- reits in Italien befindet, mittlerweile auch den Mitgliedei-n der Klasse meh- rere Beweise seiner epigraphischen Thätigkeit und Geschicklichkeit vor- gekommen sind, so hat die Mehrheit der Klasse kein Bedenken getragen, die Vorstellung des Hrn. Gerhard zu der ihrigen zu machen , und wir stellen daher Ew. Excellenz anheim , zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes von Sr. Majestät dem König eine Geldsumme zu erbitten, welche zur Honorirung des Dr. Mommsen und einiger anderen in Italien lebenden deutschen Gelehrten, die ihm Hülfe leisten möchten, anzuwenden sein würde. « I 908 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). Jetzt richtete Savigny am i 2. September 1846 eine Immediat- eingabe an den König^ und bat um die Gewährung von 4000 Thlr., 2000 für die in Berlin vorzunehmende Verarbeitung des gedruckten Materials und 2000 für die epigraphischen Forschungen in Italien. Der König gewälirte die Summe aus dem Dispositionsfonds. Kurz vorher traf das Manuscript der »Samnitischen Inschriften« in Berlin ein. MoMMSEN hatte gegen 450 echte Inschriften gesammelt und geordnet, von denen noch nicht 100 in den grossen Sammlungen standen und gegen 150 ungedruckt waren. Damit war der Bew^eis geliefert, dass das Corpus auf locale Forschungen zu gründen sei. Allein die Akademie, der der jüngere Zumpt im October eine aus- führliche Denkschrift über die Sammlung, wie er sie herausgeben wolle, eingereicht hatte ^, hielt noch immer an der Meinung fest, dass die Bearbeitung des gedruckten Materials die Grundlage bilden müsse. Sie Hess sich auch nicht irre machen durch die Abhandlung, welche ihr MoMMSEN (Rom, Januar 1847) vorlegte: »Über Plan und Aus- führung eines Corpus Inscriptionum Latinarum , gedruckt als Hand- schrift für die Herrn Mitglieder der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin«. In dieser Denkschrift^, die für die Her- stellung des Corpus maassgebend geworden ist, ist die Aufgabe mit sicherer Hand umschrieben. Die Noth wendigkeit, das gedruckte Material zu benutzen, ist natürlich nicht verkannt: »Beim ersten Beginn des Unternehmens wird man gegen fünfzehn Foliobände zu zerschneiden haben, um nur die Grundlage der Arbeit zu gewinnen«; aber »diese wesentlich mechanische Arbeit, der jeder Gymnasiast vollkommen gewachsen ist, dem Herausgeber persönlich aufzubürden, wäre eine übel verstandene Sparsamkeit«. Weil Mommsen den Um- fang der localen Forschungsarbeit bereits überschaute, so hütete er sich, einen genauen Voranschlag in Bezug auf die Kosten und die Zeit* zu machen: » Das Unternehmen ist weitläufig und kost- bar; sind bedeutende Geldkräfte und geeignete Individuen nicht zur Disposition, so ist es besser, dasselbe zu ver- tagen«. Eines aber kann schon jetzt geschehen: die Inschriften bestimmter Gebiete können aufgearbeitet werden. »Die von mir in Folge der liberalen Bewilligungen der Königlich Preussischen ^ Abschrift im Akademischen Archiv. 2 Siehe Akademisches x\rchiv; die Denkschrift umfasst 28 Seiten. ^ Abgedruckt im Urkundenband Nr. 216. * In einem sjjäteren Schi-eiben (Juni 1847) veranschlagte er die für Forschun- gen in Italien und Osterreich nöthige Zeit auf sechs Jahre. Das Corpus Inscriptionum Latinarum. 90i) Akademie der Wissenscliaf'ten gesammelten Materialien setzen mich jetzt schon in den Stand zur Herausgabe der sämmtlichen In- schriften des Königreichs Neapel — auch in epigraphischer Hinsicht der vernachlässigtste und unbekannteste Theil Italiens — , gestützt auf Abschriften aller Steine im Museo Borbonico, deren über 2000 sind, und der sämmtlichen noch existirenden Dipinte und Graffite von Pompeji, auf Bereisung der meisten und wichtigsten Provinzen des Königreichs dies- und jenseit des Faro und auf ein umfassendes Studium der einheimischen Litteratur. Es ist dies für ein künftiges Corpus Inscriptionum Latinarum kein geringer Gewinn und für mich keine kleine Freude, diese meine Sammlungen als Vorarbeit dazu betrachten zu dürfen.« In der epigraphischen Commission der Akademie — Pertz war zurückgetreten, Gerhard, Lachmann und Meineke neben Dirksen und ZuMPT neugewählt — war man darüber einig, dass Mommsen im Auftrage und mit Unterstützung der Akademie seine epigraphischen Forschungen in Italien fortsetzen solle; aber ül)er die Frage, ob die Excerpten- Sammlung als selbständiges Unternehmen zu veran- stalten und ZuMPT mit ihr zu betrauen sei, waren die Ansichten verschieden. Mit Recht urtheilte Gerhard, dass eine uidi eilvolle Zweitheilung entstellen werde; die Arbeit dürfe nur in einer Hand liegen. Er blieb in der Minorität: in der Klasse setzte es Böckh durch, dass Zumpt jun., selbständig und von Mommsen unabhängig, mit 400 Thlr. Gehalt für die Bearbeitung des gedruckten Materials angestellt wurde (Februar 1 847), während es sich doch nur um eine nützliche Hülfsarbeit handeln durfte, die der in Italien reisende Forscher nach seinen Bedürfnissen zu dirigiren hatte. Mommsen, von jenem Beschlüsse in Kenntniss gesetzt, schrieb der Akademie (Juni 1847): "Für den Fall, dass man mich weiter für das Coi'pus beschäftigen will und die Sammlung zu Stande kommt, wünsche ich die schriftliche Zusicherung, dass ich keinem der etwanigen ■Mitarbeiter auf dem Titel- blatte oder in der Arbeit untergeordnet werde und mir ausschliesslich die Redaction derjenigen Abschnitte bleibt, zu denen ich jetzt auf Reisen die Materialien sammle. Für den Fall, dass die Sammlung nicht in ihrem ganzen Umfange ausgeführt wird, wünsche ich die scliriftliche Zusicherung, dass in jedem Puidvte, wo die Arbeit eingestellt werden wird, man mir die Mittel suppe- ditiren werde, das bis dahin Gesammelte zu bearbeiten und zu publiciren. Falls man mir keine weiteren Ai-beiten für das Corpus zu übertragen denkt, so erbitte ich mir eventualiter die INIittel , um die sämmtlichen In- schriften des Königreichs Neaj^el — etwa 6000 — als besondere Sammlung und nicht als Specimen oder Bestandtheil eines mich nicht angehenden 910 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). Corpus zu publiciren. Dass die Sammlung den Druck verdient, dafür be- ziehe ich mich auf Borghesi's dies fälliges Schreiben an Hrn. Prof. Gerhard; ich erbitte hierfür i. eine Unterstützung auf sechs Monate, um die Redac- tion der Sammlung für die noch fehlenden Provinzen zu beendigen , so dass der Druck Ostern 1848 beginnen kann, 2. die Anweisung der für den Druck nöthigen Fonds zu diesem Termin, so dass ein ungesäumter Beginn und stetiges Fortschreiten des Drucks zugesagt wird. Meine Privatverhältnisse zwingen mich, auf diese wie auf jene Even- tualität schleunige Antwort zu ei'bitten, so dass ich Ende Juli d. J. im Klaren wäre, ob ich fernerhin mit epigraphischen Ai-beiten mich zu be- schäftia'en oder die Habilitation auf einer deutschen Universität nachzu- suchen und mich anderen Studien zu widmen habe». Die Verhandlungen , die nun in der epigraphisclien Commission und in der Klasse folgten, waren höchst unerquicklich. Die Pro- tectoren Zumpt's jun. wollten ihm volle Selbständigkeit neben Momm- SEN lassen und scheuten sich zugleich vor den grossen Ausgaben, die der italienische Plan erforderte; aber Mommsen's Leistungen, unterstützt durch das glänzende Urtheil, welches Borghesi über sie gefällt hatte, sprachen für sich selbst und gewannen ihm neue Freunde, die freilich noch nicht durchzudringen vermochten. Im October 1847 bat Lachmann, neben Gerhard nun Mommsen's eifrig- ster Vertheidiger, die Klasse, seinen Austritt aus der Commission zu genehmigen, da er es mit seinem Gewissen nicht verantworten könne, die unzweckmässige Scheidung der Geschäfte zwischen Zumpt und MoMMSEN mit anzusehend Man hatte nämlich beschlossen, Mommsen's Ersuchen, ihm die ZuBiPTischen Ausschnitte zu überant- worten, abzuschlagen und die Arbeit so zu theilen, dass Mommsen die Communal-, Zumpt die Staats -Inschriften herausgeben solle. Mommsen war bereit, in eine geographische Theilung zu willigen, aber bestand auf seiner vollen Selbständigkeit Zumpt gegenüber: er wollte lieber mit der Akademie brechen als sich in eine unheilvolle Collaboration hineindrängen lassen. Allein die Akademie verharrte gegen Pertz, Bekker, Jakob Grimm und Gerhard bei ihrem Beschlüsse (December 1847), so dass Mommsen bereits seine epigraphische Thä- tigkeit, soweit sie von der Akademie abhing, als beendigt ansah und nur noch eine Unterstützung für die Herausgabe der neapoli- tanischen Inschriften erbat. Gegen dieses Gesuch sprachen Böckh und Dirksen als gegen eine unerhörte Forderung — es handelte sich um 1 200 Thlr. — , aber Gerhard setzte es schliesslich doch durch (Januar 1850), dass die Akademie w^enigstens 600 Thlr. be- willigte, um die »Neapolitanischen Inschriften« gleichsam als Probe- ^ Er trat wirklich aus. Das Corpus Inscriptionuin Latinarum. 911 band einer neuen, grossen Sammlung ausgehen zu lassend Diese selbst war freilich noch lange nicht gesichert, schien vielmehr auf unbestimmte Zeit vertagt zu sein. Im folgenden Jahre deckte Gerhard in einem scharfen Gut- achten die Mängel der Zu-MPx'schen Arbeit auf. der fünf Jahre lang Ausschnitte gemacht und geordnet hatte (9. Juli 1851). Bisher war die Commission immer mit den Berichten , die Zumpt eingesandt hatte, zufrieden gewesen; jetzt zeigte es sich, wie unzureichend seine Leistungen waren. Die epigraphische Commission — sie be- stand aus Gerhard, Dirksen, Pinder und Lepsius"^ — beschloss, seine Arbeit einzuschränken, um sie endlich zum Abschluss zu bringen. Dass durch ihn kein Corpus der lateinischen Inschriften, ja nicht einmal eine brauchbare Vorarbeit hergestellt werden würde, war nun endlich Allen klar. Im Jahre 1853 wurde er bei Seite geschoben. Mommsen's «Inschriften des Königreichs Neapel« waren erschie- nen; sie zeigten auch dem blödesten Auge, wie das Inschriften werk auszuführen sei^. Die Majorität musste jetzt capituliren. Der Ent- schluss wurde ihr durch eine neue Anregung erleichtert. Bereits am 10. April 1852 hatte der Minister der Akademie den Plan Ritschl's vorgelegt, »Monumenta Priscae Latinitatis« herauszugeben, und an- gefragt, ob die Akademie geneigt sei, ihn aus ihren Mitteln zu unterstützen. Die Frage wurde bejaht und zugleich beschlossen, diesen Band wo möglich als einen integrirenden Bestandtheil des «Corpus« erscheinen zu lassen. Fast gleichzeitig theilte Mommsen der Akademie mit, de Rossi undÜENZEN seien bereit (derErstere unentgelt- ^ Die Form der Bewilligung, über die man sich schliesslich einigte, war die, dass für jene 600 Thlr. die ganze MoMMSEN'sche Sammlung lateinischer In- schriften in den Besitz der Akademie überging, Mommsen aber mit der Herausgabe betraut wurde. ^ Lepsius war am 18. Mai 1850, Finder am 24. Mai 1851 in die Akademie aufgenommen und bald darauf in die Commission gewählt worden ; Pertz und Meineke waren aus derselben ausgeschieden. * Die Vorrede vom i.März 1852 (wieder abgedruckt im ersten Theil des 10. Ban- des des Corpus Insciiptionum Latinarum, 1883) mit der Widmung »Bartholomaeo Borghesio INIagistro Fatrono Amico«, ist durchweht von der Begeisterung für die neue epigraphische Wissenschaft und das schönste Document der Renaissance dieser Studien: »Septimus fere annus labitur, optime Borghesi, ex (pio pi-imum ascendi Sancti INIarini montem Appenninum Tuam domum petiturus, quam artis nostrae >I have suggested and urged, that in 1860, when the fifty years' jubilee of the Berlin University takes place, the two greatly sunken(!) establishments of the Academy of Arts and the Academy of Sciences should receive a new en- dowment. . . The Academy of Sciences, founded by Leibniz, ought to have an endow- ment of 30000 thalers annually, of which froin 15—18000 should go for the salaries, the rest for scientific enquiries". — Die Akademie selbst hat erst im Jahre 1865 (s. unten) Schritte gethan, um eine Erhöhung ihres Etats zu erlangen. ^ Die physikalisch - mathematische Klasse zählte am 3i.December 1840 sechs- undzwanzig Mitglieder, nämlich Gruson, Humboldt, Eyielwein, von Buch, Erman, Lichtenstein, Weiss, Link, Mitscherlich , Karsten, Encke, Dirksen, Ehrenberg, Grelle, Horkel, Klug, Kunth, Dirichlet, H. Rose, Müller, G.Rose, Steiner, Olfers, Dove , Poggendorff, Magnus; im December 1859 zählte sie dreiund zwanzig (10 von jenen und 13 neue; gestorben waren 16), nämlich Mitscherlich, Encke, Ehrenberg, H.Rose, G.Rose, Steiner, Olfers, Dove, Poggendorff, Magnus, Hagen, Riess, du Bois-Reymond, Peters, Braun, Klotzsch, Beyrich, Ewald, Rammelsberg, Kümmer, Borchardt, Weierstrass, Reichert. Die philosophisch -historische Klasse zählte am 31. December 1840 nur achtzehn Mitglieder, nämlich Ideler, Savigny, Böckh, Bekker, C. Ritier, Bopp, Raumer, Meineke, Lachmann, Hoffmann, Eichhorn, Ranke, Graff, Zumpt, Steffens, Gerhard, Panofka und Neander; im December 1859 zählte sie dreiuudzwanzig (7 von jenen und 16 neue; gestorben bez. ausgeschieden waren 11), nämlich Savigny, Böckh, Bekker, Bopp, Meineke, Ranke, Gerhard, J. Grimm, Schoit, H. E. Dirk- sen, Pertz, Trendelenburg, Lepsius , Homeyer, Petermann, Pinder, Buschmann, Riedel, Haupt, Kiepert, Weber, Parthey, Mommsen.] In der Zeit Friedrich Wilhelm's IV. aufgenommen, aber vor Januar 1860 bereits wieder verstorben waren sechs (von der Hagen, W.Grimm, Schelling, Jacobi, Dieterici, Eisenstein); aufgenommen, aber ausgeschieden (einem Rufe nach Göttingen folgend): Curtius. Es sind somit unter Friedrich Wilhelm IV. 36 Mitglieder aufgenommen worden und 34 ausgeschieden (30 durch den Tod, 4 durch Austritt, nämlich Raumer, Eichhorn, Dirichlet und Curtius). Die Akademiker, 915 Regierungszeit Friedrk^ii Wilhelm's IV. In dem Zeitraum von 1841 l)is 1849 hat die physikalisch -mathematische Klasse nur zwei hoch- betagte und längst nicht mehr wirksame Mitglieder durch den Tod verloren (Horkel gest. 1846, und Eytelwein gest. 1849) und nur drei neue Mitglieder aufgenommen (Riess und G.Hagen 1842, Ja- coBi 1844). Ihre Zusammensetzung ist also bis 1849 wesentlich unverändert geblieben'. Aber auch die philosophisch- historische Klasse verlor in den Jahren 1 841 — 1849 nur fünf Mitglieder durch den Tod (Graff gest. 184 i, Steffens gest. 1845, Ideler gest. 1846, Hoffmann gest. 1847, Zumpt gest. 1849). ^^ ^i^ Verstorbenen in der Akademie theils überhaupt nicht, theils in dem letzten Jahr- zehnt nicht mehr bedeutend hervorgetreten waren, so veränderte ihr Ausscheiden die Signatur der Klasse nicht erheblich ; aber der Austritt F. VON Raumer's und Eichhorn's (i 847) und die Aufnahme der Brüder Grimm (1841), Schelling's (1842), Pertz' (1843), Trendelen- burg's (1846)"" gab der Klasse ein etwas anderes Gepräge. Doch noch regierten die Akademiker aus der Zeit Friedrich Wilhelm's III. und bestimmten den Geist und die Haltung der Akademie. Der grosse Wechsel fällt erst in das Jahrzehnt 1850— 1859. Dreiund- zwanzig Mitglieder starben in diesem Zeitraum^ (unter ihnen Link, Jacobi, Lachmann, Erman, von Buch, Schelling, Weiss, Lichten- vStein, Johannes Müller, Alexander von Humboldt, Carl Ritter, W. Grimm), vieruiidzwanzig neue wurden aufgenommen*; Savigny, BöcKH, Bekker, Bopp, J. Grimm und wiederum Mitscherlich , Encke, Ehrenberg, die alten Führer, wurden Veteranen: wer sich um das Jahr 1849 in der Akademie umsah, konnte den Wechsel gegenüber dem Ende der dreissiger Jahre nicht erheblich finden; wer um 1859 Umschau hielt, erblickte fast eine neue Akademie vor sich. Wir versuchen es , die innere Geschichte der Akademie in den beiden Jahrzehnten zu erzählen und dabei die neuen Mitglieder, die sie damals gewonnen hat, mit einigen Strichen zu charakterisiren — soweit es die Rücksicht erlaubt, die der Historiker zu nehmen hat, wenn er sich der Gegenwart nähert. ^ Jacobi war bereits seit 1836 auswärtiges Mitglied. ^ Ausser diesen wurden damals auch von der Hagen (1841), Schott (1841), H. E. DiRKSEN (1841) und Dieterici (1847) aufgenommen. ^ Gegen sieben in den Jahren 1841 — 1849I * Gegen zwölf in den Jahren 1841 — 1849! Unter den aufgenommenen waren Lepsics, Homeyer, du Bois-Reymond, Curtius, Kiepert, Haupt, Rammelsberg, Kummer, Weierstrass, Weber, Mommsen und Reichert, um nur diese Namen zu nennen. 58* 91G Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). Seit (Ireissig- Jahren war die Akademie wirklieh eine deutsche; aber es war doch noch ein besonderes Glück für sie, dass ihr im Jahre 1841 in den Brüdern Grimm die beiden Forscher zugeführt wurden, in denen sicli die deutsche Art gleichsam verklärt dar- stellt: segensreicher konnte die Regierung Friedrich Wilhelm's IV. für die Akademie nicht beginnen als mit der Berufung der Brüder Grimm, auf deren Worte die Nation im Palast und in der Hütte lauschte und in denen die deutschen Alterthumsforscher ihre Meister erkannten — »in Geist, Gesinnung, Leistung ein Stolz der deutschen Gelehrtenwelt für alle Zeiten ^'. Als sie in Berlin einzogen, standen sie bereits auf der Höhe ihres Ruhms; weit zurück lagen die »Altdeutschen Wälder« (1813 bis 18 16) und die »Kinder- und Haus-Märchen« (181 2-1822), jene Sammlungen volksthümlicher Poesie aus Litteratur und mündlicher Überlieferung, aber sie eroberten sich die Herzen jeder neuen Ge- neration. Zweiundzwanzig Jahre waren bereits vergangen seit dem Erscheinen des ersten Bandes der »Deutschen Grammatik« ; in der zweiten Ausgabe desselben (1822) war jene »Lautlehre« ausgeführt, durch welche Jakob Grimm als Entdecker von »Lautgesetzen« neben Wilhelm von Humboldt und Bopp der Begründer der modernen Sprachwissenschaft geworden ist. Vier Jahre vor der Übersiedelung nach Berlin war der vierte Band dieses monumentalen Werkes, der ersten historischen Grammatik, vollendet worden. Aber über das Alles: seit einem Menschenalter war das Brüderpaar tliätig, der Nation aus Sprache, Sage und Poesie ein Heiligthum zu bauen und das deutsche Gemüthsleben aus seinen Quellen zu tränken. Gewiss, sie waren Romantiker, wenn sie vom Volksliede, das sich selbst ^ Vergl. ül)er sie Scherer in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 9 S. 6780". 690 ff. ; dort ist auch die Litteratur verzeichnet. Akademische Gedächtniss- reden fehlen. Beide Brüdei- sind in Hanau geboren, Jakob am 4. Januar 1785 (gest. 20. September 1863), Wilhelm am 24. Februar 1786 (gest. 16. December 1859); am 9. März 1841 wurden Beide ordentliche Mitglieder der Akademie (Jakob war bereits seit 1832 auswärtiges Mitglied). Um ihre Berufung (s. über dieselbe und über die vorangegangene Entlassung Sybel in den Sitzungsberichten 1885 S. 27 ff.) haben sich Bettina von Arnim und Humboldt verdient gemacht. Mit Freuden genehmigte der König die Berufung der beiden in Hannover geächteten Brüder, die sich nach Kassel in die Stille zurückgezogen hatten, weil er sie selbst hochschätzte und sich über die politischen Bedenken der Hochconservativen hinwegsetzte. Schon als Kron- prinz hatte er sich bemüht, sie für die Akademie zu gewinnen, war aber damit noch nicht durchgedrungen. »Ich habe unser Schiff«, schrieb er damals an Bettina VON Arnim, »mehrmals bis dicht an den Hafen gebracht, habe noch nicht landen können, bin aber auch nicht gescheitert« (Sybel, S. 34). Die Brüder Grimm. 917 dichtet, liandeltcii, den unergründlichen Tiefsinn der »Sage« dar- legten, den »Verfall« der Sprache beklagten und ein verlorenes Paradies an den Anfang unserer Geschichte stellten \ aber sie waren Romantiker mit dem edlen Schwciss der Arbeit auf der Stirn und hellen Blickes. Aus dieser Romantik, die sich in die strenge Schule Savigny's begeben und von ihm die Bedeutung rechtlicher Institu- tionen und die historische Betrachtungsweise gelernt hatte, ist die deutsche Philologie geboren. Was ihr noch an Nüchternheit fehlte, konnte sie bald gewinnen; den edlen Schwung, den tiefen Sinn und das warme Verständniss für den eigenen Herd haben die Brü- der erweckt. Sie haben nicht gefeiert, nachdem sie nach Berlin übergesiedelt waren. Hier ist das »Deutsche Wörterbuch« entstanden; hier hat Jakob Grimm die neuen Auflagen der »Deutschen Mythologie« be- arbeitet und die »Geschichte der deutschen Sprache« (1848) ge- schrieben: bis zu seinem Tode reihte sich ihm eine sprachliche Aufgabe an die andere. Hier hat Wilhelm Grimm seine zahlreichen Ausgaben altdeutscher Schriftwerke erscheinen lassen, ausgezeichnet durch reiche Beigaben zur litterarhistorischen Charakteristik und Verwerthung. Aber die Akademie ist Jakob Grimm noch zu be- sonderem Dank verpflichtet : in ihren Schriften sind jene Abhand- lungen und Reden erschienen, die die schönsten Perlen in seinen ^ Von der »Deutschen Mythologie« sagt Schkrer: "Sie verzichtete auf die Erkenntniss des mythischen Gehalts der alten Heldensage; sie nahm dagegen die \'olksül)erlieferung der Gegenwart imd der modernen Jahrhunderte überhaupt, Aber- glaulien, Märchen und Sagen, ja die Poesie des 13. Jahrhunderts, allzu vei-ti-auens- voll als Quelle hin; auch entschieden christliche Vorstellungen wurden nicht erkannt. Grimm war geneigt, alle Volksüberlieferung wie eine unterste geologische Schicht zu betracliten, welche durch alle Jahrliunderte hin verhältnissmässig treu bewahrt sei. Er hielt sich nicht genug gegenwärtig, dass aus der obersten Schicht der Bildung immer einzelne Elemente populär werden, durch alle Stände gleichsam hin- durchsickern und in jener untersten Schicht fortleben. Der grosse Fehler des Buchs, das auf die nächsten Nachfolger nicht günstig einwirkte, lässt sich als Mangel an Kritik bezeichnen. Trotzdem ist es ein bezauberndes Buch, und der grosse Erfolg, den es hatte, war vollkommen begreiflich. Gerade die unhistorische Vermischung der Zeiten ergab eine Art Idealljild der Vorstellungen vom Übersinnlichen beim deutschen Volke, einen symbolischen Ausdruck des deutschen Glaubens, so weit er nicht der officiell christlichen Dogmatik angehört. Die unbefangene Freude am Poetischen bewahrt den Verfasser vor dem verführerischen Drange nach iNIythcn- deutung, so dass ein klarer, unbefangener Geist ohne theoretische Nebenabsichten uns durch eine schöne, reich bevölkerte, ideale Welt hindurchführt, welche eine gewisse sehnsüchtige Stimmung erweckt, wie sie erwachsene Menschen nach ihrer Kindheit empfinden können«. 918 Die Akademie Friedrich Wilhklm's IV. (1840-1859). Werken sincr. Erinnert sei nur an den Aufsatz «Über das Pe- dantisclie in der deutschen Sprache« (1847), an die Rede »Über Schule, Universität, Akademie« (1849)-, an die Gedäclitnissrede auf Lachmann (1851), an die epochemachende Untersuchung »Über den Ursprung der Sprache« (185 1), an die reizende Abhandlung »Über Frauennamen aus Blumen« (1852) und über das Alles an die »Rede aufScmLLER« (1859). Was er in ihr über Goethe und Schiller ge- äussert hat, gilt doch auch von dem Brüderpaare: »Man sagt, dass Weinjahre jedes elfte wiederkehren und dass dann öfter zwei ge- segnete Lesen hintereinander fallen; die Natur ist mit dem Saft der Trauben freigebiger als mit ihren Genien. Nebeneinander stiegen sie uns auf, Jahrhunderte können vergehen, eh ihres Gleichen wieder geboren wird. . . An ihren Namen wird das deutsche Volk stets die Vorstellung von der reinsten Empfindung und dem tiefsten Verständ- niss seines eigenen Wesens knüpfen^«. ^ Merkwürdig ist, dass Jakob Grimm, der einen so ausgeprägten Sinn für das Kindlich -Reine und für die Hoheit der Einfalt besessen hat, seine eigenen Schriften zwar in einem reinen , aber keineswegs in einem scliUcliten und einfachen Stil geschrieben hat. 2 In dieser Abhandlung ist zum ersten Male wieder seit Wilhelm von Hum- boldt's Denkschrift das Verhältniss von Univei'sität und Akademie beleuchtet. ^ Mit den Grimm's zusammen wurden F. H. von der Hagen (geb. 19. Fe- bruar 1780 zu Schmiedeberg in der Uckermark, gest. 1 1. Juni 1856), Heinruh Eduard Dirksen (geb. 13. September 1790 zu Königsberg, gest. 10. Februar 1868) und W. Schott (geb. 3. September 1802, gest. 21. Januar 1889) in die Akademie aufgenommen. Die Wahl des Ersteren, der seit 1824 die Professur der deutschen Philologie an der Universität Berlin bekleidete und einst in schwerer Zeit die deutschen Herzen am Nibelungenlied entzündet hatte, war neben dei- der Brüder Grimm, seiner Rivalen, nicht leicht zu rechtfertigen; denn so anerkennenswerth der rastlose Fleiss gewesen ist, mit dem er zahlreiche Denkmäler unserer Litteratur der Forschung zugänglich gemacht hat, so unmethodisch und kritiklos war sein Verfahren als Herausgeber: indem er sich in steigendem Maasse gegen die Me- thode, wie Lachmann sie übte, verhärtete und gegen die GniMM'schen Forschungen verschloss , blieb er hinter der fortschreitenden Wissenschaft immer mehr zurück und erschwerte selbst die Anerkennung seiner Verdienste am meisten. — Dirksen's geschichtliche Untersuchungen auf dem Gebiete der römischen Rechtsgeschichte — 27 sind in den akademischen Abhandlungen veröffentlicht — werden von Juristen geschätzt (s. Muther in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 5 S. 253^); die Historiker urtheilen minder günstig über sie. Im Gedächtniss der Akademie hat er sein Andenken getrübt durch den zähen Widerstand, den er als Mitglied der epi- graphischen Commission der Ausführung des MoMMSEN'schen Corpus Inscriptionum Latinarum entgegengesetzt hat. — In W. Schott erhielt die Akademie einen aus- gezeichneten Kenner des Chinesischen und der finnisch -tatarischen Sprachen; das Studium der letzteren Sj)rachen ist erst durch ihn in Deutschland begründet worden. Seine Vorträge und Mittheilungen erstreckten sich über einen grossen Theil Asiens und selbst weiter, von der Grammatik und Litteratur Chinas bis zu den finnischen J. U.W.Grimm, von der Hagen, H. E. Dirksf.n, Schott, Schellinm.. Uli) In demselben Jahre, in welchem die Brüder Grimm in Berlin einzogen, kam auch Schelling\ Er sollte die »Drachensaat des HEGEL'schen Pantheismus« zerstören; »nicht wie ein gewöhnlicher Professor, sondern als der von Gott gewählte und zum Lehrer der Zeit berufene Philosoph« sollte er kommen, hiess es in dem von BuNSEN im Sinne des Königs concipirten Berufungsschreiben. Der König fühlte sich selbst durch ihn angezogen, durch Schelling's ideale Anschauung der Kunst, durch die an's Positive anklingende Betrachtung des Christlichen, durch die feierliche Schönheit seiner Sprache, vielleicht auch durch die klassische Vornehmheit seines persönlichen Wesens, Am 1 5. November 1841 hielt der 65 jährige Philosoph jene Antrittsrede, in der er dem glänzend besetzten Audi- torium »eine das menschliche Bewusstsein über seine gegenwärtige Grenze erweiternde Philosophie«, »eine neue, bis jetzt für unmög- lich gehaltene Wissenschaft« verhiess. Die Schule, zu deren Be- kämpfung er berufen war, war in seinen Augen schon gerichtet; denn was sie an Wahrheit besass, stammte — so verkündete der Philosoph — von ihm , das übrige aber sei nichts als hohle Be- griffe: »Wenn es geregnet hat, träufelt es von den Dächern; erst bin ich gekommen, dann Hegel«. Es ist auch heute noch nicht möglich, über die Bedeutung der Philosophie Schelling's ein abschliessendes und gerechtes Urtheil zu gewinnen. Der Zorn und Abscheu, den seine naturphilosophischen Aii- maassungen bei den exacten Naturforschern mit Recht hervorgerufen haben, liegt noch immer wie ein Bann auf ihr. Aber sollte sich auch das Urtheil zu seinen Gunsten noch mehr ändern , als es sich bereits geändert hat, seine letzte Berliner Periode wird schwerlich je in einem günstigeren Lichte erscheinen. Nach füiifundzwanzigjähri- gem Schweigen — so lange hatte er dem Laufe der philosophischen Entwicklung zugesehen . ohne einzugreifen — versuchte er zu reden, weil er reden musste, weil er in helldunkeln Andeutungen verkün- Runen, und wiederum von den Chinesen bis zu den Türken, von den Sprachen des Altai bis zu der Sprache von Siam. Mit Vorliebe machte er in den letzten Jahren in der Akademie Mittheilungen aus der modernen chinesischen und japani- schen Litteratur. ' Da er seit 1832 auswärtiges Mitglied der Akademie war, so trat er ohne Weiteres nun als ordentliches ein. Doch verzögerte sich der Eintritt bis zum 28. Juni 1842, da er zunächst nur mit Urlaub, erst im folgenden Jahre definitiv nach Berlin übersiedelte. Mit ihm zusammen wurde der Physiker Riess (s. oben S.812) und der physikalische Mathematiker G. Hagen (geb. 3. 3Iärz 1797, gest. 3. Februar 1884) aufgenommen. ^)20 Die Akademie Friedrich Wilhei^i's IV. (1840-1859). det hatte, dass er die wahre, alle Nebel zerstörende Philosophie besitze. Allein was er vortrug, jene »Philosophie der Mythologie und der Ofienbarung«, konnte keine dauernde Theilnahme erwecken, zumal da ihr Urheber sein letztes Geheimniss doch nicht preisgeben wolltet Bereits im Jahre 1846 stellte Schelling seine Vorlesun- gen ein — «il n'avait fait ä Berlin que de la philosophie pour le roi de Prusse«, schrieb Mignet mit beissender Ironie — ; nur in der Akademie las er auch weiter noch über seltsame Themata, wie »Über die principielle Ableitung der drei Dimensionen«, »Über die Quelle der ewigen Wahrheiten«, veröffentlichte aber schlech- terdings nichts in den »Abhandlungen'"«. Die Akademie kam ihm mit höchstem Respecte entgegen und Hess sich darin nicht beirren. Die älteren Mitglieder vergassen es nicht, dass sie sich in ihrer Jugend an seinen »Ideen zu einer Philosophie der Natur« erhoben, an seinen Untersuchungen über die Freiheit begeistert hatten^; aber ^ Alexander von Humboldt, der früher Schelling gern in Berlin gesehen hiitte, ihn jetzt aber nicht mehr wünschte, hatte richtig prophezeit, als er an Böckh schrieb, Schelling komme wahrscheinlich, um hier in BerHn »das fiinfte Weltalter mumienartig zu vollenden«. Die ersten Eindrücke, die vSchelling's Vorlesungen machten, hat der stets besonnen iirtheilende Vatke (Leben \'atke"s S.381) so zu- saimnengefasst: »Parturiunt montes — Schelling ist allerdings noch Philosoph, kein Gläubiger; er ist noch Naturphilosoph, nur in modificirter Gestalt; er ist positiver Philosoph in dem Sinne, dass er für das Traditionelle der Bibel und Mythologie künstliche Deutungen ersonnen, um es als historisches Moment festzuhalten.... Besondei's gekünstelt und verunglückt sind seine zahlreichen Bibelerklärungen. . . . Schelling ist mit der Wissenschaft nicht gehörig fortgegangen, hat nicht gehörig studirt, hat besonders von Hegel nichts lernen wollen«. Als er später gedrängt wurde, sein Urtheil über Schelling's Vorlesungen, die er regelmässig hörte, abzu- geben, fasste er es in das Wort zusammen: »Es ist Ausverkauf«. Viel härter noch hat sich Feuerhach geäussert (Wesen des Christenthums. 4. Autl. S.32), wenn er Schelling's letzte Philosophie »die theosophische Posse des philosophischen Cagliostro des 19. Jahrhunderts« nannte, »durch die Zeitungen förmlich als Staatsmacht procla- mirt" oder »die Philosophie des bösen Gewissens, welche seit Jahren lichtscheu im Dunkeln schleiche, weil sie wohl weiss, dass der Tag ihrer Veröffentlichung der Tag ihrer Vernichtung ist«. Das ungeheure Selbstbewusstsein Schelling's, während er letztlich doch seine Philosophie wie eine Geheimwissenschaft hütete, und die Staatsapprobation, die er nicht ablehnte, erklären dieses animose Urtheil, welches von der Nachwelt nicht getheilt wird. Dass Schelling unter allen nachkantischen Philosophen der umfassendste und tiefste gewesen ist, wird immer sicherer erkannt werden. Dass ei- in der lockeren Disciplin des metaphysisclien Denkens seine Spe- culationen verwildern Hess, ist freilich nicht zu leugnen. ^ In dem »Nachlass« ist später ein Theil jener Abhandlungen erschienen, »im Problem spannend, aber immer vor der Lösung abbrechend, meistens von Ari- stoteles ausgehend, aber zu Unaristotelischem hinstrebend« (Trendelenburg). ^ Man darf hier an eine Äusserung des nüchternen Niebuhr über Schelling erinnern (vom 28. September 1809, Lebensnachrichten Bd. I S.425f.); denn so wie SCHKLLING. 021 auch die jüngeren konnten sich dem Eindrucke der Superiorität sei- nes Geistes nicht entziehen. Am LEiBNiz-Tage 1855 wurden ihm — er war am 24. August 1854 gestorben — zwei GedächtnissrechMi in der Akademie gehalten. Böckh führte in seiner Festrede, viel- leicht der geistvollsten, die er verfasst, eine Parallele zwischen ihm und Leibniz durch \ und Brandis stellte die Bedeutung des Philo- er damals empfunden hat, empfanden Viele auch später noch: »Vieles sehr Schöne über Pantheismus im weiteren Sinn findet sich in Schelling's philosophischen Schrif- ten, in den Untersuchungen über die Freiheit. Hineindenken konnte ich mich beim Lesen dieser Abhandlung vollkonunen in sein System, aber es in mich hineinziehen, das wollte nicht gehen. Auch schaudert mii- bei der Anmaassung, den Himmel auch auf aufgethürmten Bergen ersteigen zu wollen, so lieb mir die weitere Aussicht von der Höhe herab ist. Die Abhandlung verdient sehr gelesen zu wei'den; sie ist voll Klarheit und Fiille. Was ihr fehlt, liegt in der Natur des fruchtlos verwe- genen Unternehmens, welches nach Begrenzung des Unendlichen strebt. Sonst fühle ich mich seit längerer Zeit, wie fast nie, zum Suchen des wahrhaft Wirklichen, des Lebendigen , hingezogen, und in der Hinsicht hat er mir wohlgethan. In vielen Pimkten habe ich mit wahrer Freude die innigsten Überzeugungen meiner lichtesten Stunden wiedergefunden. Aber zum Ziel vermag ich nicht auf seiner Leiter hinauf- zusteigen, noch mit den Fittichen Anderer zu iliegen«. ' Monatsberichte 1855 S.523ff. Böckh citirt als zutreffend folgende Ausfüh- rung Schelling's (Ideen zu einer Philosophie der Natur, i.Th. 2. Ausg. S.13): "Von jeher haben die alltäglichsten Menschen die grössten Philosoj)hen widerlegt, mit Dingen, die selbst Kindern und Unmündigen begreiflich sind. Man hört, liest und staunt, dass so grossen Männern so gemeine Dinge unbekannt waren, und dass so anei'kannt kleine Menschen sie meistern konnten. Viele sind übei'zeugt, Plato würde, wenn er nur Locke lesen könnte, beschämt von dannen gehen; mancher glaubt, dass selbst Leiexl/, , weiui er von den Todten aufei-stünde, um eine Stunde lang bei ihm in die Schule zu gehen, bekehrt würde, und wie viele Unmündige haben nicht über Spixoza's Grabhügel Ti'ium[)hlieder angestimmt! . . . Was war es docli, so sagen die Menschen von gemeinem Sinn, was alle diese speculativen Geister antrieb, die gemeinen Vorstellungsarten ihres Zeitaltei-s zu verlassen und Systeme zu erfinden, die allem entgegen sind. \\as die gi-osse Menge von jeher geglaubt und sich eingebildet hat? Es war ein fi-eier Schwung, der sie in ein Ge- biet erhob, wo Ihr auch ilu'e Aufgaben nicht mehr versteht, so wie ihnen dagegen Manches unbegreiflich wurde, was Euch höchst einfach und begreiflich erscheint«. — In der Hochschätzung des »Mythus« als »Erzeugniss des uralten und uranfäng- lichen Enthusiasmus, in naturwüchsiger Verpuppung tiefe Ahnungen des Übersinn- lichen wie des Natüi'lichen und Menschlichen nach allen Beziehungen hin enthaltend« (S.544f.), war Böckh Schelling verwandt, aber die ^'ermischung der jNIythologie und der Philosophie lehnte ei- ab. »Wer sich aus der dialektischen Philosophie in den Mythos retten will, ist gewissermaassen auf demselben Wege wie die So- phisten, die aus Verzweiflung am Wissen sich auf die Rhetorik warfen.... Aber so hat es der Gewaltige [Schelling] sicherlich nicht gemeint, und fassten wir ihn so. würden wir zweifelsohne in das IMissverständniss gerathen, dessen Vermeidung ich gleich zu Anfang für schwierig erklärt habe. Denn obwohl Schelling alle Philosophie in eine neu zu schaffende Mythologie wollte zurücklliessen lassen, hat ei- doch neben der Philosophie der Mythologie und der Offenbarung seine voran- gehende Philosophie bestehen lassen.« 922 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). sophen an's Licht, «dessen Name mit Bewundemng und Ehrerbie- tung genannt werden wird, solange unermüdlicher Drang auch die schwierigsten Probleme zu lösen. Tiefe des schöpferischen Denkens und Kraft des Wortes in Ehren bleibt'«. In dem Jahre, in welchem Schelling als ordentliches Mitglied in die Akademie eintrat (1842), stiftete der König die Friedensklasse des Ordens pour le merite für ausgezeichnete Verdienste um die Wissenschaften und Künste". Indem er der Akademie ein Vorschlags- recht in Bezug auf die Ernennung auswärtiger Ritter verlieh, be- zeigte er ihr ein besonderes Vertrauend Auch den im Jahre 1844 vom Könige gestifteten Preis »für das beste Werk, welches im Be- reiche der deutschen Geschichte je von fünf zu fünf Jahren in deut- scher Sprache erscheint« (Verdun- Preis), setzte der Monarch mit der Akademie in Verbindung: in die Commission für die Ertheilung des Preises sollten regelmässig auch Akademiker gewählt werden \ Die Jahre von Schelling's Eintritt bis zum Januar 1847 ver- liefen äusserlich sehr still; abgesehen von der Festfeier, die am 4. August 1844 für Humboldt veranstaltet wurde — vor 40 Jahren war er von seiner amerikanischen Reise zurückgekehrt — , weiss die Chronik nichts Ungewöhnliches und Bedeutsames zu melden. Aber die Akademie gewann in jener Zeit vier neue Mitglieder, Pertz (1843), Jacobi (1844), Trend ELENBURG (1846) und Dieterici (1847), von denen drei Geist und Haltung der Körperschaft bestimmt haben. G. H. Pertz (geb. 28. März 1795 zu Hannover, gest. 7.0ctober 1876)^ war bereits im Jahre 18 19 auf Grund seiner Erstlingsschrift »Geschichte der Merowingischen Hausmeier« von der damals ge- stifteten »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« als Mit- axbeiter für die »Monumeiita Germaniae« angestellt worden. Seine zahlreichen Entdeckungen auf weiten Forschungsreisen und die Zu- verlässigkeit seiner Berichte und Editionen Hessen ihn bald als den 1 Abh. d. K. Preuss. Akad. d. Wiss. 1855 S. iff. ^ Siehe Urkundenband Nr. 218. ^ Für die Auswahl der Ritter sorgte besonders Alexander von Humboldt (s. seinen Briefwechsel mit Böckh). In einem Briefe von 1848 oder 1849 heisst es z.B.: «Trotz Mitscherlich, Liebig«. * Siehe die Allerhöchsten Erlasse, den Verdun -Preis betreffend, im Ur- kundenband Nr. 219. ^ Siehe über ihn Giesebrecht in den Sitzungsberichten der Münchener Aka- demie 1877 S. 65ff. ; Wattenbach in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 25 S. 406 ff. Der Orden pour Ic nuritc. Dci' X'crclnii- Preis. — Pertz. 923 geeignetsten Redactor des grossen Werkes und des mit ihm verbun- denen »Archivs« erscheinen. Dass das gewaltige Unternehmen wirk- licli zur Ausführung kam, ist wesentlich sein Verdienst, und er ist es gewesen, der die Quellen der karolingischen Periode zum ersten Mal mit philologisclier Sicherheit bearbeitet hat. Nach Stein's Tode wurde er (neben Böhmer) Director der »Monumenta« und leitete sie von Hannover aus. Aber die politischen Verhältnisse seiner Hei- math wurden ihm unerträglich, und so folgte er im Jahre 1842 mit Freuden einem Rufe als Oberbibliothekar nach Berlin. Der König hatte sich persönlich für die Berufung interessirt, auch war es ihm erwünscht, dass das nationale Geschichtswerk nun in der preussi- schen Hauptstadt geleitet wurde. Hier in Berlin hat Pertz die grosse Lebensbeschreibung des Frhrn. von Stein, dem er sich in seiner politischen Gesinnung verwandt fühlte, in sechs Bänden (1849 bis 1855) verfasst. In der Verarbeitung des Materials hat er kein Kunstwerk geliefert \ aber mit Freimuth veröffentlicht, was den grossen Staatsmann beleuchtete, und so doch ein Werk von grosser Wirkung geschaffen. Hier war der Grund gelegt zur Geschicht- sclireibung der Freiheitskriege. Pertz' Mittheilungen an die Aka- demie bildeten alle Seiten seiner Wirksamkeit ab; bald waren sie bibliographischen und litterarischen Inhalts, bald dem Gebiete der Monumenta, den Arbeiten für Stein's Leben oder den Vorarbeiten zu einer Ausgabe von Leibnizcus Werken entnommen. Ihm verdankt man es, dass Leibnizcus »Annales«, die noch immer der Druck- legung harrten, endlich an die Öffentlichkeit traten. Mit Bewunde- rung erkannte man in diesem umfangreichen Parergon des grossen Philosophen ein Geschichtswerk ersten Ranges, welches alles hinter sich liess, was das 1 8. Jahrhundert in der Geschichtschreibung ge- leistet hatte. Die Akademie nahm Veranlassung, nun auch die mathe- matischen Werke Leibnizcus herauszugeben ; Dr. Gerhardt wurde mit dieser Aufgabe betraut und hat sie in langer und mühsamer Arbeit würdig durchgeführt". Nicht verschweigen darf man, das PERTzens ' Auch seine Benut'/ung der archivalisclien Quellen ist nichts weniger als musterhaft gewesen, vielmehr durch selir bedenkliche Flüchtigkeiten entstellt. Als in Ranke's Gegenwart einmal über die Fehler der PERTz'schen Arbeiten geklagt wurde, lenkte er mit den Worten ab: «Seine Publicationen waren thatkräftig und zeitgemäss«. 2 Bei der Durchforschung der Manuscri])te gelang es Gerhardt auch, neue Beweise für die volle Selbständigkeit LEiBNizens in Bezug auf die Erfindung der Differential- und Integralrechnung zu entdecken. — Im Jahre 1846 liess die Aka- demie zur Feier des 200jährigen Geburtstages Leibnizcus eine Denkmünze schlagen. 1)24 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). Grundsätze in Bezug auf die Leitung der »Monumenta« und der Bibliothek immer starrer wurden. Seine Selbstherrlielikeit und Rück- sichtslosigkeit gegenüber seinen Mitarbeitern und gegenüber dem Publicum wurden geradezu unerträglich und hemmten in steigen- dem Maasse auch die Entwicklung der «Monumenta«, die er wie eine Art von Hausvermögen betrachtete. Über ihre neue Organi- sation, wie sie nach langen Verhandlungen (i 870-1 875) festgesetzt wurde, s. das folgende Buch. — Als Jacobi (geb. 10. December 1804 zu Potsdam, gest. 18. Fe- bruar 1851)^ im Jahre 1844 aus Königsberg nach Berhn versetzt wurde "^ galt er bereits unbestritten als der grösste deutsche Mathe- matiker neben Gauss. Als Jüngling hatte er geschwankt, ob er sich der Philologie oder der Mathematik zuwenden solle. Bereits hatte er sich unter Böckh's Leitung in jene Wissenschaft zu ver- senken begonnen; aber die Mathematik, die den Sechzehnjährigen so gefesselt hatte, dass er Kuler's »Introductio« studirte und über die Auflösung von Gleichungen fünften Grades nachsann, Hess ihn nicht los, und bald musste er erkennen, dass sie keine andere Herrin neben sich duldete. "Indem ich so doch einige Zeit mich ernstlich mit der Philologie beschäftigte" — schrieb er seinem Oheim — , "gelang es mii", einen Blick wenigstens zu thun in die innere Herrlichkeit des alten hellenischen Lebens, so dass ich wenigstens nicht ohne Kampf dessen weitere Erforschung auf- geben konnte. Denn aufgeben muss ich sie für jetzt ganz. Der ungeheure Koloss, den die Arbeiten eines Euler, Lagrange, Laplace hervorgerufen haben, erfordert die ungeheuerste Kraft und Ansti'engung des Nachdenkens, wenn man in seine innere Natur eindringen will und nicht bloss äusser- lich daran herumkramen. Über diesen Meister zu werden . dass man nicht jeden Augenblick fürchten muss, von ihm erdrückt zu werden, treibt ein Drang, der nicht rasten und ruhen lässt, bis man oben steht und das ganze Werk übersehen kann. Dann ist es auch erst möglich, mit Ruhe an der Vervollkommnung seiner einzelnen Theile recht zu arbeiten und das ganze grosse Werk nach Kräften weiter zu führen, wenn man seinen Geist erfasst hat.« Die Untersuchungen über die elliptischen Functionen sind es gewesen , die Jacobi eine Stelle unter den berühmtesten Mathema- tikern aller Zeiten verliehen haben; in Verbindung mit den gleich- zeitigen Gedanken Abel's hatten sie die völlige Umgestaltung eines ^ Vergl. die Gedächtnissrede auf ihn von Dirichlet (Abhandlungen 1852 S.i ff.). ^ Er hatte bis dahin als Professor in Königsberg gewirkt, war aber im Jahre 1843 bedenklich erkrankt. Die Munificenz des Königs gewährte ihm die Möglichkeit, den Winter 1843/44 i" Rom zuzubringen. Der König war es auch, der Jacobi gestattete, nun nach Berlin überzusiedeln, dessen Klima ihm zuträglicher erschien als das rauhere Königsbergs. JaCOBI. 925 der wichtigsten Zweige der Analysis zur Folge: »Die Art, wie l)ald nach den grundlegenden Untersuchungen einer die Erfindung des andern weiter führte, Hess keinen Zweifel, dass jeder von ihnen, wäre ihm nicht der andere in einem Theile der Arbeit zuvorge- kommen, den ganzen Fortschritt allein vollbracht haben würde«. Als die grösste Entdeckung Jacobi's aber bezeichnet Diriciilet den Satz, welcher seinen Namen führt »und ganz das Gepräge seines ausserordentlichen Geistes trägt, dessen charakteristische Eigenschaft es war, die Fragen der Wissenschaft in der umfassendsten Allge- meinheit zu behandeln«. Angeschlossen war diese Entdeckung an das AßEL'sche Theorem, das Legendes ein »monumentum aere pe- rennius«, Jacobi die grösste mathematische Entdeckung unserer Zeit genannt hat: »Der nahe liegende Versuch , die umgekehrten Func- tionen der AßEL'schen Integrale auf dieselbe A¥eise, wie es bei den elliptischen mit so grossem Erfolg geschehen war, in die Analysis einzuführen, erwies sich Jacobi bald als unausführbar und verwickelte in auf löslichen Widerspruch. Es bedurfte also hier eines neuen verborgnen Gedankens, wenn das Abel^scIic Theorem nicht unfrucht- bar bleiben, wenn es die Basis einer grossen analytischen Theorie werden sollte. Nachdem Jacobi mehrere Jahre hindurch den Gegen- stand nach allen Seiten erwogen hatte, fand er endlich die Lösung des Räthsels darin, dass hier gleichzeitig vier oder mehr Integrale zu betrachten und aus ihnen durch Umkehrung zwei oder mehr Functionen von ebenso vielen Argumenten zu bilden sind. Diese Divination machte er in einer Abhandlung von zehn Seiten bekannt, der zwei Jahre später eine umfangreichere folgte, in welcher die ana- lytische Natur dieser umgekehrten Functionen im hellsten Lichte er- schien«. Aber ausser diesen Arbeiten hat Jacobi noch eine Fülle anderer veröffentlicht (Untersuchungen über die Kreistheilung, über Reduction und Werthbestimmung doppelter und vielfacher Integrale, über die Attraction der Ellipsoide, über die Bestimmung der geo- dätischen Linie auf dem ungleichaxigen Ellipsoid, zur Theorie der partiellen Differentialgleichungen, zur Variationsrechnung u. s. w.); namentlich in der Technik der Rechnung war er ein Meister: die Theorie der Determinanten verdankt ihm ausgezeichnete Förderung. Auch noch in den sechs Jahren, die er der Akademie als einheimi- sches Mitglied angehört hat, arbeitete er rastlos weiter; seine Ab- handlungen aus dieser Zeit füllen zwei Quartbände. Jacobi's Genie offenbarte sich nicht nur den engeren Fachge- nossen; wer ihn kennen lernte, war bezaubert von dem Reichthum i)2C) Die Akademie Frikdrich Wilhelm's IV. (1840-1859). seines Geistes. «Der unerschöpfliche Vorrath an Wissen und eigenen Gedanken, welcher ihm jeden Augenblick zu Gebote stand, eine seltene geistige Beweglichkeit, durch die er sich jedem Alter, jeder Fassungskraft anzupassen wusste, und eine eigenthümlich humoristi- sche, die Dinge scharf bezeichnende Ausdrucksweise verliehen dem grossen Mathematiker auch im geselligen Verkehr eine ungewöhn- liche Bedeutung.« Bereits wenige Monate nach seiner Übersiedelung nach Berlin war er der Mittelpunkt eines grossen Kreises, immer bereit auf wissenschaftliche Fragen aller Art einzugehen, denn nicht nur die Geschichte seiner eigenen Wissenschaft war ihm genau be- kannt, sondern über sie hinaus interessirten ihn alle humanistischen Studien, und er folgte ihnen mit aufgeschlossenem Geiste. So hat er im Engeren wie im Weiteren, in fruchtbarster Arbeit am Schreib- tisch und in unvergesslichen Anregungen im persönlichen Verkehr das Ideal des Akareifen oder sich weiche Handschuhe überziehen und als CT Kirchenfürst dasselbe versuchend« Endlich am Schlüsse: »Wenn man Könige als Ebenbilder Gottes schildert, so ist dies eine gewaltige Übertreibung, obwohl die Absicht sein mag, sie durch diesen Vergleich daran zu erinnern, dass sie ihre Macht nicht missbrauchen, son- dern gerecht und wohlthätig sein sollen. Ein Herrscher darf nicht das Innere der Familie durchstöbern, sich nicht um das bekümmern, was in den Häusern der Einzelnen vorgeht; denn hieraus entspringt die gehässigste Tyrannei. Ist ein König schwach und abergläubig, erhalten die Geist- lichen das Übergewicht; hat er das Unglück, nicht rechtgläubig zu sein, so schmieden sie Ränke gegen ihn , und — Ijeim Mangel des besser Be- ^ Es folgt eine scharfe Ausführung, bei der die Hörer an die Generalsynode von 1846 denken mussten. Ral'mer's Austritt aus der Akademie (1847). 9B1 gründeten — verleumden sie ihn und verschwärzen sein Andenken. So viel zur ^'ertheidig•ung• König Friedrich's aus seinen eigenen Schriften gegen oberflächliche, ungerechte, jeden Preussen ki-änkendc Angriffe. In dem Sinne dieses ihres zweiten Stifters und Wohlthäters hat die Akademie der Wissenschaften stets dai-an festgehalten, dass sie nach allen Richtungen, in den Gebieten der Natur imd des Geistes, frei und ungefesselt sich be- wegen und fortschreiten dürfe und müsse; dass keine Art von Gesetzen, Vorschriften, Lehren über diese Unabhängigkeit vernunftmässiger Ent- wicklung hinaufzustellen sei, und dass Irrthum in den Wissenschaften ledig- lich und am besten durch die Wissenschaft selbst berichtigt und ausge- heilt werde. Weil aber Preussens Könige bis auf den heutigen Tag die Akademie in diesem Sinne betrachtet und behandelt haben, liegt ihr die doppelte Pllicht o1). jenem grossai'tigen Vertrauen in Wort und That zu entsprechen, soweit redlicher Wille und menschliche Kräfte dazu irgend hiiueichen.« In Gegenwart des Monarchen über die Ptlicliten und die Stellung der Könige in den grossen Geistesfragen sich zu verbreiten , war taktlos und anmaassend. Unangemessen, dazu auch noch unrichtig, war es, alle Regenten, die andere Grundsätze hegten als Friedrich, zu verurtheilen und zu behaupten, dass sie nur Unsegen gestiftet hätten. Der Schlusssatz der Rede konnte den König zwar einiger- maassen versöhnen und hätte es vielleicht gethan, wenn das Pu- blicum nicht bei den Kraftstellen laut hinter dem Rücken des Mon- archen gelacht hätte. Tief gekränkt, bemerkte er beim Hinaus- gehen zu Humboldt: »Über Dinge, die zum Weinen wären, muss man lachen hörend«. An den Minister Eichhorn schrieb er, er sei zum letzten Mal zu solchen »Spässchen« in die Akademie gekommen. Das Schlimmste war, dass Raumer die Rede bereits dem Druck über- geben hatte; schon am 30. Januar erschien sie bei Brockhaus in Leipzig. Sie machte das grösste Aufsehen. Jubelnd schrieb Varn- HAGEN, der König habe die derbsten Wahrheiten gegen Glaubens- und Kirchenzwang, gegen theologisirende Fürsten, gegen Landes- kirchen und Synoden anhören müssen. »Die Frömmler und Pfaffen, die Augendiener und Schwänzler wüthen gegen Raumer, nennen seine Rede frech, unanständig, gottlos u. s. w. , Lichtenstein ist ausser sich^. « Er war nicht der Einzige in der Akademie, der ausser sich war. Die ganze Körperschaft war empört: sie hatte den König ' Varnhagen (Tagebücher Bd. 4 zum i5.Fe])ruar S. 29) nach directen Mit- theilimgen Humboldt's. ^ Varnhagen, a. a. O. S. 10 f. zum 29. Januar. Zum 2. Februar S. 13 äusserte er: »Raimer's Rede ist schon gedruckt; ich habe sie gelesen. Sie ist als litterari- sches Erzeugniss gei'ing. ohne allen SchAvung und Geist, ohne die bei solchen An- lässen gebotene Eleganz, aber darum nicht minder brav und ehrenwerth. Die 59* 932 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). nicht eingeladen, um sich über seine Regierungsmaximen belehren zu lassen. Als nun gar die Rede im Druck erschienen war, reichte Encke (am i. Februar) eine Beschwerdeschrift gegen Raumer bei der Akademie ein. Da er sie später zurückgezogen hat (s. unten), ist ihr Inhalt im Einzelnen unbekannt geblieben. Aus den Verhandlungen ergiebt sich aber, dass er die Ausstossung Raumer's aus der Akademie beantragt und ihn mit ungerechten Beschuldigungen überhäuft hat. Am nächsten Tage griff auf Befehl des Königs der Minister ein. Er rief elf Akademiker zu sich und eröffnete ihnen ^: »Seine Majestät der König habe sein Missfallen über die Rede, namentlich in Beziehung auf die Art und Weise der Behandlung und auf Einmischung von Ausdrücken, die, dem Ernst des Gegenstandes unangemessen, Ge- lächter des PubHcums erregt hatten, zu erkennen gegeben; Seine Majestät würden daher sowie die Prinzen des königlichen Hauses die öffentlichen Sitzungen der Akademie nicht wieder mit ihrer Gegen- wart beehren und beauftragten den Herrn Minister, dies auf die schonendste Weise zur Kenntniss der Akademie zu bringen, in- dem Sie zugleich erklärten, dass Sie die übrigen Mitglieder der Akademie von dem Vortragenden zu trennen wüssten. Es wurde zugleich bemerkt, dass in der Versammlung bei dem Herrn Minister zur Sprache gekommen sei, ob und w^elche Garantieen gegen das Vorkommen solcher Verstösse gegeben werden könnten«. Am 4. Februar trat die Akademie unter Böckh's Vorsitz zusam- men", auch Humboldt war anwesend. Zuerst wurde die ENCKE'sclie Anklageschrift verlesen. Sie empörte durch ihre Maasslosigkeiten, und man wollte sie kaum zu Ende hören. Dann kamen zwei Briefe Raumer's zum Vortrag. Der eine — er sollte für die weitere Ent- wicklung der Sache wichtig werden — lautete: »Mit dem grössten Bedauern habe ich äusserhch [sie] vernommen, dass sicli Se. Majestät der König über meine Rede tadelnd ausgesprochen und der Akademie Veranlassung gegeben hat, sich deshalb zu erklären. Es versteht sich von selbst, dass ich alle dabei obwaltende Schuld ganz allein trage und jede persönliche Zurechtweisung ohne Widerrede hin- nehme, wie es sich (einem Vater, einem Könige gegenüber) gebührt. Wirkung ist ausserordentlich; die Pfaffen meinten, man dürfe sich an sie nicht machen; nun schreien sie entsetzlich. Raumer wird schrecklich angefeindet. Er macht sich nichts daraus und hat ein hartes Fell. 'Bin ich darum ein Hochver- räther,' fragt er, 'weil ich dem Könige sage, er thue besser, sich nach seinem Oheim zu richten als nach THOLUCKen?'" ^ Das Folgende wörtlich nach den Mittheilungen Böckh's, der mit zu jenen Elfen gehört hatte, an die Akademie. ^ In den Zeitungen wurde bereits lebhaft für und wider Raumer gekämpft. Raumer's Austritt aus der Akademie (1847). 933 Übrigens konnte ich einen Anstoss um so weniger voraussehen, da ich meine Rede einigen wissenschaftlichen Freunden mittheilte, mit denen ich seit vielen Jahren in wechselseitigem litterarischen Verkehr stehe, und diese darin nichts Anstössiges fanden. Es sind dies IMänner, in deren Rechtlichkeit, loyale Gesinnung und Anhänglichkeit an die Allerhöchste Person Sr. INIaj. der König gewiss keinen Zweifel setzen würde.« In dem zweiten Schreiben vertlieidigte sich Raumer gegen die ENCKE'schen Anklagend Die Frage wurde nun so gestellt, ob die Akademie die ENCKE'sche Schrift überhaupt annehmen solle; wenn es geschehen wäre, so hätte sofort nach § 30 der Statuten ein Ver- fahren zur Suspension Raumer's eingeleitet werden müssen. Ein- stimmig wurde aber beschlossen, die Schrift nicht anzunehmen, auch nicht den Acten einzuverleiben, sondern Encke zurückzugeben. ScHELLiNG und Crelle enthielten sich der Abstimmung. Nun trat man in die Verhandlung über die Königlichen Äusserungen. Es wurde eine Eingabe von Buch, Lichtenstein, C. Ritter und Pertz verlesen, in der beantragt war, »Sr. Majestät unmittelbar anzuzeigen, Avie die Akademie eine seiner höchsten Person gegenüber ganz un- angemessene Rede auf das Höchste missbillige, ihn um Fortsetzung seiner Gunst bitte und ihm anzeige, wie man, um künftigen ähn- lichen Missgriffen vorzubeugen, die Eingangsreden jedesmal einem Ausschusse vorlegen werde, etwa aus dem Secretar und zwei an- deren Mitgliedern , Avelche darauf hinsehen werden , dass alles Un- ziemliche vermieden werde"'«. ^ Encke hatte sie ihm zugeschickt. Aus Raumkr's Vertheidigungsschrift sieht man. wie weit Encke in seinen Beschuldigungen gegangen war. Er hatte ihm u. A. «niedriges Verführen« vorgeworfen. Aber Raumer hat in seiner Entgegnung auch diesmal nicht das wih-dige Wort gefunden; der Versuch ist wenig eindrucks- voll, zu zeigen, der König habe sich gar nicht getroffen fühlen können, da seine Principien mit denen Friedrich's IL übereinstimmten. Überzeugend klingt auch der Vordersatz der Schlusswendung nicht, so anerkennenswerth der Freimuth ist, der aus dem Nachsatze spricht: »Setzen wir aber den Fall, dessen Sein ich nicht bloss, sondern dessen Möglichkeit ich bis jetzt leugne, dass irgend eine Regierung Grundsätze aufstellte und vei'folgte, welche den weisen Grundsätzen Friedrich's II. durchaus widersprächen, so wäre es keineswegs einer Akademie der Wissen- schaften angemessen , die Hände in den Schooss zu legen , sondern auf die daraus folgenden Nachtheile aufmerksam zu machen, die Rechte der Wissenschaft nach- drücklich zu vertreten und ihren zweiten Stifter muthig zu vertheidigen«. Auf die zweite Frage, ob in solch einem Falle eine akademische Festsitzung, die der König mit seiner Gegenwart beehrt, der geeignete Ort für die Vertheidigung sei, ist Raumer nicht eingegangen. ^ Die vollständige Eingabe lautete: »Mit innigstem Bedauern, ja mit wahrem Schmerz haben wir erfahren, wie Se. Majestät, durch eine seiner Person gegenüber ganz unangemessene und wenig über- legt gehaltene Rede bewogen, beschlossen habe, die akademischen Sitzungen nie 934 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). Dass ein Eiitscliuldigungsscbreiben an den König zu richten sei, darin stimmten Alle überein, aber mit 22 gegen 1 1 Stimmen fiel der Antrag, dass die Festreden der Secretare in Zukunft con- trolirt werden sollten \ ebenso der noch bedenklichere, dass nur Raumer's Reden vorher durchzusehen seiend Nun legte Böckh ein von ihm concipirtes Entschuldigungsschreiben an den Monarchen vor, welches von Allen gebilligt wurde^ Es lautete: "Ew. Königliche Majestät haben Allerhöchstdero allerunterthänigster und allergetreuester Akademie der Wissenschaften so viele hohe Zeichen der Huld \md Gnade gegeben, dass sie sich erkühnt, allerhöchstdenensel- ben auch jetzo in einer sie schmerzlich berührenden Angelegenheit zu na- hen. Ew. Königliche Majestät haben auf die schonendste Weise, welche Allerhöchstdero sämmtliche Handlungen bezeichnet, zu erkennen geben las- sen, dass die am 28. Januar dieses Jahres von unserem Secretar von Rau- mer zur Feier des Jahrestages Friedrich's II. Majestät vorgetragene Ein- leitungsrede diu'ch Ton und Haltung Allerhöchstdero Missfallen erregt habe, Ew. Königliche Majestät jedoch die Akademie von aller Schuld an dem dabei voi'gekommenen Unangemessenen oder Ungeziemenden allergnädigst freisprechen. Indem Ew. Königlichen Majestät für diese huldvolle Äusserung unser innigst gefühlter Dank dargebracht wird, wagen wir es zugleich, das tiefste Bedauern über diesen beklagenswerthen Vorfall und unsere Miss- billigung alles dessen auszudrücken, was Ew. Königlichen Majestät Ungnade veranlasst hat, glauben aber, ohne hierdui'ch das Geschehene entschuldigen zu wollen, in tiefster Ehrfurcht hinzufügen zu dürfen, dass der Vortragende nicht mit sträflicher Absiclit, sondern nur durch unvorsichtige Ausführung wieder mit seiner Gegenwart zu beehren und auch die Königlichen Prinzen zu veran- lassen, ein Gleiches zu thun. Die dui'ch die Königliche Anwesenheit so laut verkün- dete Achtung der Wissenschaften war von so wohlthätigen Folgen und von so weitgrei- fendem Einlluss, dass wir die beabsichtigte künftige Nichterscheinung für ein Landes- Unglück ansehen möchten. Da der König, wenn auch auf die schonendste Weise, welche unsere lebhafteste Dankbarkeit auffi)rdert, seinen Entschluss der Akademie bekannt gemacht hat, so scheint es wohl Pflicht, dem Könige unmittelbar anzuzei- gen, wie man eine seiner höchsten Person gegenüber ganz unangemessene Rede auf das Höchste missbillige, ilm um Fortsetzung seiner Gunst bitte und ilim anzeige, wie man, um künftigen ähnlichen Missgriflfen vorzubeugen, die Eingangsreden jedes- mal einem Ausschuss vorlegen werde, . . . welcher darauf hinsehen würde, dass alles Unziemliche vermieden werde.» ' BöcKH war für den Antrag »im eigenen Interesse der Secretare«. ^ Gegen ihn sprach Humboldt energisch, für ihn waren nur Encke, Pertz und Weiss. Trendelenburg und W. Grimm votirten. Raumer möge freiwillig seine Festreden in Zukunft vorher vorlegen öder überhaupt am Friedrich's -Tage nicht mehr sprechen. ^ Einige Correcturen wurden auf Humboldi's Vorschlag, namentlich an den Schlusssätzen, vorgenommen. Das Schreiben ging an den König ab, von 40 Mit- gliedern unterzeichnet (also auch von solchen, die in der Sitzung nicht zugegen ge- wesen waren). Kranklieitshalber hatten Eyielwein, Mitscherlich, Hoffmann und Klug nicht unterschrieben; die Unterschriften von Dirksen, dem Mathematiker, Steiner, Ranke, Neander und Schott fehlten (aus unbekannten Gründen). Raumer's Austritt aus der Akademie (1847). DB 5 des Gegenstandes und Wahl des Ausdruckes gefehlt habe, gleichmässig sein grösstes Bedauern über den unglücklichen Ei-folg erkläre und jede Zu- rechtweisung ohne Widerrede hinnehme, wie es sich einem Vatei-, einem Künige gegenüber gebühre. AUerhüciistdieselben mögen zugleich der Aka- demie, deren edelster Schmuck und höchster Ruhm es ist, der Gnade des hochherzigsten Königs sich zu erfreuen, huldreichst gestatten, die sichere Überzeugung auszusprechen, dass in Zukimft niemals dui-ch irgend ein Ver- sehen oder unrichtige und leichtsinnige Beurtheihuig der Verliältnisse und Umstände von Seiten eines ihrer JMitglieder das Königliche Gemüth ver- letzt oder sonst ein Ar'gerniss gegeben werden könne.« Ton und Haltung dieses Schreibens befriedigen nicht; dazu war die Aufnahme der von Raumer in seinem Briefe an die Akademie gebrauchten Worte, er werde «jinle Zurechtweisung ohne Widerrede hinnehmen, wie es sicli einem A-^ater, einem Könige gegenüber ge- bühre«, für iliren Autor sehr empfindlicli ; er liess sie sich jedoch gefalk^n \ Nicht vergessen darf man andererseits, dass die Akade- mie ihr Schreiben als ein nur für den König bestimmtes betrachtete und natürlich Manches anders gefasst hal)en würde, wenn sie geahnt hätte, dass das Schriftstück an die Öffentlichkeit kommen werde: das Verhältniss, in w^elches sich der König als Protector zu ihr gesetzt liatte, war in der That ein so huldvolles und enges, dass sie ihrer Entschuldigung einen lebhaften Ausdruck geben musste. Dabei ist sie aber zu weit gegangen. In der Sitzung am 1 1 . Februar WMirde zunächst ein Brief Rau- mer's verlesen", in welchem er der Akademie seinen Dank für die Behandlung der Angelegenheit aussprach. Man erkennt aber auch aus dem Schreiben, dass Raumer ernstlich die Niederlegung seines Amtes als Secretar erwogen hatte. Er erklärt, für »jetzt« davon absehen zu wollen, da auch mehrere Mitglieder der Akademif^ in diesem Sinne auf ihn eingewirkt hätten : "Da Sie die Güte haben, den Vorsitz in der nächsten Sitzung zu übernehmen, so bitte ich Sie, nochmals mein Bedauern auszusprechen, dass ich der Akademie unerwartet und wider meinen Willen Unannehm- lichkeiten bereitet habe, zugleich aber auch sehr füi- die Art zu danken, wie sie weitere Anklagen aufgefasst, beurtheilt und zui'ückgewiesen hat. Wäre ich bloss meinem aufgeregten Gefühle gefolgt, so wüi-de ich sogh^ch mein Amt als Secretar in die Hände der Akademie niedergelegt haben; reiflichei'e Überlegungen und das bestimmte Urtheil mehrerer Mitglieder der Akademie überzeugten mich jedoch, dass ein solcher Schritt aus vielen Gründen jetzt unpassend sei und üble Folgen haben müsste. Da Sie diese Gründe genau kennen, so will ich dieselben hier nicht wiederholen, sondern bitte nur, die Akademie darauf aufmerksam zu machen. In der ' Dass ihm das Schreiben unbekannt geblieben ist, ist nicht anzunehmen; s. übrigens seinen gleich zu erwähnenden Biief. ^ Der Brief war an Böckh "erichtet. 986 Die Akademie Frikdrich Wilhelji's IV. (1840-1859). Voraussetzung, dass die Akademie dieses mein Benehmen Ijilligt, werde ich zu seiner Zeit alle die Vorsichtsmaassregeln freiwillig beobachten, von welchen in der letzten Sitzung die Rede gewesen ist.« Nach der Verlesung dieses Briefes ergriff Encke das Wort, gab der Akademie in versöhnlicher und entschuldigender Weise Erläu- terung über die Stimmung und Ansicht, aus welcher seine Be- schwerdeschrift hervorgegangen, und erklärte, er werde sich auch mit Hrn. von Raumer persönlich verständigen \ »Die Erklärungen beider Herren«, heisst es im Protokoll, »wurden so aufgenommen, dass sich darüber keine weitere Debatte entspann und die Ange- legenheit als beendigt betrachtet wurde.« Allein sie sollte noch niclit beendigt sein, vielmehr ein schlim- meres Nachspiel erhalten. Eine Abschrift jenes vSchreibens an den König hatte man dem Mi'nister Eichhorn übersandt, eine zweite dem Minister Savigny. Dieser behandelte sie discret, Eichhorn aber hielt es aus politischen Gründen für noth wendig, die Antwort der Akademie in den Zeitungen zu veröffentlichen"'. Da Ratoier in den liberalen Zeitungen als Marquis Posa gefeiert wurde, so sollte diesem Ruhm ein Dämpfer aufgesetzt werden, und dazu wurde das Ent- schuldigungsschreiben der Akademie benutzt: der »Rheinische Be- obachter« und das »Journal des Debats« brachten es und knüpften daran Ausführungen , die für Raumer sowohl wie für die Akademie höchst peinlich waren: die Akademie, so wurde verkündigt, habe Raumer auf's Entschiedenste desavouirt und preisgegeben und sich bedingungslos den Ansichten des Königs für alle Zukunft unterworfen. Mit Bestürzung las die Akademie ihr Schreiben in den Zei- tungen. Es nahm sich gedruckt anders aus als in verschwiegener Schrift. Die Bestürzung wurde nicht gemindert durch die Antwort des Königs, die fast an demselben Tage einlief, an dem die Zei- ^ Dass dies geschehen sei, bestätigte Raumer in der Sitzung vom 1 8. Februar. ^ Eichhorn hat sich der Akademie gegenüber über den Urheber der indis- ci-eten Verölifentlichung nicht geäussert; aber die peinlich strengen Untei'suchungen, welche die Akademie in dieser Angelegenheit angestellt hat , eingaben mit Sicherheit das Resultat, dass die Publication vom Ministerium ausgegangen sein musste (es wurde festgestellt, dass die Indiscretion mit einem Exemplare des Concepts, nicht der Reinschrift, begangen worden war; es gab aber nur drei Exemplare des Con- cepts, das akademische und die beiden, welche die Minister erhalten hatten). Varn- HAGEN schreibt (a. a.O. Bd.4 S.35 zum 4.März): «Der Minister Eichhorn hat seinem »Rheinischen Beobachter« die weitei-en Sachen in dem RAUMER'schen Ärgerniss mit- theilen lassen, namentlich das Entschuldigungsschreiben der Akademie an den König, das denn doch etwas kläglich ausgefallen ist. Dummheit, die schon verfallene Sache auf's Neue anzuregen und wieder vierzehn Tage lang in alle Zeitungen laufen zu lassen. Die Leute ärgert, dass Raumer's Rede eine zweite Auflage gehabt«. Raumer's Austritt aus der Akademie (1847). 937 tungen die Zuschrift der Akademie veröffentlichten. Rücksichts- voller und zarter konnte der Monarch nicht schreiben: »Das Schreiben der Akademie der Wissenschaften vom 4. d.M. hat Mir das sein- befriedigende Gefühl gewährt, den Ausdruck der edeln und loyalen Gesinnung wieder /u finden, welche Ich in einer Versammlung so seltener und ausgezeichneter jNIänner, wie die Akademie sie vereinigt, nie habe bezweifeln können. — Es ist mir wichtig, dass auch die Akademie nie daran zweitle, dass ich nicht gemeint bin, den freiesten Meinungs- Ausserungen ihrer INIitglieder eine Schranke zu stellen, wohl wissend, dass dieselben verwerflichen Meinungen nie eine Stätte unter sich gönnen wer- den.— Mein Hand-Billet an den Staatsniinister Eichhorn greift nur die Form der Rede am Gedächtnisstage des grossen Königs an, welche Ver- anlassung zum missbilligenden Schweigen der älteren und zum rohen Ge- lächtei' der jüngeren Zuhörer gegeben hat, und einem Manne, den ich seit 34 Jahren kenne und vielfache Auszeichnungen habe zu Theil wei'den lassen, als ein versteckter und hämischer Tadel Meiner Regierungsgi'und- sätze vom Publicum gedeutet worden ist. — Das Schreiben der Akademie beweist Mir, welchen Eindruck jene Rede auf dieselbe gemacht hat, und dies freudig anzuerkennen und ihr dafür zu danken, ist der Zweck dieser Meiner Antwort.« Der Huld des Königs war die Akademie auf's Neue versichert worden': aher in der Presse, und nicht nur in der radicalen, er- hob sich ein Sturm wider sie. Ihr Schreiben an den König wurde als servil bezeichnet, Raumer nun erst i-echt als der grosse Mann gefeiert, der allein Männerstolz vor Königsthronen bewährt habe. Jetzt besannen sich auch einige Mitglieder der Akademie darauf, dass man jenes Schreiben zu rasch beschlossen und die Fassung nicht sorgfältig genug erwogen habe; einige deuteten an, dass Böckh es der Akademie aufgedrängt habe, bez. dass es nicht so abgegangen, wie es beschlossen worden sei. Böckh Hess darauf in der Sitzung vom II. März mittheilen, dass er sich an der RAUJiER'schen Sache nicht mehr betheiligen wolle, da Zweifel laut geworden, ob er loyal verfahren sei. Die Akademie wusste ihn jedoch zu beruhigen; in der That hatte er nur gethan, was sie gel)illigt hatte". In der Sitzung wurde sodann ein Schreil)en Eichiiorn's verlesen, in welchem im Auf- trage des Königs gesagt war. der König missbillige die Veröffent- lichung der Immediateingabe in den öffentlichen Blättern; wenn aber die Akademie selbst oder ein Mitglied derselben mit ihrem Vorwissen die Veröffentlichimg veranlasst haben sollte, so fände er nichts zu erinnern. Endlich wurde ein Schreiben Rau3ier\s (vom 5. März) mit- ' Er hat auch später wieder die Festsitzungen besucht. ^ Am 15. März gab Böckh eine umfangreiche Denkschrift zu Protokoll, in welcher er versucht hat, Satz für Satz das Entschuldigungsschreiben an den König zu rechtfertigen. Es ist im Urkundenband Nr. 220 abgedruckt. 938 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859).' getheilt, in welchem er seinen Austritt aus der Akademie anzeigte. Er wies darauf hin, dass er in seiner früheren Zuschrift erklärt habe, dass es für den damaligen Augenblick unpassend und von üblen Folgen sei, wenn er sein Amt niederlegte. »Seitdem haben die Gründe und Ursachen [dieses Verhaltens] alles Gewicht verloren, und unerwartete, aber unabänderliche Ereignisse versetzen mich in die Nothwendigkeit , jenen nur einstweilen aufgeschobenen Beschluss sogleich zur Ausführung zu bringen und einem Ver- hältniss zu entsagen, welches für mich seit vielen Jahrcm so ehren- voll als erfreulich war. Demgemäss lege ich hiermit mein Amt als Secretar und meine Stelle als Mitglied der Akademie in die Hände der Akademie nieder. « Der Akademie war diese Erklärung höchst peinlich: schien ihr Ansehen in der Öffentlichkeit durch die Publicirung ihres Entschul- digungsschreibens empfindlich getroffen, so musste es der Austritt Raumer's vollends erschüttern. Sie beschloss, die Erklärung nicht anzunehmen, luid betraute eine Commission (Dove, Jacobi, Lacu- mann) mit der Redaetion eines Antwortschreibens. Nur Wilhelm Grimm, Gerhard und Schelling erklärten, man solle Raumer's Rück- tritt vom Secretariat acceptiren, aber ihn bewegen, seinen Austritt aus der Akademie zurückzuziehen. In der Sitzung vom i8. März (Böckh hatte den Vorsitz wieder übernommen) verhandelte man zunächst darüber, ob man der un- befugten Publicirung gegenüber Schritte in der Öffentlichkeit thun und dem Minister antworten solle. Ein Schreiben an diesen wurde beschlossen, dagegen sah man von weiteren Schritten den Zeitungen gegenüber ab, »da sie wie ein Eingriff in die Freiheit der Presse aussehen könnten«. Sodann wurde der von der Commission ver- fasste Entwurf der Antwort an Raumer vorgelegt. In demselben war die Austrittserklärung Raumer's überhaupt nicht berührt, son- dern nur sein Ausscheiden aus dem Secretariat: ferner war absicht- lich davon abgesehen , dass Raumer bereits in seiner ersten Erklärung den Entschluss, sein Amt niederzulegen, ausgesprochen und nur zu- nächst noch aufgeschoben hatte. Der Entwurf, wie er lautete und von der Akademie angenommen wurde', war diplomatisch abgefasst, ^ Wilhelm Guimm allein pi-otestirte gegen ihn und gab ein vortreffliches Se- paratvotuMi zu Protokoll (Urkundenband Nr. 221). Er verhai-rte mit richtigem Takt bei seiner ^Meinung, die würdigste Lösung sei, Raumer's Ausscheiden aus dem Se- cretariat anzunehmen, ihn aber in warmen Worten zu ersuclien. in der Akademie zu bleiben. Raumer's Austritt ;ius der Akademie (1847). 1)39 nicht warm noch kalt, und konnte Raumer niclit bewegen, seinen Ent- schluss zu ändern : Sie haben in dem Schreiben vom 5. März Ihr Amt als Secietar in die Hände der Akademie niedergelegt. Die Akademie tlieilt Ihnen im Nach- folgenden die Gründe mit, welche sie bewegen, Ihre Entlassung nicht an- zunehmen. In einem Schreiben vom 9. Februar an den Vorsitzenden Secretar . . . hatten Sie Ihr Bedauern ausgesprochen, der Akademie unerwartet und wider Ihren Willen Unannehmlichkeiten bereitet zu haben, und zugleich für die Art gedankt, wie sie weitere Anklagen aufgefasst, beurtheilt und zurückgewiesen habe. Sie erklärten dal^ei, dass, wenn Sie bloss Ihrem aufgeregten Gefühle gefolgt wären, Sie Ihr Amt als Seci'etar sogleich nieder- gelegt haben würden, nach i'eif lieber Ubei-legung aber dies für unpassend gehalten hätten, in Folge dessen Sie in den Sitzungen vom t8. und 25. Fe- bi'uar Ihre Function als Secretar wieder übernahmen. In Ihrem jetzigen Schreiben erklären Sie zu unserem Bedauern, dass seitdem die Gründe Ihres Verhaltens, welches die Billigung der Akademie erfahren, durch un- erwartete , aber unabändei'liche Ereignisse ihr Gewicht verloren haben. Die Akademie hat inzwischen keine Schritte getlian, die Ihr Verhältniss zu derselben verändern können; denn das einzige, ihr in der Zwischenzeit bekannt gewoidene Ei-eigniss, die Veröffentlichung des von der Akademie unterm 4. Februar an des Königs Majestät gei'ichteten Schi-eibens, ist weder von der Akademie noch von einem ihrer Mitglie;dei' ausgegangen. Die Akademie hat daher in ihrer Sitzung vom ii.d. .M. fast einstimmig be- schlossen, Ihre Niedei'legung des Secretariats nicht anzunehmen, sondern ersucht Sie, Ihr bisheriges Amt ferner zu verwalten. Sie glaubt, dass selbst in dem Falle, dass Sie eine andere persönliche ^Meinung hegen, Sie dieselbe vor dem Wunsche der Akademie zurücktreten lassen werden. Es geschah, was zu erwarten stand: Raumer fühlte sich durch das Schreiben der Akademie nicht bestimmt, seine Austrittserklärung zurückzuziehen. Sein Brief vom 2 2. März zeigt übrigens, dass aucli er sich in einer ülden Lage der Öffentlichkeit gegenüber befand, die nicht begriff, wie er nach dem ominösen Entschuldigungsschrei- ben der Akademie länger in ihrer Mitte bleiben konnte \ Der Brief lautete : ' Aus Varnhagen's Tagebuch erhält man einen Eindruck von der Stimnmng in weiten Kreisen, von ihrem Unvermögen, die Gesinnungen und die Lage der Akademie zu würdigen, und der P]ntrüstung, die sich deshall) wider sie erhoben hatte. Zum 5. März (Bd. 4 S. 36): WrrTGENsrEm äusserte gegen Varnhagen : "'leb kann gar nicht sagen, wie leid mir das thut, dass man dem Könige so zusetzt mit der RAUMER'schen Rede; man sollte gar nicht zugeben, dass das Anzüglichkeiten seien'. WrrrOENsrEiN findet. Raumer habe gute Sachen gesagt, und wenn auch nicht zierlich, so schade das nichts; der Mann dürfe doch die Überzeugung haben, dass es Pllicht sei, das Alles so herauszusagen. Unwillen iiber die neue Aufrührung der Sache im "Rheinischen Beobachter« ; Achselzucken, dass der Minister Eichhorn sich diese Zeitung zugelegt." Zum 12. jMärz {S.39): "In der Friediichstrasse Rau.mkr gesprochen: 'Na, die haben mich schön \crarbeitet'. Er hat der Akademie seinen Austritt angezeigt, diese hat ihn gebeten zu bleiben, er behnrrt aber: 'Sie würden 940 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). "Zu Folge des mir heute zugekommenen Schreibens der Akademie vom i8. d. M. wünscht dieselbe, dass ich meine Erklärung vom 5. d. M. /uiTicknehme und in den bisherigen Verliältnissen als Seci-etar und Mit- glied verbleibe. Ich bedauere aufrichtig, diesem Wunsche nicht ge- nügen zu können. Die Königliche Akademie geht von der Voraussetzung aus, es habe sich seit der Entwerfung des Schreibens vom 4. Februar bis zu dem Ein- aau"- dei- wichtisien Königlichen Antwort für mich dui'chaus nichts ver- ändert. Dieser Voraussetzung muss ich jedoch bestimmt widersprechen; denn für inicli haben sich die Verhältnisse, es hat sich die Beurtheilung derselben, in jenem Zeiträume noch mehr umgestaltet als für die Akademie. Ferner scheint dieselbe einige Worte aus meiner Erklärung vom 9. Februar so zu deuten, als hätte ich dadurcli der Niederlegung meiner akademischen Stellen für immer entsagt. Angenommen, diese Deutung wäre richtig, so würde mir doch das Recht und die Pllicht bleiben, einen ge- fassten Entschluss bei veränderten Verhältnissen ebenfalls zu ändern und zu berichtigen. ■ — Nun ist aber das Citat in dem Schreiben der Königlichen Akademie aus meiner gedachten Erklärung unvollständig und lässt das ent- scheidende Wort aus. Ich sagte nämlich : reifliche Überlegung und das be- stimmte Urtheil mehrerer Mitglieder der Akademie überzeugten mich, dass ein solcher Schritt (d.h. Niederlegung meiner Stellen) jetzt unpassend und von übelen Folgen gewesen wäre. — Die Königliche Akademie weiss, dass Rücksichten auf dieselbe und der Wunsch , kein grösseres Aufsehen zu erregen, mich in dem damaligen Augenblicke vermochten, die Ausführung eines bereits gefassten Beschlusses aufzuschieben — welche es auch tliun', sagte er zu mir; ich erfreue ihn durch die ölittheilung, dass Wut- GF.NSTEiN sich stark für ihn erklärt." Zum 13. März (S.39): »In den Zeitungen Häring's Erklärung, Raumer's Rede habe er nicht im INIanusci-ipt gesehen und ge- billigt, aber dem Inhalt stimme er bei, wie dies jeder aufrichtige Preusse thue.« Zum 15. März (S.42): »Der König hat der Akademie schon geantwortet, mild für Raumer, den er ja seit mehr als dreissig Jahren gut kenne und dem er keine schlimmen Absichten zutraue. Er ist unwillig, dass das Schreiben der Akademie veröffentlicht worden; Eichhorn will es nun nicht gethan haben! Die Akademie hat sich erbärmlich betragen. Die Generale von Müffling und Rühle sind als blosse Ehrenmitglieder nicht zur Unterzeichnung des Schreibens aufgefordert wor- den; sie erklären beide, dass sie nimmermehr untei'schrieben hätten.'^ Zum 16. März (S.44): "Die Akademie wird allgemein mit bitterster Verachtung angeselien. Raujier ])eha,rrt in seinem Ausscheiden. Die knechtischen Akademiker sind doch erschrocken darüber; sie gingen so weit. Raumer zu bitten, nur gerade jetzt nicht auszuschei- den, sondern lieber in zwei Monaten; es würde weniger Aufsehen machen!« Zum 26. März (S.49): "Die Vossische Zeitung biüiigt nun das Antwortschreiben des Königs an die Akademie; es lautet doch anders, als man es mündli(;h mir angegeben hatte; der König ist mit dem Schreiben [seil, der Akademie] ganz zufrieden; darüber wird neuer Tadel nicht fehlen.« Zum 30. März (S. 51): »Räumer hat dieser Tage beim Prinzen von Preussen gespeist. Ein Zeichen! Seine Rede wird, was den Inhalt betrifft, auch von solcher Seite her gebilligt.« Zum 18. April (S.69): »Stahr aus Oldenburg äusserte von der Adresse des Landtags an den König, sie sei keineswegs ein Seitenstück zu dem Schreiben der Akademie; der Stil sei doch ein anderer; doch noch immer zu vei-wandt mit jenem.« Ziun 3. September (S. 138): «Eichhorn und der König finden es zulässig, dass Raumer Stadtverordneter wird, weil Raumer sehr gute Gesinnungen bei der ihm kundgewordenen Wahl geäussert.« Raumer's Austritt aus der Akademie (1847). 941 Zöi>eruDg, leider, von minder Unterrichteten, missliebig und tadelnd ist aufgenommen woixlen. Jeden Fnlls liegt in dem, damals hinzugefügten Worte: Jetzt ein deutlicher Voi-helialt, s])äter den angemessenen Zeit- punkt meines Ausscheidens zu bestinnnen. luid in diesem Sinne habe ich mich auch gegen mehrere Personen innerhalb und ausserhalb der Aka- demie offen ausgesprochen. Jene wohlgemeinte Aksicht, kein Aufsehen zu erregen, ist ohne mein \'erschulden vereitelt worden, während die Gründe des Ausscheidens neues und doppeltes Gewicht erhielten. So habe ich in der Zwischenzeit bereits die bittren Folgen des kur- zen Citats erfahren , welches meinei- vollständigeren Erklärung vom 2. Fe- bruar entnommen ist und sich in dem an Se. Majestät gerichteten Schrei- ben befindet. 3Iit den Worten: »ich nehme jede persönliche [das Wort "2)ersönliche« fehlt in dem Sclireiben der Königlichen Akademie] Zurecht- weisung ohne Widerrede hin, wie es sich (einem Vater, einem Könige gegenüber) gebührt», wollte ich offenbar sagen, dass man mit einem Vater nicht rechthabei'isch hadert und einem Könige nicht unüebührlich wider- spricht. Statt dessen ist jene Äusserung sehr irrig so gedeutet worden, als habe ich die Vertheidigung König Friedrich's des Grossen (welche zu meinem Bedauern unabsichtlich Anstoss erregt hat) seitdem aufgegeben, seine weisen Regierungsgi-undsätze verleugnet und den wesentlichen Inhalt meiner Rede zurückgenommen; vielmehr wird jeder Unparteiliche in dem ganzen Hergange und meinem Ausscheiden aus der Akademie eine Bestä- tigung der Festigkeit meiner Überzeugung für grosse heilsame Wahrheiten erkennen. Thatsachen und Urtheile, Gefühle und Grundsätze, mein persön- licher Charakter und meine Ehre zwingen mich, unabänderlich an mei- nem Entschlüsse festzuhalten und nicht bloss meine Stelle als Secretar niederzulegen, sondern (aus sehr überwiegenden Gründen) auch als Mit- glied auszuscheiden. Ich ersuche die Akademie dringend, sich von der Noth wendigkeit dieser Schritte zu überzeugen, die Sache als abge- than zu betrachten und meinen Nachfolgern die mit dem i. April eröffne- ten Gelialte zu überweisen.« Die Akademie vermisste in dem Schreiben die Anerkennung des Schutzes, den sie Raumer gewährt habe, und heurtheilte die Gründe für seinen Austritt nicht als ausreichend. Sie bescldoss, ihm seine Stelle als Mitglied der Akademie bis zum Ende des Jahres oöen zu halten und ihm das zu sclireiben \ Um der öÖentlichen Meinung ein richtigeres Urtheil zu ermöglichen, beantragten Dove, Jacobi, Poggendorff, Riess und G.Rose in der Sitzung vom 25. März, sämmtliche Protokolle in der RAUMER'schen Sache in den »Monats- berichten« zu publiciren. Der Antrag wurde aber mit 21 g^^gcn 1 1 Stimmen abgelehnt. Auch das Sclireiben an den Minister — mit dem Entwurf war Magnus betraut worden — fiel (mit 1 5 gegen 14 Stimmen). Man wollte weder den Schein erregen, den Minister ^ Am Ende des Jahres wurde Raumer demgemäss befragt, ob er seine Stelle nicht wieder antreten wolle, lehnte aber ab (Sitzung vom 18. November). 1)42 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). zu veranlassen, gegen die Freiheit der Presse vorzugehen, noch wollte man iliin in's Gesicht sagen, dass er für die begangene In- discretion verantwortlich sei. Dove hat dann noch einmal, kurz vor dem LEiBNi/.-Tage, beantragt, in der Festsitzung dem Publicum ausführliche Kenntniss von dem wahren Verlauf der Angelegenheit zu geben. Es wurde auch eine Commission eingesetzt (Böckh, Dove, Lachmann, Johannes Müller und Trendelenburg), um die Form der Veröffentlichung zu berathen. Darüber, dass etwas zu geschehen habe, waren alle Commissionsmitglieder einig, «weil es sicli von selbst verstehe«, aber die Ausführung machte die grössten Schwierig- keiten: man durfte nichts von dem zurücknehmen, was in dem Ent- schuldigungsschreiben an den König ausgesprochen war. Für die Unterscheidung der Bedingungen, unter denen eine Äusserung gestan- den hat, hat die öffentliche Meiimng keinen sicheren Sinn. Auch Menn das Schreiben correcter gewesen wäre, als es war, wären der Akademie in jener politisch hochgespannten Zeit Vorwürfe schwer- lich erspart geblieben. Dennoch glaubte Böckh auf Grund von Ent- würfen, die Dove, Müller und Trendelenburg verfasst hatten, eine Form gefunden zu haben , von der er sich einen guten Eindruck in der Öffentlichkeit verspracli. Allein in der Sitzung vom i.Juli wurde seine Vorlage (mit elf gegen elf Stimmen) abgelehnt und nach langen Verhandlungen beschlossen, in der Festsitzung über die Raumer'scIjc Angelegenheit zu schweigend So endete diese Sache: es geschah nichts, um die öffentliche Meinung direct auf- zuklären, und wahrscheinlich war das das Beste. Dagegen nahm Böckh in seiner Festrede die Gelegenheit wahr, seinen wissenschaft- lichen Freisinn, die Unabhängigkeit der Akademie und ihre prin- cipielle Übereinstimmung mit den Grundsätzen Friedrich's des Grossen gegenüber reactionären und kirchlichen Tendenzen in festen und klaren Worten zum Ausdruck zu bringen". Nachdem er es beklagt hatte, dass die Akademie ihre besondere philosophische Abtheilung verloren habe^, fuhr er fort: ^ In der Sitzung fielen noch einmal (s. S.937) Bemerkungen, die da zeigten, dass einige Mitglieder sich durch Böckh bei der verhängnissvollen Adresse über- rumpelt glaubten. Böckh erklärte, wenn nur drei Mitglieder dieser Meinung wären, sollten sie sich äussern; er werde dann sein Amt sofort niederlegen und alle Acten- stücke publiciren. Der Zwischenfall ging ohne Folgen vorüber. ^ Monatsberichte 1847 8.2440". ^ Er tlieilte also nicht oder nicht mehr die Meinung Schleiermacher's und Savigny's. Böckh's Festrede (.Inli 1847). 94B Leibniz hatte einen Theil der Akademie auf Behandlung der Kirchen- geschichte und insbesondere auf die Fortpllanzung des Evangeliums unter den Ungläubigen bereclinct. . . . Seine lebhafte Tlieilnahuie an allem Kirch- lichen, also auch an Kirchen- und Dogmengeschichte, ist bekannt; was aber den andern soeben von mir hervorgehobenen Punkt beti'ifft, so wünschte er ohne Zweifel die \'erbreitung des Christenthums um ihrer selbst willen, und zugleich weil er von den in neuester Zeit häufig angefochtenen und allerdings den Zweck nicht immer erreichenden Missionen luid Bekehrungs- anstalten die Hei'stellung eines menschlicheren und sittlicheren Zustandes unter den Heiden und eine Bereicherung der Wissenschaften erwartete. Heutzutage erscheint die Anknüpfung akademischer Thätigkeit an Missio- nen und Bekehrungen so befremdlich, dass wir eingestehen nn"issen , diese LEiBM/.isciie Ansicht sei durch die Zeit nicht bewährt worden, und eini- gen Antheil daran . dass er der Königlichen Gesellschaft der "Wissenschaften diese Nebenbestinnnung gab, möchte wohl seine ausserordentliche Geschick- lichkeit haben, sich Andei'er Neigungen und \'orstellungen anzubequemen. Keiner empirischen Wissenschaft verzeiht man, so viel ich weiss, die Acconunodntion an Voi'stellungen, die ausser der Wissenschaft liegen: die Philosophen haben sie nicht selten sich ei'laubt, ja der Name der -Chj-ist-. liehen Philosophie" . . . deutet einigermaassen auf eine ziemlich häufige Anbequemung des Philosophirens. Hierauf folgte eine Kritik einiger wiclitiger Punkte in der LEiBNizischen Religionspliilosophie; dann fuhr der Redner fort: "So dünkt mir, hat Lkihmz doch das gethan, wovon ich ihn früiier [in einer ältei-en Rede] mit Lf:ssing freisjjrechen wollte: er hat seine Lehre dem Dogma anbecjuemt. Endlich kann ich es wohl dem Urtheil eines Jeden überlassen, ob die berührte, damals vielleicht zeitgemässe ^'erbin- dung eines an sich gewiss ernstlich und wohlgemeinten Zweckes [eines theologisch -kirchlichen] mit der Gesellschaft der Wissenschaften zu dem Wesen einer Akademie passe'; denn nach luiseren Begriffen hält eine solche nicht, wie unter Ludwmg XIV., auf ein ansschliessendes Glaubens- bekenntniss, sondern unsere x\kademie ist — was selbst untei' Friedrich dem Grossen noch ohne Beispiel war, ungeachtet schon früher in einer zu religiösen Kämpfen aufgelegteren Zeit ein protestantischer Kurfürst dem edlen, oder nach Fr. H. Jacobi's und Schleiermacher's Ausdruck, dem heiligen Spinoza eine Professur an einer Universität angeboten hatte — ^ Man wundert sich vielleicht, dass Böckh es überhaupt für nöthig gehalten hat, die Unvereinbarkeit der Aufgaben der Akademie mit theologisch -kirchlichen Zwecken zu constatiren ; aber wir wissen, dass während der ganzen Regierungszeit Friedrich Wilhelm's IV. Versuche nicht geruht haben, den König zu einer Ver- kirchlichung auch der Akademie zu bewegen. So schreibt Varnhagen (Bd. 13 zum 17. Juni 1857): «Unsere Akademie der Wissenschaften soll eine neue Organisation erhalten, man will die Theologie hineinbringen [natürlich handelte es sich nicht um die wissenschaftlichen Disciplinen der Theologie, sondern um die kirchliche Theologie]. Der Plan ist noch sehr geheim, und die ihn betreibende Partei sucht nur erst in aller Stille den König dafür zu gewinnen. Einer unserer Pfaffen hat den Rath er- theilt, man solle noch warten, bis Humboldt nicht mehr da isti INIeines Erachtens wird aus der ganzen Sache nichts; es ist allzu ai-g, und 3Iuth und Geschicklich- keit fehlen, die solchen Unsinn ausführen könnten-. 944 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). unsere Akademie ist, sage ich, jetzo thatsächlich Gelehrten jeden Bekennt- nisses zugänglich; sie hat es sich schon vor fünf Jahren zur Ehre gerech- net, einen ausgezeichneten Mann mosaischer Religion zu ihrem ordent- lichen Mitgliede zu wählen, ein Beweis, dass sie auch in den Ansichten, welche das Zeitalter bewegen, etwas weiter vorgeschritten ist, als Manclie glauben machen wollen. Ich kann es also aucli der Entscheidung eines Jeden anheimstellen, ob jene von Leibniz beliebte Verbindung zu seinen glücklichen Vermittehmgsversuchen zu rechnen oder eine unter Umstän- den gefährliche Verinengung verschiedenartige!' Gebiete und Standpunkte sei, und ob Friedrich der Grosse und der Präsident Mauperkuis oder Leibniz, für die Sache selbst und ohne Rücksicht auf besondere Verhält- nisse, das Richtigere getroffen habe. Sollte es aber Jemand unpassend finden, wenn ich einmal eine Seite des wundervollen Gegenstandes heraus- gekehrt habe, die uns minder anspricht, so . . . finde ich es anständiger selber zu denken . als immer nur das unbedingte Lob des grossen Meisters zu verkünden. Ich kann und will es nicht verhehlen, dass meine Ansichten in dieser Beziehung mit denen des grossen Königs übereinstimmen, und ich habe mich bereits bei anderer Ge- legenheit dahin erklärt, 'wie mir scheine, biete die Akademie einen be- quemen Boden für die Philosophie, weil diese der vollen Freiheit des Erkennens bedürfe, nirgends aber weniger als an dieser Stelle gefordert werde, das Philosophiren solle sich vorherbestimmten Vorstellungen an- bequemen; denn die Akademie sei nach ihren Gesetzen, dem Palladium ihres Daseins, den allgemeinen Wissenschaften ohne besonderen Lehrzweck gewidmet, und am wenigsten könne die Philosophie hier als eine Hülfs- wissenschaft der Theologie angesehen werden, welche mehr als irgend ein praktischer Lehrzweig seit lange der Akademie fremd gewesen; am Avenigsten könne hier davon die Rede sein, nach der Richtschnur ])osi- tiver Dogmen zu philosophiren'. Diese und die ganze wissenschaftliche Freiheit nimmt die Akademie für sich in Anspruch, und sie ist ihr, so- weit ich aus eigener Erfahrung darüber urtheilen kann , weder jemals be- stritten, noch jemals von ihr preisgegeben worden. ■> Diese Sprache war hinreichend deutlicli. Der Secretar der Aka- demie erl^iärte, dass er in Bezug auf die Freiheit der Wissenschaft an den Grundsätzen Friedrich's des Grossen unverbrüchlich fest- halte, also auch mit Raumer in der Abwehr reactionärer Bestrebun- gen, welche die Wissenschaft in Fesseln schlagen wollen, einig sei; er erklärte aber auch, dass die Akademie jene Grundsätze niemals preisgegeben habe. Dennoch beruhigte sich die öffentliche Meinung nicht: Raumer blieb ihr Held , und die Akademie galt als servil. Man verlangte nun auch, sie solle alle ihre Sitzungen öffentlich abhalten. So laut wurde diese Forderung in der Presse geltend gemacht, dass sich Encke in seiner Festrede am 2i.October^ veranlasst sah, die Frage der Öffentlichkeit der Sitzungen zum Gegenstande seiner Betrachtungen Monatsberichte 1847 S.386 f. Das Jahr 1848. 945 zu machen; er beantwortete sie negativ'; die Akademie wollte lieber unpopulär sein, als ihre wissenschaftlichen Aufgaben gefährdet sehen. Das Jahr 1848 zog herauf. »Die Plenarsitzung der Akademie am 23. März 1848 ist wegen der politischen Unruhen ausgesetzt worden«, lieisst es mit lakonischer Kürze im akademischen Proto- koll". Die Stimmung in der Akademie w^ar überwiegend conserva- tiv, aber richtete sich auch gegen die vaterlandsfeindliche Reaction, die ein ebenso gefährliches Spiel spielte als die Revolutionäre. Trendelenburg wollte, wie es scheint, am Schlüsse seiner Festrede zum LEiBNiz-Tage die Feinde einer besonnenen Freiheit aus beiden Lagern abwehren, indem er an ein ernstes Wort LEiBNizens er- innerte^: »LEiBNizens Wort klingt noch wie zu unserer Zeit gesprochen, wenn er die Khigdünkenden in Deutschland straft, die die deutsche Freiheit und deutsche Ordnung untergraben. 'Ihr hochlliegender Verstand ist dahin kommen, dass sie die Religion vor einen Zaum des Pöbels und die Frei- heit vor eine Einbildung der Einfältigen halten. Solche Leute soll man billig fliehen und hassen, gleich wie die, so die Bi'unnen vergiften. Denn sie wollen die Brunnquell gemeiner Ruhe verderben und die Zufriedenheit der Gemüther verstören, gleichwie die, so schreckliche Dinge aussprengen und dadurch die Herzen der Menschen ängstigen; sie sind denen gleich, so einen Gesunden bereden, dass er krank sei, und verursachen dadurch, dass er sich lege; anstatt dass sie unsre Wunden mit Ol lindern sollten. ^ Immer wieder wurde, auch später noch, in der Presse gefordert, die Aka- demie solle alle ihre Sitzungen öffentlich halten und zugleich im politischen Leben eine Rolle spielen. Besonders charakteristisch ist in dieser Beziehung ein Artikel in den »Berlinischen Nachrichten« vom 5. Januar 1849, betitelt »Neujahrsgruss an die Akademie der Wissenschaften». Er ist im Urkundenband Nr. 222 abgedruckt (obgleich er in einem wenig angemessenen Tone geschrieben ist), weil er die Stimmun- gen zum Ausdruck bringt, die in weiten Kreisen kurz vor und in dem Jahre 1848 geherrscht haben. Wohin wäre die Akademie aber gekommen, wenn sie der Ver- suclumg, sich populär zu machen, damals nachgegeben hätte! - Am 26. Mai wurde eine ausserordentliche Sitzung abgehalten : In den neuen Verfassungs - Entwurf (§ 39) war folgende Bestinunung aufgenommen: «Wählbar für die erste Kammer sind nur solche Staatsbürger, welche das vierzigste Lebensjahr zurückgelegt haben und ein reines Einkommen von mindestens 2500 Thlr. jährlich beziehen oder an directen Staatssteuern mindestens 300 Thlr. jährlich entrichten. Die Mitglieder der höheren Gerichtshöfe, die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften und die Oberbürgermeister der Städte von mehr als 25000 Ein- wohnern, sofern sie ihr Amt mindestens sechs Jahre verwaltet haben, sind auch dann für die erste Kammer wählbar, wenn sie ein geringeres Einkommen beziehen oder eine geringere directe Wahl -Steuer entrichten«. Es handelte sich nun darum, ob die Akademie den Antrag stellen solle, dass der ihr gewährte Vorzug auch auf andere Kunst- und Wissenschafts - Corporationen oder Persönlichkeiten übertragen werde, um sich nicht von ihnen zu isoliren. Sie beschloss aber mit 20 gegen 10 Stim- men , keinen Antrag zu stellen (gegen den Vorschlag ihrer Commission). ^ Monatsberichte 1848 S.308. Geschichte der Akademie. I. 60 ^46 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). so reiben sie solche mit Salz und Essig. Aber wir sind Gottlob noch nicht so unglücklich, und unser Kleinod ist noch nicht verloren; unsre Krone ist von uns noch nicht genommen und unsre Wolfalirt steht in unsern Händen.' Möge sich LEiBNizens Wort heute an uns Deutschen bewähren, wenn er weiter sagt, dass es in unserer — der Deutschen — Macht sei, glückselig zu sein." Schärfer richtete sich Encke in der Festrede am 19. October gegen die Revolution^: '•Er erinnerte" — heisst es im Referate über seine Rede — »an den vor 200 Jahren geschlossenen westfälischen Frieden, der die dunkelste Periode der neuei-n deutschen Geschichte beendigt habe, während wir jetzt an dem Anfange einer neuen ständen , welche durch den Missbrauch der Rede und die daraus hervorgegangenen neuesten Gräuel uns mit ähnlichen Zerwürfnissen bedrohe. Im deutschen Sinne sei vorzüglich zu beklagen, dass der Anstoss der Bewegung von Aussen gekonunen, und dass noch immer mit den Waffen der Unwahrheit gegen die frühere Verwaltung ge- kämpft werde. Vielmehr beruhe die Hoffnung auf eine glückliche Durch- führung der eingeleiteten Reformen für Preussen wesentlich auf dem treff- lichen Kern, den die frühere Verwaltung gebildet, wesshalb die Ver- knüpfung der Vergangenheit mit der Zukunft die Hauptaufgabe Preussens sei. Das natüi-liche Band zwischen beiden bilde die Macht der Krone, an welche sich alle früheren geschichtlichen Erinnerungen anschlössen, während sie als das nicht wechselnde Element der künftigen Staats-Ver- fassung, in Verbindung mit der immer von Zeit zu Zeit sich erneuernden Volksvertretung, die Zukunft Preussens sicherstelle. Die neue Zeit füge desshalb zu den Gefühlen, mit welchen wir früher diese Feier begangen hätten, noch eine hochwichtige Betrachtung hinzu und fordere auf, die Wünsche für die Erhaltung Sr. Majestät des Königs und des Königlichen Hauses in erhöhter Weise kundzugeben.« Man kann der Akademie nicht vorwerfen, dass sie es unver- sucht gelassen habe, die herrschende Missstimmung gegen sie zu überwinden und eine Verständigung herbeizuführen. Ihre drei vor- züglichsten Redner, Böckh, Trendelenburg und Jakob Grimm, unter- nahmen es im Jahre 1849, in eingehenden Ausführungen die öffent- liche Meinung aufzuklären und durch Darlegung des Zwecks und der Aufgabe der Akademie die Ungunst und die thörichten Forde- rungen des »Zeitgeistes« zu besiegen. In seiner Rede auf Friedrich den Grossen , mit besonderer Be- ziehung auf die Ausübung der unumschränkten Gewalt", erklärte Böckh: »Heute sagt man, ob die Akademie Friedrich's Ehrentag begeht oder nicht, ist sehr gleichgültig; denn erstlich war Fried- rich ein Tyrann, zweitens sind die Akademieen nur Stiftungen der Fürsten und Anhängsel der Höfe, stehen nicht auf der Höhe der ^ Monatsberichte 1848 S. 348 f. Die Rede ist nur im Auszug mitgetheilt. 2 A. a. 0. 1849 S. 18 ff. (25. Januar 1849). k Vertheidigung der Akademie gegen Angriffe des Zeitgeists (1849). 947 Zeitbildung und passen nicht zu dem Zeitgeiste, der alle Bevor- zugung verwirft und Allen gleiche Berechtigung zutheilt; ihr aber wollt besonders auserlesen sein und seid nicht einmal durch eine grössere Wahlversammlung erlesen \ sondern ergänzt euch selber; euch erkennen wir gar nicht an«. Böckh wies in seiner Rede beide Einwürfe zurück; in Bezug auf die Akademieen führte er aus, dass sie allerdings nicht dem deutschen Geiste entsprossen seien und in Deutschland nie den Beifall gefunden hätten wie in Frankreich und Italien; »es ist daher auch ohne mitwirkende Nebengründe sehr natürlich, wenn sie bei uns dieser und jener Anfechtung ausgesetzt sind«. Aber wenn sie auch ursprünglich ein Anhängsel der Höfe gewesen seien, so seien sie das nicht nothwendig: in der ersten französischen Republik sei das Nationalinstitut die anerkannt erste wissenschaftliche Körjierschaft gewesen, obgleich seine Mitglieder nicht aus der Wahl des Volkes oder einer grösseren Versammlung von Gelehrten hervorgegangen seien. »Dass gelehrte Gesellschaften sich je durch andere Wahl als ihre eigene ergänzt hätten, ist mir nicht bekannt, und wir machen nicht den Anspruch, mehr sein zu wollen als eine gelehrte Gesellschaft, ausser dass wir, was von Friedrich's des Grossen Ausstattung dieser Akademie uns noch ver- blieben ist, gerne mit Anderen theilen, deren wissenschaftliche Zwecke einer Unterstützung bedürfen.« Diese Vertheidigung hält mehr zurück, als man sonst von Böckh gewohnt ist. Tiefer und zuversichtlicher sprach sich Trendelen- burg aus': "Der Akademie gehört die Wissenschaft als solche; nicht der Unter- richt, nicht die Anwendung, sondern die Forschung. Die Wissenschaft hat gleich der Andacht ihren Zweck in sich. Aber indem sie nach der Erkenntniss des Wesens trachtet und nach nichts Anderem, fällt ihr, wie dem Wesen in allen Dingen, das Übrige von selbst zu, inid sie dient von selbst dem Untei-richt und der Anwendung. Daher hofft auch die Akademie, nicht dem Leben entfremdet zu sein, wie man ihr wohl Schuld gegeben. An eine stille und eigene Arbeit gewiesen, begrüsst sie in jeder Sitzung den Gast, der an ihren Untersuchungen Theil nehmen mag, mit Freuden. Die Wissenschaft strebt von Natur nach Mittheilung. ' Einsam im Geiste geboren, sucht sie in den Geistern ihre Bestätigung. Jeder Gedanke und jede Entdeckung suchen die schöpferische Kraft dadurch zu bewähren , dass sie in Andern mit fremden Gedanken in Berührung treten und in der neuen Verbindung Neues erzeugen. Die Akademie erfüllt ihre wissenschaftliche Bestimmung, wenn sie in ihrer Mitte Forschungen austauscht und belebt imd nach aussen Arbei- ' Es ist sehr charakteristisch, dass sich die demokratische Fordei-ung damals auch auf diesen Punkt erstreckt hat! 2 A.a.O. 1849 S. 253 ff*. (iS.October 1849). 60* 948 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). ten und Untersuchungen anregt und solche Unternehmungen fördert, welche ohne einsichtige und kräftige Hülfe schwerlich für die Wissenschaft zu Stande kommen. Auch die Wissenschaft ist sich ihres einseitigen Blicks bewusst, wenn sie an Staatsgrösse und Waffenehre schweigend vorbeigeht und nur der Wissenschaft und Kunst gedenkt und der anregenden Liebe und des för- dernden Schutzes, welche sie finden, wenn sie in der königlichen Thätig- keit des Wahren und Schönen gedenkt, das im Guten zu wurzeln strebt, der edlen Fürsorge für das Grosse und Echte in der menschlichen Bildung. Heil Preussens edlem Könige! Heil seinem Königshause! Heil dem Ge- schlechte der Hohenzollern, dem Stolz und der Hoffnung Preussens und — dürfen wir vertrauen — der Hoffnung Deutschlands!« Am tiefsten aber hat Jakob Grimm die Sache erfasst. Er ging liinter die Zufälligkeiten , welche die herrschende Ungunst bestimm- ten , zurück und suchte zu ermittehi , ob Unvollkommenheiten der verwirklichten Idee den Akademieen noch anhaften. In einer Unter- suchung »Über Schule, Universität, Akademie«^ stellte er den Be- griff dieser grossen Institutionen fest und maass an demselben ihre Erscheinung. Der Abschnitt über die Akademie beginnt mit den Worten: «Das Wesen der Akademie, glaube ich, hat sich, und man begreift warum, erst viel unvollständiger entfaltet als das der andern wissenschaftlichen Anstalten. Es wird sich, trügen die Zei- chen nicht, in der Zukunft mehr Luft machen«. Hierauf folgt die Darlegung der wesentlichen Aufgaben der Akademie — man muss sie selbst bei ihm nachlesen, kein Referat kann sie ersetzen — , dann fuhr der Redner fort : «Mit Recht sind die Festtage der Akademie öffentlich; denn ausser- dem soll und kann sie nicht populär werden in dem Sinn, dass sie die feinsten Spitzen ihrer Untersuchung abzubrechen hätte einem gemischten und mittleren Verständniss zu Gefallen, das ohne inneren Beruf vorlaut sich gern herandrängt. Die Wissenschaft hat kein Geheimniss und doch ihre Heimlichkeit; sie mag nicht oft auf der grossen Heerstrasse weilen, sondern lieber sich in alle Wege, Pfade und Steige ausdehnen, die ihr neue Aussichten öffnen, wo ihr jedes Geleit zur Last wird. In der Ebene treibt sich das Gewühl der Menge, Anhöhen und Bei'ge werden immer nur von Wenigen erklommen. Erfolglos haben wir darum, wie mich be- dünkt, einem unbefugten Verlangen stattgegeben und Stühle gestellt, auf welche der Staub sich niedersetzen kann, weil sie von Niemanden ein- genommen werdend" . . . »Es bleibt mir übrig, die wichtigste, ich gestehe auch schwierigste Angelegenheit der Akademie, ohne Rückhalt, zur Sprache zu bringen, die der Erneuerung und Ergänzung ihrer Abgänge. ... Ist es unleugbar, dass die Akademieen im Stand ihrer gegenwärtigen Entfaltung noch nicht ^ Abhandlungen 1849 S. i53ff., gelesen am S.November. ^ Hieraus folgt, dass die Akademie dem Drängen der Unbefugten zeitweilig doch so weit nachgegeben hat, dass sie Stülile für freie Zuhörer in ihren Sitzun- gen aufstellen Hess. Vertheidigung der Akademie gegen Angriffe des Zeitgeists (1849/50). 949 wirksam genug sind, gleichwohl alle Keime einer zweiten und dritten Wiedergehurt in sich tragen, um desto offenbarer ihre gebührende und heilsame Stelle an der Spitze der Wissenschaft einzunehmen, so fällt in die Augen, dieser grössere Zweck müsse und könne weniger durch ihre zum Beispiel und zur Bürgschaft gereichende Thätigkeit, als durch die freie und ungehemmte Wahl neu zutretender INIitglieder erreicht w'erden.» Grimm tritt nun auf's Entscliiedenste für die freie Wahl der Aka- demie selbst ein (ohne Meldung seitens der Candidaten wie bei der Pariser Akademie); aber er sielit es für einen empfindlichen Übelstand an, dass sie bei den Wahlen auf Berlin beschränkt ist, statt aus ganz Deutschland die besten Mitglieder zu sich zu rufen. Der wichtigste Punkt ist übrigens in den Ausführungen Grimm's doch noch nicht in seiner vollen Bedeutung erkannt: dass das Existenzrecht der Akademie in der Gegenwart nicht in letzter Linie an den wissenschaftlichen Unternehmungen haftet, die sie in's Leben ruft und leitet. — Wie sehr die politischen Bewegungen auch noch im Jahre 1850 in der Akademie nachzitterten, erkennt man aus den Festreden. «Möge auch in dieser verhängnissvollen Zeit, wo das Selbstgefühl des deut- schen Volkes, wenn auch nicht immer auf eine zu billigende Weise und leider fast nur in Worten, sich zu regen angefangen hat, die Zukunft den Keim, der sich zu entwickeln verspricht, pflegen und schützen«, rief Encke aus'. »Was haben wir in den letzten vier Jahren erlebt«, klagte Ehrenberg""; »es ist die Möglichkeit hervor- getreten und in grosser Ausdehnung zur Wirklichkeit geworden, dass alle geistige Erhebung und Entwicklung der Einzelmenschen und der gebildetsten Völker der Erde von alle Sittlichkeit zerstörenden Leidenschaften völlig beherrscht werden können und, wenn auch vorübergehend, wirklich beherrscht worden sind. Die schöne Hoff- nung eines mit Nothwendigkeit stetig gewordenen und gesicherten Fortschreitens der Veredlung des Menschengeschlechts hat, wer kann es leugnen, eine grosse, im Centrum der Civilisation erstandene Stütze — wie eine schöne Festung, die einmal eingenommen wor- den — , die Stütze der Geschichte verloren!« Diese an Erasmus er- innernde Klage d(\s in seinen Studien gestörten Gelehrten war doch nicht der Mehrzahl der Akademiker aus der Seele gesprochen; sie sahen muthiger der Zukunft entgegen. Auch der greise Humboldt Hess sich in seinem Glauben an den Fortschritt der Wissenschaft und Civilisation nicht erscliüttern ; seine Gelassenheit, verbunden mit einer edlen Thatkraft, wirkte vorbildlich. An seinem Jubiläum ^ Monatsberichte 1850 S. 29 (Festrede am 24. Januar). ^ A.a.O. 1850 S. 395 (Festrede am 17. October). 950 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). — er war nun fünfzig Jahre lang Mitglied der Akademie — sollte laut Besehluss der Akademie seine Büste im Sitzungszimmer aufge- stellt werden (s. oben S. 839f.); er aber verbat sich diese Ehre, nur ein Festmahl nahm er an. Seit mehr als drei Jahren waren neue Mitglieder nicht aufgenom- men worden; am iS.Mai 1850 erhielt die Akademie endlich wieder eine Verstärkung: Lepsius, Homeyer und Petermann wurden gewcählt. In Petermann (geb. i 2. August 1801 zu Glauchau, gest. 10. Juni 1876) begrüsste die Akademie einen stillen Gelehrten , der, von der Theo- logie ausgegangen, besonders armenische Studien betrieb, aber auch die semitischen Sprachen in den Kreis seiner Forschungen zog und die historischen Disciplinen (profan- und kirchengeschichtliche) durch seine Mittheilungen aus armenischen und koptischen Quellen mannig- fach gefördert hat. Homeyer' (geb. i 3. August i 795 zu Wolgast, gest. 20. October 1874) war der berufene Nachfolger des Germanisten Eichhorn. In dem ausführhchen und warmen Nachruf Brünner's tritt die wissenschaftliche Persönlichkeit in dem Rahmen ihrer Leistungen charakteristisch hervor. Homeyer hat zuerst die deutschen mittel- alterlichen Rechtsbücher, vor allem den Sachsenspiegel, kritisch bear- beitet und edirt. Auf den zahlreichen , diese Editionen begleitenden Abhandlungen glänzt die Freude einer jungen Wissenschaft. In der Akademie war Homeyer einer der fleissigsten Arbeiter und ist es ))is in das höchste Greisenalter geblieben ; in ihre Schriften hat er seine umfangreichen, zum Theil bahnbrechenden Untersuchungen zur deut- schen Rechtsgeschichte niedergelegt. Seine »Haus- und Hofmarken« sind ein Werk, dessen Bedeutung sich nicht auf Deutschland be- schränkt, denn es hat das ganze germanische Europa zur Unter- suchungsbasis; er stand im 76. Lebensjahre, als er sie vollendete". »Was er that, das hat er ganz gethan, und wie er in seinen Ar- beiten gewöhnt war seine Gedanken zu Ende zu denken , so hat er auch sein Leben völlig ausgelebt. Den Scheidenden betrübte kein Blick auf unerreichte Ziele, denn er hat sich nie ein Ziel zu hoch gesteckt und, was er leisten wollte, gründlich geleistet.« ^ Brunner in den Preussischen Jahrbüchern Bd. 36 (1875) S. i8ff., vergl. Frensdorff in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 13 S.44ff. Homeyer war bereits seit 1824 Professor der Jurisprudenz an der Universität. ^ Den Grund zu dieser Arbeit hat Homeyer in seiner akademischen Abhand- lung vom Jahre 1852 (S. lyff.) »Über die Heimath nach altdeutschem Recht, ins- besondei-e über das Hantgemal" gelegt; sie weckte in den verschiedenen Gauen ger- manischer Länder einen Trieb der Forschung nach der untergegangenen oder unter- gehenden, in ihrem Zusammenhange nicht mehr verstandenen Sitte der Hausmarken. Petermanx. Homeyer. Lepsius, 951 Den glänzendsten Zu^v•achs erhielt die Akademie aber damals durch den Eintritt von Lepsius (geb. 23. Deeember 18 10 zu Naum- burg, gest. 10. Juli 1884)'. Als er aufgenommen wurde, hatte er bereits die ägyptische Alterthumskunde in Deutschland und seinen eigenen Ruhm begründet durch die grosse wissenschaftliche Reise nach Aegypten (September 1842 bis October 1845)"". An Bedeutung kann diese Exjjedition nur mit der von Humboldt nach Südamerika verglichen werden ; in dem einzigartigen Werth , der ihren Ergeb- nissen für den Aufbau einer ganzen Wissenschaft zukommt, hat sie sie noch übertroffen. Der Fleiss, die Umsicht, der sichere Scharfblick, mit welchen Lepsius von Alexandria bis Chartum die Reste des höheren und höchsten Alterthums aufgenommen, geschicht- lich und antiquarisch untersucht, abgeklatscht oder copirt hat, sind unvergleichlich gewesen. Als er im Januar 1846 nach Berlin zurück- kehrte, brachte er ein Material nach Hause, an dem nicht nur er selbst 35 Jahre arbeiten konnte und gearbeitet hat, sondern das noch gegenwärtig die Fundgrube für die von ihm in's Leben gerufene Forschung ist. Das Berliner Aegyptische Museum und die im Jahre 1859 in 12 Bänden grössten Folioformats (mit 894 Tafeln) vollen- deten «Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien« sind die bedeu- tendsten Früchte seines Schaffens. In ihnen hat er das Versprechen eingelöst, das er bei seinem Eintritt in die Akademie gegeben hat^: ' Siehe die Gedächtnissrede von Dillmann (Abhandlungen 1885 S. 3ff.), dazu EiJERS, Richard Lepsius. 1885. 2 Zum Leiter der Expedition Avurde er bestellt, weil er sich durch sprach- wissenschaftliche und archäologische Untersuchungen ("Paläographie als Mittel für S|)i'achforschung>c 1834, »Über die Anordnung und Verwandtschaft des Semitischen, Lidischen, Aethiopischen, Altpersischen und Altägyptischen Alphabets«, »Über den Ursprung und die Verwandtschaft der Zahlwörter in der Lidogennanischen . Semi- tischen und der Koptischen Sprache« 1836, »Lettre sur l'alphabet hieroglyphe« 1837, »Sur l'ordre des colonnes-piliers en Egypte et ses rapports avec le second ordre Egyptien et la colonne Grecque« 1838, »Inscriptiones Umbricae et Oscae quotquot adhuc repertae sunt« 1841, »Auswahl der wichtigsten Urkunden des ägyp- tischen Alterthums« mit 23 Tafeln, 1842, »Das Todtenbuch der Aegypter« mit 79 Ta- feln, 1842) bereits einen Namen gemacht und als Directionsmitglied und redigiren- der Secretar des Archäologischen Listituts in Rom (1836-1838) auch praktische Tüchtigkeit bewährt hatte. Bunsen ist es gewesen , der ihn auf das Aegyptische gewiesen hat und ihm zeitlebens ein väterlicher Freund und eintlussreicher Förderer geblieben ist, obgleich ihre wissenschaftlichen Ansichten und Wege immer mehr aus einander gingen. Ihm und. Alexander von Humboldt gelang es, den König, welcher schon als Kronprinz die ägyi)tische Forschung mit wohlwollender Theil- nahme verfolgt hatte, für den grossen ägyptischen Reiseplan zu gewinnen. Nachmals ist Lepsius' Verhältniss zu Humboldt nicht so warm geblieben Avie das zu Bunsen. ^ Monatsberichte 1850 S.301. 952 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). »Leibniz stellte in jener merkwürdigen Denkschrift, durch die er Ludwig XIV. zu der kühnen Unternehmung gegen Aegypten zu be- wegen suchte, den Satz an die Spitze seiner Betrachtungen: 'Maximi semper in rebus humanis momenti Aegyptus fuit'. Die wissenschaft- liche Eroberung des altpharaonischen Aegyptens ist nicht vollendet. Die Aufgabe ist würdig der erleuchteten Protection und der leben- digen Theilnahme, welche unser hoher Königlicher Beschützer der- selben schon lange gewidmet; sie ist auch würdig Ihrer akademi- schen Pflege. Was meine geringen Kräfte, die Sie dazu in Anspruch genommen haben, vermögen, w^ird stets mit dem Eifer geleistet werden, der für jeden mit Ernst und im Bewusstsein der Grösse seiner Aufgabe Arbeitenden zugleich die höchste Freude ist«. Neben dem »grossen Haupt- und Grundbuch für die gesammte Aegyptologie« hat Lepsius noch eine Reihe bedeutender Werke her- ausgegeben, unter ihnen » Das Königsbuch der alten Aegypter« (1858). Überall interessirten ihn die historischen und antiquarischen Fragen in ihrem gesammten Umfange und mit dem Ausblick auf den in- ternationalen (Kulturaustausch im Alterthum; die philologischen und grammatischen stellte er zurück: ihre Zeit war noch nicht gekommen. In hohem Alter liess er seinen Blick über die Sprachen der Aethiopier und der Neger schweifen und zeichnete mit kühnen Strichen ein Gesammtbild von der Gruppirung und geschichtlichen Verbreitung sämmtlicher Sprachen und Völker Afrikas von den Syrten l)is zum Kap, seine letzten und höchsten Erkenntnisse über die vorgeschicht- lichen Wanderungen der Völker Südwestasiens und Afrikas klar und bündig zusammenfassend \ »Eine Glücksfügung hat ihn hohe Gön- ner und Förderer finden lassen, aber das meiste hat doch er selbst gethan, um die von ihm erstiegene Stufe zu erreichen. Innerlich er- wärmt und getrieben von den höchsten Idealen menschlicher Er- kenntniss, hat er verständig die Mittel erwogen, welche ihrer Er- reichung zuführen, und dann in harter, unverdrossener Arbeit sich in ihren Besitz zu setzen gewusst. Jeden Gegenstand, den er an- ^ In der Einleitung zur »Nubischen Grammatik« (1880): »Über die Völker und Sprachen Afrikas«. Durch die Mannigfaltigkeit besonders der afrikanischen Sprachen wui-de ihm das Bedürfniss eines linguistischen Alphabets fühlbar. Er ent- warf ein solches — schon Leibniz hntte es gewünscht — , die akademische Druckerei fertigte die Typen an, und es fand seinen Weg, besonders durch die englischen INIissionsgesellschaften , zu vielen heidnischen Völkern. Aber die lautphysiologischen Studien waren damals noch nicht so weit vorgeschritten , um die sichere Entwerfung eines allgemeingültigen, die Vergleichung der Sprachen fördernden Alphabets zu gestatten. Dennoch bezeichnete Lepsius' Versuch einen grossen Fortschritt. Lepsius. — Dreizehn neue ^litglieder (18Ö1— 1853). 95H fasste, hat er selbständig von seinen Wurzeln an durchgearbeitet, durchdacht, von allen Seiten überlegt und immer wieder nachge- prüft, bis er zu voller Klarheit darüber und zu festen Ergebnissen gekommen war. Weil mit dem ganzen Einsatz seines Könnens und Wissens erworben, waren ihm seine Erkenntnisse so zu sagen ein Stück seiner eigenen Persönlichkeit, und die grosse Zähigkeit, mit der er sie festhielt, eine nur zu natürliche P'olge davon. Dabei war er in seiner Forschung und Kritik frei von aller Gebundenheit und von Vorurtheil, sei es einer Schule und Partei, sei es religiöser Art, aber auch durchdrungen von der freudigfesten Zuversicht, dass man die Wahrheit mit den rechten Mitteln finden könne, noch nicht angesteckt von der krankhaften Zweifelsucht, welche zu keinerlei Überlieferung mehr Zutrauen zu fassen vermag.« Die Jahre 185 1 — 1853 ^i"^^ äusserlich ohne bemerkenswerthe Ereignisse verlaufen; aber innerlich w^aren sie bedeutungsvoll': nicht weniger als dreizehn neue Mitglieder wurden aufgenommen. Im Jahre 1851 traten der Zoolog Peters"', der Physiolog du Bois- Reymond^, die Botaniker Klotzsch^ und Braun ^, der Sprachge- lelirte Buschmann^', der Numismatiker Binder' und der Historiker ^ Zu dem neuen Unteri'ichtsministei" Raumer vermochte die Akademie kein näheres Verhältniss zu gewinnen; auch Humrolut trat ilim nicht nähei'. " Geb. 22. April 1815 zu Koklenhüttel in Schleswig, gest. 22. April 1883 (s. HiLGENDORF iu der Allgemeinen Deutschcu Biographie Bd. 25 8.4890".). Antritts- rede in den Monatsberichten 1841, dort auch die Antrittsreden von du Bois-Rev- MOND, Buschmann, Finder und Riedel. Auf einer grossen Reise nach Südafi-ika, die ihn fünf Jahre von Europa fernhielt, hat Peters, bevor er Mitglied der Aka- demie geworden ist, ein reiches zoologisches Material gesammelt. Das Berliner Zoologische Museum verdankt seiner Fürsorge die i'eichste Förderung. ^ Geb. 7. November 18 18 zu Berlin, gest. 26.r)ecember 1896 (s. die Gedächt- nissrede von Engelmann in den "Abhandlungen« 1898). * Geb. 9. Juni 1805 zu Wittenberg, gest. 5. November 1860 (s. Wunschjiann in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 16 S. 233 ff'.). Antrittsrede in den Monatsberichten 1852 , doit aucli die Braun's und Eisenstein's. Klotzsch's Haupt- verdienste liegen auf dem Gebiete der systematischen Botanik. ^ Geb. 10. Mai 1805 zu Regensburg, gest. 29. März 1877. Braun's Bedeu- tung liegt auf dem ptlanzenjihysiologischen Gebiet. »In Link's Wirksamkeit trat Hr. Braun, den vor allen Anderen Leopold von Buch in Berlin willkonnnen hiess. In dem weiten Reich der lebenden und dem engeren der fossilen Fllanzen heimisch und als Morpholog und Physiolog an der Entwicklungsgeschichte der Pflanzen ar- beitend, hat er in seiner x\ntrittsrede die Ziele bezeichnet, denen die Botanik der Gegenwart nachstreben müssC" (Trendrlenburg , »Abhandlungen« 1861 S. 11). ^ Geb. 14. Februar 1805 zu ^Magdeburg, gest. 21. April 1880. ' Geb. 22.jMärz 1807 zu Naumburg, gest. 30. August 187 1 (s. Wuxschmann in der Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 26 S. 149). 1)54 Die Akademie Friedrich Wilhelm'.s IV. (1840-1859). Riedel' ein. Ihnen folgten im Jahre 1852 der Mathematiker Eisen- stein" und der Philolog Ernst Curtius^, im Jahre 1853 ^^^' Geo- graph Kiepert^, der Philolog Haupt^ und die Geologen und Paläon- tologen Beyrich*' und Ewald ^ DU Bois-Reymond, den Johannes Müller auf's Wärmste empfoh- len hatte^, brachte in der Antrittsrede seinen Dank in besonders lebhaften Worten zum Ausdruck; er hat ihn aber auch durch die That erstattet: seit Merian hat die Akademie kein Mitglied beses- sen, das so ganz für sie gelebt und sie in seiner Person gleichsam repräsentirt hat'*. Als seine wissenschaftliche Aufgabe bezeichnete er es in derselben Rede, »die Physiologie, und sei es auch nur um ein Differential, ihrem Ziele näher zu rücken, die Physik und Che- mie der sogenannten Lebensvorgänge zu sein«. Dieses »soge- nannt« ist für seine wissenschaftliche Grundanschauung charakte- ristisch geblieben. Noch in einer seiner letzten akademischen Reden hat er mit scharfen Worten Forscher zurückgewiesen , die ihm die verbannte »Lebenskraft« zurückzurufen schienen^*'. Die Akademie hat das Glück gehabt, 45 Jahre lang seine Mitarbeit und seine Für- sorge zu erfahren und sich seiner geistvollen Festreden zu freuen". ^ Geb. 5. Deceinher 1809 zu Biendorf bei Doberan , jue.st. 8. September 1872 (s. HoLTZE in der Allgemeinen Deutschen Biograjihie Bd. 28 S. 514 IT".). Er ist der Heransgeber des Codex di])lomaticus Brandenburgicus und widmete sich ganz der vaterländischen Geschichte. ^ Geb. 16. April 1823 zu Berlin, gest. 11. October 1852 (s. Cantor in der All- gemeinen Deutschen Biogi-aphie Bd. 5 8.774 f.). * Geb. 2. September 18 14 zu Lübeck, gest. 11. Juli 1896 (Gedächtnissrede M)n Köhler in den »Abhandlungen« 1897). Antrittsrede in den Monatsberichten 1853. R. Schöne, Zur Erinnerung an Ernst Chrtius (Sonderabdruck aus der Wochenschrift für klassische Philologie 1897); R. Kekule von Stradonitz, Ernst fuRTius, Gedächtnissrede 1896. ^ Geb. 31. Juli 1818 zu Berlin. Antrittsrede in den IMonatsberichten 1854. dort auch die der drei folgenden ^Mitglieder. ^ Geb. 27. Juli 1808 in Zittau, gest. 5. Februar 1874 (Gedächtnissrede von Kirchhoff in den »Abhandlungen« 1875). '^ Geb. 31. August 1815 zu Berlin, gest. 9. Juli 1896 (Gedächtnissrede von Dames in den »Abhandlungen« 1898). ■^ Geb. 3. December 1811 zu BerHn, gest. 11. December 1891. ^ Humboldt schrieb über ihn an Böckh: »Für du Bois-Reymond interessire ich mich lebhaft, weil er ein glücklich und fein experimentirender Physiker, Physio- log, klassisch und mathematisch gebildeter Mann ist«. ^ Seit 1867 bekleidete du Bois-Reymond auch die Stelle eines beständigen Secretars. ^° Siehe Sitzungsberichte 1894 S. 623 ff. ^^ In diesen Festreden hat du Bois-Reymond grosse naturwissenschaftliche Fragen der Gegenwart in das Licht der Philosophie und der Geschichte gerückt. DU Bois-Reymond. EiSENS'iEiN, CrRTiis, Haiit. Kiepert. 1)55 Dagegen ist ihr der jugendliche Mathematiker Eisenstein kaum ein lialbes Jahr erhalten geblieben. Wie ein Meteor war er aufgestie- gen, aus dumpfer Enge und kümmerlichen Verhältnissen.' Seine zahlentheoretischen Speculationen machten auf Gauss den tiefsten Eindruck: er hoffte, ihn einst neben Archimedes und Newton zu sehend Auch Hübiboldt hat ihn bewundert und Jahre lang väterlich für den jungen Mann gesorgt, unermüdlich in Unterstützung und För- derung. Er hat seine Wahl in die Akademie durchgesetzt; aber schon waren die Tage des Gelehrten , der überschwengliche Hoffnungen er- regt hatte, gezählt, imd bald erlag er der schleichenden Krankheit. Unter den sechs neuen Mitgliedern, welche die philosophisch- historische Klasse damals empfing, befanden sich die beiden späte- ren Secretare Curtius und Haupt. Der erstere folgte aber bereits im Jahre 1856 einem Rufe nach Göttingen und kehrte erst im Jahre 1868 wieder nach Berlin zurück. Die Bedeutung, die sein Wirken für die Akademie gehabt hat, fällt in die nächste Epoche. In Haupt, dem charaktervollen Philologen, erhielt Lachmann einen congenialen Nachfolger". Die Wahl Kiepert's geschah auf Vorschlag von Carl Ritter: »Es fehlt unserer Akademie ein d'Anville«' — mit diesen Worten beginnt sein Antragsschreiben, welches auf Kiepert hin- weist. Er sollte sich nicht getäuscht habendi — Unermüdlich hatte Nach Form und Inhalt erinnern sie an die Reden der französischen Encyklopädisten des 18. Jahrhunderts, eines Diderot und d'Alembert. in ihrem weiten Umbhck auch an die Reden Alexander VON Hi'MBOLDi' 's. In du Bois- Reymond hat die Akademie den letzten und glänzendsten Repräsentanten jener Verbindung des französischen und des deutschen Geistes besessen, welche einst die fridericianische Akademie charakterisirt hat. Aber er empfand deutsch und stand mitten in der wissenschaft- lichen Bewegung des 19. Jahi-hunderts. ^ Aus einem Briefe Eisenstein's an Humboldt ergiebt sich, dass er sich selbst die Kraft zugetraut hat, ein zweiter Newton zu werden. " In seiner Antrittsrede (Monatsberichte 1854 S. 347 ff.) bezeichnete sich Haui't als Schüler Jakob Grimm's und Gottfried Hermann's — »von diesem habe ich die Richtung auf kritische Philologie empfangen, der ich treu geblieben bin, weil sie meiner Neigung und dem Maass meiner Kräfte entspricht«. Was er dann über die Leistungen der philologischen Kritik ausführt und über ihre scheinbar geringen Früchte, während sie doch jeder philologischen und historischen Forschung den Boden sichert und untrennbar ist von der Erforschung des Individuellen, von dem Eindringen und nachempfindenden Einleben in die Persönlichkeit der alten Schrift- steller, ist besonders lesenswerth. ^ In seiner Antrittsrede (a.a.O. S.35off.) wies Kiepert selbst auf »den grossen d'Anville, die Zierde der französischen Akademie^, hin, -der nach des grösseren Meisters Niebuhr Ausspruch der Vervollkommnung der Geographie und der histori- sclien Philologie durch seine Karten grössere Dienste geleistet hat, als er durch die gelehrten Schriften gekonnt hätte-. 956 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). Humboldt Jahre lang die Aufhalime Buschmann's betrieben, die Ver- dienste in's Feld führend, die sich dieser um den sprachwissenschaft- lichen Nachlass Wilhelm VON Humboldt's erworben hatte^ Aber Bopp und Andere hatten die ernstesten Bedenken": sie fanden Buschmann's Arbeitsweise bei aller Anerkennung seiner Kenntnisse — namentlich auf dem Gebiete der amerikanischen Sprachen — nicht methodisch. Schliesslich Hessen sie sich aber doch von Humboldt überreden und gaben Buschmann ihre Stimme. In seiner Rede am LEiBNiz-Tag 1852 konnte Trendelenbukg auf ein bedeutendes Geschenk hinweisen, welches die Akademie aus Frank- reich erhalten hattet Ihr correspondirendes Mitglied Bartholmess hatte in zwei Bänden (1850. 1851) eine »Histoire philosophique de TAcademie de Prusse depuis Leibniz jusqu'a Schelling, particuliere- ment sous Frederic le Grand« erscheinen lassen und dem Könige ge- widmet (s. oben S. 447). Das Lob, welches Trendelenburg diesem Werke gespendet hat: «gelehrt in der Forschung, einsichtig in der Auffassung, lebendig im Ausdruck, auf dem Grunde des Ganzen und Allgemeinen eine wesentliche Richtung unserer Akademie geschicht- lich darstellend«, ist vollberechtigt. Der aus dem Elsass stammende Verfasser, deutsche und französische Art, wie sie sich einst in der Akademie durchdrungen hatten, verständnissvoll würdigend, hat hier eine geschichtliche Darstellung geliefert, die in ihren Grenzen unübertrefflich ist. Schon vor ihm hatten die französischen Histo- riker der Pliilosophie auf die philosophische Bewegung innerhalb der Berliner Akademie des 18. Jahrhunderts aufmerksnm gemacht, die Deutschen beschämend, die an ihr vorübergegangen waren. Villemain hatte in seiner französischen Litteraturgeschichte des 1 8. Jahrhunderts der Berliner Akademie einen Abschnitt gewidmet, Cousin von ihr in seiner Geschichte der neueren Philosophie (18 16. 18 17) gehandelt und die Berliner Schule, wie er sie nennt, unter Merian's Führung mit der schottischen unter Thomas Reid zusammen- gestellt (sofern sie Beide die skeptischen Consequenzen des Empiris- mus und namentlich Hume's Auffassung des Ich und der Welt als ' »Die Akademieen sind freilich eben nicht sentimental" — musste er resignirt in einem Brief an Böckh ausrufen. ^ «Bopp ist Bcscumann's intimer Feind,« schreibt Humboldt an Böckh; ..nicht weil er die Gi'ündlichkeit seiner vielumfassenden Sprachkenntniss angreift, sondern aus weitgetriebenen Fusionstheorieen, nach denen Zend und Sanskrit eine Art ada- niitische Paradiessprache werden und Alleinherrschaft wie einst die aramäische Tyrannin ausüben." ^ Monatsberichte 1852 S. 394 ff. Die »Histoire i)Inlosophiqne de l"Academie tle Prusse^ (18.")0f.). 95/ blosser Erscheinung bekämpfen). Bartholmess fasste die Aufgabe nun nacli einem nocli grösseren Maasstabe \ Die ganze Festrede Trende- lenburg's {»Die pliilosophisclie Thätigkeit der Akademie im vorigen Jahrhundert«) ist ein Referat über das schöne Werk, aber bringt doch zugknch auch eine neue Beleuchtung des grossen Gegenstandes. In dem folgenden Jahre nahm derselbe Redner am Geburts- tage des Königs Anlass, von dem Lieblingswerk des Monarchen, der Restauration des Kölner Domes, zu handeln und an diesem Bau in tiefsinniger und doch klarer Rede das Wesen der Romantik und Gotliik zu entwickeln. Der Dom ist ihm «der grösste Ausdruck einer ewigen Empfindung, der Ehrfurcht« und wiederum »der klassische Bau im Romantischen « . Romantisch, weil, wie in der Gothik über- haupt, die Vorliebe für die unbestimmte Empfindung und für ein phantasievolles Beiwerk in ihm waltet: klassisch, weil er doch den Begriff eines fest geschlossenen Ganzen zur Anschauung bringt. Deutlich fühlt man aus der Rede das liebevolle Bemühen des Red- ners heraus, sich in die Empfindungsweise des Königs zu versetzen. Es wurde ihm nicht schwer, denn mit Ehrfurcht blickte auch er auf ' »Wenn ein Mann vom Schlage des Hrn. Bartholmess die Arbeiten und die Wirksamkeit der Akademie in die philosophische Entwickhmg des vorigen .Tatn-- hunderts als Glied einreiht, so hat das doppelte Bedeutung; denn er ist heimisch in den Problemen der Philosophie und ihrer Geschichte. Seine Ai-beit über Gior- DANO Bruno ist eine Fiucht vielseitiger Foi'schung und ein Werk von tieferer Auf- fassung und darstellender Kunst. Auch er verhehlt das nationale französische Interesse nicht; denn die Berlinei- Akademie des vorigen .Jahrhunderts erscheint ihm von einer Seite als eine französische Colonie, und er sieht sie namentlich als die Akademie des überrheinischen Frankreichs an, wozu die aus Frankreich ver- triebenen Calvinisten den Grund gelegt hätten. Aber sein Standpunkt ist höher. Kr will die Sache in ihrer eigenen Wichtigkeit, welche durch den Namen FRiEDRicirs des Grossen, durch den Namen Leibnizcus hinreichend verbürgt sei. Es bewährt sich darin sein freier Blick. Durch die ganze Schrift hindurch zeigt sich seine seltene Kenntniss der deutschen Sprache und Litteratur und derjenigen allgemeinen Zustände, welche in der Geschichte die Eigenthümlichkeit philosophischer und litte- i-arischer Erscheinungen bedingen. Das Buch äussert schon seine Wirkungen in Frankreich. . . . Die französische Akademie hat im August vorigen Jahres dem Werke 'als einem für die Sitten erspriesslichen' den grossen Preis zuerkaimt. Sie hat in dieser Ehre dasselbe Interesse an deutscher Philosophie bethätigt, das sie in mehreren Preisaufgahen offenbart hat. . . . Seit langer Zeit erschien kein Buch, das unsei-e Körperschaft so nahe anging als das Werk des Hrn. Christian Bar- tholmess, das geeignet ist, durch die geschichtlichen Erinnerungen ihren Gemein- geist und ihre Bestrebungen anzuregen. Unsere Akademie ist dem Verfasser, ihrem correspondirenden ^litghede, zu dauei'ndem Dank verpflichtet..., und die bedeut- same Darstellung einer fast 150jährigen Epoche wird noch spät eine Fi-eude derer sein, welche in kommender Zeit die Arbeit der Früheren aufnehmen und fortsetzen" (Trenwelenburg). 958 Die Akademie Friedrich Wilhelm's IV. (1840-1859). das, was dem Könige werth und heilig war. Mit dem Appell an die Ehrfurcht als die lebendige Wurzel alles Heils — Ehrfurcht vor den göttlichen Dingen. Ehrfurcht vor dem Könige, Ehrfurcht vor dem Sittlichen in jedem Beruf — schloss der Vortragende: eine unpolitische Rede und doch politisch im höchsten Sinn, gehalten in einer Zeit, da unter dem Drucke der herrschenden Tagesmeinun- gen Muth dazu geliörte, vom Stuhle der Wissenschaft an die reli- giös-sittlichen Mächte zu erinnern. Aber nicht minder stark, vielmehr stärker war damals der Druck derReaction, und er steigerte sich, bis endlich im October 1858 der Prinz von Preussen definitiv die Regentschaft übernahm. Wer wundert sich, dass die Akademie in den Jahren 1 854-1 858 nicht mit freudiger Kraft gearbeitet hat? Sie rastete nicht ^ — damals hat sie das Corpus Inscriptionum Latinarum wirklich in's Leben geru- fen (s. oben S. gooff.), und ihre Mitglieder blieben thätig wie zuvor" — , aber die allgemeine Lähmung, gesteigert durch das Leiden des un- glücklichen Königs, machte sich auch in ihrer Mitte fühlbar. Es musste weit gekommen sein, wenn der conservative Ehrenberg in seiner Festrede am 24. Januar 1856" einen grimmigen Ausfall auf »anglikanisch -protestantische 'Wissenschaften'« für nöthig hielt und von einseitigen Fanatikern sprach, welche, bei schwacher Wissen- schaftlichkeit, entblösst vom Vertrauen auf die fortschreitende Wissen- schaft, in Ängsten lebend ^ Gern gedenken wir an dieser Stelle des Arcliivars der Akademie, Ulrici, der sich im Jahre 1854 genüthigt sah, seiner leidenden Augen wegen seine Pensio- nirung zu beantragen. Der Vorsitzende Secretar s])rach ihm den Dank der Aka- demie aus für seine sorgfältige und treue Amtsführung und hob namentlich das grosse Verdienst hervor, welches er sich durch Anordnung der älteren Acten und musterhafte Einrichtung aller in den Geschäftsbetrieb einschlagenden neueren Acten erworben hat. Diese Anerkennung wurde in die Monatsberichte (1854 S.337f.) aufgenommen, und wir schliessen uns derselben dankbar an. ^ In den Januar 1856 fallen die Verhandlungen iiber die Fälschung des Griechen Shioxides. die angebliche Handschrift des Uranios. Als das Manusci-ipt (71 Blätter in Grossquart) der Akademie von W. Dixdorf zum Kauf angeboten und vorgelegt wurde, erklärten es Böckh, Lepsius und Andere für echt — nur Curtius äusserte Zweifel — und bestimmten die Akademie zu einer Immediateingabe an den König, damit er die Handschrift für 5000 Thlr. erwerbe (10. Januar). Allein bald darauf überzeugte sich Lepsius aus dem Inhalte des Manuscripts, dass es eine Fäl- schung sei, und Tischendorf kam aus paläographischen Gründen zu demselben Residtat. Bereits am 31. Januar zog die Akademie ihre Eingabe zurück. ^ Monatsberichte S.63ff. * Dieser Ausfall ist vielleicht in das Licht der theologisch - kirchlichen Bestre- bungen gegen die Akademie zu rücken, von denen Varnhagen in seinem Tagebuch zum Jahi'e 1857 erzählt (s. oben S.943). Die Geschichte der Akademie in den Jahren 1854— iSöS. Neue INIitolieder. 959 o' Wieder war es Trendelenburg, der in seiner Rede am Geburts- tage des Königs (1857)^ über »die königliche Betrachtung der Dinge und das Wesen der W^issenschaft« das rechte Wort fand, um das Zutrauen und den Muth zu stärken. »Je mehr sich die Wissenschaften von der unmittelbaren Thatsache und von der Controle der sinnlichen Gegenwart entfernen, desto mehr bieten sie durch die Vermittelung Punkte zum Angriff dar. Erst in der Schärfe des Streits, in der INIaclit der Folgerung, in der WideHegung der Zweifel bildet sich das Bewusstsein der Nothwendigkeit. Und um dieses Zieles willen wehrt Niemand der kühnen und redlichen Wissenschaft, und selbst da nicht, wo sie auf lieb gewordene Begriffe em])findlich stösst; denn die Wahrheit ist nur Eine, und die Wahrheit wird sich selbst nicht im Stich lassen. Es ist die Wissenschaft das grösste Beispiel einer fortgesetzten Entwicklung, welches es überall giebt. Kein Kern, der zur tausendjährigen Eiche auswächst, kein Thier, das sich auslebt, kein Mensch, so glücklich er sich vollende, kein \'olk und kein Staat, so lange sie auch blühen und so spät sie auch altern, hat eine so stetige, so fortlaufende Entwicklung als die Wissenschaft. Selbst die benachbai-te Kunst hat sie nicht. ... In der Wissenschaft ist alles Vorangehende die Voraus- setzung des Folgenden, der Bestand die Voraussetzung des Erwerbes, das Entdeckte die Voraussetzung der Entdeckung. Das Neue knüpft sich an das Alte. Nur in seltenen und grossen Fällen ändert sich dies Verhältniss. Die Wissenschaft erweitert sich luid erneuert sich von innen. Nirgends verfährt sie sprunghaft. Selbst den Irrtluun tauscht sie nur füi- eine Wahrheit aus. Die Geschichte der Staaten kaiui an der Geschichte der Wissenschaft ein Muster nehmen; denn nirgends einigt sich so harmonisch der erhaltende und der fortschreitende Geist, und dalier würde die Wissenschaft ihr eigenes Wesen aufgeben, wenn sie selbst je nach aussen in ande- rem Sinn wirken wollte." Diese Zuversicht und der Entschluss, sich niclit beirren zu lassen, haben die Akademie über schlimme Tage hinweggeführt. Acht neue Mitglieder sind der Akademie in jenen Jahren zu- geführt worden. Die physiko- mathematische Klasse nahm den Mi- neralogen und Chemiker Rammelsberg (1855)'", die drei Mathema- tiker Kummer (1855)^, Borchaedt (1855)* und Weierstrass (1856)' und den Anatomen Reichert (1859 April)*^ auf: die philosophisch- ^ INIonatsberichte S. 431 ff. ^ Geb. I.April 1813 zu Berlin. Antrittsrede in den ^lonatsberichten 1856, dort auch die von Kummkr und Borchardt. ^ Geb. 29. Januar 1810 zu S(Ji'au, gest. 14. ]Mai 1893. * Geb. 22. Februar 18 17 zu Berlin, gest. 27. Juni 1880. ^ Geb. 31. October 1815 zu Ostenfelde in Westfalen, gest. 19. Februar 1897. Antrittsrede in den Monatsberichten 1857. ^ Geb. 20. December 1811 zu Rastenburg, gest. 2 i. December 1883. Antritts- rede in den Monatsberichten 1859 (s. PAGEf. in der Allgemeinen Deutschen Biogra- phie Bd. 25 S. 679 ff.). Reichert gehört zu den hervorragendsten modernen Ana- tomen und Förderern der entwicklungsgeschichtlichen Zoologie. Während er aber für die damals noch junge Zellenlehre eintrat, wurde er ein hai-tnäckiger und heftiger 1)60 Die Akademie Friedrich Wii.helm\s IV. (1840-1859). historische den Philologen und Archäologen Parthey (1857)^ und die HH. Weber (1857)- und Mommsen (1858)'. Durch KiDiMER und Weierstrass, zu denen im Jahre 1861 Kronecker trat, behauptete die Wissenschaft der Mathematik in der Akademie die Höhe, auf die sie Jacobi und Dirichlet geführt hatten. Kummer setzte in seinen zahlentheoretischen Schöpfungen das Werk dieses, Weierstrass in seinen epochemachenden Arheiten zur Functio- nentheorie das jenes fort. In seiner Antrittsrede erklärte Kummer^: »Ich habe vorzüglich nur diejenige Erkenntniss in der Mathematik erstrebt, welche sie innerhalb der ihr eigenen Sphäre ohne Rück- sicht auf ihre Anwendungen gewährt; ich gedenke auch ferner in derselben Richtung fortzuarbeiten«; Weierstrass aber, nachdem er das Verhältniss seiner Arbeiten zu denen Abel's und Jacobi's kurz berührt hatte, fuhr also fort°: »Glücklich würde ich mich schätzen, wenn ich späterhin aus meinen Studien auch für die Anwendungen der Mathematik, namentlich auf Physik, einigen Gewinn ziehen könnte. Es ist mir keineswegs gleichgültig, ob eine Theorie sich für solche Anwendungen eigne oder nicht. . . . Ich meine aber, es muss dns Verhältniss zwischen Mathematik und Naturforschung etwas tiefer aufgefasst werden, als es geschehen würde, wenn etwa der Phy- siker in der Mathematik nur eine wenn auch unentbehrliche Hülfs- Discij)lin achten oder der Mathematiker die Fragen, die jene ihm stellt, nur als eine reiche Beispielsammlung für seine Methoden ansehen wollte. . . . Auf rein speculativem Wege haben griechische ]Mathematiker die Eigenschaften der Kegelschnitte ergründet, lange bevor irgendwer ahnte, dass sie die Bahnen seien, in welchen die Planeten wandeln, und ich lebe der Hoflnung, es werde noch mehr Functionen geben mit Eigenschaften , wie sie Jacobi an seiner 0- Gegner des Darwinismus und lehnte auch die Fortschritte ab, welche die Zellen- lehre machte. 1 Geb. 27. October 1798 zu Berlin, gest. 2. April 1872 zu Rom. Antrittsrede in den Monatsberichten 1858, dort auch die Antrittsreden von Weber und Momjisex (s. Jonas in der Allgemeinen Deutschen Biograpliie Bd. 25 S. 189 ff".). Parthey wai- ein Enkel Nicola Ts und hatte von seinem Grossvater die polyhistorischen Neigungen geerbt. Die philologisch -antiquarischen Forschungen und Forscher unterstützte er mit seltener Liberalität. Aus der grossen Anzahl seiner eigenen bunten Arbeiten sind die historisch -geographischen Untersuchungen (besonders die auf Aegypten bezüglichen) und die Studien über Zauberjmpyri hervorzuheben. ^ Geb. 17. Februar 1825 zu Breslau. ^ Geb. 30. November 181 7 zu Garding in Schleswig. * A.a.O. 1856 S.378f. = A.a.O. 1857 S.349. Die Geschichte der Akademie in den Jahren 1854-1858. Neue Mitglieder. 961 Function rühmt, die lehrt, in wie viel Quadrate sich jede Zahl zer- legen lässt, wie man den Bogen einer Ellipse am besten rectificirt, und dennoch, setze ich hinzu, im Stande ist, und zwar sie allein, das wahre Gesetz darzustellen, nach welchem das Pendel schwingt«. MoMMSEN stellte in seiner Antrittsrede' in bedeutungsvoller Weise den Gedanken in den Vordergrund , dass er in die Akademie auf- genommen sei und eintrete, um ein grosses wissenschaftliches Unternehmen auszuführen: es gilt zu zeigen, »dass, wie auf dem Felde der Naturwissenschaften und der neueren Geschichte, so auch auf dem der klassischen Philologie die wissenschaftliche Organisation ihre Resultate liefert«. Wie er dieses Wort nicht nur in der Herstellung des »Corpus Inscriptionum Latinarum«, sondern auch in der Schöpfung zahlreicher anderer grosser Unternehmungen eingelöst, und wie durch ihn die philosophisch -historische Klasse Aufgaben empfangen hat, die sie zusammenhalten, das hat die Ge- schichte der Akademie in den folgenden vierzig Jahren gelehrt. Viele hervorragende Mitglieder sind der Akademie in den Jah- ren 1850— 1858 entrissen worden, zuletzt noch im April 1858 Jo- hannes Müller: aber immer noch hielt sich Alexander von Hum- boldt aufrecht. Er nahm auch an den akademischen Verhandlungen und Wahlen wie früher lebhaften Antheil. »Weber's Ernennung hat mich besonders erfreut«, schrieb er im Herbst 1857 an Böckh, und noch am Tage der Wahl Reichert's im März 1859 war er in der Sitzung zugegen. Es sollte das letzte Mal sein. »Es bleibt der Akademie denkwürdig,« schreibt Trendelenburg ^, »dass das letzte Wort, das sie aus Humboldt's Munde vernahm, belebend, aner- kennend und warm wie immer, Hrn. Reichert galt.« Bald darauf ergrift" eine tödtliche Krankheit den greisen Senior der Akademie, der ihr fast 59 Jahre angehört hat. Am 6. Mai schloss er die Au- gen. Mit wahrhaft fürstlichen Ehren wurde er bestattet — wie anders als Leibniz, dessen Werk in der Akademie er fortgesetzt hat! Was diese bei seinem Scheiden empfunden, wie sie dengrossen Todten, dessen Büste nun ihren Saal ziert, geehrt hat, das ist be- reits oben erzählt worden^. Dass mit Humboldt, dem noch in demselben Jahre Dieterici, Carl Ritter und Wilhelm Grimm im Tode nachfolgten , eine grosse 1 A.a.O. 1858 S.393ff. "^ Abhandlungen 186 1 S. 13. 3 Siehe S. 839 ff. Geschichte der Akademie. I. 61 962 Der Personalstand der Akademie (1812-1859). Epoche in der Geschichte der Akademie zu Ende gegangen war, fühlte man. Was wird die neue bringen ? Mit doppelter Schwere lag diese Frage auf Aller Herzen, wenn sie auf die inneren poli- tischen Verhältnisse blickten, von denen doch alles Leben im Staate abhängig ist. Aber schon hatte der Prinz von Preussen die Zügel der Regierung ergriffen. »Die Gesinnung derer, welche die Wissen- schaft vertreten, gegen König und Vaterland soll so unwandelbar sein, wie die Wahrheit, welche sie suchen und hüten.« In dieser Gesinnung blickte die Akademie zu ihrem neuen Herrn und Pro- tector auf, und niemals ist das Vertrauen auf einen König schöner belohnt worden. Viertes Capitel (Anhang). Der Personalstand der Akademie von 1812-1859. 1. Beständige Secretare. Die vier Secretare der vier Klassen im Januar i 8 i 2 waren Er- MANJun., Tralles, ANCiLLONJun. und Buttmann. Seit dem Juli 1826 wurden auf Anregung Schleiermacher's Verhandlungen über die Ver- einigung der 3. und 4., bez. auch der i. und 2. Klasse geführt. Als provisorische Maassregel wurde die Vereinigung am 29. April 1828 vom Minister von Altenstein zugelassen und in dem neuen Statut vom 31. März 1838 vom Könige bestätigt. In der physikalischen Klasse trat, nachdem Erman seines Alters wegen die Stelle am Schlüsse des Jahres 1841 niedergelegt hatte, am 16. Februar 1842 Ehrenberg als Secretar ein. In der mathematischen Klasse blieb nach Tralles' Tode (18. No- vember 1822) das Secretariat unbesetzt, bis es im Jahre 1825 Encke übernahm. In der philosophischen Klasse legte Ancillon jun. am 18. Au- gust 18 14 das Amt nieder, nachdem im Jahre 18 13 für ihn, den Abwesenden, Ancillon sen. das Secretariat geführt hatte und es dann bis zum August 18 14 ganz verwaist geblieben war; die Wahl Schleiermacher's (am 27. October 18 14 der Gesammt- Akademie an- gezeigt) wurde vom Könige bestätigt, nachdem sich der Minister VON ScHucKMANN aiifaugs geweigert hatte, sie dem Monarchen zu unterbreiten. Am 12. Juli 1826 legte Schleiermacher das Amt nie- der, indem er erklärte, sich ausschliesslich zu der historisch-philo- Der Personalstand der Akademie (1812 — 1859). 963 logischen Klasse halten zu wollen , der er auch angehörte. Er führte aber die Geschäfte provisorisch weiter. Ein besonderer Secretar der philosophischen Klasse wurde nicht mehr gewählt, da sie mit der historisch-philologischen verschmolzen wurde. Nach Schleiermacher's Tode (i 2. Februar 1834) wurde Böckh als Secretar der vereinigten beiden Klassen gewählt. In der historisch -philologischen Klasse legte am 11. Juli 1826 Buttmann sein Amt nieder. Die Klasse wählte im November 1826 Schleiermacher zum Secretar; nach ihrer A'ereinigung mit der philo- sophischen Klasse wurde Wilken als zweiter Secretar im Jahre 1830 gewählt; ihm folgte im März 1841 von Raumer. Dieser legte am 18. März 1847 das Secretariat nieder, und es folgte ihm am 12. Juli 1847 Trendelenburg. 2 a. Ordentliche Mitglieder. [Nach dem Tage ihrer Aufnahme geordnet.] Der Bestand der Akademie im Jahre 181 2 war folgender (Phy- sikalische und mathematische Klasse): K. A. Gerhard (f 9. März 1 82 i), Walter sen. (f 4. Januar 18 18), Klaproth (f i. Januar 18 17), Wal- ter jun. (f 18. December 1826), Willdenow (f 9, Juli 181 2), Hufe- land (f 25. August 1836) , Alexander von Humboldt (f 6. Mai 1859), Thaer (ging am i. Januar 182 i in die Zahl der Ehrenmitglieder über, •j- 26. October 1828), Herjibstaedt (j- 22. October 1833), von Buch (f 4. März 1853), Erman jun. (f 1 1 . October 1 85 i ), Rudolphi (f 29. No- vember 1832), Illiger (f lO.Mai 1813), Bode (f 23. November 1826), BuR.TA (f 16. Februar 18 16), Gruson (f 16. November 1857), Tralles (f I 5. November 1822), Eytelwein (f 1 8. August 1 849), Fischer (f 27. Ja- nuar 183 i). (Philosophische und philologische Klasse): von Castil- LON (f 27. Januar 18 14), Ancillon sen. (f 13. Juni 18 14), Ancillon jun. (f 19. April 1837), Schleiermacher (f i 2. Februar 1834), von Savigny (f 25. October 186 1), Erman sen, (f 1 1. August 18 14), Hirt (-[-29. Juni 1837), Biester (f 20.Februari8i6), Buttmann (f 2 i. Juni 1829), Uhden (f 21. Januar 1835), Niebuhr (f 2. Januar 1831), Ideler (f 10. August 1846). Wilhelm von Humboldt (f 8. April 1835) war damals (zeit- weilig) auswärtiges Mitglied. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder betrug in den Jahren 181 2— 1820 etwas über 30, stieg bis 1830 auf 40, bis 1840 auf 44 (die neuen Statuten von 1838 bestimmten als Maximum 50), bis 1850 auf 47; im Jahre 1859 betrug sie 46 \ ' Die Gelehrten, bei deren Namen auf den folgenden Seiten ein Stern steht, sind Mitglieder der philosophisch -historischen Klasse gewesen. 61* 964 Der Personalstand der Akademie (1812-1859). 14. Mail 8 14. *BöcKH (geb. 24. November 1785, f 3. August 1867); Lichtenstein (geb. 10. Januar i 780, f 3. September 1857). 3.Maii8i5. *Suevern (geb. 3. Januar i 775, f 2.0ctober 1829); *Bekker (geb. 2 I . Mai 1785, f 6. Juni i 87 i); Weiss (geb. 26. Februar 1780, f i.October 1856). i5.Julii8i5. Link (geb. 2. Februari 767, f i. Januar 185 i). i.JanuariSiQ. Seebeck (geb. 9. April i 770, f 10. December 183 i); *Wilken (geb. 2 3.Maii777, f 24. December 1840); *Rühs (geb. I . März I 7 8 1 , f I . Februar 1820). 7 . Februar 1822. Mitscherlich (geb. 7 . Januar i 794, f 2 8. August 1863). 18. April 1822. *C. Ritter (geb. 7. August i 779, f 2 8.Septemberi859); *Bopp (geb. 14. September 179 1, f 23. October 1867). 28. April 1822. C. J. B. Karsten (geb. 26. November 1782, f 22. Au- gust 1853). 7, März 1825. Oltmanns (zum zweiten Male gewählt, s. S. 650) (f 27. November 1833). 2i.Junii825. Encke (geb. 23. September i 791, f 26. August 1865); E. H. Dirksen (geb. 3. Januar 1792, f 16. Juli 1850); Poselger (geb. 27. Mail 771, f 9. Februar 1838). 18. Juni 1827. *von Raumer (geb. 14. Mai 1781, ausgeschieden im Märzi847, f 14. Juni 1873); Ehrenberg (geb. 19. April i 795, -|- 27. Juni 1876). 23. August 1827. Grelle (geb. 11. März 1780, f 6. October 1855). I I . Januar 1 830. Klug (geb. 5. Mai 1775, f 3. Februar 1856); Kunth (geb. 18. Juni 1788, f 22. März 1850); Horkel (geb. 8. Sep- temberi769, f i 5. November 1846). II. Juni 1830. * Lachmann (geb. 4. März 1793, t i 3- März 185 i); *Mei- neke (geb. 8. December I 790, f i 2. December 1870). I 3. Februar 1832. Dirichlet (geb. 13, Februar 1805 , ging 1855 nach Göttingen, wurde 1856 zum ausw^ärtigen Mitglied gewählt, f 5. Mai 1859); * Ranke (geb. 21. December 1795, f 23. Mai 1886); *H. Ritter (geb. 2 i. November 179 1, ging 1833 nach Kiel, wurde in demselben Jahr zum auswärtigen Mitglied gewählt, f 3. Februar 1869); *Eichhorn (geb. 20. November 1781, verliess Berlin 1847, wurde in demselben Jahr zum auswärtigen Mitglied gewählt, f 4. Juli 1854); * Hoffmann (geb. 19. Juli 1765, f 12. November 1847); *Levezow (geb. 3. September 1770, f 13. October 1835); H. Rose (geb. 6. Au- gust I 795 , t 27. Januar 1864). 3.Januari833. *Graff (geb. 10. März i 780, f 18. Octoberi84i). Der Personalstand der Akademie (1812 — 1859). 965 i6. Juli 1834. Steiner (geb. 18. März 1796, f i . April 1863); Jon. Müller (geh. 14. JuIii8oi, f 28. April 1858); G.Rose (geb. 18. März 1798, f 15. Juli 1873). 12. März 1835. *ZuMPT (geb. 20. März 1792, f 26. Juni i 849); *Ger- HARD (geb. 29. November I 795, f i 2. Mai 1867); *Steffens (geb. 2. Mai 1773, f i 3- Februar i 845). 2 8. Juni 1835. Chamisso (geb. 27. [V] Januar i 78 i , 7 2 i. August 1838). 5. April 1836. *Panofka (geb. 25. Februar i 800, y 20. Juni 1858). 4. Januar 1837. Dove (geb. 6. Oetober 1803, f 4. April 1879) ; von Olfers (geb. 30. August 1793, f 23. April 1872). 4. Februar 1839. Poggendorff (geb. 29.December 1796, -|- 24. Januar 1877). 14. März 1839. *Neander (geb. i 7. Januar i 789, f 14. Juli i 850). 27. Januar 1840. Magnus (geb. 2. Mai 1802, f 4. April 1870). 9. März 1841. *voNi)ERHAGEff (geb. 19. Februar i 780, f 1 1. Juni 1856); *J. Grimm (geb. 4. Januar i 785, vorher auswärtiges Mitglied seit dem 7. Mai 1832, f 20. September i 863) ; * W. Grimm (geb. 24. Februar 1786, f 16. December 1859); *H. E. Dirksen (geb. 13. September 1790, f 10. Februar 1868): *Schott (geb. 3. Sep- tember 1 802, f 2 I . Januar i 889). 28. Juni 1842. RiEss (geb. 27. Juni 1804, f 22. Oetober 1883); G. Hagen (geb. 3. März 1797, f 3, Februar 1884). 1842. *Schelling (geb. 27. Januar 1775, vorher auswärtiges Mitglied seit dem 7. Mai 1832, f 20. August 1854). 23. Januar 1843. *Pertz (geb. 28. März i 795, f 7. Oetober 1876). 1844. Jacobi (geb. 10. December 1804, vorher auswärtiges Mitglied seit 1836, f 18. Februar 185 i). II. März 1846. * Trendelenburg (geb. 30. November 1802, f 24. Ja- nuar 1872). 20. Januar 1847. *Dieterici (geb. 23. August i 790, f 30. Juli 1859). 18. Mai 1850. *Lepsius (geb. 23. December 1810, f 10. Juli 1884): *HoMEYER (geb. 13. August I 795, -j- 20. Oetober 1874); * Peter- mann (geb. I 2. August 180 1, 7 10. Juni 1876). 5. März 1 851. Peters (geb. 22. April 18 15, f 20. April i 883) ; du Bois- Reymond (geb. 7. November 181 8, 7 26. December 1896). 24. Mai 1851. * Buschmann (geb. 14. Februar 1805, f 21. April 1880); *PiNDER (geb. 22. März 1807, f 30. August 1871); *RiEDEL(geb. 5. December 1809, f 8. September 1872). 16. JuU 1851. Klotzsch (geb. 9. Juni 1805, f 5. November 1860); Braun (geb. 10. Mai 1805, f 29. März 1877). 966 Der Personalstand der Akademie (1812-1859). 24. April 1852. Eisenstein (geb. 16. April 1823, f 11. October 1852). 2 9.Noveml)eri85 2. *Curtius (geb. 2. September 18 14, ging 1856 nach Göttingen, am 3. März 1862 auswärtiges Mitglied, tritt 17. Au- gust wieder als ordentliches Mitglied ein, f 1 1. Juli 1896). 25. Juli 1853. *KiEPERT (geb. 31. Juli 1818); *Haupt (geb. 27. Juli 1808, 75. Februar 1874). 15. August 1853. Beyrich (geb. 31. August 18 15, f 9. Juli 1896); Ewald (geb. 3 . December 1 8 1 1 , f 1 1 . December 1 89 1 ). 15. August 1855. Rammelsberg (geb. i. April 181 3). 10. December 1855. Kummer (geb. 29. Januar 18 10, f 14. Mai 1893); BoRCHARDT (geb. 2 2. Februar 1 8 1 7 , f 27. Juni 1880). 19. November 1856. Weierstrass (geb. 3 i. October 1815, f 19. Fe- bruar 1897). 24. August 1857. *Parthey (geb. 27. October i 798, f 2. April 1872); *Weber (geb. 17. Februar 1825). 27. April 1858. *MoMMSEN (geb. 30. November 18 17). 4. April 1859. Reichert (geb. 20. December 181 1, f 21. December 1883). 2b. Ordentliche Mitglieder. [Nach den Todestagen geordnet.] 9. Juli I 8 I 2 . WiLLDENOW \ io.Maii8i3. Tlliger. Gedenkrede 18 14/15 von Lichtenstein". 27. Januar 18 14. *Castillon. 1 3 . Juni 1 8 1 4. *Ancillon sen. 11. August 1814. *Erman sen. Gedenkrede 18 18/19 von Buttmann. 16. Februar 1816. Burja. 20. Februar 18 16. *Biester. I.Januar 181 7. Klaproth. Gedenkrede 18 18/19 ^'^n Fischer. 4. Januar 18 18. Walter sen. Gedenkrede 1820/21 von Rudolphi. I.Februar 1820. *Rühs. 9. März 182 I. Gerhard^. 18. November 1822. Tralles. Gedenkrede 1826 von ENCKE^ 23. November 1826. Bode. Gedenkrede 1827 von Encke. 18. December 1826. Walter jun. 26. October 1828. Thaer. ^ Am 28. April 181 2 starb Lombard (er war nicht mehr ordentliches Mitglied). 2 Im Jahre 1813 starben (10. April) auch Lagrangp: (als auswärtiges Mitglied) und Denina (5. December), der /u der Akademie in keiner Beziehung mehr stand. ^ Am 20. April 1821 starb Achard als Khrenmitglied. * Am S.August 1824 starb F.A. Woi.f als Ehrenmitglied. Der Personalstand der Akademie (1812-1859). 967 2 1. Juni 1829. *BuTTMANN. Gedenkrede 1830 von Schleiermachek. 2. October 1829. *Suevern. 2. Januar 1831. *Niebuhr. 27. Januar 183 I. Fischer. 10. December 1831. Seebeck. Gedenkrede 1839 von Poggendorff. 29. November 1832. Rudolphi. Gedenkrede 1835 von J.Müller. 22. October 1833. Hermbstaedt. 27. November 1833. Oltmanns'. 12. Februar 1834. *Schleier3i acher. 2 I . Januar 1835. * Uhden. 8. April 1835. * Wilhelm von Humboldt. I 3. October 1835. *Levezow. 25. August 1836. Hufeland. 19. April 1837. *Ancillon jun. 29. Juni 1837. *HiRT. 9. Februar 1838. Poselger. 21. August 1838. Chamisso'. 24. December 1840. *Wilken. 18. October 184 1. *Graff. 13. Februar 1845. ^Steffens. 10. August 1846. *Ideler. 15. November 1846. Horkel. I 2. November 1847. *Hoffmann^. 26. (25.) Juni 1849. *ZuMPT. 18. August 1849. Eytelwein. Gedenkrede 1849 von Encke. 22. März 1850. Kunth. 14. Juli 1850. *Neander. 16. Juli 1850. E. H. DiRKSEN. I. Januar 185 i. Link. 18. Februar 1851. Jacobi. Gedenkrede 1852 von Dirichlet. 13. März 1851. *Lachmann. Gedenkreden 1851 von J. Grimm. 1893 von Vahlen. 11. October 1851. Erman jun. Gedenkrede 1853 von du Bois-Rey- mond. I I. October 1852. Eisenstein. ^ H. RrrxER ging 1833 nach Kiel. "- Am 8. April 1839 starb, 88 Jahre alt. in Genf Prf.vost, der unter Fried- rich II. einige Jahre der Akademie als ordentliches Mitglied angehört hatte (s. S.470). =* Im März 1847 schied F. von Raumer aus der Akademie aus. In demselben Jahr verliess Eichhorn (■;- 4. Juli 1854) Berlin. 9(uS Der Personalstand der Akademie (1812-1859). 4. März 1853. VON Buch. 22. August 1853. Karsten. 20. August 1854. *ScHELLiNG. Gedenkrede 1855 von Brandis. 6. October 1855. Grelle \ 3. Februar 1856. Klug. II. Juni 1856. *voN DER Hagen. I. October 1856. Weiss. 3. September 1857. Lichtenstein. 16. November 1857. Gruson. 28. April 1858. Jon. Müller. Gedenkrede 1859 von du Bois-Reymond. 20. Juni 1858. *Panofka. 6. Mai 1859. Alexander VON Humboldt. Gedenkreden 1859 (Monats- berichte) von BöcKH, Ehrenberg und Encke. 30. Juli 1859. *Dieterici. 28. September 1859. *Carl Ritter. 16. December 1859. *W. Grimm. 3. Auswärtige Mitglieder. Im Jahre i 8 1 2 waren auswärtige Mitglieder (24) Berthollet, Blu- menbach, Cuvier, Davy, Jussieu. Scarpa, Volta, Werner — Bessel [Ge- denkrede auf ihn von Encke 1846], de Lambre, Fuss, Gauss, Her- schel, Klügel, Lagrange, Laplace — Goethe, Wilhelm von Humboldt, Jacobi, Stewart — Heyne, Schneider, Silvestre de Sacy, Visconti. Gewählt wurden Voss (1814), PFAFF-Halle (181 7), Sömmering (18 18), Gottfried LIermann (1820), A.W\ Schlegel (182 i), Berzelius (1825, Gedenkrede auf ihn von H.Rose 1851), Arago (1828), Olbers und Poisson (1830), Heeren (1831), Letronne, V. Cousin, Schelling, J.Grimm, Lobeck, Jacobs und von Marum (i 832), H. Ritter (1833), R.Brown (1834), Cauchy und Jacobi, der Mathematiker (1836), Herschel und Wilson (1839), Guizot (1840), Gay Lussac und Fara- DAY (1842), Brewster, Welcker uud Creuzer (1846), Eichhorn (1847), BiOT, Rawlinson und Hase (1850), Tiedemann (1854), Thenard, Liebig und Woehler (1855), Dirichlet (1856), von Bunsen (1857), Neumann und Thierscii (1858), E.H.Weber (1859). Die Zahl der auswärtigen Mitglieder, die nach dem Statut vom Jahre 18 12 auf 24 (8 + 8 + 4 + 4), ^^^c\i dem Statut von 1838 auf 32 (16 + 16) festgestellt war, hat zwischen 13 (im Jahre 1829) und 22 (in den Jahren 1836 und 1839) geschwankt. ^ Dirichlet ging 1855 nacli Göttingen, -]- 5.Mai 1859. Gedenkrede 1860 von Kummer. Curtius ging 1856 ebenfalls nacii Göttingen. Der Personalstand der Akademie (1812-1859). 969 4. Ehrenmitglieder. Im Jahre 1 8 1 2 zählte die Akademie 2 i Ehrenmitglieder (s. die Namen oben S. 65 3 f.). Gewählt wurden von Diez - Berlin { 1 8 1 4) , Graf VON Hoffmansegge (1815), Hamilton, W. Gell, Payne Knight, W. M. Leake, Dodwell, sämmtlich zu London {18 16), Clakke- Cambridge (1816), Strohmeier (18 18), von Minutoli (1820), Minister von Alten- stein (1822), VON Müffling (1823) — nach dem Personalstande von 1823 werden auch LnuiLiER-Genf, von Loder- Moskau, PREvosT-Genf und Thaer als Ehrenmitglieder gezählt — , von STEiN-Nassau (1827), Graf VON STERNBERG-Prag, von ScHLOTHEiM-Gotha. von HisiNGER-Köping in Schweden und von Lindenau- Dresden (1828), von Jacquin- Wien (1830), vonBunsen (1835), Herzog von SERRADiFALCO-Palermo (i 836), Graf Münster -Bayreuth (1837), Prokesch von Osten (1839), Herzog DE LuYNEs-Paris (1840), Bonaparte, Prinz von Canino-Florenz (1843), WiiEATON-Berlin (1843), MERiAN-Basel (i 845), Rühle von Lilienstern- Berlin (1846). DAVouo-OGHLOu-Constantinopel (1847), SpiNELLi-Neapel (1850), General von ScHARNHORST-Berlin (1853), Greneral von Rado- wiTZ (1853), P''hiz von WiED und von Tschichatscheff- Petersburg (1853), Johannes Schulze und Freiherr von STiLLFRiED-Rattowitz (1854), E. SABiNE-London, Hooker-Kcw und TEMMiNCK-Leyden (1855), Cür- Tius und Fürst von Salm- Horstmar (1856), Radhakanta DEVA-Cal- cutta (1858). Die Zahl der Ehrenmitglieder fiel zwischen 181 2 und 1852 lang- sam von 21 auf 12, stieg bis zum Jahre 1856 wieder auf 19 und betrug 17 im Jahre 1859. In dem ganzen Zeitraum ist die Zahl der auswärtigen und der Ehren -Mitglieder genau die nämliche ge- wesen (66). 5. Correspondenten. Die Zahl der Correspondenten betrug im Jahre 1 8 i 2: 90 (59 + 31) — s. die -Namen derselben oben S. 654 — , im Jahre 1823: 94 (55 + 39), im Jahre 1833 : 1 i 7 (76 + 41), im Jahre 1843 : 148 (98 + 50), im Jahre 1853: 182 (90 + 92), im Jahre 1859: 188 (97 + 91). Be- achtenswerth ist die grosse Zunahme der Correspondenten der philo- sophisch-historischen Klasse in dein Jahrzehnt 1 843-1 853 ; s. beson- ders das Jahr 1845. Gewählt wurden: 18 14. Rausch (Liegnitz), Wahlenberg (Schweden), von Hammer (Wien). /^tÖfi 18 16. Chladni (Wittenberg), Accum (London), Mustoxides (KorfuL'^^^ — Anthimos Gazis (Wien), Bröndsted (Kopenhagen). f^i. 970 Der Personalstand der Akademie (1812-1859). 1817. WoLTMANN (Hamburg), Göschkn (Berlin). 18 18. Seebeck (Nürnberg), Nitzsch (Halle), Configliacchi (Pavia). 1819. CoNDE (Madrid), Kumas (Smyrna). 1820. BiOT (Paris), Kunth (Paris), Jameson (London), Oersted (Ko- penhagen). 1821. JoMARD (Paris), Graf Clarac (Paris), Letronne (Paris), Halma (Paris), Cattaneo (Mailand), Angelo Mai (Rom), Thorlacius (Kopenhagen). 1822. Sprengel (Halle), von Lang (Ansbach). 1823. Encke (Gotha), Otfried Müller (Göttingen), del Furia (Florenz). 1824. M. H. E. Meier (Halle), Schömann (Greifswald). 1825. Thiersch (München), Remusat (Paris). 1826. Ehrenberg (Berlin), von Olfers (Berlin), Marcel de Serres (Montpellier), Savigny (Paris), Boiinenberger (Tübingen), Car- lini (Mailand), de Fourier (Paris), Ivory (Edinburg), Schu- macher (Altona), Geseniüs (Halle), J. Grimm (Cassel). 1827. Carus (Dresden), Gmelin (Heidelberg), Hansteen (Christiania), E. H. Weber (Leipzig), Ampere (Paris), Dülong (Paris), Brong- NiART. (Paris), deCandolle (Genf), Herschel (Slough beiWind- sor), D ALTON (Manchester), Brewster (Edinburg), von Krusen- STERN (Petersburg). Freiesleben (Freiberg), de Beaumont (Paris). 1829. Pohl (Wien), Eschscholtz (Dorpat), Berthier (Paris), Jacobi (Königsberg), Möbius (Leipzig), Flauti (Neapel), von Hormayr (München), Hamaker (Leyden). Freytag (Bonn). Kosegarten (Greifswald), Neumann (München). 1830. VON Blaramberg (Odessa). 1832. DE Pontecoulant (Paris), Plana (Turin), Gergonne (Montpel- lier), Graf Libri (Paris), Fischer (Petersburg), Otto (Breslau), Hansen (Seeberg bei Gotha), Struve (Dorpat), Poncelet (Metz), Quetelet (Brüssel), von Martius (München), von Ledebour (Dorpat), Purkinje (Breslau), Wallich (London), Fischer (Mos- kau), W. Grimm (Göttingen), Brandis (Bonn), Gerhard (Rom), Graff (Königsberg, bez. Berlin), Raoul-Rochette (Paris), Oeconomus (Petersburg). 1833. Liebig (Giessen), Faraday (London), Neumann (Königsberg), Wöhler (Cassel), de Chambray (Pougues). 1834. VON Baer (Petersburg), Rathke (Dorpat), Hooker (Glasgow), LiNDLEY (London), Treviranus (Bonn), Fuchs (München), Gmelin (Tübingen), W.Weber (Göttingen), von Schlechtendal (Halle), DE St-Hilaire (Paris), Gaudichaud (Paris), Vigors (London), Der Personalstand der Akademie (1812-1859). 971 BiDDEL AiRY (Cambridge), Chevreul (Paris), Dumas (Paris), RosELLiNi (Pisa), Reuvens (Leyden), Rosen (London), vonFrähn (Petersburg). 1835. Becquerel (Paris), A. Brongniart (Paris), Döbereiner (Jena), DuFRENOY (Paris), Graham (Glasgow), Nobili (Florenz), Richard (Paris), DE LA RivE (Genf), Sturm (Paris). 1836. Agassiz (Neufchätel), Amici (Florenz), Argelander (Helsingfors), BowDiTCH (Boston), Duges (Montpellier), Melloni (Paris), Owen (London), Valenciennes (Paris), Borghesi (S. Marino), Cooper (London), Geel (Leyden), Geijer (Upsala), Kopitar (Wien), Madvig (Kopenhagen), Magnussen (Kopenhagen), deNavarrete (Madrid), von Orelli (Zürich), Palgrave (London), Peyron (Turin), Ross (Athen), Schmeller (München). 1837. Hayman Wilson (Oxford), Haughton (London), Burnouf (Paris), von Reiffenberg (Brüssel). 1838. Presl (Prag), Rudberg (Upsala), Lame (Paris), da Costa de Macedo (Lissabon). 1839. Göppert (Breslau), Hamilton (Dublin), Kummer (Liegnitz), Ohm (Nürnberg), de Pambour (Paris), Morin (Metz), Brandt (Peters- burg). Liouville (Paris). 1840. Prinsep (London), Pickering (Boston), Schaffarik (Prag), Mil- lingen (Florenz), C. F. Hermann (Marburg), Pertz (Hannover). 1841. Fechner (Leipzig), Kämtz (Halle), Sefström (Stockholm), VON Siebold (Erlangen), R, Wagner (Göttingen). 1842. VON Dechen (Bonn), Baily (London), Esciiricht (Kopenhagen), Haidinger (Wien), Richelot (Königsberg), Retzius (Stockholm), Waitz (Kiel), Stanislaus Julien (Paris), Spengel (Heidelberg), Graf Orti-Manara (Verona). 1843. Moser (Königsberg), Labus (Mailand), Braun (Rom). 1844. Göttling (Jena), Leebians (Leiden), Lepsius (Berlin), della Marmor A (Genua). 1845. Seebeck (Dresden), Daniele (London). Mulder (Utrecht), Stu- DER (Bonn), Rahn (Kopenhagen), Uhland (Tübingen), Prescott (Boston), Ritschl (Bonn), Palacky (Prag), Böhmer (Frankfurt), Bergk (Marburg), Sparks (Cambridge bei Boston), Molbech (Kopenhagen), de Witte (Paris), Gervinus (Heidelberg), Diez (Bonn), Bancroft (Washington), Hildebrand (Stockholm), Sir Thomas Philipps (Middlehill), Lappenberg (Hamburg), Dahlmann (Bonn), Lehrs (Königsberg), Kemble (London), Guerard (Paris), Cavedoni (Modeiia), Lenormant (Paris), Stenzel (Breslau). 972 Der Personalstand der Akademie (1812-1859). 1 846. Naumann (Leipzig), Bunsen (Marburg), le Verkier (Paris), Secchi (Rom), Bernhardy (Halle), Haupt (Leipzig), Chmel (Wien), Kopp (Luzern), Lassen (Bonn), Voigt (Königsberg), Lajard (Paris), Stalin (Stuttgart), W.Dindorf (Leipzig), Löbell (Bonn). 1847. Duhamel (Paris), Edwards (Paris), H. von Mohl (Tübingen), Murchison (London), Regnault (Paris), Dureau de la Malle (Paris), Grotefend (Hannover), Sarti (Rom), de Santarem (Paris), MuNCH (Christiania), Bartholmess (Paris), Ravaisson (Paris). 1850. J. Mohl (Paris), Lönnrot (Helsingfors), Karadschitsch (Wien), Reinaud (Paris), Pott (Halle). 1851. Pelouze (Paris), Bronn (Heidelberg), Wheatstone (London), BiRCH (London), Fleischer (Leipzig), 0. Jahn (Leipzig), Ran- gabe (Athen), Schinas (München), de la Villemarque (Paris), W. Wackernagel (Basel). 1852. Robinson (New York), Minervini (Neapel), Bethmann (Rom), Canina (Rom). 1853- Wertheim (Paris), Lenz (Petersburg), A.W. Hofmann (London), Arneth (Wien), Henzen (Rom), Mommsen (Zürich), von Kara- JAN (Wien), de Rossi (Rom). 1854. Bischoff (Giessen), Brücke (Wien), Duvernoy (Paris), Schwann (Lüttich), Fries (Upsala), Hooker (Kew), de Rouge (Paris), G1SLASON (Kopenhagen), von Maurer (München), von Reumont (Florenz). 1855. Unger (Wien), Dana (New Haven), Sars (Christiania), Lyell (London), van Beneden (Löwen), Gray (Cambridge bei Boston), Bentham (London), Martin (Rennes), Böthlingk (Petersburg), Preller (Weimar), Koelle (Sierra Leone), Roulez (Gent), H. Barth (London). 1856. Mosander (Stockholm), Schönbein (Basel), Boussingault (Paris), ViLLERME (Paris), (3'DoNOVAN (Dublin). 1857. DE LoNGPERiER (Paris). 1858. Chasles (Paris), Poinsot (Paris), Abich (Petersburg), deVer- NEuiL (Paris), le Bas (Paris), von Chlumecky (Brunn), Rosen (Jerusalem), Schiefner (Petersburg), Sprenger (LIeidelberg), Uppström (Upsala), deWailly (Paris). 1859. Wl'RTz (Paris), M. Jacobi (Petersburg), Stokes (Cambridge), Hesse (Heidelberg), Steenstrup (Kopenhagen), Hermite (Paris), Rosenhain (Königsberg), Riemann (Göttingen), Renier (Paris), VON Sybel (München), Bernstein (Breslau), Renan (Paris), Böcking (Bonn), Giesebrecht (Königsberg). Der Personalstancl der Akademie ( 1812- 1S5!)). 973 Die Akadeüiie hat demnach nach ihrer Neuonhiung im Jahre 1812 bis zum Ausgang des Jahres 1859 ^^'^ ihn^n 90 Correspon- denten 325 hinzugewählt. In den Jahren 1813, 1815, 1828, 1831, 1848 und 1849 sind keine gewäldt worden; die höchste Zahl (27) fcällt in das Jahr 1S45. Über den Etat der Akademie s. oben S. 913. Er betrug wäh- rend der ganzen Zeit 20743 1'liii'- jährlich. Abgesehen vom Neu- bau der Sternwarte (s. oben S. 720) sind in Bezug auf die Gebäude der Akademie Veränderungen nicht eingetreten. Als Archivar fun- girte bis zum Jahre 1854 Hr. Ulrici, an seine Stelle trat Hr. Pkitzel. FÜNFTES BUCH. ZUR GESCHICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTER DEN KÖNIGEN WILHELM I. , FRIEDRICH HI. UND WILHELM IL Einleitung. Der Umschwung, den der Betrieb der Wissenschaften durch eine allmähliche Umbildung seit der Mitte unseres Jahrhunderts er- lebt hat, ist in der Rede eines Akademikers vom Jahre 1860 zu einem höchst charakteristischen Ausdruck gekommen. Es ist ein Philologe gewesen, der das Wort genommen hat; aber das, was er constatirte, gilt in ähnliclier Weise auch für andere Wissenschaften. Hr. A. Kirchhoff führte bei seinem Eintritt in die Akademie Fol- gendes aus': Als um die Mitte des vorigen Jahrhunderts der deutsche Geist die Fesseln des fremden Geschmackes zu biechen und sich der eigenen Kraft und des eigenen Werthes bewusst zu werden begann, da waren es vor allem die Meisterwerke des Alterthums, in deren Anschauung er sich bildete und läuterte und der Drang des Schaffens zur Hei'vorbi-ingung mustei'gültiger Werke sich befähigte. Dieser Dienst , zum zweiten Male bereits in schwerer Zeit geleistet, ist nicht vergessen worden. Als der frische Trieb des neuen Lebens sich auch den Wissenschaften bei uns mittheilte und sie in neue Bahnen führte, belebte er auch das Studium des klassischen Alterthums und erhob die Beschäftigung mit demselben zum anerkannten Range einer selbständigen Disciplin. Sie ward geboren und wuchs heran in den Zeiten eines jugendlichen Geistes, der nach Idealen rang, überall nach dem Gan- zen strebend, darum auch übei'all schöpferisch und gestaltend auftrat; es war eben das poetische Zeitalter unseres Volkes. Die Leistungen der Philo- logie, die, getragen von dem allgemeinen Geiste, sich mächtig erhob und einen weitreichenden Einfluss übte, sind dem entsprechend in jenen Jahren bahnbrechend, umfassend, den wissenschaftlichen Stoff gleichsam künst- lerisch gestaltend und reiiien sich dem Bedeutendsten auf anderen Gebieten in Geist und Werth ebenbürtig an. Jene Zeiten sind dahingegangen, ihre Ideale verblasst, und alle Zei- chen deuten darauf hin, dass eine neue Epoche im Leben unseres Volkes sich vorzubereiten begonnen hat, auch in seinem wissenschaftlichen. Die Wirklichkeit mit ihren unerbittlichen Forderungen ist in das Bewusstsein getreten, und unser Volk sieht sich hart vor eine praktische Aufgabe ge- stellt, von deren glücklicher Lösung seine politische Existenz abhängt und deren Ernst nothwendig eine ernüchtei-nde Wirkung üben musste. Auch die Wissenschaft und mit ihr die Philologie hat sich der Einwirkung des ^ Monatsberichte, 5. Juli 1860. S. 391 ff. Geschichte der Akademie. I. 62 1)78 Zur Geschichte der Akademie in den Jahren 1860-1899. neuen Geistes nicht entziehen können. Es werden in unseren Tagen keine philosophischen Systeme mehr geschaffen, die Begeisterung für das klassische Alterthum hat auf dem praktischen wie theoretischen Gebiete nachgelassen, ja, einer gewissen Gleichgültigkeit Platz gemacht; die Hauptströmung der wissenschaftlichen Thätigkeit tliesst breit und tief in einem anderen Bette. Auch die Art und Weise, in der heutzutage die Philologie in nicht zu- fälliger Übereinstimmung mit der Weise der heutigen Wissenschaft über- haupt betrieben wird, ist eine andere geworden; der gestaltende Trieb, der nach dem Grossen und Ganzen strebte, scheint abgestorben, die For- schung verliert sich an das Einzelne und di'oht sich atomistisch zu zer- splittern; ihr Charakter ist vorwiegend kritisch geworden. Um gerecht zu sein, da i'f freilich nicht verkannt werden, dass diese Richtung nach der anderen Seite doch auch im Fortgange der Forschung an sich begrün- det ist, indem sie in gesetzmässiger Einseitigkeit sich einer Arbeit zuwendet, die unter allen Umständen gethan werden muss und nur in dieser Weise gethan werden kann. Sie wird nicht ewig dauern , und es werden auch andere Zeiten kommen. Aber natürlich und gerechtfertigt ist das Gefühl der Wehmuth, mit dem wir die Reihen der Männer sich lichten sehen, die der Wissenschaft des klassischen Alterthums zu der Bedeutung ver- holfen haben, welche sie zur Zeit hat, die den Grund gelegt haben, auf welchen wir fussen, mit dem wir uns sagen müssen, dass die Heroen uns verlassen und das Zeitalter der Epigonen begonnen hat. Ich. meine Herren, gehöre zu diesen Epigonen .... Das Zeitalter der Wissenscliaften, dessen Anbruch Hr. Kirchhoff liier vor vierzig Jahren constatirte, hat sich wirklich so entwickelt und ausgelebt, wie er es geschaut hat. Exacte Forschung und Kritik sind seine bezeichnendsten Züge geblieben : durch eine mög- lichst vollständige Induction und durch die umsichtigste Aufdeckung aller Fehlerquellen eine Fülle gesicherter Thatsachen zu gewinnen und aus ihnen Gesetze abzuleiten, d.h. die nothwendigen Bedin- gungen für den Eintritt und den Wechsel der Erscheinungen zu ermitteln — das ist die Aufgabe gewesen , die sich die Wissenschaft in der zweiten Hcälfte unseres Jahrliunderts in allen Disciplinen ge- stellt hat. Die Forderung der Massenbeobachtung führte zur Forde- rung der Arbeitstheilung, die Aufgabe der »Entwicklungsgeschichte« zum Studium der ersten Glieder in jeder Reihe. Von den Höhen nicht nur der Speculation , sondern auch der Betrachtung compli- cirterer Ordnungen und Zustände stieg die Wissenschaft herab zu den Niederungen der primitiven Thatsachengruppen ; fast darf man sagen, sie entäusserte sich ihres »humanen« Charakters, um zunächst die Erscheinungen zu studiren, von denen sich unser höheres Leben und unsere Cultur weit entfernt zu haben scheint, die aber doch die elementaren Voraussetzungen für alles Sein und Werden bilden. Nur bei oberflächlicher Beurtheilung lässt sich behaupten , dass diese Wendung des wissenschaftlichen Betriebs zur Empirie ein Er- Einleitung. 97i) laliiiK'u der tieferen geistigen Arbeit verursacht habe. Zwar die Kiirnier der Wissenschaft, und ihrer sind Legion, sind heute übler dni'Mii als vor zwei Menschenaltern: den Muth, sich zu Ideen auf- zuschwingen, haben sie nie gehabt, und das Gefühl macht sicli docli auch bei ihnen geltend, dass sie in handwerksmässiger Aus- übung der Wissenschaft stecken : so erliegen sie der Versuchung, die W>lt aus ihrer kleinen Retorte zu erklären. Allein die Meister stehen, was Vir4seitigkeit der Anwendung wissenschaftlicher Methoden und Kraft gesunder Speculation anlangt, keinem der früheren Blüthezeit- alter der Wissenschaften nach. Das Gesetz von der Erhaltung der Kraft und die Gesetze entwicklungsgeschichtlicher Bewegung, nicht erträumt, sondern bewiesen, schweben über der gesammten Forschung, verheissen jeder Gruppe von Einzeluntersuchungen Frucht und geben ihr d<'n Werth von Untersätzen in einem grossen System schwieriger deductiver Operationen. Giebt es in irgend einem Zeitalter ein wissen- schaftliches Gebiet, auf dem Empirie und Speculation so innig ver- bund(ui gearbeitet haben und auf dessen Erforschung so viel Geist, Scharfsinn und Energie des Gedankens verwendet worden ist wie auf die mathematische Physik in den letzten fünfzig Jahren? Den Naturwissenschaften ist in erster Linie der Umschwung der Dinge zu Gute gekommen, und nicht mit Unrecht spricht man von dem »naturwissenschaftlichen Zeitalter«. Ihrem Aufschwünge kam noch ein besonderer Umstand zu Hülfe. Die gesteigerten An- forderungen des modernen Lebens bedeuteten ebenso viele Anfragen an die Leistungsfähigkeit der Naturerkenntniss , und sie hat ihnen in glänzender Weise entsprochen. Neben Helmholtz steht W". Siemens. Wir erwähnen sie nicht nur, weil unsere Akademie die Ehre hatte, sie zu besitzen — in ganz Europa würde man in diesem Zusammen- hang keine anderen Namen nennen. Aber man könnte unser Zeitalter auch als das »geschichtliche« bezeichnen : denn in dieser Formel lassen sich wie die wichtigsten Neubildungen auf dem Gebiete der Geisteswissenschaften, so auch die Stimmungen des Zeitalters zusammenfassen. Neu geworden ist die Philologie als Sprachgeschichte, die Nationalökonomie als Wirth- schaftsgeschichte, die Theologie als Religionsgeschichte u. s.w., und die Forscher arbeiten in diesen Aufgaben mit einer Hingebung, die sie die eigenen geistigen Bedürfnisse nahezu vergessen lässt. Aus der Fülle zuverlässig erhobener Thatsachen sind nicht nur reich belebte Bilder, sondern auch Ketten auf einander folgender Erschei- nungen gewonnen worden, wie sie früher Niemand gekannt hat. G2* 980 Zur Geschichte der Akademie in den Jahren 1860-1899. Man schlage eine griechische Grammatik auf, wie sie heute ge- schrieben wird, und vergleiche sie mit der Buttmann's, oder man nehme Rohde's «Psyche« in die Hand und lege Creuzer's »Sym- bolik« daneben. Dem Reichthum des neuen Materials entspriclit die Vielseitigkeit und Elasticität der Gesichtspunkte, sowie die Fähig- keit, vergangenes Leben wirklich zu verstehen. Woher dann aber die Selbstbeurtheilung als »Epigonen«? War es nur in dem Gefühle des frischen Verlustes, dass Hr. Kirchhoff seine grossen Lehrer als Heroen, das eigene Zeitalter aber als das der Epigonen bezeichnet hat? Hat ihn und uns die Folgezeit eines Besseren belehrt und uns eine günstigere Selbstbeurtheilung ermög- licht? Ich glaube nicht. Nur dann darf man von einer wirklichen Blüthezeit der Wissenschaft sprechen, wenn sie nicht nur den Blick für die Aussenwelt neu belebt, sondern auch das innere Leben be- stimmt, d. h. wenn ihre neuen Erkenntnisse zugleich Maximen der praktischen Lebensgestaltung werden. Das waren sie im Zeitalter Plato's, im Zeitalter der Renaissance und wiederum am Anfang un- seres Jahrhunderts. Dagegen ist die moderne Wissenschaft eine Führerin des Lebens im höchsten Sinne nicht geworden; sie hat ihm keinen inneren Aufschwung zu geben vermocht, der mit dem Aufschwung in jenen Epochen vergleichbar wäre. Der entsclun- dende Grund dafür liegt auf der Hand. Diese Wissenschaft hat sich in einer zunächst wohlverständlichen Selbstbeschränkung und spröden Objectivität um die geistigen, innerlichen Bedürfnisse der Gegenwart wenig bekümmert und es Jedem überlassen müssen, sich seine Nahrung wo immer zu suchen. Sie hat auf reflexive Wir- kungen verzichtet — wir haben bedeutende Forscher erlebt, für de- ren eigenes Leben die tiefen Fragen nicht zu existiren schienen, die sie mit exemplarischem Fleisse »geschichtlich« studirten — und sie hat die Aufgabe bei Seite geschoben, das höhere Leben der Gegenwart zu bestimmen, zu erfüllen und zu discipliniren. Sie hat sich »in gesetzmässiger Einseitigkeit« einer Arbeit zugewendet, »die unter allen Umständen gethan werden muss und nur in dieser Weise gethan werden kann«; aber sie hat sie mit dem Verlust von Men- schenleben theuer bezahlt. Dazu kommt noch ein Anderes, was mit diesem Zustande in innigster Wechselwirkung steht. »Die Wirk- lichkeit mit ihren unerbittlichen Forderungen ist in das Bewusst- sein getreten, und unser Volk sah sich und sieht sich noch immer hart vor eine praktische Aufgabe gestellt, von deren glücklicher Lösung seine politische Existenz abhängt.« In derselben Zeit, in Einleitung. 981 der sich die Wissenschaft von hochfliegenden Aufgaben zurückzog und lediglich realen Problemen nachzugehen anfing, wurde das Le- ben selbst noch »realer«. Der Politiker als B'ührer der Nation löste den Philosophen ab, und die Machtfragen mussten ihr wichtiger werden als die Fragen des Gedankens. Ein Jahrzehnt kämpfte sie darum, die ihr gebührende Stellung in Europa zu gewinnen; sie zu behaupten gegenüber den politischen Gegnern und im gestei- gerten ökonomischen Wettkampfe wird ihr noch mehr als die drei Jahrzehnte kosten, die sie seitdem durchlebt hat. In einer solchen Lage kann die 'Wissenschaft nicht mehr die Rolle spielen wie in beschaulichen Zeiten;' sie kann es noch weniger, so lange sie sich ausser Stande sieht, ihren Betrieb zu ändern und einen unmittel- bareren Contact mit dem höheren Leben zu gewinnen. Und doch scheinen die Zeichen der Zeit darauf hinzudeuten, dass sich wie- deriun ein Umschwung vorbereitet. Die Selbstbescliränkung der W^issenschaft scheint einer universaleren Epoche, in der auch die höchsten Aufgaben wieder aufgenommen werden und auch die Ge- genwart ihr Recht erhält, Platz zu machen. Aber zu prophezeien, ohne selbst die Kraft des Propheten zu besitzen, ist ein unsicheres Geschäft. Der Umschwung des wissenschaftlichen Betriebs, wie er seit den fünfziger Jahren deutlich hervorgetreten ist, musste sich im Le- ben der Akademie besonders fühlbar machen. Nun erst entwickelte sich jene Arbeitstheilung, die, rücksichtslos durchgeführt, eine In- stitution wie die Akademie um ihr Existenzrecht zu bringen droht. Zidctzt noch in den vierziger Jahren hatte Schelling es vermocht, die Vertreter fast aller W^issenschaften um sein Katheder zu sam- meln; aber die Erfahrungen, die man dabei gemacht hatte, brach- ten universalwissenschaftliclie Bestrebungen vollends in Misscredit. In Alexander von Humboldt starb im Jahre 1859 der letzte grosse Naturforscher, der unablässig bemüht gewesen war, von den Philo- logen und Historikern zu lernen und sie dafür in die Naturwissen- schaften einzuführen. Nach dem Tode dieses Pontifex stürzte die Brücke ein, welche die grossen Gebiete der Wissenschaften mit einander verband. Man wollte auch nichts mehr von ihr hören: wehe dem, der an sie erinnerte! — er galt als Dilettant und wurde nicht mehr mitgezählt. Die Wissenschaften sperrten sich gegen einander ab und umgaben sich mit Schutzzöllen, um sich dem in- tensivsten Betriebe zu widmen. Selbst benachbarte Wissenschaft- 982 Zur Geschichte der Akademie in den Jahren 1860 — 1899. liehe Provinzen, die früher nie getrennt gewesen waren, fühlten sich durch die Verbindung beeinträchtigt und constituirten sich als selbständige Staaten. Die Cultur verlor dabei, aber die wissenschaft- liche Erkenntniss wurde wirklich eine Zeit lang in ungeahnter Weise gefördert. In der Akademie ist es doch nie so weit gekommen, dass man die genossenschaftliche Verbindung als eine Last oder als eine ver- altete Einrichtung empfunden hätte. Wurde auch der Antheil, den man an den Arbeiten der Collegen zu nehmen vermochte, geringer, so wollte doch Niemand die hohen Vorbilder genialer wissenschaft- licher Thätigkeit missen, von denen zu lernen ihm im Schoosse der Akademie vergönnt war. Auch wo man im Einzelnen nicht zu fol- gen vermag, kann das Ganze nach Art der Auffassung und Behand- lung lehrreich sein, und umgekehrt, wo sich das Ganze dem Ver- ständniss entzieht, .kann doch Einzelnes in Beobachtung oder Com- bination verständlich sein und sich als fruchtbringend erweisen. Dazu, die Wirkungen wahrhaft grosser Denker auf ihre Umgebung erschöpfen sich nicht in der Sache: ihr persönlicher Einiluss ist unmessbar. Aber noch von einer anderen Seite her empfahl es sich, an der Institution der Akademie festzuhalten. Eben die fortschreitende Arbeitstheilung forderte einen Grossbetrieb der Wissenschaften, der sie erst ermöglicht und zugleich ihre Mängel einigermaassen aus- gleicht: denn indem für diesen Grossbetrieb Commissionen zur Lei- tung und Überwachung gebildet werden müssen, in denen nicht nur Fachmänner im strengen Sinn des Wortes thätig sind, entsteht für die Mitglieder der heilsame Zwang, ihre Aufmerksamkeit wissen- schaftlichen Gebieten zuzuwenden, die von ihren eigenen Arbeits- feldern getrennt sind. Das Capitel über die gemeinsamen Arbeiten der Akademie in den Jahren 1 860-1 899 wird lehren, wie zahlreiche wissenschaftliche Commissionen namentlich die philologisch -histori- sche Klasse niedergesetzt und wie das wissenschaftliche Leben der Akademie ganz vornehmlich in ihnen pulsirt hat. So ist das Zeitalter der Arbeitstheilung für die Akademie zu einem Zeitalter gemeinsamer Arbeitsleitung und Arbeit geworden wie nie zuvor. Was Schleier- macher, NiEBUHR, BöcKH uud Savigny crstrcbt hatten und was sich innerhalb der ganzen Klasse nie durchführen lässt, gemeinsame Auf- gaben, das ist in der Form der akademischen Commissionen ver- wirklicht worden. Auch diese Form kann übertrieben werden — in erster Linie ist die Akademie die Trägerin der reinen Wissen- Die Akademiker. 98 H Schaft und lebt in der wissenscliaftliclien Tüchtigkeit ihrer einzel- nen Mitglieder — , aber sie ist doch das Mittel, durch welches der Verlust universalwissenschaftlichen Zusammenarbeitens in etwas er- setzt wird. Erstes Capitel. Die Akademiker (1860-1899). Zu den 46 Mitgliedern, welche am Schluss des Jahres 1859 ^i^ Akademie bildeten (23 + 23), wurden in den Jahren 1860-1899 82^ hinzugewählt. Von jenen 46 leben noch drei in unserer Mitte '^ (Rammelsberg , Weber und Mommsen), von diesen 82 sind 36 ge- schieden ^ Numerisch vertheilt sich der Verlust sehr ungleich auf die beiden Klassen: Avährend die physikalisch -mathematische nur II Mitglieder (von jenen 82) verloren hat, sind der philosophisch- historischen 25* genommen worden ^ Es sind also weit über dreissig Mitglieder, die der Akademie seit dem Jahre 1860 zugeführt, ihr aber wieder entrissen worden sind. Unsere Darstellung darf es nicht unternehmen, ihr Bild, sei es auch nur in Umrissen, zu zeich- nen, wie wir das in Bezug auf die früheren Mitglieder versucht haben. Sie leben unter uns noch fort, und es steht dem Verfasser nicht zu, sie in die «Geschichte« einzufügen. Auch das, was sie der Akademie als solcher persönlich geleistet haben, kann kaum angedeutet werden; denn es ist zu innig mit der Gegenwart ver- llochten und würde nöthigen, noch lebende Mitarbeiter in den Kreis der Betrachtung zu ziehen. So mag nur eine kurze Über- sicht, verbunden mit wenigen Dankes worten, hier stehen, wo einst ein zukünftiger Geschichtschreiber der Akademie ruhmvolle Blätter einschieben wird*'. ' Mit CuRTiüs, der nach Göttingen gegangen war, aber im Jahre 1868 wieder nach Berlin zurückkehrte. ^ Im Manuscript durfte ich hier noch von vier Mitgliedern sprechen ; wäh- rend des Drucks ist Hr. Kiepert am 21. Apiül 1899 gestorben. ^ Durch den Tod 32; Hanssen (-[-), Friedländer (-j-), Lehmann und Zeller schieden als ordentliche einheimische Mitglieder aus. * Die vier in Anmerkung 3 genannten Gelehrten eingerechnet. ^ Dem entsprechend haben in den Jahren 1860 — 1899 in der physikalisch - mathematischen Klasse nur 34 Neuwahlen, in der anderen aber 48 stattgefunden. ^ Gedächtnissreden in der Akademie sind nur auf 11 von den 32 verstor- benen Mitgliedern gehalten worden, nämlich auf Olshausen (1883). Müllenhoff (1884), WArrz (1886), Scherer (1887), Kronecker (1893), von Siemens (1893), VON HeLMHOLTZ (1896), VON SyBEL (1896). VON TRETrSCHKE (1896), CuRTIUS (1897) 984 Zur Geschichte der Akademie in den Jahren 1860-1899. Die physikalisch - mathematische Klasse verlor in Kronecker (1861-1891) nicht nur einen Mathematiker, dessen Name stets neben denen von Kummer und Weierstrass genannt werden vsrird, sondern auch ein Mitglied, welches sich um die Gesammt- Akademie beson- ders verdient gemacht hat und ein wichtiges Bindeglied zwischen den Klassen gewesen ist. — Vier grosse Physiker sah die Akademie in ihrer Mitte; war sie durch Jacobi und Dirichlet an die Spitze der mathematischen Arbeiten in Europa gestellt worden, so hoben sie Helmholtz (i 871-1894) und G. R. Kirchhoff (1875-1887), denen Werner Siemens (1873-1892) und Kundt (1888-1894) zur Seite traten, in der Physik an die führende Stelle. In diesen Tagen ist Helmholtz' Standbild neben dem der beiden Humboldt errichtet wor- den, und er hat damit die Ehre erhalten, die ihm gebührt. Seit Newton ist Niemand so tief in das Innere der Natur eingedrungen wie Helmholtz, und unbestritten ist er der grösste Naturforscher gewesen, den die Akademie jemals besessen hat. Das Gesetz von der Erhaltung der Energie hat er neben das Gravitatioiisgesetz ge- stellt und zugleich als bahnbrechender Entdecker auf den Gebieten der Optik, der Akustik und der Nervenphysiologie die alte «philo- sophia naturalis« zur modernsten und zur fruchtbarsten Wissenschaft erhoben. Und derselbe Forscher, der die Natur der menschlichen Sinnesempfindungen zuerst durchschaut hat, der die schwierigsten erkenntnisstheoretischen Fragen aufgriff' und sie mit Induction und Mathematik in Beziehung zu setzen wusste, der vor den verwickelt- sten mechanischen Problemen nicht zurückschreckte und nicht rastete, bis er sie gelöst hatte, ist durch seinen Augenspiegel auch der Wohl- thäter der leidenden Menschheit geworden. In der geschlossenen Grösse seines einzig auf Erkenntniss gerichteten Geistes lag das Ge- heimniss seiner Kraft; sie gab seiner Bahn die Richtung, unver- änderlich und sicher wie der Lauf der Gestirne. Die Erfolge be- achtete er stets nur nach ihrem sachlichen Werth ; er arbeitete, um zu erkennen; sonst wollte er nichts erreichen. »Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes, so wird euch solches alles zufallen«, war der Spruch, in dem er die Erfahrungen seiner Arbeit zusammen- zufassen liebte, als wissenschaftlicher Charakter der Grösse seiner wissenschaftlichen Leistungen ebenbürtig \ und Wattenbach (1898). Über von Helmholtz vergl. ausser der akademischen Ge- dächtnissrede (du Bois-Reymond) auch die Rede von von Bezold (Leipzig 1895). ^ Aus Anlass des siebzigsten Geburtstages von Helmholtz überwies ein aus Fachgenossen, Freunden und Verehrern des Gelehrten in allen Ländei-n zu- Die Akademiker. 985 In den »Lebenserinnerungen« (1892) hat sich Siejiens, der Helm- HOLTZ eng verbundene Freund, selbst ein Denkmal errichtet — es giebt in unserer Litteratur kein zweites Buch, aus welchem man so viel Respect vor der harten, aber mit glänzenden Erfolgen ge- krönten Arbeit der modernen Technik gewinnt und vor ihren grossen Meistern. Die Wissenschaft aber wird es nicht vergessen dürfen, dass der hervorragendste »Techniker« der Neuzeit die Worte nieder- geschrieben hat (S. 269): Die wissenschaftliche Forschung darf nicht Mittel zum Zweck sein. Gerade der deutsche Gelehrte hat sich von jeher dadurch ausgezeichnet, dass er die Wissenschaft ihrer selbst wegen, zur Befriedigung seines Wissens- dranges betreibt, und in diesem Sinne habe auch ich mich stets mehr den Gelehrten wie den Technikern beizählen können, da der zu erwartende Nutzen mich nicht oder doch nur in besonderen Fällen bei der Wahl meiner wissenschaftlichen Arbeiten geleitet hat. Von 1865 — 1892 besass die Akademie den Chemiker A.W. von Hofmann. Hatten die Berliner Chemiker, die Schüler von Berzeliüs, bisher vorherrschend das anorganische Gebiet bearbeitet, so erhielt die Akademie nun in dem hervorragendsten Schüler Liebig's einen Forscher, der auf dem organischen mit glänzendem Erfolge arbeitete und zugleich die Chemiker Deutschlands zu vereinigen und die aus- einanderstrebenden chemischen Disciplinen zusammenzuhalten ver- stand. Gleichzeitig mit Hofmann wirkte Roth, der Schüler Buch's, in der Akademie (1867-1892); der Mineraloge Websky gehörte ihr nur elf Jahre an (i 875-1 886), und Dames, den Paläontologen, durfte sie nur sechs Jahre zu ihren Mitgliedern zählen (1892 bis 1898). Von den beiden Botanikern, deren Verlust sie betrauert, besass sie den Pflanzenphysiologen Pringsheim siebenundzwanzig Jahre (1860-1861; 1868-1894)^ Eichler aber nur sieben Jahre (1880-188J). Eine Übersicht über die Mitglieder der physikalisch -mathema- tischen Klasse in den Jahren i 860-1 899 wird hier erwünscht sein. Die Namen derjenigen, die schon vor dem Jahre 1860 aufgenom- men und daher bereits im vorigen Buche besprochen worden sind, sind gesperrt gedruckt: Mathematiker: Steiner (f), Borchardt (f), Kummer (f), Weierstrass (f), Kronecker (f), Fuchs, Schwarz, Frobenius. sammengesetztes Comite der Akademie ein Kapital zur Begründung einer ihrer Lei- tung unterstellten Stiftung, welche Helmholtz' Namen tragen soll. Das Statut dieser Stiftung s. im Urkundenband Nr. 223. ^ Von 1861 — 1868 war PRixGSHEni Professor der Botanik in Jena. i)Be- dürfnisszuschuss aus allgemeinem Staatsfonds» bezeichnet. Dieser beträgt nach dem Etat von 1897 — 1900 jäiirlich 136462 INIark, so dass die Summe der Einnahmen der Akademie sich jährlich auf 213940 Mark beläuft (62229 Mai-k Dotation, 136462 Mark Bedürfnisszuschuss, T0415 Mark Zinsen von Kapitalien, 2965 Mark Einnahmen aus dem eigenen Erwerb, 1869 Mark insgemein). Die Ausgaben vertlieilen sich also: Besoldungen 1 14600 Mark, Wohnungsgeldzuscliüsse 780 Mark, zu akade- mischen Zwecken 28725 Mark, zu Amts- und Hausbedürfnissen 3867 Mark, zur Heizung und Beleuchtung 900 Mark, zu Baukosten, Grund- und Gebäudesteuern 2032 Mark, insgemein (grösstentheils zur Fortführung der akademischen grossen Unternehmvmgen und zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten) 63036 Mark. — Die Bestimmung des älteren Statuts, dass die oi'dentlichen iNIitglieder der Akademie befugt seien, an allen preussischen Universitäten Vorlesungen zu halten, wurde auch in das neue hinübergenommen. Die Akademiker haben von diesem Recht Gebrauch gemacht; eine Übersicht über die Akademiker, die (seit der Gründung der Universität Berlin) ^'orlesungen gehalten haben, ohne Professoren zu sein, findet man im Urkundenband Xr. 233. ^ ^Nlitgetheilt nach Kekule von Stradoniiz, Ernsi- Ccrtius (1896) S. 16 f. 1008 Zur Geschichte der Akademie in den Jahren 1860—1899. Am 4. October 1875 geschah der erste Spatenstich: nach sechs Arbeitsjahren unter der kundigen Leitung Adler's waren die Aus- grabungen zum Abschluss gelangt — an Ergebnissen so reich , dass sie alles Hoffen überstiegen. Zehn Jahre darauf wurde Curtius' marmornes Bildniss an der Stätte seines Ruhms, in Olympia, auf- gestellt. Die Akademie hat er von den fortschreitenden Entdeckun- gen in längeren und kürzeren Mittheilungen stets in Kenntniss er- halten, und sie lauschte dem Gelehrten dankbar, der von der helle- nischen Herrlichkeit sprechen durfte, als wäre sie sein Königreich. Reicht der intellectuelle Ursprung des Olympia -Unternehmens bis in die Tage Friedrich Wilhelm's IV. zurück, so sind auch die grossen Expeditionen zur Beobachtung der Venusdurchgänge A^on der Akademie bereits vor dem französischen Kriege in's Auge ge- fasst worden. Schon am 24. Juni 1869 richtete sie an den Unter- richtsminister VON Mühler ein ausführliches Schreiben , in welchem sie unter Hinweis auf die hohe Bedeutung der Venusdurchgänge — sie kehren nur nach Zwischenzeiten von durchschnittlich 122 Jahren paarweise wieder und bieten das wichtigste Mittel, um die Ent- fernung der Erde von der Sonne zu bestimmen — die Ausrüstung von Expeditionen für den 8. Deceinber 1874 (und den 6. December 1882) dringend befürwortete, einen Beobachtungsplan in den Grund- zügen entwickelte und auch schon Vorschläge für die Zusammen- setzung der Commission machte. Der Antrag war zwar bereits zur Zeit seiner Übergabe in seinem nächsten Ziele erledigt, denn die K. Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften war ihm beim Bundes- rathe zuvorgekommen (S.Mai i 869), allein er war doch nicht fruchtlos; denn sowohl für den Beobachtungsplan als für die Zusammensetzung der Commission ist er grundlegend geworden \ Das Reich übernahm die Ausführung durch selbständige Delegationen und hat beide Ex- peditionen mit reichen Mitteln ausgerüstet. Allein die Akademie ist an ihnen doch in hohem Maasse betheiligt geblieben. Nicht nur hat ihr Astronom, Hr. Auwers, sich beide Male selbst an den Be- obachtungen (in Luxor 1874 und in Punta Arenas 1882) betheiligt — das erste Mal auf Kosten der Akademie - — , sondern er hat auch ^ Abgedruckt im Urkundenband Nr. 234. * Ursprünghch war eine Beobachtung in Aegypten und eine directe Betiiei- ligung des Hrn. Auwers nicht vorgesehen, weil er, die Gesammtverwaltung des Unternehmens führend, so lange in Europa bleiben nmsste, bis die letzte Expedi- tion abgegangen war. Nachdem sie glücklich entsandt war, blieb aber doch noch so viel Zeit, um sich rüsten inid Aegypten noch erreichen zu können; die physi- kalisch-matliematische KLisse überraschte Hrn. Auwers mit dem Antrag, er möge Die Venusduichgänge (1874. 1882). 1009 das ganze Unternelimeii l)ei(le Male geleitet und sodann in sechs Bänden (1887— 1898) den erschöpfenden Bericht über die deutschen Beobachtungen gegeben'. In der Festsitzung am 15. März 1883 hat er die wissenschaftliche Bedeutung der Venusdurchgänge im All- gemeinen unn. nachdem er sein Werk gethan hat, und Besseres und Höheres giebt es unter den ^lenschenloosen nicht. . . Wir sind nicht gewohnt und nicht geneigt, die Gefahren zu unterschätzen, welche die Zukunft in sich trägt; aluM- wir vertrauen auch, dass die Söhne ebenso ihre Schuldigkeit Die Gedächtnissreden auf Kaiser Wilhelm I. und Kaiser P'riedrich III. 1017 thun werden, wie es die Väter gethan haben. Die Plliclittreue ist erblich im Haus der Hohenzollern wie die Volksti'cue im Lande Preussen und in der deutschen Nation, Mit Schmerz sehen wir sie in dem Nachfolger be- wälirt zunächst in dem tapferen Kampfe gegen tückische Krankheit, in der imvergleichlichen Fassung gegenüber dem schweren Unheil, die Allen. die ihn lieben, die auf ihn und für ihn hoffen, ein Muster ist und bleiben wird. Leider können wir die Trauer um den grossen Todten nicht uns lindern und mindern mit dem Ausblick in eine wolkenfreie Zukunft. Aber am Firmamente selbst ändern die Wolken niciits. Unsere Liebe und Treue gehört dem lebenden Kaiser, wie sie dem Todten gehört hat. Dieses Todten aber, des Kaisers Wilhelm, werden wir gedenken, bis die Augen auch uns sich schliessen. Denn er war unser! Mag das stolze Wort den lauten Schmerz gewaltig übertönen. In jedem Deutschen, der diese Zeilen liest, wird das Andenken an den Heldenkaiser auf's Neue hervorbrechen. Möge es, wie es in unserer Brust lebt, so sich auch als die fortwirkende Kraft des Patriotismus und des deutschen Pflichtgefühls bewähren ! An demselben Tage richtete die Akademie eine Adresse an ihren neuen Herrn und Protector, den Kaiser Friedrich III. ^ »Wir leben der trostreichen Überzeugung, « heisst es in ihr, »dass in Allerhöchstdem- selben uns ein Herrscher ward, in welchem, neben dem Heldenmuth und der Weisheit des in Gott ruhenden Kaisers Wilhelm, Liebe zur Wissenschaft, Begeisterung für alles Grosse und Schöne auf den Ge- filden des Geistes doppelt lebendig ist. In Allerhöchstderen erlauchter Gemahlin, Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin, sind wir längst gewöhnt, die einsichtigste, theilnehmendste, hilfbereiteste Freundin unserer Bestrebungen im innersten Herzen dankend zu verehren. « Aber schon nach wenigen Monaten erlag der geliebte Monarch der tückischen Krankheit, und die öffentliche Sitzung am 28, Juni wurde wiederum zur Trauerversammlung, du Bois-Reymond hielt die Gedächtnissrede "", Unter Kaiser Friedrich's starker milder Herrschaft waren uns, wie wir meinten, Jahrzehnte so ruhigen Gedeihens, so schöner Blüthe gesichert, wie Preussen, wie Deutschland erst durch langes treues Ausharren in lähmender Umschnürung, dann durch Todesmuth im Entscheidungskampfe sie wohl verdient hatten. War es ein grosses Glück gewesen, dass wider den gewohnten Lauf der menschlichen Dinge der Neubegründer des Deut- schen Reiches dessen Geschicke noch siebzehn Jahre lenken konnte, so ist es ein ebenso grosses Unglück, dass, abermals wider den gewohnten Lauf der menschlichen Dinge, seines Nachfolgers Regierung nicht einmal ebenso viele Wochen dauern sollte.... Wir jedoch, die Preussische Akademie der Wissenschaften, wir haben hier noch einer besonderen Klage Worte zu geben. Kaiser Friedrich, unser erhabener Schirmherr, war nicht allein, wie die Geschichte erzählen wird, ein Held auf dem Schlachtfelde, Nicht ' Sitzungsberichte 1888 8.4131'. 2 Sitzungsberichte 1888 S. 673 ff. 1018 Zur Geschichte der Akademie in den Jahren 1860—1899. allein war an ihm wie im Rathe, so im Glänze seines Hofes, jeder Zoll ein Fiirst. Sondern von Einem aus unserer Mitte in die Welt des Alter- thunis, von einem hochgeschätzten Lehrer in die Begriffswelt der Natur- wissenschaften eingeweiht, war ihm auch das Reich der Ideale vertraut, welches sich vor unseren Bestrebungen unendUch dehnt; jede wissenschaft- liche Bemühung fand an ihm einen freundlich theilnehmenden Helfer, die Ausgrabung 01vm])ias und Pergamons. wie die Gründung der astrophysi- kalisclien Warte, und die Vergangenheit bürgte uns für eine gleich er- sjjviessliche Zukunft. An der Seite seiner erlauchten Gemahlin, der Kaiserin Victoria, der liebevoll begeisterten Freundin von Wissenschaft und Kunst, hätte er in Jahren friedlicher Entwickelung eine glänzende Aera geistiger Thaten heraufgeführt, denen es ja wohl unter einem jüngeren Geschlecht in diesem Kreise an A'oUbringern nicht gefehlt haben würde. Aber raffen wir uns auf aus dieser Trauer. ... Er hat uns allezeit, und noch zuletzt unter grausamer Prüfung, das Beispiel treuester Ptlicht- ei'füUung gegeben. Fahren wir fort in unentwegten Anstrengungen auf unserem Gebiete, nach unseren Kräften, im edelsten Wettstreit mit anderen Völkern, dem deutschen Namen Ehre zu machen; denken wir bei der Arbeit, welche an sich als beste Trösterin sich erweist, auch fernerhin zuweilen an ihn, dessen Beifall uns einst ermuthigte und belohnte. Die Akademie richtete an seinen erhabenen Sohn und Nach- folger, Kaiser Wilhelm IL, eine Adresse^ und bat um Seine Huld für die stille Geistesarbeit, zu welcher sie für des Vaterlandes Ehre und Wohlfahrt und zum Nutzen aller menschlichen Gesittung l)e- rufen sei. Diese Bitte ist ihr gewährt worden: Der Königlichen Staatsregierung durften wir, wie bisher, jedes Gesuch, sei es die Erweiterung bestehender Unternehmungen, sei es die Inangriffnahme neuer betreffend, unterbreiten, und haben immer das gleiche Wohl- wollen und die gleiche thatkrcäftige Förderung erfahren. Von neuen Unternehmungen der Akademie unter der Regierung Kaiser Wil- helm's IL sei die Herstellung eines Thesaurus Linguae Latinae, die Herausgabe derW^erke Kant's, Wilhelm von Humboldt's und Weier- STRAss', die Herstellung eines Wörterbuchs der deutschen Rechts- sprache, eines Wörterbuchs der ägyptischen Sprache, die Herausgabe der ältesten griechischen Kirchenväter, vor allem aber die Gründung bez. Consolidirung des Historischen Instituts in Rom, die Neubauten des Geodätischen Instituts und des Meteorologischen Observatoriums, endlich die so ausgedehnte und erfolgreiche Lim es -Forschung und die Plankton -Expedition genannt. Alle diese Unternehmungen l)e- durften zu ihrer Einrichtung und Fortführung der Fürsorge und Fürsprache des Unterrichtsministerhims, nicht wenige unter ihnen wären ohne die Hülfe, welche Se. Maj. der Kaiser gewährte, niemals in's Leben getreten. W^ir haben sie in reichem Maasse gefunden ^ Sitzimgsbei'ichte 1888 S. yiof. Die Akademie unter Kaiser Wilhelm II. 1 () 1 i) und sind gewiss, dass sie uns unter der Regierung Kaiser Wilhelm's II. nie fehlen werden. Aus dem inneren Leben der Akademie im letzten Jahrzehnt zu berichten, müssen wir zukünftiger Geschichtsschreibung über- lassen — von den gemeinsamen Arbeiten der Akademie wird das nächste Capitel erzählen. Aber nicht vorübergehen dürfen wir an der für die Geschichte der deutschen Akademieen wichtigen That- sache, dass im Jahre 1893 ^^^ Cartell zwischen ihnen (Göttingen, Leipzig, München, Wien) geschlossen worden ist, um wissenschaft- liche Arbeiten allgemeiner Natur anzuregen und bei deren Verfolgung mögliche Collisionen zu verhindern und mögliche Cooperationen zu fördern. Die Berliner Akademie ist diesem Cartell, welches einem Lieblingsgedanken LEiBNizens entspricht, nicht beigetreten, aber sie hat ihre Bereitschaft ausgesprochen, von Fall zu Fall mit den an- deren deutschen Akademieen zusammen zu wirken , und sie ist that- sächlich bereits in die gemeinsame Arbeit mit ihnen eingetreten (Herausgabe eines Thesaurus Linguae Latinae). Wir dürfen hoffen, dass sich dieser Zusammenschluss wie für die Wissenschaft so auch flir die Nation als segensreich erweisen wird. Über die Anregung zu einer näheren Verbindung aller grossen Akademieen Europas und Amerikas, die in dem laufenden Jahre (1899) gegeben worden ist, kann noch nicht berichtet werden. — - Indem wir uns weiter das ver- gegenwärtigen, was uns die letzten Jahre gebracht haben, stellen wir die grossartige Stiftung in den Vordergrund, welche die Akademie einer hochherzigen Frau verdankt \ Frau Maria Elisabeth Wentzel begründete im Mai 1894 zu Gunsten der Akademie die »Hermann und Elise geb. Heckmann Wentzel -Stiftung«, die am 9. Juli desselben Jahres Allerhöchsten Orts bestätigt wurde". Das Kapital der Stiftung beträgt 1500000 Mark, wovon die Zinsen zum dritten Theil vom ^ Ausser ihr gedenken wir an dieser Stelle auch der Graf Louijat - Stiftung (1889): alle fünf Jahre soll durch die Akademie ein Preis von 3000 Mark an die- jenige gedruckte Schrift aus den Gebieten der ainerikanistischen Studien (präcohun- bische Alterthumskunde von ganz Amerika und Geschichte von Nordamerika, ins- besondere dessen Colonisation und neuere Geschichte), welche unter den der Aka- demie eingesandten oder ihr anderweitig bekannt gewordenen als die beste sich erweist, ertheilt werden. Die Akademie, mit deren Unterstützung das grosse Werk VON Holst's iiber die amerikanische Verfassungsgeschichte einige Jahre vorher er- schienen war, ist seit jener Stiftung dauernd auch für die Geschichte der neuen Welt interessirt und thätig. Das Statut der Graf Loubat- Stiftung ist im Urkunden- band Nr. 235 abgedruckt. ^ Die Statuten sind im Urkundenband Nr. 236 abgedruckt, vergl. Sitzungs- berichte 1B94 s. 50 ir. lf>20 Zur Geschichte der Akademie in den Jahren 1860— 1899. I. Januar 1894, vollständig nach dem Tode der Stifterin für die Zwecke der Stiftung verwendbar werden. Es ist der Zweck der Stiftung, ohne statutarische Bevorzugung eines einzelnen Forschungsgebiets wissenschaftliche Unternehmungen grösseren Umfangs zu fördern. Das Vorschlagsrecht steht jedem ordentlichen Mitglied der Akademie zu; die Leitung der Stiftung und die schliessliche Entscheidung ist einem Curatorium übertragen , welches von dem Minister der Unter- richtsangelegenheiten sowie je drei von den beiden Classen der Aka- demie von fünf zu fünf Jahren erwählten ordentlichen Mitgliedern gebildet wird. Diese Stiftung, welche von B>au Elise Wentzel, den Absichten ihres Gemahls, des im Jahre 1889 verstorbenen Berliner Architekten Heri>iann Wentzel, entsprechend und zum ehrenden Andenken ihres Vaters, des im Jahre 1878 hochbejahrt verstorbenen Berliner Fabrikbesitzers Karl Julius Heckbiann, in's Leben gerufen ist, legt Zeugniss dafür ab, dass die Macht der W'issenschaft und die Anerkennung der freien akademischen Forschung in unserer Nation und insonderheit in der Hauptstadt des Deutschen Reichs lebendig walten und thatkräftig wirken. Auch an dieser Stelle sei der Stifterin der Dank für die hohe Ehrung und mächtige Förderung unserer Arbeiten gesagt. Haben wir früher trotz des vermehrten Staatszu- schusses doch noch immer klagen müssen, dass für die ungeheuren Anforderungen, welche Gegenwart und Zukunft an eine die Wissen- schaft in ihrer Gesammtheit vertretende Anstalt stellen, die uns gewährten Mittel nicht ausreichen, und haben deshalb wieder und wieder berechtigte Wünsche unterdrückt werden müssen , so ist nun durch diese Stiftung in ungeahntem Umfang Vieles möglich geworden, was es bisher nicht war. Die Mittel zur Herstellung eines Wörter- l)uchs der deutschen Rechtssprache und zur Herausgabe der ältesten griechischen Kirchenväter werden bereits ausschliesslich von dieser Stiftung gewährt, und sie hat zugleich eine grosse naturwissenschaft- liche Expedition nach Deutsch -Ostafrika ausrüsten können. Drittes Capitel. Die Unternehmungen und Arbeiten der Akademie. Li den »Sitzungsberichten« und den »Abhandlungen« ist ein Theil der Vorträge, welche die Akademiker in festgestellter Reihen- folge Jahr um Jahr gehalten haben, abgedruckt; nicht wenige aber sind der Drucklegung entzogen worden, oder sie sind in den Fach- Die grossen ■wissenschaftliehen Untenichniungeu der Akademie. l(.)2l Zeitschriften erscliionen. Von ihnen allen kann im Folgenden nicht die Rede sein, sondern nur von den grösseren Unternehmungen, für welche die Akademie besondere Commissionen eingesetzt hat oder an denen von ihr gewählte Mitglieder sich betheiligen. Ihre Gc- sammtzahl beträgt zur Zeit (Mai 1899) 22^; von diesen sind 14 solclie, welche die Akademie selbst niedergesetzt hat und die unter ihrer ausschliesslichen Oberleitung arbeiten", 8 sind selbständige Institutio- nen, stehen aber mit ihr in weiterer oder näherer Verbindung. Hier- her gehört das Kaiserlich Archäologische Institut, welches der Aka- demie besonders eng verbunden ist, ferner die Centraldirection der Monumenta Germaniae historica, deren Vorsitzender ihr Mitglied und in welcher sie ausserdem noch durch zwei Akademiker vertreten ist^. ^ Abgesehen ist bei dieser Zählung von den Commissionen, welche bestimmte Stiftungen verwalten, deren INIitglieder als Curatoren bez. als Preisrichter ebenfalls eine bedeutende wissenschaftliche Thätigkeit ausüben (Savigny-, Bopp-, Charlotten-, DiEZ-, Graf Loubat-, Gerhard- und WENTZEL-Stiftung, s. über dieselben — sie sind zum Theil nicht rein akademische, sondern gemischte — oben S. 881. 870. 1006. 1019. 866. loigf. ), ferner von der Commission für den Orden pour le merite, dem Geld- verwendungsausschuss und von der Betheiligang der Akademie an der Deutschen Orient -Gesellschaft durch ein gewähltes Mitglied. Endlich lehrt ein Blick auf die im Urkundenband Nr. 224 verzeichneten Unterstützungen, welche Jahr um Jahr wissenschaftlichen Unternehmungen Privater bewilligt werden, wie umfangreich auch hier die Arbeit der Akademie ist; denn alle Gesuche um solche Unterstützungen werden in der Regel von ad hoc eingesetzten Commissionen geprüft. Erst auf Grund fachmännisclier Gutachten und nach Anhörung des Geldverwendungsausschusses ent- scheidet die Klasse über Gewährung oder Ablehnung des Gesuchs. Je grössere Sum- men freilicii für die an Zahl immer wachsenden eigenen Folge -Unternehmungen der Akademie nöthig sind, um so geringer werden die Beträge, die sie privaten Arbei- ten als Unterstützungen zu bewilligen vermag. Es wäre sehr zu bedauern, wenn sie in Zukunft noch mehr zusammenschmölzen; denn die Akademie erkennt mit Recht eine ihrer wesentlichen Aufgaben in jenen Unterstützungen. Ist sie doch im ganzen Deutschen Reich die einzige wissenschaftliche Körperschaft, die über beträchtlichere Mittel für solche Zwecke verfügt, und wie viele hervorragende Werke in allen Disciplinen nur durch ihre Beihülfe veröffentlicht werden konnten, lehrt die im Urkundenband Nr. 224 gegebene Übersicht. Wir können nicht dai-an denken, hier auch nur die wichtigsten aufzuzählen. Erwähnt sei aber, dass die Akademie einen kleinen Theil der Dankesschuld, die sie ihx'em Stifter Leibniz schuldet, abgetragen hat, indem sie die Herausgabe seiner mathematischen und phi- losophischen Werke durch Hrn. Gerhardt unterstützte. Ob je eine Gesainmtaus- gabe der Werke Leibnizcus hergestellt werden wird, ist mehr als zweifelliaft, ja man kann zweifeln, ob man sie wünschen soll. ^ Aber zu einigen von ihnen sind auch Nichtkademiker hinzugezogen, näm- lich zu der Commission für lateinische Epigraphik, für die Ausgabe der älteren griechischen Kirchenväter, für das Wörterbuch der deutsciien Rechtssprache und für die Hcmboldt- Stiftung. ^ Beide sind grosse Institute, die ihre eigene Geschichte haben, auf die hier nicht einzugehen ist. \'on ihrer Gründung und Entwicklung, soweit sie mit der 1022 Das Historische Institut in Rom. weiter (Las Historische Institut in Rom, dessen Direction zwei Mit- glieder der Akademie führen und das aus Anregungen entstanden ist, welche sie gegeben hat\ Zu den selbständigen Instituten bez. Unternehmungen, an denen die Akademie betheiligt ist, gehören ferner das Geodätische und das Meteorologische Institut, endlich die Commissionen für den Thesaurus Linguae Latinae, für das Wör- terbuch der Aegyptischen Sprache und für die Ausgabe der Werke Luther's. Das Historische Institut in Rom ist im Jahre 1888 gegrün- det worden"'. Bereits nach fünf Jahren konnte der Vorsitzende, Hr. VON Sybel, berichten^, dass das Institut aus einem dirigirenden Secretar, zwei Assistenten und zwei Hülfsarbeitern bestehe. Als erste Aufgabe war ihm die von Historikern und Theologen beider Confessionen lange ersehnte Herausgabe des Schriftwechsels zwischen der römischen Curie und ihren nach Deutschland gesandten Nuntien während der Reformationszeit gestellt worden. Dass das Institut sie mit Eifer und Sachkunde angegriffen, zeigt die Thatsache, dass es bereits binnen fünf Jahren, in Gemeinschaft mit der K. Archiwer- waltung, fünf Bände veröffentlicht hatte, zwei andere im Druck l)e- findlich, zwei weitere der Druckreife nahe waren. Die Bände fanden die volle Anerkennung aller wissenschaftlichen Autoritäten. Neben den Nuntiaturberichten wurde aber im Jahre 1893 i^och ein zweites Unternehmen von gleichem Umfang und ähnlicher Bedeutung in's Auge gefasst. Seit der Vollendung der päpstlichen Weltherrschaft im 13. Jahrhundert haben die Verfügungen des römischen Stuhls in alle Lebensverhältnisse der unterworfenen Länder und somit auch des Deutschen Reichs auf allen Rechtsgebieten eingegriffen. Zahl- lose Bittsteller oder streitende Parteien brachten ihre Suppliken und Beschwerden an die Curie, von wo sie dann, nachdem dort Ab- schrift genommen, mit der päpstlichen Entscheidung an die Bitt- Geschiclite der Akademie verbunden ist, ist in unserer Darstellung bereits gehan- delt worden. ^ Seit dem Jahre 1898 sind die sachlichen und persönlichen Ausgaben dieses Instituts, das bis dahin vornehmlich aus dem Dispositionsfonds des llnterrichts- niiiiisteriums unterhalten worden war, in den Etat der vom Präsidium des Staats- ministeriunis ressortirenden Archivverwaltung eingestellt worden. Die Verwaltung desselben ist damit auf das Directorium der Staatsarchive übergegangen, aber die Leitung der wissenschaftlichen Arbeiten liegt wie bisher der akademischen Com- mission ob. ^ Die Anträge der Akademie auf Gründung desselben beginnen im Jahre 1884. ' Sitzungsberichte 1894 S. 69 f. Das Historische Institut in Rom. Das Geodätische Institut. 102H steller zurückgingen. Die Al)scliriften lagern jetzt zu vielen Tau- senden, mangelhaft geordnet und lückenhaft verzeichnet, in sieben römischen Specialarchiven. Dass ihr Inlialt von grösstem Werth für die Erkenntniss der Zustände der deutschen Stifter und Klöster, städtischer und ländlicher Gemeinden ist, leuchtet ein. Der Plan ging nun dahin, diese Urkimden, soweit sie Deutschland betreffen, zu sammeln und kurze Auszüge oder Regesten derselben in wohl- geordneter Reihe, zunächst aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhun- derts, zu publiciren. Die Mittel, die dazu nöthig schienen, waren freilich sehr bedeutend. Aber auf Vortrag des Herrn Unterrichts- ministers bewilligte Se. Majestät der Kaiser gemäss Seinem oft ausge- sprochenen Interesse für die geschichtlichen Studien Allergnädigst aus dem Kaiserlichen Dispositionsfonds für vier Jahre 60000 Mark'. Damit war das Unternehmen eines »Repertorium Germanicum« sichergestellt. Sowohl die Arbeit an diesem als die Herausgabe der Nuntiaturberichte (ausgedehnt auch auf das i 7. Jahrhundert) ist seitdem rüstig fortgeschritten"'; neben diesen Publicationen geht seit 1897 eine Zeitschrift her: »Quellen und Forschungen aus ita- lienischen Bibliotheken und Archiven«. Sie Avlrd von dem stän- digen Secretar des Instituts, Hrn. Friedensburg, redigirt. Die Di- rection hat zuerst Hr. von Sybel, dann Hr. Wattenbach geführt: sie liegt jetzt in den Händen der HH. Koser und Lenz. Neben ihren regelmässigen Aufgal)en versäumen es die Beamten des Instituts in Rom nicht, den recht zalilreichen deutschen Gelehrten, welche theils durch schriftliche Anfragen, theils bei persönlicher Anwesen- heit in Rom an dem Institut einen Anhalt und Nachweisungen für ihre Zwecke und Aufgaben suchen, nach Möglichkeit behülflich zu sein. Die Beziehungen des Geodätischen Instituts zur Akade- mie beginnen im Jahre 1876. Der damalige hochverdiente Leiter desselben, General Baeyer, regte eine nähere Verbindung des In- stituts (und des mit ihm verbundenen Central -Bureaus der Euro- päischen Gradmessung) mit der Akademie an und Manschte zugleich eine Verstärkung desselben aus den Kreisen der Akademie. Die physikalisch -mathematische Klasse nahm den Vorschlag an, indem sie ihn zu Gunsten des Antheils der Akademie modificirte. In dem Statut für das Geodätische Institut vom 22. September 1877, das Im Jahre 1897 wurde dieselbe Summe auf weitere vier Jahre bewilligt. Der erste Band des Repertoriums erschien im Sommer 1897. 1024 l>as Geodätische Institut, nach iliren Vorschlägen aufgestellt und genehmigt wurde, heisst es demgemäss (§ lo): Um die Erfüllung der dem Institute übertragenen Aufgaben mög- liclist vollständig zu sichern, steht dem Präsidenten ein wissenschaftlicher Beirath zur Seite. Ein Mitglied desselben wird auf Vorschlag des Präsi- denten, die übrigen bis zu einer Zahl von fünf auf Vorschlag der K. Akademie der Wissenschaften durch den INIinister der geistlichen u. s.w. Angelegenheiten ernannt. Ferner in § 19: Der Präsident des Geodätischen Instituts wird auf Vorschlag der Akademie der Wissenschaften von dem Könige ernannt. Die Akademie hat sich mit Rücksicht auf die Function des Präsidenten als Präsident des Centralbureaus der Europäischen Gradmessung vor Aufstellung ihres Vor- schlags mit der permanenten Commission der Eui'opäischen Gradmessung in Verbindung zu setzen, um wenn möglich mit ihr ein Einverständniss über die geeignetste Persönlichkeit zu erzielen. Allein die Akademie fand in den nächsten Jahren reichlichen Anlass zu Klagen, da dem Präsidenten des Instituts die Bericht- erstattung über die Verhandlungen des «Wissenschaftlichen Beiraths« vorbehalten war und sie die Richtigkeit derselben nicht immer an- zuerkennen vermochte. Sie hätte unter diesen Umständen auf ihre Mitwirkung verzichten müssen, wäre nicht nach dem Tode des Gene- rals Baeyer ein neues Statut erlassen w^orden (15. Januar 1887), welches den unerträglichen Verhältnissen ein Ende machte. Der erste Absatz des § 4 des Statuts lautet: Die Akademie der Wissenschaften ist das begutachtende Organ des Ministers in allen wichtigen Angelegenheiten des Instituts. Insbesondere nimmt die Akademie die Jahresberichte des Directors des Instituts ent- gegen und übermittelt dieselben mit ihren Bemerkungen und Vorschlägen dem ^linister. Der »Wissenschaftliche Beirath« war damit aufgehoben, aber an seine Stelle trat die Akademie als begutachtendes Organ des Ministers und als Vermittlerin zwischen dem Institut und der Re- gierung. Sie übt die damit gesetzten Rechte durch eine gewählte Commission aus. Hr. Helmert, der gegenwärtige Director des Instituts, hat in dem Werke: »Die Königlichen Observatorien für Astrophysik, Me- teorologie und Geodäsie bei Potsdam. Aus amtlichem Anlass heraus- gegeben von den betheiligten Directoren. Berlin 1890«, die Geschichte, den gegenwärtigen Zustand, die Arbeiten und den Arbeitsplan des Instittits beschrieben. Die grossen Bauten für dasselbe auf dem Te- legraphenberge bei Potsdam wurden in den Jaliren 1888 — 1892 her- gestellt. »Gleiche Einrichtungen«, schrieb Hr. Helmert, »finden sich anderwärts nur vereinzelt und nirgends in diesem Zusammenhange, Das Geodätische und das Meteorologische Institut. 1025 SO dass das Geodätische Institut eine Ausstattung erhält, wie sie der Stellung Preussens in der Erdmessungsorganisation angemessen ist. Aber nicht nur für die rein wissenschaftlichen Aufgaben und Fragen der Erdmessung und Geodäsie überhaupt wird diese Schöpfung befruchtend wirken, sondern sich bei der innigen Beziehung, welche gerade auf diesem Gebiete zwischen Theorie und Erfahrung statt- findet, auch für die praktischen Anforderungen des Lebens als ein nützliches Glied des Staatsorganismus erweisen.« Durch Erlass des Ministers von Gossler vom lo. Mai 1887 wurde das Meteorologische Institut in dieselben Beziehungen zur Akademie gesetzt wie das Geodätische durch das Statut von 1887^ Auch hier übt die Akademie ihre Rechte durch eine gewählte Commission aus. In dem oben erwähnten Werk hat Hr. VON Bezold die Geschichte des Meteorologischen Instituts in Berlin""^, den Bau und die Einrichtung des Observatoriums in Potsdam {1888 — 1892) und die Thätigkeit desselben geschildert^. Preussen hatte auf dem Gebiete der Meteorologie die Stellung wieder zu erobern, die es einst durch die Akademie gewonnen und besessen hatte: dieser Verpflichtung gab der Director im Jahre 1890 frei- müthig Ausdruck. Sieben Jahre später durfte er mit Genugthuung berichten, wie Vieles geschehen sei: »das Institut steht gegenwärtig mehr denn jemals mitten in der vielseitigsten Arbeit, theils früher Begonnenes fortführend und erweiternd, theils neue Aufgaben, wie sie die rastlos fortschreitende Wissenschaft unablässig stellt, in den Kreis seiner Wirksamkeit ziehend«. Namentlich die Erforschung der Atmosphäre mit Hülfe des Luftballons konnte in grösserem Maassstabe und mit grösserem Erfolge aufgenommen werden, als es je zuvor ia Deutschland oder anderswo möglich gewesen ist. Die Commissionen für das Meteorologische und das Geodätische In- stitut bestehen zur Zeit aus den HH. Auwers, von Bezold, Vogel und Kohlrausch, ^ »Von dem Wunsche geleitet, auch für das Meteorologische Institut eine dauernde Anlehnung an die Königliche Akademie zu ])egründen, will icli hierdurch Bestimmung dahin treffen, dass die Akademie hei den Angelegenheiten des IMeteo- rologischen Instituts in derselben Weise zur Mitwirkung berufen sein soll, wie dies bezüglich des Geodätischen Instituts in § 4 des Statuts vom 15. Januar 1887 vorge- sehen ist." ^ Von besonderer Wichtigkeit ist der Keorganisationsplan vom Jahre 1885 gewesen. ^ Vergl. auch desselben Festrede: »Die Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Königlichen Meteorologischen Instituts am 16. October 1897 (Berlin 1898).« Geschichte der Akademie. I. 6.5 1 026 Der Thesaurus Linguae Latinae. — Das ägyptische Wörterbuch. Wir schliessen an diesen Bericht über die sei es leitende, sei es mitwirkende, sei es begutachtende Thätigkeit der Akademie gegen- über fünf selbständigen wissenschaftlichen Instituten ein kurzes Wort über die drei grossen Editionen, an deren Ausführung sie mitbetheiligt ist. Das gewaltige Unternehmen, einen Thesaurus Linguae La- tinae herzustellen, lange geplant und überdacht, wird von Dele- girten der Akademieen und Gesellschaften der Wissenschaften zu Berlin, Göttingen, Leipzig, München und Wien gemeinsam geleitet. Auf einer Berliner Conferenz im October 1893 wurde der genauere Arbeitsplan aufgestellt und sodann von jenen Körperschaften ge- nehmigt. Am 26. Januar 1899 konnte der Delegirte unserer Akade- mie, Hr. DiELS, mittheilen, dass der Abschluss der gesammten Verzettelungs - und Excerpirungsarbeit im Sommer dieses Jahres gesichert sei und nun die Redaction beginnen werde. Als General- redactor wird Hr. F. Vollmer fungiren. Das gesammte Zettelmaterial soll zunächst in München vereinigt werden. Indem sich sämmt- liche Akademieen deutscher Zunge zu dem Werke vereinigt haben, den Schatz der Sprache in abschliessender Weise zusammenzustellen, aus der und durch deren Vermittelung Deutschland seine Cultur em- pfangen hat, ist das Latein noch einmal zum Bande der Gemein- samkeit geworden. Das Verfahren , welches man bei dem Thesavirus Linguae Lati- nae ausgebildet hat, ist bereits vorbildlich geworden für ein ande- res Unternehmen, welches im Jahre 1897 in's Leben gerufen worden ist, die Herstellung eines Wörterbuchs der ägyptischen Sprache. Das Werk soll den gesammten Sprachschatz umfassen, den die in hieroglyphischer (bez. hieratischer) Schrift geschriebenen Texte be- wahrt haben ; die demotischen und koptischen Texte sollen dagegen nur so weit herangezogen werden, als es die Erklärung hierogly- phisch geschriebener Worte verlangt. Die Dauer der Arbeit bis zum Beginn des Drucks ist auf etwa elf Jahre berechnet. Die Aufsicht über das Unternehmen wird von der Berliner und Münchener Aka- demie und den Königlichen Gesellschaften der Wissenschaften zu Göttingen und Leipzig geführt; die Leitung liegt in den Händen einer Commission, für welche die genannten Körperschaften je ein Mitglied gewählt hal)en. Am 26. Januar 1899 berichtete Hr. Erman der Akademie, dass dreizehn Mitarbeiter thätig seien, das Unter- nehmen rüstig gefördert werde und dass namentlich vollständige Abklatsche und Photographieen der sogenannten Pyramidentexte der Die Luther- Ausgabe. — Das Corpus Inscr. Latinaruni. 1027 Güte des Hrn. Heintze verdankt werden. »Unser Werk wird die ältesten Denkmäler der ägyptischen Sprache, die seine wichtigste Grundlage bilden, in völlig gesicherter Gestalt benutzen können.« Die LuTHER-Coramission — die Akademie ist in ihr durch zwei Mitglieder, zur Zeit die HH. Weinhold und Harnack, vertreten — hat seit dem Jahre 1883, in welchem der erste Band erschienen ist, dreizehn weitere Bände der Werke Luther's folgen lassen. Der Umfang des Unternehmens und vor allem die nöthigen Vorarbeiten waren beim Beginn der Ausgabe unterschätzt worden; auch stellte sich die Nothwendigkeit heraus, die Texte der sachkundigen Revi- sion eines Germanisten zu unterbreiten. Ein solcher wurde in der Person des Hrn. Pietsch gefunden, dem später Hr. Berger zur Seite trat. Es ist zu hoflen, dass nun die Ausgabe, in welcher dem Re- formator das würdigste Denkmal gesetzt wird, rascher fortschreitet. Nun erst gehen wir zu den Unternehmungen über, die rein akademische sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie nahezu sämmtlich in das Gebiet der philosophisch -historischen Klasse fallen. Die naturforschenden Gelehrten haben ihre Institute und Assistenten ; das Bedürfniss nach Associationen zur Ausführung grösserer Arbei- ten taucht hier immer erst auf, wenn es sich um Unternehmungen handelt, deren Kosten mit ein paar tausend Mark nicht zu be- streiten sind. Über die Anfänge des Corpus Inscriptionum Latinarum haben wir S. 7720'. und 900 ff. berichtet. Die Arbeiten an ihm sind seit- dem niemals unterbrochen worden. Der Königlichen Bewilligung von i2 00oThlr. für die Jahre 1 854-1 859 folgte die des Prinzregenten in gleicher Höhe für die Jahre 1 861-1866, sodann eine neue des Königs von je 3200 Thlr. für die Jahre 1 867-1 872. Die Erhöhung der regelmässigen Mittel der Akademie im Jahre 1874 stellte endlich das Unternehmen finanziell sicher, für welches im Lauf der Jahre von der Akademie über 400000 Mark aufgewendet worden sind. Der erste Band erschien 1862 (1863), der zweite 1869, der vierte 1871, der fünfte (Abth. i) 1872 u. s. w. Jetzt ist das Unternehmen so gut wie vollendet, soweit ein solches Werk, welches fortgesetzt Nachträge erheischt \ vollendet sein kann. Die Zusammensetzung. ^ Einen Antrag zur Herstellung von Supplementen stellte Hr. Mommsen Ijereits im Jahre 1865, einen zweiten im Jahre 187 1. Eine Übersicht über das ganze Werk ist im Urkundenband Nr. 237 abgedruckt. — Seit dem Jahre 1872 erscheint als Unternehmung des Römischen Archäologischen Instituts die »Ephemeris Epigraphica« 65* 1 i)'2f> Das Corpus Inscr. Latinarum. — Die Numismatische Commission. der Epigraph ischen Commission wechselte; nur Hr. Mommsen blieb ihr erhalten; es ist ihm vergönnt gewesen, den stolzen Bau dem Ende nahe zu fiihren, dessen Grundlagen er gelegt hat. Die alten unermüd- lichen Mitarbeiter Henzen und de Rossi sind dahingegangen , und auch von den später Eingetretenen sind die hochverdienten Forscher WiLMANNS und Johannes Schmidt in's Grab gesunken. Neben ihnen seien aus der grossen Zahl von Mitarbeitern die HH. Hübner, Zange- meister, Bormann, R. Schöne, Hirschfeld, Dressel, Dessau, Hülsen, VON DoMASZEWSKi, Mau uud Cagnat genannt. In der Akademie steht zur Leitung des Unternehmens seit dem Jahre 1885 Hr. Hirschfeld an Mommsen's Seite: bereits im Jahre 1883 hatte dieser den Antrag gestellt, einen ständigen Director für die lateinischen Inschriften an- zustellen, und dabei auf Hrn. Hirschfeld, der damals eine Professur in Wien bekleidete, aber schon seit dem Jahre 1872 für die Inschrif- ten gearbeitet hatte, hingewiesen \ Die Römische Geschichte hat an dem Corpus ihr vornehmstes Hülfsmittel erhalten; wo die Schrift- steller schweigen, reden nun die Steine; namentlich die Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte ist mit ihrer Hülfe neu geworden. Enge mit der Commission für lateinische Epigraphik ist die Commission für Numismatik verbunden". Seit dem Jahre 1888 arbeitete Hr. Imhoof- Blumer im Zusammenhang mit der Akademie^ für eine Sammlung der antiken Münzen Nordgriechenlands, unter- stützt namentlich von Hrn. Pick. Im Jahre 1894 überwies Hr. Mommsen die ihm in Veranlassung seines fünfzigjährigen Doctor- jubiläums zur Verfügung gestellte Summe von etwa 28000 Mark der Akademie zur Fortführung der Publication der griechisch-römi- schen Münzen. Zur Annahme des Geschenks ermächtigt, beschloss sie zunächst die kleinasiatischen Münzen in Angriff zu nehmen. Mit der Leitung der dafür erforderlichen zunächst litterarischen Vorarbeiten wurde Hr. Kubitschek in Wien beauftragt. Von dem ersten Band des von Hrn. Imhoof geleiteten nordgriechischen Münz- werks erschien die erste von Hrn. Pick bearbeitete Abtheilung, ent- haltend die Münzen von Dacien und von der Küste des Schwarzen als Suj)plementum zum Corpus. Sie wui-de zuerst von den HH. Mommsen, de Rossi, Henzen und Wilmanns herausgegeben und wird jetzt von Hrn. Mommsen und Hirsch- KEi.D redigirt. Im Jahre 1898 erschien der 3. Fascikel des 8. Bandes. ^ Antrag an die Akademie vom 31. Mai 1883. ^ Die Mitglieder sind in beiden Commissionen dieselben, nämlich die HH. i\IoMMSEN (Vorsitzender), Kikchhoff, Conze, Diels, Hirschfeld, Köhler; ausser- akademische Mitalipder sind die HH. Imhoof -Blumer und Schöne. '&' 3 Erste Bewilligung von 3000 Mark im Jahre 1888. Die Prosopographie der Römischen Kaiserzeit. 1025) Meers bis ausschliesslich Odessa (Varna), sowie die sämmtlicheii für den ersten Band bestimmten Tafeln, im Jahre 1898. An den anderen Bänden, sowie an dem kleinasiatischen Münzwerk wird rüstig fortgearbeitet. Vielleicht darf die Hoffnung ausgesprochen werden, dass auf diesem vor allem für die internationale Gesammtarbeit ge- eigneten Gebiete eine über die Grenzen der deutschen Nation hinaus- gehende Vereinigung der Akademieen in Thätigkeit treten wird. Ein Unternelimen, welches man als ein Supplement zum Corpus Inscriptionum Latinarum betrachten kann, die Prosopographie der Römischen Kaiserzeit, geht auf das Jahr 1874 zurück, in wel- chem die Mittel der Akademie so beträchtlich erhöht worden sind. Auf Hrn. Mommsen's Antrag unternahm die Akademie die umfangreiche Aufgabe* und bewilligte für sie sehr bedeutende Summen. Selbst- verleugnende Arbeiter haben ihr nicht gefehlt, und im Jahre 1897 konnten endlich die beiden ersten Bände (Bd. I herausgegeben von Hrn. Klebs, Bd. II herausgegeben von Hrn. Dessau) erscheinen: im folgenden Jahre schloss sich der dritte Band an (herausgegeben von den HII. von Rohden und Dessau), so dass nur noch der vierte und letzte in Aussicht steht. Die Vorrede, welche die Akademie der Pro- sopographie vorangestellt hat, ist von besonderer Bedeutung, da sie zugleich ein Schlusswort zu den im Wesentlichen vollendeten beiden grossen Corpora Inscriptionum enthält und neue Aufgaben stellt: Per multorum annorum multorumque virorum labores Acadeniia scien- tiarum eo pervenit, ut Graecorum Romanorumque hereditas, quatenus ea per aera et marmora scripta ad nos perlata est, prostet collecta et regio- natiin ordinata. Sane non plene executi sumus adhue, quod nobis propo- suei'amus, infortunio eo, quod magnorum inceptorum comes est adsiduiis; praeterea hereditas illa iam non casibus tantum, sed data opera explora- torum omnigenarum quotidie locupletata ita continuo crescit, ut quae hodie absoluta videbantur, cras inveniantur manca et imperfecta. Nihilo minus id iam nobis videmur adsecuti esse, ut post messem in horreis conditam manus admoveri possint ad messorum operas secutorias. Nam ingens illa monumentorum scriptorum farrago, quae continet in se eximia et per se digna, quae expendantur, sufficit publice proposita haberi emendate recen- sita. Sed longe plurimi qui extant tituli, cum versentur in rebus aut pri- vatis aut inferioris ordinis publicis, singillatim quidein exaniinati utilitate carent, at coniuncti inter se et compositi cum reliquis vetustis copiis multa et aperuerunt et aperient aliunde nuUo modo petenda et ad priscorum temporum memoriam redintegrandam utilia. Tanta tarnen est scriptorum monumentorum copia tantaque argumentorum diversitas, ut in messe col- lecta subsisti non possit, sed spicae oporteat terantur, grana diversa discer- nantur, excutiantur, condantur. Ei desiderio quamcpiam aliquatenus provi- sum est indieibus, quos singulis corporum nostronuu partibus addi iussimus, ^ Mitglieder der Commission sind d'w HII. Mommsf.x, Vahlex und Hiksi iiKr-i.n. 1030 Die Commissionen für Fronto und den Codex Theodosianus. ne sie quideni eo perventum est, quo perveniri et potest et debet. Hoc efficiendum est, ut coinponantur exempli gratia onomatologica et Graecae lin"-uae et Latinae et nationuin reliquarum; item insigniorum virorum later- culi ex plebeioruni tiu-ba exempti; item ad sacra diversa quae pertinent; item cum rei publicae Atheniensium imperiique Romani monumenta per se satis emineant, rerum publicarum minorum condicionem et ordinationem municipalem quae illustrant; item de re militari maxime imperii Romani quae extant; alia multa spectantia ad mores hominum et sermonis per or- bem Romanum diversitatem. Haec omnia ita concinnanda erunt, ut non titulorum solum ratio habeatur, sed ut quae auctores papyin nummi similia subministrant, simul digerantur; ita enim tandem aliquando pro litteraria epigraphica numismatica eruditione particulari ob eamque causam necessario imperfecta substituetur doctrina pendens non a copiai-um specie, sed ab ipsa rerum cognitione. Ad finem cum pervenietur cura virorum doctorum, qui sunt erunt- que, non Academiae nostrae. Sed adiuvari posse studia haec iudicavimus specimine eins generis aliquo proposito, et selegimus quae iam prodit no- titiam hominum notabilium, qui vixerunt ab imperatore Augusto ad impe- ratorem Diocletianum per prima tria aerae nostrae saecula. Prosopographia haec, quam appellavimus vocabulo non optimo sed recepto, ut pendet ex parte magna ab inscriptionum corporibus nostris, ita imprimis diversarum terrarum monumenta in ilHs secundum linguas regionesque dispersa ex- hibet composita; deinde cum titulis coniuncta sunt, quae similis argumenti tarn auctores quam nummi papyrique praebuerunt. . . . Recensum eum per litteras ordinari iussimus. Ei adiungentur laterculi consuhuii eius temporis et reliquorum magistratuum maiorum. . . . Erunt fortasse . qui ad incepta similia sese accingant sive suis viribus freti sive nostra opera adiuti; quod ubi eveniet, laetabimur. Interim elaboratis hisce sj^eramus fore, ut bonae litterae adiuventur. Noch zwei weitere Commissionen, welche die Akademie nieder- gesetzt hat, arbeiten für die römische Geschichte und Litteratur, die Fronto-Commission\ eine von Niebuhr's Zeiten her der Aka- demie gestellte Aufgabe festhaltend — leider ist ihr Studemund allzu früh entrissen worden — , und die Commission zur Heraus- gabe des Theodosianus-Codex^. Dass die mit der Akademie verbundene Savigny- Stiftung^ ein Vocabularium iuris prudentiae Ro- manae zu veröffentlichen begonnen hat, darf in diesem Zusammen- hange auch erwähnt werden. ^ Ihre Mitglieder sind zur Zeit die HH. Mommsen, Vahlen, Diels und Hirschfeld. ^ Ihre Mitglieder sind zur Zeit die HH. Mommsen, Diels und Pernice. ^ Akademische Mitglieder des Curatoriums sind zur Zeit die HH. Mommsen und Pernice; die akademische Commission für die Stiftung bilden dieselben Hei'ren und die HH. Brunner, Hirsciikeld und Weinhold. Ausser dem im Erscheinen begriffenen Vocabularium iuris prudentiae Romanae hat die Stiftung auch die Acta nationis Germanicae Universitatis Bononiensis herausgegeben. Als ihre Mittel dazu nicht ausreichten, hat des Königs Majestät eine namhafte Summe zur Vollendung des Werks bewilligt. Das Corpus Inscriptionuni Graecaruni. 1031 Nach Vollendung des grossen BöcKn'schen Corpus Inscriptio- num Graecarum durch die HH. Curtius und Kirchhoff' beschloss die Akademie angesichts des ungeheueren Materials , das in den letzten Jahrzehnten zugewachsen war, eine vollständige Sammlung der attischen Inschriften zu veranstalten. Das Corpus Inscriptionum Atticarum erschien 1 873-1 888 in drei Abtheilungen, denen später noch umfangreiche Supplemente nachgesandt wurden. Die erste Ab- theilung (Inscriptiones Euclidis anno vetustiores) besorgte Hr. Kirch- HOFF, die zweite in vier Bänden (bis zur Zeit des Augustus) Hr. Köhler, die dritte (römische Zeit) Hr. Dittenberger. Eben der- selbe hat den ersten Band eines Corpus der nordgriechischen In- schriften herausgegeben sowie die erste Hälfte des 3. Bandes. Der griechisch -türkische Krieg störte leider die Arbeit. Ein Corpus der Inschriften des Peloponnes bereitet schon seit Jahren Hr. Fränkel vor; der Beginn des Drucks wird in diesem Jahre erfolgen. Die griechischen Inschriften von Sicilien, Italien und den west- und nord- europäischen Ländern hat Hr. Kaibel gesammelt und herausgegeben. Zu einem Corpus der Inselinschriften hat Hr. Hiller von Gärtringen den Grund gelegt; bereits sind drei Fascikel erschienen (Fascikel 2, die Inschriften von Lesbos, Nesos und Tenedos enthaltend, ist von Hrn. Paton zusammengestellt und redigirt). In ihren beiden Cor- pora Inscriptionum, dem griechischen und dem lateinischen, hat die Akademie zwei wissenschaftliche Unternehmungen im Laufe von achtzig Jahren durchgeführt und der Vollendung nahe gebracht, mit denen sich, was die Zahl und Bedeutung der Mitarbeiter, den Umfang der Aufgabe und die Höhe der aufgewendeten Mittel be- trifft, keine andere wissenschaftliche Leistung unseres Jahrhunderts auf dem Gebiete der alten Philologie und Geschichte zu messen vermag". Wie die Akademie ihrer Verpflichtungen in Bezug auf die grie- chischen Inschriften nicht ledig zu sein glaubte, nachdem sie das BöcKH'sche Corpus zum Abschluss gebracht hatte, so beurtheilte sie ^ Siehe oben 8. 898. Das Werk selbst war mit dem im Jahre 1859 erschiene- nen, von Hrn. Kirchhoff besorgten 2. Fascikel des 4. Bandes (Christliche Inschriften) wesentlich beendigt; aber es fehlte noch der Gesaniintindex, Dieser ist nach lang- wierigen Verzögerungen und mehrfachem Wechsel in der Kedaction erst im Jahre 1877 erschienen als 3. Fascikel des 4. Bandes. Das Verdienst, ihn vollendet zu haben, gebührt Hrn. Rohl. 2 Die Commission für griechische Epigraphik besteht zur Zeit aus den HH. Kirchhoff, Vahlf.n, Diels und Hirschfeld. 1032 Die Aiisi>abe der Aristoteles -Commentare. ihre Arbeit an dem »Aristoteles« nicht als durch die Bekker'scIic Ausgabe und den BoNiTz'schen Index^ (1870) abgeschlossen. p]in langes Leben liindurch hatte sich Brandts um die Schoben zum Aristoteles bemüht; aber was davon im 4. Bande der akademischen Aristoteles -Ausgabe gedruckt war, war unzureicliend. Immer siche- rer und dringliclier stellte die Wissenschaft die Aufgabe, nicht so- wohl Excerpte zu ediren, als die Gesammtwerke der Commentatoren des Aristoteles herauszugeben. BoNiTZ ist es gewesen , der im Vereine mit Hrn. Zeller in dem für die Arbeiten der Akademie so fruchtbaren Jalire 1874 den An- trag" zur Annahme gebracht hat, »eine neue, auf genauer Verglei- chung der Handschriften beruhende Ausgabe der griechischen Com- mentatoren zu den Aristotelischen Schriften zu veranstalten«. Eine Commission wurde niedergesetzt (Bonitz, Vahlen und Zeller) und Hr. ToRSTRiK mit der Redaction betraut. Als dieser bereits nach drei Jahren durcli den Tod der Arbeit entrissen wurde, trat Hr. Diels in die Lücke ein; er leitet das Unternehmen noch und hat auch einzelne Theile selbst herausgegeben^. Der Plan, wie er ihn im Jahre 1878 aufgestellt hat (25 Bände in grossem Octavformat), ist so rüstig gefördert worden, dass sicli das grosse Unternehmen seiner Vollen- dung nähert. Seine Bedeutung hat Hr. Usener (in dem Gott. Gel.- Anz. 1892 S. looiff.) weiteren Kreisen dargelegt; sie besteht erst- lich darin, dass in diesen Schriften zahlreiche Bruchstücke aus den philosophischen Werken vorsokratischer Denker erhalten sind, ferner darin, dass die Meinungen und Lehren der unmittelbaren Aristo- telesschüler häufig in ihnen mitgetheilt sind und sie so für die ältere Geschichte des Aristotelismus und seines Kampfes mit der Stoa die wichtigsten Beiträge liefern. Weiter sind sie zur Text- kritik und Erklärung des Aristoteles unentbehrlich; endlich — und das ist der höchste Gesichtspunkt: sie lehren uns das Blatt in der Gesammtgeschichte des menschlichen Geistes genauer kennen, wel- ches die Überschrift »Erklärung des Aristoteles« trägt. »Durch sie hat die römische Kaiserzeit ihre wissenschaftHche Schulung, das Mittelalter seine geistige Nahrung erhalten. Jeder Schritt auf der Linie von der Erneuerung der Aristotelischen Studien gegen Ende der römischen Republik bis zu den Vorläufern der Scholastik im * Siehe oben S. 900. ^ Monatsberichte S. 404 ff. ^ Seine Mitarbeiter sind die HH. Hayduck, Wallies, Busse, Vitelli, Heyl- HLUT, Heiuerg, Rabe. Die Ausgabe der ältesten griechischen Kirchenschriftsteller. l^HH VI. und VII, Jalirliuiidert hat darum vollen Anspruch auf geschicht- liches Interesse, einerlei ob er in der unscheinbaren Form eines Commentars sich vollzieht; immer handelt es sich doch um die Durchdringung und Verarbeitung des Gedankenschatzes eines Den- kers, der fünfzehn Jahrhunderte lang der Lehrer nicht nur der europäischen Völker gewesen ist.« Neben diesen »Commentaria in Aristotelem Graeca« giebt die akademische Commission noch ein »Suj^plementum Aristotelicum« heraus, d. h. eine Sammlung wich- tiger, bisher imbekannter oder ungenügend edirter Schriften von Aristotelikern oder alten Benutzern des Aristoteles, welche der Ge- sammtausgabe desselben und der Sammlung seiner Erklärer zur Er- gänzung dienen. Hier haben die HH. Lambros, Ivo Bruns und Bywater mitgearbeitet; Hr. Diels selbst aber hat in dieser Sammlung den jüngst bekannt gewordenen Londoner Papyrus veröffentlicht, der die Eclogae ex Aristotelis latricis Menoniis et aliis medicis eines Ano- nymus enthält (1892). Im Anfang des Jahres 1891 beschloss die Akademie die Her- ausgabe der ältesten griechischen Kirchenschriftsteller oder genauer aller in griechischer Sprache geschriebenen christlichen Schriften bis auf Eusebius (incl.) mit Ausnahme der neutestamentlichen. Die Ausgabe soll dem Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum der Wiener Akademie zur Seite treten; jedoch ist der Plan insofern ein anderer, als die Akademie ihn zunächst auf die drei ersten Jahrhunderte beschränkte — die Wiener Sammlung reicht bis zum Anfang des 7. Jahrhunderts — , aber auch alle »häretischen« und »apokryphen« Schriften, dazu die von dem Judenthum übernommenen (mit Ausnahme der alttestamentlichen) , hinzuzuziehen beschloss. Der Verfasser dieser »Geschichte« wurde beauftragt, zunächst eine mög- lichst vollständige Übersicht über den gesammten Bestand und die Überlieferung der altchristlichen griechischen Litteratur zu entwerfen. Sie war im Jahre 1893 mit Hülfe des Hrn. Preuschen beendigt, und nun konnte mit der Arbeit, die auf etwa 50 Bände berechnet ist, begonnen werden. Der erste Band {Hip})olyt's Werke, herausge- geben von BoNWETscn und Achelis) erschien im Jahre 1897, der zweite und dritte (Origenes' Werke, Bd. I u. II, herausgegeben von KoETscHAu) im Jahre 1899. Eine grosse Anzahl von Bänden ist bereits in Angriff genommen. Die akademische Commission bestellt aus den HH. Mommsen, Diels, von Wilamowitz-Moellendorff, von Gerhardt, Loofs und Harnack. Die Kosten des Unternehmens 1034 Die Ausgabe der ältesten griechischen Kii-chenschriftsteller. tragen die Wentzel- Heckmann -Stiftung' und die HiNRicHs'sclie Ver- lagsl)uchhandlung. — Das Studium der ältesten Kirchen- und christ- lichen Litteraturgeschichte hat in unserem Jahrhundert einen mäch- tigen Aufschwung genommen. In der ganz besonderen Stellung dieser Geschichte liegt es begründet, dass jeder Aufschwung der Geschichtswissenschaft ihr vor allem zu Gute kommt. Laufen hier doch geschichtliche Interessen von eminenter Bedeutung zusammen. Wie hat sich die christliche Religion von ihren ersten palästinensi- schen Anfängen zu dem mächtigen Organismus entwickelt, der als katholische Kirche bereits im 3. und 4. Jahrhundert vor uns steht und das römische Reich gewissermaassen fortsetzt? Wie hat sich die griechische und römische Cultur und Litteratur in die christ- lich-griechische und christlich -römische verwandelt und in dieser Form ihre letzte Ausgestaltung empfangen? Wie beschaffen ist das religiöse, politische und wissenschaftliche Kapital — die Güter und die Ideale — gewesen , welches die alte Kirche den jungen romani- schen und germanischen Nationen übermittelt hat, aus welchem sich alles das entwickelte, was wir Cultur des Mittelalters nennen? Wie ist es zu verstehen , dass die beiden grossen katholischen Kir- chen das Zeitalter der Kirchenväter noch immer als ihre klassische Zeit verehren, was schätzen sie an ihm, inwiefern ist die Art und Kraft ihrer Frömmigkeit von ihm abhängig? Welche starke Inter- essen verbinden auch noch den Protestantismus mit einem ganz be- stimmten Bilde der ältesten Kirche? Der Schlüssel zu diesen grossen Problemen liegt in der Erforschung der alten Kirchengeschichte und ihrer Litteratur. Indem die Akademie diese wieder in den Kreis ihrer Aufgaben hineinzuziehen beschloss — Neander hatte sie früher in ihrer Mitte vertreten — , bezeugte sie damit auch, dass die alten Philologen und Historiker im Rechte bleiben (gegen F. A, Wolf und seine Schule), die nichts von einer Scheidewand zwischen der Philologia sacra mid profana wissen wollten. Man hat es der Akademie in früherer Zeit wiederholt vorge- worfen, dass sie nur für die Philologie und die alte Geschichte sorge, aber die neuere und die vaterländische bei Seite lasse. Berechtigt war der Vorwurf nicht: sie besass keine Mittel, um neben dem Inschriftenwerke grössere Unternehmungen in's Leben zu rufen, und sie sah in den «Monumenta Germaniae historica« die Hauptaufgabe Siehe oben S. loipf. Die politische Correspondenz Friedrich's d. Gr. — Die Acta Bonissica, 1 08 5 vaterländischer Geschichte in Angriff genommen. Sobahl ihr alier grössere Mittel zur Verfügimg gestellt wurden, erkannte sie sofort, dass sie dieselben auch zum Nutzen der Preussischen Geschichte zu verwenden habe. Die Ausgabe der Werke Friedrich's des Grossen, die sie unter Friedrich Wilhelm IV. unternommen und mit beson- deren, vom Könige gewährten Mitteln vollendet hattet hatte sie darüber belehrt, dass damit nur erst der Grund zu einer besseren Kenntniss der Bedeutung Friedrich's gelegt war. Bereits im Jahre 1874 stellten daher Droysen und Duncker die Anträge: i. die Staats- und Flugschriften, zunächst aus dem ersten Jahrzehnt des Königs, herauszugeben, 2. eine die Werke Friedrich's ergänzende Sammlung zu veranstalten. Die Anträge wurden von der Akademie angenommen und damit zwei umfangreiche Unternehmungen begründet, die seit- dem ununterbrochen fortlaufen, aber noch lange nicht vollendet sind: »Die politische Correspondenz Friedrich's des Grossen« und die »Preussischen Staatsschriften aus der Regierungs- zeit König Friedrich's IL«. Von jener Sammlung sind bisher 25 Bände erschienen, die bis zum Jahre 1765 reichen. Die »Staats- schriften« umfassen in drei Bänden die Zeit von 1740 bis zum Be- ginn des Siebenjährigen Krieges. Aus ihnen und neben ihnen haben sich die »Acta Borussica« entwickelt, in denen die gesammte Ver- waltungs- und Wirthschaftsgeschichte Preussens im 18. Jahrhundert zur Darstelkmg kommen soll. Die beiden ersten starken Bände, denen weitere folgen werden, stellen die Behörden -Organisation und die allgemeine Verwaltung Preussens in jenem Jahrhundert dar; eine besondere Abtheilung in drei Bänden ist der Seidenindustrie gewidmet; eine dritte Abtheilung, »Preussens Getreidehandelspolitik«, ist durch eine Geschichte dieser Politik in den europäischen Staaten vom 13. bis 18. Jahrhundert eröffnet. Auf anderen Linien wird eifrig gearbeitet. Die »Forschungen zur brandenburgischen und preussi- schen Geschichte« begleiten die »Acta Borussica« und dienen zu ihrer Entlastung. Sie erscheinen seit dem Jahre 1898 mit Unter- stützung der Akademie, während sie früher vom Cultusministerium subventionnirt worden sind. Eine ganze Schule von preussischen Historikern hat sich an diesen Arbeiten entwickelt, und die Gesellen sind zu Meistern geworden. Die Commission für beide Unter- nehmungen, die ursprünglich von Droysen und Duncker gebildet wurde und in die dann von Sybel eintrat, besteht jetzt aus den Siehe oben S. 896!?. 1036 Das wissenschaftliclie Wörterbuch der älteren deutschen Rechtssprache. HH. SciiMOLLER und Koser. Jener leitet insbesondere die »Acta Borussica«, deren Plan sein Werk ist und in denen zum ersten Mal in der Geschichtschreibung die ganze innere Verwaltungsgeschichte eines Staates zu einer erschöpfenden Darstellung gelangt. Der deutschen Geschichts- und zugleich Rechtswissenschaft dient noch ein anderes Unternehmen, das längst von der philo- sophisch-historischen Klasse geplant war, al)er erst in Angriff genommen werden konnte, nachdem die Wentzel- Stiftung die Mittel dafür darzureichen beschlossen hatte ^ — die Herstellung eines wissenschaftlichen Wörterbuchs der älteren deutschen Rechtssp räche. Die Akademie setzte im November 1896 eine Commission mit dem Rechte der Cooptation ein", und diese stellte im Januar 1897 die Grundzüge des Werkes, den Finanzplan und die Vertheilung der Arbeit fest. Die wissenschaftliche Leitung des Unternehmens und die Hauptarbeit hat auf Antrag der Commission Hr. R. Schröder (Heidelberg) übernommen. Wie umfassend der Plan und wie gross die Zahl der Mitarbeiter ist, zeigen die Jahresberichte ^ Noch in dem laufenden Jahre (1899) soll ein »Rechtswörterverzeich- niss« erscheinen, von dem eine erhebliche Förderung der Arbeiten zu erwarten steht. Ausgaben der Werke grosser Denker und Gelehrter zu unter- stützen, um ihre Lebensarbeit der wissenschaftlichen Welt und der Nation möglichst vollständig und in gesicherter Form vorzuführen, ist recht eigentlich eine akademische Aufgabe. So hat sich die Akademie an der Herausgabe der Werke Luther's*, LEiBNizens^ und Anderer betheiligt; sie hat aber darüber hinaus auch selbst Gesammt- ausgaben herzustellen unternommen. So hat es die physikalisch- mathematische Klasse für ihre Ehrenpflicht erachtet, die Werke ihrer verstorbenen Mitglieder Jacobi, Dirichlet und Steiner herauszu- geben. Ihrem Mitgliede Weierstrass bewilligte sie noch bei seinen Lebzeiten die Mittel, um eine Sammlung seiner mathematischen Arbeiten zu veranstalten. Nach seinem Tode hat sie eine Com- ^ Siehe oben S. ioiqF. ^ Die Coinniission besteht aus den HH. Brunner (Geschäftsführer), Dümmler, Weinholo und den ausserakademischen Mitgliedern von Amira, Frensdorff, Gierke und R. Schröder. 3 Siehe Sitzungsberichte 1898 S. 871?"., 1899 S. Ssff. * Siehe ol>en S. 1027. ° Siehe oben S. 1021. Ausgaben d.Werke Jacobi's, Dirichlet's u. Steiner's. Die Ivan r-Ausgabe. 108/ mission eingesetzt, bestehend aus den HH. Auwers, Schwarz und Frobenius, um die Herausgabe seiner Werke zu Ende zu führen. Auch die Werke Kronecker's hat sie zu ediren begonnen. — Die philosophisch -historische Klasse beschloss im Jahre 1895 auf den Antrag von Hrn. Dilthey, eine grosse Kant -Ausgabe zu veran- stalten, welche auch alle noch erreichbaren Briefe, Handschriften und Vorlesungen des grossen Denkers verwerthen soll, und be- willigte zu diesem Zweck im Jahre 1897 25000 Mark. Die seit vier Jahren angestellten Nachforschungen haben viel bisher unbe- kanntes Material zu Tage gefördert und verborgenes an's Licht ge- zogen, namentlich in der Abtheilung «Vorlesungen«, die von Hrn. Heinze geleitet wird. Die Ausgabe wird in vier Abtheilungen zer- fallen. Die erste wird in etwa neun Bänden die Werke enthalten. In der zweiten wird zum ersten Male vollständig der handschrift- liche Nachlass Kant's, geordnet nach sachlichen Gesichtspunkten, in fünf bis sechs Bänden veröffentlicht werden. Die dritte Ab- theilung wird den Briefwechsel in zwei Bänden umfassen. In der vierten wird das WMssenswürdige aus Kant's Vorlesungen in etwa vier Bänden nach den zahlreichen vorhandenen Nachschriften mit- getheilt werden. Zuerst wird der Briefwechsel veröffentlicht w^erden. Die Commission besteht aus den HH. Dilthey (V^orsitzender), Vahlen, DiELS , Weinhold , Stumpf und Erich Schmidt. Leiter der einzelnen Abtheilungen sind neben Hrn. Heinze die HH. Adickes und Reicke. Die physikalisch -mathematische Klasse verwendet Jahr um Jahr einen grossen Theil ihrer Mittel dazu, um Mineralogen, Botanikern und Zoologen die Möglichkeit zu gewähren, auf wissenschaftlichen Reisen bestimmte Objecte zu studiren und ihre Ergebnisse zu publi- ciren. Aber die Fülle der Einzelbeobachtungen wächst so sehr, dass sie fast unübersehbar wird. Die Klasse begrüsste es daher freudig, als Hr. EiLHARD Schulze sich erbot, für die Herstellung '^ines grossen zusammenfassenden Werkes »Das Thierreich« Sorge tragen zu wollen und die Ausführung zu leiten. Noch lässt sich, indem die Forscher zusammentreten , ein solches Werk nach einem einheitlichen Plane schaffen und durchführen ; vielleicht nach wenigen Jahrzehnten schon wird sich kein Muthiger mehr finden, der sich an die Spitze eines solchen Unternehmens zu stellen wagt. Geleitet von dieser Erwä- gung und überzeugt, dass das selbstverleugnende Anerbieten den wärmsten Dank und die thatkräftigste Unterstützung verdient, be- willigte die Klasse im Jahre 1897 35000 Mark zur Herstellung eines 1038 E. Schulze's Unternehmen »Das Thierreich«. — Humboldt- Stiftung. Werkes, welches in seiner Vollendung die gesammte zoologische Arbeit des Jahrhunderts übersichtlich geordnet enthalten wird'. Neben den kleineren wissenschaftlichen Reiseunterstützungen, welche die Klasse gewährt, besitzt sie in der Humboldt- Stiftung (s. oben S. 844) einen Fonds für grössere Expeditionen". Bereits am Anfang des Jahres 1864 betrug das Vermögen der Stiftung gegen 150000 Mark; es hat sich seitdem beträchtlich vermehrt. Im Jahre 1863 wurde der erste wissenschaftliche Reisende ausgesandt und ihm zunächst die dreijährigen Zinsen des Kapitals überwiesen; Hr. Hensel erhielt den Auftrag, sich nach Südamerika zu begeben, um in der Pampasformation von Argentinien, sowie in den Knochen- höhlen Südbrasiliens Überreste, insbesondere von Säugethier-Ske- leten, planmässig aufzusuchen und einzusammeln. Vom September 1863 bis zum Jahre 1867 weilte er daselbst. Es gelang ihm nicht, die Kenntniss fossiler Überreste erheblich zu vermehren, aber in an- derer Richtung gewährte die Reise der Zoologie reichen ICrtrag. In drei grossen Sendungen übermittelte Hensel seine Ausbeute der Aka- demie. Diese gewährte ihm nach seiner Rückkehr noch die Mittel, das auf die Wirbelthiere sich beziehende Material selbst zu bear- beiten. — Der zweite Reisende, der ausgesandt wurde, war der Botaniker Schweinfurth. Er war schon einer der ersten Kenner der Flora der Nilländer, als er zu Ende des Jahres 1863 auf eigene Kosten eine zwei und ein halbes Jahr dauernde Reise nach Aegyp- ten, dem abessinischen Grenzlande Galabat und dem Sudan antrat. Auf dieser Reise erweiterte er nicht allein sein Wissen und übte seine Beobachtung, sondern er erwarb auch einen für das Gelingen einer zAveiten Reise nicht hoch genug zu veranschlagenden Schatz persönlicher Erfahrungen und knüpfte in Chartum wichtige Bezie- hungen an. Hier an Ort und Stelle entwarf er den Plan einer neuen Reise, der die Billigung der Akademie fand. Im Sommer ^ Für zusainuienfassende Arbeiten hatte die Klasse auch schon früher Unter- stützungen bewiUigt. So hat sie eine Zeit lang die Herausgabe der »Fortschritte der Physik" unterstützt und der Deutschen Anatomischen Gesellschaft Mittel zur Verfügung gestellt zur Herausgabe einer einheitlichen anatomischen Terminologie. ^ Siehe § 24 des Statuts der Stiftung (Urkundenband S. 465): »Der König- lichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin ist die Wahl der Unternehmungen, sowie der für ihre Ausführung geeigneten Personen überlassen«. — Das Curatorium der HuMiJOLDT- Stiftung l)esteht zur Zeit aus den HH. Waldeyer (Vorsitzender), ^'IRCHO\v (Stellvertreter des \'orsitzenden) und den ausserakademischen Mitgliedern : Hrn. Althoff (Vertreter des vorgeordneten Ministers), dem Oberbürgermeister von Berlin und Hrn. von Mendelssohn -Bartholdy. Die Expeditionen der Humboldt -Stiftung. 10B9 1868 trat er sie an. Was dieselbe der Wissenschaft bedeutet hat — zum ersten Mal wurden das Bahr el Ghasäl und die Gegenden der Njam-Njnm und Monbuttus botanisch, zoologisch und anthropolo- gisch erforscht — , das ist heute auch in weiteren Kreisen bekannt. Zwar traf den kühnen Reisenden auf der Höhe seines Reiseglücks der Verhist eines Theils seiner Sammlungen, aber er selbst konnte sich retten, und der grössere Theil seiner Ausbeute war bereits ge- borgen. Erst im November 1871 betrat er wieder europäischen Boden. So oft er es vermochte, hatte er Berichte über seine Reise an die Humboldt -Stiftung und an »Petermann's Mittheilungen« ein- gesandt. In den »Monatsberichten« (1870 — 1872) der Akademie wurde über jene referirt; mit der höchsten Spannung und Theil- nahme nahm man sie auf. Noch war ja eine Reise in das äqua- toriale Afrika wie eine Expedition zu einem entfernten Planeten. — Im Jahre 1874 unterstützte die Akademie die Expedition des Zoo- logen Buchholz, die sich, von Mitteln entblösst, in Westafrika am Fuss des Kamerungebirges befand. Nach Europa (Greifswald) zurück- gekehrt, starb Buchholz leider schon im April 1876; es war ihm nicht vergönnt, die Früchte seiner aufopfernden Thätigkeit zu ernten. Von den wissenschaftlichen Ergebnissen seiner Reise wurde der die Wirbelthiere betreffende Theil von Hrn. Peters, der die Mollusken betreffende von Hrn. von Martens bearbeitet und in den »Monats- berichten« der Akademie abgedruckt. — Im Jahre 1876 wurde das Unternehmen Hildebrandt's, von Zanzibar aus zum Kilimandjaro und Ndur-Kenia vorzudringen, unterstützt; gleichzeitig wurde Sachs nach Venezuela zum Studium der elektrischen Fische entsandt \ Hildebrandt kam trotz zweier Versuche nicht bis zum Kenia ; Krank- heiten und die kriegerischen Unruhen in jenen Gegenden hemmten ihn; »aber er gedenkt nach seiner Herstellung sein Unternehmen von Neuem zu beginnen und doch noch die Fahne deutscher Wissen- schaft vom Gipfel des Kenia wehen zu lassen«"". Die Ergebnisse ^ Am 19. November 1876 traf er in Rastro, jenem armseligen Dorfe Venezuelas ein, welches einst die Stätte von Alexander von Humboldt's Versuchen an elektri- schen Aalen gewesen war. -Er fand sich in seinen Erwartungen schlimm getäuscht. Die Sumpfwasser in der Nähe des Dorfes, welche zu Humboldt's Zeit von Gymnoten wimmelten, gaben nicht einen her und hauchten um so gefährlichei'e Miasmen aus. Die Vorstellung, nach Humboldt's Beschreibung Gymnoten zu fangen, indem man. um sie zu erschöpfen, erst Pferde oder Maulthiere von ihnen erschlagen lässt. wurde von allen Lianeros mit Gelächter aufgenonmien« (Monatsberichte 1877 S. iT^-)- Doch fand er in den schlammigen Gewässern des Rio Uritucu die gestiebten Fische. ^ Monatsberichte 1878 S. 70. 1040 Die Expeditionen der Humboldt - Stiftung. der SACHs'schen Forschungen und Experimente waren Ledeutend, »Durch ihn wurde mit Einem Schlag die Kenntniss des Zitteraales auf dieselbe Stufe mit der des Zitterrochens und Zitterwelses geho- ben.« Nach Europa zurückgekehrt, fand der Reisende am 1 8. August 1878 ein tragisches Ende auf dem Cevedale- Gletscher. Sein wissen- schaftlicher Nachlass in Bezug auf die elektrischen Fische wurde von den HH. du Bois-Reymond und Fritsch aus Mitteln der Stiftung bearbeitet. Der Letztere begab sich zum Studium jener Fische nach Aegypten. — Im Jahre 1878 wurde der Zoologe und Anthropologe FiNSCH nach Mikronesien gesandt, um von der rasch hinschwin- denden autochthonen Bevölkerung möglichst vollständige Zeugnisse und Denkmäler zu sammeln und zu bewahren. Fast ein Jahr lang nahm er sein Standquartier in Jaluit, besuchte aber auch zahlreiche andere kleine Inseln, sowie Neuseeland imd Neuguinea. Erst im Jahre 1882 kehrte er nach Europa zurück, nachdem er neun grosse wissenschaftliche Sendungen nach Europa expedirt liatte. Die Ge- sammtheit der von ihm gemachten Sammlungen umfasst 37639 zoo- logische Gegenstände, darunter 31700 wirbellose; etwa 1000 Pflan- zen; 3 10 Stück Mineralien; 274 Menschenschädel; 154 Gypsmasken; endlich 3500 ethnographische Gegenstände. Die vStiftung setzte ihn in den Stand, in der Heimath einen Tlieil seiner Reiseergebnisse zu bearbeiten. In demselben Jahr (1883) bewilligte sie Hrn. Güss- FELDT einen Beitrag zu seiner Expedition in die chilenischen Andes und entsandte Hrn. Arning zum Studium der Lepra nach den Sandwich -Inseln. Im Jahre 1884 unterstützte sie Hrn. Schwein- FURTH, der die ägyptisch -arabische Wüste zwischen Nil und Rothem Meer auf wiederholten Reisen planmässig geognostisch und geogra- phisch-topographisch durchforschte. — Die Stiftung beschloss nun, in den Jahren 1 886-1 888 die Hauptmasse der Zinsen des Kapitals zu thesauriren — eine kleinere Summe wurde 1888 Hrn. von Steinen zu seiner so erfolgreichen brasilianischen Expedition bewilligt — , um ein umfassendes Unternehmen zu ermöglichen. In der öffent- lichen Sitzung am 24. Januar 1889 theilte sie mit, dass die durch Ersparnisse zur Verfügung stehende Summe von 24600 Mark Hrn. Hensen überwiesen worden sei, um auf einem eigens dazu gechar- terten Dampfschiff' von Jan Mayen bis nach Rio de Janeiro in Be- gleitung mehrerer Naturforscher eine Seefahrt zu unternehmen, welche den Zweck verfolgt, die Menge der im Meere treibenden kleinen Lebewesen, des Planktons, zu bestimmen. Die Bedeutung dieser Forschung legte das Curatorium der Stiftung in einer in den Die Expeditionen der Humboldt -Stiftung. 1041 »Sitzungsberichten« 1890 8.830'. erschienenen Auseinandersetzung dar: es handelte sich darum festzustellen, woher für die unerniess- liche Fülle thierischer Lebewesen im Ocean die pflanzliche Nahrung herkomme, mit anderen Worten, wie im Weltmeer sich der Kreis- lauf der organischen Materie vollziehe. Hr. Hensen war nun darauf aufmerksam geworden, dass besonders an der Oberfläche des Meeres sich eine ungleich massenhaftere Bevölkerung kleinster Lebensformen finde, als man früher sich vorstellte. Die Gesammtheit dieser We- sen erhielt von ihm den Namen des Halyplanktons oder kurz des Planktons. Er schuf eine Methodik, mit welcher das Plankton qua- litativ und quantitativ mit überraschender Schärfe bestimmt werden kann, und hatte auf Fahrten in der Ost- und Nordsee derartige Be- stimmimgen in überzeugender Weise ausgeführt. So entstand in ihm die Vermuthung, dass das Plankton des Weltmeeres das Räthsel der Urnahrung der Seethiere zu lösen geeignet sei, und es galt nun, umfassende Beobachtungen und Prüfungen anzustellen. Der Expe- dition wurde durch die Gnade Seiner Majestät des Königs ein Zu- schuss bis zur Höhe von 70000 Mark bewilligt, auch von anderen Seiten kamen Beiträge, so dass im Ganzen 105600 Mark zur Ver- fügung standen. Am 15. Juli 1 889 verliess das Schiff mit sechs Natur- forschern den Kieler Hafen; am /.November 1889 kehrte es wieder zurück, nachdem es 15649 Seemeilen dtu-chlaufen hatte. Die reichen Ergebnisse, die sich nicht nur auf das Plankton beziehen, werden mit Hülfe der Stiftung in einer umfangreichen Publication veröffent- licht, die noch nicht zum Abschluss gekommen ist und an der sich eine grosse Anzahl von Naturforschern betheiligen. — In den Jahren 1890 — 1898 wurden die wissenschaftlichen Reisen des Botanikers VoLKENs an den Kilimandjaro, der Zoologen Voeltzkovv nach Mada- gaskar, Plate an die chilenischen Küsten, Yerworn an das Rothe Meer, Fritsch nach Aegypten, Dahl nach Neu -Pommern und Thi- LENius nach Neuseeland, sowie die des Geologen Moericke in die chilenischen Anden und des Geographen Dove nach Südwest-Afrika unterstützt. Mit dieser Übersicht über die Expeditionen, welche im Auf- trage der Akademie ausgeführt Avorden sind, schliessen wir die Um- schau über den Kreis ihrer wissenschaftlichen Unternehmungen. Als besonders bedeutsam muss hervorgehoben werden, dass die Aka- demie mit zwei Instituten in enge Beziehungen gesetzt worden ist (s. oben), die nicht vom Staate Preussen, sondern vom Reiche unter- Geschichte der Akademie. I. 6ß 1042 Schluss. halten werden (das Kaiserlich Archäologische Institut und die Monu- menta Germaniae). Aber auch abgesehen von diesen Pflichten gegen das Reich, die ihr das Vertrauen seiner obersten Behörden auferlegt hat, weiss sie, dass sie, als die Akademie des führenden Staates in Deutschland. Ptlichten gegenüber der ganzen Nation hat, Sie hat in Bezug auf Gesuche um Unterstützungen wissenschaftlicher Unter- nehmungen nie darnach gefragt, welchem engeren Vaterlande der Petent angehört, es vielmehr als ihre Aufgabe erkannt, der deut- schen Wissenschaft zu Hülfe zu kommen. »Die Akademie ist nicht zur Parade da« — dieses Wort Fried- rich's des Grossen hat sich die Akademie gesagt sein lassen. Unter den Bedingungen aber, unter denen die Wissenschaften heute stehen, bedeutet es die Leitung und Durchführung grosser Arbeiten, die der Einzelne nicht zu bewältigen vermag. Sie zweckmässig auszugestal- ten, gegen Wechselfälle zu schützen und die Mitarbeiter sicher zu stellen, ist ein Problem, dessen Lösung noch nicht vollkommen gelun- gen ist. Unter den grossen Aufgaben giebt es solche, die ihrer Natur nach unendlich sind oder im besten Fall nur im Laufe mehrerer Generationen erledigt werden können. Hier sind deshalb dauernde Einrichtungen zu treffen, um sowohl die Universitäten zu entlasten als einen Stab geschulter wissenschaftlicher Kräfte zu schaffen Wie sich specielle Institute und Seminare für die Forschung und die Praxis aus den Universitäten entwickelt haben und an sie an- lehnen, so müssen und werden aus den «akademischen Commis- sionen«, wenn auch nicht aus allen, geschlossene Institute her- vorgehen mit eigenem Etat und pensionsfähigen Beamten, die aus- schliesslich der Bewältigung bestimmter wissenschaftlicher Aufgaben dienen. In Wahrheit sind wir schon in dieser Entwicklung be- griffen — erinnert sei an das Geodätische und Meteorologische In- stitut, an die Centraldirection der Monumenta Germaniae und an das Archäologische Institut — , aber es gilt das, was sich in ein- zelnen Fällen mit zwingender Nothwendigkeit gestaltet hat, zum Muster für generelle und in sich zusammenhängende Einrichtungen zu nehmen. In erster Linie ist das Sache des Staats und seiner Wissenschaftspolitik: er wird eine Laufl)ahn für wissenschaftliche Berufsarbeiter ohne speciellen Lehrzweck eröffnen müssen, wie er eine solche schon für Archiv- und Bil)liotheks- Beamte eröffnet hat. Sie werden, ohne des Zusammenhangs mit den Universitäten zu ent- behren, in engster Verbindung mit den Akademieen stehen müssen, an die sich alle wissenschaftlichen Specialgesellschaften anlehnen Schluss. 104H sollten, welche aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden. Ver- trauensvoll blicken wir auf das UnteiTichtsministerium unseres Staats: es wird wie bisher in den wissenschaftlichen Unternehmun- gen der Akademie auch die seinigen erkennen und den neuen Be- dürfnissen der Wissenschaft mit neuen Organisationen entgegen- kommen. Indessen, das Existenzrecht der Akademieen haftet nicht aus- schliesslich, ja nicht einmal in erster Linie, an der Durchfühnmg grosser Unternehmungen : die ideale Einheit der Wissenschaft fordert wie jedes Ideal ihre annähernde Verwirklichung gegenüber dem Staat und den Factoren des öffentlichen Lebens. Hierauf beruht die anerkannte Stellung der Akademie als höchste wissenschaftliche und darum auch als begutachtende Körperschaft. Eben dass sie keinen praktischen Zweck hat, sondern der reinen Wissenschaft dient, giebt ihr die repräsentative Bedeutung. Aber diese legt ihr auch die Verpflichtung auf, »wie ein mächtiges Schiff die hohe See, die Höhe der Wissenschaft zu halten und in tonangebenden schöpferischen Vorträgen und Mittheilungen alle auftauchenden Spitzen der Forschung neu und frisch hervorzuheben und weiter zu verl)reiten«. So hat vor fünfzig Jahren Jakob Grimm die Auf- gabe der Akademie bestimmt, und so empfinden wir sie, obgleich der Grenzen unserer Leistungen wohl bewusst, heute noch. Nur ein geringer Bruchtheil der an der Wissenschaft bauenden Kräfte kommt in der Akademie zur Erscheinung; aber für das Ganze in seiner Fülle und Einheit sorgen zu dürfen, ist ihr Recht, und das Einzelne mit der Hingebung zu erforschen, als wäre es das Ganze, ihre heilige Pflicht. So ihre Aufgabe erfassend, wird sie auch im kommenden Jahrhundert das Recht ihrer Existenz behaupten und den Wahlspruch erfüllen, den ihr Leibniz auf ihr Siegel gesetzt hat: COGNATA AD SIDERA TENDIT. 6(5* 1044 Der Personalstand der Akademie (1860-1899). Viertes Capitel (Anhang). Unmittelbarer Protector der Akademie ist S. Majestät Wilhelm IL, Deutscher Kaiser und König von Preussen. Der Personalstand der Akademie von 1860-1899. 1. Beständige Secretare. Die vier Secretare waren im Januar 1860 Ehrenberg, Encke, BöcKH und Trendelenburg. Am 2. December 1863 wurde Kummer (an Encke's Stelle) und am I. Juli 1867 DU Bois-Reymond (an Ehrenberg's Stelle) Seeretar; jenem folgte Auwers am 10. April 1878, diesem Walde yer am 20. Januar 1896. Am 9. Februar 1861 wurde Haupt (an Böckh's Stelle) und am 23. August 1871 CuRTius (an Trendelenburg's Stelle) Seeretar; jenem folgte Mommsen am 16. März 1874, diesem Vahlen am 5. April 1893. An Mommsen's Stelle wurde Diels am 27. November 1895 Seeretar. 2 a. Ordentliche Mitglieder ^ [Nach dem Tage ihrer Aufnahme geordnet.] Der Bestand der Akademie am Sehluss des Jahres 1859 war fol- gender (Physikalisch -mathematische Klasse): Mitscherlich (f 28. Au- gust 1863), Encke (f 26. August 1865), Ehrenberg (f 27. Juni 1876), H.RosE(f 27. Januar 1864), G.RosE(f 15. Juli 1873), Steiner (f i. April 1863), VON Olfers (f 23. April 1872), Dove (f 4. April 1879), Pog- gendorff (f 24. Januar 1877), Magnus (f 4, April 1870), Hagen (f 3. Fe- bruar 1884), RiEss (f 22. October 1883), du Bois-Reymond (f 26. De- cember 1896), Peters (f 21. April 1883), Braun (f 29. März 1877), Klotzsch (f 5. November 1860), Beyrich (f 9. Juli 1896), Ewald (f 1 1. December 1891), Rammelsberg, Kummer (f 14. Mai 1893), Bor- chardt (f 27. Juni 1880), Weierstrass (f 19. Februar 1897), Rei- chert (f 2 I . December 1883). (Philosophisch -historische Klasse): VON Savigny (f 25. October 1861), Böckh (f 3. August 1867), Bekker ^ Die Mitglieder der philosophisch -historischen Klasse sind (vom Jahre 1860 an) durch einen Stern gekennzeichnet. Der Personalstand der Akademie (1860-1899). 1045 (f 6. Juni 1871), Bopp (t 23. October 1867), Meineke (712. Decem- ber 1870), VON Ranke (f 23. Mai 1886), J. Grimm (f 20. September 1863), Gerhard (f 12. Mai 1867), Schott (f 21. Januar 1889), Dirk- SEN (f 10. Februar 1S68), Pertz (f 7. October 1876), Trendelenburg (7 24. Januar 1872), Lepsius (f 10. Juli 1884), Homeyer (f 20. October 1874), Petermann (f 10. Juni 1876), Pinder (7 30. August 1871), Buschmann (f 21. April 1880), Riedel (f 8. September 1872), Haupt (f 5. Februar 1874), Kiepert (f 21. April 1899), Weber, Parthey (f 2. April 1872), Mommsen. 7. März 1860. *A. Kirchhoff (geb. 6. Januar 1826); *Olshausen (geb. 9. Mai 1800, -|- 28. December 1882); *Rudorff (geb. 21. März 1803, f 14. Februar 1873). 9. Mai 1860. Pringsheim (geb. 30. November 1823, schied am i. Juli 1861 aus und siedelte nach Jena über, trat am 17. August 1868 wieder ein). 23. Januar 1861. Kronecker (geb. 7, December 1823, f 29. Decem- ber 1891). 3. März 1862. *Hanssen (geb. 31. Mai 1809, schied am i. April 1869 aus und siedelte nach Göttingen über). 3. Februar 1864. *Müllenhoff (geb. 8. September 18 18, f 19. Fe- bruar 1884). 7. Mai 1864. *RöDiGER (geb. 13. October 180 1, f 15. Juni 1874). 27. Mai 1865. A. W. VON Hofmann (geb. 8. April 18 18, f 5. Mai 1892). 18. August 1866. AuwERs (geb. 12. September 1838), 9. Februar 1867. *Droysen (geb. 6. Juli 1808, f 19. Juni 1884). 22. April 1867. Roth (geb. 15. September 18 18, f i. April 1892). 27. December 1867. *Bonitz (geb. 29. Juli 18 14, f 25. Juli 1888). [17. August 1868. Pringsheim (s. oben); f 6. October 1894).] [i. October 1868, *Curtius (s. oben S. 966; geb. 2. September 18 14, t II. Juli 1896).] I. April 1871. VON Hel3iholtz (geb. 31. August 1821, seit 1870 aus- Avärtiges Mitglied, f 8. September 1894). II. März 1872. *Kuhn (geb. 19. November 1812, f 5.Mai 1881). 9. December 1872. * Zeller (geb. 22. Januar 1814, schied im Jahre 1894 ^us und siedelte nach Stuttgart über, wurde im Jahre 1895 auswärtiges Mitghed); *Harms (geb. 24. October 18 16, f 5. April 1880); *Friedländer (schied 1894 aus Gesundheits- rücksichten aus). 14. Mai 1873. *Duncker (geb. 15. October 181 1, 7 21. Juli 1886). 14. Juli 1873. *Hercher (geb. 11. Januar 182 i, f 26. März 1878). 1046 Der Personalstand der Akademie (1860-1899). 2 2. December 1873. von Siemens (geb. 13. December 1816, f 6. De- cember 1892); Virchow (geb. I3.0ctober 1821). 16. December 1874. *Vahlen (geb. 27. September 1830). 6. März 1875. *Bruns (geb. 24. Februar 18 16, 7 10. December 1880). 3. April 1875. *Waitz (geb. 9. October 181 3, f 24. Mai 1886). 24. Mai 1875. Websky (geb. 17. Juli 1824, f 27. November 1886). 14. Juni 1875. *ScHRADER (gcb. S.Januar 1836). 20. December 1875. *von Sybel (geb. 2. December 1817, f i . August 1895); G. R. Kirchhoff (geb. 12. März 1824, seit 19. März 1870 auswärtiges Mitglied, f 16. October 1887). 28. März 1877. *Dillmann (geb. 25. April 1823, f 4. Juli 1894). 23. April 1877. *CoNZE (geb. 10. December 183 i). 6. November 1878. *Nitzsch (geb. 2 2. December 1 8 1 8, f 20. Juni 1 880). 1 3 . Juli 1879. Schwendener (geb. i o. Februar 1829). 10. März 1 880. Munk (geb. 3. Februar 1839); Eichler (geb. 22. April 1839, t 2. März 1887). 15. August 1881. *ToBLER (geb. 23. Mai 1835); * Wattenbach (geb. 22. September 18 19, f 20. September 1 897); *Diels (geb. 18. Mai 1848); Landolt (geb. 5. December 1831). 18. Februar 1884. Waldeyer (geb. 6. October 1836). 9. April 1884. Fuchs (geb. 5. Mai 1833); *Pernice (geb. 18. August 1841); *Brunner (geb. 21. Juni 1840); * Jon. Schmidt (geb. 29. Juli 1843); *ScHERER (geb. 26. April 184 1, f 6. August 1886). 2 I.Juni 1884. EiLHARD Schulze (geb. 22. März 1840). 9. März 1885. * Hirschfeld (geb. 16. März 1843). 5. April 1886. VON Bezold (geb. 21. Juni 1837). 24. Januar 1887. *Sachau (geb. 20. Juli 1845); *Schmoller (geb. 24. Juni 1838); *Dilthey (geb. 19. November 1833); * Weiz- säcker (geb. 13. Februar 1828, f 5. September 1889); *Leh- MANN (geb. 19. Mai 1845, schied am i. October 1888 aus und siedelte nach Marburg über). 6. April 1887. Klein (geb. 15. August 1842). 30. April 1888. MöBius (geb. 7. Februar 1825). 29. Mai 1888. Kundt (geb. 18. November 1839, f 21. Mai 1894). 19. December 1888. *Dümmler (geb. 2. Januar 1830); *Köhler (geb. 5. November 1838). 25. Juli 1889. *Weinhold (geb. 26. October 1823). 16. August 1889. *voN der Gabelentz (geb. 16. März 1840. f 10. De- cember 1893). Der Personalstand der Akademie (1860-1899). 1047 29. Januar 1890. Engler (geb. 25. März 1844). 1 0. Februar 1 890. *Harnack (geb. 7 . Mai 1 85 i ). 30. März 1892. Dames (geb. 9. Juni 1843, t 22. December 1898); Vogel (geb. 3. April 1842). 19, December 1892. Schwarz (geb. 25. Januar 1843). 14. Januar 1893. Frobenius (geb. 26. October 1849). 6. Februar 1893. Flscher (geb. 9. October 1852). 17. April 1893. Hertwig (geb. 21. April 1849). 11. Juni 1894. Planck (geb. 23. October 1858). I 8. Februar i 895. *Stumpf (geb. 2 i . April 1 848) ; *ERrcH Schmidt (geb. 20. Juni 1853); *Erman (geb. 3 i . October 1854). I 3. August 1895. Kohlrausch (geb. 1 4. October 1 840) ; Warburg (geb. 9. März 1846); *voN Treitschke (geb. 15. September 1834, t 18. April 1896). 26. Februar 1896. van't Hoff (geb. 30. August 1852). 12. Juli 1896. *Koser (geb. 7. Januar 1852). 14. December 1896. *Lenz (geb. 13. Juni 1850). 14. Februar 1898. Engelmann (geb. 14. November 1843). 9. Juni 1898. *Kekule von Stradonitz (geb. 6. März 1839). 3. Mai 1899. von Richthofen (geb. 5. Mai 1833). 2 h. Ordentliche Mitglieder. [Nach den Todestagen geordnet.] 5. November 1860. Klotzsch. 25. October 1861. *von Savigny. Gedenkrede 1862 von Rudorff. I.April 1863. Steiner. 28. August 1863. Mitscherlich. 20. September 1863. *J. Grimm. 27. Januar 1864. H.Rose. Gedenkrede 1865 von Rammelsberg. 26. August 1865. Encke. Gedenkrede 1866 von Hagen. 12. Mai 1867. *Gerhard. 3. August 1867. *BÖCKH. 23. October 1867. *Bopp. 10. Februar 1868. *H. E. Dirksen. 4. April 1870. Magnus. Gedenkrede 1871 von Helmholtz. 12. December 1870. *Meineke. 6. Juni 1871. *Bekker. 30. August 187I. *PlNDER. 24. Januar 1872. * Trendelenburg. Gedenkrede 1872 von Bonitz. 2. April 1872. * Parthey. 1048 Der Personalstand der x\kademie (1860—1899). 23. April 1872. VON Olfers. 8. September 1872. *Riedel. 14. Fehruar 1873. *Rudorff. 15. Juli 1873. ^- ^o^^' 5. Februar 1874. * Haupt. G-edenkrede 1875 von A. Kirchhoff. 15. Juni 1874. *RÖDIGER. 20. Oetober 1874. *Ho3Ieyer\ 10. Juni 1876. * Petermann. 27. Juni 1876. Ehrenberg. 7. October 1876. *Pertz. 24. Januar 1877. Poggendorff. 29. März 1877. Braun. 26. März 1878. 4. April 1879. 5. April 1880. 21. April 1880. 20. Juni 1880. 27. Juni 1880. 10. Deeember 1880. 5. Mai 1881. *Kuhn. 2 8 . Deeember 1882. * Olshausen. 2 I . April 1883: Peters. 22. October 1883. Riess. 21. Deeember 1883. Reichert. 3. Februar 1884. G.Hagen. 19. Februar 1884. *Müllenhoff. 19. Juni 1884. *Droysen. 10. Juli 1884. 23. Mai 1886. 24. Mai 1886. 21. Juli 1886. 6. August 1886 27. November 1886. Websky. 2. März 1887. Eichler. 16. October 1887. G. R. Kirchhoff. 25. Juli 1888. *BONITZ-. 21. Januar 1889. *Schott. *Hercher. DovE. * Harms. * Buschmann. *NlTZSCH. Borchardt. *Bruns. Gedenkrede 1883 von Schrader. Gedenkrede 1884 von Scherer. *Lepsius. Gedenkrede 1885 von Dillmann. *voN Ranke. Gedenkrede 1886 von Sybel. *Waitz. Gedenkrede 1886 von Wattenbach. *DUNCKER. . * Scherer. Gedenkrede 1887 von Jon. Schmidt. ^ Friedländer schied 1874 aus. ^ Lehmann schied am r. October 1888 aus. Der Personalstaiid der Akademie (1860-1899). 1049 5. September 1889. * Weizsäcker. 1 1 . December 1891. Ewald. 29. December 1891. Kronecker. Gedenkrede 1893 "^'on Frobenius. i.x\pril 1892. Roth. 5. Mai 1892. A.W. VON Hofjiann. 6. December 1892. von Siemens. Gedenkrede 1893 von Kundt. 14. Mai 1893. Kummer. 10. December 1893. *von der Gabelentz. 21. Mai 1894. Kundt. 4. Juli 1894. *DlLLMANN. 8. September 1894. von Helmholtz. Gedenkrede 1896 von du Bois- Reymond. 6. October 1894. Pringsheim\ I.August 1895. *A^0N Sybel. Gedenkrede 1896 von Schmoller. 28. April 1896. *voN Treitschke. Gedenkrede 1896 von Schmoller. 9. Juli 1896. Beyrich. Gedenkrede 1898 von Dames. 11. Juli 1896. *Curtius. Gedenkrede 1897 von Köhler, 26. December 1896. du Bois-Reymond. Gedenkrede 1898 von Engel- mann. 19. Februar 1897. Weierstrass. 20. September 1897. * Wattenbach. Gedenkrede 1898 von Dümmler. 22. December 1898. Dames. 21. April 1899. *Kiepert. 3. Auswärtige Mitglieder-. Die Akademie zählte im Januar 1860 14 auswärtige Mitglieder (s. oben S.968), gewählt wurden von Baer (1861), R. Bunsen (1862), *CURTIUS (1862), *MlKLOSICH (1862), *J. F. BÖHMER (1862), *ßRANDIS (1862, Gedenkrede auf ihn 1868 von Trendelenburg), *Lappenberg (1862), W.Weber (1863), Regnault (1863), von Martius (1864), HANSEN-Gotha (1866), Riemann (1866), Argelander (1870), G. R. Kirchhoff (1870), Helmholtz (1870), *Diez (1872), * Lassen (1872), Kopp (1874), * Fleischer (1874), *de Rossi (1875), Liouville (1876), Chasles (1876), *Pott (1877), Darwin (1878), Owen (1878), Biddell ^ Zeller schied als ordentliches Mitglied aus und wurde zum auswjirtigen Mitglied 1895 gewählt. ^ Die Mitglieder der philosophisch -historischen Klasse sind durch einen Stern gekennzeichnet. — Zu beachten ist, dass nach dem Statut von 18 12 die Höchstzahl der auswärtigen Mitgheder auf 24, nach dem Statut von 1838 auf 32, nach dem Statut von 1881 auf 20 festgestellt worden ist. 1050 Der Personalstand der Akademie (1860-1899). AiRY (1879), J.B.Dumas (1880), Hermite (1884), Kekule (1885), *VON BÖTHLINGK (1885), * VON ROTH (1889), VON KÖLLIKER (1892), *voN Brunn (1893), *Zeller (1895), von Pettenkofer (1898), Stokes (1899). Die Zahl der auswärtigen Mitglieder stieg bis zum Jahre 1864 auf 22; von da ab fiel sie bis zum Jahre 1899 ^^^ 7 (5 + 2) herab (Bunsen, Hermite, von Kölliker, von Pettenkofer, Stokes, VON BöTHLiNGK, Zeller). Die physikalisch -mathematische Klasse hat in der Zeit von 1 860-1 898 22 auswärtige Mitglieder gewählt, die philosophisch - historische 1 4. 4. Ehrenmitglieder. Die Akademie zählte im Januar 1860 16 Ehrenmitglieder (s. oben S. 969). Dazu traten von Moltke (1860), Fürst BoNcoMPAGNi-Rom (1862), VON Bethmann-Hollweg (1862), Pringsheim (1864), General J. J. Baeyer(i865), G. Hanssen (1869), Friedländer (1875), Malmsten- Upsala (i 880), Kaiser Don Pedro von Brasilien ( 1882), Earl of Craw- ford and Balcarres- Dunecht (1883), Don C. Ibanez- Madrid (1887), M. LEHMANN-Göttingen (1888), BoLTZMANN-Wien (1888), Zeller (1894), König OskarII. von Schweden {1897). Die Zahl der Ehrenmitglieder jßel (fast stetig) von 16 im Jahre 1860 auf 4 im Jahre 1898 (Earl of Crawford, Lehmann, Boltzmann, Se. Majestät OskarII., König von Schweden). Von den 15 Ernennungen sind 6 statutenmässig erfolgt, da die Gewählten vorher ordentliche Mitglieder der Akademie gewe- sen waren, dann aber Berlin verlassen hatten (Pringsheim, Hanssen, Friedländer, Lehmann, Boltzmann, Zeller^). 5. Correspondenten. Im Januar 1860 betrug die Zahl der Correspondenten 188; gewählt wurden: 1860. Bernard (Paris), Miller (Cambridge), Benfey (Göttingen), MoRBio (Mailand), Pezzana (Parma), Ferd. Wolf (Wien). 1861. G. R. Kirchhoff (Heidelberg), Diefenbach (Bornheim), Ger- hardt (Eisleben), Koechly (Zürich), Newton (London), Roth (Tübingen), Sauppe (Göttingen), Schaumann (Hannover), de Vries (Leyden), Guerra y Orbe (Madrid), Nauck (Petersburg). 1862. SuNDEVALL (Stockholm), Canale (Genua), J. Opfert (Paris), K. L. Grotefend (Hannover), Spiegel (Erlangen). ^ Pringsheim ist 1868 wieder ordentliches Mitglied geworden , Zeller wurde 1895 zum auswärtigen Mitglied erwählt (s. S. 1045). Der Personalstand der Akademie (1860-1899). 1051 1863. Darwin (London), H. E. Heine (Halle), Seidel (München), FizEAU (Paris), Claus (Dorpat), St. Claire-üeville (Paris). 1864. Ludwig (Wien), Ed. Weber (Leipzig), Aufrecht (Edinburg), Dorn (Petersburg), Jonckbloet (Groningen), Keil (Pforta), LoTZE (Göttingen), de Roziere (Paris), Zeller (Heidelberg). 1865. FoucAULT (Paris), Morignac (Genf), Huxley (London), Schlegel (Levden), J. Bernays (Breslau), Fiorelli (Neapel), M. Müller (Oxford). 1866. Peters (Altona), Cayley (Oxford), Steinheil (München), Syl- vester (Woolwich), Waddington (Paris), Stenzler (Breslau), Brosset (Petersburg), Brunn (München), L. Müller (Kopen- hagen), Zachariae von Lingenthal (Grosskmehlen). 1867. Cahours (Paris), Forbes (St. Andrews), Kopp (Heidelberg), Angström (Upsala), Delisle (Paris), Egger (Paris), Graf Giuliari (Florenz), Regnier (Paris), DE St. Martin (Paris), Yates (High gate). 1868. Christoffel (Züricli), Clebsch (Göttingen), Quenstedt (Tübin- gen), Struve (Pulkowa), H. Brockhaus (Leipzig), W.Wright (London). 1869. Kaiser (Leyden), Plateau (Gent), Thuret (Antibes), Tulasne (Paris), RoEMER (Breslau), Ceriani (Mailand), G. Curtius (Leipzig), Ebel (Schneidemühl), von der Gabelentz (Alten- burg), Promis (Turin). 1870. Halm (München), Eustratiadis (Athen), Köhler (Athen), Ktoianudes (Athen), Muir (Edinburg). 1 87 I. VOM Rath (Bonn), Thomson, d. i. Lord Kelvin (Glasgow), Tsche- byschew (Petersburg), Heitz (Strassburg). 1872. LiPSCHiTZ (Bonn), Scacchi (Neapel). 1873. DoNDERS (Utrecht), Henle (Göttingen), Kölliker (Würzburg), Pflüger (Bonn), Salmon (Dublin), Schläfli (Bern), Brugsch (Kairo), Hunfalvy (Pesth), Whitney (New-Haven). 1874. Burmeister (Buenos Aires), Candolle (Genf), Grisebach (Göttingen), Hofmeister (Tübingen), Nägeli (München), Lum- broso (Turin), von Prantl (München), Schäfer (Bonn), Bandi DI Vesme (Turin), W. Vischer (Basel). 1875. Frankland (London), Kekule (Bonn), Loven (Stockholm), Schering (Göttingen), Willi amson (London), Cunningham (Lon- don), J. J. Hoffmann (Leyden), Scherer (Strassburg), Stephani (Petersburg), 1876. Broch (Christiania), Clausius (Bonn), Torstrick (Bremen), Hegel (Erlangen), Sickel (Wien), de Tassy (Paris). 1052 Der Personalstand der Akademie (1860-1899). 1878. DE Bary (Strassburg), Nöldeke (Strassburg), Bühler (Bombay). 1879. Kl-ndt (Strassburg). Quincke (Heidelberg), Wiedemann (Leipzig), TöPLER (Dresden), Winnecke (Strassburg), Schiaparelli (Mai- land), Wieseler (Göttingen), Wüstenfeld (Göttingen), Imhoof- Blumer (Winterthur). 1880. Dedekind (Braunscliweig), J. S. Smith (Oxford), F. Keller (Zürich), KiELHORN (Poonah), Jagic (Petersburg). 1881. Beltrami (Pavia), Betti (Pisa), Brioschi (Mailand), Fuchs (Heidelberg), Schroeter (Breslau), W^ild (Petersburg), von Hauer (Wien), Kjerulf (Cliristiania), von Richthofen (Bonn), Tschermak (Wien). 1882. DüMMLER (Halle), Pauli (Göttingen), Stubbs (Oxford), G.Paris (Paris), Bücheler (Bonn), Dittenberger (Halle), Keil (Halle). 1883. GouLD(Cordoba),NEwcoMB (Washington), von NooRDEN (Leipzig). 1884. VON Baeyer (München), Gegenbaur (Heidelberg), Heidenhain (Breslau), Hittorf (Münster), Kohlrausch (WHirzburg), Fou- CART (Athen), Perrot (Paris). 1885. GiBBS (Cambridge, Mass.), von Recklinghausen (Strassburg), K. Fischer (Heidelberg), vSigwart (Tübingen). 1886. Casorati (Pavia), Cremona (Rom), Traube (Breslau). 1887. Leuckart (Leipzig), von Leydig (Bonn), Schönfeld (Bonn), Krüger (Kiel), Kokscharow (Petersburg), Rosenbusch (Heidel- berg), Zirkel (Leipzig), van Beneden (Lüttich), Buys-Ballot (Utrecht), Zangemeister (Heidelberg), Ascoli (Mailand), Kab- BADiAs (Athen), Bywater (Oxford), Homolle (Paris). 1888. Beilstein (Petersburg), Cannizzaro (Rom), Fresenius (Wies- baden), Lothar Meyer (Tübingen), Ahlwardt (Greifswald), Pertsch (Gotha), Michaelis (Strassburg). 1889. Geikie (London), Hann (Wien), Hertz (Bonn), Wüllner (Aachen), von Holst (Freiburg), Ihering (Göttingen), K. Mau- rer (München), Pfeffer (Leij^zig), Strasburger (Bonn), F. Cohn (Breslau), Studemund (Breslau). 1890. GiLL (Capstadt), Denifle (Rom). 1891. Wimmer (Kopenhagen), Usener (Bonn), Latyschew (Kasan), Kaibel (Strassburg), Wachsmuth (Leipzig), von Wilamowitz- Moellendorff (Göttingen). 1893. Flemming (Kiel), His (Leipzig), Königsberger (Heidelberg), Neumann (Leipzig), Retzius (Stockholm), Benndorf (Wien), Byles Cowell (Cambridge), Duchesne (Paris), Ficker (Inns- bruck), GoMPERz (Wien), von Hartel (Wien), Justi (Bonn), Der Personalstand der Akademie (1860-1899). 1053 Knapp (Strassburg) , Lolling (Atlieii), Merkel (Strassburg), Schürer (Kiel), Heron de Villefosse (Paris). 1895. Agassiz (Cambridge), Cossa (Turin), des Cloiseaux (Paris), VON Gümbel (München), Huggins (London), Loewy (Paris), Mascart (Paris), Schrauf (Wien), a'ox Zittel (München), Radloff (Petersburg), Maunde Thompson (London). 1896. Abbe (Jena), Fittig (Strassburg), von Kupffer (Münclien), V. Meyer (Heidelberg), Neu3iayer (Hamburg), Noether (Er- langen), Poincare (Paris), W, Ramsay (London), Lord Rayleigh (London), Röntgen (Würzburg), Weber (Strassburg), Wisli- cenus (Leipzig), Heiberg (Kopenhagen), Ribbeck (Leipzig), Weil (Paris). 1897. BüTSCHLi (Heidelberg), Darboux (Paris), Ehlers (Göttingen), Weismann (Freiburg), Bekker (Heidelberg), von Cornelius (München), Erdmannsdörffer (Heidelberg), Maspero (Paris), ViTELLi (Florenz). 1898. FicK (Würzburg), Hensen (Kiel), Hertwig (München), Kühne (Heidelberg), Levy (Paris), Lindström (Stockholm), Ludwig (Bonn), PicARD (Paris), Sars (Christiania), Turner (Edinburg), VON VoiT (München), Justi (Marburg). Die Akademie hat von 1 860-1 899 (Januar) 280 Correspon- denten gewählt. Am i . Januar 1899 betrug die Gesammtzahl der Correspondenten 139 (76 + 63). Li der ersten Hälfte des Jahres 1899 sind noch folgende Correspondenten gewählt worden: Brefeld (Breslau), Pfitzer (Heidelberg), Warming (Kopenhagen), Habere andt (Gratz), Graf zu Solms- Laubach (Strassburg), W^iesner (Wien). Nach Hrn. Pritzel's Abgang (1872) fungirte Hr. Kunstmann vom December 1872 bis zu seinem Tode (13. August 1894) als Archivar. Die Stelle wurde hierauf provisorisch verwaltet. Am I.April 1898 wurde Hr. Dr. Köhnke definitiv als Archivar und Bibliothekar der Akademie angestellt. [Abgeschlossen am i . Juli 1 899.] I. SACHREGISTER. IL PERSONENREGISTER. I. Sachregister. Abhandlungen der Akademie s. Schriften. Acta Borussica 1035 f. eruditoruin 334. 750. medicorum Berolinensium 240. nationis Gernianicae Uiiiversitatis Bononiensis 1030. sanctorum ecclesiae Graecae, Plan Neandek's 898 f. Adjuncten (alumni) 292. 480. 686 f. 689. 691. 694. 703. 706. 780. 783. Advocatus fisoi bei der Societät (Akademie), Justitiar 167 1". 227. 286. 479. 523. 583. Aegyptisches Wörterbuch 1026t". Aegyptologie 895. 951 ff. 960. Akademie, Berliner, Vorgeschichte 25 — 69. dei Lincei 1006. der Künste zu Berlin 3. 190 f. 492. 508 f. 520. 525. 526 f. 572 f. 583.598.603. , englische (Royal Society), 24. 27. 49. 74. 81. 104. 213. 282. 327. 347. 353. 444, 690. 701. , Florentiner, s. Crusca. , französische (bez. Nationalinstitut, Lehranstalten). 25 ff. 47. 49. 67 f. 74. 81. 104.213.236. 254. 260 f 267. 276. 282. 292. 295. 299. 311. 312. 315 f. 321. 322 (Zu- sammenarbeiten der französischen und der Berliner Akademie). 327. 347. 349. 353. 378. 390 ff. 397. 409. 417. 444. 489 f 510. 531. 537. 554. 558. 574. 577. 592. 613. 638. 675. 687.^690. 713. 730 f. 755. 795 f. 8i2f. 846. 868. 879. 947. 949. 957. 993. 998 f. , Kopeniiagen 772. , medico- chirurgische, s. CoUegium medico-chirurgicum. , Münchener, 314. 366. 437. 738. 772. 995 f. 1019. 1026. , Nancy 323. , Petersburger, 26. 181. 227. 257. 261. 276. 290. 292. 327. 365 f. 432. 442. 635. 691. , Wiener, 995 f. 1006. 1019. 1033, s. auch Wien. Gebäude, neues (bezogen 1752) (^55). 486. 583. 586 f. 718 (Umbau 1822). 755- 973- Akademieeu. Cartell bez. nähere Verbindung unter einander 10 19. — , deutsche, des 17. Jahrhunderts 22 ff. , europäische, unter Leienizcus Einfluss gestiftet 26 f. Urtheil W. von Humboldt's über sie 594 ff. -, Ursprung 21 ff. 947. Vertheidigung ihrer Existenz und Verfassung 946 ff. Weitere Ausbildung looi ff. i04iff. . s. auch ^Vissenschaftliche Unternehmungen. Alchemie 23. 237. Alethophilen 240. Alterthümer, preassische, Museum 536. Altert hu ms Wissenschaft, neue, s. Klassicismus. Altes Testament, hebräisches, neue Ausgabe 193. Anatomie, pathologische, 831. Theatrum anatomicum. Anatomisches Museum 77. 176!'. 185. 193 f 200. 212. 228 f. 237. 241. 331. 345. 383. 443 f. 486. 569. 581. 585. 586. 705 f. 784. 826-835. 959 ff. (s. auch Zoologie). Anatomische Gesellschaft, deutsche, 1038. Geschichte der Akademie. I. 67 1058 I- Sachregister. Annalen der Physik und Chemie 725. 809 f. Annales imperii occidentis Brunsvicenses 34 f. 178. 923. Antiqiiitäten-Kabinet (Archäologische Sammlung, Medaillen -Sammlung) s. Kunstkammer. Antrittsreden s. Aufnahmereden. Archäologie s. Kunstwissenschaft. Archäologische Gesellschaft in Berlin 866. Zeitung 866. Archäologisches Institut in Rom 725. 864 ff. 895-. 951. 994 ff- 1042. Archiv und Archivar der Akademie 317. 352. 479. 558 f. 647. 958. 973. 1053. Archive des Landes 144. 681. 688. 1022. Aristoteles, Ausgabe imd Studien 675 ff. 688. 715. 724 f 771. 774. 858. 899 f 927. 987. Commentatoren, Ausgabe 1031 ff. Associes der Akademie (ausserordentliche Mitglieder) 279. 300. 303. 349. 511. 533 ff. 552 f- 574- 703- Astronomie (s. auch Observatorium und Sternwarte) 74 ff. 86 f. 102. 114 f 128. 131. 142 f. 145. 148. 150. 169. 185. 207. 227. 238. 260 f. 292. 325 f. 360 f. 382. 395. 439 f 483. 486 f. 512. 613 f. 632 f. 700. 702. 706. 719 — 724. 774. 801 f. 845 f. Athen, Institut daselbst 994. Aufklärung, fridericianische, Aufklärungsphilosophie 305 ff. 422 — 431. 445 ff. 451 f- 497- 501 ff. 522. 534. 540 f. 600. 615 — 622. 625. 665 f. 713. 789. Aufnahme-Reden 321. 453. 482. 516. 519. 534. 552. 579. 592. 641. 927 (seit 1847 in extenso gedruckt). 977. Auswärtige Mitglieder seit 1812 (für die frühere Zeit s. Mitglieder) 604 f 606 ff. 653. 742. 746. 754 ff. 782. 968 (Liste derselben 1812 — 1859). 1005. 1049 f. (Liste derselben 1860 — 1899). Baumwolle, inländische, 371. Belles-Lettres, Klasse der, 279. 284. 326. 402. 428 ff. 446. 466. 665. Berlin um das Jahr 1700: 107 ff., um das Jahr 1749 ff.: 459 f, um das Jahr 1778: 502. , Universität, s. Universität Berlin. Bewilligungen s. Druckuiiterstützungen. Bibel polyglotte, Plan Bunsen's 899. Bibelübersetzung, deutsche, durch die Akademie 177 f. Bibliothek, Allgemeine Deutsche, 362. 369. 522. 615 f. , Königliche, 82. 388. 529 f. 539. 572. 583. 586. 603. 607. 775. 923 f. , private, des Königs 358. 368. und Bibliothekar der Societät (Akademie) 226. 233 (Pflichtexemplare). 234 f 291. 298 (Pflichtexemplare). 303. 331. 479. 485 f. 530. 558. 583. 607. 646. 1053. Botanischer Garten (Hopfengarten), Botanik 77. 193 f. 204. 229 ff. 284. 291. 363. 442 f. 479. 487 f. 491. 501. 520. 569. 572. 581. 583. 586. 601. 603. 614. 636 f. 705 f 750. 755. 784. 823-826. 830. 953. 985. Brandenburgicus, Codex diplomaticus, 954. Bücher-Commissariat s. Censur und Monopole. Gorrectur, Verpflichtung der Societätsmitglieder zu derselben zu Gunsten der K. Bibliothek 180. Busstage in Preussen, die Akademie soll sie auf einen Tag verlegen 294 f. Censur 156. 291. 293. 485. 521 f. 524. 539. 606. 712-715. Chemie 23. 116. 185. 216. 231. 236 f 323. 325. 344. 353. 379. 381 ff. 440 ff. 512. 614. 631. 633- 635. 637 ff. 705. 718. 725. 784. 812 — 818. 985. Chemisches Laboratorium s. Laboratorium und Akademie -Gebäude. China, ]Mission der Akademie dorthin, s. christlich -wissenschaftlich -civilisatorische Aufgabe der Akademie, dazu 372. 918 f. 988. Christi ich- wissenschaftlich-civilisatorische Aufgabe der Akademie (Mission nach Russland und China, aucli zu magnetischen Zwecken) (30 f.). 45. 52. 76. 81 ff. 90. 96. 127 ff". 142 t. 174. 181 f 250. 273 f 279. 281. 308 f. 710. 943 f. Chronologie, Wissenschaft der, 108. 845 f. Collegium artis consultorum (Weigel) 25. 64. medico-chirm-gicum 3. 77 f. 194. 198 f. 217 — 241 (passim). 278. 282 1'. 391. 395. 491 f 564. 581. 583. I. Sachregister. 105*) Colonie, französische, in Berlin 107 f. 264. 266. 314. 471. 500. 955. 957. Comniissionen, akademische, in der Gegenwart 1020 ff. Consiliiim (Concüiuni) der Societät 97. 121. 143. 155 f. 158. 166 ft". 226 f. 276. Copisten (Kanzlisten) der Akademie (üntersecretär) 380. 479 f. 581. Corpus Inscriptionum Graecarum 668 — 675. 683. 688. 701. 715. 721. 724. 770 f. 774. 881. 898. 1031 (Corpus Inscriptionum Atticarum, der Inseln, des Peloponnes, Nordgriechen- lands). Inscriptionum Latinarum 670. 772 tf. 881. 895. 900 — 913. 901 (Plan der französi- schen Regierung, ein Corpus zu schaffen). 990, 1027 f. Inscriptionum Orient.ilium 670. Scriptorum Ilistoriae Byzantinae 771 f. 775. Correspondirende Mitglieder (seit 1812, für die frühere Zeit s. "Mitglieder«) 511. 604. 606 f. 654. 700. 779 (Beschränkung der Zahl). 782. 969 — 973 (Liste derselben 1812— 1859). 1050— 1053 (Liste derselben 1860— 1899). Crusca, Akademie 22. 81. Curatoren der Akademie 276 f. 281. 283 ff. 286—289. 296—303. 465 f 497 ff. 512 f. 517 f 521. 526 f. 604 f. 645. Deputation, wissenschaftliche, des Ministeriums 591, 664. Deputirte, ökonomische, der Klassen 289. 290. 292. 303. Dessinateur der Akademie 480. 581. Deutsche Rechtsgeschichte 881 ff. 950. Deutschthum, Deutsche Sprache und Litteratur, Förderung derselben (Wörterbuch) u. s. w. 18. 22. 32. 78 f. 84. 86. 93 ff. 98. 103 f. 115 f. 125. 129. 164. 177. 193. 204 f. 236. 238. 251 f. 275. 278 f. 286. 306 f. 362. 391. 393 f. 460. 462 — 465 ("De la litterature allemande-'). 495 ff. 499. 502. 505. 507 (Deutsche Deputation). 509 f. 519. 521 f. 532. 553 ff. 572 ff. 575. 588. 591. 604. 612 f. 615. 677 ff. 709. 725. 751. 859. 861. 883. 916 ff. 988. 991 f (Akademie für Deutsche Sprache), vergl. 998 f. 999 ff. (Besondere Klasse für Deutsche Sprache und Litteratur). Dichter, in die Akademie aufgenommen 174. 501. 553 f Differentialrechnung 9. 31. 923. Diplome der Akademie 104. 120. 290 f. 379. Direotoren der Klassen 166 ff. 170. 175. 187 f. 196!". 211 f. 226 f 242. 261. 265. 269. 276. 278 f. 281. 283 f 286. 289 f 292. 297-303. 349 f. 353. 378 f. 383 ff. 466 f. 512. 518. 525 ff. 528 (neues Directorium). 530. 544 ff. 550 f. 555. 559 f 569. 571. 573. 581. 585. 588. 591. 604. 645 ff. Directores adjuncti 226. 232. DiRiCHLET, Ausgabe seiner Werke 1036. Dresden, Versuch, eine Akademie daselbst zu gründen 137. Druckerei, akademische, 127. 292 f 482. 680 f. 693. 759. 775 f 913. Druckunterstützungen zu wissenschaftlichen Zwecken 143. 152. 699. 725. 774 ff. 913. 990. 998. Ehrenmitglieder 276. 283. 299. 303. 345 f. 373. 472 f. 511. 528. 533. 573. 577 f. 604. 607. 653 f 740. 743. 746. 768. 782. 969 (Liste derselben 1812— 1859). 991. 1005. 1050 (Liste derselben 1860— 1899). Einrichtung, wirkliche, der Societät (1710/11) 173 ff. Encyklopädie d'ALEMiiERx's 320. Entwicklungsidee 789 ff. Ephemeris Epigraphica 1027. Epistola ad amicum (Leibniz) 104. Erhaltung der Kraft 7. Etat der Akademie, Gehälter u. s. w. 75. 83. loi f 106. 158 f 166 ff. 194 f. 196—201. 205. 217. 223. 225 f. 227 — 232. 234.241. 249 f 260 ff. 269. 271. 274 f 277. 280. 284 f. 288 ff. 292 f 298 ff. 302. 315. 325. 350. 354. 357. 360. 363 f. 367 f. 382. 384 f 487-492. 506. 511 f. 517 f 523. 525. 527. 529. 532 f 558 f. 564. 569. 573- 579- 581 ff. 585 ff- 593- 601. 603. 661 f 664 f 668. 675. 677. 681. 686. 688 f 694. 703. 706. 709 f. 721. 748. 754f- 759- 772. 773f- 775 f- 780. 782 f. 913. 914. 973. 989 f. 998. looi f. 1006 f 1015. Fachstellen (574). 686. 689. 690 f. 779 ff. lOoi. 1005. Factor der Societät 226. 479. 67* ]^0()0 I- Sachregister. Festreden s. Sitzungen: in extenso gedruckt (seit 1847) 928. Raümer's Rede 929 ff. Ob Festreden vorher zu controliren seien: 933 f. 954 f- 456 — 959- 99i— 1018. Feuerspritzen-Monopol s. Monopole. "Forschungen zur brandenburgischen und preussischen Geschichte» 1035. Forstwissenschaft 395. 443- 637- "Fortschritte der Physik» 1038. Französische Sprache 18. 267. 286. 294 f. 297. 312-315. 323. 362. 367 f. 373. 421. 446. 450. 453 f- 459- 499- 5°5- 5^^^- (Theilung der Akademie in eine französische und deut- sche). 519 f. 522. 530. 532. 535. 561 f. 567.^ 573. 584. 588. 604. 643. Frauen, Mitarbeiter der Akademie 114 f. 369 f. Freiheitskrieg 662 f., die deutsche Wissenschaft in und nach demselben 657 f. 665 ff. 874. 883. 892. 923. Fried KicH der Grosse, Büste 552. ^ Monument 785. _ , Politische Correspondeiiz 1035 f. , Werke 776. 895. 896 if. Staatsschriften aus seiner Regierungszeit 1035- Fronto-Commission 1030. Fruchtbringende Gesellschaft 22. Gajus, Entdeckung desselben 673. 700. Ga Ivanismus, Entdeckung desselben 441 f. Gedenkreden auf verstorbene Mitglieder 295. 326. 330. 393. (s. unter den betreffenden Namen). 448. 450 f. 471 ff. 521. 606. 651 f. 921. 983 f. Gedichte auf die Akademie 99 (Leibniz). 174 (Neukirch). 304 (Friedrich d. Gr.). Gehälter s. Etat. Geistliche, akademische Preisträger 400. 615. Geldverwendungsausschuss 662. 703. 744. 748. 898. General-Synode (1849) 930. Geodätisches Institut 1023 ff. Geograph der Akademie 479 f. 718. Geographie, universale, Plan einer Ausgabe durch die Akademie 223. Ritter's Erdbe- schreibung 751. 844 f. 954 f. Geographische Karten, Monopol der Akademie 233. 483 f. 512. 558. 569. 582 f. 990. Geologie s. Mineralogie. Germanistik s. Deutsche Sprache. Geschichte 400 f. 457 f. 609. 613. 622 — 626. 629. 642. 688 (Vorschlag, sie in der Akade- mie zu verstärken). 693. 697. 709. 711. 732. 750 f. 788 ff. 850 f. 872 — 890. 922 ff. 986 f. , Pflege des vaterländischen Patriotismus 17 ff. 94 f. 98. 129. 279. 286. 401. 416. 457 f. 501. 505. 514 ff. 620 f. 626. 644. 662. 677 ff. 874. 892. der Akademie. Darstellungen 174 (vom Jahre 171 1). 450. 482 f. (Formey). 304 ff. 447. 956 f. (Bartholmess). Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 678 ff. 922. für altdeutsche Litteratur und deutsches Volksleben 679. ■ für deutsche Sprache 677. Gesellschaften der Wissenschaften s. unter den näheren Bezeichnungen. Gesetzes-Sammlung (••Constitutiones Marchicae-, Edicten- Sammlung): Die Akademie er- hält das Recht der Publication 233. 480. 484 f. 583. 597. 661. Gesetzgebungs-Commission, Vorschlag, sie als besondere Klasse der Akademie einzuver- leiben 876. Göt tingensche Gesellschaft der Wissenschaften 314. 566 f. 601. 1019. 1026. Göttinger, die Sieben, 777. 895. 916. Grad m essung 990, s. auch Geodätisches Institut. Griechische Gesellschaft 604. Inschriften s. Corpus. christliche Schriftsteller s. Kirchenschriftsteller. Gutachten der Akademie 164. 217. 230. 233 f. 379 ff. 394 ff. 678 ff. 681. 686. 694. 725 f. Halle, Universität 556 — 576 i)assim. 625. Hauptfächer s. Fachstellen. I. Sachregister. lOßl Histoire de rAcadenile (Formey) 450. 482. 483. Histori ograph der Akademie 295. 303. 405. , brandenhurgischer, 539. Historisch-politische Zeitschrift Ranke's 777. Historisches Institut in Rom 1022 f. H o c h s c h u 1 c u r s e 1 02 f. Hofnarren, Überweisung des akademischen Präsidentengehahs an sie 223. 250. Homerische Frage 455. (857). Hopfengarten s. Botanischer Garten. A. VON HuMBOLDT-Bflste 839 f. 950. HuMBOLDT -Standbilder 1012. Humbold i -Stiftung, Expeditionen derselben 1038 ft'. Hy perboräisch-römische Gesellschaft 864. Immediateingabe in der RAUMER'schen Sache 934 f. Inschriften s. Corpus. Institut, patriotisches, für den Allgemeingeist Deutschlands 496. 502. 678. Instrumenten-Manufactur soll von der Akademie eingerichtet werden 277. 280 f. 291. Jacob I, Ausgabe seiner Werke 1036. Jahrbücher, astronomische. 715. 719. 774. 801 f. für wissenschaftliche Kritik 734 f. Jetons 80. 489 f. 528. 581. 583. Joachimsthalsches Gymnasium 115. 269. 327. 388. 451. 500. 642. 862. Journal de Berlin (1740) 258. für reine und angewandte Mathematik 749 f. litteraire 485. litteraire de Berlin 1794: 519. Jubiläum, hundertjähriges, der Akademie 534. 603 f. 613. Juris prüde ntiae Romanae Vocabularium 1030. Juristische Gesellschaft zu Berlin 881. Kalender-Privileg, -Verbesserung und -Wesen 64S. i^ff. 80. 86f. 90. 92. 98f. 102. 114. 123 ff. 133. 186. 189. 191. 200. 217. 230 f. 241. 260 ff. 268. 274 f. 284 f. 290 f. 350. 363 f. 370. 419 i'- 483 (Verpachtung). 487 ff. 511 f. 518. 521. 523 ff. 559. 569. 582 f. 586 f. 597. 599 f. 661. 846. Kalender, jüdischer, 275. 291. Kammer, erste, Wählbarkeit der Akademiker 945. Kant, Ausgabe seiner Werke 1037. Karten s. Geographische Karten. Kassirer der Societät (Akademie) 226. 287. 289 f. 380. 479 f. Katastrophe des Staats im Jahre 1806 und Kriegsschaden der Akademie: 556ff. 581 f. 918. Kawis2)rache 767 f. Kirchengeschichte und Patristik 84. 94 f. 98. 238. 353. 368. 674 f. 710. 785. 883 ff. Kirchenschriftsteller, älteste griechische, Herausgabe derselben 1033 f. Klassen der Akademie 97. 145. 168. 205. 265. 275 f. (Neuordnung). 279 f. 283 f. 289. 302 f. 391 f. 470 f. 490. 511. 528 f. 563. 589 ff. 605 f. 683 ff. (Verhältniss zum Plenum). 686 (Vorschlag, die Akademie in zwei Klassen zu theilen). 688 f. 692 f. 694 f. 696—711. 735—745 (Verschmelzung von je zwei Klassen). 746. 752—766 (Spannung zwischen den beiden). 778 f. (Gleichheit der Zahl der Mitglieder in den Klassen). 781. Klassik, Klassicismus 373. 424 f. 497. 508. 520. 610. 616. 621. 623 — 630. 643 f. 667. 674. 729. Kölner Dom 957 f. Königsberg, Filiale der Societät 130 f K ö n i g s k r 0 n e , preussische , 1 1 8 f Kosmos Humboldt's 732. 733 f. 836 ff. 843. Krieg von 1866 und 1870: 992 ff. Kkon ECKER, Ausgabe seiner Werke 1057. Kunstkammer 530. 532. 558 f. 569. 583. 586, s. auch Museen. Kunstwissenschaft 452 f. 502. 643 f. 725. 775. 784 f. 858 f. 863 — 866. Laboratorium, chemisches (auch Wohnung des Chemikers und Astronomen), 77. 80. 147 0- 151 f. 185. 231. 363. 4871". 512. 583. 599. 603. 705. 755. 1 0 ß 2 I- Sachregister. Landkarten s. Geographische Karten. Lateinische Inschriften s. Corpus. LEiENiz-Denkmal 213. 393, -Denkmünze 923. Leichen-Pacht 234. 291. 345. 597- Leipzig, Universität 997, s. auch Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften. Leopold in o- Carolina, Akademie 25. Leseordnung 235. 275 f. 290. 303. 325. 512. 574. 605 f. 687. 689. 690!'. 693. 695. 697f. 699 f. 701 f. 707. 747 f. L i m e s - Forschung 1018. Lotterie s. Monopole. LüDOLPH'sche Zahl ioi3f. LuTHEK-Ausgabe loiif. 1027. Märkische ökonomische Gesellschaft 513. Magnetische Beobachtungen s. Christlich -wissenschaftliche Aufgabe, dazu 177. 185. 725. Magnetismus, schwindelhafter, 632. 831. Materialismus 374 f. Mathematik, Mathematische Klasse 257. 278f. 325. 361. 366. 431 ff. 505fF. 613 f. 632 — 636. 697. 700. 706. 719 f. 749 f. 783 f. 793 — 800. 924 ff. 954 f. 959 f. 984. Mathematische Naturwissenschaft 7 f. 239. 241. 254. 278 f. 281. 808. 979. 984, s. auch Physik. Mechanicus der Akademie 479 f. 581. Medaille, akademische, 98 f. 577. Medicin. Mediciner 30. 127 f. 164. 171. 173. 176 f. i83f. 194. 204. 216 — 241 (passim.). 250. 261. 278 f. 280. 286. 289 f. 325. 368. 501. 634. Memoires der Akademie s. Schriften. Meteorologie und Meteorologisches Listitut 127 f. 143. 280. 291. 445. 702 705. 716. 719. 725. 805. 811 f. 895. 1025 f. Mineralogie und Geologie 237. 369. 382 f. 442. 500 f. 553. 583. 633 f. 640 f. 705 f. 784. 813-818. 818-823. 829. 954. 959. 985. Miscellanea s. Schriften. Mission s. Christlich -wissenschaftliche Aufgabe. Mitglieder der Akademie, einheimische und auswärtige, bis 181 2, Wählbestimmungen 97. 104. 117. 119 f 137. 156. 161. 168. 171. 175. 183. 193. 195. 205. 208. 2iofi'. 227. 235 ff. 241. 242 ff. 254. 266. 273 f. 276 (Beschränkung der Zahl der auswärtigen). 282 ff. 287. 294. 300 f. 303. 320-331. 345 f. 349 ff. 354. 359 ff. 362. 369 f. 378 ff. 389. 391. 454. 467 — 472 (Liste der einheimischen unter Friedrich IL). 473 — 479 (Liste der aus- wärtigen unter Friedrich IL). 480 f. 497—504. 511. 518 ff. 525. 528 ff. 532—540. 540—552 (Nicht - Aufnahme Fichte's). 552 ff. 554 ff. 560 f. 573. 577 ff. 592 f. 605 f. 647— 652 (Liste der einheimischen 1786 — 1812). 652 f. (Liste der auswärtigen und Ehrenmitglieder bis 1812). 653. 664f 688 f. 693f. 708. 710. 7i5f. 743 f. 746. 748. 749ff. 752. 754ff. 758f. 762 f. 764 ff. 768 f. 778 f. (Beschränkung der Zahl der ordentlichen). 779 ff. 783 ff. 793 bis 892. 914 — 961 (passim). 963 — 968 (Listen der einheimischen Mitglieder 1812— 1859). 968 — 973 (Liste der auswärtigen, Ehi-en- Mitglieder und Correspondenten 1812— 1859). 983 — 989 (über die zwischen 1860 und 1899 aufgenommenen und wieder verstorbenen Mitglieder). 1005 (Erhöhung der Mitgliederzahl auf 54). 1044— 1049 (Listen der einhei- mischen Mitglieder 1860— 1899). 1049— 1053 (Liste der auswärtigen, Ehren -Mitglieder und Correspondenten 1860— 1899). Mönchthum, wissenschaftliche Arbeit desselben 33, Monadenlehre, Streit über sie (Kritik der LEisNiz'schen Philosophie in der Akademie) 319- 327- 333- 352- 402 ff. 417. 432 f. ISIonatliche Präsente 152 If. Monatsberichte, akademische, 770. 1005. Monatsschrift, Berliner, 502. 615 f. 619. 642. Monopole und Privilegien zu Gunsten der Akademie 77. 80. 83. 89- 92. 119. 125. 127 ff. I39f. "147. 151. 171. 180 f. 185. 281. 291 ff. 582. 597, s. auch Kalender und Seidenbau. Monnmenta Germanlae hlstorica (540). 677 ff. 681. 688. 874. 922 ff. 995 ff. 1042. — Priscae Latinltatis 911 ff. Münzen- und Medaillensammlung, Münzkunde 232 (s. auch Kunstkammer). 953. I. Sachregister. 106B Müuzwork. akademisches. 1028 f. Museen, Königliche. 784. 864. 895. Museum aiitiquitatis studiorum 853. der Alterthumswissenschaft 853. Mythologie, vergleichende. 988. Nationalökonomie und Statistik 117. 120 f. 458 (Y. 634. 85411". 890 ft'. 927. 988. Naturalienkabinet (Naturhistorisches Museum) 186. 197. 231. 234. 370. 486. 529 f. 558. 718. Naturalienmaler der Akademie 480. Natur forsch ende Freunde, Privatgesellschaft 392. Natur forscher -Versammlung 537 (Paris). 733 (Berlin). Naturphilosophie des 16. Jahrhunderts 10. 341 f., des 1 9. Jahrhunderts 554. 630 ff. 726. 728 ff. 803. 831. 834. 919 f. Naturwissenschaften, Hemmungen und Aufschwung seit 1827: 728 — 733. 756. 836 ff. Institute 895. Neues Testament, Text 860. Neufchätel, Gelehrte (patriotische) Gesellschaft daselbst 513. Nibelungen 859 f. 918. Nominalstellen s. Fachstellen. Nouvelle Bibliotheque Germanique 240. • Societe Litteraire, ihre Vei-einigung mit der Societät 240 f. 262 — 289. Numismatische Commission 1028 f. Nuntiaturberichte 1022 f. Observatorium, das alte (bis 1835) 43. 46 ff. 57 ff. 62 f. 66 ff. 74 ff. 79 f. 85 ff. 117. 122. 131 f. 142. 145. 147. 152. 157. i89ff. 255. 287. 291 f. 331. 358. 485fr. 500. 532. 558. 572. 583. 586. 599. 603. 704. 719 f. 755. , das neue, s. Sternwarte. Oekononiische Commission (1765) 363 f. 466 f. 486 — 491. 512. 518 f. 528. 530. 583. 646. Olympia 1007 f. Orden pour le merite 895. 922. Orientalische Philologie 709. 751. 7751". 895. 918 f. 950. 951 ff. 960. 988. Orthographie looi. Pädagogische didaktische Aufgabe der Akademie (151). 254. 372 f. 422 ff. 492. 524 f. 528 f. Paläontologie s. Mineralogie. Pasigraphie s. Universalschrift. Patristik s. Kirchenschriftsteller. P e r ga m o n - Ausgrabungen i o 1 6. Philologie, Philologische Klasse der Akademie 273. 275. 279. 282. 284. 288. 311. 612 ff. 623 — 630. 642 f. 665. 667 — 680. 681 ff. 718 f. 750. 851 — 866. 954. 955. 960. 987 f. Philologische Gesellschaft 604. 643. Philosophie und philosophische Klasse bis 1829: 99. 232 f. 238 ff. 248. 250. 267. 273. Begründung der philosophischen Klasse 275. 286. 309 ff. 323. 326. 383 ff. 390 f. 397. 401 ff. 422 — 431. 435. 436 ff- 445 ff- 451-457- 501 f- 529 f- 533- 540 ff. (Nicht-Aufnahme Fichte's). 572. 591. 609 ff. 616 — 620. 626 f. 663 f. 685 — 711 (Vorschläge, die philoso- phische Klasse aufzuheben). 719. 726 ff. (Hegel). 730. 734 f- 735 — 745- 942 (Aufhebung der philosophischen Klasse). seit 1829: 753 tF. 759—763. 769. 847 ff. 919 ff- 927 ff- 944- 95^ f- 988. Friedkich's des Grossen 423 ff. Philosophische (Privat-)Gesellschaft 392. 522. Philosophisch-historische Klasse, entstanden im Jahre 1829: 735—745; Spannungen mit der physikalisch -mathematischen Klasse: 752 — 766. Physik und physikalische Klasse bis 1829: 280. 311. 401. 431 ff- 442- 552 f- 559. 572. 583. 613 f. 630 f. 635 f. 701. 704 ff. 7 10 f. 718 f. 984 f. seit 1829: 752. 784. 803 — 812. Physikalische Gesellschaft 812. Physikalisch-mathematische Klasse, entstanden im Jahre 1829: 735 — 745^ Spannungen mit der philosophisch -historischen Klasse 752 — 766. Physiologie 784. 805. 830-835. 953 f. 1064 I- Sachregister. Pietismus 1 1 o ft'. 141. Plankton- Expedition 1040 1'. Plato 661. 668. 675 f. 853. 855. 883. Potsdam, Observatorien 1024 f. Präsident der Akademie 74. 78. 88. 97. 100 f. 1171". 1651!'. 197 ff. 205 ff. 2091". 217. 220-225. 242. 248 f. 253. 255. 257. 268. 272. 276. 2871: 291. 294-304. 317 ff. 338 t". 344. 347 f. 349-352. 355 ff- 359 ff- 372. 389- 390 f. 466. 469. 521. 527 ff. 530. 536. 573 ff. 582. 591 f. 604 f. 690. 691. 694. 697. 701. 731. Preisaut'gaben s. Preise. , von einem Nicht- Akademiker durch die Akademie gestellt 389. 613. Preise, akademisclie , 171. 180. 287. 303. 352. 362. 389 f. 394. 396 — 422. 456. 593. 604. 606. 608 11". 612. 615. 690. 699. 702. 792 f. 800. 898. roo6. Preussische Staatsschriften s. Friedrich der Grosse. Princip der kleinsten Action 185. 322 ff. Privilegien s. Monopole. Prosopographle der römischen Kaiserzeit 1029!". Protector 96. 189. 219!'. 223. 241. 242. 268. 270. 278. 288. 799. 1044. Quadratur des Zirkels 165. 396. 1013 f. "Quellen und Forschungen aus italienischen Bibliotheken und Archiven- 1023. Rang der Akademiker 687. Reaction, politische, nach den Freiheitskriegen und später 664. 682 f. 712—715. 817. 893 f. 896. 942 ff. 945. 958 if. Rechtsgeschichte 876 ff. 918. 950. 987. Rechtssprache, ältere deutsche, Wörterbuch 1036. Rechtswissenschaft, ausgeschlossen aus der Arbeit der Akademie 279. 282.286. 876. R e c h t s w ö r t e r v e r z e i c li n i s s 1 036. Reformation 6 f. 16. 666. 889. Reisen, wissenschaftliche, 534 und passim (A. vox Humboldt). 716 ff. 828 (Ehreneerg). 718. 826 f. (Lichtenstein). 725 (G. A. Erman). 826 (Chamisso). 829 und passim (A. von Hum- boldt's und Ehrenbero's nach Sibirien). 895 (Lepsius, Agassiz, Rosen, Petermann, Peters). 951 (Lepsius). 1038 ff". (Expeditionen der Humboldt- Stiftung). Religi onsedict, WöLLNER'sches. 503. 515. 523. Renaissance 5 ft'. 16. 21 f. 424. Rendant der Societät 225 f. 241. 265. 274 f. 278. 363 f. 479. Reorganisation der Societät, Umwandelung in die Akademie 247—316. Repcrtorium Gernianicum 1023. Revolution, französische: Haltung der Akademie 513 — 517. 521. 524. 848. von 1848: Haltung der Akademie 945 ff". Ritterakademie, fridericianische , 364. 367 f. 371. 378. 385. 391. 395. 492. Rom s. Archäologisches Institut und Historisches Listitut. Romanische Sprachen 517. 643. 846. 857. 860. 863. Romantik, Romantiker 541. 610. 616. 622f. 674. 695^ 727^ 732. 787 ff. 854. 877. 883ff. 916 f. 976. Royal Society s. Akademie, englische. Rübenzucker 381. 440 f. 633. Russland, Expedition dorthin 45. 52. 82. 181 f. 185 f., s. auch 257. Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften 1008. 1019. 1026. Sanssouci, Wasserkünste 365. Schriften der Akademie 97 f. 129. 138 f. 145. 148. 150 f. 157. 159 — 165. 168. 171. 173. 180. 184. 191 ft'. 203. 205. 207—211. 218 ff. 225. 235 — 238. 260. 267. 276. 286. 294 f. 297. 303. 322 ff 349 f. 362. 370 f. 373 ft'. 377. 388 f. 392. 398. 426 ft'. 448. 459. 481-485- 510 (Deutsche Sprache). 514 f. 518. 520 f. 532 f. 559. 574. 583. 604. 606 f. 619. 633 ft". 680 f. 687 f. 690 f. 693. 697 f. 700. 704. 713 f. 715 f. 719. 743. 770. 782 f. 789. 1005 f. Schweizerin der Akademie 327 f. 471. Secrerare der Akademie 77. 80. 105. 113 f. 168. 198 f. 225 f. 232. 276. 286. 289. 295. 447 ft- 455- 467. 486. 535. 539. 561. 562. 568 ft'. (Vorschlag, vier Secretare zu wählen). 582 f. 588 — 591. 6oif. 604 ft". 646. 663 f. 690. 697. 703. 719 f. 735 f. 737 f. 740. 743 f 747- 770. 782. 829. 896. 928. 935 ft". 954. 955. 962 f. 1002. 1043. I. Sachregister. 10()ö Seidenbau der Akademie 115. ißßfl". i39fl'. 145 tY. 157. 180. 186 ft". 193. 1981". 202 f. 204. 221. 291. 487. Siebenjäliriger Krieg 347. 349 ft'. 488. Siegel und Motto der Alvadeniie 98 ff. 104. 290. 1054. Sitzungen 121 f. 132. 142. 168. 170 t'. 176 f. 179 f. 202. 204. 235. 241. 265. 267. 275 (Aufhebung der Klassensitzungen, Einführung der Gesamnitsltzungen). 280. 287. 297. 303- 317 f- 339- 349- 358- 370- 374- 393 f- 398. 418.^ 485 f. 489 f. 498. 512. 533. 539. 552. 559 ff- 563. 578. 584. 590. 605 f. (Monatliche Klassensitzungen). 630. 652. 662 f. 681. 683 ff. (Controverse über Gesammt- und Klassensitzungen). 687 f. 690. 697. 699. 701. 707f. 7iof. 718. 736. 739. 742. 746f. 754. 767. 768. 781 f 894. 921. 922f. 928ff. 942 ff. 944 f. 945 (Foi'derung der Öffentlichkeit der Sitzungen) vergl. 948. 993. 1005 (Gleiche Zahl der Gesannnt- und Kiassensitzungen). Sitzungsberichte, akademische (770). 1005 f., s. auch Schriften. Societät der Wissenschaften, kurfürstliche und königliche, zu Berlin 71—288. für wissenschaftliche Kritik 734 f. , Vorgeschichte, s. Akademie, Berliner, Vorgeschichte. Societas creneutica 23. Societe anonyme (1720) 240. Sonnenf instern iss von 18 16: 706. SpAXHEiM-Conferenz 41 f. Spanien 321. Sprache, Ursprung der, 409 f. 413 ff- 461. Sprachwissenschaft 718. 732. 750. 784. 866 — 872. 916. 953. 956. 988. Staatskalender, nkademisclie, s. auch Kalender 291. 483. 521. 524. Statistik, statistisches Bureau, s. Nationalökonomie. Statuten und -Entwürfe 73 ff. 77 ff. 80 — 86. Stiftungsurkunde: 88. 92 f Genei'alinstruction : 95 f. Statutenentwurf von 1704: 138. Statut von 1710: 165 ff. 228. 231. 248. 259. 261. 263. Statuten der Nouvelle Societe Litteraire : 266 f. 271. Statuten -Entwürfe für die neue Akademie (1743/44) : 275 f. und 282 f. Statut von 1744: 285 ff. 295 ff. Statut von 1746: 299 ff. Reglement von 1795: 518 ff. 525 — 529. Entwürfe von 1799 ff.: 530 ff. 550. Entwürfe von 1807 ff.: 562 — 577 und 579 — 588. Neues Statut 1810 — 1812: 597—608. 659. Statutenrevision 1818 — 1820: 681— 711. ScHLEiEEMACHER'scher Statutenentwurf 1827 bis 1829: 738—749. Statut von 1838: 778—783 (1000). Statut von 1881: 1005 f Steine, Herstellung aus Sand 380 f. 399. Steiner, Ausgabe seiner Werke 1036. Sternkarten 720 ff. 774. 913. Sternwarte, alte, s. Observatorium , Sternwarte, neue (gebaut 1832 — 1835) . 720. 774.802. Steuern auf milde Stiftungen zu Gunsten der Akademie s. Monopole. Stiftungen s. im Namenregister und im Urkundenband. Strafgewalt der Akademie 606. 782. S u e z k a n a 1 31. Supplementum Aristotelicum 1033. Tacitus- Übersetzung 177. 205. 464. Täuschung des Volkes, ob gestattet 372. 387. 417 ff. Technologie, Aufgabe der Akademie 27 ff. 8iff. u. s. w. 145. 281. 504. 524 f 528 f. 576. 614 f. Tegel, Spuk in, 616. Telegraph 442. 776 f. Theatrum machinarum universitatis 229. Theodosianus Codex 1030. Theologie, s. Christlich -wissenschaftliche Aufgabe der Akademie: ausgeschlossen 279.282. 286. 368 (Abneigung Friedricu's II. gegen sie). 375 f. Versuch, äie in die Akademie aufzunehmen 943 f. Thesaurus Linguae Latinae. ioi8f. 1026. » Thierreich >• , das. zusamment'assendes W^erk E. Schulze's 1037 f. Umschwung im geistigen Leben der Akademie am Anfang des 19. Jahrhundert 620 — 630, nach den Freiheitskriegen 787—792. Union der Kirchen 20 f 45 f. 50. 53. 59 f. 62 ff. 104. 1271". 130. 212. 10(36 ^- Sachregister. Universalschrift und -spräche 26. 165. 236. 413 f- 438- 642. U n i V e r s a 1 u n i V e r s i t ä t des Grossen K ui-fürsten i f. Universität Berlin (s. auch Vorlesungen), Gründung derselben, Pläne, die Akademie mit ihr zu verbinden, Universität und Akademie u. s. w. 529. 531. 539. (541). 557. 562 bis 568. 570. 572. 5751". 579 ff. 582 f. 585. 586 ff. 591. 593-597- 598 f. 602 f. 607. 644. 657. 6591: 704 fr. 948 f. 990. 997- Universitäten 5. 19. 21 f. 945. 948 und sonst. Universitäts-Gebäude 586 f. Unterrichts-Miaisterium ( Unterrichts -Section) 524— 608 passim. 629. 664 f. 682 1'. 726. 768. 896. Uran i OS- Handschrift 958. * Venusdurchgang 802. 1008 f. Verdun-Preis 895. 922. Veteranen der Akademie 300. 303. 325. 606. Vicepräsident 144. 166. 168. 175. 224. 226 f. 242. 251. 279. 286. 291. 575. 582. 604. Voltaire's Büste, der Akademie vom König geschenkt 377. Vorlesungen, von Akademikern gehalten (Lehraufgabe), Recht der Akademiker, an den Universitäten zu lesen (102 f.) 254 f. 395. 541. 576. 596 f. 602. 606. 748. 782. 1007. A'on Fichte 541 ff. 576. 733, von A. W. Schlegel 541. 733, von Schleier- macher 565. 576. 624. 629, von Schmalz 576, von Niebuhr 625. 629, von A. von Hum- boldt 732 f., von Steffens 733, Andere 624. Wahlen s. Mitglieder. Forderung, dass die Akademiker von einer grösseren Wahlversamm- lung zu wählen seien 947 ff. Weierstrass, Ausgabe seiner Werke 1036 f. Westfalen, militär -wissenschaftliche Gesellschaft daselbst 513. Wien, Versuch, eine Akademie daselbst zu gründen 138. 159. 181 f. 197; s. auch Akademie Wiener. Wissenschaftliche Unternehmungen der Akademie, gemeinsame, Fonds für sie 601.603. 605. 658 f. 668 — 680. 684—711 (Forderung gemeinsamer Arbeiten der Akademie als ihr Hauptzweck). 746. 780. 782 f. 913. 961. 981 tf. looiff. 1006. 1041 fi'. Wörterbuch, deutsches, s. Deutsche Sprache. Wohnungen der Akademiker im Jahre 1786: 481. Xenien 453. 534. 538. Zeitung, Gründung einer solchen durch die Societät 229 f., s. auch 277 f. 280. 291. 485. Zeitungen, Stempelsteuer zu Gunsten der Akademie 582. Zoologie (s. auch Seidenbau) und Zootomie, vergleichende Anatomie 115 f. 204. 238. 442. 583. 634 f. 705 f. 716 ff. 749 f. 784. 826-835. 953. 959. f. 1037 f. Zoologischer Garten 827. Zwangs- Memoire s. Leseordnuns. IL Personenregister. Abbadie 107. Abbe 1053. Abbt 410. 426. Ab E KEN 844. Abel 800. 924 f. 960. Abich 972. Abicht 61 1. AccuM 969. Achard, A.. sen. 266. 284. 294. 337. 357. 447. 468. 472. , F., jun. 266. 284. 294. 337- 468. 472. F.Charles 38111:386 f. 392. 440 ff. 467. 470 f. 480 f. 512. 525. 377- 395- 530- 544 f. 555. 560. 607. 632 f. 645. 647 f. 650. 653. 966. Achelis 1033. Achexbach 175. 204. 243. AcHMED-Effendi 370. Ackermann 654. AcoLUTHUS 117. AcTON, Lord 789 f. 873 ff. 885 ff. 890. Ad AMI 399. Adelung 507. Adickes 1037. Adler 1008. Aepinus 326. 439. 468. Agassiz 895. 971. jun. 1053. Ahlwardt 1052. AlNE, DE 476. Albers 654. Albine, de St. 477. Albinus 57. 73 f. 116. 443. Albrecht 223. Alembert, de 303. 320. 322. 344. 346. 350. 352 f. 355 ff. 358 ff. 361 f. 364 ff. 367. 369 ff. 372. 374 ff. 377 f. 381. 386 ff. 389 ff. 396 f. 399. 403. 410. 413. 417 f. 420. 439. 449. 463. 466. 474. 955. Alexei, Sohn Peter's des Grossen 181. Algarotti 250. 2531'. 258. 318. 326.345. 432- 451- 472. Ali AG A, Don George Juan de 475. Altenstein, Minister 541. 564. 578. 678 bis 685. 702. 707 — 7x1. 712. 714. 725 f. 738 ff 743 ff. 756. 760. 768 f. 778. 780. 785 f. 796. 896. 962. 969. Althoff 1038. Altmann 476. Alvensleben, von 517. Amici 971. Amira, von 1036. Ampere 733. 970. Ancillon, Gh., Legationsrath und Ober- richter 42. 100. 110. 118. 154 f. 161. 169. 175 f. 184. 243. sen. 421. 499. 500 f. 507. 519 525. 546. 551. 560. 584. 602. 604. 616. 618 641. 647. 650. 653. 663. 665. 962 f. 966 jun. 445. 523. 535. 544 f. 550 555. 560. 564. 584. 591. 594. 598-608 629. 646. 649!'. 653. 662 f. 677 f. 711. 716 734 ff. 737. 740-743. 752 ff. 763. 847 tr. 962 f. 967. Andreae, Valentin 23. AnGICOURT, de 110. 164. 175. 208. 2X1. 226. 232. 243. A N G S T R Ö M l 05 I . Anhalt, Graf von 652. Anieres, de 385. 39X. 447. 470 f. 479 f. 512. 525. 530. 536. 646 f. 648. 651. Anna. Königin von England 195. Ans ALDI 346. Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig- Wolfenbüttel 17. x8if. 196. Anville, de 955. Arago 73X. 968. Archimedes 955. Arcy, de, Graf 334. 338. Argelander 72X. 97X. 1049. Argens, de 261. 263. 266 ff. 269. 284. 289. 294. 308. 3x8 ff. 321. 326. 330. 337. 345- 350 ff 353 ff 356 ff. 359- 378- 390. 392. 446 f. 456. 466 ff. 472. 489 t- Argenson, de Paulmy de 321 f. 474 f- Aristoteles 839. 927. Arn AU D, DE 32 X. 329. 468. 474. 1068 II. Personenregister. Arndt, E. M. 662. Arneth, von 972. Arnim, von (zur Zeit Friedrich'« II.) 270. 286. 298. 326. 465 f. 472. , Bettina 916. — , Romantiker 854. A R N I N G 1 040. Arnold, Gottfried iii. AscoLi 1052. AüBAiN , DE St. 478. AuBENTON, DE 476. Aufrecht 105 i. August der Starke 153. Au GUS TA, Kaiserin 991. Autenrieth 654. Auwers 722. 986. 1000. 1005. 1008 f. 1025. 1037. 1044- 1045- Avellino 654. Bacher 537. Bacon 25. 174. 313. 386. 839. Bär s. Beiir. Baer, von 970. 1049. Baeyer 1023 f. 1050. 1052. Bai lli 0 dz 480. Baillv 41 1 f. Baily 971. Balbis 654. Bandi de Vesme 1051. Bankrott 971. Banks 554 ff"- 653. Barbevrac 227. 244. 274. 473. Bare IE du Bocage 654. Barfeknecht 227. Barth 972. Barthez 478. Bartholmess, Gescliichtschreiber der Aka- demie 24. 99. 267. 286. 304. 436. 447. 448. 450- 453- 470- 956 t'. 972. Bary, de 1051. Basnage 117. 244. Bastide 5161". 519. 520. 525. 559 f. 593. 643. 648. 6501: Bastinelles (Bastinet) 271. 274. 2891". Batti 1052. Battie u 329. 468. Bau MELLE 379. Bau mg ARTEN 475. 619. Baur, f. Chr. 768. 883. Bayard, de 477. Bayle, Pierre ii. 14. 21. 108. 239. 297. 310. 367. 370. 423. Beaumont, de 478. jun. 970. Beausobre, Ch. L. de 468 f. 471. , L. de 468 f. 472. , ISAAC 37. 41. 44. 107 f. III. 237- 337- 345- 357- 363 *• 383- 445- 447- 467. 488 f. 491. Beauzee 390. Beccaria 369. Beckstein 654. Becker 420. 454. Becquerel 971. Beer s. Behr. Beetz 812. Beouelin 298. 327. 329. 337. 357. 360. 363. 377fF. 383. 388. 417. 420. 427. 445. 447. 468t'. 471. 48of. 488. 511. 525. 616. 645- 647. 651. jun. 661. Behr 73 f. 116. 175. 211. 232. 243. Behrens 164. Bei GEL 654. Beilstein 1052. Bekker 601. 658. 664 f. 667. 670. 672 f. 675ff. 706. 716. 724f. 751. 753. 763. 771 f. 776. 851. 853. 857 tr. 861. 863. 899. 910. 914!'. 964. 989. 1044. 1047. (Heidelberg) 1053. Bekmann 151. 329. 337. 457. 468 f. 472. Belitz 512. Bell 833. Beltrami T052. Belz 400. Bendavid 612. Be necke, Germanist 861. Beneden, van 912. 1052. Beneke 727. Benfey- 869. 1050. Benndorf 1052. Bentham 972. Bentley 227. 244. Bergemann 382. Berger 1027. Bergk 971. Beris 475. Bernard 1050. Bernays 1051. Bernegger 16. Bernhardy' 972. Bernoulli, Daniel 268. 297. 322. 327. 390. , Heinrich 244. , Jakob , Matliematiker in Basel 117. 244. . Johann, primus, Mathematiker in Groningen und Basel 117. 164. 208. 227. 244. , Johann, secundus 347. 454. , Johann, tertius 359 f. 386. 439. 469. 471. 480 f. 487 f. 491. 512. 525. 530. 544 ff. 555. 560. 569. 645. 647 f- 651 Bernstein 972. B erthie R 970. Berthollet 631. 635. 653. 968. Bert RAND, Elie 348. 476. , L- 477- II. Personenregister. 1009 Berzelius 631. 6381". 654. 733. 808. 812 f. 815. 968. 985. Bessel 653. 663. 719 f. 721. 723. 775. 786. 796. 801 f. 968. Bethmajjn 972. Hollweg 844. 899. 1050. Beug MAX 444. Beyer 243. Beyme 531. 536 fr. 539. 540. 542. 563 ff- 567 f. 576. 620. 733. Beyeich 914. 954- 966. 986. 1044. 1049. Bezold, von 811 f. 984. 986. 1025. 1046. BlANCHI 477. Bl ANCH INI 67. BlANCONI 475. Biddel AiRY 971. 1049 f. Biela, von 721. Bielfeld 217. 235. 241. 252. 263. 266. 268. 271. 273 ft'. 280. 284. 294. 472. Biester 392. 501. 507. 509. 522. 529 f. 53'- 534- 536. 546 ff. 551- 559^.568. 57i- 582. 5841". 587. 590 f. 600. 602. 615 f. 618 f. 641. 643. 646. 648. 653. 663. 665. 713- 933- 966. BiGNON, Abbe 17. 160. BiLFINGER, VON 475. BioT 796. 807. 968. 970. Bikan 612. BiRCH 972. Birkenstock, von 652. BiscHOFF 835. 898. 972. Bischoffs WERDER, von 503. BiTAUBE 360. 368. 378. 386. 427. 447. 469. 48of. 491. 506. 517. 525. 647. 651. 804. Blacas, Herzog 725. 864. Bläsing 90. Blaramberg, von 970. Blüh ME 996. Blume 479 f. 491. Blumenbach 184. 653. 968. Boaton 508. 510. 518. 520. 525. 648. 651. BoDE 370. 392. 394 t'. 440. 480 t'. 491. 499. 500. 510. 512. 525. 532. 551. 560. 564. 584. 590 f. 601. 602. 616. 632 f. 634. 646 f. 650. 653. 716. 719 f. 749. 963. 966. Bödme R 328. 348. 404. 407 f. 451 f. BöcKH 454. 624. 657 ff. 662. 664 f. 66711'. 670 ff. 675. 677. 683 — 687. 689. 693. 697 f. 701. 702 f. 708. 716. 724. 733 f. 744. 751. 753- 763 ff- 766 t'. 769 f. 772. 774. 776. 778 ff. 783. 786. 788. 793. 836-841. 844- 846. 849- 851. 853-857. 863. 870. 873. 881. 885 ff. 893. 8951'. 898 f. 905. 909 f. 912. 914 t'. 92x1'. 924. 928. 932. 934 f. 937 f. 942 ff. 946 t". 954. 956. 958. 961. 963. 964. 968. 982. 989. 991. 1044. I047- , Richard 836. 927. Böckin g 972. Böhme, Jakoe 437. Böhmer in Frankfurt 923. 971. 1049. in Halle 476. ßoERHAVE 184. 237. 292. 373. 443. Böthlingk 972. 1050. BOETIUS 40. Böttiger 654. Bohnen BERG ER 970. B 0 l L E A U 40. BOINEBURG, von 22. 27. BoiSSEREE 734. i BOLTZMANN IO5O. Bon APARTE, Prinz von Car.ino 969. BoNCOMPAGNi, Fürst 1050. Bonitz 675. 899 f. 927. 987. 989. 1005. 1032. 1045. I047- 1048. Bon NET 652. Bon FLA ND 731. 825. Bonwetsch 1033. Bopp 666. 680. 718. 725. 734. 749. 751. 753- 763- 790. 851. 854. 866-872. 914 f. 916. 956. 964. 988. 989. 1021. 1045. 1047. Borchardt 914. 959. 966. 985. 1044. 1048. BoRCK. Fräulein von 294. Borcke, Kaspar Wilhelm von 264 ff. 271. 285. 298 f. 465. 472 f. , Graf VON 480. , VON 266. 472 f. Borghesi 773. 902. 906 f. 910 f. 971. Borgstede,von 529 f. 536. 544 f. 546. 550 ff. 555. 560. 604. 607. 620. 645. 648. 650. 653. Bormann 1028. BoKN, von 652. BORRELLY 378. 380. 447. 470f. 48of. 49 1 . 516. 525. 647. BOUFFLERS, DE 52O. 525. 536. 648. 65O. BOUMANN 487. BOURDELIN 474. BOURGELAT 478. BouEiGNON, Annette de 40. boussingault 972. Bouterweck 654. BOUVARD 721. BowDiTscn 971. BOYSEN 613. Bradley 474. Brandes 349. 469. 472. 477. Brandis 675. 677. 724. 735. 899 f. 921. 968. 970. 1032. 1049. Brandt 971. Braun, A. 818 f. 914. 953-965- 986. 1044- 1048. (Rom) 971- Bredow, von 472 f. 476. Brefeld 1053. Breitinger 328. 404. 451- Bremiker 776. Brentano 854. 1070 II. Personenregister. Brera 654. Brewster 968. 970. Brioschi 1052. Broch 1051. Br OCH HAUSEN l 42 i\ Brockhaus 1051. Bröndsted 969. B RON G XI ART, Ad. 97 I. , Alex. 970. Bronn 972. Bros SET 105 1. Brown 654. 968. Brücke 812. 835. 972. Brucker 238. Brugmans 654. Brugnatelli 654. Brugsch 836. 1051. Brühl, Graf 784. Bruhns 843. Brunacci 654. Brunn, von 1050. 1051. Brunner 874. 882 f. 950. 989. 995. 1030. 1036. 1046. Bruns 881. 987. 989. 1046. 1048. , Ivo 1032. Buch, von 552 f. 560. 578. 584. 601. 602. 631. 640. 641. 649 f. 653. 658. 680. 684 f. 690 t'. 697-701. 716. 726. 731. 733. 751 ff. 764. 769. 788. 818-823. 841. 845. 914 f. 933- 953- 963- 968. 985. Buchholtz, Prediger 401. Buch HOLZ, Naturforscher 1039. , Schriftsteller 530 f. Erfurt 654. BuDDEUs 226 f. 232. 235. 237 f. 242 f. 273. 278. 282 ff. 289 f. 294. 337. 467. 471. BÜCHELER 1052. Bi5HLEK IO5I. Bürg 654. Büsching 323 f. 329 f. 450. 500 t. bütschli 1053. Büttner-Wobst 772. BUFFON 474. BuNSEN, Chemiker 972. 1049. , VON 725. 770. 773. 899. 914. 919. 951. 968 f. BURNOUF 971. Burgsdorff, von 508. 510. 525. 536. 637. 648. 651. Burja 519. 525. 551. 560. 568. 584. 601. 602. 634. 636. 648. 650. 653. 665. 963. 966. Burmeistee 105 1. B U R N E T DE KeMNEY I 3 I . Buschmann 768. 914. 953. 956. 965. 989. 1045. 1048- Busse 1032. Buttmann 552 f. 555 f. 559 f. 564. 578. 585. 590. 601. 602. 604. 624. 641 ff. 646. 649 f. 653. 661. 665. 667 ff. 670. 674. 677. 683 ff. 690. 697f. 703 f. 713 f. 716. 735. 738. 740. 749 f. 849. 851 ff. 863. 962 f. 966. 967. 980. Buys-Ballot 1052. Byles Cowell 1052. Bywater 1032. 1052. Cagnat 1028. Cagnoni, von 337. 466. 473. Cahours 1051. Cahusac, de 476. Caille, de LA, Abbe 477. Caldani 478. 654. Campe 613. Camper, Peter 444. 652. C AN ALE 1050. Candolle, de 970. 1051. Canina 972. Cannizzaro 1052. Capocci 721. C AR ATI 474. Carita 227. 237. 273. 283. 294. 337. 467. 471. Carl, Herzog von Braunschweig 319 f. Carl II., König von England 24. III., König von Spanien 138. VI., Römischer Kaiser 181. 213. , Prinz von Preussen 712. • August von Weimar 946. 502. 659. Friedrich von Baden 496. 502. 678. Carl INI 970. Caklyle 342. 430. Caemer, von 652. Caroc 721. Caroline von Ansbach, Prinzessin von Wales 140. 213. C aetesi u s (Descartes) 7. 25. 47. 64. 109. 239- 311- 367- 369- 612. Cartheuser 477. Carus 970. , Victor 844. Casati d' Acei 478. Casoeati 1052. Cassini sen. 322. 474. jun. 474. Castagne 479. Castillon sen. 327. 359 ff- 363- 367- 375- 445. 447. 467. 469. 471. 477. 480 f. 489. 491. 512. 519. 525. 583. 645. 647. 651. jun. 361. 420. 481. 500. 525. 533. 544 ff; 549 ff. 555. 559 f. 562. 571. 583f. 588f. 591.600. 602. 616. 641. 645f. 647. 650. 653. 663. 665. 963. 966. Cat, Le 400. 477. Catt, de 315. 318 f. 327. 339. 346. 349. 357 ff. 361. 363. 365. 371. 388. 417. 419. 447- 469. 47'- 480 f. 488. 491. 525. 647. 651. II. Personenregister. 1071 Cattaxeo 970. Cauchy 796. 968. Cavedom 971. Cavexdish 554. Cayley 1051. Celsius 227. 244. 473. C E R I A N I 1051. Ch ABERT, DE 476. Chamberlaike 117. 244. Chameray, de 970. Chambriek, de 401. 513. 642. 652 f. Chamisso 752. 784. 826. 836. 965. 967. Chappe 442. CnARLOTTEN-Stiftung I02I, s. Stiefel. Chasles 800. 972. 1049. Chateaubriand 848. Chätelet, Marquise von 333. Chauvin 41. 44. 73!'. 109!'. 150. 164. 175. 185. 237. 243. Chazot 318. Chevreül 971. Chladni 969. Chlumecky 972. Chmel 972. Chris TOFFEL 1051. Cicero 294. 423. Clairaut 244. 474. Clarac, Graf 970. Clarke 969. Claudius 414. 430. Claus 1051. Clause WITZ 777. Clausius 105 1. Claussen 721. 776. Clebsch 105 1. Clement 113. Cloiseaux, des 1053. CoccEJi 225. 233. CocHius 361. 378. 412 f. 445. 470. 472. 491. Coeper 225 f. 243. COGOLLIN, de 477. COHN 1052. Colas, de 184!'. 194. 203. COLBE, VON, S. KoLBE. COLBERT 25. 998. COLLINSON 476. COLUMBUS 839. COMENIUS, AmOS 10. 16. 23 f. 112. CONDAJIINE 303. 305. 322. 474. CONDE 970. CONDILLAC 415. 475. CONDOLLE 327. CONDORCET 385. 390 f. 396. 399. 430,466. 504. 517. 652. CONFIGLI ACCHI 97O. CONRING 22. CONSTANT 848. CONZE 989. 1028. 1046. Cook 839. COOPER 971. CORDA 775. Cornelius, von 1053. Co RSSE N 898. COSSA 1053. Costa de Macedo (da) 971. Cothenius 349. 473. 475. 480 f. 491. 510. 615 (Stiftung). Cousin 754. 760 — 763. 956. 968. Cramer 474. Cranach 1012. Crawford, Earl of 1050. Crell, von 478. Crelle 749 f. 753. 775. 794 f. 800. 914. 933- 964- 968. Cremona 1052. Creuz, von 192. 219. 223. 224. 232 f. 242. 476. Creuzer 666. 852. 854. 865. 968. 980. Crom WELL 191. CuHN 508. 525. 560. 648. 651. CuNEAU (Chuno) 39. 41. 44 tr. 48 f. 67. 73 f. 86 f. 91. 97. loi. 104. 106. HO. 112. 117 f. 124 f. 133. 136. 146. 148. 150 f. 156 If. 164. 166 f. 170. 172. 175. 184. 193. 197. 202 f. 205. 209 f. 211. 242 f. Cunningham 105 1. Curtius, E. 898. 914. 954 f. 958. 966. 968. 969. 983. 987. 989 f. 998. 1000. 1002. 1005. 1007 f. 1031. 1044. 1045. I049- , G. 1051. CuviER 115. 555 f. 653. 968. Dachröden, Baron 420. Da HL 1041. Dahlmanx 878. 971. D ALB ERG 652 f. Dalton 970. Dames 985 f. 1047. 1049- Dana 972. Danckelmann, Daniel Ludolf von 41. 44. 48. 151. 220. , VON, Staatsminister und Oberpräsident 40 &. 43 ft". 46. 48 tf. 5 1 f. 188. 191. 473. Daniell 971. Darboux 1053. Darget 304. 318. 342. 344 f. 355. 472. Daru 577 f. 653. Darwin 630. 1009. 1013. 1049. 1051. Daub 854. Davila 478. Davoud-Oghlou 969. Davy 631. 653. 803. 968. Dechen, von 822 f. 971. Dedekind 633. jun. 1052. Degenerando 6i2. 654. 1072 II. Personen registei-. Delbrück 654. Del FcniA 970. Delille 378. 388. Delisle 1051. Delonnes 653. Denifle 1052. Denina 389. 392 1". 447. 463. 470 f- 480 f. 499- 525- 545- 643- 647 t- 650. 966. Deparcieux 474. De RH AM 460. Dessau 1028 f. Diderot 5. 13. 320. 355 f. 423. 425. 448. 476. 955- DiEFENBACH IO5O. DiELS 676. 989. 1026. 1028. 1030!'. 1032 f. 1037. 1044. 1046. DiETERICI 459. 844. 891. 914 1' 922. 927. 961. 965. 968. DiEZ, VON 969. 666. 971. [006 (Stiftung). 1021. 1049. DlLLMANX 951. 988 f. 1046. 1048. 1049. DiLTHEY 989. 1037. 1046. DiNDORF, W. 958. 972. DlPPE L 116. DiRICHLET 752. 765^777. 795 — 799. 882. 914. 924 ff. 960. 964. 967. 968. 984. 1036. DiRKSEN, E. H. 719. 721. 742. 744. 749. 753- 794 f. 914- 934- 964- 967- , H. E. 904. 909 ff. 912. 914!'. 918. 965. 989. 1045. 1047. DlTTEX BERGE K IO3I. IO52. DOBROWSKI 654. DOBRZENSKI 48. 63. DOD WE LL 969. DÖBEREINER 805. 97I. DÖLLIN GER 877 ff. DÖNNIGES 776. DOHM 522. DoiiNA, Graf, 60. 91. 191. 283. 403. 472. , Minister 578 ff. DoLÄus 229. DOMASCHNEW 365. 478. DOMASZEWSKI, VON IO28. D 0 N D E R S 1 05 I . Dorn 105 i. DovE 752. 784. 803. 808. 810 ff. 844. 895. 914. 938. 941 f. 965. 986. 990. 1044. 1048. . Geograph 1041. , Historiker 836 f. Dressel 1028. Drever 615. Dreyhaupt, von 476. Drost 223. Droysen 986. 989. 995 f 1035. 1045. 1048. DuBois 388. DU Bois-Reymond 7 f. 14. 107. 175. 254. 260. 332. 334. 337. 433. 442. 803 f. 8X2. 826. 830. 832 ff 835. 844. 848. 914 f. 953 ff 965. 967. 968. 984. 986. 991. 993. 997 tf. 1000. 1005. 1009. 1013. 1040. 1044. 1049. Duchesne 1052. DUCLOS 476. DÜMMLER 989. 996. 1036. 1046. 1049. 1052. Dürer 1012. dufrency 971. DUGES 971. Duhamel 972. Du HAN DE Jandun 237. 252. 266. 472. I DUHRAM 168. 227. 271. 274. 289 f. Du long 970. Dumas 971. 1050. DuNCKER, Max 986. 988 f. 995. 1035. 1045. 1048. D u p u I s 390 f. D U R A D E 400. DUREAU DE LA MvLLE 972. duvernoy 972. Ebel 1051. Ebeling 654. Eberhard 415. 501. 504. 652. Eucard, J. G. 189. Eckhart (dt) 12. 18. 136. Ecluse Des-Loges, de Le 475. Edwards 972. Egger 105 i. Ehlers 1053. Ehrenberg 716 ff. 749. 751 ff. S26. 828 ff. 839. 842. 844. 896. 914 f 949. 958. 962. 964. 968. 970. 986. 990 f. 1044. 1048. Eichen DO R FF 875. Eichhol TZ 481. 491. Eichhorn, Germanist 666. 678. 688. 752. 765. 876. 879. 881 ff. 886. 895 f 914 f. 964. 967. 968. , Minister 894. 896. 931 f. 936 f. 939 t' Eichler 985 f. 1046. 1048. Eisenstein 836. 914. 953 ff. 966 f. Elgin, Lord 672. Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans 68. 213. Eller 226. 237. 242 f. 266. 268. 271. 283. 290. 294. 327. 337. 352 f. 466 f. 471. 614 (Stiftung). Elsner 227. 243. 273. 278. 284 f 289. 294. 297- 330- 466. 468. 471. Encke 440. 680. 715. 719 f. 721. 738. 744. 749- 753- 757 ff- 764- 774- 777-78o. 783. 793 f. 801 f. 839. 844. 896. 898. 914 f. 932 ff. 936. 944 f. 446. 949. 962. 964. 966 IT. 970. 986. 991. 1044. 1047. Ende 479. Engel 392. 300 f. 504. 510. 515 f. 522. 524. 525- 531- 536. 541- 610. 617 f. 620. 641. 647. 651. II. Personenregister, 1073 Engelmann 986. 1047. 1049. Engler 986. 1047. Engstköm 382. Ekasmus 548. 949. EkDM A NNSDÖKFFE K IO53. Erman, Joh. Peter 4- 34- 4io. 499- 500 f- 502. 507. 519. 525- 551- 553- 555- 559 f- 567. 584. 587. 590. 602. 616. 641. 642. 647. 650. 653. 665. 803. 963. 966. — , der Physiker 552 f. 560. 564. 578. 585. 590. 602. 604. 631. 634. 646. 649 f. 653. 658. 677. 684. 697. 710 t'. 716. 726. 735 f- 744- 751- 753- 764- 778- 784- 803 bis 806. 808. 896. 914 f- 962 f. 967- , G. A. 725. -, Aegyptolog 989. 1026. 1047. Ernst August, Kurfürst von Hannover 33- 51- 53- ESCHRICHT 971. ESCHSCHOLTZ 97O. Eugen, Prinz von Savoyen 182. Euklid 438. Euler, Leonhard 8f. 238. 254. 257. 259ff. 262 f. 265 ff. 268 ff. 283. 288 f. 292 ff. 297 319. 321. 325. 327. 330. 333 f. 336 ff. 344 346. 349 ff 352. 355 ff 358. 360 f. 363 ff 366 f. 390. 396 ff. 402 f. 410. 426. 431 ff. 434 f. 437- 439- 443- 448.451- 454 f- 461 466 f. 469. 477. 485. 488. 5051; 566.635 697. 924. jun. 345. 350. 357. 439- 468. 488. , Historiker 996. EUSTKATIADIS I05I. Evesque, Le 335. 390 f. Ewald 844. 914. 954. 966. 986. 1044. 1049. ExpiLLY, DE, Abbe 478. Eytelwein 535. 551. 560. 564. 571. 578. 584. 601. 602. 635. 649 f. 653. 716. 719. 753- 794 f- 914 f- 934- 963- 967- Fabek 290. 294. Fabricius (Hamburg) 41. 104. 144. 182. 211. 244. Falk, Minister 1000. Fakaday 968. 970. Fassmann 223. 234. 242. 345. Fea 725. Fechner 630. 971. Fein 40 i . Ferber 382 f. 500 f. 512. 525. 633 f. 640. 647. 651. Ferguson 652 f. Fermat 435. Feuerbach, L. 12. 14. 920. Fichte 536. 540-552. 556. 561. 563 ff. 568. 576. 593 f- 604. 615. 620 f. 626. 628 f. 664. 682. 708. 727. 733. 887. FicK 1053. Ficker 1052. Geschichte der Akademie. I. Finckenstein, Graf von 266. 271. 472 f. 480. FiNSCH 1040. FlORELLI 1051. Fischer, Chemiker 986. 1047. . Knno 1052. (Moskau) 970. (Petersburg) 970. , Physiker 503. 535. 551. 560. 564. 578. 584. 601. 602. 635 f. 639. 649. 653. 662. 684. 697. 711. 716. 719. 752 f. 766. 963. 966. 967. Fittig 1053. Fizeau 1051. Flamsted 164. Flauti 970. Fleischer 972. 1049. Flemming, von 137. 139. (Kiel) 1052. Fleury 353. Flormann 654. Flottwell 844. Flourens 834. Förster 233. Folkes 474. FONTAINES, des 654. Fontenelle 25. 161. 213. 253 f. 297. 310. 316. 372. 448. 475. FOREES IO5I. Fokmey 25. 102. 109. 138. 173 f. 197. 218 f. 225. 240 f. 250 f. 258. 263. 266 f. 283 f. 290 f. 294 f. 297. 299. 305. 307 ff. 310. 312 f. 318. 321 f. 324. 326 f. 330. 332 f. 337- 343- 347 ff- 35'^- 357- 360. 363 f. 368. 374 f. 377- 380. 383 ff. 386 f. 391. 393- 398. 402 ff. 405. 410. 414 f. 417. 421. 427. 445. 447 ff- 450 f- 454 f- 459 ff- 463- 467 f. 471 f. 480 ff. 483. 486. 491. 499. 501. 505. 515 f. 519- 521- 525- 533- 616. 645 ff. 651. Forster, die beiden 498. 504. 516 f. 652. 776. FOUCART 1052. FOUCAULT 1051. FOUQUE 252. 318. Fourier, de 7961". 970. foukmont 672. Fox 1016. Frähn, von 971. Frank EL 1031. Francheville s. Fresne. Fr AN CK, Peter 554. Fkancke- Sonderburg 612. , H.A. 82. III. 117. 244. Francceur 796. Franke -Husum 612. Frankland 1051. Franz I. 462. 6S 1074 II. Personenregister. Franz, Heilenist 770. 898. Frauenhofer 720. 722. Freiesleben 842. 970. Frensdorff 883. 1036. Frenzel (Frentzel) 578. 601. 647. Fresenius 1052. Fresne de Frakcheville, J. du 263. 266 f. 283. 294. 326. 337. 339- 357- 377- 388. 427. 447. 466 f. 472. 491. Freytag (Bonn) 970. Friedensburg 1023. Friederike Sophie Wilhelmine, Prinzessin von Preussen 153. Friedländer, Archäolog 983. 989. 1045. 1048. 1050. , D. 629. Friedrich III., Kurfürst von Brandenburg (= Friedrich I., König von Preussen) 3 f. 19 f. 36. 38. 41. 69. 71. 78 f. 88 f. 92 f. 104. 113. 116. 118. 121. 127. 131. I34f- 137 fF. 141. 145. 147 f. 151. 160. 166. 168 f. 172. 178. 183. 188. 192. 199. 242. 268. 276. 507. Friedrich IL, der Grosse 5. 8. 12. 17. 36. 38. 41. 88. 92. 95. 108 f. 140. 178. 213. 215. 218. 222. 22511'. 233 f. 236. 239 ft". 245. 247 ff. 251 ff. 254-393 f. 398. 400 f. 410. 416 ff. 419 ff. 422 f. 425 ff. 429 ff. 432. 440. 442. 447. 449. 453. 455 ff. 462 ff. 465 ff. 4690'. 472 ff. 478 ff. 481 f. 484. 486 ff. 489. 491 f. 495 f. 500 f. 505. 510. 513 f. 516. 524. 538 f. 541. 552. 561 f. 583. 598. 605. 609. 613. 645. 710. 776. 785. 803 f. 890. 893 f. 8951". 929 ff. 933. 942 ff. 946 f. 957. 1034 ff. 1041. Friedrich III., Deutscher Kaiser 991. I o 1 7 f. Friedrich August, Prinz von Braunschweig 473. 480. Friedrich Heinrich Carl, Prinz 398. Friedrich Wilhelm, der Grosse Kurfürst 3f- 39- 43- Friedrich Wilhelm I. 20. 41. 50. 71. 78. 113. 127. 141. 175 f 183. 189. 191 ff. 194. 198 ff. 201. 203 ff. 206. 212. 215 — 241. 248. 263 f. 286. 392. 486. 583. 715. Friedrich Wilhelm II. 323. 384 f. 394. 431. 4891; 495-522. 529. 535. 538. 614. Friedrich Wilhelm LH. 523 — 786. 714!". 785 f. 890. Friedrich Wilhelm IV. 725. 768 f. 776 f. 843. 848. 892. 893 ff. 1007 f. 1035. Fries (Heidelberg) 654. (Upsala) 972. Frisch, J. L. 20. 68. 106. 114 ff. 118. 145 ff. 151 ff. 154. 156. 158. 164. 171. 175. 177 f. 184 ff. 187 f. 193. 200. 203 ff. 207. 211. 226 f 237 f. 242 f 250. 260. 269. 442. 460. Frisi 399. 477- F R I T S C H 1 040 f. Frobenius 434. 793. 985. 1037. 1047. 1049. Froriep 563. Fuchs, von 59 ff. 62 ff. 93. 100. 118. 128. 134- (Mathematiker) 985. 1046. 1052. (München) 970. Fürst, von 373. FüLMAiER, Frau von 328 f. Fu RIA , DEL 970. Fuss 652 f. 968. Gabelentz, von der 9881". 1046. 1049. , ,sen. (Altenburg) 1 051. Gabler 769. Gacetot, de 151. Gaetano d' Ancona 652 f. Gaikie 1052. Galiani 1009. Galilei 7. Gall 634. Gallitzin, Fürst 652. Galvani 441. Gama, DI, Vasco 78. Gans 734 f 777- Garve 25. 412 f. 444. 456. 470. 504. 617. 619 f. 652. Gassendi 425. 636. Gaub 443. Gaudichaud 970. Gauss 433. 536. 554. 592 f. 653. 719. 733. 786. 795 f 802. 810. 924. 955. 968. Gay Lussac 631.638. 654. 731.808. 968. Gazis, Anthimos 969. Gebhard, Prediger 394. 613. Gerhardt, von 1033. Gedike 508. 510. 525. 536.613. 642. 648. 651. Geel 971. Gegenbauer 1052. Geiger 235. Geijer 971. Geiser 801. Gell 969. Gellert 351. 354. 412. 478. Genettes, des 654. Gennert 399. Gentz 662. Georg Ludwig, Kurfürst von Hannover und König von England 33. 61. 68. 141. 144. 178. 195. George 552. Georgi 652. Gergonne 800. 970. Gerhard, CA. 369. 380 f. 392- 395- 442- 454. 469. 471. 480 f. 491. 510. 525. 545. 551- 555- 560. 571- 57^ f. 583 f- 601.602. 632. 634. 640. 645 f. 647 f 650. 653. 662. i 749- 963- 966. II. Personenregister. 1075 Gerhard, Eduard 725. 752. 774 ff. 784. 851. 863 — 866. 902. 906 f. 909 ff. 912 f. 914. 938. 965. 970. 989. 995. 1021. 1045. I047- Gerhardt, Herau.sgeber von LEiBNizens Werken 923. 1050. Gericke 33. 227. 244. Gerling 721. Gervinus 971. Gesenius 970. Gesner (Gessner) 244. 474. 476. 508. Gibbon 353. Gl BBS 1052. Gide, Casimir 786. GiERKE 1036. Giesebrecht 972. 996. GlESELER 886. GiLASON 972. Gilbert 654. 804. GiLL 1052. Giordano Bruno 956. GlOVANI, DE 652. G1OVENAZZI 901. GiuLiARi, Graf 105 1. GlVENI 652. Gleditsch 266. 283. 294. 298. 337. 353. 357- 371- 377- 392. 395- 399- 442- 467- 471. 479 ff. 491. 501. 525. 636 f. 647.651. Gleim 329. 349. 447. Gmelin (Heidelberg) 830. 970. (Tübingen) 970. Gneisenau 712. GoDiN 476. GÖBEL 721. Göppert 971. GÖRRES 854. Göschen 673. 879. 970. Goethe 13. 15. 21. 23. 214. 356. 383. 430. 452. 454. 462 f. 495 ff. 502. 504. 508 f. 520. 535. 536. 537 f- 541- 554 ff- 560. 561 f. 565 f. 579. 588. 607. 620. 622 f. 625 f. 627. 630 f. 641. 643. 653. 666. 677. 679. 698. 727 f. 729. 733 f. 750 f. 766. 770. 787. 806. 817. 836. 838. 853. 875. 877. 918. 968. Göttling 971. GOHL 175. 243. Goldbach 363. GoLDBECK, VON 523. Goltz, von der 266. 271. 472. , , Minister 579. 581. GoMPERZ 1052. GoNZAGA, Fürst 652. Go SSLER, VON, Staatsminister 1025. Gothofredus 117. 244. Götter, Graf von 266. 285 f. 465 f. 472. Gottsched 227. 239. 240. 244. 323. 354. 404. 452. 473. Gould 1052. GoYox, de 516. 520. 525. 536. 642. 648. 650. Graben zum Stein 224 f 227. 233. 235. 242. 274. 279. 353. Graff 725. 752. 765. 775. 861. 895. 914 f. 964. 967. 970. Graham 971. 's Gravesande 254. 256. Gravius, J. G. 480. 483. 487. Grau 103. 125. Gray 972. Gren 652. Gresset 256. 316. 475. Grimm, Jak. 98. 116. 414. 660. 754 f 758. 760 ff. 788. 793. 859 f. 861. 870. 872.877. 896. 910. 914 f. 916 ff. 946. 948 f. 955. 965. 967. 968. 970. 988 f. 1043. 1045. 1047. , WiLH. 98. 677. 914 f 916 ff. 934. 938. 961. 965. 968. 970. , Brüder 666. 679. 777. 894!'. 916 ff. -, VON 390. 412. 463. Grischau (Grischow) sen. 227. 243. 273. 278. 282 f. 292.294.325.347.439.468. 471. , A. N. (Grischow) jun. 326. 329 f. 439. 468. Grisebach 844. 1051. Grollmann 712. Gronau 725. Gros de Boze 476. Grossmann 614. Gbotefend 972. 996. 1050. Grotiüs, Hugo 64. Grünberg 79. 117. 243. Grumkow (Grumbkow) (kau) 191. 203. Gruson (Grüson) 454. 533. 536. 551. 560. 602. 634. 648. 653. 716. 719. 753. 793. 914. 963. 968. Gualtieri 470. GuASCOjDE 475. Gümbel, von 1053. Günther 164. GUEKARD 971. GUERRA Y OrbE IO5O. Güssfeld T 1040. guheauer 41. Guilielmini 164. GuizoT 968. GuNDELSHEiM (er) 138. l83f. I93f. I98f. 201. 204 ff. 212. 228 f. 231. GUNDLING, H. 232. 243. 274. , Jakob Paul 179. 219. 220 ff. 225. 231 f. 233. 235. 242. 296. 345- Haak, Theodor 24. Haberlandt 1053. Hachette 796. Häckel 835. 68* 1076 II. Personenregister. H Ä R I N G 940. Hagen, Astronom 706. . GOTTHELF 802. 9141'- 919- 965- 986. 1044. 1047. 1048. -, VON DER 914 f. 918. 965. 968. Haidinger 971. Hallaschka 721. Haller, A.von 322. 324. 336. 443. 475. 566. Halm, von 1051. Halma 970. Hamaker 970. Hamann 496. Ha MEER GER 66. Hamilton 334. 969. 971. Hammer, von 969. Hamrath, von 118. 134. Hann 1052. Hanselmann 477. Hansen (Seeberg) 970. 1049. Hanssen 983. 9871'. 1045. 1050. Hansteen 970. Happe, von, Kriegsrath 217. 480. Hard, von 104. Hardenberg 536. 564 — 567. 592. 678. 680. 684. 708 f. 714. 847. 875 f. 891. Hakding 554. 597. 631. 721. Hardouin 267. Harms, Klaus 768. , Philosoph 988 f. 1045. 1048. Harnack, Adolf 989. 1027. I033f. 1047. , Theodosius 801. Hartel, von 1052. Hartsoeker 117. 164. 244. Hase (Jena) 883. (Paris) 654. 968. Haude, A. 294. 481. Hauer, von 1052. Haughto N 971. H AU G WITZ, VON 524. Haupt 844. 894. 912. 914 f. 954 f. 966. 972. 989. 991 f. 994 ff. 998. 1002. 1044. 1045. 1048. H A U S M .\ N N 654. Haut 653. 817. Hayduck 1032. Haym 617. Haymann Wilson 971. Hec'ker, J. J. 164. 331. Heck MANN 1020. Hedlinger 397. 475. Hee 476. Heeren 555. 654. 754 f. 758. 760. 968. Hegel 547. 549. 668. 682. 691 ff. 708. 726ff. 729 f. 734 ff. 745. 753 f. 756. 758. 760 bis 764. 768 f. 777. 788. 790. 878. 884. 886f. 919 f. 928. (Erlangen) 1051. Heiberg 1032. 1053. Heidenhain 1052. Heindorf 604. 624. 654. 661. 668. 853. Heine (Halle) 1051. Heineccius 26. 117. 186. 244. Heinius 227. 244. 269. 273. 278. 282. 284. 294- 331- 333- 337- 379- 383- 403 ff. 445- 447. 451. 457. 466 ff. 472. Heinrich, Prinz von Preussen 370. 586 f. VI., Kaiser 323. Heinse 508. Heinsius 268. Hein TZ 812. Heintze 1027. Heinze 1037. Heitz 900. 1051. Helmert 1024 f. Helmholtz, VON 334. 808 f. 812. 835. 979. 983. 984 ff. (Stiftung). 1000. 1045. 1047. 1049. Helvetius 446. 477 f. Helwig 654. He M BRICH 717 f. He N AU LT 475. Henckel 383. 470. 472. He NF LI NG 164. Henle 835. 1051. Henning 244. , VON 735. 769. Henrich 243. Henrici, Mediciner 212. 226. 231!'. 242. , Philolog 10 II. Hensel 1038. Hensen 1040 f. 1053. Hensler, Dora 599. Henzen 907. 911 f. 972. 1028. Henzi, Sam. 335. Herbart 735. 928. Hercher 987. 989. 1045. 1048. Herder 15. 362. 396. 413 ff. 416. 419. 431. 445- 452 i. 456. 461. 496 f. 504- 507- 509- 622 f. 653. 678. 727. 871. Hering 227. 273. 282. 284. 294. 468. Hermann (Marburg) 971. , Gottfried 654. 666. 724. 855. 955- 968. , Jac. 164. 334 ff. 337. Hermbstaedt 535. 545. 551. 559f. 564. 578. 584. 602. 639. 649 f. 653. 716. 752 f. 766. 963. 967. Hermes, Oberconsistorial-Rath 518. Hermite 972. 1050. Herschel 439. 652 f. 968. juii. 968. 970. Her TW IG 986. 1047. (München) 1053. Hertz 1052. Her tzber G , E. F. VON 18. 323. 391. 393 f. 429. 457 f. 464 f. 473. 480. 489 f. 495 bis 11. Personenregister. 1077 522. 526. 530. 535. 615 f. 643. 645 f. 648. 677. 991. Herz, Marcus 518. 541. Hess 443. Hesse 337. (Heidelberg) 972. H E u s D E , VAN 654. Heylblut 1034. Heyne in Gottingen 504. 601. 652 f. 861. 968. Heynitz, von 376. 382. 500. 508 f. 525 ff. 572. 640. 652. 691. Hildebrand (Halle) 899. — = (Stockholm) 971. Hildebrandt (Erlangen) 654. , Naturforscher 1039. Hiller von Gäkt ringen 1031. Hindenburg 556. 653. Hl N Ric HS 735. , Buchhandlung 1034. Hirschfeld 989. 1028 ff. 1031. 1046. Hirt 510. 520. 525. 550. 551. 553. 555 f. 560. 564. 571. 584. 601. 602. 620. 643 f. 648. 650. 653. 665. 684. 716. 752 ff- 763- 783. 853. 863. 963. 967. HiRZEL 335. 337. 348. 404. 447- His 1052. Hl SINGER, VON 969. HiTTORF 1052. Ho BBES 64. Hoff, van't 986. 1047. Hoffbauer 612. Hoffmann, Friedrich 117. 120. 123. 128. 146. 157. 171. 173. 175 ff. 179. 183 ff. 237. 243 f. , J. G. 752. 765. 89off. 9i4f. 934. 964. 967. -, Johann Heinrich 114 f. 118. 142. 164. 175. 185. 203. 207. 212. 243. (Leyden) 1051. Hoffmannsegg, Graf 823. 827. 969. Hofjiann, A.W. VON 808. 813. 972. 985 f. 1045. 1049. Hofmeister 105 i. Hohenlohe, Fürst von 477. Holbach, Baron 345. 374. 476. Holbein 1016. Holst, von 1019. 1052. Holtzendorff 227. 231. 237 f. 243. Homeyer 874. 881. 914 f- 950- 965. 989- 1.045. 1048. HoMOLLE 1052. HooKER (Glasgow) 970. (Kew) 969. 972. Ho PF ER 480 f. 491. Horch 226 f. 244. 273. 283. HoRKEL 749f. 753. 823. 825. 9i4f. 964. 967. Ho rma yr 970. Hoeeebow 474. Huber 351. 469. 477. Hubert 615. Hüb NE R 261. , Philolog 1028. Hülsen 1028. Hüfeland 533. 536 f. 544 f. 550 f. 560. 564. 568. 590. 602. 620. 634. 649 f. 653. 716. 752 f. 783. 963. 967. Hu G GINS 1053. Huiliek, Le 399. Humeert 266. 283. 290. 292. 294. 337. 468. 472. Humboldt, Alexander von 319. 454. 456. 501. 521. 534 f. 536. 540. 552 f. 554 f. 558. 559 f- 566. 568. 571-575- 576. 582. 591 f. 594. 598. 601 f. 607 f. 630!'. 634. 636 ff. 639. 640 f. 649 f. 653. 658. 666. 698. 716. 718. 720. 730-734- 738 f. 742. 751 ff- 756- 766 ff. 769 f. 777. 779 f. 785 ff. 790. 792. 796. 802. 811. 818 f. 825 f. 829 f. 836-845 (Stiftung). 854. 871 ff. 886. 893 ff. 897^ 914 f. 916. 920. 922. 931 f. 934. 943. 949. 951- 953 ff- 956. 961. 963-968. 981. 102 1. 1038 ff. (Stiftung). , Wilhelm von 500 f. 531. 555 f. 557 f- 565 ff- 572- 577 f- 579-582- 584-592. 593 — 599. 601 f. 605. 607. 620 f. 622 f. 625. 627 ff. 641. 646. 650. 653. 661. 664 f. 712 f. 716. 727 ff. 733 f. 743. 751 ff. 754. 756 f. 762 f. 765-768. 783. 7871". 790. 792. 794. 800. 847. 850 f. 863. 868. 870 ff. 876. 879. 886. 916. 918. 956. 963. 967 f. 1018. , VON, Brüder 495- 5^3- 556. 558. 641. 657. 660. 666. 751. 783. 788. 847. 866. 1012. Hume 374. 410. 412. 454 f. 457. 956. Hunfalvy 1051. Hunte R 444. Hussey- 721. Huth 654. Hütten 541. Huxley 105 1. HUYGENS 323. Ieanez 1050. Ideler 592. 600 f. 602. 634. 650. 653. 661. 665. 680. 6831". 693. 716. 721. 753. 763. 776. 836. 845 ff- 853. 914 t- 963- 967- I he RING, VON 1052. Iken 474. Ilgen, von 91. 102. 118. 125 ff. 134 f- 142- 144. 167. 172. 176. 180. 191. Illiger 592. 601. 602. 634. 650. 653. 665. 826. 963. 966. Imuoof-Blumer 1028. 1052. Ingenhouss 534. i n g h i r a m i 721. IVORY 970. 1078 II. Personenregister. Jablonski. Daniel Ernst 41. 44. 47 ff. 56 ff. 59 ff. 62 ff. 66 f. 69. 73. 76 ff. 79. 81 f. 84 ff. 87. 91. 96 f. 99. loi. 103 f. 106. 109 f. 112 f. 115 ff. 118 ff. 121 f. 125 ff. 128 f. 133. 136. 138. 143 f. 150 f. 155. 167. 170 f. 173 ff. 177. 190. 193 f- 196- 199- 201. 203 ff. 206 f. 209 ff. 212. 224 ff. 227. 233- 235. 237. 239. 242 f. 250. 260 f. 272. 296. , Johann Theodor 41 f. 105 f. 109. 113. ii4ff- ii7f- 121. 151. 153. 155. 158. 167. 169. 171. 173. 175. 185!'. 188 ff. 191 ff. 194 f. 197 ff- 200 ff. 203 ff. 207 f. 222. 225. 227. 243. 276. -, Paul Ernst iio. 244. Jacobi, f. H. 410 f. 554 f. 578. 607. 653. 943. 968. , Militär 468 f. 472. . Mathematiker 334. 776. 795. 798 — 801. 895. 9141"- 922. 924 — 927. 938. 941. 960. 965. 967. 968. 970. 984. 1036. (Petersbui-g) 972. Jacobs 654. 968. Jacquier 475. Jacquin 652. 654. 969. Jaegewitz (Jägwitz) 73 f. 121. 128. 175. 211 f. 226. 232. 242 f. Jagic 1052. Jahn, Otto 774. 865. 901 ff. 905 f. 972. Jallobert 476. Jameson 970. Janssens 827. Jaquelot 108. 154. Jariges, von 225 f. 227. 231. 238. 241. 243 f. 249. 261. 266. 270 f. 274 f. 277 ff. 280 ff. 284 f. 288 f. 291. 294 f. 297. 337. 363- 373- 445- 447- 467 f. 472. 484- Jaucourt, de 356. 360. 412. 478. Jenisch 611 — 613. Jerusalem, Abt 463 f. Johann Friedrich, Herzog von Hannover "• 33- JOMARD 970. Jonckbloet 1051. Jordan 380. 480. 491. , Ch. Et. 109. 113. 251. 253. 258f. 263. 266 ff. 269. 271. 284. 286. 291. 294 f. 304- 345- 429- 456. 471- Joseph IL, Kaiser 496. JoUFFROY 479. Julien, Stanislaus 971. JUNIUS 123. JuNGius, Joachim 23. JussiEU, Botaniker 554. 653. 968. , der Altere 244. Justi, alius 403. (Marburg) 1053. , der Kunsthistoriker 357 f. 454. 1052. Kabbadias 1052. Kämtz 775. 971. Kaestner 322 ff. 325. 338. 403. 475. Kaibel 1031. 1052. Kaiser 1051. Kameke, von 176. 187 f. Kant 310. 366. 383. 396. 399. 402. 410 ff. 413. 428 f. 431. 436. 438 f. 445 f. 450. 453- 455 ff- 501. 504- 522. 547- 548 f. 609 ff. 618 ff. 622 f. 626. 629. 633. 652. 848. 1018. 1037 (Ausgabe). Kanter 484. K aradschitsch 972. Kar A JAN, von 972. Karl s. Carl. Karsten sen. 535. 544f. 550. 555. 560. 564. 571. 578f. 584. 616. 639. 640. 649. 652. , G. 812. , K. J. B. 640. 718. 749. 753. 8x6 ff. 914. 964. 968. Katharina I. 26. II. 26. 369. 442. 470. 473. 478. 481. 517. Kaufmann, Legations - Secretär 537. Kausch 614. 969. Keil (Halle), H. 1052. (Pforta), K. 1051. Keith, von 283. 318. 337.354. 356. 465 f- 472. 473- Kekule, Chemiker 1050. 1051. von Stradonitz 989. 1007. 1047. Keller, Ludwig 22 ff. (Zürich) 1052. Kellermann 772 ff. Kemble 971. Kepler 7. Kessenbrink, von 40 1 . K estner 725. Keyserlingk, Graf Dietrich 252 f. 266. 294. 472 ff. , Graf H. C. 322. KlELHORN 1052. Kielmeier 654. Kiepert 658. 9x4 f 954 f. 966. 983. 989. 990. 1045. X049. Kies, Johann 261. 266. 283. 294. 326. 331. 337. 439. 468. KiNDERLING 613. KiNSBERGEN, VON 652. 654. Kirch, Christfried 47. 1x3. 1x5. 169. 2x2. 227. 238. 243. 370. , Christine 1x5. 370. 483. 491. , Gottfried 67. 74. 76. 80. 86 1'. 106. X14. 117 t'. X22f. X25. 129. 137. 142 f. 148 ff. 152. 164. 169. 185. 207. 243. 370. Kirch, Maria Margareta xi4f. 148 f. I57f. X69. 185. 370. II. Personenregister. 1079 KiKCHHOFF, A., Philolog 898. 9771'. 989. 1028. I03I. 1045. 1048. , G. R., Physiker 984. 986. 1046. 1048 f. KlBSTETTER 227. 273. 283. Kjerulf 1052. Klaproth 501. 508. 510. 525. 551. 560. 564. 576. 578. 584. 602. 616. 631. 637 f. 648. 650. 653. 663. 705. 716. 813. 963. 966. Klees 1029. Klein, Jurist 422. 508. 522. 525. 545 ff. 550 f. 559 f. 571. 584. 610 f. 620. 641 f. 648. 651. , Mineralog 986. 1046. Kleist, von, Decan des Kapitels zu Cam- min 474. , VON, Ewald 505. Klinghammek 721. Klopp, Ono 68. 86. 124. 165. Klopstock 323. 666. Klotzsch 914. 953. 965. 986. 1044. 1047. Klügel 653. 968. Klug 749 f. 753. 826 ff. 914. 934. 964. 968. Knapp 459. 461. (Strassburg) 1053. Knobelsdorff, von 266. 472. , von 607. 649 f. 654. Knoblauch 812. Knorre 721. Koch 491. Köchly 1050. Köhler, David 226I! 241. 265. 274 f. 278. 280. 284 f. 288 f. 291. 344. 363 f. 479 f. , Historiker 989. 1028. 1031. 1046. 1049. 1052. , von 654. Köhnk e 1053. Kolleg 72. Kölliker, von 1050. 1051. König, Samuel 256. 322. 332 ff. 335 ff. 338. 340 f. 348. 475. Königsberger 1052. KöPKE 531 f. 556 ff. 564. 588. Koppen 191. 331. KöT schau 1033. Kohlrausch 986. 1025. 1047. 1052. Kokschakov 1052. KoLBE, VON 57. 91, s. Wartenberg, Graf. KopiJEWiTz 127. KopiTAR 971. Kopp (Erlangen) 899. (Heidelberg) 1049. 1051. (Luzern) 972. Kose GARTEN 970. Koser 989. 1023. 1036. 1047. KOTZEBUE, VON 533. 535!". 55I. 560. 607. 649 i'- 654. Kkafft 322. 474. Krause 329. k r a u s n i c k 844. Krazenstein 652. Krebs 132. Kreuz, von, Staatsminister, s. Creutz, von. Krön ECKER 796. 960. 983 ff. 1005. 1037. 1045. I049- K ROSECK (KrOSIGK), VON II 4. 185. k ruckenberg 632. Krüger 1052. Krug vonNidda 116. 170. 175. 177. 179. 205. 209. 226. 242 f. Krusenstern, von 970. Kubitschek 1028. Kühne 1053. KüNZLi 335. 338. 348. 404f. 407 f. Küster 227. 244. 273. 282. 284. 294. 331. ^ 337- 457 1- 468. 472. K Ü T Z l N G 775. Kuhn 9881". 1045. 1048. , Adalbert 869 f. KUMANUDES 105 I. KUMAS 970. Kummer 795 ff. 914 f. 959 f. 966.968. 971. 984f. 991. 1005. 1044. 1049. Kundt 984. 986. 1046. 1049. 1052. Kunstmann 1053. Kunth 637. 749 f. 753. 823. 825 f. 914. 964. 967- 970. Kupffer, von 1053. kurdwtanowski, von 476. La AS 436. 438. La BUS 971. Lachmann 666. 674. 749 ff. 753. 763. 771 f. 777 f. 822. 851. 859 — 862. 863. 885 f. 901 f. 909 f. 913. 914 f. 918. 938. 942. 955.964. 967. Lacroix 796. La Croze, Maturin Veyssiere 47. 100. 107 ff. HO. 118. 137. 152 ff. 155 ff. 164. 175!'. 180. 182 1'. 189. 191. 203 f. 211. 217. 218. 227. 237. 241. 243. 251. Lafontaine 475. Lagrange 334. 338. 350. 360 f. 366. 368. 378. 382. 386 f. 396 ff. 431. 434 f. 439. 443- 453- 467- 469- 471- 477- 480 f. 491. 504. 5050'. 525. 566. 601. 635. 645. 647. 653. 663. 699. 796. 924. 966. 968. Lajard 972. Lalande, de 322. 337. 474. 476. 723. Lambert 213. 327. 351. 360. 363 f. 366 f. 382. 393. 417. 431. 436 ff. 439- 443- 445- 448. 453. 456. 467- 469- 472. 478. 489- 491. 496. 699. L AM BERTI 654. LaMBRE, DE 652 f. 968. Lambros 1032. Lame 971. 1080 II. Personenregister. La Metherie 654. La Mettrie 308. 318. 321. 324. 329 f. 331. 339- 374- 392- 423- 429- 446. 468 f. 471. 1009. Lamprecht 284. 290. 294. 471. Landes, des 476. Lakdolt 986. 1046. Landriani 478. Landsberg 879. Lang, von 970. Lange (Laublingen) 476. La Place 554. 578. 631. 653. 796. 924. 968. Lappenberg 971. 1049. Larrey, von, Preussischer Staatsmann 222. Larrey, in Paris 654. Lassen 972. 1049. Latreille 654. Latyschew 1052. Laveaux, J. Ch. 449. Lavoisier 236. 440. 631. 638. 640. 814. 823. Leake 969. Le-Bas 972. Ledebour, von 970. Leemans 971. Leeuwenhoek (Leewenhoeck) 33. 400. Le Fevre 468 f. 474. Legendre 399. 654. 796. 925. Lehmann, J. G. 325. 442. 468. 640. , Max 983. 986. 989. 1046. 1048. 1050. Lehndorff, Graf 553 f. Lehrs 971. Leibniz 5 — 215. 220. 240. 260. 268. 276. 278. 280 ff. 287. 292. 295. 306 f. 309. 31 1 f. 319 f. 333 ff. 336 ft'. 352. 355. 366. 369. 372. 377- 391- 393- 401 ff. 404 ff- 407 f- 411 ff. 416. 426. 428 f. 431 ff: 435. 438 f. 446 f. 449 f- 452. 454 f- 459- 462. 47°. 5io- 554- 556. 566. 569. 592. 598. 605. 611. 676 ff. 708. 710. 731 f- 734- 785 t' 839ff. 871. 921. 923. 927. 943 f. 945 f. 947 f. 957. 961. 991 ff. 1002. 1012. 1021. 1036. 1043. Lei de NF ROST 477. Le Monnier 474. Lenfant, Jacques 37. 107 t'. 11 1. 237. 240. Lenormant 971. Lenz, Max 989. 1023. 1047. (Petersburg) 972. Leopold L, Römisclier Kaiser 28. (Leipold) 229. 23I. Lepsius 775. 836. 844. 870. 895. 911 ff". 914 f. 950-953- 958. 965- 971- 989 f- 1005. 1045. 1048. Lerch 322. Leske (Marburg) 640. Leskien 869. Lessing 316. 323. 349. 351. 354. 356. 359. 406 f. 410. 429 f. 445. 452 f. 478 f. 501. 600. 943. Le Sueur 317. 475. Letronne 754. 758. 760. 864. 968. 970. Leuckardt 1052. Leverrier 724. Levezow 752. 765. 864. 964. 967. Lew 1053. Ley'dig 1052. Lhuilier 969. LiBRi, Grat" 970. Lichtenau, Gräfin 518. 520. Lichtenberg 507. Lichtenstein 658. 664. 680. 716. 718. 733. 742 f. 752 f. 766 f. 778. 823. 826 f. 914 f. 931 ff. 964. 966. 968. Lichtscheid 243. Lieberkühn, J. Nathanael 237. 250. 262. 266 f. 283. 290 ff. 293 f. 297. 325. 331. 337. 400. 443 f. 467. 471. Liebig 534. 6371". 731. 813.816. 922. 968. 970. 985. Linde 654. Linde MANN 1013 f. l in de na u, von 969. Lindley' 970. Lindström 1053. Link 658. 664. 684. 697 f. 704. 705 ff. 711. 716. 718. 735 tl'. 740-743. 753. 757. 813. 823 ff. 827. 914 f. 953. 964. 967. LiNNE 303. 474. 830 f. LlOUVILLE 971. 1049. Lippe -Schaumburg, Graf von 475. Lipschitz 1051. Lobeck 968. Lobkowitz, Fürst 475. Lob stein 383. Locke 14. 120. 310. 369. 373. 391. 424 f 428 f 432. 436 ff- 445 f- 457- 921. Loder, von 653. 969. LÖBELL 972. Loben, von 233. LÖNNROT 972. LOEWY- 1053. LOHRMANN 721. LOLLING 1053. Lombard 510. 535. 551. 553. 560. 562 f. 567 f. 570. 577. 584. 588 f. 601. 646. 649 f. 966. LONGPERIER, DE 972. LooFs 1033. LORGNA 478. LOTZE IO5I. LouBAT, Fürst (Stiftung) 1019. 1021. LOVEN 105 I. Lubiniezki 129. LUCCHESINI 339. 365. 390. 530. 607. 652. 654. II. Personenregister. 1081 Lud EWIG, Seidenbauer 221. LUDOLF, HlOB 35. LuDOLFF, Ch. Fr. 227. 283. 294. 337.467. 472. , M. M. 227. 244. 266. 273. 282 ff. 294. 297. 337. 467. 471- L U D 0 L P H 1013!'. Ludwig 476. , Physiolog 835. 105 1. , Zoolog 1053. , Fürst von Anhalt-Köthen 22. Rudolf, Herzog von Braunschweig 186. XIV. 126. 138. 236. 315. 423 f. 516. 609. 930. 943. 952. XV. 516. XVL 506. 516. Luise, Königin 640. 848. Dorothea Sophie, Prinzessin von Preussen 87. LuMBROSo 105 1. Luppius 144. Luther, Martin, und Ausgabe seiner Werke 178. 214. 541. 666. 889. 987. loii f. 1022. 1027. 1036. LuYNES, DE, Herzog 969. Lyell 972. Lyonet 478. m acclesfield 475. Machxitzky- 477. Machy 478. M ADVIG 971. Mädler 725. Maffei, Scipio 475. Ma gell AN 504. 652. Magendi 834. Magnus 752. 784. 803 f. 808 f. 812. 844. 914. 941. 965. 986. 1044. 1047. Magnussen 971. Mahlmann 811. Mai, Angelo 672. 674. 970. Maine-Biran 654. Malebranche 31. 68. 369. 437. Malmsten 1050. Malthus 461. Malus 806. Mama CHI 873. M anesse 10 16. Manfredi 292. Manteuffel, Graf von 224. 240. 251. 254. M ARG GRAF, A. S. 227. 238. 244. 266 f. 283. 294. 297 f. 325. 337. 349 f. 353. 357. 377 ff. 380 ff. 383. 397. 440 ff. 466 f. 472. 487. 491. 633. 640. ]M.\rheineke 691. 712. 726. Marini 554. Marinoni 474. Marmora, della 971. Marperger 152 ff. 158. 175. 243. Marschall, von 270. 321. 337. 473. Marxens, von 1039. Martin 972. Martius, von 823 f. 970. 1049. Marum, von 968. Mascart 1053. Maspero 1053. Massow, von 473. 524 t". 527. 529. 531. Maty 404. 477. Mau 1028. Maunde Thompson 1053. Maupertuis 8. 227. 239. 241. 244. 249. 252 ff. 255 ff. 258 f. 260 f. 263 t'. 2851: 293 ff. 296 ff. 299. 301 ff. 304 f. 308 ff. 311 ff. 314. 316 ff. 319 ff. 322 ff. 325 ff. 328 f. 331 ff. 334 ff. 337 ff. 340 ff. 343 ff. 346 ff. 349 ff. 352 ff. 355 f. 358. 360. 377. 392. 397. 400. 402. 404 ff. 407ff. 413. 417. 423. 426. 428 ff. 431 ff. 434. 438. 440. 445. 448- 451- 454 ff- 465 f- 469- 47fff- 474- 479. 482 ff. 485. 487 ff. 498. 511. 526 f. 560. 710. 731. 871. 944. Maure r, K. 1052. , VON 972. Mauro 100. Mayer, Professor der Philosophie 476. , A., Professor der Mathematik 477. , J. Ch. R. 500 f. 510. 525. 536. 636. 647. 651. Ma zarin 462. Meckel, J. F. 324. 329. 337. 350. 383. 443 f. 468 f. 472. 488. Meier, M. H. E. 970. Meierotto 499. 500. 510. 525. 536. 610. 6x6. 634. 642. 647. 651. Meineke 749ff. 753. 763. 77if. 85i.862f. 898. 909. 911. 914. 964. 989. 1045. 1047- Meiners 412 f. 456. Meisebuch (Meisebug), von 153 f. 243. Meissner 24. Me LAN cht hon 214. Melander 478. Melloni 971. Mendelssohn, Geh. Cominerzienrath 844. , Moses 213. 369. 392 f. 400. 406 ff. 409 ff. 412 f. 415. 426 f. 429^- 437- 452. 456. 470. 501. 522. , Rebecca 797. Bartholdy, von 1038. Merian 318. 327. 329. 333. 337- 352. 357. 363 t'- 374- 376 f. 384 ff. 388. 391. 403 ff. 406. 408 f. 411. 427 f- 445- 447- 450 f. 453 ff. 456 f. 467 ff- 471- 473- 479 t'- 481. 489. 491. 496. 500- 505- 507- 512. 518 f. 521 f. 525 ff. 530. 534- 539- 545- 55'- 552 f. 555- 559 t' 562- 569- 577- 604. 6i6f. 618. 645ff. 648. 651. 804.954- 956- 1082 IL Personenregister. Meri AN -Basel 969. Merkel 1053. Merrem 654. Messier 478. Mettern ICH 848. , Preussischer Gesandter 217. Metzdorff 512. Meusebach 895. M E Y E N 400. Meyer 380. , Johann 65. ■, Jürgen Bona 900. , Lothar 1052. (Stettin) 652. ■ , Victor 1053. Michaelis, J. D. 369. 379. 409^"- 4i4- 456. 474. 871. (Strassburg) 1052. MiCHELET 735. Michelmann 230 f. MicHELOTTi, Petrus Ant. 210. Michelsen 510. 520. 525. 634. 648. 651. Mignet 848. 920. Miklosich 1049. Miller 1050. Millin de Grandmai son 654. Millingen 725. 971. Miloszewski 612 (Stiftung). Milton 347. Minervini 972. MiNUTOLI 716. 969. Mi RABE AU 499. 5021". 505 f. 507. 512. Mitscherlich 718. 725. 731. 749. 751. 753- 769. 788. 8i2fF. 816. 818. 9i4f. 922. 934. 964. 986. 1044. 1047. MiTZLAFF 480. MÖBius, Mathematiker 800. 970. , Zoolog 986. 1046. MÖHSEN 473. 500 f. 502. 510. 525. 634. 642. 647. 651. MÖNNICH 510. 525. 536. 636. 648. 651. mörike io4i. Moser, Justüs 874. mohl, h. von 972. , J. 972. MoHs 654. Molanus 61. 88 f. MOLBECH 971. MOLIERE 343. Molinas 321. Moll, von 654. Moltke 991. 1050. MoLYNEUX 455. MOMMSEN 658 f. 667. 676. 773. 863. 873. 881. 894 f. 899. 900 — 913. 914 f. 918. 960 f. 966. 972. 983. 987 ff. 990. 996 f. 1000. 1002 ff. 1005. 1009 ff. IOI2. IOl4ff. 1027 ff. 1030. 1033. 1044 1". moncrif, de 475. Monge 654. Mo NN et 399. M 0 N R O 653 f. MONS, VAN 654. Montesquieu 236. 260. 303. 326. 345 f. 369. 377. 424. 426. 445. 457. 459 f. 473 f. Montigny' 476. M 0 N T M A U R , KeMOND DE 12. MONTUCLA, DE 477. MORBIO 1050. MoRELLI 654. Morgagni 476. Morgenstern 225. MoRiGNAC 105 1. Morin 971. Moritz 395. 508 ff. 518. 520. 525. 620. 648. 651. Morstadt 721. Mortimer 475. mosander 972. Moser 971. Mos HEIM 426. MOTET 232. Moulines 373. 445. 447. 470 f. 480t'. 491. 512. 519. 525. 530. 536. 646 f. 648. 651. MÜCHLER 213. 393. M Ü F F L I N G 940. 969. MvHLER, Minister 1008. MÜLLENHOFF 87O. 983. 988 f. I OOO. IO45. 1048. Müller, F. Chr. 652. , J. J. 479. 481. , Johannes von 387 f. 394. 426. 444. 453. 508. 517. 536. 538 ff. 540. 551 ff. 555. 560. 561 f. 564. 566. 568. 570 f. 576. 592. 620. 641. 6491'. 651. 652. , Joh., Piiysiolog 752. 886. 784. 804. 826. 829 ff. 832 — 835. 914 f. 942. 954. 961. 965. 967. 968. , L. 1051. , Max 1051. , Otfried 886. 970. , Propst in Magdeburg 104. 331. von Reichenstein 639 MÜNCHOW, Graf von 266. 326. 472. Münster, Graf 969. Munter 654. Muir 1051. Mulder 971. Munch 972. Münk 832 ff. 986. 1046. murchison 972. Muret 107. musschembroek 474. mustoxides 969. My'LIUS 484 f. Myller, Chr. H. 437. II. Personenregister. 1083 Nägeli 1051. Nägelsbach 628. « Nam ke «• 804. Napoleon I. 561 f. 576. 578. 581. III. 633. Nattekek 830. Natzmer, von 233. Nauck 1050. Naude sen. 73 f. 100. 105. iio. 120. 154. 175 f. 211. 243. 471. ■ jun. 120. 164. 175. 208. 211. 227. 237. 266. 283. 292 fl". 298. 480. 483. 491. Naumann 972. Navarrete, de 971. Neandek 668. 691. 712. 726. 752. 785. 883 ff. 886. 898 f. 914. 934- 965. 967. 1034. Nehus 721. Nesselrode 847. Neubauer 383. Neukirch, ß. 125. i74f. 177. 243. Neumann, Caspar, Chemiker 216. 225 f. 232. 237 f. 243. 440. , , Theologe und Statisti- ker 117. 120. 139. 459. (Königsberg) 334. 968. 970. (Leipzig) 1052. (München) 970. , Pastor 615. Neumayer 1053. New COMB 1052. Newton 7. 9. 59 f. 213. 241. 254. 256. 3'o- 323- 333- 360. 367. 369. 373 f. 423. 425. 431 ff. 436 f. 439- 445 *'• 839. 955. 984. (alius) 1050. NiBBY 725. Nicolai 327. 358. 392. 429. 452. 458. 481. 484. 501. 502. 504 f. 509 f. 522. 531. 534. 538. 540. 541 f. 546 ff. 549- 551- 556.560. 568. 584 f. 590. 600. 615!'. 618 f. 620. 641. 649. 652. 960. Nicole 474. Nicollet 721. NicoLovius 576. 589 f. 591. 597 ff. 629. 682. 713. 876. Niebuhr 495. 538. 571. 576. 592 f. 594 598 — 608. 620. 624ff. 629. 641. 643. 650 653. 657. 659. 662. 665. 667. 670 — 674 678. 683. 685. 691. 711 f. 713. 716. 725 729- 735- 745- 751 i" 766. 771 f. 783. 788 790. 826 f. 851. 853. 856 f. 873. 877 f. 881. 886 f. 920 f. 955. 963.967. 982. 986 995. 1030. NiTzscH (Halle) 970. , Historiker 986. 989. 995. 1046 1048. Nivernais, Herzog von 345. 477. NoBiLi 935. NÖLDEKE IO5I. Nöther 1053. NOLTE 576. NOLTENIUS 114. 227. NoORDEN, VON IO52. O'Donovan 972. Oeconomus 970. Oelven, C. H. 117. 152 ff. 155 ff. 158 f. 243. Oersted 803. 807. 970. 0 e s f e l d , von 5 i i . Oettingen, VON 459. Ohm, G. S. 795. 805. 971. Oken 630. 632. 733. 790. 810. Olbeks 554. 654. 968. Olfers, VON 752. 784. 826. 828. 830. 864. 895 f. 914. 965. 970. 986. 1044. 1048. Olshausen 983. 988. 989. 1045. 1048. Oltmanns 592. 602. 634. 650. 654. 719 f. 721. 749. 752 f. 766. 964. 967. Olufsen 721. Oppekt 1050. OrELLI, VON 971. Oriani 654. O R T I - M A N A R A , Graf 971. OSANN 672. OSI ANDER 632. OsKAR II., König von Schweden 1050. Ost WALD 805. Otto (Breslau) 970. , Garteninspector 824. , Seidenbauer 118. 136. 146. Outhier 475. Owen 1049. P ALACKY 971. Palgrave 971. Pallas 282 ff. , Zoolog 554. 635. 831. Pambour, de 971. Panofka 725. 752. 784. 864 f. 914. 965. 968. Papen 117 f. 150 f. 152. 157. 160. 175. Pa racelsus ig. Paris, G. 1052. Parthey 914. 960. 966. 989. 1045. '047- Pascal 366. 785. Passavant 324. 327 ff. 468. Passionei 477. Pas so w 734. Patkul 137. Paton 1031. Pauli 1052. Payne-Knight 969. Pedro, Kaiser von Brasilien 1050. Pellicier 846. Pelloutier 237.266.284.290. 294 f. 331. 337- 457- 468. 471- 479- 485. Pelouze 972. Pemberton 474. Perard 475. Percy 577. 653 f. 1084 ir. Personenregister. Pern-ety358. 360. '368.445. 447- 469- 49' f- Pernice 989. 1030. 1046. Perron de Castera, du 474. Perronet 652. Per ROT 1052. Pertsph 1052. Pertz 772. 895. 903 f. 910 f. 914 f- 922 ff. 933 f- 965- 971- 989- 995 f- i045- 1048. Peschel 844. Pesenecker 479. Pestalozzi 799. Peter der Grosse 17. 26. 39. 181 f. Petermann 870. 895. 899. 914. 965. 989. 1045. 1048. Peters 895. 914. 950. 953. 965. 986. 1039. 1044. 1048. (Altona) 105 1. Petersen 40. Pettenkofer, von 1050. Peyron 971. Pezzana 1050. Pfaff in Halle 654. 968. in Helmstädt 503. in Kiel 654. Pfeffer 1052. Pfitzer 1053. Pfleidere r 654. PflvCtER 1051. Philipp II. 930. Wilhelm, Markgraf von Branden- burg 203. Philipps, Sir Thomas 971. PiAzzi 654. PiCARD 1053. Pick 1028. Picke RING 971. Pietsch, Chemiker 399. , Germanist 1027. PiNDER 772. 911 f. 914. 953. 965. 989. 1045. 1047. Pittelco 491. Placcius 35. Plana 970. Planck 803. 986. 1047. Plate 1041. Plateau 1051. Plato 21. 627. 668. 848. 853. 855. 921. Ploucket 475. PoDEWiLS, Graf VON 266. 271. 472. Pöllnitz, von 118. 132. 141. 219. 472. pölnitz, von 266. 318. Poggendorff 719. 725. 752. 784. 803. 806. 808 ff. 812. 914. 94J. 965. 967. 986. 990. 1044. 1048. Pohl 970. poincare 1053. Poinsot 972. P0IS80N 654. 796. 968. Po LENZ 2 10. Poncelet 800. 970. pontecoulant, de 97o. Pope 404. 406 f. 449. 452. PORTZ, VON 122. Poselger 719. 742. 749. 752 f. 778. 794 f. 964. 967. PoTT, Chemiker 216. 227. 232. 237 f. 243. 260. 266 f. 283. 294. 325. 337. 349. 357. 381. 440. 442 f. 454. 466 f. 472. 491. 640. , Sprachforscher 972. 1049. Prades, Abbe de 346. 355. 473. 476. Prantl 900. 1051. Preller 972. Premontval 309. 314. 332. 357. 374. 405. 408 ff. 427. 445. 447. 468 f. 472. 488. 519. Prescott 971. Presl 971. Preuschen 1033. Preuss 897. Prevost 384 f. 387. 390. 445. 457. 470. 967.. 969. Pringsheim 985 f. 1005. 1045. 1049 f. Prinsep 971. P r i N T z e N , von 118. 1 66 f. 1 69 ff. I 7 2 f. I 7 5 ff. 179. 184 f. 187. 189. 191. 196. 205 ff. 209. 219. 228. 233. 242. Pritzel 973. 1053. Prokesch von Osten 969. Promis 1051. Pronv 654. Proust 638. Puchta 895. pufendorf 28. 42. 45. 64. iii. 222. 425. Purkinje 835. 970. Puttkammer iooi. Quatremere 654. Quensted 776. Quenstedt 105 i. Quetelet 970. Quincke 1052. Quintilian 373. Q uiNTUs Icilius(Guischard) 359.469. 472. QUIRINI 475. Rabe 1032. Raeener 48. 57. 67. 106. 117. 243. Raby, Lord 144. 149. Rad hak AN TA Deva Radloff 1053. Rad o WITZ, von 969. Radziwill, Fürst 346. , Fürst (alius) 844. Rahn 971. Ramler 395. 452. 500 f. 502. 525. 536. 609. 647. 651. Rammelseerg 658.776. 815 f. 914 f. 959. 966. 983. 986. 1044. 1047. 73 f. 91. 97. lOI. 151- 969. II. Personenregister. 1085 Ramsay 1053. Raxgabe 972. Ranke. Leopold vok 454. 752. 765. 777f. 847. 873. 882. 885 — 890. 894 f. 914. 923. 934. 964. 986. 988 f. 1045. 1048. R AOUL-ROCHETTE 97O. Rasumowsky, Graf 475. Rath, vom 1051. Rathke 970. Rauch 393. Raue 175. 232. 243. Raülin 478. Raumer, von, Minister 896. 953. , Fr. von 691. 713. 729. 749 ff. ■ 753- 763- 777- 854. 873-876. 896. 914 f. 929 — 944. 963. 964. 967. , Karl von 698. Ravaisson 972. Rawlinson 968. Ray'leigh, Lord 1053. Raynal 322. 389 f. 457. 476. Reaumur 244. 474. Recklinghausen 1052. Reden, von 552. Redern, Graf 323. 337. 465 f. 472 f. 480. 497. 614. Regnault 972. 1049. Reichenheim 844. Reichert 835. 898. 914 f. 959 ff. 966. 986. 1044. 1048. Reicke 1037. RziD, Thomas 956. Reiffenberg, von 971. Reiher 67. 74. 117. 164. Reimer 681. 724. Reinaud 972. Reinbeck 227. 233. 237. 239 f. 255. Reinhard, A. F. 405 ff. 408. Rein HOLD 611. Reisseisen 615. Rem AK 835. Rem BRANDT 1016. Remusat 767. 970. Renan 972. Ren GER 124. Renier 972. 1028. Retzius 971. jun. 1052. Reumont, de 972. Reuvens 971. Rhode 479. Ribbeck 1053. Richard 654. Richelieu 25. 29. 315. 462. Ri CHE LOT 971. Richter 635. , Jean Paul 533. richthofen, von 986. io47. io52. Ridolfi 654. Riedel 914. 953 f. 965. 989. 1045. 1048. Riemann 799. 972. 1049. Riess 812. 893. 914 f. 919. 941. 944. 965. 986. 1044. 1048. Ring 479. 481. RiNK 611. RiTSCHL 911 f 971. Ritter, Carl 666. 718. 749. 751. 753. 763 f. 775- 836. 839. 844 f. 885 f. 914 f. 933- 955- 961. 964- 968. , Heinrich 741 f. 752 ff. 760. 761 ff. 765 f. 769. 847. 964. 967. 968. , J. W. 803. Rivarol, Graf 421. 478. Robert 652. robieu, de 477. Robinson 972. RÖDECKEN (RÖDICKEN) 165. RÖDIGER 870. 988 f. 1045. 1048- Röhl 1031. RÖMER, OlAUS 67. 164. 244. (alius) 1051. Röntgen 1053. RoHDE (Potsdam) 614. , Erwin 980^ RoHDEN, von 1029. Rollin 254. i Roloff 349. 392. 469. 471. 477. 480 f. 488. 525. 536. 647 f. 651. RoNCALLi, Graf 477. Rose, G. 752. 813. 816. 818. 914. 941. 965. 986. 1044. 1048. , H. 752. 765 f 784. 812 f 815 f. 914. 964. 968. 986. 1044. 1047. V. 898. 900. ROSELLINI 971. Rosen (London) 971. , VON 895. 972. Rosen BERGER 721. Rosen BUSCH 1052. Rosenhain 972. Rosenkranz 726. Rosenmvi.ler 654. Ross 776. 971. Rossi, J. B. DE 911 f. 972. 1028. 1049. Roth 985 f. 1045. J049- , VON 1050. Rothenburg 318. Rouge, de 972. RouLEZ 972. I Rousseau, J. J. 15. 354- 3^8. 374- 396. 402. 413. 421. 423. 426.429. 448 f. 516. 622 f. Ro ZIERE, DE IO5I. Rudberg 971. RuDOLPHi 444- 592. 602. 634 f. 650. 653. 663. 684. 716. 718. 744- 751 '^" 766. 826. 830 ff. 963. 966. 967. 1086 II. Personenregister. RuDORFF 88of. 987. 989. 1045. 1047. 1048. RÜCKERT 734. 895. Rüdiger 124. RÜHLE 940. 969. RüHS 678 f. 681. 688. 873 f. 964. 966. rümelin, von 459. Sabbathier 401. Sabine 969. S ACH AU 989. 1046. Sachs 1039 f. Sack, Adressat Humboldt's 558. , Prediger 266. 284. 294. 331. 337. 347- 377- 451- 461. 466. 468. 472. 480 f. Sacy, de 673. Saint Claire-Deville 1051. Saint Hilaire, de 970. Saint Martin, de 1051. Salle 477. Sallier 474. Salm-Horstmar, Fürst 969. Salmon 1051. Santarem, de 972. Sars 972. jun. 1053. Sarti 773. 972. Sauppe 858. 1050. Saussure 819. Sauvages 477. Savigny 454. 594. 601. 602. 624. 629 641. 650. 653. 657 ff. 662 f. 664. 666 f. 673. 678. 681. 684 — 689. 693. 695 f. 697 710 ö". 716. 719. 735-738- 740 f. 753 f. 763. 766. 777. 788. 790. 876 — 882. 886 895. 902 ff. 906 ff. 913. 914 f. 917. 936 942. 963. 982. 987. 989. 1021. 1030. 1044 1047. (alius) 970. ScACCHi 1051. Scaliger 716. ScARPA 478. 653. 968. SCHAARSCHMIDT 227. 234. 244. 273.278. 282 ff. 292. 294. 467. 471. SCHAD 549. Schäfer 477. (alius) 1051. SCHAFFARIK 97I. ScHA FFGOTSCH, Graf 346. 473. SCHAFIROW 182. SCHARDEN, VON 227. SCHARNHORST, VON 577. , VON, jun. 969. Schaumann 1050. Scheele 379. 382. 440. Scheibel 652. Schelling 447. 547. 549. 626. 632. 728. 754. 760 ff. 769. 790. 895. 914 t'. 919 bis 922. 933. 938. 965. 968. 981. Scherer 916 f. 983. 988 f. 1046. 1048. 105 1. Schering 1051. Scheuchzer 152. 164. Schiaparelli 1052. Schiller 508. 536 ff. 622 f. 630. 728. 858. 918. Schinas 972. Schläfli 1051. S CHL ECHTENDAL, VON 97O. Schlegel, A. W. von 541. 680. 733 f. 896 f. 968. , Friedrich 540. 668. 867. , Brüder 867. (Leyden) 1051. Schleiermacher 444. 495. 500. 531. 540 f. 543. 557. 565. 567. 576. 580. 591. 592. 593 f. 601. 602. 604. 607. 612. 620. 622. 624. 626ff. 631. 641 ff. 650. 653. 657. 659. 661. 662 ff". 665. 667f. 670. 672. 675 ff. 683 ff. 689-694. 696 ff. 701 f. 704. 7ioff. 713. 716. 719. 724. 726. 728f. 733. 735 f- 737-749- 751-766. 768 f. 778. 781 f. 783. 785. 787f-79o. 792. 847-850. 853 f. 881. 886. 927. 942 f. 9621". 967. 982. Schlichtegroll 654. schlieffen, von 513. 652. Schiefner 972. Schlottheim, von 969. Schlözer 426. Schlüter, Andreas 117. 243. , Syndicus 175. 226. 242. Schmalz 556 f. 563 f. 568. 572. 576. 664. 712. Schmedding 629. Schneller 971. Schmettau, Samuel, Graf von 264 ff. 267ff. 27of. 273ff. 277. 28if. 284f. 287ff. 290 ff. 298. 303. 465. 472 f 483. 486. Schmidt (d), Abt in Helmstädt 67. 104. 1 1 7. 164. , ERirn 989. 1037. 1047. , Johannes, Epigraphiker 1028. , , Sprachforscher 989. 1046. 1048. -, Mathematiker 775. Schmölders 776. Schmoller 715. 987. 989. 1036. 1046. 1049. Schneider, Philolog 554. 593. 646. 653. 968. Sc HÖ MANN 970. Schön, von, Minister 564. 847. Schönbein 972. Schön BORN, J. Ph. von 27. Schöne, R. 1028. Schönemann 236. Schönfeld 1052. Scholz 673. Schott, J. C. 116. 155. 164. 170. 175. 191. 193 f. 202 f. 205. 226. 242 f. II. Personenregister. 1087 Schott, Sinolog 775. 914t'. 918 f. 934. 965. 988 f. 1045. 1048. SCHOTTELIUS, J. G. l8. IO4. II5. 5IO. SCHÖTTGEN 244. ScHKADER, Assyriolog 989. 1046. 1048. , Botaniker 614. Göttingen 654. ScHRAUF 1053. ScHREBER 554. Sc H REGER sen. 654. Schröder. J. H. G. 380. 480 1". , R. 1036. Schröter 801. 1052. ScHRÖTTER, VON, Minister 541. Schubert 633. SCHUCKMANN, VON 603. 624. 63lf. 661. 664. 682. 712 f. 962. SCHÜREK 1053. Schvtz 568. 576. Schütze 143. 231. 474. ScHULTZE, Max 835. Schulze, Eilhard 986. 1037 f. 1046. , Hotrath 712. , Johannes 682. 726. 734. 756. 768 f. 776. 786. 855. 886. 895 f. 969. -, J. C. 376. 382. 392. 470 f. 480 f. 500. 525. 647. 651. Schumacher (Altona) 970. , Cabinetsrath 224. 292. Schwab 384 f. 421. 456. 611. 612. 652. Schwann 814. 835. 972. Schwab tze 895. 899. Schwarz, Amandus 985. 1037. 1047. Schweigger 810. Schwein, Mathematiker 799. Schweinfurth 103811". Schwendener 986. 1046. schwerdt 721. Secchi 902. 972. Secondat, de 477. Secousse 873. Seebeck, August 971. , Moritz 806. , Thomas 679 f. 710. 716. 725. 751 tf. 757. 766. 803. 806 ft'. 964. 967. 970. Sefström 971. Segne R 474. Seidel 164. 243. (alius) 105 1. Seideler 632. Selis 478. Selle 500 f. 510. 522. 525 ff. 530. 533. 536. 618. 620. 634. 641. 645. 647. 651. Sem le R 631. Senf 332. Serradifalco, Herzog 969. Serres, de 970. Serret 434. Shakespeare 264. 463. Sickel 996. 1051. Siebold, Gynäkolog 632. , VON 971. Siemens, von 979. 983 ff. 986. 1046. 1049. SiGWART 1052. Silberschlag 350 f. 477. 500. 502. 503. 507. 525. 6x6. 647. 651. Silvester de Sacv 653. 968. Simon, Richard 108. SlMONDE-SlSM ONDI 654. SlMONIDES 958. Sinclair 652. 654. Skytte, Benedict 4. Slavinsky 721. Sloane 103. 227. 244. 474. Smith (Oxford) 1052. , Adam 446. Bar ton 654. SoARES de Barros 477. SÖMMERING 554. 615. 968. SoiMONOW 652. SOLBRIG, D. 236. SOLGER 632. SOLIGNAC, DE 476. SoLMS, Graf zu Laubach 1053. Sophie, Kurfürstin von Hannover 20. 34. 36 f. 39. 50. 52. 55. 68. 69. 86 ff. 89. 92. 100. 102 f. 126. 130. 132. 141. 144. 150. 157. 178. 188. 195 f. 213. Charlotte, Kurfürstin von Bran- denburg, Königin von Preussen 36. 38 ff. 41. 48 ff. 51 ff. 64. 68. 78. 88. 102. 118. 126. 132 f. 135. 139. 140 f. 150. 247. 642. 786. Dorothea, Königin von Preussen 118. 141. 151. 169. 196. 201. 237. 257. Sozzi 478. Spallanzani 478. Spalding, J. J. 331. 376. 392. 470. 501. 522. jun. 535- 553 f- 54i- 554 ft'. 560. 564. 578. 584. 590. 591. 601. 602. 604. 629. 642 f. 646. 649. 652. Spanheim, Ez. von 41 ff. 44. 52. 59. 62 f. 103. 1 16. 1 18 f. 121. Sparks 971. S PENER, Buchhändler 294. 481. , Phil. Jakob 40 f. in. 141. jun. 104. 116. 164. 175- 185. i93f. 197. 203. 243. Spenoel 971. Spiegel 1050. Spielmann 477. Spiess 652. Spinell! 969. 1088 II. Personenregister. Spinoza 9. 13. 108. 239. 297. 311. 612. 627. 921. 943. Spittler 570. Spitzbarth 631. Sprengel 970. Sprenger 972. Sprikgfeld 476. Sprögel 227. 234. 244. 273. 278. 282 fF. 294- 337- 467- 471- Stägemann 678. Stael, Frau von 538. Staelin 972. Stahl. Ernst, Mediciner 184. 204. 216. 229 f. 236. 238. 440. , Julius 895. Stahr 940. Stanislaus, König von Polen 652. Stapfe, von 175. 185. 243. Starke 150. 153. Steenstrup 972. Steffens 593. 630 ff. 640. 698. 733. 752. 769. 785. 847. 895. 9141'. 927. 965. 967. S T E G M A N N 615. Stein, von, Minister 567. 571. 576ff. 62of. 677. 848. 891. 923. 969. , Frau von 430. 502. Steinberg 42. 62 f. Steinen, von 1040. Steiner 725. 752. 784. 795. 799 f. (Stif- tung). 914- 934- 965- 985- 1036. 1044. 1047- Stein HEIL 721. 1051. Steinthal 870. Stenzel 971. Stenzler 105 1. Stephani, von 654. (jun.) 105 1. Stercky (Sterke) 175. 243. Sternberg, Graf 969. Stewart 607. 653. 968. Stiefel, Frau Charlotte 1006. Stille, von 251 f. 266. 465 f. 472. Stillfried, Frhr. von 969. Stirling 474. Stölzel 879. Stokes 972. 1050. Stosch, Museum 357. St RASBURG ER IO52. Strauss, D. f. 726. Strehlke 721. Strohmeyer 969. Struve sen. 721. 970. — jun. 1051. Stubbs 1052. Stubenrauch 227. 273. 282. 284. 294. 468. Studemund 1030. 1052. Studer 971. Stüler 844. Stütz er 600. Stumpf 989. 1037. 1047. Brentano 996. Sturm, L. Chr. 74. 139. 143. 164. 243. , Hofpredigerwittwe 148. Suabedissen 612. SuAKEz 321. 507. 528. 529. 645. 648. 651. SucRO, J. G. 331. Süssmilch, J P. 294.297. 321. 326. 331. 337- 350- 357- 413 f- 458 ff- 461. 468. 472. 488. 871. 891. SVVERN 576. 598 f 629. 664. 677 f. 716. 743. 749. 768. 851. 858 f. 964. 967. SUHM 254. 257. Sulzer 213. 327 ff. 331. 335. 337 f 348. 351- 357 f- 363 f- 366. 369. 375 ff 378. 383- 391- 393- 404 t'- 408. 411 f. 418. 427. 431. 437. 441 f 445. 447- 451 ff- 454- 458- 467 ff. 472. 488 f 491. 496. SUNDEVALL IO5O. SWAMM ERDAMM 33. SWARZ 654. SWEERTS, VON 260. 472. Sybel, von 972. 983. 986. 989. 1022 f 1035. 1046. 1048. 1049. Sylvester 1051. Tafinger 476. Tassy, de 1051. Taylor 435. Teller 392. 500 f 502 f. 507. 510. 522. 525- 530- 540. 544- 620. 641. 647. 651. Temminck 969. Tempelhoff 399. 500. 502. 525. 560. 569. 635 f 647. 651. Tenore 654. Terrasson 475. Tettau, von 118. 132. Teurer 164. Thaer 536 f 540. 560. 601. 602. 620. 634. 649. 653. 663. 749. 963. 966. 969. Thenard 654. 968. Thibaut 734. 878. Thiebaut 343. 360. 367. 373. 390. 427- 447. 469 f 491- 651. Thierry 848. Thiersch 968. 970. Thilenius 1041. Tholück 929. 932. Thomas von Aquino 9. Thomasius 18. III. 239. 373. 425. Thomson 1051. , Thorlacius 970. Thormann (Thermann) 243. Thorwald sen 725. Thule MEYER, Kriegsminister 224. Thuret 1051. Tiberius 386. Tieck 875. II. Personenregister. los«) Tl EHE MAN N 613. alias 654. 834. 968. TiLESius 654. Tischen DO KF 958. TlTXMANN 613. TOALDO 478. T0BL"EU 989. 1046. TÖLLNER 403. TÖNNIES 706. TÖPLEK 1052. TOLAND 37 f. 132. Tor RES, DE LAS 321. Castellanos, de 475. Torstrick 1032. 1051. TOSCHI DE FaGNANO 476. 478. Tournefort 138. Tour-Rezzonico, Graf de i.a 478. Toussaint 315. 356. 360. 366 1'. 374. 378. 392. 427. 430. 447. 469. 472. 476. Tralles 536 f. 540. 551. 5591. 564- 571- 584. 590 f. 601. 602. 620. 635 f. 646. 649 f. 653. 663. 677. 684. 697. 706. 711. 738. 749. 793 f. 810. 962 f. 966. Breslau 652. Traube 835. 1052. Treitschke, von 662. 66511". 8471". 875. 894. 983. 986 f. 989. 1047. 1049. Trembley 453. 520. 525. 551. 569. 635. 648. 650. 652. Trendelenburg 446. 735. 769. 828. 839. 843 f. 870. 885. 892. 894. 896. 897 fr. 9141". 922. 927 II- 934- 942. 945 f. 947 i- 956 11". 959. 961. 963. 965. 989. 1002. ICH. 1044. 1045. 1047. Tressan, de 322. 344. 348. 475. Treviranus seu. 654. jun. 970. Tkomsdorff 654. Tronchin 476. Trublet 329. 475. Tschebyschevv 105 1. tschermak io52. TSCHICH ATSr'lIEFF 969. Tschirniiaus(en), von 33. 74. 137. Tu L A.SNE IO5I. Turner 1053. TuRi'iN, Graf" 476. TURRETIN 244. TWESTEN 594. 735. Tyciisen 653. Tydeman 654. UCKERT 613. UiiDEN, Gcneralfiscal 227. 290. 294. 298. 472. , Siaatsr;\tli und Arclulolog 578 f. 592. 594 f- 598-608. 650. 653. 663. 683 f. 716. 752 fr. 763 f. 783. 853. 963. 967. Uhland 971. Geschichte der Akademie. I. Ulloa, Don Antonio d' 475. Ulrici, Ardiivar 958. 973. Unger, Ijürgeniieister 476. (Wien) 972. , Kalenderpächter 512. 5201". 524. UrPSTRÖM 972. USENER 900. 1032. 1052. Vaiilen 859 ff". 967. 989. 102911". 1032. 1037. 1044. 1046. Valenciennes 731. 971. Valentin! 164. Valtravers 385. Varignon 117. 208. 209. 337. Varnhagen 537. 565. 661. 668.673. 698. 712 f. 715. 728. 731. 734. 7651". 869 1". 931 f. 936. 939 f". 943. 958. Vasalli Eandi 654. Vater 654. jun. 771. 899. Vatke 726. 769. 854 t". 920. Vaucanson 254. 256. Vauquelin 639. 654. Vega 653. Venturini 476. Verdy du Vernois 394. 510!'. 520. 522. 525 f. 551. 560. 604. 642. 648. 652. Verne, Jules 341. Verneuil 972. Verrier, Le 972. V E R W 0 R N 1 04 I . Vetter 491. Vi BORG 654. Victoria, Deutsche Kaiserin 991. 1017 f". Vielhaben 900. Viereck, von, Staatsniinistcr 21911". 225. 227. 231. 234. 242. 249. 265 r. 26911". 277. 285. 298. 302. 465. 472. ViGNOLES, AlPHONSE DE 4I. IO4. IO7 f. 164. 175. 185. 211. 226 f. 242 f". 250. 269. 273. 283. 294. 471. ViGORS 970. Villaume, Copist 374. , Professor 422. 612. VlLLEFOSSE, DE IO53. ViLLEMAIN 901. 956. ViLLEMARQUE 972. ViLLERME 972. Villers 654. ViLLOisoN 378. 478. ViRCHOW 835. 844. 986. 1038. 1046. Visconti 554 f". 653. 968. ViSCHER, VV. 1051. ViTELLI 1032. 1053. VOCKERODT 266. 271. 331. 472- voeltzkow io4i. Vogel 986. 1025. 1047. VOGTHER 183. Voigt (Königsberg) 972. Ü9 1090 II. Personenregister. VoiT, VON 1053. volckmann i75. 243. volkens io4i. Vollmer 1026. VoLTA 504. 652 f. 803. 805. 807. 968. VOLTAIKE 95. 108 f. 218. 236. 240. 24711". 250 tt". 253 fr. 256 fr. 268. 303. 306. 308. 314. 316. 318 fl". 321. 325. 332 f. 339 ft". 342 fl". 345. 347 f- 351- 353 ff- 356. 359- 362. 368. 373 f. 376 fr. 387 f. 390, 423- 425 f. 429 f. 432 f. 445 f. 449- 462. 468. 470. 473 f- Voss, Heinkicu 554 f. 968. Vota 37. 137. VuiES, DE 1050. Wachsmuth 1052. Wächter 236. 243. w ackern ag el 972. Waddington 105 i. Wagenee, Consul 844. Wagner, J. W., Astronom und Bibliotliekar 212. 226f. 234. 238. 243. 273. 278. 282 f. 294- 331- 471- , Philosoph 549. , Rudolf 971. Wahlenberg 969. Wailly, de 972. Waitz 303. 399. 474. , Historiker 971. 983. 986. 988 f. 995 f. 1046. 1048. VON Eschen 473. Waldeyer 986. 1038. 1044. 1046. Wallies 1032. Wallich 970. Walmesley 474. Walter sen. 383. 392. 443 f. 470. 480 f. 491. 510. 525. 55of. 560. 564. 584f. 587. 602. 620. 632. 634. 647 f. 650. 653. 705. 830. 963- 966. jun. 520. 525. 550 f. 560. 585. 587. 602. 634. 648. 650. 653. 716. 749. 963. 966. Warburg 986. 1047. Warming 1053. W A R T E N B E R G , KoLBE VON , Graf 8o. 96. 118 f. 124. 126 f. 1291". 135. 141. 146. 149. 176. Wassenaer 136. Waser 407. Watelet 478. Wattenbach 984. 986. 989. 996. 1023. 1046. 1048. Weber, Buchhändler 772. , E. 1051. , E.G. 834. 968. 970. , Indolog 658. 870. 914!'. 96of. 966. 983. 989. 1005. 1045. (Strassburg) 1053. Weber, Wilhelm 776 f. 970. 1049. Websky 9851'. 1046. 1048. Wedel, Moritz von 76fl'. 79. 86 1". 90. 92. 96. IOC f. 104. 118. 122. Wegele 875. Weguelin (Wegelin) 327. 368. 379. 386 f. 447. 457 f. 469. 471. 479 fr. 491. 525. 647. 651. Weidler 257. Weierstrass 435. 796. 914 f. 959 f. 966. 984 f. 1005. ioi3f. 1018. 1036. 1044. 1048. Weigel, E. 25. 33. 64 fr. 68. 114. Weil 1053. Weinhold 989. 1027. 1030. 1035. 1037. 1046. Weismann 1053. Weiss 658. 664. 716. 718. 753. 757. 8i6f'. 914 f. 934- 964- 968. Weizsäcker 986. 989. 1046. 1049. Welcker 725. 734. 865. 968. Wellhausen 769. Wende BORN 652. Wentzel, Herm. 1020. He c k m a n x , Frau (ihre Stiftung) ioi9f. 1021. 1034. 1036. Werner, Director der Akademie der Künste 157- 243- , Geologe 442. 500. 554. 578. 640 f. 653. 816. 819. 968. Wernsdorff 474. Wertheim 972. Wet STEIN, Caplan 476. Wette, de 661. 712. Wetstein, Professor der Geschiclite 476. Wh EATON 969. Wll BATST ONE 972. Whitney 1051. Wied, Prinz von 969. Wiedemann (Kiel) 654. (T^eipzig) 844. 1052. in Württemberg 614. Wie LAND 335. 338. 347 f. 404. 407 fT. 504 f. 508 f. 652. Wieseler 1052, Wiesner 1053. WilAMOWITZ-MÖLLENDO RFF, VON IO33. 1052. Wild 1052. Wilhelm I., König von Preussen 940. 958. 990. 1009. 1014 fr. Wilhelm II., K ö 11 i g von Preussen i o 1 8. Wilhelm, Preussischer Prinz (1807) 571. III., König von England 59. Adolf, Prinz von Braunschweig 473- W i L II e L M i N E , Markgi'äfin von Bayreuth 219- 259. 319. 339 f. 1 1 . Personenregister. irmi WiLKEN 654. 679. 681. 688. 713. 716. 745. 75I- 753- 763 fl- 771- 77«- 873 l". 876. 896. 963 <"• 967- WlLLÜKNM)W 510. 520. 525. 551. 560. 564. 581. 584. 601. 602. 636 f. 648. 650. 653. 665. 705. 823 11". 963. 966. WiLLIAMSON IO5I. WiLLISEN, VON 844. WiLMANNS 1028. WiLMSEN 929. Wilson 968. Wim mk k 1052. WiNCKELMANN 357 f. 362. 367. 445. 453. 508. 622 f. 627. 643. 661. 768. 776. 865 f. WiNnilEIM, VON 481. Windischmann 854. 867 f. WiNNECKE 1052. Wipfel, J. J. 331. WlSLlCENUS 1053. Witte, de 971. Rostock 640. Wittgenstein 939 f. Wo H LEU 812 f. 968. 970. Woellnek 393. 496. 500. 502. 503 f. 508. 509. 511. 512. 517 ff. 521 f. 523 f. 525. 529 f. 536. 576. 614. 6151'. 619. 646 f. 651. Wöpcke 900. Wolf, Jo. Cheistoi-h 183. 218. , F. A. 531. 532 f. 560 ff. 563-567. 568. 571. 575 ff. 578. 580. 584. 587. 590. 601. 602. 604. 607. 620. 622 ff. 624 ff. 627 ff. 641. 643. 650. 652. 654. 660 f. 668. 713. 794. 846. 849 ff. 853. 855. 966. 1034. (Wien) 1050. Wolff, Chhistian 18. 117. 227. 232 f. 239 ff. 244. 250 r. 254 ff. 303. 309 f. 312. 319. 322. 325- 333- 373- 401 ff. 408. 4ioff. 416. 428. 432 f- 435- 437 f- 446. 448. 450 H"- 453 il- 460. 470. 474. 492. 546. 548. 611. 616 f. 619. Wolff, Enihryolog 833. Woi.laston 814. Wo L TM ANN 514. wolzooen, von 538. Wood 455. Wrede 614. Wkigut 1051. Wüllner 1052. Wü UTZ 972. Wüsten FELD 1052. Wu NDT 844. wurtz elija u 164. Yates 1051. Zacagni 13. Zach 653 f. Z A C H A R I A E VON L I N G E N T M A I. I O5 I . Z ALUSKI, Graf 475. Zangemeister 1028. 1052. Zanotti, Eustachi US 478. , Franz 477. Zeder 830. Zedlitz, von 373. 388. 473. 480. 500. Zeller 983. 988. 989. 1000. 1005. 1032. 1045. 1049. 1050. 105 1. Z ELT ER 537 f. Zenobio 613. Zimmermann (Theolog) 474. (Medifiner) 478. , VON 654. Zinn 476. Zirkel 1052. ZiTTEL, VON 1053. ZOEGA 554 f. 653. Zöllner 501. 508 ff. 522 610. 616. 641. 648. 651. ZuMPT sen. 752. 774. 851 904 ff. 909. 914 f. 965. 967. jun. 905. 910 I". Zylius 614. 525- 530- 540. 863. 896. 901. Berichtigungen. S. 31 Z. 8 cognitione. — S. 61 Aiini. 3 Januar statt Juni. — S. 161 Anni. Z. 4 ingeniosiores. — S.182 Anm. i Z. 6 streiche das Wort an. — S.185 Z. 5 J.II. IIoff- MANN. — ^-237 Anm. I die Ableitung des Namens »Pottasche" von dem (vhemiker Pott ist wahrscheinlich unrichtig. — S. 243 Z. 11 1". Chauvin. — S. 469 Z. 4 lies 23. Novem- ber. — S. 470 Z. 2 lies ausgewiesen 1792 statt gestorben (ebenso S. 516 Anm. 4 Z. 3 und 8. 525 Anm. 2 Z. 14). — S. 475 Z. 21 Stuttgart. — S. 503 Anm. i Z. 2 lies 1791. — S. 525 Anm. 2 Z. 13 lies 22. November 1791 statt 11. Juli 1790; Z. 15 lies 23. Noveml)er. — S. 611 Z. 9 Wolff's. — S. 653 Z. 4 Hauy; Z. 5 Hin den bürg. — S. 654 Z. 17 v.u. Vauquelin ; Z. 1 1 v. u. Degener a ndo. — S. 716 Z. 9 Boro 1 inenses. — S. 844 Anm. Z. 5 G RISE R ACH. m ji,