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Gefcbichte

des großen dentfchen Krieges vom Tode Guſtav Adolfs ab mit befonderer Nückſicht auf Frankreich.

Verfaßt

von

F. W. Varthold.

Zweiter Theil

von der Wahl Ferdinands III. zum römiſchen Könige bis zum Schluße des weſtfäliſchen Friedens.

Stuttgart. Berlag von ©. ©. Liefhing. 1843.

Druck (auf einer Schnellpreffe) von 3. Kreuzer in Stuttgart.

_— ya Par | / 8, .- N] , ] +. 7 SYD 4 U} 8 #0. - [d

B»orwort.

D. zweite und legte Theil ver Gefchichte des großen deutſchen Krieges erfcheint etwas ſpaͤter, als verheißen war, weil unerwartet der Stoff fich häufte und vie Ausarbeitung eines genauen Inhaltsverzeichniſſes die Ausgabe verzögerte.

Es freut ven Verfaſſer, daß die Tendenz des Werkes, zumal in Süd⸗ und Mitteldeutſchland, mit Beifall begrüßt iſt; einzelner Widerſpruch fonnte nicht ausbleiben, der invefien feiner Entgegnung bevarf, da er erwartet war. Hätte die Hiftoriographbie von Heffen- Kaffel nicht Anſtand genommen, das Leben und Wirken Landgraf Wilhelms und feiner Wittwe Glifabeth zu fchreiben, fo würde der Ver⸗ faffer einer Geſchichte des vreißigjährigen Krieges vom Stanppunfte Des deutſchen Reihes und Volkes aus mit gleicher Polemik aufgetreten fein und neue Waffen zur Behauptung feiner Anfiht vom Gegner entnommen baben. Daß der deutſche Forſcher nicht engher- iger Brandenburger fe, Iehrt vie Weije, wie er dad Ausſcheiden des jungen Kurfürften vom Kampfplage betrachtet. Gr war bemüht, jede Borlicebe zuirgend einem Stamme zu verleugnen, um nur al8 Deutſcher pie Dinge zu ermägen; bemüht, jede Beforg- niß vor mädtigen Nahfommen fcharfgetavelter Ahnen zu bannen, ohne die Hoffnung, von den Enkeln belobter Vorfahren ver-

treten zu werden. So groß ift fein Vertrauen auf die Gefundheit

vi

und Kraft ver öffentlihen Meinung und auf die Geltung ehr⸗ liher Geſchichtſchreibung in der Mitte des neunzehnten Jahr⸗ hunderts! | Die bier berichteten Dinge find alt; aber die Lehre, welche fie pre digen, ift fie unferen Tagen überflüffig? Darum fehließen wir mit ven Worten, melde Eberhard Waflenberg im Jahre 1647 feinen Landsleuten zurief: Expergiscere Germania et Germaniam te reminiscere et Ger- mani Germano animo, ab agone velut, ac ipsa morte vitalem spiritum revocantes, quales sumus, tales exteris nos ostendamus. Ab ipso lapsu et ruina quasi nos erigamus, et Imperium ex Imperio, Ger- maniam e Germania, Rempublicam e Republica, novamque velut Phoenicem avem, qualem olim e cineribus Romanae veteris, nunc, accedente Sole divinae gratise, vel nostris ipsis e cineribus for- memus. Ab hoc Catholicum nihil vel Acatholicum, Romanum aut Lutheranum, technis tanlum nostrorum hostium opportuna nomina, nos amorveal; atque membra, prout sumus, unius corporis, cives unius Reipublicae, Status unius Imperii et Germanos fratres amore mutuo, Allemannos et Germanos, viros totos, viros omues fortitudine, virtute nostra, nos exhibeamus. Multa nempe parentibus et avis, plura tamen communi patriae; sed bono publico et libertati omnia; vitam, sanguinem, cruorem, spiritum, fidem mutuam et con-

cordiam debemus.

Am Heilbrunnen zu Pens, am Gedächtnißtage der Schlaht von Aspern 1842.

F W. Bartbold.

Verzeichniß finnentflellender Druckfehler, die der Verfaſſer und Verleger mit der Entfernung des Erſteren vom Druckorte

zu entſchuldigen bitten.

Erſter Band.

Seite X1 Zeile 2 von unten lies erhält.

» 2 . 2 . 5 6 6 7 10 .

BEBEBNERES

16 v. u. I. Gatherina. 43 v. u. L friedliche.

5». o. I. verlangen. 9% 8. I. Munte.

5». u. tilge (Rupp). 42 v. u. I. Ferdinand II. u. l. Slaffen I.

9 v. u. I. Nachfolgeſtreit. 19 v. u. 1. Kaiſerhauſe.

417 0. 0. I. Lage.

i4v. u. 1. Gaue. 4 v. o. I. Bürgerfähaft. 152. u. 1 dıe. 40 v. u. L uneroberten 8». u. I. Beiträge IV. 4 v. o. I. walofleinfchen. 3 v. o. 1. ungroßmütbige.

- 39 Uchberfgrift I. zur. „42 Zelle 7 v. o. I. Baubiffin.

BIELZSZEEBESISTRE

8

20. o. tilge: gefehen.

13 v. u. tilge: aut. 10 v. u. 1. fette.

12 v. o. l. Herren, die Städte. 19 v. o. I. pflicht. 43 v. 9. I. Solms.

16 v. o. I. 12000.

47 v. o. 1. 60000.

9 v. u. l. der Herren.

13 v. o. L erhaͤlt.

vu. I. Nievdeck.

4 v. u. 1. Gauhes.

7 v. u. u. öfter I. baieriſch. 4». u, I, Zedler

18 v. u. l. Ahrenbav.

46 v. u. l. ermeflenv.

19 v. u. I. Borte.

Seite 84 Zeile ti v. o.

21 April Mai

14 0. o. L. Feſte.

12 v. w. I. fanden, und

27 Zuni 8v. u. l. Tal

2». u. 1. Sameln.

22.01 4 v. u. I. belobte. 41 v. o. I. der Infantin. 43. 14 v. u. I. dem Thore. 42.0.1. daß fie. 14 v. o. l. Tuttlingen. 12 v. o. l. an. 43 v. o. l. Hof. 19 v. o. l. Furth. 5 v. u. I. Kniphauſen. 13 v. u, I, Innsprud. 15 v. u. 1. mußte Feuq. 8». u. I. Buchner. 11 v. u. u. öfter I. Leutmerig. 17 0. o. l. beſchwor. 8 v. u. 1. Ueber vie hefi. 8 v. 0. I. Selfenfeften. 4». u. I. Altona. 15 v. o. I. Dorften. 2». u. I, 1834. 15 v. o. I. 2a Mothe. 12». 0. L Rente. 14 v. u. I, Geſchichtſchreibern. 2». u. I. ou Buiflon. 12 v. u. I. Baſſigny. 44 v. o. I. lauſchenden. 6». o. l. auch der gefährliche Ju.7 v. o. u. v. u.l. Thoren. 10 v. o. I. Bene. 17 v. u. I, Avain. 15 v. u I. Volvaͤn.

VII

Seite 352 Zeile 15 v. u. l. anlangten.

353 354

41 v. u. 1. Stabt- Bergen. 4 v. u. |. Fordinandi IL 32. u L Hug. Br.

44 v. 0. L welden.

17 v. 0. I. v’&scarb.

Zweiter Band.

Seite 21 Zelle 12v. u. 1. Bielke, Oxenſtſernab.

94 131 173 178 184 189 269 316

332 343 401 04) 42

6». m. I, Oberften

12 v. u. l. Micraeliu.

2 v. u. L Bevollmädtigten. 44 v. 0. 1, feines.

42 0. o. l. fab.

410 x. u. I, Gentilhomme tres. 17 v. o. l. erimarteten.

5 v. u. I. faisoit,

15 v. u. l. Unmuthig.

10 v. o. I. Wittſtock.

40. o. l. von Werth. 12 v. u. I. an die Leine.

43 v. 0. 1 beharrte Johann

Georg.

Seite 382 Zelle 20 v. o. I. Bontrailles.

383

19 v. u. l. Re.

19 v. u. I, Fontrailles. 45 v. 0, I. Verſuche.

16 v. o. I. Cyriaksburg.

"Seite 444 Zeile 10 v. o. I. achtete man.

58 537

6 v. u IL, Hatte,

3 v. 0. I, Wirtemberg. 2». u. I. Momeites, 10 v. o. l. zweimal 1647. 42 v. u. L beförbere. 410 v. u. I. Maximilian. 49 9. u. 1. Niederheſſen. 8». u. I. Konftabler. 13 v. u. I. Pac. 412 v. o. I. Berbun.

18 v. u. I. anlangte. 4v. u. 1. Aulaire.

SIubalt des zweiten Bandes.

Bweites Pud, j Schluß.) Aqhtes Kapitel.

Richelieu’s Kriegsplan für 1637. _ Hermannflein von Johann von Werth belagert und erobert. Baner in Kurfachfen. Tod Raifer Ferbi- nands IL Des Herzogs von Lüneburg zweibentige Stellung. Flucht dee Landgrafen Wilhelm nah Oſtfriesland. Sommer 1637.

Nenntes Kapitel.

Baner weicht vor Ballas von Torgan bis Hinter die Ober. Juli 1637. Einfall des kaiſerlichen Heeres in Pommern und Rückzug ber Schweden in die Hanptfeflen. December 1637. Fall ber von Baner eroberten Städte an ber Elbe. Angriff des Landgrafen auf Oſtfriesland md fein Tod. September. Politiſche Schlauheit per Wittwe. December 1637.

Zehnted Kapitel,

Feldzug der Franzoſen in ber Breigrafichaft. Der Herzog von Rohan verliert das Beltlin. April 1637. Bernhard in Paris (Juni 1637) und in der Freigraffchaft. Johann Ludwig von Erlach. Bern: hards Rheinübergang. Auguſt 1637: unglüdlide Kämpfe gegen Johann von Werth und Rückzug auf Delsberg. October. Johann von Werth, Meifter des Rheinſtroms. December 1637. Ramſays Frevel in Hanau und Untergang. Cberhards Mänfe wegen Hohentwiel. Allgemeiner Stand der Dinge. Unterhanblung über den Frieden. Graf dAvaur in Hamburg

Seite

21

43

X

Eilftes Kapitel, Bernharb von Weimar und der Graf von Avaux, Herfleller nes Waffen-

glücks beider Kronen durch bie Schlacht von Rheinfelden und das Hamburger

Bündniß. Mürz 1638

Drittes Pud.

Bon der Schlacht bei Mheinfelvden und dem erneuerten Bündniſſe Schwedens und Frankreichs bis zur Annahme des vorgängigen Vertrags zur allgemeinen Friedensverſammlung in DMünfter und Osnabrück durch den Kaifer. 1638

Sommer 1642,

Erftes. Kapitel.

Bernhards Fortſchritte am Oberrhein. Breifah. Johann von Werth in Paris. Guebriant bei Bernhard. Graf Goͤtz als kaiſerlicher Oberfelvherr am Rhein. Kämpfe um Breiſach. Zuſtand der Heere. Nieverlage bei Wittenweier, 9. Auguſt 1638. Johanns von Werth Aufnahme in Bari

Zweites Kapitel.

Baner und Gallas in Pommern und Medlenburg. Gallas weicht an die Elbe. October 1638. Falfchheit der Landgräfin von Heflen während des Stillftandes. Verfuche bes Pfalzgrafen Karl Ludwig fich feftzufegen. Niederlage deſſelben bei Vlotho. 17 October 1638. Bernharbs Mühen vor Breiſach. Anerbietungen des Kaifers. Bernhards Siege bei Tann und in den Linien vor Breiſach. October 1638. Goͤtz in Ungnade. November. Eroberung Breiſachs. December 1638. Rüdblid auf die Greignifie am Schluß des Jahres.

Drittes Kapitel.

Daners Ginfall in Sachfen und Böhmen im Sommer 1639. Bolitit der Landgräfin. Barteiwechfel Georgs von Lüneburg. Königsmarf.

Seite

71

101

129

XI

Hapfeld in Böhmen und Meißen gegen Banor. Herbft 1639. Herzog Bernhards Feldzug in die freie Grafſchaft. Spannung mit Frankreich wegen Breiſach. Pläne für fi und für Deutfchland. Verrath Erlache. April, Mai 1639.

Viertes Kapitel.

Bernhard und die dritte Partei. Sieg Piccolominis bei Diedenhofen. Juni. Der Lothringer wankt. Bernhards vorgebliche Unterhandlungen mit Guebriant. Juni. Bernhards Tod. 18. Juli 1639. Frankreich erfauft die Erbſchaft Bernhards, deſſen Heer und Breifach durch Erlach. 9. October 1639. Schidial des Pfalzgrafen. Die Brüder von Weimar.

Fünftes Kapitel.

Die Landgräfin von Heflen nimmt den prager Frieden an und fchließt glei darauf ein Bünbnig mit Frankreich. Baner unthätig in Böhmen. Friebensverhandblungen durch Dr. Oswald. Herbſt 1639. Schup- bünbnig Heflens und Lüneburge. 30 October 1639. Piccolomini und Hatzfeld auf Böhmen. December. Baner Hülfs und rathlos. Die Weimarer in der Rheinpfalz, November und December, und Rheinübergang um Neujahr 1640. Allmälige Aufhebung des Gleichgewichts

Sechstes Kapitel.

Das franzöfiich-weimariche Heer am Mittelrhein und in Heſſen. Bündniß der Landgräfin. Baner durch Piccolomini und Erzherzug Leopold Wilhelm ans Böhmen verdrängt. Anfchluß an Georg von Lüneburg. Bereinigung der bunbesgenofflichen Heere. Lager um Saalfeld. Un; einigfeit der Verbündeten und Abzug. (Juni 1640.) Melanver verlägt den Hefflihen Dienf. Noth und Iwietracht der Verbündeten. Auf⸗ Rand der Weimarer. Lager vor Fritzlar. Baners Leichtfinn und Flucht nach Niederfachlen. September 1640.

Siebentes Kapitel,

Krieg in Schlefien 1640. Winterquartiere des Faiferlichen Heeres. 164%. Rofen und Brebomw bei Ziegenhain. November. Elſaß frans zöftfche Provinz; Hohentwiel. Richelieus Pläne in Artois, in Piemont, in Katalonien und Portugal. 1640. RKeichstag zu Regensburg. Hippolithus a Lapibe.

Seite

163

192

224

239

275

Ali

Achtes Kapitel.

Bedrohung des Reichsſtages zu Regensburg durch die Waffen Banèrs und Quebriante. (Januar 1641). Trennung ber Heere. Berlufte Baners auf der Flucht nah Sachſen. Tod Georges. Verzweiflungs- volle Lage der verbündeten Heere. Tod Banerd. (20. Mai.)

Heuntes Kapitel.

Aufftand im Heere nad) Baners Tode. Ungetreues Spiel des Heeres und der Bundesgenofien. Kampf um Wolfenbüttel. Juni 1641. Tod Arnims. Groberung von Zwickau und Görlig. Verfall des Heeres Stälhandsfes. Waffenftillftand des getäufchten jungen Kurfürften von Brandenburg. Suli 1641. Berufung Linnarbs Torftensfon zum ſchwediſchen Generaliffimus in Deutfchland. Erneuerung des ſchwediſch⸗ franzöftfchen Bünbnifles

Zehntes Kapitel.

Fortdauer der Gährung im ſchwediſchen Heere und unter ven Ber: bündeten. Aufbruch derfelben von Wolfenbüttel. September 1641. Goslarer Friedensverhandlungen. Lager bei Sarftebt, September bis November, unter den Groberungen Piccolominis und Hatzfeld. Das Reichöheer geht in bie Winterlager. Torjtensfon kommt zum Heere. November 1641. Neue, unfichere Verbindung mit Ferdinand von Gelle und Chriftian Ludwig von Hannover. Rüdgang der Weimarer an ben Rhein. Unternehmungen der Branzofen während des Jahres 1641. Trugfviel Richelieus und des Lothringere. März. Aufftand und Tod des Grafen von Soiſſons. Juli. Kampf um Aire (December). Schluß des Reichstages zu Regensburg. Allgemeine Ueberficht beim Schluß der Friedenspräliminarien. 25. December 1641.

Eilftes Kapitel.

Sieg der Beimarer und Heſſen bei Kempen, 17. Sanuar 1642. Fortfchritte am Niederrhein. Hapfeld zu Hülfe gerufen. Cinq⸗Mars Verſchwoͤrung eingeleitet. Auswechlelung Guſtav Horns und Sohanne von Werth. Torftensfon nach dreimonatlicher Ruhe in der Laufig und Schlefien als Eroberer Bertrag zu Goslar mit den Guelfen. April. Das große Lager der vier Heere unweit Zons, Sommer 1642, Der Kaiſer beftätigt zoͤgernd die Friedenspräliminarien. Juli 1642,

Seite

290

318

341

376

xIm

Piertes Bud.

Bon der Beftätigung des hamburger Präliminar⸗Friedens⸗ vertrageö, 22. Juli 1642, bis zum weſtfaͤliſchen Frieden.

Erftied Kapitel.

Johann von Werth und Guebriant anı Rhein. Guébriant in Nieder: ſachſen. Torftensfons Sieg bei Leipzig, 2. November 1642. Ruheſtand der Guelfen. Guebriant am Main; Torfiensfon vor Freiberg. Sieg und Tod Richelieus. December 1642.

Zweites Kapitel.

Die Verſuche Guebriants, in Schwaben vorzudringen, durch Mercy vereitelt. Krühling 1643. Guebriants Noth. Torftensfons ungünftiger Feldzug. Veränderungen am Hofe vor und nach Ludwigs Tode. 14 Mai. Sieg Enghiens bei Rocroir. 19. Mai. Vergeblicher Feldzug Gue- briante im Sommer. Gnghien erobert Diedenhofen. Sieg Mazarins über die Importants. (September). Enghien und Ranzau zu Guebriant. Oktober. Rheinübergang Guebriants und Ranzaus. November 1643.

Drittes Kapitel.

Stand der Eriegerifchen Berhältniffe im Spätherbfi 1643. Torſtens⸗

fon aus Schleſten zum bänifchen Feldzuge berufen. Belagerung von Rothweil. Niederlage des franzäfiichsweimarichen Heeres bei Tuttlingen und Tod Buebriants, 27. November 1643. Eröffnung der weftfälifchen Frievensverfammlung, April 1644. Kriegsrüflungen des Reiche. Rüftungen Frankreichs. Kampf um Freiburg, 3—5 Auguſt 1644. Berlufte am Mittelchein. Berfall der Faiferlihen Waffen. Gallae’ Mißgeſchick an der Nieberelbe. Dänifcher Krieg. Mercy wieder am Rhein, Herbſt 1644.

Viertes Kapitel,

Auflöfung bes Heeres Gallas’. Torftensfon in Böhmen. Schlacht bei Jankau und ihre Folgen, 6. März bis Auguſt 1645. Turennes

Stite

411

436

465

xIv

Niederlage bei Mergentheim und Rettung durch die Heflen. Enghien ale Rächer geſchickt. Suli 1645. Der Tag von Allerheim. 3. Auguft 1645. Schwanfende Gefinnung Marimilians durch den Erzherzog be endet. Torftensfons Abzug aus Defterreich. September 1645. Turennes Flucht an den Rhein. October. Amalia Blifabeth erobert Marburg. Königsmark zwingt Sachfen zur Neutralität. Torftensfon legt den Ober: befehl im Felde nieder. December 1645.

Fünfte Kapitel.

Eröffnung ver Priedensverfammlung. Beleivigende Schritte ber franzöflfchen Geſandten. April 1644. Befreiung des Kurfürften von Trier. April 1645. Hochmuth der Franzofen und Zwiſtigkeit unter einander. Erſte Forderungen der beiden Kronen. Juni 1645. Ankunft Srautmannsdorfs in Münfter. December 1645. Einnahme von Trier durch Turenne. Die Replik vom 7. Januar 1646. Allmälige Ausgleihung in Bezug auf die Entſchädigung. Frankreich betrügt Baiern um feine Zufage

Sechstes Kapitel.

‚Matter Feldzug im Jahr 1646. Wrangel aus Böhmen verdrängt. Graf Holzapfel im Dienfte des Reiches. Kampf um Heflen. Frank: reichs Yalfchheit gegen Baiern. Turenne mit Wrangel vereinigt auf bie Donau. Auguft 1646. Baiern bedroht. Entſatz von Augsburg. Dctober. Einleitung zum Particular-Waffenftilliftand zwifchen Frankreich und Baiern. Winterquartiere der Schweden in Oberfchwaben und an den Alpen. Mißgefchid in Heffen. Ende 1646. Sieg ber franzäfifchen Bolitit in Deutfchland unter den Vorzeichen innerer Kriege. 1647.

Siebentes Kapitel.

Ulmer Waffenſtillſtand zwifchen Frankreich und Baiern. 14. März 1647. uUnmuth ber baierifhen Heerführer und Ungewißheit ihrer Pfliht. Mainz und Darmftabt entwaffnet. Graf von Holzapfel, Faiferlicher Ober: feldherr. April 1642. Abfall Johanns von Werth von Marimilian. Suli 1642. Aufnahme beim Kaifer u.

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502

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545

563

XV

Achtes Kapitel

Melander von Holzapfel ftellt das Faiferliche Heer wieder her und Hält den Feldmarſchall Wrangel in Böhmen auf (September). Frankreichs Roth um Flandern. Abberufung Turennes. Aufſtand der Weimarer (Iuli 1647). Die Rofen. Aufkündigung des Stillftandes von Köln und Baiern (Auguft und September). Marimilians neues Bündniß mit Ferbinand. Ungnade Johannes von Werth. Oktober 1647

Neuntes Kapitel.

Falſche Politik Marimilians während feiner Vereinigung mit dem Kaifer. Roth und Flucht Wrangels (Oktober, November 1647). Angriff anf Rieberhefien. Rechtfertigung Holzapfels (November, Dezember 1647). Rückzug Holzapfels aus Heſſen durch Schuld der Baiern. Januar 1648. Geſtrafte Halbheit der Baiern. Turenne und Wrangel an ber Donau. Mai 1648. Tod Holzapfeld bei IZusmarshanfen. (17. Mai 1648.) Auflöfung des kaiſerlichen und baierifchen Heeres. Rache an Baiern. Gehäuftes Nißgeſchick des Reiche bis Auguft 1648. Koͤnigsmark vor Prag. 26. Zul. Sieg Enghiens bei Lens. 20. Angufl.

Zehntes Kapitel.

Sohann von Werth, Piccolomini und Enfevort an der Spike bes Ietten kaiſerlichen und baieriſchen Heeres. Auguſt 1648. Turenne und Wrangel weichen aus Baiern. Oltober. Hirſchjagd von Dachau. 6. Oktober. Die Friedenskunde ereilt die Feldherrn außerhalb Baiern. Günſtiger Stand des Krieges für Kaiſer und Reich zur Zeit des Abſchluſſes bes Friedens. Theilung Deutfchlande. Genugthuung ber fremben Heere. Ohnmacht der kaiſerlichen Gewalt. Sorge, welche beide fremden Kronen zur Unterzeichnung treibt. 24. Oftober 1648.

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589

604

621

Anmerkung. Da der Umfang dieſes zweiten Theiles ſchon zu ſehr ange⸗ wachſen iſt, verweiſen wir wegen des (II, 128) verſprochenen Anhanges den Leſer auf: Le Tresor des plus bellos ohansons sur les plus beaux airs de Cour, Troyes. s. a. 16 p. 193; ober da biefe Sammlung fehr felten it auf O. B.

Wolffs altfranz. Volkslieder.

Achtes Kapitel.

Richelien’6 Kriegsplan für 1637. Hermannflein von Johann von Werth ber lagert und erobert. Baner in Kurfachlen. Tod Kaifer Ferdinand's IT. Des Herzogs von Lüneburg zweibentige Stellung. Ylucht des Lands grafen Wilhelm nah Oſtfriesland. Sommer 1637.

Die Betrachtung der Kriegsereigniffe, deren fühlbare Folgen mit dem Anfange des Jahres 1637 auf dem franzöfifchen Staate lafteten, nöthigte den Karbinal, ‘um fih vor fich felbft zu rechtfer⸗ tigen, zu dem demüthigen Befenntniße, daß, wenn auch die Weisheit der Könige eine ahnende (divine) genannt werben fönne, weil fie die Zufunft vorher ahnen, dennoch die menſchliche Klugheit ein fehr ' unvollfommened Ding, und zumal vom Glück abhängig ſei.“ Nach menſchlicher Vorherfiht waren die vielfahen Angelegenheiten des Staates im vergangenen Jahre vortrefflich geleitet worben; aber beffenungeachtet mußten die wärmften Anhänger Richelieu's geftehen, ' dag die Wahl Ferdinands I. zum römischen Könige eine entichies dene Rieverlage der franzöfifhen Politik bedeute, daß die drohenditen Gefahren für das Königreich nur eben zeitweife abgewandt feien, und daß Die Gazette de Paris feit der Schlaht von Avain nur günftigen Waffenerfolg über den Duc de Rohan melden könne, defien Thaten noch in demfelben Jahre höchſt ſchmachvoll enden follten: Außer dem Berlufte fat affer feften Haltpunfte in Deutfchland und der Verwüſtung der öſtlichen Provinzen beunruhigte den Kardinal das offene Zerwürfniß mit den beiden Prinzen, und che er des⸗ halb den inneren Sturm durd) feine gewandten Günftlinge und durch überrafchende Gewalt zeitweife beſchworen, und gegen den Grafen von Soiſſons in Sedan ſich ſicher geftellt, ? konnte er nicht an bie Fortſetzung des Krieges auf allen Tummelplägen deſſelben denen. Die veränderte Anficht des jungen römiſchen Königs über die Maas⸗ nahmen zum NReichöfriege, ‚welcher zunächft die Rettung des Kurfürften von Sachſen und die Vertreibung der Schweben durch das Hauptheer

ı Rielien IX, 324 ff. 3 Daf. IX, 327 381. Montglat I, 148 ff. BSarthold, Geld, des Miähr, Kriegs. IL 1

2 Bernhard in Barie.

forderte, das monatlange, ungewiſſe Echwanfen der Pläne, welches begreiflicyerweile nad) dem Tode Ferdinands II. (15. Februar 1637) eintrat, ließen dem Kardinal Ruhe, die Angriffswaffen auf feine Gegner wieder zu rüften, und das Frühjahr fah daher kaum er⸗ wähnenswerthe Unternehmungen auf der burgundifchen und lothrins gifchen Seite, während Baner faft vom Reichsboden und der Landgraf aus der Heimath für immer weichen mußten.

Kicht minder befhäftigte die Sorge um Bernhard, welcher, in offenfundiger Feindſchaft mit dem geiftlihen Mitfeldherrn, ftatt den Herzog Karl von der Saone zu verfheudhen, den Winter über fein räuberiihe® Heer auf franzöfiihem Grund und Boden, in des Kardinal Winterlagern, haufen ließ, dem Hofe grollte über ven Vorbehalt Zabernd und Hagenaus, und weil feine fleigenden Geld⸗ forderungen nicht erfüllt wurben; und nach mehrfachen Zwifchenreijen feines Kammerherrn von Truchfeß den Kardinal zwang, ibn durch eine eigene Gefandtihaft un den Hof einladen zu laffen.

Entichloffen den Ränfen des Minifterd und feinen Gegnern bie Stirne zu bieten, übertrug Bernhard dem Oberften Chm die Aufficht über feine Schaaren, welde von Neufchateau bis Clermont en Argonne auögebreitet waren, und brad) am 5-5 nad Paris auf. Sn unheimlihem Widerſpruch mit den Ehren, weldhe auf Richelieu's Befehl alle Töniglihen Beamte, Städte, Behörden, der Adel, die Geiftlichfeit dem reifenden Fürften erwieſen, fauften beim Einzuge in Chaumont dem herzoglichen Gefolge die Kugeln um die Ohren, welde, angeblich zufällig, die Bürger in ihre Feuerröhre beim Feſtgruße geftedt hatten ;? am Zn mit dem Prinzen Roderich von Wirtemberg und dem proteftantifhen Markgrafen von Baden in Paris angelangt und im Hof der Schomberge, jened hoch um Valois und Bourbon verdienten Heldengeſchlechts, beherbergt, unters prüdte der Sachſe feinen Kaltfinn gegen den König und Hof nicht, welcher durch Brunffefte, angeftellt um die Verſoͤhnung mit Gafton von Orleans zu feiern, feinesweges verfiheucht wurde. Bedenklicher machte die Erfüllung feiner Wünfhe, welde auf Deutichland und auf feine betrogenen Bundesgenoſſen gerichtet waren, das entfeplich wilde Betragen des weimarfhen Heeres, welches wähtend ber viermongtlichen Abwefenheit des Feldherrn fi mit Gewalt in bie

ı Röfe II, 130 fj., der weitläuftig diefe Händel erzühft. 3 Daf. IT, 140.

Johann von Werth und Marimilian. 3

Champagne einlagerte und das gehaßte Chaumont im Maimonat faft wie eine feindliche Stadt erflürmte. '

Aber unter den verwidelten Vorbereitungen zum neuen Feldzuge drohete unausbleiblih der Verluft des Hermannfteind und Hanaus. Nachdem der Marquis de St. Ehamont, feit dem mefeler Bertrage noch am Niederrhein gefhäftig, umfonft bei Holland um Hülfe ger worben, faßte er den Fühnen Entfchluß, einen bedeutenden Borrath m die geängftigte Yefte zu werfen, ? deſſen Ausführung zu begün⸗ figen ſchien,“ daß Habfeld8 und Götz's Heere im Januar über Hefien und Weftfalen dem elbwärts weichenden Bandr nachrüdten. Als der franzöfifhe Spüher demnach fiher war, bis auf wenige hundert Reuter fei die Umgegend von Koblenz geräumt, und Johannes von Werth müde Schaaren fuchten längs der Mofel Erholung, vertraute er feinen Anſchlag dem Hefien Melander, der von Weſel aus fih noch nicht hatte mit feinem flüchtigen Fürften verbins den fünnen. Die feft überfrorenen Straßen verhießen raſchen Fortgang, ohne die Wachfamkeit des baierfchen Feldherrn.

Obgleich Johann von Werth nicht verfehlt hatte, jeden beveu- tenden Bortheil über den Reichefeind dem Kurfürften in Briefen zu berichten, welche, ſchon von Adfzreitter * benugt, noch im münchener . Archive fih vorfinden, fo mußte er doch erfahren, daß fein ruhm⸗ voller Reuterdienſt in der Pikardie von Marimillan ald ein „unges heißener“ nicht gnädig aufgenommen wurde. Durch Neider verklagt, erhielt er einen Verweis „wegen nicht gehaltener Difeiplin und ruinirter Infanterie,” antwortete aber gereizt aus Köln, „weil er fähe, daß einige ihn gerne in Ungnade bringen wollten, wolle er gern quittiren und dem Kurfürften aufwarten.” 5” In Sorge um den Berluft des tüchtigen Mannes ertheilte ihm der Kurfürft darauf die Verfiherung: „er fei nicht in Ungnade, er folle eifrig contis nuiren,” und feste eigenhändig hinzu: „dann ein General wohl Macht hat, feine untergebene Generalöperfonen über ein und ans dereö mit ihren Berichten zu vernehmen.” So ging Werths Aben- teuer ohne Ahndung vorüber, es mochte ihm aber auch der alte

Hug. Grot. ep. 789. Roͤſe II, 141. Richelien IX, 389.

Theatr. Europ. Ill, 798.

Adigreitter III, 344, 352,

Münchener Archiv und bei Weflenrieber n. a. O.

40

4 Johanns von Werth Hochzeit.

Kaiſer vertreten, deſſen Wille das höcfte Gebot war.‘ Auch der Karvinalinfant ſprach dur einen Botſchafter in Regensburg den Wunſch aus, den Faiferlihen Heerführer lärtger unter feinen Fahnen zu behalten; doch da die Niederlage bei Wittftod eine Aenderung des Kriegsplans nöthig machte, fo finden wir Johann von Werth noch mitten im Winter auf reifigem Zuge, um das Panier des Kardinalinfanten zu verlaffen, ohne daß er ſich der Winterquartiere im lüttiher Lande fonderlih erfreuen durfte? Bei Huy an ben Grenzen liegend, begehrte er den Durchzug durch das Bisthum, welchen ihm aber die NReichöftänter, nad) ihrem füngft mit dem Kur: fürften von Köln getroffenen Vergleiche, nicht geftatteten. Nahe daran, dag ihn das wechfelnde Kriegsgeſchick aus den Niederlanden nad) der Elbe würfelte, um Bandèrs fiegreihen Fortfchritten mit Hatzfeld vereinigt zu begegnen, wurde er durch ein Faiferliched und Furbaier- {ches Gebot den Rhein aufwärts gefordert, um zu Götz im Hefftichen zu flogen, und machte ſich deshalb durch die Eiffel nad) Andernad) mitten im Winter auf den Weg. Ehe er jedoch nad kurzer Raft im trierfchen Stifte mit Götz ſich vereinigen konnte, und mit einer häuslichen Angelegenheit befhäftigt, gab ihm Glück, Kühnheit und ſcharfes Auge eine neue Gelegenheit, einen Reuterftreih mit bem günftigften Erfolge auszuführen, und jeden etwanigen üblen Eindrud beim Kurfürften vom Sommer ber gänzlich zu vertilgen. Johann von Werth befand fih in Köln, feinem Lieblingsaufenthafte, und gedachte einige Tage der Ruhe zu pflegen und mit ver früher er- wählten Gefährtin feines Lebens fich zu vermählen; ° er der Bauern» fohn mit der Gräfin Spaur, aus alttirolifchem Geſchlechte, deren Bater, Herr von Zlavon, Valoer, Burgftall, Erbfchenf von Tirol, ein Wappen führte, das unter den Visconti und Carrara geglängzt hatte. Unter der Hochzeitfeier wurde ihm gemeldet, St. Chamont beabfihtige durch Melander und den Oberften Durmenftein mit eilf Fähnlein Reutern und vierhundert Musfetiren Hermannftein zu entfegen, und dem bereits ind Außerfte Elend gebrachten Franzoſen auf hundert und funfig Wagen allerlei Lebensmittel, zum Theil aus Holland zuzuführen. Der Diplomat gründete die Hoffnung ded Gelingens befonders auf des Neuvermählten hochzeitliches ı Hug. Grot. ep. 718.

2 Theatr. Europ. III, 739. 2 Diefe Notiz aus Riche lien IX, 391. Hormayr Taſchenbuch 1840, 179.

Sohann von Werth vor Hermarhjlein. 5

Behagen und wollte felbft den Zug mitmachen. Melander dagegen: war vorfichtig und bevenklich; berechnete die Entfernung des Weges von Dorften bis Hermannftein und die möglichen Hinderniſſe ander 8 als der unfundige Franzoſe; nichts Gutes ahnend, ließ er ſich end⸗ lich die Verfiherung geben, daß alle Unfoften, die Losfaufung der heffiihen Truppen, von Frankreich bezahlt würden, übertrug feinem Oberſt⸗Lieutenant Durmenftein die Führung, lehnte dagegen die Beglei- tung des Gefandten ab, „weil es dieſem an Bequemlichkeit auf dem Marſche gebrechen könne, und foldhe Gefellfhaft überhaupt ein Berftoß gegen den Kriegsbrauch ſei.“ So madte fih denn jener Oberft- Lieutenant am 23. Januar mit achtzig hochbeladenen Magen von Dorften auf den Weg und wähnte unenibedt an Köln vorüber gefommen zu fein. Aber Johanns von Werth Serlegeraufs merfjamfeit war durch den neuen Cheitand nicht eingefchläfert; im geheim, ohne Säumen, vol Zuverficht verließ er mit achtzig Reutern Mittwohs Naht den 28. Januar Köln, ? fehte bei Engerd über den Rhein, und befahl dem Obriften Neuneck alle bier und da im Weſterwalde zerftreut liegenden Batern zufammen zu ziehen, Kaum waren einige hundert Reuter und Musketiere beifammen, als die Nachricht einlief, die Hefien feien in der Nähe, nachdem Regen wetter und. tiefe Wege ihren Marfch, ven Nichelieu, der Kapuziner und St. Chamont als ein Werk dreier Tage betrachtet, verhindert. Eicher zogen die Heflen ihrer Straße und nächtigten am 29. Januar eine Meile vor der Feſte, ungeachtet, nach Richelieu's Bericht, der franzöfifhe Geleitömann Violle d'Athis, fi erboten, die Wagen ſogleich hinaufzuführen. Der beifiihe Führer, ded Weges am engen Etrombette, zumal zur Nachtzeit, unfundig, wollte feinen Zug nicht in Gefahr fegen, und fchalt, daß die verheißene Mannſchaft aus der Feftung nicht unten zur Stelle fei, fo wie oben der Chevalier de Mondejeu mit dem Kommandanten de la Saludie zanfte, weil diefer feiner muthigen Erbietung, mit funfzig Musfetieren die Zufuhr hinaufzuholen, entgegen war. Erft gegen Tagesanbruch ſchickten bie Heſſen einen Lieutenant hinauf, um zu ihrem Empfange alles bereit zu halten, und damit fie im Falle eines unvorbergefehenen Angriffs unter dem Schuge der Kanonen heranrüden Tönnten. Schon frohlodten s Ricpelieu IX, 393.

2 Flor. Germ. 460. Theatr. Europ. DI, 747. Nplgreitt. IN, 953. Richelieu IX, 390 393.

6 Die Heſſen geſchlagen vor Hermannſtein.

fie unter Freudenſchüſſen über ihr geglücktes Unternehmen, als fie plöglidy beim Dorfe Orenzhaufen hinter einem Berge die weglagerns den Reuter wahrnahmen, und im Angefihte der Feftung mit Uns geftüm auf fie einfallen fahen. Eilig ließ der heffifche Anführer eine Wagenburg ziehen, und empfing die Auflauerer mit harten Stößen; aber Johann von Werth erneute, voran den Degen in der Fauft, den Angriff, warf die vor ver Wagenburg aufgeftellten auseinander, hieb hundert Mann nieder, trieb Alles in die Flucht und zog ſich mit dem gefangenen Obrift-Lieutenant und dem Refte der Lintergebes . nen befielben, mit dem Sieur Violle d'Athis und der ganzen Lebens; mittelzufuhr anf Montabaur. Mit Sammer fahen die ausgehun⸗ gerten Franzoſen vom Hermannftein ihre legte Hoffnung vernichtet, bis auf den Bang von funfzehn Pferden; frifteten fich mit dem einges ſalzenen Sleifche derfelben vor dem Tode, und konnten fo wenig Johannes yon Werth ſchnelles Erfcheinen begreifen, daß fie den General Melander befihuldigten, ' er habe jenem in Köln heimliche Kunde ges geben; wie denn auch der Kardinal den Stellvertreter des Heſſen bes züchtigt, von froftharten guten Straßen, unnöthigem Säumniß fpridt gleichwohl aber die Koften des mißglüdten Unternehmens zahlen ließ. Du zumal den Kurfürften von Mainz und Köln an der Wieders gewinnung ber für unüberwindlich gehaltenen Bergfefte gar viel gelegen war, und Johann von Werth, * einmal am Mittelrheine, im Heere Hatzfeld's oder Goͤtz's entbehrt werden Fonnte, beauftragte ihn Marimilian mit der engen Einſchließung derſelben. Die fran- zöfifchen Befehlshaber de la Saludie und ve Buſſy, obgleih im Zwiſt mit einander, und ſich gegenfeitig die Schuld der vereitelten heſſiſchen Hülfe beimefiend, Fannten die Wichtigfeit ihres Ortes, und ertrugen mit bewmunberungdwürdigem Muthe den unfäglichften Mangel, in der Hoffnung eines baldigen Entfages. Aber weder von de la Vulette noch von Herzog Bernhard war etwas zu hoffen, zumal wie erzählt wird, Pater Joſeph, um den Kardinalshut davon zu tragen, bie rheinifchen Kurfürften nicht zu fehr erbittern wollte. Johann von Werth begnügte fich anfangs die Feſte von beiden Seiten des Stromes einzufchließen: mit der furdtbaren Roth ver Befabung befannt; ı Quebriant 74. Richelieu IX, 393. Khevenhiller XI, 2187. Jede Anklage ſchwindet, wenn wir den aufgefangenen Brief des Chevalier Mons dejeu-(Montegeu) Th. Eur. II, 780, an Et. Ehamont Iefen, welcher die

Urſache des Berlufies dem ©. de la Saludie Beilegt. 2 Gualdo 446,

Belagerung bes Hermannſteins. 7

obenein erſchwerte Die Lage des Bergſchloſſes eine regelrechte Belagerung. Ungeachtet feiner Eorgfamfeit und Strenge fonnte er einen gefähr- lichen Handel waghalfiger Landleute nit hindern, welche auf ver- borgenen Felſenpfaden den Belagerten allerhand Lebensmittel zuführten ; fhon lehrte die täglich wachfende Noth den Efel vor widernatür⸗ licher Rahrung, vor Hunden, Katzen, Ratten und Mäufen verliug- nen. Angelegentlicher, als die franzöfiihen Heerführer nahm fich Jakob Ramfay in Hanau, der Berrängten an.! Als St. Chamont die Befehlähaber der Feſte auf die Möglichkeit, von Hanan aus zu Wafler verforgt zu werden, ald auf das einzige Rettunge- mittel, vertröftete, fchlich fich Fed der Chevalier de Pichon dorthin ? and erlangte für fein eigenes Gelb fo viel Nothbedarf, als Ramfay ſelbſt entbehren Fonnte. Den liftigen Anichlägen ded Schotten glüdte ed, zwei Schiffe mit Lebensmitteln, unter der rothen burgundifchen

Kreiflagge, mit verfappten Mönden am Steuer, unvermerft an -

Frankfurt und Mainz vorüber nah dem Hermannftein zu fchiden, (13. April) und für einige Zeit die Elenden vor dem Hungertode zu bewahren. Durd den glüdlihen Erfolg ermuthigt, verfuchte der Schotte ein zweited Wagſtück der Art, welches aber nahe dem Gelingen zwifhen Mainz und Bingen an der Wachſamkeit der Rheinzoͤllner fcheiterte. Die Erfindung macht dem Schlaufopf Ehre: ° die geladenen Lebensmittel galten für Güter, welche dem Dompropfte in Mainz, Metternih, zuftanden, und von den Befitungen des Prälaten bei Afchaffenburg kommend, bisher in Hanau in Beſchlag genommen wären; jo lauteten die Frachtbriefe mit nachgemachtem Siegel und falfher Handſchtift. Da die Umfchließung Hermanns fteind zu langweilig ſchien, und jelbft, ald Johann von Werth feit dem 16. April unter perfönlicher Leitung die Zugänge durch Schanzen veriperrt, durch liftige Proviantirung noch verlängert werden Tonnte, ® wurden auf Marimilians Befehl größere Gefchüge aus Köln her- beigefhafft und die regelrechte Belagerung begonnen. Die furchtbare Roıh in der Fefte, die Verzweiflung des Sieur de la Saludie, welcher fi) mit den Baftionen in die Luft zu fprengen vermaß, den Hader

s Theatre. Europ. IH, 782. Mplzreitter 352. Pufendorf 289. Gualdo 446. .

2 Richelien IX, 399. Theatr. Europ. III, 778. erzählt den Hergang aus einem aufgefangenen franzöfifchen Briefe.

ı Richelieu IX, 394. .

* Theatr. Europ. II, 792.

8 Sohann von Werih erobert deu Hermannſtein.

der Befehlshaber, fo wie die genaueften Einzelnheiten über den Zuftaud der Beſatzung, fannten die Belagerer hinlänglich, indem jener Sieur de Pichon, mit einem Felleiſen verfchiedenartiger Briefe aus Hermannftein nah Frankreich unterwegs, im Elfaß von Faifer- lihen Barteigängern aufgefangen und aller feiner Papiere beraubt wurde.“ So frudtlos ald dieſe ſchriftliche Hülfsbeſchwörung de la Ealudies und de Buſſy's war die Sendung Ranzau’s, welder am 6. März Paris mit 100,000 Thalern verließ, ? um ald General: Lieutenant des Königs achttaufend Deutiche zu werben, die Feſte zu entfegen, und nad) Umftänden fid mit einem der verbündeten Heere zu vereinigen. Der Holfteiner, leicht im Zufagen, fand weder den erwarteten Zulauf, noch den Landgrafen Wilhelm im Stande, Gemeinfchaftlihed mit ihm zu unternehmen. Feindlicher Seit war Sohann von Werth nicht von anderen Zügen während ver Bes lagerung abgehalten worden; wir finden ihn um diefe Zeit bis Sranfenderg gegen die Heſſen ftreifend. Litten die Sranzofen oben auf ihrem Felſen Hunger, fo hatten die Baiern auch keinesweges gute Zeit; am 4. April fchrieb Johann von Werth aus Köln: ® „er babe fichere Kunde aus Paris von eineni fünffachen Heeres⸗ zuge; er klagte über feiner Bölfer Armuth, die im Winter nur Dachſtroh zum Futtern gehabt, und bat warnend, feine Soldaten vor dem Hungertode zu ſchützen, damit der Feind nicht einen ftarfen Fuß in's Reich ſetzen könne.““ Als nirgends Hülfe fich zeigte, mit dem Heflen ed gar aus war, verzagten de la Saludie und de Buſſy nebft dem kecken Montejeu, fprengten fih nicht in die Luft, fondern übergaben auf furfölnifhe Vermitt⸗ lung, um nicht Hungerd zu fterben, unter ehrenvollen Bebins gungen die Feſte am 26. Juni an den General⸗Feldmarſchall⸗ Lieutenant Johann de Werth, ® wie dieſer am 29. Juni nah Münden berichtete, und an die Furfölnifchen Beamten. In dieſer Weiſe glaubte nämlih die franzöftfhe Eitelfeit fi zu genügen, 4 Fheatr. Europ. II, 777. Pichon follte die ganze mehre Monat alte Cours efpondenz von Hanau und Hermannftein an den König, an den Kardinal, desgleichen an Bernhard und die Minifter überbringen. 3 Richelieu IX, 388. u : Mefenrieber Beiträge 187. * Daf. 188. ® Theätr. Europ. II, 802. Pufendorf 289. Aplzreitter IM, 354. Richelieu IX, 395. Montglat I, 153.

'

Banoͤr In Kurfachfen. 9

daß des gefangenen Bundeögenofien, des Kurfürften von Trier, Hefte, die Frankreich zu fhügen übernommen, nicht dem Kaiſer oder dem Spanier, fondern dem Kölner eingeräumt würde, um fle ins zwiſchen als anvertraute® Gut zu beſetzen, und fie fpäter an Kurs Trier zurüczuftellen. Am 27. Juni wanften die Franzoſen, etwa noch 140 Mann ftarf, wie lebendige Gerippe, aber dennoch mit friegerifhen Brunfe, aus der Teeren oberen Fefte und dem neuen Bauz mit Päffen ver Nachbarftanten, zumal des Kardinalinfanten, verſehen, fliegen fie in Rheinfchiffe, und fuhren, zu Linz und Bonn menfchenfreundlich verpflegt, unter ficherem Geleite bis Orſoy. Zu Ioben ift die Standhaftigfeit eines fo faft vergefienen Poſtens; ver Marechal de Camp de Buſſy hatte fo wenig in der Verpflegung eine Ausnahme gemacht, daß er allein achtzig Ratten verzehrt haben fol. In Folge des Vertrages warb der Hermannftein dem Kur: fürften von Köln einftweilen eingeräumt; der bairifche Feldherr ging nach fo ehrenvollem Unternehmen in die Wetterau, um auch Hanau der Gewalt der Feinde zu entreißen, wie Jakob Ramſay, nad) ver: wegenem Spiele zwifchen Vertrag, Waffenftillftand, treulofem Bruch, Ueberfall der Belagerer und verhöhnenden Humor, allmälig zu fürdten begann. .

Während Richelieu zum unmittelbaren Vortheil der Bundeöges noſſen im Reiche nichts that, büßte das ſchwediſche Hauptheer die Früchte der Schlaht von Wittftod faft gänzlich ein. * Bandr war, nah dem hefiifchen Zuge und der Meberrafhung Erfurt, wenige Truppen unter Stälhandsfe und Pfuf zurüdlaffend, aus Thüringen gewichen, gewärtig, daß Ferdinands Hauptheer unter Gallas eben in Oberbeutfchland aus Burgund heimgefehrt, ihm von Branfen her in die Seite falle. Am den Krieg in Kurſachſen feftzuhalten, hatte er den Uebergang über die Saale um die Stadt Naumburg m Dada {63%,) erzwungen, und durch Eilmärfche der Brüde von Torgau, fo wie am °/,, Januar der Fefte unter großem Berlufte der Sachſen fih bemächtigt. Angftvoll floh Johann Georg auf Dresden und mußte dem fchonungslofen Feinde das offene Meißner, land preißgeben, deſſen Bewohner er durch Ausfchreiben ernftlih zu ihrer Pflicht ermahnte und gegen die Verführung des Schweden

ı Theatr. Europ. III, 750. Bufenborf 274. Richelien IX, 382.

Buöbriant 187 nach dem Berichte des Sieur de Beauregard, des frans

zöflfchen Reſidenten im ſchwediſchen Heere. "

10 Baners Noth um Torgan.

warnte. Um ber Heeresabtheilung Lesly's näher zu jein rückte Bandr darauf, nad forgfältiger Befegung der Elbübergänge, auf Leipzig (',; Sanuar), fand aber den nicht eben feften Ort unter Ans führung des Oberften Trandorf durch die bewaffnete Bürgerfchaft fo wader vertheidigt, daß er nach vergebliher Beicießung, unter den Anorpnungen zum Hauptflurm das Unternehmen am °,, Yebruar aufgeben mußte. * Auf das Hülfsgefchrei des Kurfürften waren Hatz⸗ feld und Götz vom Niederrhein mit ihren Heeren aufgebrochen, hatten, mit Rüdhalt auf Georg von Lüneburg, welder ihnen feine Meferbrüde bei Hameln nicht abfchlagen durfte, bei ihrem Erfcheinen in der güldenen Aue ('%,, Januar) den Lesly vollends aus Nord⸗ thüringen gefcheucht, die Saale ungehindert überfchritten; deßhalb in wachſendem Gedränge zog fih Baner über Eilenburg auf Torgau und ſchloß fih am /,, März mit feinem Gefhüg und dem er matteten Fußvolk (nod) 20,000 Mann ftarf) in die dortigen weiten Schanzen ein, während feine Reuterei unter Stälhandöfe, Kratzen⸗ ftein und Pful die furchtbarften Drangfale über beide meißnifche Ufer der Elbe fortfeßten. Indem gleichzeitig mit Hatzfeld und Götz ein Theil des ehemals Tigiftiihen Heeres, von Gallas entlaflen, unter Geleen durch Franken und Fulda gegen Thüringen heranges drungen, Erfurt umfchloffen hielt, * die obere Saale, das Gebiet von Weimar und Jena, ohne Schonung gegen die verbächtige Treue der Erneftiner, vom Feinde fäuberte; indem das offene Heſſenland bie Schlangenpolitik feines Fürſten entfeglich büßte, und in Niederheſſen und in Weſtfalen die Reihsfeinde faft überall in die feften Stäpte gedrängt blieben; fiel die Hauptlaft des Reichskrieges auf Bandr und dad Land an der Mittelelbe. Da fchimpflih und gefährlich war, in die verödeten Länder zwifchen Ober und Elbe zu weichen, ® wo Hermann Wrangel auch nad) Eroberung Landsbergs in der Neus marf einem fehweren Stande gegen die Faiferliden Heerführer, Mans» feld und Marzin, entgegenfah, und Kurbrandendburg nad dem Tode Bogislavs XIV., des bedauernswürdigen Leptlingd des pommerfchen Fürſtengeſchlechts C'%,, März 1637), mit größerer Kraftentwidelung die Sache des Kaiſers umfaßte, um fein alt verbürgted Anrecht an Pommern nicht gegen den Fremdling zu verlieren; entſchloß fich 1Adlzreitter 359.

3 Garne I, 194. Theatr. Europ. II, 772, a Bufendorf 278.

Richelieu und Banör. 1

Bandr, faft rathlos und vol Ummillen über Frankreichs Unthätig- feit, den Krieg an der Mittelelbe feftzuhalten, fo lange es ginge. Unbezwinglid um Torgau verfhanzt, mit Vorräthen und Lebens mitteln, welche dem Lande ringsum mitleidslos abgepreßt wurden, harrte Baner einer günftigen Wendung, und begnügte fich, um Wefts falen nicht ganz zu verlieren, einige ſchwache Haufen unter King dem bedrängten Oberft Königsmark und den Heffen zu Hülfe zu fenden, (Ende März).‘ Als der Schwede in fo eigenfinniger Faffung fand, rüdten unter unaufhoͤrlichen Gefechten Hatzfeld und Goͤtz, bei Dresden (I) über die Elbe gegangen, auf beiden Seiten bes Stromes gegen Torgau und den Winfel zwifchen Elbe und Mulde heran,” und drei Monate rangen beide Heere unter wechfelndem Slüde und dem Aufftande verzweifelter Bauern gegen die Schweden, in Fleinen Unternehmungen gegen einander. Meißen vergaß über den Greueln, welche die Glaubensgenoſſen ihm zufügten, das Ans denfen der Unmenfhlichfeit des Zisfa und feiner Horden. Zwar bot, nad Richelieu's Bericht,’ Baner beim erften Heranzuge ver Feinde die Schlacht; doch funden Hapfeld und Götz in der Kunde vom Tode Ferdinands II. einen triftigen Grund der Ablehnung, da ber neue Herricher ihnen gebieten ließ, für's erfte ed nicht auf ein Treffen anfommen zu laffen.

Ricyelieu war nicht ohne Nachricht von dem mißlichen Stande bes Bundesgenofien an der Elbe, al8 welchen er die friegführenden Schweden betrachtete, ungeachtet auf St. Chamonts dringende For- derung die Beftätigung des Vertrages von Wismar aus Schweden noch nicht angelangt war. * Der Karbinal bangte um heimiiche Friedensunterhandlung, welche auch mitten unter dem verheerenden Kriege zwifchen Schweden und dem Kaifer trügerifch fortgefponnen wurde. Damit nicht auch Baner ſich berüden ließe, zur Gefährdung Frankreichs einen Stillftand oder Friedensantrag einzugehen, ſchickte Richelieu am 16. Februar den Sieur de Beauregard nach Deutjch- fand, ® welder durh St. Chamonts Liften auf Ummegen befördert, mit reichen Geſchenken für den Feldmarſchall und deſſen Gemahlin

ı Bufendorf 276.

2 Dal. 277.

3 Richelien IX, 2383, % Dal. IX, 395.

s Daf. 399.

12 Tod Ferdinands IL

in der Mitte des Mai im Waffengetümmel um Torgau anlangte. * Vier Tage verftrihen, ehe Beauregard perſönlich den „Eoufin“ feines Königs antreten Fonnte; denn der Schwede war ganzer vier Tage betrunfen; ? ein Zuftand, den er in verzweifelter Lage am wenigften mied, da ihm gerade dann die genialften Feldherrngedanken zufloßen. Endlich ernüchtert empfing er den frangöfifchen Ausfpäher in ziemlich unhöflicher Weile und vergalt die Anklage deffelben gegen vie Reichs» verwefer, indem er feinem Unmuth über Frankreichs Unthätigfeit uns verholen den Lauf ließ. Die reichen Gefchenfe und die glattzüngigen Verſprechungen Beauregards, Herzog Bernhard fei im Begriff, den erfehnten Angriff auf den Oberrhein auszuführen, ftimmten den trogigen Schweden bald milder; er, barbarlich, wo er fonnte, zumal die furfürft- lichen Lufthäufer und Jagdſchlöſſer verwüftend, weilte unter Krankheit und Noth in feinem Lager, gegen die Vorftellungen der anderen Feld⸗ herrn, fah die Zahl der umringenden Gegner bis auf 30,000 Mann ans wachen, und am 30. Mai die Brüde von Wittenberg, welde er bis dahin noch behauptet, in die Gewalt der Feinde gerathen. * Aber erft gegen Ende des Junimonatd wurde ber ſchwediſche Hochmuth auf die fichere Kunde, daß auch Geleen nahe ftehe, Gala mit dem Reſte des Hauptheered ald Oberfeldherr heranrüde, und aus Böhmen neue Kriegshaufen unterwegs feien, gebrodhen;* und Baner ges nöthigt, flatt an den Rhein dem Herzog Bernhard entgegen zu eilen, und, für ihn felbft zwar rühmlih, für die Krone Schweden da- gegen höchft ſchmachvoll, den Rüdzug nah Pommern, an die Seefante anzutreten.

Daß erft im hohen Sommer die Hauptfraft des Reiches, welches gegen den Rhein hin noch nichts zu befürchten hatte, den Schweden von der Elbe zu ſcheuchen Anftalt traf, war unausbleibliche Folge des Herrfcherwechfels, den das Reich vor Kurzem erfahren. Am 15. Februar, fieben Tage nah der Rüdfehr von Regensburg, war Kaifer Ferdinand II, im neunundfünfigften ‚Jahre feines Alters, auf der Hofburg zu Wien unter frommer Getröftung der göttlichen Gnade geftorben.® Wir überheben und einer ausführlichen Charakter;

ı Quobriant 18%. Bufendorf 304.

» Richelien IX, 400. |

® Bufenborf 277. Buebriant 187. Theatr. Eur. III, 795.

ı Quebriant 188. Bufendorfa. a. O.

6, vor allen Khevenbiller XII, 2363. Theatr. Eur. II. 757 ff.; Die

Charakter Ferdinande I. 13

fhilderung des Berftorbenen, der anders geworben in den Bereich unferer Geſchichte eintritt, ald eine rafche, fanatiih erhigte Jugend den Erzherzog von Oefterreih, den König von Böhmen, und den nachſichtslos ftrafenden Kaiſer verfündet hatte. Ferdinand II. ents widelte als Menſch und als Herrfcher hochlöblihe Eigenfchaften; wer war ihm gleih an Stanvhaftigfeit in der Noth, an Mäßigung und Demuth bei rafhem Glückswechſel? Die Fremblinge, welche Defterreihe Macht und Deutfchlands Einheit fürchteten; jene Partei proteftantifher Fürſten, welde- die Reichsſatzungen brach, den mit Recht geftraften Pfälzer unterftügte, und unbillig fi) mit den Gütern der Fatholifchen Religionspartei, der Danaergabe Guſtav Adolfs, be⸗ reihern wollte, nannten ihn einen Tyrannen, den Unterdrücker der deutichen Freiheit. Wahr ift ed, In den Tagen feiner Unüberwindlich⸗ feit trat die Erinnerung an die Majeftät und Herrfchaft der Vorfahren lodend vor Ferdinands I. Seele, und war ihm das Streben nad) größerer Machtvollfommenheit verzeihlih; aber nur Läfterung, nachgebetet den Fremdlingen, kann ihn befchuldigen, daß er die uralte Verfaſſung umflürzen und fih zum unumfcränften Herrfcher des Reihe, die Stände zu blindunterworfenen Untertanen machen wollte. As Wohlthat hätte die Mit und Nachwelt ed erachten müflen, wenn Ferdinand Majeftätsrechte mit der Faiferlihen Krone wieder vereinigte, welche zum Theil feit dem Falle der Hohenftaufen entfremdet worden waren; aber auch bei einer maditvolleren Stellung des Reichsober⸗ haupted und nothwendiger Abhängigkeit der Reichsglieder würde die freie, menfchenwürdige Verfaſſung Deutſchlands, als des eriten con⸗ ftitutionellen Staates, nicht gefährdet gewejen fein, welche Ferdinand perfönlich achtete, von Fürften und Ständen nicht fflavifchen, blinden Gehorfam forderte, und eine hochfinnige Freude hatte, eine fo eigens thümlich modificirte Herrfhaft über ein zahlreiches, mächtig geglieder- te8 Ganze, feinem Gefchlehte nit zu vererben, fondern durch verftändig eingeleitete Wahl zu fihern.

Hätte Ferdinand die Grundpfeiler der deutſchen Verfaffung zers trümmern wollen, fo bot ihm der Sieg bei Nördlingen die Gunft des Augenblicks, welche verfhmähend er die Hand zu gemäßigtem Frieden bot, und diefelbe auch den ftrafbarften Verächtern feines Kaiſeramtes, wie dem Hefjen, langmüthig offen erhielt. Rerdinand II ift des

felbftändige Beurtheilung Ferdinaude A. bei Menzel IH, 28. Bualdo . 448. Adlzreitter 352.

f4 Kaifer Ferdinand IT.

ftarrfinnigften, blutigſten Fanatismus befchuldigt worden, von dei PBroteftanten, welche ihr Slaubendbefenntnig mit gleicher, oft noch üiberbietender Unduldſamkeit als das allein felig machende Hinftellten, diefelbe reformatorifhe Willführ in Bezug auf ihre eigenen Unter; thanen anfprahen. Wer Entfhuldigungsgründe für den Wahn der Proteftanten findet, möge den im römiſchen Bekenntniß Geborenen, den Zögling der „geſchworenen Verfechter” dieſes Bekenntniſſes, nicht jhmälen, daß er feinen Glauben niht geringer adtete, und fid gleichfalls verpflichtet hielt, die ihm anvertrauten Völker in der Reinheit diefes Glaubens zu bewahren. Wer mit Staatsgründen bie Unterdrüdung der Fatholifhen Kirche in proteftantifhen Ländern rechtfertigt, etwa daß der Krone Schweden die Sorge vor den Ka⸗ tholifhen Wafas die Duldung der Fatholifchen Kirche verbot, muß die gleiche Entfhuldigung in höherem Maaße für den Habsburger gelten laſſen, deſſen fpanifchem Better ſtaatsrechtlich unterworfene Lande fich entzogen, indem deren republifanifches Gefühl am Genuß der firhlihen Freiheit aufwuchs, und deſſen eigene proteftantifche Unterthbanen al8 unverföhnliche Feinde feines Hauſes fi bethätigten, welche erftarfen zu laſſen aud die alltäglichite Regentenflugheit unterfagte. | Der römische König Ferdinand, neunundzwanzig Jahre alt, jetzt Kaifer mit Geringihägung des franzöjifhen Widerſpruchs, den Deutfhen empfohlen durh den Ruf der Milde und gefürchtet als Eieger von Nördlingen, folgte, obwohl unabhängiger von geiftlichen Einflüffen, dennoch dem Grundſatze feines Vaters: durch Firchliche Einheit feine Unterthanen in gefeglihem Gehorfam zu binden; hielt fireng auf das Verbot des evangelifchen Gottespienftes, welches fein Vater erlaffen hatte, unterfagte ſchon im April von Prag aus, bei fhwerer Strafe die Aufnahme der Verbannten, Unfatholifhen,! und geftattete im folgenden Jahre felbft nicht mehr die Reife in unfas tholifche Orte ohne Erlaubniß der Obrigkeit. In löblider Spars famfeit befchränfte Ferdinand II. den zahfreichen, prunfhaften Hofftaat feines Vaters, dankte den geheimen Rath bis auf fünf Perfonen, den Biſchof von Wien, den berühmten Trautmannsborf, den Ge⸗ fhichtfchreiber Khevenhiller, die Grafen Slavata und Wervenberg, ab, befegte, den KHurfürften gefällig, den anfangs aufgelösten Reichs⸗ hofrath mit: weniger Gliedern, umd verfah ihn (24. März) mit einer - Theatr. Europ. III, 790.

Schwanfen George von Lüneburg. 15

veränderten Gefchäftsanmweifung. * So mannigfach wünſchenswerthe Abaͤnderungen, Willfährigfeit gegen die Kurfürften und Handlungen der Milde verdedten gleichwohl nicht die Kortführung der Faiferlichen Herrihaft im Sinne des Vorgängerd. Kundbare Zeichen, daß bie Anfiht des Kaiſerhofes in Betreff des kirchlichen Eigenthums ſich nidyt gewandelt habe, brachte bejonderd den Herzog Georg von Lüne- burg in neue Berlegenheit, welcher nad dem Tage von Wittftod, um dad Gleichgewicht zwiſchen den Parteien zu erhalten, fo entſchie⸗ den des Kaljers Waffen zu umfaſſen ſchien, daß der Feldmarſchall Götz, feinem Nebenbuhler Gallas abgeneigt, dem Guelfen unter dem 16. Januar 1637 die Stelle des Fatferlihen Generaliffimusd antrug,? und ihm die Behauptung der hildesheimifchen Stiftsiäinder im voraus zuſicherte. Dur die Annahme der höchften Faiferlichen Feldherrn⸗ würde mit den Schweden unverföhnlich zu breden, lag jedoch um fo weniger in Georgs Plänen, als fein Gefandter von der regenöburger Kurfürftenverfammlung ihm den Beſcheid brachte,* allen gätlihen Verhandlungen müfle die Reftitution des Stifts Hildeshetm vorangehen! Georgs Vertrauter fügte hinzu, daſſelbe fei ohne Waffen⸗ gewalt ſchwerlich zu erlangen, da die Verpflihtung, in welcher der neue Kaifer zumal zu dem Kurfürften von Baiern und von Koͤln wegen feiner Erhebung ftände, Rachgiekigfeit zu Gunften des Guelfen nicht erwarten ließe. Da von Regensburg aus allerlei, ven minder mächtigen proteftantifchen Fürften fhäplihe, Beſchlüſſe ver- lauteten, theilte Georg im Verein mit den anderen guelfiihen Fürften feine Sorgen den Herzogen von Medienburg (4-5) mit,* in der Ab- fit, mit jenen eine abwehrende Stellung einzunehmen, und begünftigte fo auffallend den Zug der ſchwachen Haufen Kings an den Grenzen feines Gebieted auf Minden, daß Johann Georg und Götz ein ges heimed Einverſtäändniß Georgs mit den Reichsfeinden voraudfegten und ihn bitter anflagten. Der Zmweideutige, welchem die Einnahme der hildesheimiſchen Stiftslande durch Götz, nach Gallas' Eintreffen bei Torgau, bevorſtand, ſah ſich deßhalb genoͤthigt, durch eine eigene Geſandiſchaft zu Wittenberg (E) fein Verfahren zu entſchuldigen. Dem Schlauen gelang auch die Rechtfertigung fo weit, daß Götz ihn

1 Sendenberg XXVII, 219. Lunig, P. Gen. I, 1116. 2 Deden 1, 101.

3 Daf. 102.

% Dal 105.

m

16 | Landgraf Wilhelm gefraft.

einer möglich günftigen Wendung feiner Anſprüche auf die Stifts⸗ länder vertröftete, falls er fi offen gegen Schweden erkläre. In fteigendem Gebränge, zumal: Bandrs Lage bei Torgau immer mißs licher wurde, erbot fi fogar Georg am (F) an Habfelo, den fhärferen Beobachter, zum Zeichen feiner Aufrichtigkeit, * einen heil der Stiftsländer an Kur» Köln, den Biſchof von Hildesheim, abzus treten, und bat den Kalfer um Erlaubniß, das Hoflager perjönlich . befuchen zu dürfen. Jedoch wußte er der gebieterifchen Aufforderung der Faiferlihen Feldherrn, feine gefammten Truppen mit ihnen zu vereinigen, dadurch geſchickt fich zu entziehen, daß er, ald dem Reichs⸗ heere am förberlichften, nur 2000 Reuter nach Meißen beorderte ? (Zuni 1637), die nämlich fchneller als das Fußvolk nad) einer vers änderten Bolitif des Herzogs abgerufen werben fonnten. So athmete der Liftige wiederum frei auf; Götz erneuerte fchmeichelnd am 9%. Juni den Antrag der Oberfeloherrnwürbe; der Kaifer ſchien verjöhnt, obgleich der Herzog, nimmer gefonnen, die gefahrvolle Siellung Waldſteins anzunehmen, mit feinem worgerüdten Alter fi entſchul⸗ bigte, und die gnädig ihm gewordehe Erlaubniß zur Reife an den Kaiferhof, eine Krankheit vorgebend, ungenutzt ließ.°

Gelang es dem uelfen durch unüberbotene Windungen unbe⸗ [hädigt fi) oben und zwifchen beiden Parteien in freier Beweglich⸗ feit zu erhalten, ſo hatte dagegen fein Nachbarfürſt Landgraf Wilhelm, in gleicher Lage trogiger, entichiedener oder weniger Meifter im Be⸗ trug, das eigene und feined Haufed Verderben beichleunigt. Der Entſatz von Hanau, unter angebahnten Friedensunterhandlungen und dem Andrange Bernhards auf den Rhein, die arge Beſchädigung der oberhefliichen Lande, ver funpbare Vertrag Wilhelms mit Frank⸗ reich zu Wefel, deſſen Waffengemeinfhaft mit Baner nad) der Schlacht von Wittftod, das ganze trugvolle, unverzeihliche Spiel des Land⸗ grafen, hatten ſchon Kaifer Ferdinand II. vermocdht, zu Regensburg am 21. November 1636 den Heſſen ald einen öffentlichen Friedbrecher und Feind des heiligen römtfchen Reichs feiner Lande verluftig zu erflären.* Aber die Beröffentlihung des Straferfenntnifies war

t Deden IN, 111.

2 Daf. 115.

2 Daf. 118.

* Das formale Patent darüber fehlt dem Derfafler; den Auszug findet min in der fpäter wiederholten Achteerflärung. Theatr. Europ. III, 869.

Elend In Eüpbeutfchland. 417

während der WBahlgefhäfte und in den Gefahren des Spätherbited unterblieben, und Ferdinand darüber geftorben. . Mit dem neuen Sabre, als Baner an die Elbe zurückgewichen und Landgraf Wils beim, an Ausföhnung verzagend, die Verbindung mit den Reichs⸗ feinden dennod nicht aufgab, den Entſatz Hermannfteind verfuchte, boten fih als Werkzeuge der Strafe, da Gib und Habfeld nad Thüringen und Meißen zum Kurfürften eilten, nur noch jene, anfangs durch Bandr nach Franken zurüdgenrängten Heerhaufen, welche unter dem Feldzeugmeiſter Geleen und unter Sfolani im März entfeglihe Rache an dem armen heſſiſchen Landvolfe zu handhaben begannen.‘ Denn das Faiferlihe Heer, aus Burgund heimgekehrt, ruhete noch in weit ausgebehnten Winterquartieren, von Freiburg bis über Stuttgart und Heilbronn hinaus, während Gallas und Piccolomint in Regensburg und in Wien die Kriegspläne für den neuen Feldzug beriethen. Weil man vor Bernhard und Franfreich auf der Hut fein mußte,? und Hatzfeld nebſt Götz den Schweden allein gewachſen ſchien, blieben die täglich verftärkten Haufen des Gallas noch in den oberen Kreifen, zum Schutze Baternd und Oefter- reihe, wiewohl jene gefegneten Lande am Ober, und Mittelrhein and am Main am graunvoliften die Geißel der letzten Kriegsiahre erfahren hatten. . Oder bot nicht vielmehr unfer ganzes Vaterland, mit Ausnahme des wiederum verſchonten baierſchen und oͤſterreichi⸗ ſchen Kreiſes und eines ſchmalen Strichs an der Nord⸗ und Oſtſee, daſſelbe Schauſpiel der unbeſchreiblichſten Verödung, und fehlen nicht vielmehr nur die einzelnen Schilderungen des gleichen Jammers, wie aus Mitteldeutſchland, wo, als z. B. in Worms, die dünne Bevölkerung wie das Vieh von Wurzeln, Gras und Baums blättern fich nährte, das Fleiſch gefallener Thiere, ſelbſt die verfauls ten Häute als Nahrungsmittel, gleich Belagerten, nicht verabfcheute, Schindanger, Galgen und Kirchhof um den entjeglichen Fraß beftahl und, wo, wie zu Jerufalem unter Titus und auf den Süpfecinfeln, das Fleiſch der eigenen Brüder, ja der Kinder im Wahnfinn des Hungers als Speife bereitet wurde? Mochte ed um Gellnhaufen, wo das prangende Süddeutſchland fih aufthut, allein gefhehen fein, daß die Wölfe in den Häufern einft volfsbelebter Dörfer auf Haufen abgenagter Menfchengebeine fi eingenifiet? Starben um Hanau, 2 Theatr. Europ. III, 771.

3 Bufendorf, 290. Barthold, Geſch. nes 8ojahr. Kriegs. II. 2

18 . Gericht über Landgraf Wilkelm.

Fulda, in der Wetterau, um Koburg allein Menfhen des Hunger todes und diente hier allein das Fleifch gemordeter Menſchen als tägliche Koſt von Bettlerbanden, welde unglüdliche Wanderer mit Fangſchlingen in ihre Höhlen zogen?! Es fehlen über fo jheußliche Zuftände die Berichte aus anderen Gegenden unfered Vaterlandes, wiewohl Die Kriegszeitungen angefüllt find mit Beifptelen der blutig- ſten Feldherrnjuſtiz, wie 3. B. in Meißen bei Riefa über hundert räuberifhe Merobebrüder, großentheild Franzoſen und Wallonen, graunvoll hingerichtet wurden, die, gerade wie im Elfaß und in der “Pfalz und in Lothringen, von befeftigten Häufern aus das Laud- volk brandfchagten. ?

Den erften Kroatenhaufen folgten im April die geregelten Schaaren Gallas', um unter Kämpfen mit den muthigen heſſiſchen Bauern, durd planmäßige Verwüftung Nieverhefiend den Landes⸗ herren zur Annahme des Friedens zu zwingen. Als das offene Ges biet vom Eichöfelde ab über Wanfried bis gegen Yulda Hin erobert war,* vereinigte der Landgraf ſich mit den verftärften Haufen, welche King eben unter heimlicher Vergünftigung George von Lüneburg bis Minden geführt, '%,, April, "und vertrieb, mit dem ſchwediſchen Feldherrn faft 7000 Mam ſtark, auf Kaffel gerüdt, die Kroaten und Geleens ſchwächeres Heer bis an die Werra. Allendorf warb von den Hefien, wie Ejchwege, wieder erftürmt, unter dem Beiftande erbitterter Bauern, welchem Beifpiele die zahmere Lundbevölferung in Meißen bald nachahmte. Unterbefien aber hatte die offenbare Gemeinſchaft des Landgrafen mit dem Reichöfeinde, dem Schweden, die Nachſicht des Kaifers vollends überwältigt; am 24. April ward zu Wien der Hartbegüchtigte von neuem als Friedensbrecher und Feind des römifchen Reiches erklärt, * ihm fein Land abgeſprochen; die Untertfanen und Balallen, des Treueided entbunden, ers hielten die Weifung, dem Landgrafen Georg, als Verweſer dee Niederfürftenthums Heſſen, zu gehorchen. Georg, der ſo vielfache

Boens Koburg. II, 298. : Theatr. Europ. III, 796. ® Bufendorf 286. @arve I, 195. Theatr. Europ. Ill, 771, 783, T7heatr. Europ. III, 869. Der Kaifer vermieb den Ausbrud Acht, weil er na 6. 30 der Wahlkapitulation dazu nicht befugt war. Wie lange hätte der Veraͤchter der Reichsgefeße noch trozen und uufäglichen Nachtheil dem

Ganzen zufügen Fönnen, wenn Zerbinand bie hemmende Beſchraͤnkung nicht

umging?

Gericht über Landgraf Wilhelm. 48

Beſchaͤdigung vom Better erbuldet, hatte feinerfeitd im Anfang des Jahres 1637 die Reutralität, welche er bis dahin behauptet, aufs gegeben, unter feinem Bruder Johann, früher ſchwediſchem Oberften, «in wohlgerüfteted Kriegsvolk zum Reichöheere geftellt, und glaubte jeßt die Zeit gefommen, das feit Guſtav Adolfs Ankunft gefährdete Reht auf Marburg: zu gewinnen, wiewohl er die zugefchidten Saiferlihen Patente noch nicht befaunt machte. Indem nun gleid- zeitig mit dieſem Neichsfchritte der oberfte Befehlshaber in Weſt⸗ falen, Generals Beldgeugmeifter Graf von der Wahl, mit Lamboy zu Geleen ftieß, ſah der Landgraf die Uebermacht gegen fid, und mußte fih entichließen, nachdem er Allendorf im Mai gerkumt und nod) eine Zeit lang bei Kaflel im Felde gehalten, * fein Erbe, bis auf die feſte Hauptftadt nebſt Ziegenhain und Hirfchfeld, preißzugeben, uud der Heimath den Rüden zu wenden (°/,, Mai). Dem Ber blendeten blieben ftatt des Batererbes, das er ruhig genießen fonnte, nur die beftrittenen, felbft vor Schweden nidt fiheren, Er oberungen im Herzogthum Weftfalen, in den Bisthümern Münfter und Minden, wo Königsmarf und Ruthven feit dem Abzuge des faiferlichen Heeres auf Meißen, wieder um fi gegriffen hatten, ? und Melander, mit franzöfifhem Gelbe zu Kräften gefommen, zur Belagerung des feiten Fledend Vechte im Münfterlande fih anſchickte. Mit Wilhelm verließ die Heimath Amalia Elifabeth ° mit ihren jungen Kindern, und theilte die Verbannung ded Gatten, die fie bush leidenfhaftlihen Grol gegen Defterreih verſchuldet Hatte. ‚Erft in der feruen Reichsſtadt Bremen fand die fürftlihe Yamilie eine Zufluchtsſtätte, um aud bald den frühen Tod des Gatten und Baterd zu beweinen. Zwar eroberte Wilhelm auf dem Rüdzuge auf Rinteln Warburg, und ſchlug weichend bie zerftreuten Haufen Wahls und Peter Götzes; aber Hinter ihm überſchwemmten die Vollſtrecker des Kaiferurtheild unter Geleen das unglüdliche Land, gingen Eſchwege, Allendorf, Lichtenberg, Homburg ‚* zufammen ſieben⸗ zehn Städte, fiebenundvierzig adelige Schlößer und dreihunbert Dörfer

ı Bufendorfl. co. Theatr. Europ. III, 792. Garve I, 197. 3 Bufendorf 285. uf 37 ff. K. W. Juſtis Biographifcher Verſuch über Amalia Elifabeth entbehrt jeder Hiftorifchen Haltung und Wahrheit, und ift felbft als Quellen⸗ werk nur für die fpätere Geſchichte der Amalia Glifabeth brauchbar. % 'Theatr. Europ. III, 804. 2%

20 Zuſtand Weftfalens.

greuelvoll in Flammen unter, ftreiften Johann's von Werth Reuter, vor Hermannftein müßig, bis Frankenberg, ward das Land bis auf drei feſte Städte eine Dede und plagte Peft und Hungersnoth die dünne Bevölkerung. Diefer jammervolle Zuftand dauerte fort, als am 20. Mat Geleen mit dem regelmäßigen Heere über Mühlhaufen und Langenfaha auf Erfurt zog (23. Mai),! um mit Speerreuter, dem aus ber Gefangenfchaft freigefauften, die Umfchließung jener hartnädig vertheidigten, volfreichen, feften Stadt fortzufegen. Ger ringen Troft gewährte e8 dem verrathenen Volke, daß fein Fürſt mit King am °%,, Juni die Feine Feſte Vechte eroberte,? Bielefeld und Lemgo einnahm, brandfchakte und die kaiſerliche Beſatzung auf Paderborn ſcheuchte. Konnten jene doch nicht an Hermannfteins Entfag denken, zu welchem Zwecke Ranzau mit reihen Werbegelvern nah Weftfalen angelangt war. Cinmuth des Handelns fehlte beiden ehrgeizigen Dienern Frankreichs, dem deutſchen Fürften und dem holſteiniſchen Edelmanne; das holläindifche Bindniß, welches Srankreih für Heffen gefordert, fam nicht zu Stande, weil die Ges neralftaaten in Regensburg die Fortdauer des feltfamen Neutralis tätöverhältniffes zum Kaiſer nachgeſucht. Ranzau hatte mit Mühe 2000 Dann geworben, haverte mit dem koͤniglichen Muftercommiflär Baron d'Oiſſonville, forderte hohe Schulpfummen von Ludwig XIII., drohete auf feine Güter zu gehen, fo daß die fpäte Vereinigung des franzöfifhen Haufens mit Wilhelm (73000 vergeblich war,* Her- mannftein fiel, und der Landgraf mit King, in Furcht, Die Bezwinger der Rheinfefte würden ihnen auf den Raden fallen, ſcheu aus dem Bisthum Paderborn nah Rinteln Hinter die Weſer wid, Ranzau fih an die hollaͤndiſche Gränze zog.

2Carve I, 198. Thentr. Europ. III, 798. 3 Theatr. Europ. III, 804. Pufendorf 286. ® Ridyelieu IX, 389, 394, 411.

° Bufendorfl.o. Richelieun IX, 413.

21

Neuntes Kapitel.

Banör weicht vor Gallas von Torgan bis hinter die Oder. Juli 1637. Einfall des Faiferlichen Heeres in Pommern und Rückzug der Schweden in die Hauptfeften. December 1637. Ball der von Baner eroberten Städte an der Elbe. Angriff des Landgrafen auf Oftfriesland und fein Tod. September. Po⸗ litiſche Schlauheit der Wittwe. December 1637.

Während das arme Hefien dem Sieger fi beugte und Waffen» ruhe in Weftveutfchland eintrat, zumal von Bernhard von Weimar und den Franzoſen, nad) dem BVerlufte des Beltlind fein unvorhers gefehener Angriff auf der Rheinfeite zu befürdhten ftand, war Kaifer Serdinand, um dem Reichöfriege in Meißen näher zu. fein, zu Ans fang des Juni nad Prag gekommen. * Die Völker erwarteten ven Sieger von Nördlingen in Perſon an der Spige feiner Heere; allein Ferdinand, gleichgültig gegen Kriegerehre, welche zu erfämpfen er feinen Dienern ließ, entzog fi der hohen Pfliht, vielleicht auch durch frühes Gichtleiden entfhulbigt, und vertraute die Oberans führung, welche Herzog Georg argliftig abgelehnt, wieder dem viel getadelten Welfchtiroler Gallas. Der Krieg gegen Frankreich, wels hen Spanien in den Niederlanden, in Burgund und in Stalien, der Herzog von Lothringen an der Saar, Mofel und Maas aufgenom- men, trat zeitweile in den Hintergrund; es galt den Schweben über die See zu jagen. Mit unerwartetem Nachdruck nahm Georg Wils heim von Brandenburg, unter Leitung feined unverbient hartgetabels ten Miniſters Schwarzenberg, des Krieged gegen die Schweden fi an. Rah dem Tode Bogislans XIV. Hatte Sten Bielfe, ver Oxenſtjerna's Stellvertreter in Deutihland, der brandenburgifchen Befipergreifung des ererbten, alt geficherten Pommerns anmaßungs- voll wiberfprochen, ? mit barbarifcher Drohung den Weberbringer furfürftlicher Schreiben und Patente an ihn und an die pommerfce Landesregierung abgewieſen, ungeachtet das Volk dem rechtmäßigen Gebieter entſchieden ſich hinneigte. So hoͤrte jeder Zweifel auf, daß nicht die Krone Schweden den Raub eines großen deutſchen

2 Theatr. Europ. 798, 799.

s Micrael. III, 255. Theatr. Europ. II, 773. Pufendorf 292— 295. Menzellil, 36. Stenzel I, 519. Sten Bjelke drohete, den Trom⸗ peter hängen und ihm bas Patent auf den Kopf nageln zu laſſen.

22: Kampf um Pommern.

Reichslandes, welches Guſtav Adolf erfchlichen, und durch trugvolle Verträge umgamt hatte, als Eigenthbum mit den Waffen zu behaupten gedächte. Ohne Scheu vor Gewaltthat Tieß der ſchwediſche Macht haber den alten Feldmarſchall Georg von Arnim, welcher auf feinem Schloſſe Boigenburg in Zurüdgezogenheit lebte, ald verdächtig übers fallen (”/;, März), und gefangen nad) Stodholm fehleppen.* Der Kurfürft Georg Wilhelm, im unbeftrittenen Rechte feiner Kur, für welches Hundertjährige blutige Fehden geführt waren, gefränft, rief, zum bartnädigen Kampfe. entichloffen, feine Unterthanen vom ſchwedi⸗ fhen Heere ab (24. April), und ging, im eigenen Lande ohnmädhtig, zu arm, fowie durd die Stände gebunden, am 12. Juni 1637 vers mittelft ded Rathes von Blumenthal in Prag einen Vertrag mit- Ferdinand ein.? Vermöge deſſelben verpflichtete der Kaiſer fih, ein Heer von 7000 Mann gedienter Krieger, unter brandenburgifchen und pommerfchen Edelleuten, innerhalb dreier Monate auf feine Koften zu werben, die von dem Kurfürften anfangs mit Sold vers ſehen, fpäter vom Kaifer aus Reichsmitteln verpflegt, dem Befehle Georg Wilhelmd unterworfen, gleichwohl wie bie übrigen Theile des Faiferlihen und Reichsheeres, einen Doppeleid ſchwoͤren follten, ‚dem Kaifer und, flatt deffen dem Kurfürſten, gehorſam zu fein, und dieſem das rechtmäßige Erbe Pommern zu erfämpfen.“ Der Generallieutenant von Kliging, ſchon Befehlshaber der vorhandenen ſchwachen brandenburgifchen Völfer, bildete Das neugeworbene Heer mitten unter gefümmelvollen Striegsereigniffen, welche die Marf dieß⸗ feitö und jenfeitd der Oder, wie das angrenzende Pommern erfüllten. Der alte Feldmarſchall Wrangel, nad dem Tode Bogislavs forgen- vol in Pommern feitgehalten, deſſen Behauptung die Reichsverweſer ihm anbefohlen; ferner gehindert durch Angriffe Marzin's und Klitzing's, dem bevrängten Bandr Hülfe an die Elbe zu fhiden; nur eines ges fingen Heered mädtig, fand während des Maimonatd im Lager zwifchen Löcdenig und Prenzlau, wid dann auf die Kunde vom Kalle Wittenbergd auf Paſewalk zurüd.* Um Stettin und der Pene ficher zu fein, hatte er fein Heer, mit geringer Berftärfung aus Mecklenburg, an der Nieberober, von Schwedt, und der Feſte Garz bis Stettin

ı Körfter Briefe III, Anh. 137. - 3 Kosmar 820.

a Bufenporf 279 ff.

* Micrael, IM, 288.

Banors Liſt um Torgan. 23

abwärts, zufammengezogen, als die lange gefürchtete Wendung vor Torgau eintrat, und fchnell Pommern der Schauplaß einer wunders baren, abenteuerlichen Kriegsweiſe wurde. *

Denn Gallas, zu Prag vom Kaifer entlafien und auf Leipzig geeilt, raffte alsbald alfe zerftreuten Hanfen zufammen, fand aud) das Heer Geleen’s, welches er von Erfurt herbeibeichieden, zur Stelle im Hauptlager bei Pretfch, *%,, Juni, fo wie einige taufend Kroaten, welhe ber Graf von Schwarzenberg aus Böhmen herausgeführt, und ftand im Begriff, mit überlegener Macht, weldhe von den Geg⸗ nern auf 60,000 Mann angegeben wurde, aber noch nit 40,000 Mann betrug, Bas ſchwediſche Lager bei Torgau von allen Seiten einzufchließen. ? Unter fo furdtbaren Anftalten zu feinem Berverben, welches ihm ſchon am '",, Juni die Kroaten, vor feinem Lager taufend weidende Pferde raubend, angekündigt, mußte Baner einen fchnellen Entfhluß fafen. Des Mangel konnte er ſich noch eine Zeit lang erwehren, da er in Torgau die Vorräthe ded Meißner⸗ kındes aufgehäuft; aber obers und unterhalb feines Lagers hatte der Feind feine ficheren Brüden, umengte ihn mit jever Stunde uns entrinnbarer und brohete ihm entweder den Hungertod oder ſchimpf⸗ fihe Ergebung. Den Abenteurerfrieg aufs Ungewiffe nad dem Innern Deutſchlands zu tragen, war mißlih, da er fih von Pom⸗ mern trennen mußte, bad, der Krone einziges Beſitzthum, Wrangel anmöglih allein vertheidigen Tonnte; von Bernhards Fortfchritten am Rhein erfcholl feine Kunde; ging er auf Erfurt, fo folgte ihm ein Theil des Hauptheeres im Rüden; von der Seefüfte abgefchnits ten wäre er nichtd deſto weniger überwältigt worden. “Darum ents ſchloß ſich Baner, eilig den nächften Weg nad) der Oder einzufchlagen, ward gleih Pommern, der Krone noch gefchonte Beute, der Schaus plag eines Krieges, zu welchem dem Faiferlichen Heere ganz Deutſch⸗ land die fiheren Mittel bot.

Aber Lit war nöthig. Baner, durd geheime Eilboten den Marſchall Wrangel aufforbernd, ihn an der Oder aufzunehmen, bes nugte dad Einverftändniß der Bürger Torgau's mit dem Gegner, denſelben glauben zu machen, als wolle er auf Erfurt gehen; fpielte

% Bufendorf 280.

3 Weber Baner und ben pommer'jchen Krieg: Theatr. Europ. III, 805 ff. Garne 1, 198. Bufendorf 277. Oucbriant 188. Richelien IX, 284; 307. Ricrael. a. a. O.

2A Banors Flucht an die Ober.

geſchikct den Weglagerern ein falſches Schreiben an den bortigen Befehlöhaber in die Hände, und wie er auf dieſe Weife einen bedeutenden Theil des Faiferlichen Heeres auf dem linfen Ufer feſt⸗ gehalten, und 4000 Reuter in der Frühe des 1%,, Juni nad vers fhiedenen Seiten ausgefenvet, erpreßte er von den Bürgern nod) 40,000 Thaler, vertheilte oder vernichtete die Vorräthe, verfenkte alle Schiffe, ladete den Foftbareren Raub Sachſens auf, und führte ‚am Abend um 9 Uhr fein Fußvolk und achtzig Kanonen über bie Brüde. Am Morgen ded 29. Juni räumt er mit den Reutern unter dem Brande des entdehrlichen Kriegsgeräths fein Lager, geht in Schladtorbnung, etwa 16,000 Mann ftarf, er felbft mit Lesly und Torftensfon bei der Hinterhut, um Herzberg über bie Eifter, folgenden Tages auf Ludau, dann bei Lühben (7) über bie ‚Spree, nur von anprallenden Reuterhaufen beunruhigt. Nachts . darauf lagert er zwifchen Lübben und Lieberofe unter freiem Himmel, und gelangt, den General Pful vorausfhidend, am (F-57) Abende zur Ober in der Nähe von Fürftenberg. * Der breite Strom bietet ihm mehrere feichte Fuhrten; feine Soldaten ziehen, weil die Pferde ermattet waren, dad Gelhüg, der Mann um den Lohn eines halben: Thalers, durch das Waffer, und am (>) fteht das Heer, zwar ers fhöpft und um mehrere Zaufend ermübeter oder entlaufener Soldaten vermindert, zumal Sachen und Kaiferlider, welche ald Gefangene unter feine Fahnen geftedt waren, in der Nähe von Drofien. Von hier ſchickt Baner eine leichte Schaar auf Landsberg, um den dortis gen Paß über die Warthe nad Pommern offen zu erhalten; aber fein rafcher Vortrab findet vor Landéberg den Faiferlihen General Marzin aufgeſtellt; Wrangel dagegen, den Baner oberhalb Küftrins erwartete, fteht noch acht Meilen unterhalb bei Schwebt. So fieht Baners Feldherrnkunſt, da er ſchon triumphirte, dennoch fi betrogen. Denn Galas, fobald er, einen halben Tag fpäter, ven Aufbruch des Schweden erfährt, eilt über die Brüde von Pretſch, dem Fliehenden auf näheren Wegen, wenn auch nicht an der Over, doch an der Warthe, den Vorfprung abzugewinnen; in mehr nördlicher Richtung jenem zur Seite folgend und ernftlihe Gefechte vermeidend, nächtigte der ſchnellſte Theil des Faiferlichen Heeres am 1%,, bei Seffen,

ı Epitome rer. germ. 169 gibt zu verfichen, ber Kurfürfl von Brandenburg,

deſſen General Kliging dem Baner zuvorlommen Tonnte, babe die Flucht der Schweden begünftigt, um beide Heere aus feinem Lande au fchaffen.

Liſt und Rettung Vanors. 25

am ?%,, bei Süterbod, am bei Baruth, am bei Fürftens walde. Der ärmfte Strich der Laufik bietet, zufällig noch verfchont, die Mittel zur Stärfung des eilenden Heeres, doch leidet es bei herrſchender Dürre an Waſſermangel.“ Bon Yürftenwalde aus wendet fi, ungehindert durch den entfernten Wrangel, Marin auf Küftrin‘, entnimmt aus der Feſtung, wo Georg Wilhelm, in Trauer wegen Ferdinands II., Hoflager hielt, fchwere Geſchütze, und ſteht = drohend vor Landsberg. Am 5 erſchrickt Baner, mit feinem ganzen Heere auf Landsberg herangelommen, vor dem Anblid der Gegner, welche über Küftrin gefolgt, in langgevehnten Reihen jenfeitd der Stadt fi zeigen. Mit Gewalt durchzubrechen fcheint felb dem Bandr ein Werk der Unmöglichkeit; fchon jubeln vie faiferlichen Heerführer, trinfen, wie Götz, durftiger, und fenden Briefe in die Heimath: „der Schwede ſey wie ein Wild Im Rebe gefangen.“ Wahrlih eine größere Gefahr hatte während des zwanzigjährigen Krieges noch fein Heer umſtellt; vor ihm auf Pommern zu die Warthe und ein flarfed Heer hinter derſelben; zur Linken die Oder, deren jenfeitige Ufer Graf Buchheim befeht hielt; öftlih zur Rechten die polnijche Grenze, welche zu betreten neue Gefahr und. einen kaum gefchlichteten Krieg weiſſagte. Baner verliert nicht die Beſonnenheit, tobt aber Teidenichaftlih gegen Beauregard, den franzöfifhen Späher, welcher ihm gefolgt war, ? mißt dem unthätigen Bundeögenofien die Schuld des nahen Berverbend bei, und droht, wenn Schweden und ber Kaiſer Frieden machten, würden beide nicht fo winfeljichen, um über den Rhein zu feßen. Der Franzoſe, die Roth. vor Augen, entichuldigt den König, fchilt auf Wrangel und deutet auf dad unbejonnene Verweilen Bandrs um Torgau. Aber Vorwürfe ändern nichts; der einzige Ausweg if, den Weg zur Oder zurüdzumeflen, und auf dem linfen Ufer die Bereinigung mit Wrangel zu Stande zu bringen. Wiederum heftet Baner den Fuchsſchwanz an die Löwen- haut, läßt laut werben, daß er,. burd) Bolen gehend, oberhalb Landsbergs über die Netze nad Pommern dringen wolle; er ſendet feine Gattin nebft den vornehmen Offiziersfrauen und der beften Beute auf Meferis, reich mit Gelb verfehen, um die Polen durch . fpendende Hand zu begütigen; einen brandenburgiihen Junfer aus ı Garve I, 200.

2 Quöbriant 189.

26 eiſ und Reltung Baners.

feinem Heere ſchickt er, unter Verheißungen, mit Gelb gleichfalls auf Meſeritz, um Führer des Weges zu dingen.“ Wie Bandr Aug voraus berechnet, meldet der Brandenburger das Gewerbe feinem Landesherm, worauf der kaiſerliche Feldherr die Kroaten Buchheims aus der Gegend unterhalb Lebus abruft und ftarfe Heeresabtheilungen die Nebe aufwärts fendet, um den Schweden in den dortigen Nieberungen aufzulauern. Kaum warb Bandr inne, daß ber Feind getäufcht fei, als er nochmals das Gepäd durch Vernichtung erleichtert, einige ſchwediſche Kanonen fprengt, bie Beſatzung von Landöberg verftärft, und am gegen bie Oder zurüdeilt, entjchluffen, felbft den Uebergang zu erzwingen, da er vor Gallad den Borfprung eined Tages hat. Glücklich findet er die Stellung, dem Flecken Goeritz gegenüber, ſeit Mittag verlaßen (Y,, Zul), watet zum zweitenmal, Gepäd und Geſchütz rettend, durch den feichten Strom, Tommt unbemerkt vor Küftrin vorüber am *,, Juli bis jenfeitd Wriegen, am 2, bis Freien- walde und vereinigt fih am °/,, Juli jenfeitd der Fühne hinter Neuſtadt mit der Vorhut Wrangeld. Beim Kloſter Chorin begeg- nen fih am *,, Juli die beiden ſchwediſchen Heerführer; Baner, im Gefühl feiner That, gefehmeidiger gegen den Sranzofen, voll Vorwurf gegen den alten Feldmarſchall. Aber zu raften iſt auch hier nicht; weil Gallas, enttäufcht, befhämt, nad Landsbergs Fall 2), Juli, mit dem Hauptheere bei Küftrin zurüdgegangen, auf die Ukermark und Vorpommern herandringt. Ueber Schwert und Garz weicht das vereinte ſchwediſche Heer auf Stettin und lagert fi dort, gerade ſieben Jahre fpäter, ald Guſtav Adolf, den ſchwachen Bogislav XIV. einfhüchternd, in die Hauptſtadt Pommerns ein- gezogen war. ?

Schwedens Anhänger und Bandr's PVerehrer jubelten über die geniale Liſt, welche das Heer gerettet; die Deutſchen unter ben Fahnen faßten neue Zuverfiht; man fang Spotitliever und die Hol- länder erfannen ein Schmachbild, welches die Faiferlihen Generale barftellte, wie fie einen Sad, in welchem das ſchwediſche Heer ſteckte, zuſchnürten, und nicht Acht hatten, daß Baner, mit dem Degen einen Zipfel des Sackes aufſchneidend, herausfroc,. ®

4 Ans Beauregarbe Pemoiren bei Guebriant 190.

2 Micrael. IIL, 258. 2Beauregard in Le Laboureurs Guébriant a. a. O.

' Krieg in Pommern. 27

Herb tadelte die eigene Partei die Ueberliſteten; als der Kurfürſt Georg Wilhelm nach der erſten wackeren Probe ſeines Generals Klitzing die Vornehmſten des Heeres bewirthete, ſchalt er auf die kaiſerlichen Heerführer, „denen der Fiſch aus dem Netze ent⸗ ſchlüpft,“ und verließ, auf die Entſchuldigungsrede des Gallas, die Tafel mit der Drohung, dem Kaiſer den ſchmachvollen Hergang zu melden.“ Aber blicken wir auf das Ganze, fo hatte ſelbſt die uns gefhidte Verwendung der Faiferlihen Macht unüberfehli Großes gewonnen. Ale Frucht des blutigen woittftoder Sieged war für Schweden verloren; während Baner fein ermattetes, an Zahl ge- ſchwaͤchtes Fußvolk um Stettin fammelte, die unberittenen.Reuter dem unzufriebenen Landvolfe in Hinterpommern die Pferde nahmen, and die Offiziere murrten, welche auf eiligem Rückzuge ihre lang eriparte, mühfam erworbene Beute eingebüßt; * Wrangel, mit Baner gefpannt, Hinter die Pene 3095 Fonnte Gallas die Brandenburger unter Klitzing und die Sachſen entlaffen, um die Städte Medien: burgs und an der Nieverelbe zu bezwingen; in Mitteldeutfchland dur andere Theile des Reichsheeres die lebten Funken des Kriegs⸗ feuerd dämpfen, und war dennoch ftark genug, Baner und Torſtensſon mit Gewalt auf einen FTleinen Strich Pommerns zu befchränfen. Kein Wunder demnach, daß den Kardinal die Sorge vor einem bejonderen Frieden zwiſchen den Schweden und dem Kaiſer nicht ruhen ließ, welchen einzuleiten ein branvdenburgifcher Rath mit kaiſer⸗ licher Vollmacht und Abgeorbnete Bjielkes, feit dem März in Biers raden, im Juni um Schwedt zufammenfamen, bie >, Markgraf Siegemund aufbrechend das trüglihe Geſchäft beendete, da die Vollmacht des Schweben, wie zum Hohn des Ernſtes, noch auf ben feit ſechs Monate todten Kaiſer ausgeftellt war. °

Wir geben den Krieg in Pommern nur nad) feinen Umriſſen und dem endlichen Refultate.* Das Falferlihe Heer, nad genauer Angabe kaum 30,000 Mann ftarf, ward zwar von Gallas ale Lientenant des Kaiſers befehligt, fand jedoch, obenein als Reichs⸗ heer ungleich zuſammengeſetzt, unter einer ſo großen Zahl vornehmer

2Carve I, 203.

> Bufendorf 280.

2 NRichelien IX, 397—399. Pufenborf 297, 298.

8 Leber den pommerfchen Krieg Carve a. a. D. (als Augenzeuge), Pufen⸗ dorf 280— 283. Theatr. Earop. III. Guébriant 191.

28 Kaiferliches Heer in Pommern.

Offigiere, daß widerſpruchsvolle Anordnungen , blutige Zerwürfnifie nicht felten eintraten, und der unzählbare Troß und allerlei Geſindel ein mäßig fruchtbares Land bald aufzehren mußte. Unter Gallas bes fehligte Johann Götz und deßen Bruder Peter, Graf Hatzfeld, Marzin, Schwarzenberg, der Prinz Matthias von Medici, der Duca di Bras ganza, der Graf von Rittberg, Bruder des Grafen von DOftfriesland, ber Feldzeugmeifter Breuner, die General» Wachtmeifter Buchheim, Brebow, Gonzaga, Salis, Wangler, von der Golz; kurz faft das ganze, aus Stalienern, Deutſchen, Spaniern zufammengefegte Gene- ralögefolge, welches nad) Auflöfung des walbfteinfchen Stabes unter Ferdinand bei Nördlingen geftritten, und unter Gallad um Rancy 1635 und in Burgund 1636 in der Kriegszeitung paradirt hatte. Namhaft waren unter den Oberften Mühlheim, Graf Bruay, Don Felix Zuniga y Guzman,! Deversur, der Mörder Waldſteins, an der Spitze irländifcher Dragoner; die Menge der Offiziere niederer Grade ohne Mannſchaft wurde einmal von Gallad zu hellen Haufen ins Treffen geſtellt.“ Oft jagten die Regimenter einander aus dem Duartier, deren Zwiftigfeit der Hug geführte Feind nicht unbenupt ließ; die unfinnige Wirthfchaft, welche zumal Peter Göb ® im neus tralen, befreundeten Medienburg übte; die offene Räuberei an Wehrlofen fcheuchte die Berölferung in die Wälder, und machte bie Pommern, welde anfangs mit unverhaltener Sreude bie Herſteller ihrer rechtmäßigen Herrſchaft empfingen, gleichgültig oder erbittert. * Dazu kam die Beichaffenheit des Landes, wegen feiner vielen Flüſſe, Ströme und Päfle in tiefen Moräften zum Vertheidigungsfriege im Herbfte und im Winter vortrefflich. geeignet. Die Schweden hielten die großen befeftigten Städte inne, geboten über Schiffe, um rafch den bedroheten Orten Hülfe zu bringen. Hatte doch Guſtav Adolf im Belig einer Flotte, und in die Hauptlandesfeften Stettin und Stralfund aufgenommen, über ein Jahr gebraucht, um die Küfte uneinigen Heerführern und einem aufgelöften Kriegsvolke abzuge⸗ winnen; obenein da die Stimmung der Einwohner ihn entfchieden begünftigte. Endlich mögen wir aud nicht überfehen, ° daß nicht

ı Garve I, 215.

2 Epitome R. @. 269. Garve I, 219.

3 Garve I, 20. Der fonft ehrerbietige Feldkaplan flraft Hart bie Generalität.

Carve Il, 227. Mierael. a. a. DO. über bie Drangfale von Stargard

und Pirie. & Epitome R. G. 268260.

Krieg in Pommern. 29

einmal Sachſen und Brandenburg, viel weniger Georg von Lünes burg, die Schweben rettungslos unter den Fuß des Kaiferd bringen wollten. Aber ungeachtet der einmüthigen Haltung und der größe en Kriegereigenfchaften Bandrd und Torſtensſons reihete fih ein Berluft an den andern. Am Ende des Auguft, ald Medienburge Etädte und die märkifchen erobert waren, fand Gallad vor Anflam Cs Auguf); am ?'/,, Auguft fiel Uekermünde, am tt, warb der Uebergang über die Pene bei Kloſter Stolp zuerſt verfucht, während Torftensfon gefaßt war, nur die feften Städte auf ber binterpommerfhen Seite und die Oder zu vertheidigen. Als der Angriff auf diefen Theil Vorpommerns an ber Tapferfeit Banere und der Einficht des alten Wrangel, dem fein Sohn, ber fpäter fo ſchreckliche Karl Guſtav, zur Seite fand, feheiterte, der Taiferliche Oberfeldherr fich hinter die Tollenfe zurücdwandte (Ende Septembers), und Johann Gög in der Mitte Septembers langjam nad Thürin⸗ gen, Heſſen und Weftfalen aufbrach,“ wütheten in Hinterpommern Ungarn, das bewaffnete Geleit, welches des Kaiſers Schwefter ale Braut vem Könige Wladislav IV. nah Polen zuführte, und meus teriihe Polen um die Wette, und trugen den Krieg in Gegenden, die bis dahin wegen ihrer Entlegenheit noch verfhont geblieben. Durch einen zweiten DVerfuh des Gallas, mit Hülfe der von der Elbe zurüdgerufenen Sachſen und Brandenburger unter Dom Vitzthum und Klitzing von der Trebel und Nednig her in Vorpommern eins zufallen, wiefen Wrangel und Baner, obgleich beide Tränflich, mit dem hungrigen, nadten, verzweifelten Heere an den Moräften ber Rednig ab, und boten darauf am ?/,, October, minveftens 16,000 Mann ftarf, vor Ribnig die Schlacht, die jedoch Gallas, die vors theifhafte Stellung des Feindes ermeffend, nicht annahm und gegen die Warnow fich zurückzog,? bereitd der Winterlager eingedenf. Kaum war Bandr %,, Detober aus der verödeten Umgegend von Ribnitz, feinem Mitfeloherrn die Hut der Grenze anvertrauend, über Roig nach der Niederoder aufgebrochen, um die Brandenburger in der Neumark und aus Küftrin zu fchreden, und durd einen Mari auf Schlefien den Gallas von der Küfte abzuziehen; hatte die Schanzen um Schwedt eingenommen, ?%,, October, und fein Heer bei Garz und Stettin über die Oder geihidt; als Gallas, ihm

ı Nah Earve I, 215 am 10. September. Theatr. Europ. a. a. O. 2 Buebriant 191. Pufendorf 282.

30 Ginfall der Kaiferlichen in Dorpommern.

am 1, Detober and der Gegend von Roftod gefolgt, Anklam bedrohete ('°/,, October) und, wie er den wachſamen Wrangel an der Vene vorfand, von Malin aus feine Truppen gegen die Utermark ſchickte (Fa), um die Bäfle bei Küftrin und Opderberg zu deden. Geirrt durch dieſe Bewegung, welche Vorpommern zu befreien fchien, überließ Wrangel, um in Greifswald mit Leöly, der aus Schweden heimgefehrt war, und mit dem Kleinmüthigen franzöſiſchen Kundfchafter, Beauregard, fich zu befprechen, den Paß bei Tribſees dem General Bigthum, jenem Sieger von Pfaffenhofen und Bertheidiger Frankfurts, =, und fdidte fih an, dem BDaner feine Reuter nad) Hinterpommern zu Hülfe zu fenden. Unterdeſſen hielt plöglid Gallas den Zug auf die Ufermarf inne, und bes nuste das Anerbieten eined ponmerfchen Edelmanns, ded Geſchlechts ber Küffow, welden eine Beleidigung aus dem Dienfte der Schwe- den getrieben hatte, ? ihm bei Tribfeed einen Llebergang über den Paß zu zeigen. ‚Seführt vom Junfer und einem anderen Evelmanne der Umgegend, George Behr, welhem die Schweden die Pferde vom Hofe geraubt, ſetzte der General- Wadhtmeifter Bredow mit dem Oberften Deveroux unfern Tribfeed durd den Moraft, täufchte durch einen Jrländer die neuangelangten Engländer in der Schanze vor Tribfeed, bemächtigte fih um Mitternaht (Zu) derfelben und Tages darauf aud des fchlecht verwahrten Ortes. So fland den Faiferlihen Obriſten endlich der Eingang in Vorpommern offen; die fchwedifchen Reuter, Gothländer, Finnen und Uplaͤnder, bie berufeniten deö Heeres, wurden, obgleich gewarnt, mit dem Fuß⸗ volk unter ſchwerem Verluſt auf Greifswald, Barth und Etralfund gejagt (AEE), Da auch Gallas am Zece mit der Haupte macht folgte, beſchloß Wrangel, von Baner getrennt, die Heeres trümmer in bie feiten Städte zu retten; Stralfunds Bürger weigerten ſich jedoch, geftügt auf Verträge mit Guftan Adolf, bed Solvatens einlagerd, und nahmen erft nad) langen Unterhandlungen, * als bie Feinde bereitö vor den Thoren ftreiften, ein ſchwediſches Regiment, das bei ftrenger Kälte Acht Tage. lang auf den Schiffen gelegen, nebft dem alten Feldmarſchall auf. Vitzthum fchiffte ſich mit ver- dunfeltem Anſehen nah Schweden ein, wo man feiner früheren t Thentr. Europ. III, 874, 883, 884.

2 Rarve I, 222. 3 Bufendorf 283.

Croberung Pommerno. 81

Dienſte vergaß, der Rechtfertigung Wrangel's mehr Glauben ſchenkie, und froh war des unzufriedenen Mannes erledigt zu werden. Greifswald, , Wolgaſt und Anklam durften ſich dem Gebot bes Feldherrn, das Fußvolk einzulaflen, nicht wiverfeßen; der Reſt der Reuterei ward über die Bene nad Uſedom gefchidt, und das flache Land der Heimfuchung des kaiſerlichen Heered mitleidslos preisge⸗ geben. Selbſt Rügen, nur mit wenigen hunderten verbroßener Kriegsleute befegt, galt bei beginnendem rofte verloren. Am 2 November ergab fih das fefte Schloß Loitz; Demmin nebſt Anklam wurde umlagert; die Stadt Wolgaft ven '’,, November durch Bredow erflürmt; indem von dort aus auch die über die Inſel Uſedom zerftreuten, aufgelöften Reuterhaufen zu Anfang Des semberd durh Mühlheim, den Bertheidiger Zabernd, und Deverour verjcheucht wurden, hörte jede Verbindung zwifchen den ſchwediſchen Heereötrümmern in Borpommernd Städten und Bandıd in Hinter pommern auf. Unterbeß leitete Gallad im Hauptquartier zu Pleftlin unweit Loitz die vielfachen Kriegsunternehmungen, fann auf gänz- lihe Berwüftung des unglüdlichen Pommerlandes, deſſen prangende Fürftenburg zu Wolgaft, in guten Tagen mit weljher Kunſt von den legten Herzogen erbaut, und feit der Verödung im dänifihen Kriege 1628 als ftarfe Feſtung trefflich verjehen, durd) Don Matthias di Medici am mit reihen Kriegsvorräthen blutig erftürmt wurde. * Mehre öfterreihifche Geächtele, vornehmen Oeſchlechts, ein Herberftein, ein Kriehbaum, fahen ald Gefangene einem böfen Empfange in der Heimath entgegen; eine unverhältnigmäßige Zahl von höheren Offizieren und Hauptleuten, nebft fehsundvierzig Fahnen, als Zeichen, in welden Grade das Heer Baneıd vermindert war, Iohnten den Sieg des Medici und erinnerten an den Tag von Nördlingen. Auch Demmin, ? das fieben Jahre früher Guftav Adolf dem Duca di Savelli böhnend abgenommen, öffnete am 1%, , December feine Thore. Während der fchönere Theil von Pom⸗ mern bis auf die Städte Stralfund, Greifdwald und Anklam die entjepliche Geißel des Krieges fühlte, mußte Baner, obgefperrt, auch den Verluſt Hinterpommernd beforgen ; von Kliting dem Bran- denburger im Schach erhalten, konnte er fein ſchoͤnes Fußvolk im wolgafter Schloß, feine Bahnen nicht retten, zumal auch ihm

Garne I, 233, 239. Bufendorf 284, 285. Theatr. Europ. II, 884.

3 Stolle 707. Theatr. Europ. III, 890.

32 Strafruthe über Pommern.

waghalfig dünkte, ohne Reuterei über die Swine zu fehen. Mit Angft hütete er, weit in's Land, von Wollin, die Ober entlang bis Zachan und an die Grenzen der Neumark, fein entmuthigtes Heer verthei- lend, deſſen gepriefenfter Beftand, Schweden und Finnen, fein Lob ſchmählich eingebüßt, * den lebten unfrudhtbaren Landſtrich, welcher von Guftav Adolfs Eroberung geblieben war; vor der branden- burgifchen Gefinnung der Stettiner in folder Furt, daß er am 1%, December alle dort feßhaften Märfer, welche nicht dem ſchwe⸗ difhen Dienfte gejchworen, hinausftieß. ?

Unbefangene Beobachter der Zeitläufte urtheilten ſchon damals, daß Pommerland, weldes den Fremdlingen die Schwelle des beut- fhen Reiches geöffnet, durch Gottes gerechte Yügung von einer Strafruthe heimgefucht fei, die ed um das gemeinfame Baterland verdient. * Nichts fruchtete der hart gezüdhtigten Bevölferung ber Verrath, welchen fie jegt an ihren angeblichen Be, „ern vom Drude früherer Jahre beging; Schweden behandelte diefelbe nachfichtölofer und die kaiſerliche Partei verhehlte ihr. Streben nicht, dem feind⸗ lichen Heere dad Verweilen an der Außerften Grenze Deutſchlands unmöglih zu macen. * Die Wunden, welde der unfelige Krieg dem Lande fchlug, find längft vernarbt; Dörfer und Städte wieder erftanden ; die Summe der Bewohner ift wieder erfeßt; aber ber Freund der Vorzeit beflagt es, die uralten Denkmale der Froͤmmig⸗ feit, die prangenden Schlöffer des kunſtliebenden Fürſtenhauſes ſpurlos verfhwunden zu ſehen. Vom Klofter Stolp, an ber Stätte erbaut, wo Wartislan der Bekenner vor fieben Jahrhunderten dem heipnifchen Grimme erlag, von Neu⸗Kamp, von Pudagla zeugt faft fein Stein mehr; die fürftliche Abtei Eldena, die Grabftätte fo vieler Landesherrn, ift eine Fable Ruine, und nur noch halbverſchüttete

ı Bufendorf 284. Imprimis acerbum erat, Sueci ac Finni multis cele- bratam haotenus famam non parum detritam no kostium ludibrio expositam.

2 Pufendorf 285. Theatr. Europ. III, 899. Ä

2 Carve I, 227. Vastarunt totdm circumguaqgue provinciam, ut intra multum tempus hostilis exercitus «perare non posset vitae sub- sidia, Idque factum reor iusto Dei iudicio, ut scillcet illa patria, quae prima Suedicas turmas contra Caesarem admiserat, illis bellorum oala- mitatibus premeretur, quibus ipsa Imperium Romanum affligere posse putarat.

* Buebriant 191.

Verluſte der Schweben. 33

Keller geben Kunde, wo Philipps J., Ernſt Ludwigs und Philipp Julius herrlich geſchmückte Hofburg zu Wolgaft, und der zierliche Wittwenfitz zu Lois, geftanden habe. * Pommern hatte feine halb⸗ taufendjährige geſchichtliche Verbindung mit Deutfchland gebrochen; deßhalb wurden die Denkmale feiner Germanifirung gebrodhen. Der Flucht Bandre nah Pommern folgte begreiflich ſchnell der Berluft der feften Punkte, welche der wittftoder Sieg In feine Hände gebracht; Havelberg öffnete fih am 7, den Brandenburgern und Sachen, die unter Kliking und Dom Vitzthum von Eidftent im Juli und Auguft zwifhen Elbe und Oper zurlicgeblieben;? die Schanze von Werben übergab Ruth, ein Schwere, ohne Verthei⸗ digung am 1%,, Auguſt und mußte dafür mit dem Kopfe büßen; unter ehrenvolleren Bebingungen zog die Befagung von Dömig ab. Die Vertheidiger der Moritzburg bei Halle ließen ſich erft durch Bandrs nachgemachte Handfchrift betrligen; * dagegen bot Erfurt, zweidentig im ſchwediſchen Beſitz verharrend, noch immer einen Anhalt zu gefährlidem Umſchwung der Dinge in Mitteldeutfchland. ® Abwechſelnd eingeichloffen, erft durch Geleen, dann durch Speer⸗ reuter, im Juli durch die Sachſen, gingen die Bürger, zumal auf Bermittelung der beunruhigten Herzoge erneftinifchen Zweiges, Unters handlungen ein, und neigte fich der verlafiene ſchwediſche Befehls, baber zu einem zeitweiſen Waffenftillftande, welcher ihn auf vie Stadt und die Cyriaksburg beichränfte, die Umgegend gegen Feind⸗ feligfeiten ficher ftellte, und bei freiem Verkehr den Bürgern ven Unterhalt der Schweden zur Pflicht machte. Obgleih Baner ſolchen Vertrag verwarf, fand der ſchwediſche Obriſt dennoch feinen Vor: teil in der Aufrechterhaftung deſſelben, forgte für die Behauptung der @itadelle und harrte, im Einverftändniß mit feiner Partei, eine Belagerung klüglich vermeidend, auf günftigere Umftände. Die vers widelte Lage Lüneburgs Iehrte, zum Verderben eines waderen Kriegs⸗ mannes, die ungetreuen Verhältniffe, welche die Siege und die Berheißungen Guſtav Adolfs in Deutichland herbeigeführt. Der

Sieber Stolp Micrael IH, 2860; über Elvena Biefener Anhang 625 und 548. Die Schweden verbrannten den Kammerhof und brachen Kirche und Kloſter ab, um mit den Steinen die Werke von Stralfund auss zubeflern.

2Pufendorf 2886.

® Theatr. Europ. III, 875. |

% Bufendorf 288. Theatr. Europ. III, 796, 808, 814. Earve I, 148.

Barthold, Geſch. des Sojähr, Kriege, IE 8

34 Derlufle der Schweben.

Rath jener Stadt, um hanfifc - reichöftäbtifche greieit und Güter befip zu erwerben, womit fhon Guftav Adolf ihn gefödert, t hatte nad) der Einnahme der Stadt im Herbfte 1636 einen Vertrag mit Baner gefchloffen, in Widerſpruch mit der Bürgerfhaft, welche dem Zandesherrn, dem Herzog von Eelle ſich zu unterwerfen für rathfam hielt. Es kam jeht, nad gänzlicher Verbunfelung des ſchwediſchen Anfehens, jenen Patriziern darauf an, der ſchwediſchen Beſatzung ſich gu entledigen, ohne unter den Buß des erzürnten Gebieterd zu ger rathen, welchem die niedere Bürgerfchaft, ver kaiſerlichen Macht gleihwohl entfchieven abgeneigt, anhing. Als daher der Rath bei Kurs-Brandenburg und Sadfen, welche dem zweideutigen Guelfen bie Erwerbung Lüneburgd nicht gännten, um Vermittelung nachgefucht, und jene ſich zum Beiftand erboten, um gütlicy oder mit Gewalt die Schweden hinauszufhaffen, rückte Herzog Georg, längft unzufrieden über dad Beginnen der Lüneburger, am ?/,, September vor die Stadt, und wurde der Obrift Stammer durch den Aufruhr der her⸗ zoglihen Partei gezwungen, fid in den feften Kalfberg zu werfen, beffen Bertheidigung ihm Baner früher anbefohlen. Georg, dem faͤchſiſchen und brandenburgiſchen General gefchidt zuvorfommend, zog am °,, September in Lüneburgs Mauern ein, laͤugnete unbedingt das Recht feiner „Landſtadt,“ mit fremden Mächten Verträge zu fchließen, und trug dem Schweden freien Abzug vom Kalkberge und aus dem Schloffe Winfen an der Lühe an, deſſen Belig Kur - Brans benburg wegen des nahen Hamburgs im Auge hatte. Dem gemands ten Guelfen gelang fowohl, der Abficht des Generald Klitzing auf Winfen auszuweichen, ald auch den Obriften Stammer, welder allen gehofften Beiftand am Rathe verloren, und Ehen trug, Gewaltmittel gegen die abgefallene Stadt von dem Schloſſe herab anzuwenden, wie Baner forderte, am ., September zum Auszug von der übels verfehenen Eitadelle zu nöthigen; ? wie der Schwere Ruth warb er, zu Stettin angelangt, zum Tode verurtheilt und enthauptet, CT, November).“ Im Herzoge, jetzt aller fremden Beſatzungen in den braunfchweig » lüneburgifhen Landen bis auf Wolfenbüttel erledigt, erwarhte lebhafter das argliftig unterbrüdte Streben nad) Selbſtſtaͤndigkeit; doc während er die ſchwierigen Verhältniffe mit

ı Bufendorf 286. Deden II, 121 134. Theatr. Europ, III, 858,

? Theatr. Europ. III, 884. 2 Deden II, 139.

Thaten des Laubgrafen Wilhelm. 35.

der mannigfachen Gliederung der Parteien an der Elbe georbnet zu haben glaubte, feine Regimenter unter Gallas in Pommern fochten, und er den Banar von feiner geheimen Geſinnung überzeugt hielt, weil er ein Abkommen ber falenbergifchen Stände mit dem ſchwe⸗ biichen General King zugelaflen, fogar mit Ehriftian IV. von Dänes mark vertraulich einen Vertheidigungszuſtand des niederſächſiſchen Kreifed berieth; ' rief eine neue bevenfliche Verwidelung feine Aufs merkſamkeit in den Weſten.

Landgraf Wilhelm, nicht unbekannt mit dem Urtheil, welches in Wien gegen ihn ergangen, vielmehr durch die zeitweiſe Schonung feines Laudes wähzend Geleens Verbindung mit Gallas zu verftärfs tem Trotz aufgereizt, bemußte die Bewegung Bernhards am Ober⸗ rhein zu neuen Gewalttbaten. Noch im Zuli lag fein Heer, mit framzöfiihem: Gelde wohl verfehen, ? bei Rinteln, Ranzau um Meppen, durch den Grafen von der Wahl verhindert, mit dem Schweden King in der Grafſchaft Lippe zufammenzuftoßen. Im Auguft, ald Johann von Werth heiß gegen den Weimarer kämpfte, rüdte der Hefle, mit King und Ranzau vereinigt, über das feſte Schloß Fürftenau ind Osnabrückſche, und wandte fih, flatt der Hei⸗ math gegen Iſolanis Kroaten und fächfiiche Streifſchaaren beizu- fpringen, nordwärts über Hafelüne, um an einem unfdhuldigen Nachbarn feines Schavens fi zu erholen. ° Getrennt von dem Schweden King, welder, unmuthig gefchieden, mit geheimer Vers günftigung Georgd von Lüneburg im Kalenbergifhen Unterhaltd« mittel fand, und am '',, September Lemgo zur Nachtzeit erftieg ; warf fih der Landgraf, unter fortgefegten Bertragdgefuchen mit Kurs Köln, mit dem Refte des franzöfifchen Haufens und mit Bes lagerungsgefhüs aus feinen Feften verfehen, auf die Grafſchaft Oſt⸗ friedland. Ranzaus, des ehrfüchtigen franzöfiihen Maroͤchal de Camp, erledigt, der, weil ihm Ludwig XIII. den Marſchallsſtab verweigerte, * auch mit dem Landgrafen, fo wie mit Melanver zerfallen, auf feine Güter nah Holftein ging, fo wie des Schweden King, welchen die Holländer nicht im Nachbarlande dulden wollten, fiel Wilhelm zum Verdruße Bandrs, den die Eroberung des entlegenen Laͤndchens

! Deden III, 145.

2 Theatr. Europ. III, 816. PBufendorf 287. 3 ’Theatr. Europ. III, 818, 8189, Nichelien IX, 415.

36 Tod bes Lanbgrafen.

nicht retten Fonnte, über Rheden in jenen wehrlofen Winkel Deutſch⸗ lands ein; ganz nach dem Beiſpiel des berüchtigten Markgrafen Aldreht von Brandenburg im ſchmalkaldiſchen Kriege. Der Graf von Oftfriesland, mit der Reichsfehde nicht betheiligt, vom Kaiſer neutral erklärt, hatte feinen Anlaß zur Feindſchaft gegen den Hefien gegeben, * al& daß fein jüngerer Bruder Johann von Rittberg im faiferlichen Heere diente, und febte fih nad Kräften zur Wehr; aber der Angreifer, 11,000 Mann ftarf, fchlug den Landesausſchuß unter dem Oberften Haringa (Harring), eroberte Leer, Olderſum und andere feite Orte, und zwang die ftänvifchen Bevollmächtigten mit ihm in Leer um eine hohe Summe zu unterhandeln, damit die Grafſchaft nicht gänzlich verheert werde. Aber bier war der Marks ftein der Ihaten und Tage Wilhelms gefegt; er erkrankte während der Belagerung des Schloßes Stidhaufen (Ende Septembers), und der ſechsunddreißigjaͤhrige Mann, deſſen Gefundheit durch Sorgen and Kriegsmühen feit Jahren zerrüttet war, erlag amn einem auszehrenden Fieber zu Leer. ?_ Zwei Tage vor feinem Tode traf feine Gemahlin aus Bremen bei dem Stranfen ein, und war Zeuge feines erjchütternden Endes, ohne feine legten Wünfche vers nehmen zu können. Unpartetifche Zeitgenofien berichten einftimmig, Wilhelm, feit Jahren ſiech, habe nach der lebten Anftrengung nicht mehr leben fönnen, „er fei wie ein ausgebranntes Licht erlofchen;* die Leber fei bei Deffnung der Leiche befonderd ſchadhaft, fo wie das Innere ganz verzehrt befunden worden.” Deßenungeadhtet wirft Pufendorf, um die Wahrheit nicht ängſtlich bemüht, wenn er bie Gegenpartei verunglimpfen Tann, nad der angeblichen Ausſage des Leibarztes Laurellius, den Verdacht der Vergiftung oder des Mits wißend auf Melander, welcher noch mehre Jahre der VBertraute der Wittwe und die treue Stütze der landgräflichen Familie blieb. Ges faßt in ihrem Schmerze führte die Wittwe den einbalfamirten Leich⸗ nam nad Gröningen und ließ denfelben vorläufig in ber bortigen Hauptkirche beifehen, weil die Gebeine des Reichsfeindes in der Bätergruft feine Stätte fanden. Wenn der Karbinal Richelleu den Landgrafen Wilhelm V. mit Lob überſchüttet und die ſchwediſchen

2Wiarda I, 390—416.

3 Theatr. Europ. II, 838. Pufendorf 287. Rigellen IX, 413. Juſti 37 ff.

Theatr. Europ. a. a. O., und die Benierkung bei Juſti 38.

v

Veber Laupgraf Wilhelm. 37

Geſchichtſchreiber älterer und neuerer Zeit ihn vielfach erheben, haben fie ded guten Grund; denn der Hefle hielt einzig ihre Sache im weftlichen Deutfchland nach dem Tage von Nördlingen mühſam aufs recht. Wenn ferner die Feder feiner Unterthanen, knechtiſch befangen und in blinder Anhänglichkelt dem Andenken des hartfinnigen Ges bieterö, der fein treued Bolf gertreten ließ, um feinem ererbten Haße gegen den Kaifer zu fröhnen und mit Fremden fi) zu bereichern, fort und fort huldigt, ihn den „Beſtändigen“ nennt, mögen wir es verzeihen, fo wie dem Wahne und dem leivenfchaftlich-gebanfenfofen firhlichen Eifer der proteftantifchen Zeitgenofien ihre Bewunderung zu gute halten. Aber Schmach und Verrath an der Wahrheit und am SHeiligften wäre es, wollte die fpätere Geſchichtſchreibung, über der Berwirning jener Zeit ftehend, in das Lob eined Fürften ein» fimmen, welcher ſchon von feinem Vater, dem gelehrten Morig, gelernt hatte, jedes Gefühl für das deutſche Reih und Volk zu verläugnen. Morig, der geichworene Bundesgenofie Heinrichs IV. zur Theilung Deutfchlands, ' hatte feinen Haß gegen Habsburg fo wenig unterbrüdt, ? daß er im Jahre 1609 in Gegenwart einer italienifhen Geſandiſchaft ſich nicht enthielt, aus einem ungeheuren Humpen höhft unfhidlih auf dad Wohl des Könige von Frankreich und das Verderben des fpanifchen Haufes zu trinfen. Landgraf Wilhelm war ein Fürft etwa wie zur Zeit der Römerberrfchaft, che Germanien ſich ald Geſammtheit auffaßen konnte, einer unter ben Katten erfichen mochte; ber fchnöbefte eigene Vortheil galt ihm alles; ermuntert durch Guſtav Adolf hatte er früh von jener frommen Ehen, das erwählte Oberhaupt des uralten deutfchen Reiches felbft noch im zürnenden Kaifer zu ehren, gänzlich ſich losgeſagt; frembes Recht dünkte ihm gleichgültig, fobald ihm eine Gelegenheit zum Gewinn winfte; Ehre und Wohlfahrt des gemeinfamen Baterlandes achtete er gering. Zeuge des Jammers feiner Mitſtaͤnde, fo wie feiner Unterthanen, hätte ee mitleidlos fortgefriegt, bis er feine Habſucht gefättigt. Wer den Zufammenhang der Ereignifle, bie flug nachſichtigen Erbietungen des Kaiſers und der befhädigten Genoßen des prager Friedens, ihn felbft mit Aufopferung alter Anfprühe und des Raubes zum Freunde zu erfaufen, Tennt, wird die aufrihtige MWehmuth des Wortes zu würdigen wifien, das

3 S. den Briefwechfel Heinrichs IV. mit Moriß, herausgegeben von Rommel. 3 Dan. Eremita 329.

38 Goͤt in Heſſen.

ſeine Lobredner ihm in den Mund legen: „wollte Gott, daß ich außer Gefahr wäre, ich wollte von allen eroberten Ländern keinen Strohhalm verlangen oder mir anmaßen!“ * Der prager Frieden fonnte den Religionseifer beruhigen; die Thaten und Grundſäaͤtze Ludwigs XIH., die Unterbrüdung der Glaubensbrüder in Frankreich, . burfte ihn waren vor dem Bundedgenoffen; war er nicht wie Philipp, fein Urgroßvater, allenfalls im Stande, zum Gegner feiner bedrängten SKirhengemeinfhaft abzufallen, wenn diefer ihm Befries digung feiner Gelüfte verhieße. Wilhelm V., „ver Beftändige“, ohne Treue und Neblichkeit und Fürftenwort in Unterhundlungen, unter Friedenderbietungen zur hämifchften Heberwältigung unfchufdiger Nachbarn am bereiteften, erzeigte fi nicht anders, „als ob Fein Gott mehr im Himmel, und feine Obrigfeit mehr auf Erden wäre.“ ?

Der Tod des Landgrafen änderte nichts in der Politik feines Haufes. Melander eroberte am "na Stifhaufen, nachdem er am STE pie verzagenden Stände Oftfrieslands unter hollänbis her Bermittelung genöthigt, feinem Heere 12,000 Thaler monatlich zu zahlen, jo wie ein ftarfed Wintereinfager aufzunehmen, und den Vertrag allein unterfhrieben hatte. ®

Die lebte Gewaltthat des Heffen machte das Maas voll; fchon in der Mitte des September war auf Ferdinands Geheiß der Felds marſchall Johann Goͤtz mit einem Theile des Reichsheeres, dem ehemals ligiſtiſch-bairiſchen, aus Mecklenburg aufgebrochen, theils um bie fühweftliche Reichögrenze zu hüten, theild um Weftfalen ins Auge zu faßen.* Götz ftand am Ende ded September fhon um Koburg, ® ald der Kaifer, unterrichtet vom Anfalle Wilhelms auf Oſtfriesland, ihm Eile befahl und dem Herzog Georg von Lünchurg auftrug, fein Kriegsvolk zum Heere der Grafen Gig und Wahl ftoßen zu laßen. Eben unterrichtet vom Tode Wilhelms, erließ Gib am 13. October aus Arnſtadt eine gebieterifche Aufforderung an die niederheffifchen Landſtaͤnde, fi in den Schirm des Katjers zu begeben und deſſen Gebote zu gehorchen; erfüllte jedoch nur zum Theil fein

t Yufti 33 aus J. A. Hartmann.

2 Theatr. Europ. a. a. O. Worte Georgs von Darmfaht.

2 Dal. 848. Lünig P. Speo. Cont. II, 856, hollaͤndiſch. Pufendorf 287.

% Decden II, Beil. 267, 309. Brief Herzog Georgs von Lüneburg vom 44. October 1637.

° Sven 303.

Sufände in Heſſen. 39

Drobwort im Strich um Trendelburg nörblih von Kaſſel, da bie dortige Regierung um Schonung und Frift bat, „bis die Landſchaft beifammen ſei und eine Verwendung befreundeter Fürften beim Kalter eintreten Tönne.” Landgraf Georg, nicht ohne Eigennub um das Wohl des flammverwandten Landes beforgt, hatte das FTaiferliche Urtheil gegen den Landfriedenftörer zur Zeit noch nicht verfundbart, jedoch am re, che noch die Todeskunde aus Leer Oberheffen erreichte, in befhwärender und warnender Weife an Melander geſchrieben, *um den hochbetrauten und wohlgefinnten Diener Wilhelms zu veranlaßen, feinem Gebieter zur gütlichen Ausgleichung und zur Vermeidung der Gefahr zu rathen. Er mahnte auch jebt noch den Feldmarſchall Goͤtz zur Milde, obgleich. die Regierung zu Kaffel in ihrem Bittfchreiben an den Fatferliden General ſich des Ausdruckes bediente: „er folle den Bogen nicht zu hoch fpannen, damit er nicht bräche.” Aber Amalia Elifabeth, durch das Teftament ihres verftors benen Satten vom °%,, März 1633, welches ihr Haus dem Schuhe der Könige von Franfreih und England, fo wie der Niederlande empfahl, und dem Pfahgrafen Ludivig Philipp und dem Prinzen Heinri von Oranien ? die Vollftredung auftrug, zur Regentin des Landes neben einem Landesausſchuß, und zur Bormünderin ded neun Jahre alten Erbprinzen Wilhelms VI. ernannt, hatte unterdeſſen rafch bie Zügel ergriffen, die Huldigung in Kaffel durd die Statthalter für ven Erben eingenommen, ? und bie gütliche Erbietung des kaiſer⸗ lichen Feldmarſchalls anfangs fo entfchieden abgewiefen, daß ſchon um die Mitte des Octobers Melander und King, bei Hervorben vereis nigt, das Reichsheer, durch Abfendung an den Rhein geſchwächt, zurückdrängten.“ Aber Götz, mit Wahl vereinigt und in Hoffnung, bag aud) Herzog Georg dem Reichsheer beiftehen werbe, rückte wieder über die Diemel, worauf Melander im Osnabrückſchen und hinter dem teutoburger Walde auf Verftärfung harrte. Unter der dauernden Kriegdgeißel in Weftfalen und Heſſen fpann ſich die Fehde mit der Feder fort; Landgraf Georg zögerte im Vertrauen auf Götz jetzt nicht länger, ® der Statthalterfhaft zu Kaſſel unter dem °/,a October bie

2 Theatr. Europ. III, 845.

2 Juſti 40. |

2 Michelien IX, 413. Theatr. Europ. Ill, 864. % Bufendorf 287.

° Theatr. Europ. III, 864

40 Politik der Wittwe von Heflen. -

faiferlihen Batente vom 21. November 1636 und 24. April 1637 zu überfenden und als Faiferlicher Verweſer und nächſter Agnat die Verwaltung der nieverheifiihen Lande drohend zu fordern ' Mit gleichen Anfprüchen erhob fih Landgraf Hermann, Bruder Wilhelms, fo wie deſſen Stiefbruder Friedrich den Oberbefehl des Heeres verlangte, aber nah dem Inhalte des Teftumentes des Ders ftorbenen, nad welchem dem General Melander die Yührung überlaßen blieb, ſich beruhigte.“ Jener wadere Kriegsmann, auf den die Wittwe ſich ſtützte, blieb auch in der gegenwärtigen Be⸗ draͤngniß des heſſiſchen Hauſes der Pflicht gegen den Todten fo treu, daß er Ferdinands III, Antrag, * durch den Kurfürften von Köln, in feine Dienfte zu treten, wofür ihm die Erhebung feiner Herrfchaft Angerort bei Kaiſerswerth zur Grafichaft, * 10,000 Thaler Einfünfte und die kaiſerliche Generalswürde verheißen wurde, offen ablehnte, der Regentin verficherte, lieber das heffifche Heer ald einziger General zu führen, ald einer der achtundzwanzig Generäle des Kaiferd zu fein, und ald der fiebenundzwanzigfte Gegrafte mit ges fingen Mitteln zu leben. ® Aber offene Gewalt, beim Verfall der‘ fhwebifhen Waffen und der Unthätigkeit Frankreichs, war nicht sathfam. Deshalb bloß Amalia Elifabeth, bereitd Meiiterin in politifchen Trugfünften, in Gröningen unter dem Einfluß glattzüngiger, böfifher Diplomaten Frankreichs, des Marquis de St. Chamont, de la Boderies und des Grafen d'Avaur, ſcheinbar nachgiebig gegen den Kaiſer,“ nur Zeit zu gewinnen, ohne irgend etwas aufzuopfern, am wenigften dem gehaßten Better in Oberhefien die Verwaltung einzuräumen. Indem fie daher ven Raub in Oftfriesland und Weſt⸗ falen fefthielt, ihren Ständen verbot, den von Georg nad Alsfeld ausgefchriebenen Tag zu beſchicken, griff fie Miftig die Vermittelungs⸗ gefuche befreundeter Fürſten auf, befonderd des Herzogd Georg von Lüneburg, welcher, im Gebiete von Osnabrück die feindliche Begeg⸗

* Theatr. Europ. a. a. O.

» Ricpelien IX, 413,

3 Daf. 414.

% Theatr. Europ. IV, 839.

° Richelieu IX, 414. Während feiner ganzen Regierung hatte Ferdinand II.

nach dem Status regiminis 204 freilich fiebenzig Grafendiplome in allen Erblaͤndern, auch in Italien, ertheilt; nicht eben gar viele, wenn wir auf

den Nothftand des, treuer Dienfle bebürftigen, Hauſes blicken. ® Theatr. Europ. II. 871.

Volitil der Wittwe von Heffen. 41

nung mit Melander meidend und auf die Erhaltung des Erbes für den Unmündigen bedacht, * zu Anfang des November nah Hameln fi) begab, und dort am *., November mit dem kaiſerlichen Feld⸗ marſchall einen Vertrag abſchloß.“ Kraft defielben follten beide Heer, führer, nachdem King und Melanver fih getrennt, ihre Truppen in das Winterlager führen, und Georg verpflichtete fi), blieben anders die Heffen außer Berbindung mit dem Schweden, den Kaiſer für bie Sache des jungen Landgrafen von: Heflen zu gewinnen und ver Wittwe die Heimkehr nad Kaffel zu erleichtern. Im Falle wieder ausbrechender Yeindfeligfeit folle der Lüneburger nur dann zum Reichsheere ſtoßen, wenn die Hefien fich mit den Reichsfeinden wieder vereinigten. * So hatte Amalie Elijabeih vorläufig ven Befis ihrer Eroberungen gefichert; klüglich dagegen zur Zeit die ſchwediſchen preiögegeben; denn Götz nöthigte am ?%,, November den Obriſt Königsmark ohne Ehre and dem brennenden Lemgo auf Minden abzuziehen, während Melander, im trüglichen Spiele anfangs zum Beiftande des Bundesgenoſſen verfucht, Im Stift Münfter und an der Lippe den Reſt feiner Truppen einlagerte, und King fih ‚auf Minden z0g. *

Die Einleitung zum Ruheſtande Weftfalend und Heſſens, welche Herzog Georg umfichtig getroffen, drohete jedoch bie Beharrlichkeis feines Schwager®, bed Landgrafen, zu vereiteln. Letzterer überzeugt von der Zalichheit der heffiichen Wittwe, die jebt nur zu entichlüpfen firebte, hatte, um bei gütliher Schlichtung aller obwaltenden Fa⸗ milienhändel das kaſſelſche Haus zu binden, weil die gewöhnlich abgefaßte Eidesformel mehrmals von Wilhelm V. gebrochen worden, die Glaufel gefordert: „wer wider bie Vereinbarung handele, würde ewig verfiucht und jollte bis in bie unterfte Hölle verdammt fein.“ ® As die Landgräfin, ſolchen Schwures ſich weigernd, ihre Stände unter dem Feen 1637 auf das Anfinnen Georgs erwiedern ließ, „fie könnte deſſen Verwaltung wegen näherer Agnaten und wegen

° Deden IH, 151.

2 Daf. 153.

® Theatr. Europ. III, 881. Pufenborf 288. Ablgreilter 358,

In diefe Seit fallen die Streifzüge, welche der Simpliciffimus, „ber Jäger von Soef*, fo lebendig erzählt Heſſen flanden im nahen Lippflabt. Ins möglihd kann Dichtung die wechlelnden äußeren Verhaͤltniſſe fo richtig aufs faſſen. Simplicifimus Buch 2 und 3.

® Genlenberg XXVII, 269.

42 Politik Amalia Elifabeihe.

des Teftamentes des Verftorbenen nicht annehmen, auch weil das vom Kaiſer ausgefprochene Urtheil nicht den jungen Erben, fons bern den verftorbenen Landgrafen träfe;“ begegnete Georg ? Diefen Entfhuldigungögründen, indem er mit einem neuen ſcharf gefaßten Schreiben ded Kaiſers von 27. November, welches dad Teftament umfließ, die Huldigung der Stände an Wilhelm VI. für nichtig erflärte, und mit Androhung bärterer Strafmittel, „zu welchen Gög befehligt ſey,“ zum Gehorfam aufforderte. Wie die heffiichen Stände unter dem '%,, December dieſen Falferlihen Gehorfamsbrief erhielten, hatte bereits Götz einem Theile des heffifchen Landes den furcht⸗ baren Ernft feines Amtes gezeigt, weshalb die Landgräfin von ber Regierung und dem Ausſchuße die Unterhandlungen in Marburg wieder anfnüpfen ließ und unter dem Scheine gütlicher Mittel bes wirkte, daß in den erften Tagen des Januar 1638 die Gemwalts ihätigfeiten aufhörten und zwiſchen dem vielgefchäftigen Melander, in Verbindung mit Herzog Georg, Kurfachfen und dem Yeldmars ſchall Götz, ein Waffenftillftand bis zum 5" 1638 mit kaiſer⸗ fiher Beftätigung zu Stande kam.“ Derfelbe galt aber nur für die Hefien und deren Befagungen, nicht für die Schweden und Franzofen, die unterdeſſen fih auf die hollaͤndiſche Grenze zurüds gezogen. Ohne irgend der Berechtigung des Vetters von Darmftadt nachzugeben, ober ihre Beute einzubüßen, hatte Amalie Clifabeth den Sturm für den NAugenblid beihworen. Daß fie Kaiſer und Reich nur betrügen wolle, wie es ihr auch gelang, gaben ihre' ges heimen Geſandtſchaften an beide Bundesgenoſſen zu erkennen; Ludwig XUl., zumal jest nicht mit Geld und Beitehung kargend, verboppelte das Gehalt Melanders, ° ward von allen Ränfen in Kenutniß geſetzt, welche feine Minifter, vie fih vom wandernden Hoflager der frangöfirten Dame nicht trennten, ausgebucht; er erhielt heimlich die Verfiherung, die Landgräfin, treu dem Bunde, werde nie einen befonderen Vertrag eingehen. Die gleiche Betheues rung ertheilte der Oberſt Johann Heinrid von Günderode, ben

* Theatr. Europ. III, 887.

3 Dal. 890.

® Adlzreitter 358.

% fhestr. Europ. III, 896. s Rihelieu IX, 414, 415.

[4

Mänte ter Landgräfn. 43

ſchon Wilhelm V. nach Schweden gefchidt, * im Namen der Wittwe, und forderte die Uebergabe von Meppen, fo wie anderer weRfälifcher Ortſchaften an feine Gebieterin und flärfere Bürgichaft für ihre Zus funft. Nicht gefonnen, ohne Unterpfand ihrerfeits irgend etwas herauszugeben, Inüpften die ſchwediſchen Reichöverweier die Einräus mung Meppensd und jene Zugefländniffe an Beringungen, welche ihre Selbſtſucht und ihr Mistrauen hinlänglih ins Licht ſtellten. Defienungeachtet blieb die Verbindung zwiichen Schweden und Heflen ununterbrochen; denn Amalia Elifabeth wollte, in einer Verwirrung der Begriffe über Ehre, Recht und Religion, welde an einem Weide beißpiellos ift, Erweiterung ihrer Herrfhaft unter Angſt und Gefahren lieber der Waffengewalt und ber ungewißen Gunſt fremder Kronen verbanfen, ald der Rachgiebigfeit der deutfchen Mitftände und des SKaifers. ?

Unter fo treulofen Berhältnifien, doc zur Zeit bei unlengbarer Uebermacht ver Faiferlihen Waffen, begann aud an der Weſer dos neue Jahr. Um Dortmund und auf dem neutralen Boden des Herzogthums Zülih und Berg und in der Grafihaft Mark "fand das kaiſerliche Heer unter Gib, Lamboy und Wahl öde Winters quartiere, unter Haͤndeln mit SBiccolomini und Careito, melde eben vom niederländifhen Kriege heimfehrten. *

Behntes Kapitel,

Feldzug per Franzoſen in der Freigrafſchaft. Der Herzog von Rohan verliert das Veltlin. April 1637. Bernhard in Paris (Juni 1637) und in ber Breigraffegaft. Iohann Ludrig von Erlach. Bernhards Rheinübergang. Anguſt 1637; unglüdliche Kämpfe gegen Johann von Werth und Rückzug auf Delsberg. Ociober. Johann von Werth, Meifter des Rheinſtroms. December 1637. Ramfays Frevel in Hanau und Untergang. -— CEber⸗ hards Ränfe wegen Hohentwiel. Allgemeiner Stand ber Dinge. Unters handlung über ven Frieden. Graf d'Avaux in Hamburg.

Während diefer Vorgänge in Nords und Mittels Deutfchland hatte Johann von Werth mit größerem Ruhme den Südweſten des Reichs gegen Bernhard von Weimar und Frankreich vertheidigt.

2 Bufendorf 311.

3 hestr. Kerop. III, 897.

3 Simpliciſſtmus 371. Adlzreitter 364.

44 . Hohen im Beltlin.

Richelien, vorfichtiger im Angriff auf Deutfchlands Grenzen, betrieb zeitig nur den Krieg innerhalb des Gebietes von Frankreich, wo noch 2a Eapelle und Chatellet in den Händen der Spanier waren, und gegen bie näheren Grenzen, tin Lothringen, in ber Sreigrafihaft und in Burgund. * Die unbeveutenden Haufen, welche Gallas dort herum unter Suys und Mercy zurüdgelafien, verloren fleine Ortfchaften, zogen nad der mißlungenen Belagerung von Hericourt, der eine zu Gallad, der andere zum Herzoge Karl nad Befanson, während Henry d'Orleans, Duc de Longueville, Nach fömmling des tapferen Baftard Dunoid und den Prinzen von Geblüt deßhalb gleihgeachtet, im März ein Heer fammelte, im April das Schloß Saint» Amour, ſowie andere Heine Feften beswang, darauf verftärkt durch die Truppen, welche unter dem neuen Mareéchal be Camp, ?* dem Grafen von Guebriant, aus dem Beltlin heims kehrten, nad) dreizehntägiger Belagerung die fefte Stabt Bletterand am 31. Auguft erftürmte und drei Tage darauf auch das Schloß, von ber ehemaligen Beſatzung Zabernd tapfer vertheidigt, einnahm. Aber empfindlicheren Verluſt, als diefer Heine Gewinn in der Freis graffchaft erſetzen konnte, hatte bereitd das Frühjahr in den Alpen gebracht. Heinrich von Rohan hatte allein von allen franzöftfchen Feldherrn feit dem Jahre 1635 Ruhm erfochten, ald im Frühjahr 1637 die Dinge hier für Frankreich ſchmachvoll umfchlugen. * Die Graus bündner, getäufcht in ihrer Erwartung, in den vollen Beſitz des Beltlin zu fommen, wurden des eigennügigen Bundesgenofien übers drüßig und eröffneten während einer gefährlichen Krankheit Rohans Unterhandlungen mit den Spaniern in Mailand und mit der Erzher⸗ zogin Glaudia von Tirol. Vom Hofe nicht gehörig mit Geld unters fügt, um die bündifhen Truppen zu befriedigen, gerieth Rohan auf der Tagefahrt zu Kur in Gefahr, feine Freiheit zu verlieren, rettete fi) mit Mühe in feine Schanzen am Rhein, und mußte, unter Vers mittelung der Schweizer, am 26. März 1637 einen Vertrag fchließen,

bis zum 5. April Graubünden und dad Veltlin zu räumen, und bis

zur Ausführung der Vertragspunfte in Kur als Geiffel zu bleiben ;

s Richellen IX, 419 ff. Montglat I, 154.

2 Guebriant 22, 38 ff. Richelieu IX, 456.

3 lieber bie Porgänge im Beltlin f. weitläuftig Richelien IX, 422-456. Montglat I, 164 ff. Guébriant 23—30. Notice sur les mömoires da Duc de Rohan 71 ff.

Herzog Bernhard in Parlo. 45

eben ald Gusbriant, vom Könige unter dem 1. April beauftragt, * zu feinem Beiftande in der Schweiz erſchien. Das Uebel war nicht zu ändern; der Hof mußte jenen vortrefflichen Paß nach det Lombardei aufgeben; Rohan erhielt feine Freiheit, lehnte jedoch ab, den Reſt feines Heered mit dem Grafen von Guebriant nad Italien zu führen, und vorher dem Könige in St. Germain fi darzuftellen, weil er die böfen Abfichten Richelieus durchſchaute, und begab fi, für feine Freiheit, ja für fein Leben fürchtend, unter dem Vorwande ber Kränflichkeit nach Genf. Noch beftärft in dem Argwohn durch ben umgeänderten Befehl, zum Duc de Longuenille zu floßen, bat ber anzufriedene Huguenotte, deſſen alter Feind, Heinrich von Bourbon, in Bourgogne befehligte, am 29. Suni um Grlaubniß, in der Schweiz bleiben zu dürfen, ? während Guebriant, auf Geheiß des Königs vom 28. Mai, die Trümmer des Heeres in die Freigrafs haft führte (23. Juni), und darauf die prahleriſch berichteten Helvdenthaten von Bletterand und im fühmeflfichen Theile der Freis grafihaft vollbringen half. Rohan, alle Schlingen, welche Richelieu ihm ftellen ließ, vermeidend und die Verlodungen der Spanier ab» weifend, trat in engere Verbindung mit Bernhard von Weimar, deſſen Zärtlichfeit für die fchöne Tochter des Herzogs wir Tennen,. frigerte dadurch den Verdacht, und ſchloß ſich, vol Verdruß über die Ränfe feiner Gegner, entfchleven dem gleihfalls mit Frankreich unzufrledenen Sachſen an, ° was, wie wir fehen werben, das Lebens» ende des gefürchteten Haupted der Huguenottenpartei zur zufälligen Folge Hatte.

Da die Faiferlihen und fpanifchen Truppen, welche zur Abwehr Rohans an den Alpen geftanden hatten, nad der günftigen Wen, dung der Dinge im Beltlin zum Schube des weftlihen Deutſchlands verwandt werden fonnten, war dem Hauptheer des Kaiſers und des Reichs unter Gallas Gelegenheit gegeben, die Schweden zu ers drüden, bis Bernhards Pläne größere Vorkehrungen nöthig machten.

Unter mancher Prüfung hatte ver Sachſe in Parts das Yrüh- jahr verlebt, ohne Gehör bei Richelieu für feine Abfichten auf Deutichland zu finden. Gerelzt durch die Anfrage Orenftfernad, ob

1 Brief des Könige. Guébriant 82.

2 Merkwürdig if es, daß der König am demielben Tage den geheimen Beſehl zur Verhaftung Rohaus erließ. Möfe IE, 180. Anm. 150,

2 Rihelieu IX, 455, 406.

46 Beruhards Sommerfeldzug.

er noch im Dienſte der „gemeinen Sache“ oder blos Frankreichs ſtehe,“ verwarf er, wie früher, mit einem unerfahrenen franzoͤſiſchen Feldherrn den Heereöbefehl zu theilen; Hagte über unredliche Ver⸗ Fürzung ihm ſchuldiger Summen, tadelte mit bitterem Freimuthe der Minifter Verfahren, und erlangte dennody nicht die gewünſchte eilige Abfertigung, obgleih auch Hugo Grotius fih für ihn vers wandte, ? und zur Rettung Bandrs einen nacdrüdlichen Feldzug an den Rhein forderte. Bernhard mußte endlich, ftatt über jenen Strom zu gehen, dem Eigennuge Richelieus fi fügen, vorher die freie Grafſchaft und Lothringen vor feindlihem Angriffe zu ſichern. Nach einem Vertrage vom 7. April 1637 follte er etwa zwei und - eine halbe Million Livres bis November, 10,000 Mann ftatt der geforderten 20,000, als Hülfsheer erhalten, und des Beiftandes bes Duc de Longueville im Nothfalle ſich vertröften können. * An ber Stelle des läftigen Feldherrn de la Valette ward der Sieur du Hallier ihm beigejellt; der Kardinal nebft feinem Bruder, dem Duc de Candale, follte anfangs in Lothringen befehligen, dann die fpanifchen Niebers ande von der picardiſchen Seite angreifen, und Marfhall Ehatillon ind Luremburgifche vordringen; de la Meilleraye ein drittes Heer zu gleihem Zwede führen. * Aber erft im Mai und Juni fonnten, wegen Mangel an Geld die pompbaft angefündigten Yeldzüge eröffnet werben; erft am 12. Mat verließ Bernhard, da er nicht vor Empfang der Summe fi aufmahen wollte, vom Könige ans getrieben, das ränfevolle Hoflager. Zu Troyes am %, Mai ftattlih empfangen, harrte er vergeblih zu Bar fur Seine de Heranzuges du Hallierd, der erft in der Mitte des Juni mit etwa 6000 Dann anlangte. Das weimarihe Wolf felbft fand der Herzog zwiſchen Chaumont und Langres, zwar in gutem Stande, 7000 Wann zählend, aber in widerwärtigem Kanıpfe mit den frans zöfifchen Landleuten und den Behörden. Als der Herzog am °/,, Juni über Chaumont nah Nogent le Roi aufbrach, ° war bereitö weder Bandr, no der Hermannftein, noch der Hefle zu retten, und ber

ı Röfe II, 141.

3 Grotii ep. 739.

3 Röfe Anm. 86. 384. Urf. 25. Theat. Europ. III, 763.

° Nichelieu IX, 419, 475. Montglat I, 155.

8 Webertrieben find die Angaben im Theatr. Kurop. IH, 791. Bernharb habe ein Heer von 18,000 Mann gehabt.

Beruhard in Burgund. 47

Grund neuer gerechter Klage gegeben. Das Schloß Romagne fiel nad) drei Tagen, worauf Bernhard, benachrichtigt, der Lothringer ſei über die Eaone auf Mümpelgard gewichen, ſich Champlittes bemädhtigte, * 21. Juni, jedoch am 22. zu feinem Erflaunen den Gegner nebſt Mercy bei Ray in Schlachtordnung am Ufer des Stromes fand. Erft durch ein blutiges Treffen, in welchem Mercy verwundet wurde und das Faiferliche und lothringifche Heer ſechszehn Fahnen verlor und nad) hartnädigem Wiperftande ? beveutend eins büßte, vermocdten die Weimarer, ohne die Sranzofen du Halliers, unter perjönlicher Leitung Bernhards, den Llebergang über Die Saone zu erzwingen. “Die Franzoſen beim eroberten Gy am 26. Juni auf den Flußpaß von Lantagııy fchidend, * erflürmte Bernhard St. Loup uud andere Heine Orte, ließ das fefte Beſangon unberührt, nahm am Ir Beaume led Damed und vereinigte ſich mit feinen aus bem Elſaß Fommenden Regimentern unter Kanowski und Schafalipfi, Dur den franzöfiihen Statthalter von Mümpelgard bei der Be« kung von Clerval beeinträchtigt und der Bezwingung Befangond die leichtere Brandſchatzung benachbarter Schlöffer und Flecken vors ziehend, erflürmte Bernhard am '*),, Juli Stadt und Abtei Lüders (Lure), * und gedachte jest, mit Beute bereichert, an ven Rhein« übergang. Aber der urſprüngliche Plan, bei Rheinfelden über den“ Strom zu gehen, war theild duch die Wachſamkeit der Faiferlichen Regierung in Borderöfterreih, theild durch die Unflugbeit ber Franzoſen, ihren Neid oder durch geheime Vorfehrungen des Hofes vereitelt worden, welder mehr Vortheil fand, fich bes tapferen Heeres zur Eroberung der Freigrafſchaft zu bedienen. Obgleich Ludwig, Dur Avaux und St. Chamont von Hamburg aus dringend gemahnt, in einem Briefe vom '°,, Juli den Herzog aufforderte, ® vermittelt ungefäumten Angriffd auf den Rhein dem überwältigten Baner Luft zu machen, zumal auch Hugo Grotius in einer langen Rede die gemeinfamen Gefahren bei dauernder Unthätigfeit Frankreichs entwoldelte, ® fchmächte Bernhard, in der Grafichaft verweilend, feine

ı Nichelien IX, 457. Theatr. Europ. III, 800. Rſe I, 145. : &arve I, 212.

? Richelieu IX, 458.

° Daf. IX, 461. |

® Möie I, 149. Beilage 127.

® Pufend, 306.

48 Johann Ludwig von Erlach.

Streitkraͤfte, hatte jedoch ſchon einen Punkt zum Uebergange erſpäht, und zur Beförderung deſſelben einen Mann gewonnen, der, deutſchen Blutes, dem Reiche unheilbaren Schaden zufügte.

Gegen die Partei der Fatholifhen Eidgenoflen, welde arg⸗ woͤhniſch die Fortfchritte der Franzofen in der Freigrafihaft beob⸗ achteten, hatte Bernhard die proteftantifchen Schweizer, ihm fchon befreundet feit den Tagen ver Tonftanzer Belagerung, für fich zu fimmen gewußt. Sein Vermittler war Johann Ludwig von Erlach⸗ Kafteln, * aus altpatrizifhem Blut in Bern I. J. 1595 geboren. Früh Edelknabe an Höfen geſchworner Kaiferfeinde, Ehriftiand von - Anhalt und des Grafen Mori von Dranten; dann ald Offizier bes Unionsheeres in der Schlacht am weißen Berge gefangen, ein E:treitgenoffe ded Markgrafen von Brandenburgs Fägernborf, der Beführte des tollen Ehriftian von Braunſchweig in alten böfen Abenteuern bei Höchft und Fleurus bis zum Tage von Stablo, hatte der junge Schweizer mit Auszeichnung unter Guſtav Adolf in Liv⸗ land und Preuſſen gefochten; war, heimgefehrt, Glied des Fleinen Rathes in feiner Vaterfladt geworden, und unter dem alten Baſſom⸗ pierre im J. 1630 an der Spige eined Schweizerregimented, nach dem Feldzuge in Piemont entlaffen worden (10. Juni 1631). ? As

»Guſtav Adolf darauf ſiegreich in Süddeutſchland erſchien, ſchloß Erlach ſich unter Bernhards Augen eine kurze Zeit den Schweden an; kehrte dann in fein Vaterland zurück, welches ſich feiner in bes denklicher Zeit als erfahrenen Kriegerd und gewandten Unterhänblers am franzöfifhen Hofe beviente, und warb im hohen Sommer 1637 von Bernhard, welcher feine Leute zu wählen verftand, unter der Sorge vor den katholiſchen Eingenoffen, durch den Generalquartiers meifter Moͤrshäuſer perfönlich ind Lager befchieden. Im bewaffneten Seleite eines Obriften ftellte der Schweizer nad der Einnahme von Lüderd am 24. Juli vor Bernhard fi ein * und bot von da ab feinen Haß gegen den Kaiſer und das deutſche Reich, feine Kenntniß der fchwelzeriihen Berhältniffie und feine Verbindungen auf, um Defterreih8 Macht am Oberrhein zu brechen, unbefümmert, daß Frankreich gefährlicher an deſſen Stelle trat. Erlach verhieß ven Vorſchub feiner Partei; da jedoch die Straßburger ihre Brüde offen

* Zurstauben IH, f. Erlach I, 3 ff.

3 Baflompierre II, 295 fpricht mit großer Liche von dem falfchen Schweizer, 2 Erlach I, 32. II, 284.

Bernhards Rheinübergang. 49

berzugeben fi} weigerten, * um bie vom Kaifer zugeftandene Neu- tralitaͤt nicht zu verletzen, und weil die Uebermacht Bernhards und Frankreichs ihre Freiheit bebrohete, mußte man an einer andern Stelle ven Berfuh wagen. Hierzu fchien beſonders das Ufer bei den Dörfern Rheinau und Wittenweier, zwiſchen Straßburg und Breiſach, einige Stunden von Beefeld, gänftig, wo nicht allein der mächtige Strom durch Inſeln getheilt wurde und die gegenüber in mehren Armen ausmündende Elz die erften aufgeworfenen Schanzen deckte, fondern auch Fein Faiferlicher Heerführer, als der ſorgloſe Savelli im Breisgau, in der Nähe ftand.” Nach vorläufiger Kundſchaft rüdte daher der Herzog über Befort und Tham ('%,, Bis 1, Juli), defien Beftürmung mißlich fchien, vor Enſisheim, ſchickte den Franzoſen du Hallier unter Erlachs Leitung, um die Gegner irre zu machen, über Pfirt auf Bafel, und langte, den Reſt feines Heeres führend, an demfelben Tage, ald der Rheingraf Johann Philipp Enfisheim erftürmte, mit Manicamp, dem Statthalter von Kolmar, und defien 400 Franzofen in Rheinau an. Im geheim durch die Straßburger unterſtützt, ward die Schiffsbrücke bald voll- endet, und von den zuerft übergefegten Truppen unter Manicamp und von Schönbed fo eilig eine Verfhanzung bei dem Dorfe Witten- weier aufgeworfen, * daß die Ueberführung der Regimenter Tag und Nacht vor fich gehen fonnte. ‚Aber der wachſame Kurfürft von Baiern, fon am 14. Juli von den Abfichten des Weimarerd unters richtet, hatte an demfelben Tage * dem Feldmarſchall⸗Lieutenant Johann von Werth den Befehl gegeben, eiligft an den Oberrhein zu rüden. Der Bezwinger Hermannfteind, am Main im Darmftäbtifchen gela- gert, war nahe daran, dem Schotten Ramfay in Hanau, welcer mitten unter bewilligtem Anftande die Gewaltthätigkeiten fortfegte, Aſchaffenburg geplündert, Seligenftabt ° überrafcht, aber feine treff⸗ liche Beſatzung im Juni dort eingebüßt hatte, endlich den Sinn zu brechen. Er kannte durch aufgefangene Briefe die Noth des Schotten, deſſen einzige Hoffnung auf Bernhard, ® den heimlichen Geldſpender,

ı 2aguille I, 136.

2 Röfe u a. D. 152,

3 Bufendorf 290. Adlzreitter 355. Rigelien IX, 482. ® Adlgreitter J. o.

® Bufendorf 289. Theatr. Europ. III, 801.

® Theatr. Europ. Ill, 778.

Sarthold, Geſch. des 80jahr. Kriegs. IL. 4

50 Kampf am Rhein.

zu [hwinden begann, und hielt daher Hanau feit dem Anfauge bed. Juli enger umſchloſſen. Wie nun Ramſay die erſte Kunde von Weimars Nähe erwitterte, flug er, Zeit zu gewinnen, wieber deu Meg der Unterhandlung ein, welde, begünftigt dur den Kurfürften von Mainz, durh den Landgrafen von Darmftadt und die Franls furter, zu Mainz eröffnet wurden. Dadurch aufgehalten langte Johann von Werth einen Tag zu fpät mit drei Negimentern von Offenbach ber an, und wollte, fo unbedeutend auch feine Streit« fräfte anfangs waren, doch in einem fo höchft wichtigen und ehren⸗ vollen Poſten nichts unverfucht laſſen.“ Am 8. Auguft überfiel er den Obriften Rofen, warf ihn auf das Dorf Wittenweier zurüd, und nöthigte felbft den Herzog, fih ſchwimmend nad feiner Inſelſchanze zu retten. Aber inne geworben, daß die ganze Heeresmacht Weimar fih ſchon auf dem rechten Rheinufer befinde, 308 fih Johann von. Werth in guter Ordnung durchs Holz auf Offenburg zurüd, nach⸗ dem auch ein Angriff feined wenigen Fußvolfs auf die Schanzen mißlungen war. ?

Mit geringer Verftärfung durch Reinach, deſſen Wachſamleit du Hallierd Zug auf Baſel getäufht hatte, behaupteten ſich die Baiern muthvoll in ihrer Stellung, und hinderten das weitere Vor⸗ dringen der Weimarer, die ſchon mit dem franzoͤſiſchen Zuzuge wieder vereinigt und jenfeit des Rheins Meifter mehrerer nicht unbedeutender Drte waren. In den nächiten Tagen fielen zwiſchen beiden Parteien blutige Gefechte vor, welche, zum Vortheil Werths endigend, das Kriegsanſehen des neuen franzöoſiſchen Feldherrn mächtig herunter⸗ ſetzten. Gewöhnlich entſtanden ſolche Gefechte aus dem Zuſammen⸗ treffen kleinerer Reuterabtheilungen, welche wechſelſeits von den naͤchſtliegenden Regimentern verſtärkt, bald beide Heere in Aufſtand brachten.“ So wurde ein weimarſcher Rittmeiſter in dieſen Tagen mit achtzig Pferden auf Kundſchaft ausgeſchickt, aber von Werths Reutern aufgehoben. Darauf eilte Obriſt Noa mit drei Eskadronen auf die Sieger und brachte ſie ſeinerſeits in Verwirrung; kaiſerliche Küraſſiere trieben dieſen wieder in das Lager zurück; jetzt beſchloß Herzog Bernhard in Perſon die Verwegenen zurückzuweiſen; aber auch Johann von Werth ſtand unterdeſſen an der Spitze der Seinen

* Theatr, Europ. III, 809.

2 Richelieu IX, 463. Röſe 158. 3 Le Vassor IX, 284. ff.

Kampf am Rhein. " 51

und trieb alte feindlichen Regimenter mit Verluſt auf ihre Ver⸗ fhanzungen. * Durd den glüdlichen Erfolg ermuthigt, war Johanns von Werih Möftcht Feine geringere, als die vereinigten Feinde fiber ven Rhein zuräd nah Burgund zu ſcheuchen, ein Unternehmen, weiches auch dad Ende des Herbftes herbeiführte. Don weiteren Fortſchritien abgehalten, ließ Herzog Bernhard dagegen den Rhein- yaß bei Wittenweier und befonverd die Inſeln, das „Waſſerloch,“ von Tag zu Tage mehr befeftigen, und in einen fat unüberwind⸗ lihen Stand ſetzen. Da eine fo ploͤtzlich gefchaffene Rheinfeftung in den Händen der Feinde unendlichen Nachtheil bringen konnte, entichloß ſich Johaun von Werth zu einem Wagflüde, welches das Gefühl der Schonung aus feiner Seele bannte. Kaum war näm⸗ ih Reinach mit einigen Reutern, wenigem Fußvolk und fünf Kanonen zu ihm geftoßen, als er noch an demfelben Tage (un einen faft beiſpiellos ungeftümen Angriff auf die wittenweirer Schanzen that. Wir dürfen nicht verhehlen, daß Johann von Werth den Much feiner Krieger vor dem Sturme noch durch Weinſpenden ers höhte, und, im Hal eines glüdlichen ‚Erfolgs‘, einen monatlichen Sold verfprad. So zweidentig die Anwendung dieſes Reizmittels für die natürliche Tapferkeit feiner Völker fprechen mag, fo beburfte es doch an feinem andern Orte mehr der unabläßigften förperlichen Anftrengung und eines Ungeſtüms, welcher die Todesgefahr, hinter feſten Schanzen und tiefen Gräben aus taufenden von Yeyerröhren lauernd, verachtete, und blind war gegen Schwierigfeiten, vor denen der gewöhnliche, nüdterne Soldat zurüdweiht. Sagt doc felbft Bhilander von Sittewalb, der gemüthlihe, aber firenge Sitten» prediger in feinem „Soldatenbrief“: Bar du wilt gehn zu Streit und Schlacht, Ein Trinflein Wein dich muthig macht! und hatte ſelbſt Weimar, um den Seinen jede Hoffnung zur Flucht zu rauben, ven verzweifelten Entfchluß gefaßt, die Rheinbrüde Hinter ihnen abbrechen zu laflen.? Mit fo aufgeregten Sinnen flürmte s Die Reihenfolge der einzelnen Kämpfe läßt ſich bei widerfprechenden Angaben,

"zumal im Datum, nicht ermitteln. S. Roſe 1, 155 und bie dort anges

gebenen Quellen.

2 Richelieu IX, 465: La creance commune dans le eamp etoit que Jens de Wert avoit fait enivrer nes gens pour les rendre plum courageux, et il dtoit à presumer. qu'à moins de cela ils n’eunsent pas demeure el

long - tempd à deceuvert & la merei des cannonades et mousquetades. .

52 Johann von Werth and Bernhard.

dad ganze Heer, angeblich fechstaufenn Mann ftarf,- da der Tag ſich fhon zu neigen begann, auf dag Lager. Ruhig erwarteten bie Muöfetiere Hinter den Schanzgen den Anlauf; aber unaufgehalten durd den Kugelhagel aus allen Röhren, klommen die wuthhlinden die Schanzen hinan, nachdem fie die Eltz und die tiefen Gräben durchwatet, und mußten einzeln mit umgefehrten Musfeten und Hellebarven ! todt geichlagen werben. ? Zwei ganzer Stunden währte der mörderifhe Sturm mit gleichem furchtbaren Ernſt. Der ſtets wachſende Verluſt erhigte Johann von Werth zur fchonungslofeften Aufopferung; denn noch immer Eonnte der errungene Bortheil, bie Zurüdtreibung Bernhards über den Rhein, den Schaden aufmägen. Endlich, da anfehnliche tapfere Offiziere gefallen, gab um fechs Uhr Abends Johann von Werth das Zeihen zum Rüdzuge auf Schuttern, unter dem Schirme ver Reuterei, welche innerhalb des Kanonen ſchuſſes im Feuer gehalten. Zwar füllten taufend Todte und Ber: wundete die Gräben und das Gefilde umher; aber die Wichtigkeit des Unternehmens verantwortete vor Johanns von Werth Krieger- herzen das vergoflene Blut, und fhon am 14. Auguft ſehen wir den Unverzagten den Herzog von Weimar felbft, welder mit vier Schwadronen auf Kundfhaft geritten war, mit hundert Küraflieren angreifen; beide Theile zogen Verſtärkung an fich, aber Werth's Reuter waren Meifter, und Bernhard, nachdem er felbft im Hand» gemenge ſich getummelt, zog fich in fein fefted Lager zurüd. Ueber dieſe Erfolge jchrieb Johann von Werth aus Schuttern und von Kenzingen (15. 18. 19. Auguit) an den Bifhof von Bamberg, (weldyer die Briefe dent Kurfürften von Sachſen mittheitte): „Herzog Bernhard hat ausgeſagt, er fürdte feinen Feind in der Welt, nur meine Truppen, lebe alfo der Hoffnung, mit diefem, des H. Römis [hen Reihe Erzfeind, die größte Ehre einzulegen, wie ed mir denn gänzlich vorfteht, ihn feibft in der Perfon zu erwilchen, wie denn nun zweimal gefcheben, maßen denn Rittmeiſter Theiß von meinem Regimente einen Lieutenant bei ihm erftochen, weſſen Pferdekopf

Quant aux nötres, il n’y avoit point d’erperance pour eux de 56 peuvoir retirer, le Duc de Weimar ayant expres renvoy& les batenax de l’autre cöte de l'eau.

ı Man erinnere Th, dab ſelbſt in Guſtav Adolfs Heere mindeſtens ein Drittel des Fußvolls mit Spießen bewaffnet war.

2 Theatr. Europ. 816, Adlzreitter 355. Bufendorf 291,

Johann von Werth und Bernhard. u 53

auf des Herzogs Bernhard Pferd gelegen; weil er aber einen Küras angehabt und wegen unſerer Küraſſiere nicht gekonnt, iſt er mit ſeinem Küras durch das Waſſer geſprungen.“ Einige fran⸗ zöfifche Regimenter, etwa tauſend Mann, welche von du Halliers Heer noch übrig waren, die ganze Unterſtüßzung Frankreichs, veran- Iaßten Bernhard feine Pläne, melde Johanns Aufmerkſamkeit und Tapferkeit bisher innerhalb der näcften Umgebungen des Lagers beichränfte, weiter auszudehnen; er bemächtigte fih Ettenheims, Malbergs und rüdte mit Geſchütz vor die Feſte Kenzingen. Aber auch Johann von Werth ſchrieb an den Kaifer, an den Kurfürften, an die Bilchöfe von Bamberg und Würzburg um Beiftand, „wenn der Gegner durch feinen befannten Humor in der Furie einen Vor⸗ fireih an dem Rhein und an der Donau gewönne, würde er nicht shne höchſte Gefahr ©. K. Mafeftät wieder zurüdgetrieben werben önnen,“ ? und bewirkte, daß nad und nad) der Herzog von Savellt, Iſolani, Baretto und endlich Speerreuter aus der Umgebung von Erfurt, jo wie fpäter eine NAbtheilung des gößifchen Heeres in der Umgebung anlangten. Keineswegs erbaut über die Thaten jener Angefommenen, berichtete Johann von Werth am 20. Auguft nah Minden, „er babe dem Feinde, der ihm mit dreißig Regis mentern gegen dreizehn weit überlegen fei, auf zweimal zwölf bumdert Pferde abgenommen, bäte aber um Succurs; es feien einige, welche ihre unterhabende Völker mit taufenden yählten, doch bin» und hergögen, Kontribution erprefien; im alle der Roth fei Riemand zu Haus.” Unter dem 21. Auguft erhielt er von München eine Belobung über die erften Gefechte gegen Weimar, mit der Warnung, „weil viel an feiner Perfon und feinem Eorpo gelegen, wolle man ihn wohlmeinend erinnern, feine Perſon und das Corpo nicht zu haſardiren.““ Solche Warnungen achtete aber der zuver- ſichtliche Kriegsmann nicht; als Bernharde Kanonen eine Brefche in den Mauern Kenzingens gefchoflen und der Herzog fhon an das offene Wirtemberg dachte, nöthigte ihn Werth Anrüden auf fein wittenweirer Lager (14. Septemb.) zum Rüdzuge, und noch zur rechten Zeit langte Bernhard an, um die Faiferlichen Renter, fchon

sRöfe II, 154. Anm. 107. Die Originale befinden fich auf der Vibliothek zu Gotha, Die Schilderung der Gefahr Bernhards ift unverſtaͤndlich.

Meftenrieder Beite. 158.

2Weſtenrieder 188.

54 Nachtheile Bernharde.

jeuſeits der Gräben, wieder abzutreiben, und fie nach vierftänbigem Kampfe bei Ettenbeim (5. September) über Malberg binaus zu verfolgen. * Befonnen verweigerte Johann von Werth ein offenes Treffen, und ftellte fih immer fo in feinen Lagern bei Schuttern und Lahr, während Saveli bei Ettenheim lag, daß vie Gegner nur mit dem augerſcheinlichſten Berlufte anzugreifen wagen burfien. Immer zahlreidher wurde unterdeß das Taiferliche Heer, immer ſorg⸗ licher der Herzog; du Hallier zeigte wenig Ernſt, etwas Nachdrück⸗ liches anf deutſchem Boden zu unternehmen; die Franzofen riflen fhaarenweile aus, erfchwerten, aus Neid und Furcht, jede klugbe⸗ rechnete Unternehmung, und Senden rafften die Pferde hin. Ohne Erfolg kehrte Truchſeß von Paris zuräd; der Marfhall von Cha⸗ tilon, an Luxemburgs Grenze ftreifend, zog nicht, wie Weimar ges fordert, den Lothringer durch einen Angriff. auf Befoul ab; Karl drohete an den Rhein zu dringen, während Longueville in der Frei graffhaft durch Heine Schlöffer fih anfhalten ließ? Ohne Schen ſprach der freifinnige Sachſe feinen Unwillen laut aus, und ließ den Hof in Paris, durch den Marshal de Camp, Manicamp, wiffen: * „er werde wohl inne, daß man ihn, wie den Duc de Rohan im Beltlin, im Stiche Iafien wolle; wenn er aber umkommen müfſe, wolle er dafür Sorge tragen, daß er ald ein ehrenhafter Krieger ſtürbe.“ Um auf jeden Fall ven Rüdzug zu deden, gab er die Bes Ingerung von Kenzingen auf, gedachte fih Marfeldheimd auf dem Iinfen Rheiunfer zu bemädhtigen; aber der Gegner, feiner Abſicht zeitig inne geworden, warf ſich während der Abwefenheit des Herzogs wiederum mit aller Macht auf die wittenweirer Schangen ('?),, September). Die fhwächeren Befefligungen au der El; famen in die Gewalt der Stürmenden; aber an den Hauptichanzen fcheiterte der ungeftüme Muth. Hier hätte beinabe der Tod hie Heldenlauf- bahn Johanns von Werth geendigt; * eine Biftolenfugel ftreifte ihm den Baden und blieb zwiſchen Ohr und Hals fteden, vermochte aber den Feldherrn nit das Gefecht zu verlafien. Diefe Verwundung, in Paris ald eine nennenswerthe Frucht der Thaten Bernhards durch den fchwebifchen Abgeorpueten, Müller, gepriefen, erwies fi

Milena. a. O. €. 158. s NRöfe II, 158. Anm. 109. = Rufendorfp. 291. H. Grotii ep. 817, 827. ° H. Grotii ep. 816. Flor. Germ. p. 474.

Bernhard vom Rheine abgetrieben. '59

fpäter freilich von hiſtoriſchen Folgen, indem Johann von Werth, die Heilung jetzt vernachläßigend, durch fie in Bedenklicher Zeit dem Rheine fern gehalten wurde. Damals achtete er ihrer weniger, ſchrieb jedoch nah München, „es habe ein ſcharfes Rencontre ges geben, aid der Yeind über den Rhein gegangen; er fet in ven Baden geichoflen, unterm Ohre hinein, die Kugel fläde noch, er wiſſe dem⸗ nach nicht, wie es gehen werde; Worian von Enfevort (fein waderer Landsmann, von dem bald ein Mehres) fei frank, viele Offiziere verwundet; er bäte um Hälfe, fonft ginge alles zu Grunde. Die Eeinen ftünden feit zwei Jahren an dem Feinde, hätten feinen Heller empfangen, und doch fo oft im freien Felde und in feinem Vers ihelle ven Feind gefchlagen. Seine braven Bölfer, der ganzen Welt bekannt, hätten oft weder Brod nod Schuhe, und dennoch feinen Unmwillen, wäre alfo einmal nöthig, ihnen au helfen.” Biel fchlimmer aber war die Lage Bernhards; in allen Unternehmuns gen unglüdtih, ohne Unterftügung von Frankreich zu erhalten, als Heine Summen Geldes und muthlofe, franzöftfche Ausreißerhaufen, immer geprängt durch Johann von Werth, gab er endlich für dieſen Winter ven Plan auf, am Rhein fi zu halten. Der Biſchof von Mende, Mareillac, beauftragt, 3000 Mann Franzofen dem Herzoge zuzuſenden, entichloften, die kriegsſcheuen Poltrons in Perſon an ven Kpein zu geleiten, fand am rn zu Zabern den Sachſen in der bevenflichkten Stimmung. ? Derfelbe wollte, voll harter Anklagen, von der Rückkeht aufs rechte Rheinufer nichts mehr wiſſen; als ver Brälat in Sorge fi von ihm getrennt, und nad; langer Timfchung urmfelige 1400 Mann zuzuführen gedachte, erhielt er am 23. Oftober die Kunde, Bernhard babe den Rhein verlaffen. Wenn ed auch wohl nur eine dem Florus nachgeahmte Tirade ift,’ daß der füchfifche Fürft in einer Votſchaft an Johann von Werth fi beffagt habe, weßhalb er Ihm, einem deutſchen Landsmanne, ven Weg in's Baterland verfperre? und jener geantwortet, vaß er einen Reichds verräther, einen Feind feines eigenen Bolfes, nach Kräften zurück⸗ werfen würde; fo ftimms diefe Meußerung doch ganz mit der Sinnesart

ı Weftenrieder 180. Nach dem Treffen vom 22. September ging Das Gerücht, Werth fei debt. Roͤſe in ben Anmerkungen zu I, ©. 395. Montglat I, 154.

2 Möfe 159. Anm. 115, 116, 117. Richelien IX, 469.

2 H. Grotii ep. 926. Wassenberg 474.

56 Bernhard weicht vom heine.

Zohannd von Werth überein, und Herzog Bernhards Betragen nah der sheinfelder Schlacht gibt zu erfennen, wie dieſer feines Gefangenen perjönlihe Anficht nicht vergefien hatte. Das gefammte unbefangene Deutihland mußte übrigens die Wahrheit aus dem Munde des einfachen Reutergenerals befennen. Die Häupter ber Proteftanten, alle freien Städte, hatten den prager Frieden, welcher ihnen Glauben und Befig ließ, angenommen; es galt die eigennützigen Ftemdlinge mit gemeinfamer Kraft aus dem Baterlande zu vertreiben; Sranfreih war ohne Männer, den Krieg offen gegen den fiegreichen Katfer zu führen; da verkaufte der Sache feinen Arm und fein Talent an die Neider deuticher Größe, lodte dad Kriegöfeuer wieder an den - Rhein, und verurfachte eine Theilung von Kräften, welche, beifammen, den Schweden mit leichter Mühe über die Oſtſee gefcheucht hätten. Freilich zeigte dad Reichsoberhaupt ald Lohn der Berföhnung dem nacdhgebornen Fürftenjohne Fein Herzogthum Franken, fondern wies ihn in feine befcheidene Stellung zurüd; Frankreich dagegen Töderte den Ehrgeizigen, an Gebieterftellung Gewöhnten, mit dem unfchägbaren Elſaß, über deſſen Beſitz er des Vaterlanded Frieden zertrat und den Betrug erft auf dem Todbette ahnte. Als Gründe feines Rück⸗ zuges werben der Verluft Hanaus, weldes am rn, für den unglüdlichen Landesherrn, den „Faſelnden,“ wieder gewonnen wurbe; der hoffnungslofe Zuftand Heffend, die Sorge vor einem Anfalle Karls von Lothringen im Rüden, der, bei Tann ſtehend, ihm die Verbindung mit der Yreigraffchaft abgufperren drohte; die Furcht vor der wachſenden Macht des Faiferlichen und bairifchen Heeres, endlich der Unmuth über den ränfevollen frangöfifchen Hof angegeben. * Wir heben den Umftand, daß das ſchwediſche Heer, nad Verluſt Deutſchlands, bis in die feſten Etädte Pommernd gebrungen war, noch befonderd hervor; was Bernhard aber veranlaßte, gerade den untauglichſten Yranzofen unter Manicamp und einigen Kompagnien des fchmintbergifchen deutfchen Regiments die einzige Frucht bes Feldzuges, den Rheinpaß, anzuvertrauen, wagen wir nicht zu deuten, war ed anders nicht, um von fi die Schmach, ihn zu verlieren, auf feine unedlen Kampfgenofjen zu übertragen, oder hatte der Sachſe jede Hoffnung zur Zeit aufgegeben, den Eingang in fein Vaterland wieder zu gewinnen? Nod im Anfang des Oftoberd gedachte er feine alten Truppen im Elſaß zwifchen Straßburg, Benfeld und Marfelöheim ı Roſe a. a. O., 159 162.

Rückzug Bernharbe. 57

ſich erholen zu laſſen; ward aber von kaiſerlichen Heerhaufen, welche unter Speerreuter bei Philippoburg überſetzten, in feiner Er⸗ wartung betrogen. Deßhalb räumte er in der Mitte des October zeitig das Elſaß, eröffnete fi mit dem Schwerte den Weg durch das Lothringen, und drang, am °%,, Dftober, von Erlach geführt, in getheilten Haufen mit Gewalt in die zum Bistum Bafel ges hörigen Thaͤler von Delöberg und an bie Grenzen von Hochburgund, wo ihm reiche Winterquartiere winkten; bald werden wir ihn mit geftärkten Kräften aus. den flillen Thälern zu einem enticheidenden Schlage aufbreden ſehen, welder eine verhängnißvolle Wendung für unfer Vaterland herbeiführte.

Die Entfernung des Feldherrn und Heered ließ den früheren, jhon mehrmals blutig abgewieſenen Anfchlag zur Reife Tommen; audh am Oberrhein krönte der glänzenpfle Erfolg die Thaten des Jahres. Roh ſchwach von der Wunde und mit Mühe auf dem Pferde ſich erhaltend, ſchickte Johann von Werth fi eilig an, noch vor Aubruch des Winters die rheinauer Schanzen zu erobern, deren Bertbeidigung die Franzofen, auf du Halliers befondered Verlangen, mannhaft fih unterzogen hatten. ? Zu dem Ende ging Werth am 31. Dftober, im Berein mit dem Herzoge von Savelli und bem General Speerreuter,, bei Breiſach über die Brüde, und rüdte mit zweitaufend Reutern und fünfzehnhundert Mann zu Fuß auf dem linfen Rheimfer gegen Rheinau; den Generalwachtmeifter, Adrian . $reiherm von Enkevort, ließ er auf dem breißgauer Ufer mit fünfs zehnhundert Mann zu Fuß und dem groben Geſchütz zurüd, und der Obriſtlieutenant Weih war befebligt auf fieben Schiffen mit jweihundert Mann, einigen Kanonen und allerlei Fünftlihem Wurfs feuer, den Rhein hinunter gegen die Brüde zu fahren. Manicamp, dem Herzog Bernhard bei feinem Abzuge das Unterpfand Tünftiger Unternehmungen auf Deutihland überantwortet, befand ſich gerade wegen einer Unpäßlichkeit in Straßburg und hielt fih der Tapfer⸗ feit feined Stellvertreters, de Privat, auf das genligendfte verfichert, ale am 1. November in aller Frühe Werths Reuter vor der erften Redoute am Rheinufer anlangten. Weil die höcdfte Eile nöthig war, flieg der kranke General, ohne das zurldgebliebene Fußvollk

ı Röfe II, 164. Erlach a. a. O.

2Le Vassor IX, 265. Bufendorf 291. Adlzreitter DIE, 486. 337. Rifem.n.D. 168. Rigelien IX, 471. Montglat I, 184.

58 Die Franzofen- verlieren die rheinauer Schanzen.

gu erwarten, mit feiner Reiblompagnie vom Pferde; Taum hörten die Sranzofen den erften Trompetenklang, als fie, halb fchlaftrunfen, ohne: einen Schuß zu thun, die Waffen fortwarfen, und, dreihundert an der Zahl, fih in jäher Flucht auf die Schiffe, und über eine Fleine Brüde nach der nächſten Schanze flürsten. Ohne Widerftand fab fih Johann von Werth Meifter der eriten Befeftigung; die wenigen, nicht rafch genug Entfprungenen wurden niedergehauen. Dennod hatten die Fliehenden die Brüde über den Rheinarm abs geworfen; Johann von Werth fammelte feine Reuter, eine ftärfere Gegenwehr in den zwei folgenden Redouten auf der Rheininſel erwartend. Aber er hatte fi in der Tapferkeit der Franzofeu ges taͤuſcht; ohne einen Schuß Überlieferten die wachhabenden Hauptleute ihre Pläpe feinen abgefefienen Reutern und Hagten bitter über- ihre armfelige Bekleidung und über die Rauhheit des Winters. Ein Theil der Flüchtigen hatte fih in die vierte Verfchanzung, der dies⸗ ſeits des Rheins am meiſten befeftigten, geworfen, und die Brücke halb abgebrochen. Diefes Hinderniß gebot das Fußvolk zu erwarten. Unterdeß war Adrian von Enkevort feinerfeitd nicht müßig gewelen, hatte alle feften Punkte vor der Hauptſchanze in feine Gewalt ges bracht, während Weich ſich von den Schiffen aus des Forts bei Kappel bemädtigt, die Wachen zum Theil niedergeftoßen oder in den Rhein geiprengt. Als das Fußvolk und Geſchüt angelangt war, begann man die übrigen Redouten auf der Inſel und die Schiffbrücke mit ſolchem Erfolg zu befchießen, daß gegen Abend einige Fahrzeuge durcdhlöchert verfanfen, andere in der Nacht durch einen entftandenen Sturm ſtromab getrichen wurden. Mit dem Anbruch des 2. November wurde Johann von Werth inne, daß die auf der Inſel zurüdgebliebenen, und von dem jenfeitigen Vrückenkopf abge- ſchnittenen Franzoſen emfig ſich in ihren Schanzen zu vergraben. bemüht waren. Um nicht die Mühen zu verlängern, ließ er Dragoner und einige Neuter durch den Rhein ſetzen, worauf fi dieſe ohne befondere Arbeit der vierten Schanze bemädhtigten. Run war aber noch die fünfte Snfelfhange vor der durchlöcherten Bräde zu erobern übrig, und zweihundert Branzofen hatten ſich dort gefammelt. Kaum aber fahen fie die Anftalten, daß auch fie die Reihe treffen würde, als fie ſich durch einen Trommelfchläger zur Uebergabe erboten. Johann . von Werth wollte nichts von Bedingungen wiſſen, und ba jene ſich weigesten auf Gnade und Ungnade fi zu ergeben, drangen bie

Berluft der rheinauer Schanzen. 59

flürmenden Batern, ohne dad Geſchütz abzuwarten, auf die Wälle, fhlugen die Franzoſen hinaus, die ſich entweder -auf die zertrüm⸗ merten Schiffe retteten und dort gefangen wurden, oder in ben Rhein fprangen, oder im Ufergebüfch verfledt, dem Schwerte ber Eieger zur leichten Beute fielen. So war denn Johann von Werth nach anderthalb Tagen mit der Arbeit auf der burgundiſchen Rhein, feite fertig geworben; aber noch fehlte die Bezwingung des Brüdens fopfed auf dem rechten Ufer, zu welder fih Adrian von Enfevort den Weg gebahnt. In ihm fand Monfleur de Privar felbft mit 600 Mann und vier Kanonen, und ſah mit Zittern die Anſtalten, welche zu einer Befchlegung von beiden Ufern getroffen wurden. Ohne die Brefche abzuwarten, ſchon erfchret Durch die zum Sturm aufgeftellten Reihen, ließ er durd einen Trommelſchläger die Ueber: gabe anbieten. Aber Johann von Werth, nicht geeignet, dem Feinde Bedingungen einzuräumen, wenn er ihn mit dem Schwerte übers wältigen fonnte, gab den trogigen Beſcheid, daß fie fih auf Gnade und Ungnade ergeben müßten, falls fie nicht ſaͤmmtlich nieder⸗ gehauen werden wollten; worauf fih denn de Privat ſchimpf⸗ lichſt der Gnade des Siegers anheim ftellie, ven hineingeſchickten Obriſtlieutenant verzagend überall im Brückenkopf umherführte, und nur die unwürdigſten Klagen über Mangel an Lebensmitteln und allen Kriegsvorraͤthen hören ließ. Als Johann von Werth einrückte, löſchten fogleih auf feinen Befehl die Aranzofen die Lunten, legten die Waffen nieder, und enthielten fi wicht vor den Augen des Siegers der unmännlichften Klagen. Rur fehzig Mann von Schmidt; bergs deutichen Soldaten machten eine rühmliche Ausnahme von ihren jämmerlicden Mitftreitern. Sie wehrten fich lange aus einem befonderen Theile der Berfchanzungen, und wurden nur überwältigt. Mitleid und Lachen zugleich erregte das unwürdige Betragen de Private; * unter Iautem Geſchluchze erzählte er dem Sieger: „wie er erft vor acht Tagen feinem Könige einen Abriß der Brüde und aller Befeftigungen geſchickt, and die Bertbeibigung des unüberwindlichen Paſſes gegen alle Welt an- "gelobt habe; jett fei fein Loos bitter zu beffagen, da er auf feine Weiſe den Verluſt zu emtfchuldigen wiße.“ Auch war die Schmadk über ale Maßen; mindeftend auf einen vollen Monat reichten noch Kriegs » und Mundvorräthe aus, ? während nad der Ausfage des

Bufendorf 291. Adlzreitter 857. Theatr, Europ. II, 878. 2 Richelien IX, 471.

60 " . Sicherung bes Rheinſtromes.

Siegers Regen und Mangel an allem Nöthigen ihm Taum noch drei Tage zu verweilen geftattet hätten. Bier Kanonen mit Mus nition, ein und vierzig Offiziere, umd gegen taufend Gemeine wurs den gefangen, als Seitenftüd zur That Bredows, welcher in benfelben Tagen den Paß von Tribfees erftürmte und die Schweden in bie Städte Bommernd ſcheuchte. Zur Schande ließ Johann von Werth das franzoͤſiſche Gefindel, der Waffen und jeder Kriegszier beraubt, „als der Aufbewahrung nicht lohnend,“ mit weißen Steden in alle Welt ziehen. Wohl um dem Herzog von Weimar die Schuld auf- zubürden, entging de Privat einer firengen Rüge von Seiten Riche- lieu's.“ Der Fall des Städtchens Malberg folgte auf die Vebergabe des Brückenkopfes; aud die von Hagenau aus befehte Rheininfel bei Drufenheim ergab fi ohne Widerftand ; bie frans zöfifche Beſatzung wanderte gleichfalls mit weißen Stäben nad Hügenau. So ward denn, obgleih der italieniſche Herzog am Hofe in Wien fih die Ehre anmaßte und den bairiſchen General hart bezüchtigte, diefem das Verdienſt zu Theil, den ganzen Rhein- from noch vor Anbruch des Winter6 vom Feinde zu fäubern. Um die Möglichkeit eines ferneren Ueberganges bei Rheinau zu vers eiteln, ließ er alle von Bernhard felbft abgeftedten Schanzen dem Boden gleih machen, und befegte nur Hauptfort. Nach fo glücklich vollbrachtem Feldzuge verficherte fich Werth noch des Schloffes Roͤtheln unweit Rheinfelden und Bafel, und führte die tapferen Regimenter nach Wirtemberg und Schwaben in die Winterquartierez Savelli hütete den Breidgau und den Schwarzwald; Speerreuter ging nad) Franken; Enfevort vertheilte feine Truppen von Straß: burg abwärts bis gegen den Nedar. Die heimliche Freundfchaft der Straßburger gegen den Reichsfeind zu firafen, wurde auf des Katjerd Geheiß die Rheinſchifffahrt gefperrt, zum ſchweren Unmuth ber ürmeren Bevölferung gegen ben Rath.” Aber che nod Johann von Werth, Meifter. ded Stromes bis gegen Bafel und nur wegen eines Punktes beforgt, nah Münden fi begab, um von feiner Wunde zu genefen, ° und den Lohn feiner Thaten in dem Wohlwollen ded Kurfürften zu erndten, mußte er erfahren, daß der neidiſche, unthätige Duca di Savelli ihn in Wien ı Kihelieu a. d.D. Röfe II, 172. Anm. 131.

3 Lagnille Il, 138. Theatr. Europ. II, 886.' ® Merc. frang. XXII, 9.

Ramſays Ende in Hanau. 61

verlleinere; obenein war ihm ſchon im November ein widerwaͤrtiger Aufpafter in der Perſon Chriſtophs von Lerchenfeld als „Generals commiſſarius“ beigegeben, mit der Weifung, denſelben zu fchüsen und zu allen Eonfiliid zu ziehen; weil ver Generalcommifiarius fowohl unter Tilly als unter Göß, wo der Schäffer fei, des Ges nerald Kanzlei dirigiret, fo möge er den Lerchenfeld, zu eigener Erleichterung, derſelben fi) annehmen laſſen.“ Wie gegründet jene einzige Sorge des zwiefach gefränften, verwundeten Mannes war, wie bald fie ihn aus feinem Siegsbehagen auffchredte und wie bämish das Glüd die Früchte feiner Siege, zum unüberjehbaren Berverben Deutſchlands, zerftörte, wird der Erfolg lehren.

AS dem ſchwediſchen Befehldhaber zu Hanau im October die Hoffnung ſchwand, durch Weimard Siege jened Vertrages vom 21, Auguft erlepigt zu werben, gerieth der Schotte bei der unab⸗ wenbbaren Ausfiht, alle Früchte dreijaͤhriger Stanphaftigfeit und unüberbotener Lifte einzubüßen und mit Schmad feine Gedieter- ftellung aufgeben zu müflen, in ftillen Ingrimm, welder bald in haltungsloſes Beginnen, ja fa in verzweifelte Tollheit umſchlug. Jenem Bertrage zu Folge follte dem Grafen Philipp Moris von Hanau: Müngenberg, im Genuſſe aller Bortheile des prager Friedens, felbft die Vertheidigung feiner Hauptſtadt, unter der nachfichtigften Behandlung von Seiten der Kriegsheere feine Grafichaft, bleiben. ? Dem Schotten wurden nicht allein Faiferliche Vorfchreiben beim Her⸗ zoge von Medlenburg, in Betreff der Güter, welche Guſtav Adolf ihm dort nad feiner Weiſe gefchenft, verheißen, fondern auch Zah⸗ Iung von 50,000 Thalern, fobald er die ſchwediſche Beſahung ab⸗ führe. Ramfay hatte den Bertrag, nachdem er anfangs den kur⸗ mainzifcben Abgeordneten der Unterſchiebung einer falihen Abſchrift bezüchtigt, * unterzeichnet; indem der Kaifer mit der Beftätigung nicht zögerte, ſchlug für den bartgeprüften Grafen, der hülflos in Holland feine franten Tage hinfchleppte, die Stunde, in das Vatererbe heim- zukehren. Aber noch immer fand Ramjay, auf Betrug bevadıt, Gründe, die Uebergabe zu verzögern; gereizt durch vorwurfsvolle Schreiben ſchwediſcher Barteigenofien, antwortete er bitter, Flagte über baare Einbuße und Verlufte, die er in der Behauptung Hanaus

ı Weenrieder a. a. D. 189.

2 Fheatr. Europ. 887, 908. Bufenborf 289. Londorp IV, 087. 3 Röfe IL, 162, und der Sriefwechſel Ramfay's Anm. 120.

62 Ramſay in Hanau.

erlitten; wollte in den gültigen Anſprüchen des Biſchofs von Würz⸗ burg auf das Klofter Schlüchtern eine Meberliftung des Vertrages wittern, und antwortete mit fleigendem Berbruffe felbft dem Herzoge Bernhard, welcher, außer Stande, Hanau zu entfehen, ihn warnte, feinen Ruhm durch fremdes Geld nicht zu btandmarken: „Ew. fürft- lichen Gnaden Schreiben ſcheint in einem hitzigen Paroryemus für die Wohlfahrt der Stadt abgefaßt- zu fein; da aber das Fieber nunmehr curirt ift, fo laſſen Ew. fürftlihen Gnaden das Intereſſe fallen.” Bol Sehnſucht und Ungebuld nad der Heimath, bie Erbietungen Frankreichs abweiſend, die ihn drei Jahre hindurd) getäufcht, und arglos ſelbſt als Ramfay ihn vom eigenen Heerde abzuhalten gedachte, indem er ihm Nachftellung von Seiten der Kaiferlihen vorjpiegelte, war der kranke Philipp Moritz unvorfichtig genug, unter fo unfiheren Berhältniffen, auf dringende Einladung des Kurfürften von Mainz vor dem Abzuge des tüdiichen Fremdlings fi) in feine Reſidenz zu begeben, Sn. Gewarnt, aber uns’ gläubig, daß jener wagen würde, an dem rechtmäßigen Befider zu frevelu, da Bernhard, Baner und Wilhelm von Heſſen den auf gegebenen Poften nimmer retten konnten, mußte der arme Füͤrſt gleich hei feiner faft verftohlenen Heimfehr erfahren, in welchem Grade der Ausländer, dem er felbft: feine Feſte vor ſechs Fahren unflug und verrätherifch in feine Hände gefpielt, ! jedes Recht verhöhnte. Ramſay fonnte ſich nicht überwinden, eine Gewalt fahren zu Taßen, welche er, dad Mufterbild eines heimatlofen, genußfücdhtigen „Soldaten von Fortun,“ unter wüften Gelagen, Schwelgerei, umgeben von einem unterwürfigen Hofgefolge, humoriſtiſch erheitert durch feinen Clown, befleivet hatte, während ringsum ber bleihe Hungertod wüthete. ?

ı Philipp Mori Hatte im Spätherbſt 1631 die tapfere Faiferlihe Beſatzung an Guſtav Adolf verrathen und Huwalds Kompagnien eingelaßen.

Zur Charakteriſtik Ramſay's und des tollen liederlichen, brutalen Lebens des Befehlshabers und der Garniſon in Hanan dient vortrefflih ; fo wie um das Sittenverberbnig der beutfchen Vornehmen, unter dem Einfluße aller bisher unbekannten Modethorheiten zu frhildern, der „Alentenerliche Simplicifiimne.* Bor Hanau eingefangen, als verftellter dummwitziger Narr gemißhandelt, weilte derfelbe feit der nörblinger Schlacht in der Feſte. Abgeſehen von der romantifchen Binfleivung biefes höchſt anziehenden Zeit⸗ bildes find die Hiftorifchen Angaben mit den verbürgten Einzelnheiten gegens wärtiger Studien fo übereinkinmend, daß ſich in ihnen wirkliche Lebens

Geſchick des Grafen von Hanau. 63

Er würdigte den Heimgekehrten kaum eines Beſuches, ſchreckte ihn durch die Drohung, ihn als Abtrünnigen vom evangeliſchen Bunde gefangen zu nehmen, nahm die Miene ⸗an, mit Vollmacht für die unverfürgte Herftellung der Graffchaft forgen zu müflen, ungeachtet der Landesherr die Abtretung des Klofterd Schlüchtern gebilligt hatte, und weigerte ſich dieſem irgend eine Befugniß über die Stadt und bie Anorönungen über die nenzuwählende Beſatzung einzuräumen, fo zaghaft der Landesherr fein Recht anſprach. Der Schotte fluchte, daß der Name der Königin von Schweren aus den Kirchengebeten eines Landes, welches den prager Frieden angenommen, weggelaflen worden! Heimlich von den neuen Plänen Bernhards an der Schweizer⸗ grenze unterrichtet, endete er die bange Erwartung des Grafen, indem er am '°,, December die Hofburg mit Bewaffneten überfiel, ven Landesherrn als Gefangenen einfperrte und die Befagung von neuem für Ehriftine vereidete.“ Solche Gewaltthat zu befchönigen gab er vor, „man wollte ihn überliften und nadt wegſchicken,“ was mög» licher Weile in Anfchlag fein Fonnte, da Ramfay feit Jahren aller Irene hohngeſprochen. Je weniger fih Hoffnung zeigte, feinen Raub in Sicherheit bringen zu können, je wüthender gebehrdete fich der Berzweifelnde ; drohte den ausgeſperrten Raͤthen des Grafen mit dem. Henfer, der ihm immer auf dem Buße folgte, wollte den Kranken mit Gewalt auf jeinem Siechbette aus dem Scloffe in ein Bürger⸗ haus der Neuſtadt fchleppen laffen, verweigerte ihm Die Erquidung, welche derſelbe fih aus Köln mitgebraht. Noch fchlimmer erging ed dem Schwager „des Faſelnden,“ dem Grafen Albrecht Otto von Solms⸗Laubach, dem Bermitiler. Als diefer von Mainz mit fuifer- lihen Urfunden nah Hanau heimfehrte, warb er am Ihore mit Lebensbedrohung gepadt, in die Haupwwache geführt, wie ein ge meiner Verbrecher behandelt, und feine Gemahlin, die ihm ins Gefängniß folgen wollte, fo rauh von den fottiihen Irabanten abgewieſen, daß fie ohnmächtig auf der Straße niederfiel und hülflos liegen blieb. So fuhr der Unfinnige fort zu wüthen, vermaß fi in Reden gegen den Rath und die Bürgerſchaft: ihr jegiger Herr würde wohl der legte Graf von Hanau fein, indem er fie mit einem befieren Herm verſehen wolle, der fie beſſer zu regieren und die

begenheiten vom Sabre 1635 bis 1639 nicht bezweifeln laſſen. ©. B. H,

8. 19 34, 65 116. ! Theatr. Europ. UI, 909 fi. 927. Pufendorf 332.

64 Groberung Hanaus.

Freiheit ihrer Religion zu befhirmen im Stande fei, ſprach von einem ftattlihen Käufer der Graffhaft, ald welchen ohne Zweifel er den Herzog Bernhard im Sinne hatfe, wollte den Stabipfarrer zwingen, in der Kirche nicht mehr für Bhilipp Moris, den kranken Landesherrn, die Zürbitte zu thun. Nur die Angſt um ben bes freundeten Better vermochte die, vermittelnden Nachbarfürſten, bie Unterhandlung fortzufegen; jedoch mit fdhimpflihen Worten wies Ramſay die Abgeorbneten fort, und verlangte, die Zeit bis zur gehofften Steghaftigfeit Bernhards hinzufriften, daß feiner Frau im fernen Edinburgh vor feinem Abzuge die Summe von 50,000 Thalern nebft den Verzugszinſen gezahlt, ihm fatt der mecklenbur⸗ giſchen Schenkung beftimmte Güter vom Kalter übergeben, und zu feiner Sicherheit zwei Geiſſel gleihen Ranges dem General King in Weftfalen überantwortet würden! So droheten der Stadt von neuem die Drangfale einer Umfchließung, zu welcher der Kaiſer bereits Speerreuters. Völker aufgeboten, und fo fand Philipp Mori in Gefahr, wenn nicht fogar das Leben, dod den Genuß des Reichs⸗ friedend einzubüßen, als fein Vetter Ludwig Heinrich von Naſſau⸗ Dillenburg, faft nad zehnwöchentlicher Gefangenfchaft ded Armen, in Gemeinfhaft mit den Turfürftlich » mainzifchen Räthen und den Sranffurtern beſchloß, mit Gewalt und Liſt einzufchreiten, um ben unglüdlichen Herm aus einer Knechtſchaft zu befreien, deren den Herzog Bogislav XIV. von Bommern nur ein früher Tod überhob, und dergleichen der erzürnte Kaiſer ſich nie erlaubt hätte. Gerechts fertigt war der Schritt, da Herzog Bernhard von neuem fich regte. 700 Musfetiere unter dem Grafen von Naffau und dem Öberft Metternich des Abends fpät am '',, Februar 1638 aus Frankfurt aus- gezogen, aber wegen der dunklen Regennacht erft mit Anbruch des Tages vereinzelt im Walde vor Hanau an der Kinzig angefommen, verzagten nicht am Gelingen; ? ein Theil von ihnen watete durch den Fluß, bemächtigte ſich der Mühlenfchanze, drang in die Altftapt ein, tödtete die fchottiihe Wache des Schloſſes, und erlöfte den zagenden Grafen. Unterdeſſen aber war Ramfay aus der neuen Stadt, wo er mit dem größten Theil der Beſatzung lag, herbeigeeilt, und vertheidigte entfchloffen dad Thor und den Graben, welcher . % Mhentr. Eorop. II, 919. Ramſay nannte den „Faſelnden:“ stultum

stultiseimum, wie feinen „&lown” simplicium simplicissimum. 3 Bufendorf 332%. Theatr. Europ. Ill, 909.

Wirtemberge Ausfühnung. 65

beide Stabtiheile ſchied. Der Raffauer und Metternih wagten mit ifren ſchwachen Haufen an vemfelben Tage nicht den Sturm. Als fie folgenden Tages ('*,, Yebruar 1638) Anftalt machten, fchidte mmenwartet der Schotte einen Trommelfhläger hinaus, und bat, durch einen Schuß in der Hüfte übel verwundet, für fih und feine Untergebenen um Quartier, nad defien Bewilligung die bes zwungenen, 300 Bann, die Waffen ftredten. Kleinmüthig fügte fich KRamfay, der einft fo troßige, der ftattlichfte Mann in Guſtav Adolfs Heere, der „ſchwarze oder der fchöne Ramſay“ zum Unter- fhiede von feinen Vettern David und Mlerander genannt,‘ dem wohlverdienten Schidfal, und ward, von feiner Wunde genefen, nah dem Schloffe Dillenburg in Haft gebradt. Böſer Zukunft gewärtig und überwältigt von feinem Bewußtfein, „vor Zorn und Ungebuld ganz unfinnig geworben,” ftarb er bald darauf wie bie Sage ging, eines freiwilligen Hungertodes (19.. Mär). Nur wenige Wochen genoß Philipp Moris, der Amalia Eliſabeth Bruder, des Behagend in der Heimath. Zu fürftlihem Müßiggange und poetifher Spielerei, nicht für fo ſchwere Zeit erzogen, welde er i. 3. 1631 durch Untreue am Neid furchtbar über fich herbeibes ſchworen, verfchied er fchon im Auguſt 1638, noch nicht drei und dreißig Jahre alt, und hinterließ fein veroͤdetes Ländchen einem unmündigen Slinve, ?

Südlicher und unter dem Scheine einiger Berechtigung trieb um dieſelbe Zeit ein gleihed Spiel der Befehlöhaber von Hohentwiel, Konrad Widerhold. Ald die armen Wirtemberger das Frühjahr hindurch die Laſt des Faiferlihen Heeres und eine furcht- bare Bet getragen, während ihr Fürft, übelberathen, jein beſcholtenes Beilager zu Straßburg feierte; hofften die Räthe mildere Aus⸗ ſohnungsmittel vom neuen Kaffer, und empfahl fih Eberhard in Wien durh Glückwunſch, da alle Bertröftungen Frankreichs ſich trügerifch erwiefen. ° Zwar nahm Ferdinand IH. den Pringen Friedrich ehrenvoll auf, aber erneuerte beffenungeacdhtet (9. November), Unred⸗ Iihfeit ahmend, doch der Beſatzung von Hohentwiel freien Abzug

ı Simpliciffimns 534. Adlzreitter 378. Ms Devife im Wappen führte Ramfay: Ora et labora! &. im Theatr. Europ. III, 910. deflen ſchoͤnes Bildniß.

3 Imhof 295.

3? Sattler VII, 167 186.

Barthold, Geſch. des jahre. Kriege. IL. 5

66 Konrad Widerhold erkauft.

geſtattend, den legten regensburger Beſcheid, welchen als Gnade anzunehmen, Eberhard, verarmt und hülflos, wie der Graf von Hanau, jetzt ſich erbot. Aber er hatte ſich in ſeinen eigenen Liſten gefangen. Als der Kaiſer auf der Einräumung von Hohentwiel beharrte, ließ Bernhard von Weimar den Landesherrn wiſſen, er würde das Herzogthum mit Feuer und Schwert verwüſten, falls die Feſte in kaiſerliche Hände geriethe. Deshalb hatte Eberhard am 21, März dem Widerhold befohlen, felbft feiner fürftlichen Hand⸗ fchrift und feinem Siegel Glauben zu verfagen, wenn „gewiffe Worte und das Gegenzeichen” fehlten. Wie nun Widerhold Zeitung von jener Bedingung der Ausföhnung feines Herrn erhielt, gab er der Verlodung Herzog Bernhards, welche durch des Bringen Roderich und Erlachs Vermittelung an ihn gelangte, Gehör, und wurde im geheim zu Bern am 1%,, November mit dem „Öbergeneral des evangeliihen Bundes, der ihn zum Befehlöhaber beftellt habe,” ? eind: gegen 20,000 Thaler und die ausgelegten Koften die Feſte diefem einzuräumen; wogegen Bernhard verficherte, für dad Wohl bes wirtembergifchen Hauſes zu forgen, den Herzog zur proteftans tiihen Partei zurädzuführen, welder ihm dann die Koſten erfehen fole, und dem Widerhold das Amt unter weimarfcher Hoheit über- trug. As nun die faiferliben Conimifjarten die Einräumung Hohbentwield begehrten, um in Folge derfelben den Herzog in feine verödeten Lande einzufegen (Januar 1638), verrieth ſich erft ber gelpielte Betrug, und führte begreifliher Weiſe neue Zögerung und neue Plagen für die armen Unterthanen berbei, obgleich Eberhard, sum Scheine oder wirklich entrüſtet, den gefaͤhrlichen Diener zum Gehorſam aufforderte.

Der ſiegreiche Stand der faiferlicen und ded Reiches Waffen“ von der baltiſchen Küfte und von Friedland bis zum Rheine und zu den Alpen erfüllte leider einerfeitd die Heerführer Ferdinands an den Grenzen mit Zahrläßigfeit, vwie im Jahre 1630, und machte fie gleichgültig gegen die Erhaltung ihrer farg befoldeten Solvaten; andererjeitö entfernte derfelbe die Hoffnung zum allgemeinen Frieden bei den Ueberwundenen wie bei den Ueberwindern. * Gerade mit

1 Eattler VII, 175.

2 Xofe IH, 167. Anm. 128, 129. Theatr. Europ. III, 878, Riche⸗ lieu X, "323,

Bufendorf VII, S. 63, 64, 66. Siri Merc. 11, 999 1074, Riche⸗ lieu X, 87 ff. Bougeant I, 304, 319 ff.

Gallas im Winterlager. 67

dem Ende des Jahres (28. December 1637) rief Gallas, bie Unmöglichfeit ermeijend, fein mit Troß überladened Heer während des firengen Winters im abfichtlih veröveten PBommerlande zu er- nähren, zuerſt den Oberſt Deverour aus der Inſel Ujedom nad) Anklam zurück; berieth dann mit feinem Stabe am 30. December zu Pleſtlin die Vertheilung in die Winterquartiere, * und bejebte nur Wolgaft, Loitz, Medermünde, und andere haltbare Punfte. Das Heer vom Gefindel reinigend, unter anderen wurden bei Anklam, am neuen Jahrestage * „acht Amazonen des Teufels” verbrannt, zog er über die Pene und Rednig auf das Medlen- burgiſche unter folcher Verödung, daß nicht einmal Dachſtroh zu Dierdeftreu vorhanden war. Im Hauptquartier zu Shleftlin gab «6 böfe Zwiftigteiten über ausbleibende Löhnung , ungerechte Vertheilung der Winterlager; fchon jegt, che Bandr noch über die See gewichen, glaubte man des unzufrievenen Kriegövolfes nicht mehr nöthig zu haben! Ueber Medlendurg nad) Wismar hin, wo die Schweden fi) noch hielten, zerftreuten fich die Regimenter, oft unter freiem Himmel auf Eid und Schnee gelagert, weil die Oberften, auf ihre Beute bedacht, lieber ihr Volk verderben ließen. *: Holftein, das Erzbisthum Bremen, Braunſchweig und Lüneburg, die Umgegend von Hamburg und Lübeck mußten unmwillig die nadten, zudtlofen, getäufchten Schaaren aufnehmen, während Salid in Medlenburg den Baner beobachtete, und Kliging mit dem Brandenburger auf feinen Bortheil lauert. Was follte der Kaiſer, des Reiches fernfte Grenze hütend, ſich übereilen, die Angelegenheiten des innern Deutich- lands , die unentfchiedene Streitfrage über die Amneſtie noch empörter Stände auf einer allgemeinen Friedensverſammlung mit den unge: rechten Anfprüchen Schwedens und Frankreichs unter einen Geſichts⸗

ı Barve I, 240. Puſendorf 285.

2 Sarve I, 241.

2 Daf. I, 248: Cam totum Imperiam imo omnis pene Europa ao universus orkis bello fiagrabat vioinaque Austria hostilibus cireumetreperet armie, tune quidem eras in precio, nunc cum hostem enervasti paululum & ad exteros pepulisti pluscalam tua vilescunt obseguia, adeo usque ut te vilis- simi aulae asseclae, infimae sortis homuli, mundi probra & excrementa ao merissimi terrae Alii neo in famulatum admittere velint, imo for- tissimos belli duces qui Cnesaris regumque & Principum cum proprine vitae aperlissimo discrimine bona, fortunas & statum conservarunt, dedignentur vel ad aurigandum vel ud triturandum adhibere.

5%

68 Friebensgeichäft?

punkt zu dringen, da er mit Hülfe des Reichs der Erledigung biefer Punkte, mit Ausnahme des Pfälzers, fo nahe war? Wie follten aber Franfreid und Schweden, nad fo empfindlihem Berlufte, jest ihre Eroberungspläne bezähmen? Zwar hatte der Kardinal de fa Balette und fein Bruder der Duc- de Candale Landrecy und Maubenge eingenommen, ohne daß Piccolomint es hindern konnte, Ia @apelle befreit; * der Prinz von Dranien hatte die mächtige Feftung Breda bezwungen, und ferner der Duc de Halluin, ver Sohn des gepriefenen Schomberg, die Spanier bei Leucate im offenen Felde geichlagen. Aber Graubünden und Beltlin waren verloren, der Herzog von Parma hatte mit Spanien fih ver glihen, und in den Herzogen von Savoyen und Mantua büßte Frankreich durch den Tod die lehten Stützen in Stalien ein, während in Lothringen und in Burgund der Herzog Karl fich gegen Longues ville behauptete. Darum fonnte Richelieu wohl fo wenig wie die Schweden jest, Ernit zum Frieden bliden laflen, welcher an zwei entlegenen Orten eingeleitet werden follte. Als demnach die Faifere lihen Geſandten, noch zu Regensburg mit Anweifungen, dem Fräf- tigen Gutachten der Kurfürften gemäß, verfehen, am %,, März 1637 in Köln anlangten, ? fanden fie nur den päpftlichen Legaten Ginetti, dagegen nicht den franzöftfhen Bevollmächtigten, indem Richelieu die Form der Faiferlicheu Geleitsbrieſe umgefertigt und nicht allein für die Fatholifchen Bundesgenoffen Frankreichs, fondern auch für die proteftantifchen, „die Empörer gegen Kaifer und Reich, * auögeftellt wilfen wollte. Seine Staatsfunft faßte nämlich auch den ohnmächtigften deutſchen Stand als unabhängigen Staat ‚auf, und gewann begreiflih ungeheuer, indem er jedes Streben des Reichsoberhauptes, fi geltend zu machen, als Tyrannei verläfterte. * Indeß blieb der Kaifer, von Franfreih nur noch immer König von Ungarn genannt, bei feinem Entſchluſſe in Betreff der zweiten For⸗ derung. Ferdinand hätte auf jeden Einfhuß zu Köln verzichten müſſen, fobald er, von Franfreih nur als Stand des Reiches

* Montglat I, 157. Richelien IX, 508 ff.

Menzel II, 26, "

® Belonders verbroß ihn, daß es in ben Falferlichen Geleitöbriefen für feine Geſandte hieß: dummodo oiviliter et modeste agant, et abstineant a per- niciosis machinationibus. Richelieu X, 106.

Richelieu X, 122 ff.

Die beiben Kronen. 69

betrachtet, die Stimme eines jeden geächteten Gräfleins als voll gelten ließ. Da auch die Schweden nimmer willend waren, ver paͤpſtlichen Vermittlung fi zu fügen, ober von der Wilführ ver Franzoſen fi abhängig zu maden, ' verftrih das Jahr, ohne die Hoffnung der Völker im geringften aufzurichten. Ebenfo fruchtlos und trügerifch waren die Unterhandlungen, welde unter kaiſerlicher Vollmacht Brandenburg und der Kurfürft von Mainz mit ven Schweden in der Mark, fo wie manderlei andere DVermittelung zu Hamburg anfnüpften. Ricdelieu, in fleter Sorge durd) eine Aus» gleihung Schwedens mit dem Kaiſer auf dem Kriegdfchauplage gegen Habsburg vereinzelt zu werden, zumal ber wismarer Vertrag von Schweden nicht beftätigt war, verftärkte dad Mißtrauen Oren: fiiemas, ?* indem er durch den Gefandten St. Chamont vorftellen ließ, unter wie günftigen Bedingungen Frankreich feinen Frieden mit dem Kaiſer fchliegen Fönne, wenn es fih von Schweden trennen wolle. Die Schweden, um ihrerfeitö Frankreich zur offenfundigen Kriegderflärung gegen den Kaifer und machtvollerer Unterftügung des Kampfes in Deutfhland zu nöthigen, verweigerten ben wis⸗ marer Vertrag, und gewährten, indem fie auf die Erbietungen des Kaiferd zu horchen ſchienen, dieſer Diplomatie die trügerifche Hoff nung, die Trennung beider Kronen doch enblih zu Stande zu bringen. Während es bei ſolchem Spiele den Schweden nur daran lag, jedenfalls einen Rüdhalt an Frankreich zu gewinnen; durch ſchaute Richelieu die nordifhe Schlauheit, wollte vorher durch bie Erneuerung jenes Tractated ſicher fein, und hörte wohl nur deshalb weniger auf die Forderungen DOrenftjernad durch Grotius und die anderen Sejandten, ° den Krieg am Rhein eifrig zu betreiben, weil Bernhards Fortſchritte nur den Schweden in ihren Forderungen an dad Reich Vorſchub gewährten, und der Kaiſer eher geneigt fchien, der norbiihen Krone Erkledliches einzuräumen, um dann mit Frank⸗ reich leichten Kaufs fertig zu werden. Endlich befiegte die Betrach⸗ tung der gemeinfamen Gefahr dad Mißtrauen; die ſchwediſchen

t Bufendborf IX, 6. 50—63.

2 Ridyelieu IX, 397. Daf. 403, 408.

2 Pufendorf 291, 306. Es blieb, wie wir aus Bernhards Feldzuge wiſſen, bei fpeciellen Verſprechungen, aus Noth oder aus Mißtranen. Ober wollte Richelien bie Schweben burch Breisgebung ihrer Sache zwingen, das Bünbniß zu erneuern ?

70 Oraf Avaux in Hamburg.

Stände beftätigten den wismarer Vertrag, und fandten ihn im Juli 1637 an Adler Salvius, Hoffunzler und geheimen Rath der Königin, nah Hamburg, um benfelben an St. Chamont auszu⸗ händigen, falls Frankreich die volle Summe zahle, welche fie, unge⸗ achtet der Verzögerung, als faft zweijährigen Rüdftand forderten. ! Nach langen Unterhandlungen entfchloß fih die franzöfifhe Diplo⸗ matie, immer in Furcht vor der geheimen Verbindung des Aofer Salvius mit dem Grafen Kurz, zu foldem Opfer, weil fle erkannte, daß die Schweden, Deutfchen und alle Bölfer des Nordens von fo fäuflider Sinnesart und fo Sflaven ihres Bors theils wären, daß es faum fo feierlihe VBerpflidtuns gen gäbe, die fie aus Geldgier nicht verlegten.? Der Kardinal ermeffend, daß er nicht eher die Fölner Unterhandlungen brechen fünne, bis das ſchwediſche Bündniß geichloffen fei, rief deshalb unzufrieden den Marquid de St. Chamont, welcher arg mit den Staatsgeldern gewirthfchaftet, * von Hamburg ab, (Auguft 1637) und übertrug das Geſchäft fo fchmieriger Verftändigung dem Grafen d'Avaurx, welcher feit dem ſtuhmsdorfer Verträge in Danzig geweilt hatte. * Die Ankunft des gefährlihen Mannes febte den faiferlichen Gefandten, Grafen Kurz, in Schreden; er verlangte vom Rathe der Stabt, den franzöftfchen Unterhänpfer nicht zu dulven. ® Als diefe Herren nicht auf feine Mahnung hörten, gefihmeicelt durch die Briefe Ludwigs AII., drohete der Kaifer mit einer Heim⸗ fuhung des Feldmarſchalls Gallas, der eben an die Niederelbe fich gezogen; die ſchüchternen Bürger, die Gefahr erwägend, da bereits feit dem Winter viele Tatferlihe Dffiziere in ihren Mauern fidy bes fanden, riethen, fo wie Baner und Beauregard, der Macht aus- zuweichen. Aber der Graf von Avaur, entfchloflen lieber zu fterben, als furchtſam von einem Poſten zu weichen, auf welchem feiner Geſchicklichkeit das höchfte Interefie feines Königs anvertraut war, fioh nit; nahm nicht einmal eine Sicherheitswache an, und

ı Richelieu IX, 410. Pufendorf 305.

2 Riohelieu Le. pour ce quelle reconnoissolt les Suedois, les Alle- mands et tous les peuples du Nord etre d’ane humear ri mercenaire, et si esclaves de leur profit, qu'il n'y a promesse, pour solenello qu’elle püt etre, & laquelle ils ne manquent pour de l’argent.

2Pufendorf 305, $. 70.

. Bougeant I, 347.

°s Suebriant 191.

Duca bi Savelli. er

gewann, behutfam innerhalb feined Haufes fi haltend, fo wie feinem Gefolge den öffentlichen Ausgang unterſagend, durch Entichloffenheit und Borfiht die Frift, nad) der Entfernung des Faiferlihen Heeres von der Riederelbe, das ſchwierige Bündniß beider Kronen zu einer Zeit ind Werk zu fegen, als Herzog Bernhard verhängnißvoll auf deutihem Boden wieder feiten Fuß gefaßt.

Eilftes Kapitel.

Bernbarb von Weimar und ber Graf von Avaux, Herſteller des Waffenglücks beiver Kronen durch die Schlacht von Rheinfelden und das Hamburger Bundniß. März 1638.

Wie bei dem Hauptheere unter Gallas Sorglofigfeit und Mißs bräucde aller Art, fchonungslofe Behandlung des Kriegsvolfd nad dem Siege, eine geführliche Wendung der Dinge erleichterten, herrfchte, gleich verderbli beim Reichöheere in Südweſt⸗Deutſchland Zwies tracht und Eiferfucht unter den Feldherrn. Friedrich, Duca di Savelli, ' feit dem Herbite 1637 verhängnißvoll der Befehlögenofie Johanns von Werth, aus alt⸗römiſchem Geſchlechte ftammend, hatte feine erften Waffen unter Kaijer Rudolf II, in Ungarn getragen, war, nachdem er dreien PBäpften ald General der Kirche gedient, i. 3. 1628 mit vornehmen Titeln in das Heer des Friepländers getreten. Bon dem Yeinfinnigen, dem Freunde des Fremden, glei anderen Welichen hervorgezogen, am Hofe des Kaiſers ald Kammer: berr wohl gelitten, machte ſich Savelli jedoch früh ſchon durd Be⸗ brüdungsfünfte und ſchmutzigen Geiz berüchtigt. Zwar gab er ſich die amtliche Miene die Eagenden Greifswalder einmal gegen die Erprefiungen ihres Kommandanten zu ſchützen, theilte aber mit jenem bie Beute, und zeigte fi glei darauf in Demmin in feiner wahrhaften Geftalt, des Kaiſers Befehl nur gebrauchınd, um feinen Seel zu füllen. Als die armen Bewohner der Umgegend ihre durch „Wilitatrerecution“ eingezogenen „Pferdlein“ nicht auslöfen fonnten, und ſonſt fein Käufer fih fand, erröthete der römifche Principe nicht, mit dem Abdecker einen Vertrag zu fchließen und von ihm fi die Häute der Pferde bezahlen zu laſſen. Wie Guftav

ı Khevenhiller XI, 1764; Hiftorifche Contrefaits XIV, 3665 Thentr. Europ. II, 332; Chemnitz I, 119; Maupvillon AL, 16.

72 | Dura bi Savelli.

Adolf vor dem ftarfbefeftigten, twohlverfehenen Drte erfchien, über

gab Savelli den wichtigen Paß, welcher nah Tillys Berechnung mindeftend drei Wochen fi halten Eonnte, faft in eben fo viel Tagen, und zog mit Vertrag, gegen das Gebot ded Generals, nicht nad Roſtock, fondern an die Elbe, noch obenein fi und feine Untergebenen durch die Verpflichtung bindend, innerhalb dreier Monate nicht gegen die Schweden zu dienen (Februar 1631). Der Sieger enthielt fih nicht fpöttifch-höflicher Reden gegen den ehrlofen Staliener, wünſchte fih Glück, daß „jener feinen Aufenthalt in Rom mit dem beutihen Kriege vertaufcht habe, weil er nur auf dieſe Weife Gelegenheit gewonnen, feine Belanntfchaft zu machen,“ rieth ihm aber doch wohlmeinend, „dem SKaifer lieber beim Hofe als beim Heere zu dienen.” Ihm beim Abfchiede die Hand reichend lobte Guſtav. Adolf feine Tapferfeit auf italienifh, fagte aber auf ſchwediſch feinen Opriften, „er wolle feinen Kopf nicht mit dem des Duca vertaufhen; wenn er in feinem Dienfle gewefen, bätte er fpringen müfjen; doch dürfte ihm wohl nichs geſchehen, da folde Leute fih zu ſtark auf des Kaiſers Frömmigfeit verließen.“ Tiliy gerieth in Zorn über die Feigheit des Italieners, ſchickte ihn nad Wien mit dem Begehren „ein Beifpiel an ihm zu ftatuiren.“ Wirklich wurde Savelli bei feiner Anfunft verhaftet; aber mit Hülfe feiner Gönner freigefproden, zur Kränfung Tillys zum Hoffriege- rathe gemacht und ald Gefandter nach Rom abgeordnet. Bei feiner Thronbefteigung rief Ferdinand I. den gefchmeidigen Römer zurüd, welcher den Papſt, gegen Frankreichs Beftrebungen, zu ungefäumter Anerkennung ber kaiſerlichen Würde vermocht, und übertrug ihm nad feinem Dienftalter die Bertheidigung des Oberrheins mit dem Amte eined GeneralsFeldgeugmeifters, alfo im Range über Werth. Lebterer empört, daß man ihm einen fo verrufenen Mann als Streits genofien gegeben, ja ald Oberen zur Seite geftellt, hatte bereits fein Mipfallen dem Kurfürſten auögefprochen; doc der Staliener erfreute fih jo guter Gönner in Wien, daß man ihm gegen die öffentliche Meinung alle Verbienfte jened zufchrieb. So wünfchte ihm Trauts mannsborf in einem italieniſchen Briefe vom 9. Rovember Glück, „daß feine Ercellenz die Ehre gehabt hätte, fich mit fo geringem Ber Iufte aller mühfam von Bernhard aufgeführten Befeftigungswerfe zu bemaͤchtigen,“ wiewohl der Zufall diefen Kigel dem eiteln Duca nicht

ı Röfe UI, 394.

Uneinigkeit zwiſchen Savelli und Werth. 73

gönnte, indem das Schreiben von Bernhard aufgefangen wurde.

So war jchon, bedrohlich für die gemeinfame Sache, ein böfed Vers hältnig zwiſchen dem Eaiferlihen und dem bairifhen General einges treten, als diefer auf dem Wege nad Münden zu Tübingen erfuhr, laut eingegangenen Fatferlihen Schreibens habe Savelli ihn anges Hagt, ald wenn er einen großen Fehler begangen, „weil er den Duca und bie faiferlihen Truppen am Rhein nicht mit etwa taufend Pferden fecundirt und den Weimar nicht in's Ertrem geflürzt.“ Um Bericht und Verantwortung angegangen, verfaßte Johann von Werth, in der Hauptflabt angefommen, am 26. Januar „eine gar umftänd- lIihe und ſchoͤne Widerlegung,“ und erwies, daß Andere die Sache nicht verflanden. „Dreizehn * Jahre habe er dem Kaifer und dem Haufe Baiern gedient und niemald das Geringfte an fi erfinden lafien, fo lange er Wehr und Waffen führen können, den Feind zu verfolgen, Abbruh zu thun, zu fchlagen und zu trennen. Die ganze Welt, ja der Beind felbft, müfle ihm das Zeugniß geben; ed kaͤme ihm alfo nicht wenig ſchmerzlich vor, und fchneide ihm eine tiefe Wunde ind Herz, daß Etliche feine geführten Actiones fo uns gleich tadeln, und die mit feinem Blute erworbene Ehre zu ſchmaͤlern

ſich unterfichen. Zur befleren Wiſſenſchaft babe er über den situm

loci einen Riß beigeſchloſſen, und erinnere: „Savelli habe jein Heu gar von Breiſach auf dem Rhein herunterbringen laſſen; die armen Reuter aber, welche zwei Tage und Nächte battirt und Buscagie gemacht, haben dad Laub von den Bäumen füttern und wohl über 300 Pferde fteden laſſen müflen. Er hätte einen fehen mögen, der ihm in einem ſolchen Bortheil, ald der Feind gehabt, hätte zukom⸗ men fönnen. Zudem fei damals, ald er bei Eroberung der Rheins brüde und Schanze geihoflen worden, im Kriegrath der Schluß geweien, daß der Duca di Savelli nah Breifah, er aber nad) Offenburg gehen follte; nur ſeien nicht taufend ‘Pferde, fondern etliche Reuter zu Dienften vorhanden geweien, wenn man foldhe concipirten Anfchläge ſelbſt mit Ruben zu effectuiren gewußt hätte, Ja der Duca di Savelli habe felbft gefagt: den jo mächtigen Feind,

Im Drucke bei Weftenriever 190—192 ſteht wohl burch einen Schreibfehler „breigig* Jahre. Dann müßte Johann von Werth fchon im Sabre 1608 in’s Heer getreten und mindeftens 20 Jahre älter gewefen fein, was allen Angaben entgegen if. Im Münchner Archiv befinden ſich fünf Folianten, aus denen dem Verfaſſer nur kurze Data geworben find.

74 Bertheidigung Werte.

bei deſſen fo vielen ficheren Retiraden anzufallen, nod fi anzus hängen, fei weder möglich noch räthlic, fo auch im Kriegsrath von feinem approbirt worden. Weil er auch fein Lebtag nicht gern bie armen Soldaten, fo oftmald in zehn bis zwölf Tugen feinen Biſſen Brod befommen, fo muthwillig auf die Fleiſchbank geführt, hätte er ed dermalen weder verantworten, noch den auf ſechszehn Meilen oder Doh achtundzwanzig Stunden weggewefenen Feind erreichen fönnen, nod das gute, alte, in fo viel vortrefflicher Occaſion ges brauchte Volk gar zu confumiren. Theils Punkte wären wohl lächerlih, und möchte er diejenigen, welche folhe Anfchläge geben und mit der Feder effeftuiren, gern vierzehn Tage lang eine Armada vor ſolchem refoluten Feind, ald er vor der Hand gehabt, allein ins Feld führen fehen, ob fie an einem folhen Drt lange Poſto halten, oder mit folhen Anfchlägen den Feind fchreden, und des H. R. Reihe Nutzen präftiren würden. Weil alfo die Sache ganz anders bes fhaffen, hoffe er, man werde feinen Mißgönnern fein Gehör geben, fondern feine bisher geführten Intentiones und Actioned gnädigſt approbiren, und damit fein gutes Gemüth dem römifchen Kaifer beffer befannt werben möge, feine Verantwortung in Driginali dahin beifchließen.” Zum Zeichen feines Unmuthes erinnerte Johann von Werth noch befonders: „in der nörblinger Schlacht habe fein altes Reuterregiment allein fünfundfiebenzig Bahnen und Standarten bes fommen, und in Lothringen habe er auch dem Herzoge nicht weniger überliefert, ohme welche er Ihrer Kurfürftl. Durchlaucht gefchidt; er habe denen, die fie erobert, altem Brauche nad) für jedes 20 Thaler bezahlt und noch zu prätendiren.“ Noch immer nicht begütigt, obgleich man feine Verantwortung nah Wien gefhidt, überfandte er fpäter eine „Epecification bezahlter Armaturen, audgelegter Spionens, Poſt⸗ und anderer Gelder, wie aud, was er der Solda⸗ tesca vorgeliehen, Rechnung für bie eroberten Fahnen u. f. w., und verlangte für ſechszehn Poften 50850 Thaler, welche nicht durch das erhaltene Gnadengeſchenk, das Gut Bodenftein bei Wald⸗ fachfen, gebedt wurden. Ob der Gefränfte lange am Hofe geweilt, und welche Aufnahme er daſelbſt gefunden, wiſſen wir nicht; gezwungen überließ er aber den anderen Heerführern die Bewachung des Rheind und kam in den erften Tagen Februar 1638 in Augs⸗ burg an, um ſich die Heine Kugel, welche er no unter dem Ohre trug, durch einen berühmten Wundarzt, Marian, herausnehmen zu

Bernhards Lage im Winter 1638. 75

laſſen. Bewillfommnet von einem der Glieder des Rathes und guter Sitte gemäß mit zweiunddreißig Kannen Wein und zwei Züberlein Fiſchen beſchenkt, auch völlig freigehalten, * gedachte er von ver Wunde zu genefen; doch wir werben bald erfahren, wie furze Ruhe ihm die Sorglofigkeit feiner Mitfeldherrn gönnte, wie nachtheifig . das Schonungsfoftem, die Truppen nicht dichter in den Breisgau und die Faiferlihen Borlande an der Schweizergrenze, fondern weit nad den proteftantifchen ©egenden von Kranfen und Wirtemberg zu verlegen, ſich erwies, und wie ftörend für des SKaifers und des Reiches Wohlfahrt, die Befehlögemeinihaft mit dem Italiener wirkte.

In guten Winterlagern des Bisthums Bafel, aber noch im November durd den Lothringer bedroht und an ber Ausvehnung feiner Quartiere über die freie Graffchaft verhindert, 2 angefeindet durch die Fatholifchen Eidgenoſſen, vefto befreundeter mit ven pros teftantifchen, jann Herzog Bernhard, wie er eine würdige Stellung fih erfämpfen und den Glauben feiner erdrüdten Freunde in Deutfch- land rechtfertigen Tönne, welche bereits den erfehnten Helfer für heimlich vom Kaifer gewonnen erachteten. * Die Berftimmung gegen Frankreich, welche der Sachſe nicht verhehlte, hatte das im Jahre 1635 fehr entſchieden abgebrochene Verhältnis zu Oxenſtjerna alls mälig wieder günftiger geftellt, und der Reichsfanzler, anfangs fo unzufrieden über Bernhards halblautbaren Dienftvertrag mit Franfs reich, begründete auf ihn jegt zur Rettung der ſchwediſchen Waffen fo fichere Hoffnungen, daß er den ſchwediſchen Rath Müller an den Herzog nah Deutichland aborbnete, um den Argwohn defielben gegen Richelieu zu verflärfen, und ihn des Beiftandes Schwedens zu getröften. Aber nicht allein die wachſende Vertraulichkeit Bern hard mit Schweden erfüllte den franzoͤſtſchen Hof mit Sorge, fons dern noch mehr das befreundete Verhäftniß mit bem Duc de Rohan, welcher den böfen Nachftellungen entgangen, den Winter über noch in Genf weilte, mit dem fegerifchen Sachſen, er der gefürchtete Huguenotte, fleißig briefwechfelte und den Argwohn von geheimen, weitaudfehenden Einverftändniffe wach erhielt. Des Schuges Frank⸗ seih® beraubt fand Rohan bald Feine Zufluht als das Lager des deutfchen Freundes, der nur dephalb an den Grenzen der Schweiz

ı®,y Stetten II, 524.

»MRöfe II, 164. Richelien IX, 472. 8 eher Werbinande Berfuh, Bernhard zu gewinnen. Roͤſe II, 178.

76 Unterbandlungen Richelieus mit Bernhard.

ſich eingeniftet, um, dem Schauplaße feines ererbien Berufes näher, den franzöfifhen Zumuthungen ferner zu fein. Daß Bernhard ver franzöfifchen Knechtſchaft ſich zu entziehen gedachte, hatte auch feine Erklärung deutlich dargethan: er felbft werde ohne Frankreichs Vers tretung im fünftigen Frieden feine reichöfürftlichen Intereſſen zu bes wahren wiflen. * Richelien außer Stande, zu durchichauen, was ber Kühne, ſelbſt in feiner fcheinbaren Hülflofigfeit fo freimüthige Mann, ? in dem Winkel des deutſchen Landes bezwede, hatte die Forderung des weimarfchen Kammerherrn Truchſeß, Geld, Hülfsmannidaft, aber feine franzöfifche, abgelehnt, ehe Bernhard fchriftlich fich zum Rheinübergange verpflichtes endlich, da man des gefährlichen Pala- dins nicht entbehren Fonnte, beſchloß man die Unterhandlungen am % u November wieder an den Marquis de Feuquières zu verweifen, der ihm jene Anzahl Truppen zuführen follte, welche ver Bifchof von Mende im Herbft verfammelt hatte. Leber der Zögerung des Marquis, den Auftrag auszuführen, ging der rheinauer Paß ſchimpf⸗ lich verloren, welde Schuld der Hof dem Herzoge aufbürbete, nicht der Feigheit und der Kriegsuntauglichfeit der Sranzofen, das Weg⸗ laufen derjelben der harten Behandlung Bernhards und feiner Oberften beimaß, mit der Wendung des Pater Joſeph: „die Franzoſen paßten nicht zur Grobheit deutfcher Reuter.“ Da nad jenem Berlufte fran- zoͤſiſche Hülfstruppen für jegt nicht nöthig waren, mußte Feuquières, auf Geheiß des Könige am 24. November nad) Delsberg ohne Truppen fih aufmachen, * deren Flucht zumal im Winter unvers meidlich fchien. Der gefchmeidige Botichafter, mit Verheißungen nicht farg, aber auch die Befremdung feined Hofes über Bernhards ges ringe Berrichtung nicht unterdrüdend, ftellte dem Herzoge die Noth⸗ wendigkeit vor, über den Rhein zu gehen; und verfprad, im alle ed um Baſel oder Konftanz geſchehe, pünftlihe Zahlung und Hülfs⸗ mannihaft von 4182 Mann. Wolle der Herzog feinen Winterfeld⸗ zug unternehmen, fo möge er das Elfaß vor Anfall fhügen, aber nimmer daran denten, auf franzöfiihem Gebiet Winter lager zu ſuchen. Bernhard Hagie dagegen bitter über die

ı Röfe II, 206. Anm. 113.

2 Bernhard verweigerte, wie Ludwig XIII., bie Anerfennung bes Kaiſeriitels. Röfell,a a. O.

2 Richelien IX, 473. Nöſe IE, 207 und bie dort angeführten Quellen.

Neuer Bertrag Bernbarbs. 77

erfahrene Behandlung, ' rügte in Gegenwart du Hallierd jene ver- laͤumderiſchen Berichte über die Mißhandlungen, weldhe die frangöftichen Truppen dur ihn erfahren, fchilderte den Zuſtand feines Heeres, zumal den Mangel an Pferden, verhieß dagegen, eines Mißverftänd- nifled der Höfe von Wien und München über die Verwendung des Reichöheeres Tundig, dem künftigen Feldzuge erwünſchte Erfolge; deſſen baldige Eröffnung er gelobte, um den Schweren und ben deutfchen Anhängern Muth und Zuverfiht zu Frankreich zu ver- leihen. ? Aber faft einen ganzen Monat befchäftigte die Unterhand⸗ lung über die Geldforverung des Yürften, bis man am 4. Januar 1638 überein fam,* der König folle die außerorventlichen Ausgaben beftreiten, für das neue Jahr 2,400,000 Livres pünktlich entrichten; die jet angebotenen fränzöfifihen Truppen follten im Falle eines Rheinüberganges: entweder zu Bernhard ftoßen, over ihm den Rüden deden; im Mat dagegen müfle der König, ohne andere kraͤftige Unterftügung zu unterlafien, 8000 Mann unter ded Herzogs Befehl ſtellen. Breiſach ward ald das Ziel des neuen Feldzuges hins geftellt, aber über ven Beſitz defielben, fo wie des Elfaß, die frühere Unbeftimmtheit gelafien. Um feinen Einfluß beim Könige für dieſen Bertrag zu verwenden, eilte Feuquières, dem der verlaffene Sieur du Hallier fi anſchloß, am 13. Januar an den Hof, froh, nicht das beflagenswerthe Geſchick eines deutihen Winterfeldzuges theilen zu müͤſſen, fand aber den Minifter in Staunen über diefe Forderun⸗ gen, zumal über die der Entichäpigung, da Bernhard in der freien Srafihaft anfehnlihe Brandſchatzungen erhoben. Nach Berluft eines vollen Monats, (11. Februar) bewilligte endlich der König Ents (hädigung, Rückſtände und die geforderten Millionen, * verhieß mißtrauifch, flatt der geforderten 8000 Mann, die Mitwirkung eines anſehnlichen Heeres auf dem linken Rheinufer, beftätigte die früheren Erklaͤrungen in Betreff des Fünftigen Friedens, und vertröftete ihn, weil die Truppen Mareillacd nicht zufammen zu bringen waren, eines Heerhaufend, weldhen, um den Rüden des Herzogs gegen Hochburgund oder Rothringen zu deren, der Graf de Guesbriant auf des Königs Befehl vom A. Februar um Langred oder Chaumont

ı Möfe II, 401 Anmerk. 27 und Urk. 35, 36, 37, 88. s Richelien IX, 474.

2 Daf. X, 5. Röfe II, a. a. O.

MNoſe ll, a. O. Hr, 39, 40, vom 11. Februar.

18 Neue Pläne Bernhards.

verfammeln follte. * Aber bereits vor Empfang der frangöfifchen Berfprechungen, und eined fchmeichelhaften Schreibens Ludwigs XI, welches ihn der Onabe und des Vertrauens in fchöner Rede vers fiderte, hatte Roth um Lebensunterhalt und kluger Thatendrang, nicht, wie Richelien behauptet, der lobende und ermunternde Inhalt des Eöniglichen Briefes, den Herzog vermocdht, noch im tiefen Winter auf eigene Fauſt fih und fein Heer zu verforgen, und den ver- dunfelten Glanz feines Namend wieder herzuftellen. Den Mangel im Bisthum Bafel vorausfehend, hatte Bernhard, unerfhöpflih an Plänen, ſchon Einleitung zur Abwehr getroffen; aber die mit Schaff⸗ haufen angefnüpften Ilnterhandlungen waren verrathen worden, und Herzogin Claudia von Tirol hatte bereits unterm 29. Dezember die Eidgenofien gewarnt, die Päffe oberhalb des Bodenſees bei Dieſſen⸗ hofen zu hüten. ? In neuer Verlegenheit umfaßte Bernhard jegt mit freudigem Herzen * den Borfchlag ded Schweizers Erladj s Kafteln, in dad Gebiet der vier Waldftädte, dem Haufe Defterreih unterthan, fi zu werfen, wo das Land nad) früherer Verödung wieder beftellt war, und zugleid Rheinbrüden einen günftigen Uebergang nad Deutfchland boten. Zwar fchlen das Unternehmen gefährlih; vier faiferliche Generale, der Duca di Savelli, Johann von Werth, Adrian von Enfevort und Epeerreuter ftanden nicht ferne, konnten rafch fich vereinigen und bie Angreifer überwältigen. Aber man fannte bie Uneinigfeit, zumal Savellid und Reinachs, des Statthalters in - Breifch; wußte, daß die Truppen in unerawidlichen, zum Theil entlegenen Quartieren fich befänden, und die Leichtigkeit des erften Angriffs, die Hoffnung auf den Schauplag zurüdzufehren, wohin er als Verfechter „der deutfchen Freiheit“ fich berufen fühlte, vor allem die verheißliche Ausficht, durch eine Unternehmung auf eigene Fauſt von der demüthigenten Abhängigkeit Frankreichs ſich loszu⸗ madıen, beftimmten den Herzog zu dem kühnen Wagftüd. Geheim, nachdem er feine Reuter durch Werbung verftärft und wieder beritten gemacht, traf er mit feinem geringen Heere die Anordnungen, ließ die Rheinpäfte ausfundfchaften, Zufuhr durd feine Parteigänger in

ı Richelien X, 237, 239 Guebriant 41 ff. Inſtruction Guebriante vom 6. Februar dafelbfi.

2 Roͤſe a. a. O. ©. 213.

2 Baffompierrell, 714. Zur-⸗Lauben II, 5. Erlach I, 32. Richelien X, 238. Le Vaſſor IX, 793.

Dernbards Anfall auf die Waldſtaͤdte. 79

der Schweiz und durch den wirtembergiſchen Kanzler Forſtner in Mümpelgard auflaufen, während feine Gegner dem abfichtlich vers breiteten Gerüchte glaubten, als gedenfe Bernhard einen neuen Yeld- zug gegen den Herzog Karl vom Bafligny her au thun, weßhalb Savelli fih nad Beſangon begab. ' E& war die einzige Anforderung, welche Bernhard an Frankreich ergehen ließ, durch eine Digreffion auf den Lothringer die Sage glaubliher zu machen; ? aber erft am 6. Februar erhielt Guebriant die Anweifung feines Hofes, und fonnte erfi am 17. Zebruar, ohne Geld, zu feinen Truppen nad Langres abreifen; ° alfo in fo weiter Entfernung. nichts zum Ges lingen der Pläne Bernhards beitragen. In aller Stille, wie bie Berihworenen vom Ruetli, denn der Freiherr von Reinach in Breiſach war ein nimmer fchlafender Argus, brad der Herzog am 27. Januar, nach verrichteter Firchlicher Andacht, aus den Thälern Dels⸗ bergs und von Zwingen mit etwa fehötaufenn Mann auf, 30g bei fitenger Kälte um Mitternacht: durch nentraled Gebiet! zwifchen Dafel und Münchenftein über die Bird und an Rheinfelden vorüber, überfiel Morgens am 29. Januar das Zeininger- und Krid-Ihal, und lagerte fih am Rheinfleden Stein. * Hier erwarteten ihn Schiffer und nach eintägigem Stillliegen wurden am 30. Januar auf zwei Fiicherfähnen, welche man mitgeführt, je uht Mann über den Fluß, bei der Syſſel, oberhalb Eedingen, unterhalb Stein oder Mümpf, ® geſetzt. Sobald fih 120 Mann und ein Offizier auf dem rechten s Ufer befanden, eilten fic auf das Städtchen Sedingen; die Bürger, ohne Wehr und Kriegsgeräth, öffneten erjchroden ihre Thore. Ohne Raſt bemächtigten fich jene des dort angelandeten großen Fährjchiftes, und führten den Obrifien Schönbef mit mehreren Bölfern über. Darauf 309 Bernhard auf der Schweizer Seite gegen Lauffenburg ; Schönbed auf der veutfchen eben dahin. In dem Städtchen lag, zur Bewadung der bequemen feiten Rheinbrüde, ein Hauptmann ; nimmer wähnend von deutſcher Eeite angegriffen zu werden, war feine Sorge. nur auf die Schweiz gerichtet. Dur die erfle

ı Snuebriant 43.

: Ribelieu X, 238. Theatr. Europ. III, 911 ff. Adlzreitter I, 3855 Pufendorf 362 fe Bougeant I, 446 ff. Mercure frang. XXII, 3 ff. Bernard hist. de Louis XIII, 416.

3 Quebriant 45.

9 Schreiber Tafchenbud 1839, 381. bDaſ. a. a. O.

80 Beruhard erobert Laufenburg.

drohende Aufforderung des Herzogs außer Faſſung gebradt und zur Liebergabe bereit, fand er noch in Unterhandlungen, ald Schön bed mit feinem Regimente durch das vermittelt einer Petarde ges fprengte Brüdenthor in die Stadt eindrmg, und den Befehlshaber auf Gnade und Ungnade fi zu ergeben nöthigte. Nur die höchfte Eile ließ den Anfchlag glüden; ſchon hatte Reinach von der feind- lihen Bewegung auf Lauffenburg Kunde, und ein Regiment zu Fuß war auf dem Wege; diefem ftürmte Oberft Rofen mit feinen Reutern entgegen, und fprengte daffelde in die Wälder. So tft der unmerk⸗ liche Anfang von Begebenheiten, welche ven undbeutfhen Waffen wiederum die Uebermacht im füdweftlichen Deutfchland errangen, und die Franzoſen zur thätigeren Theilnahme am beutfchen Kriege ver- mochten ; fo rechtfertigte fh die Sorge Johannes von Werth, welcher im Herbfte ernftlih auf die Verftärfung des lauffenburger Pafles gebrungen, ' und lieber felbft dorthin feine Truppen verlegt hätte, als ind verödete Schwaben; aber Reinach in Breifah wollte fi nicht mit der Verpflegung einer ftürferen Befagung beläftigen; Graf Friedrich Rudolf von Fürftenberg, ftühlinger Linie, Herr eines großen Theil des Schwarzwaldes, drang felbftfühtig auf die Schonung der Fatferlihen Erblande, und Johann von Werth mußte von den Klüglingen des Kriegsrathes zum Beſcheid hören, daß der Herzog fih nicht unvermerft dem Rheine nähern Fönnte, und daß die öfters reichiſchen Einwohner ein ftärferes Solpateneinlager nicht zu ernähren im Stande wären. Der Fürſtenberg, eined im XVII. Jahrhunderte ® hart befihufdigten Gefchlehtd, geboren im 3. 1602, wegen unfitt- licher Jugend in böfem Rufe, den Ränfen gegen Waloftein nicht fremd, aber wegen feiner, zumal im dänifchen Kriege, bewiefenen Tapferkeit zum kaiſerlichen General-Wachtmeifter, Reichöhofrath und Kämmerer erhoben, deßgleihen bei Marimilian Oberftallmeifter und Dberft, ward fpäter wegen mancherlei Nachlaͤßigkeit und böfer Fehler, weihen man den Berluft von Rheinfelden zujchrieb, in München angeklagt, und fuchte ſich durd eine Reihe von Briefichaften, nicht ohne Erfolg zu rechtfertigen, deren Inhalt uns ein Gewebe von fopflofen, pflihtuntreuen, ja feigen Handlungen, ein Gewirre von Mißverſtaͤndniſſen, offenem Ungehorfam und Böswilligfeiten als Urſache der folgenreihen Niederlage aufdedt. ?

ı Sreiberger VI, 83. - Münch Geſchichte des Hauſes und Landes Fürſtenberg TIT, 19 ff., und

Eutfah von Rheinjelden. 81

. Ma 1. Februar, einem Montage, überfiel Bernbarb in der Frühe dad deutſche Ordenshaus Büden (Beuden), deflen Verwalter, Heinrih Schenk von Kafteln, des deutfchen Ordens SBriefter, mit Hinterlafjung ſchoͤner Vorraͤthe nah Rheinfelden floh; ' am gleichen Tage ward Waldshut eingenommen, aber zur Sicherftellung feines Unternehmens bedurfte der Herzog vor allem des wichtigften Paſſes bei Rheinfelden. Da die Feſte mit einer waderen Bürgerfchaft, mit in Eile zufammengerafften Bauern, unter einem tapferen Befehls⸗ haber verjehen, wegen ihrer Stärke, ungeachtet empfindlichen Mangels an Kriegäbebürfnifien, dennoch eine längere Belagerung aushalten fonnte, berief Bernhard fhon am 2. Februar feine ganze Heeres» madt, und begann am 5. Februar mit gefteigertem Ungeftüm die Belagerung, während welcher er verkleidet zu Lenzburg eine geheime Unterrevung mit Rohan hielt. Der Huguenotte, mit Genehmigung des Könige am 22. Januar 1638 auf dem Wege nad Venedig, aber durch eine verfolgende Reiterfhaar feines alten Gegnerd Bourbon nah Bafel geſcheucht, in Zürich ungern gefehen, durch die Grau⸗ bündner auf feiner Weiterreife bevroht, nahm zu Lenzburg die Hülfs- erbietung des deutichen Freundes an, um, ſei ed nicht als Yührer franzöfijcher Truppen, doch als Freiwilliger mit jenem die deutſche Kriegsweife Tennen zu lernen.? Die ernftlichfien Mittel zur Bes zwingung Rheinfeldend wurben unterveß rafch mit Erfolg angewandt; vierhundert Dann durch Minen in die Luft gefprengt; die Thürme "und Mauern wankten vor dem unaufhörlihen Beſchießen, und fchon waren bie Belagerer bid zum innerften Thorthurm gebrungen. In der Noth fandte der geängftigte Kommandant Briefe nah Breiſach um Hülfe; aber mußte Augenzeuge fein, wie der aufgefangene Bote aufgefnüpft wurde. Dennod wehrte fih die wadere Manns haft mit verzweifeltem Muthe; fon war am 28. Februar eine neue Mauerlüde geſchoſſen, und Ueberwältigung der Feſte durch fürmende Hand augenſcheinlich, als envlih an demſelben Tage morgens früh erfehnte Retter aus der Noth in Johann von Werth und dem Duca di Savelli erichienen.

die wichtigen Bellagen enthaltend ungebrudte Beiträge zur Geſchichte der Schlacht bei Rheinfelden u. ſ. w. Schreiber 382, > Röfe I, 181. Yum. 155, 156. Notlee »ur le Duo de Rohan 77. Barthold, Geſch. des HOlähr. Kriege, IL 6

82 Werth vor Rheinfelden.

Die Kunde von dem feindlichen Webergange hatte bald Schwaben und Baiern durchflogen, und zu fpät erkannten die Faiferlichen Generäle und der Kriegsrath den Leichtſinn, mit welchem fie Johanns von Werth und feines vorfihtigen Kurfürften Warnung abgefertigt. Kein Heer, Fein Anführer war in der Nähe, zwar lagen die Winterquartiere der Kaiferlichen der bebrohten Gegend am näcften; aber der Feldherr Savelli befand ſich in Befancon, mit dem Herzoge Karl die Abwehr gegen Guebriant, der noch im März zu Langres auf Kriegsmittel harrte, berathend, und Taupadel wie ofen ftreiften bereitd, Brandſchatzung fobernd, big Hall, Stühlingen, ja bis Villingen, und feßten ſich mit Hohent⸗ wiel in Verbindung, welches jene heimliche Praktik Widerholds, fheinbar im Wiverfpruche mit feinem Landeöherrn, am 1%,, Sanuar dem Kaifer verweigerte, aber jebt der franzoͤſiſch⸗ſchwediſchen Partei in die Hände fpielte. Als das Gerücht von Rheinfeldens Gefahr zu Savelli gebrungen, eilte er, durch ein eigenhändiged Schreiben Ferdinands gemahnt, nah Bafel, fuhr von dort in einem Fifcher- fahne nach Breifady und führte feine Regimenter nah dem Schwarz- walde, fo daß die übel haufenden Reuter Weimard wenigftend am 24. Februar in die Thäler hinabgetrieben werben Tonnten. Am fernften war Johann von Werth; aber mit der erften Schredens- funde, ſchon vor dem 7. Februar, verließ er, noch nicht geheilt, Augsburg, flog nadı Tübingen und mußte ſich unter den Oberbefehl des gehaßten Stalieners ftellen, da die allgemeine Gefahr die Ber: einigung der neuerdings gefpaltenen Kriegsräthe von Wien und Münden erforderte. Uneingedenk des erlittenen Unglimpfs, ven Reinach mit ihm theilte, rüttelte Johann von Werth ringsum die Regimenter aus ihrer Winterruhe und ſammelte fie um Villingen. Dort an der Donau follte er die Bewegungen der Feinde abwarten, bis die kaiſerlichen Truppen fih zufammengezogen haben würden. Aber der Befehlshaber in Rheinfelden flehte bei Reinach um unvers zügliche Hülfez diefer legte dem Duca di Savelli die hohe Wichtige feit ded Platzes and Herz, und beftimmte ihn durch Eifboten Johann von Werth zum fchleunigften Aufbruch zu mahnen. Am 25. Februar brach dieſer, ohne die zurüdgebliebene Verſtärkung aufzunehmen, von Billingen nad) Löffingen, der Refivenz Fürftenbergs, auf, und traf dort befonnene Anordnungen, welche gleihmohl wegen der Kürze

Entfatz von Rheinfelden. 83

der Zeit nicht recht ausgeführt wurden. * Zu Löffingen erhielt Fürftenberg, ver felbft feine Generalöftelle bekleidete, ven Befehl (26. Febr.) Lebensmittel, Kriegsbenarf für Rheinfelden auf Saum: tbieren dem Heere nachzuſchicken und durch einige taufend Bauern bie Päffe am Schwarzwalde zu befegen. Der Graf fäumte nicht, den Niklas von der Leyen damit zu beauftragen, weil er fich ſelbſt mit hundert Pferden und zweihundert Mann zu Fuß dem Heere ans fhließen wollte. Die umwohnenden Stände thaten eilig das Shre; fo der Abt von St. Georg, und viele Saumthiere fchleppten bie Vorräthe mühſam durchs Gebürge über die Wutah bis Bondorf und waren dort der weiteren Verfügung der Proviantmeifter gemwärtig. Auf Fürſtenbergs Antrieb, welcher, des Landes wohl fundig, fid feiner guten Rathichläge fpäter zu rühmen verftand, führte fein Schreiber Salomon Reimer am 27. Februar fünfhundert ſchwarz⸗ walder Bauern, im alten Ruf, „den Soldaten gern auf die Hauben zu Hopfen, wie die Heffen, Vogelsberger, Speflarter und Sauers länder”, ? mit Musfeten, Kraut und Loth, Aerten, Piden, Schaus feln und Zehrung auf at Tage verfehen, gerade durch den Wald auf Waldshut, Fam am 28. „am Vorwalde“ an und ftelte feine Mannfhaft, „als alter Soldat“, bei Römersweiher bis gegen Laufenburg auf; fünfhundert Bauern aus St. Blafien harrten eine halbe Stunde von ihm bei der alten Mühle, „unter bem Hofmeifter von St. Blaſien, Klemens Weiß“, gleichfalls „einem bewährten Kriegsmann“; auch der fogenannte Bauernfaifer, dem die fchlagfer- tigen Schwarzwalder gern folgten, hatte am 28. Februar alle ges wöhnlichen Warten ſtark befegt, harrend auf weitern Beſcheid, zumal wegen der Vorräthe, welche die Bauern mit fih führten. Während fo das ganze Land hinter ihm in getümmelvoller Bewegung und er der beften Maßregeln gewiß war, marfchirten Johann von Werth, Adrian von Enfevort und Speerreuter, ihren Truppen voraus: geeilt, geführt von Fürftenderg, auf den nächſten, aber beſchwer⸗ fichften Wegen, mit acht ſchwachen Reuterregimentern, einem Dragoner-

1 & Münd a a O. 27 ff. und die dem 3. Theile angehängten Briefe an die Erzherzogin Claudia, das Schreiben Niflas von der Leyen, Salomon Neimers m. ſ. w., und bie handſchrifilichen Briefe Werths d. d. Tübingen vom 10,, 11., 15., 19. Februar.

> Simpficifinus 46 u. anderwärte. .. .

84 WVrerßhäͤltniß der kaiſerlichen Generale.

Regimente ? und vieren zu Fuß, drei Tage und vier Nächte hindurch ohne Raft nad dem bebroheten Drte, und erfchienen, mit Savelli vereinigt, am 28. Februar in der Morgendämmerung vor dem feindlichen Hauptlager bei Büden, eine halbe Meile von Rheinfelven.

Ein böfer Umftand war vor allen die weltfundige Spannung gwifchen den beiden älteften Generalen, dem Staliener und dem Deutihen, welche fih fo feiht auf das Heer übertrug, daß bie Baiern ungern und nur gezwungen den kaiſerlichen Befehlshabern gehorchten. Zu dieſer Doppelheit der Interefien kam die fremde Erſcheinung jenes Speerreuterd, von Johann von Werth vor fünf Sahren an der Donau „fo wader gepubt”, ver jetzt mit feinem Feinde unter denfelben Fahnen ftehend, ihm gewiß nicht aufrichtig zugethan war, und mehr es mit dem kaiſerlichen Oberfeldherrn hielt. Wie wir oben berichtet, hatte Speerreuter dem Herzoge von Celle, defien „angeborener Untertban, aber als freier Deuticher, Fein Leib- eigener, er war,” den Gehorfam aufgefündigt; darauf nad) dieſer verdächtigen Rolle, ald der prager Frieden allgemeiner angenommen wurde, fih aud den Schweden ſchwierig gezeigt, und endlich feinen Dienft niedergelegt unter dem Dorwande, auf feine Güter nad Livland zu gehen. Statt deſſen aber, in Bremen auf die faiferliche Seite getreten und nahe daran, vom Volke wegen feiner Abtrünnigkeit todigefchlagen zu werden, hatte er nur unter dem Schutze des Rathes, geleitet von funfzig Musfetieren, die Stabt verlaßen fönnen (26. Januar 1636), um an der Wefer feine Ders fuche, der ſchwediſchen Krone die deutſchen Regimenter abwendig zu machen, zu erneuern. Einmal gefangen und um eine hohe Summe freigefauft, mit der Belagerung Erfurts im Sommer befhäftigt, im September 1637 zum oberdeutfchen Heere, unter dem Kommando Savellis, gefhidt, war er als General-Wachtmeifter von dem Itas liener, abhängig und fo aus doppelten Gründen unferm beutjchen Helden .abhold. Mit größerer Zuverficht durfte Sohann von Werth dagegen auf den Faiferlihen General» Wachtmeifter Adrian von Enfevort, feinen Landsmann, bauen; aus niederländifchem Noel,

* Dragoner waren bei ihrer Entſtehung bekanntlich berittenes Fußvolk, ohne Schutzwaffe, als eine Pidelhanbe, und nur mit einer leichten Muskete und einem Degen verfehen. Sie trugen auch nicht die ſchweten Reuterſtiefel. „Talk ein Dragoner vom Pferde, fo ſteht ein Musketirer auf,“ ſagt Simpliciffimus,

Grfle Schlacht vor Rheinfelden. 85

weichen Papſt Adrian von Utrecht durch den Kardinalspurpur neuen Glanz verliehen, Hatte Adrian Schon in Friedlands Heere fih aus⸗ gezeichnet und, obwohl Obriftlieutenant in Trzkas Regimente, Teinen Zweifel an feiner Treue für Defterreih aufkommen laßen; feit dem niederländiichen und dem pifardifhen Zuge unter Piccolomini mit Johann von Werth vertraut, Tämpften beide Männer in ähnlicher Weiſe für diefelde Sache, wie wir fie denn in guten und fchlimmen Tagen noch oft bei einander finden werben. * So war bas perſoͤn⸗ liche Verhaͤltniß der Feldherrn, welde zum Entſatze Rheinfeldens ſich anſchickten.

Kaum vor Bücken angelangt, ließ Johann von Werth ſogleich die Wege nach Lauffenburg beſetzen, um dem Herzoge den Rück⸗ zug abzuſchneiden, und Verſtaͤrkung vom jenſeitigen Rheinufer tiber die Brücke zu verhindern. Bernhard dagegen ſtellte ſich mit zwölfhundert Reutern vor Büden auf der Höhe auf, und erwartete muthig den Angriff der Feinde. Die Kaiferlihen in ihrer Abficht, gerade auf Rheinfelden Ioszugehen, durch Bernhards weglagernde Keuter gehindert, blieben vier Stunden unter leichten Gefechten ftehen, um das zurikkgebliebene Fußvolk zu erwarten. Unterbefien gewann ber Herzog Zeit, jehöhundert Musfetiere, zwei Eskadronen und ſechs Kanonen über eine Fähre an fi zu ziehen; aber es zeigten fih auch die Faiferlihen Kußvölfer vor dem Farfchauer Walde und rüdten durch das Thal auf Rheinfelden zu. Ihnen wandte Bern- hard, in gefährlicher Stellung zwifchen der belagerten Stabt und dem feindlichen Heere, die Stirn entgegen, und hielt eine Stunde lang durd den Oberſten Hatftein das Dorf befebt, durch welches der Weg vom Walde nach der Feſte führte. Da auf dieſe Weife der Entfa durch Lieberflügelung mißlungen, beſchloß Johann von Werth ihn in offener Feldſchlacht auszuführen, gegen die Anficht Savellis, welcher die Ankunft des übrigen Fußvolkes und des Ges ſchutzes erwarten wollte. Aber jener hoffte, daß die Regimenter ver Dberften Daniel Beigott, Johann Edi und Tragi, welche täglid vier 656 fieben Meilen marfchiren ſollten, flünblich heranfommen würden; die Musketiere von Metternich, das fpeerreuterfche Regi⸗ ment mit den Felbftüden, mit den zufammengerafften Vorräthen für Rheinfelden, Tonnten gleichfalls nach ihrer Ordre zur rechten Zeit

a Forſter, Wallenſteins Briefe III, 298.

86 Erſte Schlacht vor Rheinfelden.

eintreffen, ' und barum beftand er denn ungeflüm, der Noth Rheins feldens Fundig, auf feinem Plane. Leider aber erwieſen fid biefe Boraudfepungen, in Folge hämifchen Ungehorfamd oder von Feig⸗ heit, oder wegen einer Kette non Mißverſtändniſſen, als irrig. Bei ſolchen Anftalten der Feinde rief der Herzog fein Fußvolk aus dem Dorfe Karfhau, und machte fid) zum Empfange bereit. Er felbft befehligte auf dem linfen Slügel; die Generale Taupadel und der Graf von Naſſau auf dem rechten. Johann von Werth ftand diefen zunächft gegenüber auf dem kaiſerlichen linken, Saveli auf dem rechten. Die naſſauiſchen Regimenter griffen mit foldem Uns geftium an, daß Johanns Truppen, von einem viertägigen raſtloſen Mariche ermüdet, zu weichen begannen; der bairifche Generalcom- miffarius, Oberſt von Lerchenfeld, warf fich zuerft in die Flucht; ihm hingen Ausreißerhaufen fih an, eine weite Strede bis an ben Wald von Taupadeld Reutern verfolgt. Mit welchem yperfönlichen Muthe beide feinpliche Generale fochten, ergibt ſich daraus, daß im Getümmel der Graf von Naffau und Johann von Werth, wie die Feldherrn des Mittelalters, an einander geriethen, und ihre Piftolen dicht auf einander abfhoßen; dem erfteren durchloͤcherte Die Kugel den Hut, Johann von Werth erhielt einen Streifihuß an der Bade. ? Auch Werths Dienerfhaft verließ den Herm im Gedränge nidt; fein Kammerdiener nahm mit eigener Hand den Hauptmann Weiler und einen ſchwediſchen Offizier, gewiß den einzigen feiner Nation in Bernhards Heere, gefangen. * Aehnlih war das Schidfal des einzigen Franzoſen, welcher unter Bernhards Fahnen foht. Der Herzog von Roban, eben aus Bafel herbeigefommen, ohne die Er- laubniß des beftürzten Hofes zu erwarten, und beim Andrange der Feinde durch einen Fönigliden Brief aus Bernhards Nähe nad Bern gewieſen, verfchmähete in ſolchem Augenblide ven Gehorfam; * lehnte den Oberbefehl, welchen Bernhard ihm angetragen, mit ritters licher Höflihfeit ab und focht ald Yreimilliger unter des jüngeren Felvherrn Augen, an der Spige ded Regimentes Naſſau, mit bewährtem Muthe. Aber im Verfolgen ber Yeinde verwundet,

ı Münch a. a. D. III, Beilage 26. 3 Bufendorfa.a. O. 3 Ausfage des Kommandanten von Tübingen bei Münd, Beil. S. 10 u. 15. & Notice 77. Histoire de Rohan. 115. Röfe II, 409. Anm. 88. Biri mem. VIII, 826. Quebriant 33

Erſte Schlaht vor Rheinfelden. 87

gerieth er mit dem Oberften von Erlach⸗Kaſteln und anderen Offis zieren in deren Hände. Schon hatte ein kaiſerlicher Reuter den wunden, bejahrten Mann vor fi auf dem Pferde, ald die edle Beute ihm wieder abgejagt wurde; er ftarb jedoch den 13. März in Königsfelden bei Bern, 58 Jahr alt, ungewiß ob an Gift, ob in Folge feiner frühgeſchwaͤchten Gefunpheit oder an den erhaltenen Hunden. Glücklicher wandte fih das Treffen auf dem rechten kaiſer⸗ lichen Flügel, welcher den linfen Bernharbs überwältigte, bis an das Schloß Büden trieb und ihm mehre Kanonen und Fahnen abnahm. Die verfolgenden Faiferlihen Reuter ſahen fih jedoch durch ein heftiged Muöfetenfeuer hinter den Mauern der Burg aufgehalten, und während fid) ein Theil der Sieger zur Ungeit mit der Plün⸗ derung des weimarfihen Lagers verweilte, gewann Bernhard Zeit, feine zerftreuten Schaaren zu fammeln und den vorgerüdten Kaiſer⸗ lichen ihre Beute wieder zu entreißen. So war zwar der ſchwan⸗ fende Flügel wiederhergeſtellt, aber der errungene Vortheil mit einem theuren Blute erfauft; der Rheingraf Johann Philipp, von feind- lihen Reutern umringt, verſchmähte das Leben ald Gnadengabe ihrer Hand, und ftarb eines ruhmvollen Soldatentodes. Taupadel und Raffau, um dem Herzoge beizuftehen, ihrerfeitö von der Ders folgung ihres Sieges zurüdgefehrt, hatten den Geflohenen dadurch geftattet, fih zufammenzuziehen, und auch dem Johann von Werth Zeit gelaflen, das Fußvolk auf dem rechten Flügel wieder zum Angriff zu orbnen. So ermeuerte fih der Kampf; beide Heere wechfelten ihre Standpunfte, bis die Fechtenden die Nacht ereilte, Bernbard die Belagerung von Rheinfelden aufhob, und die kaiſer⸗ lichen Generale Abends um 10 ihr mit ihren Gefangenen in bie befreite Feſte einritten. Auf beiden Seiten hatte der Vortheil gewechfelt; gleichviel Blut war geflogen; die Matten und Baum- gärten von Karſchau bis nach Härten lagen voll Leihen; nur hatten am Ende, wie Bernhard felbft in feinem Berichte an den König gefteht, * die Faiferlihen Generale ihren Zwed erreicht, indem fie frifche Beſatzung und Kriegsvorräthe in die Hefte warfen, und bie Belagerer aud von der anderen Seite abzuziehen zwangen. Bernhards Rüdzug während der Nacht auf Lauffenburg und ber bewirkte Entſatz Rheinfeldens, veranlaßte den Duca di Savelli die Siegesbotſchaft nad Wien und hie und da im Reiche zu verbreiten. ı Röfe II, 402. Ricpelieu X, 321.

83 Unorbnung ber Sieger nach ber Schlacht.

Was nun für die. Sieger zu thun ſei, war ſchwierig; zur Verfol⸗ gung zu ſchwach und zu ermübet, mußte man ſich entweder am vors läufigen Entſatze begnügen, und, flatt mit dem erfchöpften Heere in diefer Jahreszeit in einer an ſich unfruchtbaren und bereits auss gefogenen Gegend zu verweilen, ohne Verzug in den Schwarzwald zurüdgehen, die Vorräthe und die heranziehenden Regimenter aufs nehmen, oder bier raften, dagegen die Heranfunft der ausgeblie⸗ benen Streitkräfte und Lebensmittel befchleunigen. Da aber ver für die Fefte bis jet angelangte Kriegsbedarf und der fonftige Vorrath faum für wenige Tage hinreichte, beichloßen die Kaiſerlichen und Baiern, beraufcht vom Glücke, ven Feind verachtend und mwähnend, daß er nach fo vereiteltem Unternehmen den Gedanken, hier am Mheine fich feftzufeßen, aufgegeben, zunächft um Rheinfelden fich zu ruhen. Die Schanren zerfireuten ſich weit und breit über die Dörfer Nollingen, Tegerfelden, Härten, Wihlen, bis nach Kranzach in ver Nähe von Bafel, und fuhten Nahrung für fi und ihre Pferde, zugleih auf die fürftenbergifchen Vorräthe vertrauend. Diefe Sicher: heit war dad Verderben und ſchwer büßten Heer und Führer ihren Leichtfinn. Johann von Werth, befonnener ald fein Mitfeloherr, hätte das Sicherfte vorgezogen, nach dem Entfape Rheinfelden in den Schwarzwald hinaufzuziehen, die Kräfte ver Soldaten in befferen Quartieren wieberherzuftellen, und die Anfunft der übrigen Regis menter zu erwarten. Allen man verwarf feine Meinung: „man

müße dort die gebrüdten und fchon erbitterten Landleute nicht aufs -

äußerfte bringen,“ und fo blieb dad Heer vor Rheinfelden unter freiem Himmel oder in den fernen Dörfern liegen, und erſt am 2. März fandte Savelli aus dem Hauptquartiere dem Grafen Fürften; berg, welcher fih nad der Schlacht zurüdbegeben wollte, eine unges wiffe Ordre, fi der Regimenter auf dem Schwarzwalbe anzunehmen und fie zu führen. ? Oben im Gebirge, einige Stunden hinter dem Schlachtfelde, waren unterdeflen wunderliche, häßliche Verwir⸗ sungen eingetreten. Schon am Sonntage, am Tage des Treffens, ftanden Salomon Reimer mit den fürftenbergifhen Bauern, Klemens Weiß mit denen von St. Blaflen, und der „Baurenfaifer“ zwiſchen Waldhut und Lauffenburg in wehrhafter Verfuffung, fanden aber weder Bericht, was fonft zu thun ſei, noch SProviantmeifter, Die

° Schreiber Taſchenbuch 38. » Münch a. a. O. Beil. ©. 4.

Unorbnung ber Sieger nad der Schlacht. 89

Borräthe weiter zu befördern; ihre ausgeſendeten Boten Tehrten ohne Kundfchaft zurüd. An demfelden Tage waren Oberft Beigott und Evi nebft taufend Mudfetieren von Metternich bis zwifchen St. Blafien und Lauffenburg marſchirt, mit flattliher Munition auf Saumthieren, und gedachten noch am Abend zur Stelle zu gelangen, wiewohl müde vom haftigen Marſch und drei Tage dem Regimente Tragis voraus. Wie fo die Bauern auf ihren Wachten hielten, fiefen Montags frühe Ct. März) fliehende PBartieen aus dem „Rothen Haufe” vorüber, und meldeten die mißliche, bei ihrem Entweihen aber noch nicht beendete Schlacht von geftern. Die Megimenter waren ſchon am Sonntag Abend durch iſolaniſche „Merodebrüder“ allarmirt, welche eine falfche Ordre von Enfevort, zurüdzugehen, braten; dann kamen haftig verfprengte Züge bed fpeerreuterfchen Regiments, weldes nahe dem linfen Flügel, aber nicht im Treffen fid) befunden; deren Kapitän (ob wahr oder erlogen, bleibt ungewiß) meldete: „die Generale ſchickten fie, um alle Nach⸗ rüdenden bis auf weiteren Befehl aufzuhalten.” Beigott wendet fi) darauf eine Strede rüdwärts nad Gutenberg, wie Verwundete die böfe Zeitung beftätigen; er hält feine Schaaren, bie fpeerreus terfhen, das Fußvolk Metternichs mit den vor Rheinfelden fchmerzlich erwarteten Borräthen zurüd, bleibt jenoh Montag und Dienflag, den 2. März, ungeachtet Berwundete und Unverwundete alles für verloren geben, und feldft ein MWachtmeifter dieſe Nachricht befräftigt, um Gutenberg. Noch immer war Beigott im Bereich der Generale; weil aber der befchwerlihe Pag am Fluße Wutach hinter ihm Tag und er wegen der Gefchübe in Löffingen Sorge trug, ſuchte er Sicherheit hinter der Enge und wartete dort auf Befehl. Die waderen, obfhon geirrten Bauern harrten gleichfalls noch auf ihrem Voften, ald am Montage jener feloflüchtige Generalcommiffar von

Lerhenfeld, „der dem Generale Werth zu allen Confiliis einige

Monate früher beigefellte Aufpafler,“ mit einem Schweife von einigen hundert Reutern die „ganze Bauernſchaft“ mit feinem Ge- ſchrei erfülte, falfhe Nachricht von der Niederlage, von Werth und Savellis Flucht, athemlos audftreute; „er fei, fchrieb er am 3. dem Fürſtenberg,“ zu defien Rettung gratulirend, miraculofe mit etlichen wenigen Volke durch einen Fußſteig in St. Blafil Terris forium am Atlesberg angekommen; Werth habe ſich auf Breiſach Müunch a. a. O.

80 Verwirrung nach bem erften Siege,

retirirt; er hoffe das Gleiche von dem Fürften Saveli und dem lieben Gavalier Enfevort." Die Bauern, obwohl um St. Blafien ſchon große Furcht war, geleiteten den edlen Krieger ficher bis ins Klofter, blieben aber deffen ungeachtet noch 6bi8 zum 3. März auf ihrem Poſten, wichen dann aus ihrer gefährlihen Vorhut etwas mehr aufwärts in die Berge, überall Kundſchaft zurüdlaffend, wo fie zu finden wären. Xerchenfeld, nie emſiger, ald weit vom Schladtfelde, nicht zufrieden, die Bauern gefchredt und die von ihnen gehüteten Vorräthe zurüdgewandt zu haben, hielt fih in St. Blafien noch nicht fiher, fondern immer im Wahn, als fei hinter ihm alles verloren und er berufen, zu verhindern, daß nicht auch die heranziehenden Truppen ind Verderben liefen, machte fich am 2. Mittags nad dem Wutachpafie auf den Weg. So fah Beigott den Generalcommiffar zwifchen drei und vier Uhr „mit dreihundert Pferden oder mehr” aus dem Walde von Bonborf herausreuten, erfuhr aus deſſen Munde, es fei alles gefchlagen oder gefangen und fügte fih dem Befehl des fo wichtig und eifrig fich gehabenden Mannes, die Gefhüge fogleih bis nad Villingen über die Donau zu ſchicken, und die zerftreuten Truppen um Donaus eſchingen zu verfammeln. Beigott felbft, dem Doc bei feiner Will⸗ fährigfeit bange werden mochte, blieb mit feinem Regimente und den fpeerreuterfchen Kompagnien noch in Breuelingen, dieſſeits der Donauquellen, und erft am 3. März, als feine Kundfchafter an- fange die wahre Zeitung vom Sonntage, dann die Unglüdspoft deffelben Tages einbrachten, entließ er zwanzig Saumthiere mit Mus nition, da die Pferde nicht fortfonnten, nad Neuftadt, von wannen fie waren. * Schon Tages zuvor hatte Lerchenfeld überall von St. Blaften dad Kommando zum Rüdmarfche verbreitet, und von Löffingen nad Villingen, alfo etwa 16 Meilen von Rheinfelden, weichend, dem Grafen Fürftenberg eigenmächtig aufgetragen, alle nachkommenden Bölfer auf Tübingen zu weifen. Das war das Perf des gebietenden Generalcommiflarius, daß während Savelli und Werth um Rheinfelden die Vorräthe für vie Hungrigen, bie Verftärfung für die Ermübeten, den Kriegsbedarf für die kaum ent- ſetzte Fefte erwarteten; die Lebensmittel, den Bauern nicht abgefodert, in die Hände der Schwarzwalber geriethen, oder fpäter nad) Freiburg zur Deute für den Feind gebracht wurden; daß der Schießbedarf ı ©. das Bertheidigungsfchreiben Beigotts bei Münch a. a. O. Auh. 28.

Sweite Schlacht vor Mheinfelen. | 9

in Neuſtadt ungenutzt liegen blieb, und ver Zuzug frifher Regi⸗ menter, flatt dad Hauptheer zu verftärfen, am 3. März bei Donaus eihingen auf „dem Rendezvous comparirte”! Wie auf folde Weife Berbindung und Verſtaͤndigung zwiſchen den Theilen deffelben Heeres abgefchnitten war, und die Truppen um Rheinfelden bis nad Bafel und Freiburg bin „meroberten“, ! pflegten dic Generale fich in der Stadt, wohin viel Adel der Umgegend geflüchtet; nur Johann von Werth, unruhig über die Ausbleibenden, unternahm mit dem Deutichherrn Schenk von Kafteln einen Ritt am 1. März nah Büden, fand aber die weimarjche Beſatzung zur Gegenwehr entichloßen. Auch von den aller Orten zur Kundſchaft ausgeſchickten Reutern Tehrte feiner zurüd, fo wenig als der am 2. März von Savelli an Fürftenberg abgegangene Befehl diefen erreichte. Die bevenfliche Nachricht, welde am frühen Morgen den 2. März einlief: den. in Bücken Eingefperrten ſei in der Nacht zugefchrieen worden, man würde fie entſetzen,“ blieb unbeachtet, bis um acht Uhr Morgens zwei Kroaten mit der Meldung in die Stabt fprengten, der Feind dringe mit voller Macht gegen Rheinfelden heran!

Und fo war es in der That. Herzog Bernhard befand fid) anfangs in der mißlihften Lage; fein kühner Anſchlag auf die Wald» flädte war vereitelt, der Feind triumphirte, nirgends blidte er Hülfe, als in feinem reichen, unerjchütterten Manndfinne und in der furdt- lofen Ausdauer feines Heered. Vom Schladitfelde und der Bela- gerung zogen feine geichlagenen Haufen auf Lauffenburg an beiden Seiten ded Rheines, um fi, noch ungewiß der Zukunft, zu vers einigen. Sohann von Werth hatte ihm Flüglih den Rüdzug dorthin dur Beſetzung des Paſſes am „Rothen Haufe” und der nahen Warte verlegt; beide nahm Bernhard am erften Tage des März mit ftürmender Hand ein, und vereinigte fi noch an demfelben mit feinen übrigen Streitkräften. Bon der fahrläßigen Sicherheit ver Feinde unterrichtet, flieg in ihm der fühne Gedanke auf, raſch um- zufehren und die Siegeötrunfenen zu überfallen. Offiziere und Soldaten jauchzen ihm Beifall zu, und begehrten eilig auf ben Kampfplat zurüdgeführt zu werden. Am 2. März berichtet er den Hergang der Dinge vom Sonntage nad) Paris; er weiß bereits, daß die vier Regimenter Infanterie, drei Reuterregimenter und bie

ı Schreiber S. 384. 3 Ebendaſ.

92 Ywelte Schlacht vor Rheinfelden.

Kroaten noch nicht zum Hauptheere geftoßen find, ſchickt die Reu- terei längs dem Gebirge aus, und marſchirt ſelbſt mit dem Fußvolk und dem Geſchütz von Nachmittag an, die Nacht hindurch, raftet einige Stunden zwifchen Oberfhwerftabt und Sedingen, und erfcheint in der. Morgendämmerung, mit Taupadel wieder vereinigt, urplöglich vor Büden. * Johann von Werth, welder mit den anderen Oberften in der Stadt übernachtet, wird am früheften die Anrüdenden gewahr, hält fie für eine auf Kundſchaft ausgeſchickte Partei, und macht ſich zu ihrem Empfange bereit. Als ſich aber das ganze Heer feinen Blicken zeigte, Fam er von der erften Beſtürzung raſch zurüd, rafft fo fchnell e8 die Umftände geftatteten, einiges Fußvolk zufammen und wirft daffelbe in die Gebüfche längs dem Ufer nach Rheinfelden zu. So eilig die zerftreuten Regimenter aus den nädften Dörfern zufammengerufen werden, gelingt e8 doch nur, einen geringen Theil ungefähr zwei Musketenfhüße unterhalb Rheinfeldens zwifchen der Brüde und dem „warmbacher Hölzlein” aufzuftchen; alle Generale find im freien Felde, aus Furcht, in der Feſte eingefchloßen zu werben. Die Verwirrung des Faiferlichen Heeres war unbejchreiblih; Faͤhn⸗ lein und Befehlshaber genug, aber die Knechte zerftreut, die Reihen dünn, der Bahnenvertheidiger wenige. So gut man vermochte, ord⸗

'nete man fih zum Widerftande; das wahliche Regiment zu Fuß,

diefen Tag den Preis der Tapferkeit davontragend, ungeachtet fein alter Führer, der Generalfeldzeugmeifter Graf von der Wahl, im fernen Weftfalen, ward im Walde bei Rollingen aufgeftellt: andere Kompagnien füllten einen ziemlich tiefen Graben; der Reft des Fuß⸗ volfs ftand Hinter demfelden, neben und zwiſchen ihm die Reuterei. An Gefhügen fehlte es faft gänzlich; fie hatten auf ven Waldwegen von Billingen nicht gleichzeitig fortgefhafft werben koͤnnen; an Schießbedarf war in der Stadt und im Felde ein empfindlicher Mangel; überhaupt das feindliche Heer an Zahl wie an Ausrüftung weit überlegen. Ohne Säumen rüdte Bernhard heran; feinen rechten Flügel befehligte mit der Reuterei Taupadel; den linfen mit Fußvolk und alfem Gejchüg leitete er ſelbſt. Furcht und Beftürzung herrfchte noch in den Faiferlihen Reihen; freudig und fiegesficher waren bie Gegner. Das im Gebüſch verftedte Fußvolk ward bald von über- fegener Schaar heraudgetrieben; fein Führer, der Oberfl-Lieutenant Keller, ſank, die übrigen floheh und ließen zwei, vor drei Tagen “Rufe II, 219. KRichelien X, 322.

Zweite Schlacht von Rheinfelden. 93

eroberte Geſchuͤtze dem Sieger. Unter dem frommen Feldgeſchrei: Emanuel! näherte fi Bernhards Flügel dem feindlichen Fußvollke hinter dem Graben; ' die Kanonen vor der Schladhtordnung gaben drei Hauptfalven nacheinander, und rückten nach jedem Abfeuern näher, bis endlich auf die Weite eines Piftolenfchußes. In Gottes Namen drangen darauf die Oberſten Hatftein und Forbus vom Yußvolf, Bodendorf und Rofen von der Reuterei auf den Graben los; ohne zu wanfen hielten fie den Kugelhagel ver feindlichen Musketiere aus, flürzten in die Vertiefung hinein, und brannten nicht eber ihre Röhre ab, als bis fie die Mündung dem Gegner faft auf den - Leib ſetzen. Das kaiſerliche Fußvolk, irre geführt durd den befon« deren Waffengebrauch, hatte die Lunten und die abgefchoffenen Musfeten in den Händen, warb von jähem Schred ergriffen, wie bie Weimarer mit gefparter Kugel ihm auf den Leib famen, warf bie Gewehre ab, und ftürzte in wilde Flucht; als die Reuter fie weichen ſahen, jagten fie unaufhaltfam davon, ? ohne faum die Piftolen zu löfen, und eilten nur, von jäher Zagheit überwältigt, ihre Fähn⸗ lein zu retten. Vierhundert Knechte warfen fi) noch glüdlih den Rhein aufwärts, in die Stadt; die wolfihen Dragoner an ber Brüde fechtend, wurden getrennt, niebergefchlagen oder gefangen ; Adrian von Enfevort, im Gebüfche umringt, mußte feinen Degen überliefern; der Duca di Savelli, fhon früher entfloben, ward beim „Radhhauen“ unfern Kranzach eingeholt und gefangen. Johann

* Bernhard fcheint der Erfinder des fpäter rn Gebrauchs des Ge⸗ ſchützes zu fein, im Borrüden zu feuern.

2 Die Hauptwaffen der Reuterei im dreißigjährigen Reitge waren bie maͤch⸗ tigen, mit Rabfeplöffern verfehenen Piſtolen; fie ritt den Degen in der Scheide, ein Piftol in der rechten Hand, gegen den Feind, feuerte daſſelbe in ber Schußweite ab, und griff dann zum Seitengewehr; bas andere Piftol wurde aufs Berfolgen oder Zurückweichen verfpart. Bor biefer Periode galten die franzäflfchen Gensvarmen ale Mufter; ihre Hauptwaffe, die Lanze, verlor aber ſchon nah dem Treffen bei Pontcharra i. 3. 1591 ihr Anſehn und ber letzte Connetable Frankreichs, Lesdigudres, fchaffte fie ihrer Un⸗ brauchbarkeit wegen ab. (Mezeray III, 900.) Ihm folgte darin Graf Morig von Naffau, und nur noch des antik - romantifchen Prunfes wegen führte Waldſteins Leibwache unter Piccolomini theilweife Langen. (Förſter Wallenſteins Briefe I, ©. 131.) Die Bechtart der Reiſtres fo wie ihre Waffe, die Piſtolen, hatten die Franzoſen wiederum feit Heinrih II. nach⸗ geahmt. Anziehend für ſolche Forſchungen find die Disoours politiques et militairs da Seigneur de la Noud. 15.

94 Johann von Werth gefangen.

von Werth, von feinen Treuen verlafien, vom durchbohrten Pferde geworfen, flüchtete, entjchloffen, Leben und Freiheit theuer zu vers faufen, zu Fuß durch's Getümmel zu den lebten Streitern, zum wahlfhen Regimente, welches fih im Walde mannhaft wehrte. Schon war die Niederlage der Kaiferlihen entichieden, ald er an der Spige von fünfhunderte Mann die Ehre der Waffen feines Kaiſers aufrecht erhielt. Aber feine Schaar ſchmolz, der Feinde Zahf wuchs; da ſah er fi nach dem Rüdzuge um. Schon hatten einige Eskadrons unter dem Oberft-Lieutenant Löwenftein den Wald - umgangen, und von allen Seiten umringt, war nirgends mehr Rettung. Faſt allein, zu Fuß, verwundet, bis zum näcften Dorfe entſchlüpft, mußte er dort dem unverfchuldeten Verhängniſſe weichen ; und lieferte feinen Degen dem Kapitain-Lieutenant ' ded Grafen von Naſſau aus; der Reſt des wahlfchen Regiments ward gefangen und fo der Sieg Bernhards vollftändig. Groß war der Verfuft des Heeres; großer noch die Folge einer unglüdlihen Stunde denn länger fol nad) Weimars Berichten der Kampf nicht gedauert haben für die Wendung des Krieges. Kin feltener Fall, alle kaiſer⸗ lichen Anführer entweder todt ober gefangen; ? denn aud Speer: reuter, welchen die Furcht, als Verräther der ſchwediſchen Sache lebendig gefangen zu werben, mit flüchtigen Reutern, anderen voraus, bis auf bafeler Gebiet geführt, warb von einem Schweizerbauern gefchoffen und den Verfolgern übergeben ; gleiches Schickſal mit einer bedeutenden Zahl von hohen und niederen Offizieren hatte auch Anton von Werth, OberftsLieutenant des Bruders. Keiner der Schidjaldgefährten, ausgenommen den Meberläufer Speerreuter, hatte mehr Urſache, das Angeficht des Siegerd zu fcheuen, ala Johann von Werth; denn er wußte, daß jener Herr gegen ihn perfönlich gereizt fei, da er ihn nicht anders als „einen Rebellen“ gegen Kaifer und Reih, ald „einen Verräther feines Vaterlandes an Frankreich“ anzufehen pflegte. Diefe Beſorgniß minderte aber nicht feine kecke Sreimüthigfeit gegen den fürftlichen Sieger, der den

ı Kapitainstientenant,, der Kapitain, welcher des Obriften Leibfompagnie führte.

2 ©. die Liften am vollftändigften in den Beilagen bi Münch ©. 12 18, woſelbſt auch einzelne abweichende Schlachtberichte. Die Angaben bei Gualdo 483—86 find mit den übrigen nicht zu vereinigen. Gigenthümliche Nachrichten, aber auch Unrichtiges , über die Schlacht bei Rheinfelden findet man bei Weftenrieder Geſch. IH, 63 -- 71.

4:

Bernhard, der Eieger von Rheinfelden. 95

„Schwarzen ,” den Bereitler feiner Pläne ſeit mehren Jahren, jebt „ſelbſt erwiſcht hatte“. Und wie mochte ein Solvat, der ſechszehn Jahre hindurch das Schwert nicht aus der Hand gelegt, in feinem Unglüde gleich die Ruhe und Faßung gewinnen, um in gefchmeis diger Demuth, mit gefenttem Blicke vor den Heberwinder zu treten? Bernhard war nicht großfinnig genug, die rüdfichtslofen Reden des Mannes zu vergefien. Wie die gefangenen Generale ihm vor- geführt wurden, empfing er fie fhonungsvoll; nur dem Johann von Werth rief er fpottend zu: „Ei, welch' ein unerwartetes Zuſam⸗ mentrefien!? „Es if das Glück Ew. fürftlichen Gnaden und mein Unglüd, über welches ich mich nicht zu rechtfertigen habe, * war Werths Antwort. „Der Herr wird Zeit haben darüber nachzudenken,“ erwiederte Bernhard. Eine fo günftige Aufnahme, wie 1631 vor Demmin bei Guſtav Adolf, fand Savelli beim bes rühmten Schüler des Schwedenkoͤnigs: beide wurden, waͤhrend Speer; reuter eingefperrt blieb, am Abend der Schlacht zur Tafel gefaden, ! aber der ehrgeizige Johann von Werth erhielt unter jenem feinen Pad. Bei offenem Mahle brach denn fein Ingrimm gegen ben Gegner laut aus; er befchuldigte ihn, daß er aus Feigheit zuerft geflohen, und den andern dad Beiſpiel gegeben habe; laͤchelnd und flegeöftolg hörte Bernhard die Reden der erzlirmten Männer an. Sobald die Regimenter von der Verfolgung mit zahlreichen Gefangnen, acht und dreißig Standarten und achtzehn Fähnlein, zurüdgefommen, jammelte der fromme Herzog, welchen mit dem Siege ein erfrifchtes Bewußtfein zu durchdringen ſchien, feine Schaaren auf dem Schlacht⸗ felde, und feierte am 4. März ein andächtiges Dankfeſt.“ Alle Reuter fliegen ab; jedes rohe Gemüth ſchien von der allgemeinen Rührung ergriffen und flimmte in den lutherſchen Troftgefang: „Ein fefte Burg ift unfer Gott.“ Darauf wurben in Lauffen» burg die vornehmften Gefangenen getheilt, Adrian von Enfevort und Johann von Werth in chrenvoller Haft nach Benfeld, Speer⸗ teuter nad) Hohentwiel, andere nach Mümpelgard gebracht. Savelli blieb auf feine Bitte in Lauffenburg. Der Herzog brad zum Vers folge feines Sieges nad Rheinfelden auf, während bie geflohenen Refte des kaiſerlichen und bairifchen Heered die Ankunft der Feinde in Um und an der Donau meldeten, und Graf Rudolf von

! Hug. Grot. ep. 926. 3 Theatr. Europ. a. a. O.

96 Bundniß ber beiden Kronen zu Hamburg 1638.

Fürſtenberg, feiner Rechtfertigung fiher, im Auftrage Reinachs ben vorläufigen Befehl über die Gefammelten, auch über die ungehors famen Baiern, zu Rothenburg am Nedar (13. März) übernahm. *

Eben ald am fünweftlihen Rande unfered Vaterlandes die ungerechten Waffen des untreuen Sohnes zum Bortheil der Fremden fiegten, ward drei Tage darauf das erneute Bünbniß der beiden ländergierigen Kronen im fernen Hamburg unterfiegelt. ? Beide Mächte erfannten, daß ohne ihre innige Gemeinfhaft Kaifer und Reich vereinigt ihnen jede Frucht achtjähriger argliftiger Beſtrebun⸗ gen rauben würden: Pommern war faft verloren, und hatte Fer dinand den Schweden erft einmal aus Deutfchland gejagt, fo war Frankreich außer Stande, Lothringen und Elfaß zu behaupten. Die Verweſer der ſchwediſchen Krone, den Reihstag zum '”,, Januar berufend, erwirkten daher leicht den Entſchluß der Stände, durch Gelobeifteuer die Werbung der Heere in Deutfchland zu verftärfen, und den Hoffanzler Johann Adler Salvius, welcher die unerfhöpfs lichen Liften des Nordländers mit deutfcher Befonnenheit und beharr⸗ lichem Zleige verband, ven Abſchluß des Bündniſſes mit Franfreid zu übertragen. Graf d'Avaux, dem Gegner vollfommen an Ges wandtheit gewachſen, an rajcher Auffaffung des MWefentlichften übers legen, vom Stande der Dinge im Weften genau unterrichtet, wie er denn die Rüdfehr Bernhards geſchickt ald nothwendig wegen gänzlihen Mangeld an Unterhaltömitteln befehönigte und Frankreichs machtvolle Waffenverfaßung zu rühmen verftand, ° gab nad; ftatt, wie er wünfchte, einen neuen Vertrag zu fchließen, welcher feiner Krone hohe Summen erfparte, ließ er den wismarer zu Grunde legen, und beredete den Schweden, für die Forderungen aus beiden Jahren fi) mit 500,000 Ihalern zu begnügen. Da beide Mächte der ges genfeitigen Hülfe fo unbedingt beburften, Tonnten die Bemühungen ber Faiferlihen Diplomaten, durch Anerbietungen an Schweben den Bund zu trennen, nicht fruchten, weil das Reh Pommern nit daranfegen durfte. Als Salvius die Gewährleiftung Frankreichs - an Schweden für den Beil Pommerns forverte, umging Avaur gewandt dieſes Anfinnen, indem er dagegen die Berbürgung

te Münd a a D. Belag ©. 19.

2Pufendorf 315—820. Richelien X, 239. Lonborp IV, 689. Bougeant I, 348-350. Guébriant 192%, Flaſſan II, 39.

®Möfe II, 395. Anm. 144 zu B. IV, 395.

Bündniß Frankreichs und Schwedens vom 6. März 1638. ° 07

Lothringens, ald franzöfificher Eroberung, von Seiten der Schweben in Antrag ſtellte. Das ftolge Lutherthum der Schweden ließ ſich ge- fallen, dag im Bertrage wohl der fatholifchen, nicht aber der luthe- rlihen „Religion, * fondern nur „der Proteftirenden“ gedacht wurde; beren Religion, fo ſchrieb d'Avaux an den Karbinallegaten Ginetti, nur deöwegen die evangelifche genannt werden koͤnnte, weß- halb Scipio, der Verderber Afrifas, Afrifaner heiße. So kam denn am 6. März das Bündniß in achtzehn Artikeln zu Stande. „Da Ferdinand IE, römiſcher Kaiſer, geftorben, werde der Krieg von beiden Mächten beſchloſſen gegen den Sohn deſſelben, Ferdinand das Haus Defterreih und defien Anhänger, geführt und bis zum allgemeinen Frieden fortgefeßt; der König von Frankreich folle durch Süpddeutihland, die Königin von Schweden durh Brandenburg und Sachſen mit allen Kräften gegen die kaiſerlichen Erbländer vor; zubringen trachten; der Bund galt vom 15. März 1638, auf Drei Sahre, bis zum 15. März 1641; der König zahlt fogleih für die verfloffenen Kriegsjahre 400,000 Thaler, und für die drei folgenden in zwei Terminen jährlich 400,000 Thaler. Zum ehrenvollen Frieden, die Schweden ihrerſeits durch die Bermittelung der Republik Venedig, bereit, gelobten beide Theile ihre Sache als eine und diefelbe gemeinfhaftlich zu betreiben; wenn möglid an einem Orte; wenn nit, an zweien; Frankreich zu Köln, Schweden entweder zu 2übed oder zu Hamburg; mit Zuziehung aller deutſchen Bundedgenoffen und Freunde; jedoch fo, daß an beiden Orten die gegenfeitigen Agenten zugegen wären; ohne deren Mitwiſſen nichts unterhandelt werben dürfe. Die übrigen Beftimmungen betrafen die Sicherheit der Bevollmädtigten aller Betheiligten auf der Frie⸗ densverfammlung ; falld Ferdinand den Geleitöbrief der gemein- ſchaftlichen Bundesgenoſſen verweigere, ſollte Sicherheit wenigftens denen fchriftlich verbürgt werden, welde die gedachten Stände an beide Orte fenden wollten. Obgleich diefe Punkte nur als Vor⸗ bereitungen galten wie die folgenden, vie beiderfeitige Bei⸗ fimmung zu allen Befchlüffen, der gleihe Anfang und das gleiche Ende der Frievensverfammlung betreffend, fo dienten fie doch als Grundlage des Berfahrens im weitfälifchen Frieden, welcder bie Ausgleihung aller inneren deutfchen Händel, zum Unfegen unfere® Baterlandes, von der Befriedigung der Eroberungsjudt und der Geldgier fo wie von dem bewaffneten Patronat Barthold, Geſch. ves SOjähr. Kriege, IL. 7

98 Bündniß Frankreichs und Schwedens vom 6. Mürz 1638.

der: Fremden über Reichsfriedenſtörer allein abhängig machte. In _ diefer Weiſe befiegelten bier die Nachbarn, welde nichts an Deutichland zu fordern, ja notorifch dermalen feinen Bundes⸗ genoffen in Deutfchland Hatten, als ven heimatjlüchtigen Marf- grafen von Baden⸗Durlach; nicht einmal den Tandlofen Pfälzer, welcher bei England Hülfe fuchte, ihren verhängnißvollen Bund, halfen dem erdrüdten Heere Baner’d auf, wührend die Fortfchritte Bernhards am Oberrhein die Kriegsmacht des Meiches theilten. Aber Deutich- land mußte noch den unfäglichen Sammer von fünf Kriegsjahren tragen, ehe Kaifer und Reich, ermattend, die Befugnig der Fremden anerkannten, ihre ungerechten Forderungen mit den wenigen empörten Reichsgliedern in Gemeinſchaft durchzuſetzen; und wieder fünf Jahre verftrichen,, ehe das Reichsoberhaupt, faft von allen Gliedern ver: laffen, mehr für den Augenblick beftürzt als entfräftet, ſich beugte, das Geſetz der Fremden und die Theilung Deuiſchlands zu unterfchreiben.

Drittes Buch.

Bon der Schlacht bei Rheinfelden und dem ernenerten Bünd- niffe Schwedens und Frankreichs bis zur Annahme des vor- gängigen Bertrags zur allgemeinen Sriedensverfammlung in SMünfer und Osnabrück durd den Kaifer. 1638 Sommer 1642.

Erſtes Kapitel,

Bernhards Kortfchritte am Oberchein. Breiſach. Johann von Werth in Paris, Guebriaut bei Bernhard. Graf Goͤtz, als kaiſerlicher Oberfeld- herr am Rhein. Kämpfe um Breifadh. Zufland der Heere. Niederlage bei Wittenweier, 9. Auguft 1638. Johanns von Wert Aufnahme in Paris.

Che Bernhard nach dem Siege von Rheinfelden zum zweiten⸗ male die Belagerung jener Feſte (=) unternahm, ſuchte er ven FTaiferlihen Befehlshaber durch die Mittheilung des Schlacht⸗ bericht8 und durch Drohungen zu fchreden; aber erft als von Hohents wiel und Benfeld ſchweres Geſchuͤtz herbeigebracht war, und derſelbe Höheftand der Noth wie vor Werths Ankunft fich erneute, unter- zeichnete jener, von den Bürgern beftürmt, ohne hinreichende Bor: räthe, am 1%, März den Bergleih,‘ nad dem Berichte ber Franzofen obenein durch falſche Handſchrift und Siegel Reinachs ähnlich berückt, wie kurz vorher der Verteidiger der Morikburg. Am '%,, März einziehend befreite der Herzog die Gefangenen vom 28. Zebruar, die Oberften Schaffalizki und Erlach, gewann die ver- lorenen Fahnen wieder, und fidherte zwar der Fatholifchen Bürgerfchaft freie Religionsübung zu, geftattete jedoch, daß feine Werbeoffiziere, gewiß nicht ohne Gewaltmittel, einen großen Theil der abziehenden faiferfichen Befagung zu feinem Dienfte brachten. Am '%,, März fiel das erklirmte Schloß Rötteln; am 2%, ergab ſich der Rheinpaß von Neuenburg mit ſchönen Vorräthen, und am Fr erfchien Bernhard vor Freiburg, wohin die Beamten des deutſchen Ordens und viele vom alt anhängigen Adel nebft mannhaftem Landvolfe vom Schwarzwalve ſich geflüchtet, * während im nahen Breiſach Die lieber der vorberöfterreichtfchen Regierung Sicherheit fuchten. In Freiburg befehligte über 300 Neugeworbene der wadere Oberft Eiher von Bühringen, und wied die Aufforderung Bernhards

2 Thoatr. Europ. IT, 923. Bufendorf334. R’fe II, 224. Anm. 42.

Rihelien X. 324. Schreiber, Taſchenb. 388. + Schreiber, Freiburg 32.

102 Bernhard nimmt Freiburg.

entfchloffen ab, muthvoll unterftügt von den Studenten, den Bürgern, felbft von einzelnen Mönden und den Schwarzwaldern; Bürger und Edelleute fielen auf den Mauern, auch Ramftein, der Eomptur des Ordenshauſes. Aber Bernhard erftürmte die Vorſtadt, fchlug die Ausfälle blutig zurüd, ſchoß Lüden in die Mauern, fo daß Eier, am Entfak verzweifelnd, bange vor dem Geſchick der hinein⸗ geflüchteten Beamten, am *,, April, nachdem er einen wiederholten Sturm abgefchlagen, den Vergleich bot. Bernhard verhieß ehren- vollen freien Abzug, der Stadt Schutz und Schonung; aber kaum war diefelbe geöffnet, als er fein fürftliched Wort zurüdnahm, ven Oberſt Eicher feinerfeit8 des Bruchs der Artikel befchulpigte, fo daß nur unter Blutvergießen die Beſatzung ausrüdte und wenige, ges plündert, ihre perjönliche Freiheit davon trugen, Bauern und Stu- denten niedergehauen, Geiſtliche erfchlagen wurben. * So fcdhien Bernhard auf deutſchem Boden den Ruhm des Evelfinnd und der Großmuth nicht zu begehren, welden er in Burgunds er oberten Städten vor Richelieu zur Schau trug. Doch gewann die gemißhandelte Stadt an dem Oberften Yerdinand Ludwig Kanowski von Langenburg in verwilvderter Zeit einen milbgefinnten Befehls⸗ haber biß zum Jahre 1644. Unter fo mächtigen Fortfchritten des Herzogs hatte Taupadel Hüningen erfliegen, Reinhold von Roſen die Hefte der zerftreuten Faiferlihen Truppen aufgehoben, die nächſten Thäler des Schwarzwaldes und Breidgaus unterworfen und gebrandfhast, und näherte fich bereitö den Quellen ber Donau und des Nedard. Eben follte nach der Rückkehr des Bringen Friedrichs aus Wien das arme wirtemberger Land feinem Herren wieder gegeben werden, felbft als das falſche Spiel in Hohentwiel far geworben ;? Eberhard, die Untreue Widerholds dem Faiferlichen Feldherrn Taut Hagend, war am '/,, März bei Kanſtadt auf dem Wege nah dem Kalferhofe, um perfönlih ſich zu entfchuldigen, gerieth aber unter den Strom der Beftegten und Sieger von Rhein- felden und ward von kecken Merodebrüdern geplündert. So mälzte die Laft des Krieges von neuem fih auf Schwaben; denn Rofen nahm Tuttlingen, Bahlingen und Hechingen; Taupadel Rotweil

i Theatr. Europ. III, 936. Schreiber, Taſchenb. 391., nach gleichzei- tigen Berichten. Röfe U, 226 Anm 49. Adlzreitter 368. Zaguille 140.

2 Sattler VII, 189.

Ferdinands Sorge für Breiſach. 103

und Tübingen, und beſetzte am ſelbſt Stuttgart unter dem unverſtaͤndigen Frohlocken des großen Haufens; ' während Eberhard, dem unbeſtaͤndigen Schimmer der Kriegsſonne Weimars nicht trauend, ſeit dem 4, März in Wien feine Wiedereinſetzung ängſtlich betrieb. Wenn Bernhard fo hochherzig an die Befreiung Wirtembergs ald an die Gründung eines neuen Kürftenthums am Rhein gedacht hätte; fo bot die übereilte Stimmung des blöden Landvolfs ihm gute Gelegenheit; allein er hatte dad Sichere im Auge und berief den Taupadel ernftlih gegen den nähernden Feind, worauf jener am 1, April Stuttgart uud Wirtemberg verließ. Bös mußte das Volk die unkluge Freude bei der Anfunft des Weimarerd ent: gelten, von beiven Parteien räuberifch heimgeſucht; und den Bitten des Landesherrn warb in Wien ein härterer Stand bereitet.

Der Uebereinfunft mit Sranfreih gemäß und zur Grundlage fünftiger Größe, ſchickte nad Freiburgs Eroberung Bernhard ſich an, Breifah, das gewaltige Bollwerk Deutſchlands und Border: öfterreich8 zu bezwingen. Die uralte Stadt, auf Haffiihem Boden hoch über dem Rhein belegen, den Schlüffel des Elſaß und Border; öfterreichs, fchäßten deshalb Ferbinaud I. und UI. als eins ihrer theuerften Kleinode, und hatten ſchon im Sommer 1632, als vie Zeitläufte am Oberrhein gefährliher wurben, Sorge getragen, diefelbe uneinnehmbar zu befefligen. Fähige Italiener, Ascanio Albertini, der ältere Montecuculi und Gualdo Priorato? hatten ben vorhandenen Werfen neue hinzugefügt, und Der General: Feld; zeugmeifter Hand Heinrich von Reinach, Befehlshaber des Kaiſers feit 1635, auf die Kunde vom Anmarſche Bernhards auf den Rhein, bereitd große Borräthe von Getreide und andern Dingen in Billingen, Rotweil und Rotenburg aufgehäuft, * welche aber von ben kaiſerlichen Truppen im Winter theild aufgezehrt, theils durch unrebliche

®

ı Michelien X, 192. Theatr. Europ. MI, 936. Röfe Hl, 228.

3 Gueldo IV, 122. E perche all’ Arolduon Leepoldo premeya la. oonser- vatione dell’ Alsatia, & piü di tatto Brisach, chiave di quella Provincia, oltr’ all haver racoommandato il lavoro della nuova fortifioatione di questa Piazza al Colonello Ascanio Albertini Governator di quclla, faronui spediti ancora diversi altri Capitani per riveder il bisogno di quello fortezze & assister appresso il Montecuculi, fra quali inoaricato ancor Jo, immedinte toltomi dal oampo sotto Nuremberg mi portai dili- gentemente ajfresso il detto Conte à Colmar.

Adlzreitter 364.

104 Meinach und Mercy in Breifach.

Mirthfchaft und Sorglofigfeit der Beamten vergeubet wurben, theils nach der Schlacht von Rheinfelden in Taupadeld und Rofens Hände fielen, fo daß Reinach, nicht ohne Verdacht, Getreide zu feinem Bortheil verkauft zu haben, ſchon im März den Bürgern ihre Vorräthe abnehmen mußte. So ergriff ihn denn nad Rheinfeldens Berfuft ruhelofe Angft, die übelverforgte Feſte gegen den Sieger zu behaupten, welcher kundig jened Rothftandes die Umfchließung bes gann. Reinachs Boten flogen nad Wien und Münden, nad) Befancon; er felbft eilte von Rothenburg am Nedar, 113. Mär, wie von den um Tübingen gefammelten Haufen nicht fihnelle Hülfe . zu erwarten war, auf Breifacdh berein. Dagegen marfdirte ber wadere Franz Mercy drei Tage und Nächte unaufhörlid, ? Tangte mit 3000 Mann, eben ald Freiburg fiel, am ?/,, April vor Breifach an, legte das Fußvolk in Die Wähle und ſchickte die Reuter gegen Freiburg, welche jedoch Kanowski am 1*,, April verſcheuchte. Da nun auch Herzog Karld Ankunft befürdtet werben mußte, welder freilich nur Thann mit Lebensmitteln verfah; Bernhard ferner, ges ſchwaächt durch die Befagungen fo vieler Städte, nur ein Paar taufend Mann im Felde bei fih hatte; rief er Taupadel und Rofen aus MWirtemberg auf Tuttlingen zurüd, verfammelte die Schaaren gegen Ende April um Neuenburg, und fah bier am 3" unter einem bewährten ritterlichen Franzoſen einen Haufen franzöftfhen Volks mit ihm ſich vereinigen.

Die Nachricht von dem Siege von Rheinfelden hatte den fran- zöftfchen Hof in die freudigfte Beftürzung verfeßt. Aber die uner⸗ warteten Eroberungen Bernhards erregten im Kabinet und im Volke einen minderen Jubel ald die Kunde, * daß der furdhtbare „Sean . de Wert“ gefangen ſei. Friſch war noch in aller Gedächtniß das Schredensjahr von Corbie, und zu befannt der Rame des wilden nächtlichen Reuters. Richelieu benugte flüglih den Preis fremden Blutes, um die Franzoſen mit feinen ehrgelzigen drückenden Plänen zu verfühnen. Kaum hatte daher Bernhard feine gefährlichen Gäfte fiher in Benfeld beherbergt, * da felbft auf dem Wege dorthin eine Streifſchaar aus Breifah die Befreiung der hochwichtigen Männer

ı Münch TIL Beilage ©. 19.

» Schreiber Taſchenb. 390. Theatr. Kurop, III, 938. 3 Bougeant I, 451. Adlzreitter 367.

& Meroure france. XXII, 15.

Ludwig XTE. fordert Werth. Savellis Flucht ans Lauffenburg. 105

verfucht,‘ als ihm Ludwig XI. durch den Kammerjunfer de Ta Meilleraye die verbindlichftien Lobederhebungen, wie feinem Kron⸗ feloherrn, fagen ließ, und ihn aufforderte, die vornehmften Gefan- genen, Johann von Werth und den Duca di Savelli nad Paris zu fenden, unter dem Vorwande in Deutfchland fei Feine Feſte zu ihrer Bewahrung fiher genug; doch follten fie immer noch dem Herzoge zu eigen bleiben. ? Ein gleiches betheuerte ausprüdlich ver Staatöfecretair Des Noyers. Bernhard, weldher ohne einen frans zöfifepen Soldaten, den alten Huguenotten ausgenommen, geftegt, gerieth über folches Anfinnen in Verlegenheit; er hatte bereits bie Befreiung ded Marſchalls Hom, den feine unbefonnene Kampfluft aufgeopfert, im Sinne, und er fannte gar wohl vie Abficht des fhlauen Kardinals, welcher die Gefangenen in Paris wiſſen wollte, um das Boll, welches ſchon längft über den Foftbaren, nutzloſen Krieg Hagte, durch das Siegesgepränge und den Anblid fo ges fürchteter Gegner über fein Elend zu täufhen. Wie konnte es der feinfühlende Fürft über fich vermögen, Männern, welde er an der Spige feines Heered geachtet, unwürdig von den unverfchämten PBarifern begegnen zu lafien? Allein Klugheit überwand alle andere Rüdfichten, und er mußte bereit fein, dem Willen feines mächtigen Soldherrn fi zu fügen; aber auch menſchliche Schwäche madte ihn gegen Ludwig gefügiger, die Erinnerung an Johanns von Werth ihonungslofe derbe Freimüthigkeit. Savelli war indefien der ihm zugedachten Demüthigung bereitd entgangen ; ? zu Lauffenburg ehren, vol im Stabthaufe, unter Kavalierparole fich nicht zu entfernen, gehalten, hatte der Welfche fich in der Verkappung eined Mönche, welchen man zu ihm gelaffen, durch die beftochenen Wachen des fhönbedfhen Regiments gefchlihen und war glüdlih über die Schweiz nad Konftanz und von da nad Heilbronn entrommen. (Mitte März). Furchtbar ahndete Bernhard den Pflichtbruch jener Offiziere, welche ihn nicht allein bei den Franzofen in Verdacht gebracht, als habe er um dad Entfommen des Generald gewußt, um fi) dem wiener Hofe-zu befreunden, fondern ihn auch um ein hohes Löfegeld betrogen; er ließ Kriegögericht Halten und bie Uebel-

2 Grot. ep. 934. 935. i

2 Grot. ep. 960. 965. 991. Ridelieu X, 323.

2 Mercure frang. XXII, 14. Pufendorf 334. Le Vaſſor IX, 408, Röfe N, 222. Adlzreitter 368.

106 I. v. Werihs und Savellis Vertheidigung.

thäter, einen Lieutenant, einen MWachtmeifter, einen, Briefter, einen Bürger und eine Frau auffnüpfen! An der Stelle des ausbrüdlich verlangten Savelli wurde Enfevort gewählt. Johann von Werth, zu Denfeld in ehrenvollem Gewahrfam und baldiger Auswechſelung entgegenfehend, hatte unbezwungenen Grold am 15. März einen offenen Brief an den Kurfürften gefchrieben, * in welchem er ſich feines Unmuths gegen den feigen Welfchen entlud, vie fchlechte Fürforge der Herrn im SKriegsrathe, die feine Soldaten um Rhein- felden darben liegen, als Grund der Niederlage angab, ven feld: flüchtigen Generalcommifjarius am wenigften fhonte, und fi der baldigen Auswecfelung mit Guſtav Horn vertröftete. Diefe Aeußes rungen hatten um fo mehr Gewicht, da Johann von Werth die Verpflegung feined Heeres fich befonderd angelegen feyn ließ, und man in Münden, beim glüdlihen Verlauf des Krieges, die Be: dürfniffe der Soldaten fehr Färglic zufchnitt, wie wir bereits aus bittern Klagen von allen Heeren wiffen. Entſcheidend für das Anjehn und Die Liebe, in welcher er im Heere fand, ift Die Aeußes sung des P. Thomas Carve, jened Feldkaplans im Regimente des Walter Deverour. Nachdem er die Generale in Pommern der ſchaͤndlichſten Sorgloſigkeit, welde ihre Soldaten in der Strenge ver Jahreszeit umfommen ließ, bezüchtigt, fährt er fort: ? „ich hörte einftmald einen von jenen ſich mit Johann von Werth vergleichen, aber mir ſchien diefe Vergleihung wie die des Zaunfönige mit dem Adler. Werth nämlich führte alles, was er angriff, auf feine eigene Gefahr, nach feinem eigenen Rathe aus, diefe aber auf Befehl und Anordnung anderer; und was die Hauptfache ift, Werth hätte lieber ſich ſelber, als einen der Seinen leichtſinnig aufgeopfert, während jene ganze Regimenter aus Gewinnſucht umkommen ließen.“ Aber auch Savelli verfehlte nicht, ſich zu rechtfertigen, und berichtete nad) Wien: „wenn nicht Johann von Werth mit verwegenem Ungeftüm vor der Anfunft des größeren Theild des Fußvolks und des Ge⸗ ſchützes die Schlacht befchleunigt hätte, fo wäre der Herzog von Weimar dem Verderben nicht entronnen.“ Deshalb erfchraf der Gefangene mächtig, wie er Die Flucht Savellis vernahm; weniger eine ftrengere Haft von Seiten des Siegers fürchtend, als die Lügen, welche der unverfchämte Italiener jest ungehindert zu Wien und

ı Grot, ep. 943. Adlzreitter Lo. 2Carve I, a. a. O.

3. 9. Werth und U. v. Enfevort nach Paris geführt. 107

Münden gegen ihn vorbringen Tonnte. Beide Sorgen erleichterte ihm Bernhard, indem er Savellid Zlucht nicht an ihm raͤchte und ihm geftattete, den Oberſten Reuned unter Abgabe feines Ehren- worts zu feiner Redifertigung auf fünf Wochen nah München und Wien zu fhiden. Aber der am meiften gefürdteten Prüfung enthob er feinen Gefangenen nicht. Johann von Werth tobte mit dem leidenſchaftlichſten Unmuth, ald man ihm kundthat, daß er den Franzoſen überliefert werben follte; er, vor welchem der König mitten unter feinen Getreuen gegittert, follte nun in der Eleinen geſchmeidigen Rolle ded Gefangenen vor jenem erfcheinen; follte fi, in ver Ohnmacht des Gebundenen, der einft fo furdhtbare, der gaffenven Hauptftadt zeigen, welde er mit Plünderung und allen Schreden des wilden Krieges bedroht hatte! Er beiheuerte mit ſtürmiſchen Worten, daß er in wenig Wochen gegen Guſtav Horn ausgewechfelt werden würde; er beſchwor den Herzog, ihn nicht aus feiner Gewalt zu lafien, da er fih ihm und dem Grafen von Raflau ergeben; auch jeine „Ehewirthin, * die Gräfin Spaur, welde zum untröft- lihen Gemahle geeilt war, flehte den Yürften brieflih an, ihn in Deutichland aufzubewahren; allein vergeblih. Bernhard fuchte den General in einem Schreiben vom 7 zu beruhigen, und ent- ſchuldigte fih, daß er das Begehren des Königs nicht abfchlagen fönne, Auch die ſchwediſchen Refiventen im Elfaß, Model und Duernheim, wandten Befänftigungsmittel an; * doch würde man nur gebunden’ und mit offener Gewalt den rgrimmten auf einem Wagen fortgeführt haben, hätte nicht Bernharb verjprochen, dag er auch in Frankreich fein Gefangener bleibe, und er alles anwenden würde, feine Auswechfelung mit Guſtav Hom zu bewir- fen, wenn der Kurfürft darin eimwillige. Außerdem verficherte er ihn einer würdigen Behandlung, und überantwortete Johann von Werth und Adrian von Enfevort dem Kammerjunfer de la Meille- sage nur unter der Bebingung, daß die Gefangenen ihm blieben, man fie als Generale halte, und nicht zu Paris zur Schau aus- ſtelle. Wider Willen alfo unternahm Johann von Werth am 7. Mat die Reife nad) der glänzenden Hauptſtadt, welde er unter anderen Verhaͤltniſſen zu fehen gehofft; unter einer zahlreichen Bedeclung ı Röfe II, 223 nach den dort angeführten Quellen.

2 Röfe aa. O. un IK, 405 aus handſchriftlichen Quellen in Gotha. 2Pufſendorf 335.

108 3. v. Berths Aufnahme in Frankreich.

von fiebenhundert und funfzig Musfetieren machte man fi von Marjal aus auf den Weg, und führte die Gefangenen getrennt mit größter Borficht, * da feindliche Schaaren zur Entreißung der koſt⸗ baren Beute ausgefchict fein follten, nad) Nancy. Bald aber wurde Johann von Werth inne, daß feine trüben Ahnungen ihn getäufcht hatten; ftatt Aeußerungen des Abſcheus und des Haſſes zu erfahren, überrafchte es ihn zu Sehen, wie Bewunderung und Chrfurdt ihn überall empfingen. Des gefangenen Johann von Werth Reife vom Elſaß nad Paris über Marfal, Nancy, Bar, Bitry, Chalons, Espernay, Chateau: Thierry, la Foère, gli einem Triumpfjuge. Alles ftürmte herbei, den fürdterlihden Mann zu fehen, welcher vor kaum zwanzig Monaten den ftolgen König aus feiner Ruhe auf- gefhredt hatte. Es war Befehl gegeben, ihm in allen Stäbten, durd; welche fein Weg führte, die größte Ehre zu erweiſen; bie Bürgermeifter an der Spibe ded Rathes bewillkommneten ihn an den Thoren, und er und feine Begleiter wurden von den Kriegsbefehls⸗ habern aufs ſtattlichſte bewirthet. Noch nie war ein Felpherr in Frankreich während feiner Gefangenfchaft mit folder Auszeichnung empfangen worden, und überhaupt findet das Betragen der Franzoſen wenig Beifpiele.

Schon vor ihm waren die bei Rheinfelden erbeuteten Fahnen, welche zu yon die eigene Staatöfarofie des Karbinald durch die Straßen geführt, unter dem Geſchrei des Volfes, man bürfe nicht mehr Jean de Wert, fondern Jean le pris und bien battu! rufen, in Paris angekommen, im feierlichſten Bompe nad der Kathebral- firche Unferer lieben Frauen gebracht, dreimal vor dem Altare ge: fhwungen, und unter dem Donner der Kanonen dem Heiligthume anvertraut worden. Ludwig befahl im ganzen Reiche kirchliche Danf- fefte für die Verleihung eines Siege, an weldem nicht ein fran- zöfifcher Soldat theilgenommen. Um die eitle Lüge zu fchminfen, that man öffentlich Fund, daß Bernhards Heer im Solde des Könige ftände. Wunderbare, Tächerliche Begrifföverwirrung! In verfelben Zeit, als der abergläubifche Ludwig heidniſch in einem Edikte? befahl,

2 Merc. frang. XXII, 16. ff.

2 Declaration da Roi, qui prend la B. Vierge pour proteotrice de ses etats donne à St. Germain en Laye 10. Fevrier 1638 im Hero. frang. XXI, 248. Richelieu X, 530 mit ſehr erbaulichen Rebel ſchon in Bezug auf die Geburt des Dauphins (5. September 1638).

3. v. Werth in Bois de Picennes. 109

baß die gebenedeite Jungfrau durch öffentliche Gebete und feierliche Umzüge als Schußgottheit feines Königreiches anerkannt und geehrt werben follte: geftand er, daß ein proteftantifched Heer unter der Anführung eines entichiedenen Gegners der Fatholifchen Kirche und bed gepriefenen erblichen Verfechters der Glaubensfreiheit, auf feine Koften unterhalten würde! In dem Grade maßte der eitle Monarch ſich den rheinfelder Sieg an, daß die fremden Geſandten ihm deßhalb ihre Glückwünſche abftatteten. Hugo Grotius benußte dieſe Gele- genheit, dem Könige zu fchmeicheln und ihn durch Weihrauch zur thäs tigeren Unterftüßung der ſchwediſchen Sache zu vermögen; * „er danfte zuerſt Sr. Majeftät für die Ehre, daß fie ihn fogleich eine fo an- genehme Reuigfeit hätte wiſſen laſſen; und brüdte lebhaft feine Freude aus, daß der Frühling eher Lorberen für Sr. Majeftät bers vorgebradht, als Blumen für die übrigen Sterblidyen; fügte Hinzu, Gott, immer ein Feind der Uebermüthigen, habe diejenigen gedes müthigt, welche fih vor einiger Zeit gerühmt, Paris plündern zu wollen. Schon hätten die Faiferliden Generale eilfertig Karten ge⸗ fauft, um bie beften Cingangspunfte zu erfpähen; man würde immer hoch erfreut fein, fie mie Johann von Werth anlangen zu fehen.”

Die Ankunft ded Mannes, in welhen man faf den ganzen Kaiferftaat befiegt zu haben wähnte, vollendete den Triumph bes Kardinald und den Jubel des Volks. Kin Schriftfteller der Zeit erzählt, * die Menge habe ihn überall, wohin er geführt wurde, mit flaunenden Bliden angefehen: „quam spectari solet leo aliquis Marmarieus aut Indicus elephantus.” Man bradite ihn fogleich mit feinen Gefährten in den Bois de Vincenned, ſowohl Staats⸗ gefängnig als Töniglihes Schloß, ? wo er von dem Lieutenant bes Herrn von Chavigny, Staatsfecretaird und Befehldhabers des Platzes, empfangen wurde. Da man aber ungewöhnliche, eined Ehrenman- ned unwürdige Mittel anwandte, fich feiner zu verfihern, ſoll der eingefperrte Löwe die Eifengitter an feinem Fenſter mit den Händen berausgerifien haben, und aus dem zweiten, hohen Stodwerf ges fprungen, im Begriff zu entfommen gewefen fein, als man ihm unter Ehrenwort eine freiere Haft geftattete.* Aber Richelteu, wie

Hug. Grot. ep. 926.

: Aplgreitter III, 367.

2 Merc. franq. XXI, 17.

° Sormayr, Taſchenbuch 1840, . 185, berichlet, ohne die Onellen zu

110 Guebriant zu Bernhard beſtimmt.

er ſolche Frucht des deutſchen Krieges erndtete, mußte zeitig daran denken, dem hamburger Vertrage gemäß das ſiegreiche Heer zu ver⸗ ftärfen. Noch hatte Guebriant, zwecklos und ungeduldig in Langres weilend, für den Feldzug in die freie Graffchaft nichts thun Tönnen, jedoch die Aufmerffamfeit des Lothringerd von Bernhard abgelenkt,‘ ald diefer durch einen Eilboten den König mahnte, feine gefhwächten Schaaren mit vem verfprochenen Zuzuge zu unterftügen, und ald Führer deffelben den Grafen Guebriant, ihm vom Jahre 1635 ber rühmlid) befannt und durch Rohan gepriefen, verlangte. Schmeichelnd meldete daher Ludwig ? am 13. März von St. Germain an Guebriant, daß er ihn auf Bernhards Wunfch gewählt habe, 4000 Mann Franzoſen an den Rhein zu führen; empfahl ihm den Oberften Schmidtberg als Gehülfen, und rieth ihm, den Zweck des Zuged noch geheim zu halten, weil er bie allgemeine Abneigung der Soldaten gegen - den deutſchen Krieg Fannte. ° Da man bei Hofe vorausſah, daß ſelbſt Guebriant nur ungern dem Gebot fi fügen werde, fehrieben auch Richelien und der Staatöfecretair Des Noyerd aufs verbinds lichte an ihn, * Tießen Geld unter die Kapitaine vertheilen, um ihnen guten Muth zu diefer „Belerinage” einzuflößen, und riethen gleihfalld das Ziel des Kriegszuges den Soldaten fo Tange zu verhehlen, bis fie fo weit gelodt wären, daß fie nicht mehr zurüd- fönnten, ohne in die Hände der Bauern zu fallen. Dem Grafen wurde unheimlich zu Muthe, als man ihm die Ehre zufhob, Die

nennen, noch Unglanblicheres: er Habe mit ben Fingern Nägel aus ber Wand gerifien, Hufeiſen zerbrochen, besgleichen brei zufammengelegte Thaler und der Art mehr, um den Kommandanten zu ärgern.

Ricdhelien X, 324.

Gusbriant 46, aus der Relation de In guerre d’Allemagne des Sieur de Roque-Servieres.

3 Daf. 48.

Guebriant 52: Et d’autant que l’on n’iguore pas Ir difficulte quil y aura de persuader aux soldats frangois qu’il fasse meilleur en Alle- magne que par le passe et qu'il n’y a que Tesperance de I’honneur & quelque petit accommodement, qui les puisse porter à entrependre gaiement ce voyage: Monseigneur le Cardinal a depesche Monsieur de Graves son Escouier pour les y aller inviter & distribuer quelque argent au Capitaines qui s’embarqueront volontiers dans ce petit pelerin age. Peut estre ne seroit-il pas mal à propos de differer & le dire parmi Ia soldatesque, jusques à ce quelle soit en lien d’ou elle ne puisae revenir sans danger d’esire assommee par le Paysans.

nn

Angft der Franzoſen wor bem beuffchen Kriege. 111

Lorberen des deutſchen Krieges zu hellen; er weiſſagte fich nichte gutes, und lange kämpfte fein Ritterfinn mit dem Entfchlufle. Beſſer ald andere Tannte er bie Scheu der Offiziere und der Solbaten bor dem Rhein, „dort gab es Feine Erholung, nur umaufhörlichen " Kampf im Felde, gegen die Keften und um Winterlager. Dazu die Schwierigfeit, an den Rhein zu gelangen, und die Unkunde der Sprade; endlich war ed ein kaum fchredlicheres Gebot, zum Tode zu gehen, ald vom Könige über den Rhein geſchickt zu werben. Die Truppen, welde ſchon einmal in Deutfchland gewefen, weiger- ten fich, zurüdzufehren; und die anderen glaubten deshalb ihr Geſchick nur defto beflagenswerther. Der Führer mußte fürchten, daß ganze Regimenter audrigen, und ſich der bedeutende Zuzug anf dem Wege auflöfte. * Mit weitläuftiger Anweifung und mit Geld verfehen, getrieben durch das romantifche Pflichtgefühl des franzö- fiiden Edelmann, für den Ruhm des Königs alles zu tragen, gelangte Guebriant doch erit Ende April dazu, den Widermillen der Offiziere und der Soldaten zu überwinden. “Diejenigen, welche fi) am keckſten ftellten, verlangten Sicherheit, daß ihnen ihr Sold auch jenjeitd des Rheins gezahlt werde; andere forderten das Geld vorher. ?_ Es waren jene Truppen, welche der Bifchof von Mende, Mareillac, ſchon feit dem September 1637 auf ihre drohende Be- ſtimmung vorbereitet hatte. Des Noyerd, als Bernhard heftiger drang, mußte, nochmald am 15. April Geld verheißend, * den Srafen zur Eile auffordern; doch befeitigte diefer die Hinderniſſe des Aufbruches erft, indem er dad Gerücht verbreitete, als marfchirte er, um Johann von Werth einzuholen, welder gerade auf dem Wege nad Paris war. Mit feinen Schlahtopfen am Ende des April aus dem Baffigny aufgebrochen, zog er durch Lothringen auf Zabern; der Biſchof von Mende Hatte für die Erquidung treulich geforgt. „IH weiß ed aus dem Munde der vornehmften Offiziere, welche bei dieſem Feldzuge waren,” berichtet Le Laboureur, Guébriants offenherziger Geſchichtsſchreiber, „daß der General eine Sorgfalt anwandte, welche allen Glauben überſteigt. Er war immer zu Bferde um feine Truppen herum, und ließ fte ſtets gefchloffen mar- ſchiren, damit fie nicht aus ihren Gliedern ſchlichen. Wenn fie im

ı Ouebriant 47. a Daf. 55. Hug. Grot. ep. 950.

112 Buebriant bei Bernhard.

Duartier angelommen, ſchloß er fie in Scheunen ein, deren Schtäffel er entweber felbft behielt, over nur den zuverläffigfien ‘Berfonen ans vertraute. Damit diefe Art der Sclaverei den Soldaten minder hart erfchiene, trug er Sorge, ſie überflüffig mit Lebensmitteln zu verfehen, und Faufte ihnen felbft anf eigene Koften allerlei Bedürf⸗ niffe. Nur fünfe fanden Mittel, auszureißen, und fih in die Wälder zu retten.” So vollendete Guebriant den gefahrvollen Zug und langte am 3. Mat im Lager Bernhards an. Der deutiche Heers führer, den Franzofen umarmend, überfchüttete ihn mit Ausbrüden der Bewunderung und hielt ihm eine lange Anrede; fih glüdwüns ihend, daß der König den Grafen ald Führer dieſes Hülfsheeres erwählt habe, fand er unbegreiflih, daß Guebriant einen fo ſtarken Haufen Franzofen bis über den Rhein ohne einen bedeutenden Vers Iuft habe führen Finnen! Auch Ludwig XIII. und die Minifter flimmten in des Grafen Lob,? und nannten ihn nach einigen Wochen „einen Bürger Deutfchlande ‚* das dem bedauerungswürdigen Manne jedoch eine beifpiellofe Selbftverldugnung und unfäglihe Prüfung auferlegte und nach mancher herben Täufchung und halber Befries digung der eitelften, nichtigften Ehre ihm ein frühes Grab bereitete. Angelangt auf „dem ehrenvolften Schauplape des Krieges dieſes Jahrhunderts,“ follte Guebriant, nad der Mufterung vom 5. Mai welde 10,000 Mann, ohne die Befagungen von 5000 Mann, auswied,* mit über den Schwarzwald duf die Donau gehen; aber Borfiht rief den Herzog erft in die Waldſtädte, ehe die Reihe blutiger Ereigniffe begann.

Kaiſer Ferdinand und Martmilian, obgleih nur auf Siege gefaßt, verläugneten auch jegt nicht den gewohnten Gleichmuth. Boͤſe Fehler waren begangen worden, daß man dem über den Rhein geworfenen Feind in den Walpftädten eine Rüde ließ, durch welche dringend Bernhard das Land bis Durlach hinauf, bis zum Redar und zur Donau in Schreden febte; aber man ermaß die Folgen nicht, und dachte den Schaden gut zu machen. Die angeftellten Unterfuhungen lehrten zwar den häßlichen Zufammenhang, den wir oben erzählt; * aber von Strafen wurde nichts befannt, dem Grafen

ı Quebriant 57.

> Daf.

2 Daſ.

Münch II, 300 ff. und die Beilagen.

Goͤtz gegen Bernhard. 113

von Yürftenberg, noch vor feiner Rechtfertigung, das Taiferliche Bertrauen erneuert, und ihm am 16. März die Führung der ge- trennten Faiferlihen Haufen an der Oberdonau übertragen. Während Lerhenfeld und Metternib, die einzigen baierfchen Befehlshaber dort herum, dem Grafen abgeneigt, im Wirtembergifchen die Zer- fireuten fammelten, ' 'eilten Boten an den Niederrhein, ? um den Feldmarſchall Goͤtz, deffen Tüchtigfeit die legten Kriegsereigniffe be- wihrt hatten, aus dem fcheinbar beruhigten Weftfalen abzurufen. Am früheften war der Graf von der Wahl zur Stelle, welcher ſchon am 1. April dem Fürftenberg aus Schwäbifh-Gemünd befahl,’ bie kaiſerlichen Regimenter in Eßlingen zufammenzuziehen, aber ent- fandene Zerwürfnifie unter den Oberſten nicht hindern fonnte. In des Baiern Lande wurde eifrig geworben, und das altligiftifche, wie das neugeworbene Bolf dem Feldmarfhall Götz übertragen. Der Kaifer, den urfprünglichen Plan umändernd und über Breiſachs Behauptung den Bandr vergefiend, ermahnte die Schweizer ald „Chrfame, Liebe, Getreue” unter dem 11. Mai 1638 an die Erb- einigung mit Defterreih,* und forderte fie, deren proteftantifcher heil den Reichöfeinden fo entſchieden geholfen, auf, feinem Heere Vorſchub zu thun. Zwar hatte Goͤtz fchon um 20. März feine Zruppen nad Hamm beichieden, in defien Nähe Hefien und Schweden nur. auf die Entfernung der Kaiferliden lauerten; aber auf weiten Zuge, mit Troß beladen, konnte das verbroßene Heer erſt im Anfang des Maimonatd um Tübingen und an der oberen Donau eintreffen, und ſuchte alsbald, mit Lebensmitteln für Breifach verjehen, über Bahlingen, Rotweil und den Schwarzwald fich der Feſte zu nähern. Richt getäufcht durd Bernhard, welcher um Tuttlingen am °/,, Mai Miene machte, auf Balern einzubringen, gewann Gög an demſelben Tage die Schluchten ded Schwarzwaldes, das Fingiger Thal abwärts bis Gengendad und Offenburg. Während Bernhard,“ mühfam durch die Verhacke des Waldes dringend, über Schopfheim und Brambach fi zurüczog, in Sorge vom Rhein abgeſchnitten zu werden; zu Baſel in Berfon mit dem Stabtrathe die geheim vorbereitete

Adlzreitter 268. 369.

2 Kritfc 163.

2 Münd IN, Beilage ©. 25

Theatr. Europ. III, 945.

s Bufenborf 335. Theatr. Europ. IH, 946. Röfe II, 229. Barthold, Geſch. des 30j4hr. Kriegs. IL. 8

114 Bernhard uud Goͤtz um Breiſach.

Verſorgung Breiſachs rheinabwärts verhinderte, und ber ſchwediſche Reſident in Benfeld, ſo wie der dortige Befehlshaber die Straß⸗ burger durch Gewaltthätigfeiten einfchüchterten, * den kaiſerlichen Räthen die Durchfahrt beladener Schiffe rheinaufwärtd zu verfagen; warf Gig am '%,, Mai einige Berftärtung und 500 Säcke Mehl durch leichte Reuter geführt, in die hungernde Hefte, ohne den Verluft zu bereuen, ? welchen feine Kroaten auf dem Rüdzuge durch Taus padel erlitten. Auch jetzt wagte Bernhard fih nit aus dem füd- fichen Theile des Breisgaues, vor den Fatholifhen Echweizern und dem L2othringer auf der Hut, bis Götz, auf Drufenheim zurüd- gehend, um mit dem Lothringer im Elſaß fich zu verbinden, ihm Zeit Tieß, den Strom oberhalb zu fperren, * durch Brandſchiffe von Neuenburg aus die Zerftörung der großen Nheinbrüde, welche bei Breiſach beide Ufer verbindet, zu verfuhen, und die Zugänge zur Feſte durch Schanzen auf den nahen Inſeln noch mehr zu erichweren. Ein böſes Ereigniß für Defterreih war, daß am 1. Juni ein ftarfer Vorrath von Pulver, mit Getreide in einem Speicher aufbewahrt, durch die Unvorfichtigfeit Hungernder Soldaten fi entzündete, und den Erlös von Götz' Sorgfalt, fo wie viele Häufer verzehrte. Die Annäherung des Feldmarſchalls auf Breifach mit einem ftarfen Heere alter, jedoch unmuthiger Krieger, nöthigte am ®%, , Juni den Herzog, mit Verluft auf Neuenburg ſich zurüdzuziehen, worauf jener, durch des Kaiſers Gebot bevollmächtigt, lieber dus ganze Heer daran zu fegen, als Breifady fallen zu laflen, am Juni einen neuen Vorrath von Lebensmitteln über Kensingen in Perſon bis nahe an die Feſte geleitete.* So hetzten beide Feldherrn fi ab, und ermübeten zumal in größerem Umfchweife das gößifche Heer, weldes zwar bereitd 12,000 Baiern zählte, aber auch einen fo ungeheuren Troß liederlichen Geſindels aus Nord⸗ und Weſtdeutſchland mit fich fchleppte, dag die Stärfe deſſelben auf 80,000 Menichen angegeben wurbe Kein Wunder, wenn Hunger und Elend, in dem feit Jahren ver: wüfteten Lande heimifch, dies wandernde Vollk ergriff, und das »Laguille 141. Rihelieu X, 325. 2S. des Kurfürften Marimilians zuverfichtlices Schreiben an Goͤtz, wie Philipps an Spinola: fich gegen den von Weimar zu wenden, ihm zu und nachzuſetzen, bis er allerdings erlegt und ihm alle Mittel zu weiterer Krieges gewalt benommen fein, bei Weftenrieber DH, 73.

3 Quöbriant 77. Aldzreitter 370 Pufendorf 335.

Die Meradebrüber. 115

gefegmete Rheinthal zwiſchen Vogeſen und Schwarzwald in grel- Iren Zügen als anderwärts das Scaubergemälde allgemeiner Berwilderung darbot. Wer kann ohne Grauen Iefen, was Sim- pliciffimus, nach bunten Abenteuern ans Soeft, Lippſtadt, Köln und Paris nad Philippshurg gewürfelt, aus dieſer Zeit berichtet; wir beben, mag gleidy der heitere Ton des Erzähler ber fchredlichen Wahrheit Abbruch thun, hervor, was der Abenteuerer, um Kenpin- gen von den Weimarern gefangen, von feiner Geſellſchaft und ihrem Zreiben ausfagt, „wie er fih unter den Orden der Merodebrübern begeben“ : ?

„Ih muß nur ein wenig erzählen, was die Merode + Brüder vor Leut find, weillen ſich ohne Zweifel etliche finden, ſonderlich die Kriegd-Unerfahrne, fo nichts davon wiflen. So hab’ ih bisher noch ‚einen Seribenten angetroffen, der etwas von ihren Gebraͤuchen, Sewohnkeiten, Reiten, Privifegien, feinen Schriften einverleibt hätte, ‚ohmangejehen es wol werth ift, daß nit allein jebige Feld⸗ bern, fonden aud) der Bauerdmann wife, was es vor ein Zunfft feye. Betreffend nun erfilih ihren Rahmen, will ich nit hoffen, daß ed dem jenigen dapfern Eavalier, unter bem fie ſolchen befommen, ein Schimpf fey, ſonſt wolte ichs nit einem jeben fo offentlich auf die Ras binden: Ich hab eine Art Schuh gefehen, vie hatten an ‚Ratt der Löcher krumme Näht, damit fie deſto befler duch den Koih ſtampffen folten; folte num einer den Mangsfelder felbft vor einen Pechfarger fchelten, den wolte ih für einen Phantaften halten. Eben jo muß man diefen Namen auch verſtehen, der nicht abgehen wird, fo lang die Teutſche Friegen, es hat aber eine ſolche Beſchaf⸗ feuheit damit: Als diefer Gavallier einsmals ein neugeworben Re- giment zur Armee brachte, waren bie Kerl fo ſchwacher baufälliger Ratur, wie die Frantzöſiſche Brittanier, daß fie alfo das Mar- hiren und ander Ungemach, daß ein Soldat im Feld ausftchen muß, nit erleiden Tonten, derowegen denn ihre Brigade zeitlich fo ſchwach wurde, daß fie kaum Die Faͤhnlein mehr bededen konnte, und wo man einen oder mehr Krande und Lahme auf dem Mard, in Häufern und binder den Zäunen und Heden antraff, und fragte Was Regiments? fo war gemeiniglic die Antwort von Merode! Davon entfprang, daß man enblich alle die jenige, fie wären gleich

ı Simpliciffimuse 420. > Daf. 438,

116 Die Merobebrüber.

frand oder gefund, verwundt ober nit, wenn fie nur auflerhalb der Zug⸗Ordnung daher zottelten, oder fonft nicht bei ihren Regi- mentern ihr Quartier im Feld namen, MerobesBrüder nante, welche Burfh man zuvor Säufenger und Immenſchneider geheifien hätte, denn fie find wie die Brumfer in den Immenfäflern, weldhe, wenn fie ihren Stachel verloren haben, nicht mehr arbeiten noch Honig machen, fondern nur frefien können; Wann ein Reuter fein Pferd, und ein Mußquetier feine Gefundheit verleurt, oder ihm Weib und Kind erfranft und zurüdbleiben will, fo iſts fchon anderthalb par Merode⸗Brüder, ein Gefindlein, fo fi mit nichts befier als mit den Zügeinern vergleicht, weil ed nicht allein nach feinem Belieben vor, nad, neben und mitten unter der Armee herumftreicht, fondern auch venfelben beides an Sitten und Gewonheit ähnlich iſt, da fiebet man fie Hauffenweis beyeinander (wie die Feld » Hüner im Winter) hinder den Heden im Schatten, oder nach ihrer Gelegen- heit an der Sonnen, oder irgend umb ein Feuer herum liegen, Tabak zu fauffen und zu fanllengen, wenn unterdefien anderwärts ein rechifchaffener Soldat beim Fähnlein, Hitz, Durſt, Hunger, Froft, und allerhand Elend überfteht. Dort geht eine Schaar neben dem Mardı ber auf die Mauferey, wenn indeſſen manch armer Soldat vor Mattigfeit unter feinen Waffen verfinden möchte. Sie fpoliren vor, neben und hinder der Armee alles was fie antreffen, und was ſie nicht genieſſen können, verberben fie, alſo das bie Regimenter, wenn fie in die Quartier oder ind Lager kommen, oft nicht einen guten Trund Waſſer finden, und wenn fie alles Ernſtes angehalten werben, bet der Bagage zu bleiben, fo wird man offt bey nahe dieſelbe flärfer finden, ald die Armee felbft iſt; Wenn fie aber Gefellen-weiß marchiren, quartiren, campiren und haufiren, fo haben fie feinen Wachtmeiſter, der fie commandirt, feinen Feld⸗ waibel oder Scherganten, ber ihnen das Wambs audflopfft, feinen Corporal, ver fie wachen heißt, Teinen Tambour, der fie des Zapfen- ſtreichs, der Schaar und Tagwacht erinnert, und in Summa nie- mand, der fie anftatt des Adjutanten in Battaglia flellt, oder an flatt des Fourird einlogirt, fondern leben vielmehr ‘wie die Frey- Herren. Wenn aber etwas an Commiss der Soldatesca zufomt, fo find fie die erſte, die ihr Theil holen, ob fie es gleich nit werbient. Hingegen find die Rumormeifter und General Gewaltiger ihr aller gröfte Per, als welche ihnen zu Zeiten, wenn fie e8 zu bund machen,

Die Merobebräber. Die Herren von Merobe. 117

eiferne Silbergefhire an Händ und Füß legen, oder fie wol gar mit einem hänffinnen Kragen zieren, und an ihre allerbeite Häls aufhenden lafien.

Sie wachen nicht, fie ſchanzen nicht, fie ftürmen nicht, und kommen auch in feine Schlachtordnung, und fie ernehren fi doch! Was aber der Feldherr, der Landmann und die Armada felbft, bei deren ſich viel foldhes Geſinds befindet, vor Schaden darvon habe, ift nicht zu beichreiben. Der heillofefte Reuter» Jung, der nichts thut als fouragiren ift dem Feldherrn nüger, ald 1000 Merobes Brüder, die ein Handwerk daraus machen, und ohne Roth auf der Bernhaut liegen, fie werden vom Gegentheil hinweg gefangen, und von den Bauern an theild Drten auf die Finger geflopfit, dadurch wird die Armee gemindert, und der Feind geftärdt, und wenn gleich ein fo liederlicher Schlingel, (ich meine nicht die arme Kranfe, fondern unberittene Reuter, die unachtfamer Weis ihre Pferd verderben laſſen, und fih auf Merove begeben, damit fie ihre Haut fchonen können) durd den Sommer darvon kommt, fo hat man nicht anderd von ihm, als daß man ihn auf den Winter mit großen Koften wieder mondiren muß, damit er Fünfftigen Feldzug wieder etwas zu verlieren habe, man follte fie aufammfuppeln, wie die Windhund, und fie in den Garnisonen Friegen lernen, oder gar auf die Galleern ſchmiden, wenn fie nit auch zu Fuß im Feld das ihrige thun wollten, bis fie gleichwol wieder Pferd Friegten. Ich gefchweige bier, wie manches Dorff durch fie fowol unachtſam⸗ als vorſetzlicher Weis verbrannt wird, wie manchen Kerl fie von ihrer . eigenen Armee abſetzen, plündern, heimlich beftelen und wol gar nieder machen, auch wie mancher Spion fih unter ihnen aufhalten kann, wenn er memlih nur ein Regiment und Compagni aus der Armada zn nennen weiß. in folder erbarer Bruder war id damals au."

Welcher Herr von Merode unter mehren vorkommenden ber Ramengeber der böfen Zucht geweien, die noch der Marfhall von Zuremburg Meroveurs flatt Marodeurs fchried, war alfo ſchon damals zweifelhaft, Alle Herrn von Merode jedoch, die wir Tennen, fanden wegen ihrer Kriegszucht und ihrer Soldatesca in üblem Rufe. So handhabte jener Graf Johann von Merode, welder unter Moringer auf Mantua zog, obgleich felbft ehrliebenn und tapfer, die Kriegopolizei fo fchlecht, und verſtand auch nad Muſter

‚4183 Stimmung in den Heeren.

Falftaffs zu werben, daß Khevenhiller! die Taute Beſchuldigung gegen den vornehmen Kavalier nicht untervrüden kann. Begreif⸗ licher ift, daß Samuel Müller, Superintendent in Sangerdhaufen, nicht Worte genug finden kann, ? um den Grafen und feine Unter: gebenen zu: fhildern, welche zu Pappenheimsd Heer gehörend, im October 1632, kurz vor der Schlacht von Lutzen, in feiner Bater- ſtadt haufeten. Hermann Francoid de Merode, Baron D’Afcher, fennen wir aus ten Anflagen feines flerbenden Betterd Johann nah dem Tage von Heſſiſch-Oldendorp (1633), fo wie die Thaten jener merodifchen Reuter in ſchwediſchen Dienften, melde im Jahre 1635 ihre Standarten zerbrachen und auseinanderliefen, aber in Folge Kriegsgerichts in allen ſchwediſchen Lagern als meineivige Schelme „ausgeblafen. und vogelfrei erklärt wurden.” Seit jener Zeit tritt Died Gelichter mit dem verhängnißvollen Ramen überall auf, und war nicht am fhwächften in Bernhards und Götz' Heere, zumal jenfeit des Rheines, auf den Schlößern der Bogefen und der Hardt fih fhon früher Schnapphähne in geregelten Gefellfchaften zuſam⸗ mengethan hatten.

So ſah es bei beiden Heeren aus, welche nad jedem glüdlichen Waffenereigniffe, durch die Uebermundenen ſich herkömm⸗ lich verflärften. Dod war mehr Entfhluß der Berzweiflung bei _ dem Weimarer, der jebt anf einen Fühnen Wurf des Krieges alle Hoffnung fegte; laͤßiger rechneten die kaiſerlichen Offiziere in biefen Tagen auf die Zufnnft: * „Ohngefchlagen geht es dieſen Sommer nicht ab! Schlagen wir dann den Feind, fo müßen wir den Fünf- tigen Winter Freiburg und die Waldſtädte nehmen; Triegen wir aber Stöße, fo kriegen wir auch Winterquartier!" Kluge Wirthe dachten unter dem Hins und Herziehen zur Berforgung Breiſachs ihre befte Habe in der Feſte Offenburg gu bergen; oder meinten wie Auguftin Fritſch,“ „wo der Kopf bleibt, bleibt auch das andere,” behielten ihre Packwagen bei fih, und verloren in böfer Stunde, was fie auf zwanzigjährigen Kriegszügen erbeutet hatten.

Das befte in Bernhards Heere that Taupabel, der Thüringer, welcher über die neuenburger Brüde gegangen, am I Gi

ı Khevenfiller XI, b. 3. 1631. 3 Chronika von Sangershaufen 330. > Simpliciffimus 443.

2 Fritſch 168.

Neue Unterſtütung unter Turenne. 419

Gtreiffgaaren, die die Erndie um Breiſach zerftörten, boͤs heimführte, aber dennoch nicht hindern konnte, daß am ?/,, und ., Juli zehn Schiffe mit Lebensmitteln in Breifah anlangten. Was jedoch auf mühfeligen Zügen eingebracht werben fonnte, friftete den Hunger der Bee nur auf wenige Wochen. Bernhard feinerfeitd hoffte, Ken ziugens Bezwingung aufgebend, während Götz im Lager bei Drufen- beim fand, Offenburg am 1%, Juli zu überraſchen; allein Lift und Gewalt mißlangen, jo daß Bernhard am '%,, Juli unter Berluft wieder um Freiburg eintraf.

Unterbeffen hatte der Duca di Savelli unter Verwendung feiner Gönner in Wien, zumal Trautmannsdorfs, die Führung des kaiſer⸗ lichen Heerhaufens überlommen, welcher um Heilbronn fich zuſammen⸗ 3098; es galt, um Breifad zu retten, daß Herzog Karl von Hoc) burgund aus den Feind auf dem linken Rheinufer angriff, ſobald Savelli und Götz fih auf dem rechten vereinigt hätten. Aber Richelieu unaufhörlih durh Avaur und Hugo Grotius beflürmt, die Pläne Bernhards am Rhein machtvoll zu unterflügen, beftimmte anfangs den Herzog von Longueville, zu Guebriant an den Rhein zu gehen, ? Als jedoch Karl ven ‘Bringen in der Freigrafſchaft feinerfeits fefthielt, und Erlad, von Bernhard nach Paris geſchickt, jene vertragsmäßigen 8000 Mann unter Weimard Befehl für den Sommerfeldzug ver: langte ; bewilligte nach langer Zögerung der Hof, nebft 2000 Mann von Longnevilles Heere, 3000 Mann unter der Führung des Vicomte de Turenne, welde größtentheild Wallonen, um Lüttich geworben, ? und durch Piccofominis Weberfall bei Maftricht ſchon einmal auseins andergefprengt, nad einem Zuge gegen Karl von Lothringen, am 17. Juli, ftatt 5000 Mann auf 1800 vermindert und matt, um Kolmar eintrafen. * Herrichte deshalb in Bernhards Lager Verdruß und Sage über fo geringe Unterſtützung; fo waltete im Eaiferlichen und ReihösHeere offener Unfrieven und vereitelte gefährlicher Gewalt; neid die Hug angelegten Pläne. Zu Anfang des Juli fanden fo widerwärtige Umtriebe und Gehorfamdverweigerung zwiſchen ben Faiferlichen und baierſchen Generalen ftatt, Daß Yürftenberg durch das Zeugniß des Grafen von der Wahl und Johannd von Horft fid

ı Möfe U, 234. Anm. 53.

2 Daf. U, 40. Rich elieu X, 325. Guébriani ss ff. I Rsfe ll, 1.

4 Richelieu X, 325 fl.

120 Serwärfniffe im kaiſerlichen Heere.

rechtfertigen mußte, jene nicht gegen einander und gegen ben kaiſer⸗ lichen Feldmarſchall verhegt zu haben. * Der Lothringer war unzu⸗ frieven, daß man in Wien auf die Erhaltung der Freigrafſchaft wenig Rüdfiht nahm, und Götz, unter deſſen Befehl Savelli früher gewieſen war, grollte, daß der Welfche ed durdigefegt, einen Tag um ben andern mit ihm im Oberbefehl zu wechſeln. Kurfürft Marimilian that nicht von Münden aus, ſolche Verftimmung zu bannen; er unterftüßte die Fatferfiche Abficht Täßiger, wollte die Batern am Rheine gefhont wiflen, welche ohnehin gegen den Oberbefehl eines kaiſer⸗ lichen Generals fi auffehnten, über Solorüdftände Hagten? und mit lauter Stimme den tapfern Johann von Werth zurüdverlangten. So häßliche Zerwürfniffe weiffagten den deutſchen Waffen Unglüd, obgleid) unter fteten Kämpfen gegen Rofen und Taupadel, an welden auch die Schwarzwalder muthvoll Theil nahmen, ſich Götz zu Anfang des Auguft über Rotweil und Rothenburg mit Savelli vereinigt hatte. Bei fo drohenden Umftänden, um Breifah und die Beute nicht zu verlieren, blieb dem Herzoge von Weimar Fein Ausweg, ald mit feinem verfammelten Heere, 15 bi8 16,000 Mann ftarf, dem Feinde die Stirne zu bieten, welder jegt 14,000 Baiern, 4500 Sachſen und andere Neichövälfer vom Heere des Gallas zählte, und am u mit 2000 Maltern Getreide über Offenburg beim Kloſter Schutter angelangt war, um des Kaifers firenged Gebot zu erfüllen. Dem Taiferlihen Heere den Weg ftreitig zu machen, drang Bernhard, durch aufgefangene Briefe von der Wichtigkeit des Augenblicks über: zeugt, über Kenzingen, Malberg und Lahr am 2, in Schlacht⸗ ordnung gegen Schuttern heran, ° und erzwang die Brüde bei Ding- lingen und das brennende Dorf Friefenheim, welches von Batern nur ſchwach befegt war. Gefaßt auf diefen, wenngleich plötzlichen, Anfall zog Götz fi) unter ſtetem Schießen aus dem fchweren Geſchütze ver: theidigend auf die vortheifhafte Anhöhe rechts von Kriefenheim, wo Bernhard ihm nichts anhaben Fonnte, fondern Rachmittags fi in die Ebene und Abends auf Lahr und Malberg nicht ohne Verluſt

ı Münd IN, Beil. ©. 31, 32. Briefe Horfts vom 28. Juni, und Götg' vom 30. Suni an Fürftenberg.

2 Röfe II, 239.

? Teutfher Florus 433 ff. Epitome R.G. 176. Adlzreiter 320. Röfe I, 242. Pufenborf 336. Theatr. Europ. III, 963. Ge: briant 78. Richelieu X, 327. Fritſch 164 ff., welcher tapfer und Flug das Dorf Dinglingen und Klofter Schutter vertheibigte.

Schlacht bei Wittenweier 9. Auguſt 1638. 121

zurückwandte, um ven Feind herabzuloden. Doc Götz hielt die Nacht zum 2 hindurch das kaiſerliche Heer ſchlachtgerüſtet in feinem Lager beim Klofter Schuttern, und in der Frühe des anderen Tages brach Savelli mit der Vorhut, die Vorräthe mit fih führend, ven geraden Weg gen Breifah auf. Kaum war der Staliener bis in die Nähe von Wittenmweier gerückt, befannt durch die heißen Kämpfe im Herbfte 1637, ald Bernhard, auf die Kunde von der Abficht des Keindes, ungehindert durch Wald und verwadfene Gräben mit feiner Borhut fich heranarbeitete, und gleih nad) Mittag um Kappel und Wittenweier vor dem Walde ſich zeigte, während Guebriant und Turenne abgefondert eilends die Hinterhut herbeiführten. * Noch waren die beften baierfchen Regimenter nicht zur Stelle, als Savelli dur den Grafen von Naſſau, welcher den linfen Flügel des raſch entwidelten weimarfchen Heeres befehligte, in die Flucht geworfen wurbe, während Göß, leider ohne Einverftändniß mit dem Staliener, den General Taupadel, Führer des rechten Flügels, und den Turenne auf ihr zweite Treffen zurüdtrieb. Da unterbeg Weimar und Guébriant den Weichenden Berflärfung zugefchict, und Götz dagegen wiewohl von Savelli verlafien, doch feiner Hinterhut mächtig, ven Nachdruck der gefammten Gegner mit feinen Balern kraftvoll auf: hielt, erneuerte fih die Schlacht mit fleigender Erbitterung. Die Baiern eroberten das weimarfhe Gelhüs, warfen Schmibtberge und Guebriantd Fußvolk mit Berluft ihrer fchwarzen und weißen Fahnen in die Flucht, und Fonnten ſchon den Sieg feft zu halten glauben, als eine Kriegslift Guebriants eine neue Wendung her: beiführte. Trommellärm und Trompetengefchmetter, aud dem Walde hervorbringend, wie der Franzofe ausgeſonnen, lenkte die Aufmerk⸗ famfeit der Baiern von ihrem Bortheile dorthin, und fie büßten darüber ihr Geſchütz ein, welches mit reichlihem Schießbedarf in die Gewalt der Feinde gerathen und von Weimars abgefeffenen Reutern gefchidt bebient, ihnen großen Schaden brachte. Zweimal wechſelten die Kämpfenden ihre Stellung, bis ſich die geordnete Schlacht in eine Reihe einzelner wüthenver Gefechte aller Waffengattungen aufs loͤſte. Noch um die fechfte Stunde ftritt man im wogenden Gebränge nicht mehr mit Feuergewehr, fondern allein mit blanfen Waffen, Hel- lebarden, Spießen und Faufthammern und mit Slintenfolben. So war bei fintender Sonne nech nichts entſchieden, als die baier'ſchen Gusébriaut 70.

122 Schlacht bei Wiitenweier.

Reuter mit aufgelöften Reifen über dad eigene Gcyäd plünbernd berfielen; ſolche Unordnung benupte Bernhard, überall gegenwärtig; Taupadels Reuter trieben die Plünderer in die Flucht und bei eins brechender Dunkelheit wich aud das ermattete Fußvolk von ber -Wahlftatt in den Wald, bis auf 4000 Mann aligedienter Baiern, welche unter Götz' Führung, zumal das Regiment Melchior Reinachs,“ bis um 10 Uhr Abends ihren Poſten an der Brüde behaupteten, und dann unverfolgt die Nacht über auf Offenburg ſich zurüdzogen. Weimar, mit feinem Zußvolf und wenigen Reutern auf der Wahls ſtati geblieben, Fonnte nicht eilig folgen; Taupadel Dagegen, mit Rofen und Raffau in wilder Unordnung binterdrein, wurde von einem Haufen Gefammelter gefangen, zum fchweren Bedauern des Herzogs, und nah Offenburg geführt. Gepäd und Lager, Ge⸗ ſchütz und vor allem jenen Foftbaren Zug von Lebensmitteln für Breiſach und noh 3000 Mann Gefangene und Todte nebſt einer großen Zahl Fahnen zurüdlafiend, fehrieb von Oberkirch aus Götz am 11. Auguft an den Kaifer das Geſchick des Tages, voll Klagen gegen Savelli; ging dann über den Kniebis auf Neuftadt, wo im Rathhauſe zum fchweren Gerichte viele Dffiziere eingejperrt faßen. Er felbft war feiner Rechtfertigung ficher, obgleich die ungereimte Anklage im Heere ihn des geheimen Einverftändnifies mit Bernhard befchuldigte. * Der Italiener, im Rüden verwundet, war kümmer⸗ lich auf Tübingen geflohen und audy diesmal nod feiner Gönner in Wien getröftet. Der Herzog dagegen büßte 1000 Mann, ven Taupadel, der in Savellis Gewalt fi) befand, mehre Gefchüge und zweiundzwanzig Fahnen ein; feierte am %,, Auguft ein kirch⸗ liched Dankfeft, pried vor anderen die Tapferkeit Guebriants, dem er jchmeichelnd einen weſentlichen Antheil am Siege zufchrieb und mit ſchoͤnen Worten die Waffenbrüberfhaft antrug ;* obgleich von des Franzofen, wie von Turennes Mannfchaft nichts Erhebliches ver: lautete. Am ?/,. Auguft durch Vergleih die Feſte Kenzingen ein- nehmend, ftand Bernhard, des Erfolges keineswegs fiber, um bie Mitte Auguft wieder vor Breiſach. Denn ehe er durch den Befig ver Feſte fein verhängnißvolles Werk Frönte, hatte der Herzog bie

2Fritſch 167.

2 Carve I, 270 deutet an, Goͤtz Habe dem Savelli mißgönnt, den Vorrat nach Breiſach zu ſchaffen, fei abfichtlih zurückgeblieben: tuno constans fama aiobat, quad cum honte colludebat,

s Quobriant 80, 81.

Johann von Werth und bie Yranzofen. 193

ſchwerſten inneren Känpfe und drangvolle Kriegsarbeit ununter⸗ brochen zu beſtehen, ein Zerwürfniß in ſeinen Lebenstiefen, welches den bedanerungswuͤrdigen Fürſten, zufammt den äußeren Mühſalen, einem Ende entgegenführte, che er feine Schuß an das deutſche Baterland abtragen konnte.

AS vie Kampfgensfien Johanns von Werth anf der Stätte feiner füngflen Waffenthaten Verluft und Unehre erfuhren, und Deuiſchlands Bollwerk am Rhein dem Halle nahe war, führte uns terbeß der Gefangene ein wechſelvolles ergögliches, buntes Leben in Baris, weiches wir in unfere Erzählung aufnehmen müflen, theils aus Intereſſe am Helden, theild um den franzöfifchen Hof und das Bolt von einer vortheilhafteren Seite ald bisher Tennen zu lernen. Sobald beide Gefangene im Juni ihr Edelmannswort gegeben, fi der Haft nicht zu entziehen, verlich ihnen ver Hof größere Freiheit; hielt ihnen im Schlofie Bincennes eine prächtige Tafel, und, was die Zeit charafterifirt, in welcher chevalleredfe Sitte und ſteife Etilette wunderlich fi mifchten, ' die vornehmften Damen der Stadt fanden das jeltenfte Vergnügen darin, die Gefangenen in ihrer Haft zu befuchen und fie fpeifen zu fehen. Ganz umgewandelt war ver Daun, welder faft wie ein wildes Thier in Banden hatte nad Frankreich geführt werden müflen. Im Kreife der fchönften Partferinnen bewies der fonft troßige Krieger ein fo ungezwungened, aber Schen gebietended Betragen, daß es ihm nicht allein gelang feine furchtſamen Befucherinnen mit Zutraulichkeit zu erfüllen, ſondern auch im Unglüd feine Würde zu bewahren. Wenn gleich die Fran⸗ zofen geftehen, daß Johann von Werth ſich gegen alle in einer edlen, hoͤflichen Weiſe verhielt, jede Artigkeit zu erwiedern verftand, und Zudringliche in geziemende Schraufen zu weifen wußte, fo fügen fie dennod hinzu, daß er nie in feinen houetetes den Sohn des Krieges und den Deutfchen verläugnete, und daß bie Damen feine zumeilen etwas, ſoldatiſchen Launen nachgiebig ertrugen. Aber nicht die müßigen Parkferinnen allein führte die Neugier zum gefans genen Helden, wie zu jedem andern Schaufpiele; er hatte die Ehre an einem Tage zwei der evelften, nambafteflen Frauen bed Jahr hunderts bei ſich zu fehen; die eine war die Gemahlin des Grafen

: Grot. ep. 9915 Buyle diot. IV. art. Jean de Wert, Mercure galante

1708 Avr. & Mai; Rhevenuhiller HR. Contrefalis a. a. O.; Hor⸗ mayr Taſchenb. 1829: 93, und 1840: 125.

124 Johanns von Werth poliitiche Anfichten.

de Guehriant, Renata di Bec, eine Dame, welche, wie wir noch andenten werben, ber feltenen Ehre genoß, ald Gefandtin an fremde Höfe gefhidt zu werben, die andere die Frau des Hugo de Groot,“ berühmt durch die Liſt und den Muth, mit welden fie ihren, zu lebenslänglicher Gefangenfhaft verurtheilten, Mann au dem Schloße Loͤwenſtein befreite. Beide fanden fih am 23. Julius nad) des Schweizerd Erlach Beſuch aus gleicher Luft im Bois de Bincenned ein. Eine wunderlichere Geſellſchaft mochte nicht leicht gefunden werden; ein gefangener Eaiferliher General, durch deſſen alanterien der Soldat mächtig hervorgudte, die Frau des frangös ſiſchen Helden, welcher damals in Deutfchland kriegte, und nun bie gelehrte ſchwediſche Geſandtin. Mit der Iehteren unterhielt fih Johann von Werth viel in beutfcher Sprache, und Hagte ungeachtet der ihm in Parid zu Theil gewordenen Aufnahme, daß er in bie Hände der Franzoſen gefallen ſei. Dann bradte man die Politif aufs Tapet und bier entwidelte der Deutiche fehr gefunde Anfichten von der Gegenwart. Er prophezeihte, daß der Krieg nod acht Jahre oder länger dauern würde: aber der Franzofen und Schweben Bündniß würde nicht Beftand haben; Frankreich fei von Außeren und inneren Unfällen bedroht; dagegen die Schweben nichts Uebles zu befahren hätten. Aus viefer gelegentlidhen Aeußerung erfennen wir wiederum den Kriegsmann, welcher neben den Gefchäften feines Berufs, Eugen Blidd auch die Beziehungen der Staaten beobachtete. Schweden hatte nad dem Berlufte feines Königs wenig zu befürch⸗ ten; binter dem baltifhen Meere in Sicherheit Friegte ed mit frans zöfifchem Gelde und deutſchem Blute; Frankreich dagegen war zerriffen durch Parteien, ein ſchwacher, noch Einderlofer König, ein gehaßter Minifter, die Prinzen vom Geblüt aufrühreriih; die Huguenotten noch zu fürdten, dazu an vier Grenzen Foflbare Kriege. Nach dieſen politifhen Herzendergiegungen an Dame de Groot, ſprach Iohann von Werth feinen Wunſch aus, Herm Hugo bei fi zu jehen, und wiewohl diefer ald Gefandter den Argwohn eines fo ungewöhnlichen Schritte ſcheute, jo begannen doch beide Männer einen freundlichen Berfehr, wie wir fpäter anzudeuten @elegenheit haben werben.

Es laͤßt fi erwarten, daß die Parijer an Johann von Werth bejonders eine Fertigkeit bewunderten, welche den Deutfchen bei ihren

Grot. ep. 991.

Gaſtmal beim Karbinal in Eonflans. 125

füplichen Rachbaren einen, immer fehr zweidentigen Ruhm verſchafft hat; Johann von Werth trank unvergleihlih, und feine Begleiter befaßen biefelben Gaben. Was aber auffallender ift: man lobte an-ihm die ritterlihe Art eines Genuſſes, gegen welden.Safob I. von Großbritannien mit öniglicher Feder, als gegen eine Satans erfindung geeifer. Johann von Werth konnte mit vortrefflichem Anſtande Tabad rauchen und fchnupfen; ' Vorzüge, welche damals noch nicht zu den galanten Künſten der Franzoſen gehörten, aber bei einem folhen Muſter bafd rühmliche Nachahmung fanden. Laͤſtiger als die Gefelligfeit im Bois de Vincennes war den Gefangenen, daß fie die Freiheit überall in der Stabt umherzugehen, nur in Begleitung einer ftarfen Wache benuben Tonnten, welche ihnen weniger aus Mißtrauen, als fie vor dem Gebränge des Volkes zu fchüben, beigefellt wurde. An dem erflen Tage ihres freien Aus- ganges veranftaltete der Kardinal ihnen zu Ehren ein präcdtiges Gaſtmal in feinem Schloffe zu Conflans an der Mündung ver Marne in die Seine. Der argmöhnifche Holländer ? hielt für den Grund diefer Auszeichnung, daß man die einfachen Deutſchen beim Wein über die Geheimniffe ihres Herrn aushorchen wollte, oder bemüht war die tapferen Männer zur franzöfiihen Sache zu ver; loden. Gaſton von Orleans, fonft der gefchworene Feind des Kar- binald, war zu dem Schmaufe eingeladen, und machte felbft den Wirth, da den Gaſtgeber Kränflichkeit verhinderte zu erfcheinen. ° Obenan faß der Bruder des Königs, ſodann folgten auf beiden Seiten zwei Teer gelaffene Plaͤtze. Auf der rechten Seite hatten bie Herzoge von Angouleme, von Briffac, der Prinz von Guimens, der Graf von Ronilles und die Oberſten ihren Platz; unter ihnen auch der berühmte Hontas, fpäter Marſchall de Gaffion genannt; ein Mann, welcher von den franzöftihen Zeitgenofien an ritterlicher Tapferkeit, an Freiſinn und unbeugfamen Trotze die meifle Achn- lichkeit mit Johann von Werth bat, und deſſen Name mit dem 1 Das Tabackrauchen war damals nicht allein bei Seelenten, wie wir aus Gh Ogiers Beife willen, fonbern auch bei Solvaten ganz gewöhnlich. Simpliciffinns erwähnt diefes Bebärfnifies Häufig; doch iſt er unfers Willens der erfie, welcher den Gebrauch des „Schnupftabads” anführt. Siehe S. 110 den Anlaß, welchen der ungefchlachtete Clown bei dem à la mode Gaſtmal des Schotten Ramfay in Hanau gab. : Grot. ep. 976. a Baffompierre IH, 3. 1838. Grot. ep 976, 977.

126 Feſtlichkeiten zu Ehren der Gefangenen.

feintgen in Tomifchen Berwünfchungen harafteriftifch zufammengeftellt, in den Bolfslievern aufbewahrt wurde. Zwar faßen beide Gefan- genen auf der linken Seite mit unbedecktem Haupte, wiewohl nicht glaublich iR, daß außer den Prinzen die anderen militairiſchen Säfte bevedt waren; aber bemüthiger zeigten fie fich deshalb nicht; ihr feder, freimüthiger Sinn ſprach fi darin aus, ! daß fie fih in Ihrer gegenwärtigen Lage laut mit dem gleichen Geſchicke des ge⸗ feierten Königs Franz I. tröfteten.

Ans ſchuldigem Danfe für die erwielene Gunft machte Johann von Werth darauf dem Könige feine Aufwartung, und es wird verfichert, daß der leutfelige Ludwig ihm alle Sorgen vergab, ? und ihm tauſend Liebkofungen erwied. Nun begann eine Reihe von Feſten; Die angefehenften Herrn beeiferten ſich, den Gefangenen prädtig zu bewirthen. Um ihm einen hohen Begriff von den Herr- lichkeiten der Königsftabt zu geben, war er zu allen Schaufpielen geladen, und bei der Ungeswungenheit, mit welcher ſich der Kriegs⸗ mann in die fremde Lage zu finden wußte, läßt es fich erwarten, daß er bei ihm neuen Ergöglichfeiten nicht den belächelten Reuling bewies. Eine wohl verbürgte Anekdote? gibt anzichenden Aufichluß, wie edel und mit welchem richtigen, fittlichen Gefühle fi Johann von Werth unter den oft anftößigen SHoffefllichkeiten benahm, wie freimüthig er ſich über jede fremde Ericheinung ausſprach, und wie ehrenvoll man feine Yeußerungen betrachtete. Im Bois de Vicennes mit einem ehnvürdigen Geiftlihen, dem Abb& de St. Eyran befannt gemorden, welchen Berfolgungen ver Sefuiten und allerlei Ränfe ind Gefängniß gebracht hatten, legte er für die Frömmigkeit dieſes Mannes bei einer befonderen Veranlafjung ein jehr eigenthimliches Zeugniß ab, weldhes dem Biographen des Prälaten als aus dem Munde des fameux Jean de Wert gewichtig erfcheint. Denn als der Deutfche von Richelieu zu einem prächtigen Ballette eingeladen war, deſſen Anordnung der geiſtliche Fürſt ſelbſt erſonnen,“ und jener einen Biſchof bemerkte, welcher beim Feſte die Honneurs zu machen ſich bemühte, konnte Johann von Werth auf die Frage, wie

i Hug Grot. l.c.

2 Merc. galant 1703. Avr. May.

: Jean Racine IV, 139.

® Im Herbft und Winter wurden nach Baflompieres Journal i. 3. 1638 40 mehre finnreiche Maskentaͤnze unter Leitung des Karbinals aufgeführt.

ı

Volkslieder auf 3. v. Werth. 497

es ihm gefiefe? ſich nicht enthalten, ganz laut zu fagen: von allen Schaufpielen in Frankreich fei er von feinem fo befrembet, als die Heiligen fm Gefängniffe ımd die Bifchöfe in der Komödie zu fehen. Uebrigens bezieht ſich die unter den Franzoſen noch ges hörte Redensart je m’en soucie comme Jean de Wert wahrfchein- ih auf die Gelaſſenheit, mit welcher der „Lion“ des Tages in- mitten des Hoflebens fich zeigte. i Aber nicht der Hof und die Bornehmen allein äußerten ihre Freude über den feltenen Saft; mit ihrer Luft war der Jubel des Vollks nicht zu meften, welches fich nicht faſſen Fonnte in dem Ge⸗ danken, den Fürchterlichen, das Grauen der Kinderwelt, unfchäpfi zu wifien, und in ihm einen feutfeligen, edel geberdeten Kriegsmann ‚zu erfennen. Auf dem Pont neuf, an den Stufen des Reuterbildes König Heinrichs, hatte damals die Volksmuſe ihren „Parnas“ anfgefhlagen, und das Roß des guten Königs war der „Pegaſus,“ fo wie der Springbrunnen der Samariterin! die Hippofrene Philippots,“ der Indgemein der Savoyard ges nannt „blind wie der Sängervater“ noch zu Boileaus Zeiten in frifhem Andenken lebte, ? ein Dichter, * welcher einer fo hell⸗ tönenden Stimme ſich rühmte, daß feinen fchmetternden Geſang der König in den Fenftern feines Louvre vernahm, wenn jener auf dem Quai des Auguſtins ſich hören ließ. Solcher Art war der, Homeride,“ welcher den Fall des neuen „Hektors am beifallswürdigſten beſang; ganz Paris hallte wieder von dem SJubelliede, welches die Gefans gennahme Johanns von Werth mehr verewigte, als feine Thaten ihm das Andenken feiner Landsleute verfihert haben. Der Schluß: reim des Liedes, welches in Aller Mund war, fpäter in zahlloſen Rahahmungen fortlebte, aber jest bis auf den Inhalt verklungen M, wiederholte immer die Worte: et Jean de Wert et Jean de Wert. So berichtete die pofaunende Mufe den Ruhm ber Franzoſen und die Niederlage ded Jean de Wert; fie () hätten die Deutſchen ı Samariterin nannte man einen Springbrunnen auf dem Pont neuf, von dem Halb erhabenen Bildwerke an demfelben, bie Unterredung Ehrifii mit jenem Weibe vorflellend. Die Wuth der Revolution fchonte auch jenes Kunſtwerk nicht. 2 Boileau Satire IX. " 2 Bayle art. d’Asnouoy. Die Schilderung ber Savoyardenmuſe iſt aus dem Munde des Liederfängers entlehnt, wie er fich bei der Begegnung mit Sieur d Aſſoucy ſelbſt einführt.

128 Volkslieder auf J. von Werth. |

geihlagen & Jean de Wert; fie zählte die erbeuteten Fahnen und Standbarten auf et Jean de Wert. Alle zablreihen Berfe dieſes Nationalliedes endigten mit dem Reime: et Jean de Wert; die Sangweife defielben blieb den Franzofen noch ein Jahrhundert vertraut. Weil in dem Savoyardenliede eine gewiſſe ergößliche Ratürlichkeit vorherrſchte, Tonnte ed nicht fehlen, daß ed nicht am Hofe Ludwigs XI. Eingang gewann, der ja felbft in den Anwand⸗ lungen munterer Laune einen derben, fangreichen Spaßmacher duldete, und in der Perſon des berüchtigten Dichters und Mufiferd Charles Eoypeau Sieur D’Afjoucy gefunden, fonft Phebus garderobin ge⸗ nannt, da fein Saitenfpiel fi in der Garderobe des Königs einen Chrenplab errungen. So fang denn Hof und Stadt jenes Lied und der Held fo wie die Arie hielten fih dauernd in der Diode; man nannte die Zeit feined Aufenthalts in Paris le temps de Jean de Wert, fo wie die Melodie feinen Namen trug. Noch als das Andenfen an ihn lange aus dem Gedaͤchtniß des Volks gefhmwunden, erhielt ſich in der fröhlichen Dichtfunft der Name des Helden. Biele geiftreihe Männer aus der Stadt und vom Hofe verfertigten fpäter angenehme Gefänge sur l’air de Jean de Wert, welche alle auf ihn irgend einen darafteriftifhen Bezug hat!en. Es verftrich Fein Jahrzehnd, daß man nicht neue Lieder auf ihn verfertigte, und noch in den Jahren 1699, 1702 und fpäter waren Gerichte sur l'air de Jean de Wert im Munde ded Voll. Die Bruchftüde ver Bolfsmufe, welhe fih zu der, wenngleidh komiſchen, Ehre des deutſchen Kriegerd erhalten haben, Fönnen wir nit umbin in einem Auhange beizufügen, ſo wie ein gleichzeitiged hiſtoriſches oder „Triumphlien“ der Franzoſen, welches die Lächerliche Eitelfeit haraf- terifirt, in der fie ſich die Ueberwältigung des Helden anmaßten, eine Eitelfeit, welcher nur bie kopf- und ehrlofe Selbftentäußerung der deutſchen Schriftfteller gleichkommt, welde feit zwei Jahrhun⸗ berten die Thaten Bernhards als mit ſchwediſchen Waffen und

zum Frommen des DBaterlandes auspofaunen! |

Bayle in d. WM.

129

Zweites Kapitel.

Baner und Gallas in Pommern und Medlendburg. Gallas weicht am bie Elbe. Dchober 1638. Falſchheit der Landgräfin von Hefien während des Still ſtandes. Verfuche des Pfalzgrafen Karl Ludwig, ſich feſtzuſezen. Mederlage deſſelben bei Vlotho. 17. October 1638. Bernhards Mühen vor Breiſach. Anerbietungen des Kaifere. Bernhards Siege bei Taun und in dem Linien vor Breiſach. Dctober 1638. Cs in Ungnade. November. Eroberung Breifache. December 1638. Rüdblid auf die Greigniffe am Schluß des Jahres.

Nicht allein der unglüdliche Krieg am Rhein ließ den Kaiſer und den Kurfürften jenen waderen Feldherrn vermiflen; die Nieder⸗ lage bei Rheinfelden war zugleich die Urfache, daß im fernen Pom⸗ merlande,, in Nieverfachfen, in Werfalen die Dinge ſich gefährlicher und trugvoller verwidelten. Das Heer des kaiſerlichen Oberfeloherrn Gallas, gefhwächt durch Entfendungen, gelichtet durch fchlechte Fürs forge,. in Folge des Wahnes, daß man mit den Schweben fertig ſei; faft aufgelöft durch Krankheit und Mangel während monates langen, winterlichen Umherirrens,“ fand enblid die Elbe abwärts und in Medienburg weitgevehnte Quartiere, mit ftheelem Blide von den Genofien des prager Friedens angefehen, vom Gebiete Holfleins fogar mit Waffengewalt abgewiefen; vom Weichbilde Lübecks und Hamburgs fern gehalten. Als Gallas in den lauenburgifchen und lüneburgiichen Landen, auf des Kaiſers Ausichreiben vom 26. Januar 1638, ermattete Truppen einzulagern gedachte, ant⸗ wortete Georg, welcher entichievener bei der Schwäche der krieg füh⸗ senden Parteien die Vertheidigung des nieverfächliichen Kreiſes im Auge hatte, am °/,, Februar? in heftigem Tone; durdy die Drobung des Falſchen zur Schonung gezwungen, blidte Gallas mit Sorgen, ber hungernde, unbezahlte, nadte Soldat mit Kleinmuth und Stumpfs finn dem kommenden Yeldzuge entgegen. Aber eben fo wenig fonnte Dandr fih von der Niederlage des Spätherbftes erholen. Pom⸗ mern war verödet durch Peſt und Krieg; Bürger und Bauern nad Preußen ausgewandert, „fo daß die Felder nur Blumen trugen ;"

ı Bufendorf 3241. Garvel, 247. 2 Deden III, 161 183. Barthold, Geſch. des Ojähe. Kriegs. EL 9

4130 Die Schweden feben fi in Pommern fell.

und kümmerlich nährte der Schwede die Trlımmer feincd Heeres aus den Borräthen, weldhe in den feften Städten aufgehäuft Tagen. Ohne Hoffnung auf Zulauf der Deutfhen barrte Bandr dem Früh⸗ ling und der verheißenen Verftärfung aus der Heimath entgegen, unmutbhig, den Oberbefehl mit dem alten Wrangel theilen zu müflen, und ohnmädtig, um neuem Berlufte vorzubeugen. Vom °,, bi8 12),, Januar 1638 rettete nur der frühe Eisgang die Infel Rügen vor einem feindlichen Befuche des Grafen Rittberg,! am Tr“ überrafchten Klitzing und Burgsdorf mit den Branvenburgern den flarfen Oderpaß bei Garz und nahmen ven nadläßigen Schotten Drommond gefangen; am '?/,, März eroberten die Sachſen die warnemünder Schanze, wiewohl fie ihren wadern Führer, Dom Vitzthum von Eiditedt, dabei einbüßten; aber nad diefen boͤſen Ereigniſſen ward die Zukunft heller. Auf die Kunde von Rheinfelden und feind⸗ lichen Bewegungen ? im Weferfande, verließen im April mehre kai⸗ ferlihe Regimenter die Elbe; in Folge ded hamburger Buündniſſes floffen dem Bandr reiche franzöfifehe Hülfdgelver zu. Bereits am .. März hatte die jchüchterne pommerſche Landesregierung, hülfs und rathlos, die Verwaltung und Rechtspflege niebergelegt, die noch unbegrabene Leiche ihres letzten Fürften und deſſen Siegel treuen Dienern anvertrauend. Da nun aud Bjelfe, feit Jahren „wegen Unvermögenheit und Fettigkeit größtentheild bettfeft”, aus Schred über den Fall von Garz am ?/,, April ftarb, konnten die Schweden ihre Eroberung gemächlich als ſchwediſche Provinz einrichten. Bandr, welcher ohne Scheu die Erbſchaft der Wittwe Herzog Franz I. in Wollin, Schweiter des Kurfürften von Sachen, an fi genommen, * und im Schloße zu Stettin Hof hielt, ward darauf nicht allein mit der oberften Statthalterfchaft in Pommern, fondern aud, wie bie Reichsverweſer den alten Wrangel auf feine Klagen heimberiefen, mit der ausfchließlichen Leitung bes geſammten ſchwediſchen Kriegs⸗ weſens in Deutichland betraut. Unter ihm gebot in Vorpommern Arel Lilje; in Hinterpommern Johann Liljehoek, und wußten durch Gewaltthat die uralten Vorrechte einft jo freiheitdeifriger Gemein⸗

! Garvel, 146. Theatr. Europ. III, 907.

: Sarvel, 257.

3 Guebriant 192.

“Nah Beauregard bei Guébriant 197 beirug der Raub zwei bis trei Tonnen Goldes.

Baners Fortfchritte in Pommern. 4131

weien leicht, nicht jedoch die Verketzerungsſucht der Theologen, zum Schweigen zu bringen.

Während Baner fih fo feftgefeht, und mur die fchwebifche Hülfsmannfchaft erwartete, blieb Gallas unthätig mit feinen dünnen Schaaren um Grabow bei Schwerin, und gedachte? noch mühſam die haltbaren Stüdte mit Lebensmitteln, wie das hungernde Wolgaf, zu verjehen (Juni), bis Bandr gegen Anfang des Juli den ſehn⸗ lichſt erharıten Zuzug von 8000 Mann aus Schweden erhielt, im ganzen Pommerlande einen Bettag (°,, Juli) anorbnete, fo wenig die Bevölkerung den Schweden hold war, und in Stettin 12 Bri⸗ gaden zu Fuß und 32 Reginienter zu Pferde, zufammen über 25,000 Mann mit 80 Kanonen mujtern fonnte, * zumal die kaiſer⸗ lihen Eoldaten haufenweife dem Stlange der Liored Toumoid und deu vollen Kornfpeichern der Schweden zuliefen. Als mit fo übers legenen Kräften Baner am '?,, Juli den Feldzug eröffnete, weiss lih den Ankoͤmmlingen, ald den zuverläßigften, die Hut unzufries ' dener Städte anvertrauend, durfte das Geſchick Oberfachfens nicht lange zweifelhaft fein. Gallas auf der Mufterung bei Dömig faum 15,000 Mann ftark, ohne Einverftändnig mit dem Sachſen, gedachte fi mit Kliging bei Neu-Brandenburg zu vereinen, und um Frankfurt Schleſien vor einem Angriff hütend, die Schweden in Pommern einzufchließen. ® Aber Baner erftürmte fhon am 29. Juli Gary, zgerfiörte den feſten Dverpaß, altberühmt feit den Kundertjährigen ‚Kriegen Brandenburgs und Pommerns, bis auf die Kirche und die Thore, um nicht noch einmal dort eine Beligung gu verlieren, vers feuchte die ſchwachen Poſten an der Pene und Tollenfe, nahm Lois, am I Tribfeed und den Paß über die Recknitz,“ überall

U Meber Bommern im Jahre 1638 ausführlich Meeraelius, Fortſezung aus der Handfhrift Balt. Etudien III, 1, 128— 133.

» Garve I, 264.

3 Tiheatr. Earop. III, 959.

° Gnehbrianf 192. Pufendorf 322. Baner warf 23 Regimenter in 12 Brigaden zufammen, welche 12,000 Mann betrugen. Unter diefen 23 Regimentern Fußvolk waren 3 heſſiſche, nur 13 nach geborenen Schwes den oder Schotten benannt; die übrigen beutiche. 20 Reuterregimenter, unter ihnen ein heffifches, Hatten nur deutſche Oberflen, waren alfo nur aus Deusfchen zufammengeicht.

5 Bufendorfle

*e Micraela a. O. 142. |

132 Erik Stange gegen Gallas. Falſchheit der Landgräfin.

durch Gefangene oder Ueberläufer fein Heer verftärfend, und bes ſonders um Malin die Quartiere des Gallas, welcher mit einer Abtheilung von Sachſen und Brandenburgern fich verbunden, blutig beunrubigend. Erik Stange, ein namhafter Kriegsmann, nad Wismar gefhidt, begann den Angrifföfrieg mit gleichem Glüde, fo daß Wolgaft am 7/,, September aus Mangel ſich ergeben mußte, und Gallas, nachdem er hartnädig bei Malin fein Standlager behauptet, vor dem Andringen des Gegnerd zu Anfang October aus dem: wüften Lande über die Havel auf Lenzen und Dömitz wid. ! (Ende October.) Verluft an Pferden, die, wie man glaubte, durch böfe Weiber bezaubert, zu hunderten fielen, hinderten Bandr, Mecklenburgs fih verfihernd, dem Nüdgehenden unmittelbar zu folgen; im Stillen rüftete er fi, die Erblande des Kaiſers, nament- lich Schlefien heimzuſuchen. Hinter Gallas fiel Warnemünde, das Schloß von Uekermünde, und blieb von allen glänzenden Erobe- rungen des vorigen Jahres nur noch das feite Demmin. AS das Kriegöfeuer wiederum dem zweideutigen niederfächfiichen Kreiſe fi näherte, und Kurſachſen fo wie die Erblande beprohete, während am Südweſtrande des Reiches Breifach die Aufmerkſamkeit Ferdinands feffelte, füllte neuer Waffenlärm längft auch das Land zwifchen Ems und Wefer.

Obgleich die heſſiſchen Stände zu Anfang des Jahres, dur Goͤtz geängfligt, am 1%,, Januar die Unterhandfungen zu Mars burg wieder aufnahmen, und am zwei Verträge auf gegen» feitige Beftätigung entworfen waren; einer die Irrungen zwiſchen beiden Häufern, der andere die Aufhebung der Kaiferlihen Ungnade betreffend: meinte die Wittwe von Kaflel, im fernen Weſtfriesland weilend, es doch nimmer reblih, und handelte im Einverſtändniß mit beiden Kronen, um die Sache. bis auf günftigere Zelt in der Schwebe zu erhalten. * Die Bergleiche * verhießen der Landgräftn alle billigen Bortheile; die Aufnahme in den prager Frieden, die Beftätigung ihrer Vormundſchaft gemäß dem Teftamente, nur mit Berathung des Better von Darmfladt in wichtigen Beichtüffen; freie Religionsübung, und bie Ueberlaßung der Abtei Hirfchfelo.

ı Bufendorf 323. Adlzreitter 378, 379.

2 Bufendorf 327. Theatr. Europ. IH, 901—908, 932, 938, Rich e⸗ lieu X, 513. Juſti 53. Teuthorn X, 295— 340.

? Länig P. Spec. Cont. II, $ortf. II, 867 884.

Bewegungen der Heſſen. 133

Dennoch benutzte die tückiſche Furſtin den inzwiſchen ‚verlängerten Waffenſtillſtand nur um ihrem Lande eine Erholung zu verſchaffen, und ſah mit Vergnügen, daß ihre Kriegsvölker in Weſtfalen, in ver Ungewißheit der Dinge, unter mancherlei Vorwaͤnden, nad ihrem Bortheil hafchten. Kaum witterten jene, mit Bernhard in geheimer Berbindung, den Anfchlag deſſelben in der Schweiz, als fie, in undezähmten Krlegsligel, von Lippftabt aus Durch Liſt fich am nahen Soeſt verfuchten, die Beſatzung blutig zur. Uebergabe zwangen, die Stabt plünderten, und mit ihrer Beute heimfehrten. Ebenfo erftürmien fie am 30. Januar 1638 das Stäpntchen Wefefe unweit Paderborn. Es würde felbft mitten unter dem Waffenftill- flande und Friedensgeichäfte das Bündniß mit Schweben, das noch vier heſſiſche Regimenter in Pommern fefthielt, erneuert worden fein, hätte nicht Melander, der auf das Ganze zu bliden und folche Kalfchheit zu verabfcheuen begann, nebft den unzufriedenen heffifchen Ständen den Abſchluß verhindert. Sobald aber Götz, mit dem heffiichen Felbherrn in. gutem Berhältnig, an ben Oberrhein: gegen Bern- hard berufen wurde, regten fih fowohl Kings Völker, des Stil; flandes untheilhaftig, um Minden, und fchidte die hefftfche Beſatzung von Lippſtadt unter dem Vorwande, daß die Waffenruhe nicht auf fie erftredt jei, 600 Mann heimlich auf Paderborn; bemeifterte fich der Stadt am "gr , und fihleppte die Beute nebft einer großen Anzahl Beamter und vornehmer Geiftlihen auf ihre Feſte.! Nichte deſto weniger drangen Melander und bie Stände, welche auch ohne die Fürſtin den Vertrag zu beflätigen broheten, darauf, daß Bader: born, als während des Waffenftillftandes erobert, herausgegeben werben müfle, und bändigten die Kriegsluſt. Darauf ließ Amalie Elifabeth gefchehen, daß durch Bermittelung des Kurfürften Anfelm Kaftmir zu Mainz an einem vollfommenen Frieden mit dem SKaifer gearbeitet wurde. Genauere Erwägung ber Zeitumftände empfahl diefen Schritt ald das rathfamfle. Bon Baner war nicht Aufhülfe zu hoffen, fo wenig ald von den Franzoſen und den Holländern; das Kriegsglüd Bernhards Tonnte leicht umfchlagen; des Kaiſers Nachgiebigkeit in ihre Forderungen war unter der Bedrohung feiner vorberöflerreichifchen Lande vorauszufehen; obenein gaben die fried⸗ lich gefinnten Stände ventlich zu verfiehen, daß fie ſich ſelbſt helfen würben, wenn bie Regentin ihre Bitten und Erinnerungen in den 2 Thestr Europ. Il, 938. PBufendosflo. Adlzreitter 375.

134 Mainzer Frieden 22. Auguſt 1638.

Mind fchfüge, und das arme Heffenland neuen Drangfalen ausfehte.

Nochmals ſchickte in ihrer Ungewißheit die Landgräfin den Herrn von

Günderode nah Franfreih, Rath und, falls Ludwig den einfel-

tigen Frieden nicht biffigte, größere Unterflügung für die Zufgnft

verlangend. Ludwig XIM., die Bebrängniß der Dame ermefiend, und in Sorge auch dieſe Bundeögenoffin zu verlieren, antwortete unbeſtimmt; beauftragte aber den Sieur de la Boderie, mit allen

Mitteln den Friedensfchluß zu hintertreiben. Er wies ferner eine

Gelvfumme in Amfterdam an, und ließ um auf alle Fälle des

heffifchen Kriegsvolkes gewiß zu fein, dem Generale Melander durch

den Sieur d'Eſtampeſs, feinen Gefandten in Holland, ſchmähliche

Anerbieten machen, damit jener, im Falle eined Friedens, feine

Fürſtin betrügend, das Heer derſelben dem franzöflichen Dienfte zus

führe! Leicht beftand ver deutich-gefinnte Mann dieſe Probe feiner

Redlichkeit. Da die Unterthanen offene Empörung droheten, und

des Sieur de la Boderie Einreden nur Frankreichs Vortheil und

den Gewinn ihrer Truppen bezwedten ; gab Amalia Efifabeth ihre

Beiftimmung zu den Friedenspunften welche am ??7,, Auguſt zu

Mainz unterzeichnet wurden. So aufrichtig wur aber das Friedens⸗

verlangen des Kaiſers und der Rachbarfürſten, daß wider Erwar-

tung der Schlauen, welche, um die Sache hinauszuziehen, die hoch⸗ fahrendften Forderungen geftellt hatte, dennoch allen durch den

Vermittler die Faiferlihe Gewähr verheißen wurde. Landgraf Georg

entfagte allen feinen Anrechten, fo daß im allgemeinen Frieden,

nad dem entſchiedenſten Siege ihrer Partei, kaum günftigere

Beringungen für Hefien erlangt werben burften. Aber mit unüber⸗

botener Klugheit hatte Amalia Elifabeth eine Bedingung einfließen

Iaffen, von deren Verwerfung durd Yerbinand fie im voraus im

Sinnerften überzeugt war, um, wenn nad) verzögerten Abichluß der

Augenblick gekommen ſei, fih die Hand zur Verbindung mit den

Reichsfeinden offen zu erhalten. Amalia Elifabeth forderte, unge⸗

achtet der Verzichtung ihrer Stände, ausdrücklich die Klauſel,? daß

ı Richelien X, 514.

2 Hui 89, ein vorurtheilevoller Lobtedner ber Faurſtin ſchaͤmt fich, die Liſt aufzudecken, und iſt unredlich genng, obgleich er ben Pufendorf Immer citiet, die Sache fo zu ſtellen, als habe Eliſabeth nur für ihre Landſtande freie Religionsübung verlangt, welche durch den Kaiſer nimmer verweigert war.

Zwar findet fich nirgends ber wörtliche Inhalt jener Klanfel „bes Religions: punftes;* Pafend. 328 fpricht aflgemein vom libero sacrorum usu nom

‚Bifige Klauſel ber Baubgeöfn. 133

nicht Allein ihr und ihrem Lande, fondern auch allen andern beut« ſchen Ständen freie Uebung des calvinifchen Bekenntniſſes zugeſichert werde; und machte von der Beſtätigung bed Kaiſers den Frieden abhängig. Wir kennen bie Unduldſamkeit der Schweden gegen bie Katholilen in ihrem Gebiete wie in Livland; bie Heffen felbft hatten überall, wohin ihre Waffen drangen, wie im mainziſchen Stifte Ariplar, in Fulda, nicht allein die römifche Kirche bedtängt, fons dern als Calviniſten auch das Iutherifche Belenntniß beeinträchtigt 3 und erwarteten, ſelbſt fo fanatiſch unduldſam, vom Kaiſer und defien katholiſchen Verbündeten vie bevenkliche Duldung und Verftärs fung einer Firchlichen Partei, von welcher die religiöfen Wirren am Niederrhein und in Böhmen ausgegangen waren. Mit erheucheltem Ruhme der Fürſorge für alle ihre Glaubensgenoſſen prunfend, obs gleich fie, bange, Ferdinand möge auch diefe Forderung bewilligen,

dem ſchwediſchen Hofkanzler Adler Salvius in Hamburg wiſſen

ließ: „beftätige der Kaiſer die mainzer Artifel,, fo wäre fie an vier jelben gebunden,” erreichte Amalia Elifabeth ihren Zweck. Feiern würden wir die Landgräfin ald das erhabenfte, chriftlichfie Gemüth des Jahrhunderts, hätte fie nicht cher die Waffen nieberzulegen

sibi solum, sed et aliis imperii ordinibus stipulando. Dagegen geht aus

ben brieflichen Grörterungen zwifchen den Gefandten der Kurfürften zu Nürnberg und ber Landgräfin im März 1640 hervor: bag Amalia Elifabeth,

welche für ihre Haus und Land ungeflörte Uebung des calsinifchen Be

fenntnifies allerdings anſprechen durfte und zugefihert erhielt, auch für „andere Kurfürſten und Stände des Meise“ (Londorp IV, 805) in unbeflimmter Weife diefe Befugniß forderte und ihre Ausfühnung mit dem Kaiſer von der Errichtung eines „neuen Religionsfrievens“ abhängig machte. Je unbefimmter Amalia Elifabeth fich ausbrädte, um fu bebenklicher mußte der Kaiſer werben, ein Berlaugen zu erfüllen, welches tief im bas innerfle Zerwürfniß der Zeit eingriff. Der augsburger Beligionsfrieden war nur auf das augsburgiiche Bekenntniß geftellt, und obgleich Ferdinand II. im prager Frieden diefe Thatfache nicht hervorhob und Brandenburg, wie Heſſen nicht ausgeſchloſſen blieben, fo Funnte der Kaifer eine fo „allgemeine Freiſtellung,“ einen neuen Religionefrieben, um fu weniger gleichgültig zu⸗ ſichern, als bie aͤchtlatheriſchen Stäube ben Galsineen noch feindlich gegen: überfauben und erſt Fürglich zwiſchen der Stadt Bremen und dem Erzbiſchof boͤſe Händel deshalb ausgebrochen waren. Obenein wußte man fo wenig in Wien wie in Nürnberg, zu welcher Stände Beſtem Amalia Cliſabeth ihre Forderung erhob? Sie redete fpäter von „heſſiſchen Lehngraffchaften und Ihren Angewandten,“ ı Garvel, 265 Adlzreiter 384.

x

136 Karls I. Beſtrebungen für Pfalzgraf Karl Ludwig.

gelobt, bis unumfchräntte Gewifiensfreiheit allen veutfchen Lands; leuten, nicht blos den herrſchenden Ständen reformatoriſche Willlühr erfämpft ſei. Ein fo hoher Gedanke am. aber nicht in ihre enge Seele; fe bezweckte nur Verbreitung ihres calvinifhen Befennt- niffes, einen Gewiſſenszwang, vor welchem der Kaifer die Stifte zu ſchützen Hatte, welde man ihrer Eroberungdfudht preis gab. Das Berfänglichfte bei ihrem Anfinnen war, daß der Kaifer, nicht berechtigt ohne die betheiligten Iutherifchen Stände daſſelbe zu bewil⸗ figen, den Vorwurf der Friedgehaͤßigkeit und Unduldſamkeit tragen, und der Heffin, wurde auch nur ein Wort in der Urfunde vers ändert, immer den Vorwand zum Bruch bieten mußte. Ferbinand prüfte darum langfam und ließ den Frieden das ganze Jahr uns beftätigt, überzeugt, daß die Landgräfin wider den Willen Melans ders und ihrer Unterthanen den Krieg nicht fortiegen werde. Da auh die Schweden, ihrer geheimen Abfiht kundig, das heffifche Gebiet ſchonten, erholte fi) der Landmann von feinen Plagen, * während im ungeftörten Beſitz der Eroberungen in Weftfalen und Friesland, die tückiſche Wittwe mit ihren Kindern im fernen Grönin: geu oder in Delfzyl auf ihre Gelegenheit Tauerte.

Dennoch war ihre Partei unzufrieden, daß fie ſich ſtill verhielt . und einen wichtigen Zeitmoment in Weftfalen vorübergehen ließ. Rämlih König Karl von England, vol Schaam für das Geſchlecht ſeines vertriebenen Schwagers, des Kurfürften Friedrichs V., nichts zu thun, hatte zu Gunften des Pfahgrafen Karl Ludwig, welcher im Haag lebte, ein Angriffsbündniß mit Sranfreih und Echweben zu fchließen geſucht.“ Aber der Vertrag war bei dem berechnenden Eigennuge der Parteien nicht zu Stande gefommen. Frankreich, um England in den Krieg hineinzuziehen, hatte die Bürgfchaft für Loth: ringen; Schweben für Pommern gefordert, wenn fie den Pfalzgrafen zur Gewinnung feines verlorenen Erbes behülflih wären, und Schweden war obenein nicht geneigt, den Ehrgeiz des eiteln, Iandlofen, genußſüchtigen „Kurfürfien von der Pfalz“ zu befrie- digen. Zwar rechneten Königemarf und King, welche in Minden, Nienburg, Osnabrück und Vechte 4700 Mann Fußvolk und 1300 Reuter zählten, auf die Verbindung mit Heſſen und den neuzu⸗

& Theatr. Europ. III, 872.

» Rielieu X, 451, 525. Pufendorf 328. Adlzreitter 375. 'Thestr. Europ. III, 943.

- Dee Pfalzgraf verliert Meppen darch die Saiſerlichen. 187

werbenben Bfälern; da jedoch Bandr dieſe Berbindung ohne die Geneh⸗ migung der Reichöverweier verwarf, mußten jene, fo verlafien fie waren, fh allein auf die Behauptung ihrer Pläge gefaßt machen. Unterbeß hatte der Pfalzgraf, unterftügt mit fpärlichem Gelde feines Oheims und durch freiwillige Beifteuer einiger englifchen Großen, beſonders der Lords Gray und Eraven, feine Werbepläge an der weftfälifch-friefts fhen Grenze eröffnet, und mit den Schweden, fo wie mit den Erben des Feldmarſchalls Kniphaufen, dem nad) Guftav Adolfs Schenkung Meppen gehörte, fi) um die Summe von 80,000 Thalern verftändigt; die ſchwediſche Befagung, am 14. April audgezogen, batte den von Kniphauſen und Guſtav Guſtavsſon vortrefflich befefligten Ort dem Pfaͤlzer ald Waffenplag anvertraut. Aber dem Scharffinn des kai⸗ ferlihen Hofed war die gefährliche Einniftung des Pfälzers nicht entgangen; um zeitig vorzubauen, hatte Ferdinand bereitö im März monat den Grafen Melchior von Hapfeld, welcher ohne Kriegsbefehl in Wien weilte, die Bildung eines Heeres im weftfältfchen Kreife übertragen, und von Gallas' Bölfern aus Oberfachfen und aus Medlenburg im April neue Entfendungen angeoronet. Bereits am 15. April gingen Regimenter aus der Gegend vun Danneberg unter Führung des Grafen von Rittberg und bes Grafen del Maeſtro und Brevows an Braunfchweig vorüber, ' deſſen Fürft, wie das Landvolk den hungrigen Gäften keinen Borihub that, und Tangten am 13. Mai bei Neuſtadt an der Grenze der Graffhaft Schaum: burg an, in deren Nähe und bei Werben King und Königemarf durch entichfoßenen Weberfall den Unvorfihtigen manden Schaden zufügten. * Doc verhinderten die Unfälle nicht, daß nicht Meppen, der Waffenplag des Pfalzgrafen, fchon am '/,, Mai durch Liſt und Ueberrafhung. vom General» Wachtmeifter von Behlen, mit Hülfe der Befehlöhaber von Rheine und Münfter, erobert und den hochſtrebenden Plänen des Pfalzgrafen hier ein Ziel geftedtt wurbe. ° Der pfätziihe Befehlshaber von Horneck büßte feine Unvorfichtigfeit mit dem Leben; am längften hatten die Pfälzer fih in den Baftionen „Eleonore, Ehriftine und Guſtav“ gewehrt. Karl Ludwig, ermuthigt durch feinen Bruder Ruprecht, den fpäter fo berühmten Paladin des ungtüdlichen Haufed Stuart, und durch die englifhen Lords ſammelte, ı Garvel, 255.

s Bufendorf 328. Carve I, 257, 260. 2 Mufendorfl. co. Theatr. Europ. IH, 943. Adlzreitter 376.

18383 Ferdinand TIL. in Prag. Hatzfeld gegen den PBlalzgrafen.

in Arnheim Hof haltend, auf Vorſchub der Holländer, neues Bolt’ um Nimwegen und Wefel, umterhandelte, ald Amalia Etifabeih nicht traute, mit Sing, welcher ſich endlih den Oberbefehl des maßlos ehrgeijigen Jünglings gefallen ließ, weil er feldft in feinem vereingelten Quartiere fi beengt fühlte, und mit feinem Heere am

er hei Stadlo mit dem Pfälzer fi vereinigte. ? Im feinen . .

Erwartungen arg getäufeht, fand der Schwere ftatt 5000 Mann faum 2000 verwöhnte Holländer, dagegen den Kurfürften und defien Bruder Ruprecht umgeben von einem prunfenden Gefolge englifcher Lords und kriegdunkundiger Höflinge. Ä Unterbeß hatte die gefahrdrohende Umgeftaltung der Dinge in Ober⸗ und Rieberfachfen, in Weftfalen und am Rhein den Saifer aud Wien mit feinen Räthen und dem Reichshofrathe nad Prag gerufen, um dem drangvollen Schauplape des Krieges einigermaßen näher zu fein. * In ber Hauptftabt Böhmend ange fommen, (13. Juli) berieth Ferdinand mit den Gefandten Kurs Brandenburgs und Sachſens den Gang der Greignifie; hielt mit Sohann Georg in Leutmerig * eine Zufammenkunft, , deren Folge der leider fpäte Befehl an Marin, Feldmarſchall des ſaͤch⸗ ſiſchen Heeres, war, den an die Elbe gebrängten Gallas aufzunehmen. Ungeschtet Breifad des Kaiſers Sorge überwiegend in Anſpruch nahm und mancherlei Verſuche zur Rettung deſſelben in Böhmen erjonnen wurden, hatte Ferdinand jedoch auch den Feldmarſchall Hatz⸗ felo in den Stand gefegt, dem pfaͤlziſchen Abenteuer Fräftig zu begegnen. An des jungen Pfaͤlzers Bahnen heftete fih das Mißgeſchich, wie an die feines Vaters. Bereit am 26. Auguft mufterte Hatzfeld eine aus den Beſahungen und von Gallas gezogene Heeresabthei⸗ Iung von 8000 Mann bei Hamm und Lippftadt, 5 wandte fih auf Dortmund und Redlingdhaufen, und fehidte, dem Gegner den Weg auf Meppen abzufchneiden, welche Feſte King und ber Pfalzgraf fiber Hafelüne erreichen wollten, den Oberf-Wachtmeifter Freiherrn von Weſterholdt auf Rheine. ® Bereits 558 heimgeſucht durch Streife ı Bufenborf 330 Richelien X, 4682. 2 Thoatr. Europ. II, 971. 3 Theatr. Europ. III, 956, 958. Carve I, 28%. s Daf. 272. ° Earve I, 274. Bufenborf 8330. Theatr. Europ. IE, 976 |. Richelieun a. a. O. Adlzreitter 37.

ESchlacht bei Vlotho 17. October 1638. 139

ſchaaren aus Münfter, zogen fi King und der Pfalzer, das offene Münfterland graufam verheerend, über Odnabrüd (24. September) auf die Grafſchaft Lippe, indem King gedachte, den Hauptort ders felben, Lemgo, raſch zu erobern und die entmuthigten Holländer darin aufzunehmen. Schon belagerten fie Lemgo mit dem Gefchüge Mindens, als Habfeld, von Dortmund aus gefolgt, zum Entfage erfhien. Anfangs wieſen Kings und des Pfalzgrafen Neuter bie Angreifer muthig zurüd (?/,, October); als fie jedoch inne wurben daß Hatzfeld mit ganzer Mannſchaft herandringe, verließen fie zau⸗ dernd am °/,, October Abends und am folgenden Morgen die um» fagerte Stadt und wollten über Blotho dur die Grafſchaft Ravens⸗ berg die Wälle von Minden gewinnen. Uber Hapfeld hatte unterdeß die Brüde bei Gohfeld, ohne welche die Weichenden nicht nad Minden gelangen konnten, abbrechen laſſen, und ereilte am “., October Nachmittags die zwifchen Wefer und Werre Eingeengten fo uner⸗ wartet, daß felhft King, Guſtav Adolf Schüler, und Koͤnigsmark die Geifleögegenwart verloren. Da jedoch nur die Fatferlihen Reuter zum Gefechte ſich entwidelten, Tonnten die Pfälzer und die alten Regimenter Kings zwei Stunden den Sieg ſchwankend machen; den rechten Talferlichen Flügel führten Weſterholdt und Ludderſſen, Vice⸗ marfhall ded Herzogs von Lothringen; auf dem linken fochten Hadfeld und Beter Goͤt mit fo perfönlihem Muthe, daß der Letztere von einer Gefchlipfugel tobt nicdergeftredit wurde. Da fprengte ein Angriff von Hatzfeld in der dritten Stunde mit der ſchweren Reus terei die unorbentlich aufgeftellten pfälzifchen und ſchwediſchen Söldner fo haliungslos ans einander, daß über 2000 alte Kriegsleute auf dem Schlachtfelde oder in der Wefer ihren Tod fanden, mehre Oberften gefangen, alles Gepäd und Geſchütz der Feinde und 41 Yähnlein und Standarten erobert wurden, ohne die reihen von blauem Doppeltaft mit Silber geſtickten, mit welchen die Sieger fih ale mit Schärpen fihmüdten. Gefangen ward ferner Pfalzgraf Ruprecht, deffen Stellvertreter General⸗Lieutenant Ferenz, zwei englifche Lords von großem Reichthume. King rettete ſich verwundet nach-Minden, wohin auch ber unglüdlihe Pfalzgraf, das glänzende Zeichen des eben empfangenen Hoſenbandordens und feinen Schmud im Stiche laſſend, zu Fuß fich flüchtete, da fein von ſechs Roſſen gezogener Wagen das jähe ftelle Ufer ver Wefer nicht erflimmen konnte und von den Wellen verfchlungen wurde, und er ſelbſt fih nur mähfem

140 Bernhards Geſandier Truchſeß in Paris.

am Weidicht binaufarbeitete. - Nach dieſer ſchmaͤhlichen Niederlage ſo ſtolzer Hoffnungen des Pfalzgrafen vertheilte King den Reſt in die feſten Staͤdte; Pfalzgraf Ruprecht ward aus Warendorp unter ehrenvollem Geleite nach Dortmund geſchickt.

Aber dieſer Sieg, zur Schadenfreude Richelieus,! welcher den König von England längft wegen ſeines Geizes und feiner Klein⸗ müthigfeit bitter fchmähete, von den Faiferlihen Waffen in einer entlegenen Gegend Deutichlande erfochten, gab geringen Erfak für den Berluft im oberfächfifchen SKreife, und minderte nicht die Gefahr- Vorderoͤſterreichs um Breiſach, deſſen Fall weder Huge Unterhand- lungen noch Liſt, noch die Aufopferung ganzer Heere verhindern fonnten.

Gleich nah dem Tage von Wittenweier hatte Truchfeß, nad Barid gefhidt, den Sieg zu melden, ? durch Bernhards Lobſpenden zwar huldvolle Schreiben ded Königs und der Minifter an Gu6- briant, welchen der Hof „an Tapferkeit mit Mofes, an Weisheit mit Aaron“ verglih, und neue Eingeſtändniſſe Ludwigs erwirft, welche dem Ritterfinne des ſtolzen Sachſen volle Befriedigung ges währen durften; aber die vielfach angelobte Unterſtützung blieb aus. Der Herzog von Longuerille, welder im Juli Heine Vortheile gegen den verlaßenen Lothringer um Poligny erfocht, jene Stadt am 28. Juni, Arbois am 9. Juli einnahm,“ Ghamplitte am 26. erftürmte, und dennoch die geiheilte Kraft des Lothringers weder aus ber Sreigraffchaft, noch aus Lothringen vertreiben konnte, behielt fein Heer beifammen; Bernhards Abgeorbneter erlangte mit Mühe die vertragsmäßigen Gelpfummen und mußte ftatt freudiger Hülfe leidige Vertröftungen, ja Fränfende Reden des Karbinals über die Forderungen feines Herrn hinnehmen, indem die frangö- fifhe Politik, bange vor felbftftändiger Macht des Herzogs, das Gefühl der Abhängigkeit von der Krone ſtets in ihm lebendig zu erhalten trachtete.* Alles dieſes erhöhte die Verſtimmung des Sachſen, welder feit dem Ende des Auguft, unter Anfechtungen, die wir bald fennen lernen werben, bedenklich ſiech in Kolmar dar⸗ nieder lag, zu dem Grade, dag er in einem heftigen Tone an Truchfeß und an den König. fhrieb (Kolmar 15. September), * deu

Nichelien X, 452.

> Öuebriant 82 f. 89. Röfe II, 255. 2 Richelieu X, 336.

@ Hug. Grot. ep. 1047

° Möfe MM, rk. 42, 43.

Beraharde Brüder ſuchen Ihn von Frankreich abzuziehen. 141

Beruf aller erfämpften Bortheile, fo wie feinen Untergang vers fündete, und unverholen die Zucitlofigkeit feiner wenigen frangd« ſiſchen Mitfreiter und die Unredlichkeit ihrer Offiziere ſchilderte. So blieb Bernhard in der Nähe großer Gefahren auf ſich jelbit anges wiejen; während Goz am 1%,, Auguf um Stadt Weil (Weilers Radt) bereits 6000 Mann wieder verfammelt hatte, die Streifihaaren Ehms längft über Offenburg hinaus auf das Lager bei Breifach ge- jagt waren, und in Prag, Münden und Bejancon machtvolle Anftalten zum Entfab der Fefte verabredet wurden.

Wie der Ältere Kaifer früher, hatte auch Ferdinand II. bie Hoffnung nicht aufgegeben, den abtrünnigen deutfchen Fürften, Frank⸗ reichs furchtbarſten Feldherrn, für die Sache des Reiche zu gewin- nen, und bereitö nad Bernhards Vebergange über den Rhein den Kurfürften Johann Georg veranlaßt, die Vermittelung durch Die Brüder des Herzogs zu verfuchen. Doc erft nach langer Bedenl⸗ lichkeit hatten jene, Theilhaber des prager Friedens, aber unter ber Laft der Kriegszüge faſt erliegend und die Ahndung des Kaiſers wegen Bernhard fürchtend, über ſich vermocht, den früheren Geheim⸗ ſchreiber deſſelben mit Talferlichen Päflen an den Rhein zu fenven. Der Abgeoronete am *%,, Juni im Lager Weimars angelommen, erledigte fich feined Auftrags, meldete die Roth des erneftiniichen Landes, die Bereitwilligfeit des Kaiſers zur Verſoͤhnung, wagte aber nicht im Namen jener Mittel und Bedingungen vorzufchlagen, indem fie zwar keine Umgeftaltung des Reihe durch Waffengewalt, jedoch Förderung ihres Hausintereſſe durch die machtvolle Verbindung des Bruders wünfchten. Bernhard, im Fluge feiner Siege, ſetzte feinen ungewißen Bortheil Üiber das Wohl feines Haufed und des gefammten Baterlandes, ſandte mißbilligend die Anträge feiner Brüder nad Paris und an den Orenftierna, erhielt die Belobung des Königs, zeigte fih um fo entrüfleter, ald man kaiſerlicherſeits, um Miß⸗ trauen auszuſaͤen, abfihilih das Gerücht verbreitete, er werde abfallen. So entließ er am „-TF. den Abgefandten, wie ein Lob- redner des erneftinifchen Haufes fügt. ? „mit einer edlen, vaterlaͤndiſch⸗ gefinnten Antwort,“ wie aber die beutfche Gefchichte fchmerzlich befennen muß, mit dem verräthertfchen Zugeſtaͤndniſſe: „Frankreich und Schweden hätten bereit Bevollmächtigte nad Köln und Hamburg

Röfell, 281. Richelien X, 328. 2 Theatr. Europ. IV, 15. Röfe U, 284 Ann. 100.

142 Des Kaifers Auträge an Bernhard durch Savelli.

geſchickt, um die Borfchläge Defterreichd zu vernehmen, und auch er werde gemeinfchaftlihe Sache mit jenen den Berderbern Deutſch⸗ lands machend, feinen Gefandten dahin abſenden, wenn er PBäfle erhieltel" Aber auch unmittelbar von kaiſerlicher Seite waren unters befien dem verblendeten Fürſten, welcher Herr feiner Handlungen und ihrer Folgen zu fein wähnte, günftige Anträge gemacht worden. Savelli, der Haft entiprungen, und von faiferlichen und ſpaniſchen Miniftern und vom Kaiſer felbft ermuntert, * fchrieb am 10. April aus Heilbronn an den Herzog, feine Flucht entfhuldigend, und ver- fangte Ort und Stunde zu Unterhandlungen. Es ſpricht für die gutmüthige ehrliche Befchränktheit der öfterreichifchen Politik, daß fie den Bernhard von Weimar für loyal genug hielt, unter den anger tragenen Bedingungen, etwa unter Verheißung der Amneftie, von BVortheilen für fein Haus, von einträglicher Feldherrnſtelle, oder höch⸗ ſtens von ein Paar öfterreihifchen Grafſchaften, aus feiner Berirrung surüdzutreten. Wie follte ver Sachfe, durch Guſtav Adolf Ermun⸗ terung losgefagt von jedem altgeichichtlichen Vorurtheile, fich leiten laſſen durch jo Heinliche Beweggründe, er, mitten unter feinen Er⸗ oberungen, das Schwert nieverlegen, um die taufend blutenden Wunden des Baterlandes zu heilen? Chrgeiz, Ländergier und Haß gegen Defterreich ließen ihn nicht zur Befinnung fommen, daß ein Ende des Krieges, durch ihn herbeigeführt, ihn zum Wohlthäter des gefammten DVaterlandes erhob, und daß er feinen Freunden bie Gewährung mäßiger Wünfche fchaffen fonnte, wenn er mit dem Reiche fih ausföhnte. Er focht nicht, um etwa feinen Glaubensgenoſſen die ftreitigen Stiftögüter zugumenden, welche doch der Haupigegens fand ihrer Klage waren; an den vertriebenen Pfälzer wurde kaum gedacht; er focht, um fib ein Reich zu erobern, und, unduldfam gegen anderd Glaubende, dafielbe auf die Partei ver Proteſtanten zu fügen. Da ihm am wenigften der wortbrücdige Italiener zu folder Bermittelung zufagte, ſchwieg er auf den erften und naͤchſten Antrag vom 24. Auguſt, und antwortete erft auf die dritte vorwurfovolle Aufforderung vom 5. September am 13. diefes Monats von feinem Kranfenlager in Kolmar: „ver Feldmarſchall möge ihn mit foldhen Zumuthungen verfhonen; er laſſe zwar geichehen, daß des Duca Ereellenz,, alt adeligen Geſchlechts, ed mit dem H. Römifchen Reiche gut meine; aber befremvend müße ihn vorfommen, daß feine Ercellenz ı Rielien X, 228. Röfe I, 285. Anm. 101.

Umfepliefung Breiſachs. 143

einen geborenen Furſten von Sachſen in Vaterlandoͤbebe und im Zugenden unterrichten wolle, die er mit feinem hohen Geblüte eserbt habe, und meine, ihm fagen zu midien, worin Ruhe, Sicherheit und Wohlfahrt des Baterlamdes beſtehe!“ Gewiß nicht ohne Seelenbewegung wied Bernhard, von Frankreich wit Eifer ſucht und Unruhe betrachtet, im Drange der Gefahr ohne Hülfe, die Mittel ab, feinen Brüdern zu nügen und dem Reiche durch die Ausſoͤhnung zur Ruhe zu verhelfen. Klar war ed, daß durd ihn allein Ludwig XIII. hoffte, gegen den Kaijer im Felde zu beſtehen, und deutihen Boden zu gewinnen. Bernhard kannte die Abficht Frankreichs und billigte fie fo wenig wie Guſtav Adolf, obgleich auch feine bochfirebenden Ermwerböpläne den Umſturz aligeheiligter Rechtöverhältnifie des Reichs bezwedten; aber er, ber jchwache Sterblide, vermag fih, in der Dauer feines Lebens den Schaden wieder gut zu machen, den er jet dem Vaterlande brachte, und über diefem Wahn und diefer Vermefienheit ward er ein Ders rätber Deutichlands an Frankreich, das nach feinem übereilten dunk⸗ lem Tode die Früchte feiner Siege an fih zu raffen verftand! Vebrigend rädte Ferdinand IH. die Unverfühnlichkeit Bernhards wicht an feinen Brüdern; fie erhielten zu Prag ohne Zögern die Beleh⸗ mung mit ihren Reichöländern, die natürlich dem offenen Feinde des Kaiferd, dem Eroberer Breiſachs, vorenthalten wurden, zumal er auch erneute Verſuche König Chriſtians von Dänemark beharrlih abwies. Unter jener Prüfung durd) den Kaifer und den argflugen Kars dinal, welder in Bernhards ſtolzer Seele lad, begann die Umla⸗ gerung Breiſachs nad nieberländifcher Weife, indem man an Ueber⸗ wältigung durch Sturm oder Beichießung zweifelte; oberhalb deſſelben den Rhein durch Ketten fperrte und auf der deutſchen Seite alle Außenwerke im Halbfreife vom Rhein bis wieder zum Rhein mit einer Reihe feſter Schanzen und Bollwerfe, jede hinter doppelten Gräben, umfchloß. * Niedergerifiene Ortichaften und die Feſte Kenzingen, deren Mauern ganz abgetragen wurden, gaben Stein und Holz um die Echangen aufzuführen, und dem Herbfllager das Bild einer neuen Anfievelung zu gewähren. Drei Schiffbrüden, welche zwei Infeln im Strom verbanden, deren eine Weimars Hauptvorräthe ı Möfe II, 249 über bie Page Breiſachs; auch teutſcher Florus 428.

Buobriant 85 ff. Pufenborf X, $ 53, 54. Adlzreitter 372. Theatr. Europ. HI, 954. 984, 900. Garve I, 286.

144 Verſuche Breiſach zu verproriantiren.

enthielt, erleichterten am ſüdlichen Ende dieſer Umwallung den Uebergang nach dem linken Ufer, wo dieſelbe weniger feſt war; feſte Schanzen hinter Gräben, vertheidigten dagegen die Anfänge und Ausgänge der Brücken, ſo wie die Verbindung der Inſeln untereinander. Waͤhrend des Auguſts, Septembers und Octobers arbeiteten viele Tauſend Soldaten und Bauern unter ſchwerer Muͤhſal und fnapper Koft an diefen Werfen, welde einen Umfang von drei Wegftunden gehabt baden follen. Die Obriften Schönbed und Kluge, von Guebriant unterftüßt, leiteten die Umfchließung, während Bernhard in Kolmar frank lag. Aber bald entwidelte der Feind energifche Thätigkeit die Mühen Weimar zu vereiteln; die ſchwarz⸗ walder Bauern erfchlugen gegen 1000 Soldaten, welde in ihr Gehege fih wagten; neugeworbene Balern zeigten fih in ftarfen Haufen vor Duttlingen (); zwar vereitelten Die Oberflen Roſen und Kanowski am °,, September einen Verſuch des Gene- ralwachtmeiſters von der Hort, mit einigen Tauſend Reutern, welche jeder einen Sad Getreive auf dem Pferde führten, Breiſach . zu verforgen, ‚indem jene im Thale St. Peter überfallen wurben; ? nichts deſto weniger ſchlichen fih dreihundert waghalfige Kroaten bei Drufenheim über den Strom, brachten auf dem linfen Ufer drei⸗ hundert Säde mit Mehl in ver Nacht vom 1%,, September in bie Zeitung, freilich nur den Bedarf weniger Tage, und kehrten ohne Schaden zurück. Solche Heine Verfuche, unter denen am nebft vielem Schlachtvieh und Pferden, Schaffalisft und andere Oberften in feindliche Gewalt geriethen,“ waren aber nur die Eins leitung zu größeren. “Der Feldmarſchall Götz mit den Baiern über 6000 Dann ftarf, und eines Zuzuged Lamboys aus deu Nieder landen von 4 bis 5000 Mann gemwärtig,* (der jedoch am 2. October erft bei Höchſt über den Main ging), drang über Villingen, Rotweil und Neuſtadt mit der Erndte Wirtembergd. heranz der Anſchlag jedoch, daß Savelli auf dem linfen Ufer berauffteigend, die hüninger Schanze anfalle, Herzog Karl aus Burgund herbeigeeilt, die Brüde von Reuenburg erflürme, und Goͤtz das Lager vor Breiſach gleich⸗ zeitig überrafhe, warb durch aufgefangene Briefe Bernhard früh

ı Simpliciffimus 443, war dabei.

2Pufendorf 337. Laguille a. a. O. Richelien X, 329. 2 Pheatr. Europ. III, 983.

Adlzreitter 372. Theatr. Europ. ZI, 983.

Franzoͤſiſche Hülfe. Anrücken des Lothringers. 145

verrathen oder ohne einmüthiges kluges Einverfländnig zur Aus⸗ führung verſucht.“ Solches Zuſammengreifen zu hindern traf Bern⸗ hard noch von Kolmar aus die vorläufigen Maßregeln, verſtärkte feine Linien, und ließ in der Radıt vom das große Bollwerk, welches den Zugang zur Brüde nad der Inſel vor Brei- fach vertheidigte, erfteigen. ? Aber die Schwierigkeit ermeflend mit feinen gefhwächten Kräften dem Anfchlage der Feinde zu winerftehen, beſchwor er Richelieu drohender um eilige Hülfe von 10,000 Mann. - Denn noch weilten feine Boten unerledigt in Paris, ſchmückten bie Wiege des neugeborenen Dauphins, Ludwig XIV., mit eroberten Fahnen, und brachten es endlich dahin, daß der Kardinal 2000 Mann und das ganze Heer Longuevilles verfprach, falls der Loth⸗ ringer an den Rhein zöge. Indeß blieb die Unterſtützung noch ungewiß, indem der Abgeordnete Bernhards auf die Berfon des franzöfifhen Prinzen als flörend verzichtete,’ und darım hatte Gusbriant, dur den König am 2. October beauftragt, den Miß⸗ muth Bernhards zu begütigen, * einen harten Stand. Erſt am 14. October erfchienen 2000 Franzoſen, fehlecht bewaffnet und ohne Kriegögeräth, über Neufchatenu herangelommen um Mühlhaufen, in Angſt vor dem Lothringer, welcher, ungehindert durch Longueville, mit 3000 Mann Fußvolf und beveutenden Vorräthen fi beeilte auf weiten Ummegen, durch 1500 Reuter des Feldmarſchall Goͤtz ver: ſtaͤrkt, im Einverſtaͤndniß mit jenem ven Angriff auf Breifach zu wagen. Durch Rofen von Landöfron aus von der Gefahr benad- richtige, rief Bernhard, noch ſchwach zu Kolmar am 13. October fein Roß befteigend, haſtig einige auserlefene Regimenter aus dem Lager, *,. October, über 2000 Mann auf Enfisheim, ficherte den Heranzug der zagenden Franzoſen und ritt die Nacht hindurch gegen den Feind. AS der Kothringer bei Tann über das Ochfenfeld auf Sennenheim (Eernay) marfhirend am °/,, October den fhladt- fertigen Herzog von Weimar unerwartet erblidte, ° entſetzte er ſich nicht; ſchickke die Wagen mit Vorräthen auf Tann zurüd, und

s Röfe II, 253. Anm. 68.

2Guébriant 86.

Kichelieun X, 329.

® Buebriant 86.

s Apfzzeitter 373 unvereinbar mit Röfe II, 257. Le Baffor IX, 2, 92. Theatr. Europ. IH, 984. Pufendorf 337. Erlach II, 388. Tentfcher Florus 441. Rich elieu X, 330. Baffompierrell, 773, 774.

Barthold, Bei. des SOjähr. Kriege. IL 10

146 Schlacht bei Tann 15. October 1638.

nahm entfchloßen das Treffen mit feinen Reutern auf. Diefe aber, feien es die von Götz gefendeten, oder Die eigenen des Lothringers, flohen nach dem erften Widerftande auf Tann, während das Fuß⸗ volf, obwohl gelichtet durch das feindlihe Geſchütz, den linken Flügel Weimars durchbrach und felbft noch dem herbeteilenden Her⸗ zoge im mörderifhem Kampfe zwei Stunden hindurch den Sieg ftreitig machte. Jedoch entblößt von der Reuterei verſchwendete Karl feine und des Fußvolks Tapferkeit ohne Erfolg. Bernhard zog neue Unterfügung,, nicht die Franzoſen, beran, und gegen den Abend wich der Lothringer mit feinen getrennten Haufen auf Tann, auch die Vorräthe rettend, da Bernhard das Beutemachen verboten hatte, feine Reuterei, ermüdet, nicht verfolgen Eonnte, und ungefäumtes Umwenden nad einer anderen Stätte der Gefahr nöthig war. ' Außer dem lothringiſchen Geſchütz, den Fahnen u. f. w. war der namhaftefte Gewinn die Gefangenfchaft des Burond von Bafloms pierre, jenes Neffen ? des alten Marſchalls, der noch auf der Baftille die Zeit beobachtete; erft Fürzlih vom Kaiſer zum Generalfeldzeug⸗ meifter erhoben und feit ſechs Tagen vom Heere Hatzfelds aus Meftfalen zu feinem Better, dem Xothringer gefommen, ſchaͤmte er fih der Rettung durch die Flucht der Reuterei, und ward, tapfer fechtend,, gefangen genommen. In der Nacht nad Kolmar gebradt, und in fchwerer Sorge um den Herzog, mußte Baflompierre in hofmännifcher Rede gewandt, ſich gleichwohl eine gute Aafnahme bei Bernhard zu bereiten.” Es war aber die höchſte Zeit, daß diefer, ſchwach von der Anftrengung, über Enfisheim nah dem Lager von Breiſach zurüdeilte (17. October); denn nicht allein drohete Götz, mit Lamboy bereitd vereinigt, heran, fondern auch Savelli, unterhalb Straßburg über den Rhein gegangen, um mit Karl fih zu verbinden, blieb auf dem linfen Ufer und erregte die Beforgniß eines Angriffs auf die ſchwächere Seite der Umfchließung. Kaum war am °/,, Detober die Brüdenfhanze, * dem linken Ufer 2 Brief bei Erlach II, 393. Baffompierre H, 774. Ries lien X, 330, dem Lothringer auch nicht den Ruhm perfönlicher Tapferkeit goͤnnend, laͤßt ihn mit feinen Begleitern nach Tanıı fliehen, Adlzreitter dagegen erſt folgenden Tages in fieghafter Haltung jene Stabt erreichen. = Faͤlſchlich macht Röfe a. a.D. ihn zum Sohne des Marfhalls Baflumpierre. 3 Theatr. Europ. UI, 985. s ®agnille a. a. O. Bernard 431.

Goͤtz in den Linien von Breifach geſchlagen. 147

zunächſt, durch Schönbed erflärmt, und hatte Guebriant, Durch einen Veberläufer von der Wehrlofigkeit des nahen Forts unterrichtet, * die Brücke über den zweiten Arm des Rheins durch Schmidtbergs und Schoͤnbecks Soldaten zum Theil zerflört, als Götz und Lamboy leider um 4 Tage zu fpät über Sreiburg ber, vor dem Lager von Breifah erfhienen,? %,, Detober, in deſſen Umfang Bernhard, Saum im Stande auf dem Pferde ſich zu erhalten, nebft jenen 2000 Franzoſen Longuevilled unter Roque⸗Servieres, Guebriant und Turenne ſich befanden. Als ver Faiferlihe Feldmarfhall, um auf den Befehl feiner Gebieter alled um Breiſachs Befreiung daran zu feßen und von Reinachs ſteigender Roth unterrichtet, in Schlacht⸗ ordnung aufgeftellt, * die Belagerer nicht ind Freie herausloden fonnte; er, auf Neuenburg zurückgehend, am 1?/,, October wieder⸗ gefehrt, ohne Erfolg bie hohe Hauptſchanze vor dem Lager ange- griffen; zeigte er fi am '*,, October in der Begleitung von 400 Wagen mit Lebensmitteln zum dritienmal, und begann um Mitter- naht mit furchtbarer Beſchießung dad heiße Tagewerk, weldes feinen Ramen als eines tapfern zum Tode bereiten Dieners unzwei⸗ felhaft herftellte, aber, mißlungen, ihn der Anklage preisgab, aus Irrthum oder aus geheimer Mißgunft den Mitfeldherrn nicht zur entfcheidenden Stunde die Hand gereicht zu haben. Schon bie zögernden, ungewißen Maßregeln feit vier Tagen verriethen Uneinig« feit der Feldherrn; nur überftimmt von den General» Wachtmeiftern Sol und Lamboy lieg Götz das Wagſtück unternehmen. , Schon hatte Götz, in der Abficht die Ummallung zu durchbrechen, vermits teift der von Weimar gefchlagenen Schiffbrüden über beide Arme des Rheind den Entſatz bineinzumerfen und die Belagerer zum fhmählichen Abzuge zu zwingen, zwei Schanzen am ſüdlichen Ende der Linie durch zwei baierſche und ein Faiferliched Regiment, welche durch die Gräben wateten, befeßt; die Schanze vor der mittleren Brücke dem Schotten Lesly abgerungen, und die Brüde, welche zu den Infeln und den reichen Borräthen Bernhards führte, die Ver⸗ theidiger überwältigend, erreicht; fchon Tonnte, wenn auch nur zwei

ı Ridelien X, 331. 2 Adlzreitter 373. Guébriant 87. Fritſch 167. Theatr. Europ. IH, 991. Bufendorf 338. Roͤſe 11,269. Riche lieun X, 332. = Bualdo 524, den Grafen Gib in Schub nehmend, verwechfelt bie Schlacht von Wittenweier mit der Befürmung der Linien. . 40 *

148 , Rüdzug des Feldmarſchalls Goͤtz.

Schiffe. aus den Ankern gehoben waren, das Heer der Belagerer auseinander gerißen werden.“ Bernhard, wie Beſtürzung das Lager erfüllte, ‚Trank aus feinem Zelte ins Getümmel geeilt, zagte an der Eroberung Breiſachs, der Frucht fo raftlofer Kämpfe und Siege; Tod fuchend fprengte er, begleitet von dem ritterlichen Gué⸗ briant, von Turenne und feinem Gefolge, auf die größere Infel und ermuthigte durch feine Gegenwart die Weichenden. Nach hart: nädigfter Gegenwehr mußten die ingedrungenen ihren Bortheil verlaffen; verloren nach fieben abgefchlagenen Stürmen die Schanze an der mittleren Brüde, ungeachtet 1000 baterfche Reuter dur eine feichte Stelle ded Stromes, aber ohne den verwundeten Führer Raum gewannen. Hier war ed, wo die Branzofen unter Guebriant, zum dritten Theile aus Offizieren beſtehend, wie fie das nahe Ver⸗ derben ermaßen, einmal ald Solvaten ſich zeigten. Zwar anfangs wanfend fchloßen fie den Regimentern Hatfteind und Schoͤnbecks fih an; behaupteten dad Gewonnene gegen bie erneuten wüthenden Anfälle, und halfen endlih am Abend die Gegner aus dem zuerft gewonnenen ‚Bortheil, auf die Schanze, dort wo die Linie fich mit dem öftlichften Arm des Rheins verband, zurüdbrängen. Als alle Berfuhe zur Ueberwältigung fcheiterten, rief Götz, welchem bie Rechenſchaft für das Ganze zunächſt oblag, gegen die Nadıt ben Dberft-Wachtmeifter Auguftin Fritfh auch von jenem Poſten an fih und wandte fih, wider Weimars Emwartung, um 2 Uhr Morgens am !%,, Detober mit feinen Verwundeten, 1500 Todte zurüdlaffend, auf Freiburg, dann auf Waldkirch, wo er in Uneinigs feit von Lamboy ſchied. Es ging das Gerücht, der Feldmarſchall habe eine unwahre Nachricht über eine. franzöfifche Verſtärkung von 4000 Mann erhalten, und deshalb alle Hoffnung aufgegeben. ? Eingedenk der Wichtigkeit des blutigen Erfolges ließ Bernhard, defien Lob und Danffagung gegen Guebriant die franzöffchen Bes richte nicht wortreih genug fhildern Fünnen, in Kolmar.. kirchliche Feier anftellen. * Reinach jedoch, obwohl er, entfräftet, einen Theil der Äußeren Werke am '%,, October freiwillig aufgab, und an demfelben Tage den verzweiflungsvollen Zuftand der Feſte an den Kaifer und an Götz“ meldete: ſchon neun Wochen über ven ı Montglat I, 19. Fritſch a. a. O. 2 Ricdhelieu X, 333.

2 Quebriant 92. Röfe II, 263. Theatr. Europ. III, 992.

Bergebliche Berfuche zum Entfage Breiſachs. 149

vertröfteten Termin hinaus hülflos gelaffen, * werde er den Bertheis digern Hermannſteins an Ausdauer nicht weichen, beantwortete am 9 October die Aufforderung zur Uebergabe, daß er feine Pflicht nicht Hintenanfegen und bis auf den letzten Blutötropfen ſich ver- theidigen werde.“ Seinerfeitd unermüdlich hatte Karl von Lothringen fih in der Naht der Stadt Enfisheim bemächtigt; aber am Tcetr

1. November nach einem unglüdlichen Gefecht des jüngeren Mercy gegen Rofen wieder weichen müflen. As am 7°" auch die lebten wichtigen Außenwerke Breiſachs verloren waren, forderte Bernhard, ' das Gelingen eines Sturmes bezweifelnd und neuer Angriffe von drei Seiten gewärtig, nohmald am > den Freiherrn von Reinach drohend zur Uebergabe auf, erhielt aber trogigen Beſcheid, weil dem Befehlshaber unterbeflen ein neuer Verſuch zur Rettung fund geworben. Ferdinand vernadhläfiigte, um das uralte Stammerbe Habsburgs zu behaupten und den Reichsfeinden den mächtigften Paß auf Deutjchlond nicht preiszugeben, den Krieg in Obers und Niederſachſen. Goͤtz erhielt die Weifung, mit dem Kopfe für Breiſach zu haften; neue Schaaren eilten aus Böhmen ind kintziger Thal zum kaiſerlichen Heere, und Savelli, der noh am Mittelrhein ftand, ward befohlen über. Philippsburg die Bereinigung mit dem Loth- ringer zu erzwingen. Aber das Gefchid vereitelte alle jchöpferifchen Pläne. Savelli fand auf dem Marfche nad) Lothringen am 7. Novem⸗ ber unweit Blamont und Richecourt (Reichweiler) Widerſtand an dem Marquis de Feuquieres;? Blamont ging am 8. November verloren, fo wie der Lothringer gegen Longueville am 18. November auch Luneville einbüßte. Goͤtz, durch den Grafen von Fürftenberg verſtaͤrkt, verfuchte ſich vergeblih an den Walbftänten, um am ., November von Lauffenburg aus das linfe Rheinufer zum Ent: fage Breifahs zu gewinnen; zog dann im oberen Breiögau umher und ſprach umfonft die Bürger von Bafel um ihre Brüde an. An allem, zumal an Geld, Mangel leidend, unmuthig, indem er’ die Seinen entlaufen ſah, fürditete er den Heranzug des ganzen Heeres Longuevilles und bezog endlich ein fefted Lager in der Nähe von Schaffhaufen. Sein Brief an Franz Mercy, welcher die Pläne auf Neuenburg und Hüningen kundthat, fiel leider den Feinden in die Hände. ° In nicht weniger banger Stimmung erwartete Bernhard,

ı Adlzreitter 379. : Montglat I, 185. 2 Theatr. Europ. III, 1023. Adlzreitterl. o.

150 Bernhards Noth. Gotz in Ungnabe.

vom Fieber neuerdings befallen, das verfprochene Heer des Prinzen and zumal Reuterei; eilte jedoch, noch nicht genefen, auf Reuenburg, am Götz von der Schweizer Grenze zu vertreiben. * Als er am 30. Rovember nur 3000 Mann unter Rogue» Serviäred erhielt, welche ihn nicht in den Stand fegten im Felde fich zu zeigen und aus der Schweiz den Zugang der unentbehrlichen Vorräthe für fein gleichfalls hungerndes Heer zu eröffnen; klagte er bitter an Lon⸗ gueville, „ihn mit Fußvolk unterftügen, bieße ihm die Kehle ab» ſchneiden;“ fo fah er, bei zunehmender Krankheit, in neuen “Drang der Umftände fih verwidelt, unterdeß Erlach nebft Turenne und Guebriant zur Umfchließung Breiſachs zurüdgeblieben, das Elend der Vertheidiger und Bewohner zu einer Höhe fleigerten, welche, faum jemald in alten Geſchichten erwähnt, dennoch die Ausdauer Reinachs nicht überwand.

So zog unter den Mühſalen beider Heere und Verwilderung des ganzen Landes, das Geſchick Breiſachs ſich hin, als zwei Er⸗ eigniſſe raſcher die Wendung herbeiführten; die proteſtantiſchen Schweizer, beunruhigt durch die Nähe der Kaiſerlichen, regten ſich, den Schaffbaufern zur Hülfe bereit; ? ferner erſchien, als Bernharb zu Rheinfelden fat hoffnungslos darnieberlag, am 2. December Graf Philipp von Mansfeld im Lager unweit Waldshut! und ©uttenberg , hörte vorurtheilsvoll die feindlichen Reben der unter: geordneten Generale, forderte dem Yeldmarfhall Götz im Namen des Kaiferd und des Kurfürften den Degen und die Schärpe ab, und ließ den Meberrafchten mit feinem Stabe unter flarfer Bedeckung gefangen nah München führen. Denn Marimilian, welcher uner⸗ meßliche Koften daran gewendet, Breiſach zu entfegen, hatte endlich den Grafen beim ruhigen Kaifer in Verdacht gebracht, * als fände er im Einverftändniß mit Bernhard und habe gefliffentlih aus Neid die Bemühungen anderer Feldherrn vercitelt. Göß, zur Unterfuchung "in Ingolftadt in Haft, wurde ſchon für verloren erachtet, verftand aber dennoch fih den Schuß Ferdinands gegen Martmilians blinden Zorn und gegen die Anflagen der Generale zu erwirken. Er blieb

ı Garve I, 287.

2 Theatr. Europ. ITI, 1002.

3 Theatr. Europ. III, 1022. Carve II, 288. Adlzreitter 374, Buebriant 97. Gualdo 526.

® Grlad II, 398. AI, 6; Epitome R. ©. 178,

Abzug der Kaiferlichen. Reinach zur Mebergabe aufgefordert. 151

gleichwohl zwei Jahre gefangen, biß feine Rechtfertigung durchdrang;!“ deshalb dürfen wir an feiner Ehrlichkeit nicht zweifeln, wenngleich recht frifches Zufammengreifen mit Savelli und dem Lothringer, mit Lamboy und Golz, fowie thatfräftige Benutzung des Augenblids in feiner Feldherrnſchaft vermißt wird. Aber auch der Graf von Mans⸗ feld getraute ſich jo wenig mit dem geſchwächten ungufriedenen Heere etwas auszurichten, daß er ſchon am 6. December eilig feine durch Ausreißer und Bernhards lockende Werder gelichteten Schaaren durch den ſchneebedeckten Schwarzwald auf das Wirtembergifche surüdführte, und dem General-Wachtmeifter von der Golz den Befehl überlafiend, nah Münden fih begab. Früher ſchon hatte Karl von Lothringen jede Hoffnung, Breifah zu retten, aufgegeben; ? die baierfchen Reuter und Kroaten, welche, am 22. Rovember unter Horft bei Drufenheim über den Rhein gegangen, mit ihm bei Remi- semont fich vereinigen follten, da er nach dem Falle Lünevilles auf Longueville zu achten hatte, jagten, ohne Sold zurüdgefchidt, in. wilder Unordnung an Kolmar vorüber, zerriffen theils ihre Fähnlein, gewannen, wenn gleich nicht ereilt durch Rofen, doch vermindert an Zahl den Rhein am 6. December.

Indem nach ſolchen Unfällen die Erfagheere, bis auf das Drittel geſchwaͤcht, nad allen Seiten von Breifach fich entfernten, ? blieb dem Freiherrn von Reinach fein Ausweg, ald der Hungertod oder die Uebergabe, da er nicht wie die Sieurd de Bufiy und de la Saludie prahlen mochte, ſich mit ver Feſte in Die Luft zu fprengen. Roh am 17, November hatte ver Befehldhaber, als ihn Bernhard zum drittenmal unter angedrohter empfindlicher Strafe für feine „unvernünftige Halsftarrigkeit,” aufforderte,* geantwortet; „ihm fei gewifle Kunde von nahem Entſatz; er müſſe fih auf das Außerfte vertheidigen;“" ebenfo wenig fruchtete bie von Erlach in angeblich wohlwolleuder Stimmung dhne Wiffen des Herzogs verfuchte Ber: mittelung.° Als Reinah am 4. December die Hoffnungslofigfeit inne wurde, begann der Felſenfeſte zu wanfen, erbot fi, zumal

23, November

an =... ein auffliegenber Pulverthurm einen Theil der Mauer

i Theatr. Europ. IV, 93,

: Buchriaut 96.

3 Bufendorf 339. Adlzreitter 395, s Röfe lI, 270.

® Grliach IH, die erften Briefe.

152 Noth in Breifach.

in Trümmer verwandelte, einige Offiziere gegen freied Geleit hinaus- zufenden, um über bie Lage des Faiferlihen Heeres fi) Gewißheit zu verfhaffen. „Bernhard ging auf diefen Vorſchlag des Miß⸗ trauifhen nicht ein; unterließ jedoch, aus Sorge für das Geſchick der Stadt, auf Erlachs Rath die Beftürmung, welde noch vieles Blut zu koſten drohete. Als darauf am 6. December Schmidtberg auch die große Schanze von St. Zafob, dit am linken Ufer be- legen, eingenommen, ' erklärte ſich Reinah am 12 December ernftlicher zur Unterhandlung bereit, welche Bernhard, gereizt und krank in Rheinfelden, zwar erfchwerte, aber dennoch die Stellung von Gegen- geißeln zugeftand, die am °,, December ausgewechſelt wurden. Der Herzog, durch einen erneuten Anfall des Yieberd zu Hüningen feftgehalten, übertrug das Geſchäft dem Schweizer, ohne die Fran zofen anderd als zur Berathung zu ziehen. Wir haben im Verfolg dieſer unfeligen Geſchichte fo viel Züge des höcften Elends aus offenen Städten und einft fruchtbaren Gegenden, welche zeitweife nicht der Schauplatz des Kampfes waren, beigebradt, daß wir uns einer ausführlichen, Efel und Schauder erregenden Schilderung ? des Zuftandes einer Feſte überheben, welche feit Monaten hungerte. Rad, verbürgten Nachrichten fraßen Mütter ihre eigenen Säuglinge, „wie zu Jerufalem, als die Zuchtruthe Gotted über der verbreche⸗ riſchen Stadt lag,“ und fingen die Entmenfchten in der Qual des Hungers die Kinder auf den Gaſſen auf! AS Einzelheit aus dem Scaudergemälvde heben wir nur hervor, daß Reinach mit furdt- barem Grimm an feiner Frau Strafe nahm, ® weil fie aus Habfucht vor der Belagerung Getreidevorräthe verkauft hatte, welche zum Theil in die Hände der Belagerer fielen. Die Unglüdfelige, vor dem töbtlihen Zorn des Gatten wochenlang Yerborgen, fcheint nad) einer dunkelen Nachricht dem Entfeglichften nicht entgangen zu fein! Obgleih die Bürgerfchaft, zeitig ihrer Borräthe durch den Statt» halter beraubt und um 2000 Seelen in Folge widernatürlicher Nahrung und durd Seuchen vermindert, dem hartfinnigen Vertheidiger grollte, und in ungewifier Zufunft, wiewohl umfonft, bei beiden

ı Quebriant 99. Erlad IN, 5.

? Veber Breilahs Elend Le Laboureur 97, 98. Theatr. Europ. II, 3. Ende. Adlzreitter 395. Erlad I, 4. Röfe II, WE 44. @arvel. e. XXXUL Bradelius IV, 282. Teutſch. Florus 442.

®: Hug. Grot. ep. 1090. Röfe II, 269. Anm. 86. Epitome R.G. 179.

Kapitulation Reinachs. | 153

Theilen Zuziehung zu den Unterhanblungen verlangte, ficherte ihr Reinach dennoch freie Religionsübung und Eigenthum, und nahm ſich mit folcher Entſchiedenheit des Kanzlerd der Regierung, Dr. Iſaak Bollmar an, welder den Herzog perfönlich beſchimpft haben follte, daß der gereizte Sieger des Geängftigten Einfchluß in die Vertrags- artifel billigte und mit fchriftliher und mündlicher Abbitte ih zufries den erflärte. Als vier Tage über dieſen Unterhandlungen vers floffen waren, unterzeichneten Bernhard und Reinach am 17. December die Gapitulation.? Reinach erbielt Fraft derſelben mit feiner Bes fagung Abzug nad) chrenvollftem Kriegsgebrauch, entweder ſtrom⸗ wärts bis Straßburg oder Ianpwärts bis Offenburg, und verbürgte die Uebergabe des Schloſſes Landskron im Sundgau. Die Beamten der vorberöfterreihifchen Regierung follten erft nad) zwei Monaten abgehen, binnen diefer Zeit Rechnung legen, und alle Archive nebſt den Schriften über die Benvaltung des Elſaß und Breisgau aus- liefern. Alles Eigenthum Oeſterreichs fiel dem Sieger zu; bie zurückbleibenden Behörden, fo wie der geflüchtete Adel Vorderöſter⸗ reichs, waren einer billigen Erklärung von Seiten des Eroberers vertröftet. Bereits war der Sieur de Grave, Richelieus Stall⸗ meifter, mit der frohen Zeitung nad Paris untermegs, ° bereits waren die naͤchſten Poſten an der Stadt mit Franzoſen unter Roque- Serviered befebt, um ihrem Ehrgeize zu Figeln, welche die Voraus, fendung von 25 Deutſchen nur unter dem Borgeben fi gefallen ließen, „ivegen der Sprache feien jene zur Ablöfung der Poften geeig- neter;“ als ein böfe® Zwifchenereigniß einen tragifchen Ausgang der friedlichen Unterhandlungen drohte. Bon Bernhards gefangenen Soldaten waren, im Stodhaufe eingejperrt, dreißig vor Hunger und Elend .‚geftorben ;* drei andere hatten im Wahnfinn des Hungers die Leichen ihrer Unglücksgenoſſen gefrefien und gleichfalls ſchrecklich geendet. Zwar erbot fi der Herzog zu ihrer Loskaufung, als er die Roth erfuhr; als jedoch Reinach mit feinem Rechte fi) wei: gerte, fie anders ald gegen eine gleiche Anzahl der Seinen loszugeben, hatte Bernhard dieſe Bedingung ausgefchlagen. So lange noch die färglichen Vorräthe reichten, hatte der Statthalter jenen mit-

ı Röfe IE, 274.

3 Daf. 275 Anm. 94. Theatr. Europ. u. Gare a. a. O. Pufendorf 339. 3 Quebriant 9.

° Garve 1, 297. Theatr. Europ. III, 1024. Bufendorf 340.

154 Auszug Reinachs aus Breifach.

getheilt; als aber feine eigenen Soldaten Hungers farben und den Fraß von Menfchenfleifch nicht ſcheuten,“ war e8 unter fo allge: meiner Verhärtung ded Gemüths ihm ald Befehlshaber nicht zu fireng anzurechnen, daß er den Bertheidigern nicht die leste Koft entzog, um fie jenen zu reihen. Wie nun Bernhard diefen Hergang erfuhr, wollte er, den Vergleich brechend, die Abziehenden niederhauen laflen, weshalb Reinach, in Verzweiflung, ſich weigerte, durch die aufge ftellten Gaſſen der Ueberwinder feinen Ausmarih an den Rhein zu nehmen. Befänftigt dur feine Dffiziere gab Bernhard die Rache, weiche ihn als „Wütherich“ bezeichnet hätte, auf, und gelobte bei feinem fürftlihen Wort, keinem folle ein Leid widerfahren. * So 308 denn in unheimlicher Srühftunde des %,. December aus den geöffneten Thoren die Befagung, 400 Gefunde und 50 Kranfe, mit ihrem Troß von Weibern und wenigem Gepäd hervor; als fie an vie Reihe der Weimarer und Yranzofen, an deren Spite Bernhard mit feinem Stabe hielt, herangelommen, mehrere Soldaten waren unterwegs todt niedergefallen flieg Reinach vom Pferde und begrüßte ehrers bietigft den glüdlichen Sieger, feines Geſchickes nicht fiher, da Bern» hard, wie vor Freiburg, nicht eben firenge Gewifienhaftigfeit bei bergleihen Vorfällen hielt. Kämpfend. zwifchen Zorn und Mäßigung ängftigte Bernhard den beherzien Kriegsmann durch langes Stils ſchweigen; dann ſchalt er über Die feinen Gefangenen bewiefene Härte, ftellte die Strafe Gott anheim, wogegen Reinach zur Entſchuldigung anführte, was zu Augsburg im Jahre 1635 die Faiferlichen Soldaten erlitten hätten, die Gefahr anbeutete, wenn jene Unglüdlichen, mit der Schwäche feiner Wachen und dem Drange der Umftänve befannt, entlafien worden wären, und Iäugnete, ihnen die Nahrung entzogen zu haben, fo lange für die Seinen noch Pfervefleifch vorhanden ge- weſen wäre. Zum Zeugniffe des fchredlichen Zuftandes könne man noch jest Stüde Menjchenfleiih in den Wachhäufern erbliden. Rad) freundlicher Anrede an die Faiferlihen Offiziere, zumal an Eicher von Bühringen, wurde der Kanzler Bollmar, welcher in langem Trauer:

mantel mit einem Stabe ald Büßender fi darftellte und fußfällig

4 Theatr. Europ. III, 429 hat ähnliches Scheußliches, aber nichts von ver- hungerten Gefangenen, aus ber Belagerung von Augsburg im Jahre 1635. Stetten U, 33 fi.

: Röfe U, 277. Anm. 96.

3 Guebriant 99. Garvel, 296. Theat. Europ. a. 0.0. Röfe a. a. O.

Bernhard in Vreiſach. 153

um Gnade bat, hart angelafien, und bedeutet, zukünftig vorfichtiger „von Fürſten“ zu reden. Erfchüttert durch den Anblick des Jammers erquicdte Bernhard noch die Hungernden mit Brod, welches fie fo gierig verfchlangen, daß mehre ftarben, und beförberte fie dann zu Schiffe nad Straßburg. Darauf mit drei feiner beften Regi- menter in bie veröbete, eniflellte Stadt eingezogen, nahm er die Bürger, welche Haböburgs uralte Herrſchaft verläugnen follten, zu Gnaden auf, mufterte bie ftattlichen Kriegsvorräthe und entfchäs digte fi durch die Beute an baarem Gelde und Koftbarfeiten für den Aufwand der Belagerung, welche 24,000 Menſchen das Leben und 1,000,000 Thaler gefoftet hatte. Noch nad drei Jahren war das Feld drei Stunden in der Runde mit Todtengebein und vers roftetem Gifengeräth befltet. '

Obgleich Bernhard auf Gusbriants Yürbitte die Ordensgeiſt⸗ lichen der Stadt in feinen Schuß nahm, ? ließ er dennoch am '%/,, Decem⸗ ber in dem Dome, in Gegenwart feined Gefolge® und mehrer herbeigeeilten Gefandten, beider Markgrafen von Baden, auch de Prinzen Friedrich von Wirtemberg, (welcher feine wahre Geſinnung enthüllend, aus Stuttgart herbeigeeilt war), ein Dankfeſt nad lutheriſchem Brauch feiern,’ und fhmaufte auf dem Schloſſe deſſelben Tages herrlich mit den glühwünfchenden Gäften. Bald aber wurden die Franzoſen nachdenklich; denn Bernhard, welder weber der Schweden, nod ded heilbronner Bundes, noch Lud⸗ wigs Xlll. bei der Mebergabe der Stadt gedacht,“ fehte am 20) , December die Oberften Mofer und Hatflein an der Spitze von drei Regimentern als Befehlshaber ein, und übertrug dem Schweizer Erlach die Statthalterwürbe der Feſtung und aller erober- ten Pläße, an ihn alle Behörden verweiſend. Er forgte upgefäumt für die Herftellung der Werke und für Zufuhr an Lebensmitteln und gebehrdete fi in allen Stüden fo landesherrlich, daß Niemand zweifeln fonnte, er gebenfe dad Stammeigen Habsburgs zum Halt: punkte eined neuen Fürftentbums zu erheben! ®

ı Quebriant 101.

2 Thestr. Europ. III, am Ende.

Bufendorf 340.

Erlach I, 50.

° Le Laboureur 104,ber ſchon damals Breifach ale eine Eroberung feiner

Krone betrachtete, fagt ganz nalv: Brisao estoit nevessaire a la France pour la conservation de l’Alsaco ot de ia Lorraine qu’elle enferme, ello

156 Folgen der Eroberung durch Bernhard.

Der Befib von Breifach zu Händen Bernhards von Weimar, des befolpeten Feldherrn Frankreichs, weisſagte den Umfturz aller altgefhichtlihen Verhältniffe am Oberrhein; der Kaifer verlor Elſaß und den Hauptwaffenplag, um das fühliche Deutfchland vor Frankreichs Anfall zu ſchützen; die Fatholifhen Eidgenoffen gewannen am Sachſen einen gefahrdrohenden Nachbarn; Die proteftantifchen mußten vor Frankreichs erdrüdender Gewalt, wie die Stadt Straß: burg, bangen; Herzog Karl, jo wie die Spanier, abgefchnitten von Oeſterreichs Hülfe, blickten dem Verlufte Lothringens und der Kreis graffhaft entgegen. So flug das Yahr 1638, das fo glüdlich begonnen, den deutſchen Reichslanden im Südweſten eine lebensge⸗ fährlihe Wunde; zwar hatte Eberhard anftatt Hohentwield auf Hohens Asperg verzichtend, endlich wieder den Bells feined Landes erlangt; ' aber die Unzufriedenheit einiger proteftantifchen Stände, welche dem Ueberwinder von Breiſach fogar ald Fünftigem „Reich s⸗ oberhaupte” zujubelten, Eonnte, fal8 der Sachſe, von halb Europa gefeiert, feinen überraſchenden Siegeslauf im Junern Deutſchlands fortfeßte, das mühſame prager Friedenswerk erfchüttern, zumal bie ſchwachen Schaaren des Faiferlichen und des Reich6 » Heeres erft im Wirtembergifchen und in Franken Winterquartiere fanden.

Gleiche Eorge flößte der Zuftand des nordöftlichen Deutſchlands ein, von wo die Laft des Krieges über Sachen und Brandenburg

restraint la puissance de l’Empereur au dcla du Rhin, et nous met a couvert de oe deluge de gens dont il menagoit non frontieres. Elle nous donne un passage pour porter nos armes par tout ou il sera besoin pour la liberte Germanique (!). Elle assecure la franchise des villes Imperialles da Rhin. C’est a present nostre Arcenal d’Allemagne et nous devons & sa prise la meilleure part des davantages que nous avome en depuis en cette guerre. Tant que nous la conserverons tous les efforts des Imperiaux au dela da Rhin seront inutils, elle sera la protectrice des villes libres, P’assecurance des Prinoes opprimez et l’nzile certain de tous oeux qui seront proscrits pour s’etre opposez & la Mo- narchie que la maison d’Autriche medite de rendre hereditaire, au pre- iudice de P’ancienne election des Empereurs. Er bewundert, daß Sranfreich mit geringem Aufwande den Gewinn behauptet habe. Könnten Sranzofen, felbft der fpäteren Zeit, als über Breiſach die Raubhorben Frankreichs zur Verwüſtung unferes Baterlandes einbrachen, nicht mit Zug davon reden, daß über Breifah den franzöſiſchen Waffen der Eingang geöffnet fei par tout il sera besoin pour la liberte Germanique! hätten bie heilbronner Bundesverwandten den Nachbaren nicht dieſe Sprache gelehtt? Sattler VII, 187 208.

Gallas nach Schleſien. Banoͤrs Plane. 143537

ſich in die kaiſerlichen Erblande zu waͤlzen drohete. Zwar bemühete ſich Marzin, über die Havel gegangen, mit einigen tauſend Mann altſaͤchſiſchen Volks mit Gallas in Doͤmitz fich zu verbinden; ' allein Bandr und Staͤlhandske übereilten und zerftreuten den Zuzug um Lenzen und Perleberg , unweit des Hauptlagers ? (?%,, November), fo daß das Fafferliche Heer nicht ohne Verwirrung über die Eibe ging , in der Altmark und im Lüneburgifhen Quartier fuchend. Aber in biefem Theile Rieverfachfend waren die hungrigen faiferlichen Schaaren am wenigften willfommen; Herzog Georg, * mehrmald vom Kaifer aufgefordert, entweder Hatzfeld oder Gallas zu unterſtützen, that feined von beiden; gab jedoch, eine ſchwediſche Streiffchaar, welche unter Pful ind Lauenburgifche eindrang, nicht unblutig zurüdfendend, die Abficht deutlich Fund, zwifchen den Fiimpfenven Parteien mit feinen Mitftänden eine bewaffnete Neutralität des Kreiſes aufrecht zu er- halten, zu welchem Zwecke er um die Mitte des Novembers bie Stände nad Lüneburg berief. Als nun Nieverfachfen Feine Hülfe bot; die Bauern fi regten; verließ Gallas die Nieverelbe, zog fich ind Magveburgifche, und da auch hier wegen Mangels feines Blei⸗ bend nicht fein fonnte, über den Strom und fand erft gegen das Ende des Jahres mit faft aufgelöftem Heere in Schleften und in Böhmen‘ Winterlager. Bandr feinerfeits, die ernftlihen Abwehr⸗ maßregeln des Lüneburgerd und des Königs von Dänemark fcheuend, blieb diesſeits der Elbe, ſchlug fein Hauptlager um Dömitz auf, befegte die medlenburgifhen Städte, und bereitete, Pommerns bis auf Demmin, und Medienburgs bis an die Grenze der Kurmark fiher, den Angriff auf die Taiferlihen Erblande für das folgende Jahr vor. Des fchöpferifchen Kriegsmannes weit ausſchauende Pläne blidten ſchon auf die Verbindung mit dem Sieger von Breiſach, welchem zu begegnen das fefte Erfurt, in der Mitte Deutfchlande belegen, der geeignetfte Punft war. Aber Erfurts Bürger, der ſchwediſchen Befagung überdrüſſig, unterhandelten, durd die Kurs fürften von Sachſen und von Mainz ermuntert, feit dem Juni, ungeachtet der wieberholten Siegesuachrichten, welche Bandr ihnen zufommen ließ. * Leider ungewiß, wie ber ſchwediſchen Beſatzung

2 Theatr. Europ. III, 1000.

3 Adlzreitter 380. Theatr. Europ. III, 1020. Pufendorf 324. 3 Deden IH, 167, 168. Pufendorf 325.

ePufendorf 325 Richelien X, 343,

158 Berfammlungen ber Kreisfänbe.

unter Golz ſich zu erledigen? Schon bebrängten fie durd) Entziehung der Lebensmittel den ſchwediſchen Oberften fo weit, daß er fih nad der Eyriafsburg umſah; als die Kortfchritte Bernhards ihre Stims mung Änderte, und bie Bürger, zum Unterhalt der Beſatung fi verpflichtend, die Drangjale des kommenden Jahres über büringen herbeibefchworen.

Weil die unruhigen Zeitläufte die Berufung eined Reichstages erfchwerten, hatte Ferdinand im Laufe des Jahres in allen Kreiſen Berfammlungen der Stände angeoronet, * und durch feine Bevoll⸗ mädhtigten beſchickt, um, unterftügt durch die fihuldigen Römermonate, zum neuen Sahre eine vierfache Kriegsmacht, unter Gallas vers einigt mit den Sachſen und Brandenburgern, unter Biccolomini, unter Goͤtz und unter Habfelb, gegen den Feind aufzuftellen. In den Kreifen, in welden das kaiſerliche Anſehn durch Waffenmacht oder durch die Mehizahl reihötreuer Stände getragen wurde, hatten die For: derungen des Oberhauptd nad) Umfländen, wie felbft in Wirtemmberg, Gehör gefunden; nicht fo in Niederſachſen. Die Seele diefer Bewegun- gen, Georg von Limmeburg, nod) in Ungewißheit über die hildesheimiſchen Stiftögüter und unzufrieden, daß die baierfhe Beſatzung aus Wolfenbüttel nicht abzog ; * verhinderte auf dem Streißtage zu Lünes burg, daß ungeachtet der Abmahnungsfchreiben der Kurfürften vom “U, Rovember, und des Reichs⸗Vicekanzlers, Grafen Kurz, per: fönlicher Gegenwart, die verlangte Reichshülfe fogleich zugefichert wurde.* Aber aud Georgd Antrag auf eine SKreisbewaffnung abweiſend, befchlofien die Stände, im Januar 1639 wieder zuſam⸗ men zu fommen, wo indefien eine Benvidelung eintrat, welde Baneırd, Adler Salvius’ und des Grafen von Avaur Ermahnungen Cs December 1637 bis (> 1638), nichts zu Gunfen des Kaiſers zu thun, Eindringlichkeit verfchaffte.

Kündigte in Niederſachſen, bei der Schwäche ver FTaiferlichen Waffen, bereitd ein bevenklicher Umſchlag fih an, und wur am Oberrhein ein rathlofer Zuftand eingetreten; fo hatte nur in Weſi⸗ falen die allgemeine deutſche Sache fih gegen den unglüdlichen Pfälzer behauptet. Hatzfeld, der Sieger von Vlotho, feinen Vortheil

Bufendorfl.c Senkenberg XXVI, $. 114, 116. 3 Bufendorf 331.

3 Theatr. Europ. Ill, 1004.

° Senftenberg XXVU, $. 110. Deden DI, 189.

Lage ber Dinge im Norden und Rorboflen Deutſchlands. 159

verfolgend, eroberte Vechte nad) einer monatlangen Belagerung und dem Berluft des tapferen Freiherrn von MWefterholt * (23. Rovember 1638), und bereitete fi, ſelbſt Osnabrück bedrohend, im Lande zwiihen Minden und Bremen aus. Während King, no mit Krapenfein und Koͤnigsmark in Unfrieven, nach Schweben berufen wurde, um wegen der erlitienen Niederlage fich zu rechtfertigen; harrte der Reft des ſchwediſchen Heeres, über die noch behaupteten Städte vertheilt, in der jchlechteften Verfaſſung dem Frühling ent gegen. In dem Grade erwied ed ſich, daß nur der Beiftand ber Hefien die Eroberungen der Zremden in Weſtfalen geihüst hatte! Der eitle, landloſe Kurfürft Karl Ludwig, von Minden nad Ham- burg gegangen, veizte die Gefandten beider Kronen, Avaurx und Salvius, durch laͤcherliches Cerimoniel, während König Karl nit erröthete, bei Franfreih um Geln für den Neffen zu beiteln. ? Baner durfte den Torſtensſon nicht von feiner Seite lafien, um Weftfalen zu retten, weil dieſer einzig im Stande war, ihn im Falle ded Todes zu vertreten, und Stälhandefe, zwar tapfer, aber ein „alter, abgetragener Kerl, dazu ein Vollſäufer,“ der Aufgabe nicht gewachſen ſchien. Erft mit dem Februarmonat 1639, als die ſchwediſche Beſatzungen fih nicht rührten, ging der Sieger aus dem verödeten Lande in ferne Quartiere; Bredow ind Bergiiche, Habfeld blieb zu Dortmund; andere Schaaren, wie Deverour’, würfelte das Kriegögeihid wieder auf Oberbeutichland zu, in die Wetterau, um den Mitielrhein zu fchügen. *

Sp war der eherne Ring verengert und ftellenweid durch⸗ brochen, welder zu Anfang ded Jahres 1638 das Reich gegürtet! In Wien ſah der Kaifer zwar den Pfalzgrafen Ruprecht, Bernhards unglüdlichen Nebenbuhler um die fchöne Tochter des Huguenotten Rohan,“ ald Gefangenen; aber zugleich feinen verunglimpften Stell verireter beim Heere, Matthias Galas, während Johann von Werth im prächtigen Gefängnifle zu Vicennes feine Kraft verzehrte

% heatr. Europ. II, 998. Bufendorf 330. Carve I, 284. Adlz- reitter 380. 2: Rihelieu X, 453. Bougeant I, 320 aus den Memoires und

Briefen v’Avaur.

3 So urtheilt der hochadelige Feldmarſchall Guſtav Mrangel. Seijer I, 321. Das Zunkerthum fpielte auch im ſchwediſchen Heere feine Rolle.

° Garve I, 303.

° Richelien X, 483.

160. Waffenerfolge der Franzoſen.

und Johann Götz den Groll und das Miptrauen Marimilians in der Haft zu Ingolſtadt büßte.

Aber das hochmüthige Frankreich hatte überall nur da gefiegt, wo es über fremde Kräfte, über Deutfche, gebot; ed erndtete nur Schimpf, wo ed mit feinen Helden gegen Habsburg firitt. Was verrichteten die Heere unter dem noch immer unentbehrlihen, jeßt drei und achtzigjührigen, de Ta Force, den Marfhällen Chatillon und Breze in Vergleih gegen Bernhards vernichtenne Waffenfchläge, welche an Friedrich N. und Napoleon erinnern? Alle ihre pomp- haften Unternehmungen, als deren Zeugen felbft Richelieu und der König nach Abbeville fi begaben, von wo ſie erft drei Wochen vor der Niederfunft der Königin nah St. Germain zurüdgingen, liefen auf die Erftürmung von Catelet hinaus, ' das der Karbinals infant im Jahre 1636 im Handftreich gewonnen. St. Omer ward am 17. Zunt, im Angefichte eines 25,000 Dann ftarfen franzö- fifhen Heeres durh Thomas von Savoyen und den Grafen von Sienburg entfegt, und die Belagerung am 15. Juli ſchimpflich auf- gegeben; der Marichall de Breze, Richelieus Schwager, die Grenzen von Artoid verwüftend, Tehrte zur Zeit der „Reife der Melonen“ auf fein Landhaus Milly en Anjou zurück;? an feiner Stelle um⸗ fhloß der Sieur du Hallier, gebedt durch die beiden Marfchälle, 2e Eatelet, erftürmte die unbedeutende Hefte ? mit Hülfe Gaffions, der mit Piccolomini bei dieſer Gelegenheit in eigenthümlich = ritter⸗ lihem Abenteuer fich begegnete. Nach dieſen Heldenthaten wurde Ehatillon vom unzufriedenen Könige auf fein Schloß gewiefen und hatte der Feldzug ein Ende! Gleich erfolglos fuchten die Holländer Antwerpen zu überfallen, und mußten von Geldern mit Berlufl abziehen (-aT.), indem ihnen der Karbinalinfant und Lamboy, ehe er zu Gög ftieß, unter die Augen traten. Auf der italieniichen Seite büßte der alte Duc de Erequi, Waffenfohn des letzten Conne⸗ table Leödiguiered, vor Brema am Po gegen Leganez das Leben ein; * und Franfreih bald darauf aud die Felle. Der Karbinal de la Balette und fein Bruder, der Duc de Candale, welche nebft dem Grafen von Guiche den bewährten Diener Heinrichs IV. erfegen

1Montglat 1J, 197 f. Richelien X, 243 ff. 263.

2 Moniglat I, 203.

2Richelieu X, 315.

“Montglat I, 207. Richelieu X, 33. Grammont I, 76 fl.

Die Franzoſen aus Spanien vertrieben. 161

folften, waren nicht geeignet, Vercelli zu retten, und der Tob des jungen Erben von Savoyen drohete den legten Einfluß der Frans zofen auf Stalien zu vernichten! In Guienne vertraten der Prinz von Condé und der Due de la Balette mit vornehmen Hoͤflings⸗ gefolge nicht den Marfhall von Schomberg, den Sieger von Leucate. Zwar warb bie Bidaſſoa überfchritten, und Yuentarabia belagert ; ' aber Spaniens Adel und Bolt war unter dem Admiral von Caſti⸗ Bien noch mannhaft genug, um die Franzoſen bei ihrem Erfcheinen (5. September), drei Tage nach Ludwigs XIV. Geburt, in paniſchem Schreden zu verfheuchen ; ? gerabe an der Bigilie der Geburt Mariens, weihe Ludwig zur Schugpatronin feines Königreiches erhoben. Ein poetifcher Genoſſe Calderons de la Barca ftellte auf der Hofs bühne zu Madrid „pie Flucht der Franzoſen aus Spanien” in foviel Stunden vor, als die Kriegdereigniffe gedauert hatten, nämlich in einem Abende; in Paris dagegen warb der Duc de la Balette, Bruder des Karbinals, abweiend zum Tode verurtheilt, weil er am erflen geflohen! Solche Kunde von allen Seiten, mitten unter dem Jubel über des Dieu donnd Geburt, rechtfertigte denn binlänglih Ludwigs XI. mißmuthige Rede beim Empfange ber Bahnen von Wittenweier, * und ded Kardinals Ausruf: wir haben feinen Herzog von Weimar in Frankreih! fo wie das Geſtaͤndniß des Minifterd Des Noyerd,* „daß er unter den Unfällen der frans zöfffhen Waffen aufathme, indem ‘er den Ueberfluß des Segend betrachte, welcher die Thaten Weimars begleite.“

Sp gegenfeitige Berlufte, welche, im Ganzen betrachtet, reichlich fh aufhoben, erklären denn wohl hinlänglih, daß die Friedens⸗ unterhandlungen, von verichlenenen Mittlern betrieben, feinen ernfts lichen Schritt vorwärts gingen. ® Auf Bitten des Legaten bewil- ligte Ferdinand zwar im Juli, daß die Gefandten der nod nicht ausgefähnten Stände im Gefolge des franzöftfchen Geſandten zu Köln ficher erfcheinen Tönnten; * nahm jedoch die Hefien aus,

* Montglat I, 211. Ridelien X, 263 ff.

Montglat I, 213. Richelien X, 291, 297. Bernard. 423. Gualdo 538. Baffompierre U, 770. Le Baffor IX, U, 7.

3 Hug. Grot. ep. 1047.

Erlach I, 394.

® Bufentorf X, $ 83— 91. Theatr. Europ. III, 901, 918, 966, 1000. KRichelien X, 500 fi. Hier emben leider diefe Memoiren. Senken⸗ berg XXVli, 6. 105. ° Ricelien X, 503.

Barthold, Geſch. des Wlahr. Kriegs, AL al

162 Franfreich gegen bie Friedenverſuche des Kaifers.

mit denen er beſonders unterhanbelte, und ben Pfalzgrafen, ver nach Brüſſel, dem Gutachten der Kurfürften gemäß, vertiefen war. Als die Franzofen darauf beftanden, daß die Geleitöbriefe für ihre Bundesgenofien in ber von ihnen entworfenen Form ausgeſtellt würden, und auch der König von Dänemark, um auf dem Congreg zu Lubeck die nordiſchen Angelegenheiten zu fehlichten, darauf drang; gab Ferdinand unter ber böfen Kunde von Breifah am 17. Novem⸗ ber nad, und ſchickte feinem Geſundten die Geleitsbriefe, in welchen „aller Bundesgenoſſen Frankreichs gedacht war, infofern fie noch nicht mit dem Kaiſer ausgefühnt feien, mit Ausnahme ded Pfalzs grafen,” mit dem Bedeuten zu, fie nicht eher abzuliefern, bis bie Srangofen für die Fatferlichen Gefandten und feine Bundesge⸗ nofien, zumal den Lothringer, dad Gleiche geihan. Mit dieſem Schritte der Nachgiebigfeit waren die Mittler, der Legat und ber Däne, zufrieden; ja felbft Adler Salvius ftellte ih einverftanden; ' wollte jedoch nichts ohne des Grafen Avaur Bellätigung thun. Diefer aber nahm Anftoß an jenem Zuſatze, weil Frankreich fonft den Frieden von Prag gelten zu laflen ſchien; weil ferner bie früheren heilbronner Bnndesgenofien, welche mit dem Kaifer ſich ausgeföhnt Hatten, ausgefchloffen waren, und die Krone, auf Berns hard von Weimar und die Landgräfin befchränft, feinen anderen Anhang auf der Frievensverfammlung fand. So gedachte die Arg- ft NRicheliend dem Kaiſer die Friedgehäßigfeit aufzubürben, da Ferdinand unmöglich ſich entichließen Fonnte, alle durch den prager Frieden beruhigten Streitigfeiten und die Früchte der Unterhand⸗ lungen mit fpäter verfühnten Reichögliedern mit einmal hinzugeben. Avaur ließ fich felbft durch den ſchwediſchen Hofkanzler nicht irren, welcher das Mittel einer Proteftation gegen den prager Frieden vorfchlug; neue Grunde des Berzuged fand er in dem Titel fin Bernhard, welden, feinen Söloner und des Reiches offenen Feind, Ludwig XIII. nicht blos Dux, fondern Serenissimus genannt wifien wollte, während er und Bernhard den Saifer nur Roi de Hongrie titulirten! Nah fo unverfchämten Forderungen harrte Richelten, defien Hauptgegner Gaſton -von Orleans durd Ludwigs XIV. Geburt ein gewöhnlicher Prinz von Geblüt geworden war, nenen Siegen Bernhards und Baners entgegen. ı Richelieu X, 505.

163

Drittes Hapitel.

Baner⸗ Einfall in Sachfen und Böhmen im Sommer 1639. Bolitif der Lands

gräfin. Parteimechfel Georgs von Lüneburg. Koͤnigsmark. Hapfeld

In Böhmen und Meigen gegen Baner. Herbft 1639. Herzog Bernharbs Feldzug in die freie Grafichaft. Spannung mit Frankreich wegen Breiſach.

Blöne für ſich und für Deutſchland. Verrath Erlachs. April, Mai 1639.

Die nothgebrungene Bernachläffigung des Krieges gegen das ſchwediſche Heer über dem rheinifchen hatte ſchon mit dem Anfange ded Jahres 1639 harte Bedraͤngniß der mittelveutfchen und kaiſer⸗ lihen Lande zur Kolge und Ienfte die Aufmerkfamfeit Ferdinands vom NReichöfeinde im Weften um fv mehr ab, da alsbald unge treue Genoſſen des prager Friedens mit dem Sieger gemeinichaftliche Sade machten. Wie Gallad mit zerrüttetem Heere nad Böhmen und Schleften in fpäte Winterquartiere gewichen, erhob ſich Baner, aud ohne Salvius Beiftimmung, durd die Betriebſamkeit Beaure⸗ gards von Avaur mit Geld unterftügt, ungefäumt mit feinem armen, hungernven aber frifh ermuthigten Volle aus der Umgegend von Dömig, das nicht rafch fi bezwingen ließ, zum Raube fruchtbarer Länder. Zwar fünbigte er den niederfüchfifchen Kreidftänden frieb- lihe Sefinnungen an; als indeßen die Guelfen, auf ihre Reutra- lität bedacht, die geforderten Vorräthe nicht ftellten, fondern der Vorhut Baners, welche unweit Lauenburg über die Elbe gefeht war (1. Sebruar), fiheinbaren und deshalb vergeblichen Widerftand lei⸗ fteten, drohete der Schwede in einem zornigen Briefe vom 1639 von feiner Waffenmacht, 18,000 Mann, Gebraud zu machen und. fchredte jene fürd erfte zur Nachgiebigfeit. Man möchte jedoch alle diefe Vorgänge nur für Spiegelgefechte halten, damit bie Stände, müßig dem eindringenben Feinde zufchauend, es nicht offen- bar mit dem Kaiſer verbürben. Begreifliher Weife war jebt der Einfluß des Grafen Kurz auf dem Kreistage überwältigt ;? die Stände, ihre bewaffnete Neutralität aufgeben, überließen fid dem Strome der Ereigniffe, entſchuldigten beim Kaifer die ſchwache Abwehr gegen

°* Theatr. Europ. IV, 89— 99. Bufendorf XI $.4—5,. Adlzre it⸗ ter 386, Buobriant 195 ff. Deren IH, 171 ff. 3 Deden DI, 173. 419

164 Bansre Zug durch Sachſen.

Bandr; anfangs müßig Iauernd, alle Wechfelfälle berechnend, Teiner guten Gefinnung beim vielfach beirogenen Kaiſer gewärtig, jedoch feineöwegs unbedingt dem Bunde mit den habfüchtigen Fremblingen vertrauend, beendete Herzog Georg fein zweideutiges Fürftenleben als offener Feind des Katferd und des Reihe. Baner, obgleich er bewaffneten Anſchluß an die ſchwediſche Sache verbäditigem Zaubern bei weitem vorzog, erwartete, da ihm Georgs geheime Geſinnung und Stellung zum Kalfer nicht unbefannt blieb, die Ge⸗ ftaltung der niederfächfifchen Angelegenheiten von dem Siege feiner Waffen und raftete nicht lange im Luneburgifchen. Ohne Rüdficht auf Weftfalen, wo Habfeld noch den Meifter fpielte, ftellte der ſchwediſche Heerführer das Fußvolk unter Torftensfon im Halber⸗ ſtaͤdtiſchen, Anhaltifhen bis nad Goslar bin auf, und eilte mit den Reutern auf Thüringen, um zunächſt der Beſatzung von Erfurt gegen den kaiſerlichen Feldzeugmeiſter Salis, welcher zu Mühlhaufen ftand, Luft zu machen, und über Erfurt fi mit Bernhard die Hand zu bieten. Auf dem Wege, wo das Landvolf, den Tepten Bedränger immer flärfer haßend, als den neufommenden, die gierigen Schweren willig aufnahm, * öffnete Helmold Wrangel, fpäter der „tolle Wrangel” genannt, welcher feit mehren Jahren wegen eined Mordes aus ſchwediſchem Dienfte in den brandenburs gifchen getreten, ? die Thore von Gardelegen, und ging, ein dop⸗ pelter Verräther, mit feiner Mannfchaft, 800 Mann, zum Feinde über, weßhalb er zu Berlin im Bildniße gehängt wurde.“ Salis, unfähig zum Widerftande, räumte Mühlhaufen, flüchtete über die Unftrut, warb aber auf dem eiligen Marſche nach Böhmen zwifchen Reichenbach und Delönig von Pful eingeholt, gefchlagen und mit einem großen Theile feiner Truppen gefangen "gen. Banor, bei Halle über die Saale gegangen, befette das offene Zwidau, ſah das fächfifhe Heer aus der Umgegend von Freiberg, durch Staͤlhandske verfolgt, in verminderten Haufen auf Dresdens Wälle weichen, und machte fih, indem er zugleihh Erfurt, den mühfam geretteten Haltpunft ſchwediſcher Waffen, mit allen nöthigen Kriegs» mitteln verfahb, an die Belagerung Freiberge C’/,, Mär). Aber der Oberft Haugmig that mit 300 Dragonem und einer Schaar % Adlzreiter 386.

3 Pufendorf 359. ® Buchholz; I, 650.

Bäßung der Kaiſerlichen. Gberzog Leopold Wilhelm. 165

waderer Bauern und Bergleute ihm in ber ehrwürbigen Todten⸗ reſidenz der Kurfürflen fo lange den muthvollſten Widerſtand, bis der Graf von Buchheim mit Entſatz heranrüdte, worauf Bandr, von Habfeld im Rüden und von dem unterbeß geſammelten Taifer- lichen und Reichöhrere von vorne gebrängt, am 2%, März unter hartem Berlufte in mehrfachen Stürmen, auf Zeig ſich zurüdzog, um mit Torftensfon vereinigt dem Gegner die Stirne zu bieten. ' Die unerwartete Roth Sachſens und vie Beſorgniß für Boͤh⸗ men hatte unterbeß in Defterreich eine regere Thaͤtigkeit hervorge⸗ rufen; Gallas, von Sagan nad Königingräß geeilt, Marin, der Feldmarſchall Johann Georgs, berieben in Prag und Wien die Bertheivigung der bedrohten Länder; der Hoffriegsraths » Präftpent Graf Heinrih von Schlid durchreiſte Mähren und Böhmen, deſſen Kronkleinopien man kaum in Prag ober auf Karlflein ficher hielt. Veberall, befonders in Schlefien, Mähren, Böhmen, wurde ges worben; willig zahlten die Stände die hohen Kriegsfteuern; fchon fand der erfle Zuzug unter dem nachmals fo berühmten Raimund Montesuculi um Oörlit. Don Balthaſar Maravas ? Name warb wieder in den Kriegezeitungen genannt, wie ded Lorenz von Hofs kirch, der feit den Tagen von Nördlingen in Zurückgezogenheit ges lebt, und jegt für den Kaiſer verheißliche Gefchäftigfeit bliden ließ. Löblihen Eifer zeigte vor anderen der Kurfürft, deſſen leipziger Befagung am 3. Mtenburg, Stadt und Schloß, die Nieder⸗ „lage reicher fchwenifher Beute, überrafchte, * und vornchme ſchwe⸗ diſche Herrn daſelbſt gefangen nahm. Die wichtigfte Veränderung jedoch wurde erſt vorbereitet: dem jetzt fo entſchieden unglücklichen alten Grafen Gallas den Oberbefehl abzunehmen, und einem Gliede des habsburger Hauſes, wie einſt nach Waldſteins Falle, anzu⸗ vertrauen. Ferdinands III. Bruder, der Erzherzog Leopold Wilhelm,“ jebt drei und zwanzig Jahre alt, zum Prieſter, nicht zum Kriegs⸗ manne erzogen, feit feiner Kindheit mit geiftlichen Würden überhäuft,® bald auch Heermeifter des beutfchen Ordens, Fürſtabt zu Murbach

e Aplgreitter 380.

2 Adlzreitter 389.

8 Theatr, Europ. IV, 100.

& Menzel IT, 45 nah Gore II, 47. Bagner I, 111.

& Der Erzherzog erhielt einen großen Theil diefer Stellen erſt im Laufe des Jahres 1839. Thestr. Europ. IV, 93.

166° Schlacht bei’ Eiemmig. -

und Hirfchfeld, Titular⸗Erzbiſchof von Bremen, Etzbiſchof von Olmütz, Biſchof von Straßburg, Halberſtadt, Paſſau, firenger ale ein Mönch, enthaltfam in den erlaubteften’Genüßen,, wie ein Eremit aus den Wüften Thebens; von feinem Vater ein Engel genammt, und in dem Rufe, daß feinem Gebet befondere Kraft beimohne, rüftete fih auf Befchl des frommen Kaiſers den Feldherrnſtab zu ergreifen, den er mit glüdlicherem Erfolge als feit ‚Jahren ver Kardinal de la Balette, der Bifhof von Borbeaur, und andere hohe Prälaten handhabte. . Aber ehe der ritterliche Nacheiferer bes Kardinalinfanten zur Rettung des Böhmerlandes auftrat; ereilten noch härtere Schläge dad Reichsheer und die Sachſen. Denn ale Baner, mit Torftensfon ?/,, April um Zeig vereinigt, erfuhr, daß Marin zwiſchen Zwidau und Chemnig läge,‘ beſchloß er, vor Hapfelds Ankunft, der mit 6000 Dann in Thüringen erwartet wurde, mit nem Sachſen fertig zu werben, zu welchem der Graf von Fürftenberg mit 3000 Baiern noch nicht geftoßen war. Am °/,, April Abends unerwartet über Hohenftein hinausgefommen, gedachte Bandr folgenden Tages die noch unbereiten Gegner einzeln: zu überfallen und zu trennen; aber bereitd hatte Marzin den Rüdzug auf Chemnig angetreten; und als Baner, in der Frühe des *%,, April aufge brochen, um einen moraftigen Paß fi aufhalten mußte, gewannen Buchheim und Marzin Zeit, ihre Völker, wiewohl auf ungünfiger Dertlichfeit, ‚getrennt durch den Fluß, neben und hinter jener Stabt aufzuteilen, mehr um Hatzfeld zu erwarten, al& um zu fchlagen. - Daner, den ofen Zufammenhalt der Feinde raſch überſchauend, erzwang den Bag mit feinen Reutern und warf, nad) anfänglichen harten Widerſtande, den nächften linfen Flügel in die. Flucht, die um fo -ververblicher werben mußte, als bie Getrennten mehre Grüben hinter ſich hatten. Verſtärkt durch das inzwiſchen herangekommene Fußvolk beſorgte Baner am rechten Flügel einen härteren Kampf; feste durch die Chemnitz; jener aber, wie er, ohne einmüthiges Zufammenwirfen, ſchon den linfen ohne Hülfe gelaßen, dachte nick das Treffen aufzunehmen, trennte fi in jähem Schreden, fo daß auf der Flucht durch ungünftiges Terrain ein großer Theil nieder⸗ gehauen wurde oder in ber Tſchoppa ertranf, und das Kußvolf, welches in einem Waͤldchen fich ſetzen wollte, umringt burch feindliche

ı Bufenborf 360. . Fheatr. Europ. IV, 100. adlzreitter 390. Ouebriant 195.

Bande um Freiberg. Sitaͤlhandele und Weangel in Böhmen. 4167

Reuter, einem böfen Geſchicke nicht entging. Unter der nicht gerin⸗ gen. Zahl von Gefangenen, welche mit Gefhüg, Bahnen und Gepäd dieſen Erſtlingsſieg Baners verherrlichten, befand fich auch der Generals Wachtmeiſter Graf von Buchheim; Marzin entlam verwundet, um, ins Prager Schloß gefperrt, vor ein ſtrenges Gericht zu treten; ' faR das ganze ſaͤchſiſche Heer war aufgerieben oder verftärkte des Siegerd Fahnen durch freiwilligen oder gezwungenen Eintritt. ? Statt im erſten Schreden über das Erzgebirge auf Böhmen zu dringen, bielt fi) Bandr wieder mehre Tage ('%,, Aprin vor Freiberg auf; als jedoch Haugwiztz fih nicht durch einen Regen glü- hender Kugeln in Furcht fegen ließ, mußte der Schwede ('/,, April) wiederum mit Verluſt abziehen, und woanbte fi über Dippolds⸗ walbe an die Elbe. Gleich darauf büßte der wackere Vertheidiger von Freiberg fein Leben ein, indem er, trogigen Soldatenmuthes unter ſicherem Geleit zum General Arwid Wittenberg, der zur Eins fhließung der Feſte zurüdblieb, hinausgeritten, „um deſſen Wein zu Soften,” auf dem Rüdwege trunfen bei Begegnung einer feind« lichen Reuterfchaar, durch weßen Schuld? if ungewiß, in Händel gerieth und töpntlih wund gefchoßen wurde.“ Gern hätte Baner den gehaßten Kurfürften ſelbſt geftraft, indem er Dresven, wo fhon Mangel herrſchte, in feine Gewalt brädte;s aber die fefte Stabt konnte nur mit unwieberbringlichem Zeitverluft erobert werben, unterdeß Ferdinand II. zur Vertheidigung feiner Erbländer Muße gewann. Grollend auf Frankreich, welches, flatt mit Herzog Berns hard vereint Dur einen Rheinübergang die baierifchen Heerhaufen Fürftenberge abzuziehen, den Feldherrn der Bundesgenoſſen mit ſchmeichelhaften Eönigliden Handſchreiben und glängenden Gefchenfen zu gefahrvollen Ynternehmungen verlodie; * beſchloß Baner, ohne Zuverficht auf den Erfolg, durch das Elbthal auf Böhmen einen Verſuch zu wagen, und ſchickte ven Stälhandöfe und 8. ©. Wrangel mit außerlefenen Heeresabtheilungen voraus, welde ohne Mühe das Schloß Tetſchen, Melnik und Leutmerig einnahmen (?°/,, April bis ). Den fo mächtig Vordringenden folgte Baner, nad» dem er innerhalb acht Tage mühſam die nach alter Weife befeftigte

ı Garve II, 139.

3 Adlzreitter 390. Theatr. Europ. IV, 103. Bufenborf 360. 3 Theair. Europ. IV, 103. Bufenporf 361.

% Beauregarb bei Buchbriant 196.

168 Getaͤuſchte Hoffnungen Banars in Böhmen.

Stadt Pirna, nicht jedoch das feſte Schloß Sonnenſtein SE erflürmt, und die Bürger, wie überhaupt alle fächfifchen Unters thanen, gräulih mißhandelt hatte. Die weiteren Vorgänge bes Sommers redhtfertigten die unficheren Erwartungen, mit welchen Baner die Grenze Böhmens, den erflen Heerb des jetzt zwanzig» jährigen Krieges, betrat; vielfache DVereitelungen, welche ven Un⸗ muth über Bernhard und Frankreich fleigerten. Zugleich aber ward wiederum bewährt, wie ſchwer Defterreih, ohne Angriff von der Donau ber, durch die nördlichen Erbländer befriegt werden konnte. Deauregard, der franzöftfche Kundfchafter im Lager, in Verlegen⸗ heit des Kaiſers Macht zu geftehen, ftellte deshalb aus dem lächerlihen Grunde die ernfllihe Abfiht Banerd auf Prag in Zweifel: * als drohe die Eroberung der reihen Hauptflabt den fo hart gewöhnten Rorbländern die Gefahr der Punier in Capua, eine Feloherrn-Moral, welche dem Geifte des Schweden fern lag. Sn dem Wahne, ald wäre in Böhmen, wo feit achtzehn Jahren die oͤſterreichiſche Polttif arbeitete, dad Bewußtſein Firchlicher und büͤr⸗ gerlicher Freiheit zu erprüden, noch eine flarfe Partei vorhanden, die ihn mit offenen Armen als Erlöfer empfänge, hatte Baner ſchon vom freiberger Lager aus am *%,, April einen Tageöbefehl erlaſſen,“ in weldem er die unnadhfidtigfte Strafe Hohen und Niederen drohete, wenn fle gegen die Einwohner ded Königreichs, „welche er vom Zwange ver Gewiffen (?) erreiten wolle, nad alter Weiſe Plündern, Rauben, Pladen, Morden, Brennen, Sengen, Schänden, alles Verderben, Verheeren, Berzehren wieder in vollen Schwung zu bringen gebächten.“ Aber einerfeitd fanden die böh—⸗ mifchen Flüchtlinge * in Baners Lager ihr Vaterland durchaus vers ändert, den Trotz proteftantifchen Geiſtes gebrochen und faft fpurlos geſchwunden; andererſeits ward auf des Feldmarſchalls ſtrenges Geſetz ſo wenig wie auf die früheren geachtet, ſo daß die Hoffnung 1Guebriant a. a. O. 3 Pufendorf 361. Theatr. Europ. IV, 108. Menzel M, 40. Gei⸗ jer IN, 308. Pelzel II, 793. 2 Pelzel U, 754 zählt mit patriotiſchen Schmerze bie Namen ber vorneh⸗ men Böhmen her, melde als Kriegsleute ober Gelehrte die Heimath feit 20 Sahren verlaffen hatten. Der Thurn hatte fich im ſchwediſchen Lievland längf zue Ruhe begeben. Dlearins 45; im Heere Bamers dienten noch Spenid Graf ‚von Hobig und Wolbramitz, Jaroelaw Peter von Wehineh; bei Bernhard Hodiowa und andere, weniger namhafte.

Bande vor Prag. 169

anf mächtigen Zulauf ganz unerfült blieb, zumal ſelbſt bie luthe⸗ rifche Diemerfchaft böhmifcher Edelleute ausgewieſen war, und bie heimlich evangelifch gebliebenen Bauern in ben fremden Wuͤtherichen keine Befreier erfannten. Vom Rhein her ohne Anhalt, der Verfiherung Beauregards ungeachtet; von Pommern ohne Mit wirfung gelaßen, von wo Johann Liljehoel, nachdem auch Demmin endlich erobert war, (Y, März 1639) mit den entbehrlichfien Beſatzungen durch die Neumark auf Schkefien, zumal auf Glogau, eindringen follte, aber verfpätet durch bebenfliche Bewegungen in Stralfund erſt am ., April einen mißglüdten Verſuch auf Lands» berg gewagt hatte,‘ und ehe er fih auf Schlefien wendete, erft die verheißene ſchwediſche Mannfchaft erwartete; hielt Bandr mehre Tage um Leutmerig, ungewiß, was zu thun fei, mar zufrieden, Die Laft des Krieges: in die kaiſerlichen Erblande getragen zu haben. Unterbeßen aber fammelte fi auf dem weißen Berge das Aufgebot der mähriichen Lande und begann bie riefige Macht Oeſterreichs fih zu entwideln; unverzagt über die Niederlage bei Chemnitz hütete der General Hoffirh, der viel betraute Gehülfe des alten Gallas, den Elbübergang bei Brandeis, während zugleich Johann Georg, wieder ermannt, fich anfchidte, die von den Schweden befebten Stäbte Meigend zu erobern.” Banor, um fein Heer nicht muthlos zu machen, rüdte endlih auf dem rechten Ufer der Elbe aufwärts, überfiftete, bei Melnik übergehend, den Tampflufligen Verſpoͤtter Horns in den Tagen von Nördlingen, Hoffirh, lodte den Zuvers fichtlichen unweit Brandeid zum Treffen, *%,, Mai, nahm ihn ſelbſt, wie den Raimund Monteruculi, den Turenne Leopolds I, gefangen,*® und lagerte fih am ?%,, Mat vor den Wällen ber boͤh⸗ miſchen Königöftabt, in der Naͤhe von Karlöhof. Aber fchwerlich hoffte Bandr ernfllih, die mächtige Stadt, in welcher Gallas und Graf Schlid mit hinreichender Beſatzung fi) befanden und auch die Studenten muthig zu den Waffen griffen, durch die Stüdihüffe, welche er 2 und folgenden Tages herabdonnern ließ, zur Ueber⸗ gabe zu fchreden; feine Yufforderung warb mit Hohn abgewieſen. Ohne Vortheil zu ziehen von der blutigen Zwiftigfeit der Bürger und der Soldaten, welche letzteren für die Vertheidigung ber Stadt rt Bufenborf 361, 364.

2 Bufendorf 361. Theatr. Europ. IV, 111. Gnébriant 197. 2 Ablzreitter 302.

870 Rückzug Banecs. Berehflung Boͤhmens.

Lohn forderten; wich Barer, nachdem er und Torſtendſon, von einer Windmühle über die Wähle blickend, des unfehlbaren Miß⸗ kingend eined Sturmes fich überzeugt, noch am 2. Juni auf.Branbeid zurüd; zumal Hatzfelds Vorhut auf der anderen Seite fhon nahe war. Peicht glaubte der Yrangofe, Der folge Schwede habe ben Verſuch auf Prag nur gewagt, um feine beuteluftigen Soldaten von der IInmöglichfeit des Angriff zu belehren. * Aber grauenvoll mußte das offene Land die Vereitelung der Raubſucht feiner. „Erlöfer“ buͤßen; zornig vertheilte Baner feine Schaaren über das halbe Königreich bis nad Glatz, Mähren, Schleften hin, wo er, gleichfalls vergeblih, Anhalt von den. proteftantiihen Ständen ſuchte; nahm Königingräb, Nimburg und viele Fleinere Städte; brandichagte fie furchtbar ober legte fie in Afche, unter der unmenfhlichfien Behand- lung zumal katholiſcher Geiftlicher. Gleichwohl tröftete fi Ludwig XIII. durch die Einfprache feines Gefandten Avaur, dem Bundesvertrage gemäß, die Glaubensgenofien in Böhmen zu ſchützen, und etoif tr&s aise d’apprendre que les Catholiques ont déjâ regu en Bohöme quelque fruit de sa protection Royale! ? Schon im Juni war die öftliche Seite vor Prag auf ſechszehn Meilen faft eine Einöbe, wie dem in einer Nacht oft hundert Dörfer, Yleden und Schlöffer in Flammen fanden. * Aber durch ſolche Oreuelthaten war eine großs artige Wendung des Krieged nicht gewonnen; bis auf Feine Streifs parteien, namentli von Ungarn, hielten die Fatferlichen Heere in feiten Stellungen um Prag, zogen täglich Berflärfung an fi, und ſchloſſen den Feind auf dem öftlihen Ufer ab. So wenig jdien dam als Die proteftantifche Erhebung vom Jahre 1619 eine volfsthüm- liche, daß kaum einige Geiftlihe oder Gemeinden, felbft nicht in Schlefien, die Herftellung ihrer Kirchen forderten, und fo wenig trauten öfterreihifche Verbannte einem dauernden Umſchlage der Bers hältnifje, daß nur einige derſelben Einfegung in ihre Habe, und, in bebrängter Zeit, Schonung von Kriegslaften verlangten. * Openein trat mit dem Sommer heftiges Regenwetter ein, welches die ohnedies fparfame Feldfrucht verdarb, die bei ber Flucht ber

2 Beauregarb bei Guebriant a. a. O.

3 Louis & Avaux & St. Quintin de 16. Juillet 1639. Arkenholz IV, 401.

2 Theatr. Europ. IV, 114. Belzel II, 795, aus bem Zeitgenoflen Balbin. Epitome R. @. ;. d. J. 1639.

Pufendorf 362.

Lllichoeds doriſcheite iu Pommern unb bee Marl. 171

Yantiente, die Soldaten orventlih einzuernbten ſich verdroßen zeigten. Dennoch hielt Bandr in’ ſeinem Hauptlager um Leutmerig uud Meint mehre Monate and; feine Sorge, ihm koͤnne der Rüchzug nach Niederſachſen abgefperrt werben, bannte nicht, dag man in Wien einen Einfall in die Donauländer fürchtete, die Bälle der Kaiſer⸗ ſtadt herftellte und ben „goldenen Steg,“ welcher aus dem Böhmer⸗ wald auf Regensburg führte, zu verwahren fuchte. * Zwar fichertem Litjehoeks Fortſchritte ihm durch Schleflen, die Laufig und bie Marken die Berbindung mit Pommern, indem diefer, nach dev Ankunft einiger taufend „nadter ſchwediſcher Bauerknaben“ ſich endlich ſtark genug fühlte, vorzudringen. ? Ungeachtet in Hinter« pommern auf Kolberg durch jenen unruhigen Oberften Joachim von Krofow und durch Chriſtoph von Huwald böfe Anichläge im Werke waren;? ging Liljchdef, zumal als der erfahrene Hand Kadpar von Klitzing, im Zwieſpalt mit der Partei Kurt von Burgsdorf, des Gimftlings Georg Wilhelme, die unglädtichen brandenburgifhen Waffen verlafien,* am °/,, Juli bei Gar; über die Oder, nahm am ZJantok an ber Warte, eroberte un, Landsberg, und fchidte, wegen eines Beinbruches ſelbſt zu führen unfähig, Renter und Fußvolk unter Dewis und Erif Stenbod auf Frankfurt und in die Mittelmart. Ohne Schug durch den planloſen Widerſtand der Nachfolger Kligings, da der Kurfürf, nach dem Berlufte Pommerns, fchon im Sommer 1638 nad) Preußen geflohen war, und fein Statthalter Schwarzenberg erfi nah Belg, dann nah Spandau fich gerettet hatte, mußte Berlin den feinblichen Beſuch mit Gelbfunmen ablaufen; worauf durch das Herzogthum Krofien Lijehoels Stellvertreter fih den Weg auf Schlefien bahnten. ® (Ende Auguf.) Aber wad an Sicherheit für ven Fall des Rüds zuge6 dem fchwebifchen Oberfelpherm in jenen Gegenden zuwuchs, drohete auf der naͤchſten Straße. durch Sadfen verloren zu gehen. Schon bald nah dem Abzuge Baner6 auf Leutmeritz, zu Anfang ded Juni, . hatte Johann Georg ernfli gearbeitet, die Schweden

3 Thestr. Earop. IV, 113.

2 Daf. IM.

3 Mufendorf 365.

® leder den unglũcklichen Zuſtand ber Dart r na IV, 851. Orlich I, 51.

® Theatr. Europ. IV, 75, 77.

172 Dee Kurfürk von Sachſen und Arnim,

and ben meißnifchen Städten, zumal aus dem nahen Pirna zu ver⸗ treiben, und den Sonnenflein zu entfegen. * Doch weder am 6. noch am 8. Juni, noch am 16. und 27. Juli hatte der fächfiiche Kriegsmuth fich fonderlich hervorgethan, fo daß der ungebulbige Kurfürft, als feine Soldaten immer jchimpflih auf Dresden zurück⸗ gefheucht wurden, und aud die anmutbige Umgegend ber Haupts fabt das Bild der Berheerung bot, nahe daran war, fie durch Kanonenfugeln wieder gegen den Feind zu jagen. Dem bitterfien Grimme der Schweden preißgegeben, ohne Feldherrn, ald aud Marzin fein Vertrauen eingebüßt, umfaßte Johann Georg im Auguft willig die Erbietung eined Mannes, welcher faſt feit Anfang des unglüdlichen deutſchen Krieges in wechfelnder Stellung eine Haupt- perfon, vor vier Jahren unzufrieden aus feinem Dienfte gefchieden war. Johann Georg von Arnim,? in empörender Weile auf Drenftiernad Befehl von Sten Bijelfe gefangen genommen, nad Stodholm geführt, und nicht auf Verwenden befreundeter Fürften feines Kerkers erledigt, war durch Entſchloſſenheit und Liſt im November 1633 entfommen; hatte ſchon von Danzig aus in Vers bindung mit Huwalb feinen Haß gegen ben Uebermuth und Ge⸗ waltfinn der Fremdlinge zu bethätigen geſucht, darauf mit anderen Huggefinnten deutſchen Baterlandsfreunden ein hochlöbliches Wert eingeleitet, und ftellte fih jest im Auguſt dem Kurfürften bar, welcher nit Anſtand nahm, auf die Anträge des grimmigen Schwedenfeindes einzugehen, und auf deſſen Kriegserfahrenheit und politifhe Einfiht weitausfehenne Pläne zu begründen. Dennoch ſcheiterte der naͤchſte Verſuch der Sachſen auf Pirna auch am 4. Auguſt, indem Staͤlhandske, von Baner geſchickt, zur rechten Zeit eintraf, die Sadjen zur Rüdfehr auf “Dredden zwang, und Bandrd Befehl, alle Dörfer um daſſelbe, bis auf fechözchn Meilen in die Runde anzuzimden, furdtbar ind Werk fehte. Erſt dem Grafen Melchior von Habfeld gelang es, den Schreden aus der Rähe von Dresden zu entfernen und überhaupt eine andere "Wendung des Feldzuges herbeizuführen.

Der Sieger von Vlotho hatte bis ind Frühjahr feine Gegner

2 Mufenporf 362. Theatr. Europ. IV,105.

2 Sörfter IE, 138 fi. Bufenborf 365. Theatr. Europ. IV, 106. Geijer II, 325, Aum. 2, gibt ben Brief Oxenſtjernas, „den bemeibeien Arnheim zu eriappen oder umzubringen.*

Politik der Sanboräfin. 173

auf enge Winterlüger und die Pläne des kechen Konigsmark, fo

wie Kings, welcher feine Reife nad) Schweben auf Banoͤrs Geheiß noch verfchoben, beichränft; * als im April der Einbruch Bandro in Sachfen und die Bedrohung Boͤhmens ihn aus Weſtfalen abrief, wo nur wenige Reuterregimenter unter Vehlen, Leutersheim und Wahl gegen King zurückblieben. Bis dahin hatte ſich die bößges ſinnte Wittwe von Hefien, ungeachtet ein franzöfticher Geſandier, der Sieur D’Eftrades, feit dem Januar durch neue Anträge,. geftügt

. af Breifahs Fall, fle zur Zeinvfeligkeit gegen das Reich zu ver

locken ſuchte,? noch ruhig verhalten, angflvoll gefpannt auf bie bevorftebenden Ereiguiffe; mit allen Parteien im leiblichen Verneh⸗ men, um mit jeder vortheilhaft abfchließen zu Tönnen, wagte fie nicht, die Leiche ihres Gemahls, welde Melander aus Gröningen im Februar 1639 ua Kaſſel führte, zur vorläufigen Orabftätte zu geletten. Noch zögerte der Kaiſer vie ausſchweifenden Forderungen der Landgraͤfin zu billigen; deßhalb dauerte Die Waffenruhe gedeih⸗ lich für Heflen fort, während die Falſche an Frankreich um Keine Summen ſich verpflichtete, den Frieden nicht zu ſchließen, und auch in Hamburg dem ſchwediſchen Bveollmäctigten Adler Salviud über ifre wahre Gefinnung nicht ernftliche Bedenken auffommen ließ. Sobald nun Hapfeld, auf weiten Umwegen durch Franken auf Böhmen abgezogen; und King über das Eichéfeld, fo wie des Siegerd von Chemnitz Schaaren über Erfurt fih die Hand zu bieten fchtenen; Tonnte Amalia Eliſabeth, welche ver Sieur d' Eſtrades nicht ruhen ließ, kaum ihre Waffenluſt nieverbrüden; fchidte einen Gefandten nad Mainz, um beflimmten Befcheid wegen ded Friedens zu fordern, da fie ſich fchämte, ohne eine verneinende Antwort des Kaiſers die Waffen zu ergreifen. Aber Melander, ver Fremben böfed Spiel mit dem DBaterlande immer mehr durchſchauend, wachte für Heſſens Wohlfahrt; verlängerte zum fchweren Berbruße ber Franzofen den Waffenſtillſtand,“ und wußte gegen die Verlaͤſterun⸗ gen des Sieur d'Eſtrades und der ſchwediſchen Partei in dem Bers trauen feiner Kürftin fi noch zu behaupten, da er, unter feder Benutzung der Umftände, im Mat die unbefegte Grafſchaft Walded,

4 fheatr. Europ. IV, 109. Bufendorf 366.

3 Theatr. Europ. IV, 84. Daf. 240. Juſti 71. 3 Thestr. Europ. XV, 98.

° Dal. 85.

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174 Bolitif der Lanpgräfn.

wie ein Oſtfriesland, durch den Oberfien Gelfo mit Gewalt ein⸗ nehmen ließ, auch mit fcheinbarer Billigung des Pfalzgrafen tm Bergifchen ſich ausbreitete. Solche und noch augenfälligere Berftöße gegen ven Waffenſtillſtand und die Friedensunterhandlungen rügte man Fatferliderfeits nur glimpflich und wi vorficdtig überall feindlichen Zufammenftoßen aus, in der treuberzigen Hoffnung durch Nuchgiebigkeit die gefährliche Brau zur Annahme des Friedens zu bringen. So räumte man unpolitifch ihr die Mittel zum Schaden einz ihre eroberten Feten wurden unbezwinglicher, ihr Heer, das, um die Koften des Unterhalt zu fparen, Melander im Suni, wies wohl ohne Erfolg, den Holländern zum Reuterdienſte angeboten, wuchs an Zahl. Beifällig, um nur Zeit zu gewinnen, hörte fie auf die Mahnungen des Kurfürſten von Mainz, „da ihr jede vers langte Firchliche Freiheit für ihr Land vom Katfer geftattet fei, möge fie den Segen ded Friedens nicht verzögern, indem fie, ohne Auf trag und Beruf, vorwisig, andere Neichögliever vertreten wolle,“ Andererſeits rechnete man im Maimonat fo fiher auf den Brad der Landgraͤfin mit dem Kalter, daß Avaux, noch am 30 April angewieſen, ein deutfches Heer im franzöflfhen Solde in Weftfalen zu errichten, „falls die Heſſin nicht den Vertrag von Weſel unter- zeichnen wolle," am 25. Mai beauftragt wurbe, „weil inzwiſchen Salvius mit Vultejns, dem heffiihen Gehelmrathe, zu unterhandeln begonnen ‚":entiweder den alten Vertrag vom 21. Detober 1636 zu emeuen, oder mit wenigen Abänderungen einen neuen zu fchließen, mit einer Steigerung der Summe auf 300,000 Thaler. Ungern gedachte man Dem jungen Zandgrafen ven Titel General des Alle- mands zujugeftehen, um den Herzog von Weimar nicht zu beleidigen; und indem Richelien behutfam die Entfernung Melanders einleitete, deſſen Waffenftiliftandsverlängerung, fo wie die langfamen Unters handlungen ihn beunruhigten, ſchlug er den Holfteiner Ranzau, der nicht fange auf feinen Gütern Ruhe gefunden, als Nachfolger vor. ' Doch Amalia Miſabeth übereilte fih nicht; hielt gleichzeitig auf viert verfchiendenen Seiten KG die Hand zum Anhalte frei. Weniger Rachſicht, als gegen. die Landgräfin glaubte Ferdinanb dem Herzog Georg von 2üneburg fhulbig zu fein, ? ber mehr mals die angebotene Oberfeldherrnftelle ausgeſchlagen, nie ehrlich

* Artenbolz IV. 397—400. 2 Deden II, 174 ff.

Pollitk George Yon Lüneburg. 173

die geforderte Waffengemeinfcaft gehalten, im geſuhrvollſten Augen⸗ blide bem Reiihöfeinde Vorſchub gethan, die niederſuͤchſiſchen Sukude zır Berweigerung der Römermonate und zur bewaffneten Reutra⸗ Kit geſümmt; ungeachtet ihm Die Hoffnung auf die hildesheimi⸗ ſchen Gitter eroͤffnet blieb. Gewamt durch den Grafen Kurz, ven Iangmäthigen Ratfer nicht aufzubringen, erfuhr Georg bereitd im April in der grubenhagener Erbfache den Unwillen des Meich- oberhauptes; berieth mit der Landgraͤſin von Heſſen, veren ges heime Schritte er vollfommen billigte, ein Vertheidignugsbündniß beider Huͤuſer, welches, in feinen Grundzügen fon am */,, April zu Stande gebradit, erft durch fpätere Nebenrerefie. einen feinds feligen Charakter gegen den Katfer gewann. ber obgleih er, offenfundig der kaiſerlichen Sache entfrembet, von den Schweden Schonung feiner Lande erwirfte, und Baner, um ben Bögernden zum entichloffenen Beitritte zu ben ſchwediſchen Waffen zu zwingen; ihm mit arglifliger Uebertreibung aliertei böfe Anſchläge meinen, weiche in Wien gegen die Guelfen geſchmiedet würben;? Hinete Georg fich wetstich, olme buͤndige Verſichernng von Seiten jener Krone, vie halbrugeſtandene Reutrafität aufzugeben; er Fannte die Habfucht Schwedens, und gedachte feinen Beiftunb nur um den Preis zu verfaufen, daß man ihm auch das Bisſthum Minden, den Lohn faurer Kriegsmühen, als Eigenthum einräume. Wohl durchſchaute Drenftierna dad Spiel bed Guelfen, wie er au Baner unter dem %,„ Januar 1639 fchrieb, und ihn jedoch für fähig hielt, nm ein Jahr⸗ gehalt von 10,000: Thalern auf Schwedens Seite zu treten. ® Der Kanzler ded Herzogs von Harburg, Johann Drebber, in Gemeinfchaft durch die Brüder und Bettern von Braunſchweig wegen der Neutralität an Baner gefendet, fand deshalb bei dem Sieger von Chemnig im Lager. vor Freiberg eine fo grobe Abfer⸗ tigung , wie fie hochmüthiges beutfched Fürſtenblut von den Fremdlin⸗ gen als Sitte hinzunehmen gewohnt war. Gelegentiih nuf dem Marſche, zu Pferde, lich er, etwa wie Rapoleomn im Jahre 4811 den Geſandten rheinbünnnticher Kürften, dem Anwerben des Kanzlers fein Ohr, * und lieh, „mit wichtigeren Dingen” beichäftigt,

ı Deden III, 178. 2 Daſ. 183. Bufendorf 368.

® Beijer II, 300.

4 Deden II, 184.

176 Polilik George von Luneburg.

nach einen ſcharfen Geſpräch, deſſen „Beichreibfel” ſich einhaͤn⸗ digen. Dem Schweden war auf ſeinem Standpunkte die Aeuße⸗ rung nicht zu verdenken, dag „Reutralitätögefchichten nicht taugten und Deutfchland durch vergleichen miferable Eonftveration in feinen jebigen Rotbftand gelommen ſei.“ Freilich, wenn alle proteflan- tifchen Stände Gut und Blut einmüthlg umter Schwebens Führung daranfeßten, um den Kaiſer mit dem treuen Anhange aus dem Reiche zu jagen, Fonnte bie proteflantiihe Sache leicht Die Herr⸗ haft gewinnen; aber die Herren waren Hug genug geworben, einzufehen, daß jever Sieg ver ſchwediſchen Feldherrn mit deutſchem Alute die Fremdlinge zu einem unerträglicheren Gebieterfinn erhob, als je der Kaiſer fi) herausgenommen. Es war fein Zweifel, daß die. nordiſche Habfucht die gemeinfam errungene Beute für fh behalten wolle, und darum wäre es kleinmüthiger Selbſtver⸗ raih geweſen, willenlos als Werkzeug jenes Uebermuthes ſich hin⸗ zugeben. Deshalb zögerte denn Georg mit ſeinem Bruder und dem Better, fofort, auf Banors Verlangen ein Schutz⸗ und Trutz⸗ bünbniß zu fließen; Georg nahm für das Gefammthans den er fahrenen General Lieutenant von Kliging, welcher den ruhmlofen Dienft Brandenburgs aufgegeben, am %,, Mai in Beftallung, * ſchuf eine neue, Träftige Heeresordnung, flellte unweit Hildesheim 4000 Mann im feften Lager auf, und wies im Juni nicht allein den General King, welcher die ſchwachen Taiferlihen Regimenter im Eichsfelde überfallen wollte, aus feinen Grenzen zurüd, fondern verhinderte auch muthig die Verftärfung, welche Raufchenberg, der kaiſerliche Befehldhaber in Wolfenbüttel, an fih zu ziehen gedachte. Wie deshalb Bandr, erfolglos in Böhmen Fämpfend, des Rüdhaltes an Georg Feineswegs fiher, gleichwohl Schonung gegen den Zweideutigen beobachtete, fo durfte der Kaiſer Falſchheit und Trog deſſelben nicht länger mit anfehen. Zwar galt das kaiſer⸗ liche Mandat vom 12. Auguft, Stadt und Bisthum Hildesheim ohne Zeitverluft dem Kurfürften von Köln. einzuräumen, einer Kriegserklärung gleich; ? dennoch aber zögerte Georg mit dem offenen Bruche vor genugfam verbürgtem Bünpniffe mit den Schweden, begnügte fih nah allen Seiten in wehrbafter Berfaffung zu fiehen, und unterhandelte gleichzeitig in der Stille mit den ſtreit⸗ ı Deden M, 187. " 2 Daf. 189. Theatr. Europ. IV, 74, 75.

Johann Ghriflian von Königsmarf. 177

barften und entichloßenften proteftanttichen Mächten, unter lebhaf⸗ ter Mitwirkung wohlgefinnter Männer, eine höchſtwichtige - Stellung zu den friegführenden Parteien, welde das Baterland retten Eonnte, wäre das Geſchick nicht mit einem fchmerzlichen Schlage dagegen getreten!!!

Bedurften die öffentlichen VBerhältniffe im norbweftlichen Deutfch- ande, fo wie in Niederſachſen, in kunſtlicher Berechnung binauf- gefchraubt, im Sommer des Jahres 1639 nur eines Anſtoßes, um entweber in heilbringender Weiſe für die deutſche Sache fich zu ges falten, oder das erbrüdende Viebergewidht auf die Seite der fremden Kronen zu wenden; fo hatte in jenen Ländern eben ein beuticdher Edelmann , im Solde Schwedens, eine Feldherrnlaufbahn begonnen, ? welche verhaͤngnißvoll dem Kriege den lebten empörenden Charafter auflegte. Johann Ehriftian von Königdmarf, der Meifter in der Kunft, auf planlos fchweifenden Abenteurerzügen zu brandichagen, zu plundern und zu verövden, beftimmt, nad zehnjähriger wechſelnder Heimſuchung des gefammien deutſchen Landes, durch eine lifig ans gelegte Raubfahrt dem grauenvollen Krieg, zum Nachtheil Oeſter⸗ reich® und zum Verderben Deutſchlands, ein Ende zu machen, hatte an Stelle des gealterten, einflußlofen Schotten King aus Bandrs Händen den Kommandoftab in Weftfalen erhalten. Eines uralten, aber armen brandendurgifchen Adelsgeſchlechtes, deſſen einer Zweig fon im XIV. Jahrhundert in Schweden geblüht hatte, im Jahre 1600 zu Ketzlin bei Kiritz in der Priegnig geboren, von feinem Bater zu einem Freiherrn nady Geldern gefhidt, „um ihm auf den Trunf zu warten;“ dann Edelknabe Friedrich Ulrichs zu Wolfen- büttel, begab er fih, nad) fchläfriger Jugend, als Reuter in kaiſer⸗ lichen Dienf, bildete dann in Guſtav Adolfs Schule fih zumal zum fühnften Parteigänger aus, mit der perfönlichften Theilnahme , an jenem Strauße, handfeft in jenem „Gebalge.“ Sein Verhältniß zu Speerzeuter, feine Gefahr als brandenburgifcher Unterthan und auöges tretener kaiſerlicher Offizier in Gefangenfchaft; feine Betriebfamtelt,

2 Neber die faͤmmtlichen Tünebnrgifchen Angelegenheiten |. Pufenborf XI, $. 25— 33, 387 371.

s Pufendorf 387.

8 Motife de la France 480, and ber Feder eines Diplomaten in Münfter, enthält intereffante Säge aus Konigemarks Sugendleben. Stegler Labyrinth 100. Zedler u. d. Königsmark.

Barthold, Bei, des Sojihr. Kriege. IL 2

178 Johann Chriſtian von Koͤnigemark.

bie ſchwediſchen Regimenter im Jahre 1635 der fremden Krone zu erhalten, haben wir fchon angebeutet, fo wie fen Mis⸗ geſchick bei Vlotho und fein Zerwürfniß mit King, welches ihm vor anderen Bewerbern den Oberbefehl eines Heered erwirkte.“ Koͤnigs⸗ marf, jede Theilnahme für Brandenburg, für fein dentſches Baters land verläugnend, geliebt von feinen Soldaten, die luſtiges Leben und reihe Beute unter feinen Fahnen erwarteten und‘, auf ſchonungs⸗ (ofen Ritten von einem Ende Deutſchlands zum andern an Zahl vermindert, immer neuen Zulauf lodten, hatte nur Gelderwerb und derben Sinneögenuß zum Ziele eines Feldherrnlebens, dergleichen ihm Die fremde Krone allein bieten konnte. Obgleich früh vermählt und in der Fchung Minden haushaltend, charefterifirt auch ihn ſchon jene abenteuer: liche Romantit, oder befier jene heroiſche Liederlichkeit, die wir bei allen Gliedern eines hochftrebenden Geſchlechtes finden, dem das glüdlihe Räuberhandmwerf des Ahnherrn unermeßliche Reich, thümer vererbt hatte. Berühmt find feine Söhne und Enfel, welche verzogen durch die launenvolle Chriftine,? in dem Kriegspienfte faft aller Mächte Europas, auch Venedigs, auf entfernten Schlachtfels- dern in Moren und in Portugal, nah Nitterehre ingten; wie jener Karl Johann, deſſen liederliches Treiben die Pfaͤlzerin Char- lotte d'Orleans? fo naiv erzählt, trugen alle das ſittliche Gepräge ihres Geſchlechtes, das niemand an Philipp Chriſtoph, dem uns glücklichen Buhlen der Gattin Georgs von Hannover, * fpäter des erftien Georgd von England, noch weniger an der Enkelin unſeres Sohann Chriftian, der berühmten Aurora, verfennen wird. ° Unfer Held, deſſen Namen die Muſe der deutſchen Geſchichte

nur mit Trauern in ihre Tafeln eintragen kann, nach der wildeſten Heimſuchung des benachbarten Stiftslandes, neben jenem Oberſten des Fußvolks Plettenberg, dem Verraͤther Mindens, über ein Heer ‚von ſechs und dreißig Schwadronen Reuter, ſechs Schwadronen Dragoner und vier und zwanzig Eompagnien Fußvolk geftellt, erhielt nach Hapfelds Abzug den willfommenen Auftrag, das Eichsfeld zu

ı Wufendporf 367.

: Artenholz II, 280, Note IV, 345, 152, 108.

3 Nnefooten der Orleans 35.

® Histoire secrete de la Duchesse d’Hanover.

® Neber Auroras Sittſamkeit auch vor der Begegnung mit Auguſt hat Gramer

neuerdings Aufichlüße gegeben, welche: die dichterifche Illuſion bedeutend ſtoͤren. * &arve I, 63.

Hatzfelb in Böhmen und Meißen. 179

brandſchatzen, über Erfurt die Verbindung mit Böhmen zu fichern, und, ohne Weftfalen aus den Augen zu verlieren, mit fliegenden Schaaren Beute und Waffenvortheil nah Gutdünken zu verfolgen. * Am 25. Juni aus Minden geritten handhabte Koönigsmark trefflidh fein Wert im Eichsfelde; drang darauf, auch ohne offenes Einver⸗ ſtaͤndniß mit den Heften und Georg von Lüneburg, auf Franken vor, und erndtete den erfien erklecklichen Lohn, indem er im Auguſt den Bischof von Würzburg zu hoher Brandſchatzung nöthigte. Aber er, wie Banör, fanden bald an Hasfeld, dem Bruder des geplun⸗ derten sBröfaten, ihren Gegner.

Obgleich Die Sorge vor defien Rühe ven ſchwediſchen Feld⸗ herrn ſchon in ven Tagen von Chemnitz beunruhigte, ſtand Habfeld, mi Troß überladen, doch erft im Mai am Obermain, z0g ben General⸗Wachtmeiſter von Go, den wir zuleht in Oberſchwaben ließen, fo wie den Bredow an fih, näherte ih, mit mandherlei Verſtaͤrkung, 10,000 Mann zählend, in venfelben Tagen ven Wällen von Prag, als Bandr mit feinen 26,000 Wann unluftig von der Hauptftabt auf Brandeis wich.“ Aber ungeachtet das Faiferliche Heer, auf bem weißen Berge gemuftert, jebt faſt 30,000 Mann ftart war, verhinderte gegenfeitige Giferfucht zwiſchen Gallas und Hatz⸗ feld ernſtliches Zuſammengreifen;“ Hatzfeld kehrte ohne große Ver⸗ richtung aus der Umgegend von Kollin und Koͤnigingraͤß auf ‘Prag zurũck, da ber erſtere gezoͤgert hatte, im Einverſtaͤndniß den Baner bei Brandeis machtvoll anzugreifen. Democh diente dieſe lahme Kriegführung dazu, den Schweden den Aufenthalt im öden Böhmen gefahrvoller zu maden, zumal bie Trauerkunde aus Neuenburg jeben Erfolg auf dem rheinifchen Kriegsfchauplage in Zweifel ftellte. Als demnach Habfeld auf dringende Forderung ded Kurfürften das pefterfüllte, hungernde Prag verlieh, um die meißnifchen Stäbte, zumal Pirna zu befreien, und er, feine Abſicht dem wachſamen Gegner zu verbergen, mit 5 bis 6000 Mann auf weiten Umwegen über Eger z0g, glaubte Bandr anfangs, unkundig des Plans des Gegners, durch raſchen Angriff auf das Easferliche Lager vor Prag

2 Bufendorf 367. Theatr. Europ, IV, 86, 87.

3 Theatr. Europ. IV, 113, 117. Garvea a. O. '

2 Garve Il, 982. Pufendorf 362. Beauregard 197 giebt dem Ballas umd Hapfeld zuſammen nur 12,000 Mann ſtark, um Oeſterreichs Ohnmacht zu beweifen.

12?

180 Kampf um Pirna.

Bortheil zu erlangen. Wie er aber inzwiſchen, nad) blutigem Gefechte mit den Ungarn und deutfchen Reutern an der Moldau, erfuhr, Habs feld eile zum SKurfürften, deſſen Reuter am 2%, Auguſt unmelt Chemnig die hochnöthige, von Hamburg kommende Zufuhr an Pulver erobert; ſchickte er, um feinen Rüdzug bange, Staͤlhandsle und Wrangel eilig nah Meißen und folgte ihnen felbft auf dem Fuße. Stälhandsfe fand, um die Mitte Septemberd vor Birna gerüdt, die Sadfen unter Hatzfeld bereitö mit der erneuerten Umlagerung ber Stadt befhäftigt; * erft. ald Bandr mit der Hauptmacht erfchienen, am *%,, September die Refte der Pulverzufuhr aus Ehemnig über das erflürmte Städtchen Brir nah Böhmen führte, und umwelt Pirna fih aufftellte; zogen jene unter die Dresdener Waͤlle. Kaum wandte fi Bandr auf Leutmerit, wo Torftensfon das Lager mũhſam gegen die Ungarn und andere kaiſerliche Streifihaaren bütete, ? zurüd, ald die erneuten Angriffe Hatzfelds und des Kurfürften ihn wieder über dad Gebirge vor Pirna riefen. Bereits war die Bes lagerung, unter Amims, des Kurfürften und Hatzfelds Augen, bedrohlich fortgefchritten, ald des Raflofen Ankunft 8die Arbeiten ftörte, und er felbft ohne ven Entichluß, mit dem ermatteten Entfagheere fogleich zu ſchlagen, den vorfichtigen Feind, zwar ohne Berluf, aber nicht ohne Zeichen des Schredens, unter Hagtzfelds Führung auf Dresden weichen fah. Ungeachtet der Schwebe den Bortheil des Beſitzes Pirnas zur Beängftigung Dresdens erfannte und der Ruf feines furdhtbaren Namens ihm fchmeichelte, war er doch genöthigt, um feine Truppen nicht bei der wachſenden Macht ded Gegners zu verfplittern, ° dem Kampfe um die Feſte auf dies jelbe Art, wie dem Strauße um Garz, ein Ende zu machen. Solches that der Schonungslofe um fo Heber, ald die Schweren den Ramen Pirnad wegen ver hier gepflogenen Vorarbeiten zum prager Frieden bitter haßten! Bis zum SE wurden die Thürme, Mauern, Außenwerke der fhönen alt= meißnifchen Zefte in die Luft gefprengt, und die Stadt in Brand geftedt; fie hätte, ungeachtet ver Fürbitten der Kurfürftin, jener unpolitifchen Freundin „ber Retter des evan⸗ geliihen Glaubens,“ das Schidfal zahlreicher anderer deutſchen Schweftern von der ſchwediſchen Zadel erfahren müflen; hätte nicht t Theatr. Europ. IV, 112, 119. Pufendorf 362.

* Theatr. Europ. IV, 107. ® Deauregard 198.

Heranug Plecolominis. Der Erzherzog in Prag. 181

ber Befehlohaber des Sonnenfteins, nad, dem Abzuge der Schweden von feinem Felſen heruntergeeilt, burdh- eifrige Anftalten die Brunft gelöfcht. * Rach ſolchem Bollbringen führte Baner die Seinen ind Lager von Leutmerig zurüd; aber bereitö war PBiccolomint, der Sieger von Dievenhofen, aus ven Niederlanden unterweges, Erzherzog Leopold Wilhelm am ., October als Oberfeldherr in der Hauptſtadt angekommen und Habsburgs Macht ſo ehrfurcht⸗ gebietend entwidelt, ? daß der ſchwediſche Mars das Schlachtſchwert einftedte, und zum erftenmal ernftlih daran dachte, durch heimliche, befhoftene Friedensunterhandlungen vermittelft der Weiber und Leihärzte ſich deu Schimpf der Flucht zu erfparen. Habfeld dagegen zum Schutze des ausgehungerten Sachſens nicht mehr fo nöthig, ® zog in der Mitte des Octobers durch Thüringen nah Kranken, um den Räubereien Königsmarks ernfilich ein Ende zu machen, zumal durch den Bruder gerufen.

Daß Defterreich bei fo verhängnißvollem Anfange des Jahres dem Stoße, welden die Feinde auf fein innerfied Leben abzielten, ausweichen konnte, war zunächſt Die Folge von dem Benehmen des Ueberwinverd von Breiſach, feiner Verwidelung mit Frankreich und feinem bunflen Tode.

Die Kunde von der Eroberung des Bollwerkes Deutichlands, durch Vickevoort, Bernhards vertrauteftem Agenten, am 23. Decem⸗ ber 1638 nad Parid getragen, * hatte die Hoffeſtlichkeiten, welche die Geburt ded Dauphins veranlaßt, noch geräufchooller gemacht, und eine breitägige kirchliche Danffeler für den Segen der Schutz⸗ patronin Frankreichs hervorgerufen. Der Kurdinal fah den Traum von Dagobertd Erbfchaft, dem er gleih nad Guſtav Adolfs Tode ſich hingegeben, fo nahe verwirklicht, daß er dem Pater Joſeph auf

& Mhonir. Europ. IV, 107 weiß nichts von Schonung. Beauregard bei . ®uöbriant 198: La resolution de oet embrasement dtoit prise, dans le doute que le fea pourroit s’attacher au ohätsau qu’il ne pouveit re- deire: Mais l’Eleotrioe le piqun de gönerosjt6 et de misericorde pour les pauvros habitans, elle luy en öerivit si fortement qu'il se contenta de ruiner les murailles et les Tours qwil fit rer. Pufendorf folgt tem Franzoſen, welcher bei biefer Belegenheit viele wahre Schmach, aber auch Erdichtetes vom gehaßten Kurfürſten erzählt. 2 Thoatr. Karop. IV, 119. . 8 Daf. 107, 119. Bufenborf 363. ° Röfe II, 295.

182 Tob des P. Joſeph.

bie erfle Zeitung: Breiſach Tapitulire, friſche Lebenskraft einzuflößen glaubte, indem er dem flerbenven zurief: „courage, Pre Joseph, courage, Brissac est & nous!” Aber die „Emimence grise,” ohne eine purpurne geworden zu fein, ſchloß die Augen für immer am 18. December 1638 zu Ruel, und, bed treuen Berathers beraubt, ? wurde Richelieu bald von peinlichen Sorgen wegen Bernharbs ers füllt, eben als er geheimnißool den großen Anfchlag auf Portugal nnd Katalonien ind Werk fehte. Der Karpinal, nimmer gefonnen, die Eroberung des franzöftfhen Söldlings fahren zu laſſen, Hatte bisher fich gehütet, dieſe Abficht unverholen zu erfennen zu geben, da Bernhard ebenfo Tüglih eine gewifle Uebereinfunft gemieden. Auch Guébriant hatte deshalb früher gemeflenen Befehl bekommen, fih der Belegung Feiner eroberten Stabt zu unterziehen. Zwar foßte Erlach, auf feiner Sendung im Mai 1638, als Breiſachs Belagerung größeren Aufwand erheifhte, des Hofes Geſtnnung über die Einräumung des Eljaß und den Befib der Feſte ausfors ſchen; hatte aber fo entjchiedene Abneigung beim Minifter gefunden, daß er felbft mit dem Pater dabei in heftigen Wortwechfel gerieth. Um ded Herzogs Thatenluft nicht abzuftumpfen, verficherte der Kapu⸗ ziner einlenfend mit erheuchelter Wärme, „feines Könige Abſicht

i Le Baffor IX, II, 107. Per Joseph 442: ber Berfafler meint, es hätte dem Kirchenfürften mehr geziemt, dem flerbenden Monche dire bien doucement, le Crucifix & la main, Jesus Marin, et quelques discours teuchans pour lni aider & bien monrir! Montglat I, 220. Sehr bezeichnend find die Worte aus dem Munde des ſcharfblickenden Hofmanns: le principal confident da cardinal de Riche- lieu, leguel !’avoit employe dans de grandes negociations principalement en Allemagne, il avoit fomente ligue des princes contre l’Empe- rear; et la conspiration du Valstein, qui auroit detreit la maison d’Au- triche dans l’Empire, si elle n'eut ete deoouverte. Il avoit aussi traite dc Pentréo du roi de Suöde: enfin o’&toit un fort habile homme qui aroit mis le feu dans toute l’Europe, et, tout capuoin qu'il etoit, aroit fait son possible pour rendre les lutheriens maitres de P’Allemagne. Monts glat war alfo von der Schuld Frankreichs und Waldſteins überzengt. Der Kapuziner, den Werth ber dentſchen Soͤldner ermeſſend, äußerte einfl zu Degenfelv: nous ne laisserons pas nos Etrangers , ils sont ooux qui nous mainteneroat. Röfe II, 413. Anm. 110. Der heuchleriiche Mind, wie e8 heißt, in Spannung mit bem Karbinal, weil diefer einen anderen Agenten * für die Aufwiegelung Portugals als ben Marquis be Feuquieres, Joſephs Günfling, vorgezogen, warb wie ein Heiliger beſtattet. Le veritable P. Joseph 445 f. Le Vaſſor a a. ©. 110 ff.

Hicheliens Gorge um Breiſach. 183

gehe auf das Gluͤck und die Größe Beruhards;“ und fucht den Schwetizer zu überzengen,“ daß die Verſchiedenheit des kirchlichen Belenntnifies und die Erfchöpfung der Finanzen ven König verhin- dere, die verlangte macktoolle Unterflügung zu leiften. Noch widers ftand der Fäuflihe Schweizer der Beſtechung des franzöftichen Minifters, ? rieth aber bereit feinem Gebieter, „ben Zorn des Hofes zu meiden;“ weshalb dieſer vorfihtig in den Tagen vor ver Schlacht von Wittenweier den beftimmten Beſcheid über feine Forderungen aufgab, und nur Geld und Zruppenverflärfung vers langen ließ. So hatte dieſe Angelegenheit, in welcher beide Theile einander zu überliften hofften, unentichieven, umter mancherlei Klagen von beiden Seiten, fi hingeichleppt, bis die hohe Wahrſcheinlichkeit des Falles der Feſte die unruhige Begier der Franzoſen wieder er wedte, und Richelien der Nachgiebigkeit Bernhards fo gewiß zu fein fhien, daß Guébriant als Statthalter bereits beflimmt war. Denn man bielt es für unmöglih, daß Bernhard, Frankreichs General mit franzöfifchem Gelde und franzöftfchen Truppen, deren geringfügige Thaten er ſelbſt fchmeichelnd erhoben hatte, mit Recht Breifach für ſich fordern könne, welches in Frankreichs Gewalt den wichtigſten Lebergang bot, fo oft le bien public d’Allemagne bie Protertion des Königs wünfden ließ. * In befremdender Vorficht aahm men fhon jet t auf Bernhards möglichen Tod Bedacht, in deſſen Folge leicht dad Gewonnene dem Kaiſer wieder zufallen -tömme. Um fo peinlicher mußte daher dad Staunen und die Eifer- fucht des Hofes werben, als Bidevoort behutſam allen Anfragen Des Noyerd’, dem als Staatsfecretair die deutfchen Angelegenheiten und der Krieg zumächlt oblagen, auswid und ſich auf die Reife des Herzogs bezog, welche derſelbe nah Paris vorhatte. Die Unruhe Richelieus über Bernhards politifche Berfchloffenheit und ſelbſtſtaͤndige Verfügungen wurden gefeigert durch die Tchatfachen, weiche das nene Jahr herbeigeführt. Ohne weitere Anfrage brach der Herzog, nach hinlänglicher Verſicherung der Rhelupläge, in ben erſten Tagen des Januar 1639 von Breiſach auf, rief unter Guoͤ⸗ briant den Theil des framgöfiichen Hülfsheeres, "welcher nicht im Sunern Frankreichs Erholung fuchte, zu fi, * erſchien am 8. vor 2 Erlach II, 384.

3 Möfe II, 289 Anm. 111, 112. 2 Quebriant 103. Daſ. 101.

184 Bernhards Groberungen in ber Wreigraffchaft.

Landefron im Sundgau, vereinigte fich mit feinen Bölfern, vie im belöperger Thal gewartet hatten, und brachte den ſtandſtaften Befehlshaber des Schloſſes, welchen nur Reinachs Zeugnig, „daß der ihm geichidten Weiſung das verabredete Gegenzeichen gefehlt habe,“ vor dem Tote rettete, am 9. Januar zur Uebergabe. * Gegen 11,000 Mann flark, rüdte Bernhard auf zwei Straßen gegen den fühlichen Theil der Freigrafihaft, welcher allen Waffen- fünften der franzöflfchen Feldherrn biöher widerfianden. ? Der Herzog von Lothringen, obenein auf ſchwerem Krankenlager und vol Ber druß über Oeſterreichs Unthätigfeit für feine Sache, und die Spanier, gewöhnt an die Langfamfeit und die trägen Winterlager der Fran, ofen, fahen fih yplöglih in der winterlichften Jahreszeit unvor- bereitet überfallen. Nichts fruchtete der Muth der bewaffneten Landleute in den fchneebededten Gebirgspäffen; alle Burgfleden und Sclöffer an den Duellen des Doubs fielen vor dem Grafen von Raffau, welcher am ?°%,, Januar vor Pontarlier erfchien, und die Stadt nad wilder Gegenwehr am mit reichen Bor räthen eroberte. Eine “hohe Brandſchatzung ficherte den Bürgern ihr Eigentum, und der Fatholifche Eifer Gusbriants den heiligen Orten Schonung; doch mußten jene den Ein der Treue Teiften, als fei Spaniens und Burgunds Herrfhaft für immer beendet. Alsbald öffnete Jour, am wichtigſten Paſſe zwiſchen der Schweiz und der Grafſchaft auf fteiler Felswand belegen, die Thore. Der Stelivertreter des fpanifchen Befehlshabers, welcher im Schloffe Mortau furz vorher unvorſichtig übereilt war, übergab, nad) ans fangs trogiger Geberdung die unbezwingliche Felfenfefte C*,, Februar) mit allen dort aufgehäuften Kriegsmitteln und mit ber geflüchteten Habe, und büßte in Dole feine eigheit mit dem Leben. Indem die Thäler bis St. Claude hinauf jest offen flanden; das Land zwifchen Doubs, Ain fowie Beaume, ben treuen Bauern abges rungen, und Elfaß durch Rofen vor dem Einfalle des Lothringers gefichert war, für defien Fahne die Dame de Canterroir ein Res giment geworben, fah Bernhard fi innerhalb zweier Monate im Befitz der reichften Bezirke der Freigrafihaft und verforgte feine Nheinfeften mit den eroberten Borräthen. Was der Herzog mit diefen überrafchenden Eroberungen bezwedte, ob den Franzoſen

öfe II, 291. Theatr. Europ. IV, 04. 2 Bufendorf 372, Montglat I, 271 fi.

Geleen Felbmarſchall bes baleriſchen und ligiftiſchen Heeres. 185

Erſatz für Breiſach zu geben, oder durch ſolchen Beſit eine ſelbſt⸗ ſtaͤndigere Haltung zu gewinnen? iſt nicht klar; ermweislich jedoch, daß „le bien commun“ dadurch nicht gefördert wurde. Denn einerfeitd verminderte die Entfernung ded Kriegsſchauplatzes nad) Burgund dem Kalfer und dem Baier die Sorge um die Rheingrenge, welche wehrlos offen ſtand; andererſeits verwidehte fi das Bers haͤliniß Bernhards zu Frankreich faſt unauflösber, und mußte Richelien mit feinen Klüglingen den Triumph über Defterreich noch verfhieben. Im fühweftlicden Deutſchland, von der Schweizergrenge bei Engen, über Hohentwiel, das zeitweife umfchloßen biteb, * über das Wirtembergifche bis nad) Yranfen und in die Wetterau hinauf lagen nur dünne Faiferliche und ligififche Heerhaufen ; anfangs ohne Haupt, indem, nad der Ungnade des Grafen Goötz, Philipp von Mansfeld hier auf ven Feldherrnſtab verzichtet, Lamboy, Golz und der Fürftenberg, jet kaiſerlicher Hofkriegsrath? zum böhmifchen Feldzuge berufen waren, und der Graf von der Wahl, einer ber äfteften Krieger der Liga, bereitd in der Schlacht auf dem weißen Berge ded Arms beraubt, * nad vorübergehenden Befehl im Som⸗ mer 1638 zum Ruheftand fi anfdidte. Deshalb berief Marimi- lian ven bewährten Gottfried Huyn von. Geleen als Feldmarſchall des baterifchen und ligiſtiſchen Heeres * in Oberveutfchland, und ge- ſellte ihm ven kraftvollen und finnreichen Franz von Mercy als General⸗Feldzeugmeiſter bei, welder bis dahin unter Herzog Karls Fahnen ritterlih geftritten. Auch unter der Lafl des böhmifchen Krieges forgte Maximilian raſtlos für die Herſtellung feines rhei⸗ nifchen Heeres; wandte große Summen an den Auflauf von Pfer⸗ den, ® welche befonderd in dem Feldzuge im Breiögau gelitten hatten, fchidtte die Befabung der Donauſtädte nad) Schwaben, fo daß Geleen und Mercy zum Frühfommer ein fchöned Heer von 8000 Mann im Wirtembdergifchen, das mit Recht noch immer das geheime Einverſtaͤndniß Eherhards mit Wiederhold auf Hohentwiel büßen mußte, beiſammen hatten, als der Herzog von Weimar die lehte Anſtalt traf, feine

ı Sattler VII, 212,

> Münd III, 34.

3 Tentfcher Florus na Gronsfelds Sufap 21. Khevenhiller Hif. Contref. 413.

s 'Fheatr. Europ. IV, 116, 134. FJritſch 169. Adlzreitter 384.

° Aplgreitter 384,

486 Piccolomini im Luxemburgiſchen.

Siege anf deuiſchem Boden zu verfolgen. Die Verbindung wit Diefen Gegenanftalten zu unterhalten, war Ottavio Piccolomini ber fimmt, welcher am Niederrhein ein taiferliche® Heer von eiwa 10,000 Mann befehligte und nad einem Kriegsrathe gu Bonn zeitig ine Luremburgifche rüdte. Unter vem fähigen Italiener diente au ber Spite deutfcher Regimenter ein großer Theil der ausländiichen Ober fien, welche Waldſtein eink um fich gefammelt, der Marchefe vi Caretto, Suyd, Altieri, Baron de Soye, feit dem Sommer 1635 dem SKarbinalinfanten zugeſchickt. Der ausgezeichnetſte Gehülfe Piccolominis war aber Johann Yreiherr von Bed, fein General Feldwachtmeiſter, welcher von der niebrigften Geburt aus dem Luxem⸗ burgifchen, zu ehrenvoller Stellung ſich emporgefhwungen. Se war trefflih für das Einverſtaͤndniß mit den Spaniern geforgt, und auf Betrieb der erzherzoglichen Linie zu Innsopruck das Intereſſe der Höfe zu Madrid und Brüffel für Die öfterreichifchen Vorlande geſteigert.“

Während Bernhards flürmifcher Eroberungen in ber Zreigrafs schaft begannen die Anfehtungen Frankreichs in Beziehung auf Breiſach und wurden bald behutfam, bald in drohender Weile er- neuert,“ indeß Gucbriant, dem die Hauptrolle im biplomatifchen Trugſpiele zugebadht war, in Kolmar einen franzöflichen Heerhaufen zur Beſetzung der Feſte bereit hielt.“ Als ein königlicher Kammer- berr, de l'Isle, zuerſt abgeichidt, um Glück wünſchend und fchmeis chelud, die Gefinnung des Sachen zu erforfchen, die Nachricht zurüd- brachte: der Herzog werde bie Angelegenheit perfönlih in Paris betreiben, was auch Guébriant, behutſam das dornigte Gefchäft ein; leitend, als raucht feiner Unterhandlungen gemelbet, ° zweifelte ber Hof nidt an der Rachgiebigleit feines Generals, und Iuden ihn der König und Richelieu mit gleifinerifcher Bezeugung ihrer Unge⸗ duld in die Hauptftabt ein, dem Grafen Guebriant argliflig bie Bewachung bed Gewonnenen in Bernhards Abweienheit übertragenb. ® Aber gewarnt durch feine viplomatifchen Freunde in Paris, durch Grotius und den englüüchen Geſandten, daß er, perjönlih am Hofe

ı Sualdo 559, 560.

3 Daf. 558.

3 Nöfe IK, 295 ff. und bie bort angeführten Quellen.

& Sinfieuction für Guebriant vom 6. Januar 1639. Buobriant 105. s Qusbriant 107.

© Brief des Könige an Guebriant vom 8, Februar. Daſ. 107.

ranlreiche Eorge um Brelſach. 4187

auweſend, ben zubringlichen Anmutbungen fich nicht würde entziehen Können; Ichnte der Herzog die Einladung unerwartet ab, „weil feine Gegenwart im Elſaß nöthig ſei,“ und ergoß fi in Klagen über die ausbleibende Unterflägung und bie Umgewißheit, in welcher man ihm in Betreff bed nächften Feldzuges laße.“ Schon hatte man, der Beute fiher, in der Hauptflabt die prachwollſten Zu⸗ räftungen zum Empfange getroffen; ? allerlei Feſtlichkeiten, zur Feiet der Geburt des Danphin beftimmt, noch verſchoben, um ven Krieges mann durch ſolche Sinnengenüße zu beiäuben. Ban redete won ausfchweifenden Plänen zur Erhebung bed Herzogs, wenn er Breis fach abtrete, von der Kaiſerkrone, von ber Heirath, entwebet mit einer Töniglichen PBrinzeffin oder mit der Nichte des Kardinals, der Dune de Combalet, feiner Erbin, indem man von dem „Soͤld⸗ ner Frankreichs,“ einem fo ftolgen deutſchen Yürften, ſchmählich voraudfehte, daß er die Hand eines Weibes annehmen werde, mit welchem der Prälat ſelbſt Blutſchande getrieben baden ſoll. Als Richelieu die Veraͤnderung der Sinnesart Bernhards erfuhr, deren Beweggründe ihm nicht fremd blieben, klagte er unwillig über den Undankbaren, ließ jedoch wieder eine geſteigerte Zärtlichkeit bliden, * wie die Kunde einlief, Bernhard fei in Four unter bebenflichen Umfänden erfrankt, gleichzeitig ald auch Guebriant, der getäufchte Unsterhändler, an ben Folgen des ruhelofen Winterfeldzuges dar nieder lag. Kaum genefen fuchte der Herzog brieflih ein leidliches Berhältniß mit dem beleidigten Karbinal wieder herzuftellen, weil er Frankreichs Hülfe zur Behauptung feines Gewinnes noch nicht entbehren konnte, und erbot ſich zur treuflen Mitwirfung: „pen König von Frankreich zum Schiedsrichter ber Chris ſtenheit zu erheben, falls man ihn rechtſchaffen unterftüpe." ®

4 Brief Dernharbs aus PBontarlier '?/,, Februar 1639. Röfe II, Urk. 37.

3 Quebriant 117.

s Roſe II, 301.

° Daf. Ur. 48 vom 26. März 1639.

8 Brief Bernhards an Miipelieu d. a. PBontarlier ?'/,, März 1639. Röfe IT, 532, Beilage 49: lorsqe’il est plus hesoin que jamais de presser et poursuyvre les heureux progres obtenus contre les ennomis leur oster lo moien d’exeouter leurs dangeureux desseins et en former sur eux de ei avantageux au bien de la cause commune et glorieux atx justes armes de 8a M. qu'ello puisee dans peu se rendre Yarkitre et le jage des differents de In Chretients. Le Laboureur 14T.

188 Beruharbs Pläne.

Der Sachſe hatte vortrefflih gelernt, die aufrichtigfte Geflunung gegen Sranfreich zu erbeucheln, und machte fich fein Gewiſſen daraus, durch betrügliche6 Berhalten feinerfeit6 Frankreich zu ftrafen, welches unter dem Scheine der Uneigennüsigfeit das Berberben des deutſchen Reiches bezweckte. Ungeachtet nicht zu leugnen war, daß Bernhard ohne Frankreichs Geld feit der Schlacht von Nörblingen eine ſchwaͤchliche Rolle gefpielt hätte und ihm nichts geblieben wäre, als dem Kaifer ſich zu unterwerfen oder Schuß in der Fremde zu fuchen; glaubte er, ohne die bindende Verpflichtung ber geheimen Berträge anzuerfennen, die Unterftügung Frankreichs durch den Waffendienſt bezahlt zu haben, welchen er feit vier Jahren dem wehrlofen Lande durch die Beichirmung feiner Grenzen geleiſtet. Er legte die Ders tragspunkte in Betreff des Landgrafenthums Elſaß zu feinem Bortheile aus; und da die Schlacht von Rheinfelden, der Wende punkt feines Glückes, ohne frangöfiiche Waffen erfochten war, und Frankreichs Hülfstruppen kaum Nennenswertbed etwa die angſt⸗ volle Vertheidigung der breiſacher Linien audgenommen geihan hatten, war er, fruchtbar in politiigen Schöpfungen, jo wenig ge- fonnen, Breiſach und Elſaß gehorfam an Frankreich herauszugeben, bag er vielmehr den Sundgau, Stüde der Freigrafihaft und Loth» ringens, fo wie Hohentwiel und wirtembergifche und badenfche Land⸗ fchaften binzufügend, auf Koften des Kaiſerhauſes und leidender Nachbarn fi ein mächtiged Fürſtenthum errichten wollte. . So durch die Waffen auch ganz Thüringen dem gehaßten Kurfürften ent: reißend, * gebachte er ſelbſt in Mitteldeutfchland eine gebieterifche Stellung wieber zu gewinnen, welde fein Ahnherr Johann Friedrich gegen Karl V. eingebüßt, und als Schiebörichter die Streitfragen der Zeit ohne Berluft für des Vaterlandes Äußeres und inneres Wohl entſcheidend, mit dem beleidigten Genius vefielben ſich wieder zu verföhnen. Da Franfreih dagegen in ſchamloſem Eigennuß genug gethban zu haben wähnte, wenn es feinem Söfpner bie Faiferlichen Gefälle und Domainen und das Landgrafenthum Elfaß für Lebenszeit ald Leibgedinge ließe, ohne dem deutichen Für- fen für die Aufopferung feines Blutes und feiner Ehre eine poll ttfhe Unabhängigkeit am Rhein zu gönnen; mußte, falls nicht das Schickſal dazwiſchen trat, dieſe unvereinbare Verfchievenheit der Abfichten nothwendig auf einen Bruch Hinauslaufen, den beide °s Buöbriant 109.

Weitere Expberungen ber Weimarer. 189

Theile vorfichitg vermieden, weil er beiden Berberben drohte. Dem⸗ uach bemühte ſich Bernhard, defien Pläne noch nicht vorbereitet genug waren, um bie franzöfifhe Hülfe fallen zu laflen, in irgend einer guten Weife über die Streitpunfte, die Einraͤumung Breiſachs, vors läufig einen Ausweg zu finden, bevollmächtigte jedoch, zu Deutſch⸗ lands namenlofem Unglüdl, zu fo wichtiger Sendung den Schweizer Erlach, welcher feines Gebieters Bertrauen verfaufend, fhon vor. dem Kintritte des Schidfald das Spiel gewonnen in Frankreichs Hände gab. ' |

Nachdem im Anfange Aprils Erfah abgereiſt war, ließ Bern⸗ hard dem Grafen Guebriant, defien diplomatiſche Berufung leicht die hochwichtige Waffenbrüberfchaft ſtören Fonnte, fo wie dem Generals major Ehm die Behauptung und Erweiterung der Quartiere in der Freigrafihaft, ? und zog am 13. April von Pontarlier in Gefolge der Prinzen Sriedrich von Wirtemberg und von Baden⸗Durlach, und des, furpfälziichen, fo wie eines heſſiſchen Gefandten mit einer erlejenen Mannſchaft ins Bistum Baſel; befichtigte feine Rheinpläge, und hielt am 17. April feinen feierlihen Einzug in Breiſach,“ den Blick auf Thüringen gewandt, an defien Grenze Bandr eben feinen: Sieg bei Chemnitz erfochten. Während des Herzog6 weitverzweigter biplomatifcher Gefchäftigfeit bezwang Rofen am ?/,, und °%,, Mai Stadt und Feſte Tann, welche allein die Verbindung Hochburgunde mit dem Eljaß noch unterbrach; hielt den Herzog von Lothringen fern; eroberte Ehm am 30. April St. Hippolyte und eine Reihe feſter Schlößer und fland am °/,, Mai vor St. Claude, * welches, wie Befangon und Ealins, gegen Erlegung einer Kriegsſteuer ber Reutralität verfihert, die Anhänglichfeit an die alte Herrfchaft dennoch nicht unterbrüden konnte. Bern hätte, dem ausdrüdlichen Befchle des allerchriftlihfien Königs gemäß, Guebriant St. Claude, den

ı Le Laboureur der Jeitgenoffe lobt den Schweizer 117: Gentilhomm etrös diene de sa oonfidence et qui me pouvoit ötre qu’agreable & la Cour, fl avoit été nourry, ot avoit proft6 de toutes les bonnes qualites quo l’on peat puiser dans une si belle doole. Il s’aoquitta parfaitement de sa oommission et sans donnsr aucun soupgon au Ministres da Roy du dessein de son Maistre pour Brisac, dont il no s’eolaircissoit point, il les entretint de ses desseins pour l’advenir.

2 Budbriant 116.

2Pufendorf 372. Röfe II, 307.

Adlzreitter 383. Guébriant 114. Theair. Karop. IV, 10 |.

190 Gerlach in 6. Germain.

verehrien Wallfahrtsort, der ketzeriſchen Wuth entrißen; allein waͤh⸗ vend ſeiner Krankheit erſtürmte ihn Ehm am . Mai und vers haͤngte ein furchtbares Strafgericht über die heilig geachtete Stätte, welche nebſt dem feſten Schloße faft ganz zerflört wurde. Einem ähnlichen Schidfale eniging Belancon und Salins, ſelbſt von Karl von Lothringen verlaßen, welcher über Philippsburg fih nach den Niederlanden begeben, nur weil Bernhard die Tatholifhen Eidgenofien nicht zu Thätlichkeiten reizen durfte. “Denn erbittert über die Bebrängung des Bifhof3 von Bafel, ihres Bürgers, und die Beratung des Neutralitätsverhäftniffes, welches die benad)- barte Freigrafichaft feit Karls V. Tagen unter ihre Obhut ftellte, tagfahrteten die Kantone, ' droheten, geftügt auf Spanien, und ſchickten ſich an zu den ernfllichften Maßregeln, fogar zur Abberufung ihrer Landsleute aus Frankreichs Dienfte, ald die Waffen Bern⸗ hards eine andere Richtung einfchlugen.

Aber unter fo rüfiger Verfolgung von Vortheilen der frangd- ſiſchen Krone hatte Erlah, in Paris am 5. April angefommen, bie erften Faͤden des Berrathes angeknupft. Unerwartet günflig von den Miniftern, von Richelien und der Töniglihen Familie in St. Germain empfangen, ? weil man die Natur des Schweizers fannte, fand er für die Entfchuldigung, daß der Herzog in Perfon auögeblieben, Gehör, und fuchte anfangs, feinem Auftrage gemäß, die Zumuthung in Betreff Breiſachs abzulehnen, „weil bie Webers gabe der Feſte an Frankreich den Verdacht der Ueberwältigung des Reis dem Könige aufbürbe, die ſtille Zuneigung der beutichen Fürften unterbrüde und das Mißtrauen der Schweden erweden würde." Da Erlach über Bernhards Abſichten und Pläne feine Erklärung geben Tonnte, erhielt er, ungeachtet er die drohenden Rüftungen des Kaiſers und Marimilians fchilverte, erft nad) langen Unterhandlungen die Zufiherung der vom Herzoge verlangten Summe, 2,400,000 Livres, fammt einem außerordentlihen Zufhuße, zumal zur Berftärkung für Guébriant mit deutfhen Truppen. Alles jedoch an Bedingungen gefnüpft, welde Far bezeugten, in welchem Grade des Eigennuges der Hof Bernhards abhängige Lage miß- brauchte, um den veutfchen Kürften, welcher dem ſchwediſchen Könige auf der Höhe feiner Siegeslaufbahn tropig den Gehorſam aufges

ı öfe II, 309. 2 Def. 804,

Erlachs Verraih. 91

fündigt und auf feine reichöfürftlihe Stellung fich berufen hatte,

zum blinden Werkzeuge feiner Habfucht herabzumürbigen. Der

Herzog folle fich fchriftlich verpflichten, Breifah und alle eroberten

Pläge unter des Königed Hoheit zu bewacen, fie ohne deſſen

Befehl an niemand abzutreten, und aud dem Statthalter Breiſachs

eine gleiche Verbindlichkeit für den Fall feine Todes oder feiner

Gefangenſchaft aufzulegen; überdies werde für den König die freie

Berfügung über alle Eroberungen des Herzogs in Deutſchland,

Burgund oder anderwärtd und der unabhängige Befehl Guébriants

über die dem Herzoge zugeführten Truppen gefordert, alfo jede

freie Ihätigfeit des Fürften und die Möglichkeit die Sache feiner angeblichen Bundeögenofien ohnme Frankreichs Willen zu fördern, qusgeſchloßen!“ Noch ſchien nichts gewonnen, da die Annahme dieſer Punkte durch Bernhard zweifelhaft war; aber thatſächlich war Breiſach und des Herzogs Eroberung verrathen, indem der geizige Schweizer am 20. April ein -franzöflfches Jahngeld von

20,000 Livres annahm, ? dafür in Die Hände des Könige, Riche⸗

lieus und der Minifter, Des Noyers, Bullions und ECharignyd,

dad feierliche Verſprechen nieverlegte: Breiſach im Yalle des

Todes Bernhards für Frankreich zu bewachen, lieber zu

fierben, ° als fein Wort zu brechen;“ und endlich fich verpflichtete,.

er, welchem der großmüthige Gebieter die Hut feines Kleinodes anvertraut, dem Stantöfecretair über jede Handlung des

Herzogs und über Alles nad deſſen Tode geheimen Bes

richt zu erftatten! * Um jedoch Verdacht der Falſchheit zu vermeiden,

wenn dem Schweizer die Verhandlungen mit Bernhard über jene

Punfte übertragen würden, fertigte der Minifter dieſe Vollmacht für

Guebriant am 29. April aus, und entließ in guter Zuverfiht den

erkanfen Spion, welcher feinen Herrn durch heimliche Kundſchaft ſchon am 2, Mai von Bafel aus verrieth.

sBRöfe UM, Inf. 50, 5i. Brief Erlache an Bernhard vom %,, april aus Paris.

3 Erlach III, 13.

2Röſe II, 319 Anm, 139, 140. Le Vaſſor IX, IM, 119. Auch Hug. Brotiws, ep. 1460 merlte Unrath.

- % Sushriant 149 Le Sirene KRrlas rondio taute ia cour satisfnite de son envoy per 84 ange onnägite ot si l’om no put rien termingr avca luy tquchant le but principal, pour m’en avoir point de pouyoir ezpr&s, il ne laissg pas, les Ministres sans esperance.

192

Bierted Kapitel,

Bernhard und die dritte Partei. Sieg Piccolominie bei Diebenhofen. Juni. Der Lothringer wanft. Bernhards vorgebliche Unterhamblungen mit Gué⸗ briant. Juni. Bernhards Tod. 18. Juli 1639. Frankreich erfauft die Erbſchaft Bernhards, deſſen Heer und Breifach durch Erlach. 9. October 1639. Schidfal des Pfalggrafen. Die Brüder von Weimar.

Toͤdtliche Krankheit over vielleicht empfangenes Gift nagte bereits am innerften Leben Bernhards und die Entfremdung feines Schwerterwerbes war ſchon eingeleitet, indem Frankreichs Politik von feinem Tode Iohnendere Frucht erwartete ald von ben Thaten ded Lebenden; als der Herzog ungmweifelhafter begann, die ſchmachvolle Feſſel zu zerreißen, und er einer planvollen, hoch⸗ berzigen Thätigfeit fi Hingab, um die am Baterlande begangenen Sünden wieder gutzumahen. Er befchränfte die wilführliche Wirthſchaft der franzöfiichen Beumten im Elſaß, verfügte Fräftig zur Beförderung des Aderbaues, welcher feit der unheilvollen Ankunft Guſtav Adolfs am Oberrhein dort darnieder lag, ſchaltete überall umfichtig als Lundesherr, * ordnete den Befitfland des Breisgaus mit dem Herzog Friedrich von Baden; erhob fi jedoch nicht über den engen unduldfamen Sinn der Zeit, indem er gegen die Fathos liſche Geiſtlichkeit und den altanhänglichen öfterreichifchen Adel hart verfuhr und dur die Verdrängung der Tatholifhen Bürger, die Berufung Iutherifcher Einwohner, fo wie durch die Vergabung von Gütern an feine Offiziere und Beamten eine gänzlicde Umgeftaltung aller Verhättniffe im Elſaß blicken ließ. Auch in Burgund bejeich- neten die Maßregeln des Herzogs, ohne Rüdfiht auf die Trans zofen, daß er einen Theil der Siegeöbeute für ſich zu behalten bes abfichtigte und mit Ausnahme wohlgelegener Grenzpläge die Frei⸗ grafichaft, gegen Erftattung feiner Eroberungsfoften, der franzöftfchen Krone zuwenden wollte. Bedeutſamer jedoch, als dieſe mehr felbft- füchtigen Beftrebungen, dem erneftinifchen Haufe die verkürzte Iandesherrlihe Stellung wieder zu gewinnen und auch die fireitige niederrheinifche Erbfchaft ihm zuzuwenden; war der vorfichtig eins geleitete Plan, zwifhen dem Katfer und den fremden

ı Msfe II, 311 Anm. 145, 146. Aus der Helation de P’etat et da gou- vernement d’Alsace envoyée & la Cour le 20. Juillet 1640.

Die deitte Partei. Bernhard und Baner. 193

Kronen, welde den Frieden verhinderten, da Oeſter⸗ reih, mit Spanien innig verbunden, nichts aufopfern wollte, und jene ungerecht eine Zerftüdelung Deutfchlands verlangten, eine gebieterifche britte Bartei zu bilden. In einem jo ſegensreichen Gedanken begegneten fi, ? durd das Verſtaͤndniß ber Zeit aufgefordert, die Tüchtigſten der vaterlaͤndiſch geſinnten Männer, Melander, Johann Georg von Arnim, Chriftoph von Huwald, Wilhelm von Lohhaufen, und diefem Streben neigten die mächtigften Zürften fich hin, welche noch in Waffenverfaffung ftanden, bie Guelfen, Amalia Elifabeth von Heflen und der König von Dänemark. Es bedurfte nur eines Flug entfchloßenen Anfängers, um die till vorbereiteten Gemüther gu fo rettendem Bunde zu ver- einigen, welcher Sranfreih und Schweden ihrer erborgten Macht in Deutſchland entfleivete, und dem Reichsoberhaupte nicht geradezu ſchaͤdlich war, da die deutihen Bundesgenofien der Fremden, eine eigene Macht geworden, die Zahl der Gegner des Reiches vers ringerten und die Widerftandöfraft gegen Schweden und Frankreich ſtaͤrkten. Aber dad Werk erheifchte die behutjamfte Berechnung des Augenblid , obgleih durch Drenftjierna wider Willen begünftigt, indem der ſchwediſche Stuatslenfer die Unabhängigkeit Bernhards von Frankreich eifrig wünfhte, und zur Verbindung des heffiichen Heeres unter WMelander mit den weimarfchen Truppen aufforberte. ® Die erſten Schritte Bernhards in Mitteldeutihland feſten Buß zu faflen, fcheiterten jenoh an dem Argwohn und der Wachjamfeit Bandrs, welcher, aufs höchfte unzufrieven über des Herzogs Feldzug nah Burgund, das Geſuch vefielben, weldes diefer im Mais monat, unter Klagen über Frankreichs Unthätigfeit, an ihn richtete; „ihm zur NAufbringung eines Heeres Erfurt, Thüringen und die Rachdargebiete einzuräumen,” an die Krone Schweden verwieß, „ohne deren Einwilligung er diefe Eroberungen nicht überlaffen könne,“ und obenein durch Beadregard den Verdacht nah Paris melden ließ. * Deshalb ſchickte Bernhard am Ende Juni den Öberften ı Guebriant 126, 177. Bufendorf 371. .2 Dal. a. a. O.

Gueébriant 127 (227) na der Correſpondenz Beauregards: Ainsi il esperoit estre un autre Roi do Suede en Allemagne et peut estre plus considere que luy, en faveur'de la nation, n’ayant pour pretexte que la liberte de PEmpire & laquelle il paroitreit plus interesse.

Bartbolp, Bei, des 80jaͤhr. Kriege, IL. 43

194 | Amalie Eliſabeth und Bernhard.

Enno von Ferenz nah Schweden,“ theild um feinen Feldzug im Burgund zu entfhuldigen und Mitwirkung zu verheißen, theils um bei Daneıs Fortſchritien in Kurfachfen das erneftinifche Anrecht zu fihern. Jener Bote nah dem Norden unterhandelte auf dem Wege aud) mit Georg von Lüneburg, ? den wir, dem Kaiſer abgefagt und mit Baner in fhleppender Unterhandlung, mit der Landgräfin im Ver⸗ theidigungsbündnifie, an der Spibe eined wohlgerüfteten Heeres bereit finden, den lang erwünfchten Plan kraftvoll zu unterftügen. Auch der Herzog Auguft von Lüneburg, durch Arnim mit dem Kurfürften von Sachſen in Einverftännnig gebracht, bot Anhalt zu nachdrucksvollem gemeinfchaftlihen Streben gegen die Fremden. Aber das wichtigſte Mittelglied des deutſchen Rettungsbundes war Amalia Elifabeih, fobald nur verfelben ihr Vortheil einleuchtete. Die Landgräfin, feit dem Jahre 1637 mit Bernhard durdy heimliche Gefandifchaft Immer verbunden, hatte im Maimonat, als Baner in Böhmen eindrang, fih nad) Dorften, der wohlbewahrten Feſte, ges wagt, und fah Bernhards Agenten Soahim von Vidvoort bei fich, welcher um diefelbe Zeit über die Erbvereinigung zwifchen den Häufern Sachſen und Kaffel, der zu Yolge die heffifhen Truppen mit Bernhard fich vereinigen follten, unterhandelte, als die Land- gräfin, zum ſchwediſchen Bunde bereit, bei Salvius über die Gewährung ihrer Bortheile nachforfchen ließ;“ durch ihren Rath Bultejus mit Georg von Lüneburg Berabredungen traf; dem Orafen Avaux die Hoffnung des Anſchluſſes an Frankreich funds that, und in Mainz das Verſöhnungswerk mit dem Kaifer fo weit förderte, daß nur der Feberftrih der Unterzeichnung fehlte! Ein fonft fehr trodener Reichshiftorifer * vergleicht die Verfchlagene deshalb „mit einem Frauenzimmer, das dem einen ihrer brei Freier heimlich die Hand drüdt, dem andern mit dem Fuße ein Zeichen gibt, dem dritten mit den Augen verflohlen zuminkt.” Der Bergleih paßt um fo mehr? da wirklich eine Heirath im Werfe war, fo wenig Urkundliches darüber vorhanden if. Die Landgräfin, obgleih im achtunddreißigften Jahre, ſchien eine wün⸗ fhenswerthe Partie für Bernhard, und nad) 2e Laboureur war Diele

ı Röfe II, 422, Anm. 148. Guébriant 127. Arkenholz I, 49. 2 Röfe H, 314.

2Pufendorf 371.

»Senkenberg XXVU, 305.

Bernhards Pläne für das pfälzifche Haus. 195

Verbindung ſchon ziemlich weit gediehen,“ deren Bertrag auf ganz militairifchen Punkten beruhete, indem die Wittwe ihrem Bräutigam ein Heer von 20,000 Mann, theils beifammen, theild aus Beſatzungen befiehend, als Mitgift einbringen follte. Gelang ed nun, von Frankreich noch tüchtige Geldfummen zus neuen Wer⸗ bung und Ausdrüftung zu erliften, fo Eonnte ein Heer, das beite ber Zeit, mit den wohlgerüfteten Truppen des Guelfen über 40,000 Mann zählend, gebieterifch in die verwidelten Berhältniffe eingreifen; zumal wenn der gefeierte Kriegsheld der Zeit die Führung über- nahm. Um das Siegel auf dieſes Bündniß zu drücken, und bie Vereinigung der Truppen zu bewirfen, war im Juli Günderode, der Landgräfin Vertrauter, auf dem Wege zum weimarfhen 2ager,? als ein Schlag des Geſchicks nit allein die Pläne zur ſelb ſt⸗ -Rändigen Rettung Deutihlands vereitelte, fondern auch alle gehofften Vortheile ven Händen des tüdifhen Feindes unferes Baterlandes zumwarf.

Bon der weiten Verzweigung ° der fchöpferifhen Pläne Bern⸗ hards im Borfommer 1639 geben auch feine Verbindungen mit dem Könige von England Zeugniß. Zwar hinderte deſſen Zerwürfniß mit Schottland die verfprochene Unterſtützung, doch umfaßte Karls Neffe, der Pfalggraf Karl Ludwig, die Erbietung des Siegers von Breifach, und unter Vermittlung Melanders wurde daran gearbeitet:* auch deſſen zerfplitterte Kräfte, den Schweden entzogen, nebft ber hochwichtigen Streitfrage des ypfälzifchen Hauſes der Vertretung, Obhut und Entiheidung der ftarfen einheimiſchen Partei zus zuführen. MS Bernhard, unbefümmert um den geheimen bindenden Vertrag mit Franfreih, den König in feiner Kanzleiſprache kühn notre ami et allie, die Heſſin notre cousine et alliée titulirend, fo fürftlich unbefchränft fi) geberbete; hatte aud Habshurg, Weimars geſpanntes Verhältnig zu Frankreich erfpähenn, die Hoffnung nit aufgegeben, den Furchtbaren zu gewinnen. ® Zwar wies Bernhard,

° Sufli 80. Gusébriant 127, Röſe H, 314, zweifelt an dem Vorhaben wegen ber Ungleichheit des kirchlichen Bekenntniſſes; doch möchten wir Siris, Le Laboureurs und andere gleichzeitige Nachrichten nicht verwerfen.

2Pufendorfl. o.

2 Relation de Pötst vom 20. Juli 1840 bei Roſe a. a. O.

% Bufendorfl.o.

.Röfe IL, 316 Anm. 152, 153, 154. Gualdo 558.

3%

196 Hesdin erobert durch die Franzoſen.

unbezwungenen Haſſes gegen Oeſterreich, jede glänzende Erbietung, ſelbſt das Directorium der Friedensunterhandlungen, hartſinnig zurück, und gab auch den wiederholten ſchmeichelnden Verſuchungen Don Diegos de Saavedra Faxardo, des ſpaniſchen Geſandten bei den Eidgenoſſen und fruchtbaren Schriftſtellers nicht Raum, an ihn zu fommen; * dennod dienten die Gerüchte „von der Abtretung von Erblanden und einer Bermählung des Sachſen mit einer Tochter des Erzherzogs Leopold” dazu, die unbefchreiblihe Unruhe Frank⸗ reichs um den entfchlüpfenden Paladin noch zu fteigern.

Wie unfhägbar der Dienft des deutſchen Feldherrn fei, hatten unmittelbar eben die Ihmwädlichen Waffenthaten der franzöfifhen Marſchaͤlle und eine entfchiedene Niederlage von neuem gelehrt. ? Bon drei Heeren, um die Schmach des vorjährigen Feldzuges zu fühnen, führte das ftärffte der Sieur de la Meilleraye, Richelieus Vetter und grand maitre de Vartillerie, ind Artois, belagerte am 19. Mai das Heine, aber wohl gebaute Hesdin⸗Fert. Ludwig XII, in Perfon herbeigefommen, hatte die Genugthuung am 29. Junt die Kapitulation zu unterzeichnen, und, über den Wallbruch in die Stadt Hineinfteigend, welche der achtzigjährige fpanifche Befehls⸗ haber, von Podagra gefrümmt, aufgab, auf ber Höhe deſſelben dem Better des Karbinald den Marfhallsftab zu reichen. Aber der Eieur de Feuquieres, jener unermübdete Botfchafter Ludwigs bei den heilbronner Bundeögenofien, mehr geeignet, ald.geheimer Agent die Katalonier und Portugiefen von ihrem Könige abtrünnig zu machen, ald eine Feſtung erften Ramges zu bezwingen; war mit einem zweiten, 16,000 Mann ftarfen Heere gleichzeitig ind Luxem⸗ burgifche gerüdt und hatte, am 26. Mai vor Dievenhofen erfchienen, die Umfchließungslinien noch nicht vollendet, als eine fehmähliche Niederlage die Feldherrnſchaft des dünkelvollen Schülers Weimars beendete. Denn Piccolomini, entfhloffen, wenn nicht Hesdin, doch Diedenhofen zu entfegen, brach mit feinem Fatferlihen Hülfsheere, etwa 10,000 Mann, von Baflogne am 3. Juni auf, und überfiel

* Von feinen diplomatiſchen Geſchaͤften in Deutichland ſpricht Saavedra Faxardo in der Vorrede zw feiner Idea de un Principe Christiano repre- sentnda en cien Empresus.

» Montglat I, 225 fe Baffompierre H, 786. Le Baffor IX, II, 243 ff.

Diebenhofen entfeht durch - Piecolomini. 197

in der Frühe des 7. Juni den neuen General fo unerwartet, * daß die Borhut, geführt vom Generals Felowachtmeifter Johann von Bed, die FZranzofen nad geringem Widerftande aus ihren vorberften Duartieren verjagte und die Feſtung entfehte. Am Abende des⸗ felben Tages fuchte obenein Piccolomini das gefammelte Hauptheer der Feinde, deſſen Führer alle Befonnenheit verloren, hinter der Stadt auf und flug fie wohlfellen Kaufe gänzlich in die Flucht. Zumal benahmen bie franzöfifhen Reuter fih auf das ſchimpflichſte und jagten gen Meb davon; 6000 Todte und Verwundete bededten die Wahlftatt; viele vornehme Offiziere, nebft einigen taufend Ges fangenen, alles Gepäd, die Zahnen und dad Geſchuͤtz geriethen in die. Hand ded Sieger, der den vermundeten Marquis felbft, in bebauerungswürbigem Zuftande, nach Dievenhofen führte, und vor anderen den Freiherrn von Bed lobend, die Ehrenthat „ber öfters seihifchen Waffen und deutſchen Nation gegen den übermüthigen Feind” dem dankbaren Kaiſer meldete. Feuquières flarb im fol- genden Jahre zu Diedenhofen, mehr aus Gram über fein Unglüd, das er dem Neide der Marjchälle zufchrieb, ald wegen feiner Wunde; ? eben ald die Wuswechlelung mit Enkevort, dem Lieblinge Piccolos minis, entfchieden war. * Schadenfroh nahm damals der Marfhall de Chatillon, welcher, wieder in der Gnade Richelieus, zur Unters Rügung beider Belagerungen an den Grenzen der Champagne ein drittes Heer befehligte, den Reft der Gefchlagenen auf, über welche Ludwig ein firenged Gericht anorbnete; Piccolomint dagegen, außer Stande, aud Hesdin zu retten, machte dem Marſchall Chatillon, Mouzon belagernd, ernflli zu thun, und zog fih dann auf das Luremburgifche zurüd, um am Ende des Jahres den ehrennollfien Oberbefehl im bedroheten Böhmen zu übernehmen.

Dagegen öffnete fih um biefelbe Zeit dem fpähenden Blicke Richelieus die Ausficht, der Faiferlihen Sache einen leidenſchafilich, ergebenen Helfer zu enifremden. * Karl von Lothringen, feit zehn Zahren von Richelien verfolgt, gemißhandelt, beraubt und befchimpft, machte Miene, die verföhnende Hand Frankreichs zu ergreifen, fei es

ı Montglat I, 232. Theatr. Europ. II, 1052 ff. Garve I, 68 ff. Bualpo559. Baffompierre Hl, 786. Le Vaſſor X,NI, 223 ff. 3 La Vie de Fouquiöres a. a. D. . 3 Baffompierre II, 802. °2eBaffor IX, II, 196. Birk Merc. I, 288 fi.

198 Karl von Lothringen in Unterhanbfungen mit Frankreich.

aus angeborenem Wankelmuth, oder aus Beforgniß, von Oeſterreich nah Breifahs Verluſt aufgegeben zu werben, oder, was bad wahrs ſcheinlichſte iſt, als das Spiel der unwürdigſten Weiberränfe. Mit dem Unzufriedenen war feine fchöne „femme de campagne“, die Gräfin von Cantecroix, aus der getümmelvollen Freigrafihaft und den unficheren Schlößern, die Ihm nad dem Kalle Lünevilles noch übrig, nad Brabant gefommen, und hatte in der Hoffnung, Ludwig werde die Scheldung ihred Buhlen von der Herzogin Nicolette um fo eher geftatten und fie als rechtmäßige Herzogin anerfennen, wenn fie ihren ſchwachen Bebhaber für Frankreich umftimme, Ans näherung an Richelieu eingeleitet. Der Kardinal, argwohnvoll fo fange der Lothringer, an den Grenzen der Champagne ſchweifend, eine gefährlicde Verbindung mit dem Grafen von Soiſſons drohete, der noch lauernd im feften Sedan faß, hatte nicht ſobald Kunde von dem Mißmuthe Karld über Spanien und den Kaifer, ald er ſchon im Februar den Marquis de Bille, den gefangenen Befehls⸗ haber von Lüneville, aus der Baftille mit geheimen Anerbietungen an ihn ſchickte. Denn wie bedeutend war der Vortheil, wenn Richelieu, die lothringiſche Angelegenheit vermittelnd, dem Kaiſet in den Prievensverhandlungen das Patronat dieſer Streitſache aus den Händen fpielte? Obenein Tonnte der Herzog mit Berns hard fi vergleichen, welchem als Nachbar für feine Herrfhaft am Oberrhein ein kleiner Fürft lieber war ald eines Königs unmittel- bare Grenze! Zwar wied Karl fürs erfte alle Vermittelung ab, “and entzog fidh der Marquis, fein Gelübde brechend, der Haft; aber die moͤnchiſche Strenge des Erzbiſchofes von Mecheln, welder, fo wie Urban VIII., für die übrigen Glieder des lothringiſchen Hauſes gewonnen, an der wilden Che des Herzogs Anftoß nahm, mit kirchlichen Strafen drohete, und vom Kardinalinfanten in unpolis tifhem Sitteneifer unterftügt wurde, trieb den beleidigten Liebhaber mit feiner Dame aus Brüffel nah Sierk im Trierfhen, wo er im hohen Sommer mit dem Sieur de la Orange aur Ormes neue Unterhandlungen anfnüpfte, welche, durch verbühlte Weiber fortges fponnen, nad anderthalb Jahren auf furze Zeit zu einer Ausföhs nung mit Frankreich führten.

Deſſenungeachtet blieb Karl jegt im Schwanfen, gab vor, erft feine SKleinodien, die Archive und Geldſummen in Luremburg, Köln und Brüffel bergen zu müſſen; und Tehrte fürs erfle, vom Kardinal⸗

Diplomalifcer Kampf um Breiſach. 199

Infanten eingelaben, wieder auf fpantiches und Taiferliches Gebiet zurlick, die Erledigung der verwidelten Chefache von einem bes freundeten kirchlichen Gerichte in partibus erwartend.

So hatten innerhalb fechzehn Monaten feit der Schlacht von Rheinfelden Bernhards Siege die Stellung der Parteien verändert, Sranfreih au größerer Machtentwidelung getrieben und im protes ſtantiſchen Dentichland eine hochwichtige Umgeftaltung vorbereitet; al6 der Herzog, feiner Rheinfeſten und Hohentwiels gegen ben wachſamen Feind verſichert, am °/,, Juni in Pontarlier anlangte, wo Guedriant ihn Längft zu bornenvollem Gefchäfte erwartete. Nicht unvorbereitet auf den diplomatifhen Strauß, ſchritt Bernhard jur Begegnung bes Franzoſen; durch Erlad von den Forderungen Frankreichs unterrichtet, hatte er aus Rheinfelden am 12. Juni feinen franzoͤſtſchen Geheimfchreiber Feret zur vorläufigen Verneh⸗ mung an den Grafen geſchickt, welcher, obſchon ſeinerſeits weitläuftig angewiefen, * noch am Ende des Maimonatd an der franzöftfchen Grenze ſich auf Richelieus Anorbnung mit der Dame de Guebriant, jener gewanbten Unterhändlerin in größter Stille, berevet. Am 20. Zunt eröffnete Guebriant in Bernhards Wohnung den peinlichen Huftrag, ® indem er keck die Solpatenpflicht des Herzog6 zum Könige, die Unterftügung, welche er als Feldherr Frankreich erhalten, her⸗ vorhob, und ihn mit feiner eigenen Münze bezahlte, indem er fich auf das mehrfache Geſtaͤndniß deſſelben berief, „baß er ver Mitwirkung der franzöfichen Tapferkeit den Siegeöpreis verdanke.“ Darauf that er ihm des Königs großmüthige Geneigtheit dar, ihm Breiſach zu überlafien, „falls er fich fchriftlich verpflichte, daſſelbe unter bes Königs Hoheit zu bewachen und dieſem freie Verfügung über bie Feſte einzuraͤumen.“ Bernhard fehte anfangs den Franzofen in Vers wirrung, indem er ihm diefelben Anträge vorwies, welde er durch Erlach vor einiger Zeit erhalten; als Guebriant unverschämt genug war, biefen Preis, ded Königs Genugthuung zu erlangen, für einen wohlfeilen zu erflären, fuhr der Herzog heftig heraus, „c’est demander à une belle et sage fille sa pucellage et & um

ı Röje Hi, 317. Buebriant 116 fi.

2 Inſtruction für Ousbriant vom 30. April 1639. Röfe UI, Urf. 51.

3 Die Rebe, welche Le Laboureur a. a. D. feinem Helden in den Mund legt, ſtimmt ohngefähr mit der Inſtruction überein und mit dem Briefe Guss briants an Des Noyers vom 25. Juni, ebenbaf. 253.

200 Unterkanblungen Gusbriants mit Bernharb.

homme de bien son honneur!” Er, der für bie Freiheit kriege, folle Sclave werden? Er flüßte fih auf den Bertrag mit dem Könige wegen des Elfaß, rühmte feine Treue, daß er den Feind von den Grenzen des Königreiches mit feinem Blute verfcheucht, und legte, anders rechnend als Richelieu, Frankreichs Geldſummen und Hälfsmannfhaft gegen die Dienfle in die Wage, welde er feit fünf Jahren der Krone geleiftet. Vergeblich fuchte der Frangofe ihn bei der Ehre zu faflen, zählte ihm die Vortheile vor, welche er dur des Königs Schug und Freundfchaft für fein Haus ers reihen Könnte; fdhilderte ihm, daß er fowohl das Vertrauen der Bundedgenofien in Deutfchland einbüßen werde, falls er, unter dem Scheine der gemeinfhaftlidhen guten Sade, auf Koften Frankreichs eigennübig nur feinen Ruben ſuche; ald auch daß er Breifah und die Umgegend ohne Ludwigs Hülfe nicht gegen bie Nachbaren behaupten koͤnne. „Ueberließe er Breifah dem Könige, fo überließe er daffelbe feinem Baterlande, welches gegen Defterreih feinen Schu habe, als Frankreichs Bundesge⸗ noſſenſchaft.“ Vergebens ftimmte Guebriant in jene Iugvollen, tönenden Reben ein, durch welche Richelieu und die ſchwediſche Args tift die blöden deutſchen Gemüther zur Zerfleifchung ihres eigenen Baterlandes gereist; „daß Deutfhland ohne die Rettung ber Fremden Tängft eine erblihe Monardie Defterreih6 wäre” und bemühete fih durch dergleichen haltungslofes Gefhwäg dem gefunden Auge des Sachfen den Gefihtöpunft zu verrüden, aus welchem die Ländergier der Fremden allein zu betrachten war. Als ver Graf auf ded Königs neue Unterflügung, das Heer zu verftärfen, ald "auf ein Zeichen feiner Großmuth deutete, beklagte fih Bern, hard, dag man ihm nur das Werbegefhäft übertrage, um die Geworbenen ſodann dem Öberbefehle Gusbriantd anzuvertrauen, von denen er fih in einer Unternehmung verlaflen ſehen würde, Zumal verwahrte er fih gegen die Zumuthung, auch alle fünfs tigen Croberungen unter Ludwigs Obhut zu flellen, was fid nicht mit den gefchichtlichen Verhältnifien feines Haufed zu anderen Fürften vereinbare, denen franzöftfche Statthalterfhaft nicht zufagen fönne, und lehnte das Erbieten des Vermittlers zu anderen Unters handlungen über dieſen Fall ab. Gefaßt auf die Unzufriedenheit des Hofes, verficherte er jedoch nichts deſto weniger feine Treue

Borberungen. Vernharde. PAY

an Frankreich und veriprach * folgenden Tages feine Antwort ſchriftlich mitzutheilen. Dem zufolge verlangte Bernhard am 22. Zunt in feiner fchriftlichen Antwort den unumfchränften Befig des Elſaß und ber widtigfien Bläbe von Hochburgund ald Eigenthum; erbot ſich gegen Erftattung der Koften die übrigen Eroberungen in der Freigrafihaft an Frankreich abzutreten; verweigerte das fchrift- liche Berfprechen über das Schidfal feines Laͤndergewinnes nad feinem Tode zu Gunften Frankreichs, fo wie die Bürgfchaft feiner Statthalter, und erflärte jede Beſtimmung über künftige Eroberungen für unzuläffig, weil fie von unvorhergefehenen Umfländen abhinge, amd im laufenden Jahre, ohne außerorventliche Unterftügung, Teine Ausficht auf Eroberungen eröffnet fei. Außerdem verlangte er die Hülfsgelder auf 3,600,000 Livred erhöht; achtete die außerordentlich bewilligte Beifteuer gering, und verfagte feinen Beiftand zum Werbes geihäft Gubriants, bis er felbft fein Heer vollſtaͤndig gemacht babe. Nach empfindlichen Aeußerungen über Berfürzung der Summe, welche er durch Bullion erfahren, und unter der Betheurung, daß „er mit jedem unparteiifhen Richter feiner Handlungen zus frievden ſei,“ brach Bernhard das Gefpräh ab. Als im dritten Verſuche, folgenden Tages 1Y,, Juni, ihn umzuftimmen, Guöbriant vor des Königs Mißfallen warnte, berief der Herzog furchtlos fich auf feine Kenntniß des Hofed und feine frühere Erfahrung, daß „man dort für Pflicht halte unbillige Vorfchläge zu thun, um der Willfährigen bintervrein zu fpotten,” und verglid kühn die Stärfe feined Heered und den Befib vom Jahre 1635, Mainz, Frankfurt, Kreuznach mit feinem gegenwärtigen Zuſtande. Als auf die Eins wendung des Herzogs, „es ſei ein Unterſchied zwiſchen einem Heere und den Eroberungen deſſelben,“ der Graf behauptete, „die Erobe⸗ rungen müßten unter der Hoheit bes Königs ſtehen, weil fie von einem durch ihn beſoldeten Heere gemacht wären,“ antwortete Berns hard unmuthig, „er werde niemal& zugeben, daß man ihm vors werfen fönne, ver erfte gewefen zu fein, welder das deutſche Reich zerftüdelt habe." ine fo verfängliche Aeußerung glaubte der Fran⸗ zofe zum Schweigen zu bringen, indem er, kundig der Verheißungen Richelieus und des maßlofen Ehrgeizes des Sachſen, verlodend einwarf, „aud ohne diefe Erbländer des Hauſes Defterreich Fönne ein Prinz von Sachſen oder Baiern mit allen Rechte Kaifer werden.“ s Röfe II, 320. Anm, 156. Urk. 52.

202 | Bericht Susbrianuis. Bine Mchelieus.

Der Funke fehlen in der Seele des Erben Johaun Friedrichs zu zünden; er bat ven Grafen um feine Berwenbung bei Hofe,! damit der deutſche Feldzug befchleunigt werde, weil Bandr leiht nad einem zweiten Siege den Kaifer zu einem einfeitigen Frieden bereit finden werde, in welchem alle er eilen müße, um zur Hand zu fein, um die unbefchäftigten Kriegsvöller für fih gu gewinnen. Buehriant widerlegte diefe Gründe zum eiligen Feldzuge, indem er einem Bundesgenofien ſolche Falſchheit nicht zuzutrauen vorgab, und war Prahler genug zu behaupten, daß auch nach einer ſolchen lachets Frankreich immer in fich felbft fo viel Kraft und Herz finden werbes pour melire toute I’Empire & la reison! ben fo wenig ließ Guebriant fih auf die Erörterung ver Bortheile ein, welche dem Könige fih bei Weimars Eroberungen in Deutſchland darböten, zumal des Erſatzes der bisherigen Kriegskoſten aus den Einkünften der erfirittenen Länder; worauf Bernhard genug gethan zu haben glaubte, indem er feine Unterhanblungen mit der Landgräfin. und deren Geneigtheit zum Kriege eingeftand, und die mutbige Geſin⸗ nung Melanders für die gute Sache und deſſen Feindſchaft gegen Defterreich durch einen Brief defielben bewies.

Sogleich berichtete Guebriant an Des Noyers die Unterrebung, bezeichnete fcharf die Beränberung, welde in der Sinnesart des Herzogs feit kurzem vorgegangen; Beforgniße, welche nicht durch den gleichzeitigen Ton der Forderungen Bernhards an den König und Kichelieu gemindert wurden. Da obenein nun Erlad feinem Ges bieter nachfpionirte, Beauregard und Avaur von Böhmen und Hamburg aus den Verdacht beftärkten, beſchloß Ricelieu, die Ein- buße aller Früchte, welche er feit 1630 in Lothringen jo mühfam einzeln gewonnen, fogar bes löfflerfchen Vertrages von 1634, bes fuürchtend, und größere Gefahr für die Zukunft ermeßend, dem zweiten Guſtav Adolf die Beute zu entreißen! ? nur war man ungewiß

s Gusébriant berichtet nachträglich 713, Bernhard Habe, um dem König flärkere Bürgichaft feiner Treme zu geben, in Bezug auf die Liebe zue Tochter Rohans gefragt: ne me peut on pas marier? Ausweichend auf jo verfüngliches Anfinnen, aus Furcht vor einem zweiten Roban, deſſen Macht und Anſehn die unterbrüdten Hugnenotten ins Leben rufen Tonnte, babe Gusbriant ernflhaft geantwortet: Prenes garde, Mon- sieur, que oe n’est point joy une conversation particuliöre, que je porte in parole du Roy, et que je suis oblige de rendre oompte de tout co que vous mo dites.

3 Röfe I, Url. 54.

Aufbruch ded Oerzogo. 203

über das Mittel, da ein offener Bruch mit Bernhard ven Staat in feiner MWehrlofigfeit offenbarte. In peinlicher Nathlofigfeit ließ man mehrere Wochen hingehen, ohne zu feften Maßregeln zu ges langen; arbeitete an neuen Inftructionen für den Grafen dOiſſonville, welche die ängftliche Unfiherheit der Minifter verriethen, und verfäumte geflißentlich die Rüftung von Truppen und die Darreichung ver Mittel, ungeachtet man die Ungeduld Bandrs, der thatenlos im Böhmen bins und herzog, Tannte und ſich anheiſchig gemacht hatte, den Herzog zu einer entfcheidenden Unternehmung auf der Rheinfeite in den Stand zu feben. Entweder gedachte Richelieu * durch biefe Entziehung den ungefügigen, beargwohnten Felbherrn unfchäpdlicher zu machen, oder ihn zur Nachgiebigfeit zu nöthigen; als dieſer, auf feine vorbereiteten deutſchen Pläne bauend, zugleih aber bes Häftigt in noch bündigerer Form feine Forderungen bei dem Könige zu erneuern, alfo liſtig die Vortheile beider Verbältniffe zu verbin⸗ den, bis er mit Sicherheit die eine Hand loslaßen konnte; dem Srafen Guödriant, welcher kaum 1500 Mann zu einem Feldzuge bei fih hatte, am 29. Juni ven Marfh an den Rhein anfündigte, „um zunächft Hohentwiel, welches die Baiern umfchloßen, zu bes freien.” Ungeachtet der dringenden Borftellungen die Verftärfung gu erwarten, und dad eingeleitete wiätige Unternehmen auf Salins inzwifchen zu beenden, mußte der Franzoſe, welcher das Entichlüpfen des angftvoll Gehüteten vorausfah, nachgeben; meldete den Entſchluß des Herzogs an den Minifter und forgte, fo gut er in der Eile vermochte, für die Sicherheit der Plaͤtze in der Freigrafihaft. Pens tarlier, wo die Peft ausgebrochen, verließen am 3. Juli Deutfche und Franzoſen? unter der zügellofeften Wuth gegen die Einwohner, zum Leidweſen des Herzogs und zum Schmerze des frommen Grafen, welcher nur vie Geiftlichfeit, Mönche und Nonnen, vor perfönlicher Mißhandlung fehühen fonnte. * Bon Mont-Benoit führte Bernhard fein Heer, welches nur 4 bis 5000 Mann zählte, da einige Regis menter unter Naffau zur Aufnahme der erwarteten Franzoſen zurüds blieben, und die Beſatzung der Feſten die zum Feldzuge verfügbare Zahl der Streiter verringerte, am 8. Juli auf Pfirt; unter trüben

ı Öuebriant 123. Röoſe II, 325. Anm. 161.

2 Hug. Grot. ep. 1218. Guébriant a. a. O.

2 Epitome R. G. 190. Adlzreitter 384. Thoatr. Europ. IV, 12 mit abweichenden Angaben.

204: Top Herzog Bernhards.

Borahnungen über den Jubel des Volks, welder ihn an Guflav Adolfs lebte Tage erinnerte. Cr kam am 14. nah Hüningen, während Crlach bei Neuenburg den Uebergang des Heeres in den Breidgau vorbereitete. An demfelben Tage, glei Gusbriant, ' von Krankheit befallen, ließ Bernhard fih zu Schiffe nah Neuenburg bringen, wo ſchon am 15. Juli die Aerzte die Peſt erfennen wollten, und am 17. Zuli ihn bereit aufgaben. Am 18. Juli nad) ber 8. Morgenftunde war der Herzog verfchieven! ?

Die unbefchreiblihe Rathlofigfeit, in welcher der Hof fi in benfelben Tagen befangen fah, als Deutihlands Verhaͤngniß ober ein nie zu ermittelndes Verbrechen bereits die Wendung brachte, fo wie Richelieus Ungewißheit über die Lage der deutſchen Verhältniſſe, lehrt die Anmweifung für den Grafen Avaur in Hamburg vom 12, und 16. Juli.’ „Ungeachtet der König, ungläubig über das vers breitete Gerücht von dem Mißmuthe Bernhards und feiner bevors fiehenden Trennung von der guten Sache, demielben Breiſach und die Waldſtädte großmüthig überlaßen,. fahre jener fort in Klagen und Ungefügigfeit, und geberde fi an der Spige des ihm anvers trauten franzöfifhen Heered ald ein „Souverain.” Damit nun nicht die Bundeögenofien dem Gedanfen Raum gäben, der König habe der Mitwirfung des von ihm etwa verlegten Herzogs entfagt, möge d'Avaur durch die Schweden betreiben, den Herzog zu befierem Entfhluge zu führen.” Es wurden dem Gefandten deshalb die früheren Verträge mitgetheilt, und al Grund, weshalb Bernhard Perfürzung der Summen erfahren babe, hervorgehoben, daß er, ftatt die vertragsmäßige Zahl von Soldaten im Felde zu halten, dieſelbe durch Befagungen der Städte ſchwäche. Mißkennend, daß er alle feine Erfolge der franzoͤſiſchen Unterſtützung verdanfe, ent ferne Bernhard fi immer mehr vom Rechte, verlange die Erobe⸗ sungen ald Beſitz und fogar noch obenein Zahlung der Koften, welche er auf diefelben verwandt habe. Die Verheißung des Elſaß, zu welchem Bernhard Breiſach rechne, fchließe blos das Recht auf die Einkünfte der Landgrafihaft ein, nicht den Beſitz der Plaͤtze. Zwar babe der Herzog mündlich und ſchriftlich an Guebriant treue Gefinnung dargelegt ; aber der Einwurf, das Reich nicht zu zerſtückeln,

ı Guobriant 124

2 Möfe II, 326. Anm. 164. | ® Artenbolz IV, 400, 402 f. Röfe II, 324. Anm. 190.

Klagen des Königs Aber Bernhard. 205

„ne margque rien de bon,“ und man müße argiwöhnen, daß er mit der Bildung einer oft erwähnten dritten Partei umgehe, der mehre Fürften Deutſchlands fich anfchließen würden, wenn einer den Anfang . made. Deshalb möge Avaur auf Melander, auf ven Herzog Georg von Lüũneburg act haben, „afın de decouvrir s'il ne se traiteroit, point quelque chose de semblable entre tout ces gens (!) qui ont grande correspondence les uns avec les autres;” behutſam folle der Gefandte, ohne ein offened Mißverhaͤltniß zwifchen dem Könige und dem Herzoge zu verrathen und den Gegnern Hoffnung zu ers regen, auf diefe Uneinigfeit weiter zu fußen, die Schweden von dem unbilligen, unverträglichen Verfahren Bernhards in Kenntniß fegen und verfihern, daß Frankreich das Seine gethban habe, um den Zug über den Rhein zu betreiben. Avaur möge enblih um Bermittelung der Krone durch einen, der gemeinfchaftlihen Sache treu- ergebenen, Unterhändler anfpredyen, und erhielt auch den Auftrag, ein deutſches Heer für Frankreichs Dienſt aufzubringen, dad man jedoch ungern dem Grafen Ranzau anvertrauen wolle, gegen den Richelieu gleichfalls Argwohn hegte, deflelben jedoch ficher zu fein glaubte, falls er feine Güter in Holſtein verfaufe und mit feiner Frau auf franzöfifhem Boden fih anſtedele. Vier Tage fpäter, 16. Juli 1639, al8 Piccolominis Stellung an Frankreichs Grenzen drohender wurde, Tauteten die Klagen über des Herzogs ungerechted Benehmen noch ftürmifcher, und wurde die Vermittelung Schwedens, vol Klagen gegen Grotius, beftimmter angeſprochen, was wenigfiend von Richelieu, der fo ängftlih um die Erhaltung Bernhards. für Ludwigs Dienft beforgt war, den Verdacht des ſchaͤndlichen Mitteld, deſſelben fich zu erledigen, zu entfernen fcheint. In Beziehung anf des Herzogs Ende und feine perfönlichen Berhältniffe befchränfen wir und, auf das vorliegende Werk hin⸗ . weifend, nur Allgemeined zu geben. Als die Krankheit, fei ed Peft oder ein hitziges Fieber, ftündlich einen bösartigeren Charafter an- nahm, erkannte Bernhard felbft die Nähe des Todes, ermahnte Erlach, Ehm und Rofen zur Einigkeit, und bictirte, ſchwach, aber noch bet voller Befinnung frühmorgens am 18. Juli fein Teftament bem Kanzler Rehlinger von Leder.” „Um feine Eroberungen beim ı Röfe H, 326. ff. Le Baffor IX, I, 262 f. Gualdo 571.

Guébriant 125. Pufendorf 373. Teſtament urkundlich bei Rufe H, 57.

206 Bernhards Teſtament.

deutſchen Reiche zu erhalten, vermachte er fie einem feiner Brüder und wünſchte, daß einer von ihnen unter ſchwediſchem Schutze ſich der Herrſchaft unterzöge; wolle feiner derfelben fie annehmen, fo fand er billig, daß Franfreih das Eroberte bis zum allges meinen Frieden und zur Rüdgabe au Deutſchland mit beiderfeitigen Truppen bewache.“ Inübereilter Weile wurde Erlah, Ehm, Roſen und Naffau die Führung des hinter: lafienen Heeres aufgetragen, feinen Lieblingsoffizieren und Dienern anjehnliche Vermaͤchtniſſe ausgefebt; dem Grafen Guébriant, welder gleichfalls Trank, dem Sterbelager fern, fein fchönftes Schladts roß, ein Rappe! aus Weftfalen, fein Degen und feine Pis ſtolen vermacht. Jede Aufforderung, fih bejtimmter über die Hauptpunfte des Teftaments zu erflären, wies er, im Gefühle des nahen Todes, ab; doch verlangte der Sterbende noch Verſchwiegen⸗ heit feines letzten Willens. So ging Bernhard mit Heldenmuth dem letzten Augenblide entgegen, und ftarb unter frommer Bereits [haft eine Stunde darauf. ? Es ift eine peinlicdhe Aufgabe bed allgemeinen Gefhicts- ſchreibers, das politiihe Leben Bernhards zu würbigen, welder einer faſt abgöttifchen Berehrung: bei feiner Partei genoß, und auch von den Gegnern wegen feiner glänzenden perjönlichen Eigenfchaften gepriefen wurde. Aber betrachten wir den Herzog vom Standpunkte ber deutſchen Geſchichte, fu ergiebt fih das Urtheil leichter. Auch Bernhard von Weimar flellte feinen ererbten Haß gegen Defterreih, und feinen eigenen Bortheil weit über Ehre, Wohlfahrt und Sicherheit ded Vaterlandes und fein gewaltthätiger Firchlicher Eifer forderte, wie zu Regensburg, in Franken, am Rhein bie ı Buebriant 126, 128 weitläufig Aber die Herkunft dieſes Pferdes. 2 Die vielfachen Angaben über Bergiftung bald auf NAnfliften Defterreichs, Spaniens, bald Richelieus f. bei Röfe II, 328 ff. und Anm. 167 176. Der Berf. ift von dem natürlichen Tode Bernhards, deſſen Körper längft geſchwaͤcht war, und ber feit Jahr und Tag am gefährlichen Unfällen Hitt, überzaugt. Schon in Pontarlier, am Tage wach der erften Unterhaublung mit Guébriant il prit medicine qui empecha de le voir. Röfe II, 543, Wr, 53. Ohne irgend einen Erweis befchulbigt der Parteihaß das Ööfterreichifche und fpanifche Haus der Vergiftung, zumal Pufenvorf. Aber Ferdinand IM. Gemühsart neigte fich gewiß nicht zu ſolchem Mittel. Gegen den Verdacht, daß Richelien um bie Bergiftung gewußt Habe, ſpricht bie beichluffene Sendung d'Diſſonvilles an Bernhard, zufolge der Schreiben bes Könige und Des Noyers vom 18. und 20. Juli. Röfe a, a. O. Urf. 60, 61.

Herzog Bernharb. 207

Vergeltung der Gegenpartei heraus. Sein Sölbnerverhältniß zu Frankreich Bat nad dem prager Frieden wider feine Abficht dem Baterlande unfäglihen Schaden zugefügt. Daß er, zum Hödften auffirebend, dad Recht des fremden Beſitzes und hiſtoriſche Grund» lagen nicht ehrte, erkemnen wir aus dem Herzogthume Sranfen: daß er die politifchen Trugkünfte nicht ſcheute, ſowohl aus ver Ueber⸗ nahme der ſchmachvollen Lehnöverpflihtung zu Schweden, ba es ibm wohl nimmer Ernft um folche verrätherifche Zerftüdelung des uralten Reiches fein Tonnte; ald aus dem Verhaͤltniß zu Franfreich, welches er unreblic eingegangen und mit Selbfibefrienigung nur löfen konnte, indem er die Liſtigen überliftete. Was er in berechneter Rachgiebigkeit gegen die Gelege der Fremden that, gefhah mit dem geheimen Vorbehalte, in befieren Tagen alles umzuftoßen; aber er ift firafbar für den Wahn, daß er, ohne Bürgfhaft für die Dauer feines Lebens, fi vermaß, feine Sünde am Vaters lande für die Zufunft gut zu machen. Denn der Menih darf Böfes auch in der Abſicht nicht thun, dasſelbe Fünftig zum Befferen zu geftalten; er weiß nicht, ob das Geſchick ihn nicht vor der Erfüllung feiner Pläne, vor der Buße abruft, und auf feine Rechnung fällt dann die böfe That mit ihren Folgen. Hätte Bernhard geahnet, daß Frankreich, durch ihn an unferer Weftgrenze fieghaft, allen Lohn der Mühe an fid) raffen würde; hütte er im Geiſte nad der Schlacht bei Nörplingen gefhaut, wie bie frems den Kronen, im Beſitz der deutfchen Streitfräfte, das gefchändete, blutende Vaterland zerftüdeln; wie Ludwig XIV., auf feinem Schwert> gewinn weiter fußend, Deutihland über ein halbes Jahrhundert hindurch mißhandeln würde; hätte er den Wendepunkt des Schidfaks unferes Bolfes, von ihm i. J. 1638 herbeigeführt, ermeßen; wir zweifeln nicht, Bernhard, für Deutſchlands Nationalehre nit ohne Wärme, würde feit d, 3. 1634 feinen Lebensweg anders eingerichtet haben, So aber muß die Geſchichte, auf die Entwides lung der Dinge und die Folgezeit blidend, ihn mit Trauer einen Berderber Deutichlands heißen, war Verrath am Höchften gleich nicht feine Abſicht; er it der Nachwelt verantwortlid für feine Thaten, nicht für feinen geheimen Willen! Hugo Grotius,“ unfähig über Deutfhlande Wohl gu urtheilen, nennt den Tag den unglüdlichften Deutfchlande, an weldhem es „feine Zierbe, » Hug. Grot, ep. 1216, 1217.

208 Herzog Bernharh.

feine letzte Hoffnung, faft den einzigen, weldher des Namens eines deutſchen Fürften würdig,“ verloren! Auch wir beflagen das Verhängniß, aber in einem anderen Einne, als ver heimathlofe Riederländer. Bernhards Ton war nicht ein Gfüd für den Kaiſer,“ fondern eine Zügung des günftigen Geſchicks für die fremden Kronen, und deshalb ein Unglüd für Deutichland. Kraftvoll und fiegreich fortwaltend, würde er, von der Halbſcheid der Nation vergöttert, an der Spite der rüfligen, geifteöftarfen und mittel reihen dritten Partei, den Fremden das Schiensrichteramt wieder entrungen, und, wenn aud ber Begründer einer Macht auf Koften Oeſterreichs und ihm gegenüber geſtellt, die Schußherr- {haft des proteftantiichen Intereſſes würden oller und wohl- thätiger für die Geſammtheit übernommen haben, als bie nors diſche Krone, nah deren Demüthigung zu ſpät Brandenburg diefen feinen Beruf erfaßte. Lernen wir fihließlich noch, daß bie hochgepriefene politische Rechenfunft Richelieus und des Pere Joſeph, ſchmaͤhlich befhämt, hätte betteln gehen müflen, trat dad Schichſal, welches über jede menſchliche Klugheit hinausragt, nicht dazwiſchen. Daß ihres fiegreihen Feldherrn Tod als Wohlthat ded Hims mels gelten werbe, hatten beide nicht geahnet, fo Far ed jest war, daß Bernhard, der tüdifchen Aufhülfe Frankreichs entwachſen, ale furhtbarer Nebenbuhler um die Herrfchaft des Oberrheind, Bur⸗ gunds und Lothringend daftand.

Unter allgemeiner Verwirrung und der Bezeigung tiefer Trauer bereitete man fich, den fürftlichen Leichnam nad Breifach zu fhaffen.? Aber fchnell hatten Frankreichs Diener und geheime Anhänger, fo unvorbereitet fie anfangs waren, von der Beſtürzung ſich erhoft, um der Erbſchaft des „zweiten Alerander,* wie Zeitgenofien ven kinderlos, ohne Nachfolger fterbenden Herzog nannten, ded Heeres, welches nad feines Führers Tode die Eivespflicht für erlofchen ers achtete, und der eroberten Städte fi) zu bemächtigen.“ Anfprüde ‚erhob die ſchwediſche Krone, weiche Bernhards Truppen als urfprünglidy

® Garve II, 80 fagt, der Kailer habe Hoffnung gehabt, den Herzog zu gewinnen, was jedoch nur in dem Sinne verflanden werben Tann, daß er ale Schöpfer der dritten Partei von Frankreich abtrat.

» Röfe I, 331.

3 Daf. 333. Pufendorf 374. Guébriant 129. Erlach I, 58. Montglatl, 222. Le Baffor IX, U, 270.

Die Erbſchaft Berthards. 209

vem großen Heere des Koͤnigs Guſtav Adolf abgezweigt zu be⸗ trachten fortfuhr, jedoch, obwohl einige Offiziere Banèrs gedachten, zu arm war, um die Geldgier der Geſinnungsloſen zu befriedigen. Die Brüder von Weimar, weder bei Schweden noch beim Kaiſer befonder8 geachtet, flößten feine Sorge ein; an den jungen ‘Pfalz grafen dachte man noch nicht; wohl aber konnten die Unterhand- Iungsfüinfte Oeſterreichs der frangöfifchen Bewerbung den Rang abs laufen. Richelieu hatte dagegen ven Borfprung dieſelben auf der Stelle zu betreiben; denn Quebriant, durch die Todeskunde Bernhards plöglich genefen, meldete fchon am 18. Juli die Zeitung an Des Noyers nad Paris, welche jedoch der Hof erfi am 26. Juli zu Mezieres vernahm. Nach der Eroberung von Hesdin hatte der neue Mars ſchall de In Meilleraye «nur geringe Streifzüge im Artois unters nommen, und ſah zeitig fi nad) dem Winterlager um; der König mit dem Kardinal aus Sorge für die Champagne zu Chatillon am 25. Juli nah Mezieres geeilt, ' erlebte eben die Genugthuung den Sieger von Diedenhofen vor Moufon und Ivoy Weichen zu ſehen, und wandte, unter den Zeichen tiefer Trauer über Weimars Tod, bie gefpanntefte Ihätigfeit der Hauptaufgabe zu, des Frieges riſchen Nachlaſſes vefielben fi zu bemeiſtern. WBorläufig wurde jogleihd am 28. Juli der Baron v’Diffionville, Des Noyerd’ Neffe, mit reihen Wechfeln nad Breiſach gefchidt; ? er follte den Oberften große Summen für ihren Dienft, Belohnungen für die Zufunft und gumal dem Herm von Erlah einen hohen Preis, felbit 200,000 Livres bieten, falls er die Fefte herausgebe und das Heer „envers et contre tous” für Franfreich verpflichte, oder, in Breilady als Befehlshaber geblieben, einen franzöftfchen Lnterftatthalter und eine Beſatzung, zur Hälfte Branzofen, einnehme. Das Gleiche galt für vie Befehlöhaber der anderen Pläge, die im Elfaß ausgenommen, weihe Frankreich als fein Eigenthum betrachtete, und von ber „cause commune“ nicht weiter rebete, fo wenig als einen Vorbe⸗ halt zu Gunſten der Erben, der Herzoge von Weimar, anerkannte. Bereitd wurde der Duc de Longueville, welcher in den wirren pies montefiihen Haͤndeln nichts ausgerichtet, als Nachfolger Bernhards empfolen. Aber während des Verzuges der Sendung. hatten Erlach und Guobriant im Einverſtändniß ſchon die Fräftigften Maßregeln

“Montglatl, 236: |

’AuberyVi,o.5. LeBafjfot IX, II, 272.

Barthold, Geſch. des 30jähr. Kriegs. IL 4

210 Erlachs Benehmen für Frankreich.

ergriffen, um das Erbe Bernhards wenigftend nit in andere Hände fommen zu laſſen; denn der Franzofe, nad Breiſach geeilt, benußte die Uneinigkeit ver Offiziere, unter denen feiner durch An⸗ fehen hervorragte, zum Vortheil feines Königs, und 309 aus Vor⸗ forge feine frangöfifchen Truppen um die Feſte zuſammen. Schon am 19. batte der Schweizer vom Kanzler ſich die Mittheilung des Teftaments ertrogt, die beftellten Mitpirectoren von ihrer Würde in Kenntniß gefegt, und, gegen den ernftlichften Widerſpruch des wacke⸗ ren Dienerd des Berftorbenen und gegen bie Weigerung ber drei anderen Directoren, dem Grafen Guebriant, welcher in angfvoller Unruhe umberzog, den Inhalt deſſelben eröffnet. Eine Abſchrift mit ausführlihden Berichten beider an den Karbinal war unterwegs. Das Heer zunächſt zu fihern, erleichterte die wachſende Zwietracht ber höheren und niederen‘ Offiziere, in denen zum Theil die wun⸗ berlichften Plaͤne fi regten, wie „im Befit ihrer Eroberungen und Schenkungen eine Solvatenrepublif, mit Anhalt an die Schweizer zu bilden.“ Am thätigften erwies fih Erlach feine geheimen Ber: pflihtungen an Frankreich zu erfüllen: keck nahm er alle fahrende reihe Habe des Verftorbenen an fih, erbrach die Privatfaffe des Gebieters,“ welche der Treuloje nit als Erwerb veflelben und mithin ald Erbſchaft der Brüder, fondern ald Summen zum Vor⸗ theile Frankreichs verfügbar, betrachtete; er beſtach, fich felbft nicht vergeßend, mit 200,000 Thalern die Befehlshaber von Breifad, Freiburg und Rheinfelden, theilte Geld an die niederen Krieger aus, und wies die Forderungen des fehwebifchen Reſidenten Model in

Benfeld, welder das Recht feiner Krone an das Heer geltend zu machen fuchte, feindlich und drohend ab. So war des Verflorbenen Mille fhon verrathen, ehe am 29. Juli fein Leihnam in der St. Stephanskirche zu Breifah die vorläufige Ruheftätte fand! Aber aller energifchen Mittel ungeachtet, Eoftete die Behauptung Breiſacho, der Waldſtädte und ded Heered dem Grafen und dem Schweizer faft fo viel Mühe, als die Eroberung. Die Zahl der Bewerber mehrte fi mit jedem Tage und gebot neue Vorſicht. Kaiſer Fer⸗ Binand und Maximilian, fo wie der ſpaniſche Miniſter in ber Schweiz, fhidten Unterhändler mit Wechſeln nah Baſel, verhießen Amneftie, den Offizieren höheren Rang im kaiſerlichen Heere; auch ber Kurfürft von Mainz erwies fi thätig, aber ihre Agenten

⸗»Erlach I, 61. 11,52 f. 2 Johannes BR. Mogunt. I, 902.

Sendung vloͤrsheims an ben Hof: 244

durften ſich nicht in Perſon auf den Markt wagen. Selbſt die Herzoge von Braunſchweig und Lüneburg fanden einzelne Anhänger für die dritte Partei; die Anhänger des pfälzifchen Haufes fchlichen fih mit verführendem Erbieten herbei, fo daß Breiſach, fonf nur von SKriegälärmen erſchallend, in kurzem „la ville la plus mar- chandde de l’univers* wurde. * Aber die franzöftichen Geſandten hatten vor allen den Bortheil voraus, an Ort und Stelle zu nes goziiren. Im Einverftändniß mit dem gebieterifchen, zufahrenden Schweizer verfammelte Guebriant, ? um einnrüthigere Erflärung des Heered zu erzwingen, am 26 Juli die übermüthigen Brätorianer, weldhe fih und ihre Feldherrnſtelle an den Meijtbietenden zu vers Außern Miene madten, und legte die erfte Probe jener peinvollen Beredſamkeit ab, zu welcher ihn vier Jahre hindurch derfelbe Drang der Umftände verurtbeilte, immer fchmeichelnde Worte und Liebko⸗ fungen fpenden zu müßen, wo fein ritterliched Herz vor Galle über- lief. Seinen glatten Reben gelang die Webereinfunft mit einem Theile der Oberoffiziere, dag fie am 28. Juli aus ihrer Mitte den Bberſten von Floͤrsheim, einen tüchtigen Soldaten, adeligen Ges ſchlechts aus der Rheinpfaly, aber ohne alle Fähigkeit zum politifchen Geſchäft, mit der Verfiherung ihrer Treue und mit ihren Forderun⸗ gen an den Hof aborbneten. Aber mit diefem erſten Schritte war über vie flörrigen, unentſchloßenen Gemüther noch wenig Sicheres gewonnen; im Einzelnen verkauft, gebot die Geſammtheit gerechten Anlaß zur Beforgniß, zumal Mangel an Lebensmitteln im Breisgau und die Annäherung des Feindes, der um Billingen, etwa 10,000 Mann, fand und Hohenwiel umlagerte, zur Theilung der Truppen nöthigte.° Erlach, der Graf und die Directoren beſchloßen deßhalb am 30. Zuli den Oberft Rofen zur Beobachtung der Baiern und zur Sicherung der Waldſtädte und Rheinpäße zu entfenden; Gus⸗ briant übernahm die Behütung Neuenburgs, blieb aber mit Erlach in Breiſach zurüd, unter dem Vorwande der Kränflidfeit, und legte die Franzoſen unter Reque-Serviered in die Nähe auf Kolmar zu. Am 31. Juli gingen Ehm und der Graf von Naffau mit dem Reſte des Heeres, das, die Befagungen ausgenommen, etwa 7 bie 8000 Mann ftarf war, mit 2500 Mann über Hagenan, Drufenheim

ı Yusdrtiant 17% 2 Daſ. 139. 2 Daſ. 137. 14*

112 Erlachs Schreiben an Des Noyerd.

gen Worms in die Rheinpfalz. Alle fo errungenen Vortheile mel- dete Erfah am 31. Juli dem Minifter Des Noyers, ' berichtete ‘offen feinen Eingriff in Bernhards Privateigenthum, feine Friege- rifhen Anordnungen, und gab zweckmäßige Rathſchläge, „das deutfche ‚Heer beifammen zu erhalten, ihm einen Oberfelvherrn neben ben Directoren zu ernennen; Geld und ein Verflärfungsheer zu fchaffen, um der Linder zwifchen Rhein und Mofel ſich zu bemeiitern.” Der Prahler vermag fih Wunder zu thun und fegte feinen Kopf daran, Das Haus Defterreih zu demüthigen. Doch verhehlte er die Schwierigkeiten von Geiten ver Offiziere nicht, welche die Plaͤtze als ihre Eroberungen betrachteten; gedachte aber, nad feiner Auslegung des Teftamentd, durch die Belebung der Feſten mit zur Hälfte Sranzofen jenem Uebelftande abzuhelfen. Er wider: legte ferner alle Anfprüche der Herzöge von Weimar und vereitelte endlich argliftig im voraus die Sendung Flörsheims, indem er feine Maßregeln zur Sicherung aller Pläge hervorhob, und ven Abge⸗ orbneten faft ald eine'Tächerlihe Perfon darftellte, „den man mit guten Worten amüfiren, ober nach Gefallen abweifen Tönne.” ? Eigenthümlich war der Maßftab dieſes berner Patriziers zur Schätzung anderer: den Konrad Widerhold zu Hohentwiel, „homme de basse condition” achtete er gering, weil derfelbe mit Wenigem beflodhen werden fonnte! So fchamlos der Schweizer das Vertrauen feines verftorbenen Herrn betrog, gleich veräcdhtlih nahm er fich gegen alle Gönner. Wohlmollende Freunde ded Marquis de Baflompierre, welcher noch immer in der Baftille auf Erlöfung barrte, beabfichtig- ten das Anfehen Erlachs, welcher dem Marſchalle feit alten Tagen verpflichtet war, zu benutzen,“ um entweder durch ihn ven halb: deutfhen Kriegsmann als Feldherrn des verwaiften Heeres zu fors dern, oder im breifacher Vertrage wenigftend die Befreiung des Eingefperrten zu bedingen. Als ein Soldat, aus Paris gekommen, diefe Wünfche dem Schweizer and Herz legte, ſendete Erlach tückiſch, Erlach II, 52. Johannes R. Mog. I, 952. 2 Daf. 61.

2 Daf. 62. Wir lernen aus biefen Briefen, welchen Antheil Erlach an bem Betruge um Hohentwiel hatte: aisement jo l’ai fait r6soudre à remeitre

cette place entre mes mains.

Le Baffor IX, U, 277. Baffompierre I, 798. Der Sefangene ahnete nicht die Falſchheit des Schweizere, daher lobt er denſelben bei jeder Gelegenheit.

Maßregeln Micgelieus gegen das Teflament. 218

„um feine Ergebenheit an den Kardinal zu bezeugen,“ jenem ben unglürlihen Unterhänbler, worauf Baſſompierres 2008 ein nod bedrängtered wurde. Unter ſolchen Vorgängen langte am 1. Auguft das Teftament Bernhards beim Könige an, und erregte, wie fi erwarten ließ, in allen feinen Punkten die entſchiedendſte Misbil⸗ ligung. Wie konnte Richelieu dem Verftorbenen irgend ein Recht über feine Eroberungen zu Gunften feiner Brüder einräumen, ba er fie dem lebenden Erwerber abgefprohen? Oder über pas Elſaß? Kaum daß er jenem bie Befugniß über Koftbarkeiten, Edel⸗ feine und dergleichen einräumte, als ſei der deutiche Fürſt, Frank⸗ reichs gepriefener Feldherr, als befigunfähiger Leibeigerter, oder als Ausländer unter dem droit d’aubaine geftorben! Erlachs bie- bifches Zugreifen ward gebilligt, und kaum ein anderer Bunft als das Soldatenvermächtniß Bernhards an Guebriant und die Bers machung feiner Hauskleinodien unbeftritten gelafien! Um den mög« lich nachtheiligen Folgen bed Teſtaments vorzubeugen, fertigte ber Minifter am 3. Yuguft eine umfaßende Anweifung für den Sieur R Choiſy, Staatsrath und Föniglichen Intendanten von Lothringen, aus, und fendete denſelben zur gemeinfchaftliden Betreibung der hochwichtigen Angelegenheit zu Oiſſonville, Guebriant und Erlach ab, welchen der König und die Minifter mit Liebkoſungen und Schmeis cheleien überhäuften.” Um die anftößigften Punfte des Teftaments, „die Befehlshaberſchaft der Directoren bis auf die Annahme ber Erbſchaft dur einen Herzog von Weimar, das Vermächtniß des Elſaß und der anderen Eroberungen, und, erft im Kalle ver Weis gerung jener Prinzen, die Subftitution des Königs," zu vereiteln wurde den Bevollmächtigten aufgetragen, ® fi) des Heeres ohne Vorbehalt zu verfichern, ſelbſt wenn jene ‘Bringen die Sache des Königs zu umfaflen fi erböten. Sollte man die Frucht des fran- zöſiſchen Geldes den Theilhabern des prager Friedens und ben Bundesgenofien des Kurfürften von Sadıfen anvertrauen, weldie wieder abfallen Fonnten? Man Iäugnete das Recht Bernhards, den Willen feiner Offiziere über feinen Tod hinaus zu binden, er flärte biefelben ‚ihrer Verpflichtungen an Weimar erledigt, und den⸗ noch follten fie dem Könige Fraft der Berträge ihres verflorbenen 1LeVaſſor aa. D. 278. SQAubery VI, c. 6, 7, 8. 2 Daſ. a. a. O. Erlach Lau aD. II, 21.

214 Abferngung Forsheims.

Feldherrn verbunden bleiben, kraft jener-Berträge, in welchen Bern⸗ hard im Herbſt 1635 ohne ihr Wißen und Willen ſie an Frankreich verkauft hatte! Ebenſo widerſpruchsvoll war die Behauptung, Bernhard dürfe nicht ſein Landgrafenthum Elſaß vermachen, als wenn nicht der von Frankreich zugeſtandene Beſitz das Vererbungs⸗ recht deſſelben einſchlöße, und vertragsmaͤßig ſogar auf die Ent ſchadigung ſich erſtreckte, die falls das Elſaß an den Kaiſer verloren ging, dem Herzoge von Seiten Frankreichs zugeſichert war? So verfloht fih Nichelien in ein Gewebe von Unreblichfelt und Widerſprüchen, die man doch als Recht und Wahrheit zu vwertheis digen die Frechheit hatte, und welche zu fchlichten nur Berrath und Untreue als Mittel übrig blieben. Als Choiſy abgereift war, konnte man leichten Kaufs mit dem Abgeordneten der weimarfchen Offiziere fertig werden, mit jenem durch Erlach angefündigten, Furzfichtigen und plumpen Haudegen Flörsheim. Ludwig nahm gnädig die Treu⸗ erbietungen des beutfchen Kriegemannd auf, fpeifte Ihn mit Höflich Teiten und Berheißungen, verwies die Korberungen der Rückſtände auf feine Bevollmädtigten in Breiſach, lehnte aber das Anfinnen, das deutfhe Heer mit 10,000 Mann zu unterflügen, von vorn herein ab, „da die Directoren nicht, wie der verftorbene Herzog, ſich verpflichten Fönnten, die verlangten Truppen im feldzugsmaßigen ‚Stande zu erhalten.” Dem Iäftigen Amte der Directoren, welches Das Heer als einen innig verbundenen Kriegsftant darftellte, bes mühete man fih, jede politifche Bedeutung zu rauben; ſorg⸗ fältig hütete Richelieu fih, eine felbfiftändige Gemeinfhaft anzuers Tennen, bielt jedoch den Abgeordneten jegt noch mit der Hoffnung . Yin, daß der Sieur du Hallier, Statthalter von Lothringen, bie Weimarer unterflügen, und ber Duc de Longueville die letzte Ents ſchließung des Königs Tiberbringen werde.

Während die Direlioren Ehm, der Graf von Naflau und Rofen, ungehindert durch den zweiten Mercy, Caspar, welcher bei ‚Stollhofen fand und um Speier eine Brüde gefchlagen hatte, Jeichten Kaufs KronsWeifienburg, Germersheim, Neuftadt an der Hardt und Landau der ſchwachen Beſatzung der Spanter, der In⸗ haber der Oberpfalz, abnahmen, ? und der Kurfürft ſelbſt wegen

ı Le Vaſſor a. a. O. 282.

2Gusebriant 137. Pufendorf 376. Theatr. Europ. w, 32. Adlzreitter 385.

Zoriſchritte bes baieriſchen Heeres. 215

Mainz in Sorge. gerteth (Augnſt und Anfang Septembers), aud) die Waldftaͤdte und die Pläge in Breisgau den baierifchen Schaaren widerfianden; hatten Guebriant und Erlach in Breiögau Zeit, mit »'Oiſſonville und Choiſy ben erften Theil des kitzlichen Vertrages wegen Bernhards Nachlaß zu berathen, dad Dienſtverhältniß zu FZrankreich. Der Duc de Longueville, ein ziemlich ungleicher Ab⸗ fömmling des tapferen „Baſtards von Orleans,“ am 29. Auguſt aus Stalien in Kolmar angefommen, um bie Gührung des deutſchen Heeres zu übernehmen, dem er als Beſitzer der Grafihaft Neuenburg, als halber Landsmann willfommen ſchien, fand jedoch das Geſchäft feineswegs beendet. * In der drohendſten Zeit, ald das baieriſche Heer machtvoller gegen Rhein und Breisgau herandrang, und ber Befehlshaber von Philippsburg, Kaspar Bamberger, die feden Angreifer vor Speier abtrieb; mußten deshalb Guebriant? und Choiſy in Perfon nach Landau eilen (7. September), um bie drei Directoren nach Breiſach zum endlichen Abfchluß des Dienftvertrages einzuladen, welchen Model und geheime kaiſerliche und andere Agenten hinauszuſchieben, noch Mittel gefunden. Aber unterbeß am 12. Sep- fember die weimarfchen Oberften in Breiſach, unter Erlachs Augen, die Unterhandlungen eröffneten, begann das baieriſche Heer feinen Krieg, nahın Bamberger Krons Weißenburg, Landau und die übrigen Städte in der Rheinpfalz wieder ein, und bezwang Germersheim, che ber Graf von Naſſau, Flörsheim und Roque⸗Servidres über Straß⸗ burg zum Entſatz heraneilen konnten. So waren aus den gehofften Winterquartieren ber Rheinpfalz die unmuthigen Weimarfchen, nicht, wie ihnen verheißen, durch den Sieur du Hallier von Lothringen aus unterftügt, auf den Breidgau und das Eljaß zurückgewieſen, und herrfchte im Heere böfe Stimmung, ald zugleich die erfte Sitzung der Unterhaͤndler am 24. September einem Bruch nahe endete. Denn diefe Herren, ihren Werth ermeflend, thaten wiederum fpröbe; zumal Schönbeck, auf den der Kaiſer wie die Schweden rechneten, machte den letzteren Hoffnung; fie überlegten, fcheinbar ober ernft, die Aner- bietungen von anderen Seiten, läugneten bie bindende Sraft ber heimlihen Verträge Bernhards, ermeuerten die Forderungen Floͤrs⸗ heims, befonders ihrer Rüsitände, und verlangten aus ihrer Mitte einen General zu wählen, welder den Duc de Longuenille als

4 Guobriant 143. 3 Daf. 138. 143.

216 Erlachs Umtriebe.

Feldherrn anerkenne, und in Abweſenheit deſſelben geböte. * Gold Anfinnen dünkte die Franzoſen eine Beleidigung ihres Königs, und in der Hoffnung, daß Longuevilles perfönliches Anfehen die ftörrifchen Gemüther beugen und fie zur Meberlieferung der Feſte, als zu dem noch unberührten Hauptpunft, nöthigen werde, verlegten die Franzoſen Die Unterhandlungen unter des Prinzen Augen nad) Kolmar. Aber auch von hier fhied man am 2. October unverrichteter Dinge. Ungeachtet bie zu fols cher Unterhandlung bevollmächtigten Oberften fich dazu gewinnen lleßen, „daß die bisherigen Befehlshaber von Breiſach und Freiburg den Treuetb für den König leifteten, die Hälfte ihrer Befabungen aus Franzoſen beſtaͤnde, und, falls der König andere an ihre Stelle wünfche, dieſe aus ihnen gewählt würden; verwarfen die übrigen jene vorläufige Vebereinfunft, zum ſchweren Verdruſſe Guébriants, der jeden einzeln erfauft zu haben glaubte, und lehnten fogar, außer Erlach und Rofen, beletdigend die Ehre ab, an der reichbefegten Tafel des Herzogs zu Kolmar zu erfiheinen. Inzwiſchen wußte Erfah, nicht geirrt durch ſolchen Widerſpruch, geldſpendend alle wirren Fäden In feiner Hand zu vereinigen und zu einem Gewebe zu verfchlingen. Er, der offen⸗ fundige Käufling ließ fih als Bevollmächtigtem die gemeinfchaftliche Angelegenheit übertragen, ſchritt am 3. October in Breifach zur dritten Unterhandlung, und beendete nad) fehstägigem Scheinwiberfpruch von feiner Seite, da er die Unzufriedenheit der Mitoberften zu fcheuen hatte, am 9. October das Kaufgefchäft, zum erfledlichen Vortheife des Mädlers, zum bitteren Verdruß der Krone Schweren, zum unbefchränften Nuten der Franzofen, zum Verderben Deutſchlands und zur bauernden Schande jener gefinnungslofen Soͤldlinge.“ Die unerwartete fchnelle Beiftimmung der betheiligten Oberften erflärte fih aber aud) aus dem Zuftande des Heeres, welches vom Raube im verödeten Elſaß lebend, ohne Ausficht auf Winterquartiere, als durch Beihülfe der Sranzofen, zur fpäten Jahreszeit, unbefoldet auseinander zu laufen und die Oberften ihres Gefammtcapitals, ja felbft ihrer Pfänder, der Städte, zur berauben drohete, falls fie nicht ungefäumt einen baarzahlenden Käufer und Berforger fänden. Gemäß dem ſchandbaren Vertrage kamen die Bevollmädtigten, die Herren Buebriant, d'Oiſſonville und Choify im Namen ihres Könige „pour

* Bufendorf 376. Le Baffor IX, U, 283. Yubery VI, G. 10.

> Bufendorf 377. Guébriaut 145. Theatr. Earop. IV, 33. Le Baffor IX, II, 286.

Bertrag mit den Diver 217

Tarancement de la cause eommune“ und zur Wieder; herſtellung der deutſchen Freiheit mit den Directoren des weimarſchen Heered überein, daß der Vergleich des Königs und des Herzogs von Weimar und alled was das Heer, „bie Fürften, bie Städte und verbündeten Stände beträfe, in Kraft bliebe.* Diefe Phrafen wurden vorangeſchickt, um die üffentlihe Meinung zu betrügen, und das ſchwaͤchliche Gewiſſen derjenigen im erfauften Heere zu beihwichtigen, welde noch unter Frankreichs Fah⸗ nen an einen Kampf für Deutfchlands FTirchliche und politifche Freiheit glaubten. Zugeftanden warb, daß das Heer Bernhards, ein Ganzes bildend, unter den genannten Oberften verharre. Der König werde im Falle des Kriegsunglückes dieſelben in den Stand feßen, ihre Regimenter wieder herzuftellen. Gegen die Bezahlung einer bedeutenden Loͤhnung, und gegen andere baare Vortheile, gegen Berbürgung des Unterhalts und ber Kriegsbedürfniſſe und ver Schenkungen des Verftorbenen an Zindereien, gelobten die Directoren: und die Offiziere des ganzen Heeres, dem Könige treu und beftändig gegen Jedermann zu dienen, was für ein Befehl au irgend anderwaͤrts her ihnen zukommen koͤnne, und gemäß dem Ver⸗ trage Bernhards vom 27. October 1635 bereit zu fein zu jeder Unternehmung, welche Se. Majeftät Behufd der Herftellung der öffentlichen Freiheit und der unterbrüdten Stände, fei es in Branfreih, Burgund, Lothringen und in dem Niederlanden, gut finden würde. Den Kriegsbefehl follte das Heer durd Die Direetoren vom Due de Longueville erhalten, wie bei Lebzeiten des Herzogs die Herren du Halter, Turenne, Guebriant gethan hätten; dabei aber Theil haben am Kriegsrath und allen Beichlüffen. Endlich follten gleichfalls zu Nutzen des allgemeinen Beften und zur Herftellung der unterbrüdten Städte und Stände bie eroberten Plaͤtze gleih, dem Teſtamente des Herzogs gemäß, in die Hände des Königs gegeben, und Breifad und Freiburg nad defien Gut⸗ dünfen mit Befehlshabern und einer halb franzöftichen, Halb deutichen Garniſon verfehen werden. Die Beſetzung der Befehlöhaberftellen in anderen Feſten follte dem Heere bleiben, jedoch fie und ihre Mann⸗ [haft den Eid leiften, ihren Platz zu deſſen Dienft bewahren und ohne Geheiß Sr. Majeftät in feine anderen Hände zu geben, fo wie die Eidesleiftung der geſammten Dffiziere und Solbaten des Heeres verheißen wurde.

218 Die Feſtungen in ben Händen ber Franzoſen.

Unmittelbar darauf ward es Far, weshalb Erlach und feine Anhänger auf ihr ftärfftes Unterpfand verzichtet, dagegen ſcheinbar des Heered Vortheil für die Fleineren Feſten bewahrt hatten; denn an demſelben Tage! verbürgten die franzöſiſchen Bevollmächtig⸗ ten, Se. Majeftät werde die bisherigen Befehlöhaber in Breiſach und Freiburg in ihrem Amte laſſen, und verhießen großmüthig bie freie Hebung des proteftantifchen Bekenntniſſes in den eroberten Städten und in den Lagern! Nachdem Guebriant, uneigennügig guf Lohn verzichtend, ? die Oberften prädtig in Breiſach bewirthet, und die Directoren am 10. October den Due de Longueville als General in Kolmar anerfannt hatten, führte der Graf am 17. vors laͤufig 800 Franzoſen in bie erliftete Hefte ein, fehidte die Negimenter Bernhards, bis auf das Hatfteinifhe, für deſſen treue Gefinnung Erlach bürgte,’ hinaus; forgte in gleicher Weife für Freiburg, Rheins . felden, Neuenburg und Lauffenburg, und nahm den dortigen deutſchen Kommandanten den Schwur für den König ab. Statt Guebriants, dem man früher Hoffnung dazu gemacht, trat Erlach die erweiterte Ober: Rotthalterwürbe in Breifach, über Freiburg, Neuenburg, Rheinfelden, Lauffenburg, Tann, Landskron, Sedingen und andere Orte Vorder⸗ öfterreich8, und im Breisgau mit höchft bedeutenden Einfünften an, * und legte am 22. Detober in Guebriants Hände den Eid ab, fo wie gleichzeitig Philipp Jakob Bernhold, ver. Befehlöhaber für Rheinfelden, und Kanowski für Freiburg. Indem jene Männer, als feine Geſchöpfe, unter der näcften Aufſicht des Schmeizerd verhartten, war dem Heere jeder mögliche Vortheil, den e8 aus dem Vertrage ziehen Fonnte, entwandt, und das wichtige Unterpfand, welches in dem Falle des Friedens der jogenannten evangelifchen Partei Bedeutung gewährte, dem Eigennuße Frankreichs unbefchräuft hingegeben. Wie würde Bernhards edler Schatten gezürnt haben, hätte er ſolchen Treubruch und ſolche Entfremdung alles feines und bed deutſchen Eigenthums rächen können. Dennoch prunften dieſe Männer, fo fhimpflih von dem Klange des franzöftfchen Geldes

! Theatr. Europ. IV, 36.

2 Öuebriant 149.

3 Erlad II, 58. Brief vom 31. Juli 1639: je vous promets de disposer les affaires que le reste d’Allemands qui y rosterent seront ausel entiörement & vous, et cola se pourra faire saus bruit.

Guébriant 150. Zur Lauben I, 420, 422.

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Ga’ von Frankreich belehut. u 2198

gelsct, mit bem überſpannteſten Ehreifer und mitt unbefledtter Ritters pflicht, ſobald fie von. ver Seite des Kaiſers zum Rüdtritt gemahnt wurden, fei ed, daß alle Begriffe von Ehre, Recht und Vaterland

in jener verwirrungsvollen Zeit fih auf den Kopf flellten, over daß, innerlich befchämt, jene Berräther, ihrer That bewußt, fich vor der Welt zu verhifertigen fuchten, indem fie unbeſtechlich treu bet einmal übernommener Pflicht zu verharren fchienen. Als um biefe Beit Don Diego de Saaverra Barardo dem Oberſten Bernhole Slaubendfreiheit, hohen Rang, Landgüter und baare Summen bot, falis er zu Defterreich treten wolle, aritwortete der Befehlshaber von Rheinfelden eutrüftet: „wie einem deutſchen Edelmame der König von Spanien, der doc aus deutſchem Blute ftamme, fo ſchmachvolle Anträge machen könne? Er möge fih an Juden und Sarazgenen wenden, denn die deutſche Biederkeit ſei für Geld nicht feil, Beße ſich nit verlaufen, nicht locken durch falſche Verträge und gerächtliche Berfprechungen ; durch hitzige Kampfluft gegen Oeſterreich werde er fih von folder Schmad reinigen!‘ So redele ber Mann, welcher einen Geldgehalt von 6000 Francs vom franzöſiſchen ‚Könige bezog, und nur deshalb durch Erlach zum Befehlshaber von Rheinfelden gemacht war, weil er fih als das willeniofefte Geſchöpf im franzöſiſchen Intereſſe brauchen ließ. Der hochſte Lohn fiel natürlich dem Schweiger für die glückliche Beendigung des Geſchaͤftes zu; feine Peuſion wurbe um 18,000 Livres erhöht, ihm, „der größeren Eifer für des Könige Sache gezeigt hälfte, als ein geborener Franzoſe,“ das Recht franzöfiider Geburt verlichen, und die früheren Vollmachten ald Statthalter Borberöfterreihd noch erweitert. *_ Dagegen verfolgten vie betrogenen Schweden fein Andenken mit bitierem Hafle, und gaben bis zu Ende des Krieges ihre ebenfo ungegrimdeten Anſprüche an das Heer Bernhards nit auf, wie wir denn fpäter erfahren werben, daß dem Berräther ver . dentfchen Suche der verbiente Lohn nicht ausblieb!

Als gegen Ende des Octobers Longueville, Guebriant und bie Directoren das verkaufte Heer nicht dem bebrängten Bandr zum Bortheil auf Baiern zu, ſondem zu neuem unreblichen Gewinne Frankreichs in die Rheinpfalz führten; ergab ſich, welche Gefahr, Ihnen unbewußt, durch Richelieus Gewaltiinn abgewandt war. Saum hatte ini ..1.Gsla$ 1,23. ..

3 Zur Lauben I, 4120-422. Erlach 1, 68. IT, Mr. 9. 19. 41,

990 Bfalzgraf Karl Lubwig in Fraukreich gefangen.

Bralzgraf Karl Ludwig im Hang den Tod des Herzogs Bernhard vers nommen, ! al8 er, erwärmt von hochfahrenden Hoffnungen und im Bertrauen auf eingeleitete Verbindungen mit den Oberſten, gemahnt durch den Prinzen von Oranien, nad England eilte, um durd das Geld des Oheims die verwaiften Sölpner für fein Haus zu gewinnen. Was konnte jenen bei ihrer natürlichen Vorliebe für einen Feldherrn ihres Volkes erwünfchter fein, als mohlbezahlt für das Recht eines Kurfürften zu fechten, welcher, vom Kaifer feine® Erbes beraubt, den erſten Anlaß zum Kriege gegeben? Des Pfabgrafen geheime Agenten hatten daher zu Breifacdy die Hand im trüben Epiele, und verzögerten, des Erfcheinend Karl Ludwigs gewärtig, den Abfchluß mit Frankreich. Aber König Karl, vielfach in Schottland beunruhigt, und politifch träge, erbot fi zwar zu 26,000 Pf. St., hoffte jedoch durch Frankreichs Beiftimmung leichteren Kaufs los zu kommen; welches begreiflich die Sache bedenklich fand, und dieſelbe durch weitlaͤuftige Unterhandlungen mit den Schweden, den Niederlanden and der Landgraͤfin von Heſſen zu vereiteln gedachte. So hatte der Sieur de Bellidvre, Ludwigs Gefandter in London, von allem Kunde, als der junge Pfalzgraf, getäufcht durch gute Nachrichten vom Heere, welches eben die Rheinpfalz erobert hatte, ungebulbig London verließ, um auf dem naäͤchſten Wege durch Frankreich in Perfon auf dem Soldatenmarkte zu Breiſach zu ericheinen. Aber fchon war dem Kardinal durch Bullion, Bellidvres Schwiegervater, ber bevenfliche Beſuch angemeldet, und Anftalt getroffen, ven unklugen Jüngling zu faflen, welcher, ftatt im höchften Geheim feine Reife anzutreten, zwar einen faljchen Namen annimmt, jedoch auf der Veberfahrt fidh durch den Donner der Kanonen von ben englifhen Schiffen und, tn Boulogne landend, von den wehenden Wipfeln der englifchen Sahrzeuge begrüßen läßt. Unerfannt, wie er glaubte, durch Parts eilend, madt er Miene, auf der Straße von Lyon dem Könige zu folgen, welcher feiner Schwefter, der Wittwe von Savoyen, bis Grenoble entgegen gegangen war; wollte aber ablenfend fich in bie Naͤhe des weimarfchen Heered begeben. Richelieu läßt ven Gefähr- lichen, welcher, mit Spanien vereinbart, für das überfommene Vorder⸗ Öfterreich,, fein Erbe vom Katfer eintaufhen und die Verſoͤhnung auf dieſe Weife erfaufen durfte, His in das Herz Frankreichs, bis

e Bufendorf 376, 379. Montglat I, 223. Le DBaffor IX, ‚u 288 ff. Carve II, 114. Röje U, 842.

Unterhanblungen der Brüder Herzog Benikarb. 221

Moulin forglos vordringen; ihn aber bier am 14. October, eben ald der breifacher Kauf geichloffen war, verhaften und durch Paris in den Bois de Vincennes führen, „weil fein heimliches Treiben Argwohn errege, und Fein Fürft ohne Anmeldung durd dad Laud eined anderen reifen dürfe." Bergebend beklagt. fi der Ertappte, giebt vor, den König aufgefucht zu haben; er muß, im entſcheidendſten Angenblide, wo fein Erfcheinen und Geld ihm eine Partei im Heere gefichert haben würde, im Schlofle zu Bincennes dem Johann von Werth Geſellſchaft leiſten, welcher noch nicht aus feiner goldenen Knechtſchaft befreit, anderthalb Jahr vorher einen fürftlihen Tifh- und Haus genofien am Bringen Johann Kaſtmir von Polen befommen. Der, Bruder König Wladislavs, angeblih aus Wißbegierde, aber wie Richelien behauptete, um in fpanifche Dienfte zu treten, hatte bei Tour de Bouc unweit Marfeille fi betreffen laflen, und harrte feit dem 9 Mai 1638, aller Verwendung befreundeter Staaten ungeachtet, der Erlöfung. * Als das weimarfhe Heer längft für Yranfreid fiher geftellt war, erhielt der Pfalggraf, mit Ehrenbezeugungen für die erhaltene Schmach überhäuft, auf Andringen Englands, Schwe⸗ dens und Dänemarks im Auguft 1640 die Kreiheit. So bedrohliche Borgänge mußten denn wohl den Brüdern von Weimar ? ängſtliche Borficht empfehlen, welde am 30. Juli von Bernhard Tode, am 11. Auguft vom Teſtamente benachrichtigt und durch den Kanzler vor Erlad gewarnt, Die bevenflihe Sache von allen Seiten über legend, erft am ??),, September die Directoren mit der Bitte angingen, die Sache in die Länge zu ziehen. Denn Herzog Wilhelm, eitel, anſpruchsvoll, aber ohne burchgreifende Kraft und ohne Anſehen,“ war entichlofien, drohete gleich die Feindſchaft des Kaiſers, die er durch feinen Abgeordneten nad; Prag, Dietrich von Werder, vergeblid) noch zu vermitteln gebadhte, dad ganze Erbe des Bruders an fi zu nehmen. Erlach, Gewalt nicht fheuend, um den entfernten Erben zu ſchrecken, gab nad langen Verhandlungen am.14. October, alfo fünf Tage nah dem Bertrage zu Breifah, dem Abgeorbusten

. * Ueber Johann Kaflmir |. Biafecine 50. Wassonbergil Carorr gellieun. Richelieu IX, 456 ff. Richelien erzählt, daß ber Prinz die Häfen und Sicherheitspläge unter dem falſchen Namen Konopadi Habe zu Gunſten Spaniens ausipähen wollen.

2 Röſe H, 335. Pufendorf 376. ° Nrtheil Oxenſtjerna bei Geifjer IH.

222. Versharhe Leiche in Wehner beſtattet.

Wilhelms den müßigen Beſcheid, „ihm das Erbſchaftsrecht ein⸗ zuräumen, ſobald Frankreich einwillige.” Das Schickſal des Pfalzgrafen warate den Sachſen, nicht in Berfon fi hinaus zu wagen. Sein Gefandter, zum zweiten Male zu Erlach mit det Erklärung gefommen, „Wilhelm wolle die Hinterfaffenfchaft ungetheift antreten, erhielt, nach Barid gewiefen, begreiflicher Weiſe abſchlaͤgliche Antwort; von feinen Korderungen ftufenmweife ablafiend, mußte Wil helm von dem ſchmutzig geizigen Schweizer, fo wie durch die anderen Directoren abwechfelnd betrogen, Jahre lang koſtſpielig unterhandeln, um wenigftend die Hausfleinodien zu erhalten. Aber auch fo mäßige Hoffnung biieb vereitelt. Ludwig XIII., Richelieu und Erlach ſtarben darüber hinweg; mit jedem Jahre fchrumpfte der Gegenftand mehr zufammen, fo daß zum warnenden Belfpiele für Fürften als Diener fremder Kronen, falt nichts der Rede werthes übrig blieb. An Stelle aller glanzvollen Eroberungen, welche Bernhard, fein ruhiges Bürftenloos und fein Leben daran ſetzend, für fih und für fein Haus errungen zu haben wähnte, und flatt der Erfüllung hoch⸗ Arebenver Pläne für die proteftantiihe Partei, an Stelle reicher Schaͤtze, erhielt dad Heimathland erſt ſpät allein die vermoderten Bebeine des Herzogs, welche am '?,, December 1655 in ber Stadtlirhe zu Weimar ihre NRuheftätte fanden. * Aber nicht genug am folder Täufhung, durch Bernhards Erbfhaft und burh die Mitgift feiner Braut, der Landgräfin, warb Deutſch⸗ land von Franfreih in Feſſeln gefhlagen!

Indem wir fo leidvolle Dinge und faft nur die Thaten eines jämmersichen Geſchlechts berichten, tröftet und, daß wenigftend eins zelne öffentliche Stimmen gleichzeitig ſich erhoben, welche mit fittlichem Ingrimm die weimarjchen Oberften des Berrathed am Höchſten, und Frankreich feiner Tücken öffentlich bezüchtigten!

Sm Winter 1639 bis 40 erſchien im Drud ein Brief im deutſcher Sprache,“ angeblih von einem voruehmen Offizier im weimarfhen Heere verfaßt, welchen ber franzöfifhe Agent de Ia Grange aur Ormed und Graf Avaux erboft an den Hof fchidten. Rad) Erzählung des Herganges zu Breiſach, äußert der Unbekannte,

* Ach fcheinen nur die bei Bernhards Tode zugreifenden Oberſten and Offiziere ihre Legate erhalten zu Haben. Hugo Grotius' Sohn, Dietrich, welcher ſich im Kriegslager Bernhards befand, mußte leer ausgehen.

2 gondorp IV, 702 f. Röfe IL, 432. Anm. 175.

Rlagı tines Zeilgenoſſen. 293

zunſenem kaum begrabenen Fürften, welcher vurch feine Tugend die alberſch oͤnſte Vraut, die Feſtung Breiſach erworben, iſt nem. ben fetugöfifchen Hähmen dad Hirſchgeweih aufgelegt, er zum Haherei gemacht, und die chrliche Dame iſt mit den Franzoſen beſchrieen worden. Rus heüſßt cd: ihr Bruͤder, die Braut iſt verzuckt, der Tag hat ſein End, die Spielleute ſind bezahlt, die Morgengabe if vers dient, ver Kranz zerriſſen, bie Frau eine Courtiſane, das Wappen Quartiert,. die Heirath vertheitt. Der legte Stich gewinnt das Spiel, bie Dame, um weiche wir Deutſche mit Granaten, bie Franzoſen mit Ducaten, wir mit Musqueten, fie mit Piftolen, wir mit Pferd und Infanterie, fie mit Furfanterie und geladenen Maulefeln, wir mit Schanzen, fie mit Schaufen, wir mit Feld⸗, fie mit Hofftüden, wir mit Schlagen, fie mit Salben, wir mit Schießen und Stechen, fie mit Beftreihen und Schmieren, wir mit Blute, fie mit Gut, wir mit Kriegen, fie mit Trügen geworben; was wir gewonnen mit Stürmen, haben wir mit Schirmen verloren. Der Hahn iſt om Korbe, fibt anf fremden Eiern, er hat den Ruben, dad Kränzlein und den Preis, bie anderen nur den Sad. „Ih muß Weite haben, Gevatter Haaſe,“ fpricht der Igel, „ſuch Dir anderen Orts Dein Unterfommen !" Gubernator ift geblieben, der den Pelz dieſer Hochzeit allein verdient hat, der ihnen mit Haut nund Haar gehört, ben fie zu einem Freiherrn, und zu Sclaven gemadt.” Berner wird Bernhards Vorſicht, ver keinesweges in Breifach Franzofen leiden wollte, gepriefen. „Da ihm der franzdöfifde Mufti in Paris nicht anders beikommen Tonnte, ift er mit einer franzöftichen Potage ein, mal für immer abgefpeiftz in einem Eſſen Fiſch find poisson und poison beifammen geweſen. Was Spott ift ihm unter der Erbe wider feine treulihe Ermahnung widerfahren, daß dieſer hoch Importivende Platz, dieſe Zwangskette, an der bie benachbarten Länder all hängen, in derjenigen Hände geliefert worden, welden das H. R. Reich deutſcher Nation allzeit ein Stachel im Ange geweien. Was wird von uns in diefem und allen kommenden Jahrhunderten bei der worthen Nachwelt und bei rechtfchaffenen Deutichen gehalten werden, daB wir dem Baterlande einen fo geroaltigen Rachbar auf den Hals ſetzen, welder die uralte erworbene deutſche Breiheit äußerſt in Gefahr bringt. Was haben wir für einen Vortheil in unferen Händen, um ihn bem Gegner, wann es einmal wird fein müflen, zum Frieden zu kommen, einzuräumen, weil

224 Amalia Elifabethe Annahme des prager Friebens.

wir dad befte Kleinod verloren und Dem übergeben, welcher fid) unferer nicht annehmen wird, bazu er weder propter religionem nod) propter regionem Urſache bat. Was leider genugfam am Tag ift, wir erfolgen, daß fremde Potentaten und Völker, nachdem fie und Deutſche dad Mark aus den Beinen gefogen, noch dazu über und herrichen, die wir mit unferem eigenen Fleifhe und Blute ihnen verblendeter und dummfinniger Weife, wie arme Sklaven, helfen, und das H. R. Reid, unter ſich theilen, die deutiche Freiheit zu nichte machen, und und mit unerhörtem Spott das Joch der Knechtichaft aufbinden werden!

Fünftes Sapitel.

Die Landgräfin von Heflen nimmt den prager Frieden an und fchließt gleich darauf ein Bündniß mit Yranfreid. Baner untbätig in Böhmen. Friedens⸗ verbandlungen burch Dr. Oswald. Herb 1639. Schutzbündniß Heflens und Lünchurge. 30. October 1639. Biccolomini und Hatzfeld auf Böhse men. December Baner Hülfs und rathlos. Die Weimarer in ber Rheinpfalz, November und. December, und Rheinübergang um Neujahr 1640. Allmälige Aufhebung des Gleichgewichts.

Die Veränderung der Dinge, welde Bernhards Tod ſchnell verfündete, benugte vor allen die jchlaue Wittwe von Heſſen; faum war Günderode auf dem Wege mit der Todeskunde umgekehrt, als Amalia Elifabeth die zu Mainz entworfenen Ausföhnungspunfte am 25. Juli unterzeichnen ließ, welche am 8. Auguſt vom Kaiſer beftätigt wurden. * Die Landgräfin nahm, zur Vormundfchaft gelaffen, den prager Frieden an, verfprach ihr Volk, fo viel fie nicht zu Beſatzungen brauchte, binnen fünf Wochen abzubanfen, und zw forgen, daß es nicht in feindlihen Sold trete; die eroberten Plaͤtze dem Vertrage zu Sababurg gemäß, gegen Entihädigung ausliefere; deren Betrag durch Bermittelung Melanders ermäßigt werben follte; wofür ihrem Sohne das Stift Hirfhfeld und ihrem ganzen Haufe und Lande die Religiondfreiheit blieb, und in ver Urfunde aud ber Ausdruck des prager Friedens, „Das umgeänderte augsburger Bes kenniniß“ wegfiel. In Sorge, allein gelaffen zu werben, obgleidy

Dumont VI, 1. 176. Pufendorf 371. Diefen Bertrag übergehen die älteren heſſiſchen Befchichtfäpreiber aus Gefühl der Beihämung über das Beginmen ihrer belobten Fürfiin.

Amalia Elifabeibs Buͤndniß mit Fraukreich vom 22. Augufl. 225

Salvius in Hamburg den Mbfchluß des Bundes mit Schweden erwartete, entließ Amalia Elifabeth zum Scheine einen Theil ihres Heeres; wußte ed aber, inzwiſchen neu werbenn, fo einzurichten, daß die ausgeſchiedenen Soldaten, flatt unter Falferliche und baierifche Fahnen, ſich unter franzoͤſiſche oder hollaͤndiſche begaben;“ ſetzte einen anderen Befehlshaber in Lippſtadt, breitete aber nichts deſto weniger ihre Truppen unter dem Vorwande des Stillſtandes im Stifte Fulda aus. Melander, welcher vor Hamm am *,, Auguft mit dem Faiferliden Commiſſar eine Unterredung hielt, zog fih in Verdruß in das neue Wunderbad zu Geismar zurüd, und war dann, ald die Randgräfin von neuem heimlich mit dem franzöfifchen Geſandten und den Holländern zu unterhandeln anfing, zwifchen Hattingen und Hamm mit 6000 Mann ftill liegend, des Geheißes feiner lauernden Gebleterin gewärtig. Denn kaum hatte diefe durch ihre Schwäger, welche zum Scheine unbefangen nad Baſel reisten, und durch Erlach erfahren, daß Frankreich fi des weimarſchen Heeres bemeiftern würde, als fie, wie man in Wien an dem fichern Frieden nicht zweifelte, zu Dorfen, wider Abmahnen Melanders, in Perfon die Unterhandlung mit dem Sieur Raoul d’Amontot, welcher zu ihr ſich begeben, aufnahm, und unter dem Beiftande des Sieur de la Boderie am 22. Auguft auf Beftätigung des Königs das Buͤndniß ihres verftorbenen Gemahls vom 21. October 1636 in allen Punkten ermeuerte, * und 1000 Mann gegen den König von Ungarn, dem fie eben Treue gelobte, für die Summe von 200,000 Livres jährlich zu unterhalten verfprad. Damit fie aber Richt gleich loszuſchlagen brauche, und nah Maßgabe der Umftände zu einer fihern Partei fid wenden Eönne, bebingte fie fi bie Befugnis Waffenftillftand fchließen zu dürfen, und beredete den Franzoſen in einem befonderen Artikel, daß fie nicht eher gebunden fei, als bis fie von den Schweden, mit denen fie in Unterhandblung fand, genaue Nachricht erhalten, welche Vortheile diefe ihr zugeftehen wollten. Weil indeß Richelieu mißtrauifch ſich weigerte, die Summe zu zahlen, welche Guͤnderode im vorigen Jahre in Paris gefordert hatte, ehe die Schlaue einen ernftlihen Schritt gethan, zogen bie ſchwankenden, treulofen Verhaͤltniſſe fih den Herbſt durch Hin.

% Aplgreitter 387. Theatr. Europ. IV, 84, 88.

2 Dumont VI, I, 178. Blaffan IU, 54. 2onborp IV, 707.

Pufendorfa. a. O.

Barthold, Geſch. des 80jahr. Kriege. II. 5

226 Bandr verwäßet Böhmen.

Die Landgräfin blieb in ihrer gebleterifchen bewaffneten Haltung; beobachtete mit dem Herzoge Georg von Lüneburg, dem Vertraͤuten ihrer Pläne, die Zeitumftände, unter Bermittelung Melanders, und ver- lege am "9. October ihr wanderndes Hoflager nad Lippftabt. Obwohl man ſchon von franzäfifchen, weißen Fahnen mit Krone und Lilien und mit ber Infchrlft Louys de Bourbon, ſprach, welche in Amſterdam für das heſſiſche Heer gefertigt felen, und die Heflen überall, im Fuldaiſchen, im Schmalfaldiichen, im Paderbornſchen fi eindrängten, wo nur irgend in der Nachbarfchaft eine Lücke unbefept war; ' wußte Amalia Eliſabeth allen diefen tüdiigen Vorbereitungen eine fo beifaͤllige Farbe zu leihen, daß man kaiſerlicherſeits nicht großes Gewicht darauf legte. Zwar fließen bie und da hatzfeldſche Völker, welde im Drtober aus Meißen nach Franken gingen, im Buldaifchen und in der Wetterau mit ben friedlich gebehrbeten vorſich⸗ tigen Heften zufammen, meinten e8 aber nicht eruftlich, aus Beſorgniß, die Heften koͤnnten, raſch mit Koͤnigsmark vereinigt, fie Aberwältigen. Bon unfluger, nachfichtiger Politik gefchont, erwuchs fo in der Stile, aus unüderfehbarem Gewirre, die vermittelnde dritte Partei zur Bundesgenoffin der fremden Kronen, und trat im folgenden Jahre dem Kaiſer und Reich gefährlich gegenüber.

Unter fo lahmen treutofen Vorgängen am Rhein und im weſt⸗ lichen Deutſchland zog Bandr mißmuthig, 21. October, um Prag beram, wo Erzherzog Leopold Wilhelm am 17. October angelangt war; beihoß ohne Erfolg den Hradſchin, Tieß auch den Strih bis Budweis, Tabor, Radonig und Bilfen abfcheulich, ohne dauernden Gewinn, mit euer verheeren. * Denn die kaiſerlichen Geerführer behaupteten ihre vortheilhafte Stelung um Prag, ungelret durch jenen planlofen Wbenteurerkrieg, war gleih der Auſenthalt in ver Hauptftadt nichts weniger als erfreulich, Inden De Peſt Laufende aus der zufammengedrängten Benölferung hinraffte. Als namhaftes Opfer derfelben fiel unter anderen auch Walter Deveromr,. Dex, obgleih er die Geiftlichfeit reich beſchenkte, dennoch in unheimliden Andenken, und feine Grabfätte ° in der Jeſuiterkirche als ſpukhaft

Adlzreitter 387%. Bufenborf 372. Theatr. Eur. IV, 85 Garvell, 9.

s Suebriant 190. Pufendorf 363. Theair. Qurop. IV, 119 |. 123. Carve 11, 96. Pelzel II.

® Garve ll, 9.

Sriebensuermittelung durch-Dr. Oswald. 227

verſchrieen blieb. Unterdeß nahmen die Sadfen auch die Stadt Bautzen bi6 anf das Schloß ein; ein neues Taiferliches Heer meter dem Grafen Philipp von Mansfeln ſetzte dem Einfalle ber Schweden in Schleſien Echranfen, und ſicherte Glogau gegen Stäls banvöle, welhen Bandr, um die Mitte des October, ben neuan⸗ gefommenen ſchwediſchen Völkern. ald Dberführer zugeſchickt hatte. So wurde Bandrs Lage mit jedem Tage drohender, zumal auch der Steger von Diebenhofen, Piccolomini, vom dankbaren Könige von Spanien zum Herzöge von Amalfi erhoben, mit 8000 Mann herbeigerufen wurde, welcher, da die Marſchaͤlle De la Meilleraye und Chatillon fi) mit den Lorberen des Sommers begnügten, ben tapferen Freiherrn von Best an der Mofel laſſen konnte, und, am Ende Oktober am Mittelrhein erfcheinend, im Borüberziehen den Unternehmungsgeiſt Longuevilles und Guébriants bei Speier eins ſchuchterte.“ Auch Hatzfelds Rückkehr and Franken nad Böhmen war zu erwarten, daher Bandr beleidigende Reden über Frankreichs zaudernde Rheinangriffe gegen Beauregard ausftieß, und ernftlicher den Friedensverſuch umfaßte, welchen Dr. Oswald ſchon feit dem Sommer gefhidt zu vermitteln fuchte. * Den Arzt hatte Schlid hdöflichſt und unverfanglich ind fchwebifche Lager abgeordnet, ale Baner für feine Tranfe Gemahlin, gebome Gräfin Erbach und Berwandie des Faiferliden Hoffriegsrathöpräftdenten, und für ihre Kinder den Beiſtand des ihm aus Schwaben befreundeten Mannes nachfuchte. Anfangs zwar hatte Baner die Frievensanträge Schlicks and Ballas’ abgelehnt ; verfolgte aber, bet wachſender Bebraͤngniß und geſchmeichelt in feinem Anſehen ald Diplomat, viefelben jest fo eifrig, daß es den Krieg darüber vernadläffigte und dem Gerüchte Blauben verſchaffte, „er fei vom Kaiſer durch die Reichsfürftenwürbe and den Bells von Glogau und Sagan gewonnen worben.*°® Indeß hatte der Späher Beauregard, dad Geheimniß durchdringend, und anfangs in ſchwerer Sorge, zeitig vorgebaut, den Grafen Avaur in Hams burg vom Hergange unterrichtet, der die Reichsvormünder bahin bearbeitete, dag dem Feldmarſchall die gewuͤnſchte Vollmacht zur Unterhanblung vorenthalten würde. Stehet eher zu vermuthen, baß wie Satferlichen Minifter und Gallas ernſtlich daran dachten, den

* Theatr. Europ. IV, 119. Guébriant 161.

2Pufendorf 151.

Sattler VI, 15 —212. Gnabriant 190. Bufendorf 3885. +

228 Hatzfelbs Iug nach Franken.

Schweden durch einen einſeitigen Frieden von Frankreich ab zuziehen, als daß fie nur Zeit gewinnen wollten, bis Piccolomini und Hatz⸗ feld herangerüdt wären, tft doch fo viel gewiß, daß die Vereitelung des Friedens nicht von Baner abhing Der Verdacht feiner Unluft an den Waffen wurde flärfer, und Torftensfon und Salvius, welder in Hamburg mit dem Grafen Kurz allerlei geheime Unterhandlungen fortfpann, geriethen in böfen Zwift mit dem Feldmarſchall, ber unthätig verharrte, bis ein überlegened Heer ihm gegenüber ftand. Grämlih und krank z0g fih Bandr zu Anfang ded Rovember über Melnid und Leutmerig an die ſächſtſche Grenze, als Hapfelo und Biccolomint nicht in anderen Theilen Deutfchlands feftgehalten wurden, und Gallas und Schlid ihn noch immer in der Hoffnung ließen, den böhmifchen Feldzug dur den Frieden zu beendigen. Hatzfelds Iangfamer Zug aus Meißen durch Thüringen auf Franken hatte unterdeß angftvolle Bewegungen an der Wefer hervorgerufen; ! zumal das Gerücht ging, auch ein Theil des Heeres Piccolominis unter dem Marcheſe di Grana werde, mit ihm vereinigt, Niebers fahfen zum Waffenplage machen.“ Obgleich Hagtzfelds ſchwache Heerhaufen am Ende Octobers erſt im Hennebergiſchen ſtanden, und er nur in Perſon zu ſeinem Bruder, dem bedraͤngten Biſchofe nah Würzburg fi begab, ließ Koͤnigsmark eilig die Ausfiht, am Main und im Darmitädtifhen feinen Sedel zu füllen, und wid, Erfurtd Beſatzung verftärfend, über Mühlhaufen in das Eichsfeld, ungewiß, ob die Heffen, welche ihre zögernden Anerbietungen wieder erneuerten, und der Lüneburger ihm ernftlih Halt gewähren würven, und an die Wefer zurück.“ Die Furcht vor Piccolomini und Haßs "feld überrafchte den Guelfen jedoch nicht unvorbereitet. “Denn wie nad Bernhards Tode die Ausſicht zerrann, mit Gleihgefinnten als dritte Partei feine Pläne auf das Hilpesheimifche durchzuſeten, hatte Georg auf der einen Seite feinen Bevollmächtigten an Bandr abgeoronet, um entweder die Neutralität Niederſachſens enplich feftzuftellen, over fih günftige Bedingungen für den Bruch mit dem Kaifer zu erwirken; andererfeitd bei Rorpheim und Göttingen fein Heer unter Kliging fehr wohl verfehen und das eingeleitete Schutz⸗ bündnig mit Hefien, vermittelt Melanverd am 30. October zu * Theatr. Europ. IV, 107.

3 Daf. 86. Bufendorf 367, 372. Deden Ill, 191 ff. Theatr. Europ. 74, 75, 85, 86,

Sabfelb nach Boͤhmen gegen Baner gerufen, 229

Stande gebracht.“ Amalia Elifabeth fiherte fih darin im voraus den Beiftand George, wenn der Kalfer fie angreife; würde fie jedoch, mit Frankreich oder Schweden ſich verbindend, dem SKaifer auflündigen, fo wäre Georg nit zu Gleichem verpflichtet. Gern hätte damals Baner, durch übertriebene Nachrichten vor den Plänen der kaiſerlichen Generale fchredend, den Herzog Georg vermodt, ungefäumt zu Königsmark zu floßen, und die Waffen gegen ben Kaifer zu wenden. Aber jener, dem rüdweichenden ſchwediſchen Oberſten nur unbeftimmte Zuſicherung gebend, ertheilte feinem Etell- vertreter Kliging am die vorfihtige Anweifung, „nur im Halle Hapfeld über Thüringen vorgehe, zum Schuge der Neutralität und „mit Berufung auf das Völkerrecht” fih mit den Schweden und Heſſen zu vereinigen; wenn dagegen Piccolomini durch Yulda fi) nähere, den heſſiſchen Truppen ſich anzufchließen.” So beobachtete Kliging bei Nordheim und Melander um Lippftadt die Bewegungen der beiden gefürchteten Taiferlichen Generale, zu rafcher Bereinigung bereit (Anfang Rovembers), und war Koͤnigsmark feinerfeits nur dem erklärten Feinde des Kaifers fich zugugefellen, durch Buner bevollmädhtigt, auf dem Wege, um von Mühlhaufen neben jenen vorüber auf Minden zu gehen, als die Spannung der bangen Semüther fi Tödte. Denn Hapfeld, vom zweiten Anfalle Bandre auf Prag unterrichtet, rief am Zr feine Vorhut, welde fhon bis Mühlhaufen ftreifte, plöslih an fi, ? wandte fih auf Böhmen und fand zu Weiden am 17. Rovember den Befehl, auf Pilfen zu ziehen, und der Bereinigung mit Piccolomint dort zu harren. Diefer rüdte auf böfen Herbitwegen langjam vor, kam um biejelbe Zeit an Nürnberg vorüber, und war, dad Geſchütz zurüdlafiend, zur Entſcheidung über Cham auf Budweis gerufen. So athmete Heflen und Lüneburg wie Koͤnigsmark frei auf, während die Laſt des Krieges fih auf Baner allein wälzte. Der beute- Iuftige ſchwediſche Parteigaͤnger breitete ſich fogleih aus; nöthigte der Stadt Bielefeld das Einlager für den Winter auf, °,, Nos vember; ° war aber faum durch das Eichsfeld auf dem Wege nad dem lockenden Franken, um ven Bifhof von Würzburg für den Bruch des Brandſchatzungsvertrages heimzufuchen, gg der kaiſerliche . % Lünig P. spec. IV, 114. Londorp IV, 709. 2 Theatr. Europ. IV, 121. 124. 125. 2Puſendorf 367. 372. Theatr. Europ. 87.

230 Verhandlungen um bie Neutralität Nieberfachfens.

Generals Wachtmeifter von Behlen, aus dem Münfterfifen vorbrin- gend, in wenigen Tagen Bielefeld wieder eroberte, %,, December, gleichwohl, auf Melanders Fürfprache, der Beſatzung einen ehrenvollen Abzug auf Minden geftattete. Zu ſpät vom BVerlufte benachrichtigt, hoffte Königsmark wentgftend die kaiſerlichen Heerhaufen auf der Rüdfehr nad Mimfter zu ereilen; aber Melander zur Mitwirkung aufgefordert, weigerte fich deſſen, fo daß Vehlen, geichäßt durch bie gefhwollene Weſer, ohne Schaden Münfter erreichte; Melander dagegen, beſchuldigt, den kaiſerlichen General auf Bielefeld gelockt zu haben, bei den Schweben in ftarfen Verdacht der Untreue gerteth. Königsmark behauptete jedoch das Eichöfeld und gab auch im tiefen Winter einen Beſuch Frankens nidt auf. '

In anderer Weife fteuerte, nachdem bie Gefahr fi verzogen, der Guelfe. Als feine Gefandten auf weiten Umwegen, in fteter Gefahr vor Habfeld, am %,, November in Leutmerig bei Bandr angekommen, ? dort die Abgeordneten Dänemarks und des Erzbifchofs von Bremen mit gleihem Gewerbe um Neutralität des niederſaͤch⸗ fifhen Streifes fanden; empfing der Schwere, eben vom weißen Berge heimgefehrt, fie fehr grämlih und finfter, nahm aber, des Angriffes Piccolominie und Hatzſelds geiwärtig, in hoͤflicher Weiſe am *'%,, Rovember die Unterhandfungen wieder auf, und beſchwor den Herzug Georg, „wolle er die Rettung der evangelifchen Sache ruhmvoll befördern, fogleich die Waffen zu ergreifen.“ ° Da jevoch der Feldmarfhall weder befugt war, für bie zugeſtandene Neutralität obenein dem Lüneburger die ſchwediſchen Eroberungen im Eichsfelde und in der güldenen Aue, und faft alle feſten Punkte in Niederfachfen einzuräumen, noch andererfeltd die Waffengemeinfchaft Georgs allein, ohne deffen Verwandte, um Minden, das Land zwi⸗ fhen Lippe und Ems und die Abtretung der genannten Ortfchaften und Strihe zu erfaufen; zerfchlugen ſich die Unterhandlungen. Zum fleigenden Unmuthe Banèrs, hielt fih Georg noch immer bie Hand zur beliebigen Partelergreifung frei, da es feiner beifpieflofen Verſtellungskunſt auch jegt noch gelungen war, vermittelt des geichäfs tigen Werbers für die dritte Partei, des Johann Georg von Arnim,

* Theatr. Europ. IV, 88.

> Bufenporf 370. Theatr. Europ. IV, 74. Buebriant 202. Deden II, 196.

° Bufendborf 377.

Leopold Wilhelm an alles’ Stelle. 95?

And dur Kliking den Kurfürften von Sachſen von feinem vor⸗ verrföfreten Verhalten gwifchen den Sriegführenden zu Aberzeugen. Freilich war Johann Georg von Sachſen, als fein armes Land rettungslo8 der Berheerung offen fag, und Torſtensſon, erhitzt über‘ frühere Berinfte, am EZ BYauzen nach hartnädtgfter Gegen⸗ wehr erſtürmt Hatte, ? übler als je auf den Kaiſer zu ſprechen; ſuchte Troft, wie ed hieß, „In poculis,“ ° und gab noch dem Hoff: mmgsfchimmer der dritten Partei ſich Binz; der Onelfe dagegen, mit feinen Anträgen auch bei den ſchwediſchen Reichsverweſern auf Sals vtus nah Hamburg zurinfgewielen, ließ mit dem Jahre 1630 dentioch in den Strudel bed Krieges ſich Hineinziehen, ohne bie Beringungen, feinem &igennuge gemäß, geſichert zu Haben.

So fanden die Sachen, ungewiß, zweideutig, in beängftigenver Schwebe für Bandr, fo welt fein SHeerbefehl reichte; als das fhleppende Friedendgefhäft gänzlich abgebrohen wurde. Denn Leopold Wilhelm, eben mit den Bisthümern Pafſau, Straßburg, Halberſtadt beichnt, erfaßte, als Gallas am ?%,, November feine Feldherrnwurde niederlegend, nad Wien reifte, um bie Stelle eines Praͤſidenten des Hoffriegerathes zu übernehmen, die höchſte Leitung der Kriegdangelegenheiten, * geftüiät auf ven Rath und die Beihülfe des erfahrenen Piccolomini, in welchem die italieniſche Generalspartei, beforgt um ihren Einfluß, fett den Vertreter ehrte. Noch ſchwankte Bandr, ver ſaͤchſtfchen Grenze näher gerückt und des Widrigſten gewärtig, fobald Piecolomini and Wien Heimgefehrt fein würde, vefien Bolt bei Vudweis, fo wie Habfelb bei Pilfen ftand, zwiſchen verſchiedenen Plänen, tm Zalle er die Winterquartiere in den Fatfer- fihen Erblanden wegen Mangels und ded Gegners Andrängen nit behampten koͤnne. Bald dachte er auf Schleften, wohin er den Reft der fchwertichen Bölfer aus Bommern und der Marf unter Staͤlhandske beorvert; bald rechnete er darauf, an ber Spike ſeines Heeres die Hefien und Braunfſchweiger zum ımverzögerten Anſchluße zu zwingen. Aber als tn Schlefien Graf Philipp von Mansfelb die Fortfchritte Staͤlhandskes auf wenige Städte beſchraͤnkte;

ı Dedan II, 19. Buferdarf 371. 3 Theatr. Europ. IV, 124. Pufenborf 363. 2 Thoatr. Europ. IV, 126. 2 Wufendorf sm, 386. Theair. Europ. V, 126. Guadriant 203. Garve II, 98.

232 Biccolomini gegen bie Franzoſen am bein.

die Feftungen ficherte, jener faſt jenfeits der Ober auf Polen weichen mußte, und, ftatt auf Glogau, den Schweden der Anfall auf das entlegene Driefen glüdte; als ferner die Sadfen in Meißen Muth faßten; ' harrte Bandèr, gefährlich krank um Leutmerig, bange dem Beginne des winterlichen Feldzuges entgegen, obgleih ohue bie Befagungen ein Heer von 16,000 Mann zählen. Roh am 14), December hatte feine Reuterei im Saager Kreife alle Vor—⸗ räthe entweber zufammengerafft oder vernichtet, weil Hatzfeld und Piccolomint, 18,000 Mann ftarf, und die Heereötheile bei ‘Prag dorthin zu dringen fuchten. So wenig der ſchwediſche Feldherr von Longuevilled und Guebriants Herbfifeldguge am Mittelrhein hoffte, und fo wenig die Faiferlichen Generäle diefelben fürditeten, jo waren es doch gerade jene Geringgeſchätzten, welche, freilih mehr durch kecke politiſche Betriebſamkeit als durch ihre Waffenthaten, dem Kriege 1640 feine eigenthümliche Bedeutung aufprägten.

Denn ftatt über den Schwarzwald auf die Oberbonau zu dringen, wie der urfprünglidhe Feldzugsplan Tautete, Tieß ſich der Duc de Longueville, ohne Erfahrung der deutſchen Kampfweife, und Guebriant, wie die Directoren des weimarſchen Heeres, mit zus fammen nicht 6000 Mann, worunter 1600 Franzoſen, Schmibtbergs deutſches Regiment eingefchlofien, wiederum verloden, die Rheinpfalz als Winterquartier zu erobern.” Aus Breilah am 21. October war auf Schiffen, mit Vorſchub der Straßburger, dad Yußvolf unter Schmidiberg bi6 Germersheim gefommen, um vor Speier mit Longueville, Guebriant und Ehm ſich zu vereinigen, ald Piccolomini, aus dem Luremburgifchen auf dem Wege nach Böhmen, ſich zwifchen fie warf und dem baierifchen Heere Zeit gewährte, eilig, Hohentwiels vergeblihe Belagerung aufgebend und über den Schwarzwald und das Gebiet von Baden ziehend, bei Speier auf bem linfen Rheins ufer den franzöfiihen Plänen zuvorzufommen. Getäufcht rettete Schmidtberg fih auf ©ermersheim und eniging ber Weberwäls tigung durd Mercy und Geleen nur, indem die anderen Feld⸗ herrn am 30. und 31. October herbeieilten. Bol Unmuth über diefe Vereitelung der gehofften Winterlager dachten die uneinigen Heerführer, bebrängt durch Mangel an Lebensmitteln und Geld,

ı Bufenborf 364. Theatr. Earop. IV, 127.

2 Adlgreitter 386. Pufendorf 37% Buebrianst 151 fi Fritſch 169. Garvell, 4.

Etoberungen der Franzofen am Rhein, 238

A auf den Elſaß zurückzuziehen oder auf Lothringen zu wenden, als die ritterliche Beredtſamkeit Gusbriants fo fchimpflichen Entſchluß noch aufbielt. Jedoch mußten die Prahler, einen Theil ihres Ge ſchützes in Germersheim vergrabend, hinter die Lauter und ins Gebirge weichen, bis der Abzug Piccolominis, welchen die Bitten des beforgten Kurfürften von Mainz nit am Rheine feithielten, ihnen wieder Muth gab, am 8. Rovember auf Neuſtadt an ber Hardt zu rüden, und die ſchwach beſetzte Stadt, fo wie Alzei, Oppenheim, 15. Rovember, und mehre Fleden in der ‘Pfalz, veren anglüdticher Gebieter unterdeß in der franzoͤſtſchen Gefangenſchaft ſchmachtete, zu erobern. So fiel auch Bingen nach zweitägiger Be⸗ ſchießung am 21. November; Kreuznach mit feinen hohen Berg⸗ ſchlöſſern ergab fich nad blutiger Gegenwehr am 18. November kurz vor dem allgemeinen Sturm, und ſelbſt Bacharach, wie die Eberburg, weiland Franz' von Sickingen feſte Trutzburg. Befremdend iſt, daß weder Mercy noch Geleen, bei Speier gelagert, dem kecken Umſich⸗ ‚greifen der Weimarſchen ſich entgegen ſtellten, und erſt nach Verluſt Oppenheims, Mainz, welches vertheidigungslos war, raſch beſetzten, (16. Rovember). Man deutete ſchon damals dies Stillliegen, daß Baiern geſpannt mit dem Kaiſer, im geheim die Franzoſen begünſtigte, oder daß der baieriſche Feldherr hoffte, die unzufriedenen Weimarer durch Scho⸗ nung auf ſeine Seite zu ziehen. Erſt, als gelockt durch einen treuloſen Edelmann des Rheingaues, Schönborm, ' taufend Weimarer unter Kolhaas, wahrfheinlih einem Abkömmling jened merkwürdigen plebejiſchen Befehders weiland Kurfürſt Johann Yrievrihd von Sadfen, auf Kähnen unweit des Maͤuſethurms und des Ehrenfeld über den Strom fehten und bei Wallauf in fefter Stellung im ſchoͤ⸗ nen Weinlande fi einnifteten; regten fi die Baiern, um bie „Weinleſe“ den Fremdlingen nicht zu laflen, zogen die Bergftraße herab und über ven Main und flürmten, aller Tapferkeit des Kol haas ungeachtet, fo nachdrücklich die feiten Stellungen bei Elfeld, Wallauf und Rüdesheim am 24. Rovember, daß nur wenige ſchwim⸗ mend oder auf Kaͤhnen über ven Rhein oder fliehend nad Heflen ſich retteten. AS nun Mercy, in Elfeld, im Hauptquartier, das Ufer des Rheines bis Lahnftein hinauf bewachte; eine Schiffsbrücke bei Mainz ſchlagend, die weite Stadt durch Befeftigungen ficher ftellte ; fchien den Feinden, die aud den Mäufethurm wieder .*+&uebrians 158 nennt ihn: Chimberck, Britih un Carve a. u D.

232 Roth der Weimarer am Miniergnartiede.

eingebüßt, der Beſuch am rechten Ufer des Stromes verfeivet. Sit Iagerten ſich zerfirent von Alzei, Kreuznach, Kaſtellaun bis Boppard und Oberweſel hinauf, aufgelöfl In zuchtloſe Haufen, ohne Gehor⸗ ſam gegen die hadernden Feldherrn, hungrig, unbegahlt, die alten weimarfdyen Völker menternd, weil das Gerücht ſich verbreitet batte, fe follten vereinzelt unter die franzöflfchen Fahnen gefledt werben; ein Gerücht, das Geleen durch aufgefangene Briefe zu beweifen ſich erbot. Kundig fo böfer Umftände, glaubten die baieriſchen Feldherrn, im Rheinlande nit Kinger nöthig, beflere Quartiere aufſuchen zu konnen; daher ein Theil des Heeres fchon In der Mitte des December and dem Rheingau durch die Grafſchaft Hanau, zum bedenflichen Anzeichen für die Zukunft burd die Heflen aus der Wetterau nicht olimpflih verdrängt, * durch Franken bis Ins Wirtembergifche ſich mrädwandte. Rur einige Renterfchaaren blicken um Wiesbaden, Fußvoll in Main, Worms, Speier und unter Bambergersé Füh⸗ rung, welder die vergrabenen Stücke der fliehenden Branzofen bei Germerähelm anfgefunden, um Philippoburg. Dennoch gewährten die kurpfaͤlziſchen Lande jenſeits des Stromes den Eingebrungenen hie geheffte Erholung nicht, indem alsbald die Directoren den frans zoͤſtſchen Bringen, welchem weder fein Amt noch feine Feldherru⸗ eigenfchaften Anſehen envarben, wöthigten auf beffere Duartieye zu venken, da das Verweilen in der Pfalz das ficherfte Verberben probe. Im Kriegsrathe, am 21. December in Kreuznach gehalten, for: Serie «in Theil der Oberflen über Et. Wendel, Saarbrück, Wal derfingen und St. Avold über die Saar auf meser Gebiet geführt zu werben, um bort ven Befehl des Königs zu erwarten; andere rtethen hinter die Mofel auf das Trierfche zum ziehen. ? Entſchloße⸗ nere unter den Deutfchen, vie Heimath und Bandr im Auge, unter fläßten dagegen den Grafen Gmebriant, welcher die Gefahr varlegte, falls man fih auf die Mofel wende,“ weil Hetzog Karl von Loth⸗ ringen, einſtwellen mit dem Karbinalinfanten, wenn aud nicht mit der firengen Geiftlichkeit In Brabant verfähnt, von Trier uns Sierk aus die feften Stäbte an Der Saar und Mofel mit 5000 Bann und dem Aufgebot der Bauern hätete, * und ver tüichtige Johann

4 Theatr. Europ IV, 85. ı Le Baffor IX, II, 384. 3 Quebriant 160. - & Garye li, 129. Theatre. Europ. IV, a. a. O. Ablzreitter 385.

Eheinübergang ber Weimarer. 935

Yon Bed bereits die Oberſten Rofen und Raſſau, welche bis auf St. Wendel vorgenrungen waren, empfindlich abgewieſen hatte. Waren anf jener Seite des feindlichen Gebietes nur Stöße und der Untergang zu holen; fo galt hinter die Saar zu weichen als ſchmach⸗ volle Flucht und als Ungehorfam gegen den. Befehl des Königs, da das wüſte deutfche Lothringen kein Verweilen zulieg und nur der Rückzug auf Mes und Frankreichs Boden übrig blieb. Des⸗ halb flegte, wa® einige beutfche Oberſten dem ritterlihen Grafen unter den Fuß gaben: auf Schiffen über ven Rhein zu gehen, und unge⸗ achtet ein etwa eintretender Eisgang das zuchtlofe und matte Heer, in zwei Theile getheift, ber Ueberwälrigung durch bie Zeinbe preidgeben mußte und auf die Landgräftn von Heſſen noch nicht ſicherer Verla war, fehte ed Guebriantd Beredſamkeit, ohne Ahnung der böfen Erfahrung, welche ihm drohete, durch, dag man ihm bie Vorbes reitungen zum Rheinübergange auf ven 28. December auftrmg. Der Lobredner Guebriants ſtellte als freien heldenmaͤßigen Entſchluß dar, md Longueville nimmt für ſich den Ruhm eines Unternehmens in Anfpruch, welches nur durch den Drang der Umftände geboten wurde. Denn folgten die Franzoſen nicht den Direetoren, fo war vorauszufehen, daß diefe, des franzöſiſchen Dienftes uͤberdrüßig, fich von ihnen trennten und den Heffen oder dem Stönigdmark zuliefen.? Am 27. December, bei gelindem Winterwetter waren durch Guss driants Betriebſamkeit die Vorbereitungen zu einer Kriegsthat bes endet, welche die Pranzofen mit dem lächerlichfien Selbſtapplaus dem Uebergange Eaefard fiber den Rhein nach dem alten Germanien an bie Seite jeßen, und nach ihrer Weife ihrem Volke den Ruhm beilegen, der den Weimarern gebührt, indem kaum noch einige hundert Franzofen fich unter ihnen befanden.” Als man bei Bacharach und Obermefel eine gute Jahl von Rheinfhiffen zufammengebradt und am Abend des 27. December fiher war, daß jenfelts nur ſchwache Reuterpoften fih befänden, wurde gleichzeitig an beiden Orten der Uebergang begonnen. Schmidtbergs, Guébriants und

1 8e Baffor X, H, 381. Uuberry VI, c. 13. Bufendeorfle,

2 &, den weitläuftigen Bericht bei Gucbriant 104 167. Bufen Dorf 378. Lenoncourt war mit 400 Mann auf Met zurädgegangen ; Longueville und Buebriant Hatten nur noch 500 Mann übrig, Dennach wurden die Namen der Regimenter Netancourt, Melun, Buebriant, die alle zufammen nur 500 Mann betrugen, in den Liften anfgefährt.

236 " Rheinübergang der Weimarer.

Mojend NRegimenter waren die erften jenfeitö; weil die Fahrzeuge die Zahl der Pferde nicht faßten, folgte man auf Rojend, des ers fahrenen Reuteroberftien VBerbürgung, dem Beifpiele des kühnen Kohlhaas, welcher bei feiner Flucht auf Bingen die Pferde ſchwim⸗ mend durch den Strom geführt hatte, indem die Reuter in Nachen fie beim Zügel dur das Wafler leiteten. Sobald der größte Theil der NRegimenter am rechten Ufer war, griff Guesbriant den Burg« Jeden Lord an, defien Beſatzung, ſchwach und unvorbereitet, fich auf einen Ihurm zog und folgenden Tages ſich ergab. Seht folgten auch die Directoren und, Longueville, und indem man im nahen Kaub und in anderen Fleden eine große Zahl von Nachen antraf, Tonnte Tag und Nacht der Uebergang auch der Reuter vor fich gehen, fo daß am 4. Januar 1640 viertaufend fünfhundert Mann mit Gepäd und einigem Gefchüge ſich auf dem rechten Ufer befans den. Aus Wisbaden fliehen meldetsn baierifche Reuter dem Gene: zsalfeldgeugmeifter Mercy zu Heidelberg die überrafchende Kunde. Während die Baiern einen Anfhlag auf die Rheinpfalz rüfteten, verbreiteten fi die Weimarer, der Heimath froh, raſch über den Wefterwald ; und als Longueville (5. Januar 1640) auf Limburg drang, und in der Mitte ded Januar an den unvertheidigten Grenzen Dberhefiend fand, offenbarte furdtfam die Witwe von Hanau ihre ungetreue Gefinnung. * Ihre Schwägerin dagegen, die Lands gräfin von Heflen, die vorbereitend die Baiern aus der nahen Metterau verwiefen, war Flug entihloflen, von der Ohnmacht der Franzoſen Gewinn zu zichen; und binnen wenigen Wochen Tonnte Weimars Heer, mit den Heflen und Lüneburgern vereinigt, die aus Böhmen weichenden Schweden in ihren Schug aufnehmen!

Ermägen wir den Stand der Dinge auf dem weitläuftigen Kriegsihauplage von der Dver bis nad Artois, Piemont und Rouſſillon, jo durfte da8 Haus Habsburg zu Anfang des Jahres 1640 noch nicht verzagen, fo drohend das Jahr 1639 begonnen. Denn die Kraftentwidelung Defterreihd hatte die Schweden an den Nordrand der Erblande gedrängt; der Karbinalinfant mit der Hülfe Biecolominid Flandern und Luremburg bis auf Hesbin und Fleine Orte gehütet; Herzog Karl hielt den Sieur du Hallier nod) immer an der Maas und Mofel beihäftigt, und die Feſtung Salfes im Rouffilon, von Karl V. einft gegen Leucate als die „Sauce um 2Londorp IV, 785.

Stand der franzoſiſchen Angelegenheilen. 237

die franzſtſche Gans (Leueate) zu ſpeiſen,“ erbaut, T am 19. Zult var Condé und Schomberg erobert, ging am 15. Januar 1640 wieder verlosen; Richelien hatte eine gute Anzahl felofllichtiger Oberſten in der Baftille,? und einen YAufftand des bedrückten Land⸗ volfs in der Normandie zu befämpfen. Dagegen neigte das Züng⸗ lein der Wage fih dennoch allmählig auf die Seite Frankreichs;

denn der Graf von Harcourt, Nachfolger des Duc de Candale

und ded Kardinals de la Valette, welche bald hintereinander farben, und des Duc de Longuenille, ftellte, Caſale entfegend und den Mas quis de Leganez ſchlagend, die franzöfifche Sache jenſeits der Alpen wieder ber, nachdem Turin von den Schwägern der Regentin von Savoyen einmal erobert war und Ehriftine, aus Piemont verjagt, fih in die Arme ihres Bruders nad Grenoble hatte flüchten müſſen.“ Ferner zerftörte der hollaͤndiſche Seeheld Martin Tromp die fpantfche Flotte in der Schlaht bei den Dünen (October 1639) und arbei« tete eine gemwiffenlofe Politik im Stillen in Portugal und in Caſtilien, den Aufruhr gegen Philipp zu erweden. Was das Gefahrvolifte für Deutfhland, die fünwefllihe Grenze blieb durchbrochen;

Vorderoͤſterreichs Bollwerk, Breifach, in den Händen der Franzofen,

und der fee Rheinübergang Guebriants, fünf Jahre fpäter, nach⸗ dem Bernhard, Turenne und Feuquidres von Mainz durch Gallas verjagt waren, verhieß den Waffen Frankreichs, noch mehr den diplomatifchen Künften defjelden, weiten Spielraum und die Aufs fung des prager Friedens. Im Landgrafenthum Elſaß verfünbigte fih die dauernde Herrfchaft Ludwigs; der franzöfiiche Statthalter * verhrängte Bernhards Waffengenoflen, wie Hatſtein, gebieterifch aus ihren Gütern, ungefhügt durch Erlach, und ward die Regie rung beffelben als einer Provinz au Händen eines Fatholifchen Obherrn eingeleitet. Richelien felbft, einen neuen Sturm gegen fein Anfehen ahnend, indem ver junge Henri Goäffier, de Ruzs v’Effiant, Marquis de Cings Mars. zweiter Sohn des Marfchalls d'Effiat, feit dem Befuche des Königs vor Hesdin Günftling und

ı Montglat I, 256: Comme Leucate, en language du pays, vouloit dire une oiye. Le Baffor IX, 2, 330 fi.

% Thcatr. Europ. IV, 132,

Montglat I,24.f. Le Vaſſor IX, II, 152. fi.

% Theatre. Europ. IV, 132. Erlach I, 79. Im Oberelſaß befehligte ber Marquis de Montaufler.

2 Stand der Angelegenheiten am Ende des Jahres.

feit dem 15. Rovember Grand ecuyer de France mit dem ſtehen⸗ ven Titel Monsieur le Grand, dem Einfluße des Wohlthaͤters zu entfchlüpfen drohete, * und mit den unzufriedenen Prinzen auf den Sturz des gewaltthätigen Karvinals fann, hätte gleichwohl gerne unter einem dauernden Waffenfiiliftande ven Genuß der Eroberungen behauptet und das Recht ver Verjährung gewonnen; zumal bie Erneuerung des ſchwediſchen Bundniſſes, dem Ablaufe nahe, Schwies rigfeiten fand. Uber die Beringungen der Waffenruhe machten die Gegner den Wünfchen des Papftes abgeneigt, da fie raſche Wendung des Glücks hofften, und fo zerichlugen fih dahin abs zweckende Berfuche, jo wie die in Hamburg eingeleiteten Unterhand⸗ lungen zum allgemeinen Frieden.“ Ferdinand weigerte fih, auch den bereitö mit ihm ausgelühnten Ständen Geleitöbriefe zu eriheilen, und obgleih Salvius, unter geheimer Bermittelung zweier Raths⸗ berrn von Hamburg, nahe daran war, mit dem Grafen Kurz einen befonderen Vertrag zu ſchließen? und gleichzeitig Banoͤr mit Schlid tief ſich eingelaflen batte; auch der Herzog von Lauenburg, Dänes marks Vermittelung zu vereiteln, lodende Vollmachten an Schweden vorzeigte; jo wußten doch Avaux und Beauregard mit unglaublicher Spürfraft alle Mühen zu vereiteln, welche das Reich mit den Schweden ausjöhnen fonnten. Sicheres Spiel fanden die Franzoſen in Köln; als Ferdinand bald nach dem Berlufte Breiſachs auch wegen des Titels der Landgräfin und Bernhards nachgab, und felbft fi willfährtg erflärte, den PBfalzgrafen zuzulaſſen, falls dem Lothringer Gleiches eingeräumt würde, machte Zranfreih die Beſchickung ver Friedensverſammlung von den Geleitöbriefen und der Borm derfelben für die Holländer abhängig. So ward, fichtbar gefliffentlich,, jeder ernftliche Anfang des Werkes vergögert, um auf neuen Waffen⸗ gewinn gefteigerte Forderungen zu begründen, während Das feufzenbe Deutihland Heinmäthig auf die Zufammenfunft, welche die Kurfürften, „des Reiches Grundſaͤulen“ nad, Rürnberg zum Anfang des Jahres 1640 ausgeſchrieben, feine Dlide wandte!

“Montglat I, 237 f. St. Aulaire I, 57

= Bougeant V, g. 33—38. Pufendorf XI, $ 83 70. Sen tenberg XXVI, 374.

ı Bufendorf 383. Bougeant V, g. 39.

S 839

Gehster Nawitel.

Das franzoͤſiſch⸗ weimarſche Heer am Mittelrhein und in Heſſen. Buͤndniß der Landgraͤſtn. Baner duch Pictolomini und Erzherzog Leopold Wilhelm aus Böhmen verdrängt. Anſchluß an Georg von Lünebnrg. Ver⸗ einigung ber dundesgenoſſiſchen Heere. Lager um Saalfeld. ms einigkeit der Berbündeten und Abzug. (Junt 1640). Melander verlaͤßt den heſſiſchen Dienſt. Noth und Zwietracht der Verbündeten. Aufftand

der Weimarer. Lager vor Fritzlar. Banors Leichtfinn und Blucht.

nach Niederfachſen. September 1640.

Die Entwidelung ver naͤchſten Waffenereigniſſe in Milteldentſch⸗ land fellte den abentenerlihen Rheinübergang Longneviled und Bushriants mit den ſchwachen weimatſchen Haufen alsbald in das Licht politiſcher Berechnung. Obwohl fich nicht fließen laͤßt, dah Marimilian von Baiern in ſchwankender Politik unthätig dad Wag⸗ ſtück begimiftigt, * fo war Doch klar, daß gegründetere Hoffnung den Prinzen und ven Grafen Gusbriant 1. J. 1640 über den Strom lodte, als ven Herzog Bernhard und feine Streitgenoffen fünf Jahre früher. Sobald fih die hungernden Weimarer über dem Weſterwald und das Lahnthal, über vie Grenze von Obetheſſen auöbreiteien und AUmburg, Siegen, Braunfeld und Friedberg ohne Mühe eingengmmen, fanden fich die Bevollmächtigten des erſchrockenen Landgrafen von Darmſtadt bei Longuerille zu Wetter ein und ſchloffen, unter dem Beiftande der Yuntgräfin, am 21. Sannar in Marburg zum Schutze nes unglädlicden Landvolls eine Uebereinkunft,? welde den boͤſen Gaͤhen die Wetterau um» einen bebeutenden Theil von Dberheilen, von Frankfurt uud Kirchhain bio Frankenberg hinauf, als Winterlagen preid gab, und dem Landesherrn nur Gießen, Marburg uud einige Aemter frei lieh So ruheten hier, einer drangvollen Zukunft gewärtig, die weimarfefen Haufen, währen» jenfeltö des Rheines geitiger der Krieg begann. Dena der Befehlo⸗ haber von Philippsburg, Bamberger, verbunden mit Wilhelm Verdugo,

Adlzreitter am Schiuße bes XIV. B. elfert gegen bie Berkimmbung. Aber auch bes Verfaßer ber Eipitome R. G. 193, geheimer Dinge wohl kundig, fagt vom baierifchen Heere multum sinietri rumeris ot suspiencis silentli praebent.

> Onohbriant 168 ff. Theatr. Kurop. IV, 217. Pufendorf 408.

240 | Die Franzoſen und Weimarer am Dittelchein.

dem fpanifchen Statthalter in Frankenthal, eroberte die ſchwachbe⸗ festen Städte in der Rheinfalz */,, Februar, Alzei 1%,., Ober weiel, Bacharach, und bedrohete Bingen und Kreuznach, aufgefor- dert vom bangen Kurfürften von Mainz. ' Aber der Anfall auf die Rüdzugslinte der Weimarer irrte Longueville und Guebriant nicht in ihren weitangelegten Plänen, da fie in Mitteldeutſchland mäd- tigen Anhang fanden; auch das baieriſche Hauptheer unter Geleen und Mercy verhielt fih unthätig in den Winterguartieren, welche fih vom Speflurt bis tief in Schwaben ? erfiredten, getheilt durh die naͤchſte Sorge, Branfen vor der Helmfuhung Bankıs . und Koͤnigsmarks zu fihern. Am 27. Februar hatte der Oberſt Rofen Bingen mit Lebensmitteln verforgt, und Don Verdugo am 12. März eine neue Belagerung begonnen,® welde den gefährlichen Waffenplatz der Feinde, fo nahe an Mainz, bezwungen haben würde, hätte nicht Guébriant aus Weiter, 22. März, mo Longueville bereits an den Folgen der deutfchen Krieggmühen erfranft lag, mit einem fliegenden Heerhaufen .herbeigeeilt, * nach Fühnem Rheinübergange, den Spanier in Beftürzung geſetzt, daß er mit Verluſt, ohne den unmuthigen Kurfürften von Mainz zu begrüßen, auf Frankenthal fi zurückzog (Mitte April). Unterdeß der franzöfifhe Prinz in Wetter die Genefung erwartete,

Guehriant ritterlih fih überall an die Spitze ftellte, alle Unter hanblungen leitete, mit dem Hofe correfpondirte, aber nur Lobes⸗ erbebungen, dagegen Feine frijhen Truppen und wenig Geld erhielt,®. und die weimarfchen Directoren, ohne Achtung gegen die Franzofen, mit dem banerihen Heere in drohendes Einverftänvniß traten; ents widelte der Rheinübergang feine Diplomatifchen Folgen. Schon im Januar war der Oberft Stauff von Seiten der Landgräfin mit Berheißungen an Longueville gefommen; aber Amalia Elifabeth, um fih foftbar zu machen, da fie die hultungslofe Schwäche der Ein- gedrungenen fannte, und im gewagten Spiel Bürgfchaft ſuchend, übereilte fich nicht mit dem Bündniß; verlangte von neuem „Geld 2 Guébriant 169. Adlzreitter 306. Theatr. Barop. IV, 217.

2Fritſch 120

® Suebriant 171. Theatr. Europ. IV, 218.

8 Der Lebensbeichreiber Buehriantse macht großes Aufheben von biefer That;

- ber König dankte dem Grafen durch den Minifier Chaviguy beſonders dafür.

Buebriant 172. Daſ. 174—- 177.

Choiſy bei der Landgraͤſtn. 24

anf die Hand,“ und beſonderen Schuß für die Ausbreitung ihres Bekenntniſſes, und deflen Einfluß in den Frieden. Deßhalb machte fi) am 28. Januar der Sieur de Choiſy mit einer weitläuftigen Inſtruction Longuevilles von Wetter auf den Weg nad Lippſtadt,“ um zum Abſchluß des Vertrages zu Ioden, in Holland vorläufig das Geld für die Landgräfin zu empfangen und dann in Paris dem Hofe die Nothwendigkeit vorzuftellen, pas deutſche Heer mit Geld zu verjehen und das Bündniß mit der Heffin zur Beflätigung vorzulegen.

Choiſy traf am kriegeriſchen Hoflager der deutichen Fürftin zu Lippſtadt eine drangvolle Sefchäftigkeit; ? bei ihr waren, in Abweſenheit b’Eftraded, des Alteren Unterhändiers, welcher Geld zu holen nach Hols land gereift, die Gefandten von Holland, Schweden, Lüneburg und viele fürfllihe Herren. Leider fehlte ald guter Genius Heflend Melanver, welcher um dieſe Zeit fi in Düffelvorf befand, um den Pfalzgrafen zur Bereinigung mit der noch immer nicht aufgegebenen dritten Partei, zunächft zum Anſchluß an Heflen und Lüneburg zu vermögen, wozu Wolfgang Wilhelm, feit Jahren das Spielwerf mächtiger Nachbarn, der Holländer, Spanier, Franzoſen und des Kaiſers, nicht Übel Luft bezeugte, da zumal der Faiferlihe General Lamboy fein Land hart mit Winterlagern und Kriegsſteuern bes drängte. Aller Warnungen ungeachtet, ließ Amalia Eliſabeth, deren Minifter fämmtlih feit ſechs Jahren im franzöfiichen Solde ſtanden, fie felbft fo großmüthig gefchont vom Kaifer, deſſen Heere fie nicht befchädigt, und der ihr die Gewährung aller Bitten ver- heißen, immer mehr verloden, wiewohl vorfihtig, den erften Schritt zum offenen Bruce zu thun. Am *,, Bebruar 1640, vermittelte Eholfy, * indem er auf des Grafen Avaux und Salvins Rath, den fo gehäffigen Religionspunft jetzt nicht berührte, zu Lippftadt ein Schutz⸗ und Trutzbündniß Frankreichs mit der Landgräfin, ° allein nur auf zwei und einen halben Monat, Eraft welches Amalia Elifabeth, um inzwifchen noch mit Schweden oder nad Umſtänden aud mit dem Kaiſer, abzufchließen, fich verpflichtete, ein Heer von 5000 Mann mit hinlänglihem Geſchütz zu Longuenille floßen zu laſſen, „falls fie oder das weimarſche Heer angegriffen werben würden,”

ı Quebriant 177. j

3 heatr. Eiarop. IV, 2868, 269. Bufenborf 412.

s Slaffan II, 55. Lünig P. Sp. Cont. II, Fortſ. I, 888. Barthold, Geſch. des Solähr. Kriege. I. 46

242 Schreiben ber kurfuͤrſtlichen Geſandien an bie Heflen und an Georg.

und dafür innerhalb acht Tagen die Zahlung von 50,000 Thaler auf Abſchlag ihrer Yorderung von Frankreich verlangte, weshalb Choiſy eilig das Geld in Holland auftreiben follte. Gleichzeitig harrte ihr Geſandter in Hamburg des Befcheldes der ſchwediſchen Reichsverweſer auf ihre Forderungen, vom zähen Salvius bitter getadelt, daß feine Gebieterin feit Jahren unthätig biiebe, mit dem Kaifer unterhandle und die Laft des Krieges auf Baner wälzez welche Schuld jener dem Melanvder aufbürdete. Unterdeß baute auf die Hoffnung, daß die Landgräfin, mindeftend über ein Heer von 20,000 gebietend, aus dem gemeinſchaftlichen Kampfe ſich nicht herausziehen fönnte, in den fie einmal fi eingelafien, Guebriant und Longueville ausfchweifenne Pläne, die zunähft auf Baiern gingen; fie forberten vom Hofe einen bebeutenden Zuzug von Frans gofen, Anlage von Vorrathshäuſern und verſprachen, das baierifche Heer aufſuchend und fchlagend, innerhalb eines Jahres nicht allein das ganze Land zwiſchen Mofel und Rhein den gerechten Waffen bes Königs zu unterwerfen, fondern auch auf vem jenfeitigen Ufer des Rheins Echwaben bis an die Alpen hinauf der Botmäßigfeit Franke reich zu unterwerfen. * Aber die Dinge geftalteten fi ganz anders, und wir werben am Ende des Jahres den hochftrebenven Feldherrn Frankreichs in den fchmählichen Feſſeln Banerd finden, um ohn⸗ mächtig fi ftränbend mit feiner Handvoll meuternder Weimarer jenem zum Abenteurerzug ohne bleibende Frucht zu folgen.

Vom ungetreuen Treiben der Landgräfin unterrichtet, erließen die Furfürftlichen Geſandten,“ welhe Ende Sanuar in Nürnberg fi verfammelt, um mit den Abgeordneten der anderen treuen Stände die Noth des Vaterlandes, Frieden und Krieg zu berathen, unter dem 14. Februar an die Landgräfin ein Schreiben; ° in welchem fie diefelben mit beweglichen Worten aufforderten , ihrerfeitd den mains zer Frieden, nachdem ihre Gefandten die Beftätigung deſſelben durch den Kaiſer von Wort zu Wort mit den Vergleichspunkten überein« ſtimmend gefunden, zu vollziehen; ihre Bevollmächtigten nad Nürn⸗ berg zu fenden, und fie vor der Verführung durch die Reichsfeinde inftändig warnten. Am 15. Februar erging eine gleihe Mahnung an den Herzog Georg, welder, wie wir erfahren werden, mit

ı Guebriant 180, 181. 2 Rondorp IV, 784—815. Theatr. Europ.. IV, 263-2986. ® 2ondorp IV, 788.

Antwort der Landgraͤſtn. 2A3

Bauer‘ und, durch die Lanbgräftn mit den franzöflichen Feldherrn und Miniſtern bedenkliche Unterhandlungen eingeleitet. * Argliſtig zögerte Amalia Eliſabeth mehre Wochen mit der Antwort, begab fih, weil inzwiſchen die angebahnte Verbindung mit Bandr und ihren übrigen Bundeägenoffen eine ftarfe Bormauer für ihren Staat verhieß, nach Kaffel, und ſchrieb von dort aus erft am 1%,, März nad Beſprechung mit ihren Rüthen, unter gleißneriſchen Entſchul⸗ digungen: „fie Babe ben ihr angetragenen Frieden, deſſen Beftätis gung vom Kalfer fpät eingelaufen, nicht vollziehen können, weil erftens fie fi die Kronen Schweden und Franfreich „über den Hald gezogen hätte;“ aweitens die von ihr geftellte Refigiond« Maufel in weſentlichen Ausdrücken verändert worden wäre, und endlich man nad dem Abfchluffe Verfügung über ihr Heer zu Bunften des Kaiſers gefodert hätte.” indem fie mit Worten treuberzigfter Baterlandsliebe ihre Sehnſucht nach „dem Brunnquell, dem allgemeinen Frieden des Vaterlandes,“ betheuerte; den böfen Willen. ver Feinde eingeſtand; die Reinheit ihrer Abſichten und ihres bisherigen Verfahrens ſchamlos erhärtete; verſprach fie ihre Gefands - ten auf fiheres Geleit nah Nürnberg zu fenden, gab aber „in ihrer Einfalt“ zu verfiehen, daß „der richtigfte Weg zur Wohlfahrt des Reichs von einer GeneralsAmneftie und der Begütigung ber fremden Kronen allein abhinge.? Desgleichen fchrieb fie an dem⸗ felben Tage an Kurs Mainz, berief fih auf die Verſchiedenheit der vom Kaiſer beftätigten Friedensurkunde mit ven früheren Vers gleichspunkten, und gelobte ihre Mitwirkung, „um das geliebte deutfche Vaterland aus undriftlicher Blutſtürzung zu einem rubigen, frienfamen Stande zu bringen.“ Dennoch vollzog fie, als Bandr im Hinausrüden nah Thüringen war und die Beendigung des Krieges in ihrer Hand lag, wenn fie dem Hülfloſen fein Gefud auch nur abichlug, durch die von allen Seiten zufammenftrömenven Heere vor Strafe ficher geftellt, am Fu 1640 mit Frankreich das Schutz⸗ und Trugbündnig vom Jahre 1636, ohne gegen den mörverifchen Feind des Calvinismus ihrer Religionsferupel zu ges denken, wegen welcher fie, nach ihrer Ausrede, die Friedendhand des Kaiſers abgewieſen! Bon da ab Über acht Jahre hielt die

ı2onborp All, 799. 2 Daf. 804. ’ı Lünig a. a. O. 887. Pufendorf 412. 16°

244 Argliſt der Landgraͤſin.

„gepriefene deutſche Frau und gewiſſenhafte Landesmutter,“ den Schweden und Franzoſen „dad Becken, um dem deutſchen Volle das Blut aus den matt ſchlagenden Adern zu zapfen!““ Die Kurziichtigfeit und Gutmüthigfeit der Verfammlung, wie des mains zer Kurfürften, hatten bis dahin fih noch immer täufchen Laffen, und Anfelm Kaftmir hoffte felbft noh am 2. Mat 1640, daß bie Landgräfin auf ihr erbetened Geleit Gefandte nad) Nürnberg zum heilfamen Friedenswerke fenden würde, ald bie Heſſen fchon mit dem Heere der bundeögenoffifhen Reichsfeinde in ungeheuer Zahl fih zufammengezogen. Nichts fruchtete die bittere Kritik maccchia⸗ vellifcher Künfte, welche hinterdrein von Nürnberg aus veröffentlicht wurde; ? „wie Amalia Elifabeth jo geraume Zeit die Faiferliche Autorität verachtet und beihimpft, den deutichen Glauben und das öffentliche Vertrauen argliftig gemißbraudt hätte; wie allein ihre Falſchheit ven Fremden die Fortiegung des Krieges möglich gemacht und fie, wie der verforbene Landgraf, bei aller fcheinheiligen Be⸗ theurung, des Vaterlandes Unabhängigkeit behaupten zu wollen, um ihres ſchnöden Vortheild willen, das‘ uralte heilige Reid in ſchmaͤhliche Knechtfhaft unter die Feinde zu bringen beabfichtige.“ Berftändig und ſchlagend war die Darlegung, weflen die Landgräfin zum Schuge ihrer Religion, des vorgeblihen Hauptgrundes, den kaiſerlichen Frieden zu verwerfen, fih durd Schweden und Franzoſen zu verfehen habe; ° da felbft Guftav Adolf „ver Schüger der deutſchen Freiheit und des Gewiſſens!“ auf dad Geſuch des Landgrafen Wilhelm „gegen Erlegung einer guten Summe ſeinen Bekenntnißgenoſſen in Frankfurt am Main eine Kirche zu geſtatten“ geantwortet: „lieber wolle er aller feiner Soldaten Piken und Degen im Herzen haben, ald daß durch feine Waffen der calvinifchen Relis gion ein Zuwachs entitände!”

ı Bine kräftige Bezeihnung Freybergers IM, 117, von ihm aus Que⸗ vedo entlehnt. „Heflen hätte das Beden gehalten, als der Echwed den Teutſchen fchröpfte und Ader ließ, feinen Balg wohl verwahrt und ben Beutel geſpickt“ Zwar reiſte jener geiſtreiche Spanier um dieſe Zeit duch Deutſchland; indeflen finden wir in feinen Werfen bie angezogene Stelle nicht. Es mag daher Freyberger eine von ben Fortſetzungen bes deut: ſchen Duevedo, Philanders von Cittewald, im Auge gehabt haben; im ächten Mofcherofch vermiflen wir die angezogene Aeußerung.

2 &ondorp IV, 800 ff. Theatr. Europ. IV, a. a. O.

2Londorp IV, 804.

Bancr in Böhmen, 245

Daß aus dem Kriege gegen Baiern nichts wurbe, und ber Kampfplas, aus Süpdweftveutfchland ſich wegwendend, den Franzoſen Zeit geftattete, am Oberrhein unüberwindlich ſich einzuniften; daß ferner die Dritte Partei in einen Waffenbund der Fremden gegen Kaifer und Reich umfhlug, war die Folge von Banèrs kluger Veberlegung in feiner Bebrängniß.

Mit Anfang ded Jahres 1640 erfannte der ſchwediſche Ober- feloherr, frank, befhämt und rathlos, bie Unmöglichkeit in Böhmen die Winterquartiere zu behaupten. * Im Schlefien wehrte Mans feld den Fortfchritten Staͤlhandskes; hinter ihm regten fih Sachſen und Brandenburger; vor ihm entfaltete fi) die Macht Defterreichs unter dem erfahrenen klugen Piccolomint, deſſen Heer, „die Jung» frau,” bei Tabor über 20,000 Mann, gemuftert wurde, und zum Angriff nur die frofiharten Wege erwartete. Dazu kamen Hatzfelds Truppen und das Kriegövolf im Lager vor Prag, eine Mad, welche dem ſchwediſchen Hauptheere, obgleih über 20,000 Mann, an Mlem überlegen war. As Piccolomini und Hatzfeld, um Tabor vereinigt, ?%. Januar 1640, der grauenvollen Berwü- fung ein Ende zu maden im Saper Kreiſe fanden allein um diefe Zeit vierhundert Dörfer in Klammen gegen die Elbe rüdten, bei Kollin über den Strom gingen, hoffte Bandr noch den Feind in feiner feften Stellung um Leutmeritz und Melnick fefthalten zu fönnen, zog deshalb überall Verſtärkung zufammen, wie denn bereitd auch Königsmarf aus Thüringen und dem Voigtlande unters wegd war. Ablafiend von der Brandſchatzung, die er dem Franken⸗ lande zugedacht, zu deſſen Abwehr fi ein baieriſcher Heerhaufen unter Gille de Haes, dem Wallonen, zeitig an den Grenzen auf: geftelt, und am ?*/,, Sanuar Geleen, Mercy, die Feldherrn des baierifhen Heered, in Würzburg Rath’ hielten, ? wandte „ber Raubs vogel, nad) Aetzung umberfpazierend“ ſtatt durch Franken fich über die Saale, zerftreute auf dem Wege nach Böhmen mehre fächftfche Regimenter, fhidte verheerende Schaaren nad Meißen aus, und fand, durch das Erzgebirge gehend, zu Anfang Februars auf böhs miſchem Boden.

Bufendorf 392 f. Theatr. Europ. IV, 378 fl. Adlzreitter 402. Buebriant 201.

2 Theatr. Europ. IV, 379 ff.

® Sreiberger Ill, 53.

246 Bedraͤngniß Baners in Böhmen.

Aber unterdeß Koͤnigsmark die Bereinigung mit Baner fuchte; drangen die Batern, ungeirrt durch die Franzoſen, welche bie und da in der Wetterau harte Stöße fchon im Kebruar von ihnen erfahren, nah Thüringen und Fulda vor, befegten die Städte im Gebirge; eroberte Piccolomint TE das fette Koͤnigingrätz und gewann in furger Zeit auf dem rechten Ufer der Elbe bis ind Gebirge hinauf den Schweden fo viel Raum ab, daß Bandr, überall im Nachtheil, von Bunzlau auf böhmifch Leipa gedrängt, auch um fein Heer in Schlefien bange und zu vorfihtig, es auf eine Schlacht anfommen zu laſſen, ſich mit verzweifelten Plänen trug. Einmal gedachte er, raſch Aber Eger auf Paffau fi zu werfen, um das Faiferlihe Heer zur Ver: theidigung Defterreih® nach fi zu loden, und ging deshalb am Fr auf Leutmerig zurüd.‘ Da ihm aber Kunde wurde, bie Baiern verfperrten ihm bei Eger den Weg; er ferner überlegte, daß, nad Schlefien fih wendend, er von der Dftfee, der lebten Rettung, abgefchnitten, auf Polen gedrängt werden Fönne, und er, fern vom deutſchen Kriegsſchauplatze, auch den lebten unzuverläßigen Bundesgenoflen unmwiederbringlic verlieren werde; endlich der Rüd- zug auf Oberfachfen den Krieg wiederum in das öde Pommerland würfelte; beichloß er, über dus Erzgebirge, auf Thüringen zu geben, die unfiheren Heſſen und Lüneburger zur That zu nöthigen, indem er den Tummelplatz des Krieged tn ihre Länder zu fpielen drohete, und die franzoͤſiſch⸗weimarſchen Völker an fich feflelte. Diefer wohl erfonnene Plan ficherte allein die Möglichkeit, in Deutfchland noch ein ſchwediſches Heer zu behaupten, weil, wenn er nad) Ober; fachjen wid, alle Bundeshülfe, fo unficher fie damald war, vers Ioren ging, ? ober die gefürdhtete dritte Partei erftand. Deshalb fhidte er Königsmark in der Mitte des März über das Erzgebirge voraus, um ihm durd die fächſiſchen Wegelagerer Bahn zu brechen, zerftörte feine Schangen bei Brandeis, Melnid und Leutmerig, ließ nur auf der Burg bei Töplig und bei Tetſchen eine ſchwediſche Beſatzung. Unter unfägliher Verwüſtung und Gemwaltihätigfelt gegen die verftocdten Böhmen, welche ihn nicht als Befreier empfans gen hatten, feßte er am '%,, März bei Leutmerig über die Elbe; grundlofe Wege um Kommerthau und Annaberg nöthigten ihn zu langfamem Fortzuge; zurüdgelaffene, Gefhüge und Schaaren 2 T'heatr. Europ. IV, 380. 2 Bufenpdorf 393.

Der Erzherzog und Piccolomini gegen Baner. 24%

von Ausreißern fo wie Brand bezeichneten feine Straße; fo ge: kangte er am 3. April nah Zwickau.! ALS trauriged Siegeszeichen führte der nordiſche Held den Schädel und den rechten Arm Wald- ſtelns aus der Tobtengruft bei den Karthäufern in Gitfchin mit fih, und ſchickte diefe mit anderer Beute nach Schweden, als fei, wenn man die Gebeine des Gegners von Lügen und Nürnberg zur Schau ftelle, der Ton Guſtav Adolfs gerät, welchen Waldſtein herbeigeführt! Mit [hönerem Bewußtfein, dankbar gegen ven Him- mel, welcher einen fo „übermüthigen Feind zur Flucht genöthigt,“ folgten Erzherzog Leopold Wilhelm und Piccolomini, die Beute überall auflefend; aber voll Trauer über die Spuren des Mords brenner, welche in mehren Gejhlehtsaltern nicht vertilgt werben fonnten, von Turnau (?%,, März) über Leutmerig, Tamen am 7-2 nad Prag, wurden aber durch die böfen Wege gleichfalls genäthigt nur langſam mit Neuterei den Rüdzug der Schweden zu beobachten. So rüfteten Böhmen und die Faiferlihen Erblande nach einem bangen Fahre ſich zum fröhlichen Ofterfefte, auf welches fie fi, der ernften Zeit gemäß, vorbereiteten, indem fogar in Wien die Fafchingsluft- barfeiten unterblieben und ſich Bußtage zur Erlöfung des Landes an einander reiheten.“ Nachdem der Feind aus dem Königreiche mit hartem Berluft gewiefen war, ruheten die Faiferlihen Voͤlker über Eger hinaus mit den Baiern eine fefte Kette bildend; nur Die leichten Reuter Bredows zeigten ſich zeitig im Voigtlande, und be- gannen den glüdlihen Angrifföfrieg, während Baner, mit feinen Generalen im armen Städtchen Zwidau eingelagert, Zeit hatte, die Mittel zur Rettung der ſchwediſchen Waffen weiter zu überlegen und durch Drohungen und gefchidte Diplomatie, aud durch Be: ſtechung auszuführen. «

Weil bei dem Zuftande des faft aufgelöften Heered nur ber ungefäumte Anfchluß der Heflen und Lüneburger aufhelfen Eonnte, aber auf die lauernden nicht mit Beitimmtheit zu rechnen war, hatte Baner bereit8 am 7/,, März der Landgräfin,® welche fih unter Angftlihen Berhältniften nad Kuſſel begeben, gemeldet: „nur Durch einmüthiged Zufammenhalten fei die Sache der “Proteftanten zu retten,” und fie bereit gefunden, einen Theil ihres Heeres ihm zu verfprechen,

2 Mheatr. Barop. IV, 381, 885. Adlzreitter 402.

2 Theatr. Europ. IV, 380. a Pufendorf 904.

248 Derhanblungen mit Georg von Lüneburg.

eben als fie mit Frankreich das. Bündniß gefchloffen, und ihre Ges fandten in Hamburg noch immer Erledigung ihrer Forderungen er- warteten. Konnte Baner in diefen Tagen der Roth hoffen an ben Heflen Halt zu finden, und auch durch geheimed Gewerbe das wei⸗ marſche Heer an fih zu locken; fo war dod das Gleichgewicht der Macht nicht hergeftellt, ſobald nicht auch Georg von Lüneburg fi herbeiziehen ließ. Bon Schweden aus aufmerkfam gemadt auf das zweideutige Beginnen der Guelfen, von denen zumal Herzog Auguft der Jüngere und Friedrich fi gegen das ſchwediſche Bünd⸗ nis erklärten; erhielt Baner die bedenkliche Mittheilung Georg, vom 30. Januar 1640, „daß die Fürften den nürnberger Tag bes ſchicken würden.“! Deshalb verfuchte Baner die Sorge Georges vor den Plänen des Kaiferd durd ein Schreiben aus Annaberg zu fteigern und oronete am 2-2} den Oberſten Eafpar Eornelius de Mortaigne mit einem Briefe an ihn ab, worin er die Lage des Heeres in einem günftigeren Lichte darftellte, einen Bortheil, welchen Königsmarf über die Sachen in Meißen, befonderd um Leipzig, davongetragen, ſowie die Siege der franzöfifhen Waffen übertrieb, und dringend auf Zufammenftoß der Truppen drang. Anders lau⸗ tete freilich das Schreiben, welches er gleichzeitig an Kliging, feinen alten vertrauten Waffenbruder, erließ, den Verfall der ſchwediſchen Sade in grellem Lichte zeigte, und fi von der chriftlihen, heroi⸗ ſchen Gefinnung des Generals verſprach, „er werde fih den Segen ded Himmeld und den Dank der fchwerifchen Krone erwerben, wenn er feinen Gebieter zu einem günftigen Schritte für die evans gelifche Freiheit bewege.“ Georg, gleichzeitig durch die Landgräfin mit den franzöftfchen Heerführern in Verbindung gebracht,? glaubte jest unpedingt Partei nehmen zu müflen, weil Kurföln kurz vorher die Einräumung ded Stiftes Hildesheim gefordert hatte, * ver Schwere fo ängflich die Hülfe aufrief, und feine Weigerung beide fampfenden Mächte ind Land zog. Deshalb gab er, nad) einer Berathung mit feinem Bruder und Better in Lüneburg, am °/,, April zu Hildesheim dem Oberſten Mortaigne verheißliche Antwort, aud

ı Deden IV, if. Pufenporf 395. Theatr. Europ. IV, 258-260.

2 Das Datum einer Wilitairconvention mit Longueville zu Rangenfalza, weldyes bei Dumont VI, I, 192 fehlt, fällt nah Deden IM, 276, nicht anf ben Mai, fondern auf den 14. März.

2Pufendorf XI, $. 7—26. 44—48. Theatr. Europ. IV, 242, 331.

Auſchluß George an Bauer. 249

Im Namen ber Lanpgräfin. Noch am GE hatten feine Geſandten zu Nürnberg die heiligften Zuficherungen in falbungsreichen Floskeln wegen der vaterländifchen Gefinnung ihres Gebieterd verlautbart, und ihn zumal gegen die Befchuldigung zu rechtfertigen geſucht,“ den Bandr im Januar 1639 über die Elbe gelafien zu haben; am 12),, April dagegen, ald man Faiferlicherfeitd durch den Befehls, haber von Wolfenbüttel, Freiherrn von Raufchenberg, noch bedacht war, die lüneburgiſchen Waffen glimpflih vom Reichsfeinde abzus ziehen, wiederholten vie Zürften zwar in einem demüthigen Schreiben an den Kaifer ihre Betheuerungen, fügten aber Hinzu, „daß fie, falls ſie durch Borenihaltung ihres Rechtes zur Vertheidigung ges zwungen würben, ihre Sade Gott beföhlen! Untere man in Kürnberg und Wien noch immer fich ſchmeichelte, die Guelfen wärs den ihr Vertrauen mehr auf das Reich ald auf die Waffen des Feindes ſetzen, gingen die Unterhandlungen mit Schweden und mit Frankreich vorwärts, ohme daß die Herzöge irgend eine Sicherheit hatten, die nordiſche Stone würde fie im Beſitz der verſprochenen Etifte laſſen. Nengftlid bemüht, fürd erſte den Kriegsſchauplatz ihren Ländern fern zu halten, und deshalb Baner nur in Thürin- gen. zu verftärfen, ohne fich felbft in der Heimath zu entwaffnen, fahen fie das Gefürchtete über ſich hereinbrechen und das Gehoffte unverbürgt. Denn Baner gewann nicht durch Auffhub und theil- weife Unterftübung. Als Bredow im Boigtlande am 'Y,, April die Heeresabtheilung Arvids von Wittenberg, den ganzen linfen ' Flügel Bandrd bildend, unfern Blauen in die Flucht gefchlagen, ? fo daß kaum die furchtfam geborgenen Fahnen gerettet werden Fonnten, und das kaiſerliche Hauptheer bei Hof fih zuſammenzog; fchrieb Bandr, aus Zwickau auf Erfurt gewichen, am '*,, April an Georg, „er könne, felbft mit Longueville und den Heflen vereinigt, die Saale nicht halten, und müffe fih auf Niederſachſen jiehen.“ So bräng- ten die Ereigniſſe raſch zur Entſcheidung; Georg zunähft auf einen Militairvertrag bedacht, welcher den Schweden die folgenreiche Ge⸗ meinfchaft feiner Waffen ließ, weil Baner zur Abſchließung eines politifhen nicht bevollmächtigt war, verlegte feine Reuter ins Goͤttingiſche. Ungeftümer forderte Baner am 7” die Waffen: verbindung, da der Feind mit Heereöfraft über die Saale zu gehen

s Londorp IV, 806, 808 fi. 3 Thaatr. Europ. IV, 385, 886. Pufendorf 394, 396.

as) Dereinigung wit ben Weimarern.

Anftalt machte; weshalb Georg am 7-57 den General⸗Lientenant von Kliging anwies, nad) Umftänden einen geringeren oder größe- ren Heerhaufen dem Bedrängten zuzuführen, ohne Niederſachſen zu entblößen und fih nicht unbedingt dem ſchwediſchen Feldzugsplane hinzugeben. Glanbten die Buelfen, der Gefahr noch fern, weislich alle Wechſelfälle zu berechnen, fo ſchien die Landgräfin, vom Yeinde näher bebroht, rafcher zum Entichluß geführt.‘ Aber auch fie, un- gern zur: Bereinigung ihres ftärferen Heeres mit ben Schweden entichloßen, ehe Die geforderten politifchen Punkte erlebigt feien, er- segte auf Bandrd Hülfsgefuh Bedenken wegen -Weftfalen, das jener feinerfeits, „da die Erhaltung der evangelifhen Sache auf feinem Heere beruhe,“ gering adıtete und am '°/,, April den Ab⸗ georoneten nad Kaflel enttieß, um ungefäumt die Bereinigung ber Heflen zu fordern. Am allerwenigſten von allen Parteien blieb dem Herzog von Longueville die Wahl feiner naͤchſten Schritte frei; nicht allein konnte er, vereinzelt, überwältigt werden; er war jelbft bes droht, mit feinen paar hundert Franzofen verfpottet mitten in Deutfch- Sand dazuſtehen. Denn Banerd Heer zeigte ſchon in der Ferne feine Anziehungskraft gegen die Weimarer. Schon im März durfte Bandr, im geheim, mit Ehm, Rofen und Rafjau in Berbinpung getreten, hoffen, da er vie Gefinnung jener gegen die Franzoſen kannte, mit leichter Mühe dieſelben an ſich zu ziehen, Die er, wie Dreniijerna, als feiner Krone gehörig betrachtete. Noch che er aus der Gegend von Erfurt am °/,, und ?%,, April die Direc- toren und Longueville zur Verbindung aufforderte, und Beauregard das Geſuch vorfidhtig unterftügte, hatten jene, zu Marburg am 14. April verfammelt, den Entfhluß gefaßt, nah Thüringen zu ziehen, und der Aufbruch ihrer Truppen wurde nur dur die ges ſchickten Künfte Guebriants verhindert. Zwar widerfegte ſich Gue- briant, von den geheimen Plänen Banoͤrs durch Bauregard unter: richtet, dem Entfchluße, dem ſchwediſchen Oberfeldherrn das ganze Heer nad Thüringen zuzuführen; und hätte, am Rheine bleibend, gerne nur einige Regimenter entlaßen, da er voraus fah, der Schwere würde fie fobalo nicht freigeben. * Aber die Landgraͤſin und Georg,

ı Bufendurf 394.

3 Quebriant 173, 175, 182, 202. Geijer IT, 309.

® Buebriant 182. Il goütoit point le oonseil de quelques hauts OM- ciere Weymariens d’aller joindre le Maroschal Banior aveo toutes os

Bereinigung mit ben Weimarern. 251

welche durch die Vereinigung des frangöftfchsweimarichen Heeres in Thüringen den Feind dort noch feflzuhalten hofften, drängten zum Entſchluß, daß Longueville, eben genefen, am 22. April fi nad Kaffel begab, * und mit der gewandten Dame ein dauerndes Ver; Hältniß begründete. Als am 25. April die franzoͤſiſchen und heffl- fhen Abgeordneten, von Erfurt zurüdgefehrt, die Roth Bandre bezeugten, war der Prinz am 27. April im Striegsrathe leicht über- ftimmt, und die Verbindung der Weimarfchen und Heſſen innerhalb zehn Tagen um Mühlbaufen und Eiſenach feftgefeht, um entweder mit Baner zufammen zu ftoßen, oder des Feindes Macht zu theilen. Sogleich ſetzten die heſſiſchen Schaaren, welche um Paderborn ges ftanden, fih dahin in Marſch; ‚der Reft der verfügbaren Truppen unter Melander zog fih um Redlingshaufen zufammen, auf ben Fall nady Thüringen beordert, daß der faiferlihe Befehlshaber in MWeftfalen und im Münfterfchen, der Graf von der Wahl, über Abſicht der Landgräfin noch fi täufhen und bier den Waffenſtill⸗ ftand beftehen ließe. Zu folhem Zwecke hatte die Landgräfin am 2 an dieſen das fonderbare Anfinnen geftellt, ? nicht allein fr jenen Kreis während ihres Waffenbündniſſes mit dem Reichsfeinde den Stilftand zu beobaditen, fonvdern, ihrem Borbehatte gemäß, felbft die Erweiterung ihrer Quartiere gut zu heißen! So erhebliche Gründe Guebriant am 29. April dem rüdfehrenden Prinzen zu Wetter über den unflugen Schritt entgegenftellte, ® und, nur einen Theil ber Heflen und Weimarer dem Baner überlaffend, lieber auf den Unter« main gegen den Südweften Deutfchlande gerückt wäre ; war die Sache doch nicht zu Ändern, da am 30. April Rofen das Herandringen der Baiern auf Schweinfurt meldete. Deshalb folgte der Graf in trüber Ahnung und indem nur der füngere Rofen, Bollmar, „der Tolle,*' mit ſchwachen Reuterfehaaren in Oberheffen zur Verbindung mit dem Rheine zurückblieb; fehten die Weimarer fi freudig in Marfh, um am 12. Mai um Mühlhaufen zur Stelle zu fein.* Denn es galt forces, prevoyant que nous n’en reviendrions pas quand nous voudrions; et que nons ne pourrions eviter de frire longue escorte aux Buedoie, qui ne cherchoient que l’occasion de nous engager, comme il arrive «t comme nous alloas veoir dans la saitte de sette histoire. ı Bucebriant 182. Bufenborf 394. » 2ondorp IV, 821. 2Guebriant 188. * Theatre. Europ. IV, 221. Guébriant 185.

252 Zaubern ber hannoͤverſchen Abgeorbneten.

nach Longuevilles Anficht nicht allein der Noth des Augenblids, ſon⸗ dern auch den Schweren die Beihülfe der Bundesgenoflen zu ent- ziehen; ungeachtet gegen den hamburger Bertrag war, daß die Frans zofen von der ſchwediſchen Angriffslinie aus die Falferlichen Länder angriffen. Als Bandr, deſſen bewegliche Seele häusliche Sorgen zur Zeit niederdrüdten, da feine Gattin, geborene Gräfin von Erbach und verwittwete von Löwenftein Wertheim, zu Erfurt tödtlich krank dars nieberlag, ! ald Feldher r wieder aufathmete; war er der Guelfen, die Leopold Wilhem unausgeſetzt zu Treue am Reiche ermahnte, noch keines⸗ weges fiher; Georgs „Doctoren“ ? zögerten noch immer in Kaſſel, wagten ſich nicht in Perfon zum ſchwediſchen Feldmarſchall auf den am 12. Mai zu Mühlhaufen anberaumten Kriegsrath, wo Bandr und der verbächtige Melander ſich einfinden follten. Sie forderten Berhaltungöbefehle, und rietben, da der Schwede drohe, fih an⸗ deren Falls auf Riederfachfen zu werfen, oder nad Schleſien mar- ſchirend, die evangelifchen Fürften ihrem Schidfale zu überlaffen, „zur gänzlichen Sonjunction,“ obgleich ihr Auftrag lautete, vor der Ver⸗ einigung die politifhen Punkte in Richtigkeit zu bringen. Selbſt Kliping, von Bandı 7 zu Münden gemeffen aufgefordert, Tag und Nacht zu ihm zu marfciren, zögerte, einen Heinen Theil feines Heeres auf Mühlhaufen zu fchiden, „weil Melander den Feldmarſchall bereden wolle, den Krieg an die Weler zu fpielen, was das Haus Braunfchweig ind unmittelbare Gedraͤnge brächte.“ ° Da aber obenein unterdeß der Freiherr von KRaufchenberg um Wolfenbüttel die Feind⸗ feligfeiten begann; Georg auch von Weftfalen her eines Befuches der Feinde in feinem Lande gewärtig fein mußte, und Baner fi nicht bewegen ließ, fo groß die Noth vor dem Feinde war, den Guelfen ohne Befugniß der Krone Zugeftändniffe zu machen; verwidelten fi die angefnüpften Verhältniffe in der Art durch wider⸗ ſpruchsvolle und ſich durchkreuzende Anweifungen, daß, wie das kai⸗ ferliche Heer unter Leopold Wilhelm am 7. Mai über die Saale ging, Georg dennoch alle politifche Berechnung zu feiner Sicherheit auf- geben mußte. Denn wie Kliging und die Bevollmächtigten, nach⸗ dem fie mit Longueville zu Mühlhaufen den vorläufigen Vertrag abgefhloßen, zu Erfurt perfönlih zu Bandr famen, und am '/,, Mai ° Theatr. Europ. IV, 383.

2 Deden IV, 16 ff. Theatr. Europ. IV, 260. PBufenporf 395. ”Deden IH, 18.

Mari der Berhändelen auf Saalfeld. 253

1640 für alle Vergleichöpuntte polistfchen Inhalte von Bandt nur ablehnenden Beſcheid erhielten, indem diefer alles dahin gehörige nad) Hamburg verwies, ertheilte der General, von dem Schweben fhon früher befochen, * ohne Billigung feiner Mitbevoflmächtigten, für feine Perſon ehrenvoll geftellt, am '%,, Mai auch dem größeren Heere den Befehl, fih mit Bandr zu vereinigen.” Ohne Buͤrgſchaft für die Zukunft, ohne den Lohn für befonnene Mäßigung vom Kaiſer davonzuiragen, der ihm „glänzende“ Anträge gemadt, ſah Georg nad) fo langer Zurüdhaltung die dritte Bartei durd das Borgreifen des Unterhändlerd, ohne ihn ftrafen zu können, vereitelt, da er ihm ſelbſt widerſpruchsvolle Anweiſungen gegeben, und wurde vom’ Strome der Ereigniffe in ungewiffe Zukunft fortgerifien! Bandıs Diplomatif hatte gefiegt, ohne der Krone eine Verbindlichkeit auf⸗ zulegen. Denn am 12. Mai fließ um Müblbaufen das fran- zoͤſiſch⸗ weimarſche Heer unter Longuevilfe, und Melander am 15. Mai um Langenfalzga mit diefem und den Lüneburgern unter Kliging zufammen, und am 16. Mai mufterte der Schwede in ver Ebene‘ um Erfurt, aus feinem Lager geritten, mit Stegerbehagen ein ſtattliches, wohlgerüftetes Heer von 16,000 Mann alles Dentiche, bi8 auf einige hundert Franzoſen; fo daß die weite Ebene die Linien nicht faßen konnte, und begrüßte den eitlen Prinzen mit dem Donner der Geihüge und Musketen. Am 17. Mat, nad gebaltenem Kriegsrathe, rüdten die Bereinigten, indem die ehrenvolle Führung des rechten Flügels dem franzöftfchen Prinzen blieb, Melander und Klitzing in der Mitte und Bandr auf dem linken hielten, dem kaiſerlichen Heerlager auf Saalfeld entgegen. *

Der Erzherzog und Biccolomini, dem fiegenden General⸗Wacht⸗ meifter Bredow gefolgt, mit Sold und Kriegsmitteln binlänglich verfehen, hatten vie zerflörten Brüden über die Saale alsbald hergeftellt, und fanden um Saalfeld in vortbeilhafter Stellung, während Don Eruardo de Braganza und Suys am 6. Mai Chemnitz eroberten, Zwidau bevrängten und auch die legten Haltpunfte

MWufendorf 896. Deden IV, 22 ff. 27. Spittler IL, 43. Deden iv, 15.

* Theatr. Europ. IV, 33, 97.

® Buebriant 202

4 Theatr. Europ. IV, 398,

© Mdlzreitter 403. Bufendorf 306. Thoatr. Europ. IV, 397.

354. Die Vereinigten bei Gaalfelb.

in Böhmen den Schweben abgewormen wurden. Am 18. Mat rüdte dad Heer der Verbündeten, jebt über 40,000 Mann ftark, in das Angefiht des kaiſerlichen Lagers. Es muß den deutſchen Be⸗ trachter dieſer Ereigniſſe mit Trauer erfüllen, wenn er das unge⸗ treue Spiel durchſchaut, welches die vorliegende geſchichtliche That⸗ ſache herbeigeführt. Was Kaiſer und Reich nach dem Siege von RNoͤrdlingen weder durch Drohungen, noch durch Großmuth, noch durch Verheißungen erlangen konnten, daß die letzten Stuͤtzen der Reichefeinde, uach der Annahme des prager Friedens, Ihre Waffen gegen ben gemeinfamen Feind Deutſchlands vereinigten, war dem Schweden Banor an der Spige haltungsloſer, befiegter Schaaren, und den Franzoſen fogar ohne ein Heer, durd einige hundert« taufend Thaler gelungen, und den Sremblingen, welche fonft ſchimpf⸗ lich abziehen mußten, die Fortfegung ded Krieges zur Zerftüdelung Deutihlands moͤglich gemacht, das Streben ver hochherzigen dritten Bartei vereitelt. Weber die Landaräfin noch der Lüneburger fanden einen religtöfen Grund dem Baterlande mit den Waffen ges genüber zu treten. Keiner ſah ſich unmittelbar angegriffen; ver Landgraͤfin waren alle Eirhlichen Punkte, welche ihr die fiegreidhen Sremdlinge mit nichten verbürgt, durch den Kulfer zugefichert, und ihr ſelbſt der frühere Raub gelaffen; Georg konnte, fügte er ſich dem Willen des Kaifere, ven billigen Rechtsſpruch über einen hundert und zwanzig Jahren alten Streit wegen ver hildesheimi⸗ fen Stiftögüter um fo zuverfichtlider erwarten, wenn er ber PRiht des Baterlandes Folge leifte. Aber die herzlofefte Berech⸗ nung, vom Raube ded gemeinfamen, gemißhanbelten, zertretenen Vaterlandes vermittelt des Bündniſſes mit den Fremden mehr zu gewinnen, als ihnen nad dem Rechte in einem Reichöfrienen zuftand, trieb fie zu den brubermörberifchen Fäuflihen Waffen. Das unfelige Mißtrauen, das in den Gemüthern feſtgewurzelt war, und die Furcht des Gewiſſens, ihrer Untreue Fönne Kalter und Reich nicht verzeihen, erbielt fie in ihrer verrätheriichen Ver⸗ bindung, und die augenblidlihe Sorge ihr Land zum Tummel⸗ plate ded Krieges zu machen, brachte den Entfchluß zur Reife; eine Sorge, der fie am Teichtefien und ehrenvollften ſich überheben fonnten, fall8 fie mit gemeinfamer Anftrengung über die arglifti- gen Störer der Wohlfahrt Deutſchlands herfielen, und gerechte An⸗ fprüche an den Dank der Geſammtheit ſich erwarben. Wir werben

- Die Vereinigten bei Saalſelb. 25

im Verlanſe dicker Geſchichte erlennen, daß keine Frucht ihre Untreue belohnte; das Erlangte außerhalb alles Verhaͤltniſſes mit dem Darangefetzten ſtand, daß ihr Laub vichts deſtoweniger bie Geißel des Krieges empfand, und ihnen nur Geringſchäthung hei den Fremden, Unehre vor der richtenden Mit⸗ und Nachwelt, und dem Vaterlande das Loos ver Zerſtückelung blieb. Denn da jeder Theil der Verbundeten feine eigene Abſicht verfolgte un dem anderen mißtraute, warb jedt ſelbſt mit einem veutichen Heere,“ vergleichen faum Guſtav Adolf um Nürnberg unter feinen Zahnen geſehen, Erkleckliches nicht ausgerichtet; fait Den Krieg zu beenden, derſelbe planlos und abenteuerlih durch alle Gaue des dentſchen Vaterlandes geſchleppt.

Die kaiſerlichen Oberfeldherrn, geſtützt auf die Baiern, welche um Kronach und Hildburghauſen ſtanden, ließen ſich nicht ſchrecken durch den prahleriſch herausfordernden Feind, der ihuen nichts aus haben Sonnte, obmohl er ed auf beiden Seiten der Saale verfuchte (18. 5i8 23. Mai); Borficht. riet, gegen die überlegene Mack. den Vortheil der feften Stellung zu behaupten. Fürſt Stablon, im Gefolge des Herzogs, ſagte, „fo lange er feinen grauen Kopf trage, fünne er nicht zugeben, daß des Hauſes Oeſterreich Würde auf ein Paar Stunden Fechtens geſetzt würden.“ Inter gegen feitiger Beſchaͤdigung, zumal mit dem groben Gefhüg, lag man vier Wochen in einer vielfach durchſchnittenen Gebirgsgegend hart an einander, während zeitig Uneinigkeit unter den Verbündeten und Hunger für Dann und Roß in dem unfruchtbaren Lande ausbrach. Am 25. Mai erklärte Longueville dem Schweden, welcher auf Hof dringen wollte, um bie Kaiſerlichen und Baiern zu trennen, daß er um ein „Königreich“ nicht darein willigen werde; denn er fürdtete mit feinen unzuverläffigen Schaaren willenlos durch Baner zum Vortheil der Schweden in bad Innerſte Deutschlands

s Dufendorf 306 giebt im Banzen 22 Wegimenter Fußvolk und 20,000 Renter an; Gucbsiant zählte die Heflen bei Erfurt 4500 Mann; die Lünes burger eben fo viel, mit den Weimarern über 16,000 Mann; Theatr. Europ. IV, 398 fchlägt Bauer zu 16000, die Verbündeten zu 28,000 Mann an. Nah Buebriant 209 gebot Piccolomini über 15,000 Mann, und die Baiern zählten, eine Tagereife entfernt, 10,000 Mann. Nach Theatr. Europ. a. a. O. mufterte ber Erzherzog am 17. Mai 102 Üegimenter,

feves etwa 400 Mann, was über 40,000 Dann beirägt. 2 Theair. Europ. IV, 388.

256 Ä Raigioflgkeit der vereinigten Führer.

gefchleppt zu werben. In feinem Unwillen drohete Bandr, als Zongueville die Rückkehr auf Erfurt erneuert forderte, um feinen Hülfsquellen am Rhein näher zu fein, auch die anderen Generale beiftimmten, geradesweges auf die Elbe und nad Schleflen zu gehen; weshalb ſchon am 25. Mat Kliging, der ed doch mit den Schweben hielt, feinen Fürften warnte, „fein Land in Bertheidigungszuftand gegen einen möglichen Beſuch zu fegen.“ Gleich ihm erbangte die Zandgräfin vor dem Gedanken der Trennung des Hauptheered, und fah den Feind ſchon in ihrem Gebiete, zu deſſen Schube Melander mit Klitzing, nicht mit den Franzofen vereinigt bleiben follte, im Falle Longueville fi nicht halten ließ. Zwar blieb der Prinz, dem feine Schwäde am wenigften Freiheit verftattete, durch Klitzing vermocht; aber auch Banar erflärte, (2) ungeachtet glücklicher Gefechte und allerlei Bewegungen um die Zufuhr abaufchneiden, die Unmöglichkeit das Taiferliche Lager zu überwältigen ober zum Aufbruch zu zwingen, und forderte von Georg Verftärfung, * „Tolle er nicht auf Niederfachfen zurüdweichen.” So wuchs Rathlofigfeit, Berwirrung und Mangel mit jedem Tage; Baner, Kliking, Melanvder, Longueville und die Kriegsräthe der Fürften befämpften fih mit den verfchlevenften Anfichten, 2 und ftellten wechfelnd ſich einander gegenüber, zumal geirrt Durch widerſpruchsvolle Anweifungen von ihren Höfen. Am willenlofeften mußte der hoffährtige Prinz von Franfreih fein, dem feiner der Generale, am wenigften die Directoren, Achtung und Gehör zollten, wenn er vom NRüdzug auf den Rhein und von feiner gehofften Verſtärkung aus Frankreich ſprach. Des Frangofen Verbruß über Baners gebieteriihe Vor⸗ [hläge theilte Melander, * welder, obwohl wider feine politiiche Veberzeugung dem Entſchluſſe feiner Fürftin gefolgt, dem drohenden Kriege ein rafcheres Ende zu bringen hoffte, indem er, mit ben Gebirgspäfien wohl befannt, Bertheilung des Heeres vorſchlug, um den Feind auszuhungern. Aber Banor wie ver Lüneburger, fuͤrch⸗ teten den Verrath des verbäcdtigen Mannes, und fo verftrich die Zeit, bis die Baiern den Verbündeten in der Beſetzung ber füb- weftlihen Abhänge des thliringer Waldes zunorfamen, * und dem

» Deden W, 33.

e Suebriant 207.

2 Theatr. Europ. IV, 398. Daſ. 383. Guébriant 206.

Banire unmäßige Trauer. 257

laiſerlichen Sum im Rüden die Verbindung mit Franken ſicher⸗ ten. Um die Auflöſung der haltungslofen Waffen zu beſchleu⸗ nigen, traf ed fi, daß im Lager vor Eaalfeld Bandre Gattin, wie man jagt in Folge der Aiterflugheit des Leibarztes Longuevilles, am = ftarb, zum größten Leidweſen des Heeres, da fie ben wilden Zom und die Ausichweifungen ihres Gemahles durch weib-

liche Klugheit oft gebeugt hatte. Der Wittwer ließ fib vom .-

Schmerze fo überwältigen, daß er, nur mit feinem häustichen Leine beſchaͤftigt, die ernfte Aufgabe, welde dad Geſchick in feine Hände gelegt, in der brängendften Zeit vergaß.! Durch vorragendes Feld⸗ berrnanfehen hatte Bandr biöher noch das getheilte Heer in äußerer Haltung bewahrt; ald er, fo der unmäßigften Trauer hingegeben, um, derſelben fchneller erledigt, zu frivolen Liebeshändeln zurüd« zubehren, fein Amt vernadhläffigte; drohete auch Kliging, beleidigt, daß .er durch feinen Gebieter unter Melander gewiefen fei, den Befehlshaberſtab aufzugeben. * Unter harter Heimſuchung bes Hunger verwidelten fih die Verhältniffe noch wunderlicher durch die eigenthümlihe Schonung und ſcheinbare Unfunde Piccolominis über Thatſachen, welche die trugvolle Ungewißheit aller öffentlichen Dinge bejeugten. Denn als bie oberften Heerführer beiderſeits am 7. Juni einen Waffenſtillſftand auf wenige Stunden eingegangen waren, um perjönlic dad Gefhäft der Auswechſelung zahlreicher Gefangenen zu bes treiben, gab Piccolomini zwar denzu Banödrs Heere gehörigen gegen Austaufch frei; behielt dagegen die lüneburgifchen und heffifhen Gefangenen, wie „Räuber und Lanpftreiher” zurüd, verfagte ihnen ehrlihes Sofpatenguartier durch Trommelſchlag und Ausruf, ließ fie in Stodhäufer fperren, fogar als Liebelthäter fchimpflich hinrichten. Als auf laute Beſchwerde der Lüneburger Baner am 4 1640 befremdet darüber an Biccolomini fchrieb und Abänderung verlangte; erwiederte jener unbefangen, „er habe von der Bereinigung der Iüneburgifchen und heſſiſchen Völker mit den Schweden nichts ges wußt, und die NAufgegriffenen für Ausreißer und Merodebrüber

ı Le kabonreur 208, fagt nach Beauregards Bericht, der Feldmarſchall fei acht Tage lang ganz von Sinnen geweien und auch fpäter nicht mehr zum vollen Gebrauche feiner Beiftesträfte gekommen, weshalb fein Anſehen im Heere fich fehr vermindert.

2 Deden IV, 36.

8 Rondorp IV, 332. Bufendorf 397.

Barthold, Geld. des 30jahr. Kriege. IL. 17

258 Stockender Briefwechſel zwiſchen ben feindlichen Heeren.

gehalten, welche aus dem Heere ihrer Flrſten zu den Schweden ſich geſellt.“ Baudr war nicht ſowohl beleidigt über dieſe Gering⸗ ſchaͤtzuug feiner Waffenbrüder, als in Sorge, ſolche Nichtauerkennung der deutſchen Bundesgenoſſen ſeiner Krone könne den Rückfall der Verdaͤchtigen erleichtern, wenn bie Landesherren inne würden, daß man ſie auch jetzt nicht als Feinde betrachte, zumal lüneburgiſche Geſandte noch in Nürnberg ſich befanden; ferner Erzherzog Leopold Wilhelm von Saalfeld noch am 12. Mai an das guelfiſche Ge⸗ fammthaus einen vermittelnden Abgeorbneten geſandt hatte, und Auguft der Jüngere vermittelt ded Herzog Wilhelms von Weimar mit dem Kaifer in Unterhandlung ſtand. Deßhalb ſchrieb Bauer am 2, Juni an Piccolomini, „er koͤnne ſich nicht einbilnen, wie Sr. Ersellenz fo weltftundige Handlungen, als die Vereinigung der beiden flirftlichen Hänfer und ihrer Truppen mit Bahnen, Standarden, Geſchütz, feit einem Monate unbefannt geblieben fei, und man den Succurs zweier fürtrefflicher Reichsfürften für Merodebrüder halten dinfe; er hoffe, es fei ein Irrihum der Kanzlei vorgefallen, und müßten im anderen Falle die kaiſerlichen Gefangenen gleichmäßiger Aufnahme gemwärtig fein.” |

Als auch Der ehrgeizige Klitzing hochfahrend bei Piccolomini fih beflagte und verficherte, „bei kommender Gelegenheit ſich als General über wohl formirte Truppen auszuweiſen,“ hatten die Dinge ſchon für das beengte Lager des Kaiſers bei Saalfeld eine günſtige Wendung genommen. Denn mitten unter ſolchem Briefwechſel erfannten die Verbündeten die Unmöglichfeit, länger vor Saalfeld fih zu behaupten; im Sriegsrathe, was weiter zu thun fel, regte Die ſchwediſche Partei nochmals den Zug auf Hof und Bamberg an, und erflärten die Abgefandten Heſſens und Lüneburgs, um: bie Heimath in Sorge, demjenigen Heere fich anzuſchließen, welches ben Krieg am weiteften von ihrem Lande hinaustriebe. Schon halte Longueville ſich überflimmen laſſen,“ als Guebriant, die Gefahr ermeffend, wenn fie und die Meimarer, deren Anſchluß Baner bezwedte, fern vom Rhein in gewagte Unternehmen gelodt würden, den Prinzen am 12. Juni vermochte, „dem ſchwediſchen Feldherrn zu erffären, daß fie auf Oberheflen zurüdgehen müßten,” und eine Umänderung feines Planes herbeiführte, „falls man nicht fih ganz trennen fole. Deshalb wurde vorläufig befchloffen, durch ven

2 Quedriant 208. PBufenvorfl.co

Aufbruch Bauöre. _ 259

thüringer Wuld auf den Main gegen die Baiern Yorzubringen. Noch am 12, Juni brach Baner, nach thrafoniicher Herausforderung des Feindes, aus dem Qungerlager auf; man zog unbeflimmt nörblich, faſt jeber und Belieben, indem der Witwer am 13 Juni bei Kahla das Heer verließ, und in Perfon die Leiche feiner Gattin nach Erfurt führte, wo dieſelbe am 18. Juni, nad allerki unbeim- lihen Borzeihen, fürs erfte beftattet wurde.“ Erfreut, daß er, obwohl unter furchtbarem Mangel, den troßigen Gegner zum Abzuge gepvungen habe, antwortete Pircolomint am 13. Juni auf die Driefe Baners und Klitzings, räumte den Irrthum der Kunzlel feineöweged ein, fonbern ftüßte feinen frühern Unglauben an die Vereinigung bes lüneburgifchen und heffifchen Heeres mit den Schwe⸗ den darauf, „daß die Gefandten jener Fürften zu Nürnberg ganz anderes verfiherten, und daß, als die Kürften ihre Lehen empfingen, der Proteft gegen den prager Frieden, wie jegt, nicht gedacht worben, wäre." Wegen der lücherlichen Rodomontade Banèrs bemerkte Piccolomini fpigig genug: „jener Trompeter habe wohl dad Ges werbe nit richtig verftanden, weil man leicht abnehmen koͤnne, daß er auf eine nur zwiſchen Kavalieren, nicht zwifchen Heeren, gebräud- liche Herausforderung mit feiner engen Faiferliden Armee nicht Urſach babe, gegen einen Feind, welcher der Conjunction fo verfchiedener ausgerüfteier Heere fi rühme, aus ſeinem Poften zu ziehen; hätte aber Bauer ein Baar Tage bis auf die Ankunft des baierifchen Heeres zu warten beliebt, fo würde Piccolomini nicht ermangelt haben, den ſchwedifchen Berfchanzungen aufwarten.” Gegen Kliging wiederholte Piccolomini die Gründe, weshalb er die lünes burgiſchen Völker nicht als regelmäßiges Heer im Namen der Fürften babe erachten können, und verſprach, jegt eines befleren belehrt, fi) den herkommlichen Kriegsfuß gefallen zu lafien. Nur Melander, dem Bandr, Kliking und Longueville ein Dom im Auge, weil er, noch immer der dritten Partei treu ergeben, das Heil feiner Fürſtin und ihres Landes auf der Trennung vom Reichsfeinde begründete, ſchwieg wegen Piccolominis Neußerungen, und übernahm, als Klitzing vom Heere nad Hilpesheim ging, ber Weiſung Georgs gemäß, auch die lüneburgiſchen Völfer. Denn der Guelfe, durch Salvius über feine Forderungen unbefriedigt, beabfictigte, bereits die Gefahr ahnend, fhon zum Schutze feines bedroheten Landes

2 Theatr. Europ. IV, 384.

260 Rüdzug der Verbündeten.

Trennung von Bandr und feſtes Zufammenhalten mit den Heflen. Eo war jede politiſche und perſoͤnliche Einheit aus den Bundes⸗ genofien gewichen, als Baner, des heftigen Schmerzes erledigt, (ſchon bei ver Beftattung ver Gattin war er für eine neue Heirat) entbrannt) und der Befinnung wieder mädtig, am 21. Juni bei . Meiningen zum Heere fließ, welches, der beftandfofen Verabredung vom 12. Juni gemäß, um Erfurt drei Tage geraftet hatte.‘ Um die Kriegsgefahr von den Ländern der Fürſten abzuloden, gedachten die andern Hcerführer gegen die Baiern auf Gemünden, Würzburg und Aſchaffenburg zu dringen, und zogen am 20. Juni bei Schmalkalden über den thüringer Wald. roh, das Bundesheer noch beifammen zu finden, nahm Baner am 22. Juni Melrihftadt, und war Quebriant, von einem Befuche bei Wilhelm von Weimar zurädges fehrt (der ihn, in Hoffnung auf die Crbfchaft Bernhards, mil fruchtlofer Höflichkeit überfchüttet hatte), ? der Zukunft getröftet, daß es der erwarteten Unterftügung auf den Rhein entgegen ginge, als die Umſtände ploötzlich fih änderten. Schon am '%,, Juni hatte man Kunde, Piccolomini, die Abſicht der Gegner errathend, habe bei Königähofen mit den Baiern fi vereinigt, * und eilte ihnen bei Neuftadt an der frünfifhen Saale zuvorzufommen. Als Bandr, Konguerile und Guebriant am 2 durch Augenfchein fih überzeugten, das Faiferlihe Heer koͤnne bier noch weniger angegriffen werben, als bei Saalfed, da Mangel keinen Aufenthalt geftattete und der Beind zu ftarf ſchien; zogen die Vereinigten, durch Ausreißer und vielfaher Roth geſchwächt und entmuthigt, am Ir über Meiningen auf die Werra zurüd, und nahmen am 29. Juni eine fefte Stellung, die Schweden bei Eifenah, die Weimarer bei Kreugburg, geraden Weged auf bie Länder der Bundesgenofien. So war denn für die Landgräfin und für Georg die Gefahr vor der Thür, welche fie mit allen Künften zu vermeiden geftrebt, und die Berwidelung noch drohender. Schon Mitte Juni hatte Amalia Eliſabeth Nachricht, daß Hatzfeld, den

« Nufenborf 398. Buebriant 210. ı Bnucehrtiant 209 mit vielen Tiraden. Wilhelm foll erflärt haben, „das bee Theil der Erbſchaft fei bie Freundſchaft bes franzoͤſiſchen Helden.“ Ehm, weldger mit in Weimar war, betrog gleichfalls die Hoffnung des Erben. Qusbriant 210. Deden IV, 36. Brief Banörs an Kliking von Giſenach. Theatr. Europ. IV, 392.

Melander gibt den heſſiſchen Dienft auf. 261

‚wir im Frühjahr zu Köln finden,‘ mit den Truppen Wahls, wel: her, nicht getäufcht durch die trügerifhe Waffenſtillſtandserbietung des Landgruͤfin, ſchon auf Stadtbergen gerüdt war, ſich zu vereinigen Airebte; weshalb fie ſchon am ?°%,, Juni einen Theil ihres Heeres, wiewohl vergeblih, von Bandr zurüdforderte, um der Gefahr von Weſtfalen her zu begegnen. Melander, deſſen Kluge Sorge fi schhtfertigte, hatte jchon, che man vor Neuſtadt umfehrte, die Noth⸗ wendigfeit erwielen, den Zug auf den Main aufzugeben, und ſich bei Mühlhaufen und im Eichöfelde aufzuftellen; ? jet, da an der Bereinigung Piccolominis mit Hapfeld und Wahl nicht zu zweifeln fand, und auch an der Weſer die Faiferliden Schaaren fich zeigten; bie Brandenburger von ber Altmark her zugriffen; drohete die Strafe für politifhe Untreue und Unklugheit heran. Bang erwartete Hefienland den Beſuch des gereizten Feindes, und Vorzeichen ber wunderlichſten Art, welde aus allen Gegenven berichtet wurden, feigerten die Ang der Gemüther. Bandr, nur auf bie Rettung des ſchwediſchen Heeres bedacht, und, unwürdig eines Oberfeloherrn in einem folchen Kriege, mehr feiner verliebten Leidenſchaft Raum gebend, als den Ruf der Krone zu erhalten; fchmähete auf bie entlaufenden Heflen und Braunfchweiger, verlangte ald Hauptmittel von allen Seiten Berflärfung und brohete, als dieſe verweigert wurde, gegen Melanderd Forderung am ?/,, Juli bis auf Eichwege in Hefien zurüdweidend: fi über Münden ins braunſchweiger Ge- biet zu werfen, während Biccolomini und die Baiern ſchon über Fulda auf Rieverheffen vordrangen (7 7).? Wie jeded Vertrauen auf.die Schweben, fo wie überhaupt jeder politiihe und fittliche Halt unter den Verbündeten gewichen fei, und Leidenfhaft, Neid, Mißtrauen, Schadenfreude, Eigennug, Zurdt und Aberglauben die Seelen der Männer bins und herzerrten, lehren die Ereigniffe um Eſchwege. Melander, welder feit Jahren reblih dahin gearbeitet hatte, Hefiend Wohl und Bortheil zu befördern, ſah fein fattliches Heer bis auf wenige taufend Mann durch monatlanges Umherirren vermindert; wie ſicherſten Haltpunkte in Weftfalen und im Kölntfchen

s Hatzfeld trat bamals mid ben Abte von Korvei in jene Verbindung, melde die wunberlihe Lehensübertragung von Mügen zur Folge hatte. ©. Bartholds Sefchichte von Rügen und Pommern. I, 243.

3 Thcstr. Europ. IV, 2486.

3 Pufendorf 398,

262 Ueber Melanders Austritt.

in Gefahr; ale Früchte der befonnenften Berechnung feit fünf Jahren vereitelt, und Freund und Feind im armen Heffenlande eingelagert. Bol gerehten Unmuthes, daß die Fürftin fi zu ſo verderblichem Schritte hatte berüden lafien, außer Stande zu helfen, und ſchmahlich angefeindet von Baner und den Franzoſen, verließ er um die Mitte des Juli dad Hauptlager zu Efchwege, ! begab ſich nach Kuſſel, fheute fi nicht, der Dame und ihren Räthen dad ungusbleibliche Verderben der Unterthanen als Folge ihrer falfchen und unbefonnenen Politik vorzuwerfen. Als er inne wurvne, daß Mißtrauen, Feind⸗ ſchaft und Borurtheile ihn hinverten, das Land zu retten, forderte er mannhaft feinen Abſchied. So ſtehend auch das Maͤhrchen des gedun⸗ genen Geſchichtsſchreibers Schwedens, Pufendorfs, mit Uebertreibung nacherzaͤhlt wird, „Melander, fo wie feine Gattin, geborene Freiin von Effern, habe durch unehrbietige Worte die Landgräftn zu unfürſtlichen, zornigen Handlungen gereizt, und fle feten nach einem öffentlichen Skandal geſchieden;“ fo willen doch die befleren, zeitgemäßen Berichte nichts davon; diefelben bemerken nur, bag ungern Amalia Elifabeth, fo fehnlihft die Franzoſen und Schweden des waderen Mannes Entfernung wünſchten, in durchaus ehrenvoller Art den Melander von Holzapfel ihred Dienfted entlaffen, und diefer dem Generals Major Kaspar Graf von Eberftein dad bis dahin von ihm geführte Heer übergeben babe. ? Nicht gleich in Eurkölnifche Dienfte getreten, fondern auf feine Güter im Bergifchen nach fo undanfbaren Kriegsmühen zurüdgezogen, ſah er fi auc während feiner Abgeſchie⸗ denheit aus dem Deffentlihen von Feindſchaft verfolgt. Wir trennen . und vorläufig von dem verunglimpften, veutfchgefinnten Helden, um ihn zu feiner Zeit rühmlih den geſchichtlichen Schauplatz wieder beireten, aber verhängnißooll enden zu fehen. Zwar triumphirten die Gegner über Melauderd Entfernung; aber die Lage ber Dinge wurde nicht befier, fondern ſchlechter. Wie gering das Hffentliche Bertrauen gu den Schweden war, lehrt die mehrfach verbürgte Er⸗ zählung: „um den '%,, Juli fei von der Schildwacht unter ven

ı Theatr. Europ. IV, 247. Bufenborf Lo. Deden IV, 43. Hoffe mann I, 217. Bermifchte Abhandl. 91.

2 Kaspar von Eberfiein war nicht aus ber urallsallemannifch-fränkiichen Dynaftie der Eberſteine, welche, früher vom prager Frieden ausgeſchloſſen, ſeit dem Jahre 1637 mit dem Kaiſer fig. verföhnt Hatte. Sein Name fehlt bei Kriege Hochfelden. Er gehörte zu ben ponmerjchen Cberſteinen, auf Raſſow und Naugart. 3 Theatr. Europ. IV, 271, 391. .

Ierwürfuig Baners mit den Bunbesgenofien. "263

Waͤllen von Efchwege mehre Nächte hindurch das Geſchrei: „fort, fort, Baner! nım iſts Zeit!“ gehört worden, was dem Feldmarſchall für die Mahnung eier nahen glüdlichen Kriegsthat galt; wahr: fcheinlich aber ein pfäffiſches Mitiel war, ‚um den böjen Gaft mit feinem zahlreichen Stabe and bem erſchöpften Heflenlande zu. ent: fernen. * Da Herzog Georg erflärte, nimmer den Schweben ben Das bei Münden einzuräumen, und, beftürzt über pie Vorwürfe feier Stände, welche die. Gnade des Kaiſers verlangten, am .. Inli den Beſchluß mit ver Landgtaͤſtn gemeinfchaftlih Fund that, nur Vertheidigungsweiſe die Verbindung mit den Schweden fortzufegen; er am ?Y,, Juli mit ihr ein Separatbuͤndniß fchloß, ? um ſich gegen unbilige, gefahrbrohende Zumuthung Bandrs mit Gewalt zu fchügen, und um Göttingen feine Truppen zuſammenzog; mußte den Schweren, zumal auch Longueville aͤngſtlich rieth, ber einzigen Bundesgenvſſen der Krone zu ſchonen, . mildere Sprade führen. Denn wenige Stunden vor ihm, um Vacha, entfaltete ſich die faiferliche und baieriſche Kriegsmacht unter Leopold, Piccolomini und Mercy, bereit die Bereinzelten zu erprüden. * Er erneuerte darum dringend feine Bitten um Berftärfung und erfchrad, als. ihm am °%, Juli zwiſchen Allendorf und Ejchwege, auf der Reife, um die Leiche feiner Gattin und feine Kinder, „pie er wohl nie wieder jehen werbe, * nach Schweden zu geleiten, die lüͤneburgiſchen und heſſiſchen Abgeordneten ihren Auftrag. fund thaten. In fihtbarer Bemüthöbewegung von Bandr nad) Eſchwege beſchieden, harrten jene bort des Feldmarſchalls. Zurückgekehrt, nachdem er Die Kinder, als feien fie ihm Käfige Zeugen ſeines unwürdigen Liebeöhandels, und dic Leiche der Battin über Böttingen nad Schweden geſchickt; awifchen hoch⸗ fahrenbem Trotz und Mäpigung bins und herſchwankend, verwarf er ale Beringungen, zumal bie Beſtellung eines. gemeinfchaft- lichen ſtriegsrathes, berief ſich beleidigend auf Georgs frühere Berpflihtung zur ſchwediſchen Krone, welcher gemüß er deſſen gegen; wärtiged Heer fordern dürfe, und entließ die Geſandten nad) heftigen Seven. von beiden Selten, ° indem jene wicht unterdrüdten, „daß

! Theatr. Europ. IV, 384, 400.

2 Deden IV, 41. J

2Guébriant 212. Pufendorf 399.

Decken IV, 44.

8 Wufendorf 399. Buebriant 213. Deden VI, 45. .

264 Verſtaͤndigung ber Verbündeten mit Baner.

ihre Gebieter ſich ſelbſt zu helfen’ wiffen würden.” ' Bald. wieder zur ruhigen Erfenntniß feiner Lage gefommen, aber vol innern Grolles gegen die Verbäctigen, fchidte der Schwere am 1%, Juli den General: Major Wrangel nah Göttingen, meldend „ihm bleibe kein Mittel gegen die Feinde, als ſich auf die braunſchweigiſchen Laube zu ziehen, wenn man ihm nicht alle Truppen überlaſſe.“ Unwillig über die Hartnädigfeit des Schweden, ber ihm Geſetze vorfchreiben wollte, ertheilte Georg. am ?*/,, Juli eine ſtarke „militärifche Lection,“ und hob. hervor, „vaß er als Landesfürft ganz andere Rüdfichten und Pflihten habe, als derjenige, welcher in fremden Gebiete. Krieg führe.” Da der Feldzug eine fo ungünftige Wendung nahm, trat Georgs alte Bolitif entfchiedener heraus, feine Macht durch Hin- gebung an die Fremden nicht zu entblößen, dad Spiel in Händen zu. behalten, und wollte deshalb, das Heer Schwedens nur zur Bormauer benugend, ihm die Stadt Münden ? verweigernd, feine Länder mit gefammelter Kraft nad allen Seiten felbft befchügen, während Bandr die felbititändigfte Verfügung über das Geſammt⸗ heer forderte, und doch nicht angrifföwelfe zu Werke ging Nicht geiert dur Baners Borwürfe und Klagen, Beleidigungen. und die Drohung, fi) von den Berbündeten ganz zu trennen, beharrte ber Guelfe auf feinem Plane, fette fein verminvertes Kriegsvolk wieder in Stand. Indeß, ald die Kunde einlief,. der Feldmarſchall, welcher in Eſchwege faum für feine Tafel. Brod fand und mit feinem Oberften „Waſſer trinken mußte,“ nähere fih über Wigenhaufen auf beiden Ufern der Werra dem Pafle von Münden (ine sun), um über Riederfachfen nach Schleſien fein Heer in Sicherheit. zu bringen, und daß das Faiferliche Heer, um Vacha und Salzungen verflärft, Anftalt zum Aufbruch auf Heſſen made; ° verftändigte man fich, zumal die Landgräfin, ihr Geſchick überſchauend und dem Feinde preisgegeben, Angflih um Hülfe rief. Georg übernahm die Verpflegung der Hungernden, forgte für Schiffsbrücken bei Münden, und erklärte am a, , auf Mahnung der Landgräfin fih bereit, „nochmals einen Bergleih mit. Baner zu verfuchen. *

ı Pufendorf 400. Deden IV, 46.

3 Mir unterfcheiden bie Schreibart Minden und Münden. Die erſtere, Feſtung und Biſchofsſitz, hatten bie Schweden im I. 1635 erliſtet; hamnoͤvriſch Münden behauptete Georg noch.

2Pufendorf 400.

° Deden IV, 54.

Menterei der Weimarer. 29%

Jener, am az in Berfon von Wigenhaufen nad; Kaflel gekommen, führte die bedenklichſten Reden, und ritt darauf in die Grafſchaft Waldeck und auf Friglar, unter dem Vorwande, die Bewegungen der Feinde auszufundfchaften. Der Späher Beauregard wollte dagegen wiflen, „der verfiebte Feldherr verftede unter abenteuerlichen Hin» und Herziehen nur die Abficht, feine Braut, die fchöne junge Prinzeffin von Baden, Durlach, Johanna, weldhe er zu Erfurt am Beftattungstage feiner Frau kennen gelernt, in Arolſen, wo fie fich bei ihren Verwandten aufhielt, wieder zu ſehen.“ Und in der That leitete dieſe Buhlfhaft die Thaͤtigkeit des Generaliffimus auf eine Welfe, welche dem Schmerze des Wittwers jeve Achtung raubte, ® da er, im reifften Mannesalter, kaum bie kurze Trauerfrift abwarten fonnte, um zur dritten Ehe zu fchreiten. So wurde mit dem Schids fül des deutſchen Volkes ein wüfted Spiel der Leidenſchaft und der Berechnung getrichen, als am das Faiferliche Hauptheer die Stellung bei Vacha verließ; die Feſte Friedewald erftlürmte;? am 12. Auguft über Hirſchfeld und Homburg in Niederheſſen einprang, und der Marcheſe di Grana, erft Fürzlih aus Böhmen mit Ber Rärkung herbeigefommen, um Sriglar, wenige Meilen von Kaflel, erihien. Jept mahnte die Zeit zum Einmuth; Amalia Elifabeth, Meue Über den Friedensobruch im Herzen, in ihrer feften Reſidenz nicht mehr Sicherheit findend, barg, das arme Landvolk feinem Geſchick überlaflend, ihre Heerden aus ihren Meierhöfen nad den Braunfchweigichen. * Während der Schwede, mit den deut⸗ fhen Bundesgenoffen hadernd, die Gefahr des Unterganges herauf befhworen; befand ſich der’ franzöfifche Prinz, dem Zuge Bandre von Efchwege auf beiden Seiten der Werra über Allendorf, Witzen⸗ banfen bis nad) Heiligenftabt willenlos gefolgt Cobgleih er, den Steur de Beauregard an Baner aborbnend, ſich die Miene gab, lieber umzukommen, als den Bundesgenoffen ded Könige verderben zu laſſen) in ber allerfhmählichften Lage. Schon ſeit er zuerft dem Hauptheere fih angehängt, hatten die unzufriedenen

ı Buobriant 219. |

3 Fritſch 170. Thestr. Europ. IV, 393. Bufenborf 400.

3 Deden IV, 106. Die vortrefflihe Wirthin ſchickte ihre Rinderheerben, wahrfcheinlich oflfriefifche, die fie, wir wiflen, wie wohlfeil aus jener Herr: fchaft bezog, auf Bättingen. Georg brachte das Dich auf feinen Domünen unter; die Bauern hatte ex ſich verbeten.

266 Meuierei der Weimarer.

Directoren, bed Verrathes an der gemeinfamen Sache von Bandr "und den Bundesgenofien bezüchtigt, ihm die bangfte Sorge erregt, indem er ihrer feinen Tag fiher war. Deshalb gedachte er, als am 17. Zuli der Sieur de Choify auf Umwegen mit dem erjehnten Solde ih ins Lager gefhlichen, * vor ber Mufterung die Unge⸗ fügigen durch den allgemeinen Eid zu binden, welcher bisher noch nicht geleiftet worden war, und ihnen zur Unzeit das Recht abzunöthigen, „die höheren Dffizierftelen aus ihrer Mitte, dem Bers trage zu Breifach gemäß, zu beſetzen.“ Wie vorauszufehen, weigerten fih die Dirertoren und die Oberſten am 28, Juli auf der Ber: fammlung zu Heiligenftabt ganz entſchieden folder Zumutbung, ſchickten diefe Erklärung am 30. Juli an den Prinzen und wandten fih, gewiß nicht ohne heimliche Auffoderung, mit ihrer Klage an Herzog Georg, „deſſen aufrihtige Gefinnung für den evangelifchen Slauben, wie für das deutfche Reich ihnen rähmlichit befannt wäre.“ Longueville erfchrad um fo mehr, da eben damals Bandr Anftalten traf, von den Bundeögenofien fih zu irennen, und die Weimarer fhon fo weit nachgefdleppt waren. Guebriant, das benenkliche Gefchäft dem Prinzen abnehmend, verfuchte Bitten, Borftelungen, Drohungen, und fonnte faum feine PBerfon und den Cieur de Beauregard vor Mighandlungen reiten. DIene erachteten ſich allein zu dem Verſprechen der Treue, nicht zu einem Eide verpflichtet, da fie der gemeinfamen Sache durch Schwur fhon verbunden wären. ? Als Georg, die Gefahr folder Wirren in folder Zeit ermeflend, öffentlich der Mißvergnügten, Meuternden ſich nit ans nehmen durfte; Dagegen die Vermittelung bei Longueville anbot, und vorfichtig warnte; fchidte der Prinz am ah feinen Geheimfchreiber nad) Göttingen mit der Abfchrift des breifacher Vertrages; berief fih auf das Recht der Nachfolge Bernhards, auf die Befchle des Königs, und vrflärte des Herzogs Verwendung für ganz überflüffig. Doch darauf ftellten fi Die Direetoren am 12. Auguß dem Prinzen zu Witzenhauſen dar; verlangten deſſen Auftrag ſchriftlich, und ſchicken am 15. Auguft unter fteigender Gährung nicht allein den Oberftien Bes an Guebriant mit der beflimmteften Verweigerung des Eides und der Auffündigung des Gehorfams, fondern im Ranten des Grafen von Raffau, "des ftörrigften unter ven Dirertoren‘, kam

. * Bufeuborf 397. Guebriant 214, Deden IV, de. 2 Deden IV, 63. Guébriant 216.

Menterei der Weimarer, 267

auch der Oberſt Fleckenſtein in Göttingen an, meldete die bevor ſtehende Aufloſung des Heeres, fragte, ob die Weimarer bei „dem wohlgefinuten bdeutichen Färften“ eine gute Aufnahme finden würben ? Georg ermeftend, daß das Heil der Gefammtheit auf dem gewagten Spiele Kände, verfprach, deſſelben Tages den General Klising mit Vorſchlaͤgen an fie abzufenden; mahnte zu einmüthigem Gehorſam und lud den Bringen eilig zu fh nach Göttingen ein. Lomgneville fäumte nicht, am 16. früh zu kommen, bebarrte aber anf der Fors derung des Könige, ſo daß man Teinen anderen Ausweg aus bem Gedraͤnge fand, als den Vergleich von Rangenfalza: das franzoͤſiſch⸗ weimarſche Heer ſolle mit ven Lüneburgern als ein geſchloſſenes Ganze angeſehen und nach gemeinſchaftlichen Rathe geführt werben, unbeſtimmt zu erſtrecken. Nah der Ausfertigung biefer Acte machte Georg am %,, Auguft dem weimarfchen Heere bekannt, daß er ſich verbände, „fo lange fie fih zu Dienften des Herzogs gebrau⸗ chen ließen, ihnen alles zugutheilen, was ben übrigen Verbündeten widerfahre.“ Zur Zeit diefer Borgänge in Göttingen, dauerte bie Schule der Prüfung Guebriants in bedauernswürdiger Weile fort, Da er eine Verfammlung aller Offiziere verlangt hatte, wagte er fi am 16. auf dad Rathhaus einer ungenannten Heinen Stadt zwiſchen Allendorf und Heiligenſtadt, klüglich vor dem Mittagsmahl, in die Mitte der erzuͤrnten Männer; wies ben Herzog Friedrich von Wir⸗ temberg als unberufenen Wortführer ab; ftellte ihnen ihr Unrecht gegen ven König und gegen le bien commun rebnerifch vor und forderte bie Berlefung des breifarher Tractates.! Die Directoren, den Vorwürfen ihrer Offiziere bloßgegeben, mußten beſchaͤmt befennen, dag fie die Verpflichtung, da® Heer zum Eide zu vermögen, unbes fügt übernommen hätten. Getümmelvoll beſchuldigten die unwiſſend Berfauften jene eined Handels, welcher fie nicht verbindlich made, während bie Dirertoren ſich auf bie Mittheilung an Einzelne beriefen. Unterdeſſen wirkte franzöftfches Geld auf die einen, auf die anderen die, wiewohl unbefriedigende, leere Berficherung Georges, da obenein ihmen bie Ausrede: jebt fir Georg, alſo für die deutſche Sadıe zu fechten, gewährt war; deshalb gelobten fie dem Duc de Longueville,

ı Le Laboureur, 217— 221, erzählt mit lächerlicher Webertreibung bes Heldeumuthes und der Fefigfeit Buebriante den Verlauf abweichend, hat lange Reden und weiß nichts von dem Vertrage kongaerilee mit Georg, welcher den Aueſchlag gab.

268 Ausgleicgung mil ben: Meimarern.

der eben, zur Borfiht gemahnt, von Göttingen zurückgekehrt, unbe ſtimmte Nachgiebigkeit. Am 17. Auguft fand eine Meile. von Münden das weimarfhe Heer zus Mufterung vor Longueville und Guebriant in Schlachtorbnung; aber ein neuer Tumult erhob fich, indem die trogigen Soldaten ſich weigerten, während der Vorleſung des Dienftgelöbnified (promesse solemnelle) dad Haupt zu ent blößen und die Hand empor zu halten.” Schon wollten fie aus- einander laufen, ald Longueville nachgab, und den einzelnen Schaaren, nicht der Geſammtheit durch Choiſy oder den oberften Heeresrichter, die Worte vorlefen ließ: „dem Könige von Zranfreich gegen jeden Feind, in Deutichland, Frankreich, Ylandern, Burgund und Lothrin⸗ gen treu zu dienen, dem Duc de Longueville zu gehorchen, alles für die gemeinfame Sache zur Herftellung der Unterbrüdten und zur Erlangung eines fiheren Friedens.” Gefragt, ob fie. fo verfpräcen, fchrieen bie Mietblinge alle: ja! und der franzöfiihe Ehrgeiz, fo wie Gewinnſucht und die abfichtlihe Selbfttäufhung der Deutfchen war durch diefe nichts fugende Handlung befriedigt, da man frans zöfifcherfeitö auf die Beftellung der Offizierswürden noch verzichtete und auf befiere Zeit die Erfüllung des Königlichen Willens verſchob. Unweigerlih gingen die Weimarer am 18. Auguft über die Werra gegen den Feind. ?

Ader ed war auch für die Verbündeten kein Tag zu verlieren. Um die Länder der Freundin zu retten, ließ Georg die früheren Bedenklichkeiten fahren, beſchloß, in Göttingen mit Bandr perfön- ih zufanmen gefommen, die Vereinigung mit Ausnahme feiner Befagungen, * forderte am *°/,, Auguft, Longuevilles ficher, ven ungefäumten Anftoß der heffifhen Truppen. So drang das ge: fammte Heer in verſprechender Haltung, die Lüneburger und Heſſen unter Kliging und Cherftein, von Münden über Volkmarſen; ftand am 1%,, Auguft bei Wolfhagen und lagerte am ?'/.,flen unter beginnenden Gefechten eine Meile von Fritzlar.

Sechs Wochen hindurch folgte darauf die Wieberhofung ber ſchleppenden Kriegsereigniffe von Saalfeld. * Die Eaiferlihen Heer: führer, den Blick befonnen auf das Ganze und auf gleihmäßigen

1 Erlach I, 115.

3 Buebriant 222.

2 Bufendorf 401. Adlzreitter .c. Fritſch.

Lager bei Frihlar. 269

Fortſchritt gerichtet, auch wohl durd Die geheime Gefchäftigfeit der Zwifchenträger geirrt, waren nur Tangfam feit dem Aufbrude von Neuſtadt vorgerückt. Um die Verbindung des franzöfifch - weimar- hen Heeres mit dem Mittelrheine zu hemmen, und den beforgten Kurfürften von Mainz zu beruhigen, hatten einzelne baterifche Haufen fih an den Sherrhein beobadhtend begeben; Gille de Haes fi aus Franken den Main abwärts gemadt; der Oberft Wolf ven „tollen” Rofen, von Longueville in der Wetterau zurledgelafien, am ag durch nächtlichen Ueberfall der Stadt Ober-Urfel überwältigt, und Gelen am '%, Auguf die Befagung von Bingen unb Bacharach gezwungen, auf Gnade und Ungnade fi zu ergeben. Ale follten dann, einen Angriff auf Breifach noch verſchiebend, mit Gon⸗ saga vereinigt, über Gießen gleichfalls auf Niederheflen fich wenden.

Leopold Wilhelm, Piccolomini und Mercy auf verwüfendem Zuge am 9, Auguf dem Marchefe di Earetto auf Friglar gefolgt, welches, mainziſches Befitzthum, die Unduldſamkeit der Hefien zeither getragen, erwartete in fefter Haltung ben ftärferen Feind. ? “Diejer erftürmte zwar am 21. Auguft nad blutigem Gefechte einen hohen Berg in der Nähe, 309 defien ungeachtet aber, als Piecolomini in der Schanze an beiden Seiten der Edder unangefochten blieb, am 23. Auguſt auf Wildungen, wiederum in ver Abfiht, den von fihtigen Gegner auszuhungern, und über das Walvedfche bie Ber bindung mit Niederrhein abzufchneiden. Am *%,,ften ritt Bandr mit dem größten Theile feiner Reuter aus dem Lager, um den Heranzug von Lebensmitteln zu fihernz ? feine Abſicht aber war, in Arolfen die Markgräfin Johanna zu begrüßen und gelegentlich auf wilder Brautfahrt vereinzelte Taiferliche Schaaren nieder zu werfen. Die Entfernung des Teichtfinnigen Oberfeloherrn inne werben, fchichte Piccolomini in der Nacht des 3. Septemberd den Generals Feldzeugmeifter Mercy mit einer flarfen Abtheilung zum Ueberfalle des feindlichen Lagers aus, deſſen Vorpoften, unter einem wachfamen Schüler Bernhards, die nahen Feinde jedoch zeitig merften, und das ganze Heer ermunterten. Bandr, unzugängfich jedem ernſten

* Theatr. Europ. IV, 221.

> Saldenheiner 303. Bufendorf 401. Theatr. Europ. IV, 394 Le Laboureur 223, mit der gewöhnlichen Ruhmredigfeit über Guébriants Thaten, von denen die anteren Duellen nichts willen. Deden IV, 66. Fritſch 17. Deden IV, 66. Buebriant.

270 Neue Uneinigfeit zwiſchen den Verbündeten.

Geſchaͤfte, vergnügte ſich in Arolfen, umerdeß die Talferlichen Reuter mit gerechter Härte gegen die Heflen dad Land burchftreiften; ber Mangel wiederum die Auflöfung ded Heeres drohete, und Longue⸗ ville, der Weichling, am 1. September am Fieber erfranft, bie Sorge feines Heeres an Guoͤbriant übertrug, und am 12. Sep« tember Genefung in Kaſſel fuchte, durch Pful mit 2000 Reutern geleitet, * As am °,, September die Tüneburgifshen Räthe ſich dem Feldmarſchall zu einer Audienz aufprangen, ? „ber fonft alle odiosa mied,“ erflärte jener, „er dürfe mit Georg feinen Vertrag vollziehen, und that fhon am 13. dem Herzoge durd den Oberſten Mortaigne Fund, „ed fei wegen Mangels für Roß und Mann dem Heere nicht möglich, länger die gegenwärtige Stellung zu behaupten, da Wahl, bei Stabtbergen lauern, alle Verbindung. unterbrochen, Geleen mit Gonzaga von Gießen ber im Anzuge wäre." Er frage um die Meinung ded Herzogs, „vor allen Dins gen für die Sicherheit des ſchwediſchen Heeres beſorgt.“ Selbft Kliging rieth ſchon am 14. September feinem Herrn, feine Bölfer wieder an fih zu ziehen!

Obgleich die Ueberwältigung der Bundesgenoſſen bei Fritzlar noch augenfcheinlicher als bei Saalfeld war, kamen noch widerwärtiger gegenfeitiged Mißtrauen, Hochmuth des Schweden, Zuditiofigfeit des bunt zuſanmengeſetzten Heeres und angeſponnener Verrath an ben Tag. Banoͤr beklagte ſich in gereiztem Tone über Georgs Anmaßung, wollte von einem beſchränkenden Kriegsrathe nichts wiſſen, und war zumal entrüflet, daß der Herzog von Braunfchweig und die Land⸗ gräfin während der Bereinigung ohne fein Wißen mit dem Kaifer unterhandelten. Allerdings hatte gleich im Lager von Fritzlar ver- daͤchtiger Verkehr mit dem Feinde begonnen ; die Herzoge von Braun- ſchweig und Celle blieben in Briefiwechfel mit Leopold Wilhelm, fo daß im kaiſerlichen Hauptquartier das Gerücht Glauben fand, jene würden bald wieder auf der kaiſerlichen Seite fiehen. Deshalb drohete Kliging, von Baner felbft nicht gefhont und vom Herzoge au des Brafen vor Eberſtein Inſtruetion gewiefen den Oberbefehl niederzulegen; die füneburgifchen Offiziere trennten fich unter allerlei Borwänden vom Lager, und Baner, nur feine Helrath und bie

ı Quebriant 225.

2 Deden IV, 68,69. 3 Bufendorf 401.

Pläue Piccolominis. 271

Rettung des eigenem Heeres im Auge, Heß under unbeveutenven, oft nachtheiligen Gefechten dem Gegner Zeit, von allen Seiten Berftärs fung an fich zu ziehen. Als man fo zwieſpaͤltig um Wildungen lag und Georg noh au die Behauptung ber Diemel glaubte; führten Geleen, Gille de Haes und Gonzaga am 20. September 5000 Mann frifcher Böker auf Fritzlar, und vereinigten fich. ungehindert am 23. September Wahl und Habfeld mit 3000 Reutern aus Weſt⸗ falen, weiche fo Iange bei Stadtbergen gehalten, um bie heſſiſche Beſahungen im Bergifhen, Koͤlniſchen, in Weſtfalen und in ben Erifisländern zu befchäftigen, mit Piccolomini.“ Roh an demfelben Tage verließ Piccolomini fein Lager, z09 in gefaßter Ordnung, immer zum Treffen bereit und den fo lange Übermäthigen Gegner zur Schlacht herausfordernd, an Wildungen vorüber auf Wolfhagen, die Abfiht auf Paderborn verrathend ; ſtand am 26. bei Warburg ; am 28. vor Hörter an der Wefer, Hilnesheim und Niederfachien mit lange verſchobener Heimfuhung bedrohend. Auch bei vieler Wendung des Feldzuges, welcher, ungeachtet die Hefien und Lünt« burger, ven Willen Banerd gefügig, mit ihm ihre ganze Macht ver- einigt hatten, das Unvermögen des ſchwediſchen Heeres, zu ſchützen, and Licht fiellte; ließ der Feldmarſchall nicht den Ernft feines Amtes bliden. Bielmehr hatte er feine Ritte nach Arolfen wieberholt, das Jawort der Berwandten zur ungleichen Verbindung im diefen Tagen . erwirft, und unter dem Verlobungsfeſte durch 200 Kanonenfhüße die Umgegend weit und breit in jo bauge Erwartung gelebt, daß man in Kaflel Kirchliche Gebete hielt, im Wahne es würde eime ents ſcheidende Schlacht gefhlagen!? Wie nun ver Feind zunächſt Abs fihten auf Weftfalen vertieih, ſchickte Bandr das Heer an demfelben Tage auf Walded, bat den Grafen Gusbrlant, welcher ihn mit

ı Qnebriant 228. Pufendorf 402. Decken IV, 73. Fritſch 172. > Quebriaut 228: Ce mariage et les amours da Mareschal Banier oommirent egalement sa personne et sa repatation en plusieurs ren- contres. Tl ne pensolt qu'à sa Maitresse, anns se soueior que fort peu du recoars qui venolt aux ennermir, nan plus que des dossein» Au Bao de J.unebeurg et des trouper de Hesse, qui craignant ’Empereur medi- tolent de nous quitter aux fronticres de Messe, et de se servir pour escuse de leur jonction de la neoessite qui les avoit contraints à def- fendre leur Pays. Il faisoit de dangereux voyages au ohäteau d’Arolt, d'oû jl sembloit qu’il ne revint que poar tenir table et pour faire raison de la sante de sa Maitrense, et un jour entre autrea qu'il receut lo

272 Bedraͤngniß George.

Mühe biöher fetgehalten, um nicht vor dem &equer aufzubrechen, den Schweden gleichwohl nicht zum Angriff auf Piccolomini bewegen konnte, da jener die Verhinderung auf Georg fhob, um feine Geſellſchaft, jagte mit 300 Reutern nad Arolſen (25. Septem⸗ ber), ließ nach zweiſtündigem Aufenthalt formlod ven kirchlichen Segen über feine Ehe ſprechen und volljog bie Hochzeit in dem Lager, in welden er mit feiner jungen Frau um Mitternacht, mit Geſchuͤtzſalven empfangen, eintraf.“ Unter ſolchen Verrich⸗ tungen begreiflih zuk ſpät bemerfend, daß der Feind einen Weſer⸗ übergang bezwede und nod am 26. im Ungewißheit, gedachte Yaner, dur Klising den Paß bei Hörter deden zu laſſen. Allein unter Anfragen und Beichidungen verfirihen die Tage und als Kliging am 30. September, von Baner über Kaffel und Münden auf dem Fuße gefolgt, zu Oelsheim mit feinen Reutern anlangte, fireiften die Schaaren der Feinde ſchon auf dem rechten Wefers ufer, hatten die Schlößer Fürſtenberg, Holzmünden, Bevern inne, uhd fchredten das Landaufgebot und die Neugeworbenen Georg auseinander So war dad öde Heffen zwar von den Drangfalen befreit, aber das forgfältig gehütete Gebiet Georgs ungerüftet über: fallen, und alle Frucht der Mühe und Berechnung vereitelt. Denn am 1. October ergab ſich Hörter und rüftete Piccolomini eine Brüde, um mit Heeresmaht auf das jenfeitige Ufer zu dringen; zugleich aber ftand auch das ganze ſchwediſche Hecr auf braunſchwei⸗ giſchem Gebiete. Bon doppelter Kriegslaft bedroht, deren eins fahen Drud zu meiden der Guelfe den Bruch mit dem Kaiſer nicht gefhent, gedachte, dur frühe Erfahrung gewarnt, Georg nur fürd erfte den ſchwediſchen Gäften den Raum für ihre Einla⸗ gerung zu befchränfen, ihnen, ohme die feften Pläbe, dad Land bie zur Leine, bis Gronau zu überlafien, da der herannahende Winter und die Nähe des Hauptheered die Kortfegung des Feldzuges zu verbieten ſchien. Aber Baner, ſei ed, daß er ſich fehämte, übereilt dem Feinde beide Ufer hinzugeben, oder daß er feine Hülfe dem bangen Landesherrn im glänzenden Erfolge zeigen wollte, um den

consentement da Marquis de Bade son fatur benu-Pere, il fit un festin extraordinairement magnifique, et fit tirer deux cens voldes de canon qui firent ouyés jusques & Cassel, od l’on erdt si certainement quil y avoit bataille qu'on fit des prieres publiques.

1Gué⸗briant 229. PBufenborf 402 mit einer Abweichung des Datums um einen Tag.

Bandr und Georg. 273

Geretteten dann zur rückſichtsloſen Eröffnung feines ganzen Gebietes für bie Winterlager zu zwingen; lehnte die Erbietung Georgs ab, drang über Fürſtenberg und den follinger Wald auf die Wefer, * fcheuchte die Kroaten über den Strom und verhinderte, fhon am Tage der Mebergabe von Hörter, 1. October, am Paſſe der Wefer bei Stein aufgeftellt, die Vollendung der Brüde. Hunger und Elend an der Wefer und im Stifte Paderborn, wie in Heflen, vorfindend, verließ Piccolomini, obgleich feine Brüde am 7. Octo⸗ ber gefhlagen war, am 10. October Hörter, zog noch einige Zeit ungewiß und Tangfam den Strom abwärtd umher und fuchte dann, auch feinerfeits die Folgen dreier Hungerlager und ungeheurer Mär: ſche verfpürend, froh den Feind aus Böhmen bis nad Nieder⸗ ſachſen ind eigene Land, ohne Schlacht getrieben zu haben, im Manſterſchen Winterlager auf. |

Wie fo, ohne beſonderes Zuthun Bandrs, Niederſachſen ge⸗ ſichert ſchien, glaubte der Schwede ein Recht zu haben, von dem Guelfen den Unterhalt ſeines Heeres fordern zu dürfen, welches ſeit dem Aufbruche von Böhmen, obenein durch Königsmark und aus dem Halberſtädtiſchen verſtärkt, unter Mangel und Erſchöpfung dennoch bis auf 12,000 Mann geſchmolzen war.“— Aber Georg fühlte keineswegs feine Lage erleichtert, Magte am 14. October über die Verarmung des Landes, wünſchte unverholen der Gäfte los zu fein und wollte nur das bisher zugeftandene, bereitd ausgeſogene Gebiet vorläufig einräumen. Als er die Truppen zurüdzog, deren er zur Einfhränfung der fühnen Beſatzung von Wolfenbüttel be« durfte, breitete Baner feine unzufriedenen Schaaren, in bedenklicher Gährung, wie 1635 um Magdeburg, über das offene Land, bis über die Leine hinaus; berückſichtigte auch die Weimarer, melde, da Longueville noch Immer Frank in Kaffel weilte, * den Oberbefehl Guébriants, des nachglebigen und Mugen, fi gefallen ließen, und dem Feldmarſchall zur Folge ſich anheifhig madten. Der Graf ruhete in Göttingen und Daffel von den Sorgen und Anftrengungen,

„" Theatr. Europ. IV, 395.

Guébriant 231. Pufendorf 402. Decken IV, 80.

Le Laboureur 226 rühmt das Anſehen, welches fein Held ſich bei dem

hochfahrenden Banr und bei den ſtörrigen Weimarern zu erwerben gewußt habe. Bon Longuesilie fagt Pufendorf 401: Erat is alias ingenio plaoido, sed uti sonsilio ex se capessendo impar, ita aliorum suggestio- nibus obnoxius soque et Gallis et Germanis parum aestimatus. Barthold, Geſch. des SOjähr. Kriegs. IL 18

274 Baner in Hildecheim.

und Bandr rüftete fi zum Befuche in Hildesheim, „um dem Her- zoge feine junge Frau vorzuftellen,” und vor allem, mad weiter zu thun fei, zu berathen. Abenteuerliche Pläne regten ſich im Kopfe des ſchwediſchen Heerführers, welcher verjüngt fehlen feit der neuen Heirath, obwohl Krankheit am Innerften eines rafch verſchwendeten Lebens nagte. Mit Bewußtſein überhigte Baner die Neige feiner Tage mit Genüffen, welche er im Laufe feines Mannesalters als einzige Würze erprobt hatte. Derbe Liebesluft, unmäßige Trinfgelage, und wilde, die Welt blendende Waffenthaten, unternommen, mehr um feinen verbunfelten Namen nod einmal glänzend aufleuchten zu Iaffen, ald die bange Erwartung von Mil- lionen noch befangener, unzufriedener Glaubensgenoſſen zu erfüllen, ließen ihn fortan nicht zur würbevollen Veberlegung der öffentlichen Zuftände fommen. Aller Mebergänge der hochgeſchwollnen Weſer bis Hameln hinauf fiber, und fundig, daß Piccolomini und ber Erzherzog in das Paderbornſche tiber Lippſtadt und Büren auf Ober- hefien und den Niederrhein ſich zögen; meldete Bandr aus Büde- burg am ?%,, October feinen Befuh dem Herzoge, und hielt in fürftlihem Gefolge am 7. November mit Guebriant, Chriftian von Heffen, dem Grafen Otto VI. von Schaumburg und vielen Öberften der vereinigten Heere dort feinen Einzug, während die Untergebe- nen nad Landesart im Eigenen der Bundesgenofien ſich pflegten. Auf mehrtägigen, verhängnißvollen Gelagen wurde die Entfernung ded Heered aus Niederfachfen berathen. Da dafielbe, ohne dem Gegner Schaden zu thun und ohne fich zu ergänzen, das legte Mark der Verbündeten ausfog, und man dem Begehren des Herzogs nad Erledigung feinen Grund entgegenftellen fonnte, zumal Georg und feine Verwandten unmuthig zu erfennen gaben: „blieben die Gäſte mit Gewalt, fo müßten fie andere Entfchlüffe faſſen,“ kam Baner mit Georg im tiefften Geheim über ein waghalfiged Auskunfts⸗ mittel überein, das dem Guelfen zunächft gefiel, weil es fein Land be- freite. Zur Förderung des Anfchlages, den felbft die vertrauteften Räthe und Offiziere Georgs nicht ahnten, und zu deſſen Mitwirkung im allgemeinen felbft Guebriant fih erft von Staffel beim kranken Prinzen Genehmigung holen folte, wurden im November zuerft die Generale Pful und der Oberft Dörflinger durd das Eichsfeld und

* Buebriant 236. Deden IV, 84. Pufenporf 403. Theatr. Europ. i, 179, 269.

Krieg in Sclefien. 275 die güldene Aue gegen Meißen vorausgeſchickt. Sie ftanden ſchon

am 1Y,, Rovember in Eiöleben, am zu Altenburg; fchein- bar, um, mit der Befakung von Erfurt vereinigt, Zwidau zu retten, das feit dem Abzuge der Schweden im Frühjahr durch Kurfachfen eng eingeichloffen blieb. Allein die Behauptung der Bergftadt war

nur gelegentliher Zwed.

@iebentes Kapitel.

Krieg in Schlefien 1640. Wintergquartiere des Taiferlichen Heeres. 164°. Rofen und Bredow bei Ziegenhain. November. Elſaß franzöfiiche Pros vinz; Hohentwiel. Richeliens Pläne in Artois, in Piemont, in Katalonien und Portugal. 1640. Reichstag zu Regensburg. Hippolithus a Lapide.

Unter dem fchleppenden Gange des großen Krieges, von den Eidquellen durch Böhmen, Franken, Thüringen, Heften, Weftfalen bis an die Wefer und zurüd zur Leine, hatten die Waffen nicht im oͤſtlichen Deutfhland geruht. * Nach Baners Abzuge aus dem König- seih tummelte fih in Schlefien Staͤlhandske, aus Pommern und Brandenburg verflärkt, gegen Mansfeld und Golz, welcher im März Jauer und Striegau erflürmte, und zumal Hirfchberg, dad am wil« ligften ſchwediſche Beſatzung aufgenommen, zu ftrafen ſich anſchickte. Jene blühende Gewerbsſtadt, im Suli durch Mansfeld furdfbar geängftigt, am 27. durch Staͤlhandske entfeht, erbebte im September und October wieder vor ber gebroheten Rache und, ald der rüflige Schwere, mit Anftrengung der Brandenburger und Sachſen fid erwehrend, welche über Frankfurt und die Laufig herandroheten, im November die Kaiferlichen wieder verjagt hatte, blieb nichts anderes übrig, als den unhaltbar verödeten Drt wie Garz und Pirna vol lend feiner Befeftigungen zu berauben und die evangelifchen Bürger in die Nachbarſchaft zu vertheilen. Wie darauf die Faiferlichen Bölfer nad Oberſchleſien in die Winterquartiere gingen, wandte Stälhandefe, auf Pommern und Banerd geheime Plaͤne aufmerkſam, fih auf die Nieverlaufig und die Mark; und fo genoß Schlefien am Ende des Jahres 1640 nur die Frucht von dem vermeintlichen, ungebetenen Befreier, daß Fein Winkel, die großen feſten Staͤdte ausgenommen, von der entjeglichen Geißel frei war.

ı Dheatr. Europ. IV, 248-258. Pufendorf 404 ff. Menzel I, 524. 48°

276 Rüdzug des Neichöheeres.

Auch in Brandenburg dauerte der Feine Krieg bis zur todt⸗

matten Erfhöpfung ver Unterthanen fort. Georg Wilhelm lauerte auf günfligere Zeit müßig im fernen Preußen, während Schwarzen» berg, fein Statthalter, noch Herr der Feftungen Spandau, Peig und Küftrin, der kaiſerlichen Politit bis zum legten Momente treu ver- harrte. Zwar erhielten feine verwegenen Oberften Golbader, Rochow, Kracht, Lüdecke, mit den Reſten des Falferlich - brandenburgifchen Heeres, in Nieverfachfen, der Laufis, an Pommerns Grenzen, in Medlendburg und der Altmark, in Berbindung mit den Plänen Arnims, Krodows, Huwalds,“! die Stellvertreter Baners in Pommern im Athem; machten felbft dem Lüneburger an der Rieder: elbe Sorge; führten jedoch fo wenig Jufammenhängendes und Dauerns des aus, daß Frievrih Wilhelm, am 1. December 1640 feinem Vater ald Kurfürft gefolgt, bei der gänzlichen Entfräftung feiner deutfchen Lande verzagte, mit: Waffengewalt gegen die Schweden fein Erbreht auf Pommern zu verfechten, und, bedauernswürdig für die allgemeine deutſche Sache, die ſchwach gehandhabten Waffen niederfegend, den @ingedrungenen den Rücken fidyerte, und ven Er⸗ oßerungen der Schweden an der Oftfee die erfte Feſtigkeit verlieh:

Eo wenig dem Heere Baners in Riederfachfen länger Erho⸗ lungsquartiere gegönnt waren, durften der Erzherzog und Piccolos mini, alsbald durd die Heſſen in Weſtfalen zur Abwehr genöthigt, im öden, norbweftlichen Deutſchland fich dauernde Ruhe für ihr zahlreiches Volk verfprehen. *_ Die Abficht der Feldherrn, die Rie⸗ derheffens zerflörte Dörfer nicht zum Aufenthalt einluden, war in Oberhefien am Main Winterquartier zu nehmen; weshalb (am 25. October) fie fih) um Brilon und Büren von einander trennten; Wahl in Weftfalen allein zurückblieb, Hatzfeld die verfolgenven Schweden unter dem Oberſt Slange blutig abwies, vollends an den Niederrhein zu Lamboy, welcher unter den Fahnen des’ Cardi⸗ nalinfanten im Artois böfe Tage verlebt hatte, zog, und die übrigen baierifchen und kaiſerlichen Schaaren den Rüdweg nad dem Süden antraten. Amalia Eliſabeth, in Angfl, es fei auf Heſſen abgefehen, nahm bei der Annäherung jener die Flucht nad Gröningen, wie

Lohauſen, der Theilnehmer der Pläne gegen die Schweben, war zu Anfang des Jahres in Roſtock geſtorben. Theatr. Europ. IV, 401.

® Ablyreitter 405. Theatr. Europ. IV, 222 225, 248. Pufen⸗ dorf 403. Guéb riant 233 ff. Fritf 172.

Rofen und Brebow. 277

‚es hieß, „um den Befehlshaber ihrer Beſatzung in Friesland zur Ruhe zu weiſen,“ welcher dem Nachfolger Melanders, dem Grafen von Eberflein, den Gehorfam verweigerte.“ Aber nur wie cin ver: fengender Wind fuhr das kaiſerliche Heer über Nieverheflen, wo ber Landmann, in vie Bergwälder geflüchtet, ven Acker kaum beftellte, weil wenige geerndtet hatten. Leber Frankenberg in Marburg ans gelangt, durfte der Erzherzog dem ‚geplagten alten freunde, dem Landgrafen Georg, nit allein nicht die Aufnahme der Müden zu- zanihen, fondern mußte noch harte Kämpfe beſtehen, um die einge- nifteten Yeinde mus reichſstreuem Gebiete zu vertreiben. Denn Rein- hold Roſen, einer ber Direktoren ber Weimarer, hatte im September das Lager bei Wildungen, im Zwieſpalt mit feinen Amtsgenoſſen und in ſchmachvoller Dienfbarleit an Fraufreich, verlafien, bie freie Reichsſtadt Friedberg befegt, den Reſt feiner zerftreuten Genoſſen unter Seinem Better, dem tollen Rofen, und dem Kolhaas, an ſich gezogen, ? Homburg vor ber Höhe, den Wiltwenfig der alten Land⸗ gräftn, erſtürmt und verbrannt (rer), und den Schreden bie Höchſt und Mainz getragen. Als der Verwegene den Anzug der Kaiferlichen inne wurde, welche das hohe Amoeneburg, nad Mainz gehörig, am °/ıu November erfliegen, machte er, iu Friedberg nur geringe Beſatzung laſſend, Ach fort auf Treiſa, Dicht an der ſtarken heffiichen Belle Ziegenhain; empfing durch Longneville aus dem naben Kaſſel Verflärfung und trat fo keck nen Heranziehenden ent- gegen, daß Piccolomini von Kirchhain 3000 Reuter umter Gille de Hard, dem bewährten Beldmarfchall » Lieutenant Bredow und dem jüngeren Mercy abſchickte, um ihm zu überwältigen. Der aber, „ber Teufel mit der Roſe,“ fo lautete das Lofungswort Gilles de Hard, feinerfeitd aus Kafel Hülfe ziehend, empfing jene 13%, November nicht allein fo entichloffen unter den Wählen von Ziegenhain, daB Gille de Haes ſelhſt verwundet wurde; ſondern folgte, gls neue Schaaren am '%,, Rovember von Kaflel zu ihm ſtießen, bis quf Neukirchen eine Meile von Ziegenhain fo uner- wertet ben Weichenden, daß er auch folgenden Tages bie flarfen kaiſerlichen und baieriſchen NRegimenter in übereilter Aufftelung mit dem Lofungsworte: Louys! gänzlih in die Flucht ſchlug, mehrere hundert Gefangene, ſchöne Beute und felbft den todtwunden Feldherrn 2 Theatr. Europ. IV, 271. > Buebriant 33.

278 Eſaß franzoͤſtſche Provinz.

Bredow nach ſeiner Feſte führte, und nur der ältere Mercy “die Niederlage aufhielt. Herbe war der Verluſt, am Tage St. Leopolds erlitten, und der Name Reinhold Roſens ging als Schreden über die Feinde Franfreihd aus; befienungeachtet aber zwang der alte Geleen im böfen Wetter Friedberg, Stadt und Ganerbenhaus, mit flürmender Hand, me His 1, December, worauf das Faiferlihe und baierifhe Heer unter ftrenger Kälte um Aſchaffenburg über den Main zog, Geleen feine Winterquartiere in Würzburg, Caretto um Nürnberg nahm, Piccolomint und Leopold über Mergentheim nad) Regensburg zum Kaiſer eilten, * um ihre Bölfer über Franken, Baiern, Schwaben bis nad) Augsburg, das vielgeplagte wirtemberger Land am wenigften verfchonend,, zur kurs zen Raft vertheilten. Hinter ihnen drein tummelte alsbald ber Roſen fih von neuem; ? von Longueville befehligt, mit einem ftar- fen Reutergefchwaber und dem Grafen Wittgenftein den Sold der Weimarer aus Frankfurt abzuholen, überrafchte er bei jener Stabt am Dre faiferliche Haufen, fchredte die Nachzugler bei Afchafs fenburg, und geleitete das franzöfifche Geld unbefchäpdigt nach Mühl: haufen. Bergeblih Hatten Faiferlihe Beamte in der Reichsſtadt Befchlagnahme des feindlichen Gutes gefordert; unter der verzögerten Drohung ftahlen die Kaufleute dafjelbe in Weintonnen zu dem Iauernden Direktor hinaus.

Weil der Politif Richelieus der wefentlide Schritt gelungen war, die Hauptmaht des Kaiferd und Reiches im Innern Deutſch⸗ lands ohne Aufwand des franzöflfhen Staates: zu befchäftigen ; fonnten die Eingebrungenen am Oberrhein, * fo wie die Schweden in Pommern, planmäßig zu Werfe gehen. Im Breiögau waltete Erlach, aufmerkfam auf alle Gefahren; bewirkte durch fein Anfehen am franzöfifchen Hofe die Loslaffung Taupadeld, des Gefangenen aus der Schlacht von Wittenweier, weldier um Speerreuter, ber bis dahin in Hohentwiel faß, fo wie Baflompierre gegen Schafs faligfi und gegen eine Summe Geldes freigemacht wurde. (Februar 1640). Der Ehrgeizige, zum Reuteroberfi und höherem Range mit

4 Theatr. Europ. IV, 225.

3 Qucbriant 236.

Daf.

3 Theatr. Europ. IV, 215, 216. Erlach I], % 93, 118. Ablzreit⸗ tex 397. gaguilte I, 157.

Erlachs Thätigkeit und Lohn. 279

“frangöfifhem Jahrgelde erhoben, tröftete ſich vorläufig, daß er, in in Bernhards Teftament vergeffen nicht bei der Austheilung der Beute gewefen ſei; erhielt Güter in der Graffchaft Pfirt zugefichert, und übernahm die Führung der im Elſaß und Breidgau zurüdges laſſenen Weimarer. Nichts fruchtete dem Schweizer Erlach, daß er fi) mädtige Gönner zu erfaufen fuchte, dem Duc de Longueville das Schloß Joux, als zum Fürftenthbum Reufchatel gehörig, erwirfte ; der Verräther blieb auch als Keger dem Kardinal verdächtig. ! Wie Montaufter von Kolmar aus des Oberftatthalters Befehl. fchon früher gering geachtet, trat im Juni 1640 der Baron d’Diffonville, der Neffe des Minifterd Des Noyers, fhon im Frühjahr mit reich- beladenen Mauleſeln angefommen, mit dem Titel eined Königs- Lieutenant des Elfaß und ver oberrheinifchen Lande in Breiſach auf, ? und nahm die Leitung des Eroberten in Anfprud. Vergeb⸗ lich ſträubte fih Erlach, ſchrieb klagend an Richelieu; er mußte nachgeben und trug noch den Schimpf davon, vor der Welt mit Liſt aus ſeiner Vollgewalt gedraͤngt zu erſcheinen. Bis dahin hatte, weil der Krieg in der Freigrafſchaft und in Lothringen bis auf Streifzüge der Garniſonen ruhete und Piccolomini im fernen Thüs ringen ftritt, nichts den Beſitz des Oberrheins geftört, bis auf Ausfälle von Offenburg und Bambergers Gejchäftigfeit, des rüftigen Befehlshabers von Philippsburg, * welcher im April die Umgegend des Elſaß, Zabern und Benfeld, fchredte, und in einer Mainacht einmal ſchon in Perfon über die erfte Brüde bis unter dad Full- gatter ded Thored von Hagenau gefommen war, ald das zufällige Loshrennen eines Feuerrohred die Wache ermunterte.e Doc Hatte die Beftürzung des Poftend, welcher die Yallbrüde hinter ihm ber: unterzulaffen vergaß, ihn unverfehrt entfommen laſſen. Sorglicher wurden die Dinge, als, zur Zeit der Flucht Baners auf Münden, Piccolomini den Gonzaga und Gille de Haes bei. Alchaffenburg über den Main fchicdte, um mit Geleen vereinigt einen mächtigen Anfall auf die Eroberungen des Weimarerd zu wagen. Zugleid) drobete von der oberfhwäbifchen Seite Gefahr für Hohentwiel und die Waldſtädte. Denn kraft des Vertrages, welchen die Erzher⸗ zogin Klaudia von Tirol am Ende des Jahres 1633 mit dem Kaifer

* @rlad I, 96. 2 Pufendorf 408. 2Adlzreitter 397. Theatr. Europ. IV, 219. Bufenborf 408.

280 Erlachs Thaͤtigkeit und Lohn.

und mit Spanien zur Wiebereroberung Vorderoͤſterreichs geſchloſſen, warb man mit fpanifhem Gelde in Tirol und am Bodenfee, und erbot fi der fpanifche Gefandte Don Federigo Enriquez die Führung des neuen Heeres zu übernehmen. Aber einerfeitS rief der Fortſchritt der Franzofen in Piemont die fpanifchen Werblinge über die Alpen ; andererjeitd mußten Geleen, Gonzaga und Gille de Haes nah Bin, gend Bezwingung zum Hauptheere bei Fritzlar ftoßen. Dennoch bes nugte D’Diffonville diefe unrubigen Zeitumftände, um fih in feinem Amte ald Königs - Lieutenant zu befeftigen. Erlach und Taupadel wurden mit der Reuterei in die Waldſtädte hinausgeſchickt, um bie Ernte in Sicherheit zu bringen, die Feſte Hohentwiel zu verforgen, und im Tonftanzer Gebiet den Reft der Spanier zu vertreiben; Hat- ftein, ein zweiter Wächter des breifacher Vertrages, mußte mit ber Beſatzung Breiſachs, Schlettſtädts, Kolmard und Benfelds zu gleichem müßigen Zweck ind Unterelfaß marfchiren, während beffen der Königs- Lieutenant den Befehl in Breifad übernahm und fo willführlid fhaltete, daß Erlach im Verdruß erft im Sauerbrunnen zu Sulzbach, dann im Felde blieb, und Klagbriefe an den Karbinal richtete. Uns gejäumt arbeiteten inzwifchen unter d'ODiſſonvilles Aufficht die fran- zöfifhen Beamten, dad Elfaß, .deffen Seiten bereits mit Eoftbaren Werfen in unbezwingliden Stand gefegt und mit ungeheuren Vor⸗ räthen verfehen waren, auf franzöfiſchen Fuß zu bringen. Das evangelifche Bekenntniß, welches angeblich zu befeftigen die ſchwe⸗ difhen Bundesgenofien Deutfhland mit Mord und Brand erfüllten, fand im Elfaß von den franzöfiihen Pfaffen überall Anfeindung, Beihränfung, fogar Zwang. Der neue Kalender wurde den altaıt- haͤnglichen Lutheranern anbefohlen; Anftalt getroffen, die geiftlichen Güter, doch feinedweges mit der früheren Unabhängigkeit, herzuftellen ; die Städte des Bisthumd Straßburg müßten den Unterthanencid leiſten.“ Diffonville wollte der Iutherifchen Befagung zu Breiſach nicht einmal dad Grab auf dem Kirchhufe geftatten, und räumte dreien Mönden ein anfehnlides Kloftergebäude ein, fo trefflich dafielbe zu kriegeriſchem Zwed fi eignete.* ‘Dem vorderöſterreichi⸗ hen Adel zwang man dad Gelöbniß ab, „das Beſte des Königs treu zu befördern und fih jeder Verbindung mit Oeſterreich zu t Theatr. Europ. IV, 220.

s Dal. 215. 2 Erlach I, 108.

Angriff auf Hohentwiel. 281 enthalten. Weberall bemühete man fi, planmäßig jede Spur von Bernhards fürftlihem Walten zu vertilgen, welches ein Beriht an den König vom 20. Juli 1640 in leidenfchaftliher Weiſe befchul- digte. Umſonſt proteftirten die weimarfhen Directoren und bie wachſamen Oberften gegen die gänzlihe Durdlöderung des breis faher Vertrages; die Feſte war mit dem Lande einmal Frankreich ohne Rüͤckhalt zu eigen. Ludwig nannte fie fein, ließ Münzen fhlagen mit der Umſchrift: Deus transfert regna. ' Als im Herbſte Bandr nad Niederſachſen gewichen war, wuchs das Kriegs⸗ getummel am Bodenſee um Hohentwiei. Widerhold, mit erhöheter Penfion von Frankreich bedacht, weil er alle brieflichen Aufforde⸗ rungen des Landesherrn, (die aber wohl nur ernſtlich lauteten, jedoch des Gegenzeichens entbehrten), fo wie bie Verlodungen ber Spanier abgewieſen? und die erneuten Belagerungöverfuhe mit finnteider Erfindung vereitelt hatte; fah fih im September wie: berum durch den Spanier bedroht. Aber in Lauffenburg ftanden lauernd die Weimarer unter Erlach, bemächtigten fih am 8. October auch des Städtleind Engen, worauf die Italler und Tiroler fi aus Mangel verliefen, den unachtfamen Spanier verrietben, fo daß Johann Nofen, vereinigt mit einem kecken Ausfalle Wider holds, die Umſchließenden zerftreute, das Schloß Staufen ers flürmte, die fpanifhen Haufen von 3000 Mann auf 700 in blutigen Gefechten verminderte, und im November bie weis marſchen Regimenter, wie jene ſchwachen Reſte ſich an den Boden⸗ fee gezogen, in ihre Städte zurückkehrten. Tiefen Unmuth im Herzen reiſte Erlach, durch dOiſſonville faſt ganz aus ſeinem Amte verdrängt, nach Paris, trug aber nichts als artige Worte bed Kardinals, Vertröftungen für feine Forderungen und einige Vortheile für feine Perfon davon. Dem Herzoge von Wir temberg, welcher das böfe Spiel in Hohentwiel eingeleitet und bie Züde weder aufgeben wollte, noch des fheintreuen Widerholds Verpflichtung an Frankreich aufheben konnte, ° geihah gewiß fein

* Theatr. Europ. IV, 220, 787. Bufendorf 408. Sattler VII, 338, : Sattler VII, 212. Das Schreiben Eberhards vom *,, September 1639 in faft komiſchem Ernſt. Wo Du Widerhold uns noch mit Trewen meineft, wirftu diefem Befelch Bolge Ieyflen und beine Trew, Chr und Namen zu retten, dich mit befohlner Liefferung des Haufes nicht länger aufhalten, fondern eines endlichen gegen uns erklären. ' 2 Daf. VII, 205, 240, Beil. 69.

232 Erfolge Frankreichs in Artois.

Unrecht, daß die Laft der Winterquartiere auf feinem Lande, ſo klääglich er deſſen Zuftand fchilderte, aufgebürdet wurde. “Der duld⸗ fame Kaifer hätte den vielfach klagenden wohl noch gefchont und defien, wie ber Landgräfin Unbilden überfehen; aber Marimilian von Baiern war unnachfichtiger gegen die falfchen Thaten des Nad- barn, drohete „dem Kaiſer den Hund vor die Thür zu werfen,” oder Kriegsvölfer in die Erblande einzulagern, und fo mußte denn der Züngling, von Anfang an übel berathen, hülflos die wieder eingefeßten Yebte und des Prinzen Braganza, Gonzagas, der Erzherzogin Klaudia und Marimiliand Regimenter in feinem ver: ödeten Lande gewähren lafien. In Wirtemberg hieß e8: Untreue ſchlug den eigenen Herrn! in Breifadh: Gevatter Hafe gieb dem Igel Raum!

AS die erfchlichene Erbfhaft Bernhards von Weimar die fran- zöfifche Grenze vor Anfall ficherftellte, und Ludwigs Bundesgenofien, um armfelige Summe erfauft, den Krieg im Herzen Deutfchlande fefthielten, Fonnten Richelieus weit angelegte Pläne nachdrucksvoller an andern Seiten ſich entwideln. Hesdins Eroberung im vorigen Jahre hatte die frangöfifhen Marfhälle wieder mit Vertrauen auf ihre Waffen erfüllt. * De la Meilleraye und Chatillon vereinigten fih) zur Bezwingung von Arras, der großen, feften Hauptflabt von Artois. In ihrem Gefolge erwarb der faum neunzehnjährige Prinz Louis von Enghien, eben verlobt wider feinen Willen mit der Nichte Richelieus, Claire Clemence, Tochter des Marſchalls Duc de Maille-Breze, die erften Sporen; jener entfeglihe Condé, welcher, im frühen Gefhmad an fhonungslofen Schlachten, bald die Intri⸗ guen und Tändeleien des Winterhoflagerd regelmäßig im Frühjahr verließ, um mit blutigen Lorberen, wie von einer Jagdluſt nad) Paris heimgefehrt, mit erfrifchter Begier in verliebte Thorheiten fi) zu flürgen. Bei ihm war Joftad Ranzau, feit furzem in Frank— reich ganz eingebürgert; hochbetraut vom Kardinal und bei ver Königin wohl gelitten, Hatte ber Trunfenbold wieder einen Theil feiner Glieder eingebüßt, ? als zu Anfang des Juli Don Fernando, Lamboy und Karl von Lothringen zum Entſatz erfchienen. Bald

s Montglat I, 265 fe Le Baffor X, 91— 116, 136 162. Garve I, 51. Deformeanzx I, 39.

3 Moniglat I, 271: I y fut blesse d’une mousquetade,, pour laquelle il lai fallat couper la cuisse tout contre la fesse, en sorte quil me lui resta quo le moignon. Il fit cette attaque mal à propos et #tani ivre:

[

Richelieus Triumphe. 283

litten die Franzoſen, von dem Gegner innerhalb Ihrer Linien ein: gefperrt, den bitterften Mangel. Ludwig, feldft nad) Amiend ges reift, beförberte glüdlih durh du Hallier aus Nancy und durch prunkendes Hofgefolge einige Erquidung in das darbende Lager, in welchem fo empfindlicher Hunger herrſchte, daß bei der Anfunft der Zufuhr die Prinzen, und hohen Offiziere, „gefleidet in ſchmutzige Büffelkoller und entftellt dur die Kriegsmühen,“ gierig im Orafe fih zum Imbiß nieberließen, welches das Hofgefolge, „geihmüdt wie zum Balle,“ ihnen bereitet. So fiel, aller Abwehrsverſuche des Karbinalinfanten ungeachtet, am 10. Auguft Arras unter frans zöfifche Botmäßigfeitz jene mächtige Feſtung, von der es früher hieß: quand les Francois prendront Arras les souris mangeront les rats! Die holländiſchen Bundesgenoffen richteten dagegen weber auf der brabantifchen noch auf der deutfchen Seite etwas aus. In der Freigraffchaft ftreifte der Marquis de Villeroy bis Dole und ging dann nad) Italien, wo der Graf von Harcourt und Turenne glüdlih das hartbenrängte Cafale gegen den Marquefe de Leganı; entfegten (Ende April), Turin, obgleih vom ‘Bringen Thomas mit Anftrengung vertheidigt, unter den Augen des tapfern Stutt; halterd der Lombardei am 24. September einnahmen, und bie vers tricbene Regentin von Savoyen am 20. November in ihre Haupt: ftadt wieder einführten. Noch beprohlicher für König Philipp, zur BVerherrlihung der Staatsfunft Richelieus, geftulteten die Dinge fi) auf dem Boden Spantend.? Die Katalonier, in ihren Vor: rechten von dem Statthalter gefränft während des Krieges im nahen Rouffillon, verbanden fih zur Behauptung ihrer ſpröden Freiheit und fchloffen zu Barcelona am 6. December 1640 ein enges Bündniß mit Sranfreih, ° um unter deſſen Schuge einen Freiftaat zu bilden. Zugleich gig auch die ſchon feit 1638 ausgefäcte Saat des Kar: dinal8 am Außerften Saume der habsburgiſchen Herrſchaft auf un: ferem SFeftlande auf; am 1. Dember 1640 warb der Erbe des Haufes Braganza ald Don Joan IV. zum König von Portugal

ce qui lui arrivoit souveni; et c’etoit grand dommage, car il avoit de belles qualités, et il entendoit bien son metier; mais le via lui faisoit commettre de grandes fauton.

ı Montglat I, 284.

3 Siri Merourio I, 45—114%.

Montglat 1, 298.

284 Giulio Mazzarini und Richelien.

audgerufen und ſchloß zu Paris am 1. Juni 1641 ein Schuß und Trugbündniß mit Ludwig, ! während der Bruder des neuen Königs, jener Zgiferlihe General Don Eduardo de Braganza, zu Donauwerth, auf Anfliften des fpanifchen Gefandten ? am Faifer- lihen Hofe, Don Srancedfo de Melo und des Kapuziner Bra Diego Duiroga, welcher derdinando Gewiſſen beängftigte, in unverſchul⸗ deten Feſſeln ſchmachtete. So ſprang eine Mine nach der andern, um des Doppelhauſes Habsburg Standhaftigkeit und Macht zu erſchüttern. Aber auch Richelieu, der Meiſter, fremde Throne zu untergraben, ſtand auf unterhoͤltem Boden und war in Folge der Verſchwörung der Prinzen, des hohen Adels und des Günſt⸗ lings ſeines ſchwachen Königs um ein haarbreit vom Abgrunde entfernt! Bullion, Oberintendant ver Finanzen, feinem Gönner ſchon feit einiger Zeit entfremdet, * weil er dem forfchenden Könige den unermeßlihen Umfang der Steuern ausführlich vorgelegt, ſtarb zwar zu Ende des Jahres und ließ den Sieur Claude le Bouthil- Bier allein im wictigften Amte; dagegen erwuchs dem gewaltigen Lenker des franzöfifhen Staates ein geifteöverwandter Gehülfe, treuer und kluger Vertheidiger, der fähigfte Vollſtrecker feiner Plaͤne, an Giulio Mazzarini, eined Bankiers Sohn, welcher in den Abs rugzen geboren, 1602, erft Geiftlicher, Vicelegat Urbans VIII. in Avignon und außerordentliher Botſchafter des heiligen Stuhle in Frankreich, für den Dienft des Königs das römifche Intereffe aufgab und das Vertrauen Richelieus gewann.” Zum Kardinalshut durd) Ludwigs Stimme unabweislich vorgefchlagen und im Derember 1641 befördert, ernannte Richelieu ihn zum franzöfifchen Bevollmächtigten für die allgemeine deutfche Frievensverfammlung , * zu deren ſchied⸗ rihterlihen Geſetzen nach feiner Berechnung doch einmal der Kaifer, dad Reih und Spanien, almälig entfräftet, gebeugt werben mußten.

Wie gering Fonnte bei folchen Triumphen der franzöfifchen Politif und der franzöfiihen Waffen die Erwartung der friebliebens ben Berfammlung in Nürnberg fein, * ber todbringenden Kranfheit

ı $laffan II, 56 ff.

2 Siri Mero. I, 120 ff. Flaffan II, 00 fi. 2 Siri Merc. I, 283. MontglatT, "308. 3 Bougeant I, 438.

® 2onborp IV, 814. Röfe II, 433.

Reichstag zu Regensburg. 285

des Vaterlandes mit eigener Weisheit und eigener Kraft abzuhelfen?

Unter ihren Augen ſchloſſen die Landgraͤfin und der Lürieburger ihr Bimdniß mit dem Reichsfeinde, aller Abmahnungen und Verheißun- gen ungeachtet; wagte fich doch ſelbſt ein gewißer Johann Kopp, Rath der Herzogin Anna von Eroy, geborenen Herzogin von Poms

mern, und @ubernator ber Iothringifchen Güter ihres‘ unmündigen

Sohnes, in ihre Mitte, und machte ihnen am 1. Juli 1640 ver: traufiche Mitihellungen „über des allerchrifttichften Königes Friedens»

liebe.“ Weil die Briefe‘ des Kundſchafters jedoch vom 31. Jul

des vergangenen Jahres ausgeftellt waren, mußte er; auf Gcheiß

des’ Thiferfichen Bevollmächtigten die Stadt räumen, gewiß" aber

nicht ohne böfen Saamen ausgeftreut zu haben. Bel dem grellen Widerſpruche zwiſchen Worten und Thaten der Heffen und des Lüine- burgerd war die wohlmeinend angebotene Vermittelung des Königs von Dänemmf begreifticher Weife ohne Erfolg; und well bie zu Köln angefnüpften Unterhandlungen an neuen Förmlichkeiten, welche

die Krangofen, Spanier und Schweden, In der Abſicht den Frieden’

zu verhindern, immer von neuem erfonnen, flch zerſchlugen;“ ber päpffiche Nuntius feine Abberufung forderte; ? und Salvius in Hamburg, mit Avanr gemeinfhaftlich, mit dem Fatferlichen Gefandten, Konrad von Lützow, um Kleinigkeiten fih herumzanften und an der Erneuerung des ablaufenden Bundesvertrages zwifchen beiden Kro⸗ nen arbeiteten; ermaßen die SKurfürften die Nothwendigfeit: den Kaiſer zu einem affgemeinen Reichstage aufzufordern. Ferdinand ergriff diefes Mittel, in der Hoffnung, daß das Friedenswerk auf einer folhen Verſammlung am geeignetften gefördert werben koͤnnte; ſchrieb am 26. Mai 1640 einen allgemeinen Reichstag nach Regens- burg auf den 26. Juli ans,* wohin er fih ſchon am Ende des Maimonats begab, um dem Kriegsfchaupfage näher zu fein.

Aber kaum im September hatten die Abgefandten, fo wie bie ausgeföhnten Neichsftände in Negensburg ſich eingefunden; unge achtet Fein Kurfürft und von den Yürften nur der Markgraf Wil⸗ heim von Baden in Perfon ſich eingeftelit, Meß der Kalfer am 23. September den Reichstag eröffnen. Ferdinand betheuerte ber

ı Bufendorf XII, 6789. Bougeant I, 2.5.

2 Theatr. Europ. IV, 306—308.

2Londorp IV, 816 ff. Theatr. Europ. II, 296. Senftenberg VI, 42f. Menzel U, 45. Weſtenrieder IH, 102 fi.

086 Nachgiebigkeit des Kaifere.

Berfammlung feine Aufrichtigkeit und Friedensliebe, bat die Stände zur Erreihung des Zweckes um einmüthige Mitwirkung, forderte aber, damit man nicht von der Willführ der fremden Kronen ab- hinge, ingwifchen den Krieg mit Daranftredung des Aeußerſten fort» zufegen. So begannen denn mit deutfcher Langſamkeit und unter widerwärtigen Sigungöftreitigfeiten die Berathungen zur Beruhigung des deutfchen Reiches und zur Unterhaltung eined Achtung gebieten« den Kriegöfußes. Yerdinand gab dem dringenden Gefuche der Stände, auch den von der Amneftie noch Ausgefchloffienen ficheres Geleit auf den Reichstag zu gewähren, nach; geftattete den Zutritt der heffi- [hen und braunfdhweigifhen Geſandten und verlangte das Gutach⸗ ten der Stände über die den bisher ausgeſchloſſenen Reichögliedern zu gewährende Ammneftie.! Die Berathung über den vorläufigen Waffenftiliftand, ſchon am 26. September angeregt, wurde jedoch aufgefchoben, weil man der Feinde Abfiht nicht kannte; der rafche Wechſel des Kriegsglüdes Erleichterung herbeiführen fonnte, und zumal vorauszufehen war, daß Franfreih und Schweden während eines ſolchen Ruheftanded die Behauptung ihrer biöherigen Erobe- rungen fordern würden. So ernftlic fehlen der Faiferlihe Hof auf die Beruhigung des Reiches bedacht, und fo mächtig drangen bie Zeitumftände auf den Faiferlihen Stolz ein, daß am 27. December ein Faiferlihed Decret, dem Reichsgutachten gemäß, das fichere Ger leit allen noch nicht in den Prager Frieden aufgenommenen Ständen für die Friedensverfammlung zufiherte. Ein unverfänglicher, aber ohne Zweifel vom Kaifer gebilligter Auffag, fchlug die Zahlung von 25 Tonnen Golded und die Einrdumung Stralfunds und Rügens an die Schweden auf gehn Jahre, ald Mittel, jene Krone zu ent [hädigen vor; falls die Summe nicht in dieſer Frift gezahlt fel, ward die Mebertragung jener Gebiete als Reichölehn an die Schwer den verbürgt. Zugleich aber wurden die nöthigen Kriegsmaßregeln nicht vernadläffigt, und das gehäffige Geſchäft der Winterquartiere des kaiſerlichen und Reichs⸗Heeres mit möglichfter Berückſichtigung der Hagenben Stände entſchieden.

Ferdinands auffallende Nachgiebigfeit in fo weſentlichen Stüden, die Zulaffung der heſſiſchen und braunfchweigifchen Gefandten, jener Fürften, welde ihm gegenüber höhnend ihre Waffen mit dem Reichsfeinde vereinigt, verfündigte die Niederlage des Faiferlichen

&onborp IV, 890.

Hippolithus à Lapide. 287

Anſehens; findet aber wohl mehr in dem Noihſtande des Reiches, das faft wiederum in die Lage vor dem prager Frieden verfeßt. war, In dem Bebrängniß, weldes die öfterreihifchen Erblande feit zwei Jahren erduldet, und in der Löblichen Abſicht des Kaifers, den deutſchen Völkern zum felbftftändigen Frieden zu verhelfen, die Er- flärung, als in der Wirkung, welche ein Buch, um die Zeit des eröffneten Reichötagesd in Deutfchland erfchienen, * auf die Ge⸗ müther angeblich hervorbrachte. Unter dem falfchen Namen Hippo- lithus & Lapide de ratione Status in Imperio Romano-Germano, mit einem großen Reichthume von Kenntniſſen über vergangene und - gegenwärtige Zuftände des deutſchen Reiches ausgeftattet, bezweckte diejed Buch in dem Sinne, wie Richelieu und die Krone Schweden das Reid aufgefaßt hatten, den Ständen ihr wahres, „geſchichtlich entwickeltes“ Berhältnig zum Kaiſer zu enthüllen, bie trügerffche Glorie, in welder nad uralt gewohnter Vorftellung der Deutſchen ihr erwähltes Oberhaupt erfhien, erblinden zu maden, und bie Kluft zwiſchen dem leeren Titel Majeftät und der gefehlih dem Kaifer zuftehenden Macht aufzudeden. Die Abfiht, welche der ers kaufte Berfaffer unter gleisnerifchen Klagen über Deutfchlands Jammer und unter Darlegung wärmeren Sreiheitögefühles verbarg, war dem- nad: eine Auflöfung aller öffentlichen Verhältniffe herbeizuführen, welche das Aggregat von zahllofen Fleinen fouverainen Staaten unter einem Schattenfaifer leicht unter den Fuß der Fremden brädte. Das wirffamfte Gift dieſes Buches beftand darin, daß es benjeni- gen Gehorſam, welden die Stände dem Reichsoberhaupte bie dahin erwielen, nicht ald eine uralte geſetzliche Pfliht ber trachtete, fondern als ein fflavifches Joch, welches erft die Kaifer

» Menzel ill, 82. Die feltene ächte erfle Ausgabe diefer verrufenen Difs fertation in 4. mit der Jahreszahl 1640, in dem Beſitz des Berfaflers, vers räth nicht ihre Herfunft aus einer pommerfchen Prefle, der ſtettiner, wie gewöhnlich geglaubt wird. Papier und Drud find zu elegant für ben damaligen Zuftand der Drudereien in Pommern und Niederdeutichland überhaupt. In dem fremben doppelten, fehr deutlichen Waflerzeichen des Papiers glaubt der Beſitzer die franzöflihe Krone mit der Umfchrift Roy zu erfennen, und ſchließt, daß unter Frankreichs Mitwirkung das Buch etwa in Holland ges druckt fei. Ueber den Berfafler wird man nie ins Klare kommen; aber ein Chemnitz muß der Autor fein, deren wir mehre auf fchmedifcher Seite finden; den älteren Martin Chemnitz, den Eohn des berühnten Theologen, und defien Sohn, Martin Chemnik, koͤniglich ſchwediſchen Rath, und Bogislav Philipp von Chemnitz, den Geſchichtoſchreiber.

288 Hippolithus & Lapide.

aus dem Haufe Habsburg auferlegt Hätten; dagegen nicht die Machtvollkommenheit des KaifertHums in den Tagen feined Glanzes als Regel aufftellte, fonbern bie ſchwächliche Haltung und die Zus geftänbniffe, zu melden vie Vorgänger Ferdinands II. zeitweife ge⸗ nöthigt waren. In leidenſchaftlichem Haſſe gegen das Haus, deſſen „tyranniſche Unterdrüůcklingsverſuche ſeit dem Stifter des Geſchlechtes“ hervorgehoben wurben, forderte der Verfappte, neben belobter Ein- tracht und Verzeihung aller empfangenen Unbilden, den Krieg, als um Lande, nicht um den Glauben (de regione non de religione agi) bezeichnend : * die Ergreifung der Waffen aller gegen bie Kinder des verftorbenen Tyrannen und gegen das ganze Haus, als Ververben drohend gegen die uralte Freiheit; die Vertreibung deſſelben aus Deutſchland und die Einzie— bung der öfterreichifchen Ränder zum Reichseigenthum.“ Die Moͤg⸗ lichfeit der Ueberwältigung wies er in ver Beihülfe Schwebens und Frankreichs nah, „welche nie die Waffen niederlegen würden, °® wenn fle dad Haus Defterreih nicht entweber ausgerottet ober uns ſchadlich gemacht haben“ würden.” Er wiederholte frech die abge- ſchmackte lage, daß das Haus Habsburg auf die Herrſchaft des baltifhen Meeres und die Bedrohung der beiven Kronen ausginge, weshalb jene nur den Worten nad für die Deutfchen, der That nad; für ihr eigenes Heil fämpften, und die Deutfchen wider Millen derfelden retten: würden, wie die Eltern ihren Franfen Kin bern die Heilmittel aufzwängen!“* Nah Ausrottung des Kalfer- haufes müffe ein neuer Saifer, durch Tugend, nicht durch Reichthum und Abel empfohlen, gewählt werben, deſſen Würde nicht über drei Geſchlechter in derſelben Kamille dauern dürfe; die Mittel des

ı Hippolithus a Lapide III, 4.

® Ibid. P. III C. TI Sect. Ip. 5. Secundo juncta omnium arma in defuneti Tyranni liböros’ ao totam istam familiam, avitaeque libertati exitiosam, nullique quam sibi fidam, Domum, inguam, Austriacam convertuntor. Illa prout de republica nostra merita est, Germania in totum pellitor: Ditiones ejus, quas amplissimas Imperii beneflcio consecuta est et sub imperio poseidet, in fiscum rediguntor. Ibid. III, 22. Ibid. III, 23. Itaque nos vel inscios vel invitos .et reluctantes imo vei ingratos servabant, et ab Hispanorum seu Austriacorum jugo tutos redddent: ut parentes aegrotis liberis suis, etiam reluctantibus,

medi camenta ingerunt, non ad ipsorum voluntatem, sed salutem et proprium zuum solatium.

Sippolitfus & Lapide. 289

Unterhaltes follten aus den öfterreichifchen Erbländern entnommen werden. Das Amt der Kurfürften müfle aufhören; allen Ständen der Antheil an den gemeinfamen Angelegenheiten verbürgt fein; weßhalb ein Neihsregiment der jeder felbfländigen Res gung entblößten politiſchen Gliederpuppe als vollzie⸗ hende Gewalt zur Seite ftehen follte.. Der Doge von Venedig, nicht einmal der König von. Polen, war dad Vorbild, welches jes ner Berfaffer, im Hodverrath am Heiligften, empfahl, und in der fprödeften Vereinzelung unumfchränfter Zwergftaaten zu einer Zeit dad Heil des PVaterlandes erblidte, in welcher Frankreich, Schweden, Dänemark die mächtigften Schritte zur abfoluten Eins heit der Staatsgewalt im Willen des Königs entweder ſchon ges than hatten, oder anzubahnen im Begriff flanden! Nur diefe Waffe des theoretifchen Angriffs fehlte noch, um das deutfhe Vaterland, wo doch noch umzählbare tiefe Gemüther für die altgeheiligte Ein, heit unter der Majeftät des Kaiſers erwärmt waren, in dem Lichte dar⸗ zuftellen, wie etwa Napoleon baffelbe einhundert und ſechs und ſechs⸗ ig Jahre fpäter kurz vor der Stiftung des Rheinbundes betrachtete. Weil dieſes Buch, an den fernen Grenzen des Reiches fiherlich auf Betrieb der fremden Kronen gefchrieben, gewiß erft allmälig feinen Leferfreis und, etwa bei den beftochenen Räthen der Amalia Elifabeth, Georges und einiger erfauften Höfen, Beiftimmung fand und, weil nad einem Jahrhundert felbft das mächtigfte proteftantifche Haus, das eine auswärtige Krone trug, unverbrüchliche Hoch⸗ achtung noch bis zum Ausfterben des habsburgiſchen Geſchlechtes bewies; koͤnnen wir nicht glauben, Ferdinand ſei durch drohende Haltung der Stände in Folge dieſes Schandbuches zur Nachgiebig⸗ feit in ihre Wünfche geswungen worden. Man erwartete die Ges fandten der lebten unausgejöhnten Reichögliever, ded Markgrafen von Baden Durlach, des Grafen von Raffau-Saarbrüd, welche außer Heſſen und Braunfhweig noch unter den Waffen ftanden, gleich⸗ wohl dreift fi beklagten, nicht zum Reichstage berufen zu fein; „jener Majeftätöverbrecher,“ deren demüthiger Einftellung Ferdinand ein Zahr früher noch entgegenfah; als am 26. Januar 1641 die Kanonen Baners ‚und Gué:briants ſchreckend und höhnend auf Dentfchlands Tapitoliniiche Verſammlung erihollen.

Barthold, Geſch. des 80jähr. Kriege. IT. 19

290

Achtes Kapitel.

Bedrohung bes Reichötages zu Megensburg durch die Waffen Baners und Bues briants. (Januar 1641). Trennung der Heere. Verluſte Bandrs auf der Flut nad Sachſen. Ton George. Berzweiflungsvolle Lage der verbündeten Heere. Tod Bandıs. (20. Mat.)

Unruhig harte Georg in Hildesheim der Befreiung von ben zuchtloſen Gäften, denen er nur den Aufenthalt geftattet, weil ihm der geheime Rathfchlag mit Banor den bevorftehenden Aufbruch ber- felben verhieß. Seine Truppen unter Klitzing umfchlofien feit dem Ditober 1640 die Feſte Wolfenbüttel, deren Befehldhaber, der Frei⸗ herr von Raufcheberg, feit dem Spätfommer fühn um fich gegriffen, fogar das fefte Schloß Steinbrüd überfallen hatte und das Land weit umher brandſchatzte; mit kluger Schonung der Bürger von Braunfchweig, melde reichöftändifc gefinnt, es mit dem Kaiſer hiel- ten, aus Abneigung gegen den Landesherrn und Liebe zur alten Berfafiung. Jener geheime Plan Bandıs ', deſſen Abenteuerlich- feit Noth und Rathlofigkeit des Schweden entichulbigten, welchen fein Bundesfreund gern bei fi ſah, der nirgends mit dem Heere zu bleiben wußte, war fein anderer: als mitten im Wins ter durch die offengelafjene Lüde in Thüringen und im Voigt⸗ lande in die Oberpfalz einzubrechen, den Reichstag zu übers rafhen, ihn zu zerfprengen, wohl gar das Reichsoberhaupt felbft mit den Ständen in ſchwediſche Gewalt zu bringen! Eo wenig bauernder Gewinn dem befonnenen Herzoge von fo toflfühnem Un- ternehmen einleuchten mochte, umfaßte er bafielbe doch um fo bei⸗ faͤlliger, als dadurch zunächft feine Lande erledigt wurden; er ges dachte, fände er bei feinem Bruder und Vetter Unterflügung, ben Feind feinerfeitd am Nieverrhein aufzufuchen, wo die heſſiſchen Bar, nifonen fih mit Wahl, Hapfelo und Lamboy herumhetzten, und fo den Krieg In entfernte Gegenden zu fpielen. Durch Zeriprengung des Reichstages zu Regensburg, deſſen löbliche Thätigkeit, Mäßiguug und einmüthige Haltung den böfen Plan Georgs bedroheten, konnte eine gänzlide Umftelung aller Verhältniſſe herbeigeführt werden.

ı Deden IV, 84. 98. Guébriant 236. Pufendorf 403, 404. Adlzreitter 407, 408. Theatr. Kurop. IV, 395, 397.

Bandrs Aufbruch. 291

Obgleich Bandr der theilmeifen Mitwirkung Guesbriants zu feinem Anſchlage verfichert war, durfte er ben behutſamen Franzoſen doc »icht den ganzen Umfang vefielben merken laſſenz deshalb ward für's erfe von Quartieren in Meißen, in Thüringen, vielleicht in ver Oberpfalz, geredet, um den einmal an bie ſchwediſchen Fahnen gebundenen weiter in's Wilde mitzufchleppen. Der framzeftiche Prinz, defien Beurlaubung vom Heere der Hof geftattet hatte, war willig; aber Guébriant, dem Schweden mißtrauend, entfchleß ſich nur zoͤ⸗ gernd. Als die Landgräfin Die Unterfiügung ablehnte uns ihm die Vers einzelung des franzöſiſch⸗ weimarlfchen Heeres im Herzen Deutſch⸗ lands bedenklich fchien, gedachte er, Baner perſoͤulich aufjuchend, durch ſchriftliche Klauſeln ſich gegen deſſen Willkühr und Gewalt ſicher zu ſtellen. Unterdeſſen war gegen Ende des Novembers die anberaumte Zeit zum Aufbruch herangekommen; der Froſt glättete die Wege, bahnte Brücken über die Flüſſe, weßhalb Bandr am 3. Dezember Hildesheim und Niederſachſen mit neugefräftigtem Heere verließ und über Nordheim und Duderftadt dem General Pful folgte. Das wüſte Leben, die Zechgelage, denen die Verſamm⸗ lung zu Hildesheim fich hingegeben, äußerten bereits ihre ververbliche Wirkung. Bandr kam franf am *,, Dezember in Erfurt an; George Lebendfräfte ſchwanden ſichtlich; der Landgraf Ehriftian von Heſſen Kaflel und ver junge Graf von Schaumburg, Otto VL, der Leptling eines uralten Belchlehtes, lagen am 5: November, gleih nad) der Trennung der Gäſte, bereitö auf der Bahre.! So verbängnißvulle Ereiguiffe, denen bald Banerd und Georgs Tod folgte, verihafften dem Gerüchte Glauben, das Zechgeluge in Hil- deshelm fei mit Gift gewürzt worden, und ein franzoͤſiſcher Mönd, im Eifer für feine kirchliche Partei, babe die Humpen geſegnet.“ Zwar wurde mit Befrembung vermerkt, daß Feiner ber franzöfls fhen Gaͤſte erfranft ſei; allein ſchon bie unterrichteten Zeitgenoffen urtheilten, dad Uebermaaß des genofienen Weines fei das Gift ges

weien, „ver Schaumburg der Sauffranfheit erlegen.“ Guébriant, Ehm, und Taupabel, welder die Heinen Händel am Oberrhein verlafien hatte?, um einmal wieder ernftlicher in's MWaffengedränge zu fommen, fanden, mit den Welmarern am dten von Daſſel aufgebrochen, Baner nicht mehr am Nordheim, dage⸗ ı Theatr. Europ IV, 129, 268, 380, 397. Deden IV, 85. Pufendorf 403.

2 Buebriant 237.

1

292 Vorficht Guebriants.

gen den General Klitzing und die Räthe George, welche, im Einver- ſtaͤndniß mit Bandr, drohend die Entfernung der Weimarer forder⸗ ten, um Guebrlant zum Anfchluß an die Schweben zu vermögen. AS nun auf Ehm Miene machte, nicht mit den Regimentern zus rüdzubleiben, half dem vorſichtigen Grafen fein Sträuben; er mußte zu Duderftadt fi willfährig erflären; ließ fich aber einen Revers von Baner ausftellen, 13. Dezember, welcher der Eitelfeit des frans zöfifchen Ritters fchmeichelte, den Truppen die gebührende Berlidficdh- tigung in den Winterquartieren ficherte, auch falls man fie in Frans Ten oder gar mit in der Oberpfalz finden würbe. Sollte ver König es befehlen, ſo dürfe Guebriant fein Heer jedesmal zurückziehen, und müffe der Schwede ihn obenein gehörtg unterftügen, um den Heranzug der vom Hofe verfprochenen Hülfsmannfchaft zu erreichen.” So warb denn unter böfen Ahnungen Gusébriants Erfurt ald Ort der Ber einigung beftimmt, um von da gemeinfchaftlich zu marfhiren, „wos bin die Nothwendigkeit geböte." Am 16. auf Mühlhaufen aufs gebrochen, waren von franzöfifchen Reutern nur noch 300 Mann, ohne den Troß, beifammen; das ganze weimar'ſche Heer zählte das gegen noh 6000 Mann. Froh verließ (um ven 18. Dezember) ber Prinz von Longueville die freundliche Wirthin von Kaflel, um, über Holland nad Frankreich heimgefehrt, feine Geſundheit herzuſtellen; zum Pfande des Wiederkommens blieb feine Leibwache und fein Marftall in Heffen . Um den Gegner in Ungewißheit über die Abficht diefer Bewegungen zu erhalten, hatte Pful, mit feinen Schaa⸗ ren in Meißen, um Zwidau und im Boigtlande ſtreifend, vorgears beitet ?; Karl Guſtav MWrangel zugleih Heldrungen eingenommen. Cs Dezember). Unvermerkt aber zogen fich oberhalb Erfurt alle Truppen zufammen; Guebriant, dem der Graf von Naffau, Taup⸗ adel und Müller ungern fih fügten, hatte am 24. Dezember zu Mühlhaufen mit jenen Geldern, welhe Wittgenftein und Rofen aus Frankfurt zu ihm geleitet, Soldabrechnung gehalten *, und fließ, um Sena die Saale paffirend, am 26. Dezember bei Reuftabt an ber Orla zu den vorangeeilten Schweden, weldhe 15000 Mann zählten. Alles rückte am 6. Sanuar 1641 auf Hof*, und als die falle Kunde einlief, der Feind ſammle fich bei Amberg, eilten die Ber- einigten auf Baireuth. Guébriant hatte fich zu tief mit dem Schwe⸗

ı Buebriant 228. 2 Mheatr. Europ. IV, 279. ı Quebriant 239. Pufendorf 404.

Borcheien auf Regensburg. 203

den eingelafien, .ald daß er jeht loskommen konnte; zumal Taupabel m Ramen feiner Waffengenofien dem Baner verfiderte, „ihm in ben entlegenften Winkel der Erde folgen zu wollen.” Statt bie vorgeiptegelten. Winterlager zu finden, mußte Guebriant froh fein, daß der Zug nur in die Oberpfalz ging, da Baner fogar bie Ab⸗ fiht versieth, über Eger feine Weimarer nach dem fernen Böhmen mit fih zu ſchleppen.“ Noch ließ die Zerfireuung bes müden kai⸗ ferlichen und baterifchen Heeres, welches kaum in Schwaben, . Würs temberg und Franken Winterunterfommen gefunden, und die Sorgs Iofigleit der Berfammlung in Regensburg das Gelingen hoffen. Deshalb begnügte fi Bandı, defien maßloſes Selbftvertrauen die Ausfiht beflügelte, den Kaifer und die Stände mitten unter ihren Berathungen zu paden, da die Donau feft überfroren war, den Ges neralmajor Wittenberg zur Ablenkung der Aufmerkfamfeit des Geg⸗ nerd auf Eger zu ſenden; erreichte mit dem. Hauptheere ?/,, Januar Auerbach, und entließ die Vorhut unter Königsmarf mit den beften Reutern auf Amberg und Weiden, wo Branz Mercy die nächften Baiern zufammengerafft. So gefchidt hatte Bandr feine Abſicht zu verdecken gewußt, und fo wenig fchien dem Gegner der Anfchlag überhaupt denkbar, von den Ufern der Leine bi8 an die Donau ungehindert vorzudringen, daß erfi am 12. Januar die Faiferlichen Truppen im Gebiete von Nürnberg Kunde hatten ?, als das Land⸗ volk, angftvoll in die fefte Stadt flüchtend, die Nähe der Räuber verfünbigte; die baieriſchen und Tigiftifchen Feldherren, denen bie Oberpfalz zunächft oblag, ſchienen fo unvorbereitet, daß Mercy in Amberg die Befammelten nad) Donauwert entbot, Pferde und Vieh, Getreide und Borräthe jeder Art plündernd hinwegnehmen bieß, da⸗ mit fie nicht dem Feinde zu Theil würden, und das Zufammenrüden des kaiſerlichen Heeres unverzüglich forderte; und daß &eleen, auf dem Wege nad) Schlefien, über ven Böhmerwald auf die Donau umlenfte.

Aber obgleich Königsmark bei Vilſeck Nachts °/,, Januar Mercy Kundfchafter überfiel, kehrte er dennod vor Amberg um;

Adlzreitter 407. Theatr. Europ. IV, 403, 634 ff. Busbriant 240: Les dernieres paroles contre les pretextes dissimules de Banier furent qu'il n’y consentiroit auounement, ot que c’ötoit trop luy faire connoitre ses pensdes sur nos troupes, que de les vonloir trainer hors de connois- sance et de tout lieu de oorrespondance aveo la France, pour faire de nous A sa volonte et nous tenir en 8a depondance.

> Murr Sauschr. 92.

294 Standhaftigkeit des Kaiſers.

finpte Bandr, keines Widerſtandes gewärtig, am *,, Jamnar mb lag mehre Tage bedaͤchtig ſtill, erſt am °,, Januar über Sulzbach auf Amberg ſich wagend. Augenſcheinlich war der tolllühne Plan, Regensburg zu überfallen, vereitelt; weil jſedoch der Weg auf die Donau offen fland, wollte der Schwere wenigftens feine Gerings ſchätz ung der kaiſerlichen Macht zeigen, ſchob am 19. feine verwü⸗ ſtenden Schaaren über Schwandorf, Burglengenfeld, Regenſtauf, wo Guébriant und er am 25. Januar ſich begräßien, vor, während fhon am '%,., Arvid von Wittenberg und Naſſau um Werth und Straubing ven geftorenen Strom erreichten, keck auf das jenfeitige Ufer überfeßten, und das Land bis gegen Regensburg Bin beutes gierig und brennend durchſtreifend, Schreden über das fiehen Jahr geſchonte Land verbreiteten. Aber auch dieſe Genugtbuung, „der Kalfer und die Stände würden ſchmählich auseinander flichen, ward den Vebermüthigen nicht zu Theil. Sobald Ferdinand bie erfte Zeitung von der troßigen Abficht des Gegners erfuhr !, bie faiferlihen Ouartiere in der Oberpfaß zu überfallen und die Be⸗ rather des Reiches zu verfcheudhen, forderte er am 12. Januar in subigem Tone die Berfammfung auf, fi durch die Drohung be& Schweden nit in ihrer loͤblichen Thätigfeit fören zu laflen, vers fiherte in Perſon bis zur Vollendung des Reichstages in ihrer Mitte zu verharren, und die nöthigen Maßregeln zum Echuge der Stadt zu treffen. Die Berfammlung pflicdtete dem würdevollen Entfchlufle des Reichöoberhauptes bei, gab es gleich mandhe Ges fandte, welche, dem Frieden abgeneigt, durch die Flucht das Zeichen zur Trennung gegeben hätten, wie ber heſſiſche Kanzler Johann Bultejus, * Frankreichs Miethling . feit 1633, welcher unmittelbar von jetzt an lauter, nach allgemeiner Amneftie ſchrie. Die Stände banften dem Kaiſer für das ehrenvolle Vertrauen, baten_um eilige Zufammenziehung ber Kriegsvälfer und ſetzten ihre Berathungen fort. Im Glauben fih nit zu vergeben, indem fle einen ſchon am Ende des vorigen Jahres gefaßten Beſchluß ausführten, ſchickten fie durch einen Trompeter drei Briefe für die Königin von Schweden, für die Kronvormünder und die ſchwediſchen Stände unter dem 17. und 18. Januar 1641 an Buner, in welchen fie den Zwed ihrer Ver: fammlung, den Weltfrieden, beweglich ausfprachen, und ihre Bes t Theatr. Europ. IV, 413. Sirl Merc. I, 269. 3 T'heatr. Europ. IV, 394. 397.

Banoͤrs Plane vereitelt. 295

veitwilligleit erflärten, unter Ertheilung ber geeigneten Geleitöbriefe in Hamburg, Zübe ober Rürnberg über das Werk zu unterhandeln. Der ſchwediſche Feldherr warb um bie Uebermachung diefer Briefe nach Schweden, fo wie um Sicherheit de& öffentlichen Boftenlaufes angegangen. Aber gleichzeitig eilten auch die Boten nach München, in die Äfterreichifhen Erblande und in die zerfireuten Quar⸗ tive, um die Kriegsvöllker ungefänmt nach der Mitteldonau, um Ingolſtadt, Straubing und die Oberpfalz, zufammenzurufen. So bange Furt lag jedoch über dem nächften Lande, daß die Bauern und Bürger Heiner Städte fogar nach Angsburg ihre Güter fiüchteten, und Marimilian den waderen Auguſtin Fritſch aus Augsburg angefichte des Boten zu ſich nad Hofe beſchied, und ihn, nach zweiftündigen Berweilen in Münden, nad der Feſtung Braunau am San aborbnete, um den Oberbefehl dort zu libernehmen. ' Fer⸗ dinands Gleichmuth war dagegen fo wenig geirrt, daß er, unter den zwedmäßigen Abwehrsmaßregeln für die Reichsſtadt, in feiner - gewöhnlichen Lebenswelfe fortfuhr, und um ben 23 Januar mit feinen Falfenmeiftern, Vögeln und feinem Jagdgefolge auf das Waid- werk geritten, nahe daran war, in die Gewalt der Auflaurer zu fallen. ? Seine Pferde, Maulthiere, Salfenmeifter und vierundzwanzig edle Jagdvögel wurden durch Naffau und Königsmark jenfelts ber Donau ereilt, nachdem der Kaiſer kaum feit einer Stunde ſich ent feent hatte. Mber gleich nach dieſer Heldenthat fahen die Räuber ih nach dem Heimmege um. Denn das Donaueid drohete beim Thauweiter zu treiben, weßhalb fie nad dieſem Triumphe am ,, Januar fi eilfertig nach Regenflauf zurüdgogen. „Um nun nicht ganz umfonf gefommen zu fein und wenigflend „dem König von Hungarn“ einen „Affront“ zu erweiſen,“ ritten Baner und Gusbriant am 26. Januar mit ftarfer Bedeckung von Reutern, Zußvolf und 12 Kanonen bis auf Hof; von Regensburg nur durd) die Donau getrennt, guckten fie in die prangende, fleinerne Kaiſer⸗ ſtadt von den Höhen hineln, und feuerten, da die geringe Beſatzung unter dem alten Reinach fih ruhig verhielt, einige hundert Stückſchüſſe auf diefelbe ab, ohne ihr im geringften gu ſchaden oder den Kaifer zu fhreden.? Welche Schmah für das fireitbarfte Volk ver s Sietten N, 878. Yritfg 173.

2 Gré⸗beiant 2341. 3 Le Laboureur ſpricht von 500 Schaſſen und daß bes Kaiſer außer Jaſſung

296 Verlegenheit Banixe.

damaligen Welt, daß ein paar Kremblinge, umgeben von faum einigen hundert ihrer Landsleute, geſchützt dagegen durch taufende feiler Söloner Deutihlands, folden Hohn wagen Tounten! Rad diefer nichtigen Befriedigung ward der Zwed des mühſamen Winters marfches: „vie Verſammlung, welde der Fremdling haßte, da Deutfhland an dem Frieden hier ernfilich arbeitete und zugleich nene Wehranftalten traf, zu verſcheuchen, aufgegeben, und es folgte die Strafe für den fruchtlofen Nebermuth. Unmuthig und im Stillen befhämt, vol Mißtrauen gegen einander, verfammelten fih, auf Regenftauf unter den Abjchievsgrüßen der Kanonen Reinachs zurück⸗ gewichen, die ſchwediſchen Heerführer und bie Direktoren, am !7/,„ften früh bei Guebriant, dem Choiſy erinnernd zur Seite ftand, um zu berathen, was weiter zu thun fey? ' Baner vorausfchend, wie der Ref feines Feldherrnanſehens ſchwaͤnde, wenn er, aus Rieberfadhfen unter höflicher Drohung gewiefen, nach fo geringer Verrichtung aufbräche, wollte no in dem Winfel der Oberpfalz, zwifchen Donau und Böhmerwald, harren, entweder bei Dedenvorf fi den Eingang in Baiern und in die Erblande bahnen, oder fchlimmften Falls durch Böhmen, Mähren, Schlefien das Heer in Sicherheit führen. Dazu bedurfte er aber der Weimarer und glaubte der einflußreichften Oberften verfichert zu feyn. ‘Den Franzoſen Dagegen war unfäglich unheimlih, im Gefolge des Schweden, fo weit ab in’ Ungewifle geichleppt zu fein. Sie erfannten Banerd Arglift, der ihrer zum Schuge feiner Sade beburfte, und erklärten die ‚beabfichtigten Winterquartiere weitab jenfeitö der Raab auf Franken und Schwaben bis Rothenburg an der Tauber beziehen zu müflen, um dem Rhein from und ihren Hülfsmitteln näher zu fein. Bandr ermaß, daß, wenn man fi trennte, der Rüdweg nad dem Rorden im erften Frühjahr angetreten werden müfle, da er vereinzelt nicht Stand halten konnte, und er wandte vergeblich fein Felpherranfehen, das Gewicht feiner Gründe und lodende Verheißung ver beften Quartiere für die Verbündeten an. Guebriant, erbangend vor der Verführung

geſetzt ſey. Pufenborf 434 von ber Angft der Stadt. Andere berichten indeß nichts davon, obwohl Berwirrung und Sorge in ber vollgebrängten Stadt herrfchen mußte. Baner konnte obenein beim Thauwetter ihr nichts anhaben. Man erinnere fih, welchen Widerſtand Hegensburg im I. 1634 leiflete, und daß Ferdinand ſchon feit ſechszehn Tagen vorbereitet war.

ı Bufendorf, 434. Guébriant 242.

Verlegenheit Banörs. 297

ſeiner Haufen, beharrte auf geſchiedene, aber einander unterſtützende Quartiere, dem Vertrage von Duderſtadt gemäß; und da Taupadel, plöglich umgeftimmt, erklärte, „pie Fatholtichen Reuter im franzöftfch weimarfchen Heere würben zu ihren Slaubenögenofien überlaufen,“ willigte Baner nad) harten Worten, zumal mit Iaupabel, ſcheinbar ein, auch die Seinen nordwärts abzuführen, und nach ber Trennung in Burglengenfeld neben den Weimarern gegen Böhmen ſich einzu⸗ lagern. Wie der Graf anderen Tages, am 28. Januar, nad) der Frühmeffe, froh vom Abenteuer Iodzufommen, die Straße auf Rürns berg verfolgen wollte, merkte er verwirrtes Getümmel im engen Städtchen. * Gegen die Verabredung zog Bandr die entgegengefebte Straße auf Cham, Ind den befremdeten Franzoſen durch einen Dols metfcher dringend ein, ihm zu folgen; blidte ſcheu um fi, ob bie Weimarer ihm nicht fih anhingen; forderte dann, getäufcht, wenig⸗ ſtens ein Regiment Fußvolk, defien Oberft, „ein Schwede, ben breifacher. Tractat nicht befhworen hätte.” Aber die Weimarer, dem Gewaltfinne des Schweden abgeneigt, wählten die Bartel, wo noch am fiherfien Solo zu hoffen ſtand; fo ſchied man mit unvers holenem, wachfenden Grolle. Guebriant eilte, entſchloſſen lieber Alles zu wagen, als ſich in's Verderben nach Böhmen locken zu laſſen, uns fiher feined Heered, vorwärts; fand auf der Straße nad) Rürnberg in Belburg, 29. Januar, während Bandr, keinesweges ohne Hoff: nung auf die Nachfolge der jhüchternen Franzoſen, fih auf Cham machte und den nicht unfeften Ort am 29. Januar durch die Feig⸗ beit des dortigen Befehlshabers einnahm, der dafür in Straubing mit dem Kopfe büßte.“ So zogen beide Heere, nur bei einmüthiger Haltung im Stande, der Gewalt des Gegners fi zu enwehren, nach verfchievenen Seiten auseinander. Während Baner, troßig und den Feind geringfhägend, um Cham ſich feftfehte, die Verbin: dung über den Böhmerwald mit der Donau, feine Schaaren unter Pful His nah Taus und Glattau ausfendend, unterbrach, und im Berzweiflungsmuth nicht weichen wollte ohne das geſchiedene Bundes, heer; und jenes, ungewiß der Zufunft, aber fi glüdwünfchenn über die Freiheit, dur das Gebiet von Nürnberg auf Bamberg fi wandte; fand zwifchen beiden ein Iebhafter Briefwechfel und cine gegenfeitige Beſchickung durch die vertrauteften Offiziere flatt. * Der

ı Gnebriant 243. * Theatr. Europ. IV, 6386. 3 S. die Briefe bei Buebriant 247 ff.

798 Uneinigfok Baners und Gusbriants.

Schwede gebachte durch falſche Nachrichten von dem Beginnen des Feindes, „der ſich zwiſchen beide werfen wollte,“ den Franzoſen zum furchtſamen Anſchluß an Das mächtigere Lager ſchrecken, und bot allen Seinen Künften der Verlodung auf; jener aber leugnete die Gefahr, legte den weimarfhen Oberften auch die Pflicht, für die Bundeögenoflen in Heſſen und Niederſachſen fi zu erhalten, an's Herz und fuchte Ihnen die Sorge, in Yranfen vereinzelt zu fein, zu nehmen. * WE Bandr in angftvollem Tone meldete, * Gusbriant, von der Uebermacht der Gegner, die ſich auf ihn werfen wollten, bedroht, ſolle wenigfiend nicht von der Raab weichen, von wo aus man ſich in dreien Tagen die Hand bieten könne,“ verſprach Gnoͤbriant eingefüchtert bei Auerbach zur Aufnahme durch eine flarfe Abſen⸗ dung Bandrs bereit zu fein; ging langfamer vorwärts und Ienfte bebächtig von Nurnbergs Gebiet auf Baireuth, beforgt, von Ingol- ſtadt und Kehlheim her abgefchnitten zu werben. Baner, Boten auf Boten fendend, deren Beſcheid ſich durchkreuzte, fand jene Straße für ihre Bereinigung zu verödet, und lud bald drohend, bald Furht einjagend, zur Umkehr auf Eham ein, um von bier aus bei Dedendorf in Baiern einzufallen; „eine Brüde dort zu fhlagen fei ihm fo leicht, als mit feiner Hand an den Hut zu faffen.” Doch Gusbriants Mißtrauen war unbefteglih; er glaubte nicht an die Ausführbarfeit foldhed Unternehmens, erbot ſich dagegen zur Mitwirkung, wenn Bandr nicht unterhalb Regensburgs, ſondern oberhalb, alfo Schwaben und dem Rhein nahe, über die Donau- gehen wolle; nahm, da Bandrs gelderpreffende Schubwachen Ihm nicht in’ Baireuth den Aufenthalt geftatteten, am 20. Februar ven offenen Biſchofsſitz Bamberg ein, deffen Gebteter die katholiich » fran- zöftiche Politik zu ſchonen gebot, und gönnte den Soldaten einige Ruhe.

Unter fo betrüglichem Spiele merkte Bandr nit, vaß der Franzoſe doch Flüger geweſen fei, da es überhaupt nicht ausfhhrbar war, der Macht Baiernus und des Kaiſers fi entgegen zu ſtemmen, wenn biefelbe einmal ſich erhoben. Um bie Vorbereitungen zu ver- bedien, weiche die Entfernung der Winterquartiere, die Erfchäpfung

ı Suebriant 246. Die weimarſchen Oberflen ſchinpfien auf Banar, „er wolle ihnen das verfprochene Quartier entziehen, um feinen Gelbbeutel mit Brandfhagung und Kriegsfleuern zu füllen, welcher in Folge feiner fürſt⸗

lichen Hochzeit geleert fei.“

2 Daf. 253.

AngR beider delbherrn. 209

ber Truppen, bie, zumal die Reuter, in ſchlechtem Zuflande von der Weſer fpät heimgefchrt waren, nöthig machte, und dann plöplich um fo ergriusmter über die Verwegenen herzufalien, lieb man ven Bandr in Cham noch in Ruhe.‘ Sener fandte dem Kaifer das eroberte Jagdgeraͤth artig zurüd, beantwortete den Brief der Kur fürftenverfammlung bahin, daß er die empfangenen Schreiben an Adler Salvins nah Hamburg befördern werbe, den Lauf der Poften zu fibern verſprach, und wurde durch allerlei Beſchickung zwiichen Regens; burg und Cham eingefchläfert, immer glaubend, die befle Kunde zu erlauſchen, da er auf geheime Mittheilung der protefiantifchen Abge⸗ ordneten am Reichötage felbft rechnete. Nichte deſto weniger erließ er am 1%, Yebruar einen neuen Schredichuß auf Guoͤbriant, ? „der Keind ſtehe in Amberg, „periculum summum est in mora,“ er könne nicht zu Guebriant eilen, weil die böfen Wege das Fortichaffen feines Geſchützes binverten; auf Stälbanböfe fei nicht zu rechnen; Schlefien verlaflend, babe er fih an den Markgrafen von Brandenburg gemacht und bens felben in feine Reſidenz Königsberg CH) eingefihloflen, ſtait ihm den Golz in Böhmen vom Halfe zu halten.“ Wolle Guebriant le bien commun retten, fo müfle er über Kulmbach zu ihm nach Cham eilen.* Die angftvolle Sprache, die heiligen Betheuerungen ber beften Abficht, die Proteftation: „er fei an allem erfolgenden Unglück unſchuldig;“ vie Kunde von dem Aufbruche des machtvollen kaiſerlichen Heeres, erfüllten den armen Srangofen mit „tiefer Melancholie.” ® Er durchſchaute, daß Baner ihn bloß fefthalten wollte, um ihn mit fih nad Böhmen, Mähren ober wer weiß wohin? fortzureißen, und war doch außer Stande fi ſelbſt zu helfen. Dennoch hielt er es für ehrenvoller, mit den Waffen in ver Hand umzukommen, als fi} in ſolches Labyrinth zu ftürgen; warf dem Mitfeldherrn, „welcher ihn dem Verderben überlaffen wollte,” den fchlechten Lohn vor, den er ihm für feine Hülfe bei Saal» feld abgeſtattet, und mahlte feinerfeitö die Gefahr vor dem Feinde, ber fhon bei Forchheim ſchweife, größer, um Banör zu ſich zu loden.

s Fheatr. Karop. IV, 412. Bufenborf 435.

2 Guebriant 2084-267.

2 Gusbriant 268. Jamais il ne ſut nocahle de tant de melaucslie et quoy qu'il no fat pas sans danger de son cöte, si les ennemis Inir- soient pour un temps le Marechal Bander pour venir fondre aur luy avec toutes leurs foroes, il deploroit aveo autant de ressentiment le malheur

qui menagolt Parmde Suedoise et T’ateinte qu'en recerroit le bon Party. Mais tout cela ne le put remondre d’exposer les troupes du Boy & une

800 Guoͤbriaut und. der Weimarer.

Etwas freier fühlte ſich der beklagenswerthe Ritter, ' befien Anhänglichkeit an den König und aufopfernden Gehorfam wir bewundern möüflen, ba am 23. Februar Reinhold von Rofen mit feinen fliegenden Schaaren in Bamberg fich einftellte, indem die anderen Oberften feinem Regi⸗ mente den beftrittenen Borrang einräumten. Roſen, den wir am Ende des Jahres 1640 um Schweinfurt und in Oberheffen verließen, batte unterbeß nicht geraftet, ? wader gebrandfihagt, den Gille de Haes von Masfeld verfheudt, fogar genöthigt, fih in Meiningen einzufchließen. Ueber Schweinfurt Fam er, der geſchworene Soldträger Frankreichs , zu Guebriant nad Bamberg, wo, neben der bangen Sorge vor dem Feinde, Guebriant und die Seinen faft alle Faffung über ihr meutern- des Heer verloren. Denn in diefen Tagen hatten drei Reuterregi- menter, unter ihnen basjenige Roßwurme, eined Vetters des berühmten Zürfenfiegerd und Soͤldners Frankreichs in den Kriegen der Liga, trogig ihre Standarten von den Offizieren abgeholt, und waren in voller Rüftung vor's Thor hinausgeritten, um mit dem Feinde ſich zu vereinigen. Statt zu ftrafen mußte Gusbriant den Meuterern die beften Worte geben; ald der lang vertröftete Sofpreft, welcher nad) Tracys Berfiherung in Amfterdam lag, nicht einlief, erflärten gleich darauf bie Oberften, „fie könnten, wenn nicht Geld gefchafft würde, feinen Augen- blit für ihre Regimenter fiehen,“ und jagten bed Königs Heerinten- danten Choify in töbtlihe Furt. Guebriant nahm jedoch allen feinen Ritterfinn zu Hülfe, und fapitelte am 26. Februar jene Oberften fo derb herunter, daß fie, die eifernen Männerherzen, vor dem hülf- 108 in ihre Mitte gegebenen Fremden, fih verfärbten, weil fie, die beftochenen und verfauften, jenem muthigen und treuen Diener feined Könige gegenüber, jeder fittlichen Haltung -entbehrten. Während der Held furchtlos durchdrang, fchrieb er jeboch im Tone der Schaam mit einer ficheren Gelegenheit, die fih ihm in Bamberg bot, an den Minifter Des Noyers,* ftellte ihm feine troftlofe Lage und die Ränfe Bandrd vor, forderte, um das beuifche Heer im

ruine certaine dans la Boheme, ny .de porter la peine en son honneur de la faute d’autruy: Si bien qu’il estima plus honorable de perir les armes & la main et de tout tenter, que de s’engager dans co labyrinte.

ı Daf. 271.

3 Tiheatr. Europ. a. a. O.

2 Guébriant 277.

a Briefe Guébrianis am Des Noyers vom 24. Jebruar und 8. März 1641, daf., 280.

Annäherung beiber Heere. 301

Zaum zu halten, 6000 Franzoſen, die über Oſtfriesland und durch Heflen, zwei Regimenter Reuter, die dur den Elſaß zu ihm ziehen ſollten; fchilverte ihm das Zerwürfniß unter den Direftoren, den Mangel derfelben an Einfluß auf das Heer, ihren Haß gegen Taus padel; bat um Herfendung eines angefehenen Generald und um feinen Abſchied. Hunger und Gelderbietungen waren die einzigen Mittel, diefe Banden in Bewegung zu ſetzen, und dennoch hatten die Fremdlinge kurzvorher den Kalfer durch diefe Gefinnungslofen verhöhnt! Um die Quartiere ausgubreiten, eroberten Ehm und Naſſau am 1. März Haßfurt, und hatte Guebriant Kundſchaft, daß bie ſchrecklichen Kroaten noch nicht in Forchheim waren; al am %, März Baner durch die Abfendung des Generalmajors Koͤnigs⸗ mark den legten Verſuch machte die Auge Stanbhaftigfeit oder die furchtſame Bedenklichkeit des Franzoſen zu überwältigen. Sein Brief ? klagte über Guebriants plößliche Entfernung auf Bamberg; fuchte beſſeres Einverfländniß, erörterte die Nothwendigkeit in dem Winfel bleiben zu müflen, um den Feind Im eigenen Lande einzu- fperren, umd meldete den Aufbruch deſſelben von Donauftauf; falls Guebriant nicht zu bewegen fei, auf einem Ummege über Eger ihm zu Hülfe zu fommen, fo folle er wenigftens nicht den Main abwärts ziehen, fondern in Meißen fi zur Bereinigung bereits halten.” Zögernd umfaßte Guebriant diefen letzteren Borfchlag auf Koͤnigsmarks Zureden; hielt ſchon am 18ten einen Kriegsrath mit den Oberſten, welde nicht eben Luſt zeigten, dem Bandr ſich zu nähern, durch ihren kecken Widerſpruch die Galle des Grafen erreg- ten, und endlich willig waren, nicht auf der nächſten Straße durch das reußiſche Gebiet und das Voigtland, fondern über Reuftadt an der Saale und über den Thüringerwald nach dem meißener Hungerlande zu gehen. Ohne gewifie Vorfchriften von feinem Hofe, mit weichem die Verbindung nur gelegentlih offen fland, mußte Guebriant, der am liebften den fiheren Weg auf Breifad ver- folgt hätte, in neue Gefahren umlenfen. Dem Beſchluſſe vom 20. März gemäß fland das Heer am 2iften um Gemünden und Neu⸗ ſtadt und an der fränfifchen Saale,’ ald die erfte Zeitung, „ein vernichtender Schlag, welchen er lange geahnt, fei auf Baner

ı Buebriant 272. Pufendorf 435.

2 Brief Bandre vom Pufendorf 437.

3 Quöhbriant 282.

309 Bandrs Rolh Reigt.

gefallen“ einlief; ſogleich wandte Guébriaut auf Koburg um,! theils aus kluger Rüdficht für das Geſammtwohl, theils aus ritterlicher Schaam; am meiften aus Sorge für die Selbſterhaltung. Am 22ten erfuhr er dicht vor Koburg die Betätigung der Nachricht durch Banor felbft, zugleich Die Meldung: „vaß er länge dem Böhmers wald fi durd dad Egerland, über Kaden, Annaberg auf Zwickau zurüchichen werde." Zwar firäubten die Hauptleute fih vor dem Marſche durch die fchneebevedten Berge des Boigtlandes; aber Guebriante Kummer für das eigene Wohl, bad man nur bei ber Rärferen Macht hoffen durfte, beflügelte ihren Entihluß, und nach fteben mühfeligen Tagen, in welden fie mit ihren Armen dad Geſchuͤtz über den froftharten Schnee zogen, langten die Weimarer über Schleiz und Greiz am 29. März einige Meilen vor Zwidau an.

Während Bandr, unter Raubzügen durch die Rachbarſchaft, unſchlüſſig um Cham hielt, ? die Miplichkeit feiner Lage wohl er- fannte, da weder von der Landgräfin, noch von dem Guelfen Hülfe zu erwarten ftand; er bald an einen Angriff auf Böhmen, bald nur auf Durchzug und Elbübergang dei Raudnitz, um an die Lauſitz und Schleſien fi zu Ichnen, dachte,“ (weßhalb Stälhandsfe die boͤhmiſchen Beſatzungen durch einen Anfall aus Glogau fortloden folte), und er, den Grafen Guebriant mit Warnungen ohne Grund fingftigend, nichts deſto wentger zögerte, fei e6 von Friedens⸗ gedanfen befchlichen, und feiner Kraft vertrauend, oder daß er auf die Langfamfeit ver Gegner rechnete, zumal er am 9. März den Generalmajor Wittenberg nad, Böhmen vorausgefhicdt Hatte; waren in der Stille die Mafregeln eingeleitet, das Fanggarn über den Sicheren zufammenzufälagen. Marimilian in Sorge, mit dem Früh⸗ ling die Gäfte im eigenen Lande zu fehen, verftändigte ſich über die Pläne mit des Kaiſers abgeorpneten Kriegdräthen. * IUngewöhnliche Thaͤtigkeit überwand binnen wenigen Wochen alle Schwierigkeiten; Borräthe kangten in den Donaufeften, viele taufend Pferde in den Daartieren an; ein Heer von 18000 Mann, theild Baiern, theils Kaiſerliche, Harte zwiſchen Ingolſtadt und Kehlheim des Befehls

ı Soen II, 314. |

= Adlzreitter 408. 409. Theatr. Europ. 637. 838. Bufendorf 436. Fritih 177. Biri Merc. I, 277.

2NPufendorf 436.

Adlzreitter 409.

Elange in Neuenburg. 803

sum Aufbruch, und um Straubiag fammelte Geleen einige taufend Reuter, die er aus Schlefien und Böhmen herangezogen. Rad dem drei Tage Tang Regensburg Thore geſperrt waren, um ge beime Kundſchaft an Bandr von Seiten einiger proteflautiichen Geſandten zu verhindern, und in der Stile viele Schiffe bereit fanden, ! unter dem Borwande, den Kalfer mit dem Hofe nad Wien zu führen, aber in der Abſicht raſch die Füſſe Altmühl, Laber, Rab und Regen zu überbrüden; gab der Erzherzog, am 16. März in's Lager bei Vöringen gelommen, das Zeichen zum Feldzuge. Ungefäumt drang die erlefenfte Meuterei, geführt von Piccolomini und dem Älteren Mercy, am 17. März unweit Hof über die Nab, theilte ſich links auf Burglengenfeld und rechts auf beibe Ufer des Regen, und am 18ten erfchien zwifchen ben überall vurch⸗ fhnittenen Duartieren der Schweden die Borhut durch den jüngeren Mercy, den Generals Felpwachtmeifter, geführt, vor dem Stäbtchen Neuenburg am Walde, unterbeß ihr der größere Haufe der Reuterei unter Piccolomini auf dem Fuße folgte, und zugleich Geleen mit feinen Reutern von Straubing aus gerade auf die Stadt Cham zuging. Zwar hatte Bandr, augenblidlih vie Gefahr ermeflend, am 7, März jenem Oberft Erik Slange, welcher bei Saalfeld den Arm verloren, eilend8 geboten, die auf Burglengenfeld, Schwandorf, Vilſek und Auerbach zur Verbindung mit Guebriant vorgefhobenen Megimenter ungefäumt auf Neuenburg zu rufen und bei Cham zu ihm zu ftoßen; aber fo plötzlich drangen die Gegner von allen Seiten hervor, daß zwar Stange in der Nacht des ., März in Neuen⸗ hurg anlangte, aber zögerte, um bie ausbleibenden Truppen aufjus nehmen. So gewann er am °/,, fechtend mit jenen die Stadt, fand fih dagegen drinnen feſtgehalten, und war am °/,.ten von übers legener Macht in dem ſchwach ummauerten Orte unentrinnbar eins geſperrt. Baner, feinerfeitS im Gebränge durch Geleen, konnte nicht an die Rettung der Umringten denken; er fchalt vielmehr vie Langfamfeit Slanges und feiner Unterbefehlshaber, rechnete darauf, daß der Wadere die feindliche Uebermacht auf fih Ioden und auf- Balten werve, ? und verließ am °/, ten dad Hauptlager bei Cham,

ı Theatr. Europ. IV, 637.

2 Buebriant 282 ff. Banner tabelle Slanges Langſamkeit, ber feinerfeits anf Entfab vergeblich vertröftet war und ſich Hätte reiten können, wollte er feinen Untergebenen im Stiche laſſen. Die Geſchichtſchreiber im ſchwediſchen

304 Der Yang von Neuenburg.

Fußvolk und Kanonen auf grundlofem Wege auf Furth, durch ben Böhmerwald auf Taus und Teinig mit fich fortreißend. Slange rechtfertigte das Vertrauen, welches der Oberfeldherr, ſchonungslos ihn dem Verderben preisgebend, in ihn geſetzt; bis zum 11, ten bielt er fi hinter den ſchwachen Mauern, ſelbſt gegen Piecolomints Fußvolk ımd Kanonen, wied mehre Stürme nicht unblutig ab, unters deß Baner, den Wald Hinter fi verfnidenn, und, wenn Geleen ihm zu nahe in den Eifen faß, zur Abwehr fich ſtellend, am Rande Böhmend zwar unter fchwerer Einbuße an Yeldgeräth, ſelbſt an Geſchütz und Ueberläufern, mit dem Zußvolfe ſechs bis fleben Meilen an einem Lage marfchirend, die Eger bei Kaden früher erreichte CH, März) und die Floßbrücke paflirte, che Piccolomini und Mercy, nach Neuenburgs Fall, über Reb, Waldmünden, Plan und Tachau hart hinter ihm drein, an jenem Fluffe ihn paden konnten. Am 23. März fah die Reichsverſammlung zu Regensburg mit Siegeöfreude die Gefangenen von Neuenburg; Stange mit dreien Dberften (dem Kurlander Heyfing, dem Böhmen Jarvslav Kinsky); eine große Zahl Staböoffiziere mit Weibern und Troß, fehsund- “zwanzig Bahnen, viele andere Offiziere, unter welchen fih Bandrs junger Schwager, Karl Magnus, Markgraf von Baden» Durlad befand, 1800 gerüftete Reuter, 300 Mann Fußvolk, mit dem Troß gegen A000 Mann und A000 Pferde, einziehen. Vom Kaiſer nad) Berbienft ehrenvoll behandelt, wurden die Offiziere in freier Haft über die Stadt vertheilt; die Gemeinen, zum Theil Faiferlihe und baierifche Ueberläufer, unter die früheren Fahnen geftet. Dagegen kamen Piccolomini und Mercy, t obgleich mit der Reuterei von Eger aus auf näheren Straßen über Schlademwerth geeilt, um am Aus⸗ gange des Paſſes von Breßnitz dem Fliehenden vorzubeugen, um eine halbe Stunde zu fpät? (27. März), mußten den Bandr,

Sinne mahen hintendrein aus einer That, welche fich zufällig als großartig entwidelte, eine Art von Thermopylenſchlacht. Slange wäre gerne früher losgefommen, wenn die kaiſerlichen Regimenter nicht jeden Ausgang umfchloffen Hätten. Wie ganz anders als in ber Wirklichkeit ges Raltet fig die Belchichte des Felbzuges Baners nad Regensburg in bem Lapidarfiyle Geijers! Der Verfaſſer hat nur hie und da eine geiſtreiche Anfiht und die urfundlichen Nachrichten des ſchwediſchen Geſchichtſchreibers unter dem Text aufnehmen können.

t Fheatr. Europ. IV, 641 ff. Sirt I, 280.

2Pufendorf 436: E tantille temporis spatio Sueoorum tuno et sociorum

Bandr entrinni. 305

welcher jenfeitd der Enge an voriheilhafter Stelle mit Fußvolk und Geſchütz in Schlachtordnung ihren Anfall aufbielt, und den UNeber⸗ gang der Reuterei und des Gepäds über das Gebirge auf Annas berg dedte, entrinnen Taffen, und hatten nur die Genugthuung, daß noch ein Theil des Troſſes und der zurückbleibenden Mannſchaft in ihre Gewalt fiel. Den ferneren Marſch durch Berhade im Walde ſchirmend, langte Bandr über Annaberg am ?%,, März in Zwidau glücklich an; zwar verherrlicht durch dieſe merkwürdige Kriegsthat, welche dem Rüdzuge von Torgau bis zur Oder gleichfommt, aber den Tod im Herzen. Dbenein war er durch Slanged unnöthige Aufopferung und die haftige Flucht fo geſchwächt, daß er auch jen- ſeits Zwidau nicht Halt machen durfte, obgleich feine Verfolger, welche ermüdet durch den jähen Marfch über Wald, Gebirge und Schneegründe, faum je abgefattelt hatten, Stillſtand machten und ber Erzherzog über Eger nad Regensburg zurüdging. Dazu waren die angefehenften Heerführer über den unerwarteten Ausgang ber Jagd in böfen Zwift gerathen. Feldmarſchall Geleen gab dem Fürs ſten Piccolomini Schuld, daß er wider die Abrede, flatt gerade auf Cham zu gehen, durch den Aufenthalt vor Neuenburg mit dem ganzen Heere den Feind habe entfchlüpfen laſſen. Die ehrgeizigen Männer erhisten fih in dem. Grabe, daß ein Zmeifampf erſt durch des Kaiſers Dazwifchentreten verhindert wurde. * Kurfürft Maris milian ſchrieb vol Unmuth an den Katfer, „er möge ihm anzeigen ob im baierifchen Heere jemand feine Pflicht verfäumt habe,“ und war zu gleichem erbötig. In Folge dieſes Zwiefpaltes ward der Feld⸗ zug erft fpät wieder aufgenommen, und forberte der wadere Geleen feinen Abfchied (im Juni)?

Guébriant, dem vorangefchidten Oberſt Rofen aus Greiz ges folgt, glaubte, am 30. mit den Directoren zu Baner gekommen, ° ein Anrecht an die Dankbarkeit des Schweden zu befigen, da er durch feine Anwefenheit den Piccolomini von Verfolgung abgeichredt

salus pendebat, quae nunquam toto bello extremis perioulis proprior

faerat. Epitome R. 6. 210. fagt ohne Schen, man habe den Baner nicht fangen wollen, weßhalb man fidh unterweges unnölhig aufgehalten. Facile scitu erat, per quem stetisset, ut tam praeclarus triumphus imperatori

6 conepecta eripcretur.

* 8iri Mero. I, 281.

3 Theatr. Europ. IV, 575.

3 Guebriant 285.

Barthold, Gef. des SOjähr. Kriegs. U. 2

306 | Lage des vereinigten Heeres.

habe;“ doch der Schwede, welcher des Franzoſen Bereitwilligfeit fich einzuftellen, nicht der Großmuth, fondern der Furcht beimaß, und ohne jenen bei Breßnitz fich gerettet hatte, war weit entfernt, irgend eine Verpflichtung der Art zu erfennen. * Darum dauerte das gute Ber- haͤltniß nicht über den erften Begrüßungstrunf hinaus; der Schwede Hagte über die ungeitige Trennung der Weimarer, und beide, im ſchlechten Zuftande bis nad Meiffen getrieben, mußten geftehen, daß ihr Zug in die Oberpfal und an die Donau die gemeinfame Sade nur verfhlimmert hatte. Weil gegen das öde Meifien der nordweſtliche Landftrich nicht erfchöpft fchien, verglichen fich die Feld⸗ herrn nach hitzigem Streite über die Erholungsquartiere, und mußte Guebriant ernfte Drohungen anwenden, um für fih das Gebiet zwifchen Saale und Eifter zu erhalten, da Baner ihn in das vom Beinde überſchwemmte Boigtland bis nad Kulmbach und Hof zu⸗ rüdweijen wollte. Der Feldmarſchall, bevenflih an einem Yieber erfranft in Folge feined wüſten Lebens und der letzten Mühfale ?, war fhon am im Altenburgifchen, ergrimmt gegen St lhandske, der ihm in Böhmen nicht die Hand geboten ’, und fehidte Koͤnigs⸗ mark nach Nieverfachfen, den Grafen Hoditz nad Hamburg, um bie böfe Lage der Eeinigen zu melden. Guebriant, am 4. in Gera, mußte ſich wieder durch Briefwechſel gereizten Tones, voller gegen- feitiger Vorwürfe über das Vergangene, die verheißenen Quartiere erfimpfen, da bie fhwedifchen Sauvegarden in Naumburg den Seinen die Aufnahme verweigerten. * Neue Klagefchreiben, Bitten um Ab- ruf, um Hülfe an Geld und Mannfchaft,“ indem man nicht ohne ein Wunder auf guten Erfolg rechnen könne,“ gingen an Des Noyerd aus Gera und Naumburg (20. April. Hier flug Gue- briant am 10. April fein Hauptquartier auf, vertheilte zwiſchen Eifter und Saale von Gera und Schleiz ab bis zur Unftrut hinab feine Truppen, die aber bald aus dem obern Saalthale durch Die von Eger heranziehenden Gegner verwiefen wurden. Baner, veffen ! Guebriant 286. Paufendorf 437.

® Gucbriant 290. De plus il sembloit quil fut entierement epuise de force et de vigueur depui cette rencontre qui le tint en action perpetu- elle, tant de fatigues jointes a des debauches de vin tr&s extraordinai-

res depuis ses amours et son mariage, le rendirent foible et si change, qu'il en demeura malade le vingtneufleme de Mars et hors d’etat d’agir.

% Quebriant 287. & Qucbriant 281.

Lebensende George. 307

gewaltige Natur zwifchen Leben und Tod kaämpfte, lag in Altenburg, fein Heer zwilhen Mulde, Eifter bis Halle hin. Rechtsher von den Sachſen beobachtet, welche fürdhteten, daß die Schweden fi zu Stälhandsfe über die Elbe ziehen würden; von Süden ber bedroht durch Geleen, Biccolomini und Mercy, welde jedoch erft am 22. April die zurüdtgebliebenen Bölfer um Oelsnitz in ernft- licher Abficht fammelten, mußte ver kranke Held, kaum fähig Die Bewegung ded Wagens zu ertragen, am °,, April über Zeig nad Weißenfels (7/,, April) und am °,, In einer Sänfte nad) Merfeburg fih tragen laſſen. Am 1%, befanden fih alle Ber: bündeten auf dem linfen Ufer der Saale, hielten jedoch die Brücken und Furthen befegt, und war Quebriantd Hauptquartier in Mü⸗ cheln; die Schweden fanden ſchon jenfeitd Halle, auf dem Wege nad dem SHalberftäbtifchen, alfo auf der Straße nach Niederfachlen, welches, vor faum fünf Monaten unter fo weit ausfehenven Plänen verlafien, jest allein wieder Rüdhalt bot. Da erfchütterte am 1,0 April 1641 den todtkranken Feldmarfhall die gewiſſe Kunde von dem Lebensende Herzog Georgs.

Jener Guelfe, von den Herzogen Auguft dem Jüngern und Friedrich, welche ihr Heil vom Reihötage in Regensburg erwarte- ten, in feinen Plänen nicht unterftügt, hatte, befreit von dem Heere Bandrs und Guebriants, auch bei ſteigender Kränklichkeit fein un- ruhiges politifched Treiben nicht aufgegeben, den jungen Kurfürften von Brandenburg zumal in ein entgegengefeßtes Syftem zu verleiten gefucht ?, und den Fall Schwarzenbergs vorbereitet. Inzwiſchen feste er die Umſchließung Wolfenbütteld fort, und ließ, von Banèrs an- fänglichen Hortfchritten unterrichtet, durch feine und der Landgräfin Gefandte in Regensburg in Fühnerer Sprache eine allgemeine Am- neftie fordern. Als dieſe Zumuthung, welche ihm feinen Bortheil, wohl aber einen Vorwand, die Verbindung mit den fremden Kro⸗ nen fortzufeßen, gewährte, beim Kaiſer Widerfpruch fand; deſſen ver- trautefter Minifter Trautmannsdorf fogar geäußert haben folk: „ehe er feinem Herrn folde Schmach anfünne, wolle er ihm lieber rathen, nad Madrid in’d Eril zu gehen;“ bangte Georg in gänzlicher Un⸗ gewißheit der Verhältniffe nach Banèrs vereiteltem Feldzuge der Zukunft eritgegen. Am 2%, , Sanuar hatten die Räthe des Gefammt-

* Quebriant 296. Pufendorf 437. Theatr. Europ. IV. 644.

2 Deden IV, 95. W

308 Letzte Politik George.

hauſes zu Peina nicht übereinkommen können, durch eine Geſandi⸗ ſchaft nach Hamburg bei Schweden und Frankreich das oft abge⸗ brochene Bündniß zu betreiben; die Herzoge, welche durch ihre Mi⸗ litairconvention das ſchwediſche und franzoͤſiſche Heer allein gerettet, waren noch immer ohne irgend eine Bürgſchaft, was fie für ſolche Aufopferung von den Fremden erhielten? Deßhalb Iegten die Ab⸗ geordneten am u 1641, zu vorfichtig einen bedenklichen Schritt entfchieben zu rathen, die Sache mit Gründen für und wider dem Dberhaupte ded Haufes vor. * Aber den preiswürdigen Gründen, die Hoffnung auf Kaifer und Reich zu feßen, welche Augufts des Süngern und Friedrichs Diener empfahlen, ftellten Georgs Räthe, von Sranfreih und Schweden beftochen, in dem Einne des Hippo⸗ lithus A Lapide, fiebenzehn Punkte gegenüber, welche unter dem Borgeben der Ehre, Sicherheit und Wohlfahrt der herzoglichen Lande fo feindfelige Stimmung gegen den Kaiſer athmeten, daß Georg, das nahe Ende feines Lebens nicht ahnend, am °/,, Februar fih ent ſchloß, „im Namen der heiligen Dreieinigkeit“ bei ven „letzteren Gründen zu bleiben;“ Franfreihd und Schwedens Einfluß in den Frieden verlangte und die Abfendung an Avaur und Salvius eifrig betrieb. Im gleicher Politik beharrte Amalie Elifabeth, deren Heer unter Eberftein im Münfterfchen ftand ’, und deren zerftreute Befagungen den Winter hindurch im Bergifhen, um Kalfar und | andere zahlreihe MWaffenorte Weftfalend ven Fleinen Krieg ges gen Vehlen und Habfeld nicht ohne Glück fortgefeht hatten. Den⸗ noch aber fuchte auch fie am auf die Kunde: Hatzfeld werde im mächtigen Anfalle auf ihre Quartiere dringen, in gewohnter Weile bei Georg Hülfe. Gene Gefahr nicht erfennend, lehnte der Herzog . Februar das bundesmäßige Geſuch der Freundin höf- lift ab, ſchon den Blick bebenklih auf Piccolomini gerichtet, und deutete auf die Nothwendigkeit hin, Wolfenbüttel mit ganzer Kraft vor Hatzfeld befürdhteter Ankunft zu bezwingen. Die Rathlofigfeit wuchs, als die verwandten Herzoge die Beihidung nad) Hamburg verzögerten, fowie die Verbindung mit den Heſſen ablehnten, und Kliging, dem die Laft des Krieges bei George Schwäche oblag, für Wolfenbütteld Umſchließung bei jenen, feinen Mißgönnern, Feine 2 Deden IV, 101.

® Daf. IV, 103. ® Theatr. Europ. IV, 591.

Mühle auf Georg. 309

Hülfe fand. * Zwar ſchien der Herzog in der Mitte des März ſich wieder zu erholen, berieth den Stand der Dinge ernſtlich mit Klitzing zu Hildesheim; der Gedanke, daß der Krieg wieder auf Niederſach⸗ fen ſich waͤlzen werde, rüttelte den Kranken zu verboppelter Thätigs feit auf, und er dachte Durch einen Marſch gegen Wahl und Hatz⸗ feld dem gefhwächten Heere Bandrs Luft zu machen. Wirklich be- fahl er die Abreife feiner Gefandten nah Hamburg; ? da lief die Zeitung von dem Rüdzuge Bandrs auf Meiffen, das Hülfsgeſuch des fchwebifchen Feldmarſchalls in Hildesheim ein, und verurfachte eine ſolche Erfhütterung in dem Gemüthe des halb Genefenen, daß er, am a vom Schlage gerührt, am ?/,, April im ſechszigſten Jahre dem Tode erlag. Günderode, in Hildesheim anmwefend, bes richtete die Trauerfunde der Landgräfin, weldye, von ihrem Borbilve verlaffen, durch Guebriant und Baner um Belfland aufgerufen wurde, da fle von der nördlichen Seite ihren Staat, felbft Dorften, ihres Gemahls wichtigfte Eroberung, bedroht fah. Wenn George verbunfelter Blick in den letzten Stunden noch fähig war, die Lage feines Hauſes zu faflen, fo mußte ihn fchwere Reue über bie Vers eitelung eined zwanzigjährigen vielbefcholtenen Strebens erfüllen. Rur feinem Eigennuge und Feiner anderen Sade treu und doch ohne Bürgſchaft an die Fremden hingegeben, verließ der Ehrgeizige feinen Staat, nah dem unfeligftien Machiavellismus und ſechsfachem Abfalle von einer Partei zur andern, vom Kaifer zu den Dänen, von den Dänen zum Kaiſer, vom Kaifer zu den Schweven, von den Schweben nad der Schlaht von Nördlingen und dem prager Frieden zum Kaifer, und ſeit zwei Jahren vom Kaifer wieder zu den Schweden; überall bemüht, fih höhere Geltung, Zuwachs und Unabhängigkeit von der natürlichen Oberherrſchaft des Kaifers fowohl, als von den fremden Kronen zu verfchaffen, in der traurigften Berfaffung. Sein and durd ‘den Krieg vers ödet, fein Heer meuternd und faft aufgelöst; Wolfenbüttel in der Gewalt der Feinde; viele andere Punkte von den Echweben befeht, und jest von newer Heimfuchung beproht! Zaft in bitterem Grimme gegen fich felbft, durch einen Zeberfirih das Gebäude feiner Pläne für alle Zufunft vernichtend, den Stab brechen über alle früheren Beftrebungen, hatte er am ?%,, März ein Teftament unterzeichnet,

i Thestr. Europ. IV, 109. > Daf. 113.

310 Bandr frank.

welches gegen alle böfen Erfahrungen der Gegenwart und Ber; gangenheit, gegen alle gefunde Fürftenpolitif, fein Land in die beiden Fürftenthümer Celle und Hanover fpaltete, „jo lange noch Abkömmlinge von feinen Söhnen vorhanden wären.“ ! Hano- vers fpätere Erhebung zum Kurfürftenthfum und fleigende Bedeutung, wie zu Heinrichs ded Löwen Zeit, war nicht die Folge einer fo fich ſelbſt zerſtdrenden Politik des Herzogs, fondern der Anhänglich> feit des n äch ſten Gefhlehted an Kaiſer und Reih! Schmerzlich wurde Georgs Tod von ſeiner Partei empfunden, zumal von Amalia Eliſabeth. Selbſt Bandr bewunderte, ungeachtet jahrelangen Un⸗ friedens mit dem Verſtorbenen, die großen Feldherrneigenſchaften deſſelben,? und konnte die weltkundige Thatfache nicht leugnen, daß feit dem Herbfte 1638 des Lüneburger Beiftand der ſchwediſchen Sade zur einzigen Aufhülfe gereicht habe. Und das ift denn bie verhängnißvolle Bedeutung; das iſt die Erbſchaft, bie der Sterbende dem Baterlande hinterließ; er bat die abgeftumpf- ten Waffen der Bremden in den Eingeweiden Deutſchlands fefgehalten! Gleich nah feinem Tode hoffte der Kurfürft von Sadfen, wie er an Piccolomini fchrieb Ch, April), „die Macht beider Guelfen,“ mit denen er, wie Erz herzog Leopold Wilhelm, durch Arnim und Franz Albrecht von Lauenburg in geheimer Berbindung geblieben, würbe des Kaifers Sade fih anjdließen. °

In unbefchreiblider Unruhe fah Guebriant, deſſen Leitung bei Bandèrs töbtliher Schwäche Kriegführung und Diplomatie oblag, der Zufunft entgegen; der Sieur de Choify eilte nah Hildesheim, * um die Gefinnung der neuen Herrichaft zu erforfchen; zu der Wittwe Georgs, Schwefter des Landgrafen von Hefien-Darmftadt, welde bis zur Rückkehr ihres älteſten Prinzen, des unfähigen Ehriftian Ludwig, aus England die Regierung übernahm. Raſche That war nöthig; die Saale nicht mehr zu Halten, da die Kaiferliden, aus Böhmen und dem Voigtlande vorgerüdt, ſchon in Zeitz fanden. Was die Landgräfin jest thun würde, fehlen vor allem wichtig und maßgebend auch für die Lüneburger. Dorthin ſchickte Heinmüthig der

ı Deden IV, 123. 2 Daf. 115.

3 Daſ. 116.

° Quebriant 304.

Rathlofigleit der Verbündeten. 811

Gefammtrath von Lüneburg; die Neutralität im Auge, verlangten gemeinihaftlihe Mitwirkung, um deßhalb bei Hatzfeld Schritte zu thun; nad Kaſſel eilten Boten und Briefe Guebriants. Aber Amalia Elifabetb, auf ihren Vortheil, auf Entfernung des Krieges bedacht, an Auskunftsmitteln nicht arm, vor Hatzfeld in Sorgen, obgleich derfelbe nuch nicht von Weftfalen zurückgekehrt war, verweigerte einerfeit8 am 23. April das Gefuh Guoͤbriants ihm einen Theil des Heeres zu fenven, * indem fie ihr Land nicht ents blößen dürfe und ihr Volk durch unruhige Winterlager erfchöpft fei, und verfprad am 'Y,, April ihre Räthe Günberode und Kroſigk an die Lüneburger zu fhiden, indem fie noch immer auf Bandrs und Guébriants Widerftandsfähigfeit gegen die SKaiferlihen baute. Andererſeits firäubte fie fi) gegen die lüneburger Räthe, mit dem faiferlichen Feldherrn zu unterhandeln, und hoffte „ftanphaft und getroft,* da der Feind noch fern war, auch nach dem Tode Georgs, „des Batroned der gefammten evangelifchen Sadje, Gott werde aud) aus der gegenwärtigen großen Roth helfen.”? Mit folchen Vertrö- flungen war aber dem fremben Heere, welches etwa noch 19,000 Mann zählte, Bandr hatte, nad Angabe der Kriegslufigen noch 6000 Reuter und 20,000 Mann zu Fuß; unter ihnen nur 500 Schweden; die Franzöfifh-weimarer betrugen 4000 Mann zu Fuß und 2000 Mann zu Pferde, unter ihnen kaum 300 Frans zoſen nicht geholfen. Die Abgefandten der Guelfen in Merfeburg vom *,, April bis anweſend, ohne zu dem Kranken Zutritt zu befommen, lehnten die geforderte Verbindung ab,’ weil „Wolfenbüttel bald in ihre Gewalt fallen würde, und fie auf Hapfeld Acht haben müßten; und fuchten beide Heerführer zu bewegen, die Saale zu behaupten; wogegen Baner, ihnen jede befondere Unterhandlung mit dem franzöfijch » weimarfchen Heere verbietend,, noch Immer zuverfichtliche Sprache führte, der Hülfe ver Bundesgenoſſen noch entrathen zu Fönnen glaubte, und nur die Zufendung von einigen taufend Mann forberte, „um thatſäch— Lich das Gerücht zu widerlegen, das im Faiferlihen Lager wegen Abfalls der Lüneburger in Umlauf fei.” Nah fo hochmüthigen Aeußerungen des fcheinbar Genefenden durfte dennoch die Erklärung

s Quebriant 325—328. 2 Dal. 311. 2 Deden IV, 119. Bufenborf 437.

312 Schwankende Politik der Buelfen.

Günderoded und Krofigks von Hildesheim (1%, April ' zwar den Schweden nit überrafhen, wohl aber den Franzoſen, welchen Amalia Elifabeth auf ihren Befcheid vertröftet hatte. Ein Tanger Aufjag enthielt nichts als Betheuerungen, daß beide Häufer bei dem bien commun unverbrüdlich bleiben, aber wegen Wolfenbüttel® Belagerung und der Annäherung Hapfelds gezwungen würden, ihre Truppen dorthin als Diverfion für das Gefammtheer zu verwenden; während dem ſchwediſchen und franzöfifchen Feldherrn obliege, vers einigt nicht allein den Feind an der Saale abzuhalten, fondern aud) den SKriegöfchauplag wieder auf Böhmen und Schlefien zu fpielen. Angehängt war die nicht umwundene Drobung, „würde man weichend den Feind wieder in die Länder der Bundesgenoffen ziehen, fo koͤnne ein gänzlicher Umſchlag der Verhältniffe entftehen; daher die Kronen Sorge tragen müßten, durch ihre Maßregeln zu erweifen, daß die Erhaltung der deutfchen Fürften der Zwed ihrer Waffen fei.* ? Diefer Umſchlag fündigte fih aud) von Seiten ber Lüneburger darin an, daß an des gehaßten Kliking Stelle der Landgraf Johann von Heſſen⸗Darmſtadt, der Bruder ver Wittwe Georgs, den Oberbefehl des Geſammthauſes erhielt, daß man die Zahl der Truppen verminderte, und unter der, obenein fchleppenden, Umſchließung von Wolfenbüttel Zudtlofigfeit, Aufruhr und Mangel an Mem, zumal an Solo berrfchte und „die Unbezahlten auf Kligings Geheiß fih an ben Unterthanen ihres Schadens erholten.” * Dod ließen fi Auguft der Jüngere und Friedrich durch die ungünftigen Berichte der Ges fandten aus Regensburg vom '%,, und TEE, welde die Ber: fegung des Krieged nah Niederfahfen als Folge der Weige- rung, ſich mit den faiferlihen Waffen zu vereinigen, vorherfagten, nicht zu einem beftimmten Entfchluße bringen. Sie thaten das Nach⸗ theiligfte, unbewaffnet fi vom Strome der Ereigniffe überrafchen

ı BOuebriant 331. i

2 Daf. 332. Son Altesse vous fait aussi avertir en confldenco qu’elle aura sujes d’en appıehender une mutation dangeureuse, dautant quil y en aura qui se lasseront de oultiver toujours leur propre ruine et mi- sere. Autrement, faisant tout de bon concert et comme on doit eon- siderer les Prinoos Alliez, en quoy nous ne nous plaignons pas de la France et montrant en effect qu’on desire la oonservation des Princes Allies en Allemagne; laquelle on nous dit etre Pohjeet des Armes communes.

Deden IV, 122.

Das Reichöheer an der Saale. 313

zu laſſen, flatt daß, dem Rüdzuge der Schweden auf ihr Land fi entgegen zu flemmen, ihre Zufunft gebeffert haben würbe.

Unter fo erfolglofer diplomatifher Geſchaͤftigkeit Guehbriants, der, aufmerffam nach allen Selten, von Avaux in Hamburg die BVerfiherung erwirfte, daß er bei Hofe auf die Sendung eines Hülfsheeres von 6000 Mann antragen werde; aber welchem aud Deauregard, von Hamburg mit geringen Geldſummen zurüdfehrend, die Kunde mittheilte, „pie Gefandten George, dort angefommen, hätten die angebahnten Unterhandlungen wegen des Bünpniffes bei Todeskunde ihres Herren aufgegeben,“ * wurde der Zufland des kranken Baners mit jedem Tage hoffnungslofer und 309 das unabs wendbare Ungewitter von der Elfter und Sahle zufammen. ? Rad dem die Faiferlichen Völfer ſich bis Anfang Mat zwifchen Saale und Eifter noch einige Ruhe gegönnt, das befte Berftänpnig mit Kurſachſen hergeftelt, und den aufgegebenen Raum gewonnen;

drangen fie auf Naumburg und die Päfle an der untern Saale,

ſchlugen in der Nacht vom 9. Mat, ungehindert dur die Schwes den und Weimarer, bei Weißenfeld an einer Infel eine Brüde über die Saale, ſetzten, angeführt von dem General: Wachtmeifter Bornes val, ein Regiment auf das linfe Ufer und warfen zu ihrer Siche⸗ rung Schanzen auf. Aber Gusbriant, noch immer hoffend, ven Fluß mit Hülfe einiger taufend Heflen und Lüneburger zu behaupten, war folgenden Tages mit den Weimarern und den Völkern Banars zur Stelle. Auch Baner, feiner Schwäche ungeachtet, ließ auf einer Sänfte noch aus Merfeburg fi ind Freie tragen, und beide ver- einigten ihre Thätigfeit, den Paß zu behaupten, mit ſolchem Erfolge, daß Abends die Hinübergebrungenen mit Berluft aus ihren Schans zen über die Brüde zurüdgetrieben wurden. Piccolomini, im Felde unfern haltend und von den Weinbergen des rechten Ufers mit Gefhäg hinabdonnernd, konnte auch die jenfeitö aufgeworfene Schanze nicht entfeßen. Doch hatte auch er den Gegnern bedeutenden Scha- den zugefügt, indem auf fein Gebot ein waghalfiger Soldat durchs Waſſer ſchwamm, nadt mit einem Feuerbrande auf das Dorf Burg⸗ werben zulief, wo das Gepäd von fünf ſchwediſchen Regimentern fand, das nächſte Strohdach in Brand fledte, fo daß innerhalb ı Buehbriant 333 Brief vom 7. April; 334 Brief vom 23. April.

2Pufendorf 437. Guébriant 298. Adlzreitter 416. Theatr. Earop. IV, 644. Iritſch 178. Biri Merc. I, 282 fi.

814 Tod Bandrs.

einer halben Stunde der ſchone Ort in Aſche Tag. Borläufig hier den Uebergang aufgebend, aber Weißenfeld noch behauptend, vers theilte Piccolomini das inzwifchen ganz herangefommene Heer bis nad Bernburg hinab, und beunruhigte den Gegner durch nedende Angriffe auf verfchienene Uebergangspunfte. So ließ er am ’/,, Mat den Grafen von Bruay dem feindlichen Feldherrn, der nad, der unvorfichtigen Anftrengung am 9. rettungslos in feine Krankheit zus rüdgefallen war, einen böfen Beſuch in Merfeburg felbft abftatten, defien Schloß jedoch den Schweden noch fchüßte; und fah die Seinen mit erheblicher Bente aus dem feindlichen Hauptquartier heimfehren. ' Als am 16. Mat den Saiferlichen der Uebergang bei Bernburg ges lungen war, gab am 18. Guebriant, mit feinem Heere dorthin geeilt, das Stromgebiet auf, und wandte fi) auf Halberftabt, wo aufgehäufte Borräthe dad Verweilen bis auf die Hülfe der Heffen und Züneburger zu geftatten fchienen. Schon am 16. hatte Baner, unter Guebriante Obhut, welder ihm feine Maulthiere ſchickte, fich von Merfeburg über Eidfeben und Dueblinburg auf einer Sänfte nah Halberftadt (7.. Mai) tragen laffen; er war, nach der Aerzte Behauptung, dem Tode noch zu entziehen, wenn ihm bie Feinde die Ruhe weniger Wochen geitatteten. Aber der Dann, welder Brand und Mord feit zehn Jahren von einem Ende Deutichlande zum anderen getragen, follte feine ruhige Sterbeftätte finden! Denn am '%,, Maimonats festen die Kaiferliden an allen Punkten von Naumburg bis Bernburg und Barby hinunter über die Saale; mit fterbender Hand unterzeichnete Baner noch einen Brief an bie Guelfen, ? „fie möchten ihm alle ihre Truppen alsbald jchiden; er hoffe den Sieg, wenn er auch nur in einer Sänfte die Schladt lenken Fönnte.“ Aber er verfchied in der Frühſtunde veffelben Tages unter qualvollen Bildern, * nad einem harten Todeskampfe; an demfelben Tage übereilten kaiſerliche Teichte Reuter im nahen Qued⸗ Iinburg ein ftarfed Regiment Baneıs *, und fchleppten einen Troß von 1000 Pferden, reihe Baarihaft, die Erpreffungen Meifiens, hinweg, Guebriant am 21. Mai mit dem Heere herbeifommend,

i Siri Merc. I, 405.

2 Deden IV, 126.

3 Brief von Adler Salvius bei Geijer II, 312,

% Theatr. Europ. IV, 646. PBufendurf 438. Guébriant 305. Adlzreitter 416. Biri Mero. I, 407.

Neber Bauer. | 315

fand bereitS pen erfalteten Leichnam; in der offenen Stadt unbe fhreiblihe Berwirrung, die Wittwe des Geftorbenen mit ihren Frauenzimmern faft aus ihrem Haufe geworfen; Kiften und Kaſten ers brochen, die Kriegszahlmeiſter und Gcheimfchreiber flüchtig und verfolgt. Sp war das Ende Johann Bandıs, ? geboren zu Djursholm

in Roslagen (Upland) am Sr 1596 aus einem ber vornehmften und höchſten Geſchlechtern Schwedens; früh, ohne gelehrte und ges felichaftlihe Bildung, welche feine Standesgenofien fid) anzueignen bemüheten, den Waffen gefolgt, Schüler und Genoffe Guſtav Adolfs auf allen feinen Zügen, geliebt vom Könige, ihm ähnlih an Ge ſtalt und Haltung, ohne Zweifel einer der größten Feldherrn feines Jahrhunderts und allein fähig, nad) dem nörblinger Tage und dem prager Frieden den Krieg in Deutfchland fortzufegen. Bon feinen Eigenfchaften als Feldherr heben wir nur hervor: daß er im Geifte der neueren Ötrategie die Hauptwendung des Krieges in Schlach⸗ ten fuchte, Belagerungen mied, und daß es ihm in ver Regel gelang, den Nachtheil, welchen der Sommer feinem Heere gebradit, im Winter durch die harte Gewöhnung feiner Soldaten zu erfeben, und ale Frühlinge ftreitbarer wieder dazuftehen, nachdem er ben Gegner auf den eigenen Boden gedrängt. Es wird ihm nachge⸗ rühmt, daß er 60,000 Eaiferliche Krieger und 40,000 Sadfen auf- gerieben Habe; daß 600 Fahnen ald Trophäen feiner Siege bie Kathedrale Stodholmd fhmüdenz der eigene Berluft blieb unbe⸗ rechnet, da es Deutſche waren, die unter ihm fochten,, litten, ums famen und immer neuer Erſatz unerfhöpflih ihm zufloß. Stille Selbſtberathung und Geheimniß vor der Ausführung erleichterten feine Thaten; fo formlos er mit feinen Oberften zechte, bewahrte er ſcheugebietende Achtung ; fich felbft nur zur Redyenfchaft verpflichtet, im Gegenfag der Taiferlihen Heerführer, welche in beflagendwerther Abhängigkeit vom wiener Hoffriegsrath und von den Mitfeloherrn er- halten wurden. Im Heerbefehl duldete fein Selbfivertrauen nie- mand neben fih; Hermann Wrangel hatte ihm weichen müſſen; dem Staͤlhandske fonnte er noch auf dem Todtbette nicht vergeben; felbft der nachſichtig⸗-kluge Torſtensſon harrte bei ihm nicht immer aus,* und warb, obenein Fränflih, auf fein Geſuch im Herbſte

3 "Fheatr. Europ. IV., 648. 3 Sirl I, 405 ff. Gnébriant 305 nad PBeauregarbs Gharakteriflif.

Bufendborf 438. Buensk Plutark af Lundblad I, 114. 3 Zwar Iobt Guſtav HU, im berühmten akademiſchen Kloge de Lennart Tor-

316 Ueber Bandr.

1640 aus Büdeburg heimberufen; '* Karl Guſtav Wrangeld Ber hältnig zu Bandr war oft ein geflörted. Daß Bandr die deut ſchen Zürfen mit Hochmuth und Geringſchätzung, ja Grobheit behandelte, hatten fie Hinlänmglich verdient; daß er ſchonungslos barbariih den Krieg im feindlichen oder im befreun- beten Lande führte, ? brachte der entfegliche Charakter der Zeit mit id. Dabei liebte er aber doch die Deutichen, deren Vaterland er züchtigte ; fie waren, von ihm zu Soldaten gezogen, die beften Krieger der Welt; „er hätte e8 für feine größte That gehal- ten, der Ration den Frieden zu erfämpfen.”! In ununterbrochenem Umgange mit den Deutſchen hatte er dad Schwedenthum, das erft fpäter wieder fpröde wurde, ganz abgeftreift; fein Briefwechſel felbft mit Guebriant war deutſch; denn franzöfifch verftand er nicht; - in der Spradje der Kriegskanzelei felbft: an Schweden kommt kein ſchwediſches Wort vor. Die deutſche Bildung hatte die Fremd» linge wider Willen unterworfen; obenein war Stab, Kanzelei, Heer nur deutſch. Wegen diefer Vorliebe entging Baner gehäßigem Verbachte nicht; neben der Sage, daß er zu Hilvesheim in Gifts wein den Tod getrunken, ſchlich das Gericht umher, „ber Kalfer habe ihm, als er in Cham fland, ein Reichsfürftenthum und ven Oberbefehl gegen die Türken angeboten, wenn er feine Krone zum Frieden braͤchte.““ Diefe geheime Kunde gewann fo viel Glauben, daß Chavigny unter dem 27. April den Grafen Guebriant unruhig darauf aufmerffam machte, ° und man fogar in Defterreich die Sage

stenson (Collection des 6erits I, 78. il entretienne la plus sincare amiti6 avec Baner. Aber Beauregard 307 berichtete befler das Vers hältniß beider Männer, welche gleichwohl Die allgemeine Sache oben anftellten, als der Tönigliche Lobredner 140 Jahre fpäter.

Beijer IT, 321, 324. Lundblad I, 211. Zorftensfon blieb ven Winter über in Stralfund und war bei Baners Tode kaum in Stockholm angekom⸗ men. Lundblad I, 221. Am '?/,, April 1641 warb ihm Sie im Reiches rathe verliehen.

Adler Salvius bei Geijer III, 311: Versor ne punitis aliis Deus tan- dem nos ipse punire deoreverit ob enormia scelera et probra plus quam barbara, quae hoo bello impune committanter.

Le Laboureur nach Beauregard 309: Il faisont grand cas des Alle- mans qu’il avoit dressez ei les croyoit les meilleures troupes du monde. Son affection pour leur nation alloit jasques & souhaiter la psix d’Allo- magne, quelgue inolination qu’il &at & la guerre.

% Biri Mere. I, 406. Riccius 661. Guéebriant 310,

N

Bansr und bie Protefianten. 917

glaubte, „der ſchwediſche Feldherr fei auf Salvius Betrieb durch den Reichsverweſer, welcher den Beargwöhnten mitten unter feinem Heere nicht abzurufen wagte, vergiftet worben ! ı Aber wäre felbR Baner gefund geblieben, fo möchten wir zweifeln, daß feine and Abenteuerliche ftreifende Kriegsart, die ihn immer: nöthigte, dur glänzende Auskunftsmittel, ohne Frucht für das Ganze, den unbefonnen verfhulneten Schaden wieder gut zu machen, ihn befähigte, den deutſchen Krieg für Schweden glücklich zu beendigen. Wie leicht Fam er einmal eine Halbe Stunde zu fpät aus einem Pafle wie bei Brefinig. Der rechte Mann Defterreih8 Macht an der Wurzel zu erfhütten, war Bandrs Nachfolger Torftensfon, der ftreng überlegend, kühn das Unerwar- tetfte vollführte; den flarfen, aus dem Boden gerüttelten Baum dem Sturze nahe zu bringen, vermoditen envlich gemeinfam nur der jüngere Wrangel, Koͤnigsmark, Enghien, (Conde) und Turenne burh deutſche Heere, durh Geld und die Diplomaten Frankreichs! Um die fittlihe Erſcheinung Bandrö ohne Haß und MWebertreibung zu würdigen, bemerfen wir, baß das Bild des bleihen Ritters, welcher, den Frauen und derber Luft des Bechers bis zum lebten Lebenshauche fröhnenn, aus der Umarmung der Geliebten und vom Zechgelage zu Roß fpringt, zwar für bie Poeſie anziehend fein kann; daß jedoch eine fo frevle Verſchwen⸗ dung der Lebenskraͤfte feineöiwege® der Erwartung von "Millionen bethörter Proteſtanten entipricht, welde das Heit ihrer Sade auf diefen Makkabäucr einzig ſetzen. Bei aller bodenlofen Untreue, Falſchheit, Tücke und Begrifföverwirrung zeigte die Zeit dennoch einen tiefen Rüdhalt in frommen deutſchen Gemüthern, und einen zu colofjulen Ernſt, als daß nicht der Widerſpruch zwifchen felbftfüch- tiger Bolitif und gleißnerifchem kirchlichen Eifer häßlich in der Pers jönlichfeit des oberften Feldherrn fih kundgethan hätte, welcher die faldungsvollen Worte von der „Errettung der bebrängten Gewiſſen und dem Verderben der gefammten evangeliihen Sache” ftehend im

Munde und im Kanzleiftil führte! ı Hormayr Archiv 1824, XV, 655. Gin Gerücht von Vergiftung, nicht in Kolge des hilbeoheimer Gelages, fondern ein fpäteres |. bei Deden IV, 419 Brief vom * head aus Merfeburg. Dagegen erwiedert Johann Oxenſt⸗ jerna von Stralfund auf Salvius Verdacht von Gift: Eriefle in Eſſen und Trinfen fein Venenum genug! Geijer AN, 311. Dazu bie Heirath

bei krankem Leibe!

N

! Zuſtand des Heeres nach Bandre Tode.

Aules Raubes aus feindlichen und befreundeten Ländern un⸗

het, hinterließ Baner, den Augenblid genießend, ein verhält ntemäßig geringes Vermögen; feine Wittwe, die Marfgräfin Sohanna, vermählte fi fpäter mit dem Grafen Heinrih von Thurn in Liev⸗ land; der allein überlebende von feinen Söhnen wurde ald Geliebter der Hortenfie Mazarin von einem Better derfelben, dem Prinzen Philipp von Savoyen, im Zweikampf tödtlich verwundet.

Neuntes Kapitel.

Aufftand im Heere nach Baners Tode. Ungetreues Spiel des Heeres und ber Bunbesgenofien. Kampf um Wolfenbüttel. Juni 1641. Tod Arnims. Eroberung von Iwidau und Goͤrlitz. Berfall des Heeres Stälhandstes. Waffenſtillſtand des getäufchten jungen Kurfürften von Brandenburg. Juli 1641. Berufung Linnards Torſtensſon zum ſchwediſchen Generaliffimus in Deutfchland. Erneuerung des ſchwediſch⸗franzoͤſiſchen Bündnifſes.

Nach dem Tode Guſtav Adolfs, des Siegers, des Beherrfchers und Bundesgenoffen der halben deutfchen Welt, hatte es eines Drenft- jerna bedurft, um die ſchwediſche Sache wenige Jahre hinzufriften. Der flerbende Baner hinterließ den Feind ald Ueberwinder; ein meuternded Heer; zwei unzuverläßige Bundesgenoſſen; das Reich in gebeihlichem Friedenswerke! Dennoch war jest fein Oxen ſt⸗ jerna nöthig, das trügerifche Gewebe fortzufpinnen; der verfehrte deutfche Genius half, mit geringer fremder Beihülfe, ſich felbft zum Unfegen, den Feinden zum Triumphe! Zwar ſuchte man in ver- bängnißvoller Lage in Halberftadt den Trauerfall zu verhehlen ; aber der Drang der Umstände machte ſchnell ſolches Streben ver- geblih. Dem Gerüchte nad hatte der Sterbenve ſchon zu Merfe- burg den älteften General» Majoren die Leitung ded Heeres über» tragen, „bis von Schweren aus fein Nachfolger beftimmt fei.” Thatfächlih if, daß unmittelbar nach dem Tode des Feldmarſchalls der Brandenburger Adam von Pful, Buners Schwager aus befien erfter Ehe, der Lievländer Karl Guftav Wrangel und der Schwebe Arvid Wittenberg des Hefted der Dinge ſich zu bemeiftern fuchten. ' Aber fo ariftofratifhes Vorgreifen ftand den Oberften keineswegs

* Bufendorf 439. Deden IV, 126. Theatr. Europ. TV, 646. .

Guebriant 312, 337.

Zuftand des Heeres nach Banors Tode. 319

an; erhitzt durch die gleiche Lage der Weimarer, verfolgten fie, bie eigentlichen Bertreter des deutjchen Heered der Krone Schweben wie jene der Krone Frankreich, dieſelben Zwede und waren in Bandrs legten Tagen von Meuterei nur durch Geld und Vertrö⸗ ftung gehindert worden, welches Beauregard von Avaur aus Ham: burg brachte, ungeachtet das Bündniß der beiden Kronen feit dem 15. März abgelaufen. Als demnach die drei Direktoren am 1%,, Mai burch den Oberft Hade dem Herzoge Friedrich von Celle und nad Kafiel gemeldet, „daß fie, nad) dem Tode des Feldherrn die vor- läufigen Bertreter, das Land der Bunbesfreunde fehüben würden, wenn fie auf deren Beiltand rechnen könnten,“ beriefen fie am ,, Mat die Oberften, kündigten ihnen die Uebernahme der Leitung an, Treue fordernd, für alle zu forgen gelobend. Aber zu ihrer Befremdung that die Republik der Solvaten ihnen fund, „fie feien zwar bereit unter ven Fahnen der Königin weiter zu bienen, wollten jedoch aus ihrer Mitte jemand nach Schweden fenden, um ihre Forderungen burdhaufegen; begehrten ferner unummunden, daß alle Kriegsbefehle, die ded Heered Wohl beträfen, mit ihren Ab⸗ georbneten berathen, und in ihren Namen befannt gemacht wür- den.” Die drei Direktoren, von fo republifantfcher Gefinnung aus ihrer Stellung gebrängt, mußten nachgeben, und ſchon in Dielen Tagen eilten der Major Dtto Ehriftoph von Rochow, und der Haupts mann Ehriftoph von Mortaigne nad Schweden, um in herben Formen der Königin ihre Klage zu hinterbringen, und Lohn für die langen Mühen und Thaten, Rüdftände, erhöheten Sold und Werbegelver zu fordern. * Um des Gelingen ficher zu fein, unterzeichneten fieben und zwanzig Oberften eine Berbrüderungdurfunde, in welcher, ähnlich ver Donaumerther und der Bilfener 1634, die troßigfte Gefinnung und Selbftändigfeit, auch in Beziehung auf Politif, fih ausfprad, * Feinen anderen Zwed al dad Wohl aller proteftantifchen Stände zu verfolgen °, fi) nicht trennen zu laflen; gegen die Beleidigung oder die Beeinträchtigung der Einzelnen für einen Mann zu ftehen; nicht Privatvortheil zu verfolgen; den von Schweden geihidten Oberfeldherrn vor einer befriedigenven Antwort der Königin nicht anzuerfeunen, und ihn auf bie t Bufendorf 439.

3 Bucbriant 313. Dumont VI, I, 415 ohne Datum. 3 Der Berfälicher Bufendorf ſetzt als erſten Artifel emolamentum Reginne!

| Zuftand des Heeres nach Bandrs Tode.

J

Alles Raubes aus feindlihen und befreundeten Landern un-

tet, hinterließ Baner, den Augenblid genießend, ein verhält: ttemäßig geringes Vermögen ; feine Wittwe, die Marfgräfin Johanna, vermählte fi fpäter mit dem Grafen Heinrid von Thurn in Liev⸗ land; der allein überlebende von feinen Söhnen wurde ald Beliebter der Hortenfie Mazarin von einem Better derfelben, dem Prinzen Philipp von Savoyen, im Zweikampf töbtlich verwundet.

Neuntes Kapitel.

Aufftand im Heere nach Baners Tode. Ungetreues Spiel des Heeres und ber Bundesgenofien. Kampf um Wolfenbüttel. Juni 1641. Tod Arnims. Eroberung von Zwickau und Goͤrlitz. Verfall des Heeres Staͤlhandskes. Waffenſtillſtand des getäufchten jungen Kurfürften von Brandenburg. Juli 1641. Berufung Linnarde Torftensfon zum ſchwediſchen Generaliffimus in Deutfchland. Erneuerung bes ſchwediſch⸗franzoͤfiſchen Buͤndniffes.

Rah dem Tode Guſtav Adolfs, des Siegers, des Beherrfchers und Bundesgenoffen der halben deutfchen Welt, hatte e8 eined Oxen ſt⸗ jerna bedurft, um die ſchwediſche Sache wenige Jahre hinzufriften. Der fterbende Baner hinterließ den Feind ald Meberwinder; ein meuternded Heer; zwei unzuverläßige Bundesgenoſſen; das Reid) in geveihlichem Friedenswerke! Dennod war jegt fein Orenft jerna nöthig, das trügerifche Gewebe fortzufpinnen; der verkehrte deutfhe Gentus half, mit geringer fremder Beihülfe, fich felbit zum Unfegen, den Feinden zum Triumphe! Zwar fuchte man in ver hängnißvoller Lage in Halberftadt den Trauerfall zu verhehlen ; aber der Drang der Umftände machte fchnell ſolches Streben ver- geblih. Dem Gerüchte nad hatte der Sterbende fhon zu Merfe- burg den älteften General = Majoren die Leitung des Heeres über, tragen, „bis von Schweden aus fein Nachfolger beftimmt fei.” Thatfahlih if, daß unmittelbar nach dem Tode des Feldmarſchalls der Brandenburger Adam von Pful, Buners Schwager aus deſſen erfter Ehe, der Lievländer Karl Guſtav Wrangel und der Schwede Arvid Wittenberg des Heftes der Dinge ſich zu bemeiftern fuchten. * Aber fo ariftofratifches Vorgreifen ftand den Oberften feineswegs

»Pufendorf 439. Deden IV, 126. Theatr. Europ. IV, 646. .

. Quebriant 312, 337.

Zuftand des Heeres nach Banors Tode. 319

an; erhigt durch die gleiche Lage der Weimarer, verfolgten fie, die eigentlichen Vertreter des deutſchen Heered der Krone Schweden wie jene der Krone Frankreich, viefelben Zwede und waren in Baneırd letzten Tagen von Meuterei nur durd Geld und Bertrö- ftung gehindert worden, welches Beauregarb von Avaur aus Ham⸗ burg brachte, ungeachtet das Bündniß der beiden Kronen feit dem 15. März abgelaufen. Als demnach die drei Direktoren am 1%,, Mai durch den Oberſt Hade dem Herzoge Friedrich von Celle und nad Kaffel gemeldet, „daß fie, nad dem Tode des Feldherrn die vor⸗ läufigen Bertreter, das Land der Bundesfreunde ſchützen würden, wenn fie auf deren Beiftand rechnen koͤnnten,“ beriefen fie am ı%,, Mat die Oberften, fündigten ihnen die Hebernahme der Leitung an, Treue fordernd, für alle zu forgen gelobend. Aber zu ihrer Befremdung that die Republik der Soldaten ihnen fund, „fie feien zwar bereit unter ven Fahnen der Königin weiter zu dienen, wollten jedoch aus ihrer Mitte jemand nah Schweden fenden, um ihre Forderungen burdhzufegen; begehrten ferner unummwunden, daß alle Kriegsbefehle, die ded Heered Wohl beträfen, mit ihren Ab⸗ geordneten berathen, und in ihren Namen befannt gemadt wür- den.” Die drei Direktoren, von ſo republifanifcher Gefinnung aus ihrer Stellung gebrängt, mußten nachgeben, und ſchon in Dielen Tagen eilten der Major Dtto Ehriftoph von Rochow, und der Haupts mann Ehriftoph von Mortaigne nad) Schweden, um in herben Formen der Königin ihre Klage zu hinterbringen, und Lohn für die langen Mühen und Thaten, Rüdftände, erhöheten Sold und Werbegelver zu fordern. * Um des Gelingens ficher zu fein, unterzeichneten fieben und zwanzig Oberften eine Berbrüberungdurfunde, in welcer, ähnlich ver Donaumwertber und der Pilſener 1634, die troßigfte Gefinnung und Selbfländigfeit, auch in Beziehung auf Politik, fi ausfprach, ? feinen anderen Zwei ald dad Wohl aller proteftantifchen Stände zu verfolgen ®, fih nicht trennen zu laflen; gegen die Beleidigung oder die Beeinträchtigung der Einzelnen für einen Mann zu ftehen; nicht Privatvortheil zu verfolgen; dem von Schweden geichidten Oberfeldherrn vor einer befriedigenden Antwort der Königin nicht anzuerfennen, und ihn auf die 1 Mufendborf 439.

2 Guebriant 313. Dumont VI, I, 415 ohne Datum. 3 Der Berfälfcher Bufendorf ſetzt ale erſten Artikel emelamentum Reginne!

920 Zuſtand des Heeres nach Baners Tobe.

obigen Punkte zu verpflichten;“ inzwifchen ſich mit ihren Regimen- tern wie bei Lebzeiten Banoͤrs zu verhalten. Endlich, da die gegen- wärtige Berbrüderung feinen anderen Zwed habe, ald vermit- telft der ſchwediſchen Waffen den deutſchen Frieden berzuftellen, folle nichts mit den General-Majoren ohne aller Beiflimmung gehans belt und je der Uebertreter des Bünbnifles für ehrlos erklärt werben!“

So war auf einmal der legte fittlihe Halt aus dem ſchwediſchen Heere gewichen und der Zuftand gefährlicher al8 im weimarifchen Lager beim Tode Bernhards. Hier fand ein fiegreicher, flarfer Feind in der Nähe, entichloffen jeden Vortheil zu benuben; ver Kurfürft von Sachſen und Piccolomini Hofften durch Abberufungs- fhreiben, wie im Jahre 1635, auf die Deutfhen unter den ſchwedi⸗ fhen Bahnen zu wirken, und Iuden fie aus der Entfrembung vers heiglih zum Dienfte ded Reiches ein. Erfah fand gefüllte Truhen, um die Geldgier zu befriedigen; bier kam Fein Diffonville mit beladenen Maulefeln herbei. Dagegen lodten die Lüneburger aldbald mit dem bedeutungsreichen Banner der dritten Partei; öffnete den Ders biendeten, oder noch Deutfchsgefinnten die Augen über das Vaterland und den Trug der Fremden. Am gefährlichften war das Zerwürf- niß der wenig geachteten, aber doch fo anmaßungsvollen drei Direk⸗ toren mit der Republif der fiebenundgwanzig deutfchen Oberſten, welche in denſelben Tagen offenfundig wurde, als die Regimenter : Zaupabeld und Roſens zwiſchen Halberftabt und Quedlinburg ſich fo ungewarnt von dem baierifchen Oberften Johann von Sporf in einen Hinterhalt locken ließen, daß der Oberft-Lieutenant Taupadels, der junge tapfere Rheingraf Johann Ludwig, der Einäugige genannt, mit vielen anderen auf dem Plage blieb, die Gegner mit reicher Beute an Gefangenen und Troß und Pferden abzogen, und Bicco- lominis Abſicht Har ward, an Magdeburg gelehnt, Wolfenbüttel zu entjegen und den Krieg in’d Braunfhweigiihe zu fpielen. Wer hätte unter folchen Umftänden und unter den Erbietungen von Res gensburg nicht erwartet, daß die uneinigen Maflen entweber nach allen Winden audeinanderliefen; oder daß die Deutfchen beider Heere, des weimarfchen und des Banèrs, eines freien Blides in bie Wirren der Zeit mächtig, zur dritten vaterländifhen Partei fich ſchlagen würden; und daß Guebriant mit Choify, Beauregard und ihrer Handvoll Franzoſen, und Wrangel und Wittenberg mit ihren 500 Schweden, von den beirogenen Deutfchen verlaflen, in

Bohtifche Bewegungen im Heere. 321

ihrer erbettelten Feldherrnſchaft daſtünden. Aber e8 kam alled anders. Leider fehlte ein gefchicdted Haupt, etwa der Arnim, die Wartenven rafh in neuen Entjchlüffen zu befeftigen; Geld war nicht vorhanden, die Feilen zum Kauf zu befommen; Fein fittlicher Gedanke haftete in den Seelen der Gefinnungslofen, der in libertragener Gewohns heit Unfreien, welche gedankenlos den Kaifer al8 Unterbrüder „deutlicher Libertät und der Gewiſſen“ haften. So riß der Strom der Ereig- niſſe erft raſch die Schidfalsgenofien fort; Geld bot Avaurz ein mächtiger, deutſcher Fürft, Heinmüthig vom Waffenfchauplat abs tretend, ficherte den Reichöfeinden den Rüden; und der neue Feld⸗ herr, Furcht und Einheit gebietend, bebte die Neuverbundenen auf glänzender Siegesbahn fort. Dunkler wurde des Vaterlandes Zus funft, ald der günftige Moment entſchwunden war.

Bon hoͤchſtem Gewichte war, zunaͤchſt das Verhältniß des Heeres zu den Bundesgenpvffen feftzufegen, obgleich Guebriant, „ver Erbe des Schwertes Bandrs,” mitten in fo unhellvoller Ber- wirrung Die Guelfen in Verdacht hatte, durch Mortaigne die Waffens macht für die dritte Partei an fi zu ziehen. In zwiefacher Angft fhmeichelte der Sranzofe, gab Verheißungen, warnte vor den Folgen der Mishelligfeit, mußte aber aus dem Munde der Oberften bie Schredensworte vernehmen: „fle und die Weimarer mit ihren Bundesgenofien feien flarf genug, dem Reiche einen ehrenvollen Frieden zu verfchaffen, welches die Fremden zu zerftüdeln fuchten und ed nur durch Deutfchlands eigene Kraft bekämpften.““ So behutfam daher die Direktoren und Guebriant in Beziehung auf die Braunſchweiger zu verfahren gedachten, Fonnten fie dennoch eine nähere, ſelbſt politifche Verbindung der Oberſten mit den Yürften nicht hindern. Denn die Guelfen, durch die Ereigniffe übereilt, mit dem Kalfer noch nicht im Reinen, und außer Stande den Rüdzug des bandrfchen und weimarfchen Heeres auf ihr Land abzumehren, erffärten gemeinfam mit ber Landgräfin: „fie müßten gegen Habfeld, der fhon in Warburg ftände, fo wie gegen Piccolomint auf der

! Guebriant 313. Ceux de son parti repondoient hautement aux re- monstrances qu'on leur faisoit de l’avantage que les Imperiaux se pro- mettolent de cette mesintelligence, qu’eux et les Weymariens avec les Princes Aliez, ils entendoient ceux de Hesse et de Lunebourg, etoient suffisans de donner une paix honorable aA ’Empire; que les Couronnes vouloient ruiner pour le partager ontr’elles, puis qu’elles ne le combat- toient que par ses propres forces.

Barthold, Geſch. des Sojähe, Kriegs, IL 21

322 Das Heer und bie Buelfen.

Hut fein, der Wolfenküttel entfegen wolle,” und knüpften bie Vers bindung mit dem Heere beider Kronen, wenn fie einmal nicht verhindert werben fönnte, an die Bebingung, ihnen endlih, was vierzgehnmal Baner verfprodhen, die in ihrem Lande noch bejegten Plähe, Nienburg u. a. einzuräumen.” Als ſich die ‚drei Direktoren zu politifhem Zugeftändniffe nicht bevollmächtigt erachteten; wußten die braunfchweigifchen Abgeordneten die Entfcheidung gefhidt in die Hände der Oberften zu fpielen, * welche entrüftet die Theilnahme an fo wichtigen Dingen forderten, und gegen Wrangeld Sträuben ihren Willen durchſetzten. Der Ältere Mortaigne nebſt dem Oberfi Bellings⸗ haufen, zu diefem ganz politifchen Gefchäfte gezogen, fanden die Klage jener gerecht; und da die Lüneburger die Zuſchickung von 4000 Mann verfpraden, anderen Balls droheten, die Erbietungen des Kaiferd zu umfaflen, verpflichteten fich erft die Direktoren am '®,, Mai fhriftlich: ? durch eine Gefandtihaft an Salvius die Heraus⸗ gabe jener befeßten Orte an die Guelfen, fo wie jede Freiheit von Kriegslaſt zu erwirken; das Land der Bundesgenofien zu befchüßen und zur Erreihung dieſes Zweckes auch bei dem erwarteten Ges neralifiimus ſich zu verwenden. Nicht befriedigt durch dieſe Ver⸗ heißung, welcher Mortaignes und Bellingshaufens Unterfchrift Geltung verlieh, erlangten die Gefandten am ?%,, Mai no einen befon- deren Reverd der ſiebenundzwanzig Oberflen und einen gleichen von Guebriant und den Oberſten feines Heeres. Daß jedoch wit jolden „Declarationen” dem guelfiiden Haufe nicht geholfen fei, fonnte man vorherfehen; denn Salvius fhob die Gewähr auf bie Reichöverwefer, und die Herzoge erblidten fi in der früheren Un⸗ fiherheit, nur daß fie hoffen konnten, durch die Verbindung mit den Oberſten den nieberfächfiichen Kreis zu deden und etwa bie Verfügung über Mortaignes Partei zu gewinnen. Jedoch auch viele Hoffnung wußte Guebriant zu vereiteln, indem er die Unruhe und Eiferſucht der Landgräfin erregte, welche ihr Land unbeſchützt ſah.“ Aber das Feuer, welches der Zranzofe im fremden Heere ges Löfcht zu Haben wähnte, brach in dem eigenen aus. Nur Rofen und Taupadel blieben ihm ergeben; der Graf von Raffau, Witigen- fein und Müller fanden mit Mortaigne im Einverftänpniß, pochten * Bufendorfa. aD. Dedex IV, 127.

3 Dedena a. O. Guedriant 314.

Noih Gusbrianis. 323

auf Zahlung, und erfüllten den armen Ritter, welcher von Zeit zu Zeit feine Rednergabe verfuchte, mit fo bangen Ahnungen, daß er feinen Ton im beifpiellojen Kriege vorausfühlte, „ber in kurzer Zeit fo viel erlauchte Häupter zu Grabe gebracht.“ Im Bewußtfein feiner klaͤglichen Stellung, mit den Direktoren ein faft einflußlofes Kommando theilend, umgeben von einem Häuflein feiner Landsleute, aber nichts deſto weniger für Die Ehre und den Vortheil des Könige glühend, meldete er dem Miniſter Des Noyers ? am 26. Mat den Tod Banerd, die Zuge des Heeres, klagte über die unterlaffene Diverfion auf Breifah, ſchilderte die Verlegenheit, obne Kenntniß der Landedfprache immer unterhbandeln zu müflen, forderte vors wurfsvoll Hülfe, Mannfchaft und einen General. Doch der Hof fhien ihn im Drange näherer Gefchäfte faft zu vergeflen, zufrieden, daß er mitwirfe, die Macht des Kaiſers und der Baiern vom Elſaß fern zu halten. Des Noyerd Antwort war fchmeidhelhaft für den „Verbannten,“ brachte aber Fein Geld. Er verlangte, um die Hülfe nicht zur See, ſondern durch das Eifaß zu fenden, die Angabe eines Degegnungspunftes im Innern Deutſchlands. Daſſelbe begehrte der König in einem Schreiben vom 30. Mai, noch unfundig der Zus fände in Deutfchland, und überließ, auf die böſe Zeitung von Baneıd Tode „Alles dem Gutbünfen‘ feines belobten Generals, ® der forgenvoll durch Avaur- obenein erfuhr, die Erneuerung des ſchwediſch⸗franzoͤſiſchen Bünbnifles fände noch immer Schwierigfeiten. * Um der Hefiiihen und lüneburgifhen Hülfe wenigſtens ficher zu fein, ebe Erzherzog Leopold Wilhelm mit VBerftärfung zu Piccolomini kaͤme, ertheilte Guebriant am 28. Mai jenen Reverd und jcdhidte einen DBertrauten an Avaur, um das Begehren der Bundesgenofien zu unterflügen.

Untervefien war das Faiferliche Lager, welches unter den Hüns deln zwifchen Biccolomint und Geleen und unter der Befreiung Sachſens den günftigften Moment verloren hatte, auf die Uneinigen zu wirken oder über fie anders ald in einzelnen Streifgügen her⸗ zufallen, am 30, Mai von Egeln nad) Wansleben vorgerüdt.° Um

ı Guebriant 319. 2 Daf. 320. 2 Daf. 324, ° Brief d'Avaux daſ. 334. ® Theatr. Europ. IV, 647. Bufendorf 440. Guébriant 338. Deden IV, 129. Adlzreitter 416. 21°

324 Kriegsſchauplatz um Wolfenbüttel.

nit von Wolfenbüttel abgefchnitten zu werben, blieb dem vereinigten Heer Feine Wahl als aus dem Halberſtädtiſchen am 2. Juni auf Aſchersleben fich zu ziehen. Kliging, dem Revers gemäß am 1. Juni bis Heflendamm mit einigen Reuterregimentern gerüdt, ging zwar auf dringende Forderungen den Verbündeten entgegen; hatte aber von dem Landgrafen Johann Befehl, fich abgefondert zu halten, was, wie die geringe Zahl der Truppen, 1300 ftatt 4000, die ſchwediſchen Direktoren und. Guebriant um fo mehr in Beftürzung feste, als im Eaiferlihen Lager durch Trommelfchlag befannt gemacht worden war (2. Juni) „gegen das lüneburgifche Gebiet nichts Feindliches zu unternehmen, und kaiſerliche Trompeter zwiſchen Piccolomini und den Herzogen bins und hergingen. So treulofe Umftände wagte Quebriant am 5. Juni von Schwanebeck aus dem Minifter nur in Chiffern zu berichten, und fah in der Ankunft Klitzings nur das Mittel feine Weimarer zu verführen. * „Man fei gezwungen, um Aichersteben die verfprocdene Hülfe von Franfreih und Schweden zu erwarten; bliebe fie noch länger aus, fo fei die gänzlihe Ver⸗ änderung aller VBerhältniffe zu befürchten; bei den groben Ränfen der Braunfhweiger und den Liftigen Mitteln der Landgräfin.‘ ? Da auch der Feind fih noch unentfchloffen zeigte, indem die Unters handlungen mit Auguft dem Jüngeren nicht zu Ende gelangten, und Piccolomint bis auf die Ankunft des Erzherzogs ingwifchen nur bes müht war, das Kurfürftentbum und Meiffen ganz vom Feinde zu jaubern, rüdte Guebriant mit dem banerfhen Heere am Iten, näher dem bedroheten Wolfenbüttel, auf Kiebigervamm, wo am 14. Junt - die lüneburgifchen Geſandten ſich einftellten, bang, daß Wolfenbüttel für immer den Herzogen entgehen würde, ehe fie dieſes Untere pfand, den Kaiſer zu günftigen Friedensbedingungen zu vermögen, gerönnen. Um Wolfenbüttel, dad Hanptftüd der feit Tillvo Tagen bejtrittenen braunfchweigifcden Erbſchaft, ſchürzte fi der politifche und militärifche Knsten; ° die Guelfen rangen feit Jahren durch Unterhandlungen und Gewalt nah dem Befib der Feſte, welche im

* Quebriant 338.

® Daf. 340. I faut enfin oraindro un grand mal et duquel on pourroit sentir les effets longiemps et en beawcvup d’endroits: Les forces Alle- mandes étans encore tres-puissautes wi elles viennent une fois & se

reunir et etre enıployces a meme fin.

Pufendorf 440.

Der Erzherzog im Lager. 325

bänifhen Kriege Pappenheim durch Aufftauhung des Ockerwaſſers zur Uebergabe gezwungen (1627), und der Freiherr von Raufchen- berg, das Sand umher fih zinsbar machend, bis dahin vertheidigt hatte. Der Kalfer und ver Kurfürft von Baiern, der ungetreuen Politik der Guelfen nicht trauend, wollten die Burg nicht fahren laflen, um vermittelt deren Behauptung jene im Zaum zu halten, und verschoben die Entfcheidung über den Beſitz auf eine friedliche Zufammenfunft. So war dieſe Feſte das Haupthinderniß, daß nicht fhon früher der friebliebende Zweig der Guelfen des Kaifers Willen fi beugte. Auch jetzt entwidelte fih um daſſelbe ein blutiger Kampf, ohne das wunderbare Berhältniß zu beenden, da- die Herzoge ihre Truppen von dem ſchwediſchen und weimariſchen Heere noch fern bielten, dagegen die Belagerung fortfegten; und Picco⸗ Iomini das braunfhweigifche Land gefliffentlih ſchonte, um fie nicht in die Arme der Feinde zu jagen, und zugleih zur Aufhebung ver Belagerung zu vermögen. So ftanden bie Dinge, als (Erzherzog Leopold Wilhelm, welder in Regeneburg und in Münden das befte Einverſtaͤndniß zwifchen dem kaiſerlichen Haufe und dem baieri⸗ fchen befördert, am 24. Juni um Egeln in Piccolominis Hauptlager mit einer Verflärfung von Reutern aus Böhmen anlangte, dort den alten Wahl und Franz Mercy als baieriſche und ligiftifche Feld⸗ herrn vorfand, und fogleih Herzog Auguft dem Jüngern die ges forderten Geleitöbriefe für eine Zufammenfunft zuſchickte. Da er aber von der Bereinigung der braunfchweigiichen Truppen mit den Reichsfeinden Kunde hatte, rüftete er fich nichts deſto weniger zum Entfab Wolfenbütteld, dem bangen Guelfen verfihernd, „gäbe er ie Belagerung von Wolfenbüttel auf und zöge fein Heer zurüd, fo folle ihm nichts Leides widerfahren, fonvern fein Land von ben böfen Gäften befreit werden.” Das ungefäumte Borrüden des fatferlichen Heeres über Schöningen auf Wolfenbüttel (25. Juni) um die Tüneburgifhen und braunfchweigifchen Truppen raſch zu überwältigen und den Damm zu zerflören, war der Waffenruf. Am 26. Juni vom Kiebitzerdamm eilig aufgebrochen zur Freude Guebriants, welcher vorausfah, daß Friegerifhe Verwidelung und Thätigfeit die ſchleichenden Umtriebe und Ränfe erftiden würden, marſchirten bie Bereinigten über Hefiendamm und Horneburg Tag und Naht fort,

Bufenborf 440. Adlzreitter 417. BiriMero. I, 468. Thestr. Europ.

IV, 619. Gunébriant 341. Fritſch 180.

326 Kampf um Bolfenbüttel.

faft-neben jenen und um die Wette, um den Vorfprung abzugewin- nen. Ziemlich zu gleicher Zeit am 27. Juni nahmen die Verbin- deten am linken Ufer der Deder die feften Linien ein, welche feit dem Winter Foftbar zur Bezwingung Wolfenbütteld aufgeführt waren und befesten die feften Werke an beiden Enden des Damme; bes freiten die Kaiſerlichen dagegen das rechte Ufer von der Umſchließung, zogen machtvoll am 28ften dur die Stadt, begrüßt vom waderen Rauſchenberg und dem „Immernüchtern,“ deſſen unermüdlichen Ritt; meiſter und ſtellten ſich auf der Weſtſeite der Stadt unter den Kanonen der Feſtung auf. So unerwartete Herausforderung brachte die Verbündeten in namenloſe Beſtürzung; vergeblich hatten Taupadel und Naſſau, über den Damm und durch den Fluß gegangen, als die kaiſerlichen Völker noch durch die Stadt zogen, den Angriff auf die Hinterhut, welche noch auf dem rechten Ufer fi befand, vers ſucht; der Generals Feldgeugmeifter Mercy, deſſen gemwärtig im Hinterhalte lauernd, Hatte die Weimarer mit blutigem PVerlufte zus rüdgetrieben. In fteigendem Schreden wichen die Braunfchtweiger und Lüneburger aus ihren nächften Umfchliegungsfchanzen, gaben biefelben dem thätigen Feinde hin und flüchteten in das größere Kager, das mit den Werfen am Damm zufammenhing, welchen Kliging unterhalb der Stadt quer durd die Ocker gezogen. Bereits hatte diefe Rachahmung der Künfte Pappenheims bewirkt, daß in dem niedrigen Orte dad Wafler mehrere Ellen body fand, ohne jedoch die muthige Befabung, welde ihre Hütten am hohen Walle aufs fchlug, mehr zu beläftigen, als die Bürger von Braunſchweig, deren Mühlwerke ruhen mußten. * Die Haltung und die Stärfe des Reichs⸗ heeres, welches fo fchlachtentfhloffen dem Gegner unter die Augen rüdte und jeden Vortheil einnahm, war für den Landgrafen Sohann, welcher die Dinge nicht auf die Spige treiben wollte, ein Beweg⸗ grund, mit Klitzings Billigung eiligft die Belagerung aufzuheben, fi) ins Hildesheimifche zu werfen, das bebroht ſchien, und bort den Heranzug der Hefien zu erwarten.” Ob in dem barauf erfolg. sen Getümmel es der vorwurfsvollen Rede, welche der Geſchicht⸗ ſchreiber in der Nachahmung der Alten feinem Helden Guebriant in den Mund legt, gelang, fo ſchimpfliche Flucht aufzuhalten; oder ob die gerechte Beforgniß der Directoren beider Heere, im Zurückweichen

s Anlzreitter 419. Wahls Brief m Maximilian vom 6. Jul. Quebriant 342,

Treffen von Wolfenbüttel. 327

jeden Anhaltspunkt zu verlieren, zur Standhaftigfeit mahnte, Tönnen wir nicht entfcheiden. Genug die Verbündeten, obwohl ohne Ober- haupt und ohne das Anfehen eines hervorragenden Generals, befchloffen, faft 25,000 Mann ftarf, das Beginnen des fchwächeren Gegners’ zu erwarten, zogen fih norbwetlih von der Feſte zufam- men, behaupteten den verbundenen Damm und begannen raftlas ſich zu verſchanzen. Dagegen warnte Franz Mercy den General Feld⸗ marſchall, die Schlacht erft auf den 30. Juni feflzufegen, auf die Stirn der feften Stellung der Gegner loszugehen, und ſchlug vor, in fchräger Linte, wozu man fih Raum zu eröffnen hätte, demfelben fi) zu nähern und vom Walde, nicht von der Stadt her, anzugreifen.

Aber der Erzhetzog brannte vor Ungeduld, die Friedenöftörer des Neiches, die er, bis auf die Heflen, einmal alle beifammen vor fi) hatte, mit einem Schlage zu erbrüden. * Biccolomini, bisher in allen offenen Felpfchlachten fiegreich, gab feine Beiltimmung, ver tsaut mit den Jerwärfniffen der Gegner, und fo warb denn fchon der nächte Tag, das Feſt Peters und Pauls, der 29. Juni, zu eis nem Treffen anberaumt, welches, verfchoben, unbezwingliche Hinders niſſe bot, da die Gegner die vorhandenen, fchon bedeutenden Linien dur raftlofe Arbeit Tag und Nacht verftärltien. Die Schlacht In den Linien von MBolfenbüttel ift darum eigenthümlich, weil die Ver; bündeten ohne eine obere Leitung, ohne durchgreifenden Plan, durch die Tapferkeit und das Geſchick der einzelnen Oberften ſich behaup: teten, und bat darin verhängnißvol feine Bedeutung, daß es, ob- glei. unentichieden, die Kraft der Reichsfeinde zufammenhielt, ven Krieg binfrifkete, bis der neue Generaliffimus den Kampf plans mäßig wieder aufnehmen Fonnte. Denn ohne dieſes Heer, welches ſich aufzulöfen drohete, Fonnte mit feinen paar taufend nadter ſchwe⸗ bifher Bauernfnaben auch Torftensfon nichts ausrichten.

Bang beobachteten die Feldherren der Verbündeten, unter denen Gusébriant, nicht unterftüßt von den weimartfchen Direktoren, noch am meiften auf das Ganze blidte, das Beginnen der Feinde von einer Höhe, nur zur Abwehr, nicht zum Angriff gefaßt. Die

+ Die gleichzeitigen Berichte über das Treffen bei Wolfenbüttel, melde uns von ben verſchiedenſten Seiten, im Theatr. Europ. bei Adlzreitter, Bus feudorf, Guébriant, Fritſch, und bei Siri a. a. D. vorliegen, find fo widerſprechend im Ginzelnen, daß wir fein Wild gewinnen Tonnten, und ung daher mit dem BRefullate begnügen.

328 Treffen bei Wolfenbüttel,

Weimarer, Braunfchweiger und Lüneburger unter dem Landgrafen und unter Kliging fanden auf dem linken Flügel, geſchützt durch aufge- worfene Linien und ihre elvftüde, an den Damm und den Fluß gelehnt; das banerfhe Heer, geführt von Pful, Wrangel und Königsmarf, der kürzlich von einem Streifzuge aus Thüringen herbeigefommen, ſchützte ſich gleichfalls Hinter vorhandenen Linten, hinter Moräften und Waldhügeln. In ihrer Mitte fland die fhwarzverhängte Bahre mit Banerd Leiche, unter deſſen Augen fie zu fechten wähnten. In der Morgenfrühe zog der linfe Flügel des faiferlihen Heeres, der Kern des Fußvolks, zumal von Balern, ge führt von Franz Mercy und von Johann von Raufchenberg, eben zum Feld⸗Wachtmeiſter erhoben. und von Gonzaga, durd das Dorf Fimmelſe, welches leichte Reuter, von Piccolomini gefchickt, dem Feinde bereit8 abgenommen, auf Umwegen an den Wald, den Außerften Stüspunft des ſchwediſchen Fußvolks. Nachmittags ftürmifch ange: griffen, wurden, obgleih durch Geſchütz, gefällte Bäume und Schans zen vertheidigt, die ſchwediſchen Negimenter auf ihrer Außerften Rech⸗ ten durch die Balern umgangen und in die Flucht gebracht und bis ind freie Feld auf ihr noch unfertiges Lager verfolgt; der ungünftige Boden, Moraft, Holy und Gräben verhinderten das gleichmäßige Kortrüden des übrigen Fußvolks und der baieriſchen Reuter, welde Eafpar Mercy befehligte. Gleichzeitig Hatte der kaiſerliche rechte Flügel, wo wir den befannten Speerreuter und Suys wiederfinden, dem gegenüberftehenben linken der Gegner ſich genähert, begnügte

fi aber die bangen Lüneburger und die unentfchloffenen Weimarer zu befhäftigen, ohne einen ernften Anfall zu thun, obgleich nicht wenig beſchädigt durch zahlreich aufgefahrene Gefchüge, in deren Bereich fie eine Stunde weilten. In fchänlicher Halbheit fchonte der Erzherzug die Lüneburger, fie auch jegt nicht für Feinde aners fennend! Sobald Guebriant inne wurde, daß die Gewalt der Kaiſer⸗ lichen auf den rechten Flügel drüde, fprengte er, die nächſten ſchwe⸗ diihen Brigaden mit ſich reiffend, auf den bedrohten PBunft, wo das vereinzelte baierifhe Zußvolk noch immer den Sieg behauptete, und ihre Reuter, unter Rauſchenberg, den Grafen Hoditz und Könige- marf auf ihr Lager geworfen hatte. Aber Guebriants Maaßregeln, unterftügt durd Wrangeld und Pfuld Standhaftigkeit, brachten bie Wendung, indem Taupadel, auf feine Bitten herbeigeeilt, nebft Koͤ⸗ nigsmarks und Hodig Reutern auf das vorverfte baierifche Fußvolk

Verluſt des Reichsheeres. 329

einſtürzte und daſſelbe faft gänzlich aufrieb. Zwar erneuerten baie⸗ riſche und kaiſerliche Verſtärkungen am Walde das heiße Treffen; aber auch Wrangel und Pful zogen dort frifhe Schaaren zufammen, jo dag nach erhitztem fünfſtündigen Kampfe das gefchwächte baieriſche und Faiferlihe Fußvolk fih auf die alte Stellung bei Wolfenbüttel zurüdzog, und im Walde unter den Schanzen faft 2000 Todte und Verwundete, fowie über 30 Fahnen ließ. * Da die befreundeten Reuter auf jo ungünftigem Boden nicht fhüben fonnten, wäre ed um die Weichenden gefchehen geweien, hätte Guebriant die weimarifchen Direktoren, welche behutfam auf ihrem Flügel, den Kaiferlihen ges genüber, fi hielten, vermodt auf den linken hinüber zu eilen. Nur Taupadel Hatte den Bitten Guebriants gewilfahrt, freilich zu folhem Berlufte, daß des Landgrafen Friedrich Regiment in bös ſes Gedraͤnge gerieth, und faft alle Offiziere auf dem Plage verlor. Unverfolgt Iangten deßhalb die Weichenden auf ihre Stellung zurüd, der reihte Faiferliche Flügel, welder die Weimarer in’d Treffen zu loden gehofft, in dem Maaße fiher, daß jene und die Lüneburger nicht einen Reuter in's Freie zu fchiden wagten, fo langſam aud die dünngeftrediten Reiben am Paß vom Fimmelſe vorüberzogen. Aber auch fie hatten von dem wohlgeitellten Geſchütz gelitten, fo daß der Berluft an Todten und Verwundeten auf Seiten ded Reichs: heeres überwog, gewiß über 2000 Mann betrug, zumal fie den tapferen Feind hinter Wald, Schanzen und Gräben aufgefucht. ? Piccolominis Leibroß war unter ihm erfhoflen worden; Wahl und beive Mercy büßen am Ruhme nichts ein; aber Piccolomini, fonft fo vorfichtig, hatte in feiner Berechnung, den Gegner zur allges meinen Schladt herauszuloden, ſich geirrt, und beging, einen fürs feren Zeind im örtlichen Vortheile angreifend, den Fehler, wel hen ſelbſt Baner mit zahlreiherem Heere bei Saalfeld, Vach und Sriglar. befonnen gemieben. Die nächſten Tage in feiner Stellung verharrend, doch die gewonnenen Punkte der Umlagerung aufs gebend, trug er um kurze Waffenruhe zur Beftattung ber Leichen an.

ı Die ſchwediſchen Barteifchriftfieller, au Buebriants Berichte, geben ihren Berluft faum auf 1000 Mann im Ganzen an. Der Oberft Hoditz, ein Böhme, ftarb glei darauf in Hilvesheim an feinen Wunden.

2 Mach Wahls Bericht bei Adlzreitter a. a. D. zählten bie Verbündeten nach dem Treffen noch 22,000 Mann, die Kaiſerlichen und Baiern 18,200. Buebriant, in feinem Schreiben an Des Noyers vom 3. Juli gibt den Derluf der Gegner auf 1500 Mann an. Guébriant 349.

330 Rückzug bes Meichsheeres.

Obwohl Gusbriant, dem loͤblicher perfönlicher Antheil an der Wen, dung des heißen Tages gebührte, ſehr befcheiden über die Ereignifie ſchrieb, zumal er die Thaten der Weimarer und ihren Gehorfam nicht rühmen fonnte; fo pofaunten doch in der unverfchämteften, lügenhafteften Weiſe der Stab des Grafen, die Höflinge Beauregard, RocguesServiered und andere den Sieg ihrer Waffen in Frankreich aus: ed war eine Schlaht „von vier Nationen,” in der natürlich die Franzoſen den Ausfchlag gaben, ' obgleich Ihre Regimenter, Me: Inn und Quebriant, kaum noch 300 Reuter ftarf, in dem entlegen« fien Hauptwerfe, am Damme jenfeitd des Fluſſes verftedt lagen. So wenig freute die eine Nation, die braunfchweigifche, ſich des Sieges, daß Auguft defielben Tages demüthig beim Erzherzog fi entfchuldigte, * Daß feine Truppen, zur Landeövertheidigung aufr geftelt, beim Einmarſche des Faiferlihen Heeres, nachdem fie fich abſichtlich von den Schweden und den Weimarern ferngehalten, an dem Tage der Schlacht ohne eigentliche Conjunktion mit jenen durch einander gefommen wären, und bat, ihm das Vorgefallene nicht bei⸗ zumefien. Chriftian Ludwig, Georgs Nachfolger, erklärte fi in Folge frievliher Nachrichten aus Regensburg, fhon am 3 bereit, den Unterhandlungen Auguſts, des Oheims, fih anzufchließen, indem er fein Heil von den Bündniſſe mit den Fremden erwartete! ®

Da die Gegner, nach blutig erlangtem Bortheile die Stärfes ren, fih wohl hüteten, ihrerfeitö anzugreifen; die Feſte, mit allem Nöthigen wohl verfehen, für's erſte durch Waffersnoth nicht übers wältigt werden konnte; endlich am 737 6000 Mann wohlgerüftes ter Heflen unter dem Grafen von Eberftein bei den Verbündeten an: Iangten; verließ das Faiferlihe Heer, die Zerfiörung des Dammes für unausführbar erachtend, die unmittelbare Nähe Wolfenbüttels an demfelben Tage und 309 fih auf Schöningen und den Kiebiger- Damm zurüd, um aud, jeinerfeitd Verftärfung zu gewinnen,

So vereitelte der ungünftige Ausfall der Waffen die Gelegen- heit, welche neben Baners Tod auch anderwaͤrts verheißlich fid ges

ı ©. Guobriant 346 358. Die Direktoren hätten jeden entfcheiben- den Antheil an der Schlacht abgelehnt mit den Worten (347): les armees etant sans chef il se falloit contenter du bonheur qui e&tuit arrivò sans tenter In fortune.

3 Deden IV, 131. Pufendorf 441.

2Pufendorf 44. Guébriant 359.

x

Arnims Top. 33]

ftaftet Hatte, dem deutſchen Kriege ein unerwartetes Ende zu brins gen. Eine fchöne Hoffnung auf männliche Selbſterhebung Deutſch⸗ lands war bereits vorher in der Blüthe gefnidt. Des alten Feld⸗ marſchalls Arnim * raftlofer Thaͤtigkeit, politiicher Einfiht und tief begründetem Haſſe gegen Schweden war bie Anftrengung, welche Kurfürk Johann Georg von neuem der beutfchen Sache widmete, vorzüglich zu danken gewefen. In Verbindung mit allen unzufrie⸗ denen ehemaligen Genofjen der ſchwediſchen Waffen hatte er feinen Reihthum auf die Aufftellung eines Heered der dritten Partei ver⸗ wandt; als aber folhe Pläne an ven Umſtänden fcheiterten, viefel- ben auf den Kurfürften von Sachſen und auf den Kaiſer übertras gen: um an ber Spige einer neugefchaffenen Heeresmacht die Schwes den aus dem norböftlichen Winkel unfered Vaterlandes, mo der bes dauerlihe Abfall ded jungen Kurfürften von Brandenburg nod nicht fund war, tiber die See zu treiben. Aus Preußen zurüdge, kommen, wo Friedrich Wilhelm noch unentfchlofien harrte, war Ars mim an die Höfe der Guelfen und nad Dänemark geeilt; im Februar fhon hieß ed, daß er 16000 Mann auf feine Koften aufftellen werde; in Regensburg umfußte man das rbieten des älteſten Schülers Waldfteind willig, und erfannte ihn ald „des Kaiſers und des Kurfürften General Lieutenant” in Schleften und Sachſen; den Herzog Franz Albrecht von Lauenburg als feinen Feldmarſchall. Küftig wurde in entfernten Gegenden geworben durch Ehriftoph von Huwald, Krodow , jenen vielberufenen Miglaf und andere muthige Gegner der Schweden; auch die brandenburgifchen Oberften, dem Kaiſer noch verpflichtet, Rochow, Kracht, Goldader empfingen neuen Muth. Kliking, der Better des alten Herrn, fchien gewonnen wers den zu Fönnen, und der Herzog von Lauenburg follte des Kaifer lebte Bewilligung aus Regensburg einholen; da ftarb Arnim, dom Schlag⸗ fiuß betroffen, zu Dresden am 28. April und war plöglich die Seele des weitläuftig angelegten Unternehmens gewichen. Zwar trat ber Lauen- burger an feine Stelle, jener argbefcholtene Franz Albrecht, Konnte aber erft im hohen Sommer im Felde erfcheinen, als die günftigen Fügungen, zumal bei Brandenburgs Unthätigfeit und verbächtiger Ruhe, fih fhon geändert hatten. * Nichtöpeftoweniger ward Zwidau, der feſte Waffenpunft der Schweden, durch ſäaͤchſiſche und Faiferliche

* Siri I, 282. Theatr. Europ. IV, 609. Pufendborf 442. 3 Theatr. Europ. IV, 611. Bufendorf 442.

332 Neutralität Brandenburgs.

Völker belagert, am 17. Juni mit reihen Kriegsmitteln zur Ueber⸗ gabe gezwungen, fo daß einige taufend Mann kaiſerlicher Truppen unter den General: Feld» Wachtmeiftern Alerander von Borry ſchon gegen Anfang des Juli, Speerreuter fchon früher, um Wolfenbüttel beim Erzherzoge eintrafen. Nah Meifiens und Kurſachſens Ber freiung Tonnte an die Laufig und Schlefien gedacht werben; wo Stälhandsfe, jelbft unter den Anzeichen von Brandenburgs ſchwan⸗ kender Gefinnung hinlänglih Befchäftigung fand. * Während Bas ner in der Oberpfalz Zeit und Kräfte verfchwendete, hatte ber Schwede, um ben nedenden Ernft der brandenburgifchen Streifſchaa⸗ ren zu firafen, im Sanuar Berlin bedroht; dann als die märkifchen Waffen ruheten, auf Baners Geheiß, um Ludau fo fi aufgeftellt, daß er dem zu hart bebrängten Hauptheere die Hand reichen fünnte, und endlich nad Schlefien fi) zurüdwandte, weil jened hinter ber Saale gefichert ſchien. Aber inzwifhen Staͤlhandske die Verbindung mit Bandr in der Laufig offen erhielt, hatte Golz fi) ausgebreitet, beengte den Ankommenden bis auf einen erfhöpften Strih am Bo⸗ ber und im Slogauifhen. Ohne dur Brandenburg im geheim des freien Rückzuges verfichert zu fein, hätte Stälhandsfe aus Schleſien weihen müflen; auch bei folder Getröftung harrte er bunge der Hülfe aus dem Mutterlande und fonnte nicht hindern, daß der Nachfolger Arnims, an der Spitze des neuen Heeres, ſich mit den Sachſen vor Oörlig Iegte, den einzigen Reft von Bandrö Eroberung im Frühjahre 1639. Unmüthig über den Oberbefehl des Lauen- burgerd entfagte darauf Golz dem Dienfte; Staͤlhandske wagte fich, felbft aus Pommern verftärft, nicht über Sagan hinaus, und über: ließ, kundig der Noth des Befehlshabers, des Oherft-Lieutenants Wanke, Görlig feinem Geſchick, welches jedoch bis zum 2. October 1641 fi) gegen alle Stürme der Belagerer, gegen fchonungslofe Befchießfung der Stadt und gegen den Mangel von Kriegsvor⸗ räthen vertheidigte. ?

Unter fo planmäßigen Fortſchritten des Reichskrieges, bei ber Abfperrung des hauptlofen meuterifhen banerjchen Heeres im Brauns ſchweigiſchen und bei der fhmwädlihen Haltung des ſchwediſchen Haufens in Sciefien, hing in Wahrheit das Ende des deutfhen Krieged von dem Entſchluſſe des neuen

ı Thenatr. Europ. IV, 605—609. > Daf. IV, 606.

Neutralität Brandenburgs. 333

Kurfürften von Brandenburg ab. Raffte der junge Fried» rih Wilhelm muthvoll die lebte Kraft Preußens und der Mark zu⸗ fammen, und erfhien, felbft Feldherr und die trägen Gemüther durch die Macht feiner perfönlichen Eigenfchaften kräftigend, mit einem Heere, an welchem es nad Arnims Worbereitungen fo wenig, iwie an entfchloffenen tüchtigen Offizieren fehlte, zwifchen Elbe und Oder, ehe der neue ſchwediſche Generaliffimus herbeifan; fo war, nad) menſchlicher Einfiht, nicht allein Pommern, das unbeftrittene Erbe feines Haufes, gewonnen, fondern die ſchwediſche Krone zum Trieben gezwungen und Deutfchland feines gefährlichften Gegners erledigt! Aber der junge Fürft, ' feiner eigenen Einfiht und Kraft noch unbewußt, erfaßte nicht den Beruf feines Hauſes, die Vertre⸗ tung des dentichen Proteſtantismus, welchen Sachen nicht behaupten fonnte, den zudringlichen Fremden zu entreißen. Geleitet von einer Partei, welche den bisherigen allgewaltigen Diener feines Baters, den Grafen Adam von Schwarzenberg, bitter haßte, und ge- fehmeichelt durch die hochfirebende Hoffnung, an der Hand der jungen Königin Schwedens auh Pommern und eine entfcheidende Macht im Norden zu gewinnen; bereitete er in der Stille einen Entihluß vor, der, jo viel ihm auch die Ohnmacht ded Staates und das Elend des Landes das Wort reden mag, dennoch als Verrath an dem höchften Intereffe heraustrat, und für dad gemeins fame deutſche Barerland die beflagenswerthefte Folgen hatte. Nur leife, unmerflich, verftedt that Branvdenburgs Abfall von der guten deutfchen Sache und von dem Ehrenftreite des Hauſes fih Fund; was hinterdrein, nach einer beflagenswerthen Wendung der Dinge, die Brandenburg verhindern konnte und mußte, als politifche 0

ı Mir müfen uns begnügen, dieſe Greigniffe nur zu charafterifiren und fie in ihrer Bedeutung für das Ganze hervorzuheben. So Huch dem Berf. der große Kurfürft ſteht in ber zweiten Hälfte des Jahrhunderts, die einzige Heldengeftalt unter den Fürften Deuifchlands, fu ſteht die geſchichtliche Wahrs heit ihm doch Höher. Aueführlich Handeln von älteren Ahrififtellern über die fogenannte bewaffnete Neutralität in beiven Werfen Pufenvorf; und von neueren mit Entfchuldigung der politiihen Mapregeln und vom Standpunfte der auflöfenden Unabhängigfeitspolitit der Reihsflänne, aber mit fcharfer Beleuchtung der macchiavellifchen Künſte, Stengel II, 31 f.; ohne Gin ficgt in die Dinge, aber reiches Material bietend, v. Orlich Geſchichte des preuß. Staates im XVII. Jahrhundert I, 57— 80. Weber Brandenburgs Zuſtand ſ. Kosmars befanntes Werk, befonders die Beilagen,

334 Neutralität Brandenburgs.

Klugheit und Berehnung. fih geltend machte, war im An fang nur Schwäche ‚und politifcher Kleinmuth und ränfeoolle Leiden, Ihaftlichfeit einer Kabinets - und Höflingspartei, welcher der junge Regent, wie jo häufig mit dem erfien Minifter feined Vaters in übelem Berhältnig, willig fein Ohr lieh. Dazu fam die fangui- nifhe Hoffnung des Jünglings, mit welcher Frankreichs und Schwer dens liftige Staatsmänner ihn föderten und ihn fo lange hinhielten, bi8 er, herb enttäufcht, Feine Wahl mehr hatte, als ven eln- mal angebahnten Weg fo Hug wie möglich zu verfolgen. Es ift jet wohl fein Zweifel mehr, daß Schwarzenberg der abjcheuliche Berräther nicht war, als welden Leichtgläubige, ohne Prüfung, hundert und achtzig Jahre hindurch ihn herkömmlich brandinarften ; ed gab Feine gefundere Bolitif für Brandenburg, als ed mit dem Kaifer gegen Schweden zu halten, welches Pommern an fid geriffen, jenes mittelreiche Land, welches, zu Preußen mit der Marf verbunden, dem Kurhaufe die machtvollſte Stellung in Deutfchland fiherte. Selbft wenn bei der Erihöpfung des brandenburgijchen Staated der Krieg gegen den Reichsfeind auch nur ſchwach ges führt werben konnte; fo wurben die ſchwediſchen Heerführer, die Stimmung Bommernd fennend, doch immer in unruhiger Beforg- niß erhalten und blieb ihre Dperationslinie auf die Fatferlichen Erbländer und auf Sachſen immer bedroht. Schwarzenberg beharrte unerfchütterlich in feiner ‘Bolitif und Hatte deshalb gleich nach dem Tode des Kurfürften Georg Wilhelm durch Heine Unternehmungen gegen den Feind die Entſchlüſſe des Nachfolgers zu binden geftrebt. Aber Friedrich Wilhelm, dem Miniſter abgeneigt, wechfelte mit de m⸗ felben, ohne die Noth des Augenblids, ja in der günftigften Fügung der Dinge, auch die Politik; ein bsandenburgijcher Trompeter trug in Stettin auf vorläufige Waffenruhe an und ers hielt um fo leichter die Zuſicherung,! eben al8 ver Staͤlhandske, um dem waghalfigen Baner nahe zu fein, ſich auf die Lauftg wen⸗ den mußte. Dem Kaifer unverbrühlihe Anhänglichkeit gelobend, bemühte ſich Friedrich Wilhelm feined doppelt verpflichteten Heeres Meifter zu werden, unter unbefihreiblicher Verwirrung, Aufruhr und unlöblicher Gewaltthat gegen die Oberften Rochow, Kracht und Gold- ader, die eben auf Arnims großartige Pläne blidten. Noch ehe gegründete Furcht vor der Ungnade feines neuen Gebieterd das Pufendorf Fr. G. I, $. 6, Edikt vom °,, Januar 1641.

Neutralität Brandenburgs. 935

Lebensende des Grafen Schwarzenberg, des Statthalter der Mar, zu Spandau befchleunigte (*/,, Mär); faßen ſchon Siegesmund von Götze, Samuel von Winterfeld, Gerhard Rumelian von Kal- hun und andere Gegner des Minifters im Furfürftlichen Gcheimrathe, und horchten auf Herzog Georgs geheime Einflüfterungen; * fümmt- lich Anhänger der ſchwediſchen Partei und deshalb von Schwarzen« berg früher verdrängt; unterhandelte Winterfeld zuerſt mit Avaur, dann auch mit Salvius * um Neutralität, welche in trüglicher Abficht bie Hoffnung auf die Hand der Königin erregten, um nur fürs erfte bis zur Ankunft des neuen ſchwediſchen Gene salsKelbmarfhalls die Dinge hinzuhalten. So that ſich allmählig die Entfremdung der brandenburgifchen Waffen fund, obgleich der Kurfürft, feiner Landesfeften bis auf die von den Schweden befeßten, fiber, ſcheintreu die Reuter, welde durch den Doppeleid gebunden waren, dem Heere des Erzherzogs und Piccolominis überließ. * Aber die gebotene Schonung traf die ent- täufchten Führer des Reichsheeres um fo empfindlicher, als aud) aus der Unentſchiedenheit der Gegner alle Bortheile zogen. Avaur and Salvius in Hamburg und die ſchwediſchen Statthalter in Bommern webten im Mai den leifen Baden fefter;* ed war ber Zriumph der frangöfifchen und ſchwediſchen Staatöklugheit, mit dem Vorbehalte Bommerns ein Werk zu beenden, an wels hem Yeuquiered und Richelien im Jahre 1633 verzweifelten ! Schon war für die Sache der Reichöfeinde im Juni unends lich viel gewonnen, als der Erzieher und Rathgeber des Kurfürften, Gerhard Rumelian von Kaldun, genannt Leuchtmar, in prunfens dem Gefolge von dreißig Edelleuten in Stodholm erſchien.“ Als DBormwand galt, die in Regensburg befchlofiene Annäherung an Schweden zu erleichtern; die Hauptfache aber war: die von Guſtav Adolf felbft erfonnene Verbindung des jungen Kurfürften mit Chri- fiinen ind Werk zu ſetzen, welche im Jahre 1631 der fireng refor- mirte Georg Wilhelm abzubrechen hatte, weil er eine Veränderung ı eher Georgs Antheil an bem Umfchlag der brandenburgifchen Politik Deden IV, 93 |. BougeantI,6 8.4. Pufendorf Fr. G. I, $. 12. 2 Stenzel ll, 25. Gosmar 829. »BPufendorf Fr. G. 1, $. 40, 41 p. 11. R.®. 458, 473. Fr. G. l, 15. °® Daf. Fr. @. I, 12. Orlich I, 80. Arkenholz IM, 78, 202, 204 BufendorfR. 8. 459.

336 Friebrich Wilhelm and Chriſtine.

des Belfenntniffes feines Sohnes nicht zugeben wollte; an diefe perfönlihe Verbindung ſchloß fih die Neutralität von ſelbſt. Aber Leuchtmar fand fo erheblihe Bedenken über einen Ehebund, welder- alle Berhältniffe im Norden umgeftalten mußte and zumal Polen und Dänemarf beunruhigte, daß er nur furdtfam mit feiner Werbung vor den Reihsräthen fi herauswagte, beren jeder einzelne die Hand der Königin feinem eigenen Haufe zugewandt hätte, und in ariftofratifher Selbftfuht fie am wenigften einem fremden Fürften gönnte, * wäre das Lutherthum dadurch aud) . zur Weltreligion geworden. Die fünfzehnjährige, früh ſpröde, Koͤni⸗ ginn, ftolz und ſchon willensfähig, obenein ihrer Mutter, der Tante ded Bewerbers, beraubt, welde aus” drüdenden VBerhältniffen im vorigen Jahre fih nad Dänemark geflüchtet, mußte unter einem Vorwande aus der Hauptftadt fich entfernen, um zunächft dem Bes werber jede Annäherung an ihre Berfon abzufchneiven. So bewahrte Leuchtmar feinen Herrn vor dem Schimpf eines Korbes; ein Schims mer von Hoffnung blieb noch, obgleich die Bedingungen der Schwes den wegen der Neutralität keinesweges auch den Erwartungen des fünftigen Königs entfpraden. Der Botichafter meldete ben Verdruß und die Bereitelung feinem getäufchten Gebieter, empfing aber, auf die Zufunft baueud, am **,, Juli die vorläufigen Be⸗ dingungen eined Neutrafität6- und Waffenftillftandsvertraged auf zwei Sahre, welcher den prager Frieden vollends durch⸗ löcherte, allen Bortheil den Neichöfeinden, auch ſelbſt vor feiner Beftätigung, gewährte, und zumal dem fchwedifchen Heere bei jedem Kriegsgeſchick eine fihere Vormauer bot. Betrogen in feiner

° Dal. Fr. G. I, 36 $. 40. Wir wiffen, wie oft der Kanzler Oxenſtjerna fih gegen den Argwohn vertheidigen mußte, bie Hand Chriftinens feinem: Sohne beflimmen zu wollen. Leuchtmars Antrag war hauptſächlich nur dem: Grafen Peter Brahe, dem Reichsfanzler und dem Gabriel Orenfljerna, dem. Schagmeifter, mitgetheilt, welche fcheinbar ihn begünftigten. Bufendorf: Fr. G. I, 36 $. 40. Guflav Horn, ein Berwandter bes Marfchalls, unter nahm es, die Königin zu befragen. Ghriftine felbft fagt in ihrer eigen: händigen Bemerfung zu einem Abrifle ihrer Regierungsgefchichte (Arken⸗ holz II, 202), „es feien zwei Reichsräthe an fle abgeorbnet worden, ihre im Namen des Reichs die Vermählung vorzufchlagen, welche der Kurfürft von Brandenburg mit Nnerbietung geoßer Vortheile ſuche. Die Königin

- antwortete darauf mit fehr geſetztem Geifte und vieler Weisheit, und fchlug fie gänzlid aus!“

Torfiensfon an Baners Stelle, 337

Hoffnung zögerte Friedrich Wilhelm die harten Punkte. deffelden zu beftätigen, zumal der Erzberzog und Piccolomini mit einem ftarfen Heere im Magbeburgifchen und in der Altmark flanden und durch einen aufgefangenen Brief des Salvius an Staͤlhandske die Adficht Brandenburgs erfannten. * Kaifer Ferdinand verfärbte ſich beim Lefen des Briefe und ahnete noch Schlimmeres, als die Neutralität; ward jedoch wieder beruhigt, als Friedrich Wilhelm unter dem *,, Auguft ihn gleißnerifch feine Treue verficherte.? Unterdeß aber verftrih unter vorläufiger Waffenruhe, wie man in Schweden wänjchte, die koſtbare Zeit, welde einen Fräftigen Entfchluß Brans denburgs begünftigt hätte, und mit dem heraunahenden Winter hat» ten die Dinge jo drohend ſich geftelt, daß dem Surfürften Feine Wahl blieb, als die Bedingungen Schwebens ſich gefallen zu Iaflen.

Wie fo verhaͤngnißvoll für Deutfchland alles den Schweden in die Hände arbeitete, um dem Berfalle ihrer Waffen aufzuhelfen, und Arel Drenftierna jeden Wurf des Zufalls geſchickt benutzte; war auch die Zukunft ded Krieges durd die Erneuerung des frans zöſiſchen Bündniſſes gefihert. Der ſchwediſche Reichsrath und bie Bormünder fühlten fi) wegen des bevenflichen Feldzuges in Nieder fachfen um fo weniger beunruhigt, ald Kaiſer und Reid) von Regens⸗ burg aus die Hand zum Frieden boten, und glaubten deshalb die Zeit nicht fo gefährlih, dem Mutterland, felbft bei dem Mittelreichs thume Deutfchlands und dem frangöfifchen Gelde dennoch fo erfchöpft, neue Forderungen zuzumuthen * Schon bei der fiheren Kunde von Baners rettungslofem Zuftande hatte man nad langem Schwanfen befchloffen, dem General» Meutenant Torftensfon, Guſtav Adolfs größtem Schüler ,. feiner Kränflichfeit und Weigerung ungeachtet, den Oberbefehl zu übertragen; aber, weil man mit dem unbeichränfs ten Walten Banerd nicht ganz zufrieven war, den Staatsſekretair

. t Sufendorf Fr. 6. 1, 17. Brief vom =: u an Stäalhandske, durch Golz bei Peit aufgefangen. 2 Pufendorfa. a. O. 17 8. 18.

Ueber Friedrich Wilhelms vielgewundene Politik zwiſchen Schweden und dem Kaiſer ſ. Stenzel II, 36.

Axel Oxenſtjerna (Geijer IM, 319) urtheilt ſchon i. I. 1638 über bie Erſchoͤyfung Schwedens: Unter der Mannſchaft, die mir euch zuzuſchicken haben, wiflen wir wohl, daß ein Theil der Gemeinen noch Inabenhaft von

- Alter und die Offiziere nicht die beften find. Die beftändigen Mufgebote - machen, daß e6 dünn am Leuten iſt.“ Barthold, Seid. des BOjähr. Kriege, ZU ' 2

338 Torſtensſon krank in Schweden.

Lars Grubbe, „einen Fuchs,” dem Herrn als Aſſiſtenz⸗ und Kriegs⸗ sath an die Seite zu ſtellen.“ Das zweite Amt, des General⸗ Lieutenant, date man dem Feldzeugmeiſter Johann Lifjehoef, Statt halter in Hinterpommern gu (4), mit Uebergehung Karl Guſtav Wrangeld, welcher, obgleich erſt acht und zwanzig Jahr alt, auf diefe Stelle Anfprüche erhob. Der Bater tröftete den Unzufriedenen mit der Aeußerung, „daß der neue Yeldmarfchall nicht ange werde aushalten fönnen” und der ehrgeizige Sohn „dann Liljehoeks Befehl erhalten folle,”? ungeachtet Staͤlhandske, „ber alte abgetragene Kerl und Volfäufer,” als äftefter General⸗Major die nächſte An⸗ wartfhaft auf. die durch Aljehoek erledigte Würbe hätte.“ Dad ſchwere Törperliche Leiden Torſtensſons, der ft am Zen, zum Feldmarſchall erhoben wurbe, ® verhinderte noch immer feine Reife zum Heere, und auc die Austheilung des Geldes, welches th Hamburg bereit fagı Salvius ‚halte gemefienen Befehl, auch dic von der Krone angewiefenen Gelder nicht anzugreifen, höchftend in der drin⸗ genpften Noth Heine Summen davon zu entnehmen, „damit beit Feldmarſchall bei feiner Ankunft die zwedmäßige Verwenbung bliebe. * Auch betrieb man in Schweden neue Ausrüftungen zur Ergänzung des Heeres. So gleichmüthig die Dinge behetrfchend empfing man bie abgeordneten Offiziere Rochow und Mortaigne ven Julugeren, in Stockholm böchft freundlich; von Torftensfon heſchwichtigt, vor den Reichsrath geführt, wurden fie mit maucherlei Vertroͤſtung und Belobung, vor allen Dingen mit reichen Geſchenken für ihre Per: jon,*- gleichwie der Schmidtberg und Bes, welche die Waffenge⸗ fährten mit ähnlicher Forderung an den franzöfifchen Hof geſchickt,* entlaſſen, „um die Ankunft des Feldmarſchalls zu melden.“ Die drohende Verwendung der Oberſten für die Guelfen, fo unziemlich fie Hang, hatte wenigftend den Erfolg, daß am '/,, Juli Satotud zum Abſchluß auf billigere Bebingungen bevollmächtigt wurde,® als

ı Geifer III, 321, Inftruction für Lare Grubbe ae 1641.

? Brief vom '%,, Auguft 1641 von Hermann Mrangel ar feinen Sohn.

Geifer IH, 321. Der alte Feldmarſchall vertröflete feinen Sohn auf die Gelder und mahnte ihn väterlich: mach, daß du etwas aufhebſt! ber was n immt, bat was! Karl Guftan bewies ſich gelchrig.

® Eloge de Torstenson I, 49.

* Nufendorf 442.

° Theatr. Europ. IV, 576.

° Bufendorf 457.

Ernentes Bünbniß der beiven Kronen. 339

es ſchon zu ſpaͤt war, mit geringerer Aufopferung als Mindens, die gereizten Herzoge zu feſſeln.

Unter den mißlichſten Verhaͤltniſſen des Krieges während ber erſten Haͤlfte des Jahres war, nach langer eigenſinniger Verhinde⸗ rung voh beiden Seiten, das franzöſiſch-ſchwediſche Bundniß er⸗ neuert worden, welches mit dem 15. März 1641, in den Tagen von Bandrs Fluht aus der Oberpfalz, ablief. Beide Theile, deren Pläne, nur in der Hauptſache vereinbar, über die Mittel und Zwecke in Widerſpruch fanden, da ven Schweden die Eroberungen Sranfreihe am Rhein, in Burgund und in Flandern nicht unmits telbar halfen, fondern die ſtarke Rheinangriffe begehrten, und Schwes dens Waffenerfolg in den nördlichen Erblanden Oeſterreichs die bange Sorge eines Separatfriedens wad erhielt; überboten fich jahrelang mit diplomatiſchen Künften, Chikanen und Foͤrmlichkeiten, und ver- flochten eine Reihe von Nebenforderungen in das einfachere Geſchäft. Avaux war angewiefen einen Tractat nit auf einige Jahre, fondern unbeftimmt 518 zum Frieden zu fließen, um Schwedens fi) zu verfichern.” Der ſchwediſche Geſandte ftellte ſich Taltfinnig, begehrte höhere Summen, verlangte Entfhäbigung ‚für das weis marfhe Heer, „das feiner Krone durch den kolmarer Bertrag abs wendig gemacht ſei,“ und die Verlegung des Franzöftfchen Krieges in die öfterreihiihen Erbländer.. Baron de Norte arbeitete für Richeliens Zwecke ebenfo erfolglos in Stodholm, wie Grotius in Paris; man ängftigte ſich gegenfeitig durd heimliche Unterhandlun⸗ . gen mit dem gemeinſchaftlichen Feinde, welde Salvius mit Konrad von Lützow, dem Gefandten des Kaiſers in Hamburg in größter Hetmlichkeit, doch nicht unbemerft von Avaur, fortfpann. Richelieu begehrte aus triftigen Gründen, wenn nit eine und Diefelbe Stadt zu der Friedensverſammlung, doch zwei nicht einander fo entfernte, ald übel und Köln, und flug endlih Osnabrück für die ſchwediſchen Unterhandlungen, Münfter für bie frau zöſiſchen vor. Als man almählig über andere Punkte fid) ges nähert, Konnte man über die Summe der Hülfdgelder nicht überein⸗ fommen; indem Schweden zwei Millionen Liored forderte. Avaur, die Geldnoth der Schweben Eennend, hielt vertragswinrig Die Zahlung

ı Bufendorf Of. Bonugeant I, 6. ® eher Avaux' Ausſichten auf den Schluß ber Ugterhandlunges im April ſ. Guébriant 334 Briefe vom :22. April und 11. Mat. 2%

340 Erneutes Buͤndniß der beiven Kronen.

in dem bevenflichften Augenblide darum zurüd, um die Forderung des Salvius herabzuftimmen ; dagegen beftand Ealvius darauf, den Austaufh Johann von Werth gegen Guſtav Horn als einen Arti⸗ fel des Vertrages aufzunehmen. * Der Fortgang des Reichötages zu Regensburg, Bandrd Krankheit, Georgs Tod, Lützows ununs terbrochene Thätigfeit, um das Bündniß zu verhindern, die Unruhen im Heere, alles Gründe, welche beide Diplomaten zu [hneller Ver⸗ bindung hätten treiben müflen, wurden im Gegentheil benugt, um einander Vortheile abzunöthigen, bis man endlih am 29. Juni 1641, am Tage des Treffens von Wolfenbüttel, fih über folgende Punkte verglih.” „Weil der Feind auch jetzt noch den Frieden verhindere, und damit die Künfte deſſelben nicht möglicher Weife die Eintracht der Kronen flörten, wollten beide Mächte bis zum ficheren und ehrenvollen Frieden in Vertrag und Waffen bei einander ver harren; den Tractat vom Jahre 1638 in feinem Hauptinhalte bes, ftätigen und beide Olaubendparteien in ihren Freiheiten fchüben. Die jährlichen franzöftfchen Hülfsgelver, im Betrage von 1,200,000 Livred (480,000 Thaler) follten in zwei Zahlungdfriften, am lebten Juni fhon für das Halbe Jahr, welches am 15. März begonnen habe, gezahlt‘ werden. Auch während eined mehrjährigen Waffenftillftandes biiebe das Bündniß in Geltung; folle Frankreich den Schweden für den Unterhalt ihrer Beſatzungen jährlih 300,000 Thaler entrichten; in jeden Vertrag follten die Landgräfin von Heſſen und die Herzoge von Braunfchweig-Lüneburg eingefchloffen fein; zu Bers fammlungsörtern für den Frieden würden Osnabrück und Münfter vorläufig in Vorſchlag gebracht, und enblid die Beitätigung des Bündniffes innerhalb zweier Monate eingeholt.” Aber fo Faltfinnig, fpröde und gleichgültig die Gefandten thaten, wo von einem ums mittelbaren Vortheile ver einzelnen Krone die Rede war; fo wußten fie fid) in dringenden Momenten in Hauptfachen zu bes gegnen; eifrig und unelgennügig bemüht, die Partei gegen Kaifer und Reich zu ftärfen und fih einander über die böfe Gegenwart fortzubelfen, wirkten fie gemeinfam auf Brandenburgs Entſchlüſſe, auf Heffen und auf die Guelfen. * Arftenbolz IV, 394 ff. lehrt den gerelgten Ton beider Diplomaten in Bezug auf die Angelegenheit Horns und Werthe, Buebriant 335, Brief d’ Avaux vom 11. Mai. Frankreich wollte ſolche Beſtimmungen nicht als

Verbindlich keit in: den Tractat aufgenommen wiſſen. = Bufendborf46l. Boungeant I, 461

Zehntes Kapitel.

dortdauer der Gaͤhrung im ſchwediſchen Heere und unter den Verbündeten. Aufbruch derſelben von Wolfenbüttel. September 1641. Goslarer Friedensverhandlungen. Lager bei Sarſtedt, September bis November, unter den Eroberungen Piccolominis und Hatzfelde. Das KReeichs⸗ heer geht in die Winterlager. Torſtensſon kommt zum Heere. Novem⸗ ber 1641. Nene, unfichere Verbindung mit Ferdinand von Celle und Ehriftian Ludwig von Hannover. Rückgang der Weimarer an ben Hhein, Unternehmungen ber Branzofen während des Jahres 1641. Trugſpiel Richeliens und des Lothringers. März.’ Aufſtand und Tod bes Grafen von Soiffuns. Juli. Kampf um Aire (December). Schluß des Reichstages zu Regensburg. Allgemeine Ueberfiht beim Schluß ber Friedensprälis minarien. 25. December 1641.

So hatte denn Avaur' Gefchidlichfeit um eine armfelige Summe den Willen der beiden Kronen, nicht cher Die Waffen niederzulegen, als bis das Reich zerftüdelt fei, unauflöslich an einander ge- bunden; jene befaßen die Mittel durch Aug berechnete Geldſpenden den bevenklichen Geift des weimarſchen Heeres zu befchwichtigen, und den ſchwarzen, morſchen Faden, von welchem das Scidfal unferes Vaterlandes abhing, unzerreißbar zu verftärfen. Der Graf und Salvius blieben nod in Hamburg, da an die Eröffnung des Friedendtages noch nicht zu denken war, obgleich Chriftine fchon vor der Beftätigung des Bertraged, in ihrer Antwort an die fur: fürftlichen Abgeordneten am regenöburger Reichötage, die Wahl . Münfters und Osnabrücks gut hieß. Aber ſchien dieſes wichtige Ereigniß, die Verbindung beider Kronen bis zum Frieden, zugleich mit der Unthätigfeit Brandenburgs, allen Erfolg ber Faiferlichen und des Reiches Waffen abzuftumpfen, und die Ausficht des regens⸗ burger Tages auf Frieden oder glüdliche Fortſetzung des Krieges zu vereiteln, fo bot der gährungsvolle Zuftand des Heeres in Nies derfachfen noch immer die Möglichkeit, hier die Dinge zum Um⸗ fhwung zu führen. Doch leider fehlte e8 an einer großartigen Berfönlichfeit, um in den verwilderten Soldaten jener Heere den dunke⸗ len, widerſpruchsvollen Gefühlen zur Klarheit zu helfen und fie zu würs diger volföthümlicher That zu fpornen, bis Torftensfonsd Ankunft die Kriſis beendete und alled Ringen des befieren Geiftes vergeblich machte.

842 Ankunft und Abſicht der Heſſen bei Wolfenbüttel.

« Die Ankunft der Heffen drei Tage nad der Schlacht bei Wolfen- büttel vermehrte zwar die Streitkräfte der Verbündeten wieder auf 28,000 Dann, ! aber aud die Vielföpfigfeit, und verwidelte die. politifhen und kriegeriſchen Berhältniffe zu einem unentwirrbaren Knaͤuel. Diefe Hefien, den Winter über gepflegt in Oftfriesland und Weftfalen, unter unbedeutenden Händeln um die Quartiere im Jülich fhen, um 2ippftadt und Paderborn; dann zur Beobachtung Hatzfelds und Behlens, die um Hamm und Münfter ihre Schnaren gemuftert, zurüdgehalten; benugten die Zögerung, um, ehe die Gegner fih an Dorften wagten, mit friihem Muthe um Wolfenbüttel eine Entfchei- dung herbeizuführen. Ihr ungebuldiges Begehren auf den Feind - fteigerte die Rathlofigfeit der uneinigen Führer und die Zuchtlofigfeit der eingelagerten barbenden Mafje, der die geängftigten Landesherrn fich weigerten noch mehr Städte einzuräumen, und welder das em» pörte, verzweifelte Landvolk mörberifh nachſtellte. Geheime Kunde son böfer Abfiht der Regierung in Stodholm und des Gefandten Adler Salvius, zugleich mit dem drohenden und Iodenden Abrufungs- ebift des Kaiſers verbreitet, erfüllte Die deutſchen Oberften mit folcher Wuth gegen die ſchwediſchen Direktoren, unter denen Pful, von den ſchwediſchen Amtögenofien wegen offener Kundſchaft an Piccolomini beargwohnt, bedenklich fi getrennt hatte, ? daß nur Guebriantd Bes fonnenheit Guſtav Guſtavſon und Wrangel aus der Gefahr, niederges fischen zu werben, errettete. * Mehr aus Noth des Unterhaltes als aus Plan waren die Verbündeten den Weichenden gefolgt, welche am 7. Juni auf Schöningen, am 12. auf Aſchersleben ſich zurückzogen, und ihrer Gelegenheit zu einem Anfalle auf Wolfenbüttel warteten. * Bald zügelte Guebriant die hitzige Wuth der Hefien, welche etwas wagen wollten, um heimzugehen; bald, wie man in wechfelnder Stellung unter matter Fortfegung der Belagerung der Fefte näher gerüdt war, und die Kalſer⸗ lichen durch Berftärfung die Lücken erfegt hatten (10. Juli), weigerten die ſchwediſchen Heerführer ſich entfchieden, eine Schlacht zu wagen; auf ihre Sicherheit bedacht, fo wie der Graf Eberftein forglih auf Hapfelds Beginnen blidte.

So z0g man am %,, Juli über Schöppenftänt auf Wolfenbüttel

ı Nufendorf 441. Thoatr. Europ. IV, 591. 2 Daf. 452.

® BQuebriant 359.

a Daſ. 860.

Neue Unruhen im Heere. .343

zurück (1, Juli) in die laum verlaflene Enge; jeder Entſchluß fund immer an triftigen Gründen feine PVereitelung, und wahrhaft bebanerungswärdig mußte Guebriant, dem bie Kunde von den Er⸗ eignifien bei Soiſſons die Zufunft noch mehr verbunfelte, unthätig dem Strome fi überließen; froh die Außerfte Gefahr der Tren- nung noch abzuwenden. Der Anfunft des ſchwediſchen Kriegsrathes Lara Grubbe waren die beunruhigendſten Gerüchte vorausgezogen, als wofle man die Forderungen der deutſchen Oberften nicht allein nicht befriedigen, fondern fie ald Meuterer ftrafen. Die Sieger von Willſtock und Chemnig, welde unter Banèers „barbariſcher Kriegsführung” der Schweden Sade feit ſechs Jahren allein ges halten, glaubten, man beabfihtige ihr Verderben; wolle den arm- felgen Haufen Staͤlhandskes, verftärkt, zum Haupiheere erheben, und ihrer quf jebe Weife fich erledigen. Der gefaͤhrlichſte der Un⸗ zufriedenen blieb jener Mortaigne, als Slamlänber weder Franzoſe noch Deutjsher, welcher gewonnen von den Lüneburgern, in tobenden Gelagen dis Gemüther au mörberifchen Thaten vorbereitete. Um den 1), Juli lief die Zeitung ein, das Hapfeld und Vehlen die Bes Jagerung von Dosften begonnen Hätten, jener Befte, welche Lands graf Wilhelm ſchon 1633 als das Bollwerk feines Staates betrachtete, und welches den Heflen die Verbindung mit den Nieder landen fiherte. In Betracht diefer Wichtigkeit begehrte Cherftein picht gllein mit feinem Heere hin, fondern forderte aud noch Unter ſtützung der Bundeögenoffen und vertragdmäßig die Mitwirkung der Weimarer, welche ohnehin fih an den Rhein ind Sichere be- geben wollten. Es war aber vorauszufehen, daß der Abzug biefer Ternhaften Schaaren den Berluft der ſchon fo zweibdeutigen Lünebur- ger und den Untergang des ganzen Heeres nad) ſich ziehen werde. Deshalb wandten Guebriaut und die ſchwediſchen Direktoren alle Mittel an, den Aufbruch der Heflen gu verhindern; ftedten fich Hinter Avaur und Salvius, welde die Roth zwar ermaßen, aber das fräftigfte Heilmittel, Geld, nur fpärlich boten, weil fie der fo zerrütteten Maſſe nicht trauten. Nur die Weimarer erhielten auf iabrefange Rückſtaͤnde abihläglihe Zahlungen, zum Verdruſſe des Salviuß, welcher durch gemeinſchaftliche Entbehrungen bie Soͤldner zügeln wollte, und den Neid der unbezahlten ſchwediſchen Soͤtdner mit Recht befürchtete. In diefer Lage fand der ſchwediſche 2Guébriant 365. Bufenborf 443.

344 Buebriant und Mortaigne.

Kriegsrath die Dinge; als er mit BVerheißungen Ende Juli den Guelfen zu Hildesheim fi dargeftelt, * und die trügerifchen Verfiherungen der Hagenden Herren mit gleicher Münze bezahlt; näherte er fi furdtfam dem Heere, mit der Aufgabe, ohne Geld die meuternden Coldatenfeelen zu zügeln; nicht befannt mit dem ungeheuren Umfange der gefährlichften Anfchläge. Die deutſchen Oberften hatten vor, des Verderben finnenden „Federfuchſes“ ſammt allen Schweden fih zu bemädtigen und dem Dinge ein Ende zu machen; wären fie felbft nicht fo uneinig und beftechlich geweſen, fo hätte Guebriant nicht vermocht, dem blutigen Anfchlage vorzubeugen. Geſchickt aber bediente fih der Franzoſe des Schreiers Mortaigne, befeitigte durd Beauregards Vermittelung deſſen Furt, verhaftet zu werden, und trennte den Plan, indem er die Waffengenoffen gegen den Beftochenen erbitterte. Obenein fand Grubbe den erwars teten Anhalt an Wrangel und Wittenberg, mußte dagegen hören, wie Pful, ? Außerliche Ehrerbietung gegen die Befehle der Königin zeigend, „vom Frieden und dem traurigen Zuftande Deutfchlandg, von feinem Gewiffen redete; die Abftcht der ſchwediſchen Krone aufs deckte, und erflärte, „nicht zum Verderben feines Vaterlandes länger mitwirken zu wollen.“® Inter unbezweifelter Vorbereitung Piccos Iominis, das Land der Guelfen mit gefpartem Stoße zu überwältigen, und bei der Drohfunde von Dorften, hielt man am '%,, Juli im Lager vor Wolfenbüttel Kriegsrath und legten die Abgeordneten ber Landgräfin * eine logiſche Auseinanderfegung der Gründe dar, weßs

Pufendorf 444. 2 Daſ. 444. |

° Buebriants wohlunterrichteier Befchichtichreiber fagt 364 unverholen in Bezug auf bie damaligen Berhältniffe: Il n’y a point de quatro (von diefen Fürften) I’un qui se soit arme pour la religion, ny pour la liberts de l’Empire; chacun Pa fait par interest, et si quelqu’an a pris nötre party, nous n’en avons en que la preference: Si bien que o’est un pur miraole que non obstant la prudence de nos Ministres, que nous ayons fait tant de conquestes en Allemagne; ou plutöt que nous n'en ayons pas ete ohassez avec honte, et par ceux memes qui nous avoient ouvert la porte. Il ya trois ans que Parme da Roy court P’Allemagne, et qu’elle ne subsiste que par l’industrie de oeux qui la commandent, et comme par la oharité de nos Aliez, elle ne regoit d’argent qu’aveo des peines et npres des plaintes extrémes contre les Chefs qui ont a soutenir, et contre lenrs propres Soldats et contre les Villes et contre la coompagne.

® Daf. 365.

Verſchiedene Abfichten ber Derbünbeten, 345

halb die Verbündeten gemeinfchaftlih auf Dorftend Rettung und die Erhaltung der weftfälifhen Quartiere bedacht fein mußten. Guebriant verfuchte mancherlei Aushülfsmittel, um beide Bundeögenoflen, die Heffen und Lüneburger, zu fihern; aber die ſchwediſche Partei, gleich, gültig gegen die Einbuße Amalia Elifabeth und nur bemüht, das Heer zu behaupten, bis Torſtensſon mit der Berftärfung herbeigefoms men, vereitelte die Trennung, und wußte fo gefchidt durch Salvius auf Avaur zu wirfen, daß auch diefer die Ihellung des Heeres abrieth, indem er die Hoffnung ausfprach, ' die Nicderlänver würs den die Wichtigkeit Dorftend nicht überfehen. Die Heffen, geicholten, „ihren eigenen Kleinen Vortheil allein im Auge zu haben,“ hielten im Hungerlager aus, und deſſenungeachtet ließ man, weil die fhwebifchen Direktoren den machtvollen Angriff auf die Kaiferlichen fhheuten, das Land ringsumher einnehmen. Denn Biecolomint am 2. Nuguft von Aſchersleben aufgebroden und aus Magdeburg mit allem reichlich verſehen,“ kundig des Zwiefpaltes der Gegner, bes Mißtrauens gegen die Lüneburger, eroberte in wenigen Tagen nad) ges tingem Widerftande des feigen Kommandanten, Ofterwief, dann Horne⸗ burg, 6. bis 9. Auguſt, Schladen, Goslar, Liebenburg; bahnte ſich den Weg un die Leine und Weſer zu Habfeld, und fchnitt dem großen Heere, das unthätig bei Wolfenbüttel lag, ‚die Verbindung mit Halberftabt ab, ungehindert durch Königdmarfs ftreifende Züge. Bol Geringfhägung gegen den einft fo übermüthigen Gegner er fhienen Speerreuter und Caſpar Mercys Reuter nedend vor dem Lager, aus welchem niemand zum Treffen fi herausmagte (°/,, Auguf). Bereits am 1Y,, Auguft jagten Piccolomini und Wahl, in Hildesheims Nähe vordringend, die herzogliche Familie in ſolche Kurt, daß fie mit der Leiche Georgs, deſſen unbeilvolle Pläne fie geerbt, nach Hannover flüchtete. Guebriant forderte vergeblich die Schlacht, indem er die Abſicht des Gegners erfannte, dur Ber; ddung und Bezwingung der lüneburgifchen und braunfchweigifchen Lande die zögernden Guelfen zum Frieden zu nöthigen; ® aber Grubbe, durch Wrangel unterftüßt, verweigerte jedes gewagte Unters nehmen vor Torſtensſons Ankunft. So verftrih die Zeit, unterbeß

ı Brief Avaux' an Guébriant vom 2. Auguft 1641. Guébriant 3689.

2 Aplgreitter 420. Pufendorf 44. Guebriant 371. Theatr. Europ. IV, 625 ji.

ı Buebriant 372

346 | Buöbriants Verzagen.

Piccolomini ſchon der Leine fi näherte und freie Hand hatte, die letzten Boften der Schweben und Heflen im Eichöfelde, in Thüringen und Erfurt zu überwältigen, oder das Kalenbergifche und Grubenhagenfihe zu überſchwemmen. Der Sranzofe durchſchaute zwar den Eigennug der Schweden, aber er mußte fi fügen. Bald geſchmeichelt durch die Ehre, welde ihm, im alle einer offenen Schlacht, felbft Wrangel ald Obergeneral zudachte; bald vertröftet durch die Lüne- burger, welche, in allen Theilen ihres Landes bedroht, in Fraftlofen Entſchlüſſen von einem Tage zum andern wechlelten, fürdhtete Gue- briant dennoch der Laft folder Zeit unterliegen zu müflen, und fhrieb am 4. Auguft an Des Noyerd einen Brief, welcher ber lebendige Ausdrud feines Seelenfummerd und des klaͤglichen Zu⸗ ftandes einer Waffenmacht ift, die Dennoch, wie zum Hohne, des ftreitbaren Deutſchlands Schidjal bedingte. „Ic befchwöre Sie, ald Mann von Ehre, daß, außer der Ungnude ded Könige, ih ° nicht allein die Baftille, fondern felbft. ven Tod vorziehe, als länger bier zu bleiben, wo id eine gänzliche Niederlage meiner Ehre, die ich feit zwanzig Jahren, Blut und Leben willig daran gebend, zu befefligen fuchte, zu erwarten habe. Bewilligen Sie mein Gefuh um Abſchied nicht, fo wird mid bald die Melancholie außer Stande ſetzen, im Felde zu bleiben und werde ih mid had irgend einer Stadt zurüdziehen müflen.” * Der Ritter beauftragte den Herrn von Tracy, den Hof von ber verziweiflungsvollen Lage in Kenntniß zu jeßen, welcher freilich nicht durch einen Angriff vom Rheine her, durch Geld und Truppen aud fo ungeheurer. Ferne fhnelle Hülfe gewähren konnte. Die erneuerten unrubigen Bes wegungen in beiden deutſchen Heeren, auf welde auch Dänemarf heimliche Anfchläge verfolgte, * machte den Ton feiner Briefe in den nähften Tagen noch angftvoller. So groß war die Noth um Wolfenbüttel, daß die Reuter Sättel und Waffen verkauften, um Brod zu haben; ihres Lebens vor dem Bauern nicht ficher waren, falls fie, Nahrung ſuchend, fih aus dem Lager wagten, und baß felbft Oberften ihr Gepäd und ihre Roſſe verpfändeten, um fid ihr Dafein zu friften. Am *,, Auguſt erklärten Mortaigne und Derflinger im Namen der Oberften dem Kriegsrath Grubbe, „wenn nicht Torftensfon innerhalb vierzehn Tagen me und Geld Hrächte,

A Guehbriant 375. 3 Bufenborf 444.

© Grimm ber Deutfchen gegen die Schweden. 847

fönnten fie für ihre Untergebenen nicht mehr ſtehen;“ weßhalb Grubbe Salvius zu eiliger Sendung von Geld aufforderte und hinzufügte: „käme nicht bald Hülfe, jo müfle er davon laufen, das Leben zu retten.” Che Salvius aus Hamburg mit armjeligen 60,000 Thalern beifprang, eröffnete Mortaigne an Beauregard am 17. Auguft im Bertrauen, ' wie Guebriant erjchroden nah Paris meldete: „vie Deutihen wollten allen Schweden den Hald bredden, weil jene, ftatt fie zu befriedigen, damit umgingen, fie zur Strafe zu ziehen; fie wollten feinen fremden Generälen geboren, die nur Fämen ihr Daterland aufzufreffen.“ Als am gleichen Tage ein Haufen Feder faiferlicher Reuter einen Borrath an Lebensmitteln nad, Wolfenbüttel gebracht, Piccolomini fih Hildesheim näherte und widerſtands⸗ 106 die Faiferlihen Reuter dad Land zwiſchen Leine und Oder, in der unmittelbaren Nähe des Lagers, plündernd burchftreiften; machten die Lüneburger, die biöher die fruchtlofe Umfchließung der Feſte durch Arbeit am Damme fortgeſetzt, Anftalten, zur Rettung der noch übrigen Städte, Hildesheim, Göttingen und Eimbed fih zu vertheilen, und fchien, bei dem Widerwillen der Heflen, länger bie Kriegsarbeit fortzufegen, welche die zunächft Betheiligten ſelbſt aufgaben, das Geſchick der paar Schweden und Franzofen unter den mordluftigen Deutfchen unabwendbar. ? Jeder dachte nur zus naͤchſt an feine Rettung, worüber das Ganze und die Eingeluen vom Unterdange bedroht wurden. Als am 18. Auguft der Landgraf von Heflen Darmftadt und ſelbſt Kliging mit ihren mühſam gehüteten Schaaren fih nah der Richtung auf Hildesheim entfernten; ohne auch nar jemand zur weiteren Beruthung zurüdgulafien, fchrieben Guébriant und die ſchwediſchen Direktoren vorwurfsvol an die Herzöge, * die ihrerfeitö entfchuldigt waren, dba die Bundesgenoſſen fie in fo mabwendbaren Ruin geführt. Zwar fehrten Klising und der Landgraf mit wenigen zurüd, ließ aud Eberſtein ſich noch halten, ungeachtet er zunächſt für die Sade der Lüneburger gelommen, und fchritten die drohenden, pochenden Deutſchen, Durch Adler Salvius’ Geld und Guébriants Borftellungen zeitweife bes ſchwichtigt, nicht zur That; aber dennoch drückte der Yranzoje in einem Briefe vom 19. Auguft die Sorge vor der Verführung aller ı Quöbriant 379.

ı Quebriant 379. Gusbriant 381. Bufenborf 445.

248 Nahe Auflöfung bes Heeres

Deutfchen durch den König von Dänemark aus, „welde das geringe Häuflein der Seinen verachteten.” * Etwas richtete eine Waffenthat in Folge der Geldſpenden aus Hamburg die bangen Gemüther ver fhwebifchen und franzöftfhen Heerführer wieder auf. Als Abende am '%,, Auguft der Graf von Bruay, der gefürchtete Nachfolger Sfolanis, welder im vorigen Jahre in Prag geftorben war, -mit einem paar Taufend Reutern vor Horneburg ſich anſchickte, den feindlichen Futterholern aufzulauern, machten am '*%,, Auguft ftarfe Adtheilungen von Weimarern und dem fchwebifchen Heere, gewarnt durch einen rüdfehrenden Gefangenen, fih auf, die Geringſchätzung des Gegners zu ftrafen, Taupadel, Wittgenftein, Raffau an der Epite. Auch Gusbriant und die ſchwediſchen Heerführer blieben nicht daheim. Der Graf von Bruay, plöglih angefallen, wehrte fich zwar tapfer gegen die Weimarer, bie zuerft ihn angegriffen, warf fie auseinander und töbtete den Grafen von Naflau, den Oberft Müller und Fledenftein und andere namhafte Krieger aus Bernhards Heere; aber die ſchwediſchen Reuter ftürmten ihm auf den Hals, daß der Vers luft mehr als aufgewogen wurde, und Piccolominis Angriff auf Hil⸗ dedheim einige Zeit ind Stoden gerieth. Laut beflagte das Heer den Tod des andgezeichneten Tapfern, jenes Wilhelm Otto von Naffau, defien Rame alle Siege Bernhards verherrlichten, und jenes Fühnen Oberſten Johann Müller. Aber im Stillen freute ſich Guebriant, des gefährlichften Gegners, feines Anfehens unter den Direktoren und Oberſten erledigt zu fein, „welche ſich beſonders des deutfchen driedens zum Vorwande bedienten, um feine Plaͤne zu vereiteln. ?

Nach diefer That, welche die Furcht der Selbfterhaltung herbeige— nöthigt, ſehen wir das Lager von neuem in furchtbarer Gährung, ale die Guelfen, den Berluft ihrer Städte ahnend, den Aufbruch des Heeres von Wolfenbüttel zur Abwehr der Gegner forderten. ° Die Direktoren mußten das Anfinnen der Herzoge den Oberften vorlegen, welche fi) jeder Theilnahme weigerten, wenn ihnen nicht 300,000 Thaler gezahlt würden. Auf den Einwurf Grubbes, ohne Torſtensſons

Guebriant 383: Dieu venille que nos Allemans ne se laissent pas seduire aussi bien que les autres, et que le mepris qu’ils font du Corps Frangois pour sa foiblesse, et Paudaoo ou ils sont pour se voir sans un General qui sache se faire obeir, ne les fasse & l’exemple des autres oublier leur devoir.

3 Guebriant 379.

3 Bufendorf 445.

[2

Nahe Kuflöfung des Heeres. 349

Bewilligung koͤnne Saloius das Geld nicht angreifen, und ber Drang der Umftände geftatte nicht, auch des Feldmarſchalls Bewilli⸗ gung einzuholen;“ erwiederten jene, „ihre Geduld fei erſchoͤpft; fie würden Mittel wiſſen,“ und nöthigten den General gut zu heißen, daß Landgraf Friedrich von Hefien an Salvius und Mortaigne an Tors ftendfon in ihrem Namen geſchickt würde.! In der Wahl des letzteren hatten die ungefchidten Polterer fich jedoch betrogen; denn Guebriant hatte den-Oberft Mortaigne „durch die Gewandtheit und Schlauheit Beauregards, der fich flamlaͤndiſch mit ihm verftändigen konnte,“ wieder auf die Seite der ſchwediſchen Direktoren geleitet, fo daß Wrangel und Grubbe bei Torftensfon durch diefen Abgeorbneten eher vorbauen, als Beforgniß erregen konnten. Der Auftrag der Oberften an Salvius Tautete aber gleich den Forderungen, welche im Jahre 1635 diefelben Männer an Bandr und Orenftierna in Magdeburg richteten, nur noch Fühner motivirt ?; fie verlangten 400,000 Thaler, die Ers Härung, ob man bes Friedens oder der Beute wegen Krieg führe ; die Herflellung der Guelfen in die ihnen vorenthaltenen Städte, die Verbürgung, daß Torſtensſon ſich mit ihnen über die Art, das Heer zu befriedigen und zu führen, verſtändige;“ unter Baner feien fie als Sklaven gehalten worden; noch harrten fie ihrer Boten aus Schweden; den Kriegsrath Grubbe brauchten fie nicht, Geld allein ſei noͤthig; von Torſtensſon fomme feine Nachricht; man fehe, daß man fie in Schweden geringfhäge; Noth und Armuth babe ihre Geduld erfhöpft; wollte Salvins inzwifchen bis Torftensfon anlange 400,000 Thaler bezahlen, fo verfpräcen fie fi als tapfere Männer zu bes währen; wo nicht, hätten fie ihren Entfchluß gefaßt, ald freie Deutfche, nicht als Sklaven, nicht länger die Räuber und Verwüſter ihres Baterlandes feyn zu wollen, felbft bis auf die Außerfte Armuth herab» gebracht.” Durch gleisnerifche Worte von der Werthichägung ihrer Thaten bei der Krone, vonder hochbedrohten deutichen Freiheit und dergleichen wohlfeile Reden, fuchte der ſchwediſche Schlaufopf die aufgebrachten Männer, die in der Verwirrung der Dinge einem Diplomaten gegenäber verfiummten, zu beſchwichtigen, und fors derte einen geringen Aufihub, da er nicht über dieſe Summe ver- fügen dürfe. Aber fo wenig die Abgeordneten in Worten ſich vers theidigen fonnten, blieben fie doch bei ihrer horderung , ungeachtet

1Gusebriant 386. 2 Pufendorf 446.

350 Aufbruch der Derbiündeten von Wolfenbüttel.

auch Avaur ben Schweden unterftügte, fo daß Salvius, die Gefahr der Verweigerung erfennend, endlich verſprach, das vorhandene Geld

nad Braunſchweig zu ſchicken und den Grubbe zur Anleihe des

fehlenden zu bevollmächtigen, um dur Wechſel auf Hamburg die Summen zu beziehen. Den Betrug nod immer im Sinne, dachte Salvius die Sache fo lange hinzuziehen, bis LTorftensfon in Perſon Eluge Abrechnung haften könne. Aber um fo fruchtlofer war dieſe BVertröftung, ald das Gerücht über Grubbes und Liljehoels fchrift- liche Aeußerungen „Torftensfon wlrde die Meuterer, ftatt zu bes zahlen, beim Kopfe nehmen,“ im Umlauf blieb; ferner die dänifche Berlodung fortvanerte, und auch Herzog Friedrich den Oberften verficherte, ihre Boten feien in Schweden feftgehalten.

Unterbeg Piccolomini ben Anfall auf Hildesheim, Grubenhagen und SKalenberg noch verzögerte, hoffend, durch Mangel oder Furt die Gegner aus ihrem Verftede in's Freie zu loden, und fein Haupts lager bei Holle, wenige Meilen von Wolfenbüttel blieb; fette der Land⸗ graf von Hefjen, ohne den längft unzufriedenen Kliking, Täffig bie Arbeit am Damme fort, * die gleihwohl die Belagerten unter ver Hitze des Sommers arg beläftigte, durch das fleigende Wafler in die höhern Häufer getrieben, verfolgt von Schlangen, Ungeztefer und unerträglidem Geſtank. Unwilig über die Unthätigfeit der Lüne- burger, welche die Mühfale den Weimarern und dem ſchwediſchen Heere ließen, gedachten die fremden Generale, ohne den lebten Er: folg der Fluth abzuwarten, bie Stabt durch Branbfugeln zu zwingen wozu aber jene zwedmäßiged Geſchütz nicht hergeben wollten. ? ALS demnach Eberſtein am Sn, erneuten Befehl zum Aufbruch er halten, am 7 September Piccolomini fein Lager nad Solber ver legte, Steinbrüd einnahm; bie Unterhandlungen zmifchen dem Erz. herzoge amd den Guelfen, zumal Auguft von Braunfdhweig, unbes zwoelfelt wurden; bie Weimarer und die Schweden fürchten mußten, durch Hatzfelds Ankunft im erjchöpften Lande ganz eingeſperrt zu werden, und endlich am „St. der Landgraf und Klitzing, mit ih⸗ ren Untergebenen faft als Feinde gehittet, zur Vertheilung über ihre Städte ih entfernten; ward am '/,, September ernftlich an die Aufgabe der Belagerung gedacht. * Vergeblich proteſtirte Guebriant, mollte

ı Merken IV, 132. : Bufendorf 447.

2Fritſch 183. Guébriant 389. Molzreitter 421. Pheatr.Europ. _ IV, 626.

Trennung vor Wolfenbätte. 351

noch bleiben, durch rüſtige Arbeit das Waſſer ſechs Glen höber fpannen, und die hohen Häufer durch Feuerkugeln in Brand fleden; er mußte fi fügen. So verließ man denn nach faft achtwöchentlicher Umſchließung Nachts am ?/,, September die fo Foftfpielig aufgewor⸗ fenen Werfe, riß fie nieder, verbrannte daS Lager und wandte fid in nördlicher Richtung auf Gifhorn an der Aller, voll Grimm ges gen die Lüneburger, die man ald Verräther behandelte; fie ihrer Pferde beraubte, und, fo viel man ihrer habhaft werden fonnte, mit fich fchleppte. Der Oberft Rofen blieb nur fo fange zurüd, um ben Damm zu durchſtechen, deſſen Wafler abfluthend das Land bis Braun- ſchweig Hin überſchwemmte. Die Bürger jener Stadt, an ihrem Eigenthum hart beſchädigt, geriethen dadurch in foldhe Wuth gegen ihren alten ſchwachen Landesherren, daß fie fih an feinem Schloffe vergriffen und faum feiner PBerfon fhonten. Unerreicht durch Mer⸗ 98 verfolgende Reuter zogen die Verbündeten, die Heflen noch uns ter ihnen, bis gegen Giffhorn, ungewiß über die Zufunft, ob Dors ſten noch zu retten? ober an der Elbe Torftensfond und Stäfhandsfe zu harren, unterdeß Herzog Auguft, der Landesverderber erfedigt, von feinen eigenen Bürgern bebroht und von der Amneftie unterrichtet, eine Zufammenfunft mit dem Graherzoge Leopold Wilhelm begehrte. Durch den Feldmarfhal Wahl: einer guten Aufnahme vertröftet, (14 Eeptember) fam er am 18. September unter fidyerem Gelelte in's Fatferlihe Lager zu Solver, und wurde ehrenvoll durch den Ge⸗ neraliffimus felbft an der Spige feine® glänzenden Stabes einges holt. So war denn dad Schidfal Braunfchweigd und des alten Herrn, dem über die Sorgen und Pläne feines Bruderd Georg Haar und Bart früh erbleicht, und deſſen Lafd heillos durch Freund und Feind verberbt war, entfchieden, "und am 22. Eeptember die Fries densunterhandlung in Goslar eröffnet. Am 20. September folgten der, Erzherzog und Piccolomint, um mit Hatzfeld nad dem Falle Dorftend fih zu vereinigen, dem Heere auf die Leine zu, nahmen ir Hauptquartier in Alfeld und Gronau, ficherten fih den Weſer⸗ Paß bei Hörter (24. September), im frohen Bewußtſein, des Seins des zerräittete Haufen zum Weichen gebracht zu haben, entichloffen nun auch bie beiden anderen. Guelfen zu Paaren zu treiben.

Unter ven Verbündeten, wie fie die Nähe von Siffhorn erreicht hatten, erneuerte ſich unterdeß die frühere Uneinigfeit in fteigendem Maße; Grubbe ſchlug vor, an die Niederelbe fih zu wenden, um

352 Eroberung von Dorfen.

Torſtensſon näher zu ſeyn, und auf Staͤlhandske fi zu lehnen; er fann heimlich darauf, die Weimarer wider Guébriants Willen zu entführen oder nur die treueften Anhänger der Krone mitzunehmen. Aber die Hefien wollten begreiflich nicht fo fern aus ihrer bebrohes ten Heimath folgen; Guebriant, * unterftüßt von ben beutfhen Ober- ften, weldye Torſtensſons ftrafenden Arm fcheuten, lehnte ſich ent- [hieden dagegen auf; aus Yurdt einerfeitö, ohne das fchwebifche Heer durch die Kaiferlichen erbrüdt zu werben, anbererfeitd, forgte er, nimmer den Weg zum Rheine wieder zu finden, wohin bes drohlihe Kunde aus Frankreich ihn rief. Als triftigften Grund gegen die Trennung forderte er, daß Baneırd Heer, mehrmals dur die Weimarer vom DVerderben gerettet, aud Dankbarkeit für foldhe Dienfte bleiben müßtel Unter fo ſchmählichem Hader, daß Mor; taigne und Königsmark in Wrangeld Zelte nur mit Mühe an eis nem Handgemenge verhindert werden Tonnten, mußte Grubbe ſich entſchließen, in entlegener Stellung, dem Feinde fo nahe, den retten- den Heranzug Torftensfond zu erwarten; zumal Mortaigne, nad) einem Gutdünken zwifchen den Parteien auf und abgehend, im In⸗ tereffie Guebriants erklärte: „nicht ein Drittel des Heered würde Grubben nadyfolgen, fondern mit den MWeimarern zur Vertheidigung Lüneburgs zurüdbleiben, deſſen Herzog, von dem Hauptheere vers - laſſen, willenlos bie Geſetze des Kaiferd annehmen müfle.” Die flehendlichen Bitten Friedrichs von Celle und des jungen Chriſtian Ludwig, die wegen Hildesheims die Amneſtie nicht annahmen, ent⸗ ſchieden; am 17. September machte man ſich wieder in ſüdwſtlicher Richtung auf, paffirte Peina am 19. und bezog am 22. eine Lager bei Sarftedt an der Leine, zwiſchen Hanover und Hildesheim.

Noch hoffte Eberftein Dorften retten zu fönnen, und erwirfte, dag ihn 3000 Reuter unter Taupadel und Königsmark zum Ent» ſatz geleiteten; faum aber waren fie am '°%,, September nah Rin- teln an die Weſer gefommen, als die Kunde einlief, die wichtige Feſte fey gefallen, ? worauf Eberſtein, den fhimpflihen Verluft den eigeis nüsigen Bundeögenofien Schuld gebend, nad Sarftebt rathlos zurüds fehrte. Inzwiſchen hatte Kliging, der mit den Seinen bis dahin mit⸗ gefchleppt war, Gelegenheit gefunden, geplündert der Dienftbarteit zu entrinnen; er meldete am '’/,, Septeinber den Fortgang der Unters

ı Guébriant 393—395. > Guohbriant 391. BPufendorf 448.

Piccolomini bis vor Kaſſel. 853

handlungen von Goslar und beendete, vom Erzherzoge bes Amneſtie verfichert, feine mühjame, befcholtene deutſche Kriegslaufbahn, zuvörs derft nach Hamburg in Ruhe gehend. * Die Eroberung Dorftens, welches der tapfere Oberſt Geiß, von Eberftein des Entfabes vers tröftet, mit reichen Kriegämitteln verfchen, gegen Hapfeld8 und Veh» lens zerftörende Gefüge und Stürme bis zum 18. September vertheidigt und dann auf ehrenvolle Bedingungen zu Gunften des Kurs fürften von Köln aufgegeben hatte und mit feinem Häuflein auf Lipp⸗ ftadt abgezogen war; erweiterte mächtig den Kriegsplan Piccolominis, der jest nichtd geringeres beziwedte, als nad Unterwerfung ber Guelfen, auch den legten einheimifchen Feind des Reiches, die Land« gräfin Amalia Elifabeth, zum Frieden zu bringen. Die böfe Wittwe, der jetzt Beauregard ald Berather und Gefchäftsträger Franfreiche zur Seite ftand, hatte durch die kecke Rede ihrer Gefandten in Res gensburg nicht wenig dazu beigetragen, daß Ferdinand nachgiebig dem Amneftiegefege eine unerwartet große Ausdehnung gab. Als die unehrerbietigen Schreier vom Reichötage fortgewiefen waren (Ende Auguft), und die Verbindung der Heffen mit ven Weimarern und Schwer den die hartnädig feindliche Gefinnung der Landgräfin herausftellte, fah Amalia Elifabeth einerfeitd die Vormauer ihres KRaubftaates, welchen ihr Gemahl gegründet, in Nordweſten gefallen, und anderers feitö näherte fih Piccolomini der Weſer, mit Hatzfeld vereinigt, rüds ten die kaiſerlichen Schaaren in der Mitte Octobers ſchon bis Münden, verbeerten dad im Sommer gefchonte Riederheflen und machten felbft die Umgegend von Kaffel unficher. * In betrüglicher Abſicht Hatte auch fie, nur um zu horchen und zu hindern, den Oberft Günderode auf den Zag nad) Goslar geſchickt; jeht nun, als die Feinde ihr nahe ka⸗ men, fchrie fie „über Gewalt mitten unter Tractaten,” und bewirkte, daß der nachfichtige Erzherzog ſchonend verfuhr, bie fie, ihres abberufenen Heeres wieder mädhtig und bei herannahendem Winter der naͤchſten Gefahr erledigt, den Krieg auf eine andere Seite wandte und am Niederrhein, mit dem Reichsfeinde enger vers bunden, die deutfche Sache nach den günftigen Ereigniffen des Jahres 1641 in neue Zerrüttung ſtürzte! Unter den Verhandlungen zu Goslar füumte, Dagegen Leopold

Wilhelm nicht, die erlangten Vortheile gegen die Guelfen zu vers

t Theatr. Europ. IV, 591. Bufendorf 448,

2 Theatr. Europ. IV, 830. Bufendorf 449.

Barthold, Gef. des 80jahr. Kriege. I. 23 -

354 Foriſchritie Plecolominis. Beſorgniſſe der Schwebden.

folgen; ſo ermuͤdet ſein Heer war, welches ſeit dem Maimonat ſo ungeheure Strecken durchzogen hatte. Herzog Auguſt und Chriſtian Ludwig fügten ſich noch immer nicht; durch Salvius und Avaur auf Torſtensſon, auf den allgemeinen Frieden vertröſtet und durch Choiſy und Beauregard bearbeitet, hofften fie Hildesheim noch behaupten zu können, und fuhren fort mit den Schweden zu unterhandeln, weiche ihnen auch jeßt nicht einmal ihre eigenen Städte, viel wes niger Minden überlaffen wollten. Deßhalb belagerte Piccolomint am %,, Oktober von Gronau aufgebrochen, ? die fefte Stadt Ein« bet und feßte ihr dur Brandfugeln fo heftig zu, daß die lünes burger Befagung am 25. Detober fi ergab, worauf Nordheim folgte, und Anftalt gemacht wurde, Göttingen, für deſſen Beftk Georg fo früh Sorge getragen, zu bezwingen, und Hapfeld Duder⸗ ftadt, fo mie die fchwedifche Beſatzung im Eichöfelde bevrängte. Bei jo machtvollem Umfichgreifen lag das vereinigte Heer ber Schweden und Weimarer zwilchen Sarſtedt und Winfen an der Aller die Leine entlang, thatlos gegen den Feind, aber unter ſich nichtödeftoweniger in Hader, Mißtrauen bei offener Drohung des Abfalls der Deutfhen. Die Fügfte Schonung von Eeiten der Direcs toren und Guébriants erheifchte die Eiimmung der Oberſten; obs nleih Salvius Geld ſchickte, und ihre Abgeordneten aus Stodholm tröftlihe Verheißung brachten, erneuerte ſich Furcht und Widerwillen und ſchien Torſtensſon, welcher im Juli ſich hatte einſchiffen ſollen, nur auszubleiben, weil er ſich nicht in die Mitte des meuternden Heeres wage. Aber war ed auch Krankheit, welche den Hinfäaͤlli⸗ gen ſo lange auf ſchwediſchem Boden feſthielt, ſo kam doch die ESorge hinzu; denn die Inſtruction, welche die Reichsverweſer am ee ihm ertheilten, enthielt die Warnung, „vorſichtig der Treuen im Heere ſich zu bemädhtigen, und, wie Baner im Sahre 1635, die Seefante vor Allem im Auge zu halten, da man auf Dänemark achten müffe.” Auch Wrangeld Bericht von Sarftent am 13,, September: ? „ein Oberft hätte ihm in’d Geſicht gefagt: fie würden feinem ſchwediſchen Feldherrn gehorchen,“ konnte dem fran- fen Herrn wohl nicht befonders Luft machen, die Reife zu beichleus nigen. Aus Guebriants Klagebriefen aus Sarſtedt vom 23 und

ı Guedbriant 402. 3 Huebriant 392. Pufendorf 447. ® Geijer III, 323.

Brnbbe uud Mortaigne nach Hamburg. 355

25. September t lernen wir die Troftlofigfeit des franzäfifchen Heer⸗ führers, welcher, der unbezahlten Oberften feinen Tag ficher, einen Angriff von Breifah aus und Verſtärkung von Frankreich nicht hoffte; dringend feinen Abſchied forberte und dennoch aus groß- müthiger Sorge für daS bien commun dem Grafen Eberflein ſich nicht anſchließen wollte, „weil fonft alles auseinander Tief.” Um ſich Rath zu erholen, ging Grubbe nah Hamburg, und ward es einge: leitet, den Mortaigne, unter dem Berfprehen, daß „für feine Per- fon hinlänglic geforgt werde,” an Salvius zu fenden, obgleich die anderen Oberften dem Fremdling, welcher ſich in ihr Vertrauen eins gedrängt, aber verkauft war, nicht trauten. Als auch Salvius, auf Avaux' Anrathen, die fortvauernde Vereinigung bie auf Tors ſtensſons Anfunft gut hieß, ſetzte Mortaigne durch, daß er zur Be⸗ treibung der Forderungen feiner Genofien nah Hamburg gefihidt würde (17,, September). Die Korderungen der Oberften, im härteften Tone abgefaßt, „ihnen innerhalb acht Tagen zwei Solde nebft Werbe- gelvdern zu geben, einen beflimmten Lohn für ihre Dienfte zu fichern, widrigenfalls fie in vierzehn Tagen fid einen anderen Herrn fuchen würden,“ ? vertraute jedoch Mortaigne vor der Abreife dem frans zoͤſiſchen Feldherrn. 'Als er hinzufügte: „weil jene durch aufges fangene Briefe wüßten, die Krone Schweden geböte den Stellver- tretern Torſtensſons unbedingt die Schlacht, follte auch Fein Mann übrig bleiben; in der Abficht, lieber die Deutfchen zu verderben, ald fie dem Feinde zu überlafien; hätten fie be- ſchloſſen, jedes gefährliche Unternehmen zu verweigern, bis fie ihrer Zukunft fiher wären;” beflagte Guebriant fih nativ genug: es fei ein fhlehter Dank, welchen die Deutfhen beiden Kronen erwiefen, melde vertrauensvoll ihnen die Verfechtung ihrer eigenen Angelegenheiten in Deutfchland in die Hände gegeben, ohne ihr Heer durch ſchwediſche und franzöftfhe Eingeborene zu veritärfen. (!!)® Im Geheim von den Ränfen des falſchen Ber- treterd feiner Waffengenoffen verfichert, gefellte Guebriant dem

ı Gnebriant 403.

» Daf. 407.

®’ Guebriant 407. „Que c’etoit mal pryer la confinnce que l’une et Pautre Courone avoit temoigne avoir à In nation Allemande, conflant a ia conduite et au service des Allemands tous leurs Interests cn Alle- Mmagne, sans avoir pens6 de renforcer leura Armces de leurs uaturels BSujets.“ 23 0

356 Ä Borläufige Beruhigung ber Oberen.

Mortaigite feinen vertrauten Offizier Flaucourt bei, um Avaur in nöthige Kenntniß zu feßen, und mit Salvius Hüglich vorbauen zu Tünnen. Anfange legte Mortaigne die härteften Bedingungen dem ſchwediſchen Geſandten vor; verfprad dann aber, von Ealvius durch hohe Er- bietungen herumgebracht, fein Anfehen beim Heere zu Beruhigung defielben zu verwenden. Obgleich feine Abfender, betrogen, Mor: taignes Vorfchläge, ihre Forderungen zu befriedigen, anfangs vers - warfen, und ihr politifches Verhältniß mit Torftensfon felbftändig ind Klare bringen wollten; nahmen fie dennoch das Anerbotene ohne Sicherheit für die Zufunft hin, und wurde das Geld, 300,000 Thaler, „das ind Lager zu bringen nicht räthlih fehlen,“ unter den Augen neuer Abgeordneten in Hamburg einem dritten übergeben. Indem fo aus ihren widerſpruchsvollen Entfchlüffen jede Einheit wich, ließen die trogigen Männer gefchehen, daß ihnen als willenlofen Werkzeugen der Ausländer das unerleichterte Joch der Dienftbarfeit, ohne Vortheil für ihre Perſon und ihr Vaterland, allmählig wieder aufgelegt wurde! Nach dieſer vorläufigen Beruhigung fonnte man die Heſſen nicht länger halten. Bon Wittenberg mit einigen taufend Reutern vom Hauptheere geleitet und unter dem Berfprechen Gué⸗ briants, ihnen vertragsmäßig bald zu folgen, brachen fie am 7. Ok⸗ tober nad) Weftfalen auf.

Kein Wunder, daß bei foldem Mißtrauen das Land Friedrichs und Chriftian Ludwigs, die feinen Dann mehr bei den Berbündeten hatten, ? den Angriffen der Gegner hilflos erlag. Als Guebriant, nach wehmüthiger Trennung von dem beneideten Choiſy, welcher am 13. October nad) Frankreich zurüdging, * die Direktoren aufforberte, zur Rettung Einbecks etwas zu wagen, weigerten biefelben fich vor der Ankunft Torftensfons, welcher nach ftürmifcher Seefahrt am . October in Stralfund angefommen, aber tödtlich erfranft war, und angeblich 7000 Mann mit fi führte, eiwas zu thun. Dem neuen Feldmarſchall gingen Mortaigne und Derflinger entgegen, um ihn von allen Dingen in Kenntniß zu feßen, jener, um ſich die gute Stätte zu fihern, die ihm, dem Verräther feiner Genoflen, von Salvius und Guebriant verheißen war. Auch Wrangel verließ in Unmuth dus Heer, um Torftensfond Ankunft zu betreiben. ‘Der troftlofe Branzofe,

ı Wufenborf 448. Guébriant 399,

2 Buebrtant 397. 2 Daf. 409.

Anfunft Torftensfons. Piccolominis Rüdzug. 357

deſſen Geſuche um Heimberufung und Hülfe ohne Antwort blieben, barrte nichtsdeſtoweniger aus, fchrieb vom 27. October ab, nad) Einbedd Kal, nicht mehr an den Hof. Wohin folte er, fern von Frankreich, vereinzelt zurüdgelaflen, da in Niederfachien zu bleiben nicht möglich war, und den Echweren vieleicht auf Cchlefien zu folgen, die alte Knechtſchaft und den Berluft ded Heeres, „der ſchwankenden Bormauer Frankreichs,“ weiſſagte.“ Auch in der Nähe fehlte es nicht an feindlichen Angriffen, auf deren einem jedoch, „ber Immernüchtern,“ mit eigentlihem Namen Levin Zander, Raufchenbergs kecker Gehülfe in Wolfenbüttel, bei Lutter am Baarenberge gefangen, und auf dem Wege nah Hildesheins, „als feft und gefroren“ ſchmählich ermorbet- und an den Galgen gehängt wurde. ? Als gegen das Ende Octobers die Kunde einlief, Biccolomini beabfichtige die Belagerung Göttingens, ward aus Earftevt am 28. Detober der verwegene Reinhold Roſen mit dem tollen Rofen abgefhidt, * eine Erſatzmannſchaft in die bedrohete Stadt zu werfen. Zwar gelang ed ihm am 30. October einige hundert Lüneburger hineinzubringen; aber aurüdeilend, auf dem Umwege über Münden, ward er von den nachfegenden Reutern Mercys und Epeer- reuterd ereilt, und mußte, zu fpät durch Königsmark und Guebriant aufgenommen, feine Rettung durd den empfindlichen Verluſt eines Regimented und die Gefangenihaft des „tollen Roſen“ erfaufen ae), Dem Befehlshaber Göttingens, der wohlverfehenen und ftarf befeftigten Stadt, hatte Chriftian Ludwig, voll Hoffnung bei Zorftensfons naher Ankunft, fhunungslofe Härte gegen die Bürger bes fohlen, wenn diefelben auf Uebergabe drängen; und fo entſchloſſen hand⸗ habte ver Zögling Georgs feinen Auftrag, daß er, am 14. November ausfallend, dad Duartier ſelbſt des Erzherzogs in Schreden jagte, bie verderfte Verſchanzung der Belagerer erftürmte, und den waderen Auguſtin von Fritſch, welder unter der Zurüftung zur fpärlichen Freitagsfoft mit einigen Soldaten zurüdgelafien war, gefangen nahm. * Da inzwiſchen Herbft und Winter mit ftrömendem Regen fih ans meldeten; Torſtensſons Heranzug nicht zu bezweifeln ftand; Baiern und Sadien ihre Truppen zurüdbegehrten; gab am 17. Rovember Pircolomint die Belagerung von Göttingen auf, und fchidte, den

e Qusbriant 414.

s Theatr. Europ. IV, 619. Deden IV, 132.

» Quecebriant 398. Pufendorf 449. Thentr. Europ. IV, 630. Fritſch 185. Buchriant 398.

358 Ankunft Torſtensſons.

Verfolg der Siege den goslarer Unterhandlungen und der überall, nur nicht offen in Brandenburg, verfündeten Amneftie, überlaſſend, fih an, in die Winterquartiere zu gehen. * Im Anhaltifchen, Brauns ſchweigiſchen und in der Altmark biieben nur einige Haufen unter Speerreuter, um Zorftensfon zu beobachten; die Kaiferlichen zogen fih in die güldene Aue und auf das Eichsfeld; die Baiern auf Eifenah und Frankenhauſen in verödete Gegenden. Hatzfeld blieb in Thüringen, ängfligte Erfurt, nahm SHeldrungen und Masfeld; alle Heereötheile von Oberheſſen bis nach der Niederelbe bfieben fo aneinander gelagert, daß, bei der erften Regung der Feinde, fi Kaiferlihe, Batern und Sachſen leicht vereinigen konnten.

So ging die härtefte Krifis für die Schweden allmählig vorüber, ungeachtet fie auf einen Kleinen Raum Niederſachſens befchränft waren, und Dänemarks beunruhigende Anftalten fortvauerten. 2 Torftensfon, am *,, October in Straljund gelandet, und von Mortaigne und Derflinger. über die Lage der Dinge unterrichtet, traf die ſchwediſche Hülfsmannfhaft, aus 28 Compagnien und Schwadronen beftehend, ? in zerftreuten Duartieren, verließ aber nur furdtfan die Seekante, um durch fein perfönliched Erfcheinen das Heer vollends zu bes rubigen, und rüdte, der Beftändigfeit der beiden aufathınenden Guelfen vertröftet, ded Rückzuges durch Brandenburg ficher, mit etwa 6000 bi8 7000 Mann, die Reuter ohne Pferde, größtentheild uns verſuchtes Volk, gegen die Niederelbe vor. Da Johann Liljehoek ihm als nachſter Befehlshaber folgte, nahm Adam Pful, längſt un⸗ zufrieden über Zurückſetzung, den Abſchied, und zog ſich, ohne Saldius zu beſuchen, nad) Hamburg zurück, wo das Gerücht ihn als Befehls» haber eined Heered der Hanfeftädte bezeichnete. In Boizenburg ‚angefommen traf der Feldmarſchall die Gefandten der Herzoge, welche ihre ſtandhaften Gefinnungen darlegten, keineswegs aber die Zus fiherung, ihnen die vorenthaltenen Drte einzuräumen, erhielten, da der Fortgang der Unterhandlungen zu Goslar dad Mißtrauen ber Schweden nicht bannte. Am 1%,, November die Elbe bei Blekede überfchreitend, hielt er wieder einige Tage, ungewiß, ob er bie Neulinge mit dem alten Heere verbinden Tönne, und erfuhr am t'/,,

* Bufendorf 449. Theatr. Europ. IV, 630. Adlzreitter 423. Buebriant 415.

»Pufendorf 448.

® Beijer III, 323.

Buebriant ſchickt fih an zur Heimkehr. 359

November den bisherigen Hergang der Dinge in Goslar, durd bie lüneburgifchen Geſandten, welche über unbillige Forderungen des Kaifers, gegen die Verheißungen der regendburger Verfammlung, Hagten, ihre Unterhandlungen mit dem allgemeinen Friedensbedürf⸗ niffe entſchuldigten und die Hülfe des Feldmarſchalls forderten. Da im Geheim aber ihm Günderode entdedte, * daß zu Goslar die Dinge ein ernftliches Anfehen gewönnen, und ihn aufforderte, den Ort, „wo der allgemeine Friede nur verhindert werde,” mit Waffenmacht ans zugreifen; fchritt Zorftensfon, auf Unterftügung der Heflen und Lünes burger an Reutern hoffend, gegen die Aller vor, und langte 1%, November zu Winfen an. In diefem Winkel zwifchen Aller und Leine hatte das Hauptheer, in welchem Wittenberg, aus Weftfalen zurüdgefommen, die Stellen Pfuld und Wrangeld allein vertrat, er am °,, November mit ven Weimarern ſich eingelagert, als bie Gefahr für Göttingen fhwand, und der Mangel um Sarftebt fie nicht mehr duldete.“ Zorftensfons harrte der Franzoſe um Breiling (Presiy) unterhalb Reuftabt an der Leine der Schwede um Eelle. Am 1%,, November zunächft mit dem geſchmolzenen Refte der Sieger von Wittftod und Chemnik vereinigt und noch ungewiß, was er von den Guelfen zu erwarten habe, empfing Torſtensſon von Beaus regard und den Abgeordneten des weimarfchen Heeres die Meldung, daß fie an den Rhein zurüdmüßten, um ihre Berftärfung aufjus nehmen, da die Schweden ihrer Anweſenheit jest nicht mehr bebürfs ten. ° Denn Guebriant hatte nur auf Torſtensſon gewartet, um mit Hilfe der Heflen aus der -„Pelerinage” heimzufehren, welche er, andere Zufunft hoffend, um Neujahr 1640 angetreten; zumal von der luremburgifchen Grenze aus fi) böſe Dinge gegen Frank, reich vorbereiteten, und Ludwig XIII., gerüftet zu einem Zuge in Rouffillon, die Nordgrenze des Königreichs gedeckt willen wollte. Aber Torftensfon, obgleih ſchon zu Lauenburg durch Avaux auf Trennung vorbereitet, fühlte fih zumal an Reuterei zu ſchwach, um gegen den Feind irgend einen Erfolg fi zu verfpreden; er erhob beredſam Einwendungen: „feine Krone und die deutſche Sache würde nicht durch die Erfolge Frankreichs im Außerften Weften ges fördert; müfle er zurüd, fo fel Hefien und Lüneburg zur Verzweiflung 1Pufendorf 449.

2 Qusbriant 415. »Pufendorf460.

360 Abzug Gusebrianis.

getrieben.” Solchen Gründen wußte Guebriant, der fih am 28. November zu Turftendfon nad Winfen begeben, mitten unter Feſtlich⸗ feiten und Gelagen gefchidt zu begegnen, und aud) dem zugemutheten Feldzuge auf Böhmen fi zu entziehen, al8 am ?%,, November der ſchwediſche Feldmarſchall ihm den Gegenbefuh in Breiling abs ftattete, in der Ausfiht durch Mortaigne auf die Weimarer zu wirfen. Entichloffen lehnte der Sranzofe jede Bitte, „auch nur viers zehn Tage zu bleiben, bis Torftendfon feine Heeresmaſſen georbnet und feine Reuter beritten gemacht habe,” ab, auf die Verödung des Landes ringsum und den Befehl feines Königs fich ſtützend,“ und find den Beifall der Oberften, welche, wie Ehm erflärten, lieber in die Städte ſich zurüdziehen, oder nah dem Nheine fich durchſchla⸗ gen zu wollen, als den fchweifenden raftlofen Feldzügen des Nach⸗ folgers Banerd fih anzuhängen.“ Die Ueberdrüſſigen lockten bie fetten Gegenden um Köln und Jülich, fo wie Lamboys verlaffene Quartiere und die fihernde Gemeinfhaft mit Hefien, und beftimmten um fo mehr den Grafen Guebriant, in einer ausgeführten Denkſchrift die Nothrvendigfeit der Trennung auseinanderzufegen,? ald der Neid der Soͤldner Schwebend gegen die beffer bezahlten franzöfifden gefährliche Wirkung drohete. Außer Faſſung gebracht und in feinen Plänen auf Erfurtd Befreiung, auf den gemeinidhaftlihen Feldzug nah Böhmen oder Schlefien geirtt, mußte Torftensfon,- als ihm Guébriant auch die Verbindung nur noch auf acht Tage abger fhlagen, „weil unterdeß die Ströme fih mit Eis bededen würden,“ in alled willigen, gute Miene machen und dem Abziehenden die Brüde von Minden verheißen.* Am 30. und 31. November bes grüßten fi die Feldherrn nochmals in ihren Hauptquartieren zu Winſen und Breiling, bewirtheten ſich feftlih, die Gläfer auf das Wohl beider Heere leerend, und ſchieden dann, mit Danf für die gegenfeitige Unterftügung, im beften Einverftändnif. Am 2. Des cember meldete Guebriant den Entfihluß des Aufbruchs an Des Noyers, ſprach feine Hoffnung aus, „mit Hülfe der Heffen dur MWeftfalen und mit Vorfhub des Prinzen von Orange bei Weſel über den Rhein zu gehen;“ marſchirte froh bei Neuftabt über bie Leine (3. December), ging über Hagenburg auf Nienburg, um dort “ı Buebriant 419.

2 Daf. 420. 2 Daf. 422,

Bereinigung mit Eberflein: . 361

die Wefer zu pafliren, mußte aber einige Tage warten, um Minden offen zu finden, weil dad Eis den Lebergang bei Nienburg vers hinderte. Am 10. die Weſer überfihreitend langten die Eiligen am 16. an der Ems bei Sarbed im Münfterfhen an, und erreichten glüdlih die ſchützenden Duartiere der Heften. Behlen, welder in den Städten des Münfterlandes befehligte, konnte, geſchwächt durch Hatzfelds Entfernung, den Zug der Flüchtigen nicht aufhalten, denen obenein nur um Rachtherberge zu thun war. Verdrießlich empfing Eberftein die zehrenden Säfte und entfchloß ſich zögernd ihnen auf den Rhein zu folgen. Dagegen hatte Guebriant fhon früher den Prin- zen von Orange aufgefordert, ihm den Lcbergang bei Wefel zu erleichtern; raſtlos vorausziehend, erhielt er zu Bisli am Rheln, zwilchen Wefel und Reed, am 23. December, zwar die gemwünfcte Zufiherung des Rheinpaffes, aber Feine Truppen. Deshalb biieb er in ängftliher Unterhandlung mit den Heflen und den Nieder: ländern vom 26. December bis zum 12. Januar 1642 diesſeits des Stromed im Klevefchen, * Bid der Befehl des Prinzen zur Vollens dung der Sciffsbrüde anlangte, ebenijo ungeduldig über den Etrom zurüdbegehrend, als er zwei Jahre früher bei Bacharach den Zug auf das rechte Ufer betrieben hatte. Einem Wunder gleich zählte dad weimarfche Heer nad zweijährigen Abenteuern noch 2000 Mann zu Fuß und 2500 Reuter, ? nebft neun Kanonen, was wir nicht begreifen könnten, wüßten wir nicht, daß Quöbriant feine Haufen Hug überall gefhont, und daß die Oberſten Sorge getras gen hatten, durch leichte Werbung in Deutichland ihre Regimenter immer vollzählig zu erhalten, welche ihnen allein Geltung gaben. Wohl durfte Richelieu in hohem Maße zufrieden fein, daß Guébriant mit jo geringen Mitteln zwei Jahre hindurd) die Waffen des Kaiſers mitten in Deutſchland befhäftigt und ihm Zeit gab, frei von Sorge für das Eroberte, die Kraft Frankreichs an anderen Punkten zur Demüthigung Habsburgs zu verwenden. Des halb hatte er den Klagen ded Grafen, ber in allen Briefen Ber: färfung, Angriff von Breiſach aus und Abſchied forderte, nur immer vertröftet, und den ehrgeizigen Mann auch jetzt mit feinen Mühen verföhnt,, indem der König ihn im October an Longuevilles Stelle, der die Rüdfehr in den Drang der deutfchen Beldzüge fcheute, zum 4 Theatr. Europ. IV, 595. » Qucebriant 428,

362 Mechfelnde Kämpfe am Rhein.

„Lieutenant General” feines Heered in Deutihland erhob. Was deshalb d'Oiſſonville, der Stellvertreter Erlachs,“ welder ohne Erfolg in Baris bis in den März 1641 in eigenen Angelegenheiten und für die betrogenen Direktoren unterhandelte, unternahm, war nur ein müffiges Kriegsipiel. Mit der Beſatzung der Feſten, etwa 1500 Mann, hatte P’Diffonville im Februar 1641, um bie bevenklihe Lage der Verbündeten in der Oberpfalz zu erleichtern, in der Marfgrafihaft Baden die ſchwachen Städte und Schlöffer Wildſtadt, Gengenbach, Oberfird eingenommen; Kehl und DOffens burg bedroht und die Gegend gebrannfchagt. Aber fobald Gille de Haes, aus Thüringen herbeigeeilt, mit den Befagungen aus Phis lippsburg, Landau und Speier im Felde erſchien, ergriff der Fraͤn⸗ zofe am Sr die Flucht auf Breiſach, büßte fogleih Oberkirch und Wildſtadt, (am 10. April und Mahlberg (am 17. April) wieder ein, und verlor den jungen Roſen, feinen rüftigiten Waffen genoſſen. Erlach, unterdeß von Paris zurüdgelehrt, haderte mit dem Unfühigen, der bald darauf durch Die unruhigen Bauern der Freigrafſchaft zwifhen Mömpelgard und Hautancourt in die Enge - gebracht und gefährlich verwundet wurde. Aber Erlach felbft Eonnte nicht hindern, daß Gille de Haes, durch Lamboys Truppen vers ftärft, am 23. Mai in der Rheinpfalz um Kreuznach erfchien, am 2. Juni die fefte Stadt mit ihren hohen Bergſchlöſſern bezwang, und darauf die Umgegend Freiburgs verheerte, unterdeß jener, für Hohentwiel beforgt, empfindlichen Verluft um Gengenbach davontrug. Freiburg felbft vertheidigte Kanowefi gegen den Angriff Gilles de Haed und ded Generals Wachtmeifterd von der Horftz mußte aber auch gejchehen laſſen, daß die Erndte ringsum verheert wurbe. Die Ankunft Schmidtbergs und Degenfeld8 brachte die Dinge zwar im Breisgau wieder ind Gleihe, als die Bereinigung der Heffen, Lüneburger, Guebriantd und des bandrfchen Heeres vor Wolfen, büttel die baieriſchen Streitkräfte vom Rhein abrief; dagegen berei- teten Ferdinand und Marimilian gegen den Herbit einen heftigen Angriff auf Hohentwiel vor, von wo Widerhold mit fedem Wagniß die Umgegend zu beunruhigen fortfuhr. Breisgau und Elfaß wären, Erlachs Umfiht ungeachtet, verloren gewefen, hätten die Verbündeten

» Bufenborf 455. Thenir, Europ. IV, 573. Adlzreitter 473.

Karl von Lothringen in Paris. 363

der fremben. Kronen nicht das ganze Jahr hindurd die Hauptmacht des Reichs in Niederſachſen feitgehalten.

Aber der vorgeſchobenen Grenze ſicher ſah um dieſelbe Zeit der Kardinal, nad trugvollen politiſchen Vorgängen, den inneren Umfang des Koͤnigreichs an der ſchwaͤchſten Stelle höchſt gefährlich bedroht. Die Ausſöhnung mit dem Herzoge von Lothringen,“ dem erbittertftien Feinde Richelieuß, und die Freude über die Fortichritte der verbündeten Waffen hatten die Auftbarkeit ver Faſtnacht vermehrt. Karl, fhon zwei Sabre früher ſchwankend in feinen Entſchlüſſen, gehest durch geiftlihe Gerichte und durch Leidenfchaften, ohne Hoffnung durd den Kaifer feine Lande wieder zu erhalten, der chen in Regensburg felbft ges ängftigt fchien; hatte die Annäherung an Ludwig wieder geftattet, und die Dame von Eantecroir, um ficherer ihren ftreitigen Gemahl und fein Herzogthum zu befigen, durch Charlotte Des Eſſards, weiland Heinrichs IV. Geliebte und jegt Gattin bu Halliers, den Unbeftündigen zum anftoßvollen Schritte vermodht. Im größten Geheim wurde die Einleitung getroffen; der Herzog, fo bitter früher betrogen burd) Richelieu, uneingedent der böfen Tage von Neufville, machte, nur der Großmuth Ludwigs und freien Geleites verfichert, fi von ben fpanifhen Beobachtern los, ließ die Geliebte in Epinal, fand in Chalons den Grafen von Quiche zu feiner Begrüßung, und langte, eingeholt durch die Föniglihen Karofien, am 7. März in Paris an. Im Hötel d'Epernon fürftlih beherbergt, vom Kardinal ehrfurchts⸗ voll empfangen, begab Karl ſich in glänzendem Geleite am 10. März nah St. Germain zum Könige, warf fi vor ihm nieder, und „legte fein Glück und feinen Staat der Gnade Ludwigs zu Füßen.“ ? Huldreih aufgehoben und der Vergeffenheit alles Vergangenen vers fihert, begrüßte Karl auch die Königin und den Dauphin, fo wie den Duc d'Orleans, defien Liebe zur Marguerite fo viel Zerwürfniß über beide Hüufer gebradt. Aber es war dem Verftellten nur darum zu thun, die Genehmigung für die befholtene Doppelche zu fuchen, und ohne Einräumung einer Landesfefte einen Vertrag mit Frankreich einzugehen; erhielt er obenein noch Geld, fo Fonnte er fein Heer ernähren, um nad Umftänden zur kaiſerlichen Partei

ı Montglat I, 305. Siri l, 298—303.. Dumont VI, I, 211 f. Le Baffor X, I, 470—483.

2 Mhentr. Earop. IV, 551. Qu’il apporte à 8. M. sa yje, son honnear et son bien, pour en disposer selon aa volonte,

364 Vertrag vom 29. März.

zurückzukehren. So trügerijche Abftchten witterte jedoch der Kardinal, und war deshalb keinesweges gefonnen, dem Berbächtigen zu viel eins zuräumen, fonvern ihn fo eng, wie möglich zu binden, das Epiel in Händen zu behalten und doch vor der Welt mit dem Scheine der Unei⸗ gennüßigfeit und Großmuth zu glänzen. Denn vorläufige Uebergabe des Herzogthums bis auf die Feften entwaffnete einen Gegner, ent 309 dem Kaifer einen Helfer und vereitelte nimmer die Abfiht Frank⸗ reich Lothringen zu behaupten, da man, bei der Kenntniß des Gemüthes Karls, Anlaß zum Bruch mit Gewißheit erwartete. Ohne der Entichels dung des päpstlichen Stuhled über die Chefache vorzugreifen, ging Richelieu am 29. März einen Vertrag mit Karl ein, kraft welches der König, „gerührt durch die wahrhafte Reue ded Herzogs über fein böſes Berfahren gegen die Krone feit zwölf Jahren, ihm unter der Bes dingung, mit Oefterreich jedes Verhälmiß aufzugeben, den Genuß ſeines Ctaated einräumte, mit Ausnahme der Etäbte Stenay, Jamets und @lermont, die Karl an die Krone abtreten, und Nancys und Marfald, welche bis zum Frieden Frankreich als Unters pfand inne haben ſolle;“ dagegen follte Karl überall jeine Truppen zur Verfügung des Königs ftellen, „unter Befoldung und BVerpfles guug Frankreichs.“ Ein geheimer Artifel berechtigte den König, das befeftigte Nancy vor der Herausgabe im Frieden zu fchleifen, und verbot dem Herzoge, „der nur mit der Zeit das volle Vers trauen ded Königs gewinnen könne,“ den Aufenthalt in Lüneville, „als der Hauptitadt Nancy zu nahe.” Nach ver Vollziehung eines Bertraged, welcher in der Eheſache nichts entfchien und wider Ers warten dem Gedemüthigten nur einen kümmerlichen Genuß feiner Staaten verhieß; begab Karl fi am 2. April nah Et Germain und befhwor in der Schloßfapelle, in Gegenwart des Königs, der Königin, ded Kardinald, des Kanzler, der Prinzen von Geblüt, einiger hoben Pairs und zweier Marfhälle, auf das Evangelium, welches ihm der Biſchof von Meaur darreichte, Inieend den Vertrag vom .29. März; deögleihen aud Ludwig gethan, worauf die Urs funde der Eidesleiſtung ausgeftellt wurde. * Ohne dur eine Miene zu verrathen, daß mit dem Seiligften ein frevelhaftes Epiel getrie- ben fei, verweilte Karl noch einige Wochen am prunfvollen Hof- lager, und fehrte, unter Ehrengeleit und reich befchenft, aus Paris abgereift, noch einmal heimlich zurüd, um feine Gattin Nicolette Siri I, 301. Dumont VI,L

Geheime Protefation Karls vom 28. April. 865

zu bewegen, auf Eheicheldung beim Papfte anzutragen. Als diefe aber beharrlich deſſen ſich weigerte, eilte der Herzog, nachdem er in Bar, feinem franzöfifhen Lehnsherzogthum, nochmals den Bertrag am 21. April beftätigt, wider fein Gelübde, „vor ber Entſcheidung des päpftlihen Stuhles die verführerifhe Wittwe von Cantecroix nicht zu fehen,” aus Bar'zu ihr nah Epinal, und ftellte, faum im Beſitz des offenen Landes und der Feſtungen La Motte und Bitfh, am 28. April eine geheime Proteftation aus, in welcher er feierlich erklärte, „zum Bertrage vom 29. März gezwungen, babe er nie ven Willen gehabt ihn zu erfüllen.*' Im der Hoffnung, bei Defterreih Hülfe zu finden, beftärften den Cha- rafterlojen die Lieblofungen der Dame, welche die Demüthigung vor Ludwig nur betrieben, weil fie beim Könige mehr Nachſicht erwar- tete, als beim SKardinalinfanten, und jetzt auch von jener Seite mit dem Klofterfchleier ſich bedroht ſah. Unter ven Bemühungen ſich in feinen Schlöffern zu behaupten, gab bald Karls Berbindung mit den Feinden unzweifelhaft fi fund. Weil der deutfche Krieg unter geringem Aufwande fich felbft fortnährte; der Graf von Harcourt ‚in Biemont den Schwägern der Regentin um Jorea und Conti genug zu fchaffen machte und die Herrfchaft der Dame befeftigte; * der Aufftand in Portugal und Katalonien, auch ohne ein bebeus tendes franzöfifches Heer, ein Krebsſchaden blieb, welcher an Spas niend innerftem Marke zehrte, und Rouſſillon als leichte Beute fallen mußte, vom fpanifchen Staate durch das abgefallene Katas lonien getrennt; gedachte Richelieu die Hauptmacht des Königreiches gegen die Niederlande zu wenden, und war man im Rathe einig geworben, vor Cambray das fefte Aire anzugreifen. “Deshalb fammelte im Mat de la Meilleraye in der Pilardie ein ftarfes Heer, umfchloß plöglich die Feſtung Wire, vereint mit dem Grafen Guiche, dem jungen Engbien und Ranzau (19. Mat), um die Bezwingung des Artois zu vollenden. Schon zweifelte man nicht am Gelingen, obgleih der Karbinalinfant in der Mitte Juni zum Entfag bei Bethüne erfchlenen war, als im Anfang Juli die Belagerer der nächtlihe Ausruf A Sedan, & Sedan! ſchreckte, deſſen Bedeutung fie bald inne wurden. ı Siri II, 387.

3 Montglat I, 331, Örammont I, 89.

366 Kampf um Sedan.

Der Marſchall Chatillon, in der Champagne 12,000 Mann rüftend, hatte den kundbaren Auftrag, * mit dem Herzoge von Loth⸗ ringen verbunden, die Fortfchritte der frangöfifchen Waffen im Artois zu befördern und harrte deſſelben in der Nähe von Rethel; feine eigentliche Abfiht aber war, Sedan im Auge zu behalten, wo die Feinde des Kardinals, Arges brütend, fich zuſammen gefunden. In diefe Fefte, dem Duc de Bonillon, Bruder des Vicomte de Turenne, eigenthümlich gehörend, hatte Ludwig von Bourbon, Graf von Soiffong, feit dem Mordanſchlage auf den Kardinal bei Amiens i. 3. 1636 fib furdtfam lauernd zurüdgezogen und Schutz gefunden. Richelieu war nicht geneigt, die trogige Haltung des Prinzen an der Grenze in einem zweiten Nochelle länger zu gejtatten, aumal bei jenem hartuädigen Feinde außerdem ver zweite Sohn des Duc de Guiſe, Erzbifhof von Rheims, fih aufhielt, welcher, geheim mit der Bringeffin Anna von Gonzaga vermählt, aus Furcht feine reiche Pfründe zu verlieren, aus Befancon fih nad Sedan geflüchtet hatte, ohne feine Gattin mitzunehmen, und nad dem Tode feines älteren Bruders, des Prinzen von Soinville, und feines Vaters den Titel Duc de Guiſe annahm. Als alle Vermittelungsverfuhe umfonft und die Prinzen eined Angriffd gewärtig waren, fchloflen fie, felbft zur Abwehr zu ſchwach, ein Echugbündnig mit Spanien und Dem Kaiſer, vwelder die General» Wachtmeifter Lamboy und Bed mit 5000 Dann zeitig aus den niederrheinifhen Quartieren rief und fie ind Ruremburgifche rüden ließ, um den Beproheten zur Hand zu fein. Beunruhigt über ein fo geführlidyes Bündniß, welches fi faft durch ganz Frankreich verzweigte, und aud den nad Eng» land geflüchteten Duc de Vendome, ja felbft den Günftling Ludwigs Cinq⸗Mars, ald Theilnehmer zählte, erließ der König aus Abbes pille ein drohended Manifeft am 12. Juni; ? zunähft gegen den Grafen Eoifjond, welcher fi in Sedan trogig befeftigte, mit Guiſe und Bouillen Truppen zu werben fortfuhr. Aber obgleich dieſe Herren, im Einverftändniß mit unzufrievenen Großen, das Bünpniß Epaniend und des Kaiferd zu Hülfe riefen, wollten fie, unents Ihlofien, dennod nit den Anfang mit dem Bruche machen, fo dag, während Lamboy und Bed mit 5000 Mann im Luremburgifchen

* Theatr. Europ. IV, 548. Le Vaſſor X,2, 27 ff. Montglat],

315. Siri 1, 346 ff. 3 Siri U, 387.

Schlacht von Marfee. 367

an der Grenze hielten und Karl von Lothringen mit einem Heinen Heere im nahen Pont à Mouffon lauerte und felbft Hatzfeld, che er an Dorften fih machte, den Blid auf die franzöſiſche Grenze richtete; dennoch eine Art friedlichen Verkehrs zwifchen ber Seltung und dem in der Nähe aufgeftellten franzöfihen Heere fort: dauerte. Doc fonnte bei fo feinplihen Gefinnungen und fo ftarfem Rückhalt, ald einerfeits Chatillon am Könige, der zu Anfang Inli mit 12,000 Mann an den Grenzen der Champagne ftand, und anderfeitd die Verfhmworenen in Sedan an Lamboy und Karl von Lothringen hofften, dieſer Scheinfriede nicht lange dauern. Chatillon drang tiber Rethel vorfichtig in Sedans Umgegend heran, weshalb die Prinzen, um der Einlagerung des Marſchalls zuvor⸗ zufommen, das «Dorf Torch befeßten. Als der Marfhall jene Bes fagung unter leichtem Gefechte am 25. Juli vertrieb, verfündete das Geſchütz, aus der Feftung herabdonnernd,, zuerft den unauds weichlichen Bruch, und machte Soiffone mit Bouillon und Buife in einem NAusfchreiben vom 2. Juli ver Welt „die Gerechtigfeit ihrer verbündeten Waffen zur Herftellung des Friedens und zur Befreiung des Königreihes aus der Unterdrüdung des Kardinals“ befannt. Chatillon fhicte Boten auf Boten an den Lothringer, der jedoch, ftatt fih dem franzöfifhen Heere zu nähern, DVerzögerungsgründe von Tag zu Tag fuchte, durh Don Miguel de Salamanca von dem Infanten gewonnen, * durch den Abbe de Mercy mit dem Kaifer und zu Luremburg mit dem Duc de Guiſe ſich verftindigte, und dann zu Anfang Juli, ohne die Spanier feindlich zu bes handeln, nad) der deutfchen Seite hinging, und zu Sierk mit der Gräfin Cantecroix auf die Wendung der Dinge lauerte. Lamboy, obwohl dem Schwanfenden mißtrauend, doch begierig feines Kaiſers Waffen auf franzöfifhen Boden zu tragen, ließ die Hülferufenden nicht fange auf fih warten; er drang am 5. Juli anf Sedan, verabredete den Plan mit den Prinzen, feßte am 6. Juli über bie Maas, und griff, ? vereint mit dem Heinen Heere dberjelben, am Nachmittage auf der Höhe von Marfee unweit Sedan den faſſungs⸗ loſen Marſchall fo entfchloffen an, daß die frangöfifhen Reuter eilig bie Flucht ergriffen, das Fußvolk geworfen und A000 Golvaten, 2 Theatr. Europ. IV, 556.

3 Theatr. Europ, IV, 549. Bericht Lamboye. Le Vaſſor X, 1, 37 f. Histoire de Fabort I, 356 ff.

368 Kampf um Aire.

nebft vielen vornehmen Herren, allen Bahnen, dem Gepäd und bett "Kanonen mit geringem DBerluft erobert wurden. Mit Wenigen ents rann Chatillon auf Rethel; aber ver fhmählihen Niederlage unges achtet, auf welche auch der unterbrüdte Haß der Offiziere gegen Richelieu eingewirft zu haben fcheint, gewann der Kardinal den Hauptvortheil; denn der Graf von Soiffond, wie er mit den Fliehenden hinterbrein ritt, fiel in der Mitte feined Gefolges unerklärlicher Weile durch den Kopf geſchoſſen.“

Nach dem Falle des lebten Grafen von Bourbon» Soiffons verloren die Verſchworenen ihre Hauptperfon, den Prinzen von Geblüt. Zwar eroberte Lamboy am 12. Juli“ Dondery; aber Ludwig, um Rheims fich befindend, eilte zum flüchtigen Marjchall mit Verftärfung unter Brege und Angoulöme herbei; näherte fi Sean, und nahm am 2. Auguft Donchery. Darauf gaben Zamboy und Bed die Hoffnung auf, tiefer in Frankreich einzubringen, und eilten zum Schutze Aires auf Teronanne zum Infanten. Leicht fand der Duc de Bouillon in Mezidred die Verzeihung ded Königs und behielt felbft Sevan. So ward der Zufammenhang unter den mächtigen inneren Feinden der Krone, deren Drohungen den Grafeg Guébriant vor Wolfenbüttel in „Meland olie” verfegt, vorläufig getrennt; der Duc de Guife floh nach Brüffel, Breze übernahm an Ehatillond Stelle dad Commando, und folgte auf Nire nad, wohin auch Karl von Lothringen, mit dem offenen Geftänbniffe, „was man ihm mit Betrug genommen, wolle er mit Betrug wieder gewinnen,“ mit dem Kriegsvolk über Givet zog. Aber auf dem Wege nad Aire erfuhren die Heranrüdenden, daß die Feſte, welche, engs umfchloffen, am 9. Juli bereitd die Kunde vom Siege von Soiſſons hatte, am 27. Juli gefallen fei.? Seht ſtärker als De la Meils leraye, welcher inzwifhen nod nichts für die Sicherheit feiner Eroberung gethan, beſchloß der Karbinalinfant, in Vorausſetzung, „der König würde um Sedan feftgehalten,“ das Heer der Uebers mwundenen und Aire wieder zu gewinnen. Als der Infant ſich fchon Terouanne näherte, glaubte De la Meilleraye fo wenig an Gefahr,

ı In der L’Art de verifler II, 735 heißt es: ein Gensb’arm von Monfteur habe im Berfolgen dem Prinzen die Piftole Ins Geſicht lösgebrannt. Die Art des Todes Soiffuns ift fo räthfelhaft, wie Guſtav Adolfs. Le Vaſſor vermuthet, der Prinz habe aus Verſehen fich felbft getoͤdtet.

= Montglat I, 321.

Tod des Karbinalinfanten. "869

baß er fi mit den vornehmften feines Heeres, den Hetzogen von Enghien, von Nemours und dem Orafen von Guiche zu Fuß, ohne Waffen, den Stod in der Hand, zur Beobachtung hinausbegab, und nur durch den Oberft Gaflion aud unausweichlicher Gefangenfchaft ges _ rettet wurde. Ranzaus Geiftesgegenwart half dem Marſchall in feiner Faflungslofigfeit; doch von Aire weggebrängt, fah dieſer den Gewinn ded Sommerfeldzuges feit dem 8. Auguft unmwiederbringlid bedroht, hätte nicht der König, mit Sedan fihleunig fertig, ihm den Marſchall de Brezé, feinen alten Gegner, zu Hülfe gefhidt. Den Zeind von Aire abzuloden fielen beide vereint in Flandern ein; ums lagerten am 10. September Bapaume, eroberten daſſelbe am 18ten, und drang der Graf Guiche, nad Brezes Abberufung zum Marfhall erhoben, ind Boulonaid. Zwar ergab fih Aire am 7. December, doch bezahlte Habsburg den Wiedergewinn der Feſte mit einem theueren Haupte. Der Karbinalinfant, der Sieger von Nörds lingen, unter den Mühfalen der herbftlihen Belagerung an einem Bieber erlrankt, ftarb fhon am 9. November zu Brüffel, * fchmerzlich bedauert von den Unterthanen und feinem Geſchlechte, das ihm bie Bertheidigung der Niederlande feit dem Jahre 1635 verdankte. So wechſelte hier Gewinn und Berluft auf beiden Seiten; aber

mit dem Lothringer, welcher feit dem Auguft fo offen fih für den Kaifer erflärt, war Richelieu wieder fertig. Denn du Hallier und der Graf von Grancey eroberten, nad Bouillons Demüthigung, raſch dad Herzogthum Bar, ? das offene Lothringen bis auf Bitich und La Motte, unterdeß Karl, „fo unflug im Frieden, als unglüdlih im Kriege,” fein Boll um Saarbrüd zufammen zog, und für des Kaiſer s Sache die Grenze von Elfaß und Mep erfolglo8 beunruhigte. Der Baden der Verfhwörung gegen Richelieu :war in aller Stille indefien wieber angefnüpft, und der lebte Ver⸗ fuh auf den gehaßten Staatslenfer in der unmittelbaren Nähe des ‚Könige vorbereitet. Lamboy, ftatt in die jülicher und Fever Quar⸗ ‚tiere zurückzugehen, blieb an den Grenzen, weshalb Guebriant feiner Flucht aus Deutfihland den beifälligften Vorwand leihen konnte. Da er, wie in Folge einer politifhen Ahnung, zum Schuge der em⸗ pfindlichſten Stellen des Königreiches fich eingelagert, erwarb Guebriant

& heatr. Europ. IV, 585. Ferdinand flarb jedoch nit an ven Boden, wie dort behanptet wird, ſ. Ludolf Schanbühne z. b. I.

3 hentr. Europ. IV, 356. Montglat I, 329.

Bartbold, Geil. des 30-Ahr. Kriege. IL A

370 Dergebliche Belagerung Hohentwiels.

ſich Richelleus Dank für die Abwendung drohenver Gefahr und ers leichterte deflen blutigen Sieg über den Günftling des Königs, Die verihmworenen Prinzen und den Mel, eben ald Ludwig am Außerften Saume des Königreiches Rouſſillons Eroberung erwartete.

Eo hatte Sranfreih im Jahre 1641, als der Kaifer alle feine Kraft aufbieten mußte, um im Innern Deutſchlands die Eölds ner und die legten Bundesgenoſſen der fremden Kronen zu übers wältigen, Zeit nach allen Seiten ſchrittweiſe ſich zu befefligen, zumal aud die Gefahr für Ludwigs fernites Befisthum in Deutfchland, für Hohentwiel, ohne befondered Zuthun gefchwunden war. Denn während in Niederfachfen der Feldzug fo günftig für dad Reid ab» lief, begann am 9, Detober, nad längerer Umſchließung, der faiferlihe General-Wachtmeifter Ernft Georg von Eparr, unterftigt von Gille de Haes und Johann von der Horft, die förmliche Belagerung des Feifennefted mit fchonungslofem Aufwande von Kriegsmitteln und Menfchenfräften. * Aber Wiverhold mies fowohl die gnaden⸗ reihe Erbietung der Amneftie und ale Verlockungen ftandhaft ab, als and wußte er, an Gegenwehrmaßregeln nnüberboten, alle Bes ſtürmungen auf die untere Weite, fo wie die Wirfung der Brand» Ingein zu vereiteln, fo baß die vermeflenen Belagerer, nachdem die Strenge des Winterd und die feindlihen Ausfälle ihre Schaaren gelichtet, und Erlach mit weimarſchen Bolfern herannahte, zu Anfang des Jahres 1642 faft ſchimpflich, nad ungeheuren Koften die Bes zwingung aufgaben, und nah Wien zur fchweren Rechenſchaft ſich einftellten.

Unter dem gefcifderten Berlaufe des deutſchen Krieges hatte die Verſammlung zu Regensburg ihr vielfaches Werf löblich fortges fett, ? und glanbte Ferdinand, durch die ernfte Haltung der Etände zu unerwarteter Nachgiebigfeit gebeugt, durd ein Amneſtiegeſetz, deſſen Befchränfung den Testen Halt jpröden Kaiferbemußticind bes urfundete, und welches fhon am 21. Auguft in Kraft trat, die YWunpden ‚des Vaterlandes gründlid zu heilen. Zum Zeichen feiner Rachficht hatte er, den gefangenen Pfalzgrafen Rupredt freilaffend, den Vers tretern der pfälziichen Sache, auch der Wittwe Friedrich, Geleitsbriefe

Adlzreitter 424. Thentr. Europ. IV, 570-590. Bufendorf 455. Erlach I, 147. Sattler IV, 28 ff.

vLondorp V, 444. Pufendorf 467 ff. Menzel ll, 8. Sc» fenberg VI, 481 ff.

Annefiegefeß. 971

auf Wien ertbeilt, und am 9. October 1641 ! ben Reichstagsabſchied, son allen Ständen unterfchrieben, feierlich eröffnen laſſen.“ Zur Be förderung bes Friedend mit. den fremden Kronen wurden Osnabrüd and Münfter ald Verfammlungsorte feſtgeſetzt und fümmtliche Stände ihre Gefandten zu ſchicken eingelaven. In Betreff der fo laut geforderten allgemeinen Amneftie nahm der Kaifer, dem Reich6gutachten gemäß, nur feine Erblande, das Erzftift Magdeburg und die pfälzifche Sache aus, fo wie die Forderungen wegen der eingebüßten Einfünfte aus den, der Amneftie zufolge, reftituirten Gütern. Als Termin wegen ber weltlichen Süter galt das Jahr 1630, die Ankunft Guftav Adolf; wegen der geiftlihen der 12. November 1627. Uebrigens follte die Amneſtie fo lange unverbindlich fein, bis die wirkliche Vereinigung aller Stände mit dem Reichsoberhaupte geſchehe; ein Bors behalt, welchen das Reichsoberhaupt, mitten unter dem Ders jöhnungsgefchäfte dur die Waffen der Helfen und Lüneburger ber ſchädigt und durd kecke Rede der zugelaffenen Geſandten berjelben beleidigt im Gefühle, daß noch nicht das Ende der uralten Herrlichkeit gefommen fei, w oh! aufftellen durfte. Erft nad) Befannts machung der Amneſtie (21. Auguft), waren die Gefandten ber Lands gräfin und der Guelfen, welche diefelbe nicht annahmen, aus Regends "burg unter ſicherem Geleit fortgewiefen worden. Manche Dinge zumal konnten nicht gänzlich in den vorigen Stand zurüdgebradht werben, ohne eine beifpiellofe Großmuth gegen denjenigen Theil, welder, wie die Pfalz, die urfprünglide Drbnung der Dinge umgeriffen hatte. Wie folte Marimilian vermoct werden, die Oberpfalz und Stüde der Rheinpfalz ohne Entihädis gung herauszugeben, da er fie nicht als kaiferlihe Belohnung oder als baieriihe Eroberung, fondern durch Kauf als Erfag für die ungeheuren Koften befaß, vie er, in der Höhe von dreis zehn Millionen Gulden, an die Eroberung Böhmend gewandt? Wie war der Kaifer im Stande diefe Summe heraus zugeben, oder der vertriebene Pfalzgraf, fie zu bezahlen? Wegen der Religionsbefchwerden beider Parteien ward bis zum Vergleih auf dem nächften ordentlichen Deputationstag die eingeleitete Execution eingehalten, und zur Fortſetzung des Kriegsheeres mußten 120 Römermonate bewilligt werden. Eo wenig aud die Audgleihung verjährter, verzweifelter Händel von dieſem Fundgegebenen Willen * Dem Inhalte nach im Theatr. Europ. IV, 441 ff. 429.

372 Ruͤdzug Sitalhandekes über die Oder. -

des Kaiferd und der Etände zu erwarten ftand, weil beide Guelfen, im Vorbehalt des Hilvesheimifchen, welches fie vor 1627 nicht befaßen, und die Heffen zumal in der Verweigerung einer allges meinen Amneftie immer den Vorwand fanden, ihre Verbindung mit den fremden Kronen fortzufegen; fo wirkte doch, vereint mit dem Siege der fuiferliben Waffen, die Erklärung des Kalfers dahin, daß die goslarer Unterhandlungen einen verbeißlichen Fortgang nahmen. Erzherzog Leopold Wilhelm blieb in Thüringen, zu Halle den neuen fchwedifchen Feldmarſchall beobachtend, und hoffte, bes ginne der Krieg mit dem neuen Jahre, die angefehenften deutſchen Feldherrn der feindlihen Partei, Pful und SKliking, unter feinen ahnen zu fehen. Sicherer war er des Melander von Holz apfel, * welcher in Zurüdgezogenheit auf feinen Gütern am Nieder- rhein Tebte, aber auch hier nicht in Ruhe vor den Gegnern, im Späütherbft nach Wien gereist war und, vom Kaiſer mit Gnaden aufgenommen, zum Führer eined neuen Heeres beftimmt wurbe, welches der Kurfürft von Köln mit dem Pfalsgrafen von Neu⸗ burg, von den räuberifhen Hefien am Niederrhein ſchon vor Guebriantd Anfunft hart beläftigt, vereinigt aufzuftellen gedachten. Wohl hatte das Reich noh Hoffnung, ſich felbft Ruhe zu vers [haffen, und dann mit größerer Zuverfiht den fremden Kronen gegenüber zu treten, felbft wenn ein Feldherr wie Torſtensſon die verftärfte fchwediiche Waffenmacht Teitete, Hätte nicht Brandenburg Keutralität, den Schweden den Rüden fihernd, den Anfall auf bie fafferlichen Erblande in Verbindung mit Staͤlhandske in dem Grabe erleichtert, al8 dem Faiferlihen Heere die Verfolgung des entichlüpfen- den Feindes erſchwert. Jener unzufriedene fchwedifhe Emporfümms ling, ? zur Entſchädigung zum General der Reuterei ernannt, war nah dem Falle von Görlig fo fhwah, daß er im November vor dem neuen Faiferlihen Feldherrn, dem Herzoge von Lauenburg, fid auf Sagan und dann bei Zülichau über die Oper zurückzog, und zwiſchen dieſem Strome und der Warte das vürftigfte Winterquars tier einnahm, dagegen felbft in der Feftung Küftrin die Nothpurft für fein Heer erhielt. Durch die dazwifchen liegende Mark Brans denburg von Torftendfon im fernften Nieverfachfen getrennt, nur durd den Aufgang des Eiſes vor dem Gegner gefihert, noch kaum

ı Bufendorf 451. 2 Daſ. 482,

Noih der Schweben. Brandenburgs Neutralität. 373

6000 hungrige, meuteriiche Soldaten gegen 13000 Feinde zählend, meldete Etälhandöfe am 27. December dur Helmold Wrangel die Häglihe Lage dem Feldmarſchall, ver feinerfeltd nah Guébriants Abzuge unter bitterem Mangel über die Aller gewichen war (?/,, - December) und gu Berge, einige Meilen von Salzwedel, forgenvoll Jag. Aber eine Hauptjade war ihm gelungen; die fchrwierigen Gemüther der Öberftien durch Zahlung des vorhandenen Geldvor⸗ sathes, durch Anleihen in Hamburg und durch Berheißungen zu befchwichtigen, fo daß er bald über 18000 Mann, 60 Kanonen, jes doch verhältnigmäßig mehr Fußvolk ald Reuter, verfügen Tonnte. Da auch Torftensfon wie Baner fich weigerte, ben beiden Guelfen vor hinlänglider Verbürgung ihrer Standhaftigfeit die geforderten Städte einzuräumen und gegen das Faiferlihe Heer auf die Leine vorzurücken; ftodten die angefnüpften Unterhandlungen, und die Ges fahr der Auflöfung des Hauptheeres drohete noch immer, ald Tor⸗ ſtensſon am %,, December töbtlih erkrankte; * Wrangel entfernt, Liljehoek noch undefannt war, Wittenberg am Beinbruch nieverlag, und nur Koͤnigsmark und Mortaigne, beide Nichtſchweden, im mißgefügten Heere thätig fein Tonnten. Aber das Geſchick wollte, daß der Feldmarſchall genaß; daß Speerreuter, nad} nedenvden Ans griffen auf die ſchwediſchen Quartiere bei Uelzen‘, über die Aller zurüdging; endlih daß Brandenburg, feinen Bortheil verfennenp, fih nicht erhob, und weder dem Lauenburger zum Erdrücken Stal⸗ handefes in der Neumarf, noch dem Piccolomini zur Verſcheuchung des Hauptheeres die Hand bot. Unentichlofien, die harten Waffen⸗ ſtillſtandsbedingungen anzunehmen: den Schweben ihren Befitftand zur Zeit des Abfchluffes, alfo ganz Bommern, die Feften Driefen, Landsberg, Frankfurt, Gardelegen mit der Umgegend, einzuräumen; die dortigen Befagungen zu erhalten; außerdem den wichtigen wers bener Paß zu überlafien, ihnen den Durchzug durch fein Land zu öffnen, dem Feinde Dagegen zu verwehren; einen Aufpafier zu Küftrin zu dulden, und überhaupt dem Reich Sfeinde allen Vorſchub zu thun, dem Kaiſer jeden zu verjagenz;? ließ der junge Kurfürft ven günftigen Moment verftreihen. Er zögerte den Bertrag zu beftäti- gen, um unterdeß die Erfüllung mehrerer Punkte, wie die Einräus mung der werbener Schanze, welde er, mit beifälligen Vorwaͤnden

ı Bufendorf 450. »Pufendorf 458 Stenzelil 31.

374 Reutralität Brandenburgs,

bei beiden Barteien, (im Auguft, gerade ald Leopold Wilhelm machtvoll gegen Wolfenbüttel rüdte) fchleifen ließ, zu verhindern; bis ver Landesherr fein Gebiet der Uebermacht nicht mehr entziehen konnte. So war nur das Werk vereitelter Pläne und einer Reihe von Berlegenheiten, was man hintendrein als tiefe Berechnung der Staats» Hugheit zu betrachten gewohnt if, und dagegen bie Entſchädigung, welche Brandenburg durd den weftfälifchen Frieden erhielt, als die Folge fo befonnener Neutralität pries. Aber fobald Friedrich Wilhelm noch im Spaͤtherbſt 1641 kraftvoll Partei ergriff, blieb gleich fein Land eine Zeit hindurch Kriegsſchauplatz; fo errang er nicht allein Pommern, deſſen Beſitz feinem Staate das felbftän« digſte Dafein verhieß, fondern hatte er auch noch Anfpruch auf den Lohn des Kaifers, der ihm vieleicht Theile von Schleften fo wenig vorenthielt, wie er Die Laufis an Surfachfen gegeben. Die damals bewiefene Halbheit aber und die daraus erfolgte, dem Reiche jo uns heiloolle Neutralität verwidelte den zum Bewußtſein erachten Helden in zwei unfrudhtbare Kämpfe, indem er, zweimal der Eroberer von Bommern, dennoch den Preis des Schwertes derfelben Macht Iaffen mußte, der er früher Heinmüthig und unpolitifh ohne Zwang fein Recht bingegeben hatte!

So waren die Verhäftnifie Deutſchlands und des Friegführen- den Europas in einander verfhränft, und ein Uebergewicht der Waffen des Reichs gegen den inneren Feind und die Krone Schweden augenblidlih gefihert; das Geſammt— Haus Habsburg aber gegen Sranfreih im Nachtheil; als nach jahrelangen gefliffentlihen Verhinderungen in Folge der Zuges ftänoniffe, welche der Katfer, den Gliedern des Reichs gefügig ein, geräumt, am 1%, December 1641 zu Hamburg der Präliminar- Sriedensvertrag durd Konrad von Lützow, den Grafen Avaur und Adler Ealvius unterzeichnet worden. ' Geneigteren Willen zum Werke hatten die Echweben an den Tag gelegt, den Zuftand ber Waffen und Heere ihrer Krone ermefiend; Avaur dagegen alle Künfte der Verneinung verfucht, weil felbft bei bezweifelter Friedens⸗ liebe des Kaiferd doch Ernſt gemacht werben konnte, und für Richelieus Abſicht auf die Regentichaft nach dem Tode des Fränflichen Königs die Fortdauer bed Kriegs unentbehrlihd war. Dennoch

* Theutr. Europ. IV, 650. Pufenborf 464. Bongeant lJ. B. VII, 485 ff,

Bräliminars Friedensvertrag 1%, Dec. 1641. 375

wurden alle Einmwürfe des Grafen wegen der Form der Geleits⸗ briefe, wegen des Titeld der Herzogin von Savoyen, wegen des faiferlihen Titels, befeitigt, und, in die Enge getrieben durch bie Gemwährleiftung des Könige von Dänemark für die von Ferdi⸗ nand auszuftellenden Geleitöbriefe, mußte Avaur feine Vollmadt überfchreiten, doch mit der Ueberzeugung, daß der Friede nicht das Werk der nächften Zukunft fein werde. Man fam überein, daß die Geleitöhriefe von beiden Theilen zwei Monate nach der Unter zeichnung des Tractated vermittelft des Könige von Dänemark zu Hamburg ausgewechfelt werben und die Friedensberathungen einen Monat darauf, alfo am 25. März 1642, in Münfter und Osna⸗ brüd beginnen folten. Der Kaiſer und der König von Spanten follten für Sranfreih, für Schwedend Geſchäftsträger in Münfter, für die Bevollmächtigten der Herzogin von Savoyen, der Generals ftanten, des Kurfürften von Trier, der Pfälzer, der Herzoge von Braunfhweig und Lüneburg, der Landgräfin, für alle Stände bes deutfchen Reiches überhaupt, „die Verbündeten und Anhänger ver Krone," audftellen; bagegen von Sranfreich für fi, für ihre Ver⸗ bündeten und Anhänger und für die Kurfürften von Köln und Baiern erhalten. Die Krone Schweden empfing die Geleitöbriefe für ſich, für den Refiventen Yranfreihs in Osnabrück und für die obenges “nannten Mächte, und ertbeilte fie dem kaiſerlichen Gefandten und ven beiden Kurfürften. Die Verfammlungsftädte, von Beſatzung befreit, bleiben als neutral ihrer Selbſtbewachung; der Verkehr zwiſchen ven Bevollmächtigten und ihren Höfen oder Gewalthabern ward gefichert.

Don feiner Gebieterhöhe feit dem Tage von Nördlingen flieg der Kaiſer freiwillig bernieder, wenn auf ben Grund Diefer vorläufigen Webereinkunft die Friedensarbeiten begannen ; noch aber gab das ſchwankende Glück der Waffen dem Reihsober- haupte Hoffnung, den Berluft des Idealen aufzjumwägen, und dem Keinde bed Reiches die Ausficht, die wanfende Größe mit Hohn in den Staub zu ziehen.

376

Eilftes Kapitel.

Sieg der Weimarer und Heflen bei Kempen, 17. Januar 1642. Bortichritte am Niererrhein. Hapfeld zu Hülfe gerufen. Eing: Mars Verſchwoͤrung eingeleitet. Auswechſelung Guſtav Horns und Johannes von Werth. Torftensfon nach dreimonatlicher Ruhe in der Laufig und Schlefien als Er⸗ oberer. Bertrag zu Goslar mit den Buelfen. AyriL Das große Lager der vier Heere unweit Jons, Sommer 1642. Der Raifer beflätigt zögernd bie Friedenspräliminarien. Juli 1642.

Der erfte Etoß gegen das Reich, welches ſich gemach in feine Fugen wieder zu ſenken firebte, kam von Frankreichs Sölplingen, den Heflen und Weimarern.

Guebriant hatte die wenigen Wochen, in welchen er im Kleves fhen auf den Befcheld des Prinzen von Oranien wegen des Rhein- überganged und der Hülfe Hollands harrte, vortrefflih benupt, um eine wichtige Angelegenheit feined Heeres zu ordnen. Sein Secres tair, welchen er im Herbft mit der Schilderung des Zuftandes ber Weimarer und mit Vorfchlägen an den Hof abgefchidt, brachte dem Ehrgeizigen feine Ernennung zum Lieutenant⸗Général des Heeres in Deutfchland, in einem Brevet Ludwigs von Korbie den 12. October 1641, den Heiligen Geiftorden, zugleich die Bilfigung feines Planes, die bedenkliche Würde der Direktoren zu unterbrüden, und in ftatt« lihen Geldſummen die Mittel zu fo fchwerem Ziele zu gelangen.

Die Minifter fürchteten fo entſchiedenen Widerftand der trogigen deutfhen Männer, daß fie auch jet noch, da jene vom Heere Banerd entfernt waren, am Gelingen verzagten, und daß Riches lien, um dem Stolze der Oberften zu ſchmeicheln, feinen General noch immer nur als Stellvertreter des abwefenden Prinzen Longueville gelten Tieß. Allein diefe Sorge war unnöthig, fo wenig als dies jenigen deutſchen Stände, welche Sranfreid noch als feine Bundeöges nofien anfah, einen Tadel über die unterbrüdte Bedeutung einer Waffenmacht äußerten, welche bis dahin in ſelbſtändiger Ber faffung, auch ohne den Willen der Krone, für ihre gemeinfhaft- liche deutfhe Sache zu fechten bereit ſchien. Denn Guebriant, über dad Geld, welches Tracy brachte, verfügend, beſtach die ange⸗ fehenften Oberften, den alten armen Ehm durch Jahrgehalt und den Titel des Kriegsraths⸗Präſidenten; den Taupadel durch die Würde

ı Suebriant 429,

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Röeinübergang Guebriants und Cberſteins. 377

des General⸗Lieutenants der Reuterei; den Oberſt Schoͤnbeck durch Heine Summen und Hoffnungen, und beendete, vor allen Reinholps . von Rofen, des neuen Oeneral-Majors, fiher, und 150000 Livres als rückſtaͤndiges Vermächtniß Bernhards klug austheilenn, ohne Auffehen die verzweifehte Aufgabe. So war Bernhards Heer allen Sweden Franfreichd gefügig gemacht, fo wie Bernhards Eroberungen, bereits felhft die Waldſtaͤdte, den Unterthaneneid geleiftet. Ohne Vers zug erfannte man den neuen Ritter des Heiligen Geiſt⸗Ordens als LieutenantsGeneral an, und Rofen, wie Ehm nahmen ehrerbietig bie Briefe des Königs auf, welche mit den Titeln ihrer neuen Würde, nicht aber mit dem der Direktoren an fie gerichtet waren. ' Zus gleich hatte der gewandte Franzofe, weil auf die Holländer nicht zu . rechnen fand, mit dem Grafen Eberftein die Bedingungen über die Fortvaner ihrer vereinigten Waffen, welche der Hefe zu Koesfeld am 21. December fo aufgeftellt, um mit der geringften Gefahr ven Iodendften Vortheil zu erringen, vorläufig geordnet; ? nadhgiebig in die Korderungen dem Grafen felbft den Oberbefehl alle vier Tage einräumend, und als Lohn befonders die Beſetzung eroberter Plätze verheißend, fo daß Eberftein, am 12. Januar von Bocholt mit 2000 Mann zu Buß und mit 1200 Reutern bei Weſel herbeigefommen, in ein Abenteuer fi einließ, welches die reichften Winterlager, große Summen und Raub für die fpeculirende Landgräfin verſprach. Auf einer eiligft gelegten Schiffsbrücke, da die Holländer mit ihren Pontons noch zögerten, überfchritten die Verbündeten am 12. und 13. Sanuar 1642 den Rhein; bemächtigten fi der nächften Derter im _ Klevefchen und Fülihichen, zumal Urdingens, wo man die Gäfte nod) am Schluffe ded Jahres blutig abgewieſen hatte. °

Auf die erfte Kunde, daß die bid dahin gefchonten nieverrheini- fchen Sande von ven Räubern in Gefahr feien, hatte der Kaifer den Eieger von Marfee, den Lamboy, herbeigerufen, welder die mit @uife, dem Flüchtling von Sedan, eingeleiteten Pläne zur Zeit aufs gebend, aus den fpanifchen Niederlanden ohne feinen Waffengefährten Be herbeieilte, am 6. Januar bei Benloo über die Maas ging und am 16. Januar bei St. Tonis in der Heide, zwifchen Kempen

ı Quebriant 432.

> Daf. 444.

» Buebriant 447. Theatr. Europ. IV, 837. 840 ff. Pufendborf 451. Adlzreitter 425—426, Montglat I, 3650,

378 Schlacht bei Kempen.

und Greveld, und in dem Dorfe Hulk mit etwa 10,000 Mann in der feften Landwehr fand. Er follte ſich jedoch mit dem Feinde, bei deſſen flärferem Rüdhalte an den Hofländern, fein ernftliches Treffen wagen, ehe Habfeld herbeigefommen wäre, welder noch vor bem Ende ded Jahres Thüringen verlaffen hatte, im Januar durch die Wetterau, und das Naſſauiſche heranzog, und um die Mitte ded Monats mit 6000 Mann müber Faiferlicher Truppen bei Anders nad) fi) befand.“ Den Lamboy plöglich zu überwältigen, che er jene Berftärfung an fih gezogen, mußte Guebriant, jet unab⸗ bängig über ein ftattliche8 Heer gebietend, um fo eher ſich ents fhließen, weil ihm fonft nichts als der ſchmähliche Rüdzug auf Holland und an die franzöftfhe Grenze übrig blieb. Deßhalb Tief er, nad) Urdingens Einnahme, fein Gepäck um Linn, wo Caſpar Mercy, von Habfeld vorausgeſchickt, ohne Erfolg fidy gezeigt hatte; ermunterte Durch zuverfichtliche Rebe die Seinen, ? rüdte am 17. Januar, dem Tage des H. Antonius, von Linn aus gerade gegen des Feindes Lager 108. Lamboy, eines ſolchen Angriffes nicht gewärtig, wähnte, jenem ſei nur um ein Winterlager zu thun, und hielt eben Zafel, ald der Schlachtbegierige vor feiner Landwehr erfchien. Kaum ‚gewann er Zeit innerhalb derſelben die Regimenter aufzuftellen, als die Hefien auf dem rechten Flügel voran, Taupadel und Rofen auf dem linfen, beranftürmten, die Wachen auseinander warfen, bie Schanzen überftiegen, und durch zwei eröffnete Schlagbäume bie Reuter jo nachdrücklich in den inneren Bezirk eindrangen, daß nad muthvoller Gegenwehr zweier Stunden die kaiſerlichen Schaaren, von vorne und von beiden Seiten angegriffen, eine gänzliche Nieders lage erlitten; das Feld mit 1500 Todten bebedten, und Lamboy felbit nebft Mercy und dem Oberften Lodron, Schwager des Gallag, und 4000 Mann nebft allen Gefchüsen und Fahnen in Feindes Gewalt geriethen. Das Fußvolf war ganz vernichtet; nur ein Theil der Reuter rettete fih, wurbe jedoch, auf der Flucht weithin bis Münftereifel verfolgt, durd Roßwurm und Taupabel noch hart beichädigt, ehe es fi zu Hatzfeld retten fonnte. Nur mit geringem Berlufte erfauften die Hefien und Weimarer den Sieg, deſſen Folgen für Frankreich ſich fpäter Höchft wichtig erwiefen. Lamboy, welcher * Biri mem. I, 685. » Buebriant 449ff. Montglata. a. D. giebt dem frangäfifchen Corps, „welches doch nicht vorhanden war, aus Nationaleitelfeit ben erfien Augriff.

Neuß eingenommen. Vvoriſchritte am Rieberchein. 879

den Duc de Guiſe als höheren General anerfannt, war untröftfich über eine Niederlage, welche das Gelingen geheim angelegier Anfchläge vers eitelte. Mit Mercy, Lodron und den übrigen vornehmen Gefangenen der Gewalt Guebriants durch den König überlaffen, hoffte er unges duldig, um Löfegeld noch zeitig befreit zu werben. Aber die ver widelte Angelegenheit verzögerte fih, und der Sieger von Marfee, im Frühjahr vorfihtig zu Schiffe über Holland nach Frankreich ges führt, mußte im Bois de Bincenned zwei Jahre der Erledigung harren. Guebriant, berauſcht von dem Glüde, feine unabhängige Feldherrnſchaft fo glüdlih begonnen zu haben, raffte die Früchte der Waffenthat rafıh zufammen; bewies fich milde gegen bie Gefangenen, felbit gegen die Garden Guiſes, welche, zum Zeichen tiefangelegter Pläne, unter Lamboy fochten, und ftand am 23. Januar ſchon vor Neuß, dem zweiten wichtigen Orte des Erzbisthums. Ungeachtet jene prangende, freiheitseifrige Stadt der ganzen Macht des Fönigs lichen Herzogs von Burgund, Karls des Kühnen, eilf Monate lang getrogt hatte; war fie doch in Kolge ber Erftürmung und des Brandes dur Alerander von Parma in des unglüdlichen Truchſeß Händeln im Jahr 1586 von ihrer friegerifhen Bedeutung fo heruntergefoms men, daß die Befagung, nur 200 Mann, da die Bürger eine Vers ftärfung durch den KHurfürften abgelehnt, [don am 26. Januar auf Vertragspunfte, welche frech übertreten wurden, dem ſturmbereiten Belagerer fi ergab. ? Dort flug Guebriant am 28. Januar mit Siegeöbehagen fein Hauptquartier auf, und fchidte die eroberungs⸗ Iuftigen Schaaren, zumal die Heflen, weit und breit ind Herzogthum Jülich und ins Erzbisthum zu lohnendem Erfolge aus. Die Spanier in den nahen Feltungen an der Maas thaten nichts, behaupteten nur Jülich; Schreden lag über dem Lande, ald Wachtendonf, Kempen, vermittelt hboländifher Kanonen aus Nheinderg (31. Januar) ® und das Schloß am 14. Februar fielen; ferner Eberftein Linn am 15., Hulfrath am 23. Februar eroberte, und felbft Düren, dad Vorraths⸗ haus des beängftigten Pfalzgrafen von Neuburg, am 27ften feine Thore öffnete. Ueberall traten, während Hatzfeld ſich fern hielt, nur bie muthigen Bauern, „die Schnapphähne,” zum Schutze des gemiß⸗ handelten Landes entgegen, welches fo hülflos dem Räuber überlaffen ı Quebriant 459. 470.

2 QBuobriant 475 ff. ® Theatr. Europ. IV, 845, 846, Guébriant 478,

380 Weimarer und Branzofen am Nieberchein.

war, daß ſchon am 18. Februar Guebriant zu Bedburg an ben ruhigen Genuß ber Duartiere in dem weiten fchönen Gebiete, von der Grenze Geldernd‘ bis zur Mofel, und vom Rhein bis gegen das wacfame Aachen hin, venfen konnte. Hatzfeld wid in’s Bergifbe und harrte der Verflärfung; die Heflen und Weimarer vertbeilten ſich räuberlih über Neuß, Kempen, Urdingen, Linn, Bedburg, Hulfratb, Wachtendonk, Gladbach, Düren, Niedeck bis Euskirchen hinauf, während Rofen, der nimmer ruhende, in ber Kühe von Aden und an der Mofel erfchien, jedoch den Rothrins ger, welcher jenfeit8 bes Stromes, durch Enkevort aufgefobert, erfehienen war, nicht heranloden Fonnte. * So viel in den Kräften des wohlgefinnten Mannes ftand, bemühte fi) Guebriant, ? im Genuß des Vertrauens feines Heeres, das Loos des Fatholiichen Landes zu . mildern, und trat in vielfadhe diplomatiſche Gefchäftigfeit mit ven

bedrängten Fürften und Ständen des Nieverrheind. Am angftvollften benahm ſich bei dem unerwarteten Ueberfalle Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm, der, feit dreißig Jahren vielfach angefhulbigt, jebt aus genußlofer Neutralität verdrängt, flehendlih bei feiner Blutsver⸗ wandten, Amalia Elifabeth, Schub fuchte, die Erftredung ver Neus tralität fehnlihft wünfchte, aber erſt am 12. Mai durch die ſchaden⸗ frohe Landgräfin ein um ſo unwirkſameres Vorfchreiben an Guébriant erhielt, * da die Hefien den fiherften Gewinn von ber Eroberung zogen. Zu fpät hatte man am Nieberrhein des Kaifer Aufforderung, ein Heer zur Vertheidigung bed Kreiſes aufzuftellen, überlegt, zu welhem Zwecke Melander in Düfleldorf weilte. Als Ouebriant, beforgt vor dem Gefährlihen, die Wegweifung des Feindes Frankreichs forderte, gab Wolfgang Wilhelm zwar eine fürftliche Antwort;* wie jedoch die eigenen ehemaligen Waffengenofjen ihres ruhmvollen Feldherrn, Melanderd Schloß Angeraitö, welches er feit einigen Jahren befaß, plünderten und befesten, hielt verfelbe ed für das befte, im April nah Köln fich zurüdguziehen, von wo aus wir ihn bald thätig fehen werden. So war ed den hungrigen Haufen gelungen, nach Herzendluft, faft mit Ueberfättigung, in ber gefchonteften Gegend Deutfchlands zu Haufen, als fie fih im

t Theatr. Europ. IV, 847. 2 Yuebriant 481. sBuebriant 478.

# Theatr, Europ. IV, 849,

Gusbriant vor Lerhenich. 381

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Uebermuth an die legte uneroberte Feſte machten, am Lechenich an ver Grit, von ihnen „Hundeſtall“ genannt, weil der weidmännifche Kur fürft von Köln dort feine Jagdmeunte unterhalten ließ. * Aber an diefem Hundeftalle, welden Guebriant am 16. März kopf⸗ fhüttelnd betrachtete, fcheiterte das Glück der Sieger, und fahen von da ab die wilden Gäfte alsbald fi in eine brangvolle Lage zurüds gewiefen. Auf das Verlangen der Oberften hatte Guebriant am 17. April die Belagerung des keineswegs feiten Ortes unternommen, fand aber alsbald ſolchen Wiverftand, daß aus dem leichten Angriffe eine Tunftmäßige, koſtſpielige Belagerung wurde. Als die Mauers füden an der Stadt befeßt waren, zogen am 1. Mai die Ber- theidiger fi ind Hochgelegene Schloß. Dem Franzofen warb bie Zeit lang; denn beunruhigende Kunde lief vom Rheine ber ein; dennoch mußte er harrem, bis am 23. Mat, nachdem 2000 Mann zu Fuß und 2500 Keuter fünf Wochen lang fih abgemüht hatten, und mehre wadere Dffiziere, wie Flaucourt, Guébriants Vertrauter gefallen waren, nichts blieb, als von der audgebrannten, zers ftörten Stadt fehimpflih abzuziehen, um dem unterdeß erftarften Feinde die Epite zu bieten, welcher die Sieger von ihren Quar⸗ tieren im Sülihichen und im Stift abzufchneiden drohete. ?

Mit Hoher Genugthuung empfing Richelieu die unerwartete Kunde von dem Siege bei Kempen, ungeachtet er die Folgen deſſelben noch keineswegs ermaß. Der Kardinal, zufrieden mit dem Erfolge auf der deutfchen Eeite, hutte befchloffen, in diefem Jahre die Nords grenze des Königreihe und die Eroberung im Artois nur zu ver- theidigen und mit dem Könige in Perſon zum Hauptheere nad) Rouſſillon zu ziehen, um in Verbindung mit den neuen fatalonifchen Unterthanen Perpignan zu erobern. Zugleich war es rathſam, den König drangvoll zu beichäftigen, deſſen Geſundheit immer hoffnungs⸗ loſer erfchien und deſſen böfe Laune gegen den Minifter Gefahr drohete. * Deßhalb erhielten der Graf von Harcourt in der Picardie und der neue Marfchall von Guiche (Grammont) in der Champagne, weiche zufammen etwa 30,000 Mann zählten, Befehl, fi zur Abwehr die Hand zu reihen; ward, noch vor dem Burneval, dem Duc de

ı Mlieatr. Europ. IV, 849. Guébriant 482, Adlzreitter 426. ı Quebriant 492. Epitome R. G. 240.

®Montglat I, 352. Brammont I, 338. Le Waſſor X, II, 242. St. Aulalre 1,63 f.

882 Cinq⸗Nare' Verſchwoͤrmg.

Condé die Stellvertretung des Königs dieſſeits der Loire und Saone übertragen, und ſollte Guébriant mit den Heſſen den Rhein beob⸗ achten. Wie in dieſer Weiſe durch Die treuften Diener Richelieu alles wohlgeordnet fchien, reiste Ludwig am 25. Januar mit feinem Sünflinge Eing» Mar und dem Kardinal über Yontainebleau (3. Februar) Lyon, Narbonne in den äußerſten Süden, mo unter La Meilleraye, Schomberg, Turenne die Waffenmadht des Königs reichs ſich entwidelte. Aber die Entfernung des Königs und des Minifterd war von den Gegnern nur erwartet, um in der Stille vorbereitete Pläne zum Sturze des gehaßten Priefterd zur Reife zu bringen und zugleih nachhaltig alle Verhältniſſe Frankreichs zum Auslanne zu Ändern. Der junge Lüftling Eing- Mars, undankbar gegen feinen Wohlthäter, der ihn nach Verdienſt geringfhägig bes - handelte, glaubte aus den Reden des launenfranfen Herrſchers Lies berdruß und tödtlihe Abneigung gegen den Kardinal bemerft zu haben; wähnte tem Bedauerungswürbigen dur die Ermordung defielben, fo wie dem Reiche durch den Frieden mit Hab&burg, den höchſten Dienft zu ermweilen. Der Herzog von Bouillon, Beſitzer von Eedan, welchem Ricelieu, um ihn zu entfernen, den Oberbefehl in Stalien beftimmt; und Gaſton von Orleans, der unzufrieden, aber unthätig in Blois weilte; felbft die Königin wurden, nebft der Partei mißvergnügter Großen, für den hocdwerrätherifhen An⸗ ſchlag gewonnen: durch eine Verbindung mit Spanien, dem Kaifer und dem flüchtigen Guiſe über das geöffnete Sedan ein mächtiges Heer ind Königreich zu fübren, durch die Siege deffelben den Kardinal, welcher feit vierzehn Jahren unerfhüttert auf feiner Höhe fi behauptet, rettungslos zu verderben und das Heft der Dinge, bei der Ausficht auf den Tod Ludwigs, in die Hände der Verſchworenen zu bringen. In Brüffel, vielleicht auch fchon in Wien und München, waren Einleitungen getroffen; gleichzeitig, ald der Hof nah dem Süden fi entfernte, eilte der Vicomte de Yontrailled, der wag⸗ halfige Genofje Montreford und Et. Ibars, mit Vollmadıt Gaſtons vom 20. Januar verfehen, aus Paris, ſchlich fich verkleidet über die Pyrenäen, fam am Ende Februars glüdlih in Madrid an und fand beim Eonde-Duca Dlivarez den gewünfchten Eingang. * Der Eieg Guebriantd bei Kempen, den Fontrailles bei feiner Abreiſe noch nicht erfahren, veränderte zwar mächtig die Verhältniffe; die Weimarer e Kontrailles 428 f.

Gaſtons Verirag mit Spanien. 993

ſtanden zum Echupe des bedroheten Sedans bereit, und machten den Minifter nah fo mißlichen Erfahrungen mit Gafton über die Anträge ftugig. Aber als der entichlofiene Unterhändler mit dem Kamen Bouillond und Eing- Mare’, ald Theilnehmer des Planes, und mit der Angabe Sevand ald Waffenplap herausrüdte, ließ Olivarez feine Bedenflichfeiten fallen, und am 13. Mürz 1642 ſchloß der Bicomte, im Namen Gaſtons, mit dem Minifter Philipps IV, einen Vertrag, ' deffen wefentlihe Punkte lauteten: „um die Ruhe Frankreichs und einen allgemeinen Frieden der Friegenden Mächte fo wie der ganzen Ehriftenheit, Herzuftellen, folle vie katholiſche Majeftät ein Heer von 17,000 Mann alter Truppen, Deuticder und Epanier, aufrichten, den Gafton von Orleans durch hohe Geld⸗ fummen und Kriegömittel, nadı feiner Ankunft in Sedan, in den Stand jeßen, und diefem die Anführung des Heered und die Behauptung der eroberten Plätze lafien.” Indem Dlivarez vorfichtig die Leitung der Angelegenheit dem Erzherzoge Leopold Wilhelm in die Hand zu fpielen gedachte, ſchienen die Dinge auf Das förderlichfte eingeleitet und reiste Fontrailles nah Frankreich zurüd. Aber hundert Meilen lagen zwiſchen "Madrid, Brüffel und Wien; Gafton weilte forglos in Chambord und füumte, ven Vertrag, welchen Fontrailles gebracht, zu beftätigen, weil er auf den nahen Tod des Kardinald wartete. Bouillon befand fich beim Heere in Piemont; die kaiſerlichen und fpanifchen Feldherrn hatten anderweitig ihre Kriegsnoth und obenein fonnte das unbes dachte Völfchen der Verfchwörer das geführliche Geheimniß fo wenig bewahren, daß bald nady dem mudrider Abſchluß Louife Marie von Gonzaga⸗Nevers, die Freundin ded Ging Mars, ihm fehrieb: „euere Angelegenheit ift bier fo bekannt, als daß die Seine unter dem Pont⸗neuf durchfließt.“ Fontrailles zog zeitig, als er durch de Thon, den Sohn des Geſchichtsſchreibers, zu Toulouſe erfuhr, das tods bringende Geheimniß "habe fo viele Mitwiſſer, den Kopf aus der Schlinge, und floh nach England. ? Dennoch verlor Ridelieu, vor Sorge und Krankheit zu Boden gedrüdt, vom Könige nicht allein vernahläffigt und mit Ungnavde bedroht, fondern auf jedem Schritte umgeben von den Anhängern Eings Mars’, welche nur des Winkes barrten, um mörderifh über ihn Herzufallen, zur Zeit die Befinnung. In Narbonne vom Könige verlaffen, welcher

° Bei Petitot hinter Fontrailles 449. Pheatr. Burop. IV, 822. 2Fontrailles 442.

384 Guebriants Belohnung.

am 25. April mit Cing» Mars ins Lager von Perpignan ging, ohne fih um den todtfranfen Kardinal zu befümmern; irrte er, Schuß fuchend, im ſüdlichen Franfreih umher, weilte in Tarafcon, fand jedoch muthige und getreue Helfer und Vertreter an Mazarin, Cha⸗ vigny und Des Noyerd, welche, dem Könige gefolgt, aus der Unbe- fonnenheit des unflugen Günſtlings bald rettende Vortheile zogen. Erleichterung feiner Rage hutten dem Angftvollen anfangs der Sieg und die Fortfchritte Quebriantd geboten, den EingsMard nicht in feiner Anhänglichkeit an den Wohlthäter erfhüttern Eonnte * und ihn deshalb verläumdete. ? Auf die erfte fihere Hunde von Kem⸗ pen hatte der König dem Prinzen von Condé befohlen, zu Paris ein Tedeum fingen zu laſſen. Darauf durh den Aide de Camps bed Grafen, Goertz, einen alten Diener Bernhards, zu Narbonne mit dem Umfange ded Sieges befannt gemacht, ſchrieb Ludwig beim Anblide der eroberten Bahnen jenem die fchmeichelhafteften Glückwünſche (15. März), vertröftete ihn auf die Hülfe aus dem Elſaß, erhob den alten Schmidtberg zum General-Major mit einem Jahrgehalt und ließ dem Feldherrn am 20. März melden, daß unter deffen Landsleu⸗ ten, den Bretagnern, eine Berftärfung für das Heer geworben werde. * Das höchſte Zeihen der Gnade und des Dunfes war aber, daß Ludwig am 22. März noch zu Narbonne feinen Lieutenant-General zum Marſchall von Franfreih erhob, eine Würde, um die der Beſcheidene fih weder beworben, noch fie dur den Tod eines älteren Marfchalld ertheilt, fondern fie einzig ihm in der ehren» hafteſten Weife, als zu den zehn vorhandenen gewählt, zufiel. Briefe vol Bewunderung und freudigen Zurufes von Ris helieu, Des Noyerd und Ehavigny vom 2. und 3. April, zugleid mit der Zuficherung, daß der Marquis de Montauzier mit einigen taufend Bretagnern über Holland gefchidt fei; günftiger Erfolg auf allen Seiten; Avaux' Glückwünſche von Hamburg au, * welcher durch Beauregard die fhwanfenden Guelfen noch bei der Partei zu erhals ten gedachte, zwar Torftensfons mißliche Lage kundthat, jedoch vors ausfah, daß der Kaifer fein Hauptheer gegen Schweden trennen müffe, und in Guebriant den Beförderer des Friedens begrüßte;

ı Suebriant 466, 468.

3 $ontrailles 445.

= Bucb riant 471, 485, 487, 490.

Avaux' Brief vom 11. Bebruar bei Gué briant 472, 474.

Schlaͤcht bei Honnecourt. 385

alle dieſe Dinge erfüllten den neuen Marſchall, der die verzweif⸗ lungsvollen Zuftände in Narbonne nicht überfah, mit frober Zu⸗ verficht, eben als die Triegerifchen Verhältniffe wiederum ſich vers widelten und bald im Herbft Noth und befhämende Armuth wieder ihm zufiel. Denn erſtens wurde es hinter ihm, auf der französ fiihen Seite, getümmelvoller. Don Franceſco de Melos, Nach⸗ folger des verftorbenen SKarbinalinfanten, verfammelte zeitig fein Heer; tief den Grafen von Fontained fo wie den tüchtigen Freiherrn von Bed an ſich; eroberte Lens, (19. April) La Bafie, (13. Mai) und ſchlug, durch liftige Märfche beide feindlihen Marfchälle tren- nend, während Harcourt ſich zwiſchen Hesdin, Abbeville und Calais aufftelte, um die Picardie, dad Boulonais und Artois zu fchügen, bei der Abtei Honnecourt ' an der Schelbe, den ſchwächeren Mars hal von Guide, daß er, Geſchütz und Gepäd Hinterlafiend, mit Mühe in faft gänzlicher Auflöfung feines Heeres, fih nad Catelet und St. Quentin rettete (26. Mat.) Zwar hatten vorfidhtige Kriegs⸗ leute, Puyſegur, Gaſſion, felbft Ranzau, den Günftling Richelleus vor feiner gefahrdrohenden Stellung gewarnt; Quiche jedoch fo Fed dieſelbe behauptet, daß er entweder ald unkundiger Feldherr die jchmäh- lihfte Rüge verdiente, oder dem Verdachte unterlag: abſichtlich auf geheimes Geheiß Richelieus die Seinen der Vernichtung preißgegeben zu haben, damit Ludwig, beängftigt durch böfe Zeitung, den fern gehaltenen Minifter wiener in feine Nähe riefe. So viel iſt gewiß, Guide, deflen Memoiren ihn zu rechtfertigen ſuchen, erfuhr nichts weniger als Strafe durch Richelteu, der in Srontignac bei Montpellier die Nachricht von dem Verlufte erhielt; vielmehr wandte von jenem Tage ab des Kardinals banges Schidial ſich fo entfchieven, dag man die fchimpfliche Niederlage ald Mittel der Wiedererhebung veffelben anſehen möchte. Denn der König, noch vor Perpignan krank weilend, forderte durch Chavigny den Kath des Minifters. Richelieu, unerklärlih auf welche Weile, zu gleicher Zeit in Beſitz einer Abfchrift des Vertrages von Madrid gefommen, ? fäumte nidt, das hochwichtige Document durch ben Staatöfecretair dem Könige vorzulegen, welcher, erſchrocken und beihämt, laͤngſt unzufrieven mit dem läftigen, anmaßungsvollen, bethörten Günftlinge, in fich kämpfte, Trank aus dem Lager von “Montglat I, 353. Grammont 338fl. Le Baffor X, II, 353. 38e Baffor X, 11,35 ff. Montglat I, 384. Siri Merc, II, 581. Barthold, Geſch. des Sojähr. Kriegs. IL 25

386 Ausgang ber Verſchwoöͤrung des Cing- Mars:

Perpignan reifte und enblich, überzeugt von den böfen- Plänen ber Beinde des Minifters, gleich nach feiner Ankunft in Rarbonne am 13. Juni den rathlofen verzagenden Jüngling verhaften ließ, dage⸗ gen feinen unfühigen Bruder, welcher in ven Bädern von Bours bonne unthätig auf den Ausgang Tauerte, fürs erfte ſchonte. So preheten fih in der Hand die Waffen, weldhe Richelieus Gegner gegen ihn gewetzt, gegen ihre Bruft um; Eilboten Chavignys flogen nach Italien, wo Bouillon mitten unter feinem Heere in Cafale fhimpflih verhaftet (21. Juni), nad Pignerol und von ba nah Pierre-Encife gebracht wurde. Sedan ftellte Mazarind Fuge Vorſicht gegen die Spanter fiber, und Richelieu hatte die unge heure Genugthuung den Franken König reuevoll und befhämt an feinem Siechbette in Tarafcon zu ſehen.“ Wenn aud nicht mit Liebe, doch, mit ſcheuer Achtung und mit Anerfennung feiner unents behrlichen Dienfte verließ Ludwig den wieder aufathmenden Minifter und fam am 7. Juli in &yon an, um durch den Kanzler den Rechts⸗ gang gegen die DVerräther einzuleiten, welche Richelieu, obwohl hoffnungstos krank, in unheimlihem Triumphe, zu Gericht hinter fi} herſchleppte. Denn ver ungfüdlihe Parlamentsrath de Thou, bes Mitwiffend um den Plan befhuldigt, war in Perpignan verhaftet worden, und Cing- Mars, aus der Feſte Montpellier hers beigeholt, mußte auf einem Kahne dem Nachen, in weldem ber Kardinal die Rhone ftroman fuhr, weil fein franfer Leib jede andere Art der Reife verbot, nah yon in die Feſte Pierre » Encife und auf das Blutgerüft folgen. Aber ehe noch die Verfchwörer in Richelieus Neben gefangen waren, hatte der Eieger von Hons necourt, ſei es, daß er den Anfchlägen der Thatlofen mißtraute, oder die Anweſenheit des Heeres am Niederrhein nöthig erachtete, die franzöfifhe Grenze verlaffen, in deren Nähe nur Bed beobachten zurückblieb. Melos zog mit Fontaine an die Maas, zwifchen weicher und dem Niederrhein die Krlegsunternehmungen, fo heiß begonnen, ohne einen wefentlichen Umfhmung herbeizuführen, bis in den fpäten Herbft ſich binfchleppten, und vier zahlreiche Heere, je zwei und zwei einander in Schach erhielten.

Denn als der Kurfürft von Köln, in feiner Karnevalsfreude durh den unwillkommenen Gaft erfhredt, einfah, daß Hatzfeldo ſchwache Haufen und das Aufgebot feiner Unterthanen ihn nicht

ı Montglat I, 386. Le Baffor X, II, 588.

Rheiniſcher Kurfürftentag. 387

fhirmen fonnten; Verluſt mit jenem Tage fih mehrte, er felbft nur in Koblenz Zuflucht gefunden; hatte er ungefäumt durch feine Räthe, in Wien zur Erörterung der pfälzifchen Frage verweilend, die traus rige Lage, die Befürdtung, „Frankreich wolle Regnum Austrasiae am Rheine wieder aufrichten,“ dem Kaiſer am 11. März vorges ftellt * und Berftärfung des hatzfeldſchen Heeres dringend gefordert. Marimilian, die Roth des Bruders ermeflend, hatte fogleih, ob» wohl feine eigenen Rande unter Franz Mercy nicht gegen einen Angriff vom Oberrhein oder von Torſtensſon her gefihert waren, ven Eaiferlihen Befehl am 18. März erwirft, daß ber baieriſche Theil des Reichsheeres, welches unter Wahl an der Elbe fand, an den Niederrhein zöge und durch andere kaiſerliche Regimenter verftärft würde. ? Inzwiſchen waren die Abgeordneten der Kurfür- fien von Balern, Mainz und Köln zu Mainz zu Anfang April zufammengetreten, theild in der Roth des Augenblids über die Rheinlande zu berathen, theild für die Beförderung des allgemeinen Sriedend Sorge zu tragen. Die politiihe Angelegenheit wurde wegen ihrer Wichtigkeit auf einen allgemeinen Kurfürſtentag, im September zu Frankfurt zu halten, vertagt; dagegen die kräftigſten Mittel berathen, um Guébriants und der Weimarer toller Wirths ſchaft ein Ziel zu fleden. Zwar war Habfeld, im Bergifchen gela⸗ gert, zur Abwehr zu fhwah, und Wahls Ankunft Tonnte nicht ſchnell erwartet werben, da die SKalferlihen den Torftensfon im Auge behalten mußten; dagegen fügten ed die Umſtände, daß, während das Sülicherland und das Erzbisthum noch eine Zeit lang bie Plage duldeten, der Kurfürft bald einen altbewährten, gefürdtes ten Kriegsmann in dem gefammten Heere zu erbliden hoffen durfte. Denn Johann von Werth war inzwifchen befreit worden.

Sp leicht die Auswechſelung ded Gefangenen von Rheinfelden mit dem Gefangenen von Nördlingen, Guftav Horn, bewirkt wers den konnte, und fo fehnfüchtig der deutfche Krieger im fchwelgerifchen Paris feine Blicke auf Deutfchland richtete, fo fand doch die Politik der Franzofen, welche den ihnen zur Aufbewahrung Ueberlieferten als ein Unterpfand betrachteten, um ſich durch Berweigerung des Aus⸗ taufches mit Guſtav Hom der Schweden zu verfihern, Mittel das Gefhäft zu erfhweren. Ein Hauptgrund, daß der König

* Londorp V, 771 fl. 2 Adlgreitier 427.

388 Unterhanblüngen wegen 3. v. Werth.

gegen fein DBerfprehen den Gefangenen zurüdbehielt, war bie hohe Meinung von deſſen Feldherrntalenten und gefürdhteter Kühn- heit, welche Frankreich fo gefahrvoll fennen gelernt hatte. Richelieu beforgte deshalb, daß aus Johanns von Werth Befreiung den Srangofen mehr Unheil erwachſen werde, als der gefeierte Mar- [hal Horn die gemeinfchaftlihe Sache zu fördern im Stande ſei. Darum fchrieb Ludwig dem Herzog von Weimar aus St. Germain en Laye unter dem 18. Juli 1638: „Anbetreffend den Borfchlag meiner Schwefter, der Königin von Schweren und ihres Rathes, den Marfhall Horm gegen den Baron Jean de Werth und Enke vort, die Sie nad der Schlacht von Rheinfelden gefangen haben, auszuwecfeln, werden Sie mich bereit finden, diefelben zu Ihrer Verfügung zu flellen, wenn Sie ed wünfchen, indem ich diefe Ges fangenen al& die Ihrigen betrachte: N&anmoins je juge & propos pour le bien de la cause commune que vous differiez la re- sponse sur cette demande le plus que vous pourrez, en sorte que vous laissiez escouler le temps de ceite campagne, durant laquelle les ennemis qui ont peu de chefs parmi eux, pour- roient tirer advantage de la delivrance de ces prissonniers, particulierement de Jean de Verth que j’apprends qu’il consi- derent beaucoup.” * Dazu fam die Eitelkeit einen fo berühmten Gefangenen fo lange als möglich feflzuhalten. ?

Schon gleich nad der rheinfelver Schladt vor der Ankunft Sohannd von Werth im Bold de Vincennes, waren die Unterhand- lungen angefnüpft worben, und Erlah vom Herzoge auh darum an den Hof gefandt; aber Graf d'Avaux wußte fie zu hintertreiben, unter dem Vorwande, „für Guflav Horn fei gegenwärtig im ſchwe⸗ difchen Heere feine Generalöftelle erledigt, und bei dem. Einfluffe des Echwiegervaterd deſſelben koͤnne durd die Ankunft des Feld⸗ marfhalld gefährlicher Zwiefpalt unter den Schweden entftchen; auch würde ed den Herzog von Weimar Fränfen, ſobald wieder feinen Gefangenen gegen fid) mit den Waffen im Felde zu fehen.” * Erfolglos blieb des Oberften Beh Botihaft an den König; zwar wünfchte das baterifche Heer mit lauter Stimme nad Gh’ und Savellis fhmählihen Verſuchen Breifah zu entfegen ben tapferen

“Röfe I, urk. 56, 552.

2 Hug. Grot. ep. 1005, 991, 1011, 1185. Hrug. Grot. ep. 1185.

Unterhanblungen wegen I. v. Werth. 889

Führer zuräd, * aber gewiß nahm fich ber Kurfürft ver Sache eifri⸗ ger an, als feine Minifter, bie Feinde des freifinnigen Mannes. As am 9. October 1638 Werths „Ehewirthin“ um feine Erlöfung nadyfuchte, wurde ihr unter dem 5. November von Münden ges antwortet, „fie wäre längft erfolgt, wenn es nicht am Gegentheife ermangele; man habe von neuem ihres „Ehewirths“ Erlöfung hal ber einen eigenen Trompeter an den Herzog Bernhard von Weimar gefidt."? As im Juni 1639 Bernhard dringender in Paris die Auswechlelung Horns, Taupadeld und Schaffaligfid gegen Johann von Werth und Enfevort verlangte, erklärte Richelieu gegen Avaur fih zwar bereit; wollte aber erft die Bürgſchaft Piccolominis, des Siegerd von Diedenhofen, welcher um beide Männer fi bemühte, daß er feine Gefangenen, zumal ven Marquis de Feuquidres gegen Löfegeld freigebe. * So fructete denn Johanns von Werth Ber: langen, mit welchem er die Kriegszeitungen vernahm, nichts, und vier Jahre mußte er in der goldenen Knechtſchaft ſchmachten. Bern; hard, der ritterliche Bürge für feine Freiheit, der allein das Recht hatte ihn zurüdzufordern, trat durch frühen Tod von der Bühne; zwar unterließ Königin Chriftine nicht, durd Hugo Grotius um die Auslieferung ihres Gefangenen anzuhalten; aber Ludwig ſchien fh ungern von Johann von Werth zu trennen, daß Hugo Orotius* ſich naddrüdlih über die Schwierigkeiten und Verzögerungen des franzöftfcden Hofes beffagte. Ueberall, wo die Gegner, wie Pics colomini und Baner vor Saalfeld im Juni 1640, über Austaufch der Gefangenen unterhandelten, ward Johanns von Werth zuerft erwähnt, ° aber immer umſonſt. In den Unterhandlungen, welde Adler Salvius mit Avaur wegen der Verlängerung des Bünbniffes pflog, wußte der Franzoſe den Bortheil, daß Iohann- von "Werth fih in der Gewalt feines Königs befand, ® ſchlau zu be augen; ungeachtet der Kurfürft Marimilian längft in den Austaufch gewilligt, erflärte D’Avaur, daß fein Hof jenen nie freigeben würde, wenn fi die Krone Schweden nicht zur Berlängerung des Vertrages

ı #öfe II, 239.

_Meftenrieder Beilr. 192. j »Arkenholz IV, 407, Memoire vom 12. Juli 1639.

® Hug. Grot. ep. passim. Le Vassor IX, II, 343. ® Theatr. Europ. IV, 390.

° Hug. Grot. ep. 1369. 1420, 1428, 1469,

890 3.0. Werth in Naucy. G. Horn in Liadau.

auf unbeftimmte Zeit verſtaͤnde. Salvius erwiederte Dagegen, wie ungroßmüthig es ſei, von Herzog Bernhards Gefälligfeit, welcher nur bedingungsweife feine Gefangenen in franzöſiſche Hände gegeben, jeht Gebrauch zu machen, da der Kurfürft von Baiern zum Austaufche bereit fei, wie Hom von Lindau aus am 23. April an ihn gefchrieben. * Er forderte mit dem dringlichſten Ernfte die Beendigung der Sache, und war befonberd zu verhindern bemüht, daß Sohann von Werth nidht durch einen Eid verpflichtet würde, ? nicht gegen Frankreich zu fechten, um nit Guſtav Horns kriege⸗ rifcher Thätigfeit gegen den Kaiſer eine gleiche Feſſel anlegen zu Iaften, * zumal Bandr hoffnungslos darnieder lag. Aber der fchwes diſche Geſandte mußte, durch wichtigere Sorge gedrängt, den Punkt des Austaufches Beider im Vertrage vom 29. Juni 1641 fallen lafien, daher nur nedend fi) Johann von Werth die Befriedigung feiner Wünfche zeigte. Schon gegen das Enbe des Jahres 1640 vom Könige bedeutet, er möge fih rüften, nah Nancy zur Aus⸗ wechfelung zu reifen, nahm er voller Freude zu St. Germain Ab» ſchied von Ludwig. * Monsieur le Grand bewirthete ihn ftattlich, und alle Herren des Hofes befuchten ihn in feiner Wohnung, welde er beim Staatöferretair de Chavigny aufgefchlagen. Zugleih ward Guſtav Horm, ſchon früher aus Burghaufen, dem Todeskerker Hers zog Ludwigs des Bärtigen, nad) Augsburg gebracht, von dort am 9. März nah Lindau geführt, und erwartete eben fo ungeduldig Johanns von Werth Ankunft in Breifah. Am 18. Januar reifte diefer unter zahlreicher Bededung, ® welche zu verftärfen man bie Rückkehr der Regimenter in die Winterquartiere abgewartet, nad) Nancy. Aber da zu berielben Zeit Baner ftarb, und der kaiſer⸗ liche Hof, jo wie Marimilian für gerathener hielten ben verwaisten Gegnern einen Dann, wie Guftav Horn vorzuenthalten, und Avaur dem Salvius jene Bedingung abgefchlagen, fand das Geſchaͤft von beiden Seiten Hinderniß und blieben beide Gefangenen uns muthig in ihrer Haft. Maximilians Minifter fchoben die Schuld

Arfenholz IV, 394. |

s Bufendorf 418.

s Höchft gereizt fchrieb Adler Salvius am 28. April: quinimo neo tam for- midabilem, ut quidam faciunt, Johanem Weerthiam puto, ut eo misso diluviam Gallis imminent, Arfenholz IV, 396.

* Theatr, Europ. IV, 685.

® Hug. @rot, ep. 1420, 1469, 1521,

Auswechfung 3. v. Werih und G. Horns. 391

auf Frankreich und ſchrieben unter dem 26. Juni 1641 an Johann von Werth nach Nancy: „man habe zu ſeiner Wiedererledigung den ſchwediſchen Feldmarſchall Horn von Burghauſen auf Ingolſtadt und Lindau bringen laſſen; weil man aber ihn nicht beſſer von Nancy hinaustransferire, ſei auch der Schwede wieder zurückgeſchickt worden; Werth ſolle Mittel vorſchlagen, wie er erlöft werben könne.“ Johann von Werth erwieberte traurig am 14. Juli: „fein und Horns Diener feien mit fchlechter Verrichtung aus Paris zurüdgefehrt; der Kurfürft möge ihn nicht verlaflen.” Immer auf Mittel feiner Bes freiung finnend, deutete er unter dem 29. Juli darauf hin, „nad der Niederlage der Franzoſen bei Marfse feien viele Gefangene vor⸗ handen ;“ worauf er denn die Zuficherung erhielt, man wolle feinen Franzoſen freilafien; der Kaiſer habe auch dem Lamboy vasfelbe befoblen. * Noch im September desfelben Jahres höhnte den Unges duldigen diefelbe Hoffnung; er ward nad Breiſach gebracht, aber ftatt Befriedigung feines Dranged fand er eitele Ehre und Pracht. Erfah und d'Oiſſonville veranftafteten ihm ein flattlihes Gaſtmahl, hatten aber noch feinen Befehl ihn auszumechfeln ; ? da die Frans zofen, immer vol Furt vor Johanns von Werth Fedem Unternehs mungdgeifte, erſt die Waffenruhe des Winterd erwarten wollten: Mehr Glück hatte Adrian von Enfevort, für melden Piccolomini fih dringend verwendete; er wurde nach breijähriger Haft im März 1641 zu Peronne gegen hohe frangöfifihe Dffiziere ausgewechielt, und zeigte ſchon unter Leopold Wilhelmd Stabe fi thätig, wie wir ihn, den Niederlinder, im Srühling 1642, zur Zeit der Verfhwds rung Cing: Mars’ bei Karl von Lothringen finden. * Johanns von Werth Zuftand ward nur in fo fern noc erleichtert, daß er volle Freiheit erhielt, in der Umgegend feines Gefängniffed zu jagen. Endlich nah langer Prüfung fhlug auch für ihn die Stunde der Erlöfung. Als Lamboy und Kaspar Mercy jene Niederlage erlitten, drang Erzherzog Leopold Wilhelm auf feine Befreiung, um fi feines Muthed und Rathes in den Bedrängniflen der Rheinlande zu bedienen. KRichelieu fchrieb felbft an Erfah aus Agde vom 14, März 1642, die Auswechſelung mit den höflichſten For- men geschehen zu laſſen.“ Montags den 24. März kam biefelbe % ©. die Gorrefpondenz bei Weftenrieber Beitr. 193.

3 Hug. Grot,. ep. 1525. ® Theatr. Europ. IV, 657. % Srlad Ill, 44: Le roy vous envoyant ordro do faire l’echange da

392 Auswechlelung 3. v. Werth und G. Horns.

bei Dinglingen unweit Lahr, auf dem Schauplage fehöner Erfolge im Jahre 1637, zu Stande. * Um zehn Uhr Vormittags Tangte der jüngere Rofen nebft zwei Rittmeiftern und hundert Pferden auf einer fleinernen Brüde an; von der anderen Seite nahete mit Guſtav Hom ein Oberftlieutenant des baieriſchen neunedfchen Regi⸗ ments unter gleicher Anzahl Bewaffneter. Nah edler Kriegerſitte vergaß man bier auf eine Stunde des Mordhandwerks; die beiden Generale begrüßten fi, und unterhielten fich über Kriegs» und Friedenszeitung, vwoährend reichlich genoffener Wein das Gefpräd beider Feldherrn belebte, welche fi wohl noch nie in einem Ges lage von Angefiht zu Angeſicht gefehen Mit ritterlicher Höflich⸗ feit fhied man von einander. Guſtav Horm eilte nad Breiſach, wo er mit dem Donner des Geſchützes, dem Glückwunſche der Be- fagung und einer Danfprebigt empfangen wurde, und reifte von dort dem Könige in das Lager von Perpignan nad, um ihm für feine Befretung zu danfen. Mit hoher Ehre wurde der Schwere empfangen, ? und ihm von Föniglider Hand ein Degen mit Dias manten geſchenkt. Mit dem Erlevigungsgefchäfte Johanns von Werth ftand nicht die Befreiung des Kreiherrn von Hofkirchen in Berbindung, welcher, früher Bernhards Waffengenofle, von Bandr im Jahre 1639 bei Brandeid gefangen und in Gtettin hart ge: halten, im Mat 1642 mit Montecuculi und Buchheim gegen bie gefangenen Oberften von Neuenburg, Stange, Heiding, Kinsky und andere audgewechfelt wurde. Raſtlos im Gefühle erlangter Freiheit eilte Johann von Werth über Augsburg nah Münden, um, mit einer neuen friegerifchen Ehre gefchmüdt, wiederum in bie Reihen feiner harrenden Kampfgenofien zu treten.

general Jean de Vert avec M. le marechal Horn, je prends la plume pour vous faire connoitre particulirement que 8. M. fera trös aise, que vous fassiez le dit echange aveo toute la oourtoisie et Ia civilits que se pourra.

Theatr. Europ. IV, 961. Epitome R. G. 230.

Theatr. Europ. IV, 961. Le Baffor X, II, 343.

Ale Beweis, dag Johann von Werth entweder in Frankreich oder fchon früher Sinn für fchöne Künfte ansgebildet hatte, erfahren wir, daß er am 13. April, zu Augsburg flattlich eingeholt und koſtenfrei beherbergt, (Stets ten II, 593), ehe er am 14. April weiterreifte, noch fo viel Zeit fih abs müßigte, um mit einem Pater Jefuiten und einigen Kavalieren die berühmte Kunſt⸗ und Euriojitätenfammlung bes Patriziers Philipp Hainhofer (ſiehe Hainhofers Tagebuch Ginleitung XXXD, jenes befannten Freundes

Das Reichsheer in der Mark und in Medlenburg. 3093

Ein Feloherr von gefürdtetem Rufe war nun wohl wieder ges wonnen, aber wie follte man, dem erftarkten, unternehmungsreichen Torftensfon gegenüber, von dem Faiferlichen Hauptheere ab, ven rheinifchen Kurfürften und Ständen die dringend begehrte Hülfe zufenden, um Lamboys böfe Einbuße zu deden? Der ſchwediſche Feldmarſchall, obwohl mit beruhigtem Heere durch Siehthum, Guss briants Abzug und die Unentichloffenheit der Guelfen zur Unthätigs feit gezwungen, im Äärmften Theile Niederſachſens eingelagert, war am 12. Januar 1642 näher gegen die Elbe und die Altmark ges rückt, deren Landesherr jet mit Schreden beide Gegner über feine verwüflete Mark fi waͤlzen fah, und noch Feinedweges günfligerer Neutralitätspunfte von Seiten der Schweden verfihert war. Denn alsbald hatten auch Leopold Wilhelm, Piccolomini und Wahl, unters richtet von dem drohenden Geſundheitszuſtande Torftensfons, von dem Ufer der Unftrut und ver unteren Saale ihr Kriegsvolk in die Altmark verlegt, und am 5. Yebruar ihr Hauptquartier in Stendal genommen; während der Schwere das feine in Salz wedel aufftellte, im ſchaͤdlichen Kampfe gegen die trogigen Bauern des Drömmlings, Dfterburgs und der Elbübergänge ſich bemächtigte, dem rüftigen Königsmark die Thätigfeit im Felde überließ, und unter geheimen diplomatifchen Gefhäften, durd die Hinrichtung des Oberften Sedendorf, eined der verwegenften Schreier im Sommer 1641, fein Befehlöhaberamt befeftigte. *_ Außer Stande den Feind Hinter tiefen Moräften in diefer Jahreszeit anzugreifen, wandte Leopold Wilhelm, bei Tangermünde den Strom überbrüdend, fih auf Medlenburg, (12. Februar), um die Schweden jenſeits der Elbe in dem unwirth⸗ lichſten Lande zu verderben; räumte aber dad verarmte Herzogthum und die nahen Marken, und kehrte über Zerbft, Afen und Barby am 5. März über den Strom zurüd. Hier entließ er auf des Kaifers Geheiß und das dringende Geſuch der rheinifchen Kurfürften,

vieler kunſtſinnigen Fürſten, zu befehen. Freilich war der Sohn feines Bes wirthere, der junge Hainhofer, im Gefolge des Generals Tags vorher aus Paris eingetroffen, wohin ihn Pere Joſeph und der Sieur de Leon vom regensburger Fürftentage im 3. 1630 mitgenommen; aber auch anderwaͤrts

. finden wir, daß unfer Kriegsheld Freude an ſchoͤnen Gemälden empfand, wie auch die von ihm vorhandenen am Schluffe niher zu bezeichnenden Bilder darthun.

Pufendorf 475 ff. - Theatr. Europ. IV, 917.

2 Bufendorf 496, Geijer III, 328.

894 Torſtensſons Pläne.

den Feldmarſchall Wahl, welcher mit dem baierifchen Theile des Reichsheeres von Köthen aus den Rüdzug antrat,‘ und über Leipzig auf Ummwegen durch das Boigtland, Franken, für feine Per- fon zur Beratbung nad) Münden gehend, im Maimonat erft an ber Nidda fland, und erft im Juni, oft feftgehalten durch unruhige Bes wegungen hinter feinem Rüden, zumal um Erfurt, bei Köln ven Niederrhein mit vielfah geſchwächten Haufen erreihte. Solche Trennung, dur Lamboys Unfall herbeigenöthigt, erfüllte die Schwes den mit neuer Zuverſicht; bereitd zu Anfang ded- März hatte Kös nigsmark fi) Bis vor das belagerte Mannöfeld gewagt; jetzt als das zurüdgelafiene Taiferlihe Heer, zur Schonung des unzufriedes nen Kurfürften Johann George bewogen, welden Torftendfon in ges heimer Werbung zur Nahahmung der brandenburgifchen Neutralität verloden wollte, weiter von der Elbe ab, über einen Theil Meiflens und Thüringens fi zurüdwandte, und Leopold nad Wien gereift war; fonnte Torftensfon, feiner Glieder wieder mädtig und ftärfer al8 der Feind, den Reichthum feiner Pläne ververblich entfalten, ? Weil Stälhandsfe, in dem Winfel der Neumark die leichte Beute des Gegners, die offenen Wege nad Pommern nicht zu vertheidi⸗ gen vermochte; ferner die Srievendarbeit, in Goslar bald zum Schluß gefommen, in die Lande zwijchen Elbe und Wefer den Kriegsſchau⸗ plab zu verlegen, unrathfam machte, da bier die Baiern mit den Kaiferlihen ſich rafch zu erdrückender Uebermacht vereinigen konnten ; beſchloß der Feldmarſchall über Schleſien fih den Weg in die öfters reichifhen Erblande zu bahnen. Er täufchte den Feind, indem er auf der Straße nah Weitfalen Vorräthe zuſammenbringen ließ, ging, umgefehrt, am 3. April bei Werben über die Elbe, und warf fi in die Lüde, welche Biccolomint und der Lauenburger zwifchen Elbe und Oder offen gelaffen, und wo ber vorläufige Neutralitäts- ftand Brandenburgs die Fortſchritte begünſtigte. Ganz Schlefien war inzwifhen vom Herzog Franz Albrecht erobert, und die Fais ferlihen DVölfer lagen bi8 nah Mähren hinauf in den Winters quartieren; Stälhandöfe, wiewohl aus Pommern verftärft, harrte bange in der Neumarf zwifchen Frankfurt und Krofien, als Tor- ftendfon über Ziefar, Treuendrigen und Jüterbod in der Laufig erjhien, * am 17. April Zudau einnahm, dei geretteten Stälhandsfe

. Bufendorf 477. Theatr. Europ. IV, 840. ® Theatr. Europ. IV, a. a. D. Bufendorf 47. » Daf. 478.

Torſtensſon in Säleflen. 395

nah Sorau berief und am 27. April mit jenem zu einer Stürfe von 20,000 Mann ermuthigter Krieger erwuchs. Ungefäumt darauf nah Schlefien vordringend, während der Lauenburger erft fein Heer zufammenraffte, und Piccolomini noch in Meiffen und Thüringen fand; erflürmte Torftensfon am 4. Mai die wichtige Feſtung Groß⸗ Glogau; bemächtigt ſich im Fluge der von Stälhandsfe verlorenen Stäpte an beiden Ufern des Stromes, und fteht am 30. Mat vor Schweidnig, dem Schlüffel, um fi den Zugang auf Böhmen zu eröffnen. Zwar eilte Franz Albrecht mit feinem Heere von Breslau zum Entfage herbei, ward aber, an Bußvolf der ſchwächere, am 1. Juni bei Schweinnig aufd Haupt gefchlagen, und endete felbft in Gefangenfhaft am 10. Juni fein befcholtene® Leben und fein unglüdlihed Feldherrnamt!“ Mit ihm gingen Arnimd ver erbte Pläne zu Grabe; in feinem Blute ſchien der Schatten Guſtav Avolfs, deſſen Tod die dunfele Stimme im ſchwediſchen Volke ihm Schuld gab, gerät. Schweidnitz füllt am 3. Juni; Mähren und Böhmen ſteht dem Sieger offen, welcher, Neifie umlagernd , gleichs "zeitig Die mährifchen Landftände aus Ollmütz verfcheuchte, 15. Zunt, die Stadt felbft bejebte, ? weil deren Kommandant, Antonio Miniatt, ein abgelebter Greis, es vorzog, feine Frau aus ſchwediſcher Haft zu befreien, als ehrenvoll die Feſte zu vertheidigen, * und burd Helmold Wrangel das Schreden bis ſechs Meilen vor Wien tragen läßt. Aud das fefte Neiffe it am 16. Juni durch Liljehoef bes zwungen; auf Schleſien zurüdgehend erſtürmt Torſtensſon Oppeln, (24. Juni) und madt fih am 27. an Brieg. Aber unter den MWällen dieſer tapfer vertheidigten Etabt ift dem flürmenden Gieger fürs erfte die Grenze gelegt; deſſen Heereöfraft, begreiflid auf fo fhneller Kriegsfahrt abgeftumpft, neuer Hülfe durch Wrangel und, aus Schweden bedurfte. Am 24. Juli, nad empfindlichen Vers Iuften der Belagerer ſchwiegen die Gefhüge auf den Wällen und

° Buflan II. ſchmückt mit ungefchichtlichen Zügen das Eloge auf Torftensfon. L’eunemi defait et repousse, »abandonne le champ de bataille au vein- quenr; son chef le Duo Albert est prissonnier ; il succombe dans le camp suedois à des glorieuses blessures; il meurt de la mort des heros lui qui detournons les yeuxn je fremis a son nom ö5monRoi! ö srand Gustave! nous t’avons perdu et comment? Pufendorf 451. Torftensfons Brief an MWrangel in Original deutſch vom 27. Suli bei Geijer Ill, 326.

a Sormayr Taſchenb, 1829, 122.

-

896 Friebe. der Guelfen mil dem Reiche.

fchien -die Feſte auf das Außerfte gebracht, als Leopold Wilhelm und Piccolomini, von Brünn mit einem überall verflärktem Heere aufgebrochen, im Angefichte der Belagerer fich zeigten. Da wichen jene fcheu vor unter Ueberlegenen (25. Juli) über die Oder, beſetzten die fefteften der eroberten Städte und harrten, den Strom herabges drängt bis Krofien, an dem Zufammenfluß der Neiße und Dver bei - Buben im feften Lager (Mitte Auguft) der Berftärfung aus Schweben, welche unter Karl Guſtav Wrangel am 27. Juli Wolgaft erreicht hatte. * Inzwiſchen belagerten die Kaiferlihen Glogau vom 14. Auguft ab; der Stoß gegen das Herz Oeſterreichs war wiederum glüdlich ausparirt, und zugleich aud dem feden Guebriant am Niederrhein Stiliftand geboten; aber das Gefühl der Berwundbarkfeit und das Bewußtfein der Schwäde blieben.

Die Entfernung beider Heere, des einen bis auf das linfe Rheinufer, des anderen bi8 an die Der, hatte wenigftend ven Bortheil geboten, daß der Krieg auf dem inneren Reichsboden bis auf die unglaublich feden Streifzüge der Beſatzung von Erfurt und anderer feindliher Garnifonen, welde nah und fern die Um⸗ gebungen brandfchagten, * und bis auf die unerjchütterlihe Stands haftigfeit der Landgräfin, erlofh. Denn nad Tangen trugvollen Unterhandlungen in GoSlar hatten Ehriftian Ludwig von Hanover und Friedrih von Belle, im Stich gelafien durch Guebriant und Torftendfon, dennoch der Rothwendigfeit fi beugen müffen, ? die Hand des Friedens anzunehmen, ungeachtet Avaur, Beauregard und Salvius ihre alten Künfte fortfegten. Bereitd am °,, Sanuar 1642 hatte man ſich über die Hauptpunfte in Goslar verglichen; * diefelben am °/,, April in Braunfchweig wieder aufgerfommen, und bereitö war im Junt die kaiſerliche Beftätigung angelangt; aber zwifhen Furcht und Hoffnung ſchwankend, bald auf den Sieger von Kempen, bald auf den Eroberer von Schleſien blidend, der kaiſer⸗ lihen Bejagungen in Eimbeck und Wolfenbüttel noch unerledigt, und bange um den Verluft ihres Anrechtes auf Hildesheim, zögerten die Herzoge mit dem Vollzuge, bis fie im Hochſommer zu Braun- ſchweig ſich entichloflen, und am ?%,, Juli das Danffeft zu Hanover

t Bufendorf 482. 2 Daf. 488. Theatr. Europ. IV, 487, 478, 879.

ı Deden IV, 134. Bufendorf 502 ff.

* Theatr, Europ. IV, 889 ff.

Die Heſſen in Jülich und im Kur⸗Kolniſchen. 897

die Ausſoͤhnung der Guelfen mit dem Neiche verkündete. AS Bors theil für die Erben der hochfirebennen Pläne Georgs und für ihr verwüßteted Land galt, daß der Kaiſer ihrem Haufe völlige Neutralität zugeftand; daſſelbe ver Verpflichtung überhob, den Schweden und deren Bundesgenoſſen feinvlich zu begegnen; von den Beiträgen zu den Reichöfteuern freifprach, der Revifton der hildesheimer Reichs» ſache freien Lauf zuficherte, die Herausgabe der Feftungen Wolfen büttel und Eimbeck und anderer noch von den kaiſerlichen Waffen befegten Orte verhieß, wogegen das kleinere Stift Hildesheim nebſt der Stadt an KursKöln abgetreten wurde und letztere eine Faiferliche Belagung erhalten follte. Wegen ver Reftitution der hildesheimiſchen Stiftögüter folle eine befondere Zufammenfunft anberaumt werben, deren langjamer Gang, fo wie die Annäherung Königsmarks im Herbft und Torftensfons Erfolge im Spätjahr, vie Erledigung Wolfenbüttel und Eimbeds, fo wie Hildesheims Einräumung an die Kaiſerlichen bis ins folgende Jahr verjchob. !

Müde und unbewaffnet, da ihre geringen Kriegsvölfer, von Schweden und Franzoſen gelodt, nad allen Seiten fich verloren, und Konrad Bertrams von Pful Verfuch, diejelben mit den kaiſer⸗ lihen Bahnen zu vereinigen, fcheiterte, hielten fi) die Guelfen nad). jwanzigjährigem, unruhvollen und befcholtenen Antheile am deutfchen Kriege fortab fen; ohne Lohn aus dem Streite geichieven, da fie die Waffen bingaben und Heinmüthig weder um das Reid, .. noch um die Gegner fih ein Verdienſt erwarben, mußten fte ihre Zänder noch mehrmald ver Wieverfehr beider hingegeben ſehen. Anders that die Heffin, welche, unterbudend vor jedem zeitweifen Ungewitter, auf der Tagefahrt zu Goslar fcheinheilig ihr Spiel ges trieben, und unterbeflen fie Faufmännifh mit den Weimarern die Siegesbeute am Niederrhein fo zu theilen wußte, daß ihr aud für die Zukunft das Beſte blieb, ? dennoch für bangere Tage immer Zus flucht offen Hatte. Amalia Eliſabeths Kriegsvölker unter Eberſtein lagen gemah in den Städten Jülichs und des Erzbisthums, bes haupteten ihre Quartiere in Weftfalen und Oftfrieöland und erpreßs ten Geld im Erzftift Fulda, ald Guebriant am 25: Mat von Lehe nichs zerrifienen Mauern und unbezwungenem Echloffe auf Bergheim eilte, in Furcht durch Wahls und Hatzfelds Bereinigung und deren

1 Bufendorf 503. 2 Theatr. Europ. IV, 899.

398 Guebriants Zug auf Urdingen.

Rheinubergang bei Köln, von feinen Eroberungen abgeſchnitten zu werden. Da der Feind um Köln fo beveutende Etreitfräfte ent⸗ widelte; indem zu Wahl auch der Freiherr von Vehlen zu Ausgang des Maimonats mit 3500 Mann aus Weftfalen * und dem Münfters (hen bei Wipperfuhrt ftieß; mußte Guebriant für ein Glück erachten, daß 3000 Mann holländifcher Truppen, zum Scheine verabjchiebet, um die wunderliche Neutralität zwiſchen Kaifer und Reich und den Generalftaaten nicht zu verlegen, am 29. Mai um Bergheim zu ihm fi fchlugen, denen er alsbald unter Bronfhorft die Behütung der rück⸗ wirt belfegenen Orte, Düren, Kempen, Hülfrath anvertraute, und am 3. Juni ein fefted Lager bei Grevenbroich an der Erft bezog. Unterdeß mufterte der Kurfürft von Köln bei Siegburg die verſam⸗ melten Voͤlker, welche Hatzfeld und Wahl, enblih um die Mitte Juni, bei Köln über die Schiffbrüde gegangen, 20,000 Mann ftarf, unfern dem Städten Zons hinter der Erft in einem feften Luger vereinigten, und ſowohl die Holländer, als die Franzoſen mit banger Sorge erfüllten. Denn Don Franceſco de Melos hatte nad) dem Siege von Honnecourt auch den General Fontained, Befehlshaber gegen den Prinzen von Drange, an fi) gerufen, und erſchien zwiihen Maftriht und Venlo an der Maad.? Deghalb mußte der Prinz zeitig fih bei Ludwig um Hülfe verwenden und der König von Perpignan aus am 30. Mai den Marfhall von Guebriant anweiſen, mit dem Bebroheten fich zu vereinigen. Indem nun Melos Ankunft mit den Spaniern und dem alten kaiſerlichen Heere an der Maas auf den 20. Juni mit Sicherheit gemeldet wurde, hatte Guebriant Noth fi feinem Bundesgenoſſen zu nähern und zog fi deßhalb „en Lyon“ auf Urdingen (20. Juni), während gleichfalls die Holländer, 22,000 Mann ftarf, bei Rheinberg fi aufſtellten. So ftanden gegen Ende des Juni vier Heere, zufammen über 60,000 Mann, nahe an einander, und fehienen die verwidelten Streitfragen der vier betheiligten Etaaten einer Entſcheidung durchs Schwert entgegenzugehen, zu welcher man fi) durch allgemeine Andacht von beiden Seiten fromm vorbereitete. * Hatte doch felbft Frankreich in diefen Tagen nationale Vertreter in den deutfchen Kampf ges fandt! Denn am 22. Juni barrte Guebriant eines Zuzuges von ı Öuebriant 491. Theatr. Europ, IV, 850.

3 Buebriant 494. ? Theatr. Burop. IV, 850.

Bretagnifhe Hülfstruppen. 399

über 4000 Franzoſen in feinem Lager, jener Hülfe, um welche er fo dringend feit Jahren bei Hofe angehalten. Aber kaum im gan- zen Kriege trat die Armuth Frankreichs an tüchtigen Soldaten für den deutfchen Krieg beſchaͤmender hervor als hier. Statt alte Truppen zu ſchicken hatte Ludwig in Bretagne mit hohen Köften werben lafien, * und Guebriant hoffte unter feinen Landsleuten, den Volks⸗ genoflen der befungenen Paladine, ver Konnetables Guesclin, Cliffon, Eaftelnau und fo zahlreicher gepriefener Ritterfchaft, die altberühmte Waffenluft wieder zu erweden. Doc fand ſich unter den Ebelleuten jener Provinz niemand, „bie Führung der armfeligen Bauern, welde man ohne Wahl aller Orten zufammengerafft und welde das Wort Krieg allein in Angft feßte,” zu übernehmen. Man hatte biefe Werblinge, über 4000, faft wie Wild in den Wäldern zufammen- jagen müffen, um fie in Ketten, der Kopf koſtete der ‘Provinz mehr als 100 Livres, bis Rotterdam zu führen, von wo Sieur de Kargretd, ein Verwandter Guebriants noch 3600 Mann nad) Urdingen geleitete. Aber nichts nubten die vertraulichften, fchmeichel- hafteften Reden ihres Landsmanns; nichts die ervenklichfte Für⸗ forge, noch weniger harte Maßregeln und Schläge, um dieſes waffenfchene Gefindel zu rechtſchaffenen Soldaten umzufcaffen. ? Guebriant ließ ihnen auf eigene Koften graue Wämfer anfertigen, „daß fie fih in der Schlacht unterſchieden,“ und verſprach „pour leur mettre le coeur du ventre” fie zum „corps principal” feines Heeres zu erheben; das arme Völfchen, wegen feines ſchneiderhaften baufälligen Aeußeren in Deutfchland fprichwörtlic * geworben, wie

ı Snebriant 495. Auparavant il devoit etre de troupes nguerrien, sur la fin !’on resolut d’y envoyer des nouvelles levees de Bretagne, et le Mareschal de Guebriant ne laissa pas d’en bien esperer croyant cer- tainement que cette milice se rendroit dieciplinable eous un Chef de sa nation. Il vonloit reveiller cette vieille valeur qu’ils avoient fait paroltre sous tant de Conntstables et de Generaux Bretons qu’ane longue tran- quillit6 pouvoit avoir endormie. Toute la noblease de la Province etant repanduo dans les urmees ou employee dans les garnisons des cöten, il ne 8’en trouva point ou fort peu qui ne prissent party dans ces troupes, composees de pauvres miserables paisans ramassez de tous endroits et sans auoun choix, que le seul mot de guerre Epouvantoit et qu’il avoit falu comme vener dans les forests et les mener enchainez aux vaisescaux pour les transporter.

Guébriant 406.

Simpliciffimus 439: „fo ſchwacher baufilliger Natur, wie bie Fran⸗ zöftfche Brittanier.“

400 | Melos ins Artoie.

wir aus dem Simpliciffimus wiffen, zerftreute fih innerhalb zweier Monate faft gänzlih, um fi von den Bauern ald Merodebrüder _ tödtfchlagen zu laſſen, oder, in die Heimath entronnen, ſchimpfliche Strafe zu leiden. Die Eleine Anzahl, welche bei dem Heere zurüds blieb, gab thren Solvatenftand auf und fuchte im erlernten Hands werk over ald Tagarbeiter nügliche Thätigfeit. Wie verhöhnten bie fiolgen Schüler Weimars fo Hägliche Waffengefährten, welde nad jahrelanger Großiprecherei endlich ſich eingeftellt hatten; oder wie fteigerte folder Anblid ihre übermüthigen Forderungen. Begreiflicher Weiſe war unter diefen Umftänden, daß der Marquis de Montaufier, als Marechal de Camp bei den Deutfchen weder Achtung noch Ger horfam fand. Gleihwohl aber ging der Huf von großer Zahl von Streitfräften ins feindliche Lager aus, das felbft, wenn es fih mit ben Spaniern vereinigt hätte, den Holländern, Weimarern, Heffen und Franzofen nit gewacfen war. Mit ftoer Genugthuung zeigte Guebriant am 27. Juni dem fürftlihen Gafte, dem Dranier, fein Heer in Schlachtordnung, 8000 Reuter und 7000 Mann zu Buß, und erwirkte für feine Reuter zumal, melde im Sülicherlande, fo ausgezeichnet an Pferdezucht, auf Koften der Bauern vortrefflich fi beritien * gemacht hatte, die Bewunderung und den Glückwunſch des gefeierten Niederlaͤnders. Der Dranier befchenfte den eitlen Marſchall und ſchickte am 7. Auguft feinen Sohn Wilhelm, um das gleihe Kriegögepränge zu ſchauen. Freilich ſah e8, wie wir balo erfahren werben, im Inneren feines Heered ganz anders aus! Unter unbebeutenden Streifzlügen verharrte man in nahen Lagern zum unbefchreiblihen Verderben des Landvolfs mehre Wochen; Melos blieb nur zwölf Tage zwiſchen Roermonde und DBenlo, ließ zum Troſte des Kurfürften von Köln und des Pfalzgrafen nur den Grafen Fontaines zur Beobachtung der Holländer mit einigen taufend Mann zurüd und ging Ins Artoid heim. Denn Dranien hatte gebroht, verbände fih Hapfeld mit den Spaniern, feinerfeitS zu Guebriant zu ftoßen und Kölnd Neutralität nicht länger zu achten.” Dennod. wagte Guebriant, ald das Faiferlihe Heer um Zons fih auf Feine Unternehmungen befchränfte, und die reife Erndte winfte, am 7. Auguft und unter Schußgeleite hHollänpifcher Reuter unter dem Grafen von Styrum, fi näher heran; fchidte feine Schiffebrüde nach Orſoy und * Theatr. Europ. IV, 850 fi. > Gucbriant 497. Pufendorf 489.

Unzufriedenheit ber Weimarer. 401

ſchlug bei Holten an der Erft, in der Nähe von Neuß, die Frucht⸗ felder von Geldern und den Prinzen von Dranien im Rüden, ein feitungsähnliches Lager auf. Muthigere Thaten brachte erft Johanns von Werths Ankunft beiden Parteien.

Unter müßigem Lauern und ungefättigter Raubgier dedte ins zwifchen die Kehrſeite der glänzenden Ericheinung des weimarfichen Heeres, dem Marſchall laͤngſt unverborgen, in ihrer Häßlichkeit ſich wieder auf, und lehrte die innere. Haltungdlofigfeit der Kriegsmacht Frankreichs.

Ungeachtet die Weimarer zur Zeit die reich ſten Gegenden Deutfhlande ſchonungslos auszubeuten verflanden, waren fie doch feineöweged gefonnen, foldhen Genuß als Lohn oder Zahlung . Ihrer Rüdftände hinzunehmen. Deßhalb überreichten fümmtliche Ritt meifter dem Marſchall ein Memorial „en langue frangoise. et en stile allemand,” * in Erwartung einer Fategorifhen Erklärung, in welcher fte fih auf die Darlegung Taupadels, Rofend und aller Oberften über ihre Lage bezogen, und „weil darauf Feine genügende Antwort gekommen fei,” beiheuerten: „fie ſeien nicht Sclaven oder ließen fich länger durch höflihe Worte hinhalten ;“ fie forderten als ehrenhafte Evelleute, die nidt Bettler werden wollten, ben Mreis ihres Blutes und Schweißes, begehrten auch einmal Winters ruhe und gelobten den Rhein nicht zu verlaffen, falls man ihre ges rechten Forderungen in Betreff der Werbegelver, der Ausrüftung Ihrer Reuter und der regelmäßigen Löhnung, nicht befriedige.* Auf fo derbe deutfhe Erklärung that Guebriant zwar ſehr befrembet; tadelte den unehrerbietigen Ton, fuchte den Antrag zu wider: legen; hatte aber Fein anderes Mittel als feine Hülfslofigkeit zu geftehen, und „vie Ungeftümen der Berantwortlifeit vor Gott und vor den Menfchen zu befehlen, wenn fie Unheilvolles gefchehen ließen.“ In noch böferem Tone fprachen die ehemaligen Directoren; Roſen prohete fih einen anderen Herrn zu ſuchen und die unfrudtbare Ehre eines General⸗Majors abzuthun, wenn ihm nicht alles Ver⸗ ſprochene zu Theil. würde; Ehm, alt und arın, beneidete den bevors zugten Taupadel; ? Taupadel und Schmidtberg fagten laut, „ber flingende Titel: ohne Gehalt fei ihnen zur Laſt;“ befcheldener allein machte der Herzog Friedrich von Wirtemberg fein Recht geltend. °

ı Quebriant 505. 2 Daf. 507. 2 Daf. 508. , Barth old, Geld. des 80jahr. Kriegs, II. 26

402 Des Noyerd' Schreiben an den Marfchall.

Kaum Hatte der Marſchall durch gute Worte jene wieder befhwichtigt, und die Rittmeifter, welche allgefammt am 29. Zult ihren Abfchieb forderten, begütigt, indem er feine Verwendung bei Hofe verfprodhen; als ein Brief Des Noyerd vom 6. Auguft ihm alle Ausficht raubte, mit Ehren gegen die harten Gläubiger der Krone zu beftehen. ' Denn Richelieu hatte inzwifchen ein ganz anderes Verfahren mit dem Heere im Sinne. Seit des Königs Heimreife nad) Paris des Staatsruders wieder mächtig, war er erlöst von überwältigen⸗ den vielfachen Sorgen. Seine Feinde harrten im Kerfer von Pierre⸗ Encife bei Lyon des Berichtes; Gaſton, nad) feiner Weiſe die Mit⸗ verfchworenen verrathend, fuchte die Gnade des Kardinals ſchimpflich, und beichtete reumüthig. Ferner war die heimathflüchtige Wittwe Heinrichs IV., Maria von Medict, eben Cim Juli) zu Köln geftorben; . fie, die Mutter eined mächtigen Königs, zweier Königinnen und der Regentin von Savoyen, faft Bettlerin um die Gnade fremder Fürſten.“ Guiche und Harcourt fhügten der Picardie und Cham» pagne Grenzen; Perpignans Ball fonnte mit jevem Tage erwartet werden; in Katalonien, wo Brezé ald Picefönig galt, breiteten die franzöfifhen Waffen ſich aus; in Italien hatten der ‘Bring Thomas und der Kardinal mit ihrer Schwägerin, der Regentin von Savoyen, aus Furt, Spanien könne das Stammerbe fih anmaßen, ſich vers föhnt, * und fochten für Frankreich; in der Freigrafihaft gewannen du Halter und Grancey die Oberhand;* Karl von Lothringen, feit dem 23. April wegen feiner Doppelehe von dem Bannftrahle Urbans VII. getroffen, behauptete faum noch einige Feften, wie Ta Motte in feinem Lande,® und war mit feinem Häuflein, etwa 5000 Mann, an die Mofel und Saar, ja bis an den Mittelrhein gedrängt, nachdem er auf Gaſtons und Bourbond Schritte im Luremburgiſchen gelauert. Endlih fand Torftensfon fiegend in Schleſien. Weßhalb follten Richelten und die Minifter, da alle Feinde ſich beugten, ſich Geſetze vorfchreiben laffen und meuterts fhen Sölpnern ihre übermüthigen Borderungen erfüllen? Darum gab denn Des Noyerd dem Marihall Guebriant unummwunden zu

* Quebriant 499.

: Montglat I, 368.

2 Daf. I, 358,

° Dal. I, 351.

6 Theatr. Europ, IV, 909. 913. 8iri mem. If, 498 ff. 521 ff,

Guoͤbrianis Antwort. 403

verfiehen: * „es ſei unbillig, daß das Heer des Koͤnigs, durch fein Geld in fremden Landen fiegreih, wo ed in Reichthümern ſchwelge und weltfundig ungeheure Beute mache, die Kaffe des Reiches mit Aniprüchen behellige; Guebriant fole als Achter Franzoſe das Wohl des Vaterlandes und nicht den Vortheil Einzelner beherzigen, zumal felbft Bernhard, der fremde Prinz, gerecht genug gewefen wäre, in fremdem Lande den Staat der Beiftener zu überheben.“ Gereizt durch fo ehrantaftende Worte erwiederte der Marfhall am 29. Auguft aus Holten, ? „wie er außer Stande fei, in der ge- forderten Art feine gute Gefinnung als Franzofe zu bethätigen; er jhilderte feine Erfolge feit dem Sanuar, meldete die Drohungen der Dffüiere, welche feit dem April kein Geld empfangen hätten, be- flagte fi) bitter, Daß man der Landgräfin, welche fo wenig für die allgemeine Sache thäte, große Vergünftigungen zufommen, bie Seinen dagegen darben laffe, und warnte, „bei Gott feine Dienfts willigfeit für den Ruhm des Minifteriumd und des Kardinals bes theuernd,“ vor den Folgen folcher Ungerechtigkeit. * Trübe blidte Gusébriant fehon in die Zufunft;z fah feines Bleibens am Rheine nicht länger, zumal Torſtensſon aus Schleflen wi, und hatte Aehn⸗ lihes ſchon am 22. Juli aus Urdingen an Chavigny gefchrieben, weichen obenein bebenklihe Kunde aus Deutfchland plagte, „die Zandgräfin werde das Beifpiel der „Guelfen nahahmen.” Denn im Geheim unterrichtet: Hatzfeld würde mit Melos vereinigt in Frank reich einfallen, und Guebriant deßhalb zurüdgerufen werden, Hatte Amalia Elifabeth bei dem Sieur de la Thuillerie, dem Gefandten in Holland, im Juni drei neue Bedingungen geforbert, * „das Bes ſatzungsrecht in den eroberten Städten jenfeit des Rheins, die Ein- räumung gemeinfhaftlih bezwungener Orte im Münfterfchen, in der Graffhaft Mark und im Bergifhen, und theilweiſe Unterflügung des weimariſchen Heeres, falls Guebriant aus Deutihland nad) Frankreich heimzoͤge.“ Guebriant, der Vorfihtige, die Erfüllung ihres Gefuches verheißend, hatte ihr bereits Linn, Neuß, Urbingen

*s Quobriant 499.

2 Daf. 500.

2 Guébriant 502. Je suis vray Francois, tres-passionne serviteur de Monsigneur le Cardinal et voudrois contribuer de mon sang A la gloire de votre ministere.

Daſ. 617. .*

404 * Die Heffen in Neuß.

abgetreten, Beiftand gelobt, falls Kaffel oder eine Ihrer Landesfeſten angegriffen würde, und zwar den Grafen von Chavigny beruhigt; jedod die Gefahr dargelegt, daß auch der treufte Bundesgenoſſe ab⸗ fallen müffe, wenn man fein Heer nicht befriedige. Ebenfo lehnte er die Anmuthung ab, die Winterquartiere am Nieverrhein zu bes haupten,” weil das Land verövet fei, und eine öffentlihe Kund⸗ machung des Kurfürften von Köln an feine. Unterthanen, bei Leibes⸗ firafe in feine Steuer. zu willigen, fo wirffam die Erhaltung der Bäfte verhindert habe,“ daß auch nicht taufend Ihaler erhoben worden jiten.” So wie der Marfhall zum Bortheile feiner deut⸗ fhen Waffngefährten in dieſer Angabe ver Wahrheit wohl nit treu blieb, ſrichte er aud die Unduldſamkeit Tirhliher Handlungen der Heffen zu verhehlen, und feinen fatholifhen Eifer zu beweifen. Cr behauptete, dag Eberſtein in Neuß Feineöweges, wie der Nuntius 3 abbio Chigi Hagend mh Hofe berichtet, ? den Domherrn den uralten fi Hönen Münfter St. Durrin entriffen hätte, fondern, daß er je nur, niach der Meffe, Iutherifche Predigt halten Taffe, „und daß er dem: Grafen mur unter der Beningung die Stadt eingeräumt habe, dieſe Unbill zu St. Ouirin um in allen anderen Kirchen einzuftels fen.” Weltbefannt aber blich ed , daß bis über das Jahr 1650, 'alſo volle acht Jahre hindurch, fo lange die Hefien Neuß behaups teten, die Bürger gegen ihre Kapurrilation nicht allein andere uns zählige Bebrüdungen, fondern auch die Verhinderung des Fatholifchen Bottesdienſtes erfuhren, daß die Gäfte das Läuten der Gloden unrfagten ; einmal fogar die Katholiten in ihrer Kirche einfperrten, und ee kalviniſche Controverspredigt anzuhören zwangen! 3 So ‚var der frangöfifhe Marſchall fhmählih bebrängt im eigenen Heere; ber eifrige Kath o tif verböhnt von den Waffen⸗ genoffen; der ti’eue Diener vom Hofe faltfinnig und kurz behan⸗ delt, und er blidi'e, beim Abfalle ber Guelfen, bei der bedentlicen: Lage der Echmeden und dem verdächt igen Benehmen ber Landgräfin und der bevorftehenden Etrafe der La:ndeöverwüflung, von neuem in eine drangvolle abenteuerliche Zukunft; dennoch aber verfiand Der Ritter, belebt von glühendem Eifer für Die Ehre und den Vortheil Frankreichs, nicht allein mit ſcheinbarer Wäürde das Feld zu behaupten,

1Guéebriant 5093. Daſ. 504. ? Vrifad 168.

. l Lühows Abbernfung. Graf Auersberg. 405

fondern mit dem Ende des Jahres neue gefährliche Verwickelungen in anderen Theilen Deutfchlands herbeizuführen!

Aber audy der Kaifer ermaß im hohen Sommer 1642 nicht ohne Bangigfeit die Dinge, wie fie fich feit dem vorigen Spätherbft gefaltet hatten, und erwog den Abſtand der Hoffnungen und der Erfolge. Leichter bei Torfiendfond anfängliher Berrängniß, ge⸗ hoben durch die geheime Kunde von Eing- Mare’ und Gaſtons Vor- fhlägen, hatte Ferdinand den Präliminars Briedendvertrag Lützows verworfen, in einem Briefe von zwei Zeilen den Geſandten abbe- rufen, * und den Grafen von Auersberg an deffen Stelle gefchidt. Als Grund diefed Benehmens wurde angegeben: „Lützow habe bie Befugniß überfchritten; Die Gefandten der Krone ald die Gleichen des Kaiferd behandelt; die Städte Münfter und Dsnabrüd ihrer Keichöpfliht während der Friedensverfammlung ledig erklärt, was eine Beleidigung der Würde ded Reichsoberhauptes ſei, deſſen Ge⸗ leitöbriefe hinreichen müßten; gäbe Ferdinand endlih zu, daß der Tractat mit den Kronen ald ein einziger angeſehen werbe, fo hieße das fo viel, ald erfenne er ihre Verbindung an.” Im Hinter- grunde lag aber das Gefühl der Schaam, ohne die höch ſte Noth fi zu beugen, und die Hoffnung, fo machtvoll zu erftchen, um ein Zugeſtaͤndniß, welches Lützow übereilt eingeräumt hatte, zurückzu⸗ nehmen. Aber als die Kunde von der Niederlage Lamboys einlief, begann Auersberg in Hamburg, um den Kaiſer nicht der enttäufch- ten Welt ald Friedenshaſſer darzuftellen, alsbald unter Klagen und erjchwerenden Einwürfen der Gegner einen neuen Tractat, „welcher an der früheren Uebereinkunft im Wefentlichen nichtd ver- ändern follte.” Die Bereitelung der Berfhwörung Cinq⸗Mars', die Eroberungen Guebriants, das rafche Fortfchreiten Torftensfons im Mai, Juni und Juli; das allmälig beichleihende Bewußtſein, allein, von den Fürften und Ständen, wie von Brandenburg verlaflen, den Gegnern gegenüber zu ftehen, welche Habsburgs Madıt an allen Enden des Feftlandes angepadt, rief pie Mäßigung zu⸗ rüd, eben als die Guelfen die Waffen niederlegten, ſelbſt die Land⸗ gräfin in ihrer Politif zu wanfen ſchien, und das Neid aldbald feinen inneren Feind mehr zu haben wähnen durfte. Ließ aud der Kurfürft von Sachſen ſich abwendig machen, wohin Torftendfon

ı Bufendorf 494. Bougeant I, 506 ff. Brief b’Avaur an Gudbriant vom 25. Bebruar 1842, Guſbriant 473, Flaſſan II, 7b.

406 Unternehmungen Wiederholds und Karls v. Lothringen.

geheim arbeitete; nahm diefer die gebotene Neutralität an, welde den Kaiſer ſo wenig förderte, wie der Ruheftand Brandenburgs und der Guelfen; fo blieb unter ven mächtigen Fürften nur der Baier als Beiftand, der beforgt auf dad offene Südweſtdeutſchland Hinfah, damit nicht ein Feind durd die Lüde im Schwarzwalde und burd) das Donauthal in feinen Staat einbräcde. * Entzog auch Marimis lian dem Kaifer die Reichöpfliht, fo war das Gleichgewicht der Kräfte zu Ounften der Kronen umgefchlagen, welde dagegen unerfchöpflicden Reihthum an Soldaten aus Deutfchland zu entlehnen fortführen. Um die waghalfigen Unternehmungen Wiederholds, ver im vorigen Jahre fein Selfenhaus gegen alle Anftrengung behauptet, und Die Umgegend, zugleid mit den Bejabungen aus den Walb- frädten und im Breidgau, empfindlich plagte, einzufchränfen; blieb darum Franz Mercy, der fähigfte deutfche Feldherr, im Wirtember⸗ gifhen; müßte aber bei aller Wachſamkeit dennoch erfahren, daß jener Schlaufopf auf Hohentwiel am 11. Auguft das unerfteigliche Bergſchloß Wildenftein, dem Grafen Fürftenberg gehörig, durch einen fo wunderbar erfonnenen als Ted ausgeführten Anfchlag in feine Gewalt brachte. Auch nach dem Berlufte der Feſte beunrubigte jener mit Erlach, d'ODiſſonville und Kanowski gemeinfchaftlich, den Reft der öfterreihifchen Vorlande, fo viel ihm einerfeitd Bamberger von Philippsburg zu ſchaffen machte, und anderſeits Herzog Karl, welcder in Walderfingen und im Luremburgifchen der Erklärung Gaſtons ge- harrt, aus dem deutſchen Lothringen bis zum Elſaß und der Rhein⸗ pfalz, um Wormd und Epeier fi tummelnd, die franzöfiichen Statthalter immer in Sorgen ließ, der Berzweifelte möge, mit Mercy vereinigt, ihnen doch noch einen Vortheil abgewinnen. ? Sp wegen wechjelnder Waffenereigniffe aller Enden in Ungewißheit, ſah Ferdinand auch die Mühe vereitelt, unter feinen Augen ben verwideltften Senoten des Haders, die pfälzifche Sahe, zu löfen. ® Zur Ausgleichung dieſes verzweifelten Gefchäfted Hatten fih nad dem Beſchluſſe des Reichſstages von Regendburg die Bevollmächtig⸗ ten und Abgefandten der vermittelnden Fürften, aud ein englifcher Gefandter, Thomas Rome, zeitig im Jahre zu Wien eingefunden. Allein da Tein Ausweg ſich fand, den Kurfürften von Baiern zu

ı Bufenborf 504. Theatr, Europ. IV, 661. Weftenrieber I, 112 fi. 3 Theatr, Europ. IV, 813, I Bufendorf 504 Thentr, Europ. w 081, Deßenrieher ULIEH

Befätigung bes Präliminats Feiebensverrages, 407

befriedigen, welcher das pfälzifche Land nur dann wieder herzuftellen fi erbot, falls ihm der Kaufpreis, dreizehn Millionen, gezahlt würs den; Dagegen verfprach „in Bezug auf die Kurwürde feine Friedens: liebe dem deutfchen Vaterlande an den Tag zu legen;“ reiften ver engliihe Gefandte und die pfalzggräflihen Räthe am 13. Juni aus der Kaiſerſtadt unverrichteter Dinge, ab. Da nun obenein Avaur, die erneuten Anträge Auersbergs verwerfend, Hamburg zu verlaffen dro- hete, der König von Dänemarf über den Kaifer ſich ungehalten bes zeigte; Torſtensſon Schlefien und die Hauptſtadt Mährens erobert hatte; beftätigte Ferdinand am 22. Juli zu Wien den ganzen Inhalt des am 25. December 1641 durch Lützow gefchloßenen Präliminar- Sriedensvertrages, worauf Auersberg den König Chriſtian perfönlic) begütigte. * Inzwiſchen war Avaur im Auguftmonat, bei des Kar: dinals und des Königs rettungslofem Kranfheitszuftande, aus Ham⸗ burg abgefegelt, um, nachdem er fieben Jahre hindurch, feit jenem . verhängnißvollem Werke zu Stuhmsborf, durd feine diplomatifche Geſchicklichkeit das ſtolze Kaiferbaus mürbe gemacht, in Paris zur Stelle zu fein, wenn ver lang befürchtete Wechfel des Thrones und Minifteriums eintrete. Doch führte d'Avaux' Gehülfe, der Sieur de St. Romain, die Einleitung zum Schluße, fo wenig bei Frankreich, wie bei Spanien ehrliche Friedensliebe vorausgefegt war. Ungedul⸗ dig ſetzte Chriſtian ſchon den 28. April 1643 zur Auswechfelung der Geleitöbriefe, und den 15. Mat zur Eröffnung des Congrefies feft; aber ſolche Friit war zumal in Epaniend Betreff zu kurz, weshalb man denn endlich übereinfam, den erſteren Schritt am Ende des März 1643 vollziehen zu laffen und drei Monate darauf, mit den Zuli 1643 die Friedensverfammlung zu Münfter und Osnabrüd zu bes ginnen. Solches Zugeftändnig, durch kaum überfehbar vermittelte Thatfahen dem Faiferlihen Stolge abgerungen, bezeichnete den An- fang. einer neuen traurigen Phaſe des deutſchen Reichölebens. Der Friede zu Prag, fteben Juhre früher geſchloſſen, ward für er- loſchen erklärt; eben ald nur noch ein deutfher Stand, vertreten dur eine Frau, die Waffen in Händen bielt, ließ der Kaifer das Princip fallen und gab ein weltfundiges Zeugniß, daß er nicht unbedingt dem Wechfel ber Waffenereigniffe vertraue, ’Bougeant I, 533. Puſendorf 499.

VBiertes Buch.

Yon der Beflätigmg des hamburger Yräliminar - Friedens- vertrages, 22. Inli 1642, bis zum weffälifchen Frieden.

Erſtes Kapitel.

Johann von Werth und Guebriant am Rhein. Guöbriant in Nieberfachlen. Torftensfons Sieg bei Leipzig. 2. November 1642. NRuhefland ber Guelfen. Buobriant am Main; Torflensfon vor Freiberg. Sieg und Tod Richelieus. December 1642.

AS Johann von Werth nad vierjähriger Abwefenheit den Boden des Vaterlandes wieder betrat, erflang „ber hinſterbenden Nymphe Germania Todesklage“ eben zur Harfe des preiswürdig⸗ tũchtigen Schottel; * aber noch war ihr jammervolled Ende hinauss gefhoben. Der Charakter des Kampfes, kaum einige Jahre ver frommen Beihränftheit ald ein religiöfer erfchienen, Hatte längft in feiner fcheußlichen Nadtheit als Plünverungsfrieg des vorher fo pran- genden Deutſchlands ſich dargethan; längft war den Wohlgefinnten und Klugen die Binde von den Augen gefallen, die wahre Abſicht Schwedens und Franfreihs Har, nur ein crfaufter Reiheftand, welcher Machtvergrößerung und Bereicherung hoffte, oder Straflofig« feit für früheren Bruch der Reichsgeſetze, hielt die Maske des Firch- lichen Eifers, oder der alten deutſchen Libertät noch an fi. Aber noch fanden, nad wiederholten harten Schlägen, Defterreich und Batern mit wunderbarer Wiebererzeugungsfraft aufrecht gegen die verfhworenen Räuber. Zwar Brandenburg hatte ermüdet die Waffen nievergelegt und bauete ftill und unficher an feiner felbftäns digen Größe; aber Sachſen, wiewohl furdtbar verödet, Hielt beim Kaiſer noch au.

So fand Johann von Werth den Kriegsſchauplatz zwar wechfelnd und verändert, aber die Roth des Vaterlandes größer, die Feinde gieri- ger, den Soldaten ald Herrn der Zeit. Bon alten Streitges noffen hatte nur noch Dttavio Piccolomint, der Feldherr beider öfter: reichiſchen Häufer, und Hatzfeld fi oben erhalten; rüftig ftanden wieder auf dem Platze Adrian von Enfevort und der alte Wahl;

3 Des vortrefflichen Juſtus Georg Schottel „ber nunmehr hinfterbenden Nymphe Germania elendeſte Todeellage erichien au Braunſchweig 1. J. 1040 in 4

412 Allgemeines Elend. Philanders von Sittewald Geſchichte.

Götz harrte der Gelegenheit feinen verdunkelten Ruhm wieder herzus ftellen oder als Soldat zu ſterben; Franz Mercy flieg in feinem Werthe bei Marimilian. Alles, was feit 1618 das Geſchlecht der

Mitlebenden, verwöhnt durch den Frieden in den goldenen Tagen ,

Ferbinands I. und Maximilians I., ald unerträgliche Greuel ded Krieges beklagt und theilweife in deutſchen Landen wirklich empfunden hatte; war feit den letzten ſechs Jahren dad ge- meinfame 2008 faft aller Gaue des Vaterlandes geworden, und eine Höhe des öffentlihen Elends, eine Verzweiflung und Gefühl- Iofigfeit des Volkes in Folge der Verwilderung der Soldaten und ver Falten Seldftfucht der Kriegführenden eingetreten, vergleichen fein riftliches Land, weder vorher noch nachher erfahren. Es iR bier nicht der Ort das Maaß des in Nord» und Oftveutfchland, in Sachſen, Thüringen und Franken Erlittienen zu ſchildern; um den zum Himmel fchreienden Jammer, das Verzagen an ber Ge rechtigfeit ded Ewigen aufzufaflen, zu welchem die Bevölferung von Süd⸗ und Weftveutfchland getrieben war, liefert und mehr als bie Particularchronik Philanderd von Sittewald Mufe die lebenvollften Züge. Moſcheroſchs Soldatenleben ift ein wahrhaftes „Geficht,“ wie die öffentlichen Zuftände in feinem fchönen Vaterlande, von den Waſichen bis zum Schwarzwalde, an beiden Ufern des Rheines, fih vor Augen ſtellten. Was er, zu jener Horde in der wüften Kirche von „Dombaffel bei Geroldded am Waſichen“ verfeht, grauens erregend berichtet, ift unmittelbar aus der Anfchauung gegriffen ; man fönnte faft jeden Kleinen Zug aus anderen Quellen nadweifen. Denn die unmittelbare Nähe großer fchlachtbereiter Heere, fchnell vorüberziehend, war keines weges Deutſchlands härtefte Plage; vielmehr die nie ruhende Thätigfeit der unzähligen einzelnen Gar- nifonen und ihres Gefolges, der Meroder. Ueber Elſaß, Breisgau, Baden, Wirtemberg, Lothringen, um Erfurt in Thüringen, “über der Rheinpfalz, feit 1642 aud über Juli und im Bisthum Köln, über Weftfalen, im Bergifchen, im Münfterlande, über Oftfriedland, das Eihöfeld, das Lüneburgiiche, Brandenburgifche, Magdeburgiſche, in Meflenburg, der Laufig und in der Mark und in Schlefien, war feit Sahren ein Neb von unbezahlten Garniſonen, in feften Stäbten

und Flecken verbreitet, entweber vom weimar » frangöfifihen, oder .

vom ſchwediſchen und heſſiſchen, oder vom Faiferlichen, baierifchen ober lotharingiſchem Kriegsvolfe, welche nicht allein nach dem Rechte

Die unbezahlten Garniſonen. Heerweſen. 413

des GStärferen aus der Umgegend ſich nährten, unerſchwingliche Steuern auflegten, und viefelbe abwechfelnd bei beiden Parteien fih loszukaufen nöthigten; fie thaten den in abgefchloffenen Geſell⸗ Ihaften fireifenden Merodern beider Parteien, zur himmelfchreien« den blutigen Unterbrüdung des armen Volles, obenein öffentlich Vorſchub. Diefe „Schnapphahnen“ hatten ihre Kundfchafter und Zuträger unter den Wirthen in von ihnen ausnahmsweiſe gefchonten Gemeinden, und fo ward’ denn auch bei der Entfernung ber fehtenden Heere die Geißel des furdtbaren Krieges gefühlt. Die Amtleute ließen, indem fie, felbft bis an die Zähne bewaffnet, mit Soldaten Wache fanden, die nächſt belegenen Aeder beftellen; nicht jelten fah man Bauern mit ihren Weibern ben Pflug ziehen, weil Pferde und Rinder vor jenen liftigen Nachftellern nicht gehütet werden fonnten. Würfelte das Gefchid des Krieges nun die feindlichen Streitfräfte wiederum auf ein fo planmäßig ausgeſogenes Land, fo geihah es immer, daß ein Heer von auch nur wenigen taufend. ‚Mann bie ergiebigfte Provinz in wenig Wochen auszehrte, und in Folge unbefchreiblichften Mangels aufgelöst, nad) Verluft von Tau⸗ jenden von Pferden, weichen mußte. Denn die Heere, da fie Weiber und Kinder, Troß und Buben in unzählbarer Menge hinter fich fhleppten, und alle8 durch den Krieg verarmte, entfittlichte Wolf ihnen ſich anfchloß, waren zu einer ſelbſtäändigen Bevölkerung anges wachſen, und ergängten fi, forterzeugend aus ſich ſelbſt. Die ges müthlihe Seite dieſes Unweſens in ben ſchwediſchen Heeren ift aus Abel Serviens Bapieren, wiewohl mit Uebertreibung aufgefaßt, „Daß das Feldlager ihr Vaterland war, die Knaben, von der Wiege an Geſchützdonner gewöhnt, ihren Vätern die Suppe in die Laufgräben - brachten, in ihren wandernden Schulen ohne Schreden beifammen blieben, die Schreibfeder nicht fallen ließen, felbft wenn einfchlagende Kanonenfugeln drei 618 vier von ihnen wegrifien” und was ders gleichen fhöne Gefchichten mehr find. Banors, Guébriants, Koͤnigs⸗ marfs und Wrangeld zu Horden angewachſene Heere wurden mehr als einmal durch die Noth, welche fie muthwillig herbeiführten, zur Flucht gezwungen, wenn gleich die fatferlihen Truppen, befonder® unter Gallas, gewöhnlich diefem Schickſale erlagen. Graf Gronsfeld feßte dem Kurfürflen DMarimilian im Jahre 1648 auseinander, daß das Kaiferlihe und baierifche Heer, kaum 40,000 Streiter ftarf, 180,000 Köpfe zähle, alfo einen faft fünffach färferen Troß von

«

414 J. v. Werth General⸗Lieutenant der Reuletel.

Weibern, Kindern und Geſindel. Dieſe ungeheure Maſſe ſuchte denn ihr Brod mit den Soldaten, und legte den Generalen die widerwärtig⸗ ften Fefieln in ihren Bewegungen auf. Nicht befremden kann «8, daß in einer Zeit, deren Charakter in Folge des langen Elends Gemüths⸗ dumpfheit, Verzweiflung und fittlihe Entartung geworden, abger ſchmackter und grauenerregender Aberglaube feinen Heerd im Sol- batenleben fand. An die Kunft des Feſtmachens glaubten Proteftanten wie Katholifen unfehlbarz; aber auch unglüdliche Weiber, der Hexerei beſchuldigt, wurden von gottesfürdtigen Oberften dutzendweis vers brannt, wie 3. B. ihrer acht um Neujahr 1638 in Pommern ald Ama⸗ zonen des Teufeld. Der Höhefland des dreißigjührigen Krieges erzeugte jene jegt kaum begreiflihe Barbarei und Wuth der Herenpros cefle, * eine Schande bed menſchlichen Geiftes, welcher der Firchliche Fanatismus faum gletchfommt.

So hatten die politifhen Verhältnifte, das Drangfal des Jahrs hundert, das Heerwefen almählig fi geftaltet, al® Johann von Werth wieder berufen wurde, um im Verein mit alten und neuen Gefährten, mit Katholifen und einer großen Zahl vornehmer proteftans tiſcher Dffiziere, welche unter Serdinands und Marimiliand Bahnen ihr Gewiſſen nicht beſchwert fühlten, entweder gegen Torftensfon oder gegen Guebriant zu fechten. Beide konnten einem ungebulbigen, thatendürftenden Manne wohl Gelegenheit geben, den rheinfelver Unfall vergeffen zu machen. Mit fühnem GSeldfivertrauen fteDte ſich der Krieger zweier Fürften feinen Herren in Wien und in Münden dar; huldvoll empfingen beide den gemeinfamen Diener, welchem Savelli, feit den legten Zeugnifien feiner Untüdhtigfeit im Jahre 1639 an den päpftliden Hof gegangen, nicht mehr im Wege ftand. NIS fehrte er vom Siege, nicht aus der Gefangenſchaft zurüd, befleideten beide ihn mit der General: Lieutenantswürbe über die Reuterei, bei dem gemeinfchaftlichen oder in „dem Reichöheere.” Zwar hatte Erz⸗ herzog Leopold Wilhelm, der am meiften feine Befreiung betrieben, * ihm die Führung eines unabhängigen Heeres verfprohen; allein, da fein ſolches für den Ehrgeizigen aufzubringen war, befand ſich der Hof in einer nicht geringen Berlegenheit. Wohin fie den Kampf- Iuftigen ſenden follten, war zwar bald durch die geplagten geiftlichen.

ı Carvel, 240.

2 ©. darüber Menzels vortrefflihe Iufammenftellung III, 8, 6. ® Merc. franq. XXIV, 677.

3. v. Werih am Niederrhein. 415

Kurfürften, die ſtandhaften Bundesgenoſſen Ferdinando und Maris milians, entſchieden; Piccolomini wehrte fi gegen Torftensfon in Böhmen, Mähren und Schlefien. Ferdinand von Köln verlangte „abfonderlic den Johann von Werth, obgleih Graf Hatzfeld und der Generals Feldgeugmeifter von der Wahl, letzterer feit dem Juni dieſes Sahres, dort befehligten. Alfo ward am Niederrhein, in Gegenden, wo Johannd Name fchon fattfam befannt, ihm der Schauplag für den neuen Auftritt feines Kriegöfpieled angewiefen; Hatzfeld durch einen Hofbefehl benachrichtigt, ihm die Reuterei zur unabhängigen Führung zu überlaflen, * und im hohen Sommer eilte er mit ftatt- lihem Kriegszeug quer durch Deutſchland nad Köln, In deffen Nähe bei Zond Hapfeld und Wahl mit 15,000 Mann ein Lager, dem vers . einigten Feindesheere gegenüber, bezogen hatten.

In Köln angelangt wurde Johann von Werth vom Kurfürften wie der erfehnte Retter aus der Noth empfangen. Sobald die Kunde, Zohann von Werth fei da, ſich in der Gegend verbreitete, und er fid zu Roß um Köln zeigte, jubelte das Landvolf, durch Kriegslaften und den Hebermuth der Feinde nievergedrüdt, ihm fchaarenweife, wie einem Befreier entgegen, ? warf fich ihm zu Füßen und flehete ihn an, er möchte Doch den argen Feind vertreiben. Johann von Werth war bei diefen Aeußerungen der Liebe und des Vertrauens die zuverfichtlidhe Rede wohl zu verzeihen, daß er in vierzehn Tagen den Feind verjagen würde, eine Berheißung, welde er wahr gemacht hätte, wäre er uns umjchränfter Herr der Unternehmungen und an der Spige eines befier verjebenen Heeres geweien. Am 5. Auguft folgte er feinem Kriegsge⸗ räth ind Lager, und Tages darauf fand fi aud der Kurfürft in Bes gleitung des Coadjutors und vieler vornehmer Herren ein, und ftellten am Tten Johann von Werth als Faiferlihen, kurbaieriſchen und furs fölnifchen Generals Lieutenant der Kavallerie vor.

Mit den Franzoſen trat er alfo jebt wieder in kriegeriſche Be⸗ rührung, welde er zuletzt bei Rheinau nicht von der rühmlichften Seite kennen gelernt. Sie waren, fonft fo untüchtig zum deutfchen Kriege, die berüctigfien Merodebrüder im Elfaß und in Deutfch-Lothringen, Im Badenfchen; auch jene fauberen Geſellen Philanderd zu Dombaffel empfingen frangdfifche Botfchaft und ausdrücklich bezeichnet Georg Engelfüß, Feldprediger im Heere Bernhards, diefe Auflöfung in kleinere

Theatr. Europ. IV, 827. Pufendorf 489. Adlzreitter 426. » Lotichius II, 816. Phoatr. Europ. IV, 827.

416 Zuſtand des Heeres.

Schaaren, und kann nicht Worte genug finden, den Muthwillen, die Bubenſtücke und Greulthaten dieſer Franzoſen zu ſchildern, „waren ſie einmal im Bortheite.”

Nicht an dem Willen und der Thätigkeit Johanns von Werth lag e8, daß ed am Niederrhein zu Feiner wichtigen Entfcheidung Fam, unge: achtet aller frommen Vorbereitungen. Ueber die Befchaffenheit des Heeres berichtete er ſchon unter dem 9. Auguft aus Zond: „er habe unter den Reutern und dem Fußvolfe, befonders unter den Offizieren, ein fo unglaublidhes Elend gefunden, daß er ſichs nimmer alfo hätte einbilven können, auch nie erhört worden. Unter andern habe er mit Schreden fehen müflen, daß fih bei 2000 Reuter und Dragoner zu Fuß befunden, mit welchen, wenn fie beritten wären, man dem Feinde fhon baftant gewefen. Der Feind fei ihm überlegen an fchöner Reutereiz habe aber auch dreimal in einem Jahre auf jede Compagnie taufend Thaler geben laffen. Weil der Feind würbe, dürfe man fürch⸗ ten, daß bie Demontirten aus Verdruß zu ihm fich zögen, und man fo gute, alte Soldaten verlöre, die man um groß Geld nicht befommen könnte.“ Er fprach die Sorge aus, durch Rückzug die Gegner nad) ſich imns Reich zu locken und berief fih unter den gegenwärtigen Umſtaͤnden auf feine fchriftlihen und mündlichen Warnungen vor der Schlacht bei Rheinfelden, welches Unheil wegen Mangels an Hülfe erfolgt fel. „Seht fei diefelbe Gefahr vorhanden, und beforge er, wenn die Vers pflegung gar ausbleibe, einen Aufftand. Diefe eine Remontirung fönne viele Tonnen Goldes Schaden verhüten; hätte man vor dem Fahre, (als Baner und Guebriant bid vor Regensburg rüdten,) nur den hHundertften Pfennig deflen, was der Feind in den kaiſerlichen Landen Schaden gethan, zur Remontirung gegeben, jo wäre ed nimmer fo weit gekommen, und hätte der Feind gefchlagen werden Tönnen. Set wolle man gerne helfen, ermangele aber ver Mittel und wenig ergebe nichts. Er ſei ed indeflen feinem Gewiſſen und wegen feiner treuen und beftändigen Affektion zum Kurfürften zu erinnern ſchuldig;“ werde man ihm in folder Roth recht zu Hülfe fommen, fo würde es dem hochlöblichen Haufe und dem ganzen römifchen Reiche zu Nutzen fein.” ? So warnend Hagte Johann von Werth, legte jedoch bei Drangel ‚an Kriegsmitteln Die Hände nicht in den Schooß. Obgleich er mit raſtloſen Streifgügen größere Regjamfeit in beive Lager brachte, fo.

Engelfüß 177. 218—220. 3 Meftlenrieder 194,

Johanns von Werth Derluft vor Blehberg. j 417

ſchien doch jeder Theil eigenfinnig den Abzug des anderen zu erwarten. Johanns von Werth Ausfälle begünftigte das Glück anfangs fo, daß er den vereinigten Gegnern 1500 Pferde abnahm und Gu6- briant ſelbſt den Verluft feiner Reuter am Ende Auguft auf taufend Mann und Pferde angab. Er erfchwerte das Futtereinholen fo weit, daß die Weimarer Nahrung für ihre Thiere bis ind Bergifche ſuchen mußten. Man lobte ihn in München, aber ließ es bei Eleinen Geldfendungen bewenden. Um den Zufammenhang mit Maftricht abzufchneiden, 309 Johann von Werth auf das vom Feinde ver- laſſene Städtchen Grevenbroih und beſetzte es mit dem Oberften Sparr ? und fehshundert Mann; dieſe Vorſicht belohnte ſich bald, indem der Oberftlieutenant Latomus, ein fo unebler Freibeuter, daß er felbft die verlobten Bräute feindlicher Offiziere in bevingung weife befegten Städten nicht fehonte, vom Sülicherlande mit Beute heimfehrend, ereilt und getödtet wurde, und Sparr mit einer guten Anzahl Gefangener heimfehrte. So wurde auch einmal der vers mwundete Graf von Wittgenftein aus dem weimarfchen Lager mit vielen ‘Pferden fortgeführt. * Guebriant meldete die Einbuße durch Johann von Werth fhon am 22. Auguft an Beauregard, * und be- ſchwor ihn, die Landgräfin zu vermögen, das heſſiſche Heer aus ihren zerftreuten Befahungen mit Reutern und Fußvolk zu verftärfen. Aber eine Stunde vom frangöfifhen Lager vor Liedberg, fchlug Johann von Werth das Glück um, wiewohl dem prahlerifchen Berichte im . Mercure frangois, welcher feine Niederlage zur Ehrenfache der Nation zu machen fcheint, nicht zu trauen iſt. Pufendorf erzählt:® „als Johann von Werth mit achthundert Reutern Liedberg angriff, ſei er von Rofen überfallen worden; habe einen großen Theil feiner Mann⸗ [haft verloren und mit Mühe zu Fuß fi mit dem Oberft Wolf dur Sümpfe gerettet. Andere fagen, er habe mit 2000 Reutern

et Bufendborf 489.

2 Otto Chriſtoph Freibere von Spare, aus altem Geſchlechte in der Mark Brandenburg geboren, fand ſchon in der Schlacht bei Lüben im Faiferlichen Dienfte, trat als brandenburgifcher Dafall 1837 unter Klibinge Heer für George Wilhelm, und focht nach dem Waffenſtillſtande Friedrich Wilhelms, wie der größte Theil feiner Waffengefährten, wieder für den Kaifer, |. Lebens beſcht. O. Ch. v. Sparer 4 ff.

Epitome R. @. 246. Bucbrie nt 508 ff.

* Ouöbriant 509.

NPufendorf 489.

Barthold, Seid. des 80jahr. Kriege, EL 27

418 Johanns von Werth Verluſt vor Liehberg.

am 27. September das akziehende franzöftihe Heer, welches das Lager ded Prinzen von Dranien einnehmen wollte, verfolgt, und ihm ſchon bedeutenden Schaden zugefügt, als Rofen und Tqupabel ihn mit 4000 Reutern unverſehens umringt und ihm ſo zugeſetzt hätten, daß er kaum mit dem geringen Reſte entrann. ‘Der Mercure francois beginnt * feinen Bericht alſo: Nous avons laisso trop long- temps Jean de Wert, sans le faire paroltre sur un theatre ou leg plug braves de la Chröstiente jouerent d’estranges tragedies; er habe am 26. September mit 1200 Reutern und zwei Regimentern has Lager verlaffen und ſich durch bie Hülfe bed Amtmanns (pen Johann von Werth wegen ber Nähe feiner Herrſchaft Odenkirchen wohl kennen mochte) des Schloſſes Liedberg, mo Guéhriant ein Magazin hatte, bemaͤchtigt, mit einer Beſatzung verfehen, und nicht zufrieden mit biefem Vortheil, fi in der Nähe des Ortes in Hinterhalt gelegt; gegen ihn feien vier Regimenter unter dem Generalmajor Roſen ausgefhidt worden und nad einem mehr als zweidentigem Gefechte hätten endlich die Franzoſen, fo nennt her Verfafler die beutichen Reuter der weimarſchen Armee, die Weberhand gewonnen, und 30 hann von Werth, vom Pferde geworfen in der Hitze des Streiteg, fei nur durch den Dragoneroberften Wolf vom Tode, oder minbeften® von ber Gefangenfchaft,erreftet worden. Nach einem nochmaligen An griffe fet er wiederum zu Boden gefallen und befinnungslos un ſchwach durch den Fluß Nierd von der Gefahr errettet worden. ? So leicht fih auch aus dieſem Berichte erfennen läßt, daß bie Sprache der frangöftfhen Bülletins nicht neu, fo lernen wir jedoch wiederum aus der Reihe der Gefahren, in welchen wir Johann yon Werth gefehen und noch fehen werben, daß er nicht auf Tillys Ruhm, mit welchem dieſer den jungen Grafen de Guide, nahmaligen Duc de Grammont, in Berwunderung feste, Anfprühe machen konnie. Dieß war das letzte Zuſammentreffen in den ausgehungerten Gegenden. Schon vor Ende des September berieth Guébriank,“ außer Stande, am Niederrhein ſich zu behaupten, mit dem Prinzen von Oranien, was weiter zu thun fei? Cigennügig ſchlug jener. vor,

* Merc. frang. XXIV, 677.

3 Die Nachrichten bei Gubriant 511— 512 laſſen fi nit mit ben übrigen vereinigen. Ehen fo wenig der Brief I. v. Werth von Zons, 29. September; Münchener Archiv. u

ı Buebriant 512.

Guebriants Radweg nach Niederſachſen. 419

das franzoͤſiſche Heer ſolle ein Lager unter Maſtricht beziehen, nur die feſten Staͤdte Jülichs und des Erzbisthums beſetzen, und vers ſprach Nahrungsmittel aus dem Limburgiſchen. Aber Guebrian, vol Schaam auf holländifchen, vielleicht gar auf franzöfifchen Boden zurüdzumeichen, beſchloß, im Bertrauen auf Torſtensſon, wieder über den Rhein zu gehen, von den Fortfchritten der Schweden Bor theil zu ziehen, die Lüneburger an fih zu hängen, vor allem mit Hülfe der Heffen am Nedar Winterquartier zu fuchen, wo er fid auf Elſaß und den Breisgau fügen Fünne, wohin er aber durch das feinplihe Luremburg und die Nheinpfalz ohne Verluſt nicht zu gelangen hoffen durfte. Des Marſchalls Gründe fiegten, zumal der Rückweg an die Mofel Schwierigkeiten und Schaden zugleich drohete. Nachdem er die deutſchen Offiziere, welche noch zweimal erklärs ten, „bezahle man fie nicht, zum Feinde über zu gehen,“ mit ger wohnter Kunft befänftige, * auch der Graf von Fontaines bem abs ziehenden Prinzen von Oranfen gefolgt war, brad Guébriant von Holten am 27. September auf, forderte den Gegner, welcher ſich, des Abzuges der Weimarſchen ſicher, unbeweglich um Zons hielt, trotzig zur Schlacht heraus, und ging dann über Urdingen,? die Aufmerkfamfeit jener durd eine Bewegung auf die Maas täufchend, am 1. October auf Wefel. Aber vor dem NRheinübergange gab ed noch einen Streit mit den Offizieren; unficher vertröftel, am Main die oft und ſtürmiſch geforderte Befriedigung. zu finden, die Gyebriant faft im Gebieterton. von den Miniftern verlangte, ypaffirten fie den Rhein am 2. October. In einem Briefe deſſelben Tages ° melbete er dem Hofe feine Noth und. Berlafienheit, ſprach jedoch die Hoffnung aus, einen Theik des hesrenlofen braunfchweigifhen Heeres an fih ‚zu ziehen, und feinen abenteuerlichen Entſchluß, aus der gegenwärtis gen Rathloſigkeit fih zu retten, indem auf dem rechten Rheinufer den Südweſten Deutſchlands zu erreichen, ſich ihm die Ausficht bat, Wenig traute er der Standhaftigfeit der Holländer, die ihm weder folgen, noch um alle Schäte der Welt Niederlande „Bier und Käſe“ verlaffen wollten, und muthlofe Verteidiger der ihnen übergebenen Staͤdie gegen Hatzfeld fhienen. Auch eiy Theil der Heffen * unter

—— Gesbriant 513. 3 Bufendarf 489. 2Guébriant 515. © Daf. 516. 27 9

420 Unzufriedenheit der Weimarer.

dem Grafen Cherftein blieb am Niederrhein zurück, dem Guebriart Urdingen, Zinn und Neuß anvertraute, und nur Kempen noch vors behielt, mit dem Berfprechen, „nad ded Königs Bewilligung” auch diefe reiche, fefte Stadt ald Pfand zu überlaffen; ein Vorbehalt, ver die Landgräfin nit wenig verbroß. Die Ems überfchritten die Weimarer noch ohne lautes Widerſtreben; als das Heer jedoch durch das Zedlenburgifhe und Dsnabrüdifhe an die Wefer gekommen war, (um den 20. October) brach an dem Ufer dieſes Fluſſes ver „Donner los, welcher auf dem Wege ſchon gegrolt Hatte." Die Deutfhen ungläubig, daß Guebriant ihre Forderungen mit Nach⸗ drud dem Hofe vorgeftellt, begehrten zwei Rittmeifter aus ihrer Mitte an den König zu fenden, und mit Mühe konnte Guebriant durchſetzen, daß ftatt ihrer zwei Oberften, Fledenftein und Truch⸗ feß, mit einer wentger beleivigenden Vollmacht nah Paris ges fhidt wurden. Nah folden Schwierigkeiten über den Paß von Dldendorp im Gebiete von Hildesheim angelangt, begann er das Ne feiner diplomatifchen Künfte auszuwerfen. Wir begreifen aber die Verwegenheit des Marfhalls, nad Niederfachfen, das er ein Sahr vorher fliehend verlaffen, ſich zurückzuwenden erft, wenn wir die Waffenereigniffe des ſchwediſchen Hauptheered ins Auge faflen.

Torftensfon, durch Piccolomini im Anfange des Auguft mit herbem Verluſt nach Niederfchlefien zurüdgemwiefen, harrte im Winfel zwifchen Neiffe und Oder bei Guben der ſchwediſchen Verftärfung, unterdeß das Taiferlihe Heer Glogau belagerte.* Sobald er fichere Kunde von Wrangeld Ankunft erhielt, brah er am '%,, Auguft auf, um die bedrängte Feſtung zu entfeßen, vereinigte ſich mit Wrangeld Vorhut am , und fühlte fih flarf genug, dem Ergzherzoge entgegenzurüden. Am 7, September hatte er die Ge⸗ nugthuung, das Faiferliche Heer von Glogau ab auf Lüben weichen zu ſehen, 309 dann auch die Verftärfung von ſchwediſchen Reutern unter Arel Lilje, %,, September, an fih,? täufchte den Erzherzog und Piccolomini durch Bewegung auf das Gebirge; Fam, bei Löwens berg raſch umwendend, dem Feinde in der Oberlaufig zuvor, und fuchte, über Lauban und Görlig gehend, am bei Zittau feitwärts im Gebirge, durch Piccolomini und den Erzherzog gefolgt, einen Eingang nah Böhmen. In Obers und Niederſachſen war

Bufendorf 482. Geijer IM, 327. Theatr. Europ. IV, 930 ff. » Brief K. G. Wrangels an feinen Vater Geijer III, 328.

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Torſtensſon anf Leipzig. | 421

% ed inzwifchen längft wieder getümmelvoll geworden. Denn gleich⸗ jeitig wie Torftensfon am —— die Oberſten Derflinger und Plet⸗ tenberg verkleidet als dienſtloſe Offiziere durch Polen ausſchickte,“ um Ragoczy, den Nachfolger Bethlen Gabors, Fürſten von Sieben⸗ bürgen, zu einem Angriffe auf den Kaiſer zu verlocken, da man bei Idbrahims Friedensliebe die Türken nicht aufreizen konnte, und um die Gefahr für Oefterreih vom Jahre 1619 herbeizuführen, ? was je⸗ doch, erſt fpäter der franzöfiihen Diplomatie gelang; hatte der Feld⸗ marihall Zu, von Guhrau aus den General Koͤnigsmark mit 4000 Reutern auf Meifien, Thüringen und Sachſen gefendet, ® theils um auf die neuen Rüftungen des jüngeren Pful und der Küneburger Acht zu haben, theils endlih durch Brandſchatzung des braunfchwei- gifhen und hannöverſchen Gebietes die Vollziehung des Friedens» tractates zu verhindern. Der Raubvogel, mit gewohnter Kühnheit bei Pretſch über die Elbe gegangen, * hatte in Erfurt fich verftärkt, Nordhauſen erobert, 1%,, Auguft, und dad Hildesheimifche und Braun ſchweigiſche gebrandſchatzt; alles Land, vom Harz aufwärts bis Böhmen und Thüringen, ja nach Franken hin, wo der neue Biſchof von Würzburg, Schönborn, ald Nachfolger Hatzfelds die alten Schulden zahlen follte, gefchredt; kleine Haufen vernichtet, und Anziehungskraft auf Guebriant geübt, als Torftensfon den verberb- lichen Landfahrer an fi rief. Der Feldmarſchall gedachte bei Zittau (7., Oktober) einen Eingang auf Böhmen zu erfpähen; als aber das Faiferliche Heer, bei Friedland gelagert, ihn immer ausfperrte; zog er auf das rechte Ufer der Elbe über Baugen und Großenhain abwärts, überbrüdte bei Torgau den Strom und warf fih am 7, Dftober, mit Königsmarf und Wrangel vereinigt, mit Drohender Uebermacht auf Leipzig, am ?%,. Oftober fein ganzes Fußvolk rings» um zum Sturme aufftellend. Die Noth der zweiten Stadt des Kurfürſtenthums, wo felbft in folder Zeit Handelöverkehr noch ge- blüht Hatte; das Hülfdgefchrei des Kurfürften Johann Georg mußte ben kaiſerlichen Seloheren, zu denen Enkevort in Böhmen kurzvorher

Pufendorf 505. Leben Derflingers 18.

» Torftensfon führte, um nene Horben nad Deutfchland zu loden, Baners befannte Sprache: es galt dem Cvangelium gegen bas roͤmiſche Babylon. ©. den Brief Torftensfons an Ragoczy. Theatr, Europ. V, 131.

2Pufendorf 482.

% Daf. 483. Theatr. Europ. IV, 884,

499 Schlacht bei Leipzig 2. November 1642.

geftoßen war, den Entichluß abringen, eine offene Schlacht, welche beide Theile feit drittehalb Jahren ängftlich gemieven, zum Entfag zu wagen. * Bei Dredven ohne Säumen über die Elbe gegangen, ftanden fie am Ze in Leipzigs Anfiht, weshalb Torftensfon am Fr feine Stellung an der Stadt eilig verlich, und um Breitenfeld den Angriff erwartete. Aber auf jenem verhängnißvollen Boden, an einem verhängnißvollen Tage, dem Feſte Aller Seelen, fcheiterte Habsburgs Kriegsglüd zum brittenmal. Am 2. November 1642 gab Leopold Wilhelm, jetzt gleih ſtark, aber ver ſchwäch ere, fobald Guebriant, den nur Torſtensſons Fortichritte über die Weſer gezogen hatten, während Habfeld am Niederrhein noch zögerte, herbeieilte, das Zeichen zur Schlacht, weldhe nad mindeftend vier Stunden dad Geſchick Sachſens und der nahen Erblande in den nächſten Jahren entſchied. Auf dem FTaiferlichen rechten Flügel befehligten Hannibal Gonzaga, nebft Bruay und Borneval; auf dem linfen Graf Buchheim; Suys leitete dad Ges ſchütz; den ſchwediſchen rechten Flügel führten Stälhandske und Wittenberg, den linfen Königsmarf und Stange; Kiljehoef, Wrans gel und Mortaigne das Fußvolk; Pfalzgraf Karl Guſtav war zum heißen Tage ſchlachtmuthig Herbeigefommen. Unter furchtbarem Kanonenfeuer des Feindes rüdte die ſchwediſche Schlachtordnung der kaiſerlichen ins Geſicht, und brachte der rechte ſchwediſche Flügel den linken kaiſerlichen zum Wanken, weil die kaiſerlichen Reuter, die Kroaten und Ungarn zuerſt, ohne Widerſtand davonjagten. Dagegen gerieth der linke ſchwediſche Flügel vor dem anſtürmenden Gegner in große Verwirrung, ward jedoch von dem rechten zur guten Stunde, unter Karl Guſtavs heldenmüthiger Führung unter⸗ ſtützt. Noch lehnte das kaiſerliche Fußvolk hartnäckig ſich an einem Waͤldchen; als aber die Reuterei verſchwand und der Erzherzog umfonft durch Bitten, Verheißungen, Drohungen, felbft durch Schläge die allgemeine Flucht derfelben nicht aufhalten konnte; wurs den die Tapferen umringt und überwältigt. Mit Roth entfam ber Erzherzog ſelbſt, büßte fein Foftbares Tafelgeräth, ja fein Archiv, fo wie fünf und vierzig Gefhüge, fein Gepäck und viefe Fahnen ein; das Fußvolf war faft ganz vernichtet; der General» Wacht meifter Soye nebft vielen Oberften getödtet; Don Felix Guzman

® Bufenborf 148, 485. Theatr. Europ. IV, 936. Mdlzreitter

433, Beijer III, 329. Brief Wrangels.

<orftensfon vor Leipzig. | 493

de Zuniga und viele anbere Oberſten und 4000 gemeine Söloner gefangen. Der Berluft ver Schweden farb mit dem heißen Kampfe, wo man lange „Pifen gegen Piten“ Focht, Im Berhältniß. Stange und Liljehoek farben an ihren Wunden, und Torftensfon fo wie der Pfalzgraf befanden fih in Lebensgefahr; faft alle hohen Offiziere waren verwundet, über 4000 Mann lagen tböt oder verftümmelt auf dem Wahlplate. Deshalb durfte Totſtenſsſon in feiner Er ſchöpfung nicht an die Verfolgung der Beſiegten denfen und bangte um den einzigen Lohn der Anftrengung, um ben Beſitz der reichen Handelsſtadt, welche er, des Gefchides Banerd 1.3. 1637 kundig, und deshalb das Mittel ver Berückung verſuchend, am °/,, No⸗ vember von neuem zu umlagern begann. * Einerſeits fand er bie Defagung durch Geflüchtete mächtig verftärft und die Bürgerfchaft nicht geneigt auf feine Forderungen einzugehen; andererſeits Tief ängftigende Zeitung aus Böhmen ein. Denn der Erzherzog und Piccolomini, nad Prag geeilt, verfammelten zunächſt die geflohenen Reuter, welche den Weg auf Wittenberg, Grimma und Dresven verfolgt hatten, ? fahen um Rafonis bald 8000 derſelben um fi; barrten der Heranfunft Hatzfelds vom Nieverrhein, und ſchickten, nachdem fie um Rofigand Galgen römische Strenge über die feldflüch⸗ tigen Ungarn und Kroaten verhängt, den Grafen von Bruay ald- bald mit flarfer Vorhut gegen den Feind. Die fette Bente Leipzigs, um die er mit jo vielem Blute geworben, nicht aufzugeben, da die Pleiſſenburg allen Angriffen wiberftand, fandte fchon am Ys Rovember der ſchwediſche Beldmarfhall den Hauptmann feiner Leibwache mit befhwörenden Worten an Guebriant, * welden ins zwifchen der Sieg bei Breitenfeld bis Gronau an die Linie gelodt hatte, um ſich aus feinem Abenteuer zu helfen, oder hülfeifrig den Gewinn zu theilen.

In Ungerwißheit aufs Gerathewohl, weil er mit Ehren nicht anderd zu bleiben wußte, vom Rheine aufgebrochen, und (den 22. October) bei Oldendorp die verbroffenen Weimater und etwa taufend Heſſen über die Weſer fchleppend, gebachte det Marſchall, wie von Torſtensſons Fortſchritten am fernen lauſthzet Gebirge nichts verlautete, im Hildesheimiſchen ſich einzulagern, Uhrali Sie Kaiſerlichen

Theatr. Europ. IV, 944. Bufenporf 466. |

? Phoatr. Europ. IV, 950. > Busbriant 545. Bufenborf 489,

424 Gnebrionts Verhandlungen mit ben Guelfen.

daſſelbe nicht beſetzten; die Guelfen zum Anſchluß an. die anfges gebene Sadje zu fohreden und mit neuer Unterflügung der Land⸗ gräfin, die er ſchon am 23. October aus Artmitelen wiederholt betreiben ließ, Winterquartiere nad) Umftänden fich zu fuchen. * Anfangs ließen die Dinge ſich verheißlih genug an; denn gleich nah feiner Ankunft auf dem rechten Weferufer (23. October) famen die Räthe des erfchrodenen Herzogs Ehriftian Ludwig, wels her auf dem fünweftlihen Raume feines Landes kaum von Königd- mark befreit war und von der Verföhnung mit dem Kaiſer noch feinen Genuß gehabt, herbei und empfingen die unummwundene Ans fündigung: „Gusébriant werde fih im Hildesheimifchen und im Lande Auguft ded Jüngeren einlagern; den Friedrich und Chriftian Ludwig ald ehemalige Bundesgenoflen, die jegt müde feien, fchonen.” Nach Oldendorp vorgerüdt forderte dagegen der Franzoſe am 27. October durch den Oberſt Schönburg, Ehriftian Ludwigs Geſandten,? den- ſelben auf: „ſich mit feinen 2000 Reutern und feinem Fußvolk mit ihm gu vereinigen; feined Vaters unfterblihem Ruhme nachzuftreben und ſich nicht durch feinen Better von Braunſchweig irre machen zu laffen.” Aber Ehriftian Ludwig fah fein Land noch verwüſtet in Folge der Gemeinſchaft des Vaters mit dem Feinde; follte er leichtjinnig in dieſe Sale gehen? Auch fein Oheim in Celle rieth ihm am 29. October, „den Guebriant mit glatten Worten abzu> fpeifen, und verſprach feinen Beiftand, falls jener feine Landesfeſte angriffe; der gleihen Meinung war Auguft der Jüngere, und febte am et hinzu, „er wolle mit dem Kaiſer fiehen und fallen.“ Der . Herzog von Hannover, in peinvoller Verlegenheit, wie das dringende Zumutben abzulehnen, fand Feine Hülfe als bei der Land⸗ gräfin, welche allein die Mittel in Händen hatte, das franzöfifche Anfinnen zu vereiteln. Inzwiſchen jene für den Verwandten wirfen fonnte, dem Bündniſſe von 1639 gemäß, und vorläufig dem Her⸗ zoge erklärte, fie werde ihre Truppen, welche gegen ihr Geheiß über die Wefer gegangen, zurüdrufen, ließ Chriftian Ludwig dem Marſchall vorftelen, „in dem Frieden mit dem Kaiſer hätte das Haus Feine Berbinplichfeit übernommen, welche ben fremden Kro⸗ nen ſchädlich wäre und er hoffe deßhalb Schonung feiner Länber. *

* Brief an Beauregarb vom 23, October aus Artmitelen () Buchriant 540.

2 Deden IV, 135.

» Deden IV, Urk. 393.

Die Landgraͤſtn an Guoͤbriant. 425

Aber jener, inzwifchen bis Koppenbrügge vorgerückt, verfuchte in einem Schreiben vom 28. Detober den Kriegsfcheuen zu den Waffen zu bewegen, indem er ihm vorftellie, „wie fein Haus fich felbft die Ketten fchmiede, indem es fi durch den Kaiſer entwaffnen lafie;” er mahlte ihm die Vortheile, die die Guelfen genöflen, wenn fie nicht um Wolfenbütteld willen voreilig einen Frieden ges ſchloſſen hätten, und verlangte drohend, „falls fie feinen Anſpruch an die Wohlthat des allgemeinen Friedens erhöben, den ver allerhriftlichfte König den deutſchen Fürften erkämpfen wolle, folle Chriſtian Auguft gutheißen, daß er dem Herzog Auguft den Bors theil bemerflih made, die Partei des Feindes ergrifs fen zu haben,“ und gebot deshalb dem Herzoge von Hannover feine Truppen aus dem Hildesheimifchen zurüdzuzichen. Allerdings war Gürebriantd Prophezeihung wahr: die braunfshweigifhen Yürften würden beim Frieden leer ausgehen, wenn fie unbewaffnet blieben; aber anderfeitd ift e8 eben fo wahr, daß die Ouelfen, indem fie müſſig darein fchauten, Fein Anreht auf irgend einen Lohn vom Reiche fih erwarben, weldes ihnen reichötreue Parteinahme vers hieß! Guebriant zweifelte noch nicht, die Guelfen zur Partei zu fhreden, als er, ftatt des geforderten Zuzuges von 1000 Mann Fußvolf, am 30. October einen Brief von Amalia Elifabeth vom 13, October erhielt, der ihn in die böfefte Laune verfegte, und ihm ein Labyrinth von Sorge, Noth und Beihämung eröffnete. Die Landgräfin, längft verbrießlih, daß man ihren Truppen Kems pen vorenthalte, ftellte ſich höchft befrembet, was das weimarſche Heer in Niederſachſen zu thun habe, ohne fie in Kenntniß zu ſeten? und tabelte freimüthig die abenteuerlichen Pläne des Sranzofen. Sie begehrte, daß der Marfhall, um nicht müßig zu figen, jene fefte Stadt Meppen, welde die Pfahgrafen im Jahre 1638 verloren hatten, erobern follte. * Gleich darauf fchidte fie (%,, October) ihren Rath Vultejus nach Koppenbrügge, mit einer Reihe von Borjchlägen, welde ihren Bortheil ausfchließlich bes zwedten, wie Kempens Abtretung, ihre Zukunft fiherten und das Heer aus dem Hildesheimifchen wiefen. Guebriant, jo empfindlich er gereizt war, antwortete am den Tadel ablehnend, ſich rechtfertigend; verlangte, der Winterquartiere noch ungewiß, jene Unterftügung, „welche bie Landgräfin ohne Gefährdung ihrer Stäbte s Bnehbriant 539, 540, 542,

426 Sushriant und die Landgraͤſin.

feicht entbehren koͤnne.“ Allein ſchon erfuchte er den Sieur de Beauregard, welcher in Kaffel fein Anliegen vergeblich betrieb, um Geheimſchrift, und gab ihm feinen Verdruß über die Selbftfucht eines fo unthätigen, theuren Bundesgenoſſen zu erfennen. Indem er bereitd die erfle Kunde von Torſtensſons Ankunft vor Leipzig erhalten, wuchs fein Muth, daß er fi) vermaß: de faire connoltre & Messieurs les Ducs de Brunswick que la paix particuliere n’est pas irop sure à ceux qui la font, et que qui fait avec precipi- tation une chose de consequence s’en repent bien souvent avec loisier 1" Sngwifhen nad Gronau an die Leine gerüdt, fo daß er am Tage von Breitenfeld, wie beide Theile wußten, nur drei ſtarke Maͤrſche vom Schlachtfelde entfernt war, ſchrieb Guebriant bei der fiheren Kunde vom Erfolge am 12. November an Beau- regard, „wolle die Landgräfin ihm die taufend Mann geben, fo ges denfe er Habfeld und Wahl, welche zu Leopold Wilhelm eilen müßten, am Maine aufzuhalten.” Da die Guelfen taub blieben gegen feine Mahnung und er, weit von feinen Hülfdmitteln, dem Torftensfon nicht ohne Furcht vor ſchwediſcher Willkühr ſich anhän- gen dürfte, fah er im ver Heffifhen Unterflügung das einzige Mittel, aus dem Hilvesheimifchen loszufommen. ? Che noch Tors fensfon etwas von ihm begehrte, verbieß er dem Sieger gemein» ſchaftliche Mitwirkung nad der That, befhwor Beauregard die heſſiſche Hülfe zu beeilen, „welche Feine Stunde über ihre Grenze hinausgehen ſolle.“ Obenein den Sieur de Tracy mit Gelb er wartend, jubelte Guebriant im Geiſte, „daß Gott ihn zu einer guten Stunde ins Reich geführt habe! und dachte nichts weni- ger, als daß die Landgräfin ihn hindern werde, fi an den un- treuen Guelfen feinen Schaden am Rhein bezahlt zu machen. Aber die Dame befand auf ihrem Willen, Guebriant zu gängeln, und wollte nach Ihrer Weiſe Zugeſtändniſſe ertrogen, che fie ein Unter pfand gäbe. Ihr lag daran, Die feindlihen und freundlichen Heete gleichweit von ihrer Grenze zu entfernen und auf fremdem Boden fh ven Fuß zu fihern. Kempen, gegen den Bertrag von Koesfeld und den fpäteren iht vorenthalten, blieb den unzuverläffigen Hols lindern unter Bronkhorft, und Eonnte, wie Eberſtein vom Niederrhein e Buebriant 542.

2 Daſ. 542. De plus o’est un bon moyen de me sortir de ce pays icy d'où autrement je ne pourray sortir auns oela.

Hatz felb und Werth nach Franken. 427

meldete, leicht verloren gehen. Denn als Guebriantse Rückzug aus dem Sülicherlande die Noth aus dem Crzbisthum entfernt hatte; ging alsbald Hatzfeld mit dem Hauptheere bei Andernach über den Rhein, um dem Franfenlande gegen Königsmark beizu⸗ foringen; und dachten Wahl und Johann von Werth, mit acht Regimentern zurlcgelaffen, nichts eiligered, als vor ihrem Abzuge die befehten Städte zu befreien. Die Fleineren fielen-fo fchnell, als Guébriant fie bezwungen ; * und felbft das fefte Düren, ſeit dem 19. October berannt, eröffneten bie Holländer fhon am 23. mit reihen Vorräthen, worauf nur Sparr gegen Eherftein, der in Neuß und Linn ſich feftgefest, und gegen Kempen zurüdblieb, und Behlen nah Münfter zurüdfehrte. Zwar wünfchte Johann von Werth auf Geſuch des Kurfürften von Köfn, zum Schute der lieben Helmath zurückzubleiben, rieth feinem Bebleter in München, Geld zu Wer; dungen zu fhiden, und fand auch denfelben feinem Wunſche geneigt; aber als die Kolgen der breitenfelder Niederlage die Oberpfalz mit einem Befuche Torftensfons ſchreckten; Hasfeld, im November bei Steinheim über den Main gegangen, nicht hinlänglidh fihlen, und obenein feiner Beftimmung gemäß zum Taiferlihen Heere auf Böhs men eilte; riefen Marimiliand dringende Briefe den Johann von Werth aus Köln gleichfalls nah Franken ab.” Solche Wendung, welche Amalia Elifabeth in Kaffel am früheften wahrnahm, machte nun vollends Guebriants Verweilen in Niederſachſen verdrießlich, und deshalb meldete, nach Vultejus' Rückkehr, die Landgräfin dem Marſchall am 13. November, unzufrievener über den Aufſchub wegen Kempend, die Hülfe verweigernd, und durch Chriftian Ludwigs Bitten beftimmt, unter unverhaltenen Vorwürfen: „fie würde and) ihre Reuterei augenblidlih vom franzöftfchen Heere zurückfordern, wenn Guebriant nicht ungefäumt das Hildesheimiſche verliege.* * Sp fah der hochmüthige Marfhall von Frankreich, welcher ein

. * Theatr. Europ. IV, 854. Ablzreitter 428. Guébriant 523.

> Briefe im münchener Archiv von Maximilian an Werth vom 13. November

und 2. December, und brei Briefe von Werth aus Köln vom 14., 23., 29. Movember aus Köln.

Buebriant 532: Vous ne prendres pas eh mauvaise part, si pour eviter les mesint:lligenooa aveo Ja Maison de Brunswic je suis con- trainte de faire lo dernier, nämlich: de rappeller tout-indontinent mes troupes.

423 Hälflofigfeit Gusbrianis.

- fiheres Mittel in Händen zu haben glaubte für Kempens Heraus⸗ gabe die Bundesgenofiin zur Unterflügung zu vermögen, feinerfeits fih nicht allein durch jene vielfach geirrt, fondern aud in einem erneuerten Briefe vom 20. November gehofmeiftert und fcdharf ges tabelt, daß er, „ftatt Habfeld und Wahl aufzuhalten, ruhige Nach⸗ baren behellige; wegen der von Guebriant gewünfchten Unterftübung wolle fie mit Torftendfon jich vereinbaren.“ * “Der gereizte Franzoſe, welcher bisher fi) noch ehrfurdhtsvoll gegen die Dame benommen, glaubte jegt Baners Sprache nahahmen zu müflen, „da er auf feine höflihen Bitten wie auf gegründete Geſuche fo entfhieden abſchlägliche Antwort erhalte, ald der Schwede nad feiner groben Art fordernd, dad Berlangte immer erreicht hätte.“ ? Er erflärte der Landgräfin, obenein ermuthigt durch Tracys übers brachte Geld, daß der frangöfiihe Hof unmittelbar die Unterflügung gurüdhalten werde,’ falls die Landgräfin ihre Reuterei abriefe; fügte viele hochmüthige Worte Hinzu, wäh- rend er doch felbft dem Beauregard bekannte, ohne die Hülfe der Landgräfin und ohne Torftensfond Mitwirkung nichts unters nehmen zu FTönnen. Das Bewußtſein feiner Wichtigkeit warb gefteigert, da bie Sendboten des fiegenden Schweden am 21. Nos vember ihn dringend aufforverten; * „weil fein Sieg ohne Leipzigs Gewinn unvolftändig fei, der Sachſe neue Truppen zufammenzöge, das Fußvolk, matt und zum Theil verwundet vom heißen Tage, eine zweite Schlacht nicht aushalten koͤnne, Wahl fhon am Main fiebe, ihm mit feinem Heere an der Unftrut zu begegnen, um Leipzigs Eroberung zu fihern.” Die Sorge, daß eine zweite Schlacht dem Feldmarfhal die Frucht fo iheuren Blutes entwinde, war felbft bis nad) Schweden gebrungen; Salvius in Hamburg hatte am 18. November dem Sieur de St. Romain dringend ges beten, den franzöfiihen Marfhall zu einem ableitenden Zuge auf

ı Buebriant 532.

2 Daf. 544. Brief Beauregarbs: je trouve asses Etrange que par mes compliments et civilitez je m’atire antant de refus de ohoses raisons- bles et necessaires que lo Marechal Banier recevoit d’assistance par son ordinaire maniöre d’agir.

2 Daf.: en somme je luy mande que si elle retire sa cavalerie, je oroy que l’on retirera aussi les assistanoes que l'on luy donne de France,

comme o’oet aussi la raison.

® Dal. 527, 545.

Vermlitelung Beauregards. 429

Franken zu bewegen, und Avaur' Stellvertreter unterſtützte dieſen Wunſch um ſo lebhafter, da auch die Regenten Schwedens unter dem 19. November mit ſchmeichelndem Briefe daſſelbe verlangten. Guebriant, entſchloſſen ſein Heil am Main zu verſuchen, bedurfte dazu jener tauſend Heſſen hochnöthig, ohne welche er, ſonſt fo geſchaͤftig, von frem dem Siege Vortheil zu erndten, kaum ſich bis nah Mühlhauſen, an die Duelle der Unſtrut hinaufwagte.“ Seine unglünpflihen Aeußerungen gegen die Dame verzögerten aber die Erfüllung diefer Bedingung, und bereiteten dem Sieur de Bes auregard, dem glattzüngigen Gefchäftsträger in Kaffel, einen ſchwe⸗ ten Stand, fowohl die in politifchen Dingen fonft hartgewöhnte Fürftin, als den beleidigten Maréchal de France zu begütigen. Er meldete diefem am 25. November aus Kaffel die Befremdung der Dame über defien „rude” Antwort, die Ausdrücke der heffifchen Kanzlei mit der Unfunde der Sprache entfchulbigend. 2? Die Land⸗ gräfin habe, um ven Vorwürfen ihrer bundesverwandten Fürften zu entgehen, nur fo lange ihre Reuter zurüdziehen wollen, bis das Braunfchweigifche geräumt ſei. Bor der Dame entfchulnigte er den Feldherrn, daß eine fo rund gebrohete Abforderung ihm, der ohne fie nichts thun könne, an die Ehre griffe.e Dem Gue- briant gab er zu bevenfen, daß die Landgräfin, welcher der König noch fürzlih 60,000 Thaler Gratification gefpendet, „weil fie alle Unterhandlungen mit dem Kaifer, in melde fie fih, bebrängt durh die Stände, eingelafien, aufgegeben,” forgfältig geſchont werben müfje, da fie, der Krone einzige Bundesfreundin, allein Vorwand leihe, ven Schuß der anderen im Frieden zu fuchen, und deshalb ihre Räthe ihr Jahrgeld bezögen.** Beauregarb vertröftete ihn auf die Nachgiebigkeit der Fürftin, * verhielt jedoch nicht, Daß ſelbſt Taupadel, der nad Kaffel in eigenen Angelegenheiten und um die Hülfe zu betreiben, gefommen, feine Worte „un peu rude pour une dame” fände. „Er führe fort, feine Ausdrücke im mil- deren Sinne darzuftellen;* da Guebriant nicht als Cavalier zu einer ı Buebriant 528. 3 Daf. 532. 2 Daf. 533: elle reste seule en Allemagne qui soit armee et comme le Roy n’a autre pretexte poar entreprendre dans la paix la protection des autrer, elle devient plus oonsiderablo à Ia cour, d’ou l’on m’ordonne

de proceder aveo elle accortement et de payer aux Conseillers leur pensions. ® Brief Beauregards vom 30. November. Buebriant 534.

430 Nocque⸗Servieres Seubung nach Paris.

Dame in Complimenten, fondern als Marochal be Frame in Staatsgefhäften zu einen Bundedgenofien des Königs rede, und ale Feldherr ſolche Hofmeifterei nicht dulden Fönne, welche böſe Rathgeber, Feinde des bien commun, der Fürftin zugeflüftert hätten.“ In folhem Gebränge mußte der Marſchall zunächſt feine böfe Abfiht auf die Braunfchweiger, welde mit guten Worten nicht Targten, aufgeben, und daran benfen, wie er von der Wendung der ſchwediſchen Waffen den beften Bortheil für Frans reich zöge. Deshalb ſchickte er noch am 24. Rovember von Gronau den Sieur de Rocque» Serviöred mit einer vertrauten Mittheilung nad Paris; ! meldete die Lage der Dinge, die Abfiht Hapfelds und Wahls, das Benehmen der Landgräfin; die Unmöglichkeit im Hildesheimifchen zu bleiben; den Aufftand der Nittmeifter, dem er durch Sendung jener Oberften noch vorgebeugt habe; feinen Ent- ſchluß mit dem Sieger von Breitenfeld gemeinfhaftlih zu verfahren. Damit aber die Diverfion auf Baiern förverlih fei, verlangte er Unterflügung aus dem Elſaß und Breiögau, fo wie aus bem Innern Frankreichs, um, durch die Werbthätigkeit feiner deutſchen Oberſten verftärft, über den Main fi zu wagen, ungeadtet er auf die Vertröftung des Prinzen Friedrich von Wirtemberg, im Lande Eberhards Zulauf zu finden, nit rechne. Er behielt die Ange⸗ legenheit Kempens, ded wichtigen Waffenpunftes am Niederrhein, der Entiheidung des Hofes vor; der zwar durch Ueberlaſſung ber Feſte an die fchonungslofen Heſſen den Kurfürften von Köln am empfindlichften Eränfte, gleichwohl durch Chavigny am 22. Nos vember die vorfichtige Einräumung derſelben an die Landgräfin des Marſchalls Ermefien anheimftellte, „damit er um diefen Preis jene zu machtvollerer Unterftügung ködere.“ Den Schweden, deren Gefahr bei der muthigen Vertheidigung der Pleiffenburg und dem Anmarfh der Faiferlihen Vorhut wuchs, nahe zu fein, rüdte Guébriant zur Freude der Braunfchweiger am 26. November auf Seeſen? und näherte fid) der Unftrut bei Viühlhaufen, den Ges neral-Major Rojen mit 2000 Reutern gegen Leipzig fendend, unterdeß Königsmarkf im Anhaltifhen und um Querfurt fein Weſen trieb. Aber die Unzufriedenheit mit der Dame von Kaflel dauerte fort; der Marſchall, von neuem beleidigt durch Die Anfrage bei

Guebriant 519.

2 Theater. Europ. IV, 856. Buebriant 531. Pufendorf 487, 489.

Diplomatifehe Ausgleidtung. 431

Torftendfon, „welcher mit der heffifchen Anterflübung nichts zu thun babe,“ ſchalt die Chicane der Leute, welche der Landgräfin „den Floh ind Ohr ſetzten“ und nichts Kechtihaffenes ausgeführt wiffen wollten. Er tadelte den Hof, daß er 60,000 Thaler vers ſchwendet habe, die er beffer hätte verwenden können, um dem Könige höhere Achtung zu verfhaffen; er fchmähete auf den Bors wig der heſſiſchen Kriegsräthe, welche ihm bei der Bewegung des Heeres die Hände binden wollten. Bald vermaß er fih, „mit feinen 4000 trefflihen Reutern, 4000 Mann gerüfteter Yußgänger, funfzehn wohlverfehenen Gefhügen und reichen Werbegeldern ins Geld zu rücken;““ bald baute er, im Gefühl der Ohnmacht, vor und bat den Sieur de Beauregard „feine Briefe zu interpretiren, der Dame zu jagen, daß man von einem Maréchal de France alles durch Höflihkfeit, nichts durch Drohung gewin nen könne.“ Er war eitel genug zu glauben, daß es ohne bie guten Worte der Herzöge in feiner Macht geftanden hätte, ? die⸗ felben für ihre Neutralität zu züchtigen. Ihrerfeits fuhr Amalia Eliſabeth fort, ven gereizten Branzofen vornehm als Hülfefuchen- den zu behandeln, gab dem heimfehrenden Generalstieutenant Taup- adel ausweichenden Beſcheid? über das Geforberte (29. November) und flimmte erft einen verbindlichen Ton an, (10. December) als Guedriant von Mühlhaufen aus in geziemender Weife ihr gefchrieben, * feinerfeitö begütigt, weil Taupadel und Beauregarb brieflih ihm gemeldet, „die Landgräfin billige nicht den Stil ihrer Kanzelei!“ So war aber nur der piplomatifche Anftoß beider ausgeglichen ; dem Bedürfniſſe Guebriants feinesweges abgeholfen! Er behielt Kempen und fie ihre taufend Mann; darım mußte er aud)

ı Bnebriant 546. 2 Daſ. 536.

3 Daf. 546: s’ils m’avoient use de bonnes paroles & de eivilite, je leur aureis bien fait veoir qu’il n’y a point de Neutres en Allemagne.

® Brief Beauregardts vom 29. November, Busbriant 546. Gmebriant entfchuldigt das Borgefallene mit feinem Dienftelfer; er habe die erfle Dros bung des Bultejus nicht für baare Münze angenommen, ſich aber eben durch die eigenen Worte der Landgräflu von ihrer Anficgt überzeugen müflen: je orus qu’il m’etoit pas de Phonneur du service du roy de laisser A tout Allemagne cette eroiance, que l’armde de Sa Mnjeste ne pAt agir ny rien entreprendre sans un secours de 800 chevaax. mb boch war bie Hägliche Rolle augenfcheinlich, welche der Marechal de France ohne dieſe Handvoll Heſſen fpielte.

432 Laͤpzig ergiebt ſich Torftensfon

nach Leipzigs Fall in Muͤhlhauſen unthätig wellen. Denn am ee hatten die Verhheidiger, als die Pleiſſenburg faſt in Trüm⸗ mern lag und die kaiſeriche Vorhut unter Bruay ſich zurückgezogen, bie Etadt wegen ihred Verkehres und ihrer einflußreihen hohen Schule eine der wichtigfen in Deutfchland, dem Torftensfon unter gemilverten Bedingungen ergeben, * und, während das ſchwediſche Heer ſich erholte, die Reichen der gefallenen Offiziere dort beftat- tete, * die Verwundeten hergeftellt wurden, begannen die verhäng- nißvollen Unterhandlungen über Kurſachſens Neutralität, welde der Kurprinz, ungleich feinem Vater und, wie Brandenburg, längft auf Seiten der Schweden, eröffnete. Zürnend über den Verluſt feiner zweiten Stadt, welder den Argwohn des Verrathes nicht ausſchloß, beharrte Georg Wilhelm jedoch ſtandhaft bei feiner Treue am Reihe; aber in feinem unglüdlihen Lande mar fortab jede Entwidelung der Kraft gelähmt und die öffentlihe Meinung der nationalen Sache entfremdet; unterdeß der Erzherzog, durch Hab- feld verftärft und durch das baterifhe Heer Wahls von der ober- präßifhen Seite gefihert, an der Bertheidigung Böhmend und der Erblande nicht verzagte. Unter ſolchen Umftänden erſuchte Tors ftensfon den Franzoſen, für die Hülfsbereitheit danfend, fi nicht dem meiffener Gebiet zu nähern; ° und beſchied ihm zu einer pers fönlihen Zufummenfunft, um den gemeinfchaftlichen Kriegsplan zu berathen. Unfhlüßig harrte Guebriant um Mühlhaufen von Zag zu Tage der heffifhen Unterftügung; ſcheu vor einer Verbin- dung mit Torftensfon wußte er ſich nicht zu helfen, als Leipzigs Hal ihm feinen Borwand, an der Unftrut zu bleiben, gab, Amalia Eliſabeth die Schuld der Verzögerung auf Eberſtein ſchob, und ihm überhaupt nur unter Der Bedingung, daß er am Main bie Hülfe zurüdfende, ihren Beiftand verfprad.* Schon drohete er, fih ind Heflenland zu wenden und in Zufunft der undank⸗ baren Bundeögenoffin in der Roth nie wieder beizufpringen. Wohl war es eine ſchimpfliche Beihämung des franzöftfhen Uebermuthes, daß der Maréchal de France ohne tauſend Mann Heſſen ſich nicht Mufendorf 486, 487. Theatr. Europ. IV, 948, 953. 2 Theatr. Europ. IV, 948. Grih Slanges Leiche, als eines „Deutfchen,“ warb zu St. Nifolas beftattet; Liljehoefs und Brubbes, wie Baners früher, und anderer mwurben nah Schweden geführt. Entweder war Crich Slange

ein Däne oder ein Schwere von unabeliger Geburt. » Buobriant 531. * Daf. 537, 549.

Torftensfon vor Freiberg. 433

zu regen getrante. Am 16. December zur Beſprechung mit Tors ftensfon nach Buttfläpt gegangen, ' mußte Guebriant, mit Artigfeit und Danf vom Schweden überfchüttet, wieder alle Klinfte anwenden, ſich des Anmuthens zu erwehren, jenem auf Böhmen zu folgen. Man fam am’ 17. December endlich überein, beide Heere follten zugleich nad zehn bis zwölf Tagen aufbrechen; die MWelmarer zur rechten Hand bei Gemünden über den Main gehen, um Hellbronn am Nedar Hatzfeld und Wahl fi entgegen flellen, und den Weg nad Baiern fihern; die Schweben über Hof in die Oberpfalz dringen, um, ein paar Tagemärfche von jenen entfernt, zur Weberwältigung des Kurs fürften die Hand zu bieten. Nach diefen Beflimmungen ſchied man im beften Vernehmen auseinander, und wartete der Marſchall wies derum in Mühlhauſen des beflifchen Zuzuges, feſt entfchloffen, Kem⸗ pen nicht eher herauszugeben, bis die geforderte Mannfchaft zur Stelle, oder wenigſtens um Bad ihm zugefchidt ſei; dagegen der Landgräfin goldene Berge am eroberten Mainftrom verheißendn. ALS der anberaumte Tag herangefommen, von jener aber noch Feine fihere Kunde war, zog Guebriant (22. December) am Saume des thüringer Waldes unmuthig auf Schmalkalden (26. December), erhielt bier durch Beauregarb ? die betäubende Nachricht vom Tode feines Gönners, des Kardinals Richelieu; beantwortete das Beileidsſchrei⸗ ben der Landgräfin mit höflihen Worten, beharrte aber mit gleichem Eigenfinne in Betreff Kempend. Am 28. December über Meiningen bis Melrichftabt gefommen, erfuhr er, daß erft zu Aſchach die Heflen zu ihm fioßen würden, und daß Torfensfon am feftgefegten Tage nicht aufgebrochen fei.? Mit fleigendem Verdruſſe zog er bei Ges münden über den Main, während der ſchwediſche Feldmarſchall, nachdem er Leipzig unter Arel Lilfe befegt hatte, den Gegner durch eine Bewegung auf Torgau irrte (28. December), dann aber, ftatt nach dem gemeinfchaftlihen Plane, an Chemnig vorüber, auf Hof zu gehen und Guébriant zu unterflüsen, am 7. Sanuar 1643 mit aller Macht vor Freiberg ſich Icgte,* und vor „der Hexenſtadt,“ welhe dem Bandr fhon fo viel Blut gefoftet, wider Erwarten Zeit und Kräfte nuplos verſchwendete. In Beſtürzung über die

Gusébriant 550. 557. Bufendorf 489.

3 Buecbriant 551.

. Daf. 541.

MPufendorf 487. Ouébriaut 857.

Barthold, Geld. des Bojähr. Kriege. IL *

434 Ende Richelieus, A. December 1642.

Wortbrüchigkeit des Schweden und in gerechter Beforgniß, der Tod des Kardinald könne wefentlihe Veränderungen in der Politik des Königs herbeiführen, fuchten fih Guebriant, deſſen Heer durch Raub auf 90,000 Pferde angewachſen fein fol, und der einen ungeheuren Troß mit ſich fehleppte, um Biſchofsheim; Taupadel um Mergentheim vor der Etrenge des Winters zu bergen, ' fanden aber feine größere Stat, etwa Afchaffenburg, bereit, ſich fehreden zu laſſen und wurben aus Ihonungslofer VBerwüftung bald zu unfäglihem Mühſal aufgefheucht.

Im Bollgenuß des Triumphes über feine Weinde, von denen Eing- Mars und de Thou zu yon am 12. September unter ber Hand des Nadırichterd gefallen; ? Bouillon am 15. September feinen Kopf durdy die Llebergabe Sedans an die Krone erfauft; Gafton nah Blois verbannt, durch ſchmachvolle Unterwerfung den Zorn des Königs gefühnt hatte; Fam der Kardinal am 16. Oftober 1642 nah Paris, aber den Tod im Herzen. Mit jedem Tage verherrs lichten Siegeönadhrichten feine zur Neige gehende Minifterfchaft. Pers pignan hatte am 5. Eeptember fih ergeben; am 7. Oktoher fein Marfhall einen Sieg bei Leriva, Torftensfon am 2. November bei Breitenfeld erfochten; Eavoien war vom Feinde frei, Tortona fchidte fih an zu fapituliren (26. November), Herzog Karl war durch du Hallierd Uebermacht, von Ya Mothe, feiner lebten Feſte, verfcheucht, * an den Mittelrhein gewicen, und Avaur brachte von Hamburg Zeichen, daß Ferdinands Stolz fich beuge! Dennoch voll Argwohn, bi8 in feine legten Tage bemüht, auch Fleine Feinde aus der Nähe des Königs, der feinen Franfen Minifter mit ftumpfer Gleich⸗ gültigfeit behandelte, zu entfernen, und noch hoffend, den Gebieter zu überleben, um die Regentſchaft für den vierjährigen Dauphin fi zu fihern; ftarb Richelieu am A. December 1642 zu Ruel, von Ludwig zuletzt noch befucht, faft noch unter den Schreden des Todes ſich gegen wärtig und mit Staatsangelegenheiten befchäftigt. Unbedauert von feinem Herm, der ihn nie geliebt hatte, gefürdtet und gehaßt von einem großen Theile Frankreichs, hinterließ er dem Staate den fiheren Aufihwung zu einer verhbängnißvollen Größe, dem Königthume die verderbliche Erbſchaft der Unumfchränftheit

* Theatr. Europ. IV, 884. Ablzreitter 440. 428. Le Vaſſor X, II, 652.

Montglat 1, 391 ff.

* Theatr. Europ. IV, 914,

Rielicn. | 435

Sind wir gleich entfernt Richelieus Pläne und Thaten ald Mittel zu betrachten, um, dem ſchwachen Gebieter ımentbehrlih, feinen eigenen maßlofen Ehrgeiz zu befriedigen, ome auf Kranfreichs Größe napoleonifch zu bliden; wirb gleich feine politiiche Einfiht und Kraft, fein ſchöpferiſcher Geifl, dem in feinen Slieden zufammengefhnürten Staate Leben und Beweglich⸗ leit und eine würbige Stellung unter den Nationen zu verfchaffen, mit Recht bewundert; und möchte er auch Auswege gefunden haben, die Gefahr, welche Bernhard von Weimar drohete, irgendwie zu befeitigen; kann ihm ferner ver Ruhm des vollendeten Stantsmannes nad) dem Ideale des Jahrhunderts nicht entzogen werben; fo erfannte doch ſchon die Mitwelt, daß feine Politit de verföhnenden, großartigen Charakters entbehrte, und erfuhren die Nachkommen auf dem Throne und im Volke, daß die Willführ der Föniglichen Gewalt, durd ihn blutig befördert, daß die Uebermacht Franf- reichs, in Europa durch Ihn begründet, allein zum Unfegen ge- reicht habe. Richelieus Grundſatz der Politik, in allen Staaten Europas Zwietracht und Aufruhr zu fliften, um Frankreich zu erheben, verfchuldeten die beflagendwerthen Bewegungen, weldhe ben Welttheil nachtheilig gerrütte. Sein Wert war Waldſteins Em- poͤrung; er ſchürte Tas Feuer in Katalonien an, bereitete den Abfall Portugals vor, trieb die Schotten zum Aufſtande gegen Karl I, woran der Sturz der Stuarts fi reihete.* Die Erniedrigung des Haufes Defterreih im Auge, welches Heinrih IV. nimmer fo mörderifch verfolgt hätte, war er es allein, welcher, Guſtav Adolf zum Kampfe rufend und ausrüftend, die Glieder des Reiches zur Aufiehnung gegen dad Oberhaupt verlodend, den entfeglichen Krieg zwölf Jahre hindurch nährte und aud über feinen Toy hinaus vererbte. Unfäglih viel Blut floß bei feinem Lebenz; fein Geift, im gelehrigen Nachfolger fortwaltend, vergoß deſſen noch mehr nad feinem Tode. Ueberſchauen wir ferner den Zufammenhang der Dinge im Großen, fo mögen wir nicht zweifeln, dag Ludwigs XIV.

ı Moniglat I, 399.

3 Urtheil Ranis I, 842, venetianifchen Procurators, welcher als Geſandter der Republik mit Richelieu vertraut war, beftätigt die Worte, des feinen Beobachters Montglat: Questo pud dirsi che, riunite la Fraacie, soccorsa VItalia, eonfuso l’Imperio, divisa P’Inghilterra, et indebolita la Spagna, egli 6

stato l’instrumento scelto dalla Providenza do Cielo per la Catastrofe dell’ Europa!

436 Razarin im geheimen Rath.

Defpotismus Uber Guropa ohne Richelieus Vorarbeit nicht denfbar war; und daß endlich der frevelhafte Mißbrauch unum- fhränften Königthuns die franzöftiihe Revolution, das Haupt des Urenkels treffend, als ungeheure Reaction hervorrief!

Des Kardinels Tod brachte am allerwenigften eine Veränderung der Politik in Bezug anf Deutfhland hervor; der König nahm Mazarin im feinen geheimen Rath auf, und Chavigny, fo wie Des Royers fuhren fort, im Sinne des Verftorbenen zu walten.? Unge⸗ achtet Lutwig dem Frieden weniger abgeneigt war als Richelieu, billigte er in einem Briefe an Guebriant vom 22. December 1642, ® die gemeinfchaftliden Pläne des Marſchalls mit Torftensfon, aber getrennt von dem Schweden, und verfprach fich entſcheidende Vor⸗

theile vom nächften Feldzuge.

Zweites Kapitel,

Die Verſuche Guebriants, in Schwaben vorzubringen; durch Mercy vereitelt. Frühling 1643. Buebriants Noth. Torftensfons ungünfliger Feldzug. Beränderungen am Hofe vor und nach Lubwigs Tode. 14. Mal. Sieg Engbiens bei Rocroir. 19. Mai. Vergeblicher Feldzug Guébriants im Sommer. Gnghien erobert Diedenhofen. Sieg Mazarind über bie Importants. (September). Enghien und Ranzan zu Ouebriant. Oktober. Rheinübergang Buebriants und Ranzaus. November 1643.

Im Borgefühl, daß Guebriant beabfichtige, die Waffen in den fünweftliden Theil Deutfhlands zu tragen, und daß die Tage eines fhonungsvollen Krieged von Seiten Franfreih8 zu Ende waren, hatte Marimilian zeitig vorzubauen gefuht. Kranz Mercy, welcher bis gegen das Ende des Jahres den kecken Widerhold und

Montglat I, 400.

2 Ludwig ſchrieb an Guebriant noch am 4. December (553): J’ajoute ce mot pour vous dire qu’en conservant dans mes conseils les m&mes personnes qui m’y ont servy si dignement durant le ministere de mondit Cousin; j’ay reaolu a y appeller mon Cousin le Cardinal Mazariny; was Des Noyers bem Marfchall, fo wie allen Befehlshabern des Heeres am 8. December noch befunders bekannt machte. Guebriant Hatte von Richelieu noch zulept ein Geſchenk von 10,000 Pifolen erhalten, und unter dem 24. September wurden ihm die Ginfünfte der Spielfarteneinfuhr aus Epanien, welde Monfieur le Grand früher genofien, angetragn! Buchriant 5585.

® Quebriant 558,

Franz Mercy Anführer des baierifhen und Reichsheeres. 437

Erlach gehütet, Balingen und Tuttlingen wieder erobert, fland zu Anfang des Jahres 1643, das baierifhe Heer aus der Oberpfalz eilig berufen, um Dürwangen, Dünkelsbül und Weißenburg, Johann son Werth, ſchon am 14. December durch Frankfurt gefommen, war gleichzeitig unter belobter Mannszucht mit 2000 Reutern um Feuchtwangen, während Gille de Haes Schweinfurt dedte;' Hatzfeld dagegen zog an Nürnberg vorüber, fobald der Erzherzog Leopold Wilhelm von der Bewegung Torftensfons auf das Erzgebirge Kunde erhalten. Statt des Feldmarfhalls von der Wahl, welcher betagt, verftümmelt und: Frank dem Dienfte entfagte, erhielt Franz Mercy, längft als fähiger Stratege bewährt, die Anführung des baterifchen und des Reichsheeres und fand an feinem Bruder Bafpar, dem Generals gelpwachtmeifter, welcher endlih aus franzöfifcher Gefangen» fhaft freigefauft war, einen tüchtigen Reutergeneral. Im alle der Roth war auch auf Karl von Lothringen zu rechnen, welcder über den Verluft des größten Theiles feiner Lande noch nicht entmuthigt, mit feinen abenteuernden Haufen ſich bei Philippsburg dem Mittel shein genähert hatte. So beobachteten fie den kommenden Gaft, ob er, zwifhen Main und Tauber unentichloflen fhwanfend, nur Wins terquartiere begehre oder einen Angriff auf Baiern beabfichtige, und fo eröffnete fih ein Bertheidigungäfrieg von Seiten der Baiern, welcher dreimal die Verſuche der Franzofen, weiter vorzudringen, verfpottete, und an einem Tage mit dem Tode des franzöfifchen Ritterd und der fchimpflichftien Niederlage des vereinigten Heeres endete; ein Ruhm der deutihen Waffen, an welchem Johann von Werth ven übermwiegendften Antheil nahm. Aber, Furcht vor dem unerwarteten Befuche lag über Sranfen, und felbft der neue Bifchof von Würzburg, dur Koͤnigsmark fhon in die Schule genommen, fandte eine vornehme Botſchaft an den franzöfifhen Marſchall mit ſechs Fudern des erlefenften Weines und bat um Schonung. ? Im Vebermuthe, Hoffend, daß jet der große Streich geglüdt fei, gab Guébriant den Wein den Soldaten preis, forderte unerfchwingliche Brandſchatzung und bewirkte, daß der Gegner die Außerften Mittel aufbot.

As Torftensfon bei feinem eigenfinnigen Unternehmen auf Freiburg beharrte; die Baiern ſich verflärkten; das heſſiſche Fußvolk,

! Bufendorf 490. Ablzreitter 440. > Teutſcher Florus 509, Weſtenrieder Geſch. IIT, 150,

438 Noth Guebriants.

welches zur Sicherung des Rückzuges dreihundert Mann beim Main⸗ paſſe Miltenberg zurückgelaſſen, pochend auf den Befehl der Land⸗ gräfin, heim begehrte, wuchs des Marſchalls Bedraängniß urplötzlich; er mußte Mergentheim, wohin die reiche Habe des Teutſchmeiſters, Leopold Wilhelm, den Räuber gelockt, und den Strich zwiſchen Main und Tauber verlaflen und bei Laufen über den Nedar gehen, um bie Bereinigung Karls mit Mercy möglihft zu verhindern. Dann lagerte er, von den größeren Städten audgefchloffen, unter ſcharfer Winters kaͤlte zwiſchen E8lingen und Kanſtadt, größtentheild auf dem Schnee, unterbefien Mercy und Werth über Hal und Nedardulm ihm näher rüdten, und um ben 24. Januar ihren Krieg begonnen. Gleich, zeitig gingen die Lothringer bei Worms über den Rhein, bahnten fih den Weg zu den Batern, und nahmen fränfifche Bauern den Hefien bei Miltenberg den Paß. Das arme Wirtembergerland, wo die Franzoſen nicht den Empfang fanden, welchen Prinz Friedrich, fo fundig der geheimen Gefinnung des Bruders, verheißen, biteb über einen Monat hindurch der Schauplag des Winterfrieges und wurde von Freund und Feind fo Hart behandelt, daß der bes drängte Herzog Eberhard in feinem fchlöfferreichen Lande ka um eine Stätte fand, wo feine Gemahlin ihre Entbindung erwarten Tonnte! Um feines Elendes und der Lager im Freien fi) zu entledigen, bot Guebriant bei Waiblingen die Schlacht; aber Mercy, der auf leihterem Wege zum Ziele gelangen wollte, verweigerte das Treffen, und fchidte, die Franzofen vom Nedar zu vertreiben, nad einer allgemeinen Mufterung bei Botwar, den Johann von Werth aus Baknang am 31. Januar mit einigen taufend Reutern zu feiner gerwöhnlichen Arbeit, die franzöftfhen und weimarfchen Quartiere zwifhen Hoppach und Schorndorf „aufzufchlagen.”? Schon hatte diefer um Schorndorf die ehmſchen und wittgenfteinfchen Regimenter aufgefchredt, zweihundert Mann getödtet, eine Anzahl Pferde erbeutet, als er, auf die übrigen Quartiere andringend, die Brüde über Die Rems vermittelt mit Steinen angefüllter Zäffer versammelt fand. Während er dieß unerwartete Hinderniß befeitigte, waren bie frans zöfifhen und weimarfchen Regimenter, mit gefattelten Pferden in tiefer Nacht auf den Schnee gelagert, durch die Rothfchüffe der Vor⸗ poften von der nahenden Gefahr benachrichtigt, und gewannen Zeit

Adlzreitter 444.

3 Teuticher Florus 510. Pufendorf 518. Ablzreitter 441, Guébriant 568

Sohanns v. Werth Verluſt um Schorndorf. 439

fih zum Empfange aufzuftellen. Dennoch flürzte Johann von Werth in ven Ort; aber aus der Umgegend war ſchon überlegene Macht berbeigeeilt, und nad einem blutigen Gefechte fah er ſich genöthigt, da noch obenein viele von feinen Begleitern zaghaft geworben, fi mit dem Verlüfte von zweihundert Mann und felbf eines jüngeren Bruders Stephan, zurkdzuziehen. Schon war die hoppacher Brüde befegt, und um nicht umringt zu werden, ſchwamm er mit feinen Reutern durch den eifigen Fluß. Diefen Sieg verfehlte Guebriant nicht, feinem Könige befonders zu berichten: * il luy manda la reception qu'il avoit faile en personne & Jean de Wert, & qui la puissance des ennemis avoit accreu le courage et la passion, quiil a toujours eue de se signaler par des ambuscades et par des surprises de quartiers. Il le defit avec le party, qu'il com- mandoit et luy fit .connoltre qu’il ne se devoit rien promettre d’un combat particulier contre celui, dont les fatigues inconcevables d’un campement de pr&s de deux mois entiers sur la neige et dans les lieux incommodes n’avoient pu refroidir le genereuse ardeur d’en venir & une action capitale avec les Imperiaux et Bavorois. Kardinal Mazarin antwortete fehr verbinblih: nous avons appris avec joie l’avantage que vous avez obtenue sur Jean de Wert, fehte aber Tleingläubig hinzu: nous esperons de veir &tre suivis de succez plus remarquables.? Schon vor dem gemeldeten Ereignifie hatte der Marſchall aus Kanſtadt am 31. Januar einen Edelmann an den Hof abgeſchickt,“ und feine Noth gemeldet, „er habe nad) der Flucht feiner Bretagner, nur 2000 Mann Fußvolk, und es fel, um bie Dinge herzuftellen, dringend nöthig, aus den Plägen des Nieder⸗Elſaß und aus Franfreih ihm Hülfe zu ſchicken. Die Soldaten meuterten; von allem entblößt, fei er ver Heimfehr der unbezahlten Heflen und eines Angriffs des Herzogs Karl gewärtig." Die Ungewißhelt, welche nad Richelieus Tode begreiflicher Weife in der Verwaltung eingetreten war, hatte die Gefchäfte bei Hofe fo verzögert, daß Rocque»Serviered, von Gronau am 24. November nah Paris gefchldt, erft kurz vor ber Ankunft des zweiten Abgeorpneten die Hauptfladt mit bebdeuten- den Summen und dem Befehle an die Statthalter im Elſaß und ı Buobriant 568.

3 Brief vom 28. Februar 1643, bei Buehriant a, a, D. I Quöbriant 559,

440 Mercy und Guebriant um Kirchheim.

Breidgau, den Marfhall zu unterflüben, verließ. Erlach, Oiſſonville und Montaufter hüteten fih wohl, ihre Feftungen gu entblößen * und fo tief in folder Jahreszeit in Deutfchland einzubringen. Während der Marſchall dem Feinde gegenüber fchon verzweifelte, gaben fie ihm guten Rath und befchränften ihre Thätigfeit, indem Diffonville am 29. Januar, auf erliftete Kundſchaft Widerholds, in der Morgens frühe die fefte Stadt Ueberlingen am Bobenfee „erfchnappte." ? Statt mächtige Unterflügung zum entfcheidenden Angriffe auf Baiern zu erhalten, mußte Guebriant mit tiefem Unmuthe nur um Hülfe bitten, um ruhmlos von dem Feinde fi loszumachen. Denn Mercy rüdte am 4. Februar vor, um die Gäfte gänzlich aus MWirtemberg zu vertreiben, wo Guebrlant vergeblih auf Zulauf des Landvolfes gehofft. Göppingen gerieth mit ftürmender Hand in Gewalt ver Baiern; die bewaffneten Bürger, wiederum getäufcht durch die Nähe der prahlenden Helfer, büßten entſetzlich; bei Kirchheim fanden beide Heere fih zwei Tage lang einander gegenüber, wagten aber beide nicht es zu einer Entſcheidung kommen zu lafien. Auf Reutlingen zurüdgebrängt und unfäglih durd des Winters Strenge, durch Krankheiten an Menfchen und Vieh gefhwädht, gab Gusbriant feine Unternehmung auf die Donau auf, und ging auf den Rhein zu. Karl von Lothringen, vol Begier, dad Seine zum Berverben des Feindes zu thun, eilte zu Mercy, feinem alten Waffengenofien, nad Aura, und darum häufte fich Verluft über Verluſt auf Guebriant, welcher mit dem Frühjahr in Batern zu flehen gehofft hatte. Uner⸗ müdlih umſchwärmte die Weichenden Johann von Werth; erhigt durch den legten verunglüdten Anfchlag, ritt er mit 2000 auser⸗ Iefenen Reutern auf Ramersbach.“ Aber in dunkler Nacht, auf ungebahnten Wegen kam er, irregeführt, von feinem eigentlichen Ziele ab, und geriet) auf die wittgenfteinifchen und kanowskiſchen Quartiere in Dfferdingen. * Ohne zu ftuben über den Irrthum, warf er bie aufgeftellten Wachen über den Haufen und flürmte ins Dorf. Die leuchtende Flamme der Häufer that den Schlafenden ihre Ges fahr fund; fie rafften fih zufammen; aber fhon war eine große Zahl von ihnen durch Feuer und das Schwert umgefommen, und

ı Guébriant 561.

: Buebriant 563. Brief Diſſonvilles. Theatr. Eurpp. IV, 863. V, 50, Teutſcher Florus 514.

6 Adlgreitter 442%, Pufendorf 518.

Busbriant im Breisgau. 441

ehe Guebriant herbeigeeilt, war Johann von Werth mit achthundert Pferden, dem Gepäd der Witigenfteiner und zwei Zähnlein abges zogen. Unter unaufhörlihem Berlufte irrten die Franzoſen an den Grenzen Wirtembergs und Badens umher; nirgends wurde eine Erholung: geftattet; ſchon gingen die Fliehenden am 21. Februar bei Rotenburg über den Nedar; ihnen folgte auf dem Buße Mercy und Herzog Karl, nit fie abzuhalten, fondern fie anzugreifen. Bei Hemmendorf, den Johannitern gehörig, ' ereilte Johann von Werth drei Regimenter, welche aber, durch Landleute benachrichtigt, fich zum Empfange rüfteten. ? Nach vergeblihem Widerftande, In welchem das Fußvolf faſt bis auf einen Mann niedergehauen wurde, zogen fie fi) in dünnen Reiben, ohne Gepäd, auf das Hauptheer. Nichts blieb dem beflagenswerthen Franzoſen, nachdem er feit dem Aufbruche aus Mühlhaufen über zwei Monate raſtlos umhergewandert, übrig, als auch die bereitwilligen Freunde in Wirtemberg ihrem Gefchide zu überlaffen, fliehend durd das Finginger Thal, im Marfgraftbum Baden und in ber Nähe des Rheines Erholung zu fuchen und Unterftügung zu erwarten. Aber auch bier war man ihm zuvorge⸗ fommen und feined Bleibens nicht; denn bereitd vor feiner Ankunft, welche die Gebirgswege, Regengüfle und befegte Schlöffer verzögerten, hatten der L2othringer, Bamberg und Horft die wichtigſten Stäpte im Marfgrafentbum ſtark befebt, und deßhalb mußte der fo vielfach Getäufchte längs des Schwarzwaldes im Breisgau, von Offenburg aufwärts bis Waldshut zu Ende des Februar in einem feit Jahren verwüfteten Lande fi einlagern.* Die baierifchen Generale, höchft zufrieden mit dem Erfolge dieſes Winterfeldguges, welcher die Frans zofen aus Franken, Schwaben bi auf das Thal zurüdgedrängt, gönnten ihren Truppen einige Ruhe, und bielten in einem weiten Umtreife von Durlad über Pforzheim, Tübingen, Reutlingen bis an den Bodenſee die Feinde umſchloßen, denen nur der Rüden und der Rhein frei war. In feinen Nöthen fchrieb der Marfhall aus Wolfach am 17. März 1643 vorwurfsvolle, bewegliche Briefe an den Hof, beflagte fi, daß, aller Verficherungen ungeachtet, ihm Feine Hilfe gefommen ſei und bat dringend darum, falld er nicht über den Rhein zurüdgehen folle. Der Mangel hatte ihn MWirthlichfeit Teutſcher Florus 515.

: Pufendorf 519. Adlzreitter 443, Buobriant 570. 973. 576.

442 Not Enebrianie.

gelehrt; unter fleten Aengſten Tag er im Hauptquartier zu Etten⸗ heim und zu Heiteröhelm, unter Hunger und Krankheiten, erbittert, daß man ihn vom Hofe fo ganz verlafien. Unmuthig über die Vorwürfe feiner Mitgenerale und Bundeögenofien, blidte er in feiner Armuth doc wiederum auf Heflen, von wo ihm zum Neus jahrötage des alten Kalenders nur Glückwünſche gekommen; er meldete am 16. März aus Heitersheim an Beauregard fein Schids fal, * und hoffte, daß die wenigen hundert Mann Reuter und Fuß⸗ voff, fo ungeduldig fie heim begehrten, ihm blieben, weil unterbeß am 21. Februar Ehavigny dem Herm von Beauregarb Auftrag ges geben, der Landgräfin Kempen abzuireten, unter der Bedingung, daß die Dame ihre Truppen bei Guebriants Heere laſſe, und diefelben nur, wenn ihr eigenes Land in Gefahr wäre, zurückfordere. Am 26. März wurde Beauregard über diefen Punft mit der Landgräfin fertig; aber da die Holländer erft im Mai die guten Quartiere um Kempen verließen, ? glaubte die Tlugrechnende Dame am aller wenigften verpflichtet zu fein, ihren Beifland bei Guebriant zu verftärfen. Am 23. März zählte ver ſtolze Marfhall nur 1400 Mann zu Fuß und 4000 Reuter ohne brauchbare Pferbe, und ers ſcholl ſolches Gefchrei über die wüſte Wirthfchaft der Weimarer und ihre Armuth, daß felbft Model, der ſchwediſche Refident in Benfeld, durch Grotius die böfen Dinge an Mazarin melden ließ und Abs hülfe verlangte. * Unterdeß Guebriant Linderung feiner Roth bei Erlach fuchte und fein offenes Ohr gewann, der Hof zögerte; fand Karl von Lothringen beim Kurfürften in München (18. März) ven bereiten Willen zu machtvoller Fortfegung des Krieges. Denn des Marſchalls, wie es hieß, am Hofe nicht gebilligter, Angriff auf Baiern hatte den Kurfürften der geheimen Verpflichtung, mit welcher Richelieu ihn zu umgarnen gewußt, entbunden; nicht trauend erblidte Martmilian jet in Frankreich feinen entfchiedenften Gegner, und bot deßhalb alle Kraft feines Landes und alle Ers fparniffe auf, damit Mercy das Feld gebieterifch behaupte. Dagegen wurden Guebriants Reihen täglich dünner, durch Ausreißer und Nachſtellungen der unböflihen ſchwarzwalder Bauern, welche in dem

ı Buebriant 576. 3 Dal. 526.

® Adlzreitier 444. Daſ. a. a. O.

Noth Gusbriants. a

Hag, dem ungngänglichften Didicht ihres Landes, ficher geftellt, .

außerdem den ausgehungerten Gäften wenig zukommen ließen. Deßhalb fandte der Marfhall auch noch den Sieur de Kargretö an ben Hof: „würden ihm nicht ungefäumt 4000 Mann zu Buß und 2000 Reuter geſchickt, fo koͤnne er dieſſeits des Rheines ſich nicht länger halten; als Mittel den Lothringer von ihm abzuziehen, verlangte er einen Angriff auf deſſen Plätze an der Moſel und an der Nieder⸗ pfalz. Schmerzlich verwundet durd einen Brief Des Noyers, ' vom 23. Gebruar: „der Steur de RocquesServieres habe fie fo erſchoͤpft durch feine Forderungen, daß Meer und Flüſſe troden wären und daß die eine Reife deſſelben dem Staate mehr koſte, als das ſchwediſche Heer jener Krone in zwei Jahren; man fünne Geld nicht mit Eimern fhöpfen, und er dürfe nur auf ein Häuflein von 1200 Mann rchnen; müfle die Uebrigen aus den Gamifonen des Elfaß und Breisgaus ziehen;“ erwiederte Guebriant, an feiner Ehre verlept, ? aus Heiteröheim, 15. März; beftand um fo mehr auf feiner For⸗ derung von 6000 Mann, (die im Elfaß weder vorhanden waren, noch entbehrt werden Fonnten,) da er die Heflen nicht mehr zu halten vermöge. Des Noyers entichuldigte ® feine böfe Laune aufs befte, und verfprah achthundert Srlänvder obenein zu fchiden; „fe aber außer Stande, ohne andere Heere zu verberben, mehr als 600 Reuter aufzubringen.” Auf den Liften betrugen zwar die Hülfs- völfer vier bis fünftaufend Mann zu Fuß und fechshundert Reuter; * es war aber gleichfalls fo verlaufened, kriegsſcheues Gefindel, daß Le⸗Laboureur,“ der Gefchichtfchreiber Guebriants, zwei Regi⸗ menter ſchon in Chalons um die Hälfte geſchwunden fah und von denfelben nur zwanzig Leute in Breiſach anfamen! Da gleichwohl zwei Millionen Liores zum Heere Guebriants vorausgegangen waren, und Ludwig am 29. Januar ven BVorftellungen Fledenfteind und Truchſeß' billige Erfüllung ihrer vertragsmäßigen Forderungen vers heißen, ° „weil jene rund heraus im Ramen aller Offiziere erflärten, ı Quebriant 581. 3 Daf. 582. 2 Daf. 585; ° Daf. 587. ° Daf. 588. Gusébriant 588. 591: Tous los officiers du corps Alleman represen- tans leur imposeibilltd de pouvoir servir d’avantage 8. M. de la sorte, la supplient tros-humblement de ne point tronver etrange qu’ils sa

N

444 Pläne Guoͤbrianis.

ihr Süd anderwärts fuchen zu müflen,“ glaubte Mazarin bald günftigere Erfolge aus Deutfchland zju vernehmen! Kaum hatte der Marfhall Geld in Händen und die Ausfiht auf Verftärfung feines Heeres, als ſchon wieder feinem thatdürftenden Sinne die Möglichkeit fi offenbarte, in einem Feldzuge alle Bollwerfe am Rhein und in Ylandern nieder zu werfen, Mainz zu erobern,‘ Straßburg, Frankfurt zu bezwingen, alle friedbereiten Stände gegen den Kaifer zu bewaffnen! ein ausſchweifender Plan, ven er aus Waldkirch fhon am 23. März Mazarin überſchickte. So wenig man achtete in Parts den ftillen Vorſchub vieler Reichsſtaͤnde, daß man _ auf Anftiften eines holändifchen Oberften, St. Andre, ven Vorfhlag aufnahm, die Stadt Frankfurt plöglich zu überfallen, und, daß Des Noyers am 28. März ? dem Marſchall einen fo fhändlichen Anfchlag and Herz legte. Der Franzoſe kounte über den mißlungenen Winterfeldzug um fo mehr fih tröften, ald ed dem Schweden nicht beffer ergangen war, und biefer obenein den Vorwurf davon trug, durch eigenwillige Abweichung von der buttflänter Abrede ben gemeinfamen Berluft verfchulvdet zu haben. Denn Torftensfon, ftatt den gemeinfamen Weg auf Hof zu verfolgen, hatte feit dem

dechargent eıtierement de toutes les promesses et obligations du traite et abandonnans & grand regret le service de 8. M. Ils ohercherons leur subsistance et leur fortune autre part, les officiers et soldats ohacun ou bon leur semblera. Das wirkte, fie erhielten über Bafel 600,000 Thaler für fih, pour des services passez. Ludwig ließ ben Offizieren erflären: 8. M. a resolu de retrancher plutöt les depenses de sa propre maison pour trouver les moiens de faire donner satisfaction & tous ceux de la dite armee! ı Quebriant 595. Daf. 597. Die demüthigend war für Guebriant, ber fich übrigens hütete in einen Vor⸗ ſchlag einzugehen, welcher alle geheimen Freunde Frankreichs in den Reiches flädten abwendig gemacht hätte, die Aeuferung des Minifters: a. a. O: que dans l’agitation perpetuelle vos troupes se deferont eternellement ot quand le roy vons envoyeroit tous les trois mois des renforts de guatre mille hommes, ils ne dureront que quatro mois après, et qu’il faudra incessament recommencor. Que si vous estiez maitre d’une bonne place comme Franofort, elle vous donneroit un grand pais et par consequent le moyen d’y faire des recruös et de maintenir votre arınde en bon ötat. Der Holländifche Oberſt Gt. Andre war perfönlih von den Bürgern beleidigt, und meinte, die einzige Iubengafle in Frankfurt würbe ausreichen, bie anfgezwungene Beſatzung zu erhalten,

Die butiſtaͤdter Pläne vereitelt. 445

12. Januar Freiberg mit aller Macht belagert, um den Kurfürſten zur Neutralität zu zwingen, und dann feinen Weg über Böhmen einzufchlagen. * Aber die Hexenſtadt durch 1200 Sachſen unter dem Freiherrn von Schweinis vertheinigt, wiverftand fieben Wochen allen Anftrengungen ver Belagerer, fo daß Torftensfon, obenein am Podagra wieder erkrankt, am 17. Februar nad empfindlicher Einbuße bei dem Andrange des Faiferlichen Heeres unter Piccolos mins fhimpflich abziehen mußte, und, zur Seite von Biccolomint gefolgt, bei Strehlen über die Elbe in die Nieverlaufig 309. Nach einiger Ruhe von mehreren Wochen um Bauten, durch herbeige- rufene ſchwediſche Völker aus Oberfachfen verftärkt, verfuchte er im April wiederum fein Glüd auf Böhmen von der oberfächfifchen Seite ber, und wandte im Sunimonat fi) auf der fchlefifchen Seite nad) Mähren, wo Enfevort ſich feither um die Bezwingung von Ollmütz bemüht Hatte. Inzwiſchen war im Oberfehl des Taiferlichen Heeres eine wenig verbeißliche Veränderung eingetreten (April); ? der Erz- herzog, welcher feit viertehalb Jahren die Erblande behütet und den Feind immer wieder vertrieben hatte; ging, wie e8 heißt, aus Ver⸗ druß über Trautmannsdorf, in fein Bisthum Paffau heim; Piccos lomini ward aus dem Fatferlichen Dienfte wieder nad) Spanien ent⸗ laſſen „mit der Verpflichtung auf Erfordern des Kaiſers ſich wieder einzuftellen ;” und Matthias Gallas, fo wie Johann Götz, feit dem regendburger Reichötage befreit (1641), nebit Buchheim, er- hielten da® Kommando wieder, erfterer in Böhmen, letztere über die Kriegsvoͤlker in Mähren und Schleften. So anders waren die gemeinfamen Pläne von Buttjtädt ausgefchlagen, daß im Som⸗ mer der eine der Feldherrn, welde fi in Regensburg begegnen wollten, an der Außerften Grenze Oftveutichlands fland; der andere im Außerftien Winfel Süddeutſchlands unthätig weiltel Während Gusbriant die Schwingen feines Yeldherrngeiftes wieder zu entfulten ftrebte, war man am Hofe in unrubiger Er- wartung der Beränderung, welche der Tod des Königs herbeiführen

ı Bufendborf 508 ff. Ablzreitter 345. Theatr. Europ. V, 38 ff. Geijer 11, 331 f. Orenftierna rieth in einem Brief ?*,, Januar 1643 ven Krieg an die Donau, in die Erbländer zu verfehen. In katho⸗ lifchen Orten follte der Feldmarſchall, wie zu Ollmütz und Neifle, koſtbare Bibliotheken für die ſchwediſchen Schulen aufpaden.

> Theatr. Europ. V, 49.

446 Veränderungen am frauzöflfägen Hufe.

mußte. * Allmählig hatten die verbannten Feinde Richelieus ſich wieder eingefunden; die Baflille entließ den alten Marquis de Baſ⸗ fompierre, und längft vermißte Gefichter, wie de8 Duc de Vendome und des Duc de Beaufort feines Sohnes, und aud der Guiſe wurden wieder in St. Germain gefehen. Dagegen mußte von den Anhängern des Kardinal zuerft Des Noyerd weichen, welcher den König durch Krömmelei an fid zu feſſeln ſuchte. Mazarin und Ehavigny verftanden den verbrießlichen Herrfcher in dem Grabe gegen den „petit bon homme“ qaufzureizen, daß biefer feinen Ab⸗ fchied forderte, was Mazarin unter dem 11. April dem erſchrocke⸗ nen Marfhall meldete und zugleich anzeigte?, daß der Sieur le Telier, bis dahin Heeredintendant in Piemont, die Stelle des Kriegsftantsfeeretairs erhalten babe. Zwar verfiherte aud Char vigny dem Herrn von Guebriant feiner aufrichtigen Freundſchaft; aber da alle Welt am Hofe ruhelos arbeitete bei den bevorſte⸗ henden Ereigniffen für fich zu forgen; der Marſchall, im Nachtheil des lebten Feldzuges, nicht unbedingter Fortdauer der Gunft ges wiß war, und er, in Sorge um fein Heer, aus Deutſchlands Grenzen ſich nicht entfernen durfte, ® veranlaßte er feine treue, Fuge Gattin, zu ihm nach Breifad zur Berathung ihrer nächften Zufunft zu. reifen. Ludwig erlaubte huldreich der Dame, ihren Mann feit 1639 zum erftenmal wieder zu fehen; allen Beamten auf der Straße nad Deutichland durd einen Königlichen Brief empfohlen, machte die Marfchallin bei bifem Weiter im April über Chalons, Nancy (16. April) fih auf den Weg, und traf ihren ungeduldigen Gatten mit friegerifchem Gefolge in der Nähe von Lüneville (18. April). * Im Triumphe nad Kolmar geführt, und unter Kanonendonner, Gefang und PBoefte, wie eine Fürftin, von den bewaffneten Bür⸗ gern einer Stadt empfangen, welche, obgleich fie ohne Noth ſich in franzöfifhen Schug begeben, den Verluſt uralter Reichöfreiheit ſchmerzlich beflagte, und, von dem Marquis de Montaufier bevrüdt, dennoh den Marſchall Guebriant Comprotecteur de la liberte Germanique begrüßten ; ® darauf unter Friegerifchem Gepränge am

ı Montglat I, 408.

> Quebriant 599.

a Daſ. 605.

Daſ. 606 fi. Daf. 808,

© Lesfabonreur, im Geleit der Dame, fagt 608: oeite grande ville qui

Die Gemahlin Gucbriants. 447

22. April in Breifah aufgenommen, wo aud die rauen ber vor- nehmen weimarfchen Offiziere der Sranzöfin ihre Ehrfurcht bezeigten, hatte die Dame während eines Aufenthaltes von drei Wochen in Breiſach und Heitersheim Muße genug, um mit ihrem Gemahle nöthige Schritte zu berathen. Sie eilte aus dem prächtigen Schloffe des Großpriors der Johanniter von Deutfchland am Sonntage nad) Pfingften fort, erfchroden über die Kunde vom Tode des Königs, welche den reizbaren Marſchall anfangs aus aller Faßung bradte. Bon dem bangen Gatten bis ind Gebirge von St. Marie aur Mines begleitet, eilte die Dame im bewaffneten Gefolge des jun⸗ gen Rofen nad) Paris heim. Das zärtlihe Paar hatte fih auf einem mit düſteren Fichten bewachfenen Berge getrennt, um fid nicht wieder zu fehen! * Guebriant durfte hoffen, fein Glüd den geſchickteſten Händen anvertraut zu haben; denn feine Gemahlin galt ald die feinfte Unterhändlerin, obgleich die dipfomatifchen Geſchäfte, welche der Hof ihr auftrug, eigenthümlich in den Kreis einer arggewisten Frau gehörten. ?

secoue le joug de }’Empereur pour conserver ses privileges de libre et d’imperialle, voulut faire voir en cette ocecasion de J’entree du Ma- reschal et de la Mareschalle de Guebriant, qu’elle n’etoit rebelle et qu’elle no fermoit zes portes qu’ A latyrannie. Aus Erlachs Memoiren I, 177 find wir beſſer unterrichtet; Diffonville und Montaufier hatten duch harte Behandlung die uralt gefreite Stadt zu vergeblihen Klagen bei Hofe getrieben. Die fromme Dame empfing zu Breilah (Yuebriant 610) die Gebeine tes H. Protbafius und Bervafius, welche fie ber Kirche von Et. Servois zu Paris verehrte,

Buebriant 611.

Als der König von Polen Wladislav IV., Herbſt 1645, um Marie Louife von Gonzaga, Duchefle de Nevers, geworben, und die „Königin“ unter großen Hoffnungen nach Warfchau gereift war, empfing ber alte Herr, unter: sichtet von der leichtfinnigen früheren Geſchichte, die ehemalige Schöne „Sing Mare’ und Gaſtons“ fo verdrieglich, daß er unter dem Vorwande von Podagra die Ehe nicht vollziehen wollte Aus ſolchem Sfandale befreite Dame Guebriant ald Ambassadrice et Surintendante de la conduite de la Reine de Pologne bie Verſchmähete durch ihre weiblihe Gewandtheit, fo dab Wladislav beflere Miene annahm. Montteville I, 48, 95, 319 Flaſſan III, 101. Auch eine zweite Sendung trug einen Character, zu welchem allerdings nicht fede Dame geeignet war. Um unter den Verwir⸗ zungen der Fronde die Feſtung Breiſach in die Gewalt der Hofpartei zu bringen, welche nach Erlachs Tode Charlevoix befehligte, wurde die Wittwe Quebriants dorthin gefchict, und erreichte ihr Ziel auf fehr eigenthümliche Meile. Nemours 136; La Marechulle savoit que les fommes avoient

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448 Tob Ludwige XIII.

Den Tod vor Augen hatte Ludwig XUL am 20. April bie Königin zur Regentin für den fünftehalbjährigen König, Monfteur zum Lieutenant general de Fétat et des armees, den Prinzen von Condé zum Chef du conseil, und Mazarin, den Kanzler, ben Surintendanten Bouthillier und deſſen Sohn Chavigny, den Staats⸗ fecretair, zu unabfesgbaren Miniftern erflärt, und war darauf in St. Germain en Laye am 14. Mat, kaum zwei und vierzig Sahre alt, geftorben; Tebensfatt, unbedauert, ungeliebt und un- gehaßt, weil bie Zeitgenofien dem weltfundigen Schwädlinge weder dad Gute der Regierung verdanfen mochten, noch das man- nihfahe Böſe derfelden auf feine Rechnung ftellten.

Ludwig XIH. hatte dem vierzehnten Ludwig den Staat nahe dem Gipfel der Macht hinterlaffen, und ein folgenreicher Sieg ver Waffen des jungen Königs verfündigte der deutſchen Welt fhon fünf Tage nad) demfelben fein fünftiges Gefhid. Denn ungeachtet Ludwig XII. der Kriegsunruhen fo müde fchien, daß Chavigny fhon am 23. März feine Beftimmung, als Bevollmäcdtigter zum Congrefie nad) Münfter zu

un grand ascendant sur Charlevoi et qu’il avoit un grand foible pour elles. Co qui lobligea à prendre pour l’accompagnes une Domoiselle de mieux faites et de facile composition pour imposer & Charle- voi celles qu’elle desireroit: ainsi elle n'eut qu’& lai preecrire la ma- niere dont elle vouloit qu’elle se conduisit. La Maröchalle arriva ac- compagnee de cette Demoiselle pour negocier aveo lui; et en allant voir les raretez de Brisac, elle donnoit tout le temps & Charlevoi de voir et d’entretenir cette Personne. Comme elle etoit belle et coguette, elle n’eüt pas de peine & donner dans la vüo à Charlevoi, lequel s’attacha beaucoup & lui faire sa oour, parce qu’il la croyoit une bonne fortune. Elle de son cöte, dont le metier n’etoit que d’engager et non pas d’etre oruelle, ne le parut a Charlevoi qu’autant qu’elle le juges & propos pour le suoces des desseins de In Marechalle de Guebriant, laguelle voyant leur intelligence assez bien etablie pour pouveoir executer ce qu’elle en vouloit faire, sortit de Brisao pour aller dans une maison & quelques heures de la Ville, ou elle avoit aocoutumee d’aller de temps en temps. Elle feignit d’y ötre malade pour n’aller point & Brisao, elle obligea cette etrange Demoiselle à donner dans cette maison un rendez-vous à Charlevoi, qu’on ne pouvoit tirer de Brisac sans quelque artifice de cette natare: et on Parräta-lä; d’ou il fut mens prisonnier à Philippsbourg.

Montglat J, 404. Kurz vor feinem Tode hörte man ihn den Spruch Siob6 wiederholen: taedet anima mea vitae meael St. Aulaite I, 111. Le Vaſſor X, II, 798.

Vnghiens Eieg bei Rocroit. 449

gehen, Im Vertrauen an Guébriant meldete; * waren bie Ruͤſtungen im Srühlinge 1643 um fo eifriger betrieben worden, ald die Spa- nier unter Don Francesco de Melos und Fontaines fih ſtark im Gelde zeigten, um bie DVerwirrung während der Krankheit des Königs zu benugen. Aber vor Rocroix begegnete der junge En- ghien, ? der Oberfeluherr des Heeres in der Picardie, unterftügt vom neuen Marfhall de U’Hopital (Hallier), von Gaſſion und d'Eſper⸗ non, den Belagerern fo entichloflen, daß am 19. Mai, nad anfäng- lichem Siege des feindlichen rechten Flügels, die Franzoſen die erfte volftändige Niederlage über das berühmte ſpaniſche Nationalfußvolt erfochten, und am 16. Juni vor Diedenhofen, dem Bollwerfe Luremburgs, erfhienen. Durh ein fo nachdrückliches Waffenglüd begünftigt, fonnte Anna von Frankreich hohe Hoffnungen für die Zufunft von einem Schritte erwarten, welchen fie am 18. Mai gewagt hatte; nämlich in dem erften lit de justice des jungen Könige alle Artikel der legten Verfügung Ludwigs XIII., welche ihre Hand banden, umzuftoßen und fih durch dus Parlament al8 unum- ſchränkte Regentin, und fomit die Lieutenantfchaft Orleans' als vollgültig erklären zu laflen. Gafton, der Gefährte früherer Unter: drüdung, wollte ihr jetzt aus Schwäche aufrichtig wohl, und hatte feinen Einfprud gegen feine Ehe mit der Prinzeffin Marguerite, jest als Madam anerfannt, zu fürdten. Bei allem Ehrgeize und Gewalifinne Elug genug, um einzufehen, daß ihre Abneigung gegen ernftere Gefchäfte, ihre Trägheit, eines bewährten Minifterd bes durfte, um ihre Megentfchaft zu verherrlihen; gab Anna anfänglich dem eitelen Herzoge von Beaufort, dem treuen Genofien in früheren Leiden, und der Partei der Importants ſich bin; legte aber allmälig die Staatögefhäfte in die Hände des Kardinals Mazarin, jenes erfahrenen, ſchmiegſamen Stalienerd; gewann die Gemüther der Prinzen von Geblüt, Condés, Enghiens, Contis, Longuevilles, die ritterliche Liebe des franzöfifchen Adels, fo daß unter der Regentichaft der fonft wenig bedeutenden Frau Frankreich, Richelieus Bahn verfolgend, unter Strömen von Blut und unter macs chiavelliſtiſcher Politik die fhiedsrichterliche Gewalt in Europa errang.

ı Buebriant 602.

> Montglat I, 423. Deformeanzx I, 69 f. Theatr. Karop. V, 73. Gnéebriaunt 628 nennt die Schladht toute francoiee.

I Die geiſtreiche Fran von Motteville, welche Anna am beften fannte, fagt: la Reine rortoit d’une grande oisivete et etoit de son naturel paresseune.

Barthold, Geſch. des 80jähr. Kriege. IL 29

450 Mazarins Minifterium. Die drei deutſchen Frauen.

Den Kardinal⸗Duc überlebten ſeine Pläne, aber ohne daß ſeinen treueſten Helfern, den Mazarin ausgenommen, die Ausführung herielben blieb; * denn der Oberintendant Le Bouthillier warb von Anna bald dem Hafle der Gegner des richelieufhen Miniſteriums aufgeopfert; Chavigny fein Sohn, erhielt, beleidigt, weil die Koͤ⸗ nigin ihn geringezufchäßen fchien, wider fein Erwarten den gefor⸗ derten Abſchied. Als Staatsfekretair für die auswärtigen Angelegens heiten theilte er noch für einige Zeit mit Henri Augufte de Lomenie, Comte de Brienne, die Gefchäfte und blieb dann ohne Einfluß im geheimen Rathe. Aber durchgreifender Zufummenhang des Staate- willend und des Vollzicehens trat erft ein, ald Mazarin, ohne Neid und Haß zu erregen, den Sturz des Üibermüthigen Hauſes Vendome durdy” Hug benutzte weibliche Ränfe herbeigeführt hatte; worauf nachdrücklich fi der Kampf gegen beide habsburgiſche Throne er- neuerte. Unterdeſſen Avaur und Servien zögerten, in Münſter fi einzuftellen, waren es drei Brauen, deutſchem Yürftenblute verwandt, oder deutfche, welche, die Königin von Franfreih von fpanifch- habshurgifhem Gefchlechte, gedankenlos, faul und unbefungen tän, delnd mit dem Geſchicke von Millionen; die unmündige Ehriftine, mütterlicher und großmütterlicher Seit von deutſcher Herkunft, unter müffigen Männerftudien fo dünkelvoll und altflug, und dennoch, mit dem Ernfte ihre® Berufes und deſſen Verantwortlichkeit kaum ver« traut; und Amalia Eliſabeth, die Landgräfin, dem Manne an Liſt und an Furchtloſigkeit am nächſten unter den dreien, welche ale drei Gorgonen, verfchwiftert, vie Lebenskraft in den Adern des armen beutfhen Volkes erftarren machten. ? Die Heffin fuhr fort, Frankreichs Schub und Geld zu ihrem unmittelbaren Vortheile zu benugen; die Anführer ihrer Truppen, weldhe mit Guebriant tiber den Main gegangen waren, ängftigten, im Einverftänpniß mit der Gebieterin, den Marfchall dur die Ankündigung, heimzukeh⸗ ren, ® und beftanden auf dem gefchloffenen Vertrage. Unterdeß lich "Montglat I, 413. Larrey I, 20. Flaffan IT, 81.

> Moaflenberg bei Mrfenholz I, Anm. Salvins fchrieb 1643 an Cheifline, man müſſe die göttliche Vorfehung bewundern, daß drei Frauenzimmer bes fimmt wären, die Macht der beiden größten Herrfcher der Ehriftenheit zu dämpfen! Aus der tranrigen Mpolitie der damaligen Gelehrten, zumal

der Vhilologen, ift es erflärlich, dag Freinsheim mit vollen Baden die Lands

gräfln pries; |. Rede defielden zu Upfala i. I. 1646 bei Arkenholz I, 158. : Gnehbriant 641.

Nanbzůge Koͤnlgomarko. 451

Amalia Eliſabeth die Beſetzung Kempens nicht aus den Augen und betheuerte zwar durch eine Reihe von Briefen; ihre Standhaftigkeit ‘an dem bien commun, übertrich aber die Beforgnig vor Behlen, ? welcher nebft Hatzfeld in Weftfalen und am Nieberrhein befehligte, und wußte, als fie Kempen in ihrer Gewalt hatte, durch Kroſigk in Paris ein Abberufungsgeheiß an Guebriant zu erwirfen (30. Mai), zumal fie Kunde hatte, daß bie erfte Verftärfung für den Marſchall auf dem Wege fei. Ungeachtet Graf Eberftein nicht allein am Niederrhein fich behauptete, ſondern auch die Gegner in Paderborn und Dortmund beforgt machte, und fie dem Oberften Cberftein, welcher bei Breifah fand, die Heimkehr nur anbefahl, falls verfelbe mit Sicherheit über ven Main gelangen fönnte; deutete dieſer richtig den Sinn ihres Briefe, und war lieber auf eigene Hand ge fahrlos thätig, als mit Guébriant unbezahlt die Beichwerden des Feldzuges zu tragen. Umſonſt bemühte fi daher Beauregard, eine Aenderung der heſſiſchen Politik fürdtend, zumal die Unterzeichnung . 968 erneuerten Bundniſſes mit Ludwig XIV. verzögert wurbe, ® bie Eigennügige zu bewegen; fle hoffte größeren Bortheil in der Ver⸗ bindung mit Koͤnigsmark zu erringen, welcher aus der Lauſitz im März von Torftensfon entlaffen, um auf die Bewegungen zwiſchen Elbe und Wefer zu achten, * ſchon wiederum ein gutes Stück Geld zufammengebradht hatte.

Nah der Verheerung ber Umgegend von Dresden ° war jener ins Boigtland und nad Franfen gezogen; hatte den Markgrafen Kriegsfteuer abgepreßt; den Biſchof von Bamberg gejchredt; ven Würzburger, ald der Lothringer und die Baiern gegen Guébriant in Schwaben auf der Hut fanden, durch die Brandfadel zur Zah⸗ lung gemöthigt; den Landgrafen von Heffen » Darmftabt geswadt, ſelbſt Frankfurt bedroht. Im Juni, flatt Guebriant die Hand zu bieten, oder mit ven Hefien Gemeinfchaftliches zu unternehmen, kehrte er aus dem Inter» Mainlarde und der Kühe des Rheines durch Thüringen nach dem Eichsfelde zurüd, um von dort aus im Hal- berftäptiichen einen bleibenden Gewinn der Krone Schweden zu

ı Buebriant 647. = DMufenporf 517. : Gusebriant 657. % Bufendorf 509. Daſ. 514.

459 Trennung ber Seflen von Guebriant.

erliften. Wie nun bei Guebriant der Befehl des Königs einlief, die Hefien, wenn er fie nicht halten fönne, zu entlaffen; verfuchte jener nochmals, zu Breiſach durch eine feierliche PBroteftation ' fie zu fefleln pour s’employer constamment à l’avancement du bien public comme de vrais, bons et fidels Allmans. Aber Eberftein wollte auch feine Stunde länger bleiben; getraute fich fiher durchzuſchlagen und fo mußte denn der hochmüthige Marſchall die unwürdige Bettelei aufgeben. ? Gegen Anfang des Juli zogen fie, wie Quebriant behauptete, in fo flattliher Haltung, als fie gefommen waren, mit zahlreihem Troß und guter Beute von Breis ſach ab; nach der Anficht der heififchen Räthe, in Fläglihem Zuſtande, erreichten die Wetterau, fanden aber den Königsmark nicht mehr, welcher am '%,, Juli Halberftabt dur einen „Kriegspoſſen“ im Geiſte Widerholds eroberte. Unter dem Grafen von Cberftein trieben fie darauf ihr lohnendes Epiel am Niederrhein. Von der Belorgnig und den Plänen Don Francescos unterrichtet, bewirkte Amalia Elifabeth wenigftend, daß die Faiferlichen und Reichötruppen, welche in Köln ftanden, nicht dem hartbeprängten Diedenhofen beis fpringen Tonnten. Denn in der Wetterau hatte fie einen Brief des Spanier8 an den Kalfer aus Namur vom 21. Juni aufgefangen, ® worin bdiefer Ferdinand aufforderte, im Yalle Gusbriant in die Unterpfalz einfiele, dem General Bed die Baiern und Lothringer zuzuſenden; „würden ihm vom Niederrheine 8000 Kaiferlihe, vie gerade feinen Feind an der Heffin hatten, zu Hülfe fommen, fo wolle er mit Gott ed auf Enghien wagen.” Kundig foldher Pläne heftete Amalia Elifabeth ihr SKriegsvolf an Hapfeld und Vehlen, begün- ftigte die Eroberung Dievenhofend, nährte ihr Heer auf Koften der Nachbaren, füllte ihre Truhe mit franzöfiihem Gelde, und verhöhnte durch ihre Thaten die jalbungsreihen Worte ihrer Erwieberung anf die Mahnungen, welche die franffurter Reichsdeputation in ungebefs ferter Einfalt an fie erlaffen. *

Unter ſolchen Verhinderungen fonnte Gusbriant im Breisgau erft fpät an den Feldzug denfen. Zwar hatten die Briefe der Regen tin und Mazarins,“ weldhe den Werth des Mannes Fannten, dem

ı Quebriant 644. 2 Daſ. 655. eLondorp V, 833.

* Theatr. Europ. V, 84, 171. Gusbriant 613. Erlac I, 176.

Quebriants zweiter Feldzug im 3. 1643. 453

Befümmerten den Heerbefehl fchmeichelhaft beftätigt; aber die Weis marer glaubten fich ihrer Verpflichtung bei dem Tode des Königs erledigt. Obgleich die Oberften zu Heitersheim dem jungen Herricher Treue gelobt, mit großer Andacht dem Requiem zum Gedächtniſſe Ludwigs XIII. beigewohnt und bei der Tafel des Marfhalld allen Verdruß im Weine zu erfäufen gefchienen; * fo erklärten doch, als die verfprochene franzöftfche Hülfe nur jehr unvolzählig anlangte, und die erwarteten Geldfummen auöblieben, bie Herren von Wittgen⸗ ftein, Bes, Fledenftein und Roßwurm dem Generallieutenant Taup- adel das bündige Verlangen ihrer Genofien, „dem Tractate gemäß bezahlt zu werden.““ Guebriant, fo ungebuldig er war, in Webers einftimmung mit dem Sieger von Rocroir etwas zu unternehmen, mußte den neuen Hof mit Gefuchen wieder belagern, und, in Gefahr nicht allein durch Verlockung des Kuaiferd und des Kurfürften von Baiern, ? fondern auch durd das Geld der Republik Venedig feine beften Krieger zu verlieren, feine Sorgfalt verftärfen. Der Zuzug zerrann faft unter feinen Augen und felbft die aus den Beſatzungen gezogenen Deutſchen Tehrten, in ihren Garmifonen verheirathet, heim.“ Am Häglichften ſah ed mit den franzöfifhen Regimentern aus, welde, im Sunt als Erfah der Heſſen gefchikt, nad dem Vorgange ihrer Dffiziere faft gänzlich fih auflösten. ®

Dur Briefe der Regentin und Enghiend aufgefordert, irgend etwas zu unternehmen, ® um den Fall Diedenhofend zu erleichtern, ging denn Guebriant aufs ungewifle ind Beld; verließ am 18ten Juni die hungrigen Thäler des Schwarzwaldes und hoffte wenig- ſtens, Winterquartiere fich zu erfämpfen und die Baiern und Lothrins ger von der Mofel abguziehen. Ungeachtet die Zranzofen großen Theils davon gelaufen waren, gab er dennoch fein Heer auf 7000 Mann zu Fuß und 4000 Reuter an; noch belebte ihn die Ausfict,

° Buebriant 613. 617.

3 Dal. 618.

3 Johann von Werth, von der Unzufriedenheit der Weimarer unterrichtet, hatte ſchon unter dem 22. Mai deßhalb Vorſchläge an den Kurfürften gethan. Weſtenrieder Leite. a. a. O.

° Buebriant 624.

Daſ. 615.

® Brief des Königs vom 8. Juni. Buäbriant 697.

T Buebriant 630. 660. Theatr. Europ. V, 120 ff. Adlzreitter 449 ff. Bufendorf 519. Teuticher Florus 530.

454 Die Baieru gegen Gusbriani.

Königemarf und die Heflen würden einen rehtfhaffenen An griff auf den Main, zu Gunſten des bien public, den paar taufen» Thalern vorziehen, welche fie den Bifhöfen in Franfen etwa abs nöthigten. So zog er über Waldshut auf Engen, um, an Hohen; twiel und Veberlingen gelehnt, neben der Iller auf dem rechten Ufer der Donau den Eingang in Baiern zu erfpähen. Die Weimarer hatte er nur durch die Verheißung, daß die Löhnung für den April ihnen am Ende des Juni gezahlt würde, mit fich fortführen können; jest nun mit ungeheurem Gefchleppe im unfruchtbaren Oberfchwaben angelangt, erfuhren jene, daß Mercy ihnen den Weg verlagere. Denn die Baiern hatten unter den Zubereitungen des franzöfifchen Feldzuges nicht ftille gefeflen; lange in Ungemißheit, wohin Gnebriant fich wenden werve, ob rheinabwärts auf die Pfalz und auf Mainz, oder auf Dicdenhofen, ſtand ihr Heer zu Anfang des Mai um Tübingen, rüdte am 18. Juni, um Breifingen durd lothringiſche Völker, welche zur Unzeit die Mofel verlaffen hatten, verftärft, nach Ebingen bei Nothweil vor; (22. Juni) z0g dann über die Donau bei Sieg⸗ maringen und harrte der Säfte in fefter Stellung bei Pfullendorf und Mösfirh. Mit frifhem Muthe unter ihnen zumal Johann von Werth, welcher bei der erften Dufterung als General der gefammten . Reuterei vorgeftelt und von den Freubigen mit breifacher Salve begrüßt war.* Dagegen klagt Guebriant, um Engen bis zum 15. Zuli müßig weilend, über die Stärfe des Feindes, über feine unerträgliche Lage, und drohete, da der Hof das Berfprechen, welches er dem Fledenftein und Truchſeß gegeben, nicht gehalten und flatt Geld einen Muftercommiffarius geſchickt habe, „im nächften Jahre würden nicht 1000 Deutſche unter der frangöfifchen Yahne ftehen. *? Zwar war der Kardinal von der Flucht ber franzöfifchen Haufen bereitd unterrichtet, vertröftete aber auf den Herbft, im Glauben, allein durch den Schreden der Schlacht von Rocroir zu fiegen. Am 15. Zuli aus Engen auf Salmanndweiler gerüdt und am 21. Juli gezwungen unter Berluft und unbefcreiblicher Noth die Etellung aufzugeben, da die Baiern am 19. Juli bei Markdorf ſchon den Paß auf die ler deckten,“ ging Guebriant über Stodah auf

* Dankfchreiben Werths aus Tübingen vom 6. Juni und Gelöbnig „der Kurs fürft folle feinen @ifer für die gemeinfame Sache erfahren.“ Veſtenrieder Beitr. 196.

> Bucebriant 638. ? Daf. 660.

Oucbriant zurückgedraͤngi. 455

Tuttlingen 108; wandte fi) aber links zum Nedar und gedachte Die Feſte Rothweil zu überrafhen. Kaum hatte er indeß einige Anftalten zur Belagerung getroffen, als die Kanonenſchüſſe in den nahen Bergen der Garniſon und den tapferen Bürgern die Kunde des Entfages brachte. Johann von Werth war ed, welcher mit ber ganzen Reuterei dem fhon mit Eturm bedrohten Orte zu Hülfe fam, und durd fein Erfcheinen die Gegner nöthigte, nad der Ber: wundung des tapferen Heraogd Friedrich von Wirtemberg die Be: lagerung am 26. Juli aufzuheben. * Am folgenden Tage aud von Horb ausgeſchloſſen, und immer auf der rechten Eeite dur die Buiern gefolgt, war der Franzofe nah allen gefcheiterten Plänen unter ſtetem Berlufte gezwungen, bei Oberdorf über den Nedar zu gehen und auf der feit dem Winter befannten böfen Etraße über Schiltad in das öde Finzinger Thal zurüdzufehren. So ſah fi Guebriant in einem Halbfreife vom Bodenfee bis an den Oberrhein von feinem wachſamen Gegner wie an einem Seile bis zu feinem Ausgangspunkte zurüdgeführt und meldete troftlod am 1. Auguft von Wolfach aus feine Vereitelung, auf Geld und Berftärfung harrend. Zwar wuchs unterdeß die Roth Diedenhofend, und tröftete fi Gué⸗ briant dem Duc dD’Enghien einen wefentlihen Dienft durch Abhaltung der Baiern geleiftet zu haben; aber Marimilian dachte nicht daran, feine Grenzen der Niederlande wegen zu entblößen, und nur bie Lothringer eilten, von Karl in Perſon geführt, über den Rhein, weil nad) Diedenhofens Falle für Sierf, felbft für Trier zu fürdten ftand.? Melos bei Namur, Bed bei Luremburg gelagert, konnte jo wenig als Hatzfeld, durd die Heſſen feitgehalten, die ftarfe Beftung retten; fie ergab fib nad der ruhmvolliten Vertheivigung am 10. Auguit ald ein Trümmerhaufen, * was Enghien, berauſcht von feinem Glüde, dem Marſchall meldete und fich bereit erflärte, ihm bald zu Hülfe zu ziehen. Diefer hatte in Wolfady unterdeß uns muthig Briefe nah allen Seiten gefchrieben; vorwurfsvolle an die Landgräfin, faft im Tone Banerd; klagende an Beauregard, * den Eberftein einen Coquin nennend, welden er vor vier Jahren vom Galgen gerettet habe; drohende an Königsmarf, der ftatt am Main

ı Apdlzreitter 450. Guebriant 861.

> Aplgreitter 450.

ı Buebriant 670. Deformeaur T, 131. ® Bucbriant 666. Brief vum 6. Augufl.

456 Onebriant im Miebereifaf.

ihm die Baiern abzuhalten, unterveß in Halberſtadt und in Leipzig fi) gütlih that. Aber alles Gefchrei war umſonſt; Guebriant mußte noch vor Ende des Auguft, durd die Noth getrieben, auch das finzinger Thal verlaflen; bemüht, fich befiere Ouartiere im Mark⸗ grafthum Baden zu verfchaffen, hatte er die Vorhut ſchon an bie Graͤnze gefhidt, nachdem er drei Tage dem ausgehungerten Refte Ruhe auf dem Gebiete Straßburg gegenüber gegönnt. Aber zeitig hatte Johann von Werth die Abficht des Gegners errathen und, mit - 2000 Reutern über den unmwegjamen Kniebis herbeigefommen, * Raſtadt einen halden Tag vor Guébriants Vorhut befett. Was blieb dem Armen wieder übrig, ald am Ende Auguft auch die letzten Poften um Oberlirh und Wildſtadt preiszugeben, in der Nähe von Benfeld bei Rheinau über den Rhein zu geben und im Niederelſaß fih hoͤchſt unwillkommen einzulagern! Die Baiern dagegen auf vie Dedung der Rheinpfalz bedacht, näherten fih am 28. Auguft dem Rhein, fhlugen bei Lauterburg eine Brüde, und lagerten ſich bei Weißenburg (%, , September), da die Straßburger ihnen Schiffe und Brüde verfagt, gleichwohl, durch Mercy bedroht, ihnen Lebens⸗ mittel zufommen ließen. Herbere Noth und empfindlichere Beſchäͤmung, als in feinem Quartiere bei Ehrftein, hatte Guebriant faft während des deutfchen Krieges nicht erfahren! Taupadel fchmähete auf den Berrath und die Büchergelahrtheit der dünfelvollen Sranzofen, „welche allein klug fein wollten, und diejenigen als verdächtig verfchrieen, welche andere Anfiht hegten; im Kriegsrath vermäßen fie fi immer nur den Feind zu ſchlagen; wenn man aber an ihn heran, fäme, fo fänfe ihr Muth; deshalb fei denn das fchöne Heer, nuplos umher gefchleppt, in Käglichen Zuftand gerathen, und die fleghaften Genofien Bernhards zufammt allen Befagungen, mit ungeheurem Troß überlavden, auf kaum 6000 Mann geihmoten, die nur mühs fam durch die Führer zufammengehalten würden und weil fie wüßten, daß, einmal zerftreut, fie dem Verderben nicht entgehen würden. ?“ Selbſt der Kardinal Mazarin, fonft fo milde und behutfam in feinen Morten, tadelte die ſchlechte Kriegszucht Guebriants, * feine unauf- hörlihen Forderungen an Geld, „weldhes zur Zeit fchwer aufzu⸗ bringen ſei,“ verfprah ihm jedoch Hülfe für den Eeptember und Quebriant 372. Pufendorf 520. |

2 Bufendorf 520. ? Buebriant 671. Brief vom 16. Auguſt.

Thaten ber Helfen, Koͤnigemarks und Enghiens. 457

ſeine Verwendung, daß die Heſſen und Koͤnigsmark einen gemein⸗ ſchaftlichen Angriff auf Franken unternähmen. Erſtere jedoch ſuch⸗ ten ihren Vortheil, indem fie am un... bei Weſel über ven Rhein feßten, Düren belagerten und Hatzfeld fowie die Truppen des Pfalzs grafen und des Kurfürften von. Köln abhielten, zu Don Francesco de Melos zu eilen und Enghiend Fortfchritten vorzubeugen;! letz⸗ terer ernbtete um Magdeburg, eroberte Ofterwid am 7,2% ‚2 meifte im Meißniſchen „pour 6tablir des contributions,” und warb gleich darauf flatt an den Main, durch Pommerns Gefahr an die Warte und Nege, ja an bie Küfte von Hinterpommern gezogen. Zwar richtete die Verheißung Enghiend, welher am 2. Eeptember aud) Sierk erobert hatte (den Schlupfwinfel für Karld von Lothringen wilde Ehe) und bis in die Nähe von Trier vorgerüdt war, den Perzagenden wieder auf, fo daß er die fanguinifhen Pläne vom März, in Verbindung mit Enghien rafch das ganze Rheinland zu bezwingen, ° dem Kardinal wieder and Herz legte; jedoch die Eens dung ded Sieur de Tracy erwirkte nur die Verheißung von 2000 Mann (4. September), da Mazarin, bei dem Erfcheinen des Lothrins gerd an der Mofel für die Oränzen Frankreichs bungte, und bie ganze Staatsmaſchine in Folge von Hofintriguen eine Zeitlang ffille zu ſtehen drohete. Anderſeits war Enghiens Heer nad) feinen biutigen Thaten fo gefhwädt, daß ed nad) eiliger Herftellung Diedenhofens der Erholung dringend bedurfte; weßhalb auch ber Sieur de Roques Serviered, an den Sieger von Rocroir durch Guebriant gefendet, nur mit ungewiffer Bertröftung zurüdfehrte. Mazarin Hatte erft die gefährliche Partei der Importants zu übers wältigen, ehe des deutſchen Krieges mit Ernft gedacht werben Fonnte. Der Duc de Beaufort, trogend auf die Danfbarfeit der Regentin und ergrimmt über den feinen Staliener, welcher feinem Anfehen allein im Wege ftand, trug eben mörberifhe Anfchläge gegen den Kardinal im Sinne, ald Acht frivole, franzöfiiche Weiberränfe dem Miniſter unvermerft Gelegenheit gaben, den übermüthigen Enkel Heinrichs IV. zu flürgen, die Königin eined läftigen, unfähigen

° Brief Amalla GElifabeihe vom 5. September, Buebriant 668; von Eberſtein 12. September, daf. 669; Briefe Guebriante vom 9. September aus Ehrſtein an Beauregard.

2 Pufendorf 514.

Quobriant 672.

458 Soffabale in Bari.

Günſtlings zit erledigen und, ohne Nebenbuhler, mit Ernft bie deutfchen Angelegenheiten zu betreiben. Die Duchefle de Robans Montbazgon, die Freundin Beauforts, hatte durch eine häßliche Vers läumdung, zu der ihr ein aufgefundener Liebesbrief ohne Ramen ben Stoff gegeben, die Tugend der ſchönen Duchefie de Lougueville, ber Tochter Condés und Schwefter Enghiend, und fomit das Haus Condé empfindlich beleidigt, und Beaufort, zumal Condé es mit dem gehaßten Kardinal hielt, drohend die Partei der Berläumderin ergriffen. Auf die Thränen und Klagen der Madame la Princefle (der Gemahlin Eondes) zwang Anna die Montbazon zur Abbitte und verbannte diefelbe am 4. September vom Hofe, ald die Dame ihr den Gehorfam verfagte. Statt feinen Sieg zu verfolgen war darauf Enghien, die beleidigte Ehre feiner leichten Schwefter zu rächen, felbft nad) Paris herbeigefommen, fo daß der Sieur de Tracy, weldher dem Prinzen den Aufbruch eined Theiles feines Heeres bes fehlen follte, ihn zu Dormand auf dem Wege zum Hoflager traf. Beaufort, Fühn, wie einft der große Guiſe, den Warnenden erwies dernd, „ils n’oseront,” verlor im Kampfe gegen eine fo mächtige Partei die Freiheit, ward im Louvre verhaftet, in Vincennes einges fperrt und die Familie Vendomes, was die Königin? feierlih in einem Briefe vom 13. September dem Marſchall als ein Haupts ftaatdereigniß meldet, ald wäre bie größte Gefahr eines Bürgerfrieges abgemwendet, auf ihre Schlöffer verwiefen. Alle dieſe Vorgänge vers jögerten den beutfchen Feldzug auf mehre Wochen, ba Enghien, mit gleich leidenſchaftlicher Luft im unmwürbigften Getreibe der Hofs fabalen als im Schlachtgetümmel weilend, zur Stübe des Ans fehens feines Hauſes länger bei Hofe blieb. Faſt unter den Augen der Regentin mußte erft Coligny, Chatillons ältefter Sohn, ale Champion für die Dame Longueville Cihm follte der verrätherifche

ı Motteville I, 172 f. Montglat I, 415 f. St. Aulaire I, 130 fi.

2 Brief Mazarins an Guebriant 685, vom i. September 1643, nimmt bie Weiber⸗ geſchichte ſehr wichtig: Je oroy que Madame la Marechalle n’aura pas manque de vous Ecrire ce qui s’est passò & la Cour, ei comme pendant que vous vous opposez aveo succez au dehors aux Ennemis de cette oouronne: la Reyne apres avoir inatilement employe douceur et les hien faits pour divertir les mauvais desseins de quelques esprits, a ete oon- trainte d’user d’une plus forte conduite pour les dissiper et pour asseurer la tranquilit6 du dedans. GBucbriant 686. Manifeſt des Könige vom 13. September. u

Die Weimarer und Srangofen in Baden. | 459

Liebesbrief aus der Tafche gefallen fein) fein Leben gegen jenen Guiſe, weiland Erzbifchof von Rheims, im Zweikampfe einbüßen ; ' nachdem mit Mühe ein Duell zwifchen Enghien und Beaufort vers hindert war. Zwar hatte Mazarin fhon am 13. September den Befehl an Enghien ertheilt, daß der Prinz den Grafen Ranzau mit feinem Heere aus dem Luremburgifchen bis SKaiferslautern geleiten fole, um wegen Speierd und Worms’ dem Feinde Unruhe zu ers segen; wolle er jelbit ald Chef der Heere des Königs in Deutfchs land, Ylandern und Luremburg nicht bleiben, fo foll er dem deut⸗ {den Grafen 7000 Mann alter Truppen überlafien, um fie als Lieutenant » Öeneral an den Rhein zu führen, ohne jedoch den Wirfungsfreis der trogigen Weimarer und des Marquis de Mons taufier zu beichränfen. * Aber es vergingen vier Wochen über der Vollſtreckung folder Anordnungen, unterdeß die Prüfungen des Marſchalls Guebriant fortvauerten. Auf den Niederelfaß mit feinen wüften, armen, räuberifhen Rotten gedrängt, follte er Alles ſchonen und doch fein Heer ernähren. * Kaum hatten die zuerft über den Rhein gezogenen fid um Benfeld bliden lafien, ald Model, ver ſchwediſche Wächter jener Feſte, über Gewalt fchrie, fi auf die zugeflandene ©efreitheit feines Gebieted berief; drohend die Schonung deſſelben gebot, (welches freilich die Weimarer wie Feindesland heimfuchten,) und dem Kommandanten befahl, Abwehr» Maaßregeln zu treffen. Erlach tröftete den gereizten Marſchall über die grobe Sprache des fchwedifchen Kronbeamten, und erinnerte ihn an deſſelben Mannes Rede zus Zeit der weimarjchen Erbſchaft; aber aud die anderen betheiligten Nachbaren verfuhren nicht nachſichtiger. Montaufter, der Statthalter des Oberelfaßed, unterfagte * feinen Stäbten die Ges traideausfuhr, ald fürchte er Feindesanfall; die Straßburger ließen fon feit dem Ende des Auguf ale Vorräthe aus ihrem Gebiet

* Motteville I, 202. St. Aulaire I, 132.

2Guéebriant 674. Bufenporf 520.

® Leber die Wirthſchaft der Weimarer und Franzoſen in Baten ſ. Engelfüß’ des Feldpredigers Schilderung a. a. DO. ®uobriant 676; Model ſchrieb: vos troupes sont venu piller tout ce qui depend de Benfeld et le distribuer

entr’enx, point autrement que s’ils Etoient entrez en Pays Ennemie. Et

memes je pourrois asseurer V. E. que depuis que ce pays d’Alsace & ete acquis par les victorienses armes de la Couronne de Suede aucun onnemi n’a plus oue entreprendre autant sur oet état.

4 Bufendorf 520.

460 Die Baiern über ven Rhein zuräd.

in ihre Mauern fchleppen, wehrten fih der Räuber, ihnen Wagen und Pferde nehmend; weigerten fih das franzöfifche Heer mit Lebens⸗ mitteln zu unterftügen, * gewigigt durch Mercys Drohung, der nicht gar weit von ihnen ftand. ? Da der Rath; endlich am 20. September „suivant son inclination pour la France* dem Marfıhalle den Anfauf von Getreide in ihren Märkten nicht wehren: durfte; mußte er, des murrenden Volkes ungeachtet, auch dem baterifchen Feldherren das Gleiche geftatten. Co friftete Guebriant mit Hülfe des elfaßer Adels, der zur Strafe Beiftener erlegte, weil er den Lothringer im vorigen Jahre unterftugt, und mit Vorſchub Diffonvilled aus der Schweiz fih und das Heer bis zur erfehnten Ankunft Enghiend hin, während die Baiern bei Weißenburg, nody immer zur rüds fihtslofen Feindfhaft gegen den Elſaß, Frankreichs Provinz, nicht durch den Kurfürften berehtigt, nur auf Abwehr bebadht, unbeweglich beobachteten, wohin die Pläne der Feinde gingen. Ein liſtig eingeleiteter Anfchlag auf Ueberlingen war am 19. Eeptember gefcheitert; * die Augen überall, rieth Johann von Werth am 10. September feinem Kurfürften, nicht Pferde aus Salzburg, Baiern und Steiermarf durch Die Schweiz ausführen zu laffen,* weil man fo den Frangofen den Preis unerſchwinglich erhöhen könnte. Als zu Anfang des Oktobers die Ankunft Enghiens außer Zweifel war, gab Mercy am 13ten fein Lager zu Kron- Weißenburg auf, ging, um zeitig vorzubeugen, bei Lauterburg über den Rhein zurüd und flellte bei Durlah fi auf.“ Karl von Lothringen dagegen harrte ber Dinge bis zum Ausgange ded Monates nody bei Worms, um erft im Kalle der Noth fih mit den Baiern zu vereinigen. Endlich, nachdem Ruhe und Eintracht ind Hoflager Annas zurüdgefehrt, meldete die Regentin am 25. September, der König am 30ften, ber Sieur de Tracy am 2. October, daß Enghien deſſelben Tages die Hauptſtadt verlafien werde® und rüftete ſich Guebriant, den Zuzug unter Ranzau zu Zabern zu empfangen. Der genußfüchtige Prinz, zufrieden mit den Lorbeeren des Jahres, hätte gerne fi ber Sache überhoben; aber die Hinausreife nach Deutfchland war nöthig, um

ı Briefwechlel Strapburgs mit Buebriant vom 23. Auguft, 7. und 20. Sept.

bei Buebriant 678. 680. 682. > Laguille II, 159. : Quebriant 689.

s MWeftenrieder a. a. D. Alſo war baffelbe, 1643, was 1840, noth. °DBufendorf 450. Theatr. Europ. V, 177. Guébriant 688.

Franzoſiſcher Zuzug unter Ranzau. 461

bie noch immer unbeflegte Abneigung der Franzoſen vor dem deutſchen Feldguge durch das Vorgeben zu mindern, ald werbe ein Prinz den ſelbſtſtaͤndigen Oberbefehl übernehmen. Durd Lothringen nad Pfalzburg mit feinem ganzen Heere gefommen,' wählte Enghien bier 4000 bis 5000 Mann zu Buß und 2000 Reutern aus, theild alte deutfche Regimenter, theild nationale, erklärte, daß er den Befehl für dieſes Jahr feinem Lientenant-General Ranzau übertragen, welcher diefelben, doch ohne Geſchütz, deſſen der Marfchall befonders bedurfte, am 23. Oftober dem Unzufrievenen über Zabern auf Dachſtein zus ‚führte. So armfelig der Zuftand des alten franzöflich-weimarifchen Heered war, zumal bei einer großen Zahl unberittener Reuter, fo fonnte der eitle Marehall de Trance ſich doch nicht enthalten, das⸗ jelde zur Mufterung zugeftugt, dem Prinzen bei Dachftein in Schlacht⸗ ordnung zu zeigen (23. Dftober). In verfchämter Armuth als Achter Branzofe bald klagend, bald mit erlogenem Echeine prunfend, bes teitete Guebriant dem Sieger von Rocroir am folgenden Tage im dortigen Schloſſe ein überaus prächtiges Gaftmahl, zu welchem die Städte im Elſaß, im Breisgau, ſelbſt in Lothringen und in ver Schweiz Ledereien aller Art, Fiſche, Bafteten in Geftalt eines lebenden Auerhahns auf Befehl Itefern mußten, um den gefeierten Helden nad Würden zu bewirthen. ? Köftlih wurde auf dem Schlofle geſpeist und von ben geladenen beutichen Oberſten unter Kanonens donner auf gut deutich Gefunpheit getrunfen. Nach diefem fchwels gerifhen Mahle, dem lebten der Art für Guebriant, befuchte Enghien am 26. Oftober noch Breiſach; bereiste, fürftlich empfangen, bie franzöfifhen Garnifonen im Breiögau, vertheilte, zu feinem Heere bei Saarbrüd zurüdgeeilt, daffelbe in die Winterquartiere auf frans zöftihen Boden, und ging an das Hoflager, nad Braud aller “anderen franzöfifhen Marſchälle, zurück. Nächſt Ranzau blieben al8 die angefehenften franzöfiihen Dffiziere, ald mar&chaux und mestres de camp, ° der Marquis de Noirmoutier, der Comte de

Guébriant 689. Pufendorf 520. Adlzreitter 450. Theatr, Earop. V, 177.

ı Buebriant 689 ff. ſtehen bie Küchenbriefe. De l'Jole, franzöfifcher Agent in Straßburg, fehidte den Coq bruant mis en paste et couvert de son plumage & la Facon qu’on le sert sur la table des Princes d’Allemagne; die Stadt Kolmar ließ igre Teiche ausfiſchen, um ihren @ifer pour lo bien

public de la bonne partie zu bethätigen. ’Montglat 1,429 Buebriant 691.

#62 Kofas Graf von Rauzau—

Maugiron, der Sieur de Sirot, der Marquis de Vitry und viele andere Herren, deren Streitluft nur die befte Jahreszeit fehlte, um die Welt mit dem Rufe ihrer Thaten zu erfüllen; die jetzt aber fih begnügen mußten, zunähft um Winterquartiere auf dem ver- rufenen rechten Rheinufer fi zu bemühen. Am mipfälligften war den Weimarern der holfteiner Graf; obgleich er mit ihnen nicht unmittelbar zu fchaffen Hatte, fchägten fie ihn geringe, weil er auf anderem Wege, als fie in den Dienft der Krone gefoms men. Wir müffen diefe, ſchon oftgenannte, Hauptperfon der fol genden Tragödie näher zeichnen.

Aus einer berühmten Familie in Holftein ſtammend, welche dem dänifchen Staate ſchon manchen tüchtigen Diener geliefert, ents lief Joſias Graf von Ranzau im 13ten Jahre feinen Eltern, trat unter die Leibwache des Prinzen von Oranien und focht wechſelnd unter dem dänifhen und dem Faiferlihen Heere, in weldem er fi bei dem Sturme auf Mantua unter Aldringer im Jahre 1630 her⸗ vor that. Bald darauf nah der Sitte vieler vornehmer Herren, zum Zeichen, daß der europäliche Kampf nur eben al8 Krieg bes trachtet wurde, trat der Holfteiner unter fchwebifhe Fahnen, und dann, wie wir erfahren haben, auf die Staffel zum höchſten Güde unter die franzöfifhen. In den lebten Fahren vom Kardinal aus: gezeichnet und als Werkzeug gegen Gaſton von Orleans gebraucht; in Slandern kimpfend, wiewohl bei Honnecourt einmal gefangen, wurde Ranzau, der fhönfte Mann vor feiner Verſtümmlung, für den Vater Ludwig des XIV. gehalten, der mit ihm auffallende Aehnlichfeit entfaltete. * So früb ſchon diefer Glaube war, erſchien noch im Jahre 1693 in Köln ein Büchlein: „die Liebeögefchichte der durchlauchtigſten Prinzefiin Anna von Oefterreih, Ludwigs des XIII., Königs in Frankreich, Gemahlin, mit Monſieur C. D. R. als Vaters Ludwigs XIV.,” aus dem Franzoͤſiſchen überſetzt; worin

- 4 Dame Motteville, die Vertrante Annas, nennt den Grafen kaum. Jenes Gerücht, obgleich widerlegt, weil Ranzau im Frühjahr 1638 fi in Deutfchs land befand, herrfchte an deutfchen Höfen noch in der erften Hälfte des voris gen Juhrhunderts als Gewißheit. In der Selbfivergefienheit des Tabacks⸗ eollegiums entfiel dem Könige Friedrich Wilhelm I. einmal die Aenferung, er fei fo wenig Friedrichs J. Eohn, ale Ludwig XIV. des Dreizchnten, befien Bater Ranzan fei. Gewarnt durch den Mräftigen Einwurf des Gene⸗ rals Gersdorf unterdrüdte der König fpäter fo gefährliches Bewußtſein.

Ranzaus uud Bucbriante Verhältni. 463

erzählt wird, Anna babe ihre geheime Liebe dem pöre Joseph ges beichtet und die verſchmitzte Mancini das Paar zufammengebradt. Richelieu's Vertrquen vererbte fi flärfer auf Mazarin, welcher dem Marſchall Guébriant unter dem 27. September den deutſchen Grafen als einen hochgefchägten und verdienten, berühmten Kriegs⸗ mann empfahl, ihn zugleih als einen feiner beften Freunde bes zeichnete, und um gutes Einverftändniß mit demjelden, fo wie um die rüdjichtsvollfte Behandlung „pour !’amour de moy“ bat. * Gleis des hatte der Brief des Königs vom 30. September ausgefprocden, und beſonders Ranzau’d Kenntniß des deutichen Landes gelobt; doch follte der lieutenant-generai in Abwefenheit Enghiend nad Eroberung der Winterquartiere auf die franzöflfhe Gränze mit der Garde francaise, dem Regiment royal d’Italiens des Kardinals und den franzöſiſchen Reutern zurückkehren.“ Un jenem Tage hatte aud) Ranzau von Paris aus höflich dem Marſchall ſich angekündigt und In Zabern am 21. October deſſen weitere Weifungen achtungsvoll gefordert. * Obgleih dem Marfhall der Angefommene fo wenig gefiel als den ftolgen neivifchen Weimarern, verficherte er doch am 29. October, daß Ranzau feine Aufnahme zu Toben haben werde. Er verſprach, alle zwei Tage mit ihm die Vorhut und Nachhut zu wechſeln, das franzöfifche Korps als ein befondered beftehen zu laſſen, und bemühte fi, durch ausgezeichnete Behandlung die Abs neigung der Weimarer möglihft zu mildern. Aber ungeachtet der Gunſt beim Kardinal und bei der Regentin hatte Ranzau viele Feinde, zumal unter dem Anhange der Prinzen vom Geblüte, fo daß zum Beifpiel der Sieur de Pontis als Diener Gaſtons id des Muthes rühmte, jenen beim dachſteiner Gaftmahl nicht gehörig geehrt zu haben. Yerner war er ald Trinfer berüchtigt und man redete ihm nad, daß er fih durch feine Liebe zum Weine zu mans chen Mebereilungen verleiten ließ, und durch feine natürliche Bered⸗ famfeit im Kriegsrathe befonnenere Generale zu nachtheiligen Ents ſchlüſſen beftimme. * Dennoch erhielt Ranzau felbft nah dem Uns glück, welches wir fogleich zu erzählen haben, wegen feiner tapfern

ı ®nebriant 693.

2 Daſ. 692.

2 Dal. a. a. O.

*% Relation de ia Onmpagne de Priburg par le Marquis de la Moussaye bei Rameay hist, de Turenne II, Pontis Il, 276.

464 Graf Ranzau.

Thaten, katholiſch geworden, im Jahre 1645, den Marſchallsſtab, ein Herzogthum mit 50,000 Thaler Einkünften, das er aber nebſt dem Vermoͤgen feiner Frau vergeudete und noch nicht 40 Jahre alt

im Jahre 1650 ftarb. Seinen Zeitgenoffen erfhien Ranzau befons

ders dadurch merfwürdig, daß er ſechzig Wunden an feinem Xeibe trug und von allen Gliedern, weldhe der Mann zweifach hat, nur die Hälfte beſaß. Zu einer fo feltfamen Krüppelhaftigfeit verhalf ihm feine unbezwinglihe Sucht nad Raufereien. Um fie zu befrie- digen, miſchte er fich verkleidet unter die gemeinen Soldaten; mit dem Oberft Wieringshofen fchlug er ſich, weil diefer in einem Ber richte feinen Namen falfch. gefchrieben; als Freunde die Balgenden trennten, hatte Ranzau feine Krüde tief in die Erbe gedrüdt, um fih fefter zu fügen. In feinem Gefchlehte war die Sage über fommen, feine Ureltermutter, eine Nixe entbindend, hätte aus dem geſchenkten Golde eine Münze, einen Heering und einen Epinn- soden verfertigen laffen und daran den Segen der Familie gefnüpft. Joſias, im Befige des Heerings, ließ das myſtiſche Kleinod in einen Degengriff umfchmieden und wähnte deshalb unüberwindlich zu fein. * AS Kaspar von Borfwuld das Geheimniß ausplauderte, warf Joſias den Degen in den Rhein und ſchlug fih mit dem Bes leidiger. So war der neuangefommene franzoͤſiſche General befchaffen, mit weldhem Guebriant die Führung über ein 18 20,000 Dann ftarfed Heer verhängnißvol theilen follte, und, am 29. October, noch zu Ehrftein weilend, ver froheften Zukunft fih vermaß. Da der nahe Winter Eile gebot, berieth man fi noch vor der Abreiſe Enghiens über den Feldzugsplan. Ranzau rieth, grade auf Baiern loszugehen; Guebriant zog vor, den Beind im Marfgrafthum Baden

aufzufuhen. ? ALS jedoch Kunde einlief, Mercy ftände unangreiflich < Weil er feine Siege mit der Hälfte feiner Glieder erfauft, erhielt er bie Grabſchrift: „Du corps da grand Rantzow tu n’a qu’une des parts, L’autre moitie rexta sur les plaines de Murs. Il dispersa par tout ses membres et sa gloire, Tout abatta qu’il fut, il demeura vainquear, Son sang fut en cent lieux le prix de sn viotoire, Et Mars ne lui laissa rien d’entier que le coeur.‘“ In der berühmten Marfchallsgallerie zu Derfailles füllt das Gemälde des Stelzfußes und Cinarms zu Pferde alsbald dem Belchauer auf; eine Kopie deſſelben hat der Verf. in den Haͤn⸗ ben des ehemaligen Großherzoglich medlenburgsfchwerinfchen Stallmeiftere von Ranzau gefehen, welche der König ber Franzofen diefem Herren geſchenkt, als er die Princeifin Helena nad Frankreich begleitete. s Guébriant 697.

Vorrucken ber Branzofen än den Obernedat. 465

auf den VBorhöhen des Schwarzwaldes, zwiſchen Raftabt und Ett⸗ lingen, und auch Enghien den Angriff verwarf, vollendete das Heer am 2. November den Uebergang über den Rhein bei Otten⸗ heim und zog, mit Lebensmitteln auf zwei Tage verfihen, ohne Ge⸗ fhüß und Gepäd, weldes über Freiburg und St. Peter folgen ſollte, in's Tenzinger Thal hinauf gegen den Obernedar.

Drittes Kapitel,

Stand der Friegerifchen Verhältniſſe im Spätherbſt 1643. Torflension aus Schlefien zum bänifchen Feldzuge berufen. Belagerung von Rothweil. Niederlage des franzäflich = weimarfchen Heeres bei Tuttlingen und Tod Guébriants, 27. November 1643. Gröffnung der weftfälifchen Friedens: verfammlung April 1644. Kriegsrüflungen des Reihe. Rüftungen Frankreichs. Kampf um Freiburg, 3— 5. Auguft 1644. Berlufte am Mittelchein. Berfall der kaiſerlichen Waffen. Gallas’ Mißgeſchick an ber Rieberelbe. Daͤniſcher Krieg. Mercy wieder am Rhein, Herbit 1644.

Aber fo günftig zu Paris die Nachrichten damals von allen Seiten lauteten, fo ftand e8 doch kaum früber bedenklicher um die Waffen der beiden Kronen in Deutfchland, als zur Zeit des Rheinüberganged. Bei Hofe wußte man nur von Erfolgen. In Spanien kämpfte der Marfhall de la Mother Huudoncourt als Vice» könig von Katalonien mit Glüd ! und feld Piccolomini, welchen Philipp zur Vertheidigung aus Böhmen zu ſich berufen, nachdem er auf das Gefchrei des Volkes den BondesDuca Dlivarez entlaffen, vermochte in dem Feldzuge, zu weldem der König in Perfon nad) Saragofia fih begeben, nur die Franzofen aus Arragon zu ver treiben. In Italien hatte der Conde de Sirvela, des ungnädig ab- berufenen Leganez Nachfolger, zwar Tortona auf malländifchem Ge⸗ biete wieder erobert; Thomas von Savoyen dagegen, der Feldherr des franzöftfhen und piemontefiihen Heeres, Aſti und Ponteftura be- zwungen und den Weg von Eafale nad Turin freigemacht.“ Das Quremburgifche und Trier hüteten Bed und Hapfeld, und ſchüchtern war Melos auf den durchfchnittenen Boden von Flandern und Bras bant zurüdgewichen. Alle diefe Kunden fchienen den Rheinübergang

» Montglat I, 437. 3 Daf. I, 431. Barthold, Geſch. tes 80jähr. Kriege. U. 30

466 Koͤnigsmark gegen Krodew in Hinierponmert.

zu begünftigen. Dagegen hatte Torftendfon, welder aus Böh- men den Krieg nad Mähren gefpielt, um Ollmütz zu entjegen, ' ven Galad dorthin gezogen, und unter mancher Einbuße im Juli und Auguf viele Orte bis Brünn bin erobert, und bei aller Äußeren Zeutfeligfeit dad Land verheert und ausgeſogen; war jedoch bei der Unmöglichfeit, ohne Rakoczys zögernde Hülfe bleibende Vortheile gegen Defterreich zu gewinnen, zumal Ferdinand felbft in ver Nähe erfhien, im September nach der ſchleſiſchen Gränge gegangen. Eben hatte er das Felfenneft Eulenberg mit reicher Habe der Geflüchteten 12), , September erobert, als ihm am Zt" Iacob Tordenffiöld ven Befehl der ſchwediſchen Regierung vom *brachte,? daß man den Krieg gegen Dänemark befchloffen habe und Torftensfon nah Holftein ziehen müfle! Eben damals war Königsmark faft von dem Bereiche des deutſchen Kriegsfhauplages verfhwunden;® denn Gallas hatte im Auguft den Generals Wachtmeifter Joachim Ernft von Krodow, welcher feit Jahren Pommern den Schweben, feinen Waffengefährten bis 1635, zu entreißen, umging, aus Böh- men durch die Laufig an die Warthe gefhidt, um durch die Ges fahr der baltifchen Küfte Torftensfon von den Erbländern abzuloden. Jener, der Stimmung der Landsleute fundig, war über polnifches Gebiet in Hinterpommern eingedrungen, weshalb Torftensfon den Kös nigsmarf aus Meißen abrief. Am 19. September bei Kroſſen über die Oder gehend, folgte gleichfalls auf polniſchem Gebiete jener dem Krodow, und ſetzte im entlegenften Hinterpommern, zwifchen Rega und PBerfante, dem kaiferlihen Heerführer fo lange zu, bis er fein Rager bei Belgard am 12. November verließ und wieder über Polens geduldigen Boden aus dem geplünderten Pommern heimzog. Bon folder Wendung erft fpäter unterrichtet, durfte Tors ſtensſon in Oberfchlefien nicht zögern. Liſtig hielt er den Gallas mehre Wochen durh den Vorſchlag eined Waffenſtillſtandes Hin; brah am ®/,, Drtober von Klein» Glogau auf, nachdem er die feften Etädte in Mähren hinlänglich bejegt; ging am Ende Octo⸗ bers, von Gallas und Götz gefolgt, an Breslau vorüber, und meldete, als Krodow durch Königsmark vertrieben war, daß er

ı Pufendorf 510. Theantr. Europ. V, 174, 196 ff. Weber Torftensfon, zumal in Mähren, f. Hormayr Taſchenb. 1829, 343 ff.

3 Geijer III, 332.

_ Mufendorf 514.

Wendung durch den bänifchen Krieg. 467

innerhalb fünf Wochen in Holfteln flehen würde. Vom rechten Ufer der Oder plöglich bei Glogau übergeſetzt, durcheilt er vie Lauſitz; vereinigt ſich bei Ludau mit Königsmart TFT, macht, bei Tor- gau eine Brüde ſchlagend, Miene, in Meiffen und dur die Ober: pfalz in Baiern Quartiere zu ſuchen. Statt deſſen aber den Feind in der Irre erhaltend, zieht er fi auf dem rechten Elbufer abwärts, und verfündet in Havelberg am 1%,,' December feinen Oberſten den Befehl, die Waffen nad Holflein zu tragen. In freubiger Ausfiht, in einem Lande Winterquartier zu finden, das der Fluch bed Krieges feit fünfzehn Jahren verfhont, folgen ihm bie un- gefättigten Waffengeführten. Um Weihnachten fleht Torftensfon in Kiel und ift das wehrlofe däniſche Feftland durch Duglas', Wran⸗ geld, Wittenberge und Mortaignes, des Landgrafen Friedrichs Haufen, überſchwemmt. Dieſſeits der Elbe bleibt wieder nur Kö⸗ nigsmark mit 14 Regimentern zurüd. Es gilt als das mißs glüdte Kunſtſtück ver öfterreichifchen Diplomatie, den däniſchen Bermittler in den Krieg hineingezerrt zu haben, um die Erblande zu retten; andererſeits bewundert man bie zuverfichtliche Kühnheit des ſchwediſchen Reichsrathes, daß er, mit dem deutſchen Kriege befaden, einen mächtigen Nachbaren angriff. Aber au ohne die geheimen Künfte des wiener Hofes mußte aus den ſchwedi⸗ [hen Siegen in Deutfhland ein vänifcher Krieg hervor- geben, ? und konnte Schweden, einmal von Eroberungsluft ergriffen, durch die Bezwingung des füdlichen Theiles der ſtandinaviſchen Halb- infel erft recht zu ficherem Genuſſe feiner deutichen Beute gelangen. Ehriftian IV. hatte feit 1633 mehr aus Mißgunſt ald aus Fries denoliebe vermittelt, um den Schweden die Früchte des deutſchen Blutes zu fchmälen. Die dritte Partei fand im Norden: ihre Stüge an Dänemark; feinnfelige Bewegungen hatten gleich nad) Banérs Tode ftatt gefunden; Rüftungen waren unläugbar und manderlei Nedercien hatten die Dänen zumal gegen fchwerifche Schiffe fih erlaubt. Dennoh war Dänemarf grade im Spät herbfte nicht zum Kampfe gerüſtet, und bie durch Oremfijerna dargelegten Gründe der Nothwendigkeit des Angriffed tragen faft eben fo den Gharafter politifchen Gewaltſinnes und rücdiichtslofen Machtbewußtſeins an fih, als Guftav Adolfs Manifeft gegen den Kaifer.

i Theatr. Europ. V, 214. 2 Geijer 1, 333. Oxenftjernas Brief an Torftenefon. ge

468 Stand ber Heere gegen einander.

So hatten Königsmark und Torftensfon dem Faiferlichen Heere, welches den Schweden zur Eeite bis in die Oberlaufis gefolgt war, Luft gemacht; war jede gegenfeitige Hülfsleiftung zwiſchen den Feldherrn beider Kronen wegen weiter Streden unmöglih, und drohete der dänifche Krieg den Franzofen die Vortheile des am 20. Juni beftätigten ſchwediſchen Bündniſſes zu rauben; ald Gué⸗ briant und Ranzau ihren Feldzug begannen. Aber aud vom Niederrhein war nit Verminderung der feindliden Streits fräfte, fondern Bermehrung zu erwarten. Hatzfeld und Eber⸗ ftein hatten der Stadt Düren eine Art von Neutralität verfchafft (15. Eeptember), * worauf der Heſſe, ald er die Faiferlihen Heer; haufen an der Verbindung mit den Spaniern verhindert, dad Ges biet von Achen plünderte, nach vorfihtiger Verftärkung feiner Gars nifonen um Lippftabt feine Truppen vertheilte; Habfeld über ven Rhein zurüdging und fi mit den Befabungen aus Wolfenbüttel and den hannöperfchen Etädten vereinigte. * Denn enblid hatte Der Freiherr von Raufchenberg den Befehl erhalten, * Wolfenbüttel, nad) Ausgleihung der Streitigfeiten der Guelfen mit Hildesheim, zu vers lafien, und war am 24. September aus der fünfzehn Jahre bes Buupteten Feſte ausgezogen, obgleich faft unter den Thoren die Bo⸗ ten des Kaiferd und ded Kurfürften von Mainz mit dem Gegen, befehle ihn antrafen. Sein SKriegsvolf, nebft dem von Einbed bis Hörter gerlict, konnte glüdlich fi mit Hatzfeld vereinigen, wiewohl der zu feiner Aufnahme ausgefchicdte Freiherr von Lautersheim bei Stadtbergen durch den heſſiſchen Generalmajor Geißo eine Einbuße erlitten. So war der Niederrhein feiner Selbftvertheidigung übers lafien, zu welchem Zwede der Kaiſer die Aufftelung eines Kreis⸗ heeres betrieb, und der alte Feldmarſchall Geleen * wieber feinen Degen ergriff, den er feit dem Zwilte mit Piccolomini im Sommer des Jahres 1641 niedergelegt; ald Graf Habfeld aus Kölns Ums gegend aufbrah, um Mercy und den Baiern in der Stunde ber Gefahr gegen die Franzoſen beigufichen, während die Heflen das Gebiet ded Landgrafen Georg mit ihren Winterquartieren belafteten.

Unter diefer Lage der Dinge zog fih Mercy, erfahrenn, daß die Franzoſen und Weimarer bei Dttenheim über den Strom gefebt

2 Theatr. Europ. V, 160 TP. PBufenborf 5i8.

3 Theatr. Europ. V, 166. PBufendorf 519. ® Theatr, Europ. V, 181.

Gusbriant vor Rothweil. 469

(2. Rovember), von Ettlingen und Raſtadt auf. Pforzheim und ſtand am 8. November bei Malmsheim in. der Erwartung, die Feinde würden über Heilbronn ihren Weg in die Oberpfalz nehmen. ' Aber diefe hatten im Kriegsrathe befchlofien, auf den Dbernedar loszu⸗ gehen, und fi der Feſte Rothweil zu bemäctigen; Graf Ranzau ließ fi) prahlerifch vernehmen, „wie er in wenigen Wochen in Mün- chen fein wolle.” Unter unaufhörlihem Regenwetter ging der Marſch durh das Finkinger Thal, den Franzofen fhon zur Genüge befannt, während das Geſchütz mühſam über Freiburg und St. Peter berans geführt wurde. Am 7. Nov. waren fie vor der Fefte kaum angefommen, als ſchon in der folgenden Nacht der erfte Auftritt des Trauerſpiels begann, welches die Feldzüge der Franzoſen des 1643ften Jahres fo ſchmachvoll beſchloß. Guebriant, mit Ranzau eifrig auf die Bela: gerung Rothweild bedacht, gegen den Rath Montauftere, Ehms und Roque s Serviöred, fandte noch an demfelben Tage den Ge- neral: Major. Reinhold von Rofen mit drei Regimentern Reutern und einigen Dragonern nach Balingen, um ſich ded Ortes zu bes mächtigen und Kundſchaft einzuholen. Roſen fand denſelben ſchon vom Feinde befeht, zog deshalb nach Geislingen, und legte fich mit feinen Regimentern ind Dorf und Schloß ein, nachdem er einen Kittmeifter zur Vorhut auf dem balinger Wege audgeftellt. Die Pferde abgefattelt, die Reuter entfleivet, Giberließen fi der General und die Gemeinen der fiheren Ruhe nad) fiebentägigem Marfche. ? Unterdeß hatte Johann von Werth dem Oberſten Spord, ſei⸗ nem waghalfigen Schüler, den Auftrag gegeben, mit fünfhundert Reutern auf Kundfchaft auszureuten, und ſich Rothweil zu nähern. Auch Johann von Sporck, fpäter in der verhängnißvollften Zeit Werths treufter Genoffe und, bei längerem Leben, fo hochberühmt unter Oeſterreichs Helden, von niederer Herkunft, verbanfte fein Glück allein feiner Tapferkeit. Geboren ald Sohn eines armen Ins faffen im Dorfe Wefterlohn bei Paderborn um den Anfang des Jahrhunderts, * als Schweinhirt aufgewachlen, ging er, vom Vater feiner Braut abgewiefen, unter die Soldaten, und wurbe in einem baieriſchen Dragonerregiment durch alle niederen Grade im Jahre

Adlzreitter 450.

2 Theatr. Europ. V, 185. Adlzreiter 451. Bufendorf 5%. Bucs briant 699.

2 Nach Köhler Münzbeluf. X, 107 i. I. 1595.

470 Johaun von Eporck.

1639 zum Oberſten befördert. Auch in den Tagen feines höchſten Glanzes der einfache, treuherzige, plattveutfch redende Weſtfale, feis ner Abkunft nie ſich fchämend, feine Bruberfühne, Johann und Johann Dietrih, zu fih heraufziehend, blieb er der Gegenftand ergöglicher Soldatengeſchichten das Jahrhundert Kaifer Leopoldsé Hins durch. Wie ſein Meiſter ihn gelehrt, brach er am 6. November um zwei Uhr Nachts aus Stadt Weil auf, raſtete zur Nacht in Horb, und willens von da auf Balingen zu gehen, fing er bei Roſenfeld einen guébriantſchen Ouartiermeiſter, welcher ihm Roſens nadläffige Sicherheit in Geislingen verrieth. Sogleich war Sporcks Plan gemacht; er fragte ſeine Rittmeiſter, ob ſie den Gang mit ihm wagen wollten? Dieſe fanden Schwierigkeiten; wie war zu erwar⸗ ten, daß ein alter, verſuchter Soldat ſich fo unverzeihlich der Ruhe übergäbe? Aber die gemeinen Reuter vernahmen freudig den Antrag zu einem fo lohnenden Streihe; deshalb ritt Spord allein auf Kunds fhaft näher, und fehrte zurüd, als er feine Vorhut getroffen. So rüdte denn um 12 Uhr Nachts das Fühne Häuflein vor Geislingen; der ausgeftellte Rittmeifter hatte nicht Zeit genug, die Schlafenven aufzuftürmen ; fchon loderte die Flamme überall im Dorfe auf, und ſchnell waren drei Regimenter vernichtet. Das Feuer verzehrte Roß, Mann und Fahnen; General Rofen war mit dreihundert Reutern zu Fuß und Dragonern, welche fih zu ihm gerettet, im Schlofle eins gefperrt und mit zweihundert Gefangenen, dreihundert Pferden, acht ahnen und faft allen Offizieren, eilte der Baier aus dem Orte des Entſetzens. Wenige Tage nad diefem blutigen Borfpiele erlitt das franzöftfche Heer einen unerſetzliche ren Verluſt durch die Verwundung feined Führers, durch deſſen Leben und Wirffams feit wunderbarer Weife das Heil der Gefammtheit wie durch das Walten eined guten Genius, bedingt zu fein ſchien. Den burd fein Unglück nievergefchlagenen Reutergeneral tröftend und vor ben feinpfeltgen Gefinnungen feiner Ankläger fihernd, fing Guebriant, wiewohl zögernd, da das Gefhüg nod fern, die Belagerung Roths weil unter grimmiger Kälte bereit8 am 8. November an. Das Unternehmen war ſchwerer, ald man gedacht, wegen bed tapferen Wiederſtandes der Beſatzung; aber Rothweil der Mühe lohnend, als Rüdzugspunft am Nedar und wegen feiner anfehnlichen Bor: räthe. Am 15. November begann man Brefhe zu fchießen; ber Tag zum Sturm ‘war ſchon beftimmt, ald dem wadern Marfhall,

Verwundung Guebriants. Binnahme Rothweils. 41

wie er am 17. Rovember Nachmittags zwiſchen den Schanzkoörben einer unvollendeten Batterie ftand und das Auge furchtlos auf die Hefte richtete, eine Falfonetfugel den Ellenbogen des rechten Armes zerfchmetterte.* Ohne ein Zeichen feines Schmerzes, die beftürzte Begleitung beruhigend, warb er auf einer Leiter in fein Quartier nad Rothmünfter getragen, und den Händen von Wunbärzten über: liefert, deren Ungeſchick durch eine fehlerhafte Operation die Todes⸗ gefahr herbeiführte. Kundig der Gefahr, mit Ernft aller weltlichen Seichäfte fich noch entledigend, getröftet durch die Gefellfchaft feines Schwagerd, des Marquis du Bec, bereitete er fih zum Sterben vor; betrieb aber noch den Sturmverſuch auf die Feſte, gleihfam ale Glorie feines Lebens. Die Einnahme Rothweild, deren Befagung, ‚nad rühmlicher Bertheidigung, unter den gewöhnlichen Kriegsehren abzog (19. Rovember), war feine legte Freude. Nachdem er fidh der Feſte gehörig verfichert, den Befehl dem Herzoge von Wirtemberg übertragen, entlieg am 20. Rovember der Todtfranfe feine Offiziere auf Möringen unter fchweren Befürdtungen, ermahnte fie zur Einigfeit, und, als hätte er eine Ahnung des brohenden Ges bis, zur Vorſicht, und übergab, als Ueberwinder am 21. No⸗ vember nach Rothweil getragen und im Jakobiner Stlofter beherbergt, als frommer Ritter fih darauf ganz der Sorge für das Heil feiner Seele. Aber ungeachtet der Worte des Sterbenden herrſchte Un- einigfeit unter den Heerführern über den Plan, welden man jeht verfolgen müfle. Die Weimarer wollten dem Lieutenant » Göneral nicht folgen; ? Taupadel war Frank in Rothweil geblieben; Mon⸗ taufier hatte nur Anhang unter den franzöfifhen Regimentern des erftien Zuzuges;* Feiner mochte den andern anerfennen. Endlich entfhied Graf Ranzau, der höchſte an Anfehen: einige Meilen vor⸗ zurüden, das Hauptquartier zu Tuttlingen an der Donau aufzus ſchlagen, und die Regimenter in deſſen Nähe, in Möringen, Müh⸗ len, Geislingen und andere Dörfer zu verlegen. “Der Uebermüthige, welcher den von Montaufler und ihm vorgefchlagenen Rüdzug auf die Bar, Stülingen und Hohentwiel ſchimpflich erachtete, Tieß fid im Kriegsrathe vernehmen: er denke ſich den Halöfragen im baieri⸗ fhen Blute zu wachen, * worauf Roſen, eingeben der Lehre, welche

ı Bushriant 704. Pufendborf 520. Adlzreitter 451. Theatr.

Europ. V, 190. Montglat I, 430. ? Relation du Marquis Montausier bei Guébriant 714. ° Sreyberger 105.

42: Veberfal von Tuttlingen.

ihm Spord ertheilt, erwieberte: „Baierblut ſei wohl höher zu achten, als zu folhem Gebrauch.“ So war denn am verhängnißvollen 24. Nos vember dad Garberegiment der Königin und dad Regiment de Eloue nebft allem Geſchütz und den Generalen in Tuttlingen, dem Haupt: quartiere. Roſen fand mit acht deutfchen Regimentern, Reutern und Dragonern, in Mühlen die Donau abwärts; fünf andere Regimens ter lagen in der Nähe, der Reſt des Heered von zehn Regimentern in Möringen und Geidlingen unter Graf Ranzau; General Tau; padel und Rocques Servieres lagen Frank in Rothweil; Rofen hatte die Vorhut übernommen. Im tiefer Sicherheit an einem finfteren falten Wintertage, pflegte da® ganze Heer, über 16,000 Mann ftarf, der Ruhe, ohne Kunde von dem Gegner, welden der Fluß und undurchdringliche Wälder von ihm trennten. Aber das baieriſche Hauptheer, feit dem 14. Rovember mit den Lothringern vereint, und vom Marfche der Franzoſen auf Rothweil unterrichtet, war von Malmsheim bei Weil über Rothenburg nah dem Nedar nach Straßberg aufgebrochen, und hatte den Entichluß gefaßt, mit Hasfelds Faiferlihen Truppen, von welchem jebod der Freiherr von Raufchenberg erft in Perſon herangelommen, über Sigmarins gen von der unerwarteten Seite gerade auf die Franzoſen loszu⸗ geben. Am 23. November ſetzte es in aller Stille über den Fluß; hier meldeten Kundfchafter, daß in größter Sicherheit die Feinde um Tuttlingen rafteten, und nichts weniger, als der Baiern Nähe ges wärtig wären, welde fie zur Dedung der Heimath herbeieilend fern wähnten. Einige gefangene Streifzügler beftätigten diefe unglaubliche Kunde, und erwedten in allen Generalen, zumal in Johann von Werth, den einmüthigen Entfhluß, die Franzoſen entweder zur offes nen Schlacht zu zwingen, oder fie in ihren Quartieren zu überfallen. Deshalb fandte man alles Gepäd auf Riedlingen, und zog auf Mößkirch, wo längs dem Walde fi das Heer die Nacht dur ohne Feuer in Schlachtordnung aufftellte. Dienftag früh, den 24. Ro- vernber, mit Anbruch ded Tages, als fi) von neuem die Kunde von der Sorglofigfeit des Feindes beftätigte, und bie kaiſerlichen Regimenter herangerüdt waren, ging Johann von Werth, der Meis fter im Aufichlagen der Quartiere,. vol freudiger Zuverficht mit taus ſend auserlefenen Reutern, den Dragonern Wolfs, und fehshundert Musquetieren durch den dichten, unwegfamen Bergwald voran. Aber die engen Paͤſſe und tiefen Thäler verhinderten das rafchere

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Tod Gusbrianis 24. November 1643. 473

Bortichreiten, und deßhalb harrte er eine geraume Zeit bei dem Dorfe Keuhaufen, nur eine Stunde von Tuttlingen und eine halbe Meile von Mühlen entfernt, wo Rofen mit der Reuterei lag, ohne das Geringfte vom Anrüden der Feinde zu ahnen. Ein dicht fallenver Schnee begünftigte das unentdeckte Nähern; fo kam um zwei Uhr Nachmittags erft die Vorhut unter Johann von Werth vor Tutts lingen an. Es ift ein wunderliches Zufammentreffen, daß zur felben Stunde, als das drohende Verderben die Franzofen rettungs« los umringte, der Genius des Heeres, Marfhall Gusbriant, in Roihweil feinen lebten Athemzug that, nachdem er, als verkünde ihm eine ſchwarze Ahnung den nahen Unfall, in ber Kieberhige mehrmald ausgerufen: „Ah ma pauvre armee, on la defait, ınes bottes! mes armes! mon cheval! ' tout est perdu, si je n’y suis!“ Diefed edle Roß, welches dem fterbenden General fo eigenthümlich in Gedanfen blieb, war jenes theure Vermächtniß Herzog Bern« hards, der Rappe.“ Wiederum vermachte Guebriant den tragifchen „Rappen“, deſſen Lebenslauf Lelaboureur ausführlich erzählt, dem ' Könige, damit er feine Tage im Marftalle defielben endige.

Das ganze Geſchütz der Franzoſen war einen Flintenfchuß weit von der Stadt auf einem Kirchhofe unter der Feſte Homburg aufs gefahren, nur von einer geringen Wache befhügt, welche zum Theil vor der unfreundlichen Witterung in der Kirche fich verborgen, und darum das Pferdegewieher und das Geräufch der Reuter nicht vers nahm. Che noch das Yußvolf ganz herangerüdt, befhloß Johann von Werth dieſen glüdlihen Umftand zu benugen ; ſogleich ftürmten erft ein Haufe Kroaten, dann die wolfihen und eppſchen Dragos ner auf die Wache los, hieben fie nieder und hatten in wenigen Minuten den entfcheidenften Vortheil errungen. Einige Schüffe, welche die Dragoner mit umgefehrten Kanonen auf das Städtchen thaten, um die Franzoſen einzeln auf ihre Lärmpläge herauszulocken, machte den Ueberfallenen die unabwendbare Gefahr zuerft fund. In der unbefchreiblichften Beftürzung fprangen fie aus den Häufern, fammels ten fih auf den Gaflen, und verfuchten hie und da in's Freie zu fommen.. Aber fhon war es zu fpät; fie fahen ihre Kanonen, ihre Pulverwagen im Beſitz eines, wie aus der Erde hervorgeftiegenen Feindes, Reuter und Fußvolk hinter dem Gefchübe aufgeflellt. Bon

ı Quebriant 724. 2 Teflament Bernhards Roͤſe II, 536

474 Niederlage bes franzoͤſiſch⸗weimarſchen Heeres.

der anderen Seite umſchloſſen Hatzfelds über die Donau gegangene Regimenter die Stadt, ringe herum war jeder Ausgang veriperrt, jede Berbindung mit den nahen Dörfern abgefchnitten. Ebenſo rafch war aud die Feſte Homberg ohne Berluft eined Mannes dur ben Dberften Gold eingenommen. Die Franzoſen in der Stadt, ohne Pulver, ſahen troftlod die Unmöglichkeit eined Widerſtandes ein, ver: weigerten aber dennoch die Uebergabe, indem fie Zeit zu gewinnen hofften. Zwar zeigte fih, ald es fchon Nacht zu werden begann, General Rofen ımterhalb der Stadt mit den Reutern; als er aber die ganze baieriſche Macht in Schlachtorpnung fah, kehrte er unge: fäumt um, und jagte mit verhängten Zügel davon. Ihm folgte Kafpar von Mercy auf dem Fuße, konnte aber die Flüchtigen nicht mehr ereilen, vernichtete dagegen drei Bataillone Franzoſen bei Mühlen. Kaum war Johann von Werth inne geworden, daß aus Tuttlingen fein Mann entrinnen könne, als er den anderen die leichtere Arbeit überließ, und mit zweitaufend Reutern, den Küraffiren von Kolb und Lapierre auf Möringen eilte, wo zehn Regimenter lagen. Schon fand er jene aufgeftellt; unter wildem Gemetzel warf er Reuterei und Fuß⸗ volk wieder in den Ort zurüd. Sieben Regimenter Infanterie hätten entrinnen fönnen; aber fie wollten nicht ohne Befehl ihres Generals Montaufler, welder in Tuttlingen war, weichen. Das Regiment royal d'Italiens, gebiente Krieger, nah Mazarin ges nannt, zum Theil aus Spantern beftehend, welche um Lerida gefans gen waren, wurde bis auf wenige Offiziere und bis auf den Oberften St. Germain nievergehauen. Die fih in Möringen gefebt, hielt Johann von Werth mit zwei Kürafftier- Regimentern und einem kaiſer⸗ lichen unter Oberft Epp umſchloſſen, und eilte auf das Hauptquartier zurück. Während der angftvollen Nacht hatte die franzöfifche Gene⸗ ralität in Tuttlingen und die Regimenter in Möringen Zeit, ſich zu befinnen und den beilfamften Ausweg zu erwählen ; anfangs gedachten fie die am vorigen Tage angebotenen Bedingungen zu benußen; aber azu war ed zu ſpaͤt. Herzog Karl, unterdeß herbeigefommen, fpöttelte über die Nachgiebigfeit Mercy und Hatzfelds, und jo mußten fich alle Regimenter in Möhringen und Tuttlingen auf Gnade und Ungnade ergeben (25. Rovember). Einen glänzenderen Sieg hatte das baierifche Heer feit Tillys Zeiten nicht erfochten; denn auch Oberſt Spord war von der Verfolgung der flüchtigen Kavallerie mit vielen Gefangenen und act Fahnen zurüdgefehrt. Nur die deytihen Keuterregimenter

Verluſt deſſelben. u 475 -

baiten fich nach Laufenburg ober in das kentzinger Thal gerettet; das gegen von dem ganzen Fußvolfe war faft fein Mann der Gefangenſchaft oder dem Tode entgangen. Ueber fehstaufend ſtreckten die Gewehre; dreitaujend dedten das Gefllve. Außer Rofen, weicher über Rothweil flüchtete, und zwar den Franken General Taupabel mit fi nahm, aber um den Leichnam des Marſchalls ſich nicht Fümmerte; geriethen alle feindlichen Generale in die Hände der Sieger, der Lieutenant» General Ranzau, der Marquis de Roirmoutier, Sirot, Maugiron, Ehm, die Oberſten Schönbed, Kluge, Chambrai, Nothhaft und eine Menge anderer Offiziere; alles Geſchüß und eine reihe Beute an Gold und Silbergeſchirr in Tuttlingen, wohin die Brangofen ihr koſtbares Reifes geräth aufgehäuft, lohnte überfchwenglich den mit geringem Berlufte erfauften Sieg. Wechfelöweife umarmten ſich bei der erften Zuſam⸗ menfunft Herzog Karl, Mercy, Habfeld und Johann von Werth und wünjchten fih Glüd.' Das war das größte Quartier, welches Johann von Werth unter den vielen jemals in diefem Kriege aufgefchlagen; hatten gleichwohl aud die anderen Feldherrn rühmlichen Antheil am Erfolge, fo war er ed doch geweſen, welcher die Vorhut mit ſolcher Kühnheit und Klugheit zuerft vor das Stäptchen geführt, und vor dem Herbeirüden des Fußvolfs die Sieger bei Kempen und Rocroir fo ſchimpflich gedemüthigt. Deshalb gehört denn der Tuttlinger Tag

% Ueber den ganzen Hergang im Allgemeinen, Montglat I, 431, beſonders Meftenriever Geſch. III, 156-160; fehr «abweichende Nachrichten haben die Memoiren des Pontis II, 251. Mir erinnern daran, daß biefe Denk⸗ würbigfeiten von Boltaire für ein fpäteres Machwerk gehalten werden, unb er des Helden Briftenz fogar bezweifelte; f. Eorivains du siscle de Louis XIV s. v. Pontis. Rad) diefen DMemoires war der Maitre de Camp, Marquis de Vitry mit dem Regimente der Königin in Möringen; Ranzau, bem er nicht wohl will, in Tuttlingen. Man hatte in Möringen bunfle Kunde von ben Borgängen in Tuttlingen, und zeigte Luft, davon zu laufen. Gin Gil: bote brachte die wahre Kunde und die Beinde verhinderten bie Flucht, indem fie die Donaubrüde befeßt hielten und Mazarins Regiment nieberhieben. Bontis rühmt ſich 258 der Vertheidigung des verbarrifabirten Ortes, da ber junge Vitry zu unerfahren war. @r zählt noch 16 bie 1700 Befunde. Gin Abende um 10 Uhr zur Ergebung aufforbernder Trompeter Lothringens wird abgewieſen, 260. Am andern Tage fliehen brei Heere vor Möringen, ſchießen die Mauern ein. Bontis überfällt einen Poſten, und ſett die Feinde in Schreden. Am 26ften erneuerte Beichießung und Rüftung zum Sturm. Nach mehrmaligen Nufforderungen ergeben fi) die Kapitaine auf Ranzion; erſt nach dritthalb Tagen werben Geiſſeln geftellt und alle @efangenen vor dem Lothringer gemuflert 265. Uederall blickt die offenbare Erdichtung heraus!

:476 Hebergabe Rothweils an die Baiern.

zu den fchönften Lorberen feined Heldenkranzes, wie hundert und vierzehn Jahre fpäter der rosbacher Ueberfall dem General Seidlig, Friedrichs Johann von Werth, einen unvergänglihen Ruhm er- worben. Nicht genug fann die freudige Zuverfiht und die Begier des gemeinen Reuters und des Fußvolks gefchildert werden, mit . welcher fie fih an die Branzofen machten, und nur bedauerten, daß fie nicht mehr Widerftand gefunden, um ihrem Franzoſenhaſſe vol led Genüige zu thun; wie denn auch weit und breit das Volk beider Parteien feine Freude über das Teichtfertig verfchuldete Unglüd ver Franzoſen durh Spott und Lieder zu erkennen gab. Eo ging im Lande der Vollswig, ! die Franzoſen hätten in Rothweil den Proceß verloren, und nad) Laufenburg appellirt; in der fhmwäbifchen Reiche» ftadt war nämlich ein altes kaiſerliches Hofgeriht. Rühmlich ift zu melden, daß die fonft beutegierigen Baiern die vornehmen Offi- zierddamen, welde man in Zuttlingen fand, unangetaftet Tießen, und fie Höflihft unter hinlängliher Schutzwache, unter dem Ober⸗ ſten Drudmüller, in ihren Karofien nah Scaffhaufen begleiteten. Auch Diederif de Groot, des Gefandten jüngerer Sohn, welcher mit Schwerbt und Weder unter Herzog Bernhard und Gusbriant diente, und vom Sachſen fogar im Teftamente bedacht war, theilte das Geſchick fo vieler Taufende. Die frühere Befreundung mit Sohann von Werth veranlaßte den geängftigten Vater, ? jenen, den Kurfürften und den Minifter Küttner um baldige Befreiung des jungen $reiwilligen und SKriegöbulletinfchreiberd zu bitten, und er hatte bald die Freude, fein Söhnlein zwar wohlbehalten, aber in fehr dürftigem Zuftande wieder zu jehen. *

Als die Gefangenen in Tübingen und anderen Orten ficher untergebracht waren, * rüdte dad Heer zunächſt am 27. Rovember auf Rothweil, mo Rofen den Herzog Friedrich von Wirtemberg mit dem Reſte des franzöfiihen und deutſchen Yußvolfs gelaffen. Die Befasung, muthlos und hart bedrängt, forderte anfangs ehren⸗ hafte Bedingungen; da aber die Belagerer nur von Uebergabe auf Gnade und Ungnade hören wollten, wurde (3. December) auf die Für⸗ bitte der Bürgerfhaft und des Herzogs Karl dem Bringen Zriedrich, den

& Bufendorfl. o. Ludolfs Schaubühne XVII Jahrh. 11.

2 Hug. Grot. ep. 688.

2 Jbid. ep. 699.

S. die Abentener des Pontis und feine Braßlereien I Mem 206 ff.

Guobriants Bekattung. 477

Dffizieren bis auf den Feldwebel mit Gepäd und Waffen, ohne die Kanzelei Guebriants, welche gefährliche Aufichlüffe über die Gefin- nung der Ulmer und Straßburger gab, abzuziehen geftattet; fieben- sig dorthin gerettete Fahnen vermehrten den Siegespreis; zweitaufend Soldaten, wurden, wie es damald Gebrauch war, größtentheild in baierifche Regimenter untergefledt. So waren denn von Bernharbe berühmten Heere nur noch die Fähnlein Reuter übrig, welche mit Rofen an den Rhein entfommen, und fih im Oberelfaß und Sund- gau fammelten; vom weimarfchen Fußvolk blieb nur das hatfteinfche und gelbe. In Riedlingen war ungeftört den Winter über Feldmar⸗ [hal Mercy Hauptquartier. Dagegen zog Hapfeld an den Main und ſchreckte die Heflen; trennte fid) Karl von Lothringen vom baierifhen Heere, verließ auch feine Quartiere am Mittelrhein und wandte fi ind Gebiet von Lüttich. * Der Marquis du Ber ? war eben beichäftigt geweien, die Leiche feines Schwagers von Rothweil abzuführen, als der Strom ber Fliehenden jede Zurüftung verhinderte, Taupadel und Roſen die Caroſſe zur Fortſchaffung deſ⸗ felben nicht erwarten wollten, daher der todte Leib des Helden, der jo fühn Deutfchland mehrmals durdzogen, kaum im Geleite feines Regimented unter D’Anify und feiner Hausdienerſchaft, von Roſens Reutern: gefhügt, fortgeführt werben Fonnte. Auf haftiger Flucht durchs Gebirge brach der Wagen, weshalb man auf einem Mauls eſel die Leiche bis Breifach fchleppte. * Dort dur Erlah an der Spitze der Befahung empfangen, und nach deutſchem Brauche in einen zinnernen Sarg gelegt, harrte fie bei den Kapuzinern der Abführung nah Franfreih. Am Hofe lebte man in Freude und Eintracht, und hatte mit dem Marfhall ganz anderes im Sinne, fe . 8 dag Mazarin ihm nicht genug Energie zutraute, oder er den Viel⸗ geprüften zu ruhigeren Ehren befördern wollte. Denn am 26. No⸗ vember fchrieb der König einen Brief, dur weldhen er jenen nad Sicherſtellung der Winterquartiere an den Hof einlud.? Am ® Theatr. Europ. V, 254. Bnebriant 719. 2Gusébriant 718. Le Labonrene meint dem Marſchall fei die Stelle eines Gouverneurs beim jungen Könige beſtimmt geweſen. Buebriant bes abfichtigte feine Memoiren felbR zu fchreiben (712) und bewahrte dee halb Abſchrift von allen feinen Briefen. Aus dieſem Muſte und den vorgefundes nen amtlihen Schriften hat Le Laboureur, ter gelehrte Diener des Haufes, bie reichhaltige Histoire du Marechal de Guebriant zufammengefeßt.

478 Turenne Oberfeldherr.

30. November lief die Kunde von der Eroberung Rothweils und der Verwundung des Marſchalls in Paris ein; am 1. December erhielten die vornehmſten Wundaͤrzte des Hofes den Auftrag nach Tuttlingen zu eilen. Aber am 2. December langte die Nachricht von der Ver⸗ nichtung des frungöfifhen Heered und von dem Tode des treuen Dieners an. Die Regentin, die Wittwe tröftend, befahl im Ramen des Königs die Leiche nach Paris zu führen, um fie, nidt in St. Denis, wo die Gebeine der berühmten Bretagner Bertrand du Guesclin und Guillaumes dit Taneguy du Chatel, Guebriantd Ahnen, ruheten, fondern in Notre-Dame, neben erlauchten Reften zu beftatten. * In finnigem Tirauergepränge, der Rappe Bernhards hinterdrein, ging der Zug aus Breifah, überall mit Kriegsehren und frommen Gebräuchen empfangen, dur Yranfreih, das der Geftor- bene ald Maréchal de Camp verlafien, nach Paris (24. December); aber erft am 7. Juni 1644 fanden die Gebeine im Notre - Dame die Ruheſtaͤtte. Guebriants Marmorgeftalt auf dem antifen Grabmahle, linfer Hand im hohen Ehore liegend, verräth, wie alle vorhandenen Bildniffe, an dem fhwarzen Pfläfterhen auf der rechten Wange kennt⸗ lich, den Ausdrud der Bangigfeit und Shwermuth, welde während feiner prüfungsvollen Laufbahn des waderen und liebens- würdigen Mannes Seele nicht verließen, befien bemunderungswürs dige Klugheit, Geduld und Kühnheit, deſſen ächt ritterlicher Hinges bung für den König Frankreich die Behauptung feiner Waffen in Deutichland verdanfte.

Die Vernichtung des franzöfiichen Heeres hatte den Hof in bie größte Beftürzung gefegt, weil nicht leicht eine den Batern gewachſene Macht, bei dem Widerwillen der Franzofen gegen den deutſchen Krieg, ind Feld zu ftellen war, und die fiegreiche Gegenpartei ihre Kräfte theilen durfte, um durch Hatzfeld die forgenvollen Hefien zu übers wältigen. Um Elſaß und Breisgau ficher zu ftellen, flogen Eil⸗ boten nad Piemont, dem zwei und dreißigjährigen Vicomte be Turenne, welder unter Thomas von Savoyen foht, den Mars: [hallsftab, ? und den Oberbefehl an der gefährbeten Rheingrenze zu überbringen, und unter dem 3. December forberten Anna und der König, ' das Unglüf von Tuttlingen beflagend, durch den

ı Buebriant 721.

‚=Montglat I, 437. 2@rlad Il, 135 fi.

Eroͤffnung der Friedensverſammlung⸗ 479

Sieur du Pleffis- Befancon den Freiherrn von Erlach dringend auf, die Ylüditlinge zu fammeln und für die Sicherheit feiner Feſten Sorge zu tragen. Auf die erfle Kunde von Tuttlingen war ber Schweizer aber ſchon nad Laufenburg geeilt, hatte die Fliehenden aufgenommen, ermuthigt, für das Nöthige geforgt, fo daß der neue Marſchall, als er am 17. December zu Kolmar anlangte, fhon gute Anſtalten vorfand. Aber Turenned Vollmacht, weldhe den Statthalter von Breifah zum unweigerlichſten Gehorfam vers yflächtete, verdroß den Schweizer in dem Grabe, daß er fd auf fein Erbgut Kaftelln zurüdzog. ?

Nod mehr ald über die Niederlage des franzöfifchsweimarichen Heeres war der Hof befremdet, daß Torftensfon im December fo unvermuthet feine Waffen in dad Gebiet eines befreundeten Fürften trug, nur den Königsmarf mit einem mäßigen Heere? in Niederſachſen zurüdließ, und die Staaten des bisherigen Friedens⸗ vermittlerd, Chriftians IV. von Dänemark, plöglich überjchwenmte. Dagegen war die Lage der Faiferlihen Partei nie fo günſtig ge- weien, ald zu Anfang des Jahres 1644; Oberveutfchland von franzöfifhen Waffen befreit, in Weftfalen Königsmarf und bie Heften durch Hatzfeld und den Erzbifhof von Bremen befchäftigt ; das ſchwediſche Hauptheer fern am Belte einen neuen Feind bes fämpfend; darum durfte ſich Yerbinand einen günftigeren &s folg von den Friedensunterhandlungen verjprechen, welche eben in Münfter die Abgeorbneten aller Parteien zufammengeführl. Denn nachdem durch Betriebfamfeit des Dänen die letzten Hinberniffe ver Friedensverfammlung, zumal nah Ludwigs XHI. Tode und nad dem Siege von Rocroix, gehoben waren; beide Kronen ihr Bünd⸗ niß erneuert; die Schweden ihre Beſatzung aus Osnabrück, jedoch unwillig, abgeführt; * endlich weil die zu Frankfurt feit dem Yrüh- jabr 1643 verfammelte Reichsdeputation leicht dem Kaiſer die Leis tung deö Friedensgefchüfted als Geſammtheit entwinden konnte; ſchickte Ferdinand zu erft feine Gefandten nad) Münfter. Am Ende des Mai 1643 war bereits der Reihöhofrath Krane in Muͤnſter

! Zurstauben DI, 436. Das Datum des Briefes iR zu früh; follte Turenne der Kalviner, den alten Kalenter gehabt haben?

s Stlad I, 195.

2 Theatr. Europ. V, 219. Bufenborf 530.

Bougeantil, B. VII, $. 60 ff. Pufendorf 528 ff.

480 Anfang der Friedensunlerhandlungen.

und entband die Stadt, wie am 18. Juni Osnabrüd, des Eives der Treue. Am 30. Juli fanden die übrigen Faiferlichen Gefandten, der Graf Ludwig von Naffau in Münfter, und der Graf von Auerd- berg nebft dem ehemaligen Kanzler von Border - Oeftereih, Dr. Iſaak Bolmar, in Osnabrück fi ein. Im October kam der Spanier, Don Diego Saavedra, im November Eontareno, der venetianiſche Botfhafter, der in Münfter mit dem päpftlichen Nuntius, Yabio Chigi, die Vermittlung führen follte. * Zögernd reifte Salvius von Minden nah Osnabrück im November, in der Hoffnung bie Sache auch der Reichsgetreuen vermittelfi der franffurter Reichsdeputation vom Kaifer zu trennen. Als die Franzofen fäum- ten nah Münfter zu fommen, wurbe der ſchwediſche Gefandte nur durch Drohung der Faiferlihen Bevollmächtigten, welche nach der tuttlinger Niederlage frifchen Muth gewonnen, gehalten, „fe würs den, ginge der Schwere, gleichfalls aufbrechen,“ zumal Johann Oxenſtjerna, der erfte ſchwediſche Bevollmächtigte, noch ausgeblieben. An Etele Mazarind war durch Ludwig XI. anfangs Chavigny nebft Avaux zu franzöfifhen Gefandten erwählt worben ; als jedoch der erfte fein Anfeben eingebüßt, ward dem Avaux Abel Servien, Eomte de Roche des Aubierd, ehemals Generalprocurator des Pars laments zu Grenoble beigefellt, ein Mann, ver die Diplomatie in Richelieus Schule erlernt, und endlich beiden als prunkendes Obers haupt fpäter der Duc de Longueville erforen. Statt zu den hars renden Mittlern nach Münſter zu gehen, fchloffen Avaur und Servien,

Frankreichs unbezähmte Kriegsluft Fundthuend, erfi im Haag am

29. Februar und 1. März ein neues Bündniß gegen Spanien, mit deſſen Gefandten fie in Münfter den Frieden berathen follten, * und zogen erft, gefpreizt voll Anfprühe, im März und Anfang April 1644 in den anberaumten Ort ein. Aber no fland das Haus Defterreich aufrecht, wiewohl mit jedem Jahre einſamer im Kampfe. Da erfchien, durch ſchwediſche und franzöfifche Ränfe und Geld gewonnen, Bethlen Gabord Nachfolger, Georg Ragorzy mit feinen Horden in Oberungarn, und fandte der Kaifer, durch den Sieg im Weften gefichert, und entichloffen, den König von Dänes mark nicht den Schweden zur Bente werden zu laflen, fein Haupt heer unter Gallas, welcher vom Ende des Jahres 1643 bis zum

Rufendorf 531.

Slaffan IU, 93. Bougeant1,B. VI, 8 1—4.

Slegedfreude über den tutilinger Tag. 481

Sommer Zittau, und die Städte Sachſens, Schleſiens und Mähs rend bis auf Olmüg erobert, * zu fpät dem fiegreihen Torſtensſon nad Holftein nad; das waren die Urfachen des neuen Verfalles der öfterreihifhen Waffen, welcher beinahe den Doppeladler die Beute feiner vereinigten Gegner werben ließ. Nur die wunderbare Wiedererzeugungsfraft der Eaiferlichen Lande verzögerte des Reiches Demüthigung durch den Frieden auf mehrere blutige, unheilvolle Jahre.

Unter drohenden Vorzeichen wandte Frankreich das Augenmerk auf Oberdeutfchland, und fchidte dem Vicomte de Turenne, ſchon durch feine Thaten befannt, eine beveutendere Macht an den Rhein, die Schmad des tuttlinger Tages zu tilgen, und ein neues Gegen⸗ gewicht in die umgefchlagene Schaale des deutfchen Krieges zu legen.

Die Freude über den tuttlinger Sieg fprach fi in den Haupt Nädten der verbündeten Kürften, zu Wien, München, Köln, Brüffel durch feierliche kirchliche Dankſagungen aus; dem Oberften Wolf, welcher die frohe Zeitung zuerſt nah Wien gebracht, warb ein Faljerlicher Botenlohn zu Theil; Maximilian, nicht minder erfreut über die Thaten feiner Krieger, ? gab dem gemeinen Soldaten durch Geldgeſchenke feine Zufriedenheit zu erkennen, und beftätigte ben waderen Franz Mercy als Feldmarſchall an des Lothringers Etelle;* den Johann von Werth, welder längft die Oberfeldherrnſtelle er wartet, unterm 30. November nur belobend und zur „Continuation“ auffordernd. Frommen Sinned verehrte er noh Et. Maria di Bittoria in Rom ein koſtbares Weihgeſchenk, eine filberne Ampel, des Werthed von taufend Kronen. Diefes von beiden Häufern Oeſterreichs und von Baiern venerirte Heiligthum, entftanden aus den Trümmern der Kirche des heiligen Paulus, zwar Hein aber prächtig, barg jenes Marienbild, welches PB. Domenico di Geſu Maria, der Karmeliter, vor der Schlaht am weißen Berge im verbrannten Rakonitz gefunden, und enthielt ein Bild des Moͤnches, fo wie auf vier Gemälden eine Darftellung jenes Sieges. *

Bon allen glänzenden Eroberungen aus Herzog Bernhards Sagen waren diesſeits des Rheines nur noch Freiburg, Ueberlingen,

* Theatr. Europ. V, 212. u 2 Adlzreitter 455. Theatr. Europ. V, 322, 2Keyßler l, 734. Barthold, Geſch. des 2ojahr. Kriege. EL. 2

482 Kriegérath ber Kalſerlichen zu Paſſau.

Blumberg und andere kleine Feſten geblieben, auf deren Wieder⸗ gewinnung der Kurfürſt jetzt ſein Hauptaugenmerk richtete; zumal im Sundgau und Elſaß der Vicomte de Turenne die Reſte des guébriantſchen Heeres fammelte, die deutſchen Regimenter vollzaͤhlig machte, fie mit eigenem Gelde ausrüftete, Die gefangenen Oberſten loskaufte, und, ſchon im Januar um Baſel und Breiſach ange⸗ fommen, ſich genau von der Dertlichfeit des Kriegsſchauplatzes zu unterrichten begann. Auch Graf Ranzau, wegen feiner verwegenen, übereilten Pläne als Verderber ded franzoͤſiſchen Heered angeflagt, hatte die Freiheit nebft anderen Offizieren um 8000 Dublonen wieder erhalten.

Zu Paſſau, unter den Augen des Erzherzogs, den ſeine Er⸗ wärmung für des gemeinſamen Hauſes und Deutſchlands Ehre und Wohlfahrt nicht verließ, hatten früh die Feldherrn über die ‚Angelegenheiten des Krieges fi berathen; mit dem Hauptheere ſollte Gallas dem Torſtensſon folgen, die Schweden in Jütland einſperren, was er fhon ! im März dem bedrängten Dinen meldete; einzelne Heereshaufen unter Götz, Krokow, dem Feldmarſchall⸗ Lieutenant von Buchheim waren für Schlefien und Mähren beſtimmt; wurden aber durch Ragoczy, welcher im März Kaſchau eroberte, nah Ungarn gerufen; Habfeld follte mit dem Erzbifhof von Bremen die Heffen und SKönigdmark befchäftigen, die Lüneburger, Oldenburg und Oſtfriesland an fich ziehen; die Baiern dagegen den erwarteten Etoß von Frankreich aufhalten, den Oberrhein behaupten, und Geleen mit dem Lothringer die niederrheinifhen Gegenden hüten. Gmeb nachdrücklichen Angriffed von Franfreih gewärtig, mit Yerdinand zum Stehen und Fallen verbunden, rüftete ſich Marimilian, bes [häftigte fein Heer zunächit mit der Bezwingung der Orte im ſchwaͤbiſchen Defterreih, und ließ Rothweil ftark befeitigen. ?

Daher konnte Johann von Werth fih nicht in Riedlingen der Winterruhe erfreuen; wir finden ihn ſchon zu Anfang des Jahres; ‘wie er Weberlingen, von einem ſtandhaften Branzofen, dem Comte de Gourval, vertheidigt, in der Berne umfchließt, um die beabſich⸗ tigte Verftärfung und die Zufuhr an Lebensmitteln zu verhindern. * Da die Roth der Befagung befannt war * und Turenne nach einer

ı Bufenporf 531.

Adlzreitter 465. a Daf. 456, Mir

* Der würbevolle Brief Courvals auf Mercys Aufforderung ſteht bei Weentleder Geſch. UT, 294.

Ueberlingen, erobert. Johann von Werih In Köln. 483

drohenden Annäherung ſich wieder auf Burgund zurücgewanbt, wo entichloffene Bauern die eingelagerten Weimarer faft aufgerieben, begnügte man fi, Ueberlingen nur von der Waflers und Landfeite zu blodiren, und führte die aufgeichredten Regimenter wieder in die Winterquartiere. Die im Monat April mit allem Ernſt unternom- mene Belagerung der Feftung, welche nad dem mannhafteften Widers ftande ded Eomte de Eourval, an Ausdauer und Muth Reinach vergleihbar, nah der Erduldung unfägliden Mangeld erft am 20. Mai in baieriſche Hände fam, als fhon alle Außenwerke erobert, die Thürme und Mauern zertrümmert, und das Geſchütz bis an den Graben gerüdt war: ' Trönte die Mühen des Feldmarſchalls. Sohann von Werth finden wir um biefelbe Zeit in Köln, wo die Stände des weftfälifchen Kreifed unter dem Vorfibe des kurkoͤlniſchen und des kaiſerlichen Abgeordneten, Grafen von Traun, fih vers fammelt Hatten, um die Bertheidigungsmaßregeln des Kreiſes und die Aufbringung des Reichdcontingented zu berathen. Johann von Werth mochte bei diefen Berhandlungen als Faiferlier und kurkoͤl⸗ nifher General nöthig fein, vielleicht auch waren ed Werbegefchäfte am Niederrhein, damals fo reih an tapferen Abenteurern. Böfe Ahnungen, die wir nicht recht deuten Iönnen, quälten feine Seele; fo fchrieb er am 20. März aus Köln, „es ſei ihm Gift beigebracht worden; er habe zwölf Tage unterwegs liegen müflen; die Mebiel hätten daſſelbe nad angewandten Foftbaren Mebicamenten abgetries ben, und er hoffe bald völlig wieder hergeftellt zu fein.” ? Gleich darauf hatte er jedoch einen Strauß zu beftchen, vergleichen bei dem heißblutigen Manne nicht felten waren, deſſen Veranlaffung _ und Ausgang und aber einen eigenthümlichen Beitrag zur Eitten- geſchichte jener Zeit geben. Geleen, kaiſerlicher General des weſt⸗ fälifhen Kreisdefenſionsheeres, jener alte Krieger, durch alle Grade aufgeftiegen, welcher ſchon in der Schlacht bei Roßhaupten am 1. Auguft 1621 ald Hauptmann im anholdſchen Regimente focht, und an jenem Tage mit einem Engländer, erft mit der ‘Bartifane, dann and Ermattung mit dem Degen fo lange fi bafgte, daß beide fich auf der Erde wälzten, bis ein Soldat feined Regimentes den Hauptmann erkannte und den Engländer oben auf ihm

ı Bufenborf 538. Thentr. Europ. V, 406. Ablzreitter 457. Weſtenrieder a. a. O. 196,

41°

484 Johanns von Werth Duell mit dem Oberſt von Mecate.

erwürgte, fo erzählt Graf Gronsfeld als Augenzeuge hatte im furfürftliden Hofe ein Banket anrichten laflen, zu weldem alle in der Stadt anmwejenden hohen Generale eingeladen waren. Als man ein Stündlein oder etliche dabei luſtig geweſen, und dic Köpfe allerfeitd durch die wiederholten Gefundheitötränfe erwärmt, ift «6 nah aufgehobener Tafel zu Gefpräcden gefommen, in welden ber Oberſt von Merode, an deſſen Namen fi die allgemein befannte, Ihimpflihe Bedingung fnüpfte, mit dem Oberften Philippi vom hatzfeldſchen Heere in Zwiefpult gerieth, fo daß beide Herren mit dem Degen auf einander losgingen, Philippi in den Hals und Merode in die Hand verwundet wurde. Als nun der Ruheflörer gebührender Weife von den anderen Kavalieren vor die Thür ge bracht worden, blieb der Ergrimmte mit bloßem Degen vor derſel⸗ ben ftehen.. Wie nun Johann von Werth feinen Abfchied genommen, fi) nad) Haufe begeben wollen, und ihm dad Thor geöffnet wurde, fommt ihm der von Merode entgegen, fagend: e8 wäre einer fo gut als der andere! Johann von Werth, auch ohne einen Rauſch von zorniger Natur, hört den unhöflichen Reden des Nieder- laͤnders nicht lange geduldig zu, und ed kommt auf der Stelle zu einem. ebenmäßigen Duelle. Nachdem fie nun etlihemal auf einander losgegangen, hat Sohann von Werth feinem Gegentheil eine ſolche Wunde gefchlagen, an welder er alsbald todt geblies ben. Ob er nun wohl wegen dieſer Ihat in Köln in Haft ges weien, ift er doch durch die abgehörten Zeugen für unſchuldig erfannt und lodgezählt worden, darauf er glei von dannen zum fatferlihen Heere nad) Mainz reifete.? Mit diefen Worten erzählt der Bericht den biutigen Ehrenhandel, und aus der unbes fangenen Art der Darftellung läßt ſich abnehmen, wie ed ders malen nicht gar etwas Seltenes war, daß die hohe Generalität beim Irunfe fih in die Haare gerieth, und daß der Tod eines ans geſehenen Oberſten nach den ritterlihen Begriffen der Zeit feine weitere Ahndung nad fi zog, wenn dad Duell ein ebenmäßis« ges geweien. Hugo Grotius ſchrieb am 28. Mai an Dren, fjerna: Joannes Weertius a Colonia ubi morsum eum fecit caedes in Merodio patrata, visum ivit Electorem Moguntiacum.“ Im ° Teutiher Florus 55.

.* Theatr. Europ. V, 408. ’Hag. Qrot. ep. ined. 147.

Aufftand der franzöftichen Beſatung in Breiſach. 485

Banzen war der Zweilampf noch etwas Seltenes im früheren Ab» fhnitte des Dreißigjährigen Krieges, und bei Zeiten Guſtav Adolfs, wie wir wiflen, fogar ald ein todtwürdiges Vergehen verpönt; nach 1640 kommen Duelle häufiger vor; am häufigſten Balgereien und Todtfchläge im Zorn, fo genannte Ehrenhändel, in denen man nah hinlänglihden Echmähreven einander mit der Wehr zu Leibe ging. Erft eine fpätere Zeit verpflangte die Duellwuth der franzöfis fchen Evelleute, ven abgemefjenen Zweikampfsbrauch, nad) Deutfchland, während England ſchon die Stufenfolge fogenannter Avantagen fannte, wie wir aus Shakſpeares As you like it, Act V., gefchrieben im Jahre 1600, in ergüglicher Weiſe erfehen. '

Wie lodend allen Soldaten gefchienen, unter des allbefannten Johanns von Werth fiegreihen, Beute und Iuftiged Leben verheißen- den, ahnen zu dienen, gab ein fehwerer Aufftand der Franzoſen fund, welcher Breiſach beinahe den Händen der Baiern überliefert hätte. Erlach hatte ſich entichlofien, auf dringende Bitten der Regentin und des Kardinals,? nah Breiſach zurüdzufehren, und fah cs nicht ungern, um die Wichtigkeit feiner Dienfte hervorzuheben, daß fein Gegner d'Diſſonville durch Kärglichfeit und unregelmäßige Löhs nung die Gemüther erzürnte. Die frangöfifhe Beſatzung fammelte fih am 8. April auf dem Markte unter dem Gewehr, fließ vie Offiziere aus ihrer Mitte und weigerte fi) die Wachtpoften zu bes ſetzen; als die Deutfchen aus ihrer Reihe aufziehen wollten, ſchoſſen fie mehre auf der Stelle nieder. Wie auf den Lärmen d'Oiſſon⸗ ville und Erlach Herbeieilten, um fie zu befchwichtigen, fielen fie den frangöfifchen Befehlshaber an, fchleiften ihn bei den Haaren berum und hätten ihn gemorbet, wenn er nicht durch Erlach mit allen anderen franzöfifhen Staabsoffizieren in das benachbarte Haus des Oberften Hatftein gerettet worben wäre. Nur der Schweizer durfte wagen, fih in die Mitte der Menterer zu begeben, worauf fie mit dem größten Ungeftüm den rüdftändigen achtmonatlichen Sold forderten. Mit den freundlihften Worten fam er denn fo weit, daß. fie mit der fchleunigen Zahlung einer dreimonatlichen Löhnung ſich zufrieden gaben; aber flatt nad Haufe zu gehen, trieben fie ſich unter dem wildeſten Unfug die Nacht in der Stadt umher, und als

- 2 €&, den Auffap über Roßwurm von Barthold in Raumers hiſtor. Tafchens buch 1838. 2Exrlach 1, 197 fi.

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=

486 Die Baier vor Hohentwiel.

am Morgen Erlach mit noch Mebreicheren Worten unter fie trat, beftanden fie auf ihrer alten Forderung und droheten die Stadt in Brand zu fteden, und dem Sean de Werth zuguziehen, wenn ihnen niht um 10 Uhr das Geld auf die Trommel gelegt würde; worauf denn der General in feiner Angft, da die Werthifchen fi in der Naͤhe zeigten, ihnen fünfmonatliche Löhnung zahlte, den Reft in vierzehn Tagen zu geben gelobte, und volle Berzeihung zuſicherte. D'ODiſſonville entzog fi durch ſchleunige Flucht der Lebensgefahr. Nah wenigen Tagen erneuerte fi der Aufruhr und wurbe nod gefährlicher, da aud die Deutfchen ungeſtüm den rüdftändigen Solo begehrten. Schon waren die Aufwiegler mit den Baiern in heim⸗ liche Verbindung getreten, als Erlach vermittelfi der treugebliebenen Deutfhen die Verräther ind Gefängniß ftedte, und durch Hins richtung von ſechs Franzoſen und eined Deutſchen die Meuterei ftillte, * aber dennod dem Tadel Le Tellierd und der Verläumbung v’Oiffonvilles nicht entging.

Nah der Eroberung von Ueberlingen hatte fih das baierifche Heer unter Mercy auf Hohentwiel gezogen, da die Franzoſen fi noch nit im Felde fehen ließen; aber Widerhold, bange nad dem tuttlinger Tage, wußte dur ſchlau eingeleitete Unterhandlungen mit dem Katfer und dem Landeöherrn die drohende Gefahr einer ernft lihen Belagerung auf eine Zeitlang abzuwenden; bis nad Ablauf des einmonatlihen Waffenſtillſtandes die Feindſeligkeiten wieder bes gannen. Hinlänglih durchſchaute Johann von Werth das faliche Spiel, und fchrieb fpäter am 7. Juli, „Hohentwiel fei auf drei bis vier Jahre mit allem verfehen, und wenn man aud 7000 bis 8000 Mann davor ließe, müßten alle vergehen, che man des Ortes mächtig würde. Sein Rath fei dem Herzoge von Würtemberg auf den Leib zu gehen, oder ihm drei bis vier Regimenter nad Stutts gart zu legen, um ihn beim Aklord zu halten, weil man fähe, daß es von ihm allein dependire, was er vorhin geleugnet. Er bat

um Geheimhaltung, „denn die großen Herren Herren, er aber ein

armer Soldat verbliebe."? Unterdeſſen begann Frankreich fpät

den Feldzug. Um den Herzog von Orleans, den Lieutenants@eneral

des Königreihd, der gleih Enghien nad Kriegsruhm vürftete, zu begütigen, hatte Richelieu ihm das Hauptheer gegen die Niederlande Theatr. Europ. V, 333. Bufendorf 538. Adlzreitter 457. Weftenrieder a, a. D. Ueber Widerhold |. Sattler VIII, 71 ff.

Die Baiern und Franzoſen um Preiburg. 487

x

‚übertragen, und mit Beiftand der Marfchälle de Ja Meilleraye und Gaſſion verſuchte Gafton feine Waffen gegen Gravelines. * Enghien erhielt nur 10,000 Maun, mit weldhen er aus dem Luremburgifchen gegen Trier vorzudringen dachte, doch angewiefen war, bei ber erfien Gefahr zu Turenne, als Oberfeldherr des deutſchen Krieged, zu eilen. ? Zu einem Rheinübergange noch zu ſchwach, lag Turenne mit 10,000 Mann hinter dem Rheine von Breiſach bis an die Schweizergrenge; aber ungeachtet Mercy aus feinem Hauptquartier zu Stülingen bie Poſten des Schwarzwaldes ſehr forgfam mit Reutern unter feines ‚Bruders Caſpar Befehl bewachte, fo wurden doch die Baiern einer Streifpartie unter Rofen nicht eher gewahr, bis zwei Regimenter zwilhen Hufingen und Donaueſchingen plöglih von der Uebermacht ‚vernichtet waren. Aber zeitig genug kam Mercy mit dem Heere herbei, worauf ſich Turenne eilig durh den Schwarzwald an den ‚Rhein zurüdgog, um Berflärfung im Münfterthale zu erwarten, ba auch er allein nichts Bedeutendes unternehmen follte. Enblid gab der Angriff der Baiern auf Freiburg, nachdem Mercy den Gegner dur Bebrohung Laufenburgs geirrt, die Lofung zu einem mör- ‚verifhen Kampfe, in welchem beide Parteien mit unerhörter Er⸗ bitterung fochten, die Franzoſen, brennend vor Verlangen den tuttlinger Schimpf auszulöihen, die Baiern voll Begierde ihren Ruhm zu ‚bewahren, und dem fo oft gedemüthigten Gegner die Kriegsluft gänzlich zu verleiven. Kaum hatte Mercys Heer, zu weldem uns längft Johann von Werth geftoßen, Freiburg umlagert, die Vorſtädte am 12. Juli erobert und auf Breijach zu, der Annäherung Turenned entgegen, feine Völker in Schlachtordnung aufgeftellt, ald die Frans zojen 12,000 Mann ftasf, über den Rhein bei Freiburg auf die beprängte Stadt losgingen. Beide Heere lagerten einander gegen- über auf zwei Hügeln, im Angefiht ver Feſte, und ermübeten ſich gegenfeitig durch Ueberfälle und Reutergefechte, in denen Rofen und Johann von Werth wiederum ihre Waffen maßen. Sorglid aber hatte Turenne den Emft des Gegners an Mazarin und Enghien gemeldet, welcher, mit Geld und mit Kriegsmitteln vom Kardinal verfehen, ungeläumt von Amblemont aufbrach, raftlo8 dreizehn Tage fortmarſchirte, dem Freiherrn Bed bald aus den Augen fam und fhladtmuthig am Ende des Juli um Benfeld anlangte. Schwierig

' Orammont I, 350. 3 Deformeaur I, 153,

488 - Freiburg von Merey eingenommen,

war die Lage der Baiern, welche zugleich eine Feſtung, mit mann⸗ haften Kriegern befeßt, zu belagern hatten, und zugleih im Felde gegen ein gleich ſtarkes Heer ftehen mußten. Deffenungeadtet gab Mercy feinen. Plan nit auf; unaufhörlih donnerte das Geſchütz auf die Thürme und Mauern. Eilf Etürme wurden gewagt, führten aber nicht zum bfutigen Ziele, bis endlich nach dem Abzuge des turennefchen Heeres auf Kroßingen, wenige Stunden vom alten Lager, der Befchlöhaber, Frieprih Ludwig von Kanowsky von Lungendorf, ein vielbelobter Kommandant, deſſen ritterlich geſchmücktes Grab man in St. Thomas zu Straßburg, nicht weit vom Denkmale des undeutfchen Marſchalls von Sachſen noch fieht, die durchlöcherten Mauern nicht mehr zu vertheidigen vermochte, und am 28. Juli unter ehrenvollen Bedingungen auf Breiſach abzog, ohne daß man baierifcher Seitd Herzog Bernhards vertragswidrige Behandlung des Oberften Eicher von Bühringen rähte. Zwei Tage nad) der Einnahme kam der Prinz von Enghien mit 10,000 Mann nad) Benfeld, wo ihm Aumont, Turennes Lieutenant-General, die widers wärtige Kunde brachte; zu fpät verkündete den Yreiburgern der Kanonendonner und eine Feuerfäule auf dem breifacher Thurme das Anrücken des Entſatzes. rgrimmt als er den Verluſt ver Fefte vernahm, zu deren Rettung er herbeigeflogen, und den waderen Polen mit feinem Zorne bedrohend, gönnte Enghien den Ermatteten kaum die Ruhe eined Tages, und beſchloß, auf feine Uebermacht vertrauend, einmüthig mit Turenne, aber gegen den weifen Bor« ſchlag Erlachs, welder den Paß im Schwarzwalde hinter Freiburg bei Langendenzlingen zu befegen rieth, dem Eroberer Freiburgs feinen Gewinn mit Gewalt zu entreißen. Am 2. Auguſt ging fein Heer ‘bei Breifah über den Strom, vereinigte fih mit Turenne, ? und unter den berühmteften Kriegshelden des Zeitalterd Ludwigs XIV. rüdten 22,000 Franzoſen und Weimarer auf das baierifhe ftarf verfchanzte Lager bei Freiburg. Denn Mercy, entfchloffen nicht zu weichen, hatte Zeit gehabt, ſich füdlich an Freiburg in einer faft unüberwindlihen Stellung zu befefligen. Seine Rechte am Wege

* Aus den fchähbaren berichtigenden Bemerkungen bes Prof. H. Schreiber im Freiburger Adreßkalender auf 1823.

> Ramfay I, 96. Theatr. Europ. V, 447. Bufendorf 539. Ablz teitter 460. Deformenaurl, 158 ff. Roguenet 2, Gramm mont ll, 351, Montglat I, 441. j

Sturm ber Franzofen auf die baieriſchen Schauzen. 489

von Breiſach deckte ein feuchtes Moos; die Ebene um Ufhauſen war durch eine Schanze und eine Reihe von Verhacken, wie mit ſpaniſchen Reutern geſchützt; feine Linien zogen fi den Schönberg, des Schwarzwalds vorberften Berg, hinauf, und hinter ihm, gegen dad Gebirge zu, war der Eingang eines Theiles ſeines Lagers gleichfalls durch Schanzen und den verfnidten Wald gefchirmt. Dennod hatte Enghien bei der Befihtigung des feindlichen Lagers einen Eingang in daſſelbe auf jener füdöftlichen Seite erfpäht, und ‚beide Feldherrn, jung, feurtg, Blut nicht fehonend, kamen überein, Daß der Bicomte in der Frühe des 3. Auguft auf Umwegen fid jener Seite nähern, und gleichzeitig um 4 Uhr Nachmittags ven Angriff beginnen follte, während der Prinz fih dad Wagſtück von vorne gegen den Schönberg vorbehielt. Aber der Prinz konnte die Zeit nicht erwarten; befebte den Kirchhofshügel, welchen Turenne vor wenigen Tagen verlafien, während biefer ſich durch verhauene Wälder und Heden mit unermüblicher Anftrengung ven Weg auf Mercys Hauptquartier bahnte.“ Espéͤnan, Enghiend Marehall ve ‚Camp, begann den Sturm; über Rebenhügel, dur Verhade, unter gerfchmetterndem Kugelhagel fih aufwärts arbeitend, gefolgt vom zögernden zweiten Schlachthaufen, ermatteten die Stürmenden vor den Schangen, und waren ohne Nachhalt verloren. Solcher Gefahr - inne geworden, fliegen die Marihälle von Guide und Enghien mit ihrem Gefolge vom Pferde, ftellten fih an die Spige der Stutzigen, und unter firömendem Regen, angefeuert durch den Muth ihrer Führer, erneuerten die Franzoſen unter furdtbarem Verluſt den Sturm. Sie enifehten die am Verhacke preisgegebenen; als Enghien den Kommandoſtab in die feindlichen Schanzen geſchleudert, folgten fie fo wuthblind, daß fie gegen Abend, wiewohl mit einem Verluſte von 3000 Mann, die Höhe des Schönberges erreichten. Die Baiern unter Raufchenberg zogen fi ind Gehoölz hinab; aber ihre Schanzen in der Ebene waren unerobert, und ihre Eeite am Gingange des Thales nicht überwältigt. Denn Turenne, zu fpät herangefommen, fand Mercy felbft gegen fih, ſah die tapferfien weimarifhen Fuß⸗ regimenter, das bernholpfche und hattfteinifche, mil ihren Leihen das Thal deden, ohne Raum zu gewinnen; und Hattftein ſelbſt, Bern hards alter MWaffengenofie, endete fein Leben; von Schmidtbergs Deutſchen blieben nur fünfzehn! Mann unverwundet bei den Bahnen; : 8 Ramfay I, 100

490 Angriff ver neuen baierifchen Verſchanumg.

zu den Ermatteten drang vergeblich das Trompetengefchmetter, welches Enghien von den Bergen ertönen ließ, aber bei der Dunkelheit. der Nacht und der Wildheit des Bergwaldes nicht wagte, dem Mitfämpfer zu begegnen. Dort auf Zurennes Seite dauerte dad Gemorde bis in die tiefe Nacht hinein, als Enghien beftürzt auf der Höhe ſich hielt; eine fo unnatürlie Wuth herrichte in den Gemüthern ber Angreifer, daß, ald Regen den Gebraud) des Feuergewehrs vers binderte, fie allein mit Bartifanen fämpften und mit Brodmefiern den Baiern, welde in ihre Gewalt geriethen, die Gurgel abſchnitten. Aber Mercy hatte dennoch Die Unmöglichkeit ermeſſen, fein oberhalb durchbrochenes und auf der linken Seite gefährdeted Lager zu bes haupten. Deßhalb rief er noch in der Nacht ven Rauſchenberg mit dem Refte des Fußvolks und mit allen Kanonen aus dem Walde herunter, und mit bewunderungdwürdiger Geifteögegenwart ftellten beide fih der Stadt näher am Lorettoberge auf, und arbeiteten unerfhöpft, an die Stadt gelehnt, Hinter neuen Verhacken, die früher aufgeworfene Umlagerungslinie gefchict benugend, an neuen Befeſtigungen. Als der Morgen nad der entſetzlichen Nacht anbrach, ſah Enghien mit Staunen das alte Lager der Baiern verlaſſen, fonnte jeht in der Ebene mit-Turenne fi) vereinigen, wurbe aber , inne, daß die Gegner ungebrodenen Muthes eines neuen Angriffs harrten. Entſchloſſen mit jedem Opfer den Feind auch von dort zu vertreiben, mußte der Prinz, die Bereitelung feiner trotzigen Plänc mit dem Leben Taufender büßend, feinen Kriegern die Ruhe eined Tages verftatten, und gab Mercy dadurch Zeit, feine Etellung unüberwind- licher zu befeftigen. Am folgenden Tage, am 5. Auguft, glaubte der Bourbon feinen trogigen Plan um fo eher durchſetzen zu fünnen, da ibm ein Meberläufer hinterbrachte, daß die Baiern fih zum Ab⸗ zuge rüfteten. Aber Mercy zog nur aus der letzten Verſchanzung des alten Lagers feine Haufen an fih und hatte, zunächſt der Stadt, feine gefammten Reuter unter feinem Bruder Caſpar und unter Sohann von Werth aufgeftelt, um die Abwehr gegen den Sturm verfuch zu verftärfen. Nach Enghiens Angrifföplane follten Espénan, Zöchelle und Tournon die ftärkten Punkte der Baiern erft auf fein Beiden anfallen, und der Marſchall von Guide mit den Reutern in der Ebene zum Schuge fih aufftellen, unterdeß er am frühen Morgen eine Höhe beftieg, um die Bewegungen des Feindes zu beobachten. Doc der hitzige Marehall de Camp konnte die Zeit nicht erwarten;

Die Franzoſen wieberholt zurückgeſchlagen. 291

glaubte die Baiern verließen die vorberften Schangen freiwillig, griff an, wurde aber fo grimmig zurüdgeworfen, daß Löchelle und Romües Serviöred, die Sergeants de bataille, unter dem mwüthendfien Ges mehel der vordringenden Balern erlagen. Des ungeduldigen Grafen von Guiche Reuter konnten dad Fußvolf nicht retten; Enghien, mit verhängten Zügel berbeigejagt, hemmte die Flucht durch neue Brigaben, aber er verſchwendete Bitten und Drohungen und Blut, führte immer neue Hanfen über die Zerfchmetterten heran, ohne die Verhacke am Lorettoberge überwältigen zu können. So buuerte ber ungleiche Kampf acht Stunden; der Prinz, immer im gefährlichften Gedränge, wollte fein trogiges Stück nicht aufgeben. Echon waren die Schanzs Iinien auf der Linfen, der Stadt nahe, um 5 Uhr theilweife Durchs drohen, ſchon glaubte der Bourbon das blutige Ziel erreicht zu haben, ald Johann von Werth, dem das Streitroß von einer Kugel durchbohrt geſunken, und Gafpar Mercy ihre SKüraffiere abfteigen hießen, und im entſcheidenden Momente fo mannhaft mit dem weichenden Fußvolk auf die Stürmenden eindrangen und fie fo ges waltfam berunterwarfen, daß der Reſt des feindlichen Fußvolkes ven wieder rafch berittenen Reutern nicht entronnen wäre, hätte nicht die überlegenere frangöfifche NReuterei unter Guiche die Fliehenden aufgenommen. Da endlih 4000 Franzoſen tobt oder verwundet, unter ihnen die Maredhaur du Camp Graf von Rouflillon, ber Marquis Mauvilli und zahllofe Offiziere den Berg und das Gefilde bevedten, ftand Prinz Enghien gegen Abend von feinem flarrfinnigen Unternehmen ab. Als ihm die Zahl der Gefallenen hinterbracht wurde, fpöttelte der herzlofe Franzoſe, dad Leben von Tauſenden, welche fruchtlos geblutet, gering achtend: „in Paris würde in einer Nacht mehr Menfhen dad Leben gegeben, ald hier den Tod gefun⸗ den.” ? Würdiger war die Aeußerung Johanns von Werth, welche in den Zeitungen als ver gältigfte Beweis des fchredlichen Kampfes berichtet wurde, und Hugo Grotius an den Kanzler ſchrieb: er, feit zweiundzwanzig Jahren mit dem Bluthandwerf vertraut, habe niemalen einem fo blutigen, mehrtägigem Treffen beigewohnt, und die Menge der Todten drohe den Sieger zum Beſiegten zu

ı Bufendorf 539. 3 fhoatr. Europ. V. 449. 546. Hug. Grot. epp. ined. 199. Doch wird and dem Turenne bas vermeflene Wort: encore mill beigelegt,

499 Abyug Mercys und ter Franzoſen.

machen. Eine gleihe Sprache führte Mazarin, ' welcher mit Ihränen den Tod fo vieler tapferer Männer vernahm; allgemein wurde Enghiens Starrfinn getadelt, und man glaubte, daß Frankreich vers Ioren wäre, wenn ed mehr Siege der Art davon trüge, ungeachtet ber prahlerifchen Münzen, welche die parifer Akademie ausgehen ließ. An Neuenburg und Breifah waren alle Häufer mit verwundeten Franzoſen angefüllt; viele ftarben noch hin, wie der Marſchall de Camps Roque-Servidres. Nicht gering wur der Verluft der Baiern, zwölfhunvert an beiden Tagen auf dem Platz gebliebener; eine gleiche Zahl Verwundeter. Unter den Todten beflagte der Feldmarſchall jeinen Bruder, Caſpar Mercy, baieriſchen General-Wachtmeifter und tapferen Reuteranführer.

Die Bürger von Freiburg lobten ©ott, daß die Franzoſen nichts ausgerichtet, danften dem Beichüger, und zum Gedächtniß der Bluts tage erbaute der Bürger Chriſtoph Mangs die Lorettofirhe und drei Heine Kapellen, welche die Sage dem Gelübde Mercygs zufchrieb. Chemals ftand ein Bilvhäuschen auf der baierifchen Schanze, jeht ift fie nur durch ein morſches Kreuz bezeichnet. ?

Ungeachtet die Baiern ihre Stellung behauptet, fühlte ſich Mercy nad) dieſen blutigen Tagen fehr geſchwächt, während pas franzöftfche Heer bald wieder 8000 Mann zu Fuß und 8000 Reuter zählte. Enghien, verzweifelnd ihn aus feinem feften Lager zu vertreiben, folgte endlih, nachdem er bid zum 9. Auguft dem Lorettoberge gegen» über geftanden, dem verfchmäheten Rathe Erlachs, durch eine Bes wegung auf Langendenzlingen dem ausdauernden Gegner die Zufuhr abzufchneiden, und ihn auf diefe Weile von feinen unüberwindlichen Höhen wegzuloden. Der Baier fügte ſich dem Gebote der Roth, da Nahrung für Mann und Roß gebrach und der unerträgliche Ges ruch von Taufenden unbegrabener Leichen längeren Aufenthalt um Freiburg unmöglid machte, während dem franzöftichen Heere die Zus fuhr vom Eifaß her offen bfieb. Am 9. Auguft jtellte Enghien fein Heer, als wolle er einen dritten Sturm wagen, im Angeſichte ber Baiern auf, unterdeß Turenne mit den Weimarern über Langen denzlingen ind Glotterthal hinaufzog. Aber der Abficht des Gegners fundig, brach nod an demfelben Tage aud) Mercy von dem Boden auf, welchem vieleicht nur Leipzig Gefilde die entfehliche Ehre tree

* De Bonnair 32 bei Ramfay. Shreiber a. a. O.

Onghlen auf Phlilppoburg. 463

. machen konnten, mehr Blut getrunfen zu haben, * warf binlängliche Beſatzung in das behauptete Freiburg, und eilte mit feinem Gepäd und felbft mit feinem Gefhüs durch das Thal von Kirchzarten, nördlih vom Höllenthal, nad) der Abtei St. Peter, wo er in ber Nacht zum 10. Auguft anfam. Beim Anbruch des folgenden Tages näherte fi General Rofen mit den Reutern; ihm folgte da® ganze franzöfifhe Heer; befonnen nahm Mercy eine fefte Stellung auf einem Hügel, und in einem hitzigen Reutergefechte dedte Johann von Werth den Rüdzug, wenngleich die Pferde auf den ſteilen Bergen hinfällig, da fie zehn Tage hindurch allein mit Eichenlaub und Weinreben gefüttert worden. So entging durd die feltene Klugheit feines Feldherrn das baierifche Heer der drohendften Ges fahr und gelangte, zwar bedeutend vermindert und mit Hinterlaffung des Gepäds und eines Theiled des Geſchützes, am 11. Auguft nad Billingen. * Selbft der Gefchichtfchreiber Turennes gefteht zu, daß der Ruhm beider Theile gleich, und dag Mercys Rüdzug unter den Augen eined drängenden Feindes nicht minder dhrenvoll gewefen, als Enghiend vermeintliher Sieg.

Während fih die Baiern einige Wochen vom Rheine entfernt halten mußten, und ſelbſt die Umſchließung von Hohentwiel auf⸗ gaben, erndtete Enghien die mit fo vielem Blute erfauften Früchte des freihurger Sturmed. Der baierifche Feldherr, auf die Dedung der Heimath bedacht, ohne die Straft des getheilten Oeſterreichs außer Stande, Weſtdeutſchland zu firmen, mußte das Unabwendlice geſchehen Tafien, weil er mit dem leßten Heere es nicht auf eine Schlacht ankommen laſſen durfte. Der Rheinftrom ftand den Frans zofen offen, und des fterbenden Guebriant heißbetriebene Pläne gingen in Erfüllung. Enghien, Freiburgs Bezwingung aufgebend, jo wie die Berfolgung Mercys, fchidte die Weimarer rheinabwärtd durch das unvertheivigte Markgrafthum Baden, ald wollte er in Franken mit den Hefien zu einem Anfalle auf die Oberdonau fich vereinigen; verfah fi aber mit Belagerungsgefchlig aus Breifach, erhielt mancherlei Vorſchub, befonderd Schiffe durch die ftraßburger Bürger, und er fhien, am 16ten von Langendenplingen aufbrechend, am 25. Auguft vor Philippshurg, defien Sümpfe in der Sommerhige ausgetrodnet,

* Bufendorf 539. Schaubühne IE, 1119. Merc. frang. XXV, 98. Mol;

reitter 482, ‚? Ramfay a. a. O. Deformeans I, 190 f. Brammont I, 357.

406 Enghien nach Paris. Unzufriedenheit Sohanns von Werth.

baterifchen Oberft Wolf, welcher bis Guſtavsburg herbeigeeilt war, am 15ten die Weifung gegeben, fich bei fchon angefnüpften Unter bandlungen zurückzuziehen.“ Darauf öffneten auch Bingen und - Kreuznach dem Vicomte de Turenne ihre Shore ; Landaus Bezwingung (29. September), fo wie Neuſtadts und Bacharachs beendete, uns gehindert dur den Lothringer, derſelbe Marſchall.

Nah fo glänzenden Eroberungen, welde an Guftav Adolfs Siegesbahn erinnerten, übergab Enghien dem Vicomte den Oberbe⸗ fehl und eilte nad Paris, um in der Bewunderung des Hofed und den Glückwünſchen Mazarins zu fhmwelgen,? zumal Gafton, mit ftärferer Macht, kaum Gravelines eingenommen hatte. Enghiens ächt franzöfifcher gaiets und freundlicher Fürſorge für feine Soldaten, fo wie feinen rafchen Eroberungen, bei denen aber überall aud) Diplomatie, wie in Mainz, im Spiele war, verbanfte Frankreich, daß feine Krieger allmählig wohlgemuther, felbft zu blutigen Schlachten über den Rhein gingen. Johanns von Werth Briefe dagegen Iprechen eine ſchwere Verſtimmung aus; vielleicht daß er feinen Unmuth über Mercys Vorrang nicht unterbrüdte und fi jenem ungefügiger gezeigt hatte, in defien Folge einmal wieder böfe Zeitung über ihn in Münden laut wurde. Noh am 12. Auguft hatte Marimilian ihn belobt, und am 17. Auguft Johann von Werth an des getöbteten Kafpar Mercy Stelle den General» Wachtmeifter Giles de Haes zum Feld⸗ marſchall⸗Lieutenant vorgefchlagen, „ver ein guter Soldat und bienft- 108 fei, und dem alle abgedanften italienischen Völker, aus Venedigs beendetem Kriege gegen den Papft, zulaufen würden; „fei dieſer Keind gefchlagen, fo fei halb Sranfreih verloren.” * Etatt der Ges währung feines uneigennügigen Gefuches erfuhr er aus München vom 7. September: „man vernehme vom Feldmarfhall Mercy, er habe auf defien Kommando mit 2000 Reutern eine Kavalcade unters nehmen ſollen; obgleih er dem Feinde überlegen, und das Heer im Nüden, hätte er den Feind nicht allein ungerückt von ſich gelaffen, jondern gar feinen Gefangenen eingebracht, fo doch vorher, wann er ſchwaͤcher geweien, nie gefchehen. Er folle berichten, wie das zus ‚gegangen, damit man ihn entichuldige und nicht fage: er ſei derjenige

Adlzreitter 463. Bufendorf 539. 540. Theatr. Europ. V, 544 ff. 551.561. Deformeanr I, 197. GrammontI,359. Montglati, 442,

Montglat I, 444. Deformeanz I, 220.

I Mefenrieder a a. D. 197.

Gallas In Bohmen zuruͤckgehalten. Streifzuͤge Koͤnigemarlke. 497

alte von Werth nicht mehr, der er hiervor geweſen.“! Gegen dieſe Anklage entfchuldigte jener fich unter dem 14. September gar wohl, „Mercy habe ihm das Fußvolk abgefchlagen, weßhalb er eine fchöne Gelegenheit verfäumen müſſen.“ Wenn er nur einen Tropfen Blut oder ein Fünkl von. Disconrage im Leibe hätte, wollte er es mit - Zangen herausreißen laflen, oder wann fonft einer wäre (außer S. Kurfürftlihen Durchlaucht) der es fagte, wolle er lieber fih mit Zangen mit ihm reißen. Seine bisherigen Actiones, wie auch alle Soldaten vom höchften bis unterften, müßten ihm deß Zeugniß geben. Man wolle die Opinion von ihm haben, „wenn er beide Feinde, al8 den Torfiendfon Vormittags, die Franzoſen aber Rahmittags ruiniren Eönnte, er fein Leib und Leben, Gut und Blut daran fireden wolle.” Auf diefe kräftige Aeußerung erwieberte man begütlgend: mehr verlange man nicht zu wiflen, um ihn entichuldigen zu Tönnen; er folle mit feinen treuen Dienſten continuiren.” So fehen wir denn allmählig Wölfchen in dem Ger müthe des Ehrgeizigen auffteigen, welche die Kataftrophe vom Jahre 1647 vorbereiteten.

Was fchnelle Furt oder die Bereitwilligfeit ber triegmüden Einwohner den Feinden ausgeliefert, mußte jetzt nach und nach wieder von den Baiern gewonnen werden; aber von feiner Seite war Hoffnung vorhanden, die mächtigen Vortheile, welche Frankreich in einem Wurfe erlangt, zum erfchütterten Reiche wieder zurüdzu- bringen. Denn die Eugen Pläne zu Paffau waren alle vereitelt. Erſt fpät in der Mitte des Juni konnte Gallad aus feinen Winters quartieren in Böhmen aufbredhen, weil der Siebenbürge Ragoczy in Oberungarn eingefallen war, welchen zu beobachten mehr Streits - fräfte ald Buchheims und Goͤtz' in Schlefien und Mähren, zu er⸗ fordern ſchien. Als Habfeld im Yanudr noch im fernen Franken fand, hatte Königsmark Zeit, das lüneburgiſche und hildesheimijche Gebiet zu brandſchatzen,“ ohne jedoch die Guelfen, denen der „in⸗ duftriöfe” General fogar die Wälder niederhauen ließ, um mit dem Erlös des Holzes von Hamburgs und Bremend Kaufleuten ein gutes Stüd Geld ſchnell zufammenzubringen, zum Parteiergreifen zu vermögen. * Als der Erzbifhof von Bremen zum Schube ſeines

»Weſtenrieder a. a. D. 198. 2 Daf. a. a. D. 2Pufendborf 530.

® Spittler II, 110.

Baripolp, Geſch. des 20j4ahr. Kriege. ZI, 32

498 -* Torfensfon lodt Gallas hinter nach Deutſchland.

Gebiete die Waffen erhob, und den Räuber mit Stößen abwies, ftreifte der Unverbrofiene nach Meiffen, ficherte Leipzig (Anfang » Zebruar) und wich erft von der Saale hinter die Werra (April), als Hapfeld mit einigen baierifhen und Faiferlihen Regimentern in Thüringen erfchien, Halberſtadt bedrohete, aber fich fcheute durch das Gebiet der neutralen Guelfen feinen Weg zu dem Erzbilchofe - von Bremen zu erzwingen, und deshalb nad geringer Verrichtung wieder auf Süpthüringen heimzog. Ebenſo wenig ald der däniſche Prinz mit Hatzfeld Gemeinfchaft gefuht, bemühte fih Amalia Eli⸗ fabeth, nad verſchwundener Gefahr, um die Bereinigung ihres Generald Geiſo mit Königemark; weshalb jener von der heſſiſchen Grenze anf Leipzig zurüdeilte. Unterbefien Amalia Eliſabeths füd- liches Gebiet gefhübt war, tummelten fih ihre Befatungen unter Eberſtein und Karl von Rabenhaupt, Freiherrn von Suda, weiblich in Weftfalen und im Jülichfchen gegen Lothringend Haufen, gegen Vehlen, Geleen und den Grafen Ehriftian von Naffau» Siegen, ' und lernte der heranwachſende Landgraf Wilhelm IV. feines Vaters Kriegsweife, aber auch zeitig, wie im April bei Merode, Schläge hinnehmen. Als im Juni? Gallas mit Eolloredo, Bruay und einigen hatzfeldſchen Regimentern die Eaale und Elbe abwärts zog, bei Havelberg über den Strom ging und im Auguft in Schleswig ftand,, * irrte zwar fein Erfcheinen den alten Oxenſtjerna, weldyer gehofft hatte, das Faiferlihe Heer werde durch Ragoczy und bie in Mähren befegten Feftungen fih halten laſſen, „bis ver Schwede mit dem Dänen fertig geworden.” Schon dadte Karl Guſtav Wrangel, während Horn ben Krieg in Schonen führte und ver Kampf zur See verheißlid begann, an den llebergang auf Yühnen und Seeland; Torftendfon war franf. Aber faum hatte Gallas, mit den Dänen verftärkt, KU erobert, als der Feldmarſchall, genefen, Jütland mit einem, in gefchonter Gegend erfrifchtem, Heere verließ, an jenem vorüberging und den Helfer der Dänen hinter fi ber nad Deutfchland lockte, fo daß zu Anfang ded September, als Enghien jene leichte Frucht des freiburger Bluttages erndtete, Gallas, von den Dänen gefhmäht, in der Altmark und im Magdeburgifchen jhon wieder den Torftensfon auf feinen Ferſen ſah. So wälste ı Theatr. Europ. V, 382, 403.

» Bufenborfl.o Geijer III, 348, Bufenporf 531.

Gallas bei Magdeburg umfchloffen. Mercy am Rheim. (499

fi), da auch Königsmark, nad neuer Heimfuchung des Gebietes von Bremen, auf Meifien zurüdgefehrt war, alles Unheil im Herbfte wieder auf die Lande Johann Georges, der eben einiger . feiner Städte, wie Chemmig, wieder mächtig geworden. Balb war Gallas über Magdeburg ind Anhaltifche gedrängt; Torftensfon, mit Königsmark vereinigt, Tagerte den Kaiferlichen bei Bernburg fo nahe

gegenüber, (Ende September bis Mitte October), daß Gallas

ſaͤchſiſche Hülfe herbeirufen mußte, welche Enkevort ihm zuführte.“ Indem auch Torſtensſon darauf der Landgräfin Kriegsvolk unter Geiſo an ſich forderte, ſchien die Gegend der Niederſaale zum Schauplatze einer Entſcheidungsſchlacht beſtimmt zu ſein, bezeugte aber nur die Strafe verfehlter Kriegführung des Oberfeldherrn und die zeitweilige Schwäche Oeſterreichs. Denn Gallas mied fo ge⸗ faͤhrliches Spiel, ſchlich ſich, in hoher Noth an Lebensmitteln, 16. November auf Magdeburg,? wo vom 21. November ab Tor⸗ ſtensſon und Königsmark das kaiſerliche Heer, das ſchon bedeutend dermindert war, umſchloſſen hielten. Nur in Schleſien und Ungarn fochten Götz und Buchheim gegen den rüdweidhenden Siebenbürgen mit Vortheil, und nöthigten den Ragorzy einen trügliden Vertrag zu fuchen, welcher dem Grafen Götz gegen Ende ded Jahres ge flattete, aus Ungarn nad dem bevroheten Böhmen fi zu menden, wiewohl mit Buchheim fo häßlich zerfallen, daß fe fih im Zwei⸗ fampf verwundeten, und ein kaiſerlicher Schiedemann, Hannibal Gonzaga, Frieden ftiften mußte. ° So ohne allen Anhalt im Rüden, nur verftärkt durch Habfeld mit etwas über 2000 Mann, rüdte Mercy gegen das Ende ded September aus der Heilbronner Gegend wieder nad) dem Rheine, und lagerte ſich am 5. October bei Wifeloh, in der Abficht durch Zerftörung der philtppsburger Brüde bie Franzoſen diesſeits des Rheines zu verderben. * Am 7. October hherrafchten Raufchenberg und Johann von Werth Manuheim fo unvermuthet, daß Rofen fih mit Mühe auf einem Kleinen Kahne über den Strom rettete, und feine Soldaten niederhauen ließ. Geleen ging mit den Lothringern, deren Gebieter jedoch durch Verwittelung Gaftond feit dem Juni wieder mit Zranfreih ımterhandelte, über

* T'heatr. Europ. V, 565.

2 Theatr. Earop. V, 676 ff. Bufenborf 534.

® Tiheatr. Europ. V, 597. E

Adlzreitter 463. - n*

500 . Der heſſiſche General Johann Geiß.

die Moſel, bezwang die Stadt Bacharach, 17. October; Aber im friſcheſten Eifer der Unternehmung gegen die ſcheugewordenen Franzoſen ward Mercy wieder gehemmt, indem ihm Hatzfeld aus dem Lager bei Mannheim die Fatferlichen Völker nebft baierifchen Regimentern entführte, um auf Befehl Ferdinands durch Thüringen zur Dedung Böhmend herbeizueilen, da es mit Gallas an der Mittelelbe fo böfe Wendung nahm. ' Deshalb beichränfte ſich Mercy, die Bergftraße zu fihern, brachte durch Erflürmung von Bensheim, wiewohl mit Verluft des waderen Wolf, den Franzoſen und Weimarern eine empfindliche Niederlage bei, ? und verforgte glücklich Freiburg. rleichtert wurde Mercys winterliche Thätigkeit durd die Entfernung der Heffen. Obgleich der Landgräfin größere Vortheile winften, dem fiegreihen Franzofen am Mittelrheine fih anzufchließen, und ihr zweiter General Geiß mit 2000 Mann zur rechten Zeit an den Main gefommen, ., September Hödft erobert hatte und um Urfel fich Iagerte; ? ferner in Weftfalen um Kösfeld Vehlens Anfchläge zu fürchten waren; mußte die Eigen- nügige ſich dennoch entfchließen, das Geſuch Torftensfons zur Er- drüdung Gallas' in Magdeburg zu erfüllen. Noh am %,, No⸗ vember hatte fie in einer Inftruction, * deren demüthige Sprache mit ihrem Verhalten gegen den höflihen Guebriant grell abftach, fi entfhuldigt, „wegen. ver Nähe Geleens und ver Lothringer ihr Volk nicht ſchicken zu können;“ vielmehr um fräftigen Beiftand ges beten. Dennoch halfen ihre Complimente und Wendungen nichts ; ungeachtet Johann von Werth ihre Hefien aus Höchſt vertrieben, mußte fie im November ihren älteften Feldherrn Geiß mit 3200 Mann durh das Eichöfeld zu Königsmark fhiden, um Gallas im Magdeburgiſchen feftzuhalten. Sener Johann Geiß, (Geifo, Geiſau) ® bürgerlich geboren in Niederheflen im Jahre 1593, wohl unterrichtet als Jurift, hatte aus Waffenluft die Kriegsſchule Morig’ von Oranien durchgemacht, dann unter Guftav Adolf in Livland gefohten, mit dem Mansfelder gute und böfe Tage verlebt, unter Bernhard das Schidfal der Dänen bei Luther getheilt, und war

« * Theatr. Europ. V, 598. 2 Daf. 805. Adlzreitter 464. 2 Theatr. Europ. V, 575. 2Juſti 120. » Fheatr. Europ. V, 598. s Hoffmann I, 223 |.

Rüdzug der Baiern nach dem Obenwalbe. 501 |

im Jahre 1631, bei Guſtav Adolfs Vorbringen in Deutſchland ale Oberſt in die Dienfte des Landgrafen Wilhelm zurüdgetreten. Bes lobt wegen feiner Tapferkeit, Erfahrung und Treue, wiewohl gegen Götz im Jahre 1637 und zu Dorften im Jahre 1641 im Nachtheil, erhielt Geiß nach dem Pommer Kaspar von Eberftein, welcher am 4, October 1644 unter Unterhandlungen mit dem Grafen von Oſt⸗Friesland zu Emden ftarb,‘ vorläufig die Führung des heffifchen Zuzuges, und kam noch zur rechten Zeit um Magdeburg an, um an der Ihimpflichen Auflöfung des Laiferlichen Heeres Theil zu nehmen. ? Rah Geiß' Abrufung ſchien fih gegen das Ende ded Jahres das Glück wieder auf die Seite der Baiern zu neigen, weldes ihnen, ungeachtet ihrer Tapferkeit, im Sommer wenig geläcelt; ſchon ges daten fie in Verbindung mit Geleen über den Rhein zu gehen, um Turenne, welder fid, nad Enghiens Abzuge begnügte, ven Strom zu vertheidigen, felbft jenfeits anzugreifen, als die bes unruhigende Kunde von dem Borrüden des fiegreihen Torftendion, und das vom baltifhen Dieere bis nad Böhmen fich zurüdwenvende Kriegsfeuer fie nöthigte, auf die PVertheivigung der Heimath zu denken. So fehrten denn die baierifchen Heerführer nad dieſem blutigen Feldzuge durch die befreite Bergftraße unter neuen Sorgen in die Gegenden ded Odenwaldes an der Sauber zurüd; aber Johann von Werth, dem die Ruhe des Winterquartieres niemals gegönnt ward, und welden wir noch zulegt mit feinen Reutern um Gernsheim finden, wie er den PVicomte zwang, ® bei Oppenheim von dem Rheinübergange abzuftehen, werben wir zu Anfang des neuen Sahres bald auf einem entlegeneren Schauplage wiebers fehen. Leider begann eine verhängnißvolle politifhe Halbheit den flaren, thatkräftigen Sinn Marimilians zu trüben und übte hems menden Einfluß auf den Krieg aus. Das Gerüdt von Neutralis tätSanträgen und Zuficherungen, welche von SJefuiten in Rom und in Paris heimli angeregt wurden, ſchlich durch die Gemüther. Wenigſtens war fo viel Har, daß Baiern feit dem freiburger Tage nur die Nothwehr ergriff, und am Ende des Jahres die Gelegens heit verfäumte, Turennes matte und Franke Yranzofen vollends aus den mittelrheinifhen Städten zu vertreiben.* Auf verlodende

Theatr. Europ. V, 608. * Daf. 517. Bufenborf 534. ® Mero. frang. XXV, 138. Theatr. Europ, V, 608. »Pufendorf 577.

502 | Marimilians politifäge Halbheit.

Erbietungen Mazarins hatte der münchener Hof am 5. Rovember 1644 die Hoffnung bliden laſſen, jenes trügerifhe Berhältnig zwifchen Franfreih und Baiern aus den Tagen Guſtav Adolfs wieder ber- zuftellen, wenn ihm die Kur und die Oberpfalz blieben; und foldhe heimliche Unfreiheit des gefürchteten baieriſchen Heeres galt dem Kardinal fhon als ficherer Gewinn. * Marquis de Rotrmontier, feit dem Tage von Tuttlingen gefangen, im Herbſt 1644 von Banör freigegeben, war der Vorgänger ded P. Vervaux, Beichtvaters Marimiliand, der im tiefften Geheim in Paris weilte (Dec. 1644), ? und dem hordenden Kardinal Eröffnungen machte, unter welchen Bedingungen der Kurfürft der Sache Oeſterreichs zu entfagen nicht abgeneigt fei. Behutfam, um den Schweren dad Spiel gegen ben Kaifer nicht zu erleichtern, und dem Baier mißtrauend, wied Mazarin die Unterhandlungen nah Münfter, und dad Geichäft gerieth ind fioden, da Marimilian, vor einem Tractate, erft Turennes Abruf forderte.

Viertes Kapitel.

Aufloͤſung des Heeres Gallas!. Torſtensſon in Böhmen. Schlacht bei Jankaun und ihre Zulgen, 6. März bis August 1645. Turennes Niederlage bei Mergentheim und Rettung buch bie Helm. Enghien ald Räder ge; ſchickkt. Juli 1645. Der Tag von Allerheim. 3. Auguft 1645. Schwankende Gefinnung Marimilians durch den Erzherzog beendet. Torflensfons Abzug aus Deflerreich. September 1645. Turennes Flucht an den Rhein. October. Amalia Elifabeth erobert Marburg. Könige mark zwingt Sachen zur Neutralität. Torftensfon legt den Oberbefehl im Felde nieber. December 1645.

Mit dem Anfange des Jahres 1645 fehlen es, als wenn das Haus Defterreich nach fiebenundzwanzigjähriger ritterlicher Ausdauer, nach beifpiellojer Beharrlichfeit im Unglück, doch endlid die Herr- fhaft in Deutfchland und das Lebergewicht in Europa verlieren würde. Zwar flanden Mercy und Johann von Werth ald muthige anverbrofiene Schirmberren des Rheinftromes; aber das Kunftftüd der vorgeblichen Staatöweiäheit, welches den König von Dänemark

ı Bougeant II, 2. 6. 70 ff. 3 Daſ. $. 74 ff.

Auflöfung des Heeres Gallae'. 503

von neuem in den Kampf verwidelte, und die fchwebifchen Streits

fräfte an den fernften Grenzen fi abmatten laflen wollte, war zum unermeßlichen Unheil des Kaiferfiaates ausgeſchlagen. Gallas im Mißgeſchick dem Trunfe noch ergebener, Trank, von Torftendfon, dem Königemark und den Heſſen im Magdeburgiſchen eingefchlofien, hatte in drüdender Roth feine Reuter unter Enfevort und Bruay auf dem rechten Elbufer dur den Kurkreis nach Böhmen zu retten gefucht; aber Adrian von Enfevort war zwifchen Wittenberg und Süterbod am FE durch Torftensfon und Geiß, welche ihm auf dem Fuße folgten, ereilt worden, Hatte die Freiheit und 3500 Mann, den Reſt des Faiferlihen und fächfifchen Reuterheeres, eingebüßt, und nur Bruay auf einem Umwege durch die Marken Fünmerlic Böhmen erreicht.“ Darauf war Torftensfon, die Hefien und Königsmark um Magdeburg zurüdlafiend, mit dem größeren Theile feines Heeres nad Sachſen aufgebrocden, und harrte um Pegau und Zeiß, unter furdtbarer Bedraͤngung ded wiederum getäufchten Kurfürften, der Kunde von Gallas' gänzlicher Vernichtung, um dann in Böhmen die Entfcheidung zu fuhen. Zwar war Gallas, als der Eisgang die Brüden hinwegriß, weldye beide Ufer zu ſchnellerer Bereinigung der Belagerer verbanden, am "= 1645 glüdlih den Wällen Magdeburgs entrommen; aber von feinem Fußvolke brachte er, unters weges durch Hefien und Königsmark angepadt, Taum 2000 Mann in völliger Auflöfung über Wittenberg und Dresden nad Böhmen, und legte dann, nur durd Trautmannsdorf vor Faiferlicher Ungnade gefhüst, dad Kommando nieder. Auf dem Fuße folgte der Sieger mit 16000 Mann und adtzig Kanonen, um fid) den Weg in das Herz Defterreih& zu bahnen, während Ragoczy Ungarn mit feinen . verheerenden Horden bedrohete. Magdeburg, den Reſt tillyſcher Eroberungen, zu zwingen, ließ Torſtensſon die Heſſen und Koͤnigs⸗ marf zurüd; der daͤniſche Krieg, zu Wafler und zu Lande von Karl Guſtav Wrangel und von Horn ſiegreich fortgefeßt, näherte fich feinent Ende; während Arel Lilje, der hochmüthige Befehlshaber von Leipzig, Unterhandlungen anfnüpfte, um durch die Neutralität des gebeugten Kurfürften, des lebten reichötreuen proteftantifchen Fürften, den Kalfer und den Baier vollends zu vereinzeln. Das Erbland fand wehr⸗ los da, wäre Hatzfeld mit 5000 Mann nicht zeitig zur Stelle ge« wefen, und hätte, unter Leopold Wilhelms Namen, wiewohl aögernd,

2 Theatr. Europ. v, 599. Pufendorf 534.

504 Johann von Werth dem Kaifer zu Hülfe. Die Freirenter.

da man ihm, dem älteren, vor fünf Jahren den Piccolomini vorgezogen, die Bildung und den Oberbefehl eined neuen Heered unternommen. Um der Gefahr in Perfon gu begegnen, reiste Ferdinand III. im Sanuar 1645 mit feinem Hoflager nad Prag; fammelte die lebten Streitfräfte. Zugleih war auch Götz aus Oberfchlefien und Ungarn mit feinen Regimentern herbeigezogen, und auf dringende Bitte des Kaifers hatte der Kurfürft von Baiern über 3000 Mann vom Reichsheere zu Hülfe geichidt. Ueber fie gebot Johann von Werth, der gemeinfame “Diener beider Herren, und der Yeldzeugmeifter Rauſchenberg.“ Schon gegen das Ende des December 1644 war der reifige Krieger aus dem Wirtembergifchen aufgebrochen, hatte noch unterm 3. Januar aus Schwäbiſch-Hall gefchrieben, „er wolle die vorhabende Kavalkade mit folhem Eifer, Treu und Vorſichtigkeit ausführen, daß feine Widerwärtigen felbft würden befennen müffen, er ei noch der alte Johann von Werth, ? und eilte über Nürn⸗ berg nad) Amberg, um fih mit Haßfeld zu vereinigen, da Mari- milian, beforgt wegen Turenneß, feiner Truppen nicht lange entbehren fonnte. In diefem Feldzuge! finden fi die lebten Spuren, daß Sohann von Werth, wie die früheren Condottiere und noch Fried⸗ land, ein Comitat abenteuerlidher, beuteluftiger Krieger um fich ver⸗ fammelte, welche, unter dem Namen Freireuter dem Gebote des berühmten Mannes allein gefolgt, ihm allein für Sold dienten, und fonft mit dem Kaiſer nichtd gemein hatten. Aus einem Briefe des Hugo de Groot geht hervor, * daß Johann von Werth nach den blutigen freiburger Tagen in die Gegend von Köln geeilt war, dort unter feinen waffenluſtigen Landöleuten frifhe Reuter geworben, und mit ihnen ſchon bei Höchſt gegen die Hefien den erften Strauß ver- fucht hatte. Daß diefe Kreireuter nicht etwa aus zufammengelaufenem Gefindel und Räubern beftanden, läßt fih-daraus abnehmen, ? daß ein fehr tapferer Degen von hochfürſtlichem Geblüte, Herzog Ulrich von Wirtemberg, des regierenden Herrn Bruder, fih vor andern „unter ihnen fehen ließ” damit, wohin das Glück ſich neigte, (Eber⸗ bard war der heimlichen Begünftigung der undeutfchen Partei bei dem Kurfürften von Baiern verdächtig, zumal fein anderer Bruder

Adplzreitter 468. 474. 2 Meftenrieder a. a. D. 198. 2 Brief an Dxrenſtjerna, epp. ined. 219. ® Kreiberger 125.

Schlacht bei Jankan. 6. März. 80

Friedrich ſchon im Herbſt 1638 zur weimarſchen Armee ſich begeben) fie für ihr Haus eine gewiſſe Zuflucht hätten. So war denn unter Hatzfeld, Gög und Johann von Werth, als deſſen „feines hochgeehrten Herren Generald und Gevatters bereitwilligfter, treuefter Diener” Hapfeld ſich unterfchrieb, eine neue Macht zufammengerafft, mit welcher Ferdinand II. den Feindesnöthen zu entgehen hoffte, * da die Jungfrau Maria ihrem frommen Berehrer in einem Traum gefihte den Sieg verheißen. Anfangs berrfchte im Eaiferlichen Kriegs⸗ rathe Uneinigfeit über den Plan; endlich entihied das Vertrauen, welches der Kaifer auf Johann von Werth feßte, „ſobald es auf den Mann ankam,“ und er fchidte feinen Generalen den kurzen Befehl, „zu fehlagen und zu überwinden,” ähnlich wie Don Philipp dem Ambrofio Spinola gefchrieben. Aber Ferdinands Zuverficht fah fih ſchrecklich getäufht. Denn ald Torſtensſon 19. Februar über Kaden, Pilſen bis Glattau (26. Februar) gedrungen, am 2. März über die Moldau feßte und den Zeind am Tu. bei Janfau, drei Meilen von Tabor aufſuchte; warf fih Hapfeld zwar fühn dem Schweden entgegen. Aber Gehlgriffe in der Ausführung des anges gebenen Planes, Irrungen, herbeigeführt durch das felbftändige Walten dreier Generale und durch das frühzeitige Plündern des feindlichen Gepäds, brachte das Faiferlihe Heer bei Jankau am 6. März ind Ververben, und den Staat an den Rand des Ab⸗ grundes. Zuerft wagte fih Götz mit dem rechten Flügel in eine nit genau überfehene Gegend zwiſchen Teihen und Waldhöhen, welche ihn hinderte, feine Truppen zum Gefechte gehörig zu ents wideln; er bezahlte den Irrthum mit feinem Leben und dem Berlufte feiner Leute; von jenem Tage hat fih noch heute in Böhmen bie fprüchwörtlihe Rede erhalten: ? „fo viel ald Götz bei Jankau aus- richten." Johann von Werth, welchem nicht lange Friſt gegönnt war, drang auf die Entſcheidung, „weil er innerhalb Dreier Tage in die Oberpfalz zurüd müſſe;“ feine ſtürmiſche Kühnheit befchuldigte Hapfeld als Anlaß zur zweiten Niederlage, und legte auch in einem Berichte, weldhen der gefangene Feldmarſchall an den Kaifer fchidte, ihm zur Laſt,“ „ald babe er aus Irrthum ober eigenmächtig eine

* Theatr. Europ. V, 647—657. Pufentorf 558. Adlzreitter 468. Geijer III, 364, nach Torfiensfons Bericht.

» Poridis iako keo w Jankowa, Pelzel II, 803.

2 Theatr. Europ. V, 709 ff.

308 Sihhlacht Bei Jankan.

ändere Höhe mit Reutern, Fußvolk und Geſchütz befeht, als es in den Plänen des Oberfeloherrn lag.“ Zwar ftritten die Baiern auf dem linken Flügel wader, und ein Theil von ihnen umging den rechten der Schweden; aber ververblibe Raubſucht verleitete fie, über das Gepäd der ſchwediſchen Generale fi herzumachen, ohne in dem wichtigen Augenblide den Zeinden in den Rüden zu fallen. Hier gerieth Linnard Torftensfond Gemahlin in die Hände ber werthifhen Reuter, und hier ſchwankte die Entfcheldung; aber die Beute wurde durch umkehrendes ſchwediſches Fußvolf wieder abges nommen, und die Niederlage des Faiferlihen Hecred allgemein. Zu ihrem eigenen Berderben war die Zofung: Fein Quartier! gegeben. Einen glänzenderen Sieg hatten die Schweben, oder vielmehr die Deutfchen unter ſchwediſcher Anführung, noch nie erfochten; als Fügung des Himmeld wurde dankbar anerfannt: Torftensfon habe an jenem Tage feine Kränflichfeit fo weit verlaffen, daß er zu Pferde feine Bölfer anführen Tonnte. 7000 Knechte lagen todt zwiſchen den Hügeln und Wäldern zerfireut; Gög hatte einen Sols datentod gefunden; mit Hatzfeld war eine große Menge Offiziere und Gemeine, einige fiebenzig Fahnen in des Gegnerd Gewalt ges fallen; und fo faft unter den Augen des Kaiſers, der in Prag an dem heißen Tage alle Kirchen andächtig befuchte, die letzte Hoffnung vernichtet. Seine Erblande ftanden der Feindesgewalt offen. Johann von Werth begünftigte fein perfönliher Muth und fein Slüd; zweimal war er fon in feindlihen Händen; immer rang er ſich wieder los durch feinen Arm und feine Getreuen, zumal, wie er felbft in feinem Berichte vom 7. März aus Tabor ausfagte, durch den Herzog Ulrih von Wirtemberg.' Zum zweiten male floh Sohann von Werth aus einer Feldſchlacht; aber fein ungewöhnlicher Sinn verleugnete fih auch hier nicht.” Er wich, um wieder umzu⸗ fehren. Der Strom der Flucht ging auf Tabor; dort fammelte fich ein großer Haufe, und ihn wollte Johann von Werth, eingebent des Beifpield Bernhards bei Rheinfelden, durch männlihes Zus fprehen bewegen, wieder mit ihm in den Streit umzuwenden; „er wolle die wegen des guten Glücks unachtſamen Schweden überfallen;

* Ziegler, Labyrinth 766. Johann von Werth, den tapferen Schwabens fürften zu belohnen, wollte zu Gunſten veffelben feinem eigenen Regimente entfagen.

3 Sreiberger 128.

Bolgen der Schlacht bei Jankau— 507

die Seinen hätten deſto weniger zu befürchten, weil jene ſich deſſen nicht bewahrten,. und gar nicht der Flüchtigen Einfall gedächten.“ Er hatte nicht wenige mit ſolchem gewaltigen Erempel und Vorfchlag zum Beifall bewegt; doc Fonnte er den größeren Haufen nicht vers mögen, daß er das Treffen ficherer hielte als die Flucht; er wurde demnach gezwungen, was er an Verdienſt und Tugend noch behalten, in feiner PBerfon, nebft ven ihm anvertrauten Völkern, dem Kurfürften ohne Verluſt wieder zuzuführen. Ueber Glattau gelangte er in die Oberpfalz. * Wir werben fehen, daß Oefterreih aud von dieſem Schlage fi erholte; obgleich Torftensfon am 13. März Iglau ohne einen Schuß einnahm, die Belagerer vor Ollmütz vertrieb, inner bald weniger Wochen ganz Mähren und Oefterreih bis an die Donan eroberte, und unweit der Hauptfladt felbft Sr die Wolfe: brüde in feine Gewalt bradte. Wie Wien vor fehsundzwanzig Jahren vor den böhmifchen Rebellen gezittert, und wie damals die ges ängftigte Herrfcherfamilie nad) Gräg entwich; fo war jet, nach dem wunderlichften Wechſel der Dinge, der Krieg wieder in diefelbe Ge: gend gefpielt, und führte biefelben Ereigniſſe herbei.?2 Aber wie damals Ferdinands I. furchtlofe Ausdauer und feiner Erblanve un- erichöpffihe Macht die Gefahr vertrieb, fo fehen wir auch jest feinen Sohn wunderbare Stärfe entfalten; der Feind weicht vor Erzherzog

Leopold Wilhelm von der Donau, gibt die vergeblihe Belagerung _

Brünns, welches ein Huguenotte, Ludwig Rottwitt de Souches, der in Unfrieden mit Staͤlhandske den ſchwediſchen Dienft verlaffen, von Anfang Mai bis zum 23. Auguft vertheidigte, * auf, und Defterreich, Mähren und Böhmen find am Ende des Jahres vom Kriegsfener befreit. Um die Rettung Wiend und die Herftellung des zerrütteten . Heeres erwarb fich befonderd ein Mann hohes Verdienſt, den wir fpäter mit Sohann von Werth in inniger Verbindung finden werben, als deſſen Verwandter er gilt. Cornelius Strauch, unfern Köln geboren, im Jahr 1638, ungeachtet er erft achtundzwanzig Jahre alt, zum Abt des Eiftercienfer Kloſters Lilienfeld im Lande ob der ı Yufendorf 560. Adlzreitter 470. Theatr. Earop. V, 407— 719.

- 3 Ragoczy hatte vermittelt des Sieur Antoine de Eroifiy zu Munkacz am

21. April 1645 unter den gewöhnlichen Bedingungen ein Bündniß mit Lud⸗

wig IV gefchloffen. Auch ber Siebenbürge follte dentſches Kriegsvolk

ftellen! > Hormayr Tajchenb. 1829. ©. 354. Die Schweden vor Brünn m Hors mayrs Archiv 1816. 5. 6. 24. .

%08 Rüftung Marimiliens gegen Turenne.

End, ausgezeichnet ald Theologe, ald Etaatömann, ja felbft im Kriegsweſen. Im Auftrage des Kaiferd und der Stände verließ er bei der einbrechenden Landesnoth die Kloftermauern, wagte fih acht Tage lang mit Lebendgefahr bis mitten in das unbeſchreibliche Ges tümmel, fammelte, ermuthigte die Zerftreuten, von denen ſchon viele beim Schweden Dienfte nehmen wollten, verforgte fie mir Geld und Lebensmitteln und half unter allgemeiner Beſtürzung dad bevrohete Baterland retten. * Thöricht jubelte dagegen ein Theil der Deutſchen in einem Siegesliede auf „ven theuren Durſtenſohn,“ ohne zu bes denfen, „daß wer aud fiegte und verlor, Deutſchland den Berluft immer erlitt, daß alles Glück nur zum Bors theile der Sremden ausfchlug, die ihre Ehre und ihren Gewinn in der Shmad eines edlen Volkes fanden.” ? Blutigere Kämpfe ftanden den Baiern in diefem Sommer bevor. Rah Johanns von Werth Abzuge lag Mercy in unruhigen Winters quartieren, mehrmald durch Streifparteien der Franzofen ins Darm ftäntifche wach erhalten. Am Main hatte ſich das zurüdgebliebene Regiment Werths feines Führerd würdig bewieſen,“ und hei Urfel im Sanuar eine Schaar, welche der Comte de Eourval, Befehlshaber

in Mainz, ausgeſchickt, fo arg zurüdgetrieben, daß fie fi eilig mit

Berluft von zwei Kanonen und vierhundert Mann auf das Haupt heer zog. Ebenfo fhlug Mercy einen Anfall Roſens auf Wirtemberg im Februar ab; als aber die Kunde von der janfauer Niederlage fi) verbreitete, jah man mit Bejorgniß einem flärferen Angriffe Turenned entgegen, welcher netten Zuzug unter Enghien erwartete. * Deshalb rüftete fih Marimilian aus allen Kräften, wie der Kaifer in Oefterreih, und warb neue Regimenter. * Johann von Werth ftieß nach dem mißlihen Reuterdienft in Böhmen im Anfang April bei Schwäbiſch⸗Hall wieder zu feinen alten Streitgenoffen, und man erwartete gefaßt die Enticheidung großer Dinge. ® Denn Turenne

Hormayr. Tafchenb. 1840. Darum hieß es in feiner Leichenrede: Animus Cornelii ad omnia magna natus, nesecit huni repere. Ubi opportunum

est, Pairiam defendit et exeroitum restituit!

2 Worte des patriotifchen Pfanner Hist. Pac. Westphalic. 61. Das gleiche zeitige Triumpflied ift mehrmals gebrudt.

3 Bufendorf 568. Adlzreitter 475.

* Montglat II, 5 ff. Raguenet 36.

® Dufendborf 568. Ablzreitter 475.

® Thestr. Europ. V, 749.

Rieberlage Turemes bei Nergenthelm. 5. Mal. 500

war am 26. März mit 8000 Mann, größtentheild Deutfchen, bei Speier über den Rhein und auf Schwaben Tosgegangen, um gleich Torſtensſon Siege zu erfechten; während Erlach die feften Städte im Marfgraftfum Baden in feine Gewalt brachte. Bei Ellwangen barrte Mercy des Angriffs; aber der Vicomte, ftatt auf die Donau zu rüden, zog mit den „weimarfchen Franzofen in Franken auf der Bratwurft herum,“ * und breitete feine Truppen bei Mergentheim und Rotenburg an der Tauber aus Mercy hatte Befehl vom Kurfürften, es zum Treffen kommen zu laffen, ungeachtet dad Gerücht fih verftärkte, die frangöfifhe Politif arbeite mit Erfolg daran, dem Kaifer nad) der janfaucr Niederlage auch den legten Bundeögenofien zu entjiehen, und man ausfagte: es fei ein Gebot ergangen, Turenne im Baterlande niht Feind zu nennen.’ Deshalb marfhirte Mercy mit Johann von Werth auf Feucht wangen und lagerte fih am 25. April, unter beflagendwerther Berheerung der Umgegend, auf dem verfchanzten Bretzenberge.“ Da er vernahm, daß die franzöfifhen Negimenter zeriireut um das Hauptquartier Mergentheim lägen, gedachte er fie wie bei Tuttlingen in ihrer Sicherheit zu überfallen. Eine abfichtlide Seitenbewegung auf Kulmbah machte den Franzoſen irre; in der Nacht brachen Mercy und Johann von Werth in größter Stille von Feuchtwangen auf, und erfchlenen mit Anbruch des 5. Mat vor dem Dorfe Herbfls haufen, eine Meile vom Hauptquartier Turennes. * Aber der Bicomte hatte fhon Kunde von der gefährlichen Nähe, und die Baiern fanden vor dem Dorfe das franzöfifche Heer, welches ſich eilig bis auf einige Regimenter zufammengezogen, auf Hügeln aufgeftellt. Roſen befehligte den rechten Flüge, an einen Wald gelehnt und durch Gräben und Hohlwege gefchüßt; der Vicomte den linken. Mit dem Loſungs⸗ worte Sancta Maria! ging der Feldzeugmeifter Raufchenberg mit dem Fußvolk des linken Klügeld, welchen Johann von Werth fommandirte, ungeftümen Muthes auf die Branzofen los und warf fie, ungeachtet fie durch ein Waldchen gededt waren; ein Verſuch, ſich im Dorfe Herbfihaufen zu feßen fcheiterte an dem Nachdrucke der verfolgen» den Baiern, und was dem Tode entging wurde gefangen. Mit

% Sreyberger III, 105. 3 Pufendorf 568.

» Safobia. a. O. 114, ® Ramfay I, 121.

510 Niederlage Turennes hei Mergentheim. 5. Mat.

minderem Erfolge focht anfangs ber rechte Flügel, welchen Turenne mit der Etärfe der weimarfchen Reuter zum Weichen zwang ; aber zeitig eilte ihm die Reuterei des fiegreihen linken unter Johann von Werth zu Hülfe, und ſchlug nad einem kurzen, aber hartnädigen Kampfe aud den Vicomte in die Flucht. So war denn wieder der vollftändigfte Sieg in faum einer Stunde errungen, * und bie Sranzofen durch den Vortheil, welchen fie bei Freiburg mit der herz. Iofeften Hinſchlachtung von Taufenden erfauft, übermüthig geworden, lernten wiederum die Tapferkeit ihrer Gegner fürdten. Unter den vier gefangenen Generalen befand fih aud der General» Major Reinhold von Rofen, ver älteſte der übrig gebliebenen Oberften Herzog Bernhards; jet war er durch den bunten Wechfel in die Hände ded Gefangenen von Rheinfelden gefallen. Neben ihm Famen Schmidtberg, die Vicomtes Lameth und Paffage mit der franzöfifchen Artillerie, neunundfunfjig Fahnen und Standarten, 2600 Officiere und Gemeine auf der Stelle in die Hände des Siegers ; ebenfoviel lagen tobt auf der Wahlftatt; die ohne allen Zufammenhang nach allen Seiten an den Rhein und Main flüchtenden Ueberrefte geriethen auf einzeln, ohne Kunde der Niederlage marfjchirende Faiferlihe und baie⸗ riſche Regimenter, und ihrer wurden nod) viele gefangen. Turenne, zum erftenmal fchimpflich befiegt, flüchtete mit zwei Regimentern, welde nicht an der Schlacht Theil genommen, dad Silberzeug feiner Tafel und fein Gepäd zurücklaſſend, erft nah Mergentheim; zwei Tage lang, ald er bei Bifchoffsheim die Refte fammeln wolle, ward er von den Seinen für todt oder gefangen gehalten, bis er endlich nebft Roßwurms und Witfgenfteind geretteten Regimentern unmeit Hammelburg fi über den Main rettete, und über Fulda weit ind Land hineinflüchtete. Wiederum war ſtolze Sicherheit, wie bei Zuttlingen, Das Grab der frangöfifchen Waffen gemwefen, und wiederum waren die Heflen die Retter der Fremden. Denn von Neuhof bei Fulda ſchrieb der franzöfifhe Marſchall folgenden Heinmüthigen Brief an Amalie Elifabeth. ? Madame. Je suis oblige de vous dire, sans avoir le loisir de rien particulariser davantage à Votre Serenite, qu’ayant eu avis que l’Ennemi venoit m’attaquer dans mes quartiers, j’ai marche au devant de lui & ayant pris un poste, il est venu m’y at- taquer. On avoit toutes sorles d’avantages sur sa cavallerie au com-

% Bericht Werths vom 7. Mai. : Arkenholz IV, 409.

Sülfegefuch Turennes bei Amalla Cliſabeth. | 511

mencement, mais ayant forcéé mon Infanterie dans un bois au milieu du champ de bataille, cela m’a emp6ch6 (après avoir pouseé presque toute la cavallerie de !’ennemi avec une assez grande facilite), de pouvoir rallier la Cavallerie de cette Armde, de sorte que je crois qu’une grande partie de l’Infanterie sera perdue. Pour la Cavallerie, il s’en retire un corps tr&s-considerable, & avec peu de perte. Je m’assure que V.A. t&moignera en cette occasion l’affection qu’Elle a toujours fait paroltre pour le service du Roi, en envoyant vers Mayence V’Infanterie qwil lui a plü de faire esperer à Sa Majeste, & tenant quelque Corps considerable pröt le plus pr&s du Rhin quil se pourra, pour une néécessitéh. J’ose bien assurer V. A. que s’il plait à Dieu, avec assistance de sa part, les affaires se rel&veront ensorte que les Ennemis ne pourront pas en profiter, pour en pouvoir nuire à Mr. Torstenson, ni rallentir les conquötes. J’ose assurer que V. A. ne consid6rant pas seulement les affaires du Boi, mais aussi celle de l’Allemagne, y contribuera de tout son pouvoir. Amalia Elifabeth, mit fo patriotiſch⸗deutſchem Eifer fie zu Münfter und Osnabrück auf den Frieden drang, mußte fürdhten, die ſiegen⸗ . den Baiern in ihrem Lande zu jehen, und deshalb ihr gefpartes Volk daran wagen, welches auf dem Rüdwege von Magdeburg nach Hefien, dem fchwebifchen Befehldhaber von Erfurt zu Gunften, am 13. Februar Heldrungen erſtürmt hatte, und zur Sicherung der Garnifonen vertheilt lag. Aber die noch zerftreuten heffiichen Schaaren fchienen nicht ausreihenn, um den Marfhall vor Er drüdung zu retten. Deshalb mußte denn aud der „Generals Lieutenant” Königsmarf, welcher nebft Wittenberg in feinem Brand» ſchatzungsgewerbe von Magdeburg über Braunfhweig ind Erzbio⸗ thum Bremen und in dad Bisthum Verden gezogen war, ? alles befteuert, Stade und Burtehude erobert hatte; auf dem Wege nah Meißen, um zu Torftendfon fi zu begeben, den Bitten der Landgräfin gemäß, und mit Billigung der ſchwediſchen Gefanbten in Osdnabrüd, am '7,, Mai bei Hörter über die Wefer gehen, um jener beiguftchen. Denn Mercy * und Johann von Werth hatten ihren Sieg zu benugen gewußt; nachdem fie die flüchtigen Refte bis an den Rhein und Main verfolgt, und mander Franzoſe vor den ıBufendorf 587.

> Adlgreitter 473. Bufendorf 569. Adlzreitter. 461.

512 Verlegenheit Mazarins.

ergrimmten Bauern feinen Tod gefunden, nahmen fie am 18. Mat Gernsheim ein, zogen darauf bei Höcft über den Main, und eilten auch in Oberheſſen Turenne aufzufuchen, ehe die von allen Seiten herbeiftrömenden Truppen unter Königsmarf und Geiß fih vereinigt hätten. In Paris und Fontaineblenu erwartete man nad) vers gnüglichem Winter nur Siegesnacdhrichten aus Deutſchland, zumal den alten Künften Richelieus vertrauend, den Baier durch ger heime BVerlodungen vom Kaiſer abzuziehen. Erlach, obwohl ohne Uebereinſtimmung mit dem ftolgen Bicomte de Turenne, hatte jenen gleihwohl auf feinem Zuge nad) Franken unterflügt; die weimar- Ihen Seldregimenter immer wieder durch Werbungen ergänzt, neue aufgebracht, die Garnifon vollzählig erhalten. * Dennoch hatte man, als nad dem Falle Des Noyers auch V’Diffonville, wie der Marſchall de fa MothesHoudancourt, defien Verwandter, ihre Stellen eingebüßt, dem Schweizer im Frühjahr 1645 einen neuen Aufpafler an dem Lieutenant du Roy in Breifah, Sieur de Charlevoir gegeben, fo fehr der Rebenbuhler Bernhards fich dagegen firäubte. * Während der Karbinal den Schweizer auf der einen Seite lobte, daß er den Konrad Widerhold in Hohentwiel gegen die Anerbietungen Ulriche von Wirtemberg in der Treue für Kranfreih erhaften und daß er fo rüftig in der Marfgrafihaft Baden-Baden um ſich gegriffen ; billigte er auf der anderen Seite nicht deflen Verfügungen über die eroberte Feſte Stollhofen, welche jener zu Gunften des Tatholis [hen Markgrafen Wilhelm gegen den Einfprudh des Durlacers, Friedrichs, des Proteſtanten, zu behaupten gedachte. ° Sof jedoch zwei Tage darauf das erfte du nkle Gerücht vom Unfalle bei Marienthal (Herbfthaufen) in Paris einlief, ſchrieb Mazarin ſogleich beſtürzt am 14. Mat* an den Echweizer, empfahl ihm inftändigft die Behütung der Grenzen, und meldete ihm, daß Enghien zu feinem Heere, welches bei Verdun und Barrois fand, nad dem Rheine eilen werde, um alle verfügbaren Truppen zufammenzuraffen. Selbſt noch um den 19. Mai war man Über Turennes Gefhid in Paris im Ungewiſſen. Aber Enghien, der Held der beiden lebten deutfchen Feldzüge, wur zur Zeit noch in der Hauptftadt und hatte

°&tlad II, 166.

»Daſ. II, 158.

? Zurstauben III, 444. Brief Mazarins vom 12. Mai 1645. Erlach 11, 167.

Enghiens Treiben bei Hofe; Abgang nach Deuiſchland. 513

fo übermüthige Händel mit Prinzen, mit Geiſtlichen und Weibern den Winter über gehabt, und fo jugendtollen Eigenfinn in allen Begegniſſen der Gefellichaft an den Tag gelegt, zumal als gewalt- famer Heirathöprocurator, * daß die Regentin auch dieſes Jahr dem Gaſton nebft Ranzau und Gaſſion das Hauptheer gegen die Nieder: ande übergab, dem Grafen Harcourt den Krieg in Katalonien, dem Prinzen von Sovoien in Piemont, dem Marquis de Billeroy die Belagerung von La Mothe gegen die Anftrengungen Karls von Lothringen und Lamboys anvertraute, und Enghien nur dad fleine Heer freiließ, weldhes auf den Nothfall an der Grenze Lo⸗ thringens und der Champagne ſtand. Wie nun die Regentin den Bringen aufforberte ald Rächer der erlittenen Schmad der franzds fiihen Waffen mit dem Marehall de Guide, jet nad feines Vaters Tode Grammont genannt, an den Rhein zu eilen, folgte ver Vindex Franciae, als ahne ihm nichts Gutes, zögernd, weilte noch fo lange zwilhen Maas und Mofel, bid der Fall La Mothes un- abwendbar fei,? und langte erft im Anfang des Juli mit 12,000 Mann um Speier an, nachdem die angftvolle Lanpgräfin mehr als einen Boten zum Helfer gejendet. Denn über Gießen und Marburg hinausgezogen, ° trieb Mercy den Turenne bis unter die Mauern yon Ziegenhain und felbft als die Heflen, von Amoeneburg ab⸗ laſſend und aus Weſtfalen herbeigerufen, zu dem Marfchalle fließen, * Des franzöflfchen Mars winterliche Beichäfligung am Hofe lernen wir aus Motteville I, 242. 302. 316, und aus Rep I, 86. Er, längft gleichgültig gegen die Gattin Claire Clementine de MaillesBreze, Richelieu's Nichte, und in Liebe mit der fhönen Mademoifelle du Vigean, copulirte nicht ohne Gis gennug erſt den Ghevalier de Bois Dauphin aus dem Haufe Laval mit ber Marquife de Eoislin, verhalf dem ranglofen, armen Ehabot zur Hand der reihen, ſchoͤnen Tochter Rohans, der Geliebten Weimars, und zum Titel Due de Rohan; entführte die leichte Angeligue de Montmorency » Bouteville zu Gunſten des Grafen von Chatillon, Dandelot zerbrach im Haufe Gaſtons jäbzormig den Stab des Gardehauptmanns Monfleurs, verfchaffte dem ränfes vollen Coadjutor des Erzbiſchofs von Paris, dem fpäteren Kardinal Rep, feinen Ehrenplatz im Ehor von Notre Dame gegen die Anfprüche Monfteurs, indem er brohete, nicht vor Befriedigung des ehrgeizigen Freundes zum Heere zu gehen (Reb I, 85), und fliftete fo viel Verwirrung und Skandal an dem eigenen Hofe, daß der Kardinal froh war, den Uebermüthigen ans der Hauptflaht zu entfernen. : La Mothe fiel am 7. Juli 1645, und ward fo ſchonungslos zerftärt, daB zu Montglats Zeil kaum die Stelle Fenntlih war. Montglat U, 13. 3 Bufendorf 5069. ' Barthold, Gef. nes Sojahr. Kriege. IL 93

514 Enghien vereint mit den Derbünbeten.

mußten fie bis Friplar und Wolfshagen weichen, wo endlih Könige, mark fie am 1. Juni aufnahm. Weil auf diefe Weile die Verbün⸗ deten auf 15,000 Mann anwuchien, zog Mercy von Kirchheim ab und ging Durch die Wetterau auf den Main bei Alchaffenburg zurüd, um nicht vor ded gefürchteten Engbien Ankunft feine Kraft in Hefien zu zeriplittern. Obwohl Königsmark und die Heſſen loh⸗ nendere Beichäftigung im Auge hatten, der eine in Meifien, der andere in Weſtfalen, und fie den flüchtigen Marſchall nur ficher an den Rhein geleiten wollten; gaben fie doch dem dringenden Ge ſuche nad, wandten fih mit ihm erft auf die Wetterau, und näherten fih dann, zwiſchen Branffurt und Hanau über den Main gehend, dem Brinzen in der Bergftraße, ' da jener lange zögerte. Nachdem auch Taupadel über Mainz 4000 Mann dem Turenne, jo wie bie Sieurs de Marfin und Bellenave dem Prinzen Berftärfung herbeis geführt hatten, ftieß Enghien bei Nedarshaufen und Ladenburg ? am 4. Juli mit den Heflen unter Geiß, mit den Weimarern unter Zurenne und Taupadel, und mit Königsmark zufammen, fo daß, über 15,000 ausgezeichnete deutſche Soldaten, mit einem ftattlichen, wohlgerüfteten adligen Heere, über 32,000 Mann, gebietend, der Held von NRocroir, von dem Hofe ald Rächer der baieriſchen Unbilden ausgefhidt, fi wohl großer Dinge vermeflen konnte. Deshalb belobten Turenne und Grammont feinen Entichluß, gerade zur Schlacht auf den Feind loszugehen; aber Geiß und Königsmarf wollten ihrer Straße, und verpflichteten ſich endlih dem Bringen, welcher die Beleidigung unter Schmeicheleien verbarg, nur fo lange zu bleiben, bis er fefte Punkte am Neckar gewonnen habe. Die Baiern hatten aber den Sturm voraudgefehen, welchen ber racheerhigte Sranzofe über fie verhängen würde, und ſich zeitig zu feinem Empfange gerüftet. Mercy hatte ° den Feldmarſchall Geleen mit dem weftfälifchen Kriegsheere an ſich berufen, und biefer war, wiewohl füumig, da er erft die Erlaubniß des Kurfürften von Köln bedurfte, mit 5000 Mann bei Limburg über die Lahn gehend, am 4. Zuli um Amorbach zu jenem gelommen; dorthin hatte Mercy, aud) durch Speerreuter verftärft, von Miltenburg aus fi) gezogen, und eilte darauf am 6. Juli bei Wimpfen über den Nedar, um Bufenborfl.c. Theatr. Europ. V, 740 fi.

ı Örtammont I, 361. ® Theatr. Kurop. V, 791.

Mercy vereitelt Eughiens Aufchläge. 315

dem Feinde vorjubengen. ME Mercy inne wurde, der Gegner Abſicht fei, nachdem fie der Städte an der Bergfefte ſich bemädhtigt, auf Heilbronn gerichtet, raftete er nicht, au) dort zuvorzukommen, und erreichte, wie immer ald Stratege, feinen Zwed. Weil weber Königsmark noch Geiß Luft bezeigten, dem waghalfigen Prinzen fern von ihren Waffenplägen, zwifchen ven Quellen des Redar und ber Donau auf Schwaben und Baiern zu folgen, mußte Enghien unterhalb Heilbronn den Paß fuhen; und erzwang ihn am 8. Jull unter Mitwirkung der Berblinveten beim jhwachbefeftigten Städtchen MWimpfen, zu defien Schnge Mercy nicht herbeifliegen konnte, da er fih jenfeits des Fluſſes befand. Der Baier wiererum ded Gegners Plan errathend, wußte ihm wiederum bei Schwaͤbiſch⸗Hall den Vorſprung abzugewinnen, wo Enghien, nachdem er auf den Rath Grammonts bei Wimpfen eine wohlbefehte Brücke binterlaflen, über den Kocher eine offene Straße auf die Donau hoffte. * Deshalb wid, der ungebuldige Bourbon mehr norpöftlih aus, und bemächtigte fih ohne Widerſtand Mergentheimd und Rothenburgs (18. Juli).

Die unglücklichen Einwohner mit Feuer und Schwert heimfuchend ; ?

weil fie befchuldigt wurden, nach der Schlacht von Herbfihaufen an franzöfifchen Flüchtlingen fich vergriffen zu haben, rächte Turenne, der in dem deutſchen Kriege den Ruhm menfdhenfreunds lihen Sinnes keinesweges beurkundet, den feine franzöſiſchen Bewunderer ihm beilegen und die deutichen Gefchichtfchreiber albern nachbeten, den erlittenen Schimpf und Verluſt; der Vicomte war

früh ein Henker und Mordbrenner, wie feine franzöfifchen

Zeitgenofien in den Tagen Leopolds, und hatte, betriebfam gleich Königsmark, auch feine baare Einbuße im darmftäbter Gebiet erfeßt, obgleich die Regentin und Mazarin ihm durch Enghien

t Grammont I, 362 lobt Mercys Strategie C’est que dans tout le cours des deux longues campagnes que le duc d’Enghien, le marechal de Grammont et le marechal de Turenne ont faites contre lui, ils m’ont jamais projet& quelque chose dans leur conseil de guerre qui put £tre avantageuz aux armes du Roi, et par consequent nuisible à celles de l’Empereur, que Mercy ne l'ait devine, et prövenu de mäme gae s'il eät et6 en quart aveo eux, et quils lui eussent fait confidence de leur dessein. Al faut convenir que la möere de pareils generaux est morte depuis longtenaps.

3 Apdlgreitter 479 Montglat I, 7. Grammont I, 361.

Bufenborf 569. 33 *

516 Königsmark trennt fi von Eughien.

prachwolles Silbergeſchirr und eine Staatskaroſſe zuſchickten. Aber unter fo langſamen Zortfchritten mußte der ſtolze Prinz ſchweren Unmuth befämpfen. Denn kaum hatte er Wimpfen hinter fih, als Königsmarf glaubte feine Verpflichtung genau gethan zu haben, * und unerwartet mit feinem Heere ſich beurfaubte. Vergeblich beſchwor und flehte Enghien, zu bleiben, und auf Torſtenſſons Befehl zu warten. Königsmarl wußte Klügeres zu ihun, ließ immer einen Bußgänger zu einem Reuter aufs Pferd fleigen, und war bald dem Auge des Erzürnten entſchwunden. Wir werben bald erfahren, wie Hochwichtiges ihm glüdte. Die Abichiendbegrüßungen bed trogigen, ftörrifchen, Feines andern Befehl duldenden Brandenburger und des hochmüthigen, herriihen Bourbon geben einen komiſchen Aufihlug, auf welchem Fuße beide zu einander ſtanden.“ Königd- mark, unbeſchwichtigt durch den höflicheren, gewandten Bicomte, fhidte dem Bringen einen Abgeordneten, welcher nad des Maréchal de Grammont Bericht mehr „einem Schulmeifter als einem Edel⸗ mann” glih: „er wäre von Seiner Ercellenz gefandt, um vom Prinzen Abſchied zu nehmen;“ worauf Enghien, weil er Die Dinge nicht ändern Fonnte, ärgerlich erwiebderte: „er ließe ſich des ſchwedi⸗ hen Herren Abzug gefallen, und er möchte fih nur mit feinen Huren Iuftig machen! Des Bundesgenofien Heerhaufen zu Frankreichs Vortheile bei fih zu behalten, hatte der Prinz durd den Duc de Zongueville und den Sieur de St. Romain ſich bereitd an den ſchwediſchen Geſandten in Osnabrüd gewandt; da aber jene-C"/,, Juli), um nicht vorzugreifen, dem General das Anliegen der Franzoſen nur

Grammont J, 363 La maniere fut encore plus desobligeante que la chose en soil; car sans avoir jamais parlö de son dessein, il envoya dire au Duo d’Enghien, par un ambassadeur qui avoit plus l’air d'un ouistre que d’an homme titre, qu’il venoit de la part de Son Excellence vers Son Altesse pour prendre ser Adieux. L’expression du compliment parut un peu sauvage, et eüt donne matiere A rire si l’affaire n’eüt eie aussi serieuse. Le Duo d’Enghien, farieux et ne sachant que repondre, tira le mardchal de Gramont & part pour voir ce qu’il avoit & fäire: il jagerent & ia nature du compliment, quil n'y avolt rien à esperer, d’an fou gai avoit pris son parti, et que ce seroit une rhetorigue mal employee de lui vouloir persaader de demeurer, lorsqu’il étoit pleinement determine au contraire. Ainsi le duo d’Enghien ne lui repondit autre chose, sinon qu’il reoevoit: ses adieux, et quil se tint gaillard aveo ses putaines. Montglat II, 8. Deformenur 244. Bufendorf 561.

® Hist. de Turenne B, 128.

Enghiens Bitte am die Landgeäfle. 517

empfalen, ftüßte fi Königsmark darauf, daß die Franzofen, durch ihn bis Wimpfen begleitet, jetzt den Baiern gewachfen wären; entichufpigte ſich mit Torſtensſons alterem Befehle nach Meiffen zu gehen, und fland, den Biſchof von Würzburg zwackend, den Bam- berger ängftigend, am 26. Zult fon um Koburg. Aber fchlimmer noch war ed, daß Koͤnigsmark auch den Heffen zur Trennung von Enghien zu bereven geſucht hatte, und biefer endlich auf dringende Bitte des Prinzen, nur noch fo lange bei ihm zu bleiben verſprach, bis Enghien nad Kaffel geſchickt Habe. Zu Feiner Zeit tritt ſelbſt eined Feldherrn, wie Condos, an der Spige von 25,000 Mann, befhämende Abhängigkeit von de utſcher Aushülfe mehr hervor; augleich aber auch die unfelige Dienſtwilligkeit der Landgräfin, ihrer Unterthanen Blut den Fremden hinzugeben, ald damals. Aus Mödmühl fchrieb Enghien urkundlich an Amalia Eliſabeth am 11. Juli. Madame j’eenvoye ce Gentilhomme à Votre Altesse pour la remercier de l’assistance que ses troupes ont donnde. & l’armede du Roi et de la marche qu'elles ont faite avec moi jusqu’ici, Je crois qu'elle ne refusera pas l’ordre que je lui demande par M. de Geiso de demeurer avec moi puisqu’il n’y a plus d’en- nemis de votre coôté et que Geleen, qui &toit le seul, est prösen- tement joint avec l’armde de Baviere. Vous pouvez juger de ’etat de leurs forces et de celui je serois, si vos troupes nous abandonnoient. Je suis tout assurd, connoissant le z6le que vous avez toujours temoign6 pour la France, que vous ne m’aban- donnerez pas en cette rencontre et que vous donnerez encore au Roi une preuve de votre aflection, dans une occasion si importante. Vous savez que les lettres n’ont point de Repliques et qu’il ya ioin à n6gocier. C’est pourquoi je ne craindrai point de vous dire que la chose est absolument necessaire; et que vous ne sauriez me refuser sans vouloir rompre absolument avec la France et sans m’obliger en mort (mon) particulier ä me porter & toutes sortes d’extremit&s. Je sais Madame que cela n’arrivera pas et que ma consideration seule vous obligeroit à quelque chose. Je vous supplie donc, Madame, de nous envoyer l’ordre en diligence et de croire que la plus forte passion que j’aye est de tömoigner a V. A. que je suis Madame Votre trös-humble et trös ob&issant Serviteur Louis de Bourbon. So mußte der Vindex Franciae denn Artenbolz IV, 410; vgl. Montglat II, 8.

‚18 Nachgiebigkeit der Landgräffn.

um Rothenburg * müßig fichen bleiben, bi6 der Dame Antivort einltef, unterdeß Mercy, an der Wernig um Feuchtwangen aufgeftellt, guten Muthes feine treffliche Strategie verfolgte. Endlich fam ber höfliche Beſcheid der Landgräfin vom 20. Juli: j’ai regu cells que vous m’avez fait la faveur de m’envoyer par un Gentilhomme ex- pres qui m’a aussi entretenu de vivo voix de l’ötat des affaires et ce que V. A. Fa charg& de mes reprösenter. Je me tient entidre- ment persuadee que mes dernieres declarations n’auront laissé aucun sujet à V. A. de douter de la fidelitö et passion constante, qu’avec verite je puis dire avoir eu et möme fait paroltre pour le bien commun des Couronnes allides et le service particulier de Leurs Majestes, eüt-ce dt& me&me aux depens de mes propres inter&ts que j’y ai plus d’une fois sacrifi6s selon la sincerit6 de mes intentions qui n’ont été ni seront jamais que conformes & Pobligation que l’Alliance que j’ai ’honneur d’avoir avec la France et la haute estime que je fais de vos rares merites me dictent. J’ai sur ce pri& le dit Gentilhomme d’en porter à V. A. les assu- rances les plus 6videntes et donne charge au Sieur de Geiso de V’entretenir particuliörement des ordres que je lui envoye par cette voye, lesquels ne tendent qu'à tächer de la satisfaire en tout et par-tout oüt mon petit pouvoir et la constitution de mon dtat pourront s’etendre. J’ose me promettre le reciproque de V. A. et qu’elle n’aura pas moins plus agréable de considerer l'impor- tance des raisons que par le dit Sr. Geiso je prends la hardiesse de lui faire representer et de deferer, s’il lui plait aux priöres tres- justes et trös-sincöres quil fera A V. A. de ma part comme celle qui est avec une passion toute pleine de respects et de deference,. So der heffiihen Streitgenofien für erfte fiher, brach Enghien am 30. Juli von Rothenburg an der Tauber gegen Dinkelsbühl auf. Aber Mercy folgte ihm immer zur Seite etwad voraus; bei Dürwangen flanden die feindlichen Heere nur wenige taufenb Schritt durd die Werniß getrennt fi) gegenüber; Mercy hatte eine fo fefte Stellung auf waldigen Hügeln genommen, daß felbft Condé für rathſam hielt, nit Gewalt zu verfuchen. Auf diefem Marfche vom Maine an die Donau entwidelte Franz Mercy zum letztenmale fein feltened Feldherrntalent, und brachte den ſchlachtoerlangeuden AAblzreitter 479,

Eughien und Mercy bei Allerheim. 519

hitzigen Sinn des Prinzen in die groͤßte Ungeduld. Nachdem bei Ellwangen beide Theile einen Tag mit Stüden aufeinander gefeuert, (1. Auguſt) zog der baierifche Feldmarſchall auf Dettingen, um bei Donauwertb den Franzoſen wiederum zuvorzukommen. Bei biefer Kunde brach Enghien von einem rafchen Verſuche auf Dinkelsbühl nad der Donau auf (2. Augufl), und ed traf fi, * daß beide Heere, ohne von einander zu wiffen, nahe durch denfelben Tannen; wald zogen. Zwiſchen Nördlingen und Donauwerth, in der Ebene bed fogenannten Ried, leiten enplich ſich Mercy und Johann von Werth in Schlachtordnung auf, um den Marffiein ver baierlichen . Lande zu vertheidigen. Freudig, fie zum Treffen bereit zu finden, - warb dennoch die franzoͤſiſche Generalität überrafcht, als ihr bei Tafel am 3. Auguft-ein Reuter meldete, ? daß die Feinde fie eine halbe Meile von ihnen erwarteten; eine Kunde, bie ihnen fo fremd vorfam, daß alle Herren ſich auf eine Feine Anhöhe begaben und, hinter dem Schuße eines Heinen Haines von Pflaumenbäumen, das feindliche Lager ganz nahe aufgeftellt erblicten, welches bie verwun⸗ derten Herren burd einige Renterhaufen hätte aufheben Tönnen. So wiederholte fi) denn am 3. Auguft bei Allerheim das entfeb- liche freiburger Mordſchauſpiel, und zahllofe wadere Kriegämänner wurben ber Feldherrnehre des gereizten Prinzen geopfert, ohne daß das vergofiene ablige Blut einen dauernden Ausfchlag in bie Wage gelegt hätte. ° Nur geleitet von dem Gedanken, * den bei Herbfihaufen verunglimpften Ruhm der franzöfifhen Waffen wieder zu verherrlichen, drang Enghien auf die Baiern los, welde Zeit gehabt Hatten, fih auf das vortheifhaftefte aufzuftellen. Das Dorf Allerheim in der Fronte ihrer Schlachtlinie belegen, war mit bem _ Kern des Fußvolkes befebt; hinter demfelben fand auf zwei ger bundenen Hügeln das übrige Heer; Johann von Werth mit der Reuterei auf dem linfen batertfchen Flügel, fi) Ichnend an den Berg, auf dem das Schloß Allerheim liegt; Geleen behnte den rechten über ı Hist. de Turenne I, 219. s Örammont I, 365. Bufendorf 570. Adlzreitter 480. Theatr, Europ. V, 823. 824. Hist. de Turenne 130. Brammont I, 367. Montglat U, 9. Deformeaur I, 248 fi. ° Montglat I, 9: cette nouvelle ui donna une grande joie: car il avoit tellement aceoutum6 de vaincre, qu'il ne oroyolt pas pouvoir jamais ötro battu, et jl se croyoit par avanet deja vistorleux;

520 Schlacht bei Allerheim. Mercys Tor.

Winuneberg aus, und hatte ſich hinter aufgeworfenen Gräben ver ſchanzt. In der Mitte zwifchen beiden Hügeln hinter dem Dorfe ftand Mercy. Den franzöfifchen rechten Zlügel befehligte der Marechal de Grammont mit der ganzen frangöftichen Reuterei; auf dem linfen war der Vicomte de Turenne mit den alten deutſchen und weimar- fhen Regimentern; das Mitteltreffen, zunächft dem Dorfe Alterheim, beftand aus ber franzöfifchen Infanterie unter dem Grafen de Marfin; die Hefien unter dem General Geiß bildeten das Hintertreffen des linfen Flügels, vie Reſerve des rechten führte der Chevalier de Ehabot; der Prinz ritt, überall gegenwärtig, umber und gab mit fharfblidendem Feldherrnauge die nöthigen Befehle. Um das Dorf Alerheim begann um 4 Uhr Nachmittags der Kampf; der Ungeſtüm des franzöfifchen Fußvolks ward dur die Faltblütigen Baiern ab- gefhlagen ; die fchonungslofefte Aufopferungsluft Enghiens vermochte fie nit aus ihrer Stellung zu treiben. Zwei Stunden flürmten die Srangofen; ihre Führer ſanken. Ald Mercy die ganze franzöfifche Infanterie auf das Dorf anrüden ſah,“ rief er: Gott hat ben Franzoſen den Kopf verdreht, fie rennen ind Verberben! fo gewiß war er feiner Stelung. Da ganze Regimenter niedergefchmettert waren, entjchloß ſich der Prinz durch in die Häufer gemworfenes Feuer die Baiern, zu denen faft das ganze Fußvolk aus dem Thale. hinterm Dorfe fi gezogen, zum Weichen zu bringen. Bon ber Muth der Flamme bevrängt, warfen fich jene in zwei ſteinerne adelige Höfe und auf den Kirchhof, und widerftanden allen wechſelweis herangeführten Brigaden. Hier endlih am Erfolge verzweifelnn, begab fi Enghien vol Ingrimm auf den linfen Ylügel; da fanf Held Mercy, vieleicht dur feine eigenen Leute vom Kirchthurme, durch den Naden ind Herz getroffen, und dieſer verhängnißvolle Fall hob das Einverftändnig des baierifchen Heeres auf. Denn nun ftürzte Johann von Werth, weldyer bisher auf feinem unangreifbar fheinenden Hügel müßig gehalten, ? auf einem Wege, der Grammont vol jäher Abhänge und tiefer Gräben erfchten, mit der Reuterei des linfen Flügels auf den rechten der Franzoſen herunter; zerfprengte in einem Angriffe die abligen Gendarmes, welde ihn faum bis auf die Weite eines Piftolenfhuffes erwarteten; ein gleiches Gefchid Hatte der Rüdhalt unter Chabot, ein gleiches Turenne, welder mit Enghien ı Hist. do Turenne I, 132, > Örammont.I, 160.

| Werihe unvorfichtige Berfolgung der Feinde. 521

wechſelnd vom linken herbeiellte. Johanns von Werth Reuter waren Sieger aller Treffen des rechten Flügels; aber hingeriffen von ums vorfichtiger Kampfhige verfolgte er zwei Stunden weit, bis hinten an das Gepäd, die flüchtigen Feinde. Marſchall Grammont fah fi) gleich anfangs von vier baierifhen Reutern umringt, welde, feiner die Ehre eines foldhen Gefangenen dem andern gönnen, ihn eben zu toͤdten im Begriff waren, als. ein Rittmeiſter ihn rettete. Mercys Fall nicht wiſſend, wollte diefer ven Marſchall ins Dorf dem Oberfeloherrn zuführen; aber er fand nur die Leiche des Tapferen. Wie fi) Grammont dem Orte näherte, gerieih bei feinem Anblid ein Evelfnabe des bateriihen Generals in ſolche Wuth, daß er, um feine® Herren Tod zu rächen, des Franzoſen Piſtol aus dem Sattel 309, ed ihm vor den Kopf ſetzte; ſchon abgebrüdt verfagte ed den Dienft. Nur die Bitten bes Marſchalls retteten dem treuen Knaben das Leben vor den aufgebrachten Deutſchen.

Während weit und breit auf ven Feldern die Blüthe des frans zoͤſtſchen Abel, welhe unter Grammonts Scaaren ſich befand, unter den Schwertern von Johanns von Werth Leuten biutete, frönte er, Meiſter der Schladt, feine Ehre ald tapferer Soldat, verlor aber den Ruhm eined umfichtigen, befonnenen Feld⸗ heren; ' denn das Geſchick des ganzen Feldzuges fiand in feiner Hand, wenn er von der Verfolgung bed gefchlagenen Flügels mit feinen Siegern auf den bedrängten rechten, Hinter dem Dorfe weg, geeilt wäre, Enghien, aufgebend den Sturm des Dorfes, war auf ben linken Flügel gejagt, jah an Geleens tapferem Widerſtande wieberum den Muth feiner Franzoſen gebrochen, die mehrmals blutig zurüdgeworfen, einen neuen Anlauf verweigerten, wiewohl Geleen, zu weit fi vorwagend und kurz von Geſicht, in die Hände der Feinde gerathen. Ueberall gefchlagen führte ber Prinz endlich die legten Streitfräfte, die Heſſen unter Geiß, gegen den Hägel, und die deutſche Tapferkeit errang den Sieg über Deutfhe .Sie rüdten bis auf die Nähe eines Piſtolenſchuſſes

Hist. de Turenne I, 134. Vitt. Biri Merc. VIII, 2, 264: Per comune sentimento delle armate diffalta alle parti di ben capkkano per Sopprab- bondare in quelle di Boldati il Generale Gian di Verth; mentre dopo la sconfitta dell’ ala dritta de’ Francesi premere a oncalzare di tergo flera- monto dovea per sun cavalleria, entera © terribile per la reoento vit- toria dal sinistra de Turenno , che no haverehbo troveto alcun’ ostacolo in vinoirle.

522 Rückzug J. v. Wertih anf Donauwerih.

auf die baieriſchen Regimenter; beide zogerten zu feuern, bis endlich die Heſſen zuerſt abdrückten, und nad einem wüthenden Gefechte, in welchem ein heſſiſches Regiment faft bis auf den Ichten Manır niebergehauen wurde, der rechte baierifche Flügel fi in die Flucht begab. Zu fpät kehrte Johann von Werth, der bis auf zwei . Stunden Weged die Ylüchtigen verfolgte, mit feinen flürmifchen Renten um, wähnend, der rechte Flügel habe gleich ihm geftegt.. Wie groß war daher fein Schmerz, al& er nach Sonnenuntergang auf dem Schlachtfelde anfam, die Heſſen Meifter des Winneberges fah, den Feldmarſchall Mercy todt, Geleen gefangen, und das Ge⸗ fide mit den Flüchtigen des rechten Ylügeld bevedt fand! m leivenfchaftlihen Unmuth, faft finnlod, zog ſich der Sieger wenige Schritte hinter das Dorf zurüd und fo fand die Nacht beide Heere, eined dem andern nahe, unter den Waffen. Da die Franzofen zunähft am Dorfe fanden, ergaben fich ihnen die Regimenter, welche fih bisher auf dem Kirchhofe und in feſten Gebäuben gehalten, obne zu wifien, daß ihre ſiegreichen Landsleute nur fünfhundert Schritte von ihnen ſchlagfertig lagerten, und die Renterwachen bis auf fünfzig Schritte aneinander hielten. Um ein Uhr Nachts berieth Sohann von Werth mit den Oberften, was zu thun feiz ' da es an SKriegsbebürfnifien fehlte, der rechte Flügel gänzlich zerftreut war, beſchloß man auf den Schellenberg bei Donauwerth fi zurüdzus ziehen, wad denn gegen Morgen in guter Orbnung mit Wegführung von drei eroberten Kanonen, da die übrigen nicht befpannt werden konnten, geſchah. Siebenzig Fahnen und den vornehmen Gefangenen, Marehal de Grammont, nahm Johann von Werth mit fi, ? „fremissant de douleur et colöre,* daß zu hitzige Tapferkeit ihm den entſcheidendſten, glänzendften Sieg aus den Händen gerungen. ® Wenn die Franzoſen fih mit dem kaum erwarteten Vortheile brüfteten, fo war es nur die Tapferkeit der weimariſchen Regimenter unter Turenne und der Heflen unter Geiß, die durch ihr Blut eine Ehre errang, mit welder der eitle Bourbon feine Stirne ſchmückte.

ı Memoires de Tarenne 31. Wblzreitter 481.

2 Deformeaur I, 261 Æ., aus ter Relation de In bataille de Nord- lingeo von Beanlin. Weſtenrieder Gel. IH, 173.

2 J. v. Werih fchrieb am 7. Auguft über die Schlacht an ben Prinzen Ulrich son Wirtemberg: er habe das Wels über Nacht behauptet, und nur ans Mangel an Munition ſich zurückgezogen. Pfiſter IV, 611, aus dem Archive.

Berlufie der Franzoſen. 523

Und leider war ed immer fo in der lebten Hälfte des vreißigfährigtn Krieges; unter welſchen und ſchwediſchen ahnen zerfleifchte das deutſche Volk, in beiden Barteien den Kern des Heeres ober das Ganze bildend, fich felbft, und die fremden Heerführer maßten ihrer Ration die Triumphe an, welche die verunglimpften Landsleute unter ihren ‘Banieren gegen einander erfohten. Ward gleich Enghien, als Tönne es nicht anders fein, als Sieger gefeiert, fo hörte man dennoch diesmal in Paris nichts von freudigem Jubel; Trauer über den Berluft fo vieler Taufende, unter denen die erften Familien des Reichs edle Ritter beklagten, dämpfte die eitele Siegesluſt. Madame de Motteville * ſah im Palaisroyal mit Befremdung Bolfshaufen, welche lebhaft zu einander redeten; nichts Gutes ahnend, ftieg fie ind Schloß hinauf, traf die Königin mit Augen, welche vor Freude glänzten, da fie eben die Kunde von Rörblingen erhalten hatte. Bei ihrem Anblide fagte indeß Mazarin mit wohl berechneter Muͤßigung: Madame tant de gens sont morts, qu’il ne faut quasi pas que Votre Majeste se r&jouisse de cette Victoire. Er meldete die Gefangenichaft des Duc de Grammont, des geſchmei⸗ digften Hofmannes, und zeigte die Lifte der Todten, worin bie Dame Motteville aldbald Verwandte und Freunde fand. Unter ihnen waren die vornehmften: ? der Marquis de Piſani, der Graf Ehastelur » Bourie, der Baron de Beauvais⸗Pleſtan, der Bicomte Aubeterre, die Sieurd de Gremonville, Chambray, Montaret und viele Namen ohne gefchichtliches Intereſſe: die weimarifchen Oberften Wittgenftein und Truchſeß. Gefangen der Marſchall Grammont, der Marquis de Ta Chastre und viele andere; verwundet Enghien, Marfin, faſt alle Oberfien, zumal die Weimarer, wie Yledenftein und Be. * Nah Turenned eigenem Geflänpniß überwog ber Schaden des franzöfifchen Heeres beventend den feindlichen; das Fußvolk faft ganz vernichtet; von ihm allein Tagen tiber A000 Mann todt auf der Wahlftatt. Deshalb fagte Mapdemoifelle de Montpenfier (Gaſtons Tochter und Erbin, fpäter durch ihre Schidfale, und das mals nur durch ihre. fharfe Zunge beim Triegerifchen Wettfreite Orleans und Eondes befannt), eben als ſte zum Te Deum ging: „il eut mieux valu faire dire un De profundis pour les morts,“ *

s Motteville I, 304. ® Moniglat ll, 9, = Deformenaur 1, 268, * Motteyille I, 372

524 Kärglicde Früchte des Sieges für die Franzoſen.

ein Spott, welcher ihr durch Madame la Princeſſe, nad Orleane’ Unfalle bei Mardyck, reichlich vergolten wurde. Kür die Batern aber erwies fih der Fall des waderen Mercy, den ſelbſt bie Feinde für einen der trefflichften Generale ded an großen Kriegen reihen Jahrhunderts priefen, und von ihm fagten, „daß er fo fharffinnig ihre Pläne vorausgewußt, ald habe er mit ihnen im geheimften Kriegsrathe gefeflen,“ unhbeilbringender, als die Folgen der zweideutigen Schlacht. Würdig iſt die Grabfchrift des Helden auf der Stätte, wo er geblutet: Sta viator, heroem calcas! Richt ohne Bewegung ließ ſich Enghien vom Pfarrherrn dieſe Stätte zeigen.

Während Johann von Werth und Rauſchenberg, unverfehrt in drei Feldſchlachten innerhalb weniger Monate, ihr Heer um. Donau werth zu neuem Angriffe rüfteten, erndtete Enghien die einzigen tärglichen Früchte feines vermeintlichen Sieges. Nörblingen ergab ih ohne Noth, uneingedenk der Großmuth ded Königs von Ungarn im Sabre 1634, ungeachtet Johann von Werth die Bürgerfchaft feined baldigen Entjaped verfichert hatte. * Acht Tage weilte ber Prinz in ver Reichsſtadt; täglich langten, auf Eänften getragen, verwundete franzöftfche Offiziere an, welche der Morbfchlacht ent: ronnen waren; in fo üblem Zuftande befand fih das Heer, ? daß einige Tage binburd nur 1500 Mann Infanterie unter den Kahnen gezählt wurden! Als man wieder zu Kräften gekommen, gerieth nah harten Drangfalen auch Dinfeldbühl (24. Auguft) in die Ges walt der Franzofen. * Das war aber auch das Ziel der biesjäh- rigen Kriegsthaten!

Sn Donauwerth fah Grammont * fih am Morgen nad dem Schlachtiage nur mit Mühe durch Dragoner vor dem Pöbel gerettet, welcher beim Anblide des nadten, entftellten Leihnams Mercys in Wuth geratben. Erwaͤhnenswerth iſt der Bericht * des Franzofen,

Adlzreitter 482. 2 Hist. de Turenne I, 138. ° Ablgreitter 483. Montglat I, 10. Theatr. Europ. V, 861. : 8 Grammont I, 166. s Mit ber Erzählung des leirhtfertigen Franzoſen ſtimmt Desormeaur, welsher - bie Relation de la hataille de Nordlingue von Beanlien beuupte, nicht überein. Nach ihm war Mercy von feiner Fran begleitet; er trank vor ber Schlacht einige vierzig Gläfer Wein, und als er bie Franzoſen gegen das Dorf anrüden fah, umarmte er öffentlich feine Dame umb pries diefen Tag als ben glädlichkten feines. Sehens,

Grammont in Ingolflabt. I. v. Werths Stellung zum Hofe. 3525

daß allein zwei „flinfende Huren“ die Ehrenwache des Koͤrpers des Feldmarſchalls gebildet hätten, wenn ed nicht zwei Freundinnen waren, welche nicht vom Leihname des galanten Rothringers weichen wollten. Johanns von Werth, jebt des älteften Generals, Befehl führte den Gefangenen nad Ingolftabt, wo der Sranzofe, ungeachtet die zur Seite geführte Leiche Mercys ihm neue Beforgnifie einflößte, dennoch erfahren mußte, daß feine Landsleute nicht allein die Leber: wundenen höflich zu behandeln gelernt. Wie Johann von Werth in Bari, überhäufte man ihn mit Lieblofungen, freute ihm Blumen bei feinem Empfange, bewirthete ihn ftattlih, und brachte Ihn dass auf, nad einem nächtlichen deutſchen Trinfgelage, beichenft aufs Schloß, wo er die alten Kriegögeführten Reinhold von Rofen, Schmidtberg und die bei Herbfthaufen gefangenen vornehmen Offiziere wohlgemuthet traf. Noch mehr mußte fih Grammont über die Sreigebigfeit der Kurfürflin verwundern, welche ihm bie feinſten Zedereien aus München überfandte, und ihm zugleich eine weiße und goldbordirte, mit eigener Hand gefertigte Schärpe verehrte. Das Benehmen der Franzojen gegen Johann von Werth mochte aber kaum das Borbild dieſer andgezeichneten Begegnung fein; einerfeits hatte Grammont in jüngeren Jahren als Graf von Guiche unter Tillys Fahnen gefochten und in Anfchen geftanden ; andererſeits gefhah ed aus Politik gegen Frankreich. Zwei Tage darauf erfchien der Furfürftliche Kriegsrath Küttner von Kunig und brachte ihm die erfreuliche Kunde, daß feine Gefangenſchaft nicht lange währen würde. In dem Geſpraͤche entwidelte Küttner Die Gründe, welche den Kurfürften zur rafchen Auswechfelung des Mars ſchafls mit Geleen veranlaßten, ald Aufſchluß, wie Johanns von Werth Stellung zum Hofe war. Obgleich diefer fhon nad Aldringers Tode bei Landshut (1634) der nächte am Oberbefehl des balerifchen Heeres fand, er bis zur Ankunft des Lothringers Diefe Würde bekleidete ; auch bis zur rheinfelder Schlacht, unabhängig von einem Obergeneral, mit fo rühmlichem Erfolge das baierlfche und Neichöheer geführt hätte; fo fehlen dennoch dem beforgten Kurfürften die Stellung eines ihm und dem Kaiſer gleich ergebenen Soldaten ald Oberhaupt feiner ganzen Macht bedenklich; obenein mußte er fürchten, daß der ungeflüme Muth Johanns von Werth fid nicht zur Nachfolge Mercys eigne, welcher wie ein Fabius Baiern gerettet. Der Feldherrnſtab in den Händen eines Mannes, wie

526 Geleen au Rercye Stelle. Grammeni in Bänden.

Sohaun von Werib, war ein zweiichneidiged Schwert, welches cben fo leicht in einem gewagten Unternehmen den glänzendſten Sieg davon tragen, als dem baieriichen Staat bis tief ind Leben hinein verwunden Tonnte. Yehlte doch dem vom gemeinen Reuter aufger Dienten Krieger jene feinere taftifche Ausbildung, welche in einer Kette perfönliher Gefahren nicht zu erringen fland, und ber Perſon des zweiten Feldherrn in Dentichland nicht mangeln durfte. Wie bisiger Kampfesmuth ihn die Bortheile der Befonnenheit überfchen ließ, hatte der allerheimer Tag gelehrt. Endlich war Marimilian in der Roth nicht abgeneigt, mit dem frangöfiihen Hofe Unterhand⸗ Iungen zu ermeuen, und in der drohenden Gegenwart mochte ibm Sohanns von Werth Anhänglichkeit an ven Kaifer, ' von welder feine ungeheißenen Reutergüge in die Pikardie die augenfcheinlichften Beweiſe gegeben, Beforgnifie einflößen. Alle dieſe Gründe füßte im Geſpraͤch mit Grammont der kurfürſtliche Minifter in der Aeußerung zufammen: ? Johann von Werth, wiewohl ein auögezeichneter Rentergeneral, fei nicht fähig, en Chef zu fommandiren, und fein Herr wünfhe deshalb den Geleen bald frei zu haben, um ihm, ald älteren Anführer, Mercys Stelle zu übertragen. Zwar ſtehe ihm Raufchenderg am meiften an; aber man bürfe dieſen nicht dem Johann von Werth vorziehen, dem er ald General⸗Feldzeugmeiſter an Rang nahflände.. Herr Kütiner von Kunig war wie ber Generalcommiflär Lerchenfeld ein perfönlicher Gegner des tapferen, um die Kriegsräthe wenig befümmerten Emporkömmlings; wofür diefer ihm denn fpäter einen gar unfreundlichen Dienft zu erweifen fih bemühte. So mußte Johann von Werth denn geichehen laflen, daß Geleen, bei Allerheim gefchlagen und gefangen, ihm vorgezogen wurde. Rah Münden eingeladen, folgte der gewandte franzöfifche Hofmann, ven Prinzen Enghien über die Abfichten des Kurfürften beruhigend, ver ſchicklichen Gelegenheit, für Frankreich zu wirken, Mit Ehren empfangen, ® hatte er ein geheimes Gefpräd von fünf Stunden mit Marimilian, worin diefer über den Krieg feiner aller chriſtlichſten Majeftät fih beklagte, um Schonung des Fatholifchen Blutes bat, feine Gleichgültigkeit gegen Spanien zu erlennen gab, und unverholen die Abficht bliden ließ, den Könige Genugthuung * Adlgreitter 483. Theatr. Earop: V, 863.

Srammont I, 169. . » Daf. I, 375.

Enghien krauk nach Paris geſchafft. 527

zu gewähren und ben Krieg zu beendigen. Grammont rühmt ſich, vom Kurfürften über die Eröffnung, zu welder augenblidliche Bes forgniß den verfiimmten alten Herrn trieb, ſogar ein Beglaubigungs- ſchreiben an Mazarin erhalten zu haben, und fo warb immer mehr die zeitweife gefährliche Entfremdung Baierns vom Kaiſer eingeleitet und die Sache der geheimen Betriebfamfeit der Jeſuiten übertragen, zumal dem Pater Bervaur, deften Senvung nad Paris im Winter 1644 und defien Verweilen am Hofe fein Geheimniß geblieben. ? Seiuer Zurüdfegung ungeachtet empfing gleich darauf Johann von Werth bei Rain mit ritterlicher Höflichkeit den zur Auswechjelung berbeifommenden Marjchall de Grammont, welcher gegen Geleen be- freit, die geheime Kunde vom münchener Hofe zu Eughien ind Lager von Dünfelsbühl brachte. Nach der Einnahme dieſer Reichsſtadt wandte Enghien, nicht fowohl der unficheren Erbietungen Maximilians wegen, jondern aus Beforgniß und Schwäche fi rückwärts auf ben Kedar, um wenigftend einen fiheren Gewinn durch den blutigen Feldzug zu erfaufen, des Paſſes bei Heilbronn, nach welchem er ſchon früher geftrebt, fi zu bemächtigen. Aber er fand den Drt hinläng lich befept, und Gewalt war nicht anwendbar. Er ſelbſt, bevenflich an einem Fieber in Kolge der harten Kriegsmühen und des beſchaͤm⸗ ten Stolzes darnieder liegend, ° überließ dem Vicomte de Turenne unter den mißlichfien Umftänden das Heer bei Nedarsulm, und ber Retter der franzoͤſiſchen Waffenehre begehrte inſtändigſt durch Gram⸗ mont nach Philippsburg geführt zu werden. So verantwortlich es ſchien, unter der Gefahr ver nahen Zeinde die Reuter zu entfernen, wurden doc, taufend Pferde aufgeboten, um den Kranken zu geleiten, der halbtodt, auf einer Sänfte getragen, glücklich Philippsburg erreichte und von dort auf des Königs Geheiß zu weiterer Genefung nad Paris gefchafft wurde. * Der Sieger von Rörblingen, welcher die Niederlage Horns und Bernhards vom Jahre 1634 gerät zu haben fi vermaß, pries fi glüdlih, daß er auf eiliger, Tag und Nacht fortgefegter Reife auf Schleichwegen bis zur Grenze entrann,® ı Mach franzöfliher Art find in Srammonis Memoiren bie Iugefländnifle und Gröfwungen Marimilians übertrieben; dennoch Hatten fie Einfiud auf die folgenden Greigniffe. Auch das Theatr. Europ. V, 863 weiß von ber Aubienz beim Kurfürften. 3 Adami 60. 2 Montglat II, 10. Grammont I, 979 ° Bufendorf 571. * Grammont I, 178

528 Nädzug Durennes an den Rhein.

und Srammont brüftet fich mit feiner Borfiht, daß nur dreihundert Mann auf dem jähen Ritte ihre Pferde verloren!

Mit den erften Tagen des September war das baierifche Heer bei Donaumwerth wieder im Felde; Johann von Werth, General der Kavallerie geblieben, folgte, unverbrofien immer voran, den weichenden Franzoſen und ſchickte zuerft die Kunde von Engbiend Entfernung ins zurüdgebliebene Hauptquartier, wo allen der Muth wieder gewacdfen war, als Erzherzog Leopold Wilhelm meldete, er werde mit einer beventenden Berflärfung zu den Baiern floßen. Denn obgleih Torftensfon, nachdem er unmuthig am ,, Auguft die Belagerung von Brimn aufgegeben, ! noch verheerend in Oeſterreich weilte, mußte er doch bei Ragoczys offenkundig ſchwankender Ges finnung, und als am 24. Auguft der Friede des Kaiſers und des Siebenbürgen verfündet war, bald nad dem Heimwege fid nmfchen. Kaum war der Erzherzog ſicher, daß jene Horden ſich heimwarts wandten, fo entzog er fich unvermerft der Beobachtung des Schweren und eilte dem Kurfürften von Baiern zu Hülfe, welcher mit Frankreich Waffenſtillſtand zu fchließen gebroht hatte, wenn man fein Land preisgäbe. Solcher Rückhalt brachte Marimilian wieder zur Befinnung, die Krifis böfer Verſuchung war vorüber! Geleen und Johann von Werth folgten um die Mitte des September den Weichenden an die Rems, und rüdten auf Heilbronn, welches der Vicomte mühfam belagerte. Bon dort abgetrieben und obenein mit Mangel Fämpfend, warf fih Turenne auf Schwählfh- Hall; aber überall Tagerte das Faiferlihe Heer vor ihm, und deshalb fand er, wie der Oberft Bet, aus der Gefangenschaft heimfehrenn, bekräftigte, den Erzherzog und Gallas in Ingolftadt gefehen zu haben, feinen anderen Rath, als zu Anfang des October den gefährlichen Weg nad dem Rheinftrom zu fuchen. Im übereilten furchtſamen Rüdzuge, ? ald man ſchon gedachte Kanonen und Gepäd zu verbrennen, kam fein Heer nah Wimpfen. Wohl durfte Grammont jet mit dem Gedanken groß thun, daß er die Belegung Wimpfend auf dem Heranzuge gerathen. Aber der Herbftregen hatte die Brüde fort gerifien; deßhalb folgten die Reuter zweien betrunfenen “Deutfchen, welche durch den gejhwollenen Strom fhwammen. Das Fußvolk

* Theatr. Europ. V, 855. Pufendorf 563. 2 Hist. de Turenne I, 137. ®rammont I, 381 ff. Bufenborf 571. Adlzreitter 484. Montglat II, 11. Theatr. Burop. V, 862 ff.

Die Franzoſen entrinnen ihren Verfolgern. | 529

fand glüädlih 3. October einige Kühne,‘ und indem man. Geſchütz und Gepäd in Wimpfen zurüdließ, eilte man fünf Tage und fünf Nächte hindurch, um unter Philippsburgs Wäle den Reſt des Heeres zu retten. Bei biefem orbnungslofen Rüdzuge (13. October) be⸗ Ihämte Johann von Werth die trägeren Obern duch einen Beweis feiner Kriegöflugheit und feines frifhen Muthes; er wurbe inne, daß die ganze franzöflihe Macht unentrinnbar verloren fei, wenn man die engen Päfle, durch welche Turenne in vünnen Zügen fid wand, rafıh mit einem Theile der Reuterei befehte.? Der Erzherzog und Gallas, der unentbehrliche, welche feit dem 6. October mit 5000 Reutern zu den Baiern geftoßen waren, hatten den franzöfifchen Krieg in Händen, wenn fie Johanns von Werth Rath gefolgt wären. Aber den Sieg für gewiß haltend, verfchoben fie Die Aus⸗ führung ded Planes wegen großer Ermübung der Solvaten auf morgen, und ließen durch dieſes Säumen dem Bicomte, welcher feine Gefahr wohl inne wurbe, Zeit den verberblichen Päflen zu entrinnen. Zwar war Johann von Werth mit 3000 Reutern zuerft jenfeitö des Nedar; aber er fonnte die fliehenden Schaaren nicht mehr erreichen, welche, gewarnt durch einen veripäteten Reuter: „ber Erzherzog dränge mit aller Macht von Heilbronn heran,“ eiliger hinter den Strom zu fommen ſuchten. Bis hieher folgte ihnen ber Erzherzog; * obgleich auch fein Plan, fie vor dem Vebergange nodı zu überfallen, mißlang und jene unter dem Schupe der Kanonen zurüdgezogen, hatte er wenigftend die Freude, die Trümmer des Heeres, welches fo glänzende Siege verheißen und fo viel Bint aufs geopfert, im fhlechteften Zuftande jenfeitd des Rheines Winter quartiere fuchen zu ſehen. Die Hefien, deren Tapferkeit am aller- heimer Tage laut anerkannt war, trennten fih, nachdem fie ihre sheinifchen Streitgenofien wieder in Sicherheit gebracht, und zogen auf dem linken Rheinufer über Mainz ihrer Heimath zu, wo Geiß fowohl als der Landgraf Ernft prächtige Gefchenfe von der Res gentin und dem Kardinal empfingen, aber noch nicht an Winterruhe venfen durften. Denn Amalia Eliſabeth hatte nicht alsbald ihr

' Srammont I, 381. Bei dem Nedarübergange foll nur ein Mönch nebft einer Demoiselle de sa connoissanco ertrunfen fein!

2 Mufendorf 571.

3 Adlzreitter 485. Grammont I, 383. ff. Pufenporf 571.

* Theatr. Europ. V, 864. Pufendorf 571.

Barthold, Geſch. ves MWiähr. Kriege. II. 34

530 Erfolge der Seffen im Marburgfchen.

verminderted Heer wieder ergänzt, als fie, zuverfichtlicher wegen des bisherigen Glücks, ihre Anſprüche auf die marburger Erbfolge, welche durh den Vertrag vom Jahre 1638 vorläufig geichlichtet waren, mit den Waffen geltend zu machen beichloß, fo hart die arme Land, grafihaft noch zuletzt im Sommer durch Turenned Brandſchatzung ges litten hatte. Geiß bezwang ungefäumt Bugbad) am 6. November, ' darauf die Stadt Marburg am 20. November, und nöthigte am 25. Sanuar 1646 den hefſſiſch⸗darmſtädtiſchen Befehlshaber Willich, auch das feſte Schloß zu Öffnen, der, feiner beiwiefenen Ausdauer ungeachtet, dem erbitterten Landesherrn mit dem Kopfe büßen mußte. ? Sp häufte Amalia Elifabeth Gewaltthaten aufeinander; zwang mit dem Rechte des Stärkeren bie Bürger und Beamten Marburgs zur Eidedleiftung, alled unter der Betheurung der Friedensliebe! Da nad Geleens Abzuge vom Niederrhein auch dort gegen Vehlen, fo wie in Weftfalen, ihre Garnifonen allen Gewinn der tüdifchen Waffen behaupteten und vermehrten; fie durch ihre weſentlichen Dienfte den franzöfifhen Hof verpflichtet hielt; konnte die Wittwe guten Muthed dem Verlauf der Uinterhanblungen in Münfter und Osnabrüuck entgegenfehen.

Inzwiſchen hatte den Baiern Mangel an Lebensmitteln und Sorge um die Donau den Aufenhalt im Marfgrafenthum Baden nicht fange geftattet; auf dem Rüdwege nahmen fie die von den Franzoſen befebten Städte rafch wieder ein, fo Winpfen, wo Turenne fein Geſchütz gelaflen, Dünfeldbühl und Rothenburg. “Der Erzherzog 309 fih auf Böhmen, wohin die Schweben, nachdem fie Mähren And Oeſterreich bis auf vie befeßten Feſten? aufgegeben, ihre leicht- finnigen Helfer, die mähriihen Walachen, ven Hentern Buchheims preiögelafien, und die Spuren ihrer Berwüftung erneuert, fich zus rüdgezogen. (Anfang October). Zwiſchen Leutomifhl und Pardubitz gelagert, zählte Zorftensfon nur noch 2500 Hinfälliger Yußgänger; an der Seele des Franken, ehrgeizigen Schweden nagte ber bittere Berdruß, nah dreimaligem Anfage Oecfterreih dennoch nicht niedergeworfen zu haben!‘ Das Befte für die Fremden hatte aber unterveß Königsmark, von Chriftine zum Statthalter des

ı Theatr. Europ. V, 684. » Daf. 987, 288.

2 Bufendorf 565. Derſ. a. a. D.

Königsmark zwingt Johann Georg zum Waffenitiliftaud. 531

eroberten Erzbisthums Bremen ernannt, auf feinem Kriegszuge davon getragen. Nach der Trennung von den Franzofen, brandſchatzend durh Franken und das Boigtland, dennoch zur rehten Zeit nad Sachſen gefommen, wo ver Kurfürft feine lebte Kraft zufammenraffte, um fie dem Kaifer nah Böhmen zuzuführen, eben als Torftension fein Bolt vor Brünn verfchwendete; fcheudhte Königsmark mit Arel Lilje die Sachen * bis unter die Wälle von Dredven, eroberte Rochlitz, plünderte die Städte Meiffend und zwang am 24. Auguft auch die fefte Burg. Da verzagte Johann George Gemüth, welcher feit zehn Jahren, unter unfäglicher Prüfung feines Landes, der Sache des Reiches treu geblieben. Torftensfon fand nicht fern von Wien; Dinemarf hatte gebeugt am 23. Auguft zu Bremfebroe die Friedens⸗ bedingungen aus der Hand des Siegerd entnommen; das Gefchrei über den Sieg der Franzoſen bei Nördlingen und Baiernd Heims lichkeit mit Aranfreih lag lähmend über den Bundesgenoſſen des Kaiferd. Bis auf die Hauptfiadt und die Bergfefte Königsftein waren alle Städte Sachſens entweder offene Orte oder in feinplicher Gewalt; das wehrlofe Land gruunvoll verödet; die Einfünfte deſ⸗ felben den Yeinden allein zu Theil. Von Koͤnigsmarks unbarm⸗ berziger Bedrohung, der aud; die Dörfer um Dresven acht Meilen in der Runde, in Afche legen wollte, und von feiner eigenen Familie beftürmt, gab der Kurfürft die Vollmacht, mit den Verderbern Deutſch⸗ lands einen Waffenftillftand zu fchließen, ? und zu SKebfchenbroda zwiſchen Meiffen und Dresden am tF- zu unterzeichnen. Dod) auh in größerer Noth, nah größeren Opfern treuer dem Kaifer, als Brandenburg, felbft nad Ho&8 Tode nicht beruhigt in feinem Gewiflen, gab Johann Georg dem Waffenftiliftanpe, auf nahen Frieden hoffend, nur die Dauer von ſechs Monaten, bebingte fih aus, feiner Reihöpflicht gemäß, drei Regimenter dem Kaiſer zu fielen, und verpflichtete fi, Teiner Partei Werbung zu gefatten. Er verfprad den Schweden monatlih 11,000 Thaler und Getreide vorräthe zu gewähren; ihnen die alleinige Beſetzung Leipzigs, bie Mitbefegung Torgaus, den Elbpaß, den Durchzug durd das Land zu erlauben, und follte dafür die übrigen Städte zurüderhalten. Mit Freuden beftätigte Torftendfon am 24. September den Bertrag, welcher Niederdeutſchland bis Böhmen entwaffnete, den Schweden ven Rüds zug ficherte und ihre Kriegsmittel ohne Muͤhwaltung verftärkte. Nach ı Bufenporf 566. ? Daf. 567. Theatr. Europ. V, 855.

532 Wrangel an Torftensfons Stelle.

folhen Vollbringungen! fuchte Königsmarf, durch Schleften ziehend, den Feldmarſchall in Böhmen auf, machte noch einen Ritt auf Mähren, um die Feften zu verforgen, und fand am 22. December bei Greifen» berg ven Ffränferen, des Feldherrnamtes überprüffigen Torftensfon. Unſchlüſſig führte darauf diefer fein Heer am Ende Decemberd wieder in das norböftlihe Böhmen, unterhalb des Niefengebirges, legte, da die Gicht ihm in Kopf und Bruft flieg, den Oberbefehl vor- läufig, bis der erwählte Nachfolger, Karl Guſtav Wrangel, aus dem beendeten dänifchen Kriege heimgefommen wäre, in Wittenbergs Hände nieder, und fuchte in Leipzig die Kunft der Aerzte. Zu Eulenburg dem Nachfolger begegnend, entließ er denfelben mit dem Rathe, ohne eine Schlacht in den Erblanden Oeſterreichs zu wagen, Fuß zu faflen; und leitete noch längere Zeit vom SKranfenlager zu Leipzig aus die allgemeine Angelegenheiten des deutſchen Krieges. Wrangel bemächtigte fi Leutmeritz' und verfuchte, mit dem Anfange des Jahres 1646, fein Glück gegen den Kaifer, wie Bandr und Torftendfon fo oft, auf der nördlihen Schwelle Böhmens, alfo an dem Ausgangspunfte, wohin aud diesmal der Krieg fi) zurüd- geſchwungen. Leopold Wilhelm harrte dagegen um Pilfen und Bud⸗ weis; in Franken und Schwaben Tagen die Baiern; Johann von Werth zur kurzen Raft in Eslingen. °

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Fünftes Kapitel.

Eroͤffnung ber Friedensverſammlung. Beleidigende Schritte der franzöflfchen Geſandten. April 1644. Befreiung des Kurfürften von Trier. April 1645. Hochmuth der Franzoſen und Zwiftigfeit unter einander. Erſte Forderungen der beiden Kronen. Suni 1645. Anfunft Trautmannsdorfs in Münſter. December 1645. Ginnahme von Trier durch Turenne. Die Replif vom 7. Sanuar 1646. Allmälige Ausgleichung in Bezug auf die Gut: ſchaͤbigung. Frankreich betrügt Baiern um feine Iufage.

Ald die nordiſche Krone den Entſchluß des ermatteten Kurs fürften von Sachſen als einzige, aber hochwichtige Frucht eines

1 Die ımtoiflenden franzöfifhen Memoirenſchreiber und felbft Deformeanr be⸗ haupten keck, Königsmarf habe, den Prinzen verlaffend, ſich aus Geiz und Neid nach Weſtfalen begeben. Brammont I, 363. Deformeaur I, 245. Nur Montglat I, 8.-fennt den wahren Iufammenhang.

2 Geijer IN, 369.

3 Mheatr. Europ. V, 924. Hist. de Turenne I, 138.

Eröffnung der Friedensverfammlung. 333

Feldzuges betrachtete, den Torftensfon mit einer fo blutigen Nieder, lage des Feindes begonnen hatte; und als die Franzoſen fchimpflich wieder über den Rhein gejagt waren, hatte inzwifchen zumal Frank⸗ rei durch feine Diplomaten vielfah größere Vortheile über Defters reich davon getragen, als durch die Gewalt feiner Waffen und das Talent feiner Heerführer.

Seit fünf Jahren hatte man fi in Hamburg herumgezantt, daß au die noch nicht mit dem Kaifer ausgeföhnten Stände den Sriedendtag beichiden follten; und im Abfchieve des regenöburger Reichstages waren von dem Kaiſer alle Stände dazu eingeladen worden. Indeſſen war während der verzögerten Beftätigung ver Präliminarien und dur die franffurter Reichsdeputation die Leitung des Sriedensgeichäftes für das Reich wieder an den Kaifer und an die Kurfürften von Mainz, Köln und Brandenburg als Berather gefommen, ohne Rüdnahme der Befugniß der Stände. Die katho⸗ lichen Reichögliever vertrauten dem Dberhaupte, fo wie die mit dem Kaifer ausgejöhnten Reichstreuen; aufgereizte Proteftanten fcheuten den Einfluß der Fatholifhen Franzoſen in ihren Angelegenheiten; viele hielt Erſchoͤpfung der Finanzen von der Beihidung ab; andere waren furchtſam und wollten nicht die erften fein; fo daß außer den offenen Anhängern ver fremden Kronen fich feine Abgeorbneten in Münfter eingefunden haiten.

Kaum war daher am 5. April 1644 auch Abel Servien ange: fommen, als beide franzöfiihe Gefandte am 6. April ein Rund- fchreiben an die Yürften und Stände des franffurter Deputations⸗ tages ergehen ließen, worin fie in der frechften und hämiſchſten Weife das Haus Defterreih befehuldigten, fünf Jahre hindurch den Frieden verhindert zu haben, „um auf den Trümmern der deutichen Freiheit eine unumfchränfte Herrfhaft in ganz Europa zu errichten.” Da den Fremden der Vortheil aus den Händen gerungen war, wenn fie den Kaifer, den im Kriege zu vereinzelnen ihnen allmälig gelungen, als Vertreter einer Gefammtheit ſich gegenüber erblick⸗ ten, fragten fie in der beleivigendften Art, „wo diejenigen wären, welche Amneftie gefordert, und um deren Willen fie die Waffen allein ergriffen hätten?“ forderten den Zutritt aller deutichen Staats» glieder, um gemeinfhaftlid an dem heilfamen Werke zu arbeiten und weifjugten, in dem Stile des 9 Hippolithus a Lapide anderen:

ı Meiern I, 219.

534 Hämifche Beſchuldigungen der Franzoſen.

falls den gänzlien Umfturz der beutichen Freiheit. Durch ſolche Sprade, zumal in einer franzöfifhen Weberfeßung des Iateinifchen Originals fogar das Wort Tyrann vorfam, ſchwerbeleidigt, erwie- derten die Faiferlichen Kommiffarien in Frankfurt in einer weitläufis gen Gegenfchrift, * befchuldigten ebenfo Fräftig die böfen Abſtchten Frankreichs (24. Juni 1644); Ferdinand verbot fogar dem Grafen von Raffau zu Münfter jede Unterhandlung mit den Franzofen, und man war nahe daran, unverrichteter Dinge auseinander zu fcheiden. Da es hier nicht die Aufgabe ift, die Löſung des verwidelten Frie⸗ densgeſchaͤftes, welches faft hundertjährige Zwiftigfeiten des ge- fammten Europas betrifft, im Einzelnen zu bezeichnen; fondern nur im Allgemeinen die Ranke Frankreichs, die Lift, ven Gewaltfinn und den unbefchreiblihen Hochmuth der franzöftihen Gefanpten und ihre folgenreihen Schritte zur Auflöfung ver kaiſerlichen Herr⸗ fhaft hervorzuheben, fo bemerfen wir nur, daß jene fortfuhren, Fürſten, Stände, Reichsſtädte und mittelbare Städte, ja einzelne Perfonen in zubringlichen Briefen, wie Augsburg, ° zur Berfammlung ‚einzuladen, und durch Schuhverheißung ihre Partei unüberwindlich zu verftärfen. Bei der Abwehr des Kaiſers und unter nedenver Unterfudhung der Vollmachten ftodte das Gefchäft, zumal in O8; nabrüd, da wegen des ausgebrochenen däniſchen Krieges ber Vermittler fehlte; bis die ungünftige Wendung ded Krieges im Herbfte des Jahres 1644 und die Sorge, au auf der Friedens⸗ verfammlung vereinzelter dazuftehen, den Kaiſer erft vermochte, Die frankfurter Deputation anzuweifen, ſich nach der Friedensverfammlung zu begeben, und auch den andern Ständen die Beichidung “freiftellte. Der fränkifche Kreis verzichtete, * Baiern verweigerte die Beichidung bis zur heimlichen Abfendung des Pater Vervaux; die Franzoſen rubeten jedoch nit. So wurden, ald im Namen des Furfürftlichen Kollegiumsd am Ende Novemberd 1644 der Bifhof von Osnabrück in Münfter fi eingeftelt, erfi am 4. December die vorläufigen Hriedensvorfchläge den Vermittlern eingereicht, und inzwilchen die einzelnen Stände dreis bis viermal von den Yranzofen eingeladen. Aber augleich wandten jene ein neues Mittel, das Friedensgeſchäft

ı Meiern I, 226.

? Bfanner 74. Menzel II, 173 ff. Bougeant I, 1, $. 55. 64. Stetten II, b. 3. 1644.

* Mami IV, 32.

Der Kurfürft von Trier befreit. Anmaßung Serviene. 535

zum Berdruffe der Vermittler zu verzögern, an; fie verlangten vor der Eröffnung der Unterhbandlungen die Herftellung des Kurfürften von Trier, welcher, weil er fi in den Schub Yranfreich& begeben und feine Landesfeſten an den Reichöfeind verratben, feit zehn Sahren in Falferlihem Gewahrfam gehalten wurde. Unter dem Streite über diefe Forderungen kamen baierifhe, branpenburgifche Geſandte und andere allmählig herbei; zwar flimmte auch der päpft- liche Vermittler dahin, daß bis zum Schluſſe ded Friedens der Kurs fürft von Trier in der Gewalt des römifhen Stühles verharren ſollte; ſelbſt als das Unglüd bei Jankau die kaiſerlichen Waffen beiraf, blieb Ferdinand bei feinem Entichlufle, den Anfänger des Abfalled an Franfreih vor dem Frieden nicht frei zu laflen. Unerwartet jedoch, als die erfie Gefahr vor Torſtenſſons Einfalle in Defterreidy vorüber war, gab der Katfer auch in diefem Stüde nach, befreite den hartgeprüften Prälaten am 25. April 1645, bes lehnte ihn mit den Regalien und entließ ihn unter fürftlichem, ficheren Geleite in feine Lande,‘ deren Hauptftabt jedoch in der Gewalt ver Spanier fih befand. Wohl Eonnte der Kaifer, zumal gleih darauf Turenne die Niederlage bei Herbfthaufen erlitt, erwarten, daß Frank⸗ reih gleihe Racficht gegen den Lothringer übe; aber Mazarin trachtete durch Eroberung ver Pete La Mothe ven Herzog Karl von ver Guade des Königs allein abhängig zu machen. Se nadı- giebiger der Kaiſer war, je maßlos übermüthiger gebärbeten ſich die Franzoſen, felbft gegen die Gefandten von Reichögliedern, deren Anwefenheit fie zudringlich betrieben hatten. Die Bevollmächtigten der Hanfeftäbte, welche den Grafen Servien fchon bei dem Befuche bei Avaur begrüßt und nad der Verabredung erft am folgenden Tage auch dem erfteren in feinem Haufe aufwarten follten, ? ers bielten, nachdem ihr flattliher Zug mit fchwerfälligem Ceremoniell in dad Borzimmer Serviend gelaffen worden, nad) längerem Bers weilen eine befhimpfende Abweiſung, (31. Januar 1645), „weit fie inzwifchen ven fpanifchen Gefandten vor dem zweiten fran- zöfifchen befucht hätten. Empört wollten die Vertreter fo mächtiger Gemeinwefen dieſe Beleidigung öffentlih befannt machen; indefien wußten die Gefandten der Landgräfin, jene alten Söldner Frank⸗ reihe, Kroſigk und Vultejus, jedes Ehrgefühls für die Würde

ı Adlzreitter 486. Theatr. Europ. V, 755. ? Pfanner 76. Blaffan IE, 116.

536 Zwift zwifchen Avaux und Servien. Der Duc de Longuenifle.

Deutſchlands baar, den gerechten Unmuth der Hanfen zu befhwiditigen. Daflır gaben aber die hochmüthigen Gefandten Ludwigs felbft ber Berfammlung das Schaufpiel der bitterften Anfeindung gegen eins ander; fie beneiveten, unmürbig ihrer Stellung, einander die Ehren: bezeugungen, ' zumal Mazarin, um der franzöflihen Geſandtſchaft mehr Glanz zu verleihen, eigentlih aber um bie Hinbernifie des Eongrefied zu vermehren, gegen den Brauch beftimmt hatte, daß Servien zugegen fein follte, wenn die fremden Gefandten den erften franzöſiſchen Bevollmädtigten Avaur beſuchten; jene aber nichts⸗ deſtoweniger gehalten ſein ſollten, auch den zweiten beſonders zu begrüßen. Die Gemahlin Serviens, dem Mazarin geheim mehr zugethan war als Avaux, ahmte ihrem Gatten nach, und wies den Grafen Sannazar von ihrer Thür ab, weil jener vorher den ſpani⸗ ihen Geſandten befucht hatte. Die Aufgeblähtheit der Franzoſen gegen andere bradte fie alsbald gegen einander in Zwift. Beide entzweiten fih über die Ausfertigung der Depeſchen in dem Grade, daß Avaur, der unbeugfame Diplomat, welcher dem hitigen Amtögenofien aus Verdruß die Kanzlei überlaffen, zuletzt jenen nicht mehr fehen wollte, und beide befonderd an den Hof berichteten. Sie vergaßen ſich fo weit, Libelle gegen einander zu verfaflen, Ser: vien, von dem Nuntius der „Bernichtungdengel des Friedens“ genannt, halt die Klagſchrift Avaur' Assassinat! So fchmählihe Händel veranlaßten den Hof, den Herzog von Longueville, keineswegs zu ſolchem Gefchäfte befähigt, al8 den vornehmften der Gefandtfchaft nah Münfter zu fhiden. Der Prinz mit großem Gepränge im Suni 1645 angelangt, * mußte durch fein Anfehen wenigftens eine Zeit lang die ehrgeigigen Männer in ven Schranfen des An- ſtandes zu erhalten. Statt daß der Franzoſen gegenfeitiged Be- nehmen das deutſche. Chrgefühl zur Geringſchätzung verfelben hätte veranlaffen follen, fleigerte Eigennug der undeutfchen Partei ihre Ehrfurcht gegen diefelden. Als inzwifchen zu Münfter die Zahl der deutichen Bevollmächtigten ſich vermehrt hatte, zumal Fatholifcher- ſeits, während die Proteftanten ihren Halt in Osnabrück fuchten, und die mädtigern Stände an beiden Orten fid vertreten ließen; überreichten am gleichen Tage (11. Juni 1645) die Franzoſen und ı Klaffan III, 115. Adami 59. Bougeant H,T.$. 68 ff. : Theatr. Europ. V, 798. Abami 61.

Forderungen der Zranzuien und Schweden. 537

Schweden ihre Borfchläge.‘ Beide forberten eine unumfchräntte Amneftie auch in den öfterreichifhen Erbländern, in ver Pfalz, in Würtemberg und Baden, nad) Maßgabe des Jahres 1618; Sicher: ftelung der Reichsverfaſſung, d. h. im Prinzip der Auflöfung der fatferlihen Gewalt; die Abfchaffung der römiſchen Königswahl, dad Recht der Stände mit auswärtigen Mächten Bündnifle zu ſchließen; für fi) Genugthuung ald Schavloshaltung für das Vers gangene und Sicherheit für die Zufunft; Bezahlung für ihre fremden Kriegsvölfer; Entihäpigung für ihre Bundesgenoſſen, namentlich für die Landgräfin und für ven Siebenbürgen, fowie für deren Heer! Schweden beftand außer dem noch auf gütliche Ausgleihung ber politifhen und kirchlichen Beſchwerden der Reichögliever unter einan- ber; Frankreich, dag nach Abichluß des Friedens zwifchen ihm, dem Kaifer und Spunien, der Kaifer fib nicht in die Streitigkeiten, welde ferner mit Spanien entftehen könnten, einmiſche und endlich den Feinden beider Kronen nicht beiftände.

In Erwiederung auf diefe Forderungen (25. September 1645), zumal in Betreff der verweigerten Schaploßhaltung beider Kronen vom größeren Theile der berathenden veutfchen Stände unterftüßt, ? erklärte der Kaifer in Bezug auf die allgemeinen Punkte feine Be⸗ reitwilligfeit; beharrte aber auf dem Jahre 1630 ald Termin ber Amneftie; verwarf den Antrag wegen der römifchen Königewahl ald mit der goldenen Bulle unvereinbar; jo wie die zugemuthete Losfagung von Spanien nad dem Frieden. Ebenfo wurde die Forderung der Genugthuung beider Kronen abgefhlagen, da der Kaifer eher Schadloshaltung zu verlangen habe; das ſchwediſche Heer auf die Anerbietung Sachſens im fehönbeder Vertrage vom Jahre 1635, fowie das Anfinnen der Landgräfin auf den zu Mainz im Jahre 1639 abgeichlofienen Frieden hingewiefen; der Yürft von Siebenbürgen, der inzwiſchen mit dem Kaiſer ſich verglichen (24. Auguft 1645), gehöre nicht zu den deutihen Ständen, und zu den Bundesgenoffen der Kronen.“ Zu fo muthiger Ablehnung be rechtigte den Kaifer ver gleichzeitige Stand der Waffen, da nad) dem Tage von Allerheim die Franzofen aus Schwaben wichen und Tor: ftendfon, Brünnd Belagerung aufgebend, norbwärt zog. Geirrt in ihrer ZJuverficht beriethen fid, die Gefandten der Verbündeten mit

ı Meiern 1, 435 ff. Adami 62 ff. ı Adami 74 ff. Meiern I, 618, 623, 628.

538 Trautmannsdorf in Münfter. Turenne in Trier.

einander, und fanden die Schweden, welche mit ihrer Forderung auf Bommern herausrüdten, einen fo entſchiedenen Widerſtand an Bran- denburg, als die Abficht der Landgräfin auf die mweftfäliichen Stifte den Unwillen ver Fatholifchen Partei erregte, welche bie härtefte Rüge über dad untreue, reichöverrätherifche Berfahren der Yürften ergehen ließ. * Die Amneftie, welde Ferdinand am 10. Dftober 1645 verfündigte, ? befriedigte deshalb nicht, obgleich fie den früheren Vorbehalt wegen des Genuſſes verjelben aufhob, und diefelbe auch den noh bewaffneten Reichsgliedern fiherte. So hingen die Saden, ald am 5. December der Graf Marimilian von Traut- mannddorf, ein Mann überlegener, weitblidender Klugheit und rich⸗ tigen Berftänpnified in der Roth der Zeit, zu Münfter anlangte, ohne feine Aufträge den kurfürſtlichen und ven anderen Faiferlichen Gefandten mitzutheilen, den Franzoſen ven Befls von Metz, Toul, Berdün, Pignerol und Moyenvyk anbot. Gleih darauf begab er fih nad Osnabrück, wo das firdhliche Zerwürfniß der Stände weit⸗ läufig erörtert wurde, und gedachte auch mit den Schweben die Unterhandlungen ernftliher anzubahnen; fie vieleicht von jenen zu trennen. Aber gleichzeitig war der Sachſe dem Reihe hoffnungs— 108 entfremdet worben, obgleich der Kurfürft noch feinen Geſandten nad) der Friedensverfammlung gefhidt; andererfeits hatte Turenne, durch den Erzherzog über ven Rhein gewiefen, am 14. Rovember 1645 mit dem Reſte feines Heered die Stabt Trier bedroht, ° und ald der Kurfürft Philipp Chriftioph von Koblenz aus mit einem Kleinen Heere erfhien, am 18. November die Spanier vermocht, aus der befreiten Furfürftlihen Reſidenz auf Luxemburg abzuziehen. Frankreich hoffte Baiern durch geheime Verträge gefeflelt zu haben; Wrangel fland mit jchwenifcher Verftärfung als entfchloffener Ober⸗ feloherr an Böhmend Nordgrenze. Durch folde Umftände ermuthigt, überreichten am 7. Sanuar 1646 die Franzoſen und Schweden ihre Gegenvorfchläge oder ihre Replif, * welche durch troßige Ueberbietung jelbft den Grafen von Trautmannddorf, der gleihwohl nicht hoffte, ohne Dpfer Defterreich von feinen Feinden zu befreien, außer Faf- fung bradte. Frankreich verlangte die Ausfchließung des Lothringere

ı Adani 9.

: Dal. 97. -

* Mountglat I,11. Adlzreitter 486. Theatr. Europ. V, 755 x Adami 130. Meiern II, 200 fi.

Revlit vom 7. Sanuar 1647. 539

aus dem Friedensgefchäfte, die Ammneftie von 1618, die Befreiung ded Prinzen von Braganza, welchen der Kaifer ven Spuaniern übers laſſen; und zu feiner Genugthuung außer den drei Bisthümern „welche fchon vor Alters her den Franzoſen gehörten” das obere und untere Elfaß mit dem Sundgau, den Breidgau mit Breis- ſach und den Waldftätten, alled mit dem Befigrecht des Hauſes Defterreih 5; endlich Philippsburg mit feinem Bezirke. Der König wolle, falls Kaiſer und Reich ed billigen, viefe Länder als Lehen des Reiched mit Sig und Stimme vom Reichdtage empfangen; dafür Speier, Worms und alles, was er in der Rieverpfaß und in den geiftliben Kurfürftenthümern befiße, herausgeben. Er ver: Iangte die Genugihuung für die Landgräfin, um welde dieſelbe felbft anhalten würde; Zahlung für die fremden Söldner, und ver- weigerte den Waffenſtillſtand als Hinderniß des Friedens. Die Schweden begehrten die Ausdehnung der Amneftie vom Jahre 1618 auf alle Angelegenheiten, auch auf die Erblande; dreifache Genug» thuung für fih, für die Lanpgräfin und für ihre Soldaten. Yür die Krone ald Erfah des Schadens und des „Königes Blut” ganz Schlefien, Bommern mit Kamin, Wismar mit feinen Feften, Poel und Walfifh, und Warnemünde, das Erzſtift Bremen, das Stift Verden, über melde die norbifche Krone zum Bafallen zu haben, dem SKalfer, ver auch die Könige von Spanien und Dänemark als ſolche zähle, nur zur Ehre gereichen könne! Gleich waren aud die Minifter ver Landgräfin, welche inzwifchen des marburger Erbes fi bemächtigt, zu Handen und forderten fo un- verfhämt, daß felbft die Proteftanten in Unwillen gerieihen ; außer der unumfchränften Amneftie und dem Genuffe der Religions: freiheit in allen alten und neuen Landen, dad marburger Erbtheil, als Entgeltung für den undezahlbaren Schaden, welden das kaiſer⸗ fiche und Reichöheer ihrem Lande zugefügt, zum beftändigen Befige: ' von Mainz die Vogtei Fritzlar, Amöneburg und Kleine benady- barte Städte; von Köln die Grafihaft Arensberg und andere wich⸗ tige Orte der Umgegend, deögleichen vom Bisthume Paderborn und von Münfter; von Yulba bedeutende Theile nebft Hirfchfeld; endlich die Zahlung aller Rüdfinde von den ausgefchriebenen Kriegs⸗ fteuern! So war denn die Ländergier der Fremden und ihrer Trabanten auf das Unbefangenfte herausgeftellt, ohne daß es Frank⸗ ı Adami 137:

540 Unverfchämtbeit und Falſchheit der Franzoſen.

reich befümmerte, durch Feuquiered in den Jahren 1633, 1634 und 1635 in Heilbronn, Frankfurt und Worms die heiligften Ber: fiherungen gegeben zu haben, „daß es alles, was ihm jeßt einge: räumt werde, im Frieden an das Reich zurüdgeben wolle!” ? Ber- haͤngnißvoll hatte die Warnung Johann George und anderer Treumeinender, „daß Die Fremden das Reich zerftüdeln wollten,” fi erfüllt, indem fie ein Drittel Deutfchlande begehrten! Schaamloe waren alle jene gleißnerifchen Verheißungen vergefien, „daß der König von Frankreich ohne allen Eigennug, nur zur Crhaltung der deutfchen Freiheit, in den Streit ſich eingemifcht habe; fo beleuchtete fib Bernhards Verfündigung am PVaterlande und der Berrath der weimarfchen Direktoren; fo war ed denn an den Tag gekom⸗ men, was Amalie Elifabeth, heuchleriih nach dem allgemeinen Frieden jeufzend, bezwedte, als fie die großmüthige Ausföhnungserbietung des Reichs betrog, und an Frankreich fih hing. An jened Frank—⸗ reich, welches es doch nicht ehrlich, ſelbſt mit ihr, meinte; dem fie das Blut ihred Volfed und die bürftige Habe zufricdener Unter: thanen gleichgültig hingegeben, um die franzöflfchen Helden vom Schwerte des Gegnerd zu befreien! denn während der Duc de Longueville, der Landgräfin gepflegter Gaft, mit Würme für Die liebevolle Wirthin um dieſe Zeit Außerte: Madame la Landgrave m’a fait tant de caresses, qu’il me faut confesser que je ne parle qu’ avec quelque passion pour elle! und dem Biſchofe von Osna⸗ brüd, der ven herben Tadel vorftellte, welchen der König fich zu⸗ zöge, „wenn er zu Gunften einer Ketzerin die Kirche plündere und gleihjam mit dem Rode Ehrifti und der heiligen Jungfrau die Zandgräfin bekleide,“ frivol erwieberte: il faut faire beaucoup au faveur d’une Dame si vertueuse, comme est Madame la Landgrave; pourquoi, Messieurs, surmontez vous me&mes, surmontez vous, et donnez toute satisfaction ä Madame la Landgrave en ce quelle desire; waren die Frangofen, bigott und aus Furcht vor der Rüge der katholiſchen Welt, doch fo falſch, daß ſie öffentlich die For: derungen der belobten Bundesgenoſſin unterftügten, um mit Hülfe ihrer Waffen in dem zerfleifchten Deutſchland fi zu behaupten; im geheim aber ihrer Schüglingin Eräftig entgegen arbeiteten. Denn Adami 138.

:2 ©. oben I, 204, 214. Adami 169. Adami 385.

Unterhandlungen wegen der Entfchäbigungen. 541

während Amalie Elifabeth die Unterftügung ihrer Forderung von Franfreich erwartete, ließ der Refident in Kaffel, Beauregard, durd) feinen Beichtvater wohlmeinend die Stiftsherrn von Friglar davon unterrichten, um die gkeigneten Gegenmaßregeln geſchickt einzuleiten. Sn der Hoffnung fiher zu gehen, gedachten die franzöftfchen Ges fandten, als Trautmannsdorf erflärte, „lieber nad Wien zurückzu⸗ fehren, als irgend etwas vom Erbe Defterreih8 aufzugeben,“ ihre Forderungen an die Stände zu bringen, wurden aber von venfelben abgewiefen. Es begannen weitläufige Erörterungen. Am Ende des April 1646 gaben die ftändifchen Abgeorpneten ihr Gutachten ? über die Replif der Kronen, in weldyer noch einige deutſche Schaam vor Unehre fih ausſprach; unterdeß Trautmannsdorf, in die böfe Zeit fih ſchickend, ernfihaft weiter arbeitete. Zwiſchen Schweben und Franzofen hin und herziehend, mußte er erfennen, daß Baiern gleihgültiger geworben ſei, die Rheingrenze zu behaupten, indem Marimilian fih durch Mazarin einfchläfern ließ: „dränge er beim Kaifer auf Abtretung des Geforberten, fo verbürge er ihm feinen Kurhut und die Oberpfalz "? Marimilian dachte an eine achte Kurmwürde für den Pfälzer und für jene dreizehn Millionen an Oefter- “reich ſich ſchadlos zu halten, falls er feinen Erwerb an den früheren Befiger abtreten müßte. So hatte Trautmannsdorf am Ende zu fürdten, daß außer Schlefien, der Laufig und dem Elfaß das Haus Defterreih au noh Dberöfterreich einbüße! In Bezug auf Schweden bereitete man fih in der Stille vor, um Brandenburg zu entfchädigen, zur Sefularifation* der geiftlihen Güter zu fchreis ten; die Erwähnung Bremend und Verdens als Entſchädigungs⸗ maffe bewirkte, daß die Schweren den Anfprud auf Schleſien nicht mehr verlautbarten; daß dagegen der Bifhof von Osnabrüd als Inhaber von Berden und Münden Wehklage anſtimmte. Nach Münfter zurüdgefehrt und geflübt auf das Gutachten der Stände, „daß den Franzofen feine Genugthuung gebühre, bot Trautmanns⸗ dorf ihnen nochmald die drei Bisthlimer an, und beleuchtete fcharf Frankreichs Gewaltthaten feit Heinrich II.; * unfäglihe Mühe zugleich

Falkenhainer I, 304. ? Adami 144.

? Bongeant II, II, $. 70 ff. III, $. 7790.

* Longueville hatte */,, Mai 1646 zuerft das Wort, welches die Hierarchie in Schreden feßte, gebraucht. Meiern II, 635. Menzel IH, 182.

»Adami 164.

542 Erbietungen des Kaiſers.

zür Ausgleichung der kirchlichen Punkte verwendend. Die unerwartete Feſtigkeit der deutſchen Stände, welche fie ſelbſt als Helfer fo umfonft herbeigerufen hatte, beunruhigte die franzöftiche Bolitif, und alles ließ fich zum langwierigſten Gange an. Um Junäcft ihren Gewinn ind Sichere zu bringen, ftellten beider Kronen Gefandte den Ständen vor: „der Friede würde rafcher erreicht werben, fei erft die Ent» ſchaͤdigungsſache ausgeglichen.” Da die Franzoſen auf den Beſitz Philippsburgs verzichteten und nur das Beſatzungsrecht dafelbft und in Benfeld und Zabern forderten, ließ Ferdinand fich bewegen, zumal Baiern, zufolge der franzöſiſchen Einflüfterungen, auf den Frieden drang, am 14. April 1646 den Franzofen die Abtretung beider Eifaße mit den Rechten ded Hauſes Defterreich zu bieten, wenn fie ‚auf die Waldftädte, den Breisgau und die Ortenau verzichteten, die unmittelbaren Reichsſtaͤnde im Elſaß freigäben, Philippsburg, fo wie Benfeld und Zabern fahren ließen; ven Erben des Elſaß und des Sundgau, den Kindern ded Erzherzogs Ferdinand Karl und der Donna Klaudia von Innsbrud, dafür fünf Millionen Thaler ent- richteten, und einen Waffenftilftand im ganzen Reiche und im bur- gundifchen Kreife eintreten ließen. * Ferner folle dem Pfälzer nur die Unterpfalz, die Oberpfalz dagegen Marimilian mit der bevorzugten Kurwürde bleiben. So unerwartete Nachgiebigkeit, mochte glei den Kater fchwer ankommen, dad Erbgut einer Nebenlinie an fremde, übermäctige Lehnsträger hinzugeben, ers höhte bei jenen nur noch die Unverfchämtheit im Fordern. Mazurins geheime Boten gewannen den Baiern und den Kölner, indem fie vorftellten, „daß Breifahs Verweigerung allein den Schluß des Friedens verhindere.“ Vergeblich Eagte Klaudia über Verfürzung des Erbes ihrer Kinder; ? Elfaß war der Entfremdung ver fallen! Yerdinand, vom Brandenburger, vom Sachſen und von ganz Niederdeutſchland verlafien, ohne nachdrückliche Hülfe vom fatholifchen Niederrhein, deſſen Stände nur ihren Kreis vertheidigten; befchränft auf feine eigenen verödeten Länder und auf die geiftlichen Herren und die weltlichen Reichöglieder, welche, wie Wirtemberg und Franken, zeitweife dem Obſieger im Felde fteuern mußten; endlich auch von Baierns Abfall bedroht; hielt nur Breifah als Bollwerk des Reiches feft, und hätte gerne Rheinfelden und Lauffenburg dafür

ı Adami 234. : Daf. 240.

Breiſach zugeflanden. Neue Korberungen der Franzoſen. 543

bingegeben. Dit neuen Bollmachten verfehen erbot fih Trautmanns⸗ dorf am 26. Mai zu allem früher Zugeftandenen und verhieß aud) Breifach unter der Bedingung, daß jene Summe gezahlt werde, und beim Ausfterben der bourbonishen Mannedlinie alle abgetretenen Länder an Defterreich zurüdfielen; daß ferner dem Baiern die Oberpfalz und dem Pfälzer die Unterpfalz gegen die benannte Pfanpfumme bleibe; daß Frankreich die Proteftanten nicht in der Erlangung der harten Forderungen im Klirchenftreite unterftüße, fondern die ſchwediſche Gier nad den Bisthümern zügele. Dem Brandenburger folle das Bisthum Halberſtadt ſtatt Pommerns zu Gunften Chriſtinens abge- treten, die Landgräfin in ihrem ausjchweifenden Begehren befchräntt, der Lothringer bergeftellt, endlich durch Frankreich die Anfprüche des habsburgifchen Geſchlechtes auf Stüde Wirtembergd gut geheißen, Hchentwiel geichleift, Lindau während des Befiged Philippsburgs zu Händen Frankreichs vom Kaiſer befeßt werden. '

Wie weit Defterreihd Stolz gebeugt ſei, gab diefe Aner- bietung zu erfennen, und die Hoffnung des Friedens ſchien groß, da Breifad eingeräumt war, welches kurz zuvor Avaux, Longue⸗ vie und Mazarin al8 „Heilmittel für Krieg und Frieden“ erklärten. Dennoch eröffneten die Gefandten am 29. Mai: ? vor der Aus- gleihung der Angelegenheiten, weldhe das Reich beiräfen, und vor der Entfhädigung der Schweben und der Landgräfin, und vor der Betätigung der Reichsſtaͤnde über Oeſterreichs Abtretungen könne nichts abgeichlofien werden! Sie fanden außerdem die Summe, welche den Erben des Erzherzogd von Tirol erftattet werben follte, ungeheuer, und wollten ferner nit von der Einfchließung des Herzogs Karl in den Frieden wiſſen, welcher, die Waffen nieder: fegend, zu Paris ſich einftellen müffe. Endlich verlangten fie, daß der Kaifer im Voraus jede Art des Bertraged, den Ludwig XIV. mit dem Trierer jchließen würde, genehmige. Liſtig verbargen fie die Freude, welche fie über die Gewißheit einer Beute empfanden, die auch die Kühnften im Rathe des Königs vor einigen Jahren nicht 10 leicht zu hoffen wagten. Doch ftrafte die Verftellten der freimüthige Benetianer Contarint, * indem er ihnen fagte, daß feit 200 Jahren fein Gefandter Frankreichs feinem Herrn zwei Provinzen in einem

Bougeant N, V, $. 49 fi.

2 Adami 247. 2 Slaffan III, 124.

544 Neue Forderungen der Franzoſen.

Briefe überfhicdt hätte. Aber Mazarin dachte wie die Bevoll⸗ mächtigten; und der Herr von Brienne fehrieb jenen am 22. Juni 1646: „Kein geringes Mittel, die ihnen abverlangten Beringungen zu vermindern, fet immer neue Forderungen zu ftellen.” Schon berieth man fihb am Hofe, welhe Art des Beſitzes der alfo ges wonnenen Länder für die Krone die einträglich ſte und ehren- vollfte fei, und nachdem die münfterichen Gefandten die Gründe für und wider die Lehnsabhängigkfeit des Elfaß, Sundgaus, und der übrigen Stüde des Reichs einander gegenüber geftellt, neigte man fich dahin, ! daß Kaiſer und Reich diefe Brovinzen mit allen fouveränen Rechten an Franfreich abtreten ſolle; befland aber nicht hitzig darauf, weil die Enttäufchung der zehn Reichsſtädte, die unter die Landvogtei beider Elſaße gehörten, des Adeld und der Prälaten, leicht die betäubten Gemüther empören konnte. Die fran- zöftfche Argliſt, ſolchen Anftoß zu meiden und die Unterwerfung jener Reichsunmittelbaren der Zukunft überlafiend, begnügte ſich zu ver: langen, daß diefe wichtigen Punkte in der Urkunde übergangen und das Precht der Unmittelbaren nicht ausbrüdlih vorbehalten würde. Wohl eröffnete fich der franzöſiſchen Bolitif ein unbegrenztes Feld zum Kampfe gegen ven gefhmähten Kaifer, wenn Ludwig am Reichstage Sig und Stimme hatte; aber der franzöfifhe Hochmuth verfhmähte dad Vaſallenthum, und hoffte auch ohne ein fcheinbar gebundenes Berhältniß genug Gelegenheit zu finden, das Einverftänpniß Deutſch⸗ lands zu flören. So wechſelte man im Juni, Juli und Auguft wiederum Schriften und Erörterungen unter den Klagen der Reichs⸗ fände über foldhe fchnöde Entfremdung, und den Vorwürfen des Batern, daß, ungeachtet der Preisgebung Breiſachs, der Friede hin- gehalten werde; ? Servien, der an Mazarin eine Stüße hatte, erblöbete ſich nicht, felbft gegen Longuevilled und Avaur’ friedliche Gefinnung laut zu fagen: daß es auch nach foldem Opfer nicht zum Frieden fommen werde. Was man bei dem Vorbehalte eines Vertrages mit dem Erzbifhofe von Trier im Schilde führte, kam bald an ben Tag. Am 19. Juli 1646 erfaufte der Sieur D’Antonville von Bhilipp Ehriftoph, dem zärtlihen Verforger feiner Repoten, für eine geringe Summe das Recht der unbefhräntten Verfügung über Philipps» burg auf immer ? und die Schugherrlichfeit über das Bisthum Speier

ı Bongeant I, V, 853. Flaſſan I, 131. : Adami 254. > Daf. 257. Bougeant I, V, $. 54.

Feldzůge des Jahres 1646. 545

fammt allen Pfrümden, welche der Erzbifhof auf dem linfen Rhein⸗ ufer beſaß. Solchen Hochverrath häufte ver Prälat, des Reiches Kurfürſt, als er der Strafe entronnen war, und band die Geißel auf Deutſchlands Rüden fefter! Der Anweiſung Briennes gemäß verlangten die Geſandten am 14. Juli, was ihnen früher aus dem Sinne gefommen war, die Zulaffung des Königs von Portugal; die Befreiung des Prinzen Eduard von Braganza, die gefteigerte Genugthuung für die Landgräfin. Ohne dem klagenden Lothringer irgend fein Recht widerfahren zu laſſen, wiefen fie ihn, ven fou- veränen Herzog und Bafallen des deutſchen Reiches, an das partfer Barlament, während fie verhinderten, daß die Landgräfin und der Markgraf von Baden⸗Durlach vor ihrem gefeblichen Richter, dem Katfer, ſich ftellten! So Iodten fie, weit über die den Mittlern zuerft fundgethanen Grenzen, begünftigt dur die Umſtände, dem Reiche einen Ehrenpunft und einen Borthetl nad dem andern ab, und als die faiferlihen Gefandten, die Reihenfolge ihrer Diplomatifchen Niederlagen überblidend, wieder feften Fuß faßten, gab Frankreich wider alle lauten und heimlichen Betheuerungen an Baiern, dem Heere das Zeichen, Die legte Widerſtandsfaͤhigkeit der diplo⸗ matifch Geſchlagenen durch die Waffen zu überwältigen.

Sechstes Kapitel.

Matter Feldzug im I. 1646. Wrangel aus Böhmen verdrängt. Graf Holzapfel im Dienfte des Reiches. Kampf um Helen. Branfreiche Falfcgheit gegen Baiern. Turenne mit Wrangel vereinigt auf bie Donau. Auguft 1646. Baiern bedroht. Entja von Augsburg. October. Einleitung zum Particular⸗Waffenſtillſtand zwiichen Frankreich und Baiern. BWinterquartiere der Schweben in Oberſchwaben unt an den Alpen. Miß⸗ geſchick in Heflen. Ende 1646. Sieg ber franzäfifchen Politit in Deutſch⸗ land unter den Vorzeichen innerer Kriege. 1647.

Die Ermattung beider Parteien und der lähmende Einflug, weichen die Friebensunterhandlungen auf die Pläne ver beiden, Außerlich noch befreundeten Mächte, auf Habsburg und den Baiern ausübten, hatte dem Yeldzuge im Jahre 1646 einen neuen Charakter gewährt. Leer an großen Kriegdereignifien und biutigen Treffen, zieht fich die Kriegäbühne wandernd von Ort zu Ort, durch

Barthold, Geſch. des SOjähr. Kriege. ZI. 35

546 8. G. Wrangel in Böhmen.

bie Oberpfalz nach Böhmen, Thüringen, Franken, Weſtfalen, Heſſen, wiederum auf die Donau zurück, bringt dann im Herzen Baierns einen unerwarteten Wechſel der Dinge zuwege, und enbei im Frühlinge des folgenden Jahres mit der beklagenswerthen Ab⸗ trünnigkeit and) des legten fürfllihen Horted der deutſchen Un⸗ abhängigfelt.

Weil für den Winter nach Turennes Flucht an den Rhein und nah der Bertheilung feiner müden Schaaren bi über die Mofel hinaus vom Weften Teine Gefahr zu befürchten flaud, und Baiern in feiner halben Gebundenheit an Franfreih fih fcheute, die Waffen in das wehrlofe Eifaß au tragen; richtete der Kaifer, gleichzeitig mit Trautmannsdorfs erfien Erbietungen, fein Haupts augenmerf auf Böhmen, vom Norden ber mit einem neuen Ans falle bedroht, und bat den Kurfürften, dem Bertrage gemäß, um einen Thell feines und des Reichsheeres als Vergeltung des Dienſtes, welchen kurz vorher Taiferlihe Wölfer dem bevrängten Baierlande erwiejen. * Denn fon war Karl Guſtav Wrangel, Torftensfond Nachfolger, über Friedland und Leutmerik eingebrochen, über die Eger gegangen, um, mit dem Feldherrnſtabe zugleich der Erbe von Torſtensſons Plänen, den verheerenden Kriegsſchauplatz in des Kaiſers Erbländer hinzufpielen. Marimilian, der befonnenfte Fürft feiner Zeit, theilte die Beforgniffe wegen Wrangeld Fortfchritten, und hatte zu dem Ende fhon im December 1645 feine Regimenter aus Schwaben durch Franken nad Böhmen zu fi ausdehnen laſſen; wie wir denn Johann von Werth erft in Eslingen, dann in Ans⸗ bad, dann in Windsheim und nahe der böhmifchen Grenze finven. ? Am 8. Januar 1646 zogen Geleens und Johanns von Werth fchwere Reuter bei Nürnberg vorüber, auf Neumarkt. Um fo bereitwilliger gab daher der Kurfürft in gemeinichaftlicher Gefahr dem Abgeord⸗ neten des Erzherzogs, Marcheſe di Caretto, welcher eigends nach München gereist war, Gehör, und befahl, daß 8000 Balern und Reichsvoͤlker unter jenen Generalen zu den Fahnen Leopold Wilhelms ftoßen follten. Ihre bedrohliche Bereinigung fuchte Wrangel zu hindern; aber der Ersherzog benachrichtigte die Baiern von feiner Asficht, und darum eilte Geleen von Taus auf Stab, wo bie ‚Heere am 20. Januar 1646 zufammenftießen. So fland denn Johann von

ı Theatr. Europ. V, 971. : Muerr, Beitr. 1.

Wrangel ans Böhmen verdrängt. 547

- Werth wieberum auf böhmiichem Boden unter Talferlichem Panier; der Erzherzog, mit Buchheims Regimentern, welder Ungam zum Schutze gegen Siebenbürgen nicht mehr beburfte, mit ver baterifchen Macht, 24,000 Mann ſtark,! Tonnte jetzt wagen, gerade auf die Schweden lodzugehen, während die in Defterreich von jenen noch beiesten Städte, wie Kremd, Korneuburg und andere befreit wur⸗ den, Montecuruli in ES chlefien gegen Wittenberg mit Erfolg focht, und der Landgraf Georg von Heſſendarmſtadt, unteritügt von Taifers lichen Truppen und fpanifchen Gelde, die Hausfehde mit der böfen Muhme ergrimmt verfolgte. Wrangel fühlte fi dieſer Macht ges genüber zu ſchwach; verließ Böhmen, um Königsmark an ſich zu ziehen; ging auf Meiflen, von da durchs Boigtland und das Alten- burgifhe an die Saale.“ Mit ihm räumte aud der Erzherzog Böhmen, 309, einen Einfall beforgend, in die Oberpfalz, und breitete feine Macht im Markgrafthum Kulmbad aus. Schon am Ende des März lagen Geleen und Werth in Hasfurth, unweit Koburg. Inter Graf Eberkeind Führung focht der Darmſtädter entichloflen, nahm am 29. April Butzbach wieder, nicht gefchredt durch Torſtens⸗ fond Drobungen, * welcher ven Krieg unter dem hefjifchen Geſchlechte nicht ald einen vom allgemeinen unabhängigen betrachtete; bis unerwartet bie ganze Laft des Kampfes auf beide Heften fid. Unterdeß hielt Frankreich, das linke Rheinufer allein im Auge, durh die Erbietungen Trautmanndborfd und das geheime Bers ſtaͤndniß mit Baiern feiner Beute fiher, den Vicomte zuräd, und rüftete ſich zu einem flärferen Angriffe auf Flandern. Nufgebläht über Heine Erfolge ber vorigen Jahre ſammelte Gafton fein Heer um Amiens, 5 unter den Augen des jungen Könige, welder eben der weiblichen Pflege entnommen war, und vereinigte fich mit Enghien. Im hoben Sommer ftanden 35,000 Mann, unter beren Führern auch Gaſſton, Ranzau und La Meilleraye, den ſpaniſchen Heeren unter Karl von Lothringen, Piccolomini, Lamboy und Bed. in Flandern gegenüber; rechneten aber vergeblich auf die Mitwirkung des kriegsmũden Oraniers; daher auch) hier die Entſcheidung ausblieb.

U Bufendorf 600. Ablzreitter 494 fi. 3 Fheatr. Burop. V, 1033.

2Koburgiſche Hiſtorie IE, 322.

: Bufendvurf 611.

® Montglat N, 32.

548 Schwankendes Verhaͤltniß Baierns.

Nach der Erneuerung des ſachſtſchen Waffenſtillſtandes welchen Ferdinand III. ver geblich zu hintertreiben geſtrebt, und nachdem Magdeburg der Vertheidigung der eigenen Bürger vorläufig überlaſſen war, ging der Schweden Abficht darauf hinaus: mit Zurenne fich zu vereinigen, welcher ſich bereit erflärt, im Mai zu Mainz zu fein, um die Hand gegen Zufammemvirfung des Baiern und des Kaiferd zu bieten, und felbft dur den Baron d'Avaugour, jest franzö⸗ fiihem Refidenten im Heere, den ſchwediſchen Feldherrn aufgefordert hatte, an den Rhein fich zu ziehen. Aber Frankreich wollte den Baier aus den oben bargelegten Gründen noch fchonen, und nur im alle eined Angriffe befielben auf die Schweden mit den Waffen feindlich auftreten. Ein Brief Brienned vom 16. Mai an den Refiventen verrietb, von den SKaiferlichen aufgefangen, ? bie Weigerung, geradezu feindlicdy zu verfahren. Um nun zum Anfalle auf den Kurfürften, welchen die Schweben ald Hauptfeind be trachteten, fih dem Turenne zu nähern; gedachte Wrangel, von Torſtensſons Teitendem Rathe abhängig, über die Weſer zu gehen, mit Hülfe der Landgräfin Hörter zu erobern, das Land zwifchen Wefer und Elbe, fo wie Weftfalen vollends zu bezwingen, und am Unterrhein zu Turenne zu ſtoßen. Aber dic Landgräfin, welde wegen ihres Krieges gegen den Darmſtädter die Rache des Kaiſers fürdhtete, verweigerte die Mithülfe zu ſolchem Plane, weil fonft des Kaiſers Heer fih zwiſchen den Franzoſen und Schweren auf ihr Land werfen könne, und verlangte die Vereinigung Wrangeld und Turenned oberwärts ihres Gebietes am Main, nit unter- bald. Sie warnte ängftlih vor Georg, forderte am 17/,, April in einem vemüthigen „Memortal” Schomung ihrer Lande und empfal die Belagerung Paperborns, um, einmal im Beige, ihre For⸗ derung auf dem Friebenscongrefle deſto eindringlicher zu machen. Aber ungeachtet Torſtensſon die Bewegung des fo hart bedrohten Landgrafen Georg bedenklich fehlen, mußte Amalie Eliſabeth, die

ı Bufendorf 610.

2 Adami 284: Et autant quo nous avancerions vers le Danube et que nous remonterions ce fienvo, que les Buedois descenderoient presentement, et pour faire un mauvais offect, jetant Bavare dans le derniör deser- poir, qui a rendu des bons offices d l’une et a l’auire Couronne, pour leur moyenner lour satiefaction.

ZuRi 137.

Melander in des Reiches Dienfl. 549

noh am 16. Mai den zerrütteten Inftand ihres Heeres berichtete, * einen Theil ihrer Streitkräfte hergeben, mit weldem Wrangel am 18), , April Hörter belagerte und am 4. Mai eroberte; mit geringer Mühe felbft Paderborn am 9, Mai und Stabt-Bergen glei dar⸗ auf bezwang.? Berheerend hauste Wrangel in den Stiftsländern; während Turenne bie geiftlichen Fürften am Rhein mißhandelte, gaben die Sranzofen in Münfter fih doch die Miene des Wohl wollend gegen die Prälaten. Paderborn und StabtsBergen waren der Landgräfin zur Entfhädigung für Ältere Forderungen von den Schweden eingeräumt, und die zähe YBundesgenoffin dadurch ge- fügiger gemadt, durd ihr Heer die Verbindung Wrangeld und Turennes zu erleichtern, -weldher, um Seflerreih zu Schwebens Borfchlägen zu beugen, am Anfange Junis bei Bacharach Über den Strom ſetzen wollte, und deshalb verlangte, daß Wrangel ihm die Reuter zur fiheren Verbindung über Marburg an die Lahn fende. Denn inzwifhen war auch das kaiſerliche und baieriſche Heer, vie Abficht des Gegners erratbend, und um dem Nothfchrei George gegen die Landgräfin beizuftehen, über Schweinfurt an den Untermain gerüdt, * und fand der Erzherzog zu Anfang Juni um Rotenbady bei Hanau, Geleen bei Münden, um die Feinde zu beobachten. Deshalb zog Wrangel, um Turenne aufzunehmen, am 2. Zuni bis Wetzlar hinab. Schon war aud Georg aus Weftfalen zu ihm ge: ſtoßen; Bönninghaufen, durch Frankreichs Geld gewonnen, führte 3000 Geworbene heran; Königsmarf nahete mit 8000 Mann, welcher wiederum in Bremen gebrandihapt und auch Lemgo im Borübergehen am 1. Juni erobert hatte. Zwar herrfchte noch Ungewißheit der Dinge, weil eben die Unterhandlungen in Münfter und Osnabrüͤck lebhafter betrieben wurden, und die große Aners bietung an Frankreich erfolgt war; dennoch glaubte Leopold Wilhelm Ah auf einen Anfall gefaßt machen zu müflen, und rief auch aus den nieberrheintfchen Gegenden Truppen an fih. Die Bertheidigung des Erzbisthums Köln und Weflfalend Hatte aber verheißlih ein Mann übernommen, den wir lange aus den Augen verloren. Melander, bis zum Sommer 1641 Amalia Elifabethd treuer Be- rather, dann mit Unmwillen aus ihrem Dienfte geſchieden, in feiner Juſti a. a. O.

2 Bufendorf 6il. Pufendorf l.c. Adlzreitter 495.

550 Melander im Dienfle des Beiches.

Zurüdgegogenheit verfolgt, hatte lange mit dem Entſchluſſe ges fämpft, gealtert und grämlich, die ihm mehrfach gebotene Feldherru⸗ würde anzunehmen. Bon der Gerechtigkeit der deutſchen Sache, von der Tüde der Feinde überzeugt, war er felbft gegen Ferbinande Gnaden ftandhaft geweſen, welcher im Jahre 1643 feine Herrichaften Eſterau und Iſſelbach an der Lahn, die er kurz vorher vom Grafen Johann Ludwig von Raffaus Hadamar erfauft, zu einer unmittel- baren Reihögrafichaft unter dem Namen Holzapfel erhoben hatte. ' Als jedoh nad) Mercys Tode Geleen die Leitung des „weftfälifchen Kreiöverfaffungsheeres“ aufgab und in baierifhe Dienfte trat, war in jenen Ländern, wo die Heflen ihrer ungefättigten Benteluft fröhnten, kein angejehener General; weöhalb der Graf von Holz⸗ apfel, als Nachfolger Geleens, im November 1645 den Feldherrnſtab mit friſchem Lebendmuthe ergriff und fi vermaß, „ieinen grauen Kopf zum Berverben der Schweden darzubringen.“ ? Auf die Kunde vom Anfalle Königsmarks auf Bremen und Wrangels auf WVeftfalen, war Holzapfel ind Herzogthum Berg gerüdt, hatte aber mit feinem geringen Häufleln die Hortichritte des ſtarken Gegners nicht hindern können; dagegen den bangen Landgrafen Georg, welden er ale feinen Schügling aus den Tagen des mainzer Friedens betrachtete, des Beiftanded gegen die hämifche Ueberwältigung Amalia Elifabeths vertroͤſtet. Als nun auch Wrangel auf Oberheffen drang, machte, voll Erbitterung gegen den ungezügelten Gewaltfinn feiner ehemaligen Gebieterin, Holgapfel über ven Wefterwald mit 400 Reutern zu Leopold Wilhelm fih auf; weshalb die Beforgnig Turenned, ber noch vor Frankenthal ftand und die Bereinigung verzögerte, gerecht⸗ fertigt fehlen. Eben war Königsmark mit 8000 Mann zu Wrangel geftoßen (15. Juni) und der neue ſchwediſche Feldherr* brannte vor Verlangen, die lang verfchobene Entſcheidung in Baiern und Oberdeutſchland herbeizuführen; ald Mazarin um die Mitte des Inni ihm melden ließ: ® die Holländer hätten den verfprochenen Angriff auf Flandern unterlaffen, weßhalb Turenned Truppen zum

ı Büfding I, 1, 854. Imhof 249.

Adlzreitter 493. Pufendorf 613. Hoffmann I, 218.

Bufendorfa.ad.

* Als Torftensfon an feiner Genefung verzweifelte und Keim begeßrie, erhielt Brangel im April 1646 feine Vollmacht ausgefertigt. Geijer a. a. O.

e Wufenporf 612.

Untreue Frankreichs gegen Baiern. 554

Theil im Luremburgifchen verwendet werden müßten, Wrangel möge derum in feiner Stellung noh einen Monat verharren.“ Be- fremdet durch die Berweigerung, die fein Bote von Turenne felbft zurückbrachte; unmurhig über die Yranzofen, die ihn bis hieher vorgelsdt, war Wrangel unfchlüffie, was zu thun ſei. Die beprohete Landgräfin durfte er dem nahen Feinde, der fhon an der Ohm ſtand, und mit Holzapfel ſich vereinigt Hatte, nicht preisgeben; ebenfowenig fich zu weit ven Turenne entfernen. Es blieb daher Fein anderer Ausweg, ald ver Lantgräfin den Unterhalt des Heered in öder Berggegend zuzumuthen, und um AmöÖneburg der Franzofen zu harren. ber ber wahre Grund ver Saumfeligfeit Frankreich war vie Beforgniß Mazarins, ! „Die Schwe- den möchten in Folge einer Entfcheloung, durch ihre beiderfeitigen Waffen herbeigeführt, und durch Nieverwerfung der Baiern eine zu übermüthige Stellung in Deutfchland einnehmen. “Denn die Bevollmaͤchtigten in Münfter hatten die Abficht ver Schweden, ? den Baier durch einen nachdrücklichen Angriff unſchädlich zu machen, nad Paris gemeldet, und das Bedenken erregt, daß ein Treffen, es möchte ausfallen, wie ed wollte, immer für Sranfreih nachtheilig fein werde. Siegten die Katferlichen, fo würben fle ihre Zugefländ- niffe zurüdnchmen; fiegten die Verbündeten, fo würden die flohen Schweden fih als Richter Deutichlands anfehen. Da aber Marl miltan von Batern, ungeachtet Geleen auf fein Geheiß noch zu Hasfurt am 17. Mat im Lager befannt gemacht hatte,’ „die Fran⸗ zofen bei eingeleitetem Waffenſtillſtande nicht als Feinde zu betradh- ten; nad Abtretung Breiſachs feinen Unmuth gegen Frank reichs Untreue blider ließ, und noch weit davon entfernt war, ſich auf Ludwigs Verlangen einer Neutralität, wie der Sachſe zu fügen; durfte man die Schweden nit durch ausbrückliche Ber: weigerung beleidigen. Aber Mazarin vergaß bald Die Zufiderungen, mit welchen er betrüglich des Baiern Entfchluß gelähmt ; ſchon wurde bei der furchtfamen Unthätigfeit der Schweren die Rebe der Tailer- lihen Minifter in Münfter zuverfichtikher. Wäre nun das Faiferliche Heer oder das baieriſche rudfihtslos auf den Feind gegangen, fo mußte die Sache noch eine günftige Wendung gewinnen. Aber ı Bougeant II, V, 55.

> Brief vom 31. Mai 1646. Mufendorf 611.

552 Schweden mit Turenne vereinigt.

die halben Maßregeln ſchadeten unwiderbringlich. Zwar drang der Erzherzog, nod durch Raufchenbergd Regimenter verftärkt, am 27. Juni vom Taiferlich + treugefinnten Landgrafen Georg bewill fommnet, ' über Gießen grade auf Wrangel, der in Amöneburg verfhangt lag. Dem Heere fehlte es weder an ver Zahl, nod an Generalen; Johann von Werth, Saradetzki und Hatzfeld befehligten - größtentheild die Vorhut, und ließen ed an gewohnter Thätigfeit nicht fehlen; doch wurde eine befremdende Ungewißheit in den Bewegungen ded Heered wargenommen. Bei Homburg an ber Ohm und bei Schweindberg Iagerten die Taiferlihen Truppen und fam es am 5. Juli zu einem hitzigen Reutergefechte, in welchem Geleen chrenvolle Wunden davontrug; felbft der Sieur de Beau⸗ regard, vom Lager auf dem Wege nad Kaflel, entrann nur mit Noth den Faiferlichen Streiffchaaren. Aber während den Schweden reichlich Lebensmittel aus Kaflel zugeführt wurden, deren fichere Ankunft, wie am 13. Juli, Königdmark, gegen den auflauernden Sohann von Werth hütete, ? nöthigte Mangel an allem und noch obenein eine Pferbefeuche den Erzherzog, ſich auf demfelben Wege in die Wetterau zurüdguziehen (16. Zul). Seine Streitkräfte waren bedeutend vermindert; dagegen den Schweden der Muth ges wachfen durch die endliche Vereinigung mit Turenne.“ Der Bis comte auf des Königs Geheiß rheinabwärts über die Mofel nad) Weſel gezogen und dann auf das rechte Ufer übergegangen, vereinigte fih mit dem ſchwediſchen Heere, zu welchem auch Bönninghaufen feit dem 17. Juli mit 3000 deutſchen Söldnern Frankreichs geftoßen, bei: Sriglar, an demjelben Tage, ald Marimilian noch in Paris durch) den päpftlihen Nuntius Bagni deutliche Erflärung ber Anfihten Frankreichs forderte! Der Schwede, jebt an ber Spike eines Heeres von über 40,000 Mann, gedachte, wie Guſtav Adolf und Bernhard ihn gelehrt, grade auf Baiern und dann die Donau hinunter in Defterreich einzubringen. Sein Feldherrntalent zeigte ihm die Mittel, den Gegnern einen Vorſprung am Maine abzuge- winnen, und dad Glück begünftigte den Fühnen Anſchlag!“ Am Friedberger Lager, wo Salven ans allen Feuerröhren die Krönung

ı Deutfcher Florus 673.

: Deuticher Florus 676.

Bougeant IV, 391. Pufendorſ 613. ° Sreyberger III, 113.

Der Franzofen Falſchheit gegen Baiern. 553

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des jungen Königs von Böhmen, Ferdinand IV., verfündeten, vor- überziehend, „als wolle er auf Höchft oder Mainz (',, Auguf), jhlug er, Hinter Königsmarf verftedt, einen Haden, feßte unvers muthet bei Bonames, wo fih ihm Johann von Werth vergeblich entgegenflellte, und ein, von den Zeitgenofien oft mit ihm genannter Kriegsfohn, St. Andreas, ein Zranzofe, ihm den Paß abzwang, über die Nidda, brach ſich zwifchen dem kaiſerlichen Lager und Frankfurt Bahn bis Windel, und fchlug nad hartem Wiperftande die Faiferlihe und baieriſche Beſatzung. Seht ftand hinter dem Rüden des feindlichen Heeres ? ihm der Weg nad dem Redar und ver Donau offen, während jened, irre geführt, wenn es rafch noch am 15. Auguſt die Bereinzelten angegriffen bätte, das Spiel in den Händen behielt; aber gleich darauf fih von der Heimath ab- gefchnitten fah, und vergeblich hoffte, Das vereinigte Heer würde ihm nad Wiederhefien folgen. Ohne Mühe gingen Zurenne und MWrangel bei Hanau und Aſchaffenburg über den Main, zogen, ge: trennt durch Franken und Wirtemberg, auf die Donau los (23. Auguft). Die ſchwach befegten Feſten Wirtembergd, Schorndorf, Tübingen, ohne das Schloß, öffneten den Franzoſen, den Schweden Nördlingen die Thore. Nirgends fanden fie ernfllichen Widerſtand. So fah Marimilian feine Staaten, mehre Jahre von Feindesnoth verfchont, plöglih von den vereinigten Gegnern angefallen, da er ber Beforgniß von dem Franzofen überhoben zu fein glaubte; die Donaupäffe bei Donauwerk und Lauingen am 14. September erzwungen, und felbft Rain erobert! Johann von Werth, beunruhigt von böſen Ahndungen,. ald das kaiſerliche und baieriſche Heer zwis hen Würzburg und Bamberg den Rüdweg ſuchte, ſchrieb noch am 5. September aus dem Hauptquartier Riened im Speffart wieder: holend, „daß Schweden und Franzofen zufammenftoßen würden, um gegen die Donau zu gehen; warnte vor dem Frieden des Fein⸗ des, weldher nur langwierige und betrüglide Zraftaten brauchte, um den Kurfürften zu hintergehen, der deutfhen Stände wanfende Gemüther zu erfaufen, und durch allerlei Praktik zu gewinnen. Sein Rath wäre, da aud) die Schweden neuen Succurd

% Motifs 425 nennen ihn St. Andre Frangais et General- Major dans Parmee de Hesse.

: Memoire de Turenne I, 39. Adlzreitter 496. Bufenpurf 614.

Theatr. Europ. V, 1177.

554 Franzoſen und Schweben auf die Donan.

erlangt, ohne Zögern nad Möglichkeit zu werben, und dieſen hoch⸗ müthigen Beinden mit Ernft zu begegnen.” Schon aber hatte der fiuge Marimilian ſich foweit durch franzöfifhe Kimfte berüden laſſen, daß er am 9. September zwar Werths Eifer lobte, die Werbungen jedoch für zu ſpät erflärte, da der Winter nahe und Die Quartiere enge. ' Die Nachläffigkeit der Feldherrn, welche die „Brille, bis auf den jcharffihtigen Melander, zu fpät aufſetzten,“ und feine eigene Bereitwilligfeit/ daß er zur Rettung Böhmens fich feiner Streitkräfte entblößt, anflagend, war Marimilian, nie rathlos in der größten Gefahr, gleih auf Mittel bedacht. Während feine Gefandten in Münfter von Buiernd Neutralität offen redeten, bewaffnete er ben zehnten Dann auf dem Lande, fchicdte Eilboten zum Feldmarſchall Geleen,“ um 2eopold Wilhelm zu bewegen, mit dem Heere den Donauländern zu Hülfe zu eilen, ober daß jener, im Falle einer Weigerung, allein mit feinen Truppen aufbrechen follte. Aber ehe der Erzherzog auf weiten Umwegen durch Franken und die Oberpfalz berbeifommen und, mit neuen Bölfern um Regenöburg verftärkt, bei Straubing über die Donau gehen konnte, war Freifingen verwüftet und Augsburg, jo mühfam nach der nördlinger Schlacht den Schweden abges wonnen, den 28. September mit einer Belagerung bedroht. Der alte Kurfürft, in einem Landhauſe beinahe von den Feinden übereilt und vergeblih die Tüde der Zranzofen durch Briefe an den Nuntius in Baris und durch die Gefandten in Münfter bezüchtigend, wich wieber, wie einft vor Guſtav Adolf und Bernhard, aus feiner Hauptftabt nah Waflerburg und Braunau; das gefchredte Landvolk fuchte mit feinem Bich und feiner beften Habe Schub hinter dem Inn ober rettete fi in die Alpenthäfer. Aber nicht allein flehte der fromme Marimilian ven Himmel um Rettung feiner Staaten an; uners ſchütterlich und befonnen traf er überall die beiten Anftalten, um feine übrigen Lande zu retten. Die Reichsſtadt Augsburg, vor zwei Jahren von ber baterifchen Beſatzung befreit, fchien, von ven vereinigten Heeren erobert, die Wendung des Krieges nothwendig bringen zu möüflen; aber alsbald waren auf Betrieb des Kurfürften die kraͤftigften Maßregeln ergriffen und zumal Ausſoͤhnung mit ver evangelifchen Bürgerfhaft verfucht, welche feit der Herrichaft der Katholifen den Uebermuth in Guftav Adolf Tagen bitter gebüßt

ı Meftenrieder aD. »Adlzreitter 497.

Augsburg belagert. 555

hatte. Zwar mißlang ein fo heilſames Werk; dennoch aber bemüheten ſich Wrangel, fo wie Turennes Abgefandte vergeblih. Eine muthige Beſatzung hatte ſich mitten durch die Feinde in die Stadt geworfen, hielt ftandhaft mit den bewaffneten Studenten und der Fatholifchen Bürgerfchaft die Belagerung aus (vom 5. Oftober), bewachte ſorg⸗ fältig die verbächtigen Mitbürger, ded nahen, unter dem Erzherzog herbeieilenden, Entfages gewärtig. * Aber nur auf Umwegen langte die Hülfe an; am 20. September ſchrieb Johann von Werth noch aus Burglengenfeld in der Oberpfalz, vol Klagen, daß man feine Warnungen nicht gehört, unmuthig über die Langfamfeit des Faifer- lihen Succurfes, „während der ind Reich eingebrochene Feind fich durch neue Zuzüge flärfe.”? Er ermahnte jene zu befchleunigen, aber fi vor Unterbandlungen zu hüten; wohlkundig der gefährs- lihen Pläne im Rathe feined Fürften, der bereits feines Ober⸗ befehlshabers Geleen fo ungewiß fhien, daß er am 22. September den General- Wachtmeifter Drudmüller an Werth und Raujchenberg ihidte:? wenn Geleen der Drbonnanz nicht nachlebe, follten fie vorgreifen.” Am 24. September halt Wert, von Ingolftabt aus über den lieverlichen Berluft von Rain, weldes die Schützen und das Landvolk fchlecht vertheidigt hatten. Am 6. Dftober bis Freiſingen vorgebrungen, wiederholte der Beforgie feine Mahnungen: „er wife, daß der ſchwediſche Neichsfanzler die Abgeſandten der Krone in Osnabrüd erinnere, feinen Frieden einzugehen, bis alle hohen und niederen katholiſchen geiftlihen Stände ausgerottet feien ; Frankreich fege feine Werbungen fort; in den Niederlanden gewönne fpanifcherfeitö alles den Krebsgang; die möünfterifchen Friedens⸗ traftate feien nur Griffe, den Kurfürften und alle Welt zu be: trügen. ntfchlofienheit jei nöthig, denn wenn man Diesmal fid in keine Action einlafen dürfe, wäre eine künftige noch weniger baftant.”

Aber ungeachtet die baierifchen Abgeorpneten in Münfter mit den Franzoſen fchon Über einen einfeitigen Waffenftiliftand unter handelten und nad) neuen fchmählichen Zugeſtändniſſen des erſchreckten Trautmannsdorf an Frankreich vom 13. September, welche Baiern nicht retten konnten, ſchwediſcherſeits der General Kriegszahlmeifter Brand und franzöfifcherfeit der Sieur Marfilly de Croiſſy am

ı Steiten II, 656—672.

_ Mefenriedera. a. O. Weſtenrieder a. a. O.

556 Augsburg durch das baierifche und Eaiferliche Heer entfebt.

18. Oktober fih nad Ulm zu dem Heere aufmachten, um einen Waffenſtillſtand aud mit dem Kaifer einzuleiten, wollte ver Yeind doch erft Augsburgs Fall abwarten, um alles noch Verweigerte - von dem Niedergeworfenen mit einemmale zu erprefien. Dieſer Triumph jedoch follte den. Kronen noch nicht werden. Schon waren die Minen bi unter die Hauptwälle Augsburgd vorgerüdt; bie Mauer und Kirchen durch Feuerkugeln erjchüttert, ald endlich am 22. Dftober fi Johann von Werth an der Spite von 4000 Reutern im Angefichte der bedrängten Stadt zeigte. ' Ihm folgte das ganze baierifche und Faiferliche Heer, welchem weit und breit um Friedberg brennende Dörfer den Weg nach Augsburg fchredlich bezeichneten. Bor diefer überlegenen, auf der anderen Uferhöhe des Lechs ſich ent- faltenden Macht gaben die Verbündeten die Belagerung auf und zogen auf Lauingen zurüd. Baiern war gerettet; aber durch bie Kurzfichtigfeit des Feldherrn leider nur auf wenige Tage. “Denn während der Erzherzog über den Lech bis gegen die Iller nach Mem⸗ mingen vorbrang, in der Abficht, durch Mangel den Feind über die Donau zurüdzuwerfen, wies er feinen liftigen Gegnern, welche ihm durch rüdgängige Bewegungen auf die Donau die Falle geftellt, den Weg nad. dem Grenzftrome und in die wehrlofen, offenen baterifchen Lande. Kaum wurden Wrangel und Turenne inne, daß fi das Heer jenfeit® der ler befände, al fie ohne Säumen Landöberg eroberten (den 3. November), die Brüde über den Lech in ihrer Gewalt fahen. * So war das ftärfere Heer des Erzherzogd durch eine plöglihe Wendung der Dinge von dem Lande, zu defien Schuße ed aus der Kerne herbeigeeilt, abgefchnitten; die Rückkehr nach Baiern ihm verfperrt, welches von neuem alle Greuel des Krieged in un- fäglihem Maße erfuhr. Aus feiner Betäubung erwacht, fuchte der getäufchte Feloherr hie und da den Eingang in fein Land, bis er endlich bei Thierhaupten fo glüdlih war, auf das rechte Lechufer zu gelangen. Der Anblid ver baierifhen Gaue, durch Freund und Feind gleich bedraͤngt, bis nad München hin verwüftet, wo ſelbſt das fürftliche Lufthaus ein Raub der Flammen geworben, das übers häufte Elend feines Volkes erfchütterten vollends die im MWechfel des Glückes ſchon mehrmald wankend geworbene Anhänglichfeit

ı Theatr. Europ. V, 1201. Bufendorf 616. Adlzreitter 501.

Stetten II, 696. : Bufendorf 616. Adlzreitter 501. Theatr. Karop. V, 1215.

Waffenſtillſtandounterhandlung zwifchen Frankreich und Baiern. 557

Marimiliand, und Sorge für die eigene Erhaltung wußte nur ein Mittel: der Faiferlihen Partei feine Waffen zu’ entziehen, nach⸗ vem er bei beiden Ferdinanden bis jet verharrt. Darım erneuerte er in diefen gefährliden Momenten die fchon früher eingeleiteten, aber bei den beſchimpfenden Yorderungen der Franzofen und Schweden wieder abgebrochenen Unterhandlungen in Münfter, um durch einen vorläufigen Waffenftilifiand den Weg zum allgemeinen Frieden zu bahnen. Den legten Bundeögenofien Ferdinands bis zum Bundbrude zu zwingen und durch Schonung deſſelben prunkhaft ihre Liebe für die Erhaltung der Fatholifchen Kirde an den Tag zu legen; war die Aufgabe der franzöfiihen Staats- weisheit ſchon feit Guſtav Adolfs Erfcheinen geweſen, melde nur ungern Wrangeld Waffen durch Turenne unterftüßte; jebt triumphirte Mazarind Politif und groß war daher die Befremdung des Schweden, ald die Kranzofen fi) weigerten, die Verwüftung bie jenſeits des Inn zu tragen, unter vem Vorwande, der Kurfürft fei mit ihnen in Waffenftillftandsunterhandlungen getreten. Solche Kunde brachte zuerft der Sieur de Eroifiy, am 12. November aus Münfter von den franzöflihen Gefandten abgefhidt. Ergrimmt über viefes Hindernig mußte Karl Guftav Wrangel, von feiner Krone befehligt, die Waffen nicht anderd ald nah gänzlidher Demüthigung des Feindes niederzulegen, ſich dennoch entichließen, die fichere Beute fahren zu lafien. Noch einmal fühlte das unglüdliche Land zwi⸗ hen dem Lech und der Iſar den Fluch des Krieged und dann zogen Franzoſen und Schweden bei Schöngau nah Schwaben zurüd ! (23. November). Ihnen folgte Johann von Werth, deſſen Fühnen Plänen die zweideutigen Umſtände des legten Feldzuges fremde Feſſeln angelegt, bis Füflen, und als Baiern, von den Franzoſen ald Reli» gionsverwandten ſcheinbar willig, von den Schweden mit lautem Unmuth über Frankreichs Wanfelmuth geräumt war, 309 Erzherzog Leopold über die Donau, trat den Heerbefehl bis auf Gallas Ankunft an Lobkowitz ab und ſchied audy Hapfeld aus feinem Amte. Das baiierifche Heer dagegen, ungewiß der Dinge, die da kommen follten, lagerte fi) auf heimathlichen Boden, dieſſeit des Stromes , wiewohl Streifjige aus den eroberten Feſten wachfam erhielten. Auf bie abenteuerlihfte Weile, wie ed ſchon längft Sitte ded Krieges geworden, endete Guſtav Wrangel einen Feldzug, welchen er an ven ı Bufendorf 617. Theatr. Europ. V, 1236. 1237.

558 Winterquartiere der Schweden in ben Alpen.

Sudeten eröffnet hatte, mit der Eroberung der bregenzer Alpenflaufen am Bodenfee. Weber Schwaben audgebreitet, nahmen die Franzofen ihre Quartiere an der Oberbonau und im Wirtembergifchen bis Tübingen hinauf; die Schweden wählten fih das Land nad dem Bodenſee zu, hielten zugleih Donauwerth und einen Theil der Ober⸗ pfalz inne und drüdten aud den Bifchof von Würzburg zur Unter: wäürfigfeit herab. * Aber Wrangel hatte bei einbredhendem Winter bereitö beffere Herberge erfpäht; bedacht, wie fein Vater frühe ihn gelehrt: „wer etwas nimmt, hat ewas,“ fchidte er, gelodt durch die angftvolle Wachſamkeit ver geflohenen Bevölkerung, am erften Januar 1647 den Mortaigne und den Oberften Duglad über Isny und Leutkirch gegen die bregenzer Klaufe hinauf, wohin weit und breit die Einwohner ihre befte Habe vor der Wuth des Feindes ges borgen, und erflürmte am 4. Januar jenen verftedten Schlupfwinfel, welchen das Landvolf vergeblich vertheibigte, und der ihm unermeßliche Güter gewährte. Es blieb die legte Kunft des Feldherrn in Deutfchland den Krieg in eine Gegend zu fpielen, welde noch Mittel des Unterhaltes und Beute verhieß. In allen winterlichen Unternehmungen hatte Widerholds Landeskenntniß und Lift dem Schweden treulich geholfen.” So ruheten hier in den hohen Alpen- thälern, welche feit Horns Einfall im Jahre 1633 fi) der Ruhe erfreueten, die ſchwediſchen Waffen, während der neue Feldzeugmeiſter Wittenberg im fernen Schlefien, am Saume Mährens den Raimund Montecuculi durch Sorge vor einem Einbruche in die kurz vorher befreiten Erbländer abhielt, zur Rettung Baierns an die Donau zu eilen.“ ber aller diejer Bortheile der Verbündeten hatte bie Landgräfin am wenigften fich zu erfreuen. Denn ald das Hauptheer fih nad Oberdeutſchland entfernt und die beiden heffifhen Häufer in ihrer Fehde allein gelaflen waren, * hatte Geiß, zum Entfage Kirchheims von den Schweden abgerufen, einen fchweren Stand gegen den Darmftäbter, welchen Holzapfel mit Rath und That unterflüßte. Kirchheim und mehre Feſten in Oberhefien gingen verloren. Mit unerhörter Wuth wurde der Krieg zwifchen den Abkoͤmmlingen de fr felben Stammes und mit einer Aufopferung, welche eine beffere

° Adlgreittex 502. Pufendorf 618. Thestr. Europ. V, 1253. : Grlad I, 234 fi.

3 Bufendorf 621. Geijer MI, 379.

Pufendorfa. a. O.

Berlufte der Heften. | 559

Sache verdiente, von den Unterthanen aufgenommen. Als in der Mitte des Oktobers Geiß Alsfeld belagerte, eilte Alt und Jung zu den Waffen; ſaß der Bürgermeifter mit dem geiftlichen Herren auf dem Dache der Pfarrwohnung, um das Blei von den Rinnen zu reißen, und den Streitern Kugeln zu verfchaffen; * und trieben die Bürger die fchon eingedrungenen Niederhefien blutig ab, obgleih die Blüthe ihrer Jugend auf unvorfichtiger Verfolgung unterlag. Holzapfel wäre dem Barmftädter gern länger zur Seite geblieben, zumal Geiß Tauernd fi unter die Wäle von Ziegenhain gezogen; aber während feiner Abwejenheit aus dem kölner Lande griff Rabenhaupt, der Landgräfin General in jenem Gebiete, die Feſte Zous an, und hatte bereit den Oberſten Sparr, ver zum Entfage herbeieilte, zurüdgetrieben, als Holzapfel, der weibliche Alte, durch fchnellen Ritt durch den Weſterwald die Stadt glüdlich noch befreite. ALS aber ein ſchwediſcher Zuzug aus MWeftfalen unter dem Grafen Löwenhaupt mit Geiß am Vogelsberge ſich vereinigte, fanf dem verlaffenen Landgrafen Georg, den der Kurfürft von Sachen, fein Schwiegervater, nicht unterflügen durfte, der Muth, und erlitt der Graf Eberftein am 19. Rovember 1646 bei Franfenberg eine fo bintige Niederlage, ? daß er nur mit Mühe über die Ever nad Weſtfalen entrann. Gebeugt durch folhe Berlufte, Tnüpfte Georg durh Herzog Wilhelm von Sachſen Unterhandlungen mit feiner hartfinnigen Obfiegerin an, die jedoch gleichzeitig eines der ſich e r⸗ ften Unterpfänver ihrer Forderung verlor. Denn Melander über- rafchte in der Morgenfrühe des 30. Rovember die Stadt Paderborn, welche die Schweren im Mai der Amalia Elifabeth für Vorſchüſſe und Unterhalt des fchwebiichen Heeres eingeräumt, und welches jene in Münfter auch gegen die Franzoſen für immer ver Bundes» freundin zu erwerben fih anheifhig gemacht hatten. Meber Tafel von einer fo „unangenehmen Quittung“ über die Summe, welche fie 300,000 Thaler fhäste, benachrichtigt, verrieth die männliche Frau fein Zeichen der Beftürzung ° und vertraute für die Zukunft ihren Helfern in Münfter und Osnabrüd, deren gemeinſchaftliche Schritte, das deutiche Boll noch elender zu machen und das Reid noch t Sufti 141. Theatr. Europ. V, 1175.

: Bufendborf 822. 2 Arfenholz I, 154.

560 Sieg der franzoͤſiſchen Politif.

tiefer zu erniedrigen, wir zum Berflänpniß der nädften Dinge wieder aufnehmen müffen.

Als im hohen Sommer des Jahres das ſchwediſche und fran- zöfffche Heer durch das unglüdliche Berfehen des Taiferlihen Feld⸗ herrn den Krieg nad) Oberdeutſchland verfegten, und Baierns Treue am Reiche, erſchüttert, eine böfe Zufunft verrieth; hatte Trautmanns- dorf auch das Beſatzungsrecht Philippsburgs den Franzoſen bins gegeben, * von der fpanifhen Sache ald einer gemeinfhaft- lien des Haufes Habsburg fih losgeſagt, in der Hoffnung, daß Frankreichs befriedigte Ländergier die Schweden, wie es ver- heißen, zu billigeren Forderungen vermögen werde. Jene nahmen das Gebotene, welches fie durch Verſprechen ihres Einfluffes auf

die Bundesgenofien erfchlichen; erklärten aber, daß fie, verweis gerten die Schweden den Frieden, das Bündniß nicht bredien fönnten, dagegen ihre Verwendung verfuchen wollten. In folder Zuverfidt wurden am 13. September die Bedingungen der Genug- thuung für Frankreich zuerft ſchriftlich zufammengeftellt, welche alle jene ſchmählichen Zugeſtändniſſe enthielten, dagegen nur drei Millionen Livres als Entſchädigung der Erben von Tirol feſtſetzten; Alles aber unter der gegenfeitigen Berwahrung, daß wenn gegen die Erwartung der allgemeine Friede nicht zu Stande fomme, diefe Bunfte nichtig - fein follten. ? Triumphirend meldeten am 17. September ° die frangöftfhen Bevollmächtigten ihren Gewinn der Königin, „daß fie zur Zeit der Minderjährigfeit die alten Grenzen Frankreichs hergeftellt, zwei ſtarke Pläbe auf dem rechten Rheinufer erhalten: et que cette dangereuse r&union des forces de la maison d’Au- triche, qui a donne tant de crainte a nos pöres se trouve au- jourdhui rompue.” Anders lautete freilich die Tühne Rebe, welche wenige Monate darauf im parifer Parlamente gehört wurde. Denn ald die Regentfhaft zur Beftreitung ihres Lurus und der Kriegöfoften zu neuen Auflagen fchritt; der adtjährige König durch ein Lit de justice nad altem Brauche die Einregiftrirung ben cours souveraines im Februar 1647 gebot, und der Kanzler »Adami 271. |

: Apami 277. ? Slaffan IH, 128. Bougeant II, V, 568.

Unzufrietenheit der franzöflicgen Stände. 561

Seguier auseinander fehte: * la necessit6 des nouveaux états par l’insuffisance des ressources annuelles pour centinuer une guerre, dont les glorieux succ&s dtoient pour la nation une bril- lante r&compense de tous ses sacrifices; erwieberte der erfte Praͤ⸗ fident:? „qu’on ne voulait pas 6touffer ka guerre afın qu’elle servit toujours d’occasion à ceux qui abusaient de lautorile -royale, pour devorer ce qui restait de biens aux particuliers.“ Ja, der Advocat-general wagte in feiner harten Weife zu fagen: „On pretend qu’il n’est point facile de conclure la paix avec les ennemis; qu’il est plus ais& de les forcer par les armes que de les soumettre par la raison; qu’il est avantageux à l’Etat de ne pas manquer au moyen des victoires du Roi qui ont augmente nos frontiöres de nouvelles provinces. Soit que ces propositions soient vraies ou fausses, nous pouvons dire & Votre Majeste que les victoires ne diminuent rien de la mis&re des peuples; qu'il y a des provinces entiöres l’on ne se nourrit que d’un peu de pain d’avoine et de son. Ces palmes et ces lauriers pour lesquels accroitre on travaille tant les peuples, ne sont point compt&s parmi les bonnes plantes, parce- qu’elles ne portent aucun fruit qui soit bon pour la vie. Sire, toutes les provinces sont appauvries et épuisées. Pour fournir au luxe de Paris, on a mis imposition et fait des leve&es sur toutes les choses dont on s’est pu imaginer. . ll ne reste plus à vos sujets que leurs ames, lesquelles, si elles eussent été vönales, ily a long-temps qu’on les aurait mises en l!’encan.“ Um diefelbe Zeit warb der betrogene Kurfürft von Baiern, Dem Tranfreich jene Zugeftändnifle allein verbanfte, zur Verzweiflung getrieben und machten die franzöftfchen Gefandten, damit nicht ber Kaifer ven Krieg mit den Bisthümern, fondern mit feinen Erblanden büße, in ihren. Forderungen die osnabrüder Vers fammlung noch unbeugfamer. Wie von dort Trautmannddorf ges mäßigtere Vorfchläge erwartete, brachten. die Sranzofen zum Beſcheide zurüd (29. September), „die Schweden wollten wegen der Ueber laffung der einen Hälfte Pommerns bei der Königin eine Vollmacht einholen; verfprächen dagegen, durch Abfendung an das Heer einen ı St. Aulaire I, 165. | > Daf. 166. Barthold, Geis, des Sojäßr, Kriegs. II. _ 3

562 Schwedens gefleigerie Vorſchlaͤge.

Waffenſtillſtand einzuleiten.“ Doch die Zeitung von ben Fortſchritten der vereinigten Heere an der Donau fleigerte gleih darauf die For- derungen jener Krone; die Abgeorpneten nah Ilm, um Waffenſtill⸗ ftand einzuleiten, zögerten "deshalb abjihtlih, um erft Augsburgs Fall zu erharren und demgemäß die Bebingungen der Waffen- ruhe feftzuftellen. Am 18 Dftober ging der Franzoſe Marfiliy langfam nad Ulm ab, wohin faiferliher Seitd der Freiherr von Rofenberg beftimmt war; aber ald man in Dsnabrüd erfuhr, daß Augsburg entjegt fei, und das Heer der Verbündeten aus Schwaben zurüdziehe, kam Salvius nach Münfter, und erklärte am 2. Rovember:? „man müffedem Kaifernod einErbland abnehmen, Die Adlerfittige kürzen; ohne gänzliche Crniedrigung defielben fei Fein Frieden zu fchließen.” Servien zumal ftimmte dem Schweden, dem Bauernfohne, aus deffen Herzen jedes Mite gefühl für den Todesjammer von Millionen erftorben war, freudig bei; „noch wären fie weit vom Frieden entfernt und ber Kaiſer würde nad ſolchem Frieven, wie man ihnen anfünne, nur noch geftärft, fo lange er, fein Erbgut rettend, in früherer Furchtbarkeit daſtaͤnde!“ Berzweiflungsflage ging über Deutfchland aus, als ftatt eines lange erfehnten ſchimpflichen Friedens folde Aeußerung gehört wurde. Johann Orenftierna brachte am 14. Nos vember Schwebend gefteigerte Vurfchläge, die noch nicht Eingang finden konnten, und zu deren troßiger Durhführung Frankreich, für ih ka um befriedigt, mit Rath und That half. In Paris verfloß bei ſolcher Fülle glüclicher Ereigniffe, aber unter ven Zeichen in⸗ nerer Stürme, ber Winter unter ununterbrochenen Luftbarfeiten ; Piombino war erobert, ? wiewohl Harcourt bei Lerida gefchlagen ; Mardyck und Kortryd durch Bafton eingenommen, und Enghien, in Slandern allein zurüdgelaffen, hatte am 11. Dftober durch die Bes zwingung Dünfirhens die unheimliche Erinnerung an das Blut von Nördlingen vergeffen gemacht.“ Turenne endlich fand in Schwaben und an den Grenzen Baierns, deſſen Kurfürft, mürbe durch gehäuftes Unglüd, die Hülfe unzweideutig ergriff, welche unter Guftav Adolf zermalmender Ferſe ihm Ehamare, St. Etienne und fpäter de la

= Adami 285.

2 Haf. 293.

Moutglat I, 59. ° Daf. 42,

Derzögerung des Waffenſtillſtundes. | 563

range aur Ormes und Fenquisres fo unzählige Male angetragen! Was Wunder, wenn bei fo ſtrahlenden Erfolgen des Kardinals, welde das eitle Volk mit der Herrfchaft des Ausländerd verföhnen jolten, der Hof zu Paris die fremden Genüffe Italienifcher Sänger, Kaftraten und zauberhafter Scenerie fi behagen ließ, die der Ita⸗ liener aus feiner Heimath in die Hauptftabt Ludwig XIV. verpflangte.

Siebentes Kapitel.

Ulmer Waffenſtillſtand zwiſchen Frankreich und Baiern 14. März 1647. Unmuth der baieriichen Heerführer und Ungewißheit ihrer Pflicht. Mainz und Darmftadt entwaffnet. Graf von Holzapfel, kaiſerlicher Oberfeloherr. April 1642. Abfall Johanns von Werth von Marimilian. Juli 1642. Aufnahme beim Kaifer.

Sp entſchieden Marimilian auch zu einem Waffenſtillſtande, ald Einleitung zum allgemeinen Frieden, fich hinneigte, da ihm Mazarins Staatsfünfte zuflüfterten, der Kaifer fei der Spanier wegen ‚zu feinen Sriedensgedanfen zu bringen, und die franzöfiihen Ge- jandten in Münfter heilig verficherten, daß ihr König nur die Herrfch- juht des Kalfers beugen, dem Reiche aber feinen alten Glanz Iafien wollte; die Oberpfalz und die Kurwürde ihm verbürge; fo verzögerte fih dennoch die Abfchliegung der Vertragsartifel bis in das Frühjahr, weil die Krone Schweden nicht daran wollte, und der Kurfürft hatte nur die Frucht feiner laut gemißbilligten Tren- nung von feinem Schwager und Kaifer eingeerntet, daß Baiern von Franzoſen und Schweden, jedoch unter angedrohter fchredlicher Wiederkehr, geräumt war. Unter dieſen zweideutigen Verhaͤltniſſen finden wir die baieriſchen Heerführer, Geleen und Johann von Werth, einen dem kaiſerlichen Jutereſſe ſo nachtheiligen Ausgang ahnend, deſſen ungeachtet unverdroſſen, aber ohne bedeutenden Erfolg im Felde. Man ſuchte die Häupter des Heeres gefliſſentlich in ihrer Ungewißheit zu erhalten, weil man ihre Beiſtimmung nicht erwarten durfte; bereits am 3. Dezember 1646 hatte Johann von Werth aus Weichs unweit Regensburg geſchrieben: „er höre, daß Feld⸗ marſchall Geleen aus gewiſſen Arſachen Willens ſei, zu reſigniren, in welchem Falle er um deſſen Stelle bäte, damit nicht wieder ein

Anderer ihm vorgezogen wer de.“ Man antwortete aus Münden 36 *

564 Ulmer Waffenſtillſtandeverirag.

(8. Dezember): „noch fei darüber nichts bekannt, man werde aber feiner eingedenf fein.“ Darum dauerte denn der Feine Krieg fort; wir fehen, wie Ießterer im Januar mit 6000 Reutern über bie baierifhe Grenze hinausreitet, * über die Donau nad der jungen Pfalz fich zieht, bei Nörvlingen und Dinkelsbühl ſteht, um den Entſatz ber von Faiferlichen Truppen belagerten Feſte Weißenburg zu hindern, während Wrangel um Lindau am Bodenfee lag, mit den aufgeregten Schweizern unterhanbelte, und die Franzoſen, nad einem vergeblichen Verſuche auf Ueberlingen, im Wirtembergifchen ihre Winterquartiere aufgefhlagen. Das kaiſerliche Heer, über welches der franfe Graf Gallas wieder den Oberbefehl übernommen, hielt ſich gleichfalle jenfeit de8 Donauftromes, nachdem es Salzberg (17. Januar) und Weißenburg (2. Februar) eingenommen.

Meil der Antrag Maximilians in Münfter fehwieriger erlebigt werden konnte, Famen in Augsburg die Abgeordneten beider Kronen, Heflen Kaffeld und der Fatholtichen Fürften zufammen, und begaben fih am 24. Januar auf Ulm, wo der Tag zur Abfchließung dee Waffenftillftandes anberaumt war. Höhft ungern ging die Land- gräfin an das Gefchäft, das ihren Plänen, zumal auf die Stifter des Kurfürften von Köln, widerſprach; ihre Beforgniffe wagte fie jedoch nicht dem Marfhall Turenne, fondern nur den Schweden auszufprehen. Sie wußte aus eigner Erfahrung am beften, was man während einer Waffenruhe gewinnen inne! Marimilian, irrig überzeugt, daß nur der Einfluß des ſpaniſchen Hofes, deſſen Mißgunſt über den ihm verliehenen Kurhut er nie vergeffen Fonnte, den Kaiſer unter Waffen erhalte, und daß das Ausfcheiden einer bewaffneten Macht vom Stampfe den Frieden befördern, während fein unmündiges Gefhleht, im alle feines Todes, den Krieg unter Habsburgs Vormundſchaft erben würde; konnte dennoch nicht feinen Bundeögenofien von der vermeintlichen Wohlthat ausichließen, der durch Briefe und Gefandfchaften ihm beredſam bie gemeinfchaftlihe Gefahr vorftellte und, im Kalle eines erneuten Ans griffs auf Baiern, ihm mit ganzer Heereskraft beizufpringen gelobte. ? Gerdinand hielt nur einen viermonatlichen Stillftand für rathfam; „weil die Eriegenden Parteien den Frieden nie zu Ende bringen würden, indem ihnen der fortwährende Befig der eingenommenen

* Fheatr. Europ. V, 1278. Adlzruitier 50% Bufenporf 684. ® Abami 299.

Bebingungen beffelben. 565

Länder ‚gewifieren Vortheil brächte.” * Da in biefem Sinne die fatferlihen Abgeorbneten in Ulm dur ihre, nur dem Sieger ges bührenden Borfchkige, deutlich zu erfennen gaben, ihre Beſchickung habe nicht die Förderung, fondern die Trennung der Inter handlungen zur Abſicht, und die ſchwediſchen Unterhändler, nur durch die Drohungen Frankreichs zur Theilnahme gezwungen, im erften Unwillen über jene bereit waren, Ulm zu verlaffen; fo entäußerte Mari⸗ milian fich endlich, nachdem er die Fatferliche Betätigung zu verbürgen fih anheiſchig gemacht, und jene mit Heftigfeit widerfprocen, in Furcht vor einem neuen Einfalle der Verbündeten, der Anhänglichkeit an den Kaiſer gänzlich, und ſchloß am 14. März mit beiden Kronen und mit Heflen, für ſich zunächft und für Kurköln, wenn es einwillige, einen Waffenftiliftand bi8 zum Frieden. Kraft des Anfchluffes mit den Schweden wurde dem Kurfürften, wenn er allen Beiftand dem Haufe Habsburg, dem Lothringer und dem Landgrafen von Darmſtadt entzöge, für feines Heeres Unterhalt der baieriſche Kreis, die Oberpfalz und der Reſt ver. Rheinpfalz dieffeit des Eros mes, fo wie zur Sicherheit die eroberten Feſten Rain, Donaumertb, Wembdingen und Mindelheim eingeräumt, wofür er die Schweden in die Reichsſtaͤdte Memmingen und Ueberlingen einließ; dem Herzog Eberhard defien Feten Aura, Tübingen und Hohenadberg zurüdgab und feine Beſatzung aus Augsburg zog. Er gelobte nit ohne Anzeige bei den Verbündeten fein Heer zu verabſchieden, damit die fremden Kronen feine entlafienen Söldner gewinnen fönnten. Im Falle einer Beftätigung innerhalb acht Wochen blieb dem Kurs fürften von Köln der Eintritt in den Vertrag offen, und follte jener über die Waffenpläge mit der Landgräfin fich vergleichen. Der Vers trag erhielt nur in Gemeinfhaft mit Frankreich feine Gültigkeit, follte erſt durch Wrangel im Namen der Königin, innerhalb zweier Monate von der Landgräfin, und binnen fünf Monaten von Chris ftinen beftätigt werben, und war vom ©eneralmajor Mortaigne und von Duglas, fo wie von Raufchenberg und den baterifchen Räthen Küttner und Schäffer unterzeichnet. Der Vertrag mit Frankreich enthielt vdiefelben Beftimmungen, befchränfte nur noch mehr die Quartiere der Baiern, verfchaffte den Franzoſen Lauingen, Gundels fingen und die Feſten in der jungen Pfalz; die Reihsftadt

% Brief des Kaiſers von Preaburg 15. Januar 1647, 3ſchod e III, 318.

Anm. 297,

566 Nächfte Folgen des Ulmer Bertrage.

Heilbronn, welche vor kurzem noch dem Enghien und Turenne wider⸗ ftanden, fo wie die Freiheit der Generale Rofen und Schmidtberg, welche feit dem Tage von Mergentheim noch in Marimiliand Ge: walt fih befanden.

Auf die Kunde von diefem Vertrage, den Gallas, in Waſſer⸗ burg anweſend, zu billigen jchien, ſchickte Ferdinand, welcher ſchon im Maͤrz die verberblichen Folgen folder Trennung dem SKurfürften durch den Hofrat Juſtus Gebhard beweglich and Herz gelegt hatte, * den Grafen Khevenhiller nad Waflerburg, um den legten Bundes» genoffen noch zu retten. Aber Marimilian erwieberte am 28. Mär: „er könne es als Regent vor feinem Gewiffen nit verant- worten, fein Land und feine Leute ald Brandopfer für. das Haus Defterreih darzubringen, da der Kaiſer die Gelegenheit zu einem allgemeinen Waffenftilftande abgemwiefen habe.” Des Kurs fürften Recht lag in der Roth und in der Beforgniß, feine Länder mit dem Frühjahre von vier Heeren überſchwemmt zu fehen, da Schwaben und Franfen bereits in der Gewalt der Gegner fih bes fanden; in hohem Grade zweifelhaft erſchien dagegen die Bes fugniß, gegen die in Baiern von Schweden und Franzoſen eroberten feften Pläge die Reihsftäpte Memmingen, Heilbronn und Weberlingen der Gewalt des Reichöfeinded hinzugeben. Doc um an dem gegenfeitigen Ernfte nicht zweifeln zu laffen, räumten nad getroffener Uebereinfunft die Gegner die Plaͤtze, welche fie zeither in Baiern inne gehabt; der Austaufh der Quartiere kam ſchnell zu Stande, indem die Branzofen nach dem Rheine zu zogen; die Echwes den, welde ſchon in der Mitte des Februar den General Koͤnigs⸗ mark nad dem Main, auf Heflen und Weftfalen entlaffen hatten, den Winfel Oberſchwabens und Die zerftörte Alpenflaufe (5. Mär) aufgaben, nur Die Fefte Langenargen bejegt hielten und verwüftend fi) in Schwaben und Franfen ausbreiteten. Froh in feiner Taͤuſchung fandte Marimilian den Grafen Jobſt Marimilian von Gronsfeld, feit dem Jahre 1645 ald Kommandant von Ingolftabt wieber in feinem Dienfte, nah Amiens, um den König der Anhänglichkeit feines Herrn zu verfihern, * während Gallas, deſſen Truppen in der Obers pfalz übel hausten, feindlich gefinnte Briefe empfing,* und ein

ı Bufendorf 689. . 2 Relation 433. Montglat ll, 161. 2Weſtenrieder Geſch. 197.

Unzufriedenheit der baierifchen Generale 567

ausführliches Schreiben an den Kaljer vom 23. Mai 1647 das Ges ſchehene zu entichuldigen fuchte, zumal die Uebergabe der drei außer- baierifhen feften Pläge an den Reichsfeind.“

Der Ulmer Bertrag ? war für die baierifchen Lande eine Wohl⸗ that, für den Kurfürften eine verzeihliche Staatsklugheit; aber für ven gemeinfamen Diener ver nun veruneinigten Herren, für Johann von Werth, ein Unheil, welches den Lauf feines Ritters lebend auf das beflagenswerihefte ftörte. Er fand in dem beifpiel- Iofen Streit der Pflichten feinen anderen, feiner innerſten Ueberzeu⸗ gung entfpredienden Ausweg, als einen höchſt abenteuerlichen, anftögigen Schritt, welder den geehrten Diener des Kurfürften nöthigte, als meineidiger Berräther geächtet, verzweifelten Muths aus feinem rühmlich erworbenen Baterlande zu fliehen; ein Schritt, welcher kurz vor dem Ende feines Lebens bepangen, der Rachwelt das Andenfen an ihn unwürbig entitellt überliefert bat.

Die Kunde von dem geichlofienen Particular waffenſtillſtande erhielten die Häupter des baieriihen Reihsheeres, der Feld marſchall Geleen und der General der Kavallerie, Johann von Werth, mitten unter neuen SKriegöplänen. Roch im Februar hatte letzterer den Königsmark, welcher über Mergentheim nad) dem Obermain zog, * gezwungen, fi eilig wieder auf Schorndorf unter den Schuß der Sranzofen zurüdzumwenden, und er war barauf über Rürnberg in die neuburger Pfalz gegangen. Achtſam auf die politifchen Hergänge und unerfhöpflih in Einreden wider den Vertrag, fchrieb Werth am 7. Januar 1647 aus Wolnzach, unweit Ingolſtadt, „wie ihm vertraut worden, koͤnne man fih auf des Feindes Tractate wenig verlafien. Alles fei von ihm auf Betrug abgeſehen, um ben Kurfürften von ver Kriegöverfafiung abzuhalten; überall wurde ges worben; feines Ermeſſens ſuche der Feind im römifchen Reihe den Meifter zu fpielen und den Kurfürften zu feinem Willen zu bringen. Alledem könne noch vorgebeugt werden.“ Nachdem er feinem Herrn ein glüdliches neues Jahr zur Ueberwindung feiner Feinde gewünſcht, fuhr der beforgte Mann in einer Nachſchrift fort: „er vernehme durch

: HSormayr Tafchend. 1840. ©. 184.

2Pufendorf XIX,g.5—22. Adlzreitter 506. Theatr. Europ. VW, 1334. Bougeant V, 283 ff. Bon Seiten Frankreichs Hatten Marfiliy de Groiffy und der Sieur de Tracy unterzeichnet.

3 Theatr. Europ. V, 1306. Pufendorf 686,

568 Johanns von Werth Warnungen.

einen gefangen geweſenen Kroatenrittmeifter, daß Königdmark und der tolle „Wrangel“ ſich mächtig verftärften; jener Rittmeifter habe jüngft auf einer vornehmen Kindtaufe die fpöttifchften und ſchimpf⸗ lichften Reden der höchſten Offiziere vom Feinde wegen des vor- habenden Friedens gehört und daß fie entfchloflen feien, in Eurer Zeit mit aller Macht wieder über die Iſar zu gehen, um allda des Friedens zu warten.” So unbequem diefe prophetiihen Mahnungen den Miniftern fein mochten, lobte man dennoch von Waflerburg den 12. Januar fein Wohlmeinen, forderte ihn zu weiteren Nachrichten auf, und danfte ihm „er Kurfürft, den Glückswunſch beim neuen Sahre erwiedernd. Roc eindringlicher Ile Johann von Werth aus Lautershofen am 16. Januar fi vernehmen. „Der Kurfürft habe fih jehr beim Waffenſtillſtandsvertrage vorzufehen, es ſei gewiß, daß die Franzofen ihn durch die vergeblihe Hoffnung auf den Frieden betrügen, und endlich gar von Land und Leuten treiben wollten.“ Unermüblih fprach er feine wohlgegründete Meberzeugung von ber Falſchheit der Sranzofen aus, meldete die Rüftung der Feinde, zumal des „tollen Wrangels,” und drang bei der augenfcheinlihen, höchften Gefahr auf Geld zur Herftellung der Truppen, um die Donau hinaufzugehen, Wirtemberg und Franken in den Rüden zu gewinnen, und die Verbindungslinie der Gegner auf dieſe Weile zu trennen. „Aus fchuldiger Pfliht und treumeinendem Eifer“ fo unaufhörlid erinnernd, und die Ueberredungskraft der Wahrheit geltend machend, motivirte er feine Kriegsplaͤne auf das gründliche, verfprach fich die Beiftimmung aller redlichen Leute, und wurde in feinem bren- nenden Berlangen nah Fortſetzung des Kriege vom Hofe aus bes flärft, indem man Miene machte, in feine Vorfchläge einzugehen, aber unter leichten Einwänden die Gelpmittel verfagte, und Geheim⸗ haltung des Mitgetheilten ernfllich empfahl. Noch am 16. Februar berichtete der Getäufchte aus Velburg: fein von ihm nad) Nürnberg gefchiekter Vertrauter habe aus dem Munde des feinplichen General- commifjard vernommen, daß man wegen des vermeintlichen Friedens mit Baiern „nur den lauteren Geden fpiele,” und der Kurfürft innerhalb zwei Monaten, wenn die Feinde ihre neuen Voͤlker bei- fammen hätten, „den Frieden erfahren werde.“ Am 22. Februar ſchrieb er, „daß er in feiner beabfichtigten Kavalfade nichts ausges richtet, weil er verratben worben,“ alfo noch immer im Glauben, daß es Krieg ſei. Zwar gaben die ihm und Geleen kaum bewußt

Beitritt Kurlkolns. 569

gepflogenen Unterhandlungen fih in den ungewifien Bewegungen zu erfennen ; denn obgleich ihnen die Winterquartiere weiter auf Böhmen zu, dem Feldmarfhall in Weiden, dem General der Kavallerie in Vilſeck angewieſen waren, flanden fie dennoch, eine Zeit lang nahe der Donau, beide um Velburg und Henau. In dieſer ſchwankenden Lage der Dinge erhielt Johann von Werth envlih am 26. März die Mittbeilung, daß der Feldmarſchall Graf von Geleen bei ges fchloffenem Waffenſtillſtande auf fein Anhalten entlafien, demnach die Reuterei mit Gehorfam an ihn, das Fußvolk an den Feldzeugmeifter son Raufchenberg gewiefen ſei, fo wie durch einen Befehl vom folgenden Tage eingefhärft wurde, Feine Ordre vom Taiferlichen Generallieutenant Gallad anzunehmen. * Sechs Wochen hatte der Kurfürft von Köln ſich berathen, ob er bie trügliche Gabe des Waffenftillftandes, zumal mit der Landgräfin, annehmen follte. Aber auch bei ihm fiegte die Noth, von allen Nachbaren fich vereinzelt zu fehen, und er fchidte zu Anfang des Maimonats ? die Beftätigung an Wrangel. Ihm blieben zur Behauptung nur wenige fefte Pläge, Andernach, Zons, Brül, Zülpich, Arensberg, Kaiferöwerth, Dorſten; die Plaätze im Münſterſchen waren zum Theil in den Händen der Kaiferlihen, welche nicht zu weichen Luft hatten. Klein⸗ gläubig auf die Zufunft und überzeugt, „daß die Frummfingerigten, angriffigen Solvaten den Vertrag jo wenig halten würben, als König Salomond Kae das Licht bei Tafel,” * meldete Ferdinand am 5. Mai feinen Entfhluß der Landgräfin.

Die Bollziehung ded Vertrages führte das baierifche Heer fern vom Kriegsfhauplate, der eben in Böhmen eröffnet wurde, jenfeits der Donau ind eigentlihe Baiern; nur wenige Regimenter blieben in der Oberpfalz und zwiſchen der Mindel und dem Lech. Mit Befremdung fahen ſich plöglich beide hohen Generale in Unthätigfeit gefeßt, abgerufen von den Waffen ihres Kaiſers, dem fie gemein ſchaftlich bis dahin treu gedient, gegwungen, müßig der Demüthis gung des erhabenen Habsburger Haufed zuzuſehen,“ über deſſen Sein und Nichtſein man in Münfter mit eben dem Uebermuthe bes sathen zu dürfen glaubte, wie einft Kamillus über die Lateiner zu

2 Alle diefe Gorrefpondenzen bei Weſtenrieder Beilr. a. a. O. 202—209. 2 Adami 311. .

3 $reyberger IU, 115.

Motifs 434.

570 Geleen dankt ab.

dem Senate ſprach: Dii immortales ita vos potentes hujus consilii fecerunt, ut sit Latium an non sit in vestra manu posuerint! Denn jest war Frankreichs argliftiges Streben gekrönt; die Säulen des Reichs, die Kurfürften, waren gewichen, mie am früheften Trier, dann Brandenburg, Sachſen, jebt Baiern und Köln. Der alte Herr von Mainz lebte in Verbannung aus feiner Reſidenz; alle andern geiftlihen und weltlichen Fürften, abtrünnig oder vom Feinde niedergehalten, fahen Fummervoll, müßig zu, bis auf den landloſen Lothringer und den, einem Wilde gleich, müde gehegten Darmftädter, „dem Reichserzfriedemacher.“ Zu dem Mitgefühl für den SKaifer fam die Gefahr der römischen Kirche, für weldhe Johann von Werth feit einer Reihe von Jahren fein Blut geopfert, und deren Rettung von der franzöffihen Scheinheiligfeit nicht zu Hoffen ſtand. Geleens Unmwillen über die Abtrünnigkeit des Kurfürften brach am früheften aus; * überdrüffig eines Kampfes, welder ihm wenig Lors beren errungen, legte er feine Stelle ald Feldmarſchall nieder und ging in die Niederlande zurüd; zu Fürth hörte man ihn die erbit- terften Reden gegen den Kurfürften ausftoßen: „treulos fei er mit dem Kaifer verfahren; und habe die Sadıe jo geheim getrieben, daß weber er, noch Johann von Werth irgend etwas davon gewußt; längft fei er bed Krieges überdrüfig, wenn aber der Kaifer das Heer gegen den Baiern ſchicke, würbe er freudig wieder den Degen ergreifen, um jenen aus feinem Lande zu verjagen.” Allgemein war ‚bei der Faiferlichen und der ſchwachen veutfch-patriotifch gefinnten Partei der Unwille über Marimilians Bundbrüchigkeit, „deſſen Haupte den Kurhut zu erhalten, der Kaifer fo lange den Frieden verworfen.“ Erzherzog Leopold Wilhelm, der nahe Berwandte des baierifchen Hauſes, welcher nad) fo verheißlih begonnenem, aber jo verhäng- nißvoll beendetem Feldherrnamte ald Statthalter in die Niederlande ging, enthielt fih nit in Köln, in Gegenwart eined erlauchten Hauptes zu fagen, „der Baier habe fi eined ſchwärzeren Majer ftätöverbrechend gegen den Kaifer fhuldig gemacht, als ſelbſt ver fo hart beftrafte Pfälzer.” Durfte fogar der Zaiferliche Abgeordnete am ulmer Tage, der Reihshofraih Juftus von Gebhard, wagen, im Quartier des jchwebiichen Feldmarfhalld Wrangel, bei einem Mahle vom Wein erhigt, öffentlih zu Außern:? „nicht wie ein

* Adlgreitter 508. Pufendorf 103. Theatr. Europ, V, 1223. 2 Bufendorfleo.

Unzufriebenhelt Johanus von Werth. 571

redlicher Mann habe Marimilian an feinem Herrn gehandelt." Konnte Geleen und die Taiferliche Partei ihren Unwillen zu. erfennen geben, fo ſah fih Johann von Werth, dur feine Kriegswürde zunächft an Baiern gebunden, in der gefährlichften Lage, in welche ein chren- bafter Mann geraihen kann. * In ibm traten die widerftrebenpften Keigungen in Kampf; Ergebenheit gegen ben hochbedrängten Kaiſer, in deſſen Ramen er fo viele Jahre gefochten, der feine Bes freiung and franzoͤſiſcher Gefangenihaft großmüthig bewirkt hatte; und Dankbarkeit gegen den Kurfürften, welcher ver Gründer feines Glüded geweſen; ungeduldige Kriegdluft in der Nähe eined ehrenvollen Kampfplatzes, und ver bindende Gehorfam gegen den Herrn, welder aus Staatsgründen müßigen Frieden ge bot. Indeſſen harrte er noh aus, und rieth dem Kurfürften ſich wenigfiend nicht ganz wehrlos zu machen. Denn als ihm zu Anfang des Maimonats befohlen wurde, wegen ber engen Quartiere und des Mangeld an Unterhaltungsmitteln, alle fogenannten „refors mirten,“ d. h. als überzählig beibehaltenen Offiziere, vom hödyften bis zum niedrigften abzufhaffen, nahm der Kurfürft diefe Maßregel zurück (18. Mat), „weil nad) Werths Bericht dergleichen über tau- fend, und der Friede noch nicht gewiß ſei.“ So griff erft langſam der Gedanfe an Abfall in feiner Seele um fi, obgleich er fih ale fatferlihen General und Anführer von Reichövölfern betrachtete, welche dem Kurfürften nicht mehr zu eigen waren, ſobald er ſich der Reichöfache entzogen. Aehnliche Bonflicte beim brandenburgiſch⸗ faiferlihen Heere, ja auch bei dem fächftjchen, waren überdieß noch in friſchem Andenken. WS der junge Kurfinft Friedrich Wilhelm mit Schweden einen Waffenſtillſtand zu ſchließen vorhaite, weigerten fi die Oberften Kracht, Goldader und Rochow, welde ihre Regis menter zur Eroberung Pommerns, unter des Kaiferd und des Reiche Pflicht, aber unter dem Befehl des Kurfürften, im J. 1637 ger worben, ? dem Kurfürften allein zu fchwören, ihre Truppen zu ents laffen, und entflohen, da man ihrer mit Lift ſich bemädhtigt hatte, wohl nicht ohne Mitwiflen des Kurfürften, nach Oeſterreich; worauf Friedrich Wilhelm dem Berfangen des Kaiſers gemäß ihm von ben

ı Bufenporf 697 ff. Adlzreitter 508. Theatr. Europ. V, 1390. VI, 86 fi. Bougeant V, 293 ff.

> Gosmar Shwarzgenberg 320 ff. Stenzelll, 23, 25. Orlich Gr.sKurfürk 11.

572 Mainz und Darmfabt entwaffnet.

fireitigen Truppen 2000 Mann überließ. Aud ver Kurfürfl von Sachſen hatte beim Schluſſe feines Waffenftiliftandes ſich genöthigt gefehen, feiner Reihspflicht gemäß drei Regimenter zum Faiferlichen Heere zu ftellen, und fo fonnte auch wohl der Treuefte bedenklich werden. Untervefien hatte Wrangel mit Löwenhaupt, welcher aus Thüringen kommend, am 3. April bei Werthheim über den Main gegangen war, fih an die Belagerung Schweinfurt gemadt, 11. April; die wohlvertbeidigte Feſte am 24. April bezwungen und rubete einige Tage in Franken, un dann gegen Ende des Mai über Eger ind Königreih Böhmen einzubrechen. Der Reichskanzler Orens flierna hatte, obwohl nicht trauend, den baieriſchen Waffenftiliftand gebilligt, * aber der Königin Beitätigung blieb noch aus. Turenne war mit den Weimarern, welche Rofen und Schmidtberg, durch den ulmer Bertrag befreit, unter ihm befehligten, nachdem er auch das Schloß zu Tübingen bezwungen, näher an den Rhein und bie Bergs ſtraße gerüdt (Mitte April, theild um den Kurfürften von Mainz vollends zu entwaffnen, theild der Landgraͤfin beizufpringen. Nach⸗ dem der Marfchall Afchaffenburg und Höchſt am 30. April bezwun⸗ gen, beugte fih auch Anielm Kaſimirs, des hochbejahrten Kaifer- freundes, Sinn, und ging am 9. Mai gegen ſchwere Verpflichtung die Ianggefchmähte Neutralität ein. Schwerer dagegen war es dem Landgrafen Georg, welcher unter wunderbarem Wechfel der Dinge in Guſtav Adolfs Tagen unangefochten, jest allein mit dem Kaifer in Waffen zurüdblieb, dahin zu vermögen, die Geſetze feiner Muhme anzuerkennen. Unzufrieden mit Geiß' Kriegsführung, der ihr doch fo manchen fchönen Siegeöpreid überfandt, und, mit Königsmarf vereinigt, am 11. März Kirchheim wieder erobert hatte, ® gewann Amalia Elifabeth an jenem heimathlofen Caſpar Cornelius Mortaigne, mit Schwedens Bewilligung, einen Generallieutenant für ihr Heer. Während Königsmark, unter der Verzögerung des Waffenftilftandes mit Köln, die Belagerung von Vechte unternahm, (27. April) und am 26. Mat beziwang, auch nach ver Beftätigung defielben am 4. Juni Fürftenau eroberte, * verwarf Amalia Eliſabeth, auf ihre Bundeögenofien vertrauend, den Vergleich um die mars

ı Bufendorf 693.

3 Geijer III, 379. Brief vom = 2Pufendorf 709.

° Daf. 710.

Konigsmark im Darmſtaͤdtiſchen. 573

burger Erbſchaft, und fand an Turenne, dem „geprieſenen, milden Franzoſen,“ ihren rechten Helfer. Denn als die Nähe der Weimarer den tiefgefränften Landgrafen noch nicht ſchreckte, erpreßte Turenne um Darmftadt unermeßliche Summen, ließ den Gemeinden die Glocken von den Thürmen nehmen und in Frankfurt verfaufen; fchleppte Die Orts vorſteher der verarmten Dörfer in Ketten mit fih, und trich es fo arg, ' daß felbft Wrangel auf Bitten Georgs ihm ernftlihe Vor⸗ ſtellungen machte. (5. Mai 1647). Aber unzufrieden mit ver Menſch⸗ lichkeit des Schweben Aufierte die Frau ihr Befremden über diefe Berwendung für ihren Feind, „ver fie zu einem verfänglichen Still⸗ ftande bereden wollte ;” fie hoffte Wrangel were „nach billiger Welle ihres Haufes Meriten, des Gegentheild Widerfeglichkeit, mit Hint- anfegung des Abſehens auf die hiedurch ohnpräjudicirte Religion vorziehen." ? Darum auf der einen Seite dem Waffenſtillſtande mit Köln Feine verbindende Macht beilegend, ihren Soldaten jede Feindſchaft erlaubend, unterftübte fie den Königsmarf zur Bezwins . gung der Feten in Weflfalen, nahm viele Orte in Oberhefien ein, während Turenne den Landgrafen niederbrüdte, in feinen angerwiefenen Duartieren von der Schweigergrenze bis über den Main mit ges fleigerter Raubgier haufen ließ, und zu Hal unmuthig den Befehl vom Hofe empfing, weicher ihn aus Deutfchland gegen die Spanier ind Luremburgifche rief? (Mai). Aber noh unzufrieden ver nahm Wrangel am 6. Juni zu Würzburg aus dem Munde ded Sieur de Hocquincourt, des Boten für den Franken Marfchall, die Zeitung, daß die Weimarer wiederholt über den Rhein abgerufen würden. *

Als Ferdinand fih fo von allen verlafien ſah, und der Tod am 25. April zu Wien dem alten Gallas endlich den Feldherrnftab aus den unfähigen Händen geriffen, ® hatte er, zur Fortſetzung des Krieged ungebrodhenen Muthes entfchloffen, wenigſtens einen tüchtigen Feldherrn gefunden, fhien die Wahl gleich der katholiſchen Engherzigfeit anftößig. Der Graf von Holzapfel, bewährt durch fein erfahrenes Kriegsleben, durch feine letzten Thaten und durch

ı Bufendorf 69.

3 Juſti 149.

2Erlach 1, 287. NPufendorf l. e.

® Theatr. Europ. V, 1332,

574 | Holzapfel kaiſerlicher Oberfelbherr.

feinen Haß gegen die fremden Räuber, nahm, ſchon bei Gallas' Krankheit nach Wien gerufen, das ehrenvolle Amt des Oberbefehls (Y, April) an, nachdem er ſich ſtandhaft geweigert, fich wie feine Vorgänger die Beichränfung durch den Hoffriegsrath gefallen zu lafien. * Der katholiſche Herr fowohl, ald der reformirte Diener gaben durch ſolchen Schritt zu erfennen, daß der Krieg jeben religiöfen Charafter Tängft verloren habe; und Zerdinand erwartete den Sieg feiner Waffen auch von einem Keger, welder auf Ers gänzung des Heeres aus den Erblanden dringend, und entichloflen rückſichtslos jeden alt» eingewurzelten Mißbrauch im Heere abzu- ichaffen, ? no im Maimonat nad Böhmen ind Feld 309. °

Sp rüftete Ferdinand mit noch unerfchöpfter Kraft ſich zur Abwehr gegen Wrangel; aud feines Anrechted an das Reichs⸗ heer des Baiern eingevenf, erließ er, anfänglich geheimen, Ab⸗ rufungsbefehl an daſſelbe.

Sp gelangten denn, unter dem angebeuteten Schwanfen der Soldatengemüther, an Johann von Werth und an andere bohe Offiziere faiferlihe Briefe, welche zum Gehorfam gegen das Reichd- oberhaupt beweglich und dringend aufforderten. Noch am 16. Mai fragte jener beim Kurfürften aus Landshut an, „wie er fih mit den Obriften bei einem Werfe von fo großer Inportanz zu ver halten ˖ habe? er habe alle eingegangenen Schreiben abgeforbert, und wolle fie einfchiden.” Unter dem 24. Mai erhielt er zum Be⸗ ſcheid: „weiler fein Abberufungsfchreiben, über wiederholte fchrift- liche und mündliche Abforderung noch nicht hergegeben, hätte man fih in Betracht feiner fo oft conteftirten Treue eines befleren vers fehen: der Kurfürft, am meiften angegriffen, würde den Sachen ſchon recht zu thun und ihm zu vertreten wiſſen; er folle ſich alfo damit zufrieden geben, daß man ihn in Schug genommen, in der Hoffnung, er werde mit feinen biöher zu gnädigftem Gefallen geleifteten Dienften und beftändiger Treue, Traft abgelegter “Pflicht, nicht ausfegen.” Nachdem Sohann von Werth unter dem 25. Mai

* Bufenborf 685. Theatr. Europ. V, 1353. Hoffmann I, 218.

”= Sreyberger 117.

° Solzapfels Gehalt betrug 12,000 Thaler, nebft 300 Portionen und 200 Rativnen und den Ginfünften von den „Stabsmarfetendern und ben Krämern im Lager," Hoffmann I, 218, 233; fein Stab war über die Maßen anſehnlich, mit Dienern überladen, nach Weife feiner fürſtlichen Borgänger.

Des Kaiſers Unterhandlungen mit Johann von Werth. 575

dad Originalſchreiben und am 28ten auch das Duplifat eingefendet, und er offen bezeugt: daß er treu verbleiben und auch feine Feinde nichts anders an ihm erleben würden, fehlen ver forgliche argwohns volle Kurfürft beruhigt. * Aber unterdeflen machten fi die Sefuiten an die gegen geiftlihe Waffen wehrlofe Seele des, ohne alle wiflenfhaftlihe Bildung im rauhen Kriegshandwerke aufgewachſenen Mannes, entbanden ihn des Schwured, weldhen er dem Kurfürften geleiftet, und ängftigten ibn mit Gewiffensferupeln,? als handle er wiver Eid und Pflicht, wenn er nicht vom Kurfürften abfiele, und das Heer zum Kalfer überführee So gequält und verlodt ver mochte der ſchlichte Kriegsmann nicht zu widerfiehen; zumal im einer Zeit, wo alle fittlichen Begriffe auf wunberlihe Weife vers wirst waren, der Wechfel der Barteien die feltfamften Widerfprüche ind Leben ftellte, und der Uebertritt von einer Sache zur anderen zu den alltäglichften Begebenheiten gehörte; wie denn eben jegt „der heſſiſche Ueberläufer, ver reformirte Melander,“ jo ftellten vie Gegner fümmtlich die Sache dar, als höchſtes Kriegshaupt an der Spitze der Faiferlihen Macht fand. Johann von Werth war deßhalb nicht zu verunglimpfen, daß er, politiſch fharf in die Zeit blidend, Die Heberzeugung des Rechts gewann, wenn er pad ganze baieriſche Heer dem Kurfürften abwendig made, zum Kaljer überführe, und, wie behauptet wurde, den Herrn felbft mit feinen gehäffigen Räthen in feine Gewalt brädte. Zu ſolchem Unternehmen, zu weldem des Yrietländers That das einzige Beifpiel, bei aller Verfchiedenheit der inneren Beziehungen, iit, traf er geheimnißvoll die erften Vorkehrungen; der Oberſtwacht⸗ meifter feines Regiments, Graf Salm, ward als Unterhändler an den Ffaiferlihen Hof geihidt; dagegen ſchlich fid ein Spanier, unter der Verkleidung eined Diener, unter fein Hausgefinde, um an dem Gewebe des gefährlichen Anſchlags in der Stille zu arbeiten. Der Kaifer felbft zweifelte nicht an dem Gelingen, da Werth wegen feines raftlofen Muthes und feiner PBerfönlichkeit als Liebling ver Soldaten befannt, und die Gemüther des gemeinen Mannes „Ihwierig aus Unluft zum Frieden und wegen des Färglichen Soldes.“ Da aber die übrigen Offiziere, der nachmald in den Türfenfriegen fo ı MWeftenrieder 207.

2 Vitt. Siri Merc. IX, 2, 1020. ° Beſonders in der Schlacht bei St. Gotthard.

576 Neue Zurüdfegung Zohanns von Werih.

berühmt gewordene Generalwachtmeiſter Johann von Spork, ein eifriger Katholik, und wenige andere ausgenommen, nichts vom Ge⸗ heimniſſe wiſſend, die Abmahnungsbriefe des Kaiſers dem Kurfürſten überſandten; folgte Johann von Werth, weil die Zeit zur Ausführung noch nicht reif war, dem Rufe des Kurfürſten nach München, wo man ſeiner ſich noch mehr zu verſichern und ihm Anordnungen über das Heer mitzutheilen gedachte. Hatte er einmal den Muth mit kühnem Blicke auf das Ganze über Vorurtheile ſich hinwegzuſetzen, fo dürfen wir uns auch nicht wundern, daß er Geſchicklichkeit und Veberfegung befaß, durch Hüglich befonnene Antworten ſich aus ben verfänglichen Fragen herauszuwideln, mit welchen die bedenklichen Käthe den ſcheinbar fo unfähigen Kriegsmann zu fangen wähnten. Sp entließ ihn denn Marimilian für jebt mit dem Befehl, in Lande- hut an einem beftimmten Tage die Häupter des Heeres zu jammeln, und dort der nöthigen Auffchlüffe über zurüdgebliebene Zweifel. wegen der Faiferlihen Anſprüche gewärtig zu fein. Zugleih warb in der Mitte des Juni das ganze Heer, defien Verminderung die Gegner erwartet hatten, und deßhalb argwöhniſch auf den Neutralen blidten, welcher dem Speerreuter einige Regimenter für Venedigs Türfenzug abgefchlagen, * um Regensburg gemuftert, 15,000 Mann zu Fuß und zu Roß ftark befunden, und Johann von Werth, welder als ältefter General den Feldmarſchallsſtab hoffen durfte, wiederum übers gangen, wiewohl ihm feine Würde über ſämmtliche Kavallerie und Dragoner beftätigt blieb. Diefe neue Zurüdiegung goß vollends Gift in die Seele des ehrgeizigen Mannes; durd die verzögerte gründliche Beruhigung hatte Marimilian fein unficheres Be: fißreht auf das Reichöheer zu erkennen gegeben; eine Maßregel, welche er darauf traf, bot die günftigfte Gelegenheit zur Ausführung des Anſchlages. Wrangel näherte ſich um die Mitte des Juni auf feinem Wege nad Böhmen der Oberpfalz; nachdem er fih der Reichsſtadt Schweinfurt bemächtigt, den Peldzeugmeifter Wittenberg aus Schleſien abgerufen, und den Königsmark nur aus Sorge vor dem Lothringer und vor Lamboy in Weftfalen gelafien, ging er am 20. Juni auf Eger, während das Faiferlie Heer um Bud⸗ weis fland.? Um den Mäubereien und Gewaltthätigfeiten ver ftreifenden Rotten an den Grenzen feines Landes zuvorzufommen,

* Bufendorf 694. Themtr. Europ V, 1353. = Bufendorf 696,

Abfall Johanns von Wert, - 577

gebot Marimilian dem Johann won Werth, mit auserlefenen Schwa- bronen jedes Regiments in die bebroheten Gegenden zu marſchiren, nahm jedoch einige Tage fpäter, am 25. Suni, „damit es Feine Jalouſie veranlaffe,“ den Befehl zurüd.‘ . Ohne Zaubern benußte diefer den Augenblick; ftatt einzelner Abtheilungen gebot er, unter dem Vorwande des Furfürftlichen Befehls, eilig allen Reuter: regimentern, aus ihren Winterquartieren aufzubrehen und fih an beftimmten Orten zufammenzuziehen. Seinem, dem fpordichen, Dem lapierreſchen, jung⸗kolbiſchen, nebft einem Theile des fledenfteinfchen und waldbotſchen Regiments und ben freuzifhen Dragonern war die Gegend um Vilshofen, oberhalb Paflau, zum Sammelplatz aus⸗ gefchrieben. Ueberall ven: Vortheil des Kaifers vor Augen, gebot er dem Oberft Schod, welder zwiſchen der Mindel und dem Lech lag, eilig der Reichsſtadt Memmingen ſich zu bemächtigen, welche Marimilian widerrehtlid im ulmer Bertrage den Reichsfeinden ausgeliefert hatte. Dem Oberft Kaſalki ward befohlen, fih auf Weiden zu begeben, und feiner anderen Ordre als feiner zu ges - borchen;z ? den Herzog Ulrich von Wirtemberg befchied er zu fih nad Donauftauf, und das gufchenigfche Kroatenregiment aus dem Stifte Eichſtädt nad Deckendorf. Sp zuverfichtlih über Die Gemüther und den Zufall gebietend, gedachte Johann von Werth fi aud des Fußvolks zu verfihern. Da aber daffelbe nicht unter feinem Ober⸗ befehle ftand, berief er ven Generalmachtmeifter von Holz zu fih; auf defien Weigerung, ohne des Kurfürften Geheiß die Negimenter auf- brechen zu laflen, drohete der Ergrimmte, den Degen in der Fauſt, augenblidlihen Tod, wenn er nicht die fhon ausgefertigten Befehle unterſchriebe. Furchtſam gehorchte der Generalmachtmeifter, * doc war er nebft mehren feiner Glaubensbrüder im baterifchen Heere, den Proteſtanten Oberft Gehling, Walbot, Druckmüller, ſelbſt mit dem geliebten. Waffenbruder Werths, dem Ulrih von Wirtemberg u. a. geheim gefonnen, den Anfchlag dem Kurfürften zu verrathen, weil fie gänzlihe Vernichtung der Iutherifhen Partei bes fürdteten, ungeachtet fie doch bis dahin ſich Feine Scrupel ges macht, gegen diefelben zu fechten. Die Eilboten flogen in die ent fernten Quartiere, und fo feßte fih auf einmal das ganze baieriſche

ı Meftenrieber 208.

® Theatr. Erırop. VI, 51.

® Sreyberger 200.

Barthold, Geſch. des Hojähr. Kriege, IL 87

578 Vereitelung durch bie kurfürſtlichen Kaͤthe.

Heer, wie dur einen Zauberfiab berührt, in Bewegung. Noch am 1. Zuli meldete Werth, ſcheinbar gehorfam, nah Münden, daß er allen Truppen bereitd Ordonnanz gegeben ; alfo mußte er den Gegen» befehl vom 25. Juni noch nicht erhalten oder ihn unterdrüdt haben. An demfelben erften Juli fchrieb man ihm: der General - Kriegs commifjarius Bartholomäus Schäffer und Johann Deifinger feien zu ihm gefhidt, um mit ihm Weitered zu conferiren, was in Münden wegen des Waffenftillftannes mündlich gefchehen; auch den zufammenfommenden Generalsperfonen und Oberſten gebührenden Vortrag zu thun und Erläuterung zu geben, wie ed der Sachen Beihaffenheit und Nothdurft erfordere. 1 Aber was Selbftvertrauen fühn erfonnen und Klugheit fowelt hinausgeführt, febeiterte an der Geifteögegenwart der Furfürftlichen Räthe, an dem Wanfelmuth der beweglichen Seelen, und am Zufall. Ohne die Gefahr zu ahnen, befand fi Marimilian in feiner wieder: gewonnenen Hauptftadt, ficher, daß feine Räthe am feftgejeßten Tage in Landshut die Oberſten über ihre Zweifel berichtigen würden. Auf die hindernde Anmefenheit jener Herren war Werth ſchon früher bedacht gewefen, und hatte ihnen den Hauptmann Fabri entgegen: gefhiet, um fie aufzufangen. Aber die zufällige Luft, die Reife zu Schiffe auf der far zu machen, rettete jene vor dem Auflauerer ; am 2. Julius Abends nad Landshut gefommen, werden fie inne, daß Johann von Werth am frühen Morgen vefielben Tages von dort nad Geijenhaufen aufgebrochen fei, und was er im Sinne habe. Ohne Säumen benachrichtigen fie den Kurfürften durch Eil⸗ boten von dem unerhörten Beginnen, fertigen ebenfo ſchnell durd treue Leute Briefe überall umher an die auf dem Wege begriffenen Oberſten ab, in welchen fie Johanns von Werth Anfchlag eröffnen, fie zur Treue ermahnen und nichts ohne des Kurfürften Befehle zu unternehmen. So fliegen denn in haftiger Eile nad allen Eeiten die Boten mit ihren Briefen umher, mifchen fich unter die, ver Abfiht des Marfches unfundig, ziehenden Negimenter, theifen überall den befremdeten Soldaten den Inhalt ihrer Schreiben mit, und wiffen ihr Gewerbe fo betriebfam anzubringen, daß bald der größte Theil der Regimenter, nod ehe er nad Vilshofen gelangte, für feinen Fürften wieder gewonnen wird, und laut die Treulofigfeit Johanns von Werth verabfcheut. Das war der Fehler, welchen dieſer beging, ı Wefenrieder 208.

J. v. Werth dur Maximilian geächtet. 579

bag er aus zu großer Zuverfiht nur wenige Offiziere in fein Geheimniß gezogen, und durch fein Anfehen allein bie unent- ſchloſſene Menge zu gewinnen fi vermaß.. Nur fein Generalwadts meifter Johann von Spord, die Oberften Kreuz, Gufchenis und Schock wußten um die Sache; die übrigen Negimentöführer, wie der junge Kolbe, die Oberften des mercyſchen und raufchenbergifchen Regimentes, auf dem Wege dur die Briefe von Johanns von Werth Abfall unterrichtet, Tehrten wieder in ihre Quartiere zurüd. As der Kurfürft am 3. Juli in Münden die Verrätherei erfuhr, gerieth er in die fhonungslofefte Wuth gegen einen Mann, der ihm vor allen werth gewefen; aber welcher Fürft war je in einer gleichen Lage ald Marimilian? Mit dem Kaifer zerfallen und in Gefahr, feine Schugmittel beraubt zu werben; mit den beiden feind- lihen Kronen in einem unſiche ren Waffenſtillſtande, und jet den argwöhnifhen Schweden den Verdacht darbietend, als habe Johann von Werth mit feinem Wiffen dem Kaifer die Völker zugeführt. In der erften Beftürzung fchidte er feinen Rath, Johann Küttner von Kunig, gen Eger zum Feldmarſchall Wrangel, um feine Aufrichtigfeit und Unſchuld vielfah zu betheuern; fandte Eilboten an alle Oberften, um fie zur Treue an ihren Herrn beweglich zu ermahnen; ebenfo warnte er den fchwerifhen Kommandanten in Memmingen auf feiner Hut vor einem Ueberfalle zu fein, und wurden überall die fräftigften und fchneliften Maßregeln getroffen, um vom Heere zu retten, was noch zu retten war. Furchtbar aber brach Marimilians Erbitterung gegen den Urheber des Unheils, gegen Johann von Werth, aus. Es hatte fih das Gerücht vers breitet, als trachte er nach der Perfon des Fürften und feiner vor: nehmften Räthe; darum und um feinen Abfcheu gegen den Frevel deutlich vor beiden Kronen zu erfennen zu geben, lie Mar. Johann von Werth im ganzen Lande Baiern und der Oberpfalz ald einen meineidigen, ehrlofen Verräther ausrufen, erflärte ihn für vogelfrei, und verhieß demjenigen, welcher ibn todt oder lebendig liefern würde, einen Preis von zehntaufend Thalern, fo wie für Spords und ber anderen Raͤdelsführer Köpfe taufend Thaler. Rod) fand Marimis lians Ingrimm feine Grenzen; fhon am 4. Juli gebot er der Res gierung in Amberg, Johanns von Werth Gut Bodenftein in ber Oberpfalz auf der Stelle einzuziehen; feine Beamteten zu entſetzen, und alle Habfeligfeiten und Schriften des meineidigen Mannes fi 37%

580 J. v. Wertih Güter eingezogen und verwüſtet.

einhändigen zu laſſen;“ worauf ſogleich die amberger Regierung am 6. Zuli den Drohbefehl an den Amtshauptmann von Waldfachfen ergehen, und ohne Verzug die Aechtung Johanns von Werth auf allen Kanzeln befannt maden ließ. Ihm Ehre, Güter und Leben in feinem Lande abgefprochen zu haben, genügte dem Kurfürften noch nicht; Schäffer mußte noh am 5. Juli aus Amberg an den franzöfifchen Refiventen Baron d'Avaugour fchreiben und ihn bitten, ? dur die Kommandanten in Philippsburg und in Mainz Johanns von Werth adeliged Gut in Brurain bei Bruchfal, und eine Bes ſitzung im Rheingan in Afche legen zu laflen, und durch ven heffie [hen Befehlshaber in Neuß des abtrünnigen Mannes Herrfhaft Odenkirchen, und fein ſchönes Schloß im Sülicherlande auf gleiche Art zu zerftören; ebenfo zwei abelige Güter des meineidigen Spord bei Bach in Heffen abzubrennen. So unbegrenzt war der Zorn des fonft fo leidenfhaftslofen, befonnenen Kurfürften, als er die erfte Kunde vernahm, weldhe ihn den Verluſt aller feiner Streitkräfte befürchten ließ. Faſt Hatte SKaifer Ferdinand I. fi gemäßigter betragen, wie er den Hochverrath des Friedlaͤnders, welcher doch einer fremden Macht das Faiferlihe Heer zuführen zu wollen bes fhuldigt wurde, entdedte; da Johann von Werth, zwifchen gleich unverleglichen Pflichten fhwanfend, nur dem rehtmäßigen Herm ein Eigenthum zurückzuerſtatten gedachte. Doch fehlte e8 nicht an dem Willen des Kurfürjten und der baierifhen Minifter, daß nicht Sohann von Werth auf eben fo tragifche Weife in Vilshofen enbete, ale Waldftein in Eger; da felbft dem Schweden, welcher den mein⸗ eidigen Mann erfchlüge, der Preis von zehntaufennd Thalern ver- heißen war.

Während auf diefe Weife Sohanns von Werth Ritterehre, feine mit dem Schwert erworbenen Glüdsgüter und feln Leben im gefähr- lichen Wagniß fanden, und die Aechtungsurfunde überall im Lande eriholl, erwartete er um Vildhofen das Gelingen feines Anfchlag®. Die Vorfchrungen verhießen ihm ven gewünfchten Erfolg; aber jhredlih hatte er fih in den Gefinnungen der Soldaten geirrt. Schon erwartete ihn der Befehlshaber in Regensburg, Brifigell, Nachfolger Reinachs, der vor zwei Jahren geftorben, um ihm die Donaubrüde zum leichteren Vebergange zu bieten, wiewohl der auf⸗

* Theatr. Europ. VI, 58. 2 Daf. 63,

Zohauns von Werth Narbe, 581

gefangene Unterhändler im landshuter Gefängnig fchmachtete. Alles war fiher; jenfeitö des Stromes harrte fein ein Eaiferlicher Abges ordneter, Graf Stahremberg, um unter lodenden Bedingungen die neuen Regimenter in Eid und Pflicht zu nehmen. Neun Regimenter zogen endlich herbei, Führer und Soldaten zum Theil noch ungewiß des Planes, aber der fargen Winterquartiere erledigt, überließen fie fih, im Gefühl der Freiheit, jeder Gewaltihätigfeit. Da verbreitete fih die Kunde von Werths Aechtung und den ſchimpflichen Drohungen des Kurfürften, und raubte dem leivenfchaftlichen Manne jede Rück⸗ fiht; ließ ihn jede Schonung vergefien. Seht bevrohte er wirklich die Perfon des Kurfürften, und ſchwur, befonders den Rathgebern Marimilians, feinen alten Feinden, Tod und Ververben. Aus Rache für die Entehrung, oder um die Gemüther der Soldaten zu feffeln, und ihnen zugleich durch die Theilnahme an der Schuld jede Hoffnung auf Verzeihung zu nehmen, gebot er die Verwüftung ber furbaierifchen und oberpfälziihen Lande, und die Eolvaten, ' bisher ärmlih im Mutterlande gehalten, wußten die geftattete Freiheit auf das zügellofefte zu benügen. Weit und breit zogen die räuberifchen Schaaren umher, trieben die Heerden des Landmannes weg, ‚plüns derten Städte, Fleden und Dörfer, fuchten vor allen die furfürftlichen Landgüter heim, und gewannen fo reiche Beute, daß man fie „das geraubte Geld gar mit Hüten theilen ſah.““ Zu jeder Gegens maßregel glaubte fih der Ergrimmte, nur den Kalfer für feinen Herrn anerfennend, berechtigt ; wie der Kurfürft feine Beamten in Bodenftein mißhandeln ließ, fo legte er die fürftliden Diener in Haft, und verkaufte ihnen ihre Sreiheit um Loͤſegeld. So ging ber wilde Haufen am 8. Juli bei Vildhofen über die Donau, und 309 auf Berlasrent, vier Meilen jenſeits Paſſau, der böhmiſchen Grenze

4 Theatr. Europ. VI, 56. Pufendorf 697. Adlzreitier 511.

3 Sreyberger 1. co 200. „Auch fand fih im Werte, daß Werth zwar im Fechten die Fauſt weiblich brauchte, und zu großen Borhaben fertig, doch noch zu den Sachen, bie mit Bedacht und Verſchlagenheit verrichtet follen werden, im Uebrigen ohne große Sorgen, als ver ſelbſt, wenn man ihm etwas Großes anbefohlen angriffe, ale daß er durch andere mit Befehl und Ordre dergleichen gethan. Auch haben bie Batern den Werth des Iugreifens nicht allerdings freigeſchollten, der doch bei Anfang feines fleigenden Glücks auf Parthiten nicht Tonderlich verpicht war, bis fein Sinn ſich lernen fügen, und durch böfe Cxempel verleitet, dürfen einen nicht unfleißigen Sammel⸗ pfennig geben, gleichwie er immer zu nach Ehre getrachtet.“

582 J. v. Werth und Sport flüchten nad) Böhmen.

nahe. Da endlich erwachte die Anhänglichkeit der Baiern, irre ges führt und verlodt, die Sache eines Mannes zu ergreifen, welcher fhon ald Ausländer andere Pflichten über ſich erfannte, als fie; ſchon ganz nahe am Ziele fühlte der Gemeine fein Unrecht; einzelne erhoben erft Taut ihre Stimme wider Werths Verrath; dann bes mächtigte ſich aller Regimenter der Geift des Aufruhrs wider ihren Führer. * Der Oberft Waldbot rief zuerft im Tumulte: vivat ber Kurfürft von Baiern! Die fpordfchen Reuter trennten ſich darauf von den übrigen, und wandten auf die Donaubrüfe um. Sm Vilshofen war Ren, Spordd Oberftlicutenant und Genoffe des Anſchlages, zurüdgelaflen, um jedem Baiern den Rücdweg zu ver: fperren. Aber wider fein Gebot ließen die Wachen jene über ben Strom, warfen ihren eigenen Anführer in Feſſeln. Mit ver Kunde des Aufruhrs flog Johann von Spord aus feinem Nachtquartier zu Sohann von Werth, welden ſchon diefelben Sorgen um bie übrigen Regimenter umlagerten. Bei allen war bie Reue eingefehrt; die Ermahnungsfchreiben hatten auf den engen baierifhen Sim gewirkt. Die Oberften fühlten fich gefränft, daß der eine Mann fie als blinde Werkzeuge brauchen wollte; fchon gürteten ſich bie treueften Anhänger des Kurfürften, jene beiden Verräther aufzu- fuhen, um mit ihrem Blute die eigene Schmach zu tilgen. Ein Oberſt benachrichtigte Johann von Werth, es fei die hoͤchſte Zeit zu fliehen, da jener ſchon wagen wollte, ſich den Negimentern zu zeigen, und durch feine Gegenwart entweder Die Gemüther zu bes fünftigen, oder die Menge zu theilen. Da aber Werthd eigenes Regiment den Gehorfam gegen den geliebten Führer verweigerte, fah er mit Verzweiflung das Mißlingen des Planes ein, und um dem augenblidlihen Tode oder der ſchmachvollſten Rache des Kur- fürften zu entgehen, warf er fih mit Spord zu Pferde (10. Zul), und fprengte in Begleitung einiger zwanzig Diener, ohne Heergeräth, nach der böhmischen Grenze. Epordd Weib blieb in der Gewalt feines Regiments; Zohann von Werth feffelte Fein wohlthätiges Band der Häuslichkeit an feine baieriſche Heimath; der Tod hatte ihm nicht lange vorher die Gräfin Spaur entriffen.

Auf gleiche. Art mißlangen in denfelben Tagen die übrigen, fo beformen getroffenen Anftalten; Vehling, der Rittmeifter des fpords ſchen Regiments, jagte fi eine Kugel durch den Kopf; den Grafen ° Yitt. Biri a. a. O.

Mißlingen ber übrigen Anftalten. 583

Salm, den ſchlauen Unterhänbdler in Wien, lieferten Werts Reuter dem Kurfürften aus, welcher venfelben ins ingolftädter Gefängniß warf. Der Oberft Kreuz war mit feinen Dragonern aus dem Eichſtaͤdtſchen raubend bis Regensburg gezogen; anfangs hatte er zwar dem zu ihm geſchickten Oberftlieutenant von Lichtenau Gehorfam gegen den Kurfürften gelobt, war aber dennoch mit 400 Kroaten über die regendburger Brüde auf Cham gezogen (6. Juli). Al ihn der Abgeorpnete dringend zur Umfehr ermahnte, verwundete er ihn mit dem Degen in den Arm, fihleppte ihn zu Fuß neben dem Pferde nah Regensburg und übergab ihn dem kaiſerlichen Befehls⸗ haber. Er felbft, verlaflen und geplündert von feinen Kroaten, welchen der Weg nad Böhmen verfperrt war, verbarg ſich in ber Stadt; Schock fand die Befagung in Memmingen zu feinem Ems pfange bereit und rettete fi) mit feinem Regimente unter den Schuß des Generald Adrian von Endevort, dem, ſeit furzem erledigt, der Kaifer, nad dem Abzuge der Schweden, Tirol und das Land am Bodenſee übertragen. Die Faijerlihe Partei ſchob die Echuld des mißglüdten Anfchlaged auf den Grafen Buchheim,‘ welcher ald nädfter General nad Holzapfel mit einer ftarfen Reuterabtheilung die übers geführten baieriſchen Reuterregimenter aufnehmen follte, aber aus Neid über die Johann von Werth zugeficherte Stelle des Generals der Kavallerie zögerte, die nothwendigen Maßregeln zu ergreifen. Schon am 10. Juli erhielt der um den Ausgang zitternde Kurfürft die frohe Kunde, daß alle Regimenter zu ihrer Pflicht zurüdgefehrt wären; eilig benachrichtigte er ven Feldmarſchall Wrangel von der Rettung ſeines Heeres, und betheuerte nochmals inſtändiger, als es einem deutſchen Fürſten ziemte, feine Unſchuld und fein ftands haftes Beharren beim ulmer Vertrage.“ Am 12. Juli empfing bereits der Kommandant in Augsburg, der von Johann von Werth früher als tüchtig empfolene und bewährte Generalwachtmeiſter Rouyer, ſo wie der Landrichter von Friedberg Befehl, auf Sporcks und Kreuz Fahrniß Arreſt zu legen und auf ſie oder andere ihres Regiments zu greifen. °

Dem Tode und den Nachftellungen entronnen, kam Johann

° Vitt. Siri Merc. IV, 1022.

» Bufendorf 698. Adlzreitter 511. Theatr. Europ. VI, 56-87. Sormayr Tafchend. 1840. 175 ff.

2 Stetten 74.

584 J. v. Werth Aufnahme bei Ferdinand III.

von Werth auf jähem Ritte, mit armfeliger Begleitung, in dem kaiſerlichen Feldlager bei Wodinan an. Welden Empfang burfte er fih von Ferdinand verfprechen, dem er fih ander Spitze eines ftattlihen Heeres, das blindlings feinem SHerrichergebote gefolgt wäre, zu zeigen gehofft, und dem er jegt, Keinmüthig und beſchimpft, nach Vereitelung jo floßer Pläne, unter die Augen treten mußte. Wie verbüftert war des ehrgeizigen Mannes Bli ind Leben, wenn er zurückſah auf eine Reihe ruhmgefrönter, glängender Jahre, in welchen der Sohn ded Bauern im Bewußtfein ritterlicher Thaten, überhäuft mit Ehre und Glück, Königen und Fürften kühn genaht, und dem jeßt, verzichtend auf alle erworbenen Güter feines raftlofen Mannesalters, geächtet und Ärmer, ald er vor fünfundzwanzig Sahren fih als gemeiner Reuter unter Spinolad Fahnen geftelt, nichts weiter zu hoffen fland, als die ungewiffe Großmuth eined Herrfchers, defien Ehre felbft durch den mißlungenen, zwei⸗ deutigen Anſchlag fich gefränkt fühlen konnte. Aber wie die Habs⸗ burger des fechszehnten und fiebenzehnten Sahrhunderts auf beiden Thronen immer gegen treue, wenn auch unglückliche Diener ſich milde und fürftlich bewiefen; fo fund auch Johann von Werth einen evelfinnigen, gütigen Kaifer. Ferdinand II. hob bie Achtserklaͤrung des Kurfürften auf, ftellte ihn in eigener Perfon dem ganzen Faifers lichen Heere ald General der Kavallerie in feierlicher Mufterung vor, * und orbnete ihm feinen Schidfaldgefährten Johann von Sporck als Generallieutenant unter. Sich nicht begnügend, den Geächteten von neuem geehrt zu haben, da viele von den hochadeligen Herren ſich weigerten, mit ihm zu dienen;? fchenkte Ferdinand ihm für die verlorenen oder verbrannten Güter die Herrfhaft Benatek an ber far, * im bunzlauer Streife des Königreichs Böhmen, wo einft der - berühmte Tycho de Brahe* gelebt, und rechtfertigte zugleich in den⸗ felden Tagen burch zwei kaiſerliche Schreiben des verunglimpften Mannes Betragen vor der Welt. Das eine vom 14. Juli aus Pilſen an den Kurfürften war die Antwort auf DMarimiltand vor- wurfövollen, empfindlichen Brief vom 6. Juli, und lautet alfo: ®

4 Theatr. Europ. VI, 3. Vitt. Siri Mere. IX, 2, 1021. 3 Steyberger III, 216,

> Sedler LV, a. a. O.

»Büſching Geogr. II, 1, 143.

s Theatr. Europ, VI, 60. Pufendorf 698.

Hechtfertigungsfcgreiben des Kaiſers. 585

„Aus Euer Liebden Schreiben vom Gten habe ich mit mehrerem vernommen, weldergeftalt diefelbe fih Über des Johann de Werth und ber unter feinem Kommando gehabten Reichsvölker Herüber⸗ tretung zu mir, befhweren, und dafür halten, daß ſolches wider feine Treue, Pfliht, Eide und Zufage unreblicherweife und was dergleichen harte Anzüge mehr find, vorgegangen, und daß E. L. dies um fo fchmerzlicher fiele, weil den eingefommenen Rapporten nad Solches durd den Grafen Salm wider beſſeres Verdienſt an meinem Hofe, auch wider meine durch den Grafen Khevenhiller ges thanene Sinceration gut geheißen, aud auf meinen erprefien Befehl geſchehen fei, und die Intention dahin gehen follte, nach Entfeßung der Stadt Eger dad Generalrendeguous in E. L. Landen zu halten, und zu fehen, wie man fi Ihrer Perfon und vornehmen Miniftres lebendig ober tobt verfihern, und alfo mir überliefern könnte. Run mag. ih E. % zu Dero begehrten Antwort, freund» vetter s ſchwaͤger⸗ und gnäbiglich nicht verhalten, daß ich nicht zweifle, €. 2. werden fih wohl erinnern, daß nocd beim Leben meines vielgelichten Herrn Vaters, Kaifer Ferdinand des Anderen hriftmildeften Gedächt⸗ niffes E. 2. ſelbſt dieſe Völker für Kaiſerliche Reichsvölker ges halten, und im Namen und von wegen ihrer Kaiferlihen Majeftät E. L. commandirt,, die Verpflegung berfelben meiftentheil® aus dem Reiche und meinen Erbländern auf Kaiſ. Königl. Anweiſungen er: halten; darüber denn Ihrer Kaiſ. Majeftät allerlei Ungemach und Beihwerniß zugeftanden, und alfo diefe VBölfer nad) gemachten prager Friedensfchluffe mit andern in ein Corpus, fo vermöge deſſelben Kaiferliher Majettät und des R. Reiches Kriegäheer genannt, zus fammengeftoßen, ‘und davon ein Theil dem Kurfürften von Sadfen - Liehden, die übrigen Völker aber alle mit einander zum Theil mir, als damals allein König von Ungarn und Böhmen, zum Theil €. 2. mit Kaffirung aller vorig gemachten Liguen und Bündniſſe anvers trauet, und dabei ausprüdlich verfehen worden, daß alle Generale und indgemein alle und jede anvertraute Perfon, vom Hoͤchſten bis auf den Niedrigften, ver Kalferlihen Majeſtät und dem h, R. Reiche treu, gehorfam und hold zu fein, ihr eignes Abſehn allgehorfamft auf die R. K. Majeftät und auf das h. R. Reich führen follten ; haben €. 2. Ihre Armaden fletd im Namen I. 8. M. und nad deſſen chriſtlichen Hintritt im Ramen meiner ald R. Kaiſers für mid und - für fi ſelbſt und anderer treuer Kurfürften und Stände zu unferer

5868 Rechifertigungsfchreiben des Kaifere.

Rettung wider den gemeinjamen Feind geführt. Nachdem aber E. 2%. in dem mitgevadhten wider mein, ald des Oberfeldherrn, Gutheißen und vielfältiges Erinnern, jüngfthin zu Ulm aufgerichteten Armiftitio fih von mir und der gemeinen Sache dergeſtalt getrennt, das Sie darin ausdrücklich verfproden, daß fie die unterhabende Reichsarmada Caljo wird fie darinnen felbft genannt), von meinen Waffen wirklich abziehen, und überbied die von mir zu Ihrer Bes fegung anvertrauten Reihöftäpte ohne mein Vorwiſſen dem Feinde übergeben wollten; alfo können E. 2%. von felbit ermefien, wie fhmerzlih mir daffelbe, der ih mit meinem Haufe jo lange bei demfelben beftändig ausgehalten, und ohne Sie- feinen Tractat zu ihrem Nachtheil jemald habe eingehen wollen, vorgefommen fei. Iſt auch daneben Kar, daß E& 2. fi hierburd Ihres von mir und meinem geliebten Herrn Vaters feeligen Andenkens anvertrauten Reichsgeneralats über dieſe Völker felbit beraubt, und daß viefe Bölfer nachmald mir und dem R. Reiche bleiben, und haben ihrer Ehre und Pfliht gemäß gehandelt, wenn fie bei diefem Brud von E L. ab zu mir, als ihrem Kaifer und Oberhaupt, von weldem auch die Generalöyerfonen ſich für Kaiſerliche Kriegsoffiziere gehalten, und dafür geehrt worden find, gewendet haben. Weil E. 2. mid) der Zeit mit Ihrer Hülfe ganz verlaffen und durch das Armiftitium und die Mebergabe der feften Städte mir und dem Reiche einen großen Theil meiner und deffelben Bertheidigung entzogen, dem Feinde dagegen Vortheil gemacht, fo habe ih billig auf die Hers überbringung diefer meiner und des Reichs DVölfer, fonderlich nachs dem ich felbft zu Felde gezogen, und von E. 2. mich keines Beis ftandes vertröften Fönnen, auf alle mögliche Weife bedacht fein, ihre Treue und mir ſchuldige Dienfte fuchen, und fie dazu in Kaiſerliche Gnade aufnehmen und fordern müſſen. E. 2. wollen fih aber verfichert halten und feftiglih glauben, daß ich wider Ihre Berfon, vornehme Miniftred, Lande und Leute, einige foldhe Intention, wie €. L. in Ihrem Schreiben anziehn und Ihnen etwan von frievhäfs figen und böfen Leuten vorgebracht fein mag, nicht gehabt, weder an denen darüber entftandenen Exceſſ und Plünderung einigen Ges fallen trage, und wenn darüber E. L. einige Gefahr ſollte zuges fanden fein, wollte ich nicht allein mis denfelben, fondern mit allen andern bei mir habenden Kräften E. L. zu Hülfe erjchienen fein. Darım denn E L. um fo viel weniger Urſache haben, dasjenige,

Abberufungspatent bes Kaiſers an das baieriſche Heer. . 587

was Johann von Werth zu diefem Ende vorgenommen, fo hoch zu empfinden und fo übel auszulegen, ‚weniger ſich anderer fchärferen Proceduren gegen ihn zu gebrauden, weil €. 2. ihn mit feiner Ranzion gegen Franfreih als eine Kaiſerliche Generaldperfon an mich allein gewiefen und ih auch dieſelbe allein bezahlen müflen. Sonderlih erfuhe ih E. L. hiemit freund - vetter + [hwäger » und gnädiglich: Sie wolle gegen ihn alle gefaßte Ungnade fallen, mir aber folhe Völker zu bemelvetem Ende ungehindert folgen laflen: denn zu dem, daß Solches an fid) ‚recht und billig ift, fo werben fih E. 2. hierdurch wider der Kronen beforgende feindlichen Webers fälle am beften verwahren, da ihnen nichts fchädlicher ift, als unfere Einigkeit, dagegen aber zum Ruin unferer beiden Häufer und des ganzen Reiches nichts verträglicher, al8 unfere Uneinigfeit wiverfahren fann. Und wäre zumal jetzt nad) dem franzöfifhen Abtritt über den Rhein dem ſchwediſchen Feldmarſchall unmöglih, vor Eger zu bleiben, weniger weiter auf meine Exrblande oder E. 2. zu gehen, -wenn mir &. L. diefe Völker ungehindert folgen ließen. Ich hätte auf folden Ball defto mehr Urfah und Mittel, L. und deren Haus noch weiter alle angenehmen freund s vetter » f[hwäger - und kaiſerliche Dienfte zu erweifen. Das und Feines anderen follen fi €. 2. von mir gewißlich zu verfehen haben, und in zuverläffiger Hoffnung E. 2. guter Begegnung verbleibe ich jeder Zeit berfelben mit freund » vetter » fchwäger = und gnäbiglihem Willen, Faiferlichen Hulden und allem Guten beftändig zugethan.”

Noch an demfelben Tage erließ der Kaifer ein fürmliches Ab» berufungsfehreiben an alle Offiziere und Gemeine des baierifchen Heered, und forderte fie mit Darlegung obiger Gründe und mit der Berfiherung, daß Johann von Werth und die ihm gefolgt, ihren Ehren und Pflichten gemäß gehandelt, nochmals bei. Verluft der Faiferlihen Gnade und anderen Falls der Verheißung der Faifer- lichen Huld, auf, fih in Böhmen unter feine und des Reiche Fahnen zu ftellen. Wenige Tage darauf wurde das offene Patent in Res gendburg zum zweitenmal unter dem Umfchlagen von zwölf Troms meln auf allen Plaͤtzen der Stadt, * in der Gegenwart mehrer Offiziere zu Fuß und Roß, ausgerufen, und auf allerlei Wege den baierifhen Regimentern eingehändigt. Marimilian in neuer Gefahr, ‚während ber bevenflichften Zeitläufte feine Vertheivigungsmittel: zu

s Theatr,. Europ. VI, 67.

388 Maßregeln Marimiliane.

verlieren, erließ Dagegen aus Münden am 3. Yuguf an ae Dffiziere Schreiben, in welchen er fein Berfahren gegen den Kaifer . sechtfertigte 3 zwar die Anfprühe des Kaiſers zugeftand, aber zugleich darlegte, wie er und feine Lande mit überwiegenden Koften Das Reichöheer in Stand erhalten, und wie ihm das Generalat ferner zuftehe; worauf er denn jeinerfeits zur ſtandhaften Treue ermahnte, und feinen Unmwillen von neuem über die Abtrünnigfeit, mit welcher Werth und Spord * „fi beſchmitzt,“ zu erkennen gab. Augleich ließ er alle Regimenter wiederum ſchwören, ihn gegen jeden Feind zu vertheidigen, belohnte die Treue des Gemeinen durch ein Geldgeſchenk von zehn Thalern und verfiherte ſich der Oberften durch Beförkerung zu höheren Würden. Weil es gefährlich fchien, nad diefen Zudungen das Heer ohne einen zuverläffigen Oberbefehlshaber zu laflen, ernannte Marimilian, mit Uebergehung des waderen Rauſchenbergs, welcher durch ein erhöhetes Amt, in der Oberpfalz unabhängig zu fommandiren, faum für jet begütigt wurde, zu feinem Feldmarſchall den Grafen von Gronsfeld, welcher mit Ehren und Geſchenken aus Paris eben heimfehrte. Aus einer altnieber- ländifhen Samilie, deren Zweige fih in die Grafen von Anhold, Bronkhorſt und Gronsfeld getheilt hatten, flammend, und durch feine Mutter Erbe uralter Güter der Grafen von Eberftein in Schwaben; diente Jobſt Marimilian feit früher Jugend im Heere Ferdinands, Baierns und der Liga; that fi ſchon unter Dampierre und unter Tilly im dänifchen Kriege durch Tapferkeit fo hervor, daß der alte Held nad der Schladt bei Luther am Bahrenberge ihm im Kreiſe aller Oberften feinen eigenen Generalöhut mit den Worten: „Du bift ein Graf und haft gethan wie ein Graf! ein Generalshut wird dir nicht übel ftehen!“ aufſetzte.“ Wegen feiner Klugheit, gelehrten Kenntniſſe auch in Gefandtichaftöpoften gebraucht, wie beim lübeder Frieden, kommandirte er nad der Schladt von Breitenfeld mit Erfolg an der Weſer, wurde aber mit Merode bet Heſſiſch⸗Oldendorp von Herzog Georg geſchlagen, und zog fi im % 1635 vom Heere unter mandherlei Bedraͤngniſſen, einmal von heffiichen Streifern gefangen, nah Köln zurüd, wo er die trefflichen Anmerkungen zum „teutihen Florus“ verfaßt, Wie im J. 1645 e Theatr. Europ. V, 1392. .

3 Aus Gronefelbs eigenen Anmerkungen zum tenifchen Florus 116. S. ven Auffap in Köhlers Dünzbeluftigungen X, zu Anfang, und Deden II, 8. 39.

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Graf Gronsfeld baterifcher Feldmarſchall. . 589 -

Marimilian in feiner Treue an Kalfer zu wanken begann, nahm er den Grafen Gronsfeld, welcher der franzöftihen Sprache aus⸗ nehmend kundig war (in deutfchen Heeren eine fo feltene Kenniniß, dag nad) dem Siege von 1633 im ganzen Heere Georgs niemand als Guſtav Adolf natürlider Sohn, Guſtav Guſtavsſon, die erbeu- teten Papiere Gronsfelds zu leſen verftand), in feine Dienfle ale Defchlöhaber von Ingolftadt; und vertraute ihm im Auguft 1647 den Oberbefehl feines gefammten Heeres. Wie geringen Danf ver neue Feldmarſchall von feinem Herrn, deſſen geheimfte Pläne er wußte, einerndiete, werben wir bald erfahren. Gegen Werth blieb da⸗ gegen Marimilian unverändert; er fchrieb eigenhändig feinem Bruber, dem Kurfürften von Köln: t „fo Tange noch ein Tropfen Blutes in ihm wäre, würde er an dem Urheber des Freveld Rache fuchen.* Mag nun menfchlihe Klugheit kaum zu entſcheiden wiſſen, welche Anſprüche und an welden Theil des baierifchen Heeres der Kaifer zu erheben befugt und der Kurfürft einzuräumen verpflichtet war; Sohann von Werth, hatte er gleich nad feiner Ueberzeugung ge: handelt, und fchon durd feinen Zug in die Pifardie und oftmals feine Sinnesart zu erfennen gegeben, blieb bei dem Zwiſt der Fürften allein der beklagenswerthefte Theil; Marimillan trat nach wenigen Monaten wiederum mit dem Kaifer in das frühere Freundſchafts⸗ bündniß, und über feinen Wanfelmuth wagte weder die Mitwelt, noch die Nachwelt zu richten; aber Johann von Werth fteht bei der Nachwelt in zweideutigem Andenfen.

Achtes Kapitel.

Melander von Holzapfel flellt das Faiferliche Heer wieder Her und haͤlt den Felb⸗ marſchall Wrangel in Böhmen auf (September). Frankreichs Roth um Flandern. Abberufung Turennes. Aufftand der Weimarer (Juli 1647). Die Rofen. Auffündigung des Stillſtandes von Köln und Baiern (Auguf und September). Marimilians neues Bündnig mit Ferdinand. Ungnade Johanns von Werth. October 1647.

Nach ſo ſeltſamem Umſchwunge des Glüuͤcksrades war Johann von Werth jetzt unter den Oberbefehl deſſelben Mannes geſtellt, Pufendorf 698.

500 Herſtellung bes kaiſerlichen Heeres durch Holzapfel.

deſſen Plan auf die Verſorgung Hermannſteins er vor zehn Jahren fo überraſchend vereitelt. Im gaͤnzlich aufgelöstem Zuſtande, auf wenige taufend gefchmolzen, hatte Melander von Holzapfel bie kaiſer⸗ lichen Truppen überfommen; aber feine Sorgfalt und fein Ernft flößten den Soldaten neuen Muth ein; ihre Zuverfiht ſprach ſich in dem foldatenwisigen Wortfpiele aus: „wer dem Kaiſer das Stepter nehmen wolle, müfle vorher erft in den herben Apfel beißen.“ Aus einer vortrefflihen Schule ftammend, dem kargen Dienfte der Landgräfin, welche nur für ihr Haus fammelte, hatte er zumal Delonomie erlernt, fo daß ſogar die Franzoſen befannten, „er, ald Mann von Kopf und Arm, fei der fühigfte Kapitän ge- weien, um Dronung, Zucht und Sparfamfeit in einem ruinirten Heere herzuftellen.“ ' ber während er den Soldaten gewann, für regelmäßige Loͤhnung forgte, machte. rajcher Eifer ihm die Offiziere abwendig, deren große Menge ein Hauptgebrechen des Heeres ges wefen; zumal ihre herfömmlihe Willführ, unendlichen Troß und viele Padwagen mitzufchleppen, der Erhaltung ded Heeres unfäg- lichen Nachtheil gebracht. Deshalb fchickte ver Alte vielen die Ent- laffung zu, drohete anderen mit derfelben, wenn fie fich nicht frei- willig entfernten. Statt früher viel Hauptleute bei einzelnen Regimentern und wenig Knechte gewefen, verftärkte er die Mann- haften, warb jelbft auf eigene Koften und verminderte die Zahl der Anführer. So firenge Reformation vorhandener Mißbräuche hätten faum der Kaifer und der Erzherzog nad fiegreichem Feldzuge ohne Schaden wagen dürfen, nicht der Neuling unter Fer⸗ dinands Fahnen, obenein ein Ketzer. Aber Holzapfel war fein gewöhnlicher Mann; ein Zeitgenofje befchreibt ihn: ? alt und ftreng, fein Geficht nicht freundlich, feine Sitten nicht überfhön, aber in ihm ein neuer frifher Adel, fertig adelige Thaten zu thun, nicht den Edelmann zu fpielen.” Nach kurzen Vorbereitungen, als aud für die Befeftigung Wiens und der böhmifchen Städte geforgt war, brach dann um die Mitte ded Juli unter Ferdinands eigenen Augen, der zum erftenmale als Kaifer dem Feldzuge beimohnte, das umges Ihaffene Heer um Budweis und Pilfen auf, um, 25,000 Mann ftarf, das von den Schweden geängftigte Eger, den Schlüffel von ° Motifs 437. Freyberger III, 117. 2 Sreyberger Il, 198.

Mazarins Abſichten; Politik der Nieberlänver. 501

Böhmen zu entfeßen. Unter Holzapfel befehligten bie Feldzeug⸗ meifter und Generale der Kavallerie Fernemont, Buchheim, Werth und Enfevort; die Keldmarfchall-Lientenants Trauditſch, Montecuculi, Gonzaga, ' Sport, Mery, Graf Pompei, Saradepfi und vice Geldwachtmeifter, unter denen Sparr, Lodron, Souches, Don Felir der Epanier; ein Herzog von Holftein, ein Graf von Schleöwig. Leider war aber auch Graf Ehlid, der Hoffriegsramhspräfldent, in der Nähe. Bei folhem Andrange erbangte der Schwede, zumal er auf Frankreichs Mithülfe nicht rechnen durfte.

Es war der Berehnung Mazarind um fo angemeffener, den Schweren nach dem Waffenftiliftande Baierns und des Kurs fürften von Köln den Kampf gegen den Kaiſer zu erfchweren, und das drohende Uebergewicht der ſchwediſch⸗proteſtantiſchen Partei in Deutfchland zu verhindern, da inzwiſchen die Dinge in den Niederlanden eine bevenklichere Wendung verfündigten. Schon im vorigen Jahre hatten die Holländer unter dem gealterten Prinzen von Oranien den Krieg gegen Spanien matt geführt, und Friedens⸗ liebe blicken laſſen, weil fie endlich zu fürdten begannen, an dem fiegreihen Könige von Frankreich einen gefährlicheren Nachbar zu befommen, als an Philipp. Sie erfuhren von einem Plane Frankreichs, die fpanifchen Niederlande gegen das eroberte Katalonien einzutaufhen, der in Münfter geheim durch Servien, Mazarind Bertrauten, betrieben wurde; ? weshalb die Staaten ſich den Epaniern näherten. Jene Unterhandlungen gu Münfter zwifchen Servien und den Epaniern geriethen zwar ind Etoden; allein nad dem Tode ded Prinzen von Dranien (März 1647) trat die Unluft der Republif zum Kriege noch deutlicher hervor, während zugleich Leopold Wil⸗ helm, als Statthalter nach Belgien gefommen, als Feldherr feinen Eifer für Habsburg, der für Defterreich zufegt fo unheilvoll ausgefchlagen, mit Glück bethätigte, ftarf im Felde erfchien, am Ende des Mai Armentiered nahm, und, ungeachtet der junge König im nahen Amiens ſich befand, den Marfhällen Gaſſion und Ranzau ihren früheren Gewinn ftreitig machte. Deshalb hatte Mazarin fhon im Aprif nicht allein den Turenne mit dem weimarfchen Heere über den Rhein verlangt, fondern, der Deutichen überall bebürftig, auch dem Statthalter Erlach befohlen, Truppen aus den Befagungen

Bufenborf 696. Adlzreitter 518. 2 Montglat 11, 64.

502 Meuterei der Weimarer unter Turenne.

des Breisgau zu fenden. Der Bicomte, dur die eigene Luft als Oberfeldherr thatenlos auf dem jetzt gefahrlofen deutſchen Kriegs⸗ ſchauplatze feſtgehalten, ſaͤumte zu kommen; der Schweizer dagegen, ſo wenig ſein Ehrgeiz den gehofften Marſchallsſtab gewann, ſchickte Reuter nach Amiens, ' deren Trefflichkeit den jungen König nebft dem Hofe in Erftaunen feßte. Als nun im Juli Leopold Wilhelm, Piccolomini und Bed fogar vor Landrecies erfchienen, mußte Turenne dem Befehle eilig Folge leiften; ? die feften Städte an der Oberdonau, im Wirtembergifhen dem alten Schmidtberg und Roßwurm anver- irauend, wollte er eben aus der. Umgegend von Straßburg nad Zabern aufbrechen, als ihm ein Hinderniß entgegentrat, welches zu überwinden ihm Guebriants Klugheit und Gefchmeidigfeit fehlte. Die Weimarer, zumal die Reuter, längft unzufrieden über des Mars ſchalls franzöfiihen Hochmuth, über ven Bruch aller Punkte des breifacher Vertrages, welden fie noch gut im Gedäͤchtniſſe hatten, vereinigten fih am 14. Juni fchriftlih zu dem Beſchluſſe, fich nicht aus Deutfhlands Grenzen fchleppen . zu laſſen, den franzöfifchen Offizieren, die Turenne ihnen aufgenöthigt, nicht zu gehorchen ; ihren ausftehenden Sold zu ertrogen. Die alte Soldatenrepublif erwachte fo plöglih, daß fie jeden für einen Schelm erklärten, welcher wider das Bündniß handeln würde. Dem zufolge blieb Roſens Regiment vor der zabener Stiege ſtehen, erwartete die anderen Regimenter, ließ den Marfhall, welcher vergeblich Bitten und Drohungen vers jhwendete, mit feinen Franzofengund dem Fußvolke abzichen. Das Haupt unter den Weimarern war Reinhold von Roſen, auf den vieleicht Wrangeld Mahnungen gewirkt hatten, obgleich er ſich Mühe ‚zu geben fchien, die Unzufriedenen zu befhwictigen. Bald kamen auch die anderen Regimenter, neun an der Zahl, welde nah Tau⸗ padel, Ehm, Wittgenftein, Beh, Fledenftein, Roßwurm die Namen führten, herbei, erhigt von Wuth, daß man fie wie Sklaven betrüglih nad Frankreich fchleppen wolle; es ging das Gerücht, daß fie wie Böningshaufens Söldlinge nah Katalonien ziehen follten ; fie verwarfen den Gehorſam des Franzojen, begehrten einen deut- [hen Feldherrn zum deutfhen Kriege, und waren im Begriffe, Turennes Zelt zu erftürmen, und Rofen ſich als General mit Gewalt % Erlach T, 292.

2 Dal. 293. Ramfay I, 155. Theatr. Europ. VI, 1406. Bufen dorf 713. Lagnille I, 177. Montglat II, 68.

Verhaftung Koſens in Eitlingen. 593

zu holen. Vergeblich fandte der bange Marihall, dem Wrangels Warnungen fi redhtfertigten, in der Gefahr, des Königes „beftes Heer zu verlieren,“ franzöfifche und deutſche Vermittler. Die Weis marer geſellten dem Rofen einen Rath von zweihundert entichloffenen Männern zu, um fie über ven Rhein nad Deutfchland zu führen; gelobten, wenn der Hof nicht ihre Forderungen erfülle, der evans gelifhen Sade und der Krone Schweden unter denfelben Bedin⸗ gungen, wie unter Bernhard zu dienen, und machten fih nad) Straß⸗ burg auf den Weg, wo fie in Schiffen über den Rhein zu fehen begannen. In Schrecken folgte Turenne, fhon nad) Saarbrück ges fommen, ihnen mit dem Yußvolfe über die Berge nah (21 Juni); jene ließen fih weder durch Fledenftein, noch durch Schönbeck Hulten, zogen über den Strom, um erft auf dem rechten Ufer die Unter: handlungen zu beginnen. Da ihr Recht nicht zu läugnen war, ins dem fie fih nur durch ihre „promesse solonnelle,* nicht durch einen Eid gebunden hielten, Sranfreih außerhalb Deutſch— lands zu dienen, und fie nie die Befugniß der Direktoren, fie rückſichtslos an die Frangofen zu verfaufen, eingeftanven, mußte der ftolge Turenne in Stollhofen gegen die erzümten Männer, welhe um Raſtadt ftanden, fih geſchmeidiger ftellen, und ers langte, durch Roſens und Erlachs Betriebfamfeit, an welchen der König befonders dringend gefchrieben, fo viel, daß fie der Krone, doch niht außerhalb Deutfhland und Luremburg, für die Freiheit Deutfhlands und ver Proteftanten zu dienen gelobten, wenn Turenne ihnen ald Gewährleiftung ihrer Forderungen einen feften Platz am Rhein einräume.. So fchien ein gutes Einverftändniß eingeleitet, und zogen die Regimenter nach Oberfirch zurück (4. Juli), als die Reuter des Regimentes Mazarind, auf das Gerüht, „der Marſchall wolle fie nur locken, um fie mit Gewalt zum Gehorſam zu zwingen,” mit ihren Faͤhnlein nah Bühl auf brachen (5. Juli) und andere ihnen folgten, unter der Kunde vom Abfalle der baieriichen Völker, die fie eben erreichte. Sorgenvoller folgte ver Marfchall mit den Oberften ihnen auf Ettlingen; je weiter jene fih vom Rheine auf den Nedar zu entfernten; je entichlofiener wurde ihre Erklärung, den Franzoſen nicht ferner zu dienen. Die Erbitterung wuchs unheilbarer, als Turenne, die Schuld der Meuterei dem Nofen beimeſſend, zu Ettlingen diefen hochangeſehenen Führer, nad fcheinfreundliher Mahlzeit, durch Franzoſen verbuften und von

Barthold, Geſch. tes B0jähr. Kriege, II

594 Die Roſen.

Philippsburg nah Nancy in's Gefängnig führen ließ. So geſchah ed, daß in denfelben Zagen, ald Johann von Merth geächtet durch den Böhmerwald floh, und, in feinem Gewiflen ruhig, durd den Kaifer Genugthuung empfing, Rofen fein alter Widerſacher im Felde, vol Reue über feinen Tautbezüchtigten Treubruch an Bern⸗ hard und über feine Hingebung an die undanfbaren Franzoſen, im Kerker ſchmachtete. Aus einem livlaͤndiſchen Adelsgeſchlechte ſtammend, welches ſchon mit den Schwertrittern Deutſchland verlaſſen, war er mit ſeinem Bruder Wollmar und ſeinem Neffen Johann in ſchwediſche Dienſte getreten, hatte, von Bandr beleidigt, zu Bernhard fich gefellt, in allen Feldgügen ſich Hohe Ehre erworben, und die Herrichaft, Bollweiler, wie Taupadel Pfirt und Schönbeck Sennenheim, als Lohn empfangen; im Jahre 1637 auf der Hochzeit mit einer adeligen Dame aus dem Elfaß durch Werths Reuter überrafcht, und bei Mergentheim gefangen, durch den ulmer Vertrag befreit, endete er feine wechſelvolle deutſche Kriegerlaufbahn im Gefaͤngniß.“ Boll Unmuth über die Schmach des Verwandten, verließ damald Johann von Rofen fein Befehlshaberamt in Thann; Wollmar der „Zolle” war in Bafel von feinem Major erftohen worden; Reinhold erhielt erft ein Jahr fpäter feine Freiheit „auf Verwendung Schwedens und Heſſens“ aus dem Sclofle Vincennes, mehr wohl aber, weil Mazarin fi in den Unruhen der Fronde viel vom ergrimmten Feinde Turenned verſprach. Roſens Fahne führte damals das Bild eined Thurmes, welcher Üiber einen Rofenftrauch ftürzt, mit der Inſchrift: malgre la tour, les roses fleureront! und in der Schlacht bei Rethel, in welcher Rofen den Sieg errungen, hätte er ſich gerne in dem Blute des gehaßten Marſchalls gebadet. * Johann Rofen verlor fein Leben in jener Schlacht; Reinhold, von Ludwig hochgeehrt, begab fih auf feine Güter im Elfaß, ftarb im Jahre 1667 und hinterließ als Eidam und Erben feinen Neffen Konrad, welcher im Jahre 1703 den Marfhalisftab davontrug.

Aber Turenne hatte von der Schmach, die er dem beutfchen Kriegsmanne anthat, Feine Frucht; ein ehemaliger Student aus Weimar, Wilhelm Hempel, der verwegenfte unter den Gmpörten, führte, mit dem Beftande der älteſten Reuter, die Entfchloffenen in befter Ordnung am 20. Juli über den Nedar, firenge Mannszucht

* 2agunille 1, 179. : Montglat li,

Abmarfch der Weimarer unter Wilheln Hempel. 505

im Wirtembergifchen haltend; harrte an ver Jart, ob die Oberſten ihm folgen würden. Sie verfhmäheten die Taiferlihen Erbietungen, welche Bönninghaufen, von Frankreich wieder abgefallen, ihnen bot, jo wie die Drohungen Bledenfteins von Heilbronn aus. Nochmals verfuchte Turenne, mit dem deutfchen Zußvolfe, franzöfifhen Reutern und Kanonen ihnen über Heilbronn gefolgt, durch Iodende Briefe ihren Entfchluß gu irren; er fo wenig, wie feine Oberften durften fih bei ihnen bliden laflen. Als jene in gefchloffenen Reihen durch das Gebiet von Würzburg fortzogen, fchrieb der Marfhall am 30. Juli 1647 an Wrangel:' je supplie tres-humblement V. E. de vouloir donner ordre & ses troupes que l'on traite comme en- nemis huit Regiments de Cavallerie, qui s’en vont vers la Franconie sans leurs Officiers, je ne doubte point que Vostre Excellence ne donne tr&s expressement cest ordre là; fie waren ihm für immer verloren, zumal fie die Graufamfeit erfuhren, mit welcher der Mars (hal einzeln Ergriffene behandelt hatte. Als er bei Koͤnigshofen mit feinem Zußvolfe, den franzöfifhen NReutern und ſechs Kanonen ihnen auflauerte, brachen die Weimarer ſich blutig Bahn, und flohen nah Thüringen zu den nächſten ſchwediſchen Befagungen. Turenne aber mußte befhämt umfehren, mufterte den Reft noch dreier ſchwachen Meuterregimenter, ftedte fie unter andere Fahnen, zahlte Sold und führte fie, zu einem neuen Eide verpflichtet, ind Luremburgiiche. Von den Abgefallenen erreichten nahe 2000 Mann ? das Heer Königs» marks; ihrer Forderungen an Frankreich quitt. Dennoch aber ging der Rame der. Weimarer nicht unter, obgleih auch Taupadel in Straßburg geftorben, und faft nur das Fußvolk blieb; denn Frank⸗ reichs Geld und Erlachs Betriebfamfeit wußten bald neue Taufende friegäluftiger Deutfchen zufammen zu bringen, die jedoch immer in fpröder Trennung von den Franzoſen ſich erhielten.

Ungeachtet nach Turennes Abberufung Wrangel geringen Er⸗ folg von feinem Feldzuge auf Böhmen erwartete, gelang ihm doch ein verhängnißvoller Gewinn. Denn um einige Stunden zu fpät näherte fich der kaiſerliche Vortrab der Feſte Eger; am 17. Juli übergab ber tapfere Kommandant, vergeblih auf Entfag hoftend, den wichtigen Ort. Zwiſchen Pilfen und Schlackerwalde erhielt der

ı Geijer IM. 380. Sächerlich iſt die Prahlerei, mit welcber die franzoͤſiſchen Biographen Turennes, zumal Raguenet, 148 ff., dieſe beſchaͤmenden Händel erzählen. 38 eo

596 Eger den Schweden übergeben.

Kaifer die Nachricht vom Verluſte des Schlüſſels feined Koͤnigreichs. Es ging aber das allgemeine Gerücht, * daß der Marſch des Heeres fi um zwei Tage verfpätet habe, da ed die Güter des Grafen von Echlid in einem weiten Imwege umgehen mußte. Bür diefen Ver⸗ luft gab die Eroberung des Schloſſes Falfenau am 26. Juli ges ringen Erfah, nod weniger das harte Kriegägericht über den un- jhuldigen Befehlshaber. Darauf rüdte am 27. Juli Hohapfel auf Eger, um die Schweden von der Fefte wegzufhlagen; aber Wrangel hatte vor dem Anprange auf der anderen Seite des Fluffes, auf dem Galgenberge, eine fefte Stellung eingenommen. Johann von Werth brannte vor Begierde, fid) durch Fühne Unternehmungen der Faiferlihen Gnade würdig zu beweifen, und Gelegenheit bot fih ihm ſchon am folgenden Tage. Unter dem heftigften Kanonenfeuer febte er mit dem linfen Flügel dur den Fluß, und ging gerade auf das ſchwediſche Lager los. Da zugleich aud Holzapfel mit dem rechten Flügel auf den Galgenberg anrüdte, zogen ſich die Schweden von der Höhe herunter, und erwarteten im Thale den Angriff. Montags den 29. Juli feuerten beide Heere aus ihren, nur dur den Fluß getrennten Lagern fo heftig auf einander, daß eine Stüdfugel fogar durchs Faiferliche Zelt flug. Johann von Werth war wiederum der legten Stunde nahe, indem eine ſechspfündige Kugel? ihn das Geſicht ftreifte, und ihn betäubt und blutrünftig niederwarf. In der darauf folgenden Nacht gerieth der Kaifer in die größte perfönliche Gefahr; der General: Major Helmold Wrangel der „tolle,“ ſetzte ungefehen dur den Fluß, warf die Taiferlihen Wachen über den Haufen, drang Fühn mit einigen Schwadronen ind Lager, und vers breitete überall Schreden und Beftürzung. Schon befanden fich drei vers wegene Reuter im Schloffe, in welchem der Kaifer jchlief, hatten bie letzte Schildwache niedergeftochen, und waren im Begriff, die Steige hinauf in des Kaiſers Gemach zu dringen, als zur rechten Zeit ein treuer Diener den einen nieberftieß. Auf das Getümmel eilten mehre herbei; ° Johann von Werth war „fchier unbefleivet” ver erfle auf dem Plage, dann fam der alte Holzapfel, die Obriften, fogar die

: Bufendorf 69%. Motifs 349. Breyberger IH, 117. " &So erzählt Bufendorf 699; Kriegserfahrene mögen über bie Moglichleit entſcheiden. Theatr. Europ. VI, 4, Motifs 439.

? Sreyberger 201. Bufenborf 699. Ablzreitter 513. Theatr. Europ. VI, 4.

Aufbruch des kaiſerlichen Heeres anf Pilſen. 597

Hoffavaliere ſelbſt; die Majeſtät floh im Nachtgewande; im Lager, waren bie Regimenter fchnell zu Pferde und unter den Waffen, und fo mußten die fühnen Schweden mit Verluſt an Offi⸗ zieren und Gemeinen über Hald und Kopf fi über das Waffer flüchten. Diefer gefährliche Beſuch veranlaßte Ferdinand, das Lager mit ſtuͤrkeren Schanzen umſchließen zu laſſen; als wollte er dem Feinde für die Lehre danken, fhidte er die gemachten Gefangenen ohne Loͤſegeld zurück. Da aber längeres Verweilen vor Eger nutzlos frhien, und bereits der Mangel an Nahrung für Menfchen und Vieh fich bitter empfinden ließ, brad das Faiferlihe Heer am 8. Auguft gen Pilfen auf; Berbinand, unzufrieden dur feine und der Kriegsräthe Gegenwart die Sache nicht auf befferen Fuß geftellt zu haben, ging nach Prag zurüd. Die Räthe hatten dur ihre wiberfinnigen Maß- regeln einen folden Mißmuth bei den kommandirenden Generalen erregt, und einen fo ftörenden Einfluß dur ihre Weisheit auf den Lauf der Dinge ausgeübt, daß viele angefehene Offiziere ihre Ents lafiung forderten, und felbft die erften Feldherrn, Holzapfel und Johann von Werth, fih weigerten an den Kriegsrathsſitzungen Theil zu nehmen, und laut vernehmen ließen: „wer den Kaiſer in viele Berlegenheit gebracht, möge ihm aud wieder heraushelfen.” Um fo erfreuter fahen fie daher den Abzug jener Herren, und es begann auch gleich ein thätigered Leben im Feldlager, * durch Melanders Lift und Werths Mannheit. Die Schweden waren dem Feinde bis auf Plan gefolgt und hätten gern das fefte Haus Triebel entſetzt; aber eine tiefe Schlucht, hinter welcher das Faijerliche Lager fand, flößte ihnen Beforgnifie ein. Am 22. Auguft vor Tage führten Johann von Werth und der junge Held Raimund Montecuculi die ganze Reuterei in der Stille in den tiefen Waldgrund, verbargen ſich bis gegen Mittag, und da fie wähnten, daß die Schweden auf Fütterung ausgeritten, befchloffen fie die angefangenen Schanzen zu erftürmen. Die Reuterei fprengte daher plöglich bergauf, warf uns geftüm ſechs ſchwediſche Regimenter, welche vor dem Lager aufgeftellt waren, über den Haufen, nahm ihnen zehn Fähnlein ab, und brachte überall folhe Verwirrung hervor, daß Karl Guſtav Wrangel felbft das Feldgefchrei zu geben vergaß. Bald aber eilten vie übrigen ſchwediſchen Regimenter herbei, und es dauerte zwei Etunden hin« durch ein hitziges Gefecht, in welchem die Kaiſerlichen zwar noch e Sreyberger 209.

598 Ende bes böhmilchen Felbzuges. September.

drei Faͤhnlein erbeuteten, fich aber endlich zu ihrem Fußvolk, welches ohne Erfolg die Schanzen geftürmt, zurüdjogen. Der Derluft der Schweden war bedeutend; fie verloren den tapferen Helmold Wrangel, ' (deſſen Leiche, „als ſollte der Verwüfter Deutſchlands nach dem Tode büßen,” in ber Marienkirche zu Weimar ald grauenhafte Mumie dem Wanderer aufgededt wird,) und viele vornchme Gefangene; felbft der franzöͤſiſche Miniſterreſident im ſchwediſchen Heere, der Baron d'Avaugour, welcher, ritterlic gefinnt wie feine Vorgänger Charnacé und Feugquiered, ein Regiment führte, erhielt eine zweifache Schuß⸗ wunde; auch die Kaiferlihen zählten viele Todte, trugen aber drei⸗ zehn Fahnen davon. Wiederum fepten fi die Generale der größten Gefahr aus;? Johanns von Werth Pferd ward verwundet und Montecuculis fanf tobt unter ihm. Nach diefem Gefechte hielten ſich beide Theile in ihren Lagern ruhig, bis am 5. September die Kaiferlihen ihre Stellung verließen, und, um den Schweden die Zufuhr abzufchneiden, vor Tachau ſich ſetzten. Ihnen folgte Wrangel, fand aber, da er über Höhen und Ihäler ziehen mußte, die günftigften Punkte bei Königewart fchon eingenommen. Dennoch gelang es ihm drei Regimenter Dragoner, welde ihre Pferde im Thale ges Iaffen und auf den Felſen fanden, mit überlegenem Fußvolf zu übers wältigen, und faft im Angefiht Holzapfeld ganz zu vernichten. Bald darauf änderten beide Theile das Lager, und ftanden fich unfern des Städtchend Töpel in ihren Verſchanzungen in der Nähe eines Ka⸗ nonenſchuſſes gegenüber. Kaum jemals im ganzen Laufe des Krieges hatten fid) die feindlichen Heere, nicht durch Flüffe und Wälder ges trennt, fo nahe von Angeſicht betrachtet, ohne daß es zu einer ents fcheidenden Schlacht gefommen wäre. Zwar verfuchten bie Kaiſer⸗ lichen zweimal einen Ueberfall, aber ohne anderen Erfolg als blutige ‚Köpfe davon zu tragen. Unerwartet verließen fie auch diesmal ihre Stellung zuerft, und zogen auf ihr altes Lager auf Triebel; Wrangel ‚beunruhigt durch neue Gefahren, wandte fih auf Kaden, um ſich mit einem Theile des Tönigsmarfifchen Heered zu vereinigen. Das war dad Ende des breimonatlichen Feldzuges in Böhmen, der, auch . ohne Hauptftreich, dennoch dem ſchwediſchen Heere zur größeren Ehre gereichte, da es den Gegner dreimal nöthigte, ein befreundetes Land

ı Roccenius 731. 749. 3 Thestr. Europ. VI, 7. Bufenborf 701.

Maximilian enttänfcht. 599

im Rüden, feine Stellung zu verlafien, und ben alten Ruhm bem Mangel zu trogen, wieder erneuerte.

Während dieſer läfligen und undankbaren Kriegsläufte war dem Kalfer ein freundlicher Stern aufgegangen, aber eine dunkle Wolfe über Johanns von Werth wechlelvolled Leben aufgezogen, Kurfürft Marimilian kam almählig zur Erfenntniß, daß feine Waf- fenruhe weder für ihn, noch für den erwünfchten Frieden die erfprieß- lichen Folgen entwidelte, welde er fih anfangs verfproden; zu bitterem Berdrufle mußte er erfahren, daß alles, was fein jeht ge- ächteter General verkündet, „der Feind wolle mit feinen Friedens: tractaten ihn nur hintergehen und den lauteren Geden fpielen,“ als befhämenvde Wahrheit fi darthat. Die Forderungen der ſchwediſchen Gefandten in Münfter, welche, betwährend die Lehre Guftav Adolf, dem Baiern nicht zu trauen, nur auf Scheiß der Regierung in. Stockholm den Waffenſtillſtand gefchloffen, indem jene wähnte, „daß der abgelebte Herr, Vater unmündiger Kinder, die Bormundfcaft des Kaiſers fürchtete,” waren durch die Trennung ded Baiern und des Kaiſers immer ungeftümer, drohender geworben, und gaben deutlich zu verftehen, daß fie nicht die Beendigung des Krieges beabfichtigten, fondern in dem römifchen Reiche nad) der Ueberwältis gung ded Kaiferd den Meifter zu fpielen gedachten. Ebenfo gebehr- deten fi die Franzofen. Die Gefandtfchaft fchrieb in die Welt hinaus: que Trautmannsdorf venoit tous les jours dans le logis de Sieur d’Avaux, comme un pauvre suppliant demander grace et misericord&! und der übermüthige Graf fcheute ſich nicht, in Osna⸗ brück in Gegenwart der kaiſerlichen Gefandten am 25. April 1647 zu den Schweden zu fügen: enfin, nous sommes maistres, il faut qu’ eux fassent ce que nous voulons,. '

So innig war jet die Webereinftimmung zwiſchen beiden Kronen, dag Schweren für die Landgräfin obenein einen Echadenerfat von einer Million Thaler forderte, „welche den geiftlichen Fürſten, Frank⸗ reichs Schüslingen, auferlegt werben ſollte.“ In verfelben Zeit erſchien Erskein, Lars Grubbes Nachfolger als Aſſiſtenzrath im Heere, worauf Salvius, der unverſchämteſte unter den Schweden, zwanzig Millionen Kaiſergulden anſprach, welche nebſt den gefor⸗ derten Laͤndern allein von dem Kaiſer und den katholiſchen Ständen gezahlt werden ſollten.“ Mit vornehmem Unwillen nahm er bloße —Motifs⸗ 448. 2 Adami 356.

600 Mortaignes Tor.

Erinnerungen auf, und als der Kurfürft von Baiern den ſchwediſchen Antrag, daß er ald Herzog von Baiern künftig auf der Fürſtenbank gar Feine Stimme haben follte, an die Kurfürften und Fürſten des Reichs brachte, erflärten die ſchwediſchen Gefandten das für eine Beleidigung, und drohten diefe nicht erft lange mit Worten und Schriften, fondern mit Feuer und Schwert rächen zu wollen! Welche unfäglihe, beifpielfofe Erniedrigung. hatte die größte und ftreitbarfte Nation der chriftlichen Welt über fich gebracht durch ihre Zwietracht und durch verrätherifche oder Furzfichtige Anrufung der Fremden! Die Franzoſen und Schweden, welche nicht 5000 Mann ihres Volks im weiten Deutſchland zählten, konnten fo vermeſſen ſich gebehrden, da fie über 100,000 geſinnungsloſe, eigennützige oder bethörte Deutfhen denn fo ſtark war mit den Hefien die Zahl ihrer Söldner im Felde und in den Befagungen vom baltifhen Meere bis nad Olmüg und Iglau, von Ofifriesland bis zur Infel Meinau im Bodenfee! geboten. Kein Zauberwort für die deutſche Welt gab es, um die erborgte Größe des Fremden ploͤtzlich in ihrer Ohn⸗ macht hinzuftellen!

Da der gehoffte Schutz von Frankreich ausblieb, fah Maris milian ſich wehrlos dem Uebermuthe der Fremden hingegeben, fo wie fein Bruder, der Kurfürft von Köln, ben Königsmart faft unter den Augen des Friedenscongreſſes feindlich behandelte, während die Hefien den Waffenftillftand als gar nicht gefchloffen betrachteten. Der arme Landgraf von Darmſtadt büßte aud in der niederen Grafihaft Kapenelenbogen im Juli und Auguft eine Fefte nad) der andern ein, und wiewohl Mortaigne vor Rheinfels bei St. Goar am 9. Juli einen Stückſchuß in den Schenfel erhielt und, durch die „weingrünen Barbiere verſäumt,“ am 18. Juli zum tiefen Bedauern der Landgraͤfin farb, * mußte Georg dennoch einſtweilen zum Stilftand fi) bequemen. Sollte nun Marimilian die Schweden als Obſieger des Kaiferd in Böhmen und Schlefien die Meifer fein lafien, fo befam er den furchtbarften Nachbar und fein eigenes Berderben war gewiß. Dazu nun die Verlegenheit, fein müßiges Heer in eigenem, auögefogenem Lande zu unterhalten, das’ er in fo bedenklicher Zeit nicht verabfhieden durfte, wie die Schweden ihm ſpöttiſch riethen, ald er die Erweiterung feiner Quartiere

° Bufendorf 7il. Treyberger IN, 115. Juſti 168. Brief der

Lanbgräfin. j

Auffünbigung des Stillſtandes durch Kurs Köln. 601

auf Schwaben zu forderte. Der ſtolze Gebieter und Entſcheider deutſcher Angelegenheiten, in ſolche Bedrängniß durch feine an- ftößige Neutralität verſetzt und faſt ſchon als unterjocht be⸗ handelt, näherte ſich daher, wie auch fämmtliche-Fatholifchen Reichs⸗ ſtaͤnde geheim ihn mahnten, und Ferdinand mit augenſcheinlichen Gründen ihn anging, wiederum ſeinem natürlichen Bundesgenoſſen, und noch während des böhmiſchen Feldzuges kam es zu Paſſau zwiſchen dem Grafen Khevenhiller, dem Abgeordneten Mandel und dem Grafen Gronsfeld, welcher jetzt bedeutenden Einfluß auf den Kurfürſten ausübte, zu neuen Unterhandlungen, denen kaiſerlicher⸗ ſeits die günftigften Bedingungen begegneten. Bereits am 15. Auguft hatte der Kurfürft von Köln, außer Stande, die unleidlichen Vers hältniffe länger zu tragen, dem Räuber Königsmark, welcher nur vor Warendorp „fi ftumpfe Zähne geholt,“ fo wie der Landgräfin den Waffenftiliftand aufgefündigt; * er hoffte auf Lamboy, welcher, _ getrennt von Karl von Lothringen, dem Mitftreiter des Erzherzogs in den Niederlanden, jegt an Holzapfels Stelle bald durch einen Einfall in Oftfriesland den Heffen um Paderborn böfe Sorge bes reitet. (Anfang September). Solder Ausficht, von Nordoſten her,’ dem Kaifer gegen Wrangel Luft zu verfhaffen, harrte Marimillan mit gefpannter Berechnung, obgleich Königemart fih durch die Vers ſchmaher der franzöfifchen Lockungen , durch die Weimarer verſtärkt hatte.“ Denn durch Wrangel berechtigt, die Umherirrenden lieber aufzunehmen, zürne gleich Frankreich, als fie dem Feinde zuzutreiben, dem ſie ſich unter Lamboy endlich in die Arme geworfen haben würden, hatte Königsmark am 15. Auguſt um Minden die von Erfurt kommenden Abgeordneten gehört, und nad) langem Bedenken und vergeblicher Einmifhung der franzöftfchen Gefandten in Münfter die gefährlichen Abenteurer zu Anfang des Septemberd feinen Fahnen zugeſellt.“ Gleichwohl mißfiel der Königin Chriftine die Verbindung ihres Heeres mit Männern, welche fo dreift von der deutſchen Freiheit ſprachen; leicht konnte Königsmark fein Anfehen miß⸗ brauchen und als Hanpt einer bedenfliben Partei als Schieds⸗ richter auftreten. Zu dem Hinblid auf Lamboys Macht am

ı Bufendorf 711. 2 Daf. 716.

2. Daſ. 717. da. Pa. O.

602 Auffänbigung bes Waffenſtillſtandes durch Marimilian.

Niederrhein kamen, um Marimiliand Entihluß zu fürdern, die Forts fehritte der Falferliden Haufen in Oberf_hwaben, welche unter Enfe- vort Wangen eroberten, (3. Auguft), Ravensburg einnahmen, Ueber⸗ lingen bedrohten und den Generals Major Schmidtberg, den Stell vertreter Turenned in Schwaben, fo wie den Statthalter von Breiſach durch mannhaftes Umfichgreifen ind Wirtembergifche * oder über den Rhein zu weichen nöthigten. Alles dieſes zufammen bot dem Kur⸗ fürften, welchem feine Gattin, Ferdinands Schweiter, und die katho⸗ lifchen Geiftlihen berebtfam die Gefahr der Kirche and Herz legten, den günftigen Augenblid, wiewohl die Räthe, welche den ulmer Bertrag geichloffen, fih fo entrüftet gegen den Bruch erklärten, ? daß fie ohne Scheu äußerten, „ed gefchehe allen Fein Unrecht, wenn bie Schweden fie als treulofe unzuverläffige Leute ausſchrieen.“ Hatte fih einmal Maximilian durch den Bruch mit dem Kaifer über die öffentlide Meinung hinweggeſetzt, fo fehlen ihm der Rüdfchritt um fo weniger bedenklich, den Schweden den Waffenftillftand aufs zufündigen; zumal Wrangel die Betätigung beffelben durch die Königin ihm aud noch am 4. Auguft zurüdbehalten, und die Urs funde der Landgräfin noch fehlte. Deßhalb verweigerte der Kurfürft die Einfendung feiner Ratification; ? obgleich der ſchwediſche Ober; feloherr in einem Schreiben vom 17. Auguft ihm das Ungegründete feiner Borwände auseinander zu fehen verfuchte, fam dennoch am 17. September ein neues Bündniß zwiſchen Marimilian und Ferdi: nand zu Stande, nachdem in einem Patent, datirt Pilfen den 7. September, dad Faiferliche Abberufungsfchreiben an das baierifche Heer aufgehoben und dem Kurfürften die Befugniß zuerkannt war, mit unumfhränfter Gewalt, ald höchfter Feldherr über fein Reichsheer zu gebieten. Die dreizehn erften Artikel des Vertrages wurden fogleih vom Kaiſer angenommen; die Ratificationen aus⸗ gewechfelt,* und am 14. September durch einen Brief, der eine weitläufige Rechtfertigung enthielt, der Waffenftiliftand aufgefündigt. ® Wrangel ließ ed an Ewiederung der Anflagen nicht fehlen; ſtellte

* Im befreundeten Wirtemberg haften „die Franzoſen fig züchtig, ie bie Klofterfungfrauen, halten müflen, d. 5. mit großer Roth.“ Freyberger II, 117.

: Bougeant V, 354. Bufendorf 702. Adlzreitter 515.

® 2ondorp VI, 206. Schreiben vom 9. Auguft 1647. Pufendorf 700.

* Bufendorf 702. Theatr. Europ. VI, 76.

»Pufendorf 703. Londorp VI, 217 fl. »

Bilfener Vertrag. 603

die Sache „Gott heim und dem Urtheil der Welt,“ welche jedoch das Ereigniß fehr verſchieden anfah. Denn nur die undeutſche Partei behauptete, der Baier habe, wie in den Tagen Guftav Adolf, nur vor dem Unwetter fih gebudt, um unter dem Schuße des Waffen: ftilfftandes neue Kräfte zu ſammeln, und felbft fein grimmiger Zorn gegen Wert) und der Ausbruch des Unwillend gegen den SKaifer fei nur Maske gewefen, dem er gefchidt einen Theil feines Heeres in die Hände gefpielt. * Die drei geheim gehaltenen Artikel des pilfener Vertrages blieben noch unentihieden; denn fie betrafen Johann von Werth, Epord und den durch das abziehende Heer in Baiern im Juli d. 3. verurfachten Echaden, welchen man auf 800,000 Gulden anfhlug. So wohlwollend aud die Gefinnungen des Kaiferd gegen den treuen Diener waren, und fo entſchieden völlige Dergefienheit alles Geſchehenen ausgefprochen wurde; mußte dennod Ferdinand aus ſtaatskluger Gefälligfeit gegen den Kurfürften die Sache Johanns von Werth bis auf gaͤnzliche DVerfühnung der erzürnten Gemüther fallen laſſen. Marimilian hatte in den ge- heimen Artikeln auf defien Entfernung gedrungen, und fo fehen wir “jenen denn gegwüngen, ald ein Opfer der Politif mit gefränftem Selbftgefühl von der Kriegsbühne abtreten. Roh am 1. October war er mit dem Feldmarfhall und Johann von Spord im kaiſer⸗ lihen Hoflager in Prag, wo er wahrfcheinlich die Gröffnung feines nächſten Geſchickes und die Vertröſtung auf die Verföhnung mit Marimilian erfuhr. Cr nahm nod Theil an einem mehrtägigen Kriegsrathe und fpeiste mit vielen hohen Herren beim Fürften Lob⸗ fowis; gleich darauf meldete ein Eilbote dad Heranrüden der Baiern unter dem Felpmarſchall von Grondfeld, und am 4. October reidte ‚Holzapfel wieder ind Hauptquartier zwifhen Zaun und Schlany. Sohann von Werth verfchwindet für einige Monate aus der Ges ſchichte und es findet fich Feine gewifle Kunde, wohin der ehrgeizige Mann feinen Unmuth getragen. Berlieren wir ihn nun, in Zurüds gezogenheit wahrſcheinlich im Kloſter Lilienfeld, bei feinem Freunde und Better, dem berühmten Abte Kornelius Strauch lebend, aus

ı So urtheilen alle franzoͤſiſchen Berichte; Chriſtine, Höhft ungenau, wie in allen ihren Hiftorifchen Angaben, behauptet, Johann von Werths Achtung fei nur eine Komödie geweſen. Arkenholz III, 154. Sreyberger IH, 115 meint, Marimilian habe im Voraus gewußt, bag ihm die Gegner bald An: laß zum Bruche geben würden.

604 Falſche Politik Maximilians.

den Augen, bis er in der gefährlichſten Lage der Dinge gegen das Ende des Kampfed ehrenvoll und mit neuen Lebenshoffnungen, mit dem glängendften eldherrn der Habsburger, feinem alten Waffen- bruder vereint, wieder and Licht tritt.

Heuntes Kapitel.

Falſche Politik Marimilians während feiner Vereinigung mit dem Kaiſer. Noih und Flucht Wrangels (October, November 1647.) Angriff auf Nieverheffen. Rechtfertigung Holzapfels (November, Dezember 1647). Rüdzug Holzapfels aus Heflen durch Schuld der Baiern. Januar 1648. Geſtrafte Halbheit der Baiern. Turenne und Wrangel an der Donau. Ma 1648. Tod Holzapfels bei Zusmarshaufen. (17. Mai 1648). Auf⸗ löfung bes Faiferlichen und baierifchen Heeres. Rache an Balern. Gehaͤuftes Mißgefchid des Reichs bis Auguft 1648. Koͤnigsmark vor Prag. 26. Juli. Sieg Enghiens bei Lens. 20. Augufl.

Marimilian, fo ſchlau alle Umftände berechnend und auf wechfelnde Zufälle bedacht, hatte dennoch diesmal wiederum einen höchft verderb⸗ lihen Staatöfehler begangen. Es Fam jest darauf an, alle Rüd- fihten auf die Hinterliftigen Franzoſen, die vorgeblichen Beſchützer der Fatholifchen Kirche in Deutfchland und der Reichefreiheit, fallen zu laffen, fi) mit erbrüdender Gewalt auf die Schweden zu werfen, und fie nach Pommern zu jagen. Etatt deſſen aber wähnte der Kurfürft einerfeitö den Kaiſer durch feine Beihülfe nicht zu mächtig die Ober⸗ hand gewinnen laffen zu dürfen, und anderfeits die Franzofen fhonen zu müflen, weil er bei ihnen fi ein Gegengewicht gegen den Kaifer und die Schweden verfprah. In fo irriger Vorauss fegung feine Maßregeln theilend, und gerade durch diefe Halbheit das Berderben herbeifhwörend, hatte er am 14. Eeptember in einem heftigen Ausfchreiben nur den Schweden den Waffenftill- ftand aufgefündigt; dagegen erklärt, die Neutralität gegen Frank⸗ reich unverlegt behaupten zu wollen; demgemäß band er feinem Feldmarſchall Gronsfeld durd geheime Inftruction die Hände, indem er ihm gefihärft befahl, „die franzöfifchen Truppen, wenn er ihnen begegnen follte, niemals anzugreifen, jondern fie wie Freunde zu behandeln.” Im Gedanken ficher, auf foldhe Weife immer. das Aus- [Hlagsgewicht in den Händen zu behalten, warb Marimiltan furdtbar

Rückzug Wrangels gefolgt von Holzapfel und Gronsfeld. 605

getäufht. Schweden nahm mit fleigender Erbitterung die baierifche Auffündigung hin, und Chriftine fchrieb unter dem 24. October 1647 in fo gereistem Tone über die technas principis callidi, welcher fih den Anfchein gäbe, als verharre er mit Frankreich in Waffenrube, und feien beide Kronen getrennt; fie rechnete ſo zuverfihtlih auf die Strafe des Tüdifhen, daß bie Regentin und Mazarin vorerft ein neues Trugfpiel mit dem Baier begannen, und feinem Gefandten erklärten, „greife er die Schweren an, fo müßten fie die Bundespflicht erfüllen. ?

Unter fo unbeilweiffagenden, unklaren Borausfegungen begann denn der letzte Feldzug der vereinigten kaiſerlichen und baieriſchen Waffen. Als Gronsfelds 10,000 Mann ftarfes Heer am 6. Oc⸗ tober 1647 fich zwifchen Laun und Schlany mit Melander vereinigt hatte bei welcher Gelegenheit, wie erzählt wird, ein baierifcher Reuter vom fledenfteinifhen NRegimente, ein Fatholifcher Salzburger, „vom Teufel beſeſſen,“ durch die Glieder des Fußvolls mit dem Ausrufe jagte: „fie wären Narren und Bärenhäuter, wenn fie zu den Kaiferlihen gingen,” und in Gegenwart aller Generale aufge hängt wurde? mußte zwar Wrangel feine Pläne auf die kaiſer⸗ lichen Erblande aufgeben, (7. October) 30g * über Meißen, Thüringen nad Niederfachfen und Weftfalen, und ging bei Hörter am 8. Novems ber über die Weſer, um fih in feiner Bedrängniß entweder mit Zurenne zu vereinigen und mit ihm den Rachezug an die Donau zu unternehmen; oder am Heere Königsmarks und der Hefien Halt zu ſuchen. Aber ihm folgten Holzapfel und Gronsfeld auf dem Fuße durch Thüringen, und drangen am 2. November über die Werra nah Heſſen. Seit König Guftav Adolfs Tode fand es niht ſchlimmer um die ſchwediſchen Angelegenheiten in Deutſch⸗ land, als jegt;® verloren waren die Früchte aller bisherigen Siege, fo wie die argliftig erpreßten Zugeftändnifle zu Münfter und Osnabrück, wo Trautmannsdorf den Kopf wieder emporredte, und nad franzöfiihen Berichten „dem Grafen Avaur felbf die Artigfeit eined Gegenbefuches verſagte.“ Wrangel nach dem Braunfchweigiichen

Arkenholz IV, 411.

_Montglat II, 441.

s Weſtenrieder Geld. II, 296.

® Theatr. Europ. VI, 9. Pufendorf 703.

® Bougeant V, 365. Motifs 442. Pufendorf 709.

L

606 Moih der Schweden.

zurüdgebrängt, 18. November, ſchwebte in der Furcht, nah Pommern getrieben zu werben; zumal Königsmarf und die Hefien um die Ems an Lamboy ihren Gegner gefunden. Denn durch deſſelben mächtigen Anfall auf Oftfriesland von der Belagerung Paderborns abgerufen (14. September), umſchloſſen jene ihn zwar eine Zeit lang am Rheine, mußten aber dann faft ganz Weftfalen und Ofts friesland aufgeben, indem Königsmarf ſich dem Wrangel näherte; Rabenhaupt, um Kaflel zu retten, wohin die Bewohner der Heinen Städte an der Werra entfeßt fich geflüchtet, ſich auf Heflen zog. Gleichzeitig war Schlefien vom Feinde befreit, indem Wrangel ſchon im Mat den Feldgeugmeifter Wittenberg nad Böhmen rufen mußte; Dllmüg fand in unabwenpbarer Gefahr und Iglaus Beſatzung ergab fih am 7. December, che Wittenberg herbeieilen konnte. Enke⸗ dort, wiewohl die frangöfifchen Befagungen in Lauingen, Schorndorf und Heilbronn ängſtlich fchonend, breitete in Oberfhwaben fih dus, und. der Berluft Memmingens, des ſchwediſchen Sicherheitsplatzes in Schwaben, ſeit dem Ende Septembers belagert, war unvermeid⸗ lich (24. November).

Auch auf den fernen Kriegsſchauplätzen ſtanden die Dinge günſtig und erleichterten den Reichskrieg für den Kaiſer. Der Erz⸗ herzog hatte Landrecies und Lommines erobert, da Turenne zu ſpaͤt kam; der berühmte Gaſſion im Sturme auf Lens das Leber eingebüßt;? Piccolomini, Bed und der Lothringer fahen den Vor⸗ theil des Feldzuges in ihren Händen. Selbſt der Siegertroß Enghieng, feit dem Tode feined Vaters im Jahre 1646, Condé genannt, fheiterte vor Lerida, und Mazarin empfand mit Mißvergnügen viel: fahe Täuſchung.“ So bot die Fügung günftiger Umftände im Spätherbfte überall die Rettung Deutſchlands, felbft wenn bie drei Kurfürften von Mainz, Brandenburg und Sachſen in Unthätigs feit verharrten. Breilih war am 9. October Anfelm Kaſimir, dem Reiche auch im Unglüd treu, geftorben, und am 19. November, unter Frankreichs Einfluß, der zahme Johann Philipp von Schön- bom, Bilhof von Würzburg, erwählt worven, welcher furdtiam nah dem Bruce des Waffenſtillſtandes von Baiern fich getrennt. Friedrich Wilhelm von Brandenburg, fehmerzlich verzichtend auf das

ı Bufendorf 712.

Montglat Il, 72. 2Bougeant Ill, VI, $. 48.

Holzapfel in Seffen. 607

ftarfe, feinem Volke gefdhichtlich verwandte Pommern, baute in ber Stille an felbftändiger Größe, indem ihm zur Entſchädigung bereits unzufammenhängende Stiftsfänder zugefichert waren, und die Schwe⸗ den ihn damals überall fhonten. Sachen, gelähmt und verblutet, konnte fih nicht aufraffen, zumal Wrangel eben den Kurfürften zu perfönlihem Danfe verpflichtet hielt, indem er ihm am 18. October den fchwedifchen Oberſten Jakob Wanfe zur Beſtrafung überants wortete, der, von Johann George bei der Eroberung von Görlig gemißhandelt, mit dem Anfchlage umging, die ganze Furfürftliche Familie zu ermorden. Aber auh ohne die Erhebung jener Mächte wäre Deutfhland vor dem Unglüde des weftfälifchen Friedens bewahrt worden, hätte nicht die Fehlrechnung einer überfeinen, furdtfamen Politif, feinesweges die blinde Leidenfhafts lichkeit des kaiſerlichen Heerführers, des Schickſals Wink, Schwer den zu verderben, unbeachtet gelaffen. „Holzapfel wandte fid, ftatt die Schweden raſtlos zu verfolgen, auf Heflen, und verwüſtete aus Rachſucht gegen feine ehemalige Gebieterin, die männliche Amalia Eliſabeth, ihre Lande bis zur Weberfättigung feines Haſſes;“? fo lautet die überlieferte Erzählung. Allerdings befchränfte ber Feldmarſchall feine Unternehmungen auf Rieverheflen, aber einers feit® konnte Ferdinand dem Flehen des zertretenen lezten Bun- deögenofien fih nicht entziehen, und war die Lundgräfin, feit acht Jahren immer bereit, die Verbindung zwilchen Frankreichs und Schwedens Heeren durh ihre Waffen zu erleidtern, Deutſchlands gefährlihiten Feinden; amdererfeitd Fonnte Holzapfel niht anders thun, als Heſſen zum Frieden zu bringen. Denn Maximilian fürdtete die geprohete Rache Frank⸗ reichs und gebot im geheim feinem Feldherrn, nicht über die MWefer die Schweden zu verfolgen, der um fo williger folcher Welfung fi bequemte, als er feinem Obfieger von Oldendorp im Jahre 1633 den Ruhm nicht gönnte, das Reich zu retten. Wie Graf Servien, zurüdfehrend aus Holland, wo er umfonft gegen den Frieden mit Spanien gearbeitet, die verzweifelte Lage der Ver⸗ bündeten erfannte, und der gefchredte Johann Drenftierna, des großen Kanzlers Sohn, vom eigenen Bater „ein Rindvieh“ gefcholten, ° Pufendorf 704.

2 Bufendorf 705. Adlzreitter 523. 3 Man zeigt in Schweden auf dem Gute Fyholm in Gübermannland nad

608 Rechtfertigung Holzapfels.

nahe daran war, einen für den Kaiſer günſtigen Abſchluß zu unter⸗ zeichnen, hatte der Franzoſe den Geſandten Baierns gedroht, wenn Maximilians Heer über die Weſer die Schweden derfolge, würde Turenne mit erneuerter Wuth in Baiern einfallen.“ Der Kurfürft, um das Entſetzliche abzuwenden, gehorchte, traute, und Baiern wie Deutſchland war dennoch verloren! Im Widerſpruch mit der gewöhnlichen Behauptung, daß Melander in kleinlicher Leidenfchaft die Länder feiner ehemaligen Gebieterin verheert habe, fteht der Umftand, daß er um biefelbe Zeit der Landgräfin unter den hochachtungsvollſten Ausprüden eine Charte blanche zuſchickte, um aus eigener Vollmacht fie unter den günftigfien Bes dingungen mit dem Kaiſer auszuföhnen. Aber Amalia Elifabeth, getreu der Politif und dem Haffe ihres Huufed gegen Oeſterreich feit den Tagen des geftraften Philipp, verwarf, auf Frankreichs Erſatz bauend, alle Anerbietungen Melanders, und ließ ihre Unters thanen verderben. Wir Fennen ihre Klagebriefe an Wrangel; fchon am 25. October 1647 ftellte fie, „ungeduldig wie jeder Patriot,“ die drangvolle Lage ihres Landes vor, überließ ihm, wie er fidh aus der fatalen Lage herauswinden werde; erbot fi „Zurenne zu benachrichtigen,” der ſchon am 30. October dem Schweden ges meldet hatte, daß er mit 5000 Mann bei Mainz fände, aber bie Möglichkeit der Vereinigung mit fo ſchwacher Macht nicht einfähe, und vom Hofe noch ohne Befehl fei, den Baier anzugreifen.” Ob: gleih am 4. November in Kaffel [don 2500 Mann lagen, ftreif- ten die Kaiſerlichen am 6ten ſchon bis Bettenberg; Holzapfel ftand zu Rotenburg, im öden, menfchenleeren, herbitlih- rauhen und. uns wegjamen Lande. Nachdem er in Gudensberg mit Lamboy über gemeinfchaftlihe Pläne ſich befprodhen, fuhte er Nahrung um Fritzlar; forderte vergeblih von ten Landſtänden Brandſchatzung und Steuern, zog, einer befieren Gegend nad, in den Diemels grund (22. November) und hauste um den 26ten um Zierenberg. ° heute ein langes, zum Theile Haupttheil eines Schloſſes beflimmtes Gebäude; Arel fragte den von feinen Reifen heimkehrenden Sohn, was ihn von dem eben beendeten Baue dünfe? Als Johann kurz antwortete: es ift ein Vieh⸗ haus! fluchte der erzürnte Alte: „nur ein Rindvieh wird es auch Tünftig bewohnen!“ M. Arndt I, 359. ı Motifs 448. 2 Jufti 158. Pufendorf 704. 3 Sufti 162.

Serwürfniß zwiſchen Gronsfeld und Melander. 609

Am 28. November athmete Amalia Elifabeih, unterrichtet von der Zwiftigfeit des Feldmarſchalls mit Gronsfeld, fihon freier, und fhrieb an Wrangel, „er möge nur kommen, bamit ihre Unter⸗ thanen aus den winterlihen Wäldern doch wieder zu ihren Hütten gelangten.” So fcheiterte des kaiſerlichen Feldherrn Plan an ver Hartnädigfeit der Zrau, an der Ausdauer der trogigen, waffen⸗ geübten, ihrer Gebieterin mit Aufopferung ergebenen Bauern, fo wie an den vielen Burgen und an den unfruchtbaren Bergen und engen Wegen Hefiend. Zwar drang er mit Gronsfeld bid zum Außerften Niederhefien, bis nad Wolfhagen; aber ohne Erfolg; willens über die Wefer zu gehen, um Wrangel im Braunſchweigi⸗ ſchen gaͤnzlich zu vernichten, fühlte er ſich durch Gronsfeld, deſſen Heer das ſtärkere und geübtere war, in Feſſeln gehalten, indem dieſer ihm ſeine geheimen Ordres vorzeigte. Da trat denn jene verderbliche Spannung hervor, die wir ſchon oben bezeichnet haben: Gronsfelds Brief aus Wolfhagen an den Kurfürſten vom 25. November 1647 lobte auf der einen Seite den kaiſerlichen Mitfeldherrn als einen tapferen, eifrigen und ſehr wachſamen Sol⸗ daten, klagte aber andererſeits über deſſen Eigenſinn, Ungeduld, Impertinenz und hochtragendes, confuſes Weſen, „kein Menſch könne ſich nach ſeinem Kommando richten, da er ſelbſt faſt nimmer wiſſe, was zu thun ſei; ob man zwar bisweilen Kriegsrath halte, und etwas beſchloͤſſe, fo bleibe es doch nicht dabei, ſondern Holzapfel ändere Marſch und Vornehmen nach feinem Belieben.” ? Was fonnte der fähigfte Feldherr unter fo widerwärtigen Umftänden thun! Gronsfeld legte feinen baierifchen Oberften des Feldmarſchalls Echreis ben vor, verweigerte alle Mitwirkung und wurde nur durch feine „Sciatica abgehalten, nicht in Perſon feine Klagen über Holzapfel in Anfehung der Winterquartiere nad München zu bringen.“ Im Folge dieſes Zerwürfniffes trennten fih die Baiern noch vor Aus⸗ gang des Novemberd vom Faiferlichen Heere, eroberten das Schloß Friedewald im Abzuge (6. December), und fuchten ihre Winterquars tiere zeitiger, indem fie durch Zulda nach den fränfifchen Bisthümern, nach Würzburg und Bamberg fih wandten. Holzapfel dagegen wid nicht aus Heſſen, ſchickte nur einen Theil feiner Regimenter nad

1Juſti 162. Falkenheiner 308. Theatr. Europ. VI, 11. Pufen⸗ dorf 706.

2 MWefenrieber, Geſch. III, 211. Anmerk.

Barthold, Geſch. des 80jahr. Kriege. U. 39

610 Melander vor Marburg, Wrangel auf Oberdeutſchland.

Thüringen, bis ins Altenburgifche, Hennebergfche und Kulmbachſche bin, und belagerte mit dem Reſte Marburg (8. December), welches er dem Landgrafen George, der bei ihm im Lager anmwefend war, als Preis der unheilvollen Fehde einzuräumen gedachte. Am 14. December der Stadt mächtig geworden, weilte er, die Anhänger Georgs ſcho⸗ nend, aber hartfinnig gegen die Partei der Landgräfin, länger dafeldft, um auch das Schloß zu bezwingen; war aber ber letzten Stunde nahe, indem der tapfere Oberft Johann George Stauff, cined Apo⸗ theferd Sohn aus Kaiferslautern, durch einen Ueberläufer von ber Wohnung des Grafen unterrichtet, am 28. December plöglicdy viele Kanonen auf das Speifezimmer, wo man fidh eben zur Tafel unter Trompetenfchall niederfegen wollte, abfeuern ließ, fo daß herabfallende Balfen dem alten Feldherrn eine fchwere Wunde in den Kopf und in die Bruft ſchlugen.“ Nach vergebliher Belagerung gab Holz⸗ apfel, nicht geheilt, das Schloß in den erften Tagen des neuen Sahres 1648 auf, und mußte, ohne feines Winterlagers fich freuen zu fönnen, mit dem bedeutend verminderten und ermatteten Heere zur Dedung der Heimath nad Franken und an die Donau eilen. Denn während jened beflagenswerthen Mißverhältniffes zwiſchen ibm und Grondfeld hatte Karl Guftav Wrangel Zeit gewonnen, feine müden, unmuthigen und größtentheil® unberittenen Truppen in Kiederfachfen von neuem zu verfehen; Hülfsvölker an fich zu ziehen und die reihen Subfidien Serviens Flüglich zu verwenden, ohne jedoch die Lande der braunfchweigifhen Herzoge zu fchonen, welche allein 11,000 Pferde aufbringen mußten. Trefflich gerüftet und ges ruhet ging das fchwebifche Heer um das neue Jahr 1648 bei Minden über Die Wefer; Wrangel ſchickte den Landgrafen Friedrich mit einigen Regimentern auf Kaffel voran, und rüdte, mit Königsmarf und Ersfine dort fürftlih empfangen, langfam, mit taufend heffifchen Reutern verftärft, auf Oberheffen, um, mit Turenne vereinigt, den Racefrieg wieder in die Donauländer zu tragen. Denn obgleich Marimilian, gefchredt durh Mazarind Drohung, der Verfolgung der Schweden fih enthalten, und fein Gefandter Krebs ges nügende Erflärung von Paris heimgebracht, war dennoch nicht zu zweifeln, Sranfreich werde ven einfeiligen Waffenſtillſtand ver: werfen. Doch fand man franzöfifher Seits es vortheilhaft, den Bebroheten fo Lange ald möglih in Ungewißheit Greyberger,. 111, 102. Theatr. Europ. VI, 14. Juſti 166.

Auffündigung des Stiliſtandes. 611

zu laſſen. Deßwegen kündigte Turenne, ſchon im Detober aus ‚dem Luremburgiihen an den Rhein zurüdgefehrt, * und im November ‚mit der Wahl des neuen Kurfürften von Mainz befhäftigt, erft ‚gegen Ende Led Jahres den Stillftand mit wenig nachdrücklichen ‚Worten durdy einen Trompeter auf, ? nachdem ſchon thatſächlich Roswurm, der Befchlöhaber in Schorndorf, die Zeindfeligfeit bes gonnen. Ebenſo meldete er zögernd feine Abfiht dem Schweden, ‚welcher, bei böfen Wegen, die Bezwingung der noch befeßten Welten den Hefien unter Rabenhaupt auftragend, zu Anfang des Februar ‚dem Maine, gegen 22,000 Mann, ohne die Heflen, ſtark, fid ‚näherte. Der Sranzofe zögerte aus vielen Gründen; zumal aus Verdruß über die entronnenen Weimarer, mit denen Königsmark ind Feld 309, und gefpannt mit Erlach, der im December 1647 als neuer Lieutenant-general dem Marſchall fi nicht fügen wollte, ‚fein Patent zurüdihidte, und lieber felbftändig über feine neuges worbenen 5000 Mann verfügt hätte. Erft wie die ehrgeizigen Männer fi einander näherten, und Wrangel, um Gemünden uns ‚geduldig weilend, über die Standhaftigkeit des Landgrafen Georg ‚die Feuerprobe verhängt hatte, ging Turenne mit 8000 Mann, wieder großentheild Deutfchen, doc mit vielen frangöfifchen Dffi- zieren, bei. Oppenheim und Mainz über den Strom, und beiprad) ſich am 24. Februar zu Gemünden mit dem Schweben, * nochmals alle Mittel anwendend, um der entlanfenen Reuter habhaft zu werben. So bereitete denn die furdsbare Enticheidung fi langiam vor. Schrecklich hatte aber der Feldzug, welden die Kaiferlihen im uns fruchtbaren Heffen unternommen, fi) gerächt; denn auch Montecucult fonnte ſich in dem verödeten Lande nicht halten und war bem Feld⸗ marſchall Mitte Januars auf Fulda und über den Main, in einem

ı Bufenborf 718. Erlad I, 312. |

® Furennes Schreiben aus Höchſt vom November ohne Tagesangabe empfing Marimilien erfi am 30. December. Theatr. Europ. VI, 149. Am 29. Des cember hatten Ludwig, Mazarin und bie Megentin an Ghrifine ihren feſten Entſchluß gemelbet; Geijer HI, 383: Mr. de Tarenne a envoye un trompette aa Duo de Baviöre de la part du Roy, dans les termes les plus doux, qu'il a pu choisir, mais enfin il lui mande positivement, quo nos armees et nos garnisons agiront contre les eiennes, tant quil aura les Suedois pour ennemis. Cependant il a mis toutes ses troupes en action.

ı Mufendorf 783. 2

612 Zuſtand des baleriſchen Heeres.

Zuftande, welcher der Auflöfung nahe, gefolgt. Auch in Franken, wo Gronsfeld im Februar fih dem Faiferlihen Heere vereinigt hatte, durften fie nicht raſten; allmählig bi8 an die Donau gedrüdt, fuchten fie um Neuburg, Ingolftadt und Negendburg feiten Buß. Menig war für die Rettung Baierns von einem ſolchen Heere und fo uneinigen Führern zu hoffen; Gronsfeld und der ver- wundete Holzapfel, offenfundig gefpannt; die baieriihen Offiziere fhwierig im Dienfte, da es hieß, Sohann von Werth, und Sporck feten im Faiferlihen Heere angeftellt; nur die nachdrücklichen Ver⸗ fiherungen, daß jene niemald mit den baierifhen Truppen zu thun haben würden, konnten fie beruhigen. Bet der Zwiftigfeit der Feld⸗ herrn mangelte jede Handhabung der Kriegszucht; faft jeder that, was er wollte oder konnte. Unterdeſſen drohete Turenne durch Franfen und Schwaben heran; denn Wrangel ftand am 9. März fhon bei Ochfenfurt, * erzwang vom Bifchof von Bamberg die Herausgabe der fchweren Gefchüge, melde ‚Holzapfel in Forchheim ſtehen gelaffen hatte; und vereinigte fih am 23. März mit Turenne. Holzapfel fah beflagenswerth alle feine Berechnung geirrt; denn nad der Uebereinfunft zu Gudensberg follte Lamboy ihm folgen; aber der Kurfürft von Köln hielt jenen, gegen ded Kaiſers Ges heiß, bei Strafe feines Kopfes, am Mittelrheine zurüd, wo er bei Mainz auf Erlachs wachſame Wehranftalten ftieß. Darum mußte denn Gronsfeld noch vor dem Ablauf des März das linfe Donau ufer verlaffen und fchrieb am 31. März 1648 aus Thierhaupten am Lech, auf die höcftgefhärften Befehle gegen das Plündern und Rauben, jenen merfwürdigen Brief, in welchem er erflärte, daß ſich in beiden Armaden ficherlih über 180,000 Seelen befänden, welde, es feien gleich Jungen, Feuerknechte, Weiber und Kinder, doch alle fowohl als die Soldaten leben müßten. Auf 40,000 Mann gebe man zwar das Proviant ber, aber mehr nicht, als der Menfh auf vierundzwanzig Stunden nöthig habe; wie nun die übrigen 140,000 Menſchen leben könnten, wenn fie nicht hin und her ein Stüd Brod ſuchten, jei wider feinen Berftand, und wann fchon zu Zeiten ein armer Soldat ein wenig Geld habe, fo fei doch Fein einziger Ort vorhanden, wo er etwas Faufen fünne. Er fage das nicht, um bie mitunter vorfommenden Räubereien und Gewaltthätigfeiten zu billis gen, fondern allein zur Nachricht, daß nicht Alles aus Muthwillen, ı Bufendorf 784.

Branzofen und Schweden vereinigt ziehen an bie Donau. 613

jondern von vielen aus lauter Hunger geſchehe. Es fey auch Fein General in der ganzen Welt, welcher ein Heer dermaßen beifammen halten könne, daß nicht unterfchievliche, leichtfertige Gefellen dad Ges bot übertreten, wie der Kurfürft im Anfange des Krieges, da doch die Armada alle Monat richtig bezahlt worden, felbft geiehen. Was der Graf Tilly viele Jahre nad einander, da doch die Armada ebenfalls richtig aus der Kaſſa oder den Quartieren unterhalten worden, für Mühe und Arbeit gehabt, die Zucht zu erhalten, indem er alle Jahr dergleichen Erorbitanzien halber nicht nur einen, fons dern wohl zweihundert auffnüpfen laflen, folches fei denen bes fannt, die unter feinem Kommando die Waffen getragen!“ !

Alles, worüber die baierifhen Unterthanen jest Elagten, war aber nur das Vorſpiel der graufen nächſten Zukunft. Schon als dad Heer ſich der Oberpfalz näherte, ahneten die Donauländer ihr bevorftehendes Geſchick und beftürzt flüchtete dad Landvolk mit feiner Habe über die Brüden des Stroms, fogar über den Inn oder lief, des Landes Noth zu mehren, zu taufenden zum Heere felbft, um mit ihm zu leben. Der bange Kurfürft erfannte jegt feinen doppel⸗ ten Fehler, welcher von neuem feine armen Etaaten zum Schauplag des Krieges gemacht; da der Politik jeder andere Ausweg abges fhnitten war, und er die Rache des wüthenden Feindes zu gewärs tigen hatte, ließ er das Kriegsgeſchick über fih walten, ſchloß an der Donau und am Lech feine Lande, nur Rain und Landsberg befegend, nachdem Windsheim am 14. März überwältigt war. ?

Noch zögerte die Entſcheidung; Turenne, unzufrieden über Wrangeld Weigerung, jene Reuter auszuliefern, welche geſchworen hatten, „nie wieder den Franzoſen zu dienen,” eilte nicht mit der Mitwirfung; mußte erfi vom Hofe den Befehl dazu erhalten, welchem jest alles daran lag, die Bundesgenoſſen niht allein die wid tigften Bortheile davontragen zu lafien. Wrangel machte deßhalb erft eine Bewegung nah der Oberpfalz; entfandte den General Königsmark, der, mit ihm im Unfrieven, am liebften auf eigene Fauſt thätig war,’ nah Eger (Ende März), um die eingefchloffene Feſte zu verforgen, ftieß dann im April in Franken wieder mit den Franzofen zufammen, und Wrangel, Königsmark, der am 15. April

ı Wefenriedera. aD. ©, 215 Anm,

2Pufendorf 786. 2 Daſ. 786.

614 | Treffen bei Susmarshaufen. Helbentob Melanbers. 17. Mai.

vom Zuge auf Eger zurüdgefehrt,. und Turenne, achtzehntauſend Mann zu Pferde und eilftaufend zu Fuß ftarf, rüdten mit Gemädh> Iichfeit, da8 Aufwachen des Graſes erwartend, durch Franfen und Schwaben gegen die Donau. Obgleich ihnen überall die Bürgers meifter der Städte huldigend und den Reft ihrer Armuth bietend, entgegenfamen, "plünderten die Verbündeten wechfelnd das wirtem- berger Land; fo Göppingen, Heidenheim, Shwäblfh-Gmünd, Muns derfingen, Ehingen; und verbrannten Wiefenfteig, gleichſam als Porübung der Gräuel, welche ven baierifhen Gauen zugedacht waren. Bor dem Andrange der mehrfach Ueberlegenen wichen Hofzs apfel und Grondfeld, welche unentichloffen, in Folge widerſpruchs⸗ voller Befehle aus Münden, in der erften Hälfte des Aprilmonats auf dem linfen Ufer des Stromes umhergezogen waren, mit einem ungeheuren Geſchleppe flüchtender Landleute am 13. Mai über die Brüde von Oünzburg, welde fie abwarfen, und wandten fi auf Augsburg. Aber Wrangel und Zurenne fanden, von Ulm ven Strom abwärts ziehend, den Uebergang bei Lauingen, welches, von den Franzoſen noch nach dem Waffenftiliftandsvertrage inne gehalten; Marimilian nicht gleih dem von Schweden befehten Memmingen anzugreifen gewagt hatte, und fchidten (16. Mai) den General Königsmarf voraus, um die zum Lech Weichenden einzuholen. Als Holzapfel inne wurde, daß dem Fühnen Parteigänger das große Heer folge, ſchob er die Baiern in der Nacht vom 16ten zum 17ten auf Augsburg vor, fah aber am frühen Morgen des 1Tten fein Volk in der Enge beim Marktfleden Zusmarshaufen von der feind- lihen Reuterei ereilt und faft cingefchloffen. Auf die erfte Kunde von der Gefahr fprengte Holzapfel herbei; fchon flohen Zußvolf und Reuterei, wiewohl nach tapferem Widerſtande, und der Obers feloherr fanf von zwei Wunden in den Leib und in die Schulter getroffen. * Als die Offiziere beftürzt ihm helfen wollten, bewies er fih no im Todesfhmerz ald ein waderer General: ? „denfet nicht an mich, ich bin todt; fuchet nur über den Fluß zu kommen, wenn ihr dad Glück des Kaiſers retten wollt. Borwärts! Vor⸗ wärts!“ Unter dem Schutze des tupferen Regiments Ulrih von Wirtemberg, welches am Flüßchen Schmutter mit betwunderungss

ı Bufendborf 778. Thentr. Europ. VI. 316. Ablzreitter: 524.

Hiet. de Turenne I, 170. Mem. de Turenne II, 24. Montglat II, 87. 2 Vitt. Biri Merc. & XL Motifs 4593.

Montecuculi und Gronsfeld am eh. 615

würdiger Aufopferung im Kanonenfeuer hielt, zog ſich der Reft des Faiferlihen Heeres und das baierifche, welches während des higigen Gefechted durch die Püfle weiter auf Augsburg gerüdt war, in ver Nacht bis unter die Mauern der Feſte. Nah Holzapfel, welcher wenige Stunden darauf in Augsburg 63 Jahre alt, feine kurze unglüdlihe Feldherrnlaufbahn endete, * übernahmen Gronsfeld und Montecuculi die Vertheidigung Baierns, und ftellten fich hinter dem Lech unter fo ungünftigen Vorzeichen auf, wie vor ſechszehn Sahren der Held Tilly an jenem Gewäfler fein Leben beſchloſſen. Dei Friedberg ftand Grondfeld hinter dem hochgefchwollenen Zluffe, aber ſammt dem faijerlihen Heere kaum die Hälfte fo ftarf, als vie Gegner, da jenes, ohne beftätigten Oberbefehl, ſich eigenwillig zur Plünderung des Landes zerftreut hatte, umd die Buiern zum Schuß der größeren Städte vertheilt waren. Dennoch verfuchte Grondfeld den Fluß, welcher an unzähligen Stellen zu pafliren war, einige Zeit zu vertheidigen, und leiftete ven Verbündeten vom 22. bis zum 26. Mai überall Widerftand. Seine Noth ſchilderte ein Brief an den Kurfürften vom 24. Mai aus dem Beldlager bei Scheiring: er befürchte, „da er im feindlichen Lager zwar viel Zelte und Hütten, aber wenig 2eute bemerfe, daß die Gegner im Gefträuche unter Lärmen an verfchiedenen Orten die Anftalten zum Uebergange madten; er wolle zwar alles ihun, was einem redlichen Soldaten obliege, aber er müfle mit feinem wenigen Volk auf achtzehn Meilen weit den Strom behüten, dur welchen man an taufend Stellen durch⸗ waten könne. Es fei ein Dlirafel, daß der Feind nicht fchon dieſ⸗ feitö des Lech ftehe, weil er nicht überall ſchnell fo viel Truppen zufammenbringen Fönne, um ihm zu begegnen, zumal feine Reuter feit zehn Tagen nicht abgefattelt und den Küras vom Leibe gethan hätten, und er die Pferde nicht auf Fütterung ausſchicken dürfe. *? Unter fo bedrohlichen Umſtänden eine Schlacht dieſſeits ded Lech zu erwarten, deren unglüdlicher Ausgang das unabjehbare Echidjal der baierifchen und kaiſerlichen Erblande herbeiführen mußte, glaubte

ı Der Graf von Holzapfel hinterließ fein reiches Exbe, die Stadt und Graf⸗ fhaft Holzapfel, feiner Wittwe Seine einzige Tochter brachte feine Güter an den Grafen von Naflaus Dillenburg. Gin uneheliher Sohn des Feld⸗ marſchalls, Wilhelm, fiel als hollaͤndiſcher General unter König Wilhelm III. in der Schlacht bei Boyne. Hoffmann I, 234. Imhof 449.

2Weſtenrieder Bei. III, 219.

616 Abzug der Baiern vom Led. Gronsfeld verhaftet.

Grondfeld nah Marimilians Inftructionen nicht verantworten zu Tonnen. Die Wahrheit diefer Gefahr, welche er den Oberiten am 26. Mai vorlegte, that eine fo ungeheure Wirkung, daß man un⸗ verzüglih in das Innere Baiernd zurüdzuziehen befhloß, und den Kath in einer fluchtähnlichen Eiffertigfeit und Auflöfung ausführte, aus Furcht von dem raſch folgenden Feinde zur Vernichtungs⸗ fchlacht gezwungen zu werben, ungeachtet ed doch erſt am 29. Mai den Franzofen und Schweden gelang, ihre Brüden bei Rain zu vollenden. Königdmarf war nicht mehr mit ihnen; denn damit Turenne nit von neuem Anftoß nähme an den abtrünnigen Wels marern, hatte am 22. Mai Wrangel den fühnen PBarteigänger zu jenem Zuge nach der Oberpfalz und nad) Böhmen gefendet, welcher die Feine Seite von Prag in die Hände der Schweden bradıte. Auf die Kunde von Wrangeld und Turenned Anmarſch floh Marimilian, ' vol Zorn über die Unfähigkeit feiner Feldherrn, mit feinem Hofe und feiner beften Habe aus Münden nad) Waſſer⸗ burg, von da nad Braunau und endlih nah Salzburg zu dem gehaßten Erzbiſchof, um das Elend feines Landed nicht mit eigenen Augen zu fehen. Die Angft der armen Einwohner hatte jebt ihren höchften Grad erreicht; Alles flüchtete mit Weib und Kind und Vieh hinter die far, und das volfreihe fchöne Land fchien fo verödet, daß felbit in Vilshofen das Zrauergefolge, welches des Feldmarſchalls Leihe nach Holzapfel abführte, im Wirthshauſe weder Herren noch Gefinde fand, ? und bei gefüllten Kammern und Kellern ohne Be zahlung fich gütiih that. Hätten die Verbündeten den Zuftand der weichenden, zertrennten Feinde gefannt, und wären fie ihnen ohne Säumen gefolgt, fo wäre jede Ermannung und Sammlung unmöglich geweſen, zumal da jene zuchtloſen Trümmer ſich ohne alten Oberbefehl befanden. Denn in feiner böſen Laune hatte Marimilian den Feld⸗ marfhall wegen des Abzuges vom Lech durch Georg Ehriftoph von Haslang am 4. Juni zu Gankhofen verhaften und zur ſchweren Vers antwortung erſt nad Münden, dann nad) Ingolftadt abführen laſſen. Ungleih im Mißgeſchick und durch das Alter grämlich geworben, haßte er jebt feinen Vertrauten auch als Rathgeber zum Bruch des ulmer Waffenſtillſtandes, jo wie jener beflagenswerthe Mann in der Hauptftadt durch die Wache faum vor der Wuth des Landvolfd gefchügt werben

s Ablzreitter 526. Theatr. Europ. VI, 496. > Theatr. Europ. a. a. O.

Verwũſtung Baierns durch die Verbündeten. 617

Fonnte. Aber Gronsfeld, die eigenen Ordres bes Kurfürften zur Schonung des Heeres und zur Dedung Münchens in der Tafche, wußte vor dem Kriegögericht fo gut ſich zu vertheidigen, daß er mit Ehren entlafien wurde. Solches Berfahren des Landesherrn, beim frifhen Andenken an das Schiefal Werts und Spords, ers füllte die hohen Offiziere mit Unmuth. So dankte Raufchenberg, obwohl nad Gronsfelds Beförderung Feldmarſchall in der Oberpfalz, jest ab, weil man ihm deſſen Stelle zu übertragen fäumte, und Marimilian ſah fih zum unberechenbaren Nachtheil feiner Waffen in Berlegenheit um einen Obergeneral, „weil ihm zwar viele unter feinen Oberften vortrefflic zur Ausführung, aber zum richtigen und ſchnellen Ueberblid, zu Fühnen und feften Anordnungen weniger ges eignet, zu raſch oder zu befümmerlih, zu entichloffen oder zu vers änderlih“ dünkten. Die Verbündeten, voll zügellofer Begierbe, zu brennen und zu rauben, den Treubrud an des Kurfürften Unters thanen zu rächen, vertheilten ihre verwüftenden Schaaren über das offene Land, und ließen die befebten Stäbte unberührt. Auch die Iſar bot feinen Schuß: Freifingen, Mosburg, Landshut, der Schreckenszeit von 1633 gewärtig, empfahlen fih der Gnade des Siegers, und zahlten Branpfhagungen; andere Städte zwifchen far und Inn, welche die Habfucht der Soldaten unmdglih oder nicht zur Stelle befriedigen Fonnten, wurden abgebrannt, die Einwohner entfeßlich gemißhandelt; theild auch getödtet. Brennende Schlöffer und Dörfer verfündeten bei Tage durch Rauchwolken, bei Nacht durch die Röthe des Himmels bis nad Wafferburg und Braunau den unfäglichen Sammer feiner Untertbanen dem SKurfürften, welchem die Verderber mit Hohn und Muthwillen bedeuteten, „er möge auf ber Stelle eine Million Brandſchatzung erlegen, nm feine väterliche Zuneigung dem Bolfe zu erweifen! '” Nachdem Schweden und Franzofen, fo nannte fie die Oeffentlichfeit, ungeachtet ed faft nur Deutſche waren, langfam, in hunderte von Haufen getheilt, von Dorf zu Dorf, von Schloß zu Schloß, von Stadt zu Stadt gezogen waren, als ſei immer noch Zeit die Reſte des hinter den Inn gewichenen Heeres aufzuſuchen; kamen fie am 15. Juni über Hag vor das fee, vom Strome gefhüste, MWaflerburg, fanden ed aber burd) Baiern vertheidigt. Abwärts gegen Müldorf gerüdt, trafen fle auch

* Briefwechfel mit Wrangel vom 28. Mai bis zum 17. Hagufl. Theatr. Europ. VI, 505—511.

618 Gipfel des Elende in Baiern. Lamboy gegen Geiß.

dort am jenſeitigen Ufer entſchloſſene Ahwehr unter dem Grafen Franz Fugger, welcher alle Kunſt und Anftrengung Turennes, den Uebergang zu erzwingen, vereitelte. Am 6. Juli von Müldorf auf gebrochen, nachdem zehnmal der vom Alpenſchnee gefhwollene Inn: ihre Schiffbrüde fortgerifien, gab Wrangel den Plan auf, mit den feiner harrenden lutheriſchen Bauern in Rieveröfterreih auf Wien loszudringen, und feßte fi unter firömendem Regen in dem Winfel zwifhen Inn, Donau und Iſar feit, weil ein neu geſchaffenes faiferliche8 und baierifhed Heer, unter ruhmvollen Feldherrn von Schärding und Paſſau herandrohete. So mußte die Bedrängniß den Gipfel erreihen, Baiern fait ohne Heer, ohne General fein; überall Flucht, Verwirrung, Gewaltthat, rauchende Schlöffer, Städte und Dörfer im Brande; alle Bande der Ordnung gelöst, die laäͤndleriſchen Bauern im Aufftande zufammengerottet, und drohend, Freund und Feind zu erfhlagen, der in ihre Gaue den Eingang verſuchte; der Kurfürft in demüthigem Handel um die Brandihagung, und der erzürnte, bochgeichwollene Inn der einzige Schubgott des Baicrlandes; ' um endlich den rachfüchtigen, gealterten Mann zur Berföhnung mit Johann von Werth zu beugen. Als fo zum erftenmal feit ver Schlacht bei Breitenfeld beide Heere, des Kaiſers und des Baiern, gleichzeitig darniederlagen, nit überwältigt durch Frankreichs Waffen, fondern berüdt durch unfelige Politik, laſtete bes Schickſals Hand auch auf andern Stellen des weiten Kriegsfhaus platzes fchwer auf Habsburg und deſſen Getreuen. Nah dem Abzuge Wrangeld auf Sranfen,? der Bezwingung Homburgs und Friedewalds (Februar 1648) hatte Amalia Elifabeth den größeren Theil ihred Heeres unter Geiß, dem Nachfolger Rabenhaupts als General⸗Lieutenant, auf Lippftadt gegen Lamboy geſchickt, welcher bei Dortmund auf bedenkliche Anfchläge fann. Aber Geiß war, durch den jtärferen Gegner in dem Städtchen Geſeke eingefchlofien, mit der Reuterei mühſam und unter Verluſt entronnen, und Ramboy, an den Rhein zurüdgefehrt, hatte, nah einem Verſuche auf vie fchwepifchen Quartiere bei Mainz (April), im Zülichfchen auf des Kurfürften Geheiß den heſſiſchen Beſatzungen Abbruch gethban. Bei Grevenbroich an der Erft am 14. Juni von den Heffen gefchlugen, & Theatr. Europ. VI, 497. Bufendorf 789, 790. Adlzreitter 527. 3 Bufendborf 803 3 Theutr. Europ. VI, 347—351.

Kaſſeler Vergleich über bie marburger Erbſache. 619

hatte Lamboy wieder neue Kraft gefammelt; im Juni, durch Bes mwegungen Erlachs aufgehalten; im Juli bei Zons gelagert, fonnte er den Feden Heſſen nit an der Brandſchatzung des fölnifchen Ober« ftifted hindern, und behauptete fih mit Mühe bei Woringen . (14. Auguſt bis 14. September), während jener auch Düren, deſſen Reutralität 1642 laͤngſt nicht mehr geachtet wurde, Ängftigte.

Am hülflofeften mußte im Srühlinge des Jahres 1648 die Lage des Darmftädterd fein, welcher nad furzem Triumpfe fi feiner Gegnerin preisgegeben ſah. Wrangel that, nad der Landgräfin Sinn, dem armen Friedenmacher nicht wehe genug, „es fchmerzte fie, daß ein der feinplichen Partei Zugehöriger fat mehr Gehör erhielt, als ein treuer Bundesgenoſſe;“ am ee erwartete fie fchon des Landgrafen Georg älteften Eohn mit vefien Rüthen bei fich zu fehen, um über die marburger Sache „Handlung zu pflegen,“ die jevoh am ?%,, März noch vom Schluſſe entfernt fchien. Da nahm am 3 Herzog Eruft von Sadjen» Gotha, ein Fürft der alten biederen Zeit, als Bermittler des Familienzwiſtes fi an und am 1,, April ward zu Kaffel der Vergleich gefchloffen, welcher ven Rechtögang des kaiſerlichen Gerichtes umftieß, die untere Graffchaft, Kapenellnbogen, dad Amt Schmalfalvden, ein Viertel der marburgis fhen Eibſchaft, nebft der Stadt, und 5000 Gulden jährlih dem faffelfchen Zweige zuficherte, und nur den Reft, gegen Abtrag von 60,000 Gulden, dem getäufchten Better ließ. Dod hatte Amalia Eliſabeth Noth, den Marſchall Turenne zur Anerfennung des Fries dens zu vermögen, welcher nad wie vor das darmftädter Gebiet, ohne Rüdfiht auf die Bundeögenoffin, bedrüdte. Als nad dem Treffen bei Zusmarshaufen die Striegsereignifie Tangjamer zu geben ſchienen, war fie fhon wieder in Angft, ind Gedränge zu tommen; und bald darauf fo unwillig, daß fie Turenne, dem Helden im Ausfaugen fo hart geplagter Laͤnder, felbft Gewalt drohen ließ (),“ wenn er bush feine Kommandanten in Mainz und Hoͤchſt die ihr eingeräumten Quartiere nicht ſchone.“ Nah George Riederprüdung konnte denn fo wenig vom Main, ald vom Nieders rhein und Weftfalen auch nur ein Theil der Laft des Krieges von Baiern abgezogen werben, während Böhmens Rothftand verhängnißs voll die Theilung der kaiſerlichen Streitkräfte forderte, fo viele das feit

2Juſti 182. Brief vom */,, Vebruar. So klagte fie der Königin Chriſtina

Memoires de Vauciennes 1, an vielen Stellen.

620 Koͤnigsmark vor Prag. Verrath Odowalskis.

dreißig Jahren noch immer nicht ganz erfchöpfte Oeſterreich aufbringen fonnte. Denn Königsmark,' von Wrangeld Heere getrennt, und durch die Oberpfalz am 16. Juni nach Böhmend Grenze, dann, nad einer Wendung auf die Donau, am 9. Juli wieder nach Eger gelangt, umfaßte mit glühenver Luft, Großes zu verrichten, den An- fhlag eines Verräthers, des ehemaligen Faiferlihen Oberftlieutenants Ernft Odowalski, (welchen, verwundet im Dienfte Ferdinands, Holzs apfeld Strenge aus dem Heere ohne Entſchädigung weggewieſen, und der Feldzug um Eger feiner Heinen Habe beraubt): Prag durch Veberrafhung in feine Gewalt zu bringen. Nach geheimnißvoller Vorbereitung am 24. Juli aus der Umgegend von Pilſen aufges brochen, und in bewunderungswürdiger Schnelle am 25. Juli Abends bis in die Nähe der Kleinen Seite gefommen, ließ Königsmark nad) Mitternacht feine verwegenen Gefährten, geführt von Odowalefi, die ſchwache Mauer am Prämonftratenfer-Klofter Strahow, erflimmen, und war in wenigen Stunden Meifter des ganzen Stadttheild links der Moldau, des böhmischen Königsichloffes, von Rudolf und Mat⸗ thias kaiſerlich geſchmückt, mit Reichthümern, welche zu bergen jelbft ihn und feine ausgelernten Raubgenofien in Berlegenheit febte. Srohlodend rief der Sieger den Wittenberg, welcher aus Schleſien, wo Wladislaw von Polen das Pfandrecht auf Oppeln und Ratibor aniprad, dem Grafen von Buchheim auf Böhmen gefolgt war (Anfang Mat), herbei. Um die Bezwingung der Alt und Neuftadt Prag mit dem glüdlihen Waffengefährten zu theilen, ftand ver Generals Feldgeugmeifter am 1. Auguft in der Näͤhe. So war der ältefte Sih des Krieged, den Johann Georg nady der Schlacht von Breitenfeld, gemäßigt im Siegeölaufe der Fremden, gefchont, an welchem Daner und Torftenfon ihren überlegenen Beldherrngeift umfonft vers ſucht, in Gefahr, dem kühnen Freibeuter zugufallen, wenn nicht Die Bürger des böhmiſchen Koͤnigsſitzes, ein anderes Geflecht als im Jahre 1620, mit der Geiftlichfeit und den Studenten fih ruhmvoll dem Sturme an ber Moldaubrüde entgegengeworfen. * Aber ohne eine ſt ärke re Beſatzung ald Rudolf Koloredo und viele alte Oberften aufbieten fonnten, durfte Die Grenze der Aufopferung und Kraft auch ber muthigften Bevölferung nicht fern fein! Endlich ſchien gleich zeitig auch in den fpanifhen Niederlanden das Glüd launens voller den Haböburgern den Rüden zu wenden; felbft nachdem am

s Dufenborf 79. 2 Pelzel I, 802. fi.

Sieg Condés bei Lens gegen Leopold Wilhelm. 621

30. Januar 1648 der Friede zwiſchen Philipp und der Republik unterzeichnet war, und die in Frankreich auffeimenden innerlichen Unruhen dem Feinde Erfolg verheißen. Conde, aus Epanien an bie Nordgrenze ald Wiederherſteller gerufen, fah den Erzherzog, dem noh der wadere Bed, nicht mehr Biccolomini, zur Seite fand, auf dem wiedergewonnenen Boden mit wohlgerüftetem Heere; aber unter feinen Fahnen auch einen fchönen Zuzug von A000 Deutſchen, welde Erlah, im Juni aus Mannheims Umgegend durch Mazarind Brief nach der Picardie gefordert,‘ am 19. Juli mit ihm vereinigte, gerade als der Erzherzog Lens eroberte.? Am 20. Auguft 1648, nad ruhmvollem Wirerftande, und faft unter der Sicherheit des Sieges, erlagen die Waffen Leopold Wilhelms dem Bourbon, für den Erlachs Söldlinge mit Iautgepriefener Tapferkeit ftritten; Johann von Bel, der ungebrochenen Muthes feit 1635 als Taiferlicher General für Spanien manchen Wechfel des Glücks überwunden, trug, verwundet, nicht den Schmerz der Niederlage, fondern gab, in Gefangenihaft zu Arrad, die Kunft der Nerzte verſchmähend, fein Leben hin. Der Schweizer, ftolz wegen feiner entfcheidenden Schnelligkeit wählte, CAfars Worte: veni, vidi, viei zur Grabichrift, und flieg höher in Mazarins Gunft, dem gleichwohl unmittelbar nad der Siegeszeitung von Lens die innere Haltungslofig- feit der triumphirenden Monarchie 656 mahnend ſich aufdedte.

Zehntes Kapitel,

Johann von Werth, Piccolomint und Enfevort an ter Spige bes Ichten laiſer⸗ lichen und baierifchen Heeres. Auguft 1648. Turenne und Wrangel weichen aus Baiern. October. Hirfchfagd von Dachau. 6. October. Die Friedensfunde ereilt die Feldherrn außerhalb Baiern. Günfliger Stand des Krieges für Kaifer und Reich zur Zeit des Anfchlufles des Friedens. Tpeilung Deutſchland. Genugthuung der fremden Heer. Ohnmacht der faiferlihen Gewalt. Sorge, welche beide fremden Kronen zur Unters zeichnung treibt. 24. October 1648.

Unter fo gleichzeitigen Schidfalsftürmen trat Johann von Werth, den Befehl des legten Taiferlichen Heeres mit dem Feldherrn beider Habsburger Häufer, dem alten Kriegögefährten aus der Pikardie,

ı @rlad I, 341. 2 Montglat li, 99. Deformeanux I, 60 fi.

622 Johann von Werth ausgeſöhnt. Zweite Bermählung.

Ottavio Piccolomini, Fürften. von Amalfi, ehrenvoll theilend, wieder ‚and Licht der Geſchichte, bei Vildhofen an der Donau, an derfelben Stätte, wo er vor einem Sahre, geächtet und mit feinen Glücks⸗ flernen zerfallen, dem ſchmachvollſten Tode entronnen war. Wie fein Geſchick fo befriedigend wieder hergeftellt worben; welchen Theil der Kalfer an der Verföhnung gehabt, und ob nicht Piccolomini des alten Waffenbruders fih angenommen, ift aus Mangel an Nachrichten nicht anzugeben; wiewohl aus Adlzreitterd Aeußerungen fi erkennen läßt, daß nur dur die Roth! gezwungen, der Kurs fürſt ihm die Waffen zur Wiedergewinnung feiner Lande in die Hand gab. Aber eine heiterere Zukunft als Fürſtengunſt, hatte ſich in anderer Art für Johann von Werth aufgethan. E8 findet ſich faum eine Spur, daß er, wie ed Eitte der Zeit war, im Yeldlager und im Winterquartier fich der ehelichen Liebe zu erfreuen gehabt; ‚fein Leben ift überall öde, nur Schlachtengetümmel und abenteuerliche Reuterzüge, nur Ehre und der rohere Genuß der Tafel. Alle anderen ‚Generale und die Gemeinen, zumal die Schweden, Bandr, Torftends ‚fon, Wrangel führten ihre Frauen überall mit fih, und manches adelige Knäblein wurde im Getümmel des Krieges in fchlechten Hütten geboren. Zwar war Johann von Werth fchon einmal, der BDauernfohn mit einer Gräfin Spaur, vermählt, aber fein ruhelojed Kriegsleben hatte ihm nur kurze Zeit das eheliche Glück gegönnt. Die Gräfin war im Winter vor feinem Abfall von Baiern kinder⸗ 108 geftorben, und hatte ihren Gemahl vielleicht nur gefehen, wenn der Wechfel der Bühne ihn in die Nähe feiner Güter an die Grenzen Belgiens, an den Oberrhein, nah Köln und in die Pfalz führte. In denfelben Tagen, als Ferdinand II, im Jahre 1645 verwittwet, mit Maria Leopolvina, Tochter des Erzherzogs von DOefterreih und Tirol, in Linz, wohin das Föniglihe Hoflager ſich ‚von Prag begeben, prunklos Beilager hielt, am 25. Juli, dem Tage vor der Erflürmung der Heinen Seite, finden wir,? daß Johann von Werth fi dort mit Maria Sufanna, der Tochter des Freiherrn Ludwig von Kuffftein, zu Grillenflein, Zading und Fainfeld, Landeshauptmanns ob der Enns, Schwefter Johann Jakobs, ſeit 1644 Erbfilderfämmererd unter der Enns und des erften Grafen von Kuffftein, Ritters ded goldenen Vließes, einer jungen Dame,

Adlzreitter 534 32 Thestr, Europ. VI, 640.

Biccolomini, J. v. Werth und Enfevort an der Spike des Heeres. 623

welche er wahrfcheinlich in der Zurücgezogenheit in Lilienfeld kennen gelernt hatte, vermählt. Wenige Tage vor diefer ehrenvollen Ber bindung hatte er die in Böhmen gefammelten Hülfsvölfer von 6000 Mann bei Bildhofen über die Donau gegen Schärding geführt, um fi) Wrangel, welcher! zum Königsmarf auf Böhmen zu ziehen Miene machte, entgegenzuftelen. Er felbft begab ſich erft in den Ichten Tagen des Juli in das Lager bei Landau, ? wo er zum erftenmale feine baierifchen Waffenbrüder wiebererblidte, um mit ihnen unter des Fürften von Amalfi Oberbefehl den letzten Feldzug des dreißigjährigen Krieges mit Anftand außerhalb der Grenzen Baiernd zu endigen. Denn Ferdinand hatte nad dem Tode Holzapfeld den Piccolomini aus den fpanifhen Niederlanden herbeibefchievden, um das inzwifchen aufgebrachte Heer zu befehligen, und ber bewährte Mann war eben herbeigefommen, nad) der ritterlichen Sitte der Zeit felhft von den Feinden mit Freipäflen verfehen. So vereinigte das Geihid gegen dad Ende des denkwürdigſten Kampfes drei bes freundete Männer in einem Feldlager unter den höchften Würden; denn auch Adrian von Enfevort, der Mitgefangene im Bois de Vin- cenned, welcher fih dur mühevolle Eroberung von Memmingen (24. November 1647) ® und durch die Verjagung frangöfiicher und ſchwediſcher Beſatzungen aus den ſchwäbiſchen Städten um Mari⸗ milian verdient gemacht, befehligte an Gronsfelds Stelle das baieri⸗ ſche Heer als Feldmarſchall. Freilich hatte die Erhebung des Fremden den Unmuth unter des Kurfürften alten Generalen wieder gewedt; aus Verpruß über die Zurüdfegung war der Generals Feldzeugmeifter

‘von Haunoldftein, wie früher Raufchenberg, auögetreten, und Enke⸗

vort felbft fand wenig Behagen in feinem neuen Amte, indem er fi in die firenge und eigenfinnige Weife des Kurfürften nicht finden

konnte, und die baierifchen Dffiziere dem am 2. Auguft Eingeſchobe⸗

nen nicht eben freudigen Gehorfam entgegenbrachten.

Dennoch, da fo bedeutende Feldherrn die Führung übernommen hatten, und das vereinigte Heer, bei Schärding gemuftert (21. Juli), wiederum 22,000 Mann zählte, begann gleich eine beffere Wendung

‘ver Dinge. Noch am 24. Juli ftanden beide Heere unfern Braunau

einander gegenüber. Schweden und Franzofen verließen den Ian,

ı Sreyberger 255. 3 Theatr. Europ. VI, 500. ® Greyberger 256. Pufendorf 718.

624 Stanblager um Landau und Dingelfingen.

und Tagerten fi bei Dingelfingen; bie Gegner bei Landau gleich fall8 an der Iſar (29. Juli). Am 31. Zuli ward unferem Helden der Deweis zu Theil, wie zwar die Balern feine Art ded Krieges erlernt, aber ohne den alten Meifter nur Berluft erndteten. Herzog Ulrich von Wirtemberg und Drüdmüller, der vor allen im vorigen Jahre den Abfall vereitelt, ritten mit 1500 Reutern gegen den Feind aus, um den Futterholern aufzupafien. Aber Wrangel war auch zu Roß, fiel den durch die Wälder Zurücdweichenden in den Rüden, und warf fie mit empfindlihem Berluft in die Flucht. Drüdmüller rettete fih gegen Etraubing, und Ulrich! von Wirtem- berg mußte wider feinen Willen die Stelle feined Bruders, des regierenden Herzogs, am 2. Auguft als Gevatter bei einem Knäblein vertreten, von welchem die Fran des Feldmarſchalls kurz vorher in einem fchlechten Bauernhaufe genefen war. Mit befierem Erfolge verſuchte Zohann von Werth am 12. Auguft, als beide Lager zwifchen den Dörfern Mamming und Dingelfingen bis auf eine Meile an einander gerüdt, fein bewährtes Handwerk; mit 5000 Reutern machte er fih auf, um den unter der Bedeckung von zehn Regimentern auf Fütterung Audgerittenen aufzulauern. Aber beide Gegner hatten einen gleichen Plan; während der Entfernung der übrigen Regimenter fahen fich das werthifche, doneppſche und das altnaffauifche vor dem faiferlihen Lager von der ganzen ſchwediſchen Macht angegriffen, und wehrten fich ritterlich, bis die ausgeſchickte Reuterei heraneilte, worauf dem biutigen Gefechte nach mehreren Stunden die Nacht ein Ende machte, ? und die Schweren ſich unverrichteter Sache zu- rückzogen. Faſt einen Monat ftanden beide Heere ſich einander gegenüber, und ermüdeten fih, unter unaufhörlichem Regen, durch Heine Gefechte und Beftürmung einzelner Punkte; die Kaiferlichen um Mamming, fpäter wieder um Landau; Franzofen und Schweden um Dingelfingen. Wie in langen Standlagern gewöhnlich, braden bald Mangel und Krankheiten ein und nöthigten die fremden Gäfte, welche fi zur Verbindung mit Böhmen der Brüde von Reuburg bemächtigten, fi) auerft (28. Auguft) weiter hinauf über Landshut nah Mosburg zu ziehen. So ſchien nad Böhmen, wohin ver Pfalzgraf Karl Guftav, Torftensfons Schüler, eben auf dem Wege, der Hauptfrieg fi) wieder zu waͤlzen. Als Beifpiel des Uebermuthes

mAdlzreitter 531. Bufendorf 791. Theater. Europ. VI, 512. Bufendorf 79. Adlzreitter 531. Theatr. Europ, Vi, 500.

Unzufriedenheit Marimiliaus, 625

und der Geldgier ſchwediſcher Offiziere au niederer Grabe find bie Brandbriefe aufbewahrt, welche Barteleme Vogel, Ouartiermeifter, im Juli und September dem Abte Placidus von Prüfling unweit Regensburg, ſchrieb, und, um den Eindrud zu verftärfen, an ben vier Eden anbrannte.“ Wiewohl für die Hauptſtadt Böhmend die Gefahr wuchs, fo durfte dennoch Piccolomini dem ungeduldigen Kurfürften nicht zuwider fein, und dorthin Truppen ſchicken. Darum brad er erft nad einigem Zögern nad der Bild auf, während Wrangel und Turenne ein unüberwindliches Lager am Zufammenfluß der Amber und der Jar bezogen hatten. Die ge- ihärfteften Befehle des grämlichen Marimilian, der von Salzburg aus in vergeblichen Unterhandlungen um bie geforderte Brandſchatzung ftand, und dennoch Etüdte, Dörfer und feine Echlöffer in Rauch aufgehen fah, beflügelten nicht Biccolominis befonnene Unternehmun- gen, welcher nicht zu fern von der Donau die legten Streitkräfte des Kaiſers gefährden, und, auch wegen der Aufregung der Bauern ob der Enns in Sorge, die Uebergänge am Inn nicht aus den Augen laſſen durfte. Die Bedächtigkeit des kaiſerlichen Heerführers verdroß den Kurfürften in dem Grade, daß er ihm am 27. September fchrieb: „ſeit fiebenundgwanzig Tagen fei der Feind aus feinem Lager auf- gebrochen, und man habe ſich dennoch nicht gegen ihn movirt, fondern ihn mit Mord, Raub und Brand und Ranzioniren undriftlid haufen lafien. Würde Piccolomini länger zögern, fo müſſe man andere Mittel ergreifen, davon er fid) allein die Schuld beizumeſſen habe.” ? Unverprofiener war Johann von Werth, wie er denn in der Gegend des Schlofied Wartenberg eine ausgeſchickte ſchwediſche Partei von einigen hundert Reutern ° nieberhieb und darauf in das Lager nad) Vilsburg zurüdfehrte. Endlich rüdte Piccolomini am 28. September über Dorfen nad Erding und am 4. October nad München, dem Feinde zur Seite; mit Mühe den Kurfürften befhwichtigend und die Schuld auf den Kaijer fhiebend, daß er die Generale Golz und Spord mit einigen Regimentern nad) Böhmen geſchickt. So gern Wrangel auh jenfeit des Inn die Verwüflung getragen hätte, in ein Land, weldes den Fluch des Krieges noch nicht erfahren, und wohin die evangelifhen Einwohner ſelbſt durch

ı MWeftenrieder. Beiträge IV, 192.

2 Weftenrieder, Geſch. a. a. O. 229. Anm.

I? Bufendorf 793. Theatr. Europ. IV, 501.

Barthold, Geſch. des 8ojahr. Kriegs. 31, 40

626 Rüdzug Wrangels und Turennes.

Abgeorbnete einluben, fo zwang ihn doc die Noth, Piccolomints Wachſamkeit und Johannes von Werth Streifgüge über die Amber zus rud auf Dachau zu gehen, um fih wo möglich Landsbergs zu bemäcdhtigen, und im verſchont gebliebenen baterifhen Hochlande beffere Quartiere zu fuchen, da die Gaue zwifchen Sfar und Led wie von Heufchredenfhwärmen ausgezehrt waren. Ihm zuvorzu⸗ fommen war aber bereitd das Faiferliche Heer auf München gerüdt, und Johann von Werth der erftle, welcher mit feinen Reutern auf das linfe Iſarufer überfegte. Hier nun um Dadau fiel das letzte bedeutendere Gefecht im dreißigjährigen Kriege vor, und zwar auf fo eigenthümliche Wetfe herbeigeführt, daß wir uns nicht enthalten fönnen, bei der Darftellung deſſelben zu verweilen. Zwar fpielt PBufendorf den Unwifjenden, und will den Ruhm Wrangeld nicht burch den Bericht der leichtſinnigen Beranlaffung des empfindlichen Schadens fehmälern; aber die Wahrheit fchimmert dennoch durch bie zweideutigen Aeußerungen, und wir folgen‘ eines Zeitgenoffen Er- zählung, fo abenteuerlih fie auch Flingt, um fo bereitwilliger, da Turennes eigene Memoiren die Richtigkeit nicht bezweifeln, und bie and Abel Serviens Papieren gezogenen „Motifs“ umfländlich ſich über dad feltfame Greigniß ergehen.

Es pflegten die Generale dem edlen Waidwerk auch unter den gefährlichften Umftänden nicht zu entfagen, und befonders war Wrangel ein jo entichiedener Liebhaber ſolcher, dem Feinde abgetrogten, Luft, daß er ſchon einmal bei einem Haare fein Xeben oder mindeftens feine Freiheit eingebüßt hätte. Vor Dünkelsbühl im Frühling dieſes Sahres war der Schwede, nur von einem Trompeter begleitet, mit zwei Windhunden ind Feld geritten, und einem auflauernven kaiſer⸗ lihen Rittmeifter fo nahe gewefen, daß er die Worte deſſelben hörte, wie er feinen Reutern den General wies, worauf aber diefer mit verhängtem Zügel davon fprengte,? und nur der Rebfeligfeit des Rittmeifters, welcher ihn lebendig fangen wollte, feine Freiheit verdankte. Selbft der befonnene Piccolomini, welcher fih ale

ı Mdlzreititer 533. Pufenborf 793. Theatr. Europ. VI, 500, 515. Mem. de Turenne «Ramfay II, 27). Die Motifs de la France poar la guerre d’Allema;gne, höchſt wahrfcheinlih aus Serviens Papieren, citirt Ignaz Schmidt X, 340 unter den Namen Memoires de D... Der beutiche Ueberfeper Bouge ants fchließt auf ben Herren von Brienne als Berfafler.

* 'Theatr. Europ. VI, 315.

Hirſchijagd von Dachau. 627

General nicht ſo leicht einer perſoͤnlichen Gefahr ausſetzte, und nur einmal im Januar 1641 während der Meſſe in einer Kirche bei Ingolſtadt durch Bandr faſt überraſcht wurde,“ konnte das. Jagdge⸗ lüſt nicht immer bezähmen, wie eine Geſchichte aus dem Leben des Marehal de Gaflion ein für die Kriegsſitte der ritterlichen Zeit bes achtungswerthes Beifpiel giebt.” Während der Belagerung von Ehatelet i. 3. 1638 bemerkte jener berühmte Schüler Guftav Adolfs zwei fpanifche Regimenter, an deren Spite Piecolomini ein luftiges Jagdweſen mit Falfen und Hunden trieb. Der Franzoje fteigt zu Pferde, dringt vor, ift verwundert, Falkeniere, Jäger und ein präd- tiged Jagdgeräth zu jehen, und hebt fie im Angeficht des feindlichen Generald auf, welcher Taltblütig in der Werne haltend, die Dreiftig- feit Gaſſions bewundert, und ſolche Achtung gegen ihn gewinnt, daß er ihn perſönlich kennen zu lernen wünſcht. Seiner Einladung folgte der Franzoſe ohne Furcht; beide erwieſen fi die Ichmeichelhafteften Ehrenbezeugungen, und um fih in Höflihfeit und Großmuth zu überbieten, fandte der Italiener alle gefangenen Offiziere von Gaſſions Regimente ihm in einer Karofie zu; der Franzoſe Dagegen dad aufs gehobene Jagdgeräth, Jäger und Falkeniere, nebft einer fchönen Flinte und der fchriftlichen Erlaubniß des Marecdhal de la Force, ungehins dert in der Gegend jagen zu dürfen. Die Gefahr von jüngfthin hatte Wrangel nicht gewibigt, und feine Weidmannsluſt ihn zu einem Unterfangen verleitet, welches nahe für ihn die empfindlichften Folgen, für feine Regimenter die fchmerzlichfte Niederlage veranlaßte, und die Friedenshoffnungen weit entfernt hätte, wenn nicht Die frangöflfchen und fchwebilchen Heerführer durh ein Wunder ent- tonnen wären. ? In einem Walde zwiſchen Münden und Dadau, von Moräften umgeben, unweit ded Dorfes Feldmachingen, wurde eine Anzahl ftattlicher Hirfhe gehegt. Solcher Lodung konnte Wrangel nicht widerftehen, und ließ daher am 6. Detober das Gehege durch eine große Anzahl Soldaten umftellen, befehte mit 600 Reutern die Landzunge vor dem Gehölze auf München zu, wohin fi ein weite, mit Dornen bewachfenes Feld ausdehnte, und glaubte unter dem Schutze von ſechszehn Eſscadrons mit dem Marfhall Turenne, dem

Generallieutenant Duglas und den vornehmften Eavalieren der Jagdluſt

ı Suebriant 605. ? Le Vassor XIII, 1. 43, 619. ® Motifs 483. 40 0

628 Hirſchjagd von Dachau.

obliegen zu koͤnnen. Auch Adolf Hermann, ein jüngerer Bruder des Feldmarſchalls, ſchloß ſich der Ergöglichkeit an. Zwar wurde ſpaͤter der unvorfidhtige Streich mit dem VBonvande beihönigt, als wolle man Johann von Werth, „welcher bei München mit 2000 Mann über die Iſar gegangen fein jollte,* den Rüdweg verlagern. Wirk⸗ lich, wie immer voran, befand dieſer fich dieſſeits des Fluſſes; zeitig erhielt er von dem Jagdvergnügen Kunde, und faßte mit Picco⸗ lomini und Enfevort den Entfhluß, den eifrigen Waidmännern ihr Spiel gu verleiden. Sogleich wurben die beften Reuter aus allen Regimentern ausgefucht, legten Mäntel und Yutterfäde ab, und Sohann von Werth und Adrian von Enfevort machten fi mit folher Luſt und Stille auf den Weg, daß fie dad Regiment, welches vor dem Walde auf ver Vorhut fand, auseinanderfprengten, ehe die Generale, in ihr Waidwerf vertieft, von ihnen auch nur eine Ahnung hatten. Die Zreudenftörung erregte die unbefchreiblichite Beftürzung: Guſtav Wrangel gebot augenblicklich den Rüdzug feiner Reuterei, und glaubte die ftürmifchen Feinde durch hundert und vierzig Dra⸗ goner, welche er ald verlorene Boften an einem Waſſer aufftellte, aufzuhalten. Aber ungeftüm fegte Johann von Werth mit dem linken Flügel und Enfevort mit dem rechten durch den Bach, umringten bie Dragoner und bieben fie nieder, ehe fie zu ihren Pferden kommen fonnten. Darauf ftürmten fie in Wrangeld Leibregiment, welches als das legte den Rüdzug decken follte, verwundeten ben Oberſt⸗ lieutenant Bornemann, und warfen dad Regiment unter bedeutendem Berluft auseinander. .Ebenfo ging ed den nädften Escadronen, und alle waren, eingeengt zwifchen einem Morafte und den Feinden, in der augenicheinlichitien Gefahr, gefangen und in Etüden gehauen zu werden, wenn Johann von Werth Zeit gehabt hätte mit dem linken Flügel bis zu dem Ausgange des Waldes auf Dachau herumzus fhwenfen, oder Gott ihnen nicht einen Führer geichict. Denn nur einem Wunder bunften die höchften Heerführer ihre Rettung. Ein geängftigter Hirſch ſetzte vor ihren Augen dur den Moraft; fie ließen fogleih die Stelle durch einen Reuter unterfuchen, welcher glüdlih an die andere Seite gelangte. So entging Feldmarſchall Wrangel mit Verluft feines Degens, zu Fuß durd den Sumpf; aber er bezahlte die Jagdluſt fehr theuer mit der Gefangenfchaft feines Bruders, feines DBetters, des Oberften Guſtav Wrangel, des jungen ı Motife 484.

Abzug der Branzofen und Schweden. 629

Freiherrn von Hom und einer Anzahl vornehmer Offiziere, nebſt einigen hundert Todten, Gefangenen und den Standarten feines - eigenen Regiments. Turenne giebt den Verluſt auf fieben« bis acht⸗ hundert Pferde an; die Baiern auf taufend, nebft ftattlicher Beute an goldenem Tafelgeräth und fchönen, gefattelten Pferden. Ungern verdankte der feinpfelige Kurfürft die leuten Lorbeeren dem ver: haften Johann von Werth, und gab ihm fogar Schuld, als hätte er durch abfichtlihes Zurüdbleiben feines Flügels den Feldmarſchall entrinnen laflen; aber der Bericht der Franzoſen erflärt die Rettung durch die Schidung des Himmeld, und es fieht dem Manne fehr unähnlich, eine jo günflige Gelegenheit zum glängendften Siegespreiſe and Unmuth gegen den Kurfürften unbenutzt gelafien zu haben. Unpartetifche Schriftfteller * rühmen mit Recht diefe lebte bedeutende Waffenthat des tapferen Reuters. Manch fchöner Fleden im Baierlande mußte die geftörte Jagdluſt bezahlen; denn Wrangel fah nicht die Möglichkeit ein, in dem veröveten Lande mit verminderten . Streitfräften fih zu halten, und zog unmuthig auf ven Lech zurüd. Am 7. October verließ er Dachau; zwanzig Dörfer loderten an einem Tage in Flammen auf, unter dem Vorwande, ale hätten bie Einwohner nicht die geforderte Brandſchatzung erlegt, da ihnen doch die Berwüflung des Feindes dad Mittel geraubt, die Summen zu erfchwingen. Am 11. October räumten Franzoſen und Schweden die Grenzen und gingen bei Kauffringen über den Lech, mit dem Be⸗ wußtſein, ihren Befuh in Baiern dem Gedächtniß aller folgenden Geſchlechter eingepraͤgt zu Haben; ihren Weg nah Schwaben auf Schwabmündingen und das augsburgifche Gebiet verfündeten Meiten weit die rauchenden Dörfer. War es nun gleih dem Piccolomint gelungen, ohne Schlacht, durch Hunger die böfen Säfte verjagt zu haben, und zugleich für Böhmen zu forgen, fo mußte er dennoch bei dem Kurfürften gegen allerlei Anflagen ernftlich ſich rechtfertigen. So fchrieb er am 9. October: „er habe es allezeit gut gemeint; der Ausgang würde ed zeigen; feit zweiundpreißig Jahren, fo lange er dem Kaifer und dem Reiche diene, habe er dergleichen Schreiben nicht empfangen,” und entlud fich feined Aergers auf die Minifter.? Zu einer noch heftigeren Sprache war Enfevort ge zwungen, dem man Schuld gab, ven Feind beim Webergange über ı Breybergerx VI, 256. Schaub. 3. d. J. 3 Weftenrieder a. a. D. 230.

630 Enkevori ſcheidet aus baieriſchen Dienften.

den Lech nicht angegriffen zu haben. Er ſetzte das Berhältniß ber Truppen auseinander, den Bortheil ded Feindes, der in voller Bas taille vorm Walde geftanden, und beflagte fih, „daß er durch kurs fürftfide Schreiben fo hart tractirt worden, als jei er ein Schülerbube, da er doch von Jugend auf, bis auf feine grauen Haare, feine Profeſſion erlernt, zur Genugthuung kaiſerlicher Majeftät, Kurfürften und Fürften, dem Kurfürften felbft nichts verloren, fondern den Feind nach Kriegsration allezeit fortgetrieben und noch feinen Schritt ges wichen, und für große Sorg und Mühe noch feinen Dank verdient. Ehe er vergleichen länger tragen wollte, würde er lieber dem kaiſer⸗ lichen Feldmarſchall das Kommando überlafien, für feine Perſon nad Böhmen gehen, und dort mit befierem Dank und Erfenntniß, wo es Ihrer Majeftät Dienft erfordere, ferviren.“ ' So that denn auch Enfevort im folgenden Jahre und fehrte nach Oeſterreich zurüd, uns geachtet Marimilian ihn zum Statthalter der Oberpfalz ernannt hatte. Treu feinen Kriegsmaßregeln verfchmähete Piccolomini die Aufs

forderungen zur Schladt, ? welde Schweden und Franzofen auf ver andern Seite des Fluſſes durch Schußfignale an ihn ergehen ließen, und hielt mit dem Hauptheere bei Möringen; Johann von Werth dagegen, dem auf Donauwerth weichenden Feinde immer ber nächfte, feste an demſelben Tage bei Lechhaufen mit 1000 Reutern über den Fluß, zog in der Nacht unter den Mauern Augsburgd vorüber, und gedachte in den Nachzug der Schweden einzufallen. Aber hat er gleih Die Auszeichnung ald der legte General mit kaiſerlichen Reutern das Schwert im dreißigjährigen Kriege zum Angriff auf die Schweren gezogen zu haben, fo hätte beinahe in dem letzten Ges fechte ein Schuß aus befreundeter Feſte ihm das Leben geraubt. Denn wie er am 13. October des Morgens früh bei Obernhaufen am Nachzuge der Schweden anlangte, fand er fie zu feinem Empfange durch einen Veberläufer vorbereitet, und wurde bis unter die Mauern von Rain zurüdgetrieben.* Die Koftabler auf den Schanzen lösten ihre Kanonen auf Kaiferlide und Schweden, welde im Handge⸗ menge fi den Mauern näherten, und es traf fi, daß eine Stück⸗ kugel den nädhften Mann neben dem General zerfchmetterte, und der Drud der Luft ihm den Hut vom Kopfe warf. Seltfam wäre

ı Meftenrieder a. a. D. 232.

2 Bufenborf 794.

® Theatr. Europ. VI, 502. BufenporfLl ec.

Ss

Einfluß der Friedenekunde. 631

gewefen, wenn ihn, den in breiundzwanzig Kriegsjahren der in uns zähligen Gefechten herausgeforderte Top verſchont, jetzt bei dem legten Zufammentrefien mit dem Feinde eine, von befreundeter Partei ges fhleuderte Kugel getöbtet hätte, am Marffteine Baiernd, wo er von Anfang ded Krieges fo oft der Gefahr blos geftanden.“ Am 14. October zog Johann von Werth von Rain zum Hauptheere nad Friedeberg;? und am Abend defielben Tages lag er mit einem ftattlichen Gefolge, mit dem Marſchall von Raufchenberg, dem Herzog Ulrich und den bei Dachau gefangenen jungen ſchwediſchen Herrn in Augsburg. Bei Lauingen gingen bie Franzoſen -in die wirtem- bergifchen Winterquartiere, bei Donauwerth die Schweden nad) Frans fen und der Oberpfalz, um das mit mehr Glüd auf der böhmifchen und öfterreichifehen Seite zu verfuchen, was auf der baieriſchen miß- glüdt war; Turenne begleitete noch bis Feuchtwangen den Schweden, bis die Kaiferlihen von den Baiern fi getrennt haben würden, „weil Wrangel fi) nicht getraute allein abzuziehen.” Nach ver Dberpfalz, um Böhmen zu retten, ſetzte aber aud) das Reichsheer auf der nächſten Straße fi in Bewegung, und paflirte um Ingol⸗ ftadt am 25. October die Donau. Da ereilte auf dem Wege nad Cham die Generale am 8. November die Nachricht von dem am 24. October unterzeichneten Frieden, die fie ohne Unmuth aufnahmen, obgleich dem günftigen Erfolge des nächſten Feldzuges vertrauend. Als dagegen Turenne und Wrangel am 6. November zu Feucht⸗ wangen diefelbe Zeitung empfingen, wies der Schwede den erften Eildoten mit Scheltworten von fih, ungefättigt an Blut und Beute; nach der Ankunft des zweiten und dritten nahm er feinen Generald- but, warf ihn mit Inngrimm zu Boden und trat ihn mit Füßen! Solche That bethenert Leonhard Meyer, welder ald Glied des inneren Rathed zu Nürnberg im J. 1711 neunundadtzig Jahr alt farb, mit eigenen Augen gefehen zu haben. AS die Dinge im Felde für Ferdinand und Marimilian wenigftens nicht Ichlimmer ftanden, wie drei Jahre früher; die Hauptftadt Prag, vor welcher

ı Freyberger 257 beichließt feine Kriegsgefchichte mit den Morten: dies ift das allerletzte Treffen im deutichen Kriege, dabei Werth, „welches nicht bald gefchehen,” die Flucht genommen, und bie Schand des furz vorher (bei Dachau) den Schweben zugefügten Schadens gebüßt.

2 Theatr. Europ. VI, 503.

° Jacob s Geſch. von Feuchtwangen 3. 3. 1648.

632 Gunſtiger Kriegsſtand für den Kaiſer.

der neue Generaliſſimus am 5. October erſchienen war, ſich noch hielt, und der Pfalzgraf unmuthig, nach vergeblichem Sturme (am 26. October) am 2. November aufbrach, um dem kaiſerlichen Ent: fage entgegenzurüden; ward, (als in wunderbarer Fügung des Schid- fald, damit Deutichlands Verhängniß erfüllt werde, Frankreich eben dem Borabende eined fhweren Bürgerfrieges ent- gegenfah, zu welchem die föniglihe Macht ihr deutſches Heer über den Rhein entbieten mußte); von den Falferlihen Gefandten, über- eilt, weil ihnen als Erdenſöhnen Allgegenwärtigfeit gebrady, der ſchmachvolle Friede unterzeichnet. In ihrer Nähe felbft behaupteten die Reichövölfer die Gebiete noch mit den Waffen, die der Theilung verfallen follten. Düren war zwar am 21. September bezwungen; aber Geiß belagerte vergeblich Paderborn (5. October 1648); Lamboy, herbeigeeilt, warf Berftärfung in die Feſte, trennte die heffifche Um⸗ fchließung und jtand mit Sparr bei Hörter bereit, über die Wefer zu feßen und nach Halberftadt vorzudringen, während der Lothringer vom Rheine her andrang; als die Friedensboten ihnen Einhalt befahlen.

Unter dem Einfluffe der Waffenereignijje, deren glüdlicher Ausgang für Oeſterreich die Zurüdnahme alles bisher Zugeftan- denen gerechtfertigt hätte, ward inzwilchen ftoßmweife das uns überfehbar vermittelte Friedenswerk gefördert, welches viele pro- teftantifhe Stände, durch beftrittene Bortheile bethoͤrt, in trau: riger Vergefjenheit um das Ganze und unbefümmert um Fünftige Wohlfahrt, als Wohlthat erwarteten, als Schuß gegen

die Uebermacht des Kaiſers und ald Befreiung ber bebrängten Gewiſſen. Da unfere Abſicht überwiegend auf Frankreich gerichtet ift, fo faffen wir nur andeutend das Allgemeinere diefer Selbſt⸗ zerftörungsarbeit eines Reichd, und Volfesganzen, das acht Jahr: hunderte hindurch mit wechfelndem Erfolge fih aufgebaut, ins Auge. Avaux' Thätigfeit für Brandenburg hatte dem Kurfürften ſchon am 411. Februar 1647 eine Entihädigung für die aufgegebene beflere Hälfte von Pommern erwirft; die zwar reich genannt werben fonnte, aber alles inneren Zufammenhanges entbehrte. Das einmal von den ſchwediſchen Bevollmächtigten Eingeräumte durfte ohne Schande nicht zurüdgenommen werben, obgleich Tages darauf ein Brief der Königin von Schweden einlief, in welchem fie auch auf kein Dorf von Pommern verzichtete. Im Januar 1648 verließ

Zwiſtigkeit der beiden frangöftichen Befandten. 633

der Due de Longueville den Kongreßort, * um, ermäbet von der Laft ungewohnter Gefchäfte, an den Hof zurüdzufehren. Bald nad feiner Abreiſe brach der Haß zwiſchen Avaux und Servien, welchen der Prinz durch fein Anfehen niedergehalten, von neuem aus, und Servien, welcher durch Lyonne, feinen Neffen, in Mazarins Gunft fih behauptete, ? wußte den Älteren um Richelieus und Mazarins Minifterfhaft fo hoch verdienten, Stantdmann in dem Grade zu verläumden, daß jener nicht allein abgerufen wurde, ſondern auf der Reife den Befehl erhielt, fi vom Hofe fern zu halten und auf feine Güter zu gehen. (April 1648). Da der Verlauf des Krieges im Frühling und Sommer 1648 den Franzofen ihre Bente ficher ftellte, Tieß Servien den Nachdruck fallen, mit welchem beide fremden Mächte früher die Amneftie vom Jahre 1618, die Wahlfreiheit der böhmifchen Krone, die gänzliche Neftitutton aller feit jener . Zeit in ihren Rechten Gefährbeten, die Gemwiffens freiheit ber Untertanen in den Erbländern, gemeinſchaftlich zu betreiben gefchies nen hatten.* Im Bezug auf die Iebtere berief fih der Kaiſer auf dad Reformationsrecht, welches fogar von der geringften Stadtobrigs feit ausgeübt werde; * und Schweden, welches mit fcheinheiligem Eifer fo manches edle deutſche Gemüth für die Sache der Religions: freiheit zu feinem Streit gerufen, und unter ſolchem Vorwande den ſinnigſten Theil der Nation zu YAufopferung Guts und Bluts getrieben, war Falfch genug, ? dieſes Heilige Anrecht der Getäufchten

° &laffan IH, 137.

2 Bongeant IV, IX, $. 12—14. ®

? Meiern IV, 144.

Menzel III, 187.

& Instrument. Pag. Osnab. $. 52. Qui vero Subditi et Vasalli haereditarii Imperatoris et Domus Austrincae eunt, eadem gaudeant Amnestia, quoad personas, vitam famam et honores habeantque securum reditum in pristinam patriam, ita tamen ut se teneantur acoommodare legibus patriis regnorum et provinciarum. $. 53. Quan- tum autem eorundem bona concernit, si ea antequam in Coronae Sueciae Galliaeve partes transierant, conflscatione aut alio modo amissa fuere

' etsi Plenipotentierii Suedici diu multumque institerant, ut iis etiam illa restituerentar; tamen cum Sacrao C. Majest. hac. in re ab aliis nihil praescribi, neo ob Caesareanorum constantem oontradiotionem aliter tran- sigi potuerit, Ordinibusque Imperii ea propter bellum continuari e re Imperii non fuerit visum; porro quoque amissa sunto, ao modernis possessoribus permanento.

x

634 Theilung Deuiſchlands.

um Geld an den Kaifer zu veräußern, ald unter dem Rachekriege in Baiern der Kaiſer ihnen die Forderung ihres Heeres, im Betrage von fünf Millionen Thalern, und unſchätzbare deutſche Länder als Leben verfichert hatte. * Eben fo wurde die Sache des pfälzifchen Haufes, welches in alle feine früheren Würden und Rechte herzuftellen, beiden Kronen ald der behbarrlihfte Borwand, den Schweden feit achtzehn, den Franzoſen feit fünfzehn Jahren ges dient, gleihgültig von ihnen hingegeben. So wie Eharnace im Jahre 1636 zu Wismar dem alten Orenflierna offen herausge⸗ fagt: „qu’on n’avait pas tant entreprise cette guerre pour l’avan- tage particulier des Allemands que pour combattre l’ennemi commun,“ äußerte jetzt Servien, „bie beiden Kronen müßten: se relächer sur les articles de lY’inter&t public de l’Allemagne, & proportion qu’on les satisferait sur leurs inter&ts particuliers.?

So wurde denn nicht allein Deutfhland getheilt, und gab die Grenzländer im Norden und Weften als offene Thür für die Fremden hin, fondern die fieben Reichöfreife mußten, da Oeſterreich und Baiern Die Zahlung ihrer Heere für fi) übernahmen, zu fünf Millionen für die Befriedigung des ſchwediſchen Heered fi vers ftehen, unter deſſen Fahnen noch im lebten Jahre 84,000 Deutfche ? ſtritten. Dreizehn Jahre hindurch, feit dem prager Frieden, hatte Deutfchland die unfäglichften Gräuel ded Krieges mit der Einbuße des Drittheils feiner Bevölferung und mit der Veroͤdung ehe: mals fo prangender Gaue getragen, und nicht mehr errungen, als was ed durch jenen Frieden fchon befaß. Denn die nominelle ufnahme der Reformirten in den Religionsfrieden folgte der thatſächlichen Blaubengfreiheit jener Partei hintendrein. Für die verderblidhen Berechtigungen der Reihöftände, unter einem Kaifer, faft nad den Orundfägen des Hippolithus a Lapide, in fpröder Selbftftändigfeit dazuftehen, um den Fremden zur leichten Beute zu fallen, ließen fie nicht allein die Schmälerung des Vater: landes zu, fondern bezahlten auch obenein, neben dem ſtromweis vergoffenen Blute, mit VBerarmung die Werkzeuge des gegenwärs tigen Jammers und der kommenden Schmach. So gliden jene Stände, welche im entfeglihen Wahne die Fremden ſtark

Adami 405 ff.

> $laffan III, 159. Nach Chriſtinens Angabe bei Arkenholz KIT, 161.

Abfindung der Landgräfin. 635

gemacht, dem Roſſe in der Kabel, welches „dem Hirſch die Weide nicht gönnt, fi dem Jäger unter Sattel und Sporn in den Zaum gegeben. Der Hirſch war erlegt, aber der Jäger im Sattel geblieben und machte das Roß zaumrecht.“ Die Landgräfin von Hefien, deren Ruhm die franzöſiſchen und ſchwediſchen Geſchicht⸗ fhreiber über alle glänzenden Borbilder der alten und neuen Welt erheben‘ virilibus curis foeminarum vitia exuerat bes fam ihr reichhaltiges Theil; 600,000 Thaler von ven geiftlichen und weltlihen Nahbarn, die fie und ihr Gemahl feit fiebenzehn Sahren gepeinigt; genug Geld, um in dem Glanze fürftliher Uns abhängigfeit nah dem Mufter von St. Germain und Berfailled zu prunfen; zu wenig, um aud nur bie Strohdächer ver ver brannten Hütten ihrer Unterthanen herzuftellen; ein Sündenlohn für das vergofiene Blut und für die Leiden ihres Volles. Dazu erhielt fie, außer der Abtei Hirfchfelo, nebft der Probftei Gellingen, ? welche ihr feit 1639 der Kaifer gefihert, Stüde der Grafſchaft Schaumburg und den Antheil an der marburger Erbichaft und an Kapenellnbogen, ven fie fih mit Gewalt genommen; ein Zuwuchs an Macht, welcher das hefienfaffelihe Haus weber damals nod fpäter zu irgend würdiger geſchichtlicher Bedeutung im deutihen Baterlande erhob, als zu dem Rechte, das Blut treuer Uns tertbanen ohne Strafe zu Markt zu tragen. Weil Frankreich und Schweden vor ihren Richterſtuhl zu Münfter jedermann riefen, „welcher von dem Kaiſer zu fordern habe,” und Groß und Klein herbeieilten,“ „um feinen Span zum euer zu tragen,” fo wurden auh Philipp Löfflerd Erben in die Güter eingefeßt, welche der chef malige fchwebifche Vicefanzler ald Lohn feiner Verrätherei erhalten, und welde der Kaifer nach der Schlacht bei Nörblingen eingezogen hatte.

! Motifs 144. Dagegen fchrieb an Chriſtian IV. ein daͤniſcher Minifter, welcher ihren Hof im 3. 1644 befuchte: talem reperi, qualem mihi multi depinzxerant, ingeniosam, animosam, verum Calvioissimam, hoc est, hoo minus a Lutheranis ao Papisticis abhorrentem, et instar oraculorum in responsis velut bilinguem, et consulto ambiguam, adeo ut quid ab ejas propensione Maj. Vestra vel sperare vel timere debeat, vix elici possit. Non putavi me debere opponere simulationes sumulationibus, sed magis oe re et mente M.V. fore, si Hermaphroditum illud ingenium ad unam vel ad aliam speciem reducere conarer. Londorp V, 884.

3 Instrum. Caes. Baecicum. XV.

3 Jbid. $. 45.

636 Deutiche Jeſten in ber Gewalt ber Fremblinge.

AS Unterpfand für diefe Zugekändniffe, * „gleihfam als würde Deutihland in Folge zu raſcher Sättigung ded Hungerd nad Frieden erfranfen,” follten bis zur Vollſtreckung des Friedens die feindlichen Befagungen in ihren Feſten bleiben; und das ſchwediſche Heer, „das Fußvolk in der Mitte des Reiches, die Reuter an bem Grenzen,“ gleihfam als Schildwache ſich vertheilen, um alsbald, wie der Igel, feine Stachel nach allen Seiten auswerfen zu fönnen. Zu welcher Erniedrigung,, beiſpiellos in der Geſchichte eines ftarfen Volkes, die deutfhen Söldner oder Betrug, Eigennug und Selbftverrath das Baterland in die fremde Willführ gegeben, lehrt die Zahl ver Feten, welche im Jahre 1648 Franzofen, Schweden und Hefien befaßen. Die Franzoſen hatten inne durch den Klein⸗ muth des Domfapiteld von Mainz und als Folge der Schlacht von Freiburg: Mainz mit Höhft und Bingen; Heilbronn und Lauingen durch Marimilian überliefert; Hohentwiel, Tübingen und Schormborf durch Widerholds und des Wirtenibergerd Untreue, oder durch Ueber⸗ raſchung im Jahre 1646 gewonnen; Stolhofen durch Erlachs Liſten; acht Zeiten in der Niederpfalz durch die Weimarer; im Elfaß Die Reichsſtaädte durch Verrath des Rheingrafen und Wfflerd; die Wald« ſtaͤdte nebft vierzehn feften Städten und Schlöffern im Elſaß und Breisgau durd die Erbihaft Bernhards und den breifadher Handel; eben fo ohne eigene Waffenthaten pie oberrheinifchen Stäͤdte Worms, Speier, Kreuznach, Saarbrüd. Die Schweden befaßen Ueber: lingen, Dünfelsbühl, Nördlingen, Donauwerth durch Baierns poli⸗ tiſchen Wankelmuth; die Feſten am Bodenſee und auf der Inſel Mainau. Im Oberelſaß Benfeld, Oberkirchen, Dambach aus Guſtav Adolfs Tagen; in der Oberpfalz durch Waffengewalt Weiden, Neu⸗ markt und drei Schlöſſer; in Franken Schweinfurt, Windsheim und fünf fefte Orte; in Böhmen Prags Feine Seite durch Odowaldski; Eger, Leutmeritz, Pilfen nebft neun Schlöffernz in Mähren Olmütz, dur des alten Stalienerd® Mintati eheliche Zärtlichfelt, und vier Schloͤſſer. In Meißen und Thüringen Leipzig, Erfurt, Halberftabt, Alchersleben, Oſterwik nebft fünf Schlöffern; in der Mark Branven- burg Gardelegen, Landsberg und Driefen durch den Kleinmuth ober die Adtrünnigfeit des Kurfürften. In Weftfalen Minden burd den Verrath der Befagung des Guelfen; Lemgo, Vechte und Fürftenau, während des Waffenſtillſtandes mit Köln von Königsmark übereilt;

& Sreyberger II, 117.

Anmeßungen Arler Salvins' und Serviens. - 637

Verden, den Dünen abgenommen; andere Städte durch Heſſens Bei⸗ hüffe oder Abtretungen. Im Erzſtift Bremen alle Beften, ſelbſt Stade, dad einft den Ruhm der Unüberwindlichkeit trug; aus ven Zagen, als Chrittian IV. gegen Torftensfon niederlag; endlich alle pommerfchen Feſten, von Guſtav Adolf dem ſchwachen Bogidlay oder dem zerrütteten hauptlofen Heere nad) Waldſteins Abdankung abgenöthigt; in Meflenburg die Hauptwaffenpunfte, zum Theil als Lohn für die vetterliche Hülfe von den Herzogen eingeräumt. In fo vielen deutfchen Feſten ſchwediſche Beſatzung lag, möchte doch ein Roß befier ald ver Reuter erforderlich geweien fein, „um auf der Runde durch das Reih allnächtlich in einer anderen fchwebifchen Garnifon zu herbergen!“ Die Heffin endlich hatte bie Schlöffer und Städte in der Wetterau und in Fulda; in Weftfalen: Marburg, Lippftadt, Koesfeld, Bocholt, Borken; drei Schlöfler im Erzkift Köln und Neuß, Sinn, Kempen durch die Weimarer feit 1642; im Zülihihen Düren und zwei Schlöffer inne; alle Feſten in ber Grafichaft Rieder» Kagenelinbogen; in Oftfriesland feit Wilhelms haͤmiſchem Angriffe auf den ungewarnten Grafen vier Städte und drei Schlöffer. So hatte ſich Deutichland in feinen Gliedern durch feine eigenen Söhne fefleln laſſen, und die Schlüffel der Bande blieben in den Händen der Fremden! Aber ungeachtet fhon im Auguft 1648 Theilung, Lohn, Amneftie, Ohnmacht. des Kaiſers und Gefreitheit der Stände, Ausgleihung der Religionsbeſchwerden, alle zahlloſen Punkte den Schluß erwarteten, und der Kal der Fleinen Seite von Prag angftvolle Gedanfen vor Trautmannsdorfs Seele rief; gögerten die Bevollmächtigten der beiden Kronen mit der Unter- ſchrift; Servien wollte die allgemeinen Punkte anders gefaßt wiflen; den Loihringer und die Spanier no beftimmter von jeder Hülfe ausfchließen; verweigerte dem Kaiſer den Prunf alt fränfifcher, jest bebeutungslofer Herrſchaftstitel;! in benfelben Sagen, ald die Barrifaden in Paris (28 Auguft) den neufränki⸗ fhen Thron umftellten! Trautmannsdorf beburfte neuer Bollmacten; die Stände, zumal Kurfachfen, verbürgten die Nachgiebigfeit Ferdi⸗ nands auch in dieſen Punkten; dennoch weigerten fi Serwien und Salvius, Eilboten an Turenne und Wrangel zu fenden (30. Auguft) um Baiern vom Mord und von der Brandfadel zu befreien. Johann Georg, fo gebeugt unter feinem Unglüd, war auch jebt der einzige, ı Adami 422.

638 Johann Beorg über das Friedensgefchäft.

welcher in die Zukunft blickend fchrieb: „ſollte dereinſt die feige Berfaffung zwifhen dem Kaifer, den Kır fürften und Ständen des Reiches vernidhtetwerden, was Gott verhüten wolle, fo dürfte ed alddann zu fpät fein, fih um ihre Wiederaufridtung zu bes müben, und jeder Stand würde alsdann fi mit dem Rechte begnügen müffen, weldhes ihm die fremden Kronen vergönnen und übrig laffen würden! Die Anerfennung der Öeneralftaaten in ihrer Selbfifländigfeit durch den Frieden der Spanier und Holländer, fo wie die Vers zicht ung des Kaiferd, den Spaniern zu helfen, und die Ab- tretung der drei Bisthümer Me, Toul und Berbün, hatte that fachlich dem Reihe den burgundiſchen Kreis, dad Werk der verhängnißvollen Heirathöpolitif Martmiliansd I. entzogen; die Bes freiung der Schweizer von dem Neichsgerichte durch einen Artifel des weftfälifhen Friedens, trennte auch das alte Allemannien für immer von der gemeinfchaftlihen Mutter! Noch im Eeptember 1648 hatte Servien neue Gründe im Hinterhalt, in Beziehung auf Lothringend und Spaniens Beraubung ver Faiferlihen Hülfe, um bie Unterzeichnung zu hintertreiben; ald eine neue Vollmacht Ferdinands am 1. October angelangte, und die Schwierigkeit der Entzifferung befeitigt war, lauerten die Schweden auf Kunde von Prag und weigerten fih am 8. October, „weil ed der Töniglichen Würde ſchlecht anftehe, die Urkunde, welche von verfchiedenen Händen, in Bruch⸗ ftüden angefertigt war,” der feierlichen Unterzeihnung!? Orenftjerna fhrieb am 13. October an Wrangel: ? „wir waren völlig gefinnt, hier etwas länger in der Sade der Soldatefca 3. 8. Maje- Kät auszuhalten; allein nachdem die Stände, feit fie jest mit Sranfreih fertig find, und täglich anliegen, daß wir bie Instru- menta Pacis fubferibiren möchten, fo fönnen wir ohne das größte Blajmen J. 8. Majeftät nicht länger damit hinausziehen.“ So wurde denn am 24. October, als von Prag Feine günftige Zeitung ein- lief, * al8 die Heflen vor Lamboy wichen; das Heer des Lothringers über den Rhein feste, und Turenne und Wrangel Baiern räumten;

ı Weifje 5, 53.

» Adami 464.

> Geijer II, 385. Pelzel II, 821.

Einfiuß der Unruhen in Paris. 639

der feierliche Act, welcher Deutſchlands Geſchick auf ſchmach⸗ volle Hundert und fünfundfehzig Jahre beftimmte, vollzogen. Schweden, welches in feiner erborgten Macht vor dem Gefpenfte des deutſchen, gleihfam geiftig geneftelfnöpften Volkes er- bangte, mußte durd längeren Verzug fürdten, daß felbft fein deutſches Heer zur Befinnung Täme, wenn es nad fundbarer Erreihung der gewünfchten politifchen und religiöfen Libertät noch länger fein Blut ohne Lohn hingeben follte, * zumal Frankreichs fernere Gelphülfe unverbürgt war. Geheimere Gründe für Frank⸗ rei, deren Triftigkeit fhon die nädhften Tage beftärften, vers mochten den Franzoſen, größeren Gewinn, den die unfichere Zukunft bot, aufzugeben. Denn nachdem am 28. Auguft 1648 dic Res gentihaft, durd das empörte Volf von Paris eingefchlichtert, die ſchmähliche Niederlage erlitten hatte: zwei gefangene, freimüthige Parlamentsräthe herauszugeben, ? und die Erklärung vom 24. Oct.,

! Motifs 456. Mais Deus constituit terminos et dans toutes ces pro- sperites apparentes, les Suedois avoient leurs eraintes comme les autres, qui les oblige oient de faire la paix, pour ne pas hazarder tous leurs avantages, qu'ile avoient obtenu dans la guerre. Daf. 471: La raison ia plus considerable fat que toute P’armee de Suede estoit composee d’Allemands naturels , qui avoient bien fait serment a la Couronne de Suede, mais conditionne, pour la cause publique, pour la liberte des Protestans, et pour leur religion. Ils dependoient dono extrement des mouvemens, qu’anrolt pu prendre l’armee. Ils n’estoient pas en estat de forcer leur obeyssance e’il fat arrivé quelque revolte, & laquelle on travailla, après que les griefs entre les Catholiques et les Protestans eurent et6 composes. Cela fait, les Protestans commencerent à cabaler dans l’armee de Suede, parmi les Officiers et les Sollats et leur re- monstrer qu’il avoient entrepris la guerre pour la conservation de leur liberte et de leur religion; qu’ils devoient dono se porter a obliger les Suedois & faire la paix, puis qu’ils etoient d’accord aveo les Imperiaux et Catholiques, et sur l’un et sur l’autre; qu'il ne restoit plus apres cela aucun pretexte de demeurer armes dans le service des Couronnes estrangeres et qu’un plas long attachement les couvriroit de honte et d’infamie, d’avoir eux-m&mes contribue & la ruine et In servitude de leur patrie, leur commune mere, qui mourante et languissante, demandoit leur assistance, pour ne permettre pas qu’elle fat dechiree. Qu’ils étoient obliges de tesmoigner leur ressentiment aux Suedois et que pour re- connoissance de bons Offices que les Estats de l’Empire recovroient d’eux dans cette occassion, que l’on lear donneroit pour eux seuls Alle- mands aix millions de Ryxdalers, qu’il partageroient entr’eux.

2 &t. Autaire I.

69 Uneuhen in Frankreich.

in bitterer Ironie des Schickſals gleichtägig mit der Berbriefung des Raubes an Deuifhland und der Nuflöfung des kaiſerlichen Deutſchlands, der Bolföfache den eutfhiedendften Triumpf vers ſchaffte; war ein Stilfand der Obfieger der Eöniglihen Gewalt nicht zu erwarten. Prinzen und Adel Branfreihe, welde, um Ritterehre wetteifernd, die Regentſchaft feit fünf Jahren verherrs lichten, fo wie das Volk, welches, in feiner Eitelkeit geſchmeichelt, feine Habe zur Fortfegung des Krieges hergegeben, vereinzelten durch Abfall bald die gefchredie Hofpartei; Turenne und Conde fanden es nicht ſchimpflich, unter ven Fahnen der Spanier, die fie Bid dahin in Stalien, an den Pyrenaͤen und in Flandern mit Bernichtungsmwuth befehdet, gegen die Monardie zu fümpfen, und das bittere Wort weiland Gaspars de Saulx, Seigneurd de Zavanned warb weltfundige Wahrheit: „que les Frangois suivent l’exemple de singes, lesqueis montant de branche en branche jusqu’au dessus des arbres et puis montent le cul.“

Aber die Gebrechlichkeit der franzöfifhen Natur gab Deutſchland feine Erleichterung, fo wie die ſchwediſche Geldgier ihrer Soldateſca den Sündenlohn vorenthielt." Das Reich feufzte noch zwei Jahre unter der feldftverfchufdeten Laft, durch Gewohnheit des Elendes und der Erniebrigung faft flumpf gegen Drud, während „die Frie den⸗ mader von Münfter und Osnabrück in Nürnberg weilten, ven Friedensftörern oder Kriegsmännern zugefellt, welche den Schweiß und Staub mit Fühlen Weine abwufchen, und die Peberbetten bei den Damen vor dem übelriechenden Stroh des Feldlagers fid belieben ließen.“

ı Geijer II, 386. Nur die Hohe Generalität, wie Wrangel, Königsmarf, Wittenberg, Duglas Hatten Erfledliches; vie erften beiden zumal, uner- meßliche Reichthümer zufammengeihafft. Der gemeine Soldat, abges banft, mußte, der Reuter mit 40 TIhalern, ber Infanterift mit 12 Thalern fih abſpeiſen laffen.

3 Sreyberger Dife. XII, 118.

—— ——

641

Ueber Zohanns von Werth lebte Schickſale.

Da wir Johanns von Werth Bild mit Vorliebe gezeichnet haben, werben dem Lefer weitere Nachrichten über den waderen Helden willfommen fein. Mit dem Frieden tritt Johann von Werth im fiebenundgwanzigften Jahre feiner, nur durch die Gefangenſchaft in Paris und durch den Haß ded Kurfürften unterbrochenen, Kriegsdienſte in die Dunkelheit ded Privatlebend zurüd. Wiewohl kaum fünfzig Jahre alt, überließ er fi, müde des Krieges und der großen Welt, welche ihn in den legten Jahren fo hart geprüft, der Abgeſchieden⸗ heit ded Landlebens, und weilte viel im Kloſter Lilienfeld bei feinem Freunde, dem Abte Cornelius Strauch, der ihm fehon früher in gefährlichen Tagen eine Freiftätte eröffnet. Im Kloſter blieben drei Denkmale des kriegeriſchen Gaſtes zurüd: ein großer künſtlich gears beiteter Silberpofal, ein Gemälde, Ehriftus vor Pilatus von Rubens, und das lebensgroße Bild des Helden mit folgender, gewiß fpäterer Inſchrift:“

Wer den General de Werth Zu Fuß und zu Pferd

Nicht hochanſehnlich ehrt, Derſelbige iſt nicht werth,

Daß er ſoll tragen ein Schwerdt Allhier auf dieſer Erd.

ALS der befreundete Praͤlat ſchon im Jahre 1650 ſtarb, brachte Sohann von Werth den Neft feiner Tage größtentheild auf feiner Herrſchaft Benatef zu, wo der reine Himmel, die üppigen Fluren und die Anmut der Gegend, vom Riefengebirge im Nordoſt be⸗ grenzt, den Aftronomen Tyco de Brahe vor mehr als fünfzig Jahren faft poetiſch begeiftert hatten. * Benatek, ehemals das Erbe ver Dynaften von Dracziez, berühmt in den Zeiten der Praemislaiden und Lügelbürger, in den Huffitenkriegen furdtbar heimgeſucht, dann Beſitzthum der Burggrafen von Dohna, war im Jahre 1599 an die Fönigliche Kammer verfauft worden, und neben Johann von Werth hatte auch Hartmann Freiherr von Klarftein Antheil an den draczieger Gefammtgütern. Es darf und übrigend nit wundern,

ı Hormayr Tafchenb. 1840. : Balbini VI, o. 12. Gaffendi im Leben Tychos des Brahe. Bartbold, Del. des 30jähr. Kriege. 11. 4

642 Tod Johanns von Werth, 16. September 1652.

daß der Bauerfohn fo bedeutende Befisthümer befeflen bat: Boden⸗ ftein bei Waldfachfen in der Oberpfalz, ein Gut im Brurain bei Bruchſal, ein anderes im Rheingau, die Herrfhaft Odenkirchen, ein prächtiges Schloß im jülicher Lande, ein Haus in Köln, da ihm auf feinen Zügen reihe Beute überall zufiel, und die Fürſten frei- gebig ihre treuen Generale belohnten. So war Ottavio Piccolomini Ritter des goldenen Bliefes, Herzog von Amalfı mit Einkünften von zehntaufend Ducaten und befaß als deutſcher Reichsfürſt noch an⸗ ſehnliche Güter. Aldringer hinterließ weite Herrſchaften und nam⸗ hafte Reichthümer an Gold und Koſtbarkeiten, und Johann von Spord, der 1679 ftarb, und wegen feiner Thaten in Ungarn, den Riederlanden und gegen die Türken für den größten Reutergeneral der Zeit gehalten wurde, hatte 50,000 Thaler Einfünfte envorben. Manches foldatifch Fede Wort des Siegerd von St. Gotthard gegen feinen frommen Kaifer wird erzählt; gewiſſer ift, daß Sporck, als er im frangöfifhen Kriege im Jahre 1673 fein Hauptquartier in Neuhaus an der Lippe hatte, mit feinem Generalftabe feine Jugend- geliebte in ihrer Hütte befuchte (wie er ſchon früher feine Berwandten reichlich bevachte) und unter dem 1. Juli 1674 vom Fürftbifchofe von PBaderborn eine Urfunde zum Schuße feined Geburtsdorfes auswirfte.

Johann von Werth dagegen genoß faum vier Jahre der Ruhe, welche dem reifigen Helden wohl länger zu gönnen war; in ben legten Jahren befchäftigte ihn viel ein Procef, um die Chorberrn „vom rothen Herzen de Poenitentia S. S. Martyrum“ von ber benatefer Pfarre zu vertreiben, um bielelbe feinem Feldkaplan Johann Ehimaeus zuzuwenden, worin ihm der Erzbifhof von Prag, Karbis nal Ernft von Harrach, endlich wilfahrte. Sei es, daß die unges wohnte Unthätigfeit ihn verzehrte, oder der Unmuth über feine legten Schidfale an feinem Leben nagte; fein feuriger Geift unterlag einem hisigen Fieber, welches ihn nad einem harten Kampfe am 16. Sep⸗ tember 1652 hinwegraffte. ' Er hinterließ keine Erben feines Namens; fein Werth erjcheint in der Geſchichte; obgleih ein Dffizier feines Namens und Wappend in Holbachs Adeldlericon aufgeführt wird, und eine Tochter fih in die Familie Raiz von Brenz verheirathet haben fol. Werth erft zweiundzwanzigjährige Wittwe heirathete ven Freiherrn Franciskus Gottlob Hartmann von Klarftein auf

' Pheatr. Europ. VII, 333. 3ebler in d. X. VIII, 293.

Johannes von Werth Reuterregiment. 643

Brodeg ' und brachte die Herrfchaft Benatek wieder zufammen; es findet fi) in der’ Muttergotteöfirche zu Jungbunzlau ein Votivge⸗ mälde einer Susanna Maria nota comes de Kufstein vom Sahre 1661, welches den Danf der Dame für den Beiftand, den im Kindbette ihr die heilige Jungfrau erwieſen, bezeichnet. Werths Wappen befindet fi vollftändig mit einer lateiniſchen Umſchrift in der Schloßfirhe zu Benatef. Außer dem angeführten Gemälde in Liltenfeld, dem koloſſalen Bilde in jenem Schloffe und feinen gleich» zeitig erfchienenen, übereinftimmenden SBortraits in den Ausgaben des Teutfchen Florus und im Theatrum Europaeum ? mit der Umfchrift: „Tu Aetheri, tibi militat aether,“ alle im Bruftbile, im Harniſch, mit edlen ausdrucksvollen Zügen, einem durchdringenden Blick, welcher frei und kühn ins Leben hinausſchaut, mit langem, lockigen Haare und ſtattlichem Stutzbart an Lippe und Kinn, iſt noch in Köln in einem von Johann von Werth erbauten Haufe, gegenwärtig einer Meinfchenke, ein doppelte Gemälde von ihm vorhanden, eined den Helden zu Fuß und eines zu Roß darftellend, fo wie im dortigen Zeughaufe noch fein Gewehr und im Collegium feine ſchwer zu füftende Pifelhaube gezeigt wird.” Denfwürdig ift, daß Johanns von Werth Reuterregiment noch eriftirt, das achte, das Ältefte Des geiammten kaiſerlichen Heered. Errihtet ſchon im Jahre 1618 durch Duval, Grafen von Dampierre, erwarb ed fich einen faft welt hiftorifchen Namen unter feinem Oberften, dem Arfenalhauptmann Gebhard (Gilbert) von St. Hilaire (Santalier), weil ed in ber Nacht des 6. Juni 1619 den König Ferdinand II. durch fein plögs liches Erfcheinen vor der Kaiferburg aus der höchften Not; rettete, und ihm die Möglichkeit, welche fo ungeheure Folgen nach ſich 308, eröffnete, fich perfönlich zur Kaiſerkrönung nad Frankfurt zu begeben. Zum Danf erhielt daſſelbe dad “Privilegium, mit Trompetenſchall und fliegenden Standarten mitten dur die Stadt Wien zu ziehen, auf dem Burgplage fi aufzuftellen, und dur drei Tage allda fein Werbezelt und feinen Werbetifch aufzufchlagen, während der Oberft in der Burg wohnt und unangemelvet in voller Rüftung vor den Monarchen tritt, in feiner Wohnung die Standarten bewahrt, und das Regiment die Burgwache bezieht. Das Driginal des Privilegiums verbrannte zwar in einer ungariſchen Kantonirung, warb aber bei

ı Balbini VI, 98. 2 11, 630. Weber IV, 747.

41 *

| 644 Johannes von Werth Grab.

der zweiten Secularfeier von Kaiſer Franz wieder beftätigt. Johann von Werth erhielt dies Reuterregiment als Auszeichnung nad der baierifchen Aechtung, daſſelbe lag, nah ihm benannt, und felbft bei der vertragsmäßigen Verminderung des Faiferlichen Heeres fortbes itehend, nad) dem Frieden in Oberöfterreich, * und wurde nach feinem Tode erft vom Grafen Quintin von Herberftein, dann von dem Herzoge von Bournonville befehligt. Bei der zweiten Belagerung son Wien durch die Türfen zeichnete ed fi unter Ludwig von Dupigny heldenmüthig aus; im fpanifchen Erbfolgefriege, beſonders beim Ueberfalle auf Villeroy in Cremona, unter dem fpäteren Mar: ihall Grafen Mercy. Bei Caſſano verlor es feinen Inhaber, den . Bringen von Lothringen, und bei Rumersheim deſſen Nachfolger, den Grafen von Breuner. Zwanzig Jahre ftand ed unter den Bringen von Savoyen, den Bettern Eugend; andere zwanzig Jahre unter dem legten Hohenems; ein Bierteljahrhundert unter den Söhnen Maria Therefiad‘, Ferdinand und Marimilian, dem fpäteren Kur⸗ fürften von Köln. Hohenzollern hießen Werth Reuter im franzöfi- fhen Revolutiondfriege; unter ihnen that Kaifer Franz im Jahre 1788 die erften Dienfte. Rad dem Befreiungsfriege führte ed den Namen Großfürſt Kounftantin, und der tapfere Fürft Alfred von Windiſchgrätz war fein Oberfl. est ftehen Werths Reuter unter dem Hofkriegsraths⸗Präſidenten Grafen Ignaz Hardegg- Madland auf dem Klaffifhen Boden Podiebrads in Böhmen. ?

In den Volfögefängen der Franzofen lebte Johann von Werth noch mehre Gefchlechter fort; audy zu ded waderen Tobias Pfanner Zeiten, am Ende des fiebenzehnten Jahrhunderts, wußte man noch ein Bauernlied von ihm zu fingen; ° fein undankbares Baterland fennt jegt kaum die Stätte, wo die Gebeine des huchberühmten ges waltigen Kriegsmannes ruhen; es ift die Gruft unter der Schloß⸗ fire zu Benatef. Doch follen durch den jebigen Beſitzer, Grafen Thun, * Arm und Beinknochen von ungewöhnlicher Größe und Stärfe befonderd aufbewahrt werben.

! Theutr. Europ. VI, 647, 651.

: Hormayr Tafchend. 1840. ©. 182.

Bianner 501: oanitur adhuo apud rusticam gentem.

* Dies erfundete dem Verf. im Herbſte 1841 ein junger Eiferer für veutfche Geſchichte, der Rechtsbefliffiene Horft Gretfel aus Goͤrlitz.

Zn oc > 141 02 22 000

verzeichniß

der

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652 Berzeichniß der Duellen ꝛc.

Teuthborn, ©. %., Ausführliche Geſchichte der Heflen von ihrem Urſprung bis auf gegenwärtige Zeiten. Berleburg. 1770. ff. I—X. 8,

Theatrum Europaeum ober Beichreibung aller denkwürdigen Gefchichten, jo vom Jahre Chriſti 1617 fich zugetragen. Frankfurt a. M. 1635. IV. V. VI. fol.

Turenne f. da Buison, Raguenet, Ramsay.

Le Vassor, Michel, Histoire du Regne de Louis XIII. a Amsterdam. 1720. I—X. (XV. voll.) 8.

Vauciennes, P. Linage de, Memoires de oe qui B’est passe Suöde et aux Provinces voisines depuis l’annee 1645 jusqu’en Pannée 1655. & Cologne 1677. I—IN. 8.

Voltaire Sieoles de Louis XIV. et de Louis XV. Paris. 1836. I—V1. 12.

Wagner, F., Historia Leopoldi Magni. August. Vind. 1719—31. 1. II. fol.

Wallenſtein, Mbreht von, ungebrudte Briefe herausgegeben von Br. Foͤrſter. Berlin. 1828. I—IL 8.

Waſſenberg, Gverh. von, a) der Teutiche Florus aus dem Lat. Everharb Waſſenbergs übertragen und bis auf 1645 Jahr fohrtgefegt. Danpigf. 1645.12.

b) Der Erneuwerte Teutfche Florus Eberhard Waflenbergs, mit Animad- vereionen, Additionen und Correotionen bis 1647 continuirt. Amsteldam. 1647. 12.

Panegyrious Ferdinando Ill. diotus cum Paraenesi ad Germanos Colon. Agripp. 1647. 12.

Jonnnis Casimiri, Poloniarum et Suediao prineipis, Caroer Gallicus. Dantisci. 1644. 4.

(Beber) Deutihland oder Briefe eines in Deutichland reifenden Deutfchen. Stuttgart. 1828. ff. I—IV. 8.

Weiffe, C. G., Geſchichte der churſächſiſchen Staaten. Leipzig. 1802-11. I-VIE 8.

Meftenrieder, Lrz., Geſchichte bes dreifigjährigen Krieges. München. 1804. I—II. 12.

Beiträge zur vaterländiichen Hiflorie, Geographie, Statiſtik u. f. w. München. 1792. IV. 8.

Wiarda, Thielem, Dothi., Oſtfrieſiſche Gefchichte. Aurich. 1791. ff. 8.

Zedler. Großes vollländiges Univerfallerifon aller Wiſſenſchaften und Künſte. Halle und Leipzig bei Jedpler 1732—50. fol.

Ziegler, H. A., Hiflorifches Labyrinth ber Zeit. Leipzig. 1701—20.1I—XX, fol.

Zierlf. Buchner.

Sinftgräf, Jul. Wilh., Teutfhe Apophegmata d. i. der Teutfchen fcharffinzige Eluge Sprüche in zwei Theil zufammengetragen, anitzo noch mit dem britten Teil vermehrt durch J. L. Weidnern. Amſteldam. 1653. 12.

Zſchokke, 9. H., Gefchichten des Baieriichen Bolfes und feiner Fürſten. Marau. 1820-21. I—IV. 8.

Sadh- und Namenregiſter.

Albrecht Otto, Graf von Solms⸗Laubach, als Vermittler für den Grafen von Hanau von Ramfay in Hanau gefangen genommen II, 63.

Aldringer, Johann, erobert Kempten und Memmingen 65; flößt zu I. von Werth 68; erobert Biberach und vereinigt ſich mit Feria um Ravensburg 104; weigert fidh bei Sulz zu fchlagen 107; trennt fig von Yeria und geht ind Breisgau, bafelbft Noth feiner Truppen (Ende 1633) 113. 115. Her: fommen; Tod beim Sturme von Landshut, 169.

d’ Nlengon, Wappenfönig von Frankreich, erflärt in Brüffel den Krieg an Spas nien 251.

Allerheim, Schlacht bei A. II, 519 F. Entſcheidung durch die Heflen 521. Aufnahme der Siegesnachricht in Paris 523.

Amalia Elifabeth, Gemahlin Wilhelms V. von Heflen, flüchtet mit ihren Kindern nach Bremen und beftattet den Leichnam ihres Gemahls vorläufig in Gröningen U, 36. Nimmt, als Regentin und Vormünderin, in Kaffel bie Huldigung ein; weift bie gütlichen @rbietungen Goötze's zurüd 39. Ju Gröningen, unter dem Ginfluffe franzoͤſiſcher Diplomaten, fucht fle Zeit zu gewinnen; hält vie Groberungen in Oſtfriesland und Weſtphalen feft und bewirbt fih um die Bermittelung befreundeter Fürften, 40. Vertrag mit Goͤtz 41. Bewirkt nach Wiederanfnüpfung der Unterhandlungen in Marburg einen vortheilhaften Waffenftillftiand mit Preisgebung der Schweden, denen fie jedoch Verharren beim Bunde verfpricht, fordert Meppen von benfelben, 43. Trotz der Bortheile, welche die von ben Ständen entworfenen Verträge bieten, beſchließt A. E. die Sache in der Schwebe zu erhalten, 132, Bes wegungen ihrer Truppen in Meftphalen; geftattet die Vermittelung Anfelm Caſimirs von Mainz zu einem volllommenen Frieden 133, 134. Liflige Klaufel, betreffend die allgemeine freie Ausübung des Galvinifchen Bekennt⸗ niffes 134, 135. Fordert nach Hapfelos Abzuge auf Böhmen beflimmte Er: flärungen in Mainz über den Frieden, 173. Wachſen ihres Heeres, 174. Bezeichnung ihres politiſchen Syſtems, 194. Nimmt auf die Kunde von Bernhards Tode den prager Frieden an, 224, tritt nichts beflo weniger mit Branfrei in Unterhanblung und fchließt gleich daranf ein Buͤndniß mit dem⸗ felben, 225. Schutzbündniß mit Beorg von Lüneburg, 229. Unterhandlun⸗ gen mit Longuenrille, 240; ſchließt mit Choiſy zu Lippſtadt ein Schups und

j Die unbezeichneten Zahlen, wo nicht II. vorhergeht, gehören dem J. Bante an.

654 Sach⸗ und Namenregifter.

Trutzbündniß ab, 241. Antwort auf die Warnungen ber kurfürſtlichen Ge⸗ fandten in Nürnberg, 242, 243. Bon Baner zur ungefäumten Anſchließung aufgefordert, 250. Ylüchtet: bei Annäherung bes Eaiferl. Heeres nach Groͤ⸗ ningen, 276. Sucht auf die Kunde vom Andringen Georg Hapfelos Hülfe bei Georg von 8. 308. Bon Guebriant und den Lüneburgern befchidt. vertröftet fie beive, 310, 311. Beſchickt ven Tag von Goslar; Flagt beim Heranzuge der Feinde und bewirkt fih Schonung durch den Erzherzog, 353. Abzug des heſſiſchen Heeres aus Weftphalen, 356. Droht den Franzofen, unter neuen Bedingungen fich den Buelfen anzufchließen, 403. Yurberungen an Guebriant; gefleigert dur Hapfelde und Werths Abzug auf Böhmen, 427; fucht nach der Befapung Kempens ein Abberufungsbecret für ihre Truppen in Paris na, 451. Muß Geiß zu Koͤnigsmark flogen laflen, 500; fendet denfelben ind Marburgiiche, 530. Theilnahme am ulmer Waf- fenſtillftandsvertrage, 564, 565. Unterſtützt Koͤnigemarks Eroberungen in MWeftphalen, 573. Berwirft das Anerbieten Melanvers, fle mit dem Kaifer auszuföhnen, 608. Unterhandlungen über die marburger Erbſache; Abſchluß bes Kafleler Bertrages, 619.

St. Andre, holländiſcher Oberft, IL, 444.

Anna, Königin von Frankreich, Aößt in einem lit de justioe das Teftament Ludwigs XIII. um, II, 449; begünftigt anfänglich Beaufort und neigt fi dann zu ben Importants, 449, 458.

Anfelm Kafimir von Mainz durh Turenne zur Neutralität gezwungen, IE, 572. Sein Tod, 606.

Arnim, Johann Georg v., verläßt nach dem vrager Brieden den fächfifchen Oberbefehl, 259. In feinem Schlofle Boipenburg durch die Schweden aufgehoben und nach Stodholm gefchleppt, IL, 22. Entkommen, tritt er wieder in fächfiiche Dienfle, 172. Thätigkeit zur Aufbringung eines Heeres gegen Schweden; fein Tod, 331.

Arras Belagerung durch Meilleraye und Ehatillon, IT, 282 fi. Mangel ver Franzoſen; in ihren Linien eingefperrt; Einnahme durch biefelben, 283. Auersperg, Graf von, an Lützows Stelle nad Hamburg gefenvet, II, 405.

Kaijerl. Geſandter in Osnabrück, 480.

Augsburg dur Gallas eingenommen, 239. Belagerung durch WBrangel, II, 555. Entſatz durch das Faiferl. und baierifche Heer, 556.

Auguft, Herzog von Hannover, Zufammenfunft mit Leopold Wilhelm nach Aufs hebung der Belagerung von Wolfenbüttel, IL, 351.

d' Avaugour, Baron, um die Betätigung des compiegner Vertrages einzuholen, nah Stockholm gefenvet, 341.

db’ Avaur, Claude de Mesmes, Comte. Legt den wismarer Vertrag zum Grunde fernerer Unterhandlungen mit Schweben, 96. Sendung nach Schwer ben, 211. Reife nach Dänemark; Unterhandlungen in Schweben, 310 ff. Be: giebt ſich nach Stuhmsborf, 311. Durch feine Abkunft ven Polen empfohlen, 312. (f. Stuhmsdorf.) Rüdfehr nah Danzig, 319. An Stelle St. Cha monts in Hamburg; behauptet ſich gegen den Grafen Kurz, II, 70. Unter: bandlungen mit Salvius, 339. Reife nad) Paris, 407. Als Geſandter in

Sach⸗ und Namenregiiter. 655

Münfter, 480. Schließt mit Servien im Haag ein neues Bünbniß gegen Spanien, 480. Thätigkeit für Brandenburg, 632. Abberufung durch Mas zarin, 633 (f. Weſtfäliſcher Frieden).

Bamberger, Kafyar, Oberft, behauptet Philippoburg, 119. Nach der Eroberung wieder Kommanbant, 228. Erobert die Feften der Mheinpfalz, IE, 240, Thaͤtigkeit von Philippsburg aus; Plan auf Hagenau, 279. @roberungen in der Rheinpfalz gegen die Directoren; Uebergabe Philippeburg an Engbien, 495.

Bandr, Johann, als Feldmarſchall im nieverfächfifchen Kreisheere; erobert Frank⸗ furt a. O., 142; zieht aus Böhmen nach Norbveutfchland, 194. Baner erhält durch Oxenſtjerna den Auftrag, fich nicht von der Mittelelbe zu ent: fernen, 237. Zieht fich ganz auf bas fee Magdeburg zurüd, 296. Läßt Lohanfen im Magpdeburgifchen und führt das Heer ins Braunfchmweigifche, 300 ff. Legt die unzuverläßigen Regimenter in ferne Quartiere, 301. Geht über die Wefer bei Artlenburg; Rüdmarfch auf Malin, 304. Durch das preuffiiche Heer verftärkt, vernichtet Baner mehrere fächfifche Regimenter: hindert die Bereinigung der Sachien mit Marzin; fchraubt zu Sandau bie Bedingungen eines Waffenftillftandes fo hoch, daß die Unterhandlungen ſich zerichlagen, 321. Steht in feiter Haltung in ber Mark, 322. Geht bei Werben über die Elbe, 343. Grobert Barby und wirft ſich auf das füdhfl: fhe Gebiet, 344. Räumt Halle und wendet fich über die Saule auf Naum⸗ burg; Einnahme veflelben, 344. In Magdeburg am Kranfenbette feiner Gemahlin, 345. Dur Johann Georg über die Elbe auf Alt-Branvdenburg getrieben, 345, lauert Baner in der werbener Schanze, um bie Feinde durch eine Hauptſchlacht zu vernichten, 347. Geſtaͤndniß Banore über feine Kriegs: ſchaaren; erhält Zuzug unter Guſtav Guſtavoſon aus Pommern, 365. Bes flürzung über Magdeburgs Fall; geht Lesly ins Lüneburgifche entgegen, 366. Abgerufen durch den Fall von Havelberg, Werben, Rathenau, fichert Banoͤr Doͤmitz, und bezieht ein feſtes Lager bei Parchim, 366; rückt mit feinem Heere in die Priegniß, 367. Erhaͤlt in der Noth kärgliche Abſchlags⸗ zahlungen durch St. Ehamont, 390; zieht ermuthigt dem Kurfürften ent: gegen, 391. Giebt die Bezwingung Werbens auf; trifft auf den Kurfürften bei Wittftod, wo er denfelben zur Schlacht zwingt, 391, 392. robert die werbener Schanze, 393; treibt Hapfeld an die Werra zurüd, 394. Bon den Bürgern Erfurt's abgewiefen, macht er fidh zur Befreiung Heſſens an die Werra auf, und wendet fih dann auf Kurfachfen zurüd, 394. Müdt vor Erfurt, das ihm die Thore Iffnen muß, 397. Um ben Kurfürften in Sachſen feft zu Halten, erzwingt Baner bei Naumburg den Uebergang über die Saale und bemädtigt ſich Torgau’s, II, 9, rüdt auf Leipzig, muß, da ed tapfer vertheibigt wird, von der Beichießung abflehen und vor Hatzfeld und Goͤtz fih in bie Schanzen von Torgau zurüdziehen, 10. Ankunft Beauregards, ver Baners Klagen und Unmuth beichwichtigt, 12; entfchließt fi, während der Anftalten der KRaiferlichen zu feinem Berberben, den Weg nach der Ober einzufchlagen; macht buch Lift die Gegner glauben, als wolle er auf Erfurt geben, 23. Gebt über den Strom und geht in Eilmärfchen auf Landsberg, wo er, ſtatt des erwarteten Wrangel, Marzin aufgeftellt findet,

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Sach⸗ und Namenregiſter.

24, 25. Macht die Gegner glauben, als wolle er durch Polen über die Nepe nach Pommern, geht aber über die Ober zurüd bei Goͤritz, an Küſtrin vorüber, und trifft bei Chorin auf Wrangel; Marſch auf Stettin, 26. Krieg gegen die RKaiferlihen in Pommern, 28 fi. Wehrt mit Wrangel Gallas von Neuvorpommern ab, und bricht nach ber Niederoder auf, 29. Verthei⸗ lung feines Heeres in Winterquartiere, 32. Verluſt der ſchwediſchen Grobe: rungen in Folge des wittſtocker Sieges, 33.

Wird mit der Statthalterfhaft Pommerns und der oberſten Leitung bes deutſchen Krieges betraut, 130. Mufterung bei Stettin: Erflürmung und Zerflörung von Garz, 131. Pläne zur Berbindung mit Bernhard, 157. Bricht aus der Umgegend von Doͤmitz auf; Forderungen au die neutralen Guelfen; eilt mit der Reiterei auf Thüringen und geht bei Halle über die Saale, 164. Belagert Freiberg und muß fi auf Zeig zus rüdziehen, 166, Hält ſich vor Breiberg auf; wendet fidh gegen bie Elbe: ſchickt Stälfandsfe und Wrangel vorauf nach Böhmen, folgt ihnen nad) einem Tagesbefehle, durch welchen er die Böhmen zu gewinnen hofft, 168, bringt von Leutmerig am rechten Elbufer aufwärts vor; ſchlägt Hofficch bei Brandeis und beſchießt Prag, 169; Rückzug auf Brandeis, 170, 171. Kampf um Pirna, 180. Rüdmarfch auf Leutmerik, 181. Steht vor Prag unter dauern den Berheerungen ber Umgegend, 226. Geht auf die Friedensanträge Schlide und Gallas durch Dr. Oswald ein, 227. Zieht an die ſaͤchſiſche Grenze, 228. Unterhandlungen in Leutmerig, wegen der Neutralität Niederſachſens, 230. Schwanfen wegen bes Winterfeldzuges, 231, 232. Hofft in feiner feften Stel lung Piccolomini und Hatzfeld fefthalten zu Finnen und zieht veshalb Bers ftärfungen an fi, 245. Beichließt über bas Erzgebirge auf Thüringen zu gehen; fenbet Koͤnigsmark gegen die Sachſen vorauf, 246. Gelangt unter entſetzlichen Berwüflungen nad) Iwidau, 247. Fordert die Landgräfin und Georg von Lüneburg zum Anfchlug auf, 248. Rückt nad) der Bereinigung mit den Weimarern, Klising und Melander auf Saalfeld, 253. Uneinigkeit unter den Verbündeten und Hunger während des Lagers um Saalfeld, 255. Rathlofigfeit, der Bereinigten bei der Unmöglichkeit das feindliche Lager zu überwältigen, 256. Baner, der unmäßigften Trauer hingegeben beim Tode feiner Gemahlin, 257. Im Kriegsrathe wird der Plan Banere, auf Hof und Bamberg zu gehen, angenommen, aber durch Guebriant vereitelt, 258. Dorläufiger Beichluß durch ben thüringer Wald auf den Main vorzudringen, 259. Rüdzug der Verbündeten, 260, 261. Serwürfniß mit Georg von Lüneburg, 263, und PVerfländigung, als die Kunde einlief, daß Baner fein Heer nach Schleften in Sicherheit bringen wolle und das kaiſerliche Anftals ten zum Aufbruch auf Heſſen mache, 264. Perfönliche Anwefenheit Banere in Kaflel, 265. Nach Beilegung der Meuterei der Weimarer, rüdt das gelammte Heer auf Friglar, 268. Baners Ausritt zur Braut nach Arol⸗ fen, 269. Zwieſpalt im Heere; Unficherheit der Guelfen, 270. Heirath Banörs in Arolfen, 272. Hindert Piccolomini am Uebergange über bie Weder, breitet das Heer im offenen Lande über die Leine binaus aus, 273. Beſuch bei Georg und Berathung mit vemfelben über ven Plan, in bie

Sads und Namenregifter. 657

Oberpfalz einzufallen, und den Reichstag zu Regensburg zu zerfprengen, 274, 290. Aufbruch des Heeres von Hildesheim und aus Niederſachſen gegen Regensburg, 291—293. Vereitelung des Zuges; Baner läßt von Hof aus einige hundert Schüfle auf die Stadt abfeuern, 296. Verlegenheit Baners

- über den Rüdzug und Trennung bes Heeres in Bürglengenfelv; Baner zieht auf Cham, 297; ſucht Guebriant wieder an ſich zu ziehen, 298. Sendet Königsmarf mit neuen Borfchlägen an Guebriant, 301. Berläßt, während bie Feinde durch Slange um Neuenburg aufgehalten werben 303, fein Haupt: lager, marfchirt durch Böhmen in Gilmärfchen und entwiſcht glüdlich über den Paß von Breßnitz nah Zwidau, 304, 305. Streit mit Guebriant über die Winterquartiere; vertheilt fein Heer zwilchen Mulde und Elſter bis Halle; wird krank in einer Sänfte nad) Merjeburg gebracht, 307. In einer Sünfte nach Halberftadt getragen; fein Tod dafelbit, 314. Darlegung feines friegerifchen, politifchen und fittlihen Charakters, 315—317.

Bärwalde, Erneuerung des Tractates von, öl.

Baffompierre, Baron de, inder Schlacht bei Tann gefangen genommen, IL, 146.

Baudiffin, Heinrich Graf von, Feldmarſchall Johann Georgs, 295; Verluſt bei Dömig, 304.

Beaufort, François Duc de, fein Sturz II, 458.

BDeauregard, Sieur de, Sendung an Johann Georg, um ihm ben pirnaer Frieden zu verbächtigen; und mit Rorte an Branberburg, um baflelbe von der Beftätigung abzuhalten, 233, ff. Als Agent turch Richelieu an Baner geſendet, IL, 11, (I. dv. A.) Bewirkt durch Avaux bei dem Reichsrathe die Berweigerung der Vollmacht für Banor zur Unterhandlung mit dem Kaifer, 227.

Bed, Johann, Kreiherr von, General:Feldwachtmeifter, II, 186. Führer der Borhut bei Diedenhofen, 197; bleibt nach Piccolomini’s (f. d. A.) Abzuge an der Mofel, 227; ftirbt gefangen zu Arras an feinen Wunden, 621.

Bernhard von Weimar. Als Oberfelvherr des ſchwediſch⸗- deutfchen Heeres anerfannt, 39; lehnt eine franzöjiiche Penſivn ab, 53. Bricht 1633, im April, nach Kranken auf, zieht über die Oberdonau, 65, erflürmt Herrieden; ſteht vor Ahrenbar Johann von Werth gegenüber, 67. Bereinigt fih mit G. Horn bei Donauwerth, 68; vor Ingolfladt und von da ins Bisthum Cickſtedt, 70. Reife zum Kanzler, und Borderungen in Betreff Frankens; erhält daſſelbe vom Königreihe Schweren als Herzugthum zu Lehn, 72 ff.; durch Brans denitein in feinen Beſitz eingewiefen, läßt fi Bernhard zu Würzburg hul⸗ digen und trifft wieder im Lager bei Donaumwerth ein, 74. Franken und Augsburg fichernd, vereinigt ſich Bernhard mit Birkenfeld und Horn, 103 ff.; trennt fi) von letzterem, 105. Bon Sachſen gegen Waldſtein zu Hülfe gerufen, zieht Bernhard auf Donauwerth, 108, nimmt Regensburg, 110. Weitere Kortfchritte an der Donau, 111; zieht fi bei Straubing über bie Donau zurüd, 112. Sein Benehmen in Regensburg erregt die Biferfucht Oxenſtjerna's; Zufammenfunft mit Horn zu Berchingen, 116. Marſch auf Weiden nah der Ermordung Walpfleins, 136. Zwiſt mit Horn wegen bes Marfches auf deflen Quartiere an ber Donau, 140. PBerläßt das Heer und begiebt fi auf den Bundestag in Franffurt, 155. Rückt nach der Oberpfalz, Barthold, Bel. des 30jähr. Kriegs. I. 42

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658 Sach⸗ und Namenregifter.

von da auf die Donau; muß ben Entfab von Regensburg aufgeben, 164; fordert bie Bereinigung mit Horn unter unbilligen Bedingungen, 166. Beibe werfen Griagmannfshaft nah Noͤrdlingen, 175. Bernhard's ungebuldiger Schlachteifer gegen Guſtav Horns befiere Einficht, führt die Niederlage bei Nördlingen herbei, 180-f.; nimmt fih nach feiner Flucht, 183, des ver: lafienen Wirtembergs an, und begibt fih nad Franken, 187, welches er feineın Bruder Wilhelm überträgt, 193.

Bernhard zieht mit feinem Heerhaufen in die Gegend von Kranffurt; bie in Folge ihrer Suchtfofigfeit auf Bundesbefehl über den Rhein geführt werben, 195. Ende des Herzogthums Franfen, 198. Bern hard's zweidens tige Unthätigfeit, Sprödigfeit gegen die Anträge ber Franzofen; geht über den Rhein zurüd und auf Mainz, 206 ff. Senvet beim erneuten Angriffe auf Heidelberg feine Truppen auf’s Iinfe Rheinufer, 216; weilt bie Anträge ber Franzoſen, Heidelberg zu entfegen, ab; geräth in ven Verdacht der Un⸗ terhandlung mit dem Kaifer; lehnt den ihm angetragenen Oberbefehl foröbe ab, 218; fendet die Franzoſen nach der Entſetzung ber Stapt über den Rhein zurüd, 220. Zufammentunft mit Oxenſtjerna und de la Grange zu Bene: heim, 228. Bernhard mittelft Bunvesbefchluffes zum Oberfeldherrn ernannt, 236. Zuſtand des franzäfifchen Heeres unter ihm, 240. Sn feinem Plane zur Behauptung des Rheinſtromes zur Verhinderung bes pirmaer Friedene⸗ werfes durch die Waffenfchen der Branzofen gefidrt, 242, fchidt de la Force Verſtärkung gegen Karl von Lothringen, 245. Bernhard übergiebt Taupabdel ben Befehl bei Speier, zieht auf Mainz und Frankfurt, 253, gegen Gallas in ein fefles Lager bei Worms; mit feinem Hülfsgefuch bei de la Force nach Paris gewiefen, muß Bernharb fih an die Saar zurüdziehen, 262. Senbet Poniffamw um Hülfe nach Paris, 267. Die Verhandlungen werden auf Richelieus Befehl durch de la Valette aufgenommen zu St. Avold, 267, 268. Bereinigt fih mit de la Balette, 270, zieht auf Kreuznach, über Ingelheim auf Mainz, 271, 272; auf Königsflein, um die DBerbindung mit dem Land⸗ grafen zu fichern, 274. Rückzug über Ingelheim, Bingen, nach Kreuznach, 281; durch Gallas gezwungen, eine andere Strafe einzujchlagen, treibt Coſloredo mit Hülfe Guebriants bei Meifenheim zurüd, erreicht durch das Gebirge Birkenfeld, 282; geht über den Nahepaf, furz vor Gallas Ankunft über die Saar, 283, und erreicht, glüdlich, aber erfranft, die Gegend von Mey und Bont & Mouffon, 284; rüdt auf Nancy, 286, und überfällt das Lager Gallas' und des Lothringers bei Dieuze, 287. Kampf um Dieuze, 325. Poniskaw fließt in Paris den Bertrag ab, durch welchen fidh Bernhard der franzäflfchen Krone als Diener verkauft, 328. Bernharb fm Streite mit de Ia Palette wegen der Winterquartiere, muß auf Tonl und Verdün weichen; Reife an das Tönigliche Hoflager, 329. Bernhard ale föniglicher General in Paris empfangen ; erfchwert gereizt und unbeugfam die Erreichung feinee Wünfche, 356. Berathung mit Nichelien und Bere Joſeph über die Fortfehung des Krieges; kehrt zum Heere zurück, um die Pläge des Elſaß zu verforgen und Hagenan zu entjegen, 356. Kühner und glüdlicher Feldzug im Elſaß, 357. Ginnahme Zaberne, nach vergeblichem

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Sach: und Ramenregifter. 659

Sturme unter ehrenvollen Bedingungen, 358. Mbficht ben König von Un: garn am Marſche auf Dole zu hindern, 861. Gilt, von Richelien aus dem Elſaß abgerufen, gefolgt von de la Balette, dem Herzog Karl von Loth- ringen nach Lothringen entgegen, 386; Tann bie Bereinigung deſſelben mit Mercy und Gallas nicht Kindern; fleht dem Gallas bei Montfaujun gegen: über, 387. Berluft von Mirebeau, 388. Uneinigfeit Bernhard's mit de la Balette und Abzug auf Burgund, 389; bemächtigt fih auf franzöfifchem Boben der Stanblager des Kardinals, 390. Weberträgt dem Oberften Ehm feine Schaaren und begiebt fich nach Paris, II, 2; weigert fich, den Befehl mit einem franzöfifchen Feldherrn zu theilen; vergebliche Klage über Ber: fürzung; verläßt nach Abfchluß des Vertrages vom 7. April 1637, im Mai Baris; bie verfprochene Hülfe unter du Haflier erfcheint erfi im Juni, 46.

Uebergang über die Saone nach blutigem Treffen bei May gegen Karl von Lothringen und Frangois Mercy; Feldzug in der Franche⸗Comté, 47. Borrüden auf Rheinau und Rheinübergang, 49. Ankunft Werths, feine Gefechte zwifchen beiden Heeren, 50. Befeftigung der Päfle und ber Infeln, 51. March auf Kenzingen nach Verſtaͤrkung durch den Reſt der franzoͤſiſchen Truppen; Bernhard wird durch Werth zum Rüdzug auf Wit: tenweier gezwungen, 53; in Nachtheilen durch Ausreißen der Franzoſen und ausbleibende Hülfe, denft er an den Rüdzug, um fich Dierfelheims zu bemäch⸗ tigen: verhindert durch Werth, 54; gibt für jept den Plan auf, den Rhein zu behaupten, 55, vertraut den Franzoſen den Rheinpaß, 56, bringt in bie Thaͤler von Deisberg und an bie Grenze von Hochburgund, 57. Nähert ſich Orenfljierna, der ihn im Argwohne gegen Frankreich beftärft, 75. Die Unterbandlungen mit Beuquieres in Delsberg, 76, führen zu einem neuen Bertrage, 77. Neue Pläne Bernhards; feine Unterhandlungen mit Schaff- haufen durch Glauvia von Tirol vereitelt, geht auf Erlachs Plan, in die Waldſtaͤdte einzufallen, ein, 738—80. Umlagerung Rheinfeldens, 81; zieht fi nach der erflen unentfchiedenen Schlacht auf Laufenburg zurüd, 88; von der Fahrlaͤſſigkeit der Feinde unterrichtet, befchließt Bernhard umzukeh⸗ ven, überrumpelt das kaiſerliche Heer und beſiegt es gänzlich im zweiten Treffen, 91— 96.

Bernhard nimmt Rheinfelden; Kortichritte am Oberrhein; Einnahme Freiburgs; unfürftliches Betragen ; Kortfchritte feiner Oberiten, 102. Ber: legenheit über des Könige Forderung feiner Gefangenen, 105; entfauldigt fi bei Werth, 107. Borbereitungen, die Verforgung Breifahs zu hin- dern, 113. Hins und Herzüge gegen Göß, 114, 115, 118. Erhaͤlt neuen franzöfifchen Zuzug, 112, dringt, die Feinde zur Schlacht zu zwingen, auf Schuttern, 120, ereilt Savelli bei Wittenweier, 121; fiegt nach wechſel⸗ vollem Kampfe, und geht nach ver Einnahme von Kenzingen auf Breifadh, 122.

Berflimmung über die erfolglofe Sendung Ttuchſeß' nach Paris, 140;

weiſt die Anträge Ferdinands ALL. durch feine Brüder und durch Savelli zu⸗

rüd, 142. Umfchliefung Breifache, 143, 144. Geringe, franzöflfche Unters

ſtützung, 145; ſchlägt den Lothringer bei Tann, 146, und Gög aus ben

breifacher Linien zurüd, 147, 148. Verſtaͤrkung unter Rogue: Servieres, 42°.

660 Sachs und Namenregiiter.

150, überträgt die Unterbandlungen mit Reinadh dem Erlach, 142. Unge⸗ rechtigkeit des Herzogs bei deſſen Auszuge, 154. Ginzug Bernhards in Breiſach und Danffeft im Dome, 155. Yallt in die Freigrafſchaft ein, 184. Lehnt die Einladung nah Paris ab, 186; fucht, von fchwerer Krank⸗ heit genefen, Richelien zu beruhigen, 187, fendet, eine vorläufige Ausgleis hung herbei zu führen, Erlach nah Paris, 189. Weitere Eroberungen feiner Oberften, 189. Landesherrliche Sorge für Elfaß und Burgund; Berns hard und die dritte Partei, 192. Bon Bandr mit feinem Geſuch, um Ginräumung von Waffenpligen in Mitteldeutfchland, an die Krone gewiefen, 193, fendet E. von Ferenz nach Schweben, 194. Heirathepläne mit Amalia Eliſabeth; Pläne für die Herftellung des pfälzifchen Haufes, 195. Diplo: matifcher Kampf wegen Breiſachs mit Guebriant, 200. Porberungen des Herzogs, 201. Aufbruch an den Rhein, 203. Bernhard Frank nach Neuens burg gebracht, 204, dictirt fein Teftament, 205. Sein Tod; Würbigung feines politifchen Lebens, 206-208.

Kampf um die Erbſchaft Bernhards 208—222. Stimme eines Deut: fchen über den Berluft verfelben für Dentfchland, 223, 224. Beflattung der Leiche, Dezember 1655, in der Stabtfirche zu Weimar, 222.

Birfenfeld, f. Ehriftian.

Bjelke, Sten, Orenfliernas Stellvertreter in Deutfcgland, wiberfpricht ber brandenburgifchen Beilgergreifung Pommern, II, 21; läßt Arnim in Boits zenburg aufheben, 22, flirbt nach der Wegnahme von Garz, 130.

de la Boderie, Sieur, Sendung an Waldflein, 132 ff. Lauert in Zwickau, 136.

Böhmens entfepliche Verwüftung duch Baner, II, 170.

Bönninghauſen ſucht Hifpesheim zu reiten, 144; in der Gegend von Amoene- burg und Hersfeld gegen Holzapfel, 275.

Bouillon, Herzog von, beim Heere in Piemont, als Theilnehmer an Cinq⸗ Mar's Verſchwoͤrung verhaftet, II, 382, (f. dief. A. und Frankreich).

Bouthillier, Claude le, franzöflicher Minifter der auswärtigen Angelegenheiten unter Richelieu, 10, (f. Frankreich und Richelieu).

Braganza, Don Edoardo, erobert mit Suys Chemnitz, II, 253.

Brahe, Graf Peter, Bevollmächtigter Schwedens in Stuhmsborf, 312.

Bredow, Feldmarfhallstieutenant, fchlägt im Boigtlande den A. von Witten- berg, II, 249, bei Ziegenhain gefangen, 278.

Breiß ach. Sorge ver Ferdinande für die Feſte; Anlegung neuer Werke, IK, 103. Mangel nach der Schlacht bei Rheinfelden; Verflärfung buch Mercy, 104, und durch Goͤtz, 114. Umfchließung durch Bernhard, 143, 144. Ver⸗ ſuche, Breifach zu verproviantiren, 144. Blend in Breifach und in ber Uns gegend, 152. Kapitulation und Mebergabe, 153, 154. Volgen der Erobes rung, 156. Auffland der franzöfifchen Beſatzung gegen d’Diffonville, 485; diefelbe droht, dem Johann von Werth‘ zuzuziehen, 486.

Bretagnifche Hülfsvölfer in Guebriants Heere, II, 399.

Breze, Marquis de, Marſchall, franzöfticher Gefandter bei Guſtav Adolf, 18. KRüdzug aus Holland, 368; übernimmt nach Chatillon den Oberbefehl, und geht auf Wire, IL, 368.

Sad: und Namentegifter. 661

Bruay, Graf von, Ifolanie Nachfolger ; Anfall auf Merfeburg. IL, 314, von ben Schweden um Wolfenbüttel gefchlagen, 348.

Brulart de Leon, frangäfifcher Befandter in Regensburg, 7.

Buchheim, Graf, General, bei Chemnit gefangen, IL, 167.

Bulach, von, General⸗Major unter Bernhard, 66.

Gantecroir, Gräfin von, IL, 198 (f. Karl IV. von Lothringen.)

Caretto, Marcheſe di, treibt Kragenflein über die Wefer, 339; zieht vor Wilhelm von Heflen Hinter die Ems und unter die Wälle von Münfter, 350.

St. Chamont, Marquis de, durch Richelien über Holland und Hamburg an Orenfljerna nad Wismar gefendet, 305; gewinnt Kuiphaufen zur Bildung eines neuen Heeres mit franzoͤſiſchem Gelde, 307; fichert durch den Vergleich von Harburg bie ungufrievenen Oberſten dem fchwebiichen und franzöflichen Intereſſe, 309; beſchuldigt Chriſtian IV. beim Kaifer des Einverſtaͤndniſſes mit den Schweden, 341; zieht benfelben von ber dritten Partei ab, 390. Ladet Landgraf Wilhelm nach Wefel zur Abfchließuug des mindener Bertras ges, 395. Berunglüdte Verſuche Hermannftein zu verforgen; ein Preis auf feinen Kopf geſetzt, 396; II, 5.

Gharbonieres, Sieur de, nad Wien gejendet, 39.

ECharnace, Baron de, bei Guſtav Adolf in Polen, 5; in Schweden, 6; fchließt den Bertrag von Bärwalde, 8; in München, 15; beim Prinzen von Ora⸗ nien, 35; hindert die Unterhandlung Spaniens mit den Niederlanden, 55. Scließt einen neuen Hülfsvertrag mit Holland, 152.

Chatillon, franzoͤſiſcher Marfhall, nimmt die bei Diebenhofen Gefchlagenen auf; von Piccolomini bebrängt, IL, 197. Dringt auf Sedan vor, 366, 367, von Lamboy in der Schladht von Marfee gefchlagen, daſ.

Chavignuy, Leon de Bouthillier, Graf von, Staatsjecretär des Auswärtigen, 10.

Chemuitz, Bogislav Philipp von, ale Geſchichtſchreiber und Bolitifer, 365.

Chierasco, Briede von, 8.

Chigi, Fabio,, päpfllider Runtius in Münfter, Il, 480.

Choiſy, Sieur de, in Lippflabt bei Amalia Blifabeth, II, 241.

Chriſtian IV. König von Dänemark, als Friedensvermitiler, 76, (f. werfäli- fcher Frieden.)

Shrifian von Birkenfeld, Pfalggraf, nimmt Heidelberg ein, 72. Gegen Karl von Lothringen, 89 ff. Sieg bei Pfaffenhofen, 91.

Celada, Marquis de la, führt die Spanier bei Andernach über den Rhein, 143.

GingsMars, Marquis de, Einleitung der Verſchwoͤrung; Sendung Fontrailles nach Madrid, II, 382.

Golloredo der jüngere, von Bafflon zwiſchen Raon und Baccarat ereilt, auf⸗ gerieben und gefangen, 332.

Gonde, Prinz von, belagert Dole; vom Könige abberufen, 360, 361.

Gonde, f. Enghien.

Gontareno, venetianifcher Bermittler in Münfter, II, 480.

Gorbie, Belagerung und Ginnahme durch den KRarbinalinfanten, 374. Rach Abzug der Fremden durch de la Force belagert, 382; durh Schanzen vom Könige eingeichloffen, 384.

662 Sach⸗ und Ramenregifler.

Courval, Gomte de, Vertheidiger von Ueberlingen gegen Johann von Werth, II, 482, 483.

Dachau, Hirfhjagb von, Il, 627, 628.

Dänemark, Krieg mit Schweden und Urſachen veflelden, IL 467.

Derfflinger, Johann, Oberflieutenant unter Baner, überraſcht Halle, 344; geht Torfiensfon entgegen, IL, 358.

Deutſchland, Elend in Sübbeutfchlaud, IL, 17.

Deverour, Balter, flirbt an der Per in Prag, während der Belagerung durch ‚Bauer, II, 226.

Diedenhofen von Piccolomini enifeht, IE, 197.

Dohnma, Heinrich Burggraf zu, nöthigt deu weimarfchen Befchlöhaber zu Mainz jur Mebergabe, 325.

Döle durch Sonde belagert, 360.

Donauflauf von Bernharb erobert, 138.

Dönhof, Ernſt von, Kaſtellan von Bernau, Polens Bevollmächtigter in Stuhmes dorf, 312.

Dorften, Eroberung, IL, 352.

Douglas, George, englifcher Bevollmädtigter in Stuhmsdorf, 311.

Drebber, Iohann, Kanzler, durch die Braunfchweiger an Baner geſchickt und übel abgefertigt, IL, 175.

Eberhard, Herzog von Wirtemberg, läßt Bernhard und Horn ein Aufgebot von Lanpleuten auf Bopfingen zuführen, 176; zum Gouverneur von Phi: lippsburg ernannt, 178. Flieht nach der Schlacht bei Noͤrdlingen nah Straß⸗ burg, 187; wünfcht nicht bewafinete Befreiung feinem Lande; lehut ven Au⸗ trag des Befehles über bie franzoͤſiſchen Hülfstruppen ab, 215. Seine Noth in Straßburg, 290, 354; Zweideutigfeit in Bezug auf den Yrieben, 290, 291, 400. Laͤßt den Kaifer in Wien beglüdwünichen, IE, 65; verfpricht die Uebergabe Hohentwiels; Gegenbefehl an Widerhuld, 66.

Cberſtein, Kaspar, Graf von, General-Major, übernimmt nach Melander die heififchen Truppen, IL 262; führt den Berbünveten 6000 Heflen bei Bol: fenbüttel zu, 320; fordert den Abzug der Heflen auf Dorften, 343; kommt zu ſpät, um Dorfien zu reiten, 352; vereinigt ſich bei Weſel mit Guebriant, 377; erobert Linn, 379; im Jülichſchen und in Kur⸗Koͤln, 397; Befchulbis gungen gegen ihn, über fein Beuchmen in Neuß, 404, führt die Heflen aus Buebrianis Heere an den Niederrhein, 452. Geht über den Rhein, 454; plündert das Gebiet von Aachen, und hindert die Kaiferlichen an der Verbindung mit den Spaniern, 468. Bei Frankenberg von Beiß und Lö- wenhaupt gefchlagen, 559. Stirbt zu Gmben, 501.

Genhout nimmt die Schenfenfchange, 326.

v’Effiat, Marfhall von Franfreich, in Lothringen, 24; am Rhein, 25.

Ehm mit Naffau in die Rheinpfalz geſchickt, IL, 211, 214.

ElfaH franzöffche Provinz, IL, 278 fi.

Enghien, Louis, Duc d (Condé). Erſter Kriegédienſt bei ber Belagerung von Arras, II, 82. Siegt bei. Rocroix 447; nimmt Diedenhofen, 455, Sierk, 457; geht ans Hoflager nad Paris, 458. Stöpt um Benfelb zu

Sad: und Namenregifter. 663

Turenne, 488; rückt mit vemfelben vor das baierifche Lager vor Freiburg, daſelbſt Sturm anf die Schanzen, 489 fi. Belagerung und Cinnahme Phi⸗ lippoburgs, 484, 495; weitere Groberungen daſelbſt; eilt an ben Hof nad Paris, 496. Sein Treiben daſelbſt; Abgang zum Heere an den Rhein, 513; vereint Turenne und ben Heflen unter Geiß, 514; bemädhtigt fich Mergentheims und Rothenburgs, 515. Bitte an die Lanbgräfin, ihre Trup⸗ pen bei ihm zu laflen, 517. Schlacht bei Allerheim, 519-523. Nimmt Nördlingen und Dünkelsbühl, 524; findet den heilbronner Bag befegt, und wird krank nach Paris gebracht, 527. Nach feines Vaters Tode Bring von Gonbe, 606. Sieg gegen Leopold Wilhelm bei Lens, 621.

Enfevort, Adrian von, Herkunft und frühere Kriegspienfte, IE, 84; gefangen bei Rheinfelden, 93; mit Werth nach Paris geführt, 107 ff.; ausgewechſelt, 391. Durch Torfiensfon und Geiß geichlagen und gefangen, 503. An Gronsfelds Stelle Feldmarſchall des baieriſchen Heeres, 623; Beſchuldigun⸗ gen durch feine Feinde und Ausſcheiden aus dem Dienite, 630.

Eremita, jübiicher Oberft im Heere der fatholifchen Stände Münftere und - Weſtfalens, 144.

Erfurt, Belagerung und Einnahme durch Baner, 397. Nach der Flucht des⸗ jelben abwechfelnd eingefchloften, treten die Bürger in Unterhanblung; zeit weifer Waffenſtillſtand, IL, 33, vgl. 158.

GrlahsKafeln, Iohann Lupwig von, Patrizier aus Bern; frühere Krieges dienfte unter Guſtav Adolf; von Bernhard ins Lager beichieden, II, 48; Statthalter in Breifah, 155; durch Bernhard nach Paris gefendet, 182, 190. Berrath an Bernhard gegen ein franzoͤſiſches Jahrgeld, 191. Ertrotzt von Bernhards Kanzler die Mittheilung von deſſen Teſtament; biebifches Walten mit defien Privatkafle, 210. Tückiſche Undankbarkeit gegen Baſſom⸗ pierre, 212. Bevollmächtigier der Direktoren beendet in Breiſach die Unter- bandlungen, 216; legt als Oberflatihalter ben Eid in Gusbriants Hände ab, 218; Belohnung für feinen Verrath, 219. Als Keber verbächtig, aus feiner Würde verbringt, 279; vergebliche Klagen in Paris, 281. Thaͤtig⸗ feit nach dem Ueberfalle von Tuttlingen; zieht fih nach feinem Grbgute zu⸗ rüd, 479. Rückkehr nach Breiſach; befchwichtigt den Aufftand der Beſatzung, 485, 486. Sendet auf Mazarins Befehl Truppen aus dem Breisgau, 591.

Ernf, Herzog von Weimar, Statthalter in Franken, 74.

Ernf, Herzog von Gotha, Vermittler zwiichen den Heſſen, IL, 619.

Eſtrades, Sieur d’, Agent bei Amalia Cliſabeth, IL, 173.

St. Etienne, franzöficher Gefandter in München, 20, 21.

Zabert, Abraham de, reitet den Brafen von Guiche vor Zabern, 357.

Farensberg, baieriiher Ober, als Theilnehmer am Berrathe Krapens bins gerichtet, 1. _

Ferdinand I. Hinneigung zum Frieden, 221. Angriffövorbereitungen für das Jahr 1636, von Luremburg aus, 332. Ton und Charafter MH, 12—14.

Ferdinand IM. (als König von Ungarn) zum Oberfeldherrn bes kaiſerlichen Heeres ernamut, 164; belagert Regensburg, 165 ff.; zieht nach der Erobes zung Donauwerths auf Nördlingen, 174. Maͤßigung nach feinen Siegen

664 Sach⸗ und Namenregifter.

dafelbft, 201. Seht durch Böhmen an ben Rhein, 260; verheißliche Ausfich- ten für den Frieden bei feiner Gegenwart, 289. Geht nad) Wien zuräd, 291. Kriegerath in Augsburg mit Gallas und dem Lothringer; geht in die Borlande, 355; um Drufenheim, 359; mit der Reiterei unter Lamboy auf Breifah, 360. Wahl und Krönung zum römifchen Könige auf dem Reiches tage zu Regensburg, 398. Beharrt (ale Kaifer), in der Bolitit feines Batere, II, 14. Mahnt die Schmeizer feinem Heere Borfchub zu thun, 113. Juli 1638 in Prag in Berathung mit Brandenburg und Sadfen, 138, fncht Bernhard durch deſſen Brüder für feine Sache zu gewinnen, 141; läßt un mittelbare Anträge durch Savelli machen, 142. Schreibt eine Berfammlung der Kreisflände aus, 158. Aufforderung an die Verſammlung zu Regenss burg beim Herannahen der Schweden, 294; in Gefahr auf ver Jagd, in bie Hände der Schweben zu fallen, 295. Sendet Lamboy und Bed den Prins zen in Sedan zu Hülfe, 366. Verwirft den Präliminar-Briedensvertrag und ruft Lützow ab, 405; unterzeichnet denfelben, 407. Sendet zuerit Gefandte nad Münfter, 479. Laßt Rothweil befefligen, 482; gebt nad Prag, 504. Bitte um Marimilians Beiftand gegen Wrangel und Böhmen, 546. Kais ferliche Abberufungsichreiben an bie Offiziere des baierifchen Heeres nad dem ulmer Waffenflillſtande, 574; hebt die Acht Marimilians gegen Werth auf, 584; Rechtfertigung Werths, 585 ff. Abberufungsfchreiben an Offi⸗ ziere und Gemeine des baierifchen Heeres, 587. Perfönliche Gefahr durch Helmold Wrangel bei Eger, 596.

Ferdinand, Erzbiſchof von Köln, tritt dem ulmer Stiliftande bei, IT, 569; Auffündigung deſſelben, 601. .

Beria, Alvarez de Yiguera, Duca di, Statthalter von Mailand, vom Karbi: nalinfanten voraus in die Alpen gefchidt, 98, nimmt mit Aldringer Enſis⸗ Heim, entfeßt Breiſach, 106; geht mit demfelben nach Oberfchwaben, 112, ftirbt zu München, 114.

Fernando, Don, Kardinal⸗Infant, landet in Savona, 88; in Mailand aufs gehalten, 98; geht mit einem flatilichen Heere nach Oberſchwaben, 174; nach den Niederlanden, 186, 197. Zieht feine Truppen zwiſchen Mons uud Balenciennes zufanmen, 368. Trennung feines Heeres nad) der Ginnahme von 2a Gapelle, 369; Manifeft aus Brüflel, daſelbſt. Hebt bie Belagerung von Guiſe auf, 370. Vorrücken des Heeres über die Somme, und Streifes teien bis unter Gompiegne, 373. Ginnahme von Korbie, daſelbſt; fucht mit Lamboy und Karl von Lothringen Arras zu entjeben, II, 282. Rüdt auf Aire, 368; nimmt daſſelbe; ſtirbt töptlich erkrankt, zu Brüſſel, 369.

Beugquieres, Manafles de Pas, Marquis de, Gefandter für die deutfchen und fchwedifchen Angelegenheiten, 35; jeine Inſtructionen, 36; Ausräftung zur Reife, 38; bei Oxenſtjerna in Würzburg, 48; in Heilbronn, 49, 50; erneuert den bärwalder Vertrag mit Schweden, widerfegt fidh der Schens fung von Kurs Mainz an Orenfijernga, 54; unterhanbelt in Dresden mit Johann Georg, 76; tritt duch Kinsky in Unterhandlung mit Walbflein, 78: erfauft Ho, 80; reift nach Berlin, daſelbfſt. Neue Infiruction in Betreff Waldſteins, 81. Rückkehr nach Dresden und fchlechte Aufnahme daſelbſt, 81:

Sach⸗ und Namenregifker. 665

trifft in Trankfurt wieder ein, 83. Meife nach Paris, 119. Rückkehr nach Deutichland, 121. Unterhandlungen in ber walbfleinfchen Angelegenheit, 126. Anweſenheit in Kaflel, 143. Treiben am frankfurter Bımdestage, 153 ff. Bericht nach Hofe vor ber Ansfähnung mit Orenfljerna, 160. Benehmen nach der Schlacht bei Nörblingen, 195. Vermittelt ven Anfchluß von 6000 Franzoſen an Bernhard, zur Entfekung Heibelbergs, 208. Erſtattet in Ruel dem Kardinal Bericht, 231; erhält auf der Rüdreife nach Worms neue Inſtructionen, 232. Ludwig überträgt ihm den Oberbefehl der in Dentfchs land zu werbenden Deutſchen, 233; ſchließt fich dem Inge gegen Speier an, 240, und geht nach beffen Cinnahme nach Worms, 241. Bei Bern: hard in Saarhrüd; betreibt das Hülfsgefuch deſſelben, 263. Erkrankt ſchwer in Meg, in Folge feiner Anſtrengungen beim Rückzuge, 284. Bei Bern⸗ hard in Delsberg, IE, 76 ff.: eilt nach Paris, um dem Bertrage mit Bern: hard Geltung zu verichaffen, 77. Steht vor Diebenhofen, 196; von Piccos lomini überfallen und auf der Flucht ſchwer verwundet, gefangen nach Dies denhufen geführt, wo er im folgenden Jahre (1640) liebt, 197.

Flörsheim, Oberfi von, durch die Weimarer an den Hof geſchickt, 211, vgl. 212, 214.

Fontrailles, Bicomte de, Sendung nadı Madrid, duch Gaſton; Flucht nach England, II, 383.

de la Force, Marichall, gegen Karl von Lothringen, 95; verweigert ben Schutz des Elſaß, 107. Zieht nad) der Einnahme Epeiers auf Lothringen, 241, 244. Seht auf Luneville, 286; geht hinter die Moſel nach St. Nicolas, 286; ins Baffigny, 287. An die Spite der Freiwilligen berufen, 379; umlagert Eorbie, 382; von Ludwig XIII. vergeblich vor Johann von Werth gewarnt, 383.

Frankreich. Brühe Sntwidelung der Abfichten Frankreichs auf Deutfchlande Grenze, 1; Heinrichs IV. Pläne, 2; Grundzüge ber franzoͤſiſchen Politik durdy den Bere Joſeph entwidelt, 9. Frankreich ſucht Baiern zu nentralis firen, 10, 15. Portfegung der Neutralititsverhandlungen, 20, 25. Neus tealitätsvertrag mit Trier, 21. Beſchlüſſe des Staatsrathes in Rochefort; diplomatiſche Thätigfeit in Folge defielben, 33, 35, 38. Die franzöfifchen Agenten am franffurter Tage betreiben den Beitritt der vier Kreife zum Bunde Frankreichs und Schwedens, 118 ff. Schalten der Befehlshaber im Trierichen, 120. Borfpiel der Rennionsfammern, 121. Verbindung mit Waldſtein durch du Hamel, 124. Feuquières bevollmächtigt mit demfelben zu unterhandeln; Gindrud ber Ermordung vefielben in St. Germain, 137. Erſte offene Peinpfeligfeit gegen den Kaifer durch den Entſatz von Heibels berg, 219. Rückzug der Franzofen aufs linfe Rheinufer nach der Einnahme Päilippsburge nnd Speiers, 230. Diplomatifche Thätigfeit in Paris bei Feuquieres Anweſenheit, 231 ff. Bündniß mit den Niederlanden gegen Spanien, 235. Gntwaffnung Nancys durch Gonde, 236. Grbitterung über bie Aufhebung bes trierfhen Kurfürften, 248. Rüflung gegen Spanien, 249. Kriegserflärung durch den Wappenfönig in Brüflel, 251. Erklaͤrung darüber bei Kaifer Ferdinand, 260. Böfer Zuſtand des vereinigten Heeres unter Bernhard und de la Valette, um Hochheim, 270. Folgen bes erſten

666 Sach⸗ und Namenregiſter.

offenen Feldzuges gegen ven Kaiſer, 326 ff. Maßregeln zur Herſtellung einer beſſeren Kriegsdiſciplin, 327.

Sorgloſigkeit wegen der Nordgrenze und Beſtürzung über das Heran⸗ rüden bes Kardinalinfanten auf die Picardie, 367. Verluſt von la Gapelle, 369. Beſorgniſſe wegen des brüfleler Manifefles; Kriegerath im Louvre, und Maßregeln in Folge deſelben, 370. Entrüſtung des Könige und feiner Minifter über den Berluft der picarbifchen Grenzfeſten, 371; Beftürzung über das Heranrüden ber Feinde über die Somme, 372, und über die Einnahme von Corbie, 374. Unmuth des Königs über Richelieu, Zagen ber Pariſer, erhöht durch vie tumultuariſchen Anordnungen des parifer Gouvernements und die Nathlofigfeit des Hofes, 375, 376. Anorbnuungen nach Beruhigung ber Parijer und der Ernennung Gaſtons zum Oberbefehlshaber, 379. Bei⸗ fpiellofe Anjivengungen bes ganzen Landes zur Aufbringung der Bertheidi- gungsmitiel, 380. Lage der Dinge für Frankreich zu Anfang des Jahres 1637, II, 1, und am Ende veflelben, 68. Sorge wegen ber Bertraus lichkeit Bernharde mit Drenfljerna und Rohan, 75. Freudige Beſtür⸗ zung bes Hofes über den Sieg von Rheinfelden und vie Gefangen: nehmung Johanns von Werth, 104. Forderung des Königs, daß berieibe und Savelli nach Frankreich gefendet würden, 105. Dankfeſte bei Ankunft ber erbeuteten Fahnen; ehrenvolle Aufnahme Werths, 108. Die gebenedeite Sungfrau zur Schupgüttin des Königreichs erklärt, 109. Angſt der Frans zofen vor dem deutſchen Kriege, 110 ff. Lobſpendung des Königs und der Minifter an Guebriant, über die Vollendung feines Zuges nach Deutichlanp, 112. Der Hof bewilligt neue Unterflügung für Bernhard, unter Turenne, 119. Auftrag an de la Boberie, den mainzer Frieden zu hintertreiben, 134. Die erfien Poſten des durch Bernhard eroberten Breifachs durch Franzoſen beſetzt, 153. Kirchliche Dankfefte über die Eroberung, 181. Waffentbaten der Franzoſen, 1638, außerhalb Deutfchlands; jchmähliche DBerjagung aus Spanien, 160, 161. Rene Berfuche Frankreichs, das Friebenswerk Hinzu: halten, 162. Betreibung der eftlichfeiten zum Sınpfange Bernhards in Baris; Unwille über fein Ausbleiben, 187. Rathlofigfeit des Hofes wegen Bernhards Plinen; in Folge derfelben Inſtruction an Avaux in Dumbdurg, 204. Steigerung der DBerlegenheit bei der drohenden Stellung Piccolominis, 205. Stand der franzöftfchen Angelegenheiten, Cnde 1639, 237, 238. Elſaß, franzoͤſiſche Provinz; Bebrohung des Beflges duch die Thätigkeit Bamber⸗ gers, und Entjendungen Piccolominis, 279. Erfolge im Artois, 282. Frank⸗ reich begünfligt den Auffiand der Katalunier und die Losreißung Portugals von Spanien, 283, 284. Unterhandlungen wegen bes erneuten Bündniſſes mit Schweden, und Abſchluß vefielben, 339, 340. Manifeſt gegen bie Prins zen in Sevan, 366. Beränderungen am Hofe nach dem Tode des Kardinals Richelieu, 446. Gifrige Rüftungen, Frühjahr 1643, 449. Veränderungen unter den Miniftern, 450. Sieg Mazarins über die Importants, 458, (ij. weils fäͤliſcher Frieden). Falſchheit der Franzofen gegen Baiern, 551, 553. Uns zufriebenheit ber Stände mit ber Bortfegung des Krieges in Deutichland, 561. Ginfiaß der Unruhen in Paris anf den Abfchluß des Friedens, 639.

Sad: und NRamenregifter. 667

Sranffurter Bundesverfummlung ausgefchrieben durch Oxenſtjerna, 76; lehnt bie Bermittlung bes Dünen ab, 118; Klagen der Franzoſen über Bebrädung der Katholiken, daſelbſt. Geſandtſchaft der vier Stände nach Paris, 119. Vortrag des fächfifchen Geſandten für den Frieden und die Einheit Dentfchs lands; Erwiederung bes wirtembergifchen, 157 ff. Brandenburg unterflügt die Beflrebungen Sachſens, 158. Brahes Schilderung des Conventes, daſelbſt. Annäherung Orenfliernas an Yeuquieres, 159; deſſen Borderungen in Bes treff Philippoburg und der Neutralität Trier, 161, abgelehnt auf Betrieb des Sachen. 162: ausweichende Antwort auf die fchwerifche Genugthuungs⸗ frage, 163; Sindrud des Falles von Regensburg, währenn glüdlicyer Erfolge des Ichwenifchsbeutfchen Heeres, 170. Ginräumung Philippsburgs ohne Eins willigung ber Stände durch Drenftierna, 176. Abfaſſung eines Abſchiedes nad) der Schlacht bei Nörblingen, 191. Schmachvolle Geſandtſchaft an Ludwig XII, 196. Flucht des Bundestages vor dem Karvinalinfanten nad Mainz, 197.

Branffurt, in Unterhandlung mit den Kaiferlichen, trennt fi vom Bunbe, 272; gebedt durch den Marquis de Grana und Hatzfeld, 273.

Franz von Lothringen, Kardinal, in Chateau⸗Thierry vor Ludwig XIEL und Richelieu, 91; entführt Marguerite aus Nancy; unterzeichnet den Vertrag von Neufville, 93; vermählt mit Klaudia, 150; Gefangenihaft in Nancy und Flucht, 151.

Granz Albrecht von Lauenburg an Arnims Stelle, II, 331; belagert Goͤr⸗ ig, 332; bei Schweidnig von Torfiension geichlagen, 395.

Freiberg von Torftensfon belagert, II, 445.

Breiburg, Uebergabe an Bernhard, II, 102. Belagerung um Ginnahme durch Mercy, 487, 488. Sturm ber Franzoſen auf deſſen Schanzen 489, 491. Wird durch Gille ve Haes bedroht, II, 362.

Freireuter unter Johann von Werth, IL, 504.

Friedrich V. von ber Pfalz, feine Leiche aus Frankenthal durch Bernhard ges führt, 262.

Friedrich Wilhelm, Kurfürk von Brandenburg; Wechfel der Politit beim Regierungsanteitt, I, 332 ff. Geheime Neutralitätsunterhandlungen mit Avaux und Salvius, 335; unentſchloſſen und zögernd zur Mentralität mit Schweden gezwungen, 373.

Friedrich, Herzog von Wirtemberg, erhält nach Guobriants Verwundung ben Oberbefehl, IL, 471.

Fritſch, Auguflin von, 28. 105.

Fürſtenberg, Graf Friedrich Rudolph, IL, 80, erhält den Auftrag, Bedarf auf Rheinfelden zu fenden, und die Päfle des Schwarzwaldes durch bie Bauern zu beiegen, 83. Uebernimmt den Befehl über die Trümmer bes Heeres, 96; ihm wird nad) feiner Rechtfertigung die Führung der faiferlihen Haufen an ver Oberbonau übertragen, 113.

Ballas, Matthias, erhält das kaiſerliche Patent ale Oberfelbherr, 131. König Ferdinand übertzägt ihm ven Oberbefehl in der Schlacht von Nördlingen, 181. Säubert mit Karl von Lothringen und Werth die Begenden zwifchen

Sach⸗ und Namenregiſter.

Rhein, Main und Neckar, 199. Eroͤffnet 1635 den Angriffsfrieg gegen Frankreich; nimmt Heidelberg ein; fept bei Rheinhanfen über den Rhein, 261. Bortfchriite in der Pfalz und am Rhein, 269; weicht vor dem franzd- fifchen Heere nnier Bernhard von Zweibrücken über vie Päfle von Lands ſtuhl auf Worms, 270; fucht die Rheinbrüde im Rüden der Franzoſen zu zerflören, 274; beſetzt beim Zurüdzuge Bernhard’s und de la Valette's die Straße auf Saarbrüd, 281. Fällt mit ven Neitern in deren Nachhut, nach dem Mebergange über die Saar, 283; beflürmt Saarbrüd, Walverfingen und St. Avold, 284. Bereinigt fih mit Karl von Lothringen, 286; bezieht ein feſtes Lager bei Dieuze, 286. Hunger und Seuchen in feinem Heere hindern ihn am Marfche in das eigentliche Franfreih, 287. Böllerei und Zechgelage während ber äußerſten Roth des Heeres, 288. Sieht, mit dem Kothringer veruneinigt, auf Zabern, 324. Bertbeilung feines Heeres in Winterquartiere und Fortſetzung bes Keinen Krieges gegen die Waffenpläge der Branzofen im Elſaß, 325. Bon ben Yranzofen in feinen Faflnachtszu- rüftungen geftört, muß Gallas auf Landau flüchten, 331; flebt, Juni 1636, an der Oberbonau, 357; fucht vergeblihd Hanau zu reiten, 359. Ginfall in bie Freigraffchaft und in Burgund; zieht vor St. Jean de Kosne, 388. Verluſte auf feinem Rüdzuge nad der Schladht bei Wittftod, 389, 390. Sein Heer breitet fih Ende 1636 durch Schwaben und Franken aus, 398. Bon Neuem durch Ferdinand TI. an die Spige feiner Heere gefiellt, IL, 21, eilt er auf Leipzig, um Baner bei Torgau einzuichließen, 23; der Liſt Baners inne geworden, folgt er ihm in nörblicher Richtung auf Landsberg, 24, 25, und wird von Neuem überliflet, 26. Zufland feines Heeres, 28, Krieg in Pommern, 28 ff. Dringt durch den Berrath zweier pommerfcher Goelleute nach zwei vergebligen Berfuchen und nach der Eroberung von Tribfees in Dorpommern ein, 29, 30. Weitere Groberungen, 31. Seine Binterlager, 66, 67. Schlimmer Zuftand feines Heeres in den Winters quartieren, 129. Unthätigfeit um Schwerin, während Baner in Bommern erflarli, 131. Muß auf Dömig weichen, 132. Ueber die Elbe geworfen nach Schlefien und Böhmen, 157. Legt feine Würbe nieder und geht als Hoffriegsrathe: Präfident nach Wien, 231. Grhält nach des Erzherzogs Abs gange das Kommando wieder, 445; ſucht dur Krokow Torftensfon von den Grbländern abzuloden, 466; erobert Kiel, 498; folgt dem Torftensfon nach Deutfchland und zieht fih auf Magveburg, 499; entrinnt den umfchlies genden Schweden; kommt mit aufgelöftem Heere nad Böhmen und legt feine Stelle nieder, 503. Uebernimmt wiederum ben Oberbefehl, 564. Sein Tod, 573.

Bafton von Orleans, Bruder Ludwigs XIII., gegen Richelieu in Nancy, 13;

Werbung um Marguerite, die Schweiter Karls IV. von Lothringen, vafelbit, Bollzug der Ehe, 16. Verſchwoͤrung gegen Richelien, 26; fehrt, mit bems felben ausgeföhnt, von Brüflel beim, 210. Oberbefehlehaber des Heeres gegen den Karbinalinfanten, 379; Hält fich mit feinem Heere vor Roie auf, 381. Zwietracht unter den Oberhäuptern beflelben und Intriguen erleich⸗ tern dem Zeinde den Abzug, daſelbſt. Flucht vor dem Karbinal nach Blois,

Sad und Namenregifter. 669

385. Theilnehmer an ber Berfhwörung Cinq⸗Marsé'; weigert fi, ben madrider Vertrag zu unterzeichnen, II, 383. Oberbefehlehaber gegen die Niederlande, 487. Mit Enghien vereinigt in Flandern, 547.

Bei, Johann, vertheidigt Dorfen tapfer gegen Hatzfeld und Behlen, II, 353. Frühere Schidfale; erhält den Befehl über die Heflen, erobert Höchft, und lagert fih um Urfel, 500; zieht zu Königsmarl, 501. Groderungen im Marburgifchen, 530; belagert Alsfeldt, 559; von Amalia Glifabeth gegen Lamboy gefendet, 618; belagert Paderborn, 632.

Beleen, Gottfried Huya von, erobert Hörter, 144; glüdlicde Operationen an ber Lippe, 145; überfällt Kniphauſen zu Wilshaufen, 323. Zum Feldmar⸗ fchall des baierifchen und ligiſtiſchen Heeres in Oberbeutfchlann ernannt, IL, 185; erflürmt Friedberg, 278; fordert feinen Abſchied, 305. Banket in Köln, 484. Bezwingt Bacharach, 499; bei Allecheim gefangen, 522. Stößt um Amorbach zu Mercy, 514. Fordert nach dem ulmer Vertrage feine Entlaffung, 570.

Georg, Landgraf von Heflen, Verweſer von Niederheflen durch Faiferliche® Ba: tent, IL 18; giebt die Neutralität auf, 19. Erhebt nah Wilhelms Tode Anfprüche auf die Derwaltung, 40—42. Zum Stillſtande gezwungen, 600. (f. Amalie Elifabeth).

Georg Wilhelm, Kurfürft von Brandenburg, tritt dem pirnaer Bunde bei, 257. Ruft feine Untertanen vom ſchwediſchen Heere ab, und verpflichtet fi zur Stellung eines Hülfsheeres, II, 22. Grbitterung über das Ent: wifchen Baners, 27. Verharrt in feinem politiihen Syſtem; feine Oberften führen wenig Zuſammenhängendes aus, 276.

Georg, Herzog von Lüneburg, zieht, vereint mit Kniphaufen, nach Weſtfalen; jagt die Kaiferlichen nach Niederfachlen, belagert Hameln, 83. Siegt bei Heſfiſch⸗Oldendorp, 85. robert Osuabrück, 116. Oberfeloherr des Nies berfächfifchen Kreisheeres, 142. Sucht vergeblich Hörter zu retten, 144; mit Melander vereint gegen bie Kaiferlihden an ber Lippe, 145; brängt Bönninghaufen über den Rhein, 146. Marſch auf Nienburg und Minden, 147. Sendet, mit der Belagerung Mindens beichäftigt, King mit einigen Völkern gegen den Main, 193, fhwanft, in Sorge wegen feines Befiges, den pirnaer Frieden anzunehmen, 225. Nimmt Neuftabt und Nienburg; Zufams mentunft mit Wilhelm von Weimar und dem Landgrafen zu Norbhaufen, 254. Legt feine Würde als ſchwediſcher General nieder, 293; fchließt fich bebingungsweife dem prager Frieden an, daſelbſt. Sucht in Berbindung mit Kurfachfen die abtrünnigen, ſchwediſch⸗ deutſchen Regimenter zu gewin⸗ nen, 303. Naͤhert fich der Aller, daſ. kann bie Forderungen ber ſchwedi⸗ ſchen Oberſten nicht befriedigen, 308. Bon beiden Seiten zur Entſcheidang gedrängt, faßt Georg den Plan, eine dritte Partei zu bilden, 348. Beftürzung über die Wegnahme Mindens durch Lesly, 349; wendet fich nach der Vereinigung Banere und Leslys auf Minden und tritt durch Ein- ſchließung derjelben in offene Keinvfchaft zu den Schweben, 396. Beharrt in feiner fchwanfenden Politik; lehnt die Würbe des kaiſerlichen Generaliſſi⸗ mus ab, II, 15, 16. Nimmt Lüneburg, 34. Bermittler für die Erben von

670 Sach⸗ und Namenregifter.

Helen, 40. Berhindert anf dem Kreistage zu Lüneburg die Zuficherung ber verlangten Reichshülfe, 158. Verharrt, im Einverſtaͤndniß und Bünd⸗ niß mit ber Landgräfin, in feiner Halb zugeflandenen Neutralität, 175. Weil

_ King aus feinen Grenzen zuräd und verhindert die Berftärfung Wolfenbüt: tel, 176. Nach dem Tode Bernhards in Unterhandlung mit Baner und in wehrhafter Berfaffung, 228. Seine Gefandten in Leutmeriß, um mit Baner die Neutralität Nieder-Sachſens zu unterhandeln, 230. In Unters handlung mit Baner wegen Anſchluſſes feiner Waffen, giebt vefien Geſand⸗ ten verheißliche Antwort, troß feiner Zuficherungen in Nürnberg, 248; ertheitt Kliking den Befehl, nad Umfländen ſich den Schweden anzufchliegen, 250, (. Baner). Separatbündnig mit ber Landgräfin, 263. Erbietet ſich zur Bermittlung zwiſchen den Weimarern und Longneville, abgelehnt burch let⸗ teren, 266, mahnt die Directoren zum Gehorfam und vermittelt durch pers fönliche Unterhandlung mit Longueville in Göttingen, 267, (fi. Baner). Laßt Wolfenbüttel belagern, 290. Sucht Friedrich Wilhelm von Branven: burg zu feinem Syftem zu verleiten; febt vie Belagerung Wolfenbüttels fort, 307. Unterhandlungen mit den Räthen des Gefammthanfes, 308. Befiehlt die Abreife feiner Geſandten nach Hamburg, als er, erfchüttert dur die Nachricht vom Rückzuge Baners, vom Schlage getroffen ftirbt. Nüd: blick auf feine politifche Raufbahn, 309. Sein Teftament, 310.

Golz gegen Stälfandefe in Schlefien, I, 332.

Gonzaga, K. von, |. Mantua.

Goslarer Friedens - linterhanblungen eröffnet, I, 351, 353. Abfchluß bes Friedens, 396.

Götting en durch Piccolomini belagert, II, 354, 357.

85%, Hans, feine Völlerei, 288; mit baterifchen Völfeen um Koblenz und Hermannftein nimmt linter- und Oberlahnftein, 336: Koblenz, 337; läßt Drückmüller vor Hermannftein, 338. In Niederhefien, Verheerung deſſelben; Eroberungen nah Wilhelms Abzuge, Einnahme Paderborn , 363, 364. Fordert die niederhefflichen Stände zum Gehorfam gegen ben Kaifer auf, 11, 38; gegen Melander und King, 39; jagt Königemarf aus Lemgo, 41. Erhaͤlt den Oberbefehl gegen Bernhard am Oberrhein; nähert ſich Breiſach, 113; Zuftand feines Heeres, 114, 115. Uneinigfeit der Generale, 119; in vortheilhafter Stellung Bei Schuftern, 120; treibt Taupabel zuräd, 121. Zieht fih nah der Schlacht bei Wittenweier auf Offenburg zurüd, 122. Rüct auf Breiſach, 144; mit Lamboy über Freiburg vor dem Lager; Rüd: zug.auf Freiburg nad) vergeblichem Sturm, 148; durch Fürftenberg ver flärkt im Lager bei Schaffhanfen, 149. Dur; Mansfeld gefangen nad

-P München gefchictt, 150. Geht aus Oberfchlefien und Ungarn nach Böhmen, 504. Tod in der Schlacht bei Jankan, 505. .

Grammont, Antoine, Comte de Guiche, Duc de, Marfchall von Frankreich, unter de la Palette, 266; vor Zabern verwundet, 357; als Parteigänger im Gifaß, 360. Bon DMelos bei Honnecourt gefählagen, II, 385. Theil nahme am Sturme auf die freiburger Schangen, 489, 491, geht mit Eng: bien an den Rhein, 513. In der Schlacht bei Allerheim gefangen genommen,

Sadıs und Ramentegifer. 671

520, 521. Empfang in München; geheime Unterredung mit Maximilian, 526. Auswechfelung gegen Geleen, 527.

Grana. Marchefe di, vor Fritzlar, II, 265.

ve la range aur Ormes, frangöfifcher Agent bei Guſtav Abolf, 25, 27; in Heilbronn, 51, 55. j

Bronsfeld, Jobſt Marimilian, Graf von, in Niederfachfen, 84; bei Olden⸗ dorp geichlagen, 84, 85. Bericht an Marimilian über den Zuftand ber Heere, Il, 413, 612. Sendung nach Paris, 566. Ernennung zum baieri: ſchen Feldmarſchall, 589; gebt in die fränfifchen Bisthümer, 609; mit Monteeuculi am Lech; Schilverung ihrer Noth, 615. Abzug ins innere Baiern, 616; Berbaftung vafelbfi und Vertheidigung durch tie Ordres bes Kurfürften ; ehrenvolle Entlaffung, 617.

Srotius, Hugo, Einfluß feines völferrechilichen Syſtems, 115. Gefanbter in Paris, 216; beglückwünſcht den König über die Schlacht von Rheinfelden. II, 109. Sein Sohn Diederic bei Tuttlingen gefangen, 476.

Grubbe, Lars, Affiftenze und Kriegsrath Torſtensſons, IT, 338; Ankunft beim Heere, 344, 349.

Buedriant, Jean Baptifte, Budes, Comte de, Bildung und frühere Kriegs⸗ bienfle; dient unter de la Valette in Bernhard's Heere, 267. Jugendliche Gaskonade Guebriants als Kommandant von Guife, 370. Führt die für Rohan zu fpät kommenden Hülfstruppen zum Duc de Longueville, IE, 45. Bon Bernhard bezeichnet, erhält Guebriant den Auftrag, jenem Hülfstrups pen an den Rhein zuzuführen, 110. Maßregeln, um bie Angſt der Seinen vor Deutichland zu befchwichtigen, 111. Empfang bei Bernhard, 112. Seine Tapferkeit in den Linien von Breifach, 148. Gröffnet die Unterhand⸗ lungen wegen Breiſachs mit Bernhard, 199 f. Bericht an Des Noyers, 202. Unmuth bei Bernhards Aufbruh an den Rhein, 203. Berichtet Dernharbs Top an Des Noyers, 209; zieht die franzöflfchen Truppen um Breifach zufammen, 210; bewirkt, durch Uebereinkunft der Oberoffiziere, bie Sendung Ylörsheims an den Hof, 211; begiebt fih, zum Abfchluffe dee Dienfvertrages, zu den Direftoren nach Landau, 215; beſetzt nah dem Bertrage von Breiſach, daflelbe, fo wie die wichtigeren Feſten, mit Fran⸗ zofen, 218. Ihm werben die Vorbereitungen zum Rheinübergange über: tragen, 235; nimmt Lorch ein, 236; verjagt den Don Berbugo von Bins gen, 240. Sucht vergeblich die Bereinigung der Weimarer mit Baner zu bindern, 250. Bei Wilhelm von Weimar, 260. Sudt die Weimarer zu allgemeinem Give zu bringen, 266; bewirkt in einer Berfammlung aller Offiziere unbeſtimmte Nachgiebigfeit, 267. Borläufig von Baner über feinen Plan gegen Regensburg nicht unterrichtet, 291. Zur Theilnahme am Zuge gezwungen, flößt er bei Neuftabt a. O. zu den Schweben, 292. Trennung von Baner und Marſch auf Bamberg, 297; feine Hülflofe Lage nach der Trennung vermehrt durch die Meuterei der Weimarer, 300. Briefe an Des Noyers und Forberung feines Abfchiebes, 301. Marſch in Folge der Beichidung und fleigenden Noth Baners auf Zwickau, 301, 302. Er⸗ hält erſt nach langem Kampfe mit Banor Winterquartiere zwifchen Elſter

672 , Sad: und Ramenregifter.

und Saale, 306. nterhanblungen mit Amalia Elifabeth und den Guelfen, 310 ff. Unterzeichnet den Revers bes fchwebilchen "Heeres, 322. Roth im eigenen Heere und Bitte um Berflärkung und Geld an Des Noyere, 323, Rüdt mit dem banerfchen Heere auf Kriebikdamm, 324. Entſcheidende Thätigkeit in dem Treffen bei Wolfenbüttel, 328. Rückkehr auf Wolfenbüt- tel; fchwierige Stellung durch die Meuterei des ſchwediſchen Heeres, 342, 346. Widerfeht fi der durch Grabbe vorgefchlagenen Trennung bes Hees res, 352. Klagen über die Widerfeglichkeit der deutſchen Oberfien, 355. Unterrichtet Avaur von den Ränfen Mortaignes, 356. Troftlofe Stellung nach dem Abzuge der Heflen, daſelbſt; Abzug vom vereinigten Heere, 360; züdt, von Eberflein gefolgt, an den Rhein, 361. Wird zum Lieutenant General des Heeres in Deutichland und zum Ritter bes heiligen Geiſtordens ernannt, 362, 376. Bewirkt durch Beſtechung der Directoren die Anerfen: nung feiner neuen Würbe, geht über den Rhein, 376, 377. Schlägt bie Kaiferlihen im Lager bei Kempen, 378; @influß diefes Sieges in Frunf: reich, 382, 364 ; nimmt Neuß. 379. Fortjchritte am Niederrhein, 381. Er⸗ hebung zum Marfchall, 384. Muß fi auf Urdingen zurücdzichen, 398. Stellung im feften Lager bei Holten an der Erft, 401. Noth mit ben MWeimarern, vermehrt durch den Beicheid Des Noyers, 401 ff. Verhand⸗ lungen mit den Buelfen um Aufgabe der Neutralität, 424; Aerger über die Forderungen der Landgräfin, 425, 427. Diplomatifche Ausgleichung durch Beauregard, 429 431. Sendung Rocque- Servieres nad Paris, 430; harrt um Mühlhaufen ber Heflen, 432. Geht über ven Main, 439. Bietet Mercy bei Waiblingen die Schlacht, 438. Erhält vom Hofe das Berfprechen der Unterflügung aus Elſaß und Breisgau, 440, flieht Mercy bei Kirchheim gegenüber; geht an den Rhein, daſelbſt. Rückzug in’s Breiss gau, 441. Klagende Briefe nach Paris, 442 ff. Erhaͤlt endlich Geld von Hofe und gründet darauf neue Pläne, 444. Sommerfeldzug, 1643, 453; ſucht den Eingang in Baiern zu erfpähen, 454, und Rothweil zu überrafchen: geht über den Nedar, Fehrt ins Finzinger Thal zuräd, 455, und lagert fi$ im Nieberelfaß, 456. Bedraͤngniß daſelbſt, 459. Muſterung bei Dachflein, 461. Mari an den Obernedar, 465; durch das Finzinger Thal auf Roth⸗ weil, 469. Belagerung und Ginnahme deflelben; Toͤdtliche Verwundung Buebriants, 470, 471. Sen Top, 473. Dorläufge Beſtattung in Breis fah, 477; dann in Notre Dame, 478. Seine Gemahlin Rense du Ber Grespin, 267, IL, 446, 447, 452.

Buelfen, (nah Georgs von Lüneburg Tode) die Abgefandten bei Baner, lehnen die Verbindung ab, und fuchen diefen und Guebriant zur Behaups

. tung der Saale zu vermögen, II, 311. Treten in politifche Verbindung

mit dem ſchwediſchen Heere, 322.

Guide, |. Srammont.

Guiſe, Duc de, Erzbiſchof von Rheims, in Seban, 366; flieht nach Brüffel, 368.

Günderode, bewegt Torftensfon zum Vorrücken auf Winfen, II, 359.

Guſtav Adolf, König von Schweden, vorgebliche Gründe zum deutſchen Kriege, 6; Bortfchritte nach der Schlacht bei Breitenfeld, 14 fi. Politik.

8

Sach⸗ und Namenregifter. 673

in Bezug auf Deutſchland, gegen Frankreich, 17, 27. Forderungen in Be⸗ zug auf die baieriſche Neutralität, 18, 22; in Baiern, 21.

Guſtav Guſtavsſon, natürliger Sohn des vorigen, buch Drenflierna Herr des Biothums Osnabrück, 143.

Hallier, Sienr du, führt Bernhard franzöſiſche Hulfstruppen zu, IT, 46; von Bernhard unter Erlachs Führung auf Pfirt und Baſel geſchickt, 49. Hamburg. Bündniß Ywifchen Granfreich und Schweben, 1638, März, IL 96-98. PräliminarsPriedensvertrag, 25. Dezember 1641, durch die Bes

fandten unterzeichnet, 374, 375.

Hamel, Sieur du, frangdfifcher Agent in Drespen, 80.

Sameln, Belagerung durch Georg yon Lüneburg, 84, 85.

Hanau von Lamboy belagert, 338, 352, durch Wilhelm von Heflen und Lesly entſeht, 352; durch den Grafen von Naſſau erobert, IE, 64, 65.

Harcourt, Duc de, Nachfolger Longuevilles glücklich in Stalien, IL, 237.

Hortleder, Friedrich, Publizift des Hauſes Sachſen, 71.

Hatzfeld, Melchior, Graf von, erzwingt den Uebergang über die Elbe bei Wittenberg, 346; umfchließt Erfurt, II, 10; rückt mit Gög gegen Torgau und ben Winfel zwifchen Elbe und Mulde, 11; mit der Bildung eines neuen Heeres in Weitfalen beauftragt; verſtaͤrkt Gallas, gegen Pfalzgraf Karl Ludwig, 137; bricht zum Entſatze von Lemgo auf, 139; fliegt bei Vlotho, daſelbſt. Portichritte in Weftfalen, 158; Aufbruch nad Böhmen, 173; mit Golz und Bredow vor Prag, 179; über Eger, 180, nach Franken gegen Königemarf, 181. Marfch auf Pilfen zur Bereinigung mit Piccolomini, 229. Gegen Ouebriant und die Weimarer zu Hülfe gerufen, 387. Gilt nach der Schlacht bei Leipzig nach Böhmen zum Hauptheere, 427. Herans funft bei Euttlingen, 474; nach Rothweils Einnahme an den Main gegen bie Heflen, 477. Berläßt Mercy, um Böhmen zu fihern, 500. Webers nimmt nach Gallas Austritt die Bildung eines neuen Heeres, 504. Bei Sanfau gefangen, 506. Scheidet aus feinem Amte, 557.

Haug witz, Vertheidiger von Freiberg gegen Banor; fein Tod nad deſſen Abzuge, IL, 187.

Heidelberg; Fürftenverfammlung, 72. Angriff durch den Lothringer und Zohann von Werth, 217. Entſatß durch die Franzofen unter Puyſegur, 219.

Heilbronner Tagefahrt; Gröffnung durch Oxenſtjerna, 49 ff. Yeuquieres arbeitet gegen die ſchwediſche Oberleitung durch Beftehung; Erklaͤrung ber Stände an Orenftierna, 30. Bündniß der vier Kreife mit Schweden, 51. Confilium formatum. Kreisräthe, dafelbfl. Ueberwiegender Einfluß Frank⸗ reiche, 52. Bänzliche Aufhebung. 291.

Heinrich, Herzog von Lothringen, 11.

Henriette von Pfalzburg, 12.

Hepburn, John, Herkunft; tritt zu Bernhard, 209, vergl. 94.

Hermannftein buch die Franzoſen unter de la Saludie befept, 24. Ber: gebliche Berfuche St. Ehamonte, Hermannflein zu verforgen, IE, 5. Belage⸗ rung buch Werth, 6; Unterflägung durch Ramfay, 7; Roth in der Wehe Barthold, Geſch. des SOjähr. Kriege. 11. 43

674 Sad: und Ramenregifer.

und bei ben Belagerern, 8. Mebergabe an Werth, 8; einfweilige Cinräns mung an Kurköln, 9.

Hildesheimer Eonvent, IL 274; feine Folgen, 291.

Hofkirch, bei Brandeis gefchlagen und gefangen, II, 167.

Hohentwiel, September 1640 buch die Spanier bedroht, umd durch bie Weir marer unter Erlach entieht, 18, 281. Durch Sparr belagert, IL, 370.

Holzapfel, Graf Peter von; genannt Melander oder Milander. Dunkle Her funft, 63 ff.; frühere Kriegédienſte: in Benebig; ale Oberſt ber bafeler Befapung ; im Dienite des Landgrafen Wilhelm, 64. Geht nach ber Schlacht bei Oldendorp nach Weftfalen, 85. Bon Georg von Lüneburg abgefchnitten, 145. M. lehnt den Antrag St. Ehamonts, Herrmannflein zu verforgen, ab und überträgt die Yührung dem Oberſtlieutenant Durmenfein, II, 3. Kommt durch die Gegenpartei in Verdacht, den Landgrafen vergiftet zu haben; erobert Stickhauſen, 38; lehnt ven Antrag des Kailers, in beflen Dienſte zu treten ab, 40. Muß fi von King treunen und lagert ſich im Manſterſchen und an ber Lippe, 41. Beſteht auf der Herausgabe Pader⸗ borns, 133; weilt die Erbietung Ludwigs, den Yranzofen Amalia Glifas beths Truppen im Falle bes Friedens zuzuführen, ab, 134. Derlängert ven Waffenſtillſtand, dafür von ben Franzofen verleumbet, 173; läßt Waldeck einnehmen, 174. Bereinigung mit Baner, 252. Theilt die Unzufrieden⸗ heit der Franzoſen; Vorſchlag das Heer zu theilen, 256; Abernimmt, nad dem Abgange Klikinge nach Hildesheim, die lüneburgifchen Bölfer, 259; verläßt au Eſchwege das Hauptlager; fordert in Kaflel feinen Abſchied und geht auf feine Güter im Bergiſchen, 261. Sieht fih aus Düffelvorf nah Köln zurüd, 380. Im Dienfle des Reiche, rüdt ins BVergiſche und geht zu Leopold Wilhelm, 549, 550; befreit Zons; überrafcht Bader born, 659. Zum faiferlichen Oberfeldheren ernannt, 574. HReformirt das kaiſerliche Heer, entläßt die überzähligen Offiziere; Aufbruch auf Eger, 590; verfpätele Ankunft vor demfelben,, 595; fucht die Schweren aus ihrer Stellung zu vertreiben, 596. Aufbruch gegen Pilfen, 597. Ende bes Fels zuges ohne einen Hauptſtreich, 598. Zug nach Heflen mit Oronsfelb vereint. Unerbietungen an die Landgräfin, 605, 607, 608; an der Berfolgung der Schwe⸗ den durch Gronsfeld gehindert, 609 ; erobert Marburg, muß vor dem Schloße abziehen, 610. Boͤſer Zuſtand des Heeres; offene Spannung der Oberfelbherrn, 612, geht über die Brüde von Günzburg ; Tob vor Insmarshaufen, 614.

Sop», Johann, II, 285.

Horn, Guſtav, Groberungen im Elſaß; zieht über den Rhein nach Schwaben an die Donau, 65 ff. Reiſe nach Heilbronn, 70. Aufbruch gegen ben Bodenſee; Ueberrumpelung des Stäbtchene Stein, 100. Belagert Konſtanz, 101; hebt bie Belagerung auf und geht nach Oberfchwaben, 102. Geht bei Straßburg über die Brüde und fleht Feria gegenüber, 106 ff. Schützt Wirtemberg vor den Baiern, 107. In Oberfchwaben nf. 1634. 139. Antheil an der Schlacht bei Nördlingen, 182 f. Seine Gefangenfchaft Berbandlungen über feine Auswechſelung, II, 388 f. Answechfelung gegen Werth und Reife ind Lager von Perpignan, 392.

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Sach⸗ und Namenregiſter. 675

Huwalo, Chriſtian von, Oberſt, 297.

Jankau, Schlacht bei, IL, 505, 506. Folgen derſelben, 507.

Slow, Chriſtian, Stifter des Verbündnißes der Oberſten zu Pilſen, 130.

Johann, Landgraf von Heflens Darmfladt, an Klikings Stelle Oberbefehlshaber bes hefiiichen Geſammthauſes, IE, 312. Hebt die Belagerung von Wolfen, büttel auf, 326.

Johann Georg, Kurfürf von Sachfen, weigert fih auf Orenſtjerna's Bors fchläge einzugeben, 41; iſt gegen Schwevens Oberleitung, 50; warnt bie niederfächfifchen Stände vor den Plinen der Schweden, 141; erobert Bauben, 142. Schilderung feines Character und feines Hofes, 221 ff. Beweg⸗ gründe zur Srgreifung bes Friedens von Pirna, 223. Erſcheint mit feinem Heere um Naumburg und zwingt Baner fih ins Magdeburgiſche und Halber⸗ ftäbtifche zu ziehen, 224. Gchält im prager Frieden bie Laufig eigenthüms lich; ungerechte Beichuldigungen veshalb, 257 ff. Bricht die Unterhand» lungen mit Orenftierna ab; Eröffnung der Keinbfeligkeiten durch feinen Marſch in die Altmark, das Läneburgiiche und die Priegnig, 303; breitet fich nach dem Berlufte bei Dömis auf dem rechten Elbufer aus, 304. Sein Heer muß hinter die Havel flüchten und erleidet neue Einbuße duch Torſtensſon, 321. Wirft fih rafh dem Baner zum Entſatze der Morigburg entgegen, 344 ; zwingt vereint mit Hatzfeld, Bancr unter die Wälle von Magdeburg zu weichen, 345. An der Bereinigung mit den Brandenburgern unter Klitzing gehindert zieht I. G. auf Wittflod, von wo er zur Schlacht gezwungen und befiegt, auf Meißen weicht, 391, 392. Auft Hapfelb und Götz gegen Baner nad Meißen, II, 10. Noth Meißens während bes Kampfes gegen benfelben, 11. Nimmt Arnim in jeine Dienfle, 172. Unmuthig gegen den Kaiſer, 231. Zum Waffenſtillſtande mit Königemarf gezwungen, 531. Anfichten über das Friedensgeichäft, 638.

Johann Kafimir, Prinz von Polen, Gefangener in Frankreich, II, 221.

Sobann Bhilipp, Rheingraf, Tod in der Schlacht von Rheinfelden, II, 87.

Sohann’ Philipp (v. Schönborn), Kurfürſt von Mainz durch Frankreichs Eins ug, IL, 608.

Joſeph, Bere, Francois le Clere de Tremblay; in Regensburg, 7 ff. Kluger Rath, wie Ricyelien die Parifer Beruhigen folle, 378. Sein Tod, IE, 182.

de 1'Isle, Sieur, franzoͤſ. Agent in Deutſchland, 38

® Inan IV. zum Könige von Portugal ausgerufen, II, 283. Julius Friedrich von Wirtemberg übergiebt Mömpelgarb in Frankreichs Schuß, 95.

Raiferslautern durch Hatzfeld bebrängt, 268; durch die Saumfeligfeit ver Franzoſen verloren, 269.

Kalchun, Gerh. Rumel. von, gen. Leuchtmar, Gelandter des Großen Kurfürs fien in Stodholm, 1, 335.

Kalw, von 3. v. Werths Truppen grauenvoll geplündert, 200.

Kanowski, F. 8, zum Kommandanten von Freiberg durch Bernhard beftellt, 1E, 102; muß daffelbe nach tapferer Gegenwehr an Mercy übergeben, 488.

Karl I, Rönig von England, Wirken für feinen Neffen den Pfalzgrafen Karl

Ludwig II, 196. 43 ®

676 Sach⸗ und Namenregiſter.

Karl Ludwig, Pialzgraf, von Karl J. von England unterſtüht: verliert Meppen, II, 137; vereinigt fih mit King, 138; beibe wenden ſich auf Lippe: belagern Lemgo; von Hatzfeld bei Blotho ereilt und geichlagen, 139, 140. Gilt nad Bernharbs Tode nach England, um ſich mit englifchem Gelde ein Heer zu erfaufen, 221. Auf der Beife burch Frankreich in Moulins verhaftet, dal.

Karl IV. von Lothringen, Sohn des Grafen von Baubemont, durch die Heirath der lotharingifchen Erbin Nicolette und den Tod feines Vaters Franz, Her: zog v. 2.. als Bafall an Branfreih, als deutſches Reichsglied und durch Kamilienbande an das Kaiferhaus gewiefen, widmet früh feine Dienfte diefem, 12; ftößt mit feinem Heere zu Tilly nach der Schlacht bei Breiten feld ; baldige Auflöfung defjelben, 14. Erſcheint vor Ludwig in Meg und muß fi zu einem harten Bertrage bequemen und Martial als linterpianb abtreten ; verflattet den Vollzug der Ehe Gaſtons ‚mit feiner Schweſter. 16. Im Einverſtaͤndniß mit Gaſton und Maria von Medici, 23; glaubt vor den Angriffsplänen Richeliens und Drenfljernas durch Behorfamserbie tungen Zeit zu gewinnen, als fchon be la Force und d'ffiat in 2. einrüds ten, 24; muß nad der Umfchliegung Nancy’s den Bertrag von Liverbün unterzeichuen, 235. R., von franzöfligen Spähern umgeben , feindſelig von &. Horn behandelt, 86 ff.; im Einverftänbnig mit dem Kaifer und mit Gaſton; übereilte Maaßregeln und Hoffnungen auf ven Heranzug des Kars binalinfanten, 88. Bor das Parifer Parlament geladen, 89; bebrängt von den Schweben, 90; Untergang feines Heeres bei Pfaffenhofen, 91; fommt erfranft nach Gpinal, in Hoffnung auf die Epanier, 93 ; bebrängt durch den Rheingrafen, 94. Zuſammenkunft mit Richelien zu Charmes und Be fätigung des Vertrages, 95; geht durch Richelieu beftricdt an das Hoflager des-Rönigs in Neufoille ; und muß gefangen Nancy überliefern, 96, 97. In vergeblicher Hoffnung auf bie zeitige Heranfunft Yerias, lehnt K. vie Eins labung Ricyelieus, an Hof zu fommen unter dem Vorwande ber Kraͤnklich⸗ feit ab, 106. Abdicirt zu Gunften feines Bruders und vereinigt feine Truppen mit dem Faiferlihen Heere, 146; wird in der Schlacht Yon Wats weiler durch den Aheingrafen Otto geichlagen, 149. Doppelehe mit ber Gräfin von Ganterroir, 151. Karls Theilnahme an der nörblinger Schlacht. 182, 183. Karl erläßt, Herbſt 1634, drohende Manifeſte gegen Frank⸗ reich, geht bei Breifach über den Rhein, wüflet um Golmar, muß bei ein getretenem Thauwetter ſich zurückziehen, 230 ff. Rüſtet fich mit baieriſchet Berflärfung zum Rheinübergange und Angriff auf d. Elſaß, 243; erſcheint mit F. Mercy vor Mümpelgard, 244; weicht auf Kulmar und Breifach, 252. robert Remiremont, erhält Zuzug unter der Prinzeffin von Pfalzburg, 280. Unmuth über das Entwiſchen Bernhards und de la Balettes, 286. Feld⸗ zug in Burgund, (1636) und Ginnahme von Mirebean, 386, 387, Hält Longueville in der Freigrafſchaft fe, II, 120; ſacht Rh mit Götz zu ver einigen, 145; trifft bei Tann auf Bernhard und wird von demfelben zurüds geichlagen, 146; umf das eroberte Enfisheim wieber aufgeben, 149; . gibt die Hoffuung, Breifach zu entſetzen, auf, 151. Krauf durch Bernhard in der Freigraffchaft überfallen, 184. Unterhandlungen mit Richelien , ein

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Sach⸗ und Namenregiſter. 677

geleitet durch die Graͤfin von Cantecroix, vorläufig erfolglos, dann in Sierk fortgefeßt, 198. Reiſe nach Paris, 363. Abſchluß des Bertrages von St. Germain, 364. Geheime Protchation Karls gegen bemfelben und An: fnüpfung der Verbindung mit ben Kaiferlichen, 365. Geht, flatt ſich mit Chatillon zu vereinigen, nad Sierf, 3675 zieht dem Infanten auf Aire zu Hülfe, 368. Schließt fi) dem Mercy gegen Buebriant an, 440. Teils nahme an dem Ueberfall bei Tuttlingen, 474; wendet fich nach demfelben nach Lüttich, 477. i

Katalonier, Aufſtand derfelbeg durch Richelieu begünfligt, IL, 283.

King, IL, 133 (f. Karl Ludwig).

Kinsfi, Graf, Interhandlungen mit den Franzoſen, 125, 129, 132.

Klaudia von Medici, Wittwe Erzherzog Leopolds von Tirol, Thätigfeit Tür die Spanier, 99; wirbt ein neues Heer zur Wiebereroberung Borberöfterreiche, it, 280.

Klitzing, bilvet das für den Kaifer beſtimmte branbenburgifche Hülfsheer, IL, 22. . Duck Georg von Lüneburg für das Geſammthaus berufen, 176. Anſchluß an Baner, 252. Belngert Wolfenbüttel, 290. Grhält vom Landgrafen Johann den Befehl, ſich abgefundert vom vereinigten Heere zu halten, 324. Zieht fih aus dem Kriegsdienſte nach Hamburg zurüd, 353.

Kniphauſen, vurh St. Chamont gewonnen, Marfchall der fchwerifchen Krone in Weitfalen, 307; erbietet ſich Minden den Brangofen oder Schweden zu übesliefern, 308; von Geleen bei Wilshaufen überfallen ; bricht nach Meppen auf; Hleibt in der Schlacht bei Hafelüne, 323.

Kölner Friedensgeſchäft; die kaiſerlichen Geſandten finden nur den päpftlichen Legaten, IL, 685 Frankreich und Echweben weigern fich ber päpftlichen Bermittelung zu fügen, 1, 69 ff.

Königemart, Graf Johann Chriſt., Herkunft und frühere Kriegsdienſte, IL, 177, 178. Zu Wilsgaufen gefangen auf Baners Drohung freigegeben, 1, 323. Grhält an Kings Stelle ven Obcrbefehl in Wehfalen, II, 177. Brandſchatzt im Eichsfelde und in Würzburg, 179; geht vor Hatzfeld an vie Weſer zurüd, 228. Vom Winterlager in Bielefeld gegen den Biſchof von Würzburg, 229; muß fih nach Böhmen ziehen, 245; von Baner gegen Mercy gefendet, 293; brandſchatzt, von Torflensfon ausgefchidt. Meiſſen, ‚Thüringen, Sachſen, Franken, 421; verheert und brandſchatzt das Voigt⸗ fand und Franken, 451.; erobert Halberfladt, 452; von feinen Erndten um Magdeburg und in Meiffen an bie Warte und Netze gerufen, 457; zwingt Krofow zum Abzuge .aus Hinterpommern, 466; Streifzüge im Lüneburs gifgen und Hilbesheimiichen, 497; geht nach Meiflen, 498. Trenuung von Enghien, 516, zwingt Johann Georg zum Waffenſtillſtande, 531; Erobe⸗ sungen in Weſtfalen, 5735 nimmt vie nach ihrer Trennung von Turenne umberirrenden Meimarer auf, 601. Berforgt, von Wrangel entfenvet nach Eger, 8135 nad der Bereinigung gegen Holzapfel vorausgefendet, 614. Deingt nady Böhmen und bemeiftert fi) durch Odewalsfis Verrath der kleinen Seite von Prag. 620.

Konitanz, Belagerung durch Guſtav Horn; Entſatz durch Aldringer und Feria, 101 ff.

678 Sach⸗ und Ramenregifer.

Krane, Reichehofratb in Münfter und Osnabrück, IL, 480.

Kratz von Scharpfenftein will Ingolſtadt den Schweden verrätherifch übergeben, 70; in ber Schladht bei Nörblingen gefangen, in Wien hingerichtet, 184.

Kratzenſt ein ftelt bei Hafelüne das Treffen ber und fiegt, 323. Zum General Major des weftfälifchen Heeres erhoben, 324.

Krokow, Ernſt v., in Bommern, 466. '

Kurz, Graf von, Failerlider Geſandter in Hamburg, II, 70.

Küttner von Kunig, Gefandter Maximilians in Meg, 17; bei Grammont in Ingolſtadt, II, 526.

Lamboy, rüdt auf Seban; fliegt bei Marfee, IE, 367; erobert Dondhery, 368. Vom Kaifer gegen Guebriant gerufen 377; in feinem Lager nm Kempen geſchlagen und gefangen, 378. Durch den Kurfürften von Köln gehinded, Holzapfel zu folgen, 612; bei Grevenbroich von den Heffen geichlagen, 618; wirft Verſtärkung nach Paderborn, 618.

Landsberg, Erflürmung durch Torftensfon , 68.

Landshut erflürmt 1634, 169.

a Lapide, Hippolithus, de ratione Status, über den Berfafler, IL, 287. Anm. 1. Darlegung des Inhaltes und feines Cinfluſſes, 288, 289.

Lehougius, Johann, 6.

Leipzig, Schlacht bei Leipzig, Belagerung buch Torſtensſon, II, 423, 432.

Leopold Wilhelm, Erzberzog, Bruder Ferdinand III, zum Oberfeldherrn er⸗ nannt, II, 166. Ankunft in Prag, 181. Tritt den Oberbefehl an, 231. Folgt mit Piccolomini dem weichenden Baner, 247; ſteht um Saalfeld in vortheilhafter Stellung, 253. Das Taiferliche Heer verläßt bie feite Stel lung um Vacha und dringt in Niederheflen ein, 265; folgt Garetto anf Fritzlar, 269. Verſtärkung des Heeres und Vereinigung mit Wahls und Hapfelds Reutern, 271. Trennung bes Taiferlichen Heeres um Brilon und Büren zum Marfche in bie Wintergnartiere, 276, 278. Ankunft im Lager bei Vöringen und Aufbruch des Heeres, aufgehalten vor Neuenburg, 308. Biecolomini und Mercy kommen zu fpät an ben Paß von Breßnig, 304. Das Reichäheer über die Saale gedrungen wird durch Baner und Guébriant zurüdgemworfen, 313. Uebergang des gefammten Heeres über bie Saale , 344. Borrüden des Heeres auf Wansleben, 323. Unterhandlungen zwiſchen Piccolomini- und den guelfiichen Herzogen, 324. Der Erzherzog langt in Perſon mit Berflärfung um Egeln im Hauptlager au; Borräden bes Heeres auf Wolfenbüttel, 325. Verluſte in der Schlacht bei Wolfenbüttel, 329, und Müdzug, 330. Beobachtet in Thüringen bleibend Torſtensſon; bricht mit Piccvlomini und Hapfeld nad vem Eutfage Wolfenbüttels au die Leine auf. 351. Rüdt mit Piccolomini und Wahl burd die Altmark nach Meflendurg, kehrt bis Barby zurüd und entläßt Wahl, 393. Nüdt von Brünn aus gegen Torftensfon, 396. In ber Schlacht bei Leingig von biefem gefchlagen, 422. Kehrt in fein Bisthum nach Paflau heim, 445. Hemmt den Siegeslauf Torftensfone nach der Schlacht bei Jankan, 507; zieht ven Baiern nach der Schlacht bei Allerheim zu Hülfe. 528; geht nad der Berfolgung der Branzuien nach Böhmen 530. Bereinigt fich bei Stab

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Sach⸗ und Namenregiſter. 679

mit den Baiern, 546; breitet ſich in Kulmbach aus, 547. Zicht dem Lands grafen Georg zu Hülfe an ben Untermain, 549. Dringt auf Wrangel bei Amveneburg , 552; if genöthigt fich in die Wetterau zu ziehen, 552. Ent⸗ jept Wugeburg ; geht über den Lech zurück, 556; tritt den Oberbefehl vor- läufig an Lobkowitz ab, 557. Geht als Statthalter in die Niederlande, 570. Kriegerifche Thärigkeit daſelbſt, 591. Bricheint vor Landrecies, 592, Bel Lens von Gonde befiegi, 621.

Lerchenfeld, Chriſtohh von, GeneralsGommiflarius bei Joh. v. Werth, II, 61; in der Schlacht von Rheinfelden, 89 ff.

Lesly, Alexander, erobert Landsberg au ver Warte, 142. Bon Drenfljerna an Kniphauſens Stelle an die Weſer geſendet, 343; eräffuet Georg von Lüneburg beflen Aufträge, 346; geht mit den Trümmern bes kratzenſtei⸗ uifchen Heeres über die Weſer, 348; nimmt Minden duch Verrath, 349; deingt bis Hervorden gegen bie Kaiferlichen vor, 350 (f. Wilhelm v. Heflen).

Lesno, Raphael, Bevollmächtigter Polens zu Stuhmeborf, 311.

Leuchtmar, f. Kaldun.

Liljehöt folgt Baner über bie Oder, erobert Landsberg; ſchickt fein Heer auf Schleſien, Il, 171.

Xöffler, Johann, durch Feuquiöres in Heilbronn beflochen, 52; Mitglied ber Gefandtfchaft nach Paris, 119— 121; Intriguen in Betreff Philippsburge, 178; ſchließt mit Streiff den fchimpflichen parifer Trachat, 212 ff. Seine Auslieferung vom Kaifer gefordert; irrt dienſtlos umher; flirbt zu Baſel, 291, 292. Seine Erben durch den weſtfaͤliſchen Frieden in ihre Güter wieder eingelegt, IL, 635.

Lohauſen, Wilgelm v. Kalchun, genannt Lohaufen, 298; legt feinen Befehl in Magdeburg nieder, 346.

Zonguerille, Henry d'Orleans Duc de, erobert St. Amour und verflärkt Buebriant, 11, 44; Heine Vortheile gegen den Lothringer in Franche⸗Comté, 140. Ankunft in Kolmar, 215; von ben Direktoren anerlaunt, 218; Ab: ſicht auf die Rheinpialz vereitelt durch Piccolomini, 232. Exroberungen am Rhein, 233; Rheinübergang des Heeres, 235, 236. Winterlager in ber Wetterau und in Oberheflen, 239; fendet Choiſy an Amalia Giifabeth, 341; in Kaflel bei verfelben; muß fi zur Bereinigung mit Baner entſchließen, 251 (f. Baner). Weigert ſich auf Hof zu folgen, 255; Mißachtung bei ven Generalen, 256. Dem Baner von Bfchwege auf beiden Seiten ber Werra gefolgt, 265; will die Weimarer durch einen allgemeinen Eid bins den, 266; bei Georg in Söttingen, 267; geht Eranf nad Kaflel, 270. Heimkehr nad Branfreih, 292. Oberhaupt der franzöfiichen Befandts fhafı zu Münſter und Osnabrück, 536; verläßt ben Kongreß, 833.

Lothringen, Pläne Frankreichs auf Lothringen, 11 ff. (f. Karl IV.)

Ludwig XITI, König von Sranfreich, mit einem Heere an ber Grenze (1631) 14; vor Rancy, 94; begiebt fih in Berfon (1635) an die Grenze gegen ben Lotbringer, 280; beireibt die Eroberung von St. Mihiel, 285; ungroßs mütbige Behandlung ver Bejapung; Kriegerath in Rancy, daſelbſt. Mahnt Bernhard zum Angriffe auf den Rhein, um Banor Luft zu machen, IL, 47;

680 Sachs und Namenregifter.

in Perſon vor Hesdin, 196; verforgt das Lager vor Arras durch du Hals lier, 283 ; verſtaͤrkt Chatillon; erobert Donchery, 368; Abreiſe nach dem Süden, 382; im Lager zu Perpignan, 384; reift franf nach Narbonne ; läßt Ging: Mars verhaften und ihm in Lyon ben Proceß machen, 386. Sein Tod, 448.

Ludwig Heinrih von Naffau Dillenburg bringt Hanau in die Gewalt des Grafen, II, 64. .

Lüneburg, Umlagerung und @innahme durch Georg von Lüneburg, IL 34.

Lüttich, Belagerung durch Werth, 334; Unruhen in der Stadt; Sieg der frans zöfffchen Partei. 335; Aufhebung der Belagerung, 368.

Lützzen, Schlacht bei, 28.

Magdeburg, Belagerung durch das Faiferliche und füchfiiche Heer; Uebergabe an ben Kurfürſten, 347.

Manicamp erhält von Bernhard den Auftrag der Vertheidigung ber rheinauer Schanzen, II, 56; unpäßlich in Straßburg, während fein Poflen von Werth angegriffen wird, 57.

Mansfeld, Philipp Graf von, fammelt ein flattliches Heer, ſetzt bei Andernach über den Main und greift in Heflen und der Wetterau um fih, 209. Führt nah Goͤtz's Gefangennahme das Heer ins Wirtembergiiche, IL, 151; an der Spige eined neuen Heeres gegen die Schweden in Schleſten, 227.

Mantuanifcher Krieg, 5 ff. .

Maria v. Medici flieht nah Brüſſel, 13.

Marzin erflürmt Stargard, 300, 304. Wendet ſich bei der Berfofgung Baners von Fürftenwalde auf Küſtrin, erhält von Georg Wilhelm Geſchütz und eilt auf Landsberg, IL, 25; fucht vergeblich fih mit Gallas um Doͤmitz zu ver⸗ binden, 157; bei Chemnig gegen Baner; entifommen zu Prag einges fperrt, 167. |

Maximilian, Kurfürft von Baiern, geheimes Bündniß mit Frankreich, 11; nimmt Straubing ein, 139, 140. In Verdacht den NRheinübergang der Sranzofen begünftigt zu haben, II, 239. Thätigfeit zur Vertreibung Banere, 302. Stellt nah der Schlacht bei Jankau neue Werbungen an, 508; läßt Geleen und Werth zu Leopold Wilhelm ſtoßen, 546; Landesaufgebut gegen Wrangel und Turenne; muß fih aus München flüchten, 554. Grneues zung ber Waffenftilltandsunterhandlungen mit Frankreich, 557; Ungewißheit Geleens und Werths über biejelben, 563. Waffenſtillſtand zu Ulm abges ſchloſſen, 564, 565. Wuth Marimilians über die Berrätherei Werths, 579; rechtfertigt in einem Schreiben an alle. Offiziere fein Verfahren gegen den Kaifer, 588. Enttaͤuſchung durch die gefleigerten Forderungen der Fremden, 599, 600. Unterhanplungen mit dem Kaifer, 601. Auffünvigung bes Waffens ftillftandes an die Schweben, 602, 604. Befehl an Gronsfeld die Schwes ben nich über bie Wefer zu verfolgen, 607. Flucht nach Salzburg, 616; läßt Gronsfeld verhaften, daſelbſt; entjepliches Gefchid feines Landes, 617, 618. Unzufriedenheit mit Piccolomini, 625.

Mazarini, Giulio, zum Kardinal erhoben, von Richelieu zum Bevollmächtigten

- für die allgemeine Friedensverſammlung beitimmt, II, 284. Zufammenfeßung

Sach⸗ und Namenregiker. 681

feines Minifteriums, 450. Sieg über bie Importants, 458. Befehl an Enghien über die Hortfegung des deutſchen Krieges, 459. Leite bie Unterhand⸗ lungen wegen Neutralität Baierns ein, 502. Berlegenheit gegen Erlach nach ber Niederlage bei Mergentheim, 512. Ruft Turenne über den Rhein zurüd, 592.

Medici, Don Matthias de, erobert Wolgaſt, A, 31.

Meilleraye, Narſchall de Ia, belagert Hesdin⸗Fert; wird nach der Einnahme zum Marſchall ernannt II, 196; Streifzüge im Artois, 209. Umlagert Aire, 365; erobert es, 368; Berfönliche Gefahr um Terouanne, daſelbſt. Fällt mit Breze in Flandern ein, 369.

Melanper, ſ. Holzapfel.

Melos, Don Francesco de, Sieg über Guiche bei Hounecourt, IL, 385 ; erfcheint mit Verſtaͤrkung gegen Buebriaut an ber Mans, 398; zieht ins Artois zurüd, 400.

Mergentheim, Schlacht bei, IL, 509.

Merode, Graf Johaun von, in der Schlacht bei Oldendorp, 84, 85.

Merode, Herm. Francois de, Baron d'Aſcher, Flucht aus der Schlacht bei Oldendorp, 85. 1, 117. Duell mit Werth, 484.

Meroder, Merodebruder im Simpliciifimus geſchildert, 31,115; unterflügt durch bie fleinen Garniſonen, 413.

Mercy, Caſpar de, Bruder bes folgenden, Senerals Feldwachtmeifter; fein Tod in den Schanzen vor Freiburg, II, 492.

Mercy, Frangois de, vertheidigt Vie und Moyenvic, 15; Mheinfelden unterfügt von den fchwarzwälder Bauern, 171; zur Uebergabe gezwungen, 176. Ders flärft die Befabung von Breiſach nad der Schlacht bei MhHeinfelden, IL, 104. Als BeneralsFeldzeugmeifter unter Geleen, 185; überfällt das Lager bei Friglar, 270. In Wirtemberg gegen Wiverholb zurüdgelafien, 406. Un Wahls Stelle Anführer des baierifchen und des Meichäheeres, 437; fenvet Werth gegen die franzoͤſiſchen Quartiere zwilchen Hoppach and Schorndorf, 438; fcht dem Guébriaut bei Kirchheim gegenüber, 440; harrt deſſelben bei Pfullendorf und Moͤslirch, 454; lagert fich bei Weißenburg, 456. Geht über ben Rhein zurüd und flellt fi bei Durlach auf, 460; marſchitt auf Malmsheim, 469; auf Möskirh und ftellt fih in Schlachtorbnung, 473; rückt auf Rothweil; Einnahme veffelben, 476; zieht nad) der Eroberung Ueberlingens auf Hohentwiel, 486; umlageri Freiburg und nimmt es durch Kapitulation, 488. Sturm der Branzofen gegen feine. Schanzen, 489, 490. Abzug auf Billingen, 493. Zug an den Rhein, 499; erfürmt Bensheim, 500. Rüdzug bei Torflensfons Vorrücken nach dem Odenwalde, 501; ſchlaͤgt Rofen von Wirtemberg ab 508. Geht mit Werth auf Feuchtwangen; ſchlaäͤgt Turenne bei Mergentheim, 509, 510. Verfolgung des Sieges, 511. Jagt Turenne bis Siegenhain, 513; geht auf den Main zurüd,.514; bei Wimpfen über den Nedar, 514. Vereitelt die Pläne Enghiens, 515; flellt ſich um Feuchtwangen auf, 518. Treffen bei Allerheim, 519; fein Top in demfelben, 520.

Wire, Sieur de, frangölicher Agent bei &. Horn, 38, 121.

Model, ſchwediſcher Refident in Benfeld, IL, 458.

Moda, bel, vertheidigt Heidelberg gegen Werth, 207.

682 Sach⸗ und Namenregiſter.

Montecuculi, Raimund, bei Brandeis gefangen, I, 169. Yührt mit Werth bie Reuterei gegen die Schweden bei Triebel 597, 598. Wolgt dem Haupt⸗ heere, 611. Theilt mit Sronsfeld den Oberbefehl nad Melanders Tode 615.

Montmorency, Henry Duc be, auf Gaſtons Seite gegen Richelleu ; bei Gaflels naudary gefangen und Bingerichtet, 25 27.

Montrelors und St. Ibars Mordanfchlag gegen Richelien in Amiens. 382.

Mony, Marquis de, Befehlshaber in Nancy, 94.

Mortaigne, Caſpar. Eornel., von Baner an Georg von Lüneburg gefendet, IL, 248. DBefördert die Unruhen im ſchwediſchen Heere, 343; von ben Oberfien an 9. Salvius gefendet, 349; durch Buobriant beftochen, 355. Bewillfommnet Torftensfon, 358. Bon Amalia Glifabeb zum General Lientenant ernannt, 572; flirbt, vor MRheinfels verwundet, 600.

Moſcheroſch, Berichte über das Blend Deutſchland's im Bhilander von Gitter wald, IL, 412.

Mühlheim, Georg Fr. v., vertheidigt Zabern gegen Bernhard, 358.

Nancy, den Branzofen übergeben, 87.

Naffau, Otto Wüh. Graf v., in der Schlacht bei Mheinfelden, TI, 86. Grobes rungen in Franche⸗Comto, 184; mit Ehm in der Rheinpfalz, 211, 214. Sein Tod, 348.

Naffau, Ludwig Graf v., kaiferliher Botſchafter in Münfter, II, 480.

Neuß, Belagerung und Einnahme durch Guebriant, 379.

Niederlande, als hohe Schule der Kriegswiſſenſchaft, 59.

Nördlingen, Belagerung duch König Ferdinand; Schlacht, 180 ff. Verluſte in derfelben, 184. Folgen des Sieges, 197 fi.

Noirmoutier, Marquis de, II, 502.

Nürnberg erbittet ein Darlehn von Frankreich, 53.

Odowalski, Ernf, unterflüßt verrätherifch Rönigemarks Blau auf Brag, IL 620.

Diffonville, Baron d’, nach Breiſach geſchickt, um die weimarſchen Oberfien zu erfaufen, II, 209; als Königslientenant im Elſaß, 279, 280. Kleine Groberungen ; weitere Bortichritte durch Gille de Haes verhindert, 362. Rettet ſich durch die Flucht aus Breifach vor ber menteriichen Befaguug, 486.

Didendorp, Schlacht bei, 84 ff.

Otto Ludwig, Rheingraf, im Eifaß gegen Karl von Lothringen, 149; durch die Franzoſen um das Bisthum Baſel betrogen, 150; beſetzt Kengingen und entgeht großer perfönlicher Gefahr über bie ſtraßburger Brüde, 199. Unters zeichnet den Vertrag, wodurch Schlettſtaͤdt und Kolmar und bie Plaͤtze des Oberelfaß den Franzofen geöffnet werben, 204. Gein Top in Worms, 205.

Dxenflierna, NArel, feine Anfichten über die beutfchen Angelegenheiten und über die Bortfegung des Krieges nach bes Könige Tode, 40, 46. Gilt von Hanau nah Sachſen, königlich von Johann Georg empfangen, 40,41. Beife nadp Berlin, daſelbſt, und nach vorläufigen Anorbnungen nad Franfen, 42. Lehnt franzöfifche Unterflühung auf dem linken Rheinufer ab, 48. Eröffnet die Heilbronner Tagefahrt, 49. Geſteht die Räumung der Unterpfalg zu, 54. Sendet mit Feuqulores Agenten an Walpflein nach Schleſien. Wei⸗ gert ſich Philippsburg den Franzoſen abzutreten, 118, 152. Schreibt eine

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‚Sad und Namenregiſter. 68

neue Tagefahrt ber vier oberen Kreife nach Frankfurt aus; Reife nach Hals berftadt, 122. Sucht eine Bereinigung ber niederfächflichen Stände, 144. Reife nah Stendal und Frankfurt, 142. Schwierige Steflung ben Beils bronner Bundesgenoſſen gegenüber, und geſpanntes Verhaͤltniß zu Yenquiös res, 156. Abficht, das ſchwediſche Heer an ben Mhein zu ziehen, 157. Abreiſe von Frankfurt, 160. Rathlofigfeit nach dem Falle von Regens⸗ burg, 173. Unterzeichnet ohne Sinwilligung der Stände bie Abtretung Philippoburgs an Frankreich, 176. Sein Anerbieten, bie Pläpe des weſt⸗ lichen Deutichlandse an Frankreich abzutreten, von Beuqulores abgelehnt, 179. Seine Anordnungen nad) der Schlaht von Nörblingen, 192. Ges heime Inſtruction für Löffler, 196. Sammelt einige Fürſten und Städte zu Worms um den pariier Bertrag vorzulegen, 209. Verweigert entfchieben die Unterzeichnung beflelben. Geht nah Mainz, 215; ſendet eine eigene Geſandſchaft nach Paris, um die Gründe feiner Weigerung darzulegen, 216. Kleinmüthiger Bericht bes Meichsraihes an Dreuftjerna auf Lanventfchänigung zu verzichten, 237. Berläßt Worms, um ſich durch Lofhringen nach Paris zu begeben, 239. Wird im Hoflager zu Gompiegne empfangen, 249. Abſchließung eines YBunbesvertrages mit Bouthillier, 250; und begiebt ſich nah Stade, bajelbfl. Entzieht Georg von Lüneburg 7 Regimenter unter Speerreuter, ber zu Baner flößt, und begiebt ſich felbft zu dieſem nad Magbeburg, 293. Verhandelt durch Branbenftein und Lohanfen mit Johann Georg, 295, 296. Sein Hochmuth gebemüthigt durch die fortgefekten Uns terhandlungen ber fIchwebifchsbeutichen Oberfien mit Iohann Georg, 297, 298. Kuüpft Unterhanblungen mit ben Kaifer an, und iſt gezwungen, nach Wismar zu flüchten, 299. Befebt den Paß von Dimid und bie. Haupts pläge Mellenburgs; beſchickt de la Gardie und Wrangel in Preußen um Hülfe, 302. Sendet Adolph Friedrich von Mediienburg zur Zortfegung der ‚Unterhandluugen ins füchftiche Hoflager, daſelbſt. Begiebt ih, da auch Vo⸗ gislav XIV. fi zu erheben droht, nach Stralfund, 305. Unzufriedenheit mit dem finhmeborfer Bertrage. Sept die Unterhandlungen wegen des Se⸗ paratfriedens durch Sendungen Adolph Friedrichs fort, 320. Grhält neue Vollmacht zur Fortſetzung der Wriebensunterhandlungen mit dem Kaiſer, oder Im ungünftigen Kalle zur Erneuerung bes Bünpniffes mit Frankreich, ‚341; kommt in Wismar mit St. Chamont über vorläufige Artifel überein,

342. Begiebt jih nah Stralfund, um von bort die lepten Anordnungen für den Krieg zu treffen, 343. Wbreife vom Ruden nah Stodholm, 364. Oxenſtjerna in Hoffnung auf Herzog Bernharb zur Herflellung ber ſchwedi⸗ fhen Waffen, endet den Rat Müller an ihn, IL, 75. Begünfligt wider Willen die Bildung einer dritten Bartei, indem er zur Vereinigung Melanders mit Bernharb auffordert, 193.

Drenfjerna, Johann, Sohn des vorigen, ſchwediſcher Befandter in Stuhms⸗ dorf, 312. Erſter Bevollmächtigter in Osnabräd, IL, 480.

Baderborn durch Weiß tapfer gegen Goötz vertheibigt, 363.

Paffau, Kriegsralh der Kaiſerlichen zu Paſſau, IL, 482.

Pful, Konrad Bertram, beginnt ben Zug anf Regensburg, EI, 291, 292. Nimmt

684 Sach⸗ und Ramenregifer.

feinen Abſchied und geht nach Hamburg, 358. Verſucht die Truppen der Buelfen ven Kaiſerlichen zuguführen, 397.

Philipp Chriſtoph von Sötern, Kurfürf von Trier, begiebt fi in den Schuß Pranfreihe, 20. Durch die Spanier in Trier aufgehoben, 248. Befreiung aus der Faiferlichen Gefangenichaft, IL, 535. Bertreibt die Frans zofen aus Trier, II, 538; verkauft an Frankreich das Recht der umbefchräufs ten Berfügung über Philippeburg und die Schugherrlichfeit über Speier, 544.

Philipp Morig, Straf von Hanau, von Ramfay in Hanau ale Gefange⸗ ner behanpelt, IL, 61, 62. Sein Top, 65.

Philippsburg von Bamberger vertheidigt, 26; von bemfelben übergeben, 147; durch bie Lift Fenquieres in ben Händen der Franzoſen, 202 ff. Bon Arnauld verwahrloft, im erſten Anrennen der Kaiferliden unter Bamberger und Gallas genommen, 226 ff. Groberung durch Enghien; Zuſtand der Garnifon, IL, 493—495.

Biccolomini, Dttayio, Benehmen in Maldfleine Angelegenheit. 130 ff. Mari zur Seite des Infanten; Eroberungen nach der Schlacht bei Noͤrd⸗ lingen, 198. Bereinigt fih mit den Spaniern in Belgien und zwingt bie Stanzofen zum Rüdzuge, 265. Vereinigt fi mit. dem Karbinalinfanten (ſ. Don Fernando), 368. Rückt ins Luremburgifche, IL, 186; verjagt die

Vranzoſen vor Diedenhofen und fchlägt fie gänzlich in bie Flucht, 197. Zum Herzog von Amglfi erhoben; vom Kailer nach Böhmen berufen, 227. Bers eitelt die Abficht der Franzoſen auf Winterquartiere in der Mheinpfalz, 232. Bereinigt fih um Tabor mit Hatzfeld, 245; erobert Rönigingräg und bringt auf dem rechten Elbufer in’6 Bebirge, 246, (vgl. Leopold Wühelm). Ber widelt die Berhälinifie noch mehr durch ſcheinbare Unfunde des Anſchluſſes der Lüneburger und Heflen, 257, 259. Bricht nach der Berflärkung des Heeres an die Weſer auf, 271; nimmt Hörter; fucht, von Baner am Ueber gange gehinderi, Winterguartiere im Münfterfchen, 272, 273. Zwiſt mit Geleen über das Entwiſchen Banörs bei Brefnig, 305. Teilnahme au der Schlacht bei Wolfenbüttel, 327, 329. Groberungen während des Zwis fles im feinplichen Heere, 345, 350. Belagert Einbed, 354; rüdt auf Göts tingen, muß die Belagerung aufgeben, 357. Gebt wieder in fpanifche Dienſte, 445. Nach Holzapfels Tode Faiferlicher Oberfeldherr, 622. Mufterung bee Heeres bei Schärbing, 623. Stanblager um Landau; Aufbruch nah Mäns hen, 625, vermeidet bie Schlacht und zieht auf Möringen, 630; geht über die Donau und erhält in Cham vie Friedensbotſchaft, 631. Seine Jagd⸗ liebhaberei, 627.

Pirna Kampf um Pirna und Zerſtörung der Weile durch Banir, Ik, 180.

Pirnaer Friede, I, 224, 226.

Bommern, Einfall des Taiferlichen Heeres nach Baners Flucht von Torgau; Eroberung des flachen Landes, während die Schweden in die Feten gebrängt werben, II, 28—31. Vermäflung durch den Krieg, 32.

Bontis, Bericht über den Ueberfall bei Tuttlingen, IL 475. 9. 1.

Bortugal, Losreifung von Spanien, I, 283.

Prag, durch Baner befhoflen, II, 169, 226. Ginnahne der Keinen Seite

Sach⸗ und Namenregifter: 685

buch Königemarkt, 620. Prager Friede beftätigt und publizirt, 255; Bedingungen beffelben, vafelbfl. Beitretende Neichsftände, 260.

PBuylaurens, Bünftling Gaſtons, 13.

Buyfegur ſucht den Uebergang der Feinde über die Somme bei Eerifey zu wehren, 872.

Dueftenberg, Hoffriegerath, in Pilſen, 125.

Rabziwill, Chriſtoph. Palatin von Wilna, Bevollmächtigter Bolens in Stuhms⸗ dorf, 311.

Ragoczy, Georg, Fürſt von Siebenbürgen, mit feinen Horden in Oberungarn, 11, 480, erobert Kaſchau, 482: duch Goͤtz mmd Buchheim zum Frieden gezwungen, 499.

Ramfay in Hanau von Lamboy belagert, 338, 339, 352. Unterflügt bie Belagerten in Hermannſtein, I, 7. Tolle Wirthſchaft und Haltungslofes Benehmen in Hoffnung auf die Sieghaftigfeit Bernhards am Rhein, 61: weigert die Uebergabe an den Landesherrn, 62; Hält denſelben gefangen, 63: weift die Vermittelung der Nachbarfürften ab, 64; übergiebt die Feſte tem Grafen von Raflan; flirbt gefangen zu Dillenburg, 65. .

Ranzau, Ioflas Eraf von, frühere Berhälmiffe, IT, 462. Bet Pfaffenhofen. 1, 81; begiebt fih in franzoͤſiſche Dienfte, 290; verforgt Kolmar und Schlett⸗ ſtaͤdt; entfept und verpflegt Hagenau mit Hülfe der Straßburger, 330; wirft Derkärfung in St. Jean de Lone, 398. Berläßt mit Geld verfehen Paris, um Deutfche zum Gntiabe von Hermannflein zu werden, IE, 8. Geht auf feine Güter nach Holſtein, 351. Führt Buchriant Hülfstruppen vom Heere Engbiens zu, 461; Berhältuig zu Guébriant, 462; räth das Hauptquartier in Tuttlingen aufzufchlagen, 471.

Rafch, Klaudins von, 109.

Raufhenberg (If. Wolfenbüttel), übergiebt Wolfenbüttel und vereinigt fein Volt mit Hatzfeld, IT, 468.

Regensburg durch Bernharb belagert und erobert, 110. Durd die Kailers lichen belagert (1634); 165 ff.

Regensburger Kurfürftentag (1636), 354. Reichstag (1640), II, 285 f. Bewilligung bes freien Geleites für alle nicht in den prager Fries den aufgenommenen Stände, 286. Briefe an Schweten beim Iuge Banere anf Regensburg, 294. Abſchied und neues Ammeſtiegeſetz, 370 fi.

Nehlinger von Leber, Kanzler, fchreibt Bernhards Teftament nieder, 15, 205.

Neinach, Hans Heinrich von, bei Feria, 104; In Rheinfelden, 105. Sucht den Paß von Lauffendurg gegen Bernhard zu fchüpen; fein Regiment durch Rofen verſprengt. II. 80. Treopige Feſtigkeit bei wieberholter Aufforderung Bernhards zur Uebergabe, 149, 151, (1. Breifach und Bernhard).

Rheinfelden durch Feria und Aldringer erflürnt, 105. Bon Bernbarb bes lagert, U, 81. Erſte Schlacht, 85 ff.; Entfag der Seile, 87. Zweite Schlacht, 91—95. Uebergabe in die Gewalt Bernharbe, 101.

Richelien, Armand du Pleſſis, Garbinals Duc de, wird in den Staatérath eingeführt, 3; übernimmt felbf ven Oberbefehl im mantwanifchen Kriege, 5 Berabrebungen mit Orenfljerna gegen den Lothringer, 24; zwingt biefen

686 Sach⸗ und Namenregifter.

zum Bertrage von Liverbun, 25. Triumph nach ber Heilbronner Tagefahrt (1633) 55. Betreibt durch Fenquiéres ſchwediſche Hülfe gegen ben Loth⸗ tinger, 94. Beurtheilung der walbfleinichen Katafttophe, 137. Macht ein Ende mit dem Lothringer, 150, 151. Bolitit nad ber noͤrdlinger Schlacht, 210 f. Sendung tes Grafen Avaux nach Schweren, 211. Erſcheinen Löfflers und Streifs in Paris, dafelbfl. Wichelien lehnt die offene Krieges erllärung an Defterreich ab, fo wie vie Sahlung der Rückſtaͤnde; hoͤhnt die Abgeſandten wegen ihrer Zugeflänbniffe und zwingt fie zur Abfchließung des parifer Bertrages (v. 1. November 1634) unter fchmachvollen Bebingungen, 212 fi. Verdruß über die Folgen bes erfien offenen Feldzuges gegen den Kaifer, 326; fendet unter Condée ein Heer in die Freigrafſchaft und läßt Dole belagern, 360, 361. Laute Aeußerung des Bolfshafles gegen ihn als Ucheber des Krieges und ber Noth während des Schreckenmonates von Gors bie, 377. Befolgt den Mugen Rath P. Joſephs, wie die Parifer zu beru bigen feien, 378; Tobesgefahr während der Belagerung von Gorbie, durch die Verſchwoͤrung Montrefors und St. Ibars, 382. Labet durch eine Ge fandtfchaft Herzog Bernhard an den Hof ein, II, 2. Sendet den Sieur de Beauregard an Baner, II, 11. Bill die kaiſerlichen Geleitsbriefe für das koͤlner Friedenogeſchaͤft auch auf die proteftantifchen Stänbe ausgedehnt wiffen, 68; ruft St. Ehamont von Hamburg ab, 70. Lehnt Bernharbe Forderun⸗ gen dur Truchſeß ab, wenn derſelbe nicht Tchriftlich fi zum Rheinüber⸗ gange verpflichte und überträgt dem Marquis de Fenquiöres bie Unterhands lungen, 76. Leitet die Entfernung Melanders ein, 174. Freude über bie Groberung Breiſachs, gemindert durch die Ungewißheit über Bernharbe Ab: fihten, 182. Beſtimmt Guebriant ſchon vor dem Kalle von Breifach zum Statthalter, 183. Befchluß, dem Herzoge feine Groberungen zu entreißen, 202. Mafregeln gegen deſſen Teſtament und Sendung Choiſy's, 213. Schlägt zu ben Priebeneunterhandlungen die Stäbte Münfter und Osnabrück ver, 339. Ordnet die Sriegsangelegenheiten vor dem Zuge des Könige na Rouffillon, 381. Frank in Narbonne vom Könige verlafien, 383. Theilt demfelben den Bertrag von Mabrid mit, 385; von Ludwig in Tarafcon bes ſucht, 386. Sein Ton zu Ruel, 434. Betrachtung über das Weſen uud die Folgen feiner Politif, 435. °

Rittberg, Graf von, Statthalter von Luremburg, überfällt Trier, 247.

Rohan, Henry Duc de, in Beltlin, 98, 99; veranlaßt Horns Zug gegen Ken: flanz, 100, 102. Bon Richelleu in den Sundgau und Oberelfaß gefchidt; von ver Belagerung Beforts durch den Loihringer abberufen, 230; erobert Ruffach, befefigt Kolmar, 243. Glücklich in Beltlin, 327. Nach den Uns terhandlungen ber Graubändner mit Spanien und Claudia von Tirol, muß Rohan einen Vertrag fliegen, Braubünden und Beltlin zu räumen, IT, 44. Lehnt es ab, fein Heer nah Italien zu führen. und bittet um tie Er⸗ laubniß, in der Schweiz zu bleiben, 45. - Begiebt fi ins Lager Bern hards, 75; geheime Unterredung mit demfelben zu Lenzburg, 81. Ficht in der Schlacht bei Rheinfelden als Kreiwilliger; fein baldiger Tob, 86, 87.

©. Romain, Sienr de, Avaur Stellvertreter in Hamburg, IL, 407.

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Sach⸗ und Ramenregifler. 687

Korte, Baron de, franzoͤſiſcher Agent bei Brandenburg und Sachſen, 82.

Rofen, Reinhold, Eroberungen in Franche⸗Comté, II, 189; zur Beobachtung der Baiern ausgefchidt, 211, 214. Berwegener Iug den Kaiferlichen ents gegen; ſchlägt die gegen ihn gefchidten Reiter unter Gille de Haes, Bre⸗ dbow und dem füngeren Mercy bei Siegenhain, 277, 278. Stößt über Schweinfurt zu Onebriant, 300. Gegen Biccolomini enf Göttingen gefchict, 357; auf Balingen gefenbet; Marfch anf Geislingen, 469. Bon Spord überfallen, 470. Bei Mergentheim gefangen, 510. Durch Turenne zu Gtt- lingen verhaftet, 593; nad) Nancy ins Befängniß geführt, 594.

Rofen, Bollmar, der Tolle, in Oberheflen, II, 251.

Rome, Thomas, englifcher Bermittler in Wien, IL, 406.

Ruprecht, Pfalzgraf, gefangen in der Schlacht bei Vlotho, IT, 139.

Ruthven, Generals Lientenaut, Sieg über Baudiſſin bei Doͤmitz und deſſen Folgen, 304.

Saavreda Tarardo, Don Diegos de, ſpaniſcher Geſandter bei den Bis genofien, IL, 196; in Münfter, 480.

Salm, Graf von, von der Freigraffchaft abgewieſen, übergiebt Hagenau, Ho⸗ henbar und Zabern in franzöflfchen Schug, 148.

Salvius, Abler, Hoffanzler und Geh.- Rath, händigt an St. Ehamont bie Beflätigung bes wismarer Vertrages aus, II, 70. Yorberung der Gewähr; leitung Schwedens für Pommern, umgangen dur Avanx, 96. Ankunft in Mänſter; will bei der Säummiß der Franzoſen wiener abreifen, 480, (f. Sams burg; weſtfaͤliſcher Frieden).

Savelli, Friedrich, Duca di, frühere Rriegsthaten, IT, 71; übergiebt ſchimpf⸗ lich Demmin an Guſtav Adolf; von Tilly zur Beſtrafung nach Wien ges fit; gnaͤdig ale Geſandter nach Rom abgeorbnet, vermag ben Papft zu ungefäumter Anerkennung Werbinands III.; ale General⸗Feldzeugmeiſter wird ihm die Hut des Oberrheins neben Werth übertragen, vergleiche I, 53, 01; verfiagt denfelben in Wien, IL, 73; eilt nach Bafel und Breiſach und führt feine Regimenter in den Schwarzwald, 82. Uneinigfeit unter ben faiferlicyen Seneralen, 84. Auf der Flucht von Rheinfelden gefangen genommen, 93; flieht verfappt aus Lauffenburg, trog Kavalierparole, 105. Erhält auf Ders wenbung feiner Freunde bie Führung der kaiſerlichen Heerhaufen um Heil⸗ bronn, 119. Räckt mit Borräthen für Breifach in die Nähe von Witten: weier, 121; von Naffau in die Flucht gejagt, 121; gebt verwundet auf Tübingen, 122.

Schmidtberg reitet fih vor Mercy und Geleen nach ®ermersheim, II, 232.

Schomberg, Heinri von, ſchlaͤgt Montmoreney bei Caſtelnaudary, 27.

Shüs, Johann Philipp, übergiebt Straubing an Bernhard, 111. &

Schwarzenberg, Graf, über feine Politit und feinen Tod, IE, 334.

Schweden, Beute in Deutfchland, 44; Dorwände für bie Vortſetzung bes Krieges, 46. Schwediſch⸗DWeimariſches Heer, Zuſtand beffelben, 68 ff. Menterei im Lager bei Neuburg (1633); Verſchwoͤrung der Offiziere: Ueber: reichung ber Bergleichenntel, 69; Re erhalten Landſchenkungen als Lehne: im Lager bei Donauwerth, 71. Größte Aufloͤſung und Unzufriedenheit bei

688 Sachs und Namenregifler.

Bernhards Ankunft, 74; Borläufige Befriedigung burch benfelben, 75. Aufftand nach Banere Tode, IE, 318 ff. Sendung Rooms und Mor: taignes nach Schweden; Verbrüderungsacte ber Oberflen, 319; Zwiſt ber Directoren, 320. Bolitifche Verbindung mit den Onelfen, 321. Fortdauer der Gährung während des Rückmarſches anf Wolfenbüttel, 341, 342 ff. : Plan gegen Grubbe und die Schweden von Gusbriant und Mortaigne vereitelt, 344, 347. Neue Aufregung burch Anerbietungen der Guelfen, 348; fortgefeßter Zwiſt um Gifhorn und Aufbruch ins Lager bei Beine, 352; Belorgniffe wegen des Ansbleibens Torftensfons, 354; Abfendung Mortaignes mit den Forderungen ber Oberften, 355, an Salvius, der vereint vorläufige Beruhigung bewirkt, 356. Die Directoren weigern ſich Einbeck zu Hülfe zu fomnten, 356. \

Sedan, Kımpf um ©. II, 366 368.

Servien, Abel, flatt Chavigny zur allgemeinen Friedensverfammlung geſchickt. II, 480. Schnöde Behandlung der hanfifhen Gefandten, 535; Drohung an die baierifchen Gefanbten, 608. (f. Weſif. $r.)

Siegmund, Markgraf, an der Spike der brandendurgifhen Geſandtſchaft in Stuhmsborf, 311.

Slange, GErif, beginnt den Angriffskrieg gegen vie Kaiferlichen in Bommern, II, 132: in Neunburg eingefperrt, 303; nach vergebliher Hoffnung auf Bandr zur Grgebung gezwungen, 304.

Soiffons, Louis de Bourbon, Comte de, zum Oberbefehlshaber gegen ben Karbinalinfanten in der Pikardie ernannt, 370. Uneinigfeit im Kriegsrathe zu La Bere führt den Verluſt der wichtigften Grenzplätze herbei, 371; zieht auf Noyon und Compiegne, 372. Der Oberbefehl geht an Gaften über, 379. Rimmt Theil am Mordanſchlage auf Richelieu in Amiens; flieht nach Sean, 385. Bünbniß der Prinzen mit Spanien und dem Kaiſer, II, 366. Dffener Bruch bei Ehatilluns Anrücken, 367. Dunkler Tod beim Berfolgen der Franzoſen, bafelbfl.

Solms, Graf Reinhard Phil. von, zum franzöfiſchen Marſchall mit einer Penſion ernannt, 53.

Soyecourt, Kommandant in Corbie, 374.

Sparr, Ernſt Georg von, umlagert Hohentwiel; durch Wiederhon zu faſt ſchimpflichem Abzuge gezwungen, II, 370.

Sparr, Otto Freiherr von, unter Werth um Jons, II, 417.

Speerreuter, Klaus Dietr. von, in Baiern, 108; tritt nach feiner Abdanfung in Bremen auf die kaiſerliche Seite; unter Savelli vor Rheinfelden; in der Schlacht gefangen, IE, 84.

Speier, won I. v. Werth erobert und noch mehr befefligt, 229; von dem franzöflfchsweimarfhen Heere unter Bernhard und den Marfchallen wieber gewonnen, 241.

Spork, Johann von, Herkunft und frühere Schickſale, II, 469; lockt Taupadels und Rofens Regimenter in einen Hinterhalt, 320; überfüllt Rofen in Geis⸗ lingen 470; Thellnahme an Werths Abfall vom Kurfürften, 577 ff.; Ylucht nach Böhmen, 582; vom Kaifer zum Generalskientenant Werths ernannt, 584.

Sach⸗ und Ramenregifter. 689

Städte, bie großen, fetten Städte Deutichlande ale Bewährer der Humanität und Wiſſenſchaft, 290.

Stälpanpsfe, in Böhmen, 167; von Baner nad Meißen gefendet, 180: in Schleſien von Mansfeld bevrängt, 232. Kriegsyug gegen Mansfeln und Golz in Schleſien; geht auf die Nieverlaufig und die Mark, IL, 275. Feld⸗ zug in der Laufitz und in Schlefien, 332; zieht fich vor bem Herzoge von Lauenburg über die Ober zurüd, 372.

Straßburg erhält auf Johann Georgs Vermittelung die Neutralität, 289 ff.

Straud, Cornelius, II, 507.

Streiff, Philipp von Lauenflein, 119 121.

Stuhmsdorfer Waflenftilifandsunterhandlungen. Gefandte, 311. Avaux bes mächtigt ſich der Leitung der Gefchäfte, 312. Verhandlungen über die Ents fagung bes fchwebifchen Königstitels und die Cinräumung Lienlauds, daſelbſt. Erſtreckung des Stillſtandes, durch Avaur bewirft, 313. Derfelbe erwirft mildere Borfchläge Wladislavs IV; bringt de la Gardies Vorſchlaͤge an denſelben, daſelbſt. Weile au das volnifche Hoflager; Erbitterung ber Polen über die Fordernugen der Schweben, 314. Streitbarer Zuſtand des pol nifchen Heeres, 315. Wiederaufnahme der Verhandlungen zu Stuhmsborf, daſelbſt. Unzeitiger Religionseifer beiver Barteien führt zu biutigem Kampfe; 316, 317. Geremonialftreitigleiten der Gefandten; Avaux' Gewandtheit bringt die Unterhanblungen zum Abſchluß, 318. Bebingungen bes Bertras ges und Beflätigung durch den Heichstag, 319. Nächte Folgen, 321, 322.

Tann, Schlacht bei, II, 146.

Taupabel, Friedr. von, geht aus Wilhelms von Weimars Dienften in bie Bernhards, 74; ſucht Cichſtaͤdt zu entfehen, 109; Thätigkeit unter Berns hard am Oberrhein, IL, 118; in der Schlacht bei Wittenmweier gefangen, 122. Uebernimmt, befreit, die Führung der im Elſaß zurüdgelaffenen Weis marer, 279; in die Waldſtaͤdte entfendet, 280; Theilnahme am Marfche auf Regensburg, 291; Wrgebenheit gegen Bernhard, 293.

Thomas, Prinz von Savoyen, buch Breze und Ghatillon bei Avain ge: ſchlagen, 252.

de Thon, Parlomenisrath, Theilnehmer an der Berihmörung Ginge Mare’, II, 386.

Tienen (Tirlemont) durch die Franzoſen erflürmt, 265.

Torftensfoa, Linnard; führt fchwebifches Fußvolk aus Preußen nad Pommern, 320. Mit Banör an der Spitze der Nachhut, bei deflen Flucht aus Pom⸗ mern, II, 24; Thätigfeit im pommerſchen Kriege, 29. Zum Radyfolger Barors beſtimmt, durch Krankheit in Schweden zurüdgehalten, 337, 338. Arkunft in Deutichland und Vorrücken an die Niederelbe, 358; geht durch Günderode bewogen auf Wiefen, 359. Unterbandlungen mit &uebriant, 360; geht nad defien Abzuge über die Aller und erkrankt toͤdtlich, 373. Rückt gegen die Altmark über die Elbe, 393; fucht Johann Georg vom Kaifer abzuziehen, 394. Zug durch die Laufitz nach Schleften, Broberungen daſelbſt, und Borrüden feines Heeres bis in die Nähe Wiens, 394, 395. Muß von Oppeln auf Buben weichen, 396. Berjagt die Kaiferlichen von

Barthold, Bei. des 30jähr. Kriegs. u. 44

690 Sach⸗ und Ramenregifter.

Glogau; jucht bei Zittau einen Gingang nach Böhmen, 420. Sucht Ra- goczy zum Angriffe auf den Kaifer zu verloden, 421. Wirft fi auf Leipzig und befiegt den Erzherzog balelbit. 422. Ginnahme Leipzigs; Fortfegung der Unterhandlungen wegen der Neutralität mit Johann Georg, 432. Zus fammenkunft mit Guebriant bei Buttſtaͤdt, 433. Legt ſich vor Freiberg, 433, 445; muß bie Belagerung aufheben und fucht an verfchiedenen Stellen in Böhmen einzubrechen, 445. Spielt ven Krieg aus Böhmen nad Mähren, muß ſich aber an bie fchlefiihe Grenze ziehen, 466. Sieht auf Befehl feiner Regierung nach Holftein, 467. Lockt den Gallas aus Jütland abziehend Hinter ſich nach Deutichland, 498; umfchließt denfelben bei Mag- deburg, 499. Bricht nah Sachſen auf; folgt dem Gallas, 503; dringt im Böhmen ein und fchlägt das neue Faiferlide Heer bei Jankau, 505. Bor: dringen bis in bie Nähe Wiens, 507. Mebergiebt frank den Oberbefehl vorläufig an Wittenberg und begiebt fih nach Leipzig, 532.

Trautmannesdorf, Marimiliaen Graf von, Ankunft in Münfler und Osna- brüd, IL, 538.

Trier, Neutralität mit Schweden und Branfreih, 21; durch bie Brangofen belegt, 26;

Truchſeß, nach der Schlacht von Wittenweier in Paris, IL, 140.

-Turenne, Henry Bicomte de, Marechal de Camp unter de la Balette, 266. Führt Herzog Bernhard franzöfiiche Hülfstruppen zu, II, 119. Marſchall und Oberbefehlshaber an der Rheingrenze, 478. Sammelt und orbnet im Sundgau die Ueberrefte von Guebriants Heexe, 482; gegen Mercy auf Yreis burg, 487; vor den freiburger Schangen, 489; erobert Bingen und Kreuz⸗ nad, 496; geht über den Rhein auf Schwaben, 509; Niederlage durch Mercy bei Mergentheim, 510. Demüthiges Hülfsgefuh bei Amalia Clifas beth, 511. Kommandirt bei Allerheim ben rechten Blügel, 520; erhält nach Enghiens Abreife den Oberbefehl, 527. Rüdzug an den Rhein unter Verfolgung der Kaiferlihen und der Baiern, 528, 529. Bedroht Trier, 538; vereinigt fich mit dem fchwebifchen Heere, 552. Zwingt Mainz zur Neutralität, 572. Verfahren im Darmftäbtiichen, 573; Auffland der Weis marer beim Aufbruche nach Zabern, 592; ſteckt die zurüfgebliebenen Weis marer unter andere Regimenter und führt das Heer nad) Luremburg, 595. An den Rhein zurüdgefehrt, kündigt Turenne den Waflenftifftand auf und vereinigt ih mit Wrangel (f. denf.), 611. Anmarfh auf Baiern durch Sranfen und Schwaben, 612. Geht in die wirtembergiiden Winters quartiere,, 631.

Tuttlingen, Ueberfall von, IL, 472.

Ueberlingen, von den Baiern erobert, II, 483.

Ulmer Waffenftilifiands-Vertrag, IL, 564.

Ulrich, Herzog von Wirtemberg, unter Werths Freireutern, IL, 504; Tipfer⸗ feit in der Schlacht bei Jankau, 506; um Landau gefangen, 624.

Uslar, braunfchweigifcher General, zwingt die Kaiferlihen zum Abzug on - Hildesheim, 146.

Urban VII, Bermittelungsverfuche, 399.

Sach⸗ und Namenregifter. 691

la Balette, Louis de Nogaret, Karbinal, Anführer des neuen franzöflfchen Hülfsheeres, 265 ff. Bricht langſam zu Bernhard auf, 268. Zieht auf Bont a Mouflon, 269. Bedingt bie Fortſetzung des Feldzuges durch bie Hülfe des Landgrafen und Herzog George, 271; belagert Bingen, 272; Weigerung der Schweizer und der Ebclleute feines Heeres über den Rhein zu gehen, 273; Bereitwilligfeit zum Rückzuge (f. Bernhard); ihm wirb von feiner Partei die Ehre des Rüdzuges zugefchrieben; verhöhnt von feinen Soldaten, 284; gnädig vom Könige aufgenommen, 285; Unmuth der Ebel leute in feinem Heere und Heimkehr verfelben, 287. Sendet Ranzau vor: auf, um ben Städten des Elſaß zu helfen, 330. Heimfehr nach Paris, 331. Berforgt mit Hülfe Bernhards Hagenan, 357. Mit Bernharb im burguns diſchen Feldzuge; trennt fich von bemfelben nach Gallas' Ruͤckzuge, 388 ff,

Vehlen, General⸗Wachtmeiſter Kreiherr von, nimmt Meppen mit &ift, IL, 137; erobert Bielefeld, 230; ftößt zu Mahl um Köln, 398.

Berdugo, Don, vor Bingen, IL, 140.

Dervanı, Beichtvater Marimilins; in Paris, II, 502.

Bidvoort, Joachim von, Bernhards Agent bei Amalia Blifabeth, II, 194.

Vitzthum in Sadjienhaufen zur Gapitulation gezwungen, 272 fi.

Blotho, Schladht Bei, IT, 139.

Bolmar, Dr. Ifaaf, Kanzler in Breiſach, II, 153, 154; kaiſerlicher Geſandter in Osnabrück, 480.

Mahl, Graf von der, GeneralsFeldgeugmeifter, gegen Landgraf Wilhelm in Heffen, II, 19; trennt fich bei Barby von Piecolomini und begiebt fich nach Münden, 394.

Waldſtein, Rüdzug nach Böhmen und Schleften, 77; Unzufriebenheit; Annähes rung an- Frankreich, 78; Waffenfiillftand mit Sachen, 79; Neue Erbie⸗ tungen Frankreichs, 81; Fündigt ven Waffenſtillſtand mit Sachſen auf, 107; zwingt das ſchwediſche Heer bei Steinan zur Ergebung, 112; jagt den Feind aus Schleſien und der Neumark, zieht Baiern zu Hülfe; im Winters quartier zu Pilfen, daſelbſt. Stellung zum Kaiſer, 123, 125; macchiavellis ftifche Diplomatie, 124; ernenete Unterhandlungen mit Frankreich, 126 fi. Katferliches Aechtungspatent, 131. Broteftation der Oberften, 134. Sen; dung des Herzogs von Lauenburg an Walbftein, 135. Wlüchtet fi nad Eger; Ermorbung daſelbſt, 135.

Ballonen, Kriegsruhm berfelben, 59.

Matweiler, Schlacht bei, 149, 150.

Weimarer, Franzoͤſiſch Weimarifches Heer; Unterhandlungen mit Guebriant und Choiſy in Landau, IL, 215; Berlegung berfelben nah Kolmar: über: tragen an Erlach als Bevollmächtigten, 216. Schimpfliher Bertrag, 217. Entfhluß der Direktoren zu Marburg nach Thüringen aufzubrechen, 250, 251. Bereinigung mit Bandr zu Müblhaufen; die Direftoren und Oberften weigern fig zu Heiligenftadt den von Longueville verlangten Gib zu leiften und wenden fih an Georg von Lüneburg, 266; kündigen den Gehorſam auf und bieten bemielben ihre Dienfle, 267; vie Meuterei durch George Bermittelung und Guébriants Klugheit beruhigt; Givesleiftung des geſamm⸗

44 *

692 Sad: und Namenregifter.

ten Heeres, 268. Drohendes Memorial an Suebriant im Lager an der Erft; Unzufriedenheit der Direktoren, 401. Erheben Schwierigkeit, Gué⸗ briant auf Nieder⸗Sachſen zu folgen, und ſenden Fledenftein und Truchſeß nach Paris, A420. Forderungen vor dem Sommerfeldzuge von 1643 an Guebriant, 453. Bereinigen fich fchriftlich dem Turenne nicht aus Deutfch- land über den Rhein zu folgen, 592%, 593; Abzug unter Wilhelm Hempel nah Thüringen, 594, 595.

Werder, Dietrich von dem, 298; legt feine Stelle ale fchwebifcher Oberſt nieder, 302.

Werth, Johann von; Herkunft, Geburt, Bildung, 56 58; nimmt Kriegsbienfte unter Spinola, 60; tritt in baieriſch⸗ligiſtiſche Dienfte, 61; unter dem Ges neral Ginoten Oberſt⸗Wachtmeiſter, 62. Seine Kriegsthaten in den Jahren 1632 und 1633, 62, 63. Früh berühmt wegen feines Aufichlagens der Quartiere, 66, 67; ſchützt München durch ein fefles Lager, 68. Werth

‚zur Berathung bei Hofe in Innsprud, 108, ſchlägt raſch zurückgekehrt Speer:

reuters Duartiere um Augsburg auf und erobert Cichſtedt, 109; ſucht ſich in das von Bernhard belagerte Regensburg zu werfen, 110. Werth, Generals wachtmeifter jchlägt das weimariſche Duartier in Deckendorf auf, 138. Sur Beobachtung Bernhards und Horns in die Oberpfalz gefchickt, 165; fucht die Vereinigung beider zu hindern, 166. Bon Ferdinand zu einem Streif⸗ zuge nach Franken geſendet; raſche Croberungen, Grenelthaten ver wilden Haufen, zumal der Kroaten unter Sfolani, 175. Werth in der Schlacht bei Nörblingen, 183. Streifzüge nad) der Schladt, 199. Sein Anfall auf Heidelberg, November 1634, vorläufig durch Bernhards Erfcheinen abs gewieſen, 208. 209. Grobert Speier und zieht fi in die Rheinpfalz, 229; vernichtet zwei franzöftiche Regimenter bei Reichenweiher, 264. Streifzüge im Elſaß, Kampf um Kolmar, daſelbſt; bringt über die Bogefen in Loth⸗ ringen ein und bebrängt de la Force um Epinal, 280. Glückliche Streifs zuge am Rhein, 288. Geht bei Masnyf über die Maas auf Lüttich, 333; fordert die Stadt zur Mebergabe auf, feine Reuter Haufen übel in der Umgegend ; erflürmt den Aegivienberg, 334, 335. Die Unzufriedenheit in München über diefe Unternehmung führt zu Unterbandlungen, 335; muß vie Belagerung aufgeben, um ſich mit dem Karbinalinfanten zum Zuge in die Picardie zu vereinigen, 368; Streifzüge und glüdlicde Treffen viesfeits der Somme 370; treibt feine Mitfeloheren zum Entſchluße über die Somme zu gehen, 372. Kriegsthaten zwiſchen Somme und Dife, 373; hegt die Abficht geradezu auf Paris zu gehen; Furcht der Franzoſen vor feinem Namen, 376; fchlägt dem Oberſten Degenfeld fein Quartier auf, 383; fucht Corbie zu entfegen und verläßt den franzöfiichen Boden, 384. Dur Reis ber wegen feines Zuges in bie Picarbie in München verläumbeti, antwortet er gereizt und erhält gnädige Zuſicherungen des Kurfürften, II, 3; fo wie den Befehl zu Götz zu flogen; Hochzeit in Köln mit der Gräſin Spaur, 4. Vereitelt durch feine Wachſamkeit den Berfuh St. Chamonts, Hermannſtein zu verſorgen, 5; ſchließt auf Befehl Maximilians die Feſte ein, 6. Grhält von Maximilian den Befehl an den Oberrhein gegen Bernharb zu rüden, 49;

Sach⸗ und Namenregifer. 693

langt, durch Unterhandlungen mit Ramfay aufgehalten, zu ſpaͤt an, um deſſen Rheinübergang zu hindern; wirft Rofen auf Wittenweier und zieht fich auf Offenburg zurüd, 50. Sturm auf die wittenweierer Schanzen, 52. Erhält nach und nach Hälfe, 53. Zweiter Sturm auf bie Schanzen unb Derwundung Werths, 54. Rimmt mit Savelli nd Speerreuter vereint bie theinauer Schanzen ohne namhafte Arbeit, 57 60; geht nad Demos lirung verfelben nah Wirtemberg und Schwaben in die Winterquartiere, 60. Bertheivigt Äh gegen Savellis Berläumbungen in Münden, 73; laͤßt fi in Augsburg von feiner Wunde heilen, 75. Geht auf die Kunde von Rhein: feldens Belagerung nad Tübingen, flellt fi unter Savell’s Oberbefehl und rückt auf Löffingen, 82; erſcheint mit Enkevort, Speerreuter und Sa velli vereint vor Rheinfelden, 83 (f. d. A.) Sein Rath nad der Schlacht, in den Schwarzwald zu ziehen, verworfen, 88. Entſchiedene Thaͤtigkeit Werths bei der Umkehr Bernhards zur zweiten Schlacht, 92; wirb nach dem tapferſten verfönlicden Kampfe gefangen, 94. Sein Erſcheinen vor Bernhard, 95. Rechtfertigt fih von Benfeld aus beim Kurfürften; erhält von Bernhard die Erlaubniß, den Oberfien Neuneck nad München und Wien zu fchiden, 107. Unter zahlreicher Bedeckung nach Frankreich geführt und überall ehrenvoll empfangen, 108, wird er in den Bois de Vin⸗ cennes gebracht, 109. Erhält auf Ehrenwort größere Freiheit; Beſuche der Parilermnen, 123. Belanntichaft der Damen Guebriant und Groot und freundlicher Verkehr mit dem Gemahl ver letzteren, 124. Gaftmahl beim Kardinal, 125; Aufwartung beim Könige, Bekanntſchaft des Abbe de St. Eyran, 126. Philippots Lied und unzählige Nachahmungen beflelben verewigen das Audenfen feiner Sefangenfchaft bei den Franzoſen, 127. Unterhandhingen wegen feiner Auslieferung, 387 ff.; wird nach Rancy ges bracht, 390; dann nach Breifah, 391. Endliche Auswechlelung, 392. Zum Generalstieutenant der Reuterei im Reichsheere ernannt, 414; eilt über Köln ins Lager von Zune, 415. Bericht über den fchlimmen Zuſtand des Heeres, 416. Beginnt mit Glück feine gewohnte Kriegeweife; empfind⸗ licher Berlu vor Liebberg gegen Roien, 417, 418. Wird von Maximilian nach Böhmen beſchieden, 427. Unter Mercy gegen Yuebriant um Feucht: wangen, 437; gegen bie franzöfifchen Quartiere ausgefendet muß er ſich mit Verluſt zurückziehen, 439. Nöthigt Guebriant zur Anfhebung ber Bes lagerung von Rothweil, 455. Beginnt den Ueberfall bei Tuttlingen, 472 ff.; vor Meberlingen, 482. Zweikampf in Köln mit dem Oberſt Merode, 484. Schlägt im entjcheidenden Augenblide die Franzoſen von den freiburger Schanzen ab, 491. Ueberrafcht mit Raufchenberg Mannheim, 499. Dom Kaifer gegen Torſtensſon zu Hülfe gerufen, vereinigt ex fich mit Hatzfeld, 504. Theilnahme an der Schlacht bei Jankau, 505; geht in die Oberpfalz, 507. Stößt zu Mercy, 508: in der Schlacht bei Mergentheim, 509 ff. Unvor⸗ fihtige Verfolgung ber Feinde bei Allerheim, 521. Warnungen an ben Kurfürſten vor den Franzoſen, 553, 568. Unzufriebenheit über den ulmer Bertrag, 571. Unterhandlungen mit dem Kaifer wegen bes Uebertritte, 575; getäufcht in feinen Hoffnungen auf den Feldmarſchallsſtab, 576. Sein Plan

694 Sarhs und NRamenregifter.

das baierifche Heer zum Kaiſer überzuführen, 577; vereitelt durch Zufall und bie Befonnenheit der kurfürſtlichen Räthe, 578. Geächtet durch Marimilian und feiner Güter beraubt, 580. Rache an Kurbaiern und ber Oberpfalz, 581; durch den Aufftanb der Regimenter zur Flucht nach Böhmen gezwungen, 582; dem Faiferlichen Heere ald General der Kavallerie vorgeftellt und mit der Herrfchaft Benatek befchentt, 584. Sturm gegen Wrangels fefte Stellung bei &ger, 596; überfällt pas ſchwediſche Heer beim fehlen Schloſſe Triebel, 597. Verſchwindet nad dem Bertrage von Pilfen auf einige Zeit vom Kriegsichauplabe, 603. Ausföhnung mit Maximilian; Vermählung mit der Freiin von Kuffflein, 622. Theilt mit PBiccolomini den Befehl über das legte Faiferliche Heer, 623. Glückliche Streifzüge, 624, 625; überrafcht Wrangel und Turenne auf der Jagd bei Dachau, 628. Lepte Schidfale, 641 ff.: fein Tod, 642; Gefchichte feines Regiments, 643; fein Grab, 644.

Weftfälifcher Friede. Verzögerte Ankunft der Gefandten, II, 479, 480: Rundfchreiben der Franzofen an die Fürften und Stände des Frankfurter Deputationstages, 533. Erwiederung der kaiſerlichen Kommiſſarien in Frankfurt, 534. Die Brangofen verlangen bie Herftellung Triers, 535; Swift der Franzofen unter einander, 536; Forberungen der Franzoſen nnd Schweben (11 Suni 1645) 536; Erklärung des Kaifers, 537; Replik der Franzoſen und Schweden (7 Ian. 1646), 538. Unverfchämte Forderungen der Land: gräfin, 539. Gutachten der Stände über die Replit der Kronen, 541. Erbietungen Ferdinands, 542, Neue Erbietungen und Zugeftänpniffe Traut⸗ mannedorfs an die Franzofen, die wieder mit neuen Korberungen hervortreten, 543. Die Frangofen verlangen die Julaflung des Könige von Portugal, die Befreiung Eduarts von Braganza und Genugthuung für bie Landgräfin, 545. Unterhandlungen der baterifchen Abgeordneten über einen einfeiligen Waffenſtillftand, 555. Steigerung der ſchwediſchen Forderungen bei den Fortfchritten Wrangels an der Donau, 562. Ungeflüme Forberungen ber Fremden nach der Neutralität Baierns für die Landgräfin, 599. Ausbruch ber Zwiſtigkeit zwiſchen Avaur und Servien nach Longuevilles Entiernung, 633. Teilung Deutihlande, 633. Pranfreih und Schweden geben die Sache des pfälzifchen Haufes anf, 634; Abfindung der Lanpgräfin, 635: deutiche Feten als Unterpfänder in den Händen der Fremden, 636; Ankunft der neuen Vollmacht für Trautmannsborf ; Unterzeichnung des Friedens, 638.

Widerhold, Konrad, ſetzt ſich nah der Schlacht bei Nörblingen in Hohentwil feſt, 187; weigert durch Bernhard beflochen die Uebergabe an ben Kaifer, II, 66 ; erobert Wildenflein und beunruhigt die oͤſterreichiſchen Borlande, 406.

Bilhelm von Weimar erhebt Anfprühe an die Erbfchaft feines Bruders, I, 221; erhält nicht einmal die Hausfleinudien, 222.

Wilhelm V., Landgraf von Heflen, erhält eine franzöftfche Benflon, 53. Er obert Paderborn, 65. Leiflet gegen Zahlung den Nieverländern Beiftand, 86. Glücklicher Feldzug in Niederfachien (Ende 1633) 117. Schließt fid enger an Franfreih, erhält ein Gehalt als frangöfifcher General; Beſtech⸗ ung feiner Räthe durch Fenquieres, 143. Nath zu einem Bunde ber vier Kreife mit Frankreich, zur Sicherung des Rheines, 159. Fordert als fran

Sach: und Namentegifter. 695

zöfffcher Marſchall den Oberbefehl über bie franzoͤſiſchen Hülfstruppen; erbit- tert über die Weigerung, will er fit vom Bunde trennen, 216. Unentichies denheit nach dem prager Frieden, 274 f. Bei Orenflierna in Magdeburg, 275; um Hülfe gemahnt durch Feuquieres, 276, bricht nach einer Berftär: fung durch Speerreuter auf, macht Halt bei Homburg und wendet nach Frank⸗ furts Falle um, 277; fehließt fi dem Baner im Eichsfelde an, 278. Sebt die Friedensimterhandlungen mit dem Kaifer fort, bleibt aber bewaffnet und verfichert dem Kanzler fein Feſthalten am Bündniſſe, 322. Ertheilt Melan⸗ der den Befehl zum Aufbruche gegen die Kaiferlihen in Weflfalen; ber ſich entfchuldigt; fortgeſetzte Unterhandlungen nach beiden Seiten, 340. Kün⸗ digt den Kaiferlichen ven Waffenftillftand auf, 350; unficher durch Melan- ders Warnungen, dann ungeflimmt durch feine Gemahlin, 351, ſchließt Wil- helm den Vertrag von Minden mit Frankreich und eilt zum Entſatze Hanaus, 352; brandſchatzt den Kandgrafen von Darmfladt und zieht mit dem vereis nigten Heere auf Lippfpringe, 353. Trennt fi in Beſorgniß über den Ent⸗ faß von Hanau von Lesly, 362. Bittet, auf die Kunde von Goͤtze's Einfall, um Fortfegung der Unterhandlungen und wird von diefem verbient abgemie- fen, 363. Jert nach dem Obflegen vesfelben troſtlos umher und gebt nach dem Haag, 354. Schließt zu Wefel ein neues Bündniß mit St. Chamont ab, 395; Zuſammenkunft mit Baner, um mit demſelben über den Entſatz von Hermannftein zu berathen, 396; vereinigt einen Theil feiner Truppen mit den Schweben und geht nach Kaflel, daſelbſt. Bon Kaifer Ferdinand IL, zu Regensburg feiner Lande verluflig erflärt, IL, 16; vereinigt fih unter Ber: günftigung Georgs von Lüneburg mit den Haufen Kings und vertreibt bie Kroaten und Geleen; wird von neuem als Friedbrecher des römifchen Rei⸗ ches erflärt, 18. Muß vor ber vereinigten Macht Wahls, Lamboys und Geleens weichen; unter einzelnen Vortheilen im Selbe, 19, 20. Rüdt in Zolge der Bewegungen Bernhards am Oberrhein mit King und Rangau ins Osnabrädiche, 36; Einfall in Oſtfriesland; fehlägt den Landesausſchuß unter Haringa und zwingt die Stände um eine hohe Summe zu unterhan- deln. Sein Tod und Charafteriftif feiner Bolitif, 37, 38.

Wittenberg, General Major, auf Eger gefendet, II, 293; im Lager zwifchen Aller und Leine, 359. |

Wittenweier, Schlacht bei Wittenweier; Auflöfung derfelben In einzelne Sefechte, 120, 122.

Wittſtochk, Schlacht bei, und deren Folgen, 391, 392.

Wolfenbüttel dur Kliting belagert, IL, 290. Bewegung ber feindlichen Heere um Wolfenbüttel; Schlacht in den Linien, 327, 350. Den Guelfen überliefert, 468.

Worms, Bundestag; Rathlofigfeit wegen des Unterhaltes des Heeres, 237; Rheingraf Otto, Bicebirector des Bundes, 238.

Brangel, Hermann, Feldmarfchall, Gefandter in Stuhmedorf, 312. Bor Berlin nad der Schlacht bei Wittlod, 393. Verhindert Banoͤr zu Hülfe zu fommen, muß auf Paſewalk meichen, IE, 22; von Baner aufgeforbert, ihn an der Ober aufzunehmen, 23; übergiebt ben Paß von Tribfees an

696 Sad: und Namenregifter.

Dom Vitzthum; rettet nach dem Cinbruche Gallas' die Geerestrünmer in die fehlen Städte, 30. '

Brangel, Karl Guſtav, unter feinem Bater im ponmerfchen Kriege, IT, 29; in Böhmen, 167; von YBaner nach Meiſſen gefendet, 187. Ankunft beim Heere aus Dänemark, 532. Einbruch in Böhmen, 546; Rückzug an - die Saale, 547; erobert mit einem Theile der Heflen Hörter, Paderborn und StabtsBergen; und zieht bis Weßlar Turenne entgegen, 549. Unmuth über bie verzögerte Bereinigung mit Turenne, 551; zieht mit bemfelben vereinigt auf die Donau los, 553; hebt die Belagerung von Augsburg auf: zieht auf Rauingen; erobert Landéberg, 556; geht nach Schwaben zurüd, 557; erflürmt bie bregenzer Klauſe, 558. Erobert Schweinfurt, 572; Markt durch die Oberpfalz auf Eger, 576; nimmt es durch Uebergabe, 595 ; folgt den Kaiferlichen auf Plan, 597; nötbigt diefelben dreimal zur Veränderung ihrer Stellung, 598. Rückzug aus Böhmen über die Weler, 605. Noth der Schweben, 606. Geht mit neugerüftetem Heere nach Oberheflen, 610. Nähert fi dem Main; mit Turenne auf die Oberpfalz, 612, 613. Bor: rüden der Bereinigten auf die Donau, 614; Verwüſtung bes offenen Lan: bes durch bie vertheilten Schaaren, 617. Am Innübergange buch Franz Fugger gehindert, 618. Staublager um Dingelfingen; tur Mangel zum Abzug genötbigt, 624; Lager am Zufammenfluffe der Amber und Sfar, 625. Auf der Jagd bei Dachau von Werth überraiht, 628; zieht unter Perwüflung auf den Lech zurüd nach Schwaben, 629; gebt nah Franken und ber Oberpfalz, 631.

Wrangel, Helmold, General⸗Major, öffnet dem Baner die Thore von Garde⸗ legen, II, 164; überfält das kaiſerliche Lager bei Eger, 598.

Zabern durch Bernharb belagert und eingenommen, 358.

Zadzik, Jakob, Kanzler von Polen, Bevollmächtigter in Stuhmsdorf, 311.

Zander, Lenin, II, 357.

Zinfgräf, Julius Wilgelm, ein Opfer der Kriegsnoth in der Pfalz, 205.