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UNIVER3ITY OF PITTSBURGH

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1888g v.2

JJarlington -/Memoria! .Library

GESCHICHTE DES KOSTÜMS

VON

A. RACINET

DEUTSCHE AUSGABE

BEARBEITET VON

ADOLF ROSENBERO

ZWEITER BAND

BERLIN

VERLAG VON ERNST WASMl PH

36 - MARK&HAFE iSTB*S8B - 86 1888

3}

JAPAN

JAPANISCHE FRAUENTRACHTEN.

In Japan wie in China muss eine wohlerzogene Frau mit Leichtigkeit lesen und schreiben können; Musik und Zeichnen gehören ebenfalls zu einer sorgfältigen Erziehung. „Sogar die unteren Klassen, sagt Dubois de Jancigny im Univers pittoresque, sind weniger unwissend als die entsprechenden Klassen in Europa." Die japanischen Damen sind elegant, kokett in ihrem Anzug und von feinen Manieren; endlich haben sie, und darin stimmen alle Reisende überein, einen sehr liebenswürdigen Charakter. Sie gemessen eine viel grössere Freiheit, als sie ihrem Geschlecht in den übrigen asiatischen Ländern gestattet wird. Obwohl sie von ihrer Familie unter Vor- mundschaft gehalten werden, obwohl das Gesetz ihnen kein Recht einräumt und sie nicht einmal vor Gericht Zeugniss ablegen dürfen, kommen, gehen und spazieren sie in vollster Unabhängigkeit, immer in der genirten Gangart, die auf den Gebrauch der hohen Holzsohlen zurückzuführen ist.

Die Frauen gehen gewöhnlich ohne Kopfbedeckung mir mit einem Sonnenschirm aus Seide, Leinewand oder lackirtem Papier, dessen Gestell aus feinen Bambusstäben besteht, deren Zahl sich nach dem Umfange des Schirmes richtet. Dieser fast flache Sonnenschirm, der auch als Regenschirm dient, ist wie der Fächer bei beiden Geschlechtern und bei allen Klassen üblich. Er ist der unzertrennliche Begleiter bei allen Ausgängen und hat seinen Platz im Vorraum jedes Hauses neben den Holzsandalen.

Die Oberkleider der Frauen sind von demselben Schnitte wie die der Männer und bei allen Klassen gleich. Die der Reichen sind von Seide, die der anderen aus Leinwand oder Calicot. Das Familienwappen wird, wie man es an Nr. 1 und 2 sehen kann, auf die Aermel und den Rücken gestickt. An Nr. 1 kann man auch sehen, wie man das untere Schleppkleid beim Aus- gehen aufschürzt und wo die Oeffuung des weiten Aermels aufhört. Diese Aermel sind deshalb unten geschlossen, weil sie als Taschen dienen. Andere Taschen haben die Japaner nicht. Nur der Gürtel wird noch zur Aufbewahrung verschiedener Gegenstände, die man unterwegs braucht, benutzt, wie des Fächers und des feinen weissen Papiers, welches die Stelle des Taschentuchs vertritt (s. Nr. 5). Hat man das Papier zu diesem Zweck gebraucht und kann man sich seiuer

an dem Orte, an welchem man sich befindet, nicht entledigen, so steckt man es in die Aermel- tasche. Da es bei Gastmählern Sitte ist, dass die Gäste diejenigen Speisen, die sie nicht ver- zehren können, mit nach Hause nehmen, so steckt man die feinen Speisen, die man den mit Körben versehenen Dienstboten nicht anvertrauen will, sorgfältig in Papier gewickelt, ebenfalls in diese Aermeltasche.

Der breite Gürtel der Japanerinnen, der obi, ist von Seide und wird zweimal um den Leib geschlungen. Die Stelle, wo der Knoten sitzt, zeigt an, ob die Trägerin verheirathet oder unver- heirathet ist. Die jungen Mädchen tragen die Knoten hinten (s. Nr. 2). Alte Frauen schmücken ihr Haar mit Blumen, Bändern und Nadeln, aber keine trägt Ohrringe, noch sonstige Schmuck- sachen. Sie machen einen ausgiebigen Gebrauch von kosmetischen Mitteln. Das Gesicht wird mit Bleiweiss bestrichen und die Wangen und Lippen werden mit Safranblüthen gefärbt. Sie führen eine Art Säckchen mit Wohlgerüchen mit sich (moi-bukooroo), bedienen sich aber niemals flüssiger Parfüms, da die Papiertaschentücher eine feuchte Parfümirung nicht gestatten.

(Nach Photographieen.)

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JAPAN

GEISTLICHE UND BÜRGERLICHE TRACHTEN - TRANSPORTMITTEL

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Nr. 1, 2. Bonzen auf der Strasse. Trotz der an Holland erinnernden Reinlichkeit der Japaner befinden sich ihre Strassen doch in einem Zustande, welcher den Gebrauch von hohen hölzernen, mit einem oder zwei Klötzchen versehenen Sohlen nöthig macht. Derartige Holz- untersätze trug man auch während des Mittelalters in Europa. Die beiden Prieste* halten in der Hand kleine Rosenkränze.

Nr. 3, 4, 5. Japanische Frauen. Ihre Statur ist merklich von der der Männer ver- schieden, die ihrerseits mittlerer Grösse sind. Das Durchschnittsmaass der Frauen geht nicht über 1,35 Meter hinaus, Ihre Hautfarbe ist hell, in der Aristokratie sogar weiss; ihr Kopf ist klein, die nicht sehr langen Haare sind glatt und schwarz. Das Gesicht ist von einem ziemlich reinen Oval, die Augenbrauen sind schwarz und stark geschwungen, die Augen klein und ge- schlitzt, wodurch die Frauen sich mehr dem chinesischen Typus nähern als die Männer. Ihre Hände sind klein und zierlich. Die Brust ist gewöhnlich herabgedrückt, aber die Taille schlank und biegsam. „Niemals könnte ich, so schreibt der Graf von Beauvoir in seiner Reise um die "Welt bei Erwähnung einer Verkäuferin, die Eleganz dieser Frau aus dem Volke in ihren geringsten Bewegungen ausreichend schildern. In welches Haus man auch eintreten mag, überall wird man auch dasselbe distinguirte Benehmen finden." Die Japanerinnen machen von der Schminke reichlich Gebrauch: Stirn, Wangen und Hals sind mit dicken Lagen von Roth und Weiss bedeckt. Die Lippen werden mit Carmin gefärbt, und einige gehen sogar so weit, sie noch ausserdem zu vergolden.

Das Baden gehört in Japan zu den nothwendigsten Lebensbedürfnissen. Vor. jeden) Hause steht ein grosses Wasserfass, in welchem Frauen und Mädchen auf offener Strasse ihre Ab- waschungen mit grösster Ungenirtheit vollziehen und dann ihre sein1 umständliche Toilette machen. Besonders wird auf den Haarputz grosse . Sorgfalt gelegt. Mit Hülfe von Schildpatt- nadeln wird das Haar möglichst hoch aufgesteckt. Die verheiratheten Frauen rasiren sich die Augen- brauen ab und schwärzen sich die Zähne. Hals, Schultern, Brust und Arme werden mit Mandel- milch. eingerieben, um die Haut weiss zu erhalten. Die Augenbrauen werden bei den jungen Mädchen mit einem schwarzen Stift nachgezogen. Die Unterkleider werden ohne Hemde getragen

und sind am Halse bogenförmig ausgeschnitten. Darüber legt man ein weites, vorn offenes Kleid an, welches um die Hüften durch den Obi, eine Schärpe' von farbiger Seide, festgehalten wird, die nach hinten zu einer riesigen Schleife zusammengewunden ist.

Die Frau mit dem Fächer (Nr. 3) trägt ein überaus weites, wattirtes Oberkleid. Der Obi ist seinerseits noch durch einen schmalen Schnallengürtel befestigt. Ihre Fussbekleidung besteht nur aus Strümpfen, die man im Innern der Häuser trägt, deren Fussböden mit fein geflochtenen Matten von Reisstroh belegt sind.

Das auf dem Boden hackende Mädchen (Nr. 4) spielt ein dreisaitiges Instrument, welches Sam-sim heisst. Die Frau mit dem Kinde trägt ebenfalls die Holzschuhe, die guetta genannt werden.

Das Gefährt, in welchem die Dame (Nr. 6) sitzt, ist die japanische Droschke, die Jinrikisha. Sie besteht aus lakirtem Holz und wird von einem, auch zwei Männern mit solcher Schnelligkeit gezogen, dass in der Stunde vier bis fünf Kilometer zurückgelegt werden. Oft laufen noch zwei Männer neben her, die das Gefährt schieben oder die Ziehenden ablösen. Die Dame läfst sich ihre Holzschuhe von einer Dienerin nachtragen.

(Die Nr. 9 und 10 sind zwei Statuetten von farbigem Porzellan im Besitz des Herrn Gould m Paris. Allen übrigen Figuren liegen Photographieen nach der Natur zu Grunde.)

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JAPAN

DAS LEBEN AUF DEN MATTEN DIE TOILETTE DLE MUSIKANTINNEN

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Die Fussböden der japanischen Wohnungen sind mit Matten bedeckt, welche aus sehr feinem Reisstroh geflochten sind und die Stellen der Sophas und Betten vertreten, da die Japaner diese Mobilien nicht kennen. Auf diesen Matten knieend oder hockend verbringen die Japaner ihre Zeit: in dieser Stellung wird geraucht, geplaudert, gespielt, gegessen, Toilette gemacht und gearbeitet. Das Niederhocken ist eine nationale Eigentümlichkeit der Japaner, an welcher ebenso sehr hei feierlichen Gelegenheiten als im gewöhnlichen Leben festgehalten wird. Auch ein Theil der japanischen Götter ist in dieser Situation dargestellt. Bei einem Besuche ist es Sitte, dass sich der Gast wie der Wirth zuerst auf den Fersen niederkauern und sich dann be- grüssen, indem sie die Hände flach auf den Boden legen und den Kopf gleichzeitig so tief es geht auf die Kniee herabbeugen. Die Unterhaltung beginnt nicht eher, als bis die kleinen Pfeifen und die Theekanne herbeigebracht sind. Das Ceremoniell verlangt auch, die Füsse unter den Kleidern zu verbergen.

Selbst diejenigen Handwerker, deren Beschäftigung wie z. B. die der Tischler mit der zusammengekauerten Stellung in Widerspruch steht, setzen sich wenigstens auf den Fussböden, wobei die Tischler den ausgestreckten linken Fuss gewissermaassen als Schraubzwinge benutzen, welche das Holz festhält. Die Maler üben ihre Kunst sogar, indem sie auf der Seite oder auf dem Rücken liegen. Wann, gespeist wird, legt man das aus Stroh geflochtene Tischtuch über die Matte des Fussbodens und stellt die grosse, aus lackirtem Holz gefertigte Schüssel, welche den Reis, das Hauptnahrungsmittel, enthält, in die Mitte. Die Speisenden kauern sich rings umher nieder und schöpfen aus der Schüssel in ihre Porzellannäpfe. Da Jedermann auf der Erde sitzt, sind auch die leicht verschiebbaren Papierschirme, welche die Zimmer in verschiedene ab- gesonderte Räume trennen, verhältnissmässig niedrig.

Die Matten haben ein bestimmtes Maass, welches sechs Fuss drei Zoll in der Länge und drei Fuss zwei Zoll in der Breite beträgt. Ihre Dicke geht bis zu vier Zoll. Der Umfang einer Matte liegt als Maasseinheit dem Umfang der Räume zu Grunde. So hiess das Zimmer, in welchem die holländische Gesandtschaft im Jahre 1826 vom Kaiser von Japan empfangen wurde, der Hundert-Matten-Saal, ein anderer Raum, in welchem die für den Kaiser bestimmten Geschenke aufgestellt wurden, der Tausend-Matten-Saal. Die Wände der Häuser sind leicht aus Bambus- geflecht, das mit Lehm oder Mörtel beworfen ist, errichtet, und zwar wegen der häufigen

Erdbeben. Die inneren Theilwände bestehen aus Papierschirmen. Die Reinlichkeit verlangt, dass die Matten häufig aufgehoben und ausgeklopft werden. Im Innern der Häuser geht man nur mit unbeschuhten Füssen auf den Matten. Der Gebrauch derselben ist den Japanern so unentbehrlich, dass selbst die Personen, die im Freien zu thun haben, dieselben mit sich führen und die Matrosen auf den Schiffen sich ihrer nicht entäussern.

Die unter Nr. 2 abgebildete Schlafmatratze ist ein wattirtes Baumwollenzeug, welches über die Strohmatten ausgebreitet ist. Man liegt darauf unter einer gleichfalls wattirten Decke, wobei der Nacken auf einem, oben mit einem kleinen Kissen bewickelten Kasten ruht. Dieser aus leichtem Holz verfertigte Kasten dient zugleich' zur Aufbewahrung der Toilettengegenstände, der Schminken, der feinen Pinsel, mit denen sie aufgetragen werden, der Kämme, Haarnadeln und sonstigen werthvollen Kleinigkeiten. Am Tage wird das Bett zusammengerollt und in einen, in der Ecke stehenden Kasten gelegt. Am Kopfende des Bettes steht die Nachtlampe, eine Laterne in Gestalt einer Pagode, deren Wände mit weissem Papier beklebt sind. In Japan hat man keine Talglichte, sondern Kerzen aus Baumwachs, welches um Papiercylinder herumgegossen wird;

Auf unsern Tafeln mit dem Winkelmaass, dem Anker und dem Käfig sind die Einzelnheiten über Tracht und Toilette dargestellt. Auf unserer Tafel sieht man unter Nr. 10 eine Japanerin, welche ihre Toilette mit dem Bade begonnen hat und nun, vor ihrem ovalen Stehspiegel hockend, Schminke und Puder auflegt. Da sie kein Hemde trägt , kann man die herabgedrückte Brust sehen. Dieselbe gilt als ein Zeichen der Schönheit und wird daher auf künstlichem Wege hervor- gebracht. Wenn auch die Japanerinnen keine Hemden tragen, so suchen sie doch auf andere Weise, wie man bei Nr. 3 sieht, etwaigen Indiscretionen der Toilette zu begegnen. Jede Dame besitzt einen Toilettenkasten aus lackirtem Holz, in welchem Bürsten, Zahnpulver, Schminken, Reispulver und sonstige Schönheitsmittel aufbewahrt werden. Das Theebrett mit der Theekanne fehlt niemals. Thee wird ohne Unterlass genossen. Sogar die Palankinträger bereiten sich unterwegs ihren Thee. Es ist Sitte, in allen Jahreszeiten warm zu trinken und Bäder von hoher Temperatur zu nehmen. Die Frauen vermeiden es , sich beim Baden den Kopf zu benetzen. Das Kneten (Massage) ist allgemein verbreitet, und zwar wird es von blinden Männern ausgeführt. Man ruft sie von der Strasse herein, wo sie sich durch langgezogene, klagende Töne bemerkbar machen, die sie mittelst einer Pfeife aus Schilfrohr hervorbringen.

Die jungen Mädchen färben sich die Lippen roth, damit das Weiss ihrer Zähne besser hervortritt. Bare Nadeln aus gelbem Schildpatt oder Metall, ihr breiter, in glänzenden Farben prangender Gurt und ihre hellen Kleiderstoffe unterscheiden sie von den verheiratheten Frauen, die an der Einfachheit ihrer Kleidung, an dem Fehlen der Nadeln im Haar, der Schminke auf dem Gesicht und den schwarz gefärbten Zähnen kenntlich sind. Ein Zeichen der verheiratheten Frau ist auch das Ausreissen der Augenbrauen, was jedoch, wie einige behaupten, erst nach der ersten Mutterschaft geschehen soll. Die Hofdamen reissen sich ebenfalls die Augenbrauen aus, ersetzen sie aber durch falsche, die drei oder vier Finger breit über den Augen angemalt werden. Auch die Männer malen sich falsche Augenbrauen an, wie man an Nr. 4 sieht. Der Mann hat die Striche in entgegengesetzter Richtung gezogen. Bei der Frau sind sie etwas höher angebracht und daher durch den Kreppschleier verdeckt. Diese Frau zieht über die Brust einen Theil ihres weiten Mantels hinüber, der einen grossen Stoffaufwand nöthig macht.

Nr. 1 stellt eine Frau aus dem Volke am Waschtrog dar. Sie ist mit einer Schürze bekleidet.

Alle Staatsbeamten, die höheren und niederen Offiziere tragen auf derselben Seite zwei Säbel, deren Klingen sich kreuzen. Der eine ist ihre Privatwaffe, der andere ihr Amtsdegen. Der letztere ist der längere von beiden. Wenn man sich setzt, wird der Amtsdegen aus dem

Gurt gezogen und zur Seite gelegt. Der Stahl dieser Säbel ist von unvergleichlicher Härte. In ihren Waffen entfalten die vornehmen Japaner, die sonst Freunde der Einfachheit sind, einen grossen Luxus. Unsere Nr. 4 zeigt einen hochgestellten Japaner, der zwei Säbel trägt, den einen in der Hand, den anderen im Gürtel. Er ist mit einem Ueberrock' aus Seidengaze bekleidet, der an den Schultern zu grossen Flügeln aufgesteift ist, welche das Kennzeichen für die Würdenträger des (früheren) Taikun "sind. Die Nadel im Haare der Frau hat die Forjn eines gefiederten Pfeils. Sonst bemerkt man an dieser Frau trotz ihrer vornehmen Stellung keinen Schmuck, wie Ohrringe, Hals- und Armbänder. Nur bisweilen findet man einfache Einge. Obwohl Japan Serpentin, Malachit, Amethyste, Topasen besitzt und die" Metallarbeit daselbst in ausserordentlicher Blüthe steht, giebt es dort keine Goldschmiede und Juweliere im eigentlichen Sinne.

Die aus der Nr. 6, 7 und 8 gebildete Gruppe stellt ein weibliches Orchester dar. Ein solches besteht gewöhnlich aus einer oder zwei Guitarreri, aus einer Art von Violoncell, das mit und ohne Bogen gespielt wird, und aus einer Harfe, die man auf die Erde legt. Diese Harfe ist ein resonnirender Kasten, über welchen neun Saiten gespannt sind. Zum Spielen werden an den drei ersten Fingern der rechten Hand Nägel von Knochen oder Elfenbein befestigt. Unter allen Musikinstrumenten ist die dreisaitige Guitarre das verbreitetste. Von einem solchen Orchester werden die Sängerinnen begleitet, die gewöhnlich selbst kein Instrument spielen, aber oft die Lieder improvisiren, welche sie singen.

(Nach Photog raphieen nach der Natur.)

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JAPAN

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JAPAN

DER JAPANER IN SEINER HÄUSLICHKEIT

Die untere unserer Darstellungen, welche einer Schilderung Japans von Aime Humbert (in der Zeitschrift Tour du monde, Jahrgang 1867) entlehnt sind, gewährt uns einen Einblick in die Häus- lichkeit eines vornehmen Japaners zur Abendzeit. Der Hausherr sitzt hinter einem runden Tisch auf einer Art Divan. Vor ihm liegt seine Pfeife und neben ihm sitzt seine Lieblingstrau. Vier andere Frauen befinden sich in einer zweiten Abtheilung des Raumes. Die eine ist mit ihrer Mahl- zeit beschäftigt und führt mit einem Stäbchen kleine Bissen zum Munde. Drei von den Frauen halten Papierblätter in den Händen, deren Zweck nicht ersichtlich ist. Ihre kunstvollen Haar- trachten sind reich mit langen Nadeln garnirt.

Das obere Bild zeigt eine Theatervorstellung. Die Bühne ist durch eine Barriere, vor welcher vier Laternen stehen, von dem Zuschauerraum getrennt. Die Schauspieler können durch eine Ver- senkung verschwinden. Das Orchester, welches mit drei Frauen besetzt ist, die Flöte, Tambourin und ein guitarreartiges Instrument CSamsinj spielen, stösst im rechten Winkel auf die Bühne und kann durch einen Vorhang verdeckt werden. Der Hausherr, der sich in seiner Behausimg diese Belustigung verschaffen kann, stützt sich mit dem rechten Arm auf einen niedrigen Tisch und lässt sich von einer seiner Frauen Thee eingiessen. Die Wände der beiden Zimmer bestehen nach japanischer Sitte aus bemaltem Papier, welches auf Holzrahmen gespannt oder auf dünne Strohmatten geklebt ist.

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JAPAN

TRACHTEN DER HOHEN, MITTLEREN UND NIEDEREN CLASSEN. - DIE HAARTRACHT DER FRAUEN. STAATS-, HAUS- UND STRASSEN- KOSTÜME. HÄUSLICHE GEBRÄUCHE.

Kr. 1, 6, 7 und 8. Haarputz der jungen Mädchen ; Haustracht.

Die Herstellung der Haarfrisur nimmt einen halben Tag in Anspruch und findet daher nur ein bis zwei Mal in der Woche statt. Alle Damen lassen über der Stirn einen leichten Haartuff stehen. Der Best des Haares wird in der Mitte getheilt und bildet hinten ein grosses Chignon, das durch einen Kamm, Schleifen und Nadeln mit Korallen- oder Glaskopf gehalten wird.

Die Kleidung der drei jungen Mädchen besteht in einem kirimon mit kleinem Kragen; der Knoten des Gürtels, obi, legt hinten breit als Schleife aus. Nr. 8 stellt ein junges Mädchen bei der Toilette dar.

Nr. 2, 4 und 11.

Japanerinneu in Wintertracht; Strassenkostüm.

Im Winter tragen die Frauen aus dem Volk einen oder mehrere wattirte Mäntel und hüllen sich in ein weites Capuchon, welches das Gesicht mit Ausnahme der Augen verbirgt.

Die Hände werden in die weiten Aermel des Mantels ge- steckt. Pelzwerk ist in Japan fast gar nicht im Gebrauch. Ausser mit dem Mantel sind diese drei Figuren mit dem wattirten kirimon, dem breiten Gürtel und der langen Schürze bekleidet.

Nr. 2 zeigt den Gebrauch der weiten Aermel als Taschen (vgl. die Tafel mit dem Zeichen des Winkelmaasses).

Nr. 4 trägt am Ende eines Stabes eine Papierlaterne.

Nr. 11 schützt sich durch einen Schirm gegen den Schnee.

Nr. 3.

Junge Dienerin.

Kopftuch; Jacke aus geblümtem Stoff, über der Brust kreuz-

weis geschlossen und in der Taille durch einen breiten Gürtel mit Achselbändern von gleicher Farbe gehalten. Gestreifte und geblümte Schürze; nackte Füsse.

Nr. 5. Dame von Stand im Staatskostüm. Haarputz mit einer ganzen Aureole von grossen Nadeln; ge- malte Lippen; Fichu von schwarzem Krepp am Ausschnitt eines seidenen, gestickten kirimon; die Hände in den Falten eines grossen seidenen Gürtels; wattirter Mantel mit weiten Aermelu, am unteren Rande durch doppelte Fütterung be- schwert. Schuhe mit hohen Sohlen.

Nr. 9. Umherziehender Krämer. Die ganze Waare, aus den verschiedensten Gefässen und Hausgeräthen bestehend, ist in zwei an einem Querstabe hängenden, käfigartigen Körben aufgethürmt. Die Tracht des Krämers besteht in einem Hut aus Bambus- rinde, einer Jacke und Hose aus blauem Kattun und einem von einer Schärpe umgürteten kirimon.

Nr. 10. Dame in Strassentoilette. Die Dame, mit einem weiten wattirten Mantel bekleidet, schürzt mit einer Hand den kirimon , in der andern hält sie einen Schirm. Der japanische Schirm besteht aus Seide, Leinwand oder gefirnisstem Papier über einem Bambus- gestell (vgl. die Tafel mit dem Zeichen des Winkelmaasses).

Nr. 12.

Junge Mädchen, ausruhend.

Den Tag über liegen die Japanerinnen auf Matten, unter dorn

Kopfe ein Holzgestell (vgl. die Tafel mit dem Pantoffel).

Auf der Matte bemerkt man die kleine Pfeife und ein Lack- cabaret für den kostbaren saht,

Nr. 13.

Junge Mädchen in Straasentoilette.

Kopftuch aus leichtem Musselin, Nase und Mund umhüllend.

Nr. 14. Körperwasche im Frauensaal. Die Reinigung beginnt in einer grossen Wanne mit einer Platte für Seife und Badewäsche. Dann wird die Brust mit warmem Wasser abgespült und schliesslich in knie- ender Stellung das Gesicht gewaschen.

Abbildungen nach Pliotographieen. Vgl. Atme Humbert, Le Japon, und Elisee Beclus, Geographie universelle.

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JAPAN

TRANSPORTMITTEL UND VOLKSTYPEN

Es giebt zwei Arten von Palankins in Japan, den Norimon und den Cango. Der letztere wird meist von den unteren Klassen benutzt, welche sich des Norimons nicht bedienen dürfen. Der Cango ist so klein, dass man darin nach japanischer Art auf den Fersen hocken muss. Trotzdem wird der Cango auch von den höhern Klassen bisweilen vorgezogen, weil er sehr leicht zu trans- portiren ist und daher auch in Gegenden mit schlechten Wegen das schnelle Fortkommen ermöglicht. Dazu nimmt man dami auch drei Träger, während sonst zwei ausreichen. Der Cango ist ein nach allen Seiten offener Korb mit runder Rücklehne und flachem Dach. Der Norimon, das Transport- mittel der höheren Klassen, ist eine Art Wagenkorb, welcher aus Brettern und Bambusrohr ver- fertigt wird. Er hat an jeder Seite ein Fenster , so dass man nicht vorwärts blicken kann. Man kann sich bequem darin niedersetzen und auch halb hinlegen. Der Fond ist mit Sammet überzogen, und der Rücken und die Ellenbogen stützen sich auf Kissen. Vorn befinden sich ein oder zwei Tischchen , auf welchen Schreibzeug , Bücher und andere kleine Gegenstände liegen. Rouleaux gestatten, die Sänfte ganz zu schliessen. Die Dicke und Länge des Tragbalkens hängt von dem Range des Besitzers ab. Er wird aus vier Brettern von dünnem Holz sauber zusammengesetzt und wie der Wagenkasten mit Lackmalerei überzogen. Die Zahl der Träger richtet sich ebenfalls nach der Stellung des Besitzers. Ein etwas hervorragender Norimon erfordert vier Männer ; doch braucht man in gewissen Fällen bis zwölf. Wenn ein Prinz von Geblüt oder der Statthalter einer Provinz im Palankin sitzt, tragen die Kulis den Tragbaum mit den Händen. Bei Personen von geringerem Range wird er auf den Schultern getragen. Um einander abzulösen und die Reise ohne Unter- brechung fortzusetzen, muss die Zahl der Träger doppelt sein. Die Träger singen unterwegs, uni im Takt zu bleiben. Wenn ein Japaner mit der Post reist, findet er auf den Etappen Relais von Trägern. Diese Männer pflegen ihre Kleidung bis auf einen schmalen Gürtel abzulegen.

Der auf unserer Tafel dargestellte Norimon gehört einem Japaner höheren Ranges an. Er hat sechs Träger. Die beiden im Vordergründe kauernden Männer sind keine Kulis, sondern Diener, welche das Recht haben, ein Schwert zu tragen. Während der Reise gehen sie zu beiden Seiten der Sänfte einher. Der eine von ihnen hält das Schwert seines Herrn. Die Träger grüssen nach japanischer Art, indem sie mit den Händen den Erdboden berühren und den Kopf so sehr als möglich den Knieen nähern.

Unter den zahlreichen Kisten, welche, Kleidungsstücke, Wäsche u. dergl. enthaltend , auf der Reise mitgeführt werden, befindet sich auch ein Apparat zur Theebereitung. Derselbe wird von

Pferden, oft auch von Menschen getragen. Diese tragbare Theeküche besteht aus zwei lackirten Kästen , die , wenn man unterwegs anhält , um Thee zu bereiten, auf X-förmige Gestelle gebracht werden.

Die Böte sind von verschiedener Gestalt, je nach ihrer Bestimmung. Da es in Japan noch sehr an Brücken mangelt, vermitteln flache Fahrzeuge den Verkehr zwischen zwei Flussufern. Diese Fahrzeuge gehen sehr langsam, imd deshalb zieht man die Hülfe von Trägern vor, welche den Fluss bei einer Fürth durchwaten. Der Passagier setzt sich rittlings auf den Hals des Kulis, der dabei gemüthlich seine Pfeife raucht.

Die Lastträger bedienen sich ebenfalls einer Tragstange. Diese Art des Transportes reicht bis in das hohe Alterthum hinauf; schon bei den Aegyptern war sie die gewöhnliche. Im Sommer liegen die Landleute, Fischer, Handwerker und Kulis ihren Arbeiten im Zustande fast völliger Nacktheit ob. Ihre Frauen behalten auch nur einen Rock und Gürtel an. Wenn es regnet, schützen sie sich durch Mäntel aus Stroh oder aus geöltem Papier und mit Hüten aus Bambus- rinde, welche schildförmig sind wie in Java.

(Nach Plwtographien.)

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GEBRAUCHSGEGENSTÄNDE PFEIFEN UND RAUCHGERÄTH CHINA CHINESISCHES INDIEN JAPAN

Nr. 1 und 2. Chinesische Pfeife mit Bambusrohr, 1 m lang. Der Kopf, dessen Vorderansicht Nr. 2 zeigt, ist von geschnitztem Holze.

Nr. 6, 7 u. 18. Pfeife und Lampe zum Opiumrauchen. Die Pfeifen sind 52 oder 53 cm lang. Das Rohr Nr. 6 ist von Schildpatt und an den Enden mit Elfenhein-Knöpfen versehen. Nr. 7 ist von Holz mit Mundstück von Hörn. Der oben durchlöcherte, auf das Bohr aufgesetzte Kopf ist bei beiden von emaillirtem Kupfer. Oft ist er aus Porzellan und noch häufiger aus rothem Thon. Nr. 18 ist eine kleine Lampe von 5 cm Durchmesser, die in der Tasche getragen wird. Man setzt alsdann das Glas in die darunter be- findliche Büchse, welche umgedreht wird. Die Lampe dient zum Trockenmachen des Opiums, der mit Hülfe einer Nadel durch das Loch in den Pfeifenkopf eingeführt wird.

Nr. 9.

Chinesische Pfeife, von der sibirischen Grenze stammend. 23 cm lang. Das Mundstück ist von Nephrit, das Rohr von Holz, der Kopf von emaillirter Bronze.

Nr. 15. Chinesisches Rauchnecessaire; mit den Ge- räthen 38 cm hoch. Es ist ein Lederbeutel, welcher mit Schnüren zusammengezogen werden kann, und enthält Pfeifen, Zunder und Tabak. Der Stahl, welcher an einem Bande an der Seite herabhängt, hat hinten eine Ledertasche mit dem Feuerstein. Die Pfeifenrohre sind von Holz, die Köpfe von Metall. Der Zunder steckt in einem hohlen Schilfrohr. Man hängt das Ne- cessaire an den Gürtel.

Nr. 16. Pfeife eines chinesischen Bauers, 35 cm hoch. Von Holz und Kupfer.

Nr. 19. Chinesische Wasserpfeife, 48 cm hoch, mattgelbem Metall.

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Nr. 20. Chinesische Pfeife für Tabak und Opium, 38 cm hoch. Der Kopf für den Tabak ist der vordere ; über dem hinteren Kopf befindet sich die Öffnung der Röhre zur Aufnahme des Opiums. Zwischen den beiden Köpfen befinden sich pfeifenartige Behälter, in welchen die Nadeln

zur Einführung des Opiums und zur Reinigung aufbewahrt werden. Die Köpfe sind mit ge- färbter Haifischhaut überzogen, das übrige ist von mattgelbem Metall. Die Schnüre und Quasten sind von Seide.

Nr. 10 und 11. Pfeifen aus Kambodscha, 48 bis 49 cm lang. Von Holz und Kupfer.

Nr. 14. Schaale aus lackirtem Holz zum Aufbewahren des Tabaks. Königreich Anam. 8 cm Durchmesser.

Nr. 13. Feuerung aus Tibet mit Bügel, zum Tragen eingerichtet. Der Stahl ist mit feinen Gra- virungen, die Ledertasche, welche den Feuer- stein und den Schwamm enthält, mit Metall- platten decorirt. 5 cm breit.

Nr. 4. und 5. Japanische Pfeife mit Futteral, 25 cm hoch. Dies aus zwei Theilen gebildete Futteral ist mosaikartig lackirt. Der lederne Tabaksbeutel, der die Gestalt eines Vogels hat, hängt an einer doppelten Kette herab. Das Rohr der Pfeife ist aus Holz, Kopf und Mundstück aus Metall. Da in jedem japanischen Hause Tag und Nacht ein Kohlenbecken unterhalten wird, brauchen die japanischen Raucher kein Feuer- zeug. Die Japaner tragen die Pfeife, den Tabaksbeutel und eine Schachtel mit Medica- menten am Ende einer starken Schnur, die

durch den Gürtel gezogen wird. Damit sie nicht hindurchgleitet, ist am anderen Ende ein Breloque, gewöhnlich eine Thierfigur (Tiger, Büffel, Bär, Affe, Maus) befestigt.

Nr. 3. Japanische Pfeife, 27 cm lang. Rohr von lackirtem Holz, Mundstück und Kopf von Metall.

Nr. 8. Pfeife, die in China und Japan gleich ge- bräuchlich ist. Rohr von Holz, Kopf und Mund- stück von Metall, mit Schaalthieren in Relief.

Nr. 19. Japanische Tabakstasche aus bemaltem Leder. Die Klappe wird durch ein metallenes Schloss befestigt.

Nr. 17.

Japanische Pfeife aus Porzellan, 98 cm hoch. Das Porzellan des grossen Pfeifenkopfes ist mit Metall montirt und mit einem Bügel versehen, an welchem man den Tabaksbehälter forttragen kann, ohne sich die Finger zu verbrennen.

Die Tabaksgeräthschaften dürfen in Japan bei keiner Mahlzeit, bei keiner festlichen Zu- sammenkunft und bei keinem Besuche fehlen, zumal die Sitte des Pfeiferauchens unter Männern und Frauen gleichmässig verbreitet ist.

(Die abgebildeten Gegenstände befinden sich in der Pfeifensammlung des Herrn Baron von Watteville in Paris).

(Literatur: T. Choutze, Pekin et le nord de la Chine; Moges und de Trevise, Voyage en Chine et au Japon; A. Humbert, Japon illustre; Graf Escayrac de Lauture, Memoires sur la Chine.)

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LAOS, SIAM UND KOREA. BÜRGERLICHE UND KRIEGERISCHE TRACHTEN; THEATERKOSTÜME.

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Nr. 1 und 8: Bewohner von Laos. Nr. 2, 3, 4, 5 und 9: Siamesen. Nr. 6 und 7: Koreaner.

Laos.

Das alte Königreich Laos ist jetzt unter Birma, Anam und Siam getheilt. Der Name Leo oder Lao bezeichnet hauptsächlich die Bewohner des Thaies von Mekong, von Cambodscha bis Luang- Brabang.

Die laotische Bace gleicht der den Norden von Polynesien bewohnenden und tätowirt sich wie diese. In Borneo bei den Dayaks lässt sich die Frau, in Laos der Mann tätowiren. Die Polygamie existirt nur für die Reichen und auch unter ihnen nimmt eine Frau den ersten Rang als legitime Gattin ein. Wie in Siam und Cambodscha, besteht auch in Laos die Sklaverei.

Nr. 1.

Dolmetscher von Laos.

Kopftuch aus Kattun ; Jacke aus rother Seide mit Goldsticke- rei; seidener htnguti , an der Seite geknüpft; die Fuss- bekleidung besteht höchstens aus mit Schnüren befestigten Ledersandalen; zum Kostüm gehört die in ein Bananen- blatt gewickelte Cigarette, häufig hinter dem Ohr getragen.

Nr. 8.

Frau von Laos aus Bangkok, Hauptstadt des Königreichs Siam.

Haar am Hinterkopf gekuotet; Stoffstück, die Brust bedeckend; offener Kock , dessen oberer Theil aus gelbem Stoff; ge- streifter laHffiiti . bis unter das Knie herabfallend ; Korb aus Rindengeflecht. Alle Frauen tragen Armringe aus Gold, Silber, Kupfer oder Kattun und Seidenbänder mit Amu- letten.

Siam oder Thai.

Das Königreich Siam, von den Eingeborenen Sajam oder Thai genannt, wird von Birma, Anam und Cambodscha begrenzt. Die Bevölkerung besteht aus Chinesen, Malaien u. s. w. Die Zahl der Siamesen beträgt kaum 2 Millionen unter sechs Millionen Einwohnern. Sie gehören zu der gelben Race der Indo-Chinesen.

Die Siamesen tragen den Kopf vollständig rasirt mit Ausnahme eines kleinen Haarbüschels auf dem Scheitel. Die Frauen lassen zwei Haarsträhnen an den Schläfen stehen.

Die Frau erfreut sich grosser Freiheiten ; der König besitzt deren nicht weniger als 600, aber nur eine führt den Titel Königin. Das Theater ist in Siam sehr beliebt, steht aber auf sehr niedriger Stufe. Der König und jeder Mann von Rang hält sich seine eigne Truppe.

Nr. 2.

Siamesischer Schauspieler.

Kappe aus Seidengewebe mit Goldfäden; kegelförmige Mütze mit falschen Steinen und Glasperlen; enge Jacke mit langen Aermeln; ärmellose Tunika mit langen, über den languti fallenden Schössen. Weste mit abstehenden Achselstücken, mit Steinen und Metall arbeiten bedeckt; lange Schürze; Holzfächer mit Seide und Satin garnirt. Die Finger mit abnorm langen Nägeln sind mit Ringen bedeckt. Dieses Theaterkostüm ist stereotyp.

Nr. 3.

Schauspielerin von der Truppe des Königs.

Eothe Mütze mit Goldstickerei; Metallring über dem Haar; Jacke mit langen Aermeln aus Seide mit Goldfaden; languti, vorn geknüpft. Darüber eine lange Tunika mit kurzen Aermeln und langen Schössen; ärmellose Jacke mit rothen Achselstücken und mit Goldfäden passementirtem Kragen.

Als Gürtel und Bordüre rother Seidenbrokat mit Steinen besetzt; seidene Schürze.

Nr. 4. Amazone in schottischer Tracht; Garde des Königs von Siam. Flache Mütze aus Seide; Blumen im Haar; rothe Jacke;

wollener fheile-biag; Hosen aus Tartan; Filzschuhe; Säbel,

Köcher und Wildtasche.

Nr. 5.

Siamesin aus Bangkok. Schärpe quer über der Brust; rother languti aus Kattun.

Nr. 9.

Königin von Siam.

Shawl aus Goldbrokat; rother languti mit einer emaillhten

Goldplatte geschmückt. Die Königin und die Prinzessinnen

zeichnen sich nur durch die Pracht der Stoffe von ihren

Unterthanen aus.

Korea oder Tchaosian.

Der Name Korea wird von den Eingeborenen nicht mehr gebraucht, er bezeichnete einst das kleine Fürstenthum Korie. Im XIV. Jahrhundert kam der Name Tchaosian (Heiterkeit des Morgens) in Gebrauch, hergenommen von der geographischen Lage im Osten des chinesischen Reiches.

Trotz der chinesischen Verwaltung hat sich die Bevölkerung in Tracht und Sitte manche Eigenthümlichkeit bewahrt

Nr. 6. Mandarin von Korea. Hut aus Bambusgeflecht; Leinenhemde mit weiten Aermeln ; Weste über einem glatten Rock; weite, um den Knöchel schliessende Hose; Kanonenstiefel mit aufwärts gekrümmter Spitze; Säbel mit langein Griff; Gürtel mit einem Säckchen für die Rauchutensilien.

Nr. 7.

Offizier von Korea bei Regenwetter.

Kopfbedeckung aus Oelpapier über einem Filzhut j bei schönem Wetter wird dieselbe zusammengefaltet in die Tasche gesteckt Leinener Rock; rothe Weste; weite Hose; Säbel mit langem Griff; Lederschuhe.

Die Originale der Abbildungen befinden sich im Museum von Paris: Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 8 und 9 nach Photographieen ; Nr. 6 und 7 nach Zeichnungen von Zuber.

Vgl. PallegoiX) Description du royaume de Thai ou Siam, Paris, 1854. H. Moulwt, Voyage dans les royaumes de Siam, de Cambodga, de Laos etc., 1863. A. Grehan, Le royaume de Siam, 1870.

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RAUCHGERÄTH EINES ANAMITISCIIEN RAUCHERS; GEWÖHNLICHE UND WASSERPFEIFEN. INDIEN, PERSIEN UND JAVA.

Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8. Kaiserreich Anam.

Nr. 9, 12 lind 13. Indien.

Nr. 10, 14, 16 und 17. Persien.

Nr. 11 und 15. Java.

KAISERREICH ANAM.

Nr. 2. Geräth des Rauchers.

Nr. 1, 3, 4, 5, 6, 7 und 8.

Einzelne Theile des Geräths.

Nr. 1. Tablet in Holz mit Perlmutter eingelegt. Breite

0,58 m. Nr. 3. Tabaksc.baleauslackirtem nolz. Durchmesser 0,12 m. Nr. 4 und 8. Pfeifen aus Holz, mit Perlmutter eingelegt;

Silberkettchen, Höhe 0,19 m. Nr. 5 und 7. Stahlmesser mit Horugrirt zum Reinigen der

Pfeifen. Nr. 6. Bronzelampe mit Glascylinder zum Anzünden der

Pfeife. Höhe 0,13 m.

INDIEN. Nr. 9. Ourgurg-huklia, Wasserpfeife (vgl. die Tafel Asien mit der Lunte). Beschlag von Kupfer, Kopf von Thon, Schlauch von Leder.

. Nr. 12 und 13. Gewöhnlicho Uolzpfeifen. Lange 0,18 m.

PERSIEN.

Nr. 10. Kalium aus Metall, ciselirt und versilbert. Höhe 0,28 m.p Nr. 14. HuUn mit ciselirter Metallglocke ; Tkonkopf ; Holzrohr; Mund- stück mit Edelsteinen besetzt; Seidenschuur. Höhe 0,55 m.

Nr. 16 und 17. Pfeifenköpfe aus Fayence Höhe 0,015 m.

JAVA.

Nr. 11.

Opiumpfeife mit Binsengeflecht garnirt. Länge 0,68 m.

Nr. 15.

Pfeifenetai aus geschnitztem Holz, mit Perlmutter eingelegt.

Höhe 0,55 m.

Originale in der Sammlung des Baron von Watteville.

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INDIEN

DIE RADSCHPUTEN

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Unter Eadschputeu (eigentlich Königssöhne) versteht man die Mitglieder einer besonders im nördlichen Ostindien verbreiteten Kaste, welche in die Rechte der alten Kriegerkaste ge- treten ist. Aus ihnen rekrutirte sich die waffenfähige Mannschaft Indiens, welche in den Dienst der Radschas oder Rajas trat, die früher unabhängige Beherrscher der kleinen Fürstenthümer waren und jetzt Vasallen der Engländer geworden sind. Im XVII. Jahrhundert gab es noch hundert unabhängige Radschas, von denen ein jeder fünfundzwanzigtausend Pferde in's Feld stellen konnte. Radschputana ist der Gesammtname für achtzehn Vasallenstaaten des nord- westlichen Vorderindiens. Indessen sind die Radschputen in Radschputana selbst geringer ver- treten als in anderen Theilen Indiens.

Die von uns publicirten Abbildungen gehören dem XVII. Jahrhundert an und sind Theile einer Reihe von Portraits der letzten Beherrscher des Königreichs Telingana, dessen Hauptstadt Golkonda, vier Kilometer von Heiderabad, war. Golkonda wurde von den Mongolen zerstört. Da die Hindus mehr als ein anderes Volk ihre alten Sitten und Gebräuche bis in die neueste Zeit hinein bewahrt haben, darf man annehmen, dass die Trachten der dargestellten Personen sich von denen älterer Zeiten nicht viel unterscheiden.

Nr. I. Djihan Khan trägt einen Turban aus schwerem Goldstoff, dessen Form sich von der muselmännischen unterscheidet. Derselbe läuft in einer Spitze über der Stirn aus, ist mit Perlenschnüren umwunden und mit Smaragden, Rubinen und zwei Federn geschmückt, von denen noch zwei Quasten mit Perlen oder Diamanten herabfallen. Die Federn stecken in einer Agraffe, die von einem Rubin und einer goldenen Sonne gebildet wird. Der obere Theil des Körpers ist mit einer eng anliegenden Jacke bekleidet, deren Flügel vorn übereinander geschlagen sind und die um den Körper von einem Gürtel zusammengehalten wird. Dieser feste Anschluss an den Körper ist durch den schroffen Temperaturwechsel geboten, welcher durch das Wehen de3 Monsums verursacht wird. Das weite Beinkleid von Seide reicht bis auf die Knöchel herab und schliesst dort ebenfalls eng zusammen. Der rothe Sammetpantoffel hat keine Hacken, weil man sich desselben oft entledigte, üeber den Beinkleidern trägt der Fürst einen Rock von durch- sichtigem Gewebe. Es ist eine Art von Musselin, dessen Feinheit stets die Bewunderung der Reisenden erregte. Einer erzählt, dass man ein Stück von zehn Ellen in eine Tabaksdose legen

oder durch einen Ring hindurchziehen konnte, und ein anderer berichtet, dass ein solches Ge- webe, welches von einem Engländer auf das Gras gelegt worden war, nicht mehr gesehen wurde, weil das Gras nicht dadurch verdeckt wurde. Der Gürtel, von welchem vier Enden herabhängen, ist mit kostbaren Steinen besetzt. Ausserdem trägt der Dargestellte eine Schärpe mit goldenen Borten. Mit Ausnahme des Daumens sind alle Finger mit Ringen versehen. Ein grosses Perlen- halsband mit Edelsteinen, zwei Armbänder am Handgelenk und ein drittes am Oberarm ver- vollständigen den kostbaren Schmuck der Radschas. Wenn die Fasse unbedeckt wären, würde man auch Ringe an den Zehen sehen. Auch das Gefäss und der obere Theil der rothen Sammet- scheide des langen Degens sind mit Edelsteinen besetzt. Man nennt diese Waffe kunda. Im Gürtel steckt ein Dolch, der nur in Hindostan bekannte khuttar, eine Waffe mit dreieckiger zweischneidiger Klinge und eigenthümlich gestaltetem Griff, dessen Form bei Nr. 3 ersichtlich ist. Bei Nr. 1 ist der Griff mit Email decorirt.

Nr. 2. Schah Soliman, Sohn des Schah Abbas, ist mit einem Schilde aus Rhinoceroshaut versehen, welches mit sechs goldenen Buckeln besetzt ist. Die Blume in seiner Hand, deren Wohlgeruch er einathmet, erinnert an die Vorliebe der Indier für duftende Essenzen und Parfüms.

Nr. 3. Soliman Moäsfdin ist bis auf den Turban ganz in Weiss gekleidet. Der Stoff scheint aus dem feinsten Kaschmirgewebe zu sein. Auch trägt er keine Schmucksachen.

(Nach altindischen Originalmalereien in der Bibliothek von Ambroise Firmin-Didot.)

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INDIEN

KAISER DER DYNASTIE DER GROSSMOGULS. RADSCHPUTISCHER FÜRST.

HISTORISCHE BILDNISSE.

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Grossmoguls.

Nr. 1. Azem Schah 1706—1707.

Nr. 2. Schah Alem 1707—1712.

Turban, nach der Stirn zu spitz; goldenes Diadem mit Steinen und Perlen besetzt; sonnenförmige Agraffe mit Federbusch. Jacke mit Aermeln, über der Brust schräg übergeschlagen, ein Schweisstueh im Ueberschlag. Puyjamas (Hosen) aus Seide, bis zum Knöchel herabgehend. Pantoffel ohne Hacken mit aufwärts gekrümmter Spitze. Weiter durchsichtiger Rock. Gürtel aus Goldstoff mit vom breit herabfallenden Enden und Schärpe aus feinem weissen Kaschmir. Perlenhalsbänder und Armbänder am Ober- und Unterarm. Im Gürtel der Ichuttar. Schah Alem hält die hwnda in sammetbezogener Scheide.

Nr. 3. Radschputischer Fürst. Oben beschriebene Tracht. Schild aus Rhinozeroshaut mit Metallknöpfen an einem Riemen. Auf der behandschuhten Rechten ein Jagdvogel an rothseidener Schnur.

Originalgemälde aus dem Besitz des Herrn Ambroise Firmin-Didot.

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INDIEN

HOHE WÜRDENTRÄGER DES MONGOLISCHEN REICHES.

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Nr. 1. Miirad - Backche , shahzadsch , kaiserlicher Prinz , Sohn des Schah-Djehan und Bruder des Aureng-Zeb. XVIII. Jahrh. Die rechte Hand am Khuttar, die linke an dem krummen Sähel mit rother Sammtscheide. Der Turban ist durch eine Goldbinde zusammengehalten, um die sich eine Schnur ans Edtdsteinen und Perlen schlingt. Agraffe mit Feder- husch, llals- und Armbänder aus Perlen. Rock aus Seide oder kostbarem Kattun, wie er in Java fabrizirt wird. Aus der Kreuzung dieses Rockes über der Brust sieht ein Taschentuch hervor. Die Hosen, pnyjanias, aus Seide, Tuch oder Satin, fallen in schmalen Falten bis auf den Knöchel. Der nackte Fuss steckt in Pantoffeln mit um- gebogener Spitze.

Nr. 2.

Indischer Prinz, Statthalter des Grossmogul. WeisyerTurban ; Ehrenmantel, Kurta, nach antiker Art gefältelt. Indem Cachemirgürtel mit vorn herabfallenden Enden der Khuttar.

Nr. 3.

Herrscher von Delhi. Turban in Goldbrokat mit Reiherbusch, an dessen Enden sich Diamanten befinden. Doppelhalsbanil aus Perlen mit Rubinen und Smaragden. Armbänder am Handgelenk und; am Oberarm. Gelber Rock mit eingewirkten Blumen, zusammengehalten durch einen Cachemirgürtel, in dem ein Dolch steckt. Die Hand stützt sich auf die Kunrla, ein gerades Schwert. Knopf und Griff reich emaillirt.

Nach Originalgemälden aus der Bibliothek von Ambroise Firmin-Didot.

Vgl. Ferrario, Le Costume ancien et moderne. PengmUy VHariäon, Catalogae des collections composant le Musee d'artillerie. Paris, 1862.

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INDIEN

HEKRSCHER AUS DER MUGHALISCHEN DYNASTIE UND FRAUEN

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Die vonTamerlan, dem Eroberer Indiens, abstammenden Herrscher tatarischer (mughalischer) ßace werden in Europa gewöhnlich Grossmoguls genannt, ein Wort, welches aus mughalisch corrumpirt worden ist. Ihre Herrschaft über Indien dauerte von 1526 1803, und ihre Residenz war abwechselnd Agra oder Delhi. Von dem Glänze, der an diesen Höfen herrschte, haben Tavernier, Roe und andere Reisende berauschende Schilderungen entworfen. Bernier, welcher einem überaus glänzenden Feste des Grossmoguls Aureng-Zeb (f 1707) beigewohnt hat, erzählt darüber folgendes: „Aureng-Zeb sass im Hintergrunde des Saals auf einem Throne; er war mit einem weissen Zeuge von höchster Feinheit bekleidet; sein Turban war aus Goldstoff gefertigt und mit einem Federbusch versehen, der von Diamanten gehalten wurde; ein Halsband von dicken Perlen fiel auf die Brust herab. Der Thron ruhte auf sechs Füssen von massivem Golde. Reiche seidene Teppiche von erstaunlicher Länge und Breite bedeckten den Fussboden."

Nr. 1. Das Portrait von Djehanguir (1597—1627), welcher zweiundzwanzig Jahre regiert hat, liefert den bildlichen Commentar .zu der obigen Beschreibung. Das heisse Klima macht den Sonnenschirm nöthig und erklärt auch, weshalb die Füsse unbekleidet geblieben sind. Die Finger und Zehe sind auf dem Original reich mit Ringen besetzt. Der bis auf die Kuiee herab- reichende Rock b'esteht aus einem durchsichtigen, baumwollenen Stoffe von der Art, wie sie in dem Gebiete von Daka fabricirt wurde. Das Gefäss in der Rechten scheint zum Theetrinken bestimmt zu sein.

Nr. 2. Der nach orientalischer Sitte mit untergeschlagenen Beinen auf dem Throne sitzende Kaiser ist Djehander-Schah, welcher 1712 zu dieser Würde erhoben, aber wenige Monate darauf enthauptet wurde. Seine Kleidung besteht aus seidenen Stoffen. Bemerkenswerth ist der grosse Ring am Daumen der rechten Hand und das Armband am linken Oberarm. Er hält in der Rechten einen kleinen mit Perlen besetzten Federbusch, wie er einen von gleicher Art auf dem Turban trägt. Es ist vermuthlich das Zeichen einer Würde, das er Jemandem ver- leihen will.

Nr. 3. Die Frauen tragen Schleier von jenem weichen, seidenartigen, durchsichtigen und doch sehr festen Musselin, welchen die Römer venlus textilis (gewebten Wind) und nebula linea (leinenen Nebel) nannten. Denn die Indier erfreuten sich schon im Alterthum des Ruhms, die

geschicktesten Weber der Welt zu sein. Stirn, Finger, Ohren, Hals, Brust, Arme und Zehe sind mit Schmucksachen, besonders mit Perlen, überladen. Viele zogen sich auch Ringe oder Perlen durch die Nase. Das Kleid, welches die Arme halb frei lässt, besteht aus dem durchsichtigen Dakastoffe. Der Oberkörper ist unter dem dünnen Zeuge völlig sichtbar, während der Unterkörper mit Beinkleidern von geblümter Seide verhüllt ist. Das vom Gürtel herabfallende breite Band von gesticktem Goldstoff ist eines der berühmten Gewebe, die im Thale von Kaschmir ange- fertigt wurden. Die Fussbekjeidung besteht aus leichten Pantoffeln ohne Hacken und Absätze. Nach dem Bade pflegten sich die indischen Damen mit Pulver aus Sandelholz zu parfümiren. Die Augen wurden mittelst einer Haarnadel, die man in Antimonpulver tauchte, mit schwarzen Linien umzogen, um ihren Glanz zu erhöhen. Die Fingerspitzen wurden mit dem Safte einer Pflanze (Madroni en tamoul) roth gefärbt. Es bestand auch. noch die merkwürdige Sitte, dass man den Busen mit zwei Etuis von Holz bedeckte, das so fein und weich war, dass es sich der Haut völlig anschmiegte, ohne zu drücken. Diese Holzetuis, die von den Frauen aller Stände getragen wurden, befestigte man mit hinten zusammengeknüpften Bändern.

Nr. 4. Die Haut der Frau scheint mit Saffran gefärbt zu sein, der häufig für das Gesicht, den Hals, die Arme und Beine angewendet wurde.

(Die Figuren der beiden Kaiser stammen aus einer Sammlung indischer Malereien, -welche zwanzig Portraits von Nachkommen Tamerlans darstellen und von dem Obersten Gentil 1774 in Delhi zusammengebracht worden sind. Sie gehören der Bibliothek von Ambroise Firmin-Didot. Die beiden weiblichen Figuren sind aus einer Sammlung sehr alter persischer und indischer Male- reien geschöpft, die sich in derselben Bibliothek befindet.)

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INDIEN

MONGOLISCHE KAISER UND FRAUEN. 1 4

Nr. 4. Humaiun oder Umayun, indischer Kaiser aus der mon- golischen Dynastie, geboren 1508, kam 1530 zum Thron und starb 1556. Nr. 3. Faruksiar oder Firuksir, indischer Kaiser aus derselben Dynastie, kam 1712 zur Regierung und starb 1719.

Der altere von beiden ist in der gewöhnlichen Audienz- tracht dargestellt. Mit wenigen Ausnahmen bedienen sich die Indier weder der Stühle noch der Tische. Sie kauern sich auf Teppichen, Matten und Kissen nieder. Der Fürst setzt sich, wenn er Audienzen abhält, auf einer Estrade nieder, die meist eine Stufe hoch und von einer niedrigen Galerie umgeben ist. Das Kennzeichen des Herrschers ist der aufrechtstehende Federbusch. Der Thron im eigentlichen Sin- neist ein Sitz mit Fussgestell und Baldachin , der von einem Sonnenschirm gebildet wird. Der Herrscher nimmt auf diesem Thron bei grossen Ceremenieen und beiVerhandlungen mit aus- wärtigen Mächten Platz. Die Etikette verlangt , dass der Fürst bei solchen Gelegenheiten über seine Kleidung ein langes durchsichtiges Obergewand von weissem Musselin zieht, welches um die Hüften zusammengebunden ist. Ausser- dem trägt der Sultan den kleinen mit Juwelen geschmückten Turban. Umayun war der Sohn von Baber, dem Gründer der mongolischen Dynastie in Indien, und führte ein sehr beweg- tes Leben, da er beständig um die vom Vater ererbte Herrschaft kämpfen und dreizehn Jahre in der Verbannung verweilen musflte, bevor er den Thron von Delhi besteigen konnte.

Firuksir, einer der Enkel von Aureng-Zeb, war von auf- ständischen Fürsten auf den Thron gehoben worden, welchen er sieben Jahre lang einnahm, ohne sich von der Vormund- schaft der Vasallen befreien zu können. Als er den Versuch dazu machte, wurde er abgesetzt.

Nr. 1. Mongolische Dame im Hauskostüm , welches in An- betracht der Hitze äusserst leicht ist. Doch geben die Indierinnen auch im Neglige die Schmucksachen nicht preis. Die Frauen einiger Kasten durften vor Personen, die einen höheren Rang als sie bekleideten, nur mit entblösstem Busen erscheinen. Nr. 1 ist eine verheirathete Frau , was man an dem Goldschmuck auf ihrer Brust erkennt , den der Gatte der Neuvermählten nach der Ceremonie um den Hals hängt. Der Körper ist mit Safran eingerieben. Die Finger- spitzen sind mit Hennah gefärbt. Das einzige Kleidungs- stück bildet ein äusserst feiner, mit Gold gestickter, seidener Rock, welcher um die Hüften geschlungen wird. Solche feine Seidengewebe sind eine Spezialität hindostanischer Industrie.

Nr. 2. Junges mongolisches Mädchen, wie es scheint, im Brantkostüm. Die Haube besteht aus gesteiftem, mit Gold- borte eingefasstem Musselin. Die Schürze bildet gewöhnlich ein Hochzeitsgeschenk des Bräutigams, welches am Tage der Hochzeit erfolgt. Diese Schürze ist immer sehr werth- voll und besteht selbst bei den Armen aus Seide.

(Nach indisclien Malereien aus dem vorigen JaMiimdert, die sich in der Bibliothek von Ambroise Firmin-Didot befanden.)

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INDIEN

TRAGBARER THRON DER MONGOLISCHEN KAISER

Diese aus der Bibliothek von Ambroise Firmin-Didot entnommene Miniatur rührt aus dem XVII. Jahrhundert her und stellt den Gross-Mogul auf einem Throne dar. Die Reisenden haben viel von dem berühmten Pfauenthrone erzählt, dessen Reichthum ihre lebhafteste Bewunderung erregte. Die Beschreibungen, welche der Arzt Bernier und Legoux de Flaix von den beiden Pfauenthronen hinterlassen haben, die sie zu Gesicht bekamen, beziehen sich nicht auf denjenigen unserer Darstellung, welcher den Charakter eines zum Transport dienenden Thrones hat. Es ist also ein dritter Pfauenthron aus derselben Zeit, wie die beiden anderen. Es scheint einer der tactravan, wie sie Bernier nennt, zu sein, welche Throne für das Land und die Reise waren und die höchste Pracht der Ausstattung zeigten. Acht Männer trugen die vier Stangen, in welchen dieser tragbare Thron hing. Ausserdem reisten die Kaiser zu Pferde oder auf den Rücken der Elephanten und zwar hier entweder in dem kleinen viereckigen Mickdariber genannten Thurme oder auf einem halbrunden Sessel, über dem sich ein von Säulchen getragener Baldachin, hauze, erhob.

Der Luxus dieser Pfauenthrone war, wie Bernier erzählt, unerhört; derjenige, den er sah, hatte Füsse von massivem Gold, welche von Rubinen, Smaragden und Diamanten funkelten. Man schätzte seinen Werth auf 40 Millionen Rupien. Der Thron war auf Veranlassung des Schah Djahan, des Vaters von Aurengzeb, angefertigt worden, weil er eine Menge von Edelsteinen, die in seinem Schatze angehäuft waren und von den geplünderten oder tributpflichtigen Rajahs stammten, verwenden wollte. Die beiden Pfauen auf dem Throne, die Legoux de Flaix sah, waren mit Perlen und kostbaren Steinen bedeckt. Die Schweife und die ausgebreiteten Flügel trugen die schönsten Smaragden zur Schau, und man sah Trauben an dem Throne, welche die Früchte des Palmbaumes darstellten und zu denen man die schönsten Diamanten Golcondas benutzt hatte.

Wenn der König mit grossem Gefolge ausgeht, sagt Maffei in seiner Schilderung der alten Rajahs, so hat er fünf bis sechs tausend Menschen hinter sich mit Elephanten, Palankinen und militärischer Musik. Zwei Sänger gehen ihm vorauf, welche seinen Ruhm verkünden. Er selbst wird in einem Palankin getragen, der von Edelleuten umgeben ist.

Dieser Thron diente vermuthlich auch in dem Amkas, dem Räume für die Audienzen, einem grossen viereckigen Hofe, der in allen königlichen Residenzen existirte, in welchem der Gross -Mogul selbst Recht sprach, indem er um die Mittagszeit das Volk ohne Unterschied des Standes empfing. Bisweilen wurde er von den beiden ersten Kadis oder Justizministern unterstützt, dem Kutual und dem Kadi. Der erstere war besonders damit beauftragt, der Trunkenheit zu steuern, der andere war der eigentliche Justizminister. Es scheint, dass die beiden auf einen Stock gestützten Figuren diese Würdenträger vorstellen. Die auf einem sechseckigen Sessel hockende Person ist wahrscheinlich der Himad-ud-Dulet, der Premierminister.

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INNERER HOF EINES INDISCHEN HAREMS

Facsimile einer indisch-persischen Miniatur, ehemals im Besitze von Ambroise Firmin-Didot in Paris. Zuleika, das in der indischen Sage so geheissene Weib des Potiphar, stellt Joseph ihren Frauen vor, die beschäftigt sind, Orangen zu schälen. In ihren Mienen und Bewegungen spiegelt sich das Erstaunen über die Schönheit des israelitischen Sclaven. Eine der Frauen lässt vor Ueberraschung ihr Messer fallen.

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DIE ARCHITEKTUR IM XVII. JAHRHUNDERT DER CHRISTLICHEN AERA. INNERES DER WOHNUNG. DIE TERRASSEN.

DAS LUSTSCHLOSS EINES GROSS-MOGUL. EINE BERÜHMTE FAVORITIN.

DER GYMNOSOPHIST. DER GYMNAS1ARCH.

(Doppeltafel.)

Die sogenannte muselmännische Architektur kam in Hindostan zur Herrschaft nach der Er- oberung durch die Araber, nach der ersten Errichtung einer mahomedanischen Herrschaft und nach all' den Wirren, die mit der Gründung eines mongolischen Reiches durch den Enkel Timur-Beys, Diahir-el-din Mohammed mit dem Beinamen Baber (Tiger), endeten.

Der mahl der Hindus entspricht dem Harem des persischen oder türkischen Serails mit seinem ganzen Apparat von Eunuchen und Tänzerinnen. Er besteht gewöhnlich aus einer Anzahl kleiner Höfe, die bisweilen von Gebäuden, meist von schattigen Alleeen umgeben sind. Dar gewöhnlicher Schmuck ist eine rings herumlaufende Colonnade. Die Mauern sind mit einem weissen, aus dem feinsten Kalk gemischten Stuck bekleidet, die Innenwände mit Wasser- oder Ölfarben bemalt. Die Gärten werden durch lange und schmale Canäle bewässert, die in einem Bassin mit Fontäne zusammenlaufen. (Vgl. die Tafel Indien mit dem Zeichen des Bogens.)

Die grösseren Räume befinden sich in den oberen Stockwerken, zu denen man auf in der Mauer versteckten Treppen emporsteigt. Der Fussboden ist in seiner ganzen Ausdehnung mit einem dicken Teppich bedeckt. Sonstiges Meublement fehlt. Man setzt sich auf ein Stück Stoff einander gegenüber. Die überall herabhängenden Portieren werden wie Stores aufgezogen und bestehen aus Seide.

Nr. 2, 3, 4, 5, 7 und 10 sind Terrassen eines mahl des Djehanguir (vgl. sein Bild Tafel Indien mit dem zunehmenden Mond) in der ersten Hälfte des XVII. Jahrh. Wir befinden uns bei der be- rühmten Mhir-el-Nissa, der Sonne der Frauen, deren ersten Gemahl Akber wir sich auf Nr. 6 mit ihrem Perlenhalsband, als Zeichen der vollzogenen Ehe, entfernen sehen. Auf Nr. 3 bringt Djehan- guir der durch einen Meuchelmord errungenen Geliebten das Halsband zurück. Nr. 2 zeigt sie die Trauer um den Abwesenden mit Hülfe von Gesang und Saitenspiel mildernd, während sie sich in Nr. 4 und 6 mit ihrer Toilette beschäftigt, während sie Nr. 7 als mächtige Favoritin darstellt.

Die Miniaturmalerei Nr. 10 ist der Entdeckung der Rosenessenz geweiht. Der schwarze Obereunuch und eine Dame sitzen mit Blumen in den Händen einander gegenüber.

Nr. 1 stellt eine historische Zusammenkunft des Djehanguir mit einem Fakir dar, den er mit Liebkosungen und Geschenken überhäuft.

Nr. 8 scheint seiner Haltung nach ein tanzender Derwisch zu sein; Nr. 9 ist ein Gymnasiarch in einer Art Badehose mit fast ganz rasirtem Schädel.

Facsimile nach Miniaturen der Sammlung Ambroise Firmm-Didot.

Vgl. zum Text Ferrario und Dubois de Jancigny und 'Kavier Raymond, Inde, Univers pitto- resque.

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INDIEN

KRIEGSTRACHTEN DES XVI. JAHRHUNDERTS INDISCHER GROSSMOGUL, EINEN KRIEGSZUG ANFÜHREND

Diese Darstellung ist ein Bruchstück aus einer Malerei, welche Sehir- eddin Mohammed, genannt Baher (der Tiger), Kaiser und König der Indier, darstellt, wie er an der Spitze seines Heeres auszieht, um die Provinz Mazindera in Persien einzunehmen.

Das Lehen Babers, des Begründers des grossmogulischen Reiches, hat den indischen Malern Anlass zu zahlreichen Darstellungen gegeben. Obgleich einer relativ modernen Zeit an- gehörend (er starb 1530), besitzt dieser Zeitgenosse Karl V., Franz I. und Heinrich VHL, welcher seine Haupterfolge seinen Kanonen und Feuergewehren verdankt, in der Phantasie der Indier einen Ruhm, welcher in Folge der Wechselfälle seines Schicksals und seiner persönlichen Eigen- schaften an das Wunderbare gewisser antiker Sagen grenzt. Durch seinen Vater in direkter Linie von Timur, durch seine Mutter von Dschengis - chan abstammend, bemächtigte sich der König des kleinen Ferghana Samarkands. Als er dann nicht nur seine Eroberung, sondern auch sein eigenes Königreich verlor, floh er nach Khorassan. Sein früherer Ruhm versammelte dort um ihn alle im Lande zerstreuten mongolischen Stämme. Ohne einen Schwertstreich zu thun, trat er an die Stelle ihres Häuptlings, der sich ihm unterwarf. An der Spitze dieser Schaaren unternahm er seine siegreichen Züge nach Kabul, Ghasna u. s. w. und endlich nach Hindostan, wo er sich nach fünf Einfällen festsetzte. Er starb dort als Herrscher und Begründer einer Dynastie.

Baber ist hier mit den Attributen des kriegerischen Herrschers, dem Reiherbusch und dem Sonnenschirm des Padischah abgebildet. Seine Rüstung unterscheidet sich nicht von der- jenigen der Reiter seines Gefolges. Der Helm von Golddamast ist mit dem aus beweglichen Schuppen gebildeten Nackenschutz versehen. Die Rüstung des Körpers besteht aus einem seidenen Wamms mit kurzen Aermeln und rundem Schooss, welches stark gepolstert ist und um die Hüften von einem Gürtel zusammengehalten wird. Es ist mit blumenförmig gestalteten Metall- knöpfen besetzt und auf der Brust mit einer grossen Metallscheibe versehen, die zum Schutze dient. Die Vorderarme haben Schienen von Golddamast, und die Kniee sind durch Metall- platten geschützt. Die Angriffswaffen bestehen aus einer hölzernen, an beiden Enden mit Eisen bewehrten Lanze, einem geraden Degen mit kreuzförmigem Griff und den gefiederten Pfeilen, die in einem am Gürtel befestigten Köcher stecken. Der hinter Baber befindliche Reiter trägt eine merkwürdige Waffe, die vielleicht eine in einem Futterale steckende Streitaxt, vielleicht auch eine Keule sein kann, die zum Gebrauche des wegen seiner grossen Körperstärke gerühm-

ten Königs diente. Der König trägt keine Reiterstiefeln, sondern Schuhe. Sein Pferd ist mit einer vollständigen, aus beweglichen Metallplatten zusammengesetzten Rüstung bekleidet. Nur der Kopfschutz ist aus einem Stück Metall gehämmert. Im Gefolge des Königs befindet sich der Fahnenträger und auf einem Kameele ein Paukenschläger. Auch das Kameel im Vorder- grunde trägt eine aus Metallschuppen gebildete Schabracke.

Vor dem Könige laufen Soldaten einher und unter ihnen ein Offizier, welcher mit seinem Stabe Raum für den König schafft.

(Nach einer indischen Malerei des XVI. Jahrhunderts aus der Bibliothek von Ambroise Firmin- Didot.)

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INDISCHE, PERSISCHE UND TÜRKISCHE WAFFEN.

Nr, 1. Indischer Dolch, Khntiar genannt. Die Arme des Handgriffs sind ebenso wie die zweischneidige Klinge da- mascirt. Letztere hat in der Mitte noch eine gravirte und vergoldete Verzierung in Relief. Wenn man diese Waffe zum Stoss gebraucht, erfasst mau mit der Hand die beiden Querstäbe, welche die Arme des Griffs verbinden.

Nr. 2 und 2 bis, 3 und 3 Ms, 9, 11, 23 und 24. Indischer Dolch mit starker, geflammter, zweischneidiger Klinge, die in der Mitte durch einen hochstehenden Grat getrennt ist. Der Griff von Nr. 2 ist aus geschnitztem Elfenbein und hat einen Faustbugel wie ein Säbel.

Die Nr. 3, 9, 11 und 23 haben gekrümmte Griffe von Ellen- bein, das mit Blumen in Email cloisonne verziert ist. Der Griff von Nr. 24, welcher in einen Pferdekopf endigt, be- steht aus Bergkrystall, der ebenfalls mit Blumen in Email cloisonne dekorirt ist. Die Klingen haben vergoldete Da- mascirungen. Die Nr. 2 bis und 3 bis sind die mit gold- gesticktem Sammetstoff überzogenen Scheiden der ent- sprechenden Nummern.

Nr. 6. Indischer Dolch, der zum Theil aus der Scheide herausgezogen ist. Der Griff ist aus grünem Nephrit. Die vergoldete Scheide ist in der Mitte mit rothem Sammet überzogen.

Nr. 10 und 18. Dolche nach orientalischem Muster von Henri Lepage in Paris angefertigt und dem dortigen Artillerie- museum geschenkt. Sie haben nur ein technisches Inter- esse. Die Klinge von Nr. 10 ist durchbrochen gearbeitet. Der Griff ist aus Elfenbein und die gekrümmte Parirstange ans ciselirtem Silber. Der Griff von Nr. 18 ist von Holz, aber mit rothem Leder und mit vergoldetem Silberdraht überzogen.

Nr. 19 und 20. Indische Dolche mit nach aufwärts gebogenen Griffen, zum Theil aus der Scheide gezogen. Die Klingen sind gewunden und mit vergoldeten Damascirungen ge- schmückt. Die Griffe sind aus ciselirtem Silber und theil- weise vergoldet. Die hölzernen Scheiden haben silberne Be-

Nr. 22. Persischer Dolch in der Scheide mit aus Goldfäden geflochtener Schnur zum Anhängen. Der Griff ist mit Türkisen besetzt.

Nr. 15. Türkischer Dolch in der Scheide.

Nr. 5. Indisches Schwert. Die zweischneidige Klinge ist an beiden Seiten gezähnt und mit einem Grat versehen. Der obere Theil der Klinge trägt arabische Inschriften, die eingravirt und vergoldet sind. Der Griff ist von Holz, die Parirstangen sind nach oben gegen den rautenförmig ge- bildeten Knopf zu gebogen. Auch dieser trägt in der Mitte eine arabische Inschrift.

Nr. 8. Indisches Schwert. Die Klinge hat eine vom Heft bis zur Spitze reichende Kinne. Die Hand wird durch ein halbrundes Degengefäss (Faustkappe) geschützt. Der Griff ist mit gravirten und ciselirten Ornamenten dekorirt.

Nr. 4. Indischer Säbel. Die damascirte Klinge ist gekrümmt, der Griff von vergoldetem Stahl. Die Zungen, welche un- terhalb der Parirstange auf die Klinge herabreichen, greifen über die Scheide.

Nr. 7. Indischer Säbel, eine reich oruamentirte, halb aus der Scheide gezogene Waffe. Die Klinge ist leicht ge- krümmt und mit vergoldeten Damascirungen versehen. Der Griff besteht aus fein ciselirtem Silber, sein Knopf ist durch einen Thierkopf gebildet, ebenso wie der des zu ihm auf- steigenden, aber nicht mit ihm zusammenhängenden einen Bügels. Die Gravirungen und Ciselirnngen sind überall mit Gold gehöht.

Nr. 13. Indischer Säbel mit krummer Klinge, deren Schneide gezähnt ist. Der schwarze Griff ist mit kleinen Vierblüttcrn aus Silber in eingelegter Arbeit dekorirt. Die Enden der Parirstange sind mit Knöpfen besteckt. Diese Waffe heisst in Indien Pitlüar.

Nr. 12. Indischer Säbel für Hinrichtungen. Gewicht: 6 Kilo- gramm. Der Griff ist versilbert.

Nr. 21, Diese eigenthümliche Form des Schwertes heisst in Nepal in Indien Kukri Kora. Die Schneide befindet sich

an der inneren Seite der Klinge, Der Griff ist mit grünem Leder überzogen. Zwei Stahlplatteii dienen als Knopf des Griffe und als Deckung für die Hand. Die hölzerne Scheide dieses Säbels ist mit rothem Sainmet überzogen und mit goldenen Beschlagen versehen. Nr. 14. Indische Luntenflinte. Das Rohr ist reich damascirt.

Das Holz ist mit reichster indischer Lackmalerei unter An- wendung von Gold dekorirt. Nr. 16 und 17. ÄDgriffsw äffen, die an die europäischen Hellebarden und Streitäste erinnern. Sie sind von Stahl und mit reichen Damascirungen dekorirt, die mit Gold gehöht sind.

Nach Photographien.

Nr. 4, 5, 6, 8, 10, 12, 13, 14, 18 und 21 aus dem Artilleriemuseum in Paris.

Nr. 1, 2, 2 6t«, 3, 3 bis, 9, 11, 16, 17, 23 und 24 aus der Sammlung des Herrn von Rothschild in Paris.

Nr. 7, 15, 19, 20 und 22 aus dem Kgl. Museum in Kassel.

Vgl. den Catalogue da Musee d'artülcrie von 0. Penguilly THaridon, Paria, 1862.

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WAFFEN, SCHMUCKGEGENSTÄNDE UND GERÄTHE

Nr. 1. und 2. Indische Holzlöffel aus Calcutta.

Nr. 3. Fächer aus Bengalen, der von den Dienern in Bewegung gesetzt wird, um ihren Herren Kühlung zuzuwehen. Der Griff ist von Holz und mit Sammet und Seide überzogen. Das Blatt soll von fein geschnittenem Speckstein sein. Es waren auch Fliegenwedel in Ge- brauch, die aus dem Schwänze des tibetani- schen Grunzochsen (Yak) gefertigt waren. Ursprünglich bestanden die Fächer aus Pal- menblättern.

Nr. 4. Ein indisches Buch, welches aus einzelnen, mit Schriftzügen bedeckten Holzstäbchen besteht, die unten durch ein Band zusammengehalten werden. Ganz in der Form der Fächer.

Nr. 5, 11, 12, 13, 14, 15 und 16. Knöpfe, Brosche, Ohrringe und Anhänger. Aus getriebenem Golde mit farbigen Edelsteinen, Diamanten und Perlen besetzt.

Nr. 6. Elephantentreibstock aus ciselirtem Eisen. Der Griff besteht aus geschwärztem Eisen und ist mit Arabesken und Rankengewinden da- mascirt. Durch einen Knauf von durch- brochener Arbeit wird er in der Mitte ge- theilt. Er endigt in einem phantastischen

Thierkopf mit weit geöffnetem Maule, das mit grossen Zähnen besetzt ist. Von diesem Kopfe schwingt sich nach oben der mit feinen durchbrochenen Ornamenten versehene Bügel zum Schutze der Hand. Wo die Spitze des Stachels beginnt, ist Kartikela, der Gott des Krieges bei den Purana, dargestellt. Er sitzt auf einem phantastischen Thiere, das sich nicht näher deuten lässt. Der gekrümmte Haken ist auf einen Tiger gestützt, welchem auf der anderen Seite ein fabelhaftes Thier entspricht, dessen Nase in einen Rüssel aus- geht. Die Krümmung des Hakens ist bis dahin, wo die geschliffene Spitze beginnt, mit Pflanzenornamenten, mit Thieren und einer Reihe von Perlen decorirt, die wie alle übrigen Ornamente auf's feinste ciselirt sind. Der ganze Treibstock hat eine Länge von 0,68 m. Der Gebrauch desselben reicht bis in das hohe Alterthum zurück. Es giebt eine numidische Münze, auf welcher ein Kor- nak mit einem solchen Elephantenstachel dargestellt ist. Im Besitz der Frau Salo- mon von Rothschild.

Nr. 7. Kleines Messer aus Nepal.

Nr. 8. Indischer Dolch, Khuttar genannt, mit Sammet- scheide. Die Stäbe des Griffs sind in Gold damascirt. Die sehr spitze Klinge ist drei- kantig geschliffen. Zwischen den Graten

vertieft sich der Stahl. Waffe nur in Hindostan.

Man findet diese

Nr. 9 und 10. Indischer Dolch mit Klinge, die in einem stumpfen Winkel gehrochen ist. Die Klinge hat einen starken Grat. Man trägt diesen Dolch nicht im Gürtel, wie den Khuttar, sondern an einem Gehänge.

Nr. 17. Fusshekleidung eines Naboh.

Aus goldenen

Fäden zusammengewebt und mit Seide und Perlen gestickt.

Nr. 18. Mongolischer Helm aus dem XVI. Jahrhundert, der auf der Glocke mit hervorspringenden Rippen versehen und mit Gold damascirt ist. Die Spitze hat Pyramidenform. Beweglicher Nasenschutz. Der Nacken- und Halsschutz ist aus feinen Maschen zusammengenietet.

(Die Nr. 1, 2, 3, 4, 7, 8, 9, 10 und 17 museum in Paris. Die Nr. 5, 11, 12, 13, 14, graphien L'Art Ancien von Frank entlehnt.)

befinden sich im Louvre; Nr. 18 im Artillerie- 15 und 16 sind aus der Sammlung von Photo-

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BEGRÄBNISS EINES BRAHMANEN. RADSCHPUTISCHE, TATHANISCHE UND MAHRATTISCHE FÜRSTEN. TYPUS DES BRAHMANISCHEN KAUFMANNS.

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Nr. 1.

Begiäbniss eines Brahmanen. In Leinentücher gewickelt wird die Leiche auf einer Bahre aus Bambusstäben getragen. Die begleitenden Brahmanen haben den Schädel mit Ausnahme des schindu, einer Locke auf dem Schädel , rasirt. Auf Stirn , Brust und Armen tragen sie die Sectenabzeichen. Einer derselben trägt das vom Heerd des Verstorbenen genommene heilige Feuer zum Anzünden dos Scheiterhaufens in einer thönernen Bauch- pfanne. Unter den Brahmanen befinden sich mehrere Hindus iu Turban und sari (Vgl. die Tafeln mit dem Zuckerhut, der Sonne und der Kaffeekanne).

Nr. 2.

Brahmane von Gudscharat, Edelsteinhändler. Secte des Siwa.

Anliegender Seidenturban mit dem Abzeichen der Secte. Grosse Ohrringe, Hals- und Armbänder. Weite, bis unter das Knie reichende Tunika; Kaschmirs ha wl als Schürze; weite türkische Hose; nach aufwärts gekrümmte Schuhe mit Edelsteinen besetzt. In der Hand eine Brosche.

Die Brahmanen gehören dem Kriegerstande au, beschäftigen sich aber auch vielfach mit Handel und Gewerbe.

Nr. 3.

Radscha von Gingy oder Ginge'e in Karnatik ; Kaste der

Kadschputen, Secte des Wischna. Reicher Kopfputz aus Seide; Ohrgehänge; Arm- und Hals-

bänder. Ueber einem langen weissen Musselinrock eine gestickte Tunika, durch einen gefranzten Seidengürtel zu- sammengehalten. Schild aus Rhinozeroshaut an einem Bandelier, Bogen und Pfeile. Sammetpantoffcln mit auf- wärts gebogener Spitze.

Nr. 4. Muharamedaner; Kaste der Pathanen. Musselinturban; durchsichtiger, über der Brust schräg ge- schlossener Rock mit breitem Gürtel; puyjamas (Hosen) aus rother Seide; Sammetpantoffeln mit aufgebogener Spitze; der rechte Unterarm durch eine Schiene von Metallarbeit geschützt,

Nr. 5.

Radschah von Tanjore oder Tandschaur, in Karnatik; Kaste der Mahratten, Secte des Wischnu.

Gestickter Seide nturban mit Agraffe und Feder. Diamant- ohrringe. Weisse Musselinrobe mit Goldbesatz unter einer Tunika von goldgesticktem Stoff; Kaschmirgürtel. Gürtel von Metallarbeit; Perlenhalsband auf Filigran; Brustge- hänge des Buddhisten, eine goldene Scheibe mit dem Bild einer indischen Gottheit; massive Armbänder; Achselstücke mit Edelsteinen besetzt und Armschiene an dem den khuttar führenden Arm. Schuhe aus mit Goldfaden durch- zogenem Stoff.

Die Mahratten fürsten sind der englischen Herrschaft unter- worfen.

Reproduction nach indischen Malereien aus dem Anfang des Jahrhunderts aus Pondichery. Vgl. Victor Jacquemont, Voyage dans l'Inde. E. Beclus, Geographie universelle.

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LEICHENBEGÄNGNIS EINES BRAHMANEN.

MAHRATTISCHE DAMEN. CACHEMIRWÄSCHE.

Nr. 1.

Leichenbegängniss eines brahmanischen Dichters aus der Secte des Siwa. Das allgemeine Kleidungsstück ist der dhoti, ein Schurz , der den Oberkörper und die Beine frei lasst. Der grössere Theil der Leidtragenden hat den Kopf mit dem gleichmässig gefalteten Turban bedeckt. Zwei der Träger haben den Schädel rasirt bis auf einen kleinen Scheitelzopf. Einige zeigen an der Stirn, dem Halse, der Brust und den Armen die Tätowirung der Secte des Siwa, drei Horizontallinien, andere an der Stirn die Tätowirung der Secte des Wischnu. Unter den Musik- instrumenten sind bemerkenswerth: die lange Trompete, phou?iga oder tare, die kurze Trompete, die runde Haud- trommel, matalan, und der tat oder gopijantar, mit einander verbundene Becken, die tamboitrah, ein altindisches Saiten- instrument und der pukhaxvay , eine elliptisch geformte Trommel. Die Leiche ruht sitzend mit unbedecktem Ant- litz in einem Tragkorbe, den eiu rother Vorhang beschattet. Sie ist mit Blumen geschmückt. Nr. 2.

Frau eines Shawlwaschers aus Pendjab. Secte des Siwa. Bekleidet mit dem choli, einer kleinen Jacke mit kurzen Aermeln , die nur bis zur Brust reicht. Glatter Rock, nackte Füsse und Schleier, sari, aus durchsichtigem

Musselin, reich gestickt , das Haar in einem niedrigen Knoten zusammengesteckt. Im Ohr eine Perle, am Hand- gelenk ein Armband (nicht aus Metall).

Nr. 3.

Frau eines Juwelenhändlers aus der Kaste der Brahmanen in Gudjerate im Nordosten von Hindostan. Nasenriug mit Perlen, lange Ohrgehänge, sechs oder sieben Hals- bänder. Auf der Brust und am Rande der Aermel des choli ebenfalls Goldschmuck: Gürtel mit emaillirter Schnalle, der den sari über den dhoti, den Hosen festhält. An allen Zehen Goldringe, ein Perlenkranz vou der Hacke über den Spann hin, darüber in der Hohe des Knöchels ein Silber- ring, und über diesem ein grosser, breiter und flacher Ring mit Mäanderornament. An den Handgelenken reiche Arm- bänder. An allen Fingeru Ringe.

Nr. 4. Frau des Radjah von Tanjore oder Tandjaour in Kamaük. Secte des Wischnu. Gefältelter Rock, choli. Gazeschleier um Kopf und Brust. Nackte Füsse.

Nr. 5.

Schnabelschuhe mit Hacken. In der Hand die Betelwurzel die sie eben zum Munde führen will.

Nach maischen Malereien vom Anfang dieses Jahrhunderts aus Ponclichery. Vergl Victor Jacque- mont, Voyage dans l'Inde. Ferrario, VHindoustan. J. F. Felis, Histoire generale de la musique.

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FRAUENTRACHTEN. - FORTBEWEGUNGSMITTEL.

Nr. 1. Frau eines Nabab in einem Doli, einer Sänfte, und begleitet von einer Ayah, einer Gesellschafterin. Nr. 2. Frau eines Sonar, Juweliers, Secte des Wischnu.

Nr. 1. - Der Doli,

Der Doli, die Sänfte der reichen Frauen, ist vollständig be- deckt von einem weissen oder rothen Gewebe. Vorn und hinten an dem Kasten selbst befindet sich eine grosse Deichsel. Je zwei Träger nehmen dieselbe , der Eine auf die linke, der Andere auf die rechte Schulter. Der Doli und der Hacherry, eine kleine von Ochsen gezogene Kutsche (vgl. Tafel DP.) wird von den reichen Frauen ausschliesslich benutzt. Sie besteigen beide stets tief verschleiert.

Die Frauen der höchsten Klassen haben eine zahlreiche Dienerschaft , die ihnen Betel und Parfüms nachträgt ; eine Ayah hält sich gewöhnlich zur Seite der Sänfte zu ihrem Befehl. Sie ist auf unsrer Tafel mit einem falten- losen Rock und dem Choli, einem Jäckchen mit kurzen Aermeln, bekleidet. Ein Sari mit breiter rother Borte um- hüllt den Kopf, drapirt sich um die Schultern und fällt lang über den Rock herab. Sie trägt einen Nasenring und Armbänder aus lackirtem Holz.

Die Bohis, Sänftenträger, stehen in hohem Ansehen und zählen, obgleich eigentlich zu den Stidras gehörig, zur Kaste der Waisias (Ackerbauer und Kaufleute). Ein langer weisser Leinenrock ist ihr einziges Kleidungsstück. Beim Gehen schürzen sie den Saum auf, gürten ihn um die Hüften und bilden so eine Art kurzer Hose. Zwei lange Musselin- schürzen, die eine weiss, die andere roth, dienen als Gürtel und Turban.

Nr. 2. Frau eines Sonar (Juwelenhändler) aus Guzarate ; Secte des Wischnu ; Kaste der Warnas.

Sie hält in der Rechten eine Holzrolle, auf welche Arm- bänder gezogen sind. Sie trägt mehrere Halsbänder, Ohrringe, zahlreiche Armbänder, Knöchel- und Zehenringe, ausserdem den Nasenring. Das glänzende Schwarz ihres Haares wird gehoben durch ein gesticktes Seidenk&ppchen an der rechten Seite. Hinten fallen die Haare in einem Knoten ziemlich tief herab. Sie trägt den Choli mit kurzen Aermeln, Rock und Sari aus demselben Stoff; der letztere ist über den Hüften durch einen rothen Cachemirgürtel zu- sammengehalten.

Nr. 3, 4 und 5, Nautch-Mädchen (Tänzerinnen) aus der Secte des Wischnu; sie bilden die dritte Klasse der Tänzerinnen (vgl. die Tafel mit dem Elephanten).

Das prächtige Kostüm der drei Frauen besteht in einem perlengestickten Käppchen, das zur Hälfte von einem durch- sichtigen Sari verhüllt wird, der den Kopf umschlingt und vorn und hinten breit herabfällt; in engen seidegestickten Hosen; in einem Rock aus kostbarem Stoff, der die Arme bis zum Handgelenk fest umschliesst und in zahlreichen Falten auf die Füsse herabwallt. Der kurzärmelige Choli bedeckt die Brust bis unterhalb des Busens. Hände, Arme und Brust sind mit Juwelen und Ringen bedeckt. Die absatzlosen Pantoffeln enden in eine nach oben ge- bogene Spitze.

Das in den Kostümen vorherrschende Roth ist im Gegensatz zum Schwarz die Farbe der Freude.

Nr. 3 hält ein Betelblatt, Nr. 5 einen Vogel, welchem in dem Tanze offenbar eine Rolle vorbehalten ist.

Reproductionen nach indischen Malereien atts Pondichery vom Anfang dieses Jahrhunderts, früher im Besitz von A. Firmin- Di ilot. Vgl. zum Text Böse, The Hindoos as they are, London 1881. Brau de Saint-Pol-Lias , Perak et les Orangs-Sakeya, 1883.

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TRANSPORTMITTEL, MUSIK, TANZ.

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Indische Hochzeiten dauern zwei, fünf, ja bis zu dreissig Tagen. Die Kinder der Verwandten und Freunde, in Palankinen getragen oder reitend, ziehen dem Wagen vorauf, in welchem sicli das Hochzeitspaar befindet; Verwandte und Freunde beschliel'sen den Zug. Der für Hochzeiten, Processionen und grosse Ceremonieen bestimmte Palankin ist ein leicht gebautes Bett oder Sopha, von einem bogenförmigen Bambusrohre überragt, dessen Kopfstück bisweilen aus einem phantas- tischen oder der Natur nachgebildeten Thiere besteht. Dieser Palankin, der zu den ältesten seiner Gattung gehört, heisst chaupal. Der Palankin auf unserer Abbildung ist mit natürlichen Blumen geschmückt und am Fussgestell mit Laternen versehen, da er auch des Abends gebraucht wird. Der jälledar, der Palankin der Eajahs und Vornehmen, ist dem chaupal ähnlich : er unter- scheidet sich von diesem nur durch das seidene goldgestickte Zeltdach, welches vor der Sonne schützt. Im chaupal muss man immer von einem Diener begleitet sein, der den Sonnenschirm oder Luftwedel hält. Den letzteren sieht man auf unserer Abbildung, die einen Zug bei Abend darstellt. Neben den zahlreichen Kulis, welche den Palankin tnagen, schreiten vier Diener einher: die beiden ersteren mit bunten Fähnchen in den Händen, die anderen mit Stäben, an deren Spitze Blumentöpfe befestigt sind. Die Fähnchen zeigen die Farben des Mannes und der Frau, die sich vermählen. Die beiden Diener vor den Palankinträgern führen das Betheikraut in den Händen, welches die Indier aller Stände rauchen oder kauen und zu ihren nothwendigsten Lebens- bedürfnissen zählen. Man schreibt ihm auch gewisse Eigenschaften und Wirkungen zu, die es nothwendig machen, dass dieses Kraut bei Feierliclikeiten vertreten ist. Musikanten mit Trompeten, Trommeln, Klappern und Dudelsackpfeifen eröffnen den Zug. Die Gruppe zwischen ihnen und den Palankinträgern besteht aus Bajaderen und ihren Musikern.

Es giebt drei Klassen von Tänzerinnen in Indien: die devadasen dienen dem Cultus. Sie hüten das Innere des Tempels zünden die Lampen an und tanzen an festlichen Tagen vor dem Gotte. Sie werden vom Volke sehr verehrt, selbst nachdem ihre Schönheit geschwunden ist und sie den Tempeldien6t verlassen haben. Die nartachis, veschastri, varängana, sitarim u. s. w. begleiten die Prozessionen bei gewissen Festlichkeiten, werden aber nicht in den Tempeln ab-

geschlossen gehalten. Die cancenis, naught-girls (verlorene Mädchen), die am bekanntesten unter dem Namen Bajaderen sind, den ihnen die Portugiesen gegeben haben, bilden die dritte Klasse der Tänzerinnen. Man findet sie in allen Theilen Indiens, sie kommen zu allen Festen und werden in alle reichen Häuser sowohl der Hindus wie der Muselmänner gerufen. Sie 6ind Sängerinnen und Tänzerinnen zugleich, bringen Musiker mit, singen gewöhnlich in hindostanischer Sprache und führen einen Tanz auf, der fast immer in der pantomimischen Darstellung eines Liebesabenteuers besteht, welche sich jedoch meist in den Grenzen der Schicklichkeit hält.

Das Costüm der Bajadere zeigt No. 2. Abgesehen von der Mütze und dem eng an- liegenden Beinkleid stimmt dieses Costüm völlig mit demjenigen überein, welches Latchimi, die Frau des Wischnu und Göttin der Schönheit, auf dem ältesten Bildern dieser indischen Venus trägt. Sie ist die Mutter Amangas, des Gottes der Liebe. Das schwarze Haar, welches mit Nuss- oder Cocusöl glänzend gemacht wird, ist über der Stirn gescheitelt und endigt in einer einzigen Flechte, die auf den Rücken herabfällt, wie auf dem Originaltypus der Göttin ; mit dem- selben harmoniren weiter die Ohrgehänge, der Nasenring, die grossen und kleinen Halsbänder, die Armbänder am Oberarm und am Handgelenk, die Ringe an den Fingern, Knöcheln und Zehen. Das feine Halbjäckchen, welches nur die Schultern und die Hälfte des Busens bedeckt, gehört ebenfalls dem alten Typus an, ebenso wie der durchsichtige Rock, der am Gürtel zu- sammengefasst ist und wie eine Schürze herabfällt, und die dünne, an den Enden gestickte Schärpe, durch welche der Oberleib hindurchschimmert.

Unsere Tänzerin gehört zur Secte des Wischnu, was man an der Tätowirung an der Stirn über den Augenbrauen sieht. Die Bajaderen tanzen fast immer allein. Die drei Spiel- leute, welche sie begleiten, musiciren mit Klappern, einem Dudelsack und einer Trommel. Die letztere, matalan genannt, wird am Gürtel angehängt und mit der Hand geschlagen. Sie dient nur dazu, den Takt zu markiren. Der Dudelsack, turti oder turry, besteht aus einem Schlauch mit einer Röhre, die in einem Mundstücke endigt, welches von vier Löchern durchbohrt ist. Die Klapper, tal, besteht aus zwei kleinen metallenen Pauken, die durch ein Band verbunden sind. Die Frau, welche zwischen den Musikern steht, scheint zu singen. .

(Nach indischen Gemälden aus dem Anfange dieses Jahrhunderts im Besitze von Firmin-Didot. Der Text nach Ferrarios und Dubois de Janeignys Indien im Univers fittoresque.)

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HINDUS UND MUSELMÄNNER.

DIE BRAHMANEN UND IHRE FRAUEN.

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Nr. 4. Brahmane Tattuvädi aus der Siwasekte. Branmamscher Wischnupriester und seine Frau. Nr. 5.

Nr. 2 und 6.

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Nr. 3.

Bettler aus der Wischnusekte. Nr. 1. Fran eines branmanischen Sterndeuters aus der Siwasekte. ! Leichenbegungniss eines Muselmanns.

Bei den Hindus hat jede Kaste, jede Sekte ihre eigenthümliche Tracht. Der Turban ist in Farbe, Umfang und Form je nach den Sekten verschieden. Die Brahmauen, die Abkömmlinge der Priester- kaste, tragen als Kennzeichen ein schmales Band von Baumwolle, das heilige Band, welches von der Schulter bis zum Oberschenkel reicht (Nr. 4). Dieses Band ist das Privilegium der drei ersten Hindukasten, der „zweimal Geborenen". Das der Brahmanen ist das breiteste. Im Uebrigen unter- scheidet sich das Kostüm der Brahmanen nicht von der allgemeinen Nationaltracht, die nur durch das Klima und die Gewohnheiten des Einzelnen beeinflusst wird.

Die drei Männer Nr. 2, 4 und 5 tragen den Dhoti oder Dootee, ein breites, um die Hütte geschlungenes Stück Zeug, welches von den Wohlhabenden vorn in breiten Falten angeordnet wird. Das zweite Kostüm- stück dieser drei Männer ist eine breite Schärpe aus mehr oder minder reich gesticktem indischen Musselin. Auch die Kopfbedeckung in Form eines tschakoartigen Turbans besteht aus Musselin. Man kann sie abnehmen, ohne sie nachher wieder rollen zu müssen, da das Gewebe, wie es scheint, um ein festes Gestell geschlungen ist. Der Oberkörper ist sonst völlig nackt. Die Hindus , welche sich streng an die Vorschriften Brahmas halten, tragen keine Fussbekleidung. Die Männer aller Kasten lassen sich fast sämmtlich den Kopf rasiren. Bei Nr. 4 und 5 sind offenbar nur die letzten Spuren des abrasirten, ehemals schwarzen Haares zu sehen. Nur auf dem Scheitel lässt man einen geflochtenen Haarschopf stehen. Die Brahmanen rasieren sich aus Reinlichkeitsgründen auch die Haare auf der Brust, unter den Achseln und an andern Körpertheilen ab. Sie be- schneiden sich beständig die Nägel, spülen sich den Mund aus und reinigen die Zähne. Dare

Haut ist gewöhnlich sehr glänzend, weil sie dieselbe mehrere Male täglich mit Oel einreiben. Zwei oder drei Stunden nach jeder Einreibung nehmen sie ein Bad. Nach demselben reiben sie sich mit Wohlgerüchen ein. Wie alle Indier färben sich die Brahmanen die Stirn, die Ohren und den Körper mit allerhand Farben. Viele drucken auch auf ihre Haut den Namen des Gottes, den sie verehren, und ganze Stellen aus den heiligen Büchern ab. Das Sektenabzeichen, welches sie auf der Stirn tragen, wird mit einem weissen Pulver gefärbt. Auch die auf Anne und Brust ein- gegrabenen Linien werden mit verschiedenfarbigen Pulvern eingerieben. Die Männer lieben es ebenso wie die Frauen, sich mit Kleinodien, namentlich mit Ohrringen zu schmücken. Fast alle Indier beiderlei Geschlechts tragen Rosenkränze.

Die beiden Frauen Nr. 3 und 6 sind mit dem Clioli, einer kurzärmligen, nur die Brust bedeckenden Jacke, und dem Sary bekleidet, einem grossen Stücke Leinewand oder Seidenzeug, welches malerisch um die Hüfte oder die linke Schulter geschlagen wird. Ks erinnert an die Tracht der Frauen des Alterthums. Der Sary hat eine rothe, blaue oder andersfarbige Borte. Die Wittwen tragen keine farbigen Sarys. Im Norden von Hindostan tragen die Frauen der untersten Kaste noch einen kurzen Rock. Die Indierinnen sind mit Schmucksachen, namentlich mit Ohrringen, reich beladen. Sie bohren sich Ohrlöcher von zwei bis drei Centimeter Durchmesser, in welche sie goldene Schmuck- sachen in Gestalt von kleinen Rädern hineinsetzen. Sie reiben sich den ganzen Körper mit Safran- pulver ein, und deshalb sehen die Frauen auf unserer Tafel heller aus als die Männer. Die religiösen Vorschriften verlangen es, dass die Frauen sich kleine Zeichen in Form von Sternen auf dem Kinn, den Nasenflügeln und zwischen den Augenbrauen machen. Ihre Haare, die mit Nussöl gesalbt sind, werden nach hinten in einen Knoten zusammengebunden oder fallen in Flechten herab, die besonders von den Tänzerinnen getragen werden. Nur den Wittwen oder Frauen, die sich vergangen haben, wird der Kopf rasirt. Ueber der Stirn sind die Haare gescheitelt und auf dem Scheitel durch einen Schmuck von Perlen oder Edelsteinen getrennt. Allgemein ist die Sitte der Frauen, Nasenringe zu tragen, die oft mit kostbaren Steinen besetzt sind. Dazu Armbänder von Muscheln, Silber, Kupfer, Glas, Ringe an den Fingern, Fussgelenken, Zehen und Oberarmen, Halsbänder, Perlen und Schmuckgehänge an den Schläfen, auf dem obem Rande der Ohrmuschel u. s. w. Auf dem Hinterkopf sitzt noch eine mit Email und Stickerei verzierte Haube. Das Tragen von Schmuckgegenständen ist das Kennzeichen einer verheiratheten Frau.

Da das Rauchen und Betheikauen bei Männern und Frauen gleich verbreitet ist, haben die Indier meist rothe Lippen und schwarze Zähne.

(Nach Originalen aus dem Anfang dieses Jahrhunderts , die in Pondichery angefertigt sind. Vgl.

V. Jacquemont, Voyage dans Finde ; Dubois de Jancigny, L'Inde im Univers pittoresque ; de Fer-

rario, LTnde; E. Schlagintweit, Indien in Wort und Bild, Leipzig 1880.)

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DIE NIEDEREN KASTEN. DIE MÖNCHSORDEN. LEICHENBEGÄNGNIS EINER HINDUFRAU VON RANG.

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Nr. 1 u. 2.

Mann and Frau. Kornverkäufer. Kaste Lambadi.

Nr. 3 u. 4.

Bettler aus der Secte des Wischnu, begrüsst von seiner Frau.

Nr. 5.

Salzverkäufer.

Nr. 6 u. 8. Bettler und Frau; Secte des Wischnu.

Nr. 7. Bettler. Secte des Siwa.

Der streng durchgeführten Kasteneintheilung der unteren Stände in Indien stehen als Gegen- gewicht die klösterlichen Gemeinschaften gegenüber, zwischen deren Mitgliedern absolute Gleichheit herrscht. Der älteste dieser Orden ist etwa um 800 n. Chr. begründet worden. Der Gesammtname für die Mitglieder derselben ist Goseyens, bezeichnet aber eigentlich nur eine Unterabtheilung. Als Abzeichen dient die Fältelung und die Farbe des Turbans und des Gürtels.

Der grösste Theil der Orden hat Grundbesitz und nährt sich im Übrigen vom Bettel. Eine bestimmte Regel ist selten vorhanden. Die Einen machen es sich zum Grundsatz, so gut als mög- lich das Dasein zu gemessen, die Andern machen aus ihrer Dürftigkeit ein Geschäft, um durch den Anblick derselben Almosen zu erpressen. Viele haben das Gelübde der Keuschheit abgelegt oder haben sich verpflichtet, niemals zu sprechen, sich das Fleisch mit Dolchstössen zu zerreissen u. s. w. Im Allgemeinen stehen die Anhänger des Wischnu in besserem Ruf als die des Siwa.

Neben dem Krämer Nr. 1 und dem Bettler Nr. 4 sieht man auf unsrer Tafel die Frauen der beiden Männer. Die Erstere trägt auf dem Kopfe ein grosses Paket, die Andere verneigt sich vor ihrem Gatten mit demüthig aneinandergelegten Händen. Diese Haltung ist charakteristisch für die indischen Frauen der niederen Kasten, deren Leben in harter Arbeit und Unterwürfigkeit dahinfliesst.

Nr. 1 und 2 sind Leute vom Lande. Der Stoff ihrer Kostüme ist Hausarbeit, 15—16 m : 1 m gross. In drei Theile getbeilt, dient er als Turban, als Hüften bedeckender Gürtel und als Shawl oder Mantel. Er wird meist von Muselmännern roth und blau gefärbt. Das Kostüm der Frauen

besteht in einem bis zum Knöchel reichenden Rock, der einen Theil des Unterleibes frei lässt, während eine Art Mieder die Brust verbirgt oder stützt. Auf der Strasse kommt dazu ein grosser, bis zu den Knieen reichender Schleier, "blau, roth oder gestreift, mit dem sie beim Nahen eines Fremden das Gesicht verhüllen. Die Arme sind oft vom Handgelenk bis zur Schulter mit Ringen aus Kupfer, Eisen, Elfenbein und besonders aus bemaltem Holz bedeckt. Derselbe Schmuck bedeckt Finger, Beine und Füsse. Nur junge Frauen tragen den Nasenring.

Nr. 3 und 4 gehören einem Bettelorden an, tragen aber Kostüme, die nichts von Armuth merken lassen. Der Mann, dessen Kopf vollständig rasirt und mit einem Juwelenbande umschlungen ist, trägt einen kostbaren Ohrring und ist mit einem dhoti aus Musselin mit gesticktem Besatz bekleidet. An den Füssen trägt er hölzerne, auf je zwei Absätzen ruhende Sandalen. Die Frau hat ein blaues Käppchen, Ohr-, Nasen-, Hals-, Ann- und Beinschmuck. Ihr Rock ist aus einem feinen gestickten Stoff; die Brust nackt.

Der Salzverkäufer Nr. 5 trägt Turban und Gürtel aus roth besetzter Leinwand und einen ge- franzten Mantel. Er hat ebenso wie Nr. 1 einen Stab in der Hand, der, wie die trutina der Römer, als Wage dient. Die Gewichte trägt Nr. 1 am Gürtel.

Nr. 6 und 8 stellen einen Bettelmönch und seine Frau auf einer Wallfahrt dar. Der Mann trägt einen doppelten schwarzen Rosenkranz um den Hals und hält in der Hand eine Banane. Die Frau ist in den sary eingehüllt, trägt das Haar aufgebunden und mit Blumen bekränzt. Ein Hals- band aus Perlen, ein Nasenring und ein seltsamer Schmuck, der an den Mundwinkeln befestigt über das Knie herabfällt, vollenden ihr Kostüm.

Der cannadische Bettelmönch Nr. 7 ist in ein einziges Stück Stoff gehüllt. Er hält in der einen Hand den eisenbeschlagenen Bergstock, in der andern eine Glocke, deren Klang durch die Schellen an seinem rechten Bein verstärkt wird. Die horizontale Stigmatisirung kennzeichnet ihn als Anhänger des Siwa.

Leichenbegängniss einer Hindufrau von Sang.

Man trägt die Leiche, gewaschen, parfümirt und bekränzt, auf den ebenfalls bekränzten und parfümirten Scheiterhaufen von vier bis fünf Fuss Höhe. Der Körper ruht auf dem jälledar, einem kostbaren Palankin.

Die Illustrationen nach indischen Malereien aus Pondichery, aus der ersten Hälfte unseres Jahr- hunderts.

Vgl. V. Jacquemont, Voyage dans l'Inde; Dubois de Jancigny, l'Inde; Ferrario, Finde.

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INDIEN

SOLDATEN VON KASCHMIR. UREINWOHNER: DIE KULU UND MINA.

NAUTSCH-MÄDCHEN VON KASCHMIR. - EINGEBORENE FÜRSTEN.

Nr. 1. Radschputen ; Soldaten von Kaschmir. Der Maharadscha von Kaschmir, seit 1846 unter englischer Oberhoheit, hat eine Armee von 25000 Mann, deren grössten Theil die der Kriegerkaste angehörigenRadschputen(KÖnigs- söhne) ausmachen. Hohe und breite mitiaförmige Kopfbedeckung. Wollene Weste mit Büffelleder benäht. Tunika aus demselben Stoff mit langen Aermeln und Aufschlägen. Hosen. Mit Bändern umwundene Gamaschen. Schuhe mit aufwärts gebogener Spitze.

Nr. 2.

Eingeborene Fürsten von Orissa.

Der zur Linken sitzende zeigt den cultivirten Typus der Europäer.

An Brust, Stirn und Armen die Abzeichen ihrer Sekte.

Ohrringe, Hals- und Armbänder und Fingerringe sind kunst- voll gearbeitet. Ihre Kleidung besteht in einer weissen Musselinschärpe und einem ebensolchen longuti.

Nr. 3.

Kulu-Frau, Bergbewohnerin von Kaschmir.

Die Hochebene von Bias bildet den Kulu-District, der direct durch die Engländer verwaltet wird, während die Vorberge von mediatisirten Staaten mit mehr oder weniger abhängigen Radschas eingenommen werden.

Die Bewohner des Kulu-Districts gehören mehreren Racen an, die sich nach einander dort niedergelassen haben. Im Süden haben sich die ursprünglichen Sitten am besten er- halten. Dort herrscht die Polyandrie, wie in Tibet. Der Schmuck der Kulu-Frauen ist ebenso reich wie der der civilis irteren Indierinnen.

Ihr sonstiges Kostüm besteht in einer langen Tunika, darüber ein über der Brust durch zwei mit einem Kettchen ver- bundene Fibeln gehaltener Mantel . Als Kopfbedeckung dient eine Mütze, um welche sich ein Fellwulst schlingt.

Nr. 4.

Mina-Frau.

Die Mina wurden ehemals als palitti bezeichnet, d. li. als Bewohner von Häusern, die befestigt und mehrere hundert Meter von einander entfernt sind. Heute leben die Mina im Königreich Dschaipur zwischen denAravali undDschamna zerstreut.

Unter den vielen Schmucksachen der hier dargestellten Mina- Frau ist der Nasenring bemerkenswerth, der über der Ober- lippe durch eine Agraffe geschlossen ist.

Nr. 5 und 6.

Nautsch -Mädchen von Kaschmir.

Die Frauen von Kaschmir sind durch ihre Schönheit berühmt. Ein Handelsartikel in Srinagar besteht in kleinen Mädchen, die in frühester Jugend in die grossen Städte von Hindo- stan geschickt und dort zu Bajaderen ausgebildet werden.

Das Kostüm der Bajaderen besteht aus einem gestickten, mit Juwelen bedeckten Häubchen, einer langen seidenen Tunika, einer engen, den Knöchel umschlies senden Hose und einem farbigen Gazeschleier aus jenem Musselin von Murschidabad, den mau siebenfach nehmen rauss, um sich zu verhüllen. Eine Unzahl von Schmucksachen hängt an Stirn und Ohren herab.

Der Tanz der .VmtfcfA-Mädchen besteht in einer Reihe feier- licher Bewegungen antiken Charakters. Einer der Haupt- pas besteht in einem Wiegen in den Hüften unter gleich- zeitigem Vorziehen des grossen Musselinschleiers.

Abbildungen nach Photographieen. Vgl. Elise'e Beclus, Geographie universelle.

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FC INDIEN

TYPEN DER URSPRÜNGLICHEN BEWOHNER DER GEBIRGE UND DER

EBENEN.

SITTEN DER EINZELNEN STÄMME. BAYADEREN, PILGER U. S. W.

Nr. 1, 2 u. 3. Die Bayaderen des südliehen Indiens. Die Bayaderen sind buchstäblich mit Schmucksachen besäet: Ohrgehänge , Halsbänder , Bein - und Fingerringe , Arm- bänder in Ladearbeit, die den ganzen Vorderarm bedecken. Ihre Kleidung besteht aus einem leichten, Brust und Schulter bedeckenden Mieder, dem Choli, einer Art Jacke mit oder ohne Aermel, den Dhoti oder Hosen (Nr. 2 trägt den Languti), dem Sari, der den Unterkörper, die Brust und einen Theil des Kopfes umhüllt. (Vgl. die Tafeln mit den Zeichen des Sternes und des Elephanten.)

Nr. 4 u. 8. Koli-Frauen.

Der Name Koli oder Kuli, eigentlich die Bewohner von Gu- zerate bezeichnend, ist für die indischen und chinesischen Auswanderer in verschiedenen Welttheilen typisch ge- worden.

Auch die Koli-Frauen lieben es, sich mit den oben be- zeichneten Schmuckgegenständen zu bedecken. Ihre sonstige Kleidung besteht in einem den Kopf umhüllenden, über den Rücken herabfallenden Sari, einem kleinen Mieder, das die Brust bedeckt und den Unterleib frei lässt, und einem ge- fältelten Kangra von massiger Länge, der bei der Arbeit die freie Bewegung recht hindert.

Nr. 5. Garro-Frau und Tochter. Die Garro bewohnen die Berge von Assam im nordöstlichen Indien. Ihre Hautfarbe ist beinahe schwarz; ihre Züge zeigen den mongolischen Typus. Ihre Kleidung besteht in Schürzen und Decken, denen sie bisweilen eine Art Mantel aus Rinde hinzufügen, die sie

in Wasser legen , bis nur noch die Pflanzenfaser übrig bleibt. Die hier dargestellten Personen tragen neben dem Schurz noch ein Stück dicker weisser Leinwand um die Brust geschlungen,

Nr. 6.

Frauen aus den Bergen von Assam.

Diese Bergbewohner sind civilisirter als die Garro; sie haben die Kleidung ihrer Nachbarn in den Ebenen entlehnt: die lange gestickte und befranzte Tunika und den schottischen oder gestreiften Shawl, viereckig und auf der Brust ge- knüpft.

Unter den Schmuckgegenständen scheinen die grossen Perl- halsbänder eigener Fabrikation zu sein.

Nr. 7.

Frauen auf der Pilgerfahrt. Leinener Turban; das Sektenahzeichen auf der Stirn; Hals- bänder aus Glasperlen und Korallen; weisser Choli. (Die sitzende Figur trägt einen dunklen Choli, eine Art Schürze und einen auf der Brust geknüpften Mantel.) Languti; Beutel mit Vorräthen, zu beiden Seiten herabhängend.

Nr. 9. Mainpuri-Frau, Bewohnerin des östlichen Bengaliens.

Die Form des Turbans bezeichnet die Kaste. Ohrringe mit Gehängen am Turban, nur durch eine Kette an dem Nasen- ring befestigt (vgl. die Tafel mit dem Zeichen des Sternes). Korallenhalsbänder mit kleineu Medaillen. Lange Kette über das offene Mieder aus leichtem Stoff herabfallend. Gestreifter und geblümter Rock.

Die Hautfarbe der Bewohner von Bengalien variirt bis zu dem Schwarz der Nubier herab.

Abbildungen nach Photographieen. Vgl. EUse'e Rechts, Geographie universelle.

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INDIEN

DIE BESCHÄFTIGUNG DER FRAUEN; HÄNDLER UND HANDWERKER.

BERGBEWOHNER DES FLUSSGEBIETES DES IRAWADDY VON NEPAL ODER NEPAUL

UND ASSAM.

DIE ARBEIT IN HOCKENDER STELLUNG. Der Arbeiter im Orient braucht wenig Werkzeuge und selten eine feste Werkstatt. Er geht überall hin, wo man ihn braucht, setzt sich in irgendeinen Winkel, auf eine Matte, und führt seinen Auftrag aus. Der Metallarbeiter führt sogar Esse, Kohlensack und Blasebalg mit sich.

Nr. 9. Tischler.

Der grösste Theil der Handwerker trägt keine Unterkleider und ist nur mit der curtah , einer Art Hemde bekleidet. Der hier abgebildete Tischler fügt zu diesem leichten Kostüm einen languti und einen grossen Turban. Er bedient sich des linken Fusses wie einer Schraubenzwinge, um das zu bearbeitende Stück Holz fest zu halten.

Nr. 11.

Ciseleur aus Kaschmir.

Er ist mit der Ciselirung eines Etuis beschäftigt.

Nr. 10. Barbier und Kunde. Gewöhnlich sitzt der Kunde auf einem Tisch , während der Barbier vor ihm steht. Auf unserer Abbildung befinden sich beide in hockender Stellung.

Nr. 8. Händler mit mitai, Backwerk. Leichte Mütze ; attgarhalt , ein kurzes Hemde , an der linken Seite der Brust offen; janghir, anliegende Hose.

Nr. 5. Multuni, banyanische Hausirer. Sio sind meist Schwarze, wie ein Tkeil der Einwohner des Pendschab. Der Eine trägt einen weissen Turban und eine Art Schurz um die Hüften, der Andere eine leichte Mütze, über der angarlah eine Jacke ohne Aermel, languti und einen über die Brust fallenden Shawl.

Nr. 4. Hindu-Frauen, mit der Hausmühle Korn mahlend. Die Frauen sind mit dem choli, einem kleinen Mieder , dem dhoti und dem sari bekleidet.

BERGBEWOHNER.

Nr. 1.

Mainpuri vom Irawaddy.

Turban an der Seite geknüpft; eine Jacke über dem Hemde;

languti aus weisser Leinwand. Die Mainpuris gehören zu einer Race, die sich in ihrer äusseren Erscheinung den Chinesen nähert. Sie wandern meist als Händler umher und finden sich in Masse in Mandaleh, einer der Hauptstädte vou Birma.

Nr. 2 und 3. Gurlias, kriegerischer Stamm in Nepaul. Turban, die Ohren frei lassend; über der angarkak eine an- schliessende Jacke ; janghir, nackte Füsse. Nepaul ist ein relativ unabhängiger Staat. Die Bewohner be- stehen aus Radschputen und den kriegerischen Stämmen der Kbas, Magars und Gurung, die man unter dem ge-

meinschaftliehen Namen GurJcas zusammenfasst. Die letzteren bilden die Armee von Nepaul, nehmen aber auch ausserhalb des Landes als Miethssoldaten Dienste. Nr. 6 und 7. Bergbewohner von Assam. Braune Mütze ; im Haar auf Rücken und Schultern herab-

hängende Wollsträhnen, an deren Enden Korallenstückchen befestigt sind; Tunika mit langen engen Aermeln; Hose, über dem Bein zusammengekraust, Halsband , Ohrringe; Kupferplatten in der Höhe der Brust (vgl. Tafel FG). Die civilisirte Bevölkerung von Assam gehört zu den Racen der indo-chinesischen Halbinsel.

Abbildungen nach Photographieen.

Vgl. Jacquemont, Voyages dans Finde, 1841. Les Cuivres anciens du Cachemire, 1883.

Elisee Beclus, Geographie universelle. Ujfalry,

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INDIEN

WOHNUNGEN.

TRANSPORTMITTEL.

Nr. 1. Haus eines Eingeborenen von Hurdah.

Die Form der indischen Häuser hat dem Klima angemessen in ihrer leichten Construction mit offenen Galerieen etwas Zeltartiges. Das Fundament ist aus Steinen, das Übrige aus au der Sonne getrockneten Ziegeln aufgeführt. Erd- gesehoss und Oberstock sind mit Holzwerk und geschnitzten Säulen verziert. Unter einer leichten Veranda ist ein Haufen von Kupferkesseln aufgespeichert, wie sie im west- lichen Himalaya angefertigt werden.

Der Bungalmo , das englisch - indische Haus, zeigt dieselbe Construction. Es besteht ebenfalls aus einem Erdgeschoss und einem Stockwerk mit pyramidenförmigem Dach.

Für den Gebrauch der Fremden hat die Regierung in vielen Städten travelhrs hungalotes bauen lassen, wo der Reisende eine billige Unterkunft findet.

Nr. 2. Haus eines Marwaris (Kaufmanns von Marwar) in Burhampur (Bengalen).

Diese luftigen, mehrstöckigen Bauten mit breiten Balkons zeigen eine Mischung des chinesischen und des indischen Stils. Die ganze Facade ist mit Schnitzereien in Holz und Stein bedeckt oder mit Darstellungen aus der indischen Theogonie bemalt. Balkons laufen rings um das Haus. Das Dach besteht aus Brettern und Birkenrinde und ist bisweilen mit einer Schicht gestampfter Erde belastet. Die kleinen, unverschlossenen Fenster werden im Winter mit Oelpapier verklebt.

Nr. 3. Vergnügungsboot des Maha-radjah von Kachmir.

Die Fluss- und Küstenschiffahrt ist in Indien sehr entwickelt und hat eine Masse von Bootformen hervorgebracht.

Das Vergnügungsboot der Reichen heisst Fyl-i-chiarra (nach dem Elephanten Kopf am Vordertheil). Es wird durch ein langes vorn befestigtes Ruder gesteuert.

Der Mur-punky (Pfauenkopf) wird durch Pagaien , indisch- malaiische Ruder fortbewegt. Die Ruderer sitzen mit dem Gesicht nach dem Bootschnabel. Das auf unserer Tafel dargestellte Boot gehört zu dieser Gattung.

Unter den übrigen Bootarten sind erwähnenswerth: der Bavgle, ein grosses Boot zum Zinstransport; der Poluar, ein leich- tes Fahrzeug für die Flussschiffahrt; der Gonga, für den Fischfang mit dem Netz; die Pinasse, ein seetüchtiges Schiff; der Oraab oder Paal, ein Dreimaster mit spitzem Vordertheil.

Nr. 4. Bauern aus Pendschab mit der Santa.

Zur Zeit der Ueberschwemmungen bediente sich der Bauer des Pendschab der Santa, einer aufgeblasenen Ziegenhaut, um auf ihr sitzend das fortgeschwemmte Holz au das Ufer zu holen. Es ist das ein Transportmittel, das schon Hero- dot als in Babylonien üblich beschreibt.

Nr. 5. Hackerry; Bombay.

Der Hackerry ist indischen Ursprungs und hat seine Form im Lauf der Zeit wenig geändert. Es ist ein zweirädriger

Karren, dessen Kasten von einem kleinen, durch Säulen getragenen Dach Überspannt ist. Dasselbe verlängert sich nach vorn hin zu einer durch einen Stab gestutzten Veranda, unter] welcher der Kutscher seinen Platz findet. Das Ge- spann besteht aus einem Paar Ochsen.

Wenn sich die indischen Damen des Hackerry bedienen, lassen sie die Seitenvorhänge herunter.

Auch die Rutlis, Kutschen, die mit einem leichten vergoldeten Baldachin bedeckt sind, von dem seidene Vorhänge herab- fallen, werden von reich geschirrten Ochsen gezogen.

Illustrationen nach Photographien.

Vgl. Ferrario, Le Costume ancien et moderne (Asie T. II). Jacquemont, Voyage dans l'Inde, Paris, 1841. Klise'e Reclus, Inde et Indo-Chine (Geographie universelle) Paris, 1883.

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ASIEN

DIE INSEL CEYLON P ARSENKINDER

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Obwohl die Insel Ceylon an der Siidspitze der vorderindisehen Halbinsel am Eingange zum Golf von Bengalen liegt, hängt sie durch Traditionen mehr mit Hinterindien, besonders mit Siam und Ava zusammen. Die Portugiesen hatten das Gestade während des XVI. Jahrhunderts in Besitz genommen; sie wurden im XVII. Jahrhundert durch die Holländer ersetzt, denen es die Engländer am Ende des XVIII. entrissen. In der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts vervollstän- digten die letztern ihre Eroberung und sind jetzt die Besitzer der ganzen Insel.

Die Bevölkerung theilt sich in vier Racen. Die JFedda, die Ureinwohner, haben sich auf die Südseite und in die Gebirge zurückgezogen; die Singhalesen, die alten, aus Indien stammenden Eroberer, scheiden sich in die im Innern lebenden Kandier und die Singhalesen der Küste. Die nach ihnen gekommenen Malabaren stammen ebenfalls aus Indien. Die Mohren, Abkömmlinge von arabischen Seeleuten, sind über die ganze Insel zerstreut. Die Singhalesen bekennen sich zum Buddhismus, die Malabaren zum Brahmanismus, die Mohren sind Muhamedaner. Die Hälfte der Eingeborenen, besonders die der höheren Klassen, sind Christen, meist Katholiken. Das Christenthum wurde ihnen im XVI. Jahrhundert durch den hl. Franz Xaver gebracht. Ausserdem findet man überall Juden, welche direkt von Jerusalem gekommen sein sollen. Sie handeln mit Edelsteinen, mit kleinen Arbeiten aus Ebenholz, Elfenbein und Schildpatt und pflegen, wie die handeltreibenden Mohren, falsche Steine unter die echten zu mischen. Bei den Singhalesen herrscht wie bei den Hindus das Kastenwesen, obwohl die englischen Eroberer das- selbe abgeschafft haben. Man zählt deren vier: die Königskaste, die Brahminenkaste und zwei niedere Kasten. Die Rodias , welche die Parias sind, gehören keiner Kaste an. Die Sclaverei ist aufgehoben.

Nr. 1. Novize eines religiösen Ordens.

Nr. 2. Kandischer Priester. Es giebt zwei Kategorien buddhistischer Priester, eine' hö- here und eine niedere. Bevor sie in den Priesterstand eintreten, sind sie einem Novi- ziat unterworfen. Sie sind zur Ehelosigkeit verpflichtet und haben ein Armuthsgelübde abgelegt. Wenn sie in das bürgerliche Leben zurückkehren wollen, so müssen sie ihr gelbes

Kleid ablegen und es in einen Fluss werfen. Die Priester leben gemeinschaftlich, erwerben sich ihren Unterhalt durch Betteln und Ge- schenke und üben unentgeltlich die Arznei- kunst aus. Sie tragen den rasirten Kopf un- bedeckt, als sichtbares Zeichen ihrer Verzicht- leistung auf die Eitelkeiten der Welt. Dieses Opfer ist allerdings für die Singhalesen, welche aus ihrem Haare einen kostbaren Schmuck

machen, sehr empfindlich. Die Priester nahen drei Kleider von gelber, als der heiligen Farbe. Es sind einfache Stücke Zeug, mit denen sie den Körper umgeben, wobei die rechte Schul- ter und der Arm bloss bleiben. Die Kleider müssen innerhalb eines Tages gewebt und gefärbt werden. Der Novize Nr. 1 hat einen Sonnenschirm mit Stil von Bambusrohr, der Priester Nr. 2 einen Fächer aus Holz.

Nr. 8. Ein Dorfhaupt. Die vornehmen Singhalesen tragen eine bis an den Hals zu- geknöpfte Jacke. Diese hier ist von Tuch. Die Comboje, ein um die Hüfte geschlungenes, bis auf die Füsse herabreichendes Stück Zeug (man vergleiche die Tafel mit der Schlange), ist von gemusterter Seide , das Baudelier ebenfalls von Seide mit Gold gestickt. Seine Füsse sind mit Schuhen bekleidet. Der Kamm ist von Schildpatt und mit Gold verziert.

Nr. 6. Singhalesin von der Küste aus der mittleren Kaste. Ihr baumwollenes Oberkleid ist am Hals mit Spitzen garnirt.

Nr. 10. Singhalese aus derselben Kaste in Kleidung aus Baurnwollenstoff.

Nr. 11. Seemann. Sein Turban ist von ge- streifter Baumwolle, seine vorn von einer Agraffe zusammengehaltene Jacke aus ge- streifter und mit Gold gestickter Seide. Das

Unterkleid und die Beinkleider sowie das Taschentuch sind von Baumwollenzeug.

Nr. 3, 7, 9. Israeliten. Die Kleidung des Mannes Nr. 3 ist bis auf den Turban und die mit Gold gestickten, indischen Pantoffeln von Seide. Nur das Stück Zeug, welches aus dem Schlitz des Obergewandes herausguckt, ist von golddurchwirktem Musselin. Die Jüdin Nr. 7 trägt ebenfalls einen Turban als Kopfbedeckung und ein seidenes Kleid. Das Leibchen hat maurischen Schnitt. Die Schuhe sind von Sammet. Die andere Jüdin Nr. 9 ist ebenso, aber mit grösserem Luxus geklei- det. _ Der Turban ist von Seide, aber das Kleid von seidenem Goldbrocat. Die Aermel sind mit Spitzen garnirt. Die Schuhe sind auch von Sammet. Beide tragen Ohrgehänge, Hals- und Armbänder Ihre unbedeckten Haare fallen frei auf den Rücken herab.

Die beiden Kinder Nr. 4 und 5 sind Parsen. Man findet diese Ureinwohner von Khorassan in ganz Asien, von Aden bis China. Ihre Hautfarbe ist lichter als die der Hindus. Sie hängen zähe an ihren ursprünglichen Ge- bräuchen und kleiden ihre Kinder nach den alten Traditionen. Nr. 4 ist mit Baumwollen- stoff, Nr .5 mit golddurchwirkter Seide beklei- det. Die reichsten Kaufleute Bombays und des übrigen Indiens sind Parsen. Sie ent- falten einen europäischen Luxus.

(Nach OriginaVphotographieen.)

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ASIEN

SÜDLICHES INDIEN CEYLON BEWOHNER DER MALEDIVEN

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Nr. 1 Malediver. Nr. 2, 3, 4, 5, 7 Singalesen.

Nr. 1.

Bewohner der Maledi vpn, einer Gruppe von Koralleninseln im indischen Meer. Die Be- völkerung ist eine Mischraoe aus Arabern und Singalesen, den Bewohnern von Cypern. Ihre Hautfarbe ist mehr olivenfarbig als schwarz. Sie sind Bekenner des Islam und theils Seeleute, theils Fischer. Das Kleid des Dargestellten, der die arabische Kappe trägt, ist von Baumwolle, der Gürtel aus be- druckter Leinwand.

Nr. 2. Die Bewohner des mittleren Ceylon halten trotz der Abschaffung der Kasten durch die eng- lische Kegierung an den für jede Kaste fest- gesetsten Kleidungsstücken fest. Der Haupt- bestandtheil der Kleidung ist die Comboje, ein um die Hüften geschlungenes Stück Zeug, dessen Länge sich nach der Kaste richtete. Bei den Parias durfte es nicht über das Knie herabgehen. Mützen waren die Ab- zeichen der höheren Kaste. Die niederen durften den Kopf nur mit einem Tuche um- winden, so dass der Scheitel entblösst blieb. Der Herrscher ertheilte früher das Privilegium, Schuhe und Strümpfe zu tragen. Schmuck von Gold oder Silber ist streng verboten.

Nr. 3, 4, 5, 7. Singalesen der bürgerlichen Klassen aus den Küstengegenden. Die Männer tragen die farbige Comboja, welche bis zu den Knöcheln herabreicht, und eine weisse baumwollene Jacke, welche auf der Brust offen ist und das Hemde sehen lässt. Man trägt Sandalen oder geht mit blossen Füssen. Die Männer lassen die Haare lang wachsen und stecken sie mit Hülfe zweier Kämme über dem Kopfe chignonartig zusammen. Diese Gewohnheit, die Haare zu tragen, reicht bis in das graue Alterthum zurück , da bereits Ptolemäus die Bewohner von Ceylon „Männer mit Frauen- haaren" nennt. Die Tracht der Frauen unter- scheidet sich von der der Männer nur da- durch, dass an Stelle der offenen Jacke eine eng anliegende Taille tritt. Beide Geschlech- ter tragen Ohrringe.

Nr. 6, 8, 9, 10, 11, 12. Hindus aus dem südlichen Dekkan. Ihre Haut ist meist sehr glänzend, weil sie die Gewohnheit haben, sich den Kopf und den ganzen Körper mehrere Male täglich zur Bekämpfung des Schweisses mit Oel und Senfsamen einzureiben. Die Männer haben fast alle den Kopf kahl geschoren. Nur einige Kasten lassen, zum

Theil aus religiösen Gründen, auf dem Scheitel ein Haarbüschel stehen. Die Frauen tragen das Haar hinten zu einem Knoten zusammen- geflochten. Nur Wittwen oder Frauen, die sich ein Vergehen haben zu Schulden kommen lassen, tragen den Kopf rasirt. Kinnbärte sind nicht üblich; dagegen werden die Schnurr- barte sorgsam gepflegt. Die Frauen in Bengalen, Bahar und Orinah tragen den san, einen Schleier, mit welchem sie beim Nahen von Männern, selbst im Hause, den Kopf verhüllen.

Nr. 6. Hindu aus dem niedern Volke in Kleidung aus Baumwollenstoff.

Nr. 8. Hindu aus einer höheren Klasse. Sein Bein-

kleid ist aus Seide, die übrige Kleidung aus bedrucktem Baumwollenstoff.

Nr. 9. Hindostanische Frau in muselmännischer Klei- dung. Ihre Kappe ist aus Seide und Gold- stoff, ihre übrige Kleidung aus Baumwolle. Sie trägt den Sari auf der Schulter.

Nr. 10. Muselmännischer Diener. Die Weste ist von Seide, alles übrige einschliesslich des Sonnen- schirms aus Baumwolle.

Nr. 11. Hindu von Pondichery.

Nr. 12. Hindostanische Dienerin. Der Sari ist um den Leib und über die linke Schulter geschlagen.

Nr 1, 2, 3, 4, 5, 7 nach Photographieen, die Alfred Grandidier, Verfasser des Werkes Voyage dans les provinces meridionales de V Inde (Paris 1864) mitgebracht hat. Nr. 6, 8, 9, 10, 11, 12 nach Zeichnungen und Photographieen im Colonialmuseum in Paris.

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ASIATISCHER ARCHIPEL

MALAYISCHE INSELN ANGRIFFSWAFFEN UND FAHNEN

Nr. 5, 14, 17, 21, 22. Lanzen von eomplicirterer Form.

Nr. 12, 20. Indische Partisanen.

Nr. 1, 2, 3, 6, 7, 8, 9, 10. Kris (Dolch) und zwei Scheiden.

Nr. 4. Feldzeichen.

Nr. 11, 15, 16, 18, 19, 23. Wurfspiesse, Lanzen und Partisanen.

Die Malayen, die letzten Trümmer eines Volksstammes, in welchem sich eine uralte Cultur erhalten hat, bewohnen die Philippinen, die Molukken, die grossen und kleinen Sundainseln, die Halbinsel Malakka und die Sandwichsinseln. Mit den Mongolen stammverwandt, haben sie sich um das Jahr 1000 v. Chr. aus dem Südosten Asiens über die Inseln verbreitet und auf dieselben ihre heimische Cultur verpflanzt. Nicht minder als die Baudenkmäler auf der Insel Bali, deren Alter sich nicht mehr bestimmen lässt, sind die Griffe ihrer Waffen mit einer Kunst- fertigkeit ausgeführt, die um so mehr in Erstaunen setzen muss, als ihre Werkzeuge höchst un- vollkommen sind. Nach Dampierre besassen die malayischen Goldschmiede im Jahre 1586, wo er die Philippineninsel Mindanao besuchte, weder Schraubstock noch Ambos. Und gerade die ältesten Erzeugnisse der malayischen Industrie sind wegen ihres feinen Geschmacks am meisten geschätzt.

Der malayische Dolch, der Kris, hat eine gerade oder eine geflammte Klinge. Oft sind beide Systeme vereinigt, so dass eine gerade Klinge in eine gekrümmte Spitze ausläuft. Bis- weilen ist der Kris mit Pflanzengilt bestrichen. Kein freier Malaye verlässt sein Haus ohne den Kris. Die Offiziere tragen drei Kris, einen, der ihren Rang bezeichnet, einen zweiten, den sie von ihren Vorfahren ererbt haben, und einen dritten, welchen sie bei ihrer Vermählung von dem Vater der Braut erhalten haben. Zwei dieser Dolche werden rechts und links im Gürtel, der dritte wird hinten getragen. Dazu kommt noch ein Säbel, der an einem Bandelier an der linken Seite herabhängt. Durch die Art, den Kris zu tragen, unterscheiden sich die einzelnen Kasten von einander.

Die Griffe werden von Gold, Silber, Kupfer, Elfenbein, Ebenholz, weissem Holz, Hörn und Knochen gefertigt und mit Ciselirung, mit Sculpturen, mit durchbrochener Arbeit verziert

oder auch ganz glatt gehalten. Die Klingen sind mehr oder minder mit Gold oder Silber damascirt. Die Scheiden sind oft ebenso fein decorirt. Ihre breite Oeffnung dient dazu, den Kris im Gürtel festzuhalten. Man macht sie aus Holz, das entweder mit feinen Schnitzereien decorirt oder mit kostbaren Stoffen, mit Schlangenhaut oder Metallplatten bekleidet ist.

Die Spitzen der Lanzen sind ebenfalls gerade oder geflammt und mit Damascirungen in Gold und Silber oder mit Gravirungen decorirt. Der Schaft besteht aus festem Kernholz oder aus Bambusrohr. An seinem oberen Ende ist er mit aufgenagelten Zwingen von Kupfer oder anderem Metall versehen, was man auch an dem Schafte des Feldzeichens sieht. Nr. 11, 14, 17 und 21 zeigen zwei- und dreizackige Lanzenspi'tzen. Bei Nr. 22 vertritt der Kinnbacken eines grossen Thieres die Lanzenspitze.

Nr. 12 und 20 sind Partisanen von indischer Arbeit, deren reiche Ciselirung die Ueber- legenheit der indischen Künstler über die malayischen beweist. Diese beiden Lanzen sind seit 1727 in Europa.

(Nach Originalen in deutschen Museen.)

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Imp. Finnin Didot C1* Paris

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Zwei Tafeln.

Signatur: Trichter.

5 16

17 18 19

20

10 21

22 23 24

25

15 26

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KOPFBEDECKUNGEN. DER TURBAN.

PERSISCHE, AFGHANISCHE, INDISCHE, TURKOMANISCHE, ARABISCHE UND

KURDISCHE TYPEN.

Signatur : Reibekeule. 12 3 4

6 7 8 9

11 12 13 14

Die Orientalen besitzen eine grosse Virtuosität in der Drapirung des Turbans. Aber obwohl eine bestimmte Vorschrift hinsichtlich des Rollens des Turbans um den Tarbusch existirt, zeigen die hier dargestellten verschiedenen Drapirungen, dass diese Vorschrift keineswegs allgemein befolgt wird, sondern dass der Turban je nach der Tracht und den lokalen Gewohnheiten seine Physiognomie bisweilen sehr merklich ändert. Nr. 17 ist ein Beispiel für die ottomanische Art. Der Dargestellte trägt einen grünen Turban, wodurch er als direkter Nachkomme des Propheten charakterisirt wird. Es ist ein Bewohner der Stadt Jezd in Persien.

Der Turban ist gewöhnlich ein fünfzehn bis sechzehn Fuss langes, viereckiges Stück Zeug. Zwei Personen müssen ihn rollen ; die eine hält mit beiden Händen das eine Ende des Zeugs, während die zweite mit einer Hand das andere Ende anfasst. Jede der beiden Personen dreht dann den Stoff nach der entgegengesetzten Seite zusammen, als ob man Wäsche auswindet. Diese Rolle wird so um die Schläfen gewunden, dass man am linken Ohre beginnt, dann die Rolle um den Hinter- kopf und so weiter zwei bis drei Male um den ganzen Kopf legt, der mit dem Tarbusch, einer eng- anliegenden Filzkappe, bedeckt ist. Das Ende der Rolle, welches übrig bleibt, lässt man auf das linke Ohr herabfallen, nachdem man von dem Anfang etwas unter dem Tarbusch befestigt hat.

Persien. Es ist die alte nationale Kopfbedeckung der Perser, die

Nr. 1, 10, 15, IC, 17, 19, 20, 21 und 25. man bereits auf den ältesten Denkmälern findet. Jetzt trägt

Nr. 1. Perser mit der Kala, einer spitzen Mütze aus Schaf- I man meist an Stelle der hoben Kala eine Heine Mütze ans

feilen. Die Spitze ist gewöhnlich oben etwas eingebogen. schwarzem Lammfell.

Nr. 10. Baktiani aus Luristan. Filzkappe zum Tbeil von einem Stück Zeug in Turbanart umwunden. Von einem Ringe hängen Quasten aus Goldfäden herab. Dieses Arrangement dient als Agraffe. Das Turbantuch fällt malerisch auf den Hals und die Schultern herab.

Nr. 15. Arabischer Nomade tartarischen Ursprungs (YHate). Diese Leute sind Hirten und leben unter Zelten. Sie wechseln ihr Lager je nach den Jahreszeiten und den Bedürfnissen ihrer Heerden. Die spitze Mütze ist von Filz.

Nr. 16, 19, 20 und 21. Junge yliatische Frauen; die letztere trägt den Brautsehmuck. (Das Ensemble dieser Frauen- trachten ist auf den Tafeln Persien mit dem Zeichen der Bandschleife unter Nr. 9 und mit dem Zeichen der Katze unter Nr. 1 und 2 dargestellt.) Da die Yliaten ihre Wanderung von Turkomenien bis zur Grenze von China ausdehnen, erklärt es sich , dass sie manche Eigentümlichkeiten der Tracht von den Völkern angenommen haben, mit denen sie in Berührung kommen , namentlich von den Turkomanen und Persern. Die Kopfbedeckung der Frauen besteht aus einem feinen Musselintuch , das vorn turbanartig anangirt ist, aber nach hinten wie ein Schleier herabfallt. Da diese Frauen meist sehr schöne Haare haben, zeigen sie dieselben gern. Ueber der Stirn sind sie kurz abgeschnitten , über die Schläfe fallen sie länger herab. Die Hauptmasse des Haars wird in zwei dicken Strähnen von hinten über die Schultern genommen. Ausserdem gehen vom Hinterkopf noch zwei dicke Flechten aus, die halbmondförmig auf dem Scheitel zusammengesteckt werden und durch welche das Kopftuch hindurchgezogen wird. An diesen Flechten werden Anhänger und sonstige Schmucksachen befestigt. Das Haar wird nur mit Wasser angefeuchtet. Die Kopfbedeckung der Braut Nr. 21 ist grösstenteils aus Goldfaden geflochten. Der obere Rand ist mit Pfauenfedern besetzt. Das Haar hängt völlig frei herab. Die Ohren sind mit goldenen, mit Perlen besetzten Ringen geschmückt.

Nr. 25. Derwisch aus dem Süden von Persien. (Das Ensemble einer Derwischtracht aus Schiras findet man auf der Tafel Persien mit der Schleife.) Viele dieser fast immer auf der Wanderschaft begriffenen muselmännischen Mönche tragen keine Kopfbed eckung. Andere tragen eine rothe Mütze mit Erbauungssprüchen in farbiger Seidenstickerei, wieder andere eine spitze Mütze mit Sprüchen in schwarzer Stickerei und dazu den Turban. In Persien tragen die einfachen Derwische blaue Rocke. Nr. 25 trägt eine spitze Filzmütze mit Seidenstickerei und einen leichten Turban mit herabfallenden Enden, der aus Kameelshaaren gewebt ist. Der Kopf ist glatt rasirt, nur vom Hinterkopf fallen lange Strähnen auf Nacken und Schultern herab.

Hindostan. Nr. 6, 8, 22 und 24. In Indien werden die Turbans aus Wolle, Seide oder Musselin gefertigt. Form und Grosse wechseln nach den Gegenden und werden überdies durch das Kasten- und Sektenwesen bestimmt. Ein Stoff von Gold- und Silber- brokat, ans welchem die Turbaneder Reichen gefertigt werden, ueisst Kinkab. Die niedrigen Klassen tragen weisse Tur- bane ; aber auch diese Sitte ist nicht streng durchgeführt.

In Madras werden z. B. farbige Turbane getragen. Gewisse Derwische aus der Rifahsekte tragen schwarze oder oliven- farhene Turbane. Nr. 6, dessen Träger dem an Afghanistan grenzenden Theile von Hindostan angehört, ist ein solcher schwarzer um eine Filzkappe gerollter Turban.

Nr. 8 ist ein Parse, ein aus Persien stammender Feueranbeter. Die spitze Fellmütze, um welche der Musselinturban ge- wickelt ist, erinnert an seine Herkunft.

Nr. 22. Indischer Thag oder Tbug mit Turban von weissem Musselin. Die Thags sind Räuber, die sich unterwegs den Reisenden anschliessen, dieselben hinterrücks überfallen, erwürgen und berauben.

Nr. 24. Indischer Derwisch. Die spitze Mütze ist aus Kaschmir und mit bunter Seide gestickt.

Afghanistan. Nr. 2, 5, 9, 14, 27, 28, 29 und 30.

Die Afghanen sind theils ackerbauende, theils nomadisirende Stämme, die sich nach Unterwerfung der Eingeborenen des Landes bemächtigt haben, das heute Afghanistan heisst. Sie haben ihre frühere Organisation bewahrt und tbeilen sich in Stämme, deren jeder einen Häuptling hat. Um ein gemeinsames Band herzustellen, ordneten sich die Stämme einem Oberhaupt unter, unter dessen Leitung sie Kriegs- züge, besonders nach Indien, unternahmen. Gegenwärtig steht Afghanistan jedoch unter einem Emir, der nach Art asiatischer Despoten regiert. In den Trachten spiegelt sich aber nach wie vor die frühere Unabhängigkeit und Willkür wieder. Nr. 14 ist der Sohn von Nr. 27. Beide tragen einen weissen Turban, aber jeder von verschiedenem Umfang und in verschiedener Anordnung. Der Turban desersteren ist von Musselin, der des Vaters von Kaschmir. Dasselbe gilt von Nr. 5, dem Vater von Nr. 29.

Nr. 2. Turban von gestreiftem Musselin, um eine spitze Kappe gerollt und mit einem kleinen Federstutz versehen.

Nr. 5. Turban von Linnenzeug um eine Mütze mit Ohr- klappen gerollt.

Nr. 9, Turban von Baumwolle um den oberen Theil einer Filzkappe gewickelt. Nr. 14 und 27 sind aus der Stadt H erat.

Nr. 28 hat einen Turban von Baumwolle. Nr. 30 hat eine Haartracht nach persischer Manier, d. h. der Kopf ist bis zum Nacken glatt rasirt, und nur an den Seiten fallen breite Haarmassen herab.

Asiatische Türkei.

Nr. 3 ist ein katholischer Bischof von Senna , einer fünfzig Meilen von Bagdad entfernten Stadt. Der Turban ist von Musselin, einem Stoffe, dessen Name von der Stadt Mossul, einem Hauptorte des Vilajets von Bagdad, kommt, von wo zuerst solche Stoffe nach Europa gebracht wurden. Auch heute werden sie dort noch in grossen Massen fabricirt. Tnrkmenenland.

Nr. 11. Die Turkmenen oder Turkomanen wohnen theils in dem Turkmenenland, welches einerseits zu dem Trans- kaspischen Gebiete von Russland, andrerseits zu Cniwa

gehört, theils in Turkistan, Afghanistan, in der asiatischen Türkei und in Persion. Ihre Kleidung ist sehr einfach. Die schwarze Lammfell mutze, welche Nr. 11 trägt, erinnert in ihrer Form an den Pileus der Alten. Daghestan.

Nr. 18 nnd 23. Daghestan oder Gouvernement Derbent ist eine russische Provinz, die im Osten vom Kaspischen Meer, im Süden und Westen von den Gouvernements Baku und Tiflis begrenzt wird. Das Land wird von etwa dreissig verschiedenen Stämmen und Nationalitäten bowohnt, unter denen die Lesghier die Majorität bilden. Dazu kommen Araber nnd Juden. Nr. 18 ist aus Derbent im Süden des Kaspischen Meeres. Nr. 23 ist ein Leaghier. Kurdistan. Nr. 7, 12, 13 und 2G.

Die Hauptmasse der Kurden bewohnt gegenwärtig das Land, welches sich im Osten des Tigris und im Süden des Wan-

und Urmiasees erstreckt. Es ist das Gebiet, welches die alten Geographen und Geschichtsschreiber als den Wohnsitz der Karduchen oder Gordyäer bezeichnen, für deren Nach- kommen das tapfere Gebirgsvolk der Kurden gehalten wird. Kurdistan gehört politisch halb zur Türkei, halb zu Persien.

Nr. 7. Kurde in Fez mit Püskül (Büschel), um welchen ein leichter Turban von indischem Seidenzeug (Foulard) ge- schlungen ist.

Nr. 12 und 13. Kurden in alterthüml icher Kriegsruatung. Die metallene Kappe ist damascirtl, oben mit einer Spitze versehen und mit drei Pfauenfedern geschmückt. Sie bedeckt Kaputze aus Eisenringen, die mit dem Panzerhemd nicht zusammenhängt und vorn auseinandergeht, um die Bewegungen des Kämpfers nicht zu hindern. Der Helm hat einen Nasen- schutz, welcher an einem Charnier auf und nieder geklappt werden kann.

Nr. 26. Kurde von Urmia, dessen Turban aus Baumwolle und indischer Seide besteht.

(Diese fwr anthropologische Zivecke aufgenommenen Volkstypen befinden sich im naturhistorischen Museum in Paris. Sie sind vom Obersten Em. Duliousset gesammelt tvoräen.)

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PERSIEN

FRAUENTRACHTEN.

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3 4 6 7 5 8

Nr. 1, 2. Junge nyatinnen aus Weraraina. Die Hyaten sind Nomaden, welche in Zelten hausen und das Land vom Tigris bis zur chinesischen Grenze durchziehen. Sie ernähren sich durch Vieh-, insbesondere Pferdezucht und geben selten das nomadisirende Leben auf, um sich dem Ackerbau zu widmen. Ihre Frauen werden nicht in Abgeschlossenheit gehalten und machen keine Schwierigkeiten, sich den Fremden unverschleiert zu zeigen.

Nr. 3, 6, 7, 8. Wenn die Perserin ausgeht, zieht sie über den faltigen Rock weite Hosen an. Jedes Bein ist einzeln gearbeitet, bildet mit dem Strumpfe ein Stück und wird oben am Gürtel befestigt. Ein grosser Schleier von Musselin oder Baumwollenstoff, hyäder genannt, welcher um den Kopf gebunden ist, auf den Rücken herabfällt und vorn auf der Brust gegen den Hals zu aufgenommen wird, verhüllt die ganze Gestalt. Das Gesicht ist ausserdem mit einem dichten Cattunschleier roubend bedeckt, der nur für die Augen eine Oefmung hat. Die Perserin ist somit vom Kopf bis zu den Füssen in der scrupulösesten Weise verhüllt. Nr. 3 schiebt den raubend bei Seite, um besser zu sehen. Nr. 7 trägt ein Hosenbein in der Hand. Nr. 8, die sich zum Ausgehen rüstet, bindet den hyäder über Kreuz zusammen. Nr. 6, eine Frau aus dem Volke, zeigt, wie der hyäder vorn zusammengenommen wird.

Nr. 4 und 5. Frauen persischer Herkunft aus Trebisonde im Hauskleide. Der breite, um Leib und Hüften geschlungene Gürtel ist einer jener leichten Shawls aus Wolle oder Seide, welche im Lande fabrizirt werden.

Nr. 9 stellt eine Dame aus Teheran dar, welche ihre Mahlzeit einnimmt. Man benutzt weder Tische, noch Messer und Gabeln. Auf den Fussteppich wird ein sehr feines persisches Tischtuch ausgebreitet und darauf werden die Speisen placirt. Hände und Finger vertreten die Stelle von Löffeln und Gabeln. Ausgestreckt und aufgestützt auf eine weiche Matratze, welche auf dem dicken Filzteppich liegt, fasst die Perserin mit der Hand in den Reis und das Ge- müse hinein, welche ihre hauptsächliche Nahrung bilden. Spiesse mit kleinen Stücken Fleisch folgen alsdann ebenso wie die Kouftehs oder Kügelchen von gehacktem Fleisch, welches in Wein- blättern gekocht ist. Mit Daumen und Zeigefinger formt die Perserin aus jeder Speise kleine Kugeln,

die sie geschickt in den Mund wirft. Gläser werden zum Trinken nicht benutzt. Man trinkt aus Tassen oder man schöpft daraus mit einem jener Löffel aus leichtem Holz, die auf dem Tischtuch liegen. Die Magd mit ihrem Fächer wedelt frische Luft zu und vertreibt die Fliegen. Nach Waschung der Hände kommt die Pfeife und der Kaffe an die Eeihe.

Man nimmt zwei Mahlzeiten ein, um elf Uhr Vormittags und gegen Sonnenuntergang; die letztere ist reichlicher als die erstere. Das gewöhnlichste Nahrungsmittel ist der Reis, welchen man gewöhnlich in der Form des pilau, d. h. wenig gekocht und etwas trocken geniesst. Die Zubereitung dieser Speise ist bei wohlhabenden Leuten oft sehr complicirt; man thut Zwiebeln, Salz, Pfeffer, Gewürznelken, auch Zimmet, Cardamom und Fenchelsamen hinein. Bisweilen fügt man noch gestossene Mandeln, Traubenbeeren ohne Kerne, gebratene oder gekochte Erbsen und in Wasser gekochte grüne Bohnen hinzu. Man begiesst ihn mit Butter und färbt ihn endlich mit Safran, Krapp oder Berberitze, indem man mit diesen Färbemitteln verschiedene Linien aus- führt, die von Reihen kleiner Bohnen oder Erbsen durchzogen werden. Man isst den pilau oft mit dem yugurt, geronnener, etwas sauer gewordener Milch oder mit Kirschen-, Maulbeeren- oder Granatensaft.

Zuckerwerk und Gebäck werden mit Essenceu aller Art parfümirt. Die Perser besitzen in der Zubereitung von Süssigkeiten und Sorbets eine grosse Fertigkeit.

(Nach Mittheilungen des Obersten Duhousset.)

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PERSIEN

WEIBLICHES DIENSTPERSONAL

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5 4 3 6 7*

Die reichen Perser haben zahlreiche Dienstboten, deren jeder seine besonderen Funktionen hat. Unter den weiblichen sind die einen Sclavinnen, die anderen werden zeitweise auf Grund eines Abkommens vor dem Richter gemiethet. Ihre hauptsächlichste Arbeit besteht in der Zu- bereitung des Kaffes, des Thees und des Kahan. Die Dienerin Nr. 1 ist mit den zur Zu- bereitung des Kaffes nothwendigen Geräth scharten umgeben. Man röstet die Bohnen zunächst auf einem Rost und zerstampft sie dann mit einem cylinderförmigen Holze. Das so gewonnene feine Pulver muss zwei Male in einer Kaffeekanne mit langem Ausgussrohr aufkochen. Etwas frisches Wasser klärt das Getränk ab, welches kochend ohne Zucker in Porzellantassen servirt wird, die in kleinen Behältern von Silber stehen, damit man sich nicht die Finger verbrennt. Auf Reisen führen die Perser das Kaffepulver mit Honig vermischt bei sich und geniessen es wie Confituren. Feinschmecker setzen auch etwas Opium hinzu. Die Dienerin Nr. 2 hat die zur Theebereitung nöthigen Gefässe in ihrem Bereich. Das wichtigste derselben ist der Samovar. Der Thee wird mit Zucker in Tassen mit gläsernen Untersätzen servirt. Die Dienerin Nr. 3 giesst den Kaffe ein.

Der Kalean ist die persische Wasserpfeife. Der Tabak, der darin geraucht wird, ist ge- wöhnlich aus Schiras. Vor dem Rauchen wird er noch drei oder vier Mal gewaschen. Der Kalean muss zuvor probirt werden; denn das Wasser der Flasche darf dem Raucher nicht in den Mund kommen. Das thut die Dienerin, nachdem sie ihn vorher vermittelst einer hölzernen Röhre angezündet hat, die an Stelle der biegsamen, mit einem Krystallmundstück versehenen und für den Herrn bestimmten Röhre hineingesteckt wird (Nr. 4). Nr. 5 präsentirt die Ajfabek, eine Schüssel mit einer Kanne voll Wasser, welche dazu dient, sich die Finger anzufeuchten und den Mund zu waschen. Nr. 6 überreicht eine Erfrischung und Nr. 7 bringt eine Flasche mit Wasser.

Während die Dienerinnen im Dienste der Hausfrau ihre Funktionen verrichten, ist im Dienste des Herren männliche Dienerschaft thätig. An den weiblichen Trachten sieht man, dass die Perserinnen keine Leibwäsche im engern Sinne (Hemden u. s. w.) tragen und dass sie sich die Finger, einen Theil der Hand und die Fussspitzen mit Hennah roth färben.

Nr. 8 stellt einen jungen Derwisch aus Schiras, Nr. 9 eine turkomanische Braut dar. Beide sitzen nach dem gebräuchlichen Ceremoniell. Vor einem höher gestellten setzt man sich auf die Fersen und schliesst dabei die Kniee und Füsse eng zusammen. Vor seines Gleichen setzt man sich mit über einander geschlagenen, nach innen gekehrten Beinen. Eine Spitze des Fusses dabei zu zeigen, gilt für unhöflich. Man grüsst einander durch Neigen des Kopfes und indem man die Hand an den Mund führt

(Nach Mittheilungen des Obersten Duhousset.)

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PERSIEN

TÄNZERINNEN UND MUSIKER

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Die Namen Tänzerin und Courtisane sind in Persien fast gleichbedeutend und dienen dazu, die eine wie die andere ohne Unterschied zu bezeichnen. Nur die Frauen tanzen; niemals sieht man einen Perser oder einen Türken diese Kunst üben. Die professionsmässigen Tänzerinnen gehören den niedrigen Volksklassen an. Man ruft sie zu Hochzeiten und allen grösseren Feier- lichkeiten. Vor kurzer Zeit figurirt»n sie auch beim Empfange der Gesandten.

Die Tanzmelodie wird, wie bei allen asiatischen Völkerschaften, gesungen, aber nicht von der Tänzerin selbst, sondern von einer anderen Frau oder von einem Knaben. Der Rhythmus dieses Gesanges ist selten lebhaft; der Tanz besteht aus Körperstellungen, aus leidenschaftlichen Bewegungen und aus einem Mienenspiel, welches von einer schmachtenden Melodie begleitet wird. Diese Tänze bilden oft eine zusammenhängende Handlung, eine Art Pantomime. Der Stoff zu derselben ist einem der persischen Dichter entnommen, so dass also der Tanz gewissermaassen zu einer dramatischen Aufführung wird. Der Bienentanz ist eine solcher mimischen Darstellungen, die nach einem stossweise gegliederten Rhythmus vor sich geht: die Tänzerin thut, als ob sie von einer Biene gestochen sei, und giebt sich den Anschein, sie zu verfolgen, indem sie sich nach und nach aller ihrer Kleidungsstücke entledigt. Der Körper, welchen sie dabei zur Schau stellt, ist oft mit Tätowirungen bedeckt, welche Blumen, Palmen, Thiere und selbst grosse Schlangen darstellen, die sich um die Beine ringeln.

Die Figur Nr. 1 stellt eine in den Hyader gehüllte Perserin dar, welche den grossen Mantel aus Baumwollenstoff an zwei Bändern nach der Brust emporgezogen hat.

Die Nr. 2, 3 und 4 führen einige, auf einander folgende Momente des Bienentanzes vor.

Die Nr. 5, 6 und 7 stellen Musiker dar, welche mit ihren Instrumenten den Tanz begleiten. No. 5 bearbeitet die grosse Handtrommel, den Bandyn. Nr. G hat eine Pauke, die ebenfalls mit den Fingern bearbeitet wird, Dohl genannt, und Nr. 7 spielt auf dem Tar, einer leichten Guitarre.

Nr. 8 ist das Instrument , welches die persischen Sänger zur Begleitung ihres Gesanges bevorzugen, Kemangeh genannt. Der Bogen ist eine einfache Haselstrauchgerte. Der Körper wird aus dem Holze des Vogelkirschbaums oder aus einer einfachen Kürbisschale gefertigt und ein Pergament oder ein Thierfell über die Oeffnung gespannt. Die Saiten sind aus Därmen, Pferdehaaren oder Seide. Die besten dieser Instrumente werden in Schiras angefertigt und sind mit Elfenbein oder Perlmutter ausgelegt.

Der Musiker Nr. 9 bläst die Zuma, eine hölzerne Klarinette.

(Nach Mittlie ilungen des Obersten Duhousset. Vgl. Ferrario, Le Costume ancien et moderne. Felis, La Musique chez les peuples d'origine semitique.)

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ASIEN

ORIENTALISCHE SCHMUCKSACHEN.

Nr. 1.

Tschaprass , Gürtelagraffe aus vergoldetem Silber; Filigrane auf getriebenem Grunde ; XVII. Jahrhundert. Nr. 2. Nadel in Form einer indischen Palme aus durchbrochenem Filigran; persische Arbeit.

Nr. 3 und 4. Gürtelagraffen; alte Arbeit.

Nr. 5. Theil eines Halsbandes aus Goldfiligran. Die Glieder sind bewegliche Plättchen , von denen an einem Ringe andere Plättchen in Gestalt von indischen Palmen herabhängen. (Dieses Palmenornament, welches auch auf den Kaschmir- sbawls vorkommt, ist sehr verbreitet. Die Jüdinnen in Jerusalem tragen auf ihren mit Goldstickereien verzierten Kleidern solche Palmen.)

Nr. 6. Anhänger für den Brustschmuck eines Pferdes; türkische Juwelierarbeit. Der grosse Halbmond ist von Knochen, und nur in der Mitte und an den beiden Enden mit Metall beschlagen. Granaten oder Glasperlen bilden die Dekoration. Das Klirren der an Ketten herabhängenden Plättchen ist im Orient sehr beliebt. Es ist eine charakteristische Eigentümlichkeit sehr vieler Schmucksachen.

Nr. 7. Ohrring, dessen Hängeglieder ciselirt sind; arabischer Typus.

Nr. 8. Ohrring von durchbrochenem Filigran.

Nr. 9, 10, 11 und 14. Nr. 9. Silberner Ring. Nr. 10 und 14. Ohrring und Theil eines Halsbandes von demselben Schmuck, ebenfalls aus Silber. Nr. 14. Theil eines silbernen Halsbandes. Diese Schmucksachen tragen bäuerischen Charakter. Die kleinen Kugeln erklingen beim Gehen.

Nr. 12. Agraffe mit kleinen Anhängern, die in Korallenperlen endigen. Diese Schmuckstücke (vergl. auch Nr. 20) wurden an den Kopfbedeckungen oder in der Frisur befestigt. Nr. 13. Ohrring mit Korallen und Perlen. Nr. 15. Goldenes Armband, welches auch als Beinring dienen kann. Die Kugeln sind Glöckchen.

Nr. 16. Theil eines Halsbandes, dessen Mittelstück ans einem Türkisen von unregelmässiger Gestalt besteht, welcher eine einge- schnittene arabische Inschrift zeigt. Die Hauptreihe der Kette besteht aus S-förmigen Gliedern , die an ihrer Spitze kleine, in Rosetten eingefasste Perlen tragen. Am unteren Endesind abwechselnd Plättchen in Gestalt indischer Palmen oder in Gestalt eines Kleeblatts , in dessen Mitte kleine Perlen eingefügt sind, oder in Form von Blumenkelchen, ebenfalls mit Perlen, angebracht. Dieselben Anhänger kehren bei dem Halsband Nr. 17 wieder. Nr. 17. Dieses prächtige Halsband besteht aus einer Reihe von in Gold gefassten , ovalen Achatsteinen, deren jeder den ein- gegrabenen Namen eines Iman trägt. Etwas kleinere Steine bilden zwischen Perlen die Anhänger. Nr. und 17 sind persische Arbeiten aus dem XVI. Jahrhundert. Nr. 18. Theil eines Halsbandesbäuerischen Charakters. Die sechseckigen Glieder sind aus vergoldetem Silber und mit je zwei Ringen an einem wollenen Bande aufgezogen. Nr. 19, 22 und 23. Zweiseitige Halsbänder arabischer Herkunft. Das Mittelstück ist mit Filigran dekorirt und bisweilen auch durch Korallen, Steine und Email ausgezeichnet. Von den Seiten dieser

Mittelplatte sind je zwei Fäden durch Löcher gezogen , an welchen die eichel form igen Glieder aufgereiht sind. An den unteren Enden jedes Gliedes befindet sich ein fester King, an welchem ebenfalls eine Eichel oder, wie bei Nr. 22, eine Art Blume hangt. Diese Glieder sind nicht vollgegossen, sondern nur halb. Die Rückseiten sind durch Plättchen geschlossen.

Nr. 20.

Anhänger. Der Halbmond ist mit durchbrochenem Filigran

gefüllt. An seiner äusseren Seite hängen an Ringen Rosetten

herab, deren Ornamentik einen uralten, bereits auf assyrischen Reliefs vorkommenden Typus hat. Persische Arbeit. Nr. 21. Ohrgehänge in Form einer Rosette mit einer Perle in der Mitte. An zwei Kettchen ist ein Halbmond von durch- brochenem Filigran befestigt. Der untere Rand des Halb- mondes ist mit festen Ringen besetzt, von welchen silberne Münzen herabhängen. Wie schon erwähnt, lieben die Orien- talen sehr das klingende Geräusch, welches von ihren Schmucksachen ausgeht.

Nr. 1 aus der Sammlung Jubmal. Die Nr. 2> 12, 16, 17 und 20 aus der Sammlung Sclief er. Die Nr. 7, 8, 19, 22 und 23 gehören den Herren de Bemtcorps, Rollm umd Feuardent. Nach Photo- graphien von Franck in UArt ancien. Nr. 3 und 4 befinden sich im Muse'e Cluny, Nr. 6 im Louwe. Der Maassstab der Verkleinerung der Nummern 3, 4, 6 und 18 ist 75 : 140 Millimetern.

Diese Schmucksachen sind in erster Linie durch ihre subtile, mustergültige, unübertroffene Tech- nik ausgezeichnet, die vermuthlich auf alten Traditionen (altrömischen und byzantinischen) beruht. Dasselbe gilt von der Ornamentik, deren uralter Charakter sich nicht nur in den Einzelmotiven. sondern auch in der regelmässigen Wiederkehr derselben erhalten hat.

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HOFBEAMTE STRASSENFIGUKEN

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Die Stunde des Sonnenauf- und -Untergangs wird von der höchsten Terrasse des per- sischen Königspalastes aus durch Trompetenstösse und Trommelwirbel angekündigt. Die Gruppe Nr. 1 zeigt drei solcher Hofbediensteter, welche diese Funktion zu versehen haben. Nr. 2 stellt einen hohen Würdenträger dar, welcher dem Schah die mit Diamanten und Perlen ge- schmückte Wasserpfeife, das Nargileh oder Kalean zu überreichen hat. Man schätzt den Werth eines Kalean, welchen der Schah im Gebrauch hat, auf zwei Millionen Francs. Nr. 3 ist das vergrösserte Porträt eines solchen Würdenträgers, der einen goldgestreiften, bis auf die Füsse reichenden Kock trägt, der je nach dem Schnitt verschiedene Namen hat. Wenn die Aermel ganz zugeknöpft sind, ist das Unterkleid, erkaling, nicht sichtbar. Die Kopfbedeckung von Nr. 3 heisst Kulak. Sie ist bequemer als der Turban, weil sie nicht zusammengebunden zu werden braucht. Sie besteht aus einer Mütze von schwarzer, kurzgeschorner Schafwolle, die innen mit weissem Fell gefüttert ist und oben einen Boden von rothern Tuch hat. Sie ist ringsherum mit einem, mit Blumen gestickten, sonst weissen Kashmirshawl umwunden, welcher zugleich mit der Mütze abgenommen wird, weil er an dieser befestigt ist. Der Beamte trägt, wie alle Grossen des Reichs und die Offiziere, den Kangiar, einen Dolch. Die Perser tragen Barte und zwar mit besonderer Vorliebe schwarz. Wer einen blonden Bart hat, färbt sich denselben mit grosser Ausdauer.

Nr. 4 und 5 sind Männer, die auf den Strassen die Nargilehs und Kalean zum Gebrauche für das Publikum unterhalten. Nr. 6 ist ein dbdari, ein Wasserträger, der auch einen Behälter mit Eis mit sich führt. Nr. 7 ist ein Theeverkäufer. Nr. 8 ist ein indischer Derwisch, welcher in den Cocosnussschalen die Erträgnisse seiner Bettelei sammelt und durch das Hörn an seiner Seite die Gläubigen zu Spenden aufmuntert.

(Nach Mittheilungen des Obersten Duhousset. Ferrario, Le Costume ancien et moderne.)

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PERSIEN

VERSCHIEDENE TRACHTEN - RAUCHER

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Nr. 1. Mollah, Geistlicher in Ispahan, den Koran studirend.

Man giebt den Namen Mollah (Herr) in Persien allen denen, die sich dem Studium der Jurisprudenz, der Moralphilosophie und der Theologie widmen. Sie werden Richter, Verwaltungs- beamte, Geistliche und Professoren. Eine grosse Anzahl von Benefizien und Stiftungen ist zu ihren Gunsten errichtet. Sie haben dafür die Verpflichtung, einmal- wöchentlich in die Moschee zu gehen und den Koran vorzulesen und zu erklären, sowie ihr Gutachten in religiösen und bürgerlichen Angelegenheiten an Beamte, Richter und Privatpersonen unentgeltlich abzugeben. (Ferrari, Histoire du costume chez tous les peuples.)

Nr. 2. Mirdb, ein Mann, der die Obliegenheit hat, zu gewissen Stunden die Leitungen zu öffnen, durch welche die Gemüsepfianzungen bewässert werden.

Da Persien eines der trockensten Länder des Erdballs ist, ist die künstliche Bewässerung der Aecker von höchster Wichtigkeit. Dämme sind gezogen worden, Brunnen und Kanäle ge- graben, in welchen man beim Schmelzen des Schnees das Wasser auffängt, um es über das Land zu leiten. Alle Gewässer, die natürlichen wie die künstlichen, stehen unter der Aufsicht des mirab emirab, des „Wasserfürsten", welcher die Aufgabe hat, das Wasser je nach der Höhe der dafür geleisteten Zahlung an die Ackerbauer zu vertheilen.

Nr. 3. Freier Gebirgssoldat, der sich als Bedeckung verdingt.

Nr. 4. Tschervadar oder Maulthiertreiber.

Nr. 5. Armenierin aus Djulfa.

Nr. 6. Ein den Narghileh, die Wasserpfeife, rauchender Perser. Narghil ist Cocosnuss.

Nr. 7. Armenier, aus einer Pfeife von nivellirtem Metall rauchend.

Nr. 8. Araber, aus einer Pfeife von rothem Thon rauchend.

Nr. 9. Mann aus Ispahan, aus einem Tschibuk rauchend.

Nr. 10. Vornehmer Perser, den Kalean rauchend. Er nimmt den oberen Theil ab, um den Rauch herauszulassen, der sich in dem Glasgefässe angesammelt hat.

Nr. 11. Mann aus Ghilan, eine Cigarette aus einem Stück Schilfrohr rauchend.

(Nach Mittheilungen des Obersten Duhousset.)

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ED PERSIEN

PERSISCHES ZIMMER: DER TALAR ODER HAUPTSALON EINES LUST- HAUSES. — DER HOLZBAU.

Das persische Wohnhaus der Pariser Weltausstellung von 1878 war der Typus des Holz- baues, wie man ihn in der Türkei, in Aegypten und Indien findet. Der Pavillon bestand aus einem Erdgeschoss und einem Stockwerk mit Plattform. Der Enderun oder das Innere enthielt zu- nächst ein Vestibül mit Bassin, von dem eine schmale Treppe zur ersten Etage hinaufführte. Der Hauptraum, der Talar oder Salon, war nur zwei Stufen über die andern Zimmer erhöht und erhielt sein Licht durch zwei grosse, einander gegenüberliegende Fenster. Die Stalaktitendecke des Zimmers ist in ihren einzelnen Facetten mit kleinen Spiegeln bedeckt, die das Licht und die Farben der Innendekoration reflektiren , ebenso die Wände, Nischen und Fensterrahmen. Die Fenster selbst sind aus einem vielfarbigen Glasmosaik zusammengesetzt und sind von unten nach oben verschiebbar.

Das Mobiliar besteht nur aus Divanen, mit gesticktem Cachemir bezogen, aus Teppichen und Portieren.

Eine Dienerin bringt ihrer mit Hosen, Musselin- oder Seidencamisol und gesticktem Jäckchen bekleideten Herrin den Kalean, die Pfeife mit Holzrohr, an dem die Dame selbst den Schlauch mit Bernsteinspitze befestigt.

Reproduction des persischen Pavillons der internationalen Ausstellung auf dem Trocadero in Paris 1878.

Vgl. ChampolUon-Figcac , Histoire de la Perse, 1860. Architecture Ottomane, Publication der kaiserlich türkischen Commission der Wiener Weltausstellung von 1873.

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ASIEN

ORIENTALISCHE PFEIFEN, ALTE UND MODERNE CIGARREN- UND

CIGARRETTEN-SPITZEN.

Im Orient gehört die Pfeife durch den allgemeinen Brauch bei beiden Geschlechtern fast mit zum Kostüm. Sie wird dort nicht nur mit besonderer Sorgfalt behandelt, sondern ist auch oft der Gegenstand eines grossen Luxus. Der indische HoMa oder HiCklca, der orientalische TschibuJc sind Gattungsnamen, welche mehrere Arten bezeichnen. Die Wasserpfeife besonders ist asiatischen Ursprungs. Der Typus des indischen Sariel-Huklca, des Tschelem aus Turkestan, des persischen GMlicin, Kalium, Kalean und des reichen Nargüeh ist hier durch eine einfache Pfeife vertreten, deren Gefäss aus einer Kokusnuss besteht (Nr. 21). Sie stammt aus Egypten und ist, ganz aus Holz, eine derjenigen Pfeifen, welche die Nilanwohner sich selbst zu ihrem eigenen Gebrauch ver- fertigen. Nur der obere Rand oder Kopf besteht aus Thon. Man hält diese Pfeife beim Rauchen am Rohre in der linken Hand. Der komplicirte Nargüeh mit seinem langen geschmeidigen Schlauch hat ein besonderes Gestell, dem man in Persien die Gestalt eines Dreifusses giebt (Nr. 12 u. 18). Dieses Gestell steht auf einer Matte oder auf einem kostbaren, für diese Pfeifengattung (Nr. 13, 14, 17, 18 u. 19) bestimmten Teppich.

Hat der Wasserbehälter eine eiförmige , spitz verlaufende Form und ist das Rohr demselben senkrecht aufgesetzt, so zeigt solche Pfeife den Charakter des echten Nargüeh, eine Benennung, die von Nargil oder Nardschil, d. h. Kokusnuss, abgeleitet ist. In Bagdad ist der Nargüeh noch in allgemeinem Gebrauch. (Siehe Nr. 12 u. 15.) Hulka heisst die Pfeife, wenn das Wassergefäss die Gestalt einer Glocke hat und wenn die beiden Röhren, der Schlauch mit dem Mundstück und der Tabaksbehälter, über der Glocke neben einander angebracht sind. Nr. 13, 18 und 19 veranschau- lichen Typen dieser indischen Pfeife, deren Röhren mehr oder weniger lang sind und bei welchen man den Rauch durch den Marpiteh, den biegsamen Schlauch, saugt. Der persische Kalean hat die Form eines eleganten, ausgebauchten Balusters, mit oder ohne Fuss. (S. Nr. 14 u. 17 des indischen Typus sowie auch die Tafel mit dem Zeichen der Schere, auf welcher sich Kaleans dargestellt finden.) Besteht der Wasserbehälter dieser Pfeife aus einer Krystall-Karafle, so ist der Schlauch nicht un- mittelbar an der letzteren, sondern an dem hölzernen Stiel befestigt, wodurch der Unterschied zwischen Nargüeh und Kalium noch schärfer markirt wird. Im Uebrigen sind alle Wasserpfeifen von gleicher Beschaffenheit. Man füllt das Gefäss etwas mehr als zur Hälfte mit Wasser und steckt dann das bis ins Wasser reichende Rohr hinein. Auf diesem Rohr befindet sich der Pfeifen- kopf aus Thon oder Metall, der gewöhnlich einen als Ventilator dienenden Deckel besitzt. Hierauf wh-d seitwärts der Schlauch zum Rauchen angebracht.

Die primitivste aller Wasserpfeifen ist der Tschäem aus Turkestan. Derselbe hat keine Röhren und besteht aus einem natürlichen Kürbis mit zwei gegenüber befindlichen Löchern. Auf das eine presst man die Lippen, um zu rauchen, auf das andere einen Finger, den man erhebt und senkt, je nachdem man mehr oder weniger Rauch haben will.

Mit den Wasserpfeifen wird, wie schon erwähnt, oft ein grosser Luxus getrieben. Man ver- wendet dazu Gold, Silber und anderes edles Material, zuweilen in so schöner Arbeit, dass der Preis einer Pfeife mehrere Tausend Francs beträgt. Grossen Werth legen die Orientalen auf das Mundstück, das aus verschiedenfarbigem Bernstein, Korallen, Marmor, Achat und zuweilen sogar aus Diamant besteht. Gewöhnlich sind die Mundstücke jedoch aus Elfenbein oder Knochen ver- fertigt. Die Schläuche haben oft eine ausserordentliche Länge. Steigt ein Perser, der überall raucht, zu Pferde, so bedient er sich eines Schlauches, welcher bis 20 Fuss lang ist. Dadurch wird es dem Pisch-Khedmet , der den Kalium vor sich auf dem Sattel hält, möglich, seinem Herrn in respectvoller Entfernung zu folgen. Der Tschibuk ist die gewöhnliche Pfeife, die aus dem Kopf und einem zuweilen sechs bis sieben Fuss langen Rohre besteht. Besonders geschätzt sind die Tschibuks aus sehr zartem Holz. Die Rohre werden aus Jasmin-, Rosen- und Kirschbaum-Holz verfertigt, und mit Seiden- oder Sanimetstoff, durch Goldfäden befestigt, überzogen. Die Pfeifen für Frauen sind zierlicher und reicher geschmückt als diejenigen der Männer. Die Frauen aller Klassen rauchen und behaupten, dadurch ihre Körperfülle zu conserviren. Bei Reisen zu Pferde oder auf dem Kameel sind besonders Pfeifen aus Ebenholz sowie aus gelbem und rothem Thon im Gebrauch. Man verziert das Holz mit Einlagen von Silber, gravirt und vergoldet den Thon sogar mit ziemlichem Geschmack und verkauft solche Pfeifen in Afrika und Asien ebenso billig wie die weissen Thonpfeifen in Europa.

Auch mit den Cigarren- und Cigarretten-Spitzen wird im Orient ein grosser Luxus getrieben.

Wasserpfeifen. Nr. 21. NargiUh eines egyptischen Bauern. Stiellänge 60 Centimeter. Gefäss aus Kokusnuss. Stiel und Rohr aus Holz. Kopf aus gebranntem Thon. Nr. 12. Per- sischer NargiUh aus dem XVII. oder XVIII. Jahrhundert mit besonderem Untersatz, Höhe 90 Centim. Gefäss und Kopf aus Metall mit Emailverzierung. Dreifuss aus Metall. Röhre aus Holz. Schlauch aus Leder. Mundstuck aus Edelstein. Am Kopf Kettchen. Nr. 15. NargiUh mit besonderem Untersatz. Höhe 1,05 Meter. Gefäss aus Kokusholz mit eingelegtem Silber, ebenso der Kopf. Röhre aus Holz. Dreifuss aus ciselirtem Metall. Nr, 13. Hukka indisch - persischer Gattung aus dem XVI. uud XVH. Jahrhundert, vom Kopf bis zur Basis 40 Centim. hoch. Glocke aus schwarzem Metall mit Silber damascirt. Kopf aus gebranntem Thon. Schlauch mit Seide übers pon neu. Mundstück aus Edelstein. Nr. 19. Hukka gleicher Gattung. Höhe des Fragments 21 Centim. Glocke aus weissem und gelbem Metall mit feiner Ciselirung. Nr. 18. Indisch -persischer Hukka aus dem XVI. Jahrhundert, 85 Centim. hoch. Das Gefäss in Glockenform ist aus schwarzem Metall, mit Silber eingelegt, die Röhre aus Holz, zum grossen Theil mit Gold und Silberblatt verziert, Kopf aus Metall, mit feiner Ciselirung und Kettchen geschmückt. Nr. 17. Kalium aus Samarkand. Höhe 62 Centim. Aus

Holz. Gefäss mit vergoldeter Metalleinlage und Malereien. Röhre, Kopf, Stiel fein gravirt. Nr. 14. Kalium aus Cons tantin opel , 54 Centim. hoch- Gefäss aus emaillirtem Glas. Röhre aus Kupfer, Kopf aus gebranntem Thon, Schlauch aus Leder mit Seide überzogen, Mundstück aus Hörn.

Tschibuks.

Nr. 1. Persische Pfeife, 27 Centim. lang. Kopf aus gebranntem Thon. Rohr mit Seide und geflochteuen Goldfäden über- zogen. Mundstück aus Stein. Goldene Kette mit goldenen Medaillen an jedem Ende derselben. Nr. 4. Pfeife eines Häuptlings der arabischen Wüste, 82 Centim. lang. Kopf aus gebranntem Thon. Rohr aus zwei Theilon, von denen der eine in den anderen geschoben wird. Der dünnere, an welchem das Holz stellenweise zum Vorscheiu kommt, ist an seinem ausgebauchten Ende spiralförmig mit Gold- fäden umwickelt; der andere ist ganz mit Stoif und mit einem Netzwerk von Seide überzogen. Das Mundstück besteht aus einer Composition von Zink und Erdpech, die, in kaltes Wasser getaucht, eiskalt wird. Nr. 7. Turkomannische Pfeife, 33 Centim. lang. Der Kopf be- steht aus weissem uud gelbem Metall , das Rohr aus be- maltem Holz. Nr. 6. Turkomannische Pfeife, 24 Centim. lang, Holz mit Silber damascirt. Nr. 16. Pfeife eines

Baschi-Bozuk, 5 Centim. hoch. Kopf aus einer Wurzel geschnitzt. Nr. 2, 8, 9, 10 Pfeifen aus gebranntem Thon, aus Bagdad und Bassora.

Cigarren-Spitzen. Nr. 3. Cigarren - Spitze aus Buchara, 9 Centim. lang, aus vergoldetem Kupfer. Rohr mit ziegelartig eingelegten

Türkisen verziert. Nr. 5 u. 11. Persische Typen; die erstere, 21 Centim. lang, aus Silberfiligran mit Spitze aus Edelstein; die andere, 9 Centim. lang, mit silbernem Brenner, der mit Laubwerk aus Goldfiligran verziert ist, und Spitze aus Edelstein. Nr. 20. Ein rundes Kästchen von 6 Centim. Durchmesser, aus Kupfer mit rother Emailver- zierung. Es dient zur Aufbewahrung der Tabaksasche.

Nach Vorbildern aus der Sammlung des Barons von Watteville. Vcrgl.: Ferrario, VInde. La Perse von Louis Dubeu.

ASIA

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ASIEN

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MUSELMÄNNER

DAS MUSELMÄNNISCHE GEBET UND DER ORIENTALISCHE GRUSS

(DOPPELBLATT.)

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Die Mahomedaner verrichten in vierundzwanzig Stunden fünf Gebete, deren türkische Be- zeichnung folgendermassen lautet: das erste beim Morgenroth Sabah Namazy; das zweite un- mittelbar nach der Mittagsstunde Oilah Namazy; das dritte in der Mitte zwischen Mittag und Sonnenuntergang Akindy Namazy; das vierte im Moment des Sonnenuntergangs Acham Namazy; das fünfte im Beginn der Nacht Yatzu Namazy. Die Stellung spielt dabei eine grosse Rolle.

Man vermeidet während des Gebetes kostbare Kleider und Schmucksachen zu tragen. Die Frauen beten nicht öffentlich mit den Männern, sondern zu Hause oder in der Moschee, wenn die Männer nicht darinnen sind.

Die Muezzin benachrichtigen die Gläubigen von der Stunde des Gebets, indem sie von den Thürmen der Moscheen herabrufen. Jeder Muselmann verrichtet alsdann seine Waschungen und begiebt sich nach der Moschee oder, wenn er auf Reisen ist, wendet er sich nach der Richtung, in welcher Mekka liegt.

Jedem Gebet muss eine körperliche Reinigung durch Waschungen voraufgehen. Mahomed hat diesen Gebrauch vermuthlich von den arabischen Juden entlehnt.

Nr. 1 stellt einen Muezzin dar, der zum Gebete ruft. Durch die Nr. 2, 3, 4, 5, 6, 7 werden die verschiedenen aufeinanderfolgenden Situationen beim Waschen der Füsse, des Ge- sichts, der Hände und endlich der Moment der Sammlung dargestellt, der dem Gebete vorauf- gehen soll. Ausser der Waschung der Füsse bis zu den Knöcheln, des Gesichts und der Hände und Arme bis zu den Ellenbogen schreibt das Gesetz nach der Fusswaschung auch eine Reinigung von sonstigem Schmutz vor. Nur auf Reisen oder in besonders im Koran specificirten Fällen ist es gestattet, das Wasser durch feinen Sand zu ersetzen, namentlich also auf Wüstenreisen. Nach- dem die geöffnete Hand den Sand berührt hat, nimmt sie mit dem Körper dieselben Manipu- lationen vor, als wenn sie mit Wasser gefüllt wäre.

Bevor der Gläubige sein Gebet beginnt, breitet er einen Teppich oder ein Kleidungsstück aus, stellt sich aufrecht darauf mit dem Gesichte gen Mekka gewandt und beginnt mit dem istigfar (dem Gebete um Vergebung) Nr. 8, 9; dann hebt er beide Hände in die Höhe, berührt mit den Daumen die unteren Theile der beiden Ohren und spricht das Einleitungsgebet tekbir (Allah ekber). Dann geht er zum fatihah über und recitirt mindestens drei Verse oder ayat von

diesem Gebete, welches das erste Kapitel des Korans bildet, indem er die beiden Hände unter- halb des Güitels auf den Nabel legt, die rechte Hand immer auf die linke, und die Augen zu Boden senkt (Nr. 11). "Wenn er das tekbir und das tesbihk spricht, neigt er Kopf und Körper tief zur Erde, indem er die Hände auf die Kniee legt.

Er richtet sich wieder auf, indem er die Stellung des fatihah einnimmt, in der er einen Augenblick verharrt (Nr. 14). Dann folgt ein Niederwerfen (sudjud), während dessen man das tekbir und drei Male das tesbihk wiederholt. Die Stirn berührt dabei den Boden ebenso wie die Zehe, die Finger der platt auf die Erde gedrückten Hand und die Nasenspitze. Wenn er sich wieder aufrichtet, bleibt er einen Augenblick in knieender Stellung, die Hände mit von einander gespreizten Fingern auf die Schenkel gelegt, und wiederholt das tekbir (Nr. 16). Endlich, nach einem nochmaligen Niederwerfen (Nr. 17), schliesst die Ceremonie mit einer Neigung des Hauptes nach rechts und links, die der Gläubige, der dabei knieen müss, an die beiden Schutzengel richtet, von denen er sich immer umgeben glaubt. Der eine soll ihn zum Guten anspornen, und den anderen braucht er, um ihn mit den von ihm begangenen Missethaten zu belasten.

Die ganze Folge dieser Stellungen bildet einen rick'ah. Das Gebet, Namaz genannt, be- steht aus zwei solchen rick'ah oder schefy. Das Namaz soll mit der grössten Sammlung vollzogen werden. Wenn der Muselmann steht, soll sein Blick nicht über den von seinem Körper einge- nommenen Raum hinausgehen. Wenn er sich neigt, soll er auf seine Füsse sehen und wenn er sitzt, auf seine Kniee. Wenn er nach rechts und nach links sich verbeugt, soll sein Blick nicht über die Schultern hinausschweifen.

Während des Namaz, mag es nun öffentlich oder privatim verrichtet werden, ist keinerlei Zerstreuung erlaubt; man darf weder sein Gewand, noch seinen Körper berühren, nicht mit den Fingern ein Geräusch verursachen, noch mit den Augen zwinkern, noch den Kopf nach rechts oder links wenden, man darf nicht grüssen, noch einen Gruss erwidern, besonders nicht mit der Hand, mit der man nicht einmal die Seite berühren darf; der Kopf muss bedeckt sein, und die Haare dürfen nicht wirr auf die Schulter herabhängen; es ist ferner sündhaft, die Augen zum Himmel emporzuheben, sich zu setzen, die Fusssohle gegen die Erde gekehrt, die Aermel des Gewandes aufzustreifen, wenn man sich niederwirft, sich ganz auf die Arme zu legen, die Stirn am Erdboden zu reiben und die Beine zu kreuzen.

Ausser der beschriebenen Reinigung, die man wudu nennt, giebt es eine zweite, ghort genannt, welche in einem vollständigen Untertauchen des Körpers unter das Wasser besteht. Die Muselmänner wenden diese letztere Reinigung an, wenn sie in die Nähe eines Todten gekommen sind, die Frauen alle Monate und nach dem Wochenbett.

Der Gruss oder das Salem-aleikum (Nr. 19, 20, 21, 22 und 23) geschieht unter gleich- gestellten Personen, indem man die nach innen gekehrte rechte Hand an den Turban führt, ohne sich' zu verneigen; mit Verneigung, wenn die zu grüssende Person höher steht. Wenn der Standesunterschied gross ist, so wird die rechte Hand herabgesenkt und die linke auf die Brust gelegt. Bei einem ganz demüthigen Grusse beugt man die Kniee, berührt mit den Fingerspitzen der Rechten die Erde und legt die Linke auf das linke Knie. Die Frauen grüssen, indem sie die geöffneten Hände mit den Handflächen nach aussen bis zur Schulterhöhe erheben.

(Nach Mittheilungen des Obersten Duhousset. Vgl. auch Lane, Manners and Customs of the modern Egyptians, London 1846, 2 Bde.)

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ORIENT

AELTERE MÖNCHS- UND NONNENORDEN.

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Nr. 1.

Aeltester Tempelherr im gewöhnlichen Kleide.

Nr. 2 und 8.

Karmeliter in ihrer syrischen Tracht.

Nr. 3 und 6.

Miugrelische Mönche im gewöhnlichen Hauskloid und in Winter-

tracht.

Nr. 4.

Armenischer Mönch vom Orden des hl. Antonius in Morea.

Nr. 5.

Acemetischer oder studitischer Mönch ; Syrien.

Nr. 7.

Weltlicher Kanonikus vom hl. Grab in Jerusalem.

Nr. 9 und 14.

Mingrelische und georgische Nonnen.

Nr. 10 nnd 13.

Aegyptische Nonnen.

Nr. 11.

Armenische Nonne.

Nr. 12.

Maroniternonne (Kapuzinerin) in Ausgehtracht; Aleppo am

Libanon.

Diese orientalischen Mönchs- und Nonnentrachteu reichen bis in die ältesten Zeiten des Christen- thums zurück. Die Abbildungen und Erläuterungen sind den Werken des Paters Helyot, von Schoonebeck und de Bar entnommen.

Nr. 1. Tempelherr. Ursprünglich trugen die Tempelherren ein weisses Ordenskleid ohne Kreuz. Das rothe Kreuz wurde erst später hinzugefügt. Nur die Kitter des Ordens durfton das weisse Kleid tragen, welches im Kriege durch einen Gürtel aufgeschürzt wurde. Dieser geistliche Ritterorden wurde 1118 in Palästina gestiftet. Nr. 2 und 8. Karmeliter in ihrer alten Tracht. Diese Mönche verliessen Syrien und wanderten in Europa ein, nachdem im Jahre 1229 Kaiser Friedrich mit den

Sarazenen Friede geschlossen hatte. Sie durften in Syrien keine weissen Mäntel , die dort den sarazenischen Fürsten zukamen, sondern nur gestreifte tragen. Auf alten Malereien in Klöstern zu Löwen und Köln sind die Streifen weiss und schwarz, auf solchen in Antwerpen, in der alten Kathedrale zu Salamanca nnd in dem ehemaligen Kamieliterkloster an der Place Maubert in Paris weiss und lohbraun. Im Jahre 1287 nahmen sie eine weisse Kappe an und trugen dazu das Skapulier. Am Ende des dreizehnten Jahrhunderts bestand ihre Ordenstracht in einem schwarzen Kleide mit Kapuze und einem schwarzen Skapulier; darüber eine weisse

Kappe, mit einem weiten Schulterkragen von gleicher Farbe. Die unbeschuhten Karmeliter gehören erst dem XVI. Jahr- hundert an.

Nr. 3 und 6.

Mingrelische Mönche im gewöhnlichen Hauskleide und in

Wintertracht.

Da d je Georgier bereits zu Ende des ersten Jahrhunderts das Christenthum angenommen haben sollen, reicht vielleicht auch die Stiftung der Mönchsorden in diese Zeit hinauf. Dio Mönche unterscheiden sich von den Laien in ihrer Tracht nur dadurch, dass sie sich Haar und Bart wachsen lassen. Ihre Kleidung besteht aus einem Hemde von grober Leinwand, welches in engen Beinkleidern steckt, und einer Art von kurzer Jacke oder, je nach der Jahreszeit, einem Filzmantel, welcher wie die Chlamys der Alten getragen wird , indem man den Kopf durch die OeflFnung steckt und ihn je nach Regen und Wind herumdreht. Dazu Schuhe von Büft'elleder und eine schwarze Kappe oder hohe, oben abgeplattete Filzmütze. Die Mönche dieses Ordens , der noch besteht, beschränken sich auf Fasten und Beten und sollen mit Ausnahme derer, die den Gottesdienst leiten, wenig geachtet sein.

Nr. 4. Armenische*' Mönch vom Orden des heiligen Antonius,

Dieser Orden wurde im XVII. Jahrhundert von einem Kon- vertiten Namens Mochtar gestiftet, welcher der erste Abt desselben war. Die Tracht der Mönche bestand in einem schwarzen, bis auf die Knöchel reichenden Kleide, das mit einem Ledergürtel zusammengehalten wurde, einem kürzeren Kleide darüber und einem langen Mantel mit Kapuze, alles von schwarzer Farbe.

Nr. 5. Acemetischer oder studitischer Mönch; Syrien.

Der Orden wurde im fünften Jahrhundert von dem Mönch Alexander gestiftet.

Das erste Kloster stand am Euphrat. Nach einigen Jahr- hunderten erlosch der Orden wieder. Die Ordenstracht ist von grüner Faibe und durch ein rothes Kreuz auf der Brust dos Schultormantels über dem Kleide ausgezeichnet. Die Mönche Hessen eich Bart und Haare laug wachsen. Nr. 7. Weltlicher Kanonikuc vom heiligen Grab.

Diene Domherren, welche behaupteten, schon zur Zeit der

Apostel bestanden zu haben, erhielten eine Ordensregel erst 1099 durch Gottfried von Bouillon. Nach dem Verlust Jerusalems verbreiteten pie sich durch Europa, wurden aber 1484 von Innocenz VIII. aufgehoben. Ihr weisses Ordensgewand bestand aus einem Rock, einem Mantel und einer Kapuze.

Nr. 9 und 14. Nonnen aus Georgien und Mingrelien. Die Tracht dieser Nonnen unterscheidet sich nur durch die schwarze Farbe von der gewöhnlichen Frauentracht der dortigen Gegenden, die sich an die persische anschliessl. Ihr kurzer ärmelloser Rock, der in gleicher Weise auch von Mannern getragen wird, weicht im Herbste einem längeren mit Aermeln versehenen und mit Pelz gefütterten. Wenn sie ausgehen , verschleiern sie ihr Gesicht durch ein weisses, Kinn und Stirn bedeckendes Tuch, zwischen welchem ein Gazegitter angebracht ist.

Nr. 10 und 13. Orientalische Nonnen aits dem Alterthuui. Der Sage nach soll dieser Orden im dritten oder vierten Jahr- hundert von der hl. Synkletika in Aegypten gestiftet worden sein. Die Tracht dieser Nonnen, deren Existenz übrigens nicht historisch feststeht, ist von Pater HeTyot nach einem Traktat von der Jungfräulichkeit, der dem Athanasius zu- geschrieben wird, zusammengestellt worden.

Nr. 11. Armenische Nonne. Ein Orden, welcher der Sage nach im Anfang des vierten Jahrhunderts von dem hl. Gregor Illuminator gegründet worden ist. Auch diese Tracht unterscheidet sich im Schnitt von der üblichen armenischen Fiauenkleidung.

Nr, 12.

Maronitcr- oder Kapuzt'nemonne ans Aleppo in der Amyeh- t rächt.

Dieser Orden soll um die Mitte des XVII. Jahrhunderts gestiftet worden sein. Dio Nonnen tragen einen mit einem Strick umgürteten Kock von braunem Tuch, einen Brustlatz von weisser Leinwand und einen Mantel von brauner Farbe. Wenn aio ausgehen, hüllen sie sich in einen weissen Schleier der ihre Gestalt vom Kopf bis zu den Füssen bedeckt.

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SYRIEN

REIT- UND LASTKAMEELE

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4 5

Nr. 1, 2, 3. Dromedare und Kameel aus Damaskus.

Nr. 4. Wüstendromedar. Aus dem Süden von Ghor (Afghanistan).

Nr. 5.

Lastkameel aus Damaskus.

Nach Zeichnungen von Marühat in De Laborde's Voyage en Orient.

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V I I

AFRIKA NÖRDLICHER THEIL

REIT- UND LASTTHIERE DIE TUAREGS EINE EGYPTERIN IN

STRASSENTRACHT

Das Kameel, das „Schiff der Wüste", trägt alle Lasten, zieht den Pflug, dreht das Schöpf- rad und dient den Pilgern als Reitthier. Wie unsere Tafel zeigt, kann man zwei Kameele zum Tragen einer Sänfte anspannen.

Die Tuaregs, die beiden Kameelreiter, sind ein nomadisirender Berberstamm der mittleren Sahara, von bräunlicher Gesichtsfarbe, welche von Viehzucht, aber auch von Raub leben und den Karawanenverkehr zwischen dem Nordrand Afrikas und dem Sudan vermitteln. Sie haben die Oasen unter ihrer Obhut und zwingen dadurch die Reisenden, sich ihnen tributpflichtig zu er- weisen. Das um Kinn und Mund gebundene Tuch ist ein charakteristischer Bestandtheil ihrer Tracht, die sonst mit der arabischen übereinstimmt. Durch das Mundtuch schützen sie sich bei ihren schnellen Ritten durch die Wüste vor Staub und Wind. Brust und Bauch werden eben- falls mit einem Tuch fest umwickelt, um dadurch die Erschütterungen zu paralysiren, welche durch die Bewegung des Kameeis verursacht werden. Der Sattel, auf welchem der Tuareg mit gekreuzten Beinen sitzt,- ist mit rothem Leder überzogen und mit langen Bändern von verschiedener Farbe geschmückt. Er lenkt das Thier durch einen Riemen, welcher durch einen an der Nase be- festigten Ring gezogen ist.

Sonst sind im Orient Maulthiere und Esel die gewöhnlichen Reitthiere. Man glaubt, dass der Esel aus Arabien stammt, wo er auch nicht so gering geachtet wird wie anderswo. Er er- reicht dort ein Alter von dreissig und fünfunddreissig Jahren und wird selbst von Kriegern be- stiegen. Auch läuft er so schnell, dass ihm nur die Berberpferde gleichkommen sollen. In Aegypten braucht man ihn in der Stadt und auf dem Lande. In Kairo vertritt er die Stelle der Fiaker. Die Frauen bedienen sich desselben bei ihren Ausgängen ebenso wie die Männer, wie unsere Tafel zeigt.

Das Pferd ist der Freund und der Gefährte des Arabers. Jedes Familienoberhaupt besitzt wenigstens eines. Der Araber hält viel auf die Abkunft seines Pferdes und bewahrt seinen sorg- fältig geschriebenen Stammbaum auf.

Die arabischen Sättel sind den türkischen ähnlich. Sie sind weich und bequem, der Steig- bügel ist kurz und der Steg breit. In Kairo werden die Pferde und Esel bisweilen mit Hennah, dem rothen Pflanzenstoff, eingerieben, mit welchem sich die Frauen die Fingernägel und die Hand- flächen färben.

(Nach Photographien. Eingehende Schilderungen findet man in Georg Ebers, Aegypten, in Alge'rie von Rozet und Carette und Tunis von Frank und J. J. Marcel im Univers pittoresque.)

APRICA

P R I Q U E

AFRIKA

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Irap Firaun Didot et C". Paris

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AFRIKA

ALGIER UND TUNIS DIE KABYLEN

Nr. 1 Wasserträgerin.

Kr. 2. Eine Frau, eine Schüssel mit Milch tragend.

Nr. 3. Nr. 4.

Feldarbeiter. Schnitterin.

Nr. 5. Kornschwingerin.

Nr. 6. Kabyle.

Nr. 7. Kabyle in Kriegsrüstung.

Nr. 8. Häuptling.

Nr. 9. Kabylenfrau in vollständiger Kleidung.

Die Berber, welche für die ältesten Bewohner des afrikanischen Bodens gelten, sind in mehrere Zweige getheilt: in die Amazigh oder Schelluh, freie,' edle Stämme im Osten von Marocco, die Tibbu zwischen dem Fezzan und Aegypten, die Tuaregh in dem zwischen Marocco, dem Fezzan und dem Sudan gelegenen Theile der Sahara und die Kabylen, welche die Kette des Atlasgebirges und des Landes von Algier und Tunis, in Algier zwölf bis fünfzehn Meilen vom Meere entfernt, bewohnen. „Die letzteren sind, sagt Jules David (l'Algerie), der Haupt- typus der Berberrace, welche sich am reinsten erhalten hat. Diese Bergbewohner sind Niemand anders als die alten Numidier." Die Kabylen sind tapfer und gewerbfleissig, Krieger und Handelsleute. Sie achten ihre Nationalität höher als ihr Leben und verlassen ihr Vaterland nur unter dem äussersten Zwange. Sie sind Muselmänner, aber nicht sehr streng in der Beob- achtung der mnselmännischen Gebräuche. Sie behandeln ihre Frauen mit grösserer Rücksicht und Achtung als die übrigen Muselmänner und begnügen sich fast immer mit einer. Die kaby- lischen Frauen dürfen sich öffentlich ohne Schleier zeigen, den allgemeinen Festen beiwohnen und sogar mit den Männern, den Yatagan oder die Flinte in der Hand, nach den Tönen der Zoma, einem hölzernen Blasinstrument mit sechs Löchern, die Sgara, den kriegerischen Tanz, tanzen. Die Frauen der Kabylen stehen sogar wie die der alten Germanen im Rufe göttlicher Eingebung. Sie tragen durch ihre Handarbeit zur Vergrösserung des häuslichen Wohlstandes hei. In allen Stämmen weben sie Wolle und verfertigen Burnusse, welche einen Handelsartikel bilden. Ihre Haut ist weiss, und in vielen Orten giebt es Frauen von grosser Schönheit. In den auf den Berggipfeln gelegenen Dörfern sind die Frauen bisweilen, nach dem Ausdrucke eines Eingeborenen, „roth wie Korallen."

Der Kabyle, welcher die Liebe zur Arbeit mit der Liebe zur Unabhängigkeit verbindet, ist ein einfacher und rascher, praktischer und nüchterner Mann. Die Flinte ist für ihn, was bei den Römern die toga virilis war : er empfängt sie mit sechszehn Jahren aus der Hand des Vaters als ein Pfand der Ehre und der Hochachtung von Seiten der anderen. Deshalb hat das

Verbot des Flintentragens durch die französische Regierung unter den Kabylen eine tiefe Er- bitterung hervorgerufen. Der Kabyle trägt auf dem Haupte eine Kappe, ein wollenes Hemde, den Derbal, welcher mit oder ohne einen wollenen Gürtel angelegt wird, und einen ledernen Schurz. Dazu gehört ein Mantel mit Kaputze, der Burnus, welcher mit oder ohne Haik ge- tragen wird, und die Fussbekleidung.

Das Haar der Mädchen wird niemals abgeschnitten, während dasjenige der kleinen Knaben gänzlich geschoren wird. Alle Kabylen starren von Schmutz und vernachlässigen die einfachsten Regeln der Gesundheitspflege.

Nr. 1. Das irdene Gefäss, welches die Frau trägt, ist eines von denen, welches die Beni-Raten fabriciren. Es erinnert mit der Spitze, in welche es ausläuft und mit welcher man es in die Erde stösst, um ihm einen Halt zu geben, an antike Formen. Von zwölf Jahren ab sind die Mädchen gezwungen, zweimal täglich von den Höhen der Berge zu den Schluchten herabzusteigen, in welchen die Bäche fiiessen. Trotz des steinigen Bodens tragen sie keine Schuhe. Die Last, welche dabei auf ihrem Rücken ruht, wiegt bis zu siebenundzwanzig Kilo. Die Spitze des Wassergefässes findet ihren Stützpunkt im Gürtel an den Hüften.

Nr. 2. Eine Frau, welche zugleich eine Schüssel mit Milch und ein Kind trägt. Die Kabylenfrauen nähren ihre Kinder bis zum dritten und vierten Jahre und trennen sich auch während der Arbeit nicht von ihnen. Sie tragen sie in ihrem Gürtel, der wie eine Hängematte arrangirt ist. Der Druck des Gefässes wird durch einen auf dem Kopfe liegenden wulstartigen Kranz, den Tragekranz, gemildert.

Nr. 3 ist die leicht geschürzte Tracht eines Feldarb eiters, die nur aus einem kurzen Derbal, einem langen ledernen, um den Hals befestigten Schurz und einem Strohhute besteht. Nr. 4 und 5 zeigen weibliche Trachten von ähnlicher Einfachheit. Man bedient sich zum Reinigen der Körner grosser Siebe, die hin und her geschwungen werden, so dass Stroh und Staub herausfliegen.

Nr.. 6. Kabyle in gewöhnlicher Tracht. Er trägt zwei Ledersäcke: der eine dient zur Aufbewahrung der Munition, der andere als Jagdtasche. Er ist mit einer langen Flinte be- waffnet, deren Schaft aus Nussbaumholz besteht.

Nr. 7. Kabyle in Kriegsrüstung. Die Kabylen bereiten sich ihr Pulver selbst und ver- fertigen ihre Flinten bis auf die feineren Damascinirungen und Tauschirungen in Silber. Sie kämpfen fast immer zu Fuss. Zu der oben beschriebenen Kleidung kommen hier noch schwarze Wadenstrümpfe hinzu, welche auch anderen Bergbewohnern eigenthümlich sind. Im Gürtel stecken zwei Pulverhörner und ein Degen in hölzerner Scheide mit Metallspitze.

Nr. 8. Kabylenhäuptling. Er trägt zwei Burnusse, von denen der braune aus Kameel- haaren gewebt ist. Die Pantoffeln sind aus Maroquinleder.

Nr. 9. Kabylenfrau. Die Tracht reicht bis in das hohe Alterthum hinauf. Das Hemd ist die antike Palla, die aus einem oblongen Stück Zeug besteht, dessen obere Hälfte umge- schlagen und an den Schultern befestigt ist. Die Arme bleiben frei. Durch den Gürtel wurde aus diesem Kleidungsstück die $alla succincta der Römer. Auch der wollene Mantel wird mit Agraffen an den Schultern befestigt. Die Kaputze hängt mit demselben nicht zusammen, sondern ist für sich gearbeitet und mit bunten Stickereien verziert. Der Gürtel besteht aus Schnüren, welche von Kameelhaarcn geflochten sind. Der Ring am Fusse ist von Kupfer.

(Die acht ersten Nummern nach Documenten, die Herr Duhousset mitgetheilt hat; Nr. 9 ist dem

Colonial- Museum in Paris entlehnt.) =5-<>

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AFRIKA

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AFRIKA

ALGIER UND TUNIS.

KABYLISCHE. MZABITISCHE, MAURISCHE FRAUEN. - AMBULANTER METALL- ARBEITER. - DIE KRUMIRS UND UCHETETTAS.

Nr. 1. Maurische Frau.

Nr. 2. Kabj-lische Frau.

Nr. 3. Mzabitische Frau.

Nr. 4. Kabylischer Waffenschmied.

Nr. 5. Kabylische Frau in der Olivenernte.

Nr. 6. Frau aus Gross-Kabylien. Nr. 7. Kabylische Frau in der Feigenerute.

Die Kabylin Nr. 2 trägt an der Stirn das thibesimin oder tlmbezimtk, eine runde mit Ge- hängen, thicherwrin, versehene Platte, welche anzeigt, dass sie Mutter eines Knaben ist. Als weitere Schmuckgegenstände dienen Korallenohrgehänge und eine Doppelbroche, welche den Mantel zusammen- hält. Das Mädchen aus Gross-Kabylien Nr. 6 trägt eine Kappe von alterthümlicher Form. Sie ist tätowirt. Unter den Tätowirungen bemerkt man bisweilen ein Kreuz, das vielleicht auf die christ- liche Zeit zurückweist.

Die Mzabitische Frau Nr. 3 entstammt dem südlichen Algier. Mzabiten und Kabylen, Kru- mirs und Uchetettas sind Nachkommen der Krieger Masinissas.

Das Kostüm des Krumir besteht aus einem weiten Woll- oder Kattunhemd und dem je nach der Jahreszeit einfachen oder doppelten Burnus. Als Kopfbedeckung dient die wollene Kappe oder die Schaschia aus rothem Filz. Arme, Beine und Hals sind nackt. Die Füsse sind mit Ledersoklen bedeckt, deren Ränder mit Schnüren aufgenommen sind, die sich über dem Spann kreuzen. Die Tracht der Frauen besteht in einem grossen, doppelt gefalteten Wollstoff, der durch eine Metall- spange gebalten wird. Ein breiter Gürtel umspannt die Taille, und ein farbiges Kopftuch verbirgt das Haar. Die Arme bleiben nackt.

Der Kabyle Nr. 4 trägt sein Handwerkszeug bei sich. Er durchwandert die Dörfer, um seine Dienste als Metallarbeiter und Waffenschmied anzubieten.

Zeichnungen mitgetheilt von Oberst Duhousset.

Vgl. Daumas, La Grande Kabylie. Hanoteau und Letoiwneux, La Kabylie et les costumes arabes. Diigas, La Kabylie et le peuple Kabyle. Jules Biwal, L'Algerie.

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AFRIKA

INNERES EINER KABYLENWOHNUNG. DIE INDUSTRIE. DIE TÄTOWIRUNGEN

(Doppelblatt.)

Die Wohnungen der Kabylen sind theils aus Steinen, theils aus Ziegeln erbaut; bisweilen besteht das Material aus dem Bruch der Felsen, auf welchen dieselben errichtet sind, wie es auf dem kleinen Berge von Moknia, am Eingange der Djiujura, Sitte ist, wo man die Dächer aus grossen Korkplatten macht, die man mit Steinen belegt, damit sie nicht vom Winde fortgeweht werden.

Gewöhnlich wird der Gurbi ohne jedes architektonische Prinzip erbaut: es ist nichts als eine aus Balken aufgezimmerte, mit Lattenwerk gedeckte Hütte, deren Mauern aus gestampfter Erde bestehen. Viele dieser Hütten sind mit Zinnen und Schiessscharten versehen, was durch die inneren Zwistigkeiten und erblichen Feindseligkeiten bedingt ist. Der Gurbi enthält nur einen einzigen Baum, der nur wenig über den Erdboden erhöht ist. Er hat kein Fenster; die Thür ist seine einzige Oeffnung. Auch hat er keinen Feuerheerd, sondern eine einfache Höhlung in der Erde zur Aufnahme des Feuers. Dieser einzige Baum dient für neun bis zehn Personen als Wohnung. Ferner haben das Vieh, die Kuh, die Ziegen, der Esel und die Schafe ihre Lager- stätte darin. Man bewahrt daselbst Korn, Oliven und Feigen in grossen, irdenen Gefässen auf. Die einen dieser Gefässe, in welchen man die Oliven zusammenpresst, sind gerade, die anderen mehr geräumig, unten breit und nach oben enger zugehend. Diese Gefässe stehen auf einem breiten Unterbau, in welchem die Schafe untergebracht werden. Der ViehstaU ist in einem Winkel abgegrenzt. Die Leute schlafen auf dem blossen Erdboden, selten auf einer darüber gelegten Matte. In einigen Hütten wird jedoch über dem Stall eine Art Hängeboden eingerichtet, der mit Heu bestreut ist und durch eine gemauerte Barriere die Dasassen vor dem Herabstürzen schützt. Man gelangt zu demselben, indem man auf den Schafstall steigt und hinter den grossen Gefässen vorübergeht. Man sieht dies auf der Darstellung links oben auf unserer Tafel. Das Mobiliar besteht nur aus einigen willkürlich verstreuten Gegenständen. Ausser einigen hölzernen Löffeln, welche an der Mauer des Unterbaues in einem gleichfalls hölzernen Halter stecken, findet man hölzerne und irdene Krüge, Näpfe, Amphoren, Kännchen, grosse Schüsseln für Milch, Wasser, Honig u. dergl. Alle Geräthe liegen auf der Erde ebenso wie die Handmühle, welche zum Mahlen von Mais und Getreide dient. Die Wage hängt von der Decke herab. Ein Weiden- geflecht zum Trocknen der Feigen geht von einem Querbalken zum anderen.

Wir stellen das Innere von zwei Seiten dar, um einen möglichst vollständigen Begriff von einer solchen Behausung zu geben, zu welcher noch ein wenig geräumiger Hof gehört, der

mehreren Häusern gemeinsam ist und den einzigen Zugang zu denselben gewährt. Wie die Hütte selbst, starrt auch dieser Hof von Unrath.

Das kabylische Dorf, Dehera, wird durch die Vereinigung mehrerer Familien gebildet, deren jede aus ihren Mitgliedern einen Vertreter zum Gemcinderath wählt. Ein Dhaman dient als Bürgschaft für die Seinigen; ein Ukil bürgt für die Kasse, welche aus den Gebühren für Ge- burten, Hochzeiten, Sterbefälle und aus den Strafgeldern genährt wird. Die Gewalt liegt in den Händen des Amin, der abwechselnd aus jeder Familie gewählt wird. Dieser Amin wacht über die Ausübung der Kamin, der durch mündliche Tradition aus den ältesten Zeiten erhaltenen Gebräuche. Das einzig geltende Gesetzbuch ist der Koran, und alle Vergehen werden durch Geldbussen gesühnt. In jedem Dorfe befindet sich ein Taleb, ein Schulmeister, welcher zugleich der Iman der Moschee ist. Jedes Dorf besitzt sein Gotteshaus und seine Schule. Die Moschee ist gewöhnlich das schönste Haus des Dorfes und dient auch als Herberge für Reisende, welche darin auf Kosten der Bewohner unterhalten werden.

Der Kabyle hält so -streng an den alten Gewohnheiten fest, dass er nicht im mindesten daran denkt, auf die Reinigung seiner Wohnung ein Augenmerk zu richten und dadurch der Entstehung und Verbreitung von erblichen und epidemischen Krankheiten vorzubeugen. Ein lauer Muselmann, ist er gleichwohl sehr abergläubisch und nimmt gewisse Uebel mit orientalischem Fatalismus hin, wenn er in seiner Behausung nur mit einem Blick überschauen kann, was ihm am werthvollsten ist: seine Vorräthe, sein Vieh, seine Lastthiere und seine Familie. Uebrigens hält er sich nicht viel im Hause auf, da seine Arbeit ihn fast beständig ins Freie führt, wo er eine gesunde Luft athmet. In den Ebenen ist er als Ackerbauer und Hirt immer auf dem Felde, auf den Abhängen der Gebirge ist er Gärtner, der sein Leben inmitten seiner Obstgärten zubringt. Dort zieht er die Oelbaumfrucht, um die unzähligen Pressen zu versorgen, welche ihre Erzeugnisse über einen Flächenraum versenden, der zehnmal .grösser ist als das Kabylenland, und der von den Grenzen der Provinz Algier bis zur Regentschaft Tunis und vom Mittelmeer bis zu den Gebieten der Neger reicht. Auf demselben ausgedehnten Markte finden auch die ungeheuren Fruchtvorräthe ihren Absatz, welche jährlich in jedem Dorfe, iu jedem Hause aufgehäuft werden. Diese Erzeugnisse werden besonders der Arbeit der Frauen verdankt, welche sich fast aus- schliesslich mit der Cultur der Obstbäume beschäftigen und dadurch einen gewissen Wohlstand in die Familie hineinbringen.

Die Luxusbedürfnisse werden durch Ankäufe algierischer Putzgegenstände bei jüdischen Händlern oder durch einen wandernden Goldschmied befriedigt, an welchen die Aufforderung ergeht, sich vor dem Hause niederzulassen und einige Gegenstände auf Bestellung anzufertigen. Die Werkstatt wird unter freiem Himmel eingerichtet, und die Arbeit geht mit rapider Ge- schwindigkeit von Statten. Besonders sind es die Beni-Yeni, welche paarweise durch die Dörfer ziehen und ihre Dienste anbieten. Ihr ganzes Handwerkzeug befindet sich in einem Sack aus Bockfell. Der Sack dient zugleich als Blasebalg für die Schmiede, deren Feuer durch Kohlen aus Oleanderholz unterhalten wird. Der Ambos wird in die Erde gesteckt; das Metall wird bald biegsam und lässt sich durch eine Zange in jede Gestalt bringen. Eine solche Werkstatt haben wir auf unserer Tafel abgebildet. Ebenso haben wir oben in der Mitte eine andere Kabylische Industrie vor Augen geführt: die Anfertigung eines irdenen Gefässes mit der Hand durch eine Frau.

Die Frauen auf der unteren Hälfte der Tafel rechts und links sind mit der Zubereitung der täglichen Speise, des Kusskussa, beschäftigt. Die angefeuchteten Maiskörner werden nach und nach in die Oeffhung der kegelförmigen Handmühle hin eingestreut und darin zerstampft.

Man versetzt diesen Brei mit geronnener Milch oder mit Fett, das mit viel Pfeffer vermischt ist. Der Brei wird auf grossen hölzernen Schüsseln aufgetragen, und die Speisenden nehmen davon mit hölzernen Löffeln. "Wenn man zu diesem Brei noch Hammelfleisch, gekochte Hühner, saure Milch und Honig hinzufügt, so heisst er Diffa. Das Wasser ist das einzige Getränk bei der Mahlzeit; Trunkenheit kommt nur bei der Feigenernte vor, weil die Frucht sich dann in einem Zustande der Gährung befindet, welche Trunkenheit durch den Genuss der Feigen hervorruft. „Betrunken wie ein mit Feigen vollgestopfter Kabyle", ist ein Sprüchwort.

Die Vorbilder der Kabylischen Tätowirungszeichnungen werden auf einen religiösen Ur- sprung zurückgeführt; doch kennt man ihre Bedeutung nicht mehr. Man kann nur angeben, an welchen Stellen des Gesichts gewisse Zeichnungen angebracht werden. Man sieht an dem rechten Arme, den wir darstellen, dass die Tätowirungen aus regelmässigen Linien bestehen. Das gerade oder schräge Kreuz (X) spielt eine Hauptrolle unter diesen Figuren.

Tätowirungen des Kopfes:

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23

22

20

9

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11

21 19

Nr. 1, 23 u. 25.

Wangen.

Nr. 2.

Kinn und Hals.

Nr. 3, 4, 8, 9, 10, 11, 13, 14, 17, 20 u. 24.

Stirn.

Nr. 22.

Rechte Wange.

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15

Nr. 5, 6, 7, 19 u. 21.

Schläfe.

Nr. 16 u. 12.

Kinn.

Nr. 18.

Kinn.

Nr. 15.

Stirn zwischen den Augenbrauen.

(Nach Mittheilungen des Obersten Duhousset.)

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AFRIKA

SCHMUCKSACHEN DER KABYLEN

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2 8 12 16

3 4

7

13

14

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Maassstab. I

17

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25 Centimeter.

Nr. 1.

Rosenkranz von Holz.

Nr. 2.

Diadem von Silber, Korallen, Email oder Glas-

fluss.

Nr. 3, 9, 10 und 14.

Broschen und Schnallen aus demselben Material.

Nr. 4 und 5.

Ohrgehänge; das eine ist aus einander gebreitet.

Nr. 6 und 7.

Ring von vorn gesehen und aufgerollt.

Nr. 8, 15 und 17. Halsbänder aus denselben Materialien wie das Diadem ; die Glieder sind auf Draht aufgezogen.

Nr. 11.

Ein grosser Ohrring, welcher durch den oberen

Theil des Ohres gesteckt wird.

Nr. 12.

Theil eines wollenen mit Muscheln und Kü-

gelchen besetzten Gürtels.

Nr. 13.

Nadeln mit Sicherheitshaken.

Nr. 16.

Beinring aus getriebenem oder gepresstem Silber.

Die Schmucksachen der Kabylen haben einen so strengen, einfachen und von den Arabern so wenig beeinflussten Charakter, dass man vermuthen darf, dass sie auf Formen des hohen Alterthums zurückgehen. Bei der Abgeschlossenheit, in welcher der Kabyle stets gelebt hat, ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich in diesen Schmucksachen noch phönizische Einflüsse erhalten haben. Die Kabylen sitzen auf dem Boden des alten Numidiens, und die Numider standen in engem Verkehr mit den Bewohnern des alten Karthago, welches bekanntlich eine phönizische Gründung war. In der That erinnern die regelmässigen Formen dieser Schmuck- sachen an Ornamente auf Grabsteinen, die man in den Ruinen Karthagos gefunden hat.

Das Hauptmaterial zu diesen Schmucksachen liefert die Koralle, die im mittelländischen Meer, besonders an der afrikanischen Küste, so reichlich vertreten ist, dass die Korallengebirge

oft bis zu einer Tiefe von zweihundert Metern hinabreichen. Die Koralle wird von den schwarzen und schwarzbraunen Völkern wegen ihres matten, zwischen dem glänzenden Metall und [der Hautfarbe glücklich vermittelnden Tones allen übrigen zum Schmucke dienenden Naturprodukten vorgezogen. Die Kabylen bearbeiten die Koralle in Form von runden oder langen Perlen und von Halbmonden. Zum Aufziehen der Korallen wird entweder Silber oder eine Mischung aus Blei, Zinn und Antimon gebraucht. Man benutzt auch unbearbeitete Korallenzweige, welche man auf Fäden zieht, damit sie die Mittelglieder zwischen den metallenen Theilen der Halsbänder und Ohrringe bilden. An den Halsbändern sind die metallenen Theile viereckige Platten, die mit Korallen in Form von Perlen und Knöpfen, mit Filigrandraht und mit emaillirten Blumen und Blättern besetzt sind. Mit diesen viereckigen Platten werden zur Abwechslung kreisförmige Glieder von geringerem Durchmesser verbunden, wie man an Nr. 8 sieht. Da die Kabylen auch Münzen prägen, sind sie leicht im Stande, diese runden Formen herzustellen. Die Armbänder werden aus dünnem Metall getrieben oder geprägt. Das Metall, welches man zu den brosche- artigen, von allen Frauen getragenen Sicherheitsnadeln verwendet, wird gravirt. Das Gürtelfragment Nr. 12 ist mit grauen Muscheln besetzt, die man Kauris nennt und die in einzelnen Theilen von Afrika die Stelle der Scheidemünze vertreten.

(Nach Originalen im Besitz des Obersien Duhousset, des Colonialmuseums und nach Photographieen).

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AFRIKA

DAS ARABISCHE ZELT. NOMADISffiEKDE UND SESSHAFTE STÄMME. ALGIERISCHE FRAUENTRACHTEN.

Das arabische Zelt ruht auf einem Mittelpfosten von 2,50 Meter Höhe und wird von mehreren etwas kürzeren Stangen gestützt Die Enden desselben sind durch feste Wollenschnüre an Pflöcken befestigt, die im Erdboden stecken. Die Decke besteht aus zusammengenähten Streifen von Wolle und Kameelhaar. Jeder dieser Streifen, Fdidj (in der Mehrheit FeJdja) genannt, hat eine Breite von 75 Centimetern und eine Länge von 8 Metern. Der Felidj ist ein einförmiges Muster von braunen und weissen Linien, die, in der Breite verschieden, in der Länge stets gleichmässig ver- laufen. Alle Zelte sehen einander ähnlich und sind nur in der grösseren oder geringeren Anzahl ihrer Feldja verschieden. In den an Gummilack reichen Gegenden ist der Felidj roth gefärbt, jedoch ohne Veränderung des ursprünglichen Musters. Einige Stämme, d ie sich zur religiösen Aristokratie zählen, schmücken die Spitze des Mittelpfostens mit einem Büschel Straussfedem.

Das Innere des Zeltes enthält kein eigentliches Hausgeräth. Am Fusse des Mittelpfostens liegen einige Säcke, welche die Vorräthe an Getreide und Datteln für acht bis vierzehn Tage ent- halten. Hier, zwischen und hinter diesen Säcken, befinden sich die Verstecke, in welchen die Frauen ihre Schmucksachen, wie Ohrringe, Halsbänder etc. aufzubewahren pflegen. Küchengeräthe, Wasser- schläuche aus Bockshaut, innen getheert und aussen behaart, sowie andere Säcke liegen zerstreut im Raum umher. Der gewöhnlich etwas abseits befindliche Heerd besteht aus zwei neben einander gelegten grossen Steinen. Ein irdener Topf dient zum Kochen. Ist das Zelt reich, so besitzt es einen Teppich, bisweilen, jedoch nur ausnahmsweise, auch deren zwei. Die Leute schlafen zumeist auf Matten. Endlieh besitzt jedes Zelt noch einen Vorrath von Stricken und Schnüren, die zum Ankoppeln der Pferde im Lager und während des Wanderns zur Befestigung der Maulthier- und Kameelslasten dienen. Mit Ausnahme der Pfosten und Pflöcke darf kein Bestandteil des Zeltes Holz oder Eisen enthalten. Alles muss aus Binsen geflochten sein.

Wie das Oberhaupt eines Lagers stets bereit sein soll, zu Pferde zu steigen und zu kämpfen, so soll auch im Zelte Alles leicht beweglich und schnell auf die Lastthiere zu verladen sein. Die nomadisirenden Eingeborenen sind von Kindheit an sowohl an diese Vorrichtungen wie auch an verschiedene andere Arbeiten gewöhnt. Das Leben unter dem Zelt bringt es mit sich, dass Alles, was mit der Hand verfertigt ist, überall und von Jedem schnell gemacht werden kann.

Beim Anbruch der Nacht wird das Zelt durch Herablassen der Eingangs-Feldja geschlossen. Die alten Frauen und die Kinder schlafen auf der einen, die Ehegatten auf der andern Seite. Die Vereinigung einer gewissen Anzahl von Zelten, die gewöhnlich von den Angehörigen derselben Familie bewohnt werden, bildet einen JDuar. Die Zelte stehen in der Bunde mit dem Eingang nach dem Duar.

Je nach der Beschäftigung der Bewohner ist das Leben unter dem Zelt verschieden. Der Hirt ist Nomade ; er verändert das Lager täglich, je nach Bedürfniss und Neigimg. Der Ackerbauer hin- gegen ist längere oder kürzere Zeit an die Scholle gefesselt. Sein Duar hat nicht die Beweglichkeit des andern und nimmt leicht den Charakter eines feststehenden Dorfes an. In Algier ist der Araber der Sahara Nomade, der Bewohner des Teil Ackerbauer. Im Frühjahr und während des Sommers führt der Sahara-Araber seine Heerden auf die grünen "Weiden des Teil und erst im Winter kehrt er in die Einsamkeit der Wüste zurück. Der Landmann bebaut das Feld, erntet, scheert die Schafe, besucht die Märkte, reitet auf die Jagd oder in den Krieg.

Die auf der Tafel dargestellte Kabylin, welche sich auf einen Krug stützt, hat ihr Pracht- gewand angelegt. Sie ist, wie ihr Kopfputz verräth, verheirathet. Wenn eine Kabylin sich festlich kleidet, so vertauscht sie das gewöhnliche hemdartige Gewand, welches durch einen einfachen Gürtel gehalten wird, mit einem mit Fransen besetzten Kleide, bedeckt sich mit ihren Schmuck- sachen und drapirt sich mit gemusterten Tüchern von zumeist lebhaften Farben. Diese fein ge- falteten und mit Geschmack arrangirten Draperien sind auf den Schultern und an den Hüften be- festigt, und fallen wie ein zurückgeworfener Schleier von dem flachen und charakteristischen Kopf- putz der Gebirgsbewohnerinnen herab. Jede Kabylin färbt sich das Haar schwarz, mag dasselbe von Natur auch noch so dunkel sein. Sie bedient sich ferner einer rothen Schminke, die besonders von den älteren Frauen mit grossem Geschick aufgetragen wird.

Links neben der auf ihren Krug sich stützenden Kabylin von der Bergkette des Atlas aus Algier und Tunis sitzt auf einem Divan eine Eingeborene aus Biskra, der Hauptstadt des Zab, im Plural Ziban, d. h. der Oasen. Diese Gegend bildet den äussersten Theil der Provinz Constantine und liegt an der Grenze der grossen Wüste. Die Eingeborenen gehören nicht der arabischen Bace an. Gleich einem syrischen Götzenbilde ist diese Frau mit Schmucksachen über- laden. Das Obergewand gehört der Kabylentracht an und ist wie diese durch Nadeln befestigt. Was die rechts, stehende Maurin im Hauskleide betrifft, so bietet dieselbe ein Beispiel in ganzer Figur und eine Variante von zwei Fragmenten, Nr. 5 und 8, welche sich auf der Tafel unter Afrika mit dem Zeichen des Negerkopfes befinden. Jung und bereits schwerfällig, ist diese Frau eine jener trägen Maurinnen, denen das Alter die üppigen Formen verleiht, welche sie für die äusseren Abzeichen der Vornehmheit halten.

Nach Photographien.

(Vgl. Capitän Villot, Moeurs et institutions des indigenes de l'Algerie, Constantine, 1871. Hano- teau und Läourneux, la Kabylie, les moeurs et les coutumes kabyles, Paris 1873, 3 Bde.)

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TYPEN DER HÄUPTLINGE. ESPADAS ODER SCHWERTER.

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TRACHT DER HÄUPTLINGE.

Die zehn abgebildeten Figuren schmücken eine der Bogenwölbungen der Sola de Justicia in der Alhambra zu Granada. Sie sind auf Ledertafeln gemalt, die zusammengenäht und auf eine concave Holzflache genagelt sind. Diese Malereien sind einzig in ihrer Art, da der Koran die Ab- bildung lebender Wesen untersagt.

Die zehn maurischen Häuptlinge bilden auf almohadas (Kissen) sitzend einen Di van (al-dyönan). Sie tragen die xasia, den Turban, bedeckt von der marlota, einem auf die Schultern fallenden Schleier, den albornos, den Burnus, bisweilen nüt einem cdmofar, einer Kapuze (vgl. Nr. 10), den feredsche, einen Unterrock, borceguies oder Stiefel aus farbigem Leder und an einem sammetnen Bandelier die alfange, ein kurzes, breites, zweischneidiges Schwert.

Die Industrie der Mauren in Spanien war ausserordentlich entwickelt. Die Seidengewebe von Valencia und Almeria, die Tuche von Murcia, die Gazen und Kattungewebe von Granada waren weit berühmt. Die Araber verbesserten die Art der Lederzubereitung, und ihre Schwerter von Saragossa, Cordova und Toledo waren so mannigfaltig in Fomi und Bezeichnung, dass Muhammed- al-Heraury ein eigenes Buch nüt dem Titel „Esma-al-Säif" über die Namen der Schwerter schreiben konnte.

Espadas oder Schwerter. Nr. 11.

Schwert angeblich aus dem Besitz Boabdils, des letzten Königs von Granada.

Griff nnd Knauf mit Email, Elfenbein, Filigran bedeckt und mit arabischen Inschriften geschmückt. Das Stichblatt mit abwärts gekrümmten Zapf en besteht ans zwei Eiephanten- köpfen und trägt das Wappen der Maurenköuige. Auf die Klinge sind arabische Buchstaben gravirt. Die Waffe soll dem Boabdil. mit dem Beinamen el rey chico, gehört haben uud wäre dann vielleicht eine Arbeit seines Günstlings Julian

del Rey, eines berühmten Waffenschmiedes, der als einer der ersten Mauron katholisch wurde uud König Ferdinand V. zum Pathen hatte.

Nr. 12. Maurisches Schwert des Don Juan d'Austria.

Die Ornamente der Klinge in flachem Relief sind vergoldet auf azurfarbenem Grund. Die des Griffes mit abwärts- gebogenen Stichblattzapfen sind in höherem Relief gleich- artig. Der Stern in der Mitte des Knaufs besteht aus rothem, weissem und grünem Email.

Don Juan soll das Schwert in der Schlacht bei Lepanto er- beutet haben.

Die Figuren nach den Malereien der Sala de Justicia in der Alhambra zu Granada.

Die Schwerter, in der Armeria in Madrid befindlich, nach Photographieen der Sammlung Laurent.

Vgl. Graf Circowrt, Histoire des Mores Mudejares et des Morisques, 1845—48. L Viardot, Histoire des Arabes et des Maures d'Espagne, 1851. Catalago de los objetos de la Real armeria, Madrid 1863. Baron Charles Davillier, Voyage en Espagne.

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AFRIKA

NÖRDLICHER THEIL - ALGIER

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Die rothe, weisse oder braune Filzkappe, die Chachia, wird von allen männlichen Be- wohnern getragen. Der Türke und der Maure umwinden sie mit 'dem Turban; der Araber be- deckt sie mit dem Haik, der ihm zum Schutze des Nackens und des Gesichtes dient. Dieser Haik ist aus leichtem Wollenstoff, der besonders in der tunesischen Oase Djerid verfertigt wird. Man befestigt den Haik an der Kappe mit Schnüren aus Ziegen- oder Kameelhaaren. Der Araber trägt unter dem Haik zwei oder drei übereinander gezogene Chachia, die rothe zu oberst. \V jnn er eine Botschaft zu überbringen hat, legt er das Papier zwischen die Kappen. Die Falten des Haik fallen auf ein wollenes Hemd, die Gandur a, herab, welche den Körper und die Schultern unter dem Burnus bedeckt. Man trägt den Mantel entweder vorn mit Schnüren zusammengebunden (Nr. 1 und Gj, oder aufgenommen und über eine Schulter geworfen (Nr. 3), oder aufgenommen und über der Brust mit einem Riemen zusammengehalten.

Nr. 1 stellt einen arabischen Landmann aus dem Teil dar, einer jener Bauern, deren hauptsächlichste Beschäftigung in der Vieh-, besonders Schafzucht besteht.

Nr. 2 ist ein Araber aus dem Stamme der Smela in der Provinz Oran.

Nr. 3 ist ein Chauia, ein Berber. Sein Burnus von gestreifter Wolle gehört zu den Fabrikaten, die von zwei gewerbthätigen Stämmen im Gebirge, den Beni-Abbes und den Beni- Urtilan, für die Kabylen geliefert werden.

Nr. 6 stellt einen arabischen Häuptling aus der Wüste dar. Die Stämme haben eine verschiedenartige Organisation: es giebt welche geistlichen Charakters, die von Marabouts (Priestern) befehligt werden, und andere, in welchen der kriegerische Adel die geistliche Auto- rität ersetzt. Die religiösen Stämme haben während der Eroberung Algiers durch die Franzosen die eifrigsten Agitatoren geliefert. Der hier dargestellte Häuptling trägt über dem Haik einen breitkrempigen Hut, der mit Schnüren von rother Seide geschmückt ist. Die kurze Jacke ist von Seide mit goldenen Stickereien, der Gürtel ist ebenfalls von Seide und die Hosen von Tuch ebenso wie der weiss und krapprothe Burnus, der auch auf die Spahisregimenter übergegangen ist. Strümpfe von gestreifter Baumwolle, die über das Knie hinaufgehen, und Stiefel von Maroquinleder mit weit ausgeschnittenen Schäften ver- vollständigen diese originelle Tracht. Der um die Hüfte geschlungene Gürtel von gestreifter

Seide ist kein wesentlicher Bestandteil dieser Tracht. Die Fussbekleidung besteht aus zwei Theilen, dem Stiefel, dessen Schäfte zum Schutz gegen den Biss der Vipern dienen, und einer groben Sandale aus Ochsen- oder Kameelhaut mit Haaren, welche mit Lederriemen am Stiefel befestigt wird. Es ist die Toriaga, die im Sommer auch ohne Verbindung mit dem Stiefel am blossen Fusse getragen wird, um denselben. gegen den brennenden Sand der Ebene zu schützen. Der Häuptling hält in der Rechten den Koran. Unter dem Burnus hängt über der Jacke ein Behälter für das heilige Buch, welches nicht unter dem Gürtel getragen werden darf.

Nr. 4, 5 und 7 sind Jüdinnen aus Algier und seiner Umgebung. Die Sitten und Gebräuche der Juden haben sich hier aus dem Mittelalter fast unverändert erhalten. Die weibliche Tracht ist eine seltsame und unorganische Mischung aus alten Trachten des nördlichen Europas und des Orients. Der Yemini, welcher die Stirn umgiebt und die Haare sorgfältig bedeckt, ist die streng vorgeschriebene Kopfbedeckung für die verheiratheten Frauen. Die Jüdinnen tätowiren sich nicht das Antlitz und sind im allgemeinen durch ihre weisse Haut auffallend. Da sie selten das Haus verlassen, sehen sie mehr auf die Bequemlichkeit, als auf die Eleganz der Tracht, deren Schnitt im allgemeinen den Moresken entlehnt ist. Ihre Kleider sind lang und lassen nur zum Theil den nackten Fuss sehen, der in weit ausgeschnittenen Pantoffeln steckt, die nur die Zehe bedecken. Sie tragen Beinkleider und wenn sie ausgehen, verschleiern sie nur die Hälfte des Gesichts.

Im Grossen und Ganzen finden sich in der Tracht der algierischen Jüdinnen die Spuren der Wanderungen ihres Stammes durch andere Völker. Die Form der Kopfbedeckung, welche das jüdische Mädchen (Nr. 4) trägt, erinnert an diejenige der muselmännischen Frauen aus der Gemeinde Tschanak und Kaleh auf der Dardanellenhalbinsel; ihre in einer laugen Flechte herab- hängenden Haare sind mit rother Seide umwickelt, wie es nach Vecellio in Persien im XVI. Jahr- hundert üblich war. Die unten spitz zugeschnittenen Aermel ihres Hemdes sind über dem Kücken zusammengebunden, eine Sitte, welche auf das abendländische Mittelalter weist. Die spitze Kopfbedeckung von Nr. 7 ist dem Hennin gleich, welchen die französischen Damen im XV. Jahrhundert trugen. Kam dieselbe aus Europa, als die spanischen Juden sich im Gefolge der vertriebenen Mauren in Algier niederliessen? Oder sollte sie aus Syrien gekommen sein? Diese letztere Annahme findet darin ihre Stütze, dass sich in dem Trachtenbuch des Vecellio eine spitze Kopfbedeckung, welche der Nr. 5 gleicht, als diejenige einer syrischen Jüdin ange- geben findet. Auf dem Berge Libanon tragen die Drusenfrauen noch heute über der Stirn ein langes Hörn von vergoldetem Metall, von dessen Spitze ein weiter, schwarzer Schleier auf die Erde herabfällt.

Die Stoffe bieten wenig Verschiedenheit. Das Mädchen (Nr. 4) hat eine Kopfbedeckung aus einem ziemlich dichten Stoffe, einer Art Baumwolle oder Madrasstoff. Sein Leibchen ist von Seide und mit goldenen Borten benäht. Der Rock ist aus gemusterter Baumwolle. Die Mütze von Nr. 5 ist eine Art Filz. Die Schleife ist wie der Gürtel von Seide. Das seidene Leibchen ist über der Brust mit dicken Goldstickereien verziert. Das Hemde ist von Baum- wolle. Der weite Schleier von Nr. 7 ist von Musselin, der auf dem Rücken der Haube gestickt ist. Das seidene Leibchen ist mit einem quadratischen Netz von goldenen Borten besetzt, der Bock von "Wolle, die Pantoffeln von Seide.

(Nr. 1, 2, 3, 5 nach Aquarellen im naturhistorischen Museum in Paris. Nr. 4, 6, 7 aus dem

Colonial- Museum. Man vergleiche: P Rozet, Voyage dans la regence d' Alger, Paris 1833.

A. Ravoisie, Exploration scientifique de l'Alge'rie, Paris 1846 ff.)

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Die eingeborene Bevölkerung dieser französischen Colonie ist aus sieben Racen gemischt: die Araber und die Berbern bilden den Grundstock der Bewohnerschaft; dann kommen die Mauren, die Türken, die Kulughli, die Juden und die Neger. Die Araber sind gleichen Stammes wie in allen übrigen Theilen Afrikas; als Eroberer haben sie den Islam mitgebracht. Sie be- wohnen hauptsächlich die Ebenen und theilen sich in zwei Gruppen, die Araber des Teil und die der Sahara. Die Berbern gelten für die Ureinwohner. Sie sind numerisch am stärksten in Algier vertreten und wohnen meist im Gebirge. Zu ihnen gehören die Kabylen, die am Mittel- meer, besonders in der Provinz Constantine, wohnen, und die Chauia, die sich im Innern auf- halten. Die maurische Bevölkerung ist fast gänzlich auf die Städte und auf Dörfer mit Backstein- häusern beschränkt. Die Türken sind die Abkömmlinge der Söldner, welche drei Jahrhunderte lang Algier besetzt hielten. Die Kulughlis (Sclavenkinder) sind von Türken mit Maurinnen er- zeugt. Sie bilden zwei ziemlich bedeutende Stämme, die Zammora und die Zuatna. Die Juden sind, trotz der Abneigung, welche die Berbern gegen sie hegen, über alle Städte zerstreut. Einige haben sich sogar unter den Nomadenstämmen festgesetzt, wo sie in den Zelten (Gurbis) leben und Viehzucht und Ackerbau treiben. Mit Vorliebe ernähren sich jedoch die Juden auch hier als Handelsleute und Goldarbeiter. Die Neger, die man in Algier trifft, sind Abkömmlinge der Sclaven, welche früher aus dem Innern Afrikas hierher transportirt wurden.

Es giebt in Algier nomadische Stämme, die sich in der Nähe bestimmter Orte bewegen, Ackerbau treiben und je nach der Jahreszeit oder bei eintretendem Wassermangel ihre Zelte abbrechen und ihren Aufenthaltsort wechseln. Die sesshaften Stämme, die auch in Hütten oder Zelten wohnen, verlassen ihren Ort nicht.

Nr. 1. Neger von Oran aus dem arabischen Stamme Zmelas. Der Neger zeigt eine grosse Vorliebe für die weissen und hellen Farben. Sein Turban und das Serital (das Beinkleid) sind fast immer weiss; ebenso seine Jacke. Sein Burnuss ist von Wolle. Seine Ohren sind mit goldenen Ringen geschmückt. Seine Vorliebe für weiss erstreckt sich auch auf seine Beschäftigung. Wenn er mit Kalk handelt, verkauft seine Frau Mehl. In den Städten sind die Neger meist Anstreicher, welche die Häuser mit weisser Farbe tünchen, oder Weber, welche die weissen Kopftücher und Schleier anfertigen. Auf dem Kopfe trägt er über dem Haik die Schaschia.

Nr. 3. Angeblich vandalischer Typus aus der Berberngruppe, welche in den Gebirgen von Aures wohnen. Der Turban ist von Seide mit einer gestickten Borte. Der Burnuss von grauer Wolle ist inwendig blau gefüttert.

Nr. 4, 5, 6, 8. Maurischer Knabe und maurische Mädchen und Frauen. Die maurische Bevölkerung, die sich an einzelnen Orten noch ziemlich rein erhalten hat und sich durch eine ziemlich lichte Hautfarbe auszeichnet, neigt wegen ihrer geringen Arbeitslust zur Wohlbeleibtheit. Der Knabe Nr. 4 trägt den rothen tunesischen Fez, eine ärmellose Jacke von gestickter Seide und ein baumwollenes Hemd. Nr. 5 trägt eine ovale Haube, die unten von einer Art Turban aus gestreifter Seide umgeben ist. Das Tuch, welches hinten an der Haube und zwar im Innern derselben befestigt ist, den Nacken deckt und vorn zusammengeschlungen ist, ist ein verkleinerter Haik. Sie trägt die Haare kurz geschnitten, in den Ohren grosse Ringe, von welchen fünf Reihen Perlen fächerartig herabhängen, und um den Hals zwei Korallenschnüre. Das Leibchen ist von gestreiftem Musselin, das Kleid von Wolle. Nr. 6 stellt eine Maurin dar, welche zu jenen ge- hört, welche ihre Abstammung auf die spanischen Mauren zurückführen und deshalb andalusische Mauren genannt werden, üeber dem Musselinhemde trägt sie ein weit ausgeschnittenes Jäckchen, welches mit einem Metallknopf unter dem Busen zusammengehalten wird. Ein einfaches baum- wollenes Tuch, welches zierlich um den Kopf und die frei herabfallenden Haare gewunden ist, vervollständigt die Toilette. Die Maurin Nr. 8 trägt eine kegelförmige Haube von Seide mit Goldstickerei. Diese Haube ist im Gegensatz zu der von Nr. 5 fast auf den Hinterkopf gesetzt. Das Kleid ist an dem Aermel und dem Brustausschnitt mit Gold gestickt. Der zusammen- geknotete Gürtel ist von Seide, das Hemd mit kurzen weiten Aermeln von feiner Baumwolle, die Armbänder von Gold.

Nr. 2, 7, 9. Kulughli-Frauen. Ihre Tracht ist die der Maurinnen und Türkinnen, hat aber einen mehr asiatischen Charakter. Nr. 2 trägt einen Strassenanzug. Ihr hoher Turban ist mit einem schwarzen Schleier umwunden, welcher zugleich den Haik festhält, der ihr Gesicht völlig umrahmt. Sie trägt über dem Kleide einen Ueberwurf, den man auch bei Nr. 9 findet. Derselbe besteht aus einem langen Stück gestreifter Baumwolle, welches in der Mitte einen runden Ausschnitt zum Durchstecken des Kopfes hat. Es erinnert an die Paenula der Römer, die noch im Mittelalter in der Casula der Geistlichen fortlebte.

Nr. 7 ist ein Hauskostüm. Der Rock, der zugleich die Stelle des Hemdes vertritt, ist von Baumwolle, ebenso wie das zusammengeknüpfte Tuch, welches die Haare hält. Die Jacke mit ihren breiten Schulterstücken ist von gestickter Seide und mit Goldborten besetzt. Sie dient zugleich als Leibchen. Die Knöpfe sind Passementeriearbeit, der Gürtel von Seide, die Ohrringe von Perlen.

Nr. 9 ist eine junge Frau des Kulughli-Stammes. Ihr mit grosser Sorgfalt arrangirter Kopfputz besteht aus einem seidenen Tuche mit Goldstreifen und Franzen. Ungefähr die Hälfte des Tuches ist zusammengerollt und um Stirn und Hinterkopf gewunden. Bemerkenswerth sind die grossen, mit Steinen besetzten Ohrringe. Ueberwurf und Unterkleid sind aus Musselin, der mit Goldfäden durchwirkt, geblümt und roth gestreift ist. Ihr Unterarm ist mit einer feinen Zeichnung versehen, mit welcher sich die Frauen für festliche Gelegenheiten gewisse Theile des Körpers schmücken. Diese Art der Tätowirung hält jedoch nur fünf bis sechs Tage an. (Nach Vorbildern im naturhistorischen Museum in Paris.)

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AFRIKA

ALGIER UND TUNIS.

VOLKSTRACHTEN KINDER.

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8 9 10 11

Die Nummern 1 und 11 sind tunesisch, die andern algierisch.

Die Hauptstücke der hier dargestellten Trachten sind folgende : Das algierische Hemde ist kurz und hat weite Aermel, die am Handgelenk zusammengefasst werden. Die gewöhnliche Tracht der im Innern lebenden Volksstämme ist der Hdik, ein Paar kurzer Hosen, und der Turban oder eine Kappe von rother Wolle. Auch trägt man kleine Jacken mit oder ohne Aermel, faltige Hosen, die bis auf die Waden reichen, einen Gürtel, in dessen Falten die Uhr, der Geldbeutel u. dgl. m. auf- bewahrt werden, sowie Pantoffeln. Nur die alten Leute tragen Strümpfe und auch nur bei kaltem Wetter. Die verschiedenen Stücke der maurischen Kleidung in Tunis haben folgende Namen: Chechia, ein rother Fez mit blauer Quaste. Alarakia, eine kleine weisse Mütze von Kattun, die unter der Chechia getragen wird. Djemala, Turban. Farmela, Weste. Sadnia, Weste mit Knöpfen. Abaia, gestickte Weste. Samla, Gürtel. Serual, Beinkleid. Serual-dakelani, Unterbeinkleid. Tuka, Schmu-, um die Hose oder Weste zu befestigen. Kelasset, Strümpfe. Sebbat, Marokkanische Schuhe. Sebbarla, Hauspantoffeln. Bihieia, Meine lederne Pantoffeln. Babra, dünne Schuhe mit weichen Sohlen. Besmak, Schuhe ohne Absätze. KaVkab, Socken. Kaftan, ein bis zu den Fersen reichendes weites Kleidungsstück, das besonders von den öffent- lichen Schreibern getragen wird. Zukan, ein bis zu den Knieen reichender Kaftan. Gefam, ein kleiner Burnus von feiner weisser Wolle für den Sommer. Barnus, Burnus. Hdik, ein weites , wollenes oder seidenes Gewand , welches unter dem Burnus getragen wird und den Kopf und den ganzen Körper einhüllt.

Die kleine Maurin Nr. 3 trägt die kegelförmige, oben abgeflachte Mütze, die in Algier Sarmah heisst. Sie wird mit Bändern, seidenen Schnüren, goldenen Ketten und Quasten verziert, von den Reichen auch mit Perlen und Edelsteinen. Auch bedeckt man sie mit einem weissen Gazeschleier, der bis auf die Hüften herabreicht. Das der wohlhabenden Klasse angehörige Mädchen trägt einen Gürtel, Schuhe und Strümpfe. Die Araber haben gewöhnlich als Fussbekleidungen gelbe Latschen

von marokkanischem Leder, tragen sie aber wegen der häufigen Waschungen und Moscheen-Besuche meist nicht an den Füssen.

Nr. 9 stellt einen Araber auf einem Esel dar, der ein grosses Packet befördert. Es ist die ge- wöhnliche Art des Transports. Man sieht bisweilen Karawanen von Hunderten solcher Esel, Maul- thieren oder Kameelen.

Die Nummern 8 und 10 zeigen einen Knaben und einen arabischen Mann, wie man sie ge- wöhnlich auf den Gemüse- und Frachtmärkten in Tunis sieht.

Nach Photographien aus Algier, Bona und Tunis, aquarellirt von Bastinos und Garcia.

Vgl. Arsene Berteuil, L' Algen e francaise, Paris 1856. H. Dunant, La Regence de Tunis, 1858. E. Feydeau, Alger, 1862. A. de Flaux, La Regence de Tunis au XIX" siecle, 1865. General Daumas, La vie arabe et la societö musulmane, Paris 1869. Kapitän Villot, Moeurs, costumes et institutions des indigenes de l'Algerie, Constantine 1871. E. Andrieu, Algerie, types et costumes, 1875.

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AFRIQUE

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AFRIKA

ALGIER, TUNIS UND AEGYPTEN.

WEIBLICHE TRACHTEN DER BERBER, ARABER, MAUREN, JUDEN, NEGER UND

FELLAHS. DER BUMI.

1

)er Bfir.

10

11

12 13

14

15

16

17

18

Der Pilz.

12 3 4 5

6 7 8 9

Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 12, 13, 14 und 18

Algier. Nr. 8 und 11.

Tunis.

Nr. 15.

Aegypten.

Nr. 16 und 17.

Der Bumi.

Algier und Tunis sind ethnographisch nicht zu trennen , da Beide von den Berbern, Arabern und Mauren, gemischt mit Juden und Negern bewohnt werden.

Die Berberfrau ist die thätige Gchülfin des Kabylen und verkehrt mit ihm auf völlig gleichem Fusse. Die arabische Frau ist nicht so günstig situirt. Ist ihr Mann arm, so fällt auf sie der grössere Theil der Arbeitslast; ist er reich, so lebt sie in vollständiger Isolirung und Unthätigkeit. Die Maurinnen befinden sich in der gleichen Lage.

Fellahs, Kopten und Nubier sind Reste der alten ägyptischen Bevölkerimg, gemischt mit den verschiedenen eingewanderten Racen.

Algier. Berber oder Kabylen. Nr. 3 uud 5. Kabylische Frauen der Umgegend von Bona. Ueber der Schelulha, einem Wollhemde, ein Haik, ein 18 Ellen langes Stück Wollstoff, mehrmals um den Körper gewunden und mit einem Gürtel aufgenommen. Die Arme bleiben nackt. Nur die Frauen der Marabuts tragen Schleier. Die Frau Nr. 3 trägt den Ischaun, eine Kappe, um die ein Stück Wollstoff geschlungen ist. Im Haar des jüngeren Mädchens Nr. 5 bemerkt man ein Band, an dem grosse Alfenidringo befestigt sind. Am Handgelenk von Nr. 5 ein gestanztes Armband, an dem von Nr. 3 Bänder, während die Finger mit Ringen bedeckt sind (vgl. die kabylischen Schmuckgegen- stände der Tafel mit dem Zeichen des Zahnrades).

Nr. 6. Junge Bergbewohnerin. Besltir , ein leichtes das Gesicht umrahmendes Gewebe; ge- stickter Ischaun, mit Musselinschleier ; weite Tunika, mit dem Gürtel aufgeschürzt. Sie hält eine Vase aus dem in Algerien titalakht genannten Thon.

Araber.

Nr. 1.

Arabische Frau aus der Umgegend von Bona.

Gondura bis zur Hälfte des Schenkels, in den Hüften durch

einen Kameelhaargürtel gehalten ; Burnus über die Schnlter

geworfen; Kopftuch; das Gesicht unverhüllt; in der Hand

ein knotiger Stab.

Nr. 2, 10 und 14.

Frauen aus dem südlichen Algier.

Nr. 2. Hai'k aus leichtem Stoff, Kopf und Schultern be- deckend , kleine Kappe und wollener Turban. Ueber der gandura ein weisswollener Rock und ein wie die griechische •palla auf der Schulter mit einer Metallbrosche befestigter Mantel (vgl. die Tafel mit dem Messer Nr. 9).

Nr. 10. Haik, Turban, mit Wollfäden umwunden. Gandura mit weiten Aermeln, im Gürtel aufgenommen.

Nr. 14. Schleier, Kopf und Hals umhüllend. Burnus den Kopf bedeckend und auf den Schultern durch eine Schnur befestigt; darüber ein Turban aus Kameelhaar. Gandura über einer Tunika; gestanzte Armbänder; grosse Ohrringe.

Nr. 4. Araberin aus der Umgegend von Bona. Turban aus Kameelbaaren, durch Wollschnüre gehalten und mit dem über die Schulter geworfenen Burnus bedeckt; darunter die gandura.

Nr. 7. Flache Kopfbedeckung einer Frau , die Lasten zu tragen ge- wohnt ist. Zechinen-Halsbänder ; grell farbiger Rock über einer weissen Tunika.

Mauren. Nr. 12. Maurin im Hauskostüm. Kopftuch. Ueber einem seidenen Dschaboli mit kurzen Aermeln eine gold - und silbergestickte Jacke , die sich über die Hüften fortsetzt. Dazu gehört meist ein loser Gürtel und eine bis auf die Füsse herabgehende leichte Hose, Serital (vgl. die Tafeln mit dem Rade, der Schellenkappe und dem Negerkopf).

Juden. Nr. 9. Jüdin ans Constantine. Gestickte htfßa; Perlenhalsband ; Mieder mit dicken Stickereien ; offene Robe über einem Unterrock mit weiten Aermeln; ge- stickte Schürze; Pantoffeln. Die Frau lehnt sich auf die durbakfat, die grosse arabische Maudoline (vgl, die Tafel mit dem Zeichen der Garbe).

Neger. Nr. 18. Umherziehender Krämer. Scheschia mit über den grellfarbigen Turban fallender Quaste. Weisse gandura, darüber ein gestreifter Burnus mit Kapuze. Die Neger stammen grösstentheils von den alten sudanesischen Sklaven ab, die von Haussa, Tirabuktu und den Städten des Bornu nach Algier gebracht wurden. Durch Annahme des Islams wurden sie frei.

Nr. 13. Junges Mädchen. Scheschia mit grosser Quaste. Gesticktes Hemde mit einer Art gelber Achselbänder. Halsband aus Glasperlen. Rock aus Kattun.

Tunis. Nr. 8. Arabische Frau der besseren Stände. Strassenkostüm. Talreta, ein langer die hifßa umhüllender Kopfschleier; besh'r, den unteren Theil des Gesichts bedeckend. Reiches Halsband. Sassari , ein leichter haik, der den ganzen Körper umschliesst. Seidene Strümpfe, Pantoffel.

Nr. 11. Arabische Frau der ärmeren Klassen. Kopftuch, sajfaka, und das Gesicht umrahmendes Stoffstück; der beskir bildet hier einen Theil der Kopftracht und bedeckt unmittelbar das Hinterhaupt. Gandur a mit weiten Aermeln. Burnus aus grober Wolle. Kupfernes Armband.

Aegypten.

Nr. 15.

Fellahfrau oder Bäuerin.

Die Fellahs bilden die ackerbautreibende Bevölkerung Aegyp- tens. Ihre Gesichtsbildung nähert sich am meisten der der alten Aegypter. Ihre einzigen Genüsse sind Kaffee und Tabak.

Die Fellahfrau unserer Tafel trägt einen Kupferkessel auf dem Kopfe, eine Pfeife und ein Sieb in der Hand. Sie ist bekleidet mit dem jelesch, einem blauen Rock über dem h'bas, einer Hose aus Leinwand, oder dem schintyan, einem kleinen Kattunrock, und einer gestickten Schürze mit rothem Vorstoss. Die Kopftracht besteht aus dem ukbeh, einem seidenen Fichu von greller Farbe, über dem libdeh, einer kleinen Kappe, und dem tarbah, einem grossen Stück Kattun oder Musselin, das vom Scheitel hinten "bis an den Rand des Rockes herabgeht. Wenn die Frauen ausgehen,

tragen sie den borquo, einen langen schwarzen Kreppstreifen, der das Gesicht mit Ausnahme der Augen verhüllt und vorn bis auf die Schürze fällt; er ist mit Glas- oder Metallperlen au dem libdeh befestigt. Der Gebrauch des hennah ist bei den Fellahfrauen wenig verbreitet; dagegen tätowiren sie sich blau oder grün auf der Stirn, der Brust, den Armen und Händen.

Nr. 16 und 17. Bettler; slavische Typen.

Die Kleidung dieser Bettler ist eine Mischung verschiedener orientalischer Nationaltrachten. Der, wie es scheint, blinde Ghuzlaspieler (Nr. 16) trägt über dem Hemde eine gefleckte Jacke; ein weiter serual türkischen Schnitts ist in den Hüften durch eine samla, einen Gürtel, gehalten.

Der Führer des Blinden trägt einen Stock und einen leeren Sack über der rechten Schulter. Er ist bekleidet mit einer bulgarischen Jacke aus Schaffell, die Wolle nach innen ge- kehrt, mit farbigem Tuch besetzt. Seine laugen Hosen sind ebenfalls aus Schaffell. Die Bundschuhe sind mit am Bein hinaufgehenden Schnüren befestigt. Als Kopfbedeckung trägt der Eine eine Pelzmütze, der Andere eine Art Scheschia.

Der Rumi , corrumpirt aus Romane, ist der „Christenhund" par excellence; man wendet die Bezeichnung ohne Unter- schied auf alle Europäer an.

OriginalphotograpMeen aus Algier, Bona und Tunis.

Vgl. H. Bunant, La E,6gence, de Tunis, 1858. L. Michel, Tunis et FOrient africain, 1867. Maurice Wahl, FAlgerie, 1882. Paul Gaffarel, FAlgerie, histoire, conquete et civilisation, 1883.

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AFRIKA

DIE BEVÖLKERUNG DER BERBEREI. TRACHTEN AUS ALGIER

UND TUNIS

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Die eingeborene Bevölkerung des nordwestlichen Theiles von Afrika, von Tripolis bis Marokko, besteht aus sieben verschiedenen Racen, die sich auch durch besondere Trachten unter- scheiden. Im Allgemeinen hat zwar der Orient auf diesen Theil von Afrika einen bedeutenden Einfluss geübt; indessen hat das Land der Berbern ein eigenthümliches Gepräge, welches seine Einwohner zu einem besondern Volksstamme macht. Inwieweit die verschiedenen Völkerschaften, welche sich nach und nach in diesen Gegenden neben den Berbern angesiedelt haben, die Phö- nizier, Griechen, Römer, Vandalen, Araber, Türken u. s. w. , auf die Gestaltung der Tracht ein- gewirkt haben, lässt sich nicht mehr entscheiden. Doch kann man bei dem zähen Charakter der Eingeborenen annehmen, dass sich in der Kleidung gewisse bis in das Alterthum hinauf- reichende Typen erhalten haben.

No. 1 u. 7 stellen Moreskenfrauen dar, die erstere aus Tunis, die andere aus Algier. Alle beide befinden sich in Hauskleidung. Ausserhalb des Hauses sind die Frauen derartig verhüllt und verschleiert, dass man nur ihre Wohlbeleibtheit erkennen kann, auf die sie nicht wenig eitel sind. Dieser Vorzug wird von den Mauren so geschätzt, dass er in ihren Augen sogar den Sieg über die Reize des Antlitzes und die Regelmässigkeit der Züge davonträgt. Deshalb suchen die Frauen denselben durch alle möglichen Mittel zu erlangen. Wenn das müssige Schlaraffenleben im Harem nicht dazu verhilft, so essen sie viele Mehlspeisen und allerlei seltsame Dinge, wie z. B. Käfer, welche besonders die Egypterinnen zu diesem Zwecke zu sich nehmen. Gewöhnlich werden die Moreskinnen durch das Nichtsthun so fett, dass sie durch ihre schwellenden Formen beim Gehen belästigt werden nnd einen watschelnden Gang annehmen.

No. 2. Arabischer Häuptling.

No. 3 u. 4. Bettelkinder.

No. 5. Lastträger. Hose, Hemde und Filzkappe. Der egyptische Fellah. Algier ist voll von solchen Dienstleuten, welche schlafen, wo sie sich gerade befinden.

No. 6. Eingeborene Spahis. Die Bildung einheimischer Truppenkörper datirt vom 1. Ok- tober 1830, wo die Infanteriebataillone unter dem Namen Zuaven formirt wurden. Die Cavallerie wurde am 10. Dezember desselben Jahres eingerichtet. Sie bestand ursprünglich aus Franzosen und Eingeborenen. Die jetzige Organisation hält im Prinzip an der vollständigen Trennung der

französischen und der eingeborenen Truppenkörper, der regelmässigen wie der unregelmässigen fest. Die letzteren haben ihre dem Klima angemessene Nationaltracht behalten.

Die Frau No. 8 mit dem unten zusammengebundenen Schleier stammt aus der Umgegend von Algier. Sie trägt an einem Halsbande eines jener Amulette, deren Gebrauch so allgemein ist, dass die aufgeklärtesten wie die dümmsten Leute immer etwas dergleichen bei sich tragen. Alle Orientalen glauben an den bösen Blick, auf dessen Einflnss alle Krankheiten, alle unange- nehmen Ereignisse zurückgeführt werden. Die Abwendung desselben wird der Macht des Talis- mans (Telsem) zugeschrieben, welche von den Marabouts angefertigt werden. Es giebt viele Arten, deren jede ihre besondere Wirksamkeit haben soll. Ein arabischer Arzt befriedigt seinen Patienten, indem er ihm ein Stück Papier oder Pergament übergiebt, auf welches die Namen Gottes, des Propheten oder gewisse Koranverse aufgeschrieben sind. Dieselbe Heilkraft wird den Steinen mit oder ohne Inschriften beigelegt. Der Maure betrachtet den Topas als ein unfehlbares Mittel gegen die Gelbsucht und die Gallenleiden. Der Carneol oder Sardonyx, welchen die Araber Hadjar-ed-dam nennen, ist wirksam gegen Blutsturz und Blutfluss. Die Ammen würden ihre Pflicht gröblich vernachlässigen, wenn sie nicht Ringe mit Türkisen trügen, welche die nahrhafte Eigenschaft ihrer Milch vermehren. Der Rubin stärkt das Herz und hält Blitzschlag und Pest ab. Der Smaragd heilt den Vipernbiss oder jede andere vergiftete Wunde. Er macht sogar die Schlangen blind, denen man ihn zeigt: er verjagt die Dämonen und bösen Geister. Er ist ein spezifisches Mittel gegen Krämpfe, Magenschmerzen und Augenleiden. Der Diamant ist nicht weniger nützlich und hat ähnliche Eigenschaften. Der Carneol besitzt noch andere Kräfte als die oben genannten: er besänftigt den Zorn, heilt den Zahnschmerz, beschützt vor Unglück und ist ein Pfand für andauerndes Glück und langes Leben. Der Blutstein lindert die Gichtschmerzen, erleichtert die Niederkunft und hebt die Wirkung der Gifte auf. Der Nephrit schützt vor dem Blitz und vor bösen Träumen. Das Katzenauge bewahrt vor dem Einfluss des bösen Blicks und vor Schicksalsschlägen und macht denjenigen, der es trägt, im Kampfe vor den Augen des Gegners unsichtbar. Diese kostbaren Recepte sind von einem arabischen Schriftsteller, Namens Teyfachy, aufgezeichnet worden, dessen Manuscript sich in der Pariser Nationalbibliothek befindet. Sein Inhalt geht vermuthlich auf das griechische, aus dem Alterthume herrührende Gedicht Lithika zurück, in welchem gleichfalls die den Steinen zugeschriebenen Zauberkräfte aufgezählt werden.

No. 9. Das an beiden Seiten durch eine doppelte Nadel befestigte Überkleid erinnert an die antike Palla, den langen Chiton, den wir schon an einer Kabylenfrau erkannt haben. Die flache Kopfbedeckung dient dazu, das Tragen von Lasten auf dem Kopfe zu ermöglichen.

No. 10 ist die Tracht einer Bäuerin aus Tunis. Bemerkenswerth ist die Pussbekleidung, die keinen orientalischen Charakter hat.

(Nach Photographien von Mouttet und Boyer in Algier, Prod^hom in Bona und Garrigues in Tunis.)

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AFRIKA

ALGIER UND TUNIS

VOLKSTYPEN. - TRACHTEN DER UNTEREN VOLKSKLASSEN

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„Die unteren Klassen," sagt der General Daumas, „diejenigen, welche die eigentliche Masse des Volkes bilden, haben bei den Arabern bei weitem nicht dieselbe Mannigfaltigkeit wie bei uns. Nächst der Aristokratie giebt es um1 Grundbesitzer, Bauern, Dienstleute und Handwerker." Bei den arabischen Hirtenstämmen , deren ganzes Besitzthum mit seltenen Ausnahmen nur in Heerden besteht, ist diese Einförmigkeit noch grösser. Neben den beiden Klassen der HaU-el-badia, der Zeltbewohner, und der Belv-hala, der Hirten oder Nomaden, giebt es eine dritte, die Haääar, die Stadtbewohner, die sehr entartet und wenig arbeitsam sind, aber von arabischen Eltern abstammen, und als vierte Klasse die Berrani, die Leute von ausserhalb, die verschiedenen Racen angehören. Dieser Name bezieht sich hauptsächlich auf die Marokkaner, welche meist Kohlenbrenner und Handwerker sind, auf die Araber aus der Provinz Oran, welche Maulthier- und Ochsentreiber sind, und auf die Tunesen, welche Sänftenträger und Handwerker sind. Unter den Berrani unterscheidet man noch: die Bislcri aus Zab, Wasser- und Sänftenträger, die Kabylen, Handwerker, Ackerbauer, Maurer, Bäcker, die Mzüis aus Mansura, Kornmesser, die Neger, ohne bestimmten Arbeitszweig, und die Aruati, die sich mit dem Oelvertrieb beschäftigen. Eine besondere Klasse bildet die der Bettler, die nur von Almosen leben, welche ihnen den Vorschriften der Religion zufolge reichlich gespendet werden, und der Tolbas und klugen Frauen^ welche in der Sahara die Rolle der mittelalterlichen Alchimisten und Magiker spielen. „Der Mann aus dem Volke," sagt Daumas, „ist ein unermüd- licher Läufer ; er durchmisst in einem Tage unglaubliche Entfernungen. Er nennt das den Hundetrab."

Die Nummern 5, 6 und 9 sind aus Tunis, die anderen aus Algier.

Nr. 1. Bettlerin.

Nr. 2. Aehrenleserin mit ihrem Knaben.

Nr. 3. Ein Eerrani aus dem Stamme der Mzabi. Er ist einer jener Krämer, die mit Früchten, Gemüsen, Eiern, Oel und Geflügel handeln. Er tragt eine Art Hemde von dicker, gestreifter Wolle, dessen Farbe blau, roth oder gelb ist.

Nr. 4. Knabe in arabischer Tracht, der als Diener in einem wohlhabenden Hause fongirt.

Nr. 5. Oelhändler, Aruati.

Nr. 6. Regulärer Soldat von Tunis , welcher sich mit Stricken beschäftigt. Er trägt zwei jener Chiachia (Kappen), welche der Araber in Tunis und Algier nach alter Gewohn- heit über einander stülpt. Die eine ist von weissem, die andere von rothem Filz. Die Tnnesen sind in der Fabri-

kation solcher Kappen hervorragend. Sie exportiren Millionen davon nach allen mobamedanischen Ländern.

Nr. 7. Eerrani. Er ist zur Jagd gerüstet und tragt daher auf dem Rücken eine Kanne mit Wasser, ohne welche er sich nicht in die Wüste wagen kann.

Nr. 8. Frau mit Reisigbündel.

Nr. 9. Frau mit ihrem Kinde auf dem Rücken, im Begriff Wasser zu holen.

Nr. 10. Die Tracht dieser Frau ist mit der der Kabylen verwandt. Das obere Gewand ist auf den Schultern so be- festigt, wie die Palla der Griechinnen, nur dass ein Theil desselben über den Kopf hinübergezogen und auf diesem durch den Hdik befestigt ist. Um das Gehen zu erleichtern, ist das Gewand gegürtet und geschürzt.

(Nach Photographien. Zur näheren Erläuterung vergleiche man: Mceurs et Coutmmes de VAlgerie von General Daumas; Histoi/re et äescription de VAlgerie von L. Piesse; Voyage ä Tunis von Amable Grapelet; VAlgirie von E. Carette; VAlgerie frangaise von Arsene Berteuil.)

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VOLKSTRACHTEN VON DER KÜSTE VON ALGIER

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Nr. 1 und 2 sind berufsmässige Tänzerinnen. Dieselben zerfallen in zwei Klassen. Die einen besuchen die wohlhabenden Häuser, die anderen geben ihre Künste auf der Strasse zum Besten. Die Äouälem der ersteren Gattung bestreiten das Hauptvergnügen der Harems. Ihr Gesang ist decent und ihr Tanz besteht nur aus anmuthigen Posen und Bewegungen. Ihre Füsse berühren dabei immer den Boden. Während die einen tanzen, singen die andern und be- gleiten ihren Gesang mit einem Tarabourin, daräboukkeh genannt, oder mit einer kleinen Mando- line, dem tanbour bulghdry. Der Gesang ist sehr einförmig; dieselbe Melodie wird zwölf bis fünfzehn Male wiederholt, bis die Sängerin müde wird.

Die öffentlichen Tänzerinnen werden auch ghaouazy, von den Europäern almetis genannt. Die ghaouazy sind von einem Musiker begleitet, welcher mit dem Bogen auf dem rabäb, einem zweisaitigen Instrument spielt, und von einer alten Frau, welche den Takt mit dem daräboukkeh markirt. Die Tänzerinnen selbst handhaben zwei metallene Castagnetten, die sie zuerst scharf anschlagen, um dann die Tonstärke allmälig zu vermindern. Der Tanz dieser Mädchen, die mit einem durchsichtigen Hemde und gestreiften Beinkleidern angethan sind, besteht eigentlich nur aus pantomimischen Bewegungen, die sich von den Hüften bis zu den Knieen fortsetzen, und in Armbewegungen. Allmälig werden diese Bewegungen immer schwächer, bis der Körper ganz still steht.

Nr. 3. Eine Maurin beim Ausgang.

Nr. 4. Eine algierische Magd.

Nr. 5. Eine algierische Jüdin.

Nr. 6. Ein Bauer aus der Umgegend von Algier, welcher den tanbour bulghdry spielt. Der Tanbour (Mandoline), im ganzen Orient üblich, ist ein Saiteninstrument mit langem Hals und metallischen Saiten, welches in allen Grössen vorkommt. Die kleinste Form ist der Tanbour bulghäry. Der Körper desselben ist aus Tannen-, der Hals aus Ahornholz und mit Perlmutter ausgelegt. Der Spieler lässt eine oder mehrere Saiten zugleich mit Hülfe einer Adlerfeder oder eines Stücks Schildpatt, niemals mit den Fingern erklingen. Vgl. Fetis, La musiaue chez les peuples d'origine se'mitique.

Nr. 7, 8, 9, 10. Maurische Landleute und Bettler.

Nach Photographieen von Boyer in Algier und Prod'hom in Bona. Vgl. Lane, Manners and Customs of the modern Egyptians, London, 1846, 2 Bde.

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NOMADISCHE UND SESSHAFTE BEVÖLKERUNG DER ALGERISCHEN

SAHARA.

WEIBLICHER PUTZ; DIE SCHEBKA.

Die Mehrzahl der Bevölkerung der Sahara besteht aus Berbern. Sie sind von der Meeres- küste her nach dem Innern gedrängt worden und haben auf den Oasen der Sahara Städte gegründet, um die sich die Dörfer und Zelte der verbündeten Stämme gruppiren. Ihre Kleidung ist ausser- ordentlich reich. Die Seidenstoffe beziehen sie durch Vermittelung der Karawanen ; mit der Her- stellung ihrer Schmucksachen aus Edelmetallen beschäftigen sich fast ausschliesslich die Juden.

Nr. 1, 2, 3 und 10.

Lullas (Damen) aus Tuggurt.

Nr. 2. Haustracht: Tunesischer Turban; falsche Flechten; dumaci, Stück feineu Leinenstoffs ; Kattunrock, geblümt.

Nr. 1, 3 und 10. Strassenkostüm. Haarputz, bestehend aus einer seidenen Schärpe und einem langen Schleier; falsche Flechten; walhafa, weite Rohe mit kurzen Aermeln; Woll- gürtel; ghamma, Mantel.

Hauptstücke des Schebka: Stirnstuck, reiche Metallarheit mit Ketten und kleinen Münzen; grosse Ohrgehänge, in den falschen Flechten befestigt; Halsband aus roher Koralle und Glasperleu; Armbänder aus Silber, Blech oder Kupfer; grosse Kapseln für die Talismane (Üheuruz); Agraffe aus Silberfiligran für den Gürtel; Ringe.

Nr. 4. Frauen vom Stamm der Beni-Saad. Seidene Schärpe um die falschen Haare gewunden; langer Schleier; malhafa und ghamma.

Nr. 5.

Negerin im Dienste einer maurischen Frau: Haube, Stirn- stück mit Gehängen; Schleier und gandura ohne Aermel.

Nr. 6.

Lalla aus Biskra. Stirnstück, schräg in den Turban verlaufend, an dem mehrere das Gesicht umrahmende Kettchen befestigt sind ; grosse Ohrgehänge in den falschen Flechten; Mantel auf den Schultern durch zwei grosse Spangen befestigt; Tunika und Rock; Halsband aus Korallen und Perlen; Armbänder aus Silber; Ringe; lauge Kette mit Talismankapsel; Bein- ringe und gestickte Schuhe.

Nr. 7 und 9. Frauen vom Nomadenstamm der Uled-Nail. Goldgesticktes Kopftuch mit Schleier; schwarze Wollflechten mit grossen Silberringen ; Rock, durch Spangen und Kett- chen aus Silber gehalten; Wollgürtel; Halsbänder aus Bern- stein und Korallen; am Hand- und Fussgelenk silberne Ringe; Armbänder aus Glasperlen.

Nr. 8. Kabylische Frau im Bergkostüm mit Schmuck. Ichauu , eine Haartracht, mit dem thacebd, einem silbernen Diadem mit Email und Korallen; zeruo'iar, grosse Ohrge- hänge; gandura mit kurzen Aermeln; Mantel, gehalten durch die ibesi?nen, Fibeln; Hals- und Armbänder.

Vgl. Daumas, Le Grand Desert, 1861. L'Algene, 1883.

Abbildungen nach Photographieen.

V. Largeau, Le Sahara algerien, 1882. F. Gaffarel,

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151V

AFRIKA

INNERES EINES REICHEN HAUSES IN KAIRO SAAL ZUR ERFRISCHUNG IM SOMMER

GKUKDßISS DES ERDGESCHOSSES

A. Grosser Saal für den Sommer mit

Springbrunnen und Dassin.

B. Eingang zum Hause.

C. Hof.

D. Kiosk.

E. Fremdenzimmer.

F. Dienstbotenzimmer.

G. Stallungen.

H. Treppe zur Wohnung des Herrn. I. Eingang zum Harem. J. Kleiner Hof. K. Küche.

Alle Häuser wohlhabender Privatleute in Kairo haben ungefähr dieselbe Disposition der inneren Räume. Die Eingangsthür wird von einem Thürsteher gehütet, dessen Wohnung das Vestibül bildet. Zum Betreten des Hofes giebt es zwei Thüren, die eine für die Männer, die andere für die Frauen. „Die Frauen im Orient werden nicht unter Verschluss gehalten, aber sie werden von den Männern getrennt. Wie den griechischen Frauen im Alterthum, steht es ihnen frei, das Frauengemach zu verlassen, aber den Männern ist nicht gestattet, dasselbe zu betreten." (Ampere, Voyage en Egypte et en Nubie.) Das Haus ist gewöhnlich zwei oder drei Stockwerke hoch. Das Erdgeschoss besteht aus einem Hofe, einem Zimmer für die Fremden, einem grossen Saale zur Erfrischung im Sommer,

Durchschnitt des Sommer-Saales in obigem Plane; nach Pascal Coste.

der Küche und einigen Wirthschaftsräumen. Im ersten Stockwerk empfängt der Hausherr die Be- suche. Das zweite und dritte gehört den Frauen; im obersten Stockwerk befindet sich stets der Festsaal. Die einzelnen Räume eines Stockwerks liegen selten in gleicher Ebene. Man hat immer einige Stufen zu steigen, um aus einem Räume in den anderen zu gelangen. Der orientalische Luxus offenbart sich in seinem vollen Glänze nur im Innern der Häuser, namentlich in der Decoration des Sommersaajes, von welchem wir einen Durchschnitt geben.

Die Wohlthat eines solchen Raumes ist besonders in einer Stadt wie Kairo zu schätzen, deren Temperatur höher ist als die der meisten unter demselben Breitengrade gelegenen Orte. Ueber die

Zeit, wo der Chamsin („Wind der fünfzig Tage", ein aus Südosten kommender Wüstenwind) weht, schreibt Gerard de Narval in den Seines de la vie Orientale folgendes: „Seit dem Morgen war die Luft glühend und mit Staub angefüllt. Fünfzig Tage hindurch, jedesmal, wenn der Wind aus Süden kommt, ist es unmöglich, vor drei Uhr Nachmittags auszugehen. Um diese Zeit erhebt sich nämlich die Brise von der See. Man hält sich in den unteren, mit Fäience- und Marmorplatten bekleideten Gemächern auf, welche durch Fontainen abgekühlt werden. Auch kann man den Tag im Bade zu- bringen." In seiner Description de l'Egypte sagt de Chabrol : „In den kühlsten Zimmern, selbst in Unterägypten, hält sich das Thermometer während der Monate Juli und August auf 24 bis 25 Grad Reaumur."

Der Saal wird durch einen Hof gebildet, der mit einer hölzernen, durchbrochenen Kuppel be- deckt ist. Dieselbe ist so hoch, dass die Sonne nicht eindringen und die Luft ungehindert durch die Oeffnungen der Kuppel einströmen kann. Unter dem hohen Dache ist ein Marmorbassin mit springenden Wassern angelegt. Die Seitenflügel dieses Hofes haben, wie aus dem Durchschnitt er- sichtlich ist, weit niedrigere Decken.

Unsere Ansicht ist einem der verlassenen Häuser des alten Kairo entnommen, welches zu drei Viertheilen in Trümmern liegt. Hier haben sich aber noch einige Wohnhäuser aus dem dreizehnten bis sechszehnten Jahrhundert erhalten, welche mit Marmormosaiken, mit emaillirten Fliesen, mit Stuckornament, mit Friesen, Koransprüchen und " Stalaktiten decorirt sind. In solchen Räumen spielten die Erzählungen von Tausend und eine Nacht, deren jetzige Fassung man dem Anfang des sechszehnten Jahrhunderts zuschreibt. Der künstlerische Verfall Kairos beginnt mit der Eroberung der Stadt durch die Türken.

(Nach einer Photographie. Aquarell von" Stephan Baron. Vgl. für den Text : P. Coste, Architecture arabe ou Monuments du Caire, Paris.)

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MAURISCHE ARCHITEKTUR

INNERES EINER VORNEHMEN WOHNUNG. XIII. UND XIV. JAHRHUNDERT

Die Alhambra, aus welcher das auf unserer Tafel dargestellte Interieur entnommen ist, war eine grosse, für uneinnehmbar gehaltene Festung. Sie bildete eines der Stadtviertel von Granada und war nach dem Ausdrucke der arabischen Geschichtsschreiber „eine Stadt in der Stadt". Auf dem Gipfel eines steilen Hügels gelegen, hatte sie einen doppelten Kranz von dicken Mauern und war auf allen Seiten von den Gewässern des Xenil und des Darro umgeben. Sie enthielt den Palast der maurischen Könige, welche zur Speisung der zahlreichen Fontainen durch einen noch vorhandenen Aquaedukt das Wasser von den schneebedeckten Abhängen der Sierra Nevada leiten Hessen. Der Kern der Gebäude besteht aus rothem Backstein, welcher der Alhambra ihren Namen Medinat Alhamra, die rothe Stadt, gegeben zu haben scheint.

Das Palais, dessen Pracht durch die nach arabischer Sitte einfache und schmucklose Aussenarchitektur in keiner Weise verrathen wird, bildet den Mittelpunkt der Festung. Ausser den Gemächern des Herrschers und seiner Frauen enthielt es eine Moschee, die Wohnungen der Imams und der im Dienste des Fürsten befindlichen Offiziere. Der Palast bestand aus fünf Abtheilungen, deren jede zum Centrum einen grossen, von Säulenhallen umgebenen Hof hatte, welcher mit Myrthen- und Orangebäumen bepflanzt und in der Mitte mit einem Bassin oder einem Springbrunnen versehen war. Die um diesen, patio genannten Hof gruppirten Zimmer und Säle erhielten gewöhnlich durch denselben ihr Licht. Die Räume waren so disponirt, dass die frische Luft der Höfe in denselben circuliren konnte. Die Aus- und Eingänge waren hoch und breit und von Hufeisenbögen überwölbt, deren durchbrochene Arbeit der frischen Luft ebenfalls freien Zutritt Hess. Zur Bekleidung der Wände und Fussböden brauchte man Marmor, Stuck, Porphyr, Gipsplatten mit erhabenen und durchbrochenen Ornamenten und besonders jene emaillirten Faienceplatten, mit welchen man die Fussböden, namentlich aber die unteren Theile der Wände bekleidete. Da die Sitzgeräthe, Divans, Polster, Decken u. s. w., gewöhnlich an den Wänden placirt waren, wollte man durch diese Platten die Malerei ersetzen, welche durch die Sitzenden beschädigt und beschmutzt worden wäre. Der Fussböden wurde aber auch mit Marmorplatten belegt, während die Decken aus einer Balkenlage von Holz, bisweilen auch aus hölzernen Kuppeln bestanden. Der obere Theil der Wände wurde farbig bemalt, wobei Gold, Silber, Zinnober und Ultramarin die Hauptfarben waren. Bei den emaillirten Platten wurden Grün, Gelb, Blau, Braun und Schwarz bevorzugt. Malereien und Emaillen, von denen die ersteren durch aufgelegte, durchbrochene Stuckornamente, die man vergoldete oder versilberte oder färbte, unterstützt wurden, bildeten zusammen jene prachtvolle maurische Ornamentik, die ihren Höhe- punkt in der Alhambra gefunden hat. Das ornamentale System setzt sich ausschliesslich aus

geometrischen Mustern mit geringen vegetabilischen Zusätzen zusammen. Die häufig angebrachten Inschriften, welche fromme Sprüche und Segenswünsche enthalten, ordnen sich gleichfalls diesem linearen Charakter des Ornamentes unter.

Der hier dargestellte Raum ist die Sala de la Barkah, der Saal der Segnung, welcher vor dem berühmten Saale der Gesandten liegt. Er führt auf den Hof der Bäder oder Paiio de la Alberca. Seine vortreffliche Erhaltung zeichnet ihn vor allen übrigen Räumen der Alhambra aus. Es fehlen nur die bunten Fensterscheiben, welche von zierlichen Stuckeinfassungen umrahmt waren. Die tiefe Fensternische ist durch die Dicke der Mauern bedingt. Es giebt Nischen, die neun Fuss tief sind. Die Figuren sind nur in den Raum gesetzt, um als Maassstab für die Grösse desselben zu dienen. Da sich kein Mobiliar erhalten hat, ist auf die Anbringung desselben ver- zichtet worden, zumal die Orientalen darin sehr sparsam sind. Die Zugänge wurden nicht durch Thüren, sondern durch Vorhänge und Teppiche geschlossen.

(Nach einer Photographie nach der Natur. Aquarellirt von Stephan Baron.)

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GF AFRIKA

TYPUS DES HAUPTHOFES EINER MAURISCHEN WOHNUNG. DIE GALERIEEN DES ERDGESCHOSSES UND DES ERSTEN STOCKWERKS.

Der Hof bildet ein regelmässiges Viereck, dessen Seiten mit je drei Arkaden sich in der oberen Galerie wiederholen. Die Luft circulirt frei, und Schatten wird durch zwischen den Arkaden aus- gespannte Vorhänge geschaffen. Die Galerie trägt keine gemauerten Bogenwölbungen, sondern Balkenlagen; der Boden ist mit sechseckigen Platten aus gebranntem Thon gepflastert. Der untere Theil der Wände trägt eine aus Fayence - Platten bestehende Verkleidung; ein ebenso dekoiirtcr Fries läuft über den Arkaden hin.

Die Galerie des ersten Stockwerks zeigt die gleiche Construction und Verzierung. Zwischen den die Bögen tragenden Säulen befindet sich eine höhere Balustrade. Die sich nach der Galerie öffnenden Thüren führen in die Haupträume des Hauses.

Nach einer Photographie algierischer Herkunft.

Vgl. Shaw, Voyage dans plusieurs provinces de la Barbarie et du Levans, 1743. Piesse, Itineraire de PAlgerie, 1862.

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EN

TÜRKEI. XVIII. JAHRHUNDERT

HOHE REICHS WÜRDENTRÄGER; DIE ULEMAS UND HOFCHARGEN: DIE 1TSCH-AGHASSYS UND TSCHOKADARS. HIERARCHISCHE RANG- UNTERSCHIEDE IN TURBANS UND MÜTZEN.

HOHE WÜRDENTRÄGER.

Nr. 1.

Der Scherif von Mekka.

Der erwählte Scherif von Mekka wird vom Sultan durch Uebersendung eines mit Zobel gefütterten Mantels von Goldbrokat und eines Diploms, Emareth-Berathy \ bestätigt. Sein Abzeichen ist der mit Quasten verzierte Turban, deren Goldfranzen auf die Schultern fallen, und der hinten her- abhängende Musselinstreifen.

Alle Muhammedaner lassen sich den Kopf rasiren und tragen wenigstens einen Schnurr-, meist einen Vollbart. Für die Mekka-Pilger ist Letzteres obligatorisch.

Die sonstige Kleidung des Scherifs besteht unter dem Mantel aus dem Idtalat, einem reich gestickten Kaf'an , der durch einen indischen Shawl zusammengehalten wird. Im Gürtel steckt der khanntscher , ein Dolch , der von dem bischdk der Veziere , Paschas und Offiziere zu unterscheiden ist. Ein langer Schalwar geht bis zu den Knöcheln. Die Schuhe sind aus gelbem Maroquin. Die Ulemas tragen blaue und gewisse militärische Klassen rothe Fussbekleiduug.

Nr. 7.

Kopfbedeckung des reis-effendi, des Staatsministers, oder des

reis-el-kittab, des Hauptes der Schriftgelehrten. Der reia-fffendi ist Minister der auswärtigen Angelegenheiten

und Kanzler. Er trägt einen gepufften Sammetfez und

einen gestickten Musselinturban.

Nr. 9.

Kopfbedeckung des sadri- a-z'hem oder Grossveziers , in

kleiner Gala. Der sadri- a-z'hem ist Verwaltungschef, Leiter der Be-

rathungen des Divan und Siegelbewahrer. Sein Turban ist wie der des Sultans mit Musselin überzogen und an Galatagen mit zwei diamantenbesetzten Agraffen geschmückt.

Nr. 10. Zarcola, Kopfbedeckung des agha der Janitscharen.

Die zarcola ist eine hohe Filzmütze, zum Theil von einem weissen Musselinturban bedeckt. Die Janitscharen wurden 1350 von dem Sultan Orkhan formirt.

Nr. 15.

Kizlar-agha , Chef der Eunuchen, Pascha von drei Ross- schweifen.

Die frommen Stiftungen für Mekka und Medina und alle Briefschaften für den Sultan und den Grossvezier gehen durch seine Hände.

Takeh , grosse Tuchmütze der Serail Offiziere. Langer, grün- seidener , pelzbesetzter Mantel , dessen lange Hängeärmel die des Kaftaus sehen lassen. Pantoffeln aus gelbem Maroquin.

Nr. 17.

Stlidkar-agha, Schwertträger; Galakostüm.

Chef der vier ersten Jdiass-odassi oder Leibkonipaguieen, ist der süidhar-agha Grossmeister des Haushaltes des Sultans.

Tah'e, kleine Mütze aus weissem Kattun mit längs den Wangen herabfallenden Schnüren, gestickte Kappe, von einem Musselinstüek überragt, das hinten über die Schultern hängt. Brokatrock, schräg über der Brust geschlossen und von einer Schürze zusammengehalten.

Auch der Grossvezier und die Paschas in der Provinz haben ihre silidhar-aghas.

ULEMAS.

Nr. 3.

Kopfbedeckung des Scheiks der Cadrys.

Die Cadrys bilden eine der zwölf Sekten des Islams.

Oeurfy Turban der Ulemas, wie er von Muhammed II. ange- nommen wurde. Grüner Tuchrock , im Winter mit Kanin- chen- oder Zobelfell besetzt.

Nr. 5.

Kopfbedeckung eines Cadry-Derwisch. Sechsfach getheilter tcuh'h, eine Kopfbedeckung, die den Der- wischen eigentümlich ist. Der Stoff der Kleidung ist der aha, ein in Anatolien fabrizirter Filz.

ITSCH-AGHASSYS (Offiziere vom Innendienste des Serails). Nr. 2.

Tutundjy, Page, dem die Sorge für Pfeife und Tabak des Sultans anvertraut ist.

Sammetturban , von einem Musselinshawl umschlungen. Orta-kuschak, lange Jacke, quer über der Brust geschlossen, von einem Shawl zusammengehalten , in dem der biUchak steckt. Langer Schalwar. Gelbe Pantoffeln.

Nr. 6.

Eunuche.

Die etwa zweihundert Mann starken Eunuchen bilden unter dem Kommando des to'zlar-agha die Haremswache.

Takeh, hohe Tuchmütze. Langer Kaftan mit vier Schossen, von denen zwei in den Gürtel gesteckt sind. Gestreifte Tunika. Schalwar, Pantoffeln von gelbem Maroquin.

Nr. 8.

Coz-bekdji-baschi, Kannenträger. Kegelförmige Leinenmütze mit hinten herabhängendem Ende. Quer geknöpfter Kaftan, von dessen vier Schössen zwei im Gürtel stecken. Kurze Kattun -Tunika. Schalwar in Maroquin stiefel gesteckt. Die Kanne hängt an dem Haken eines Stockes.

Nr. 12. Kopfbedeckung des düstz oder Stummen. Der düsia hält an der Thür des Sultans Wache, wenn er mit dem Grossvt-zicr oder Muphti eonferirt. Er macht sich durch schnelle Handbewegungen verständlich. Seine Kopf- bedeckung ist der yelkemy eine goldgestickte Mutze mit einem horizonlalabstehenden Seitentheil.

Nr. 13. Tschawusch, Musiker. Tah'eh aus Kattun mit zwei langen Bändern und einem ge- stickten yelken mit halbmondförmigem Boden. Tschepken, kurze Weste mit geschlitzten Aermeln, die gestickte Unter- ärmel sehen lassen. Orta-kuschalc t lange, an den Seiten geschlitzte Jacke. Kaftan aus Kattun. Pantoffeln.

Nr. 16.

Kapudsclri-baschi, erster Hauptmann der Thürhüter und Hof- marschall, bekleidet mit dem usth-karby, dem Hofgewande.

Der Kapudschi -hascht ist der Introducteur der fremden Ge- sandten.

Take, hohe Tuchmütze. Üsth-kurby , ein kurzer Rock aus Goldbrokat, mit Zobel besetzt und mit Hängeärmeln, und weisse Seidenweste.

Nr. 18. Kapudschi, Thörhüter des Serails, Paschaly -kaivuk , gestickte Kappe mit über die Schulter fallendem Musselinschleier. Kaftan aus Kattun. Pelz- mantel mit weiten Aermeln. Maroquinstiefel.

TSCHOKADARS (Offiziere vom Aussendienst).

Nr. 4.

Iskemle-agha, Taburetträger.

Er tragt das Taburet, auf welches der Sultan beim Besteigen

des Pferdes den Fuss setzt. Paschaly -kawak. Kaftan mit geschlitzten Schössen. Ge- streifte Tunika. Die Kleidung besteht im Winter aus Tuch, im Sommer aus weisser Leinwand oder Kamelot. Die Stiefel sind gelb, rotli oder schwarz.

Nr. 11. Kopfbedeckung des Tsclmntadschi, Beutelträgers. Der Name des Beamten kommt von der Tschanta^ dem münzen- gefüllten Beutel des Sultans. Üskief, hohe gestickte Mütze über einem tdkeh mit zwei Bändern.

Nr. 14.

Jümss-akhorlu, Unterstallmeister.

Ungefähr sechshundert an der Zahl stehen sie unt^r dem

Befehl des Grossstallmeisters. Filzmütze, wie sie bis zur Regierung Solimans I. im Ge- hrauche war , der den weissen Turban einführte. Ge- schürzter Kaftan. Schalwar. Gelbe Maroquinstiefel.

Die Abbildungen sind nach den Zeichnungen des älteren Barbier angefertigt, die derselbe für das Werk von Mouradja d' Ohsson, Tableau de l'empire ottoman, geliefert hat.

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TÜRKEI. XVIII. JAHRHUNDERT

HAUS-, STRASSEN- UND PILGERTRACHT IM ORIENT. TSCHENGUYS, ÖFFENTLICHE TÄNZER.

Nr. 1.

Aegypterin im Strassenkostüm. Musselin stück , den unteren Theil des Gesichts verhüllend; grosser, schwarzer Schleier, wie man ihn auch in Syrien tragt, den ganzen Körper bedeckend.

Nr. 2 und 3. Türkische Damen; Strassenkostüm. Langer Mantel (feredje) aus Tuch mit Kragen (yaca) aus grünem, rothem oder blauem Satin. Zwei Musselinschleier, von denen der eine von der Mitte der Nase bis zum Gürtel herabgeht, während der andere den Kopf bis zu den Augen uraschliesst. Schuhe, welche die terliks, lange Stiefeletten bedecken, die bis zur Mitte des Beines heraufreichen. .

Nr. 4.

Dame von Stand im Winterkostüm.

Turban aus gesticktem Musselin, durch einen mit Edelsteinen besetzten Goldring gehalten.

Das Haar, auf der Stirn verschnitten, die Ohren bedeckend. Zwei Roben bis unter den Busen reichend, der nur durch den beurundjuk , ein langes Hemde mit Aermeln, verhüllt ist. Ueber einer leichten Unterhose weite Hosen, um den Knöchel geschnürt. Ohrringe ; Halsband (guerdanlik) ; lange Kette; gestickter Gürtel mit Goldspange (tschaprass) ; an der linken Seite der Taille eine Tasche für die Uhr, deren Kette über die Robe herabfällt. Terliks aus gelbem Maro- quin, von den Schuhen bedekt. Grosser feredje, mit Zobel besetzt.

Nr. 5.

Dame von Stand im Frühjahrskostüm.

Gestickter Turban mit Diamanten und dem serghutsch, einem

Filigranbouquet geschmückt; kleine Seidenpuschel. Das Haar über der Stirn in Form eines doppelten Halbmondes verschnitten. Feredje mit Grauwerk besetzt; gestickter beurundjuk ; Kattunrobe ; Hosen ; indischer Shawl als Gür- tel. Ohrgehänge; doppelter guerdanlik; lange, goldene Kette; khatims, Ringe mit Steinen am Daumen und an andern Fingern. Terliks mit Schuhen bedeckt.

Nr. 6. Frau von Stand im Sommerkostüm.

Turban mit Filigrangehängen; Puschel aus Goldfäden; die Haarflechten hinten am Turban befestigt. Gestickter beii- rundjuk ; Robe aus geblümtem Stoff; feredje aus gewässertem Kamlott; gestreifter Unterrock ; indischer Shawl als Schärpe. Ohrringe; guerdanlik aus Metall; gestickter Gürtel mit tschaprass aus Gold; khatims. Terliks aus gelbem Maro- quin.

Nr. 7.

Mahomedanerin im Pilgerkostüm.

Während der Wallfahrt nach Mekka tragen die Frauen den yaschmak, einen grossen, weissen Schleier, der den ganzen Körper umhüllt. Der durchsichtige Kopfschleier darf keinen Theil des Gesichtes berühren. Der yaschmak ist durch seinen Gebrauch für das ganze Leben geheiligt und dient als Leichenhemd.

Nr. 8.

Europäerin in türkischer Tracht.

Die Strassentracht der Europäerinnen im Orient ist der feredje mit weiter yaka. An Stelle des Gesichtsschleiers tritt ein den Turban umhüllender Shawl.

Nr. 9 und 10.

Tsckenguys, griechische Tänzer und Musiker.

Nr. 9. Kegelförmige Mütze mitPuschel; djamadan, eine Art Weste, und tscheplcen, eine Jacke mit geschlitzten Aermeln, beides gestickt; kleiner indischer Shawl um die Schultern geschlagen; gefältelter schalwar; dicker Shawl um die Taille; Schnallenschuhe.

Nr. 10. Kegelförmige Mütze ; yelel:, an den Seiten geschlitzte Weste; salta, Jacke ohne Aermel; Gürtelshawl; schalwar; Schuhe.

Nr. 11.

Sklavin; Haustracht. Turban mit Puschel, an dem die Flechten befestigt sind.

Beurundjuk, am Halse durch eine kleineBroschegeschlossen ; Robe und langer feredje aus Kattun; Unterrock; Hosen. Gürtel mit tschaprass aus Metall. Schuhe.

Nr. 12. Oeffentliche Tänzerin.

Turban mit Schleier, der die Hälfte des Gesichtes bedeckt; yelek; salta; Gürtel mit tschaprass über einem Shawl; eine Art casaquin, gefranzt und gefältelt, über einem langen Rock mit gleichfalls gefranstem Besatz.

Vgl. Abbildungen und Text des Werkes von Ohsson, Tableau general de l'empire ottoman; Paris, 1790.

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BC TÜRKEI

DAS INNERE DER WOHNUNG.

ZIMMER EINER TÜRKISCHEN DAME. DER TANDUR.

Der Salon des gewöhnlich hölzernen Hauses hat eine in verschiedenen Farben bemalte Cassetten- decke. Die obere Fensterreihe zeigt zum Theil bemalte Scheiben, die untere ist durch Gitter und kattunene Vorhänge geschlossen. Das Mobiliar besteht aus dem umlaufenden Divan und einer An- zahl kleiner Tischchen. Der Fussboden ist im Sommer mit ägyptischen Matten, im Winter mit Smyrna- oder Salonikiteppichen bedeckt. Die sonstige Dekoration des Raumes verräth eine euro- päische Hand.

Der brasero aus Kupfer, wie er in Spanien üblich ist, in der Mitte des Raumes aufgestellt, dient zur Heizimg. Im Uebrigen haben die Damen ihren tandur oder taundur, comimpirt aus tennow.

Der tandw ist ein rechtwinkliger, mit grossen Tüchern bedeckter Tisch, unter den man den Kupferbrasero stellt. Man wärmt sich, indem man den Rand der Decke auf die Kniee legt. Der tandur steht meist vor der Divanecke, dem Ehrenplatz der Hausherrin, und seine Decken sind aus reich gesticktem Atlas, Gold- oder Silberbrokat.

Das Bild ist entlehnt dem Tableau geneVal de l'empire ottoman, von Muradja d'Ohsson schwedischem Gesandten in Constantinopel, 2 Bde. Paris 1787—90; 3 Bde. ebd. 1821.

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HC TÜRKEI

INNERES DES KAISERLICHEN HAREMS.

PERSPECTTVISCHER DURCHSCHNITT.

Doppeltafel.

Bis zur Mitte des XVI. Jahrhunderts bewohnten die ottomanischen Kaiser das alte Serail Mohammeds H. im Centrum von Konstantinopel ; Soliman H. Hess einen neuen Palast am äussersten Ende der Hauptstadt, auf der Stätte des alten Byzanz bauen.

Nachdem man die hohe Pforte und den Bab-us-Selam, die Pforte der Begrüssungen, passirt hat, gelangt man zu dem Thor der Glückseligkeit, dann zu den Wohnungen des Sidtans und seiner Familie, zum Harem und zu den Quartieren der Offiziere des inneren Palastes.

Der Chef der schwarzen Eunuchen fuhrt den Titel Kizlar aghassi oder Bari seadet aghassi, (Vgl. Tafel EN Nr. 15). Unter seinen Befehlen stehen der Valideh aghassi, der erste Eunuche der Sultanin Mutter; der Schazadeler aghassi, der Gouverneur der Prinzen; der Khazinedar aghassi, Schatzmeister des Harems ; der Buirik oda aghassi, Wächter des grossen Frauensaales ; der Kwtschulc oda aghassi, Wächter des kleinen Saales und die beiden Imans der Haremsmoschee.

Der Titel Sultanin ist der Mutter, den Schwestern und den Töchtern des Sultans vorbehalten. Die Valideh Sultanin verliert ihren Titel, sobald ihr Sohn stirbt. Die sieben ersten Frauen des Sultans heissen Kadinns, die übrigen Haremsfrauen OdalisJcen. Diejenige, die dem Sultan das erste Kind gebiert, erhält den Titel Khassegui sultan.

Unter den persönlichen Dienerinnen des Sultans wird die Usta-Jcadinn, die Oberwächterin des Harems, gewählt.

Der hier abgebildete Harem besteht fast ausschliesslich aus Holz. Um einen grossen und hohen Saal in Kreuzform gruppiren sich die einzelnen Frauengemächer. Sie haben breite Fenster mit bunten Scheiben; der Fussboden ist im Sommer mit Matten, im Winter mit Teppichen be- legt; die Decken sind bemalt, das Wandgetäfel aus Nussbaum oder Olivenholz mit Perlmutter, Elfen- bein, persischen Fliesen und Porzellan eingelegt. Alle Zimmer sind mit reichen Divans ausgestattet. Im Vordergrunde giebt die Usta-lcadinn einem Eunuchenoffizier ihre Befehle. In dem Zimmer zur Rechten des Beschauers im Erdgeschoss sitzen mehrere Frauen um den Tand/wr (vgl. Tafel B C). In dem Zimmer zur Linken nimmt eine Kadinn vor einem Siny (Tisch) sitzend ihr Mahl ein. Darüber befindet sich ein Gebetsaal, während in der zweiten Etage mehrere Dienerinnen beschäftigt sind, ge- rollte Stoffe, mit denen die Matratzen für die Nachtruhe bedeckt waren, fortzupacken. Die ganze Bewegung innerhalb des Harems ist durch auf- und absteigende und an den Schränken beschäftigte Sklavinnen veranschaulicht.

Abbildungen nach den Zeichnungen Mellings, Architekten des Kaisers Selims III. und Zeichners der Sultanin Hadschige, seiner Schwester, in der Pittoresken Reise nach Constantinopel und den Ufern des Bosporus, herausgegeben von Treuttel und Wurtz, 1819.

Vgl. Ohsson, Tableau de l'empire ottoman.

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TÜRKEI

INNENARCHITEKTUR DER PALÄSTE. XIX. JAHRHUNDERT.

Das hier dargestellte Interieur gehört zu dem auf Tafel H C im Durchschnitt gegebenen Harem vom Anfang dieses Jahrhunderts und liefert ein Beispiel des aus orientalischen und Rococo-Ele- menten gebildeten Mischstils. Dieser nach Zeichnungen von J. Drevet erbaute und decorirte Salamlik ist eigentlich das Vestibül des Palastes eines Herrschers. Der Architekt Paul B^nard hat es durch eine Art von Restauration alterthümlicher gestaltet und ihm den intimeren Charakter eines von Frauen bewohnten Gemaches gegeben. Der Pavillon im Hintergrunde wird eigentlich durch Rund- bogenfenster und ein ceil-de-bceuf erleuchtet. Den ersteren ist in der Restauration die spitzbogige Form gegeben worden, und ihr oberer Theil bis unterhalb der Capitäle der stützenden Säulen ist mit durchbrochenen Mustern aus feinem Stuck ausgefüllt. An Stelle des Fensterglases sind ver- schiebbare Holzgitter getreten, und, wo sich im Original das Bassin eines Springbrunnens befindet, liegen dicke Fussteppiche.

Die Colorirung ist ebenfalls nach den Angaben Paul Benards von Stephan Baron in Aquarell aus- geführt.

Nach einer Photographie.

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Picard litti

Irnp Firmin Didot. et. C". Paris

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TÜRKEI

VOLKSTRACHTEN AUS CONSTANTINOPEL

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7 8 9 10

Nr. 1. Bektaschi- Derwisch, so genannt nach dem Stifter dieses Ordens Hadji Bektasch. Die Mitglieder desselben tragen auf der Brust einen grossen Stern aus Nephrit und im rechten Ohr einen Schmuck in Form eines Halbmondes aus demselben Material. Ein anderes Abzeichen, welches sie auf der Brust tragen, ist eine Art Bockshörnchen, das unten wie ein Fischmaul zu- geschnitten ist. Am Gürtel hängt eine Ledertasche. Die Kleidung besteht aus einem Mantel mit Aermeln, der Kirka, einer Jacke und einem sehr weiten Beinkleid, welches oben an den Schenkeln sehr faltig und unten an den Beinen, wo es mit Agraffen befestigt wird, eng anschliessend ist. Die Kopibedeckung wird von den Derwischen selbst in ihren Klöstern angefertigt. Sie heisst tadj (Krone). Die alte Organisation der Bektaschi war eine militärische und religiöse zugleich. Die Stiftung des Ordens fand nur kurze Zeit früher statt als die der Janitscharen , mit welchen die Bektaschi bis zur Ausrottung jener eng verbunden waren.

Nr. 2. Hammal, Lastträger mit einem Apparat, einem Tragebock, der an starken Gurten befestigt ist und mit dessen Hülfe er die schwersten Lasten tragen kann. Die aus weissem Filz gefertigte Kopfbedeckung ist zum Schutze gegen die Sonne mit dem Saryk umschlungen. Jacke und Beinkleider sind aus einem filzartigen Stoffe gefeitigt.

Nr. 3. Die Aiwas sind Diener, welche die Speisen aus den gewöhnlich von den Wohnräumen sehr entfernt liegenden Küchen in die Esszimmer bringen. Die Schüsseln werden verdeckt auf ein grosses kupfernes Tablett gesetzt, welches der Aiwa auf dem Kopfe trägt. Seine Abzeichen sind die Schürze aus gestreifter Baumwolle und die um die Schultern geworfene Serviette von weisser Baumwolle. Sie tragen Strumpfe, die aus verschiedenartiger Wolle gewebt sind. Ihre Kopf- bedeckung ist ein dicker farbiger Saryk. Ihre Pantoffeln sind aus rothem Leder.

Nr. 4. Bürger von Constantinopel , der noch nicht, wie die Beamten, die europäische Tracht angenommen hat. Er trägt den weiten Mantel, Jacke, Beinkleider, den Saryk und derbe rothe oder gelbe Schuhe.

Nr. 5. Sdkka, ein Wasserträger mit der Kyrba, einem ledernen Behälter für das Wasser. Er trägt eine lederne Jacke zum Schutze der übrigen Kleidungsstücke gegen die Feuchtigkeit.

Nr. 6. Cäikdji. Die Caikdji sind die Führer der eleganten und geschwinden Boote, welche man in Constantinopel wie die Fiaker miethet. Ihr Hemde besteht aus Seide, ihre Jacke ist oft mit reicher Goldstickerei verziert. Die weiten Hosen sind aus Baumwolle. Sie tragen den Fez und die rothen Lederpantoffeln.

Nr. 7. Jüdin aus Constantinopel. Sie trägt eine Mütze aus geblümtem Stoff, welche das Haar völlig verbirgt. Der weite, seidene Rock {entern) ist mit einer Borte aus Goldfäden besetzt und um die Hüften mit einem Shawl gegürtet. Die Aermel desselben kommen unter der mit weissem Pelz besetzten Jacke zum Vorschein und reichen bis an die Fingerspitzen.

Nr. 8. Türkische Frau aus Constantinopel im Ausgehkleide. Wenn die türkischen Frauen auf die Strasse gehen, verhüllen sie den Körper in einen weiten Ueberwurf von Tuch, Wolle und Cachemir, je nach der Jahreszeit. Das Haupt ist mit einem weissen Mousselinschleier bedeckt, der, wie man sagt, immer durchsichtiger wird.

Nr. 9. Türkische Frau im Hauskleide. Sie trägt den Emtairi mit langer Schleppe und ein weites Beinkleid, unter welchem die Sammetbabuschen fast verschwinden. Ein Gürtel von Cachemir hält den Entari zusammen, .welcher aus kostbarem Brokat aus Damaskus, Aleppo und den kaiser- lichen Fabriken in Constantinopel gefertigt wird. Als Kopfbedeckung dient ein runder Wulst, der etwas nach vom geneigt ist. Die Pantoffeln sind mit Gold gestickt und mit Perlen besetzt. Die türkische Frau malt sich Augenbrauen, färbt die Wimpern, schminkt sich und giebt den Lippen noch eine künstliche Röthe.

Nr. 10. Verheirathete Armenierin. Ihre Tracht besteht aus einem Schleppkleide von einem dicken Gewebe aus Seide und Gold, aus einem Kranze weisser Blumen, einem Gazeschleier und einem zweiten eigenthümlichen Schleier aus Goldfäden, dem telpetsche, welcher fast bis auf die Füsse herabreicht.

(Nach Photographien aus dem Werke Costumes populaires de la Turquie, welches 1873 in Con- stantinopel von P. Sebah herausgegeben worden ist. Die Farben sind den Modellen entlehnt, welche 1874 von der Union centrale des Beaux-Arts appliquis h V Industrie ausgestellt worden sind.)

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TUR QU IE

TURKET

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TÜRKEI

KLEINASIEN.

TRACHTEN AUS DEN VIL AJETS VON AIDIN, KONIAH UND ANGORA.

Nr. 1. Bürger aus Jlanissa im Yilajet A'idin.

Manissa, der grösste Baumwollenmarkt Kleinasiens , ist das alte Magnesia am Sipylos. Der Mann trägt eine Weste nach fränkischem d. h. europäischem Schnitt über einem Hemde mit Kragen , eine kurze Jacke, weit nach hinten aufgebauschte Beinkleider, starke Schuhe, den gewöhnlichen Fez und einen breiten, um die Hüften geschlungenen, ge- musterten Gürtel. Von demselben hängt ein Schnupftuch ans Musselin mit goldgestickter Borte herab.

Nr. 2. Türkische Frau aus Messina.

Sie trägt eine morserförmige Kopfbedeckung mit goldgesticktem Rande und ein daran befestigtes schleierartiges Kopftuch. Die Eigenthümlichkeit der Tracht besteht in dem geblümten Musselintuch, welches unter dem Gürtel auf den Leib herabfallt.

Nr. 9. Türkin aus Burdur, Vilajet Koniah.

Der Fez ist besonders kunstvoll arrangirt. Auf dem Deckel ist er mit einem flachen Ornament aus Silberfädengespinnst dekorirt. Die blaue Quaste ist mit einem von Silberfäden umsponnenen Knopf befestigt, und um die untere Seite des Fez ist ein gelbes , roth gestreiftes Tuch geschlungen. Im übrigen ist die Tracht einfach. Der lange Entari fällt bis auf die Babuschen herab. Der Gürtel ist ein viereckiges Stück Zeug. Unterhalb desselben ist das Taschentuch befestigt. Die Jacke hat nur kurze Aermel, so dass die Aermel des Entari sichtbar sind. Nr. 4. Türkischer Bauer aus der Umgegend von Angora.

Die sonderbare Hülle, in welcher der Bauer steckt, so dass nur der Kopf und die untere Hälfte der Beine zum Vor- schein kommen, ist der aus weissem Filz bestehende Kepenek.

Er ist nur mit einer einfachen Ornamentik versehen. Als beständiger Begleiter der Bauern und Hirten vertritt der Kepenek, wie die Behausung einer Schnecke, die Stelle des Zelts. Man schützt sich damit gegen Kälte und Regen und schläft des Nachts darunter. Die Kopfbedeckung; ist ein rother Fez, um welchen der Saryk aas weissem Musselin geschlungen ist. Dann sieht man noch schwarze Oberbein- kloider, weisse enganliegende Unterbeinkleider und Sandalen aus Ziegenfell. Was der Bauer an werthvollen Gegenständen besitzt, befestigt er an seinem Kepenek. So siebt man liier einen Tschibuk mit goldenen Zierrathen und mit rothen Bändern hängen. Nr, 3. Türkische Bäuerin was der Umgegend von Angora.

Die Eigenthümlichkeit dieser Tracht besteht in dem reichen Schmuck aus getriebenem Silber, welcher den Deckel des Fez bekleidet. Von dem Deckel hängen noch silberne Kettchen mit einer doppelten Reihe von Münzen herab. Dazu kleine Ohrringe von Goldfiligran und ein langes, theils aus goldenen, theils aus silbernen Münzen bestehendes Halsband. Nr. 8. Türkischer Handwerker aus Angora.

Der Dargestellte ist anscheinend ein Weber von Schali, einem glänzenden Stoffe , der aus dem Haare der Angora-Ziegen gewebt wird. Aus diesem Stoffe besteht sein weisser Gürtel. Unter dem schwarzen Ueberrock (djubbc) , den er mit den Händen zurückschlägt, trägt er eine kurze grüne Jar.kf (salta).

Nr. 5. Christlicher Handwerker aus Angora.

Der Dargestellte soll ein Färber sein. Der Entari ist von einfarbiger Seide und über der Brust sorgsam übergeschlagen

Die Schuhe sind von schwarzem, weichem Ziegenleder und ohne gekrümmte Spitzen.

Nr. 6. Kurde aus der Umgegend von Yuzgat.

Die kurdischen Stämme weiden ihr Vieh während des Sommers in den Steppen des Vilajets von Angora. Ein gerader Fez aus dickem, hartem Filz mit einem geblümten Taschentuch umwunden und mit langer, dicker Quaste; Entari aus hunt- gestreifter Baumwolle, oben am Halse zugeknöpft. Der Gürtel ist von gestreifter tunesischer Seide. Die kurze Jacke ist von Filz und an den Seiten und an den Aermel- rändern mit schwarzen Wollenstreifen besetzt. Die Aermel werden bei kaltem Wetter an der inneren Seite von oben bis unten zugeknöpft. DieStiefelsindvonrothem, starkem,ge- füttertem Maroquinleder und mit sehr dicken Sohlen versehen. Nr. 7- Kurdische Frau aus der Umgegend von Yuzgat.

Die seltsame Kopfbedeckung ist ein ganzes Gebäude aus weissen Tüchern, die bis auf den Rücken herabfallen und

oben um den Fez durch ein Band befestigt sind. Der Fez selbst ist von mehreren bunten Tüchern umwunden. Die weissen Tücher können auch vor dem Gesicht zusammen- genommen werden und so als Schleier dienen. Diesem mächtigen Gebäude entsprechen die grossen silbernen Ohr- ringe, von denen Kettchen mit Münzen herabhängen. An- dere Ketten sind mit silbernen Nadeln unterhalb der Schultern befestigt und werden in der Mitte unter dem Halse durch eine Agraffe zusammengehalten. Auf dem Gürtel von tunesischer Seide sitzt eine dicke Platte von getriebenem Silber, von welcher noch zwei andere Ketten herabhängen , die aus mehreren Reihen von Silbermünzen bestehen. Ein eigeu- thümliches Kleidungsstück ist die mit einem Latz versehene schwarze Schürze, die oben über die Achseln auf den Rücken hinabreicht und diesen ganz bedeckt. Die Babuschen sind von gelbem Leder.

Die Figuren sind nach Photographien aus dem Werke Costumes populaires de la Turquie von P. Sebah (Konstantinopel 1873) gezeichnet. Die Farben und die Einzelnheiten der Tracht sind den Modellen in natürlicher Grösse nachgebildet, welche 1874 von der Union Centrale des Beanx- Arts appliqne's ä l'InÖMStrie in Paris ausgestellt waren.

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ASIATISCHE VOLKSSTÄMME

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Nr. 1.

Knrdiache Frau aus Savi Kaya, Villajet Koniah. Die Kurden sind ein räuberischer Volksstamm, der von dem Er- trage der Viehzucht lebt. Da sie wegen der häufigen Ueber- fülle, die sie in das Gebiet ihrer Nachbarn machen, den Ver- folgungen derselben ausgesetzt sind, ist ihre und ihrer Frauen Tracht danach angethan, dass sie schnell ihre Zelte abbrechen und entfliehen können. Die Frau trägt eine weite, vorn offene Jacke, die schnelle Bewegungen leicht macht, dazu hohe Stiefeln aus rothem Leder (auf unserer Tafel sind durch einen Irrthum flache Sehuhe daraus geworden). Wenn die Frauen reiten , stecken Bie den unteren Theil des Rockes (Entari) in die Schäfte der Stiefel. Der Entari ist von rother, gelbgestreifter Seide nnd wird um die Hüften durch einen Shawl von Seide oder Baumwolle zusammengehalten. Die Kopfbedeckung besteht aus einem Fez mit langer Quaste, um welchen mehrere buntgeblümte Tücher gewunden sind. Die Haare fallen in natürlichen Locken au die Schultern herab.

Nr. 2.

Baschi-Bozuk von Angora. Unter Baschi-Bozuks (d. h. Civüisten) versteht man in der Türkei eine Art Landsturm, der im Kriegsfalle aus allen Provinzen zusammengezogen wird, dann aber ohne militärische Organisation kämpft und durch seine Räubereien und seinen Ungehorsam mehr be- schwerlich als nützlich ist. Der Baschi-Bozuk auf unserer Tafel scheint ein Pferdetreiber oder Kutscher zu sein. Ueber einer rothen oben zugeknöpften Weste trägt er eine Filzjacke, die mit schwarzer Pasaementeriearbeit besetzt ist. Die oben

sehr weiten Beinkleider werden durch den breiten, rothgelben Gürtel zusammengehalten. Die Maroquinstiefeln laufen in aufwärts gebogene Spitzen aus, welche die charakteristische Eigentümlichkeit aller türkischen Fussbekleidungen bilden. Der mit blauer Quaste versehene Fez ist von bunten Tüchern umwunden.

Nr. 3. Griechische Frau aus Burdur, Villajet Koniah. Diese Tracht erinnert an diejenige auf altpersischen, in Boghaz- Keni in Kappadocien gefundenen Reliefs. Die Kopfbedeckung ist eine cylinderförmige Mitra, die aus einem nach oben breit auseinander gehenden Fez und herumgewickelten Tüchern besteht. Am unteren Rande derselben sind Ketten aus Sternen, Zechinen , Sonnen von ciselirtem Silber und andere Schmucksachen befestigt, welche fast die ganze Stirn bis zu den Augen bedecken. Auf beiden Seiten fallen Ketten von Zechinen u. dffl. bis auf die Schultern herab, und dazu kom- men noch lange Ohrgehänge. Das Unterkleid ist oben aus- geschnitten, so dass man das weisse Hemd sehen kann. Die Aermel des Ueberrockes sind so lang, daes sie die Hände be- decken. Zu beiden Seiten der Brust hat der Ueberrock Auf- schläge mit Goldstickereien.

Nr. 4. Fiau eines muselmännischen Handwerkers aus Angora. Die Kopfbedeckung ist ein Fez aus dickem Filz. Derselbe ist oben mit einer silbernen Platte versehen, an welcher die blaue Quaste mit einer goldenen Eichel und kleinen Ringen befestigt ist. Ein Musselintuch mit aufgemalten bunten

Blumen ist um den Fez gewunden, so dass es die ganze Stirn bedeckt. Vorn ist an dem Tuche ein Goldstück zum Schmucke befestigt. Die langen Ohrgehänge sind aus Silberfiligran. Dazu ein Halsband aus Silberpiastern und goldene Arm- bänder. Die Tracht besteht aus einem durchsichtigen Hemd von Seide, einer weiten Hose, dem Entari aus gestreifter Baumwolle und einer Jacke aus weissem Baumwollenstoff. Der Entari wird über der Hose durch einen ledernen Gürtel zusammengehalten. Pantoffeln aus gelbem Leder wie bei Nr. 3.

Nr. 5.

Judin aus Brussa im Strassenkoatüm. In Brussa , dem Mittelpunkte des Fabrikbetriebs und des internationalen Handels, befinden sich viele Juden, Banquiers, Kaufleute, Wechsler, Agenten u. s. w. Ein Stadtviertel ist ihnen aus- schliesslich eingeräumt. Die Jüdin trägt über der mit einem Turbantuch umwundenen Mütze noch einen Schleier, welcher aber das Gesicht und die vom Kopfe herabhängenden Schmucksachen sehen lässt. Zu dem weiten TJeberkleid wird noch ein Schultertuch getragen. Dazu Babuschen aus gelbem Maroquin mit umgebogenen Spitzen.

Nr. 6.

Turkomane aus der Umgegend von Brussa. - Die Turko- manen sind Nomaden , welche von der Viehzucht leben. Während des Sommers bewohnen sie die Hochebene um den Berg Olympos herum , im Winter steigen sie in die Ebene hinab. Sie lieben den Kleiderprunk und zieren ihre Ge- wänder daher gern mit Goldstickereien. Der Mantel, die Jacke und die weiten Beinkleider von Nr. 6 sind damit be- setzt. Von dem um den Turban gewundenen Saryk hängen Perlen herab. Der Saryk ist aus weisser Baumwolle von Brussa, die Stiefel sind aus gelbem Maroquinleder.

Nr. 7 und 8. Die Zeibeke sind kriegerische Bergbewohner, welche vermuthlich von den Ureinwohnern der Westküste Kleinasiens abstammen. Sie werden heute von der Regierung als Hülfs- truppen bei Gebirgskämpfen verwendet nnd dienen auch zum Schutze von Reisenden gegen räuberische Ueberfälle. Sie sind deshalb bis an die Zähne bewaffnet und mit allen Vorräthen versehen, die sie auf ihren langen Ritten brauchen. Ausser einer langen Flinte tragen sie Säbel, Dolche und Pistolen im Gürtel, von welchem auch Wasser- und andere Flaschen Tabaksbeutel u, s. w. herabhängen, die überdies mit Fäden an den Hals befestigt sind. Ihre Tracht hat eine gewisse militärische Uniformität, bei welcher nur die verschiedenen Grade durch bestimmte Abzeichen gekennzeichnet werden. Nr. 7 ist ein Korporal, Nr. 8 ein Sergennt. Letzterer ist durch reichere Goldstickereien und durch die grössere Feinheit der Stoffe char akter isirt. Er trägt ebenso wie sein Untergebener den Mantel, der nur auf unserer Abbildung fehlt, damit man seine reichere Tracht sehen kann. Die Grundzüge der- selben sind bei beiden gleich.

Nr. 9.

Muselman aus Koniah. Auch dieser Mann gehört zu jenen freiwilligen Soldaten, die zur Begleitung von Beamten, Reisenden und Pilgern benutzt werden. Er ist jedoch nicht so stark bewaffnet wie die Zeibeks. Die Griffe seiner Pistolen sind mit Kupfer beschlagen. Sein Yatagan steckt in einer Scheide von grünem Maroquin, der Griff desselben ist von Knochen oder Eibenbein Ueber dem Hemde (salta) von ge- streifter Baumwolle trägt er eine Jacke, die so kurz ist, dass seine Bewegungen beim Reiten nicht gehindert werden. Um den Turban ist ein dichter Saryk gewunden, der zugleich zum Schutze der Augen dient. Durch den breiten Gürtel ist ein gesticktes Tuch gezogen, welches der Besitzer als Taschen- und Mundtuch gebraucht.

(Nach Photographien aus der Sammlung Costumes yopulaires de la Twrquie, Konstantinopel 1873, und nach den Modellen, die 1874 von der Union centrale des Beaux arts appliques ä Vindustrie ausgestellt worden sind.)

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ASIATISCHE TURKMENEN, CHRISTEN UND ISRAELITEN.

WILAJETS VON CHODAVENDIKIAR (BRUSSA), AIDIN UND KONIA.

Nr. 1. Wilajet Konia. Bewohner von Elmaly. Der Name dieser Stadt bezeichnet eine Gegend, die reich an Apfelbäumen ist. Der hier dargestellte Obstgärtner trägt den Entari aus gewebtem Stoff, von einem seidenen Gürtel umschlungen, in dem das mit goldenen Palmen be- stickte Taschentuch steckt; darüber den langen Dschitbbe. Der Fez ist mit dem leicht gefältelten Yemeni anstatt des Saryk umwunden.

Nr. 2. Wilajet Chodavendikjar. Jüdin aus Brussa im Hauskostüm.

Die Jüdinnen in Brussa tragen, wie überall im Orient, ein be- sonderes KoBtüm. Nr. 2 ist mit dem das Haar verdecken- den Hotoz, dem aus geblümter Seide bestehenden, mit einem Shawl umgürteten Entari und einer ärmellosen, mit Pelz gefütterten Hyrka bekleidet. Vgl. die Tafel Türkei mit dem Zeichen des Bajonnetts.

Nr. 3. Handwerker aus Aidin. Gerbereien und Kattunmanufakturen machen die Industrie von Aidin aus und sichern seinen Bewohnern eine aus- kömmliche Existenz. Nr. 3 trägt eine Art krämpelosen Hut , einen Kaipak mit langem blauseidenem Piiskül und schmalem Saryk. Ein langer Entari aus gestreiftem Kattun wird durch eine Schnur um die Hüften zusammengehalten. Ein kurzer Mintan aus feinem Tuch , eine doppelte Fuss- bekleidung, aus den mes und den Babuschen zusammen- gesetzt, vervollständigen sein Kostüm.

Nr. 4. Umgegend von Brussa. Slsis, Stallknecht. Der Sels tragt unter einem gestickten Tsditpken und seinem Tuch einen Dschamadan von amaranthfarbenem Sammet mit Goldstickerei, der die weissen Hemdärmel frei lässt. Sein

weiter Potur verengert sich um die Waden herum zu einer Art gestickten Gamaschen, die bis zu den Spitzen der Stiefeletten ä la franka herabgehen. Der Fez ist zinnober- roth, der tunesische Gürtel lose um diu Hüften ge- schlungen.

Nr. 5. Wilajet Aidin. Haham, ein israelitischer Doctor in Smyrna.

Auf dem Kopf der Bonncto , eine Art Turban, in der Hand einen Stock ä la Louis XTV. mit Elfenbein knöpf und Spitze. Ein Cachemirshawl mit Franzen als Gürtel. Der lange Entari aus gestreifter Seide ist von einem weiten , dunkel- farbigen Binisch mit weiten Hängeärmeln bedeckt. Der Schalwar aus Tuch geht bis zur Fussbekleidung herab.

Nr. 6u. 8. Bauer und Bäuerin aus der Umgegend von Brussa im Hochzeitsstaat.

Nr. 6 trägt einen mit blauen und schwarzen Seiden- und Wollstickereien geschmückten Yelek, einen ebensogeschmück- ten Mintan und Tschepken. Die ebenfalls reich gestickten Ga- maschen sind durch rothe Strumpfbänder mit dem einfacheren Schalwar verbunden. Ein tunesischer Seidengürtel, weisse Wollstrümpfe, rothe Yemeni und gleichfarbiger Fez vervoll- ständigen das Kostüm.

Die Braut trägt den Fez mit breit darüberfallendem Piixkül, einen hellfarbigen, mit goldenen Palmen bestickten Mintant Schahvar und Entari aus Seide, shawlartigen Gürtel und rothe Babuschen mit nach oben gekrümmter Spitze.

Nr. 7. Mohamedanische Dame aus Smyrna.

Nur die Art der Haartracht ist europäisch. Der Kopf ist

mit einer Oya-Krom und einem langen, am Rande mit

Roseuzweigen bestickten Schleier bedeckt. Der vorn offene

Enlari wird durch ein paar fein gearbeitete Agraffen zu- sammengehalten. Vom Gürtel abwärts wird der Schahvar aus gestreifter Seide sichtbar, der bis zum Knöchel herab- reicht. Weisse Strümpfe und Maroquin-Babuschen bedecken die Füsse. Als Ueberrock dient ein Dschubbe mit engen, sich vom Handgelenk ab erweiternden Aermeln. Entari und Dschubbe sind aus demselben Stoff, einem von Gold-, Silber- und Seidenfäden durchzogenen Gewebe.

Nr. 9. Christlicher Kaufmann aus Aidin. Es ist ein Bukkal, Kolonialwaarenhandler. Sein Fez ist von dem Mandil unregelmässig umschlungen, sein Dschamadan über der Brust durch einen Knopf zusammengehalten. Die schmucklose Salta hat engeAermel; der dunkelfarbige Schal- war fällt bis auf die weissen Halbstrümpfe herab. Sein ein- ziger Luxus ist der prächtige Gürtel aus Seide und Goldf ran- zen, dessenKostbarkeit von dem Reichthum des Trägers zeugt.

Zeichnungen nach Photographieen der Costumes populaires de la Turquie, eines Werkes, das 1873 in Constantinopel durch P. Sebäh herausgegeben wurde. (Text von Hamdy-Bei und de Launay.) Die Details und die Kolorirung nach den Modellen der Ausstellung der Union centrale des beaux-arts in Paris 1874.

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ASIATISCHE TÜRKEI

SYRIEN.

MOHAMMEDANISCHE BEVÖLKERUNG VON DAMASKUS, VON BELKA UND VOM LIBANON.

Nr. 1, 2, 3, 5 und 6 Mohammedaner von Damaskus, Belka und Umgegend.

Nr. 4, 7, 8, 9, 10 und 11 Bevölkerung des Libanon: Drusen, Beduinen u. s. w.

MOHAMMEDANER VON DAMASKUS, BELKA UND UM- GEGEND.

Nr. 1. Fellah aus der Umgegend von Belka. Gestreifter Seidenstoff um den Fez gerollt, von dem der püskül herabfällt. Entari und kutuu , durch einen keiner zusammengehalten, an dem ein Tabaksbeutel aus Leder hängt. Maschlah, mit blau und rother Stickerei auf weissem Grunde. Tscharyk ans weichem Leder mit kurzen Schäften und weissen Filzsohlen.

Nr. 6. Fellahfrau aus der Umgegend von Damaskus. Fez mit dunklem yemeni und las tepelik; Ohrgehänge aus Silberfiligran ; Halsband aus Silber; gestreifter entari; Gürtel aus Seidenschnur und Goldfäden mit Franzen. Eunluk, schwarze Schürze mit roth und gelben Schnüren. Ueber der Schürze der tschaprass, eine grosse silberne Agraffe mit herabhängenden Kettchen. Pabudschi aus Maro- quin.

Nr. 2. Dame aus Damaskus; Hauskostüm. Mnsselinkopftneh, vou dem anilik, einem metallenen Stirn- bande umschlossen. Fi'stan, eine ArtBlouse, und schalwar aus gestreiftem Satin. An deu Füssen der hohe naleitn aus kostbarem Holz, mit Perlmutter, Elfenbein und Silber eingelegt.

Nr. 3.

Drusin aus der Umgegend von Damaskus ; Haustracht. Tantwr , ein mehrere Fuss hoher silberner Kopfaufsatz über dem puschi, einem unter dem Kinn geknüpften Kopftuch. An jeder Seite grosse Rosetten aus Silberfiligran, von denen Silberkettchen mit Zechinen herabhängen. Langer entari und dschubbeh aus schwarzer Seide. Silberner tschaprass.

Nr. 5. Handwerkerfrau von Belka; StrassenkoBtüm. Ueber dem maschlah ein seidener tscharschaf, durch lange Schnüre mit Quasten unter dem Kinn befestigt und um das Gesicht herum mit Münzketten geschmückt. Fistan aus Kattun und pabudschi.

BEVÖLKERUNG DES LIBANON: DRUSEN, BEDUINEN

u. s. w.

Nr. 11. Drusin vom Libanon.

Schwarzer Schleier, an der Spitze des tantur befestigt; entari mit engen Aermeln; dschubbeh vom Kinn bis zum Gürtel'ge- knöpft; grosse silberne Gürtelagraffe.

Nr. 4.

Druse vom Libanon.

Fez, von einem Streifen weissen Filz umschlungen, pala in

kostbarer Scheide an einer rothen Seidenschnur; unter der

aba ein cntart aus schwarzer Seide mit einem weissen Filz- gürtel, in dem ein Messer steckt. Tscharyk mit dicken weissen Filzsohlen. In der Hand die balta, eine Streitaxt mit halbmondförmiger Schneide.

Nr. 7.

Mohammedaner vom Libanon.

Fez mit seidenem püskül nnd saryk aus -weissem Musselin.

Gestreifter mttan aus Seide, dessen Aermel unter denen der

siüta aus dunklem Tuch hervorsehen. Maroquinschuhe.

Nr. 8. Mohammedanerin vom Libanon. Fez mit silbernem tepdik und püskiU. Vierfache Kette mit dreieckigem Talisman. Gürtel mit Franzen. Armbänder aus Silberfiligran. Zwei Hemden aus weisser Seide , das eine eng, das andere weit; aitari aus Tuch, voru offen und au den Seiton geschlitzt. Tuchhose. Socken aus Kattun. Pabudschi.

Nr. 9. Bedewi. Frau vom Libanon.

Kopftuch, auf die Schultern herabfallend, mit einem anderen Tuch umwunden. Lange dschubbeh, unter dem Kinn ge- knöpft. "Kernet mit dem sebil, der Tabakspfeife. Die salta ist hier eine weite Jacke. Stiefel aus Maroquin.

Nr. 10. Bedeivi vom Libanon.

Kefleh aus Seide mit einer Franze aus Goldschnüren und Quasten, durch eine Schnur aus Kameelhaaren gehalten. Kattunhemd mit weiten Aermeln. Dzchuhbck aus feinem schwarzen aba, durch einen Keiner aus Silberstoff geschlossen, lu dem Gürtel steckt der Dolch, Jiawa, und der Tabaks- beutel aus Lammfell. Wollene maschlah, schwarz und weiss gestreift. Weite Maroquinstiefel. Töchibuk mit Palmrohr und Holzkopf.

Die Abbildungen sind nach den Photographieen der Costmnes populaires de la Turcmie an- gefertigt, einem Werke, das 1873 durch P. Sebah (Text von Hamdy-Bey und de Laiuiay) unter Autorisation der kaiserlichen Commission für die Wiener Ausstellung veröffentlicht worden ist. Details und Colorirung sind nach den Modellen ausgeführt, die durch die Union Centrale des Beaux- Arts im Musee de Costume 1874 ausgestellt waren.

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TÜRKEI

KLEIN-ASIEN.

TRACHTEN IN DEN VIL AJETS TRAPEZUNT, SIWAS, DIARBEKIR, HEDJAZ, ERZERUM, ALEPPO, CHODAVENDIKJAR UND YEMEN.

Nr. 1, 11 und 12. Vilajet Trapezunt. Nr. 2 und 5. Vilajet Siwas. Nr. 3 und 14. Vilajet Diarbekir. Nr. 4 und 15. Vilajet Hedjaz. Nr. 6 und 10. Vilajet Erzerum. Nr. 7 und 9. Vilajet Aleppo. Nr. 8. Vilajet Chodavendikjar. Nr. 13. Vilajet Yemen.

VILAJET TRAPEZUNT.

Nr. 1.

Muhamedanische Bäuerin; Umgegend von Trapezunt.

Tepclik , SUberplatte mit Kettchen und Münzen den fez be- deckend. Guerdanlik, dreireihiges Halsband, von dem eine Goldmünze über den seidenen gheuuzluk herabhängt. Unter dem Ausschnitt des entari sieht man den Rand des tnitan aus heller Seide. Die Aermel des fermene reichen nur bis an den Ellenbogen, über den die des entari und des tnitan fortgehen.

Seidener Gürtel mit Quasten. Peschiimal, Schürze aus Seide. Schalwar. Gestickte Schuhe.

Nr. 11. Muhamedanische Dame; Trapezunt; Haustracht.

Fez, mit einem yetneni umschlungen ; darüber der tepelik ; Perlen- halsband mit dem Siegel des Salomon, muhuri Sidehnan; seidene hyrka mit herzförmigem Ausschnittund aufgeschlage- nen Schössen, die zugleich mit denen des entari in den Gürtel gesteckt sind. Gürtel aus gestreifter Seide. Ueber der hyrka eine salta aus Sammet mit gestickter Borte, deren Aermel über die des heurundschulc fortreichen. Armbänder. Schalwar über die gestickten palmdschi fortfallend.

Nr. 12.

Muhamedanische Dame; Trapezunt; Strassenkostüm.

Petsche, dichter schwarzer Schleier mit Goldborte und tschar- schaf aus damascirter Seide mit Silbersternen.

VILAJET SIWAS. Nr. 2. Bäuerin aus Osmandschik. Fez, von dem yazma umwunden, einem geblümten Kopftuch, über welches das Haar diademartig aufgenommen ist. Filigranohrgehänge mit Silberschellen. Dunkler e-ntari, vorn offen, mit langen Aermeln. Hyrka, kurzes Seiden- mieder mit halblangen Aermeln. Eunluk , durch einen Gürtel gehalten. Nackte Füsse in 2)abnd$chi ans Maroquin.

Nr. 5. Kurdische Frau; Umgegend von Siwas. Kalah , grosse Mütze mit püskü? , von mehreren yemeni um- wunden. Goldbordirter entari s oben geschlossen, unten offen. Seidener tunesischer Gürtel mit Taschentuch. Schal- war aus gestreifter Seide, in den aufwärts gebogeuen Ma- roquins tief ein steckend; darüber ein grosser goldbordirter dschuhbe mit langen Schlitzärmeln.

VILAJET DIARBEKIR. Nr. 3.

Kurdische Frau aus Palu.

Filzbarrett, durch zwei Tücher gehalten, in denen Nadeln mit von Zechinen besetzten Kettchen stecken.

Mintan mit engen ausgezackten Aermeln. Entari aus ge- streifter Seide. Seidener Gürtol. Hyrka. Vom Kopfputz herabfallend ein Stück Kattun von derselben Farbe und mit ähnlichen Mustern bedeckt wie die Schürze. Maroquin- stiefel .

Nr. 14. Christliche Dame; Diarhekir. Hotoz , ein Kopfputz, der aus einer silbernen Kappe besteht, um welche dicke gestickte und mit Franzen und Mün- zen besetzte Kattunstreifen geschlungen sind. Hinten hängen mehrere Kopftücher herab. Silbernes Halsband. Entari. Dunkler Tuchrock. Seidener Gürtel mit Taschen- tuch. Gestreifte Seidenschürze. Tief ausgeschnittenes Mieder, dessen Aermel mehr als 0,50 m über die einer dunklen Tuchjacke hinausgehen.

V1LAJET HEDJAZ. Nr. 4. Muhamedanische Dame; Mekka. Drei lange Schleier, mahramas, umhüllen das seidene Hemde mit langen Aermeln und den schahvar aus gestreiftem Taffet. Der erste Schleier ist aus Gaze und mit einem Stirnbande aus Goldstoif mit Zechinenbehang verbunden ; der zweite, ebenfalls aus Gaze, hat Gold- und Seidenstickereien; der dritte besteht aus weissem Musselin mit Goldlitze. Tier- eckiger Schulterkragen aus Goldstoff mit Münzenbehang. Weisse Strümpfe und pabudschi aus Sammet mit Goldstickerei und Perlen. Armbänder in Gold- und Silberfiligran. Nasen- schmuck. Ohrgehänge mit Kettchen und Münzen.

Nr. 15.

Muhamedanische Frau aus Dscheaddele; Umgegend von Mekka.

Die Kopftracht besteht aus zwei Schleiern : der erste aus schwarzem Stoff bedeckt die aufgelösten Haare; der zweite, der schemse, aus rothem Kattun mit weisser Seidenstickerei bildet auf dem Scheitel eine mehrfach zusammengelegte Rolle und fällt im Nacken gerade herab. Unterhose aus Kattun, mit Schnüren um die Hüfte befestigt. An den Füssen nadass mit Quastenschnüren. Der Oberkörper ist mit einem gestickten yelek bekleidet.

VILAJET ERZERUM. Nr. 6. Muhamedanerin aus Wan; Strassenkostüm. Tschurschaf, mit beiden Händen vor das Gesicht gehalten. Dieses Umschlagetuch aus gemusterter Seide dient gleich- zeitig als Bettdecke und Sophabelag. Das sonstige Kostüm ist wie Nr. 10.

Nr. 10.

Armenierin aus Wan,

Fez mit yemmi auf dem gekräuselten Haar. Entari und

schalwar aus Seide unter dem schapo, einer Art Mantel aus Seidencachemir mit hellen und dunklen Streifen, auf denen sich Palmen guirl an den befinden. Er ist bedeckt von einem dschubbe aus Tuch, dessen kurze Aermel die des entari sehen lassen. Pabudschi aus Leder mit aufwärts gebogener Spitze.

VILAJET ALEPPO. Nr. 7. Bedeivi-Fva,xi. Schwarze asaba, das Gesicht umschliessend; an der Seite eine Nadel, die eine Art Kokarde mit Münzenbehang hält. Yaschmak aus durchsichtiger schwarzer Seide über einem langen schwarzwollenen entari. Silberner Gürtel mit Kett- chen. Armbänder und Ringe aus Silber.

Nr. 9. Jüdische Dame; Aleppo. Bunte Mitra aus gestreifter Seide, Falsches geflochtenes Haar. Langer entari aus gestreifter Seide über einem schahvar und einem mitan mit langen Aermeln. Hyrka aus hellem Taffet, am Halse geschlossen, mit kurzen Ober- ärmeln. Das Mieder des entari geht bis unter die Arme und bleibt über der Brust offen. An den Füssen weisse Stiefel, tschedik und pdbudschi. Gürtel. Silberne Ringe und Ohrgehänge.

VILAJET CHODAVENDIKJAR. Nr. 8. Turkomanische Frau; Umgegend von Brussa. Hoher weicher Fez mit yemewi in bunten Farben. Seidener goldgestickter Rock. Schahvar; kaput, salta, yehk und gold- gestickte pdbudschi.

VILAJET YEMEN. Nr. 13. Muhamedanische Dame aus Sanaa; Strassenkostüm, Vaneni mit breiter weisser Spitze unter einem rothen Kattun- schleier mit Buntstickerei, der durch Nadeln zusammen- gehalten wird, so dass er das Gesieht umschliesst und über Schultern, Arme und Rücken herabfällt. Im Hause tragen die muhame danischen Damen ein langes Hemde aus gestreiftem Kattun, ohne Aermel, auf der Seite mit einer goldgestickten kabbalistischen Figur geschmückt, und einen engen schahvar, der bis auf die Knöchel reicht.

Abbildungen nach Photograpbiccn aus den Costumes populaires de la Turquie, einem 1873 in Constantinopel veröffentlichten Werke von P. Sebah (Text von Hamdy-Bey und de Launay), auf Veranlassung der kaiserlichen Kommission der Wiener Ausstellung erschienen. Details und Kolorirung nach den Modellen, die durch die Union centrale des Beaux-Arts im Musee du Costume in Paris 1874 ausgestellt waren.

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BYZANTINISCHES

GRIECHISCHER UND LATEINISCHER KLERUS. ASKETEN UND MÖNCHE.

DER SEGEN BEI DEN GRIECHEN UND LATEINERN.

DER KAISER DES OSTREICHS UND DDE OFFIZD3RE SEINES GEFOLGES.

DER RÖMISCHE CONSUL. DER PATRIZIER.

WELTLICHES UND KIRCHLICHES GERÄTH.

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GRIECHISCHER UND LATEINISCHER KLERUS. Nr. 6. Griechischer Bischof; IX. Jahrhundert. Sti'charium (gefältelte Tunika) mit zwei Bandstreifen, clavi, bis auf die Füsse reichend. Phenolium , Chormantel ohne seitlichen Schlitz. Omophorium oder pallium mit Bleiplätt- chen am untern Rande, um es gerade herabfallen zu lassen.

Nr. 16 uud 18. Patriarchen aus derselben Zeit. Ausser den oben genannten Kostümstöcken das hypotrache- lium, eine Stola aus Goldstoff; das hypognatium , eine Art Gürteltasche. Nr. 16 trägt an Stelle des pallium ein superhumerale aus Goldstoff.

Nr. 13 und 19. Lateinischer Bischof und Abt. Nr. 13. Heldric, Abt von Saint-Germain d'Auxerre. Nr. 19. Der heil. Marcus in Bischofs tracht. Vgl. die Tafeln D J. und N. Mittelalter.

Nr. 17. Französischer Bischof; XI. Jahrhundert. Kegelförmige Tiara mit Metallreif und Kugel. Gestickter amictus, alba, dalmatica, casula mit pallium. Am linken Ann die mam'pula, ein leinenes Tuch zum Säubern der hei- ligen Gefässe.

ASKETEN UND MUNCHE. Nr. 9, 10 und 11. Die griechischen Asketen trugen das pallium der Philosophen des Alterthums; ausserdem die Tunika, ein diademartiges Stirnband, die orientalischen Hosen, sarabella, und hohe Stiefel aus vergoldetem Leder.

Nr. 1, 2 und 3. Byzantinische Heilige. Ende des X. Jahrhunderts. Diademartiges Stirnband; pallium; dalmatica und ttmica ge- stickt; Schuhe aus vergoldetem Leder. Nr. 3 trägt über dem pallium das superhumerale.

DER SEGEN BEI DEN GRIECHEN UND LATEINERN.

Der griechische Segen wird mit ausgestrecktem Zeigefinger ertheilt, der Mittelfinger ist leicht gekrümmt, der Daumen über dem Ringfinger gekreuzt, der kleine Finger gekrümmt (Nr. 6, 16, 18 und 19). So entsteht ungefähr das Mono- gramm Christi. Beim lateinischen Segen sind die drei ersten Finger gestreckt, der Ringfinger und der kleine Finger geschlossen. Die drei ersten Finger bedeuten die Dreieinigkeit, die beiden andern die göttliche und die menschliche Natur Christi.

DER KAISER DES OSTREICHS UND DIE OFFIZIERE SEINES GEFOLGES.

Nr. 20. Nikephoros Botoniates, Kaiser des Ostreichs; gekrönt 1078.

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4, 5, 7 und 8.

Offiziere des kaiserlichen Gefolges. Zu dem Kostüm des Kaisers vgl. Tafel GH, Fränkisch -Byzan- tinisches Nr. 3.

Die Offiziere tragen einen gestickten Mantel mit eine.m Bruststück aus Goldstoff.

DER RÖMISCHE CONSÜL. Nr. 14. Consul des Ostreichs ; V. Jahrhundert. Die Attribute des Consuls sind die trabea oder pabnata, die goldgestickte Toga mit dem Purpurstreifen, und das subar- mdle profundum oder lorum , ein breiter Stoffstreifen, aus dem sich das pallium der Geistlichen entwickelte. Dazu kamen die calcei aurait, vergoldete Stiefel.

Der Consul sitzt auf der setta curulis und hält in der einen Hand das sceptrum eburneum (einen elfenbeinernen Stab), in der andern die mappa, anfangs eine Art Tuch, dann eine Rolle, die er als Zeichen zum Anfang der Spiele in die Arena warf.

Die Figur des Consuls ist einem Diptychon aus Elfenhein entlehnt.

Nr. 21.

Purpurne, goldgestickte Toga über einer dunkeln Tunika; durch dünne Schnüre gehaltene Sandalen. Der Thronsessel ist von einem Kissen mit gestickten Streifen bedeckt.

WELTLICHES UND KIRCHLICHES GERÄTH. Nr. 12 und 22.

Sessel vom Anfang des X. Jahrhunderts. Die Miniaturen der Handschriften des IX., X. und XI. Jahr- hunderts zeigen nur ausnahmsweise Sessel mit hoher Rück- lehne, und dann sind es immer Ehrensitze für hervor- PersÖnlichkeiten.

Nr. 15. Pkari, Leuchter; IX. Jahrhundert. Der Gebrauch der Kerzen reicht bis in die Zeit der Gründung der christlichen Kirche zurück. Bei den Lateinern wurden sie seit dem X. Jahrhundert auf den Altar selbst gestellt. Die Orthodoxen brachten sie auf einem kleinen Nebenaltar unter. Auch wurden sie von Lectoren und Acolythen dem amtirenden Priester und Diakon vorangetragen.

Nr. 1, 2, 3, 9, 10, 11, 16 und 18 nach Gemälden auf Holz vom Berge Athos, im Besitz der

Firma Didot in Paris. Nr, 4, 5, 7, 8 und 20 aus den CEuvres choisies de saint Jean Chrysostome (Pariser Nationalbibliothek

ms. 79, fonds Coislin); nach Stichen, die der Graf de Bastard nach der Handschrift anfertigen liess. Nr. 6 und 15 aus den Monuments franc,ais inedits von Willemin nach einer Handschrift des X. Jahr- hunderts. Nr. 12, 13 und 22 aus dem Recueil des costumes francais von Beaunier und Bathier, nach den Miniaturen einer Handschrift aus dem X. Jahrhundert. Nr. 14 aus der Encyclope*die m&hodique von Monges. Nr. 17 eine Statue von den Portalen der Kathedrale in Chartres. Nr. 19 aus einem Evangelienbuch des XI. Jahrhunderts in der Abtei von Luxeuil, Nr. 22 aus einem Evangelienbuch Karls des Grossen in der Nationalhibliothek in Paris.

Vgl. Didron, Iconographie chretienne. Didron und Paul Dwand, Manuel d'Iconographie chre- tienne, grecque et latine. Martigny, Dictionnaire des antiquites chretiennes, 1877.

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Gl BYZANTINISCHES UND ABESSTNI8CHES

TYPUS DES PATRIARCHEN. PRINZEN DER KAISERLICHEN FAMILIE. Dffi MARONITEN UND Dffi ORTHODOXEN. DAS ABESSYNISCHE

KREUZ.

KAISER DES OSTREICHS UND PRINZEN DER KAISERLICHEN FAMILIE. DIE TIARA

UND DIE KRONE.

Nr. 8. Andronikos IL Palaeologus (1273—1322).

Gruppe Nr. 5.

Manuel Palaeologus (1391 1425) und seine beiden Söhne, Johannes, seit 1419 Johannes Palaeologus

und Theodorus Porphyrogenetes, Prinz von Sparta.

Die griechischen Kaiser entlehnten einen grossen Theil der Abzeichen ihrer Würde den persischen Königen, unter Anderm auch die Tiara. Die Tiara des Kaisers Andronikos Nr. 8 ist mit Edelsteinen besetzt, oben mit einem grossen Diamantknopf, die des Manuel Palaeologus Nr. 5 wird von einem Kreuz überragt.

Andronikos trägt über der gestickten Tunika eine Dalmatika mit weiten A ermein, darüber Superhumerale und Stola. Das Pallium ist in Form eines Gürtels umgeschlungen, die Manipula über den linken Arm geschlagen. Die rechte Hand hält das Scepter, die linke die Acatia, ein kleines mit Sand gefülltes Kissen in Form einer Rolle. Manuel Palaeologus und sein Sohn Johannes sind ähnlich gekleidet, nur ist an Stelle des Pallium das Hypogonation getreten, eine Art Tasche, die auch zum Kostüm der griechischen Bischöfe gehört.

Nr. 4. Tiara des Kaisers Michael Palaeologus.

Priesterliche Tracht des katholischen und orthodoxen Klerus in Syrien.

Die syrischen Christen scheiden sich in zwei kirchliche Gemeinschaften und drei Riten. Zwei dieser Riten sind katholisch , der der Maroniten und uniirten Griechen oder Melchiten ; der dritte, der der orthodoxen Griechen, ist dissidentisch.

Die Maroniten erkennen zwar die Suprematie des Papstes an, haben aber ein besonderes Ober- haupt in der Person des Patriarchen von Antiochia.

Gruppe Nr. 6. Der Patriarch von Antiochia und maronitische Priester. Die Tracht des Patriarchen ist durchaus die der Bischöfe des Abendlandes; eigenthiimlich ist nur das in der rechten Hand gehaltene silberne Kreuz (vgl. Nr. 2). Die beiden Priester tragen das Kostüm der Ulemas, äsclmbbe, entari, kwndma (Lederschuhe) und Jculali (Kopfbedeckung).

Nr. 1, 3 und 7.

Orthodoxe Bischöfe und Diakonen.

Die Kopfbedeckung der griechischen Bischöfe ist die Mitra oder die viereckige Mütze mit hinten herabfallendem Schleier (vgl. Nr. 3). Die Priester und Diakonen tragen einen schwarzen kalpak (Nr. 7). Die sonstigen Theile des priesterlichen Ornates sind: Das phenoKwm, der casitmla entsprechend; das sticliarium oder Chorhemd; das omophorion oder pallium, breiter und länger als das der Lateiner; der Chorrock, bei den Orthodoxen wenig in Gebrauch, bildet einen Theil des Prozessionsornates der Bischöfe (Nr. 3); das hypogonation , eine viereckige Tasche am Gürtel, ein Attribut der Bischöfe und Patriarchen (Nr. 1).

Der griechische Krummstab, meist aus zwei Schlangen bestehend, die sich einer Kugel mit Kreuz entgegenkrümmen , ist fast immer aus Holz, mit Elfenbein und Perlmutter eingelegt. Brust- kreuz und Ring gehören ebenfalls zum Ornat der Bischöfe.

Die Diakonen (Nr. 7) tragen die gestickte dalmatica und das epitrachelium oder die stola. Als Stoff wird gewöhnlich Seide in allen Farben verwendet ; das Schwarz ist ausgeschlossen , selbst bei Beerdigungen.

DAS ABESSYNISCHE KREUZ. Nr. 2. Das Kreuz des Theodoros, Königs von Abessynien. Dieses Kreuz befand sich im Schatz des Theodoros in Magdala und ist im Besitz des Herrn Dutuit. Die elegante byzantinische Form desselben contrastirt mit der Rohheit der eingravirten Zeichnung.

Nr. 1, 2, 3, 6 und 7 nach Photographieen. Nr. 4 und 5 dem Glossarium von Du Cange, Nr. 8 der Historia Byzantina desselben Autors entlehnt.

Vgl. Voyage en Abyssinie exäcute' pendant les anntes 1839—43, von Lefevre, Petit, Qucntin Dillon et Vignon. Frangois Lenomiant, Histoire des massacres de Syrie en 1860.

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FRÄNKISCH-BYZANTINISCHES

KAISER UND KAISERINNEN DES ÖSTLICHEN REICHES: PRACHT- UND HAUSKOSTÜM. KAISERBILDNISSE.

PRACHT- UND HAUSKOSTÜME.

Nr. 2.

Kaiser der ersten Jahrhunderte; Prachtkostüm.

Nr. 1,3 nnd 5.

Nikephoros Botaniates , Kaiser (1078—1081) nnd seine Ge- mahlin Maria; Prachtkostüme.

Nr. 4.

Nikephoros Botaniates; Hanstracht.

KAISERLICHE BILDNISSE.

Die Dynastie der Heraklier.

Nr. 6 und 7.

Heraklius (610 641) und die Kaiserin Eudoxia.

Nr. 8.

Jnstinian II. Rhinotmetes, Kaiser von 685—695 und 705—711 .

Nr. 9.

Philippikos Bardanes (711-713).

Die Dynastie der Isaurier.

Nr. 10.

Leo IV. der Chasare (775-780).

Nr. 10.

Konstantinos V. Porphyrogenetes (780—797).

Der Cäsarische Lorbeer, das erste Zeichen der Kaiserwürde, hatte sich in ein diamanten- besetztes Diadem verwandelt, von dem später Perlenschniire herabhingen; der Kaiser Justinian fügte noch ein Kreuz auf der Scheitelhöhe hinzu. Die Form des Diadems zeigen Nr. 6 und 8, die der Krone Nr. 1, 2, 3, 4, 9, 10 und 11. Auch die Kaiserin trug Diadem (Nr. 7) oder Krone (Nr. 5).

Auf den Münzen der ersten Zeiten tragen die Kaiser des Ostreiches die Consulentracht und ein Scepter mit Erdkugel und Adler (Nr. 9) oder mit dem Kreuz (Nr. 10). Zur grossen Staatstracht gehörte die nartex oder ferula, ein ziemlich langer Stab, der in ein oder mehrere mit Edelsteinen besetzte Vierecke endete (Nr. 1 und 2). Das Scepter der Kaiserin Maria (Nr. 5) endet in ein Kreuz.

Ueber einer doppelten Tunika trug der Kaiser eine purpurfarbene Chlamys, die auf der rechten Schulter durch eine Agraffe festgehalten wurde (Nr. 2). Seit dem vierten Jahrhundert ist das vor- nehmste Abzeichen des Herrschers der clavus, ein viereckiges auf die Chlamys genähtes Stück Goldbrokat (Nr. 3). Der Kaiser Nikephoros trägt an Stelle der Chlamys die palla, von demselben Stoff und ebenso reich gestickt wie die um Schidtern und Hüfte geschlungene stola.

Die Tracht der Kaiserinnen ist ebenso kostbar und von ähnlichem Schnitt. Die Kaiserin Maria

Nr. 5 trägt ausser Tunika und Stola ebenso wie der Kaiser Nikephoros (Nr. 4) noch das super- humerale.

Die kaiserlichen Schuhe waren gewöhnlich gelb oder roth, aus einer Art Maroquin, den man persisches Leder nannte.

Nr. 1, 3, 4 und 5 sind den ausgewählten Werken des heiligen Johannes Chrysostomus entlehnt, einem Manuscript aus der ehemaligen Bibliothek des Herzogs von Coislin, Bischofs von Metz, im Be- sitz der Nationalbibliothek in Paris (ms. Nr. 79 fonds Coislin).

Nr. 2 entstammt der Historia Byzantina von Du Gange; 1680.

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FRANKREICH

KÖNIGSKRONEN UND SCEPTER

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Die meisten der hier zusammengestellten Beispiele sind Denkmälern entlehnt, die einer späteren Zeit angehören, als die dargestellten Personen. Montfaucon, aus dessen Werk Les Monuments de la monarchie frangaüe diese Proben genommen sind, glaubt zwar, dass die Statuen französischer Könige aus älteren Bauten in solche des XI., XII. und XDII. Jahrhunderts über- führt worden; indessen bedarf diese Ansicht für jeden Fall eines Beweises, der nicht erbracht worden ist. Man wird deshalb gut thun, alle diese Kronen und Scepter dem XI., XU. und XIII. Jahrhundert, also der Epoche des romanischen Stils zu überlassen, für welchen auch die meisten Ornamente characteristiseh sind. Eine Ausnahme macht nur der Siegelring König Childerich's, der in seinem Grabe in Tournai gefunden worden ist.

Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7. Kronen Clodwigs, seiner vier Söhne Theodo- rich, Clodohiir, Childebert und Clotar und der beiden Königinnen Clotilde und Ultro- gothe (Gemahlin Childeberts). Vom Portal der Kirche St. Germain des Pres in Paris.

Nr. 8, 9, 10, 11. Kronen von Statuen des dritten Portals von Notre-Dame in Paris.

Nr. 12, 13. Vom Portal der Kathedrale in Chartres.

Nr. 14. Vom Grabe Clotar I. in der unterirdischen Kirche von St. Medardus in Soissons.

Nr. 15. Die angeblich echte Krone Fredegundes.

Nr. 16, 17. Angeblich aus der Zeit Dagoberts.

Nr. 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28,

29, 30, 31, 32. Kronen und Mützen, angefertigt, von Abt Ful- rad zur Zeit Pipins und Karls des Grossen.

Nr. 33, 34, 35, 36. Kronen Karls des Grossen. Die drei letzteren stammen von einem Siegel eines Mosaiks in San Giovanni in Laterano und von einer Statue in Aachen.

Nr. 37, 38, 39, 40, 41. Kronen Pipins des Kurzen, Lothars und Karls des Kahlen aus einem Manuscript des LX. Jahr- hunderts.

Nr. 42, 43, 44.

Siegelring Childerichs, gefunden in seinem Grabe in Tournai.

Nr. 45.

Scepter Dagoberts aus dem Schatz der Abtei- kirche von St. Denis. Der Adler mit dem Fragment einer menschlichen Figur ist rö- mischen Ursprungs und soll von einem Consul- stab herrühren. Der Stab zeigt byzantinische Ornamente.

Nr. 46, 47. Scepter und Gerechtigkeitsstab (Main de Justice). Sie dienten bei der Krönung der französi- schen Könige. Aus dem Schatze der Abtei- kirche von St. Denis.

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MITTELALTER

WESTLICHES EUROPA IX., X. UND XI. JAHRHUNDERT

INNERES EINER HERRENWOHNUNG. RESTAURATION

Unsere Tafel macht den Versuch, das Innere eines Prachtraumes aus einem fürstlichen Schlosse zu reconstruiren und zwar für eine Zeit, aus welcher uns keine Reste der Privat- architektur erhalten sind. Der Restaurationsversuch konnte sich deshalb in Bezug auf die Decoration nur an die kirchlichen Gebäude jener Epoche halten. Karl der Grosse musste für seine Palasthauten in Nymwegen, Aachen, Ingelheim u. s.w. Bauleute und Bildhauer aus Rom und Ravenna kommen lassen, wo der antike Baustil sich allmälig zur Architektur des Mittelalters umwandelte, indem er sich zugleich mit byzantinischen Einflüssen kreuzte. Auch Karl der Kahle bediente sich griechischer Künstler, und so verbreitete sich nach uud nach der byzantinische Stil über das ganze westliche Europa. Während die Architekturformen sich noch mehr an die römische Art anschlössen, waltete in der Decoration der Innenräume der byzantinische Geschmack vor, den wir am besten und reinsten aus den Miniaturmalereien der griechischen Manuscripte vom VI. bis IX. Jahrhundert kennen lernen. Diese Malereien bewegen sich in demselben engen Formalismus, in derselben Stilstrenge, welche für die gesammte byzantinische Kunst maassgebend sind, und deshalb darf unsere Restauration einen gewissen Anspruch auf Wahrscheinlichkeit erheben. Natürlich dürfte eine so reiche Decoration zu den Ausnahmen in einer Zeit gehört haben, in welcher das Leben auf den Schlössern einen durchaus militärischen Charakter hatte. Bis in das XII. Jahrhundert hinein war der Donjon, ein zwei oder drei Stockwerke hohes, thurm- artiges Gebäude, die einzige dauerhafte Behausung in der befestigten Umfriedigung, welche das damalige „Schloss" umgab, das aber in Wahrheit nur ein verschanztes Lager war. Innerhalb der Umfriedigung befanden sich Baracken für die Besatzung, Stallungen, Küchen, Vorraths- und Wirthschaftsräume, welche ein vollkommenes Dorf um den Donjon herum bildeten. Dieser ent- hielt in jedem Stockwerk nur einen oder zwei Räume.

Die Decoration der obern Wandhälfte schliesst sich an den Stil der Mosaiken von Ravenna an. Der Fussboden ist einfach mit Ziegeln gepflastert. Ein Kamin fehlt in dem Räume, weil damals noch die antike Sitte herrschte, das Heizen durch Röhren unterhalb des Fussbodens zu bewirken. Gegenüber dem Bette ist eine Vorrichtuug von buntbemalten, gitterartig angeordneten Eisenstäben angebracht, durch welche die warmen Dämpfe hindurchdringen können. Die Form

des Bettes, welches sich durch seine Einfachheit von den römischen Luxusbetten unterscheidet, erhielt sich bis zum XIII. Jahrhundert. Seit dem VI. Jahrhundert diente es nicht mehr als Sitz bei den Mahlzeiten, sondern zur Ruhe. Man legte sich unbekleidet in das Bett und deckte sich mit einem umfangreichen Tuche zu. Erst mit dem XII. Jahrhundert, als der Luxus wieder stieg, kam zu dem Bette ein oben an der Wand befestigter oder auf Säulen ruhender Himmel. Auf unserer Tafel ist eine Art Bettschirm angebracht, welcher aus einer Gardine besteht, die mit Bingen an einer Eisenstange hin- und hergezogen werden kann. Solche Vorhänge zum Schutze der Betten waren zu einer Zeit überaus nöthig, wo die Bauart der Wohnungen an sich noch nicht hinreichenden Schutz gegen die Unbilden der Witterung gewährte. Durch die Vor- hänge wurden auch die Betten von einander geschieden und so in demselben Räume mehrere Schlafzimmer hergestellt.

[Nach der Restauration des Architekten Paul Benard aquarellirt von Stephan Baron.)

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EUROPA. MITTELALTER

MÖBEL AUS DEM VIL— XIV. JAHRHUNDERT. - BETTEN, THRONE, SESSEL.

Nr. 1 und 2. Seiten- und Vorderansicht eines Sessels von vergoldeter Bronze, bekannt unter dem Namen der Thron Dagoberts. Er gehört den ersten Zeiten der Merowinger an und war ursprünglich ein Faltstuhl, aus welchem später ein fester Sitz gemacht worden ist, indem man Rücken- und Seitenlehnen hinzufugte. Dies geschah auf Befehl des Abts Suger. Der Sessel soll antiken Ursprungs sein. Die fränkischen Könige sassen auf demselben, wenn sie die Huldi- gungen ihrer Grossen entgegennahmen. Er befindet sich im Schatze von Saint-Denis.

Nr. 7. Bischofssitz ans dem achten Jahrhundert von vorn gesehen, von Marmor auf zwei Elephanten ruhend. In der Kirche zu Canova, Provinz Neapel.

Nr. 8. Thron eines Erzbischofs aus dem Ende des elftun Jahr- hunderts in der Kirche von Bari, Provinz Neapel, von Skla- ven und Löwen getragen. Die Letzteren sollen vielleicht an den Thron Salomos erinnern, der im dritten Buch der Könige beschrieben ist.

Nr. 6- Faltstuhl mit Kissen. Man findet diesen Typus häutig in den- Miniaturen der Mauuscripte aus der Karolingerzeit.

Nr. 15. Sessel mit Rückenlehne aus der Mitte des neunten Jahrhunderts. Aus der Bibel Karls des Kahlen.

Nr. 16. Sessel aus dem zwölften Jahrhundert nach einem gleichzeitigen Manuscript.

Nr. 14. Thron nach einer Bibel aus dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts.

Nr. 3 und 10. Armsessel aus einem Manuscript über die Jagd, verfasst von Gaston Phebus , Grafen von Foix und Herren von Bearn im Jahre 1380.

Nr. 13. Bett aus dem neunten Jahrhundert, welches noch den byzantinischen Typus trägt.

Nr. 11. Bett mit hoher Rückenlehne und reichererAusstattung als

Nr. 13. Beide sind einem griechischen Manuscript nach- gebildet, welches um 886 n. Chr. ausgeführt ist.

Nr. 17. Bett aus dem zwölften Jahrhundert. Das Unter- gestell ist aus Holz gearbeitet. Darüber ist ein Teppich gelegt, auf welchem erst die Matratze ruht, die sich nach dem Kopfende zn einem Kissen wölbt, welches durch ein Eisengitter gehalten wird. Eisenstäbe sind auch als Stütze der Füsse angebracht. Eine Fussbank erleichtert das Hinauf- steigen. Der Sessel Nr. 16 gehört zu diesem Bette. Das Manuscript, welchem das Bett entnommen ist, gehört dem zwölften Jahrhundert an und ist rheinischen Ursprungs.

Nr. 12, Bett aus dem zwölften Jahrhundert nach einem Relief vom Portal der Kathedrale von Charties, welches die Niederkunft der hl. Jungfrau darstellt. Der Gegenstand auf dem baldachinartigen Vorsprung oberhalb des Bettes ist die Wiege des Kindes, die mit Bändern verschnürt wurde, um das Kind vor dem Herausfallen zu bewahren.

Nr. 4. Bett aus dem dreizehnten Jahrhundert. Die OefFnung an der Vorderseite dient dazu, dass man leichter hinein- steigen kann. Zu diesem Bett gehört der Stuhl Nr. 5. Aus einem Manuscript Histoire du .samt Graul, Pariser National- Bibliothek Nr. 6767. Ursprünglich waren die Betten sehr einfach aus Bronze hergestellt. Nach dem zwölften Jahr- hundert griff ein grösserer Luxus um sich, und die Holz- gestelle wurden mit Malerei, Schnitzwerk und eingelegter Arbeit dekorirt.

Nr. 9. Kanne aus der gallo- fränkischen Epoche, häufig in Manuscripten ans dem neunten Jahrhundert vorkommend.

(Nach Willemin, Antiquites de la France.)

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BÜRGERLICHE, MILITÄRISCHE UND GEISTLICHE TRACHTEN

Nach Miniaturen aus einer französischen Uebersetzung der Offenbarung St. Johannis, die im XIII. Jahrhundert entstanden ist, aber für die Kopie eines Manuscripts des IX. Jahrhunderts, vermuthlich aus dem Jahre 816, gehalten wird. Der Charakter der Trachten, insbesondere das Kettenhemde der Ritter, spricht jedoch mehr für das XITJ. Jahrhundert.

(Pariser Nationalbibliothek, Ms. Nr. 7013.)

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BÜRGERLICHE TRACHT. - XL JAHRHUNDERT.

DIE MÜTZEN. TUNIKA UND RÜCK. DER SCHULTERMANTEL ODER DIE KAPUZE. DIE HOSE ODER KNIEHOSE. DER WEIBLICHE SCHLEIER. DIE FÜSSBEKLEIDUNG.

Diese Bildfragmente entstammen den Fresken in der Bogenfüllung der Abtei Saint -Savin in Poitou. Sie stellen Scenen aus dem alten Testament und das Martyrium der heiligen Savinus und Cyprianus dar. Dem XI. Jahrhundert angehörig und im Stil der römischen Katakomben gehalten, zeigen sie die vor der von Eginhard beschriebenen fränkischen Tracht übliche Mode.

Die Mützen. Die Bilder von Saint-Savin zeigen zwei Formen: eine viereckige, aus vier ge- radlinigen Theilen zusammengesetzte (Nr. 7) und eine spitze, der phrygischen Mütze ähnliche (Nr. 10, 11 und 13). Beide Arten der Kopfbedeckung sind aus gefilzter Wolle. Varianten zeigen Nr. 2,3, 8 und 12. Das Haar wurde vorn verschnitten, hinten und an den Seiten gepufft, der Bart lang getragen.

Tunika und Rock. Ueber dem Hemde trug man eine Tunika, bliaut, eine Art Blouse mit eng anliegenden Aermeln, die bis zu den Knieen reichte. Der bliaut wird durch einen Gürtel zusammen- gehalten (Nr. 12 und 14). Personen von Rang und Greise (Nr. 10, 1 und 6) tragen ihn länger, Frauen bis auf die Füsse herabfallend. Die Stoffe waren gewöhnlich mit Gold und verschieden- farbiger Seide durchwebt und kamen meist aus dem Orient.

Der Schultermantel. Die Kapuzen mit Schultermantel von verschiedenem Schnitt (Nr. 5, 6 und 9) wurden von beiden Geschlechtern getragen, gingen aber vom XI. Jahrhundert ab vorzugs- weise in das Kostüm der Geistlichkeit über.

Die Hosen. Fast alle hier dargestellten Personen tragen anliegende Beinkleider aus feinem Tuch, Woll- oder Seidentricot.

Die Mäntel. Im XL Jahrhundert war der Mantel viereckig oder halbkreisförmig. Nr. 10, 11, 12 und 13 zeigen dieses Kleidungsstück wie eine Chlamys auf der rechten Schulter befestigt, Nr. 5 und die ersten Figuren der Gruppe Nr. 1 und 8 tragen den viereckigen Mantel, auf der linken Schulter oder über der Mitte der Brust durch eine Agraffe oder Schnalle zusammengehalten. Drei Personen der Gruppe Nr. 1 tragen die pcenula, den Regenmantel mit Kapuze. Der weibliche Mantel war im Schnitt dem männlichen gleich (Nr. 8).

Der Schleier. Die Frau der Gruppe Nr. 8 lässt den auf dem Kopfe befestigten Schleier in natürlichen Falten über den Mantel fallen; er wurde dann über der Mitte der Brust mit einer Brosche befestigt.

Die Fussbekleidung. Die Schuhe beider Geschlechter bestanden aus Tuch und waren über dem Spann geschlossen oder offen. Die der Männer wurden durch Bänder über den engen Hosen befestigt. Darüber zog man Holzschuhe, als Schutz gegen die Nässe.

Die Sitze ohne Rücklehne (Nr. 10 uud 12) sind mit Kissen bedeckt; mit einem Fusstritt werden sie zu Thronen.

Nr. 3 giebt das Modell eines vierrädrigen Wagens, dessen Pferde einfach mit Stricken einge- spannt sind. Das Reitzeug des Pferdes Nr. 5 besteht in einem glatten Sattel ohne Steigbügel mit Bauchgurt, Brust- und Schwanzriemen.

Abbildung nach den Fresken der Kirche von Saint-Savin, gezeichnet von Gerard Seguin, mit Text

von Merimee; 1844.

Vgl. das genannte Werk. Quicherat, Histoire du costume en France. Viollet-le-Duc, Dictionnaire du Mobilier.

EUROPA MITTELALTER

FRANKREICH XII. UND XIII. JAHRHUNDERT

TRACHTEN DER VORNEHMEN STÄNDE

13 6 12 9 11 2 7 14 10

4 3 5 18

Diese von den Portalen der Kirchen Notre Dame de Paris, Notre Dame de Chartres, Notre Dame de Corbeil, Saint Germain l'Auxerrois und der Abtei Ste. Genevieve in Paris her- rührenden Statuen tragen nicht die Costüme, welche der Zeit der dargestellten Personen, der ersten fränkischen Könige, entsprechen, sondern die Tracht, welche zur Zeit ihrer Entstehung die herrschende war. Der Charakter dieser Tracht ist durch Byzanz und den Orient bestimmt worden, mit welchen das Abendland in Folge der Kreuzzüge bekannt wurde. In der Karolingi- schen Periode reichte die Tunica der Männer nicht über die Kniee herab; erst mit dem Anfang des XII. Jahrhunderts wurde sie länger und länger, bis sie schliesslich bis zu den Knöcheln reichte. Die Stoffe sowohl wie ihre Stickereien, Besätze und sonstigen Decorationen, die Schmiegsamkeit und Feinheit der Stoffe, der feine Faltenwurf, der Kopfschmuck, die Kronen und die goldenen Ringe, welche das Haar zusammenhalten, dies alles findet sich auf byzan- tinischen Kunstdenkmälern des XI. und XII. Jahrhunderts. Auch Frauen hatten an den Kreuz- zügen Theil genommen und fanden an der orientalischen Tracht Gefallen. Venedig war die Vermittlerin bei der Einfuhr „damascenischer, indischer und saracenischer" Stoffe und Waaren wie sie in gleichzeitigen Documenten genannt werden.

Die mit einem Nimbus versehene Statue Nr. 1 stellt Clotilde, die Gemahlin Clodwigs L, dar. Sie trägt ein sich eng an den Körper anschliessendes Leibchen mit kleinem Halsausschnitt, welches am Rücken zusammengeschnürt ist. Ein zweimal um den Leib geschlungener Gürtel bildet die Verbindung zwischen dem Leibchen und dem fein gefalteten Schleppkleide. Das Hauptbekleidungsstück ist der lange faltige Mantel, der an den Schultern befestigt ist, mit weiten tief herabhängenden Aermeln. Die Schuhe (s. Nr. 2) sind eng anliegend "nd vorn zu- gespitzt. — Die Krone ist Goldschmiedearbeit. Das Haar ist in der Mitte über der Stirn ge- scheitelt und fällt auf beiden Seiten in langen von Bändern zusammengehaltenen Strähnen über die Schultern herab, fast so weit, als die Aermel reichen. Als Stoffe für die Kleidung dienten Seide (für den Rock), feine Leinewand (für das Hemd) und Musselin. Das Leibchen war eine Art Tricot von Kreppseide, der ganz elastisch und weich war und sich ganz an die Formen des Körpers anschmiegte. Der seidene Rock war entweder einfarbig oder mit Gold gestickt oder endlich aus verschiedenfarbiger Seide zusammengewebt. Der Gürtel bestand aus Stoff, war aber

mit goldenen Beschlägen und edlen Steinen besetzt. Seine Enden, die über dem Leibe zu- sammengebunden wurden, bestanden aus geflochtenen seidenen Bändern, welche nach der Kno- tung noch tief über das Kleid herabhingen und mit goldenen Ringen verziert waren. Der halb- kreisförmige Mantel, dessen Schnitt für beide Geschlechter der gleiche war, bestand gleichfalls aus Seide, war aber nicht mit Pelz gefüttert, wie man an den zahlreichen feinen Falten sieht. An den Kanten war er mit Besätzen versehen, sonst gewöhnlich schmucklos und einfarbig, meist roth, blau oder grün. Der Mantel wurde entweder über die Brust geschlagen und an der Schulter nach römischer Art mit einer Spange befestigt (s. Nr. 3) oder man knotete die beiden Enden einfach über der Brust zusammen (s. Nr. 8). Die häufigste Art, den Mantel zu befestigen, war jedoch die, welche man an den Nrn. 5, 4, 7 und 6 sieht. Ein an der einen Seite befestigtes Band wurde an der anderen durch eine Oese gezogen und mittelst eines Knotens befestigt. Man konnte auf diese Weise den Mantel beliebig eng zusammenziehen. Der Mantel war kürzer als der Rock. Er war das Abzeichen des Adels bis gegen das Ende des XIV. Jahrhunderts. Um ihn mit Würde und Anstand zu tragen, bedurfte es einer langen Uebung. Der Gang der Damen war langsam und abgemessen. Beim Spaziergang trugen sie lange Stöcke, die auf den Knöpfen Vögel trugen.

Die Tracht der Männer war einfacher und praktischer. Der Mantel war der nämliche, wie der der Frauen. Der Rock reichte aber nur bis zu den Knöcheln. Darüber trug man noch eine Art Leibrock, bliaut genannt, welcher nur oben eine Oeffnung hatte, um den Kopf hindurch- zustecken. Er bestand aus einem einzigen Stücke Zeug und war an den Schultern enger als unten, wo er bis zu einer gewissen Höhe an den Seiten aufgeschlitzt war, um das Gehen zu erleichtern. Dieser Leibrock war kürzer als der eigentliche Rock (s. Nr. 5). Dieser bestand meist aus Linnen und wurde über dem Hemde getragen, ersetzte aber auch häufig die Stelle desselben. Während der Bliaut ärmellos war, schlössen sich die Aermel des Rockes, die an den Schultern weit und faltenreich waren, unten eng an das Handgelenk an. Der Gürtel kam in der bürgerlichen Tracht der Männer erst gegen das Ende des XII. Jahrhunderts auf. Er be- stand aus weichem Leder oder Seidengewebe und wurde mit vergoldeten oder emaillirten Metall- rosetten geziert. An diesem Gürtel hing die Almosentasche. Das Haar, in der Mitte gescheitelt, fiel über die Ohren auf Hals und Schultern herab. Im Anfang des XII. Jahrhunderts trug man den Bart noch lang; gegen Ende des Jahrhunderts verschwand diese Mode.

Die weiblichen Trachten neigten im Laufe des XII. Jahrhunderts, dem byzantinischen Vorbilde folgend, immer mehr zur Uebertreibung. Die Aermel schleppten bis auf die Erde herab und die Leibchen wurden immer enger anliegend. Der Luxus der Gürtel und des Kopfschmucks nahm immer mehr zu. Oft trugen die Frauen unter der Krone oder dem Stirnreifen einen runden Schleier von durchsichtiger Seide oder feinem Linnen, welcher das Gesicht umrahmte und auf die Schultern zu beiden Seiten herabfiel (s. Nr. 2 und 12). Die Tracht der Männer hatte sich in umgekehrter Weise entwickelt. Gegen das Ende des Jahrhunderts wurde der Schnitt immer einfacher und einfacher und die Kleidung leichter zu tragen (s. Nr. 5 und 6).

Die Nrn. 9, 10 uud 11 sind Statuen von Geistlichen. Der Bischof mit der Mitra trägt einen Bart. Zu den dreizehn Kleidungsstücken des ministrirenden Priesters gehört der atnictus, welchen die drei Geistlichen um den Hals tragen. Es ist eine Art Kapuze, die emporgezogen wurde und den Kopf des Priesters verhüllte, wenn er zum Altare hinaufstieg. Der amictus war noch im XIII. Jahrhundert im Gebrauch. Das lang herabhängende Tuch am Arme der beiden jüngeren Geistlichen ist das manipulum, welches sie um die Hände wickelten, wenn die heiligen Gefässe, Kelch, Monstranz u. s. w., angefasst wurden.

Herkunft der Statuen und die Nameu, unter welchen sie geweiht worden sind :

Nr. 1. Clotilde, Frau des Clodwig; vom Portal von Notre Dame in Corbeil. Nr. 2. Hare- gunde, Frau Clotar I. ; Portal von Notre Dame in Paris. Nr. 3. Clodwig I. ; Portal von Notre Dame in Corbeil. Nr. 4. St. Geno- vefa; Portal von St. Germain l'Auxerrois. Nr. 5. Clodwig L; Abtei von St. Genevieve in Paris. Nr. 6. Childebert I., Sohn Clodwigs ; ebendaher. Nr. 7. Ultrogotha, Frau Childebert L: ebendaher. Nr. 8.

Childebert I.; diese Statue bedeckte sein Grab. Nr. 9. St. Marcel, Bischof von Paris; Portal von St. Germain l'Auxerrois. Nr. 10. Priester; Portal von Notre Dame in Chartres. Nr. 11. Priester; Portal von St. Germain l'Auxerrois. Nr. 12. Fredegunde, Frau Chilperich I.; Portal von Notre Dame in Paris. Nr. 13. Chilperich I.; ebendaher. Nr. 14. Clotar I. ; ebendaher.

(Nach Montfaucon, Monuments de la monarchie franc,aise.)

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EUROPA MITTELALTER

INNERES EINES FRANZÖSISCHEN SCHLOSSES - MITTE DES XH. JAHRHUNDERTS

(DOPPELBLATT)

Nach den Angaben Viollet-le-Duc's ist diese Restauration von dem Architekten Paul Benard entworfen und von Stephane Baron gemalt worden. Man nahm dabei an, dass das geräumige, saalartige Gemach eine Ecke des Hauptgeschosses einnahm, wie aus dem obigen Grundriss ersichtlich ist.

In der Ecke zur Linken befindet sich der Speisetisch mit dem Armstuhl des Hausherrn und den übrigen Sitzen. An der Wand neben dem Fenster eine Credenz mit kostbaren Gefässen, zwischen den beiden Fenstern der mächtige Kamin, dessen Mantel mit Malereien geschmückt ist. An jeder Seite eine mit Teppichen belegte Bank. Neben dem Fenster zur Rechten eine hohe Truhe, die unten auch als Sitz eingerichtet ist. Dann folgt an der Wand befestigt ein Madonnen- bild und eine eisenbeschlagene Thür, welche den Eingang zum Thurmgemach bildet, das als Ankleidezimmer dient, und zuletzt das grosse Himmelbett. Der Plan zeigt die Anordnung der vierten Seite, die auf der farbigen Restauration nicht sichtbar ist: dort sind drei Eingänge an- gebracht, zwischen dem ersten und zweiten von rechts gerechnet eine Truhe, zwischen dem zweiten und dritten ein grosser Schrank, zwischen zwei Anrichtetischen oder Bänken, die zugleich als Kästen dienen, und ganz in der Ecke links ein dritter Anrichtetisch.

Das Innere der französischen Schlösser des XH. Jahrhunderts bestand gewöhnlich aus einem Erdgeschoss, in welchem sich Küche, Keller und Wirthschaftsräume befanden, und aus einem Hauptgeschoss, dessen Mittelpunkt der grosse Saal bildete, um den sich Kemenaten, Schlaf- und Arbeitszimmer gruppirten. Der grosse Saal diente nicht nur als Fest- und Empfangsraum, son- dern auch als gewöhnlicher Aufenthaltsort der Familie, in welchem sich das tägliche Leben ab- spielte. Auch die Diener und Arbeiter, die an den Mahlzeiten Theil nahmen, durften ihn be- treten. Die Balken der Decke waren nicht verdeckt, sondern bunt bemalt, worin grosser Luxus getrieben wurde. Die grossen Querbalken ruhten auf geschnitzten, consolenartigen Kragsteinen (corbeaux), und darüber kamen die schwächeren Längsbalken oder Lagerhölzer (solives), die den Fussboden des oberen Raumes trugen. Der Fussboden war entweder mit hellen und dunkeln, schachbrettartig abwechselnden Marmorplatten oder, wie auf unserem Bilde, mit farbig glasirten, reich mit Thier- und Pflanzenfiguren ornamentirten Thonfliesen belegt, von denen noch schöne Exemplare, besonders in Kirchen, erhalten sind. Die Fenster sind auf unserem Bilde mit kleinen Butzenscheiben verglast, die jedoch erst am Ende des XII. Jahrhunderts in Privathäusern üblich wurden. Durch diese grünlichen in Blei gefassten Scheiben konnte man nicht viel sehen; auch waren sie nicht sehr dicht und wetterfest, sodass man sich gegen das Eindringen der Kälte noch durch einen Vorhang schützen musste. Deswegen war auch der Kamin äusserst umfangreich. Derjenige unseres Bildes stammt aus einem Hause der Stadt Cluny. Von dem Mantel, der von grossen Kragsteinen getragen wird, hängen zwei metallene Griffe herab, an welchen sich die- jenigen festhielten, welche die Wohlthat des Feuers gemessen wollten. Auf den Brettern rechts und links stehen Leuchtapparate.

Die dem Kamine zunächst befindlichen Sitze galten als die Ehrenplätze, welche der Haus- herr und seine Gemahlin einnahmen. Die Bank zur Linken hat eine bewegliche Rückenlehne, sodass sie auf beiden Seiten benutzt werden kann. Auf die Sitze wurden Federkissen (plumit) oder gefütterte Decken gelegt. Die Füsse wurden auf ein starkes Brett gestellt, welches mit der Bank zusammenhing. Der Fussboden war hie und da mit Teppichen belegt ; auf unserem Bilde unter dem Esstische, an welchem der Hausherr im Armstuhl sass, während sich die übrigen Tischgenossen mit niedrigen Schemeln begnügten. Stühle waren selten im Gebrauch, am meisten noch die Faltstühle ohne Lehne, die zusammengeklappt werden konnten. Eine der Seiten des Tisches blieb immer frei, um das Auftragen der Speisen zu erleichtern. Ob die Credenztische mit ihrem reichen Schmuck von goldenen, silbernen und krystallenen Gefässen schon im XII. Jahr- hundert üblich waren, wie unser Bild zeigt, ist zweifelhaft. Die Betten waren im allgemeinen nicht sehr breit, aber mit grossem Luxus ausgestattet. Das Holzgestell war reich geschnitzt und

bunt bemalt oder mit gravirtem und niellirtem Elfenbein ausgelegt. Der Boden war entweder von Holz oder häufiger durch quer und lang gespannte Stricke elastisch gemacht (Spannbett). Das Unterbett, das Ohrkissen (oreillier) und die Decke waren mit Seide überzogen und reich ge- stickt. Am Tage sass oder lag man auf den Betten, in der Nacht schlief man darin. Dann zog man auch die Vorhänge zusammen, die von den Querbalken herabhingen. Dadurch konnte das Bett alkovenartig abgeschlossen, werden. In der Ecke ist ein Madonnenbild zur Verrichtung der Hausandacht angebracht, mit einem kleinen Betaltar darunter, auf dem auch die Kissen zum Niederknieen liegen. An eisernen Armen zu den Seiten des Madonnenbildes wurden die Votiv- kerzen gesteckt. Die Truhe neben dem Altar dient als Wäschebehältniss.

Der Kronleuchter ist nicht für die Aufnahme von Wachslichten bestimmt, sondern be- steht aus einer Anzahl von an Ketten befestigten Oellampen. Während in Deutschland die Wände meist glatt verputzt und geweisst, höchstens bei feierlichen Gelegenheiten mit Teppichen behängt wurden, liebte man in Frankreich eine farbige Wanddecoration, in welcher ockergelb, roth, roth- braun, grün und blau die Hauptrolle spielten. Meist sind Blumenmuster gewählt, seltener figür- liche Darstellungen. Das Gold wurde für gewöhnlich für die Wappen reservirt, die auf unserem Bilde den Rauchmantel des Kamins umgeben.

Vgl. Viollet-le-Duc, Dictionnaire de l'architecture und Dictionnaire du mobilier francjais und Alwin Schultz, Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger. I. S. 51 ff.

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EUROPA MIDDLEAGES

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EUROPA MITTELALTER.

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EUROPA. MITTELALTER

MUSIKINSTRUMENTE. VOM XÜ. BIS ZUM ANFANG DES XVI. JAHRHUNDERTS.

Nr. 1, 4, 6, 8, 10, 13, 17, 19, 22, 24, 25, 26, 27, 30, 31, 32, 35. Saiteninatrumente .

Die Harfe, das Psalterium, die Rota, die Laute, die Mandora, die Gnitarre, die Zither und die Citole.

Der Harfe, seit dem IX. Jahrhundert unter dem Namen ci- thara anglica bekannt, bediente man sich zur Begleitung des Gesanges. Sie hatte anfangs 12, im XIV. Jahrhundert 25 Saiten. Sitzend hielt man sie auf den Knieen, stehend trug man sie an einem Bande um den Hals. Nr. 24, dem X. oder IX. Jahrhundert angehörig, wird mit dem Plektron gesehlagen. Nr. 1, 19, 26, 27 und 30 sind aus dem XII., Nr. 17 ebenfalls aus dem XII., Nr. 4 aus dem XIV. Jahr- hundert.

Das Psalterion ist das santir oder 2>/söh&V der Araber und wurde durch die Kreuzfahrer nach Europa gebracht. Der Reso- nanzboden des Psalterion ist von 1—4 Schalllöchern durch- brochen ; die Saiten sind aus Silber oder aus einer Mischung von Silber und Gold; als Schlaginstrument dienen Adlerfedern. Die Zahl der Saiten wechselt von 6—15; im XIV. Jahr- hundert zählte man deren 32, im XVI. 38. Im Mittel- alter lehnte man das Psalterion au die Brust (vgl. Nr. 22, 25, 35); im XVI. Jahrhundert legte man es auf die Kniee oder auf einen Tisch.

Nr. 22 gehört dem IX. oder X., Nr. 31 dem XII.. Nr. 25 dem XIII., Nr. 32 und 35 dem XIV., Nr. 6 dem Anfang des XVI. Jahrhunderts an.

Die Rota ist ein Psalterion von abgerundeter Form. Aus dem Umstände, dass sie im XI. Jahrhundert 1, im XU. Jahrhundert 17 Saiten zählte, folgt, dass sie nicht mit dem Bogen, sondern mit der Hand gespielt wurde.

Die Laute des Mittelalters ist die arabische Eud, wie sie im VIII. Jahrhundert nach Spanien importirt und im XÜ. Jahr- hundert über Europa verbreitet wurde.

Der Körper der Laute war bauchig mit länglichen Seiten,

sich allmälig nach dem Halse hin verengernd , auf dem sich ein Griffbrett befand. Der ovale Resonanzboden hatte in der Mitte eine rosettenförmige Öffnung. Die Wirbel be- fanden sich zu beiden Seiten des Kopfes. Die Zahl der Saiten stieg von vier im XVI. Jahrhundert auf 6, im XVII. auf 10.

Die Mandora des XU. Jahrhunderts ist eine verkleinerte Laute. Der einzige Unterschied ist, dass der Kopf des Instruments nach vorn gekrümmt ist. Sie hatte gewöhn- lich 4, niemals mehr als 6 Saiten.

Die Guitarre war im XIV. Jahrhundert in Frankreich als guitare moresque bekannt. Der Körper des Instruments ist bauchig, rund oder länglich, mit geradem Halse und mehr oder weniger zurückgebogenem Kopf. Sie hatte im Mittel- alter 4, am Ende des XV. Jahrhunderts 5 doppelte und eine einfache Saite, die chanterelle.

Die Cither ist ebenfalls eine Variante dieser Familie; ihr Hals ist volutenformig nach vorn gekrümmt. Das Ende der Saiten ist durch eine Oese an Stiften befestigt, die durch einen Schlüssel gedreht werden. Man findet Cithern aus dem XVI. Jahrhundert mit vier Doppelsaiten, die durch 8 Wirbel zu beiden Seiten des Kopfes gespannt werden. Im XVIII. Jahrhundert steigt die Zahl der Saiten bis auf elf, 5 doppelte und eine einfache.

Die Citole der französischen Dichter des Mittelalters ist eine Reduction der Cither.

Die Lauten, Mandoren, Guitarren und Cithern unserer Tafel gehören dem XII. Jahrhundert an, Nr. 10 und 12 dem IV. Nr. 23 und 28 sind Citolen ohne Saiten ; Nr. 13 ist aus dem Anfang des XVI. Jahrhunderts.

Streichinstrumente. Die Rubebe, die Geige, der Rebec, die Viola. Die Rubebe hatte zwei Saiten ; beim Spiel fasste man sie am Halse in der Nähe des Griffbretts und stützte sie auf das Knie.

Der Rebec hatte einen kleineren Resonanzboden und drei Saiten.

Die Geige scheint ursprünglich aus einem einzigen Stück Holz gemacht worden zu sein. Sie hatte drei Saiten. Man fertigte sie für das Zusammenspiel in verschiedener G rosse an.

Die Viola des Mittelalters hatte ein durch hervorstehende Querbänder markirtes Griffbrett. Sie war mit 3 , 4 oder 5 Saiten bespannt. Der ovale Körper des Instruments zeigte keinen Ausschnitt für die Bogenführung. Im XV. und XVI. Jahrhundert bildeten 4 Violen von verschiedener Grösse, mit 3, 4, 5 und 6 Saiten, ein musikalisches Ensemble.

Nr. 3, 5, 9 und 12 sind aus dem XII., 16 und 21 aus dem XIII., 7 und 35 aus dem XIV., 18 aus dem Anfang des XVI. Jahrhunderts.

Blasinstrumente.

Flöte, Hoboe, Schalmei, Sackpfeife, Bombarde, Krummhorn, Trompete, Trombone, Hörn.

Nr. 2 gehört zu der Gattung der Schalmeien , die auf grie- chische und römische Muster zurückgeht. Sie wird aus Rohr oder Metall hergestellt. XIV. Jahrhundert.

Nr. 14 ist eine Doppelflöte mit gemeinschaftlichem Mund- stück. Sie gehört in das XVI. Jahrhundert, ebenso wie das Hörn Nr. 33. Das Letztere ist der Oliphant, das Jagd-

und Schlachthorn des Mittelalters , das bis zum Ende des XVI. Jahrhunderts gebräuchlich blieb. Es ist eiu einfaches Sprachrohr aus Elfenbein , von welchem Material es auch den Namen erhalten hat.

Die besten Hörner stellte man im XV. Jahrhundert aus Vogel- beerbaum- oder Birnbaumholz her. Sie hatten 3, 6 und 8 Löcher, einzelne mit Klappen.

Nr. 29 ist eine Trombone aus dem XVI. Jahrhundert.

Instrumente mit Claviatur.

Das Clavicord, die tragbaren Orgeln u. s. w. gehen alle auf das arabische pisanti'r und qdnon zurück , denen man eine mechanische Vorrichtung zum Anschlagen der Saiten hin- zufügte. Sie entwickelten sich erst im XV. Jahrhundert, da sie von den Schriftstellern des XIII. und XIV. Jahr- hunderts noch nicht erwähnt werden.

Mit dem Namen Orgel bezeichnete man eine ganze Anzahl von Instrumenten, von der an einem Bande um den Hals befestigten bis zu der grossen Kirchenorgel. Die Claviatur der tragbaren Orgel wurde mit der einen Hand gespielt, während die andre den Blasebalg bewegte.

Nr. 20 ist eine tragbare Orgel des XIV. Jahrhunderts. Nr. 15 ist grösser und complicirter und gehört dem XVI. Jahr- hundert an.

Nr. 1, 5, 11, 19, 26, 27 und 30 aus der Abtei Saint-Denis; Nr. 3, 9, 10, 12 und 31 von dem Portal von Chartres ; Nr. 16, 17 und 21 von einer emaillirten Schale des XIII. Jahrhunderts. Nr. 25

aus einem Manuscript derselben Zeit. Nr. 2, 4, 7, 8, 20, 23, 28, 32, 34 und 35 aus Manuscripten des XIV. Jahrhunderts. Nr. 22 und 24 sind von Willemin , dem alle Abbildungen entnommen sind , ohne Angabe der

Herkunft mitgetheilt.

Vgl, F. J. Fetts , Histoire generale de la musique depuis les temps les plus anciens jusqu'ä

nos jours, Paris.

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BISCHÖFLICHE TRACHT UND ABZEICHEN. DIE MITRA, DAS KREUZ, DAS SUPERHUMEBALE, DER RING, DLE HANDSCHUHE, DLE SCHUHE.

DIE MITRA PBETIOSA DES XD7. JAHRHUNDERTS.

Die Mitra. Sie gehörte zum Kostüm der Bischöfe schon 200 Jahre, bevor sie auf den Monumenten abgebildet wurde. Die Schriftsteller der karolingischen Zeit erwähnen sie, ohne dass sie als ein unumgängliches Attribut der bischöflichen Würde betrachtet worden wäre.

Die ersten Abbildungen der Mitra stammen aus dem XL Jahrhundert; sie hat dort die Form einer runden Mütze mit einem hinten befestigten Stirnband ; darunter sieht man bisweilen den Rand einer weissen Kappe. Im Anfang des XII. Jahrhunderts wird die Mitra erhöht und erhält zwei seitwärts gestellte Hörner, und das Stirnband, noch immer hinten geknüpft, lässt seine beiden Enden über den Rücken herabfallen. In der zweiten Hälfte des XH. Jahrhunderts wird die Stellung der Hörner verändert, sie werden vorn und hinten angebracht; das Stirnband mit den herabhängenden Enden wird mit der Mitra selbst verbunden. Im Anfang des XV. Jahrhunderts werden die Hörner ausgebaucht und nehmen die Form des gothischen Bogens an (vgl. Nr. 6 der Tafel Gl, Byzantinisches und Abessinisches). Die Mitra simplex war aus weisser Seide, die auriplirygiata aus golddurchwirktem Seidenstoff, die pretiosa mit Perlen und Steinen besetzt.

Die Mitra wurde ausser den Bischöfen bevorzugten Äbten und Domherren verliehen.

Der Krummstab. Der Krummstab aus Holz, Elfenbein, Kupfer und Gold, ursprünglich ein- facher in der Form (vgl. die Tafel mit dem Fuss und Tafel Gl, Byzantinisches und Abessinisches), be- steht aus einem Stabe, der in eine Volute endet, und ist dem lituus der römischen Augurn nach- gebildet. Der Bischof wandte die Volute dem Volke zu, über das sich seine Jurisdiction erstreckte, der Abt wandte sie nach hinten , um anzudeuten , dass sich seine Autorität nur über seine engere , Gemeinde oder Gefolgschaft erstrecke. Die Basis der Volute nimmt seit der Zeit Karl VII. häufig die Gestalt einer kleinen Kirche an. In Nr. 4 ist das sudarium an dem Kruninistab befestigt; für den Krummstab der Äbtissinnen war dies die Regel.

Das superhumerale. Das swperhumerale, ein breiter, mit Steinen besetzter Kragen, der sich vorn über der Brust fortsetzte, wurde im XH. Jahrhundert getragen, hielt sich aber nicht als integrirender Theil des bischöflichen Kostüms.

Die Handschuhe. Die Prälaten wurden mit denselben durch ihre weltlichen Patrone investirt. Sie waren aus Tricot, Zindeltaffet oder Seidentuch gearbeitet und trugen auf dem Handrücken ein gesticktes Kreuz in einem Nimbus.

Der Ring. Er wurde den Bischöfen bei ihrer Investitur als Zeichen ihrer Vermählung mit der Kirche seit dem IV. Jahrhundert verliehen. Er war aus Gold, mit einem glatten Steine geschmückt.

Die Schuhe. Die Schuhe der merovingischen Zeit, aus einem Stück gearbeitet, erhielten sich bis in das XIV. Jahrhundert in der bischöflichen Tracht. Später traten Sammetpantoffel an ihre Stelle.

Nr. 1 und 4.

Bischöfe.

Mitra pretiosa; amictus, stola, manipula, amiculum, dalmatica

und casubula.

Nr. 2, 3, 7, 9, 10, 11 und 12. Mitrae pretiosae.

Nr. 5, 6, 14 und 15. Details der Mitrabünder.

Nr. 8 und 13.

Stickereimotive mit Edelsteinen von Vertikalstreifen der Mitren.

Abbildungen nach dem Glossary of ecclesiastical Ornament and costum von Welby Pugin.

Vgl. J. B. Pascal, Institutions de l'art chr&ien. Quicherat, Histoire du costume en France. Viollet-le-Duc, Dictionnaire du mobilier.

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PEIESTEELICHE TRACHT.

DIE ALBA, DER CHORROCK UND DER AMICTUS. DIE CASULA. DIE DALMATICA. DIE STOLA UND MANIPULA. DER CHORMANTEL. DIE TONSUR UND DIE KAPPEN.

DIE SCHUHE.

12 3 4 5 6

7 8 9 10 11

Die eigentlich priesterliche Tracht wurde unter den ersten Merovingern fixirt. Bis dahin näherte man sich dem Altar nur weiss gekleidet. Die Bischöfe von Narhonne tragen schon im V. Jahrhundert farbige und gestickte Stoffe.

Die alba und der amictus. Aus weissem Linnen angefertigt, daher alba und linea genannt, war sie eins der ersten priesterlichen Gewänder. Unter den Karolingern fing man an, alle möglichen farbigen Stoffe für dieselben zu verwenden. Im XII. Jahrhundert trug man unter der alba ein Unterkleid, das sich später zur Soutane entwickelte. Die Schultern wurden durch den amictus umhüllt.

Die casula oder casubula. Ursprünglich ein rundes über die Schulter geworfenes Stoffstück wurde sie seit dem XI. Jahrhundert an den Seiten ein wenig geschlitzt und erhielt eine mehr ovale Form, um die Bewegung der Arme zu erleichtern (Nr. 3, 4, 5, 7 und 10). Schliesslich nimmt sie die jetzt gebräuchliche Form des Messgewandes an, das aus zwei vorn und hinten herabfallenden Theilen besteht. Unter den Karolingern wurde sie aus einem farbigen Seidenstoff, cendal, hergestellt. Die bis zum XIH. Jahrhundert üblichen, vom und hinten angebrachten Streifen verbreitern sich unter Karl VI. und werden mit den verschiedenartigsten Darstellungen in Gold und Seidenstickerei ge- schmückt. Durch Hinzufügung eines Querstreifens nahmen sie Kreuzform an (Nr. 3 und 4).

Die dalmatica. Sie wurde vom Papst Sylvester den Diakonen als Abzeichen verliehen. Immer von lichter Farbe mit Randstreifen hatte sie weite bis zu den Ellenbogen reichende Aermel. Im XII. Jahrhundert wurde sie enger und an beiden Seiten geschlitzt. Im XIH. und XP7. Jahr- hundert liess ihr Halsausschnitt die Bordüre des amictus sehen (Nr. 1 und 6). Unter der casubula getragen ist sie ein Privileg der Bischöfe und infulirten Aebte.

Die stola und das orarium oder die manipula. Aus dem griechischen orarium hervor-

gegangen, nimmt sie im IX. Jahrhundert ihre jetzige Form als langes Halsband mit vorn herab- hängenden Enden au. Während der Messe wird sie über der Brust gekreuzt und durch den Gürtel der alba gezogen. Vom XII. und XIII. Jahrhundert ab erscheint sie reich gestickt und mit Perlen und Edelsteinen besetzt.

Als suclarium oder manipula erscheint das orarium von neuem und wird seit Karl dem Kahlen als einfacher, sich unten verbreiternder und mit Franzen besetzter Bandstreifen um den linken Arm getragen.

Die kappa. Sie war ursprünglich ein Mantel mit Kapuze, den man meist bei Prozessionen trug als Wetterschutz, daher auch plwviale genannt. Bund und vorn offen wurde sie durch eine Agraffe, vom XV. Jahrhundert ab durch einen breiten gestickten Eiegel über der Brust zusammen- gehalten (Nr. 9 und 11).

Die Tonsur und das Käppchen. Schon zur Zeit der Merovinger trugen Welt- und Kloster- geistliche die Tonsur. Erst seit 1377 wurde das Käppchen auch während der Ausübung geistlicher Functionen getragen.

Die Fussbekleidung. Die liturgische Fussbekleidung war der merovingische , durch Bänder befestigte Schuh. Im XII. Jahrhundert schnürte man ihn an der Seite und verfertigte ihn aus weiss, roth oder purpurgesticktem Seidentuch. Später kam der Sammetpantoffel in Aufnahme.

Nr. 5. Bischof; 1450.

Nr. 10. Englischer Priester; 1350.

Nr. 2, 3, 7 und 8. Priester; 1460-1500.

Nr. 9 nnd 11. Priester derselben Zeit.

Nr. 4.

Venezianischer Priester; 1460.

Nr. 1.

Römischer Diakon; 1450.

Nr. 6.

Flamländischer Diakon; 1460.

Abbildungen nach dem Glossary of ecclesiastical ornament and costum von Welby Pugin.

Vgl. Wfllemin, Monuments francais, Text von Andre Pottier. J. B. Pascal, Institutions de l'art chrötien, 1856. Quicherat, Histoire du costume en France. Viollet-le-Duc , Dictionnaire du mobilier.

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KIRCHENGERATHE UND BISCHOFSSTÄBE

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Nr. 1. Bischofsstabcurvatur aus dein Dom zu Trier. Gefunden im Grabe des ErzMschofs Egilbert von Trier (f 1101). Aus vergoldetem Kupfer mit Email champleve und kleinen Edelsteinen verziert. In der Krümme die Verkündigung mit den stehenden Figuren der Maria und des Engels. Am Knauf ciselirte Thierfiguren.

Nr. 2. Bischofsstabcurvatur aus dem Dome zu Trier. 12. Jahrhundert.

Nr. 3, 4, 5, 6, 7. Bischofsstäbe aus dem 13., 14. und 15. Jahr- hundert. Dom zu Hildesheim.

Nr. 8. Silberner Altarleuehter aus Hildesheim. 12. Jahr- hundert.

Nr. 9. Gothisches Processionskreuz aus vergoldetem Silber. 15. Jahrhundert. Aus dem ehemaligen Dominikanerkloster Elvas in Spanien.

Sämmtlich nach Photographieen.

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KIRCHENGERAETH.

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Nr. 1. Silberner Weihrauchkessel aus dem Ende des XIII. Jahrhunderts. Geschenk Bouifacius VIII. an die Kirche von Anagni. (Kirchliche Aus- stellung in Rom von 1870.)

Nr. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8.

Bronzene Weihrauchkessel aus der Zeit von 1350 bis 1450. Originale in München.

Nr. 9.

Osterleuchter aus dem Ende des XII. Jahr- hunderts. Der Puss wird von drei geflügel- ten Drachen gebildet. In den Zwischen- räumen Laubgewinde mit drei Figuren, welche jedesmal die Taufe des Heilandes, Christus in der Glorie und Christus mit dem kreuz- tragenden Nimbus darstellen. Der Schaft des Leuchters und die vier Knäufe, die ihn glie- dern, sind mit Blättern, Laubgewinden und mit ausgeschnittenen Kreuzen in Klee- blattform decorirt. Der Lichtteller, aus wel- chem eine Spitze zur Befestigung der Kerze emporsteigt, wird von drei frei gearbeiteten Drachen gehalten. „Diese Arbeit", sagt Weale in seiner Beschreibung der Ausstellung von

Mecheln, „ist ein schönes Beispiel der Giesser- kunst in Dinant im XII. Jahrhundert". Höhe 1,43 M. Kirche von Postel.

Nr. 10.

Dreiarmiger Osterleuchter. Der cylindrische, durch Ringe gegliederte Schaft und die die Seitenarme mit dem Hauptarme verbindenden Querstege weisen ihn in die Mitte des XV. Jahrhunderts. Die Tafel mit dem Osterlamm diente zur Aufstellung des Buches am Ostersounabend, während der Priester das Exsultet sang. Höhe 2 M. In der Sanct-Waast-Kirehe in Gaurain.

Nr. 11. Altarleuchter aus dem St. Johannishospital in

Brügge. Mitte des XV. Jahrhunderts. Höhe

0,178 M.

Nr. 12. Kusstafel oder Pax von niellirtem Silber aus

dem XV. Jahrhundert mit der hl. Katharina

und der knieenden Stifterin. Der Rahmen

aus ciselirtem Silber, zum Theil vergoldet.

Höhe 0,135 M. Aus der St. Nicolauskirche

in Dixmude.

(Nr. 1 nach einer in Rom gemachten Photographie; Nr. 2 8 nach Photographiecn deutscher Museen; Nr. 9, 10, 11, 12 nach Photographieen von Simonau und Toovey in Brüssel)

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EUROPA XV. UND XVI. JAHRHUNDERT

KIRCHENGERÄTHE

Diese Gegenstände sind theils Agraffen, die man an den Chorgewändern befestigte, theils Hänge-, Krön- und Standleuchter, auf welche die Wachskerzen aufgesteckt wurden. Sie sind sämmtlich flämischer Herkunft. Die Agraffen sind mit dem Hammer getrieben, ciselirt, niellirt und emaillirt.

und durchsichtigem Email. Aus der Kirche Notre-Dame von Tongres. Diese Agraffen haben einen Durchmesser von 15 bis 16 cm.

Nr. 6. Kupferner Leuchter zu sechszehn Kerzen. XVI. Jahrhundert. Aus der Kirche St. Michel und Corneille in Machelen. 1,20 m hoch.

Nr. 7.

Tragbarer Leuchter des Messdieners. Ende des XV. oder Anfang des XVI. Jahrhunderts. Aus getriebenem Kupfer. 39 Centim. hoch. St. Annenkirche in Brügge.

Nr. 8. Kronleuchter aus Schmiedeeisen in drei Etagen. Anfang des XVI. Jahrhunderts. 1,36 m hoch. Kathedrale St. Bavon in Gent. Alle diese Leuchter gehören der Spätzeit der Gothik an, als der Geschmack bereits sehr verwildert war und die gothischen Grundformen durch ein gedankenloses und willkürliches Spiel mit Ornamenten überwuchert waren. (Die Gegenstände sind nach Photographieen reproducirt, welche W. H. J. Weale mit einem beschreibenden Text, Brüssel 1866t herausgegeben hat.)

Nr. 1. Agraffe in Kleeblattsform von Silber, zum Theil vergoldet. Im Besitze des Herrn C. Onghena in Gent.

Nr. 2. Agraffe aus ciselirtem Silber und mit durch- sichtigem Email. Sie stellt die Stadt Tournai dar.

Nr. 3. Kronleuchter aus Schmiedeeisen zu achtund- zwanzig Kerzen, mit den "Wappen der Dona- toren versehen. Durchmesser : 1,40 m. Aus der Kirche St. Peter in Bastogne.

Nr. 4. Agraffe aus zum Theil vergoldetem Silber mit emailHrtem Grunde. Aus der Kirche Notre- Dame in Tongres.

Nr. 5. Agraffe in Form eines vierblättrigen Kleeblatts aus theils vergoldetem Silber, mit Niellen

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EUROPA. X.— XVIII. JAHRHUNDERT

POLEN, DEUTSCHLAND UND FLANDERN. TRACHTEN DER GEISTLICHEN ORDEN.

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Nr. 1 u. 11. Mönche vom Heiligen Grabe in Polen.

Der Mönchsorden vom Heiligen Grabe in Jerusalem wurde in Polen von Jaxa, einem Edelmann, 1126 oder 1162 ge- stiftet.

Nr. 1 trägt das Kostüm des XVII. und XVLTL Jahrh., Nr.U das der früheren Zeit.

Nr. 2. Laienschwester des Servitenordens (Deutschland).

Der Servitenorden wurde durch Katharina von Gonzaga, die Gemahlin Ferdinands von Oesterreich, in Deutschland neu begründet. Die Schwestern trugen schwarze, enge, mit einem Ledergürtel geschlossene Tuniken, weisse Schleier und Busentücher. Auf dem Vordertheil des über die Stirn fallenden Schleiers befand sich in Deutschland ein blauer Stern. Nr. 3. Regulirter Kanonikus vom Lateran (Polen).

Pater Helyot setzt die Gründung dieser Brüderschaft, die bis- weilen bis auf die Apostel zurückgeführt wird , unter das Pontifikat Leo's L Die Congregation ging unter BonifaciusVLTI. ein. Die Brüder trugen über dem Rock einen bis zu den Knieen reichenden Schultermantel, ähnlich dem der römi- schen Prälaten.

Nr. 4. Mönch vom slavonischeu Orden.

Wladislas V., König von Polen, gründete diesen Orden 1389 oder 1390 mit aus Prag herbeigeholten Brüdern. Rother Rock mit ebensolcher Kapuze. Geschorener Schädel, bartlos.

Nr. 5 u. 6. Mönche und Nonnen des Magdalenenordens. Stifter und Stiftnngszeit dieses im XJJI. Jahrh. bestehenden Ordens sind unbekannt. Die Klöster desselben waren an- fangs zur Aufnahme gefallener Mädchen bestimmt. Das Ordensgewand war für Männer und Frauen weiss.

Nr. 7. Mönch vom Orden der Pönitenz der Märtyrer, ge- gründet in Polen 1257.

Boleslaus der Keusche , Herzog von Krakau und Sandomir, war der Stifter. Haus- und Chorrock waren im XVII. Jahrh. weiss, früher vermuthlich röthlichgrau.

Nr. 8. Büsser der Laienbrüderschaft des heiligen Franzis- kus in Flandern.

Dieser Büsserorden, gestiftet 1615 in Annentieres von Henri Pringuel , nahm 1626 die dritte Regel des H. Franziskus in. Langer, brauner Rock mit weiten Ärmeln, bis zu den Waden reichender Kragenmantel , als Gürtel ein Strick, Vollbart, rasirter Schädel, derbe Schuhe, anstatt der Kapuze ein Hut.

Nr. 9, 10 u. 14. Mönche vom Orden der freiwillig Armen in Deutschland und Flandern.

Der Orden soll 1370 in Hildesheim gestiftet worden sein. Nach 1470 bestand die Ordenstracht in einem grauen Rock mit schwarzem Scapulier und ebensolcher Kapuze, darüber ausser dem Hause ein langer, grauer Mantel. In Flandern Wadenstrümpfe ohne Füsslinge. Dazu kam ein Korb für

Geschenke und Almosen und ein langer, in ein Kruzifix

endender Stab. Nr. 12. Regulirter Kanonikus und Hospitaliter vom Orden

des Heiligen Geistes in Polen. Stifter des Ordens war Guy von Montpellier Ende des

XII. Jahrh. Die geistlichen Brüder trugen ein weisses

Kreuz auf der Soutane und dem Mantel , ähnlich dem der

Bitter.

Nr. 13. Mönch des Ordens der Weissen Brüder (Preussen).

Dieser Orden datirt vom Anfang des XIV. Jahrh. nach Schoonebeek, der ihn allein erwähnt, und erhielt seinen Namen von dem weissen, mit einem grünen Andreaskranz geschmückten Mantel. Die Mitglieder desselben gaben vor, besondere Offenbarungen über die Wiedereroberuug des Heiligen Landes zu haben. Anfangs zahlreich, gingen sie bald an dem allgemeinen Unglauben zu Grunde.

Nach den Werken des Pater Helyot, Schoonebeeks und Bars über die Trachten der geistlichen

Orden.

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EF ITALIEN

DIE DOGEN VON VENEDIG UND IHRE BEAMTEN VOM IX.

HUNDERT.

DER JUDE IM XIV. JAHRHUNDERT.

-XVI. JAHR-

Nr. 1, 2 und 4.

Doge des IX. Jahrhunderts und zwei Beamte seines bürger- lichen und militärischen Gefolges; aus den Fresken der Markuskirche in Venedig.

Nr. 2. Der Doge : Dogenmütze mit Goldreif und Edelsteinen ; gestickte Tunika mit engen, langen Aermeln und Metall- gürtel; Mantel, auf der Schulter durch eine Spange ge- halten; byzantinische Schuhe.

Nr..l. Schwertträger: Goldbesetzte Kappe; Schultermantel; Tunika,- Schuhe.

Nr. 4. Mann aus dem bürgerlichen Gefolge : Kappe; Tunika; Mautel; Schuhe.

Nr. 5, 6 und 15.

Doge des XI. Jahrhunderts und Gefolge; aus den Mosaiken des Portals von Sanct Markus.

Nr. 15. Der Doge, ähnlich wie Nr. 2.

Nr. 5 und 6. Gefolge. Bemerkenswerth ist der über einer anliegenden Kappe getragene berrtttino, eine runde Mütze, vorn mit Seidenschnüren garnirt, das Abzeichen der hohen Würdenträger.

Nr. 7, 8 und 9.

Doge des XIV. Jahrhunderts und Gefolge; Gemälde im Chor von Sanct Markus.

Nr. 8. Kostüm des Dogen von 1176 bis zum Sturze der Republik: Lange Tunika und Schleppmantel; corno mit kronenartigem Besatz; Pelzpalatine ; golddurchwirkter Man- tel; einfarbige Tuuika.

Nr. 7 und 9. Gefolge: Pelzbesetzte Mütze; über der Toga ein langer, pelzbesetzter Mantel; Hermelinkragen.

Nr. 3. Doge des XV. Jahrhunderts in Kriegsrüstung; Gemälde von Spinelli im Stadthaus zu Siena.

Corno; volle Rüstung; Waffenrock mit dem Löweu von Sanct Markus; Arm- und Beinschienen; geschlitzte Schuhe.

Nr. 12.

Doge des XVI. Jahrhunderts mit Schirmträger; Gemälde von Giovanni Bellini (Akademie der schönen Künste in Venedig), ebenso wie Nr. 11, 13 und 14.

Corno , im XV. Jahrhundert Purpur mit Gold, im XVI. ganz aus Goldstoff; Hermelinkrageu ; der Schirm ist seit 1176 in Gebrauch, wo der Papst dem Dogen Ziani einen solchen und einen Thronsessel für ihn und seine Nachfolger schenkte.

Der Schirmträger ist mit dem berrtttino und der Aermeltoga bekleidet.

Nr. 11.

Kissenträger des Dogen.

Serrettino und kurzer Mantel, dor/alinc genannt.

Nr. 13 und 14.

Trompeter im Gefolge des Dogen : Das Aushängetuch an den Trompeten zeigt das Wappen von Venedig in vier Feldern. Nr. 13. Berrtttino und gmardina, kurzes Wamms. Nr. 14. Kleine Kappe und Schultermantel.

Nr. 10.

Jüdischer Kaufmann; Ende des XIV. Jahrhunderts; Fresken von Guarienti im Chor der Eremitani in Padua.

Kappe und Mütze; Tunika mit Schlitzärmeln; Gürtel mit Dolch und Beutel; an der Seite offener Mantel, auf der Schulter durch grosse Goldknöpfe gohalten.

Aquarellen von Stephan Baron. Vgl. Vecellio, Costumes anciens et modernes.

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SPANIEN. XIII. JAHRHUNDERT

DER KÖNIG VON CASTILIEN; PRÄLAT, EDLE, KRIEGER UND BÜRGER. REITKOSTÜME. - GÜRTELTASCHEN. GERÄTHE.

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Zur Zeit der Vertreibung der Mauren aus Spanien vollzog sich eine totale Aenderung in der Tracht. Der byzantinische Einfluss verliert sich, und an seine Stelle tritt besonders unter dem Ein- fluss der Ordonnanzen Alphons des Weisen eine gewisse Strenge und Einfachheit.

DER KÖNIG VON CASTILIEN; PRÄLAT, EDLE, KRIEGER UND BÜRGER.

WEIBLICHE TRACHT. Gruppe Nr. 12. Alphons X., einen Reliquienkasten in der Hand, schreitet an der Seite eines segnenden Bischofs einer Prozession voran. Der König trägt das rothe pallium; seine Krone zeigt 4 grosse und 4 kleine blumenförmige Zacken. Der Chor- mantel des Bischofs ist mit horizontalen Stickereistreifen "bedeckt; an dem Krummstab bemerkt man das sudarium. Das Gefolge ist mit Mänteln aus kostbaren Stoffen bekleidet.

Gruppe Nr. 1.

Damoiselle mit tiaraförmiger Kopfbedeckung aus cendal oder feinem Leinen, mit Steinen und Perlen besetzt und durch eine breite Bandschleife, barbuquejo, unter dem Kinn be- festigt. Unter dem pallium die cyclade, ein die Büste um- sehliessendes , unten sich erweiterndes Gewand; darüber die ärmellose loba mit gesticktem Halsausschnitt.

Der Herr an der Seite der Dame trägt ebenfalls cyclade, loba und pallium. Dazu eine gestickte Mütze mit Ohrenklappen und ebenfalls gestickte Leder- oder Stoffschuhe. Er nimmt von einem knieenden Mann in braunem langen Reitmantel und auf dem Rücken hängenden Hut ein versiegeltes Schreiben in Empfang.

Gruppe Nr. 3.

Zwei Damen überreichen einem zwischen ihnen stehenden Manne eine breite Schärpe, faja, das Abzeichen des Kreuz- fahrers. Ihre Kopfbedeckung gleicht dem venezianischen corno und wird durch den barbuquejo gehalten. Das Kostüm gleicht im Uebrigen dem unter Nr. 1.

Nr. 8. Schultermantel mit Kapuze, wie ihn die Laien trugen.

Gruppe Nr. 2. Krieger im Koller, bis zu den Knieen gehendem sayo und Beinkleidern, die den maurischen zaraguellos gleichen. Ihr Führer trägt einen Miaut mit Aermeln, ein grosses Schwert und gestickte Schuhe.

Nr. 16. Bürger in der hochgestellten Herren gegenüber üblichen Haltung des Bittstellers.

REITKOSTÜM,

Nr. 15. Alphons X. trägt hier einen weiten Jagdrock mit Kragen ohne Gürtel; Beinkleider aus Kettenringen; Mütze mit eingestickten Wappen. Der Hut mit Wappenabzeichen und weissem Kreuz hängt auf dem Rücken.

Nr. 13. Jäger auf der Hetzjagd. Gestickte Mütze mit Ohrenklappen. Quezote ohne Aermel, mit Hermelin gefüttert. Armschienen und Beinbekleidung aus Kettenringen. Schwarzer Ledergürtel, in dem ein Dolch mit orientalischem Griff steckt. Jagdspiess.

Nr. 14. Falkenjäger. Loderkappe; Hut, auf dem Rücken hängend; esclavt'ne his unter das Knie reichend. Beinbekleidung aus Panzerringen. Jagdhandschuh. Gelbes Sattelzeug. Kopfputz und Brust- riemen des Maulthiers , roth und rosa, mit Seidenquasten.

GÜRTELTASCHEN.

Nr. 10 und 11. Gestickte Gürteltaschen mit Schnüren und Quasten, Vom XII.— XIV. Jahrhundert gehört die Gürteltasche unum- gänglich zur täglichen Tracht beider Geschlechter.

GERATH. Nr. 4.

Schleifkanne aus Holz mit Kupferbeschlag.

Nr. 5.

Lampe mit Fussgestell.

Nr. 6 und 7.

Lampen mit Oelreservoir und Untersatz nach dem Muster der arabischen Hängelampe in den Moscheen.

Nr. 9. Kupferner Leuchter mit Löschhütchen.

Den oberen Theil des Leuchters bildet eine Spitze, auf die

man die Kerze steckte. Die Leuchter des XIII. Jahrhunderts haben eine schlankere

und höhere Form, als die des vorangegangenen Jahrhunderts.

Abbildungen nach den Miniaturen der Cantiguos de Nuestra Senora Alphons des Weisen, an- gefertigt zwischen 1275 und 1284 in Sevilla. Das Manuscript befindet sich in der Bibliothek des Escurial.

Vgl. Caräerera y Solano, Iconografia espanola, Madrid, 1854.

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